Argumenta Pomponiana 9783428143214, 9783428543212, 9783428843213, 3428143213

Die Analyse der Entscheidungsbegründungen des hochklassischen römischen Juristen Pomponius knüpft an die Untersuchung de

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German Pages 181 [182] Year 2014

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Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Einleitung: Anlass und Gang der Untersuchung
I. Zählung der Entscheidungen
II. Auswahl der Entscheidungsbegründungen
III. Identifikation von Entscheidungsbegründungen
IV. Einteilung der Entscheidungsbegründungen
1. Systemimmanente und -überschreitende Rechtsfindung
2. Unvermittelte Falllösung und Auslegung
3. Induktion und Deduktion
4. Deduktionsbasis und Auslegungsgegenstand
A. Systemimmanente Rechtsfindung
I. Unvermittelte Fallentscheidung
1. Induktion
a) Einfacher Fallvergleich
b) Fallvergleich mit deduktivem Element
2. Deduktion
a) Schlüsse aus Gesetzen und Juristenregeln
aa) Gesetzes- und Ediktsbestimmungen
bb) Juristenrecht
b) Subsumtion unter Rechtsgeschäfte
aa) Verträge
bb) Letztwillige Verfügungen
II. Entscheidung durch Auslegung
1. Gesetze und Regeln des Juristenrechts
a) Gesetzesauslegung
b) Fortbildung Dogmatik
2. Interpretation von Rechtsgeschäften
a) Vertragsauslegung
aa) Induktion
bb) Deduktion
b) Testamentsauslegung
aa) Induktion
bb) Deduktion
B. Bewertung von Parteiinteressen
I. Verhinderung eines unbilligen Vorteils
II. Überwiegendes Schutzbedürfnis
Ergebnis
Quellenverzeichnis
Sachverzeichnis
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Schriften zur Rechtsgeschichte Band 166

Argumenta Pomponiana Von

Jan Dirk Harke

Duncker & Humblot · Berlin

JAN DIRK HARKE

Argumenta Pomponiana

Schriften zur Rechtsgeschichte

Band 166

Argumenta Pomponiana

Von

Jan Dirk Harke

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2014 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7379 ISBN 978-3-428-14321-4 (Print) ISBN 978-3-428-54321-2 (E-Book) ISBN 978-3-428-84321-3 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Maria Beatriz

Inhaltsverzeichnis Einleitung: Anlass und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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I. Zählung der Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 II. Auswahl der Entscheidungsbegründungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 III. Identifikation von Entscheidungsbegründungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 IV. Einteilung der Entscheidungsbegründungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 1. Systemimmanente und -überschreitende Rechtsfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2. Unvermittelte Falllösung und Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 3. Induktion und Deduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 4. Deduktionsbasis und Auslegungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 A. Systemimmanente Rechtsfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 I. Unvermittelte Fallentscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 1. Induktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 a) Einfacher Fallvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 b) Fallvergleich mit deduktivem Element . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 2. Deduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 a) Schlüsse aus Gesetzen und Juristenregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 aa) Gesetzes- und Ediktsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 bb) Juristenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 b) Subsumtion unter Rechtsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 aa) Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 bb) Letztwillige Verfügungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 II. Entscheidung durch Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 1. Gesetze und Regeln des Juristenrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 a) Gesetzesauslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 b) Fortbildung Dogmatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134

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Inhaltsverzeichnis 2. Interpretation von Rechtsgeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 a) Vertragsauslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 aa) Induktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 bb) Deduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 b) Testamentsauslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 aa) Induktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 bb) Deduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

B. Bewertung von Parteiinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 I. Verhinderung eines unbilligen Vorteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 II. Überwiegendes Schutzbedürfnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180

Einleitung: Anlass und Gang der Untersuchung Mit diesem Buche knüpfe ich an meine Untersuchung der Begründungstechnik von Celsus und Julian an.1 Sie auf Pomponius auszuweiten liegt schon deshalb nahe, weil sich dieser Jurist von den beiden anderen Hochklassikern gleich in zweierlei Hinsicht unterscheidet: Zum einen begründet er die Tradition der Kommentarliteratur, die für die Spätklassik prägend wird; zum anderen bekundet er im wohl berühmtesten seiner Bücher, dem enchiridium, außer seinem Interesse für die Entwicklung des römischen Rechts auch seine Überzeugung von der Bedeutung des Juristenrechts als eigenständiger Rechtsquelle. Die Tätigkeit als Kommentator, die ihren Höhepunkt in den leider nicht in Originalauszügen überlieferten libri ad edictum findet,2 ist, für sich genommen, bereits ein Novum, durch das Pomponius’ Werk wegweisend wird.3 Sie lässt aber zugleich vermuten, dass sein Schaffen dogmatisch weniger originell als das der beiden anderen großen Hochklassiker ist.4 Pomponius’ Beschreibung des „eigentlichen Zivilrechts“ (,proprium ius civile‘) als eines ungeschriebenen, durch die Rechtswissenschaft geformten Rechtsstoffs (,quod sine scripto in sola prudentium interpretatione consistit‘),5 steht im Zusammenhang mit seinem Geschichtsinteresse, das ihm das Recht als processus erscheinen lässt.6 Sie macht wahrscheinlich, dass in seiner Argumentation dem Juristenrecht besondere Bedeutung zukommt. Beide Hypothesen lassen sich am besten überprüfen, indem man die in den Resten seines Werks zu findenden Entscheidungsbegründungen untersucht; denn sie bilden das Medium, mit dem Pomponius selbst Auskunft über seine Methode gibt. Schon 1

Harke, Argumenta Iuventiana – argumenta Salviana, Berlin 2012. Auf sie konzentriert sich Stolfi in seinen groß angelegten ,Studi sui libri ad edictum di Pomponio‘. Im ersten Band zu ,Trasmissione e fonti‘ (Neapel 2002) geht er dem Verhältnis von Pomponius zu früheren und späteren Juristen nach, im zweiten Band, der ,Contesti e pensiero‘ (Mailand 2001) gewidmet ist, versucht er, Pomponius’ Haltung zu bestimmten dogmatischen Sachfragen zu erkunden. 3 Dies hebt Nörr, Pomponius oder „Zum Geschichtsverständnis der römischen Juristen“, in: Temporini/Haase (Hg.), Aufstieg und Niedergang der römischen Welt, Bd. II.15, Berlin 1976, S. 496, 549 hervor. 4 Gegen dieses Urteil wendet sich Ankum, Towards a Rehabilitation of Pomponius, in: Watson (Hg.), Daube noster, Edinburgh 1974, S. 1 ff. 5 D 1.2.2.12 Pomp sing ench. 6 Nörr (Fn. 3), S. 552 f. 2

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Einleitung

um die Vergleichbarkeit mit der Argumentation von Celsus und Julian zu gewährleisten, muss die Untersuchung dabei demselben Schema folgen, das ich bei den beiden anderen Juristen angelegt habe.

I. Zählung der Entscheidungen Dies bedeutet zunächst einmal, dass die Aussage über die Begründungsdichte nicht anhand der Zählung erfolgt, mit der Lenel die Reste von Pomponius’ Arbeiten in seiner Palingenesie versehen hat. Lenel kommt dabei auf 861 Fragmente. Setzt man diese Zahl in Beziehung zur Anzahl der überlieferten Entscheidungsbegründungen, wäre man noch deutlich entfernt von der eigentlich interessanten Quote, die das Verhältnis zwischen den begründeten und allen überlieferten Entscheidungen bestimmt. Zwar kann man diese nicht klar festlegen, weil sich bei vielen Texten, insbesondere denjenigen, die von den Kompilatoren zu Sentenzen gestutzt worden sind, nicht hinreichend sicher sagen lässt, ob sie das Überbleibsel einer Fallentscheidung sind. Man kann sich der Relation von begründeten und sämtlichen Entscheidungen aber immerhin nähern, indem man der Zahl der rationes die Anzahl der Textabschnitte gegenüberstellt, in die die überlieferten Fragmente eingeteilt sind. Im Regelfall entspricht ein Abschnitt einer Entscheidung; und bei den Texten, in denen den Bezug zu einer Fallentscheidung heute nicht mehr kenntlich ist, lässt sich immerhin vermuten, dass sie diesen früher hatten, so dass sie noch als Überrest einer Entscheidung gelten können. Ausnehmen muss man bei der Zählung nur die Texte aus Pomponius liber singularis enchiridii, die zweifellos keine Reste von Fallentscheidungen darstellen. Lässt man sie beiseite, kommt man auf insgesamt 1295 Textabschnitte, von denen 392 in Pomponiuszitaten bei Schriftstellern der Spätklassik bestehen. Lässt man diese Zahlen als Indikatoren für die Menge der überlieferten Entscheidungen gelten, bilden sie die Basis für eine verlässliche Aussage über die Häufigkeit von Begründungen im gesamten überlieferten Werk von Pomponius und in den Untergruppen der Originalauszüge und der Zitate des Hochklassikers durch spätere Schriftsteller.

II. Auswahl der Entscheidungsbegründungen Nicht nur zur Feststellung der Begründungsdichte, auch zur Ermittlung von Schwerpunkten in Pomponius’ Argumentation werden alle Entscheidungsbegründungen herangezogen, die sich in den Resten seines Werks befinden. Die Methode des Juristen soll sich ja nicht aus der Verallgemeinerung eines Eindrucks ergeben, den eine für markant gehaltene Entscheidung oder Begründung vermittelt; sie soll statistisch aus der Gesamtschau der Entscheidungsbegründungen ermittelt werden. Damit deren Zuordnung nachvollziehbar ist, werden sie auch alle kurz vorgestellt und nicht etwa nur zum Gegenstand von Sammelverweisen gemacht, die sich an die

III. Identifikation von Entscheidungsbegründungen

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Vorstellung ausgewählter Argumentationen anschließen. Dies verlangt von Autor und Leser eine gewisse Geduld, weil sie sich durch eine lange Reihe von Kurzexegesen mühen müssen; es erscheint mir zur gehörigen Beweisführung aber unabdingbar.

III. Identifikation von Entscheidungsbegründungen Als Entscheidungsbegründung kann nur gelten, was wirklich als ratio erkennbar ist. Über das sprachliche Anzeichen hinaus bedarf es hierzu einer gedanklichen Ergänzung der eigentlichen Entscheidung. Wird diese lediglich anders gewendet, liegt auch dann keine ratio decidendi vor, wenn ein Satz sprachlich als Begründung ausgewiesen ist. Ein gutes Beispiel bietet etwa der folgende Auszug aus Pomponius’ Sabinuskommentar: Pomp 514 = D 15.1.4.5 Pomp 7 Sab Si aere alieno dominico exhauriatur peculium servi, res tamen in causa peculiaria manent: nam si aut servo donasset debitum dominus aut nomine servi alius domino intulisset, peculium suppletur nec est nova concessione domini opus. Ist das Sondergut des Sklaven durch Schulden gegenüber dem Eigentümer ausgeschöpft, bleiben die Sachen trotzdem solche des Sonderguts; denn wenn der Eigentümer dem Sklaven die Schuld durch Schenkung erlässt oder ein anderer dem Eigentümer für den Sklaven eine Zahlung leistet, wird das Sondergut aufgefüllt, und es bedarf keiner neuen Einräumung durch den Eigentümer.

Nach Pomponius’ Ansicht ändert die Überschuldung eines Sonderguts nichts an der Widmung der hierzu gehörenden Sachen: Sie sind weiterhin dem peculium zugeordnet, obwohl dieses rechnerisch inexistent ist. In dem mit ,nam‘ angeschlossenen Satz stellt Pomponius fest, dass es bei einem Abbau der Schulden, die auf dem Sondergut lasten, keiner neuen Zuweisung der Sachen zum Sondergut bedarf. Dies ist bestenfalls eine Folgerung aus dem Vorhergehenden, noch eher aber eine bloße Umformulierung der Behauptung, dass die Widmung der Sondergutssachen erhalten bleibt. Obwohl Pomponius sprachlich eine Begründungsfunktion des zweiten Satzes andeutet, liegt diese in Wahrheit nicht vor. Dasselbe gilt, wenn der Jurist lediglich Beispiele anführt, mit denen er eine zuvor abstrakt gefasste Entscheidung demonstriert, ohne aber zur Einsicht in ihren Bestimmungsgrund beizutragen, oder wenn er seine Entscheidung schlicht als ,aequus‘ oder ,non iniquus‘ bezeichnet. Im Gegensatz zu Anspielungen auf benignitas oder humanitas ist die schlichte Behauptung der Gerechtigkeit der eigenen Entscheidung zu farblos, um als Argumentation zu gelten; denn sie beweist nicht mehr als die selbstverständliche Überzeugung von der Richtigkeit der gewählten Falllösung. Der mangelnde Begründungscharakter von Beispielen und des Adjektivs ,aequus‘ lässt

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Einleitung

sich gleichermaßen an Pomponius’ bekannter Aussage zur purgatio morae beim Kaufvertrag nachvollziehen:7 Pomp 307 = D 18.6.18 Pomp 31 QM Illud sciendum est, cum moram emptor adhibere coepit, iam non culpam, sed dolum malum tantum praestandum a venditore. quod si per venditorem et emptorem mora fuerit, Labeo quidem scribit emptori potius nocere quam venditori moram adhibitam, sed videndum est, ne posterior mora damnosa ei sit. quid enim si interpellavero venditorem et non dederit id quod emeram, deinde postea offerente illo ego non acceperim? sane hoc casu nocere mihi deberet. sed si per emptorem mora fuisset, deinde, cum omnia in integro essent, venditor moram adhibuerit, cum posset se exsolvere, aequum est posteriorem moram venditori nocere. Man muss wissen, dass, wenn der Käufer in Verzug gerät, vom Verkäufer nicht mehr für Fahrlässigkeit, sondern nur noch für Vorsatz einzustehen ist. Ist aber Verzug sowohl durch den Verkäufer als auch durch den Käufer eingetreten, schade er, wie Labeo schreibt, eher dem Käufer als dem Verkäufer; aber man muss fragen, ob ihm nicht sein eigener späterer Verzug schadet. Was soll nämlich gelten, wenn ich den Verkäufer gemahnt habe und er die Kaufsache nicht übergeben, danach angeboten hat und ich sie nicht angenommen habe? In diesem Fall müsste mir der Verzug schaden. Ist aber Verzug durch den Käufer eingetreten, danach, als alles wieder wie vorher war, der Verkäufer in Verzug geraten, als er sich befreien konnte, ist es gerecht, dass dem Verkäufer sein späterer Verzug schadet.

Pomponius wendet sich gegen Labeo, der bei einem gleichzeitigen Verzug auf Käufer- und Verkäuferseite zulasten des Käufers entscheidet und den Verkäufer stets in den Genuss der Reduktion seiner Haftung auf Vorsatz kommen lässt. Pomponius hält demgegenüber für entscheidend, welche Seite zuletzt in Verzug geraten ist: Hat der Verkäufer seine mora bereinigt, indem er die Kaufsache nachträglich angeboten hat, sorgt der Verzug, in den sich der Käufer durch ihre Nichtannahme begeben hat, für die Haftungsbeschränkung. Und umgekehrt tritt diese nicht ein, wenn der Käufer die Sache zunächst nicht angenommen hat, dann aber hierzu bereit gewesen und der Verkäufer schließlich säumig geblieben ist. Die schon in Pomponius’ rhetorischer Frage vorweggenommene Entscheidungsformel lautet jeweils, dass der spätere Verzug demjenigen schadet (,mora nocere‘), der ihn begangen hat. Diese Lösung wird in den beiden spiegelbildlichen Fällen, deren Darstellung Pomponius mit ,enim‘ einleitet, lediglich durchgeführt. Im ersten Fall erscheint die Formel vom Übergewicht des späteren Verzugs allein; im zweiten ist sie um den Zusatz ergänzt, dass diese Lösung gerecht sei (,aequum est‘). Es gibt aber keinen Unterschied zwischen beiden Konstellationen, der die Entscheidung im zweiten Fall enger mit dem Gebot der aequitas verknüpfte als in dem ersten. Die Verstärkung der Entscheidung durch das Adjektiv ,aequus‘ ist lediglich eine Reaktion auf die abweichende Ansicht von Labeo, die nur im zweiten Fall zu einem anderen Ergebnis führt, im ersten dagegen zum Nachteil derselben Vertragspartei ausfällt. Eine inhaltliche Argumentation bedeutet sie nicht. 7 Hierzu Harke, Mora debitoris und mora creditoris im klassischen römischen Recht, Berlin 2005, S. 81 f.

IV. Einteilung der Entscheidungsbegründungen

13

Wird der Jurist von einem späteren Schriftsteller zitiert, ist zwar nicht unwahrscheinlich, dass auch eine Begründung auf ihn zurückgeht, die in direkter Rede wiedergegeben ist. Da dies aber keineswegs sicher ist, muss die Begründung als eigene Überlegung des späteren Juristen gelten. Anders als bei Celsus und Julian droht dieses Vorgehen im Fall von Pomponius, dessen Werke ganz überwiegend in Originalauszügen überliefert sind, freilich von vornherein nicht zu einer dramatischen Verfälschung des Ergebnisses zu führen. Dasselbe gilt für die nicht besonders zahlreichen Begründungen, die Pomponius an das Zitat eines älteren Juristen anfügt, ohne diesen auch als ihren Urheber auszuweisen. Dass sie als eigene rationes dem Pomponius zugeschrieben werden müssen, ergibt nicht nur die Umkehrung der Regel, die für Zitate des Hochklassikers bei späteren Schriftstellern gilt. Es folgt schon daraus, dass Pomponius sich die Begründung eines früheren Autors ja zu Eigen macht, wenn er sie ohne Distanzierungsvermerk übernimmt. Sie prägt seine Argumentationsweise daher nicht minder als die Erwägungen, die er erstmals selbst anstellt.

IV. Einteilung der Entscheidungsbegründungen 1. Systemimmanente und -überschreitende Rechtsfindung Die Entscheidungsbegründungen zerfallen in solche, in denen der Jurist sich innerhalb der Ordnung des vorhandenen Rechtsstoffs bewegt, und solche, in denen er darüber hinausgeht. Letzteres geschieht vor allem, wenn er die Interessen der an einem Fall beteiligten Personen bewertet und seine Entscheidung zugunsten desjenigen fällt, der besonders schutzwürdig ist, oder sich gegen denjenigen wendet, der keinen Schutz verdient. Legt der Jurist dieses Vorgehen offen, verlässt er den Boden des bestehenden Rechtssystems und argumentiert frei. Zwar mag er sich auch dann von einer Interessenbewertung leiten lassen, wenn er seine Entscheidung auf Vorgaben der vorhandenen Rechtsordnung zurückführt; und diese Erwägungen sind auch durchaus erforschbar, ja geradezu ein Hauptgegenstand der Quellenanalyse. Gleichwohl sind sie nicht Teil der Argumentation des Juristen, die eben nur in den zum Ausdruck gebrachten Erwägungen besteht. Eine offene Wertung, aber keine systemüberschreitende Argumentation liegt in dem Fall vor, dass der Jurist Erwägungen anstellt, um einen Wertungsbegriff auszufüllen, der ihm normativ vorgegeben ist: Befindet er darüber, ob einer Seite dolus zur Last fällt oder was dem Gebot der bona fides entspricht, beurteilt er offen das aktuelle oder potentielle Verhalten der Parteien und leitet seine Entscheidung aus der Bewertung ihres Schutzbedürfnisses her. Er bewegt sich mit seiner Lösung jedoch in der vorhandenen rechtlichen Ordnung, die ihn zu der Wertung anleitet.

14

Einleitung

2. Unvermittelte Falllösung und Auslegung Die Entscheidungsbegründungen, in denen der Jurist keine offenen Wertungen anstellt, lassen sich nicht ohne Weiteres in solche einteilen, in denen er sich an einen anderen Fall anlehnt, und solche, in denen er aus einer normativen Vorgabe schließt. Zunächst müssen die Begründungen abgesondert werden, in denen der Jurist ein Gesetz, eine gesetzesähnliche Bestimmung oder Regel oder ein Rechtsgeschäft auslegt. Zwar ist die Auslegung, abstrakt gesehen, ein Zwischenschritt der Subsumtion. Sie bildet jedoch, wenn sie erfolgt, den Kern der Falllösung und überwiegt die Subsumtion, die entweder nur ein automatischer Schluss ist oder wie im Fall der Testamentsauslegung häufig auch ganz fehlt. Außerdem kann die Auslegung ihrerseits durch Fallanlehnung oder deduktiv erfolgen: Der Jurist kann sich für seine Interpretation der maßgeblichen Norm auf das Verständnis einer anderen Norm berufen und schließt dann von einem Fall auf den nächsten; oder er bestimmt den Sinn der Norm unter Berufung auf den Sprachgebrauch oder den vernünftigen Zweck der Regelung, die er zur Ermittlung der Wortbedeutung oder der Zielsetzung des Normgebers, insbesondere des Urhebers eines Rechtsgeschäfts, einsetzt. Es entstünde daher ein falscher Eindruck von der Argumentationsweise eines Juristen, wollte man sämtliche Auslegungsentscheidungen der Subsumtion zuweisen.8 Eine belastbare Aussage über das Verhältnis von Fallanknüpfung und deduktiver Argumentation gewinnt man nur, indem man die Falllösungen, die in einer Norminterpretation bestehen, herausnimmt und gesondert untersucht. Übrig bleiben die Entscheidungen, in denen der Jurist seine Entscheidung ohne Zwischenschritt durch direkten Schluss aus einem Parallelfall oder einer normativen Vorgabe gewinnt. 3. Induktion und Deduktion Zu den Entscheidungen, die der Jurist durch Fallvergleich begründet, zählen nicht nur solche, in denen er das verbindende Merkmal nennt, das Ausgangs- und Vergleichsfall gemeinsam haben. Von einer ratio decidendi lässt sich schon dann sprechen, wenn der Vergleichsfall durch seine bloße Darstellung hilft, die Entscheidung des Ausgangsfalles nachzuvollziehen. Dies kann deshalb sein, weil die Lösung des Vergleichsfalles evident oder in der Rechtswissenschaft anerkannt ist. Es kann aber auch dann vorkommen, wenn die Entscheidung des Vergleichsfalles umstritten, von dem Juristen aber schon gefällt ist. Hier wie dort trägt den Transfer der Falllösung das Gebot der Gleichbehandlung wesentlich gleicher Konstellationen. Einmal ist es die Konsequenz der herrschenden Meinung, das andere Mal die Folgerichtigkeit der individuellen Ansicht des Juristen, die eine Übertragung der Falllösung erzwingt. Dieses Vorgehen ist durch den Verweis auf den Vergleichsfall hinreichend angedeutet, um von einer Begründung der Entscheidung des Ausgangsfalles zu sprechen. 8

So habe ich dies noch in meiner Doktorarbeit (Argumenta Iuventiana, Berlin 1999) getan.

IV. Einteilung der Entscheidungsbegründungen

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Die Fallvergleiche, die der Jurist durch Nennung des maßgeblichen Kriteriums unterstützt, lassen sich umgekehrt schon gar nicht mehr als reine Induktionsschlüsse ansehen, sondern nähern sich der Deduktion. Denn der Jurist legt ansatzweise oder sogar vollständig die Regel offen, die sowohl im Vergleichs- als auch im Ausgangsfall wirksam ist oder die er aus dem Vergleichsfall gewinnt, um sie auf den Ausgangsfall anzuwenden. Einer Fallanknüpfung, bei der das tertium comparationis genannt ist, wohnt damit ein deduktives Element inne, das die Sonderung dieser Begründungen von den regelrecht induktiven rechtfertigt. 4. Deduktionsbasis und Auslegungsgegenstand Die deduktiven Entscheidungsbegründungen sowie die Auslegungsentscheidungen lassen sich schließlich nach Rechtsquellen einteilen. Sie können ihren Ausgang von einem wirklichen Gesetz, also einem Plebiszit oder Senatsbeschluss, nehmen oder auf ein gesetzesähnliches Regelwerk, vor allem das prätorische Edikt, bezogen sein. Daneben stehen Regeln des Juristenrechts. Zwar weisen auch sie zwangsläufig einen Zusammenhang mit einem Gesetz oder dem Edikt auf. Sie haben sich, wie gerade Pomponius anerkennt, jedoch schon so sehr verfestigt, dass sie von ihm entkoppelt und selbst Basis der Subsumtion oder Gegenstand der Auslegung sind: Ebenso, wie der Jurist nach dem Sinn einer gesetzlichen oder ediktalen Bestimmung forscht, kann er eine in der Rechtswissenschaft etablierte Regel fortbilden, indem er sie abändert oder interpretiert. Schließlich gibt es noch die Rechtsgeschäfte, nämlich Verträge und Verfügungen von Todes wegen, die sowohl ausgelegt werden können als auch als Basis für eine direkte Subsumtion taugen.

A. Systemimmanente Rechtsfindung I. Unvermittelte Fallentscheidung 1. Induktion a) Einfacher Fallvergleich Obwohl durch eine stattliche Zahl von Entscheidungsbegründungen vertreten, steht die Fallanknüpfung doch nicht im Zentrum von Pomponius’ Argumentation. Von den insgesamt 158 Begründungen, in denen der Jurist seine Entscheidung unmittelbar und ohne den Zwischenschritt der Auslegung gewinnt, entfällt nur ein Drittel auf Schlussfolgerungen, die Pomponius aus einem Parallelfall zieht. Von diesen bestehen wiederum 20 in Begründungen, die eine Deduktion andeuten, indem Pomponius die im Vergleichsfall wirksame Regel nennt, aus der sich dann auch die Lösung des Ausgangsfalles ergibt. Einen schlichten Induktionsschluss, bei dem sich der Jurist lediglich auf die Lösung des Parallelfalles beruft, findet sich demnach nur 32-mal und damit bloß in einem Fünftel der Begründungen, in denen Pomponius ohne Auslegung oder Wertung zur Fallentscheidung gelangt. 1. Ein Schwerpunkt der rein induktiven Entscheidungsbegründungen liegt auf dem Vergleich zweier Rechtsinstitute, die einander derart ähneln, dass sich die im einen Fall anerkannte Lösung auf den anderen übertragen lässt. Dies gilt zuvörderst für die Verpflichtungen aus Stipulation und Legat, die Pomponius zweimal gegenüberstellt, um ihre Gleichbehandlung zu fordern: (1) Pomp 194 = D 30.46 Pomp 9 ep Quae de legato dicta sunt, eadem transferre licebit ad eum, qui vel Stichum vel hominem dari promiserit. Was für ein Vermächtnis gesagt worden ist, kann auf denjenigen übertragen werden, der die Leistung des Sklaven Stichus oder irgendeines Sklaven versprochen hat.

Der Kontext dieser Äußerung ergibt sich aus einem Auszug aus dem sechsten Buch von Pomponius’ Sabinuskommentar, den die Kompilatoren in dem Digestentitel über Legate und Fideikommisse unmittelbar vorangestellt haben.1 Darin differenziert Pomponius bei der Mängelhaftung für einen vermachten Sklaven zwischen Spezies- und Gattungsschuld: Ist ein bestimmter Sklave vermacht worden, hat der Erbe weder für Sach- noch für Rechtsmängel einzustehen, sondern den Sklaven dem Vermächtnisnehmer in eben der Beschaffenheit zu überlassen, die er 1

Pomp 498 = D 30.45.1,2 Pomp 6 Sab; s. u. S. 45, S. 82 Fn. 162.

I. Unvermittelte Fallentscheidung

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tatsächlich hat. Beim Vermächtnis eines nur der Gattung nach bestimmten Sklaven hat der Erbe ebenfalls kein Garantieversprechen für dessen Gesundheit, wohl aber Gewähr für dessen Freiheit von der Noxalhaftung zu leisten, weil diese die Rechtsstellung des Gläubigers beeinträchtigen und dazu führen kann, dass der Erbe nicht seiner Verpflichtung zu habere licere gerecht wird. Nichts anderes kann für die Verbindlichkeit gelten, die einer auf dare gerichteten Stipulation entspringt. Denn sie ist, wenn sie auf ein certum gerichtet ist, gleichfalls mit der condictio und ansonsten mit der actio ex stipulatu durchsetzbar, die der für die Vermächtnisschuld zuständigen actio ex testamento entspricht. Dementsprechend unterliegen beide Verpflichtungen auch demselben Regime der Gesamtschuld: (2) Pomp 396 = D 30.8.1 Pomp 2 Sab Si ita scriptum sit: ,Lucius Titius heres meus aut Maevius heres meus decem Seio dato‘, cum utro velit, Seius aget, ut, si cum uno actum sit [et solutum], alter liberetur, quasi si duo rei promittendi in solidum obligati fuissent. quid ergo si ab altero partem petierit? liberum cui erit ab alterutro reliquum petere. idem erit et si alter partem solvisset. Ist wie folgt bestimmt: „mein Erbe Lucius Titius oder mein Erbe Mävius soll Seius zehn leisten“, kann Seius gegen denjenigen von beiden klagen, gegen den er klagen will, und zwar mit der Folge, dass, wenn gegen einen geklagt [und geleistet] worden ist, der andere befreit wird, und zwar so, als ob zwei Schuldner durch ein Versprechen auf die ganze Leistung verpflichtet worden sind. Was gilt also, wenn er von einem einen Teil fordert? Es steht ihm frei, vom anderen den Rest zu fordern. Dasselbe gilt, wenn einer von beiden einen Teil geleistet hat.

Ein Vermächtnis, das der Erblasser dem einen oder anderen Erben auferlegt, führt nach Pomponius’ Ansicht nicht zu einer Forderungsteilung.2 Vielmehr kann der Vermächtnisnehmer beide Erben jeweils in voller Höhe in Anspruch nehmen;3 und eine Teilklage gegen einen Erben oder eine von ihm erbrachte Teilleistung schließt die Restforderung gegen den anderen nicht aus.4 Der Alternativität des beschwerten Erben entnimmt Pomponius eine Wahlbefugnis des Vermächtnisnehmers.5 Diese bringt ihn wiederum in dieselbe Lage wie den Gläubiger eines Stipulationsversprechens, das zwei Schuldner in solidum abgegeben haben.6 Das hierfür etablierte 2

Diese ist bei der Nennung mehrerer beschwerter Erben eigentlich die Regel; vgl. das Zitat von Sabinus und Cassius bei Paulus in D 45.1.27 Paul 8 Plaut. 3 Ebenso später Paulus in D 32.25pr Paul 1 Ner. 4 Die Konsumtion tritt freilich schon mit der Klageerhebung und nicht erst mit der Leistung ein, wie dies der auf die Kompilatoren zurückgehende Zusatz [et solutum] ergibt; vgl. Schmieder, Duo rei. Gesamtobligation im römischen Recht, Berlin 2007, S. 266 f. 5 Vgl. Schmieder (Fn. 4), S. 267. 6 Für den umgekehrten Fall der Gläubigeralternativität findet sich ein Schluss von der Stipulation auf das Vermächtnis bei Celsus in D 31.16 Cels 16 dig: Si Titio aut Seio, utri heres vellet, legatum relictum est, heres alteri dando ab utroque liberatur: si neutri dat, uterque perinde petere potest atque si ipsi soli legatum foret: nam ut stipulando duo rei constitui possunt, ita et testamento potest id fieri. Vgl. hierzu Harke, Die Wurzel der Gesamtobligation

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Konzept der Gesamtschuld lässt sich ohne Weiteres auf die gleichartige Verpflichtung aus einem Vermächtnis übertragen. Die Rechtslage bei Stipulation und Legat dient Pomponius an anderer Stelle als Ausgangspunkt für einen Schluss auf die Haftung im Rahmen der Verwahrungsklage: (3) Pomp 701 = D 16.3.12.3 Pomp 22 Sab Quemadmodum quod ex stipulatu vel ex testamento dari oporteat, post iudicium acceptum cum detrimento rei periret, sic depositum quoque eo die, quo depositi actum sit, periculo eius apud quem depositum fuerit est, si iudicii accipiendi tempore potuit id reddere reus nec reddidit. Ebenso wie das, was aufgrund eines Versprechens oder eines Vermächtnisses geleistet werden muss, nach Aufnahme des Rechtsstreits zum Nachteil des Beklagten untergeht, so geht auch eine in Verwahrung gegebene Sache ab dem Tag, an dem die Verwahrungsklage erhoben worden ist, auf die Gefahr des Verwahrers, wenn der Beklagte sie im Moment der Aufnahme des Rechtsstreits herausgeben konnte und nicht herausgegeben hat.

Dass ein Verwahrer ab Rechtshängigkeit für den zufälligen Untergang der niedergelegten Sache einzustehen hat, folgert Pomponius aus der Einstandspflicht bei Stipulation und Vermächtnis: Ebenso wie der Schuldner hier trotz des Fortfalls der zu übereignenden Sache zur Leistung ihres Wertes verpflichtet bleibt, muss auch der Verwahrer ihn ersetzen, wenn er die hinterlegte Sache bei Beginn des Rechtsstreits zurückgeben konnte und dies nicht getan hat. Dieser Schluss ist aus zwei Gründen bemerkenswert: Zum einen entscheidet Pomponius anders als Sabinus und Cassius, die die Gefahr des zufälligen Untergangs der hinterlegten Sache dem Kläger zuweisen, wenn sich der maßgebliche Umstand auch bei rechtzeitiger Rückgabe zum Nachteil des Klägers ausgewirkt hätte, insbesondere der in Verwahrung gegebene Sklave eines natürlichen Todes gestorben wäre.7 Zum anderen überträgt Pomponius das Regime der auf dare gerichteten Ansprüche aus Stipulation und Vermächtnis auf das restitutorische Verfahren der actio depositi. Beides hängt miteinander zusammen: Während Sabinus und Cassius die ältere actio in factum meinen, bei der die Verurteilung zu ,quanti ea res erit‘ und damit in den Wert der Sache im Moment der Verurteilung erfolgt, geht es Pomponius um die jüngere actio in ius concepta, die für eine Verurteilung des Beklagten zu ,quidquid ob eam rem dare facere oportet ex fide bona‘ sorgt8.9 Diese präsentisch gefasste Formel knüpft an die Verpflichtung des Beklagten im Augenblick des Prozessbeginns an und entspricht insoweit der für im römischen Recht, in: ders. (Hg.), Drittbeteiligung am Schuldverhältnis, Berlin/Heidelberg 2010, S. 1, 15, sowie ders., Argumenta Iuventiana – argumenta Salviana, S. 21. 7 D 16.3.14.1 Gai 9 ed: Sive autem cum ipso apud quem deposita est actum fuerit sive cum herede eius et sua natura res ante rem iudicatam interciderit, veluti si homo mortuus fuerit, Sabinus et Cassius absolvi debere eum cum quo actum est dixerunt, quia aequum esset naturalem interitum ad actorem pertinere, utique cum interitura esset ea res et si restituta esset actori. 8 Gai 4.47. 9 Richtig Kaser, Restituere als Prozessgegenstand, 2. Aufl., München 1968, S. 73 ff., 93 ff.

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Stipulations- und Vermächtnisforderungen zuständigen condictio, die auf ,quanti ea res est‘ gerichtet ist.10 Die Konsequenz ist eine unbedingte Zufallshaftung des Beklagten, der dem Kläger leisten muss, was er bei Aufnahme des Rechtsstreits oder Eintritt des Verzugs11 gehabt hätte.12 Dagegen kommt es beim restitutorischen iudicium darauf an, was der Kläger im Verurteilungszeitpunkt gehabt hätte, so dass der Beklagte nur dann für einen zufällig entstandenen Schaden einzustehen hat, wenn dieser bei rechtzeitiger Leistung vermieden worden wäre. Einen Vergleich zweier restitutorischer iudicia stellt Pomponius in dem folgenden Fragment an: (4) Pomp 699 = D 16.3.12.1 Pomp 22 Sab: Depositum eo loco restitui debet, in quo sine dolo malo eius est, apud quem depositum est: ubi vero depositum est, nihil interest. eadem dicenda sunt communiter et in omnibus bonae fidei iudiciis. sed dicendum est, si velit actor suis impensis suoque periculo perferri rem Romam, ut audiendus sit, quoniam et in ad exhibendum actione id servatur. Eine hinterlegte Sache muss an dem Ort zurückgegeben werden, wo sie sich befindet, ohne dass Arglist des Verwahrers vorgekommen ist; es spielt dagegen keine Rolle, wo sie hinterlegt worden ist. Dasselbe gilt auch generell für alle Klagen auf gute Treue. Gleichwohl gilt, dass der Kläger zu hören ist, wenn er will, dass die Sache auf seine Kosten und Gefahr nach Rom gebracht wird, weil dies auch bei der Vorlegungsklage gilt.

Erfüllungsort für die Verpflichtung eines Verwahrers zur Rückgabe der hinterlegten Sache ist nicht der Platz, wo sie in Verwahrung genommen worden ist, sondern der Ort ihrer Belegenheit im Zeitpunkt des Rückgabeverlangens, es sei denn, der Verwahrer hätte sie hierhin vorsätzlich zum Nachteil seines Vertragspartners verbracht. Diesem steht es aber frei, die Sache auf seine Kosten und sein Risiko an den Ort des Prozesses bringen zu lassen. Pomponius folgert dies aus dem Vergleich zur Vorlegungsklage. Für sie hat schon Labeo entschieden, dass der Kläger die vorzulegende Sache zur Gerichtsstätte schaffen lassen darf.13 Der Schluss auf die Verwahrungsklage ist deshalb angebracht, weil diese selbst dann, wenn sie in Gestalt der in ius konzipierten Formel erhoben wird, der Sache nach doch auf Restitution gerichtet ist. Daher ist sie auch der Vorlegungsklage vergleichbar, die zur Durchsetzung 10

Vgl. Harke (S. 12, Fn. 7), S. 20 f. Das Fragment D 12.1.5, das aus demselben Buch von Pomponius’ Sabinuskommentar stammt und von Lenel mit D 16.3.12 zusammengefasst wird, spricht, wie Kaser (Fn. 9), S. 94 f. zu Recht annimmt, dafür, dass Pomponius einen automatischen Verzugseintritt mit Klageerhebung bejaht, weil der Schuldner dann eine iusta causa intellegendi für seine Leistungspflicht hat: Quod te mihi dare oporteat si id postea perierit, quam per te factum erit quominus id mihi dares, tuum fore id detrimentum constat. sed cum quaeratur, an per te factum sit, animadverti debebit, non solum in potestate tua fuerit id nec ne aut dolo malo feceris quominus esset vel fuerit nec ne, sed etiam si aliqua iusta causa sit, propter quam intellegere deberes te dare oportere. Vgl. zu diesem Fragment Harke (S. 12, Fn. 7), S. 56 ff. 12 Hierzu Harke (S. 12, Fn. 7), S. 14 ff. 13 D 10.4.11.1 Ulp 24 ed: Quo autem loco exhiberi rem oporteat vel cuius sumptibus, videamus. et Labeo ait ibi exhibendum, ubi fuerit cum lis contestaretur, periculo et impendiis actoris perferendam perducendamve eo loci ubi actum sit … 11

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der restitutorischen iudicia14 und deshalb, wie Pomponius andernorts selbst feststellt,15 auch zur Vorbereitung der Verwahrungsklage dienen kann.16 Die Verwandtschaft der Klagen auf Eigentums- und Erbteilung beschäftigt Pomponius in dem folgenden Text: (5) Pomp 590 = D 10.3.19.4 Paul 6 Sab … sed possunt iura interdum et separata a fundo esse et nec mensura nec temporibus divisa, veluti cum is cuius fuerunt plures heredes reliquit: quod cum accidit, consentaneum est et ea in arbitrio familiae erciscundae venire, nec videre inquit Pomponius, quare minus in communi dividundo quam familiae erciscundae iudicium veniant. igitur in huiusmodi speciebus etiam in communi dividundo iudicio venit, ut praefata iura aut mensura aut temporibus dividantur. … aber es können Dienstbarkeiten zuweilen sowohl vom Grundstück getrennt als auch nicht nach Mengen oder Zeiten aufgeteilt sein, wie zum Beispiel, wenn derjenige, dem sie gehörten, mehrere Erben hinterlassen hat; kommt dies vor, ist es folgerichtig, dass sie zum Gegenstand der Erbteilungsklage werden; und es sei, wie Pomponius sagt, nicht ersichtlich, warum sie bei der Teilungsklage weniger Berücksichtigung finden als bei der Erbteilungsklage. Daher wird es auch Gegenstand der Teilungsklage, dass die genannten Rechte nach Mengen oder Zeiten geteilt werden.

Pomponius glaubt, Dienstbarkeiten, die den Eigentümern eines gemeinsamen Grundstücks zustehen, könnten auch in der Gestalt vorkommen, dass sie den Miteigentümern noch nicht geteilt nach Zeit- oder Mengeneinheiten zustehen. Dementsprechend unterliegen sie der Aufteilung im Rahmen der actio communi dividundo. Bei ihr wird damit ebenso verfahren wie bei der verwandten Erbteilungsklage. Diese ist bei einem unfreiwillig entstandenen Miteigentum unter Erben und daher in einem Fall zuständig, in dem es zwangsläufig an einer Aufteilung der Dienstbarkeit nach Zeit- und Mengeneinheiten fehlt. Erlaubt das iudicium familiae erciscundae die Zerlegung der Dienstbarkeit, kann nichts anderes für die gewöhnliche Teilungsklage gelten. Um zwei Arten eines zur Sicherheit geleisteten Stipulationsversprechens, nämlich die cautio ratam rem haberi und die cautio damni infecti, geht es in (6) Pomp 725 = D 46.8.18 Pomp 26 Sab: Si procurator ratam rem dominum heredemve eius habiturum caverit et unus ex heredibus domini ratum habeat, alter non habeat, sine dubio committetur stipulatio pro ea parte, pro qua ratum non habebitur, quia in id committitur, quod stipulatoris intersit. … et ideo saepius ex ea stipulatione agi potest, prout intersit agentis, quod litigat, quod consumit, quod ad14 Dies ergibt entgegen der zu weit geratenen Formel in D 10.4.3.9 Ulp 24 ed die Aufzählung in den folgenden Abschnitten dieses Fragments. 15 Pomp 482 = D 10.4.4 Pomp 6 Sab: Nam et cum eo, apud quem deposita vel cui commodata vel locata res sit, agi potest. 16 Hier könnte auch der Schlüssel zum Verständnis der auf den ersten Blick viel zu allgemein gehaltenen Bemerkung liegen, der Erfüllungsort entspreche bei allen bonae fidei iudicia dem Belegenheitsort. Pomponius könnte hier die Klagen meinen, die restitutorisch wirken und einem fremdnützigen Engagement des Beklagten entspringen.

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vocat, quod damnatus solvit, sicut in stipulatione damni infecti accidere potest, ut is qui stipulatus sit subinde agat: cavet enim ,si quid ibi ruet scindetur fodietur aedificabitur‘. finge ergo subinde damnum dari: non erit dubium, quin agere possit: nam si toto damno computato tunc agendum est, propemodum non ante aget, quam dies stipulationis praeterierit, intra quem si damnum datum sit, stipulatione cautum erit: quod verum non est. Hat ein Prozessvertreter Sicherheit dafür geleistet, dass der Geschäftsherr oder sein Erbe die Prozessführung genehmigen würden und genehmigt sie nur einer von mehreren Erben, der andere nicht, verfällt das Versprechen zweifellos zu dem Teil, zu dem nicht genehmigt wird, weil es insoweit verfällt, als der Gläubiger ein Interesse hat. … Und der kann mehrfach aus diesem Versprechen geklagt werden, und zwar so oft, wie der Kläger ein Interesse daran hat, weil er den Prozess führt, Aufwendungen macht, einen Rechtsbeistand hinzuzieht oder den Verurteilungsbetrag zahlt, und zwar ebenso, wie es bei dem Versprechen wegen drohenden Schadens vorkommen kann, dass der Gläubiger wiederholt klagt; es wird nämlich für den Fall versprochen, „dass hier etwas einstürzt, abgerissen, gegraben oder gebaut wird“. Nimm also an, es sei mehrfach Schaden entstanden; es ist nicht zweifelhaft, dass er klagen kann; denn wenn man erst dann klagen könnte, wenn der gesamte Schaden eingetreten ist, würde man fast erst dann klagen können, wenn der Verfallstag des Versprechens gekommen ist, bis zu dem Sicherheit für den drohenden Schaden geleistet worden ist; was nicht richtig ist.

Hat ein procurator für die Genehmigung der Prozessführung durch den Geschäftsherrn Sicherheit geleistet und hinterlässt der Geschäftsherr mehrere Erben, die die Genehmigung teils erteilen, teils verweigern, kann die zur Sicherheit übernommene Stipulation teilweise17 und daher auch mehrfach verfallen, nämlich immer dann, wenn einer der Erben dem Prozessvertreter die Genehmigung versagt. Dass ein derart sukzessiver Eintritt des Sicherungsfalles unbedenklich ist und die nachfolgenden Klagen des Gläubigers nicht etwa am Einwand des Klageverbrauchs scheitern, zeigt Pomponius am Parallelfall der cautio damni infecti: Bei dieser versteht sich von selbst, dass der Gläubiger den Schuldner mehrfach in Anspruch nehmen kann, und zwar jeweils dann, wenn das umstrittene Werk zu einem Schaden am Gebäude des Gläubigers geführt hat. Hier ist klar, dass diese Nachteile in mehreren Schüben eintreten können. Müsste der Gläubiger mit seiner Klage aus der Kaution warten, bis der gesamte Schaden eingetreten ist, liefe er Gefahr, die Frist zu versäumen, für die die Sicherheit gestellt worden ist. Die cautio damni infecti erlaubt damit sogar eine reductio ad absurdum, aus der sich die Zulässigkeit eines stufenweisen Verfalls der Sicherheit ergibt. Dieses Ergebnis lässt sich nun wiederum auf die Sicherheitsleistung des Prozessvertreters übertragen; denn auch diese soll den Gläubiger vor einem drohenden Schaden abschirmen, der sich in Schüben realisieren kann. Eine Parallele zwischen der Verpflichtung zur Leistung einer cautio damni infecti und der Noxalhaftung erkennt Pomponius in

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Zur Begründung dieser Entscheidung s. u. S. 44 f.

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A. Systemimmanente Rechtsfindung (7) Pomp 557 = D 15.1.23 Pomp 9 Sab: Aedium autem peculiarium nomine in solidum damni infecti promitti debet, sicut vicarii nomine noxale iudicium in solidum pati, quia pro pignore ea, si non defendantur, actor abducit vel possidet. Wegen eines Grundstücks, das zum Sondergut gehört, muss aber in voller Höhe wegen drohenden Schadens Sicherheit versprochen werden, ebenso wie man wegen eines Vikarsklaven die Noxalklage in voller Höhe hinnehmen muss, weil der Kläger diese, wenn sie nicht verteidigt werden, zur Sicherheit mit sich führen oder in Besitz nehmen darf.

Muss ein Eigentümer einem Nachbarn die cautio damni infecti für ein Gebäude leisten, das zum Sondergut seines Sklaven gehört, stellt sich die Frage, ob er seine Verpflichtung der Höhe nach begrenzen kann; denn auch für die Erfüllung der Ansprüche, die sich aus Geschäften des Sklaven gegen ihn richten, hat er nur im Umfang des Sonderguts einzustehen. Bei der Sicherheitsleistung wegen drohenden Gebäudeschadens kommt eine Beschränkung auf das peculium aber nicht in Betracht, weil der Eigentümer des schadensträchtigen Gebäudes eben als solcher und nicht aus dem Grund in Anspruch genommen wird, dass er dem Sklaven eine Generalermächtigung zu Pekuliargeschäften erteilt hat. Dasselbe gilt für die Noxalhaftung, die den Eigentümer wegen des Delikts eines Vikarsklaven trifft. Obwohl dieser dem Sondergut des ihm übergeordneten Sklaven zugeordnet ist, kann die Noxalklage gegen den Eigentümer nicht nur hierauf beschränkt, sondern in vollem Umfang erhoben werden. Auch diese Verpflichtung ist durch die Eigentümerstellung und nicht wegen der Einräumung des Sondergutes begründet, so dass die hieran anknüpfende Haftungsbegrenzung nicht gilt. Sowohl im Ausgangs- als auch im Vergleichsfall hätte eine Beschränkung der Haftung ferner die nicht akzeptable Konsequenz, dass der Gläubiger, wenn der Eigentümer die Sicherheitsleistung oder die Einlassung auf die Klage verweigert, nicht die ihm sonst zustehenden Befugnisse hätte: Unterbleibt die Sicherheitsleistung für drohenden Gebäudeschaden, wird der hiervon betroffene Nachbar gewöhnlich vom Prätor in den Besitz des Gebäudes eingewiesen;18 und wenn der Eigentümer eines Sklaven diesen nicht gegen die Noxalklage verteidigt, kann der Geschädigte den deliktischen Sklaven auf Anordnung des Prätors mit sich führen und in Besitz nehmen19. Beides wäre ausgeschlossen, wenn der Eigentümer für den Gebäudeschaden oder das Sklavendelikt nur in Höhe des Sondergutes einzustehen hätte. Es zeigt daher, dass es jenseits vertraglicher Verpflichtungen, die der Sklave bei der Verwaltung des peculium eingegangen ist, statt auf die Zugehörigkeit eines Gegenstands zum Sondergut allein auf das Eigentum an diesem ankommt. Im Fall des Vikarsklaven ist dies deshalb leichter einzusehen als bei der Sicherheitsleistung wegen Gebäudeschadens, weil das Delikt des Sklaven zweifellos nicht mehr von der Ermächtigung zur Verwaltung des Sonderguts erfasst ist, während die Unterhaltung eines Gebäudes durchaus hierunter fällt. Diesen für die Falllösung irrelevanten Gesichtspunkt blendet Pomponius aus, indem er den Parallelfall des Vikarsklaven anführt. 18 19

D 39.2.15.11 Ulp 53 ed. Vgl. etwa D 9.4.28 Afr 6 quaest.

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Zwei besondere Gestaltungen der donatio vergleicht Pomponius, um die Tauglichkeit einer Abrede als Erwerbsgrund für die Ersitzung zu erweisen: (8) Pomp 159 = D 39.5.18.2 Ulp 71 ed Idem Aristo ait, si donationis causa in hoc tradatur servus, ut post quinquennium manumittatur, sit autem alienus, posse dubitari an usucapiatur, quia aliquid donationis interveniret. et hoc genus quaestionis in mortis causa donationibus versari Pomponius ait et magis putat ut, si ita donetur, ut post quinquennium manumittatur, posse dici usucapionem sequi. Aristo schreibt ferner, es sei zweifelhaft, ob eine Ersitzung wegen einer Schenkung stattfinde, wenn ein fremder Sklave schenkungshalber mit der Maßgabe übergeben werde, dass er nach fünf Jahren freigelassen werden solle. Und Pomponius schreibt, dass sich diese Art von Frage bei Schenkungen von Todes wegen stelle, und er glaubt eher, dass man sagen könne, die Ersitzung finde statt, wenn der Sklave so geschenkt werde, dass er nach fünf Jahren freigelassen werden solle.

Der von Ulpian und vielleicht auch schon von Pomponius zitierte Aristo hat die Frage aufgeworfen, ob die Ersitzung stattfinde, wenn ein Sklave zu dem Zweck übergeben worden ist, dass der Empfänger ihn nach fünf Jahren freilässt. Eigentlich trägt die causa donationis die Ersitzung eines Sklaven, der dem Beschenkten vom Nichteigentümer oder nicht in der gehörigen Form der mancipatio überlassen wird, binnen Jahresfrist. Etwas anderes kann sich jedoch daraus ergeben, dass der Sklave dem Beschenkten nicht für immer, sondern nur bis zu dem Zeitpunkt gehören soll, in dem er ihn nach der Vorgabe des Schenkers freilässt. Dass diese Einschränkung der Zuwendung ohne Auswirkung auf die Ersitzung bleibt, folgt für Pomponius, den Ulpian hier als Urheber von Entscheidung und Begründung zitiert, aus dem Vergleich zur donatio mortis causa. Hier ist offenbar anerkannt, dass der Beschenkte die ihm übergebene Sache ersitzen kann, obwohl die Schenkung infolge der Genesung des Schenkers jederzeit ihre Wirkung verlieren kann. Ist dem Beschenkten die Ersitzung in solch einer prekären Lage möglich, muss sie erst recht Platz greifen, wenn der Beschenkte die Schenksache für einen bestimmten Zeitraum, der die Ersitzungsfrist von einem Jahr deutlich übersteigt, unbedingt behalten darf und erst dann infolge der Auflage des Schenkers verlieren soll. An anderer Stelle zieht Pomponius einen Schluss vom Eigentum als Vollrecht auf den Nießbrauch als bloßes Nutzungsrecht: (9) Pomp 293 = D 7.4.23 Pomp 26 QM Si ager, cuius usus fructus noster sit, flumine vel mari inundatus fuerit, amittitur usus fructus, cum etiam ipsa proprietas eo casu amittatur: ac ne piscando quidem retinere poterimus usum fructum. sed quemadmodum, si eodem impetu discesserit aqua, quo venit, restituitur proprietas, ita et usum fructum restituendum dicendum est. Wird ein Acker, an dem uns der Nießbrauch zusteht, durch einen Fluss oder das Meer überschwemmt, geht der Nießbrauch verloren, da in dem Fall ja auch das Eigentum verlorengeht; und wir können den Nießbrauch auch nicht aufrechterhalten, indem wir Fische fangen. Aber es ist zu sagen, dass ebenso, wie das Eigentum wiederhergestellt wird, wenn das Wasser auf dieselbe Weise, wie es gekommen ist, wieder weicht, auch der Nießbrauch wiederhergestellt wird.

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Dass der Inhaber des Nießbrauchs an einem Grundstück sein Recht mit dessen Überschwemmung verliert und, wie schon Labeo entschieden hat,20 mit seiner Freigabe von den Fluten wiedergewinnt, folgert Pomponius aus dem Schicksal des Eigentums:21 Ist schon der Bestand des Vollrechts davon abhängig, ob das Grundstück von dem in Gemeingebrauch stehenden Wassermassen überflutet ist,22 kann nichts anderes für eine Dienstbarkeit gelten, die an diesem Grundstück bestellt ist.23 Da schon das Eigentum erlischt, kann auch der Nießbrauch nicht durch Fischfang auf dem überschwemmten Grundstück aufrechterhalten werden. Einen Untergang seines Rechts durch non usus, wie ihn für den Fall einer Überschwemmung Javolen angenommen hat,24 braucht der Nießbraucher aber nach Pomponius’ Lösung nicht zu fürchten, weil es in der Zeit, in der die Dienstbarkeit wegfällt, auch keinen Eigentümer und damit niemanden gibt, der die Freiheit des Grundstücks von dem Nießbrauch ersitzen könnte.25 Einen Schluss vom Interdikten- auf den fehlerhaften Besitz zieht Pomponius in dem nächsten Text, der seiner Inskription nach von Paulus stammen soll, sich aber wegen der Stellung des Fragments zwischen anderen Auszügen aus Pomponius’ Werk dem Hochklassiker zuschreiben lässt26: (10) Pomp 760 = D 41.3.31.4 Pomp 32 Sab: Si vi aut clam aut precario possessionem nactus quis postea furere coeperit, et possessio et causa eadem durat de hoc, quod precario furiosus habet, quemadmodum interdicto quoque uti possidetis furiosi nomine recte experimur eius possessionis nomine, quam ante furorem per se vel post furorem per alium nactus est. Wird jemand, der seinen Besitz gewaltsam, heimlich oder im Wege einer Bittleihe erlangt hat, später geisteskrank, bestehen der Besitz und auch das Verhältnis der Bittleihe fort, und zwar ebenso, wie man für den Geisteskranken auch das Edikt „wie ihr besitzt“ erheben kann wegen des Besitzes, den er vor der Geisteskrankheit durch sich selbst oder danach durch einen anderen erlangt hat. 20 D 7.2.24pr Iav 3 post Lab: Cum usum fructum horti haberem, flumen hortum occupavit, deinde ab eo recessit: ius quoque usus fructus restitutum esse labeoni videtur, quia id solum perpetuo eiusdem iuris mansisset. 21 Manthe, Die libri ex Cassio des Iavolenus Priscus, Berlin 1982, S. 86 f. schreibt nur diese Entscheidung Pomponius, den vorangehenden Satz über den Rechtsverlust durch Überschwemmung dagegen Quintus Mucius zu, der sich für den endgültigen Untergang von Eigentum und Nießbrauch entschieden habe. 22 Vgl. Pomp 796 = D 41.1.30.3 Pomp 34 Sab; s. u. S. 40 f. 23 Dabei ist wohl unterstellt, was Javolen in D 7.2.24pr Iav 3 post Lab ausdrücklich voraussetzt, nämlich dass der Fluss seinen Lauf nicht ändert. 24 D 8.6.14pr Iav 10 Cass: Si locus, per quem via aut iter aut actus debebatur, impetu fluminis occupatus esset et intra tempus, quod ad amittendam servitutem sufficit, alluvione facta restitutus est, servitus quoque in pristinum statum restituitur: quod si id tempus praeterierit, ut servitus amittatur, renovare eam cogendus est. 25 Manthe (Fn. 21), S. 86 ff. verneint einen Widerspruch zwischen Javolen und Pomponius, indem er annimmt, dieser habe nur an eine kurzzeitige Überschwemmung gedacht und die erstmals von Javolen aufgeworfene Frage der Ersitzung nicht erwogen. 26 Vgl. Lenel, Pal., Bd. 2, Sp. 140 Fn. 3.

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Schon Proculus hat entschieden, dass der animus possidendi nicht durch Geisteskrankheit verloren geht, diese vielmehr umgekehrt eine Aufgabe des Besitzes ausschließt.27 Dementsprechend muss auch der Rechtsschutz durch Interdikte fortbestehen. Hieraus folgert Pomponius, dass umgekehrt auch der fehlerhafte Besitz, gegen den die Interdikte schützen, fortdauert. Andernfalls ginge mit der Geisteskrankheit desjenigen, der sich die Sache ohne den Willen des Besitzers oder im Wege einer Bittleihe verschafft hat, der Rechtsschutz gegen ihn verloren. Intestaterbfolge und Pflichtteilsrecht bei gewillkürter Erbfolge stellt Pomponius in dem folgenden Fragment gegenüber: (11) Pomp 433 = D 38.2.2.2 Pomp 4 Sab Si filius emancipatus nepotem in potestate avi reliquisset, bonorum possessionem partis dimidiae dandam ei filio intestati liberti, quamvis iure ipso legitima hereditas ad nepotem pertineat, quia et contra tabulas eius liberti filio potius bonorum possessio partis debitae daretur. Hat ein aus der Gewalt entlassener Sohn einen Enkel in der Gewalt des Großvaters hinterlassen, ist diesem Sohn der Besitz am Nachlass des ohne Testament verstorbenen Freigelassenen zur Hälfte zu gewähren, obwohl die gesetzliche Erbschaft von selbst dem Enkel zufällt, denn dem Sohn würde auch der Nachlassbesitz zum Pflichtteil gegen das Testament gewährt.

Das gesetzliche Erbrecht nach einem Freigelassenen steht dem Sohn des vorverstorbenen Freilassers auch dann zu, wenn er vorher seinerseits aus der Gewalt entlassen worden ist, aber einen Sohn hat, der noch in der potestas seines Großvaters, des Freilassers, verblieben ist. Obwohl dieser Enkel als dessen Hauserbe in die Gesamtrechtsnachfolge nach dem Freilasser einrückt, besteht die Pietätspflicht des Freigelassenen doch zunächst gegenüber dessen Sohn. Kann dieser auch dann, wenn der Freigelassene einen Erben eingesetzt hat, den Pflichtteil verlangen, steht ihm erst recht das Intestaterbrecht zu; und er verdrängt seinen eigenen Sohn als Erben des Freilassers.28 in

Zu einem Vergleich von exceptio rei iudicatae und exceptio iurisiurandi kommt es (12) Pomp 208 = D 12.2.42.3 Pomp 18 ep: Item si reus iuravit, fideiussor tutus sit, quia res iudicata secundum alterutrum eorum utrique proficeret. Hat ferner der Hauptschuldner geschworen, soll der Bürge geschützt sein, weil ein Urteil, das für einen von beiden ergangen ist, dem anderen nützt.

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D 41.2.27 Proc 5 ep: Si is, qui animo possessionem saltus retineret, furere coepisset, non potest, dum fureret, eius saltus possessionem amittere, quia furiosus non potest desinere animo possidere. Hierzu Krampe, Proculi epistulae, Karlsruhe 1970, S. 79 f. 28 Ebenso entscheidet Gaius in D 38.2.5.1 Gai 15 ed: Si patroni filium emancipatum et nepotem ex eo, qui in avi familia remansit, libertus habeat, filio tantum, non etiam nepoti satisfacere debebit libertus: nec ad rem pertinet, quod ad parentis bona pariter vocantur.

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Dass sich ein Bürge auf den Eid des Hauptschuldners berufen kann, mit dem dieser seine Verpflichtung leugnet, folgt für Pomponius aus dem wechselseitigen Klageverbrauch: Wirkt ein klageabweisendes Urteil gegen den Hauptschuldner oder Bürgen auch für den jeweils anderen, darf nichts anderes für den prozessentscheidenden Eid nach dem Edikt de iureiurando gelten. Denn dieser Schwur bewirkt, dass die Klage vom Richter abgewiesen oder vom Prätor gar nicht erst gewährt wird. Dass er an die Stelle eines Urteils tritt, ist einer der Vergleiche, mit dem sich die römischen Juristen der Natur des antragsgemäß geschworenen Eides als Prozessvertrag nähern:29 Auf der einen Seite ist der Eid vom Antrag der Gegenseite abhängig und damit gewissermaßen Teil einer Einigung über das Schicksal der umstrittenen Verpflichtung; auf der anderen Seite wirkt er im Gegensatz zu anderen pacta und insbesondere einem regelrechten Vergleich nicht als zusätzlicher Umstand, sondern steuert das ursprüngliche Prozessprogramm, indem er Prätor und Richter die Untersuchung der anspruchsbegründenden Tatsachen verwehrt. Mit zwei Arten der Vertragsänderung beschäftigt sich Pomponius schließlich in (13) Pomp 541 = 18.1.6.2 Pomp 9 Sab: Condicio, quae initio contractus dicta est, postea alia pactione immutari potest, sicuti etiam abiri a tota emptione potest, si nondum impleta sunt, quae utrimque praestari debuerunt. Eine Bedingung, die bei Eingehung des Vertrags gemacht worden ist, kann später durch eine weitere Vereinbarung geändert werden, wie man ja auch den gesamten Kaufvertrag auflösen kann, solange noch keine der Leistungen beider Seiten erbracht worden ist.

Steht ein Kaufvertrag unter einer Bedingung, kann diese nachträglich geändert, insbesondere so gefasst werden, dass die Vertragsbindung an zusätzliche Voraussetzungen geknüpft wird, die noch nicht eingetreten sind. Dies ergibt sich ohne Weiteres aus der Befugnis der Parteien, einen unbedingt geschlossenen Vertrag durch contrarius consensus wieder aufzuheben. Denn die Verschärfung einer Bedingung bedeutet eine Einschränkung der Vertragsgeltung. Da diese hinter deren völliger Beseitigung zurückbleibt, kann Pomponius einen Schluss a maiore ad minus ziehen.30 2. Die zweite Gruppe, die sich innerhalb des Kreises der schlichten Fallvergleiche ausmachen lässt, bilden die Entscheidungen, bei deren Begründung es zum Austausch eines Vertrags- oder Verpflichtungsgegenstands kommt. Anders als in den bisher betrachteten Texten stellt Pomponius also nicht zwei verwandte Rechtsinstitute gegenüber, sondern bleibt mit dem Vergleichsfall bei demselben Thema und bringt die Falllösung durch den Wechsel des Objekts zur Evidenz. An vier Stellen 29 Vgl. Harke, Der Eid im klassischen römischen Privat- und Zivilprozessrecht, Berlin 2013, S. 99 ff. 30 Generalisiert findet sich diese Aussage in dem Zitat aus Pomponius’ Ediktskommentar bei Ulpian in Pomp 7 = D 2.14.7.6 Ulp 4 ed: Adeo autem bonae fidei iudiciis exceptiones postea factae, quae ex eodem sunt contractu, insunt, ut constet in emptione ceterisque bonae fidei iudiciis re nondum secuta posse abiri ab emptione. si igitur in totum potest, cur non et pars eius pactione mutari potest? et haec ita Pomponius libro sexto ad edictum scribit. …

I. Unvermittelte Fallentscheidung

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begründet er auf diese Weise das Schicksal einer Verpflichtung aus einem Vermächtnis: (14) Pomp 94 = D 10.2.8pr Ulp 19 ed Pomponius scribit, si uni ex heredibus praelegatae fuerint rationes, non prius ei tradendas, quam coheredes descripserint. nam et si servus actor, inquit, fuerit legatus, non alias eum tradendum, quam rationes reddiderit. Pomponius schreibt, dass, wenn einem von mehreren Erben die Rechnungsbücher vorausvermacht sind, sie ihm nicht eher zu übergeben sind, als die Miterben eine Abschrift gemacht haben. Denn auch wenn ein mit der Verwaltung beauftragter Sklave vermacht worden ist, sei er, wie er sagt, erst dann zu übergeben, wenn er Rechnung gelegt hat.

Ein Vorausvermächtnis über Rechnungsbücher müssen die Miterben nicht sofort, vielmehr erst dann erfüllen, wenn sie Gelegenheit hatten, eine Kopie der Bücher anzufertigen. Diese Einschränkung versteht sich von selbst, weil der Anspruch des Vermächtnisnehmers nicht dazu bestimmt sein kann, die Verwaltung des Nachlasses zu erschweren, zumal der Begünstigte und die Beschwerten in einer Erbengemeinschaft verbunden sind. Pomponius, der hier von Ulpian ausnahmsweise nicht nur als Gewährsmann für die Fallentscheidung, sondern auch als Urheber der Begründung genannt ist, leitet seine Lösung durch einen Vergleich zum Vermächtnis über einen servus actor ab. Hier gilt, dass die Erfüllung des Legats davon abhängt, dass der Sklave zuvor Rechenschaft ablegt; nur so ist gewährleistet, dass das Vermächtnis nicht die Verwaltung des Nachlasses erschwert und damit einen Effekt zeitigt, der mit der Zuwendung des Sklaven nicht beabsichtigt ist. Die Evidenz dieser Lösung ergibt sich daraus, dass sich der Gegenstand des Vermächtnisses im Vergleichsfall klarer von den Daten trennen lässt, an denen die beschwerten Erben ein schutzwürdiges Interesse haben: Während der Erblasser beim Vermächtnis der Rechnungsbücher über den körperlichen Träger der Daten selbst verfügt hat, ist der servus actor klar von ihnen verschieden. Und doch müssen beide Fälle gleichbehandelt werden; denn der mit der Vermögensverwaltung betraute Sklave ist, wenn auch nicht physisch, so doch intellektuell, ebenfalls Träger der Daten, die den Miterben durch das Vermächtnis nicht genommen werden sollen und den Aufschub der Erfüllung erzwingen. (15) Pomp 395 = D 30.8pr Pomp 2 Sab Si ex toto fundo legato testator partem alienasset, reliquam dumtaxat partem deberi placet, quia etiam si adiecisset aliquid ei fundo, augmentum legatario cederet. Hat der Erblasser einen Teil des vermachten Grundstücks veräußert, wird anerkanntermaßen nur der verbliebene Teil geschuldet, weil dem Vermächtnisnehmer ja auch zuteilwürde, wenn er etwas zum Grundstück hinzuerworben hätte.

Dass die nachträgliche Veräußerung einer Teilfläche eines vermachten Grundstücks durch den Erblasser zulasten des Vermächtnisnehmers geht, ergibt sich für Pomponius aus dem umgekehrten Fall einer Ergänzung des Grundstücks um weitere Flächen: Erhöht sich hierdurch der Wert des Vermächtnisgegenstands, ohne dass der Vermächtnisnehmer dem Erben zum Ausgleich verpflichtet wäre, muss auch die

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A. Systemimmanente Rechtsfindung

Verkleinerung des Grundstücks folgenlos bleiben. Der Erbe wird durch Übereignung des verbliebenen Areals frei und ist nicht zum Wertersatz für die in Abgang geratene Fläche verpflichtet. Ihr Wegfall stellt nämlich ebenso wenig wie die Erweiterung des Grundstücks in Frage, dass seine Leistung dem geschuldeten Gegenstand entspricht. Dieser ist durch seine namentliche Bezeichnung und nicht etwa, gewissermaßen der Gattung nach, auf ein bestimmtes Flächenmaß festgelegt. Hieraus ergibt sich ein Gleichlauf von Chancen und Risiken, der an der Gegenüberstellung der Grundstücksvergrößerung offenbar wird: Kann jede Seite von einer Veränderung der Fläche profitieren, kann diese auch zu ihren Lasten ausfallen; und der jeweils andere Teil erfährt einen komplementären Vor- oder Nachteil. (16) Pomp 496 = D 30.36pr Pomp 6 Sab ,Titiae textores meos omnes, praeterquam quos hoc testamento alii legavi, lego. Plotiae vernas meos omnes, praeterquam quos alii legavi, lego‘. cum essent quidam et vernae idem et textores, Labeo ait, quoniam nec quos Titiae textores non legaverit, aliter apparere possit, quam si cognitum fuerit, quos eorum plotiae legaverit, nec quos Plotiae vernas non legaverit, possit, neutrius legato exceptos esse eos de quibus quaeritur et ideo communes ambobus esse: hoc enim iuris est et si neutrius legati nomine quicquam esset exceptum. „Ich vermache Titia alle meine Weber, außer denen, die ich in diesem Testament einem anderen vermache. Ich vermache Plotia alle meine Haussklaven, außer denen, die ich einem anderen vermache.“ Da es manche gab, die sowohl Haussklaven als auch Weber waren, befand Labeo, dass, weil sich nicht ermitteln lasse, welche der Weber der Titia nicht vermacht seien, ohne zu wissen, welche Sklaven der Plotia vermacht seien, und sich auch dies nicht ermitteln lasse, die Sklaven, um die es geht, von keinem der beiden Vermächtnisse ausgenommen seien und daher beiden gemeinschaftlich gehörten; dies gilt nämlich auch dann, wenn keines der beiden Vermächtnisse eine Ausnahme enthalte.

Sind zwei Vermächtnisse so ausgesetzt, dass sie jeweils einen Vorbehalt zugunsten des anderen enthalten, führt dies zu einem gedanklichen Zirkel: Der Gegenstand des einen Vermächtnisses lässt sich nicht ohne vorherige Bestimmung des Inhalts des anderen bestimmen und umgekehrt. Heben sich die Vorbehalte damit gegenseitig auf, müssen beide Vermächtnisse wie unbeschränkt behandelt werden, so dass sie, soweit sie auf denselben Gegenstand gerichtet sind, zu einem Anspruch auf Übertragung von Miteigentum führen. (17) Pomp 442 = D 30.22 Pomp 5 Sab Si grege legato aliqua pecora vivo testatore mortua essent in eorumque locum aliqua essent substituta, eundem gregem videri: et si deminutum ex eo grege pecus esset et vel unus bos superesset, eum vindicari posse, quamvis grex desisset esse: quemadmodum insula legata, si combusta esset, area possit vindicari. Ist eine Herde vermacht und Vieh zu Lebzeiten des Erblassers gestorben und ersetzt worden, gilt es als dieselbe Herde; und wenn der Viehbestand der Herde verringert und sogar nur ein Ochse übrig ist, kann er herausverlangt werden, obwohl die Herde nicht mehr existiert, und zwar ebenso, wie wenn ein Wohnblock vermacht und dieser abgebrannt ist, das Gelände herausverlangt werden kann.

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Ein Vermächtnis über eine Herde unterliegt auch dann, wenn es per vindicationem ausgesetzt ist, nicht dem Erfordernis, dass der Erblasser sowohl im Zeitpunkt der Testamentserrichtung als auch im Moment seines Todes Eigentümer der dazugehörigen Tiere sein muss. Der Vermächtnisnehmer kann vielmehr die Herausgabe aller Tiere verlangen, die beim Tod des Erblassers in dessen Eigentum stehen und zur Herde zählen.31 Wegen ihres wechselnden Bestandes wird die Herde wie vertretbare Sachen behandelt, bei denen es für die Wirksamkeit eines Vindikationsvermächtnisses seit jeher allein auf das Eigentum des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes ankommt32. An seine Wirksamkeitsgrenzen stößt das legatum gregis freilich, wenn die Herde bis auf ein Stück zusammengeschrumpft ist. Unabhängig davon, ob es per damnationem oder per vindicationem ausgesetzt ist, droht das Vermächtnis hier am Wegfall seines Gegenstands zu scheitern; denn mit der Reduktion auf ein Tier ist die Herde, wie Pomponius selbst feststellt, eigentlich untergegangen. Dass der Vermächtnisnehmer gleichwohl das einzelne Tier herausverlangen kann,33 ergibt sich für Pomponius jedoch aus dem Vergleich zu einem abgebrannten Gebäude: Ist mit seiner Zerstörung auch die insula weggefallen, die der Erblasser dem Vermächtnisnehmer zugewandt hat, bleibt als Gegenstand des Vermächtnisses doch noch das Grundstück übrig, auf dem sich das Gebäude befand. Dass der Vermächtnisnehmer es herausverlangen kann, versteht sich nicht schon deshalb von selbst, weil es, rechtlich gesehen, die Hauptsache und das Gebäude nur sein Bestandteil ist. Auch beim Kaufvertrag gilt die domus combusta seit Sabinus und Cassius als Beispiel für die Regel, dass ein Geschäft an der fehlenden Existenz seines Objekts scheitert, weil die bloße area eben nicht identisch mit dem Hausgrundstück ist, auf das sich die Verpflichtung bezieht.34 Kann ein Käufer deshalb unter Berufung auf die Nichtigkeit des Vertrags den Kaufpreis ganz oder, wie Neraz meint, zumindest in Abhängigkeit vom Zerstörungsgrad zurückfordern,35 muss für ein Vermächtnis etwas anderes gelten: Da der Vermächtnisnehmer keine Gegenleistung schuldet, die beim Austausch mit einer bloßen area ihren Zweck verfehlt, ist er im Gegensatz zu einem Käufer unter allen Umständen am Fortbestand der Verpflichtung des anderen Teils interessiert. Damit das Vermächtnis erhalten bleibt, genügt daher die Fortexistenz des Grundstücks als der sachenrechtlich allein relevanten Einheit. Ganz entsprechend liegen die Dinge beim legatum gregis: Auch hier hat der Vermächtnisnehmer jedenfalls ein Interesse daran, zumindest das einzig verbliebene Tier zu verlangen; und wie beim Vermächtnis eines abgebrannten Hausgrundstücks bietet die dingliche Zuordnung den 31

Vgl. auch D 30.21 Ulp 15 sab, IJ 2.20.18. Gai 2.196. 33 Dies bestätigt später auch Justinian in IJ 2.20.18: Si grex legatus fuerit, posteaque ad unam ovem pervenerit, quod superfuerit, vindicari potest … 34 D 18.1.57pr Paul 5 Plaut: Domum emi, cum eam et ego et venditor combustam ignoraremus. Nerva Sabinus Cassius nihil venisse, quamvis area maneat, pecuniamque solutam condici posse aiunt. … 35 Dies ergibt der Fortgang von D 18.1.57pr Paul 5 Plaut; vgl. hierzu Harke, Si error aliquis intervenit, Berlin 2005, S. 188 ff. 32

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Ansatzpunkt für die Aufrechterhaltung der Verfügung. Die Herde ist nämlich nur in wirtschaftlicher Hinsicht Gegenstand der Zuwendung, während diese sich, sachenrechtlich gesehen, auf die einzelnen Tiere bezieht, die zu der Herde zählen.36 Ist die Herde auch als solche untergegangen, bleibt mit dem einzelnen Vieh doch eine dingliche Einheit übrig, die vindiziert oder übereignet werden kann. Der Vergleich zum Vermächtnis der insula combusta erleichtert diese Einsicht, weil es hier stets ein und dieselbe Sache ist, auf die sich das Legat richtet, wohingegen beim grex das schwierigere Verhältnis von Sachgesamtheit und einzelner Sache zu beurteilen ist. Für die Entscheidung gegen die Anwendung der Regel vom Wegfall des Vermächtnisses mit seinem Gegenstand macht dies jedoch keinen Unterschied. (18) Pomp 507 = D 10.2.42 Pomp 6 Sab Si ita legatum fuerit uni ex heredibus: ,quod mihi debet, praecipito‘, officio iudicis familiae erciscundae continetur, ne ab eo coheredes exigant: nam et si quod alius deberet praecipere unus iussus fuerit, officio iudicis actiones ei praestari debebunt pro portione coheredis. Ist einem der Erben wie folgt vermacht worden: „was er mir schuldet, soll er im Voraus erhalten“, so gehört es zur Aufgabe des Teilungsrichters, dafür zu sorgen, dass seine Miterben ihn nicht in Anspruch nehmen; denn auch wenn jemand im Voraus zugewandt bekommt, was ein anderer schuldet, müssen ihm die Klagen auf Anordnung des Richters entsprechend dem Anteil der Miterben abgetreten werden.

Auch wenn einem Miterben vom Erblasser die eigene Verpflichtung im Voraus vermacht worden ist, stellt sich die Frage, ob diese Verfügung am Wegfall ihres Gegenstands scheitert. Denn der durch sie begünstigte Erbe, den der Erblasser von seiner Schuld befreien wollte, ist mit dem Erbfall zugleich Gläubiger der Verpflichtung geworden. Dies gilt jedoch nur zu dem Anteil, zu dem er an dem Nachlass beteiligt ist, während seine Verpflichtung gegenüber seinen Miterben als Rechtsnachfolger des bisherigen Gläubigers erhalten bleibt. Dass das Vorausvermächtnis insoweit erfüllbar und im Rahmen der Erbteilung wirksam ist, zeigt Pomponius am Vergleichsfall der Zuwendung einer Forderung gegen einen Dritten. Auch sie ist durch den Erbfall in mehrere Ansprüche der Erben zerfallen. Während der mit dem Vermächtnis bedachte Erbe seine Teilforderung automatisch erhält, müssen seine Miterben ihm diese, um dem Vorausvermächtnis Genüge zu tun, erst noch abtreten. Ebenso wie das Erlassvermächtnis ist also auch die Zuwendung der Forderung gegen einen Dritten nur teilweise, nämlich lediglich in Bezug auf die Teilforderungen der Miterben, gültig. Was die Lösung des Vergleichsfalles eingängig macht, ist, dass die Forderung gegen einen außenstehenden Dritten einen positiven Vermögensgegenstand darstellt, wohingegen die Zuwendung einer gegen den Vermächtnisnehmer gerichteten Forderung die Beseitigung einer Verbindlichkeit bedeutet.

36 Ganz anders Hammerstein, Die Herde im römischen Recht, Göttingen 1975, S. 126 f., 156, der glaubt, die Herde werde hier wie eine res composita behandelt. Hiergegen zu Recht Daubermann, Die Sachgesamtheit als Gegenstand des klassischen römischen Rechts, Frankfurt a. M. u. a. 1993, S. 96 f.

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Auch im Kaufvertragsrecht bemüht Pomponius den Vergleichsfall einer Drittverpflichtung, um das in der Ausgangskonstellation vorhandene Problem einer Konfusion auszublenden: (19) Pomp 674 = D 21.2.30 Pomp 19 Sab Si emptori, qui stipulatus sit furtis noxisque solutum esse, heres exstiterit is, cui servus furtum fecerit, incipit is ex stipulatu actionem habere, quemadmodum si ipse alii praestitisset. Ist ein Käufer, der sich hat versprechen lassen, dass ein gekaufter Sklave frei von Diebstahlsund Schadenshaftung sei, von demjenigen beerbt worden, zu dessen Nachteil der Sklave einen Diebstahl begangen hat, steht diesem die Klage aus dem Versprechen zu, und zwar so, als ob er selbst an einen Dritten geleistet hätte.

Ob ein Garantieversprechen für die mangelnde Noxalhaftung eines verkauften Sklaven verfällt, ist dann zweifelhaft, wenn der Käufer von dem Geschädigten beerbt wird, gegenüber dem die Noxalverbindlichkeit besteht; denn diese geht mit Erbfall gerade infolge der Vereinigung von Gläubiger- und Schuldnerstellung unter. Der aus dem Delikt des Sklaven resultierende Nachteil bleibt aber vorhanden, weil der Rechtsnachfolger des Käufers nun für seinen Schaden keinen Ersatz mehr verlangen kann. Dass er deshalb den Käufer aus dem Garantieversprechen in Anspruch nehmen kann, folgt für Pomponius aus dem Vergleichsfall, in dem die Noxalhaftung gegenüber einem Dritten bestand und vom Käufer oder seinem Rechtsnachfolger durch Leistung der Buße zum Erlöschen gebracht worden ist. Auch hier besteht die Noxalhaftung nicht mehr, der hieraus resultierende Nachteil ist im Vermögen des Käufers oder Rechtsnachfolgers aber noch vorhanden. Unterliegt der Verfall der Stipulation über die fehlende Noxalhaftung in diesem Fall keinem Zweifel, darf nichts anderes in der Ausgangskonstellation gelten. Indem Pomponius die haftungsauslösende Noxalhaftung in das Verhältnis zu einem Dritten verlegt, befreit er die Fallfrage von der Schwierigkeit, dass mit dem Erbfall Konfusion eingetreten ist, und hilft über den verwirrenden Umstand hinweg, dass die Noxalverbindlichkeit, für die der Verkäufer Sicherheit geleistet hat, eigentlich ersatzlos weggefallen ist. Die Versprechen eines Verkäufers zur Übereignung und zur Übertragung des ungestörten Besitzes stellt Pomponius an anderer Stelle seines Sabinuskommentars gegenüber: (20) Pomp 552 = D 19.1.3.1 Pomp 9 Sab Si emptor vacuam possessionem tradi stipulatus sit et ex stipulatu agat, fructus non venient in eam actionem, quia et qui fundum dari stipularetur, vacuam quoque possessionem tradi oportere stipulari intellegitur nec tamen fructuum praestatio ea stipulatione continetur, neque rursus plus debet esse in stipulatione. sed ex empto superesse ad fructuum praestationem. Hat sich der Käufer versprechen lassen, dass ihm der ungestörte Besitz übertragen wird und klagt er aus diesem Versprechen, sind die Früchte in dieser Klage nicht inbegriffen, weil auch demjenigen, der sich die Übereignung eines Grundstücks hat versprechen lassen, nur die Übertragung des ungestörten Besitzes geschuldet wird und die Erstattung der Früchte

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A. Systemimmanente Rechtsfindung nicht in diesem Versprechen inbegriffen ist; und es kann nicht mehr in jenem Versprechen enthalten sein als in diesem. Aber es bleibt die Kaufklage zur Erstattung der Früchte.

Die Stipulation eines Verkäufers, dem Käufer den ungestörten Besitz an der Kaufsache zu übertragen, deckt im Gegensatz zur Klage aus dem zugrunde liegenden Kaufvertrag nicht den Ersatz der Früchte ab, die dem Käufer wegen Nichteinhaltung des Versprechens entgehen. Für Pomponius folgt dies daraus, dass auch das Versprechen, das Grundstück zu übereignen (dare), keine Erstattung der Früchte einschließt, sondern eine Verurteilung nur in das Interesse zulässt, das der Käufer am ungestörten Besitz der Kaufsache hat. Sind das Versprechen der Übereignung und der Übertragung der vacua possessio damit funktionsgleich,37 lässt sich aus der Beurteilung des einen auf die Rechtslage beim anderen schließen. Anders sieht dies später Papinian, der die Früchte in dem Versprechen der Übertragung ungestörten Besitzes enthalten sieht, nicht dagegen in einer auf dare gerichteten Stipulation.38 Für den Spätklassiker gibt dabei den Ausschlag, dass das Versprechen der Übereignung, sei es, dass es deren Vorgang meint, sei es, dass es sich auf den Rechtserfolg des Eigentumserwerbs bezieht, nicht den Übergang der possessio einschließt, die zum Fruchterwerb erforderlich ist. Pomponius sieht diese dagegen in dem Versprechen von dare inbegriffen, verneint aber, dass hieraus eine Pflicht zum Ersatz wegen der verpassten Fruchtziehung folgt. Da die Stipulation damit hinter der Verpflichtung zurückbleibt, die den Verkäufer schon aus dem Kaufvertrag trifft, wird diese durch das Versprechen, das allein die Verschaffung der Kaufsache sichert, auch nicht noviert und lässt eine Klage des Käufers ex empto zu. Um Verringerung und Ausdehnung der Vertragsbindung als gegensätzliche Gegenstände einer Zusatzvereinbarung geht es in (21) Pomp 615 = D 18.5.1 Pomp 15 Sab: … nam quod Aristo dixit posse ita pacisci, ut unus maneat obligatus, non est verum, quia pro una parte contrahentium abiri pacto ab emptione non possit: et ideo si ab una parte renovatus sit contractus, dicitur non valere eiusmodi pactionem. … … denn was Aristo geschrieben hat, man könne einen Pakt in der Weise schließen, dass eine Partei verpflichtet bleibt, trifft nicht zu, weil man vom Kaufvertrag durch Pakt nicht nur zum Vorteil einer Vertragspartei abgehen kann; und daher kann auch, wenn der Vertrag nur für eine Seite verlängert wird, ein solcher Pakt nicht als wirksam gelten …

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Sie unterscheiden sich nur in der eher theoretischen Frage des Eigentumserwerbs; vgl. D 45.1.28 Paul 10 Sab. 38 D 22.1.4pr Pap 27 quaest: Si stipulatus sis rem dari vacuamque possessionem tradi, fructus postea captos actione incerti ex stipulatu propter inferiora verba consecuturum te ratio suadet. an idem de partu ancillae responderi possit, considerandum est. nam quod ad verba superiora pertinet, sive factum rei promittendi sive effectum per traditionem dominii transferendi continent, partus non continetur: verum si emptor a venditore novandi animo ita stipulatus est, factum tradendi stipulatus intellegitur, quia non est verisimile plus venditorem promisisse, quam iudicio empti praestare compelleretur. sed tamen propter illa verba ,vacuamque possessionem tradi‘ potest dici partus quoque rationem committi incerti stipulatione: etenim ancilla tradita partum postea editum in bonis suis reus stipulandi habere potuisset.

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Pomponius wendet sich gegen die Ansicht von Aristo, der meinte, ein Kaufvertrag ließe sich auch einseitig in der Weise aufheben, dass eine der Parteien zur Leistung verpflichtet bleibt und der andere befreit wird. Eine einseitige Befreiung von der Leistungspflicht kommt nur dann in Betracht, wenn die andere Seite schon geleistet hat, weil deren Verzicht auf die Gegenleistung dann eine durch Erlass vollzogene Handschenkung wäre. Dagegen verwandelte sich der Kaufvertrag, wenn noch keine Seite geleistet hat und eine von ihrer Verpflichtung befreit sein soll, in ein Schenkungsversprechen, das gültig allenfalls durch Stipulation abgegeben werden und nicht in Gestalt eines pactum erfolgen kann. Während Julian39 und Paulus40 hieraus den Schluss ziehen, dass die Vereinbarung ungeachtet ihres Wortlauts beide Seiten von ihrer Leistungspflicht befreit, lässt Pomponius offen, ob die Aufhebung der Leistungspflicht einer Partei Gesamt- oder gar keine Wirkung zeitigt.41 In beiden Fällen lässt sich hieraus der von ihm befürwortete Schluss auf die Vertragsverlängerung ziehen: Soll sie in der Weise erfolgen, dass nur die Verpflichtung einer Seite fortbesteht, die der anderen dagegen wegfällt, scheitert dies gleichfalls daran, dass im Ergebnis ein Schenkungsversprechen vorliegt, das als pactum nicht in der gehörigen Form abgegeben wäre. Anders als bei der einseitigen Vertragsaufhebung stellt sich hier auch nicht die Alternative einer Gesamtwirkung für beide Seiten; denn so würde der anderen Teil nicht etwa befreit, sondern mit einer Leistungspflicht belastet, für die sich in der Vereinbarung der Parteien kein Anhaltspunkt findet. Dass Pomponius zu diesem Ergebnis mit Hilfe des Falles der Vertragsaufhebung gelangt, kann nicht daran liegen, dass er dessen Entscheidung für unstreitig hält. Wird sie auch von Julian und später von Paulus geteilt, ist Aristo, den Pomponius hier allein zitiert, doch anderer Auffassung. Die Fallanknüpfung erfolgt vielmehr in Konsequenz von Pomponius’ eigener Auffassung. Sie muss bei Vertragsaufhebung und -verlängerung zu demselben Ergebnis führen, weil es in beiden Fällen darum geht, die Bindung an ein nicht formgerecht abgegebenes Schenkungsversprechens zu vermeiden. Dem Austausch des Vertrags- oder Verpflichtungsobjekts ähnlich ist der Wechsel im Gegenstand einer Bedingung: (22) Pomp 262 = D 35.1.57 Pomp 9 QM Quaesitum est, an, si iussus fuerit servus quinque operas extraneo dare, ut liber sit, condicio talis sit recipienda, ut, quemadmodum circa pecuniae dationem dicitur, ita et circa praestationem operarum dicamus. sed hoc iure utimur, ut, quemadmodum dictum est, si pecuniam ex peculio suo det extraneo, admitti eum ad libertatem, ita et, si operam praestiterit, necesse sit eum admitti ad libertatem … Es ist gefragt worden, ob, wenn einem Sklaven aufgegeben ist, einem Fremden fünf Diensteinheiten zu leisten und frei zu sein, diese Bedingung so zu verstehen ist, dass wir ebenso wie bei der Zahlung von Geld auch bei der Leistung von Diensten entscheiden 39

D 18.5.5pr Iul 15 dig; vgl. hierzu Harke, Argumenta Iuventiana – argumenta Salviana, S. 285 f. 40 D 46.4.23 Lab 5 pith a Paul epit. 41 Dagegen nimmt Knütel, Contrarius consensus, Köln/Graz, S. 94 f. an, Pomponius folge der Ansicht Julians.

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A. Systemimmanente Rechtsfindung müssen. Und es geschieht zu Recht, dass ebenso, wie entschieden ist, dass ihm die Freiheit zukomme, wenn er dem anderen Geld aus seinem Sondergut gezahlt habe, ihm auch die Freiheit zukommen müsse, wenn er die Dienste geleistet hat …

Pomponius vergleicht eine testamentarische Freilassung, die unter Bedingung einer Dienstleistung gegenüber einem extraneus steht, mit einer letztwilligen Freilassung, die von einer Zahlung abhängig gemacht ist. Ebenso wie hier die Erfüllung mit Mitteln des Sondergutes den Sklaven automatisch frei werden lässt, bedarf es auch bei der Erbringung von Dienstleistungen keines weiteren Aktes, damit die testamentarische Freilassung Wirkung zeitigt. Ebenfalls vergleichbar ist eine Argumentation, in der der Jurist umgekehrt von einer Art eines Leistungshindernisses auf eine andere schließt: (23) Pomp 196 = D 46.3.92pr Pomp 9 ep Si mihi alienum servum dari promiseris aut testamento dare iussus fueris isque servus, antequam per te staret quo minus dares, a domino manumissus sit, haec manumissio morti similis sit: si autem decessisset, non tenearis. Hast du mir die Leistung eines fremden Sklaven versprochen oder im Testament bestimmt und ist der Sklave, bevor es an dir lag, dass er nicht geleistet wurde, von seinem Eigentümer freigelassen worden, ist die Freilassung dem Tod ähnlich; wenn er aber gestorben wäre, haftest du nicht.

Die durch Stipulation oder Legat begründete Verpflichtung zur Leistung eines Sklaven, der nicht dem Schuldner gehört, fällt mit der Freilassung dieses Sklaven weg, falls der Schuldner nicht vorher in Verzug geraten ist. Erst ab diesem Moment trifft ihn die Haftung für den zufälligen Untergang des Leistungsgegenstands,42 der vorher auf Gefahr des Gläubigers geht. Dass der Leistungsgegenstand wegfällt, lässt sich am einfachsten in der Konstellation nachvollziehen, dass ein geschuldeter Sklave stirbt. Pomponius zieht sie als Vergleichsfall zur Begründung seiner Entscheidung für die nachträgliche Freilassung des Sklaven heran; denn der physische Tod des Sklaven ist plastischer als sein Ausscheiden aus dem Rechtsverkehr, das aber nicht minder zur Unmöglichkeit der durch Stipulation übernommenen oder vom Erblasser auferlegten Verpflichtung führt. Dem Vergleich verschiedener Leistungshindernisse ist wiederum die Gegenüberstellung zweier möglicher Besitzhindernisse verwandt: (24) Pomp 760 = D 41.3.31.3 Pomp 32 Sab43 Si servus meus vel filius peculiari vel etiam meo nomine quid tenet, ut ego per eum ignorans possideam vel etiam usucapiam: si is furere coeperit, donec in eadem causa res fuerit, intellegendum est et possessionem apud me remanere et usucapionem procedere, sicuti per dormientes quoque eos idem nobis contingeret. idemque in colono et inquilino, per quos possidemus, dicendum est.

42 43

Hierzu Harke (S. 12, Fn. 7), S. 14 ff. Zur Inskription des Fragments s. o. S. 24.

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Hat mein Sklave oder Sohn etwas für sein Sondergut oder auch für mich inne, so dass ich durch ihn auch ohne mein Wissen besitze oder auch ersitze, und ist er geisteskrank geworden, während die Sache sich in derselben Lage befand, ist anzunehmen, dass der Besitz bei mir verbleibt und die Ersitzung stattfindet, wie diese uns auch durch diese zukommen, wenn sie schlafen. Dasselbe ist für einen Pächter oder Mieter zu sagen, durch die wir besitzen.

Dass die Geisteskrankheit eines Gewaltunterworfenen der Fortdauer des Besitzes seines Gewalthabers nicht entgegensteht, folgt für Pomponius daraus, dass dieser auch dann bestehen bleibt, wenn der Gewaltunterworfene schläft. An diesem Parallelfall erweist Pomponius, dass das fehlende Bewusstsein des Sachinhabers nicht zum Verlust des Besitzes führt. Für den Fall, dass ein rechtlich Selbständiger geisteskrank wird, hat dies bereits Proculus entschieden.44 In der Konstellation, dass der Gewaltunterworfene seine Steuerungsfähigkeit verliert, kann nichts anderes gelten. 3. In einer weiteren Gruppe von Entscheidungsbegründungen tauscht Pomponius mit Hilfe des Vergleichsfalls eines der beteiligten Subjekte aus, dessen Stellung im Ausgangsfall verwirrt, für die Falllösung aber eigentlich keine Rolle spielt. Im Parallelfall wechselt die Person in eine andere Sphäre und rückt der Hauptfigur des Falles so näher oder gerade von ihr weg. Näher kommt sie ihr beim Vergleich eines Ehemannes mit den Gewaltunterworfenen einer Frau: (25) Pomp 249 = D 7.4.22 Pomp 6 QM Si mulieri usus domus legatus sit et illa trans mare profecta sit et constituto tempore ad amittendum usum afuerit, maritus vero domo usus fuerit, retinetur nihilo minus usus, quemadmodum si familiam suam in domu reliquisset eaque peregrinaretur. et hoc magis dicendum est, si uxorem in domu reliquerit maritus, cum ipsi marito usus domus legatus sit. Ist einer Frau das Gebrauchsrecht an einem Haus vermacht, sie aber nach Übersee verreist und für den zum Verlust des Nießbrauchs festgesetzten Zeitraum abwesend gewesen, bleibt ihr der Nießbrauch nichtsdestoweniger erhalten, wenn ihr Ehemann das Haus genutzt hat, und zwar ebenso, wie wenn sie ihre Familie im Haus gelassen und verreist wäre. Und dies ist erst recht zu sagen, wenn der Ehemann, falls ihm selbst das Gebrauchsrecht an dem Haus vermacht ist, die Ehefrau im Haus zurückgelassen hätte.

Zum Erhalt eines usus, der einer Frau an einem Haus vermacht worden ist, lässt Pomponius genügen, dass ihr Ehemann das Haus benutzt hat. Auch wenn sie selbst während der gesamten Zeit abwesend ist, in der ein Eigentümer durch non usus die Freiheit seines Grundstücks von der Dienstbarkeit ersitzen kann, gehe diese doch ebenso wenig verloren wie bei einem Gebrauch des Hauses durch die familia der Frau. Es versteht sich von selbst, dass der Frau die Nutzung durch ihre Gewaltunterworfenen zugerechnet wird. Ihr Ehemann gehört zwar nicht hierzu, ist aber ebenfalls der Sphäre der Frau zuzurechnen, so wie sie umgekehrt der seinen. Da die Frau zumindest in vorklassischer Zeit noch regelmäßig der Gewalt des Mannes unterworfen war, ist bei ihr eine Gleichstellung mit der familia des Ehegatten sogar 44

D 41.2.27 Proc 5 ep; s. o. S. 25 Fn. 27.

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noch eher angebracht als beim Mann. Aber auch bei ihm lässt sich die Zugehörigkeit zum Einflussbereich der Frau nicht verneinen. Weiter weg rückt die Person beim Vergleich eines Vormunds mit einem Dritten, der eine von dem Mündel besessene Sache beschädigt hat: (26) Pomp 209 = D 26.7.61 Pomp 20 ep45 Apud Aristonem ita scriptum est: quod culpa tutoris pupillus ex hereditate desiit possidere, eius aestimatio in petitione hereditatis sine ulla dubitatione fieri debebit ita, si pupillo de hereditate cautum sit: cautum autem esse videtur etiam si tutor erit idoneus, a quo servari possit id, quod pupillus ex litis aestimatione subierit. sed si tutor solvendo non est, videndum erit, utrum calamitas pupilli an detrimentum petitoris esse debeat perindeque haberi debet, ac si res fortuito casu interisset, similiter atque ipse pupillus expers culpae quid ex hereditate deminuisset corrupisset perdidisset. de possessore quoque furioso quaeri potest, si quid ne in rerum natura esset, per furorem eius accidisset. tu quid putas? Pomponius: puto eum vere dicere. sed quare cunctatus es, si solvendo non sit tutor, cuius damnum esse debeat? cum alioquin elegantius dicere poterit actiones dumtaxat, quas haberet cum tutore pupillus, [venditori] hereditatis praestandas esse, sicuti heres vel bonorum possessor si nihil culpa eius factum sit (veluti si fundo hereditario vi deiectus sit aut servus hereditarius vulneratus ab aliquo sit sine culpa possessoris), nihil plus quam actiones, quas eo nomine habet, praestare debeat. … Bei Aristo steht Folgendes geschrieben: Was ein Mündel durch Verschulden seines Vormunds nicht mehr besitzt, geht ohne Zweifel dann in Schätzung bei der Erbschaftsklage ein, wenn dem Mündel wegen der Erbschaft Sicherheit geleistet worden ist; eine Sicherheit gelte aber auch als gestellt, wenn der Vormund zahlungsfähig sei, so dass von ihm erlangt werden könne, was das Mündel aufgrund der Schätzung des Streitwertes auf sich nehmen muss. Ist der Vormund aber nicht zahlungsfähig, ist fraglich, ob dies zum Schaden des Mündels oder zum Nachteil des Erbschaftsklägers ausfallen soll und ob es so behandelt werden muss, als sei eine Sache zufällig untergegangen, und zwar ähnlich wie in dem Fall, dass das Mündel etwas aus der Erbschaft ohne seine Schuld weggegeben, beschädigt oder verloren hat. Auch bei einem geisteskranken Besitzer kann man sich fragen, ob, wenn etwas nicht mehr vorhanden sei, dies auf seiner Krankheit beruhe. Was glaubst du? Pomponius: Ich glaube, Aristo hat Recht. Aber warum ist er so vorsichtig in der Frage, wem es zum Schaden gereichen soll, dass der Vormund nicht zahlungsfähig sei. Da er doch eleganter befinden könnte, dass dem Erbschaftskläger nur das geleistet werden müsse, was das Mündel an Rechten gegen den Vormund habe, wie auch der Erbe oder Nachlassbesitzer, wenn etwas ohne sein Verschulden geschehen ist (er zum Beispiel durch Gewalt von einem zum Nachlass gehörenden Grundstück vertrieben oder ein Erbschaftssklave ohne Schuld des Besitzers von einem anderen verwundet worden ist), nur die Klagen abtreten muss, die ihm deshalb zustehen. …

In seinen Episteln greift Pomponius eine Entscheidung von Aristo auf. Dieser will ein als Erbschaftsbesitzer mit der hereditatis petitio belangtes Mündel nur dann für den Abgang von Erbschaftsgegenständen haften lassen, wenn der Vormund, der hierfür verantwortlich ist, zahlungsfähig ist oder Sicherheit geleistet hat. Pomponius meint, das von Aristo angestrebte Ergebnis ließe sich leichter dadurch erreichen, dass 45

Zur Argumentation von Pomponius im Fortgang des Fragments s. u. S. 39 f.

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man das Mündel von vornherein nur zur Abtretung der Ansprüche verpflichtet sieht, die es gegen den Vormund hat.46 So schließt sich Pomponius der Meinung Javolens an, der ein Mündel vor den Folgen eines vorsätzlichen Verhaltens seines Vormunds stets und unabhängig davon bewahren will, ob dieser zahlungsfähig oder insolvent ist.47 Zugleich ist gewährleistet, was Papinian später an dem Vorbild einer Entscheidung Sabinus’ herausarbeitet,48 nämlich dass das Mündel auch nicht von dem Fehlverhalten seines Vormunds profitieren darf und deshalb eine etwaige Bereicherung herausgeben muss49.50 Seine Lösung leitet Pomponius aus dem Vergleich zu den Fällen ab, in denen ein Dritter den Erbschaftsbesitzer von einem zum Nachlass gehörenden Grundstück vertrieben oder einen Erbschaftssklaven verletzt hat. Dass diese Schädigung des Nachlasses durch einen Dritten den schuldlosen Erbschaftsbesitzer nur zur Anspruchsabtretung verpflichtet, ist evident und macht das von Pomponius bei der Vormundshaftung vorgeschlagene Ergebnis einsichtiger, indem der Schädiger aus der Sphäre des Mündels versetzt wird. Was dessen Einstandspflicht als Erbschaftsbesitzer anbelangt, steht der mit der Verwaltung des Mündelvermögens betraute Vormund seinem Schützling nicht näher als irgendein beliebiger Dritter. Gereicht dessen Fehlverhalten dem Mündel nicht zum Schaden, kann es auch nicht das Verschulden des Vormunds. In die Gruppe, zu der auch die Zentralfigur gehört, wechselt die ausgetauschte Person, wenn Pomponius einen nicht am Erbgang beteiligten Dritten mit einem Erben vergleicht, der die Erbschaft nicht angetreten hat: (27) Pomp 440 = D 30.16.1 Pomp 5 Sab Heres adiecto ei nomine cuiusdam, qui heres non sit, dare damnatus totum legatum debet: nam et si duos ex heredibus suis nominatim quis damnasset et alter hereditatem non adisset, qui adisset totum deberet, si pars eius qui non adisset ad eum qui adisset pervenerit. Ein Erbe, der gemeinsam mit einem Nichterben zu einer Leistung verpflichtet wird, muss das gesamte Vermächtnis leisten; denn auch wenn jemand zwei von seinen Erben na46 In Pomp 741 = D 26.9.1 Pomp 29 Sab schränkt Pomponius die Lösung Aristos insofern ein, als bei der Klage gegen das Mündel der Kläger jedenfalls nicht zum Schätzungseid zugelassen sei: Ob dolum malum vel culpam tutoris aristo ait pupillum possessorem condemnandum, sed non puto, quanti actor in litem iuraret: et tamen illud ita est, si rem a tutore pupillus servare possit. 47 D 50.17.198 Iav 13 Cass: Neque in interdicto neque in ceteris causis pupillo nocere oportet dolum tutoris, sive solvendo est sive non est. Hierzu Manthe (Fn. 21), S. 67. 48 D 26.9.3 Pap 20 quaest: Dolus tutorum puero neque nocere neque prodesse debet: quod autem vulgo dicitur tutoris dolum pupillo non nocere, tunc verum est, cum ex illius fraude locupletior pupillus factus non est. quare merito sabinus tributoria actione pupillum conveniendum ex dolo tutoris existimavit, scilicet si per iniquam distributionem pupilli rationibus favit. … Vgl. auch D 19.1.32.7 Ulp 32 ed. 49 Auch diese Bereicherungshaftung darf wiederum nicht von der Zahlungsfähigkeit des Vormunds oder einer Sicherheitsleistung an das Mündel abhängen; vgl. D 44.4.4.23 Ulp 76 ed. 50 Niederländer, Die Bereicherungshaftung im klassischen römischen Recht, Weimar 1953, S. 140 f. sieht in dieser Bereicherungshaftung daher zu Unrecht eine Besonderheit der spätklassischen Jurisprudenz, die an eine in der Hochklassik nicht durchgedrungene Ansicht Sabinus’ anknüpfe.

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A. Systemimmanente Rechtsfindung mentlich verpflichtet hat und einer von beiden die Erbschaft nicht angetreten hat, schuldet derjenige, der angetreten hat, das Ganze, wenn an ihn der Teil desjenigen gelangt, der nicht angetreten hat.

Da mit einem Vermächtnis nur der Erbe und noch nicht einmal ein Vermächtnisnehmer beschwert werden kann,51 geht eine Anordnung eines Erblassers, durch die er die Verpflichtung einem außenstehenden Dritten auferlegt, ins Leere. Hat er zugleich einen Erben und einen Dritten beschwert, stellt sich die Frage, ob das Vermächtnis entweder völlig unwirksam oder nur in der Person des Erben gültig ist. Pomponius entscheidet sich für die zweite Alternative, indem er einen Vergleich zu dem Fall zieht, dass von zwei beschwerten Erben der eine die Erbschaft nicht angetreten hat. Trifft die Verpflichtung hier allein den Erben, der Rechtsnachfolger des Erblassers geworden und dem der Anteil des ausschlagenden Erben angewachsen ist, kann nichts anderes gelten, wenn der Erbe mit einem Nichterben zusammentrifft. In beiden Konstellationen fällt der zweite Schuldner mangels Erbenstellung aus; und der übrigbleibende Erbe erlangt durch die Erbfolge einen Vorteil, der seine Belastung mit dem Vermächtnis rechtfertigt. Die Einsicht in die Falllösung ist im Vergleichsfall dadurch vereinfacht, dass derjenige, der schließlich Nichterbe und damit von der Verpflichtung verschont ist, zunächst als Erbe eingesetzt und damit auch potentieller Adressat der Vermächtnisanordnung ist. Anders als im Ausgangsfall stellt sich also gar nicht erst die Frage, ob das Legat wegen der Beschwer einer hierzu ungeeigneten Person insgesamt hinfällig werden soll. Ähnlich ist der Vergleich zwischen einem Schwiegervater und einem Vater, der die Quasi-Verwandtschaft abbilden soll: (28) Pomp 626 = D 24.3.16 Pomp 16 Sab (Socero quoque, cum quo nurus de dote agit, idem honor habetur, ut in id damnetur quod facere potest) quia parentis locum socer optinet. (Auch dem Schwiegervater, gegen den die Schwiegertochter wegen der Mitgift klagt, kommt dieselbe Achtung zu, so dass er nur in das verurteilt wird, was er leisten kann) weil der Schwiegervater die Stellung eines Elternteils einnimmt.

Verlangt eine Frau von ihrem Schwiegervater nach Beendigung der Ehe die Herausgabe der Mitgift, kann er nur unter dem Vorbehalt seiner Leistungsfähigkeit verurteilt werden. Die Beschränkung auf id quod facere potest kommt zwar grundsätzlich nur dem Ehemann selbst und nicht seinen Erben zugute.52 Der Vater des Ehemannes verfügt über dieses Privileg aber nicht etwa als dessen Rechtsnachfolger, sondern kraft seiner verwandtschaftsähnlichen Stellung: Durch die Heirat erlangt er gegenüber der Frau eine Position, wie sie deren eigener Vater innehat. Für ihn gilt der Satz, dass parentes nicht uneingeschränkt, sondern nur nach

51 52

Gai 2.271. D 24.3.12 Ulp 36 Sab.

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Maßgabe ihrer Leistungsfähigkeit haften,53 dem deshalb auch der Schwiegervater unterworfen wird. In einem Fall geht es schließlich darum, den Erbfall hinwegzudenken, der aus einem einzigen Schuldner eine Mehrheit von Verpflichteten gemacht hat: (29) Pomp 799 = D 13.7.8.2 Pomp 35 Sab Si unus ex heredibus debitoris portionem suam solverit, tamen tota res pignori data venire poterit, quemadmodum si ipse debitor portionem solvisset. Hat einer von mehreren Erben des Schuldners seinen Anteil gezahlt, kann er gleichwohl die gesamte Pfandsache verkaufen, und zwar ebenso, wie wenn der Schuldner selbst nur einen Teil gezahlt hätte.

Dass die Erfüllung der gesicherten Forderung durch einzelne Erben des Schuldners ohne Einfluss auf das Recht des Pfandgläubigers zum Verkauf der gesamten Sicherheit bleibt, zeigt Pomponius an dem Vergleichsfall, in dem der Schuldner selbst nur einen Teil der gesicherten Forderung tilgt.54 Hier ist evident, dass die gesicherte Forderung unerfüllt geblieben und damit die Voraussetzung für den Pfandverkauf eingetreten ist. Anders als im Ausgangsfall stört sich der Betrachter nicht an dem vordergründig als Verkaufshindernis erscheinenden Umstand, dass einzelne Miterben ja die auf sie entfallende Teilforderung erfüllt haben. Der Fallvergleich beseitigt die Schwierigkeiten, die der Falllösung die Aufspaltung der gesicherten Forderung im Erbgang bereitet. Sie berührt das Verkaufsrecht des Pfandgläubigers nicht, weil dieses nur bei der Erfüllung der gesamten gesicherten Forderung ausfällt. 4. In Pomponius’ Werk gibt es ferner zwei Entscheidungen, deren Ableitung dadurch gelingt, dass der Jurist ein Naturereignis und das Verhalten einer Person gegenüberstellt. Dem Austausch einer Person ähnlich ist dabei eine Begründung, in der Pomponius den nicht vom menschlichen Verhalten beeinflussten Zufall zum Vergleich mit einer Person heranzieht, die durch Geisteskrankheit ihrer Steuerungsfähigkeit beraubt ist: (30) Pomp 209 = D 26.7.61 Pomp 20 ep … idem dicendum est et si per curatorem furiosi culpa vel dolo quid amissum fuerit, quemadmodum si quid stipulatus tutor vel curator fuisset aut vendidisset rem hereditariam. impune autem puto admittendum, quod per furorem alicuius accidit, quo modo si casu aliquo sine facto personae id accidisset. … Dasselbe ist auch zu sagen, wenn etwas durch den Pfleger eines Geisteskranken vorsätzlich oder fahrlässig verloren worden ist, wie etwa wenn der Vormund oder Pfleger eine 53 Vgl. D 42.1.16 Ulp 63 ed und auch Pomp 827 = D 42.1.30 Pomp 7 var lect: Cum ex causa donationis promissa pecunia est, si dubium sit, an ea res eo usque donatoris facultates exhaurire possit, ut vix quicquam ei in bonis relictum sit, actio in id quod facere possit danda est, ita ut et ipsi donatori aliquid sufficiens relinquatur. quod maxime inter liberos et parentes observandum est. 54 Eine ganz entsprechende Argumentation findet sich, bezogen auf den Verfall der Sicherheitsleistung eines Prozessvertreters, in Pomp 725 = D 46.8.18 Pomp 26 Sab; s. u. S. 44 f.

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A. Systemimmanente Rechtsfindung zum Nachlass gehörende Sache versprochen oder verkauft haben. Ich glaube aber, dass straflos bleiben muss, was infolge der Geisteskrankheit geschehen ist, und zwar ebenso, als ob etwas durch Zufall ohne Handlung einer Person geschehen ist.

In dem schon behandelten Teil des Fragments hat Pomponius zunächst festgestellt, dass ein als Erbschaftsbesitzer in Anspruch genommenes Mündel dem Kläger im Fall des Abgangs von Nachlasssachen infolge des Verschuldens seines Vormunds nur die Abtretung der gegen diesen gerichteten Ansprüche schuldet.55 Nun dehnt er diese Lösung auf den Fall eines Geisteskranken aus. Dass dieser nicht selbst einer Sanktion für das Verhalten seines Pflegers unterliegt wird, ergibt sich für Pomponius aus dem Vergleich zu dem Fall, in dem der Nachlass ohne menschliche Handlung durch Zufall geschmälert worden ist. Da der Geisteskranke sein Verhalten nicht zu steuern vermag, kann er auch nicht dafür verantwortlich gemacht werden, dass er einen curator hat, der den Nachlass schädigt. Während man, wie Pomponius andernorts betont,56 für Verschulden und Wissen eines freiwillig beauftragten procurator einzustehen hat, lassen sich dem Geisteskranken die Einschaltung des Pflegers und auch dessen Verhalten nicht zurechnen. Es gibt zwar eine Kausalkette, die auf den Geisteskranken zurückführt. Da dieser sie aber nicht eigenverantwortlich in Gang gesetzt hat, besteht für die Verminderung des Nachlasses kein Haftungsgrund. Der Geisteskranke steht dem Verlust, den der Nachlass erfahren hat, daher nicht näher als bei einem ganz ohne menschliches Zutun vorgekommenen Abgang. In dem anderen Fall verfährt Pomponius umgekehrt und zieht das Verhalten einer Person als Parallele heran, um die Wirkung einer Naturgewalt zu verdeutlichen: (31) Pomp 796 = D 41.1.30.3 Pomp 34 Sab Alluvio agrum restituit eum, quem impetus fluminis totum abstulit. itaque si ager, qui inter viam publicam et flumen fuit, inundatione fluminis occupatus esset, sive paulatim occupatus est sive non paulatim, sed eodem impetu recessu fluminis restitutus, ad pristinum dominum pertinet: flumina enim censitorum vice funguntur, ut ex privato in publicum addicant et ex publico in privatum: itaque sicuti hic fundus, cum alveus fluminis factus esset, fuisset publicus, ita nunc privatus eius esse debet, cuius antea fuit. Eine Anschwemmung stellt den Grund wieder her, der vorher durch die Gewalt des Flusses weggetragen worden ist. Daher steht ein Feld, das zwischen einer öffentlichen Straße und einem Fluss lag, wenn es überschwemmt worden, dann aber durch dieselbe Gewalt beim allmählichen oder plötzlichen Zurückweichen des Flusses wiederhergestellt worden ist, seinem früheren Eigentümer zu; denn Flüsse wirken wie Schätzungsbeamte, indem er aus Privateigentum öffentliches Gut und hieraus Privateigentum macht; daher wird ein Grundstück, wie es vorher als Flussbett öffentliches Gut geworden ist, so nun auch wieder Privateigentum desjenigen, dem es früher gehört hat.

Ob ein Grundstück wegen des Gemeingebrauchs an Wasserwegen publicus und dem Privateigentum entzogen ist, richtet sich nach dem Ausmaß, das ein Fluss 55

s. o. S. 36 f. Pomp 183 = D 14.4.5pr Ulp 29 ed: Procuratoris autem scientiam et dolum nocere debere domino neque pomponius dubitat nec nos dubitamus. 56

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einnimmt: Tritt er über die Ufer, wird das überschwemmte Land öffentlich; zieht er sich zurück, tritt das Privateigentum wieder hervor.57 Es gibt keine dauerhafte Grenze zwischen privatem und öffentlichem Gut, sondern diese schwankt mit dem Wasserlauf.58 Die so bewirkte Zuordnung ist ebenso vorübergehend wie die eines Schätzungsbeamten. Dieser schafft durch die Ermittlung des Vermögens eines Steuerpflichtigen ebenfalls keine immerwährende Grundlage der Steuerfestsetzung, sondern kann sie in Zukunft den Gegebenheiten anpassen. Die regulierende Wirkung, die bei der Zuordnung von öffentlichem und privatem Gut dem Wasserlauf zukommt, geht hier von einem staatlichen Organ aus und ist deshalb leichter nachzuvollziehen. 5. An einer Stelle führt der Fallvergleich schließlich zum Wegfall eines Umstandes, der zumindest dann, wenn man ihn isoliert betrachtet, für die Lösung des Ausgangsfalles keine Relevanz hat: (32) Pomp 632 = D 25.2.8pr Pomp 16 Sab Si, cum dos solveretur mulieri aut satis doti fieret, dictum non esset actum iri rerum amotarum, nihilo minus agi potest: nam et cum dos nulla sit, eadem actio datur. Wurde bei Rückgewähr der Mitgift an die Frau oder einer hierfür erfolgten Sicherheitsleistung nicht angekündigt, dass wegen entwendeter Sachen geklagt werde, kann nichtsdestoweniger geklagt werden; denn auch wenn es keine Mitgift gibt, wird die Klage gewährt.

Nimmt ein Mann seine frühere Ehefrau mit der actio rerum amotarum in Anspruch, stellt sich die Frage, ob dieser Klage entgegensteht, dass er bei der vorangehenden Rückgewähr der Mitgift oder einer entsprechenden Sicherheitsleistung keinen Vorbehalt zugunsten seiner späteren Klage gemacht hat. Denn der Ehemann hätte seine Ansprüche wegen der Sachentwendung am einfachsten durchsetzen können, indem er einen Teil der Mitgift unter Berufung auf die retentio propter res amotas zurückbehält. Hat er von dieser Befugnis keinen Gebrauch gemacht, könnte er so sein Klagerecht verwirkt haben. Pomponius verneint dies unter Hinweis auf den Fall, dass überhaupt keine Mitgift bestellt worden ist. Hier kommt deren Zurückbehaltung von vornherein nicht in Betracht, so dass auch kein Zweifel am Klagerecht des Mannes aufkommt. So gibt Pomponius zwar nicht umfassend Antwort auf die Frage, ob die vorbehaltlose Rückgewähr der Mitgift einen Vertrauenstatbestand schafft, der die exceptio doli wegen Widerspruchs gegen vorangegangenes Verhalten begründet. Er stellt aber heraus, dass die Entwendungsklage grundsätzlich unabhängig von der Rückgewähr der Mitgift ist, so dass es schon zusätzlicher Umstände bedarf, damit man die actio rerum amotarum am fehlenden Einbehalt der dos scheitern lassen kann.

57 Dies stellt auch Gaius in D 41.1.7.6 Gai 2 rer cott fest: Aliud sane est, si cuius ager totus inundatus fuerit: namque inundatio speciem fundi non mutat et ob id, cum recesserit aqua, palam est eiusdem esse, cuius et fuit. 58 Auf das Schicksal eines Nießbrauchs schließt Pomponius hieraus in Pomp 293 = D 7.4.23 Pomp 26 QM; s. o. S. 23 f.

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b) Fallvergleich mit deduktivem Element 1. Unter den 20 Fallvergleichen, mit denen Pomponius die Deduktion seiner Entscheidung des Ausgangsfalles andeutet, gibt es nur drei, in denen die Falllösung nicht aus einer Regel des Juristenrechts folgt. An einer Stelle geht es Pomponius um die Subsumtion eines Falles unter die lex Aquilia: (1) Pomp 744 = D 9.2.43 Pomp 29 Sab Ob id, quod ante quam hereditatem adires damnum admissum in res hereditarias est, legis Aquiliae actionem habes, quod post mortem eius, cui heres sis, acciderit: dominum enim lex Aquilia appellat non utique eum, qui tunc fuerit, cum damnum daretur: nam isto modo ne ab eo quidem, cui heres quis erit, transire ad eum ea actio poterit: neque ob id, quod tum commissum fuerit, cum in hostium potestate esses, agere postliminio reversus poteris: et hoc aliter constitui sine magna captione postumorum liberorum, qui parentibus heredes erunt, non poterit. … Wegen des Schadens, der vor Erbschaftsantritt den zum Nachlass gehörenden Sachen zugefügt worden ist, greift das aquilische Gesetz Platz, obwohl es nach dem Tod des Erblassers geschehen ist; Eigentümer nennt das aquilische Gesetz nämlich nicht nur denjenigen, der es war, als der Schaden zugefügt wurde; denn andernfalls könnte die Klage nicht einmal vom Erblasser auf den Erben übergehen; und du könntest auch nicht wegen des Schadens, der angerichtet worden ist, als du dich in Feindeshand befandst, nach deiner Rückkehr kraft des Rückkehrrechts klagen; und das könnte auch nicht ohne großen Nachteil für nachgeborene Kinder geregelt werden, die ihre Eltern beerben …

Beschädigt jemand eine Erbschaftssache, bevor der Außenerbe die Erbschaft angetreten hat, stellt sich bei der Anwendung der lex Aquilia das Problem, dass die Sache im Moment ihrer Beschädigung strenggenommen keinen Eigentümer hatte. Auf den ersten Blick widerstreitet dies dem Wortlaut des Gesetzes, das den Anspruch auf die Buße demjenigen zugesteht, der dominus der Sache ist59. Dass die Person des Gläubigers damit nicht endgültig festgelegt ist, zeigt Pomponius an zwei Vergleichsfällen, dem vererbten und dem kraft ius postliminii erworbenen Anspruch auf die Buße: Ist eine Sache schon vor dem Erbfall geschädigt worden, geht der in der Person des Erblassers entstandene Anspruch auf den Erben über, ohne dass dies im Gesetz ausdrücklich geregelt werden müsste. Ja, es könnte sogar überhaupt nicht geregelt werden, weil dann immer nur die im Zeitpunkt der Schädigung schon vorhandenen Erben und nicht die postumi erfasst wären. Hiermit ist gezeigt, dass die Bezeichnung des Anspruchsinhabers als dominus zumindest keine Rechtsnachfolge ausschließt. Einen anderen Aspekt des Ausgangsfalls beleuchtet die zweite Konstellation, auf die sich Pomponius zum Vergleich beruft: Ist die Sache geschädigt worden, als sich ihr Eigentümer in Feindeshand befand, war er im Moment der Schädigung ebenfalls nicht ihr dominus; das ius postliminii sorgt jedoch dafür, dass seine Eigentümerstellung kraft Fiktion rückwirkend erhalten bleibt. Dementsprechend kann auch die Fiktion, durch die der Schwebezustand der hereditas iacens überwunden wird, nicht am Wortlaut der lex Aquilia scheitern: Für Pomponius 59

Vgl. D 9.2.27.5 Ulp 18 ed.

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nimmt die Erbschaft vorübergehend die Stelle des Erben ein,60 so dass sie zunächst dominus im Sinne des aquilischen Gesetzes ist, um diese Position dann ähnlich wie beim Übergang eines schon dem Erblasser zustehenden Anspruchs an einen Außenerben weiterzugeben, der die Erbschaft angetreten hat. Die Vergleichsfälle belegen, dass der Wortlaut der lex Aquilia weder Fiktion noch Rechtsnachfolge entgegensteht und damit auch kein Hindernis für einen Ersatzanspruch im Fall der hereditats iacens bedeutet.61 Ein anderes Mal führt Pomponius seine Entscheidung auf die im Edikt proponierte Formel der actio Serviana zurück, in der die Voraussetzungen für den Wegfall des Pfandrechts genannt sind: (2) Pomp 800 = D 20.4.4 Pomp 35 Sab Si debitor, antequam a priore creditore pignus liberaret, idem illud ob pecuniam creditam alii pignori dedisset et, antequam utrique creditori solveret debitum, rem aliam priori creditori vendiderat creditumque pensaverit cum pretio rei venditae, dicendum est perinde haberi debere, ac si priori creditori pecunia soluta esset: nec enim interesse, solverit an pensaverit: et ideo posterioris creditoris causa est potior. Hat ein Schuldner, bevor er ein Pfand von dem ersten Gläubiger ausgelöst hat, dasselbe wegen eines Darlehens einem anderen Gläubiger verpfändet und, bevor er beiden die Schuld bezahlt hat, eine andere Sache dem ersten Gläubiger verkauft und die Schuld mit dem Kaufpreis verrechnet, muss man sagen, dass die Sache so zu behandeln ist, als ob die Schuld des ersten Gläubigers erfüllt worden ist, und dass es nämlich keinen Unterschied mache, ob gezahlt oder aufgerechnet worden ist; und deshalb hat der spätere Gläubiger die stärkere Position.

Dass ein Pfandgläubiger seine Rechtsstellung zugunsten eines später bestellten Pfandrechts einbüßt,62 wenn er statt der ihm geschuldeten Zahlung eine andere Sache erhält, deren Kaufpreis mit seiner Forderung verrechnet wird, folgert Pomponius aus dem Vergleich zur regelrechten solutio: Diese erscheint gemeinsam mit Sicherheitsleistung und Gläubigerverzug in der Formel der actio Serviana als Grund für den Untergang des Pfandrechts (,eamque pecuniam neque solutam neque pro eo nomine satisfactum esse neque per Am Am stare quo minus solvatur‘). Was die Überlassung einer anderen Sache von der Erfüllung der gesicherten Forderung trennt, ist, dass diese zumindest dann, wenn sie strengrechtlich ist, nicht ipso iure erlischt, sondern lediglich an einer exceptio doli scheitert. Dieser Unterschied kann jedoch nicht ins Gewicht fallen, zumal der Pfandgläubiger mit dem Ankauf der Sache ja selbst dafür 60

Vgl. Pomp 348 = D 46.2.24 Pomp 5 Plaut; s. u. S. 114. Der Fiktion einer Persönlichkeit der Erbschaft bedient sich in diesem Fall ausdrücklich Celsus in D 9.2.13.2 Ulp 18 ed: Si servus hereditarius occidatur, quaeritur, quis Aquilia agat, cum dominus nullus sit huius servi. et ait Celsus legem domino damna salva esse voluisse: dominus ergo hereditas habebitur. quare adita hereditate heres poterit experiri. Vgl. hierzu Harke, Argumenta Iuventiana, Berlin 1999, S. 30 ff. 62 Ob Pomponius annimmt, der zweite Pfandgläubiger verfüge schon vor dem Erlöschen des ersten Pfandrechts über eine Rechtsposition, die lediglich nachrangig ist, lässt sich dem Text nicht zweifelsfrei entnehmen; mehr spricht dagegen; vgl. Schanbacher, Die Konvaleszenz von Pfandrechten im klassischen römischen Recht, Berlin 1987, S. 35. 61

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gesorgt hat, dass der Schuldner eine Gegenforderung erhält, die der Verurteilung aus der gesicherten Forderung entgegensteht. Ebenso wie Ulpian dies später für das pactum de non petendo tut,63 zieht auch Pomponius einen Ähnlichkeitsschluss aus der solutio, der die Ableitung der Falllösung aus dem Formular der Serviana ermöglicht. Schließlich behandelt Pomponius einen Fall, für dessen Lösung den Ausschlag gibt, inwieweit der Gläubiger ein Interesse hat, das durch die von einem Prozessvertreter geleistete cautio ratam rem haberi geschützt ist: (3) Pomp 725 = D 46.8.18 Pomp 26 Sab Si procurator ratam rem dominum heredemve eius habiturum caverit et unus ex heredibus domini ratum habeat, alter non habeat, sine dubio committetur stipulatio pro ea parte, pro qua ratum non habebitur, quia in id committitur, quod stipulatoris intersit. nam et si ipse dominus pro parte ratum habuerit, pro parte non habuerit, non ultra quam in partem committetur stipulatio, quia in id committitur, quod intersit agentis. … Hat ein Prozessvertreter Sicherheit dafür geleistet, dass der Geschäftsherr oder sein Erbe die Prozessführung genehmigen würden und genehmigt sie nur einer von mehreren Erben, der andere nicht, verfällt das Versprechen zweifellos zu dem Teil, zu dem nicht genehmigt wurde, weil es insoweit verfällt, als der Gläubiger ein Interesse hat. Denn auch wenn der Geschäftsherr selbst die Prozessführung nur zum Teil genehmigte, zum Teil nicht, verfiele das Versprechen nur teilweise, weil es nur insoweit verfällt, als der Kläger ein Interesse hat. …

Hat ein procurator Sicherheit für die Genehmigung seiner Prozessführung durch den Geschäftsherrn oder seine Erben geleistet, kann diese Stipulation auch teilweise verfallen. Dies gilt insbesondere, wenn die Klage nur von einem Teil der Erben des Geschäftsherrn genehmigt wird. Zwar muss der Beklagte dann nicht mehr die Inanspruchnahme durch diese Erben fürchten; er hat jedoch ein Interesse daran, auch von den Erben nicht belangt zu werden, die die Genehmigung verweigern.64 Pomponius gewinnt dieses Ergebnis durch einen Vergleich zu dem Fall, dass der Geschäftsherr selbst die Prozessführung nur zum Teil genehmigt.65 Auch hier verfällt die Sicherheitsleistung, aber eben nur in der Höhe, in der die Genehmigung durch den Geschäftsherrn versagt wird. Das die Fälle verbindende Merkmal ist das Interesse, das über Grund und Höhe des Verfalls der Sicherheitsleistung entscheidet. Pomponius nennt es ausdrücklich und führt den Vergleichsfall an, um die Entscheidung von der Schwierigkeit zu befreien, dass es durch den Erbfall zu einer Mehrheit von Geschäftsherrn gekommen ist.66 Sie verstellt den Blick darauf, dass nur eine teilweise Genehmigung der Prozessführung vorliegt, weil die einzelnen Mit63

D 13.7.11.2 Ulp 28 ed. Die Folge ist, dass die Stipulation mehrfach verfallen kann, womit sich Pomponius in der zweiten Hälfte des Textes befasst; s. o. S. 20 f. 65 Eine vergleichbare Argumentation findet sich in Form eines einfachen Fallvergleichs in Pomp 799 = D 13.7.8.2 Pomp 35 Sab, s. o. S. 39. 66 Ebenso verfährt Pomponius in Pomp 799 = D 13.7.8.2 Pomp 35 Sab; s. o. S. 39. 64

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erben, die ihr zustimmen, ja, für sich genommen, in vollem Umfang mit ihr einverstanden sind. 2. Unter den 17 Fallvergleichen, die Pomponius zur Unterstützung der Deduktion aus einer Regel des Juristenrechts einsetzt, gibt es gleich mehrere, in denen es darum geht, ob ein Schuldner seine Verpflichtung erfüllt hat oder von ihr auf andere Weise befreit worden ist. Mit der Regel, dass ein zur Leistung aus der Gattung verpflichteter Erbe einem Vermächtnisnehmer für habere licere einzustehen hat, befasst sich Pomponius in (4) Pomp 498 = D 30.45.1 Pomp 6 Sab: Heres generaliter dare damnatus sanum eum esse promittere non debet, sed furtis et noxiis solutum esse promittere debebit, quia ita dare debet, ut eum habere liceat: sanitas autem servi ad proprietatem eius nihil pertinet: sed ob id, quod furtum fecit servus aut noxam nocuit, evenit, quo minus eum habere domino liceat, sicuti ob id, quod obligatus est fundus, accidere possit, ut eum habere domino non liceat. Ein Erbe, der zur Leistung eines Sklaven schlechthin verpflichtet ist, muss nicht versprechen, dass dieser gesund sei, aber dass er von Verpflichtungen wegen Diebstahls oder Schadenszufügung frei sei, weil er ihn so leisten muss, dass man ihn behalten kann. Die Gesundheit des Sklaven berührt jedoch nicht das Eigentum; aber daraus, dass der Sklave einen Diebstahl begangen oder einen Schaden zugefügt hat, kann sich ergeben, dass der Eigentümer ihn nicht behalten kann, wie es dadurch, dass ein Grundstück verpfändet ist, geschehen kann, dass der Eigentümer dieses nicht behalten kann.

Anders als bei einem Vermächtnis über einen bestimmten Sklaven67 ist der Erbe, dem der Erblasser ein Gattungsvermächtnis auferlegt, dazu verpflichtet, dem Vermächtnisnehmer für habere licere einzustehen.68 Dies hat schon Labeo entschieden.69 Der Erbe muss daher, wenn auch nicht für die Gesundheit des Sklaven, so doch für dessen Freiheit von einer Noxalhaftung Sicherheit leisten. Dass sie das habere licere beeinträchtigt und daher von der Verpflichtung des Erben umfasst ist, verdeutlicht Pomponius am vergleichbaren Fall der Belastung mit einem Pfandrecht: Ebenso wie dieses dazu führen kann, dass dem Eigentümer die Sache abgenommen wird, kann die Noxalhaftung, die auf einem Sklaven lastet, ebenfalls bewirken, dass der Eigentümer den Sklaven verliert oder zumindest seines Vermögenswertes entbehrt, weil er ihn an den Geschädigten ausliefern oder die Buße für den Schaden leisten muss, den der Sklave angerichtet hat. Dass die Teilleistung bei einem einheitlichen Leistungsgegenstand eine vollständige Nichterfüllung bedeutet, zeigt Pomponius in dem folgenden Fragment:

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Hierum geht es in § 2 des Fragments; s. u. S. 82 Fn. 162. Dasselbe gilt nach dem von den Kompilatoren angehängten Fragment Pomp 194 = D 30.46 Pomp 9 ep (s. o. S. 16 f.) auch bei einer Stipulationsschuld mit demselben Inhalt. 69 D 32.29.3 Lab 2 post a Iav epit: Si heres tibi servo generaliter legato stichum tradiderit isque a te evictus fuisset, posse te ex testamento agere Labeo scribit, quia non videtur heres dedisse, quod ita dederat, ut habere non possis: et hoc verum puto. … 68

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A. Systemimmanente Rechtsfindung (5) Pomp 501 = D 33.1.2 Pomp 6 Sab In annos singulos heres damnatus sinere me frui fundo si initio anni, quo colere deberem, moram fecerit, licet postea patiatur, quia cultura sim exclusus, tamen totius anni nomine mihi tenebitur: quemadmodum si diurnas operas Stichi dare damnatus non a mane sed a sexta diei hora det, totius diei nomine tenetur. Ist ein Erbe, der verpflichtet ist, mir jährlich die Nutzung eines Grundstücks zu gestatten, am Anfang des Jahres, als ich es hätte bestellen müssen, in Verzug geraten, haftet er mir auch dann wegen des gesamten Jahres, wenn er es mir später gestattet hat, weil er den Anbau verhindert hat, und zwar ebenso, wie wenn derjenige, der mir die Tagesdienste von Stichus zu leisten verpflichtet ist und ihn mir nicht schon von morgens, sondern erst mittags überlässt, wegen des gesamten Tages haftet.

Ein Vermächtnis über die in einem Jahr zu ziehenden Nutzungen eines Grundstücks bleibt insgesamt und nicht etwa nur teilweise unerfüllt, wenn der Erbe das Grundstück dem Vermächtnisnehmer nicht rechtzeitig überlässt. Da der Vermächtnisnehmer zur ordentlichen Bewirtschaftung des Grundstücks den gesamten Jahreszeitraum benötigt, bildet dieser eine nicht zu unterschreitende Einheit für die Grundstücksüberlassung. Zum Vergleich zieht Pomponius den Fall heran, in dem der Schuldner zur Überlassung von Tagewerken verpflichtet ist. Hier gilt, wie Pomponius in einem anderen Fragment aus demselben Buch seines Sabinuskommentars feststellt,70 der Satz, dass das Tagewerk nur insgesamt und nicht stundenweise erfüllt werden kann (,nec pars operae per horas solvi potest, quia id est officii diurni‘). Der Tag macht hier ebenfalls eine Einheit aus, die der Schuldner nicht unterschreiten darf, ohne sich den Vorwurf vollständiger Nichterfüllung gefallen lassen zu müssen. Die Folgefrage, ob eine Leistung, die an einen bestimmten Zeitpunkt gebunden ist, mit der Versäumung des Leistungstermins eine Haftung des Schuldners wegen Unmöglichkeit auslöst, befasst Pomponius an anderer Stelle seines Sabinuskommentars: (6) Pomp 611 = D 33.2.6 Pomp 15 Sab Si usus fructus mihi in biennium continuum a morte testatoris legatus sit et per heredem steterit, quo minus eum mihi daret, praeterito biennio nihilo minus tenetur (quemadmodum teneretur, si res legata in rerum natura esse desisset, quam quis deberet, moratusque esset in ea danda), ut peti quidem iam usus fructus qui legatus sit non possit, quia alius futurus sit quam qui legatus fuerit, sed aestimatio eius bima dumtaxat facienda sit. Ist mir der Nießbrauch für zwei Jahre in Folge ab dem Tod des Erblassers vermacht und liegt es am Erben, dass er mir ihn nicht gewährt hat, haftet er auch nach Ablauf der zwei Jahre (ebenso wie jemand haftet, wenn die vermachte Sache, die er schuldet, untergeht, und er mit ihrer Leistung in Verzug geraten ist), so dass zwar der vermachte Nießbrauch nicht mehr gefordert werden kann, weil es ein anderer als der vermachte wäre, sondern sein Wert über die Zeit von zwei Jahren zu schätzen ist.

70 Pomp 501 = D 38.1.3.1 Pomp 6 Sab: Nec pars operae per horas solvi potest, quia id est officii diurni. itaque nec ei liberto, qui sex horis dumtaxat antemeridianis praesto fuisset, liberatio eius diei contingit.

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Ist ein Erbe, den der Erblasser mit einem Vermächtnis zur Gewährung eines Nießbrauchs auf Zeit beschwert hat, mit der Erfüllung seiner Verpflichtung in Verzug geraten, ist diese fortan ausgeschlossen. Stattdessen hat der Erbe dem Vermächtnisnehmer für den Wert des verlorenen Nießbrauchs einzustehen. Eine spätere Überlassung der Sache kommt deshalb nicht in Betracht, weil der Nießbrauch für einen bestimmten Zeitraum ab dem Tod des Erblassers (a morte testatoris) zustehen sollte. Diese Leistung kann, wenn der Zeitraum ganz oder auch nur teilweise vergangen ist, nicht mehr erbracht werden. Um die Unmöglichkeit der Leistung des Erben zu veranschaulichen, wählt Pomponius den auch im Fall eines rechtlichen Leistungshindernisses bemühten71 Vergleich zum körperlichen Untergang einer vermachten Sache: Dass die geschuldete Leistung nicht mehr erbracht werden kann und der Schuldner wegen seines Verzugs für ein zufälliges Leistungshindernis haftet, lässt sich bei der physischen Unmöglichkeit leichter einsehen als bei der zeitlichen. Der Parallelfall macht augenfällig, was sich im Ausgangsfall daraus ergibt, dass die Versäumung des Erfüllungstermins die Leistung zu einer anderen werden lässt. Der Nießbrauch, der dem Vermächtnisnehmer gewährt wird, ist ,alius quam qui legatus est‘ und damit kein taugliches Erfüllungsobjekt mehr. Der unterschiedlichen Wirkung, die Erfüllung und Verminderung der Rechtsfähigkeit auf die obligatio haben, gilt Pomponius’ Entscheidung in (7) Pomp 317 = D 45.2.19 Pomp 37 QM: Cum duo eandem pecuniam debent, si unus capitis deminutione exemptus est obligatione, alter non liberatur. multum enim interest, utrum res ipsa solvatur an persona liberetur. Cum persona liberatur manente obligatione, alter durat obligatus: … Schulden zwei dieselbe Leistung und ist einer durch Verlust seiner Rechtsfähigkeit von der Verpflichtung ausgenommen, wird der andere nicht befreit. Es macht nämlich einen großen Unterschied, ob die Leistung selbst erbracht wird oder nur eine Person befreit wird. Während sie bei Fortbestand der Verbindlichkeit befreit wird, bleibt der andere verpflichtet …

Dass die capitis deminutio eines Gesamtschuldners nicht zur Befreiung des anderen führt, entnimmt Pomponius einem Gegenschluss aus der solutio:72 Hier werden beide Schuldner frei, weil die Verpflichtung mit der Leistung des einen Schuldners untergeht. Beim Verlust der Rechtsfähigkeit kann der Gläubiger die Forderung gegen den von ihr betroffenen Schuldner zwar ebenfalls nicht mehr durchsetzen; die Obligation bleibt jedoch, wie Pomponius ausdrücklich feststellt, erhalten (,manente obligatione‘). Daher bedeutet die capitis deminuitio kein Hindernis für die Inanspruchnahme des anderen Schuldners.73 71

Pomp 196 = D 46.3.92pr Pomp 9 ep; s. o. S. 34. Einen positiven Vergleich stellt Ulpian dagegen für die acceptilatio an, die wegen ihres Quittungscharakters wie eine solutio wirkt; vgl. D 46.4.16pr Ulp 7 disp. 73 Diese Lösung fügt sich dazu, dass bei der Gesamtschuld die Einzelwirkung von haftungsbefreienden Tatsachen die Regel, die Gesamtwirkung die Ausnahme ist; vgl. Harke (Fn. 6), S. 13 f. 72

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A. Systemimmanente Rechtsfindung

Den Tatbestand der Schenkung beleuchtet Pomponius in (8) Pomp 774 = D 39.5.9pr Pomp 33 Sab: In aedibus alienis habitare gratis donatio videtur: id enim ipsum capere videtur qui habitat, quod mercedem pro habitatione non solvit. potest enim et citra corporis donationem valere donatio, veluti si donationis causa cum debitore meo paciscar, ne ante certum tempus ab eo petam. In einem fremden Gebäude unentgeltlich zu wohnen, gilt als Schenkung; wer wohnt, bekommt nämlich zugewendet, dass er keine Miete für die Wohnung leistet. Eine Schenkung kann nämlich auch ohne Zuwendung einer Sache gültig sein, wie zum Beispiel, wenn ich schenkungshalber mit meinem Schuldner vereinbare, dass ich ihn nicht vor einem bestimmten Zeitpunkt in Anspruch nehme.

Dass in der kostenlosen Überlassung einer Wohnung eine Schenkung liegt, begegnet deshalb Zweifeln, weil der Beschenkte anders als im Normalfall der donatio kein Eigentum an einem körperlichen Gegenstand erlangt. Stattdessen erfolgt die Zuwendung durch den Verzicht des Wohnungseigentümers auf die Miete, die er ohne die Schenkung für die Überlassung der Wohnung beanspruchen würde. Ähnlich ist der Fall des pactum de non petendo. Hier ist der völlige oder vorübergehende Verlust der Forderung handgreiflich, weil dem pactum der Abschluss eines Vertrags vorausgeht und hieraus ein Anspruch entsteht, der dann nachträglich gesperrt wird. Liegt im pactum de non petendo eine Schenkung, ist bewiesen, dass diese auch die Gestalt eines Erlasses annehmen kann. Sie muss daher auch dann vorliegen, wenn jemand von vornherein auf eine ansonsten vereinbarte Gegenleistung verzichtet. Da der Erlass eine donatio perfecta bedeutet, kann der Schenker von seiner Entscheidung auch keinen Abstand mehr nehmen und sie ebenso wie ein precarium widerrufen oder wie eine Leihe vorzeitig beenden.74 Grundlage einer anderen Entscheidung, die Pomponius durch Fallvergleich untermauert, ist der Charakter der Verpflichtung eines Freigelassenen zur Leistung versprochener Dienste: (9) Pomp 432 = D 38.1.4 Pomp 4 Sab A duobus manumissus utrique operas promiserat: altero ex his mortuo nihil est, quare non filio eius, quamvis superstite altero, operarum detur petitio. nec hoc quicquam commune habet cum hereditate aut bonorum possessione: perinde enim operae a libertis ac pecunia credita petitur. haec ita Aristo scripsit, cuius sententiam puto veram: nam etiam praeteritarum operarum actionem dari heredi extraneo sine metu exceptionis placet. dabitur igitur et vivo altero patrono. Jemand, der von zwei Eigentümern freigelassen worden ist, hat beiden Dienste versprochen. Nachdem einer von beiden gestorben ist, gibt es keinen Grund, aus dem dessen Sohn, obwohl der andere noch lebt, nicht die Klage auf die Dienstleistung gewährt werden sollte. Und dies hat nichts mit der Erbschaft oder dem Nachlassbesitz gemein; Dienste werden nämlich von Freigelassenen wie geliehenes Geld gefordert. Und dies schreibt Aristo, dessen 74 Michel, Gratuité en droit romain, Brüssel 1962, S. 51. Umgekehrt Slapnicar, Gratis habitare, Berlin 1982, S. 82 ff., der annimmt, Pomponius habe gerade versucht, das eigentlich der Leihe unterfallende gratis habitare dem Schenkungsverbot der lex Cincia zu unterwerfen.

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Ansicht ich für richtig halte; denn auch die Klage auf vergangene Dienste wird dem Außenerben anerkanntermaßen ohne Einrede gewährt. Sie wird daher auch zu Lebzeiten des anderen Freilassers gewährt.

Dass der Erbe des Patrons eines ehemals gemeinschaftlichen Sklaven diesen auf Leistung der versprochenen Dienste in Anspruch nehmen kann, versteht sich zumindest dann nicht von selbst, wenn der andere Freilasser noch lebt. Denn bei der Erbfolge nach einem Freigelassenen verdrängt der überlebende Freilasser den Sohn des schon verstorbenen Patrons.75 Eine vergleichbare Anwachsung findet beim Versprechen von Diensten jedoch nicht statt. Dies beweist für Pomponius das Schicksal der Verpflichtung bei der Rechtsnachfolge durch einen Außenerben: Zwar geht die actio operarum grundsätzlich nicht auf diesen über.76 Ist der Zeitraum, in dem die Dienste hätten geleistet werden müssen, aber schon vergangen, können sie nicht mehr erbracht und an ihrer Stelle Geldleistungen gefordert werden,77 die sogar einem mit dem Freigelassenen familiär gar nicht verbundenen Außenerbe zustehen.78 Hieran zeigt sich der monetäre Charakter des Versprechens der Dienstleistung, aus dem auch die Entscheidung des Ausgangsfalles folgt: Dem Gläubiger werden die Dienste wie ein Geldbetrag geschuldet (,perinde enim operae a libertis ac pecunia credita petitur‘), so dass kein Grund zur Rücksicht auf das besondere Näheverhältnis zwischen Freigelassenem und Patron besteht, das bei der Erbfolge den Vorzug des einen Freilassers vor den Erben des anderen rechtfertigt. Die Reichweite der Verwaltungsbefugnis für ein peculium bestimmt die Falllösung in (10) Pomp 613 = D 23.3.24 Pomp 15 Sab: Si filia familias nuptura ex peculio, cuius administrationem habet, dotem viro dedit, deinde, cum in eadem causa peculium eius esset, divortium fecerit, dos ei recte solvitur quasi a quolibet peculiari debitore. Hat eine Haustochter, als sie heiraten wollte, dem Mann eine Mitgift aus dem Sondergut bestellt, zu dessen Verwaltung sie befugt war, und ist die Ehe später, als das Sondergut nach wie vor bestand, geschieden worden, wird ihr die Mitgift wirksam geleistet, und zwar ebenso, wie von jedem anderen Schuldner des Sonderguts.

Eine Frau, die in der Gewalt ihres Vaters steht, ist für die Rückgewähr einer Mitgift empfangszuständig, wenn sie diese selbst aus dem ihr von ihrem Vater eingeräumten Sondergut bestellt hat. Eigentlich ist eine dos, die vom Gewalthaber der Ehefrau oder einem Dritten stammt, bei Beendigung der Ehe demjenigen zurück zu gewähren, aus dessen Vermögen sie geleistet worden ist. Die der Frau mit der Einrichtung des Sonderguts zugestandene Verwaltungsbefugnis deckt jedoch auch die Rücknahme der hieraus geleisteten Mitgift ab. Denn schon mit der Bestellung der Mitgift hat die Frau ihren Ehemann zum potentiellen Schuldner gemacht; und da die 75 76 77 78

Gai 3.60. D 38.1.29 Ulp 64 ed. CJ 6.3.7pr (a 224). Waldstein, Operae libertorum, Stuttgart 1986, S. 334.

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A. Systemimmanente Rechtsfindung

Leistung aus dem Sondergut erfolgt, bezieht sich seine Verpflichtung auch auf das peculium. Die Wendung, dass die Rückgewähr der Mitgift ,quasi a quolibet peculiari debitore‘ erfolgt, ist zugleich Fallanknüpfung und Deduktion: Pomponius vergleicht den Ehemann mit anderen Dritten, mit denen die Frau im Rahmen der Verwaltung ihres Sonderguts einen gewöhnlichen Schuldvertrag eingegangen ist; und er subsumiert den Ehemann unter den Begriff des Pekuliarschuldners, für dessen Leistung die Frau Empfangszuständigkeit hat. Um den guten Glauben als Voraussetzung für die usucapio einer Sache geht es Pomponius in dem folgenden Text: (11) Pomp 768 = D 41.7.5pr Pomp 32 Sab Si id, quod pro derelicto habitum possidebas, ego sciens in ea causa esse abs te emerim, me usucapturum constat nec obstare, quod in bonis tuis non fuerit: nam et si tibi rem ab uxore donatam sciens emero, quia quasi volente et concedente domino id faceres, idem iuris est. Habe ich eine Sache, die du als derelinquiert besaßest, in Kenntnis dieses Umstands von dir gekauft, werde ich sie sicherlich ersitzen und nicht daran scheitern, dass sie nicht zu deinem Vermögen gehörte; denn dasselbe gilt auch, wenn ich eine Sache, die dir von deiner Frau geschenkt worden war, wissentlich gekauft habe, weil du so gehandelt hast, als würdest du mit Willen und Wissen des Eigentümers tätig.

Kauft jemand eine Sache, von der er glaubt, dass der Verkäufer sie noch aufgrund einer Dereliktion durch ihren früheren Eigentümer ersitzt, stellt sich die Frage, ob er selbst ersitzen kann. Zwar verfügt er mit dem Kaufvertrag über eine iusta causa für seinen Erwerb. Gleichwohl könnte es dem bei der Ersitzung maßgeblichen Gebot der bona fides79 widersprechen, wenn man auch in dem Fall ersitzt, dass man über das mangelnde Eigentum seines Vormannes unterrichtet ist. Pomponius zieht den Vergleich zum Kauf einer Sache, von der der Käufer weiß, dass sie dem Verkäufer von dessen Ehefrau geschenkt worden ist. Hier gilt für ihn als ausgemacht, dass die Ersitzung stattfindet, weil sich der Erwerb der Sache gewissermaßen mit Bewusstsein und Zustimmung des Eigentümers vollzieht: Die Frau, die ihr Eigentum an der Sache wegen des Ehegattenschenkungsverbotes nicht verlieren konnte, hat sich durch ihre Überlassung an den Ehemann des weiteren Einflusses auf das Schicksal der Sache begeben und dieses in das Belieben des Mannes gestellt. Weiß der Käufer dies, fehlt ihm zwar der Glaube an das Eigentum des Verkäufers; er nimmt jedoch zu Recht an, der Verkäufer verfüge über die Sache gewissermaßen mit Zustimmung ihrer Eigentümerin. Dieser Gedanke lässt sich auch für die Beurteilung des Ausgangsfalles fruchtbar machen. Vom Vergleichsfall unterscheidet er sich dadurch, dass der Verkäufer die Sache anders als bei der Ehegattenschenkung sogar selbst ersitzt. Indem der Käufer annimmt, die Sache sei von ihrem früheren Eigentümer derelinquiert, nimmt er aber ebenfalls an, dieser habe die Sache weggegeben und ihr weiteres Schicksal in die Hände des Verkäufers gelegt, der sie an sich genommen hat. Ob diese Vorstellung in dem Fall, den Pomponius im Sinne hat, auch der Wirklichkeit entspricht, hängt von der Deutung der doppeldeutigen Formulierung ab, der Ver79

Hierzu s. u. S. 97 f.

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käufer besitze die Sache ,pro derelicto‘. Damit kann einerseits gemeint sein, dass der frühere Eigentümer die Sache tatsächlich aufgegeben hat, Pomponius aber im Gegensatz zur späteren byzantinischen Lehre80 außer der Aneignung noch den Ablauf der Ersitzungszeit für erforderlich hält.81 Andererseits kann es bedeuten, dass der Verkäufer die Sache in der Fehlannahme der Dereliktion und deshalb nicht sofort zu Eigentum erlangt hat, sondern noch ersitzen musste.82 Für diese zweite Variante spricht, dass Pomponius in § 1 desselben Fragments83 einen sofortigen Eigentumserwerb infolge von Dereliktion bejaht, dagegen spricht, dass dessen Voraussetzung mit annähernd denselben Worten beschrieben ist wie der Sachverhalt im principium: ,id, quod quis pro derelicto habuerit, continuo meum fit‘.84 Für die Leistungsfähigkeit des Vergleichsfalles kommt es auf diese kaum zu beantwortende Frage aber nicht an: Da der Käufer über eine eigene iusta causa für seine Ersitzung verfügt, kann diese nicht am Charakter der Rechtsstellung des Verkäufers scheitern, zumal nicht erkennbar ist, dass die Ersitzung durch ein vorangehendes furtum an der Sache gehindert wäre. Allein entscheidend ist, ob die Vorstellung des Käufers im Einklang mit dem Gebot der bona fides steht. Wie im Fall der Ehegattenschenkung gezeigt, verdient hiernach nicht nur derjenige Schutz, der die Sache im Glauben an die Eigentümerstellung des Verkäufers erwirbt; es genügt vielmehr die Annahme, die Verfügung erfolge mit Zustimmung des Eigentümers. Diese lässt sich bei der Vorstellung einer vorangehenden Dereliktion der Sache durch ihren früheren Inhaber bejahen, so dass die Ersitzung stattfindet. Nach dem sogenannten Produktionsprinzip hängt der Erwerb des Eigentums an Früchten durch einen Besitzer davon ab, dass dieser durch eigene Leistung zu ihrer Entstehung beigetragen hat: (12) Pomp 283 = D 22.1.45 Pomp 22 QM Fructus percipiendo uxor vel vir ex re donata suos facit, illos tamen, quos suis operis adquisierit, veluti serendo: nam si pomum decerpserit vel ex silva caedit, non fit eius, sicuti nec cuiuslibet bonae fidei possessoris, quia non ex facto eius is fructus nascitur. Ein Ehemann oder eine Ehefrau erwerben Früchte, die sie aus einer geschenkten Sache ziehen, zu eigen, freilich nur dann, wenn sie sie durch eigene Arbeit erwerben, wie zum Beispiel, indem sie aussähen; denn wenn sie Obst pflücken oder Holz im Wald schlagen, wird es nicht zu ihrem Eigentum, wie es auch nicht zum Eigentum irgendeines gutgläubigen Besitzers würde, weil diese Frucht nicht durch seine Tätigkeit entsteht. 80

Vgl. IJ 2.1.47. Dies nimmt Kaser, In bonis esse, SZ 78 (1961) 173, 180 an. 82 Unwahrscheinlich erscheint mir dagegen die Annahme von Kaser, SZ 78 (1961) 173, 180 f., der vermutet, der Verkäufer habe die Sache nicht als derelinquierte in Besitz genommen. 83 Dieser lautet: Id, quod quis pro derelicto habuerit, continuo meum fit: sicuti cum quis aes sparserit aut aves amiserit, quamvis incertae personae voluerit eas esse, tamen eius fierent, cui casus tulerit ea, quae, cum quis pro derelicto habeat, simul intellegitur voluisse alicuius fieri. 84 Zur Harmonisierung der Aussagen von principium und § 1 des Fragments bedarf es jedenfalls nicht der Unterstellung, es gehe einmal um eine res mancipi, das andere Mal um eine gewöhnliche Sache; vgl. Vacca, Derelictio e acquisto delle res pro derelicto habitae, Mailand 1984, S. 59. 81

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Ein von seinem Partner beschenkter Ehegatte, dessen Eigentumserwerb am Verbot der donatio inter virum et uxorem scheitert, kann gleichwohl das Eigentum an Früchten erlangen, die er aus der geschenkten Sache zieht. Pomponius sieht diesen Erwerb aber auf diejenigen Früchte beschränkt, die er kraft eigener Arbeit gewinnt, wohingegen die Früchte, bei denen sich sein Beitrag auf die bloße Trennung von der Muttersache beschränkt, dem Schenker als deren Eigentümer zufallen.85 Zu dieser Differenzierung sieht sich Pomponius durch die Rechtslage im Fall eines gutgläubigen Besitzers veranlasst: Kann dieser ebenfalls nur dann das Eigentum an Früchten erwerben, wenn deren Entstehung auf seine Tätigkeit zurückgeht, darf nichts anderes für einen beschenkten Ehegatten gelten, der weiß, dass er nicht Eigentümer der Muttersache geworden ist, oder doch zumindest die Umstände kennt, aus denen sich seine mangelnde Berechtigung ergibt. Das von Pomponius hier durch einen Schluss a maiore ad minus übertragene Produktionsprinzip hat in der zeitgenössischen und späteren Jurisprudenz keine Folge gefunden. Paulus geht auf die Ansicht Pomponius’ immerhin der Sache nach ein, gestattet dem gutgläubigen Besitzer aber den Eigentumserwerb an allen Früchten, weil er nahezu domini loco stehe.86 Dies ist schon die Auffassung Julians,87 der demnach im Gegensatz zu Pomponius einem Ehegatten auch unbedingt den Eigentumserwerb an den Früchten einer von seinem Partner geschenkten Sache zugesteht88. Indem er das Produktionsprinzip auch in diesem Fall zur Anwendung bringt, sucht Pomponius also nicht den Anschluss an einen in seiner Lösung unstreitigen Fall, sondern führt nur die eigene Ansicht konsequent durch. Die Regeln über den Besitzerwerb durch einen Gewaltunterworfenen beschäftigen Pomponius in (13) Pomp 308 = D 41.1.54.4 Pomp 31 QM: … sed nec per servum alienum, quem nos bona fide possidemus, dominus peculiari nomine ignorans usucapere poterit, sicuti ne per fugitivum quidem, quem non possidet. … Aber auch durch einen fremden Sklaven, den wir nach guter Treue besitzen, kann der Eigentümer nicht etwas mit Bezug auf sein Sondergut ohne sein Wissen ersitzen, und zwar ebenso wenig, wie er durch einen flüchtigen Sklaven ersitzen kann, den er nicht besitzt.

Pomponius versagt dem Eigentümer eines Sklaven die Ersitzung, wenn dieser von einem anderen gutgläubig besessen wird und ohne Kenntnis seines wirklichen Eigentümers eine Sache für sein Sondergut erworben hat. Dabei ist vorausgesetzt, dass der Sklave die Sache nicht unter Einsatz des Vermögens seines gutgläubigen Besitzers oder eigener Dienstleistungen erlangt hat; denn der hieraus resultierende

85 Kaser, Natürliche Eigentumserwerbsarten im altrömischen Recht, SZ 65 (1947) 219, 257 glaubt, dass diese Einschränkung noch nicht auf Quintus Mucius zurückgeht, dessen Werk Pomponius hier kommentiert. 86 D 41.1.48pr Paul 7 Plaut. 87 D 22.1.25.1 Iul 7 dig; vgl. hierzu Harke, Argumenta Iuventiana – argumenta Salviana, S. 76 ff. 88 D 24.1.15.1, 17pr Ulp 32 ed.

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Erwerb steht dem gutgläubigen Besitzer des Sklaven zu89 und kann daher von vornherein nicht dem wirklichen Eigentümer des Sklaven zufallen. Dieser kommt aber, wenn er von dem Verbleib des Sklaven und dessen Aktivitäten keine Kenntnis hat, auch ansonsten nicht zum Zuge, weil es an einem ausdrücklichen oder zumindest stillschweigenden iussum und auch an der Kontrolle über das Sondergut fehlt, die alternative Anknüpfungspunkte für den Besitzerwerb durch Gewaltunterworfene bilden90. Pomponius verdeutlicht dies am Vergleichsfall eines flüchtigen Sklaven: Ein Sklave, der sich im Besitz eines gutgläubigen Dritten befindet, könne seinen Eigentümer ebenso wenig zum Ersitzungsbesitzer machen wie ein Sklave, der sich auf der Flucht befindet. Die fuga des Sklaven schließt zwar, wie Pomponius an anderer Stelle sagt, nicht aus, dass der Eigentümer eine von dem Sklaven erlangte Sache mit der actio Publiciana herausverlangen kann, weil hierfür die traditio ausreicht; es fehlt jedoch an der possessio der Sache,91 die allein ihre Ersitzung rechtfertigen könnte. Das verbindende Element zum Fall des gutgläubig besessenen Sklaven liegt, wie Pomponius selbst herausstellt, darin, dass der wirkliche Eigentümer keinen Besitz an dem Sklaven hat, der ihm den Besitz vermitteln soll. Mit dieser Einschätzung folgt Pomponius der Ansicht von Nerva, der sich später auch Paulus anschließt. Im Gegensatz zu Pomponius bejahen sie zwar einen Besitz des bisherigen Inhabers an einem flüchtigen Sklaven und gestatten ihm aus diesem Grund in dem Fall, dass er noch nicht der zivilrechtliche Eigentümer ist, auch dessen Ersitzung. Dies erscheint ihnen allerdings ,utilitatis causa receptum‘, also als Durchbrechung der gewöhnlichen Regeln, nach denen der Eigentümer oder Ersitzungsbesitzer seinen Besitz an einem Sklaven mit dessen Flucht verliert. Dementsprechend wollen auch Nerva und Paulus aus dieser Ausnahme nicht den Schluss ziehen, dass ein flüchtiger Sklave seinem bisherigen Inhaber den Besitz an Sachen vermittelt, die er auf seiner Flucht erwirbt.92 Die Gegenauffassung vertreten Cassius und Julian, die den Besitzerwerb durch einen flüchtigen Sklaven ebenso zulassen wollen wie den Erwerb durch einen Sklaven, der sich in den Provinzen außerhalb der Kontrolle seines Eigentümers befindet.93 Zugrunde liegt die Überzeugung, der Besitz

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Gai 2.92. D 41.4.2.11 Paul 54 ed: Celsus scribit, si servus meus peculiari nomine apiscatur possessionem, id etiam ignorantem me usucapere: quod si non peculiari nomine, non nisi scientem me: et si vitiose coeperit possidere, meam vitiosam esse possessionem. 91 Vgl. Pomp 402 = D 6.2.15 Pomp 3 Sab: Si servus meus, cum in fuga sit, rem a non domino emat, Publiciana mihi competere debet, licet possessionem rei traditae per eum nactus non sim. 92 Vgl. D 41.2.1.14 Paul 54 ed: Per servum, qui in fuga sit, nihil posse nos possidere nerva filius ait, licet respondeatur, quamdiu ab alio non possideatur, a nobis eum possideri ideoque interim etiam usucapi. sed utilitatis causa receptum est, ut impleatur usucapio, quamdiu nemo nactus sit eius possessionem. … 93 Vgl. wiederum D 41.2.1.14 Paul 54 ed: … possessionem autem per eum adquiri, sicut per eos, quos in provincia habemus, Cassii et Iuliani sententia est. 90

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A. Systemimmanente Rechtsfindung

an einem Sklaven könne nicht schlechthin durch dessen Flucht beseitigt werden.94 Pomponius’ gegenteilige Ansicht, aus der er auf die fehlende Besitzmittlung durch den flüchtigen Sklaven und von hier aus weiter auf die Unmöglichkeit einer Ersitzung durch einen gutgläubig besessenen Sklaven schließt, ist demnach keineswegs allgemein anerkannt. Der argumentative Wert des Vergleichsfalles kann demnach nicht darin bestehen, dass er die Übertragung einer weithin akzeptierten Lösung auf eine ähnliche Konstellation gestattet. Vielmehr stellt er nur die Kohärenz der eigenen Ansicht heraus: Lehnt Pomponius mangels Besitzes am flüchtigen Sklaven schon eine Besitzmittlung durch diesen ab, kann er sie erst recht nicht bei einem Sklaven anerkennen, der nicht nur der Kontrolle seines Eigentümers entwichen ist, sondern sogar von einem Dritten gutgläubig besessen wird. Hier wie dort verhindert der fehlende Besitz an dem Sklaven die Annahme einer Erwerbsgestattung, die für den Besitzerwerb erforderlich ist. Welche Voraussetzungen an den wirksamen Abschluss eines Vertrags zu stellen sind, entscheidet darüber, ob die Vereinbarung mit einem liber homo bona fide serviens wirksam ist: (14) Pomp 574 = D 13.6.13.2 Pomp 11 Sab Si libero homini, qui mihi bona fide serviebat, quasi servo rem commodavero, videamus, an habeam commodati actionem. nam et Celsus filius aiebat, si iussissem eum aliquid facere, vel mandati cum eo vel praescriptis verbis experiri me posse: idem ergo et in commodato erit dicendum. nec obstat, quod non hac mente cum eo, qui liber bona fide nobis serviret, contraheremus quasi eum obligatum habituri: plerumque enim id accidit, ut extra id quod ageretur tacita obligatio nascatur, veluti cum per errorem indebitum solvendi causa datur. Habe ich einem Freien, der mir nach guter Treue diente, eine Sache wie einem Sklaven geliehen, stellt sich die Frage, ob ich die Leihklage gegen ihn habe. Da ich, wenn ich ihm einen Auftrag erteilt habe, nach Ansicht von Celsus dem Jüngeren mit der Auftragsklage oder einer Klage mit vorgeschriebener Formel vorgehen kann, gilt also dasselbe für die Leihe. Dem steht nicht entgegen, dass wir mit einem Freien, der uns nach guter Treue dient, nicht mit der Vorstellung übereinkommen, dass er uns verpflichtet werde. Häufig kommt es nämlich vor, dass jenseits dessen, was verabredet worden ist, automatisch eine Verpflichtung entsteht, wie zum Beispiel, wenn jemand, um eine nicht vorhandene Schuld zu tilgen, aus Irrtum leistet.

Geht der gutgläubige Besitzer eines liber homo bona fide serviens mit diesem einen Vertrag ein, unterliegt die Gültigkeit dieser Vereinbarung deshalb einem Zweifel, weil zumindest der Besitzer des Scheinsklaven dessen wirklichen Status nicht kennt und annimmt, keinen wirklichen Vertrag, sondern lediglich eine Vereinbarung mit Wirkung für das Sondergut des Scheinsklaven einzugehen. Das fehlende Bewusstsein der rechtsgeschäftlichen Qualität des Vorgangs steht der Wirksamkeit des Vertrags aus Pomponius’ Sicht jedoch nicht entgegen. Er bejaht die 94 Vgl. Vat 89 = D 7.1.12.3 Ulp 17 Sab: … Iulianus tamen libro trigensimo quinto digestorum scribit, etiamsi non stipuletur quid servus fugitivus, retineri tamen usum fructum: nam qua ratione, inquit, retinetur a proprietario possessio, etiamsi in fuga servus sit, pari ratione etiam usus fructus retinetur. Hierzu Harke, Argumenta Iuventiana – argumenta Salviana, S. 81.

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Verpflichtung des Scheinsklaven aus einem Leihevertrag und andernorts95 auch seine Haftung aus Stipulation, Kauf und Verdingung. Eine Grenze für die Gültigkeit von Vereinbarungen sieht er erst bei der Schenkung erreicht, weil der liber homo bona fide serviens hier aus dem Vermögen des Besitzers oder von seiner Dienstleistung profitiert und damit Vorteile erlangt, die seinem gutgläubigen Besitzer zugewiesen sind.96 Zur Begründung der Vertragsgeltung beruft sich Pomponius auf eine Entscheidung von Celsus, der einen dem liber homo erteilten Auftrag als wirksam oder zumindest als Grund für die Gewährung einer actio praescriptis verbis anerkannt hat. Mit dieser Entscheidung hat sich Celsus gegen Labeo gestellt, der dem Auftrag an den liber homo bona fide serviens die Gültigkeit noch deshalb absprach, weil der Scheinsklave das aufgetragene Geschäft nicht aus freien Stücken (,libera voluntate‘), sondern gleichsam gezwungen durch seine vermeintliche Sklavenstellung (,quasi ex necessitate servili‘) besorgt habe.97 Dass dieser Umstand den Juristen der Hochklassik im Gegensatz zu Labeo keine Probleme mehr bereitet, könnte daran liegen, dass man in Vereinbarungen zwischen Sklaven und ihren Eigentümern seit Javolen die Grundlage für naturales obligationes sieht.98 Sind sie damit auch keine regelrechten Verträge, kann man den Parteien jedoch nicht mehr das Bewusstsein absprechen, an einem rechtlich relevanten Vorgang beteiligt zu sein. Was fehlt ist lediglich die Absicht zur Begründung einer wirklichen Verpflichtung. Dass es ihrer nicht bedarf, leitet Pomponius aus dem Fall einer Leistung auf eine Nichtschuld ab; hier und in anderen Fällen komme es dazu, dass eine Verpflichtung ohne entsprechende Vereinbarung jenseits der Parteiabsicht entstehe. Dieser Vergleich zeigt, dass es zur Begründung einer obligatio keines hierauf gerichteten Willens, sondern lediglich ihres objektiven Entstehungstatbestandes bedarf: Bei der Zahlung auf eine Nichtschuld ist es die Leistung solvendi causa, beim Abschluss eines Vertrags das Übereinkommen über die Punkte, die für die Bestimmung seines Inhalts erforderlich sind. Verträge gelten nicht kraft der Absicht der Parteien, sondern weil ihr Abschlusstatbestand in Gestalt einer Parteivereinbarung vorliegt.99

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Pomp 308 = D 41.1.54.1 Pomp 31 QM: Item promittendo nobis liber homo, qui bona fide nobis servit, ut et emendo vel vendendo, vel locando vel conducendo, obligari ipso iure poterit. (Die überlieferte Inskription nennt versehentlich Modestin als Autor dieses Fragments.) 96 Pomp 371 = D 41.1.49 Paul 9 Plaut: Quod fructuarius ex re sua donat, ex re eius est: sed si eo animo id fecerit, ut ad proprietatis dominum pertineat, dicendum est illi adquiri. si autem extraneus ei donet indistincte, soli proprietario adquiritur. eadem dicemus in homine libero, qui bona fide mihi servit, ut, si ei aliquid donaverim, meum sit. et ideo pomponius scribit, quamvis donaverim ei operas suas, tamen quidquid ex operis suis adquiret, mihi adquiri. 97 D 3.5.18.2 Paul 2 Ner: Si libero homini, qui bona fide mihi serviebat, mandem, ut aliquid agat, non fore cum eo mandati actionem Labeo ait, quia non libera voluntate exsequitur rem sibi mandatam, sed quasi ex necessitate servili: erit igitur negotiorum gestorum actio, quia et gerendi negotii mei habuerit affectionem et is fuit, quem obligare possem. 98 Vgl. Harke, Liber homo bona fide serviens und Vertragsgeltung im römischen Recht, RIDA 52 (2005) 163, 177 f. 99 Vgl. Harke, RIDA 52 (2005) 163, 178 ff.

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A. Systemimmanente Rechtsfindung

Demselben Themenkreis wie die Fehlvorstellung über die Rechtsfähigkeit eines Vertragspartners gehört das Problem an, wie sich die mangelnde Geschäftsfähigkeit auf die Entstehung einer außervertraglichen Verpflichtung auswirkt: (15) Pomp 374 = D 44.7.24 Pomp sing reg Si a furioso, cum eum compotem mentis esse putarem, pecuniam quasi mutuam acceperim eaque in rem meam versa fuerit, condictio furioso adquiritur: nam ex quibus causis ignorantibus nobis actiones adquiruntur, ex isdem etiam furiosi nomine incipit agi posse: veluti cum servus eius stipulatur, cum furtum ei fit, aut damnum ei dando in legem Aquiliam committitur, aut si forte, cum creditor fuerat, fraudandi eius causa debitor alicui rem tradiderit. idemque erit, si legetur ei vel fideicommissum ei relinquatur. Habe ich von einem Geisteskranken, den ich für gesund hielt, Geld als Darlehen empfangen und dadurch mein Vermögen gemehrt, erwirbt der Geisteskranke die Kondiktion; denn aus denselben Gründen, aus denen wir ohne unser Wissen eine Klage erwerben, kann auch im Namen eines Geisteskranken geklagt werden, wie zum Beispiel, wenn sich sein Sklave ein Versprechen geben lässt, ein Diebstahl zu seinem Nachteil begangen oder ihm ein Schaden nach dem aquilischen Gesetz zugefügt wird oder sein Schuldner, um ihn als Gläubiger zu hintergehen, über eine Sache verfügt. Ebenso verhält es sich, wenn ihm ein Vermächtnis oder ein Fideikommiss hinterlassen wird.

Hat jemand von einem Geisteskranken ein Darlehen erhalten und sein Vermögen um den ausgezahlten Betrag bereichert, unterliegt er auch dann der Kondiktion, wenn er die mangelnde Handlungsfähigkeit des Kreditgebers verkannt hat. Hätte er von ihr gewusst, hätte er an dem Geld, an dem er mangels wirksamer Darlehensabrede ohnehin kein Eigentum erwerben konnte, ein furtum begangen und wäre daher mit der condictio furtiva haftbar. Ebenso wie diese Klage ohne vorangehende Übereignung auskommt, ist die Kondiktion auch im Fall des gutgläubigen Verbrauchs des Geldes zuständig, obwohl es an einer wirksamen Zuwendung fehlt. Zwar liegt nicht der Regeltatbestand der Leistungskondiktion vor, der in einer Leistung sine causa besteht100. Der Verbrauch des fremden Geldes bedeutet jedoch ungeachtet des fehlenden Vorsatzes des Empfängers einen Eingriff in das Vermögen des Geisteskranken, der eine Eingriffskondiktion zeitigt.101 Dies gilt, wie Ulpian später feststellt,102 sogar dann, wenn der Zahlung durch den Geisteskranken eine causa zugrunde liegt, weil die Erfüllung an der mangelnden Geschäftsfähigkeit des Veräußerers scheitert und der Empfänger damit ebenfalls in fremdes Eigentum eingreift. Für den Erwerb des Kondiktionsanspruchs bedeutet die fehlende Handlungsfähigkeit des Veräußerers kein Hindernis. Mit einer Begründung, die er andernorts Julian zuschreibt,103 folgert Pomponius dies aus dem Parallelfall, in dem ein Klagerecht 100

Vgl. hierzu Harke, Das klassische römische Kondiktionensystem, IVRA 54 (2003) 49 ff. Gegen die noch bei Schwarz, Die Grundlage der condictio im klassischen römischen Recht, Münster/Köln 1952, S. 240 f. zu findende Vorstellung einer gestreckten datio zu Recht Bauer, Ersitzung und Bereicherung im klassischen römischen Recht und die Ersitzung im BGB, Berlin 1988, S. 162 f. und Heine, Condictio sine datione, Berlin 2006, S. 99. 102 D 12.6.29 Ulp 7 disp. 103 Pomp 353 = D 12.1.12 Pomp 6 Plaut: Si a furioso, cum eum compotem mentis esse putares, pecuniam quasi mutuam acceperis eaque in rem tuam versa fuerit, condictionem fu101

I. Unvermittelte Fallentscheidung

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ohne Kenntnis des Anspruchsinhabers entsteht. Dies gilt zum einen bei Geschäften eines Gewaltunterworfenen, zum anderen bei Ansprüchen, die an Delikte oder deliktsähnliche Vorgänge wie die Gläubigerbenachteiligung anknüpfen. Bedarf es hier erst gar keiner Kenntnis des Gläubigers vom Anspruchsgrund, müssen die Klagen auch einem Geisteskranken zustehen, dem lediglich die Fähigkeit zum Erwerb von Ansprüchen aus Verträgen fehlt. Um die Rechtsfähigkeit als Voraussetzung des Vermächtniserwerbs geht es Pomponius in (16) Pomp 357 = D 31.11pr Pomp 7 Plaut: Statuliberum ab herede ne tunc quidem, cum dubia sit eius ex testamento libertas, legatum sine libertate accipere posse Labeo ait, quia servus eius esset: sed si heres eandem condicionem legato inserat, quae libertati a testatore datae praeposita fuerit, valet legatum: nam et si, cum moreretur heres, servus liber esse iussus esset, recte sine libertate ei ab herede legari posse constitit, quia supervacuum sit ei libertatem dare, quam ex testamento heredis capturus non sit, sed ex testatoris habet. Labeo schrieb, ein bedingt Freigelassener könne vom Erben auch dann, wenn der Eintritt der Freiheit noch in der Schwebe ist, kein Vermächtnis ohne Freiheit erhalten, weil er dessen Sklave sei; hat aber der Erbe dieselbe Bedingung eingefügt, unter der die Freilassung durch den Erblasser steht, ist das Vermächtnis gültig; denn auch wenn dem Sklaven die Freiheit zugewandt ist, wenn der Erbe stirbt, kann ihm anerkanntermaßen ohne Freilassung etwas vom Erben vermacht werden, weil es überflüssig ist, ihm die Freiheit zuzuwenden, die ihm nicht aus dem Testament des Erben, sondern aus dem des Erblassers zustehen wird.

Pomponius schränkt die von Labeo aufgestellte Regel ein, wonach ein vom Erblasser bedingt freigelassener Sklave ohne seine erneute unbedingte Freilassung durch den Erben von diesem nicht wirksam mit einem Vermächtnis bedacht werden könne. Sie trifft gewöhnlich zu, weil der statuliber vor Eintritt der Bedingung eben noch nicht frei und daher auch kein tauglicher Inhaber eines Vermächtnisanspruchs ist. Es gibt jedoch einen Fall, in dem sie nicht gilt, nämlich wenn der Erbe dem bedingt Freigelassenen etwas unter derselben Bedingung zugewandt hat, unter der auch seine Freiheit steht. Unter diesen Umständen erwirbt der statuliber den Anspruch erst in dem Moment, in dem er auch kraft der Verfügung des Erblassers die Freiheit erlangt, so dass der Erbe sie ihm nicht erneut zuwenden muss. Einfacher als im Fall zweier bedingter Verfügungen lässt sich dies einsehen, wenn die Freilassung durch die Verfügung des Erblassers auf den Tod des Erben aufgeschoben ist. Hier kann dieser dem statuliber auch ohne Bedingung ein wirksames Vermächtnis aussetzen, weil der Anspruch nicht eher entstehen kann, als der Freigelassene den Erben überlebt hat und damit die Bedingung für die im ersten Testament angeordnete Freilassung eingetreten ist. Eine zusätzliche Zuwendung der Freiheit durch den

rioso adquiri Iulianus ait: nam ex quibus causis ignorantibus nobis actiones adquiruntur, ex isdem etiam furioso adquiri. item si is qui servo crediderat furere coeperit, deinde servus in rem domini id verterit, condici furiosi nomine posse. et si alienam pecuniam credendi causa quis dederit, deinde furere coeperit et consumpta sit ea pecunia, condictionem furioso adquiri.

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A. Systemimmanente Rechtsfindung

Erben ist hier eindeutig ,supervacuum‘. Dasselbe gilt aber auch im Ausgangsfall zweier gleichlautender Bedingungen. An anderer Stelle bringt Pomponius die Regel über den dies cedens bei bedingten Legaten zur Anwendung: (17) Pomp 485 = D 36.2.13 Pomp 6 Sab Huiusmodi legatum: ,sive illud factum fuerit sive non fuerit, illi do lego‘, ad heredem non transit, nisi alter casus vivo legatario exstiterit, quoniam causa, ex qua debeatur, praecedere semper debet. nec, quia certum est alterutrum futurum, omnimodo debebitur: nam tale legatum: ,cum morietur, heres dato‘ certum est debitum iri et tamen ad heredem legatarii non transit, si vivo herede decedat. Ein Vermächtnis von der Art: „wenn dies oder jenes geschieht, vermache ich jenem“, geht auf den Erben nur über, wenn einer der beiden Fälle zu Lebzeiten des Vermächtnisnehmers eingetreten ist, weil der Grund der Verpflichtung immer vorangehen muss. Und es wird auch nicht deshalb unbedingt geschuldet, weil sicher ist, dass einer der beiden Fälle eintritt; denn auch bei einem Vermächtnis von der Art: „wenn er stirbt, soll der Erbe leisten“, ist sicher, dass die Voraussetzung eintritt, und trotzdem geht es auf den Erben des Vermächtnisnehmers nicht über, wenn er zu Lebzeiten des Erben stirbt.

Für ein Vermächtnis, das unter einer alternativen Bedingung ausgesetzt ist, gelten dieselben Regeln wie für ein Vermächtnis mit einfacher Bedingung: Ein Übergang des Vermächtnisanspruchs auf den Erben des Vermächtnisnehmers kommt nur in Betracht, wenn vor dessen Tod zumindest eine der Bedingungen eingetreten und damit der dies cedens gekommen ist. Zweifelhaft erscheint dies freilich in dem Fall, dass die Bedingungen in einem Komplementärverhältnis stehen, so dass entweder die eine oder andere erfüllt ist. Hier ist sicher, dass die Voraussetzungen der Vermächtnisschuld eintreten; gleichwohl geht das Forderungsrecht nicht zwangsläufig auf den Erben des Vermächtnisnehmers über, weil die Voraussetzungen der Verpflichtung vor dessen Tod eingetreten sein müssen. Pomponius verdeutlicht dies an einem auch andernorts104 behandelten Parallelfall, in dem der Vermächtnisanspruch auf den Tod des Erben aufgeschoben ist. Auch hier steht fest, dass die Bedingung eines Tages eintritt. Es ist aber ungewiss, ob dies noch zu Lebzeiten des Vermächtnisnehmers geschieht, und daher auch, ob der Vermächtnisanspruch auf dessen Erben übergeht. Die Lösung des Vergleichsfalls erleichtert die Anwendung der Regel vom dies cedens bei bedingten Vermächtnissen, wenn das Legat wegen des Komplementärverhältnisses der beiden alternativen Bedingungen auf den ersten Blick als unbedingt erscheint. Die Unterscheidung zwischen Einheit und Mehrheit von Vermächtnissen trägt Pomponius’ Entscheidung in

104 Pomp 229 = D 35.1.1.2 Pomp 3 QM: Dies autem incertus est, cum ita scribitur ,heres meus cum morietur, decem dato‘: nam diem incertum mors habet eius. et ideo si legatarius ante decesserit, ad heredem eius legatum non transit, quia non cessit dies vivo eo, quamvis certum fuerit moriturum heredem.

I. Unvermittelte Fallentscheidung

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(18) Pomp 397 = D 30.8.2 Pomp 2 Sab: Si ita legatum sit: ,lecticarios octo aut pro his in homines singulos certam pecuniam, utrum legatarius volet‘, non potest legatarius partem servorum vindicare, pro parte nummos petere, quia unum in alterutra causa legatum sit, quemadmodum si olei pondo quinquaginta aut in singulas libras certum aes legatum sit: ne aliter observantibus etiam uno homine legato divisio concedatur. nec interest, divisa ea summa an iuncta ponatur: … Ist wie folgt vermacht: „acht Sänftenträger oder statt dieser nach Wahl des Vermächtnisnehmers für jeden einzelnen ein bestimmter Betrag“, kann der Vermächtnisnehmer nicht einen Teil der Sklaven vindizieren und zum anderen Teil Geld fordern, weil es in beiden Fällen nur ein Vermächtnis ist, wie zum Beispiel, wenn fünfzig Pfund Öl oder für jedes Pfund eine bestimmte Menge Erz vermacht ist; andernfalls müsste man die Teilung auch beim Vermächtnis über einen einzigen Sklaven zulassen. Und es macht keinen Unterschied, ob die Summe aufgeteilt oder als Gesamtbetrag festgesetzt ist …

Ein Vermächtnisnehmer, dem die Übereignung einer Anzahl von Sklaven oder ein bestimmter Geldbetrag pro Kopf geschuldet ist, kann vom Erben nicht teils Sklaven, teils Geld fordern. Ebenso wenig kann sich ein Legatar, dem eine Menge Öl oder pro Einheit ein Geldbetrag hinterlassen ist, dafür entscheiden, nur eine kleinere als die vorgesehene Menge Öl und ansonsten Geld zu verlangen. Taugt dieses Beispiel auch noch nicht als Ausgangspunkt für eine induktive Argumentation, weil die Lösung des Parallelfalles keineswegs eingängiger als die der Ausgangskonstellation ist, verhält es sich doch anders bei der weiteren von Pomponius angeführten Konstellation, in der ein einziger Sklave oder an seiner Stelle ein bestimmter Geldbetrag vermacht ist. In diesem zur reductio ad absurdum eingesetzten Fall ist eine gemischte Forderung des Vermächtnisnehmers theoretisch denkbar, aber zugleich evident, dass der Vermächtnisnehmer den Erben nicht auf Übertragung eines Miteigentumsanteils und im Übrigen auf Geldzahlung in Anspruch nehmen kann. Der Grund hierfür ist, dass der Gegenstand des Vermächtnisses zwar alternativ, aber doch als Einheit bestimmt ist: Könnte der Vermächtnisnehmer sowohl die Sach- als auch die Geldleistung fordern, würde er zwei verschiedene Vermächtnisgegenstände verlangen, die ihm aber nicht zugewandt sind.105 Der Erblasser hat nur ein Vermächtnis (unum legatum) ausgesetzt, woraus Pomponius schließt, dass der Erbe sich auch dann, wenn es um eine Mehrheit von Sachen oder Sklaven geht, entweder für die Sach- oder für die Geldleistung entscheiden muss. Dies gilt unabhängig davon, ob der Geldbetrag als Gesamtsumme oder nach Köpfen oder Einheiten festgesetzt ist.106 Den Voraussetzungen für den Verlust einer Dienstbarkeit widmet Pomponius den folgenden Fallvergleich:

105

Anders sieht dies später Paulus; vgl. D 31.8.1 Paul 9 Plaut. Im Schlusssatz des Textes (et certe octo servis aut pro omnibus certa pecunia legata non posse invitum heredem partem pecuniae, partem mancipiorum debere) wird diese Lösung, die Pomponius zuvor abgeleitet hat, als sicher hingestellt. Die Passage könnte das Ergebnis einer Paraphrase durch einen späteren Textbearbeiter oder das Resultat einer Kürzung sein, der auch der Ansatzpunkt für die indirekte Rede zum Opfer gefallen ist. 106

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A. Systemimmanente Rechtsfindung (19) Pomp 294 = D 8.2.7 Pomp 26 QM Quod autem aedificio meo me posse consequi, ut libertatem usucaperem, dicitur, idem me non consecuturum, si arborem eodem loco sitam habuissem, Mucius ait, et recte, quia non ita in suo statu et loco maneret arbor quemadmodum paries, propter motum naturalem arboris. Wird gesagt, dass ich die Freiheit von einer Dienstbarkeit für mein Gebäude durch Ersitzung erlangen könne, so erlange ich diese, wie Mucius schreibt, nicht, wenn ich an dieser Stelle einen Baum stehen habe; und zwar zu Recht, weil ein Baum wegen seines natürlichen Wachstums nicht ebenso in demselben Zustand und an demselben Platz bleibt wie eine Mauer.

Im Gegensatz zu einer ländlichen geht eine urbane Dienstbarkeit nicht durch einfachen non usus verloren, sondern nur, wenn der Inhaber des dienenden Grundstücks einen servitutswidrigen Zustand schafft (,aliquid novi‘)107 und diesen für die Dauer der Ersitzungsfrist aufrechterhält. Lässt er unter Verstoß gegen die Dienstbarkeit einen Baum auf seinem Grundstück wachsen, liegt hierin kein eigens geschaffener Dauerzustand, weil sich der Baum aus eigener Kraft stets verändert und keinen Vergleich mit einer Mauer als Prototyp eines servitutswidrigen Werks aushält. Durch Fallanknüpfung stellt Pomponius auch die Wirkung des ius postliminium dar: (20) Pomp 293 = D 11.7.36 Pomp 26 QM Cum loca capta sunt ab hostibus, omnia desinunt religiosa vel sacra esse, sicut homines liberi in servitutem perveniunt: quod si ab hac calamitate fuerint liberata, quasi quodam postliminio reversa pristino statui restituuntur. Ist Land von den Feinden eingenommen, verlieren alle religiösen und heiligen Orte ebenso ihre Qualität, wie Freie in Sklaverei geraten; werden sie aber aus diesem Unglück befreit, kehren sie gleichsam kraft eines Rückkehrrechts in ihren früheren Zustand zurück.

Orte, die kraft ihrer religiösen Bedeutung vom Rechtsverkehr ausgenommen sind, verlieren diese Eigenschaft mit ihrer Einnahme durch Feinde, gewinnen sie aber im Fall der Rückeroberung wieder. Pomponius bemüht hierfür den Parallelfall des Freien, der in Feindeshand gerät und so zum Sklaven wird, bei seiner Rückkehr in römisches Gebiet aber seinen alten Status zurückerhält. Einem religiösen Ort ist der freie Römer deshalb vergleichbar, weil er ebenso wie dieser extra commercium ist. Das ius postliminii, das für die Rückkehr in den alten Zustand sorgt, muss daher auf beide gleichermaßen Anwendung finden und das Eigentum eines anderen an dem Freien oder religiösen Ort ausschließen.

107

D 8.2.6 Gai 7 ed prov.

I. Unvermittelte Fallentscheidung

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2. Deduktion a) Schlüsse aus Gesetzen und Juristenregeln Der Schwerpunkt von Pomponius’ Argumentation liegt eindeutig in deduktiven Entscheidungsbegründungen. Auf sie entfallen insgesamt 106 Falllösungen. Dies ist die Mehrheit aller 203 in Pomponius’ Werk überlieferten Begründungen und entspricht sogar zwei Drittel der unvermittelten Fallentscheidungen, in denen der Jurist seine Lösung ohne Auslegung ableitet. Die Verteilung der deduktiven Argumentationen auf die einzelnen Rechtsquellen ist sehr ungleich. Es gibt nur zwei Schlüsse aus testamentarischen Verfügungen und nicht mehr als 10 Begründungen, die vom Inhalt einer vertraglichen Regelung ausgehen. Auch die Schlüsse aus Gesetzen oder gesetzesähnlichen Regelungswerken wie insbesondere dem prätorischen Edikt finden sich nur in einer Minderheit von 26 Begründungen. Dagegen bestehen 68 und damit fast zwei Drittel der deduktiven Argumentationen in der Subsumtion unter Regeln des Juristenrechts. aa) Gesetzes- und Ediktsbestimmungen 1. Es gibt nur sehr wenige Entscheidungen, zu deren Begründung Pomponius ein regelrechtes Gesetz bemüht. Ein Fall bildet der Schluss aus dem Zwölftafelsatz über die Teilung von Forderungen und Verpflichtungen durch den Erbfall: (1) Pomp 372 = D 8.1.17 Pomp sing reg Viae itineris actus aquae ductus pars in obligationem deduci non potest, quia usus eorum indivisus est: et ideo si stipulator decesserit pluribus heredibus relictis, singuli solidam viam petunt: et si promissor decesserit pluribus heredibus relictis, a singulis heredibus solida petitio est. Ein Teil eines Fahr-, Wege-, Trift- oder Leistungsrechts kann nicht zum Gegenstand eines Versprechens gemacht werden, weil deren Gebrauch unteilbar ist; und daher können, wenn der Gläubiger stirbt und mehrere Erben hinterlässt, die einzelnen das volle Wegerecht fordern; und wenn der Schuldner stirbt und mehrere Erben hinterlässt, findet gegen jeden einzelnen die Klage auf das Ganze statt.

Pomponius befasst sich mit der Erbfolge nach dem Eigentümer eines Grundstücks, dem durch Stipulation eine Grunddienstbarkeit eingeräumt worden ist oder der sie versprochen hat. Nach dem Zwölftafelsatz: ,nomina ipso iure divisa‘, müssten Anspruch und Verpflichtung aus dem Versprechen eigentlich unter den Erben geteilt werden. Dieses Ergebnis scheitert jedoch daran, dass die Grunddienstbarkeit ein einheitliches Gebrauchsrecht (usus indivisus) gewährleistet und daher nicht teilbar ist. Mögliche Konsequenz hieraus ist der Untergang des Versprechens. So würden jedoch der oder die Gläubiger der Dienstbarkeit durch das aus ihrer Sicht zufällige Ereignis des Erbfalles ihres Anspruchs beraubt; und der oder die Schuldner erlangten einen unverdienten Vorteil. Einen Ausweg bietet nur das Konzept der Gesamtschuldner- und -gläubigerschaft. So kann jeder Erbe des Gläubigers das unteilbare Nutzungsrecht fordern; und jeder Erbe des Schuldners kann hierauf in Anspruch

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A. Systemimmanente Rechtsfindung

genommen werden.108 Das Recht bleibt so erhalten; die Verurteilung ist jedoch, wie schon Celsus entschieden hat109 und später Paulus110 und Ulpian, dieser sogar im Zusammenhang mit einem Pomponiuszitat,111 ausführen, auf das Interesse beschränkt, das der einzelne Gläubiger an der Dienstbarkeit hat oder zu dem er als einzelner Schuldner zur Befriedigung des Gläubigerinteresses beitragen kann.112 So setzt sich auf der Ebene der Verurteilung doch der Zwölftafelsatz von der Teilung der Forderungen und Verpflichtungen durch, ohne dass ein unberechtigter Vorteil auf der Schuldner- zulasten der Gläubigerseite entsteht. An anderer Stelle befasst sich Pomponius mit dem Freilassungsverbot der lex Aelia Sentia: (2) Pomp 217 = D 40.5.34.1 Pomp 3 fid Campanus ait, si minor annis viginti rogaverit heredem, ut proprium servum manumittat, praestandam ei libertatem, quia hic lex Aelia Sentia locum non habet. Campanus schreibt, dass, wenn jemand, der jünger als zwanzig Jahre alt ist, seinen Erben gebeten hat, einen eigenen Sklaven freizulassen, diesem die Freiheit zu gewähren sei, weil hier das älisch-sentische Gesetz nicht eingreift.

Pomponius begründet die Entscheidung eines gewissen Campanus, der befunden hat, dass die fideikommissarische Verpflichtung eines Erben zur Freilassung eines ihm selbst gehörenden Sklaven auch dann wirksam ist, wenn der Erblasser weniger als 20 Jahre alt war. Bis zu diesem Alter darf er einen Sklaven nach dem älischsentischen Gesetz eigentlich nur durch manumissio vindicta und unter Nachweis einer iusta causa freilassen,113 woraus folgt, dass ihm auch eine testamentarische Freilassung völlig verwehrt ist114. Dies gilt jedoch nur für Sklaven, die dem Minderjährigen selbst gehören und durch deren Freilassung er sein eigenes Vermögen

108 Für den Fall der Rechtsnachfolge auf Schuldnerseite findet sich diese Lösung auch in dem Pomponiuszitat bei Paulus in Pomp 723 = D 45.1.2.2 Paul 12 Sab beschrieben: … et ideo si divisionem res promissa non recipit, veluti via, heredes promissoris singuli in solidum tenentur: sed quo casu unus ex heredibus solidum praestiterit, repetitionem habebit a coherede familiae erciscundae iudicio. ex quo quidem accidere Pomponius ait, ut et stipulatoris viae vel itineris heredes singuli in solidum habeant actionem: sed quidam hoc casu extingui stipulationem putant, quia per singulos adquiri servitus non potest: … Ohne Nennung des Hochklassikers kommt dagegen die Gedankenführung Paulus’ in D 45.1.140.2 Paul 3 Ner aus. 109 D 45.1.72pr Ulp 20 ed; hierzu Harke, Argumenta Iuventiana – argumenta Salviana, S. 49 f. 110 D 10.2.25.9 Paul 23 ed. 111 Pomp 89 = D 8.5.4.3 Ulp 17 ed: Si fundus, cui iter debetur, plurium sit, unicuique in solidum competit actio, et ita et Pomponius libro quadragensimo primo scribit: sed in aestimationem id quod interest veniet, scilicet quod eius interest, qui experietur. itaque de iure quidem ipso singuli experientur et victoria et aliis proderit, aestimatio autem ad quod eius interest revocabitur, quamvis per unum adquiri servitus non possit. 112 Hierzu Harke (Fn. 6), S. 7 ff. 113 Gai 1.38. 114 Gai 1.40.

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vermindert, nicht dagegen für Sklaven des Erben, durch deren Freilassung das Vermögen des Minderjährigen nicht betroffen ist. Im nächsten Fragment bringt Pomponius die augusteischen Ehegesetze analog zur Anwendung, indem er eine fraus legis konstatiert: (3) Pomp 475 = D 28.7.7 Pomp 5 Sab Si quis sub condicione heredes instituisset, si invicem cavissent se legata eo testamento relicta reddituros, placet remitti eis condicionem, quia ad fraudem legum respiceret, quae vetarent quosdam legata capere: quamquam et si cautum esset, in ipsa actione exceptione tuendus esset promissor. Hat jemand seine Erben unter der Bedingung eingesetzt, dass sie sich gegenseitig Sicherheit dafür leisten, dass die im Testament ausgesetzten Vermächtnisse erfüllt werden, wird diese Bedingung anerkanntermaßen erlassen, weil sie zur Umgehung der Gesetze dient, die bestimmten Personen den Erwerb von Vermächtnissen verbieten; ist freilich schon Sicherheit geleistet worden, kann sich der Schuldner mit einer Einrede verteidigen.

Den Erwerbsverboten der augusteischen Ehegesetze verschafft Pomponius hier in dem Fall Geltung, dass der Erblasser die Einsetzung seiner Erben unter die Bedingung gestellt hat, dass sie sich gegenseitig Sicherheit für die Erfüllung der ausgesetzten Vermächtnisse leisten. Da die Erben zur Leistung der erlaubten Vermächtnisse ohnehin durch das Testament verpflichtet sind, kann die cautio nur den Sinn haben, eine Verpflichtung zu schaffen, mit der die Erfüllung eines, für sich genommen, nicht durchsetzbaren Vermächtnisses erzwungen wird. Dieser fraus legis wehrt Pomponius durch einen Analogieschluss: Ebenso wie die Ehegesetze gewöhnlich die Unwirksamkeit eines Vermächtnisses zeitigen, bewirken sie hier den Wegfall der gesetzeswidrigen Bedingung.115 Nur noch eine indirekte Wirkung kann den Erwerbsverboten dagegen zukommen, wenn die Erben die Sicherheit schon geleistet haben. Da ihr Versprechen keine Verfügung von Todes wegen darstellt, ist es, für sich genommen, wirksam;116 seine Durchsetzung scheitert aber an der exceptio doli, weil sich der Gläubiger so eine aus gesetzeswidrigem Grund entstandenen Verpflichtung zunutze machte. Das folgende Fragment kann sich sowohl auf die lex Falcidia als auch das hieran anknüpfende senatus consultum Pegasianum beziehen:

115

Dass Pomponius hier von remitti spricht, rechtfertigt ebenso wenig wie in anderen Fällen die Annahme, die Bedingung bleibe zivilrechtlich gültig und werde nur im Wege der prätorischen Erbfolge außer Kraft gesetzt; vgl. Voci, Diritto ereditario romano, Bd. 2, 2. Aufl., Mailand 1963, S. 798 und Kaser, Über Verbotsgesetze und verbotswidrige Geschäfte im römischen Recht, Wien 1977, S. 104. Den Begriff remissio verwenden für sittenwidrige Bedingungen auch Marcell in D 35.1.20 (27 not Iul) und Paulus in D 28.7.9 (45 ed), während Marcian sie in D 28.7.14 (4 inst) und D 30.112.4 (6 inst) für nullius oder pro non scripto erklärt. Betroffen ist jeweils auch die condicio iurisiurandi, von der bekannt ist, dass sie nicht im Einzelfall erlassen, sondern durch das Edikt schlechthin für ungültig erklärt wird; vgl. D 28.7.8.8 Ulp 50 ed und hierzu Harke (Fn. 29), S. 33 f. 116 Vgl. Kaser (Fn. 115), S. 97.

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A. Systemimmanente Rechtsfindung (4) Pomp 473 = D 35.2.69 Pomp 5 Sab Usu fructu bonorum legato aes alienum ex omnibus rebus deducendum est, quoniam post senatus consultum nulla res est, quae non cadit in usus fructus legatum. Beim Vermächtnis des Nießbrauchs an einem Vermögen sind die Schulden von den Aktiva abzuziehen, weil nach dem Senatsbeschluss keine Sache nicht unter den vermachten Nießbrauch fällt.

Geht es darum, die falzidische Quart zu bestimmen, dürfen bei der Ermittlung des Wertes eines Vermächtnisses, das den Nießbrauch an einem Vermögen zum Gegenstand hat, nicht nur dessen Aktiva berücksichtigt werden. Stattdessen kommen auch die Schulden zum Abzug, die zu dem Vermögen gehören. Pomponius schließt dies daraus, dass der Wert des Vermächtnisses nach dem Senatsbeschluss unter Rücksicht auf alle wertbildenden Faktoren bestimmt werden muss. So wird auch der Wert der Erbschaft selbst ermittelt,117 die mit dem Vermächtnis belastet ist. Einen Analogieschluss zur Abwehr einer fraus legis zieht Pomponius wiederum aus dem senatus consultum Velleianum: (5) Pomp 805 = D 16.1.32.3 Pomp 1 SC Si mulier, ne ipsa intercederet, alii mandaret ut id faceret, an in huius persona locus huic senatus consulto sit, qui rogatu mulieris id faceret? totus enim sermo senatus consulti ad petitionem non dandam adversus ipsam mulierem spectat. et puto rem ita esse distinguendam, ut, si quidem creditor, cui me obligavi mandante muliere, hoc in fraudem senatus consulti egisset, ne ipsa interveniret contra senatus consultum, daret autem alium, excludendum eum exceptione fraudis senatus consulti factae: si vero is ignorasset, ego autem scissem, tunc mandati me agentem cum muliere excludendum esse, me autem creditori teneri. Hat eine Frau, um nicht selbst für einen anderen einzutreten, einen Dritten hiermit beauftragt, stellt sich die Frage, ob dann in der Person desjenigen, der es auf Bitten der Frau getan hat, der Senatsbeschluss eingreift. Der ganze Wortlaut des Senatsbeschluss ist nämlich darauf gerichtet, dass gegen die Frau keine Klage gewährt werden darf. Und ich glaube, es sei so zu differenzieren, dass, wenn der Gläubiger, dem ich mich auf Anweisung der Frau verpflichtet habe, dies zur Umgehung des Senatsbeschlusses getan hat, damit sie nicht selbst entgegen dem Senatsbeschluss eintritt, sondern einen anderen stellt, er mit der Einrede der Umgehung des Senatsbeschlusses ausgeschlossen werden müsse und dass ich aber, wenn er es nicht gewusst habe, ich aber schon, dann mit der Auftragsklage gegen die Frau ausgeschlossen werden müsse, ich aber dem Gläubiger hafte.

Pomponius befasst sich mit der Anwendung des vellejanischen Senatsbeschlusses auf einen Fall, in dem eine Ehefrau nicht selbst für den Schuldner eingetreten ist, sondern einen Dritten hiermit beauftragt hat, der sich dem Gläubiger für den Schuldner verbindlich gemacht hat. Seine Entscheidung macht Pomponius vom Kenntnisstand des Gläubigers abhängig: Hat dieser die Interzession des Dritten akzeptiert, um sich indirekt die Frau verbindlich zu machen, ist schon sein Anspruch gegen den Dritten durch eine Einrede gesperrt, die der Umgehung des 117

IJ 2.22.3.

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Senatsbeschlusses wehrt (,exceptio fraudis senatus consulti factae‘).118 Weiß der Gläubiger hingegen nicht, dass die Frau hinter der Interzession des Dritten steht, kann er seinen Anspruch gegen diesen durchsetzen, dem aber seinerseits der Rückgriff gegen die Frau versagt ist, weil ihm direkt die Einrede des vellejanischen Senatsbeschlusses entgegensteht. Ebenso fällt im Ergebnis später die Lösung von Ulpian und Papinian aus, die dem Dritten gegen den Gläubiger freilich die exceptio senatus consulti Velleiani selbst, dem Gläubiger bei fehlender Kenntnis von der Beteiligung der Frau aber eine replicatio doli zugestehen.119 Anders als Pomponius entscheidet dagegen Julian, der dem Gläubiger stets den Anspruch gegen den Dritten versagt.120 Genau wie Pomponius geht Julian von dem Ziel des Senatsbeschluss aus, die erfolgreiche Inanspruchnahme Frau zu verhindern. Mit seiner Differenzierung berücksichtigt Pomponius aber auch das Schutzbedürfnis des Gläubigers, der zuweilen gar nicht wissen kann, dass ein Verstoß gegen das Interzessionsverbot vorliegt.121 Dem Dritten, der im Auftrag der Frau tätig geworden ist, kann dies wiederum keinesfalls verborgen geblieben sein, so dass Pomponius seine Inanspruchnahme zumindest dann gerechtfertigt erscheint, wenn der Gläubiger gutgläubig ist. Erreicht Pomponius dieses Ergebnis im Unterschied zu Ulpian und Papinian nicht durch direkte Anwendung des Senatsbeschlusses und eine gegenläufige replicatio doli, bleibt er im Unterschied zu den beiden Spätklassikern dem Wortlaut des velleianischen Senatsbeschlusses treu. Dieser verbietet nur eine Verpflichtung der Frau selbst, kann also zwar im Verhältnis zwischen dem Dritten und der Frau, nicht aber in der Beziehung zwischen dem Gläubiger und dem Dritten eingreifen. Das probate Mittel für den Ausschluss der Verpflichtung ist hier eine Einrede, die in Analogie zur exceptio senatus consulti Velleiani wegen der dem Gläubiger vorzuwerfenden fraus legis gewährt wird.122 Mit Gesetzen und Senatsbeschlüssen vergleichbar ist das kaiserliche Privileg zur Errichtung eines Testaments über das peculium castrense, das Pomponius an einer Stelle zur Grundlage seiner Falllösung macht:

118 Entgegen Medicus, Zur Geschichte des senatus consultum Velleianum, Köln/Graz 1957, S. 125 ff. darf man hier nicht zwischen der bloßen Kenntnis des Gläubigers von der indirekten Interzession und einem weitergehenden „Umgehungsdolus“ unterscheiden: Schon in dem Wissen von der Auftragserteilung durch die Frau liegt auf Seiten des Gläubigers die fraus legis vor. Medicus selbst nötigt seine Unterscheidung denn auch zu der Feststellung, Pomponius oder einem nachklassischen Bearbeiter der Stelle sei eine verfehlte Distinktion unterlaufen. 119 D 16.1.6 Ulp 29 ed, D 16.1.7 Pap 9 quaest. 120 D 16.1.19.5 Afr; vgl. hierzu Harke, Argumenta Iuventiana – argumenta Salviana, S. 92 ff. 121 Dass eine Kontroverse unter den Hochklassikern vorliegt, meint auch Medicus (Fn. 118), S. 130 f. 122 Medicus (Fn. 118), S. 132 f. nimmt eine Entwicklung an, die von einer Gewährung der in Ausnahmefällen auf die fraus gestützten exceptio zur direkten Anwendung des Senatsbeschlusses in dem Drittverhältnis führt.

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A. Systemimmanente Rechtsfindung (6) Pomp 807 = D 38.17.10pr Pomp 2 SC Si filius familias miles non sit testatus de his, quae in castris adquisierit, an ea ad matrem pertineant, videndum est. sed non puto: magis enim iudicio militum hoc beneficium concessum est, non ut omnimodo quasi patres familiarum in ea re sint. Hat ein Haussohn als Soldat kein Testament errichtet über dasjenige, was er im Lager erworben hat, muss man zusehen, ob es der Mutter zusteht. Aber ich glaube dies nicht; denn dieses Privileg ist eher zum Schutz der Willensbildung der Soldaten und nicht dazu gewährt, sie bei der Erbfolge in jeder Hinsicht wie Hausväter zu stellen.

Pomponius verneint eine Intestaterbfolge der Mutter eines Soldaten nach dem senatus consultum Tertullianum. Dieses findet eigentlich nur bei gewaltfreien Kindern und nicht bei Haussöhnen Anwendung, deren Tod keinen Erbgang zeitigt. Etwas anderes kann sich nur daraus ergeben, dass dem gewaltunterworfenen Sohn als Soldaten kraft kaiserlichen Privilegs die Befugnis zur letztwilligen Verfügung über sein peculium castrense gewährt und so doch eine Erbfolge eröffnet ist. Diese tritt jedoch nur dann ein, wenn der Sohn von der ihm zugestandenen Testierfreiheit auch Gebrauch gemacht hat. Denn das Privileg dient nur deren Schutz und soll nicht schlechthin einen Erbgang nach einem gewaltabhängigen Soldaten zulassen. 2. Häufiger als die Deduktion aus einem Gesetz kommt in Pomponius’ Werk der Schluss aus einer Bestimmung des prätorischen Edikts vor. Er findet sich in 19 der Entscheidungsbegründungen, in denen Pomponius seine Falllösung ohne Auslegung durch schlichte Regelanwendung gewinnt. Einem Tatbestand, der sowohl eine gesetzliche als auch eine Grundlage im prätorischen Edikt hat, gilt die folgende Entscheidung zum furtum manifestum: (7) Pomp 667 = D 47.2.35pr Pomp 19 Sab Si quis perferendum acceperit et scierit furtivum esse, constat, si deprehendatur, ipsum dumtaxat furem manifestum esse, si nescierit, neutrum, hunc, quia fur non sit, furem, quia deprehensus non sit. Hat jemand eine Sache zum Transport erhalten und gewusst, dass sie gestohlen war, so ist er, wenn er dabei ergriffen wird, anerkanntermaßen eine manifester Dieb; hat er es nicht gewusst, ist keiner von beiden ein manifester Dieb, dieser nicht, weil er gar kein Dieb ist, jener nicht, weil er nicht ergriffen worden ist.

Wer beim Transport einer gestohlenen Sache ergriffen wird, hat einen handhaften Diebstahl begangen, wenn er über die Herkunft der Sache unterrichtet war. Dagegen liegt, wenn er sie nicht kennt, überhaupt kein handhafter Diebstahl vor: Bei ihm selbst scheitert die Annahme eines furtum am Mangel des erforderlichen Vorsatzes; beim eigentlichen Dieb fehlt es an der Ergreifung auf frischer Tat. Pomponius verneint so die im ersten Fall bejahte Subsumtion unter den Begriff des furtum manifestum, das im Zwölftafelgesetz als Tatbestand eines Tötungsrechts und im Edikt des Prätors als Auslöser der Verpflichtung zur Bußzahlung in Höhe des vierfachen Wertes der entwendeten Sache erscheint123. 123

Gai 3.189.

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Mit dem Tatbestand der prätorischen metus-Klage befasst sich Pomponius in (8) Pomp 41 = D 4.2.12.1 Ulp 11 ed: Quaeri poterit, an etiam ei qui vim fecerat passo vim restitui praetor velit per hoc edictum ea quae alienavit. et Pomponius scribit libro vicensimo octavo non oportere ei praetorem opem ferre: nam cum liceat, inquit, vim vi repellere, quod fecit passus est. quare si metu te coegerit sibi promittere, mox ego eum coegero metu te accepto liberare, nihil esse quod ei restituatur. Es ist zweifelhaft, ob der Prätor anordnen soll, dass auch demjenigen, der Gewalt angewandt hat, wenn er selbst Gewalt erlitten hat, aufgrund dieses Edikts das zurückerstattet wird, was er verloren hat. Und Pomponius schreibt im 28. Buch, der Prätor dürfe ihm nicht zu Hilfe kommen; denn da, wie er sagt, erlaubt sei, Gewalt mit Gewalt zu wehren, hat er nur erfahren, was er selbst bewirkt hat. Daher finde zu seinen Gunsten keine Wiederherstellung statt, wenn er dich durch Furchterregung gezwungen hat, etwas zu versprechen, und ich ihn alsbald durch Furchterregung gezwungen habe, dir die Schuld förmlich zu erlassen.

Erlangt das Opfer einer Erpressung die Beute zurück, indem es seinerseits den Erpresser nötigt, kann dieser nicht die metus-Klage erheben. Der von Ulpian zitierte Pomponius leitet dies aus dem Recht zur Selbstverteidigung ab: Da es erlaubt sei, sich der Gewaltanwendung durch Gewalt zu erwehren, bestehe kein Anspruch auf Wiederherstellung des früheren Zustands, wenn jemand den Erlass einer Verpflichtung erzwinge, zu deren Übernahme er selbst gezwungen worden ist. Indem Pomponius den Begriff der Gewalt (vis) verwendet, bezieht er sich auf die alte Fassung des Edikts, in der Gewalt und Furcht als alternative Tatbestände genannt sind: ,quod vis metusve causa gestum erit, ratum non habebo‘124. Ebenso wie dem Begriff der Furcht inhärent ist, dass sie unrechtmäßig erzeugt und daher, wie Ulpian im Zusammenhang mit einem weiteren Pomponiusztitat schreibt,125 iustus sein muss, versteht sich auch bei der Gewalt von selbst, dass sie unberechtigt, nämlich entweder, wie Labeo gesagt hat,126 eine maior malitas darstellt oder zumindest contra bonos mores127 ausgeübt wird. Beides muss man verneinen, wenn mit der Gewaltanwendung das rückgängig gemacht wird, was vorher durch Gewalt erreicht worden ist. Die Formel der Noxalklage ist Ausgangspunkt der Falllösung in dem folgenden Fragment: (9) Pomp 661 = D 11.1.15.1 Pomp 18 Sab Mortuo servo, quem in iure interrogatus suum esse confessus sit, non tenetur is qui respondit, quemadmodum, si proprius eius fuisset, post mortem eius non teneretur. 124

D 4.2.1 Ulp 11 ed: Ait praetor: ,quod metus causa gestum erit, ratum non habebo‘. olim ita edicebatur ,quod vi metusve causa‘: vis enim fiebat mentio propter necessitatem impositam contrariam voluntati: metus instantis vel futuri periculi causa mentis trepidatio. sed postea detracta est vis mentio ideo, quia quodcumque vi atroci fit, id metu quoque fieri videtur. 125 Pomp 39 = D 4.2.7.1 Ulp 11 ed: Proinde si quis in furto vel adulterio deprehensus vel in alio flagitio vel dedit aliquid vel se obligavit, Pomponius libro vicensimo octavo recte scribit posse eum ad hoc edictum pertinere: timuit enim vel mortem vel vincula. quamquam non omnem adulterum liceat occidere, vel furem, nisi se telo defendat: sed potuerunt vel non iure occidi, et ideo iustus fuerit metus. … 126 D 4.2.5 Ulp 11 ed. 127 D 4.2.3.1 Ulp 11 ed.

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A. Systemimmanente Rechtsfindung Nach dem Tod des Sklaven, den jemand bei der förmlichen Befragung durch den Prätor als seinen anerkannt hat, haftet derjenige, der geantwortet hat, ebenso wenig, wie er nach dem Tod des Sklaven haftete, wenn er ihm wirklich gehört hätte.

Wer sich bei der interrogatio durch den Prätor als Eigentümer eines Sklaven ausgegeben hat, dem ein Delikt zur Last gelegt wird, haftet hierfür wie der wirkliche Eigentümer des Sklaven.128 Die Noxalverpflichtung endet aber nach der Regel: ,noxa caput sequitur‘, mit dem Tod des Sklaven. Wird so die Haftung des wirklichen Eigentümers beseitigt, fällt auch die Haftung als quasi dominus weg. Sie ist in der Formel der Noxalklage nicht eigens erwähnt, kommt aber doch in der unpersönlichen Fassung der Kondemnationsbedingung zum Ausdruck129. Pomponius beschäftigt sich auch mit der Aktivlegitimation zur Klage nach dem Edikt ,si mensor falsum modum dixerit‘: (10) Pomp 102 = D 11.6.3.2 Ulp 24 ed Pomponius tamen scribit, si emptor plus dederit venditori propter renuntiationem, quia condicere potest quod plus dedit, agi cum mensore non posse: nihil enim emptoris interesse, cum possit condicere: nisi solvendo venditor non fuit: tunc enim mensor tenebitur. Pomponius schreibt aber, dass der Käufer den Feldmesser, wenn er wegen dessen Mitteilung dem Käufer mehr gezahlt habe, nicht verklagen könne, weil er kondizieren kann, was er zu viel geleistet hat; denn der Käufer habe kein Interesse, da er kondizieren könne; es sei denn, dass der Verkäufer nicht zahlungsfähig ist; dann haftet nämlich der Feldmesser.

Die Klage gegen einen Feldmesser, der ein falsches Flächenmaß ausgegeben hat, steht demjenigen zu, der hierdurch geschädigt ist und daher ein Interesse daran hat, dass die Falschangabe unterblieben wäre.130 Den Bezug auf das interesse des Klägers stellt die Klageformel entweder ausdrücklich oder zumindest indirekt durch die Aufforderung des Richters zur Verurteilung in ,quanti ea res est‘ her.131 Pomponius wendet den Interessebegriff auf den Fall an, in dem ein flächenabhängiger Kaufpreis vereinbart und der Käufer infolge der falschen Flächenangabe durch den Feldmesser zu viel entrichtet hat. Da er diesen Betrag insoweit, als die angegebene die wirkliche Größe des Grundstücks übersteigt, ohne Rechtsgrund geleistet hat, kann er ihn vom Verkäufer auch wieder mit der condictio zurückverlangen. Ihm fehlt daher das für die erfolgreiche Inanspruchnahme des Feldmessers erforderliche Interesse, sofern der Verkäufer nicht ausnahmsweise insolvent und der Kondiktionsanspruch daher wertlos ist.132 128 D 11.1.8pr Paul 22 ed: Si quis interrogatus de servo qui damnum dedit, respondit suum esse servum, tenebitur lege Aquilia quasi dominus et, si cum eo actum sit qui respondit, dominus ea actione liberatur. 129 Lenel, EP, S. 165 f. 130 Vgl. § 1 des Fragments: Competit autem haec actio ei, cuius interfuit falsum modum renuntiatum non esse, hoc est vel emptori vel venditori, cui renuntiatio offuit. 131 Lenel, EP, S. 219. 132 Die Klage gegen den Feldmesser hat so subsidiären Charakter; vgl. Stolfi (S. 9 Fn. 2), Bd. 1, S. 137.

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in

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Um das Eigentum als Voraussetzung der rei vindicatio geht es Pomponius (11) Pomp 306 = D 19.1.40 Pomp 31 QM: Quintus Mucius scribit: dominus fundi de praedio arbores stantes vendiderat et pro his rebus pecuniam accepit et tradere nolebat: emptor quaerebat, quid se facere oporteret, et verebatur, ne hae arbores eius non viderentur factae. Pomponius: arborum, quae in fundo continentur, non est separatum corpus a fundo et ideo ut dominus suas specialiter arbores vindicare emptor non poterit: sed ex empto habet actionem. Quintus Mucius schreibt: Der Eigentümer eines Grundstücks hat Bäume, die hierauf stehen, verkauft, hierfür Geld empfangen und weigert sich, sie zu übergeben; der Käufer fragt, was er tun solle, und befürchtet, dass die Bäume noch nicht zu seinem Eigentum geworden seien. Pomponius: Bäume, die auf einem Grundstück stehen, sind noch keine vom Grundstück getrennten Sachen, und daher kann der Käufer die Bäume nicht wie ein Eigentümer vindizieren; aber er hat die Klage aus dem Kaufvertrag.

Die rei vindicatio kann nur erheben, wer Eigentümer der vindizierten Sache ist. Da Bäume, die noch nicht gefällt oder ausgepflanzt sind, keine eigenständigen Sachen, sondern Teil des Grundstücks sind, auf dem sie wachsen, kann hieran auch kein separates Eigentum bestehen. Ein Käufer, der die Bäume vom Grundstückseigentümer gekauft hat, kann daher noch nicht Eigentümer der Bäume geworden sein und den Verkäufer lediglich aus dem Kaufvertrag in auf Lieferung der Bäume in Anspruch nehmen. An anderer Stelle knüpft Pomponius in seiner Argumentation an die Formel der actio Serviana an: (12) Pomp 511 = D 13.7.2 Pomp 6 Sab Si debitor rem pignori datam vendidit et tradidit tuque ei nummos credidisti, quos ille solvit ei creditori, cui pignus dederat, tibique cum eo convenit, ut ea res, quam iam vendiderat, pignori tibi esset, nihil te egisse constat, quia rem alienam pignori acceperis: ea enim ratione emptorem pignus liberatum habere coepisse neque ad rem pertinuisse, quod tua pecunia pignus sit liberatum. Hat ein Schuldner eine verpfändete Sache verkauft und übergeben und hast du ihm Geld geliehen, das er an den Gläubiger gezahlt hat, dem er die Sache verpfändet hat, und mit dir vereinbart, dass die verkaufte Sache dir verpfändet sei, hast du sicher nichts bewirkt, weil du eine fremde Sache als Pfand erlangt hast; denn der Käufer hat nun eine vom Pfandrecht befreite Sache erlangt, und es spielt keine Rolle, dass das Pfand mit deinem Geld befreit worden ist.

Hat sich ein Schuldner Geld zur Beseitigung eines Pfandrechts geliehen und dem Darlehensgeber ein Pfandrecht an der Sache bestellt, kommt es nicht zur sogenannten hypothekarischen Sukzession, also zur Ablösung des ersten Pfandgläubigers durch den zweiten, wenn der Schuldner die Sache zuvor einem Dritten verkauft und übergeben hat. Denn die Formel der actio Serviana setzt voraus, dass die Sache in dem Moment, in dem Schuldner und Pfandgläubiger über ihre Belastung übereinkommen, dem Schuldner gehört (,eamque rem tunc, cum conveniebat, in bonis eius

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fuisse‘133); und in diesem stand sie schon dem Käufer zu, dem der Schuldner die Sache übereignet hatte. Der Darlehensgeber muss sich also an den Schuldner halten und kann sich nicht gegen den Käufer wenden, obwohl das Pfandrecht des ersten Gläubigers, das auch gegenüber dem Käufer Wirkung gezeigt hätte, unter Einsatz der von ihm überlassenen Darlehensvaluta beseitigt worden ist. Die Voraussetzungen der zur Vorbereitung einer dinglichen Klage gedachten actio ad exhibendum beschäftigen Pomponius in (13) Pomp 598 = D 10.4.14 Pomp 14 Sab: Si vir nummos ab uxore sibi donatos, sciens suos factos non esse, pro re empta dederit, dolo malo fecit quo minus possideat et ideo ad exhibendum actione tenetur. Hat ein Mann mit Münzen, die ihm von seiner Frau geschenkt wurden, in dem Wissen, dass sie nicht ihm gehören, eine Kaufsache bezahlt, hat er vorsätzlich bewirkt, dass er nicht mehr besitzt und haftet deshalb mit der Vorlegungsklage.

Die Vorlegungsklage kann nicht nur gegen den Besitzer einer Sache angestellt werden, der auch die facultas exhibendi hat134. Ihre Formel nennt als alternative Klagevoraussetzung, dass sich der Beklagte seines Besitzes vorsätzlich begeben hat.135 Diese ist auch dann erfüllt, wenn ein Ehemann Geld ausgegeben hat, das er von seiner Frau geschenkt bekommen hat. Wusste er, dass er hieran wegen des Ehegattenschenkungsverbots kein Eigentum erlangen konnte, hat er den Besitz an dem Geld vorsätzlich aufgegeben. Daher kann er nach dem Untergang des Eigentums der Ehefrau mit der actio ad exhibendum als persönlicher Klage belangt werden. Um das Edikt über die Pflicht eines Vermächtnisnehmer zur Leistung einer cautio usufructuaria geht es in dem folgenden Fragment:136 (14) Pomp 144 = D 7.9.9.2 Ulp 51 ed Plane si ex die proprietas alicui legata sit, usus fructus pure, dicendum esse Pomponius ait remittendam esse hanc cautionem fructuario, quia certum sit ad eum proprietatem vel ad heredem eius perventuram. Pomponius schreibt, dass freilich, wenn jemandem das Eigentum zu einem bestimmten Termin, der Nießbrauch dagegen ohne Termin vermacht ist, die Sicherheitsleistung dem Nießbraucher erlassen werden müsse, weil sicher sei, dass er oder sein Erbe das Eigentum erlange.

Im Titel de legatis enthält das prätorische Edikt die Anordnung einer Sicherheitsleistung,137 die ein mit einem Nießbrauch bedachter Vermächtnisnehmer dem Erben für den ordnungsgemäßen Umgang mit der Sache und ihre Rückgewähr bei Ablauf des Nießbrauchs zu leisten hatte.138 Der von Ulpian zitierte Pomponius hält 133 134 135 136 137 138

Vgl. Lenel, EP, S. 494. D 10.4.5pr Ulp 24 ed. Lenel, EP, S. 223. Hiermit befasst sich auch Stolfi (S. 9 Fn. 2), S. 345 f. Inhalt und Wortlaut der cautio lassen sich D 7.9.1pr Ulp 79 ed entnehmen. Lenel, EP, S. 368.

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dieses Edikt in dem Fall für unanwendbar, in dem der Erblasser dem Vermächtnisnehmer außer dem Nießbrauch auch das Eigentum an der Sache, allerdings aufgeschoben auf einen späteren Termin, vermacht hat. Da in diesem Fall sicher ist, dass der Nießbraucher oder sein Erbe das Eigentum an der Sache erlangen, fehlt es an der von dem Edikt vorausgesetzten Konstellation, dass die Person des Nießbrauchers und die des Eigentümers bei Ende des Nießbrauchs auseinanderfallen. Nur dann besteht das Sicherungsbedürfnis des Erben, das durch die cautio befriedigt werden soll. Einen ähnlichen Ansatzpunkt hat Pomponius bei seiner Entscheidung zur cautio damni infecti, die einen eingetretenen oder drohenden Schaden auf Seiten des Klägers voraussetzt: (15) Pomp 681 = D 39.2.39.2 Pomp 21 Sab Damni infecti stipulatio latius patet. et ideo et ei, qui superficiariam insulam habet, utilis est ea stipulatio, si quid in superficie damnum datum fuerit, et nihilo minus et soli domino utilis est, si solo damnum datum fuerit, ut tota superficies tolleretur: fraudabitur enim dominus soli in pensione percipienda. Die Sicherheitsleistung wegen drohenden Schadens hat einen weiten Anwendungsbereich. Und daher steht sie auch demjenigen zu, der ein Erbbaurecht an einem Wohnblock hat, wenn diesem ein Schaden zugefügt worden ist; und nichtsdestoweniger steht sie auch dem Grundeigentümer zu, wenn das Grundstück derart geschädigt worden ist, dass das ganze Gebäude abgerissen werden muss; der Grundeigentümer wird nämlich des Erbbauzinses beraubt.

Wer ein gefährliches Werk auf einem Grundstück ausführt, muss die cautio damni infecti nicht nur demjenigen leisten, der ein Erbbaurecht an dem gefährdeten Grundstück hat. Er ist auch dessen Eigentümer zur Sicherheitsleistung verpflichtet. Zwar droht die Gefahr in erster Linie dem Gebäude, das allein der Erbbauberechtigte nutzen darf. Durch die Zerstörung des Gebäudes entsteht jedoch auch ein Schaden für den Eigentümer. Da er den Anspruch auf die pensio verliert, droht auch bei ihm der Eintritt eines damnum, das durch die Sicherheitsleistung abgeschirmt werden muss. Ein Konkurrenzproblem bei der Aktivlegitimation sieht Pomponius auch bei der Klage zum Schutz vor Regenwasser: (16) Pomp 677 = D 39.3.16 Pomp 20 Sab Post venditionem et traditionem quod nocitum sit ei fundo, de quo ante iudicium acceptum sit aquae pluviae arcendae, nihilo minus eo iudicio venditorem posse consequi, non quia venditori, sed quod rei damnum datum sit, idque eum emptori restituere debere. … Was ein Grundstück nach seinem Verkauf und Übergabe an Schaden erlitten hat, über den vorher die Klage auf Abwehr von Regenwasser rechtshängig geworden ist, kann nichtsdestoweniger der Verkäufer mit dieser Klage verfolgen, und zwar nicht, weil ihm, sondern weil dem Grundstück ein Schaden zugefügt worden ist, und dies muss er dem Käufer herausgeben. …

Hat der Inhaber eines durch Regenwasser vom Nachbargrundstück geschädigten Grundbesitzes diesen verkauft und dem Käufer überlassen, erscheint zweifelhaft, ob er noch zur Erhebung der actio aquae pluviae arcendae befugt ist. Denn der durch das

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Regenwasser verursachte Schaden trifft nun nicht ihn, sondern den Käufer des Grundstücks. Nach ihrer Formel knüpft die Klage aber daran an, dass ein auf dem Nachbargrundstück errichtetes Werk zur Beschädigung des Grundstücks führt (,opus factum unde aqua pluvia agro nocet‘).139 Dementsprechend entscheidet über die Aktivlegitimation zur Klage nicht der eingetretene Vermögensschaden, sondern ob der Kläger in dem Moment, in dem das Grundstück beeinträchtigt worden ist oder seine Beschädigung drohte, dessen Eigentümer war. Die durch das ,damnum rei‘ festgelegte Klagebefugnis bleibt also auch über die Veräußerung des Grundstücks erhalten, aus der sich lediglich ein Anspruch des Käufers auf Auskehr des mit der Regenwasserklage erlangten Betrags ergibt. Der Tatbestand des interdictum uti possidetis beschäftigt Pomponius in dem nächsten Text: (17) Pomp 153 = D 43.17.3.4 Ulp 69 ed Item videamus, si auctor vicini tui ex fundo tuo vites in suas arbores transduxit, quid iuris sit. et ait Pomponius posse te ei denuntiare et vites praecidere, idque et Labeo scribit, aut uti eum debere interdicto uti possidetis de eo loco, quo radices continentur vitium: nam si tibi vim fecerit, quo minus eas vites vel praecidas vel transducas, vim tibi facere videtur, quo minus possideas: etenim qui colere fundum prohibetur, possidere prohibetur, inquit Pomponius. Es gilt auch zu untersuchen, was rechtens ist, wenn der Verwalter deines Nachbarn von deinem Grundstück aus Weinreben um seine Bäume angelegt hat. Und Pomponius schreibt, du könntest ihm Anzeige machen und die Weinreben abschneiden (und dies schreibt auch Labeo) und du könntest dich wegen der Stellen, in denen sich die Wurzeln des Weines befindet, des Interdikts: „wie ihr besitzt“, bedienen; denn indem er Gewalt gegen dich anwendet, damit du diese Weinreben nicht schneidest oder versetzt, scheint er Gewalt anzuwenden, damit du nicht besitzt; wie Pomponius schreibt, werde nämlich derjenige am Besitz gehindert, der gehindert werde, sein Grundstück zu bestellen.

Im Anschluss an Labeo bejaht der von Ulpian zitierte Pomponius einen Besitzschutz für den Eigentümer eines Grundstücks, auf dem der Nachbar Weinreben gepflanzt hat, die auf dessen eigenes Grundstück herüberwachsen. Da es nur um Wurzeln geht, die sich auf dem Grundstück des Interdiktenklägers befinden, ist fraglich, ob er von dem Nachbarn wirklich am Besitz seines Grundstücks gehindert ist. Dies ist Voraussetzung des einschlägigen Interdikts uti possidetis, mit dem der Prätor die Anwendung von Gewalt zu dem Zweck verbietet, dass der bisherige Inhaber des Grundstücks dieses nicht mehr besitzt (,uti eas aedes … possidetis, quo minus ita possideatis, vim fieri veto‘140). Für Pomponius folgt die Besitzstörung daraus, dass der Interdiktenkläger dort, wo sich die Wurzeln seines Nachbarn befinden, daran gehindert ist, sein Grundstück zu bestellen.141 Dementsprechend kann er dem Nachbarn die Bepflanzung verbieten. 139

Lenel EP, S. 375. D 43.17.1pr Ulp 69 ed. 141 Mit der möglichen Interdependenz der Argumentationen von Labeo und Pomponius befasst sich Stolfi (S. 9 Fn. 2), Bd. 1, S. 432 ff. 140

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Die Voraussetzungen des interdictum de rivis sind Thema der folgenden Entscheidung: (18) Pomp 156 = D 43.21.2 Paul 66 ed Labeo non posse ait ex aperto rivo terrenum fieri, quia commodum domino soli auferetur appellendi pecus vel hauriendi aquam: quod sibi non placere Pomponius ait, quia id domino magis ex occasione quam ex iure contingeret, nisi si ab initio in imponenda servitute id actum esset. Labeo schreibt, man könne aus einem offenen Kanal keinen überdeckten machen, weil man so den Eigentümer des Grundstücks des Vorteils beraube, sein Vieh zu tränken oder Wasser zu schöpfen; Pomponius schreibt, dass er diese Auffassung nicht teile, weil dies dem Eigentümer mehr zufällig als kraft eines Rechts zustehe, es sei denn, es wäre von Anfang an bei Bestellung einer Dienstbarkeit vereinbart worden.

Das Interdikt de rivis schützt denjenigen, der Wasserläufe ausbessert oder reinigt, damit sie nutzbar bleiben. Labeo, auf den vermutlich schon der von Paulus zitierte Pomponius Bezug genommen hat, sieht von dem Interdikt nicht mehr die Einfassung eines Kanals erfasst, durch die er überdeckt wird; denn sie nimmt dem Eigentümer des Grundstücks, durch das er fließt, die Möglichkeit zur Wasserschöpfung. Pomponius sieht dies anders und will dem Wasserleitungsberechtigten die Abdeckung des Kanals nur dann versagen, wenn bei Bestellung des Leitungsrechts vereinbart worden ist, dass der Grundstückseigentümer das Wasser schöpfen darf. Andernfalls komme dieser nur zufällig (,ex occasione‘) und nicht rechtmäßig (,ex iure‘) in den Vorteil der Wasserschöpfung. Hat sich der Grundstückseigentümer diese eigens vorbehalten, bedeutet die Abdeckung des Kanals eine unzulässige Veränderung des Wasserlaufs; ansonsten entspricht er der schon bestehenden Wasserführung.142 Daher scheitert das Interdikt auch nicht an der in seiner Formel vorgesehenen Einschränkung, dass der Wasserlauf nicht anders geführt werden darf als im vergangenen Sommer (,dum ne aliter aquam ducat, quam uti priore aestate non vi non clam non precario a te duxit‘143). Das Edikt über die collatio bonorum betrifft eine Begründung, mit der Pomponius eine von ihm vermutlich schon selbst zitierte Entscheidung Julians ergänzt: (19) Pomp 140 = D 37.6.1.3 Ulp 40 ed Si ex dodrante fuit institutus filius qui erat in potestate, extraneus ex quadrante, emancipatum accipientem contra tabulas pro quadrante tantum bona sua collaturum Iulianus ait, quia solum quadrantem fratri abstulit: argumentum pro hac sententia adfert Pomponius, quod filius emancipatus nepotibus ex se natis solis conferre cogitur. Julian schreibt, dass, wenn ein Sohn, der sich in der Gewalt des Erblassers befand, zu 34 und ein Außenerbe zu einem Viertel eingesetzt ist und ein aus der Gewalt entlassener Sohn den Nachlassbesitz wider das Testament erhalten hat, dieser sein Vermögen nur zu einem Viertel beizutragen hat, weil er seinem Bruder nur ein Viertel entzogen hat; als Grund für diese 142

Entgegen Stolfi (S. 9 Fn. 2), Bd. 1, S. 445 vermag ich hier keinen Bezug zu einer archaischen Vorstellung von der Gemeinschaft der Nachbarn im Hinblick auf den Wasserlauf zu erkennen. 143 D 43.21.1pr Ulp 70 ed.

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A. Systemimmanente Rechtsfindung Ansicht führt Pomponius an, dass der aus der Gewalt entlassene Sohn nur dazu gezwungen wird, für die von ihm stammenden Enkel beizutragen.

Erlangt ein emanzipierter und im Testament seines Vaters übergangener Sohn die bonorum possessio contra tabulas, muss er im Wege einer Sicherheitsleistung versprechen, einen Beitrag zu leisten für den Nachteil, der den vom Vater bedachten sui infolge des Wegfalls der testamentarischen Erbfolge entsteht. War der Außenerbe, der durch die Besitzeinweisung des emancipatus aus der Erbenstellung verdrängt wird, zu einem Viertel als Erbe eingesetzt und ein in der Gewalt des Vaters verbliebener Sohn zu 34, entgeht letzterem lediglich ein Viertel, wenn sein emanzipierter Bruder den Nachlassbesitz gegen das Testament beantragt und gemeinsam mit ihm je zur Hälfte in die Erbschaft eingewiesen wird. In einer wegen ihrer Kürze kaum verständlichen Begründung führt der von Ulpian zitierte Pomponius dies auf die Position der Enkel zurück, die von dem emanzipierten Sohn abstammen. Gemeint sein kann damit nur der Eintritt dieser in der potestas ihres Großvaters verbliebenen Enkel in den Erbteil des aus der Gewalt entlassenen Sohnes. Indem Pomponius hierauf verweist, übernimmt er in verkomplizierter Form144 das Argument von Julian, der die Beitragspflicht schlicht aus dem Vergleich zwischen testamentarischer Erbfolge und der Aufteilung des Nachlasses bei eienr bonorum possessio contra tabulas ermittelt hat. Diesen Vergleich gibt das Edikt selbst vor, indem es dem emanzipierten Abkommen eine Sicherheitsleistung zum Ausgleich für den Verlust auferlegt, den ein suus durch die Entwertung seiner testamentarischen Position erleidet.145 Der Bezug auf den durch die Besitzeinweisung erlittenen Nachteil ist dabei im Edikt entweder ausdrücklich oder zumindest durch die Bezugnahme auf das ,viri boni arbitrium‘ hergestellt.146 Das Edikt der kurulischen Ädilen beleuchtet Pomponius in (20) Pomp 708 = D 21.1.48.3, 4 Pomp 23 Sab: Ei, qui servum vinctum vendiderit, aedilicium edictum remitti aequum est: multo enim amplius est id facere, quam pronuntiare in vinculis fuisse: (4) In aediliciis actionibus exceptionem opponi aequum est, si emptor sciret de fuga aut vinculis aut ceteris rebus similibus, ut venditor absolvatur. Es ist gerecht, dass das ädilizische Edikt denjenigen nicht trifft, der einen Sklaven in Fesseln verkauft hat; denn dies zu tun sagt viel mehr als zu erklären, dass er schon in Fesseln gewesen sei. (4) Es ist gerecht, dass den ädilizischen Klagen eine Einrede entgegensteht, wenn der Käufer die Flucht oder die Fesselung oder einen ähnlichen Umstand kannte, so dass der Verkäufer freigesprochen wird.

Nach dem Edikt der kurulischen Ädilen trifft den Verkäufer eines Sklaven die Pflicht, dessen Fluchtneignung zum Gegenstand einer ausdrücklichen Anzeige zu 144

Dass seine Argumentation nicht besonders klar ist, beklagt auch Stolfi (S. 9 Fn. 2), Bd. 1, S. 559 f. 145 Vgl. § 5 des Fragments: Totiens igitur collationi locus est, quotiens aliquo incommodo adfectus est is qui in potestate est interventu emancipati: ceterum si non est, collatio cessabit. 146 Vgl. Lenel, EP, S. 536.

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machen.147 Pomponius hält eine solche aber für entbehrlich, wenn der Sklave in Fesseln verkauft worden ist. Da seine Fluchtneigung hier, wenn auch wortlos, so doch umso eindrucksvoller zum Ausdruck kommt, ist der Zweck der von den Ädilen verlangten pronuntiatio erreicht. Der Verkäufer muss sich daher keine Wandlung des Kaufvertrags oder eine Minderung des Kaufpreises gefallen lassen, wie er von dieser auch kraft einer Einrede verschont bleibt, wenn der Käufer von dem Mangel des Sklaven, den der Verkäufer nicht anzeigt, auf andere Weise erfahren hat. Ebenfalls auf das ädilizische Edikt bezogen ist die folgende Entscheidung: (21) Pomp 173 = D 21.1.38.8 Ulp 2 ed aed Quaesitum est, si mula talis sit, ut transiungi non possit, an sana sit. et ait Pomponius sanam esse: plerasque denique carrucarias tales esse, ut non possint transiungi. Es stellt sich die Frage, ob ein Maultier gesund ist, wenn es die Eigenheit hat, sich nicht umspannen zu lassen. Und Pomponius schreibt, es sei gesund; schließlich hätten die meisten Maultiere die Eigenschaft, sich nicht umspannen zu lassen.

Da nach Pomponius’ Ansicht die meisten Maultiere die Eigenschaft haben, sich nicht umspannen zu lassen, entspricht ein so beschaffenes Maultier dem Standard. Es kann daher nicht als krank angesehen werden; und der Käufer kann aus diesem Grund weder Wandlung noch Minderung verlangen. Einer ediktalen Anordnung vergleichbar ist der Urteilsbefehl, den der Prätor an eine Mehrheit von Geschworenen richtet: (22) Pomp 206 = D 4.8.18 Pomp 17 ep … sicuti tribus iudicibus datis quod duo ex consensu absente tertio iudicaverunt, nihil valet, quia id demum, quod maior pars omnium iudicavit, ratum est, cum et omnes iudicasse palam est. … wie bei der Bestellung von drei Richtern ein Urteil nicht gilt, das von zweien in Abwesenheit des dritten gefällt wird, weil nur ein Urteil gilt, das von der Mehrheit gefällt wird, wenn auch offensichtlich alle geurteilt haben.

Dem Urteilsbefehl des Prätors ist nicht Genüge getan, wenn zwei von drei Richtern ihre Entscheidung in Abwesenheit des Dritten getroffen haben. Zwar genügt die Mehrheit von zwei Richterstimmen, damit das Urteil so ausfällt, wie sie das wünschen. Ein Urteil aller Richter liegt jedoch nur vor, wenn auch der dritte sein Votum abgegeben hat, und sei es abweichend von den beiden anderen. Von den gewöhnlichen Subsumtionen unter Verheißungen und Formeln des Edikts heben sich die Entscheidungen ab, die Pomponius gewinnt, indem er einen im Edikt vorgegebenen Wertungsmaßstab anlegt. Dies tut er etwa, indem er vom Gebot der bona fides ausgeht, nach dem sich die Verurteilung aus der actio empti richtet: (23) Pomp 556 = D 19.1.6.5, 6 Pomp 9 Sab Si tibi iter vendidero, ita demum auctorem me laudare poteris, si tuus fuerit fundus, cui adquirere servitutem volueris: iniquum est enim me teneri, si propter hoc adquirere serv147

D 21.1.1.1 Ulp 1 ed aed.

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A. Systemimmanente Rechtsfindung itutem non potueris, quia dominus vicini fundi non fueris. (6) Sed si fundum tibi vendidero et ei fundo iter accessurum dixero, omnimodo tenebor itineris nomine, quia utriusque rei quasi unus venditor obligatus sum. Habe ich dir ein Wegerecht verkauft, kannst du mich nur dann als deinen Gewährsmann benennen, wenn dir das Grundstück gehört, für das du die Dienstbarkeit erwerben willst; es ist nämlich ungerecht, dass ich hafte, wenn du die Dienstbarkeit deshalb nicht erwerben kannst, weil du nicht der Eigentümer des Nachbargrundstücks bist. (6) Habe ich dir aber ein Grundstück verkauft und zugesagt, dass ihm ein Wegerecht zukommt, hafte ich wegen des Weges in jedem Falle, weil ich als derselbe Verkäufer beider Sachen verpflichtet bin.

Den Verkäufer eines Wegerechts trifft nicht unbedingt eine Rechtsmängelhaftung, wenn der Käufer das Recht nicht erlangt hat. Es kann nämlich sein, dass er es nur deshalb nicht erwerben konnte, weil er mangels Eigentum am herrschenden Grundstück auch nicht zum Inhaber der verkauften Grunddienstbarkeit taugt. Eine Haftung des Verkäufers ist in diesem Fall nur dann angebracht, wenn er zugleich das herrschende Grundstück verkauft hat. Im Übrigen hält Pomponius seine Inanspruchnahme für ungerecht (iniquum). Zwar muss der Käufer des Kaufgegenstands entbehren; und die Rechtsmängelhaftung ist nicht vom Verschulden des Verkäufers abhängig. Fehlt dem Käufer des Wegerechts das Eigentum an dem herrschenden Grundstück, liegt es aber an ihm, dass der Verkäufer seine Leistung nicht erbringen kann. Dem Gebot der bona fides, das die Rechtsmängelhaftung des Verkäufers nach dem Vorbild der Garantieversprechen trägt,148 liefe es zuwider, wenn der Verkäufer auch für ein dem Käufer zuzuschreibendes Leistungsdefizit einzustehen hätte. Ein vergleichbarer Wertmaßstab, an dem sich Pomponius in seinen Falllösungen orientiert, ist die aequius melius-Klausel der actio rei uxoriae. Auf sie stützt sich Pomponius in zwei Entscheidungsbegründungen: (24) Pomp 602 = D 23.3.6.2 Pomp 14 Sab Si in dote danda circumventus sit alteruter, etiam maiori annis viginti quinque succurrendum est, quia bono et aequo non conveniat aut lucrari aliquem cum damno alterius aut damnum sentire per alterius lucrum. Ist eine von beiden Seiten bei der Bestellung der Mitgift übervorteilt worden, ist auch jemandem, der über 25 Jahre alt ist, zu Hilfe zu kommen, weil es den Geboten von Billigkeit und Gerechtigkeit widerspricht, sich zum Nachteil eines anderen zu bereichern oder einen Nachteil durch die Bereicherung eines anderen zu erleiden.

Bei der Bestellung einer dos aestimata, um die es im ursprünglichen Kontext dieser Aussage in Pomponius’ Sabinuskommentar ging,149 kann es dazu kommen, dass eine der Seiten infolge unrichtiger Schätzung benachteiligt wird: Entweder kommt der Ehemann zu kurz, indem der Wert der Mitgift und damit auch seine Rückgewährverpflichtung höher veranschlagt wird als der Vermögenszuwachs, den er durch die Mitgift wirklich erlangt; oder aber umgekehrt wird die Frau durch eine zu niedrige Festsetzung des Wertes übervorteilt, indem sie nach Auflösung der Ehe 148 149

D 21.1.31.20 Ulp 1 ed aed cur. Vgl. Lenel, Pal., Bd. 2, Sp. 119.

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weniger erhält, als sie bei Eingehung ihrer Ehe dem Ehemann überlassen hat. Ebenso wie später Ulpian150 lässt Pomponius eine Korrektur der Wertbestimmung auch dann zu, wenn der benachteiligte Ehegatte älter als 25 Jahre ist und damit nicht mehr über ein Recht zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach dem einschlägigen Edikt verfügt. Auch ein dolus des Ehegatten, der von der unrichtigen aestimatio profitiert, erscheint ihm offenbar entbehrlich. Damit der Schätzbetrag dem wahren Wert der Mitgift angepasst wird, genügt Pomponius, dass es ansonsten zu einer Bereicherung des einen Teils zulasten des anderen kommt. Dieses Bereicherungsverbot nennt er in einer andernorts isoliert überlieferten Sentenz ein Gerechtigkeitsgebot des ius naturae.151 Bei der Mitgift verankert er es in dem Maßstab von bonum et aequum, auf das die aequius melius-Klausel der actio rei uxoriae Bezug nimmt. Auf diese Weise schränkt er den kaufähnlichen Charakter der dos aestimata auf die von ihm an anderer Stelle hervorgehobene152 Gefahrtragungsregel ein: Ist die Schätzung des Mitgiftwertes einer Korrektur zugänglich und folglich nicht bindend, kann sie nicht mehr die Aufgabe erfüllen, die Rückgewährpflicht des Ehemannes gleichsam durch Vereinbarung eines Kaufpreises auf einen bestimmten Betrag festzulegen. Stattdessen bewirkt sie jetzt nur noch, dass der zufällige Untergang einer zur Mitgift gehörenden Sache, der ansonsten die Ehefrau trifft, in den Risikobereich des Mannes fällt, der stets zur Leistung der vereinbarten Schätzsumme verpflichtet bleibt. (25) Pomp 616 = D 24.3.10.1 Pomp 15 Sab Si vir uxorem suam occiderit, dotis actionem heredibus uxoris dandam esse Proculus ait, et recte: non enim aequum est virum ob facinus suum dotem sperare lucrifacere. idemque et e contrario statuendum est. Proculus schreibt, dass, wenn der Ehemann seine Frau getötet hat, die Mitgiftklage den Erben der Frau zu gewähren sei; und dies zu Recht; denn es ist nicht gerecht, wenn der Mann hoffen darf, sich durch sein Verbrechen an der Mitgift zu bereichern. Entsprechend ist im umgekehrten Fall zu entscheiden.

Hier durchbricht Pomponius die Regel, dass bei der Auflösung einer Ehe durch den Tod der Frau eine dos adventicia überhaupt nicht und die dos profecticia nur dann zurückzugewähren ist, wenn ihr Besteller noch lebt153. Hat der Ehemann die Frau getötet, dürfen er oder seine Erben nicht im Besitz der Mitgift bleiben. Einerseits würde dem Mann so im konkreten Fall aus seiner Untat ein Vorteil erwachsen; anderseits drohte sein Beispiel noch Schule zu machen, weil andere Ehemänner darauf hoffen könnten, sich durch die Tötung ihrer Ehefrau zu bereichern. Dies liefe wiederum dem Gebot der aequitas zuwider, auf das die aequius melius-Klausel der Mitgiftklage verweist. Daher können die Erben der Frau, obwohl diese in der Ehe verstorben ist, die Mitgift ausnahmsweise zurückfordern. 150

D 23.3.12.1 Ulp 34 Sab. Pomp 829 = D 50.17.206: Iure naturae aequum est neminem cum alterius detrimento et iniuria fieri locupletiorem. 152 Pomp 603 = D 23.3.15 Pomp 14 Sab; s. u. S. 89. 153 UE 6.4 f. 151

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Schließlich erläutert Pomponius in einem Fall, warum der Klage eines Vermächtnisnehmers die exceptio doli entgegensteht: (26) Pomp 509 = D 34.3.8.6 Pomp 6 Sab Si heres vetitus sit agere cum eo, qui negotia defuncti gesserit, non videtur obligatio ei praelegata, quae dolo vel ex fraude eius qui negotia gesserit commissa sit, et testator id videtur sensisse. ideo si heres negotiorum gestorum egisset, agens procurator ex testamento incerti doli mali exceptione excludi potest. Ist dem Erben verboten, gegen denjenigen zu klagen, der die Geschäfte des Verstorbenen geführt hat, gilt diesem doch nicht die Verpflichtung als vermacht, die durch Vorsatz oder Arglist des Geschäftsführers begründet ist, und dies scheint auch der Erblasser sich so vorgestellt zu haben. Daher kann der Erbe, wenn er die Geschäftsführungsklage erhebt und der Verwalter die Testamentsklage, diesen mit der Arglisteinrede überwinden.

Begünstigt der Erblasser seinen Geschäftsführer, indem er dem Erben die Erhebung von Ansprüchen gegen ihn versagt, kann der Geschäftsführer den Erlass seiner Schulden nur insoweit verlangen, als sie nicht auf einem vorsätzlichen Fehlverhalten beruhen. Andernfalls verbliebe dem Geschäftsführer ein Vorteil, den er durch Betrug oder Untreue zulasten des Erblassers erlangt hat. Dies kann nicht dessen Willen entsprechen, dem Pomponius, wenn auch nicht direkt durch einschränkende Auslegung des Vermächtnisses, so doch mittelbar durch die Gewährung der exceptio doli Rechnung tragen will:154 Der Geschäftsführer übt seinen Vermächtnisanspruch rechtsmissbräuchlich aus, wenn er ihn entgegen der Absicht des Erblassers auch für eine Schuld aus vorsätzlichem Fehlverhalten geltend macht.155 Der Erbe kann sich daher seiner Inanspruchnahme mit dem Vorwurf des dolus praesens auf Seiten des Vermächtnisnehmers erwehren. bb) Juristenrecht Der Schwerpunkt der schlichten Deduktion sowie der Entscheidungsbegründungen überhaupt liegt bei Pomponius auf den Schlüssen, die er aus einer Regel des Juristenrechts zieht. Die insgesamt 68 Falllösungen, die Pomponius auf diese Weise motiviert, betreffen alle Rechtsgebiete, konzentrieren sich aber auf das allgemeine Schuldrecht, die Ersitzung und die Regeln des formellen Testamentsrechts. 1. Ein erheblicher Teil der Entscheidungsbegründungen, die auf Sätzen des Juristenrechts beruhen, entfällt auf auf die Regeln, die von der Jurisprudenz für die Verpflichtung aus Stipulationen und Vermächtnissen herausgebildet worden sind. Zu 154 Entgegen Klami, Zur römischen Prälegatsterminologie und D. 34.3.8.6, SDHI 34 (1968) 249, 251 f. hat dies nichts mit dem Verbot eines vertraglichen Ausschlusses der dolus-Haftung zu tun; dass sie nicht im Vorhinein erlassen werden kann, liegt am Widerspruch zur Verpflichtung des Schuldners, die praktisch beseitigt würde, wenn ihr vorsätzlicher Bruch sanktionslos bliebe. 155 Ebenso beurteilt später Modestin ein Befreiungsverfügung zugunsten von Pflegern, wobei unklar ist, ob die Fälle eines dolus automatisch oder nur ope exceptionis vom Erlass ausgenommen sein sollen; vgl. D 34.3.20.1 Mod 10 resp.

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einem interessanten Zusammenspiel zweier Sätze, nämlich der Regel von der Forderungsteilung und dem Verbot eines Versprechens zugunsten Dritter, kommt es dabei in dem folgenden Text: (1) Pomp 237 = D 45.1.110pr Pomp 4 QM Si mihi et Titio, in cuius potestate non sim, stipuler decem, non tota decem, sed sola quinque mihi debentur: pars enim aliena deducitur, ut quod extraneo inutiliter stipulatus sum, non augeat meam partem. Habe ich mir und Titius, der keine Gewalt über mich hat, zehn versprechen lassen, werden mir nicht die gesamten zehn, sondern nur fünf geschuldet; der Anteil des anderen wird nämlich abgezogen, so dass mein Teil nicht zunimmt, weil ich mir zugunsten des anderen unwirksam habe versprechen lassen.

Hat sich jemand das Versprechen einer Leistung geben lassen, die der Schuldner an ihn und einen Dritten erbringen soll, ist diese Stipulation nur insoweit gültig, als der Stipulationsgläubiger die Hälfte des zugesagten Betrags verlangen kann. Diese Lösung ist das Resultat des Zusammenspiels zweier Regeln: Zum einen scheitert ein Anspruch auf Leistung an den Dritten an dem Satz: ,alteri stipulari nemo potest‘. Er sorgt für die Unwirksamkeit eines Vertrags, mit dem sich jemand, der nicht der Gewalt eines anderen unterliegt, die Leistung an einen Dritten versprechen lässt, sofern er hieran nicht ausnahmsweise ein eigenes Interesse hat.156 Zum anderen greift die Regel ein, dass Verpflichtungen automatisch geteilt werden, sofern nicht ausnahmsweise eine Gesamtgläubigerschaft vorbehalten ist.157 Die Stipulation zerfällt daher von vornherein in zwei Verpflichtungen, von denen die eine ausfällt. Sie kann nicht in voller Höhe zugunsten des Gläubigers, sondern nur mit dem Anteil aufrechterhalten bleiben, der auf diesen entfällt. Das Verbot des alteri stipulari bildet auch die Entscheidungsgrundlage in (2) Pomp 624 = D 23.4.9 Pomp 16 Sab: Si ita conveniat, ut, si vivo socero mortua sit filia, ipsi socero, si mortuo, filio eius, si filio quoque defuncto totum suo heredi reddatur, benigna interpretatione potest defendi utilem stipulationem esse. Ist vereinbart, dass die ganze Mitgift beim Tod der Frau, wenn der Schwiegervater noch lebt, diesem selbst, falls er schon gestorben sei, seinem Sohn, und wenn dieser schon gestorben sei, dessen Erben zurückgewährt werde, kann man bei wohlwollender Auslegung die Ansicht verteidigen, dass dieses Versprechen wirksam ist.

Verspricht ein Ehemann, die von seinem Schwiegervater bestellte Mitgift, falls die Frau während der Ehe stirbt, dem Vater selbst, bei dessen vorherigem Tod seinem Sohn oder, wenn auch der Sohn gestorben ist, dem Enkel zurückzuerstatten, begegnet 156

D 45.1.38.17 Ulp 49 Sab: Alteri stipulari nemo potest, praeterquam si servus domino, filius patri stipuletur: inventae sunt enim huiusmodi obligationes ad hoc, ut unusquisque sibi adquirat quod sua interest: ceterum ut alii detur, nihil interest mea. … 157 D 45.2.11.1 Pap 11 resp: Cum tabulis esset comprehensum ,illum et illum centum aureos stipulatos‘ neque adiectum ,ita ut duo rei stipulandi essent‘, virilem partem singuli stipulati videbantur. Vgl. hierzu Harke (Fn. 6), S. 9 f.

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diese Stipulation dem Verbot des Versprechens der Leistung an einen Dritten.158 Denn Sohn und Enkel sind nicht zwingend Erbe des Schwiegervaters. Pomponius hält jedoch eine benigna interpretatio für angebracht und versteht das Versprechen so, dass der Ehemann die Mitgift dem jeweiligen Erben des Vaters zurückgewähren soll.159 Eine solche Stipulation ist durchaus sinnvoll, denn ohne sie verbliebe die Mitgift im Fall eines vorzeitigen Tod des Vaters beim Ehemann160. Dient die Stipulation dazu, dies zu vermeiden und für die ansonsten nicht eintretende Rechtsnachfolge des Erben in Gläubigerstellung zu sorgen, liegt kein verbotenes Versprechen der Leistung an einen Dritten vor. Auch das Verhältnis zweier wahlweise versprochener Gegenstände unterliegt einer Regel: (3) Pomp 228 = D 45.1.109 Pomp 3 QM Si ita stipulatus fuero: ,decem aut quindecim dabis?‘, decem debentur. item si ita: ,post annum aut biennium dabis?‘, post biennium debentur, quia in stipulationibus id servatur, ut quod minus esset quodque longius, esse videretur in obligationem deductum. Habe ich mir wie folgt versprechen lassen: „wirst du 10 oder 15 leisten?“, so sind 10 geschuldet. Ebenso ist, wenn ich mir habe versprechen lassen: „wirst du nach einem oder zwei Jahren leisten?“, nach zwei Jahren geschuldet, weil bei Stipulationsversprechen das zum Schuldinhalt gemacht gilt, was weniger ist oder die längere Frist hat.

Hat ein Schuldner nach seiner Wahl unterschiedlich große Summen oder die Zahlung zu unterschiedlichen Zeitpunkten versprochen, wird die weniger belastende Leistung als Inhalt der Verpflichtung angesehen. Dies folgt, wie Pomponius in einem von Lenel mit dem Text zusammengefassten Fragment für eine Vermächtnisschuld feststellt, aus der Wahlbefugnis des Schuldners: Pomp 228 = D 31.43.3 Pomp 3 QM Si ita scriptum sit: ,decem aut quindecim heres dato‘, pro eo est ac si decem sola legata sint: aut si ita sit: ,post annum aut post biennium, quam ego decessero, heres dato‘, post biennium videtur legatum, quia heredis esset potestas in eligendo. Ist wie folgt bestimmt: „mein Erbe soll 10 oder 15 leisten“, ist dies so anzusehen, als ob nur zehn vermacht seien; und wenn wie folgt bestimmt ist: „mein Erbe soll innerhalb eines oder

158

Dies beschäftigt auch Afrikan in D 23.4.23 Afr 7 quaest. Dagegen nimmt Baldus, Regelhafte Vertragsauslegung nach Parteirollen, Frankfurt a. M. u. a. 1998, S. 597 ff. an, Pomponius suche Anschluss an die in D 37.6.6 Cels 10 dig überlieferte Entscheidung von Celsus. Dieser erstreckt die Rückgewährpflicht bei der dos adventicia auf den Fall, dass der Besteller schon gestorben, sein Sohn, der Vater der Braut, aber noch lebt, wenn diese in der Ehe stirbt. Diese Entscheidung beruht auf der Übernahme des Gedankens der Drittleistung in das Dotalrecht (vgl. Harke, Argumenta Iuventiana – argumenta Salviana, S. 50) und gilt der unmittelbaren Verpflichtung zur Rückgewähr aus actio rei uxoriae. Bildete sie die Grundlage für Pomponius’ Lösung, ginge es ihm in D 23.4.9 darum, das Verbot des alteri stpiluari einzuschränken. Die benigna interpretatio beträfe dann nicht die Stipulation, sondern das Verbot, das Pomponius mit einer Ausnahme versähe. 160 UE 6.4. 159

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zweier Jahre nach meinem Tod leisten“, gilt es, als ob mit der Frist von zwei Jahren vermacht ist, weil der Erbe die Wahlbefugnis hat.

Freilich genügt für die Annahme, die Verpflichtung sei auf die weniger aufwändige Leistung beschränkt, nicht schon die Erwartung, dass sich der Schuldner, wenn er in Anspruch genommen wird, hierfür entscheiden wird. Denn dass die Verpflichtung auf diese Leistung begrenzt ist, darf nicht zur Konsequenz haben, dass ihm, wenn er sich wider Erwarten doch für die anstrengendere Leistung entscheidet, danach deren Rückforderung eröffnet ist. Steht dem Schuldner die Wahl zwischen beiden Leistungen zu, bedeutet dies jedoch, dass er sich für die größere Last freiwillig entscheidet und an ihrer Kondiktion durch die Regel gehindert ist, dass die wissentliche Erfüllung einer Nichtschuld die Rückforderung ausschließt161. So lässt sich der Satz aufstellen, dass bei Wahlschulden, deren Gegenstände im Verhältnis des Mehr oder Weniger stehen, die Obligation auf die weniger aufwändige Leistung beschränkt ist. Hieraus leitet Pomponius dann die Fallentscheidung beim Versprechen unterschiedlich hoher Summen oder zu verschiedenen Leistungsterminen ab. Beschränkt sich die Wahlschuld auf quod minus, liegt folglich überhaupt keine Verpflichtung vor, wenn dem Schuldner die Entscheidung darüber zugestanden ist, ob er das Versprechen überhaupt erfüllen will: (4) Pomp 637 = D 44.7.8 Pomp 16 Sab Sub hac condicione ,si volam‘ nulla fit obligatio: pro non dicto enim est, quod dare nisi velis cogi non possis: nam nec heres promissoris eius, qui numquam dare voluerit, tenetur, quia haec condicio in ipsum promissorem numquam exstitit. Bei der Bedingung: „wenn ich will“, entsteht keine Verpflichtung; es gilt nämlich als nicht vereinbart, weil du nicht gezwungen werden kannst zu leisten, wenn du nicht willst; und auch der Erbe des Schuldners, der niemals leisten wollte, haftet nicht, weil die Bedingung in der Person des Schuldners nie eingetreten ist.

Einen Schuldner, der seine Verpflichtung unter die Bedingung eines entsprechenden Willens gestellt hat, trifft keine obligatio, weil er dem Zwang zur Leistung stets unter Berufung auf seine abweichende voluntas entgehen kann. Hat er aber geleistet, scheidet die Rückforderung der freiwillig erbrachten Leistung aus. Auch der Erbe des vermeintlichen Schuldners unterliegt keiner Verpflichtung, weil durch das Ausbleiben der Leistung zu Lebzeiten des Schuldners ja dokumentiert ist, dass dieser nicht erfüllen wollte. Die Reichweite eines Vermächtnisses über einen individuell bestimmten Gegenstand macht Pomponius in dem nächsten Text zur Entscheidungsgrundlage: (5) Pomp 606 = D 30.56 Pomp 14 Sab Si legati servi nomine stipuletur legatarius fugitivum eum non esse praestari, nihil veniet in eam stipulationem, quia qualis sit, talis ex testamento praestari debet nec ullum in legato damnum facere intellegeretur. 161

Vgl. D 12.6.1.1 Ulp 26 ed.

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A. Systemimmanente Rechtsfindung Hat sich der Vermächtnisnehmer wegen eines vermachten Sklaven versprechen lassen, dass er nicht flüchtig sei, ist dieses Versprechen gegenstandslos, weil er aufgrund des Testaments so zu leisten ist, wie er ist, und bei der Erfüllung des Vermächtnisses kein Defizit vorkommt.

Wer als Erbe aufgrund eines Vermächtnisses zur Leistung eines bestimmten Sklaven verpflichtet ist, vergrößert seine Verbindlichkeit nicht, indem er dem Vermächtnisnehmer durch Stipulation verspricht, der Sklave habe keine Fluchtneigung. Zur Erfüllung des Vermächtnisses braucht der Erbe nämlich keine Garantie für eine bestimmte Beschaffenheit des Sklaven oder auch nur für das habere licere zu übernehmen. Vielmehr genügt, wie Pomponius an anderer Stelle ausdrücklich feststellt, dass er den Sklaven dem Vermächtnisnehmer so, wie er ist, überlässt.162 Hat der Erbe gleichwohl eine Zusage über die Beschaffenheit des Sklaven gemacht, lässt Pomponius diese Regel auf die Stipulation durchschlagen. Da sie in dem Vermächtnis keinen Rechtsgrund findet, ist sie, wenn sie hierauf ausdrücklich bezogen ist, automatisch hinfällig oder, wenn die causa des Verprechens nicht genannt ist, zumindest durch eine exceptio doli gesperrt. In beiden Fällen gilt, dass das Versprechen wertlos ist: ,nihil veniet in eam stipulationem‘. Die Verpflichtung zu habere licere, die Pomponius beim Vermächtnis und einer darauf beruhenden Stipulation verneint, ist dagegen begründet, wenn sich der Schuldner selbst zur Übereignung einer Sache verpflichtet: (6) Pomp 698 = D 46.3.20 Pomp 22 Sab Si rem meam, quae pignoris nomine alii esset obligata, debitam tibi solvero, non liberabor, quia avocari tibi res possit ab eo, qui pignori accepisset. Habe ich meine Sache, die zugunsten eines Dritten mit einem Pfandrecht belastet ist, dir auf eine Schuld geleistet, werde ich nicht frei, weil sie dir von demjenigen abgenommen werden kann, der sie als Pfand empfangen hat.

Dass von der Leistung einer verpfändeten Sache keine befreiende Wirkung auf eine Stipulationsschuld ausgeht, folgt aus der von Pomponius andernorts verteidigten Regel, dass die strengrechtlich begründete Verpflichtung zu dare, wenn auch keine Haftung für Sachmängel, so doch eine Einstandspflicht für habere licere einschließt.163 Diese ist nicht erfüllt, wenn dem Gläubiger die Sache wegen ihrer Belastung mit einem Pfandrecht wieder von dessen Inhaber abgenommen werden kann. Das Neuerungserfordernis bei der Novation beschäftigt Pomponius in (7) Pomp 678 = D 45.1.25 Pomp 20 Sab: Si dari stipuler id quod mihi iam ex stipulatu debeatur, cuius stipulationis nomine exceptione tutus sit promissor, obligabitur ex posteriore stipulatione, quia superior quasi nulla sit exceptione obstante. Lasse ich mir eine Leistung versprechen, die mir schon aus einem Versprechen geschuldet wird, gegen das der Schuldner durch eine Einrede geschützt ist, wird er durch das spätere 162

Pomp 498 = D 30.45.2 Pomp 6 Sab: Si vero certus homo legatus est, talis dari debet, qualis est. 163 Pomp 498 = D 30.45.2 Pomp 6 Sab, s. o. Fn. 162; Pomp 194 = D 30.46 Pomp 9 ep, s. o. S. 16 f.

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Versprechen verpflichtet, weil das frühere wegen der Sperre durch die Einrede gleichsam unwirksam war.

Verspricht jemand demselben Gläubiger dieselbe Leistung noch einmal, findet keine Novation statt. Diese tritt nur dann ein, wenn die später abgeschlossene Stipulation aliquid novi enthält.164 Dies kann freilich auch dann der Fall sein, wenn die Stipulation denselben Wortlaut wie das frühere Versprechen hat, falls die hieraus entspringende Verpflichtung des Schuldners durch eine Einrede gesperrt war. Mit der neuen Stipulation hat der Schuldner diese Verteidigungsmöglichkeit aufgegeben und eine neue Verpflichtung begründet, während die alte wegen der Einrede wirkungslos war. Die Zufallshaftung wegen Schuldnerverzugs liefert die Begründung für die Falllösung in dem nächsten Fragment: (8) Pomp 687 = D 12.4.15 Pomp 22 Sab Cum servus tuus in suspicionem furti Attio venisset, dedisti eum in quaestionem sub ea causa, ut, si id repertum in eo non esset, redderetur tibi: is eum tradidit praefecto vigilum quasi in facinore deprehensum: praefectus vigilum eum summo supplicio adfecit. ages cum Attio dare eum tibi oportere, quia et ante mortem dare tibi eum oportuerit. Labeo ait posse etiam ad exhibendum agi, quoniam fecerit quo minus exhiberet. sed Proculus dari oportere ita ait, si fecisses eius hominem, quo casu ad exhibendum agere te non posse: sed si tuus mansisset, etiam furti te acturum cum eo, quia re aliena ita sit usus, ut sciret se invito domino uti aut dominum si sciret prohibiturum esse. Als dein Sklave bei Attius in den Verdacht geraten war, einen Diebstahl begangen zu haben, hast du ihn zur Folter mit der Vereinbarung überlassen, dass er dir zurückgegeben werde, wenn sich der Verdacht gegen ihn nicht als begründet herausstellt; Attius hat ihn dem Präfekten für die nächtliche Sicherheit mit der Behauptung übergeben, er sei auf frischer Tat betroffen worden; der Präfekt hat die Todesstrafe an ihm vollzogen. Du kannst gegen Attius mit dem Ziel klagen, dass er ihn dir leisten muss, weil er ihn dir auch vor seinem Tod hätte leisten müssen. Labeo schreibt, es könne auch auf Vorlegung geklagt werden, weil er bewirkt habe, dass er nicht vorlegen könne. Aber Proculus schreibt, der Sklave müsse dann geleistet werden, wenn du ihn zu seinem Eigentum gemacht hast, in welchem Fall du nicht auf Vorlegung klagen könntest; aber wenn er dein Eigentum geblieben sei, könntest du auch wegen Diebstahls gegen ihn klagen, weil er eine fremde Sache in einer Weise gebraucht habe, von der er wusste, dass es gegen den Willen des Eigentümers geschah, oder dass der Eigentümer es verboten hätte, wenn er es gewusst hätte.

Hat jemand einen Sklaven an das Opfer eines Diebstahls übereignet, damit dieser ihn foltert und behält, wenn er sich als der Täter herausstellen sollte, kann der Sklave als rechtsgrundlose Leistung mit der condictio zurückverlangt werden, wenn sich der Verdacht als unbegründet grundlos erweist. Hat der Empfänger des Sklaven diesen den Behörden unter der Vorspiegelung übergeben, dass er ihn auf frischer Tat ertappt hat, und so bewirkt, dass der Sklave hingerichtet wurde, ist nicht zweifelsfrei, ob die Verpflichtung zur Rückgewähr des Sklaven erhalten bleibt. Denn der Schuldner hat 164 Gai 3.177: Sed si eadem persona sit, a qua postea stipuler, ita demum nouatio fit, si quid in posteriore stipulatione noui sit, forte si condicio uel dies aut sponsor adiciatur aut detrahatur.

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den Sklaven nicht selbst hingerichtet, sondern seinen Tod bloß mittelbar verursacht. Zumindest nach Ansicht von Julian und Paulus setzt die perpetuatio obligationis wegen eines vom Schuldner geschaffenen Leistungshindernisses voraus, dass eine culpa in faciendo vorliegt.165 Ob diese in einem Fall indirekter Schädigung wie dem vorliegenden gegeben ist, lässt sich füglich bestreiten. Pomponius nimmt jedoch an, dass die Verewigung des Schuldverhältnisses schon aufgrund des Verzugs des Schuldners eingetreten ist, so dass der Tod des Sklaven, selbst wenn man hierin keine culpa des Schuldners erkennen sollte, die Haftung mit der condictio gleichwohl unberührt lässt: Schon ab dem Moment, in dem der Schuldner den Sklaven den Behörden überantwortete, traf ihn eine unbedingte Zufallshaftung. Denn die Übergabe unter der falschen Behauptung eines furtum manifestum widersprach offensichtlich dem Willen des Gläubigers, so dass der Schuldner einen hinreichenden Grund für die Annahme hatte, dass er den Sklaven umgehend zurückgeben musste. Wie Pomponius an anderer Stelle ausführt,166 genügt dies, um die Zufallshaftung wegen Verzugs auszulösen. Diese griffe im Übrigen auch in dem Fall ein, dass der Sklave dem Opfer des Delikts nicht übereignet, sondern nur faktisch überlassen worden wäre. Nur unter diesen Umständen wäre, wie der von Pomponius zitierte Proculus klarstellt, auch die von Labeo befürwortete Haftung mit der actio ad exhibendum begründet; und in der Übergabe des Sklaven läge ein furtum, das außer der mit der actio furti zu verfolgenden Bußpflicht auch einen Herausgabeanspruch aus der condictio furtiva auslöste, bei der sich der Schuldner von vornherein in Verzug und daher mit der Gefahr des zufälligen Sachuntergangs belastet befindet. Einem weiteren Sonderfall, in der es zur Zufallshaftung wegen Verzugs kommt, gilt (9) Pomp 496 = D 30.36.3 Pomp 6 Sab: Si alteri Stichum heres dederit, quem duobus dare damnatus fuerat, et antequam interpellaretur ab altero Stichus mortuus est, heres non tenetur, quia nihil per eum factum intellegitur. Leistet der Erbe den Stichus einem von zwei Vermächtnisnehmern, denen er ihn zu leisten verpflichtet ist, und ist Stichus gestorben, bevor er von dem anderen gemahnt worden ist, haftet der Erbe nicht, weil es nicht an ihm liegt.

165 D 45.1.91pr, 1 Paul 17 Plaut: Si servum stipulatus fuero et nulla mora intercedente servus decesserit: si quidem occidat eum promissor, expeditum est. sin autem neglegat infirmum, an teneri debeat promissor, considerantibus, utrum, quemadmodum in vindicatione hominis, si neglectus a possessore fuerit, culpae huius nomine tenetur possessor, ita et cum dari promisit, an culpa, quod ad stipulationem attinet, in faciendo accipienda sit, non in non faciendo? quod magis probandum est, quia qui dari promisit, ad dandum, non faciendum tenetur. (1) … sin autem alienus fuit et ab alio tale quid accidit, non tenetur, quia nihil fecit, nisi si posteaquam moratus est solutionem, aliquid huiusmodi acciderit: quam distinctionem et Iulianus sequitur. item si homo, qui fuit promissoris, ex praecedenti causa ablatus ei fuerit, quod statuliber fuit, perinde habendus sit, ac si alienum promisisset, quia sine facto ipsius desiit eius esse. 166 Pomp 701 = D 12.1.5 Pomp 22 Sab; s. o. S. 19 Fn. 11.

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Hat ein Erblasser seinem Erben ohne besonderen Zusatz aufgegeben, denselben Sklaven zwei Vermächtnisnehmern zu leisten, wird die Schuld geteilt und der Erbe beiden Legataren zur Übertragung hälftigen Miteigentums verpflichtet. Anders als im Fall einer Gesamtschuld wird der Erbe daher nicht frei, indem er einem von beiden Vermächtnisnehmern das Alleineigentum an dem Sklaven überträgt; stattdessen bleibt er dem anderen zur Einräumung des Miteigentums verpflichtet. Auch diese Verbindlichkeit erlischt jedoch, wenn der Sklave nach seiner Übereignung an den einen Legatar und vor einer Mahnung durch den anderen stirbt. Hier gilt die Regel: ,impossibilium nulla obligatio‘; und eine Haftung des Erben für den zufälligen Untergang des Vermächtnisgegenstands kommt nur dann in Betracht, wenn es am Erben liegt, dass die Leistung noch nicht erfolgt ist, er also in Verzug geraten ist. Dies setzt, wie Pomponius an einer anderen Stelle seines Sabinuskommentars erläutert, wiederum eine iusta causa für die Kenntnis der Pflicht zur umgehenden Leistung voraus. Gibt es keinen Leistungstermin, sorgt die Mahnung dafür, dass der Schuldner vom Leistungswunsch des Gläubigers weiß.167 Ohne sie fehlt es am Tatbestand des Schuldnerverzugs und damit auch an einer Zufallshaftung, mit der die Verpflichtung des Erben gegenüber dem zweiten Vermächtnisnehmer erhalten bliebe. Dem Wegfall einer unerfüllbar gewordenen Leistungspflicht ist die Unmöglichkeit einer Bedingung ähnlich, mit deren Erfüllung ein Gläubiger die Voraussetzungen seines Forderungsrechts schafft. Auch hier kommt es darauf an, ob das Hindernis für den Eintritt des gewünschten Zustands an demjenigen liegt, der hiervon profitiert: (10) Pomp 521 = D 30.54.2 Pomp 8 Sab Sed et si servi mors impedisset manumissionem, cum tibi legatum esset, si eum manumisisses, nihilo minus debetur tibi legatum, quia per te non stetit, quo minus perveniat ad libertatem. Aber auch wenn der Tod eines Sklaven seine Freilassung verhindert, wird dir nichtsdestoweniger ein Vermächtnis geschuldet, das dir unter der Bedingung ausgesetzt ist, dass du ihn freilässt, weil es nicht an dir liegt, dass er nicht zur Freiheit gelangt ist.

Steht ein Vermächtnis unter der Bedingung, dass der Vermächtnisnehmer einen Sklaven freilässt, ist es nach Pomponius’ Ansicht auch dann geschuldet, wenn die Freilassung daran scheitert, dass der Sklave gestorben ist. Damit hält er sich an die in der sabinianischen Rechtsschule herausgebildete Regel, eine unmögliche Bedingung gelte als nicht geschrieben.168 Pomponius zitiert sie andernorts eigens und nennt als ihre Urheber Sabinus und Cassius.169 Ebenso wie der Satz ,impossibilium nulla obligatio‘ erheischt auch diese Regel ihre Geltung unabhängig davon, ob das Hin167

Vgl. Harke (S. 11 Fn. 7), S. 61 ff. Gai 3.98: … sed legatum sub inpossibili condicione relictum nostri praeceptores proinde deberi putant, ac si sine condicione relictum esset; diuersae scholae auctores nihilo minus legatum inutile existimant quam stipulationem … 169 Pomp 423 = D 35.3.6.1 Pomp 3 Sab: … Sabinus quoque et Cassius quasi impossibiles eas condiciones in testamento positas pro non scriptis esse, quae sententia admittenda est. 168

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dernis anfänglich oder nachträglich entstanden ist; und sie kann gleichfalls keine Anwendung finden, wenn das Hindernis dem hierdurch Begünstigten zuzurechnen ist. Liegt es am Vermächtnisnehmer, dass die Erfüllung der Bedingung unmöglich geworden ist, ist diese nicht als weggelassen anzusehen, sondern muss als ausgefallen gelten. Beim Tod eines freizulassenden Sklaven ist dies dann denkbar, wenn er vom Vermächtnisnehmer selbst verursacht oder nach dem Zeitpunkt eingetreten ist, zu dem die Freilassung schon hätte erfolgt sein müssen. Ansonsten ist ihm das Hindernis für die Erfüllung der Bedingung nicht zuzurechnen, so dass diese pro non scripto gilt. 2. Bei den Entscheidungen, die sich auf das übrige Vertrags- und Schuldrecht beziehen, steht naturgemäß der Kaufvertrag im Vordergrund. Den mit der Regel ,impossibilium nulla obligatio‘ verwandten Satz von der Unwirksamkeit des Kaufs einer nicht vorhandenen Sache zieht Pomponius gleich zweimal zur Entscheidungsbegründung heran: (11) Pomp 543 = D 18.1.8.1 Pomp 9 Sab Aliquando tamen et sine re venditio intellegitur, veluti cum quasi alea emitur. quod fit, cum captum piscium vel avium vel missilium emitur: emptio enim contrahitur etiam si nihil inciderit, quia spei emptio est: et quod missilium nomine eo casu captum est si evictum fuerit, nulla eo nomine ex empto obligatio contrahitur, quia id actum intellegitur. Zuweilen kommt aber auch ein Kauf ohne Sache vor, wie zum Beispiel, wenn gewissermaßen nur eine Chance gekauft wird. Dies ist der Fall, wenn ein Fischfang oder die Ausbeute einer Vogeljagd oder einer Geschenkvergabe gekauft wird; der Kaufvertrag kommt hier nämlich auch dann zustande, wenn es keine Ausbeute gibt, weil es der Kauf einer bloßen Hoffnung ist; und wegen der Geschenke, die an das Volk vergeben wurden, besteht, wenn sie entwehrt werden, keine Verpflichtung aufgrund des Kaufvertrags, weil dies ausgemacht scheint.

Pomponius verteidigt die Wirksamkeit eines Kaufvertrags mit ungewissem Gegenstand: Hat jemand verkauft, was er bei der Jagd, beim Fischfang oder dadurch erbeutet, dass er unter das Volk geworfene Geschenke auffängt,170 soll der Käufer auch dann zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet sein, wenn der Verkäufer gar nichts erlangt, was er dem Käufer überlassen könnte, oder das Erlangte wieder entwehrt wird. Diese Parteiabsicht kollidiert mit der von Pomponius im principium des Fragments zitierten Regel von der Nichtigkeit eines Kaufvertrags über eine nicht vorhandene Kaufsache (,nec emptio nec venditio sine re quae veneat potest intellegi‘).171 Pomponius verneint ihre Geltung in den von ihm betrachteten Fällen. Dabei macht er keine Ausnahme von der Regel, sondern weist nach, dass der Tatbestand der Nichtigkeitsfolge nicht vorliegt: Beim Verkauf einer Beute machen die Parteien keine individuell oder auch nur der Gattung nach bestimmte Sache zum Gegenstand des Vertrags. Stattdessen kontrahieren sie über eine bloße Chance. Diese ist stets und auch dann vorhanden, wenn sie sich nicht realisiert und der Verkäufer nichts erbeutet. 170 171

Hierzu Knütel, Hoffnungskauf und Eviktionshaftung, SZ 117 (2000) 445, 447 ff. Zu ihr Harke (Fn. 35), S. 178 ff.

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Als emptio spei ist der Kauf einer Beute keine unwirksame emptio sine re, sondern ein gültiger Vertrag über eine unkörperliche Sache. Da der Käufer unbedingt in deren Genuss kommt, ist er zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet und kann den Verkäufer auch im Fall der Eviktion einzelner zur Beute gehörender Sachen nicht in Anspruch nehmen. (12) Pomp 549 = D 18.4.1 Pomp 9 Sab Si hereditas venierit eius, qui vivit aut nullus sit, nihil esse acti, quia in rerum natura non sit quod venierit. Wird die Erbschaft einer Person verkauft, die noch lebt oder die es gar nicht gibt, ist der Vertrag unwirksam, weil kein Gegenstand des Kaufs vorhanden ist.

Indem er dem Kaufvertrag über eine nicht existierende Erbschaft die Wirksamkeit abspricht, entscheidet sich Pomponius gegen Javolen, der den Vertrag ungeachtet des Fehlens seines Gegenstands als gültig und Grundlage für einen Schadensersatzanspruch des Käufers anerkannt hat172. Die Basis hierfür bildet die Figur der emptio spei, mit der Pomponius die Wirksamkeit des Kaufs einer Beute rechtfertigt:173 Wegen der Ungewissheit über ihre Zusammensetzung lässt sich auch die Erbschaft als bloße Chance begreifen, die dem Käufer stets und auch dann zukommt, wenn es gar keinen Nachlass gibt. Dies gilt freilich nur dann, wenn es überhaupt zu einem Erbfall gekommen ist. Lebt der vermeintliche Erblasser noch oder hat er nie gelebt, besteht von vornherein keine Aussicht darauf, dass der Verkäufer etwas erlangt, was er dem Käufer überlassen könnte. Pomponius nimmt unter diesen Umständen keine emptio spei an und lässt den Vertrag an der Regel von der Nichtigkeit des Kaufs sine re scheitern. Ebenso entscheidet sich später auch Paulus, der den Erbschaftskauf ausdrücklich vom Vertrag über eine bloße Chance unterscheidet174. Eine weitere wichtige Regel des Kaufrechts, der Satz vom periculum emptoris, dient Pomponius sogar dreimal als Entscheidungsgrundlage: (13) Pomp 571 = D 13.6.13.1 Pomp 11 Sab Si quem quaestum fecit is qui experiendum quid accepit, veluti si iumenta fuerint eaque locata sint, id ipsum praestabit qui experiundum dedit: neque enim ante eam rem quaestui cuique esse oportet, priusquam periculo eius sit. Hat derjenige, der etwas zur Probe erhalten hat, hieraus Gewinn gezogen, etwa indem er Zugtiere erhalten und vermietet hat, muss er dies demjenigen herausgeben, der ihm die Sache zur Probe überlassen hat; denn diese Sache darf ihm keinen Gewinn einbringen, bevor er nicht die Gefahr trägt. 172 D 18.4.8 Iav 2 Plaut: Quod si nulla hereditas ad venditorem pertinuit, quantum emptori praestare debuit, ita distingui oportebit, ut, si est quidem aliqua hereditas, sed ad venditorem non pertinet, ipsa aestimetur, si nulla est, de qua actum videatur, pretium dumtaxat et si quid in eam rem impensum est emptor a venditore consequatur. 173 Vgl. Harke (Fn. 35), S. 193 f. 174 D 18.4.7 Paul 14 Plaut: Cum hereditatem aliquis vendidit, esse debet hereditas, ut sit emptio: nec enim alea emitur, ut in venatione et similibus, sed res: quae si non est, non contrahitur emptio et ideo pretium condicetur.

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Während die Kompilatoren diesen Text auf das commodatum bezogen haben, gehörte er ursprünglich zu einer Abhandlung über die emptio venditio, der das gesamte elfte Buch von Pomponius’ Sabinuskommentar gewidmet war175. Und nur mit Bezug auf das Recht des Kaufvertrags ist seine Aussage auch sinnvoll: Kommt ein Kauf auf Probe endgültig zustande, stellt sich die Frage, ob der Käufer einen Gewinn behalten darf, den er noch vorher während der Probezeit unter Einsatz der Kaufsache gemacht. Pomponius lehnt dies unter Hinweis auf die Gefahrtragung ab: Da der Käufer vor der Bestätigung seiner Kaufabsicht noch nicht das periculum rei trage, dürfe er auch keine Nutzungen behalten, die er aus der Kaufsache gezogen habe. Pomponius beruft sich damit auf die in der Struktur des Kaufvertrags angelegte Zuweisung der Kaufsache zum Vermögen des Käufers.176 Diese setzt mit der Perfektion des Vertrags ein, ab der den Käufer die Gefahr des zufälligen Untergangs der Kaufsache trifft.177 Dementsprechend können ihm auch erst ab diesem Moment die Nutzungen der Kaufsache zustehen.178 Gefahrtragung und Nutzungszuweisung entspringen demselben Prinzip und gehen daher, wie später auch Justinian herausstellt,179 stets miteinander einher.180 Denselben Gedanken wendet Pomponius auf eine dos aestimata an: Da der Ehemann die Gefahr des zufälligen Untergangs der als Mitgift überlassenen Gegenstände trägt, stehen ihm bei Auflösung der Ehe auch die Früchte, insbesondere Kinder von dotis nomine übergebenen Sklavinnen, zu: (14) Pomp 604 = D 23.3.18 Pomp 14 Sab Si mancipia in dotem aestimata accepisti et pactum conventum factum est, ut tantidem aestimata divortio facto redderes, manere partum eorum apud te Labeo ait, quia et mancipia tuo periculo fuerint. Labeo schreibt, dass, wenn du Sklaven zum Schätzwert als Mitgift erhalten hast und vereinbart worden ist, dass du nach der Scheidung denselben Schätzwert leistest, deren Kinder bei dir bleiben, weil du auch die Gefahr trägst.

Die Zuweisung der Gefahr an den Käufer setzt dabei schon ab Vereinbarung der dos aestimata ein:

175

Vgl. Lenel, Pal., Bd. 2, Sp. 114. Hierzu etwa Peters, Die Verschaffung des Eigentums durch den Verkäufer, SZ 96 (1979) 173 ff. und Ernst, Periculum est emptoris, SZ 99 (1982) 216. 177 D 18.6.8pr Paul 33 ed. 178 PS 2.17.7. 179 IJ 3.23.3: Cum autem emptio et venditio contracta sit … periculum rei venditae statim ad emptorem pertinet, tametsi adhuc ea res emptori tradita non sit. … sed et si post emptionem fundo aliquid per alluvionem accessit, ad emptoris commodum pertinet: nam et commodum eius esse debet cuius periculum est. … 180 Sehr viel allgemeiner ist die Regel des Paulus in D 50.17.10 Paul 3 Sab, die sich in ihrer ursprünglichen Fassung und Umgebung freilich ebenfalls auf Gefahrtragung und Nutzungszuständigkeit beim Kaufvertrag bezogen haben könnte. 176

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(15) Pomp 603 = D 23.3.15 Pomp 14 Sab (Si rem aestimatam mulier in dotem dederit, deinde ea moram faciente in traditione in rerum natura esse desierit, actionem eam habere non puto) quod si per eam non stetisset, perinde pretium aufert ac si tradidisset, quia quod evenit emptoris periculo est. (Ich glaube, dass die Frau keine Klage hat, wenn sie eine Sache zum Schätzwert als Mitgift bestellt hat und diese dann untergegangen ist, nachdem sie mit der Übergabe in Verzug geraten ist) lag es aber nicht an ihr, erhält sie den Preis so, als ob sie die Sache übergeben hätte, weil, was geschehen ist, auf Gefahr des Käufers geht.

Geht eine Sache, die zum Schätzwert als Mitgift dienen soll, noch vor der Übergabe an den Ehemann unter, muss dieser bei Auflösung der Ehe gleichwohl den Schätzwert leisten, falls die Frau mit ihrer Leistung nicht in Verzug geraten war. Pomponius folgert dies aus der Regel vom periculum emptoris. Sie findet in diesem Fall Anwendung, weil eine dos aestimata, wie Pomponius an anderer Stelle ausdrücklich sagt,181 in mancherlei Hinsicht einem Kaufvertrag über die zum Schätzwert gegebene Sache gleichsteht.182 Ebenso, wie ein Käufer ab Vertragsschluss unabhängig vom Schicksal der Kaufsache zur Kaufpreiszahlung verpflichtet bleibt, muss daher auch ein Ehemann stets den Schätzwert leisten. Die Regel von der interpretatio contra venditorem bemüht Pomponius in (16) Pomp 779 = D 18.1.33 Pomp 33 Sab: Cum in lege venditionis ita sit scriptum: ,flumina stillicidia uti nunc sunt, ut ita sint’, nec additur, quae flumina vel stillicidia, primum spectari oportet, quid acti sit: si non id appareat, tunc id accipitur quod venditori nocet: ambigua enim oratio est. Heißt es in den Bestimmungen eines Kaufvertrags: „die Abflüsse und Dachrinnen sollen so bleiben, wie sie jetzt sind“, und ist nicht hinzugefügt, welche Abflüsse oder Dachrinnen gemeint sind, so ist zunächst darauf zu achten, was vereinbart ist; ergibt sich dies nicht, ist das anzunehmen, was dem Verkäufer schadet; denn der Wortlaut ist mehrdeutig.

Hat der Verkäufer eines Grundstücks dem Käufer die Beibehaltung des Abflusssystems auferlegt, kann dies entweder im eigenen Interesse des Verkäufers geschehen, der sich zugunsten eines in seinem Eigentum verbliebenen Nachbargrundstücks gewissermaßen eine Dienstbarkeit vorbehält. Es kann aber auch die Bedeutung haben, dass der Verkäufer auf diese Weise einen Vorbehalt zugunsten einer schon bestehenden Dienstbarkeit für einen Dritten macht und so seine Haftung für den damit verbundenen Rechtsmangel des Grundstücks ausschließt.183 In beiden Fällen ist anhand der Umstände des Vertragsschlusses zu ermitteln, welche Abflussanlangen mit der Klausel konkret gemeint sind. Bleibt die Suche nach einem quod actum ergebnislos, ist die Vereinbarung zulasten des Verkäufers und so zu verstehen, dass der Käufer durch sie möglichst wenig belastet ist. Da der Vorbehalt 181 Pomp 551 = D 19.2.3 Pomp 9 Sab: Cum fundus locetur, et aestimatum insturumentum colonus accipiat, Proculus ait id agi, ut instrumentum emptum habeat colonus, sicuti fieret, cum quid aestimatum in dotem daretur. 182 Entgegen Streicher, Periculum dotis, Berlin 1973, S. 10 ist diese Begründung keineswegs überflüssig. 183 So Krampe, Die ambiguitas-Regel, SZ 100 (1983) 185, 216.

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zugunsten der vorhandenen Abflussanlagen keine typische Bedeutung hat, die sich den Parteien als quod actum unterstellen ließe, bleibt nur der Rückgriff auf die schon von Labeo aufgestellte Regel, dass Unklarheiten einer lex venditionis zulasten des Verkäufers gehen, der es in der Hand hatte, sich klarer auszudrücken.184 Pomponius sieht die Voraussetzungen dieses Satzes deshalb gegeben, weil die Klausel über die Beibehaltung des Abflusssystems mangels Bestimmung der davon betroffenen Anlagen mehrdeutig ist.185 Aus dem Zweck eines Erbschaftskaufs folgert Pomponius in dem nächsten Fragment: (17) Pomp 563 = D 8.4.9 Pomp 10 Sab Si ei, cuius praedium mihi serviebat, heres exstiti et eam hereditatem tibi vendidi, restitui in pristinum statum servitus debet, quia id agitur, ut quasi tu heres videaris exstitisse. Bin ich Erbe desjenigen geworden, dessen Grundstück zu meinen Gunsten mit einer Dienstbarkeit belastet war, und habe ich dir die Erbschaft verkauft, muss die Dienstbarkeit wiederhergestellt werden, weil vereinbart ist, dass du so stehen sollst, als ob du Erbe geworden wärest.

Der Verkäufer einer Erbschaft kann vom Käufer die Bestellung einer Dienstbarkeit verlangen, die zugunsten des Verkäufers an einem zur Erbschaft gehörenden Grundstück bestand und dann infolge des Erbgangs durch Konsolidation erloschen ist. Dies folgt aus dem Sinn des Erbschaftskaufs. Dieser soll den Käufer nicht etwa in die Position des wirklichen Erben einrücken lassen, sondern bewirken, dass er so steht, als ob er selbst Erbe geworden wäre. Dann wäre die zugunsten des Verkäufers bestehende Dienstbarkeit nicht untergegangen. Pomponius führt dieses Ergebnis auf quod actum zurück, meint damit aber keine konkrete Parteiabrede, sondern Inhalt und Funktionsweise, die dem Erbschaftskauf von der Jurisprudenz zugemessen wird. Um die Struktur eines Vertrags geht es Pomponius auch, wenn er die forma iuris des depositum bemüht: (18) Pomp 8 = D 2.14.7.15 Ulp 4 ed Sed et si quis paciscatur, ne depositi agat, secundum Pomponium valet pactum. item si quis pactus sit, ut ex causa depositi omne periculum praestet, Pomponius ait pactionem valere nec quasi contra iuris formam factam non esse servandam. Vereinbart aber jemand, dass er nicht aus einem Verwahrungsvertrag klage, ist dieser Pakt nach Pomponius’ Ansicht gültig. Pomponius schreibt ferner, dass, wenn jemand vereinbart hat, dass er aufgrund der Verwahrung für jede Gefahr einstehe, dieser Pakt wirksam sei und ihm nicht etwa wegen eines Verstoßes gegen die Rechtsnatur die Anerkennung zu versagen sei.

Pomponius befasst sich mit der Gültigkeit einer Vereinbarung, durch die ein Verwahrer im Rahmen eines depositum die Gefahr des Verlustes der hinterlegten 184 D 18.1.21 Paul 5 Sab: Labeo scripsit obscuritatem pacti nocere potius debere venditori qui id dixerit quam emptori, quia potuit re integra apertius dicere. 185 Vgl. auch Harke (Fn. 35), S. 311 ff.

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Sache übernimmt. Dass er auch dann für ihre Rückgewähr einstehen muss, wenn sie zufällig untergeht oder abhandenkommt, weicht dramatisch von dem üblichen Haftungsregime ab: Ein Verwahrer, der nicht als conductor, sondern unentgeltlich tätig wird, hat gewöhnlich bloß für seinen Vorsatz einzustehen. Zwar zählen hierzu seit Nerva und Celsus auch ein Verstoß gegen die eigenübliche Sorgfalt sowie grobe Fahrlässigkeit;186 auch mit dieser Erweiterung bleibt die Einstandspflicht des Verwahrers im Normalfall jedoch deutlich hinter der Haftung zurück, wie sie durch Übernahme der Gefahr eines zufälligen Sachverlustes begründet wird. Da diese aber an die Rückgewährpflicht des Verwahrers anknüpft, kann Pomponius sie aber noch innerhalb der forma iuris des Verwahrungsvertrags verorten, wie sie sich in der Rechtslehre herausgebildet hat. Dem Auftragsrecht gilt eine Entscheidung, in der sich Pomponius mit den Voraussetzungen des vom Auftragnehmer mit der actio mandati contraria durchzusetzenden Aufwendungsersatzrechts beschäftigt: (19) Pomp 334 = D 17.1.47pr Pomp 3 Plaut Iulianus ait, si fideiussori uxor doti promiserit, quod ei ex causa fideiussoria debeat, nuptiis secutis confestim mandati adversus debitorem agere eum posse, quia intellegitur abesse ei pecunia eo, quod onera matrimonii sustineret. Julian schreibt, dass, wenn eine Frau einem Bürgen als Mitgift verspricht, was dieser ihr aufgrund einer Bürgschaft schuldet, er nach der Heirat sofort die Auftragsgegenklage gegen den Schuldner erheben könne, weil dieser Betrag für ihn als verloren gilt, da er die Lasten der Ehe bestreitet.

Pomponius rechtfertigt die Ansicht Julians, der glaubt, ein Bürge könne die Auftragsklage erheben, nachdem er der die Gläubigerin geheiratet und von ihr den Erlass der Bürgschaftsschuld als Mitgift bestellt bekommen hat. Der Bürge hat zwar keine Zahlung an die Gläubigerin erbracht, aber dennoch einen vergleichbaren Vermögensnachteil erfahren. Dies ergibt sich aus dem Zweck der Mitgift, die keine unentgeltliche Zuwendung an den Ehemann bedeutet, sondern einen Beitrag der Frau zu den vom Mann zu tragenden Lasten der Ehe darstellt187. Dementsprechend entgeht dem Bürgen eine positive Zuwendung, die er ohne seine Verpflichtung aus der Bürgschaft erhalten hätte. Diese wiederum stellt eine Aufwendung dar, die Voraussetzung und Gegenstand der actio mandati contraria gegen den Hauptschuldner ist. Das Erfordernis des consensus als Voraussetzung der Vertragsbindung beleuchtet Pomponius für die societas: (20) Pomp 316 = D 44.7.57 Pomp 36 QM In omnibus negotiis contrahendis, sive bona fide sint sive non sint, si error aliquis intervenit, ut aliud sentiat puta qui emit aut qui conducit, aliud qui cum his contrahit, nihil valet quod 186 D 16.3.32 Cels 11 dig; vgl. hierzu Harke, Freigiebigkeit und Haftung, Würzburg 2006, S. 14 ff. und Argumenta Iuventiana – argumenta Salviana, S. 47. 187 D 23.3.56.1 Paul 6 Plaut.

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A. Systemimmanente Rechtsfindung acti sit. et idem in societate quoque coeunda respondendum est, ut, si dissentiant aliud alio existimante, nihil valet ea societas, quae in consensu consistit. Beim Abschluss aller Verträge, seien sie dem Gebot der guten Treue unterworfen oder nicht, gilt, was vereinbart ist, nicht, wenn ein Irrtum unterläuft, wie zum Beispiel, dass der eine glaubt, dies werde gekauft oder gemietet, und sein Partner an etwas anderes denkt. Und so ist auch bei der Gründung einer Gesellschaft zu entscheiden, so dass der Vertrag, der auf der Übereinstimmung der Parteien beruht, nicht gilt, wenn die Parteien nicht übereinstimmen, weil einer an etwas anderes denkt.

Aus dem Abschlussmodus des consensus folgert Pomponius, dass der Irrtum einer Vertragspartei zur Nichtigkeit des Vertrags führt. Kann eine Seite nachweisen, dass sie sich den Vertragsinhalt anders vorgestellt hat, als er sich aus dem objektiven Erscheinungsbild des Vertragsschluss ergibt, liegt ein dissensus vor, der die Vertragsbindung hindert.188 Dies gilt freilich nur, wenn der Vertragsgegenstand selbst betroffen ist, beim Kauf- und Mietvertrag also, wenn die Kauf- oder Mietsache oder ihr Preis betroffen ist. Bei der Gesellschaft kann es dagegen eher zur Nichtigkeit eines Vertrags wegen Irrtums kommen. Denn jede Vereinbarung über das gemeinsame Geschäft berührt dessen Identität, so dass die Fehlvorstellung einer Seite zu einem relevanten dissensus wird.189 Demselben Problemkreis gehört eine Entscheidung an, in der Pomponius die Voraussetzungen eines Anspruchsverlustes durch patientia darlegt: (21) Pomp 794 = D 39.3.20 Pomp 34 Sab (Labeo ait, si patiente vicino opus faciam, ex quo ei aqua pluvia noceat, non teneri me actione aquae pluviae arcendae:) sed hoc ita, si non per errorem aut imperitiam deceptus fuerit: nulla enim voluntas errantis est. (Labeo schreibt, dass ich nicht mit der Klage zum Schutz vor Regenwasser hafte, wenn ich mit der Duldung meines Nachbarn eine Anlage errichte, die bewirkt, dass ihm Regenwasser schadet) es sei denn, dass er nicht durch Irrtum oder Unerfahrenheit getäuscht worden ist; wer irrt, stimmt nämlich nicht zu.

Pomponius begründet, warum es nicht zu einer Verwirkung der actio aquae pluviae arcendae kommen kann, wenn der Klageberechtigte einer Fehlvorstellung über die Existenz einer Anlage auf dem Nachbargrundstück oder ihre Wirkung auf den Regenwasserabfluss unterliegt. Dies gilt unabhängig davon, ob er sich regelrecht im Irrtum über die vorhandenen Gegebenheiten befindet oder den zu erwartenden Regenwasserfluss schlicht aus Unerfahrenheit nicht einzuschätzen vermag. Hier wie dort schließt das Defizit seiner Vorstellung die Annahme einer patientia aus. Denn diese besteht nicht nur in der bloßen Untätigkeit des Berechtigten, sondern setzt als Duldung des schädlichen Zustands dessen Kenntnis voraus.190

188

Harke (Fn. 35), S. 23 ff. Harke (Fn. 35), S. 90 ff. 190 Vgl. hierzu und zu anderen Anwendungsfällen des Satzes ,errantis voluntas nulla est‘, Harke (Fn. 35), S. 148 ff. 189

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Einen Schluss aus der Regel, dass die Parteien eines Teilungsverfahrens einander für culpa einzustehen haben, zieht Pomponius in (22) Pomp 593 = D 10.3.20 Pomp 13 Sab: Si is, cum quo fundum communem habes, ad delictum non respondit et ob id motu [iudicis] villa diruta est aut arbusta succisa sunt, praestabitur tibi detrimentum iudicio communi dividundo: quidquid enim culpa socii amissum est, eo iudicio continetur. Hat sich derjenige, mit dem dir ein Grundstück gemeinsam gehört, der Verfolgung wegen eines Delikts nicht gestellt und sind deshalb auf Geheiß des Richters Gebäude oder Baumpflanzungen zerstört worden, muss er dir den Schaden im Rahmen der Teilungsklage ersetzen; was nämlich durch die Schuld eines Miteigentümers verloren geht, wird bei dieser Klage berücksichtigt.

Pomponius beschäftigt sich mit den Folgen der indirekten Schädigung einer res communis durch einen ihrer Miteigentümer: Hat er die Sache nicht selbst beeinträchtigt, sondern ihre Beschädigung durch die Behörden provoziert, indem er versucht hat, sich der Strafverfolgung wegen eines von ihm verübten Delikts zu entziehen, kann sein Sozius von ihm im Rahmen des Teilungsverfahrens Schadensersatz verlangen. Die hierbei nach überkommener Ansicht geltende Haftung für culpa191 ist nicht auf unmittelbar verursachte Schäden beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf die Konsequenzen, die das pflichtwidrige Verhalten eines Miteigentümers hat. Der Bußpflicht aus der actio furti gelten zwei Entscheidungsbegründungen, von denen die eine dem Tatbestand des furtum, die andere dem interesse als Voraussetzung der Aktivlegitimation gilt: (23) Pomp 282 = D 47.2.76 Pomp 21 QM Si is, qui simulabat se procuratorem esse, effecisset, ut vel sibi vel cui me delegavit promitterem, furti cum eo agere non possum, quoniam nullum corpus intervenisset, quod furandi animo contrectaretur. Hat jemand, der vorgab, ein Geschäftsbesorger zu sein, bewirkt, dass ich ihm oder demjenigen, an den er mich verwiesen hat, ein Versprechen geleistet habe, kann ich gegen ihn nicht mit der Diebstahlsklage vorgehen, weil keine Sache vorhanden war, die mit Diebstahlsvorsatz entwendet hätte werden können.

Hat jemand unter falscher Vorspiegelung seiner Vertreterstellung das Versprechen einer Leistung an sich oder einen Dritten erschlichen, erfüllt dies nicht den Tatbestand des Diebstahls. Zwar hat der Betrug des vermeintlichen procurator zu einem Schaden des Getäuschten geführt und löst auch eine Haftung mit der actio de dolo aus. Die ungleich wirkungsvollere Bußpflicht wegen Diebstahls, die mindestens auf das Doppelte des Gegenstandswertes gerichtet ist, trifft den Schädiger dagegen nicht. 191

Dass dies auch der Haftungsmaßstab für die Erbteilungsklage ist, stellt Pomponius in Pomp 96 = D 10.2.16.4 Ulp 19 ed heraus: Sed et si dolo vel culpa quid in usum fructum ab uno ex heredibus factum sit, hoc quoque in iudicium venire Pomponius ait: nam et omnia, quae quis in hereditate dolo aut culpa fecit, in iudicium familiae erciscundae veniunt, sic tamen, si quasi heres fecerit …

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A. Systemimmanente Rechtsfindung

Es fehlt, wie Pomponius herausstellt, an der contrectatio einer fremden Sache, in der die Juristen spätestens seit Sabinus192 den objektiven Tatbestand des furtum erkennen.193 (24) Pomp 569 = D 47.2.15.2 Paul 5 Sab Sed eum qui tibi commodaverit, si eam rem subripiat, non teneri furti placuisse Pomponius scripsit, quoniam nihil tua interesset, utpote cum nec commodati tenearis. … Pomponius schreibt, dass derjenige, der dir eine Sache geliehen hat, wenn er sie entwendet, nicht wegen Diebstahls hafte, weil du kein Interesse habest, zumal du nicht mit der Leihklage haftest. …

Pomponius, der hier von Paulus zitiert wird, verneint eine deliktische Haftung des Verleihers, der dem Entleiher die diesem überlassene Sache entwendet. Seine Verpflichtung aus der actio furti scheitert noch nicht daran, dass er selbst Eigentümer der gestohlenen Sache ist; denn die Diebstahlsklage setzt nicht das Eigentum des Klägers, sondern sein bloßes Interesse daran voraus, dass die Sache nicht entwendet worden wäre194. Auch dieses Interesse vermag Pomponius im konkreten Fall aber nicht zu erkennen: Der Verleiher kann die Sache ohnehin zurückfordern; und der Entleiher, der ihm für custodia einzustehen und daher bei der Entwendung der Sache durch einen Dritten zur Erhebung der Diebstahlsklage befugt ist,195 braucht auch keine Haftung zu fürchten, wenn es der Verleiher ist, der ihm die Sache wegnimmt. Etwas anderes gilt nur in dem von Pomponius offenbar unbeachtet gelassenen Fall, dass der Entleiher dem Rückforderungsanspruch des Verleihers ein Zurückbehaltungsrecht wegen Aufwendungen entgegensetzen kann. In dieser Konstellation, die Paulus im Fortgang der Stelle196 vielleicht mit dem Ziel der Kritik an dem Hochklassiker anführt, besteht durchaus ein Interesse des Entleihers daran, dass die Wegnahme der Sache unterblieben wäre. Unter den Tatbestand der Kondiktion wegen rechtsgrundloser Leistung subsumiert Pomponius an zwei Stellen: (25) Pomp 546 = D 18.1.16pr Pomp 9 Sab Suae rei emptio non valet, sive sciens sive ignorans emi: sed si ignorans emi, quod solvero repetere potero, quia nulla obligatio fuit. Der Kauf einer eigenen Sache gilt nicht, sei es, dass ich sie wissentlich, sei es, dass ich sie irrtümlich kaufe; habe ich sie aber unwissentlich gekauft, kann ich zurückfordern, was ich gezahlt habe, weil keine Verpflichtung bestand. 192

Vgl. Gell 11.18.20: Verba sunt Sabini … qui alienam rem adtrectavit … D 47.2.1.3 Paul 39 ed: Furtum est contrectatio rei fraudulosa lucri faciendi gratia vel ipsius rei vel etiam usus eius possessionisve. quod lege naturali prohibitum est admittere. 194 Gai 3.203: Furti autem actio ei conpetit, cuius interest rem saluam esse, licet dominus non sit. … 195 Gai 3.206. 196 Er lautet: … ergo si ob aliquas impensas, quas in rem commodatam fecisti, retentionem eius habueris, etiam cum ipso domino, si eam subripiat, habebis furti actionem, quia eo casu quasi pignoris loco ea res fuit. 193

I. Unvermittelte Fallentscheidung

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Erwirbt jemand durch Kaufvertrag eine ihm schon gehörende Sache, scheitert der Kauf an dem Satz, dass Geschäfte über eigene Sachen unwirksam sind.197 Dementsprechend hat der Käufer, wenn er den Kaufpreis schon gezahlt hat, eine Leistung ohne Rechtsgrund erbracht und den Tatbestand eines Bereicherungsanspruchs erfüllt, es sei denn, er hätte die Zahlung in Kenntnis seines Eigentums an der Kaufsache geleistet. Im zuletzt genannten Fall greift die von Pomponius andernorts zitierte Regel ein, dass die Kenntnis des Leistenden vom Mangel des Rechtsgrunds die Kondiktion ausschließt.198 (26) Pomp 691 = D 12.6.19.3 Pomp 22 Sab Si putem me Stichum aut Pamphilum debere, cum Stichum debeam, et Pamphilum solvam, repetam quasi indebitum solutum: nec enim pro eo quod debeo videor id solvisse. Glaube ich, Stichus oder Pamphilus zu schulden, während ich Stichus schulde, und leiste ich Pamphilus, kann ich ihn als nicht geschuldete Leistung zurückfordern; es gilt nämlich nicht als Leistung an Erfüllungs Statt.

Leistet jemand in der Fehlannahme einer Wahlschuld einen anderen als den Sklaven, zu dessen Leistung er allein verpflichtet ist, kann er ihn wieder mit der condictio zurückverlangen. Es ist nicht zu einer Erfüllung gekommen; und wegen der Fehlvorstellung über den Schuldinhalt kann auch keine Leistung an Erfüllungs Statt vorliegen199. Damit ist der Tatbestand der Kondiktion erfüllt, die für die Rückgewähr einer rechtsgrundlos erbrachten Leistung sorgt. Die Figur der naturalis obligatio als kondiktionsausschließenden Umstand bemüht Pomponius in (27) Pomp 691 = D 12.6.19pr Pomp 22 Sab: Si poenae causa eius cui debetur debitor liberatus est, naturalis obligatio manet et ideo solutum repeti non potest. Ist der Schuldner zur Strafe für den Gläubiger von seiner Verpflichtung befreit, bleibt die natürliche Verpflichtung bestehen, und daher kann die Leistung nicht zurückverlangt werden.

Der konkrete Bezug dieser Entscheidung ist unklar: Mit der Forderung, von der ein Schuldner zur Strafe des Gläubigers befreit ist, könnte das decretum Marci gemeint sein,200 wonach ein Gläubiger seine Forderung verliert, wenn er sie im Wege der Selbsthilfe durchsetzen will201. Pomponius könnte aber auch das senatus consultum Macedonianum im Sinne haben, das denjenigen, der einem Haussohn ein

197

Hierzu Harke (Fn. 35), S. 197 ff. Pomp 242 = D 12.6.50 Pomp 5 QM: Quod quis sciens indebitum dedit hac mente, ut postea repeteret, repetere non potest. 199 Vgl. Ziliotto, Studi sulle obligazioni alternative nel diritto romano, Mailand 2004, S. 27 f. Fn. 19. 200 Dies glaubt Kaser, RP, S. 481 Fn. 28. 201 D 4.2.13 Call 5 cogn. 198

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A. Systemimmanente Rechtsfindung

Darlehen gewährt, seines Anspruchs auf Rückzahlung beraubt.202 Auch hier gilt die von Pomponius befürwortete Rechtsfolge, dass der Gläubiger im Fall einer freiwilligen Zahlung die Leistung behalten darf und nicht mehr zurückzugewähren braucht.203 Paulus erklärt dies damit, dass eine naturalis obligatio bestehe,204 und bedient sich damit derselben Begründung wie Pomponius. Für andere Konstellationen hat schon Julian einen Kondiktionsausschluss darauf zurückgeführt, dass trotz fehlender Durchsetzbarkeit einer Forderung eine naturalis obligatio besteht, die dem Gläubiger einen Rechtsgrund zum Behalten der Leistung liefert.205 Beim macedonianischen Senatsbeschluss folgt dies aus dem begrenzten Zweck der Sanktion einer verbotenen Darlehensgewährung; diese soll dem Gläubiger nur den Rechtsschutz für seinen Rückzahlungsanspruch nehmen, ihn dagegen nicht zu einer Schenkung zwingen, zumal der Haussohn das Darlehen wirksam ohnehin erst nach seiner Entlassung aus der väterlichen Gewalt tilgen kann.206 3. Unter den Entscheidungsbegründungen mit sachenrechtlichem Bezug entfällt die Mehrheit auf den Tatbestand der Ersitzung. Diesen macht Pomponius gleich neunmal zum Gegenstand seiner Argumentation. Dass die usucapio zunächst einmal von der Existenz der zu ersitzenden Sache abhängt, beschäftigt ihn in dem folgenden Fall: (28) Pomp 751 = D 41.3.30.1 Pomp 30 Sab Labeo libris epistularum ait, si is, cui ad tegularum vel columnarum usucapionem decem dies superessent, in aedificium eas coniecisset, nihilo minus eum usucapturum, si aedificium possedisset. quid ergo in his, quae non quidem implicantur rebus soli, sed mobilia permanent, ut in anulo gemma? in quo verum est et aurum et gemmam possideri et usucapi, cum utrumque maneat integrum. Labeo schreibt in seinen Briefen, dass, wenn derjenige, dem zur Vollendung der Ersitzung von Dachziegeln oder Säulen noch zehn Tage fehlen, diese in ein Gebäude eingebaut hat, er nichtsdestoweniger ersitzen könne, wenn er das Gebäude besitzt. Was gilt also für die Sachen, die nicht mit Grundstücken verbunden werden, sondern beweglich bleiben wie etwa ein Edelstein in einem Ring? Hier ist richtig, dass auch das Gold und der Edelstein besessen und ersessen werden, da sie beide unverändert erhalten bleiben.

Hat jemand eine Sache in eine andere eingefügt, insbesondere einen Edelstein in einen Ring eingesetzt, stellt sich die Frage, ob er diese weiterhin ersitzen kann. Dies ist deshalb nicht unproblematisch, weil die Einfügung das Ende der Sachexistenz bedeuten könnte. Dann wäre auch die Ersitzung ausgeschlossen; und das Eigentum 202

Für einen Bezug auf das Edikt quod quisque iuris in alterum statuerit, ut ipse eodem iure utatur, dem auch Julians Entscheidung zur Naturalobligation in D 2.2.3.7 Ulp 3 ed gilt, dagegen di Cintio, Natura debere, Salerno 2009, S. 95 ff., die sich gerade aufgrund dieses Zusammenhangs aber zu einer Interpolationsannahme genötigt sieht. 203 D 14.6.9.5 Ulp 29 ed. 204 D 14.6.10 Paul 30 ed. 205 Vgl. D 2.2.3.7 Ulp 3 ed; 46.1.16.4 Iul 53 dig und hierzu Harke, Argumenta Iuventiana – argumenta Salviana, S. 262 f. 206 Wacke, Das Verbot der Darlehensgewährung an Hauskinder und die Gebote wirtschaftlicher Vernunft, SZ 112 (1995) 239, 302 f.

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an der neuen Sache fiele wie im Fall der Veränderung einer Substanz zumindest nach der Lehre der Sabinianer dem bisherigen Materialeigentümer zu207. Ebenso wie Labeo, der sich mit dem Einbau von Bauteilen in Gebäude befasst hat,208 verneint Pomponius, den die Herstellung beweglicher Sachen interessiert, einen Abbruch der Ersitzung: Da die eingesetzte Sache erhalten bleibt, setzen sich die an ihr bestehenden Rechtsverhältnisse fort, und der Besitzer kann, wenn er weiterhin über die Sache verfügt, diese ersitzen. Um die Zulässigkeit der Putativtitelersitzung geht es in (29) Pomp 696 = D 41.10.3 Pomp 22 Sab: Hominem, quem ex stipulatione te mihi debere falso existimabas, tradidisti mihi: si scissem mihi nihil debere, usu eum non capiam: quod si nescio, verius est, ut usucapiam, quia ipsa traditio ex causa, quam veram esse existimo, sufficit ad efficiendum, ut id quod mihi traditum est pro meo possideam. et ita Neratius scripsit idque verum puto. Du hast mir einen Sklaven gegeben, von dem du fälschlich glaubtest, ihn mir aus einem Versprechen zu schulden. Habe ich gewusst, dass du mir nichts schuldest, ersitze ich ihn nicht. Habe ich es aber nicht gewusst, ist es besser, wenn ich ersitze, weil die Übergabe aus einem Rechtsgrund, den ich für gültig halte, genügt, um zu bewirken, dass ich das, was mir übergeben ist, für mich besitze. So schreibt Neraz; und ich halte dies für richtig.

Die Ersitzung eines Sklaven ist ausgeschlossen, wenn er vom Leistenden in der Fehlannahme einer eigenen Verpflichtung übergeben worden ist, der Empfänger deren Mangel aber gekannt hat. Denn die wissentliche Annahme einer nicht geschuldeten Leistung bedeutet ein furtum, das die Ersitzung ausschließt. Ist der Erwerber ebenfalls davon ausgegangen, dass ihm der Sklave aus einer Stipulation geschuldet wird, kann er ihn nach Pomponius’ Ansicht ersitzen,209 und zwar nicht, weil der Sklave solvendi causa und damit trotz des Fehlens einer Schuld doch ex iusta causa übergeben worden ist. Statt aus einem wirklich vorhandenen Rechtsgrund ergibt sich die Ersitzung für Pomponius daraus, dass der Erwerber redlich ist und an die Existenz des Rechtsgrundes glaubt (,ex causa quam veram esse existimo‘).210 Als Urheber der Regel, dass ein Putativtitel für die Ersitzung reicht, benennt Pomponius Neraz, dessen Ansicht auch durch einen Originalauszug aus seinem Werk dokumentiert ist211. Ebenso haben aber auch schon Proculus212 und Julian213 entschieden. 207

Gai 2.79. Hiermit befasst sich auch Gaius in D 41.1.7.10 Gai 2 rer cott = IJ 2.1.29 209 Damit ist zugleich nahegelegt, dass der Eigentumserwerb kondiktionsfest ist, weil die überlieferte Entscheidung sonst nur die halbe Wahrheit bedeutete; vgl. Bauer (Fn. 101), S. 130 ff. 210 Harke, Gutgläubiger Erwerb und Rechtsgrund, in: Studien zu Vertrag und Eigentumserwerb im römischen Recht, Berlin 2013, S. 54, 59 f. 211 D 41.10.5 Ner 5 membr: Sed id, quod quis, cum suum esse existimaret, possederit, usucapiet, etiamsi falsa fuerit eius existimatio. quod tamen ita interpretandum est, ut probabilis error possidentis usucapioni non obstet … Hierzu Harke (Fn. 210), S. 60 ff. 212 D 23.3.67 Proc 7 epist; hierzu Harke (Fn. 210), S. 55 ff. 213 D 41.4.11 Afr 7 quaest. 208

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A. Systemimmanente Rechtsfindung

Während die Spätklassiker die Putativtitelersitzung wieder mehrheitlich ablehnen,214 gibt es zu Pomponius’ Zeit nur die Gegenstimme von Celsus215. Dieser erkennt in der bona fides den guten Glauben des Besitzers als eine besondere Voraussetzung der usucapio, die neben dem Erfordernis des Erwerbsgrunds besteht; dagegen erkennen die anderen Juristen und insbesondere Julian in der bona fides den Tatbestand der Ersitzung schlechthin, so dass der gute Glaube des Erwerbers einen fehlenden Erwerbsgrund auch ersetzen kann.216 Hierauf beruht die Regel, aus der Pomponius die Falllösung ableitet. Sowohl auf das eine Konzept der Ersitzung als auch auf das andere bezieht sich Pomponius in der folgenden Begründung: (30) D 41.3.32.1 Pomp 32 Sab Si quis id, quod possidet, non putat sibi per leges licere usucapere, dicendum est, etiamsi erret, non procedere tamen eius usucapionem, vel quia non bona fide videatur possidere vel quia in iure erranti non procedat usucapio. Glaubt jemand, dass es ihm nach den Gesetzen verwehrt sei, das, was er besitzt, zu ersitzen, ist zu sagen, dass auch, wenn er sich irrt, die Ersitzung nicht stattfinde, und zwar entweder weil er nicht als gutgläubiger Besitzer angesehen werden kann oder weil die Ersitzung nicht zugunsten desjenigen stattfindet, der sich im Rechtsirrtum befindet.

Pomponius hält eine Ersitzung für ausgeschlossen, wenn der Besitzer zu Unrecht glaubt, ihm sei die usucapio gesetzlich verboten. Die Begründung ist alternativ gefasst und lautet zum einen, dass der Besitzer die Sache nicht bona fide innehabe; zum anderen besteht sie in dem Satz, der Rechtsirrtum schließe die Ersitzung aus. Diese zweite Erwägung muss für den Fall gelten, dass man annimmt, der Irrtum über die Ersitzungsbefugnis ändere nichts an der bona fides des Besitzers. Dies lässt sich dann vertreten, wenn man in der bona fides anders als Celsus keine Anforderung an die Vorstellung des Ersitzungsbesitzers, sondern mit Neraz und Julian die allgemeine Voraussetzung des Ersitzungserwerbs erkennt. Entscheidet das Gebot der guten Treue darüber, ob eine Ersitzung zulässig ist oder nicht, kann die reale Existenz des Erwerbsgrundes den Mangel in der Einstellung des Besitzers ausgleichen; und man muss eine Ausnahme für den Rechtsirrtum schaffen. Anders verhält es sich, wenn man unter bona fides den guten Glauben des Erwerbers als ein neben dem Erwerbsgrund stehendes Ersitzungserfordernis versteht. Da der Erwerber nicht auf seine wirklich vorhandene Rechtsposition vertraut, kommt man hier nicht umhin, die Ersitzung schon am Mangel der bona fides scheitern zu lassen.217 Die meisten Entscheidungsbegründungen, die sich auf die Ersitzung beziehen, gelten dem Erfordernis des Eigenbesitzes. Er scheidet von vornherein aus, wenn jemand keinen hinreichend bestimmten Teil einer Sache erlangt hat: 214

Hierzu Harke (Fn. 210), S. 66 ff. D 41.3.27 Ulp 31 Sab; hierzu Harke, Argumenta Iuventiana – argumenta Salviana, S. 36 f. 216 Harke (Fn. 210), S. 79 ff. 217 Harke (Fn. 210), S. 83 f. 215

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(31) Pomp 295 = D 41.2.26 Pomp 26 QM Locus certus ex fundo et possideri et [per longam possessionem] capi potest et certa pars pro indiviso, quae introducitur vel ex emptione vel ex donatione vel qualibet alia ex causa. incerta autem pars nec tradi nec capi potest, veluti si ita tibi tradam: ,quidquid mei iuris in eo fundo est‘: nam qui ignorat, nec tradere nec accipere id, quod incertum est, potest. Eine bestimmte Fläche eines Grundstücks kann sowohl be- als auch ersessen werden, und ebenso ein bestimmter Anteil am ungeteilten Grundstück, der durch Kauf oder Schenkung oder aus einem anderen Grund erworben wird. Ein unbestimmter Teil kann dagegen weder übergeben noch ersessen werden, wie zum Beispiel, wenn ich dir übertrage „was mir an diesem Grundstück gehört“; denn etwas Unbestimmtes kann derjenige, der es nicht kennt, weder übertragen noch empfangen.

Überträgt jemand einen nicht näher bestimmten Anteil an einem Grundstück, kann der Erwerber auch dann, wenn er über einen hinreichenden Erwerbsgrund verfügt, nicht ersitzen. Denn es fehlt an der Übertragung der possessio, die sich nicht auf einen unbestimmt gelassenen Grundstücksteil beziehen kann. Der Veräußerer muss dem Erwerber, um ihm die Ersitzung zu ermöglichen, entweder einen klar definierten Miteigentumsanteil oder eine fest umrissene Teilfläche überlassen, damit der Erwerber zum Mitinhaber des Grundstücks oder zum Alleineigentümer der Teilfläche werden kann. Eine Ersitzung kann ferner daran scheitern, dass derjenige, der eine Sache erlangt hat, seinerseits besessen wird und die Sache daher weder für sich selbst noch für seinen wirklichen Eigentümer erwerben kann: (32) Pomp 308 = D 41.1.54.4 Pomp 31 QM Quidquid tamen liber homo vel alienus quive bona fide nobis servit non adquirit nobis, id vel sibi liber vel alienus servus domino suo adquiret: excepto eo quod vix est, ut liber homo possidendo usucapere possit, quia nec possidere intellegitur, qui ipse possideretur. … Was aber ein Freier oder ein fremder Sklave, die uns nach guter Treue dienen, für uns nicht erwirbt, erwirbt der Freie für sich oder der fremde Sklave für seinen Eigentümer, ausgenommen das, was ein Freier nicht durch Ersitzung erwerben kann, weil nicht als Besitzer gilt, wer selbst besessen wird. …

Pomponius verneint eine Ersitzung durch einen freien Menschen oder einen fremden Sklaven, solange er sich in den Händen eines gutgläubigen Besitzers befindet. Diesem stehen diejenigen Sachen zu, die der scheinbare oder vermeintlich eigene Sklave aufgrund eigener Tätigkeit oder unter Einsatz des Vermögens seines Besitzers erwirbt. Erlangt er eine Sache auf andere Weise, kann er diese grundsätzlich für sich oder seinen wahren Eigentümer erwerben.218 Ist keine Ersitzung nötig, nimmt Pomponius denn auch an, dass die Sache dem homo liber schon ab der Übergabe zusteht,219 weil er Adressat der hierfür erforderlichen traditio ist220. Im Fall der Ersitzung scheitert ein Erwerb nach Pomponius’ Ansicht, der sich später auch 218 219 220

Gai 2.91 f. Pomp 574 = D 41.1.21pr Pomp 11 Sab. Vgl. Harke, RIDA 52 (2005) 163, 169.

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A. Systemimmanente Rechtsfindung

Paulus anschließt,221 jedoch am Erfordernis der possessio. Da er von seinem scheinbaren Herrn besessen wird, fehlt dem homo liber, obwohl er eigentlich frei und zum Rechtserwerb in der Lage ist, der Wille, etwas für sich selbst zu besitzen; und der wirkliche Eigentümer des fremden Sklaven hat, obwohl dieser ihm gehört, nicht die Herrschaft über den Sklaven, die einem bei ihm vorhandenen Besitzwillen Geltung verschaffen könnte. Dass ein fehlerhafter Besitz nicht genügt, um eine schon begonnene Ersitzung fortzusetzen, stellt Pomponius in dem nächsten Text dar: (33) Pomp 761 = D 41.4.6pr Pomp 32 Sab Qui, cum pro herede vel pro emptore usucaperet, precario rogavit, usucapere non potest: quid porro inter eas res interest, cum utrubique desinat ex prima causa possidere, qui precario vult habere? Wer um eine Bittleihe ersuchte, als er als Erbe oder Käufer ersaß, kann nicht ersitzen; was ist nämlich zwischen diesen Dingen für ein Unterschied, da in beiden Fällen derjenige, der die Sache im Wege einer Bittleihe überlassen haben will, aufhört, aus dem bisherigen Grund zu ersitzen.

Die Ersitzung einer Sache bricht ab, wenn ihr Besitzer mit einem anderen übereinkommt, dass sie ihm fortan im Zuge eines precarium überlassen sein soll. Mit der Verständigung auf eine Bittleihe erkennt der Besitzer den precario dans, der die Sache jederzeit herausverlangen kann, als ihm übergeordnet an. Folglich verliert er seinen Eigenbesitz, der auf dem Erwerb einer Sache als Erbe oder Käufer gründet.222 Dass Pomponius seiner Argumentation die Gestalt einer Frage nach dem Unterschied der beiden Fälle gibt, legt nahe, dass diese Lösung in dem einen der beiden Fälle weniger umstritten ist als in dem anderen: Bei der usucapio pro herede, die ohne traditio ex iusta causa einsetzt, lässt sich der Verlust des Ersitzungsbesitzes eher einsehen als bei der usucapio des Käufers, bei der die spätere Vereinbarung einer Bittleihe nichts an der Existenz des ursprünglichen Erwerbsgrunds ändert. Gleichwohl gilt auch hier, dass mit der Vereinbarung über das precarium, wenn auch nicht der Erwerbsgrund selbst, so doch dessen Bezug zur Inhaberschaft an der Sache wegfällt. Ebenso wie die Vereinbarung eines precarium bei Abschluss des Kaufvertrags die Ersitzung der Sache durch den Käufer verhindert und so sicherstellt, dass das Eigentum des Verkäufers bis zur Zahlung des Kaufpreises vorbehalten bleibt,223 muss die Bittleihe eine schon begonnene Ersitzung beenden, wenn sie nachträglich zustande kommt. Schließt ein precarium die Ersitzung aus, muss dasselbe für den anderen Fall des fehlerhaften Besitzes gelten, in dem jemand eine Sache heimlich innehat:

221

D 41.2.1.6 Paul 54 ed. Dass causa hier in demselben Sinne erscheint wie in Pomp 344 = D 43.26.10 Pomp 5 Plaut, meint Biavaschi, Richerche sul precarium, Mailand 2006, S. 204 ff. 223 Vgl. D 43.26.20 Ulp 2 resp und Kaser, RP I, S. 418 Fn. 45. 222

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(34) Pomp 769 = D 41.10.4pr Pomp 32 Sab Si ancillam furtivam emisti fide bona ex ea natum et apud te conceptum est ita possedisti, ut intra constitutum usucapioni tempus cognosceres matrem eius furtivam esse, Trebatius omni modo, quod ita possessum esset, usucaptum esse. ego sic puto distinguendum, ut, si nescieris intra statutum tempus, cuius id mancipium esset, aut si scieris neque potueris certiorem dominum facere, aut si potueris quoque et feceris certiorem, usucaperes: sin vero, cum scires et posses, non feceris certiorem, contra esse: tum enim clam possedisse videberis, neque idem et pro suo et clam possidere potest. Trebatius schreibt, dass, wenn du eine gestohlene Sklavin nach guter Treue gekauft und ein bei dir empfangenes und geborenes Kind besessen hast, indem du noch innerhalb der festgesetzten Ersitzungszeit erfahren hast, dass die Mutter gestohlen wurde, du jedenfalls ersitzt, was du so besitzt. Ich glaube, es ist so zu unterscheiden, dass du ersitzt, wenn du innerhalb der festgesetzten Zeit nicht erfahren hast, wem die Sklavin gehört, oder du es zwar erfahren hast, aber den Eigentümer nicht hast benachrichtigen können oder es gekonnt und ihn sogar benachrichtigt hast, dass es sich aber anders verhält, wenn du es wusstest und konntest, ihn aber nicht benachrichtigt hast; dann nämlich hast du heimlich besessen, und man kann nicht zugleich für sich und heimlich besitzen.

Hat jemand eine gestohlene Sklavin erlangt, kann er zwar diese selbst nicht ersitzen, weil sie dem Verbot der usucapio an gestohlenen Sachen unterfällt. Er kann jedoch zum Eigentümer eines Kindes werden, wenn die Sklavin bei ihrer Entwendung noch nicht schwanger war und das Kind damit vom Makel des Diebstahls frei ist.224 Hält der von Pomponius zitierte Trebaz die Ersitzung eines erst bei dem Besitzer empfangenen Kindes daher für ausgemacht, will Pomponius differenzieren: Er gestattet sie dem Besitzer nur dann, wenn dieser innerhalb der Ersitzungszeit keine Kenntnis von der Herkunft der Mutter erlangt oder diese Kenntnis zwar erlangt und ihren Eigentümer unterrichtet hat oder hieran gehindert gewesen ist. Andernfalls liege ein heimlicher Besitz (,clam‘) vor, der den zur Ersitzung erforderlichen Eigenbesitz (,pro suo‘) ausschließe. Diese Argumentation fügt sich ohne Weiteres zu der Entscheidung gegen die Ersitzung durch einen Prekaristen. Zumindest praktisch änderte sie, wenn man sie für allgemeingültig hielte, aber das ganze Konzept der Ersitzung; denn sie liefe darauf hinaus, dass der Ersitzungsbesitzer seinen guten Glauben nicht nur im Moment des Besitzerwerbs haben, sondern für die Dauer der Ersitzungsfrist behalten muss, und nähme so die erst im Mittelalter aufgekommene Regel: ,mala fides superveniens nocet‘, vorweg. Die Einschränkung, dass der Besitzer den wahren Eigentümer, wenn er von dem Schicksal der Sache erfährt, nach Möglichkeit benachrichtigen muss, gilt auch nach Pomponius’ Ansicht daher vermutlich nicht generell, sondern ist den Besonderheiten des Falles geschuldet: Hier kommt es ausnahmsweise zu einer Ersitzung nach einem furtum, das gewöhnlich die Ersitzung ausschließt. Erlangt der Besitzer Kenntnis von der Identität des wahren Eigentümers, erfährt er also auch, dass er eine Sache mit einem besonderen Makel in den Händen hat. Daher unterliegt er besonderen Verhaltensanforderungen, damit sein Besitz nicht als heimlich und damit als untauglich für die Vollendung der Ersitzung gilt. 224

D 1.5.25 Iul 69 dig.

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A. Systemimmanente Rechtsfindung

Auf den Besitz pro suo, den Pomponius als Grundlage der Ersitzung fordert und dem fehlerhaften Besitz gegenüberstellt, gründet er auch die folgende Entscheidung zur Putativtitelersitzung: (35) Pomp 769 = D 41.10.4.2 Pomp 32 Sab Quod legatum non sit, ab herede tamen perperam traditum sit, placet a legatario usucapi, quia pro suo possidet. Was nicht vermacht, vom Erben aber aus Versehen übergeben worden ist, kann von dem Vermächtnisnehmer anerkanntermaßen ersessen werden, weil er es als sein eigenes besitzt.

Kann man eine Sache ohne gültigen Erwerbsgrund allein deshalb besitzen, weil man ohne Verstoß gegen das Gebot der bona fides von einem solchen ausgeht, darf dies nicht auf den Fall beschränkt sein, in dem die Parteien an einen wirksamen Vertragsschluss glauben. Es muss auch für Sachen gelten, die dem Besitzer in der Fehlannahme eines Vermächtnisses übergeben werden. Zwar kann die causa solvendi den Eigentumserwerb hier zumindest nach Pomponius’ Meinung ebenso wenig wie bei der Erfüllung einer vermeintlichen Stipulationsschuld tragen; der Glaube an das Vermächtnis genügt jedoch, um die Ersitzung nach der bona fides zu rechtfertigen. Denn er begründet Eigenbesitz. Sowohl um den Eigenbesitz als auch um das Erfordernis des Erwerbsgrundes geht es schließlich in dem nächsten Fragment, in dem Pomponius zwei verschiedene Arten der Ersitzung erwägt: (38) Pomp 696 = D 41.3.29 Pomp 22 Sab Cum solus heres essem, existimarem autem te quoque pro parte heredem esse, res hereditarias pro parte tibi tradidi. propius est, ut usu eas capere non possis, quia nec pro herede usucapi potest quod ab herede possessum est neque aliam ullam habes causam possidendi. ita tamen hoc verum est, si non ex transactione id factum fuerit. idem dicimus, si tu quoque existimes te heredem esse: nam hic quoque possessio veri heredis obstabit tibi. Obwohl ich Alleinerbe war, glaubte ich, dass auch du Miterbe seiest, und habe dir Erbschaftssachen anteilig überlassen. Richtigerweise kannst du sie nicht ersitzen, weil man nicht als Erbe ersitzen kann, was vom Erben besessen wird, und du auch keinen anderen Besitzgrund hast. Dies trifft freilich nur dann zu, wenn es nicht aufgrund eines Vergleichs geschehen ist. Ebenso entscheiden wir, wenn auch du glaubst, Erbe zu sein; denn auch hier steht dir der Besitz des wirklichen Erben entgegen.

Dass die Einräumung von Mitbesitz an einer Erbschaftssache nicht in einen Eigentumserwerb münden kann, ergibt sich daraus, dass es an den Voraussetzungen einer Ersitzung fehlt: Eine gewöhnliche Ersitzung, die eine traditio ex iusta causa voraussetzt, kommt nur in Betracht, wenn der Erbe die Sache dem anderen nicht einfach als Miterben, sondern aufgrund eines besonderen Geschäfts, insbesondere zur Durchführung eines geschlossenen Vergleichs, übergeben hat. Und eine usucapio pro herede, die keinen Erwerbsgrund erfordert, scheitert daran, dass der wahre Erbe, zu dessen Lasten die Ersitzung wirken würde, die Sache noch als Mitbesitzer in den Händen hat. Dies gilt unabhängig davon, ob der Besitzer, nach dessen Ersitzungsmöglichkeiten gefragt ist, gut- oder bösgläubig ist. Während die usucapio pro herede

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für sich genommen auch einem unredlichen Besitzer gestattet ist, muss dieser die erlangte Nachlasssache seit einem unter Hadrian ergangenen Senatsbeschluss doch an den Erben herausgeben.225 Auch der gute Glaube des Besitzers vermag jedoch nichts daran zu ändern, dass eine Ersitzung ausscheidet, wenn der Erbe, zu dessen Rechtsverlust sie führte, noch im Besitz der Sache ist. Das gerade bei der Ersitzung relevante Verbot der eigenmächtigen Besitzumwandlung untersucht Pomponius in (37) Pomp 747 = D 43.26.5 Pomp 29 Sab: Sed si manente adhuc precario tu in ulterius tempus rogasti, prorogatur precarium: nam nec mutatur causa possessionis et non constituitur eo modo precarium, sed in longius tempus profertur. si vero praeterita die rogas, propius est, ut soluta iam causa precarii non redintegretur, sed nova constituatur. Aber wenn du bei andauernder Bittleihe diese für einen weiteren Zeitraum erbittest, wird die Bittleihe verlängert; denn der Grund deines Besitzes wird so nicht geändert, und es wird auch keine neue Bittleihe begründet, sondern auf eine längere Zeit erstreckt. Bittest du freilich nach dem Ablauf der Frist, wird dieses schon aufgelöste Verhältnis nach richtiger Ansicht nicht verlängert, sondern es wird eine neue Bittleihe begründet.

Pomponius verteidigt die Verlängerung eines precarium gegen das Verbot der eigenmächtigen Veränderung des Besitzstatus:226 Erbittet der Prekarist vor Ablauf der für die Bittleihe bestimmten Zeit227 deren Fortsetzung, verstößt dies nicht gegen die Regel: ,nemo sibi causam possessionis mutare potest‘. Denn die Verlängerung der Bittleihe tritt nicht aufgrund der bloßen Bitte des Prekaristen ein, sondern setzt voraus, dass die weitere Nutzung der Sache die Billigung des precario dans findet. Hierin liegt eine concessio,228 die ausschließt, dass der Prekarist eigenmächtig handelt. Zudem liegt noch nicht einmal eine Veränderung der causa possessionis vor, wenn die Verlängerung der Bittleihe vor Ablauf der bisherigen Leihezeit begehrt wurde.229 Ein weiteres sachenrechtliches Thema, zu dem sich Pomponius in seinen Entscheidungsbegründungen äußert, bilden die Dienstbarkeiten. Die Zuordnung zu Gebrauchsrecht und Nießbrauch beschäftigt Pomponius in (38) Pomp 775 = D 7.1.32 Pomp 33 Sab: Si quis unas aedes, quas solas habet, vel fundum tradit, excipere potest id, quod personae, non praedii est, veluti usum et usum fructum. sed et si excipiat, ut pascere sibi vel inhabitare liceat, valet exceptio, cum ex multis saltibus pastione fructus perciperetur. et habitationis exceptione, sive temporali sive usque ad mortem eius qui excepit, usus videtur exceptus. 225

Gai 2.56 f. Mit diesem Text beschäftigt sich auch Biavaschi (Fn. 222), S. 200 ff. 227 Kaser, Zur Geschichte des precarium, SZ 89 (1972) 94, 113 stellt das Fragment in den Kontext der anderen Texte, in denen ein precarium auf Zeit anerkannt wird. 228 Dies stellt Ulpian in D 43.26.4.4 Ulp 71 ed heraus. 229 Einen praktischen Unterschied erkennt Kaser, SZ 89 (1972) 94, 115 darin, auf welche Bittleihe das Interdikt gestützt werden muss. 226

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A. Systemimmanente Rechtsfindung

Übereignet jemand ein Gebäude, das ihm allein gehörte, oder ein Grundstück, kann er hiervon ausnehmen, was einer Person zustehen kann und nicht zum Grundstück gehört, wie zum Beispiel das Gebrauchsrecht oder den Nießbrauch. Aber wenn er sich vorbehält, auf dem Grundstück weiden zu lassen oder zu wohnen, gilt dieser Vorbehalt, da von vielen Wiesen durch Weidenlassen Früchte gezogen werden. Und der Vorbehalt der Wohnung, sei es auf Zeit, sei es bis zum Tod des Berechtigten, gilt als Vorbehalt eines Gebrauchsrechts.

Pomponius ordnet ein Weide- oder Wohnungsrecht, das sich der Veräußerer eines Grundstücks vorbehalten kann, den Figuren des usus und des usus fructus zu, die als persönliche Dienstbarkeiten einen individuellen Inhaber haben können und nicht an das Eigentum an einem herrschenden Grundstück geknüpft sind: Ein Wohnungsrecht, das sich der Grundstücksveräußerer vorbehält, unterfällt dem usus, das Weiderecht dem usus fructus, weil der Berechtigte, indem er sein Vieh grasen lässt, Früchte aus dem Grundstück zieht. Nicht mehr unter den Fruchtbegriff fallen für Pomponius dagegen Zinsen: (39) Pomp 250 = D 50.16.121 Pomp 6 QM Usura pecuniae, quam percipimus, in fructu non est, quia non ex ipso corpore, sed ex alia causa est, id est nova obligatione. Die Zinsen von Geld, die wir ziehen, gehören nicht zum Nießbrauch, weil sie nicht aus der Sache selbst, sondern aus einem anderen Grund, nämlich einer neuen Verbindlichkeit entspringen.

Der Bezug dieser Entscheidung ist unklar. Da sie sich in Pomponius’ Muciuskommentar unter dem Titel de legatis fand, muss sie einem Nießbrauchsvermächtnis gelten. Ist dessen Gegenstand ein Geldbetrag, stehen dem Vermächtnisnehmer aber auch die Zinsen zu,230 so dass Pomponius ihnen unter diesem Gesichtspunkt schwerlich den Charakter von Früchten absprechen kann. Gegenstand der Entscheidung können daher nur Zinsen sein, die der Vermächtnisnehmer dadurch erlangt, dass er die Ausübung des Nießbrauchs verkauft und den Kaufpreis verzinslich angelegt hat.231 Hierauf passt auch die Argumentation, dass die Zinsen nicht aus der Sache, sondern ,nova obligatione‘ gewonnen werden. Dagegen will Pomponius als Früchte nicht nur neu entstandene Sachen oder Tiere, sondern auch solche gelten lassen, für die der Nießbraucher Ersatz beschafft hat: (40) Pomp 458 = D 7.2.69 Pomp 5 Sab (Plane si gregis vel armenti sit usus fructus legatus, debebit ex adgnatis gregem supplere, id est in locum capitum defunctorum) vel inutilium alia summittere, ut post substituta fiant propria fructuarii, ne lucro ea res cedat domino. et sicut substituta statim domini fiunt, ita priora quoque ex natura fructus desinunt eius esse: nam alioquin quod nascitur fructuarii est et cum substituit, desinit eius esse. 230

Sab.

Vgl. für das Vermächtnis einer Forderung die Zitate der Frühklassiker in D 7.5.3 Ulp 18

231 So auch Lenel, Pal., Sp. 65 Fn. 3, der glaubt, Pomponius habe sich mit der Frage beschäftigt, ob der Nießbrauch bei seinem Verkauf, durch den sich der Nießbraucher auf die Einnahme von Zinsen beschränkt, aufrechterhalten bleibe.

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(Ist freilich der Nießbrauch an einer Herde oder an Großvieh vermacht, muss er aus dem Nachwuchs die Herde auffüllen, das heißt, an die Stelle der gestorbenen Tiere) oder der unbrauchbaren andere ersetzen, so dass die ausgetauschten dem Nießbraucher gehören, damit der Eigentümer nicht bereichert wird. Und wie die eingewechselten sofort dem Eigentümer gehören, hören diese wegen ihrer Eigenschaft als Früchte auf, ihm zu gehören; denn auch sonst gehört der Nachwuchs dem Nießbraucher und, was er einwechselt, hört auf, ihm zu gehören.

Ein Vermächtnisnehmer, dem der Nießbrauch an einer Herde hinterlassen ist, hat nicht nur die gestorbenen, sondern auch die untauglich gewordenen Tiere zu ersetzen. Die Tiere, die der Nießbraucher hierfür anschafft, gehören mit Einverleibung in die Herde sofort dem Eigentümer. Die alten Tiere, die durch sie ersetzt werden, müssen dagegen aus dem Vermögen des Eigentümers ausscheiden, weil dieser sonst sowohl über die neu angeschafften als auch über die alten Tiere verfügte. Die zugrunde liegende Wertung, der Eigentümer dürfe nicht auf Kosten des Nießbrauchers bereichert werden, spricht Pomponius zwar aus, macht sie aber nicht unmittelbar zur Entscheidungsgrundlage. Stattdessen ordnet er die ersetzten Tiere den Früchten zu, die dem Nießbraucher kraft seines Rechts zustehen. Gewöhnlich gehören hierzu nur die Jungtiere, die in der Zeit, für die der Nießbrauch besteht, geboren werden. Der Begriff fructus ist jedoch nicht auf diesen naturalistischen Sinn festgelegt, sondern lässt sich auch auf Tiere erstrecken, die auf andere Weise einen Überschuss bilden. Bei der Ersetzung der alten durch neue Tiere ist es der dem Nießbraucher obliegende Umgang mit der Herde, der diesen Überschuss hervorbringt. Um den Verlust einer Grunddienstbarkeit durch Nichtgebrauch geht es Pomponius in (41) Pomp 770 = D 8.6.19pr Pomp 32 Sab: Si partem fundi vendendo lege caverim, uti per eam partem in reliquum fundum meum aquam ducerem, et statutum tempus intercesserit, antequam rivum facerem, nihil iuris amitto, quia nullum iter aquae fuerit, sed manet mihi ius integrum: quod si fecissem iter neque usus essem, amittam. Habe ich mir beim Verkauf eines Grundstücksteils ausdrücklich vorbehalten, dass ich durch diesen Teil auf das mir verbliebene Grundstück Wasser leiten darf und ist die festgesetzte Frist verstrichen, bevor ich einen Graben angelegt habe, verliere ich mein Recht nicht, weil es keinen Wasserlauf gab, sondern es bleibt mir voll erhalten; habe ich aber einen Wasserlauf angelegt und nicht genutzt, verliere ich es.

Pomponius verneint den Wegfall eines Wasserleitungsrechts, wenn der Eigentümer des herrschenden Grundstücks noch nicht einmal einen Graben angelegt hat. Der non usus, der zum Verlust der Dienstbarkeit führt, setzt voraus, dass der Berechtigte überhaupt eine Nutzungsmöglichkeit hat. Diese kann es nur geben, wenn schon ein iter aquae vorhanden ist, von dessen Nutzung der Berechtigte abgesehen hat.232 Dass er den Wasserlauf und damit die Nutzungsmöglichkeit selbst schaffen 232 Da Pomponius unter diesen Umständen einen Wegfall der Dienstbarkeit bejaht, scheint mir entgegen Möller, Die Servituten, Göttingen 2010, S. 344 kein Zusammenhang zu der in

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könnte, spielt für Pomponius offenbar keine Rolle, weil er den non usus nicht auf das Leitungsrecht, sondern auf die Leitung als körperlichen Gegenstand bezieht.233 Einen Schluss aus dem Charakter des Miteigentums als Produkt einer bloß ideellen Sachteilung zieht Pomponius in (42) Pomp 78 = D 6.1.8 Paul 12 ed:234 Pomponius libro trigensimo sexto probat, si ex aequis partibus fundum mihi tecum communem tu et Lucius Litius possideatis, non ab utrisque quadrantes petere me debere, sed a Titio, qui non sit dominus, totum semissem. aliter atque si certis regionibus possideatis eum fundum: nam tunc sine dubio et a te et a Titio partes fundi petere me debere: quotiens enim certa loca possidebuntur, necessario in his aliquam partem meam esse: et ideo te quoque a Titio quadrantem petere debere. quae distinctio neque in re mobili neque in hereditatis petitione locum habet: nunquam enim pro diviso possideri potest. Pomponius billigt im 36. Buch die Ansicht, dass, wenn du und Lucius Titius ein Grundstück besitzen, das mir und dir gemeinsam zu gleichen Teilen gehört, ich nicht von beiden ein Viertel herausverlangen könne, sondern von Titius, der kein Eigentümer ist, die gesamte Hälfte fordern müsse. Anders verhalte es sich, wenn ihr dieses Grundstück aufgeteilt nach bestimmten Arealen besitzt; denn dann müsse ich die Teile des Grundstücks zweifellos von dir und von Titius herausverlangen; sobald nämlich bestimmte Areale besessen würden, gehöre daran zwangsläufig mir ein Teil; und deshalb könntest du auch von Titius ein Viertel herausverlangen. Diese Unterscheidung findet weder bei einer beweglichen Sache noch bei der Klage auf Herausgabe einer Erbschaft statt; denn sie können nicht aufgeteilt besessen werden.

Besitzt einer von zwei Miteigentümern das gemeinschaftliche Grundstück gemeinsam mit einem Dritten, kann der Miteigentümer, der es nicht besitzt, lediglich den Dritten auf Übertragung des Mitbesitzes in Anspruch nehmen; eine Klage gegen den besitzenden Miteigentümer scheitert daran, dass dieser lediglich über Mitbesitz verfügt und, für sich genommen, nicht die Rechtsstellung seines Sozius beeinträchtigt. Belangt werden kann dieser dagegen, wenn er sich das Grundstück mit dem Dritten räumlich aufgeteilt hat. So hat nämlich jeder der beiden Alleinbesitz an dem ihm zugewiesenen realen Grundstücksteil, der zu einem ideellen Anteil jeweils dem nicht besitzenden Miteigentümer gehört. Er kann daher mit der Eigentumsherausgabeklage sowohl gegen den Dritten als auch gegen den besitzenden Miteigentümer vorgehen, der von dem Dritten gleichfalls die Herausgabe des von ihm allein besessenen Grundstücksteils fordern kann. Geht man von der Verurteilung in Geld als Folge mangelnder Restitution des Grundstücks aus, kann man dies auf die von Pomponius verwendete Formel bringen, dass der nicht besitzende Eigentümer den

D 8.2.32.1 Iul 7 dig dokumentierten Entscheidung Julians zu bestehen, wonach der Besitz an Gebäuden die Grundlage für die Ersitzung der Freiheit von einer Dienstbarkeit bildet. 233 Dass das ,iter aquae‘ hier nicht das Recht, sondern die Leistung selbst beschreibt, stellt auch Capogrossi Colognesi, Ricerche sulla struttura delle servitù d’acqua in diritto Romano, Mailand 1966, S. 87 heraus. 234 Vgl. zu diesem Text auch Stolfi (S. 9 Fn. 2), Bd. 1, S. 146 ff., Bd. 2, S. 329 ff.

I. Unvermittelte Fallentscheidung

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Dritten im ersten Fall auf die Hälfte, im zweiten auf ein Viertel des Grundstücks in Anspruch nehmen kann. Aus der Struktur von usus publicus und Staatseigentum folgert Pomponius gleich an drei Stellen. Im ersten Fall schließt er sich der Ansicht von Celsus an: (43) Pomp 796 = D 41.1.30.1 Pomp 34 Sab Celsus filius, si in ripa fluminis, quae secundum agrum meum sit, arbor nata sit, meam esse ait, quia solum ipsum meum privatum est, usus autem eius publicus intellegitur. et ideo cum exsiccatus esset alveus, proximorum fit, quia iam populus eo non utitur. Celsus der Jüngere hat geschrieben, dass, wenn am Ufer eines Flusses, der an meinem Feld entlang fließt, ein Baum gewachsen ist, dieser mir gehöre, weil das Grundstück in meinem Privateigentum steht, aber dem Gemeingebrauch unterliegt. Und daher gehört das Flussbett, wenn es austrocknet, den Anrainern, weil der Gemeingebrauch beendet ist.

Pomponius geht von einer Entscheidung des Celsus zum Eigentum an einem Ufergewächs aus und beschäftigt sich selbst mit der Frage, wem ein Flussbett gehört, wenn der Fluss ausgetrocknet ist. Hier wie dort liegt Privateigentum der Flussanrainer vor. Dieses ist stets vorhanden, wird aber, solange das Gewässer vorhanden ist, vom usus publicus an dem Fluss überlagert. Dieser erstreckt sich von vornherein nicht auf einen Baum, der dem Grundstück als privatem Grund zugeordnet ist; und wenn der Fluss versiegt, fällt der usus publicus einfach weg und lässt das private Grundeigentum hervortreten. Beschränkt sich der usus publicus auf das Wasser selbst, kann auch Privateigentum an Bauten im Meer bestehen: (44) Pomp 796 = D 41.1.30.4 Pomp 34 Sab Si pilas in mare iactaverim et supra eas inaedificaverim, continuo aedificium meum fit. item si insulam in mari aedificaverim, continuo mea fit, quoniam id, quod nullius sit, occupantis fit. Habe ich Pfeiler in das Meer eingebracht und auf diesen gebaut, so gehört das Gebäude sofort mir. Ebenso gehört ein Gebäude, das ich im Meer gebaut habe, sofort mir, weil das, was niemandem gehört, demjenigen zusteht, der es sich aneignet.

Zwar bedarf die Errichtung eines Werks, wie Pomponius in seinem Plautiuskommentar ausführt, zum Schutz des usus publicus an Strand und Meer einer Genehmigung durch den Prätor.235 Dies ändert jedoch nichts daran, dass an dem Werk selbst Privateigentum desjenigen begründet ist, der es ausgeführt hat. Pomponius schließt dies aus dem Satz, dass das Eigentum an einer herrenlosen Sache durch Aneignung entsteht236 : Der Grund, auf dem die Anlage errichtet ist, gehört niemandem, ist aber grundsätzlich dem Privateigentum zugänglich. Wegen des Ge235 Pomp 349 = D 41.1.50 Pomp 6 Plaut: Quamvis quod in litore publico vel in mari exstruxerimus, nostrum fiat, tamen decretum praetoris adhibendum est, ut id facere liceat: immo etiam manu prohibendus est, si cum incommodo ceterorum id faciat: nam civilem eum actionem de faciendo nullam habere non dubito. 236 Gai 2.66.

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meingebrauchs am Meer ist diese dingliche Zuordnung gewöhnlich wirkungslos; sie kann aber ausnahmsweise hervortreten, wenn ein hierauf gerichtetes Gebäude aus dem Meer ragt.237 Um die Abgrenzung von Privat- und Staatseigentum bei kriegsbedingtem Landgewinn geht es Pomponius schließlich in (45) Pomp 803 = D 49.15.20.1 Pomp 36 Sab: Verum est expulsis hostibus ex agris quos ceperint dominia eorum ad priores dominos redire nec aut publicari aut praedae loco cedere: publicatur enim ille ager qui ex hostibus captus sit. Richtigerweise fällt das Eigentum an Land, das von den Feinden eingenommen wurde, nach deren Vertreibung an die früheren Eigentümer zurück und nicht in öffentliche Hand und wird auch nicht wie Beute behandelt; in öffentliche Hand fällt nämlich nur das Land, das den Feinden abgenommen worden ist.

Land, das die römischen Streitkräfte erobert haben, wird ebenso wie sonstige Beute zum öffentlichen Gut. Hiervon ausgenommen ist jedoch Grundbesitz, der zunächst der römischen Herrschaft unterlag, dann in Feindeshand fiel und schließlich wieder zurückerobert worden ist. Kraft des ius postliminii setzt sich an ihm das frühere Privateigentum fort. Staatseigentum entsteht nämlich nur an dem Land, das den Feinden erstmals abgenommen (,captus‘), und nicht durch bloße Rückeroberung erlangt ist. 4. Weniger zahlreich sind Argumentationen mit familienrechtlichem Bezug. Ein Beispiel bildet die Entscheidung, in der sich Pomponius mit dem Ursprung des Verbots der Verwandtenehe befasst: (46) Pomp 480 = D 23.2.8 Pomp 5 Sab Libertinus libertinam matrem aut sororem uxorem ducere non potest, quia hoc ius moribus, non legibus introductum est. Ein Freigelassener kann seine freigelassene Mutter oder Schwester nicht heiraten, weil diese Regel durch die Sitte und nicht durch Gesetz eingeführt worden ist.

Unter freigeborenen Römern ist eine Ehe sowohl im Eltern-Kind-Verhältnis als auch unter Geschwistern verboten;238 Rechtsfolge ist die Nichtigkeit der Ehe239. Ob dieses Verbot auch für Freigelassene gilt, ist deshalb fraglich, weil die Verwandtschaftsbeziehung noch in der Sklaverei begründet worden ist und es sich damit nicht um ein Rechtsverhältnis, sondern um eine natürliche Beziehung handelt. Wäre damit 237

In Pomp 349 = D 1.8.10 Pomp 6 Plaut ist die Entscheidung samt Begründung als Zitat von Aristo wiedergegeben: Aristo ait, sicut id, quod in mare aedificatum sit, fieret privatum, ita quod mari occupatum sit, fieri publicum. 238 Gai 1.59, 61: Inter eas enim personas, quae parentum liberorumve locum inter se optinent, nuptiae contrahi non possunt, nec inter eas conubium est, velut inter patrem et filiam vel inter matrem et filium vel inter avum et neptem; et si tales personae inter se coierint, nefarias et incestas nuptias coutraxisse dicuntur … (61) Sane inter fratrem et sororem prohibitae sunt nuptiae, sive eodem patre eademque matre nati fuerint sive alterutro eorum … 239 Gai 1.64: Ergo si quis nefarias atque incestas nuptias contraxerit, neque uxorem habere videtur neque liberos …

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auch die Anwendung eines Eheverbots auf gesetzlicher Grundlage zweifelhaft, erlaubt es der Ursprung im Sittengesetz, dem Verbot der Verwandtenehe auch solche Verbindungen zu unterwerfen, bei denen die Verwandtschaft nur natürlich begründet ist. Ganz entsprechend führt Paulus die Anwendung des Eheverbots später auf ius naturale und pudor zurück,240 die beide unabhängig von der rechtlichen Qualität einer Beziehung Geltung erheischen. Das Sittengesetz bildet auch die Grundlage der Entscheidung gegen die Wirksamkeit eines Strafversprechens, mit dem der Bestand der Ehe gesichert werden soll: (47) Pomp 619 = D 45.1.19 Pomp 15 Sab Si stipulatio facta fuerit: ,si culpa tua divortium factum fuerit, dari?‘, nulla stipulatio est, quia contenti esse debemus poenis legum comprehensis: nisi si et stipulatio tantundem habeat poenae, quanta lege sit comprehensa. Ist ein Versprechen wie folgt geleistet worden: „wird geleistet, wenn es durch deine Schuld zu einer Scheidung kommt?“, so ist das Versprechen unwirksam, weil wir uns mit den im Gesetz vorgesehenen Strafen begnügen müssen; es sei denn, das Versprechen sieht ebenso viel als Strafe vor, wie im Gesetz bestimmt ist.

Pomponius versagt einer Stipulation die Gültigkeit, wenn sie für den Fall, dass ein Ehegatte durch sein Fehlverhalten die Auflösung der Ehe provoziert, eine höhere Strafe als die im Gesetz bestimmte vorsieht. Mit dieser können nur die Abzugsrechte gemeint sein, die einem Ehemann für den Fall einer von der Frau verschuldeten Scheidung zustehen und die sich im Fall des Ehebruchs auf ein Sechstel, ansonsten auf ein Achtel des Wertes der Mitgift belaufen241.242 Dass Pomponius sie als ,lege comprehensus‘ bezeichnet, legt nahe, dass sie in den augusteischen Ehegesetzen eine normative Grundlage fanden.243 Das Verbot einer darüber hinausgehenden Sanktion der schuldhaft verursachten Eheauflösung entspringt den boni mores, die einer Verstärkung der ehelichen Verbindung durch Strafversprechen entgegenstehen.244 Diese Grenze der Privatautonomie führt Pomponius vor Augen, indem er den Eheleuten bescheinigt, sich mit den gesetzlichen Sanktionen einer durch Fehlverhalten verursachten Ehescheidung zufrieden geben zu müssen. Das ebenfalls auf den boni mores gründende Verbot der Ehegattenschenkung beschäftigt Pomponius in dem nächsten Fragment: 240 D 23.2.14.2 Paul 35 ed: Serviles quoque cognationes in hoc iure observandae sunt … quoniam in contrahendis matrimoniis naturale ius et pudor inspiciendus est: contra pudorem est autem filiam uxorem suam ducere. 241 UE 6.12. 242 Dass im Original des Textes auch ausdrücklich von diesem Zurückbehaltungsrecht die Rede war, glaubt Söllner, Zur Vorgeschichte und Funktion der actio rei uxoriae, Köln/ Wien 1969, S. 125 f. 243 Kaser, Die Rechtsgrundlage der actio rei uxoriae, RIDA 2 (1949), 511, 538 ff. 244 D 45.1.134pr Paul 15 resp: … respondit ex stipulatione, quae proponeretur, cum non secundum bonos mores interposita sit, agenti exceptionem doli mali obstaturam, quia inhonestum visum est vinculo poenae matrimonia obstringi sive futura sive iam contracta.

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A. Systemimmanente Rechtsfindung

(48) Pomp 601 = D 24.1.31.7 Pomp 14 Sab Quod legaturus mihi aut hereditatis nomine relicturus es, potes rogatus a me uxori meae relinquere et non videtur ea esse donatio, quia nihil ex bonis meis deminuitur: in quo maxime maiores donanti succurrisse Proculus ait, ne amore alterius alter despoliaretur, non quasi malivolos, ne alter locupletior fieret. Was du mir vermachen oder als Erbschaft hinterlassen willst, kannst du auf meine Bitte meiner Frau hinterlassen, und dies gilt nicht als Schenkung, weil mein Vermögen nicht vermindert wird; die Vorfahren seien, wie Proculus sagt, dem Schenker vor allem deshalb zu Hilfe gekommen, damit sich der eine nicht aus Liebe zum anderen seines Vermögens begebe, und nicht aus Missgunst, damit der andere nicht reicher werde.

Pomponius verneint eine verbotene Ehegattenschenkung in dem Fall, dass ein Ehegatte einen Dritten bittet, statt seiner seiner Gattin mit einer Erbschaft oder einem Vermächtnis zu bedenken. Er beruft sich auf das Ziel des Schenkungsverbots, einer Vermögensminderung des einen Ehegatten zugunsten des anderen zu wehren. Damit ist entgegen dem ersten Anschein nicht ein hinter dem Verbot stehender Zweck, sondern dessen Tatbestand selbst beschrieben: Eine unzulässige donatio inter virum et uxorem liegt nur vor, wenn die Bereicherung des einen Ehegatten mit einer korrespondierenden Entreicherung des anderen einhergeht. Letztere vermisst Pomponius, wenn der Vorteil, auf den der eine Ehegatte zugunsten des anderen verzichtet, nur in der Aussicht auf die Begünstigung durch eine letztwillige Verfügung besteht. Julian sieht dies im Fall einer Schenkung unter Lebenden anders,245 lehnt die Annahme einer verbotenen donatio inter virum et uxorem aber ebenfalls ab, wenn ein Ehegatte eine Erbschaft zugunsten des anderen ausschlägt.246 Ulpian, der Julian zitiert, führt dies darauf zurück, dass es an einer Entreicherung des Ehegatten fehlt, der mit dem Verzicht auf den Nachlass noch kein eigenes Vermögen aufgibt.247 Der Vorteil, der durch eine letztwillige Verfügung eintritt, ist anders als der Erwerb einer Sache, die jemand einem Ehegatten schenken will, noch zu wenig konkret, als dass er einen Vermögensgegenstand darstellte, dessen Wegfall eine Vermögensminderung bewirkte. Gilt dies schon für die Ausschlagung einer schon angefallenen Erbschaft, muss das Schenkungsverbot erst recht ohne Anwendung bleiben, wenn es wie in Pomponius’ Fall um die vage Chance einer Begünstigung infolge eines künftigen Erbfalles geht.248

245 D 24.1.3.13 Ulp 32 Sab; hierzu Harke, Argumenta Iuventiana – argumenta Salviana, S. 144 f. 246 Hierzu Misera, Der Bereicherungsgedanke bei der Schenkung unter Ehegatten, Köln/ Wien 1974, S. 52 ff. 247 D 24.1.5.13 Ulp 32 Sab: Si maritus heres institutus repudiet hereditatem donationis causa, Iulianus scripsit libro septimo decimo digestorum donationem valere: neque enim pauperior fit, qui non adquirat, sed qui de patrimonio suo deposuit. repudiatio autem mariti mulieri prodest, si vel substituta sit mulier vel etiam ab intestato heres futura. 248 Misera (Fn. 246), S. 51 meint daher zu Recht, Pomponius habe sich bei seiner Entscheidung vom Gedanken der Testierfreiheit leiten lassen.

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Um den Ritus des Eheschlusses geht es Pomponius in (49) Pomp 594 = D 23.2.5 Pomp 14 Sab: Mulierem absenti per litteras eius vel per nuntium posse nubere placet, si in domum eius deduceretur: eam vero quae abesset ex litteris vel nuntio suo duci a marito non posse: deductione enim opus esse in mariti, non in uxoris domum, quasi in domicilium matrimonii. Eine Frau kann anerkanntermaßen einen abwesenden Mann durch dessen schriftliche oder von einem Boten überbrachte Erklärung heiraten, wenn sie in sein Haus geführt wird; sie kann aber, wenn sie selbst abwesend ist, von dem Mann nicht kraft ihrer schriftlichen oder von einem Boten überbrachten Erklärung geheiratet werden; es ist nämlich erforderlich, dass sie in das Haus des Mannes als ehelichen Wohnsitz, nicht der Mann in ihr Haus geführt wird.

Dass eine Ehe durch einen abwesenden Ehegatten mit Hilfe seiner schriftlichen oder durch Boten überbrachten Zustimmung geschlossen werden kann, gilt nur für den Ehemann, nicht auch für die Ehefrau.249 Pomponius folgert dies aus dem hergebrachten Ritus der deductio in domum: Setzt der Eheschluss voraus, dass die Frau in das Haus des Ehemannes geführt wird, muss sie präsent sein und sich in das Haus des Mannes begeben. Die Regeln über die Zuständigkeit der actio rei uxoriae und die Stellvertretung im Hausverband beschäftigen Pomponius in dem folgenden Fragment: (50) Pomp 615 = D 23.4.7 Pomp 15 Sab Cum dos filiae nomine datur, optimum est pactum conventum cum utroque generum facere, quamquam initio dotis dandae legem quam velit etiam citra personam mulieris is qui dat dicere possit. si vero post datam pacisci velit, utriusque persona in paciscendo necessaria est, quoniam iam adquisita mulieri dos tum esset. quo casu si solus pater pactus esset sine filia, sive solus agat sive adiuncta filiae persona, ei soli nocebit et proderit pactum conventum nec, si sola filia aget, neque proderit neque nocebit ei. si vero filia sola pacta fuerit, quo pacto melior condicio patris fiet, proderit et patri, quoniam per filiam patri adquiri potest, per patrem filiae non potest. … Wird eine Mitgift für eine Tochter bestellt, ist es am besten, wenn eine Vereinbarung mit beiden Seiten getroffen wird, obwohl bei der Mitgiftbestellung derjenige, der die Mitgift bestellt, jede beliebige Vereinbarung auch ohne die Mitwirkung der Frau treffen kann. Will er die Vereinbarung dagegen nach der Bestellung der Mitgift treffen, ist eine Vereinbarung mit beiden Seiten erforderlich, weil die Mitgift dann schon von der Frau erworben worden ist. Hat in diesem Fall der Vater allein und ohne die Tochter eine Vereinbarung getroffen, schadet und nützt sie ihm allein, sei es, dass er allein klagt, sei es, dass er gemeinsam mit seiner Tochter klagt; klagt die Tochter allein, nützt sie ihr weder, noch schadet sie ihr. Hat dagegen die Tochter allein eine Vereinbarung getroffen, durch die sich die Rechtslage des Vaters verbessert, nützt sie auch dem Vater; da der Vater durch die Tochter etwas erwerben kann, nicht aber die Tochter durch den Vater …

Dass der Vater einer Ehefrau nach Bestellung einer Mitgift nicht mehr ohne Weiteres durch Vereinbarung mit dem Ehemann über die dos disponieren kann,250 249 250

Regelhaft findet sich dies später in PS 2.19.8 wieder. Dies bestätigt auch Ulpian in D 24.3.29pr Ulp 3 disp.

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A. Systemimmanente Rechtsfindung

folgt daraus, dass die Frau dann schon gewissermaßen Mitinhaberin des Rückgewähranspruchs ist.251 Dem Vater steht er nur dann allein zu, wenn die Ehe durch den Tod der Frau aufgelöst wird.252 Nur für diesen Fall kann er auch eine Übereinkunft mit dem Ehemann treffen, durch die seine Rechtsstellung verbessert oder verschlechtert wird. Die Frau kann dagegen durch eine Vereinbarung, die sie mit ihrem Ehemann allein und ohne Beteiligung ihres Vaters trifft, dessen Position, wenn auch nicht verschlechtern, so doch zumindest verbessern. Als Gewaltunterworfene kann sie nämlich für ihren Vater erwerben, während dieser seiner Tochter keinen Vorteil verschaffen kann.253 Dem Satz von der Bedingungsfeindlichkeit der Tutorenbestellung widmet sich Pomponius in (51) Pomp 643 = D 26.1.6.1 Ulp 38 Sab: Sub condicione a praesidibus provinciarum non posse dari tutorem placet et, si datus sit, nullius esse momenti dationem: et ita Pomponius ait: hanc autem adiectionem, quam praesides provinciarum faciunt ,tutorem do, si satisdederit‘ non condicionem in se habere, sed admonitionem, non aliter ei tutelam committi, quam si satisdederit, hoc est non aliter ei gerere permittendum, quam si rem salvam fore caverit. Ein Provinzstatthalter kann anerkanntermaßen einen Vormund nicht unter einer Bedingung bestellen, und die Bestellung ist, wenn er es doch getan hat, unwirksam. Pomponius schreibt: Folgender vom Provinzstatthalter gemachter Zusatz: „ich bestelle ihn als Vormund, wenn er Sicherheit leistet“, enthalte keine Bedingung, sondern eine Mahnung, die Vormundschaft werde ihm erst bei Sicherheitsleistung gestattet; das heißt, dass ihm die Geschäftsführung nicht eher erlaubt ist, als er Sicherheit dafür geleistet hat, dass das Vermögen des Mündels erhalten bleibt.

Die Bestellung eines Vormunds unter dem Vorbehalt der Sicherheitsleistung verstößt nicht gegen die Regel, wonach die Tutoreneinsetzung als Staatsakt keine Bedingung verträgt254. Denn die Aufforderung zur Sicherheitsleistung bedeutet nach Pomponius’ Ansicht keine Bedingung, sondern stellt nur einen Hinweis auf die ohnehin bestehende Pflicht des Vormunds zur Sicherheitsleistung dar. Diese ist ihrerseits nicht Voraussetzung der Bestellung als Vormund, vielmehr nur Bedingung dafür, dass dieser die Geschäftsführung für das Mündel übernehmen darf. Durch die begriffliche Unterscheidung der admonitio von einer condicio kann Pomponius die Tutorenbestellung gegenüber dem Bedingungsverbot verteidigen. Aus dem Charakter eines eidlichen Versprechens, mit dem ein Freigelassener seinem Patron die Leistung von Diensten verspricht, schließt Pomponius in dem nächsten Text, der sich in der justinianischen Kompilation auf zwei Fragmente verteilt: 251

D 46.3.34.6 Iul 54 dig; vgl. hierzu Harke, Argumenta Iuventiana – argumenta Salviana, S. 270 f. 252 Pomp 616 = D 24.3.10 Pomp 15 Sab; vgl. auch UE 6.4. 253 Vgl. zu diesem Text auch Knütel, Zur Rechtsfindung der Römer, in: Söllner u. a., Gedächtnisschrift für Heinze, München 2005, S. 475, 488 ff. 254 Kaser, RP I, S. 255.

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(52) Pomp 610 = D 38.1.10.1, 12 Pomp 15 Sab Libertus operarum nomine ita iurando ,patrono aut Lucio Titio‘ solvere Lucio Titio non potest, ut a patrono liberetur (12) quia aliae operae erunt, quae Lucio Titio dantur. sed si libertatis causa pecuniam promittat libertus egenti patrono aut Titio, omnimodo adiectio Titii valet. Ein Freigelassener, der schwört, Dienste an den Freilasser oder Lucius Titius zu leisten, kann sich nicht durch Leistung an Lucius Titius gegenüber seinem Freilasser befreien (12) weil es andere Dienste sind, die Lucius Titius geleistet werden. Verspricht der Freigelassene aber wegen der Freilassung seinem bedürftigen Freilasser oder Titius einen Geldbetrag, ist die Hinzuziehung von Titius jedenfalls gültig.

Pomponius stellt die durch Eid eines Freigelassenen begründete Verpflichtung zur Dienstleistung für seinen Freilasser dem Versprechen zur Zahlung eines Geldbetrags gegenüber: Während dieser sowohl dem Freilasser als auch einem beliebigen Dritten zugesagt und an ihn geleistet werden kann, können die Dienste mit befreiender Wirkung nur gegenüber dem Patron erbracht werden; und die Nennung eines Dritten als alternativen Gläubiger oder solutionis causa adiectus bleibt ohne Effekt255. Der Unterschied zwischen beiden Arten von Schuld kann sich aus deren Gegenstand ergeben, folgt aber eher aus dem Verpflichtungsmodus:256 Ein Eid taugt nur im Verhältnis zwischen Freigelassenem und Patron als Grundlage für eine Obligation. Die religiöse Bindung, die hier ausnahmsweise durch eine zivilrechtliche Bindung sanktioniert ist, kann nur im Verhältnis zu dem Freilasser selbst bestehen. Daher entsprechen Dienste, die der Freigelassene dem Dritten erbringt, auch nicht denjenigen, die er durch Eid zugesagt hat. Wirkt dieser nur gegenüber dem Patron, sind sie aliae operae und als solche nicht geeignet, um das eidliche Versprechen zu erfüllen. 5. Unter den Entscheidungsbegründungen mit erbrechtlichem Gegenstand sind gleich drei, in denen Pomponius die Falllösung aus der Rechtspersönlichkeit der hereditas iacens ableitet. Die erste findet sich in (53) Pomp 348 = D 46.2.24 Pomp 5 Plaut: Novatio non potest contingere ea stipulatione, quae non committitur. nec huic contrarium est, quod, si stipulatus a Titio fuero novandi animo sub condicione, quod mihi Sempronius debet, et pendente condicione Titius decesserit, quamvis ante aditam hereditatem condicio exstiterit, novatio fieret: hic enim morte promissoris non extinguitur stipulatio, sed transit ad heredem cuius personam interim hereditas sustinet. Eine Novation kann nicht durch ein Versprechen stattfinden, das nicht verfällt. Und dem widerspricht nicht, dass eine Novation erfolgt, wenn ich mir von Titius zum Zwecke der Novation unter einer Bedingung habe versprechen lassen, was Sempronius mir schuldet, und Titius vor Eintritt der Bedingung gestorben, diese aber vor Antritt der Erbschaft eingetreten ist; hier erlischt das Versprechen nicht durch den Tod des Schuldners, sondern geht auf den Erben über, dessen Person zwischenzeitlich von der Erbschaft ersetzt wird.

255 256

Vgl. Waldstein (Fn. 78), S. 246. Harke (Fn. 29), S. 26.

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Hat jemand durch bedingte Novationsstipulation die Schuld eines anderen übernommen, ist die Wirkung dieses Versprechens fraglich, wenn die Bedingung nach dem Tod des neuen Schuldners, aber vor dem Antritt der Erbschaft durch seinen Außenerben eingetreten ist. Strenggenommen hat die Verpflichtung aus der Novationsstipulation in diesem Moment keinen Adressaten. Die Zwischenzeit zwischen Erbfall und Erbschaftsantritt wird aber nach überkommener Ansicht dadurch überbrückt, dass die ruhende Erbschaft den Erben vertritt.257 Dieser Satz ist eine Variante der Regel, dass die hereditas iacens die Stellung einer Person einnimmt und gleichsam ihr eigener Rechtsträger ist. Er findet sich schon bei Javolen258 und auch bei Gaius, der durch die Erbschaft aber die Person des Erblassers und nicht die des Erben ersetzt sieht259. Zum Rechtsträger erklärt Pomponius die Erbschaft auch im Zusammenhang mit der Noxalhaftung: (54) Pomp 661 = D 11.1.15pr Pomp 18 Sab Si ante aditam hereditatem servum hereditarium meum esse respondeam, teneor, quia domini loco habetur hereditas. Antworte ich vor Antritt der Erbschaft förmlich, dass ein Erbschaftssklave mir gehöre, hafte ich, da die Erbschaft an der Stelle des Eigentümers steht.

Wer sich vor dem Prätor zu dem Eigentum an einem deliktischen Sklaven bekennt, hat wie dessen wirklicher Inhaber einzustehen; und dieser wird, wenn der scheinbare Eigentümer den Sklaven im Noxalverfahren verteidigt, befreit.260 Auf ihre Grenzen stößt die Behandlung quasi dominus freilich, wenn der Sklave überhaupt keinen Eigentümer hat. Denkbar ist dies insbesondere, wenn der Erbe sich noch vor Antritt der Erbschaft als Eigentümer eines hierzu gehörenden Sklaven bezeichnet hat. Zwar genügt diese Angabe, um ihn der Noxalhaftung auszusetzen. Diese könnte jedoch daran scheitern, dass der Sklave seit dem Tod des Erblassers herrenlos ist. Pomponius löst das Problem mit Hilfe des Gedankens, dass die Erbschaft die Position des Eigentümers vertritt, also gewissermaßen Träger der zu ihr gehörenden Rechte ist. Dass Pomponius die hereditas iacens von der Person des Erben gleichwohl unterscheidet,261 zeigt die dritte Entscheidung zu diesem Thema: (55) Pomp 672 = D 47.2.44.2 Pomp 19 Sab Si servus hereditarius nondum adita hereditate furtum heredi fecerit, qui testamento domini manumissus est, furti actio adversus eum competit, quia nullo tempore heres dominus eius factus est.

257 Zur hiermit indirekt bejahten passiven Vererblichkeit der bedingten Verpflichtung EfferUhe, Die Wirkung der condicio im römischen Recht, Baden-Baden 2008, S. 86 ff. 258 D 41.3.22 Iav 7 ep: Heres et hereditas tametsi duas appellationes recipiunt, unius personae tamen vice funguntur. 259 D 28.5.31.1 Gai 17 ed prov: Hereditarium servum ante aditam hereditatem ideo placuit heredem institui posse, quia creditum est hereditatem dominam esse defuncti locum optinere. 260 D 11.1.8 Paul 22 ed; s. o. Fn. 128. 261 Ebenso später auch Ulpian D 41.1.34 Ulp 4 cens, IJ 2.14.2.

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Hat ein Erbschaftssklave, der im Testament seines Eigentümers freigelassen ist, vor Antritt der Erbschaft einen Diebstahl zum Nachteil des Erben begangen, steht gegen ihn die Diebstahlsklage zu, weil der Erbe zu keinem Zeitpunkt sein Eigentümer war.

Ein Freigelassener hat zwar grundsätzlich für die Delikte einzustehen, die er als Sklave begangen hat. Eine Haftung scheidet jedoch aus, wenn die Tat zum Nachteil seines Eigentümers begangen worden ist und daher keine Noxalverbindlichkeit begründet, die sich nach der Freilassung des Sklaven in dessen Person fortsetzen kann. Dieses Problem stellt sich unter anderem, wenn ein Erbschaftssklave vor Antritt des Außenerben eine diesem gehörende Sache entwendet hat. Sieht man die ruhende Erbschaft als ihren eigenen Rechtsträger an, ist sie nicht identisch mit dem Erben, so dass die Noxalverpflichtung zunächst einmal entstehen konnte. Sie wäre jedoch erloschen, wenn der Erbe mit dem Antritt der Erbschaft zum Eigentümer des Sklaven eingerückt wäre. Hierzu kommt es jedoch wegen der von Pomponius andernorts wiedergegebenen Regel nicht, derzufolge die Freilassungsanordnung unmittelbar mit dem Antritt der Erbschaft Wirkung zeitigt262. Dementsprechend ist der Erbe nie Eigentümer des Freigelassenen gewesen, so dass er ihn auch wegen des noch in Sklaverei verübten Delikts in Anspruch nehmen kann. Unter den von Pomponius bemühten Regeln des Testamentsrechts findet sich der Satz, dass die letztwillige Verfügung eine eigene Entscheidung des Erblassers sein muss und keinem Anderen überlassen werden darf: (56) Pomp 253 = D 28.5.69 Pomp 7 QM Si quis Sempronium heredem instituerit sub hac condicione ,si Titius in Capitolium ascenderit‘, quamvis non alias heres esse possit Sempronius, nisi Titius ascendisset in Capitolium, et hoc ipsum in potestate sit repositum Titii: quia tamen scriptura non est expressa voluntas Titii, erit utilis ea institutio. atquin si quis ita scripserit: ,si Titius voluerit, Sempronius heres esto‘, non valet institutio: quaedam enim in testamentis si exprimantur, effectum nullum habent, quando, si verbis tegantur, eandem significationem habeant quam haberent expressa, et momentum aliquod habebunt. … Hat jemand Sempronius zum Erben unter der Bedingung eingesetzt: „wenn Titius das Kapitol besteigt“, ist diese Einsetzung gültig, obwohl Sempronius nur dann Erbe sein kann, wenn Titius das Kapitol besteigt, und dies in den Händen von Titius liegt, weil im Wortlaut nicht ausdrücklich auf den Willen des Titius Bezug genommen ist. Hat jemand dagegen so verfügt: „wenn Titius es will, soll Sempronius Erbe sein“, so gilt die Einsetzung nicht; denn manches in einem Testament hat, wenn es offen ausgesprochen wird, keine Wirkung, während es, wenn es im Wortlaut verborgen ist, dieselbe Bedeutung hat, wie wenn es offen ausgesprochen worden wäre, und Wirkung zeitigt …

Pomponius verteidigt die Wirksamkeit einer Bedingung, deren Eintritt im Belieben eines Dritten steht. Das Problem, vor das sie stellt, liegt darin, dass der Dritte so über den Anfall der Erbschaft an den eingesetzten Erben bestimmen kann. Spräche der Erblasser dies offen aus und überließe die Entscheidung über die Erbenstellung einem Dritten, scheiterte die letztwillige Verfügung an der Regel, dass der Erblasser 262 Pomp 518 = D 40.4.11.2 Pomp 7 Sab: Cum testamento servus liber esse iussus est, vel uno ex pluribus heredibus institutis adeunte hereditatem statim liber est.

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die Vornahme dieses höchstpersönlichen Geschäfts nicht delegieren kann. Wie Gaius berichtet, haben schon die Juristen der Republik darauf bestanden, dass das Testament selbst eine vollziehbare Regelung enthalten muss und die Verfügungen des Erblassers nicht in die Hand eines Dritten gelegt werden dürfen.263 Modestin, der Pomponius’ Gedankengang am Beispiel einer Vermächtnisanordnung wiederholt,264 bringt dies später auf die griffige Formel: ,in alienam voluntatem conferri legatum non potest‘. Bei einer Bedingung, die von dem Verhalten eines Dritten abhängt, ist es aber nicht die Rechtsfolge selbst, über die der Dritte disponieren kann, sondern nur die tatsächliche Voraussetzung, unter der der Erblasser sie selbst vorgesehen hat. Mit der Zulässigkeit einer solchen Bedingung, an der niemand zweifelt, kann der Erblasser freilich praktisch denselben Effekt erzielen, den es hätte, wenn er die Bestimmung der Rechtsfolge selbst dem Dritten überlassen hätte.265 Die Regel des formellen Noterbrechts, wonach ein Testament an der Nachgeburt eines nicht berücksichtigten suus scheitert, bildet gleich in drei Fällen die Entscheidungsgrundlage: (57) Pomp 388 = D 28.2.10 Pomp 1 Sab Commodissime is qui nondum natus est ita heres instituitur: ,sive vivo me sive mortuo natus fuerit, heres esto‘, aut etiam pure neutrius temporis habita mentione. si alteruter casus omissus fuerit, eo casu qui omissus sit natus rumpit testamentum, quia hic filius nec sub condicione quidem scriptus heres intellegitur, qui in hunc casum nascitur, qui non est testamento adprehensus. Am besten wird ein Ungeborener wie folgt zum Erben eingesetzt: „er soll Erbe sein, sei es, dass er zu meinen Lebzeiten, sei es, dass er nach meinem Tod geboren wird“, oder einfach ohne Nennung eines der beiden Zeitpunkte. Ist aber einer der beiden Fälle übergangen, stößt die Geburt in dem übergangenen Fall das Testament um, weil ein Sohn, der in dem vom Testament nicht erfassten Fall geboren wird, nicht einmal als unter einer Bedingung zum Erben eingesetzt gilt.

Hat der Erblasser sich nicht der vorzugswürdigen Verfügung bedient, mit der er einen Nachgeborenen schlicht zum Erben einsetzt, kann seine Verfügung daran scheitern, dass er nicht beide Möglichkeiten der Nachgeburt bedacht hat: Hat er sich darauf beschränkt, einen Nachgeborenen einzusetzen, der zu seinen Lebzeiten geboren wird, hat er den Fall nicht beachtet, dass er auch später noch auf die Welt kommen kann. Hat er nur den Fall erwähnt, dass er nach seinem Tode geboren wird, 263 D 28.6.32pr Gai 1 test ed : Illa institutio ,quos titius voluerit‘ ideo vitiosa est, quod alieno arbitrio permissa est: nam satis constanter veteres decreverunt testamentorum iura ipsa per se firma esse oportere, non ex alieno arbitrio pendere. 264 D 35.1.52 Mod 7 diff: Nonnumquam contingit, ut quaedam nominatim expressa officiant, quamvis omissa tacite intellegi potuissent nec essent offutura. quod evenit, si alicui ita legatur: ,Titio decem do lego, si Maevius Capitolium ascenderit‘. nam quamvis in arbitrio Maevii sit, an Capitolium ascendat et velit efficere, ut Titio legatum debeatur, non tamen poterit aliis verbis utiliter legari: ,Si Maevius voluerit, Titio decem do‘: nam in alienam voluntatem conferri legatum non potest. inde dictum est: expressa nocent, non expressa non nocent. 265 Auch hierfür findet Modestin in D 35.1.52 eine einprägsame Formulierung, die freilich nicht zur Falllösung taugt: ,expressa nocent, non expressa non nocent‘.

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hat er die Möglichkeit außer Acht gelassen, dass er auch schon zu Lebzeiten des Erblassers geboren werden kann. In beiden Fällen gilt die Regel: ,postea agnatione postumi rumptiur‘.266 (58) Pomp 383 = D 28.2.8 Pomp 1 Sab: Si Primo herede instituto filium exheredavero, a Secundo autem substituto non exheredavero et, dum pendet, an prior aditurus sit, filius decesserit, secundum sententiam qua utimur non erit Secundus heres, quasi ab initio inutiliter institutus, cum ab eo filius exheredatus non sit. quod si in postumo filio idem acciderit, ut natus vivo patre a quo exheredatus sit moriatur, eadem dicenda erunt de substituto, quoniam cum est natus filius, loco eius est, qui superstes est. Habe ich meinen Sohn bei der Erbeinsetzung des Primus enterbt, aber nicht bei der Ersatzerbeneinsetzung des Secundus und ist mein Sohn gestorben, während noch in der Schwebe war, ob Primus annimmt, wird Secundus nach der Auffassung, der wir folgen, nicht Erbe, weil er von vornherein unwirksam eingesetzt war, da bei ihm mein Sohn nicht enterbt worden ist. Geschieht dasselbe bei einem nachgeborenen Sohn, indem er zu Lebzeiten des Vaters, von dem er enterbt worden ist, stirbt, gilt für den Ersatzerben dasselbe, weil der Sohn, einmal geboren, dieselbe Stellung wie ein schon Lebender hat.

Pomponius erläutert, warum nach seiner Ansicht eine Ersatzerbeneinsetzung stets an der fehlenden Enterbung eines nachgeborenen Sohnes scheitern muss. Fraglich ist dies in dem Fall, dass der postumus noch zu Lebzeiten des Vaters oder zumindest vor der Delation der Erbschaft an den Ersatzerben gestorben ist; denn wegen seines vorzeitigen Todes wäre er ohnehin nicht zur Erbfolge berufen gewesen und ist daher im Ergebnis nicht übergangen. Dass gleichwohl der Satz von der Aufhebung eines Testaments durch Nachgeburt zum Zuge kommt, liegt an einer in der sabinianischen Rechtsschule herausgebildeten Regel: Während die Prokulianer über die Geltung des formellen Noterbrechts den Todeszeitpunkt entscheiden lassen, beurteilen die Sabinianer eine Verfügung schon nach dem Moment ihrer Vornahme.267 Ist sie zu diesem Zeitpunkt ungültig, weil später ein Nachkomme geboren wird, der als von vornherein vorhanden gilt, kann sie auch nicht nachträglich dadurch wirksam werden, dass der postumus wieder wegfällt. Dies gilt selbst dann, wenn der nachgeborene Sohn bei der Einsetzung des Haupterben noch erwähnt und nur bei der Einsetzung des Ersatzerben übergangen ist.268 (59) Pomp 427 = D 28.6.16.1 Pomp 3 Sab Si suo testamento perfecto alia rursus hora pater filio testamentum fecerit adhibitis legitimis testibus, nihilo minus id valebit et tamen patris testamentum ratum manebit. nam et si sibi et filio pater testamentum fecisset, deinde sibi tantum, utrumque superius rumpetur. sed si 266

Gai 2.131. Gai 2.123: … alioquin si eum silentio praeterierit, inutiliter testabitur: adeo quidem, ut nostri praeceptores existiment, etiam si uiuo patre filius defunctus sit, neminem heredem ex eo testamento existere posse, scilicet quia statim ab initio non constiterit institutio … 268 Den umgekehrten Fall einer auf die Ersatzerbeneinsetzung beschränkten Enterbung behandeln Sabinus, Cassius und Julian bei Ulp 28.2.3.6 Ulp 1 Sab. Hier ist die Einsetzung des Haupterben unwirksam; der Ersatzerbe kommt aber zum Zuge. 267

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secundum testamentum ita fecerit pater, ut sibi heredem instituat, si vivo se filius decedat, potest dici non rumpi superius testamentum, quia secundum non valet, in quo filius praeteritus sit. Hat ein Vater, nachdem er sein Testament gemacht hatte, wiederum später ein Testament für seinen Sohn unter ordentlicher Zeugenbeiziehung gemacht, ist dieses nichtsdestoweniger wirksam, und trotzdem bleibt das Testament des Vaters wirksam. Denn auch wenn der Vater für sich und seinen Sohn ein Testament gemacht hat, danach nur für sich, werden die beiden früheren umgestoßen. Aber wenn der Vater das zweite Testament so gemacht hat, dass er für sich einen Erben eingesetzt hat, falls der Sohn zu seinen Lebzeiten stirbt, kann man vertreten, dass das frühere Testament nicht umgestoßen wird, weil das zweite, in dem der Sohn übergangen ist, nicht wirksam ist.

Hat jemand zunächst ein Testament für die Erbfolge nach ihm selbst gemacht und hierin eine Pupillarsubstitution für seinen Sohn vorgesehen, wird die gesamte Verfügung aufgehoben, wenn er später ein Testament errichtet, in dem er nur die eigene Erbfolge regelt. Etwas anders gilt dann, wenn er in dem zweiten Testament einen Erben für den Fall einsetzt, dass sein Sohn zu seinen Lebzeiten stirbt. Erübrigt sich hierfür auch die Pupillarsubstitution, leidet die Erbeinsetzung doch an der fehlenden Enterbung des Sohnes, so dass sie hinfällig ist und die früheren Anordnungen im ersten Testament wirksam bleiben. Da Pomponius der Ansicht der Sabinianer folgt, wonach die Unwirksamkeit einer Verfügung wegen Übergehung eines Abkömmlings nach dem Moment der Testamentserrichtung zu beurteilen ist, kommt es nicht darauf an, ob der Sohn zu Lebzeiten des Erblassers wirklich stirbt oder nicht. Die durch Unwirksamkeit des Widerrufs außer Kraft gesetzte Regel vom Vorrang der letzten Verfügung beschäftigt Pomponius ebenfalls an drei anderen Stellen: (60) Pomp 426 = D 28.6.16pr Pomp 3 Sab Si quis eum, quem testamento suo legavit, rursus a substituto filii liberum esse iusserit, liber erit quasi legato adempto: nam et in legato in his testamentis novissima scriptura erit spectanda, sicut in eodem testamento (vel testamento et codicillis confirmatis) observaretur. Hat jemand für denjenigen, den er in seinem Testament vermacht hat, wiederum bestimmt, dass er von dem Ersatzerben eines Sohnes freigelassen werden soll, ist er frei, und zwar so, als ob das Vermächtnis aufgehoben wäre; denn auch bei einem Vermächtnis in solchen Testamenten ist die jüngste Verfügung maßgeblich, ebenso wie dies gilt, wenn es in demselben Testament (oder in einem Testament und einem bestätigten Kodizill) vorkommt.

Ist ein Sklave zunächst vermacht und dann seine Freilassung durch einen Ersatzerben angeordnet, geht, falls der Ersatzerbe die Erbschaft antritt, die Freilassung vor. Da sie dem Vermächtnis des Sklaven widerspricht, hebt sie dieses automatisch und ohne dessen ausdrücklichen Widerruf auf. Dies gilt nicht nur, wenn sich Vermächtnis und Freilassungsanordnung in zwei zeitlich nacheinander errichteten Testamenten befinden, sondern auch, wenn sie sich auf ein Testament und ein bestätigtes Kodizill verteilen, ja sogar, wenn sie in demselben Testament aufeinander

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folgen. Denn die Freilassung ist stets die ,novissima scriptura‘, durch die das frühere Vermächtnis beseitigt wird.269 (61) Pomp 224 = D 28.5.68 Pomp 2 QM Si ita scriptum fuerit: ,Tithasus si in Capitolium ascenderit, heres esto: Tithasus heres esto‘, secunda scriptura potior erit: plenior est enim quam prior. Ist wie folgt bestimmt: „Tithasus soll Erbe sein, wenn er das Kapitol besteigt; Tithasus soll Erbe sein“, so gibt die zweite Bestimmung den Ausschlag; sie ist nämlich weiterreichend als die erste.

Enthält ein Testament eine bedingte und danach eine unbedingte Einsetzung desselben Erben, erscheint es auf den ersten Blick widersprüchlich. Dass sich die unbedingte Verfügung durchsetzt, ergibt jedoch ihre räumliche Reihung, die mit einer zeitlichen einhergeht: Als jüngere Verfügung verdrängt die unbedingte Erbeinsetzung die frühere bedingte. (62) Pomp 426= D 30.12.3 Pomp 3 Sab In legatis novissimae scripturae valent … interdum tamen in legatis non posterior, sed praecedens scriptura valet: nam si ita scripsero: ,quod Titio infra legavero, id neque do neque lego‘, quod infra legatum erit, non valebit. nam et eum sermonem, quo praesentia legata data in diem proferuntur, ad postea quoque scripta legata pertinere placuit. voluntas ergo facit, quod in testamento scriptum valeat. Bei Vermächtnissen gilt die jüngste Verfügung … Zuweilen gilt aber bei Vermächtnissen nicht die spätere, sondern die vorangehende Verfügung; denn wenn ich so verfügt habe: „was ich Titius unten vermachen werde, vermache ich nicht“, gilt das, was unten vermacht ist, nicht. Denn auch die Bestimmung, wonach die sofort zu leistenden Vermächtnisse aufgeschoben werden, bezieht sich anerkanntermaßen auf die später festgesetzten Vermächtnisse. Der Wille des Erblassers bestimmt also darüber, was im Testament gilt.

Zum Nachweis, dass sich die spätere Verfügung nicht stets durchsetzt, führt Pomponius zwei Fälle an, in denen ein Erblasser zunächst eine generelle Bestimmung getroffen hat, die sich auf alle weiteren Vermächtnisse beziehen soll. Hat er vorab deren Ungültigkeit oder Aufschub verfügt, gelten diese Anordnungen, obwohl sie älter sind, auch für die folgenden Vermächtnisse. Als allgemeine Regelungen widersprechen sie nämlich gar nicht den jüngeren Einzelverfügungen, die sie folglich nicht in Frage stellen können. Einen Konflikt zwischen widerstreitenden Testamentsbestimmungen löst außer dem Satz vom Vorrang der letzten Verfügung auch die Regel von der Irrelevanz einer falsa demonstratio: 269

Mit der Frage, ob sich die Freilassung wegen des favor libertatis vielleicht auch bei umgekehrter Reihenfolge gegenüber dem Vermächtnis durchsetzt, braucht sich Pomponius nicht zu befassen. Und auf sie kommt es auch weder bei Javolen in D 31.37 Iav 1 Cass noch bei Julian in D 30.108.9 Afr 5 quaest (hierzu Harke, Argumenta Iuventiana – argumenta Salviana, S. 306) an, weil die Aussagen dieser Juristen jeweils den Fall betreffen, dass eine unwirksame Freilassung mit einem gültigen Vermächtnis zusammentrifft. Denkbar ist bloß, dass Julians Entscheidung zugunsten des Vorrangs einer bedingten Freilassung in D 30.68.3 Gai 18 ed unabhängig von der Reihenfolge von Freilassung und Vermächtnis gilt.

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(63) Pomp 244 = D 34.2.10 Pomp 5 QM Quintus Mucius ait: si pater familias uxori vas aut vestimentum aut quippiam aliud ita legavit ,quod eius causa emptum paratumve esset‘, id videtur legasse, quod magis illius quam communis usus causa paratum esset. Pomponius: … sed quod Quintus Mucius demonstrat ,vas aut vestimentum aut quid aliud‘, efficit, ut falsa sint quae subiecimus: multum enim interest, generaliter an specialiter legentur haec. nam si generaliter, veluti ita ,quae uxoris causa comparata sunt‘, vera est illius definitio: si vero ita scriptum fuerit ,vestem illam purpuram‘, ut certa demonstraret, licet adiectum sit ,quae eius causa empta paratave essent‘, licet neque empta neque parata neque in usum ei data sint, legatum omnimodo valet, quia certo corpore legato demonstratio falsa posita non peremit legatum. veluti si ita sit scriptum: ,Stichum, quem ex venditione Titii emi‘: nam si neque emit aut ex alia venditione emit, legatum nihilo minus valet. … Quintus Mucius schreibt: Hat ein Familienvater seiner Frau ein Gefäß oder Bekleidung oder etwas anderes mit dem Zusatz vermacht: „was ihretwegen gekauft oder angeschafft worden ist“, gilt dasjenige als vermacht, was eher zu ihrem als zum gemeinsamen Nutzen angeschafft worden ist. Pomponius: … Wenn aber Quintus Mucius ein „Gefäß oder Bekleidung oder etwas anderes“ meint, wäre falsch, was wir zugrunde legen; denn es besteht ein großer Unterschied, ob es als Stück oder der Gattung nach vermacht worden ist. Ist es der Gattung nach vermacht, wie zum Bespiel „was meiner Frau wegen angeschafft worden ist“, trifft diese Regel zu; ist dagegen wie folgt verfügt: „jenes rote Kleid“, so dass es als Stück bestimmt ist, gilt, obwohl hinzugefügt ist: „das ihrethalben gekauft oder angeschafft worden ist“ , das Vermächtnis unter allen Umständen, auch wenn das Kleid weder gekauft noch angeschafft noch ihr zum Gebrauch überlassen worden ist, weil beim Stückvermächtnis die Verwendung einer falschen Beschreibung das Vermächtnis nicht ungültig macht. Wie zum Beispiel, wenn wie folgt verfügt worden ist: „Stichus, den ich durch Kaufvertrag mit Titius gekauft habe“; denn wenn er ihn nicht oder durch einen anderen Kaufvertrag gekauft hat, gilt das Vermächtnis nichtsdestoweniger …

Pomponius bestreitet die Allgemeingültigkeit einer Entscheidung von Quintus Mucius, der ein Vermächtnis über Dinge, die für die Frau des Erblassers angeschafft worden sind, auf solche Gegenstände beschränkt sieht, die zum persönlichen Gebrauch der Frau und nicht zum gemeinsamen der Ehegatten gedacht waren. Den Zusatz über die Herkunft der Sachen hält Pomponius nur beim Gattungsvermächtnis für relevant, da er hier das maßgebliche Kriterium zur Identifikation der dem Vermächtnis unterfallenden Sachen ist. Beim Vermächtnis eines bestimmten Gegenstands sei der Zusatz dagegen unerheblich, so dass er die Gültigkeit des Vermächtnisses auch dann nicht in Frage stellen kann, wenn er mit der Bestimmung der Sache in Widerspruch tritt, weil diese eben nicht über die ihr zugeschriebene Herkunft verfügt. Die entsprechende Regel: ,demonstratio falsa legatum non peremit‘,270 ist schon bei Javolen belegt, der sich für seine Entscheidung auf Labeo, Ofilius und Trebaz beruft271.272 Für den Parallelfall der Zuwendung einer Sache oder einer 270

Sie behandelt auch Gaius in D 35.1.17pr Gai 2 leg ed prov. D 35.1.40.4 Iav 2 ex post Lab: Qui dotalem fundum nullum habebat, ita legaverat: ,fundum Cornelianum, quem illa mihi doti dedit, ei heres dato‘. Labeo Ofilius Trebatius responderunt fundum nihilo minus legatum esse, quia, cum fundus cornelianus in rerum natura sit, demonstratio falsa legatum non peremit. 271

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Mehrheit von Sachen, die der Erblasser als ihm gehörig bezeichnet, leitet Pomponius eine entsprechende Regel aus einer kaiserlichen Entscheidung her. Diese galt dem umgekehrten Fall, dass jemand eine Sache, ohne sie sein eigen zu nennen, nur für den Fall vermachen wollte, dass sie ihm gehörte, und führte zu der Feststellung, dass nur die Ansicht des Erblassers über die Identität der Sache, dagegen nicht die vorhandene oder fehlende Bezeichnung als eigene entscheide: Pomp 226 = D 32.85 Pomp 2 QM Nuper constitutum est a principe, ut et non adiecto hoc ,meum‘ si quis corpus alicui leget et ita sentiat, ut ita demum praestetur, si suum sit, ita valere legatum, ut appareat magis sententiam legantis, non hoc verbum ,meum‘ respiciendum esse. et ideo elegans est illa distinctio, ut, quotiens certum corpus legatur, ad praesens tempus adiectum hoc verbum ,meum‘ non faciat condicionem, si vero incertum corpus legetur, veluti ita ,vina mea‘ ,vestem meam‘, videatur pro condicione hoc verbum esse ,mea‘, ut ea demum, quae illius sint, videantur legata. … Unlängst ist vom Kaiser entschieden worden, dass auch dann, wenn jemand einem anderen eine Sache vermache, ohne das Wort „meine“ hinzuzufügen, er aber beabsichtigte, dass sie nur dann geleistet werden sollte, wenn sie ihm gehört, das Vermächtnis so gelte, woraus sich ergibt, dass mehr auf die Absicht des Erblassers als auf das Wort „meine“ Rücksicht zu nehmen ist. Und daher rührt die feinsinnige Unterscheidung, dass, wenn eine bestimmte Sache vermacht ist, das zugleich hinzugefügte Wort „meine“ keine Bedingung bedeutet, und dagegen, wenn eine unbestimmte Sache vermacht sei wie „mein Wein“, „mein Kleid“, das Wort „meine“ als Ausdruck einer Bedingung gelte, so dass sie nur dann vermacht seien, wenn sie ihm gehörten. …

Mit den Regeln über den dies cedens bei bedingten und befristeten Vermächtnissen beschäftigt sich Pomponius in vier Entscheidungsbegründungen. Um die Erfüllbarkeit des Legats geht es ihm dabei in (64) Pomp 229 = D 35.1.1.1 Pomp 3 QM: Cum dies certus adscriptus est, quamvis dies nondum venerit, solvi tamen possunt, quia certum est ea debitu iri. Ist ein fester Termin bestimmt, kann, obwohl dieser noch nicht gekommen ist, gleichwohl schon geleistet werden, weil sicher ist, dass die Voraussetzung eintreten wird.

Dass der Anspruch auf Leistung aus einem aufgeschobenen Vermächtnis entsteht, ist nicht selbstverständlich. Bei bedingten Legaten erwirbt der Vermächtnisnehmer die Forderung erst mit dem Bedingungseintritt, so dass sie, wenn er vorher stirbt, auch nicht auf seinen Erben übergehen kann.273 Dies gilt, wie Pomponius in § 2274 dieses Fragments ausdrücklich feststellt, sogar dann, wenn die Leistung auf den Tod des Erben aufgeschoben ist, weil die Verpflichtung dann unter der Bedingung steht, dass der Vermächtnisnehmer den Erben überlebt. Bei einem dies certus, der sich mit 272

Wieling, Falsa demonstratio, condicio pro non scripta, condicio pro impleta im römischen Recht, SZ 87 (1970) 197, 199 ff. glaubt, die Regel habe ursprünglich nur dem Fall einer absichtlich falschen Beschreibung beim Vermächtnis zugunsten einer Ehefrau gegolten. 273 D 36.2.5.2 Ulp 20 Sab. 274 s. o. Fn. 104.

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Hilfe eines Kalenders bestimmen lässt, kommt die für bedingte Legate geltende Regel jedoch nicht zum Zuge, so dass sie sicher entweder in der Person des Vermächtnisnehmers oder seines Erben entstehen und daher auch schon vorab erfüllt werden können. Als Urheber des Satzes, dass eine sicher begründete Vermächtnisforderung sofort entsteht und vererblich ist, nennt Pomponius an anderer Stelle seines Muciuskommentars den Frühklassiker Labeo: (65) Pomp 246 = D 36.2.22.1 Pomp 5 QM Quaedam autem condiciones etiam supervacuae sunt, veluti si ita scribat: ,Titius heres esto. si Titius hereditatem meam adierit, Maevio decem dato‘: nam pro non scripto ea condicio erit, ut omnimodo ad heredem Maevii legatum transeat, etiamsi Maevius ante aditam hereditatem decesserit. et idem, si ita fuerit scriptum: ,si Titius hereditatem meam adierit, intra dies centum Maevio decem dato‘: nam hoc legatum in diem erit, non sub condicione, quia definitio Labeonis probanda est dicentis id demum legatum ad heredem legatarii transire, quod certum sit debitum iri, si adeatur hereditas. Manche Bedingungen sind überflüssig, wie zum Beispiel, wenn jemand wie folgt verfügt: „Titius soll mein Erbe sein. Tritt Titius die Erbschaft an, soll er Mävius zehn leisten“; denn diese Bedingung gilt als nicht geschrieben, so dass das Vermächtnis jedenfalls auf den Erben des Mävius übergeht, auch wenn Mävius vor dem Antritt der Erbschaft gestorben ist. Und ebenso, wenn wie folgt verfügt ist: „wenn Titius die Erbschaft antritt, soll er Mävius binnen 100 Tagen zehn leisten“; denn dieses Vermächtnis ist auf einen Termin gestellt, nicht unter eine Bedingung, weil die Regel Labeos Zustimmung verdient, der geschrieben hat, nur ein solches Vermächtnis gehe auf den Erben des Vermächtnisnehmers über, von dem sicher ist, dass die Voraussetzung eintritt, wenn die Erbschaft angetreten wird.

Ordnet ein Erblasser an, dass sein Erbe ein Vermächtnis innerhalb von 100 Tagen nach Erbschaftsantritt erfüllen soll, liegt nach Pomponius’ Meinung ebenso wenig eine echte Bedingung vor wie in dem Fall, dass das Vermächtnis unter den Vorbehalt des Erbschaftsantritts gestellt ist. Da dieser ohnehin Voraussetzung der Vermächtnisschuld ist, entsteht der Anspruch des Vermächtnisnehmers in beiden Fällen sofort und ist auch vererblich. Dementsprechend greift hier wie dort die definitio Labeonis ein, wonach die Forderung auf den Vermächtnisnehmer übergeht, wenn sicher ist, dass ihre Voraussetzungen eintreten. Dieser Regel bedient sich Pomponius auch, wenn ein Vermächtnis unter eine für sich genommen echte Bedingung gestellt ist, diese aber derjenigen entspricht, die der Erblasser für die Einsetzung des mit dem Vermächtnis belasteten Erben vorgesehen hat: (66) Pomp 855 = D 36.2.21.1 Paul 2 Vit Si sub condicione, qua te heredem institui, sub ea condicione Titio legatum sit, Pomponius putat perinde huius legati diem cedere atque si pure relictum esset, quoniam certum esset herede existente debitum iri: neque enim per condicionem heredum fieri incerta legata nec multum interesse tale legatum ab hoc ,si heres erit, dato‘. Pomponius glaubt, dass, wenn unter derselben Bedingung, unter der ich dich zum Erben eingesetzt habe, dem Titius ein Vermächtnis ausgesetzt ist, dieses Vermächtnis ebenso

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anfalle, als wenn es unbedingt hinterlassen wäre, weil sicher sei, dass die Voraussetzung mit Erbschaftsantritt eintrete; und durch Bedingungen für die Erbschaft würden Vermächtnisse nicht ungewiss, und es sei kein großer Unterschied zwischen diesem Vermächtnis und einem solchen, das lautet: „wenn der Erbe antritt, soll er leisten“.

Da hier mit dem Umstand, der Voraussetzung der Erbfolge ist, zugleich die Bedingung für den Vermächtnisanspruch erfüllt wird, ist das Vermächtnis entgegen dem ersten Anschein doch unbedingt, so dass es sicher entsteht und auf den Erben des Vermächtnisnehmers übergehen kann. Dagegen liegt wiederum eine echte Bedingung vor, wenn das Vermächtnis an ein bestimmtes Alter des Vermächtnisnehmers geknüpft ist: (67) Pomp 246 = D 36.2.22pr Pomp 5 QM Si Titio, ,cum is annorum quattuordecim esset factus‘, legatum fuerit et is ante quartum decimum annum decesserit, verum est ad heredem eius legatum non transire, quoniam non solum diem, sed et condicionem hoc legatum in se continet ,si effectus esset annorum quattuordecim‘, qui autem in rerum natura non esset, annorum quattuordecim esse non intellegeretur. nec interest, utrum scribatur ,si annorum quattuordecim factus erit‘ an ita, cum priore scriptura per condicionem tempus demonstratur, sequenti per tempus condicio, utrubique tamen eadem condicio est. Ist Titius vermacht, „wenn er 14 Jahre alt wird“, und ist er vor Vollendung des 14. Lebensjahres gestorben, geht das Vermächtnis allerdings nicht auf seinen Erben über, weil das Vermächtnis mit dem Zusatz: „falls er 14 Jahre alt wird“, nicht nur einen Termin, sondern auch eine Bedingung enthält, denn wer nicht mehr lebt, kann auch keine 14 Jahre alt werden. Und es macht auch keinen Unterschied, ob verfügt wird: „falls er 14 Jahre geworden ist“ oder so wie beschrieben; ist im ersten Fall auch der Termin durch eine Bedingung, im zweiten die Bedingung durch einen Termin beschrieben, so ist es doch in beiden Fällen dieselbe Bedingung.

Ein Vermächtnis, das durch die Konjunktion cum auf ein Alter des Vermächtnisnehmers bezogen ist, muss ebenso behandelt werden wie ein Vermächtnis, das durch Verwendung der Konjunktion si ausdrücklich unter die Bedingung gestellt worden ist, dass der Vermächtnisnehmer dieses Alter erreicht. Die Zeitbestimmung enthält automatisch die Bedingung, dass der Vermächtnisnehmer das Alter erreicht; und diese Bedingung enthält zwangsläufig auch einen Aufschub der Verpflichtung auf den Moment, in dem der Legatar das genannte Alter erreicht. Rechtsfolge des Bedingungscharakters ist eine Verschiebung des dies cedens: Da dieser bei bedingten Vermächtnissen erst mit der Erfüllung der condicio eintritt, kann der Anspruch nicht auf den Erben des Vermächtnisnehmers übergehen, wenn dieser stirbt, bevor er das genannte Alter erreicht hat. Die coniunctio zweier Vermächtnisnehmer als Tatbestand eines Anwachsungsrechts beschäftigt Pomponius schließlich in (68) Pomp 219 = D 28.5.67 Pomp 1 QM: Si ita quis heredes instituerit: ,Titius heres esto: Gaius et Maevius aequis ex partibus heredes sunto‘, quamvis et syllaba coniunctionem faciat, si quis tamen ex his decedat, non alteri soli

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pars adcrescit, sed et omnibus coheredibus pro hereditariis portionibus, quia non tam coniunxisse quam celerius dixisse videatur. Hat jemand seine Erben wie folgt eingesetzt: „Titius soll Erbe sein; Gaius und Maevius sollen zu gleichen Teilen Erben sein“, wächst, obwohl er nach dem Wortlaut eine Verbindung hergestellt hat, gleichwohl, wenn einer von den beiden stirbt, sein Teil nicht nur dem anderen an, sondern allen Miterben nach ihren Erbquoten, weil er weniger verbunden als hastig verfügt zu haben scheint.

Hat jemand einen Erben und dann zwei weitere zu gleichen Teilen eingesetzt, stellt sich beim Wegfall eines dieser beiden die Frage, ob der Erbteil allein dem anderen oder auch dem dritten anwächst. Die Anwachsung unter den beiden zusammen erwähnten Erben entspricht der Regel, dass bei einer coniunctio eine Anwachsung nur unter den verbundenen Erben stattfindet.275 Pomponius verneint jedoch die Voraussetzungen dieser Rechtsfolge: Dass der Erblasser zwei Erben in einer Verfügung genannt hat, genügt ihm noch nicht, um eine verbundene Erbeinsetzung anzunehmen. Der räumlichen Trennung von dem dritten Erben lässt sich noch nicht entnehmen, dass die beiden anderen privilegiert sein sollen, zumal sie zu gleichen Teilen (,aequis partibus‘) erben sollen.276 Mangels weiterer Anhaltspunkte für eine Verbindung geht Pomponius davon aus, dass der Erblasser seine Verfügung aus Hast ungeschickt gefasst und keine coniunctio vorgenommen hat, die eine separate Anwachsung auslöste. b) Subsumtion unter Rechtsgeschäfte aa) Verträge 1. Die meisten der 10 Entscheidungen, die Pomponius durch Subsumtion unter eine Parteivereinbarung begründet, gelten Stipulationsversprechen. Bei ihnen geht es zuweilen um den Inhalt der versprochenen Leistung, zuweilen um den Eintritt einer Bedingung, unter der die Verpflichtung des Schuldners steht. Den Leistungsinhalt betrifft die folgende Entscheidung zur Wahlbefugnis eines Schuldners: (1) Pomp 271 = D 45.1.112pr Pomp 15 QM Si quis stipulatus sit Stichum aut Pamphilum, utrum ipse vellet: quem elegerit, petet et is erit solus in obligatione. an autem mutare voluntatem possit et ad alterius petitionem transire, quaerentibus respiciendus erit sermo stipulationis, utrumne talis sit, ,quem voluero‘ an ,quem volam‘: nam si talis fuerit ,quem voluero‘, cum semel elegerit, mutare voluntatem non poterit: si vero tractum habeat sermo illius et sit talis ,quem volam‘, donec iudicium dictet, mutandi potestatem habebit.

275

D 28.5.64 Iav 1 Cass: Heredes sine partibus utrum coniunctim an separatim scribantur, hoc interest, quod, si quis ex coniunctis decessit, non ad omnes, sed ad reliquos qui coniuncti erant pertinet, sin autem ex separatis, ad omnes, qui testamento eodem scripti sunt heredes, portio eius pertinet. 276 Vgl. Lohsse, Ius adcrescendi. Die Anwachsung im römischen Vermächtnisrecht, Köln u. a. 2008, S. 137 Fn. 385.

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Hat sich jemand Stichus und Pamphilus, und zwar, welchen von beiden er will, versprechen lassen, fordert er denjenigen, den er gewählt hat, und dieser ist allein Gegenstand der Verpflichtung. Bei der Frage, ob er aber seinen Willen ändern kann und auf die Forderung des anderen übergehen, ist auf den Wortlaut des Versprechens zu achten, nämlich ob es „welchen ich gewollt habe“ oder „welchen ich will“ lautet; denn wenn er „welchen ich gewollt habe“ lautet, kann er, wenn er einmal gewählt hat, seine Meinung nicht mehr ändern; hat er den Wortlaut aber weiter gefasst und lautet er „welchen ich will“, hat er die Befugnis, seine Wahl zu ändern, bis Klage erhoben ist.

Hat jemand durch Stipulation die Leistung eines von zwei Sklaven nach seiner Wahl versprochen, beschränkt sich seine Verpflichtung auf den Sklaven, für den er sich entschieden hat. Ob er seine Wahl noch revidieren kann, macht Pomponius von der Fassung der Stipulation abhängig: Ist sie präsentisch formuliert, bleibt dem Schuldner das Wahlrecht bis zu dem Moment erhalten, in dem er durch Klage auf Übereignung des zunächst bestimmten Sklaven in Anspruch genommen wird. Denn durch die Verwendung des Gegenwartstempus ist die Meinung des Schuldners im letzten Moment seiner Wahlbefugnis bezeichnet. Nimmt die Stipulation dagegen auf eine in der Vergangenheit getroffene Wahl Bezug, bedeutet dies, dass die Entscheidung, die der Schuldner einmal getroffen hat, keiner Abänderung mehr zugänglich ist. Denn mit einer schon vergangenen Wahl, aus der sich die Verpflichtung des Schuldners ergibt, kann nur seine erstmalige Entscheidung gemeint sein.277 Ebenfalls um den Gegenstand des Versprechens geht es in dem nächsten Text, in dem Pomponius die Reichweite einer Bürgschaft beschäftigt: (2) Pomp 721 = D 36.3.10 Pomp 26 Sab Si a te herede legatum mihi sit sub condicione tuque, postquam adieris hereditatem, satisdederis legatorum et post mortem tuam ante aditam tuam hereditatem condicio legati extiterit, Sabinus ait fideicommissores mihi teneri, quia omnimodo dari oportet legatum et in rem esset concepta stipulatio. Sabinus sagt, dass, wenn mir ein Vermächtnis zu deinen Lasten als Erbe unter einer Bedingung ausgesetzt worden ist und du, nachdem du die Erbschaft angetreten hast, den Vermächtnisnehmern Sicherheit geleistet hast und nach deinem Tod und noch vor Antritt deiner Erbschaft die Bedingung des Vermächtnisses eingetreten ist, deine Bürgen mir hafteten, denn das Vermächtnis muss unbedingt erfüllt werden, und das Versprechen sei auf einen Gegenstand bezogen.

Hat ein Erbe für die Erfüllung bedingt ausgesetzter Vermächtnisse Sicherheit durch Bürgschaft geleistet, sind die Bürgen auch dann zur Leistung verpflichtet, wenn die Bedingung erst nach dem Tod des Erben eintritt. Die Vermächtnisschuld selbst ist mit dem Eintritt der Bedingung begründet, falls der Vermächtnisnehmer zu diesem Zeitpunkt noch gelebt hat. Und die Haftung der Bürgen ist nicht auf die Schuld des Erben beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf die Verpflichtung seines Rechtsnachfolgers. Etwas anderes würde nur gelten, wenn die Bürgschaft ,in personam‘, also beschränkt auf die individuelle Verpflichtung des Erben selbst, 277

Mit dieser Entscheidung beschäftigt sich auch Ziliotto (Fn. 199), S. 65 ff.

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übernommen worden ist. Mangels eines entsprechenden Zusatzes ist sie dagegen ,in rem‘ gefasst, deckt also die Vermächtnisschuld unabhängig von der Person des Verpflichteten ab. Daher besteht sie auch über den Tod des Erben hinaus für die Schuld, die jetzt dessen Rechtsnachfolger trifft. Auf eine Bedingung für die zugesagte Leistung richtet Pomponius sein Augenmerk dagegen, wenn er sich an zwei Stellen mit der Frage befasst, ob eine Eviktionsstipulationsstipulation verfallen ist: (3) Pomp 326 = D 21.2.22.1 Pomp 1 Plaut Si pro evictione fundi quem emit mulier satis accepisset et eundem fundum in dotem dedisset, deinde aliquis eum a marito per iudicium abstulisset, potest mulier statim agere adversus fideiussores emptionis nomine, quasi minorem dotem habere coepisset vel etiam nullam, si tantum maritus optulisset, quanti fundus esset. Ist einer Frau für die Entwehrung eines Grundstücks, das sie gekauft hat, Sicherheit geleistet worden und hat sie das Grundstück als Mitgift gegeben und hat dann jemand es dem Ehemann in einem Prozess entwehrt, kann die Frau wegen des Kaufs sofort gegen die Bürgen klagen, weil sie nur eine geringere oder gar überhaupt keine Mitgift hat, wenn der Mann so viel gezahlt hat, wie viel das Grundstück wert war.

Ist ein Grundstück entwehrt worden, das eine Frau gekauft und ihrem Ehemann als Mitgift gegeben hat, stellt sich die Frage, ob dies zum Verfall der hierfür als Sicherheit geleisteten Eviktionsstipulation führt. Die Antwort begegnet der Schwierigkeit, dass die Frau von der Entwehrung des Grundstücks nicht direkt betroffen ist: Der Eigentümer des Grundstücks wendet sich an den Ehemann als tatsächlichen Inhaber des Grundstücks; und dieser hat noch nicht einmal ohne Weiteres die Möglichkeit des Regresses gegenüber seiner Frau. Gleichwohl wird sie zum Opfer einer Eviktion, weil ihr die Mitgift, obwohl sie im Eigentum ihres Mannes steht, doch als Sondervermögen zugewiesen ist und ganz oder teilweise wegfällt, wenn der Ehemann dem Eigentümer Ersatz in Höhe des Wertes des Grundstücks leistet.278 Damit ist die vereinbarte Bedingung für den Verfall der Sicherheit erfüllt, nämlich dass der Verkäufer gegenüber der Frau nicht für habere licere gesorgt hat. (4) Pomp 733 = D 21.2.34.1 Pomp 27 Sab Si communi dividundo mecum actum esset et adversario servus adiudicatus sit, quia probavit eum communem esse, habebo ex duplae stipulatione actionem, quia non interest, quo genere iudicii evincatur, ut mihi habere non liceat. Ist die Teilungsklage gegen mich erhoben worden und ein Sklave meinem Gegner zugewiesen worden, weil er bewiesen hat, dass er ihn im gemeinschaftlichen Eigentum hatte, 278 Dies stellt noch deutlicher Tryphonin in D 23.3.75 Tryph 6 disp heraus: Quamvis in bonis mariti dos sit, mulieris tamen est, et merito placuit, ut, si in dotem fundum inaestimatum dedit, cuius nomine duplae stipulatione cautum habuit, isque marito evictus sit, statim eam ex stipulatione agere posse. porro cuius interest non esse evictum quod in dote fuit quodque ipsa evictionem pati creditur ob id, quod eum in dotem habere desiit, huius etiam constante matrimonio, quamvis apud maritum dominium sit, emolumenti potestatem esse creditur, cuius etiam matrimonii onera maritus sustinet.

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steht mir die Klage aus dem Versprechen des doppelten Kaufpreises zu, weil es nicht darauf ankommt, durch welche Art von Verfahren die Kaufsache entwehrt wird, so dass mir ihr ungestörter Besitz nicht mehr möglich ist.

Zwar erfasst der Rechtsmangel in diesem Fall nicht die Kaufsache insgesamt, weil der Käufer immerhin Miteigentum an ihr erworben hat oder ihm dies jedenfalls nicht streitig gemacht wird. Seine Rechtsstellung bleibt jedoch insofern hinter seinen Erwartungen zurück, als er mit dem ungestörten Besitz der Kaufsache rechnen durfte, wie er einem Alleineigentümer zusteht. Eben diesen hat er verloren, weil jemand als Miteigentümer die Teilungsklage erhoben und die Kaufsache in diesem Rahmen sogar zu Alleineigentum zugesprochen bekommen hat. Die Bedingung für ein Strafzinsversprechen betrifft (5) Pomp 336 = D 45.1.90 Pomp 3 Plaut: Cum stipulati sumus pro usuris legitimis poenam in singulos menses, si sors soluta non sit, etiamsi sortis obligatio in iudicium sit deducta, adhuc tamen poena crescit, quia verum est solutam pecuniam non esse. Haben wir uns statt der gesetzlichen Zinsen eine monatliche Strafe für den Fall versprechen lassen, dass das Kapital nicht gezahlt wird, wächst die Strafe, auch wenn die Verpflichtung über die Kapitalschuld rechtshängig gemacht worden ist, weil wahr ist, dass das Kapital nicht gezahlt worden ist.

Ein Versprechen zur Zinsleistung auf eine nicht rechtzeitig beglichene Kapitalschuld verfällt auch, wenn diese schon zum Gegenstand einer Klage gemacht worden ist. Zwar ist die Verpflichtung des Schuldners zur Hauptleistung infolge der litis contestatio erloschen. Die Zinsschuld knüpft aber nicht an die Existenz der Hauptverpflichtung, sondern an die Tatsache der Nichtleistung an. Hierzu ist es ungeachtet des Wegfalls der Verpflichtung zur Zahlung des Kapitals wirklich gekommen (,verum est‘), so dass die Bedingung für das Zinsversprechen erfüllt ist. Sowohl auf den Inhalt einer Stipulation als auch auf eine Bedingung bezogen kann die folgende Entscheidung sein, die vermutlich einem Gestellungsversprechen gilt: (6) Pomp 205 = D 50.16.246pr Pomp 16 ep Apud Labeonem pithanon ita scriptum est: exhibet, qui praestat eius de quo agitur praesentiam. nam etiam qui sistit, praestat eius de quo agitur praesentiam, nec tamen eum exhibet: et qui mutum aut furiosum aut infantem exhibet, non potest videri eius praestare praesentiam: nemo enim ex eo genere praesens satis apte appellari potest. Bei Labeo in den pithana steht geschrieben: Jemand führt vor, indem er die Gegenwart desjenigen, um den oder das gestritten wird, gewährleistet. Denn auch wer jemanden stellt, gewährleistet so die Gegenwart desjenigen, um den gestritten wird, ohne ihn aber vorzuführen; und wer einen Stummen oder Geisteskranken oder ein Kind vorführt, scheint nicht deren Gegenwart zu gewährleisten; denn niemand von dieser Art kann trefflich als hinreichend gegenwärtig bezeichnet werden.

Pomponius referiert die Ansicht Labeos, der zwischen exhibere und sistere unterscheidet, als gemeinsamen Kern aber ausmacht, dass der Verpflichtete die Gegenwart desjenigen gewährleistet, der oder das vorgeführt werden muss (,praestare

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praesentiam‘). Geht es um eine Person, so sieht Pomponius diese Vorgabe nicht als erfüllt an, wenn sie minderjährig oder geisteskrank ist. Denn sie ist zwar körperlich, aber nicht geistig präsent und die Zusage der Gestellung damit unerfüllt geblieben. Diese kann entweder selbst Gegenstand des Versprechens oder ihr Ausfall Bedingung für die Stipulation einer Vertragsstrafe sein, die der Schuldner für den Fall versprochen hat, dass er die Person, die er vorführen soll, nicht beibringt. 2. Um den Gegenstand eines Kaufvertrags geht es im folgenden Text: (7) Pomp 198 = D 50.16.245pr Pomp 10 ep Statuae adfixae basibus structilibus aut tabulae religatae catenis aut erga parietem adfixae aut si similiter cohaerent lychni, non sunt aedium: ornatus enim aedium causa parantur, non quo aedes perficiantur. idem Labeo ait. Statuen, die auf einer gemauerten Basis angebracht sind, oder Bilder, die an Ketten hängen oder an der Wand angebracht sind, oder Lampen, die auf ähnliche Weise befestigt sind, gehören nicht zum Gebäude; sie sind nämlich zur Zierde des Gebäudes angeschafft, nicht zu seiner Vollendung. Labeo ist ebenfalls dieser Ansicht.

Pomponius befasst sich mit der Zugehörigkeit von Statuen, Bildern und Lampen zu einem Haus. Der Zusammenhang mit dem einem aus demselben Buch der Episteln stammenden Fragment, das Lenel in seiner Palingenesie voranstellt,279 legt nahe, dass sich Pomponius mit der Frage befasst, ob diese Einrichtungsgegenstände vom Käufer eines Hauses als dessen Bestandteile gefordert oder vom Verkäufer bei der Übergabe der Kaufsache einbehalten werden können. Pomponius verneint einen Anspruch des Käufers, indem er die Sachen als Zierrat einordnet. So gehören sie nicht zu den Dingen, die Teil des Gebäudes selbst sind und ohne die es unvollendet wäre. Ohne besondere Vereinbarung bezieht sich der Kaufvertrag aber nur auf das Gebäude als Kaufsache. In zwei weiteren Entscheidungen, die beide demselben Fragment entstammen, befasst sich Pomponius mit der Frage, ob die Bedingung eingetreten ist, unter der ein Kaufvertrag wegen des Vorbehalts eines besseren Gebots steht: (8) Pomp 540 = D 18.2.15pr Pomp 9 Sab Si praedio in diem addicto ante diem venditor mortuus sit, sive post diem heres ei exsistat sive omnino non exsistat, priori praedium emptum est, quia melior condicio allata, quae domino placeat, intellegi non potest, cum is qui vendat non exsistat: quod si intra diem adiectionis heres existat, melior condicio ei adferri potest. Stirbt der Verkäufer nach dem Verkauf eines Grundstücks unter dem Vorbehalt eines besseren Gebots vor Fristablauf und tritt entweder der Erbe danach an oder gibt es überhaupt keinen Erben, ist das Grundstück dem ersten Käufer verkauft, weil ein besseres Gebot, das

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Pomp 197 = D 19.1.55 Pomp 10 ep: Si servus, qui emeretur vel promitteretur, in hostium potestate sit, Octavenus magis putabat valere emptionem et stipulationem, quia inter ementem et vendentem esset commercium: potius enim difficultatem in praestando eo inesse, quam in natura, etiamsi officio iudicis sustinenda esset eius praestatio, donec praestari possit. Vgl. hierzu Harke (S. 12 Fn. 7), S. 177 Fn. 23.

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dem Eigentümer zusagen könnte, nicht denkbar ist, wenn der Verkäufer nicht mehr lebt; gibt es aber vor Fristablauf einen Erben, kann ihm ein besseres Gebot gemacht werden.

Ein Kaufvertrag, den der Verkäufer unter dem Vorbehalt eines besseren Gebots eingegangen ist, wird endgültig wirksam, wenn der Verkäufer stirbt und vor Ablauf der für das Gebot vorgesehenen Frist keinen Erben hat. Denn ein Gebot, dessen Ausbleiben Bedingung für die Wirksamkeit des Vertrags ist, kann nicht mehr abgegeben werden, wenn es keinen Adressaten gibt, an den es gerichtet werden könnte. Da es keine melior condicio allata mehr geben kann, ist die Bedingung erfüllt. (9) Pomp 540 = D 18.2.15.1 Pomp 9 Sab Si fundus in diem addictus fuerit pluris, ut quaedam ei accedant, non quae accesserint priori emptori, si non minoris sint hae res, quam quo pluris postea fundus venierit, prior venditio valet, quasi melior condicio allata non sit: si minoris sint . idemque aestimandum est, si dies longior pretii solvendi data fuerit, ut quaeratur, quantum ex usura eius temporis capi potuerit. Ist ein Grundstück, das unter dem Vorbehalt eines besseren Gebots verkauft wurde, dann zu einem höheren Preis verkauft worden, indem Gegenstände hinzukamen, die dem ersten Käufer nicht zukommen sollten, ist der erste Kaufvertrag gültig, falls diese Sachen nicht weniger wert sind als der Betrag, um den das Grundstück später teurer verkauft worden ist, weil kein besseres Gebot vorliegt; sind sie weniger wert, gilt der erste Kaufvertrag nicht. Und ebenso ist zu entscheiden, wenn eine längere Frist zur Zahlung des Kaufpreises bestimmt worden ist, so dass zu fragen ist, wie viel Zinsen man für diese Zeit hätte erlangen können.

Hat der Verkäufer innerhalb der Frist nur ein zweites Gebot erhalten, das zwar den mit dem Käufer vereinbarten Preis übersteigt, sich aber auch auf andere Gegenstände als die ursprüngliche Kaufsache erstreckt, muss es zerlegt werden: Ist der Wert der hinzugekommenen Gegenstände ebenso hoch oder gar höher als der Betrag, um den das zweite Gebot den Kaufpreis übersteigt, liegt keine melior condicio vor, weil der Überschuss vollständig durch die Aufgabe der zusätzlichen Gegenstände kompensiert wird. Die Bedingung für die Wirksamkeit des ersten Kaufvertrags ist damit eingetreten. Sind die hinzugekommenen Sachen dagegen weniger wert, stellt das Gebot eine melior condicio dar, so dass der Kaufvertrag scheitert. Bei einem Gebot, das betragsmäßig über dem Kaufpreis liegt, aber eine längere Frist zur Zahlung des Kaufpreises vorsieht, ist der Nachteil, den die Verzögerung der Preiszahlung bedeutet, anhand der Zinsen zu ermitteln, die der Verkäufer in der Zwischenzeit aus dem Kaufpreis ziehen könnte und die ihm bei Annahme des zweiten Gebots entgehen: Erreicht ihre Summe den Betrag, um den das Gebot den Kaufpreis übersteigt, wird dieser wieder durch den Nachteil, der mit diesem Gebot verbunden ist, ausgeglichen, so dass insgesamt keine ,melior condicio allata‘ vorliegt. 3. Die Voraussetzungen eines vom Pfandgläubiger ausbedungenen Verkaufsrechts beschäftigen Pomponius schließlich in (10) Pomp 799 = D 13.7.8.3 Pomp 35 Sab: Si annua bima trima die triginta stipulatus acceperim pignus pactusque sim, ut nisi sua quaque die pecunia soluta esset, vendere eam mihi liceret, placet, antequam omnium

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pensionum dies veniret, non posse me pignus vendere, quia eis verbis omnes pensiones demonstrarentur: nec verum est sua quaque die non solutam pecuniam, antequam omnes dies venirent. sed omnibus pensionibus praeteritis, etiamsi una portio soluta non sit, pignus potest venire. sed si ita scriptum sit: ,si qua pecunia sua die soluta non erit‘, statim competit ei pacti conventio. Habe ich mir die Zahlung von 30 in drei Jahresraten versprechen lassen, hierfür ein Pfand erhalten und vereinbart, dass ich es verkaufen darf, wenn der Betrag nicht zum festgesetzten Termin gezahlt wird, kann ich das Pfand anerkanntermaßen nicht verkaufen, bevor nicht die Termine für alle Jahresraten gekommen sind, weil der Wortlaut sich auf alle Jahresraten bezieht; und es trifft nicht zu, dass der Betrag nicht zum festgesetzten Termin gezahlt worden ist, bevor nicht alle Termine gekommen sind. Aber wenn alle Jahresraten fällig sind, kann ich das Pfand auch dann verkaufen, wenn nur ein Teil nicht gezahlt worden ist. Aber ist wie folgt vereinbart: „wenn irgendein Betrag nicht zu dem festgesetzten Termin gezahlt wird“, kann sich der Verkäufer sofort auf die Vereinbarung berufen.

Ist ein Pfand zur Sicherung einer durch Ratenzahlung zu erfüllenden Geldforderung bestellt, kann der Pfandgläubiger den ihm vorbehaltenen Verkauf der Pfandsache erst vornehmen, wenn alle Zahlungstermine gekommen sind. Selbst wenn der Schuldner vorher mit einzelnen Raten in Verzug gekommen ist, scheitert bis vor Erreichen des letzten Zahlungstermins die Subsumtion unter den Wortlaut der Vereinbarung, die erfordert, dass der „Betrag“ nicht rechtzeitig gezahlt worden ist (,pecunia sua die non soluta‘). Mit „Betrag“ kann nur die gesamte Summe gemeint sein, die der Schuldner zahlen muss. Er kann daher auch nicht eher in Verzug geraten, als sie insgesamt fällig geworden ist. Anders verhält es sich, wenn die Bedingung für den Pfandverkauf der Verzug mit der Zahlung irgendeines Betrags (,qua pecunia‘) ist. In diesem Fall sind die Voraussetzungen der Pfandverwertung schon dann gegeben, wenn der Schuldner eine Ratenzahlung nicht rechtzeitig geleistet hat. bb) Letztwillige Verfügungen Es gibt nur zwei Entscheidungen, in denen Pomponius die Falllösung durch unvermittelte Subsumtion unter eine testamentarische Anordnung gewinnt. In der einen geht es um die Reichweite eines Befreiungsvermächtnisses: (1) Pomp 509 = D 34.3.8.3 Pomp 6 Sab Tale legatum: ,heres meus a solo Lucio Titio ne petito‘ ad heredem Lucii Titii non transit, si nihil vivo Lucio Titio adversus testamentum ab herede, eo quod ab eo exigere debitum temptavit, sit commissum: quotiens enim cohaeret personae id quod legatur, veluti personalis servitus, ad heredem eius non transit, si non cohaeret, transit. Ein Vermächtnis von der Art: „mein Erbe soll bloß Lucius Titius nicht in Anspruch nehmen“, geht nicht auf den Erben von Lucius Titius über, falls nicht der Erbe zu Lebzeiten von Lucius Titius dem Testament zuwider gehandelt hat, indem er versuchte, von ihm die Schuld zu fordern; immer wenn nämlich der Gegenstand des Vermächtnisses mit einer Person verbunden ist, wie zum Beispiel bei einer persönlichen Dienstbarkeit, geht er nicht auf die Person des Erben über, wenn er nicht mit ihr verbunden ist, geht er über.

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Pomponius befasst sich mit der Wirkung eines Befreiungsvermächtnisses, das nur dem Schuldner allein (,solus‘) zugedacht ist.280 Es erstreckt sich nach seiner Ansicht nur dann auf den Erben des Vermächtnisnehmers, wenn der Rechtsnachfolger des Erblassers zu Lebzeiten des Vermächtnisnehmers diesen in Anspruch nehmen wollte. Andernfalls bleibt der Erbe des Vermächtnisnehmers von dem Legat ausgespart, weil es auf dessen Person beschränkt ist. In dem anderen Fall leitet Pomponius seine Lösung ab, indem er unter den Begriff ,aurum suum‘ subsumiert, mit dem ein Erblasser einen Vermächtnisnehmer bedacht hat: (2) Pomp 261 = D 34.2.34pr Pomp 9 QM Scribit Quintus Mucius: si aurum suum omne pater familias uxori suae legasset, id aurum, quod aurifici faciundum dedisset aut quod ei deberetur, si ab aurifice ei responsum non esset, mulieri non debetur. Pomponius. hoc ex parte verum est, ex parte falsum. nam de eo, quod debetur, sine dubio: ut puta si auri libras stipulatus fuerit, hoc aurum quod ei deberetur ex stipulatu, non pertinet ad uxorem, cum illius factum adhuc non sit: id enim, quod suum esset, non quod in actione haberet, legavit. in aurifice falsum est, si aurum dederit ita, ut ex eo auro aliquid sibi faceret: nam tunc, licet apud aurificem sit aurum, dominium tamen non mutavit manet tamen eius qui dedit et tantum videtur mercedem praestaturus pro opera aurifici: per quod eo perducimur, ut nihilo minus uxori debeatur. quod si aurum dedit aurifici, ut non tamen ex eo auro fieret sibi aliquod corpusculum, sed ex alio, tunc, quatenus dominium transit eius auri ad aurificem (quippe quasi permutationem fecisse videatur), et hoc aurum non transibit ad uxorem. Quintus Mucius schreibt: Hat ein Familienvater seiner Frau sein Gold vermacht, so wird ihr das Gold nicht geschuldet, das der Familienvater einem Goldschmied zur Bearbeitung gegeben hat oder das ihm geschuldet wird, sofern es noch nicht geleistet worden ist. Pomponius: Dies ist zum Teil wahr, zum Teil falsch. Auf das Gold, das nur geschuldet wird, trifft es sicherlich zu; so steht seiner Frau zum Beispiel, wenn er sich Gold pfundweise hat versprechen lassen, dieses Gold nicht zu, da es noch nicht zu seinem geworden ist. Denn er hat nur das vermacht, was ihm gehört, nicht auch das, worauf er einen Anspruch hat. Bei der Übergabe an einen Goldschmied ist die Ansicht von Quintus Mucius aber falsch, wenn der Erblasser das Gold so übergeben hat, dass der Schmied hieraus etwas herstellen sollte. Denn dann wechselt das Eigentum, obwohl das Gold beim Schmied ist, nicht auf diesen über und verbleibt bei dem, der es gegeben hat, und der Lohn wird nur für die Schmiedearbeit geleistet, woraus wir folgern, dass das Gold der Frau geschuldet wird. Hat er aber das Gold dem Schmied so gegeben, dass er nicht hieraus, sondern aus anderem Gold ein Schmuckstück herstellt, dann fällt jenes Gold, insofern das Eigentum auf den Schmied übergeht (weil gewissermaßen ein Tausch vorgenommen worden zu sein scheint), nicht der Frau zu.

Pomponius zitiert eine Entscheidung von Quintus Mucius zur Reichweite eines Vermächtnisses über das dem Erblasser gehörende Gold. Er teilt die Ansicht des älteren Juristen, dass sich diese Verfügung nur auf Goldstücke und goldene Ge280 Noch eindeutiger als das Adjektiv ,solus‘ ist die Klausel ,quamdiu viveret‘, mit der sich Modestin in D 34.3.20pr Mod 10 resp beschäftigt. Den Fall eines gewöhnlichen Befreiungsvermächtnisses, das auch dem Erben des Vermächtnisnehmers zugutekommt, behandelt dagegen Ulpian in 34.3.15 Ulp 64 ed.

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genstände bezieht, die im Eigentum des Erblassers stehen, und nicht Sachen erfasst, auf die der Erblasser lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch hat. Quintus Mucius hat als Beispiel hierfür den Fall angeführt, dass der Erblasser Gold einem Schmied überlassen hat. Hier setzt Pomponius mit seiner Kritik ein, weil er in dem Gold, das einem Schmied übergeben wird, nicht stets den Gegenstand eines nur obligatorischen Anspruchs aus der locatio conductio sieht. Dies treffe zwar zu, wenn der Erblasser einem Schmied Gold als Gegenwert zu dem Material übergeben habe, aus dem dieser ein Schmuckstück herstellen soll. Es gelte aber nicht, wenn der Schmied gerade den übergebenen Stoff bearbeiten soll. Da der Erblasser hier nicht das Eigentum an dem Gold verliert, lässt es sich unter den Begriff des ,aurum suum‘ subsumieren.281

II. Entscheidung durch Auslegung 1. Gesetze und Regeln des Juristenrechts a) Gesetzesauslegung In Pomponius’ Werk gibt es nur zwei Entscheidungsbegründungen, in denen Pomponius eine gesetzliche oder gesetzesähnliche Bestimmung interpretiert. In dem einen Fall deutet er den Tatbestand der prätorischen Freilassung, der trotz der lex Iunia, mit der die unförmliche Freiheit Gesetzesrang erlangt hat, noch im edictum perpetuum aufgeführt ist282 : (1) Pomp 266 = D 40.12.28 Pomp 12 QM Non videtur domini voluntate servus in libertate esse, quem dominus ignorasset suum esse: et est hoc verum: is enim demum voluntate domini in libertate est, qui possessionem libertatis ex voluntate domini consequitur. Ein Sklave, von dem der Eigentümer nicht weiß, dass er ihm gehört, befindet sich nicht mit dem Willen seines Eigentümers in Freiheit; und dies ist richtig; denn nur derjenige befindet sich mit Willen seines Eigentümers in Freiheit, der den Besitz der Freiheit aus dem Willen des Eigentümers erlangt hat.

Pomponius verneint das für die prätorische Freilassung geforderte ,domini voluntate in libertate esse‘,283 wenn der Eigentümer gar nicht weiß, dass es sein Sklave ist, dessen Freiheit er duldet. Anders entscheidet Julian, der genügen lässt, dass der Eigentümer die Freilassung vornimmt, und deren überschießender Wirkung nicht die Bedeutung einer relevanten Fehlvorstellung zumisst, weil der Eigentümer ja zu281 Zur vertrags- und eigentumsrechtlichen Bedeutung dieser Entscheidung insbesondere Benke, Zum Eigentumserwerb des Unternehmers bei der,locatio conductio irregularis‘, SZ 104 (1987) 156 ff., Gröschler, Die Eigentumszuordnung beim Werkvertrag – ein Vergleich, in: Ernst/Jakab (Hg.), Usus Antiquus Juris Romani, Berlin 2005, S. 59, 69 ff. und unlängst Longo, La conventio cum aurifice di Gai 3.147, Index 38 (2010) 291, 304 ff. 282 Lenel EP, S. 378 f. 283 Vgl. fr Dos 5.

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mindest weiß, dass er die Freiheit des Sklaven hinnimmt.284 Pomponius, der einen zielgerichteten Freilassungswillen fordert, interpretiert den Tatbestand der prätorischen Freilassung anders: Der Formel ,domini voluntate in libertate esse‘ entnimmt er, dass der Sklave aufgrund der Freilassungsabsicht seines Eigentümers (,ex voluntate domini‘) den Besitz der Freiheit erlangt hat. So liest er in den Freilassungstatbestand einen Rechtsfolgenwillen hinein, der im Fall des Irrtums über das Eigentum an dem Sklaven natürlich fehlt und ausschließt, dass der Sklave die Freiheit erlangt. Das andere Mal befasst sich Pomponius mit dem Tatbestand der adjektizischen Haftung aus der actio de in rem verso:285 (2) Pomp 130 = D 15.3.10.7 Ulp 29 ed Si domini debitor sit servus et ab alio mutuatus ei solverit, hactenus non vertit, quatenus domino debet … nam, ut Pomponius scribit, adversus lucrum domini videtur subventum: et ideo, sive debitor fuit domino, cum in rem verteret, nihil videri versum, sive postea debitor esse domino coeperit, desinere versum … Ist ein Sklave Schuldner seines Eigentümers und zahlt er an diesen, nachdem er von einem anderen ein Darlehen aufgenommen hat, wendet er insoweit nichts zu, als er dem Eigentümer schuldet … Denn es werde, wie Pomponius schreibt, nur einer Bereicherung des Eigentümers gewehrt; und daher gelte entweder nichts als zugewendet, wenn er Schuldner des Eigentümers war, als er die Sache zugewendet hat, oder es höre auf, zugewendet zu sein, wenn er später Schuldner seines Eigentümers geworden ist …

Die gemeinsame Formel der actio de peculio und de in rem verso nennt als Auslöser der Haftung eines Gewalthabers aus den Geschäften seiner Gewaltunterworfenen den Bezug zum Sondergut oder die Zuwendung in das Vermögen des Gewalthabers:286 Er haftet ,dumtaxat de peculio … vel si quid in rem eius inde versum est‘. Aus der Alternativität dieser beiden Tatbestände folgt, dass eine Zuwendung an den Eigentümer nur vorliegen kann, wenn die Sache oder der Geldbetrag, den der Sklave aufgrund des Geschäfts mit dem Vertragspartner erhalten hat, nicht in das peculium, sondern in das übrige Vermögen des Eigentümers gelangt ist. Und dies kann bei einem Sondergut, das mit einer Naturalobligation zugunsten des Eigentümers belastet ist, wiederum nur insoweit der Fall sein, als der Sache oder dem Geldbetrag, den der Sklave seinem Eigentümer übergeben hat, keine natürliche Verpflichtung des Sklaven gegenübersteht. Andernfalls ist lediglich das peculium aufgefüllt, aber keine effektive Zuwendung an den Eigentümer erfolgt. Dieses Verständnis, zu dem die Zusammenfassung der beiden Tatbestände einer adjekti284 D 40.2.4.1 Iul 42 dig: Quotiens dominus servum manumittat, quamvis existimet alienum esse eum, nihilo minus verum est voluntate domini servum manumissum et ideo liber erit. et ex contrario si se stichus non putaret manumittentis esse, nihilo minus libertatem contingere. plus enim in re est, quam in existimatione et utroque casu verum est stichum voluntate domini manumissum esse. Vgl. hierzu Harke, Argumenta Iuventiana – argumenta Salviana, S. 167 f. 285 Vgl. zum Zusammenhang von Pomponius’ Äußerung in Ulpians Kommentar Chiusi, Die actio de in rem verso im römischen Recht, München 2001, S. 141 ff. 286 Lenel EP, S. 279 ff.

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zischen Haftung in derselben Klage zwingt, bringt Pomponius auf die Formel, dass auf Seiten des Eigentümers ein lucrum eingetreten ist.287 So wird klar, dass Anknüpfungspunkt der actio de in rem verso nur ein Überschuss über die Naturalobligation des Sklaven gegenüber seinem Inhaber aus dem peculium sein kann. Diese Auslegung ist ebenso wie die des Tatbestands der prätorischen Freilassung aus der zu deutenden Regelung selbst und nicht unter Rückgriff auf einen Vergleichsfall gewonnen. b) Fortbildung Dogmatik Nimmt die geringe Zahl von Auslegungsentscheidungen zur Gesetzesanwendung noch nicht wunder, überrascht, dass sich in Pomponius’ Werk, in der die Subsumtion unter Regeln des Juristenrechts dominiert, auch nur wenige Entscheidungen finden, in denen er diese erkennbar fortbildet. Nur dreimal deutet Pomponius eine in der Wissenschaft herausgebildete Regel oder Rechtsfigur neu. Und zumindest in zwei dieser drei Entscheidungen geht es ihm weniger um deren Modifikation, als vielmehr mehr um eine Klarstellung dessen, was dem Rechtsinstitut in seiner bisherigen Ausprägung ohnehin inhärent ist. In dem einen Fall geht es um den Begriff der Naturalobligation, wie er für die Rechtsbeziehungen zwischen einem Gewalthaber und einem mit peculium ausgestatteten Gewaltunterworfenen etabliert ist: (1) Pomp 234 = D 15.1.49.2 Pomp 4 QM Ut debitor vel servus domino vel dominus servo intellegatur, ex causa civili computandum est: ideoque si dominus in rationes suas referat se debere servo suo, cum omnino neque mutuum acceperit neque ulla causa praecesserat debendi, nuda ratio non facit eum debitorem. Ob der Sklave als Schuldner seines Eigentümers oder der Eigentümer als Schuldner seines Sklaven gilt, ist wie im Zivilrecht zu beurteilen; daher macht sich ein Eigentümer, wenn er in seine Bücher einträgt, er schulde seinem Sklaven, während er überhaupt kein Darlehen empfangen oder ein anderer Verpflichtungsgrund gegeben war, durch die bloße Eintragung noch nicht zum Schuldner.

Seit Javolen werden die Rechtsbeziehungen, die zwischen dem Sondergut eines Sklaven und dem übrigen Vermögen seines Eigentümers bestehen, mit dem Begriff der naturalis obligatio belegt.288 Das Adjektiv ,naturalis‘ legt das Missverständnis nahe, dass diese Verpflichtungen anders als echte Obligationen, insbesondere auch jenseits der hierfür anerkannten Verpflichtungsgründe, entstehen. Pomponius stellt dagegen den im Substantiv ,obligatio‘ zum Ausdruck kommenden Gedanken heraus, dass die Beziehungen zwischen Sondergut und Eigentümervermögen, sieht man von ihrer Rechtsnatur als bloßen Rechnungsposten ab, denselben Regeln gehorchen wie die eigentlichen Verpflichtungen. Dies bedeutet, dass sie auch nur unter denselben Voraussetzungen zustande kommen können, im Fall eines Darlehens also nicht ohne dessen Auszahlung schon aufgrund einer bloßen Eintragung in das Rechnungsbuch. 287 288

Vgl. auch Stolfi (S. 9 Fn. 2), Bd. 2, S. 441 ff. D 35.1.40.3 Iav 2 post Lab.

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Kann der Sklave so sein Sondergut nicht vergrößern, ist dies auch dem Eigentümer verwehrt. Da sich der Eigentümer seinem Sklaven auch nicht durch Stipulation verbindlich machen kann, scheidet überhaupt die Begründung einer Naturalobligation ohne reale Zuwendung aus. Durch eine bloße Vereinbarung kann der Eigentümer das peculium daher allenfalls im Wege des Erlasses einer natürlichen Verpflichtung vergrößern: Pomp 514 = D 15.1.4.1 Pomp 7 Sab Sed hoc ita verum puto, si debito servum liberare voluit dominus, ut, etiamsi nuda voluntate remiserit dominus quod debuerit, desinat servus debitor esse: si vero nomina ita fecerit dominus, ut quasi debitorem se servo faceret, cum re vera debitor non esset, contra puto: re enim, non verbis peculium augendum est. Aber ich halte dies nur in dem Fall für richtig, dass der Eigentümer den Sklaven von einer Schuld befreien will, so dass, auch wenn der Eigentümer die Schuld durch seinen bloßen Willen erlässt, der Sklave kein Schuldner mehr ist; hat der Eigentümer dagegen Forderungen dadurch begründet, dass er sich gewissermaßen zum Schuldner des Sklaven gemacht hat, während er in Wahrheit kein Schuldner war, ist nach meiner Ansicht das Gegenteil richtig; denn nur durch Leistung, nicht durch bloße Worte lässt sich das Sondergut vermehren.

In dem anderen Fall beugt Pomponius der Verwechslung zweier Arten des bonae fidei possessor vor: (2) Pomp 370 = D 41.1.48.1 Paul 7 Plaut In contrarium quaeritur, si eo tempore, quo mihi res traditur, putem vendentis esse, deinde cognovero alienam esse, quia perseverat [per longum tempus] capio, an fructus meos faciam. Pomponius verendum, ne non sit bonae fidei possessor, quamvis capiat: hoc enim ad ius, id est capionem, illud ad factum pertinere, ut quis bona aut mala fide possideat: nec contrarium est, quod [longum tempus] currit, nam e contrario is, qui non potest capere propter rei vitium, fructus suos facit. Umgekehrt ist aber fraglich, ob ich, wenn ich in dem Moment, in dem mir die Sache übergeben wird, glaube, dass sie dem Verkäufer gehört, und danach bemerke, dass sie fremd ist, die Früchte zu Eigentum erwerbe, weil die Ersitzung stattfindet. Pomponius hat Bedenken dagegen, ihn als redlichen Besitzer anzusehen, obwohl er ersitzt; dies beziehe sich nämlich auf das Recht, nämlich die Ersitzung, jenes auf die Tatsache, ob jemand gut- oder schlechtgläubig besitze; und dem steht nicht entgegen, dass die Ersitzung läuft, denn umgekehrt erwirbt auch derjenige die Früchte zu Eigentum, der wegen eines Mangels des Geschäfts nicht ersitzen kann.

Dass einem Erwerber nach guter Treue die Ersitzung der Sache auch dann möglich ist, wenn er noch während der Ersitzungszeit von der fehlenden Berechtigung des Veräußerers erfährt, verleitet zu der Annahme, er könne unter diesen Umständen auch weiterhin das Eigentum an ihren Früchten erwerben. Die Ersitzung der Muttersache und der Eigentumserwerb an Früchten sind jedoch voneinander unabhängig: Sie hängen zwar gleichermaßen davon ab, dass der Erwerber glaubt, die Sache gehöre ihm; hierfür sind jedoch unterschiedliche Zeitpunkte maßgeblich, bei der Ersitzung der Muttersache deren Übergabe, beim Eigentumserwerb an Früchten der Moment der Fruchtziehung. Wer eine Sache als bonae fidei possessor ersitzt,

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muss also nicht mehr zwangsläufig zum Fruchterwerb befugt sein, sondern kann wegen zwischenzeitlich eingetretener Kenntnis von der mangelnden Berechtigung des Vormannes schon mala fide und damit vom Eigentumserwerb an den Früchten ausgeschlossen sein. Pomponius deckt auf, dass die Bezeichnung als bonae fidei possessor sich auf den Rechtserfolg der Ersitzung bezieht (,ad ius pertinere‘), der ab dem Erwerb der Sache nur noch vom Ablauf der Ersitzungszeit abhängt, während es beim Fruchterwerb um den guten Glauben als tatsächliche Voraussetzung für den erst noch zu bewirkenden Rechtserfolg geht (,ad factum pertinere‘). Eine wirkliche Neuerung wagt Pomponius nur, indem er einen neuen Ansatz für eine ältere Lehre findet, wonach zwei Besitzer eine Sache zugleich innehaben können: (3) Pomp 748 = D 43.26.15.4 Pomp 29 Sab Eum, qui precario rogaverit, ut sibi possidere liceat, nancisci possessionem non est dubium: an is quoque possideat, qui rogatus sit, dubitatum est. placet autem penes utrumque esse eum hominem, qui precario datus esset, penes eum qui rogasset, quia possideat corpore, penes dominum, quia non discesserit animo possessione. Es besteht kein Zweifel, dass derjenige, der um die Bittleihe nachsucht, damit ihm der Besitz gestattet ist, den Besitz erwirbt; aber zweifelhaft ist, ob auch derjenige, der gebeten worden ist, besitzt. Es ist aber richtig, dass derjenige Sklave, der in Bittleihe gegeben worden ist, sich bei beiden befindet, sowohl bei demjenigen, der um die Bittleihe nachgesucht hat, weil er ihn körperlich besitzt, als auch beim Eigentümer, der seinen Besitzwillen nicht aufgegeben hat.

Pomponius nimmt Stellung im Streit über die mögliche Besitzverdopplung beim precarium:289 Sabinus hat sowohl den Prekaristen als auch den precario dans für Besitzer gehalten; und Trebaz hat hierfür die Begründung gefunden, dieser sei iustus, der andere iniustus possessor.290 Labeo hat die Relevanz dieser Unterscheidung verneint; und Paulus folgert die Unmöglichkeit eines doppelten Besitzes später aus dem Satz, dass sich zwei Sachen oder Personen nicht denselben Raum teilen können.291 Dieses Argument hat kaum Gewicht, weil es voraussetzt, dass der Besitz den Gesetzmäßigkeiten der Körperwelt unterliegt.292 Umgekehrt folgt aus der Differenzierung zwischen einem iustus und einem iniustus possessor aber auch noch nicht unmittelbar, dass beide zugleich Besitzer sein könnten, zumal Trebaz, von dem diese 289

Vgl. hierzu auch Biavaschi (Fn. 222), S. 292 ff. D 41.2.3.5 Paul 54 ed: … Sabinus tamen scribit eum qui precario dederit et ipsum possidere et eum qui precario acceperit. idem Trebatius probabat existimans posse alium iuste, alium iniuste possidere, duos iniuste vel duos iuste non posse. … 291 D 41.2.3.5 Paul 54 ed: Ex contrario plures eandem rem in solidum possidere non possunt: contra naturam quippe est, ut, cum ego aliquid teneam, tu quoque id tenere videaris. … quem Labeo reprehendit, quoniam in summa possessionis non multum interest, iuste quis an iniuste possideat: quod est verius. non magis enim eadem possessio apud duos esse potest, quam ut tu stare videaris in eo loco, in quo ego sto, vel in quo ego sedeo, tu sedere videaris. 292 Horak, Rationes decidendi. Entscheidungsbegründungen bei den älteren römischen Juristen bis Labeo, Innsbruck 1969, S. 284 f., der glaubt, diese Erwägung stamme von Labeo. 290

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Argumentation stammt, auch nicht anerkennen will, dass zwei rechtmäßige oder zwei unrechtmäßige Besitzer dieselbe Sache zugleich innehaben. Auf den ersten Blick trifft Labeos Kritik daher durchaus. Pomponius findet nun einen neuen Lösungsansatz, indem er von den beiden hergebrachten Elementen des Besitzes ausgeht: Während der Prekarist die tatsächliche Sachherrschaft habe und die Sache daher ,corpore‘ besitze, verfüge der precario dans über den Besitzwillen des Eigenbesitzers und habe die Sache daher ,animo‘ inne. Diese Lösung setzt entweder voraus, dass eines der beiden Merkmale für die Annahme des Besitzes genügt, oder sie unterstellt, dass das jeweils andere durch die Vereinbarung des precarium ersetzt wird. Die alternative Anknüpfung des Besitzes an Sachherrschaft oder Besitzwillen führte zu einer unübersichtlichen Vervielfachung der Besitzstellung in zahllosen Fällen. Die Anrechnung des jeweils fehlenden Elements fällt demgegenüber einfacher: Mit der Vereinbarung der Bittleihe erhält der precario dans, gegenüber dem der Prekarist schutzlos ist, den Zugriff auf die Sache; und der Prekarist kann sich auf den Besitzwillen des precario dans berufen, dessen Dispositionen er unterworfen ist. In dieser Zurechnung kann man die innere Berechtigung der von Trebaz angeführten Unterscheidung zwischen iustus und iniustus possessor sehen, die Pomponius so präzisiert, dass sie der Kritik von Labeo entzogen ist. Ebenso wie bei der Klarstellung der Begriff naturalis obligatio und bonae fidei possessor verfährt Pomponius dabei deduktiv, indem er keinen Vergleichsfall bemüht, sondern seine Lösung aus den Elementen der Rechtsfigur selbst gewinnt. 2. Interpretation von Rechtsgeschäften a) Vertragsauslegung aa) Induktion Bei der Auslegung von Verträgen, auf die insgesamt 10 Entscheidungen entfallen, geht Pomponius fast ausschließlich deduktiv vor. Es gibt nur einen Fall, in dem er sein Auslegungsergebnis auf die Deutung einer Vereinbarung in einem Parallelfall stützt. Sie betrifft die Drittwirkung einer Stipulation, mit der jemand zusagt, einen anderen nicht bei der Nutzung eines Grundstücks zu stören: (1) Pomp 241 = D 45.1.111 Pomp 5 QM Si stipulatus fuero ,per te non fieri, quo minus mihi illa domo uti liceat‘, an etiam, si me non prohibeas, uxorem autem meam prohiberes, vel contra uxore mea stipulata me prohibeas, an committatur stipulatio? et latius est haec verba sic accipi. nam et si stipulatus fuero ,per te non fieri, quo minus mihi via itinere actu uti liceat‘, etsi non me, sed alium nomine meo ingredientem prohibeas, sciendum erit committi stipulationem. Habe ich mir versprechen lassen, dass „es nicht durch dich bewirkt wird, dass ich dieses Haus nicht nutzen kann“, stellt sich die Frage, ob das Versprechen auch dann verfallen soll, wenn du nicht mich, aber meine Frau gehindert hast oder wenn umgekehrt du mich nach einem Versprechen an meine Frau gehindert hast. Und diese Worte sind weit zu verstehen. Denn auch wenn ich mir habe versprechen lassen, dass „es nicht durch dich bewirkt wird,

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dass ich ein Fahr-, Wege- oder Triftrecht nicht nutzen kann“, verfällt das Versprechen bekanntlich, wenn du nicht mich, sondern einen anderen gehindert hast, der in meinem Namen das Grundstück betrat.

Nach Pomponius’ Ansicht erstreckt sich die Verpflichtung sowohl auf Gläubigerals auch auf Schuldnerseite auf den Ehegatten. Sie begründet eine Haftung daher auch dann, wenn der Schuldner den Ehegatten des Gläubigers an der Nutzung des betroffenen Grundstücks hindert. Dieses weite Verständnis der Stipulation folgt für Pomponius daraus, dass sie anerkanntermaßen auch dann haftbar macht, wenn der Schuldner einen Dritten behindert, der das Grundstück für den Gläubiger nutzen will. Das Vertretungsverhältnis, das hier durch Auftreten des Dritten im Namen des Gläubigers (,nomine meo‘) besteht, ist bei Ehegatten durch ihre institutionelle Verbindung im Rahmen des matrimonium begründet. Ist die Stipulation so auszulegen, dass sie in dem einen Fall Drittwirkung zeitigt, muss sie es auch in dem anderen. bb) Deduktion 1. Unter den deduktiv begründeten Entscheidungen zur Vertragsauslegung, von denen es insgesamt neun gibt, sticht eine hervor, in der Pomponius seine Entscheidung für humanior erklärt: (1) Pomp 779 = D 8.2.23pr Pomp 33 Sab Si servitus imposita fuerit ,lumina quae nunc sunt, ut ita sint‘, de futuris luminibus nihil caveri videtur: quod si ita sit cautum ,ne luminibus officiatur‘, ambigua est scriptura, utrum ne his luminibus officiatur quae nunc sint, an etiam his quae postea quoque fuerint: et humanius est verbo generali omne lumen significari, sive quod in praesenti sive quod post tempus conventionis contigerit. Ist eine Dienstbarkeit wie folgt bestellt worden: „der Lichteinfall soll so bleiben, wie er jetzt ist“, so gilt dies nicht für künftige Fenster; ist aber bestimmt, dass „der Lichteinfall nicht beeinträchtigt werden soll“, so ist der Wortlaut mehrdeutig, nämlich insofern, ob nur die Fenster in ihrem Lichteinfall nicht beeinträchtigt werden dürfen, die jetzt vorhanden sind, oder auch diejenigen, die es später gibt; und es ist menschengerechter anzunehmen, dass mit dem allgemeinen Begriff alle Fenster gemeint sind, sei es, dass sie aktuell betroffen sind, sei es, dass sie erst nach dem Zeitpunkt der Vereinbarung betroffen werden.

Eine Dienstbarkeit, mit der der Lichteinfall auf ein Gebäude gesichert werden soll,293 kann durch ausdrücklichen Verweis auf den aktuellen Zustand in ihrer Reichweite so beschränkt werden, dass sie nur die Fenster abdeckt, die in dem Gebäude schon vorhanden sind.294 Ohne diese Konkretisierung erfasst sie im Zweifel auch Fenster, die der Berechtigte erst nachträglich einbaut. Dies ist die typische Bedeutung einer Formulierung, die sich auf den allgemeinen Begriff ,lumen‘ beschränkt und diesen nicht weiter spezifiziert. Pomponius hält dieses Verständnis für 293

Hierzu und zur Bedeutung des Pomponiustextes für die Deutung der servitus luminum Rainer, Bau- und nachbarrechtliche Bestimmungen im klassischen römischen Recht, Graz 1957, S. 65 ff. 294 Baldus (Fn. 159), S. 653.

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,humanior‘. Entgegen dem ersten Anschein, den dieser Ausdruck erweckt, bezeichnet er damit keine Wohltat, die er dem Servitutsberechtigten erweist, sondern schlicht, dass es dem Brauch entspricht,295 sich den Lichteinfall möglichst umfassend zu sichern.296 2. In zwei Fällen geht Pomponius bei der Ermittlung des typischen Sinnes einer Vereinbarung von deren Wortlaut aus: (2) Pomp 231 = D 45.3.37 Pomp 3 QM Si communis servus ita stipularetur: ,Lucio Titio et Gaio Seio dari spondes?‘, qui sunt domini illius, pro virilibus partibus eis ex stipulatione debetur: si vero ita: ,dominis meis dare spondes?‘, pro parte, qua domini essent: si vero ita: ,Lucio Titio et Gaio Seio dominis meis dare spondes?‘, dubitaretur, utrumne viriles partes an pro dominica portione eis deberetur. et interesset, quid cuius demonstrandi gratia esset adiectum et quae pars eius stipulationis principalem causam haberet: sed cum ad nomina prius decursum est, rationabilius esse videtur pro virili parte stipulationem eis adquiri, quod dominorum vocabula pro demonstratione habeantur. Hat sich ein gemeinschaftlicher Sklave wie folgt versprechen lassen: „versprichst du Leistung an Lucius Titius und Gaius Seius?“, wird, wenn dies die Eigentümer des Sklaven sind, ihnen zu gleichen Teilen aus dem Versprechen geschuldet, hat er sich dagegen wie folgt versprechen lassen: „versprichst du Leistung meinen Eigentümern?“, nach den Anteilen, zu denen sie Eigentümer sind; hat er sich hingegen wie folgt versprechen lassen: „versprichst du Leistung an Lucius Titius und Gaius Seius, meine Eigentümer?“, so könnte zweifelhaft sein, ob ihnen zu gleichen Teilen oder nach der Eigentumsquote geschuldet wird. Und es könnte darauf ankommen, was nur zur Veranschaulichung hinzugefügt und welcher Teil der eigentliche Inhalt des Versprechens ist; aber da die Namen zuerst aufgeführt sind, erscheint es vernünftiger, dass sie das Versprechen zu gleichen Anteilen erwerben, weil ihre Bezeichnung als Eigentümer nur zur Veranschaulichung dient.

Lässt sich ein gemeinschaftlicher Sklave die Leistung an seine Eigentümer versprechen, stellt sich die Frage, ob sie diesen nach Kopfteilen oder entsprechend der Quote ihres Miteigentums an dem Sklaven zusteht. Pomponius unterscheidet danach, ob der Sklave seine Gewalthaber beim Namen nennt oder anonym als seine Eigentümer bezeichnet. In dem einen Fall, in dem die Personen als solche und gleichrangig aufgeführt sind, wird die Forderung nach Köpfen, in dem anderen Fall, in dem ein Bezug zum Miteigentum hergestellt wird, nach den Eigentumsanteilen aufgeteilt. Beide Lösungsansätze konfligieren, wenn der servus communis seine Gewalthaber sowohl mit Namen als auch durch ihre Eigentümerstellung bezeichnet. Hier bedient sich Pomponius der bei der Testamentsauslegung erprobten begriffli295 Es geht also entgegen Palma, Humanior interpretatio, Turin 1992, S. 31 nicht nur um die Bindung einer Person an ihre Willenserklärung, sondern gerade um deren Verständnis. 296 Demgegenüber stellt Baldus (Fn. 159), S. 654 f. einen Zusammenhang mit dem Verlust der Dienstbarkeit durch Ersitzung her, indem er glaubt, Pomponius halte dem Eigentümer des dienenden Grundstücks vor, nicht rechtzeitig servitutswidrig gebaut und so dafür gesorgt zu haben, dass die Dienstbarkeit innerhalb von zwei Jahren erlischt. Dass Pomponius ihm ein solches finanzielles Risiko zumuten will, erscheint mir eher unwahrscheinlich, zumal sich im Text kein Hinweis auf die Ersitzung findet.

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chen Unterscheidung zwischen der irrelevanten ,demonstratio‘ und der ,causa principalis‘297 und lässt die Reihenfolge entscheiden: Geht die namentliche Nennung der Gewalthaber ihrer Bezeichnung als Eigentümer voran, entspricht es dem typischen Willen des Versprechensempfängers, dass sie als Personen und damit gleichmäßig Gläubiger der Verpflichtung sein sollen. Denn ein vernünftiger stipulator nennt zunächst den ihm wichtigen, dann den weniger wichtigen Umstand. (3) Pomp 238 = D 45.1.110.1 Pomp 4 QM Si stipulatus fuero de te: ,vestem tuam, quaecumque muliebris est, dare spondes?‘, magis ad mentem stipulantis quam ad mentem promittentis id referri debet, ut quid in re sit, aestimari debeat, non quid senserit promissor. itaque si solitus fuerat promissor muliebri quadam veste uti, nihilo minus debetur. Habe ich mir von dir so versprechen lassen: „versprichst du, deine Kleidung zu leisten, soweit sie Frauenkleidung ist?“, muss dies mehr auf die Vorstellung des Gläubigers als die Vorstellung des Schuldners bezogen werden, so dass zu schätzen ist, was wirklich zur Sache gehört, und nicht woran der Schuldner gedacht hat. Daher werden Frauenkleider auch dann, wenn der Schuldner sie trug, nichtsdestoweniger geschuldet.

Beim Versprechen der Leistung von Frauenkleidern entscheiden, anders als bei der Auslegung von Testamenten, nicht die Gewohnheiten ihres Eigentümers: Trägt er, obwohl er ein Mann ist, Frauenkleider, kann dies, wie Pomponius in einem von Lenel mit diesem Text zusammengefassten Fragment aus demselben Buch des Muciuskommentars darstellt,298 dazu führen, dass die von ihm benutzten Kleider von einem Vermächtnis über Frauenkleidung ausgenommen sind. Beim Versprechen einer Leistung unter Lebenden verhält es sich anders. Hier entscheidet die bei der Testamentsauslegung allenfalls subsidiär relevante ,res vera‘ und nicht der persönliche Brauch oder eine hieran geknüpfte Vorstellung des Schuldners. Zwar ließe der Wortlaut dies auch bei einem Rechtsgeschäft unter Lebenden zu. Trotz seiner Doppeldeutigkeit ist er jedoch nicht aus Sicht des Schuldners zu interpretieren, da die gängige Unterscheidung zwischen Frauen- und Männerbekleidung ein hinreichendes Kriterium für die Ermittlung einer typischen Bedeutung des Versprechens ergibt:299 Ein gewöhnlicher Gläubiger hat beim Versprechen von Frauenkleidern die Bekleidung im Sinn, die für Frauen gedacht ist; und der Schuldner darf von diesem Verständnis ausgehen. 2. Dagegen stellt Pomponius in drei Fällen den vernünftigen Sinn einer Vereinbarung ihrem Wortlaut gegenüber. Zwei dieser drei Entscheidungen gelten der lex commissoria, deren hergebrachte Formulierung gleich in zweifacher Hinsicht über ihren Zweck hinausschießt:300 297

Pomp 244 = D 34.2.10 Pomp 5 QM; s. o. S. 120. Pomp 238 = D 34.2.33 Pomp 4 QM; s. u. S. 145 f. 299 Vgl. Harke (Fn. 319), S. 311 ff. 300 Dass es die überkommene Geschäftspraxis ist, die den Juristen hier Probleme bereitet, stellt Ziliotto, Vendita con lex commissoria o in diem addictio: la portata dell’espressione res inempta, SDHI 69 (2003) 335, 345, 361 heraus. 298

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(4) Pomp 535 = D 18.1.6.1 Pomp 9 Sab Si fundus annua bima trima die ea lege venisset, ut, si in diem statutum pecunia soluta non esset, fundus inemptus foret et ut, si interim emptor fundum coluerit fructusque ex eo perceperit, inempto eo facto restituerentur et ut, quanti minoris postea alii venisset, ut id emptor venditori praestaret: ad diem pecunia non soluta placet venditori ex vendito eo nomine actionem esse. nec conturbari debemus, quod inempto fundo facto dicatur actionem ex vendito futuram esse: in emptis enim et venditis potius id quod actum, quam id quod dictum sit sequendum est, et cum lege id dictum sit, apparet hoc dumtaxat actum esse, ne venditor emptori pecunia ad diem non soluta obligatus esset, non ut omnis obligatio empti et venditi utrique solveretur. Ist ein Grundstück gegen einen in drei Jahresraten zu zahlenden Kaufpreis mit der Maßgabe verkauft worden, dass, wenn der Betrag zum festgesetzten Termin nicht geleistet wird, das Grundstück nicht gekauft sein solle und, falls der Käufer zwischenzeitlich das Grundstück bestellt haben und Früchte hieraus gezogen haben sollte, diese bei Aufhebung des Kaufvertrags herauszugeben seien, und der Käufer dem Verkäufer leisten müsse, um wie viel das Grundstück später an einen anderen weniger verkauft werde, und ist der Betrag zum Termin vom Käufer nicht geleistet worden, steht dem Verkäufer anerkanntermaßen die Verkäuferklage zu. Und wir dürfen sich nicht davon irreführen lassen, dass die Klage aus dem Kaufvertrag gegeben werden soll, obwohl das Grundstück als nicht gekauft gilt; bei Kaufverträgen ist nämlich eher dem, was wirklich vereinbart ist, als dem, was ausdrücklich gesagt wird, zu folgen; und wenn gesagt wird, das Grundstück solle nicht verkauft sein, ist damit doch nur gemeint, dass der Verkäufer dem Käufer, wenn dieser den Kaufpreis nicht zum Termin zahlt, nicht verpflichtet sein soll, und nicht etwa, dass alle Verpflichtungen aus dem Kauf für beide aufgehoben sein sollen.

Soll bei verzögerter Zahlung des Kaufpreises ein ,fundus inemptus‘ sein, bedeutet dies sprachlogisch, dass der Kaufvertrag insgesamt und damit auch als Grundlage für die Ansprüche des Verkäufers auf Erstattung von Früchten oder Ersatz des entgangenen Gewinns wegfällt. Hat sich der Verkäufer eben diese Ansprüche ausbedungen, ist aber eindeutig, dass er sie mit Hilfe der Verkäuferklage durchsetzen, den Kaufvertrag also nicht vollständig beseitigen will.301 Als ,quod actum‘ setzt sich dieser vernünftige Sinn der Klausel gegenüber dem ,quod dictum‘ durch, dessen Vorzug reine Wortklauberei bedeutete.302 (5) Pomp 797 = D 18.3.2 Pomp 35 Sab Cum venditor fundi in lege ita caverit: ,si ad diem pecunia soluta non sit, ut fundus inemptus sit‘, ita accipitur inemptus esse fundus, si venditor inemptum eum esse velit, quia id venditoris causa caveretur: nam si aliter acciperetur, exusta villa in potestate emptoris futurum, ut non dando pecuniam inemptum faceret fundum, qui eius periculo fuisset. Hat der Verkäufer eines Grundstücks in den Bestimmungen des Kaufvertrags folgenden Vorbehalt gemacht: „wird der Preis nicht zum festgesetzten Termin gezahlt, soll das Grundstück nicht gekauft sein“, ist dies so zu verstehen, dass das Grundstück nicht gekauft ist, wenn der Verkäufer dies nicht will, weil die Vereinbarung im Interesse des Verkäufers 301 Dies stellt zu Unrecht Peters, Die Rücktrittsvorbehalte des römischen Kaufrechts, Köln/ Wien 1973, S. 268 f. in Abrede. 302 Auf die kaiserliche Rechtsprechung beruft sich hierfür Ulpian in D 18.3.4pr Ulp 32 ed.

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getroffen worden ist; wollte man sie anders verstehen, stünde es, nachdem das Haus niedergebrannt ist, in der Macht des Käufers, durch Nichtzahlung des Kaufpreises den Kauf des Grundstücks aufzuheben, dessen Gefahr er bereits trägt.

Wiederum kollidiert die Formel vom ,fundus inemptus‘, wenn man sie allzu wörtlich nimmt, mit dem Sinn der Klausel: Sie bewirkt eigentlich, dass der Kaufvertrag bei nicht rechtzeitiger Zahlung des Kaufpreises automatisch aufgehoben ist. Dies widerspräche aber dem Interesse des Verkäufers, zu dessen Schutz die Klausel allein dient. Er möchte darüber entscheiden dürfen, ob der Vertrag wegfällt oder aufrechterhalten bleibt. Ein Fall, in dem ihm trotz Nichteinhaltung des Zahlungstermins daran gelegen ist, die Vertragsbindung fortzusetzen, ist der Untergang der Kaufsache. Dieser geht ab Vertragsschluss bereits zulasten des Käufers, der sich diesem Risiko aber leicht entziehen könnte, wenn er es in der Hand hätte, durch die Versäumung des Zahlungstermins dafür zu sorgen, dass der Vertrag wieder wegfällt. In diesem Extremfall, den Pomponius zur reductio ad absurdum einsetzt,303 begünstigte die lex commissoria entgegen ihrem Sinn gerade nicht den Verkäufer, sondern den Käufer. Folglich kann ihre Wirkung nicht in einer von selbst eintretenden Vertragsaufhebung, sondern nur darin liegen, dass der Verkäufer das Recht zur Vertragsauflösung erhält. Nur so setzt sich der gläubigerschützende Zweck der Klausel gegenüber ihrem puren Wortverständnis durch.304 Ähnlich wie im Fall der lex commissoria ist die Zielrichtung von Pomponius’ Argumentation in dem folgenden Fragment, in dem er sich gegen einen unberechtigten Schluss aus dem Fehlen einer ausdrücklichen Vereinbarung wendet: (6) Pomp 731 = D 12.1.3 Pomp 27 Sab Cum quid mutuum dederimus, etsi non cavimus, ut aeque bonum nobis redderetur, non licet debitori deteriorem rem, quae ex eodem genere sit, reddere, veluti vinum novum pro vetere: nam in contrahendo quod agitur pro cauto habendum est, id autem agi intellegitur, ut eiusdem generis et eadem bonitate solvatur, qua datum sit. Haben wir ein Darlehen gewährt und nicht ausdrücklich versprochen, dass uns nur Sachen derselben Art und Güte zurückzugewähren sind, ist es dem Schuldner gleichwohl nicht gestattet, eine schlechtere Sache zurückzugeben, die derselben Gattung angehört, wie zum Beispiel neuen Wein für alten; denn bei Verträgen ist das, was ausgemacht ist, als ausdrücklich versprochen zu behandeln, und es gilt als ausgemacht, dass von derselben Gattung und derselben Güte wie die überlassenen Sachen zurückzugeben sind.

Die Stipulation, mit der die Rückgewähr eines Darlehens versprochen wird, bewirkt auch ohne entsprechende Klausel, dass der Schuldner verpflichtet wird, Sachen derselben Art und Güte wie die ihm überlassenen. Nur dies ist mit der Funktion der Verpflichtung vereinbar, die auf Rückgewähr und damit darauf gerichtet ist, dem Gläubiger zu verschaffen, was er seinerseits an den Schuldner geleistet hat. Dieser vernünftige Sinn des Versprechens kann den Parteien ohne Weiteres als ,quod actum‘ unterstellt werden und gilt ,pro cauto‘: Ebenso wie der reine 303 304

Peters (Fn. 301), S. 116. Vgl. zu dem Text auch Ziliotto, SDHI 69 (2003) 335, 355 ff.

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Wortsinn dem objektiven Sinn einer Vereinbarung weichen muss, setzt sich diese gegenüber dem Mangel einer expliziten Regelung im Vertrag durch. 3. Die Schutzrichtung einer Vereinbarung, auf die sich Pomponius bei der Interpretation der lex commissoria beruft, macht Pomponius auch zur Entscheidungsgrundlage, wenn es um die Beurteilung einer Verkaufsabrede im Rahmen eines Verpfändungsvertrags geht:305 (7) Pomp 797 = D 13.7.6pr Pomp 35 Sab Quamvis convenerit, ut fundum pigneraticium tibi vendere liceret, nihilo magis cogendus es vendere, licet solvendo non sit is qui pignus dederit, quia tua causa id caveatur. … Obwohl vereinbart ist, dass dir der Verkauf eines verpfändeten Grundstücks gestattet ist, bist du deshalb doch noch nicht gezwungen, es zu verkaufen, selbst wenn der Verpfänder zahlungsunfähig ist, weil die Vereinbarung in deinem Interesse getroffen worden ist. …

Dass der Pfandgläubiger grundsätzlich nicht zum Verkauf der Pfandsache gezwungen werden kann,306 folgt für Pomponius aus dem Schutzzweck der Verkaufsabrede:307 Sie ist im Interesse des Pfandgläubigers getroffen und kann daher nicht gegen, sondern nur für ihn wirken. Anders als bei der lex commissoria entspricht dieses gläubigerfreundliche Verständnis außer dem objektiven Sinn der Klausel auch dem reinen Wortsinn: Soll dem Pfandgläubiger der Verkauf der Sache gestattet sein (,vendere licet‘), lässt sich hieraus nicht schließen, dass er auch hierzu verpflichtet sein soll. Dies kann sich nur aus der vom Gebot der guten Treue geforderten Rücksicht auf die Interessen des Verpfänders ergeben. Mit dem Wortlaut der maßgeblichen Vereinbarung stimmt ohne Weiteres auch Pomponius’ Deutung der Sicherheitsleistung eines Vormunds überein, deren Zweck sich aus ihrem Bezug auf die ohnehin bestehende Verpflichtung aus der actio tutelae ergibt: (8) Pomp 621 = D 46.6.9 Pomp 15 Sab Cum pupillus a tutore stipulatur rem salvam fore, non solum quae in patrimonio habet, sed etiam quae in nominibus sunt ea stipulatione videntur contineri: quod enim in tutelae iudicium venit, hoc et ea stipulatione continetur. Lässt sich ein Mündel von dem Vormund versprechen, dass das Vermögen erhalten bleibe, betrifft dieses Versprechen nicht nur, was ihm gehört, sondern auch, was Gegenstand von Forderungen ist; denn was zum Gegenstand der Vormundschaftsklage wird, ist auch in diesem Versprechen inbegriffen.

Pomponius befasst sich mit der Reichweite einer Stipulation, durch die ein Vormund dem Mündel die Erhaltung seines Vermögens verspricht. Sie deckt nicht 305 Dass es hier nicht um die fiducia geht, zeigt Noordraven, BIDR 84 (1981) 247 ff. Anders Krämer, Das besitzlose Pfandrecht, Köln u. a. 2007, S. 186 ff. 306 Ob dieses Prinzip eine Ausnahme leidet, untersucht Pomponius im Fortgang des Textes; s. u. S. 167 f. 307 Astolfi, I libri tres iuris civilis di Sabino, Padua 1983, S. 10 schreibt diese Entscheidung Sabinus zu.

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nur die Sachen ab, die im Eigentum des Mündels stehen, sondern erstreckt sich auch auf Forderungen, die das Mündel gegen andere hat. Dies ergibt der Bezug des Versprechens zur actio tutelae, den schon Neraz herausgestellt hat308 : Da das Versprechen nur dazu dient, die ohnehin bestehende Verpflichtung mit der Vormundschaftsklage zu verstärken, muss es auch gegenständlich mit ihr übereinstimmen und das gesamte Vermögen des Mündels einschließlich der noch nicht erfüllten Forderungen umfassen. 4. Der Auslegung eines Vertrags sehr ähnlich ist die Bestimmung des Streitgegenstands, bei dem es ebenfalls auf die Vorstellung der Beteiligten ankommt: (9) Pomp 755 = D 44.2.21 Pomp 31 Sab Si, cum argentum mihi testamento legatum esset, egerim cum herede et postea codicillis prolatis vestem quoque mihi legatam esse appareat, non est deducta in superius iudicium vestis causa, quia neque litigatores neque iudex de alio quam de argento actum intellegant. Ist mir in einem Testament Silber vermacht und habe ich gegen den Erben geklagt und ergibt sich aus einem später entdeckten Kodizill, dass mir auch ein Kleid vermacht ist, ist diese Sache nicht zum Gegenstand des früheren Rechtsstreits geworden, da weder die Streitparteien noch der Richter annahmen, dass über etwas anderes als das Silber verhandelt werde.

Hat ein Vermächtnisnehmer gegen einen Erben Klage auf die ihm zugewendete Leistung erhoben, schließt dies keinen weiteren Prozess über ein weiteres Vermächtnis aus, das dem Vermächtnisnehmer in einem später gefundenen Kodizill ausgesetzt ist. Dass das zweite Vermächtnis nicht zum Gegenstand des früheren Verfahrens gemacht worden ist, schließt Pomponius aus der Vorstellung der Beteiligten, die allein auf das im Testament selbst vorgesehene Vermächtnis gerichtet ist. Da dies sowohl für beide Prozessparteien als auch für den Richter gilt, braucht sich Pomponius nicht mit der von Aristo und Celsus erörterten Frage auseinandersetzen, ob auch die Vorstellung des Beklagten zählt, der zumindest im Erstprozess ein Interesse daran hat, den Streitgegenstand möglichst einzugrenzen.309 Mit Blick auf ein zweites Verfahren, das in Pomponius’ Fall im Raume steht, entspricht die restriktive Bestimmung des Prozessgegenstands gerade dem Interesse des Klägers, dessen Ansicht insoweit ebenfalls keine zuverlässige Quelle ist. Bei einem erst nach Klageerhebung gefundenen Kodizill sind die Vorstellungen, die beide Parteien und auch der Richter über den Streitgegenstand hegen, aber zwangsläufig identisch. b) Testamentsauslegung aa) Induktion Auch bei der Testamentsauslegung, auf die in Pomponius’ Werk insgesamt 17 Falllösungen entfallen, ist der Induktionsschluss rar. Es finden sich nur zwei Ent308 309

D 46.6.11 Ner 4 membr. D 45.1.83.1 Paul 72 ed, D 5.1.61pr Ulp 26 ed; hierzu Harke (Fn. 35), S. 139 ff.

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scheidungsbegründungen, in denen der Jurist die Bedeutung einer letztwilligen Verfügung aus der Interpretation einer verwandten Bestimmung ermittelt. In dem einen Fall dient dieser Vergleich dazu, die gebotene Rücksicht auf die voluntas des Erblassers zu unterstreichen: (1) Pomp 238 = D 34.2.33 Pomp 4 QM Inter vestem virilem et vestimenta virilia nihil interest: sed difficultatem facit mens legantis, si et ipse solitus fuerit uti quadam veste, quae etiam mulieribus conveniens est. itaque ante omnia dicendum est eam legatam esse, de qua senserit testator, non quae re vera aut muliebris aut virilis sit. nam et Quintus [Ti]tius ait scire se quendam senatorem muliebribus cenatoriis uti solitum, qui si legaret muliebrem vestem, non videretur de ea sensisse, qua ipse quasi virili utebatur. Zwischen Männerkleidern und Männerbekleidung besteht kein Unterschied. Aber die Ermittlung der Vorstellung des Erblassers bereitet Schwierigkeiten, wenn er selbst gewöhnlich Kleider benutzte, die üblicherweise auch Frauen tragen. Es ist daher vor allem zu sagen, dass vermacht ist, woran der Erblasser dachte, nicht was eigentlich Männer- oder Frauenkleider sind. Denn auch Quintus Mutius schreibt, dass er einen Senator kannte, der weibliche Tafelgewänder zu tragen pflegte und der, wenn er Frauenkleider vermacht hätte, nicht an die Gewänder gedacht hätte, die er selbst wie Männerkleider nutzte.

Hat jemand Frauenkleidung vermacht, muss dies nicht bedeuten, dass er nur vermacht hat, was man eigentlich zu Frau- und Männerkleidern zählt. Anders als bei Rechtsgeschäften unter Lebenden, mit denen sich Pomponius in einem von Lenel mit diesem Text zusammengestellten Fragment aus demselben Buch des Muciuskommentars beschäftigt,310 kommt es bei der Testamentsauslegung nicht auf die für den Empfängerhorizont relevante ,res vera‘, sondern auf die Vorstellung des Erblassers an. Hat er selbst Frauenkleider benutzt, kann es sein, dass diese von dem Vermächtnis ausgenommen sind, weil es sich nur auf die Bekleidung erstreckt, die der Erblasser nicht selbst benutzte. Da der Erblasser ein Mann ist, lässt sich ein solches Verständnis auch durchaus mit dem Sprachgebrauch in Einklang bringen; denn die Zuwendung von Kleidern des anderen Geschlechts lässt Raum für die Annahme, dass der Vermächtnisnehmer nicht die vom Erblasser selbst genutzte Kleidung bekommen soll. Vielmehr ist beim Testament eines pater familias zu erwarten, dass „männliche Bekleidung“ (,vestimenta virilia‘) die für den Erblasser und „weibliche Bekleidung“ (,vestimenta muliebria‘) die für seine Frau angeschafften Kleider meint.311 Pomponius begründet seine Entscheidung, indem er sich auf einen von Quintus Mucius geschilderten Fall beruft, in dem ein Senator zu bestimmten Anlässen gewöhnlich Frauenkleider trug. Hier erschien es offenbar als evident, dass er mit dem Vermächtnis von Frauenkleidern nicht die selbst benutzte Kleidung zuwenden wollte.312 310

Pomp 238 = D 45.1.110.1 Pomp 4 QM; s. o. S. 140 f. Vgl. D 34.2.23.2 Ulp 44 Sab: … virilia sunt, quae ipsius patris familiae causa parata sunt … muliebria sunt, quae matris familiae causa sunt comparata … 312 Eine Einschränkung zugunsten des Schamgefühls machen später Ulpian in D 34.2.23.2 Ulp 44 Sab und der Autor der Paulussentenzen in PS 3.6.80. 311

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Das andere Mal geht es um die objektive Bedeutung, die das Vermächtnis über ein ausgestattetes Landgut hat: (2) Pomp 490 = D 33.7.15.2 Pomp 6 Sab Mulier villae custos perpetua fundo qui cum instrumento legatus esset aut instructo continebitur, sicuti saltuarius: par enim ratio est: nam desiderant tam villae quam agri custodiam, illic, ne quid vicini aut agri aut fructuum occupent, hic, ne quid ceterarum rerum quae in villa continentur: villa autem sine ulla dubitatione pars fundi habetur. Eine Frau, die ständige Hüterin eines Hauses ist, ist in einem Vermächtnis über ein mit Zubehör versehenes oder eingerichtetes Grundstück ebenso enthalten wie der Waldhüter, und zwar aus demselben Grund; denn es bedürfen sowohl das Haus als auch das Feld der Bewachung, dort, damit nicht die Nachbaren von dem Feld oder von den Früchten etwas an sich nehmen, hier, damit nicht dasselbe mit den im Haus befindlichen Sachen geschieht; das Haus gilt aber ohne Zweifel als Teil des Grundstücks.

Dass eine als Hausverwalterin eingesetzte Sklavin vom Vermächtnis eines Landguts samt Zubehör umfasst ist, folgert Pomponius aus dem Parallelfall des Försters: Auf diesen erstreckt sich das Vermächtnis eines Wiesen- oder Waldgrundstücks, weil er es gegen den Diebstahl von Früchten verteidigt. Da die Hausverwalterin das Haus vor Entwendung der hier aufbewahrten Sachen bewahrt, darf sie nicht anders behandelt werden als der Förster beim Wald- oder Wiesengrundstück. Schon an die Grenze zur Deduktion stößt die folgende Entscheidung, in der Pomponius zur Deutung einer letztwilligen Verfügung zwar ebenfalls einen Parallelfall bemüht, dabei aber eine Regelmäßigkeit des juristischen Sprachgebrauchs aufdeckt: (3) Pomp 356 = D 40.7.21pr Pomp 7 Plaut Labeo libro posteriorum ita refert: ,Calenus dispensator meus, si rationes diligenter tractasse videbitur, liber esto suaque omnia et centum habeto‘. diligentiam desiderare eam debemus, quae domino, non quae servo fuerit utilis. erit autem ei diligentiae coniuncta fides bona non solum in rationibus ordinandis, sed etiam in reliquo reddendo. et quod ita scriptum est ,videbitur‘, pro hoc accipi debet ,videri poterit‘: sic et verba legis duodecim tabularum veteres interpretati sunt ,si aqua pluvia nocet‘, id est ,si nocere poterit‘. et si quaereretur, cui eam diligentiam probari oporteat, heredum arbitratum viri boni more agentium sequi debebimus, veluti si is, qui certam pecuniam dedisset, liber esse iussus est, non adscripto eo, cui si dedisset, eo modo poterit liber esse, quo posset, si ita fuisset scriptum ,si heredi dedisset‘. Labeo berichtet in seinen nachgelassenen Schriften von folgender Verfügung: „Mein Buchhalter Calenus, soll, wenn es scheint, dass er die Bücher sorgfältig geführt hat, frei sein und das Seine sowie 100 haben.“ Wir müssen hier die Sorgfalt fordern, die dem Eigentümer, nicht dem Sklaven nützlich ist. Die mit einer solchen Sorgfalt verbundene gute Treue besteht aber nicht nur in der Buchhaltung, sondern auch in der Auskehr des Überschusses. Und die Formulierung „wenn es scheint“ ist so zu verstehen: „wenn es scheinen kann“; so haben auch die alten Juristen die Worte des Zwölftafelgesetzes „wenn das Regenwasser schadet“ so verstanden: „wenn das Regenwasser schaden kann“. Und wenn fraglich ist, wem diese Sorgfalt bewiesen werden muss, müssen wir dem Ermessen der Erben folgen, die nach der

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Art eines redlichen Mannes verfahren müssen, und zwar ebenso wie derjenige, dem die Freiheit zugewandt ist, falls er einen bestimmten Betrag zahlt, und nicht hinzugefügt ist, wem er ihn geben soll, seine Freiheit so erreichen kann, wie er es könnte, wenn bestimmt worden wäre: „wenn er dem Erben zahlt“.

Ist ein als Buchhalter tätiger Sklave unter der Bedingung freigelassen, dass sich ergibt (,videbitur‘), dass er die Bücher des Erblassers ordentlich geführt hat, stellt sich die Frage, wie der Bedingungseintritt nachzuweisen und die Beweislast verteilt ist. Müsste der Sklave den Beweis erbringen, dass seine Buchführung korrekt ist, stünde er vor einer unlösbaren Aufgabe: Er müsste nämlich für jeden einzelnen Buchungsposten dartun, dass diesem ein Vorgang in der Wirklichkeit entsprach. Daher spielt Pomponius den Ball dem Erben zu, der sich wie ein vir bonus verhalten muss. Dass er Adressat der Rechnungslegung ist, erscheint Pomponius so selbstverständlich, dass es im Testament ebenso wenig einer Andeutung bedarf wie die Person des Zahlungsempfängers, wenn dem Sklaven die Freiheit unter der Bedingung einer Zahlung ausgesetzt ist. Stellt der Erbe im Ausgangsfall den Eintritt der Freilassungsbedingung in Abrede, muss er in Ausübung des ihm obliegenden arbitrium viri boni im Einzelnen behaupten, dass und inwiefern die Buchführung des Sklaven einen Fehler aufweist. Erst wenn dies geschehen ist, muss der Sklave, der nun über einen konkreten Anhaltspunkt für seine Beweisführung verfügt, dartun, dass die Bücher insoweit doch richtig sind. Im Wortlaut der Verfügung verankert Pomponius dieses Ergebnis, indem er das vom Erblasser verwendete Verb ,videri‘ wie ,videri posse‘ versteht: Sofern der Erbe keinen Fehler anführt, genügt die Möglichkeit, dass die Buchführung des Sklaven richtig ist. Für diese nicht unerhebliche Abweichung vom scheinbar klaren Wortsinn beruft sich Pomponius auf die actio aquae pluviae arcendae, die nach dem Zwölftafelgesetz und ihrer im Edikt proponierten Formel daran geknüpft ist, dass der Lauf des Regenwassers durch die auf dem Nachbargrundstück errichtete Anlage dem Grundstück des Klägers schadet (,unde aqua pluvia agro eius nocet‘)313. Es ist aber anerkannt, dass diese Klage nicht erst in dem Moment erhoben werden kann, wenn der Schaden schon eingetreten ist, sondern schon dann, wenn der Nachteil erst noch droht. Das Verb ,nocere‘ wird also im juristischen Sprachgebrauch wie ,nocere posse‘ verstanden. Daher darf man auch das Verb ,videri‘ nicht in dem Sinne verstehen, dass sich etwas zweifelsfrei ergibt. Vielmehr genügt, dass es nach dem Kenntnisstand, über den das Gericht verfügt, möglich ist. bb) Deduktion 1. Die regelrecht deduktiv begründeten Entscheidungen zur Testamentsauslegung, von denen es insgesamt 14 gibt, bestehen zur Hälfte aus solchen, in denen der Jurist die Wortbedeutung aus dem Sprachgebrauch ableitet. Hierunter gibt es einige, in denen Pomponius die spezifisch juristische Bedeutung eines Wortes oder einer Wendung ausmacht und diese auch beim Verständnis eines Testaments zur 313

Lenel, EP, S. 375.

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Geltung kommen lassen will. Als ,nomen iuris‘ bezeichnet er etwa einen Begriff ausdrücklich in (1) Pomp 232 = D 50.16.119 Pomp 3 QM: ,Hereditatis‘ appellatio sine dubio continet etiam damnosam hereditatem: iuris enim nomen est sicuti bonorum possessio. Der Begriff „Erbschaft“ umfasst zweifellos auch eine überschuldete Erbschaft; es handelt sich nämlich ebenso wie beim Nachlassbesitz um einen Rechtsbegriff.

Dass es Pomponius hier um die Auslegung einer letztwilligen Verfügung geht, folgt noch nicht zwingend daraus, dass das von Kompilatoren zu einer Sentenz gestutzte Fragment aus einem Buch stammt, in dem Pomponius de testamentis und de legatis handelt.314 Es ergibt sich aber sicher aus der Argumentation selbst: Aus dem technischen Charakter des Worts ,hereditas‘ folgert Pomponius, dass es die Erbschaft im rechtlichen Sinne, also unter Einschluss der Verbindlichkeiten, und nicht nur beschränkt auf die Aktiva, bezeichnet. Diese Überlegung wäre nicht nur überflüssig, sondern regelrecht falsch, wenn es ihm um die Auslegung eines im Gesetz oder Edikt zu findenden Begriffs ginge; denn hier stellte sich die Alternative eines untechnischen Sinnes des Ausdrucks überhaupt nicht. Pomponius muss also eine testamentarische Anordnung meinen, in der sich der Erblasser des Begriffs ,hereditas‘ bedient; und diesen versteht er als ,nomen iuris‘ so, wie er in Normen und von der Jurisprudenz verwendet wird.315 Auf das prätorische Edikt bezieht sich Pomponius bei der Ermittlung einer Wortbedeutung in der folgenden Entscheidung: (2) Pomp 509 = D 50.16.89.2 Pomp 6 Sab Inter ,edere‘ et ,reddi rationes‘ multum interest: nec is, qui edere iussus sit, reliquum reddere debet: nam et argentarius edere rationem videtur, etiamsi quod reliquum sit apud eum, non solvat. Zwischen der „Vorlage von Rechnungen“ und der „Rechnungslegung“ ist ein großer Unterschied, weil derjenige, dem die Vorlage aufgegeben ist, nicht den Überschuss herausgeben muss; denn auch ein Bankier legt Rechnung, obwohl er nicht den Überschuss auszahlt, der bei ihm vorhanden ist.

Pomponius beschäftigt sich mit dem Unterschied zwischen ,edere rationes‘ und ,reddere rationes‘. Nach dem thematischen Zusammenhang, in dem dieses Fragment in Pomponius’ Sabinuskommentar stand, muss es ihm um die Auslegung eines entsprechenden Vermächtnisses oder einer Bedingung gegangen sein.316 Lauten sie auf ,reddere rationes‘, sind sie nur dann erfüllt, wenn die Rechnung gelegt und auch 314

Lenel, Pal., Bd. 2, Sp. 61 f. Ebenso bestimmt den Begriff ,hereditas‘ später Ulpian, der sich mit ihm im Rahmen seiner Ausführungen zur verborum obligatio und daher vermutlich mit der Auslegung eines auf eine Erbschaft bezogenen Stipulationsversprechens beschäftigt; vgl. D 50.16.178.1 Ulp 49 Sab: ,Hereditas‘ iuris nomen est, quod et accessionem et decessionem in se recipit: hereditas autem vel maxime fructibus augetur. 316 Lenel, Pal., Bd. 2, Sp. 104. 315

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ein etwaiger Überschuss ausgekehrt ist. Hat der Erblasser dagegen nur ,edere rationes‘ aufgegeben, ist der Anordnung durch die bloße Vorlage der Rechnungen genüge getan. Pomponius folgert dies aus der Bedeutung, die dem Verb ,edere‘ im einschlägigen Edikt über die Editionspflicht der argentarii317 zukommt. Hierdurch ist der Sinn des Verbs im juristischen Sprachgebrauch festgelegt, nach dem sich zunächst einmal auch die Bedeutung einer letztwilligen Verfügung richtet. Der Abstraktionsgrad steigt mit dem nächsten Text, in dem Pomponius eine Gesetzmäßigkeit der juristischen Sprache aus dem Zwölftafelgesetz ableitet, um ihr auch bei der Testamentsauslegung zu folgen: (3) Pomp 400 = D 50.16.162pr Pomp 2 Sab In vulgari substitutione, qua ei qui ,supremus‘ morietur heres substituitur, recte substitutus etiam unico intellegitur, exemplo duodecim tabularum, ex quibus ,proximus‘ adgnatus et solus habetur. Durch eine gewöhnliche Ersatzerbeneinsetzung, mit der für denjenigen, der „zuletzt“ stirbt, ein Ersatzerbe bestimmt ist, wird auch für einen einzigen Erben wirksam ein Ersatzerbe bestimmt, und zwar nach dem Vorbild des Zwölftafelgesetzes, wobei als „nächster“ Agnat auch der einzige gilt.

Ein Ersatzerbe, der anstelle des zuletzt sterbenden Erben eingesetzt ist, soll auch dann die Rechtsnachfolge antreten, wenn überhaupt nur ein Erbe eingesetzt und vorverstorben ist. Zwar legt die Bezeichnung des Erben als ,supremus‘ nahe, dass es noch andere Erben gibt. Dies ist jedoch keine Voraussetzung für die Wirksamkeit der Ersatzerbeneinsetzung. Zum Nachweis, dass die Verwendung von Adjektiven, die indirekt einen Hinweis auf weitere Personen oder Sachen geben, im juristischen Sprachgebrauch auch den Fall trifft, in dem solche Personen oder Sachen nicht vorhanden sind, beruft sich Pomponius auf die Regelung der Intestaterbfolge im Zwölftafelgesetz. Danach kommt, wenn keine sui vorhanden sind, der ,agnatus proximus‘ zum Zuge. Auch diese Formulierung impliziert, dass es mehr Personen aus dieser Gruppe als den so Bezeichneten gibt. Nichtsdestoweniger begründet sie die Intestaterbfolge auch in dem Fall, dass der Erblasser nur einzigen agnatischen Verwandten hinterlässt. Das Beispiel des Zwölftafelgesetzes beweist, dass Formulierungen, die im juristischen Zusammenhang verwendet werden, um eine Regelung für komplexere Fälle zu treffen, auch in Konstellationen gelten, in denen die Verhältnisse einfacher liegen. Auf die ausdrücklich als solche bezeichnete Vulgärsprache rekurriert Pomponius dagegen in (4) Pomp 400 = D 50.16.162.1 Pomp 2 Sab: Si quis ita in testamento scripserit ,si quid filio meo acciderit, Dama servus meus liber esto‘, mortuo filio Dama liber erit. licet enim ,accidunt‘ et vivis, sed vulgi sermone etiam mors significatur.

317

Lenel, EP, S. 62 ff.

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Hat jemand in seinem Testament wie folgt geschrieben: „wenn meinem Sohn etwas zugestoßen ist, soll mein Sklave Dama frei sein“, wird Dama nur beim Tod des Sohnes frei. Obwohl auch Lebenden etwas „zustoßen“ kann, ist es nach dem Sprachgebrauch des Volkes eine weitere Bezeichnung für den Tod.

Ist eine testamentarische Freilassung an die Bedingung geknüpft, dass dem Sohn des Erblassers etwas „zugestoßen ist“ (,acciderit‘), trifft dies streng genommen auch dann zu, wenn der Sohn einen Unfall erlitten, aber überlebt hat. Pomponius hält jedoch den ,sermo vulgi‘ für maßgeblich. Danach zeigt die Formulierung, jemandem sei etwas zugestoßen, seinen Tod an. Der Sklave wird also nur dann frei, wenn der Sohn des Erblassers stirbt. Weder die juristische Hochsprache noch den ,sermo vulgi‘, sondern die allgemeingültige Wortbedeutung bemüht Pomponius in den folgenden Auslegungsentscheidungen, in denen es ihm um zwei Adverbien und ein Adjektiv geht: (5) Pomp 422 = D 35.1.4.1 Pomp 3 Sab Si ita scriptum sit: ,si in quinquennio proximo Titio filius natus non erit, tum decem Seiae heres dato‘, si Titius ante mortuus sit, non statim Seiae decem deberi, quia hic articulus ,tum‘ extremi quinquennii tempus significat. Ist wie folgt bestimmt: „wird meinem Sohn Titius in den nächsten fünf Jahren kein Kind geboren, dann soll mein Erbe der Seia zehn leisten“, und stirbt Titius vorher, würden Seia nicht sofort zehn geschuldet, weil das Wort „dann“ den letzten Zeitpunkt der fünf Jahre bezeichnet.

Steht ein Vermächtnis unter der Bedingung, dass dem Sohn des Erblassers in einem bestimmten Zeitraum kein Kind geboren wird, kann diese Bedingung als erfüllt gelten, wenn der Sohn gestorben ist und deshalb keine Kinder mehr haben kann. Das Vermächtnis würde also mit dem Tod des Sohnes oder spätestens mit dem Ablauf der Zeit einer möglichen Schwangerschaft geschuldet. Hat der Erblasser sich aber zudem des Wörtchens ,tum‘ bedient, hat er damit festgelegt, dass das Vermächtnis erst nach Ablauf der Frist geschuldet wird, die der Erblasser für einen möglichen Nachwuchs des Sohnes vorbehalten hat. Das Legat steht also nicht nur unter einer Bedingung, sondern ist auch befristet, nämlich aufgeschoben auf den Ablauf der Wartezeit. Dies folgt aus der gewöhnlichen Bedeutung von ,tum‘, mit dem ein bestimmter Zeitpunkt bezeichnet ist, der sich hier aus der Kombination mit der Bedingung des ausgebliebenen Nachwuchses bestimmen lässt. (6) Pomp 513 = D 32.54 Pomp 7 Sab Si pure tibi legavero, deinde postea scripsero ita: ,hoc amplius si navis ex Asia venerit, heres meus ei fundum dato‘, verius est eo verbo ,amplius‘ superiora repeti, sicuti dicimus ,Lucius Titius plebi quina milia dedit, hoc amplius Seius viscerationem‘, quina quoque milia Seium dedisse intellegimus et ,Titius accepit quinque, Seius hoc amplius fundum‘, Seium quinque quoque accepisse intellegimus. Habe ich dir ein unbedingtes Vermächtnis ausgesetzt und danach wie folgt bestimmt „überdies soll mein Erbe ihm ein Grundstück leisten, wenn ein Schiff aus Asien kommt“, so trifft zu, dass mit dem Wort „überdies“ das Vorangehende wiederholt wird, und zwar so, wie wir, indem wir sagen: „Lucius Titius hat dem Volk 5000 gegeben, Seius überdies eine

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Fleischspende“, darunter verstehen, dass Seius auch 5000 gegeben hat, und, indem wir sagen: „Titius hat fünf empfangen, Seius überdies ein Grundstück“, darunter verstehen, dass Seius auch fünf empfangen hat.

Pomponius untersucht die Bedeutung des Zusatzes ,amplius‘ und entnimmt ihm, dass damit das Vorhergehende zum Teil der aktuellen Aussage gemacht wird. Anschauliche Beispiele sind die Fälle, in denen die Zuwendung durch oder an mehrere Personen damit beschrieben wird, dass einer außerdem noch etwas anderes geleistet oder erhalten habe. Hier ist offensichtlich, dass der Betroffene zusätzlich zu der genannten Zuwendung dasselbe geleistet oder erhalten hat wie der andere. Geht man von der so erwiesenen Bedeutung von ,amplius‘ aus, führt dies dazu, dass eine für sich genommen unbedingte Verfügung doch unter eine Bedingung gestellt ist, wenn sie durch den Zusatz ,amplius‘ in einer anderen, bedingten Verfügung in Bezug genommen wird. Durch die so bewirkte Wiederholung der unbedingten Verfügung ist diese der Regelung der zweiten Verfügung unterstellt und damit doch an eine Bedingung geknüpft.318 (7) Pomp 710 = D 34.2.25.9 Ulp 44 Sab Muliebri veste legata et infantilem contineri et puellarum et virginum Pomponius libro vicesimo secundo ad Sabinum recte scribit: mulieres enim omnes dici, quaecumque sexus feminini sunt. Pomponius schreibt richtig im 22. Buch zu Sabinus, dass ein Vermächtnis von Frauenkleidern auch die Kleider von Kindern, Mädchen und unverheirateten Frauen umfasst; Frauen würden nämlich alle genannt, die weiblichen Geschlechts seien.

Dass das Vermächtnis von Frauenkleidern auch die Kleidung von Mädchen, weiblichen Jugendlichen und jungen Frauen umfasst, folgert Pomponius aus der allgemeinen Bedeutung des Begriffs mulier: Als Gattungsbezeichnung erstreckt er sich auf alle weiblichen Personen unabhängig von ihrem Alter und nicht nur auf verheiratete Frauen. 2. Die andere Hälfte der deduktiv begründeten Entscheidungen zur Testamentsinterpretation gilt dem mutmaßlichen Willen des Erblassers. Ihn entnimmt Pomponius in einer Entscheidungsbegründung geradewegs dem Sprachgebrauch: (8) Pomp 355 = D 40.4.41pr Pomp 7 Plaut Si ita fuerit libertas relicta: ,Stichus servus meus anno duodecimo, postquam ego mortuus ero, liber esto‘, verisimile est principio duodecimi anni eum liberum esse, nam hoc mortuum sensisse. et inter hos sermones ,duodecimo anno‘ et ,post duodecim annos‘ multum interest et ita loqui solemus. duodecimus annus est, cum quantulumlibet ex duodecimo anno venisset aut praeterisset, et qui duodecimo anno liber esse iubetur, omnibus anni diebus liber esse iussus est. 318 Vgl. Voci (Fn. 115), S. 250 und Fn. 49, der diese Lösung mit der in D 32.63 Iul 1 Urs Fer wiedergegebenen Entscheidung Sabinus’ in Verbindung bringt. Diese gilt der Verwendung des Wortes ,item‘ und damit dem umgekehrten Fall, in dem eine Bedingung von der zuerst vorgenommenen auf eine zweite Verfügung übertragen wird: In repetendis legatis haec verba quae adici solent ,item dare damnas esto‘ et ad condiciones et ad dies legatorum easdem repetendas referri Sabinus respondit.

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A. Systemimmanente Rechtsfindung

Ist die Freiheit wie folgt hinterlassen: „mein Sklave Stichus soll im zwölften Jahr nach meinem Tod frei sein“, ist wahrscheinlich, dass er zu Beginn des zwölften Jahres frei wird, weil der Erblasser sich dies so vorgestellt hat. Und zwischen den Formulierungen „im zwölften Jahr“ und „nach zwölf Jahren“ ist ein großer Unterschied und hierauf achten wir auch beim Sprechen. Das zwölfte Jahr liegt vor, wenn irgendein beliebig kleiner Zeitraum im zwölften Jahr gekommen oder vergangen ist; und wem die Freiheit im zwölften Jahr zugewandt ist, dem ist zugewandt, dass er an allen Tagen dieses Jahres frei sein soll.

Hat jemand einem Sklaven die Freiheit für das zwölfte Jahr nach seinem Tod zugewandt, ist es vermutlich sein Wille, dass der Sklave mit Beginn dieses Jahres, also nach Ablauf von elf Jahren seit dem Tod des Erblassers, die Freiheit erlangt.319 Dieses Verständnis entspricht jedenfalls dem Sprachgebrauch (,ita loqui solemus‘). Denn die Formulierung: „im zwölften Jahr“ (,anno duodecimo‘), bezieht sich auf alle Abschnitte dieses Jahres und damit auch auf seinen Anfang. Ohne Anhaltspunkten für einen abweichenden Willen des Erblassers muss man davon ausgehen, dass dieser mit dem Sprachgebrauch übereinstimmt. Bei gleich mehreren anderen Entscheidungen berücksichtigt er das Ziel der providentia als typischen Wunsch des Erblassers, der Kinder hinterlässt. Die Auslegung eines Testaments trägt dieser Gesichtspunkt in den beiden folgenden Fragmenten, die aus dem achten Buch des Muciuskommentars stammen: (9) Pomp 258 = D 33.1.7 Pomp 8 QM: Quintus Mucius ait: si quis in testamento ita scripsit: ,filii filiaeque meae ibi sunto, ubi eos mater sua esse volet, eisque heres meus in annos singulos inque pueros puellasque singulas damnas esto dare cibarii nomine aureos decem‘: si tutores eam pecuniam dare nolunt ei, apud quem pueri atque puellae sunt, nihil est, quod ex testamento agere possit: nam ea res eo pertinet, uti tutores sciant, quae voluntas testatoris fuit, uti possint eam pecuniam sine periculo dare. Pomponius: in testamentis quaedam scribuntur, quae ad auctoritatem dumtaxat scribentis referuntur nec obligationem pariunt. … itaque haec Quinti Mucii scriptura: ,liberi mei ibi sunto, ubi eos mater sua esse volet‘ nullam obligationem parit, sed ad auctoritatem defuncti conservandam id pertinebit, ut ubi iusserit ibi sint. … si autem pro cibariis eorum in annos singulos aurei decem relicti sint, sive hoc sermone significantur, apud quos morari mater pupillos voluerit, sive ita acceperimus hunc sermonem, ut ipsis filiis id legatum debeatur, utile erit: et magis enim est, ut providentia filiorum suorum hoc fecisse videatur. … Quintus Mucius schreibt: Hat jemand in seinem Testament wie folgt verfügt: „meine Kinder sollen sich dort aufhalten, wo ihre Mutter dies will, und ihnen soll mein Erbe pro Jahr und Kind zehn Goldstücke als Unterhalt leisten“, so kann, wenn die Vormünder dieses Geld demjenigen, bei dem sich die Jungen und Mädchen aufhalten, nicht zahlen wollen, dieser nichts aus dem Testament fordern. Denn dies bezieht sich darauf, dass die Vormünder 319 Diese Annahme kann entgegen Wieling, Testamentsauslegung im römischen Recht, München 1972, S. 127 durchaus dem favor libertatis als Leitbild eines vernünftigen Erblassers geschuldet sein; vgl. Harke, Verba und voluntas – was bedeutet Tesamentsauslegung für die Hochklassiker?, in: ders. (Hg.), Facetten des römischen Erbrechts, Berlin/Heidelberg 2012, S. 72 f. Pomponius äußert sich nicht hierzu, sondern zum Wortlaut der Verfügung, der dem mutmaßlichen Erblasserwillen entspricht.

II. Entscheidung durch Auslegung

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wissen, wann sie nach dem Willen des Erblassers diesen Betrag gefahrlos zahlen können. Pomponius: In einem Testament wird manches verfügt, worin die Autorität seines Urhebers zum Ausdruck kommt und das keine Verpflichtung hervorbringt. … So bringt auch die von Quintus Mucius behandelte Verfügung: „meine Kinder sollen sich dort aufhalten, wo ihre Mutter dies will“, keine Verpflichtung hervor; dass sie sich dort aufhalten, wo sie befiehlt, dient vielmehr der Wahrung des Ansehens des Verstorbenen. … Sind aber zehn Goldstücke pro Jahr zu ihrem Unterhalt hinterlassen, ist dies wirksam, sei es, dass mit dieser Formulierung diejenigen gemeint sind, bei denen die Mündel nach dem Willen der Mutter leben sollen, sei es dass wir diese Formulierung so verstehen, dass den Kindern selbst ein Vermächtnis geschuldet ist; und es spricht mehr dafür, dass dies zur Vorsorge für die eigenen Kinder geschehen ist …

Pomponius widerspricht Quintus Mucius, der einer testamentarischen Bestimmung über den Unterhalt der Kinder des Erblassers den Verpflichtungscharakter abspricht. Dieses Verständnis beruht auf dem Zusammenhang mit der Anordnung, die Kinder sollten sich bei denjenigen aufhalten, die ihre Mutter aussucht. Hierin vermag auch Pomponius keine bindende Verfügung zu sehen. Stattdessen dokumentiere der Erblasser mit dieser Bestimmung lediglich seine fortdauernde Autorität in Bezug auf seine Kinder.320 Anders verhält es sich mit der Regelung des Unterhalts. Hier lasse sich ein typischer Erblasser eher von dem Ziel der providentia als von dem Wunsch nach Erhalt seiner auctoritas leiten. Die Versorgung der Kinder ist aber nur dann gewährleistet, wenn der Bestimmung über ihren Unterhalt auch die Wirkung einer Verpflichtung zukommt. Diese kann entweder gegenüber den Kindern selbst bestehen oder gegenüber denjenigen, bei denen sie sich nach dem Wunsch ihrer Mutter aufhalten sollen. (10) Pomp 255 = D 50.16.122 Pomp 8 QM Servius ait, si ita scriptum sit: ,filio filiisque meis hosce tutores do‘, masculis dumtaxat tutores datos, quoniam a singulari casu hoc ,filio‘ ad pluralem videtur transisse continentem eundem sexum, quem singularis prior positus habuisset. sed hoc facti, non iuris habet quaestionem: potest enim fieri, ut singulari casu de filio senserit, deinde plenius omnibus liberis prospexisse in tutore dando voluerit. quod magis rationabile esse videtur. Ist wie folgt verfügt worden: „meinem Sohn und meinen Kindern gebe ich diese Vormünder“, ist nach Servius’ Ansicht nur den männlichen Kindern ein Vormund gegeben worden, weil der Erblasser von der Einzahl „meinem Sohn“ auf den Plural das Geschlecht der Einzahl übertragen habe. Aber dies ist keine Rechts-, sondern eine Tatsachenfrage. Es kann nämlich sein, dass er bei der Einzahl an seinen Sohn dachte, dann aber umfassend seine Kinder durch die Bestellung eines Vormunds habe versorgen wollen, was auch näherliegt.

Hat jemand in einem Testament Vormünder für seinen Sohn und seine ,filii‘ bestellt, ist der zweite Teil der Verfügung mehrdeutig; denn mit dem Plural ,filii‘ können einerseits nur die Söhne, andererseits alle Kinder des Erblassers und so auch 320

Im Schlusssatz des Textes (et in omnibus, ubi auctoritas sola testatoris est, neque omnimodo spernenda neque omnimodo observanda est. sed interventu iudicis haec omnia debent, si non ad turpem causam feruntur, ad effectum perduci) wird die Entscheidung gegen die Bindungswirkung solcher Anordnungen umgekehrt. Er kann daher kaum von Pomponius stammen.

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A. Systemimmanente Rechtsfindung

seine Töchter bezeichnet sein. Einen Anhalt für die Deutung bietet die vorangehende Nennung eines einzelnen Sohnes. Hieraus hat der von Pomponius zitierte Servius geschlossen, dass auch mit dem Plural nur die männlichen Kinder gemeint seien. Ob er damit dem anzunehmenden Willen des Erblassers oder der Sprachlogik Geltung verschaffen wollte, lässt sich dem Zitat nicht nehmen. Pomponius stellt jedenfalls klar, dass es für ihn nicht um eine Rechtsfrage, sondern um die Klärung der Absicht des Erblassers geht, die sich wegen der Doppeldeutigkeit des Wortlauts unbedingt durchsetzen muss.321 Gibt es keine Hinweise auf den wirklichen Willen des Erblassers, muss der typische entscheiden. Pomponius hält es für rationabilis, wenn der Erblasser Vormünder für alle seine Kinder bestellen wollte. Es entspricht dem typischen Vorgehen eines Erblassers, der mehrere minderjährige Kinder hinterlässt, nicht nur einen Teil von ihnen, sondern alle mit der Anordnung einer Vormundschaft zu bedenken. Denn für alle obliegt ihm die providentia. Pomponius wiederholt seine Entscheidung in einem weiteren Fragment aus demselben Buch des Muciuskommentars, das Lenel mit D 50.16.122 zusammenfasst. Hier wendet sich Pomponius gegen die Umkehrung der Regel, wonach die männliche Bezeichnung im Zweifel auch weibliche Personen umfasst: (11) Pomp 255 = D 31.45pr Pomp 8 QM Si ita sit scriptum: ,filiabus meis centum aureos do‘, an et masculini generis et feminini liberis legatum videatur? nam si ita scriptum esset: ,filiis meis hosce tutores do‘, responsum est etiam filiabus tutores datos esse. quod non est ex contrario accipiendum, ut filiarum nomine etiam masculi contineantur: exemplo enim pessimum est feminino vocabulo etiam masculos contineri. Ist wie folgt verfügt worden: „meinen Töchtern vermache ich 100 Goldstücke‘, stellt sich die Frage, ob sowohl den männlichen als auch den weiblichen Kindern etwas als vermacht gilt. Denn für den Fall, dass wie folgt bestimmt worden ist: „meinen Söhnen ordne ich diese Vormünder bei“, hat man entschieden, dass auch den Töchtern Vormünder beigeordnet worden seien. Was man aber nicht umkehren darf, so dass in der Bezeichnung der Töchter auch die männlichen Kinder enthalten wären. Denn es bedeutete ein sehr schlechtes Vorbild, wenn mit dem weiblichen Begriff auch Männer erfasst würden.

Anders als im Fall der Bestellung von Vormündern ist das Ziel der providentia nicht derart dominant, wenn es um die Zuwendung eines Geldbetrags geht. Gleichwohl erwägt Pomponius auch hier eine Ausdehnung der Verfügung auf weibliche Begünstigte, wenn im Testament die männliche Form verwendet ist. Dies entspricht der bei Julian belegten Regel, dass bei Vermächtnisobjekten die maskuline Bezeichnung stets auch weibliche Tiere oder Sklaven einschließt.322 Die Erstreckung der weiblichen Bezeichnung auf männliche Personen erscheint Pomponius dagegen ausgeschlossen, weil sie ein ,exemplum pessimum‘ bedeutete. Einem vernünftigen Erblasser kann ein solcher Fehlgebrauch der Sprache nicht unterstellt werden.

321 322

Vgl. Harke (Fn. 319), S. 64 f. D 32.62 Iul sing amb.

II. Entscheidung durch Auslegung

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Um den typischen Willen eines Erblassers geht es auch, wenn Pomponius in seinen Episteln zu einer „wohlwollenden“ oder „menschengerechten“ Testamentsauslegung aufruft: (12 – 13) Pomp 203 = D 35.1.112pr-2 Pomp 12 ep Tales condiciones ,si monumentum‘ puta ,fecerint‘ pluribus propositae non possunt nisi in omnibus simul personis exsistere. (1) Item: ,si Symphoro et Ianuario centum Titius praestiterit, fundum ei lego‘. Symphoro mortuo an legatum perisset? sed hoc quoque sic puto interpretandum ut si, dum quisque eorum vivet, praestitisset. sed benigna interpretatione dicendum, si non post moram Titii Symphorus decessit, debere partem dimidiam Ianuario dantem partem fundi dimidiam legatarium esse consecuturum. (2) De illo quoque quaeritur: fundus quibusdam legatus est, si pecuniam certam in funus impensamque perferendi corporis in aliam regionem dedissent. nam nisi uterque dederit, neutri est legatum, quoniam condicio nisi per utrumque expleri non potest. sed haec humanius interpretari solemus, ut, cum duobus fundus legatus sit, si decem dedissent, et alteri dando partem legatum quoque debeatur. Bedingungen der Art wie zum Beispiel: „wenn sie ein Denkmal errichten“, die mehreren Personen vorgeschrieben sind, können nur in allen Personen zugleich eintreten. (1) Ferner: „ich vermache Titius ein Grundstück, wenn er Symphorus und Ianuaris 100 leistet.“ Ist das Vermächtnis mit dem Tod von Symphorus aufgehoben? Aber ich glaube, dass auch dies so auszulegen ist, dass geleistet werden muss, während jeder der beiden noch lebt. Aber aufgrund einer wohlwollenden Auslegung ist zu sagen, dass, wenn Symphorus nicht gestorben ist, nachdem Titius in Verzug geraten war, der Vermächtnisnehmer, wenn er die Hälfte dem Ianuarius zahlt, die Hälfte des Grundstücks erlange. (2) Auch folgender Fall ist erwogen worden: Ein Grundstück ist mehreren vermacht worden, falls sie einen bestimmten Geldbetrag für die Totenfeier und den Transport der Leiche in eine andere Gegend leisteten. Denn wenn nicht beide leisten, fällt keinem das Vermächtnis an, weil die Bedingung nur durch beide erfüllt werden kann. Aber dies pflegen wir menschengerechter auszulegen, so dass, wenn zweien das Grundstück vermacht worden ist, falls sie zehn leisten, und der eine leistet, ihm der ihm vermachte Anteil geschuldet sei.

In diesem Abschnitt aus seinen Episteln befasst sich Pomponius mit der Bedeutung einer Vermächtnisbedingung, die durch Leistung an mehrere Empfänger oder durch mehrere Vermächtnisnehmer zu erfüllen ist. Eigentlich gilt, dass die Leistung an und durch einen einzelnen wirkungslos ist, so dass das Vermächtnis insgesamt nicht geschuldet wird, wenn einer der Empfänger wegfällt oder einer der Vermächtnisnehmer die Leistung nicht erbringt. Eine Alternativlösung bedeutet die Teilung des Vermächtnisses: Kann die Leistung an einen der Empfänger nicht mehr erfolgen, erhält der Vermächtnisnehmer, wenn er an den anderen leistet, zumindest die Hälfte der Zuwendung, im Fall eines vermachten Grundstücks also hälftiges Miteigentum hieran. Dasselbe soll gelten, wenn einer der Vermächtnisnehmer die ihnen gemeinsam zur Bedingung gemachte Leistung nicht erbracht, der andere aber geleistet hat. Pomponius folgt damit Servius, der sich für den Fall einer bedingten Erbeinsetzung schon dagegen gewandt hat, dass jemand ,ex facto alterius‘ eine letztwillige Zuwendung verliere.323 Pomponius erklärt diese Lösung für das Ergebnis 323 D 28.5.45 Alf 5 dig: Pater familias testamento duos heredes instituerat: eos monumentum facere iusserat in diebus certis: deinde ita scripserat: ,qui eorum non ita fecerit, omnes

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A. Systemimmanente Rechtsfindung

einer benigna oder humanior interpretatio. Das Wohlwollen oder die Humanität, die er erweist, liegt, vordergründig betrachtet, in der Begünstigung des Vermächtnisnehmers, der die Bedingung erfüllt hat. Es besteht aber auch in der Erhaltung der letztwilligen Verfügung. Diese wird, soweit es geht, durchgeführt und nicht insgesamt verworfen. Dies entspricht am ehesten dem Willen des Erblassers, der seine Anordnung im Zweifel lieber teilweise als gar nicht durchgeführt sieht.324 Ganz demselben Muster folgt eine Entscheidung aus Pomponius’ Sabinuskommentar, die es unwahrscheinlich macht, dass die in den Episteln erhobene Forderung nach einer benigna oder humanior interpretatio auf einen späteren Bearbeiter des Werks zurückgeht:325 (14) Pomp 474 = D 28.5.29 Pomp 5 Sab Hoc articulo ,quisque‘ omnes significantur: et ideo Labeo scribit, si ita scriptum sit: ,Titius et Seius quanta quisque eorum ex parte heredem me habuerit scriptum, heres mihi esto‘, nisi omnes habeant scriptum heredem testatorem, neutrum heredem esse posse, quoniam ad omnium factum sermo refertur: [in quo puto testatoris mentem respiciendam.] sed humanius est eum quidem, qui testatorem suum heredem scripserit, in tantam partem ei heredem fore, qui autem eum non scripserit, nec ad hereditatem eius admitti. Mit dem Wort „jeder“ sind alle bezeichnet; und daher schreibt Labeo, dass, wenn wie folgt verfügt worden ist: „Titius und Seius sollen meine Erben zu dem Anteil sein, zu dem jeder von ihnen mich als Erben eingesetzt hat“, und nicht beide den Erblasser zum Erben eingesetzt haben, keiner von beiden Erbe werde, weil sich die Formulierung auf das Verhalten aller bezog [womit, wie ich glaube, die Vorstellung des Erblassers berücksichtigt wird.] Aber es ist menschlicher, dass derjenige, der den Erblasser als seinen Erben eingesetzt hat, zu diesem Anteil Erbe wird, derjenige, der ihn nicht zum Erben eingesetzt hat, nicht zur Erbschaft zugelassen wird.

Wieder ist eine Bedingung in Gestalt der Erbeinsetzung durch mehrere zu erfüllen, wobei der Erblasser dies hier noch durch die Verwendung des Pronomens ,quisque‘ unterstrichen hat. Der von Pomponius zitierte Labeo lässt die Verfügung daher scheitern, wenn sich nicht alle Bedachten bedingungsgemäß verhalten haben. Pomponius entscheidet sich dagegen wiederum für die Teilgültigkeit des Vermächtnisses und beruft sich hierfür ebenso wie in den Episteln auf die humanitas. Er erweist sie dem Erblasser, dessen Willen er nicht darin erkennt, die Verfügung ausfallen zu lassen, wenn nicht alle Bedachten der Bedingung gehorchen.326 exheredes sunto‘: alter heres hereditatem praetermiserat, reliquus heres consulebat, cum ipse monumentum exstruxisset, numquid minus heres esset ob eam rem, quod coheres eius hereditatem non adisset. respondit neminem ex alterius facto hereditati neque alligari neque exheredari posse, sed uti quisque condicionem implesset, quamvis nemo adisset praeterea, tamen eum heredem esse. Hierzu Roth, Alfeni digesta, Berlin 1999, S. 149 ff. 324 Dies erkennt auch Palma (Fn. 295), S. 34 f., der zugleich Pomponius’ Bemühen um einen Interessenausgleich erkennt. 325 Hierfür etwa noch Voci (Fn. 115), S. 593 Fn. 21, S. 19, Fn. 13. 326 Anders Palma (Fn. 295), S. 32, der annimmt, Pomponius folge hier nicht dem Willen des Erblassers, sondern einem übergeordneten Gerechtigkeitsgebot.

B. Bewertung von Parteiinteressen Die systemüberschreitende Rechtsfindung beschränkt sich in Pomponius’ Werk auf 13 der insgesamt 203 Entscheidungsbegründungen und kommt ausschließlich in Form der Bewertung von Parteiinteressen vor. Dabei lassen sich zwei annähernd gleich große Gruppen bilden. In den Begründungen, die zu der einen Gruppe gehören, leitet Pomponius den Vorrang der Interessen einer Seite daraus ab, dass ihr Gegenüber nicht schutzbedürftig ist und daher keinen unbilligen Vorteil erlangen darf. In den anderen Begründungen schließt er aus dem überwiegenden Interesse des durch die Entscheidung begünstigten Teils, wobei er zuweilen auf die humanitas als Wertungsmaßstab verweist. Sie gebietet, dem schutzwürdigen Teil einen unbilligen Nachteil zu ersparen.

I. Verhinderung eines unbilligen Vorteils 1. Eine Abwägung der Interessen beider Seiten nimmt Pomponius nur in einer Entscheidung zur Sicherheitsleistung im Nachbarschaftsverhältnis vor: (1) Pomp 681 = D 39.2.39.1 Pomp 21 Sab Si domus in controversia sit, dicendum est damni infecti onus possessoris esse, cum id quod praestiterit imputare domino praedii possit: quod si non caveat, possessionem ad petitorem, qui caveri damni infecti sibi velit, transferant: nam iniquum est stipulatorem compelli relicto praedio, ex quo damnum vereatur, dominum quaerere. Besteht Streit über ein Gebäude, ist die Sicherheitsleistung wegen drohenden Schadens nach richtiger Ansicht Sache des Besitzers, da was er leistet, dem Eigentümer des Gebäudes zugerechnet werden kann; leistet er aber keine Sicherheit, wird der Besitz auf den Kläger, der die Sicherheitsleistung wegen drohenden Schadens wünscht, übertragen; denn es ist ungerecht, den Gläubiger zu zwingen, unter Vernachlässigung des Gebäudes, von dem der Schaden zu besorgen ist, nach dem Eigentümer zu forschen.

Dass der durch ein gefährliches Werk bedrohte Nachbar eine cautio damni infecti nicht nur vom Eigentümer, sondern auch vom Besitzer des Grundstücks fordern kann, auf dem das Werk errichtet wird, entnimmt Pomponius unmittelbar einer Bewertung der Interessen von Nachbar und Besitzer. Zum einen kann dieser ohnehin Rückgriff beim Eigentümer nehmen; zum anderen ist es dem Nachbarn nicht zumutbar, nach dem Eigentümer zu forschen, wenn er als Inhaber der tatsächlichen Sachherrschaft nur den Besitzer antrifft. Sein Interesse daran, der gefahrdrohenden Anlage nicht ungeschützt ausgesetzt zu sein, überwiegt somit eindeutig das Interesse des Besitzers, der einen ungerechtfertigten Vorteil erlangte, wenn er von der Pflicht zur cautio damni infecti ausgenommen wäre.

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B. Bewertung von Parteiinteressen

2. Für sechs seiner Entscheidungen beruft sich Pomponius darauf, dass einer Seite ein schutzwürdiges Interesse fehlt, das eine abweichende Falllösung rechtfertigen könnte. In zwei Fällen, in denen es um die Haftung aus einem commodatum und die Gewährung der actio Publiciana geht, begründet er so ein Ergebnis, das sich auch deduktiv gewinnen ließe: (2) Pomp 279 = D 13.6.23 Pomp 21 QM Si commodavero tibi equum, quo utereris usque ad certum locum, si nulla culpa tua interveniente in ipso itinere deterior equus factus sit, non teneris commodati: nam ego in culpa ero, qui in tam longum iter commodavi, qui eum laborem sustinere non potuit. Habe ich dir ein Pferd geliehen, damit du es bis zu einem bestimmten Ort benutzt, und ist es auf dem Weg ohne dein Verschulden in seinem Zustand verschlechtert worden, haftest du nicht mit der Leihklage; denn die Schuld trifft mich, der ein Pferd, das einer solchen Anstrengung nicht gewachsen war, zu einem so weiten Weg verliehen hat.

Ist ein verliehenes Pferd zu schwach für die Reise, für die der Entleiher es vom Verleiher geborgt hat, und deshalb krank geworden, stellt sich die Frage, wer dieses Risiko zu tragen hat. Auch wenn den Entleiher keine Schuld an der Verschlechterung des Gesundheitszustands des Pferdes hat, ist denkbar, dass er dem Verleiher deshalb einzustehen hat, weil er die Bewachung (custodia) der entliehenen Sache schuldet1. Deckt diese Haftung auch Fälle niederen Zufalls ab, kann sie doch nicht den Schaden erfassen, der durch den zweckentsprechenden Gebrauch der Leihsache eingetreten ist. Dieser stellt nämlich keine von außen kommende Gefahr dar, gegen die der Verleiher die Sache abzuschirmen hätte. Statt aus diesem Grund die Voraussetzungen der custodia-Haftung zu verneinen, wählt Pomponius einen anderen Begründungsansatz: Er wirft dem Entleiher vor, dass er sich das Schicksal des Pferdes selbst zuzuschreiben hat, weil er es durch die Überlassung zu der Reise einer Anstrengung ausgesetzt hat, der es nicht gewachsen ist. So bringt er in Gestalt einer Wertung zum Ausdruck, dass sich ein der Leihe immanentes Risiko verwirklicht hat, das der Entleiher mit seiner Entscheidung zum Vertragsschluss auf sich genommen hat. Es bedeutete einen ungerechtfertigten Vorteil, wenn er gleichwohl in den Genuss einer Haftung des Entleihers käme. (3) Pomp 740 = D 6.1.70 Pomp 29 Sab Nec quasi Publicianam quidem actionem ei dandam placuit, ne in potestate cuiusque sit per rapinam ab invito domino rem iusto pretio comparare. Und ihm soll noch nicht einmal eine Klage wie die publizianische gewährt werden, damit es nicht in der Macht eines jeden steht, sich eine Sache durch Raub gegen den Willen des Eigentümers zu ihrem Wert zu verschaffen.

Der Zusammenhang dieser Aussage ergibt sich aus den umgebenden Fragmenten in der justinianischen Kompilation, die von der Rechtsstellung eines Besitzers handeln, der die Sache nicht an den Eigentümer herausgibt oder sich arglistig dieser Möglichkeit begeben hat. Pomponius wendet sich dagegen, ihm gegenüber einem 1

D 13.6.5.5 Ulp 28 Sab.

I. Verhinderung eines unbilligen Vorteils

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Dritten, an den die Sache später gelangt ist, die actio Publiciana zu gewähren, falls er dem Eigentümer im Rahmen des Erstprozesses nur den objektiven Wert der Sache, das ,pretium iustum‘, und nicht den Betrag gezahlt hat, den der Eigentümer durch sein iusiurandum in litem angegeben hat. Hat er diesen entrichtet, hat er die Sache gewissermaßen gekauft und darf sie daher auch als eigene von einem Dritten herausverlangen.2 Stünde ihm dieses Recht dagegen schon dann zu, wenn er den Eigentümer lediglich mit dem objektiven Wert der Sache abgefunden hat, bedeutete dies einen ungerechtfertigten Vorteil für den Besitzer.3 Denn dieser hätte den Eigentümer zu einem Zwangskauf genötigt, ohne ihm die Bestimmung des Kaufpreises zu ermöglichen; und so würde ein Anreiz dazu geschaffen, fremdes Eigentum zu missachten, weil der Besitzer, der die Sache wie eine eigene behalten will, lediglich das Risiko liefe, sie zum Marktpreis zu erwerben. Pomponius beruft sich unmittelbar auf diese Wertung, statt einfach traditio ex iusta causa zu verneinen, wie sie Voraussetzung der actio Publiciana ist. In vier weiteren Texten dient Pomponius der Hinweis auf das fehlende Interesse einer Seite dazu, die Rechtsposition des Gegners einzuschränken, weil sie wegen dessen fehlenden Schutzbedürfnisses ihren Zweck zu verfehlen droht: In einem Fall betrifft dieses Vorgehen das Klagerecht zur actio furti: (4) Pomp 322 = D 47.2.77.1 Pomp 38 QM Si quis alteri furtum fecerit et id quod subripuit alius ab eo subripuit, cum posteriore fure dominus eius rei furti agere potest, fur prior non potest, ideo quod domini interfuit, non prioris furis, ut id quod subreptum est salvum esset. haec Quintus Mucius refert et vera sunt: nam licet intersit furis rem salvam esse, quia condictione tenetur, tamen cum eo is cuius interest furti habet actionem, si honesta ex causa interest. nec utimur Servii sententia, qui putabat, si rei subreptae dominus nemo exstaret nec exstaturus esset, furem habere furti actionem: non magis enim tunc eius esse intellegitur, qui lucrum facturus sit. dominus igitur habebit cum utroque furti actionem, ita ut, si cum altero furti actionem inchoat, adversus alterum nihilo minus duret: sed et condictionem, quia ex diversis factis tenentur. Hat jemand zulasten eines anderen einen Diebstahl begangen und hat ein anderer das Diebesgut von ihm gestohlen, kann der Eigentümer der Sache gegen den zweiten Dieb wegen Diestahls klagen, der erste Dieb dagegen nicht, und zwar deshalb, weil es im Interesse des Eigentümers, nicht des ersten Diebes liegt, dass das Gestohlene erhalten bleibt. Dies hat Quintus Mucius berichtet, und es ist wahr. Denn obwohl der Dieb ein Interesse daran hat, dass die Sache erhalten bleibt, weil er mit der Kondiktion haftet, hat gegen ihn doch nur derjenige die Diebstahlsklage, der ein ehrbares Interesse hat. Und wir folgen nicht der Meinung von Servius, der glaubte, dass einem Dieb die Diebstahlsklage zustehe, wenn kein Eigentümer der gestohlenden Sache vorhanden sei und auch nicht auftreten werde; denn aus diesem Grund gehört die Sache nicht demjenigen, der sich mit ihr bereichern würde. Dem Eigentümer steht die Diebstahlsklage daher gegen beide zu, und zwar so, dass sie, wenn er sie gegen den einen erhebt, gegen den anderen nichtsdestoweniger erhalten bleibt; und auch die Kondiktion, weil sie aus unterschiedlichen Tatbeständen haften.

2 3

Harke (S. 26 Fn. 29), S. 178 ff. Dies meint auch Paulus in D 25.2.9 Paul 37 ed.

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B. Bewertung von Parteiinteressen

Pomponius verteidigt die Ansicht von Quintus Mucius, der Diebstahl einer Sache von ihrem Dieb löse statt eines Klagerechts für diesen einen Anspruch des Eigentümers aus. Dies widerspricht der in der Jurisprudenz herausgebildeten Regel für die Aktivlegitimation zur actio furti, die nicht notwendig dem Eigentümer, sondern demjenigen zusteht, der ein Interesse daran hat, dass die Entwendung unterblieben wäre (,interesse rem salvam esse‘). Dieses Interesse hat zunächst einmal der Dieb, der dem Eigentümer unbedingt mit der condictio furtiva haftet und demnach auch das Risiko des zufälligen Untergangs der Sache trägt. Dies hat Servius denn auch dazu veranlasst, dem Dieb die actio furti zuzusprechen, falls sich kein Eigentümer findet, der die Klage erhebt. Pomponius vermisst hierbei die Rücksicht darauf, dass der Dieb auf diese Weise trotz seiner Untat bereichert würde. Dass sein Interesse keiner,causa honesta‘ entspringt, rechtfertigt für Pomponius die Durchbrechung der hergebrachten Regel zur Klagebefugnis wegen Diebstahls,4 zumal im Normalfall ja mit dem Eigentümer ein alternativer Kläger zur Verfügung steht und so gewährleistet ist, dass die Tat nicht ungesühnt bleibt. Aus diesem Grund stehen die Klagen gegen die beiden Diebe auch selbständig nebeneinander und führen nicht zum Verbrauch der jeweils anderen. In den drei anderen Konstellationen schneidet Pomponius umgekehrt dem Schuldner ein Verteidigungsrecht ab, das eigentlich zuständig, mangels schutzwürdigen Interesses des Schuldners aber ohne wertungsmäßige Grundlage ist: (5) Pomp 355 = D 40.4.41.1 Pomp 7 Plaut Sed si ita sit scriptum in testamento: ,Stichus servus meus heredi meo mille nummos anno biennio triennio, postquam ego mortuus ero, si solverit satisve fecerit, liber esto‘, non potest is servus nisi triennio praeterito liber esse, nisi praesentem eam pecuniam solvat aut satisfaciat: compensanda etenim est heredi libertatis celeritas praematurae pecuniarum solutioni. Ist aber in einem Testament wie folgt bestimmt: „mein Sklave Stichus soll meinem Erben nach meinem Tod drei Jahre lang jährlich 1000 Münzen zahlen, und wenn er zahlt oder Sicherheit leistet, frei sein“, kann der Sklave nicht vor Ablauf von drei Jahren freiwerden, es sei denn, dass er sofort den Betrag zahlt oder deshalb Sicherheit leistet; denn der Erbe muss für die vorzeitige Freilassung einen Ausgleich durch eine vorzeitige Zahlung des Geldbetrags erhalten.

Pomponius versteht eine testamentarische Freilassung, die unter der Bedingung der Zahlung eines Geldbetrags in drei Jahresraten steht, so, dass der Sklave die Freiheit erst nach dem letzten Zahlungstermin erlangen soll. Zugleich eröffnet er dem Sklaven aber einen Weg, seine Freiheit vorzeitig zu erlangen, indem er annimmt, er könne den Betrag vorab in voller Höhe entrichten. So sieht er einen Ausgleich dafür hergestellt, dass der Sklave dem Erben nicht mehr bis zum letzten Zahlungstermin zur Verfügung steht. Ist das Interesse, das der Erbe hieran hat, auch durch die Anordnung des Erblassers geschützt, reicht es doch nicht über die monetäre Seite 4 Ebenso entscheidet Ulpian in D 47.2.12.1 Ulp 29 Sab, indem er die Diebstahlsklage des malae fidei possessor daran scheitern lässt, dass dieser aus seiner improbitas keinen Anspruch erwerben dürfe.

I. Verhinderung eines unbilligen Vorteils

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der Sklavenstellung hinaus: Da die Freilassung vom Erblasser nur an die Geldzahlung und nicht an eine Arbeitsleistung des Sklaven geknüpft worden ist, kann Pomponius das immaterielle Interesse des Erben daran, den Sklaven für einen gewissen Zeitraum in seiner Gewalt zu behalten, vernachlässigen. Durch die vorzeitige Zahlung des gesamten Betrags, die dem Erben Früchte in Form von Zinsen einbringt, ist sein schutzwürdiges Interesse an der Einhaltung der Bedingung vollständig abgegolten. Unter Rückgriff auf diese Wertung begründet Pomponius, warum der Erbe im Austausch gegen die vorzeitige Freilassung die sofortige Zahlung der Gesamtsumme verlangen kann, sich aber auch hiermit begnügen muss. Dürfte er den Betrag und den Sklaven behalten, wäre er in unbilliger Weise begünstigt. (6) Pomp 274 = D 9.2.39pr, 1 Pomp 17 QM Quintus Mucius scribit: equa cum in alieno pasceretur, in cogendo quod praegnas erat eiecit: quaerebatur, dominus eius possetne cum eo qui coegisset lege Aquilia agere, quia equam in iciendo ruperat. si percussisset aut consulto vehementius egisset, visum est agere posse. (1) Pomponius: quamvis alienum pecus in agro suo quis deprehendit, sic illud expellere debet, quomodo si suum deprehendisset, quoniam si quid ex ea re damnum cepit, habet proprias actiones. itaque qui pecus alienum in agro suo deprehenderit, non iure id includit, nec agere illud aliter debet quam ut supra diximus quasi suum: sed vel abigere debet sine damno vel admonere dominum, ut suum recipiat. Quintus Mucius schreibt: Eine Stute, die auf fremdem Land graste, verlor, da sie trächtig war, ihr Fohlen, als sie von dort verjagt wurde. Es wurde gefragt, ob ihr Eigentümer aufgrund des aquilischen Gesetzes gegen denjenigen, der sie verjagt hat, klagen könne, weil er die Stute durch den Schlag zerrissen hatte. Man befand, dass er klagen könne, wenn er die Stute geschlagen oder absichtlich zu stark getrieben habe. (1) Pomponius: Auch wenn man fremdes Vieh auf seinem Grundstück vorfindet, darf man es nur so vertreiben, wie man es würde, wenn man eigenes Vieh vorgefunden hätte, weil er ja eigene Klagen hat, falls ihm auf diese Weise ein Schaden entsteht. Daher hat derjenige, der fremdes Vieh auf seinem Land vorfindet, nicht das Recht, es einzusperren, und treiben darf er es auch nur, wie oben gesagt, als wäre es sein eigenes; stattdessen muss er es entweder ohne Schaden vertreiben oder den Eigentümer auffordern, dass er sein Vieh abholt.

Der Eigentümer eines Grundstücks darf sich zwar dagegen wehren, dass hierauf Tiere eines anderen grasen. Er darf sie aber nicht anders behandeln als eigene Tiere, die sich unerwünscht verhalten. Sperrt er die Tiere des anderen ein oder treibt er sie übermäßig an, hat er ihrem Eigentümer mit der actio legis Aquiliae für den so entstandenen Schaden und insbesondere für ein Fohlen einzustehen, das eine schwangere Stute infolge der Behandlung durch den Grundstückseigentümer verliert. Die Einschränkung seines Selbstverteidigungsrechts ist ihm deshalb zumutbar, weil er sich gegen die Beeinträchtigung seines Grundstücks durch die Tiere ebenfalls mit einer Schadensersatzklage, nämlich mit der actio de pauperie, wehren kann. Ihm darüber hinaus zu gestatten, das Eigentum des Tierhalters nachhaltig zu verletzen, verliehe ihm einen Überschuss an Befugnissen. (7) Pomp 481 = D 33.5.6 Pomp 6 Sab Mancipiorum electio legata est. ne venditio, quandoque eligente legatario, interpelletur, decernere debet praetor, nisi intra tempus ab ipso praefinitum elegisset, actionem legatorum

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B. Bewertung von Parteiinteressen

ei non competere. quid ergo si die praeterito, sed antequam venderet heres, vindicare legatarius velit? quia non est damnum subiturus heres, propter quod decernere praetor id solet. et quid si die praeterito, quem finierit praetor, heres aliquos ex servis vel omnes manumiserit? nonne praetor eorum tuebitur libertatem? ergo totiens actio deneganda non est, si omnia in integro sint. idem est et si pignori aliquos ex his servis heres dederit post diem vel vendiderit. Es sind Sklaven nach Wahl des Vermächtnisnehmers vermacht worden. Damit nicht der Verkauf der Sklaven bis zur Wahl des Vermächtnisnehmers aufgehalten ist, muss der Prätor bestimmen, dass die Klage aus dem Vermächtnis verfällt, wenn er die Wahl nicht innerhalb eines von ihm festgesetzten Zeitraums vornimmt. Was gilt, wenn der Vermächtnisnehmer nach Ablauf der Frist, aber vor dem Verkauf der Sklaven durch den Erben, vindizieren will? Da doch der Erbe keinen Schaden erleidet, dessenthalben der Prätor diese Bestimmung trifft,. Und was gilt, wenn der Erbe nach Ablauf der Frist, die der Prätor festgesetzt hat, einige oder alle Sklaven freilässt? Soll der Prätor nicht ihre Freiheit schützen? Daher ist die Klage immer dann nicht zu verweigern, wenn alles noch unverändert ist. Dasselbe gilt, wenn der Erbe nach Fristablauf einige der Sklaven verpfändet oder verkauft hat.

Pomponius befasst sich mit der Frage, wie der Konflikt zwischen einem Erben und einem Vermächtnisnehmer aufzulösen ist, der die ihm zustehende Wahl des Vermächtnisgegenstands nicht rechtzeitig trifft. Die Lösung bietet eine Fristsetzung durch den Prätor, der dem Vermächtnisnehmer für den Fall, dass sie fruchtlos verstreicht, die denegatio seiner Herausgabeklage gegen den Erben androht.5 Bedeutet dies, dass der Erbe die Erfüllung der Vermächtnisschuld unter allen Umständen verweigern darf, wenn der Vermächtnisnehmer seine Entscheidung erst nach Fristablauf trifft? Der Anspruch ist sicher nicht mehr durchsetzbar, soweit der Erbe einen Sklaven, auf den die Wahl des Vermächtnisnehmers fällt, schon freigelassen, verpfändet oder verkauft hat. Hat der Erbe diese Maßnahmen noch nicht getroffen, soll dem Vermächtnisnehmer die Klage dagegen doch nicht verweigert werden. Zwar hat er sich der Anordnung des Prätors zur fristgerechten Wahl widersetzt. Diese dient jedoch nur der Vermeidung eines Nachteils für den Erben oder einen Sklaven, den er freilassen möchte. Hat der Erbe noch nicht über die möglichen Vermächtnisgegenstände disponiert, erleidet er durch die verspätete Entscheidung des Vermächtnisnehmers keinen Schaden und hat daher kein schutzwürdiges Interesse an der vom Prätor angedrohten Sanktion der denegatio actionis. Er erlangte durch sie einen unangebrachten Vorteil.

II. Überwiegendes Schutzbedürfnis Den umgekehrten Weg, bei dem der Jurist das besondere Schutzbedürfnis einer Seite zur Grundlage seiner Entscheidung macht, beschreitet Pomponius an insgesamt sechs Stellen. Dabei geht es ihm stets um die Abwendung eines besonderen Nachteils, dem die schutzwürdige Partei durch die gewählte Falllösung entgeht. So erspart 5

Diesen Teil des Fragments schreibt Astolfi (S. 143 Fn. 307), S. 10 ff. Sabinus zu.

II. Überwiegendes Schutzbedürfnis

163

er etwa dem Gläubiger eines Stipulationsversprechens eine iniuria, die durch den Tod seines Schuldners droht: (1) Pomp 724 = D 45.1.5.3a, 4 Pomp 26 Sab Si sortem promiseris et, si ea soluta non esset, poenam: etiamsi unus ex heredibus tuis portionem suam ex sorte solverit, nihilo minus poenam committet, donec portio coheredis solvatur. (4) Idemque est de poena ex compromisso, si unus paruerit, alter non paruerit sententiae iudicis: sed a coherede ei satisfieri debet. nec enim aliud in his stipulationibus sine iniuria stipulatoris constitui potest. Hast du einen Betrag versprochen und für den Fall, dass er nicht gezahlt wird, eine Strafe, so verfällt die Strafe schon dann, wenn einer deiner Erben seinen Anteil nicht zahlt, und zwar, bis auch der Anteil des Miterben gezahlt wird. (4) Dasselbe gilt für die Strafe, die aus einer Schiedsvereinbarung folgt, wenn einer den Schiedsspruch befolgt, der andere nicht; aber er muss von seinem Miterben schadlos gehalten werden. Anders könnte man bei solchen Versprechen nicht entscheiden, ohne dem Gläubiger Unrecht zu tun.

Treten an die Stelle eines Schuldners, der eine Vertragsstrafe versprochen hat, mehrere Miterben, verfällt die Strafe jeweils schon dann, wenn nur einer der Erben seinen Anteil nicht geleistet hat.6 Besteht die Strafe in einer Zinsleistung, die der Schuldner für den Fall der Säumnis versprochen hat, werden die gesamten Zinsen so lange geschuldet, bis auch der letzte Miterbe den auf ihn entfallenden Anteil der Hauptleistung erbracht hat. Ist die Strafe als Einmalbetrag für den Fall versprochen, dass der Schuldner sich nicht an einen Schiedsrichterbefehl hält, führt schon dessen Missachtung durch einen der Miterben zum Verfall der Strafe in voller Höhe. Zwar wird die Verpflichtung zur Zahlung der Strafe unter den Erben jeweils aufgeteilt. Dies kann jedoch nicht für die Bedingung gelten, unter der die Strafe verfällt. Denn mit ihr soll die Erbringung einer einheitlichen Leistung gesichert werden; und der Anspruch auf die Vertragsstrafe wäre auch dann begründet, wenn der Schuldner selbst die Bedingung nur teilweise erfüllt hätte. Statt die Entscheidung aus dem Sinn des Versprechens oder dem Vergleich zur Rechtslage vor dem Erbfall abzuleiten, bemüht Pomponius unmittelbar das Leistungsinteresse des Gläubigers. Für ihn stellte es eine unerträgliche Verschlechterung seiner Situation dar, wenn er infolge des Erbfalls bei einer Teilleistung seinen Anspruch auf die gesamte Strafe verlöre. Zur Vermeidung dieser iniuria ist hinzunehmen, dass die Strafe nun umgekehrt wegen der Beteiligung mehrerer Erben leichter verfällt als zu Lebzeiten des Schuldners. Oder Pomponius verweist auf die unerträglichen Konsequenzen, die es für einen Schuldner hätte, wenn der Gläubigerverzug sanktionslos bliebe:

6

Im Fall von § 3 soll dies nur so lange der Fall sein, bis der Anteil des säumigen Erben geleistet wird. Damit ist keine nachträgliche Bereinigung des Strafverfalls gemeint, sondern die Wirkungsweise einer Stipulation beschrieben, mit der als Strafe eine Zinszahlung vereinbart wird; diese verfällt nach Zeitabschnitten so lange, bis der gesamte Betrag entrichtet ist. Vgl. Knütel, Stipulatio poenae, Köln/Wien 1976, S. 176.

164

B. Bewertung von Parteiinteressen

(2) Pomp 603 = D 24.3.9 Pomp 14 Sab Si mora per mulierem fuit, quo minus dotem reciperet, dolum malum dumtaxat in ea re, non etiam culpam maritus praestare debet, ne facto mulieris in perpetuum agrum eius colere cogatur: fructus tamen, qui pervenissent ad virum, redduntur. Ist die Frau mit der Rücknahme der Mitgift in Verzug geraten, muss der Ehemann in dieser Angelegenheit nur für seinen Vorsatz, nicht auch für Fahrlässigkeit einstehen, damit er nicht durch das Verhalten der Frau gezwungen ist, für immer ein Feld zu bestellen. Die Früchte, die der Mann erlangt, sind dagegen herauszugeben.

Gerät der Gläubiger in Verzug der Annahme, reduziert sich der Haftungsmaßstab, wenn er vorher auch Fahrlässigkeit einschloss, auf den Vorsatz des Schuldners. Pomponius stellt dies an anderer Stelle für den Kaufvertrag dar,7 hier beschäftigt er sich mit der Verpflichtung zur Rückgewähr einer Mitgift, mit deren Empfangnahme die Frau in Verzug gerät. Der Veränderung des Haftungsregimes liegt die Vorstellung zugrunde, dass der Schuldner durch die Verzögerung der Leistung keinen Nachteil erleiden und so stehen soll, als ob der Gläubiger sie rechtzeitig angenommen hätte.8 Ihn trifft folglich nur noch das allgemeine Verbot vorsätzlicher Schädigung, wie es auch im vorvertraglichen Bereich gilt9. Dass eine darüber hinausgehende Haftung für den Schuldner unerträglich wäre, demonstriert Pomponius an dem Fall, dass die zurück zu gewährende Mitgift ein Grundstück umfasst: Hätte der Ehemann, wenn die Ehefrau mit der Rücknahme in Verzug gerät, weiterhin für Fahrlässigkeit einzustehen, bedeutete dies, dass er das Grundstück, damit sich sein Zustand nicht verschlechtert, so lange bestellen müsste, bis sich die Frau dazu entschließt, es in Empfang zu nehmen. Dies wäre für den Mann ein unzumutbarer Nachteil, der durch die Reduktion seiner Haftung auf Vorsatz vermieden wird. Im nächsten Fall geht es Pomponius um das berechtigte Interesse eines Eigentümers am Erhalt seines Grundstücks: (3) Pomp 471 = D 7.8.16.1 Pomp 5 Sab Dominus proprietatis etiam invito usufructuario vel usuario fundum vel aedes per saltuarium vel insularium custodire potest: interest enim eius fines praedii tueri. … Der Inhaber des Eigentums kann auch gegen den Willen des Nießbrauchers oder des Inhabers eines Gebrauchsrechts das Grundstück oder Gebäude durch einen Waldhüter oder Hausmeister bewachen lassen; er hat nämlich ein Interesse daran, die Grenzen des Grundstücks zu schützen. …

Als Inhaber des vollständigen Nutzungs- oder Gebrauchsrechts können der Nießbraucher und der usuarius dem Eigentümer, der nur über die nuda proprietas verfügt, eigentlich jeglichen Umgang mit der belasteten Sache verbieten. Da es dem 7 Pomp 307 = D 18.6.18 Pomp 31 QM: Illud sciendum est, cum moram emptor adhibere coepit, iam non culpam, sed dolum malum tantum praestandum a venditore … 8 Harke (S. 12 Fn. 7), S. 74 ff. 9 Hierzu Harke, Dolus in contrahendo, Mitverschulden und reine Vermögensschäden im römischen Recht, in: Studien zu Vertrag und Eigentumserwerb im römischen Recht, Berlin 2013, S. 39.

II. Überwiegendes Schutzbedürfnis

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Eigentümer jedoch möglich sein muss, Vorsorge für die Zeit zu treffen, in der der Nießbrauch oder das Gebrauchsrecht nicht mehr bestehen, gestattet Pomponius ihm, die Sache bewachen zu lassen. Grundlage dieser Entscheidung ist nach der überlieferten Begründung allein das vernünftige Interesse des Eigentümers, das aus Sicht des Hochklassikers die Einschränkung des Rechts von Nießbraucher oder usuarius trägt. Zu den Entscheidungen, die Pomponius auf das besondere Interesse einer Seite stützt, gehören auch drei, die Pomponius auf das Gebot der humanitas zurückführt. Die Bezeichnung einer Lösung als humanus oder humanior ist schon im Rahmen der Vertrags- und Testamentsauslegung begegnet. Hier bringt sie allerdings kein unmittelbares Werturteil zum Ausdruck, sondern zeigt an, dass ein bestimmtes Verständnis dem Geschäftsgebrauch10 oder einer zu unterstellenden Gesinnung eines Erblassers11 entspricht. Dagegen wird die humanitas in den folgenden Texten als sittliches Gebot herangezogen, das zur Vermeidung eines unbilligen Nachteils für eine Seite zwingt. Um den Schutz von Vermächtnisnehmern geht es Pomponius dabei in zwei Fällen: (4) Pomp 394 = D 40.4.4.2 Pomp 2 Sab Illud constabit, si libertate data sic fuerit legatum ,eique, si eum vindicta liberavero, heres meus decem dato‘, licet ex nimia suptilitate separatum est a testamento, attamen humanitatis intuitu valebit legatum, si vivus eum manumiserit. Es steht fest, dass, wenn nach einer Freilassung wie folgt vermacht worden ist: „wenn ich ihn mit dem Stab freigelassen haben werde, soll ihm mein Erbe zehn leisten“, obwohl dies, genau genommen, vom Testament abweicht, das Vermächtnis dennoch mit Rücksicht auf die Menschlichkeit wirksam ist, falls er ihn zu Lebzeiten freigelassen hat.

Steht ein Vermächtnis an einem Sklaven des Erblassers unter der Bedingung, dass er zu Lebzeiten die manumissio vindicta vorgenommen hat, ist diese Bedingung nicht erfüllt, wenn der Erblasser den Sklaven schlicht freigelassen hat. Pomponius hält es aber für ein Gebot der humanitas, dass das Vermächtnis trotzdem geschuldet ist. Denn die prätorische Freilassung in Form der schlichten Duldung der Freiheit hat annähernd denselben Effekt wie die förmliche Freilassung. Aus diesem Grund ließe sich sogar erwägen, die Bedingung als erfüllt anzusehen, indem man dem Erblasser die humanitas als anzunehmende Gesinnung unterstellt und annimmt, er habe die Verfügung auch für den Fall einer schlichten Freilassung beabsichtigt.12 Pomponius setzt sich hier jedoch über das Testament hinweg, dessen Anforderungen ihm, wenn auch ,ex nimia suptilitate‘, nicht gegeben erscheinen (,separatum a testamento‘). Dem Gebot der Menschlichkeit, dessen Gegenstück hier engstirniger Formalismus

10

Pomp 779 = D 8.2.23pr Pomp 33 Sab; s. o. S. 138. Pomp 203 = D 35.1.112pr-2 Pomp 12 ep; s.o. S. 155; Pomp 474 = D 28.5.29 Pomp 5 Sab; s. o. S. 156. 12 Nicht ganz falsch ist es daher, wenn Palma (Fn. 295), S. 30 hier eine Rücksicht auf den Willen des Erblassers annimmt. 11

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B. Bewertung von Parteiinteressen

ist, verschafft er damit unmittelbar und nicht erst im Wege der Testamentsauslegung Geltung. (5) Pomp 482 = D 33.5.8.2 Pomp 6 Sab Unius hominis mihi et tibi optio data est: cum ego optassem, si non mutassem voluntatem, deinde tu eundem optaveris, utriusque nostrum servum futurum: quod si ante decessissem vel furiosus factus essem, non futurum communem, quia non videor consentire, qui sentire non possim: humanius autem erit, ut et in hoc casu quasi semel electione facta fiat communis. Mir und dir ist die Wahl eines Sklaven überlassen; habe ich unter der Bedingung gewählt, dass ich meine Meinung nicht ändere, und hast du danach denselben Sklaven gewählt, werde er unser gemeinschaftlicher Sklave; bin ich aber vorher gestorben oder geisteskrank geworden, werde er nicht unser gemeinschaftlicher Sklave, weil ich, wenn ich nicht denken kann, auch nicht zuzustimmen scheine; menschlicher aber ist es, dass er auch in diesem Fall, weil die Wahl einmal gemacht ist, gemeinschaftlich wird.

Ist zwei Vermächtnisnehmern gemeinsam die Wahl eines Sklaven überlassen, ist diese auch dann gültig, wenn sich einer der beiden zunächst die Änderung seiner Absicht vorbehalten hat, sofern er nur in dem Moment, in dem der andere sein Wahlrecht ausübt, noch lebt und geschäftsfähig ist; denn dann ergibt sich aus seinem mangelnden Protest gegen die Entscheidung des anderen, dass er an seiner früher geäußerten Ansicht festhält.13 Ist er dagegen gestorben oder geisteskrank geworden, ist seine Wahl eigentlich ungültig, weil er durch seinen Vorbehalt dafür gesorgt hat, dass seine Entscheidung aufgeschoben ist und diese nun nicht mehr endgültig getroffen werden kann. Pomponius korrigiert dieses Ergebnis, zu dem vielleicht ein anderer, von Pomponius zitierter Jurist gekommen ist, zugunsten einer Lösung, die ihm humanior, also wiederum gerechter,14 erscheint. Danach gilt die unter Vorbehalt erfolgte Wahl des verstorbenen oder geisteskrank gewordenen Vermächtnisnehmers, so dass die letztwillige Verfügung doch durchgeführt werden kann. Die dritte Entscheidung fällt zugunsten eines Pfandgläubigers aus, den Pomponius davor bewahren will, dass seine vernünftige Erwartung zur Wirkungsweise einer Vereinbarung mit dem Schuldner enttäuscht wird: (6) Pomp 797 = D 13.7.6pr Pomp 35 Sab … sed Atilicinus ex causa cogendum creditorem esse ad vendendum dicit: quid enim si multo minus sit quod debeatur et hodie pluris venire possit pignus quam postea? melius autem est dici eum, qui dederit pignus, posse vendere et accepta pecunia solvere id quod debeatur, ita tamen, ut creditor necessitatem habeat ostendere rem pigneratam, si mobilis sit, prius idonea cautela a debitore pro indemnitate ei praestanda. invitum enim creditorem cogi vendere satis inhumanum est. … Aber Atilicinus schreibt, der Gläubiger sei unter bestimmten Umständen zum Verkauf zu zwingen; was nämlich, wenn die Schuld wesentlich geringer ist als das Pfand und dieses heute zu einem höheren Preis verkauft werden kann als in Zukunft? Besser ist es aber, dass 13 14

Baldus (S. 80 Fn. 159), S. 660. Insoweit richtig Palma (S. 139 Fn. 295), S. 32 f.

II. Überwiegendes Schutzbedürfnis

167

der Verpfänder das Pfand verkaufen und mit dem Erlös die Schuld erfüllen kann, und zwar in der Weise, dass der Gläubiger die Pfandsache, wenn sie beweglich ist, vorzeigen muss, nachdem ihm vom Schuldner eine geeignete Sicherheit für seine Schadloshaltung geleistet worden ist. Es ist nämlich ziemlich unmenschlich, einen Gläubiger gegen seinen Willen zum Verkauf zu zwingen.

Eigentlich kann ein Pfandgläubiger, der sich die Befugnis zum Verkauf der Pfandsache ausbedungen hat, zu dieser Form der Verwertung nicht gezwungen werden.15 Der von Pomponius zitierte Atilicinus weist jedoch darauf hin, dass die Rücksicht auf die Interessen des Verpfänders eine Abweichung von diesem Grundsatz rechtfertigen kann. Statt einer Pflicht zum Verkauf, wie ihn offenbar Atiliciuns befürwortet, nimmt Pomponius aber an, dass der Pfandgläubiger die Sache lediglich gegen Sicherheitsleistung vorlegen und so dem Verpfänder den Verkauf der Sache ermöglichen muss.16 Ein Zwang zum Verkauf der Sache erscheint ihm dagegen ,satis inhumanum‘, weil sie das Recht des Pfandgläubigers in ihr Gegenteil verkehrte.17 Es liegt nicht fern, diese Wertung auf das Gebot der bona fides zu beziehen, dem die Beurteilung der Pflichten von Vertragsparteien bei einer in ius konzipierten Formel unterliegen. Während die actio fiduciae die Parteien auf ein Verhalten ,inter bonos‘ festlegt,18 ist die Existenz einer auf die bona fides gestellten Formel bei der actio pigneraticia aber keineswegs sicher.19 Und selbst wenn es sie geben oder sich der Text entgegen seinem überlieferten Wortlaut doch auf die fiducia beziehen sollte, erscheint die Berufung auf die humanitas im Gebot der bona fides noch keineswegs angelegt. Statt dieses auszufüllen, stellt Pomponius eher eine darüber hinaus gehende Wertung an. Er hält es für schlechterdings unmenschlich, dem Pfandgläubiger das Wort im Munde herumzudrehen und ihn zu etwas zu zwingen, was er sich als Befugnis ausbedungen hat.

15

Dies stellt Pomponius eingangs des Fragments fest; s. o. S. 143 f. Kaser, Studien zum römischen Pfandrecht II, TR 47 (1979) 195, 212 f. wertet die Entscheidung als einen Beleg für die Tendenz zur Annahme einer Verkaufspflicht. Dagegen wendet sich Wacke, Max Kasers Lehren vom Ursprung und Wesen des römischen Pfandrechts, SZ 115 (1998) 168, 184 Fn. 64. 17 Vgl. hierzu auch Baldus (S. 80 Fn. 159), S. 656 ff. 18 Vgl. Cic off 3.15.61. Zum Einbau in die Formel Noordraven, Die Fiduzia im römischen Recht, Amsterdam 1999, S. 319 ff. 19 Vgl. Kaser, RP, S. 537 einerseits und ders., TR 47 (1979) 195, 214 ff. andererseits. 16

Ergebnis Das statistische Resultat ist keineswegs überraschend, aber klar. Es lässt keinen Vorrang des Juristenrechts erkennen, bestätigt aber eindeutig den Verdacht, dem Pomponius’ Werk schon aufgrund der Literaturgattung ausgesetzt ist, für die sich der Hochklassiker entschieden hat: Als dem ersten Verfasser großer Kommentarwerke traut man ihm wenig dogmatische Originalität und statt einer Fortentwicklung eher die Sammlung und Anwendung des schon etablierten Rechtsstoffs zu. Eben dies zeigen auch die Anzahl und Verteilung seiner Entscheidungsbegründungen, wenn man sie denen der beiden anderen großen Hochklassiker gegenüberstellt: Pomponius’ Werk ist vergleichsweise argumentationsarm. Auf 1295 Textabschnitte verteilen sich lediglich 203 Begründungen. Dies entspricht einer Quote von weniger als 16 %, wohingegen wir in den überlieferten Fragmenten aus Celsus’ und Julians Schriften jeweils auf einen Anteil von mehr als 20 % kommen. Hierfür kann nicht nur der Wegfall oder die fehlende Kenntlichmachung von Pomponius’ Begründungen in den Zitaten durch spätere Juristen verantwortlich gemacht werden. Zwar ist die Zahl der rationes, die nicht in Originalauszügen überlieferten sind, äußerst gering: Von den 203 Entscheidungsbegründungen stammen nur 17 und damit lediglich 8 % aus Texten, in denen Ulpian und Paulus die Ansicht des Hochklassikers wiedergeben. Diese Texte machen mit einer Gesamtzahl von 392 jedoch auch nur etwa 30 % des gesamten Werks von Pomponius aus. Lässt der Vergleich beider Verhältniszahlen auch vermuten, dass die Passagen, die von den Spätklassikern herangezogen worden sind, ursprünglich mehr als die überlieferten Begründungen enthalten haben, kann der hieraus folgende Verfälschungseffekt wegen des deutlichen Übergewichts der Originalauszüge doch nicht so stark sein wie bei Celsus und Julian, bei denen es etwa gleich viele originale Textabschnitte und Zitate durch spätere Juristen gibt. Stellt man die 186 Begründungen der Anzahl von 903 Textabschnitten gegenüber, die bei Pomponius in Originalauszügen überliefert sind, kommt man gerade einmal auf eine Quote von etwas über 20 %, die sich bei Celsus und Julian über die gesamte Menge aller Begründungen und Textabschnitte bilden lässt. Ist die relative Abstinenz von Argumentation ein Anzeichen von juristischer Sammeltätigkeit, fügt sich hierzu auch das hervorstechende Merkmal von Pomponius’ Begründungstechnik. Es ist die Dominanz der Subsumtion. Auf sie entfallen 106 und damit mehr als die Hälfte aller überlieferten Entscheidungsbegründungen. Unter den insgesamt 158 Argumentationen, in denen der Jurist seine Falllösung unvermittelt und ohne den Zwischenschritt der Auslegung ableitet, sind es sogar mehr als zwei Drittel, in denen Pomponius deduktiv verfährt und seine Entscheidung

Ergebnis

169

durch Subsumtion unter Gesetz, Edikt, Juristenregel oder Rechtsgeschäft rechtfertigt. Dem entspricht es, dass auch die Auslegung ganz überwiegend deduktiv erfolgt: Unter den insgesamt 32 Entscheidungsbegründungen, die Pomponius dem Verständnis einer Norm widmet, finden sich nur ein Fall der Vertrags- und zwei Fälle der Testamentsauslegung, in denen Pomponius induktiv verfährt und von dem Verständnis einer Norm in einem Parallelfall ausgeht. Im Übrigen erzielt der Jurist sein Auslegungsergebnis aus dem vernünftigen Sinn der Norm selbst, den er aus Sprachund Geschäftsgebrauch gewinnt und zur Bestimmung von Wortbedeutung oder Absicht des Normgebers einsetzt. Die Konzentration auf die Deduktion unterscheidet Pomponius grundlegend von Julian, der fast die Hälfte seiner unvermittelten Falllösungen und fast ein Drittel seiner Auslegungsentscheidungen induktiv begründet. Sie verbindet ihn dagegen mit Celsus, in dessen Werk die Fallanknüpfung ebenfalls nur eine untergeordnete Rolle spielt, nämlich mit 18 % der Begründungen einer unvermittelten Fallentscheidung und lediglich mit einer einzigen Auslegungsentscheidung vertreten ist. Was Pomponius wiederum von dem Prokulianer und auch von Julian trennt, ist der Mangel an Entscheidungsbegründungen, in denen das Normsystem fortentwickelt wird. Besonders eklatant ist dieser Befund bei den Regeln des Juristenrechts: Während auf sie 68 und damit fast zwei Drittel der unvermittelt deduktiven Entscheidungsbegründungen entfallen, gibt es lediglich drei Argumentationen, in denen sich Pomponius um die Fortbildung dieses Rechtsstoffs bemüht. Dagegen ist das Juristenrecht bei Celsus und Julian nicht nur mit 41 % und 55 % der Subsumtionsschlüsse vertreten, sondern auch mit 23 % und 29 % der Entscheidungen, die der Jurist nach eigenem Bekenntnis durch die Fortbildung der maßgeblichen Norm gewinnt. Kann man die Dominanz der Deduktion bei Celsus noch dessen methodischer Eigenart zuschreiben, muss bei Pomponius folglich ein anderer Faktor ausschlaggebend sein: Das Übergewicht der Subsumtion kann nicht der Überzeugung von der Überlegenheit einer regelgeleiteten Rechtsfindung entspringen, sondern folgt schlicht der Erstarrung des Rechtsstoffs, wie er für das Werk eines Kommentators typisch und zu erwarten ist. Das eigentümliche Missverhältnis zwischen der Subsumtion unter Regeln des Juristenrechts und dessen Fortbildung verbietet auch, vorschnell einen Zusammenhang zu Pomponius’ Rechtsquellenlehre herzustellen. Bliebe er seiner Einsicht in den Prozesscharakter des Rechts treu, dürfte er die Regeln des Juristenrechts nicht nur anwenden, sondern müsste sie auch weiterentwickeln. Hält er sich hierbei im Gegensatz zu Julian und Celsus in auffallender Weise zurück, entspricht dies ganz seiner Sammeltätigkeit als Kommentator und nicht seinem historischen Rechtsverständnis. Dass er dem Juristenrecht eine größere Bedeutung als Rechtsquelle beimisst als Celsus und Julian, lässt sich der Statistik zu Pomponius’ Entscheidungsbegründungen damit nicht entnehmen. Ähnlich ist Pomponius den beiden anderen Hochklassikern schließlich auch, was den Anteil offener Wertungen anbelangt. Sie kommen in 13 von 203 Entschei-

170

Ergebnis

dungsbegründungen und damit in einer Häufigkeit vor, wie sie annähernd auch bei Celsus (7 %) und Julian (8 %) festzustellen ist. Inhaltlich bestehen die Wertungsentscheidungen bei Pomponius ausschließlich in Interessenbewertungen und lassen sich wie bei Julian einerseits dem Fall zuordnen, in dem es um die Verhinderung eines unbilligen Vorteils für eine nicht schutzbedürftige Partei geht, andererseits dem Fall, in dem Schaden von einer schutzwürdigen Partei abgewendet werden soll.

Quellenverzeichnis Gai institutiones 1.38 1.40 1.59 1.61 1.64 2.66 2.79 2.91 2.92 2.123 2.131 2.196 2.271 3.60 3.98 3.189 3.203 3.206 4.47

62 Fn. 113 62 Fn. 114 108 Fn. 238 108 Fn. 238 108 Fn. 239 108 Fn. 236 97 Fn. 207 99 Fn. 218 53 Fn. 89 117 Fn. 267 117 Fn. 266 29 Fn. 32 38 Fn. 51 49 Fn. 75 85 Fn. 168 66 Fn. 123 94 Fn. 194 94 Fn. 195 18 Fn. 8

Pauli sententiae 2.17.7 2.19.8

88 Fn. 178 111 Fn. 249

Ulpiani epitome 6.4 6.5 6.12

77 Fn. 153, 80 Fn. 160, 112 Fn. 252 77 Fn. 153 109 Fn. 241

Corpus Iuris Civilis Institutiones 2.1.29 2.1.47 2.14.2

97 Fn. 208 51 Fn. 80 114 Fn. 261

172 2.20.18 2.22.3 3.23.3

Quellenverzeichnis 29 Fn. 31, 33 64 Fn. 117 88 Fn. 179

Digesta 1.5.25 1.8.10 2.3.3.7 2.14.7.6 3.5.18.2 4.2.1 4.2.3.1 4.2.5 4.2.7.1 4.2.12.1 4.2.13 4.8.18 5.1.61pr 6.1.70 6.2.15 7.1.12.3 7.1.32 7.2.24pr 7.2.69 7.4.22 7.4.23 7.5.3 7.8.16.1 7.9.1pr 7.9.9.2 8.1.17 8.2.6 8.2.7 8.2.23pr 8.2.32.1 8.4.9 8.5.4.4 8.6.14 8.6.19pr 9.2.13.2 9.2.27.5 9.2.39pr 9.2.43 9.4.28 10.2.8pr 10.2.16.4

101 Fn. 224 108 Fn. 237 96 Fn. 202, 205 26 Fn. 30 55 Fn. 97 67 Fn. 124 67 Fn. 127 67 Fn. 126 67 Fn. 125 67 95 Fn. 201 75 144 Fn. 309 158 f. 53 Fn. 91 54 Fn. 94 103 24 Fn. 20, 23 104 35 f. 23 f., 41 Fn. 58 104 Fn. 230 164 f. 70 Fn. 137 70 f. 61 f. 60 Fn. 107 60 138 f., 165 Fn. 10 105 Fn. 232 90 62 Fn. 111 24 Fn. 24 105 f. 43 Fn. 61 42 Fn. 59 161 42 22 Fn. 19 27 93 Fn. 191

Quellenverzeichnis 10.2.25.9 10.2.42 10.3.19.4 10.3.20 10.4.3.9 10.4.4 10.4.5pr 10.4.11.1 10.4.14 11.1.8 11.1.15pr 11.6.3.1 11.6.3.2 11.7.36 12.1.3 12.1.5 12.1.12 12.2.42.3 12.4.15 12.6.1.1 12.6.19pr 12.6.19.3 12.6.29 12.6.50 13.6.5.5 13.6.13.1 13.6.13.2 13.6.23 13.7.2 13.7.6pr 13.7.8.2 13.7.8.3 13.7.11.2 14.4.5pr 14.6.9.5 14.6.10 15.1.4.1 15.1.4.5 15.1.23 15.1.49.2 15.3.10.7 16.1.6 16.1.19.5 16.1.32.3 16.3.12.1 16.3.12.3 16.3.14.1 16.3.32

62 Fn. 110 30 20 93 20 Fn. 14 20 Fn. 15 70 Fn. 134 19 Fn. 12 70 114 Fn. 260 114 f. 68 Fn. 130 68 60 f. 142 19 Fn. 11, 84 Fn. 166 56 Fn. 103 25 f. 83 f. 81 Fn. 161 95 f. 95 56 Fn. 102 95 Fn. 198 158 Fn. 1 87 54 f. 158 69 f. 143 f., 166 f. 39, 44 Fn. 65 f. 129 44 Fn. 63 40 Fn. 56 96 Fn. 203 96 Fn. 204 135 f. 11 22 f. 134 ff. 133 f. 65 Fn. 119 65 Fn. 120 64 f. 19 f. 18 f. 18 Fn. 7 91 Fn. 186

173

174 17.1.47pr 18.1.5.1 18.1.6.1 18.1.6.2 18.1.8.1 18.1.16pr 18.1.21 18.1.33 18.1.57pr 18.2.15pr 18.2.15.1 18.3.2 18.3.4pr 18.4.1 18.4.7 18.4.8 18.5.5pr 18.6.8pr 18.6.18 19.1.3.1 19.1.6.5 19.1.6.6 19.1.32.7 19.1.40 19.1.55 19.2.3 20.4.4 21.1.1.1 21.1.31.20 21.1.38.8 21.1.48.3 21.1.48.4 21.2.22.1 21.2.30 21.2.34.1 22.1.4pr 22.1.25.1 22.1.45 23.2.5 23.2.8 23.2.14.2 23.3.6.2 23.3.12.1 23.3.15 23.3.18 23.3.24 23.3.56.1 23.3.67

Quellenverzeichnis 91 f. 32 f. 141 f. 26 86 f. 94 90 Fn. 184 89 f. 29 Fn. 34 f. 128 129 f. 141 141 Fn. 302 87 87 Fn. 174 87 Fn. 172 33 Fn. 39 88 Fn. 177 12, 164 Fn. 7 31 f. 76 76 37 Fn. 48 69 128 Fn. 279 89 Fn. 181 43 75 Fn. 147 76 Fn. 148 75 74 f. 74 f. 126 f. 31 126 32 f. Fn. 38 52 Fn. 87 51 f. 111 108 f. 109 Fn. 240 76 f. 77 Fn. 150 77 Fn. 152, 89 88 f. 49 f. 91 Fn. 187 97 Fn. 212

Quellenverzeichnis 23.3.75 23.4.7 23.4.9 24.1.3.13 24.1.5.13 24.1.15.1 24.1.31.7 24.3.9 24.3.10pr 24.3.10.1 24.3.12 24.3.16 24.3.29pr 25.2.8pr 25.2.9 26.1.6.1 26.7.61 26.9.1 26.9.3 28.2.3.6 28.2.8 28.2.10 28.5.29 28.5.31.1 28.5.45 28.5.64 28.5.67 28.5.68 28.5.69 28.6.16.1 28.6.32pr 28.7.7 28.7.8.8 28.7.9 28.7.14 30.8pr 30.8.1 30.8.2 30.12.3 30.16.1 30.21 30.22 30.36pr 30.36.3 30.45.1 30.45.2 30.46 30.54.2

126 Fn. 278 111 f. 79 f. 110 Fn. 245 110 f. Fn. 247 52 Fn. 88 110 f. 164 112 Fn. 252 77 f., 112 Fn. 252 38 Fn. 52 38 f. 112 Fn. 250 41 160 Fn. 3 112 f. 36 f., 39 f. 37 Fn. 46 37 Fn. 48 117 Fn. 268 117 f. 116 f. 156, 165 Fn. 11 114 Fn. 259 155 Fn. 323 124 Fn. 275 123 119 115 f. 117 116 Fn. 263 63 63 Fn. 115 63 Fn. 115 63 Fn. 115 27 f. 17 f. 59 119 f. 37 f. 29 Fn. 31 28 f. 28 84 16 Fn. 1, 45 16 Fn. 1, 45 Fn. 67, 82 Fn. 162 f. 16 f., 45 Fn. 68, 82 Fn. 163 85 f.

175

176 30.56 30.68.3 30.108.9 30.112.4 31.8.1 31.11pr 31.16 31.37 31.43.3 31.45pr 32.25pr 32.29.3 32.54 32.62 32.63 32.85 33.1.2 33.1.7 33.2.6 33.5.6 33.5.8.2 33.7.15.2 34.2.10 34.2.25.9 34.2.32.2 34.2.33 34.2.34pr 34.3.8.3 34.3.8.6 34.3.15 34.3.20pr 34.3.20.1 35.1.1.1 35.1.1.2 35.1.4.1 35.1.17pr 35.1.20 35.1.40.3 35.1.40.4 35.1.52 35.1.57 35.1.112pr 35.1.112.1 35.1.112.2 35.2.69 35.3.6.1 36.2.5.2 36.2.13

Quellenverzeichnis 81 119 Fn. 269 119 Fn. 269 63 Fn. 115 59 Fn. 105 57 f. 17 f. Fn. 6 119 Fn. 269 80 f. 154 17 Fn. 3 45 Fn. 69 150 154 Fn. 322 151 Fn. 318 121 f. 46 152 f. 46 f. 161 f. 166 146 120 f., 140 Fn. 297 151 145 Fn. 311 f. 140 Fn. 298, 145 f. 131 f. 130 78 131 Fn. 280 131 Fn. 280 78 Fn. 155 121 58 Fn. 104 150 f. 120 Fn. 270 63 Fn. 115 134 Fn. 288 120 Fn. 271 116 Fn. 264 f. 33 f. 155 f., 165 Fn. 11 155 f., 165 Fn. 11 155 f., 165 Fn. 11 64 85 Fn. 169 121 Fn. 273 58

Quellenverzeichnis 36.2.21.1 36.2.22pr 36.2.22.1 36.3.10 37.6.1.3 37.6.1.5 37.6.6 38.1.3.1 38.1.4 38.1.10.1 38.1.12 38.1.29 38.2.2.2 38.2.5.1 38.17.10 39.2.15.11 39.2.39.1 39.2.39.2 39.3.16 39.3.20 39.5.9pr 39.5.18.2 40.2.4.1 40.4.11.2 40.4.41pr 40.4.41.1 40.5.34.1 40.7.21pr 40.12.28 41.1.7.10 41.1.21pr 41.1.30.1 41.1.30.3 41.1.30.4 41.1.34 41.1.48pr 41.1.48.1 41.1.49 41.1.50 41.1.54.1 41.1.54.4 41.2.1.6 41.2.1.14 41.2.3.5 41.2.26 41.2.27 41.3.22 41.3.27

122 123 f. 122 f. 125 f. 73 f. 74 Fn. 145 80 Fn. 159 46 Fn. 70 48 f. 113 113 49 Fn. 76 25 25 Fn. 28 66 22 Fn. 18 157 71 71 f. 92 f. 48 23 133 Fn. 284 115 Fn. 262 151 f. 160 f. 62 f. 146 f. 132 97 Fn. 208 99 Fn. 219 107 24 Fn. 22, 40 f. 107 f. 114 Fn. 261 52 Fn. 86 135 f. 55 Fn. 96 107 Fn. 235 55 Fn. 95 52 ff., 99 f. 100 Fn. 221 53 Fn. 92 f. 136 Fn. 290 f. 99 25 Fn. 27, 35 Fn. 44 114 Fn. 258 98 Fn. 215

177

178 41.3.29 41.3.30.1 41.3.31.3 41.3.31.4 41.3.32.1 41.4.2.11 41.4.6pr 41.4.11 41.7.5pr 41.10.3 41.10.4pr 41.10.4.2 41.10.5 42.1.16 43.17.1pr 43.17.3.4 43.21.1pr 43.21.2 43.26.5 43.26.10 43.26.15.4 43.26.20 44.2.21 44.4.4.23 44.7.8 44.7.24 44.7.57 45.1.2.2 45.1.5.3a 45.1.5.4 45.1.19 45.1.25 45.1.27 45.1.28 45.1.38.17 45.1.72pr 45.1.83.1 45.1.90 45.1.91pr 45.1.109 45.1.110pr 45.1.110.1 45.1.111 45.1.112pr 45.1.134pr 45.2.11.1 45.2.19 45.3.37

Quellenverzeichnis 102 f. 96 f. 34 24 98 f. 53 Fn. 90 100 f. 97 Fn. 213 50 f. 97 f. 101 102 97 Fn. 211 39 Fn. 53 72 Fn. 140 72 f. 73 Fn. 143 73 103 f. 100 Fn. 222 136 f. 100 Fn. 223 144 f. 37 Fn. 49 81 56 91 62 Fn. 108 163 163 109 82 17 Fn. 2 32 Fn. 37 79 Fn. 156 62 Fn. 109 144 Fn. 309 127 f. 84 Fn. 165 80 79 140 f., 145 Fn. 310 137 124 109 Fn. 244 79 Fn. 157 47 139 f.

Quellenverzeichnis 46.2.24 46.3.20 46.3.34.6 46.3.92pr 46.4.16pr 46.4.23 46.6.9 46.6.11 46.8.18 47.2.1.3 47.2.12.1 47.2.15.2 47.2.35pr 47.2.44.2 47.2.76 47.2.77.1 49.15.20.1 50.16.89.2 50.16.119 50.16.121 50.16.122 50.16.162pr 50.16.162.1 50.16.178.1 50.16.245pr 50.16.246pr 50.17.10 50.17.198 50.17.206

43 Fn. 60, 113 82 112 Fn. 251 34, 47 Fn. 71 47 Fn. 72 33 Fn. 40 143 144 Fn. 308 20 f., 39 Fn. 54, 44 f. 94 Fn. 193 160 Fn. 4 94 66 114 93 f. 159 f. 108 148 148 f. 104 f. 153 149 f. 149 148 Fn. 315 128 f. 127 88 Fn. 180 37 Fn. 47 77 Fn. 151

Codex 6.3.7pr

49 Fn. 77

179

Sachverzeichnis actio ad exhibendum 19 f., 70 actio aqaue pluviae arcendae 71 f., 92, 146 actio communi dividundo 20, 93 actio de in rem verso 133 f. actio de pauperie 161 actio operarum 49, 113 actio Publiciana 53, 158 f. actio rerum amotarum 41 actio Serviana 43 f., 69 f. Anwachsung 123 f. Bedingung 33 f., 85 f., 115 f., 121 ff., 127 f., 151, 155, 160 f. benignitas 11, 79 f., 155 ff. Besitz 34 f., 52 f., 72, 99 ff., 136 f. Bürgschaft 25 f., 91 f., 125 f. capitis deminutio 47 cautio damni infecti 20 f., 71, 157 cautio ratam rem haberi 20 ff., 44 f. cautio usufructuaria 70 f. collatio bonorum 73 f. commodatum 94, 158 f. condictio 56 f., 83 f., 95 ff., 160 consensus 55, 92 contrarius consensus 26 Diebstahl siehe furtum Dienstbarkeit 60, 89 f., 105 f., 138 f. depositum 18 ff., 90 f. Dereliktion 50 f. donatio 23, 48, 50 ff., 110 f. donatio mortis causa 23 dos 38 f., 41, 49 f., 76 ff., 79 f., 88 f., 111 f., 126 f., 164 dos aestimata 76 f., 88 f. Ehegattenschenkung 50 ff., 110 f. Eid 25 f., 113 Eigentum 23 f. Erbteilung 20

Erbschaftsklage 36 f. Ersitzung 23, 50 f., 96 ff. exceptio doli 41, 43, 63, 78, 82 exceptio rei iudicatae 25 f. Feldmesserhaftung 68 fideicommissum 56, 62 f. fraus legis 63 ff. Freilassung 23, 28, 33 f., 49, 57 f., 62 f., 85 f., 113 ff., 118 f., 132 f., 147 f., 160 ff. furtum 51, 56 f., 66, 83 f., 93 ff., 97 f., 114 f., 159 f. Gesamtobligation 17 f., 47, 61 f., 79 hereditas iacens 42 f., 113 ff. humanitas 11, 138 f., 155 ff., 165 ff. interdictum de rivis 73 interdictum uti possidetis 72 f. iusiurandum siehe Eid ius postliminii 42 f., 60, 108 Kaufvertrag 31 ff., 74 ff., 86 ff., 95, 127 ff., 141 ff. lex Aelia Sentia 62 f. lex Aquilia 42 f., 56, 161 lex Falcidia 63 f. locatio conductio 132 mancipatio 23 mandatum 91 f. Mängelhaftung 16 f., 31, 45, 74 f., 82, 126 f. metus 67 Miteigentum 20, 93, 106 f. Mitgift siehe dos mora siehe Verzug Naturalobligation 55, 95 f., 135 f. Nießbrauch 23 f., 46 f., 70 f., 104 f., 164 f.

Sachverzeichnis

181

Novation 82 f., 113 f. Noxalhaftung 17, 21 f., 31, 45, 67 f., 114 f.

Stipulation 16 ff., 20, 31 f., 34 f., 44, 54 ff., 61 f., 79 ff., 79 ff., 94, 109, 113 f., 124 ff., 135 ff., 143 f., 163

pactum 26, 32 f., 44, 48, 88 f., 111 f. peculium 11, 22, 49 f., 133 ff. peculium castrense 65 f. Pfandrecht 39, 43 ff., 69 f., 82, 129 f., 143 f., 166 ff. postumus 42 f., 116 ff. precarium 48, 100 f., 103 f., 136 f. Pupillarsubstitution 118

usus publicus 107 f.

senatus consultum Macedonianum 95 senatus consultum Pegasianum 63 f. senatus consultum Tertullianum 66 senatus consultum Velleianum 64 f. societas 91 f. solutio 43 f., 47

Vermächtnis 16 ff., 27 ff., 34 f., 37 f., 45, 57 f., 63 f., 78, 80 ff., 102 f., 116 ff., 130 ff., 145 ff., 165 f. Verwahrung 18 ff. Verzug 12, 18 f., 34, 43, 46 f., 83 ff., 89, 130, 155 f. Vormundschaft 36 f., 39 f., 112 f., 143 f., 152 ff. Wahlschuld 17 f., 59, 80 ff., 95, 125, 162 f., 166 Zwölftafelgesetz 61, 66, 147 ff.