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German Pages 608 [602] Year 2012
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Dieter Vieweger
ARCHÄOLOGIE DER BIBLISCHEN WELT Mit zahlreichen Zeichnungen von Ernst Brückelmann und Foto-DVD
Gütersloher Verlagshaus
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Die »Archäologie der biblischen Welt« wurde in der Reihe UTB in zwei Auflagen und unter dem Titel »Wenn Steine reden« in einer weiteren Edition vom Verlag Vandenhoeck & Ruprecht publiziert. Hier wird die überarbeitete und um drei Kapitel erweiterte Ausgabe vorgelegt.
1. Auflage Copyright © 2012 by Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen. Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Wir haben uns bemüht, alle Rechteinhaber an den aufgeführten Zitaten ausfindig zu machen, verlagsüblich zu nennen und zu honorieren. Sollte uns dies im Einzelfall nicht gelungen sein, bitten wir um Nachricht durch den Rechteinhaber. Umschlagmotive: Vorderseite groß: Umm er-Reṣaṣ (Katja Soennecken); Vorderseite und Buchrücken klein (v.l.n.r.): Quffa (DV/JH), »Orpheus-Krug« vom Tell Zerā‛a (BAI), Tell Zerā‛a (BAI); Rückseite (v.l.n.r.): Säulen des Artemistempels in Gerasa (Patrick Leiverkus), Hadrianstor in Gerasa (Katja Soennecken), Scherbe eines bronzezeitlichen Krugs (BAI) Satz: SatzWeise, Föhren ISBN 978-3-641-08118-8 www.gtvh.de
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»Verstehen kann man das Leben nur rückwärts. Leben muss man es vorwärts.« (Søren Kierkegaard * 1813-1855)
Dieses Buch ist Nikolaus Schneider gewidmet, der die Arbeit des Biblisch-Archäologischen Instituts Wuppertal und des Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes in Jerusalem und Amman als Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland und als Ratsvorsitzender der EKD nach Kräften unterstützt und fördert.
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Abb. 1: Ausgewählte Ortslagen in Palästina
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Abb. 1: Ausgewählte Ortslagen in Palästina
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Einleitung Wie stellt man sich einen ›Biblischen Archäologen‹ vor? – Mit der Hacke in der einen und der Bibel in der anderen Hand? Beseelt vom Gedanken, die geschichtliche Wahrheit der Heiligen Schrift zu beweisen, und stets auf der Jagd nach Schätzen aus biblischer Zeit? Populär und unausrottbar ist diese Idee in ihrer filmischen Variante geworden – in der Gestalt von Indiana Jones 1. Er jagte als Archäologe hinter der verschollenen Bundeslade mit den Tafeln der göttlichen Gebote her, meisterte dabei schier unüberwindliche Probleme, bewältigte allüberall lauernde Gefahren und zog das Publikum in der mystisch verklärten Umgebung des Heiligen Landes in seinen Bann. Spannungsgeladene, kurzweilige Schatzsuche nach Jahrtausende alten heiligen Gerätschaften. Selbstverständlich ist das nicht das ›tägliche Brot‹ von Archäologen/-innen in Palästina – mitnichten, die Biblische Archäologie ist eine ganz ›normale‹ Wissenschaft, Teil der Vorderasiatischen Archäologie und ganz deren Methoden und Standards verpflichtet. Nicht spektakuläre Entdeckungen prägen das Leben der Archäologie, sondern vielmehr der reizvolle Wechsel zwischen der physisch anstrengenden Feldarbeit mit genauer Beobachtung und exakter Dokumentation sowie der reflektierten Interpretation von Befunden im Gespräch mit Vertretern/-innen unterschiedlichster Wissenschaftsdisziplinen. Der faszinierende Gedanke, die Welt der Bibel in den Altertümern Palästinas zu entdecken, begeisterte schon Generationen von Gelehrten. Seit über 150 Jahren versuchen Forscher durch die systematische Erkundung der materiellen Funde im Heiligen Land dessen Geschichte zu rekonstruieren. Die Verknüpfung von exegetischer mit landeskundlicher und archäologischer Forschung ist wissenschaftliche Herausforderung und Problem der Biblischen Archäologie zugleich. Die archäologische Arbeit im Heiligen Land erfordert daher eine doppelte wissenschaftliche Qualifikation, im Bereich der Archäologie und der Theologie. Nicht zuletzt deshalb waren es häufig Bibelwissenschaftler, die Ausgrabungen im Heiligen Land organisierten und durchführten. 1.
Indiana Jones – Jäger des verlorenen Schatzes (»Raiders of the Lost Ark«, USA 1981).
Abb. 2: Mykenische Stierfigur (Signet des BAI Wuppertal).
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Einleitung
Archäologie ist nach der griechischen Wortbedeutung die Lehre von den Anfangsgründen, vom Urbeginn. Der Drang, die Anfänge Palästinas zu ergründen und die ›Geschichte Palästinas zu schreiben‹, entstand im Abendland. Aus ersten Entdeckungen und Ausgrabungen in Europa erwuchs der Wunsch, den Orient und die Welt des Alten und Neuen Testaments zu erforschen. Im Gefolge der Ägyptologie und der vorderasiatischen Altertumskunde entwickelte sich so auch die Biblische Archäologie.
Abb. 3: Das Westtheater von Gadara.
Der Titel dieses Buches »Archäologie der biblischen Welt« folgt dem Vorbild der großen !Forschungsreisenden des 18. und 19. Jahrhunderts, Carsten Niebuhr, Ulrich Jasper Seetzen und Johann Ludwig Burckhardt (Kap. 1.1.3). Eng vertraut mit der biblischen Tradition durchstreiften sie die ihnen offen stehende neue ›alte Welt‹, um sie im besten Sinne neuzeitlichen Forschergeistes universell zu ergründen. Die Theologie und die Archäologie Palästinas sind nicht zu trennen und auch nicht in Bereiche geringeren und größeren Interesses aufzuspalten. An der Theologie interessierte Leser/-innen werden bald bemerken, dass nicht etwa eine eingeengte, auf unmittelbare biblische Bezüge zentrierte, sondern nur eine unabhängige, kritische Archäologie Palästinas der wissenschaftlichen Theologie neue Impulse verleihen kann. Das vorliegende Buch ist als fachwissenschaftliche, gleichwohl allgemein verständliche Einleitung in die Biblische Archäologie konzipiert. Es soll sowohl grundlegende Informationen vermitteln als auch das Interesse einer breiten Öffentlichkeit wecken. Es richtet sich an alle, die am Altertum Palästinas Interesse haben, besonders an Theologen/-innen, Archäologen/-innen, Studierende im Sinne des ›Studium generale‹ und an Grabungsvolontäre/-innen.
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Inhalt
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Vorworte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Was hat die Archäologie mit der Bibel zu tun? . . 1.1 Die Anfänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Pilger im Heiligen Land . . . . . . . . . . . . 1.1.2 In der ›alten Welt‹ sucht man nach den geschichtlichen Wurzeln . . . . . . . . . . . a. Erste Ausgrabungen . . . . . . . . . . . . b. Wie alt ist das Leben auf der Erde wirklich? 1.1.3 Abenteurer und Forschungsreisende im Nahen Osten . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.4 Frühe Expeditionen und erste Ausgrabungen . a. Ägypten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Mesopotamien . . . . . . . . . . . . . . . c. Palästina . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.5 Archäologische Pionierarbeit in Palästina . . 1.2 Die Biblische Archäologie und ihre gegenwärtigen Herausforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Exegese und Biblische Archäologie . . . . . . 1.2.2 Die Bedeutung der Biblischen Archäologie für die Exegese . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Biblische Texte und archäologische Befunde b. Die Erweiterung des Blickwinkels . . . . . c. Die Erweiterung der Quellenbasis . . . . .
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2. Was erforscht die Archäologie? . . . . . . . . . 2.1 Die ›klassischen‹ Fragestellungen – Archäologie als kulturhistorische Wissenschaft . . . . . . . . . . . 2.1.1 Geschichte schreiben . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Chronologische Einordnung . . . . . . . . 2.1.3 Kulturen und ihre Räume . . . . . . . . . . 2.2 Die ›New Archaeology‹ und die Theoriediskussion in der Archäologie . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Archäologische Nachbardisziplinen . . . . . . . .
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Inhalt
3. Wo spielte sich alles ab? 3.1 Palästina . . . . . . . . . 3.1.1 Gebiet . . . . . . . 3.1.2 Namen . . . . . . 3.2 Landeskunde . . . . . . . 3.2.1 Topografie . . . . . 3.2.2 Handelswege . . .
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4. Was findet man? . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Taphonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Vom Rohmaterial bis zum archäologischen (Be-)Fund . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2 Ein Jahrtausendfund am Westufer des Toten Meeres . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.3 ›Fehlende‹ Materialien . . . . . . . . . . . 4.2 Altertümer Palästinas . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Siedlungsstätten . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Gräber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3 Horte/Depots . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Systematik archäologischer Quellen . . . . . . . .
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. 89 . 92 . 93 . 93 . 97 . 100 . 102
5. Wie entdeckt man Spuren der Vergangenheit? 5.1 Pilgerreisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1 Alttestamentliche Wallfahrten . . . . . . 5.1.2 Jüdische Pilgerreisen . . . . . . . . . . . 5.1.3 Islamische Pilgerreisen . . . . . . . . . . 5.1.4 Christliche Pilgerreisen . . . . . . . . . . 5.2 Topografie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Historische Topografie . . . . . . . . . . 5.2.2 Vermessungstechnik . . . . . . . . . . . 5.2.3 Aero-Fotogrammetrie . . . . . . . . . . . a. Flugbildserien . . . . . . . . . . . . . . b. 3D in der Grabungsdokumentation . . 5.3 ›Klassische‹ Prospektionsmethoden . . . . . . . 5.3.1 Flurbegehungen (Surveys) . . . . . . . . 5.3.2 Bohrungen . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.3 Sondagen . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Luftbildprospektion . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5 Naturwissenschaftliche Prospektionen . . . . . . 5.5.1 Geophysikalische Prospektionen . . . . . a. Geoelektrik . . . . . . . . . . . . . . .
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104 105 105 106 106 107 112 113 114 116 116 117 118 119 122 122 123 126 126 128
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Inhalt
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b. Geomagnetik . . . . . . . . . . . . . . . c. Elektromagnetische Induktion . . . . . . d. Seismik (Reflexionsseismik) . . . . . . . e. Georadar . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.2 Chemische Prospektionen (Phosphatanalyse) 5.6 Geografische Informationssysteme (GIS) . . . . .
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133 136 137 138 139 141
6. Wie gräbt man aus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Zielstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.1 Strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.2 Organisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Team . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Volontäre/-innen . . . . . . . . . . . . . . . d. Arbeitsgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Stratigrafie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.1 ›Harris-Matrix‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.2 Grabung nach natürlichen, anthropogenen und künstlichen Strata . . . . . . . . . . . . . 6.3 Feldarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.1 Rastersystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3.2 Areale, Grabungsquadrate, Plana, Stege, Profile und Befunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4 Dokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.1 Befunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.2 Funde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.3 Skizzen und Zeichnungen . . . . . . . . . . . . 6.4.4 Fotografie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Befundfotografie . . . . . . . . . . . . . . . b. Terrestrische Fotogrammetrie der Grabungsbefunde . . . . . . . . . . . . . . . 6.4.5 Grabungstagebuch . . . . . . . . . . . . . . . 6.5 Datenverwaltung, -auswertung und -speicherung . . .
144 144 146 147 147 147 148 148 149 150
7. Wann geschah es? . . . . . . . 7.1 Zeiteinteilung und Zeitverständnis 7.1.1 Kalendersysteme . . . . . 7.1.2 Verständnis von Zeit . . . 7.1.3 Zählung der Jahresfolge . . 7.2 ›Klassische‹ Datierungsmethoden 7.2.1 Stratigrafie . . . . . . . .
167 167 168 170 173 173 173
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153 154 154 155 157 157 159 160 161 163 163 164 165
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Inhalt
7.2.2 ›Vergleichende Stratigrafie‹ . . . . . . . . . . . 7.2.3 Typologie und Seriation . . . . . . . . . . . . . 7.2.4 Weitere Möglichkeiten der Datierung . . . . . 7.3 Naturwissenschaftliche Datierungsmethoden . . . . . 7.3.1 Dendrochronologie . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.2 Radiokarbonmethode . . . . . . . . . . . . . . 7.3.3 Thermolumineszenz . . . . . . . . . . . . . . 7.3.4 Archäomagnetismus . . . . . . . . . . . . . . 7.3.5 Obsidiandatierung . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.6 Pollendatierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.3.7 Datierung nach Erscheinungsformen der Fauna 7.4 Chronologische Korrelationen . . . . . . . . . . . . .
176 178 184 189 189 193 199 201 202 203 204 204
8. 8.1 8.2 8.3
207 207 210 211 212 212 214 216 216 217 219 219 223 223 225 226 228 229 230 230 232 233 235 238 238 240 241
In welcher Umwelt lebten die Menschen? . . Geologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bodenarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klima und Niederschlag . . . . . . . . . . . . . 8.3.1 Gegenwärtige Klimazonen . . . . . . . . 8.3.2 Niederschläge und lokale Windverhältnisse 8.3.3 Paläoklimatologie . . . . . . . . . . . . . 8.4 Flora und Fauna . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.1 Pflanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.2 Paläopalynologie . . . . . . . . . . . . . 8.4.3 Tiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4.4 Archäozoologie . . . . . . . . . . . . . . 8.5 Nutzung natürlicher Ressourcen . . . . . . . . . 8.5.1 Landwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . 8.5.2 Viehzucht . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.5.3 Handwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Soziale Stellung . . . . . . . . . . . . . c. Technikgeschichte . . . . . . . . . . . d. Keramikherstellung . . . . . . . . . . . e. Glasherstellung . . . . . . . . . . . . . 8.5.4 Bodenschätze und ihre frühe Nutzung . . 8.5.5 Handel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.6 Frühe Hominiden und (Kultur-)Anthropologie . 8.6.1 Frühe Hominiden . . . . . . . . . . . . . 8.6.2 Physische Anthropologie . . . . . . . . . 8.6.3 Kulturanthropologie . . . . . . . . . . .
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Inhalt
8.7 Religion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.7.1 Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.7.2 Hauskulte, offene Kultplätze und Tempel 8.7.3 Opfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.7.4 Totenkult . . . . . . . . . . . . . . . . 8.7.5 Mythen und Epen . . . . . . . . . . . . 8.7.6 Götter und Göttinnen . . . . . . . . .
15
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242 243 244 250 252 255 258
9. Wie könnte es gewesen sein? . . . . . . . . . . . . 9.1 Scha‛ar Hagolan – ein Dorf im keramikführenden Neolithikum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.1 Siedlungsanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.1.2 Stein- und Keramikartefakte . . . . . . . . . . 9.1.3 Kunst- und Kultobjekte . . . . . . . . . . . . . 9.2 Chalkolitische Dörfer und Kultorte . . . . . . . . . . 9.2.1 Sāl – ein chalkolithisches ›Megadorf‹ . . . . . . 9.2.2 En Gedi – ein chalkolithischer Tempel . . . . . 9.2.3 Tell Ḥuǧērat el-Ġuzlān – ein chalkolithischer Handelsort am Übergang zur Frühbronzezeit . 9.3 Arad – eine Stadt der Frühen Bronzezeit II . . . . . . 9.3.1 Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.3.2 Stadtanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.3.3 Repräsentative Bezirke und Bauwerke . . . . . 9.3.4 Übergang von der frühen zur mittleren Bronzezeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.4 Hazor – eine mittel- und spätbronzezeitliche Großstadt und ihre früheisenzeitliche Nachbesiedlung . . . . . . 9.4.1 Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.4.2 Oberstadt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.4.3 Unterstadt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.4.4 Zerstörung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.4.5 Nachfolgesiedlungen während der Eisen-I-Zeit . 9.4.6 Übergang von der Bronze- zur Eisenzeit . . . . 9.5 Lachisch – eine judäische Garnisonstadt in der Eisenzeit II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.5.1 Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.5.2 Stadtanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.5.3 Eroberung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.5.4 Lachisch-Relief . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.5.5 Übergang von der assyrischen zur babylonischen Bedrohung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
262 264 266 267 269 271 272 273 274 276 276 278 280 282 283 283 286 287 290 292 292 293 296 297 299 301 308
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Inhalt
9.6 Dor – eine phönizische Stadt öffnet sich nach Westen . 9.6.1 Stadtanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.6.2 Ausrichtung nach Westen . . . . . . . . . . . . 9.6.3 Kultobjekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.6.4 Übergang von der persischen zur hellenistischen Zeit . . . . . . . . . . . . . . . 9.7 Gerasa – eine römische Provinzstadt . . . . . . . . . . 9.7.1 Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.7.2 Stadtanlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.7.3 Einzelgebäude . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.8 Der Nebo – ein byzantinischer Ort der Verehrung und Pilgerfahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.8.1 Pilgerziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.8.2 Memorialkirche des 4. Jh. n. Chr. . . . . . . . . 9.8.3 Memorialkirche des 6. Jh. n. Chr. . . . . . . . . 9.8.4 Übergang von der byzantinischen zur arabischen Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.9 Qaṣr ‛Amra – ein Wüstenschloss der Omayyadenzeit . 9.9.1 ›Wüstenschloss‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.9.2 Gebäudekomplex . . . . . . . . . . . . . . . . 9.9.3 Audienzsaal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.9.4 Badetrakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9.10 Mittelalter und Neuzeit . . . . . . . . . . . . . . . . .
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10. Wie restauriert man Antiken? . . . . . . . . . . . . 10.1 Konservierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1.1 Konservierung von Schriftfunden (Papyri) . . . 10.1.2 Konservierung von Pflanzenresten (Herbarium). 10.1.3. Konservierung eines Lehmziegelbauwerkes (Torbereich) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.1.4 Translozierung (Gebäudereste aus der Eisenzeit) 10.2 Renovierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3 Restaurierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.3.1 Restaurierung der Ḫazne el-Fir‛aūn (Petra) . . 10.3.2 Restaurierung des Hadrianstores (Gerasa) . . . 10.3.3 Restaurierung von Keramikobjekten (Tell Zerā‛a) 10.3.4 Restaurierung eines Metallsiebes (Tell Zerā‛a) . 10.4. Zum Umgang mit archäologischem Gut im Nahen Osten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.4.1 Staatsübergreifende gesetzliche Regelungen . .
352 356 357 358
313 314 315 316 319 324 325 328 328 331 332 333 335 336 339 343
360 362 363 366 371 375 376 378 379 379
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Inhalt
17
10.4.2 Zur Situation im Bereich der für die Biblische Archäologie relevanten Gebiete . . . . . . . . . 10.4.3 Archäologie in Ostjerusalem . . . . . . . . . . 10.4.4 Archäologie und Landanspruch . . . . . . . .
381 383 386
11. Wie präsentiert man Funde? . . . . . . . . . . . . . 11.1 Die Geburt der Museen . . . . . . . . . . . . . . . . 11.1.1 Europäische Kunst- und Wunderkammern . . . 11.1.2 Die modernen Museen des 19. und 20. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2 Sammeln, prüfen, forschen, präsentieren . . . . . . . . 11.2.1 Sammeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Berliner Museen vs. Louvre: die Auffindung der Mescha-Stele . . . . . . . . . . . . . . . b. Britisches Empire vs. griechischen Staat: die ›Elgin Marbels‹ oder die ›ParthenonSkulpturen‹ . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Ein Lösungsversuch: Qaṣr el-Mušattā . . . . d. Schlummernde Konflikte: die Hiskia-Inschrift e. Fundaufteilungen . . . . . . . . . . . . . . . 11.2.2 Prüfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2.3 Forschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.2.4 Präsentieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a. Dauer-, Sonder-, Wanderausstellungen und Studiensammlungen . . . . . . . . . . . . . b. Begegnung mit dem Original – die besondere dreidimensionale Erfahrung . . . . . . . . . c. Museumspädagogik für Kinder und Jugendliche . . . . . . . . . . . . . . . . . .
389 389 389
12. Wie kann man die Vergangenheit erleben? . . . 12.1 Archäologische Parks . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.1.1 Avdat-Nationalpark . . . . . . . . . . . . . . 12.1.2 Tēl Dān-Nationalpark . . . . . . . . . . . . . 12.1.3 Belvoir-Nationalpark . . . . . . . . . . . . . 12.1.4 Der Nationalpark von Cäsarea am Meer . . . 12.2 Bibelmuseen und Erlebnisparks . . . . . . . . . . . 12.2.1 Bibelmuseen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.2.2 Erlebnisparks . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.3 Volontäre in der Archäologie . . . . . . . . . . . . . 12.3.1 Praktika für Studierende der Archäologie bzw. verwandter Studiengänge . . . . . . . . . . .
426 426 428 431 432 434 439 441 444 449
. . . . . . . . . .
392 395 398 399
401 404 405 407 409 411 412 416 422 423
. 451
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18
Inhalt
12.3.2 Freiwillige Helfer bei archäologischen Ausgrabungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.3.3 Organisierte Volontärsreisen . . . . . . . . . . 12.3.4 Hinweise zum Reisegepäck und zum Tagesablauf 12.4 Virtuelle oder digitale Museen . . . . . . . . . . . . .
452 454 455 456
Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt . . .
459
Transkription
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509
Wortschatz für Ausgrabungen in Palästina (Deutsch – Arabisch – Ivrit) . . . . . . . . . . . . . . . . .
511
Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
517
Zitierte Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
527
Abkürzungen und Sigla . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
565
Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
571
Bildnachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
599
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Vorworte Vorwort zur ersten Auflage Die redaktionelle Struktur dieses Buches wurde durch C. Renfrew/ P. Bahn, Archaeology, London 32000 (11991), dem großen Übersichtswerk zur Archäologie, angeregt. Häufig gestellte Fragen bestimmen den Aufbau des Buches: Was hat die Archäologie mit der Bibel zu tun? (Kapitel 1) Was erforscht die Archäologie? (Kapitel 2) Wo spielte sich alles ab? (Kapitel 3) Was findet man? (Kapitel 4) Wie entdeckt man Spuren der Vergangenheit? (Kapitel 5) Wie gräbt man aus? (Kapitel 6) Wann geschah es? (Kapitel 7) In welcher Umwelt lebten die Menschen? (Kapitel 8) Mit der Frage »Wie könnte es gewesen sein?« (Kapitel 9) schließt die Darstellung. Anhand beispielhaft ausgewählter Ortslagen werden Einblicke in einige Zeitepochen Palästinas gegeben. Dabei wird nicht etwa auf die Beliebigkeit der archäologischen Ergebnisse, sondern auf die grundsätzliche Begrenztheit und die stets notwendige Interpretation des vorliegenden Quellenmaterials hingewiesen. Im Anhang werden zur Erleichterung der Orientierung chronologische Tafeln (von 10 000 v. Chr. bis 2000 n. Chr.) angefügt. Fachspezifische Fremdworte werden nur sparsam gebraucht und in einem Glossar erklärt. Das leidige Problem der Umschrift des Arabischen und des Hebräischen mit lateinischen Buchstaben wird im Text des Buches durch den Gebrauch der im Deutschen eingeführten Schreibweisen von Orts- und Personennamen so weit wie möglich zugunsten einer guten Lesbarkeit ausgeblendet (im Index wird zusätzlich die Transkription verzeichnet). Weniger gebräuchliche Namen werden um ihrer Eindeutigkeit willen auf der Basis des !Umschriftsystems der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft (S. 509 f.) transkribiert und in Kursive gesetzt. Dem »Wortschatz für Ausgrabungen in Palästina« liegen die gleichen Transkriptionsregeln zugrunde. Ganz herzlicher Dank gebührt denen, die an diesem Buch mitgearbeitet haben, insbesondere Ernst Brückelmann (Grafiker, Brüggen-Born) für eine große Zahl von Zeichnungen und für das Layout sowie Patrick Leiverkus (Mathematiker, BAI Wuppertal) für den Satz des Buches. Für die freundliche Bereitstellung von Fotos sei allen im Bildnachweis aufgeführten Personen und Institutionen sehr herzlich gedankt!
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Vorworte
Mit kritischem Urteil standen beratend zur Seite: Dr. Wolfgang Auge, Wuppertal, Dr. Ursula Brosseder, Berlin, Amalberga Hannebeck, Wuppertal, Hochschuldozent Dr. Svend Hansen, Bochum, PD Dr. Andreas Hauptmann, Bochum, LL.M. Heike Höher, Düsseldorf, OKR Dr. Christina Kayales, Hannover, Prof. Dr. Siegfried Mittmann, Tübingen, Dr. Michael Schefzik, München, Dr. Helga Weippert, Villeperdrix. – Ihnen allen danke ich ausgesprochen herzlich. Mein Dank gilt außerdem Frau Ines Pollmann sowie den Herren Tim Aukes, Bastian Basse, Markus Heyneck, Stefan Katowiec und Guido Möller für die Mitarbeit am Manuskript. Dieter Vieweger
Wuppertal, im Sommer 2003
Vorwort zur 2. und zur 3. Auflage Die hiermit vorgelegte Auflage korrigiert Tippfehler und inhaltliche Versehen. Bereits im Jahr 2004 erschien unter dem Titel »Wenn Steine reden« beim Verlag Vandenhoeck & Ruprecht ein Nachdruck dieses Werkes in gebundener Ausgabe. Dieter Vieweger
Wuppertal, im Januar 2006
Vorwort zur 4. Auflage Mit großer Freude über das diesem Buch entgegengebrachte Interesse lege ich hiermit die 4. Auflage der »Archäologie der biblischen Welt« vor. Das Buch wurde um drei Kapitel erweitert und spannt den ursprünglich ins Auge gefassten thematischen Bogen nun deutlich weiter. Wie bisher beginnt die Darstellung mit den Fragen nach dem Verhältnis von Theologie und Archäologie, nach den Aufgaben und Erkenntnismöglichkeiten der Archäologie in der biblischen Welt sowie nach dem geografischen Gebiet, in dem die biblische Archäologie beheimatet ist. Anschließend wird das Auffinden archäologischer Orte, deren Erforschung und das Auswerten der entdeckten Funde und Befunde besprochen. Bisher schlossen die Fragen nach dem Verständnis des Aufgefundenen und der Interpretation der Vergangenheit die Abhandlung ab. Nun rücken noch drei weiterführende Themen ins Blickfeld: »Wie restauriert man Antiken?«, »Wie präsentiert man Funde?« und »Wie kann man die Vergangenheit erleben?«.
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Vorworte
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Ich danke für die Erweiterung der Registerbegriffe Frau Constanze Thielen, Wuppertal, und für wertvolle Sachhinweise zu den drei neuen Kapiteln Frau Dr. Jutta Häser, Amman. Für die unermüdliche Hilfe bei der Erstellung der beigefügten Foto-DVD sowie für die Unterstützung bei der Korrekturarbeit danke ich Frau Katja Soennecken, M.Sc. Für den Neusatz des Buches wurden umsichtige und zuverlässige Korrekturleserinnen benötigt. Ich danke Frau Pastorin Gerda Budde, Frau Andrea Gropp, M.A., Frau Oberstudienrätin Ulrike Parnow und Frau Studiendirektorin Andrea Schwermer überaus herzlich für die Übernahme dieser verantwortungsvollen Arbeit. Dieter Vieweger
Jerusalem, im Dezember 2011
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1. Was hat die Archäologie mit der Bibel zu tun?
Die Beschäftigung mit den Altertümern in Palästina begann schon im 4. Jh. n. Chr. mit den frühchristlichen Pilgern. Die frommen Reisenden forschten nach den Stätten der biblischen Tradition. Besonders an Orten, die mit dem Leben Jesu verbunden waren, suchten sie Erbauung und eine tiefgreifende Besinnung auf die biblische Geschichte.
1.1 Die Anfänge 1.1.1 Pilger im Heiligen Land
Abb. 4: Die Jerusalemvignette aus dem 1896 entdeckten Fußbodenmosaik der Georgskirche von Madeba (6. Jh. n. Chr.). Die ehemals mehr als 130 m2 große Karte bildete Orte und Landschaften von der phönizischen Küste bis zum Nildelta ab und diente möglicherweise Pilgern zur Orientierung (Original Madeba, Georgskirche)
Die Pilgerberichte aus dem Heiligen Land sind recht zahlreich. Sie enthalten Beschreibungen von heiligen Stätten und deren geografischer Lage, von Reisestationen und palästinischen Landschaften 1. Hervorzuheben sind die Berichte des Pilgers aus Bordeaux (»Itinerarium Burdigalense«; 334 n. Chr.) und der vornehmen Dame !Etheria (auch Egeria; »Peregrinatio Aetheriae«; ab 381 n. Chr.; S. 110 f. und 325-328), die Pilger-Enzyklopädie des Theodosius (»De situ Terrae Sanctae«; 520 n. Chr.) sowie die Aufzeichnungen eines Reisenden aus Piacenza (»Itinerarium anonymi Placentini«; 570 n. Chr.), von Arculf (»De Locis Sanctis«; 680 n. Chr.) und von Willibald (ab 723 n. Chr.). Diese Schriften berichten nicht nur von den langen und beschwerlichen Reisen unter den damaligen Verhältnissen, sondern sie sollten vor allem künftigen Pilgern zur Orientierung und gleichzeitig den Zeitgenossen, die sich eine solche Reise nicht leisten konnten, zur Erbauung dienen. Die von den Pilgern vorgenommene !Identifikation der an der Oberfläche sichtbaren Altertümer Palästinas mit biblischen Namen und Berichten wird unten besprochen (Kap. 5.1.4). Der Strom der christlichen Pilger riss nie ab. Während der Kreuzfahrerzeit fand auch das Pilgerwesen einen neuen Aufschwung. Es hielt das 1.
Vgl. dazu u. a. Wilkinson 1977; Donner 1979 und Keel/Küchler/Uehlinger 1984, 385-387.415-434. – Als Textausgabe sei verwiesen auf: Corpus Christianorum. Series Latina, 175-176 Itineraria ia Geographica, Turnhout 1965.
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24
1. Was hat die Archäologie mit der Bibel zu tun?
Interesse des Abendlandes am Orient über lange Zeit wach, ließ es jedenfalls nie ganz versiegen.
1.1.2 In der ›alten Welt‹ sucht man nach den geschichtlichen Wurzeln
Abb. 5: Palästina auf der Tabula Peutingeriana nach einer Kopie aus dem 12./13. Jh. vom römischen Original (4. Jh. n. Chr.). Vgl. zur Gesamtkarte Weber 1976 und 1984, 2-8 (Original Wien, Hofbibliothek).
Gehen auch die allerersten Fragen nach der Geschichte der biblischen Welt auf Pilger zurück, so sind doch die Wurzeln der modernen wissenschaftlichen Erforschung Palästinas im Abendland zu finden. Das geistige Umfeld dafür entstand in der Renaissance (14.-16. Jh. n. Chr.), als im Abendland die Frage nach der eigenen Geschichte aufkam (s. auch Kap. 11.1.1). Eine wesentliche Folge war die Einrichtung von Kunst- und Raritätenkabinetten. In diesen Vorläufern moderner Museen wurde zusammengetragen, was man an Mineralien, Altertümern und Kunstobjekten finden konnte – von der Pfauenfeder über Meteoriten bis hin zur antiken Statue. Steinbeile firmierten als ›Donnerkeile‹. In ganz Europa entstanden so Kunstkammern, die sich dem Ideal verpflichtet fühlten, das ›Universum‹ in einer Miniaturwelt zu spiegeln, um die Ordnungskriterien der erfahrbaren Schöpfung zu demonstrieren. Die Spezialisierung der Wissenschaften im 18. Jh. verdrängte die Bedeutung der Kuriositätenkabinette. Angesichts des neu entflammten Forscherdranges erschienen sie in der Beurteilung der aufklärerischen Geisteshaltung schließlich nur noch als chaotische Rumpelkammern. Die Erkundung alter Monumente und deren Überreste verlangte neue Wege, die die Klassische Archäologie im 19. Jh. sehr bald weisen konnte. Doch waren die Anfänge schwer. Wissenschaft, Sammelleidenschaft 2 und Schatzsuche waren vielfach eng miteinander verbunden und die Methoden der Altertumsforschung noch nicht entwickelt. Aus diesem bunten Bild des 18. und 19. Jh. werden im Folgenden einige repräsentative Beispiele herausgegriffen.
2.
Bereits 1803 hatte Lord Elgin (1766-1841; vgl. Kap. 11.2.1.b) Skulpturen und Inschriften vom Parthenon in Athen nach England gebracht, die 13 Jahre später vom British Museum aufgekauft wurden. Er führte auf der Akropolis Ausgrabungen durch, brachte mit Diplomatie und List Antiken außer Landes und legte so den Grundstein für eine der größten Kunstsammlungen der Welt.
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1.1 Die Anfänge
25
Abb. 6: Bild vom Todeskampf eines Opfers in Pompeji. Die Körper hinterließen Hohlräume in der Verschüttungsschicht, die mit Gips ausgegossen wurden.
a. Erste Ausgrabungen Eine hervorragende Bedeutung kommt der Entdeckung von Pompeji und Herculaneum zu. Die beiden Städte am Fuße des Vesuv waren nach den Aufzeichnungen von Plinius d. J. am 24. August 79 n. Chr. verschüttet worden. Das von einem Erdrutsch unter Sauerstoffabschluss urplötzlich begrabene Herculaneum bot selbst für organische Stoffe (wie z. B. Holzbalken, Möbel, Früchte) vorzügliche Erhaltungsbedingungen und damit die Möglichkeit, die Vergangenheit mit vielen sonst häufig verlorenen Lebensbereichen wiederzuentdecken. Emanuel-Maurice de Lorraine, der spätere Herzog d’Elbeuf, stieß 1711 beim Materialeinkauf zum Bau seines Kasinos auf dem ›Marmoraro‹ auf antike Buntmarmore, die ein Bauer aus Resina beim Graben eines Brunnens gefunden hatte und nun auf dem Markt anbot. D’Elbeuf ließ daraufhin Stollen vortreiben, die mehrere Marmorstatuen ans Licht brachten und fortan zur Dekoration seiner Villa dienten. Johann Joachim Winckelmann (S. 71) war es vorbehalten, erste wissenschaftliche Studien zu präsentieren und damit dem Fundplatz seine bis heute anhaltende Popularität zu sichern 3. Erst 1860 führte Giuseppe Fiorelli (1823-1896) schließlich systematische Ausgrabungen durch und beendete damit die Ära der unsystematischen ›Freilegungen‹ und der Schatzsuche in Pompeji.
3.
»Sendschreiben von den Herculanischen Entdeckungen, an den Hrn. Grafen von Brühl. Dreßden«, 1762.
Abb. 7: Herculaneum, Decumanus.
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Abb. 8: Heinrich Schliemann.
Abb. 9: Thomas Jefferson.
1. Was hat die Archäologie mit der Bibel zu tun?
Zu den europäischen Pionieren der archäologischen Wissenschaft zählt ganz gewiss auch Heinrich Schliemann (1822-1890), der – trotz der Skepsis seines Umfeldes – auf der Basis der homerischen Beschreibung die Stadt Troia suchte und diese schließlich im Hügel Hisarlık (türk. »mit Burg bewehrt«) im Nordwesten Kleinasiens fand. 1870 begannen die Feldforschungen, die nach seinem Tod von dem aus Barmen (heute Wuppertal) stammenden Architekten und Archäologen Wilhelm Dörpfeld (1853-1940) fortgesetzt wurden. Außerdem muss hier noch der Brite Sir Arthur J. Evans (18511941) genannt werden. Er begann seine Forschungen 1894 in Knossos auf Kreta und stieß dabei auf die ersten Zeugnisse der minoischen Kultur. In über 30 Jahren mühevoller Arbeit wurde das riesige Areal von Knossos zu Beginn des 20. Jh. freigelegt und teilweise auf der Basis damals herrschender Vorstellungen vom klassischen Altertum rekonstruiert. Angesichts dieser Leistungen, die schnell Weltruhm erlangten, wird meist vergessen, dass die erste systematische archäologische Ausgrabung nicht in Europa, sondern in Nordamerika durchgeführt wurde: Thomas Jefferson öffnete 1784 in Virginia einen indianischen Grabhügel und fand dort Überreste der amerikanischen Ureinwohner. Thomas Jefferson (1743-1826) 4, der von 1801 bis 1809 amtierende Präsident der USA, erwies sich als weitsichtiger Archäologe. Im 11. Kapitel der »Notes on the State of Virginia« 1784 beschrieb er ausführlich einen indianischen Grabhügel in Virginia sowie sein Vorgehen bei dessen Ausgrabung. Dabei stellte er Fragen nach der Anzahl der Bestatteten, deren Alter, dem Zeitpunkt ihrer Bestattung und den Gründen ihrer Bestattungsform. Wenn er auch nicht all diese Fragen beantworten konnte, so beachtete er doch bei seinen Forschungen bereits die Grundprinzipien der archäologischen !Stratigrafie (Kap. 6.2).
b. Wie alt ist das Leben auf der Erde wirklich? Die archäologischen Entdeckungen stießen zu Beginn des 19. Jh. an eine empfindliche Vorstellungsgrenze der christlich geprägten Gesellschaft. Man hatte geglaubt, nach dem Alten Testament die Schöpfung der Welt und des Menschen zwischen 6984 und 3505 v. Chr. ansetzen zu können. Nun aber stellte sich die Frage, ob die Erdgeschichte wirklich nur in wenigen tausend Jahren zu messen 4.
Padover 1943; Martin 1952 und Bedini 1990.
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1.1 Die Anfänge
sei. Nicht nur die längst bekannten ›mysteriösen‹ Steinkreise (wie z. B. Stonehenge in Südengland), die weit verbreiteten und seit dem Ende des 18. Jh. allgemein einer primitiven, unzivilisierten Bevölkerung aus der Urzeit zugeschriebenen Dolmen 5, sondern auch die vielfach aufgefundenen Fossilien 6 verlangten nach einer schlüssigen Erklärung. Der britische Physiker Robert Hooke (1635-1703) äußerte die Vermutung, dass die Fossilien von ausgestorbenen Tieren stammten. Er schloss mit Hilfe von Ammoniten- und Schildkrötenfossilien aus dem Jura auf ein einst viel wärmeres Klima und wurde so zum Begründer der Paläoklimatologie (Kap. 8.3.3). Im Jahr 1799 entwickelte dann der englische Ingenieur William Smith (1769-1839) die erste stratigrafische Abfolge von Gesteinsarten bei geologischen Formationen. Er vermutete, dass bestimmte Fossilien zu bestimmten geologischen Schichten gehörten, da jede Zeit ihre charakteristischen Versteinerungen besitze, und prüfte diese Theorie, indem er einzelne Erdschichten selbst über Meilen hinweg verfolgte. Der Schotte Sir Charles Lyell (1797-1875) 7 erklärte 1850 schließlich die Erscheinungsform der Erdoberfläche zutreffend als Ergebnis von Millionen von Jahren in Anspruch nehmenden physikalischen, chemischen und biologischen Prozessen. Die geologischen Entwicklungen der Gegenwart seien als prinzipiell gleichwertige Fortsetzungen der früheren erdgeschichtlichen Vorgänge anzusehen. Damit war das geistige Umfeld bereitet, nach den Vorfahren der Menschen zu fragen. Doch war das tatsächliche Verständnis für diese Problematik in der Mitte des 19. Jh. noch recht gering, wie nicht nur das Schicksal von Jacques Boucher de Perthes (17881868) beweist. Er hatte in Nordfrankreich neben menschlichen Knochen auch primitive Äxte gefunden, die Spuren von Bearbeitung aufwiesen. Seine 1846 veröffentlichten Entdeckungen führten zu langen, scharfen Auseinandersetzungen mit Gelehrten, die sich eine genealogische Entwicklungslinie des Menschengeschlechts nicht vorstellen konnten. Er musste zwei Jahrzehnte um seine An-
5. 6.
7.
Prähistorisches Steingrab, häufig unter einem Rund- oder Langhügel gelegen. Mitte des 17. Jh. hatte der Anatom und Naturforscher Bischof N. Stensen Fossilien bereits als Überreste von Lebewesen gedeutet. Er erkannte das !stratigrafische Prinzip in der Geologie (S. 150). Principles of Geology I-III, London 1830-1833.
27
Abb. 10: Fossilien aus dem Arnongebiet (Original Privatsammlung).
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Abb. 11: Charles Darwin in einer Karikatur aus dem Jahr 1861.
Abb. 12: Der Neandertaler nach einer Rekonstruktion des gleichnamigen Museums in Mettmann bei Wuppertal.
1. Was hat die Archäologie mit der Bibel zu tun?
erkennung kämpfen, bis schließlich eine Anzahl Wissenschaftler (unter ihnen der oben erwähnte C. Lyell) die Ausgrabungen des inzwischen 70-Jährigen prüften. J. Boucher de Perthes erhielt Recht. C. Lyells Theorie schuf wichtige Voraussetzungen für die Evolutionstheorie in der Biologie, die Charles Darwin (1809-1882; »The Origin of Species by Means of Natural Selection« 1859) maßgeblich entwickelte. Die geologischen und biologischen Untersuchungen schufen der Archäologie ein übergreifendes Gedankengebäude, das es erlaubte, jenseits der biblischen Vorstellungswelt, d. h. auch weit vor der Sintflut, Geschichte wahrzunehmen und einzuordnen 8. Mit der Erstellung des ›Drei-Perioden-Systems‹ (Stein-, Bronze-, Eisenzeit) eröffnete !Christian Jürgensen Thomsen (1788-1865; ausführlich S. 63) eine ganz neue Möglichkeit, archäologische Befunde und Funde in ein System relativer zeitlicher Ordnung zu bringen. Aber auch Sir John Lubbock (1834-1913) ist hier zu nennen, der in seinem 1865 herausgegebenen Werk »Prehistoric Times« die heute gängigen Begriffe Paläolithikum (Altsteinzeit) und Neolithikum (Jungsteinzeit) einführte. Mit diesen Vorstellungen war in der zweiten Hälfte des 19. Jh. ein Grundverständnis für die zeitliche Gliederung der materiellen Hinterlassenschaft hergestellt. Beeinflusst von der Darwin’schen Evolutionstheorie entwickelte !Oscar Montelius (1843-1921; ausführlich S. 63) diese Vorstellungen bald weiter. 1856 wurden bei Sprengungen in einem Steinbruch im Neanderthal in Mettmann einige Knochen – darunter die Schädeldecke – eines Menschen aufgefunden, die nach der geologischen Schicht, in der sie gelegen hatten, viele tausend Jahre alt sein mussten. Wegen ihrer Robustheit hatte man sie zunächst einem Bären zugeordnet. Johann Carl Fuhlrott, ein Gymnasiallehrer aus dem benachbarten Elberfeld (heute Wuppertal), bestimmte korrekt die menschliche Herkunft der Funde und geriet dadurch in einen bis zu seinem Tod nicht enden wollenden erbitterten Streit mit dem international anerkannten Berliner Anatom Rudolf Virchow (18211902). J. C. Fuhlrott wurde der Lächerlichkeit preisgegeben, indem R. Virchow den Neandertaler als einen von »Krankheit mutierten«, etwa 60-jährigen Mann der Neuzeit interpretierte 9. 8. 9.
Vgl. Cartier 2000. Unterstützung erhielt J. C. Fuhlrott u. a. auch von C. Lyell. Der irische Geologe William King (1809-1886) wies den Fund namensgebend der Gattung ›Homo neandertalensis‹ zu.
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1.1 Die Anfänge Der aus Thüringen stammende Johann Carl Fuhlrott (1803-1877) studierte in Bonn und Münster. Seit 1830 arbeitete er als Gymnasiallehrer an der Realschule in Elberfeld (heute Wuppertal), wo er bis zu seinem Tode als Oberlehrer und Direktor tätig war. 1835 promovierte er an der Universität Tübingen und gründete 1846 den (noch heute bestehenden) Naturhistorischen Verein (zu Elberfeld und Barmen). Studien zur Zoologie, Botanik, Geologie und Meteorologie ließen ihn das Umfeld der Wupper durchstreifen. Die 1856 dabei von ihm im Neanderthal entdeckten fossilen Menschenknochen datierte er in das Pleistozän (›Eiszeitalter‹ ; ca. 2,5 Mio bis 9000 v. Chr.), was ihn als Entdecker des Neandertalers berühmt machen sollte.
Weitere aufsehenerregende Funde sind William Pengellys (18121894) Arbeiten in ›Kent’s Cavern‹ (England) 10 und Édouard Lartets (1801-1871) Grabungen im südfranzösischen Sansan (Pyrenäen) zu verdanken. É. Lartet grub die Skelette einer ganzen Familie aus, die er als ›Eiszeitmenschen‹ bestimmte 11. Er behielt bei den sich an seine Schlussfolgerungen knüpfenden Auseinandersetzungen über das für biblische Vorstellungen unmöglich hohe Alter der Funde Recht. Doch die Suche nach dem Verbindungsglied zwischen den bereits aufgefundenen Lebewesen und den heute lebenden Vertretern der menschlichen Spezies gelang erst dem niederländischen Paläontologen Marie Eugène François Thomas Dubois (1858-1940) auf Java. Er nannte das Lebewesen, von dem er 1891 Knochen fand, in seinen Veröffentlichungen 1894 ›Pithecanthropus erectus‹ (den aufrecht gehenden Affenmenschen) 12. Heute spricht man allgemein vom ›Homo erectus‹. Die auf der umwälzenden Evolutionslehre von C. Darwin basierende Theorie der Menschheitsentwicklung fand über lange Zeit keine ungeteilte Zustimmung. Vertreter fundamentalistischer Richtungen kämpften (und kämpfen) erbittert gegen solche Erkenntnisse, da nach ihrer Meinung die traditionell als ›biblisches Menschenbild‹ verstandene Lehre und der wörtlich interpretierte biblische Schöpfungsbericht durch solche Vorstellungen in Frage gestellt werden. Allerdings war noch eine weitere grundsätzliche Frage offen: Wie hatte die menschliche Gesellschaft in der Vergangenheit existiert und sich bis zum heutigen Stand entwickelt? Erste grund10. Bewiesen wurde die gemeinsame, zeitgleiche Existenz von Menschen und heute ausgestorbenen Tierarten. 11. Die Höhle Cro-Magnon wurde namensgebend für diesen fossilen Menschentyp. 12. Der ›Homo erectus‹ stammt vom ›Homo habilis‹ ab. Er hatte zwei Nachfolger, den ›Homo sapiens sapiens‹ und den ›Homo neandertalensis‹. Beide haben eine Zeit lang gleichzeitig gelebt.
29
Abb. 13: Johann Carl Fuhlrott.
Abb. 14: Schädeldecke des ›Homo neandertalensis‹ nach J. C. Fuhlrott (Original Rheinisches Landesmuseum Bonn).
Abb. 15: Rekonstruktion eines ›Homo neandertalensis‹.
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Abb. 16: ›Homo erectus‹.
1. Was hat die Archäologie mit der Bibel zu tun?
legende Gedanken dazu äußerte Sir Edward Burnett Tylor (18321917) – einer der Begründer der modernen Kulturanthropologie –, als er 1865 in seinen »Researches into the Early History of Mankind and the Development of Civilization« die These vertrat, dass vergangene und gegenwärtige Kulturen, ›primitive‹ wie ›zivilisierte‹, als Teile einer einheitlichen Menschheitsgeschichte studiert werden müssten. Die Vergangenheit werde benötigt, um die Gegenwart und das Ganze zu erklären. In den 1871 erschienenen beiden Bänden »Primitive Culture« konstatierte er eine fortschreitende Entwicklung vom ›wilden‹ Menschen zum ›zivilisierten‹. Damit partizipierte er am allgemeinen Entwicklungsgedanken und Fortschrittsoptimismus des 19. Jh., den zuerst Adam Ferguson (17231816) als dreiteilige Periodisierung der Menschheitsgeschichte – Wildheit (savagery), Barbarei (barbarism) und Zivilisation (civilization) – eingeführt hatte 13. Der Evolutionsgedanke bildete fortan die Grundlage der neuen Wissenschaftsdisziplinen Ethnologie und Ethnografie (Kulturanthropologie; Kap. 8.6.3). Die wichtigsten Vertreter und Mitbegründer dieser Bewegung waren neben dem oben bereits erwähnten E. B. Tylor auch Lewis Henry Morgan, Henry Summer Maine (1822-1888), Herbert Spencer (1820-1906) und Johann Jakob Bachofen (1815-1887).
Der amerikanische Ethnologe und Mitbegründer der Anthropologie Sir Lewis Henry Morgan (18181881) studierte eingehend indianische Gruppen, aber auch die Ureinwohner Indiens und Australiens. In seinem bedeutendsten Werk »Ancient Society« (1877) gelangte er – klassisch-evolutionistisch – zur Erkenntnis, die Menschheit habe sich auf der Grundlage technologischer Fortschritte entwickelt. Er unterschied terminologisch definiert die Stadien der Wildheit, Barbarei und Zivilisation, deren Entwicklung man vor allem in der Familienstruktur und der politischen Organisation nachvollziehen könne. L. H. Morgan übte mit diesem Werk einen starken Einfluss auf Karl Marx (1818-1883) und Friedrich Engels (1820-1895) aus und damit auch auf deren spätere Theorien.
1.1.3 Abenteurer und Forschungsreisende im Nahen Osten Die abendländische Archäologie hatte die Grundlagen geschaffen, sich mit dem Orient auseinanderzusetzen. Man erahnte nun, welch bedeutende Rolle der Orient für die Entwicklung des Abendlandes 13. Fast gleichzeitig entstanden die Theorien von Immanuel Kant (1724-1804), Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831) und Marie Jean Antoine Nicolas de Caritat Marquis de Condorcet (1743-1794).
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1.1 Die Anfänge
gespielt hatte. Damit erhielt die Beschäftigung mit dem Heiligen Land im 19. Jh. einen wesentlichen Auftrieb. Auf der Suche nach umfassender Bildung bereisten Forscher Palästina. Die Bedingungen für ihre Vorhaben waren abenteuerlich. Der Däne Carsten Niebuhr (1733-1815) ist in diesem Zusammenhang zuallererst zu nennen. Von 1761 bis 1767 bereiste er Arabien und besuchte dabei auch Palästina 14. Ihm folgten Ulrich Jasper Seetzen (1767-1811) und Johann Ludwig Burckhardt (1784-1817), die beide als Muslime den Vorderen Orient unter Einsatz ihres Lebens durchstreiften 15. Später brach Edward Robinson (1794-1863) nach Palästina auf, besonders um biblisch benannte Orte und Landschaften zu lokalisieren. Die Veröffentlichungen von Titus Tobler (18061877) 16, Victor Guérin (1821-1890) 17 und vieler anderer lenkten die Aufmerksamkeit des Abendlandes auf die Altertümer der südlichen Levante, von deren Vielfalt man bis dahin in Europa und Nordamerika nur wenig wusste 18. Der wissenschaftliche Eifer und die Solidität der Berichte dieser Gelehrten war so beachtlich, dass ihre Tagebücher bis heute von hohem Wert für die Beschäftigung mit dem Orient und insbesondere mit seiner neueren Geschichte sind. Diese Erkundungen in Palästina sind eng mit den frühen Entdeckungen in Ägypten und Mesopotamien in Verbindung zu bringen. Auch dort waren Bildungsreisende 19 die Wegbereiter kunstgeschichtlicher und landeskundlicher Untersuchungen – und natürlich auch erster Aus- Abb. 17: »Abbildung eines Fischers zu Dschidda« nach C. Niebuhr. grabungen.
14. Erstausgabe: Niebuhr 1774-1778. Der dritte Band wurde erst im Jahr 1837 posthum von Johann Nikolai Gloyer (1781-1841) und J. Olshausen (1800-1882) herausgegeben. Eine (um etwa ein Drittel gekürzte) Ausgabe ist heute leicht zugänglich: Niebuhr 21993. 15. U. J. Seetzens letzte briefliche Nachricht vom November 1810 stammt aus dem Jemen; J. L. Burckhardt starb 1817 in Kairo. 16. Reisen ab 1853. 17. Reisen ab 1863. 18. Vgl. zu den Forschungsreisen des 19. Jh. bes. Ben-Arieh 21983, ferner Schur 1980. 19. Selbst Karl May (1842-1912), der sächsische Schriftsteller und Abenteurer, bereiste – begeistert von den Berichten der großen Forschungsreisenden – 1899 Ägypten (u. a. Kairo und Assuan), den Libanon und Palästina.
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1. Was hat die Archäologie mit der Bibel zu tun?
Edward Robinson (1794-1863) gilt zu Recht als Begründer der historischen Topografie Palästinas. Er reiste 1838 und 1852 ins Heilige Land. Schon U. J. Seetzen hatte aus arabischen Ortsnamen auf ältere, biblische Bezeichnungen von Siedlungen geschlossen. E. Robinson wandte diese Erkenntnis als erster Forscher systematisch an. Bei seinem Vorhaben stützte er sich auf umfangreiche philologische Vorbereitungen, die er u. a. durch Studien bei dem berühmten Philologen Wilhelm Gesenius (1786-1842) erwarb. Während seiner Reisen identifizierte er zahlreiche in der Bibel erwähnte Orte, u. a. in der Umgebung Hebrons und nördlich von Jerusalem. Der von ihm entdeckte Bogenansatz eines ehemaligen Aufgangs zum herodianischen Tempel wurde nach ihm !›Robinson-Bogen‹ benannt (S. 37 f. und 349).
1.1.4 Frühe Expeditionen und erste Ausgrabungen a. Ägypten
Abb. 18: Hathorsäule im Tempel der Hatschepsut (1479-1457 v. Chr.) in Theben West.
Das Land am Nil faszinierte das Abendland schon seit der Renaissance. Viele der Ägypten bereisenden Forscher befanden sich auf der Durchreise ins Heilige Land. Unter ihnen ist besonders der Jesuit Claude Sicard (1677-1727) hervorzuheben. Er drang als erster Gelehrter nicht nur bis nach Assuan vor und fand dabei die berühmte oberägyptische Hauptstadt Theben wieder, sondern konnte sich rühmen, 24 Tempel und über 50 mit Malereien und Reliefs geschmückte Felsengräber gesehen zu haben. Seine Nachfolger, Frederik Ludvig Norden (1708-1742) aus Dänemark und die beiden Engländer Richard Pococke (1704-1765) 20 und James Bruce (1730-1794), hinterließen umfangreiche Reiseberichte. Der Jesuit Athanasius Kircher (1601-1680; »Lingua aegyptica restituta«, 1643) und nach ihm Paul Ernst Jablonski (1693-1757) sowie Georg Zoega (1755-1809) sammelten enzyklopädisch alles, was man bis dato über Ägypten wusste. Doch nicht alle wurden vom wissenschaftlichen Eifer getrieben. Abenteurer wie Giovanni Belzoni (1778-1823), der nach seinen eigenen Berichten über zwölf Jahre in einem englischen Zirkus als ›Patagonian Samson‹ beschäftigt war, beraubte im Auftrag zahlungskräftiger Museen ägyptische Pyramiden und Gräber. Erst mit dem für die Ägyptologie denkwürdigen Feldzug Napoléon Bonapartes im Jahr 1798 21 und seinem Vorstoß nach Palästina im Jahr darauf sowie durch die Entzifferung der Hieroglyphen20. Er beschrieb 1755 die Pyramiden von Saqqara und Daschur. 21. Dokumentationen der Expedition u. a. bei Denon 1802 (40 Auflagen!) und in den »Description de Recueil des Observations et des Recherches qui ont été faites en Egypte pendant l’expédition de l’armée française, publié par les ordres de S. M. l’Empereur Napoléon«, Paris 1809-1822 (20 Bände).
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1.1 Die Anfänge
schrift konnte die Erforschung Ägyptens auf eine neue Basis gestellt werden. Es war eine Sternstunde für die Altertumswissenschaft, dass im Tross Napoléon Bonapartes auch 167 Wissenschaftler Ägypten durchstreiften, unter ihnen Orientalisten und Altertumsforscher, Naturkundler, Astronomen und Mathematiker, Zeichner und Kartografen sowie Techniker und Ingenieure. Napoléon Bonaparte nannte die Schlacht zehn Meilen vor Kairo kurzerhand ›Die Schlacht bei den Pyramiden‹, obwohl diese nur in der Ferne zu sehen waren. In erhabenem Tonfall soll er am 25. Juni 1798 auf diese gedeutet und (einer der vielen Überlieferungen nach) ausgerufen haben: »Soldaten! Von diesen Pyramiden blicken vierzig Jahrhunderte auf euch herab!« Der dreisprachige Stein von Rosette wurde 1798 bei französischen Schanzarbeiten im Nildelta gefunden. Das Basaltfragment wurde später als englisches Beutestück ins British Museum nach London gebracht, wo es sich auch heute noch befindet. Die Erforschung der Hieroglyphenschrift wurde erst durch den Fund dieses Steins möglich, auf dem derselbe Text (ein Dekret von Ptolemaios V. Epiphanes aus dem Jahr 196 v. Chr.) in den drei Schriftsprachen Hieroglyphisch, Demotisch und Griechisch eingraviert war. Jean-François Champollion ging vom griechischen Text aus, in dem der Königsname Ptolemaios mehrfach genannt wird. Innerhalb oval eingerahmter ›Kartuschen‹ fand er diesen wieder und konnte schließlich 1822 die Entzifferung ägyptischer Hieroglyphen bekannt geben. Damit war ein neues Fach geboren, Abb. 19: Der Stein von Rosette 22 (Original BM). die Ägyptologie.
Jean-François Champollion (1790-1832) brachte durch eine gemeinsam mit dem Italiener Ippolito Rossellini (1800-1843) veranstaltete Expedition eine neue Reisewelle von Wissenschaftlern in Gang. Deren Ziel war es, neues Schriftmaterial zu sammeln und zu veröffentlichen. Eine preußische Mission unter Leitung von Karl Richard Lepsius (1810-1884) konnte schließlich von 1849 bis 1859 zwölf Bände ihrer »Denkmäler aus Aegypten und Aethiopien« herausgeben, was andere Expeditionen später nachahmten. Die aus der Entzifferung des alten Schriftmaterials stammenden neuen Erkenntnisse faszinierten zwar die Fachwelt, die sich bisher vielfach auf das Sammeln von Antiken für heimische Museen beschränkt hatte, doch erst 1850 fand sich mit dem Franzosen Auguste Mariette (1821-1881) ein Forscher, der sich größeren systematischen Ausgrabungen verschrieb. Besonderen Ruhm erwarb er 22. Andrews 1985 (einführende Lektüre).
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1. Was hat die Archäologie mit der Bibel zu tun?
sich durch sein Engagement bei der Gründung der weltberühmten Antikensammlung, des ›Ägyptischen Museums Kairo‹. Schließlich begründete !William Matthew Flinders Petrie (S. 39) in Ägypten die wissenschaftliche Ausgrabungstechnik.
b. Mesopotamien
Abb. 20: Das Ischtar-Tor aus Babylon, erbaut von Nebukadnezar II. (605-562 v. Chr.; Original SMPK).
Schon Benjamin von Tudela berichtete im 12. Jh. n. Chr. von den Ruinenstädten des Zweistromlandes. Doch erst 1766 stand ein Forscher wie C. Niebuhr (S. 31) ehrfurchtsvoll vor den großen geheimnisvollen Hügeln aus Tonerde und Steinen, unter denen die verfallenen Reste alter Städte, wie z. B. von Babylon und Ninive verborgen sein mussten. Im Jahr zuvor hatte C. Niebuhr bereits die an der Oberfläche noch sichtbaren Ruinen von Persepolis eingehend studiert.
Der französische Konsul und Arzt Paul Émile Botta (1802-1870) 23 unternahm die ersten größeren Ausgrabungen in Mesopotamien. Er eröffnete dadurch tiefe Einblicke in die Geschichte und Kultur des assyrischen Reiches. Ursprünglich hatte er seine Arbeit unweit von Mosul im modernen Quyunǧiq am Ostufer des Tigris begonnen. Doch das 25 km entfernte Ḫorsābād – wo er 1843 schon nach einer Woche auf eine eindrucksvolle assyrische Monumentalarchitektur stieß – erschien ihm lohnender. So blieb die Entdeckung Ninives (in Quyunǧiq) seinem britischen Kollegen !A. H. Layard (S. 36) vorbehalten. – Die von P. É. Botta in Ḫorsābād entdeckten Reliefbilder des assyrischen Königs Sargon II. schlagen eine wichtige Brücke zur alttestamentlichen Welt, wurde doch Samaria, die Hauptstadt Israels, 722/1 v. Chr. von Truppen dieses Königs erobert und die Oberschicht daraufhin nach Mesopotamien und Medien (II Kön 17, 6; 18, 11) verschleppt.
Die Bedeutung der merkwürdigen keilförmigen Zeichen, die man auch als Ornamente angesehen hatte, erkannte Joseph de Beauchamp (1752-1801) gegen Ende des 18. Jh. Er organisierte erste Ausgrabungen im Zweistromland, um insbesondere Schriftträger zu entdecken. Um 1800 gelang Georg Friedrich Grotefend (17751853) die Entzifferung der Keilschrift, und C. Niebuhr gab die Texte in seiner »Reisebeschreibung von Arabien und anderen umliegenden Ländern« mit heraus. Dadurch erwachte die Aufmerksamkeit des Abendlandes für Mesopotamien 24. 23. Er war als Konsul nach Mosul ins ottomanische Mesopotamien gegangen, um dort die assyrischen Altertümer erkunden zu können. Später wurde er Konsul in Jerusalem (1846) und Tripolis (1868). 24. Fortan interessierte man sich auf breiter Basis für die Kulturen des Ostens: Joseph Freiherr von Hammer-Purgstall (1774-1856) übersetzte die persische Dichtung des Hafis (eigentlich Muhammad Schams ad-Din), Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) schuf den »West-Östlichen Diwan«, und aus Georg Wilhelm Friedrich Hegels (1770-1831) und Friedrich Hölderlins (1770-1843) Sicht zog ›der Geist von
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Abb. 21: Ägypten, Mesopotamien, Syrien und Palästina (›Fruchtbarer Halbmond‹) 25.
Dennoch verlief im Zweistromland und in den umliegenden Gebieten die wissenschaftliche Erforschung zunächst etwas langsamer als in Ägypten. Es dauerte noch bis zum Anfang des 19. Jh., dass Claudius James Rich (1787-1820) die Ruinenstädte Babylon (1811) und Ninive (1820) topografisch vermaß. Er sammelte auch zahlreiche Inschriften und Kleinfunde (z. B. Rollsiegel) und vergrößerte damit in Europa das Interesse an der altorientalischen Forschung. So gab er den Anstoß für die folgenden archäologischen Unternehmungen, zumal der englische Assyriologe Sir Henry Creswicke Rawlinson (1810-1895) mit der Entzifferung der altpersischen Keilschrift der Altertumsforschung eine wichtige neue Quelle erschloss 26. Mit P. É. Botta und A. H. Layard begannen nunmehr die großen Ausgrabungen in Mesopotamien. Schließlich ist in diesem Zusammenhang noch an den britischen Archäologen Sir C. Leonard Woolley (1880-1960) zu erinnern, der in Ur ausgrub und durch seine Arbeit grundlegende Einblicke in die sumerische Kultur und damit in die Frühgeschichte des Zweistromlandes ermöglichte 27. C. L. Woolleys Forschungen Osten‹ heran. August Wilhelm von Schlegel (1767-1845) erhielt die erste Professur für Sanskrit. Arthur Schopenhauer (1788-1860) beschäftigte sich mit indischer Philosophie. Friedrich Rückert (1788-1866) eignete sich Themen und Formen persischer Dichtung an und führte sie in die deutsche Sprache ein. Die Romantik war für die Ferne offen. 25. Zum ›Fruchtbaren Halbmond‹ vgl. S. 77. 26. Ihm gelang es im Jahr 1847 nach langjähriger mühseliger Arbeit, die große Inschrift von Darius I. an der Felswand von Behistun vollständig zu entziffern. 27. Gadd/Legrain et al. 1928-1966; Gadd 1929; Woolley 1952 und 1954.
Abb. 22: ›Harfe‹ aus den ›Königsgräbern‹ von Ur (Original BM). Das rekonstruierte Instrument ist eine Fiktion. Es wurde fälschlich aus einem Harfen- und einem Leierfragment zusammenfügt (Rashid 1984, 42 f.).
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1. Was hat die Archäologie mit der Bibel zu tun?
verdeutlichten viele Aspekte des täglichen Lebens, der Kunst, Architektur und Literatur, aber auch der Religion und der staatlichen Ordnung. Zu seinen bedeutendsten Entdeckungen gehörten die ›Königsgräber‹ (ca. 2500 v. Chr.), in denen Herrscher mit ihrem Gefolge und Mitglieder des Herrscherhauses mit wertvollen Beigaben bestattet waren 28. Sir Austen Henry Layard (1817-1894) wurde 1842 vom britischen Botschafter in Istanbul auf eine inoffizielle diplomatische Mission u. a. in die Gegend um Mosul gesandt. Dort befiel ihn das ›archäologische Fieber‹. Es drängte ihn, die Städte auszugraben, die ihm aus der Bibel von den Großreichen des Zweistromlandes bekannt waren. Zwischen 1845 und 1851 grub er zunächst in Nimrūd (was er fälschlicherweise für Ninive hielt). 1849 wurde er auf den Mosul gegenüberliegenden Hügel aufmerksam, an dem sich schon Botta versucht hatte. Dort fand er tatsächlich den Palast des assyrischen Königs Sanherib und die berühmte Stadt Ninive 29. Layard führte noch Testgrabungen in Assur, Babylon, Nippur und an anderen Orten Mesopotamiens durch.
c. Palästina Das Interesse an der Erforschung des Heiligen Landes war eng mit der wissenschaftlichen Erkundung des Alten Orients verbunden. Im Unterschied zur Ägyptologie und Akkadistik, wo die Entzifferung der Schrift zunächst eine große Rolle spielte, war allerdings das Althebräische und auch die arabische Umgangssprache der Fachwelt seit langer Zeit bekannt. Daher standen für die Palästinawissenschaft zunächst andere Aufgaben im Vordergrund, wie z. B. die systematische Dokumentation der Topografie des Landes samt seiner an der Oberfläche sichtbaren Altertümer. Agatha Christie (1890-1976) löste nach ihrer gescheiterten ersten Ehe eine Fahrkarte für den ›Orient Express‹ nach Bagdad und reiste weiter nach Ur zu den Ausgrabungen des berühmten Archäologen C. L. Woolley. Hier lernte sie vierzigjährig den damals sechsundzwanzigjährigen Archäologen Max Edgar Lucien Mallowan (1904-1978) kennen, heiratete ihn und arbeitete fortan u. a. als Fotografin und Fundregistratorin bei dessen Ausgrabungskampagnen in Ninive, Nimrūd und auf dem Tell Brāk. In»Erinnerung an glückliche Tage« schrieb sie von dieser abenteuerlichen Zeit ihres Lebens, in der sie auch zu zwei Kriminalromanen inspiriert wurde: »Sie kamen nach Bagdad« und »Mord in Mesopotamien«.
Der erste Versuch, das Heilige Land zu kartografieren, wurde während der Invasion Napoléon Bonapartes unternommen. Allerdings konnten nur die Gebiete zuverlässig vermessen werden, welche die 28. Woolley et al. 1927-1976. 29. Im Palast fand man Keilschrifttafeln mit wertvollen Informationen über die Geschichte und Kultur Assurs.
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französische Armee erobert hatte und in denen die Vermesser sich frei bewegen konnten. Im Jahr 1856 unterzog sich der niederländische Leutnant Charles William Meredith van de Velde (18181898) dieser Aufgabe. Ihm standen jedoch nur geringe Mittel zur Verfügung. Da die Arbeit de facto auf ihm allein lastete, blieb seine Karte nicht fehlerfrei. Sie diente dennoch bis zur Publikation der Palästinakarte des ›Palestine Exploration Fund‹ (1880) als Standard. Die Anfänge der eigentlichen Ausgrabungstätigkeit liegen in der zweiten Hälfte des 19. Jh. Von November 1865 bis April 1866 durchzog Charles W. Wilson (18361905), der bereits ab Oktober 1864 Altertümer der Stadt Jerusalem topografisch aufgenommen hatte, das Gebiet von Beirut bis Jerusalem. Er besuchte u. a. Ba‛albek, Damaskus, Cäsarea Philippi, Orte an der Westküste des Sees Genezaret, Teile des galiläischen Berglandes einschließlich Nazaret, die Jesreelebene, Bet-Schean und Sichem. In diesem Zusammenhang legte er eine byzantinische Kirche auf dem Garizim bei Sichem frei. Während dieser Arbeit wurde er von Einheimischen überfallen, die in seinem Lager ausgegrabene Schätze vermuteten. In Jerusalem konnte er verschiedene Sondierungen (u. a. ganz in der Nähe der Westmauer des ehemaligen herodianischen Tempels) durchführen. Die Wiederentdeckung der später nach ihm !›Wilson-Bogen‹ benannten herodianischen Bogenkonstruktion, die nach Josephus Flavius die Oberstadt mit dem Tempelbereich verband, trug ihm dauerhafte Ehren ein (S. 349). Bereits 1838 hatte der amerikanische Alttestamentler Edward Robinson (1794-1863) den südlichsten Bogenansatz an der Westmauer des herodianischen Tempels entdeckt (›Robinson-Bogen‹). C. W. Wilsons Erfolge führten dazu, dass der 1865 gegründete !›Palestine Exploration Fund‹ – der zu dieser Zeit bei der archäologischen Erforschung Palästinas die Standards setzte – entschied, Leutnant Charles Warren (18401926) als seinen Nachfolger zu verpflichten. Er wollte mit Ausgrabungen die archäologische Arbeit seiner Vorgänger in Jerusalem ausbauen und untermauern. Der Ingenieur versuchte, mit Tunneln und Schächten durch jüngere Siedlungsschichten hindurchzudringen, um insbesondere die Lage und Größe des salomonischen Tempels (erbaut im 10. Jh. und zerstört durch die Neubabylonier 587/6 v. Chr.) zu erforschen. Wenn er auch diese Aufgabe nicht lösen konnte, so geht doch auf ihn die bedeutende Erkenntnis zurück, dass die Davidstadt südlich der heutigen Altstadt zu finden sei 30. Außerdem erkundete er Teile der (von ihm fälschlich Salomo 30. Er fand ein Stadtmauerfragment südöstlich des herodianischen Tempels.
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Abb. 23: Relief aus dem Palast Sargons II. (Ausschnitt; Original Louvre).
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Abb. 24: Der !›RobinsonBogen‹ (S. 32, 37 und 349) an der Südwest-Ecke des herodianischen Tempelareals. Er ist heute nur noch im Ansatz erhalten.
Abb. 25: Gadara, Cardo. – In Gadara betreibt das ›Deutsche Evangelische Institut für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes‹ in Kooperation mit dem ›Deutschen Archäologischen Institut Berlin‹ eines seiner bedeutendsten Ausgrabungsprojekte.
1. Was hat die Archäologie mit der Bibel zu tun?
zugeschriebenen) herodianischen Stütz- und Umfassungsmauern des Tempels und fand die älteste der drei Wasseranlagen im Bereich der Gihon-Quelle (seitdem auch ›Warren-Schacht‹ genannt). Sehr bald stellte sich heraus, dass eine systematische Erforschung Jerusalems besonders schwierig und Tunnelgrabungen nicht nur zu gefährlich, sondern auch wenig ertragreich waren 31. Der !›Palestine Exploration Fund‹ beschloss daraufhin, die Grabungen in Jerusalem einzustellen und statt dessen seinen Schwerpunkt auf die systematische Erkundung des Heiligen Landes zu legen. Diese Einschätzung wurde auch von den übrigen Palästinawissenschaftlern geteilt. Zur Planung und Vorbereitung solch weitreichender Unternehmungen bedurfte es in Palästina (und den angrenzenden Gebieten) neuer organisatorischer und logistischer Voraussetzungen. Einige Nationen folgten deshalb dem Beispiel des ›Palestine Exploration Fund‹ und richteten zu diesem Zweck eigene archäologische Institute und Vereinigungen ein. So entstanden u. a. 1870 die ›American Palestine Exploration Society‹, 1877 der ›Deutsche Verein zur Erforschung Palästinas‹, 1898 die ›Deutsche Orient-Gesellschaft‹, 1890 die ›École Biblique et Archéologique Française‹, 1900 die ›American School of Oriental Research‹ und das ›Deutsche Evangelische Institut für Altertumskunde des Heiligen Landes‹, 1914 der ›Jewish Palestine Exploration Fund‹ (seit 1948 die ›Israel Exploration Society‹) und 1919 die ›British School of Archaeology of Jerusalem‹.
1.1.5 Archäologische Pionierarbeit in Palästina Die nun beginnende systematische Erkundung der Altertümer Palästinas ist besonders mit Namen wie Claude Regnier Conder (1848-1910) und Horatio H. Kitchener 32 (1850-1916), Alois Mu31. 1881 führte Hermann Guthe (1849-1936) Sondierungen auf dem Südosthügel und im Bereich der Gihon-Quelle durch. Größere Ausgrabungen fanden erst wieder 1894-1897 durch F. Bliss und A. C. Dickie statt. 32. ›Survey of Western Palestine‹ – 1880 erschien die Karte von Conder/Kitchener im Auftrag des ›Palestine Exploration Fund‹ (Feldarbeit neben C. W. Wilson, C. Ander-
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sil 33 (1868-1944) sowie Nelson Glueck 34 (1900-1971) verbunden. Sie erstreckte sich auch auf den nördlichen Sinai, den Übergang zum Negev 35 sowie auf das Wādī el-‛Araba 36 und schloss die Suche nach dem Mosesberg ein 37. Der britische Archäologe Sir William Matthew Flinders Petrie (18531942) begründete die stratigrafische Ausgrabungsmethode in Palästina (s. Kap. 6.2). Er erkannte, dass es sich bei einigen scheinbar natürlichen Erhebungen im Nahen Osten eigentlich um in ihrer Schichtenfolge unterteilbare !Tells (Kulturschutthügel, vgl. S. 94) handelte. Schon als junger Mann betrieb er Studien zur britischen Vorgeschichte bei Stonehenge (»Stonehenge, Plans, Descriptions, and Theories«, 1880). Ab 1880 untersuchte er nicht nur die berühmten Pyramiden von Gize, sondern grub auch prädynastische Orte in Oberägypten aus. 1884 fand er im Tempel von Tanis Teile einer Riesenstatue von Ramses II. (1279-1213 v. Chr.). In den folgenden Jahren erkundete er die Städte Naukratis und Daphnae im Nildelta. 1890 grub er sechs Wochen auf dem ca. 20 m hohen, zwischen Gaza und Lachisch gelegenen Tell el-Ḥesī in Palästina (für W. M. F. Petrie irrtümlich das biblische Lachisch, das aber mit dem !Tell ed-Duwēr zu identifizieren ist; Kap. 9.5). Wie schon 1884 bei seinen Forschungen in Ägypten erschloss er die Chronologie dieses Ortes aus der dort aufgefundenen Keramikabfolge. Er erstellte dabei die erste chronologisch orientierte Keramiktypologie Palästinas. 1927 kehrte er wieder nach Palästina und zu seinen Ausgrabungen auf dem Tell el-Ḥesī zurück. – Seit 1892 war er Professor für Ägyptologie in London, zwei Jahre später gründete er den ›Egyptian Research Account‹, die spätere ›British School of Archaeology‹ (ab 1905). Bis zu seinem Tod erforschte er im Nahen Osten mehr als 30 Ausgrabungsstätten.
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son, C. Warren, bes. C. R. Conder und H. H. Kitchener). – C. R. Conder erkundete 1872-1875 mit einem kleinen Team das westjordanische Palästina. Im Frühjahr 1881 begannen sie einen weiteren Survey im Orontesgebiet (Identifikation von Kadesch), im August des gleichen Jahres den ›Survey of Eastern Palestine‹ (nur Band I wurde veröffentlicht; 1883). Vgl. Musil 1907-1908. N. Glueck hielt sich zwischen 1928 und 1947 verschiedene Male in Palästina auf. Er war dreimal Leiter der ›American School of Oriental Research‹. Besonders hervorzuheben ist die umfassende Aufnahme des ostjordanischen Palästina (19331946): Glueck 1934; 1935; 1939 und 1951. 1869 durchgeführt von E. H. Palmer und C. F. Tyrwhitt-Drake. Beide erkundeten zwischen 1870 u. a. das Wādī el-‛Araba. 1882 wurde E. H. Palmer auf einer im Auftrag der britischen Regierung durchgeführten Reise durch den Sinai überfallen und ermordet. S. auch Woolley/Lawrence 1914. Nach der schon erwähnten Arbeit von E. H. Palmer und C. F. Tyrwhitt-Drake erfolgte ab 1883 eine geologisch orientierte Aufnahme des Wādī el-‛Araba durch H. H. Kitchener und E. Hull. Sie entdeckten, dass das Tote Meer und das Jordantal zum tiefen syrisch-afrikanischen Grabenbruch gehören. 1868-1869 Erkundung bes. des südwestlichen Teils der Halbinsel Sinai durch C. W. Wilson, E. H. Palmer, H. S. Palmer, F. W. Holland, C. Wyatt u. a.
Abb. 26: Sir William Matthew Flinders Petrie.
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Abb. 27: Der sog. Bauernkalender aus Geser, 1908 von R. A. S. Macalister aufgefunden (Original MOA).
Abb. 28: Öllampe aus Geser, ca. 900 v. Chr. (Original BM).
1. Was hat die Archäologie mit der Bibel zu tun?
Der britische Forscher W. M. F. Petrie kam 1890 nach Palästina und führte hier auf dem Tell el-Ḥesī die stratigrafische Ausgrabungsmethode ein, für deren Durchbruch !H. Schliemann und W. Dörpfeld (S. 26) in den beiden Jahrzehnten zuvor in Troia und Mykene wichtige Grundlagen gelegt hatten. Der US-Amerikaner Frederick Bliss (1859-1937) setzte in den Jahren 1891 und 1892 die Arbeiten W. M. F. Petries fort. Er grub dabei zum ersten Mal innerhalb von abgesteckten Grabungsquadraten. Ab 1894 arbeitete er in Kooperation mit dem Architekten Archibald Campbell Dickie (18591937) in Jerusalem, wo sie u. a. Teile einer zweiphasigen Stadtmauer auf dem Südostund Südwesthügel freilegten. Nur wenige weitere Grabungsunternehmungen können hier gewürdigt werden. Bedeutend war u. a. die Entdeckung der ersten Philistersiedlung auf dem Tell eṣ-Ṣāfī (möglicherweise das biblische Gat) und der dazugehörigen Keramik zwischen 1898 und 1900 durch F. Bliss und Robert Alexander Stewart Macalister (1870-1950). In gleicher Weise sind die von R. A. S. Macalister durchgeführten Ausgrabungen Gesers zwischen 1902-1905 und 1907-1909 und die von Duncan Mackenzie (1861-1934) verantwortete Erkundung von Bet-Schemesch 1911 zu würdigen. Erste deutsche Grabungen folgten in den Jahren 1901 bis 1903 in Taanach durch Ernst Sellin (1876-1946) und von 1903 bis 1905 in Megiddo durch Gottlieb Schumacher (1857-1925) und Carl Watzinger (1877-1949). Heinrich Kohl (1877-1916) und C. Watzinger arbeiteten dann 1905 in Kapernaum. Die zwischen 1907 und 1909 im alttestamentlichen Jericho von E. Sellin und C. Watzinger durchgeführten Untersuchungen führten zu einem der folgenschwersten Irrtümer der Biblischen Archäologie. Obwohl die beiden Ausgräber die Schichtenfolge in Jericho korrekt erkannten, ordneten sie die auf dem Tell aufgefundenen (älteren) Mauern in chronologischer Fehldeutung der alttestamentlichen Erzählung des !Josuabuches (Kap. 6) und damit der israelitischen Eroberung zu (S. 50-52.). Die streng stratigrafisch ausgerichtete Ausgrabungsmethode wurde in den Jahren 1908-1910 von den beiden US-Amerikanern George Andrew Reisner (1867-1942) und Clarence Stanley
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Fisher (1876-1941) in Samaria konsequent fortgeführt 38. Zum endgültigen Durchbruch kam die Methode dann schließlich durch William Foxwell Albright (1891-1971) bei seinen Ausgrabungen auf dem Tell Bēt Mirsim 39 und durch Dame Kathleen Mary Kenyon in Jericho auf dem Tell es-Sulṭān. Der in Glasgow geborene Sir Mortimer Wheeler (1890-1976) 40 war der Lehrer K. M. Kenyons und Begründer des primär auf Stratigrafie ausgerichteten Grabungsstiles. In der Öffentlichkeit verhalf er der Archäologie und Anthropologie zu hohem Ansehen. Er bekleidete eine Vielzahl von Ämtern, war Direktor des ›National Museum of Wales‹ (1920), Verwalter des ›Archaeological Department of the National Museum‹ in Wales (1926-1944), ›Lecturer in Archaeology‹ beim ›University College of Cardiff‹, Direktor von ›Archaeology in India‹ (1944-1947), archäologischer Berater des ›Pakistani National Museum‹ und Professor für ›Roman Archaeology‹ an der ›University of London‹ (1948-1955).
Die Aufzählung bedeutender Archäologen/-innen kann nicht abgeschlossen werden, ohne auf Eliezer Lipa Sukenik (1883-1953) hingewiesen zu haben. Er hatte in den Jahren 1931 bis 1935 neben K. M. Kenyon bei der Grabung John Winter Crowfoots (1873-1959) in Samaria assistiert. Später wurde er zum Professor an der ›Hebrew University‹ in Jerusalem berufen. Er erkannte als erster Gelehrter das außergewöhnliche Alter und den Wert der Handschriften vom Toten Meer (!Ḫirbet Qumrān; Kap. 4.1.2). Auf der Basis der Forschungen seines Sohnes Yigael Yadin (1917-1984) und weiterer großer Archäologen wie Yohanan Aharoni (1919-1976), Nahman Avigad (1905-1992), Benjamin Mazar (1906-1995), Pesach Bar-Adon (1908-1985), Avraham Eitan (* 1935) sowie Trude Dothan (* 1922) und Ruth Amiran (1914-2005) konnte die israelische Archäologie ab 1948 – besonders aber nach 1967 – die Ausgrabungen im eigenen Land selbstständig übernehmen und gestalten. Dame Kathleen Mary Kenyons (1906-1978) erste Grabung fand 1931-1935 unter der Leitung von J. W. Crowfoot in Samaria statt. Von 1952 bis 1958 grub sie große Teile des prähistorischen Jericho (Tell esSulṭān) aus und fand dort eine der ältesten städtischen Ansiedlungen der Welt. Ihre berühmten Ausgrabungen in Jerusalem (im Bereich der sog. Davidstadt) begannen 1961 und wurden mit dem Ausbruch des Sechstage-Krieges beendet. Die bedeutende Wissenschaftlerin wurde angesichts ihrer überragenden Verdienste um die Archäologie Palästinas geadelt. 38. G. A. Reisner hatte schon Ausgrabungserfahrungen in Ägypten gesammelt und verpflichtete eine gut ausgebildete Mannschaft in Samarien. Wichtige Funde der Ausgrabungen in Samaria waren 75 beschriebene Tonscherben (Ostraka) in althebräischer Sprache (Wirtschaftstexte, die Lieferungen von Wein und Öl an das Königshaus belegen). 39. Diese Feldforschungen fanden 1926-1932 statt. Den Tell Bēt Mirsim im jüdischen Bergland identifizierte W. F. Albright als das biblische Debir. Weitere Ausgrabungen führte er 1922/23 und 1933 in Gibea nördlich von Jerusalem durch. 40. Wheeler 1954; 1955; 1959; 1966a und 1966b.
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42
Abb. 29: Ein überformter neolithischer Schädel aus Jericho (Tell es-Sulṭān; Ausgrabung von K. M. Kenyon; Original AM).
1. Was hat die Archäologie mit der Bibel zu tun?
Die Archäologie in Jordanien brauchte etwas länger, um die Aufmerksamkeit der internationalen Forschungsgemeinschaft zu erringen. Awni Dajani (1917-1968), ein Schüler von K. M. Kenyon, übernahm 1958 als erster Einheimischer das Amt des ›Director-General‹ beim ›Department of Antiquities of Jordan‹. Die Erforschung der transjordanischen Altertümer lag nun in arabischer Verantwortung. In der Folge entwickelte die Altertumsbehörde des Landes in enger Kooperation mit den im Lande präsenten ausländischen Missionen (so z. B. mit dem ›Deutschen Evangelischen Institut für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes‹, dem ›American Center of Oriental Research‹, dem ›British Institute for Archaeology and History‹ und dem ›Institut Français d’Archéologie du Proche-Orient‹) eine solide wissenschaftliche Basis, die eine beachtenswerte Entwicklung nahm und bedeutende Wissenschaftler wie Adnan Hadidi, Khair Yassine, Moawiyah Ibrahim (* 1940), Zeidan Kafafi (* 1950), Fawzy Zayadine (* 1938) und Mujahid al-Muheisen (1954-2000) hervorbrachte.
1.2 Die Biblische Archäologie und ihre gegenwärtigen Herausforderungen Die Erwartungen, die an die archäologische Arbeit in Palästina herangetragen werden, sind weit gespannt 41. Sie reichen von der Hoffnung auf die Bestätigung biblischer Traditionen über eine methodisch ausgereifte Vermittlung von archäologischen und exegetischen Erkenntnissen bis hin zum bewussten Verzicht auf exegetische Erkenntnisse bei der Interpretation archäologischer Befunde.
41. Vgl. zum Folgenden: Vieweger 2005, 124-146; 2000b, 369-387 und 2004a.
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1.2 Die Biblische Archäologie und ihre gegenwärtigen Herausforderungen
43
Thomas Edward Lawrence (1888-1935) ist eine der buntesten Gestalten der Vorderasiatischen Archäologie (vgl. dazu Stewart 1982). Bei ihm vermischen sich Legende und Wahrheit – und das nicht erst, seit ihm der Regisseur David Lean 1962 filmisch als ›Lawrence of Arabia‹ ein Denkmal setzte. Zunächst schien ihm eine archäologische Existenz beschieden: 1910 wurde er Mitglied einer Expedition des British Museum ins Zweistromland. Gemeinsam mit !C. L. Woolley (S. 35 f.) führte er u. a. archäologische Untersuchungen auf dem nördlichen Sinai und am Übergang zum Negev durch. Doch dann kam der Erste Weltkrieg und mit ihm T. E. Lawrences Aufstieg in der britischen Armee und im Geheimdienst bis zum Oberst. Ihm kam beim siegreichen Befreiungskampf der Araber gegen das Osmanische Reich zwischen 1916 und 1918 eine entscheidende militärische Rolle zu. Er nahm sogar Einfluss auf die Friedensverhandlungen in Paris und 1922 als Mitarbeiter Winston Churchills auf die Neugestaltung des Nahen Ostens nach den Unruhen im Irak. Doch noch im gleichen Jahr verließ er seine einflussreiche Position und diente unter falschem Namen als einfacher Fliegersoldat bei der ›Royal Air Force‹. Er wurde erkannt, arbeitete dann als Schriftsteller (»Pillars of Wisdom. A Triumph und Revolt in the Desert«), um schließlich doch wieder der ›Royal Air Force‹ beizutreten. Zwei Monate nach seiner Entlassung im März 1935 starb er durch einen tragischen Unfall.
Es ist an dieser Stelle nicht notwendig, die jahrzehntelangen Auseinandersetzungen um die Zielstellung, die Aufgaben und die Methoden der Archäologie im palästinischen Gebiet nachzuzeichnen. Ihre Wurzeln lagen in der Bibelwissenschaft, die letztlich der Interpretation alt- und neutestamentlicher Überlieferungen verpflichtet ist. Die Biblische Archäologie diente vorrangig der Vermittlung zwischen den Ausgrabungsbefunden einerseits und der Auswertung schriftlicher, meist biblischer Quellen andererseits. Die archäologische Forschung hat sich im Laufe ihrer Entwicklung jedoch vom Vorrang exegetischer Fragestellungen und Denkweisen befreit und zu einem selbstständigen und unabhängigen Wissenschaftszweig entwickelt. Angesichts solcher Veränderungen ist auch die traditionelle Bezeichnung Biblische Archäologie nicht unumstritten geblieben. Der Name entstand letztlich aus der Auffassung des 19. Jh. Damals erwartete man von der jungen, heranwachsenden Wissenschaft, dass sie im Wesentlichen die Realien und die Umwelt der biblischen Texte erkläre 42. Natürlich könnte man von einer ›Archäologie Palästinas‹ sprechen und damit klarstellen, dass der gesamte Raum Palästina und alle seine kulturellen Epochen (von der Stein- bis zur Neuzeit) im Blickpunkt dieser Wissenschaft stehen. Andererseits beschreibt der Name Biblische Archäologie die forschungsgeschichtliche Herkunft und ein einmaliges Proprium dieses speziellen archäologischen Wissenschaftszweiges, die Beschäftigung mit dem Umfeld der biblischen Welt im weitesten Sin42. Auf dieser Vorstellung basieren z. B. auch Volz 21925; Benzinger 21927 und Nötscher 1940.
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44
1. Was hat die Archäologie mit der Bibel zu tun?
ne. Daher ist es nicht zwingend, die eingeführte Bezeichnung abzuändern, wenn klargestellt ist, dass die Biblische Archäologie räumlich, zeitlich 43 und ethnisch über den mit ihrem Namen im strengen Sinn verbundenen Bereich hinausgeht und sich konsequent den modernen methodischen Herausforderungen der archäologischen Wissenschaft stellt, wie nachfolgend beschrieben wird 44. 3/2,5 Mio – 11 000/1080 Paläolithikum
Abb. 30: Chronologie Palästinas im Überblick; vgl. ausführlich S. 464-507.
11 000/10 800 – 8500
Epipaläolithikum
8500 – 4500 v. Chr.
Neolithikum
4500 – 3500 v. Chr.
Chalkolithikum
3200 – 1200 v. Chr.
Bronzezeit
1200 – 1000 v. Chr.
Eisenzeit I
1000 – 520 v. Chr.
Eisenzeit II
520 – 332 v. Chr.
Perserzeit (Eisenzeit III)
332 – 63 v. Chr.
Hellenistische Zeit
63 v. – 324 n. Chr.
Römische Zeit
324 – 636 n. Chr.
Byzantinische Zeit
636 – 1515 n. Chr.
Zeit der Omayyaden, Abbasiden, Fatimiden, Ayyubiden, Kreuzfahrer und Mamluken
1515 – 1918 n. Chr.
Osmanische Zeit
43. Gegensätzlich dazu u. a. Conrad 1999, 1-11, der die Biblische Archäologie als Zweig der Vorderasiatischen Archäologie »zeitlich auf das 2. und 1. Jt. v. Chr.« bezieht und damit neben der neutestamentlichen Ära auch die vor-alttestamentlichen Kulturperioden ausschließt. Es entsteht damit die Frage, wie weit eine Biblische Archäologie zurückfragen darf (nach D. Conrad bis zur mittleren Bronzezeit) und weshalb die Grenze gerade dort gesetzt wird. Für die Kritiker einer Biblischen Archäologie wird sich aus einer solchen Selbstbegrenzung geradezu die Notwendigkeit einer umfassenden und zeitlich schrankenlosen ›Archäologie Palästinas‹ ergeben. Eine Archäologie dieses Bereichs muss im Kontext der Vorderasiatischen Archäologie für alle Phänomene und Fragen offen sein, will sie nicht als eng geführter Sonderweg angesehen werden. 44. Vgl. ganz in diesem Sinne Dever 1993, 706-722, der eine ›New Biblical Archaeology‹ erhofft.
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1.2 Die Biblische Archäologie und ihre gegenwärtigen Herausforderungen
45
Die Biblische Archäologie verknüpft programmatisch die exegetische Forschung mit landeskundlichen Fragestellungen und der archäologischen Wissenschaft. Ihnen gemeinsam ist das besondere Interesse am palästinischen Raum. Ihr Name bezieht sich – geschichtlich gewachsen – auf die bekannteste und umfangreichste literarische Quellensammlung dieses Bereiches, das Alte und Neue Testament. Doch ist sie grundsätzlich nicht auf die biblische Epoche oder auf biblisch relevante Themen im Sinne einer zweckorientierten ›Bibelarchäologie‹ beschränkt. Sie steht vielmehr für eine egalitäre, interdisziplinäre Zusammenarbeit aller beteiligten Wissenschaften auf der Basis der ihnen je eigenen Methoden und der Maßgabe der Unbegrenztheit ihrer Fragestellungen. Die Konzentration auf Palästina bedingt die unbegrenzte Weitsicht auf das vielgestaltige Umfeld des palästinischen Raums. In diesem Sinne setzten die Herausgeber des »The Biblical Archaeologist« konsequent das programmatische Motto »Perspectives on the Ancient World from Mesopotamia to the Mediterranean« unter den Titel ihrer Zeitschrift.
Die sich gegenwärtig vollziehenden Veränderungen innerhalb der Biblischen Archäologie und die Herausforderungen, vor denen sie steht, erwuchsen letztlich aus einer methodischen Weiterentwicklung innerhalb der archäologischen und der exegetischen Wissenschaft 45. – Die Biblische Archäologie lebt daher heute nicht mehr von der Dominanz der Diskussion exegetischer Fragestellungen. Sie nimmt vielmehr gleichberechtigt Anteil an der multidisziplinären Altertumsforschung Palästinas (an der Disziplinen wie die Philologie, Kulturanthropologie, Kunstgeschichte, Architektur, Glyptik, Numismatik, Paläopalynologie, Archäozoologie, Hydrologie, Paläoklimatologie, Geowissenschaften und nicht zuletzt die Theologie beteiligt sind). – Sie erstrebt in Palästina eine möglichst umfassende Erforschung aller Kulturepochen, soweit sie sich aus der materiellen Hinterlassenschaft erschließen lassen. Die ökonomischen und sozialen Organisationsformen werden im Mikro- (Familien, Kleingruppen) wie Makrokontext (Städte, Regionen oder Staaten) analysiert und deren Auswirkungen auf das kulturelle Leben einzelner Regionen erforscht (z. B. Paläodemografie, historische Siedlungstopografie, Religionsgeschichte). – Nicht das Einzelprojekt (Ausgrabung/Survey), sondern die regionalen und problemorientierten Projekte zur materiellen Kultur Palästinas sind treibende Kräfte der archäologischen Forschung. Dabei werden u. a. ökonomische Prozesse (inkl. Handelstätigkeit), Siedlungsmuster (settlement patterns) und soziale Strukturen der Gesellschaft erforscht. – Die Biblische Archäologie zeichnet sich wie auch alle ihre Nachbarwissenschaften durch die konsequente Anwendung naturwissenschaftlicher Methoden aus. 45. Vgl. dazu Gittin 1993, 43-46 sowie Lehmann 1995, 529 f.
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46
Abb. 31 und 32: Unentbehrliche Hilfsmittel für die Palästinawissenschaft: Die von den Altertumsbehörden in Jordanien und Israel herausgegebenen Zeitschriften
1. Was hat die Archäologie mit der Bibel zu tun?
Neben diesen vom Fortgang der archäologischen Forschung angestoßenen Veränderungen bringen auch die sozialen, ökonomischen und politischen Entwicklungen in der nahöstlichen Welt neue Herausforderungen für die Arbeitsorganisation und den Stellenwert der Biblischen Archäologie mit sich: – In den Staaten Israel und Jordanien ist heute eine archäologisch gut ausgebildete Forschergeneration vorhanden. Gleiches ist in Zukunft auch für den palästinensischen Staat zu erwarten. Daher wird ein großer Teil der archäologischen Arbeit inzwischen in der Region selbst geplant, durchgeführt und in eigenen Publikationsorganen veröffentlicht. – Die ausländischen Institute und Einrichtungen sind daher seit längerer Zeit nicht mehr allein die ›tragenden Säulen‹ der archäologischen Forschung und des technischen Know-how. Sie wachsen vielmehr in die Rolle von Partnern der nationalen Forschungseinrichtungen hinein. – Die Entwicklung des Massentourismus als wichtige Quelle der Staatsfinanzen Israels und Jordaniens sowie anfänglich auch in den Gebieten der palästinensischen Selbstverwaltung lassen archäologische Stätten zu touristischen Anziehungspunkten werden. Mit pädagogisch gut durchdachten Museumskonzepten wird seit einiger Zeit auf dieses Phänomen reagiert. Außerdem vollziehen sich Veränderungen in der Feldarbeit, die sich am Grabungsort auf zu konservierende oder zu rekonstruierende Befunde und deren anschauliche Präsentation für meist fachlich nicht vorgebildete Tagesbesucher(gruppen) einstellen müssen. Diesen Überlegungen sind noch zwei weitere Problemstellungen hinzuzufügen. Zum einen verlockt das Entdecken der eigenen Geschichte an vielen Stellen der Erde Archäologen/-innen und staatliche Autoritäten zu national oder religiös inspirierten und damit zu missverständlichen Interpretationen. So ist z. B. der Name ›Israelite Period‹ für die klassische alttestamentliche Zeit (Eisenzeit I und II) im Rahmen der Archäologie nicht sinnvoll, weil selbstverständlich auch andere Völkerschaften in dieser Periode im palästinischen Raum lebten und dessen Kultur maßgeblich mitprägten. Grundsätzlich ist die Biblische Archäologie nicht national oder religiös orientiert. Sie kennt die sich stets vollziehenden politischen Kräfteverschiebungen und die Schicksale einzelner Gruppen und Völker über Jahrtausende. Sie soll und kann sich daher nicht von modernen politischen oder religiösen Interessen – gleich welchen Ursprungs – instrumentalisieren lassen. Zum anderen hat die Schädigung des archäologischen Erbes durch Raubgrabungen an vielen Orten des Nahen Ostens, beson-
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1.2 Die Biblische Archäologie und ihre gegenwärtigen Herausforderungen
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ders in wirtschaftlich unterentwickelten Regionen, erhebliche negative Auswirkungen. Neben wirksamen Kontrollen bei der Ausreise und Anstrengungen zur Aufklärung der Bevölkerung über den Ausverkauf geschichtlicher Zeugnisse in den jeweiligen Regionen ist innerhalb der entwickelten Länder der Handel mit Antiquitäten wesentlich wirksamer zu bekämpfen. Solange dort in Auktionen und auf Schwarzmärkten riesige Summen für Altertümer dubioser Herkunft geboten werden, braucht man sich nicht über den Tatendrang und den Erfindungsreichtum der Raubgräber zu wundern. Im Kontext der multidisziplinären Zusammenarbeit der Biblischen Archäologie ist nun nach ihrer besonderen Beziehung zur Exegese zu fragen.
1.2.1 Exegese und Biblische Archäologie Das Interesse an Palästina und der biblischen Zeit verbindet die exegetische Wissenschaft 46 und die Biblische Archäologie. Methodisch sind aber sowohl die Exegese als auch die Biblische Archäologie ihren jeweils eigenen Grundlagen verpflichtet. Die Biblische Archäologie ist keine Hilfswissenschaft der Bibelauslegung. Nicht nur die Verschiedenheit ihrer Hauptquellen, sondern auch die ihres methodischen Instrumentariums machen den Wert und die Bedeutung ihrer jeweils eigenen Forschungen aus. Die übergeordneten Fragestellungen zwingen jedoch zur engen Kooperation bei der umfassenden Erforschung des palästinischen Altertums 47. Archäologen/-innen sind auf die Exegese angewiesen, wenn sie Zeiten und Sachverhalte bearbeiten, die in der Literatur des Alten und Neuen Testaments behandelt werden oder mit diesen Epochen in Beziehung stehen. Sie bearbeiten darüber hinaus wie die Theologen/-innen Schriftfunde aus der Umwelt Palästinas nach dem in der Literaturwissenschaft geforderten Standard. Die biblischen Quellen werden – je nach Standpunkt der Bearbeiter/-innen – in ihrem geschichtlichen Wert oftmals über- oder 46. Vgl. hierzu u. a. Vieweger 2005. 47. Vgl. bes. Dever 1993, 706-722, der die biblischen Texte als Zeugnisse tendenziöser Berichterstattung (ideology) begreift, die eine bestimmte Denkweise innerhalb einer geschichtlichen Epoche verkörperten. Sie seien mit einer ›Contextual Archaeology‹ zu konfrontieren, die mit ihren Funden einen Einblick in das sozioökonomische Umfeld und in die Kulturgeschichte (Handel, Technologie, Siedlungsmuster u. a.) eröffne.
Abb. 33: Vorratsgefäß aus Hazor, 8. Jh. v. Chr. (Original BM).
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1. Was hat die Archäologie mit der Bibel zu tun?
Abb. 34: Rekonstruktion eines eisenzeitlichen Vierraumhauses als Hilfsmittel für die Darstellung alttestamentlicher Lebensweise.
unterschätzt. So muss einerseits die Interpretation archäologischer Befunde letztlich unbefriedigend bleiben, wenn bei chronologisch relevanten Befunden auf die Auseinandersetzung mit der biblischen Überlieferung verzichtet wird. Sollte jedoch andererseits die archäologische Interpretation auf biblische Quellen unkritisch zurückgreifen, blieben Fragen nach Zeit und Ort der Entstehung einer Überlieferung oder eines Textes, nach möglichen Überarbeitungen und redaktionellen Eingriffen ohne Berücksichtigung. Auch dies würde unweigerlich zu Fehlinterpretationen führen. Daher ist ein methodisch kontrollierter, überprüfbarer Umgang mit diesen Quellen unerlässlich. Allgemein unterscheidet man vier Modelle der Beziehung zwischen Biblischer Archäologie und Exegese (Frevel 1989, 35-90), von denen allein d) diskussionswürdig erscheint: a) Affirmationsmodell: Die Archäologie dient lediglich zur Bestätigung der Bibeltexte. b) Ancilla-Modell: Die Archäologie ist Hilfswissenschaft der Exegese, die für bestimmte Fragen ›antwortendes‹ Material liefert. c) Distinktionsmodell: Beide Wissenschaften werden nach ihren Methoden und Inhalten streng getrennt und nur bei Sachnotwendigkeit aufeinander bezogen. d) Kooperationsmodell: Die Archäologie wird als eigenständige Wissenschaft mit eigener Methodologie aufgefasst, die von ihrem Forschungsgegenstand her in einem bestimmten räumlichen und zeitlichen Ausschnitt eine besondere Affinität zur Bibel aufweist.
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1.2 Die Biblische Archäologie und ihre gegenwärtigen Herausforderungen
Die Exegeten/-innen werden ihrerseits auf Erkenntnisse der Biblischen Archäologie zurückgreifen, z. B. bei – Erklärungen von Realien (Häuser, Tempel, Paläste, Arbeitsgeräte, Waffen, Maße, Gewichte u. a.) und deren Funktionen, – Fragen nach der Ökonomie und Sozialstruktur, nach technologischen und künstlerischen Zeugnissen einzelner Gesellschaften und ihrer Gruppen, – Zeugnissen aus dem religiösen und kultischen Umfeld sowie – bei der Erkundung der Siedlungsgeschichte biblisch genannter Orte und Gegenden. Damit bekommt die Exegese einen Zugang zur ›alltäglichen Geschichte‹, zum ›Alltag‹, in dem die Schreiber biblischer Texte lebten und auch ihre Adressaten fanden. Nicht nur die herausgehobenen Ereignisse wie Kriegszüge, Herrscherfolgen und die Geschicke der Königshäuser, sondern auch das kulturelle Umfeld (von der Ökonomie und der sozialen Situation bis hin zur tagtäglichen Nahrungsbeschaffung der Familien) wird auf diese Weise greifbar. Das Grundproblem exegetischer und archäologischer Arbeit ist die Vermittlung der Forschungsergebnisse zwischen beiden Bereichen. Angesichts der vielfältigen und spezialisierten Forschungen und eines im Laufe der Zeit fast unüberschaubar gewordenen Angebots an wissenschaftlicher Literatur in beiden Bereichen gab es in der Vergangenheit immer dann Spannungen, wenn eine Wissenschaft sachspezifische Aussagen der anderen benutzte, ohne deren methodische Grundsätze ausreichend wahrzunehmen. Von daher wäre die Verwirklichung einer Wissenschaftskooperation Aufgabe künftiger Forschergenerationen.
1.2.2 Die Bedeutung der Biblischen Archäologie für die Exegese Die Biblische Archäologie hat nicht die Aufgabe, alt- oder neutestamentliche Texte durch Ausgrabungen zu beweisen. Sicher hat man das im 19. Jahrhundert anders gesehen 48. Die ursprüngliche Zielstellung der ›American Palestine Exploration Society‹ lautete 48. Crüsemann 1979, 177: »Am Beginn der Archäologie Palästinas … stand vielfach die Absicht, die Bibel und ihre Wahrheit zu ›verteidigen‹«.
49
Abb. 35: Schon früh bereisten Theologen/-innen im Auftrag ihrer Kirchen unter der fachkundigen Leitung des ›Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes‹ Palästina, Syrien, den Irak und Ägypten. Die fast einhundertjährige Tradition dieser über mehrere Monate reichenden Lehrkurse förderte das Verständnis für die gemeinsamen Aufgaben von Exegese, Landeskunde und Archäologie. Hier ein Foto vom Lehrkurs 1917 (Foto H. Gressmann: Gerasa, im Vordergrund Reste des nördlichen Decumanus, im Hintergrund das Nordtheater). S. Vieweger 1995, 48-55.153 f.
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1. Was hat die Archäologie mit der Bibel zu tun?
bei ihrer Gründung 1870: »… whatever goes to verify the Bible history as real, in time, place and circumstances, is a refutation of unbelief« 49. Und selbst in der zweiten Hälfte des 20. Jh. war die Devise »Forscher beweisen die historische Wahrheit« 50 noch immer sehr populär. Der theologische Gehalt der biblischen Überlieferungen ist mit den Methoden der Archäologie nicht zu untermauern oder gar zu widerlegen 51. »Die archäologische Wahrheit über die Bibel« ist demzufolge ebensowenig zu erheben 52.
a. Biblische Texte und archäologische Befunde
Abb. 36: Bronzegewichte aus Nimrūd (8. Jh. v. Chr.; Original BM).
Natürlich können sich neben Übereinstimmungen auch Differenzen zwischen den Aussagen der biblischen Texte und den Schlussfolgerungen aus archäologischen Befunden ergeben. Dann muss der Austausch beider Disziplinen eine Klärung herbeibringen. In diesem Zusammenhang soll das inzwischen ›klassische‹ Beispiel von der israelitischen Eroberung der Palmenstadt 53 Jericho im 6. Kapitel des Josuabuches dazu dienen, das Problem zu verdeutlichen. Die archäologische Suche nach den berühmten Mauern Jerichos begann mit C. Warren im Jahr 1868. F. J. Bliss führte die Erkundungen 1894 fort 54. Entscheidende Erkenntnisse über die Besiedlung Jerichos wurden jedoch erst durch E. Sellin und C. Watzinger gewonnen. Sie führten von 1907 bis 1909 großflächige Ausgrabungen durch, deren technische Abwicklung und Publikation über jeglichen Zweifel erhaben sind. Doch stand die chronologische Deutung – wie Watzinger später selbst schreibt – »unter dem Eindruck der biblischen Tradition, in der sich zwei Hauptepochen der Stadtgeschichte herauszuheben schienen, die Zerstörung der kanaanäischen Festung durch Josua und die Neugründung durch Hiel unter Ahab« 55. In diesem Sinn datierten sie zwei den Tell (an drei Seiten) umlaufende Stadtmauern: Die Zerstörung der äußeren, geböschten Mauer setzten sie um 1500 v. Chr. an und
49. Zitat nach de Vaux 1970, 67. 50. Keller 1955, vgl. bes. den oben zitierten Untertitel dieses Werkes und die Wirkungsgeschichte des berühmten Titels »Und die Bibel hat doch Recht«. 51. Vgl. die in Crüsemann 1979, 177 aufgeführten Hinweise auf theologiegeschichtlich relevante Problemstellungen – u. a. die gegensätzlichen Stellungnahmen von de Vaux 1970 (»this spiritual truth can neither be proven nor contradicted«) und Delitzsch 1920 (dessen beachtenswerter Titel: »Die große Täuschung«). 52. So der äußerst unglücklich gewählte Untertitel von Finkelstein/Silberman 2002. 53. Vgl. Dtn 34,3 und Jdc 3,13. 54. Zur Forschungsgeschichte s. Weippert/Weippert 1976, 107-112 und Bieberstein 1995, 6-31. 55. Watzinger 1926, 132.135. – Zu Hiël s. I Kön 16,34.
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1.2 Die Biblische Archäologie und ihre gegenwärtigen Herausforderungen
wiesen sie der Zerstörung durch Josua zu. Die Gründung der zweiten, der inneren (angeblichen!) Doppelmauer 56 aus luftgetrockneten Ziegeln datierten sie ins 9. Jh. v. Chr. und ordneten sie damit der Regierung des Königs Ahab zu. Sie sahen darin die Bestätigung für die in dieser Zeit beschriebene Stadtgründung Hiels aus Bet-El. Obwohl Watzinger diese chronologischen Zuordnungen aus stratigrafischen Gründen recht bald revidierte (äußere Mauer um 1600 v. Chr. zerstört; ›Doppelmauer‹ aus dem 3. Jt. v. Chr.), führte der 1930-1936 auf dem Tell es-Sulṭān arbeitende J. Garstang die an der Auslegung der Bibel orientierte chronologische Einordnung fort 57. Er verwies beide bereits bekannten Mauern in die mittlere, eine weitere, von ihm neu entdeckte in die frühe Bronzezeit. Schließlich glaubte er noch eine spätbronzezeitliche Mauer aus der Eroberungszeit Josuas zu erkennen und vermutete eine weitere eisenzeitliche Befestigungsanlage, die mit der Erzählung über Hiel aus der Zeit des Ahab in Verbindung zu bringen sei 58. Die bibelorientierte Interpretation blieb gewahrt. Erst mit K. M. Kenyons Arbeit in Jericho von 1952 bis 1958 stürzte dieses Gedankengebäude jäh in sich zusammen. Es gab auf dem Tell tatsächlich keinen Anhaltspunkt dafür, dass die spärliche spätbronzezeitliche Besiedlung (Grabungsfeld H III) aus mehr als ein paar Gehöften bestanden und länger als bis ins 14. Jh. v. Chr. gedauert hätte. Die Einwanderung der Israeliten wird aber übereinstimmend später, im 12./11. Jh. v. Chr., angesetzt. Am Beginn dieser Epoche war weder eine große Stadt noch eine Ummauerung zu erkennen, die Josua mit seiner in Jos 6 beschriebenen Eroberung zerstört haben könnte. Alle auf dem Tell erkennbaren Mauerzüge sind deutlich früher als die sog. Landnahmezeit Israels zu datieren. Wenn am Beginn der Einwanderung israelitischer Stämme ins westjordanische Gebiet von einer Eroberung der ummauerten Stadt Jericho berichtet wird (Jos 6), am gleichen Ort aber keinerlei spätbronzezeitlichen Stadtmauern, sondern an der Ostseite des
56. Die Deutung als Doppelmauer, von J. Garstang unterstützt, stellte sich als Fehler heraus. 57. Watzinger 1926, 131-136; Garstang/Garstang 1948. 58. Zur eisenzeitlichen Keramik und den Schlussfolgerungen daraus s. Weippert/ Weippert 1976, 122 f. Der Annaleneintrag I Kön 16,34 ist demnach nicht mit der schon früher erfolgten Wiederbesiedlung des Tells in Zusammenhang zu bringen. Ein möglicher Ausbau Jerichos zur Zeit des Ahab ist archäologisch nicht nachweisbar, wäre aber im Vorfeld der Auseinandersetzungen mit Moab sinnvoll zu erklären.
51
Abb. 37: Lageplan von Jericho.
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1. Was hat die Archäologie mit der Bibel zu tun?
Tells nur einige wenige Häuser 59 aufzufinden waren, dann verlangt diese Diskrepanz eine Erklärung. W. F. Albright 60 und zunächst auch K. M. Kenyon 61 meinten, die spätbronzezeitlichen Stadtmauern seien wahrscheinlich durch Wasser und Wind erodiert. Eine solche Interpretation ist an einzelnen Mauerabschnitten unter Umständen möglich. Über den gesamten Tell hingegen und bezogen auf eine ganze spätbronzezeitliche Stadt ist sie gerade in dieser regenarmen Gegend nicht überzeugend. Denn zumindest die Reste der üblichen Steinfundamente solcher Ziegelmauern wären doch im Ausgrabungsbefund zu erwarten gewesen. Warum wird dann aber im Alten Testament der Text von Jos 6 erzählt? – Jos 6 ist in der Exegese vielfach bearbeitet worden 62. M. Noth sah in diesem Text eine ätiologische Sage, mit der die Trümmer auf dem unbesiedelten Tell es-Sulṭān in israelitischer Zeit erklärt wurden. Die Zerstörung sei – so bekannten die Israeliten – das Ergebnis ihrer machtvollen Einwanderung unter Josua 63. Allerdings trägt die heutige Form der Erzählung »zweifellos kultische Züge«. Die stark deuteronomistisch gefärbte »Prozession mit der Lade um die Stadt herum und die auf Widderhörnern blasenden Priester könne kaum anders erklärt werden« 64. Der Bericht von der siebentägigen Prozession hatte in den Augen der sie in wesentlichen Zügen formenden deuteronomistischen 65 Autoren nicht zum Ziel, (im heutigen Sinn) Historisches über die Landnahme Israels auszusagen. Vielmehr predigten die Verfasser anhand des heilsgeschichtlichen Ereignisses die Güte und Landgabe Gottes, die für ein dem Gesetz Jahwes gehorsames Volk auch in ihrer Gegenwart erlebbar sei. Der rein historische Befund der Archäologie bleibt von dieser Aussage unberührt. Wie man an diesem Beispiel sieht, war für die exegetische Interpretation von Jos 6 der archäologische Befund eine wichtige Herausforderung. 59. 60. 61. 62.
Kenyon/Holland 1981, 371 und Fig. 3.4. Albright 1955, 55.96 f. Kenyon 1957, 262 f. Trotz vielfältiger Untersuchungen konnte in der Exegese über eine Reihe wichtiger Fragen dennoch bisher keine Einigkeit erzielt werden. Eine Zusammenfassung zum Forschungsstand findet sich bei Noort 1998, 164-172. 63. Noth 1971c, 9 f.40-43. Ausgangspunkt einer Ätiologie ist stets eine sichtbare Tatsache, im gegebenen Fall die zerstörte Stadt Jericho. Diese Ätiologie antwortet nach M. Noth auf die Frage, warum die Mauern dieser offensichtlich einst mächtigen kanaanäischen Stadt zerstört dalagen. – Noort 1998, 166 verweist darauf, dass eine Eroberungsgeschichte Kanaans durch die Israeliten topografisch nicht an Jericho »vorbeikam«. 64. Noort 1998, 172. 65. Im 6. Jh. v. Chr. arbeitende judäische Schriftsteller, die sich bei der rückschauenden Darstellung der Geschichte ihres Volkes besonders den im Buch Deuteronomium dargelegten Grundsätzen verpflichtet fühlten.
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1.2 Die Biblische Archäologie und ihre gegenwärtigen Herausforderungen
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Abb. 38: Die Schiloa-Inschrift (Original MOA).
Für ein ganz anderes Zusammenspiel zwischen biblischer Überlieferung und archäologischem Befund ist die Schiloa-Inschrift heranzuziehen. Ihr Text und der zugehörige Tunnel in Jerusalem bestätigen den auch in II Kön 20, 20 erwähnten Tunnelbau des Königs Hiskia zur Wasserversorgung der Stadt Jerusalem. Der König unternahm diese enorme Anstrengung als Verteidigungsmaßnahme angesichts der assyrischen Bedrohung durch Sanherib gegen Ende des 8. Jh. v. Chr. Dessen Vorrücken gegen Jerusalem ist ebenso aus !assyrischen Quellen bekannt (Kap. 9.5.4). Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Bartlett 1982; Bieberstein 1995; Kenyon/Holland 1981; Noort 1998, 164172; Sellin/Watzinger 1913; Watzinger 1926, 131-136 und Weippert/Weippert 1976, 105-146.
b. Die Erweiterung des Blickwinkels Die Herausforderungen an die exegetische Wissenschaft können sich aber auch grundsätzlicher auswirken. Die Exegese hat sich daran gewöhnt, dass das biblische Volk stets im Mittelpunkt der Weltgeschichte steht. Die Menge der schriftlichen Quellen, die Beredsamkeit der Schreiber und die Weltsicht der alttestamentlichen Texte haben ganz selbstverständlich ein Israel- bzw. Jerusalem-zentriertes Bild des Vorderen Orients entstehen lassen. Das ist aus der Sicht der Schreiber des Alten Testaments selbstverständlich korrekt, kannten und antworteten sie doch auf die in ihrer näheren und weiteren Umwelt geäußerten Meinungen und Ansichten, wie sie z. B. abweichend von der in Je-
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1. Was hat die Archäologie mit der Bibel zu tun?
rusalem erzählten Version in der ›Mescha-Inschrift‹ 66 behauptet wurden.
Abb. 39: Die ›Mescha-Stele‹ (Höhe 1,15 m; Original Louvre).
Die ›Mescha-Stele‹ informiert in phönizisch-althebräischer Schrift auf 34 Zeilen über die in II Kön 1, 1 und 3, 4-27 erwähnte Befreiung der Moabiter von der israelitischen Oberherrschaft – allerdings mit ganz eigenem Blickwinkel und daher mit gravierenden Differenzen zur alttestamentlichen Version. Außerdem berichtet die Stele von städte- und straßenbaulichen Aktivitäten des Königs Mescha. »Omri (war) König über Israel und hatte Moab über viele Tage gedemütigt, denn Kemosch war erzürnt über sein Land. Sein Sohn folgte ihm, und auch er sprach: ›Ich will Moab demütigen‹. … Aber ich sah meine Lust an ihm und seinem Hause. Israel ist für immer zugrunde gegangen« (Zeilen 4-6). In Zeile 18 wird auch der israelitische Gottesname Jahwe (JHWH) verzeichnet. Die nach dem moabitischen König Mescha benannte, etwa 830 v. Chr. von diesem verfasste Stele wurde 1868 vom deutschen Missionar Frederick Augustus Klein (1827-1903) in der Nähe des biblischen Ortes Dibon entdeckt. Sie gelangte nach unrühmlichen Auseinandersetzungen bei preußischen und französischen Ankaufbemühungen schließlich in zerstörtem Zustand in den Louvre. Dort wurde der 110 cm hohe und 60 cm breite Stein aus einzelnen Bruchstücken nach einem zuvor gefertigten Abklatsch wieder zusammengesetzt und ergänzt.
Die Exegese muss nun auch die Quellen aus dem Umfeld der Schreiber des Alten Testaments in ihre Betrachtungen mit einbeziehen. Mehr noch: Der Blickwinkel muss sich weiten. Der/die Exeget/-in darf nicht bei der Weltsicht stehen bleiben, die mit dem damaligen Blick eines Schreibers aus Jerusalem auf die große und weite altorientalische Welt geschrieben wurde. Selbstverständlich muss der Blickwinkel des/der Exegeten/-in auch umgekehrt, vom altorientalischen Standpunkt auf die Stadt Jerusalem, den Schreiber des Textes und seine Vorstellungswelt gelenkt werden, weil dann Ereignisse und Beurteilungen in einem anderen Licht erscheinen. Das soll an einem Beispiel erläutert werden: Das Jahr 587/6 v. Chr. steht in der alttestamentlichen Geschichte für das Jahr der Eroberung und Zerstörung Jerusalems. In der Theologie des Alten Testaments ist es synonym für den Zusammenbruch bisher bestätigt geglaubter Heilstraditionen. Das Buch Threni (Klagelieder) schildert dies anschaulich und die Propheten Jeremia und Ezechiel predigten es ihren Zeitgenossen: Die 66. Mittmann 2002, 33-65.
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1.2 Die Biblische Archäologie und ihre gegenwärtigen Herausforderungen
!Eroberung Jerusalems markierte das Ende der bisherigen Heilsgeschichte, symbolisiert durch die Zerstörung des Jahwe-Tempels, das Ende des davidischen Königtums und den Verlust des Landes (Kap. 9.5.5). Aus der Sicht des Alten Testaments, d. h. aus der Sicht der an Jerusalem gebundenen Schreiber, war 587/6 v. Chr. das Ende der heilvollen Zuwendung Jahwes zu seinem Volk Juda besiegelt. Man hat sich unter dem Eindruck der starken alttestamentlichen Betonung dieses Ereignisses daran gewöhnt, das Jahr 587/6 v. Chr. auch als Ende der eisenzeitlichen Kulturperiode in Palästina anzusehen (Ende der Eisen-II-Zeit). Eine solche Datierung ist beliebt, ja geradezu üblich geworden. Sie kann aber als Begrenzung einer archäologischen Kulturepoche für Palästina nicht überzeugen. Wie anfechtbar eine solche Periodisierung für Palästina ist, hat eindrücklich Gabriel Barkay herausgestellt 67. Er fragte auf der Basis historischer und archäologischer Daten, ob das Jahr 587/6 v. Chr., mit dem die theologische Überlieferung den Abbruch aller überkommenen Tradition verbindet, als Endpunkt der Eisenzeit II im palästinischen Bereich gelten könne. Die archäologische Forschung lasse nach seiner Überzeugung nicht den Schluss zu, dass außerhalb der Stadt Jerusalem das Jahr 587/6 v. Chr. einen wichtigen Zusammen- oder Umbruch darstelle. Die Gebiete Samaria und Galiläa sowie die Städte unmittelbar nördlich von Jerusalem blieben unbetroffen. Kontinuierlich zog sich die materielle Kultur Ammons und Moabs weiter bis zur persischen Zeit. Die nördliche Küstenebene um Akko war seit Jahrhunderten fest mit dem phönizischen Leben verankert. In Philistäa fanden bereits um 609/605 v. Chr. die ägyptischen und assyrischen Zerstörungen statt. Die Zerstörungsschichten des Negev deuten ebenso auf ein früheres Datum. Selbst das Leben in der und um die Stadt Jerusalem setzte sich nach der babylonischen Zerstörung ohne Umbruch der materiellen Kultur fort. Die durch die Babylonier hervorgerufenen Zerstörungsschichten Jerusalems (Stratum X), Lachischs (Stratum II) und weniger anderer Orte können daher über den notwendigen Schluss nicht hinwegtäuschen, dass für Palästina (trotz des Einflusses der auf Jerusalem konzentrierten Geschichtsschreibung) ein Ende der Eisenzeit erst mit der Etablierung der persischen Herrschaft (Darius I.) um 520 v. Chr. angenommen werden dürfe (neue Keramikformen treten auf, neue Verwaltungsstrukturen werden geschaffen u. a. m.).
67. Barkay 1993, 106-109.
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Abb. 40: Ausschnitt aus einem assyrischen Relief Assurbanipals (669-629 v. Chr.) in Ninive. Die Szene zeigt die Exilierung Gefangener, vgl. dazu II Kön 18, 13-19.37; II Chr 32, 1-19 und Jes 36 f. (Original Louvre).
1. Was hat die Archäologie mit der Bibel zu tun?
Auf Grund der archäologischen Erkenntnisse müssen die durch die alttestamentliche Überlieferung auf Jerusalem und dessen unmittelbares Umland fokussierten Nachrichten in den weiteren Kontext der palästinischen Kulturgeschichte gestellt und in diesem Rahmen neu bewertet werden. Daher kann kein Zweifel darüber bestehen, dass für Gesamtpalästina die Epoche der Eisen-II-Zeit bis zur Etablierung persischer Herrschaftsformen um 520 v. Chr. reichte. Die theologische Bewertung des Alten Testaments hingegen wird mit gleichem Recht den entscheidenden Umbruch der Glaubensgeschichte des Gottesvolkes mit dem Jahr 587/6 v. Chr. bestimmen müssen. Dies ist aber kein gesamtpalästinischer Vorgang. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Crüsemann 1979, 177-193; de Vaux 1970, 64-80; Dever 1990; 2001; Franken 1976, 3-11; Hansen 2003, 113-148, King 1983a, 1-16; 1983b, 72-76; Lemche 1985, 386 ff.; Noort 1979; Noth 1971a, 3-16; Schoors 1985, 77-92; Schmid 1975; Silberman/Finkelstein 2001; Silberman/Small 1997 und Wright 1971, 70-76.
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1.2 Die Biblische Archäologie und ihre gegenwärtigen Herausforderungen
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c. Die Erweiterung der Quellenbasis Die Israeliten lebten – wie ihre Zeitgenossen – in einer Kultur, die sich über mehrere Jahrtausende herausgebildet hatte. Es sollte daher in der Exegese unstrittig sein, dass die genaue Kenntnis der Umwelt des Alten Testaments den Blick für die Eigenheiten des Volkes Israel, für seine spezielle Glaubensgeschichte und natürlich auch für seine Einbindung in die altorientalische Umwelt schärfen kann. Dabei sind die außerbiblischen Quellen 68 den gleichen quellenkritischen Fragen zu unterziehen wie die biblischen (z. B. Echtheit, Alter, Herkunft, Gattung). – Biblische Archäologie ist in diesem Sinn eine notwendige Ergänzung exegetischer Wissenschaft. Einige Textsammlungen außeralttestamentlicher Quellen: ANET 31969; ESE 1902-1915; Falkenstein/von Soden 1953; IH 1997; KAI 31971-1976; SAA 1987 ff.; TSS 1971 ff. und TUAT 1982 ff. Außerbiblische Quellen aus zwischentestamentarischer und neutestamentlicher Zeit: AE 1894 ff.; Barrett/Thornton 21991; CIL 1864 ff.; DJD 1955 ff.; Fischer/ Wengst et al. 101993/1984/1998; Foerster 1971; Horsley 1981-1998; JSHRZ 1973 ff.; Klauck, 1995 f.; Maier 1995 f.; Neuer Wettstein 1996 und SEG 1923 ff. – Vergleiche auch folgende Bibliografien: Charlesworth 1981 und Delling/Maser 21975.
Fazit: Das Verhältnis der Exegese wie der Altertumsforschung zu schriftlosen Quellen war traditionell reserviert, da man Texte in ihrer Aussagemöglichkeit überschätzte. Dies erklärt sich u. a. dadurch, dass die entstehende archäologische Forschung im 19. und 20. Jh. bereits auf eine in vielen Bereichen gut ausgebildete philologische Forschung und auf vorzüglich erschlossene Quellen traf: in der griechischen Geschichtsschreibung auf das Werk Homers, in der palästinischen auf die biblischen Bücher sowie im Zweistromland und in Ägypten auf die vielfältigen, meist keilschriftlichen oder hieroglyphischen Schriftträger.
68. Die Einführung von Schriftsystemen erfolgte in der zweiten Hälfte des 4. Jt. v. Chr. in Ägypten und in Sumer. Die Buchstabenschrift breitete sich von Byblos (Phönizien) in Syrien, im Vorderen Orient und darüber hinaus aus.
Abb. 41: Geflügelte Stierfigur aus dem Palast Assurnasirpals II. (883-859 v. Chr.; Original BM).
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1. Was hat die Archäologie mit der Bibel zu tun?
Die Gleichberechtigung und der spezielle Aussagewert archäologischer Befunde war lange Zeit umstritten, wie der Klassiker unter den deutschen archäologischen Lehrbüchern berichtet: »Es ist ein langer Weg, den die Forschung in 150 Jahren zurückgelegt hat. Die erste Generation war sich sogar noch im Zweifel, ob es überhaupt je möglich sein werde, den Bodenfunden historische Zeugnisse abzuringen. Die zweite und dritte Generation ging mit frohem Mute daran, zunächst ein Gerüst für die relative und absolute Chronologie aufzubauen, das jeder zukünftigen Forschung als Grundlage dienen konnte. Die vierte Generation versuchte es, über die ›ethnische Deutung‹ von Bodenfunden zu historischen Schlüssen zu gelangen; sie hatte aber die Eigenart von archäologischen Quellen nicht erfaßt und klammerte sich daher in der Fragestellung noch zu sehr an die literarische Überlieferung. Erst der heute le-
Abb. 42 und 43: Der ›Schwarze Obelisk‹ von Salmanassar III. (858-824 v. Chr.) erweitert das Wissen über die Regierungszeit Jehus beträchtlich, dem die Königsbücher wegen seiner Revolte gegen die Dynastie Omri positiv gegenüberstehen. Der Obelisk berichtet vom Tribut Jehus an den assyrischen König, worüber das Alte Testament wohl angesichts der damit verbundenen Schmach für Jehu schweigt. – Der Obelisk wurde 1846 von A. H. Layard in Nimrūd entdeckt (Höhe 1,98 m; Original BM).
benden fünften Generation ist es geglückt, die Besonderheiten der archäologischen Quellen klar zu erkennen und sie entsprechend zu bewerten. Heute steht der Bodenfund als gleichwertige historische Quelle neben der schriftlichen Urkunde. Der Bodenbefund ist heute nicht mehr Notbehelf für Zeiten, die noch keine schriftliche Überlieferung kennen. Er ist auch nicht mehr eine vielleicht willkommene, aber auch entbehrliche Nebenquelle, die das literarisch überlieferte Bild bestätigt. Er ist vielmehr für den modernen Historiker eine vollwertige zweite Quelle, eine notwendige und unentbehrliche Gegenkontrolle zur literarischen Überlieferung geworden. Es ist keineswegs so, daß für alle dem Historiker wichtigen Fragen die literarischen Quellen eine ›bessere‹ Auskunft erteilen. Es gibt Fälle, in denen die literarische, es gibt andere Fälle, in denen die archäologi-
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1.2 Die Biblische Archäologie und ihre gegenwärtigen Herausforderungen
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sche Quelle überlegen ist. In allen Fällen aber, wo wir über beide Quellenarten verfügen, vermitteln sie uns durch ihren verschiedenen Blickpunkt ein Bild mit weit größerer Plastik« 69. Kaiser Wilhelm II. verkündete während seiner Orientreise 1898 in Jerusalem, ein Deutsches Evangelisches Institut für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes (DEI; www.deiahl.de) gründen zu wollen. Es sollte das Heilige Land mit seiner vielfältigen Geschichte, den unterschiedlichen Kulturen und Religionen erforschen, wissenschaftliche Erkenntnisse in die Fachwelt tragen und diese auch Laien verständlich machen. Das DEI ist heute eine kirchliche Stiftung öffentlichen Rechts und wird von der Evangelischen Kirche in Deutschland verwaltet. Es besitzt Institutsstandorte in Jerusalem und Amman. Das Deutsche Archäologische Institut und das DEI gingen 2007 eine enge Kooperationspartnerschaft ein, die seither bei der Erforschung Palästinas große Früchte trägt. Mit jährlichen Summer Schools für Studierende, den seit über 100 Jahren erfolgreichen akademischen Lehrkursen für deutschsprachige Wissenschaftler, durch renommierte Forschungsprojekte und als Partner internationaler Forschungsteams spielt es in der israelisch-palästinensischen und jordanischen Wissenschaftslandschaft sowie weit darüber hinaus eine hervorragende Rolle. Das DEI bemüht sich, die Biblische Archäologie als akademisches Fach und wissenschaftlichen Arbeitsbereich dauerhaft zu etablieren, indem es Archäologie und Theologie als gleichberechtigte Voraussetzungen ihres Wissenschaftsbereiches versteht und eine Doppelqualifikation seiner Mitarbeiter auf diesen Feldern propagiert.
Abb. 44: Monolithischer Räucheraltar aus der israelitischen Stadt Megiddo, 10./9. Jh. v. Chr., ergänzt (Original IM). 69. Eggers 21974, 296 f.
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2. Was erforscht die Archäologie?
Jede Wissenschaft beginnt mit Fragen. So auch die Archäologie. Hier waren es meist Funde, die deren Entdecker oder die staunende Umwelt zu Fragen veranlassten, wie: »Wer schuf solche Werkzeuge?« »Wer baute solche Monumente?« »Wie lebten die Menschen damals?« Heute geht es darum, neue Strategien und Methoden zu entwickeln, um der Vergangenheit noch weitergehende Geheimnisse zu entreißen.
Abb. 45: Das Dreieck vereint die drei Schritte der archäologischen Arbeit, die zwar voneinander unterschieden werden können, jedoch nicht zu trennen sind (vgl. Renfrew/Bahn 32000, 19).
Die Archäologie wertet die materielle Hinterlassenschaft der Vergangenheit aus. Doch all diese aufgefundenen Objekte und Fundzusammenhänge vergangener Zeiten sprechen nicht direkt zu uns. Sie müssen erst bezogen auf ihre Eigenart und Funktion sowie nach ihrem Umfeld und ihrer zeitlichen Einordnung interpretiert werden. Dafür steht den Archäologen/-innen als ›Werkzeug‹ ein breites Spektrum von Methoden zur Verfügung. Ihre Anwendung bringt neue Erkenntnisse, detailliertere Theorien und häufig auch kontroverse Schlussfolgerungen hervor. Diese Situation führt im Diskurs zur Infragestellung und Weiterentwicklung von Ideen, zur Evaluierung von Methoden und auch zu neuen Entdeckungen. So ist die Archäologie ständig auf der Suche nach präziseren Fragen und geeigneteren methodischen ›Werkzeugen‹, um die Geschichte zu erkunden.
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2.1 Die ›klassischen‹ Fragestellungen – Archäologie als kulturhistorische Wissenschaft
Archäologie betreiben 1 heißt deshalb, Theorien und Vorstellungen von der Vergangenheit zu entwerfen. Es bedeutet auch, Methoden zu entwickeln, die neue Ideen hervorbringen und verifizieren sowie neue Fragen provozieren. Erst unter diesen Voraussetzungen ist das Entdecken und Freilegen von Altertümern archäologische Wissenschaft. Die Glaubwürdigkeit der archäologischen Erkenntnisse hängt wesentlich von verlässlichen Theorien ab, die die wechselseitige Beziehung zwischen dem Datenmaterial einerseits und den Interpretationen andererseits beschreiben. Über die passenden Prinzipien solcher Interpretationen kann und muss man streiten. In der Geschichte der archäologischen Forschung sind dabei selbstverständlich verschiedene Schwerpunkte gesetzt worden.
2.1 Die ›klassischen‹ Fragestellungen – Archäologie als kulturhistorische Wissenschaft 2.1.1 Geschichte schreiben In Deutschland verstand man die Archäologie zunächst als rein historische Disziplin. Ihre Aufgabe war es, die nicht zur Sprachwissenschaft gehörenden Gebiete des Altertums zu erforschen. Der klassische Philologe Karl Otfried Müller (1797-1840) definierte die Archäologie deshalb als Wissenschaft von den Kunstund Baudenkmälern des Altertums. Damit ist eine grundlegende Aufgabe angedeutet: Es wird erwartet, dass die Archäologie ein Bild von vergangenen Epochen zeichnet, eine Darstellung der materiellen, geistigen und religiösen Welt, die sie aus den ihr verfügbaren Quellen interpretiert. Heute werden die Grundlagen der Archäologie weiter gefasst: Als allgemeine Geschichtswissenschaft zählt sie neben den Denkmälern und Bodenfunden auch die Schriftquellen zu ihren legitimen Quellen. Die Rekonstruktion der Vergangenheit verlangt beim Umgang mit Schriftquellen ein eigenes methodisches Instrumentarium. Die schriftlichen Quellen im palästinischen Raum – einschließlich der biblischen Texte – reflektieren mit ihren interessen-
1.
Zum Folgenden vgl. Renfrew/Bahn 32000, 19.
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2. Was erforscht die Archäologie?
geleiteten Aussagen genau so wenig objektiv die Kultur ihrer Zeit, wie das die Auswertung von materiellen Funden erlaubt. Geschichte zu schreiben ›wie sie war‹, ist direkt weder aus Schrift- noch aus Bodenfunden möglich.
2.1.2 Chronologische Einordnung Geschichte als gegliederte zeitliche Abfolge von Ereignissen darzustellen, ist ein wichtiges Ziel historischer und speziell archäologischer Arbeit. Wann ist etwas geschehen? Was war vorher, nachher, gleichzeitig mit … ? Die Herstellung einer Chronologie ermöglicht nicht nur, geschichtliche Phänomene nach einem inhärenten, ihnen gemäßen Prinzip zu ordnen, sondern auch mögliche gegenseitige Kontakte und Beeinflussungen deutlich zu machen. Archäologen/-innen sind auf diesem Gebiet im besten Sinne ›Jäger und Sammler‹, stets bestrebt, unzählige Puzzleteilchen aufzuspüren und logisch zusammenzustellen. Vor besonderen Problemen stand die Archäologie seit jeher bei der Erforschung prähistorischer Kulturen. Hier öffnete !C. J. Thomsen (S. 63) mit seinem »Leitfaden zur Nordischen Alterthumskunde« den Weg zum Verständnis der zeitlichen Abfolge im Altertum. Bei seiner bewundernswerten Neuorganisation der Sammlung des dänischen Nationalmuseums stellte er fest, dass an einigen Fundplätzen – häufig in Großsteingräbern mit Körperbestattung – allein Steinfunde vorkamen. Andererseits wurden auch Steinobjekte zusammen mit Bronzeobjekten gefunden – allerdings zumeist in Urnengräbern mit Brandbestattung. Schließlich gab es Fundplätze, die Stein-, Bronze- und Eisenartefakte gemeinsam enthielten. Dabei handelte es sich oft um Körper- oder Brandbestattungen unter Hügeln. Stein- und Eisenobjekte unter Ausschluss von Bronze waren hingegen nicht nachweisbar. Aus alldem erschloss er durch logische Schlussfolgerungen die relativchronologische Reihenfolge der drei archäologischen Zeitalter, die fortan als Stein-, Bronze- und Eisenzeit 2 bekannt wurden. Abb. 46: Typologische Reihe‹ zur Entwicklung der Rahsegler.
2.
Thomsen 1836. Vgl. hierzu ausführlich Hansen 2001b, 10-23, der hinzufügt: »Die Auswertung der Fundkombination ist methodisch der entscheidende Durchbruch zur Begründung der prähistorischen Archäologie als Wissenschaft« (ebenda 12).
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2.1 Die ›klassischen‹ Fragestellungen – Archäologie als kulturhistorische Wissenschaft
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Im Jahr 1816 übernahm !Christian Jürgensen Thomsen (1788-1865; auch S. 28) die Leitung der Altnordischen Sammlung (›Den Oldnordiske Samling‹) in einer Dachkammer der Dreifaltigkeitskirche von Kopenhagen und begann zwei Jahre später mit der streng chronologischen Reorganisation. Die Sammlung wurde 1853/1854 in das ›Prinsens Palæ‹ überführt, das 1892 zum heutigen Nationalmuseum umgestaltet wurde. Sein Nachfolger als Leiter des ›Königlichen Museums Nordischer Alterthümer‹ in Kopenhagen, Jens Jacob Asmussen Worsaae (1821-1885), bestätigte C. J. Thomsens ›Drei-Perioden-System‹ (Stein-, Bronze- und Eisenzeit) durch Feldforschungen (1859-1861) und untergliederte die Stein- und die Bronzezeit weiter.
Damit war ein Grundgerüst für die zeitliche Gliederung der materiellen Hinterlassenschaft geschaffen. Vergleichbare Klassifikationen und relativchronologische Differenzierungen prähistorischer Gräber- und Einzelfunde legten fast gleichzeitig auch Johann Friedrich Danneil (1783-1868) und Friedrich Lisch (1801-1883) vor 3. O. Montelius verfeinerte am Anfang des 20. Jh. mit der von ihm beschriebenen typologischen Methode das vorliegende Instrumentarium noch einmal beträchtlich 4. Beeinflusst von der Darwinschen Evolutionstheorie stellte !Oscar Montelius (1843-1921; auch S. 28) für archäologische Funde einer Gattung (wie z. B. für Fibeln oder Schwerter) ›typologische Reihen‹ auf, die ihre Herstellung von anfänglichen primitiven bis zu idealen Formen spiegeln sollten. Da direkte stratigrafische Vergleiche nicht vorlagen, bestimmte er die zeitliche Reihenfolge der Glieder solcher ›typologischer Reihen‹ auf der Grundlage von Fundvergesellschaftungen in !›geschlossenen Funden‹ (S. 64). Nicht immer war klar, in welche Richtung sich die ›typologischen Reihen‹ fortentwickelten. O. Montelius kam dabei die Beobachtung des ›technischen Ornaments‹ oder ›typologischen Rudimentes‹ zu Hilfe. Danach werden Gestaltungselemente ohne eigene Funktion als Fortentwicklung von ehedem funktioAbb. 47: ›Typologische Reihe‹ von nalen Teilen einer früheren Stufe der gleichen ›typologischen Reihe‹ Fibeln der Nordischen Bronzezeit (Montelius 1903, 56). interpretiert.
Selbstverständlich verlief keine Entwicklung so gradlinig, wie es O. Montelius annahm. Doch hinter dem unterschiedlichen Aussehen von Gegenständen einer Gattung verbergen sich in einer Kultur tatsächlich nachvollziehbare Entwicklungen, die allerdings einem breitgefächerten Kanon von Einflüssen – u. a. modischen,
3. 4.
Danneil 1836, 544-584 und Lisch 1837. Montelius 1885 und 1903; vgl. bes. Kap. 7.2.3; ferner Aberg 1929, 508-516; Angeli 1958, 104-108 und Gräslund 1987.
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2. Was erforscht die Archäologie?
sozialen, geschlechtsspezifischen oder technischen Gesichtspunkten – unterliegen können. Mit Hilfe von !Typologie und Seriation (Kap. 7.2.3) kann versucht werden, zeitliche Abfolgen zu rekonstruieren. Als ›geschlossener Fund‹ gelten zwei oder mehr Artefakte, die zu einem Zeitpunkt gemeinsam zur Ablage kamen. Die Verbindung der Fundstücke kann sich sowohl auf einen Hortfund, eine Bestattung als auch auf einen Grabungsbefund beziehen. Schon C. J. Thomsen erkannte den archäologischen Wert solcher Fundvergesellschaftungen. Ausgeführt hat diese Idee jedoch O. Montelius unter dem Begriff ›gesicherter Fund‹. Solche gleichzeitig abgelegten Funde waren für ihn eine wichtige Basis der chronologischen Einordnung. Doch besitzen Artefakte, die zum gleichen Zeitpunkt zur Ablage kamen, in aller Regel ein unterschiedliches Alter. Einzelne Objekte konnten bereits über Generationen hinweg in Gebrauch gewesen sein. Um ihre Gleichzeitigkeit näher eingrenzen zu können, bedarf es – so schon O. Montelius – des Prinzips der großen Zahl.
2.1.3 Kulturen und ihre Räume Das von O. Montelius bereitgestellte ›Werkzeug‹ zur chronologischen Gliederung der Funde wird seit Gustaf Kossinna (18581931) 5 vergleichbar auch für die räumliche Ordnung angewandt. Seine ›siedlungsarchäologische Methode‹ schließt von den aufgefundenen Typen und deren Fundzusammenstellungen, d. h. von der räumlichen Verteilung bestimmter Funde, auf die zugehörigen Völker zurück: »Scharf umgrenzte archäologische Kulturprovinzen decken sich zu allen Zeiten mit ganz bestimmten Völkern und Völkerstämmen« 6. V. G. Childe entwickelte diesen Ansatz unter dem allgemeineren Begriff Kultur (anstelle des ethnischen Begriffs ›Volk‹) weiter. Dabei ging auch er davon aus, dass eine Kultur einen einheitlichen ›Ideenvorrat‹ besitze: Wie baut man Häuser? Wie kleidet man sich? Wie stellt man Keramik her? Wie begrüßt man sich? Welche Feste begeht man und wie begeht man sie? Wie bestattet man die Toten? Folglich führten diese gesellschaftlichen Normen (›Ideen‹) zu mehr oder weniger gleichen Assemblagen von Artefakten.
5.
6.
G. Kossinna, von Hause aus Germanist, definierte die Vor- und Frühgeschichte als »hervorragend nationale Wissenschaft«. Seine Arbeiten zur ethnischen Deutung von Kulturprovinzen waren nationalistisch gefärbt und dienten den Nationalsozialisten als willkommene Legitimation zur Umsetzung ihrer Germanenideologie. Kossinna 21920, 3.
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2.2 Die ›New Archaeology‹ und die Theoriediskussion in der Archäologie
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Der in Australien geborene Vere Gordon Childe (1892-1957) lehrte in Edinburgh und London. Mit der ersten zusammenfassenden Darstellung der europäischen Prähistorie »The Dawn of European Civilization« (1925) und »The Danube in Prehistory« (1929) begründete er seinen Ruhm. Die Menschheitsgeschichte zeichnete er in »Man Makes Himself« (1936) und »What Happened in History« (1942) nach. Die Begriffe ›neolithische Revolution‹ (Childe 1936) und ›urbane Revolution‹ (Childe 1950, 3-17) wurden von ihm geprägt. Der marxistisch ausgerichtete Forscher betonte die seiner Überzeugung nach entscheidende Bedeutung von Technologie und Produktion bei der kulturellen Entwicklung und wurde zu einem der Wegbereiter der ›New Archaeology‹.
Dieser monothetische Kulturbegriff wurde 1968 von David L. Clarke (1937-1976) in Frage gestellt. In der Kulturanthropologie und Archäologie spricht man heute in Weiterentwicklung seiner Kritik eher von ›polymorpher Identität‹ oder ›veränderbarer Ethnizität‹ (›Patchwork identities‹). Archäologische Kulturen sind demnach zutreffender als vielgestaltige komplexe Systeme aufzufassen 7.
2.2 Die ›New Archaeology‹ und die Theoriediskussion in der Archäologie Die Begriffe ›New Archaeology‹ oder später die ›Processual Archaeology‹ 8 stehen für eine grundsätzliche methodische und wissenschaftstheoretische Neuorientierung 9, die seit den 60er-Jahren das bisherige archäologische Vorgehen in Frage stellte. Die ›New Archaeology‹ artikulierte ihr Unbehagen an einer in ihren Augen detailverliebten, Puzzleteil an Puzzleteil fügenden, an Ereignisabfolgen interessierten, aber ohne ausreichende Synthese bleibenden zeitgenössischen Forschung. Der Anstoß zur ›New Archaeology‹ kam aus den USA, wo die Archäologie an den Universitäten eng mit der Linguistik und der physischen wie !Kulturanthropologie (Kap. 8.6.3) verbunden ist. Als Geburtsurkunde der ›New Archaeology‹ gilt der 1962 erschienene Aufsatz von Lewis R. Binford (* 1930) mit dem programmatischen Titel »Archaeology as Anthropology« 10. Er forderte, das Erkenntnispotential der Archäologie auf eine möglichst umfassende Erklärung der Lebensweisen vergangener Gesellschaften auszuweiten. Bis dahin hatte die Archäologie keine eigene Wissenschafts7. 8.
Veit 1984, 326-364 und Wotzka 1993, 25-44. ›Prozessuale Archäologie‹ dient meist als Sammelbegriff für die verschiedenartigen Weiterentwicklungen der ›New Archaeology‹ seit den 70er-Jahren. 9. Bernbeck 1997; Eggert/Veit 1998 und Siegmund/Zimmermann 2000, 179-191. 10. Binford 1962, 217-225. Vgl. Renfrew/Bahn 32000, 11 f.
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2. Was erforscht die Archäologie?
theorie entwickelt. Die ›New Archaeology‹ lehnte das in ihren Augen bislang nur subjektiv begründete methodische Vorgehen ab und wandte sich wissenschaftlichen Theoriebildungen zu, um allgemeine gesellschaftliche Prozesse und Gesetzmäßigkeiten zu erkennen und zu beschreiben. Die Anwendung einer wissenschaftlich untermauerten Theoriebildung und deren methodisch kontrollierbare Prüfung kam zur Zeit ihrer Entstehung nicht von ungefähr. Hier trafen sich der Optimismus wissenschaftlicher Erkenntnismöglichkeiten und die Überzeugung, auch die Geisteswissenschaft könne ähnlich den global agierenden Naturwissenschaften verlässliche zeit- und gebietsübergreifende Methoden entwickeln. 1949 hatte der amerikanische Physiker und Chemiker Willard F. Libby (1908-1980) der Archäologie die Möglichkeit eröffnet, mit Hilfe der !Radiokarbon- bzw. 14C-Methode das Alter von bioorganischen Materialien auf naturwissenschaftlicher Basis zu bestimmen (S. 193 ff.). Der kulturgeschichtliche Vergleich, über den bis dahin fast jede Datierung laufen musste, hatte ein wichtiges Korrektiv bekommen. Besonderen Wert erhielt diese Methode in der Prähistorie, wo die Datierung im geringeren Maße auf gesicherten Vergleichsmöglichkeiten zu anderen Kulturen beruhte. Libby erhielt für seine Entdeckung 1960 den Nobelpreis für Chemie.
Die theoretischen Ansätze der ›New Archaeology‹ verlangten nach einer expliziten Forschungsstrategie. Für diese Theorie der Beweisstrategie in der Archäologie führte Binford aus der Soziologie den Begriff der ›Middle Range-Theory‹ (›Theorie der mittleren Reichweite‹) ein. Sie sollte die Faktoren beschreiben und systematisieren, die zwischen der Aufnahme statischer archäologischer Daten und ihrer Ausformulierung und Interpretation als lebendiges System liegen, um die überaus große Vielfalt von Interpretationsmöglichkeiten durch rationale Kriterien einzugrenzen. Ziele der ›New Archaeology‹ 11 Aufgabe der archäologischen Forschung: Interpretation statt Beschreibung 12 Die Archäologie soll die Entwicklungen und die Veränderungen in der Vergangenheit erklären, statt einfach nur Rekonstruktionen der Vergangenheit und damaliger Lebensumstände darzubieten. Für diese Aufgabe ist eine theoretische Grundlage notwendig. Die Archäologie dient der Beschreibung von gesellschaftlichen Organisationsformen und ökonomischen Potenzen einzelner Zeitepochen.
11. Die Kastentexte basieren auf Renfrew/Bahn 21994, 35 und 32000, 39. 12. Mit Hilfe von theoretischem, modellhaftem Denken der Sozialwissenschaften wird unter dem Motto »Ars longa, vita brevis« versucht, trotz beschränkten Materials in überschaubaren Zeiträumen zu einigermaßen befriedigenden Darstellungen der sozialen und ökonomischen Organisation vergangener Kulturen zu gelangen.
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2.2 Die ›New Archaeology‹ und die Theoriediskussion in der Archäologie
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Interpretation: Soziale Prozesse statt geschichtlicher Abläufe Die traditionelle Archäologie versucht eine Beschreibung der Historie. Die ›New Archaeology‹ erklärt entsprechend ihrem Wissenschaftsverständnis in Kategorien kultureller Prozesse, wie Veränderungen in ökonomischen und sozialen Systemen stattfanden. Das erfordert Abstraktion. Schlussfolgerung: Vom Allgemeinen zum Besonderen (Deduktion) statt vom einzelnen Fakt zur Gesetzmäßigkeit (Induktion) Traditionell gelangte die Archäologie gleich einem Puzzle durch das Kombinieren von Einzelerkenntnissen zu Vorstellungen von der Vergangenheit. Eine Verifikation, eine objektive Auswahl der ›besten‹ Interpretation war nicht möglich. Die ›New Archaeology‹ formuliert hingegen übergreifende Hypothesen und erstellt Modelle, die z. B. durch gezielte Feldforschungen bestätigt bzw. widerlegt werden. Beweisführung: Methodische Überprüfung statt Autorität Erstellte Hypothesen sollten Tests unterzogen werden (z. B. in der Feldforschung). Schlussfolgerungen dürfen nicht auf der Basis von Autorität oder Renommee akzeptiert werden. Zielstellung der Feldforschung: Projektentwürfe statt Datensammlungen Die Feldforschung sollte auf der Basis spezieller Fragestellungen geplant werden und nicht allein zur Anhäufung von Daten dienen. Auswertungsverfahren: Quantitative statt simpler qualitativer Auswertung Quantitative Datenmengen werden statistisch computergestützt verarbeitet. So können repräsentative Teilmengen gewonnen und aussagefähige Untersuchungen ermöglicht werden. Derartige Verfahren sind tragfähiger als die traditionellen verbalen Beschreibungen (von ausgewählten Phänomenen aus z.T. unüberschaubar großen Fundkontexten). Wesen: Optimismus statt Pessimismus Die traditionelle Archäologie betonte oft, archäologische Daten seien zur Rekonstruktion von sozialen Organisationsformen oder kognitiven Systemen nicht besonders geeignet. Stattdessen geht die ›New Archaeology‹ diese Fragen optimistischer an und sieht schon im Versuch, diesen Problemen nahezukommen, einen wesentlichen Gewinn 13.
Die ›New Archaeology‹ hat sich in Deutschland nicht durchgesetzt. Das mag zum einen an ihrer harten Kritik an den meist nur pauschal wahrgenommenen traditionellen Formen archäologischer Arbeit liegen, zum anderen aber auch an spezifischen Sachfragen. Neben dem oft zu vernehmenden Vorwurf der faktischen Theorielastigkeit sind folgende Kritikpunkte aufgeführt worden: – Der übertriebene Funktionalismus könne die unbegrenzte Variabilität der Kulturen nicht erklären. – Das Individuum sei nicht nur als determiniertes Glied eines sozialen Systems zu betrachten. – Nicht nur verallgemeinerbare Aspekte einer Kultur dürften Beachtung finden 14. Wenn auch der ›New Archaeology‹ als Bewegung kein durchgän13. Binford 1977, 6-8. Vgl. ganz ähnlich Schiffer 1987. 14. Bernbeck 1997, 272.
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2. Was erforscht die Archäologie?
giger Erfolg beschieden war, so sind jedoch viele ihrer Forderungen und methodischen Erneuerungen (wie z. B. die Einführung der quantitativen Verfahren) im großen Maßstab in die Archäologie eingeflossen und haben diese vom Projektmanagement bis zur Feldarchäologie nachhaltig geprägt und verändert. Die Bereicherung der Blickrichtungen, die optimistische Heranziehung naturwissenschaftlicher Methoden und nicht zuletzt der geforderte Mut zur Synthese waren wesentliche Schritte zur Entwicklung des heutigen Wissenschaftsverständnisses in der Archäologie. Dies ermöglichte letztlich die gegenwärtige Tendenz einer plural orientierten Archäologie, die das Potential verschiedener Richtungen zum Erkenntnisgewinn nutzt. Die Bewegung der ›Post-processual Archaeology‹ grenzt sich vom bisher geschilderten Archäologieverständnis ab und geht letztlich auf die Anregungen eines 1982 erschienenen Sammelbandes hervor, den Ian Hodder (* 1949) an der Universität Cambridge herausgab 15. Mit dem Begriff ›Post-Prozessualismus‹ werden verschiedenartige Denkrichtungen zusammengefasst, die sich in der archäologischen Theoriediskussion bewusst von der prozessualen Archäologie absetzen. Hierzu gehören u. a. ›strukturalistische‹, ›kontextuelle‹ und ›post-strukturalistische‹ Theorien.
Abb. 48a: Zeichnerische Interpretation der spätbronzezeitlichen Keramikplakette vom Tell Zerā‛a (Höhe ca. 25 cm).
Während die ›Prozessualisten‹ darauf verweisen können, mit ihren Grundsätzen erstmals nachvollziehbare und damit wissenschaftlich kritisierbare Interpretationen geschichtlicher Vorgänge ermöglicht zu haben, bezweifeln die ›Post-Prozessualisten‹ mehr oder minder stark die Fähigkeit einer objektiven menschlichen Erkenntnis. Sie propagieren vielmehr die Reflexion über die kulturellen und intellektuellen Hintergründe, die in die archäologische Arbeit stets gewollt und ungewollt einfließen 16.
2.3 Archäologische Nachbardisziplinen Palästina ist eine schmale Landbrücke zwischen Syrien im Norden und Ägypten im Süden. Seine Bevölkerung hatte stets engen Kontakt zu den Völkern im Zweistromland (z. B. Babylonier und Assyrer), in Anatolien (z. B. Hethiter), in Syrien (z. B. Aramäer) und zu den Bewohnern am Nil. So eng Handel und Wandel, Eroberungen und Expansionsgelüste, Ängste und Sehnsüchte das alte Palästina 15. Hodder 1982, 1-16. 16. So nach Bernbeck 1997, 345. Vgl. zur Diskussion auch Eggert/Veit 1998 sowie Siegmund/Zimmermann 2000, 197-191. Zur Auswirkung auf die Diskussion in Deutschland s. Hansen 2001a, 113-125.
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2.3 Archäologische Nachbardisziplinen
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mit den umliegenden Völkern in Verbindung brachten, so stark hinterließen die von den Nachbardisziplinen untersuchten Kulturen in Palästina ihre Wirkung. In gleicher Weise darf die Biblische Archäologie nicht allein auf Palästina fixiert bleiben. Sie muss sich, um die Geschichte des ›Durchgangskorridors Palästina‹ zu beschreiben, vielmehr als Teil der Archäologie des gesamten Großraums Orient verstehen und unter dieser Voraussetzung die Kulturen der palästinischen Umwelt bearbeiten. Innerhalb der einzelnen Kulturepochen sind die vorliegenden Datenmengen und Erkenntnisse so komplex, dass für einzelne Forscher, Institute und Universitäten eine Spezialisierung innerhalb der Archäologie unerlässlich geworden ist. In der deutschsprachigen Wissenschaft ist die Aufteilung der Forschungsund Studienbereiche besonders ausgeprägt. Die Gliederungen erfolgen hier vornehmlich nach den räumlich oder zeitlich definierten Kernbereichen der einzelnen Forschungszweige, meist auch aus einer Kombination aus beiden. Das Entstehen der archäologischen Fachrichtungen war häufig historisch bedingt, wie man am spektakulären Beispiel der Ägyptologie erkennen kann, die ihre Entstehung dem wissenschaftlichen Ertrag des in den Jahren 1798/1799 von Napoléon Bonaparte unternommenen !Feldzugs in das Land am Nil (S. 32-34) verdankt. In der Archäologie unterscheidet man zwischen Bereichen, die sich mit schriftlosen Zeiten beschäftigen bzw. im Wesentlichen auf nichtschriftliche Quellen zurückgreifen (prähistorische Archäologie), und solchen, deren Quellen auch schriftliche Hinterlassenschaften einschließen. Diese Unterscheidung ist allerdings nur teilweise hilfreich.
Folgende Fachrichtungen stehen der Biblischen Archäologie besonders nahe: Die prähistorische Archäologie, auch Ur-/Vor- und Frühgeschichte, entwickelte sich weitgehend unabhängig, doch deutlich später als die Klassische Archäologie (in der zweiten Hälfte des 19. Jh.). Sie ist als historisch arbeitende Kulturwissenschaft zu verstehen, welche die materielle Hinterlassenschaft der frühen Menschheit sowie deren Umwelt, Wirtschaft und Sozialstruktur untersucht. Soweit sich aus den zur Verfügung stehenden Quellen Schlussfolgerungen ergeben, sind auch Kunst, Brauchtum und Religion Gegenstand der Erforschung. Letztlich geht es um die Analyse und Rekonstruktion kulturhistorischer Zusammenhänge und Entwicklungen. Traditionell als ›Wissenschaft des Spatens‹ 17 bezeichnet, basiert sie im Wesentlichen auf nicht schrifttragenden materiellen Hinterlassenschaften. Die Forschungen der Ur-/Vor- und Frühgeschichte beginnen mit dem Nachweis menschlicher Aktivität und enden im Allgemeinen mit den Zeitepochen, wo im untersuchten Bereich neben den Bo-
17. Eggers 21974, 14.
Abb. 48b: Spätbronzezeitliche Keramikplakette vom Tell Zerā‛a (Höhe ca. 25 cm).
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2. Was erforscht die Archäologie?
denfunden in beträchtlichem Umfang auch schriftliche Quellen bekannt sind 18. Die Vorderasiatische Archäologie befasst sich mit den materiellen Hinterlassenschaften des Alten Orients (von Afghanistan und Pakistan im Osten bis nach Syrien und der Türkei im Westen, von Turkmenistan und Kaukasien im Norden bis nach Südarabien im Süden). Die Erschließung und Aufarbeitung der archäologischen Befunde und Funde ist eng mit der Interpretation der altorientalischen Schriftquellen verbunden. Der erforschte Zeitraum beginnt mit der Sesshaftwerdung der Menschen in dieser Region und reicht bis zu den Anfängen des Islam, wobei die Zeitspanne von der Entstehung der altorientalischen Hochkulturen (Mitte/Ende des 4. Jt. v. Chr.) bis etwa zu Alexander d. Gr. (356-323 v. Chr.) den Schwerpunkt bildet. Grundlegende Entwicklungen, mit denen die Vorderasiatische Archäologie sich auseinandersetzt, haben Einfluss auf die Entwicklung des Abendlandes genommen – die Sesshaftwerdung von Menschengruppen, der Ackerbau und die Viehzucht (›neolithische Revolution‹), die Herausbildung der ersten Großstädte in Südmesopotamien (!›urbane Revolution‹ ; S. 65) und die Entwicklung der Schrift.
Abb. 49: Die Biblische Archäologie erforscht von der Prähistorie bis in die islamische Zeit die archäologischen Hinterlassenschaften in Palästina im engen Verbund mit anderen Wissenschaftszweigen.
Die Klassische Archäologie blickt auf die längste Wissenschaftsgeschichte zurück. Ihr ›Gründungsvater‹ war J. J. Winckelmann. Die Klassische Archäologie beschäftigt sich mit der materiellen 18. Nach Hachmann 1957, 9 geht es um die Fragen, woher wir kommen und wie die Anfänge von Kultur und Geschichte weit vor den schriftlichen Überlieferungen zu begreifen sind.
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Hinterlassenschaft des griechisch-römischen Altertums einschließlich ihrer Vorstufen und Nachwirkungen. Zum Kernbereich gehört die Erforschung der griechischen und römischen Architektur, Plastik, Malerei, Keramik und Kleinkunst von der geometrischen Zeit bis in die Spätantike (ca. 1000 v. Chr. bis ca. 400 n. Chr.). Die Alte Geschichte, die Altphilologie und auch die Kunstgeschichte sind seit J. J. Winckelmann in methodischer wie in thematischer Hinsicht eng mit der Klassischen Archäologie verwoben. Johann Joachim Winckelmann (1717-1768) galt zu Lebzeiten als unbestrittene Autorität der modernen Kunstwissenschaft und wurde zum Begründer der Klassischen Archäologie. – J. J. Winckelmann studierte für kurze Zeit Theologie in Halle und später Medizin in Jena. Nach verschiedenen Anstellungen, u. a. als Bibliothekar des Reichsgrafen Heinrich von Bünau in Nöthnitz bei Dresden, ging er 1754 nach Dresden und betrieb Studien der bildenden Kunst. Im gleichen Jahr trat er zum katholischen Glauben über und ging 1755 mit einem Stipendium des Dresdner Kurprinzen nach Italien. Abb. 50: Johann Joachim Winckelmann Hier kam er bald mit der römischen Gelehrtenwelt in Berüh- (Zeichnung von Angelika Kauffmann, 1763). rung. Fortan studierte er in der Vatikanischen Bibliothek und forschte in Rom, Florenz und Neapel. 1763 wurde er Oberaufseher aller Altertümer Roms und zusätzlich ›Scriptor linguae teutonicae‹ an der ›Vaticana‹. Mit seinem 1764 erschienenen Werk ›Geschichte der Kunst des Alterthums‹ begründete er seinen Weltruhm. 1768 fiel er in Triest einem Raubmord zum Opfer.
Der geografische Raum des Faches umfasst in erster Linie Griechenland, Kleinasien und Italien, darüber hinaus den gesamten Umkreis des Mittelmeeres einschließlich der römischen Provinzen (d. h. den Bereich der provinzialrömischen Archäologie). In Palästina begann die hellenistisch-römische Zeit mit der Eroberung Alexanders d. Gr. und ging hier später in die byzantinische Epoche über. Die Christliche Archäologie erforscht gemeinsam mit der byzantinischen Kunstgeschichte die materiellen Hinterlassenschaften der spätantiken, frühmittelalterlichen und byzantinischen Zeit vom Einsetzen der christlichen Kunst bis zum Ende des ersten Jahrtausends (im Westen) bzw. bis zur Eroberung Konstantinopels durch die Türken 1453 (im Osten) 19. In Palästina endete die byzantinische Herrschaft bereits mit der arabischen Eroberung im 7. Jh. n. Chr., wobei sich dort Nachwirkungen dieser Kultur auch noch in späterer Zeit finden lassen.
19. Deichmann 1983.
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2. Was erforscht die Archäologie?
Abb. 51: Ravenna, San Vitale.
Die Islamische Archäologie reicht in Palästina vom 7. Jh. n. Chr. bis in die Gegenwart. Sie erforscht materielle Denkmäler der islamischen Welt. Zur Interpretation werden, soweit vorhanden, schriftliche Quellen herangezogen, um den jeweils vorliegenden historischen, religiösen, kunst- und kulturgeschichtlichen Zusammenhang zu erschließen. Geografisch greift das Gebiet der islamischen Kultur, geprägt von islamischer Religion und Tradition, weit über Palästina und den Mittelmeerraum hinaus. Die Ägyptologie schließlich erforscht die Kultur des Niltales seit der Jungsteinzeit. Sie konzentriert sich besonders auf die Hochblüte Ägyptens ab etwa 3000 v. Chr. mit all ihren Perioden von Prosperität und Niedergang und erstreckt sich bis in die griechisch-römische und frühchristliche, d. h. koptische Zeit Ägyptens. Die Ägyptologie basiert sowohl auf der Kenntnis der umfangreichen schriftlichen Überlieferungen 20 als auch auf der Verarbeitung der vielfältigen archäologischen Befunde.
Abb. 52: Ägyptische Wandmalerei aus einem Grab in Benī Ḥasan (ca. 1900 v. Chr.); Asiaten und rechts ein ägyptischer Schreiber (Ausschnitt).
20. Die Bedeutung der Philologie ist in der Ägyptologie besonders stark, weil es parallel zur Ägyptologie keinen eigenständigen philologischen Fachbereich an deutschen Universitäten gibt, wie z. B. die altsprachliche Philologie neben der Klassischen Archäologie.
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2.3 Archäologische Nachbardisziplinen
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Abb. 53: Phönizisches Handelsschiff.
Einzelne Disziplinen der archäologischen Forschung werden besonders durch die von ihnen verwendeten Methoden geprägt. Am eindrücklichsten lässt sich das an der Unterwasserarchäologie zeigen. Innerhalb ihrer noch nicht einmal 50-jährigen Geschichte hat sie eigene Methoden entwickeln müssen. Mit enormem Geldeinsatz einiger weniger Forschungszentren wurden allein im Mittelmeer Hunderte von Schiffswracks entdeckt, was der Archäologie neue Impulse und wesentliche Erkenntnisfortschritte einbrachte 21.
Abb. 54: Gestapelte Kupferbarren von dem bei Uluburun aufgefundenen Schiffswrack (Original Bodrum).
21. Bass 1966;1972; McGrail 1981 und Gould 2000.
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Zu den spektakulärsten und wissenschaftlich bedeutendsten Funden zählt das 1982 von einem türkischen Schwammtaucher entdeckte Schiffswrack von Uluburun (14. Jh. v. Chr.). Neben organischem Material (wie z. B. Mandeln, Feigen, Oliven und Granatäpfel) wurden im Schiff zahlreiche Keramikgefäße, Gold- und Silberschmuck sowie bronzene Waffen und Werkzeuge aufgefunden. Der sensationellste Teil der Ladung bestand aus 475 Kupfer- und ca. 120 Zinnbarren (das sind ca. 10 t Kupfer und 1 t Zinn). Das Schiff und ein Teil der Funde sind heute im Museum für Unterwasserarchäologie in Bodrum (Türkei) ausgestellt. Ein weiteres Handelsschiff aus der Zeit um 1200 v. Chr. wurde in 51 Metern Tiefe vor der südtürkischen Küste am Kap Gelidonya geborgen 22. Zentren der Unterwasserarchäologie Palästinas sind Cäsarea und Dor. Von dort aus wurden in Israel u. a. bei ‛Atlīt (15 km südlich von Haifa) eine neolithische Siedlung (ca. 6000 v. Chr.) und ein phönizischer Hafen (7./6. Jh. v. Chr.) erforscht, 30 km südlich von Haifa bei Ma‛agān Mīkā‛ēl ein 13,5 m langes seetaugliches Handelsschiff (ca. 400 v. Chr.) und nördlich von Akko bei Schavei Zion Hunderte von 10-30 cm großen Figurinen (5. Jh. v. Chr.) geborgen. Außerdem wurden die Häfen von Cäsarea (herodianisch) und Akko (6./5. Jh. v. Chr.) erkundet. – Für die nicht nur auf Meere, sondern ebenso auf Seen und Flüsse spezialisierte Unterwasserarchäologie ist in Palästina der See Genezaret von besonderem Interesse. Im Kibbuz Ginosar wird der Rumpf eines Fischerbootes (100 v. bis 70 n. Chr.) gezeigt.
22. Dieses Schiff beförderte insgesamt 1 t Kupfer.
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3. Wo spielte sich alles ab?
»Die Geschichte eines jeden Landes und Volkes wird in einem beachtlichen Ausmaß von seiner geografischen Umwelt beeinflußt. Das schließt nicht nur die natürlichen Gegebenheiten wie Klima, Bodenbeschaffenheit, Topographie usw. ein, sondern auch geopolitische Beziehungen mit benachbarten Gebieten. Das gilt speziell für Palästina, ein kleines und relativ armes Land, das seine Bedeutung durch seine einzigartige, zentrale Lage an der Nahtstelle zweier Kontinente gewinnt«. (Aharoni 1984, 3)
Abb. 55: Tabgha am See Genezaret.
Den geografischen Raum Palästina prägen seit jeher zwei herausragende Charakteristika. So bemerkt man allein schon beim flüchtigen Hinsehen die unglaubliche Vielgestaltigkeit des Landstrichs von den schneebedeckten Spitzen des Hermon an der Grenze zu Syrien bis zur im Sommer glühend heißen Wüste des Negev – von der fruchtbaren, wasserreichen Küstenregion des Mittelmeers bis zur unwirtlichen, bisweilen recht trostlos erscheinenden syrischarabischen Wüste. Das Gebiet bildet geografisch keine Einheit. Der Charakter der Landschaft und die Vegetation wechseln in rascher Folge – und so auch die von natürlichen Grenzen wie Flusstälern und Gebirgszügen gegliederten Lebensräume. Folglich wan-
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3. Wo spielte sich alles ab?
deln sich die jeweiligen Lebensbedingungen und auch die in diesen geografischen Kleinräumen geprägte ethnische und kulturelle Identität der Bewohner. Palästina war ein Land der Übergänge. Es diente stets als ›Durchgangsgebiet‹ zwischen den Völkern im Norden und Ägypten im Süden – und zwar sowohl bei deren Großmachtbestrebungen als auch für den friedlichen Handel. Die geopolitische Lage Palästinas machte den zwischen den beiden großen Schwemmländern Ägypten und Mesopotamien gelegenen Raum (insbesondere die Küstenebene) zur strategisch unverzichtbaren Landenge. Wer diesen Korridor kontrollierte, konnte die Vormacht über weite Bereiche im Vorderen Orient beanspruchen. Damit waren kulturelle Beeinflussungen und Transformationsprozesse fast zwangsläufig gegeben. Von politischer Anpassung und Widerstand gibt es in Palästina zahllose Beispiele aus der geschichtlichen Zeit.
Abb. 56: Topografische Gliederung Palästinas.
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3.1 Palästina
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3.1 Palästina 3.1.1 Gebiet Palästina ist durch seine natürliche Oberflächenstruktur markant eingegrenzt. Es erstreckt sich vom Mittelmeer im Westen bis zum Übergang vom ostjordanischen Hochland in die syrisch-arabische Wüste im Osten. Im Norden begrenzen die südlichen Ausläufer des Libanon- und Antilibanongebirges das Gebiet, im Süden der ›Bach Ägyptens‹ (Wādī el-Ġazze bzw. weiter südlich das Wādī el‛Arīš). Von dort zieht sich die Südgrenze im weiten Bogen bis zum Südende des Toten Meeres. Die maximale Ausdehnung in NordSüd-Richtung (Dan bis Beerscheba) beträgt etwa 240 km. Das entspricht der Entfernung von Berlin bis Hannover. Die Ausdehnung von West nach Ost zwischen Rabbat-Ammon – dem alten Zentrum der Ammoniter und der modernen jordanischen Hauptstadt Amman – und dem Mittelmeer liegt dagegen bei etwa 115 km (das entspricht der Strecke von Frankfurt/M. nach Würzburg). Palästina bildet das südwestliche Ende des !›Fruchtbaren Halbmonds‹ (Karte S. 35). Unter diesem Begriff fasst man die geografisch einen Halbmond beschreibenden, weitgehend für den Ackerbau geeigneten Gebiete zusammen, die sich von der Mittelmeerküste Palästinas und Syriens über Nordsyrien bis zum Zweistromland erstrecken. Der Begriff wurde 1914 von James Henry Breasted (1865-1935) im Zusammenhang mit dem von ihm hier lokalisierten Übergang vom Nomadentum zu sesshafter Lebensweise (Neolithisierung) geprägt. Der US-amerikanische Orientalist, Archäologe und Historiker erhielt 1905 eine Professur für Ägyptologie und Geschichte des Orients an der Universität von Chicago.
3.1.2 Namen Die stark zergliederte Oberflächenstruktur des Landes förderte den politisch-territorialen Partikularismus, d. h. das Entstehen von Kleinstaaten und von regionalen Einheiten. Das Gebiet wurde nie von einer einheimischen Macht geeint regiert. Es blieb fremden Großmächten (wie den Ägyptern, Assyrern, Babyloniern, Persern, Ptolemäern, Seleukiden, Römern, Arabern und Osmanen) vorbehalten, den ganzen geografischen Großraum zu beherrschen. Sie prägten für ihre Eroberungen natürlich auch übergreifende Namen (die je nach machtpolitischer Konstellation Palästina z.T. mit syrischen Gebieten zusammenbanden). Es ist daher nicht verwunderlich, dass es heute fast unmöglich erscheint, einen für den ge-
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3. Wo spielte sich alles ab?
samten, topografisch so vielgestaltigen Bereich gleichermaßen treffenden wie akzeptablen Namen zu finden, zumal solche übergreifenden Namen meist aus dem Blickwinkel der das Gebiet von außen betrachtenden Fremdvölker entstanden. Selbst heute ist keiner der für den südlichen Teil der Landbrücke zwischen Asien und Afrika allgemein gebrauchten Begriffe ohne Probleme zu verwenden 1. Für einzelne Teile des Landes selbst (d. h. für regionale und lokale Bereiche) gibt es bezeichnenderweise zahlreiche Namen der dort ansässigen Bevölkerung. Die gegen Ende der 12. Dynastie verfasste ägyptische Erzählung des Sinuhe ist eine der ältesten Erzählungen über das palästinische Gebiet. Im Stile einer Autobiografie wird mitgeteilt, dass Sinuhe den Kronprinzen Sesostris auf einem Kriegszug nach Libyen begleitete. Als Sesostris I. (1917-1872 v. Chr.) erfuhr, dass sein Vater Amenemhat I. (1937-1908 v. Chr.) gestorben sei, kehrte er in die Hauptstadt zurück, um dessen Nachfolge anzutreten. Sinuhe fürchtete wohl Verwicklungen und floh aus Ägypten. Auf gefährlichem Weg gelangte er bis ins ›obere rṯnw‹ (sprich retschenu; vermutlich ins palästinische Bergland). Sein Bericht beinhaltet ausführliche Passagen über die von ihm dort angetroffenen Verhältnisse. Die Sehnsucht nach dem Heimatland ließ ihm jedoch über die lange Zeit seiner Abwesenheit von Ägypten keine Ruhe. Als er alt wurde, wünschte er sich, in der Heimat zu sterben. Deshalb zögerte er nicht, als er von Sesostris I. zurückgerufen wurde, und fand am Hof des Pharaos schließlich eine ruhmvolle Aufnahme.
Die Ägypter nannten das an ihr Reich im Norden angrenzende Gebiet zunächst einfach śṯt (sprich: setschet; ›Asien‹), seine Stämme konnten auch abfällig als mnṯw (sprich: mentschu; ›Beduinen‹) bezeichnet werden. Schon im Mittleren Reich wurden diese Begriffe allgemeine Sammelnamen für die asiatischen Nachbarn im Nordosten Ägyptens – ohne Rücksicht auf deren zahllose Untergliederungen in einzelne Stämme, Völker oder Gruppen. Der Reisebericht des Sinuhe verwendet den Namen rṯnw (sprich: retschenu) für das syrisch-palästinische Gebiet. Im Neuen Reich findet sich für Palästina/Syrien die Bezeichnung ḏ3hj (sprich: dschahij) 2. Die Namen Amoriterland und Kanaan beschrieben im Laufe der Zeit verschiedene, zumeist Südsyrien mit einbeziehende geografische Bereiche. Der Ausdruck Amoriter stammt aus akkadischen (amurru) und sumerischen (MAR.TU) Texten des 3. und 2. Jt. und wurde dort lange Zeit allgemein als Bezeichnung für ›Westen‹ benutzt. Im 14. und 12. Jh. v. Chr. verwendete man den Namen zur Bezeichnung eines zwischen dem Libanon und dem Nosairier1.
2.
Eine ausführliche Beschreibung der in der Geschichte angewandten Namen, auf die sich diese Zusammenfassung bezieht, wird bei Keel/Küchler/Uehlinger 1984, 206-288 diskutiert. S. auch Noth 1971b, 294-308 und Feldman 1990, 1-23. Auch Bezeichnungen wie ‛3m (sprich: Aam; »Asiat«), ḥrjw-š‛ (sprich: heriju-scha; »die auf dem Sand wohnen« [d. h. Sesshafte]) und nmjw-š‛ (sprich: nemiju-scha; »Sandrenner«) wurden verwendet.
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3.1 Palästina
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gebirge gelegenen Staates. Schließlich diente er im 1. Jt. v. Chr. in assyrischen Texten zur Benennung von Syrien und Palästina 3. Der alttestamentliche Gebrauch differiert beträchtlich (vgl. Gen 15, 16; 48, 22; Jos 5, 1; 10, 5 ff. u. ö.) 4. Dort werden verschiedene Teilbereiche Palästinas und/oder Syriens mit diesem Namen benannt. Der Begriff Kanaan geht möglicherweise auf eine Selbstbezeichnung der Landeseinwohner in ägyptischen Quellen zurück, wobei aber der Umfang des damit genannten Gebietes unklar bleibt. Er kommt zuerst in einem Text aus !Mari (18. Jh. v. Chr.; S. 284) vor, dann aber auch in den !Amarnabriefen (14. Jh. v. Chr.; S. 285) und schließlich in ramessidischen Texten (13/12. Jh. v. Chr.). Er beschreibt den ägyptischen Herrschaftsbereich in Palästina und Syrien entlang des Mittelmeers, der zeitweise bis nördlich von Byblos reichte. Auch das Alte Testament bezieht sich weitgehend auf diese Vorstellung, variiert aber in der geografischen Ausdehnung deutlich (nur Westjordanland in Gen 43, 1; Jos 13, 25 u. ö.; das gesamte, auch ostjordanische Bereiche einschließende, von Jahwe verheißene Gebiet in Num 13, 2). Die Bezeichnung ›Land Israels‹ geriet – besonders in nachexilischer Zeit – mehr und mehr in das Spannungsfeld zwischen real bewohntem und (ideologisch) beanspruchtem Territorium (z. B. Gen 17, 8 und maximal ausgeweitet in Gen 15, 18 ff.). Dieser Name ist daher für eine allgemeine Umschreibung ungeeignet 5. So bleibt Palästina als Gebietsbezeichnung. Dieser Name geht auf die berühmte Inschrift vom Sieg Ramses III. über die sog. Seevölker aus Medīnet Habu (Theben West) zurück und findet im assyrischen Palastu (Pilistu) und hebräischen P lištīm seine Parallelen. Er bezeichnete ursprünglich nur das Philistergebiet in der südlichen Küstenebene (südlich von Gaza bis in den Bereich um Jafo). Seit 135 n. Chr. löste er als ›Provincia (Syria) Palaestina‹ den seit Pompeius gebrauchten Namen ›Provincia Judaea‹ ab 6. Die um 400 n. Chr. geschaffene römische Einteilung in die drei Provinzen ›Palaestina prima‹ (zentraler Bereich), ›secunda‹ (Norden) und ›tertia/ Salutaris‹ (Süden) kommt dem heutigen Wortgebrauch recht nahe und empfiehlt sich daher nachhaltig für eine allgemeine Bezeiche
3.
4. 5. 6.
Betrachtet man die syro-palästinische Landbrücke von außen, so liegt aus geografischen, kulturellen und geschichtlichen Gründen eine übereinstimmende Benennung des Gebietes durchaus nahe. Vgl. Bach 1962, 84 f.; Keel/Küchler/Uehlinger 1984, 228 und die dort jeweils genannte Literatur. S. ausführlich Keel/Küchler/Uehlinger 1984, 224 ff. Bei Ezechiel in die Nähe des Kanaanbegriffes gerückt (bes. Ez 47 f.). Diese Provinz umfasste nicht das Gebiet vom Karmel nordwärts, ebenso nicht große Teile des östlichen Ostjordanlandes und Gazas sowie das südöstlich daran angrenzende Gebiet.
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3. Wo spielte sich alles ab?
nung des Gebietes 7. Ohnehin hat sich der Name Palästina für die Umschreibung des Gebietes allgemein eingebürgert. Der früheste Beleg des Namens ›Israel‹ zur Bezeichnung eines Stammes (so das gebrauchte Determinativ) begegnet in der ›Israel-Stele‹ des Pharao Merenptah (1213-1203 v. Chr.), des Sohnes und Nachfolgers Ramses II. »Die Häuptlinge werfen sich nieder und rufen Schalom. … Tjehenu ist erobert. Cheta ist befriedet. Kanaan ist mit allem Übel erbeutet. Askalon ist herbeigeführt. Gezer ist gepackt. Inuam ist zunichte gemacht. Israel ist verwüstet; es hat kein Saatgut … Alle Länder sind in Frieden« (Z. 26-28 der ›Israel-Stele‹ nach Kaplony-Heckel 1985, 551 f. [TUAT I/6]). Abb. 57: Die ›Israel-Stele‹ des Pharao Merenptah (12131203 v. Chr.; Original ÄMK).
Der Name Israel erscheint außerhalb der Schriften des Alten Testaments noch zwei weitere Male in früher Zeit an prominenter Stelle als Bezeichnung eines Volkes – in der ›Monolith-Inschrift‹ Salmanassars III. (858824 v. Chr.) und in der !›Mescha-Stele‹ (S. 54).
Allerdings sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Begriff Palästina im römischen Interesse einen antijudäischen Hintergrund hatte. In der modernen Umgangssprache hat sich diese ideologische Ausrichtung nicht erhalten, was eine Benutzung des Namens möglich macht. Sollte sich mit der Gründung und dem Ausbau eines modernen Staates Palästina die allgemeine Verwendung des Namens auf den Gaza-Streifen und die Westbank einengen, wird in Zukunft ein neuer neutraler Begriff für den hier besprochenen geografischen Bereich im Sprachgebrauch etabliert werden müssen. Nach Lage der Dinge könnte man als Alternative entweder den recht umständlichen Gebrauch von ›Cis- und Transjordanien‹ einführen (mit dem Nachteil, dass ›Jordanien‹ nicht als übergreifender Begriff zur Verfügung steht) oder verstärkt von ›südlicher Levante‹ sprechen. ›Südliche Levante‹ bliebe aber geographisch recht ›unscharf‹. Sollten beide Vorschläge als ungeeignet erscheinen, bliebe noch der Begriff Heiliges Land zu erwägen. Brisanz können Namensbezeichnungen dann erreichen, wenn mit der Benennung eines Gebietes oder dem Verweis auf frühere 7.
Die Provinzen umfassten zum großen Teil das heute unter Palästina verstandene Gebiet – allerdings ohne den vom Karmel nordwärts verlaufenden Küstenstreifen (›Provincia Phoenicia‹) und das östliche Ostjordanland (z. B. Gebiete um Madeba, Philadelphia und Gerasa; ›Provincia Arabia‹).
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3.2 Landeskunde
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Bewohner und ethnische Vorfahren auch Herrschafts- oder Besitzansprüche angemeldet werden. Die Archäologie kann niemals Gruppen, Völker oder Staaten – welcher Provenienz auch immer – als rechtmäßige Eigentümer eines Landes ausweisen, gleichgültig wie früh, wie lang und wie zahlreich sie in den beanspruchten Gebieten gelebt haben mögen.
3.2 Landeskunde Die Palästinakunde ist ein selbstständiger Wissenschaftszweig, der die topografischen Voraussetzungen und die natürlichen Gegebenheiten dieses Gebietes untersucht. Dabei geht es neben den Landschaften auch um Sippen, Stämme und Völker, die hier lebten. Außerdem wird erkundet, wie (bzw. wie sicher) man überlieferte Siedlungsnamen mit heute sichtbaren Kulturschutthügeln (Tells; Ḫirben) identifizieren kann und welche Handelswege sich damals anboten.
Abb. 58: Die Mittelmeerküste bei Dor.
3.2.1 Topografie Palästina ist überraschend klein. Mit etwa 27 300 km2 in Cisjordanien und nochmals knapp 15 000 km2 Kulturland in Transjordanien verfügt es etwa über die Landfläche der Schweiz (41 295 km2). Dennoch vereinigt das Gebiet recht gegensätzliche Landschaftsformen, die im Folgenden von West nach Ost, unterteilt nach den vier großen geografischen Bereichen beschrieben werden: Küstenebene, westjordanisches Bergland, Grabenbruch (Jordantal und Wādī el-‛Araba) und ostjordanisches Hochland. Der unten beigefügte Querschnitt (Abb. 59) macht diese Untergliederung deutlich. Die Küstenebene erreicht im südlichen Bereich (bei Gaza) etwa 40 km Breite. Nach Norden verengt sie sich in der Ebene Scharon bis hin zum Karmel immer mehr (bei Cäsarea sind es nur noch 10 km), um sich dann nördlich des Karmelgebirges im Umfeld von Haifa und Akko wieder etwas auszuweiten (Ebene von Akko). In der Küstenebene verlief die wichtigste, von Nord nach Süd führende Handelsstraße. Auf palästinischem Territorium lag allerdings
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Abb. 59: Schnitt durch Palästina von West nach Ost, etwa auf der Höhe von Jerusalem.
3. Wo spielte sich alles ab?
eine für Händler und Reisende beschwerliche und für militärische Expeditionen gefährliche Wegstrecke – der Karmel, ein bis zu 552 m hoher und bis zum Mittelmeer vorgeschobener Bergrücken aus Kreidekalk, der nur über mehr oder weniger steile und enge Pässe zu überwinden war. Das westjordanische Bergland ist ein breiter Gebirgsrücken in Fortsetzung des Libanongebirges, dessen nördlicher Bereich, das galiläische Bergland (mit dem Ǧebel Ǧermaq als höchster Erhebung, 1206 m NN), durch die landwirtschaftlich, militärisch und merkantil bedeutende Jesreelebene vom weiter südlich gelegenen ephraimitischen und judäischen Bergland getrennt wird. Die landwirtschaftliche Nutzung der Berglandregionen hängt wesentlich von der durchschnittlichen jährlichen Regenmenge und der jeweiligen Höhenlage ab. Die fruchtbaren Berghänge Galiläas bieten das vorteilhafteste Klima, während die trostlose Steinwüste im östlichen Teil des judäischen Gebirges allein fliehenden Königsanwärtern 8 und byzantinischen Eremiten ideale Lebensbedingungen bieten konnte. Südlich des judäischen Gebirges geht das Gebiet in den Negev über.
Das Tote Meer leidet sichtbar unter dem durch Industrialisierung, wasserintensive Landwirtschaft, Bevölkerungsexplosion und Immigration geschaffenen Wassermangel in Palästina. 1900 flossen noch ca. 1,2 Mrd. m3 Wasser pro Jahr ins Tote Meer; heute mündet der Jordan nur noch als Rinnsal, sodass ungeachtet der weiteren Einflüsse die Verdunstung nicht mehr ausgeglichen werden kann. Der um 1900 noch mit -389 bis -392 m NN angegebene Seespiegel des damals etwa 76 km langen, im Norden ca. 330 m tiefen und bis zu 17 km breiten Gewässers sank im August 1994 bereits auf -408,26 m NN und fällt heute jährlich um etwa 80 cm. Besonders im Süden des Toten Meeres sind die für die Umwelt dramatischen Austrocknungserscheinungen und der Rückgang der Uferlinien deutlich erkennbar. Seit 1978/79 gibt es eine (für den See unnatürliche) Vertikalzirkulation zwischen den unteren, salzreicheren und den oberen, sauerstoffreicheren Wasserschichten. Der Salzgehalt liegt bei 340 g pro Liter und ist damit etwa zehnfach so hoch wie in den Weltmeeren. 8.
Vgl. I Sam 24.
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3.2 Landeskunde
Der tektonisch tief eingeschnittene Grabenbruch (Ḥūle-See, See Genezaret, Jordangraben, Totes Meer, Wādī el-‛Araba) trennt das geologisch ursprünglich miteinander verbundene Ost- und Westjordanland. Als Teil der riesigen, von Nordsyrien bis Ostafrika reichenden Senke markieren die (ehemals drei) eingelagerten Seen die Mächtigkeit dieses Einschnitts (Ḥūle-See +68, See Genezaret -212, Totes Meer -408 m NN), der sich durchs Wādī el-‛Araba bis zum Roten Meer fortsetzt. Das ostjordanische Hochplateau grenzt im Norden an den Antilibanon, aus dem – weit sichtbar – der bis in den Sommer hinein schneebedeckte Gipfel des Hermon mit einer Höhe von 2814 m NN herausragt. Das transjordanische Hochland zieht sich zunächst über den Golan, der mit seiner fruchtbaren Hochfläche nicht nur für den Weinanbau berühmt ist. Südlich des Jarmuk beginnt das heutige Staatsgebiet Jordaniens. Es bricht im Westen in einem atemberaubenden Steilabfall zur Jordansenke ab. An vielen Orten wird dadurch ein beeindruckender Ausblick auf das westjordanische Gebiet möglich – so u. a. am Nebo, der deshalb im Buch Deuteronomium die Rolle des ›Ausblicks ins Heilige Land‹ einnimmt. Tief eingeschnittene Täler (besonders der Jarmuk, Jabbok, Arnon und Sered) entwässern nach Westen und gliedern das Land von Nord nach Süd in einzelne Regionen (u. a. Gilead, Ammon, Moab, Edom). Im Osten geht das Hochland allmählich in Steppen- und Wüstengebiete über.
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Abb. 60: Topografische Landkarte Palästinas.
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3. Wo spielte sich alles ab?
3.2.2 Handelswege
Abb. 61: Haupthandelsstraßen Palästinas. Der Verlauf der ›Via nova Traiana‹ wurde zugunsten der früheren Handelswege nur angedeutet.
Der wichtigste Landweg durch Palästina war von alters her die später von den Römern ›Via maris‹ genannte Straße, die aus Ägypten kommend nach Norden führte. Nach der Überquerung des Karmel gelangte man einerseits über Hazor in Richtung Nordosten nach Damaskus (›Weg zum Meer‹) bzw. Richtung Norden in die Beqa-Ebene, während die Küstenstraße über Akko, Tyrus und Sidon weiter am Mittelmeer entlang führte. Eine zweite, in alttestamentlicher Zeit gleichermaßen als Hauptstraße erster Ordnung anzusehende Verkehrsader war der ›Königsweg‹, der sich im Ostjordanland vom Roten Meer über Rabbat-Ammon nach Damaskus zog (in römischer Zeit verlief hier bzw. östlich davon die ›Via nova Traiana‹). Der ›Königsweg‹ musste alle bedeutenden Täler der von Ost nach West zum Grabenbruch hin entwässernden Flüsse/ Wadis durchqueren. Große Bedeutung erlangte schließlich auch die ›Weihrauchstraße‹, die – aus Arabien kommend – über Petra nach Gaza führte. Wichtige Aufgaben erfüllen auch der Weg über das cisjordanische Gebirge von Beerscheba bzw. Arad über Hebron, Betlehem, Jerusalem und Sichem bis in die Jesreelebene, die Verbindung zwischen dem See Genezaret und dem Toten Meer und schließlich die mehrfachen Ost-West-Verbindungen zwischen Mittelmeer und westjordanischem Bergland bzw. ostjordanischem Hochplateau.
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3.2 Landeskunde
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Der Seeweg entlang der Mittelmeerküste war wie geschaffen für den Fernhandel. Es ist anzunehmen, dass bereits am Ende des 4. Jt. v. Chr. die Küstenschifffahrt zwischen dem Nildelta im Süden und den syrischen Häfen im Norden einsetzte und dabei selbstverständlich auch die palästinische Küste berührte. Pharao Thutmosis III. (1459-1425 v. Chr.) ließ seine Kriegszüge detailliert beschreiben, sodass auch Überlieferungen über die Straßen, die er mit seinem Heer beschreiten konnte, erhalten blieben. In einer Inschrift im Amun-Tempel von Karnak (Theben Ost) berichtet er von einem Kriegszug, bei dem er im Mai 1457 v. Chr. das unter dem Kommando des Fürsten von Kadesch stehende Megiddo eroberte und den Einfluss der Mitanni zurückdrängte. Bis Gaza rückte das Heer in 11 Tagen mit einem Tempo von 25 km pro Tag vor. Über Afek zog er gegen Megiddo, wo sich seine Feinde versammelt hatten. Der Übergang über den Karmel stellte seinen Kriegszug vor eine entscheidende Herausforderung. Nach der Inschrift im Amun-Tempel überstimmte er seine Generäle hinsichtlich des Weges nach Megiddo. Nicht über Jokneam (im Norden) oder über Taanach (im Süden), wo seine Feinde ihn letztlich auch erwarteten, sondern auf direktem, schwierigem Wege rückte er durch das Gebirge vor. Damit überraschte er seine Gegner und rieb sie auf. – Weitere Städtelisten Palästinas aus Siegesinschriften von Pharaonen des Neuen Reiches (Sethos I., Ramses II. und Schoschenq I.) sind u. a. von Inschriften auf den Tempelwänden Thebens in Karnak und Mēdinet Hābū bekannt. Insgesamt sind ca. 100 Namen palästinischer Ortschaften zu identifizieren. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Baly 1966; Donner 21988; Hütteroth/Abdulfattah 1977; Karmon 21994; Thiel 1989, 93-96; Wagner 2001 und Zwickel 2002.
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4. Was findet man?
4.1 Taphonomie
Abb. 62: Omayyadische Amphore (Tell Zerā‛a, Areal II, 2007).
1. 2.
Archäologie kann Vergangenes immer nur zum Teil rekonstruieren. Niemals findet man komplette, unveränderte Fundzusammenhänge. Biologische, chemische und physikalische Prozesse konnten über lange Zeit auf die in geschichtlicher Zeit verschütteten archäologischen Zeugnisse einwirken, sie verändern bzw. zu deren vollständiger Zersetzung oder Umwandlung führen. Was bleibt übrig? Unter welchen Bedingungen? Was fehlt? Warum? Die Lehre von der Ablagerung archäologischen Materials, die Taphonomie 1, untersucht all die Vorgänge, die die (Be-)Funde von ihrer Herstellung oder Erstbenutzung bis zur Katalogisierung auf dem Schreibtisch der Archäologen/-innen durchliefen. Dazu gehören u. a. Fragen nach – der Art der Ablagerung, – den Bedingungen, die zur Erhaltung oder teilweisen Zersetzung führten und – den Gründen, die die vorgefundene Fundvergesellschaftung beeinflussten 2.
Vgl. dazu Sommer 1991, 51 ff. Schiffer 1972, 156-165; 1976; 1983, 675-706; 1985, 18-41; 1987 und Schiffer/ Downing/McCarthy 1981, 68-86.
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4.1 Taphonomie
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4.1.1 Vom Rohmaterial bis zum archäologischen (Be-)Fund Der lange Weg vom Rohmaterial bis zum archäologischen (Be-) Fund soll an einem Beispiel verdeutlicht werden: Das Inventar eines Hauses war, während es bewohnt wurde, ›vollständig‹. Bei seiner Zerstörung wurde im ungünstigsten Fall für seine Bewohner – z. B. bei einem plötzlichen starken Erdbeben – das gesamte
Abb. 63: ›Aktive‹ und ›passive Nutzungsinventare‹. Während die Bewohner das Haus auf der linken Seite ›geordnet‹ verließen und dabei alle bewegliche Habe mitnahmen, wurde das Haus auf der rechten Seite in einem Zug zerstört (z. B. Krieg oder Feuer), ohne dass die Bewohner Artefakte entfernen konnten. Im Bild unten wird der Fundzustand während der Ausgrabung angedeutet. Artefakte aus verschiedenen Ebenen liegen nun in einer Schicht.
Inventar, abzüglich schnell noch ergriffener Wertgegenstände, verschüttet 3. Trotz dieses, (nur) für die archäologische Forschung vorteilhaften Hergangs ist heute kein vollständiges Inventar (man spricht vom ›systematischen Inventar‹) freizulegen. Holzbalken verbrannten oder zerfielen amorph, Wände stürzten ein und der nachfolgende Regen spülte eine große Menge Lehm samt eingeschlossener Artefakte fort. Die sich daran anschließenden Ereignis-
3.
Einen solchen Extremfall verkörpert die Zerstörung der Städte Pompeji und Herculaneum. G. Fiorelli konnte hier selbst die von der Vulkanasche eingeschlossenen traurig-berühmten !Opfer der Katastrophe figürlich wiederherstellen, indem er die von deren Körpern herrührenden Hohlräume unter der Verschüttungsschicht ausgoss (S. 25 Abb. 6).
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Abb. 64: Stationen der Keramik bis zur archäologischen Auswertung. Das schematisch dargestellte Beispiel zeigt, dass Artefakte, hier Keramikscherben, Spuren einer langen Geschichte tragen. Nicht allein ihre ursprüngliche Form und Funktion und damit der Gebrauch der ehemaligen Objekte kann erschlossen werden. Man kann vielmehr auch Fragen nach der Herkunft und der Bearbeitung des Rohmaterials, der Technik bei der Herstellung des ursprünglichen Produkts und nach der Art der Zerstörung sowie der Ablagerung der aufgefundenen Reste stellen.
4. Was findet man?
se sind vielgestaltig denkbar: Selbst wenn die Opfer nicht in letzter Minute noch wichtige Gegenstände an sich bringen und mit ins Freie retten konnten, war es ihnen vielleicht möglich, zurückzukehren und ebenso, wie es Nachbarn und Fremde sicher taten, nach Wertvollem oder Verwertbarem zu suchen. Spätere Bewohner des Ortes drangen möglicherweise in die ehemalige Siedlungsschicht ein, als sie Gruben oder Fundamentgräben aushoben. Auch Bakterien griffen in die Fundumstände ein. Sie zerstörten den nicht karbonisierten Teil des organischen Materials. Tiere scharrten Gruben, Gänge und Höhlen. Meteorologische (z. B. starker Regen) und geologische Einflüsse (z. B. Erdbeben) taten ein Übriges. – Der archäologisch aufweisbare Befund, d. h. der komplexe materielle Ausgrabungszusammenhang, ist demzufolge in jedem Stadium des Zerfalls stets nur eine Auswahl aller ursprünglich einmal vorhandenen Evidenz. Der plötzliche Zerfall eines bewohnten Hauses hinterließ ein ›aktives Nutzungsinventar‹. Eine weit geringere Funddichte ergab sich, wenn die Bewohner ihr Wohnhaus vor dessen Zerstörung oder dessen langsamen Verfall bewusst mit ihren Habseligkeiten verließen (›passives Nutzungsinventar‹). Doch damit nicht genug: Mehrstöckige Häuser wurden in jeder Ebene einschließlich ihrer flachen Dächer (z. B. zum Ablagern oder Trocknen) benutzt. Bei der Zerstörung solcher Häuser wurden die Funde aus dem Obergeschoss und/oder vom Dach mit dem Fundzusammenhang des Erdgeschosses vermischt. Insofern kann man nicht vorschnell auf Funktionen in einem bestimmten Raum schließen, ohne einen Blick auf die Fundvergesellschaftung, besonders aber auf unbewegliche Einbauten (wie z. B. Öfen und Feuerstellen) zu werfen. Um das Leben, das sich hinter einem Ausgrabungszusammenhang (Befund) verbirgt, wirklich ›lesen‹ zu können, erscheint es daher äußerst wichtig, den Kontext der Artefakte und Ökofakte genau zu analysieren. Nur so können die erhaltenen Informationen erkannt und erschlossen werden. Mögen einzelne künstlerisch hervorragend gestaltete Funde das Herz der Museumsbesucher erfreuen – der angestrebte archäologische Erkenntnisgewinn über das vielfältige Leben der untersuchten Gesellschaft verlangt eine akribische Aufnahme, Analyse und Interpretation aller Befunde und Funde.
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4.1 Taphonomie
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4.1.2 Ein Jahrtausendfund am Westufer des Toten Meeres In Bereichen mit extremen Umweltbedingungen wie in den trockenen Gebieten am westlichen Ufer des Toten Meeres war selbst das Überdauern organischer Materialien (wie z. B. Textilien, Korbwaren, Leder und Papyrus) möglich. Die Funde in den berühmten Höhlen von Ḫirbet Qumrān und im nahe gelegenen Wādī el-Murabba‛āt in der jüdäischen Wüste legen davon beredtes Zeugnis ab.
Abb. 65: Höhlen bei Ḫirbet Qumrān.
Solche Sternstunden archäologischer Entdeckungen faszinieren die Menschheit seit jeher. Wichtige Bereiche der sonst nicht (oder nur schwer) erschließbaren Lebensformen werden mit einem Male sichtbar. Es gibt verschiedene Versionen vom Auffinden der Rollen am Toten Meer 4. Möglicherweise war es so: Im Frühjahr 1947 suchten zwei Beduinenjungen aus dem Stamm der Ta‛amira bei Ḫirbet Qumrān nach einem entlaufenen Tier. Sie fanden dabei zufällig in einer Höhle alte Tonkrüge, in denen beschriebene Rollen lagerten. Einige dieser Rollen kamen in den
4.
Harding 1955, 3-7.
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4. Was findet man?
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Besitz von Antiquitätenhändlern in Betlehem. Von dort gelangten vier Handschriften (davon eine in zwei Teilen) zum syrisch-orthodoxen Metropoliten von Jerusalem, Athanasius Jeschue Samuel. Ein zweiter Teil wurde Ende 1947 durch !Eliezer L. Sukenik (S. 41) auf nicht mehr ganz nachvollziehbarem Wege für die ›Hebrew University‹ in Jerusalem angekauft. Der syrisch-orthodoxe Metropolit Athanasius Jeschue Samuel ließ seine Rollen u. a. bei der ›American School of Oriental Research‹ durch John C. Trever (1916-2006) begutachten. Der erkannte als erster der herbeigezogenen Gelehrten ihr Alter und ihren Wert. Daraufhin wurde am 11. April 1948 die Weltpresse informiert. Der Metropolit reiste später in die Vereinigten Staaten, um die Rollen zu verkaufen, was ihm aber zunächst nicht gelang. Schließlich erwarb sie der israelische Staat per Mittelsmann im Juli 1954 für vermutlich 300.000 US-Dollar.
Abb. 66: Tonkrug, in dem Schriftrollen vom Toten Meer aufbewahrt wurden (Original BM).
Von 1947 bis 1956 wurden in den Höhlen bei Ḫirbet Qumrān und im nahe gelegenen Wādī el-Murabba‛āt Schrift- und einige Sachfunde (u. a. Sandalen und Kleidung) entdeckt. Die Schriften vom Toten Meer geben zwar bezüglich ihrer Zuordnung zur jüdischen Sekte der Essener und zur Siedlung Ḫirbet Qumrān einige Rätsel auf, doch haben sie das Wissen über wesentliche Bereiche der jüdischen Gesellschaft zwischen dem 3./2. Jh. v. Chr. und den beiden jüdischen Aufständen (66-70/132135 n. Chr.) beträchtlich erweitert. Weil die absolute Trockenheit die Schriftträger (meist Leder) überdauern ließ und der vermutlich gewaltsame Tod der für das Verbergen der Funde verantwortlichen Juden das Bergen und die Weiterverwendung der Funde nach dem Kampf gegen die Römer offenbar verhinderte, erschließt sich heute nach über zwei Jahrtausenden eine bis dato nicht für möglich geglaubte Vielfalt an Mitteilungen zur jüdischen Glaubens- und Religionsgeschichte: a) Die Fragmente alttestamentlicher Schriftrollen sind die mit Abstand ältesten Zeugnisse der hebräischen Textüberlieferung 5 und eröffnen einen grundlegenden Zugang zur Textgeschichte des Alten Testaments vor der Kanonisierung des um etwa 100 n. Chr. in seinem Umfang und Bestand festgelegten alttestamentlichen Konsonantentextes. b) Die Schriften geben einen einzigartigen und vielgestaltigen Einblick in das religiöse Leben und Denken, das Schicksal und die Hoffnungen der jüdischen Gemeinschaft bzw. einzelner Gruppen und ergänzen das Wissen über die damalige Gesellschaft jenseits der bisher bekannten Quellen (insbesondere das Neue Testament und Josephus Flavius). Sie führen uns die religiöse Situation des Judentums in der Zeit vor der und um die Zeitenwende vor Augen.
5.
Die Ehrfurcht vor den Heiligen Schriften gebot es den Juden, nicht mehr benutzbare Schriften zu bestatten. Folglich fehlen uns alte Vergleichsfunde zur Textgeschichte des Alten Testaments.
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4.1 Taphonomie
Ab Februar 1949 erkundete Gerald Lankester Harding (1901-1979) von der zuständigen Altertumsverwaltung in Amman den Bereich um die Fundhöhle, barg Reste von zwei der bereits bekannten Schriftrollen im dortigen Abraum und konnte durch die chronologische Bestimmung der Keramikkrüge die paläografische Datierung unterstützen. Gemeinsam mit Pater Roland de Vaux (1903-1971) von der ›École Biblique et Archaéologique Française de Jérusalem‹ untersuchte er schließlich die Siedlung Ḫirbet Qumrān (1951-1956) und die Höhlen des Wādī el-Murabba‛āt. Dabei entdeckte er bis 1956 noch 10 weitere Höhlen bei Ḫirbet Qumrān. Die Veröffentlichung dieser Funde oblag einem internationalen Forscherteam unter der Leitung von R. de Vaux.
Die Erhaltungsbedingungen im Bereich von Ḫirbet Qumrān, d. h. im Uferbereich am westlichen Toten Meer waren ideal. Zur Rekonstruktion von organischen Artefakten sind aber auch noch andere Bedingungen denkbar 6: Unter Luftabschluss bleiben sogar Getreidefunde (z. B. in Keramikgefäßen) erhalten. Holzkohlereste und karbonisierte botanische Makroreste sind ebenso in trockenen Erdschichten an eini6.
Organische Materialien können in Gebieten extremer Hitze sowie des ewigen Frostes (z. B. in einigen Bereichen Sibiriens) überdauern, aber auch in dauerhaft wasserdurchtränkten Feuchtbodensiedlungen (z. B. cirkumalpiner Raum Europas).
91
Abb. 67: Jesajarolle (1Q Isa) aus Ḫirbet Qumrān (ca. 200150 v. Chr.). Hervorgehoben ist deren Abweichung im Konsonantenbestand von der in der Exegese allgemein benutzten hebräischen Textausgabe (BHS; erstellt auf der Grundlage des ›Codex Leningradensis‹ aus dem Jahr 1008 n. Chr.) in Jes 40, 6 (»Es spricht eine Stimme: Predige!, und ich sprach: Was soll ich predigen?«).
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Abb. 68: Erhaltungsgrad von Materialien in Trocken- und Feuchtgebieten. Materialien werden nicht nur bei extremer Trockenheit konserviert, sondern besonders gut auch durch sie umgebendes Wasser (z. B. Feuchtgebiete), sofern der Zutritt von Sauerstoff verhindert wird. Daten aus Renfrew/Bahn 3 2000, 68.
Abb. 69: Keramik mit Stoffabdrücken (Original BAI Wuppertal).
4. Was findet man?
gen Ausgrabungsstellen noch aufzufinden. Holzreste können z. B. auch sehr gut in Kupferbergwerken überdauern. Die Kupfersalze töten Mikroorganismen und hemmen daher die übliche Zersetzung organischer Materialien.
4.1.3 ›Fehlende‹ Materialien Unser Bild von der Vergangenheit wird von den vorhandenen (Be-) Funden geprägt. Doch auch die Funde und Fundgruppen, die üblicherweise die Zeiten nicht überdauern, gehörten ganz selbstverständlich zum Lebensalltag vergangener Jahrtausende. Es ist daher wichtig, ihre Funktion und Bedeutung aus direkten oder indirekten Hinweisen zu rekonstruieren, z. B. aus – Abdrücken von Stoffstrukturen oder Flechtmatten in Keramikobjekten, – Nachbildungen von Leder- oder Holzgefäßen in Form von Keramikobjekten oder – Einschlüssen in anderen Materialien. Selbstverständlich sind auch Text- und Bildträger wertvolle Quellen für die Rekonstruktion möglichst vollständiger Inventare.
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4.2 Altertümer Palästinas
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4.2 Altertümer Palästinas Sucht man nach den Spuren, die Menschen in der Vergangenheit hinterlassen haben, dann sind diese an den Plätzen besonders reich und repräsentativ aufzufinden, wo Menschen lebten und arbeiteten, wo sie Riten zelebrierten und kultische Handlungen begingen – d. h. in ihren Siedlungen und an Lagerplätzen, Begräbnisstätten und heiligen Orten (z. B. Heiligtümern, Tempeln), bei Wasserspeichern, landwirtschaftlichen und handwerklichen Installationen, aber auch an Abbauplätzen von Rohmaterialien. Im Folgenden sollen nur drei wichtige Kategorien von Altertümern durch jeweils einzelne Vertreter beispielhaft aufgeführt werden, deren Verständnis für die archäologische Arbeit (Prospektion in Kap. 5 und Ausgrabung in Kap. 6) von besonderem Interesse ist. Die generelle Klassifizierung der in Palästina aufzufindenden Befund- und Fundgattungen folgt in Kapitel 4.3. – Eine vorzügliche Übersicht über die Altertümer Palästinas in systematisch-chronologischer Ordnung findet sich bei Weippert 1988 (vom Paläolithikum bis zur persischen Zeit) und Kuhnen 1990 (vom Hellenismus bis in die byzantinische Zeit).
4.2.1 Siedlungsstätten Die Überreste der Vergangenheit sind nicht gleichmäßig über Palästina verteilt. Die in den zurückliegenden Jahrtausenden in Paläs-
Abb. 70: Der Tell Zerā‛a blickt auf eine mehr als 5000jährige Besiedlungsgeschichte zurück, die Mitte des 4. Jt. v. Chr. begann und erst am Anfang des 19. Jh. n. Chr. endete. Auf seinem Plateau befindet sich eine artesische Quelle. Vgl. dazu Vieweger/ Häser 2005; 2007a; 2009; 2010a.
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Abb. 71: Lehmziegel aus Jericho (Original Archäologisches Museum Amman).
4. Was findet man?
tina lebenden Menschen haben sich ihren unmittelbaren Lebensraum nicht völlig frei auswählen können. Siedlungen und Lagerplätze brauchten stets ausreichend Wasser, Weideland für die Tiere, landwirtschaftliche Flächen und eine mehr oder weniger gute Anbindung an den Warenaustausch ihrer Zeit. Außerdem mussten die Siedlungsplätze durch eine vorteilhafte Lage und/oder eine Ummauerung ausreichend Schutz bieten. Neue Orte wurden meist auf den Schuttmassen der verfallenen Vorgängersiedlungen angelegt, wobei man altes Baumaterial wieder neu nutzen konnte. Ohnehin waren zerfallene alte Ansiedlungen mit ihren großen Mengen an Steinfundamenten und ihrer verdichteten Oberfläche nicht mehr problemlos für den Feldbau zu verwenden, weshalb ein horizontales ›Wandern‹ der Siedlungen innerhalb landwirtschaftlich nutzbarer Gebiete nicht sinnvoll war. In der Frühen Bronzezeit entwickelten sich in Palästina einige geopolitisch privilegierte Ortslagen zu ummauerten städtischen Ansiedlungen. Viele von ihnen hatten bis in die zweite Hälfte des 1. Jt. v. Chr. so viele Nachfolgesiedlungen, dass Tells entstanden – Kulturschutthügel, denen seit jeher die archäologische Forschung ein besonderes Interesse entgegenbringt. Worum handelt es sich? – Die stark schematisierte Darstellung (Abb. 72) zeigt die Entstehung eines Tells. Er wird aus Schuttschichten zerstörter Ansiedlungen (Strata) gebildet, die sich in Form von mehr oder weniger ausgedehnten dünneren und dickeren Schichten über den gewachsenen Fels oder die unberührte Erde eines Ortes ziehen.
Tell (arab. Tell; hebr. Tēl) 7 ist ein semitisches Wort für Ruinenhügel, der durch horizontal übereinander liegende Schichten von zerfallenen oder zerstörten Siedlungen entstand, die im Laufe langer Zeitperioden an einem Ort nacheinander angelegt worden waren. Der Begriff Hirbe steht für eine Ortslage mit einer ˘ oder wenigen Kulturschichten (Strata). Diese Unterscheidung ist jedoch in der Archäologie genau so wenig endgültig definiert, wie sie im alltäglichen Sprachgebrauch säuberlich unterschieden wird. Die arabischen und israelischen Ortsnamen zeigen, wie großzügig die vorangestellten Wörter Ḫirbet …/Ḥorbat … und Tell …/ Tēl … zur näheren Bestimmung von Ortsnamen vergeben werden.
In Palästina wurden Häuser, deren Überreste heute in einer dieser Schuttschichten aufzufinden sind, ursprünglich zumeist auf Steinfundamenten gegründet und mit luftgetrockneten Ziegeln oder Lehmwänden aufgebaut. Wurden bei Katastrophen (Brand, Krieg, Erdbeben o. ä.) die Gebäude solcher Siedlungen verwüstet, so stürzten die Lehmmassen der Decken und der Wände über den 7.
Zur Klassifikation palästinischer Tells sowie zur Funktion und Bedeutung dieser Ansiedlungen als Teil der Kulturgeschichte Palästinas s. Dever 1996, 37-45.
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4.2 Altertümer Palästinas
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Grundmauern zusammen. Wenn die nachfolgenden Siedler dann unmittelbar nach der Katastrophe neue Häuser bauten, ebneten sie die Zerstörungsschicht ein und nutzten an Baumaterial, was an der Oberfläche verfügbar war. Folgte der Neuaufbau nicht unmittelbar, so bildete sich spätestens während der nächsten Regenzeit eine feste Schicht mit harter Oberfläche. Auf dieser harten Erd-
Abb. 72: Die Entstehung eines Tells (Strata in der Reihenfolge der Bebauung nummeriert). Bei Ausgrabungen werden die Siedlungsschichten umgekehrt in der Reihenfolge des Auffindens, d. h. vom jüngsten Stratum an, gezählt.
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Abb. 73: Gerasa – eine der Dekapolisstädte. Die sichtbaren Ruinen stammen vorrangig aus römischer und byzantinischer Zeit.
4. Was findet man?
kruste gründeten spätere Generationen wieder neue Steinfundamente für neue Häuser, die sie in aller Regel wiederum mit Lehmwänden aufmauerten. Die mächtigen steinernen Stadtmauerfundamente wurden bei einer Zerstörung selbstverständlich ebenso von den in aller Regel aus luftgetrockneten Lehmziegeln gemauerten oberen Stadtmauerschichten überschüttet, sodass die Hänge der Tells – durch die Stadtmauerfundamente gut gegen Erosion geschützt – meist recht steil nach oben führen. Aufgrund dieser mehrfachen Schichtung von Ortslagen übereinander kann man auf einem Tell im Idealfall die erhaltenen Siedlungsreste entsprechend ihrer zeitlichen Reihenfolge getrennt abheben und in jeder Schicht auch das zu ihr gehörende materielle Erbe entdecken (Gebäude, Tore, Straßen, Keramik, Metallgegenstände, Steinwerkzeuge, Haushaltsgeräte, Schmuck u. a.). An Siedlungsplätzen in guter klimatischer und strategischer Lage können Tells eine Höhe von 20 m und mehr erreichen. Viele Ortslagen waren nicht durchgängig zu allen Zeiten bewohnt, manche nur wenige Male. Daher hat sich nicht jede potentielle Siedlungsstätte im Laufe der Zeit zu einem Tell entwickeln können. Manche Stätten – meist Ḫirben genannt – bergen daher nur wenige oder auch nur eine Besiedlungsschicht. Von den eben beschriebenen Altertümern sind besonders die in den Ebenen und auf flachem Gelände großzügig angelegten repräsentativen Städte aus späterer (hellenistischer, römischer oder by-
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4.2 Altertümer Palästinas
zantinischer) Zeit zu unterscheiden. Sie können noch heute aufgrund ihres qualitativ beständigeren und gut verarbeiteten Baumaterials (behauener Naturstein statt Lehmarchitektur) als weiträumige Ruinenplätze aufgefunden oder freigelegt werden. Als Teil der hellenistisch-römisch/byzantinischen Kultur sind sie den klassischen Ruinenstätten im Mittelmeerraum in ihrer Entstehung, Baugeschichte und Anlage ähnlich. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Homès-Fredericq/Hennessy 1986/1989; Kossak 1994, 1-18; Kuhnen 1990; NEAEHL 1993 und Weippert 1988.
4.2.2 Gräber Die Grabbauten Palästinas sind vielgestaltig und lassen auf noch vielfältigere und im Laufe der Zeit sich auch immer wieder verändernde Bestattungssitten schließen. Grabbefunde spiegeln das Leben ihrer Zeit nicht in direkter Weise wider. Die einzelnen Objekte wurden mit einer bestimmten Intention niedergelegt. Daher sind sie nur innerhalb ihres eigenen Beziehungssystems verständlich: aus dem jeweiligen Bestattungsbrauchtum auf der Basis der Tod- und Jenseitsvorstellung ihrer Zeit. Im Folgenden sollen einige typische Grabformen genannt werden, die im Zusammenhang mit den wechselnden Begräbnissitten in Palästina immer wieder erwähnt werden. Seit dem Epipaläolithikum sind Bestattungen im Bereich von Wohnhöhlen und Siedlungsplätzen bekannt 8. Während des Neolithikums wurden die Toten häufig unter den Fußböden der Wohnhäuser bestattet, wobei z.T. die Schädel separiert wurden. In diesem (wohl nur bei besonderen, herausgehobenen Bestattungen praktizierten) Brauch dokumentiert sich die enge Verbundenheit der Familien mit ihren Ahnen. Dem Ahnenkult können vielleicht auch die berühmten anthropomorphen Figurinen aus ‛Ēn Ġazāl zugerechnet werden. Im Chalkolithikum 9 wurden Begräbnisse unter den Wohnhäusern selten. Die einzelnen Begräbnisformen variierten bereits stark. In den Nekropolen gab es sowohl Steinkistengräber 10 als auch oberirdische, runde Grabhäuser. Außerdem sind Bestattungen in
8. Besonders häufig im Neolithikum. 9. Vgl. hierzu Weippert 1988, 136 f. 10. Rechteckige Gruben, die mit Steinen ausgelegt wurden.
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4. Was findet man?
natürlichen Höhlen bekannt. Hervorzuheben sind tönerne und steinerne Ossuarien als Behälter für Zweitbestattungen.
Abb. 74: Figurenfund in ‛Ēn Ġazāl (PPNB). Möglicherweise mit dem Ahnenkult in Verbindung stehend. Vgl. auch Tubb 2001/2002.
In der Frühbronzezeit gab es kaum noch Bestattungen innerhalb von Ortschaften. Große Friedhöfe entstanden in unmittelbarer Nähe von Siedlungen. Die Toten wurden dabei in einfachen Erdbestattungen, in aus dem Felsen geschlagenen Schachtkammergräbern 11, in oberirdischen Totenhäusern 12 oder Tumuligräbern 13 bestattet. Auch in der mittleren und späten Bronze- sowie der Eisenzeit wurden die Gräber fast nur noch außerhalb der Siedlungen angelegt. Sowohl die Erd- als auch die Felsgräber (vom einfachen Grubengrab über Höhlen- und Schachtkammergräbern mit einer oder mehreren Kammern bis zu Diwan-, Bank- und Arkosolgräbern 14) spiegeln eine große Breite von Bestattungsbräuchen wider.
11. In den Felsen geschlagene Kammern, die durch einen vertikalen Zugang/Schacht erreicht wurden. 12. Dies waren meist Breitraumhäuser, den Häusern der Lebenden nachgestaltet. Hier fanden z. T. mehr als 100 Tote ihre letzte Ruhe. Vgl. bes. die große Nekropole von Bāb eḏ-Ḏrā‛. 13. Einzelbestattungen, Steinkistengräber, die mit einem kreisförmigen Steinhaufen überdeckt wurden. 14. Vgl. hierzu ausführlich Weippert 1988, 371 ff. 486 ff.
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4.2 Altertümer Palästinas
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Abb. 75: 1. Grab aus Jericho (MB); 2. Schachtgrab aus Geser (Hyksoszeit); 3. Doppelkammergrab aus Tell el-‛Aǧǧūl (Hyksoszeit); 4. Diwangrab aus Tell elFār‛a Süd (›Philistergrab‹); 5. Katakombengrab aus Geser mit langen Leichenund kurzen Ossuar(?)nischen (hell.-röm. Zeit); aus BHH I 605.
Als Besonderheit soll noch auf die anthropoiden Sarkophage der ausgehenden Spätbronze- und der Eisen-I-Zeit u. a. aus Bet-Schean, Pella, Tell el-Fār‛a (Süd) und Dēr el-Balaḥ hingewiesen werden, die einen ägyptischen wie auch philistäischen Einfluss bei der Bestattungspraxis bestimmter Bevölkerungsschichten zeigen. Im hellenistisch-römischen Zeitalter wurden die Grabbauten und die Bestattungsriten von einer übergreifenden, die gesamte Mittelmeerwelt prägenden Kultur beeinflusst. Das Katakombengrab aus Geser mit langen Leichen- und kurzen Ossuar(?)nischen (Abb. 75/5) wurde demzufolge auch wesentlich repräsentativer ausgestattet.
Abb. 76: Anthropoider Sarkophag (Original IM).
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4. Was findet man? Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Bloch-Smith 1992; Campbell/Green 1995; Gonen 1992; Kuhnen 1987; 1990; Nunn 2000, 389-463; Rahmani 1994; Weippert 1988 und Wenning 1993, 177-181; 1997, 82-93.
4.2.3 Horte/Depots
Abb. 77: Oberschwelle am Grab des Ussia. Die Inschrift sagt aus, dass hierher die Gebeine des judäischen Königs gebracht wurden. Das Öffnen des Grabes wird verboten (Original IM).
Ein Hort besteht aus mehreren, in unmittelbar räumlichem Zusammenhang abgelegten Altertümern. So konnten Münzen in unsicheren Zeiten vergraben, Schmuck, Halbfertigwaren, Keramikgefäße und wertvolle metallene Rohmaterialien vor dem Zugriff anderer versteckt werden und seither unentdeckt bleiben. In diesem Sinne ist die Ablage der in !Ḫirbet Qumrān aufgefundenen Schriftrollen auch als Hort anzusehen (Kap. 4.1.2). Neben wertvollen Gütern, die für eine gewisse Zeit versteckt werden sollten, gab es aber auch religiös motivierte, in die Erde vergrabene oder z. B. in Felsspalten verborgene Opfer- und Weihegaben an göttliche Adressaten. Der bekannteste Hortfund Palästinas ist zweifellos der 1961 von Pessah Bar-Adon 15 in einer recht unscheinbaren Höhle in der judäischen Wüste aufgefundene Kupferschatz von Naḥal Mišmār (Wādī Maḥras). Dort wurden – versteckt in einer Felsspalte – über 416 metallene Gegenstände 16 aus dem Chalkolithikum aufgefunden. Die meisten Fundstücke wurden mit dem aufwendigen Wachsausschmelzverfahren hergestellt. Nach 14C-Analysen einer Schilfmatte, in der die Objekte lagerten, ist die Ablage um 3500 v. Chr. zu datieren 17. David Ussishkin 18 meinte (wie auch der Ausgräber P. BarAdon), die Fundstücke seien rituelle Gegenstände, welche die Priester des nahegelegenen Tempels von En Gedi hier bei drohender Gefahr abgelegt hätten. Miriam Tadmor 19 weist den Hort (der nicht nur kultische Objekte beinhaltet) einem Händler zu, denn 15. Bar-Adon 1980, 7. 16. Es handelte sich um Äxte, Ahlen, Meißel (also Werkzeuge), Keulenstäbe, Keulenköpfe, Zepter/Standartenbekrönungen, ›Krone‹ sowie Gefäße (d. h. ›Zeremonialobjekte‹). Zusätzlich wurden acht Ringe aus Gold bzw. Elektrum, sechs Elfenbeinobjekte, sieben Keulenköpfe aus Hämatit und ein weiterer aus Kalkstein entdeckt. 17. Zur Diskussion der chronologischen Fragen s. Joffe/Dessel 1995, 507-518. 18. Ussishkin 1971, 23-39. – Offen bleibt, ob der Hort möglicherweise auch als Opfergabe oder Weihefund anzusprechen ist. 19. Tadmor 1989, 250 und bes. die umfangreiche Publikation Tadmor/Kedem et al. 1995, 95-148.
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auch ein Tempel brauche nicht so viele gleichartige Gegenstände, vor allem nicht 240 Keulenköpfe. Der Hortfund ermöglicht grundlegende Studien zur Technikgeschichte des Chalkolithikums. Die Prestigeobjekte weisen hohe Konzentrationen von Arsen und Antimon auf, die auf die Verhüttung entsprechend zusammengesetzter Erze verweisen. Das Metall wurde von weither nach Palästina importiert. Naturwissenschaftliche Untersuchungen legen eine Herkunft aus dem (Trans-)Kaukasus oder dem Iran nahe 20.
Ein bedeutender Silberhort wurde 1995 in der Nähe des Mittelmeerhafens von Dor durch Ephraim Stern 21 als stratifizierter Ausgrabungsfund entdeckt. Er enthielt mehr als 8 kg Silber. Neben wenigen Schmuckstücken waren insbesondere Bruchstücke einer gegossenen Silbertafel in einer Stückelung von je etwa 490 g deponiert. Die aus dem späten 11. oder frühen 10. Jh. v. Chr. stammenden und der damaligen phönizischen Ansiedlung von Dor 20. Mündliche Mitteilung A. Hauptmann, Deutsches Bergbaumuseum Bochum. Vgl. auch Genz/Hauptmann 2002, 150-152. 21. Stern 1998, 46-51.
Abb. 78: Der Hortfund von Naḥal Mišmār ›in situ‹.
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4. Was findet man?
zuzurechnenden Fundstücke waren in Leinensäckchen verstaut worden und mit einem Siegel verschlossen, das vermutlich aus dem 18.(!) Jh. v. Chr. stammte. Der Krug war – wohl in der Erwartung eines Unglücks – im Boden eines Hauses vergraben worden. Weitere bedeutende Depots wurden u. a. in Ṭawīlān (goldene Schmuckstücke aus der Eisenzeit) 22, Tēl Ṣippōr (62 Silbermünzen; ca. 300 v. Chr.) 23, in Ḫirbet Qumrān (24 Silbermünzen aus dem 2./ 1. Jh. v. Chr.) 24 und in Cäsarea (Goldmünzen aus römischer Zeit) 25 geborgen. Sie sind allesamt wichtige Quellen zur Rekonstruktion von Metallverarbeitung und Kunstschmiedetechnik. In ihrem Fundkontext bieten sie wertvolle Einblicke in die Zeit vor ihrer Niederlegung 26.
Abb. 79: Ein Zepter/eine Standartenbekrönung und die ›Krone 7‹ aus dem Hortfund von Naḥal Mišmār (Original IM).
4.3 Systematik archäologischer Quellen Die Vielfalt der in Palästina insgesamt aufzufindenden archäologischen Zeugnisse ist überwältigend und geht weit über das bisher 22. 23. 24. 25. 26.
Bennett/Bienkowski 1995. Rahmani 1964, 33-38. Vgl. dazu Sharabani 1980, 274-284 und Meshorer 1982. Kindler 1969, 69-101; Bull/Storvick 1993, 116-120 und Lampinen 1999, 368-388. Zu Hortfunden der frühen und mittleren Bronzezeit s. Philip 1988, 190-208.
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4.3 Systematik archäologischer Quellen
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Beschriebene hinaus. Sie reicht von Steinwerkzeugen über die nahezu ›allgegenwärtigen‹ Scherben und Metallobjekte bis hin zu Bild- und Textträgern sowie Kultsteinen, Wasserkanälen, Hausstrukturen und Stadtanlagen. Doch nicht nur menschlich bearbeitetes oder hergestelltes Gut, auch vom Menschen unbearbeitetes Material ist für die archäologische Forschung von Bedeutung. Wie ist diese Vielgestaltigkeit aller (Be-)Funde zu untergliedern? In der folgenden Tabelle werden die archäologischen Quellen nach Kategorien geordnet. Diese lassen sich in zwei größere Gruppen, nämlich Befunde (Kap. 6.4.1) und Funde (Kap. 6.4.2) zusammenfassen. In der hier beigegebenen Tabelle werden die zu den Funden gehörenden Kategorien im Schriftbild farbig hinterlegt. Überreste aus der Vergangenheit und ihre Gattungen (evidence) vom Menschen bearbeitete oder hergestellte Objekte/Artefakte, auch Tierknochen 27 (artifacts)
organisches Material, Bestandteile der natürlichen Umwelt/Ökofakte (ecofacts)
a) bewegliche Habe, z. B. Werkzeuge, Gerätschaften, Behältnisse, Rundbilder, Glypten, Schmuck u. a. (portable objects) b) unbewegliche Installationen, z. B. Pfostenstellungen, Öfen, Vorratsgruben, Flachbilder 28 (features) c) komplexe Strukturen, z. B. Architektur jeglicher Art, wie Stadtanlagen, Sakral-, Repräsentativ- und Wohnbauten (structures) d) abstrahiertes Überlieferungsgut: Bild- und Schriftträger (abstract sources) Welche Aktivitäten haben Menschen entfaltet? Unter welchen Bedingungen haben Menschen gelebt? Archäologische Stätten (sites) 29
27. Vgl. dazu die ausführliche Diskussion bei Reitz/Wing 1999, 6-10. 28. Reliefs und Zeichnungen auf unbeweglichem Untergrund (Fels, Wände) oder reliefierte Darstellungen auf Obelisken, Stelen, Mobiliar, Gerät u. a. 29. Orte mit nachweisbarer menschlicher Aktivität (vom kurzzeitigen Lagerplatz bis zum über Jahrhunderte benutzten Siedlungshügel oder Begräbnisplatz).
Abb. 80: Systematische Gliederung der archäologischen Evidenz. Als Grundlage dieser Tabelle diente Renfrew/ Bahn 21994, 41 ff.; 32000, 49 ff.
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5. Wie entdeckt man Spuren der Vergangenheit?
Abb. 81: Südlicher Teil des Cardo in Jerusalem, byzantinisch.
Es gibt kaum ein Thema, bei dem sich die religiösen Interessen von Christen und Juden den Fragen der Archäologie und der Historie so stark annähern, wie bei der Suche nach den Stätten der großen Traditionen Palästinas. Das Alte und das Neue Testament hielten im Abendland die Motivation für die Beschäftigung mit dem Orient über zwei Jahrtausende aufrecht. Das Studium der Bibel warf aber Fragen auf: Wo genau fanden die Ereignisse statt? Wie kann man ihnen nahekommen? Wo stand der Tempel? Wo begegnet man Leben und Leiden Jesu? Die Pilger aller Zeiten machten sich auf, um gerade auch die räumliche Nähe zu den Stätten zu suchen, an denen ihr Glaube seinen Ursprung nahm 1. Damit standen sie unweigerlich vor dem Problem: Wie und wo sind die Stätten der Bibel heute aufzufinden? Aber auch die Frage nach der Zuverlässigkeit der biblischen Aussagen bewegt die Gläubigen mindestens seit der Aufklärung. Ist das alles wahr? Ist es wirklich in Raum und Zeit passiert? Lässt sich die Bibel an Ort und Stelle beweisen? Es sei in diesem Zusammenhang daran erinnert, dass die in der zweiten Hälfte des 19. Jh. gegründeten großen biblisch-archäologischen Forschungsgemeinschaften (z. B. die !›American Palestine Exploration Society‹ ; S. 49 f.) stets auch von diesen Fragen getrieben wurden. Die ersten, die sich den topografischen Fragen stellten, waren die Pilger auf ihren ausgedehnten Reisen durch das Heilige Land (Kap. 5.1). Die (historische) Topografie nahm diese Fragestellung
1.
Vgl. dazu den markanten Titel von Pixner 1992 (»Mit Jesus durch Galiläa nach dem fünften Evangelium«) und die ebenda auf S. 7 ausgeführte Erläuterung: »So kann der Boden des Heiligen Landes als Schauplatz der Ereignisse um Jesus als ›Fünftes Evangelium‹ verstanden werden, wie sich schon andere ausgedrückt haben. Wer in diesem Buch der biblischen Landschaft zu lesen gelernt hat, dem öffnet sich mit neuer Klarheit die Botschaft der vier Evangelien«.
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5.1 Pilgerreisen
generell mit neuen methodischen Möglichkeiten im 19. und 20. Jh. n. Chr. wieder auf (Kap. 5.2.). Die archäologische Erforschung Palästinas wendet heute ›klassisch‹ archäologische (Kap. 5.3), luftbildgestützte (Kap. 5.4), naturwissenschaftliche (Kap. 5.5) und computergestützte Methoden (Kap. 5.6) an, um archäologisch interessante Orte in Palästina aufzuspüren.
5.1 Pilgerreisen »Ich freute mich über die, die zu mir sagten: Lasst uns zum Haus des HERRN pilgern!« (Psalm 122, 1).
5.1.1 Alttestamentliche Wallfahrten Gott nahe sein! Ihm begegnen! – Die Gläubigen in alttestamentlicher Zeit bauten Heiligtümer oft an den Stellen, wo sie oder ihre Vorfahren ihren Göttern begegnet waren und Hilfe erhalten hatten. Dort wollten sie diese wieder neu befragen, bitten und ihnen lobsingen. Auch die Israeliten erschienen zu den großen Festen ihres !Jahreskreises (z. B. zur Ernte oder beim Weidewechsel; S. 170 f. mit Abb. 146) an den Heiligtümern ihres Gottes Jahwe, z. B. in Bet-El, Dan, Gilgal, Schilo, dem Hain Mamre bei Hebron oder in Jerusalem. Die Erzählung in I Sam 1 gewährt einen Einblick in den möglichen Ablauf einer solchen Feier am Heiligtum in Schilo und berichtet vom Gebet der Hanna um die Erfüllung ihres Herzenswunsches, der Geburt eines Sohnes. Als der König Josia (639-609 v. Chr.) im Jahr 622/1 v. Chr. alle Heiligtümer, an denen bis dahin der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs angebetet werden konnte, zerstören oder schließen ließ, wurde der Tempel von Jerusalem – der Zion – zur einzigen Stätte, an der man dem Gott Israels opfern durfte. Das bedeutete lange Wege – z.T. recht aufwendige Wallfahrten – zum zentralen Heiligtum, wo man nach Dtn 16,(1-)16 f. am besten dreimal im Jahr (zum Passa-/Mazzen-, Wochen- und Laubhüttenfest) erscheinen sollte 2.
2.
Als Wallfahrtslieder solcher religiös motivierter Reisen sind u. a. die Psalmen 120134 anzusehen.
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5. Wie entdeckt man Spuren der Vergangenheit?
Nur die Samaritaner, die sich als Nachfahren des 722/1 v. Chr. von den Assyrern eroberten Nordreichs Israel verstanden, beteten Jahwe auch nach der Kultreform des Königs Josia auf dem Berg Garizim bei Sichem an. 128 v. Chr. zerstörte der in Jerusalem regierende Hasmonäerkönig Johannes Hyrkanus I. ihren 332 v. Chr. gebauten Tempel auf dem Garizim. Auch das Neue Testament berichtet von der tiefen Kluft zwischen Juden und Samaritanern, z. B. in Mt 10, 5 f. und Lk 10, 30-37. Die Erzählung von Jesus und der Frau am Jakobsbrunnen (Joh 4, 1-42) spiegelt das religiöse Problem.
5.1.2 Jüdische Pilgerreisen
Abb. 82: ›Klagemauer‹ – die ehemalige Westmauer des herodianischen Tempelareals und heutige Begrenzung des Ḥaram eš-Šerīf.
Schon früh wurde es für Juden üblich, zu großen Festen nach Jerusalem zu pilgern, wovon z. B. Mk 10, 32; 11-16 parr.; Lk 2, 41 f., Josephus Flavius und der Talmud berichten. Dabei zog das Passafest die meisten Pilger an. Seit der Zerstörung des Tempels im Jahr 70 n. Chr. musste auf das Schlachten der Passalämmer im Tempel verzichtet werden. Nach dem verlorenen zweiten jüdischen Aufstand gegen die Römer (132-135 n. Chr.) brachen die Wallfahrtstraditionen für einige Zeit ganz ab, weil Juden die Stadt Jerusalem bei Todesstrafe nicht mehr betreten durften. Ab dem 3., spätestens aber im 4. Jh. n. Chr. konnten sie jedoch am Gedenktag der Tempelzerstörung (am 9. Av) 3 wieder an der Westmauer des ehemaligen Tempelplatzes beten. Die Tradition der ›Klagemauer‹ reicht bis in diese Zeit zurück. Erst Saladin erleichterte nach seiner Eroberung des Landes 1187 n. Chr. den Juden die Pilgerreisen nach Jerusalem 4.
5.1.3 Islamische Pilgerreisen Islamische Pilgerreisen nach Jerusalem darf es nach dem Koran nicht geben. Vielmehr wird sich der gläubige Muslim mindestens einmal im Leben nach Mekka begeben. Das heißt aber nicht, dass nicht auch Muslime aus frommer Leidenschaft nach Jerusalem gepilgert wären. Hier stand der einzigartige Felsendom, hier lokali3. 4.
Der Monat Av liegt im Juli/August unseres Kalenderjahres (vgl. Kap. 7.1.1). Vgl. hierzu z. B. Schreiner 1991.
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sierte die Tradition der Heiligen Schriften Abrahams Opfer (Gen 22) und Davids/Salomos Tempelbau und hierher – »zum weitentfernten Platz der Anbetung« – kam bei seiner nächtlichen Reise auch der Prophet Mohammed, als er in die himmlische Sphäre entrückt wurde (Sure 17, 2 f.).
Abb. 83: Felsendom.
Das ›Onomastikon‹ des Eusebius (ca. 263-339 n. Chr.) 5 ist eines der bemerkenswertesten Dokumente früher Beschäftigung mit der Topografie der Bibel. Ursprünglich bildete das Onomastikon den vierten Band, d. h. eine Art ›Register‹, des biblisch-geografischen Gesamtwerkes. Allerdings gingen die Bände I-III verloren. Der Verfasser, Eusebius, Bischof von Cäsarea, ging den damals noch bekannten oder in römisch-byzantinischer Zeit neu lokalisierten Orten der biblischen Überlieferung in alphabetischer Reihenfolge nach und machte Anmerkungen zu deren Geschichte und mit Hilfe des römischen Straßensystems auch zu deren geographischer Lage. Die im ›Onomastikon‹ enthaltenen Informationen basieren auf der Septuaginta (der griech. Bibelübersetzung), auf Mitteilungen von Josephus Flavius sowie auf eigenen Recherchen des Verfassers. Hieronymus (347-420 n. Chr.) – der bedeutende lateinische Kirchenvater – fügte dem ›Onomastikon‹ um 390 n. Chr. in Betlehem eine lateinische Übersetzung hinzu, wobei er seine griechische Vorlage z.T. überarbeitete und korrigierte.
5.1.4 Christliche Pilgerreisen Vom Beginn der Unternehmung ›Biblisch Reisen‹ im 4. Jh. n. Chr. wurde bereits oben berichtet (S. 23 f.). Als der christliche Glaube 5.
Klostermann 1904 (= 1966). Vgl. zum römischen Straßensystem um 300 n. Chr. bes. das ›Itinerarium Provinciarum Antonii Augusti‹.
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5. Wie entdeckt man Spuren der Vergangenheit?
im Römischen Reich offizielle Anerkennung gefunden hatte, machten sich mehr und mehr Christen auf, um zu den Apostelgräbern nach Rom, zum Grab des Hl. Martin († 397) nach Tours, in den Sinai oder zu den !heiligen Stätten Palästinas/Syriens zu pilgern. Der griechische Kirchenvater Origenes (ca. 185-254 n. Chr.) hatte durch seine exegetisch-landeskundlichen Arbeiten entscheidenden Anteil an der bereits im 2. und 3. Jh. n. Chr. aufkommenden Sehnsucht von Christen, die heiligen Stätten Palästinas zu besuchen 6. Die ›Via dolorosa‹ führt von Betanien bzw. dem Garten Getsemane bis zur Grabeskirche. Der Verlauf der wohl berühmtesten Straße Jerusalems, die fromme Christen bis heute (nicht nur) freitags im Gedenken an den Leidensweg Jesu meditierend und betend entlang ziehen, hält historischen Rückfragen nicht stand. Entscheidend für die Streckenführung ist die Frage, wo das Prätorium, der Sitz des an der Hinrichtung beteiligten Prokurators Pontius Pilatus, lag. In frühchristlicher Zeit wurde die ›Via dolorosa‹ durch den Südteil der Stadt geführt. Als man das ›Prätorium‹ auf dem sog. Zionsberg lokalisierte, vermutete man die ›Via dolorosa‹ sogar im südwestlichen Teil Jerusalems. Nach der Niederlage der Kreuzfahrer kamen die Franziskaner als Hüter der heiligen Stätten in die Stadt. Sie führten dort die lateinischen Pilger zu den Leidensorten Jesu. Die ›Via dolorosa‹ erhielt durch die Einflussnahme der Franziskaner bereits im 13. Jh. ihre heutige Route, wobei sie das ›Prätorium‹ an einem recht unwahrscheinlichen Ort – nördlich des Tempelplatzes – lokalisierten 7.
Abb. 84: Grabeskirche, Blick von Süden.
Natürlich zog es die Christen besonders nach Jerusalem, dem Ort der Passion und Auferstehung Jesu, wo man ihn – am Ende der Tage – auch zurückerwartete. Aber selbstverständlich zählten auch Orte wie Betlehem, Jericho, die Taufstelle(n) am Jordan und Hebron zu den begehrten Reisezielen – und nicht zu vergessen, die Plätze am See Genezaret, an denen Jesus gelehrt und Wunder bewirkt hatte. Doch es war nicht einfach, die Orte zu lokalisieren, an denen Jesus aus Nazaret gelebt und gelitten hatte. Die ersten christlichen 6. 7.
Hippler 1987, 43. Zur Wegführung der ›Via dolorosa‹ s. Schönfelder 1911, 578-597; Storme 21984; Facchini 1986 und Pixner 1991, 275-286. – Die frühchristliche Lokalisation des Prätoriums hatte den Hasmonäerpalast in der Nähe des herodianischen Tempels im Blick – eine Möglichkeit, die nicht völlig auszuschließen ist. Nach Josephus Flavius (Ant XVII 254-268; Bell II 41-54.277-279) und Philo von Alexandria (LegGai 38) ist das Prätorium eher im Herodespalast nahe der sog. Davidszitadelle zu vermuten (Mk 15,1-20 parr.). Eine überzeugende Argumentation zur Rekonstruktion des Passionsweges Jesu findet sich bei Otto 1980, 148-159.
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Gemeinden hatten in der Erwartung gelebt, Christus werde noch zu ihren Lebzeiten zurückkehren, um das himmlische Friedensreich aufzurichten (z. B. I Thess 4, 13-18). Niemand rechnete daher damals ernsthaft mit dem Problem, heilige Stätten einstmals wieder auffinden zu müssen. In Jerusalem waren die Probleme besonders groß. Die Stadt war gegen Ende des ersten jüdischen Aufstandes (66-70 n. Chr.) schwer zerstört worden und blieb zunächst in Ruinen liegen. Nach der Niederschlagung des zweiten, des Bar KochbaAufstandes (132-135 n. Chr.), der sich u. a. an den Vorstellungen des Kaisers Hadrian (117-138 n. Chr.) entzündete, aus Jerusalem eine hellenistisch-römische ›Polis‹ mit dem Namen Aelia Capitolina zu machen, setzte der Kaiser seine Pläne tatsächlich um. Der von ihm erbauten Stadt verlieh er baugeschichtlich ein ganz neues Gepräge, das übrigens bis heute in Grundzügen erhalten ist. Die römische Kolonie und Heimstatt der X. Legion Fretensis erhielt den nach dem hippodamischen Stadtplan 8 typischen Straßenverlauf 9. In der Stadt wurde ein Jupitertempel (oder eine -statue) auf dem ehemals jüdischen Tempelplatz gebaut. Am Forum – im Bereich der heutigen Grabeskirche – entstand ein Heiligtum für Aphrodite/Venus.
Das kollektive Gedächtnis hatte aber im 4. Jh. n. Chr. gerade diese Veränderungen weitgehend verdrängt und suchte die im Jahr 70 n. Chr. zerstörten Stätten mitten in der römisch geprägten Stadt 10. Helena, die Mutter des Kaisers Konstantin d. Gr. (306-337 n. Chr.), reiste 326/327 n. Chr. – nachdem der Kaiser den Bau der Grabeskirche in Auftrag gegeben hatte – in einer berühmt gewordenen Pilgerfahrt nach Jerusalem, u. a. um für die Untaten ihres Sohnes Konstantin um Vergebung zu bitten. Bischof Makarius führte sie bei ihrer Ankunft triumphal in die Stadt.
8.
Typischer karreeförmiger Aufriss hellenistisch-römischer Städte. Mitte des 5. Jh. v. Chr. in die griechische Welt durch Hippodamus von Milet in der Kolonie Thurioi (Süditalien) eingeführt. 9. Der ›Cardo maximus‹ wurde allerdings durch einen ebenfalls vom Damaskustor herkommenden ›Cardo valensis‹ ergänzt. 10. Eusebius (ca. 263-339 n. Chr.) verbindet Getsemane mit dem Gebet Jesu (Mk 14,32-42 parr.), der Pilger von Bordeaux (333 n. Chr.) mit dem Verrat durch Judas (Mk 14,43-52 parr.).
Abb. 85: Aelia Capitolina, Jerusalem nach der Umgestaltung durch Hadrian (117-138 n. Chr.).
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5. Wie entdeckt man Spuren der Vergangenheit?
Mit Helena begann die Legendenbildung um die Grabeskirche: Die Sage erzählt, sie habe nach dem Kreuz Jesu gesucht. Ein Jude verriet ihr nach Folterungen das ihm bekannte Versteck. Als sie an der bezeichneten Stelle nachgraben ließ, fand sie nahe Golgata drei Kreuze. Der Heilige Geist offenbarte ihr durch die Kreuzesinschrift das wahre Kreuz Christi. Schließlich konnte das Grab Christi aus dem Felsen herausgeschlagen und als Grabkapelle hergerichtet werden 11. Helena (ca. 255-330 n. Chr.) ist nicht nur die prominenteste unter den frühen Pilgern, sondern vor allem auch die erste ›Archäologin‹ im Heiligen Land. Nicht von ungefähr wurde sie im Spätmittelalter als Patronin der Bergleute und Schatzgräber verehrt 12.
Abb. 86: Felsengrab mit Rollstein aus neutestamentlicher Zeit.
Golgata, die Hinrichtungsstätte Jesu, und sein Grab müssen sich z. Zt. der Kreuzigung Jesu außerhalb der damaligen Stadtmauern Jerusalems befunden haben (so auch die Mitteilung Mk 15, 20-47 parr.). Trotz der stetig neu aufflammenden Diskussionen um den Verlauf der sog. 2. und 3. Nordmauer Jerusalems haben die Ausgrabungen von Kathleen M. Kenyon und Ute Wagner-Lux/Karel Vriezen 13 übereinstimmend das Ergebnis erbracht, dass das Gebiet der heutigen Grabeskirche im 1. Jh. n. Chr. noch nicht zum Stadtgebiet gehörte. Es ist außerdem gut vorstellbar, dass die Römer mit dem Bau des Tripelheiligtums im Bereich der heutigen Grabeskirche gerade die christliche Tradition dieses Platzes vergessen machen wollten (Eusebius, VitConst III 25-40) 14. So spricht manches für diesen Platz (aber nichts mit Sicherheit für diese spezielle Grabstätte, die erst im 4. Jh. n. Chr. lokalisiert wurde). Manchmal kam es auch zu recht kuriosen Lokalisierungen, wie z. B. bei der dreifachen Identifikation des landschaftlich reizvollen Ortes Tabgha am nordwestlichen Ufer des Sees Genezaret, wo schon die Nonne !Etheria (S. 325-328) des Wunders der Brotvermehrung (Joh 6, 1-15), der Erscheinung des Auferstandenen mit der Beauftragung an Petrus (»Weide meine Schafe!«; Joh 21, 1-17) 15 und der Bergpredigt (Mt 5-7) gedachte. 11. Helena sorgte auch für den Bau der Geburtskirche in Betlehem und der EleonaKirche zum Gedächtnis der Himmelfahrt auf dem Ölberg. 12. Schreiber 1962, 409-420. 13. Grabung 1961 f.: Kenyon 1974, 227 ff.; Grabung 1970-1974: Wagner-Lux 1972, 185-201; Vriezen 1978, 76-81 und 1994, 23-52.291-296. 14. So schon Jeremias 1926. 15. Die Treppen, die von der Primatskapelle zum See hinabführen, bestanden schon zur Zeit der Etheria. Fünf Stufen sind bis heute erhalten.
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5.1 Pilgerreisen
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Dass man auch damals schon ruhelos von einem Gedenkort zum nächsten getrieben werden konnte, beweist die nimmermüde Nonne Etheria (381-384 n. Chr.), die in vier Jahren von Konstantinopel nach Jerusalem reiste, sich in der Heiligen Stadt niederließ und von dort aus den Sinai und Ägypten, das Jordantal bis hin zum Nebo bereiste und über Bet-Schean bis ins Jarmuk-Gebiet gelangte. Sie kehrte schließlich in einem großen Bogen über Edessa in Mesopotamien und Tarsus an den Ausgangspunkt ihrer Reise zurück.
Nach Joh 6, 1.16 f.22 f. fand die ›Speisung der 5000‹ am Ostufer des Sees Genezaret statt, denn Jesus fuhr mit seinem Boot an das Tiberias gegenüberliegende Ufer. – Nicht zu allen Zeiten war aber dieser Uferstreifen für Pilger gut und sicher zu bereisen. Um einen Ausweg aus dieser Misere zu finden, deutete man schon zu Etherias Zeiten Joh 6 so, als sei Jesus über die Bucht nordwestlich von Tiberias etwa in Richtung Kapernaum gefahren. Dann konnte man das lieblichere und für Pilger sicher und leicht zu erreichende Tabgha als den Ort verehren, an dem Joh 6 spielt. Letztlich geht es bei solchen Lokalisationen auch nicht um historische Zuverlässigkeit – weder damals, als man der Bergpredigt Jesu (Mt 5-7) etwas nördlich der Kirche der Brotvermehrung oberhalb einer Grotte gedachte, noch heute, wo den Touristen oberhalb von Tabgha auf der Anhöhe des Berges eine Kirche gezeigt wird, um des gleichen Geschehnisses zu gedenken. Die Motivation der Pilger, solch teure und gefährliche Reisen in den Orient zu unternehmen, war religiös begründet. Doch schon Reinhold Röhricht wies darauf hin, dass gewiss auch andere Gesichtspunkte eine wichtige Rolle gespielt haben konnten 16. Ganz sicher waren für einige der Pilger Reiselust, Weltinteresse und Abenteurertum wichtige Beweggründe. Dazu kam für manche die Chance, der eigenen, engen Welt für eine gewisse Zeit zu entfliehen. Sicher darf man auch den Stolz nicht unterschätzen, das bedeutendste christliche Heiligtum besucht zu haben. Für Adlige gab es außerdem die Möglichkeit, in Jerusalem zum Ritter vom Hl. Grabe geschlagen zu werden. Nicht zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass die im Mittelalter gewährten Ablässe die Motivation verstärkt haben 17, das Wagnis und die Herausforderungen der langen Reise auf sich zu nehmen.
16. Röhricht 1900, 4. 17. Vgl. Hippler 1987, 65-85.
Abb. 87: Mosaik aus Tabgha, 5. Jh. n. Chr.
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5. Wie entdeckt man Spuren der Vergangenheit?
Mitunter scheint das fromme Staunen auch seltsame Wege gegangen zu sein: »Da kam der Münch / und zeygte uns eine lange Ketten / mit einem Halseisen / mit der S. Georg gefangen ward. / Das Halseisen theten wir uns auch umb unsere Hälse und Gurgeln / von Andacht wegen« (Felix Fabri, fol. 282.). – Felix Schmid (latinisiert: Felix Fabri), geboren 1442 in Zürich, gebildeter Dominikaner, reiste 1480 nach Jerusalem und 1483-1484 noch zusätzlich in den Sinai und nach Ägypten.
5.2 Topografie
Abb. 88: Anlandung im Hafen von Jafo (Gustaf Dalman, um 1910).
Die Frage nach den Schauplätzen der biblischen Geschichte war den Pilgern stets gegenwärtig. Als aber im 18. und 19. Jh. n. Chr. die ersten !Forschungsreisenden Palästina entdeckten (S. 30 ff.), ergaben sich ganz neue Aufgaben. Die Forscher beabsichtigten, eine vollständige Aufnahme aller archäologischen Hinterlassenschaften vorzulegen – unabhängig von ihrer unmittelbaren Relevanz für die biblischen Schriften. Die Pioniere der landeskundlichen Erforschung Palästinas standen damit vor großen Aufgaben. Sie mussten die Bodendenkmäler zunächst erst einmal aufspüren – angefangen bei Städten und Siedlungen bis hin zu Wein- und Ölpressen, Mühlen, Zisternen und Kanälen. Die Landschaften waren zu kartografieren, die Fundorte einzuzeichnen, ihre Ausdehnung und ihr Charakter zu beschreiben und schließlich systematisch geordnet darzustellen. Die moderne topografische Aufnahme Palästinas begann mit dem Feldzug Napoléon Bonapartes und der Arbeit !C. W. M. van de Veldes (S. 37). Nach C. W. Wilsons für damalige Verhältnisse hervorragend ausgeführter Jerusalemkarte (inkl. Umgebung) aus dem Jahre 1865 ging man an die Erstellung der Karten des !›Survey of Western Palestine‹ (S. 36-38), denen (aus einer Mischung von landeskundlichen und militärischen Interessen) dann rasch weitere folgten 18: Conder/Kitchener 1880; Wilson/Conder 1890; Schumacher 1908-1924; New Map of Palestine 1917 und Britische Mandatsregierung 1920 ff.
18. Hier wird aus Raumgründen nur eine kleine Auswahl von Editionen dargeboten. Vgl. z. B. die Auflistungen in Fritz 1985, 47 f. und Donner 21988, 6.
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5.2 Topografie
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Aus dem umfangreichen Angebot moderner archäologischer Karten seien hier aufgeführt: Aharoni/Avi-Yonah 1982; Amiran/Elster et al. 1970; Fitzner 1999a; 1999b; Höhne 1981; Keel/Küchler 1989; Staubli 2000; Survey of Israel 1983; 1984; 1967 ff.; TAVO 1974 ff.; Zwickel 2000 und die aus dem TAVO entwickelte, besonders empfehlenswerte Kartensammlung Mittmann/Schmitt 2001.
5.2.1 Historische Topografie Die Identifizierung antiker Ortslagen ist traditionell ein wichtiger Zweig der Palästinaforschung, dem gerade in der deutschsprachigen Forschung starke Beachtung geschenkt wird. Das Identifizieren schriftlich erwähnter historischer Ortslagen stellt methodisch ein spezielles Problem dar, weil dabei Kenntnisse aus vielen literarischen und archäologischen Quellen systematisch auszuwerten sind: – historisch überlieferte Texte (z. B. biblische Texte, das !Onomastikon des Eusebius [S. 107], die Berichte von Pilgern und Handelsreisenden, Inschriften von Stelen, Tempeln und Bauwerken aller Art sowie Keilschriftarchive), – historische Karten und Bildträger (z. B. Straßenkarten seit römischer Zeit, das !Fußbodenmosaik in der Georgskirche von Madeba 19 [S. 23 Abb. 4], bildliche Aufzeichnungen aller Art), – Ausgrabungs- und Surveybefunde (z. B. Siedlungsabfolgen von Tells; Beziehungen von Siedlungen eines Gebietes untereinander), – lokal überlieferte Ortsnamen (vgl. dazu die Pionierarbeit von !E. Robinson [S. 31]). Diese Aufzählung der wichtigsten zur Verfügung stehenden Quellen zeigt schon im Ansatz, wie problematisch das gesamte Unternehmen sein kann, selbst wenn jede dieser Quellen einer ihr angemessenen Quellenkritik unterzogen wird. Dabei ist auf die Datierung der in den historischen Quellen genannten topografischen Aussagen und deren Zuverlässigkeit Rücksicht zu nehmen. Außerdem muss stets mit der Abwandlung von Ortsnamen gerechnet werden, ebenso mit der Wanderung von Ortsnamen –
19. Donner/Cüppers 1977.
Abb. 89: Kamele am Strand von Jafo (Gustaf Dalman, um 1910).
Jericho Prähistorie – Palmenstadt (AT), – Jerikous (Hell), – Tell es-Sulṭān (arab.) Römische Zeit – Hierichous (Röm), – Tulūl Abū l-‛Alāyiq (arab.). Abb. 90: Der zweifache lokale Haftpunkt des Namens Jericho in verschiedenen Zeitepochen nach BHH 1962-1979, IV, 55.
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5. Wie entdeckt man Spuren der Vergangenheit?
wenn z. B. Einwohner ihre Siedlung verlassen und sich an anderer Stelle neu ansiedeln. Widerstreitende bzw. sich gegenseitig bestätigende Aussagen zu speziellen Lokalisierungsvorschlägen von Ortslagen sind innerhalb eines in der Forschungsgeschichte aufgebauten, beeindruckend großen historisch-topografischen Hypothesengebäudes miteinander abzuwägen. Die vorliegende Quellenlage erlaubt in vielen Fällen nur hypothetische Aussagen 20. Folgende Werke sollten bei Fragen nach der Identifikation von biblischen Ortsnamen neben den gängigen Bibelatlanten herangezogen werden: Abél 31967; Aharoni 1984; Dussaud 1927; Jericke, in Vorb.; Kallai 1986; Na’aman 1986; Schmitt 1991, 145-160; Simons 1959 und Smith 301966.
5.2.2 Vermessungstechnik
Abb. 91: Vermessungsarbeiten mit einem elektronischen Theodoliten mit angeschlossenem Feldbuch auf dem Tell Zerā‛a (2001).
Der Vermessung kommen in der Archäologie im Wesentlichen drei Aufgabenbereiche zu: – die kartografische Aufnahme eines Gebietes, – die Vermessung von Ortslagen und Ruinen (inkl. der Bauaufnahme) und – die Einmessung von Funden und Befunden bei archäologischen Arbeiten (besonders bei Surveys und Ausgrabungen) 21. In Israel und Jordanien wird in der Archäologie allgemein ein regionales Koordinatennetz, Palestine Grid genannt, zur Kartografie benutzt. Das im Ersten Weltkrieg von der englischen Armee geschaffene System orientiert sich in etwa von Gaza (Fixpunkt 1000.1000) ausgehend über das gesamte Gebiet. So erhält beispielsweise die Grabeskirche in Jerusalem die Koordinaten 1718.1318. Dabei bezeichnet die erste Ziffernfolge die relative West-Ost-, die zweite die relative Süd-Nord-Ausdehnung. Die ersten drei Ziffern benennen die Entfernung in Kilometern, die hin und wieder angefügte vierte Ziffer den 100 m-Bereich. Archäologische Expeditionen benötigen zur Einrichtung einer lokalen Karte drei trigonometrische Festpunkte, die bei den lokalen Behörden oft nur mit den Koordinaten des Palestine Grid verzeichnet sind. Im Allgemeinen sollten in Palästina – nimmt man einmal die weiten Wüstenregionen aus – die Koordinaten solcher Punkte problemlos zu beschaffen sein.
20. Vgl. hierzu Miller 1983, 119-129. 21. Allgemeine Einführungen in die archäologische Vermessung finden sich bei Plach et al. 1983, 169-213; Lehner/Roscher 1996, 38 f. und Bader/Wild 1998, 227-233.
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5.2 Topografie
In der archäologischen Praxis sind zuverlässige optische, elektronische und/oder satellitengestützte Messgeräte notwendig. Nivelliergeräte dienen zunächst der Ermittlung einer relativen Höhendifferenz zwischen zwei Punkten. Mittels der zusätzlich zum Fadenkreuz im Fernrohr angebrachten Distanzstriche kann das Nivelliergerät zur (groben) Bestimmung der Länge einer Strecke benutzt werden. Theodoliten messen mit Hilfe von Horizontal- und Vertikalwinkeln (letzterer auf den Zenit bezogen) alle durch das eingebaute Fernrohr anpeilbaren Punkte dreidimensional. Moderne Theodoliten arbeiten auf elektronischer Basis. Sie können über den Arbeitstag hinweg alle Daten speichern und diese dann später (oder fortlaufend bei der Arbeit z. B. im Feldbuch oder Computer) in eine elektronische Datenbank oder auf eine digitale Karte überspielen. Für die Einmessung im Feld werden heute üblicherweise GPS (›Global Positioning System‹)Geräte benutzt. Das GPS nutzt für die genaue Positionierung Signale, die von NAV-STARGPS-Satelliten in regelmäßigen Intervallen ausgesandt werden. Im Nahen Osten schwankt die Messgenauigkeit aufgrund der militärisch gewollten Ungenauigkeit um etwa 15 m. Daher sind einfache GPS-Geräte für Ausgrabungen nicht sinnvoll nutzbar.
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Abb. 92: Palestine Grid. Allgemein angewandtes archäologisches Koordinatennetz in Palästina.
Abb. 93: Gebrauch eines Nivelliergerätes zur relativen Höhenmessung.
Aus diesem Grund muss bei Ausgrabungen mit einem Korrekturverfahren gearbeitet werden, einem differentiellen GPS (DGPS) mit zwei oder mehreren Empfängern 22. Um die zwangsläufig vorhan22. Beim differentiellen GPS-Verfahren sind inzwischen Genauigkeiten deutlich unterhalb des Dezimeterbereichs üblich.
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5. Wie entdeckt man Spuren der Vergangenheit?
denen Ungenauigkeiten der GPS-Positionsbestimmung auszugleichen, wird eine Referenzstation an einer Stelle fest aufgebaut, von der die Koordinaten vorher mit herkömmlichen geodätischen Methoden genau bestimmt wurden. Danach können die empfangenen Positionsdaten des Referenz-GPS fortlaufend mit den bekannten Positionsdaten der Station verglichen werden. Daraus wird ein Fehlervektor errechnet, der besagt, welche aktuelle Ungenauigkeit das empfangene GPS-Signal besitzt. Da der gleiche Fehler auch zeitgleich im tragbaren GPS-Empfänger auftritt, kann der dort gemessene (falsche!) Wert mit Hilfe des vom stationären Empfänger errechneten Fehlervektors auf den korrekten Wert zurückgeführt werden.
5.2.3 Fotogrammetrie und Luftbildvermessung Ideal erscheint die Ergänzung der ›normalen‹ Vermessung durch die Möglichkeiten der Luftbildvermessung, der Fotogrammetrie 23. Ihr wichtigstes Ziel ist das Erstellen von Karten und topografischen Plänen. Neuerdings ist sie aber auch für die tägliche Grabungsdokumentation zu verwenden.
a. Flugbildserien
Abb. 94: Die beiden Komponenten eines differentiellen GPS-Systems: beweglicher GPS-Empfänger und Referenzstation (Tell Zerā‛a 2007).
Das Herstellen geeigneter Luftfotos (senkrechte Abbildungen mit einer maximalen Abweichung von 3° vom Lot) ist nur mit einem gewissen Maß an Erfahrung und einem guten technischen Equipment möglich. Man benötigt ganze Folgen von Luftbildern, die sich zwischen mindestens 60 % bis sogar 90 % überlappenden sollen. Solche Serien von Fotografien werden am besten und effektivsten mit Kleinflugzeugen hergestellt, die schnell und mit großer Reichweite die gewünschten Gebiete systematisch abfliegen können. Ausgestattet mit fest installierten und häufig GPS-gesteuerten Kameras fliegen sie meist im Auftrag von staatlichen Vermessungsgesellschaften. Die Verwendung der Luftbilder für archäologische Zwecke muss durch die jeweilige Antikenverwaltung befürwortet werden. Neben den käuflich zu erwerbenden Flugbildserien sind auch Satellitenbilder für die Fotogrammetrie interessant, die als ›Public Domain‹ (leider bisher nur in grober Auflösung) im Internet zugänglich sind.
23. Zur landgestützten (terrestrischen) Fotogrammetrie s. Kap. 6.4.4.b.
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Zur Auswertung der Bilder gehört – das (heute computergestützte) Entzerren der Fotografien, – die korrekte Ausrichtung der Bilder zueinander, – die absolute Orientierung der Fotos im gewünschten Vermessungssystem mit Hilfe von Passpunkten 24, – die maßstabgerechte Vergrößerung/Verkleinerung und – die stereo-fotogrammetrische Auswertung zur Herstellung der gewünschten Karten, die auch GIS-fähig (Kap. 5.6) bearbeitet werden können.
b. 3D in der Grabungsdokumentation Eine neue, fotobasierte Technik kann die tägliche, routinemäßige Grabungsdokumentation revolutionieren. Mit dreidimensionalen Aufnahmen zur Dokumentation archäologischer Orte wird schon länger experimentiert und gearbeitet. Dabei werden verschiedene Techniken, wie z. B. das Laserscanning eingesetzt. Die Nachteile der bisherigen Techniken liegen in den hohen Kosten und im erforderlichen hohen Zeitaufwand. Neue Softwareentwicklungen erlauben es allerdings, dreidimensionale Szenerien aus normalen Fotos zu rekonstruieren. Das BAI Wuppertal verwendet diese Technik seit dem Frühjahr 2011, um den alltäglichen Grabungsfortschritt zu dokumentieren. Das Erstellen eines Messraumes mittels bildbasierter 3D-Rekonstruktion (›Multi-View Stereo‹ und ›Structure from Motion‹) ist vergleichsweise kostengünstig. Die Aufnahmen lassen sich gut in die tägliche Grabungsroutine integrieren. Die Ergebnisse der 3D-Rekonstruktion bedeuten einen Quantensprung bei der architektonisch-steingerechten Aufnahme des Planums, denn die dreidimensionalen Bilder lassen sich sehr einfach als verzerrungsfreie Aufsichten exportieren, die als Grundlage für die Planerstellung im CAD dienen. Die tägliche Grabungsdokumention mit Hilfe der terrestrischen Fotogrammetrie wird in Kap. 6.4.4.b beschrieben. Zur luftgestützten Aufnahme wurde am BAI Wuppertal 2010 ein Oktokopter gebaut, der mit einer schwenkbaren Kamera ausgestattet ist. Er fliegt bis in eine Höhe von 250 m und besitzt eine Reichweite von 2 km. Außerdem wurde er mit einer automatischen Rückholautomatik ausgerüstet. Er wird ferngesteuert – eine Videobrille übermittelt dem Piloten den potentiell möglichen fotografischen Aufnahmebereich. 24. Mindestens zwei nach ihrer Lage (Länge und Breite) und drei in der Höhe bekannte Festpunkte werden pro Luftbild benötigt.
Abb. 95: GPS-Empfänger (Oregon 550 t) mit Kamera, barometrischem Höhenmesser, Funkübertragung, Touchscreen, Farbdisplay und microSD-Kartensteckplatz (24 MByte).
Abb. 96: Der am BiblischArchäologischen Institut Wuppertal 2010 gebaute Oktokopter für fotogrammetrische Aufnahmen (Patrick Leiverkus/Götz Bongartz).
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Abb. 97: ›Workflow‹ der bildbasierten 3D-Rekonstruktion im archäologischen Kontext (Patrick Leiverkus/ Götz Bongartz).
5. Wie entdeckt man Spuren der Vergangenheit?
Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Buchholtz/Rüger 31973; Deuel 21977; Finsterwalder/Hofmann 31968; Kennedy 1980, 54-59; 1987, 412-414; 1996a, 11-15; 1996b, 507 ff.; Lehmann 1966; Leidorf 1996, 33-45 und Leva/Hus 1989 – Zur Kombination mit der Geophysik: Becker 1996.
5.3 ›Klassische‹ Prospektionsmethoden Die Oberflächenforschung ist ein wichtiger Bestandteil der archäologischen Feldarbeit. Ihr Erfolg hängt wesentlich von einer gut durchdachten Datenerhebung ab. Um die Aussage-Kosten-Relation möglichst günstig zu gestalten, sollte im Vorfeld auf eine gründliche Planung, die auf den komplexen und im Vorhinein zu definierenden Fragestellungen des jeweiligen archäologischen Projektes fußt, Wert gelegt werden. Abb. 98. Luftbild vom Tell Zerā‛a mit Stausee.
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5.3 ›Klassische‹ Prospektionsmethoden
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5.3.1 Flurbegehungen (Surveys) Surveys können verschiedene Ziele verfolgen. Sie dienen – (Erst-)Erkundungen archäologischer Hinterlassenschaften, – Rettungserkundungen beim Bau von Gebäuden und Straßen, beim Ausheben von (Leitungs-)Gräben oder vor dem Fluten von Stauräumen, – Vorbereitungen von Grabungsunternehmungen (dabei wird die zu ergrabende Ortslage intensiv untersucht, um genauere Erkenntnisse über die Ausdehnung der Siedlungsstätte und deren zeitliche Einordnung sowie über mögliche Besonderheiten zu gewinnen), – der Erforschung des sog. Hinterlandes (parallel zu den Ausgrabungen wird das Umfeld des Grabungsortes erforscht) und – Untersuchungen zu speziellen Fragestellungen, wie z. B. zum Wasserbau (Kanäle, Wassermühlen, Zisternen) oder zur Bodenkunde.
Abb. 99: Bestimmung von Scherben nach den äußeren Merkmalen im Grabungshaus von Gadara.
Surveys können ein umfangreiches Repertoire an Fragen beantworten. Meist geht es um die chronologische Einordnung und den Charakter einzelner Ortslagen. Oft können Erkenntnisse zur Siedlungsdichte und -struktur ganzer Gebiete gewonnen werden, die sogar eine Kartierung der historischen Besiedlung ermöglichen. Selbst Hinweise auf Handelswege (z. B. römische Meilensteine) und zum ökonomischen Umfeld sind möglich. Zum Standard gehören deshalb auch Fragen nach der Bodennutzung, hydrologische Erkundungen, Untersuchungen zum lokalen Klima (Regenfall und durchschnittliche Temperaturen über lange Zeiträume) sowie zur Flora und Fauna.
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Abb. 100: Surveyarbeit nach den Prinzipien von J. Portugali 1981 auf dem Tell Zerā‛a im Jahr 2001.
5. Wie entdeckt man Spuren der Vergangenheit?
Die Verlässlichkeit von Erkenntnissen aus Surveys ist ein vieldiskutiertes Problem 25. Die Erkenntnismöglichkeiten von Surveys sind grundsätzlich beschränkt. Die Möglichkeiten zur Interpretation von Altertümern beziehen sich überwiegend auf sichtbare Reste an der Oberfläche. Die aufgefundenen (Keramik- und Stein-) Artefakte und die sich aus ihnen ergebenden Datierungen sind an den jeweiligen Ortslagen nicht mit Sicherheit den (teilweise) sichtbaren Architekturresten zuzuordnen 26. Außerdem kann z. B. die Erosion Funde an der Oberfläche beträchtlich verschieben. Fundort und ursprünglicher Ort des Gebrauchs sind vielfach nicht identisch. Empirisch lässt sich nach sorgfältig durchgeführten Surveys – selbst auf palästinischen Tells mit vielen Besiedlungsstufen – jedoch zeigen, dass die Analyse der Artefakte ein recht verlässliches Bild der Besiedlung einer Ortslage nachzeichnet. Wie aber kommen die Artefakte vergangener Jahrtausende, z. B. die Keramik, an die Erdoberfläche? Die möglichen Gründe hierfür sind komplex: a) Erdbewegungen wie Erdbeben sorgen für eine Verschiebung von Artefakten gegen die Erdschichten; b) menschliche Aktivitäten aller Zeiten, wie das Ausheben von Gruben und Fundamenten, bringen Objekte früher Zeiten an die Oberfläche; c) Erosion und Abbrüche, besonders an den Hängen eines Tells, sorgen für eine Durchmischung von Artefakten und Erdschichten; d) Tiere suchen sich Unterschlupf, schürfen Lagerplätze und graben Gänge in die Erde; e) Raubgrabungen bringen leider ebenso reichlich Erdbewegungen mit sich. Im Gegensatz zu üblicherweise durchgeführten Surveys fordert die Survey-Methode nach J. Portugali (1981), die Oberfläche mit Hacke und Kelle »schaufeltief« (ca. 15 cm) zu durchsuchen. Bei ein- oder zweiphasigen Ortslagen mag eine solche Methode einen Erkenntnisgewinn ermöglichen, bei Tells mit langer Besiedlungsdauer sind damit keine qualitativen Erkenntnisfortschritte zu gewinnen 27. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Surveyergebnisse aus den genannten Gründen immer mit der notwendigen Zurückhaltung interpretiert werden sollten. 25. Vgl. die Frage nach den Möglichkeiten und Grenzen der geschichtlichen Auswertung von Surveys bei Kamlah 2000, 148-181. 26. Folglich werden häufig Bohrungen oder Sondagen mit Surveys verbunden (s. Kap. 5.3.2 und 5.3.3). 27. Vieweger 2002c und 2003a.
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5.3 ›Klassische‹ Prospektionsmethoden
Das Begehen von Gebieten gehört zu den im Orient seit langem erfolgreich praktizierten Methoden. Dabei laufen Archäologen/-innen nach einem vorher festgelegten Prinzip eine Fläche ab, auf der alle an der Erdoberfläche sichtbaren Artefakte (z. B. Keramik, Silex/ Feuerstein) aufgesammelt 28 und mit Beschriftung des Fundbereiches in Fundbehältnissen verwahrt werden. Wichtige Funde werden eigens eingemessen, ebenso alle unbeweglichen Installationen (Öl-, Weinpressen, Kanäle, Straßenreste u. a.) und komplexen Strukturen (z. B. Gebäude). Sie werden außerdem fotografiert sowie durch Beschreibungen und Skizzen dokumentiert. Ökofakte werden meist als Proben (z. B. aus dem Boden, Gestein oder Wasser) entnommen. Man unterscheidet zwischen folgenden Surveys: – intensive: Das vorgegebene Gebiet wird nach genau eingemessenen Quadraten (z. B. 20 20 m Kantenlänge) intensiv abgesucht. Dabei wird eine möglichst umfassende Aufnahme der gesamten archäologischen Evidenz angestrebt. – weiträumige: Zur Erkundung von Naturräumen werden größere Gebiete entlang abgesteckter Linien mit einer bestimmten Weiträumigkeit abgesucht. – extensive: Ganze Territorien werden (neu) erkundet. Bereits untersuchte Teilgebiete (die oftmals mit unterschiedlichem Standard untersucht wurden) können einbezogen werden. Die grundlegenden Surveys im 19. und 20. Jh. n. Chr. waren großflächige Geländebegehungen. Als z. B. G. Schumacher, A. Musil, N. Glueck und S. Mittmann 29 riesige Bereiche des Ostjordanlandes aufnahmen und kartografierten, war dies auf eine generelle Übersicht aller damals bekannten Altertümer ausgerichtet. Im gleichen Sinne fassen heute der ›Survey of Israel‹ und z. B. die Erkundung des südlichen Transjordanien durch
28. Die Oberfläche eines Fundplatzes ist ein archäologischer Kontext. Wer ihn absammelt, verändert den archäologischen Befund. Es ist daher notwendig, die angewandte Methode (vollständiges Ablesen, Absammeln ausgewählter Flächen o. a.) und die Ergebnisse in einer Publikation zu dokumentieren, um nachfolgende Erkundungen nicht negativ zu beeinflussen. 29. Schumacher 1889; 1890; 1908-1924;1914, 45-54; Musil 1907-1908; Steuernagel 1924-1926, A 1-551; Glueck 1934; 1935; 1939; 1951 und Mittmann 1970.
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Abb. 101: Der Tell Zerā‛a. Graustufenbild als Verteilungskarte der frühbronzezeitlichen Keramik zwischen 0 (weiß) und 2 max. 15 Funden pro 400 m (schwarz). – Deutlich wird, dass die frühe Keramik insbesondere an den Abbrüchen der Abhänge, dort aber in ungleicher Verteilung vorkommt.
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5. Wie entdeckt man Spuren der Vergangenheit? B. MacDonald 30 alles derzeit bekannte Wissen über die jeweilige Region kartografisch zusammen, um eine umfassende Darstellung der an der Oberfläche überhaupt erkennbaren archäologischen Evidenz vorzulegen.
Ein in der Theorie oft vernachlässigtes, bei der Feldarbeit aber relevantes Problem sind die subjektiven Einflüsse der Archäologen/-innen auf die Surveyergebnisse. Grundsätzlich wird ein einheitlicher, genau definierter Standard benötigt, d. h. – eine ausreichende Schulung der Teilnehmer/-innen vor Beginn des Surveys über die Standards und alle zu erwartenden Befunde und Funde, – ein realistischer Zeitrahmen zum Absammeln der einzelnen Survey-Quadrate (bzw. zum Abgehen der Linien), der möglichst nicht über- oder unterschritten werden sollte und – ein realistisches, an die physischen Möglichkeiten der Teilnehmer/-innen angepasstes geografisches Anforderungsprofil (ebene Flächen, Hanglagen oder Steilabfälle) 31.
5.3.2 Bohrungen
Abb. 102: Ausschnitt aus der Karte von G. Schumacher – hier die Gegend um Bēt Rās nahe der modernen Industriestadt Irbid.
Bohrungen dienen, wo sie methodisch zweckmäßig erscheinen, der Unterstützung von Oberflächenaufnahmen bzw. der Prospektion. Durch sie kann die horizontale Ausdehnung von Kulturschichten an Siedlungsstätten geklärt werden. Außerdem erhält man Auskunft über die Schichtenfolge und es lässt sich die Mächtigkeit einzelner Ablagerungen abschätzen. Angesichts des hohen Transportaufwandes werden in Palästina von ausländischen Missionen oft nur Handbohrungen durchgeführt, die allerdings in den meist steinigen und festen Lehmböden auf unüberwindliche Hindernisse stoßen können.
5.3.3 Sondagen Sondagen gehören üblicherweise zu Ausgrabungsunternehmungen. Sie können aber auch bei Surveys angewandt werden, um den stratigrafischen Befund beispielhaft zu klären oder ein besseres Verständnis der Einbettung der an der Oberfläche sichtbaren Ar30. MacDonald et al. 1988; 1992; MacDonald/Herr et al. 2001, 395-411; 2004; MacDonald 2004 und MacDonald/Sawtell 2002. 31. Zur Surveytechnik vgl. Mittmann 1970; Portugali 1981, 170-190; Bernbeck 1994; Levy 1997, 101-104; Levy/Adams/Shafiq 1997, 293-308; Kamlah 2000 und Vieweger 2002c und 2003a.
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5.4 Luftbildprospektion
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chitektur in die Schichtenfolge der Ortslage zu ermöglichen. Sondagen werden in !künstlichen Strata (S. 153 f.) in den Boden eingetieft. Ihre Dokumentation entspricht den methodischen Grundsätzen von Ausgrabungen. Nicht bei allen Surveys sind Sondagen möglich. Dies hängt von der Aufgabenstellung und der Planung der Surveys ebenso ab wie vom vorher einzuholenden Einverständnis der zuständigen Antikenverwaltung.
5.4 Luftbildprospektion ›Überblick gewinnen‹ – so könnte der Leitsatz der Luftbildprospektion lauten. Selbst bei sorgfältigster Geländebegehung bleibt den Archäologen/-innen manchmal die Zuordnung einzelner Geländemerkmale im Großraum verborgen. Wechselt man den Standpunkt, erklimmt man umliegende Hügel oder steigt gar in ein Fluggerät und über-blickt das prospektierte Gelände, dann verketten sich Geländeunebenheiten und Mauerzüge zu oberflächennaher Architektur, und Geländestufen fügen sich zu Wegen und
Abb. 103 und 104: Bohrungen am Tell el-Megaṣṣ, durchgeführt von der OrientAbteilung des DAI-Berlin (links), und Bohrkern (rechts).
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5. Wie entdeckt man Spuren der Vergangenheit?
Abb. 105: Luftfoto von Gadara, Westtheater und Kirchenterrasse.
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5.4 Luftbildprospektion
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Straßen. Die Luftbildarchäologie gewährt einen solchen Überblick aus vorteilhaft großer Distanz. Erste Luftbilder archäologischer Stätten gab es bereits am Anfang des vorigen Jahrhunderts (z. B. 1906 von Stonehenge durch P. H. Sharpe und 1911 von Ostia durch S. Paglieri). Osbert Guy Stanhope Crawford (1886-1957) diente während des Ersten Weltkriegs in einem britischen Fliegercorps. Zum ›Vater der Luftbildarchäologie‹ wurde er durch die Aufnahme eines Luftbildes von Wessex, das er 1928 in Bezug auf seine archäologische Bedeutung öffentlich diskutierte. Bis 1940 erforschte und entwickelte er systematisch die Möglichkeiten der archäologischen Kartografie aus der Luft. In Deutschland begann die archäologische Luftbildforschung erst 1938 mit dem Kongress »Luftbild und vor- und frühgeschichtliche Forschung«, bei der sich Flieger und Archäologen zusammentaten. Die Methode konnte sich hier aber erst nach dem 2. Weltkrieg dauerhaft etablieren.
Es ist für ausländische Expeditionen schwierig, Luftbildprospektionen in Palästina durchzuführen. Die aus militärischen Erwägungen restriktiv gehandhabten Genehmigungen lassen derzeit nur in absoluten Ausnahmefällen Fotografien aus einem Hubschrauber zu. Aufnahmen aus Heißluftballons und Paragleitern gehören ebenso zu den Besonderheiten. Die Arbeit mit Luftbildern erfordert einige Übung und ein reiches Maß an Erfahrung. Das gilt nicht erst für die Auswertung der fertigen Bilder. Es ist entscheidend, die Momente für Aufnahmen abzupassen, bei denen z. B. der Stand der auf- oder untergehenden Sonne selbst kleinste Geländeerhebungen im Schattenriss hervorhebt. Oder man nutzt vegetative Perioden, in denen die mit der Regenzeit aufblühende und im Sommer bald wieder vertrocknende Vegetation oberhalb verborgener Mauerzüge Konturen hinterlässt. Nicht ohne Reiz ist die von G. Dalman herausgegebene Sammlung »Hundert deutsche Fliegerbilder aus Palästina«, die aus der Erkundungstätigkeit der deutschen Fliegerabteilungen 300-304 während des 1. Weltkrieges stammt (Dalman 1925). Nicht nur, dass hier frühe Aufnahmen von unüberbauten, von der modernen Siedlungsexplosion noch unberührten, archäologisch wichtigen Orten abgebildet werden, auch ihre für die damalige Zeit hohe Qualität ist erwähnenswert. – G. Dalman wurde zu einem der Wegbereiter der Luftbildarchäologie, als er 1925 im Vorwort des o. g. Buches schrieb: »Die Zeit aber wird kommen, in welcher wir schon in der Schule an solches Unterrichtsmaterial gewöhnt werden und … durch eigenes ›Fliegen‹ Gelegenheit erhalten, Landschaften von oben nicht nur zu sehen, sondern verstehen zu lernen«.
Abb. 106: Ausschnitt aus einem Luftfoto aus dem Jahr 1917. Der Felsendom und die El-Aqṣā-Moschee mit dem Kidrontal (Dalman 1925, 25 Abb. 16).
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5. Wie entdeckt man Spuren der Vergangenheit?
Infrarotaufnahmen und Satellitenbilder ergänzen als moderne Varianten das Repertoire. All das dient der Erkundung von größeren Fundplätzen und Flächen sowie der Entwicklung von Strategien zur weiteren Erkundung des zu untersuchenden Geländes, meist in Ergänzung zu ›klassischen‹ (Kap. 5.3) oder naturwissenschaftlichen Prospektionen (Kap. 5.5).
5.5 Naturwissenschaftliche Prospektionen Für die erdnahe Erkundung steht der Archäologie neben den !›klassischen‹ Methoden (Kap. 5.3) auch ein umfangreiches Repertoire an naturwissenschaftlichen Prospektionsmethoden zur Verfügung. Obwohl einige Methoden schon in den 50er-Jahren für archäologische Zwecke eingesetzt wurden, dauerte es recht lange, bis sie sich allgemein durchgesetzt hatten. Das lag u. a. auch daran, dass sie technisch und somit finanziell recht aufwendig waren. Insbesondere die mathematische Auswertung der erhaltenen Messwerte stellte eine große Herausforderung dar. Die technologische Entwicklung der letzten Jahrzehnte, besonders der rasante Fortschritt in der Mikroelektronik, hat allerdings zu einer spürbaren Vereinfachung der Anwendung geführt. In den nächsten Jahrzehnten ist noch mit weiteren Fortschritten zu rechnen 32. Es dauerte jedoch einige Zeit, bis die in Europa bereits üblich gewordenen Methoden geophysikalischer Prospektionen auch in Palästina angewandt wurden.
5.5.1 Geophysikalische Prospektionen Die Anwendung geophysikalischer Methoden in der archäologischen Feldforschung bietet die große Chance, dass man Objekte selbst dann noch erkunden kann, wenn diese an der Oberfläche nicht zu erkennen oder durch ihre wenig ausgeprägten Spuren in ihrem Charakter (z. B. in ihrer Ausdehnung oder Struktur) nicht näher zu bestimmen sind. Der besondere Vorteil dieser Prospektionen gegenüber den ›klassischen‹ Surveymethoden ist die Fähigkeit, in den Boden einzudringen, ohne dabei (wie etwa bei einer Sondage oder Ausgrabung) Befunde zu zerstören. 32. Fassbender 1999; Zickgraf 1999 sowie ferner Aitken 21974 und Scollar/Tabbagh et al. 1990.
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Die meisten der im Folgenden beschriebenen Methoden stammen aus der Geophysik, die sich mit der Erforschung und Beschreibung der Erde beschäftigt. Gemessen werden dabei Veränderungen von physikalischen Feldern (wie dem Magnet- oder Schwerefeld der Erde sowie einem angelegten elektrischen Feld). Diese werden von in der Erdoberfläche befindlichen Materialien mit unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften (wie z. B. elektrischer Leitfähigkeit, Magnetisierbarkeit und Dichte) beeinflusst. Man kann aus deren Messung auf den Aufbau des Erdinneren schließen (geologische Grundlagenforschung). Volkswirtschaftliche Bedeutung erhält die Geophysik bei der Lagerstättenerkundung. Der erste Versuch, die Geoelektrik bei Ausgrabungen einzusetzen, wurde von Richard John Copland Atkinson (1920-1994) im Jahr 1946 in Dorcester (England) unternommen. Dabei konnte er Gräben und Gruben lokalisieren, die ihm zuvor im Luftbild aufgefallen waren. John C. Belshe aus Oxford nutzte 1957 als erster Forscher ein Protonen-Präzessions-Magnetometer für die Anwendung der Geomagnetik in der Archäologie. Er experimentierte dabei an einem Keramik-Brennofen (vgl. Kap. 5.5.1.b) 33.
Demgegenüber sind die Aufgaben in der Archäologie wesentlich oberflächennäher und kleinräumiger. Gesucht wird nicht nach einem tief im Erdinneren vorhandenen weiträumigen geologischen Aufbau, sondern nach der Mächtigkeit und der Lage von Kulturschichten, ihrem natürlichen Untergrund (z. B. Felsen) und nach rezenten menschlichen Eingriffen dicht unter der Oberfläche, wie z. B. dem Bau von Mauern und Keramikbrennöfen sowie dem Aushub von Gruben. Welche Vorteile haben die geophysikalischen Methoden? – Größere Flächen können in überschaubarer Zeit erkundet werden. – Ausdehnung und Eigenschaften von archäologischen Strukturen unterhalb der Erdoberfläche sind bestimmbar. – Flächen können erkundet werden, deren Ausgrabung erst in Zukunft möglich oder sinnvoll ist. – Prospektionen vermeiden Zerstörungen und erhalten damit künftigen Generationen genügend Möglichkeiten zur Forschung. Die geophysikalischen Prospektionen ersetzen die ›klassischen‹ Surveymethoden nicht, sie ergänzen sie in sinnvoller Weise. Es ist daher grundsätzlich empfehlenswert, unterschiedliche Methoden parallel anzuwenden. Auf der Basis dieser Erkenntnisse lassen sich gezielte Ausgrabungsstrategien entwickeln und die äußerst zeitund finanzaufwendigen archäologischen Erkundungen wesentlich effektiver planen. 33. S. dazu Atkinson 1953 und Becker 1978, 61 Anm. 3.
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5. Wie entdeckt man Spuren der Vergangenheit?
Letztlich läuft die technologische Entwicklung auf eine heute noch utopisch scheinende Idee hinaus, Altertümer völlig zerstörungsfrei und damit beliebig oft mit unterschiedlichen Strategien untersuchen zu können. Der Anwendung geophysikalischer Methoden sind allerdings Grenzen gesetzt, die von lokalen Faktoren, der Umwelt und der Geologie abhängen. So sind beispielsweise die beiden wichtigsten Methoden, die Geoelektrik und Geomagnetik, in einigen Gebieten Palästinas überhaupt nicht anwendbar. Im Süden und Südosten versagt die geoelektrische Methode, da der Boden viel zu trocken und damit nicht leitfähig ist. In Teilen Galiläas, im Golan und in Nordjordanien werden hingegen die geomagnetischen Messungen stark durch den dort vorherrschenden eisenhaltigen (magnetischen) Basalt gestört. Eine grundsätzliche Abwägung von Chancen und Risiken, insbesondere aber die Auswahl der geeigneten Methode(n) gehört schon in die frühe Planungsphase archäologischer Unternehmungen, um späteren Enttäuschungen und unnötigen Kosten vorzubeugen. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Adlung 1987; Aitken 21974; Brothwell/Higgs 1969; Cammarano/Mauriello et al. 1997, 151-173; Clark 21996; Hesse 1966; Hrouda 1978; Milsom 21996; Scollar/Tabbagh et al. 1990; Vieweger 2003b; von der Osten-Woldenburg 1998 und Zickgraf 1999. – Zur Kombination mit der Luftbildarchäologie: Becker 1996.
a. Geoelektrik Voraussetzungen: Jedes Material besitzt eine bestimmte Leitfähigkeit und daher einen spezifischen elektrischen Widerstand 34. Diese Widerstände variieren bei den in der Natur vorkommenden Materialien enorm. Sie hängen insbesondere von der Anwesenheit ›frei beweglicher‹ Ladungsträger (meist Elektrolyte, d. h. im Wasser gelöster Ionen) ab, die die elektrische Ladung transportieren. Die Erdwiderstandsmessung macht sich diese Variation zu Nutze. So hat z. B. der in Palästina vorherrschende tonige Erdboden im Allgemeinen einen geringeren Widerstand als eine aus Steinen übereinander geschichtete Mauer oder ein aus gebrannten Ziegeln bestehender Ofen. Daher ist es möglich, deren Umrisse durch lokal erhöhte Widerstände sichtbar zu machen 35. 34. Der elektrische Widerstand ist umgekehrt proportional zur Leitfähigkeit. 35. Milsom 21996, 74. Regionale Unterschiede des elektrischen Widerstandes werden
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Methoden: Über zwei Elektroden wird Strom in den Erdboden eingespeist. Der elektrisch mehr oder weniger gut leitende Untergrund schließt den Stromkreis. Damit bildet sich ein elektrisches Potentialfeld aus, das von der Position der Elektroden, von der Form der Erdoberfläche und der Struktur des Untergrunds abhängt. Aus der Messung der elektrischen Spannung zwischen zwei weiteren Elektroden sind Rückschlüsse auf die Widerstandsverteilung im Untergrund möglich. Der elektrische Widerstand berechnet sich aus dem Strom, der gemessenen Spannung und einem Faktor, der von der Geometrie der Elektroden- Kies: anordnung abhängt. Je nach Art und Ziel der Messung Sand: unterscheidet man nach geoelektrischer Kartierung, Tie- Lösslehm: fensondierung und Tomografie. Bei der Kartierung (Mapping) 36 werden archäologi- Ton: sche Strukturen über größere Flächen erkundet, allerdings Schluff: (je nach Elektrodenanordnung) in einer begrenzten Tiefe Granit: zwischen 0,5-1,5/2 m. Das zu prospektierende Gelände Sandstein: wird in Quadrate aufgeteilt. Innerhalb dieser wird mit einer zuvor festgelegten Elektrodenkonfiguration (Abb. 108 AKalkstein: D) entlang von parallelen Profilen gemessen (›kartiert‹). Jede Einzelmessung ergibt einen Messwert für die jeweils gleiche Erkundungstiefe. In Palästina empfiehlt sich aufgrund der steinigen und meist mit Gestrüpp bewachsenen Erdoberfläche die in Abb. 108 D dargestellte ›Pol-Pol-Messung‹. Dabei werden auf einem beweglichen Rahmen zwei Elektroden, je eine Strom- (C 1) und eine Spannungselektrode (P 1), mit einem exakten Abstand (a = 0,5 m oder 1 m) montiert. Die zwei verbleibenden Elektroden (C 2 und P 2) werden in einem größeren Abstand (ca. 100 m) in die Erde geschlagen. Mit dem Rahmen und dem darauf montierten Messgerät wird nun ein Prospektionsquadrat abgelaufen, z. B. in 0,5 m-Schritten auf Linien, die – entsprechend der Rahmenbreite – ebenfalls in einem Abstand von 0,5 bzw. 1 m zueinander mit Maßbändern auf der Erde ausgelegt wurden (Abb. 110 und 113). Die Entfernung der beiden Elektroden gibt dabei in etwa die Erkundungstiefe vor. Bei jedem Einstechen der Elektroden in den Erdboden wird eine Messung ausgelöst. In Abb. 111f. wird eine archäologische Kartierung dargestellt.
mit einer festen Elektrodenanordnung, die als Ganzes über die zu untersuchende Fläche bewegt wird, gemessen. 36. Mundry/Greinwald et al. 1985, 299-434.
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100–2.000 m 50–2.000 m 30–100 m 1–30 m 10–50 m 300–100.000 m < 50 (klüftig) bis >100.000 (kompakt) m 100 (klüftig) bis >100.000 (kompakt) m
Abb. 107: Spezifische Widerstände von Festkörpern, angegeben in Ohmmeter ( m). Je höher der spezifische Widerstand ist, desto geringer wird die Leitfähigkeit.
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Abb. 108 (oben links): Unterschiedliche Elektrodenanordnung bei der geoelektrischen Messung (a = Elektrodenabstand; C = stromführende, P = spannungsmessende Elektrode). Abb. 109 (oben rechts): Die ›Wenner-Anordnung‹.
Abb. 110: Beispiel für eine Kartierung in einem 20 20 m-Quadrat.
5. Wie entdeckt man Spuren der Vergangenheit?
Die Tiefensondierung erlaubt die Messung von Erdwiderständen in verschiedenen Tiefen unterhalb einer gewählten Aufstellungslinie und lässt damit Rückschlüsse auf den Untergrund zu. Meist wird dafür die Elektrodenkonfiguration nach ›Schlumberger‹ (Abb. 108 B) verwendet 37. Die Tomografie als modernste Variante der Geoelektrik verbindet die Methoden der Kartierung und Sondierung mit einer zweidimensionalen computergestützten Auswertung 38. Hier wird eine große Zahl von Elektroden (nicht selten 100) in gleichen Abständen entlang einer Linie in den Erdboden geschlagen. Ein Messcomputer veranlasst über zwei dieser Elektroden die Einspeisung des Stroms in den Erdboden und über zwei weitere Elektroden die Spannungsmessung, sodass jeweils vier Elektroden aktiv sind. Mit jeder sinnvollen Kombination aus vier der insgesamt aufgestellten Elektroden wird ein Widerstandswert ermittelt. Jeder Wert steht entsprechend der an der Messung beteiligten Elektroden für eine bestimmte Position und eine bestimmte Tiefe. Die gemessenen Widerstände gruppieren sich so auf einer unter dem Profil liegenden Fläche, der sog. geoelektrischen ›Pseudo-Sektion‹. ›Pseudo‹ deshalb, weil bei der Tiefenangabe die Messdaten nicht der wahren oder zumindest der modellhaften Verteilung der Widerstände entsprechen. Da die Messströme aber in tieferen Bereichen stets auch weiter oben liegende Bodenschichten durchdringen, wird das gemessene Profil durch diese flacheren Schichten erheblich beeinflusst und verzerrt. Dieser unerwünschte Einfluss muss mittels einer zweidimensionalen Inversionsrechnung ›korrigiert‹ werden. Dabei wird 37. Mundry/Greinwald et al. 1985, 299-434. 38. Griffiths/Barker 1993, 211-226.
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Abb. 111 und 112: Ausschnitt (40 60 m) aus einer Kartierung in Sāl (BAI Wuppertal im Jahr 1999). Die weißen Bereiche bilden den gewachsenen Fels (mit einem hohen spezifischen Widerstand) ab, in den runde und rechtwinklig gegründete Häuser eingetieft wurden. Die diese Hausbereiche heute ausfüllenden Erdschichten haben einen geringeren spezifischen Widerstand und erscheinen damit in dunkler bis schwarzer Färbung. Späteres Ausgrabungsergebnis: Die Rundhäuser stammen aus chalkolithischer Zeit, die rechteckigen Gebäude aus der Frühbronzezeit.
mit Hilfe einer Computerauswertung ein Modell der Verteilung der Widerstände berechnet. Die Modellrechnung wird in mehreren Durchgängen (Iterationen) optimiert. Als Ergebnis entsteht eine geoelektrische Tiefensektion. Die maximale Erkundungstiefe hängt vom Abstand und der Anzahl der Elektroden sowie ferner von der verwendeten Elektrodenkonfiguration ab. Wie bei jedem Potentialverfahren werden die Ergebnisse mit zunehmender Tiefe unschärfer. Für archäologische Erkundungen sollten vorrangig kleinräumige Aufstellungen in ›Dipol-Dipol-Konfiguration‹ (Abb. 108 C) verwendet werden 39. Die Abb. 114 zeigt ein in ›Dipol-Dipol-Konfiguration‹ gemessenes Profil vom Tell Zerā‛a. Das Profil verläuft in Ost-West-Richtung quer über den Tell und sollte die Geologie der Ruinenstätte erkunden. Bei der Vermessung wurden 63 Elektroden mit einem Elektrodenabstand von je 2 m in die Erde geschlagen. Unter der ausgetrockneten Oberfläche, die sich erwartungsgemäß als hochohmige Anomalie abzeichnete (mehr als 160 m),
39. Griffiths/Barker 1993, 211-226 und Lange/Jacobs 1997, 122-165.
Abb. 113: Mapping im chalkolithischen Sāl.
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5. Wie entdeckt man Spuren der Vergangenheit? befindet sich eine viele Meter dicke Kulturschicht, für die ein niedrigohmiger Wert (bis max. 100 m) errechnet wurde. Der auffällige, in die Tiefe gehende doppelkonische (niedrigohmige) Bereich bei Meter 32,0 (in der Ost-West-Ausdehnung) stellt den Zulauf einer artesischen Quelle auf dem Tellplateau dar.
Abb. 114: Tell Zerā‛a, Schnitt über das gesamte Plateau.
Wie die Abb. 115 zeigt, kann man solche Messungen parallel zueinander wiederholen und die gemessenen Werte miteinander zu einem dreidimensionalen Bild verknüpfen. Stellt man die Elektroden nicht, wie in der Tomografie, in eine Reihe, sondern in Quadrat- oder in Kreisform auf, dann ist auch eine unmittelbare dreidimensionale Prospektion möglich.
Abb. 115: Die Altis in Olympia, Griechenland. Dreidimensionale Darstellung des Schwemmbodens. Die obere Erdschicht von ca. 1 m Dicke und mehr wurde ausgeblendet. Die gesuchten, bis in die Schwemmschicht reichenden menschlichen Eingriffe (vorn rechts und links) sind sichtbar. BAI 2001 im Auftrag des damaligen Präsidenten des DAI, Prof. Dr. Kyrieleis, Berlin.
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Der Geoelektrik sind in Palästina Grenzen gesetzt. Grundsätzlich braucht man eine gewisse Restfeuchte im Boden (d. h. ladungstragende Ionen), ohne die kein Strom fließen und damit keine geoelektrische Messung stattfinden kann. Lange Trockenzeiten wirken sich daher negativ auf die Anwendbarkeit der Methode aus. Andererseits kann jahrtausendelange saisonale Durchfeuchtung (z. B. in einer Abflussrinne oder in einem Wadi) den dortigen Kalkstein in seinem spezifischen Widerstand so verändern, dass er sich nicht von dem ihn umgebenden Erdboden unterscheidet 40. Schließlich benötigt das Verfahren einen hohen Zeitaufwand, um größere Flächen zu erkunden. Dabei ist der meist steinige Boden Palästinas und sein dorniger und buschartiger Bewuchs eine Herausforderung für Mensch und Material.
b. Geomagnetik Die Dominanz der Magnetik in der archäologischen Prospektion hat ihren Grund in der Vielzahl von Magnetisierungsprozessen im Boden. Die Messungen lassen sich außerdem relativ schnell und einfach durchführen, d. h. große Gebiete können auch bei unterschiedlichsten Arbeitsbedingungen in recht kurzer Zeit vermessen werden. Die dabei erzielten Ergebnisse sind beachtlich. Voraussetzungen: Das Prinzip der geomagnetischen Messung beruht darauf, dass lokale ›Störungen‹ des Erdmagnetfeldes sowie deren räumliche Auswirkung (Ausdehnung) hochauflösend gemessen werden. Das Magnetfeld der Erde setzt sich aus einem konstanten, räumlich homogenen und einem zeitlich variablen Anteil (mit einem sehr breiten Frequenzspektrum) zusammen. Es kann zusätzlich noch durch lokale Besonderheiten beeinflusst werden. Diese ›Störungen‹ werden durch magnetische oder magnetisierbare Materialen hervorgerufen, z. B. durch geologische Lagerstätten (wie eisenoxidhaltige Erze). Auch von Menschenhand geschaffene Befunde, d. h. Mauern, Gebäude und Öfen, aber auch Gruben u. a. verursachen Magnetfeldänderungen, sofern sie (wenigstens in kleinen Mengen) Eisen (oder dessen Verbindungen) enthalten. Lassen sich im Umkehrschluss an einem archäologisch interessanten Ort die konstanten und zeitlich variierenden Anteile des Erdmagnetfeldes sowie die lokalen, geologisch verursachten Besonderheiten messtechnisch ausschließen, dann bleiben bei den geomagnetischen Messungen nur noch die Effekte übrig, die durch
40. Kafafi/Vieweger 2001, 9-12.
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archäologische Befunde im Boden verursacht werden. Diese Inhomogenitäten macht sich die archäologische Prospektion zunutze. Das Interdisziplinäre Forschungsinstitut für Archäologie der Universität Wien (VIAS; Vienna Institute for Archaeological Science) ist eine beispielhafte Einrichtung zur Durchführung naturwissenschaftlicher Anwendungen in der Archäologie. Wolfgang Neubauer leitet die Abteilung ›archäologisch-geophysikalische Prospektion‹. Die Entwicklung der naturwissenschaftlichen, insbesondere der magnetischen Prospektion hat er – gemeinsam mit seinen Münchner Kollegen Helmut Becker 41 und Jörg Faßbinder vom ›Bayrischen Landesamt für Denkmalpflege‹ – wesentlich vorangetrieben.
Methoden: Im Folgenden werden die beiden Methoden beschrieben, die zumeist in der Archäologie angewandt werden. Sie unterscheiden sich lediglich in der Anordnung der Messsonden. Man spricht von der Gradienten- und der Variometeranordnung. Bei beiden Verfahren wird das Erdmagnetfeld zur gleichen Zeit an zwei Orten (Sonden) gemessen. Da die beiden Erdmagnetfelder (zeitlich konstantes und variables) wie auch die weit entfernten Störgrößen (z. B. Basalt und Erzlagerstätten) an beiden Sonden gleich groß sind, lassen sie sich messtechnisch durch Differenzbildung eliminieren. Es werden somit nur noch diejenigen Magnetfeldänderungen angezeigt, die durch Objekte hervorgerufen werden, die in unmittelbarer Nähe, also in den oberen Erdschichten lagern. Diese können archäologisch interessant sein. Will man allein die archäologisch relevanten Größen messen, müssen alle zusätzlich vorhandenen Störungen im Umfeld ausgeschlossen werden: z. B. Schrottablagerungen auf oder im Boden, Metallteile an der Kleidung der Prospektierenden (Nieten, Ösen, Münzen, Nägel in den Schuhsohlen) oder Accessoires (Uhren, Schmuck u. ä.). Üblicherweise wird bei der geomagnetischen Prospektion die Gradientenanordnung angewandt. Die Simultanmessung des Erdmagnetfeldes erfolgt dabei durch zwei übereinander liegende Sonden. Der Sondenabstand beträgt üblicherweise 1 bis 2 m. Durch Eliminierung der an beiden Sonden konstanten Felder (Erdmagnetfelder und weit entfernte ›geologische Störungen‹) wird der sog. ›Vertikalgradient‹ gemessen. Er wird durch die noch verbleibenden lokalen Magnetfelder, u. a. durch die oberflächennahen archäologischen Befunde, hervorgerufen. Bei der Variometeranordnung werden die zeitgleichen Messungen über eine stationäre und eine mobile Sonde vorgenommen.
41. Becker 1996.
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Zur Messung der Magnetfelder werden sog. Magnetometer eingesetzt. Es sind dies üblicherweise Protonen-Präzessions-Magnetometer 42 oder das hochgenaue Cäsium-Magnetometer. Die Feldarbeit gleicht der bei der Geoelektrik: Vorgegebene Quadrate werden in vorher definierter Weise abgegangen. In festgelegten Abständen (z. B. alle 0,12/0,25 m) wird eine Messung (per Hand-, Zeitschaltung oder Streckenmesser) ausgelöst. Dabei werden die Magnetometer getragen oder sie befinden sich auf einem Handwagen. Oftmals werden mehrere Messsonden parallel verwendet, was den Messfortschritt deutlich verbessert. Die Daten werden schließlich mit Hilfe des Computers als Rasterbild visualisiert.
Abb. 116: Beispiel für das Ergebnis einer geomagnetischen Prospektion vom Südteil des Forums in Carnuntum (Österreich).
Ideal ist die Prospektion von gebrannten Tonen (d. h. von Verhüttungsöfen, Keramikbrennöfen, Feuerstellen, verziegelten Lehmziegelmauern u. a.), da diese bei der Abkühlung nach dem Brennvorgang thermoremanent magnetisieren (zum physikalischen Prinzip s. Kap. 7.3.4). Damit erhalten diese Installationen eine messbare permanente Magnetisierung, die man bei der Prospektion orten kann. 42. Diese erreichen eine Messgenauigkeit von 1 nT (1 10-9 Tesla). Ihr Messprinzip basiert auf zwei Eigenschaften des Protons, dem magnetischen Moment und dem Kernspin, sowie einer linearen Beziehung zwischen diesen beiden.
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Mit Hilfe der Geomagnetik können auch Holzbalken (Palisaden, Pfosten u. ä.) prospektiert werden, da die zur Zersetzung des Holzes führenden Bakterien Magnetit-Einkristalle in ihrem Körper anreichern 43. Die geomagnetische Methode stößt allerdings in Industrie- und Stadtgebieten an ihre Grenzen. Dort sind die magnetischen Störeinflüsse (z. B. durch stromführende Leitungen im Untergrund, Eisenzäune und -pfosten oder eine intensive Bebauung) zu groß, um die gewünschten Anomalien herausfiltern zu können. Im Norden Palästinas verhindert das vulkanische Basaltgestein vielerorts sinnvolle Prospektionsergebnisse, da das gut magnetisierbare Gestein die gesuchten archäologischen Signale überlagert.
c. Elektromagnetische Induktion
Abb. 117: Ein EM 61-HH der Firma ›Geonics‹ in Benutzung in der ›Cave of Letters‹ am westlichen Ufer des Toten Meeres (nahe Ḫirbet Qumrān) durch Dr. Paul Bauman, ›Komex International, Calgary‹.
Mit geringem Aufwand können Metalldetektoren unter der Erdoberfläche verborgene Metallteile orten. Dieses Messprinzip erfreut sich daher bei Schatzsuchern und ›Hobbyarchäologen‹ großer Beliebtheit. Leider wird der archäologischen Forschung auf diese Weise Jahr für Jahr erheblicher Schaden zugefügt. Die Geräte besitzen allerdings nur eine geringe Tiefenreichweite. Je weiter in die Erdoberfläche eingedrungen werden soll, desto aufwendiger und teurer werden die einzusetzenden Geräte. In der Archäologie wird die elektromagnetische Induktionsmethode allgemein zur Metalldetektion angewandt. Üblicherweise verwendet man Metalldetektoren bei Ausgrabungen, um Metallfunde frühzeitig zu erkennen und ihren Erhaltungszustand nicht durch unglückliche Fundumstände zu beeinträchtigen. Voraussetzungen: Das Messprinzip besteht darin, dass in einer Senderspule ein hochfrequentes elektromagnetisches Wechselfeld erzeugt wird. Bewegt sich diese Spule über ein unterhalb der Erdoberfläche befindliches metallisches Objekt, so wird dort ein elektrischer Strom und damit ein zusätzliches Magnetfeld induziert. Diese Feldänderung wird von einer Empfängerspule registriert und auf einem Display angezeigt oder auch nur akustisch übertragen. Prinzipiell hängt die Magnetfeldänderung von den magnetischen und elektrischen Eigenschaften des jeweils im Boden verborgenen Objektes ab. Die Induktion erfolgt nicht nur bei Materialien, die schon von Natur aus magnetisch sind, sondern ebenfalls bei elektrisch leitenden. Allerdings lassen sich mit dieser Methode 43. Diesen Effekt erkannte Jörg Faßbinder, München, im Jahr 1990.
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magnetische Metalle besser erkennen. Die mögliche Messtiefe ist von der Größe der Induktionsspule und vom Abstand zwischen der Sender- und Empfängerspule abhängig, natürlich auch von der Größe des gesuchten Artefaktes. Methoden: Systeme mit Sonden sind in den zurückliegenden Jahren vielfältig weiterentwickelt worden. Einige benutzen mehrere Sende- und Empfangsspulen, mehrere Frequenzen oder auch modulierte, insbesondere frequenzmodulierte Signale. In Abhängigkeit vom Aufbau der eingesetzten Hardware sind auch Richtung und Entfernung zum detektierten Objekt bestimmbar, wodurch eine gezielte archäologische Prospektion möglich wird. Die Kartierung verläuft hier ähnlich wie bei den vorher beschriebenen Messmethoden.
d. Seismik (Reflexionsseismik) Mit Hilfe der Seismik lassen sich Einblicke in den geologisch-tektonischen Aufbau von Gesteinsschichten gewinnen. Sie wird heutzutage kommerziell z. B. bei der Prospektion von Erdöl, Gas und Kohle eingesetzt. Die Anwendung der Seismik in der Archäologie befindet sich dagegen noch in den Anfängen. Das liegt u. a. auch daran, dass ihr Einsatz mit einem relativ hohen Aufwand an Technik und Personal verbunden ist. Das Wirkungsprinzip beruht darauf, dass von einer seismischen Quelle (z. B. Hammerschlag oder Zündung einer Sprengladung) akustische Signale (Schallwellen) initiiert werden, die in den Untergrund eindringen, und dann nach ihrer Reflexion und Refraktion
Abb. 118: Prinzip der seismografischen Reflexion.
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wieder an die Erdoberfläche gelangen (Abb. 118). Die Wellen durchlaufen den Untergrund mit unterschiedlicher Geschwindigkeit und werden verschieden stark reflektiert, je nachdem auf welchen Untergrund sie treffen. Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Wellen sowie deren Reflexion hängen von der Beschaffenheit des Untergrundes ab. Sie bewegen sich schneller in harten (z. B. Fels) als in weichen Materialien (z. B Lehm). Aus der Art ihrer Reflexion lassen sich folglich sowohl die Schichtenfolge des Bodens als auch archäologische Befunde (wie z. B. Mauern) erkennen. Dazu messen mindestens zwei Empfänger (Geophone), je ein fixierter und ein beweglicher 44, die reflektierten, an der Erdoberfläche wieder austretenden Wellen. Aus der unterschiedlichen Laufzeit der Wellen von der seismischen Quelle bis zum Empfänger sowie der verschiedenen Reflexionswinkel lassen sich die Lage von Erdschichten (Reflexionshorizonte) und von lokalen ›Störungen‹ (z. B. Felsen, Höhlen, Gräben, Mauern u. a.) bestimmen. Um den Umfang und die Lage von Artefakten bestimmen zu können, müssen die Geophone, analog den Empfängern bei den anderen geophysikalischen Methoden, über vorher vermessene bzw. festgelegte Bahnen des Areals bewegt werden. Die Eindringtiefe hängt von der Stärke der seismischen Quelle ab. Ein Gerät mit einem 20 kg schweren ›Hammer‹ erzeugt Wellen mit Eindringtiefen von ca. 10 m. Mit größeren Geräten lassen sich sogar 70-100 m erreichen.
e. Georadar Das Georadar (GPR; Ground Penetrating Radar) entspricht in seiner Funktionsweise dem herkömmlichen Radar, wie es in der Seeund Luftfahrt benutzt wird. Allerdings werden hier die elektromagnetischen Impulse senkrecht zur Oberfläche in den Untergrund gesendet. Gemessen werden dann die reflektierten Wellen. Das Bodenradarverfahren ähnelt in seiner Methodik und bei der Anwendung prinzipiell der Reflexionsseismik. Die im Vergleich mit den Schallwellen (Seismik) energiereicheren Radarwellen (höhere Frequenzen) erlauben zwar eine wesentlich bessere Auflösung, sind aber im Hinblick auf ihre Eindringtiefe limitiert. Grundsätzlich gilt, dass eine bessere Auflösung nur auf Kosten einer geringeren Eindringtiefe zu erreichen ist 45. Frequenzen zwi44. In der Regel ist es eine größere Zahl von Geophonen. 45. Die Frequenz ist umgekehrt proportional zur Wellenlänge, von der die Auflösung begrenzt wird.
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5.5 Naturwissenschaftliche Prospektionen
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schen 10 und 200 MHz erreichen relativ große Eindringtiefen, bieten aber eine schlechte Auflösung. Im Gegensatz dazu erreicht man mit sehr viel höheren Frequenzen (250 MHz bis 1 GHz) eine sehr gute Auflösung, allerdings bei weitaus geringerer Eindringtiefe (im ungünstigsten Fall nur wenige Zentimeter). Der Einsatz der Methode wird beschränkt bzw. unmöglich gemacht, wenn die Radarwellen teilweise oder vollständig absorbiert werden (z. B. bei stark durchfeuchteten Böden). Bei Lehmböden, wie sie in Palästina üblich sind, werden oftmals nur geringe Eindringtiefen zustande kommen. Die Messungen weisen in der Regel eine Vielzahl von Anomalien auf, die die Auswertung komplizieren. Um Fehlinterpretationen zu vermeiden, bedarf es zwangsläufig einer gewissen Expertise.
5.5.2 Chemische Prospektionen (Phosphatanalyse) Chemische Prospektionsmethoden kommen in der Archäologie ebenso zum Einsatz wie die geophysikalischen. Während der große Vorteil der geophysikalischen Messungen darin besteht, dass sie zerstörungsfrei arbeiten (und daher wiederholbar sind), müssen bei der chemischen Prospektion Proben (z. B. von der Erdoberfläche) entnommen werden. Die Proben werden in der Regel in einem Laboratorium bearbeitet. Damit wird in den Befund eingegriffen und dieser in seinem Zustand (überwiegend chemisch) verändert. Werden ohnehin für chemische Zwecke Proben entnommen, so können kombiniert damit nahezu alle bekannten (auch nicht chemischen) Datierungsmethoden, wie z. B. die Radiokarbon- oder Pollendatierungsmethode, herangezogen werden. Als Beispiel für eine chemische Prospektionsmethode wird hier die Phosphatmethode aufgeführt. Organische Phosphatverbindungen spielen bei den Stoffwechselprozessen der Pflanzen (aber auch bei denjenigen von Mensch und Tier) eine entscheidende Rolle. Da Menschen und Tiere
Abb. 119: Ground Penetrating Radar-Anwendung in Petra durch Lawrence B. Conyers, University of Denver.
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Abb. 120: Georadar Zeitscheiben (zwischen 0,60 und 2,40 m Tiefe) der absoluten Amplitude in 3 ns (15 cm) Bereichen. Bereiche mit hoher Reflektivität sind dunkel dargestellt, Bereiche mit hoher Absorption hell (Carnuntum [Österreich]).
5. Wie entdeckt man Spuren der Vergangenheit?
pflanzliche Nahrung aufnehmen, enthalten ihre Ausscheidungen zwangsläufig auch Phosphate. Da, wo solche Exkremente verstärkt auftraten (Ställe), angesammelt (Mistplätze, Abfallgruben) bzw. wieder eingesetzt wurden (Düngung von Äckern und Weiden), erfolgte im Boden eine deutliche, über die lokal übliche Konzentration hinausgehende Anreicherung von Phosphaten. Das ist besonders dort der Fall, wo die Phosphate mit Eisen-, Kalzium- oder Aluminiumionen des Erdreichs zusammentreffen und bei einem günstigen pH-Wert (nicht unter pH 5-6) schwerlösliche Phosphatverbindungen bilden konnten. Die Methode eignet sich demnach zum Nachweis von Siedlungsaktivitäten und darüber hinaus zur Bestimmung der Funktion von Hausbauten innerhalb eines Siedlungsareales, wie z. B. von Stallungen, Abfall- oder Fäkaliengruben. Länger währender Ackerbau bei nicht ausreichender Düngung führt zur Durchsäuerung des Bodens; daher kann solche Bodennutzung durch großflächige Kartierung des Säuregehaltes im Boden (pH-Wert-Messung) erkannt werden.
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5.6 Geografische Informationssysteme (GIS)
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Abb. 121: Zum Prinzip der Phosphatanalyse.
Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Eidt 1977, 1327-1333; Klamm/Weber/Wunderlich 1998 und Zölitz 1980, 305-323.
Die Entwicklung naturwissenschaftlicher Prospektionsverfahren in der Archäologie konnte hier nur beispielhaft und bezogen auf die Einsatzmöglichkeiten in Palästina dargestellt werden. Sowohl bei der Anpassung der einzelnen Methoden an die archäologische Anwendung als auch bei der Eingliederung weiterer Techniken – z. B. der Geothermik 46 – steht die Forschung in den nächsten Jahren noch vor großen Herausforderungen.
5.6 Geografische Informationssysteme (GIS) Geografische Informationssysteme haben in den letzten Jahren in der Archäologie eine immer größere Bedeutung erlangt. Mit Hilfe von GIS erstellt und verwaltet man (Land-)Karten, die mit Datenbanken gekoppelt sind, sodass Informationen zu verschiedenen Fragestellungen (z. B. nach Bodenbeschaffenheit, Hydrologie,
46. Diese Methode misst Temperaturen zur Erkundung geothermischer Anomalien im Untergrund. Die Erdbodentemperatur wird z. B. als Strahlungstemperatur berührungslos mit Detektoren aufgenommen, die sich in Thermalscannern und Wärmebildkameras zumeist in Flugzeugen befinden. Diese Methode ist wegen ihrer hohen Kosten, ihrer Anfälligkeit gegenüber Witterungsverhältnissen und ihrer schwierigen Interpretierbarkeit für die Archäologie bisher noch nicht sinnvoll anzuwenden. – Messungen in Flachbohrungen (von einigen Dezimetern bis wenige Meter) werden mit Widerstandsthermometern durchgeführt.
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Abb. 122: Zum Prinzip von GIS. – Ein »Stapel« verschiedener Karten.
5. Wie entdeckt man Spuren der Vergangenheit?
Klima, Flora und Fauna sowie archäologischen [Be-]Funden) und aus unterschiedlichen Wissenschaftsbereichen abgerufen werden können. Daher ist GIS für die Archäologie weit mehr als nur die computergestützte Kartierung von Fundstätten. GIS ist nicht nur im Bereich von Landkarten großflächig einsetzbar, sondern ersetzt mit der Aufnahme archäologischer (Be-)Funde innerhalb einer Grabung (im DezimeterBereich) z.T. schon konventionelle stratigrafische Aufnahmen. Man kann sich die Funktion eines solchen Systems am besten so vorstellen, dass der archäologisch relevante Bereich durch einen ganzen Stapel parallel übereinander gestellter, unterschiedlicher geografischer Darstellungen (Kartensysteme wie z. B. Klimakarten, archäologische Fundkartierungen, hydrologische Karten, Karten von geophysikalischen Prospektionen sowie Satellitenfotos, Reliefkarten, Infrarotaufnahmen und Luftaufnahmen) dargestellt wird. All diese Informationen sind per geografischer Einmessung miteinander verbunden. Daher können sie einzeln oder synchron gegenübergestellt oder untereinander ergänzt (überblendet) angesehen und ausgewertet werden. Sie sind nicht nur miteinander kombinier- und austauschbar, sondern jeweils auch mit direkt zugänglichen relationalen Datenbanken verknüpft, die (je nach Projekt) völlig verschiedene Ausrichtungen haben können, z. B.: – Fotodatenbanken, – Auswertung aufgenommener Befunde, – Funddatenbanken, – Tagebuchaufzeichnungen von Feldbegehungen, Ausgrabungen und Einzeluntersuchungen, – Details der Geländeaufnahme (z. B. Neigungswinkel) und – 3 D-Rekonstruktionen. Der Gebrauch eines solchen geografischen Informationssystems erschließt neue Möglichkeiten, denn alle Daten, auch große Mengen, sind sofort verfügbar. Sie stehen jederzeit zur Verfügung und
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5.6 Geografische Informationssysteme (GIS)
sind gleichzeitig von verschiedenen Institutionen benutzbar. Einmal aufgenommene Daten werden in einem logischen System übersichtlich ohne Zeitbegrenzung gespeichert und können jederzeit ergänzt werden. Eine solche logische Struktur hilft, Zeit und Geld für eine langwierige Suche zu sparen. Weiterführende Unternehmungen können auf dieser Basis geplant und vorbereitet, Doppelarbeiten vermieden werden. Informationen sind mit Notebook selbst im Feld zugänglich, und angesichts der aufgenommenen Datenmenge werden spätere Überprüfungen einmal aufgestellter Thesen möglich. Die Arbeit am geografischen Informationssystem kann selbst im Nachhinein noch zu gänzlich neuen Fragestellungen und deren Lösung führen. Forschungen zu historischen Landschaftsformen, zu charakteristischen Ausprägungen einzelner Zeitepochen, bezüglich des Zusammenhangs von Landwirtschaft und kulturellen Entwicklungen u. a. lassen sich beispielsweise auch in der Retrospektive aufgreifen, wenn die erforderlichen Daten durch parallele oder vorausgegangene Fragestellungen bereits im System eingespeichert wurden. Selbst der Austausch und die Diskussion von wissenschaftlichen Daten und Fragestellungen ist nicht mehr nur im Intranet innerhalb einer Forschungseinrichtung, sondern öffentlich oder passwortgeschützt weltweit mittels Internet möglich. Wo Forscher letztlich arbeiten, spielt für eine Daten-Akquisition und deren Auswertung praktisch keine Rolle mehr.
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6. Wie gräbt man aus?
6.1 Zielstellungen Eine Ausgrabung ist Bestandteil archäologischer Erkundungen. Sie steht aber niemals an deren Anfang 1. Vielmehr setzen Ausgrabungen umfangreiche Vorarbeiten voraus, wie – Literaturrecherchen zum zu untersuchenden Gebiet, zu benachbarten Ortslagen und vergleichbaren archäologischen Phänomenen, – die intensive Erkundung der Oberfläche der künftigen Grabungsstelle (Kap. 5.3; z. B. Feldbegehungen) einschließlich – naturwissenschaftlicher Prospektionen (Kap. 5.5).
Abb. 123: Idealisierte Schichtenfolge eines Tells.
Auf dieser Basis werden die Ziele der Ausgrabungen formuliert. Rechtfertigen sie die mit einer Ausgrabung stets auch verbundene Zerstörung des ursprünglichen Befundes, so sollte die Ausgrabung geplant und ein realistischer Zeitplan erarbeitet werden. 1.
Eine Ausnahme von dieser Regel bilden Rettungsgrabungen. Sie können bei archäologischen Funden innerhalb von Bauvorhaben/Erdarbeiten u. ä. erforderlich werden. Der zuständige Antikendienst kann die Bauvorhaben verzögern, absagen oder zumindest Änderungen verlangen (z. B. die Verlegung einer Autobahntrasse), um den Befund zu sichern.
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6.1 Zielstellungen I.
II.
III.
Der Tell – Stratigrafie und die sich daraus ergebenden Besiedlungszeiten – Struktur der Besiedlungen a. deren räumliche Ausdehnungen b. deren innere Organisationsformen Die Region – Siedlungsmuster – Siedlungsentwicklung – Straßen- und Wegesysteme – Siedlungshierarchien – Bedeutung der Siedlung für die Region und evtl. darüber hinaus Der Tell und sein natürliches Umland (naturräumlicher Kontext) – Topografie – Bestattungsplätze und -riten – Wirtschaftsflächen (z. B. Handwerk; Felder und Weiden) – Bodenarten und landwirtschaftliche Möglichkeiten – Rohstoffquellen – Makro- und Mikroklima – Hydrologie – Flora und Fauna – Geologie – Überlebensstrategien unter den naturgegebenen Voraussetzungen – geopolitische Lage
Integrierte Untersuchungen von urbanen Zentren und ihrem Umfeld zielen auf eine regional ausgerichtete Fragestellung, auf das Zusammenspiel verschiedener Faktoren innerhalb eines geografischen Bereiches und damit auf die sich über einige Jahrtausende erstreckende kulturelle Entwicklung einer Region – auf die ›Archäologie einer Landschaft‹ 2.
2.
Der in den 70er-Jahren entstandene Ausdruck bezeichnet einen übergreifenden Forschungsansatz, der Öko-, Siedlungs-, Wirtschafts- und Sozialarchäologie zusammenfasst. Für ein Gebiet soll die gesamte Natur- (Boden, Klima etc.) und Kulturlandschaft (menschliche Aktivitäten) im zeitlichen Wandel erfasst werden. Vgl. dazu Pantzer 1995; Gramsch 1996, 19-38; Ashmore/Knapp 1999 und Ucko/ Layton 1999.
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Abb. 124: Fragenkomplexe bei der Ausgrabung eines Tells.
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Abb. 125: Stufenschnitt am Hang des Tell Zerā‛a (Areal I).
6. Wie gräbt man aus?
6.1.1 Strategie Grundsätzlich ist zu klären, – mit welchen personellen, technischen und finanziellen Mitteln die oben gesteckten Ziele zu erreichen sind, – wie die einzelnen Fragestellungen zeitlich aufeinander bezogen werden sollen, – welche Kooperationen mit anderen Wissenschaftsbereichen notwendig sind, – mit welchen technischen Hilfsmitteln zu arbeiten ist, – welche behördlichen Genehmigungen notwendig sind, – welcher Zeitraum für das Projekt – einschließlich der Veröffentlichungen – eingeplant werden muss – und schließlich wie die Finanzierung gesichert werden kann. Aus diesen Überlegungen ergeben sich die Grundzüge des Vorhabens, die nicht nur in den Anträgen bei der zuständigen Antikenverwaltung, sondern auch bei den für die Finanzierung ins Auge gefassten Stiftungen und Institutionen dargelegt werden müssen.
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6.1 Zielstellungen
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6.1.2 Organisation a. Zeit Für Ausgrabungen in Palästina durch Teams von (deutschen) Universitäten stehen angesichts des Studienbetriebes meist nur die vorlesungsfreien Zeiten (Mitte Februar bis Mitte April und Ende Juli bis Mitte Oktober) zur Verfügung. Allerdings sind bis Mitte März die Nächte noch sehr kalt. Es fallen z.T. ergiebige Niederschläge (Spätregen), sodass – außer im Negev und in Edom – Ausgrabungen kaum sinnvoll durchgeführt werden können. Im Sommer bleibt mehr Zeit für Grabungsprojekte. Doch ist es in einigen Gebieten (insbesondere im Jordangraben) so heiß, dass man den Mitarbeitern/-innen eine Tätigkeit im Juli oder August kaum zumuten kann. Die Exaktheit und Effizienz der Arbeit leiden zwangsläufig bei extremen Temperaturen. Folglich bieten sich für Ausgrabungsprojekte nur die vorlesungsfreien Zeiten von Mitte März bis Mitte April und im September/Oktober an.
b. Team Die Zusammenstellung der Arbeitsgruppe folgt aus der Grabungsstrategie. Gemäß dieser Vorplanung sind genügend Arbeitskräfte für die jeweils notwendigen Bereiche einzuplanen, z. B. für die – Vermessung inkl. fotografischer und zeichnerischer Dokumentation, – Feldarbeit, – Surveyarbeit im Umfeld des Grabungsbereiches, – naturwissenschaftlichen Prospektionen, – Fundbearbeitung und Dokumentation der Ergebnisse, – Organisation und Verwaltung aller Daten durch EDV und die – wissenschaftlichen Sonderprojekte. Anders als lokale Ausgrabungsunternehmungen können ausländische Missionen aus finanziellen und organisatorischen Gründen nicht in kurz aufeinanderfolgenden Zeitabständen an den Ausgrabungsort zurückkehren. Das bedeutet, dass alle Aufgaben vor Ort (von der Ausgrabung über die Vermessung, die schriftliche, zeichnerische und fotografische Dokumentation bis hin zur Fundbearbeitung) in einer kurzen Zeitspanne erledigt
Abb. 126: Grabungsvolontäre bei der Ausgrabung im neolithischen eš-Šallāf.
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6. Wie gräbt man aus?
werden müssen 3. Neben einer klaren Organisation der gesamten Ausgrabungskampagne sind gut ausgebildete, erfahrene Mitarbeiter/-innen die Grundlage zur Bewältigung dieser Aufgaben.
Abb. 127: Das Grabungshaus in Gadara. Im Vordergrund ein Teil der hellenistisch-römischen Stadtmauer.
c. Volontäre/-innen Im Nahen Osten werden immer wieder Volontäre/-innen für Ausgrabungen angeworben. Die Ausgrabungen in Dor, Bet-Schean, Aschkelon, Sepphoris, Pella und an vielen anderen Stellen haben über Jahrzehnte bewiesen, dass bei ausreichender Supervision durch Fachpersonal die Feldarbeit mit motivierten, interessierten Laien ausgesprochen erfolgreich sein kann. Grabungsvolontäre/-innen sollten im Vorhinein ausreichend darüber in Kenntnis gesetzt werden, was sie an körperlichen Anstrengungen erwartet und welche Arbeitsaufgaben auf sie zukommen. Es hat sich als vorteilhaft erwiesen, die zukünftigen Mitarbeiter/-innen nicht nur über Land und Leute zu informieren, sondern auch über die anstehenden wissenschaftlichen Aufgaben und zumindest über die Klassifikation der am Grabungsort potentiell vorzufindenden Artefakte.
d. Arbeitsgeräte Gearbeitet wird mit einfachen mechanischen Geräten wie Kellen, Schaufeln, Hacken in jeder Größe, Schubkarren, Bürsten, Besen 3.
Nur in Ausnahmefällen dürfen heute noch einzelne Untersuchungen mit Genehmigung der zuständigen Antikenverwaltung außerhalb des Gastlandes durchgeführt werden (z. B. 14C-Datierungen; Bodenproben u. a.).
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6.2 Stratigrafie
und Kehrblechen 4. Überall begegnet man dem unentbehrlichen Trage- und Beförderungsmittel: der Quffa. Ursprünglich waren dies aus Ästen geflochtene Körbe. Heute werden sie in ähnlicher Form aus alten Autoreifen hergestellt. Für Feinarbeiten werden Pinsel, Pinzetten und Kleingeräte (vergleichbar mit Zahnarztutensilien) verwendet. Das Spezialgerät zur !Vermessung (Kap. 5.2.2) und für !naturwissenschaftliche Prospektionen (Kap. 5.5) wurde bereits vorgestellt. Zur Fotodokumentation s. Kap. 6.4.4. Großmaschinen kommen nur äußerst selten zum Einsatz, um eine Verdichtung der Erde und eine mechanische Zerstörung der oberflächennahen Befunde zu verhindern. Nur in Ausnahmefällen, wie z. B. beim Schnitt durch eine Stadtmauer (Bagger) oder beim Erkunden von tief zusedimentierten Flächen (motorbetriebener Bohrer), werden größere Geräte eingesetzt.
6.2 Stratigrafie Die Entstehung der archäologischen Schichtenabfolge von !Tells wurde bereits oben (Kap. 4.2.1) erläutert. In Kenntnis dieser Entstehungsgeschichte unterscheidet man bei Ausgrabungen anhand makroskopischer Unterschiede der Konsistenz von Ablagerungen zwischen verschiedenen Strata. Liegen diese vertikal übereinander, wie z. B. bei Tells, spricht man von vertikaler, bei flächig fortschreitenden Anlagen – wie Nekropolen – von horizontaler Stratigrafie. Zuweilen wird der Begriff Stratum für künstliche, bei der Ausgrabung bewusst durch den Abhub geschaffene Lagen verwendet, die Bezeichnung Schicht dagegen für archäologisch vorgegebene Erdlagen 5. Um Verwechslungen angesichts unterschiedlicher Definitionen auszuschließen, werden hier Schicht und Stratum äquivalent gebraucht. Unterschieden werden allein die Ursachen der Schichtbildung: natürliche (z. B. Ablagerungen von Sedimentoder Gesteinsschichten), anthropogene (z. B. Besiedlungsschichten) und künstliche Strata (s. Kap. 6.2.2).
4.
5.
In einem lexikalischen Anhang zu diesem Buch (»Wortschatz für Ausgrabungen in Palästina«) werden die ortsüblichen Bezeichnungen der Arbeitsgeräte in arabischer und neuhebräischer Umschrift aufgeführt. Hachmann 1969, 52.
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Abb. 128: Quffa, Kelle und Hacken, die unverzichtbaren Ausgrabungshilfen.
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6. Wie gräbt man aus?
Bischof Niels Stensen (1638-1686), lat. Nicolaus Stenonis, war Anatom und Naturforscher. Nach dem Medizinstudium in Kopenhagen ging er 1660 für anatomische Forschungen nach Amsterdam, Leiden und schließlich nach Florenz. Dort betrieb er im Auftrag des Großherzogs der Toskana embryologische, paläontologische, geologische und mineralogische Studien. Bei der Untersuchung von Kristallen stellte er die nach ihm benannte ›stenosche Regel‹ auf. Seine Forschungen als Mediziner beeindrucken noch heute durch ihre Vielgestaltigkeit, doch sei er hier als Begründer der geologischen Stratigrafie gewürdigt: In seinem ›Lagerungsgesetz‹ ging er davon aus, dass die Sedimentgesteinsschichten durch Ablagerung in Meeren entstanden. Bei einer ungestörten Schichtenfolge – folgerte er – liege die jüngere stets über der älteren. Er wies seine Schlussfolgerungen in der toskanischen Landschaft nach. Außerdem war er davon überzeugt, dass die in den Erdschichten eingeschlossenen Fossilien versteinerte Reste von Tieren seien, und wurde so zum Wegbereiter der Paläontologie. 1666 sezierte er in einer spektakulären Aktion in Florenz einen Haifischkopf und bestimmte die bekannten und bis dato fehlgedeuteten ›Zungensteine‹ (lat. Glossopetrae) korrekt als versteinerte Haifischzähne. Seine stratigrafischen Forschungen wurden später u. a. von !C. Lyell (S. 27 ff.) aufgegriffen. 1667 konvertierte er zur katholischen Kirche, wurde 8 Jahre später zum Priester und 1677 zum Bischof geweiht. Er wirkte bis zu seinem Tod in Schwerin als Geistlicher in Norddeutschland. 1988 wurde er selig gesprochen 6.
6.2.1 ›Harris-Matrix‹ Die Übertragung der Methoden der geologischen Stratigrafie in die Archäologie ist u. a. Forschern wie !T. Jefferson (S. 26) zu verdanken. Er führte die stratigrafische Ausgrabungsmethode zum ersten Mal in der Praxis durch. Die in Europa vielbeachtete Troia-Ausgrabung (!H. Schliemann und W. Dörpfeld; S. 26) sicherte diesem Vorgehen in der wissenschaftlichen Welt die allgemeine Akzeptanz. Im Nahen Osten wurde !W. M. F. Petrie Wegbereiter stratigrafischer Ausgrabungen (S. 39). Allerdings ist die Stratigrafie nicht deckungsgleich von der Geologie in die Archäologie zu übertragen. Archäologische Strata haben meist nur eine begrenzte Ausdehnung und sind nicht verfestigt. E. C. Harris hat deshalb speziell auf die Eigenheiten der von Menschen verursachten komplexen Eingriffe in die geologischen Ablagerungen (z. B. durch den Bau von Gruben, [Fundament-]Gräben, Mauern u. a.) hingewiesen und diese systematisch gegliedert. Die vier stratigrafischen Gesetze der Archäologie nach E. C. Harris 7 1979/1989 (die drei ersten basieren auf Niels Stensen) lauten: Law of Superposition: Im ursprünglichen Zustand liegt die jüngere Schicht über der älteren. 6. 7.
Wieh 1988; Bierbaum/Faller/Traeger 31989 und Wicklein 1992. Harris 11979 und 21989.
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6.2 Stratigrafie
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Law of Original Horizontality: Unverfestigte Schichten neigen dazu, sich horizontal abzulagern. Law of Original Continuity: Jede Schicht wird durch eine vorgegebene Oberflächenform begrenzt oder läuft allmählich aus; andernfalls muss dafür eine Erklärung gesucht werden. Law of Stratigraphical Succession: Die stratigrafische Position eines Stratums wird allein von der ältesten darüber liegenden und jüngsten darunter liegenden Schicht bestimmt. Nur direkt mit einer Schicht in Beziehung stehende Strata sind für ihre stratigrafische Einordnung relevant. Die von E. C. Harris entwickelte sog. ›Harris-(Winchester) Matrix‹ regelt in Form eines Diagramms die logische Abfolge von Schichten, wobei die jüngste mit der Zahl 1 bezeichnet und an die oberste Stelle gesetzt wird. Die älteren Schichten schließen sich nach unten hin an. Gleichzeitigkeit wird durch gleiche Höhe ausgedrückt. Edward Cecil Harris entwickelte 1973 ein Dokumentationssystem für die archäologische Stratigrafie, die sog. ›Harris-(Winchester) Matrix‹. Das auf nahezu alle Ausgrabungsstätten und Kulturperioden anwendbare System dokumentiert die jeweilige Schichtenabfolge auf vergleichbarer Basis. Die von ihm verfassten ›Principles of Archaeological Stratigraphy‹ (11979; 21989; 31997, vgl. 1993) wurden bald zu einem Standardwerk in der Archäologie. Seit 1980 ist E. C. Harris Direktor des ›Bermuda Maritime Museum‹.
Ziel der heute üblicherweise nur ›Harris-Matrix‹ genannten Methode ist die übersichtliche Darstellung der stratigrafischen Beziehungen archäologischer Schichten untereinander. Man könnte sie auch als ›relativ-chronologischen Kalender‹ bezeichnen. Der Bezug auf die in den Strata eingeschlossenen Artefakte wird prinzipiell ausgeschlossen, denn Artefakte konnten über Jahrtausende hinweg ihre Lage verändern (z. B. durch Erosion an Hanglagen), stratigrafische Schichten jedoch nur sehr bedingt. Die jeweiligen Stratifikationseinheiten beruhen auf der Grundregel, dass es im Prinzip nur drei räumliche Beziehungen von Schichten zueinander gibt: – Zwei Schichten berühren sich. Daraus folgt, eine Schicht ist älter oder jünger als die andere (Abb. 129/1 f.): Schicht (1) ist jünger als (2); (2) jünger als (3). – Zwei Schichten berühren sich nicht und haben keine Verbindung zueinander. Daraus folgt, die Schichten sind zueinander nicht in Beziehung zu setzen (Abb. 129/3): Strata (2) und (4). – Zwei Schichten berühren sich nicht, gehörten aber ursprünglich zu einem Ganzen. Daraus folgt, sie sind gleich alt (Abb. 129/4): Strata (6) und (7). Aus den Stratifikationseinheiten wird erst in einem zweiten Schritt eine übergreifende Matrix entwickelt (Abb. 129/5).
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6. Wie gräbt man aus?
Abb. 129: ›Harris-Matrix‹. Abb. 129/1 und 2: Beispiele von einfachen Schichtenfolgen und deren Darstellung in der ›Harris-Matrix‹.
Abb. 129/3: ›Schnittflächen‹ (Interfaces) innerhalb einer Schichtenfolge.
Abb. 129/4: Beispiele von (A) Vor-, Nach- und (B) Gleichzeitigkeit einzelner Strata sowie (C) Schichten ohne eine direkte stratigrafische Beziehung.
Abb. 129/5: Die ›HarrisMatrix‹ am Beispiel eines Ausgrabungsbefundes am Hang eines Tells mit Stadtmauerfragment und Fundamentgräben.
In Abb. 129/5 wird der Hang eines idealisierten Tells dargestellt, in dem ein großes steinernes Stadtmauerfundament (6) aufgefunden wurde. Der ehemalige Lehm(ziegel)aufbau (2) hat sich über das Fundament verteilt. Die gesamte Besiedlungsschicht wurde später überbaut. Doch auch diese Schicht ist zerfallen und breitet sich als eigenes, homogenes Stratum über die ehemalige, mit einer Stadtmauer gesicherte Siedlung aus (1). Zum Verständnis der Diagramme Abb. 129/3-5 ist es wichtig, dass ›Schnittflächen‹ oder ›Grenzflächen‹ (nach Harris 1989, 54 ff. Interfaces) als eigene Strata angesehen werden: z. B. der Boden einer Grube oder eines Fundamentgrabens (die vor deren Verfüllung entstanden). Solche ›Schnittflächen‹ beinhalten demnach meist keine Artefakte.
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6.2 Stratigrafie
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Das Erstellen einer Harris-Matrix ist auch computergestützt möglich: Im WinBASP (›Bonn Archaeological Statistic Package for Windows‹) ist eine 1990 entwickelte MS-DOS Version enthalten. Das 1998 weiterführende Programm ArchEd (›Archaeological Editor‹) arbeitet auf der WindowsPlattform.
6.2.2 Grabung nach natürlichen, anthropogenen und künstlichen Strata Die in Abb. 129 erörterten Beispiele von Tellgrabungen haben sich auf anthropogene (Siedlungsschichten, Gruben, Mauern u. a.) und natürliche Strata (Schwemmschichten, der gewachsene Fels oder die von Siedlungsaktivitäten unberührten Erdschichten) bezogen. Dies entspricht zweifellos dem üblichen Vorgehen bei Ausgrabungen. Dennoch kann es zwingende Gründe geben, die eine andere Arbeitsweise verlangen. Wenn die Stratigrafie unklar ist und durch ›klassische‹ sowie naturwissenschaftliche Prospektierungen keine weitergehenden Informationen zu erreichen sind, werden Ausgrabungen nach künstlichen Schichten durchgeführt. Dann werden zumeist Suchgräben (in Form von langen Linien oder in Kreuzform) über ein in der Tiefe zu erkundendes Gebiet angelegt. Dabei werden in einem vorher bestimmten Abstand künstliche Strata (je nach Ausgrabungsbefund von z. B. 1, 5, 10 oder 20 cm Stärke) abgehoben. Insbesondere das Profil des Suchgrabens und/oder die Artefakte der einzelnen Strata ergeben Hinweise auf die an der untersuchten Stelle gegebene natürliche oder anthropogene Schichtenfolge. Suchschnitte sind aufwendig. Sie sollten möglichst schmal angelegt werden, um die Eingriffe in den Gesamtbefund gering zu halten. Eine Breite von 1,5 m erscheint aber im Allgemeinen notwendig, um die Grabungsarbeiten rein mechanisch überhaupt durchführen zu können. Die Anlage von Suchgräben sollte sich problemlos ins geplante Ausgrabungsraster einfügen.
Auch !Sondagen (Kap. 5.3.3) werden mit künstlichen Abhüben in den Kulturboden eingetieft. Dabei kann je nach Befundsituation die Stärke der abgehobenen Schichten verändert werden. Die Artefakte werden entsprechend den vorgegebenen künstlichen Strata gesammelt und ausgewertet.
Abb. 130: Suchschnitt im neolithischen Eš-Šallāf.
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6. Wie gräbt man aus?
In Nekropolen wurden Gräber zumeist in einiger Entfernung voneinander angelegt. Die Gräber selbst (zu ihren typischen Formen s. Kap. 4.2.2) sind oft recht eng und bieten von daher meist wenig Übersicht. In der Regel wird man sie über ihren natürlichen Zugang (Felsöffnung, Dromos o. ä.) oder künstlich vertikal von oben auf der Breite des Grabes erkunden. Dabei richtet sich die Ausgrabungsstrategie nach dem vorliegenden Grabtyp. Grundsätzlich wird zunächst nur ein Teil der Grabkammer in möglichst klein bemessenen künstlichen Schichten abgetragen. Erst wenn die Stratigrafie erkundet ist, sollte nach den vorgegebenen anthropogenen Schichten der Rest des Grabes erforscht werden.
6.3 Feldarbeit 6.3.1 Rastersystem Schon mit der Erkundung des Ausgrabungsortes sollte ein Vermessungssystem installiert werden, damit einmal Erkanntes lokalisiert und auf einem topografischen Plan verzeichnet werden kann. Dieser wird in aller Regel nach dem !Palestine Grid (vgl. Kap. 5.2.2) ausgerichtet, da das dem allgemeinen Standard für Ausgrabungen in Palästina entspricht. Wenn möglich, wird man das Survey- und das Ausgrabungsraster in demselben Vermessungssystem anlegen, um eine problemlose Beziehung zwischen allen Flächen zu gewährleisten. Die Festpunkte des Vermessungssystems sollten unverrückbar im Erdreich fixiert werden. Um allen Unwägbarkeiten vorzubeugen, empfiehlt es sich, zusätzliche Festpunkte im weiteren Umkreis der Grabungsstelle anzubringen, z. B. als Einkerbungen in Felsbereichen, unterhalb der sichtbaren Oberfläche oder an unverrückbaren Geländepunkten.
Abb. 131: Rastersystem von 10 10 m auf dem Tell Zerā‛a (Areal II; 1650 m2).
Bei Ausgrabungen einer Ḫirbe (wenige Strata) kann es auch sinnvoll erscheinen, das Vermessungs- und Grabungsraster entsprechend der sich an der Oberfläche abzeichnenden Ausrichtung der Architekturreste zu orientieren. Bei Tells (mehrere Strata) ist es jedoch kaum wahrscheinlich, dass alle Kulturschichten gleich ausgerichtet waren. Die Entscheidung, das Vermessungs- und Grabungsraster nach der jüngsten Schicht auszurichten, erweist sich daher leicht als Fehlschluss.
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6.3 Feldarbeit
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Oft wird bei Ausgrabungen ein Raster von 5 5 m verwendet. Dieses Raster sollte sich von vornherein über den gesamten Siedlungsplatz erstrecken und muss in seiner Benennung in jede Richtung erweiterungsfähig sein 8.
6.3.2 Areale, Grabungsquadrate, Plana, Stege, Profile und Befunde 9 Während der Ausgrabung eines Tells oder einer Ḫirbe werden häufig mehrere Grabungsquadrate (squares) im Raster von z. B. 5 5 m nebeneinander geöffnet 10. Solche zusammenhängenden Grabungsbereiche bezeichnet man als Areale (areas). Jedes der Grabungsquadrate (squares) wird auf einer Breite von 4 4 m aus-
Abb. 132: Areal I auf dem Tell Zerā‛a (1850 m2).
8.
Die Größe des Rasters ist vom auszugrabenden Befund abhängig. In Gräbern, Höhlen und bei frühen lithischen Siedlungsplätzen wird man ein Rastersystem mit einer Kantenlänge von 0,5 bzw. 1 m bevorzugen. – Bei Zahlenreihen oder Buchstabenfolgen sind leicht zu übersehende Zusätze wie »–« oder »+« zu vermeiden. 9. Zu den Anfängen der Ausgrabungsmethoden s. Kap. 1.1.5. – Die englische Sprache ist in den Publikationen und innerhalb der üblicherweise international besetzten Grabungsteams zur ›Lingua franca‹ geworden. Daher werden im Folgenden neben den deutschen auch englische Bezeichnungen angegeben. 10. Wenn es das Grabungsumfeld verlangt, kann die Größe der geöffneten Flächen beliebig variieren, wobei dann häufig Rechtecke entstehen.
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Abb. 133: Schematisierte Grabungsquadrate (squares).
6. Wie gräbt man aus?
gegraben, um Stege (balks/baulks) in einer Breite von je 1 m zu ermöglichen, die noch begangen werden können und an deren senkrechten Profilen (profiles) die stratigrafische Sequenz nachgeprüft werden kann. Nach dem Abhub werden natürliche Begehungsebenen bzw. die künstlich geschaffenen waagerechten Horizonte freigelegt, die man als Plana (lat. Fläche/Ebene; Sg. Planum) bezeichnet. Innerhalb dieser Grabungsbereiche können archäologische Befunde (context), d. h. Fundeinheiten oder Fundkompositionen, unterschieden werden. Die freigelegten Funde (finds) werden je nach Befund separiert. Zuweilen spricht man statt von Befunden auch von Loci (lat. Ort; Sg. Locus). Man bezeichnet damit Installationen (z. B. Öfen, Vorratsgruben) oder Mauern, den Raum zwischen zwei Mauern, die Fläche eines Zimmers u. a. – Mit dem Ausdruck Befund (context) erweitert man den vornehmlich räumlich bestimmten Begriff Locus im Hinblick auf die Fundvergesellschaftung der dort miteinander verbundenen Objekte, die Funktion des Befundes als stratigrafische Einheit und deren horizontale und vertikale Einordnung innerhalb der ›Harris-Matrix‹. Die Ausgrabung von !Gräbern verlangt bei gleichen Grundprinzipien dennoch spezielle Anforderungen (vgl. Kap. 6.2.2). Bei der Fundbergung ist die Anwesenheit von Anthropologen/-innen von großem Vorteil. Für evtl. Blockbergungen ganzer Befundzusammenhänge muss im vorhinein Sorge getragen werden. Aus dem Befundzusammenhang in Gräbern hofft man, Wesentliches über das Totenritual (prämortale Maßnahmen, Aufbahrungs-, Bestattungs-, Beigaben-, Tracht- und Mitgabensitte) und mögliche Gedenk- oder Opferfeiern im Grabbereich zu erfahren.
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6.4 Dokumentation
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6.4 Dokumentation Jede Ausgrabung bedeutet Zerstörung und kann kein zweites Mal unter den gleichen Bedingungen wiederholt werden. Daher ist die sorgfältige Dokumentation der Beobachtungen während der archäologischen Arbeit von besonderer Bedeutung. Die Archäologen/-innen initiieren, begleiten und dokumentieren den Vorgang des Ausgrabens. Ziel ihrer Dokumentation muss es sein, den ursprünglichen Zustand im Nachhinein wieder weitgehend rekonstruieren zu können. Dafür stehen folgende Instrumentarien zur Verfügung: – die Befundbeschreibung (Kap. 6.4.1), – die Fundbeschreibung (Kap. 6.4.2), – Skizzen (Kap. 6.4.3), – Architektur- und Artefaktzeichnungen (Kap. 6.4.3), – Fotografien (Kap. 6.4.4), – das Grabungstagebuch (Kap. 6.4.5) und – die computerunterstützte Datenerfassung und -verwaltung (Kap. 6.5).
Abb. 134: Idealisiertes Grabungsquadrat (square).
6.4.1 Befunde Befunde (zum Begriff s. Kap. 6.3.2) bestehen aus Fundeinheiten bzw. -kompositionen. Dazu gehören beispielsweise Installationen, komplexere Strukturen oder gar archäologische Orte. Befunde sind daher in der Regel unbeweglich und können nur im absoluten Ausnahmefall (z. B. bei Blockbergungen) in nahezu unveränderter, konservierter Form geborgen werden. Das abgebildete Befundformular (context sheet; Abb. 135) soll sicherstellen, dass alle Informationen möglichst vollständig in einem logischen Zusammenhang dokumentiert werden. Im Formular werden zunächst allgemeine Angaben abgefragt, z. B. Gra-
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6. Wie gräbt man aus?
Abb. 135: Befundformular (context sheet) des Biblisch-Archäologischen Instituts Wuppertal.
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bungsort (site), Areal (area), Grabungsquadrat (square) und Befundnummer (context). Dann sind speziellere Angaben u. a. zur Konsistenz des Befunds (type, texture, consistence …), zu Fundgattungen und zu den aufgefundenen Artefakten zu vermerken. Außerdem werden Verweise auf die mit Fundzetteln versehenen Fundgruppen (pot, sherd, bone, flint etc.) verzeichnet. Weiterhin wird die Zuordnung zu den unmittelbar angrenzenden Befunden (gemäß der ›Harris-Matrix‹ ; vgl. below, within, above) wie auch eine allgemeine Beschreibung des Befundes (description) und (getrennt davon!) die Interpretation (interpretation) der Archäologen/-innen notiert. Das Blatt bietet zudem noch Raum für Feldskizzen (sketches), zum Verzeichnen von Einmessungen (measurements), für Zeichnungen (drawings/sections) und Fotos (photos).
6.4.2 Funde Funde sind bewegliche Objekte – das ›Sachgut‹ –, das bei Ausgrabungen aufgefunden und entnommen werden kann (d. h. Artefakte aller Art und Samples von Ökofakten, wie Wasser- und Bodenproben). Sie werden nach ihren Fundgattungen (z. B. Keramik, Silex, Glas, Knochen, Bronze, Eisen) und entsprechend ihrem Kontext an der Grabungsstelle separiert. Jede dieser Gruppen wird in ein eigenes Fundbehältnis verpackt, (zur Sicherheit) doppelt mit einem Fundzettel (find label; Abb. 137) und schließlich mit einer Registriernummer versehen. Damit wird sichergestellt, dass alle Funde ihrem ursprünglichen Kontext zugeordnet und in ihrer Konstellation zueinander wieder rekonstruiert werden können. Die Fundzettel bleiben dauerhaft bei den von ihnen bezeichneten Funden. Ihre Daten werden bei der Bearbeitung der Artefakte zusammen mit der näheren Bestimmung des Materials (z. B. Ware, Form und zeitliche Einordnung) in die elektronische Grabungsdatenbank überführt.
Abb. 136: Öllämpchen, islamische Zeit (11./12. Jh. n. Chr.), Ba‛ǧā I.
Abb. 137: Fundzettel (find label) des Biblisch-Archäologischen Instituts Wuppertal. – Die englischen Begriffe ergeben sich zwangsläufig angesichts der international zusammengesetzten Grabungsteams.
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6. Wie gräbt man aus?
6.4.3 Skizzen und Zeichnungen Feldskizzen eröffnen die Möglichkeit, Funde, einzelne Befunde und auch die Anordnung einer übergreifenden Fundsituation mit einfachen zeichnerischen Mitteln ohne Maßstäblichkeit festzuhalten. Besonders in Befundformularen und Tagebüchern bieten sie eine sinnvolle und effektive Dokumentationsmöglichkeit. Übersichtspläne, Zeichnungen von Plana und Profilen sowie Architektur- und Artefaktzeichnungen dienen der genauen zeichnerischen Darstellung, in die (im Gegensatz zum Foto) stets auch Interpretationen mit eingebracht werden. Bei ›steingerechten Zeichnungen‹ werden z. B. die Mauerkanten verstärkt und konstruktive Merkmale hervorgehoben. Derartige Zeichnungen wer-
Abb. 138: Steingerechte Zeichnung (Ausschnitt) aus Ba‛ǧā I, Jordanien.
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6.4 Dokumentation
den (in der Regel) im Maßstab 1:20 ausgeführt und später in Tusche umgesetzt 11. Zeichnungen von Plana und Profilen sollten sowohl die Einschlüsse (z. B. Artefakte) deutlich kennzeichnen als auch die Konsistenz der einzelnen Befunde und deren Übergänge (z. B. durch Farbunterschiede) darstellen. Außerdem dokumentieren sie Laufhorizonte u. ä. Die einzelnen zeichnerischen Elemente werden jeweils in einer dauerhaft mit der Zeichnung verbundenen Legende erläutert. Auch ausgewählte Funde (z. B. Leittypen) werden aus Gründen der Dokumentation und im Hinblick auf spätere Publikationen zeichnerisch dargestellt (Artefaktzeichnung). Sie werden ausführlich beschrieben und fotografisch dargestellt. Die zeichnerische Komponente bietet besondere Möglichkeiten. Während Fotos Farbigkeit zeigen und einen guten Gesamteindruck vermitteln, treten bei ihrer Wiedergabe von Details aber häufig Schwierigkeiten auf. Zeichnungen sind Übersetzungen mit dem Zwang zur Eindeutigkeit. Dabei lassen sich besonders hervorheben – die Form (flach, plastisch, bauchig u. a.), – Unebenheiten der Oberfläche (Wellen, Riefen, Gruben, Buckel u. a.), – Oberflächenstrukturen (glatt, rau, körnig u. a.), – Unregelmäßigkeiten im Material (Einschlüsse, Löcher, Risse u. a.) und wenn vorhanden – Bearbeitungsspuren (z. B. Ziehrillen, Kratzer, Durchbohrungen) sowie – Dekors aller Art (wie z. B. Färbungen, Bemalungen, Reliefierungen und Ritzungen). Da Skizzen und Zeichnungen stets individuelle Interpretationen sind, sollten sie immer auch durch Beschreibungen und Fotografien ergänzt werden.
6.4.4 Fotografie Die fotografische Dokumentation dient sowohl der Darstellung des geografischen Umfeldes, des Ausgrabungsfortschritts, von Details (Installationen, Plana, Profile) als auch von Funden (Artefakte). Makro-, Normal- und Weitwinkelobjektive sind bei archäologischen Kampagnen unerlässlich.
11. Die terrestrische Fotogrammetrie kann solche Zeichnungen inzwischen ersetzen (Kap. 6.4.4b).
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6. Wie gräbt man aus?
Abb. 139: Chalkolitische Keramik aus Sāl. Handaufgebaute Vorratsgefäße nach Kafafi/Vieweger 2001, 31.
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a. Befundfotografie Für publikationsreife Aufnahmen auf der Ausgrabungsstelle oder während des Surveys ist im Orient insbesondere auf den Sonnenstand zu achten. Am besten lässt es sich in den frühen Morgenstunden fotografieren, bevor die Sonne mit ihrem harten Schattenwurf an den Stegen und Mauern die Grabungsquadrate in unvermeidlich unter- bzw. überbelichtete Bereiche unterteilt. Die Digitalfotografie hat angesichts ihrer deutlichen Vorteile längst Einzug in den Grabungsalltag gehalten. Digitale Fotografien können sofort hinsichtlich ihrer Qualität überprüft und notwendige Aufnahmen gegebenenfalls wiederholt werden. Außerdem sind sie im Computer leicht nachzubearbeiten.
b. Terrestrische Fotogrammetrie der Grabungsbefunde Im Sinne der terrestrischen Fotogrammetrie bietet die Digitalfotografie ein eigenes Anwendungsfeld: Legt man für die steingerechte Aufnahme von Mauern, Plana oder Profilen ein Raster (z. B. von 5 5 m) über die zu dokumentierende Fläche oder trägt in diese ausreichend Passpunkte ein, dann kann man ganze Areale fortschreitend (stets vertikal aus gleichem Abstand) fotografieren. Bei einer Überlappung der Bilder von etwa 60 % ist mit Hilfe des Computers nach deren Entzerrung und nach deren genauen internen Ausrichtung zueinander eine maßstäbliche zweidimensionale Dokumentation möglich. Diese kann als Zeichnung ausgedruckt werden oder einem/r Architekten/in für die computergestützte steingerechte Darstellung am PC übergeben werden. Aufwendige zeichnerische Dokumentationen während der Ausgrabungszeit können so in die Nacharbeitsphase verlagert werden. Die Dokumentation des exakten (von Zeichnern/-innen nicht interpretierten) Grabungsfortschrittes jedes Quadranten über viele Jahre ist für die Grabungsinterpretation von allergrößter Bedeutung! Allerdings ist eine bei der Aufnahme nicht immer zu vermeidende Verzerrung der Bilder auch später nicht völlig zu eleminieren (zur Revolutionierung der Dokumentation ganzer Areale oder einzelner Bereiche s. 5.2.3b).
Abb. 140: Tägliche Senkrechtaufnahmen von allen bearbeiteten Quadraten.
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6. Wie gräbt man aus?
Abb. 141: Aufnahme von Quadrat AP 120 auf dem Tell Zerā‛a, Areal I, 15.03.2010; Blick nach Norden.
6.4.5 Grabungstagebuch Das Grabungstagebuch hat eine eigene Aufgabe. Es soll – die bisher genannten schriftlichen und bildlichen Dokumentationen verknüpfen, – Formales festhalten (Wetter, den Einsatz der Mitarbeiter/ -innen, die Anwesenheit von Besuchern), – besondere Vorkommnisse verzeichnen und – persönliche Interpretationen sowie Einschätzungen wiedergeben. Es ist nicht die Aufgabe des Grabungstagebuches, bereits andernorts Dokumentiertes ein zweites Mal zu verzeichnen. Für die Arealleiter/-innen ist es wichtig, allen Erkenntniszuwachs zu dokumentieren, spontane Meinungen, Beobachtungen und Ideen niederzulegen, die Verifikation bzw. Falsifikation solcher Vermutungen zu begründen, Interpretationen durchsichtig zu machen und die Gründe für die Grabungsstrategie verständlich darzulegen.
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6.5 Datenverwaltung, -auswertung und -speicherung
6.5 Datenverwaltung, -auswertung und -speicherung Bei einer Ausgrabung fallen große Mengen unterschiedlicher Daten an. Um diese sinnvoll und dauerhaft erfassen sowie speichern und sichern zu können, sollte eine relationale Datenbank angelegt werden. Ihr Vorteil besteht u. a. darin, dass alle Daten so gespeichert werden, dass sie jederzeit verfügbar sind und je nach Abfrage beliebig verknüpft werden können (zur Struktur der Datenbank des BAI Wuppertal s. Abb. 142). In der Datenbank können so unterschiedliche Datenarten verwaltet werden, wie – Einträge aller Befunde und Funde inkl. ihrer genauen Beschreibung und Klassifizierung, – Zeichnungen und Skizzen, – Fotografien, – Mitteilungen aus den Grabungstagebüchern, – Luftbilder, – Vermessungspunkte (Theodolit), – Kartografie per CAD-Programm und – Literatur zur Grabungsstelle sowie zu speziell interessierenden Problemen. Der Arbeitsaufwand bei der Eingabe von Daten muss durch übersichtliche Dateneingabe-Masken, eine ausreichende Anzahl von Notebooks am Grabungsort und durch eine effektive Organisation in einem zumutbaren Bereich gehalten werden. Sind die Daten verfügbar, in ihrer sachlichen Vielfalt verknüpft aufrufbar und durch das Filtern spezifisch zu fokussieren, dann eröffnen sich beachtliche Dimensionen für die Auswertungen archäologischer Sachverhalte. Die Verknüpfung mit Statistikprogrammen erleichtert den Umgang mit den vorliegenden Datenmassen. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Barker 31993; Biel/Klonk 1994/1998; Gersbach 1998; Gorys 1989b, Hachmann 1969; Joukowsky 1980 und Wheeler 1969.
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Abb. 142: Struktur der relationalen Datenbank des Biblisch-Archäologischen Instituts Wuppertal.
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7. Wann geschah es?
Wer die Geschichte erforscht, möchte natürlich wissen, wann etwas geschah, wie die Ereignisse aufeinander folgten und welche Beziehungen sich daraus ergeben. »Für jede Untersuchung ist eine sichere Kenntnis der chronologischen Verhältnisse von grösster Wichtigkeit«. Oscar Montelius 1
Wie man archäologische Befunde und Funde chronologisch zueinander ordnet und auf welche Weise sie mit geschichtlich bereits bekannten Phänomenen in Verbindung gebracht werden können, wird nachfolgend im allgemeinen Überblick dargestellt. Doch zunächst soll und muss der Frage nachgegangen werden, wie die Völker des Alten Orients, speziell Palästinas, ihre Zeit verstanden. Wie teilten sie diese ein, und welche Zwecke verbanden sie damit?
7.1 Zeiteinteilung und Zeitverständnis Menschliche Gesellschaften brauchen Zeitsysteme, um ihre zivilen, politischen und religiösen Ordnungen zu regeln. Es geht dabei um nicht weniger als um die grundlegende Organisation von Gemeinschaften, die Regelung der landwirtschaftlichen Tätigkeiten (auf dem die agrarischen Gesellschaften basierten), der fiskalischen Angelegenheiten (wie Abgaben, Zinszahlungen und Steuern), der politischen Verhältnisse (Regierungsepochen, Tribute u. a.) sowie des Kultes und der zu ihm gehörenden Feste. Solche Zeitsysteme mussten für jeden Menschen nachvollziehbar, vor allem aber unbe1.
Einleitender Satz aus Montelius 1903, 1.
Abb. 143: Die Zeit als endloses Seil (»Pfortenbuch« aus dem Grab von Ramses VI.; 1143-1136 v. Chr.).
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7. Wann geschah es?
einflussbar und damit verlässlich sein – sozusagen einer übergeordneten, gesetzten Ordnung entsprechen.
7.1.1 Kalendersysteme
Abb. 144: Geburt der Stunden aus der Zeitschlange (Darstellung im Grab von Amenophis II.; 1427-1401 v. Chr.).
Im Alten Orient basierten die Kalendersysteme auf astronomischen Erscheinungen, d. h. für die damalige Auffassung auf unmittelbar göttlichen Setzungen 2. Bei dem auf Mond- und Sonnenlauf abgestimmten lunisolaren Kalender zählte man die Tage nach der Erdrotation, die Monate nach dem Umlauf des Mondes und das Jahr nach dem scheinbaren Umlauf der Sonne um die Erde. Mit dem Sonnenumlauf verbanden sich die periodisch wiederkehrenden klimatischen Veränderungen in der Natur. Allerdings sind Mond- und Sonnenjahr nicht deckungsgleich. Der Umlauf des Mondes um die Erde benötigt ca. 29 ½ Tage. Folglich wird ein lunarer Monat entweder mit 29 oder mit 30 Tagen berechnet. Das aus 12 Mondumläufen bestehende Mondjahr zählt 354 Tage und ist damit 11 Tage kürzer als das Sonnenjahr (ca. 365 ¼ Tage). Folgt man allein dem lunaren Kalender, so läuft der Jahresanfang innerhalb von 33 Jahren zwangsläufig durch alle Jahreszeiten. Für die altorientalische Ackerbaukultur war ein solches lunares ›Wanderjahr‹ aber ungeeignet, da die Vegetationszyklen (denen die kalendarischen Regelungen für die Landwirtschaft sinnvollerweise folgen mussten) dem Sonnenjahr entsprachen. Im Zweistromland löste man das Problem daher meist mit Schaltjahren 3. Bei Bedarf ordnete der König per Dekret Schaltmonate an, die in den Jahreskreis eingeschoben wurden (so z. B. überliefert von Hammurapi, Nabonid, Kyros II. und Kambyses) 4. Seit dem 7. Jahrhundert v. Chr. regelte man das Einschieben der zusätzlichen Monate zumeist vorausschauend durch astronomische Beobachtungen. Als in achämenidischer Zeit das babylonische Kalendersystem im Orient zum allgemeinen Standard wurde, etablierte man einen 19-jährigen Zyklus. Darin waren sieben Schaltmonate enthalten 5. 2. 3. 4. 5.
Vgl. hierzu Gen 8,22: »Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht«. Zur Eigenheit der Regelungen des mittelassyrischen Reiches bis zur Regierung von Tiglat-pileser I. s. Weidner 1935/1936, 28 f. Hunger, 1976-1980, 298 und Bickermann 1980, 22. 19 Sonnenjahre entsprechen 235 Monaten. 19 Mondjahre sind 228 Monate, denen 7 Schaltmonate eingefügt wurden.
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7.1 Zeiteinteilung und Zeitverständnis
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Der sog. !Bauernkalender von Geser (S. 40 Abb. 27), eine kalendarische Ritzinschrift in weichem Kalkstein (11,8 7 1,6 cm), wurde 1908 von R. A. S. Macalister bei Ausgrabungen in Geser aufgefunden und in die zweite Hälfte des 10. Jh. v. Chr. datiert. Allerdings sind die genauen Fundumstände unklar. Die Deutung des Fundes als Schüler-Übungstafel, allgemeine Bekanntmachung, Almanach, Notizen eines Vorarbeiters für Ernteverträge, Kalender eines Steuerbeamten oder als Gebet um segensreiche Wachstumsperioden ist und bleibt umstritten.
In Ägypten hielt man im sog. ›bürgerlichen‹ Kalender an einer konstanten Monatslänge von 30 Tagen fest und fügte am Jahresende 5 weitere Tage (Epagomenen) ein. Jedes Jahr zählte damit exakt 365 Tage 6. Da es keinen weiteren zusätzlich eingefügten Tag gab (wie im heutigen Schaltjahr), überholte die ›bürgerliche‹ Jahreszählung das astronomische Jahr etwa alle 122 Jahre um einen Monat. Nach 730 Jahren fielen die Feste des Sommers in den Winter und umgekehrt. Doch nach jeweils 1460 (d. h. 4 365) Jahren regelte sich das System von selbst und der Neujahrstag traf wieder mit der ersten Sichtbarkeit des hellsten Fixsterns am Morgenhimmel, dem Sirius (griech. Sothis), zusammen. Dieses Ereignis (Mitte Juli nach heutigem Kalender) verband sich mit dem Beginn der Nilüberschwemmung und galt daher als Jahresanfang. Kalendarische Angaben aus der frühen Zeit Palästinas sind selten, im Wesentlichen handelt es sich um die Angaben des sog. Bauernkalenders aus Geser und um verstreute alttestamentliche Aussagen. Der im Antikenmuseum von Istanbul befindliche Kalendertext aus Geser zählt die landwirtschaftlichen Hauptarbeiten im Jahreszyklus auf 7: »Zwei Monate des [Oliven-]Einsammelns zwei Monate des Säens [von Korn] zwei Monate der Spätsaat ein Monat des Flachsschneidens ein Monat der Gerstenernte ein Monat der [Weizenernte] und des Abmessens zwei Monate der Weinlese ein Monat des Sommerobstes«
Der Kalender von Geser geht von einem Jahresanfang im Herbst aus. Aus den gelegentlichen Angaben der alttestamentlichen Schriften lässt sich auf eine Einteilung des Jahres in 12 Monate schließen, was zur Angleichung an den solaren Umlauf das Einschieben jährlicher Schalttage oder königlich angeordneter Schalt6. 7.
Parker 1950. Übersetzung nach Conrad 1983, 247 f. Vgl. auch ANET 31969, 320 und KAI 319711976, 182.
Abb. 145: Auf max. 30 Tage ausgelegter Steckkalender aus Tell el Fār‛a Süd (EisenII-Zeit; die Deutung als ›Spiel der 30 Felder‹ vertritt H. Weippert in BRL 21977, 310); aus BHH III 2215.
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7. Wann geschah es?
monate erforderte. Auf letzteres deuten die monatsgenauen Abweichungen (zwischen Israel und Juda) bei der Feier des Passafestes in II Chr 30, 1-5 und des Laubhüttenfestes in I Kön 12, 32 sowie die vom Propheten in Ez 4, 4-6 geforderte Dauer seiner Zeichenhandlung von 390 Tagen hin 8. Zunächst scheint man also – wie auch die damalige ›Weltmacht‹ Assur – den Jahresanfang im Herbst mit dem Beginn der Regenzeit gefeiert zu haben. Unter dem Einfluss des babylonischen Kalenders 9 wurde der Jahresanfang in der späten Königszeit ins Frühjahr verlegt. Jer 36, 9.22 berichtet, dass der neunte Monat des Jahres in die kalte Jahreszeit fiel, in dem der König im Winterhaus wohnte und sich am Feuer des Kohlebeckens wärmte. Demnach lag der Jahresanfang im Frühjahr (wohl um die Frühjahrs-Tag-undNacht-Gleiche). Das Jahr begann in der Folge mit der Getreideernte, wie es auch die biblischen Festkalender in Ex 23, 14-17; 34, 18-24 und Dtn 16, 1-17 nahelegen. Monate wurden von einem Neumond zum anderen, Tage meist von Sonnenuntergang zu Sonnenuntergang gerechnet. Die großen Feste Israels spiegeln die jahreszeitlichen Zyklen im palästinischen Bereich wider: Passa(Weidewechsel), Mazzen- (Beginn der Getreideernte/Gerste), Wochen- (Ende der Getreideernte/Weizen) und Laubhüttenfest (Traubenlese und Olivenernte). Alle diese Feste wurden schließlich theologisch gedeutet und sollten auch an die großen Heilstaten Jahwes erinnern. So steht das Passafest für den Auszug aus Ägypten (Ex 12 f.), das Laubhüttenfest für die Wüstenwanderung (Lev 23, 42 f.) und das Wochenfest für den Eintritt in den Gottesbund (Ḫirbet Qumrān 1QS I 16-III 12) bzw. die Gesetzesübergabe am Sinai (Ex 19 f./Rabbinen).
Erst Gaius Iulius Caesar setzte 46 v. Chr. mit einer Reform den ›Julianischen Kalender‹, die Anpassung an das Sonnenjahr durch, nach der alle vier Jahre ein zusätzlicher Schalttag eingefügt wurde. Nach und nach wurde dieser im gesamten Römischen Reich akzeptiert. Der ›Julianische Kalender‹ wurde 1582 durch die gregorianische Reform noch einmal korrigiert und bildet seither die Grundlage der modernen Zeitrechnung im Abendland.
7.1.2 Verständnis von Zeit Die Menschen in Palästina haben sich schon früh als geschichtliche Wesen verstanden: Sie erlebten sich als Teil einer Welt, die einen Anfang hatte und deren Zeit unumkehrbar ablief. Sie verstanden, 8. 9.
Das sind 12 30 Tage = 360 Tage und ein Schaltmonat von 30 Tagen. Parker/Dubberstein 21946; vgl. ferner Parker 1950.
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7.1 Zeiteinteilung und Zeitverständnis
dass dieser Ablauf typischen Regeln folgte, die für ihr Leben von Bedeutung waren 10. Wie in Mesopotamien und Ägypten berichten auch in Israel schriftliche Quellen, wie die an mythischen Texten orientierten Eingangskapitel des Buches Genesis, von einer Urzeit, die von der gegenwärtigen Zeit zu unterscheiden sei. In dieser Urzeit wurden unverrückbare Setzungen ausgebildet, die tragenden Säulen der erlebbaren Geschichte – wozu auch der schon erwähnte Zeitenlauf von Gen 8, 22 gehörte. Ein Geschichtsverständnis im modernen (aufgeklärten) Sinn artikuliert sich hier nicht. Für das Wort »Geschichte« in diesem Wortsinn gibt es in Palästina auch gar kein semitisches Äquivalent. Man spricht vielmehr von »Zeit«, »Weg«, »Schicksal« und »Angelegenheit«. Ursachen und Wirkungen werden nicht im ausschließlich kritischen, rein innerweltlichen Sinn verstanden – auch nicht 10. Mit gegensätzlicher Stellungnahme Ratschow 1955, 65.
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Abb. 146: Der landwirtschaftliche Jahreskreis.
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im Alten Testament, wo die Geschichte Israels als glänzendes Beispiel für die Verflechtung von menschlichem Tun und göttlichem Geschick präsentiert und interpretiert wird. Selbstverständlich kennt man in Palästina das Studium der Quellen. Stereotyp wird in den Königsbüchern am Ende der Regierungszeit eines Königs erwähnt: »und die übrigen Taten des X und alles, was er getan hat, das ist aufgezeichnet in den Büchern der Taten der Könige von Israel/Juda« (vgl. I Kön 11, 41 u. ö.). Doch man benutzte die Quellen weitgehend frei im Sinne der eigenen Argumentation.
Man war in Israel und Juda in der Lage, die Geschichte des eigenen Volkes stringent auf der Grundlage logischer Kausalketten zu berichten, wie das in der Erzählung von der Thronnachfolge Davids (II Sam 920 und I Kön 1-2) vortrefflich dargestellt wird. Eduard Meyer (1855-1930) nennt den Bericht daher auch »Geschichtsschreibung« und stellt das Fehlen »jeder politischen und apologetischen Tendenz« heraus. »Gänzlich fern liegt jede religiöse Färbung, jeder Gedanke an eine übernatürliche Leitung; der Lauf der Welt und die in der Verkettung der Ereignisse sich durch eigene Schuld vollziehende Nemesis werden dargestellt in voller Sachlichkeit wie sie dem Beschauer« 11 erscheinen. Wenn er bei seinem Urteil auch übersieht, dass das indirekte Eingreifen Gottes als selbstverständlich vorausgesetzt wird, 12 so zeigt das Beispiel doch, wie analytisch (im modernen Sinn) man Geschichtsabläufe in Altisrael betrachten und darlegen konnte. Doch die göttliche Welt und das menschliche Schicksal gehörten unauflöslich zusammen. Stets, wenn auch mit unterschiedlicher Intensität, wurden geschichtliche Sachverhalte unter religiösen Prämissen interpretiert und in dieser Weise überliefert 13. Abb. 147: Akkadischer Bronzekopf (Original IB).
11. Meyer 41965, 285 f. Vgl. auch von Rad 41958, 173 ff. 12. II Sam 11,27; 12,1.15.24 und 17,14. 13. Dieses Phänomen ist besonders im Vergleich zwischen den jüngeren Chronikbüchern und den älteren Samuel-/Königsbüchern zu beobachten.
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7.2 ›Klassische‹ Datierungsmethoden
7.1.3 Zählung der Jahresfolge Die Zählung der Jahresfolgen geschah in Ägypten im Alten Reich und in Babylon durch eine spezielle Namensgebung für jedes Jahr (oft Ereignisse des Vorjahres), die in Listenform zusammengefasst wurden. In Assyrien benannte man die Jahre nach sog. Eponymen (Königs- oder Beamtennamen). In Babylonien (seit der Mitte des 2. Jt.) und in Ägypten (Mittleres Reich) setzte sich jedoch die praktischere Zählung nach der Regierungszeit von Königen durch. In diesem Sinne datierte man auch in Israel/Juda im 1. Jt. v. Chr. hervorzuhebende Ereignisse nach den Regierungszeiten der jeweils herrschenden Könige. Ihre Abfolge wurde überliefert und nach Dynastien unterteilt. Für die Zeit der parallelen Herrschaft israelitischer und judäischer Könige teilen die Königsbücher zusätzlich zu den Regierungszeiten der jeweiligen Herrscher auch stets synchrone Daten mit: »Im X. Jahr von Y, des Königs von Israel/Juda, wurde Z König von Juda/Israel« (vgl. I Kön 15, 9 u. ö.) 14. Die Eigendatierung prähistorischer oder antiker Hinterlassenschaften ist trotz des bisher Gesagten die absolute Ausnahme. Die allermeisten Befunde oder Funde sind undatiert. Aus diesem Grund wurden immer wieder neue Methoden zur chronologischen Einordnung entwickelt und aufgrund kritischer Prüfungen fortlaufend verbessert. Diese sollen im Folgenden in einer Auswahl dargestellt werden.
7.2 ›Klassische‹ Datierungsmethoden 7.2.1 Stratigrafie Bereits 1890 führte !Sir W. M. F. Petrie (S. 39) in Palästina während seiner Ausgrabungen auf dem Tell el-Ḥesī die stratigrafische Ausgrabungsmethode ein 15. Wie die archäologischen Schichtenabfolgen eines !Tells bzw. einer Ḫirbe entstanden (Kap. 4.2.1) und wie man die einzelnen Strata in einer !logischen Reihenfolge zueinander in Beziehung setzt (Kap. 6.2), wurde bereits erläutert. 14. Im Gesamtüberblick der alttestamentlichen Angaben bleiben allerdings Unsicherheiten. Sie beziehen sich u. a. auf pauschale Angaben wie die jeweils 40 Regierungsjahre von David und Salomo. Auch werden Zeiträume von Mitregentschaften nicht ausdrücklich verzeichnet. Zusätzlich bleibt noch das Problem der unterschiedlich gehandhabten Verrechnung des jeweils ersten Regierungsjahrs, das gleichzeitig auch das letzte des Vorgängers war und somit zur Doppelzählung führen konnte. 15. Petrie 1891.
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7. Wann geschah es?
Allerdings standen dabei allein die Schichten (Strata) im Mittelpunkt der Betrachtung, nicht aber die in ihnen eingeschlossenen Artefakte. Als W. M. F. Petrie auf dem Tell el-Ḥesī ausgrub, kannte er durch seine Arbeit in Ägypten bereits den chronologischen Wert stratifiziert aufgefundener Keramik und stellte als erster Forscher für Datierungszwecke eine relativchronologische Reihe von Keramikartefakten 16 auf, die er aus den Ausgrabungsschichten gewann.
Abb. 148 Stratigrafie eines Tells und Keramikleitformen aus dem Chalkolithikum (unten rechts), der römischen Zeit (Mitte) und arabischen Epoche (oben links).
Keramik ist aufgrund ihrer hohen Haltbarkeit und angesichts ihrer im Nahen Osten flächendeckenden Verbreitung das wichtigste Gut der Archäologen. Seit dem 6. Jahrtausend vor Christus werden Krüge, Schalen und Näpfe aus Ton gebrannt. Einmal gebrannt, können die Gefäße zwar zerbrechen, doch die Scherben überleben die Jahrhunderte und Jahrtausende und überliefern unschätzbare Informationen über die Kultur- und Technikgeschichte unserer Vorfahren 17. Angesichts dieser enormen Bedeutung der Keramik begann man schon früh mit der Erstellung großer Keramiksammlungen, wovon das »Corpus vasorum antiquorum« (1921 ff.), das weltweit alle in Museen befindlichen klassischen Keramikobjekte erfassen sollte, wohl die nachhaltigste Wirkung erreicht hat. Auch für Palästina entstanden bald erste Zusammenstellungen lokaler Keramik, die von J. G. Duncan, C. S. Fisher und schließlich von P. Delougaz 18 herausgegeben wurden. Dabei zeigte sich bereits in 16. An präkeramischen Orten Palästinas spielt das aufgefundene Silexmaterial eine der Keramik späterer Ausgrabungsstätten vergleichbare Schlüsselrolle. 17. Andrea Schwermer, BAI (http://www.bai-wuppertal.de/über-das-institut/team/ keramik; vom 22. 12. 2010). 18. Duncan 1930; Fisher, unpubliziert, und Delougaz 1952.
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7.2 ›Klassische‹ Datierungsmethoden der zeitlichen Abfolge dieser drei Veröffentlichungen eine Abkehr von der enzyklopädischen Zusammenstellung einzelner Fundobjekte. Mehr und mehr konzentrierte man sich auf typische Formen und Stile, was eine bewusste Reduktion der subjektiven Auswahl bedeutete. Mit dem von R. Amiran herausgegebenen Band »Ancient Pottery of the Holy Land« lag 1969 zum ersten Mal 19 ein konsequent chronologisch angeordneter Keramikkatalog vor, der sich auf keramische Leitformen konzentrierte.
Die stratifizierte Keramik ermöglicht es, an einem Ausgrabungsort eine lokale Chronologie zu erstellen. Da aber alle Objekte einer Fundschicht zu einem jeweils eigenen Zeitpunkt hergestellt wurden, eine bestimmte Zeit benutzt und dann erst gemeinsam (z. B. am Tag der Zerstörung/im Zeitraum des Verfalls) im Boden abgelagert wurden, sind die Funde eines Stratums nicht gleich alt. In Bezug auf den gemeinsamen Ablagerungszeitpunkt der Artefakte eines Stratums können sie zeitgleich, älter oder in Ausnahmefällen sogar jünger sein 20. Die zeitgleichen Funde kommen der Entstehung der Ablagerungsschicht am nächsten. Auf deren Leitformen basiert im Allgemeinen die Zuweisung eines Stratums zur jeweiligen Kulturzeit. Anhand von Einzelbeobachtungen an Form und Stil sind z.T. auch nähere Bestimmungen möglich. Der englische Offizier Henry Lane Fox (1827-1900) entlehnte den Begriff Leitform aus der Waffentechnik. Er bezeichnete damit charakteristische Funde (wie z. B. typische Keramik- oder Silexformen), die man sich in ihrer archäologischen Funktion wie ›Leitfossilien‹ vorstellen kann. Sie ermöglichen erste allgemeine Zuordnungen zu bestimmten Zeiten oder Kulturbereichen und weisen auf Veränderungen der chronologischen Abfolge innerhalb der ausgegrabenen Strata hin. Abb. 149: Leitformen der Eisenzeit, Kochtöpfe aus dem 12.-8. Jh. v. Chr. (oben) und dem 10./9.-6. Jh. (unten).
Selbst !›Schnitt-/Grenzflächen‹ (Interfaces; S. 152) können auf diese Weise datiert werden. So ist eine bei Erdarbeiten ausgehobene Grubenwand jünger als das jüngste Stratum, das bei ihrem Anlegen durchgraben wurde. Die Grubenwand ist außerdem (in der Regel wenig) älter als ihre erste Füllschicht. 19. Amiran 1969. Eine hebräische Vorveröffentlichung der Autorin unter dem gleichen Titel erschien zunächst 1958; das englische Pendant zur hebräischen Ausgabe wurde 1963 von ihr veröffentlicht. – Innerhalb der einzelnen Kulturepochen wurden die Objekte nach Form, Gebrauch, Stil und kulturellem Bezug gegliedert. 20. Bei älteren Funden kann es sich z. B. um wertvolle Erbstücke handeln, die über Generationen weitergegeben wurden; jüngere Objekte können z. B. durch Erdbewegungen (Erosion, Tiere) in ältere Kontexte geraten.
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7. Wann geschah es?
Das relativchronologische Datieren der von Leitformen bestimmten Strata ermöglicht es, den Zeitablauf eines Ausgrabungsortes in die palästinische Geschichte – speziell des näheren geografischen Umfeldes – einzuordnen. Um die eigenen chronologischen Schlussfolgerungen zu erhärten, sind die aufgestellten typologischen Reihen (s. Kap. 7.2.3) und die herangezogenen Vergleiche zu bekannten, zeitlich fest verankerten ›geschlossenen Funden‹ kritisch zu überprüfen (s. S. 64). Seriations- und kombinationsstatistische Verfahren (s. Kap. 7.2.3) können die chronologischen Schlussfolgerungen ebenso präzisieren wie deren Abgleich mit naturwissenschaftlichen Daten (s. Kap. 7.3.).
Sind die einzelnen Keramikgattungen und deren ganz unterschiedliche Laufzeiten mit den Strata eines Tells abgeglichen worden, so können auf dieser Basis auch Vergleiche zu anderen Ausgrabungsstätten gezogen werden, wie im Folgenden erläutert wird.
Abb. 150: Typologie der Öllampen im nördlichen Palästina.
Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Blakely/Bennett 1995; Homès-Fredericq/Franken 1986; Kenyon/Holland 1983; Leonard 1994; Negev 1989; Peleg 1990; Wood 1990; Wright 1937; Zimhoni 1997.
7.2.2 ›Vergleichende Stratigrafie‹ Die Stratigrafie eines Ortes kann auf der Basis ihrer Datierung auch mit Schichtenfolgen anderer archäologischer Orte verglichen werden. Diese komparativ-stratigrafische Methode wird als ›vergleichende Stratigrafie‹ (stratigraphie comparée) 21 bezeichnet. Sie ist aber nur dann verlässlich, wenn eine große Zahl von Stratigrafien miteinander verknüpft und möglichst viele oder prägnante Leitformen in den Vergleich einbezogen werden. Die Stärke der stratigrafischen Auswertung liegt nicht im überregionalen, sondern im ortsgebundenen Bereich. Sind Handelsgüter (Keramik, Silex, Ala21. Schaeffer 1948.
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7.2 ›Klassische‹ Datierungsmethoden
basterobjekte, Elfenbeinschnitzereien, Siegel, Inschriften, Metallfunde) aus anderen Kulturbereichen (›Importe‹) aufgefunden worden, die an ihren Ursprungsorten bereits Teil lokaler Chronologien sind, dann lässt sich eine synchrone Verknüpfung auch über weite Distanzen herstellen 22. Dieser Vorgang soll anhand des Beispiels der Eroberung der Stadt Ebla (Abb. 153) ausgeführt werden: Die Stadt wurde zur Zeit Sargons, des Begründers der Dynastie von Akkad, zerstört (durch Sargon?). 23 Dabei wurde auch der Palast (Palast G) z.Zt. des IbbiZikir (Großwesir) in Schutt und Asche gelegt. In dieser Zerstörungsschicht fand man einen Alabasterdeckel mit der Kartusche von Pharao Pepi I. 24 (6. Dynastie), wodurch die früheste Korrelation zwischen der ägyptischen und der mesopotamischen Chronologie möglich wurde. Bei der chronologischen Korrelation von Gütern aus verschiedenen Kulturbereichen muss beachtet werden, dass die Herstellung, der Transport und der Gebrauch der Ware dem Zerstörungszeitpunkt der Fundschicht vorangehen. Im vorliegenden Fall muss also zwischen dem Regierungsantritt Pepis I., der Herstellung des Gefäßes mit der Kartusche auf dem Deckel, seiner Überbringung und der Benutzung in Ebla bis hin zu dessen Zerstörung zur Zeit Sargons (durch ihn?) ein genügend großer Zeitraum bestanden haben. Die im Anhang beigegebenen chronologischen Tabellen geben die Regierungszeit Pepis I. mit 2276/0-2228 v. Chr. und Sargons mit 2235-2180 v. Chr. an. Sie folgen damit sowohl der ›kurzen Chronologie‹ für das Zweistromland wie der für Ägypten. Nähere Begründungen für diese zeitliche Einordnung werden auf den S. 459-462 gegeben.
Folglich bildet der Regierungsantritt von Pepi I. den ›Terminus post quem‹ für die Eroberung Eblas und das Ende der dortigen Dynastie. Hingegen bildet die Zerstörung des Palastes G in Ebla den ›Terminus ante quem‹ für die Thronbesteigungen von Sargon und Pepi I. und ist zeitgleich mit dem Ende der Amtszeit des Ibbi-Zikir. Daher kann die Thronbesteigung Sargons, der eine mehr als 50jährige Regierungszeit folgte, vor oder auch nach dem Regierungsantritt von Pepi I. gelegen haben. 22. Bei Vieweger 1998, 1146-1160 ausführlich am Beispiel der Tell el-Yehūdīye-Keramik dargestellt. 23. Matthiae 1989, 163-169, führt aus, dass die Eroberung durch die Dynastie Akkad mit keinem Wort in den Ebla-Texten (S. 243) erwähnt wird. Folglich müsse schon Sargon Ebla zerstört haben, nicht erst Naram-Sīn. Heute wird vielfach angenommen, die Zerstörung Eblas ginge auf ein lokal begrenztes Ereignis zurück. 24. Er stieß auch nach Palästina vor, wahrscheinlich bis zum Karmel.
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Strata Tell A
Strata Tell B 1
1
=
2
2
=
3 4
3
=
5
4 Abb. 151: Schematischer Vergleich zweier unabhängiger Schichtenfolgen verschiedener Tells.
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7. Wann geschah es?
Mesopotamien Regierungsbeginn von Sargon
Ägypten Regierungsbeginn von Pepi I.
›lange Chronologie‹ 2370 v. Chr. (M.B. Rowton) ›mittlere Chronologie‹ 2335 v. Chr. (J.A. Brinkmann) Abb. 152: Die unterschiedlichen Systeme der !›kurzen‹, ›mittleren‹ oder ›langen Chronologie‹ (S. 459462) Mesopotamiens und Ägyptens bieten mit ihren jeweiligen zeitlichen Ansetzungen des Regierungsbeginns von Sargon und Pepi I. verschiedene Kombinationsmöglichkeiten. Nur die ›lange Chronologie‹ Mesopotamiens ermöglicht keine Verknüpfung mit dem ägyptischen Bereich 25.
›lange Chronologie‹ 2310 v. Chr. (H. Stock) ›kurze Chronologie‹ 2300 v. Chr. (W.W. Hallo/W.K. Simpson) ›mittlere Chronologie‹ 2290 v. Chr. (J. von Beckerath) ›kurze Chronologie‹ 2235 v. Chr. (J. Boese)
›kurze Chronologie‹ 2276/0 v. Chr.
Die hier abgebildete Übersicht (Abb. 152) führt die aus diesem Fund erschließbaren Kombinationsmöglichkeiten anhand der verschiedenen, derzeit diskutierten chronologischen Systeme Ägyptens und Mesopotamiens vor. Die eingezeichneten Linien beschreiben die theoretisch denkbaren Vermittlungsmöglichkeiten. Mit dem Begriff ›Terminus‹ (lat.) wird ein Zeitpunkt bestimmt, wobei der ›Terminus ante/ad quem‹ den Zeitraum angibt, vor dem/bis zu dem etwas gilt oder geschah. Der ›Terminus a quo/post quem‹ bezeichnet den Zeitpunkt, von dem an/nach dem etwas gilt oder geschah.
7.2.3 Typologie und Seriation Nicht immer sind die stratigrafischen Zusammenhänge so augenfällig zu beobachten wie an der vertikalen Stratigrafie eines Tells oder einer Ḫirbe. Will man Hortfunde oder die horizontal über eine Fläche verteilten Gräber einer Nekropole in ein verlässliches chronologisches Schema einordnen, so sind methodische Schritte anzuwenden, die bereits im 19. Jh. entwickelt und als typologische 25. Diese Tabelle basiert auf Matthiae 1989, 167. gl. Stock 1949; Rowton 1970, 219 f.; Hallo/Simpson 1971, 54-63; von Beckerath 1971, 20 f.; Vandersleyen 1975, 447; Brinkman 1977, 335 f. und Boese 1982, 32-55.
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7.2 ›Klassische‹ Datierungsmethoden
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Abb. 153: Zur Lage der Stadt Ebla.
Methode bekannt wurden. Dabei werden Objekte nach ähnlichen Merkmalen geordnet und klassifiziert, um schließlich chronologische Schlussfolgerungen zu ziehen oder Fragen der Provenienz sowie der technischen und handwerklichen Fertigkeiten ihrer Zeit zu beantworten. Die Idee geht letztlich bis auf !C. J. Thomsen (S. 63) zurück, der die Fundvergesellschaftung der in der Altnordischen Sammlung aufbewahrten Befunde nach den dort jeweils vorliegenden Materialien der Artefakte beurteilte: Stein, Bronze und Eisen. Aus diesem gedanklichen Ansatz formulierte !O. Montelius 26 (S. 63) die Methode der Typologie, wobei er Artefakte einer Gattung (Gewandnadeln, Dolche u. a.) aus !›geschlossenen Funden‹ (S. 64) so anordnete, dass sich innerhalb dieser Reihen eine evolutionäre Fortentwicklung spiegelte. Solche nach Form, Dekoration, Material und Herstellung einheitlichen ›typologischen Reihen‹ ordnete O. Montelius in einem zweiten Schritt parallel zu anderen ›typologischen Reihen‹ gleicher Zeitepochen an. Sollten sie korrekt aufgestellt sein, dann müssten nicht allein die Anfangs- und Endglieder, sondern auch die vergleichbar positionierten Zwischenglieder der beiden Reihen in entsprechender Fundvergesellschaftung nachweisbar sein. O. Montelius wies aber bereits darauf hin, dass sich die jeweiligen Formen innerhalb dieser Gruppen nicht parallel zueinander veränderten (d. h. sie generierten nicht in gleichen Abständen Fortentwicklungen). Folglich sei beim Vergleich der typologischen Fortentwicklungen einzelner Gruppen untereinander stets mit Differenzen zu rechnen, die sich in den jeweils ergrabenen Fundvergesellschaftungen zeigen. 26. Montelius 1903.
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7. Wann geschah es?
Das von O. Montelius aufgestellte Grundprinzip der zwangsläufig evolutionären Höherentwicklung vom Einfachen zum Komplexen hat sich letztlich als zu monokausal herausgestellt, um den vielfältigen Einflüssen kultureller Entwicklungen in der Vergangenheit gerecht zu werden. Vielfach sind in entwicklungsgeschichtlichen Prozessen auch Sprünge oder Abbrüche und Rückschritte bemerkbar. Einen wesentlichen gedanklichen Schritt hatte O. Montelius vollzogen, doch es bedurfte einer weniger von subjektiven Kriterien abhängigen Methode, um die chronologische Fragestellung in der Archäologie zu beantworten 27. Die Seriation dient der Ordnung von archäologischem Material. Ordnungskriterien, nach denen vorliegendes Material möglicherweise gegliedert werden kann, sind z. B. zeitliche Abfolgen, ebenso die soziale Stellung, das Geschlecht und/oder das Alter der den Funden zuzuordnenden Personen oder Gruppen sowie die geografische Herkunft o. ä. Die Seriation basiert auf der Grundannahme, dass Typenklassen entsprechend der Häufigkeit ihrer Benutzung/Verfügbarkeit niedergelegt wurden – d. h. sie wurden verloren, nach Unbrauchbarkeit weggeworfen, bei Zerstörungen verschüttet, in Horten vergraben/versteckt und in Gräbern – dem Trend ihrer Zeit folgend – abgelegt. Außerdem basiert die Methode auf der Vorstellung, dass einzelne Objekttypen nach ihrer Einführung zunächst häufiger produziert wurden und später langsam außer Gebrauch kamen 28. Hat sich z. B. herausgestellt, dass das vorliegende Material eine ›zeitliche Tiefe‹ besitzt, so sind chronologische Schlussfolgerungen plausibel zu machen: Natürlich wurden verschiedene Typenklassen zur gleichen Zeit benutzt. Ihr Gebrauch überlappte sich, sodass ein zeitliches Kontinuum entstand. Kann man nun mit Hilfe von ›geschlossenen Funden‹ (zeitgleiche Ablage) die zeitliche Überlappung der einzelnen Typenklassen verdeutlichen, dann ergibt sich eine relativchronologische Reihenfolge. Haben zwei ›geschlossene Funde‹ keine gemeinsamen Fundklassen aufzuweisen, so können sie auf direkte Weise nicht verglichen werden. Zwischen ihnen ist ein zeitlicher Abstand anzunehmen. Gleichen sie sich vollkommen, so werden sie als gleichzeitig angesehen.
Die Seriation gründet auf chronologisch beeinflussten Voraussetzungen – auf der gemeinsamen Ablagerung im ›geschlossenen Fund‹. Besonders bei Grabinventaren, im Idealfall in Einzelgräbern 29, werden in Nekropolen meist reiche Fundzusammenhänge aufgefunden, die als Grunddaten für eine Korrelation dienen können. Voraussetzung für eine erfolgreiche Seriation ist die sachgemäße Klassifikation der Artefaktgruppen in Typenklassen und deren Abgrenzung voneinander. Dies ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die eine genaue Analyse der Befunde und Funde voraussetzt und bis zu einem hinreichenden Ergebnis häufig mehrere Bearbeitungsschritte (Iterationen) erfordert. 27. Zusammenfassend Eggert 2001, 194-200. 28. Brainerd 1951, 301-313 und Robinson 1951, 293-301. 29. Im Palästina der Bronze- und Eisenzeit sind allerdings häufig Grabstätten von Familien bezeugt.
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7.2 ›Klassische‹ Datierungsmethoden
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Offensichtlich haben sich die Belegungen von Friedhöfen nicht wahllos ereignet. So gewiss wie diese mit fortlaufender Zeit in den meisten Fällen räumlich (d. h. horizontal) ausgedehnt werden mussten, so sicher ist die Annahme, dass ihre Anlage den Trends ihrer Zeit (wie Brauchtum, religiösem Hintergrund, Familienzugehörigkeit und sozialem Status) folgte und auch bestimmte Todesursachen nicht unberücksichtigt ließ.
Im folgenden Beispiel soll eine Seriation idealisierter Daten dargestellt werden: In den Gräbern 1-7, die nach der Reihenfolge ihrer Entdeckung nummeriert wurden, konnten insgesamt 8 Typen von Artefaktgruppen (A-H) unterschieden werden. Verzeichnet man die aufgefundenen Typenklassen pro Befund (Grab) in einer Tabelle, so ist die Fundhäufigkeit der einzelnen Typenklassen innerhalb der Zellen unregelmäßig verteilt: Grab
Typenklasse A
B
C
D
E
1
•
•
••
2
•
••
3
•
4
•
••
5
••
•
6
•
7
•
F
H
•
••
••
•
•
• •
G
•
• •
•
•
•
••
•
•
•
Mit Hilfe der Seriation wird die Datenmatrix nun so geordnet, dass die Werte in den Zellen maximal korreliert werden. Dies basiert auf der Grundannahme, dass einzelne Objekttypen nach ihrer Einführung zunächst häufiger produziert wurden und später langsam außer Gebrauch kamen und dabei entsprechend der Häufigkeit ihrer Benutzung zur Ablage kamen. Die optimale Korrelation der Typenklassen führt zu einer Anordnung entlang der Diagonale. Das Ergebnis besagt, dass die Gräber in der Reihenfolge 2-1-4-75-6-3 (oder umgekehrt) und die Typenklassen in der Abfolge D-E-CH-A-G-F-B (oder umgekehrt) anzuordnen sind. Die Reihenfolge ist damit bestimmt, doch die Richtung (d. h. die chronologische Abfolge – bei anderen Materialzusammenstellungen z. B. auch die soziale Stellung, das Alter oder das Geschlecht) noch nicht entschieden. O. Montelius hatte hierfür das Prinzip des !›typologischen Rudi-
Abb. 154: Tabellarische Anordnung von Typenklassen pro Befund.
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7. Wann geschah es?
mentes‹ (S. 63) eingeführt, was aber nur aus seiner evolutionistischen Grundhaltung verständlich ist. Daher ist die vorliegende Fragestellung am besten mit absolutchronologischen Datierungsverfahren, wie z. B. mit Hilfe der 14C-Analyse (Kap. 7.3.2), zu entscheiden. Grab
Typenklasse D
E
C
2
••
•
•
1
•
••
•
4
•
7
•
5 6 Abb. 155: Mit Hilfe der Seriation geordnete Datenmatrix.
3
H
A
G
F
B
••
•
•
•
•
•
•
•
•
••
•
•
•
•
••
•
•
•
•
••
••
Zur rechnerischen Bewältigung der Seriation stehen Computerprogramme zur Verfügung (z. B. das ›Bonn Archaeological Software Package‹ [WinBASP]). Die Vorteile der computergestützten Seriation liegen auf der Hand: (1) Das Ergebnis ist grafisch gut darstellbar und (2) mathematisch auf seine Verlässlichkeit (›Gütemaß‹ 30) bewertbar. (3) Neue Eintragungen (z. B. bei Neufunden) und Änderungen sind problemlos vorzunehmen. Das Ergebnis ist sofort aktualisierbar.
So einfach das methodische Prinzip am Beispiel der Abb. 154 f. auch wirkt, die archäologische Literatur zeigt, dass die in der Praxis erwachsenden Probleme zuweilen sehr komplex sein können und folglich nicht immer zu sinnvollen Ergebnissen führen. Die mathematischen Berechnungen lassen sich nur so gut auf die gewünschten Aspekte anwenden, wie es die logische Gliederung des der Seriation zu Grunde liegenden Materials zulässt. Bei der Erstellung der Typenklassen können unter den vielen gleichzeitig zutreffenden Bedingungen einzelne leicht übersehen werden, z. B. Grabbeigaben nach Geschlecht, Alter, ökonomischer Potenz, Ethnizität und sozialem Rang zu ordnen oder Siedlungsfunde nach einzelnen Wohn- oder Repräsentationsbereichen zu differenzieren. Um noch nicht befriedigende Ergebnisse der Seriation zu optimieren oder ungeeignete Zuteilungen zu Typenklassen zu kor30. Goldmann 1972, 24.
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7.2 ›Klassische‹ Datierungsmethoden
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rigieren, helfen oft parallele Vergleichsberechnungen mit einer variierten Typenauswahl oder aber mit einer Auswahl von Funden weiter. So können sinnvolle Korrektive gefunden und einzelne Bedingungen erkannt werden, die bisher noch unbeachtet blieben. Werden Typenklassen, wie die bronze- und eisenzeitlichen Metallfunde in Palästina, über sehr lange Zeiten produziert und/oder kommen diese nur sporadisch in chronologisch weit voneinander entfernt liegenden Befunden vor, sind solche Objekte aus der Seriation auszuschließen. In einigen Fällen lassen sich über lange Zeiträume nachweisbare Typenklassen intern noch nach signifikanten Merkmalen unterteilen. Ist das nicht möglich, so sind sie in ihrer Bedeutung zu reduzieren (Einstellungsmerkmal in WinBASP). Das Optimieren der Seriation aus archäologisch vorgegebenen Gründen basiert auf dem Prinzip der ›dynamischen Typologie‹. Sir W. M. F. Petrie führte zum ersten Mal ein Seriationsverfahren in der Archäologie durch. Ende des 19. Jh. beabsichtigte er, mit dieser Methode die Chronologie von etwa 900 ausgewählten prädynastischen Gräbern in Ägypten 31 zu erfassen. Seine Überlegungen basierten auf Entwicklungsreihen von Keramikformen (sequence dates) 32. Er erstellte zunächst anhand von fünf Kriterien einzelne Gruppen (bei ihm Nr. 30-80) 33 im Sinne des für ihn erschließbaren chronologischen Ablaufs zusammen und gliederte deren Zeitspanne in 7 Stadien (stages; 30, 31-34, 3542 …). Die von ihm angenommene chronologische Reihenfolge der Gefäße mit Wellenhenkel (je auf der linken Seite seiner Darstellung und separiert in der unteren Reihe) war für seine Anordnung der Gefäße von besonderer Bedeutung. – Mit Hilfe einer genialen Idee, nämlich langer Pappstreifen, auf denen er die Artefakttypen jedes Grabes verzeichnete, ordnete er die Grabfunde im Sinne einer maximalen Korrelation an. Dabei ließ er die Streifen nach dem Grad ihrer relativen Übereinstimmung so lange gegeneinander verschieben, bis ein optimales Ergebnis der Übereinstimmung aller Gefäßformen erreicht war 34. 31. Von 1894 bis 1895 hatte er in prädynastischen Friedhöfen in der Region von Negade und Ballas (Oberägypten) über 3000 Gräber ausgegraben; in den Jahren 1898/1899 öffnete er weitere Gräber in Abadiyeh und Hu. 32. Petrie 1899, 295-301. 33. Die Nummern 1-29 waren für möglicherweise noch aufzufindende ältere Formen reserviert. 34. Renfrew/Bahn 32000, 122: ›Contextual Seriation‹.
Abb. 156: Sequenzdatensystem W. M. F. Petries für das prädynastische Ägypten.
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7. Wann geschah es?
Die Korrespondenzanalyse wird in der Archäologie vor allem für die Seriation verwendet. Es handelt sich um einen Seriations-Algorithmus (statistische Auswertung multivariater, nominalskalierter Daten), der in der Mathematik seit etwa 1970 benutzt wird. Er soll die von der Archäologie vorgegebenen Matrizen (Tabellen in Abb. 154 f.) möglichst optimal im Hinblick auf ihre Spalten (Typenklassen) und Zeilen (Gräber) korrelieren. In diesem Zusammenhang muss noch der Begriff Horizontalstratigrafie 35 erwähnt werden. Aus der durch die typologische Kombinationsstatistik gewonnenen Abfolge von Fundkomplexen kann sich bei einer Horizontalgruppierung von Begräbnisstätten in einem Gräberfeld eine bestimmte Richtung der Belegung ergeben, hinter der sich ebenfalls eine zeitliche Abfolge verbergen kann. Doch nicht nur die Belegung von Friedhöfen ist auf diese Weise zu beschreiben, sondern auch die Entwicklung von Siedlungen u. a. Um komplexe Prozesse, wie die Bewertung von signifikanten/nicht signifikanten Beziehungen zwischen Fundkomplexen, entsprechend einem definierbaren Konfidenzintervall in der horizontalen Ausdehnung überhaupt rechnerisch bewältigen und darstellen zu können, wurden Methoden zur automatischen Klassifikation von Verbreitungskarten entwickelt, wie sie in der Veröffentlichung von I. Hodder und C. Orton »Spatial Analysis in Archaeology« ausführlich und weiterführend beschrieben werden 36. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Barceló/Faura 1999, 91-102 und Müller/Zimmermann 1997, ferner Baxter 1994; Clouse 1999, 90-107; Eggert/Kurz/Wotzka 1980, 110-145; Goldmann 1972, 1-34; 1974, 89-94; Ihm 1983, 8-21; Jensen/Nielsen 1997, 2962 und Nielsen 1995, 111-143.
7.2.4 Weitere Möglichkeiten der Datierung In der bisherigen Erörterung wurden wichtige Methoden zur relativchronologischen Bestimmung von Befunden und Funden vorgestellt. Abgeschlossen ist die Besprechung damit noch nicht. Allerdings müssen hier wenige weiterführende Bemerkungen genügen, um auf Bereiche zu verweisen, in denen weitere chronologische Erkenntnisse zu gewinnen sind. Schon in persischer Zeit, spätestens aber mit dem Hellenismus eröffnet sich die Möglichkeit, die nun häufiger anzutreffenden 35. Zur Horizontalstratigrafie s. Hostmann 1874; Tischler 1880, 81-85 und Vedel 1886. 36. Hodder/Orton 1976. Vgl. hierzu besonders auch: Crunmley/Marquardt 1990, 7379 und Stancic/Dular et al. 1995, 161-164.
Vieweger (08131) / p. 185 /14.3.12
7.2 ›Klassische‹ Datierungsmethoden
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Münzfunde für eine Datierung heranzuziehen. Dabei spielt das Problem der Schlussmünze, d. h. der innerhalb eines ›geschlossenen Fundes‹ am spätesten geprägten Münze, eine besondere Rolle, da sie den ›Terminus post quem‹ ihrer Ablagerung im Kontext angibt. Zur Bestimmung von Münzen aus dem palästinischen Umfeld und zur Umrechnung der durch sie erschließbaren Daten antiker Zeitrechnungssysteme sei empfohlen: Kadman 1956; 1957; 1960; 1961; Meshorer 1979; 1984; 1999; 2001; Mildenberg 1984; 1998 und Overbeck/Meshorer 1993.
Auch die Inschriftenfunde – schon in vorhellenistischer Zeit von sehr großem Wert – bekommen in der hellenistisch-römischen Ära durch ihren quantitativen Zuwachs eine besondere Relevanz. Sie befanden sich z. B. an Gebäuden, auf Weiheplatten, Grabsteinen. Inschriften konnten sogar unmittelbar in die Schriftträger integriert werden (z. B. in Mosaiken). Einige Inschriften beinhalten chronologische Angaben, die in unser Zeitsystem umzurechnen sind, andere verweisen indirekt auf chronologisch auswertbare Sachverhalte, indem sie einzelne Ereignisse oder Personen nennen oder auf diese anspielen. Ihr besonderer Wert ergibt sich aus der potentiellen Verknüpfung der zeitlichen Bestimmung mit inhaltlichen Aussagen und der festen Verknüpfung mit einem archäologischen Befund. Inschriftlich verzeichnetes Material findet sich u. a. in folgender Literatur: AE 1894 ff.; ANET 31969; CIIP 2010 ff.; CIL 1864 ff.; IH 1997; KAI 319711976; SEG 1923 ff.; TSS 1971 ff.; TUAT 1982 ff. sowie Cotton 1999, 228247; Cotton/Di Segni et al. 1999, 307 f.; Holum 1995, 333-345; Levick 1995, 393-402; Renz/Röllig 1995 ff.; Sharon 1997 und Thomsen 1921, 1-61.90161.
Die chronologische Einordnung von Münzen und Inschriften ist für die Archäologie von großem Interesse. Doch ist sie nur ein Teilbereich ihrer Interpretation. Das wissenschaftliche Interesse ist viel weiter gespannt. Schließlich sind Münzen und Inschriften geschichtliche Zeugnisse von hohem Wert und mit einer eigenen Intention verknüpft: Was wird mitgeteilt? Von wem? Wo wurde die Münze geprägt? Was ist zur Wirtschafts- und Geldgeschichte zu sagen? Welche Intention verfolgt die Inschrift? Die Datierung ist dabei eine Grundlage der Interpretation des jeweiligen Münz- oder Inschriftenfundes im historischen Zusammenhang und vor dem gegebenen sozialen, kulturgeschichtlichen und religiösen Hintergrund.
Abb. 157: Vorder- und Rückseite einer in Jerusalem geprägten Münze aus persischer Zeit.
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7. Wann geschah es?
In noch stärkerem Maße gilt diese Feststellung für die chronologische Einordnung auf der Basis kunstwissenschaftlicher Kriterien, wie sie besonders in der Klassischen Archäologie praktiziert wird. Die Erkenntnisse der relativen Chronologie ergeben sich dabei vor allem aus Stil- und Formanalysen. Zur Methodik der Klassischen Archäologie sei empfohlen: Bergemann 2000; Borbein/Hölscher/Zanker 2000; Hausmann 1969; Lang 2002; Niemeyer 41995 und Sinn 2000. Abb. 158: Diese drei Bruchstücke einer Inschrift wurden 1993 und 1994 im Toreingang von Dan aufgefunden. Die Inschrift benennt auf Zeile 9 des rechten Fragments das ›Haus David‹ und enthält damit die bisher einzige außerbiblische (hier indirekte) Erwähnung von König David (1004-965 v. Chr.). – Zu den Fundumständen s. Biran 1994, 275278. Die Fragmente der aramäisch geschriebenen Inschrift wurden in sekundärer Verwendung als Teil der Stein-Pflasterung im Torbereich aufgefunden. Dort müssen sie vor der Eroberung des Gebietes durch Tiglatpileser III. eingebracht worden sein. Die Inschrift könnte mit den in I Kön 15, 16-22 und II Chr 16, 1-6 geschilderten Ereignissen in Verbindung zu bringen sein.
Architektur, Plastik (Rund-, Flachbilder) 37 und Glyptik (Stempelund Rollsiegel), weiterhin Schmuck, Waffen und Geräte sind auch schon in der vorklassischen Zeit für chronologische Zwecke interessant. Daraus hat sich ein breites Methodenspektrum entwickelt. Ob man dabei von der Absicht des Künstlers ausgeht oder das Kunstwerk über die Form zu erfassen versucht (also im strengen Sinn kunstwissenschaftlich vorgeht), ob man vom Bildinhalt (sofern dieser klar zu erfassen ist) her argumentiert oder von der Funktion, muss vom jeweiligen Fund und seinem Befund abhängig gemacht werden. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Gressmann 1927; Hrouda 1978, 18-39; Orthmann, 1985 und Pritchard 37. Dazu gehören Wand-, Stelen-, Felsenreliefs, Wandgemälde, Zeichnungen u. a.
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7.2 ›Klassische‹ Datierungsmethoden
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21969. – Zur vorklassischen Ikonografie Palästinas (bes. Siegel) vergleiche: Bikai/Eggler 2001, 63-70; Keel 1995 ff.; 51996; Keel/Uehlinger 21996 und 52001; Schroer 1987, ferner (zum Schmuck) Coche de la Ferté 1961.
Auch Sprachen verändern sich über längere Zeiträume und bieten daher gewisse Anhaltspunkte für die Datierung von Eigennamen, Begriffen oder einzelnen Wortbildungen. Daher soll abschließend noch darauf hingewiesen werden, dass auch auf sprachwissenschaftlicher Basis Namen von Personen, Orten oder Sachen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Landschaften und/oder Zeitperioden zugeordnet werden können. Die in Palästina beheimateten Sprachen gehören zur semitischen Sprachfamilie, die ihrerseits u. a. mit den Berbersprachen Nordafrikas und dem Altägyptischen verwandt ist. Das Hebräische ist den nordwestsemitischen Sprachen zuzuordnen (Amoritisch, Ugaritisch, Kanaanäisch) 38.
Datierungen auf sprachwissenschaftlicher Basis werden dadurch erschwert, dass stets auch mit regionalen Dialekten gerechnet werden muss und die Veränderungen im Vokabular, in der Aussprache, bei der Grammatik und der Syntax heute ohne einen genügend großen Bestand an vergleichbarem literarischen Gut kaum sicher deutbar bzw. datierbar sind. Außerdem kam es in gewissen geschichtlichen Situationen auch zu bewussten Rückbesinnungen auf frühere, inzwischen als ideal angesehene Zeiten, was sich dann auch in der Sprache ausdrücken konnte: Berühmte Beispiele sind althebräische Legenden 39 auf Münzprägungen hasmonäischer Könige (z. B. »Jonathan, der Hohepriester, und die Gemeinde der Juden«) und von jüdischen Aufständischen in den Jahren 66-70 n. Chr.: »Schekel Israels, Jahr 2«; »Jahr 4 der Erlösung Israels«; »Jerusalem, die Heilige (Stadt)« 40.
Abb. 159: Skarabäus, Steatit, Amenophis III. (Original MM).
Selbst in der am umfangreichsten überlieferten Sprache Palästinas, dem Hebräischen, unterscheidet man sinnvoll nur zwischen dem Althebräischen der klassisch-israelitischen Zeit (10.-6. Jh. v. Chr.) und dem Mittelhebräischen der späten alttestamentlichen, der Qumrān- und der rabbinischen Epochen. Das Mittelhebräisch entwickelte sich ohne Bruch aus dem Althebräischen und ist u. a. durch aramäische und griechische Lehnwörter gekennzeichnet. (Als Neuhebräisch oder Ivrit wird die heute in Israel gesprochene Amtssprache bezeichnet).
38. Neben amoritischen Namen sind in !ugaritischer Sprache umfangreiche Textfunde (S. 253) bekannt. Inschriften des kanaanäischen Bereichs gibt es ebenso aus dem phönizisch-punischen Raum, aus Moab (s. hierzu die !›Mescha-Stele‹ ; S. 54 mit Abb. 39), Ammon und aus Juda/Israel. 39. Umschrift einer Münze. 40. Meshorer 1967 und Galling 21977, 234.
Abb. 160: Jüdische Münze aus der Zeit des Bar KochbaAufstands (Original IM).
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Das Biblische Institut der Universität Freiburg/Schweiz betreibt ikonografische Forschungen zur altorientalischen Bilderwelt. Ihr langjähriger Leiter, Othmar Keel (* 1937), weckte das Interesse der biblischen Wissenschaften an palästinischen Miniaturbildern auf Siegeln und Amuletten, Elfenbein und Münzen. Viele dieser in Palästina aufgefundenen Objekte stammen ursprünglich aus Mesopotamien oder Ägypten. Sie konnten wegen ihrer geringen Größe von Händlern und Handwerkern, Kriegern und Diplomaten mühelos in andere Regionen gebracht werden und dort zum interkulturellen Austausch beitragen. Die Bilderwelt der Siegel erwies sich als wichtiger Schlüssel für das Verständnis einer vielgestaltigen, bewegten Kultur- und Religionsgeschichte, die den biblischen Texten zugrunde liegt, von ihnen aber nur zum Teil unvoreingenommen reflektiert wird. Seit 1981 wird eine Sammlung altorientalischer Miniaturkunst am Biblischen Institut Freiburg aufgebaut, die heute weit über 10 000 Objekte altorientalischer und altägyptischer Herkunft (Siegel, Amulette, Amulettformen, Figurinen aus Bronze und Terrakotta etc.) beherbergt.
Datierungen auf sprachwissenschaftlicher Ebene bilden eher die Ausnahme. Will man Inschriften relativchronologisch bestimmen, sollte man auch schrifttypologischen Argumenten die nötige Beachtung schenken.
Abb. 161: Paläografische Übersicht nach Deutsch/ Heltzer 1995, 79; aus Renz 1999, 153.
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7.3 Naturwissenschaftliche Datierungsmethoden
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7.3 Naturwissenschaftliche Datierungsmethoden Bei vielen der in den vorangegangenen Kapiteln beschriebenen Möglichkeiten zur zeitlichen Einordnung von archäologischen (Be-)Funden handelt es sich um relativchronologische Datierungen. Die naturwissenschaftlichen Methoden ermöglichen neben relativ- vielfach auch absolutchronologische Aussagen. Da diese weder orts- noch kulturgebunden sind, sondern nach einem allgemein eingeführten chronologischen Prinzip ›geeicht‹ werden, besitzen sie den großen Vorteil, eine weltweite Vergleichbarkeit zu ermöglichen 41.
7.3.1 Dendrochronologie Die dendrochronologische Altersbestimmung basiert zunächst auf einer einfachen Beobachtung: In allen Gebieten mit einer saisonalen Vegetationsperiode wächst das Bildungsgewebe in den Stämmen und Ästen (Cambium) periodisch. In Europa dient das meist hellere ›Frühholz‹ besonders dem Wasser- und Nährstofftransport, das dunklere ›Spätholz‹ eher der Verfestigung. So entsteht jeweils eine klare, auch mit bloßem Auge gut sichtbare Grenze zwischen dem Ende der vorjährigen und dem Beginn der darauf folgenden Wachstumsperiode 42, der Jahresring. Durch das Auszählen der konzentrischen Ringe lässt sich das Alter von Bäumen bestimmen. Der jahreszeitliche Wechsel von Regen- und Trockenzeit in Palästina wirkt sich ähnlich aus wie der wechselnde Rhythmus von Sommer und Winter in Europa. Der Astronom Andrew Ellicott Douglass (1867-1962) vom ›Lowell Observatory‹ in Flagstaff/Arizona begründete die Dendrochronologie, als er der Periodik von Sonnenflecken nachging und dazu im Jahr 1914 nach ersten Beobachtungen an Kiefern auch Untersuchungen an den berühmten Sequoias (›Sequoiadendron giganteum‹) in Kalifornien vornahm. Zu seiner Überraschung spiegelte sich an den Jahresringen der im Durchmesser maximal 12 m starken und bis zu 3200 Jahre alten Bäume aber nicht der von ihm erhoffte Effekt zwischen Sonnenaktivität und Klima, sondern eine spezifische Abfolge von Jahresringbreiten über lange Zeitfolgen. Ab 1918 verglich er daher Sequenzen aus archäologischen Holzfunden (u. a. von aztekischen Ruinen und aus Pueblo Bonito/New Mexiko), die er über ein Jahrzehnt später zu einer durchgehenden Jahresringkurve ausbauen und damit exakt chronologisch einordnen konnte. 41. Aitken 1990; Wagner 1995 und Taylor/Aitken 1997. Vgl. auch Geyh 1980; Rottländer 1983 und Mommsen 1986. 42. Bestimmte Baumarten, wie Linde, Ahorn und Buche, bilden weniger deutliche Jahresringgrenzen aus.
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Grundlagen: Die Dicke des Jahresringes ist von vielen Ursachen abhängig, z. B. von der Art, dem Alter und dem Standort des Baumes, insbesondere aber vom jeweils vorherrschenden Klima. Warme, feuchte Klimaverhältnisse und nährstoffreiche Böden führen zu gutem Wachstum und folglich zu breiteren Ringen, kalte und/ oder trockene Jahre zu geringerem Wachstum. Jeder Baum hat demzufolge eine für seine Lebensepoche und seinen Standort charakteristische Abfolge von unterschiedlich starken Jahresringen (›finger print‹). Das bedeutet, dass Bäume derselben Art, die zur selben Zeit und am gleichen Ort gewachsen sind, ein (nahezu) übereinstimmendes Jahresringmuster aufweisen. Will man zu einer absoluten Altersbestimmung kommen, muss man Bäume entsprechend ihrer Jahresringstruktur vom Fälldatum her zurückrechnen. Ältere Bäume, Hölzer oder Holzprodukte, deren Fälldatum unbekannt ist, müssen in eine geschlossene Abfolge von sich gegenseitig überlappenden ›finger prints‹ gebracht werden. Ist der Anschluss an das jeweils zeitlich vorangegangene Holz gesichert, kann eine lange, chronologisch weit zurückreichende Sequenz ermittelt werden.
Abb. 162: Zusammenhängende Jahresringfolgen entstehen aus überlappenden Proben.
Durchführung: Die Jahresringbreiten eines Holzstückes lassen sich mit Hilfe eines Auflichtmikroskopes mit einer Genauigkeit von 0,01 mm messen. Die gewonnenen Messwerte können in einen Computer eingegeben und grafisch in Form einer Kurve visualisiert werden. Dabei wird die für dieses Holz charakteristische Sequenz erkennbar. Die Datierung erfolgt über den Vergleich mit einer bekannten Sequenz derselben Holzart und des gleichen geographischen Raumes oder in Anlehnung an eine bekannte, allgemein gültige Standardsequenz (Master) 43. Stimmt die Kurve des unter43. Solche Sequenzen werden mehrfach unabhängig voneinander ausgebildet und miteinander verglichen, um sicherzustellen, dass die pro Jahr vorausgesetzte Wachstumsgröße nicht von der Eigenheit eines Standortes, sondern von übergreifenden klimatischen Bedingen herrührt. – Lokale Sequenzen decken relativ-
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suchten Holzes mit einem bestimmten Bereich der Vergleichskurve (und nur mit dieser) überein 44, dann ist das untersuchte Holz anhand der vorliegenden Sequenz auf das Jahr genau zu datieren. Normalerweise werden Hölzer so angeschnitten, dass der Querschnitt des Stammes sichtbar wird. Bei wertvollen Holzobjekten (z. B. bei alten Bilderrahmen oder Figurinen) kann die Vermessung auch direkt am Objekt geschehen, ohne dass Material entnommen werden muss. Die Vermessung erfolgt dann mittels Fotografie, Röntgenaufnahme oder Computertomografie. Bei alten Balken werden, um diese möglichst wenig zu zerstören, in der Regel dünne Bohrkerne (von ca. 0,5 cm Stärke) entnommen. Selbst verkohlte Holzreste eignen sich für dendrochronologische Bestimmungen. Das Verhältnis der Dicke der Jahresringe zueinander wird durch den Brand nicht zerstört. Allerdings ist bei der Fundbergung extrem hohe Sorgfalt notwendig. Anforderungen: Für eine erfolgreiche dendrochronologische Untersuchung sind einige Bedingungen unerlässlich: – Im geografischen Fundbereich muss möglichst für die spezielle Holzart 45 eine geschlossene Baumringsequenz (am besten in Form einer sog. Mittelkurve) vorliegen. – Die Probe sollte aus einem regelmäßig gewachsenen Stamm entnommen werden. – Im Idealfall werden möglichst viele Hölzer der gleichen Probengruppe zu einer Mittelkurve abgeglichen und erst dann bestimmt. Damit lassen sich Anomalien ausschließen, die z. B. durch Schädlingsbefall, untypische Nährstoffzufuhr, Konkurrenz zu benachbarten Bäumen oder Beschädigungen entstanden sind. – Die vorgelegte Sequenz muss eindeutig sein und darf nur einmal in der zum Vergleich herangezogenen Baumringsequenz vorkommen. Im Allgemeinen sind Sequenzen von 50-100 Ringen ausreichend. – Um das Fälljahr genau angeben zu können, muss die ›Waldkante‹, d. h. der letzte Wuchsring (oder zum Schätzen des Fälljahres wenigstens die Splintgrenze) erhalten sein. chronologisch (›schwimmend‹) bestimmte Bereiche ab, wie z. B. Nord- oder Westdeutschland. Ihre Verkettung zu regionalen Standardchronologien ist ein komplexes Problem. Ein Netz aus miteinander synchronisierten lokalen Chronologien bietet den besten Erfolg für zuverlässige Datierungen. 44. Letztlich geht es um die statistische Frage, zu wie viel Prozent die beiden miteinander verglichenen Kurvenintervalle gleich- bzw. gegenläufig sind. 45. Proben von verschiedenen Baumarten, die unterschiedlich auf jahreszeitliche Klimaschwankungen reagieren, lassen sich anhand der relativen Veränderungen im jahreszeitlichen Wachstum von Baumringen in Beziehung setzen. Vgl. Grosser 1978, 129 f.
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Die Methode kommt dort an ihre Grenzen, wo bei Bäumen keine jahreszeitlich definierten Wachstumszonen nachweisbar sind, wie bei einigen tropischen Hölzern. In Palästina fehlt eine bis in ältere Zeit reichende Standardsequenz. Nicht nur der seit Jahrtausenden geringe Baumbestand (eingeschlossen die daraus zwangsläufig folgende übliche Wiederverwendung alten Holzes), sondern auch die ungünstigen Erhaltungsbedingungen für Hölzer sind dafür verantwortlich. – Damit ist eine dendrochronologische Datierung früher Funde in Palästina unmöglich. Dennoch sind relativchronologische Datierungen einzelner Holzfunde denkbar. Liphschitz liefert eine bis 1478 n. Chr. zurückreichende Jahresringsequenz für den ›Juniperus phoenica‹ (Wacholder) 46. Außerdem sind einige ›schwimmende‹ Sequenzen des Wacholders, der Libanonzeder und der Mittelmeerzypresse mit bis zu 286 Jahresringen bekannt 47. Solche Sequenzen aus der römischen, byzantinischen und arabischen Zeit stehen am Anfang einer möglicherweise in Zukunft zumindest bis in die Antike zu schließenden Jahresringkurve 48. In Europa sind heute lückenlose Jahresringfolgen (u. a. mit Hilfe von Moor-, See-, Moränen- und Flussschotterfunden) bekannt, die über 11 900 Jahre zurückreichen 49. Da die Dendrochronologie die genaueste Datierungsmethode der Archäometrie ist, wird sie auch zur Eichung (d. h. Kalibrierung) der Radiokarbondaten verwendet, wie unten näher ausgeführt wird 50. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Baillie 1982; 1995; Bauch/Eckstein/Liese 1970, 43-58; Becker/Billamboz et al. 1985; Douglass 1914, 101-122; 1919-1936; Eckstein/Bauch 1969, 230250; Grosser 1978, 125-138; Huber 1943, 263-268; 1970, 171-211; Iseli/ Schweingruber 1989, 145-157; Schweingruber 1983; 1993, und Suess 1965, 593-595; 1967, 143-151; 1969, 121-127.
46. Verzeichnet in der ›International Tree Ring Data Bank‹. 47. Liphschitz 1986, 37-58. 48. Liphschitz/Biger 1991, 167-175 und Lev-Yadun/Herzog/Tsuk 1995, 128-136. Vgl. für Anatolien und die Ägäis bes. Kuniholm 1996a, 780-783; 1996b, 401-409 und 2000, 93-136. 49. Zu Jahresringfolgen bei Eichen (bis ca. 9900 v. Chr. zurückreichend) vgl. Becker 1993, 201-213 und Spurk/Friedrich et al. 1998, 1107-1116. – Subfossile Kiefernfunde (z. B. bei Reichwalde und Winterthur) können in Europa die späteiszeitliche Epoche abdecken. 50. Suess 1965, 5937-5952; 1967, 143-151 und 1969, 121-127.
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7.3.2 Radiokarbonmethode Die 14C-Methode dient der zeitlichen Bestimmung bioorganischer Proben. Grundlagen: Das von W. F. Libby 1949 entwickelte Verfahren basiert auf der Tatsache, dass eines der drei in der Natur vorkommenden Kohlenstoff-Isotope, das 14C-Isotop, radioaktiv ist und über lange (messbare!) Zeiträume zerfällt, wobei das stabile 12CIsotop gebildet wird. Die Halbwertzeit, d. h. die Zeit, in der die Hälfte des 14C-Isotops zerfällt, beläuft sich auf 5730 ± 40 Jahre 51. Das 14C-Isotop entsteht in höheren Schichten der Atmosphäre 52 beim Aufeinandertreffen von Neutronen und Stickstoff (14N; Abb. 163) und reagiert mit dem Sauerstoff der Luft zu CO2. Zerfall und Neubildung führen zu einem Gleichgewicht, sodass die stationäre 14C-Konzentration (in Form von CO2) in der Atmosphäre als konstant angesehen wird. Gleiche Isotopenverhältnisse werden demnach auch in pflanzlichen Organismen angetroffen, da die Pflanzen das Kohlendioxid (CO2) über die Photosynthese aufnehmen. Durch die Nahrungskette gelangt der radioaktive Kohlenstoff von dort in entsprechenden Konzentrationsverhältnissen in jedes Lebewesen 53.
Abb. 163: Die Entstehung von 14 C-Isotopen durch ›Neutronenbeschuss‹.
Das chemische Element Kohlenstoff (C) kommt in der Natur in Form von drei Isotopen vor. Diese unterscheiden sich in der Anzahl der Neutronen und damit in ihrer Stabilität. Das stabile 12C-Isotop überwiegt mit mehr als 98 %. Es besitzt sechs Protonen und ebenso viele Neutronen (Massezahl 12). Stabil ist auch das 13C-Isotop mit sieben Neutronen (Massezahl 13; natürliches Vorkommen ca. 1,1 %). Das instabile 14C-Isotop besitzt 8 Neutronen (Massezahl 14) und kommt in der Natur nur in verschwindend geringen Konzentrationen vor (zu ca. 1,5 10-12 % um das Jahr 1900; heute – nach den durchgeführten Atomtests – zu 3 10-12 %). Die Halbwertszeit des 14C-Isotops von 5730 ± 40 Jahren gibt die Zeitspanne an, nach der sich die Konzentration des 14C-Isotops aufgrund des radioaktiven Zerfalls halbiert.
Stirbt ein Organismus ab, so wird durch die Beendigung der Kohlenstoff- (und damit der 14C-)Aufnahme die chemische Wechselwirkung mit der Atmosphäre unterbrochen. Es läuft nur noch der Zerfallsprozess des 14C-Isotops ab. Dieser erfolgt gemäß einer ex51. Die von W. F. Libby angenommene Halbwertszeit von 5568 Jahren musste 1962 auf 5730 ± 40 korrigiert werden. 52. In ca. 30 km Höhe. 53. S. hierzu die auf S. 197 beschriebene Isotopenfraktionierung.
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ponentiell verlaufenden Kurve mit definierter Halbwertszeit (Abb. 164). Untersucht man nun eine Probe eines solchen abgestorbenen Organismus, kann man aus der Abnahme der 14C-Isotope (-DN) pro Zeitraum (Dt) auf die Zeit schließen, die seit dem Tod des Organismus (angegeben als B. P.; before present = vor 1950) verging. Durchführung: Prinzipiell stehen zwei Messmethoden zur Verfügung. Entweder wird indirekt die vom 14C-Isotop ausgehende radioaktive Strahlung (deren Intensität direkt von der anwesenden 14 C-Konzentration abhängt) gemessen. Dies geschieht mit Gasoder Flüssigkeitsszintillationszählern. Oder aber man misst die Konzentration des 14C-Isotops auf direkte Weise. Das ist mit dem Beschleuniger-Massenspektrometer (AMS = ›Accelerator Mass Spectroscopy‹) möglich. Hierbei wird die Probe in Graphit überführt. Die entstandenen Elemente (oder Molekülfragmente) werden dann durch Beschuss mit dem Cäsium-Isotop (Cs 137) ionisiert, mit Hochspannung beschleunigt, durch Ablenkung in Magnetfeldern getrennt und schließlich mittels Detektoren gezählt (Abb. 165).
Abb. 164: Exponentiell voranschreitender Zerfallsprozess des 14C-Isotops.
Anforderungen: Für die 14C-Altersbestimmung ist im Prinzip jedes Material geeignet, das genügend Kohlenstoff enthält. Mit zunehmendem Alter der Probe steigen allerdings die Anforderungen an die Probenentnahme und deren Zustand, da ältere Proben exponentiell geringere 14C-Konzentrationen besitzen. Bei der gängigen, oft über eine Woche dauernden Messung mit dem Flüssigkeitsszintillationszähler benötigt man einige Gramm
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Kohlenstoff (je nach Alter zwischen 5 und 100 g). Bei trockenen Holzproben sind ca. 20 g Material erforderlich; dabei sollten einer Probe nicht mehr als 20 Jahresringe angehören. Holzkohle macht die für Palästina übliche Probengruppe aus. Wichtig ist, dass die evtl. aus einzelnen Partikeln bestehende Probe aus einem Objekt stammt. Bei Knochen werden 100-500 g Material benötigt. Hier hängt ein befriedigendes Ergebnis davon ab, ob ausreichend Kollagen 54 erhalten ist. Bei Muschelschalen sind 50-100 g Material notwendig. Bei AMS-Untersuchungen können auch kleinere Mengen (zwischen 1 und 10 mg) bereits im Verlaufe einer Stunde präzise analysiert werden. Dies ist der große Vorteil der Anwendung eines Beschleuniger-Massenspektrometers. Das Verfahren ist allerdings teurer. Fehlerquellen: Das bei 14C-Proben errechnete Alter datiert das Absterben eines Organismus. Diese Zeitangabe ist nicht mit der Datierung eines Befundes (z. B. dem Zerstörungsdatum eines Gebäudes) gleichzusetzen. Holz kann schon viele Jahre zuvor geschlagen, außerdem bei mehreren Bauten wiederverwendet und damit über lange Zeit benutzt worden sein, bis es im Fundkontext eingelagert wurde. Die untersuchte 14C-Probe liefert also nur einen ›Terminus post quem‹. Unter diesem Blickwinkel sind Getreidekörner ideal, weil sie in der Regel innerhalb eines Jahreszyklus nach der Ernte zur Ablage kamen. Um das Risiko von Fehldeutungen zu verringern, sind am besten mehrere Proben eines Stratums mit Hilfe der Radiokarbonmethode zu datieren. Die Mischung von unterschiedlich altem Material in einer Probe (Kontamination) bringt unweigerlich eine Veränderung der gesuchten Isotopenverhältnisse mit sich. Neben diesen von Archäologen/-innen einzugrenzenden Fehlerquellen bestehen auch grundsätzliche Probleme beim Umgang mit Radiokarbondaten. Die Libby’sche Modellvorstellung setzt voraus, dass die Konzentration der 14C-Isotope in der Umwelt während der letzten 50 000 Jahre konstant blieb. Selbst die Verteilung der Kohlenstoffmenge innerhalb der Atmosphäre, Biosphäre und der Ozeane gleiche derjenigen der Gegenwart.
54. Hauptbestandteil organischer Knochensubstanz.
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Abb. 165: Prinzip des Beschleuniger-Massenspektrometers (AMS).
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Diese Voraussetzungen treffen jedoch nicht zu, da der 14C-Gehalt der Atmosphäre nachweislich durch mehrere Ereignisse im Laufe der Zeit verändert wurde. So beeinflusst die Sonnenaktivität über lange Zeiträume hinweg die Erzeugung des (kosmogenen) Isotops 14 C in unterschiedlicher Weise. Mit der Industrialisierung und mit der Zufuhr von überwiegend 14C-freiem Kohlenstoff in die Atmosphäre hat die moderne Gesellschaft durch das Verbrennen fossiler Rohstoffe zusätzlich reduzierend in den 14C-Gehalt der Atmosphäre eingegriffen. Die Atomwaffentests im 20. Jahrhundert erhöhten hingegen den 14C-Anteil. Die 14C-Methode kommt bei Altersbestimmungen über 50 000 Jahre an ihre Grenzen, weil sie wegen der zu geringen 14C-Konzentration dann zu ungenau wird. Sie ist allerdings nicht die einzige Möglichkeit, absolutchronologische Datierungen durch die Berechnung von radioaktiven Zerfallsprozessen zu erhalten. Mit dem Zerfall von radioaktivem Kalium (40K) zu Argon (40Ar) und Calcium (40Ca) können Gesteine mit einem Alter von 200 bis 800 Millionen Jahren (bei Ar) bzw. von 1-2 Milliarden Jahren (mittels Ca) datiert werden. Durch das Messen des Rubidium-Zerfalls (87Rb) zu Strontium (87Sr) reicht man noch weiter in die Erdgeschichte zurück. Über den Zerfall von Uran (238U) und dessen Zwischenglied Thorium (230Th) in der 238U-Zerfallsreihe werden Meeressedimente (in die sich 230Th einlagert) zeitlich bestimmt. Allerdings finden diese Methoden angesichts hoher Halbwertszeiten (bei 40K z. B. 1,27 109 Jahre) eher in der Geologie als in der Archäologie Anwendung.
Da die 14C-Konzentration im Verlauf der Jahrtausende offensichtlich nicht konstant war, wurde die Dendrochronologie zur ›Eichung‹, d. h. zur Kalibrierung der 14C-Werte eingesetzt. Vergleicht man die 14C-Werte von Baumringen mit deren dendrochronologisch bestimmtem Alter, so lässt sich daraus das 14C/12C-Verhältnis in der Atmosphäre für die Zeit bestimmen, als der Baum wuchs. Um die 14C-Daten kalibrieren zu können, bedarf es weit zurückreichender, geschlossener dendrochronologischer Sequenzen. Diese lieferten zunächst die bereits erwähnten Jahresringfolgen der Sequoias (›Sequoiadendron giganteum‹), die etwa bis zu 3200 Jahre alt werden, und der Borstenkiefern (›Pinus aristata‹) aus den Höhenlagen der kalifornischen Sierra Nevada, deren Alter bis zu 4600 Jahre betragen kann. Derart gewonnene Kalibrierungskurven, die heute etwa bis 9900 v. Chr. zurückgehen, beschreiben die Schwankungen der 14CKonzentration in der Atmosphäre während der letzten Jahrtausende. Mit etwas größerer Unsicherheit behaftete Kalibrierungsdaten, basierend auf 14C-Bestimmungen von Warven und mariner Korallen, reichen allerdings bis zu 20 000 Jahre zurück. Im Internet werden Kalibrierungsprogramme bereitgestellt, mit deren Hilfe unkalibrierte Daten umgerechnet werden können. Allerdings enthalten die Kalibrierungskurven noch recht viele mehr-
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deutige Stellen (wiggles), die das Datierungsintervall vergrößern können (Abb. 166). Durch die zur Verfügung stehenden Kalibrierungsverfahren von 14C-Daten werden die Datierungen tendenziell älter. So scheint es möglich, dass gerade im Zeitraum zwischen ca. 9500 und 5000 v. Chr. die unkalibrierten, konventionellen 14C-Altersangaben im Durchschnitt um 1000 Jahre zu niedrig liegen. Das würde bedeuten, dass die bisher angenommene Datierung des Neolithikums zu niedrig war. Auch die Datierung der frühen Bronzezeit wird von der 14C-Methode hinterfragt. Selbst dort wird durchgängig ein höheres Alter vorgeschlagen 55. Da sich die Kalibrierung sicherlich in der Zukunft noch präzisieren wird, sollte eine spätere erneute Angleichung möglich sein und deshalb das unkalibrierte Datum einer Probe zusätzlich verzeichnet werden. Die Kalibrierung ist kein triviales Problem. In Abb. 166 wird ein Beispiel für die Altersbestimmung einer Probe mit Kalibrierung und einer Wahrscheinlichkeitsbetrachtung dargestellt. Die vorliegende Probe wurde zu 3575 ± 45 B. P. (Radiokarbonjahren) gemessen. Die Bezeichnung B. P. (d. h. vor 1950) steht dabei nach unkalibrierten, die Angabe v./n. Chr. (oder cal B. P.) nach kalibrierten Daten. Demnach lag das Alter der Probe mit einer Wahrscheinlichkeit von 68,3 % (1 s) im Bereich von 2010-1999, 1976-1880 oder 18381829 v. Chr. und mit einer Wahrscheinlichkeit von 95,4 % (2 s) im Bereich von 2033-1857 oder 1844-1771 v. Chr. Das zu bestimmende Alter fällt also in mehrere mögliche Bereiche. Eine der ältesten Methoden zur Altersbestimmung, die Warvenanalyse, wurde Anfang des 20. Jh. vom schwedischen Geologen Gerard Jacob de Geer (1858-1943) entwickelt. Eine Warve ist eine Sedimentschicht, die sich innerhalb eines Jahres in einem stehenden Gewässer aus wechselnd tonigem und feinsandigem Material ablagert. Um das Alter eiszeitlicher Ablagerungen aus dem Pleistozän zu bestimmen, wurden Warven gezählt und miteinander verglichen (vgl. Tauber 1970, 173-196).
Für die Kalibrierung der 14C-Daten muss außerdem berücksichtigt werden, dass bei der Assimilation von CO2 in einer Pflanze die schwereren Isotope 13C und 14C nicht im gleichen Maße wie das leichtere Isotop 12C eingebaut werden. Mit Hilfe der Isotopenfraktionierung, d. h. der Verhältnisbestimmung von 13C- zu 12C-Isotopen im Massenspektrometer, kann das jeweils zu erwartende 14Czu 12C-Verhältnis korrigiert werden.
55. Becker/Kromer in Wagner 1995.
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Abb. 166: Altersbestimmung einer 14C-Probe mit anschließender Kalibration und Wahrscheinlichkeitsbetrachtung (AMS-Labor, Universität Erlangen).
7. Wann geschah es?
Legende: (1) Das 14C-Alter liegt in einer Gaußverteilung zu 1 s bzw. 2 s um den Mittelwert 3575 ± 45 B. P. bzw. ± 90; (2) Kalibrationskurve aus dem dazugehörigen Bereich mit Fehlerbalken; (3) Wahrscheinlichkeitsverteilung des Kalenderalters als Ergebnis einer sog. Faltung des gaußverteilten konventionellen Alters und der Kalibrationskurve. (4) Der markierte Bereich, der sich durch die Faltung der Gaußverteilung mit einer Halbwertsbreite von 1 s (± 45 B. P.) bzw. mit einer Breite von 2 s (± 90 B. P.) ergibt. Er zeigt an, mit welcher statistischen Sicherheit ein kalibriertes Kalenderalter zum angegebenen Kalenderalter gehört.
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7.3 Naturwissenschaftliche Datierungsmethoden Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Bowmann 1990, des weiteren Becker-Heidmann 1993, 259-262; Breunig 1987; Ferguson 1969, 3-29; Hedges/Gowlett 1986, 110-121; Libby 1969 und Scharpenseel/Becker-Heidmann 1992, 541-549 sowie die Zeitschrift Radiocarbon 1959 ff. – Zur Kalibrierung: Kromer/Rhein et al. 1986, 954960; Stuiver/Pearson 1986, 805-838; Suess 1970, 303-309; 1976, 61-63; Tauber 1970, 173-196 und Willkomm 1988, 173-181.
7.3.3 Thermolumineszenz Die Thermolumineszenzmethode wird in der Archäologie vor allem zur Datierung von Keramik benutzt. Doch auch verkieselte Fossilien, eiszeitliche Sedimente oder Schlacken (aus Verhüttungsprozessen) sind auf diese Weise chronologisch einzuordnen. Grundlagen: Jeder Körper strahlt beim Erhitzen von einer gewissen Temperatur an zunächst Wärme, dann Licht ab. Das Planck’sche Strahlungsgesetz beschreibt die Temperaturabhängigkeit dieses stets wiederholbaren Effekts. In bestimmten Fällen strahlen Körper jedoch schon unterhalb der erwarteten Temperatur Wärme und Licht ab. Dieses ›Wärmeleuchten‹ (Thermolumineszenz) ist nicht wiederholbar. Offensichtlich wird dabei einmalig im Körper gespeicherte Energie freigegeben. Ursache der Thermolumineszenz ist das permanente Einwirken ionisierender Strahlung (z. B. durch energiereiche kosmische Strahlung und durch radioaktives Uran, Thorium und Kalium im Boden) auf elektrisch nichtleitende Festkörper am Ablagerungsort. Zu diesen gehören u. a. die üblicherweise in Keramik enthaltenen Quarz- und Feldspatpartikel. Dabei bewirkt die α-, β- oder γ-Strahlung, dass Elektronen unter Aufnahme von Energie aus ihrem ursprünglich stabilen Zustand (Valenzband) gelöst und auf ein höheres Energieniveau (Leitungsband) angehoben werden. Während ein Teil der Elektronen (strahlungsfrei) wieder in das Valenzband zurückfällt, bleiben einige auf sog. ›Haftstellen‹ hängen (Störungsstellen im Kristall). Die in der Natur stets vorhandene Strahlung baut so über lange Zeiträume eine latente Thermolumineszenz auf, wobei immer mehr Elektronen in solche angeregte (›metastabile‹) Elektronenzustände überführt werden. Erwärmt man einen solchen Festkörper auf ca. 500°C, werden diese Elektronen durch die Energiezufuhr von ihrer ›metastabilen‹ Position aus wieder in das sog. Leitungsband gehoben und geraten in einen instabilen Zustand. Von hier fallen sie zurück in ihren energetischen Grundzustand (Valenzband) unter Abgabe der bis-
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7. Wann geschah es?
her aufgenommenen Energie, die in Form von Wärme und Licht (›Wärmeleuchten‹) emittiert wird.
Abb. 167: Thermolumineszenz (vgl. Renfrew/Bahn 3 2000, 151).
Durchführung: Mit Hilfe dieser Methode lässt sich das Alter von Keramik bestimmen. Dabei macht man sich zunutze, dass die letzte Erwärmung der Keramik auf Werte über 500°C (vor der im Labor bewirkten Thermolumineszenz) in aller Regel das Brennen des Keramikgefäßes war. Bei der Herstellung der Keramik wurde die damals vorhandene latente Thermolumineszenz ›ausgeheizt‹, sozusagen ›auf Null gestellt‹. Seit diesem Zeitpunkt baute sich allerdings erneut eine latente Thermolumineszenz auf, die nun im Labor gemessen wird. Die Zeitdauer zwischen dem Brennen der Keramik und der Untersuchung im Labor errechnet sich im Wesentlichen aus der Menge der freigesetzten Energie, dividiert durch die am Ablagerungsort permanent auftretende Strahlungsdosis. Letztere ergibt sich aus der Messung der Radioaktivität am Fundort. Anforderungen: Neben den Messungen der Radioaktivität vor Ort ist beim Transport der Keramik darauf zu achten, dass diese nicht zu stark erwärmt wird oder mit energiereicher Strahlung in Berührung kommt (z. B. mit UV-Licht oder radioaktiver Strahlung). Es muss außerdem sichergestellt sein, dass die Keramik bei mindestens 500°C gebrannt wurde 56. Thermolumineszenzdaten werden gelegentlich zum Vergleich mit 14C-Daten herangezogen. Für die Kalibrierung spielen sie aber aufgrund ihrer vergleichsweise geringen Genauigkeit nur eine untergeordnete Rolle. Die Ungenauigkeiten liegen nicht selten bei ±10 % des errechneten Alters.
56. In Palästina wurde die Keramik in der Regel bei höheren Temperaturen gebrannt.
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7.3 Naturwissenschaftliche Datierungsmethoden
Die Thermolumineszenz wird häufig zum Echtheitstest von Keramikerzeugnissen verwendet. Besonders wertvollen Objekten werden in der Regel zwei Proben mit einem Hartmetallbohrer entnommen, wobei jeweils etwa 200 mg Material erforderlich sind. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Aitken 1985; Jungner 1987; Kotalla 1986; Kranck et al. 1929; Sanzelle 1998; Taylor/Aitken 1997 und Wagner 1995, 216-226.
7.3.4 Archäomagnetismus 57 Das Erdmagnetfeld hat seine eigene Geschichte. Es verändert über lange Zeit sowohl seine Richtung als auch die Intensität (Säkularvariation). Sind diese Veränderungen rückwirkend zu berechnen, so können (ähnlich der Dendrochronologie) für einzelne Gebiete Basiskurven (Master) aufgestellt werden, die sich die Archäologie zur chronologischen Bestimmung zu Nutze macht. Grundlagen: Gebrannte Tone erhalten während ihrer Abkühlung bleibende magnetische Eigenschaften mit den Parametern des zu diesem Zeitpunkt an diesem Ort bestehenden Erdmagnetfeldes. Seine Richtung und Stärke werden bei dieser remanenten Magnetisierung in den im Ton befindlichen Eisenoxiden (Hämatit, Magnetit u. a.) 58 gespeichert. Kann man die Paramater des Magnetismus in einem Befund exakt messen, so ergibt sich die Möglichkeit zurückzurechnen, zu welchem Zeitpunkt sich das Erdmagnetfeld an diesem Ort in diesem Zustand (Stärke und Ausrichtung) befand. Durchführung: In aller Regel kann das Alter nur solcher Objekte bestimmt werden, deren Lage zum Zeitpunkt des Auffindens exakt der des letzten Brandes entspricht. Das sind zumeist Installationen wie Feuerstellen, Herde und (Keramikbrenn-)Öfen. Ist die ursprüngliche Lage und Ausrichtung der zu bestimmenden Objekte nicht exakt bekannt, bleibt für eine zeitliche Einordnung nur der Parameter der Stärke des Magnetfeldes. Anforderungen: Die Messungen finden nicht vor Ort, sondern im Labor statt. Die aufwendige Fundbergung sollte mit dem federführenden Labor abgesprochen sein oder von diesem durchgeführt werden.
57. Die im Folgenden aufgeführten Datierungsarten werden in der Archäologie Palästinas seltener angewandt und sollen daher auch nur kurz erwähnt werden. 58. Der für die Magnetisierung verantwortliche Curie-Punkt liegt für Hämatit bei 675° C und für Magnetit bei 580°C.
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7. Wann geschah es? Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Abrahamsen/Sigurdsson/Frandsen 1993, 17-23; Aitken 21974; Greinwald/ Thierbach 1997, 197-216; Irving 1964; Koppelt/Abrahamsen et al. 1999, 145-156; Reinders 1994,182-184; Soffel 1991; Tarling 1983; Taylor/Aitken 1997 und Wagner 1995.
7.3.5 Obsidiandatierung
Abb. 168: Obsidianklingen (Original Privatsammlung).
Die Hydrationsdatierung von Obsidian wurde 1960 von Irving Friedman and Robert L. Smith entwickelt. Sie wird überwiegend für relativchronologische Bestimmungen benutzt. Grundlagen: Obsidian ist ein vulkanisches Glas, das schon früh in menschlichen Gesellschaften als Rohmaterial für Klingen, Pfeilspitzen und Dolche außerordentlich begehrt war 59. Obsidiane nehmen an ihrer Oberfläche Wasser aus dem Umfeld auf – sie hydratisieren. Das geschieht beim Erkalten des Lavastroms oder – für die Archäologie wichtig – bei ihrer Bearbeitung, d. h. mit dem Herstellen einer neuen Oberfläche (z. B. beim Schlagen von Klingen). Das Wachstum der Hydrationsschicht hängt von verschiedenen Faktoren ab – von der Zeit, dem Klima, den geochemischen Bedingungen der Ablagerung und von der Art des Obsidians. Durchführung: Die Methode ist nicht aufwendig und auch nicht teuer. So können viele Proben eines Bereichs relativchronologisch einander zugeordnet werden. Kann man einzelne Glieder dieser chronologischen Folge – z. B. durch 14C-Daten – absolut datieren und gelingt es, die oben genannten Hydrationsbedingungen herauszufinden, dann sind auch absolutchronologische Aussagen möglich. Anforderungen: Die Obsidiane werden in entsprechend ausgewiesenen Labors mikroskopisch untersucht. Für die Fundbehandlung gibt es keine besonderen Auflagen. Allerdings muss beachtet werden, dass Obsidianartefakte z.T. über lange Zeit benutzt und über Generationen vererbt werden konnten. Folglich können Obsidiane, die innerhalb eines Stratums aufgefunden wurden, verschieden lang in Gebrauch gewesen sein. Sie besitzen dann ganz unterschiedliche Hydrationsschichten. Ihre Datierungen stehen daher in 59. Obsidianartefakte sind in Palästina seit dem Neolithikum häufig anzutreffen. Sie wurden in der Regel aus Anatolien importiert, da Obsidian lokal nicht vorkommt.
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7.3 Naturwissenschaftliche Datierungsmethoden
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Bezug auf Zerstörung, Verfall oder bewusste Ablage des entsprechenden Befundes nur als ›Terminus post quem‹ zur Verfügung. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Mottana/Crespi/Liborio 1978; Stevenson/Carpenter/Scheetz 1989, 193206; Stevenson/Mazer/Scheetz 1994 und Wagner 1995.
Abb. 169: Beispiel für ein Pollendiagramm (Datierung nach 14C-Daten).
7.3.6 Pollendatierung Die Pollendatierung ist ein Teil der Paläopalynologie, deren weites Aufgabenfeld in Kap. 8.4.2 beschrieben wird. Hier wird speziell die chronologische Relevanz der Methode herausgestellt. Die Paläopalynologie beschäftigt sich mit Sporen und Pollen 60. Pollen sind pflanzliche Blütenstaubkörner. Sie besitzen eine extrem widerstandsfähige äußere Hülle, die über lange Zeiträume hinweg erhalten bleibt und Informationen über Vegetations- und Klimabedingungen eines bestimmten Bereiches aus lange zurückliegenden Zeiten übermitteln kann.
60. Pollen bleiben am besten auf nassem Grund (bes. in Mooren oder Seesedimenten) oder in Humus erhalten. Sie können dort selbst nach Jahrtausenden nachgewiesen werden.
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7. Wann geschah es?
Verknüpft man die aus Einzelanalysen gewonnenen Erkenntnisse entsprechend der stratigrafischen Abfolge in einem Pollendiagramm, so ergibt sich ein grobmaschiges, relativchronologisches Gerüst einer Ortslage oder Landschaft, das durch 14C-Datierungen noch absolutchronologische Fixpunkte erhalten kann. Außerdem sind Über-Kreuz-Vergleiche mit anderen chronologischen Methoden möglich.
7.3.7 Datierung nach Erscheinungsformen der Fauna Diese Methode basiert auf der Tatsache, dass sich einige Tierarten während ihrer Evolution innerhalb von mehr als 1-2 Millionen Jahren deutlich verändert haben und entspricht in etwa der Datierung von Fossilien. Besonders bei Säugetieren, speziell bei Elefanten und Schweinen, lassen sich Entwicklungsreihen aufstellen, die eine relative zeitliche Gliederung einzelner Funde ermöglichen. Diese Methode ist – zieht man die unterschiedlichen Entwicklungsmöglichkeiten und morphologischen Erscheinungen einer Art in Betracht – nicht präzise, doch bietet sie für das Pleistozän (Beginn vor ca. 2,5 Mio. Jahren) nicht unwesentliche chronologische Anhaltspunkte. In einigen Fällen sind Über-Kreuz-Vergleiche zwischen Tierfunden und Artefakten aus den gleichen Kontexten möglich. Ist verwertbares DNA-Material vorhanden, kann der Vergleich zwischen den Vertretern einer Art die Varianz beider und damit die Zeitdauer bestimmen, seitdem sich deren Entwicklung voneinander trennte 61.
7.4 Chronologische Korrelationen In der archäologischen Forschung werden fortwährend neue chronologische Daten erhoben. An verschiedenen Orten, in unterschiedlichen Regionen und mit einer Vielzahl an Methoden werden Schichten, Befunde und folglich auch Ereignisse relativ- und absolutchronologisch datiert. Die mit enormem Aufwand an Zeit und Geld durchgeführten Forschungen führen nicht nur zu einer beeindruckenden Datenmenge, sondern auch zu einer Vielzahl mehr oder minder voneinander unabhängiger (z. B. lokaler) bzw. miteinander 61. Thomas 1996, 1-4 und Carefoot/Sharp et al. 1998.
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7.4 Chronologische Korrelationen
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nicht (völlig) kompatibler Chronologien. Nahezu alle Zeittafeln beinhalten zudem methodisch bedingte ›Vertrauensintervalle‹. Aus diesen Gründen werden eine systematische Korrelation der verschiedenen chronologischen Methoden und eine Über-KreuzPrüfung ihrer Daten benötigt, um eine mehrfach abgesicherte, verlässliche und übergreifende Chronologie zu erstellen. Im ›Durchgangskorridor‹ Palästina gilt dies im besonderen Maß, speziell auch für die Verknüpfung mit angrenzenden Gebieten wie mit Syrien und dem Zweistromland, mit Ägypten und Zypern. Die Tephrochronologie (von griech. Tephra für Asche) ist zunächst eine relativchronologische Datierungsmethode. Sie beruht darauf, dass bei Vulkanausbrüchen synchrone Aschefächer über große Gebiete verbreitet werden. Sie sind hervorragende Leithorizonte, da sie einen kurzen geologischen Zeitabschnitt markieren. Kennt man das Alter der Asche an einer Stelle, so kann die gesamte Ausdehnung des Aschefächers datiert werden. Vulkanische Aschen lassen sich mit der Kalium-Argon-Methode absolutchronologisch bestimmen. Sie ist jedoch für archäologische Belange oft zu ungenau. Die Tephrochronologie spielt bei der Bearbeitung des minoischen Ausbruchs von Thera eine entscheidende Rolle.
Unter besonderen Voraussetzungen lassen sich chronologische Korrelationen weiträumig herbeiführen. Das ist dann der Fall, wenn es sich um gebietsübergreifende Ereignisse handelt, die in verschiedenen Gebieten unabhängig voneinander nachgewiesen und jeweils in deren lokalen Chronologien ›eingehängt‹ werden können. – Für das östliche Mittelmeer steht hierfür ein wirklich herausragendes Ereignis im Mittelpunkt des Interesses: der Ausbruch des Vulkans auf Thera/ Santorini 62 in der Mitte des 2. Jt. v. Chr. Bei dieser gewaltigen Eruption erlitt das an der Südseite der Insel befindliche Akrotiri das gleiche Schicksal wie später die Städte !Pompeji und Herculaneum (S. 25) am Fuße des Vesuv. Im Prinzip sind die gewaltigen Mengen an vulkanischer Asche aus Thera im weiten Umkreis zu belegen und Auswirkungen davon selbst bei Bohrungen im polaren Eis 63 nachweisbar. Da die bei der 62. Manning 1999. – Seit dem Mittelalter auch Santorin (Neugriechisch Santorini). 63. Der durch den winterlichen Schneefall bewirkte schichtenweise Aufbau des Eises an den Polen kann durch Bohrungen erkundet werden. Bisher wurden diese auf über 2 km Tiefe vorangetrieben. Damit wurden mehr als 6000 Jahre erforscht. In der relativen Dicke der Jahres-Schichten dokumentieren sich Klimafaktoren, in ihren Einlagerungen und chemischen Bestandteilen auch die Auswirkungen großer Vulkanausbrüche (Vesuv 79 n. Chr.; Krakatoa 1883).
Abb. 170: Ausbreitung der Ascheschicht beim Vulkanausbruch auf Thera/Santorini (Schichtdicke in cm).
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7. Wann geschah es?
Eruption in die Stratosphäre getragene vulkanische Asche die Sonneneinstrahlung über längere Zeit beeinträchtigte und damit zu geringeren Temperaturen geführt haben wird, müssten selbst die Jahresringe der Bäume im entsprechenden Zeitraum signifikante Merkmale aufweisen. Manfred Bietak (* 1940) initiierte in Wien das Projekt SCIEM 2000 (»The Synchronization of Civilisations in the Eastern Mediterranean in the 2nd Millennium BC«). Das von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften getragene Forschungsprogramm dient der Kooperation der an chronologischen Fragen des 2. Jt. v. Chr. im östlichen Mittelmeerraum interessierten Forscher/-innen aller Fachgebiete. Ziel ist die gebietsübergreifende Vernetzung und Prüfung chronologischer Daten zur Erstellung eines kompatiblen chronologischen Systems. Die Projektgruppen befassen sich mit Sachthemen wie »Datum Lines by First Appearances«, »Thera Ashes«, »The End of Mycenean Culture«, »Stratigraphic Project Aigina« und mit methodischen Fragen wie »Astrochronology«, »Dendrochronology« und »14C-Dating«.
Nach dem gegenwärtigen Forschungsstand scheint Akrotiri bereits in der spätminoischen Zeit IA, d. h. früher als die Paläste auf Kreta, zerstört worden zu sein 64. Bei der Diskussion um den genauen Zeitpunkt des Vulkanausbruchs stehen mehrere Daten zwischen frühestens 1627 und spätestens 1550/1480 v. Chr. in der Diskussion 65. Die absolutchronologische Datierung wird anhand dendrochronologischer Anomalien der Jahresringkurven einiger Hölzer und einiger Ablagerungen in polaren Eiskernen kontrovers diskutiert. Das Problem konnte bisher noch nicht durch eindeutige 14 C-Daten geklärt werden 66. Abb. 171: Thera/Santorini.
64. In Akrotiri wurde keine spätminoische Keramik IB wie in den über 100 km entfernt gelegenen minoischen Palästen auf Kreta gefunden. Der Vulkanausbruch und seine Folgewirkungen sind demnach nicht ursächlich für den Niedergang vieler minoischer Paläste verantwortlich zu machen. 65. Vgl. dazu bes. Manning 1999. 66. Weitere Forschungsprojekte im Umfeld von Thera: Peter Ian Kuniholm, ›Department of the History of Art & Archaeology‹, ›Cornell University‹ in Ithaca/NY (»Aegean Dendrochronology Project«) und Sturt Manning, ›Department of Archaeology. The University of Reading‹ (»The Aegean-East Mediterranean Radiocarbon Calibration Project«).
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8. In welcher Umwelt lebten die Menschen?
Die Lebensbedingungen in Palästina wurden nachhaltig von der Umwelt geprägt – so besonders von den geologischen Voraussetzungen während der Erdneuzeit (Kap. 8.1), von der Bodenbeschaffenheit (Kap. 8.2), dem Klima und den Niederschlägen (Kap. 8.3) sowie von der sich verändernden Flora und Fauna (Kap. 8.4). Die Menschen nutzten und verarbeiteten die naturgegebenen Ressourcen in der Landwirtschaft, bei der Viehzucht, im Handwerk, bei der Verarbeitung von Bodenschätzen und im Handelsaustausch (Kap. 8.5). Ein Blick auf die frühe menschliche Besiedlung Palästinas ergänzt diesen thematischen Zusammenhang ebenso wie die physische Anthropologie und die Kulturanthropologie (Kap. 8.6). Die geistige Umwelt der in Palästina lebenden Menschen lässt sich schließlich zu einem beachtlichen Teil in deren religiösen Überzeugungen und Handlungen erahnen (Kap. 8.7).
8.1 Geologie Die Landschaftsformen (Kap. 3.2), die Palästina heute charakteristisch prägen und in geschichtlicher Zeit das Klima und damit die Lebensbedingungen wesentlich beeinflussten, sind das Ergebnis relativ junger geologischer Prozesse, die z.T. bis heute anhalten. Vom Erdaltertum (Paläozoikum) bis zum Beginn des Tertiärs wurde das gesamte Umfeld des heutigen Palästina von einem riesigen Meer bedeckt, der Thetys. Während des Tertiärs bildeten sich dann – vergleichbar mit den Alpen – im Norden des Fruchtbaren Halbmondes die Faltengebirge heraus: der Taurus in Anatolien, der Kaukasus und das Zagrosgebirge im Iran. Als die Thetys zu Beginn des Tertiärs schrumpfte und dabei ›Restseen/-meere‹ (das Kaspische Meer, das Schwarze Meer und das Mittelmeer) hinterließ, blieb der syrisch-palästinische Bereich zunächst als Tafelland erhalten. Vor 25-30 Mio Jahren (im Alttertiär) setzten tektonische Bewegungen die gegensätzliche Verschiebung zwischen der afrikanischen und der arabischen Platte in Gang. Seither verschieben sich die beiden Platten entlang der Bruchlinie um etwa 4-9 mm pro
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8. In welcher Umwelt lebten die Menschen?
Erdgeschichtliche Zeitepochen
vor ca. ... Jahren
Erdaltertum (= Paläozoikum)
600–245 Mio
Erdmittelalter (= Mesozoikum)
245– 65 Mio
Trias
245–205 Mio
Jura
205–135 Mio
Kreide
135–65 Mio
Erdneuzeit (= Känozoikum)
65 Mio–heute
Tertiär
65–2,5 Mio
Alttertiär (= Paläogen) Paläozän, Eozän, Oligozän
65–25 Mio
Jungtertiär (= Neogen)
25–2,5 Mio
Miozän
25–5 Mio
Pliozän
5–2,5 Mio
Quartär
2,5 Mio–heute Pleistozän Holozän
2,5 Mio–11 000 11 000–heute
Archäologische Zeitepochen Alt-Paläolithikum (seit Ende des Pliozäns) mittleres Paläolithikum Jung-Paläolithikum – frühes Kebarium
Abb. 172: Die erdgeschichtlichen und die archäologischen Zeitepochen im Vergleich.
3/2,5 Mio–300 000 300 000–40 000 40 000–13 000/12 800 18 000–14 500
– geometrisches Kebarium
14 500–13 000/12 800
Epipaläolithikum/Natuf-Kultur
13 000/12 800–10 500
Neolithikum
10 500–6500
Zum besseren Vergleich werden alle Zeitepochen Before Present (B. P.) angegeben.
Jahr 1. Dadurch ›zerriss‹ das syrisch-palästinische Gebiet in NordSüd-Richtung. Die so entstandene Schwächezone führte zu einem der längsten Grabenbrüche in der Erdkruste. Er beginnt in Nordsyrien und setzt sich über das Jordantal, das Tote Meer, das Wādī el-‛Araba sowie das Rote Meer bis nach Ostafrika fort. Die gegensätzliche Bewegung der am Grabenbruch aufeinander stoßenden tektonischen Platten führte zu vulkanischen Aktivi1.
Quennel 1958.
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8.1 Geologie
täten. Vom Nordosten herkommend bedecken daher mächtige Basaltdecken weite Flächen des nördlichen Ost- sowie einige Bereiche des Westjordanlandes bis hin zum See Genezaret 2. Erdbeben 3 sind folglich im syrisch-palästinischen Bereich bis heute ein ›normales‹ Phänomen. Heiße Quellen im Bereich um den See Genezaret, im oberen Jordantal und im Umfeld des Toten Meeres belegen die noch andauernden Aktivitäten der Erdkruste in diesem Bereich. Eine der bedeutendsten Veränderungen in der jüngsten Erdgeschichte Palästinas war das Entstehen eines großen Sees im heutigen Jordangraben. In der Zeit zwischen 80 000/60 000 und 18 000/15 000 Jahren vor heute 4 breitete sich der Lisan-See bis zu einem maximalen Wasserstand von etwa -180 m NN 5 im Grabenbruch aus. Damit lag sein Wasserspiegel ca. 220 m höher als der des Toten Meeres heute. Zu dieser Zeit gab es bereits mehrere von Menschen angelegte Lagerplätze am westlichen und östlichen Hang des Jordangrabens, wie z. B. in !Pella 6 (Kap. 8.6.1). Als es etwa vor 22 000 Jahren wesentlich trockener (als heute) wurde, verkleinerte sich der Lisan-See wieder 7. Die Existenz der ›Stadt‹ Jericho um 7000 v. Chr. und ihre 2000-3000 Jahre älteren Vorgängersiedlungen nur wenige Kilometer nordwärts der heutigen Uferlinie des Toten Meeres markieren den ›Terminus ante quem‹ für den Rückgang des LisanSees. Der geologische Aufbau des ehemaligen Tafellandes Syrien-Palästina wird von einer Serie mächtiger Sedimente bestimmt, die zeitlich vom Erdaltertum (Paläozoikum) bis zur Erdneuzeit (Känozoikum) reichen 8. Der Grabenbruch trennt das jordanische Hoch2. 3. 4. 5. 6. 7.
8.
Nach Macumber 2001, 4, begann diese vulkanische Aktivität im frühen Miozän und dauerte bis in die Zeit vor 18,7-10 Mio Jahren. Einzelheiten zur Erdbebentätigkeit in Palästina s. bei Russel, 1985, 37-59; Amiran 1994, 260-305 und 1996, 120-130. Neev/Emery 1967. Nach Hall/Neev 1975-1976 vollzog sich die Austrocknung vor 13000/11000 Jahren. Zum Vergleich: 1994 erreichte der Wasserspiegel des Toten Meeres die Höhe von -408 m NN. Macumber 1992, 205-214 und Edwards/Macumber 1995, 1-14. Für die Zeit vor 22000 bis 18000 Jahren s. Goldberg/Bar-Yosef 1982, 399-414 und Goldberg 1986, 241. – Für die frühe epipaläolithische Zeit vor 18000 und mindestens 14500 Jahren s. Fontugne/Arnold et al. 1994, 76 ff. Die »Gebirgszüge des Berglandes von Galiläa, von Samaria und das Judäische Bergland bestehen größtenteils aus sehr widerstandsfähigen, harten Cenoman-
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Abb. 173: Plattentektonik im großen Grabenbruch.
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8. In welcher Umwelt lebten die Menschen?
land vom judäischen und ephraimitischen Bergland. Letztere steigen in einem ›einfachen geologischen Antiklinalwurf‹ (Sattel einer geologischen Falte) zwischen der Küstenebene und dem Grabenbruch hervor 9.
Abb. 174: Der Manyara-See vor der westlichen Bruchkante des großen Grabenbruchs in Tansania.
8.2 Bodenarten Gegenüber den Böden Mitteleuropas sind in Palästina einige Besonderheiten festzustellen. Wie für den Mittelmeerraum typisch, trifft man im Bergland häufig auf rote Böden (›Terra rossa‹), die ihre Färbung dem Eisenoxid Hämatit verdanken, 10 und auf Braunerden (›Terra fusca‹). Sie haben nur einen geringen Humusgehalt, sind stark lehmhaltig und verdichten daher schnell, was eine ausreichende und dauerhafte Wasserspeicherung verhindert. Bei ausreichender Bewässerung und sinnvoller Bearbeitung sind sie jedoch landwirtschaftlich gut nutzbar. Außerdem sind große Flächen brauner und grauer Rendzinen anzutreffen 11, deren Unterschied zur ›Terra rossa/fusca‹ nur im geringeren Alter liegt. Rendzinen sind meist flachgründig (von poln. rzedzic »rascheln«, dem Geräusch beim Pflügen über Kalksteinböden) 12 und nur in Maßen fruchtbar. Sie trocknen auf ihrem Kalksteinuntergrund leicht aus. kalken der Kreideformation und aus eozänen Kalkablagerungen. An der Abdachung zum Toten Meer hin sind u. a. westl. von Jerusalem und Bethlehem über weite Abschnitte mit Feuersteineinlagen durchsetzte Senonkalke der oberen Kreide verbreitet … An der Küste werden das Tiefland von Akko wie auch die Ebene Scharon und die Schefela in Mittel- und Süd-Palästina von pleistozänen und holozänen Sedimenten eingenommen«. Klaer 1966, 1366. 9. Klaer 1966, 1366. 10. Die Rotfärbung beruht auf der Bildung von fein verteiltem Hämatit (Tonmineral). Dieses entstand durch Mineralverwitterung im Tertiär und in den Pluvialzeiten. Unter den aktuellen, d. h. mediterranen Klimabedingungen kann die Bildung von Hämatit (so die allgemeine Meinung) nicht erfolgen, sondern nur im warm-feuchten subtropisch-tropischen Bereich, wobei mindestens 300 mm jährlicher Niederschlag vorauszusetzen ist. Anders Bronger/Sedov 1998, 42.46 und Lucke 2002, 131-133. 11. Sie entstehen durch Lösungsverwitterung mit CO2 auf kalkhaltigem Gestein. 12. Die mediterrane Gelberde ist am Übergang zu den gelben Steppenböden mit hohem Kalkanteil im oberen Boden anzutreffen (›vererdete Terra fusca‹). Bender 1968, 181. – Jenseits der gelben Steppenböden befinden sich im ariden Bereich die sog. grauen Wüstenböden.
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8.3 Klima und Niederschlag
Der Küstenstreifen bietet gemeinsam mit dem sich östlich anschließenden Hügelland (Schefela) und der Ebene Jesreel die vorteilhaftesten klimatischen und hydrologischen Bedingungen Palästinas sowie landwirtschaftlich sehr gut nutzbare azonale Böden 13. Angesichts der unterschiedlichen Grundvoraussetzungen (Wasserversorgung, Höhenlage und Klima) schwankt die Fruchtbarkeit der westlichen Berglandgebiete erheblich zwischen den fruchtbaren Berghängen Untergaliläas und der im Regenschatten liegenden Wüste Juda. Im transjordanischen Hochland bietet sich für die landwirtschaftliche Nutzung vor allem der Nordwesten an, besonders das Bergland von Ajlun (‛Aǧlūn) und das Irbid-RamthaBecken, ansonsten die sog. ›Siedlungsinseln‹, wie z. B. um Madeba und Dibon. Ausschlaggebend für die Landwirtschaft ist die im Boden während der Wachstumszeit der Pflanzen verfügbare Wassermenge. Der Bau von !Terrassierungen zur Unterstützung von Gartenund Feldbau begann daher schon sehr früh (S. 224). Aride Gebiete, wie das südliche Jordantal, die östlichen Bereiche Transjordaniens oder der Negev, sind für den Ackerbau nicht nutzbar, es sei denn, die Böden werden künstlich bewässert. Doch kann die Bewässerung solcher Flächen problematisch werden. Wenn mehr Wasser zugeführt wird, als die Pflanzen aufnehmen können, führt die Verdunstung zur Salzanreicherung im Boden (›Versalzung‹) 14. Dadurch wird das bebaute Land unbrauchbar.
8.3 Klima und Niederschlag Zunächst wird das gegenwärtige Klima beschrieben, um die vielfältigen Unterschiede der Lebensumstände in Palästina zu demonstrieren. Außerdem wird dadurch eine Verständnisgrundlage für die paläoklimatischen Verhältnisse geschaffen, denn die gegenwärtig trockenen Bedingungen in Palästina sind letztlich nur ein vorläufiger Endpunkt der stetig sich verändernden und seit ca. 85 000/ 75 000 Jahren in sehr groben Umrissen erfassbaren klimatischen Schwankungen. 13. Azonale Böden zeigen aufgrund ihres geringen Alters keine Merkmale pedogenetischer Horizontierung unter dem herrschenden Klima. – Vgl. zu den azonalen Bodentypen in weiten Bereichen des Küstenstreifens und in den Ebenen sowie im Jordantal Bender 1968, 179 ff. (zu Jordanien) sowie Dan/Yaalon et al. 1975 und Rabikovitz 1992 (zu Israel). 14. Die Salzbestandteile stammen insbesondere aus der Verwitterung von Gesteinen und werden von den Flüssen transportiert.
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8.3.1 Gegenwärtige Klimazonen Palästina liegt im Übergangsgebiet zwischen winterfeuchtem Mittelmeer- und ganzjährig trockenem Wüstenklima. Es hat Anteil an drei Klimazonen, dem mediterranen, dem Steppen- und schließlich dem Wüstenklima. Als Faustregel gilt: Mit wachsender Entfernung vom Mittelmeer nach Osten oder Süden nehmen die mittleren Regenfälle ab und die Temperaturschwankungen im jahreszeitlichen Wechsel zu. In der mediterranen Klimazone (jährliche Niederschläge mehr als 300 mm) sind die Sommer heiß, während die Winter im Küstenbereich mild, im Bergland eher kalt sind. Ackerbau ist auf der Grundlage der jährlichen Niederschläge in diesem Bereich möglich (Regenfeldbau). Hier wachsen Bäume wie die Terebinthe (›Pistacia palaestina/atlantica‹), die Aleppokiefer (›Pinus halepensis‹), der Ölbaum (›Olea europae‹), die Taboreiche (›Quercus ithaburensis‹) und die Kermeseiche (›Quercus calliprinos‹). Heute werden an vielen Orten u. a. auch Zitrusfrüchte, Bananen und Wein angebaut. In Bereichen des Steppenklimas (150-300 mm jährlicher Niederschlag) ist Feldbau nur bei ausreichender künstlicher Bewässerung möglich. Diese Gebiete werden folglich auch hauptsächlich als Weideland genutzt. Gebiete mit kontinentalem Wüstenklima (jährlich weniger als 150 mm Niederschlag) besitzen eine saharo-sindinische bzw. sudano-dekkanische Vegetation. Die letztere umfasst die (Halb-)Oasen des Wüstengürtels, wo subtropisches bis tropisches Klima mit einer vielfältigen Vegetation (u. a. die Dattelpalme) anzutreffen ist. In den saharo-sindinischen Gebieten wachsen nur in der Regenzeit zahlreiche Pflanzenarten. In einigen Bereichen gibt es sogar noch ausreichend Gras, um dort saisonal Vieh weiden zu lassen.
8.3.2 Niederschläge und lokale Windverhältnisse Der Regen fällt in der winterlichen Jahreszeit; und zwar als Frühregen im (Oktober/)November, hauptsächlich jedoch in den Monaten Dezember, Januar und Februar. Der Spätregen wird im März (/April) erwartet. In den übrigen Monaten scheint fast durchgängig die Sonne. Auch in der Regenzeit ist der Himmel nicht immer bewölkt.
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8.3 Klima und Niederschlag
Innerhalb Palästinas variiert nicht nur die Menge des Regens sehr stark, sondern auch die Anzahl der maximalen Regentage in der jährlichen Abfolge. Fällt der Regen reichlich, dann grünt es selbst im südlichen Jordantal und im Wādī el‛Araba. In den Wadis rinnen Bäche, und das weite Hügel- und Bergland wird mit Gras und Blumen überzogen. Im Süden, wo Wadis riesige Einzugsgebiete haben, können diese auch zu gefährlichen Flussläufen anschwellen. Das generelle Problem ist die Unausgewogenheit der Regenmenge im Jahresdurchschnitt. So gibt es in Aqaba/Elat im Jahr durchschnittlich nur 3 Regentage mit insgesamt 6 mm Niederschlag. In Tel Aviv sind es 33 Regentage mit 444 mm und in Jerusalem 36 Regentage mit 576 mm Niederschlag. Im Vergleich dazu schneidet Potsdam mit 585 mm jährlicher Regenmenge eher unspektakulär ab. Diese ist allerdings auf 181 Tage verteilt. Regenreiche Gebiete in Deutschland, wie etwa Wuppertal, kommen hingegen auf 1112 mm Niederschlag – und dies verteilt auf 218 Tage! Ein nicht zu unterschätzender Teil des Niederschlags im palästinischen Bereich fällt als Tau. Dieser schlägt sich dann nieder, wenn Luftschichten und bodennahe Objekte (meist nachts) unter den Taupunkt abkühlen und der in der Luft enthaltene Wasserdampf am Erdboden kondensiert. Die westjordanischen Berglandregionen erhalten auf diese Weise zwischen 60 und 80 mm, in einzelnen Höhenlagen bis zu 100 mm Taufall pro Jahr. In Galiläa sind sogar bis 120 mm Tau möglich, wie auch in der Küstenebene südlich des Karmel. Der !Jahreskreis (S. 171) lässt sich aufgrund der Klimadaten in zwei Jahreszeiten einteilen: von Mitte Mai bis Mitte September trockene und heiße Sommer und von Mitte Oktober bis Mitte April eine kühlere Regenzeit (›Winter‹). Dazwischen liegen jeweils einige Wochen des Übergangs. Die Temperaturen im Bergland können während der Regenzeit gelegentlich auch unter Null Grad Celsius fallen. Sogar Schneefall ist möglich. Doch im Jordangraben und in den südlichen Regionen Palästinas herrschen – wie auch im Küstenstreifen aufgrund des nahen Mittelmeeres – selbst dann gemäßigtere, mildere Tagestemperaturen.
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Abb. 175: Regenzonen Palästinas.
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8. In welcher Umwelt lebten die Menschen?
Die lokalen Windverhältnisse werden durch die Temperaturdifferenzen zwischen der Mittelmeerregion und der zumeist Wüstenland umfassenden Landmasse im Osten bestimmt. Die Landgebiete erwärmen sich am Tag schneller, kühlen jedoch nachts mehr aus. Folglich wird es nachts über den Landmassen kühler. Dadurch ent-
Abb. 176: Vergleich der monatlichen Niederschlagsmengen an verschiedenen Orten Palästinas.
wickelt sich ein erhöhter atmosphärischer Druck und es entstehen ablandige Winde. Tags ist es umgekehrt. Vom Mittelmeer herkommend wehen dann kühlere Winde landwärts in Richtung Wüste. Letztere sind in der Regel stärker und dauerhafter.
8.3.3 Paläoklimatologie Die klimatischen Schwankungen in Palästina lassen sich seit dem mittleren Paläolithikum, im speziellen Fall etwa ab 85 000/75 000 vor heute in groben Zügen bestimmen 15. Dabei wird deutlich, dass in Epochen mit feuchtem Klima und guten Lebensbedingungen auch in kulturgeschichtlicher Hinsicht ganz besondere Entwicklungen möglich waren. In diesem Zusammenhang fallen zunächst die günstigen Lebensbedingungen im Neolithikum auf. Nach einer im Vergleich zu heute trockeneren epipaläolithischen Endphase (zwischen ca. 10 000-9000 v. Chr.) 16 stieg ab etwa 9000 v. Chr. der Anteil der Laubbäume (inkl. der Eichenbewaldung) stetig an. Dagegen gingen die an trockeneres Klima angepassten Staudenge15. Goldberg 1981, 55-66; 1984, 193-217; 1986, 225-244; 1995, 40-54 und Bar-Yosef/Kra 1994. – Eine gute Zusammenfassung zur vorneolithischen Zeit findet sich bei MacDonald 2001, 596 f., auf die sich diese Darstellung im Wesentlichen bezieht: Vor 85000/75000 Jahren war es demnach deutlich feuchter als heute, vor 75000-45000 Jahren arid wie heute, vor 40000-25000 Jahren relativ feucht, und vor 22000 Jahren wurde es dann wiederum trockener. 16. Goldberg/Bar-Yosef 1982, 399-414 und Goldberg, 1986, 241.
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8.3 Klima und Niederschlag
wächse zurück. Der Übergang zum Ackerbau, zur Viehzucht und zu permanent sesshafter Lebensweise vollzog sich im Neolithikum 17 unter wesentlich feuchteren Bedingungen, als wir sie heute in Palästina kennen. Selbst am Südende des Toten Meeres gab es um 5000 v. Chr. reichlich Baumbewuchs 18. Bei all dem ist zu berücksichtigen, dass menschlicher Einfluss, wie Abholzung und Überweidung, in einzelnen Bereichen stets auch starke Erosionen bewirken und ebenso zu klimatischen Veränderungen des Mikroklimas führen konnte. Mit dem Chalkolithikum (4500-3200 v. Chr.) 19 folgte vermutlich eine etwas trockenere Periode, die vom regenreichsten Zeitraum der letzten 6000 Jahre – der frühen Bronzezeit I-III (ca. 3200-2250 v. Chr.) – abgelöst wurde 20. Die reiche materielle Kultur der frühen Bronzezeit I-III ist nicht zuletzt auf diesem Hintergrund erklärbar. Der folgende Rückgang der urbanen Kultur Palästinas in der Frühbronzezeit IV/Mittelbronzezeit I fällt mit deutlich trockeneren 21, schließlich wechselhaften Bedingungen zusammen. Selbst im Verlauf der mittleren und der späten Bronzezeit (insbesondere von 1550-1200 v. Chr.) herrschte ein trockeneres Klima vor 22 – ebenso während der Eisenzeit I und II (1200-520 v. Chr.) 23. In der byzantinischen und frühislamischen Zeit scheint das Klima wieder vorteilhafter, deutlich feuchter gewesen zu sein 24. Dem entspricht, dass die Bevölkerungsdichte während der byzantinischen Zeit den höchsten Wert vor der modernen Bevölkerungsexplosion im 20. Jh. erreichte 25. Spätestens seit 1400 n. Chr. setzte sich wieder ein recht trockenes Klima durch 26 – eine Phase, der auch die moderne Zeit angehört.
17. Aus der Zeit zwischen 7500 und 4500 v. Chr. sind Daten eines deutlich feuchteren Klimas als heute bekannt: Bard/Arnold et al. 1987, 791-794 und Sauer 1996, 5254. – Zu klimatischen Schwankungen innerhalb des Neolithikums s. Kap. 9.1. 18. Frumkin/Magaritz et al. 1991, 191-200. 19. Henry 1985, 76. 20. Goldberg 1986, 240 f. und Frumkin/Carmi et al. 1994, 325-329. 21. Sauer 1994, 370 (ab 2200 v. Chr.). 22. Rosen 1995, 26-44 und Sauer 1996, 52-57. 23. Goodfriend 1990, 374-392 und Goldberg 1995, 47. 24. Goldberg 1986, 240 f. bezieht sich auf 250-1350 n. Chr. 25. Hier spielten sicher auch technologische, strategische und reichspolitische Gründe eine Rolle, nicht zuletzt das Pilgerwesen. 26. Sauer 1994, 378.
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Abb. 177: Granatapfelbaum.
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8.4 Flora und Fauna 8.4.1 Pflanzen
Abb. 178: Vegetationszonen Palästinas.
Die heute in Palästina anzutreffende Vegetation bietet mit ihrer großen Vielfalt zwischen Wüstenflora und mediterranen Pflanzengemeinschaften etwa 2500 bis 2800 Pflanzenarten Raum. Pflanzen hatten seit jeher eine enorme Bedeutung für das alltägliche Leben. Sie dienten Menschen als Nahrung und Tieren als Futter. Die Archäobotanik erforscht, was Bewohner von Siedlungen angebaut, in ihrer Umgebung gesammelt oder aus ihrem weiteren Umfeld herbeigebracht haben. Im Alten Testament liest man, welche Pflanzen mit besonders hoher Wertschätzung angesehen wurden. Die Mitteilung in Dtn 8, 7-9 führt in diesem Zusammenhang Getreidepflanzen, Wein, Feigen, Granatäpfel und Oliven auf und bezeichnet sie als sichtbare Zeichen für das gute Land, das Jahwe seinem Volk schenkte. Doch Pflanzen dienten auch als Werkmaterial. Man konnte mit einigen Arten Dächer decken, mit anderen Matten flechten, Werkzeuge herstellen oder Haushaltgegenstände und natürlich auch Schriftträger produzieren. Und schließlich darf das Holz als Baustoff und als Heizmittel nicht unerwähnt bleiben, außerdem spielte es auch im Bergbau und zum Betreiben von Töpfersowie Schmelzöfen eine bedeutende Rolle. Pflanzenreste oder aus Pflanzen hergestellte Artefakte sind nur unter besonders !vorteilhaften Bedingungen erhalten geblieben (Kap. 4.1). In Palästina ist vor allem damit zu rechnen, dass karbonisierte oder unter Luftabschluss (z. B. in verschlossenen Keramikbehältern) gelagerte biologische Makroreste aufgefunden werden können. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Thompson 1949; Anderson 1979; Balfour 1866; Borowski 1987; Hepper 1992; Hopf 1969, 355-359; Neumann-Gorsolke/Riede 2002; Ucko/Dimbleby 1969; United Bible Societies 21980; Walker 31959; Zohary 31995; Zohary/Feinbrun-Dothan 1966-1986 und Zohary/Hopf 1988.
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8.4 Flora und Fauna
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Abb. 179: Zedern des Libanon.
8.4.2 Paläopalynologie Die Paläopalynologie untersucht fossile Sporen sowie Pollen 27 und rekonstruiert daraus Vegetations- und Klimabedingungen zurückliegender Epochen. Darüber hinaus gibt sie auch Aufschlüsse über die Züchtungsgeschichte verschiedener Nutzpflanzen sowie ganz allgemein über die Ernährungsgewohnheiten der Menschen. Grundlagen: Ein Pollenkorn besteht (vereinfacht) aus drei Teilen, dem Zytoplasma mit Zellkern, einer wenig widerstandsfähigen inneren Wandschicht und einer extrem resistenten äußeren Wandschicht, auch Exine genannt. Die Exine kann weder durch starke Säuren oder Laugen noch durch Temperaturen bis etwa 300°C zerstört werden. Die Pollenanalyse baut letztlich auf den Wiedererkennungseffekt des komplizierten, für jede Pflanzenart charakteristischen Aufbaus der Exine. Anforderungen: Vorrangiges Ziel bei der Probenentnahme ist es, nicht durch frische Pollen kontaminiertes Material zu entnehmen. Außerdem sind Art und Ort der Ablagerung, die Entnahmeart und -tiefe aufzuzeichnen. Zur Entnahmezeit sollte rezenter Pollenflug möglichst ausgeschlossen sein. Der schwedische Geologe Lennart von Post (1884-1951) war der Pionier der Paläopalynologie. Er untersuchte Pollen im Torf vermoorter Seen und entdeckte deren Fähigkeit, die charakteristische Form ihrer äußeren Wandschicht über sehr lange Zeiten und trotz vielfältiger Umwelteinflüsse zu konservieren. Mit dem Mikroskop bestimmte er die Pflanzengattungen der erkannten Pollen und errechnete die Prozentanteile von Baum-, Busch- und Grasarten pro Sedimentschicht. Er folgerte, dass durch die Abfolge von Bewuchsmustern einer Landschaft eine relativchronologische Sequenz aufgestellt werden kann. 27. Zur Pollendatierung s. Kap. 7.3.6.
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Entstehung – Blüte der Pflanzen – Pollenflug - Ablagerung Sedimentbildung – Konservierung oder – Zerstörung Probenentnahme – Laboruntersuchung – Identifikation – Zählung der Pollen Interpretation im Vergleich mit der heutigen Flora Abb. 180: Zur Entstehung, Ablagerung und Interpretation von Pollen.
8. In welcher Umwelt lebten die Menschen?
Durchführung: Die mit dem Mikroskop bestimmten und ausgezählten Pollen werden in einem Pollenspektrum bzw. -diagramm aufgezeichnet. Doch finden Bäume, die vor ihrer Blüte bereits abgeholzt wurden, keine Berücksichtigung. Außerdem produzieren verschiedene Pflanzenarten unterschiedlich große Mengen an Pollen, sodass sie artenspezifisch als ›über-‹, ›real-‹ oder ›untervertreten‹ gekennzeichnet und entsprechend qualifiziert werden sollten. Weiterhin hatten vorherrschende Windrichtungen natürlich einen Einfluss auf die Verteilung von Pollen. Schließlich ist darauf zu achten, dass bestimmte Pollenarten üblicherweise nicht oder selten nachgewiesen werden können. Aus all dem ist deutlich zu erkennen, dass die Deutung von Pollendiagrammen sehr komplex sein kann. Zur besseren Beurteilung von fossilen Pollenspektren hinsichtlich des Verhältnisses zwischen den die Zeiten überdauernden und den möglicherweise nicht mehr nachweisbaren Pollenarten werden häufig Vergleichsproben aus oberflächennahen Erdschichten herangezogen. Die Pollenanalyse erlaubt Rückschlüsse z. B. auf: – Bewuchsmuster einer Landschaft (und damit Rückschlüsse auf Umweltbedingungen), – Temperaturverläufe (anhand wärmeliebender/kälteresistenter Pflanzen), – Niederschläge (anhand mehr oder weniger an feuchte oder aber wüstenartige Bedingungen angepasster Arten), – Eingriffe des Menschen in die Natur (z. B. durch den Nachweis von Getreidepollen), 28 – Ernährungsgewohnheiten/-möglichkeiten von Menschen und die geografische Ausbreitung des Anbaus von Kulturpflanzen, – relativchronologische Abfolgen der Klimaentwicklung (Kap. 7.3.6). Neben Pollen und Sporen können auch fossile, sporenbildende Bakterien und Pilze untersucht werden 29. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Frey/Kürschner 1991, 87-103; Greig 1989; Jacomet/Kreuz 1999; Liphschitz 1989, 269-277 und van Zeist/Wasylikowa/Behre 1991.
28. Viele Getreidearten sind selbstbestäubend und streuen daher nur wenig Pollen aus. 29. Vgl. dazu Höher in Kafafi/Vieweger 2001, 40-42.
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8.4.3 Tiere Die heutige Tierwelt Palästinas kennt knapp 100 Säugetierarten. Dazu zählen u. a. Großraubtiere wie Leopard, Wolf, Schakal und Hyäne. Zu den im Nahen Osten heimischen Reptilien gehören zahlreiche Schlangenarten sowie Eidechsen, Chamäleons und Meeresschildkröten. Einst gab es im Flussbereich des Jarkon und in den übrigen Küstenflüssen auch Nilpferde und Krokodile. Die Vogelwelt ist vielgestaltig. Zwischen 400 und 500 Arten sind hier nachzuweisen (u. a. Kuhreiher, Steppenadler, Wüstenfalke, Löffler, Bartgeier, Steppenkiebitz, Braunliest und Graureiher). Durch Palästina führen bedeutende Flugrouten von Zugvögeln auf dem Weg zwischen Eurasien und Afrika. Diese Zugstrecken werden im Frühjahr und Herbst von vielen Millionen Vögeln genutzt. Am Golf von Aqaba gibt es im Hafenbereich trotz starker Wasserverschmutzung an einigen Stellen noch Korallenriffe mit einer vielfältigen und farbenprächtigen Meeresfauna. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Keel/Küchler/Uehlinger 1984, 100-181; Moller-Christensen/Jorgensen 1969; Pangritz 1963; Ucko/Dimbleby 1969; Uerpman 1987; United Bible Societies 21980 und van der Velden 1985.
8.4.4 Archäozoologie Die Archäozoologie beschäftigt sich sowohl mit den von Tieren erhalten gebliebenen Resten (wie z. B. Knochen, Muschel- und Schneckenschalen sowie Fischschuppen) als auch mit aus tierischen Materialien hergestellten Produkten (z. B. Leder, Fell, Haar und Wolle). Neben der Entwicklung von Tierarten werden Themen wie Jagd (u. a. Methoden, Hilfsmittel; s. dazu auch Abb. 405), Domestikation (Motive, Zentren, Zeiträume) und die Verwendung von Tieren sowie von Tierprodukten in der menschlichen Gesellschaft (Wirtschaftsgeschichte, Ernährung) erforscht. Die Osteologie 30 (Lehre vom Bau der Knochen) untersucht aufgefundene Knochen vor dem Hintergrund ihrer archäologischen Kontexte (z. B. Funde in Wohnbereichen oder im rituellen Umfeld). Tierknochen werden anhand von Knochenatlanten 31 oder Vergleichssammlungen bestimmt. Gefragt wird nach Art, (und wenn möglich) Alter und Geschlecht sowie nach Wild- oder 30. Zu Menschenknochen s. Kap. 8.6.2. 31. Schmid 1972.
Abb. 181: Viren aus dem chalkolithischen Sāl.
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Abb. 182: Vogeljagd. Wandmalerei aus einem Grab in Theben West (Original BM).
domestizierten Tierarten, nach ihrer Haltung, nach Lebensräumen 32, Anomalien und pathologischen Besonderheiten. Ist genetisches Material (DNA) verfügbar, kann ein genetischer ›Fingerabdruck‹ und damit der Bezug zu heute existierenden bzw. bereits früher untersuchten Lebewesen hergestellt werden. Aus der Analyse ergibt sich nicht nur die Zuordnung der Lebewesen zu einzelnen Klassen. Es sind auch Rückschlüsse auf die evolutionäre Entwicklung dieser Klassen möglich 33. Palästina gehört zu den Regionen, in denen im Neolithikum Ziege, Schaf, Schwein und Rind domestiziert wurden. Das Schwein diente hauptsächlich als Fleischlieferant. Daher ist das Schlachten von Ferkeln oder Jungschweinen nicht ungewöhnlich. Der Verzehr von Schweinen ist archäologisch durch die gesamte alttestamentliche und auch in römischer Zeit belegt. Die geringe Futterverwertung in der Nahrungsmittelkette (schlechte Energieeffizienz) bewirkte allerdings, dass Schweine weit weniger gehalten wurden als Schafe und Ziegen. Warum in nachexilischer Zeit gemäß Lev 11, 7; Dtn 14, 8; Jes 65, 4; 66, 17 und anderer Äußerungen Schweinefleisch als unrein galt, ist ein vieldiskutiertes, letztlich aber ungelöstes Problem 34. Abb. 183: Ein Bär spielt die Laute (früharabische Kunst im Qaṣr ‛Amra).
32. Um die Lebensräume/Haltung der Tiere herauszufinden, werden deren Knochenreste vermessen und vergleichend ausgewertet. 33. Vgl. Kap. 7.3.7. 34. Vgl. die Hypothesen bei Harris 1985; Eder 1988 und Hübner 1989, 225-236.
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8.4 Flora und Fauna
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Begräbnisse von Tieren unterscheiden sich in Palästina (und darüber hinaus) in zweifacher Weise: Es kann sich um Begräbnisse von Tieren in einer eigenen Begräbnisstätte handeln, wie z. B. die ›Pferdebegräbnisse‹ in den sog. Hyksosgräbern von Gaza 35. Ähnlich verhält es sich mit den Hundegräbern von Aschkelon 36. Andererseits konnten Tiere auch während des Begräbnisses eines Menschen im Rahmen eines Trennungsritus 37 getötet und dem Grab beigegeben werden 38. Archäologische Funde von Zugtieren mit und ohne Wagen legen allgemein eine derartige Beigabenpraxis auch für nichtkönigliche, sicherlich aber sozial hochgestellte Menschen nahe. Diese Praxis wird durch mehrere Texte bestätigt 39.
Rinder, Ziegen und Schafe dienten auch anderen Zwecken: Neben Fleisch lieferten sie auch Milch, Leder und/oder Wolle. Sie wurden daher über eine längere Lebenszeit gehalten, ebenso wie die als Arbeitstiere benutzten Esel, Rinder, Pferde und Kamele. Archäozoologische Ergebnisse geben auch Auskunft über die Handwerkskunst in den verschiedenen Zeitepochen. Ein breites Spektrum handwerklicher Arbeiten verwandte z. B. Knochen als Werkstoff (inkl. Elfenbein und Geweih) 40. Dabei handelte es sich um die Herstellung von Ahlen, Pfriemen, Nadeln, Gewandnadeln, Schmuck und selbst von hochwertigen Kunstobjekten. Der Elfenbeinhandel eröffnet besondere archäologische Rückfragen zur Verwendung und Verbreitung von Prestigegütern. Gebrauchsspuren oder Fragmentierungen an Knochen können Informationen über die Art der Schlachtung und die Verwendung bzw. das postmortale Schicksal der Knochenablagerung geben. Die Rolle von Tieren in rituellen Zusammenhängen wird in kultischen Texten breit ausgeführt. Auf die vielfältigen !Opferarten (Kap. 8.7.3) kann in diesem Zusammenhang nicht eingegangen werden. Zwei literarische Beispiele aus unterschiedlichen geografischen Bereichen sollen hier traditionsgeschichtlich unabhängige, doch phänomenologisch ähnliche Bräuche darstellen: »Aaron soll seine beiden Hände auf den Kopf des lebenden Bockes legen und über ihm alle Sünden der Israeliten, alle ihre Frevel und alle ihre Fehler bekennen. Nachdem er sie so auf den Kopf des Bockes geladen hat, soll er 35. Bodenheimer 1972, 61 Taf. XVII. 36. Zum größten bisher entdeckten Friedhof der alten Welt mit Hundebestattungen s. Stager 1991, 27-42 und Wolff 1991, 520. 37. So van Gennep 1986, 158. 38. Vgl. hierzu u. a. Woolley 1931, 343-381; 1954 (Ur); de Mecquenem 1943, 3-161 (Susa); Moorey 1978, 106-110 (Kisch); Killick/Roaf 1979, 533-542 (Tell Maḍhūr); Postgate/Watson 1979, 165 (Tell Abū Qāsim); Mc Gibson1981 (Tell Razūk); Postgate 1981, 198 (‛Ūsīya) und 1984, 95-113 (Tell Abū Salabiḫ). Zusammenfassend Zarins 1986, 164-193. – Wiesner 1938, 135 f. 152. 159. 209, unterscheidet streng zwischen Tieren, die als Opfer für Bestattete verbrannt, und jenen, die als persönliche Gabe ins Grab mitgegeben wurden. 39. Foxvog 1980, 67-75. 40. Vgl. Genz 2003.
Abb. 184: Chalkolithische Elfenbeinstatuette aus Bi‛r es-Safadī (33 cm; Original IM).
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8. In welcher Umwelt lebten die Menschen? ihn durch einen bereitstehenden Mann in die Wüste treiben lassen« Lev 16, 21. »Bei Tagesanbruch aber treibe ich sie ins freie Feld … Daraufhin legen die Herren des Heerlagers ihre Hände auf die Widder und sprechen folgendermaßen dabei: ›Welche Gottheit diese tödliche Seuche bewirkt hat, siehe, jetzt stehen Widder (bereit) … So sei ihr nun das Fleisch der Menschen zuwider, und künftig sei (du) besänftigt durch diese Widder!‹« 41.
Tiere wurden auch in der Kunst – auf Flach- wie Reliefdarstellungen – abgebildet bzw. modelliert und in schriftlichen Quellen in verschiedenster Weise beschrieben. So sind Informationen über das Vorkommen von Tierarten, über ihr früheres Aussehen, aber auch über ihre Verwendung und Hochschätzung erhalten geblieben. Das Alte Testament benennt in unterschiedlichen Zusammenhängen die Tierwelt seiner Zeit, z. B. in Segenssprüchen (wie Dtn 33, 17), in Bildvergleichen (wie I Chr 12, 9), in weisheitlichen Reden (wie Hi 39, 5) und in Speisevorschriften (wie Dtn 14, 4-21): – »Sein erstgeborener Stier ist voll Herrlichkeit, und seine Hörner sind wie die Hörner wilder Stiere …« (Stammessegen über Joseph; Dtn 33, 17), – »… starke Helden und Kriegsleute … und ihr Angesicht war wie das der Löwen, und sie waren schnell wie die Rehe in den Bergen« (I Chr 12, 9), – »Wer hat dem Wildesel die Freiheit gegeben … ?« (Hi 39, 5), – »Das aber sind die Tiere, die ihr essen dürft: Rind, Schaf, Ziege, Hirsch, Reh, Damhirsch, Steinbock, Gämse, Auerochse und Antilope« (Dtn 14, 4 f.).
Im Alten Testament wird die Stellung des Tieres gegenüber dem Menschen als Teil der göttlichen Schöpfung hervorgehoben (Ps 104, 24-30; Koh 3, 18-21). Das Tier hatte in der Rechtspraxis einen dem Sklaven ähnlichen Rang. Ihm wurde selbst die Sabbat-Ruhe (Ex 23, 12) und ein Anteil an dem mit seiner Hilfe gedroschenen Getreide zugestanden (Dtn 25, 4). Selbst die Todesstrafe konnte über ein Tier verhängt werden (Ex 21, 28). In Zukunft, so hoffte man, werde ein von Gottes Geist erfüllter Herrscher endgültig gerechte Verhältnisse schaffen. Dann werde der Mensch auch im Frieden mit den gefährlichen Wildtieren leben (Jes 11, 6-8; 65, 25). Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Benecke 1994; Clutton-Brock 1981; Davis 1987; Herre/Röhrs 1990; Janowski/Neumann-Gorsolke/Gleßmer 1993; Janowski/Riede 1999; Reitz/ Wing 1999 und Uerpmann 1979.
41. Kümmel, 1987, 286 (TUAT II/1).
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8.5 Nutzung natürlicher Ressourcen
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8.5 Nutzung natürlicher Ressourcen 8.5.1 Landwirtschaft Palästina ist, aufs Ganze gesehen, ein karges Land – ein Gebirgsland mit nur wenigen fruchtbaren, für eine extensive Landwirtschaft geeigneten Ebenen. Daher barg die im Regenfeldbaugebiet betriebene Landwirtschaft, sieht man einmal vom Küstenstreifen und den unmittelbaren Flussniederungen ab, für die sesshaften Bauern grundsätzlich ein hohes Risiko in sich 42. Nicht allein die niederschlagsarmen Jahre machten ihnen zu schaffen, sondern vor allem die über Jahre andauernden Trockenzeiten. Die Zyklen von (extrem) regenarmen Perioden umfassten im 20. Jh. nicht selten 3 bis 5 Jahre. Das verdeutlicht die Brisanz des Problems. Nur die Flexibilität der Bauern in ihrer landwirtschaftlichen Tätigkeit konnte solche strukturellen Nachteile ausgleichen. In aller Regel war es in Palästina nur mit einer gemischten, weit gefächerten Landwirtschaft möglich zu überleben. So konnten Bauern z. B. in den Tallagen Getreide anbauen und ihren Nahrungsmittelbedarf durch Gemüseanbau in Wohnnähe ergänzen. An den Hanglagen pflanzten sie Ölbäume und Weinstöcke. Schaf- und Ziegenherden bildeten einen weiteren, nicht zu unterschätzenden Zuerwerb und einen wesentlichen Risikoausgleich 43. Aus diesen Überlegungen folgt, dass Landwirtschaft und Viehhaltung nicht zu trennen sind. In Gebieten am Rande der Ackerbaukultur, bei extrem langen Trockenzeiten und nach großen gesellschaftlichen Katastrophen (z. B. Epidemien und Kriegen) waren die Grenzen zwischen (halb-)nomadischer Lebensweise und sesshafter Ackerbaukultur mit angeschlossener Viehzucht fließend. Welch große Bedeutung die Verfügbarkeit von Wasser in den bäuerlichen Siedlungen Palästinas spielte, zeigt die beachtliche Anzahl der Ortslagen, die z. B. mit den Wörtern Bī‛r/B ‛ēr (Brunnen) oder ‛Ēn (Quelle) beginnen. Der programmatische Satz »Wasser ist Leben« erhält hier seine unmittelbare Legitimation. e
42. Zum Thema s. auch Kap. 3.2.1 (Abhängigkeit der Landwirtschaft von der Topografie) und 8.2 (von den Bodenarten). 43. W. S. Hopkins 1940 und D. C. Hopkins 1985.
Abb. 185: Terrakottagruppe einer (kultischen?) Ackerszene aus Vounos-Bellapais (Zypern). Dargestellt werden zwei Ochsengespanne mit je einem Pflüger, zwei Personen, die das Saatgetreide(?) halten und ein weiterer Mann mit einem einzelnen Tier, vgl. Stähler 2001, 48 f. (Original CM).
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Abb. 186: Getreidearten (der vierzeilige Weizen entspricht dem modernen Saatweizen).
Abb. 187: Ägyptische Darstellung vom Mahlen des Getreides (Original ÄMK).
8. In welcher Umwelt lebten die Menschen?
War allerdings nachfließendes (im biblischen Sprachgebrauch ›lebendiges‹) Wasser nicht verfügbar, mussten Vorkehrungen getroffen werden, Wasser am Ort zu speichern. Seit der Erfindung des Mörtels und der Verbreitung dieser Technik (in der mittleren/späten Bronzezeit) konnten fast überall im Hügel- und Bergland Zisternen angelegt werden, weil der üblicherweise anstehende poröse, wasserdurchlässige Kalkstein nun abgedichtet werden konnte. Mit dem Bau von Zisternen wurden vor allem die Lebensbedingungen von Mensch und Tier verbessert. Darüber hinaus erhöhten sich auch die Möglichkeiten des Gartenbaus erheblich. Auf den landwirtschaftlichen Nutzflächen wurde das Wasser flächendeckend über die lange Wachstumsperiode der Pflanzen benötigt. Der Bau von Terrassen quer zum Verlauf von Wadis und entlang der Höhenzüge von Berghängen und Hügeln begann daher schon während der frühen Bronzezeit 44. Während der Eisenzeit scheint die Terrassierung der palästinischen Bergländer bereits weit fortgeschritten gewesen zu sein. Die alttestamentlichen Quellen lassen außerdem auf einen begrenzten Fruchtwechsel (Jes 28, 24-29, vgl. Lev 19, 19; Dtn 22, 9; mit Brache nach Ex 23, 10 f. u. ö.) und auf verschiedene Praktiken organischer Düngung 45 schließen. Unter den verschiedenen landwirtschaftlichen Produkten (vgl. z. B. nach dem Geser-Kalender: Oliven, Flachs, Gerste, Weizen [Einkorn/Emmer/Dinkel], Wein, Obst – und darüber hinaus noch Erbsen, Kichererbsen, Granatäpfel, Datteln und Feigen) waren Wein und Olivenöl diejenigen Endprodukte, mit denen sich am ehesten eine Überschussproduktion erwirtschaften ließ und die noch dazu exportfähig waren. Die Wein- und Öllieferungen bildeten daher den Grundstock für den internationalen Handelsaustausch der palästinischen Staaten. Die ottomanischen Steuerberichte, die ausführlichen Darstellungen G. Dalmans und verschiedene ethnologische Studien des 20. Jh. ermöglichen recht gut begründete Rückschlüsse auf den traditionellen landwirtschaftlichen Jahreszyklus und die in der Landwirtschaft angewandten Methoden in Palästina 46. 44. Mabry 1989, 59-95 und Oleson 2001, 608. 45. Borowski 1987,145-148. 46. Dalman 1928a; 1928b; 1932; 1933; 1935; 1937; 1939; 1942; Hütteroth/Abdulfattah 1977; Rogan 1994, 32-57 und Palmer 2001, 621-629.
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8.5.2 Viehzucht Während die Viehzucht (Schaf, Ziege, Schwein, Kuh und Esel) Teil der Lebensgrundlage sesshafter Bauern war, bildete die (Klein-) Tierzucht die entscheidende Basis der Überlebensstrategie der Nomaden. Kamele kamen in bestimmten Gegenden seit dem Ende des 2. Jt. v. Chr. hinzu. Da in den von Nomaden bewohnten (meist Steppen-) 47 Gebieten – auf das gesamte Jahr gesehen – nie genug Wasser und Gras zur Verfügung stand, war für viele Gruppen ein Weidewechsel (Transhumanz) unvermeidlich. Die Herden wurden in der Regenzeit großenteils im Steppenbereich und nach der Getreideernte im Regenfeldbaugebiet der sesshaften Bevölkerung gehalten (vgl. die !Mari-Texte; S. 284).
Schafe und Ziegen wurden seit dem 7. Jt. v. Chr. domestiziert. Archäologische Evidenz für nomadische Lebensweise gibt es im östlichen Transjordanien seit dem 6. Jt. v. Chr. 48. In den von Sesshaften verfassten schriftlichen Quellen treten Nomaden oft als gefährliche Unruhestifter auf (vgl. die als Kamelnomaden bezeichneten Midianiter in Jdc 6). Sie bedienten sich ihrer aber auch wegen deren Ortskenntnis und angepassten Lebensweise – wie z. B. das Römische Reich und Byzanz entlang des Limes zum Schutz der Ostgrenze vor den Parthern. Auch ›Lawrence von Arabien‹ tat während des 1. Weltkrieges im Prinzip nichts anderes als die Römer. Mit Hilfe arabischer Nomadenstämme setzte er in Syrien/Palästina bei kriegerischen Auseinandersetzungen die Interessen der Großmacht Großbritannien geschickt und erfolgreich durch. Die Verbindung der Kamelnomaden mit dem Karawanenhandel ist an den Nabatäern gut zu veranschaulichen. Sie beherrschten die Karawanenstraßen zwischen Südarabien (und damit auch die dort aus Indien und Afrika ankommenden Warenströme) und Gaza – zuweilen auch große Teile Transjordaniens. 47. Wie in Abb. 175 dargestellt, Gebiete mit 150-300 mm Niederschlag. 48. Köhler/Rollefson 1992, 11-18; Betts 1993, 43-53 und Garrard/Byrd/Betts 1994, 73-109.
Abb. 188: ›Standarte von Ur‹, Frühdynastische Zeit (Ausschnitt; Original BM).
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Abb. 189: Beduinenzelt im Süden Jordaniens. Im Vordergrund ein Webstuhl zur Herstellung von Zeltstoffen.
8.5.3 Handwerk Mit Hilfe des Handwerks erlangten die Menschen die Möglichkeit, von der Natur gegebene Bodenschätze und alle erreichbaren pflanzlichen und tierischen Produkte zu verarbeiten und einer geeigneten Verwendung zuzuführen. Selbstverständlich waren die Fähigkeiten, Materialien wie Stein, Tonerde, Erz, Holz, Gräser, Stroh, Rinde, Wolle, Felle, Leder u. a. zu verarbeiten, in den einzelnen kulturellen Entwicklungsstufen Palästinas unterschiedlich stark ausgeprägt. Die meisten handwerklichen Tätigkeiten entstanden zunächst innerhalb der Haushalte oder der dörflichen Gemeinschaften 49. Dies bestätigen Werkzeugfunde wie Spinnwirtel, Nadeln, Ahlen, Bohrer, Beile, Äxte, Sägen und Schneidewerkzeuge, die im häuslichen Kontext aufgefunden wurden. Selbst das Metallhandwerk begann im Süden Palästinas in einer Art !›Haushaltsmetallurgie‹ (S. 234). Viele handwerkliche Techniken wurden über alle Zeiten hinweg auch weiterhin im familiären Kontext ausgeführt, wie z. B. das Spinnen, Nähen, Weben, Korbflechten sowie das Backen und Kochen. Andere Tätigkeiten legten eine gemeinschaftliche Nutzung von Installationen nahe, z. B. das Worfeln auf den Tennen, das Weinkeltern und das Ölpressen. Parallel zur familiär getragenen 49. Von einer Produktion fein geschliffener Schmuckringe aus Sandstein im präkeramischen Neolithikum (7. Jt. v. Chr.) in der Siedlung Ba‛ǧā II bei Petra berichten Gebel/Bienert 1997, 221-262. Solche Schmuckringe gelangten vermutlich bis ins 200 km entfernte Jericho.
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Arbeit wurden viele Tätigkeiten in städtischen Zentren und im Bereich der Königs- oder Tempelwirtschaft in Werkstätten und Küchen mit gesteigerter Quantität oder aber mit einer besonderen Qualität ausgeführt.
Abb. 190 und 191: Das Prinzip einer Ölmühle bzw. einer Ölpresse.
Beim Gerben und Walken, bei der Tischlerei, Töpferei und der Schmuckherstellung lag aufgrund der zu erwartenden Fertigkeiten und Fähigkeiten sowie der benötigten Arbeitsmittel die Spezialisierung einzelner Gruppen (z. B. Familien) auf ein entsprechendes Handwerk nahe. Ähnliches gilt für die Herstellung von Salben und das Sammeln von Heilkräutern. Einige herausgehobene handwerkliche Tätigkeiten wurden mehr oder weniger exklusiv von wenigen Fachleuten an einzelnen Orten, z. B. in herrschaftlichen oder religiösen Zentren ausgeübt, wie etwa das Kunsthandwerk der Gold- und Silberschmiede, die Elfenbeinschnitzerei und die Verarbeitung von Edelsteinen. Der im großen Stil betriebene Bergbau sowie die Bronze- und Eisenschmiedetechnik waren von ihren Finanz- und Organisationsvoraussetzungen her – sieht man einmal von ihren Anfängen ab – in Palästina nur als Stammes- oder (Stadt-)staatliches Monopol zu bewältigen. Gleiches gilt für die Kriegstechnik (Bewaffnung, technisches Gerät, Wehranlagen und Festungen). Selbst der israelitische Schiffbau lag in den Händen hochqualifizierter und erfahrener Handwerker, bei den Phöniziern. In Phönizien gab es dafür auch ausreichend geeigneten Wald als Rohstoffquelle 50. Mit Hilfe der Phönizier soll schon Salomo nach I Kön 9, 26-28 und 10, 11-12.22 Schifffahrt betrieben haben.
50. Der Reisebericht des Beamten Wenamun (nach seiner eigenen Datierung) aus dem 19. Regierungsjahr Ramses XI. (1099-1070/69 v. Chr.) berichtet vom Versuch, Zedernholz für die große, herrliche Barke des Amon-Re zu Theben aus Byblos zu holen. Vgl. Moers 1995, 912-921 (TUAT III/5).
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a. Quellen Die Nachrichten über handwerkliche Fähigkeiten und Fertigkeiten sind weit gestreut. Hauptsächliche Quellen sind archäologische Befunde und Funde (Werkstätten, handwerkliche Vorrichtungen wie Töpferöfen sowie Werkzeuge und insbesondere Artefakte). Außerdem sind Abbildungen und Kleinplastiken von großem Aussagewert. Assyrische Flachreliefs berichten u. a. vom Städte- und Palastbau, vom Kriegswesen, aber auch von der Schifffahrt und dem Transport einzelner Güter. Bemalungen und plastische Verzierungen auf Keramikgefäßen sowie figürliche Kompositionen zeigen aufschlussreiche Szenen. Gleiches gilt für ägyptische Bildmotive in Privatgräbern.
Abb. 192: Assyrisches Relief über die Eroberung von Lachisch durch Sanherib (705-681 v. Chr.). Vgl. Kap. 9.5.4 (Ausschnitt; Original BM).
Zur Rekonstruktion des frühen Handwerks lassen sich selbstverständlich auch schriftliche Quellen heranziehen. Das Alte Testament benennt z. B. die Produkte der Eisenschmiede (I Sam 17, 5 ff.; II Sam 12, 31; 22, 35; II Kön 6, 5), der Weber (Ez 27, 7.16) und der Schnitzer (Jes 44, 13) sowie die Gasse der Bäcker in Jerusalem (Jer 37, 21). Es kennt auch die Goldschmiede (Neh 3, 8) und die Salbenmischer (Ex 30, 35; I Sam 8, 13; Neh 3, 8). Die Arbeit des Töpfers mit der Töpferscheibe (Jer 18, 3 f.), den mit Laugensalz arbeitenden Schmied (Jes 1, 25) und die vielfältige Arbeit der Bauhandwerker (I Kön 6, 7-10; 7, 9; II Kön 12, 13; 21, 13; Jes 10, 15; 28, 17; Am 7, 7 u. a.) werden ebenfalls erwähnt. Im Königspalast von Ugarit verzeichnete man in einer längeren Aufstellung von Berufs- und Einwohnergruppen neben Brotbäckern und Töpfern auch Kupferschmiede und Schnitzer 51. Oft werden in den Aufzählungen glorreicher königlicher Taten (z. B. im Kyros-Zylin-
Abb. 193: Tonmodell eines eisenzeitlichen Streitwagens (Original CM). 51. Dietrich/Loretz 1983, 216 (TUAT I/3); vgl. KTU 4.126 (Keilschrifttafel aus dem West-Archiv des Königspalastes von Ugarit).
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der) 52 oder auch bei der Beschreibung von auferlegten Tributen (z. B. durch Salmanassar III. 53, Adad-narari III. 54 und Sanherib 55) die wertvollen handwerklichen Leistungen von Baumeistern, Gold-, Silber-, Bronze- und Eisenschmieden, Schnitzern und Leinewebern erwähnt.
b. Soziale Stellung Die Handwerker verfügten über ein verschieden reproduzierbares ›Know How‹ und besaßen daher in ihrer Gesellschaft ein unterschiedliches Renommee. Die spezialisierten und besonders befähigten Handwerker, wie etwa die Kunsthandwerker und Elfenbeinschnitzer, gehörten zum Hof des Königs (vgl. dazu I Kön 10, 16-21). Andere, wie z. B. der Kupferschmied Hiram, mussten vom König Salomo nach I Kön 7, 13 f. sogar aus dem Ausland angeworben werden. Demzufolge wurden bei Deportationen (vgl. II Kön 24, 14-16) neben der königlichen Familie und den hohen Beamten auch Handwerker mit in das Exil geführt: »Und er führte weg … alle Zimmerleute und Schmiede und ließ nichts übrig als geringes Volk des Landes«. Andere Gewerbe hatten einen geringeren sozialen Stand, im besonderen Maße die Walker (II Kön 18, 17; Jes 7, 3; 36, 2) 56 und Gerber, die wegen der Arbeit mit Tierexkrementen (und der damit unvermeidlichen Geruchsbelästigung) außerhalb der Städte angesiedelt waren. Das Walken wird schon in der 3. Dynastie von Ur (2048-1941 v. Chr.) bezeugt. Dabei wurde Wolle unter Zuhilfenahme einer Mischung aus Sesamöl und Schweinefett gestoßen und gerieben. Die Wollstoffe wurden dabei auch mit Ruten geschlagen oder in Trögen bzw. Gruben mit den Füßen getreten. Seifenwurzel und Urin (als Alkalilieferant) dienten als chemische Hilfsmittel.
52. Kyros’ II. (559-529 v. Chr.) Bauleistungen in und um Babylon zwischen 539 und 530 v. Chr.; Borger 1984d, 407-410 (TUAT I/4). 53. Salmanassar III. (858-824 v. Chr.) legte u. a. Jehu aus Israel Tribut auf (!Schwarzer Obelisk; Abb. 42 f.); Borger 1984a, 362 f. (TUAT I/4). 54. Adad-narari III. (810-782 v. Chr.) legte Mari vom »Eseltreiberland«, Joas, dem Samarier (d. h. dem König von Israel) u. a. Tribut auf (Tell er-Rimāḥ-Stele); Borger 1984b, 368 (TUAT I/4). 55. Vgl. den Tribut Hiskias von Juda (725/4-697/6 v. Chr.) an Sanherib (705-681 v. Chr.) im Jahr 701 (Prismenzylinder); Borger 1984c, 388-391 (TUAT I/4). 56. Die vom Kleidungsstück abhängige Bezahlung eines Walkers (1/5 des Gewandwertes) wird im Codex Eschnuna geregelt; Borger 1982, 34 (TUAT I/1).
Abb. 194: ›Red Polished‹Gefäß, Replik einer frühbronzezeitlichen Keramikgattung aus Zypern von Hanna Brückelmann/BAI Wuppertal.
Abb. 195: ›White Painted‹Gefäß, Replik einer frühbronzezeitlichen Keramikgattung aus Zypern von Hanna Brückelmann/BAI Wuppertal.
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Das landläufige Image der Handwerkergruppen bestand darin, dass »ohne sie keine Stadt besiedelt« würde und, »wo sie sich nicht niederlassen«, Hunger herrsche. Doch »zur Volksversammlung werden sie nicht hinzugezogen … und sie sitzen auf keinem Richterstuhl … weise Bildung offenbaren sie nicht …« (Sir 38, 24-34).
c. Technikgeschichte
Abb. 196: Experimente mit einem Keramikofen durch das BAI Wuppertal am Tell Zerā‛a (2006).
Die Technikgeschichte versucht auf der Basis archäologischer (Be-) Funde, textlicher Überlieferungen und ethnologischer Vergleiche die Verfahren zur Herstellung von Artefakten in der Prähistorie und der Antike zu ergründen. Als Begründer der Technikgeschichte gilt Johann Beckmann (1739-1811) durch seine »Beyträge zur Geschichte der Erfindungen« (Leipzig 1780-1804). Geradezu als revolutionär musste die Forderung seines Zeitgenossen August Ludwig von Schlözer (1769-1809) an die Historiker gelten, »die Balgereien der Spartaner mit den Messeniern, sowie die der Römer mit den Volskern« mögen sie nicht berühren, vielmehr »die Erfindung des Feuers und des Glases« 57. – Die experimentelle Archäologie vollzieht die technikgeschichtlichen Theorien nach und prüft diese auf ihre Plausibilität.
d. Keramikherstellung Keramikfunde sind archäologisch von besonderem Wert. Sie dienen nicht allein der Datierung oder der künstlerischen Wertschätzung, sondern geben darüber hinaus auch vielfältige Auskünfte über die technischen Fähigkeiten während der einzelnen kulturgeschichtlichen Epochen.
57. S. hierzu Schneider 1992, 17 f.
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Das Biblisch-Archäologische Institut Wuppertal (BAI; www. bainst.de) erforscht u. a. die Keramikherstellung in Palästina. Ziel ist es, ein Verständnis der technischen Abläufe zu gewinnen: Abbau und Aufarbeitung des Tons, inkl. seiner Magerung – Formgebung – handwerkliche und künstlerische Gestaltung – Oberflächenbearbeitung wie Slip, Engobe und Glanztonschlicker – Bemalung und/ oder Verzierung – Nachbau von Brennöfen – effektiver Brand [reduzierend, oxidierend] – Abkühlung – Nachbearbeitung. Dabei dienen petrologische Untersuchungen, physikalische und chemische Analysen sowie technische Experimente (experimentelle Archäologie) dazu, einen Vergleich zwischen prähistorisch und modern hergestellten Gefäßen durchzuführen. Neben den technischen Daten (Aufarbeitung, Bearbeitung des Tones, Abläufe des Brennprozesses u. a.) rücken auch Fragestellungen nach der Arbeitsorganisation, der Stellung der Geschlechter zueinander sowie zu religiösen Vorstel- Abb. 197: Brennofenbau durch das lungen in den Blickpunkt der Untersuchungen. BAI Wuppertal in Gadara (2006).
Lokal verfügbare Tone waren die wichtigsten Ausgangsprodukte für die am jeweiligen Ort arbeitenden Töpfer. Diese Tone und folglich auch die daraus hergestellten Keramikobjekte weisen häufig chemische oder mineralogische Besonderheiten auf, die für einen bestimmten Ort oder eine Region aufgrund der dort vorliegenden speziellen Geologie charakteristisch sind (auch geochemischer ›fingerprint‹ genannt). Untersucht man nun einzelne Keramikobjekte, die am Ort vorgefundenen Fehlbrände und außerdem die lokalen Tone, dann lassen sich chemisch und mineralogisch qualifizierte Referenzgruppen aufstellen, die in Datenbanken gespeichert und mit bereits vorliegenden Ergebnissen anderer Regionen verglichen werden können. Kennt man den geochemischen ›fingerprint‹ eines Objektes, dann kann man auf dessen Herkunft schließen (›Provenienz‹) und lokale Waren von regional hergestellten Produkten oder gar aus fernen Gebieten stammenden Importen unterscheiden. Dies ermöglicht Schlussfolgerungen über den jeweiligen handels-, wirtschafts- und sozialpolitischen Status einer Siedlungsgemeinschaft. Um eine Aussage über die mutmaßliche Brenntemperatur von Keramiken zu erhalten, werden zum einen die beim Brennen (besonders bei höheren Temperaturen) entstehenden Mineralphasen wie z. B. Gehlinit (> 820°C) und Diopsid (> 920°C) herangezogen, zum anderen können aber auch Nachbrennversuche von einem großen Teil der untersuchten Tonprodukte im Temperaturbereich von 500-1200°C (in Intervallen von 100°C) Klarheit über die Brenntemperaturen bringen.
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8. In welcher Umwelt lebten die Menschen?
Von entscheidender Bedeutung ist die Frage nach der Veränderung der Keramiken im Laufe der Zeitepochen. Wie verlief die sich über Jahrtausende erstreckende Entwicklung von bei relativ niedrigen Temperaturen gebrannten, dickwandigen Gefäßen zu hart gebrannten, dünnwandigen? Wie verändert sich dabei die durchaus nicht simple Herstellungstechnologie (Beschaffenheit und Aufarbeitung der eingesetzten Tone, Formgebung und Brennbedingungen) und welche Rückschlüsse können daraus auf den jeweiligen kulturgeschichtlichen Stand einer Siedlungsgemeinschaft pro Zeitepoche gezogen werden? Um Keramik und deren wichtigstes Ausgangsmaterial, den Ton, zu untersuchen, stehen eine ganze Reihe von naturwissenschaftlichen Methoden zur Verfügung. Die Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA) ist eine der am häufigsten eingesetzten Methoden, um die chemische Zusammensetzung zu ermitteln. Neben allen anderen Elementen lassen sich die für die Eigenschaften der Keramik besonders wichtigen Komponenten (Al2O3, SiO2, CaO/MgO) quantitativ bestimmen. Mit Hilfe des Lichtmikroskops (mit polarisiertem Licht) oder Rasterelektronenmikroskops kann die mineralische Zusammensetzung von Tonen und Keramiken ermittelt werden. Die Zunahme bestimmter mineralischer Phasen während des Brennprozesses lässt z. B. einen Rückschluss auf die vom Töpfer im Brennofen erreichte Temperatur zu. Aber auch Fragen nach dem Vorhandensein farbgebender Mineralien und von Magerungsmitteln, die die Porosität steigern, lassen sich erörtern.
e. Glasherstellung
Abb. 198: Glasperle vom Tell Zerā‛a (TZ 10358-001).
Die Glasindustrie gehört zu den herausgehobenen Industriezweigen während der Bronze- und Eisenzeit. Auf dem Tell Zerā‛a wurde nicht nur Rohglas verarbeitet, sondern auch Glas hergestellt. Von der großartigen Handwerkskunst während der vorklassischen Epochen zeugen u. a. eine weibliche Figurine (Abb. 199), ein zoomorpher Anhänger (Abb. 200), Plättchenperlen, quaderförmige Anhänger, Stäbchenperlen sowie eine enorm große Zahl an meist sphärischen Perlen. Die lokale Glasverarbeitung wird durch das aufgefundene Rohglas, durch amorphes und kugelförmiges Glasgranulat, eine halbfertige sphärische Perle ohne Loch sowie eine gewickelte Perle mit noch nicht entferntem Tonkern nachgewiesen. Auffällig ist auch die Vielzahl von aufgefundenen Keramikgefäßen, die als ›Industrie-‹ oder ›Glasschmelzgefäße‹ angesprochen werden. Zwei direkt nebeneinanderstehende, gut isolierte Öfen (Eisenzeit II) könnten möglicherweise für die Glasverarbeitung (zum Schmelzen und Abkühlen) verwendet worden sein. In unmittelbarer Nähe des Doppelofens befand sich eine elaborierte Arbeitsfläche aus Lehm.
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Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Landels 1979; Reith 21991 und Schneider 1992; Spezialthemen: Buschor 1962; Drenkhahn 1976; Eck 1988, 1-25; Klebs 1915; 1922; 1934; Mott 1997; Müller-Karpe 1988; Neumann 1987; Schneider 2000 und Schneider-Lengyel 1936.
8.5.4 Bodenschätze und ihre frühe Nutzung In der südlichen Levante gab es weder Gold noch Silber. Hier wurden im Wesentlichen Kupfer (bei Timna und Fēnān [dem biblischen Punon], südwestlich von Petra sowie im südlichen Sinai) und Eisen (bes. Muġāret el-Warde in Nordjordanien) abgebaut 58. In Dtn 8, 9 liest man, die Steine Palästinas enthielten Eisen und aus seinen Bergen werde Kupfererz gehauen. Die in Palästina geförderten Mengen nehmen sich – global gesehen – im Verhältnis zu anderen Bergwerkszentren 59 allerdings eher bescheiden aus. Der Schreiber von Hi 28, 1-11 besitzt nur eine gewisse Grundvorstellung vom Erzabbau 60, während in den prophetischen Schriften Jes 1, 22; Jer 6, 27-30 und Ez 22, 17-22 immerhin ein Grundverständnis vom Metallschmelzen als Allgemeinwissen vorausgesetzt wird 61. Die Erforschung der frühen Metallgewinnung vom Abbau der Erze in den Lagerstätten bis zur Produktion von Metall durch hüttentechnische Verfahren ist Aufgabe der Archäometallurgie 62. Im Wādī el-‛Araba befinden sich ursprünglich zusammengehörende, durch die tektonischen Verschiebungen getrennte Kupferlagerstätten 63, in denen schon seit früher Zeit Erze abgebaut wurden. Die Lagerstätten des Gebietes von Timna 64, 30 km
58. Nicht vergessen werden soll hier der Salzabbau am Toten Meer. 59. Vgl. dazu bes. die Rohstoffquellen im Zagros-Gebirge und auf Zypern sowie vielleicht im südlichen Sinai. – Mit Ausnahme der Phosphate ist der Bergbau in Palästina heute von keiner ökonomischen Relevanz. 60. Der in der Eisenzeit entwickelte Schachtabbau (bis ca. 70 m Tiefe) in Fēnān war eine enorme technische Neuerung, von der Hi 28,1-11 eher als ›technisches Wunder‹ denn als realienkundliches Faktum berichtet. 61. Vgl. auch Vieweger 1993a, 265-276. 62. Hauptmann 2000, 42.46 ff.189. 63. Vgl. hierzu Bender 1968 und The Geological Map of Israel 1:50.000, sheets 1-4, Jerusalem 1972. 64. S. dazu Rothenberg 1973; 1988; 1990, 1-77 und Conrad/Rothenberg 1980.
Abb. 199: Weibliche Glasfigurine vom Tell Zerā‛a (TZ 15318-001).
Abb. 200: Zoomorpher Anhänger aus Glas (Tell Zerā‛a 2011, Areal I).
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nördlich des Golfs von Aqaba/Elat, und von Fēnān 65, 80 km südlich des Toten Meeres, wurden unter Leitung von Benno Rothenberg (Timna) und Andreas Hauptmann (Fēnān: Lagerstätten, Bergbau, Verhüttung) sowie Thomas Levy (Fēnān: Metallwerkstatt der frühen Bronzezeit II) erforscht.
Abb. 201: Spätbronzezeitliches Silberamulett mit einer nackten Göttin (Tell Zerā‛a, Areal I).
Während die Erze von Fēnān im 8./7. Jt. v. Chr. zunächst für kosmetische Zwecke und zur Herstellung von Schmuck Verwendung fanden, gibt es erst im 5./4. Jt. v. Chr. Belege dafür, dass Erze verhüttet wurden. Zu dieser Zeit wurde Erz aus Fēnān bis in die Siedlungen des Beerscheba-Beckens transportiert, wo es im Schutze der Dorfgemeinschaften geschmolzen wurde (›Haushaltsmetallurgie‹) 66. Im Fēnān-Gebiet gibt es erst ab der Frühbronzezeit I Belege für eine lokale Kupferproduktion, allerdings noch immer in kleinem Maßstab. In der Frühbronzezeit II und III scheint dann die Kupferproduktion in Fēnān eine im Vorderen Orient überregionale Vorreiterrolle als industrielle Produktion eingenommen zu haben. Das ist durch die zahlreichen Schmelzplätze und die wohl größte bisher aufgefundene Metallwerkstatt in Ḫirbet Ḥamrā ‛Ifdān zu belegen.
Das Deutsche Bergbau-Museum in Bochum vermittelt einen umfassenden Einblick in den weltweiten Bergbau von vorgeschichtlicher Zeit bis heute. Die Besonderheit dieser Institution liegt in der Verbindung von Museum und leistungsfähigem Forschungsinstitut. – Das Institut für Archäometallurgie (Leitung Andreas Hauptmann; * 1950) wurde 1990 gegründet, um dem zunehmenden Interesse der Forschung an der Gewinnung und Verbreitung von Metallen in (prä-) historischer Zeit Rechnung zu tragen. Es verknüpft naturwissenschaftliche Methoden und kulturhistorische Fragestellungen, um die mit der Metallgewinnung, -verhüttung und dem Handel verbundenen ökonomischen, sozialen und technischen Zusammenhänge zu erkunden (HauptAbb. 202: Schmelzen von Erz. mann 2002, 240-243). Am !Tell Ḥuǧērat el-Ġuzlān bei Aqaba (Kap. 9.2.3) schmolz man im Chalkolithikum Kupfererzknollen aus Timna 67. Auch in der Frühbronzezeit II förderte und schmolz man in Timna etwas Erz. Der nach längerer Pause erst in der Spätbronzezeit wieder neu auflebende Bergbau von Fēnān erlangte im eisenzeitlichen Edom eine neue Blüte und führte, vergleichbar mit Timna, unter ägyptisch-midianitischer 68 Kontrolle zum Glanzpunkt der dortigen Kupfergewinnung. Auch die Römer haben
65. Hauptmann 1989; 2000; Levy/Shalev 1989, 350-375; Levy/Adams/Shafiq 1997, 293-308 und Levy/Adams et al. 2002, 425-437. 66. Hauptmann 2000, 189. 67. Khalil/Riederer 1988, 1-9. 68. Rothenberg 1966, 125 ff.
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etwa ab der Zeitenwende östlich und westlich des Wādī el‛Araba wieder Kupfer gefördert 69.
Die erste Beschreibung des Bergbaus in Fēnān stammt von Eusebius 70, der das schreckliche Los der während der Christenverfolgung hier zwangsweise arbeitenden Christen beschrieb. Zwangsarbeit im Bergwerk war eine der vielen harten Strafen in der Zeit der Christenverfolgung: Maximinus Daia verhängte sie 308 n. Chr. gegen den späteren Bischof Paphnutius, dem er zuvor ein Auge ausstechen und die Kniekehle durchtrennen ließ. Ins Bergwerk verbannt wurden im innerchristlichen Streit aber auch der Hl. Hippolyt (römischer Priester und erster Gegenpapst) und einer seiner Gegner, Papst Pontian. Beide starben 235 n. Chr. an den dort erlittenen Strapazen. Erzbischof Petrus von Alexandria ließ schließlich Bischof Melitius von Lykopolis (Oberägypten) zur Zwangsarbeit ins Bergwerk deportieren, weil dieser während der diokletiani- Abb. 203 und 204: Kupferschmelzofen aus schen Verfolgung um 305 n. Chr. in seine Zuständigkeit ein- Timna. – Metallurgische Untersuchungen des Bochumer Bergbaumuseums. gegriffen hatte.
Ein Trostbrief Cyprians aus dem Jahr 257 n. Chr. an die »Bekenner in den Bergwerken«: »Euer Ruhm, glückseligste und geliebteste Brüder, … gefesselt in den Bergwerken … wenn ihr zuerst grausam mit Knüppel geschlagen und schwer mißhandelt worden seid … auch Fußschellen haben sie euch angelegt … weder Bett noch Polster erquickt in den Bergwerken euren Körper … auf hartem Boden liegt der von der Arbeit erschöpfte Leib … ohne Bad starren die von Unsauberkeit und Schmutz entstellten Glieder … Brot gibt es dort nur wenig … den Frierenden fehlt es an Kleidung … wirr sträubt sich das Haar des halbgeschorenen Kopfes …« (Heilmann 1964, 94).
8.5.5 Handel Schon im Neolithikum wurden Waren über große Distanzen transportiert, wie z. B. die begehrten !Obsidiane oder auch Seemuscheln (vgl. S. 266). Spätestens gegen Ende des 4. Jt. v. Chr. ent69. Im Umkreis von Timna sind auch arabische Aktivitäten bekannt (Darb el-Ḥaǧǧ) – ebenso eine mamlukische Eisenschmelze (Rās en-Naqb). 70. Ausführlich zitiert bei Geerlings 1985, 159 f. Dort wird auch die Äußerung von Bischof Athanasius von Alexandria (295-373 n. Chr.) erwähnt, der von der Verbannung des Subdiakons Eutychios in ein Bergwerk berichtet, »und zwar nicht einfach in ein Bergwerk, sondern in das von Fenan, wo auch ein verurteilter Mörder nur wenige Tage leben kann« (ebenda 160).
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stand in den aufblühenden städtischen Zentren am Nil und im Zweistromland ein großes Interesse am Tausch produzierter Güter, am Kauf von Sklaven und am Import von Rohmaterialien (z. B. Holz aus dem Libanon 71, Asphalt und Salz vom Toten Meer sowie Kupfer aus Fēnān). Palästina, geographisch ein Durchgangsgebiet, wurde in der frühen Bronzezeit Teil des aufblühenden Fernhandels. Dieser wurde von Händlern getragen, die wohl zumeist im Dienste von lokalen Herrschern standen 72 und professionell den Weg von den Erzeugern oder Produzenten bis zu den Verbrauchern überbrückten. Bis in die erste Hälfte des 1. Jt. v. Chr. basierte der Handel auf dem Warentausch, wobei als Wertmesser und Verrechnungsbasis, potentiell auch als Zahlungsmittel, Edelmetalle wie Silber und Gold dienten. Zu Beginn des 2. Jt. v. Chr. reichten die assyrischen Handelsniederlassungen bis ins zentrale Anatolien (Kültepe). Ein wichtiges Zentrum der mittel- und spätbronzezeitlichen Warenströme war !Mari (S. 284). Zinn wurde von hier nicht nur nach Ḫattuša in Zentralanatolien, nach Ugarit und Byblos am Mittelmeer, sondern auch nach Lajisch (dem späteren Dan) und !Hazor (S. 284) in Nordpalästina versandt. Der Seehandel verband das östliche Mittelmeer bis hin nach Kreta und bis in die Ägäis. Byblos und Ugarit dominierten die syrisch-palästinische Handelsschifffahrt 73. Im 1. Jt. v. Chr. dominierten die phönizischen Händler sowohl den Seehandel als auch zu einem großen Teil den syrisch-palästinischen Fernhandel über Land. Folglich verweisen die biblischen Mitteilungen zu Davids Ankauf von Zedernholz in II Sam 5, 11 und I Chr 14, 1 auf Hiram von Tyrus. Er sandte auch Steinmetzen und Zimmerleute. Salomo soll nach I Kön 5, 15-32 diese Beziehungen noch ausgebaut haben: Auf seine Bitten ließ Hiram Zedernund Zypressenholz an die palästinische Mittelmeerküste flößen und große behauene Steinquader liefern. Salomo stellte einen großen Teil der Arbeitskräfte und lieferte im Gegenzug Weizen und Öl aus Juda und Israel (I Kön 5, 15-32; II Chr 1, 18-2, 15). Auch die israelitische Handelsschifffahrt wird als ›Joint Venture‹ mit Hiram von Tyrus dargestellt (I Kön 9, 26-28; 10, 11 f.22) 74.
71. Vgl. den Reisebericht des Wenamun: Moers 1995, 912-921 (TUAT III/5). 72. Vgl. hierzu z. B. die Vertragsdokumente aus Mari. 73. In der hellenistischen und römischen Epoche bis 106 n. Chr. konnten die Nabatäer den Handel mit Arabien dominieren. Sie verschifften ihre Waren über Gaza. 74. Weniger Erfolg sei Josaphats Unternehmung beschieden gewesen (I Kön 22,4850; II Chr 20,35-37).
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8.5 Nutzung natürlicher Ressourcen
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Ez 27, 12-25 zeichnet ein prächtiges Bild von der Handelsmacht Tyrus, wo Warenströme aus allen Richtungen zusammenkamen 75: aus Tarsis Silber, Eisen, Zinn und Blei, aus Kleinasien Sklaven, Kupferobjekte, Pferde und Maulesel, aus Rhodos Elfenbein und Ebenholz, aus Edom Malachit, Purpur, Textilien, Korallen und Rubine, aus Juda/Israel Weizen, Feigen, Honig, Öl und Harz, aus Damaskus Wein und Wolle, aus Wedan/Jawan Eisen, Zimt und Kalmus, aus Dedan Reitdecken, aus Arabien Kleinvieh, aus Saba/Ragma Balsam, Edelsteine und Gold, aus dem oberen Mesopotamien Gewänder, Purpur, Stoffe, Teppiche und Taue.
Ein königlich dominierter Fernhandel mit vertraglich abgesicherten Handelsniederlassungen auf dem Gebiet des Handelspartners wird für das 9. Jh. v. Chr. in I Kön 20, 34 zwischen Israel und Damaskus (Ahab und Benhadad) erwähnt. In den einzelnen Regionen Palästinas dominierte der Binnenhandel. Als regionale Handelspunkte dienten die Torbereiche der Städte (II Kön 7, 1). Hier wurden neben Lebensmitteln und Textilien alle für Handwerker und Bauern notwendigen oder erstrebenswerten Güter gehandelt.
Abb. 205: Zyprisches Schiffsmodell, Eisenzeit (Original CM).
Die wichtigsten auf den !Handelswegen (Kap. 3.2.2) eingesetzten Trag- und Beförderungstiere waren Esel und Maultiere. Im Fernhandel lösten gegen Ende des 2. Jt. v. Chr. Kamelkarawanen mehr und mehr die Eselskarawanen ab. Kamele waren schon deshalb den Eseln überlegen, weil sie bis zu 5 Tage ohne Wasser auskommen und bis zu 400 kg Last tragen können. Unter dieser Voraussetzung wurden im 1. Jt. v. Chr. auch Routen bis nach Südarabien erschlossen. Von Rindern gezogene Karren fanden erst mit den von den Römern erbauten Straßen einen geeigneten Untergrund für effektive Überlandtransporte. Das effektivste Verkehrsmittel im Fernhandel war aber zweifellos das !Handelsschiff (S. 73 f.). 75. Allerdings fehlen in dieser Liste ohne erkennbaren Grund Ägypten und Zypern.
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8. In welcher Umwelt lebten die Menschen?
8.6 Frühe Hominiden und (Kultur-) Anthropologie 8.6.1 Frühe Hominiden
Abb. 207: Mögliche Ausbreitung des ›Homo erectus‹.
Zur Ausbreitung der Menschen auf der Erde gibt es verschiedene Theorien. Hier wird von der nach heutigem Kenntnistand wahrscheinlichsten ausgegangen, wonach sich der ›Homo erectus‹ in Afrika aus dem ›Homo habilis‹ entwickelt habe. Als der ›Homo erectus‹ (er lebte vor ca. 1,5 Mio bis vor 400 000 Jahren im frühen und mittleren Pleistozän) von Afrika nach Eurasien aufbrach, überdeckten Gletscher und Eisdecken weite Bereiche Nordamerikas und Nordwest-Eurasiens. Der Meeresspiegel veränderte sich mehrmals im Verlauf von Kalt- und Warmperioden – folglich wechselte auch die Küstenlinie des Mittelmeeres 76.
Abb. 206: Alter und Gehirnvolumina der Hominiden.
76. Die ›Multi Regionality Theory‹ vertritt anders als die hier dargestellte Theorie die Vorstellung, die Evolution des ›Homo erectus‹ habe sich nicht ausschließlich in Afrika, sondern an verschiedenen Stellen der Erde parallel vollzogen.
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8.6 Frühe Hominiden und (Kultur-)Anthropologie
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El-‛Ubēdīye erlangte besondere Aufmerksamkeit, weil sich hier eine der frühesten Stationen der Gattung ›Homo erectus‹ auf dem Weg von Afrika nach Eurasien nachweisen lässt. Der ca. 1,4 Mio Jahre alte Fundplatz (frühes Acheulean) befindet sich 4 km südlich des Sees Genezaret und liegt damit im Bereich des palästinischen Grabenbruches, den schon im Pleistozän Tiere als Wanderroute zwischen Afrika und Eurasien benutzten. Die während der letzten 50 Jahre von O. Bar-Yosef und E. Tchernov erkundete Fundstelle besitzt innerhalb der Sedimentablagerungen mehr als 70 archäologische Horizonte.
Der ›Homo erectus‹ benutzte auf seinem Weg ›out of Africa‹ vermutlich unterschiedliche Wege, um nach Eurasien zu gelangen, von denen der Grabenbruch Palästinas einer der wichtigen Durchgangskorridore war. Davon legen die Ablagerungen in El-‛Ubēdīye noch heute beredtes Zeugnis ab 77. Der ›Homo sapiens sapiens‹ traf in Palästina auch auf den inzwischen ausgestorbenen ›Homo sapiens neandertalensis‹ 78. Beide Gruppen lebten dort eine Zeit lang gemeinsam. Pella liegt am Ostrand des Jordantales, etwa 30 km südlich des Sees Genezaret. Der ca. 10 km2 große Bereich (Wādī el-Ḥamme und Wādī Ǧirm el-Mōz) ist mit 500 000 Jahren ›semi-permanenter‹ Besiedlung der am längsten besiedelte Ort Palästinas. Durch eine tektonische Anhebung des sog. Ṭabaqā-Blocks hatte sich im Bereich um Pella eine stete Grundwasserzufuhr ergeben. Diese vom aktuellen Wettergeschehen unabhängige Verfügbarkeit von Wasser schützte die Menschen vor den Auswirkungen der sich über lange Zeiträume erstreckenden mehrfachen Klimaänderungen von Kalt- und Warmzeiten.
Damals vollzogen sich im Jordangraben tiefgreifende Veränderungen, was sich besonders an der Ausbreitung des !Lisan-Sees ablesen lässt (S. 209). Zu dieser Zeit gab es bereits mehrere von Menschen angelegte Lagerplätze am westlichen und östlichen Hang des Jordangrabens, wie z. B. in der Pellaregion 79. Die ältesten Relikte einer Reisighütte wurden ebenfalls im Jordangraben – in ‛Ohŏlō II (sprich: Ohalo) – aus der Zeit vor 19 000 Jahren 80 aufgefunden.
77. 78. 79. 80.
S. dazu Stekelis/Bar-Yosef/Schick 1969 und vgl. Tchernov 1988, 63-65. Ronen 1990, 3-17. Macumber 1992, 205-214 und Edwards/Macumber 1995, 1-14. Nadel/Werker 1999, 755-764.
Abb. 208: Das byzantinische Pella.
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8.6.2 Physische Anthropologie
Abb. 209: Darstellung eines weiblichen Körpers in der früharabischen Kunst, Wandmalerei aus Qaṣr ‛Amra.
Die archäologischen Fragestellungen innerhalb der physischen Anthropologie werden im Bereich der Paläoanthropologie und der (prä-)historischen Anthropologie behandelt. Während sich die Paläoanthropologie fossilen Hominiden-Funden mit dem Ziel zuwendet, die Evolution des Menschen zu ergründen, widmet sich die (prä-)historische Anthropologie menschlichen Wesen aus (vor-)geschichtlicher Zeit. Die angewandten Untersuchungsmethoden reichen von der Osteologie bis zur Erbgutuntersuchung und umfassen auch Fragen der Dentalanthropologie sowie der Epidemiologie. Werden Reste menschlicher Individuen aufgefunden (wie z. B. in Gräberfeldern, in Haus- oder Kultkomplexen), so bietet die physische Anthropologie ein großes Spektrum an Möglichkeiten, Aspekte des Lebens dieser Personen zu rekonstruieren. Als Quellen dienen insbesondere Skelett- und Knochenfunde, in einigen Fällen auch Mumien und Leichenbrandreste. Die Analyse solcher Funde kann Schlussfolgerungen über das Geschlecht, die Ernährung, das Sterbealter 81, die Konstitution und den Gesundheitszustand (evtl. Erkrankungen, Verletzungen und mögliche Behandlungen) ermöglichen. Auffälligkeiten – wie etwa Defekte am Schädel oder am übrigen Skelett – müssen u. a. daraufhin betrachtet werden, ob diese bereits zu Lebzeiten des Individuums auftraten oder gar zu dessen Tod haben führen können. Natürlich könnten sie auch von postmortalen Eingriffen herrühren oder mit der Ablagerung der Leiche im Erdboden in Verbindung stehen. Bei der Analyse von Gräberfeldern (Nekropolen) sind zunächst die Größe der Population und die Zahl der dort beerdigten Generationen zu erheben. Aus der Summe der individuellen Einzeldaten können Rückschlüsse auf die Zusammensetzung der bestatteten Bevölkerungsgruppe (im Sinne einer abgegrenzten Population) gezogen werden. Die ›Ethnohistorie‹ gewinnt aus den biologischen Daten Erkenntnisse zu deren Lebensbedingungen. Hier interessieren u. a. die Ernährungssituation, die Kindersterblichkeit und die allgemeinen Krankheitsbelastungen. Außerdem werden Erkenntnisse über die Struktur und die Entwicklung (›Dynamik‹) der Be-
81. Dabei wird das ›biologische Alter‹ ermittelt. Man versteht darunter das erreichte Wachstumsstadium im Entwicklungsablauf. Es entspricht bei einer durchschnittlichen Entwicklung des untersuchten Individuums unter den Angehörigen seiner Bevölkerungsgruppe dem ›chronologischen Alter‹ (Zeitspanne seit der Geburt).
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8.6 Frühe Hominiden und (Kultur-)Anthropologie
völkerung erwartet (Paläodemografie). Bei der Erstellung der sog. Sterbetafeln wird unter Berücksichtigung von Geschlecht und Altersstufe nach der Sterbewahrscheinlichkeit einer Person innerhalb ihrer jeweiligen Population gefragt 82.
8.6.3 Kulturanthropologie Seit langem ist in den angelsächsischen Ländern das Studium der Archäologie nicht nur mit der physischen Anthropologie verknüpft, sondern auch eng mit der Linguistik und der Kulturanthropologie. Die Kulturanthropologie umfasst dabei den gesamten Bereich der Völkerkunde, die Kulturbeschreibung (Ethnografie) sowie die Beschreibung und Erklärung von interessierenden Konstanten und Varianten (Ethnologie). Die Ethnoarchäologie ist ein Teil der Kulturanthropologie. Sie beabsichtigt, lebende Gesellschaften auf die ihnen innewohnenden Interpretationsmöglichkeiten für vergangene zu untersuchen. So versucht man z. B., die Herstellung und den Gebrauch von Artefakten zu beobachten und daraus Schlüsse für deren möglichen Gebrauch in der Vergangenheit zu ziehen 83. Die kulturanthropologische Dimension der Archäologie ist unübersehbar 84. Auf der Basis des Diffusionismus 85, Funktionalismus 86, Strukturalismus 87 u. a. Theorien werden ›Angebote‹ gemacht, archäologische Befunde innerhalb übergreifender Zusammenhänge sinnvoll zu interpretieren. Manfred K. H. Eggert 88 vergleicht die archäologischen Quellen mit der Spitze eines Eisbergs, »über dessen wahre Dimension und Struktur das Eis oberhalb der Wasserlinie keinen Aufschluß bietet«. Folglich ist das Erforschen der »unterhalb des Wasserspiegels« liegenden Struktur des Eisberges eine anspruchsvolle Aufgabe.
82. (Prä-)historische Populationen lassen sich durch die Häufigkeit bestimmter Merkmalskombinationen voneinander unterscheiden. 83. Vgl. hierzu Tylor 1871; Veit 1995, 137-143 und Peoples/Bailey 42000. 84. S. hierzu bes. Eggert 2001, 14 ff. 308-352, bes. 322-330; Veit 1990 und 1995. 85. Wie breiten sich Kulturelemente aus? Wie werden sie übernommen? – Der Diffusionismus führt Ähnlichkeiten zwischen Kulturen auf gemeinsame Ausbreitungszentren (›Diffusionszentren‹) zurück. 86. Der Funktionalismus geht von der Voraussetzung aus, dass soziale und gesellschaftliche Erscheinungen und deren Entwicklungen weitgehend aus naturgesetzlichen Bedingungen abzuleiten sind wie auch tierische und pflanzliche Organismen Naturgesetzen unterliegen. 87. Versucht wird, Sprachsysteme, soziale Ordnungen und Religionen von Gruppen und Völkern auf kleinste, zu allen Zeiten gemeinsame Strukturen zurückzuführen. 88. S. hierzu Eggert 2001, 327 f. und weiterhin 350-352.
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Im archäologisch relevanten Umfeld der Kulturanthropologie werden alle in der Vergangenheit erkennbaren kulturellen Phänomene und Prozesse in Gesellschaften unter Berücksichtigung der dort herrschenden sozialen, geschlechtsspezifischen, zeitlichen und lokalen Beziehungen analysiert und verglichen. ›Kultur‹ wird hier mit !Sir Edward Burnett Tylor (S. 30) im weitesten ethnografischen Sinn aufgefasst: »Culture … is that complex whole which includes knowledge, belief, art, morals, law, custom, and any other capabilities and habits acquired by man as a member of society« 89.
Ethnologische Untersuchungen erweitern zwar generell den Horizont für die Interpretationsvielfalt nachgewiesener Befunde 90. Es scheint aber zweifelhaft, archäologische Befunde allein »mit Hilfe von Beispielen aus dem ethnologischen Bereich einer konkreten Deutung näher zu bringen, … so lange nur Interpretationsmöglichkeiten aufgezeigt werden, ohne dass man der Antwort näherkommt, ob diese im vorliegenden Fall tatsächlich zutreffen oder nicht« 91. Gleiche Phänomene können unterschiedliche, ja sogar gegensätzliche Ursachen haben: »… one group cremates its chiefs and the other cremates its criminals …« 92. Deshalb kommt es entscheidend darauf an, die theoretischen Grundlagen und die daraus folgenden Methoden so zu entwickeln, dass ethnologische Vergleiche auf der Grundlage von begründbaren Analogien in Bezug zum erklärten Phänomen zu bringen sind. Es erscheint einsichtig, dass solche »Erkenntnisverfahren nur auf der Grundlage des Analogieschlusses zu realisieren sind. An Stelle sog. ›historischer Wahrheiten‹ setzt das analogische Deuten ein Spektrum von Interpretationsmöglichkeiten voraus, dessen Eingrenzung auf der Basis von Plausibilitätserwägungen erfolgen muß« 93.
8.7 Religion Die geistige Umwelt der Menschen Palästinas spiegelt sich zu einem wesentlichen Teil in ihren religiösen Überzeugungen und Handlungen wider. Die Religion durchdrang die Gesellschaft in umfassender Weise. Herbert Niehr 94 spricht in diesem Sinne von Religion als »selbständigem gesellschaftlichen Segment«.
89. 90. 91. 92. 93. 94.
Tylor 1871. Ucko 1969, 262 und Tainter 1978, 109. Meisenheimer 1989, 4 Anm. 13. Binford 1971, 16. Eggert 2001, 327 f. Niehr 1998,13,
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8.7 Religion
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Doch woran glaubten die Menschen in Palästina durch die Jahrtausende? Die Vorstellung, die irdische Welt werde von einer göttlichen umgeben und durchwirkt, scheint jedenfalls eine der grundlegenden Überzeugungen im Vorderen Orient gewesen zu sein. Wirklich fassbar wird diese Idee aber erst dort, wo genügend Quellen vorliegen, um die Vorstellungen von der göttlichen Welt, von Göttern und Göttinnen und von ihrem Handeln einigermaßen sicher erschließen zu können.
8.7.1 Quellen Im Wesentlichen bieten sich folgende Quellen an: – Befunde, wie z. B. Tempel, unüberbaute Kultstätten (hebr. bāmōt) und Kulteinbauten sowie im Kult verwendete Gegenstände (u. a. anthropomorphe Tonmasken, Lebermodelle, Votivgefäße, Kernoi, Rhyta), Priesterhäuser u. ä. 95, – bildliche Wiedergaben kultischer oder religiöser Handlungen sowie – Darstellungen von Göttern und Göttinnen in bildlicher und plastischer Form, als Halbreliefs oder als anikonische Objekte und – Texte, insbesondere mythologischen und kultischen Inhaltes, außerdem religiöse Anschauungen im Rechts- und Alltagsleben, theophore Personennamen 96 sowie Mitteilungen über die Tempelwirtschaft.
Abb. 210: Früheisenzeitliches ›Götterhaus‹ vom Tell Zerā‛a – ein Bestandteil des familiären Hauskultes.
Ebla erlebte seine Blüte von der Mitte des 3. Jt. v. Chr. bis zur Eroberung zur Zeit Sargons (durch ihn?; 2235-2180 v. Chr.). Im Schutt des dabei zerstörten Palastes G von Ebla (s. zur Chronologie S. 177 f. 464507) entdeckte man seit 1974 mehrere Archive mit insgesamt etwa 15 000 Tontafeln, abgefasst auf ›Eblaitisch‹, einer nordsemitischen Sprache. Die Tafeln beinhalten diplomatische Dokumente (königliche Korrespondenz, Staatsverträge u. a.), allgemeine Verwaltungstexte (Volkszählungen, Steuerabgaben) sowie Mitteilungen über die Verwaltung der Provinzen und des Palastes (Hofhaltung, Löhne des Personals u. a.). Die Kultur Eblas war stark von Sumer und Akkad geprägt, was sich in ihrer Schriftsprache dokumentiert. Man verehrte hier die Götter der frühen semitischen Stadtstaaten Babyloniens: Dagan und Reschef sowie die Göttinnen Ischtar und Aschirat.
95. Bei der Beschreibung des Totenkultes stehen die Anlage von !Nekropolen (Kap. 4.2.2) sowie die Bei- und Mitgabensitte im Mittelpunkt. 96. Personennamen, die einen Bezug zu einer Gottheit beinhalten, z. B. in der Endung -ja oder -jahu für den israelitischen Gott Jahwe. Vgl. auch den mit El konstruierten Namen Isra-el.
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Für das syrisch-palästinische Umfeld sind die Texte aus Ebla (um 2300 v. Chr.), !Mari (18. Jh. v. Chr.; S. 284) und !Ugarit (Ende des 15. Jh. bis um 1200 v. Chr.; S. 254) von besonderer Bedeutung. Außerdem sind Informationen aus den !Amarnabriefen (14. Jh. v. Chr.; S. 285), aus einer größeren Anzahl von akkadischen Texten und verschiedensprachigen Inschriften (KAI 31971-1976) sowie insbesondere aus dem Alten Testament zu gewinnen.
8.7.2 Hauskulte, offene Kultplätze und Tempel
Abb. 211: Chalkolithisches Basaltidol aus Ḫirbet ezZeraqōn.
Abb. 212: Chalkolithische Stierfigur aus Nordwestjordanien, vermutlich aus Sāl.
Claire Epstein beschrieb bereits Hauskulte aus der chalkolithischen Zeit (4500-3200 v. Chr.) anhand basaltener Idole auf dem Golan, im Bereich um den Ḥūle-See und südlich des Jarmuk (Abb. 211) 97. Da die Idole mehrfach ›in situ‹ in Wohnhäusern aufgefunden wurden, werden sie allgemein dem häuslichen/familiären Kult zugeordnet. Einige Idole wurden nahe einer Hauswand entdeckt. Der Fundkontext ließ dabei die Schlussfolgerung zu, die Figuren seien von einem niedrigen Regal auf den späteren Fundort herabgestürzt. C. Epstein geht von einer fruchtbarkeitsspendenden Funktion der Idole aus, die für ihre Besitzer, Tierzüchter und Ackerbauern, von größter Wichtigkeit war 98. M. Ibrahim und S. Mittmann verdeutlichten die Kombination von Idol und Opferständer an einem Aufsehen erregenden Fund aus Sāl (?) – einem Quadruped mit Auflage (Abb. 212) 99. Einige der mehrfarbigen Wandmalereien von Telēlāt Ġassūl können vielleicht ebenso auf Hauskulte bezogen werden 100. Der häusliche/familiäre Kult lässt sich seit dem Chalkolithikum durch die Jahrtausende hindurch in vielen variierenden Formen nachweisen. Kultstätten außerhalb normaler Wohngebäude gruppieren sich oft um heilige Orte, an denen Gottheiten permanent, periodisch oder zu gegebenen Anlässen gegenwärtig waren. Die Kultstätten können in offene, d. h. unüberbaute Kultplätze und Anlagen mit
97. Die Ausweitung bis zum Irbid-Ramtha-Becken basiert auf Funden von S. Mittmann (Mittmann, im Druck) sowie Z. Kafafi und D. Vieweger (Kafafi/Vieweger 2000, 173-191 und 2001, 5-46) in und um das chalkolithische Megadorf Sāl, nahe der modernen ostjordanischen Stadt Irbid. 98. Epstein 1985, 53-62;1988, 205-212 und 1998. 99. Ibrahim/Mittmann 1998, 101-105. 100. Mallon/Koeppel/Neuville 1934 sowie Koeppel/Senès et al. 1940. – Zu Scha’ar Hagolan s. Kap. 9.1.3.
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Tempelhäusern unterteilt werden. Allesamt sind sie Orte besonderer Heiligkeit. Offene Kultplätze mit Kultpfählen, Stelen o. ä. befanden sich z. B. an Wasserquellen, Brunnen, heiligen Bäumen/Hainen, auf Höhen oder Berggipfeln. Sie besaßen häufig Altäre und auch Bauten für Opfergeräte oder Kultmahlzeiten (vgl. I Sam 9, 22-24). Umgeben wurden sie in aller Regel von einer Temenosmauer, die den Bereich des Heiligen von der profanen Umwelt abgrenzte und unbedachte Annäherungen an den heiligen Ort zu unterbinden versuchte: »Gott sprach: Tritt nicht herzu, zieh deine Schuhe von deinen Füßen; denn der Ort, auf dem du stehst, ist heiliges Land!« (Ex 3, 5). Es gibt nur wenige architektonische Relikte an offenen Kultplätzen. Daher ist ihr archäologischer Nachweis oft recht schwierig. Als frühe Beispiele für offene Kultstätten in Palästina werden meist die mittelbronzezeitlichen Kultplätze von Nahariyya 101 und Bet-Schemesch aufgeführt. An letzterem haben halbnomadische Gruppen offenbar im Zuge des Weidewechsels Opfergaben dargebracht 102. In Areal F der spätbronzezeitlichen Unterstadt von !Hazor (Strata 1b und 1a; S. 288 f.) wurde das ehemalige Heiligtum inmitten der bebauten Stadt als Kultort ohne Tempel weitergeführt. Auch der unweit davon gelegene Orthostatentempel in Areal H (Stratum 2) war mit einem !offenen Kultplatz verbunden (S. 288 f.).
Abb. 213: Spätbronzezeitliches Heiligtum auf dem Tell Zerā‛a (mit Allerheiligstem, Heiligtum und Vorhof mit elaboriertem Brandopferaltar).
101. Ben-Tor 1950, 1-41 und Dothan 1981, 74-81. 102. Epstein 1972, 157 und Bahat 1975, 64-67.
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Abb. 214: Rekonstruktion des spätbronzezeitlichen Heiligtums vom Tell Zerā‛a.
8. In welcher Umwelt lebten die Menschen? Das Alte Testament kennt zahlreiche offene Kultstätten (hebr. bāmōt). Hier eine Auswahl: In I Sam 9 wird ein Opferfest in Rama beschrieben, bei dem Samuel das Schlachtopfer vor dem Essen für die etwa 30 geladenen Gäste segnete (I Sam 9, 13) und ein Koch oder Schlachter für die Zubereitung der Mahlzeit verantwortlich war. Im Fortgang der Erzählung wird von einer Kulthöhe in Gibea berichtet (I Sam 10, 5), von der eine Prophetengruppe in Ekstase heimkehrte. In Bet-El richtete Jerobeam I. (926/5-907/6 v. Chr.) eine offene Kultstätte ein und bestellte dort auch Priester (I Kön 12, 31 ff.; 13, 2.33). In Gibeon verkehrten und opferten die Könige David (I Chr 16, 39; 21, 29) und Salomo (I Kön 3, 4; II Chr 1, 3.13). Neben Tieropfern wurden an solchen Kultorten auch Rauch- (I Kön 3, 3; Hos 2, 15; Ez 20, 28) und Trankopfer (Libation; Ez 20, 28) dargebracht. Hosea prangert Sexualriten an den Kulthöhen an (Hos 4, 13; vgl. auch Ez 16, 16). Der Besuch von Kultstätten außerhalb Jerusalems, die Jahwe geweiht waren, war bis zur Josianischen Reform (622/1 v. Chr.; II Kön 22 f.; II Chr 34) in Juda legitim.
Die bauliche Konzeption der Tempel Palästinas manifestierte sich zunächst in Breitraumhäusern, einer Form der Hausarchitektur, wie sie spätestens in der Frühbronzezeit allgemein für Wohnhäuser und öffentliche Gebäude und selbst in Nekropolen Verwendung fand. Dass diese Idee schon auf eine längere Tradition zurückgreifen konnte, zeigen eindrücklich die chalkolithischen Tempelanlagen aus Telēlāt Ġassūl 103, Gilat 104 und !En Gedi (S. 273 f.). Im frühbronzezeitlichen !Arad (S. 280 f.) wurden zwei Doppeltempel aufgefunden, ein weiterer in Megiddo (Stratum XIX) 105. Offenbar wurden hier Götterpaare verehrt. Neben dem in Stratum XVII errichteten Breitraumtempel ›4040‹ in Megiddo 106 – der als Antentempel 107 zwei nach vorn herausragende Seitenwände und ein durch zwei Säulen gestütztes, vorspringendes Dach besaß – sind weitere Breitraumtempel aus Ai, Bāb eḏ-Ḏrā‛, Jericho sowie vielen anderen Orten bekannt.
103. 104. 105. 106.
Mallon/Koeppel/Neuville 1934 und Koeppel/Senès et al. 1940. Strata III und II. Levy/Alon 1993, 514-517. Loud 1948, 61-63. Loud 1948, 78. – In Stratum XV gab es zwei weitere Antentempel, bekannt unter den Gebäudenummern ›5192‹ und ›5269‹. Vgl. Weippert 1988, 164 f. 107. Der Bautyp des Antentempels wurde aus Mesopotamien übernommen.
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Im frühbronzezeitlichen H irbet ez-Zeraqōn – von 1984-1994 durch ˘ S. Mittmann und M. Ibrahim erforscht – fand sich zwischen dem Palast und der Stadtmauer das umfriedete Temenos. Rings um den Hof wurden vier Breitraumhäuser und ein rundes Podium 108 angeordnet. Aus der dominierenden Nord-Süd bzw. Ost-West Ausrichtung schert nur das große Hallengebäude (›Versammlungsgebäude‹) auf der Nordseite aus. Dem architektonischen Kanon eines Tempels jener Zeit entsprechen die Gebäude auf der Ost- und der Südseite. An der Südseite erhob sich der insgesamt 10,5 10 m große Haupttempel vom Antentyp (Cella mit Vorhalle). Den Fuß der Wände säumten Depositbänke. Eine gemauerte Türschwelle führte in die Vorhalle. Ein kleinerer Tempel desselben Typs flankiert den Hof quer zum größeren und befindet sich fast in Eckberührung mit ihm. Im Mittelpunkt des Kultes stand das blutige Feueropfer auf dem im Durchmesser ca. 6,5 m großen Rundaltar. Er ist noch bis zu 1 m Höhe erhalten. An seiner Ostseite führen vier Stufen empor. Dass diese Plattform als Brandopferaltar diente, belegt die große Asche- und Knochendeponie in einem älteren Breitraumgebäude westlich des Altars.
Breitraumtempel wurden noch durch die gesamte Mittelbronzezeit benutzt, wie der in der Unterstadt Hazors gelegene sog. !Orthostatentempel zeigt (Areal H, Stratum 3; 17./16. Jh. v. Chr., S. 288-290). Doch bereits in der mittleren Bronzezeit II kam ein
Abb. 215 (rechts oben): Der Plan des Heiligtums von Ḫirbet ez-Zeraqōn (Oberstadt). Abb. 216 (links unten): Eine in dieser frühbronzezeitlichen Stadt aufgefundene Kompositfigur (Opferszene).
Abb. 217: Ḫirbet ez-Zeraqōn.
108. Vgl. auch die ähnliche Anlage in Megiddo, Stratum XVIII, dort ca. 1 m hoch und oval mit einer Ausdehnung von 10 7,70 m.
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neuer Tempeltyp in Gebrauch, der !Langhaustempel. In seiner normalen Form bestand er aus einem langgestreckten Innenraum, der seinen Eingang auf einer der schmalen Seiten hatte (vgl. zu Hazor [Areal H] S. 288). Dieser Bautyp wurde in der Spätbronzezeit zur gebräuchlichen Tempelform Palästinas. Im Zeitraum von der mittleren bis zur späten Bronzezeit ist allerdings eine Tendenz zur Untergliederung des Tempelinnenraums zu erkennen. Dabei werden z. B. Podien an der hinteren Tempelwand eingebaut und Kultnischen eingefügt. Schließlich entstanden mehrräumige Langhaustempel. H. Weippert 109 sieht in dieser bautechnischen Untergliederung kultische und theologische Gründe. Die Götter seien damals für die Menschen ›in die Ferne‹ gerückt. Man stellte sie sich fortan möglicherweise sogar transzendent vor. Daher habe sich der Ablauf der Riten komplizierter und der Aufgabenbereich der Priester umfangreicher gestaltet. Man mag hinzufügen, dass bei einer Transzendentalisierung von Gottheiten auch das Bedürfnis wuchs, sich gegenüber einer unbedachten oder unberechtigten Annäherung an das Heilige (insbesondere an das Allerheiligste) zu schützen. Dadurch musste nicht nur zwischen dem Kultpersonal und übrigen -teilnehmern, sondern auch zwischen den verschiedenen Priesterrängen genau unterschieden und geregelt werden, wer in welcher Funktion sich wann und wie weit dem Allerheiligsten des Tempels nähern durfte.
Im Orthostatentempel von Hazor (Areal H, Stratum 2, 15. Jh. v. Chr., S. 288-290) wurde das dreigliedrige Tempelkonzept erstmals durchgeführt. Der Salomonische Tempel in Jerusalem schloss an diese dreigliedrige Langhauskonzeption an. Nach I Kön 5, 15 ff. wurde er während des 10. Jh. v. Chr. mit maßgeblicher Unterstützung des Königs Hiram von Tyrus erbaut und nach I Kön 7, 13 ff. unter Federführung des aus Phönizien verpflichteten Bronzeschmiedes Hiram mit metallenen Objekten ausgestattet. Abb. 218: Der Tempel von Jerusalem.
Der Jerusalemer Tempel wird in I Kön 6 ff. und II Chr 3 ff. in der literarischen Form von (allerdings mehrfach überarbeiteten) Bauberichten und in Ez 40-42 (als architektonischer Idealtyp für den Wiederaufbau nach der Zerstörung durch Nebukadnezar II.) in z.T. unterschiedlicher Weise beschrieben. Übereinstimmend lassen sich der Bautyp, die Ausdehnung von 60 20 Ellen im Grundriss 110 und die Höhe von 30 Ellen bestimmen. Das 109. Weippert 1988, 237 f. 110. Es handelt sich nach Ez 41,2.4 um die Innenmaße von Heiligtum und Allerheiligstem.
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Allerheiligste, die Cella (d bīr) entsprach der Idealform eines Würfels 20 20 20 Ellen (I Kön 6, 19 f.). In ihr standen in das Heiligtum blickende, geschnitzte und vergoldete Cheruben/Sphingen, die einen Sphingenthron bildeten. Außerdem fand hier die Lade ihren Platz. Das Heiligtum, die Antecella (hēkāl), hatte einen Grundriss von 40 20 Ellen. Es bot u. a. Raum für den vergoldeten Altar aus Zedernholz und den Schaubrottisch. Rechts und links des Eingangs der Cella standen je fünf goldene Leuchter. Die Vorhalle wird nach Form und Ausmaß uneinheitlich beschrieben 111. Sie besaß zwei eherne Säulen, Jachin und Boaz genannt (I Kön 7, 21). Im Tempelhof schließlich standen das ›Eherne Meer‹ (ein großes Bronzebecken; I Kön 7, 23-26), zehn bronzene Wagengestelle (I Kön 7, 27-37) als fahrbare Unterteile für Bronzebecken (I Kön 7, 38 f.) und ein kupferner Brandopferaltar (I Kön 8, 64; 9, 25), der von Ahas durch einen steinernen ersetzt wurde (II Kön 16, 10-16). e
Jahwe-Tempel gab es in alttestamentlicher Zeit z. B. noch in Schilo (I Sam 1-4), Dan und Bethel (I Kön 12, 28 f.) sowie in Arad (innerhalb der Festung; 9.-8.[7.?] Jh. v. Chr.). An mehreren anderen Stätten sind sie wahrscheinlich. Daneben gab es im philistäischen Gebiet 112, in Samaria (I Kön 16, 32) und Jerusalem (II Kön 11, 18) Tempel für andere Gottheiten. In den Jahren von 520 bis 516 v. Chr. wurde der von den Babyloniern zerstörte Tempel in Jerusalem wieder aufgebaut. Er musste sich jedoch auch in der nachexilischen Epoche die Verehrung Jahwes mit anderen Kultstätten teilen, dem Tempel der jüdischen Militärkolonie von Elephantine (seit Ende des 6. Jh. v. Chr.), dem auf dem Garizim (ab 332 v. Chr.) und dem in Leontopolis (ab ca. 160 v. Chr.) 113. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Andrae 1930; Brian 1981; Busink 1970; 1980; Golzio 1983; Herr 2000; Kempinski/Reich 1992; Ottosson 1980; Weippert 1988; Werner 1994; Zwickel 1994 und 1999.
111. Nach Ez 40,48 war die sonst als offene Antecella beschriebene Vorhalle geschlossen und besaß ein Tor. 112. Vgl. auch Tempel 650 in der Unterstadt von Ekron (7. Jh. v. Chr.), ein durch zwei Säulenreihen gegliederter, dreischiffiger, von Ost nach West ausgerichteter Langhausbau, der der Göttin pt(r/g?)yh geweiht war (Mittmann, in Vorb.; Gitin/ Dothan/Naveh 1997, 1-16; Gitin/Cogan 1999, 193-202 und Kamlah 2003, 101125). – Auf die eigene Entwicklung der eisenzeitlichen Knickachstempel wie z. B. in Tell Qasīle (Strata XI und X) und später auch in Ekron sei hier nur verwiesen. Die Bauform lässt sich schon im spätbronzezeitlichen Kāmid el-Lōz (Libanon) nachweisen. 113. Zum herodianischen Tempel s. auch S. 349.
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8.7.3 Opfer Opfer sind heilige Handlungen und gehören zu den Grundformen religiösen Lebens. Ihr archäologischer Nachweis ist allerdings schwierig. Befriedigende Ergebnisse sind meist nur durch die Interpretation vorliegender Texte zu erzielen. Die Fragen an die vorliegenden Quellen sind hingegen vielgestaltig und finden in nur wenigen Fällen befriedigende Antworten: Wer vollzog das Opfer (Kultpersonal, der Älteste einer Sippe, der Pater familias o. a.)? Wer nahm an der Zeremonie teil (das Königshaus, ein bestimmter sozialer Stand, Männer, Frauen, Sippen, Familien)? Wem wurde geopfert (Gottheiten, numinosen Mächten, Ahnen, Menschen)? Mit welchem Ziel wurde geopfert (ein weites Feld zwischen Bitte, Dank, Lob, Gelübde und Sühne)? Zu welchem Anlass erfolgte das Opfer (jahreszeitlicher Rhythmus/Festkalender, konkrete Anlässe wie Notsituationen oder Kriege, Tod und Totengedenken u. a.)? Wer oder was wurde geopfert (Menschen, Tiere, Pflanzen, Artefakte)? Wie lief die Kulthandlung ab? Archäologische Befunde, die auf unblutige (Flüssigkeitsspenden, Pflanzen u. a.) bzw. auf blutige Opfer (Tiere oder Menschen) hinweisen, sind an Opferplätzen in einigen Fällen noch nachweisbar, sodass daraus in Verbindung mit der Ausstattung der Kulträume oder -orte zumindest indirekt Rückschlüsse auf die Kultpraxis möglich werden. Aschereste oder mit Asche gefüllte Gruben weisen z. B. auf das Verbrennen von Opfergaben hin. Ablagebänke im Kultbereich deuten offensichtlich auf das Ablegen von Opfergaben (vgl. !En Gedi; S. 273 f.). Die rituelle Tötung von Menschen, das Menschenopfer, konnte aus unterschiedlichen Gründen veranlasst werden. Menschen kamen z. B. als Bauopfer (I Kön 16, 34[?]), als Opfer angesichts höchster Bedrängnis (II Kön 3, 27) oder als Selbstopfer (römische Heerführer wie Decius Mus d. J. 295 v. Chr.) kultisch zu Tode. Dabei zielte die Kulthandlung auf die Abwehr potentieller oder tatsächlich bestehender Gefahr. Menschenopfer konnten aber auch der Übertragung der Macht des Geopferten (Anthropophagie; ritueller Königsmord) dienen oder aus Schwurverpflichtungen entstammen (für Israel bezeugt in Jdc 11,31.39). Außerdem gab es Erstlingsopfer, die nach Gen 22 (vgl. Ex 13, 2.13.15; 22, 28) in Altisrael durch das Ersatzopfer eines Tieres ausgelöst werden konnten. Das Menschenopfer war also durchaus eine geläufige Vorstellung. – Selbst im christlichen Glauben spielt dieser Gedanke beim Tod des Gottessohnes Jesus Christus am Kreuz noch eine zentrale Rolle (I Kor 5, 7). James Mellaart fand nach eigenen, allerdings nicht sicher nachprüfbaren Angaben in den seiner Meinung kultisch genutzten Räumen des neolithischen Çatal Hüyük (Anatolien; ca. 7250-6150 v. Chr.; Ausgrabungen ab 1961) an mehreren Stellen aufgehäufte Getreidekörner, die er als unblutige
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Opfergaben interpretierte 114. Dies korrespondiert mit Funden von Reibund Mahlsteinen in anderen Heiligtümern und mit Depositgruben, in denen Kulturpflanzenreste nachgewiesen wurden. In Çatal Hüyük gab es auch Opfertische. Schädel im ›Geierheiligtum‹ von Çatal Hüyük und in Haçilar (Anatolien) deuten auf blutige Menschenopfer 115. Dort aufgefundene Tonfiguren wurden oft als Ersatzopfer für Menschen oder Tiere angesehen.
Die vielfältigen Opferarten sind nur zum Teil aus materiellen Funden zu differenzieren (z. B. Trankopfer, Ganzopfer, Schlachtopfer, Rauchopfer, Darbringung der ersten Früchte nach der Ernte oder aber der Erstgeburt als Erstlingsopfer, Bauopfer). Beim Bauopfer wurden zur Abwehr von Unheil Gaben oder Lebewesen in das Fundament eines Neubaus eingemauert. Szenische Darstellungen von Opferhandlungen finden sich z. B. im frühbronzezeitlichen Ton-Modell einer offenen Kultstätte aus Grab 22 in Vounous-Bellapais (Zypern) 116; ebenso im Modell einer kultischen Handlung einer weiblichen Person vor einer Amphora (Libation) an einer mit drei gehörnten Stierköpfen versehenen Heiligtumswand aus einer Nekropole bei Kotchati (Zypern) 117. Außerdem zeigt das Bronzemodell einer elamitischen Opferhandlung aus Susa eine Zeremonie, die zur Zeit der aufgehenden Sonne von zwei unbekleideten Priestern vollzogen wurde (ca. 1150 v. Chr.) 118. In gleicher Weise informativ sind Reliefdarstellungen mit Opferszenen, wie sie häufig auf assyrischen Reliefs dargestellt wurden 119. Der häufig geübte Brauch, wertvolle Opfergaben 120 vor der Ablage zu verbiegen oder rituell zu zerbrechen, sollte verhindern, dass die einer Gottheit geweihten Gaben wieder für profane Zwecke verwendet werden konnten. Es versteht sich dabei von selbst, dass nur einwandfreie Opfergaben geweiht werden durften; das gilt für materielle Güter ebenso wie für Tiere, die nicht nur gesund, sondern im Rahmen der gültigen religiösen Vorstellungen auch ›rein‹ sein mussten.
114. 115. 116. 117. 118. 119.
Mellaart 1967a und 1967b. Nach J. Mellaart oftmals Kinder, d. h. Opfer von Erstgeborenen (›Primitialopfer‹ ?). Dikaios 1940, Taf. VII-VIII. Karageorghis 1970, 10-13 und Åström 1988, 5-11. Vgl. O’Bryhim 1996, 7-14. Louvre, Inv.-Nr. Sb 2743. Vgl. dazu u. a. die während der !Belagerung von Lachisch im assyrischen Lager vollzogenen kultischen Handlungen (Kap. 9.5.4) und die Libation des Königs Assurbanipal nach erfolgreicher Löwenjagd. Vor ihm stehen ein gedeckter Altar und ein Rauchopferständer (Original BM). 120. Gleiches gilt für Bei- oder Mitgaben in Begräbnissen.
Abb. 219: Gemeinsam mit einer Münze und einem Kännchen abgelegtes tierisches Bauopfer aus römischer Zeit, Tell el-‛Orēme (Areal J).
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8. In welcher Umwelt lebten die Menschen? Für einen ersten Zugang sei empfohlen: De Vaux 1964; Janowski 22000; Loretz 21996, 139-143; Quaegebeur 1994; Rendtorff 1967; Willi-Plein 1993; Janowski/Welker 2000 und Eberhart 2002.
8.7.4 Totenkult Das Leben nach dem Tod wurde in mesopotamischen, ugaritischen und alttestamentlichen Schriften 121 als Weiterexistenz im Totenreich vorgestellt 122. Mythische und epische Texte 123, die Ikonografie 124 und Grabinschriften bestätigen dies. Der Tod eines Menschen war ein integraler Bestandteil seines Lebens, und die vollzogenen Riten dienten dem geordneten Übergang in eine neue Existenzweise. Menschen war der Tod unabänderlich vorherbestimmt. Einzige Ausnahme bildete Utnapischtim, der nach göttlichem Ratschluss das ewige Leben gewann 125. Gefürchtet wurde allerdings der ›vorzeitige‹ Tod, wie das die Erzählung von Urnammu thematisiert (vgl. dazu Ps 102, 25), und natürlich die nicht ordnungsgemäße Bestattung 126. Das Grab bot den Zugang zum Totenreich, wurde aber auch als Wohnstätte der Verstorbenen angesehen (wohin man den Toten bannen, wo man ihn lokalisieren und aus dem man ihn evozieren konnte). Das Totenreich konnte man aber auch weit entfernt annehmen, im Westen, wo die Sonne untergeht. Die nach längerem, beschwerlichem Weg erreichbare Unterwelt galt als staubiger und dunkler Ort, wo der Totengeist (eṭemmu) nicht nur ruht und schläft, sondern auch Lehm isst und Brackwasser trinkt 127. Den ToAbb. 220: Figurine aus ‛Ēn Ġazāl (PPNB), die möglicherweise mit dem Ahnenkult in Verbindung zu bringen ist.
121. Erst im 2. Jh. v. Chr. wird in Dan 12 die Auferstehung erwähnt. 122. Bottéro 1982, 373-406. So selbstverständlich auch in Ugarit: Astour 1980, 227238 und Spronk, 1986, 61 f. 123. Vgl. z. B. mythisch-epische Erzählungen wie »Gilgamesch, Enkidu und die Unterwelt«, »Inannas Gang zur Unterwelt«, den Mythos »Nergal und Ereschkigal« (2. Hälfte des 2. Jt. v. Chr.), die »Unterweltsvision eines assyrischen Kronprinzen« (1. Jt. v. Chr.) sowie die sumerische Klage über »Urnammus Tod« und die Erzählung von »Gilgameschs Tod«. 124. Porada 1980, 259-270. 125. Das Alte Testament erwähnt die Entrückungen von Henoch (Gen 5,21-24) und Elia (II Kön 2,1-18). 126. Zu nicht ordnungsgemäß bestatteten Personen und deren Schicksal s. Scurlock 1995, 1889-1892. 127. Tsukimoto 1985, 1-22. – Etwas anders verhält es sich hingegen bei den hethitischen Vorstellungen, die die Totenwelt weitgehend positiv sehen (Otten 1958, 12-17; vgl. Bartel 1974). Ganz deutlich heben sich davon die Jenseitsvorstellungen der Ägypter ab. Dort war man der Überzeugung, dass die Verstorbenen nur durch eine positive Evaluierung im Totengericht die gute jenseitige Welt erreichen könnten (vgl. z. B. Brunner 31989, 122 ff.).
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ten wurde bei der Ankunft im Totenreich ihr Schicksal bestimmt. Die hierarchische Gliederung dieser Welt blieb auch im ›Reich der Schatten‹ erhalten 128. Dies wird z. B. in der Erzählung von der Erscheinung Samuels vor Saul in En-Dor deutlich (I Sam 28, 13 f.). Das Aqhat-Epos 129 berichtet, wie der seiner Söhne beraubte König Danil als Familienoberhaupt den Kontakt zu den vergöttlichten Ahnen pflegte. Da er seinen Pflichten nachkam, vermittelte ihm Ba‛al den Segen Els für neue Nachkommen. So wurde sein Sohn Aqhat geboren. Der aber begegnete – nachdem er herangewachsen war – auf der Jagd Anat, die ihm das ewige Leben im Tausch für seinen doppelten Bogen versprach. Aqhat durchschaute dieses leere Versprechen und kam daraufhin um. Danil hatte nun erneut Grund zu bitterer Totenklage. Er opferte wiederum den göttlichen Ahnen. Daraufhin zog nach 7 Jahren Trauerzeit schließlich wieder Freude in sein Haus ein …
Der Totenkult in der syrisch-palästinischen Welt der Bronze- und Eisenzeit (soweit er durch Texte erschlossen ist) begann mit der Herrichtung der Leiche im Trauerhaus, umfasste die Totenklage, die Überführung zur Grabstätte, die Bestattung, die Pflege der Grabstätte sowie die Verehrung der Ahnen. Er beinhaltete alle in diesem Zusammenhang vollzogenen rituellen Handlungen und Bräuche. Im ugaritischen Text KTU 1.17 I 25-33, dem Katalog der Sohnespflichten, stand an erster Stelle der Auftrag, für die Ahnen einen Kultstein (skn) zu errichten. An zweiter Stelle fand sich die Aufgabe, den Schutzgeist des Ahnen zu befragen 130. Damit wird bestätigt, dass die Toten nach damaliger Vorstellung mit ihren Nachkommen kommunizieren konnten. Die Ugariter waren überzeugt, dass die Ahnen die Familie und das Haus ihrer Nachkommen beschützten, segnend über den Bestand der Familie, des Königshauses und des Königreiches wachten und die Geburt von Söhnen sowie die Heilung bei Krankheit beeinflussten. In diesem Kontext wird die Pflicht des ältesten Sohnes zur Fürsorge für die verstorbenen Ahnen gut verständlich 131. Diese in Ugarit beschriebene Pflicht ist möglicherweise vergleichbar mit der Aufgabe des Erstgeborenen im mesopotamischen Raum, den Namen des Ahnen herbeizurufen (šuma zakru) 132, um die Erinnerung an den Ver-
128. Pollock 1991, 185. 129. Dietrich/Loretz 1997a, 1254-1305 (TUAT III/6). Vgl. KTU 1.17-1.19. – Die Deutung des Epos folgt der angegebenen Literatur. 130. Loretz 1993, 288. 131. Loretz 1993, 301. – Als archäologischer Nachweis des Totenkults für verstorbene Könige kann auch das Stelenheiligtum von Hazor gedeutet werden (Galling 1959,1-13 sowie Mittmann 1997, 25-30.35 f.). Vgl. auch die Funde im syrischen Qaṭna (aus dem Jahre 2002/2003). 132. Lewis 1989, 96.
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8. In welcher Umwelt lebten die Menschen? storbenen weiterzuführen. Man kann hier auch den in II Sam 18, 18 zitierten Brauch heranziehen, nach dem Abschalom eine Mazzebe aufrichtete, weil er keinen Sohn hatte, der seinen Namen weitertragen konnte.
In der wirtschaftlich blühenden, spätbronzezeitlichen Hafen- und Handelsstadt Ugarit lebten Händler aller damals bedeutenden Handelsnationen. Einige Wörterlisten enthalten Einträge mit bis zu vier Sprachen: Sumerisch, Akkadisch, Hurritisch und Ugaritisch. Bei den 1929 begonnenen Ausgrabungen wurden Tausende von Tontafeln aufgefunden, die einen einzigartigen Einblick in die Religion, die wirtschaftlichen Aktivitäten und die diplomatischen Kontakte der Stadt vom Ende des 15. Jh. bis um 1200 v. Chr. geben. In Ugarit wurde eine Alphabetschrift verwendet, die 27 (+3) Schriftzeichen besaß (vgl. Sass 1988). Abb. 221: Das ugaritische Alphabet.
Im ugaritischen Begräbnistext KTU 1.161 wurde der Ahnen- und Totenkult am Königshof als ›Opfermahl für die Schatten‹ (dbḥ ẓlm) beschrieben. Daraus erhielt man »zum ersten Mal Aufschluß über die ugaritischen Vorstellungen zur Existenzform der Ahnen, die auch aus Mesopotamien bekannt sind. … Anlaß für das Opfermahl war die Beweinung des Thrones und des Thronschemels, die dem toten Herrscher zur Pflege seines Wohlergehens in die Unterwelt nachzusenden waren, indem sie rituell im Grab deponiert wurden. Denn nach Jes 14, 9 sitzen die verstorbenen Könige der Völker in der Unterwelt auf ihren Thronen. Parallelen für die Nachsendung des königlichen Mobiliars in die Unterwelt sind auch in der Literatur und der Kunst der Hethiter, Assyrer und Phönizier bekannt« 133. Die Redeweise »und er legte sich zu seinen Vätern« 134, wie sie im Alten Testament vielfach belegt ist, verdeutlicht die familienbezogene Vorstellung des Weiterlebens der Verstorbenen in der vom ältesten Sohn geleiteten und repräsentierten patriarchalisch strukturierten Familie. In nachexilischer Zeit wurde für die Jahwe-Treuen die Totenbeschwörung strikt verboten (Dtn 18, 11 f.) 135. Dem König Manasse, der im 2. Königsbuch ohnehin unter negativen Vorzeichen geschildert wird (21, 1-18), wird selbstverständlich auch dieser Gräuel nachgesagt (II Kön 21, 6) 136. 133. Loretz 1993, 297 f. 134. I Kön 2,10; 11,43 u. ö. 135. Es handelt sich hier um einen deuteronomistischen oder nachdeuteronomistischen Text, der im 6./5. Jh. v. Chr. verfasst wurde. 136. Vgl. I Sam 28,8 und I Chr 10,13 (zu Saul). Zum alttestamentlichen Umfeld s. Rüterswörden 2001, 906 f.
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Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Assmann/Trauzettel 2002; Bottéro 1980, 25-52; 1982, 373-406; Campbell/ Green 1995; Lewis 1989; Loretz 1993, 285-318; Parker Pearson 1999; Pollock 1991, 171-189; Porada 1980, 259-270; Saxe 1970; 1971, 39-57; Scarre 1994, 75-82; Scurlock 1995, 1883-1893; Tsan 1999 und Tsukimoto 1985.
8.7.5 Mythen und Epen Textfunde mit mythologischem Inhalt sind bereits aus der 2. Hälfte des 3. Jt. v. Chr. aus dem Ebla-Archiv bekannt 137. Mythen werden hier als Erzählungen über einmalige Ereignisse in der urzeitlichen und durch Kultorte charakterisierten Welt der Götter verstanden, Epen als Berichte über einmalige Ereignisse unter frühzeitlichen Königen 138.
Mythen und Epen aus dem ›Fruchtbaren Halbmond‹ und dessen Umfeld waren in Palästina (u. a. durch Handelskontakte und politische Einflüsse) bekannt; sie wurden dort rezipiert und adaptiert. Dabei ist allerdings nur in den seltensten Fällen zu begründen, welche der heute bekannten Traditionen wann und wo bekannt gewesen sein müssen und verarbeitet wurden. Die aus dem Umfeld Palästinas überlieferten Mythen und Epen haben jedoch in ihrer Gesamtheit auf das Leben im palästinischen Bereich Einfluss genommen. Schließlich vermittelten sie durch ihre Bezugnahme auf die durch die Götter geprägte Ur- oder Vorzeit ›Setzungen‹, die das alltägliche Leben – die wiederholbaren menschlichen Handlungsmuster der Gegenwart – bestimmen sollten 139. Sie erklärten und begründeten die – kosmischen Ordnungen, d. h. die Anschauung von der irdischen wie der göttlichen Welt und deren Kommunikationsmöglichkeiten, – Schöpfung, den Schöpfer und die sich daraus für die Götterwelt und die Menschheit ergebenden Folgerungen, – Fragen nach der Totenwelt und dem postmortalen Schicksal (vgl. »Innannas Gang zur Unterwelt« [sumerisch]; »Ischtars Höllenfahrt« [akkadisch]),
137. Epische und mythische Elemente gibt es selbstverständlich auch innerhalb anderer Literaturgattungen. 138. So nach Römer 1993, 351 f. (TUAT III/3) und der dort diskutierten Literatur. 139. Diese werden, aufs Ganze gesehen, auf der Grundlage der jeweiligen religiösen und naturräumlichen Vorstellungen beantwortet.
Abb. 222: Vorderseite des sog. ›Orpheus-Kruges‹ vom Tell Zerā‛a, dessen Zeichnung vermutlich eine Sage oder einen Mythos erzählt (s. dazu ausführlich unten Kap. 10.3.3).
Abb. 223: Anpassende Scherbe zum sog. ›OrpheusKrug‹ mit der Darstellung einer Eidechse.
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– politische Ordnung, wie z. B. die Vormacht der Stadt Babylon durch die Beschreibung des Stadtgottes Marduk als höchsten Gott im Mythos »Enuma Elisch«, – religiös bedeutende Zusammensetzung eines Pantheons in einem (Stadt-)Staat als Teil der Staatsideologie und die Legitimität von Heiligtümern (vgl. dazu Gen 18 für Mamre, Gen 35 für Bet-El und Jos 5, 9.13-15 für Gilgal) und – die gesellschaftlichen Verhältnisse, z. B. die Stellung des Königtums und der Priesterschaft, sowie Fragen nach der !Zeit und der Zeiteinteilung (Kap. 7.1). Die religiöse, d. h. göttliche oder von den Ahnen hergeleitete Begründung fundamentaler Sachverhalte schuf einen von persönlicher Willkür oder Anschauung unabhängigen, nicht zu hinterfragenden und damit übergeordneten, verlässlichen Rahmen für das alltägliche Leben. In Syrien und Palästina standen wegen der Abhängigkeit der Bauern vom Regenfeldbau die den Regen und damit die Fruchtbarkeit garantierenden Götter in besonders hoher Gunst 140. Das sommerliche ›Sterben‹ der Natur wurde u. a. als Tod des mesopotamischen Fruchtbarkeitsgottes Dumuzi/Tammuz 141 gedeutet. In Ez 8, 14 beweinen Frauen selbst im Jerusalemer Tempel dessen Geschick. In vergleichbarer Weise berichtet der ugaritische Ba‛alAnat-Mythos 142, wie der Fruchtbarkeit spendende Gott Ba‛al in die Unterwelt hinabsteigen musste, nachdem er dem Totenreichsgott Mot im Kampf unterlag. Erst als ihn seine Schwester Anat aufgespürt und Mot erschlagen hatte, konnte Ba‛al wieder aus der Unterwelt aufsteigen, was mit dem erneuten Aufblühen der Natur gleichgesetzt wurde. Im Kampf Elias mit den Propheten des Ba‛al auf dem Karmel (I Kön 18) wurde daher auch gerade dieser Konflikt ausgetragen. Es galt zu klären, ob Ba‛al tatsächlich Fruchtbarkeit herbeibringen könne oder ob diese Aufgabe in Israel nicht viel mehr in den zuverlässigen Händen Jahwes liegen solle. Der Kampf der ›Regenspender‹ ging zugunsten Jahwes aus. Mythen prägten das alltägliche Leben unspektakulär und selbstverständlich, wie z. B. durch Monatsbezeichnungen (Dumuzi/Tammuz) oder Tempel- und Personennamen. Es ist zu diskutieren, ob Mythen wie »Enuma Elisch« oder die Heilige Hochzeit
140. Vgl. hierzu Niehr 1988, 15. 141. Im phönizischen und griechisch-römischen Umfeld übernimmt seine Funktion Adonis. 142. Dietrich/Loretz 1997b, 1091-1198 (TUAT III/6).
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(z. B. von Inanna und Dumuzi) im Kult durch handelnde Personen (Priester, Priesterinnen und Könige) nachvollzogen wurden 143. Am Beginn des ›Enuma Elisch‹ steht eine Theogonie, deren Erzählfaden bis zu Marduk reicht. Die Vielzahl der Götter stammt aus der Vereinigung des männlichen Gottes Apsu mit der weiblichen Göttin Tiamat. Der Lärm der jüngeren Götter störte allerdings sehr bald das uranfängliche Götterpaar. Apsu beschloss daraufhin, seine Nachkommen auszurotten. Als das aber Ea, der Vater Marduks, erfuhr, tötete er Apsu. Tiamat wurde nach diesem Mord gewahr, dass ihr ein ähnliches Schicksal sicher war und schützte sich davor durch eine Horde von ihr geschaffener Ungeheuer. Ea und Anu scheiterten folglich auch kläglich bei ihren Versuchen, Tiamat zu bezwingen. Daher fragte Ea seinen Sohn Marduk, ob er nicht die Situation bereinigen könne. Marduk stellte allerdings zur Bedingung, nach seinem Sieg über Tiamat die oberste Gewalt in der Götterwelt zu erlangen. Um über diese Bedingung zu entscheiden, trat eigens die Götterversammlung zusammen, die den Selbstverzicht im Falle eines Sieges beschloss, wenn gesichert bliebe, dass die Tempel aller Götter auch fortan mit Lebensmitteln versorgt würden (Opfer). Marduk siegte im Kampf gegen Tiamat und reorganisierte das Weltall. Er erschuf dabei drei Himmel (1. ›Himmel‹ 144, 2. ›Escharra‹ und 3. den unteren astronomischen, aus dem der kultische Kalender erklärt wird: Mond [Monate] und Sonne [Tage]). Der untere Teil von Tiamats Körper wurde auf dem bereits getöteten Apsu ausgebreitet. Marduk erhielt in der Stadt Babylon seinen zentralen Sitz im All. Die Götter selbst waren es, die Esagil, den Marduk-Tempel Babylons, erbauten. Die Götterversammlung fand seither in Babylon statt (bis dahin trat sie in Nippur, der Stadt Enlils, zusammen). Um die Auflage der Götter zu erfüllen, veranlasste Marduk, Menschen aus geformtem Ton und aus dem Blut des Kingu zu erschaffen. Kingu war der ermordete Befehlshaber der Ungeheuer Tiamats. Die Menschen sollten fortan die Erde bebauen und so die Tempel der Götter mit Opfern versorgen. Die Schöpfung der Menschen vollzog Ea/Enki. Die Idee zur Erschaffung von menschlichen Wesen stammte allerdings von Marduk. Schließlich kamen die Götter im Esagil zusammen und hielten ein Gastmahl. Dabei bewunderten sie selbstverständlich den Marduk und zählten seine 50 Ehrennamen auf.
Der akkadische Mythos »Enuma Elisch« 145 (benannt nach seinem Anfang »Als droben …«) war auf 7 Tafeln verzeichnet. Er verfolgte hauptsächlich das Ziel, Marduks Aufstieg an die Spitze des bis dahin von Anu und Enlil beherrschten babylonischen Götterpantheons zu beschreiben. Man kann den politischen Aufstieg der Stadt Babylon unter Hammurapi (1728-1686 v. Chr.) als politischen Hintergrund dieser Vorstellungen verstehen. Während der Herrschaft von Nebukadnezar I. (1125-1103 v. Chr.) trug Marduk bereits offiziell den Titel »König der Götter«. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde Marduk in Babylon offiziell als oberste Gottheit anerkannt. Rezitiert wurde das »Enuma Elisch« am 4. Tag des ba-
143. Vgl. die Funde von Kultmasken. 144. Den äußeren Teil dieser ›Schicht‹ bildet die obere Hälfte des von Marduk entzwei gespaltenen Körpers Tiamats. 145. Vgl. zum Folgenden Lambert 1994, 565-602 (TUAT III/4). S. auch Lambert/Parker 1966.
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8. In welcher Umwelt lebten die Menschen?
bylonischen Neujahrsfestes durch einen Priester vor der Mardukstatue – ebenso am 4. Tag des Monats Kislimmu. Ein erster Überblick über die in sumerischer, akkadischer, hethitischer, ugaritischer, hurritischer und ägyptischer Sprache abgefassten Mythen und Epen ist in TUAT 1982 ff. und ANET 31969 zu erhalten. Mythologische Sammlungen aus dem palästinischen Raum sind nicht bekannt, sieht man einmal davon ab, dass im Alten Testament (bes. in Gen 1-11) mythologisches Material aufgenommen und bearbeitet wurde. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Assmann/Burkert/Stolz 1982; 2000; Beyerlin et al. 21985; Bonnet 32000; Bottéro 1985; Dietrich 1999a, 133-149; Eissfeldt et al. 1964; Haider/Hutter/Kreuzer 1996; Lambert 1968, 104-112; Leick 1991; Livingstone 1986; Mikasa 1992; Niehr 1998 und Wilcke 1977, 153-216.
8.7.6 Götter und Göttinnen
Abb. 224: Sitzende Götterfigur aus Bronze mit Goldund Silberüberzug, vermutlich der Gott El (Tell Zerā‛a).
Bisher war kein Götterpantheon einer kanaanäischen Stadt oder eines (Stadt-)Staates zu ermitteln, da keine Texte mit entsprechendem Inhalt vorliegen. Im Folgenden sollen einige der in Syrien/Palästina während der Bronze- und Eisenzeit verehrten Götter und Göttinnen kurz vorgestellt werden. Sie sind in den verschiedensten Textsammlungen (aus Ebla, Mari, Ugarit, Tell el-‛Amārna), in Ostraka, Papyri und Inschriften verzeichnet und/oder erscheinen im Alten Testament. Ihre Namen begegnen auch in theophoren Personen- und Ortsnamen: – Anat war die Tochter des El. Sie war die Schwester und Geliebte des Ba‛al. Anat wurde auch geflügelt abgebildet. Sie verkörperte die Fruchtbarkeit für alle Bereiche des Lebens (Menschen, Tiere, Pflanzen) und kämpfte im Ba‛al-Anat-Mythos erfolgreich gegen Mot. Daher wurde sie folglich in der Ramessidenzeit auch als Kriegsgöttin verehrt. – Aschirat (im Alten Testament Aschera), in Ugarit Partnerin des El, stand in zwiespältiger Beziehung zu Ba‛al und Anat. Sie galt als Erzeugerin der 70 Götter, war eine Naturgottheit und sorgte für die Fruchtbarkeit von Mensch, Tier und Pflanzenwelt. Im Alten Testament wird sie 40-mal erwähnt (teils als Kultobjekt, teils als Göttin). Sie erscheint in Kuntilet ‛Aǧrūd (9./ 8. Jh. v. Chr.) und Ḫirbet el-Qōm (8. Jh. v. Chr.) in Assoziation mit Jahwe.
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8.7 Religion
– Aschtar bestieg im Ba‛al-Anat-Mythos, nachdem Ba‛al in die Unterwelt gehen musste, dessen Thron, scheiterte aber an Ba‛als Aufgaben. – Aschtarte war eine phönizisch-kanaanäische Fruchtbarkeitsund Kriegsgöttin (wie die babylonische Ischtar) mit einer ausgeprägten Funktion als Liebesgöttin. – Ba‛al (›Herr, Besitzer, Ehemann‹) war der Sohn Dagons und Bruder wie Geliebter der Anat. Er war ein Wettergott, der über Sturm, Blitz und Regen und somit auch über die Fruchtbarkeit gebot. Er wurde teils anthropomorph, teils in Stiergestalt (Hörnermütze) dargestellt. Ba‛al entwickelte sich im Gegensatz zu El zum ›nahen‹ Gott, zum Mächtigen, zum Fürst der Erde. In Syrien nahm der Wettergott Hadad eine vergleichbar zentrale Stellung ein. Götter des Ba‛al-Typus wurden dynamisch, jugendlich und kriegerisch dargestellt. – Ba‛al-Schamen wurde als höchste Gottheit verehrt, als Himmels-Ba‛al, mit den Zügen einer Sonnengottheit. Er erlangte im 1. Jt. v. Chr. im Vorderen Orient eine besondere Bedeutung. – Dagon, Vater des Ba‛al, wurde im 3. und 2. Jt. v. Chr. besonders im syrischen Raum als Getreide-(?) oder Gewittergott(?) verehrt. Er war nach Jdc 16, 23 oberster Gott der Philister. – El, der Schöpfer und Vater der Götter und Menschen (»Erbauer des Erbauten«), der Weise, der Richter, der Freundliche, wurde oft als Stier verehrt. Im ugaritischen Ba‛al-Anat-Mythos trat er hinter dem jungen kämpferischen Ba‛al zurück. Sein graues Haar bezeichnete sein unvorstellbares Alter. Götter des thronenden El-Typus wurden eher statisch dargestellt. – Hadad, der Gott des Gewitterregens, wurde häufig mit Ba‛al identifiziert. – Mot galt in Ugarit als der Gott der Unterwelt, der Dürre und Hitze, aber auch des reifenden Getreides. – Reschef sah man als Verursacher von und Beschützer vor Krankheiten (Fieber) an. Als kriegerischer Gott wurde er mit Krone, Kriegergewand und Waffen dargestellt. – Schamasch, der Sonnengott, wurde im Orient allgemein verehrt. Die Stellung des Sonnengottes unterschied sich in den Pantheia allerdings beträchtlich. Die geflügelte Sonnenscheibe drückte die Verbindung zwischen Himmel und Sonne aus. – Schachar/Schalim galten in Ugarit als die lieblichen und schönen Götter des Morgensterns und der Abendröte. – Sin/Schachar (hebr. Yārēăḥ), der Mondgott, wurde im ›Fruchtbaren Halbmond‹ vielfach verehrt, besonders im babylonischen Ur (Sin) und im aramäischen Haran (Schachar).
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Abb. 225: Frauengestalt mit Löwen und Lotosblüten, vermutlich die Darstellung einer Göttin der Fruchtbarkeit und des Krieges, wie z. B. der Aschtarte (Elfenbeinschnitzerei, 16 cm, Original MM). Vgl. Orchard 1967, Abb. XXX 137.
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Abb. 226: Fragment einer weiblichen Götterfigurine mit Zügen der Aschtarte/ Aschera, der Hathor (Haartracht, Kuhaugen und -ohren) sowie der Schechmet (Löwenform des Gesichtes von der Seite) vom Tell Zerā‛a.
8. In welcher Umwelt lebten die Menschen?
– Yam, der Gott des Meeres, der Ströme und Flüsse, verkörperte die Chaosmächte. Die Identifikation bildlich bzw. figürlich dargestellter Götter ist ein ganz eigenes Problem. Einen beispielhaften Versuch, Götter und Göttinnen anhand ihrer ikonografischen Darstellung zu klassifizieren, legte H. Weippert 146 für die Spätbronzezeit Syriens und Palästinas vor. Weibliche und männliche Gottheiten Palästinas von der Mittelbronzezeit IIB bis zur Eisenzeit III wurden auch von O. Keel und C. Uehlinger in »Göttinnen, Götter und Gottessymbole« beschrieben. Dort findet man auch eine Einleitung in die Methode der Ikonografie 147. Der Ursprung des Jahwe-Glaubens in Israel und Juda ist eines der am meisten diskutierten religionsgeschichtlichen Phänomene. Der im hebräischen Wortlaut des Alten Testaments üblicherweise mit den vier Konsonanten JHWH (Tetragramm) geschriebene Gottesname ist Jahwe auszusprechen, was im Judentum aus Vorsicht vor der Entheiligung des Gottesnamens (vgl. die entsprechende Bestimmung des Dekalogs) aber seit langer Zeit vermieden wird. Stattdessen verwandte man in der griechischen Übersetzung des Alten Testaments (Septuaginta) im 2. Jh. v. Chr. den Ausdruck Kyrios (»Herr«) 148. Das Aussprechen des Gottesnamens durch den Hohenpriester am großen Versöhnungstag war in neutestamentlicher Zeit allerdings unumstritten. Die Masoreten (6.-9. Jh. n. Chr.) vokalisierten das Tetragramm mit den Vokalen des Wortes ‛Ădōnāy (»Herr/mein Herr«). Das schon längere Zeit in der Schriftlesung für JHWH eingeführte Substitutionswort ‛Ădōnāy wurde später selbst noch einmal durch Haš-šēm (»der Name«) ersetzt. Moses Mendelsohn (1729-1786) führte »der Ewige« als Austauschwort ein.
Ex 3, 14 deutet die Herkunft des Gottesnamens (vom Verb ›sein/ sich erweisen‹) als »Ich bin, der ich bin« bzw. »Ich werde sein, der ich sein werde«. Möglich wäre auch die Herleitung von der nordarabischen Verbalwurzel hwh ›wehen‹. Dies wäre dann im Sinne des Deboraliedes (Jdc 5, bes. 5, 4 f.) zu verstehen, wo Jahwe als Kämpfender im Sinne eines Sturm- und Wettergottes 149 auftritt. 146. Weippert 1988, 295-317. 147. Keel/Uehlinger 52001; vgl. Keel 1985, 143-147. 148. Die syrischen Wettergottheiten Hadad und Ba’al werden häufig als »Herr« bezeichnet. 149. Vgl. Qōs, Ba’al, Hadad und Teschub. Vgl. auch Ps 18,10-15; 65,8 f. und 97,2 ff.
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8.7 Religion
261
Epigrafisch wird JHWH als Tetragramm 150 schon früh in der !Mescha-Inschrift (S. 54), in Kuntilet ‛Aǧrūd (9./8. Jh. v. Chr.; TUAT II/4, 563 ff.) 151 und in der Grabinschrift 3 von Ḫirbet elQōm (8. Jh. v. Chr.; TUAT II/4, 557 f.) 152 bezeugt. In Kuntilet ‛Aǧrūd finden sich die ortsgebundenen Bezeichnungen »Jahwe von Samaria« 153 und »Jahwe von Teman« 154. Außerdem wird hier auch die Kurzform JHW (Inschrift auf dem Rand einer Steinschale; sprich: Yāhū/Yāhō) wie später auch in den aramäisch geschriebenen Elephantine-Papyri aus dem 5. Jh. v. Chr. verwendet 155. Die Kurzform Yā 156 begegnet z. B. in der Formel Hallelu-ja. Damit bleibt die Frage offen, ob die religionsgeschichtlich einmalige Form JHWH die ältere ist (d. h. der israelitische Gott stets unverwechselbar verehrt wurde) und sich von diesem Namen die Kurzform JHW abgeleitet habe. Möglicherweise verlief der Weg auch umgekehrt und führte von den auch im syrischen Bereich vergleichbar bezeugten Kurzformen JHW/Yā (u. ä.) 157 hin zum JHWH-Tetragramm 158? Der Jahwe-Glaube ist insgesamt, so wie er im Alten Testament bezeugt wird, jedenfalls kein monolithisch unveränderlicher Block 159, sondern eine Geschichte von sukzessiver Offenbarung und Erfahrung des Gottesvolkes, während der man in Jahwe schließlich nicht nur den Schöpfer der Welt, sondern auch den einzigen aller Götter 160 erkannte. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Cornelius 1994; 2004; Dohmen 21987; Freedman/O’Connor 21992, 533-554; Gese/Höfner/Rudolph 1970; Jenni 31978, 701-707; Keel 1980; Loretz 21996; Miller/Hanson/McBride 1987; Rose 1975; 1978; 1987, 438-441; Schmidt 1984, 608-626; Thoma 1984, 626-645; Weippert 1980a, 246-253 und 1997. Vielleicht auch als JHW mit Suffix H zu interpretieren. Vgl. Rose 1987, 440. Conrad 1988b, 561-564 (TUAT II/4). Vgl. Meshel 1979a, 50-54; 1979b, 24-34. Conrad 1988a, 556-558 (TUAT II/4). Pithos A. Pithos B. Vgl. hebr. y ša-yāhū für den alttestamentlichen Propheten Jesaja. Absolut gebraucht in Ex 15,2. »Wer dagegen bei JHW als ursprünglicher Form beginnt …, hat sich mit der theologischen Ängstlichkeit auseinanderzusetzen, unserem biblischen Glauben geschähe ein Abbruch, wenn sich das Besondere und Einzigartige in seiner klaren Manifestation kaum weiter als bis in die ausgehende Königszeit des alten Israel zurückverfolgen läßt«. Rose 1987, 439. 158. Delekat 1971, 23-75. 159. Es gab in Israel keinen frühen Monotheismus. Den Israeliten war bewusst, dass jedes Volk seinen Gott/seine Götter hatte (Mi 4,5; Jon 1,5). In Davids Umfeld war der Kontakt zu anderen Göttern offenbar ebenso selbstverständlich (I Sam 19,13) wie an Salomos Heiligtümern (I Kön 11,5.7). 160. »Ich bin Jahwe und sonst keiner; außer mir ist kein Gott« (Jes 45,5. Vgl. 43,10 f.; 44,6). e
150. 151. 152. 153. 154. 155. 156. 157.
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9. Wie könnte es gewesen sein? 8500 v. Chr. Neolithikum 4500 Chalkolithikum 3200 Bronzezeit 1200 Eisenzeit I 1000 Eisenzeit II 520 Perserzeit (Eisenzeit III) 332 hellenistische Zeit 63 v. Chr. römische Zeit 324 n. Chr. byzantinische Zeit 636 arabische Zeit 1515 osmanische Zeit 1918 n. Chr.
Abb. 227: Kulturepochen der in Kap. 9 beschriebenen Siedlungen (ausführliche Chronologie S. 464-507).
Mit diesem Kapitel wird nicht beabsichtigt, eine Kulturgeschichte Palästinas zu schreiben. Ein solches Vorhaben würde den Umfang des vorliegenden Werkes sprengen. Im Folgenden wird vielmehr versucht, anhand prähistorischer, antiker und mittelalterlicher Ortslagen unterschiedliche Aspekte der beeindruckenden Geschichte des palästinischen Raumes in chronologischer Reihenfolge darzustellen. Dabei werden neben berühmten, weit über Palästina hinaus bekannten Siedlungen auch weniger im Mittelpunkt stehende Orte berücksichtigt. Die ausführlicher beschriebenen Orte repräsentieren das Neolithikum (Scha‛ar Hagolan; Kap. 9.1), das Chalkolithikum (Sāl, En Gedi und Tell Ḥuǧērat el-Ġuzlān; Kap. 9.2), die Frühbronzezeit (Arad; Kap. 9.3), die Mittel-/Spätbronze- und Eisen-I-Zeit (Hazor; Kap. 9.4), die Eisenzeit II (Lachisch; Kap. 9.5), die persische (Dor; Kap. 9.6), römische (Gerasa; Kap. 9.7) und byzantinische Epoche (Nebo; Kap. 9.8) sowie die früharabische Zeit (Qaṣr ‛Amra; Kap. 9.9). Abgeschlossen wird die Darstellung mit den bedeutendsten Heiligtümern der Stadt Jerusalem. Die jeweils zu den Ortsbeschreibungen hinzugefügten knappen Zwischentexte sollen parallel zu den chronologischen Listen im Anhang dieses Buches einen ersten allgemeinen Überblick über den Ablauf der Kulturgeschichte im palästinischen Raum ermöglichen. Spuren von !Hominiden sind in Palästina (Kap. 8.6.1) schon seit über 1,4 Mio Jahren nachzuweisen. In der sich über lange Zeiträume erstreckenden paläolithischen Kultur der Jäger und Sammler vollzogen sich mit der Wende zum Epipaläolithikum, d. h. während der Natuf-Kultur, bedeutende Veränderungen, die die Entwicklung zur Sesshaftwerdung von Menschengruppen in Palästina als Ackerbauern und/oder Viehzüchter förderten und daher diesen Beginn rechtfertigen. Während der Natuf-Kultur (ca. 11 000/10 800-8500 v. Chr.) 1 verstärkte sich die Suche vieler in Palästina lebender Gruppen nach
1.
Benennung nach der ersten Fundstelle dieser Kultur Muġāret eš-Šuqba im Wādī en-Nāṭūf im Jahr 1928.
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9. Wie könnte es gewesen sein?
Wohnplätzen – nach meist mehr oder weniger kurzzeitigen Lagerstätten oder saisonal wiedergenutzten Ortschaften. Ob im Jordantal, im Gebirge Juda, in der Karmelgegend oder gar auf dem ostjordanischen Plateau und im Negev, überall sind Spuren solcher Siedlungstätigkeit zu belegen. Die meist rund oder oval in die Erde eingetieften Häuser wurden im oberen Bereich wie Zelte oder aber als Hütten ausgeführt. An manchen Orten wurden bereits Vorratsgruben angelegt und auch Gemeinschaftsgräber unterhalten, was auf eine längere (möglicherweise saisonale) Bindung einzelner Gruppen an einen Ort schließen lässt. Die in dieser Zeit neu entwickelten, typisch mondsichelförmigen Mikrolithe (Kleingeräte aus Silex) lassen ebenso wie auch die Verarbeitung von Tierknochen, Geweih- und Hornresten (u. a. figürliche Schnitzarbeiten) auf eine qualifizierte Handwerkstechnik schließen. Die Gruppen lebten von wild wachsenden Getreidearten, wie die aufgefundenen Sicheln oder die schweren (und damit auf eine zumindest saisonale Sesshaftigkeit deutenden?) Mörser und Stößel belegen. Die Menschen sammelten Baum- (Eicheln, Pistazien u. a.) und Hülsenfrüchte, machten Jagd auf Gazellen, Wildschweine, Steinböcke, Hirsche, Rehe, Antilopen und lebten auch vom Fischfang.
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Abb. 228: Die topografische Lage der in Kap. 9 beschriebenen Orte: 1 Hazor; 2 Dor; 3 Scha‛ar Hagolan; 4 Gerasa; 5 Lachisch; 6 Jerusalem; 7 Nebo; 8 En Gedi; 9 Arad und 10 Sāl. Nicht verzeichnet wurden Tell Ḥuǧērat elĠuzlān, gelegen im Süden Palästinas am Golf von Aqaba, und Qaṣr ‛Amra, in der arabischen Wüste östlich von Amman.
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9. Wie könnte es gewesen sein?
9.1 Scha‛ar Hagolan – ein Dorf im keramikführenden Neolithikum
Abb. 229: Der neolithische Turm in Jericho.
Im Neolithikum (8500-4500 v. Chr.) ließen sich in Palästina mehr und mehr Menschen dauerhaft an einzelnen Ortslagen nieder. Ab der Mitte des 9. Jt. v. Chr. entstanden so unter vorteilhaften klimatischen Bedingungen feste Siedlungen, wie z. B. Jericho 2 im Jordantal und Naḥal Ōren am Mittelmeer 3. In dieser Ära spielte das Sammeln von Wildpflanzen und das Jagen von Tieren noch immer eine große Rolle. Doch das Kultivieren von Pflanzen (u. a. Einkorn, Emmer und Gerste; Abb. 186) und darauf folgend die Viehzucht (Schafe, Ziegen, später auch Schweine und Kühe) gewannen mehr und mehr an Bedeutung. Besonders im vorkeramischen Neolithikum B (PPNB; 7500-6000 v. Chr.) entwickelte sich ein dichtes Netz z.T. beachtlich großer jungsteinzeitlicher Siedlungen mit einer herausragenden Hausarchitektur (zunächst mit runden, später auch mit rechteckigen Grundrissen). In diesen frühen Ackerbaugemeinschaften zeichnete sich der Weg der ökonomischen Differenzierung und des Aufbaus komplexerer menschlicher Organisationsformen bereits in Anfängen ab 4. Zum späteren, dem ›keramikführenden‹ Neolithikum gehört die Jarmuk-Kultur (6000/5700-5000 v. Chr.) 5. Sie erstreckte sich über die nördlichen und zentralen Gebiete Palästinas, in der Küstenebene bis etwa zum heutigen Tel Aviv (Fundplatz ›Habashan Street‹). Die Epoche ist zeitgleich mit dem südlich angrenzenden ›Pottery Neolithic A‹ von Jericho (IX) und dem nördlich gelegenen Kulturraum des ›Neolithique ancien‹ in Byblos. Der im Folgenden beschriebene Ort Scha‛ar Hagolan steht damit nicht am Beginn der neolithischen Entwicklung (wie z. B. Jericho), doch repräsentiert er mit seiner Ausdehnung von ca. 20 ha einen der größten bisher bekannten neolithischen Siedlungsplätze. Die Jarmuk-Kultur, zu der Scha‛ar Hagolan gehörte, war eine überaus interessante Epoche, die mit den Folgen des Niedergangs der ihr vorangehenden Kultur, des präkeramischen Neolithikums, ebenso konfrontiert war wie mit den zu ihrer Zeit unvorteilhafteren Umweltbedingungen. Gegen Ende des PPNB mussten daher 2. 3. 4. 5.
Als Höhepunkt darf die erste ›städtische‹ Siedlung in Jericho um 7000 v. Chr. gelten. Zeit des vorkeramischen Neolithikums A (PPNA; 8500-7500 v. Chr.). Vgl. hierzu V. G. Childes Begriff !Neolithische Revolution (S. 65; Childe 1936). S. auch Gebel 2002. Vgl. hierzu die unkalibrierten 14C-Daten aus Garfinkel/Miller 2002, 29 f. (7 Ergebnisse zwischen 6980 ± 100 und 7495 ± 50 B. P.). Als kalibriertes Alter wird in Garfinkel/Miller 2002, passim, das 6. Jt. v. Chr. angegeben.
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9.1 Scha‛ar Hagolan – ein Dorf im keramikführenden Neolithikum
große Teile der neolithischen Gesellschaft die bereits über Jahrhunderte bewährte sesshafte Lebensweise in Siedlungen aufgeben. Während das Klima im vorkeramischen Neolithikum (85005700 v. Chr.) in den Ebenen frostfreie Winter und warme Sommer mit ausreichendem Regenfall gebracht und damit für die menschliche Besiedlung äußerst vorteilhafte Bedingungen geschaffen hatte, mussten die Menschen in der Jarmuk-Kultur mit zwischenzeitlich kälteren und trockeneren Verhältnissen zurechtkommen 6. Doch wird man den Rückgang sesshafter Bevölkerung im großen Stil nicht allein mit veränderten Klimadaten erklären können. Die enorme Konzentration sesshafter Bevölkerung während des PPNB, der damit verbundene Bedarf an Bau- und Brennholz und die für die Flora in großer Anzahl stets schädlichen Schaf- und Ziegenherden hatten den Waldbestand (Eichen, Pistazien) gegen Ende des PPNB derart verringert, dass ein Überleben großer Bevölkerungsteile in den etablierten Siedlungen nicht mehr möglich war. Für viele Menschen blieb als Ausweg nur die Rückkehr zur nomadischen Lebensweise 7. Dabei entstanden kleinere, bewegliche Gruppen, die die schwieriger gewordenen Überlebensbedingungen flexibler meistern konnten 8. Sie lebten oft nur saisonal an festen Ortslagen und nutzten dort wieder vorrangig Wohngruben (mit Zeltbedachung?) und Hütten. Vor einigen Jahrzehnten sah man die Jarmuk-Kultur deshalb als eine Periode des Niedergangs an 9. Doch die kulturelle Entwicklung im Neolithikum lässt sich nicht derart pauschal charakterisieren. Scha‛ar Hagolan und andere permanent besiedelte Ortslagen 10 machen deutlich, dass die sesshafte Lebensweise an einigen Orten dennoch Bestand hatte und im Umkreis dieser Siedlungen sogar beachtliche kulturelle Leistungen möglich waren.
6. 7.
Rossignol-Strick 1993, 135-152. Vgl. auch Herzog 1997, 27-29. Simmons/Köhler-Rollefson, 1988, 35-39 sowie Rollefson/Köhler-Rollefson 1989, 73-89. 8. Hauptsächlich auf Schaf- und Ziegenzucht ausgerichtet (Perrot 1968, 286-446; Kirkbride 1971, 281-289 und Bar-Yosef 1992, 31-38). 9. Kenyon 1957, 77: Die damals neu nach Palästina Einwandernden »brought with them the use of pottery, but in every other respect they were much more primitive than their predecessors«. Kenyon 1960, 67 f.: »This way of life was undoubtedly a retrogression as far as Palestine, as represented by Jericho, was concerned. Nothing on the scale of the Pre-Pottery Neolithic A and B towns of Jericho is found. For some reason, the light of progress seems to flicker out. It is possible that the town-dwellers had become decadent, and fell victims to more barbarous elements«. Vgl. dazu auch dies. 1960, 58-68 und Kirkbride 1971, 281-287. 10. Dauerhaft siedelte man z. B. auch in Ǧebel Abū Ṯawāb und ‛Ēn-Ġazāl. Vgl. BarYosef 1998, 170 f. (»a well-spread population, small villages, hamlets, [and] temporary campsites«).
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vorkeramisches Neolithikum PPNA (8500–7500 v. Chr.) El-Ḫiyām bei Betlehem, Jericho PPNB (7500–6000 v. Chr.) Munḥāta 4–6, ‛Ēn Ġazāl, el-Bēḍā, Wādī Šu‛ēb PPNC (6000–5700 v. Chr.) (Munḥāta 3) ‛Ēn Ġazāl, Wādī Šu‛ēb keramisches Neolithikum Jarmuk-Kultur (6000/5700–5000 v. Chr.) Scha‛ar Hagolan, ešŠallāf, Munḥāta 2b, Habashan Street III, Megiddo XX–XIX, ‛Ēn Ġazāl, Wādī Šu‛ēb, Ǧebel Abū Ṯawab; ‛Ēn er-Raḥūb Wādī Rabāh-Kultur (5000–4500 v. Chr.) Munḥāta 2a, Habashan Street II; Tell Abū Ḥāmid Abb. 230: Chronologische Untergliederung des Neolithikums in Palästina.
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Abb. 231: Geografische Lage.
9. Wie könnte es gewesen sein?
Im deutlichen Unterschied zu den PPNB-Siedlungen blieben jedoch in Scha‛ar Hagolan Obsidiane Mangelware. Sie mussten über den Fernhandel aus den über 700 km entfernt gelegenen anatolischen bzw. armenischen Gebieten bezogen werden. Gerade einmal zehn Obsidiane wurden bisher aufgefunden 11. Auch Seemuscheln, die meist vom 60 km entfernten Mittelmeer stammten, finden sich nur spärlich 12. Damit wird deutlich, dass es im Vergleich zum florierenden Warenaustausch im PPNB zu Rückschritten gekommen war. Doch ist sowohl lokaler Warenaustausch wie Fernhandel möglich gewesen. Von einer Isolation der einzelnen Ortschaften kann keine Rede sein.
9.1.1 Siedlungsanlage Die Ortschaft Scha‛ar Hagolan (Palestine Grid: 2072.2317) findet man südlich des Sees Genezaret, nahe am Zufluss des Jarmuk in den Jordan. Die neolithische Siedlung wurde in den späten 30erJahren entdeckt, als die dort siedelnden Kibbuzim Fischteiche aushoben. Zwischen 1949 und 1952 führte M. Stekelis im Auftrag der ›Hebrew University‹ Jerusalem vier Ausgrabungskampagnen durch. Seit 1989 erforscht Y. Garfinkel vom ›Institute of Archaeology‹ der ›Hebrew University‹ Jerusalem Teile des neolithischen Dorfes. Bisher wurden über 1800 m2 untersucht, das sind etwa 1 % der ursprünglichen Siedlungsfläche.
In Scha‛ar Hagolan lebten 3000 bis 4000 Menschen 13. Dass eine derart große Zahl von Einwohnern permanent an diesem Ort existieren konnte, verdankt sich zum einen dem Umstand, dass hier Wasser stets verfügbar war. Außerdem war hier die Nahrungsgrundlage breit gestreut. Man betrieb Feld- (z. B. Weizen und Gerste) und Gartenbau (Gemüse, Oliven, Datteln und Granatäpfel). Außerdem lebte man vom Fischfang, von der Jagd (Gazellen, Tauben, Wasser- und Zugvögel), der Zucht von Schafen und Ziegen und ebenso von Schweinen und Kühen 14. Pflanzliches Rohmaterial (wie Schilf und Weidenzweige für Matten, Korbwaren, HausAbb. 232: Haus I in Areal E von Scha‛ar Hagolan (nach einem Vorbild in Garfinkel/ Miller 2002, 19).
11. Garfinkel/Miller 2002, 32. – Sämtliche Objekte sind klein. Sie wiegen zwischen 0,5 und 2 g. 12. Garfinkel/Miller 2002, 31. 13. Garfinkel/Miller 2002, 258 mit Taf. 19/1. 14. Garfinkel/Miller 2002, 247-255.
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9.1 Scha‛ar Hagolan – ein Dorf im keramikführenden Neolithikum
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dächer u. a.) standen ebenso reichlich zur Verfügung wie Gestein (Basalt, Kalkstein, Flint) und Tonlagerstätten. Die jungsteinzeitliche Bevölkerung errichtete in Scha‛ar Hagolan sowohl Häuser mit rundem Grundriss als auch Gebäude mit rechteckigen Räumen, die auf Steinfundamenten ruhten und derenWände aus Lehm aufgebaut oder mit getrockneten Lehmziegeln gemauert waren. Die Fußböden bestanden aus Stampflehm. Die Dächer wurden aus Stroh und Lehm auf hölzernem Grundgerüst gebaut. Einige der großen, monumentalen Häuser (in den Arealen E, F und H) besaßen Hofflächen, die allgemein bis zu 230 m2, in einem Fall sogar 800 m2 groß sein konnten. Die massiv gebauten Außenmauern konnten eine Stärke von 0,8-1,2 m erreichen. Die häufig nachgewiesenen Vorratsgruben waren zumeist mit Steinen ausgekleidet. In Scha‛ar Hagolan gab es – auch wenn der gesamte Bereich heute noch nicht abzuschätzen ist – eine Siedlungsplanung, die die Anlage der Häuser an Straßen und Gassen regelte. In Areal E ist das Baukonzept von Hofhäusern bereits deutlich zu erkennen. Deren interne Unterteilung und die auf der Basis der jeweiligen (Be-) Funde zu vermutenden Funktionen einzelner Bereiche lassen auf eine dreifache hierarchische Gliederung der Gesellschaft schließen: Dabei ist zwischen der Kernfamilie (nuclear family) und dem Häuptling (Clanoberhaupt) noch mit einer mittleren Ebene, der Großfamilie (extended family), zu rechnen. Der allgemeine Bevölkerungsdruck innerhalb dieser großen Siedlung erforderte offenbar diese größere und stärkere Einheit familiärer Organisation zur Wahrung des Interessenausgleichs aller 15. Von Grablegungen in Scha‛ar Hagolan ist bisher nur wenig bekannt 16.
9.1.2 Stein- und Keramikartefakte Die Werkzeuge der Bewohner Scha‛ar Hagolans bestanden zum großen Teil aus Silex. Sie wurden mit der bewährten Abschlagtechnik aus Mineralknollen hergestellt, die man an den Flussufern des Jarmuk bzw. des Jordan aufsammelte. Die Formen der Werkzeuge glichen denen des vorkeramischen Neolithikums. Allerdings scheint die Steinbearbeitung den sehr hohen Standard des PPNB nicht mehr erreicht zu haben 17. 15. Garfinkel/Miller 2002, 257-262. 16. Die wenigen bekannten Beispiele deuten auf Einzel- und Erstbestattungen in Hockerstellung innerhalb der Siedlung hin. Die Schädel verblieben am Körper. Grabbeigaben wurden nicht nachgewiesen. 17. Banning 1998, 203 f.
Abb. 233: Silexfund aus eš-Šallāf.
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Abb. 234: Keramikfunde aus eš-Šallāf (Jarmuk-Kultur).
9. Wie könnte es gewesen sein?
In großer Zahl findet man Sichelklingen (mit fortlaufender Zahnung), die den Schluss zulassen, dass der Ackerbau in Scha‛ar Hagolan eine wichtige Rolle spielte. Außerdem wurden Bohrer, Ahlen, Schaber und Messerklingen nachgewiesen – dazu polierte Äxte, Meißel, Mahlsteine, Mörser sowie Stößel, Gewicht-, Wetz- und Hammersteine. Die am häufigsten belegten Waffen waren Pfeilspitzen, die für das Jagen Verwendung fanden. Die innovativste Neuerung der Jarmuk-Kultur war die des Keramikbrennens. Der Gebrauch des im Umfeld der Siedlung vorhandenen Tons kann allerdings auch vor der Jarmuk-Kultur nicht völlig unbekannt gewesen sein. Schon aus dem vorkeramischen Neolithikum fanden sich in ‛Ēn Ġazāl einige gebrannte Scherben. Im PPNB waren bereits die sog. ›Tokens‹ aus Ton verbreitet 18. Es ist nicht sicher, ob die Entwicklung der Keramiktechnik von außen kam, z. B. aus Nordsyrien oder aus Anatolien 19. Im syrischen Dorf Tell Ramād 20 sind Keramikfunde bereits aus dem PPNB bekannt. Vieles spricht jedoch dafür – wie schon J. Garstang 1948 vermutete –, dass sich die Keramikherstellung lokal aus primitiven Ansätzen entwickelte 21. Durch die Keramikgefäße konnten entscheidende Verbesserungen bei der Vorratshaltung, bei der Nahrungszubereitung, beim Kochen und beim Verzehr geschaffen werden. Neben den allgegenwärtigen Schüsseln wurden auch flache tellerartige Objekte geformt. Zur Vorratshaltung benutzte man Krüge. Das waren vor allem die ›Holemouth-Gefäße‹, denen später auch Krüge mit ausgestelltem Stehkragenhals folgten. Außerdem gab es V-förmige Schalen und Miniaturgefäße. Die im Handaufbau aus lokalem Ton gefertigten Gefäße wurden bei Temperaturen zwischen 550 und 800°C gebrannt. 10-20 % der Keramik in der Jarmuk-Kultur gehört zur sog. Feinkeramik. Diese wurde weit häufiger als die Gebrauchskeramik außen verziert und in der Regel bei höheren Temperaturen gebrannt. Die an der Oberfläche gut geglättete Feinkeramik besaß häufig einen komplett roten Überzug oder wurde mit geometrischen Figuren (z. B. mit Dreiecken) bzw. mit Streifen roter Farbe bemalt. Viele der Objekte wurden durch aufwendige Ritzdekors aus unregelmäßigen bzw.
18. Ihre Deutung als Spielfiguren, Zählhilfen oder gar als Vorläufer der Schrift (im Bereich des Handels) ist im Einzelfall umstritten. 19. So die vielfach geäußerte Meinung seit Kenyon 1957, 77.82 und 1960, 58. Vgl. dazu u. a. auch Mellaart 1975. 20. Vgl. zur sog. White Ware von Tell Ramād bes. de Contenson 1971, 278-285. 21. Garstang/Garstang 1948, 64 f. Möglicherweise bildete aber auch die bereits gut bekannte Technik der Herstellung von Verputz für Hauswände die Grundlage für diese Entwicklung. Vgl. Garfinkel/Miller 2002, 30.86 ff.139 f.141 ff.
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9.1 Scha‛ar Hagolan – ein Dorf im keramikführenden Neolithikum
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parallelen Strichen, Dreiecks-, Zickzack- oder Fischgrätenmustern verziert. Die meist dickwandigere Grobware war grob gemagert und wurde reduzierend gebrannt.
9.1.3 Kunst- und Kultobjekte Seit der Zeit ihres Auffindens haben die zahlreichen Kunst-/Kultobjekte aus Scha‛ar Hagolan große Aufmerksamkeit gefunden 22. Sie geben aber bisher mehr Fragen auf, als sie Antworten liefern: Um welche Objekte handelt es sich? Warum wurden sie hergestellt? In welcher Tradition wurden sie gefertigt? Wer stellte sie her? Wer benutzte sie? Handelt es sich um Menschen- oder Götterdarstellungen? Warum gibt es so auffällig viele Figurinen in Scha‛ar Hagolan? In Scha‛ar Hagolan fand man eine fragmentierte Statue. Sie war ursprünglich 30-35 cm groß und wurde 1997 im Innenhof eines monumentalen Hauskomplexes (Gebäudebereich I in Areal E) gefunden. Dort war sie in einer Grube (Locus 96) abgelegt (›begraben‹) worden, wie dies bei kultisch benutzten Gegenständen durchaus häufig vorkommt. Außerdem sind 53 anthropomorphe Tonfigurinen (meist sitzende Frauen) mit wulstig nach außen tretenden Augen bekannt, die sog. ›Coffee bean eyed figurines‹ oder ›Cowrie eyed figurines‹. Weiterhin gab es zylindrische Ton- und wenige ithyphallische Figurinen. Außerdem wurden anthropomorphe Steinfiguren in einer Größe von 4-32 cm und mit einem Gewicht von 30 g bis 6 kg entdeckt, bei denen entweder der gesamte Körper, das Gesicht (›Gesichtsfigurine‹) oder nur die Augen (›Augenfigurine‹) ausgearbeitet waren. Es gab zudem Steine mit diversen geometrischen Ritzzeichnungen 23. Die Figurinen wurden im gesamten Ortsbereich gefunden, stets einzeln und in den allermeisten Fällen in geschlossenen Räumen oder in Höfen 24. In den monumentalen Hauskomplexen des Areals E (bisher wurden dort 1300 m2 untersucht) kamen sie gehäuft vor. 41 der 53 ›Coffee bean eyed figurines‹ aus Areal E, 2 der 4 Steinfigurinen sowie 5 der 7 übrigen Tonfigurinen wurden allein im Bereich des Hauskomplexes II entdeckt.
22. Stekelis 1951, 1-19; 1972; Garfinkel 1993a, 115-134 und Kafafi 1993, 101-114. 23. Es kommen parallele Linien entlang der langen bzw. der schmalen Seite der Steine vor. Andere Steine tragen Netzmuster aus Rechtecken oder Rhomben. Schließlich können kleine kurze Linienpaare eine lange durchgezogene Linie rechtwinklig kreuzen. 24. Nach Garfinkel/Miller 2002, 224 ist ein Begräbnis-Kontext auszuschließen.
Abb. 235: Figurine aus Scha‛ar Hagolan (nach einem Vorbild in Garfinkel/ Miller 2002, 198 Abb. 13.14).
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9. Wie könnte es gewesen sein?
Diese Fundumstände legen den Vergleich zum chalkolitischen Golan nahe, wo C. Epstein 25 ähnliche Phänomene beschrieb. Man wird schließen dürfen, dass die Figurinen aus Scha‛ar Hagolan in gleicher Weise kultische Bedeutung hatten und – weil sie in Wohnhäusern Platz fanden – einen Teil des häuslichen, familiären Kultes bildeten 26. Schon M. Stekelis wies den Objekten eine fruchtbarkeitsspendende Funktion für Menschen, Tiere und Pflanzen zu 27. Dabei dachte er bei den weiblichen Figurinen an eine ›Muttergöttin‹ bzw. an die ›große Göttin‹ und an einen Kult, der den Lebenszyklus reflektierte. Michele A. Miller deutet die z.T. standardisierten weiblichen Figurinen neuerdings als die ›Urmutter‹ der Bevölkerung dieses Ortes (ohne dabei ein Matriarchat anzunehmen). Die porträtierte Figur besitze rituelle und zeremoniale Züge, repräsentiere Fruchtbarkeit, Kraft und Schutz (»all seeing-protector«) und wäre daher von den Bewohnern als deren ›Urmutter‹ dargestellt und verehrt worden »as deified ancestor, the matron« 28. Man hat anhand der Steinfigurinen auch auf einen Regenkult 29, auf Initiationsriten 30 u. a. schließen wollen. Die Vermutung liegt nahe, dass es sich bei dem oben erwähnten Haus II in Areal E um einen Tempel handeln könnte. Dagegen sprechen aber die dort in großer Zahl aufgefundenen Objekte, die zum alltäglichen Leben und Arbeiten gehörten. Der Gebäudekomplex ist daher eher als das Haus des Ältesten (›Häuptling‹/Clanoberhaupt) zu identifizieren. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Scha‛ar Hagolan gute Existenzbedingungen bot, und dies selbst unter ungünstigen klimatischen und ökologischen Bedingungen. Die große Innovation der Jarmuk-Kultur, der Beginn der Keramikindustrie in Palästina, lässt diese Epoche heute keineswegs mehr als Periode des Verfalls, vielmehr als beeindruckende Zeit der Bewältigung ungünstiger äußerer Umstände ansehen. Durch die archäologische Arbeit in Scha‛ar Hagolan sowie durch die Entdeckung und flächenhafte Ausgrabung weiterer (permanenter) Siedlungen wird sich unser Bild von dieser Kultur in Zukunft sicherlich noch erheblich verändern und komplettieren. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Garfinkel 1993a, 115-134; 1993b, 1340-1342; 1999; Garfinkel/Miller 2002; Kafafi 1993, 101-114; 1998, 127-138; Rollefson/Rollefson 1989, 73-89; Ros25. 26. 27. 28. 29. 30.
Epstein 1988, 205-223. Vgl. Epstein 1998. Zum familiären oder häuslichen Kult s. Kap. 8.7.2. Stekelis 1972. Garfinkel/Miller 2002, 221-233, bes. 232. Wreschner 1976, 157-165. Bar-Yosef 1992, 38.
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9.2 Chalkolitische Dörfer und Kultorte signol-Strick 1993, 135-152; Stekelis 1951, 1-19; 1972 und Wreschner 1976, 157-165 – weiterhin Banning 1998, 188-237; Bar-Yosef 1998, 162178 und Simmons/Köhler-Rollefson et al. 1988, 35-39.
9.2 Chalkolitische Dörfer und Kultorte Das Chalkolithikum (4500-3200 v. Chr.) schloss die Neolithisierung in Palästina ab. Es war die letzte vorurbane Zeitepoche. Die von Ackerbau und Viehzucht getragene und sich durch eine stark entwickelnde Handwerkskunst auszeichnende chalkolithische Kultur wuchs in den letzten Jahren zu Recht zu einem zentralen Forschungsschwerpunkt in der Palästinaarchäologie heran 31. Beispielhaft sind hierfür die Ausgrabungs- und Surveyergebnisse aus Tell Abū Ḥabīl, Tell Abū Ḥāmid, Ḫirbet eš-Šūne, Nevē ‛Ūr, Ṭabaqāt Faḥil, Saḥāb, Telēlāt Ġassūl sowie Sāl zu nennen. Unter diesen chalkolithischen Siedlungen befinden sich auch sehr große nicht ummauerte Orte (›Megadöfer‹), wie z. B. Telēlāt Ġassūl (24 ha) und Sāl (36 ha). Die anhaltende Stabilität der gesellschaftlichen Strukturen im Chalkolithikum ist auffällig. Die Gesellschaft wird meist als »einfaches, gruppenorientiertes Häuptlingstum« umschrieben, das in der letzten Phase des Chalkolithikums zunehmend hierarchisch untergliedert worden sei. Die politische und ökonomische Integration Palästinas blieb insgesamt gering, allerdings nahm die kulturelle im Zeitverlauf zu 32. Die chalkolithische Kultur basierte auf Ackerbau und Viehzucht. Die sich in der Handwerkskunst (z. B. bei den Werkstoffen Keramik, Stein, Knochen und Metall) ausdrückende Zunahme an Spezialisierung und Komplexität deutet zumindest auf eine horizontal stärker untergliederte Gesellschaft hin. Der Antrieb zur handwerklichen Spezialisierung kam vor allem aus der Begrenztheit der zur Verfügung stehenden natürlichen Ressourcen, besonders des Wassers und der landwirtschaftlich nutzbaren Flächen. Die Bezeichnung ›Kupfersteinzeit‹ betont die Innovation dieser Epoche, die Gewinnung und Verarbeitung von Kupfer. Die diesbezüglichen Aktivitäten konzentrierten sich zunächst auf den Süden Palästinas (!Fēnān und Timna; Kap. 8.5.4). Der Kupferhort aus !Naḥal Mišmār (S. 100-102) stellt die grandiosen Fähigkeiten 31. Vgl. allein Garfinkel 1993a, 115-134; 1993b, 1340-1342; 1999; Epstein 1998; Kerner 2001 und Garfinkel/Miller 2002. 32. Kerner 2001, 175-182.
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9. Wie könnte es gewesen sein?
der frühen Metallhandwerker heraus. Doch war Kupfer zu wertvoll und für Werkzeuge und Waffen zu weich, um in größerer Menge gegenüber herkömmlichen Materialien verwandt zu werden.
9.2.1 Sāl – ein chalkolithisches ›Megadorf‹
Abb. 236: Geografische Lage.
Das im Jahr 2000 durch das BAI Wuppertal und die ›Yarmouk University‹ Irbid im Rahmen einer Rettungsgrabung geoelektrisch prospektierte (s. S. 131 Abb. 111 f.) und an repräsentativen Stellen ausgegrabene ›Megadorf‹ 33 Sāl (Palestine Grid: 2359.2198) umfasste eine Fläche von ca. 36 ha. Die Bewohner des mittleren und späten Chalkolithikums bedienten sich hier einer über Jahrtausende bewährten Methode, Häuser mit runden Grundflächen zu bauen. In Sāl wurden allerdings die Hausfundamente aus dem am Siedlungsort anstehenden, weichen Kalksteinboden gemeißelt 34. Im Zentrum der Häuser gab es jeweils eine Basis für die das Dach tragende hölzerne(?) Säule. Um die Häuser herum war Platz für Hofbereiche. Auch mehrere Vorratsgruben wurden nachgewiesen. Wie Sāl weisen viele chalkolithische Siedlungen keinerlei Verteidigungsanlagen auf. Ob das auf friedliche, spannungsfreie Zeiten schließen lässt oder ob die Konzentration so vieler Menschen an einem strategisch günstigen Ort schon als Schutzfunktion gegen tatsächlich bestehende Gefahren verstanden werden muss, ist umstritten. Die beachtliche Größe einer solchen Siedlung brachte soziale Herausforderungen mit sich (z. B. Besitz von Ackerflächen und Verteilung von Wasser). Dies bedurfte einer kommunalen Organisation. Allerdings lassen sich weder in Sāl noch an anderen Orten administrative Einrichtungen erkennen.
Die im Neolithikum häufig nachzuweisende Bestattungspraxis 35, Verstorbene unter den Wohnhäusern zu beerdigen, wurde im Wesentlichen aufgegeben 36. Die Abb. 237: Grundriss eines chalkolithischen Rundhauses mit zentraler (Säulen-)Basis aus Sāl (Areal I, LM 55/56).
33. Kafafi/Vieweger 2000, 173-191; 2001, 5-46 (zu Sāl); Mallon/Koeppel/Neuville 1934 und Bourke 1997, 249-260 (zu Telēlāt Ġassūl). 34. Die Wohnbereiche im chalkolithischen Palästina sind regional (natürliche und künstliche Höhlen bes. im Negev), z. T. aber auch lokal recht unterschiedlich (z. B. Rund-, Breitraum- bzw. Apsidialhäuser). Seit dem frühen Chalkolithikum nimmt die Zahl der im Grundriss rechteckig angelegten Wohngebäude zu. 35. Bienert/Müller-Neuhoff 2000, 17-29. 36. Es finden sich unter der Begehungsfläche von Wohnhäusern an einigen Orten noch Kinderbestattungen.
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9.2 Chalkolitische Dörfer und Kultorte
273
Siedlungsgemeinschaften schufen sich mit Friedhöfen kollektive Beerdigungsstätten, wobei recht unterschiedliche Bestattungsformen nachgewiesen werden konnten. Die Praxis der Zweitbestattung (z. B. Beisetzung von Gebeinen in Ossuarien) dominierte. Primäre Bestattungen von Säuglingen und Kleinkindern in Keramikgefäßen scheinen ebenso üblich gewesen zu sein.
9.2.2 En Gedi – ein chalkolithischer Tempel Das kultische Leben im Chalkolithikum war vielfältig. Es lässt sich am Beispiel der fast vollständig erhaltenen Tempelanlage aus En Gedi (Palestine Grid: 1871.0965), anhand der halbrunden Altäre von Šiqmīm und Telēlāt Ġassūl, mit Hilfe der zum Hauskult gehörenden Basaltidole aus dem weiten Umkreis des Golan (Abb. 211 f.) und mittels der flachen violinförmigen Stein- sowie den vieldiskutierten Keramikfigurinen aus Gilat, En Gedi und Telēlāt Ġassūl beschreiben. Schließlich kann die möglicherweise kultisch zu interpretierende Bildwelt, wie sie z. B. in den mehrfarbigen Wandmalereien von Telēlāt Ġassūl 37 repräsentiert wird, in diesen Zusammenhang gehören.
Abb. 238: Geografische Lage.
Abb. 239: Der chalkolithische Tempel (Grundriss und Rekonstruktion) von En Gedi. 37. Unger 1961, 72 ff. und Homès-Fredericq/Franken 1986, 54 f.63.
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9. Wie könnte es gewesen sein?
Das gut erhaltene, am westlichen Ufer des Toten Meeres gelegene Heiligtum von En Gedi war mit einer Temenosmauer umgeben. Der heilige Bereich umfasste zwei Tore, eine beckenartige Rundinstallation und zwei Breitraumhäuser (ein Nebengebäude und den Tempel selbst). Im Tempel waren gegenüber dem Eingang ein hufeisenförmiges Podium sowie an den Wänden Ablagebänke eingebaut. Das Heiligtum von En Gedi war nicht Teil einer Siedlung, sodass es wohl eher als Ziel für Pilger diente. Inwieweit die im Kupferhort von !Naḥal Mišmār (S. 100-102) enthaltenen Objekte im Zusammenhang mit diesem Tempel standen, ist nicht zu entscheiden.
9.2.3 Tell Ḥuǧērat el-Ġuzlān – ein chalkolithischer Handelsort am Übergang zur Frühbronzezeit
Abb. 240: Tell Ḥuǧērat elĠuzlān.
Einen Einblick in die wirtschaftlichen und handelspolitischen Entwicklungen während der Endphase des Chalkolithikums 38 und der beginnenden Frühbronzezeit ermöglicht die 0,8 ha große, wenige Kilometer nördlich von Aqaba am Wādī Yitm gelegene Siedlung Tell Ḥuǧērat elĠuzlān (Palestine Grid: 1498.8875) 39. Die Ortslage wird seit 1998 gemeinsam von der Orientabteilung des DAI, Berlin, und dem ›Department of Archaeology‹ der ›Jordan University‹, Amman, erkundet. In der Siedlung wurden die Grundmauern sowohl runder als auch rechteckig gegründeter Hausbauten ausgegraben. Die archäologische Untersuchung von Tell Ḥuǧērat el-Ġuzlān sollte u. a. Erkenntnisse über die frühen Handelsbeziehungen zwischen dem prädynastischen Ägypten und den Wüstengebieten im südlichen Palästina erbringen. In diesem Zusammenhang stand die Kupfermetallurgie im Vordergrund, da das Schmelzen von Kupfererz 40 und dessen Weiterverarbeitung zu Barren vor der Verschiffung nach Ägypten offenbar hier durchgeführt wurde – was die strategische Position der Siedlung deutlich macht. 38. Zu den 14C-Daten s. Görsdorf 2002, 333-339. 39. Eichmann/Khalil 1998, 14-16; 1999, 1-20; Khalil/Eichmann 1999, 501-520; 2001, 195-204; Khalil/Eichmann/Schmidt 2003, 159-175 und Khalil/Eichmann 2006, 139-146. 40. Kupferschlacke wurde in größeren Mengen aufgefunden.
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9.2 Chalkolitische Dörfer und Kultorte
Hier fielen Verarbeitungsort und naher Anlandungsplatz zusammen. Zwei Typen von Formen zum Gießen der Barren wurden in Tell Ḥuǧērat el-Ġuzlān aufgefunden. Die ovalen Formen dienten zur Herstellung ausbauchender Kupferbarren. Sie waren etwa 5 10 cm groß. Die rechteckigen Formen waren hingegen flach und lieferten daher quaderförmige Barren. Deren Größe betrug im Durchschnitt 8 11 cm. Beide Formen führten letztlich zur Herstellung von in etwa 800 g schweren Barren. Die in Tell Ḥuǧērat elĠuzlān aufgefundenen Gussformen wiesen geringe Spuren von Kupfer auf. Bisher wurden jedoch in der Ortslage selbst noch keine Barren aufgefunden. Unter den bisher aufgefundenen Formen gab es keine, die zur Herstellung von Werkzeugen 41, wie von Äxten, Meißeln, Nadeln, Ahlen o. ä., dienten. Die gegossenen Kupferbarren konnten allerdings später in die gewünschten Werkzeuge umgeformt werden. Barren, die mit den in Tell Ḥuǧērat el-Ġuzlān aufgefundenen Gussformen übereinstimmen, sind aus Maadi in Unterägypten bekannt 42. Es kann keinerlei Zweifel daran bestehen, dass Ägypten und die südliche Levante dabei an der gleichen Tradition des Kupferhandwerks partizipierten. Die frühe Metallurgie (wie in Tell Abū Maṭar, Bi‛r es-Safādī, Šiqmīm oder Tell Ḥuǧērat el-Ġuzlān) war in der südlichen Levante beheimatet, ihr Ursprungsort ist nicht in Ägypten zu suchen. Die Rohstoffquellen der in der Aqaba-Region verarbeiteten Erze sind nach bisherigem Kenntnisstand in Timna oder Fēnān zu vermuten. Eines der großen Gebäude in Tell Ḥuǧērat el-Ġuzlān scheint dabei als Lagergebäude mit mehreren Lagerräumen gedient zu haben. In Tell Ḥuǧērat el-Ġuzlān gab es auch eine lokale Textilindustrie. In einzelnen Bereichen wurden gehäuft insbesondere Spinnwirtel und Ahlen aufgefunden, die in ihrer standardisierten Form aus Knochen hergestellt wurden. Die Textilherstellung ist aber zweifellos von der auf hierarchischer Organisation beruhenden Metallindustrie mit internationaler Handelsverflechtung zu trennen. Der Übergang von der chalkolithischen Epoche mit offenen Siedlungen zur bronzezeitlichen urbanen Periode verlief weitgehend kontinuierlich. Dies war mit einer ungebrochenen Fortsetzung handwerklicher Fähigkeiten sowie religiöser Sitten und Gebräuche verbunden.
41. In Tell Ḥuǧērat el-Ġuzlān selbst wurden bisher nur wenige Artefakte aus Kupfer aufgefunden, dies waren besonders Stäbe, Nadeln und ein kleines trapezoides Randleistenbeil. 42. Rizkana/Seeher 1989, Taf. 4,9 f.
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Abb. 241 und 242: Gussformen aus Tell Ḥuǧērat elĠuzlān.
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9. Wie könnte es gewesen sein?
9.3 Arad – eine Stadt der Frühen Bronzezeit II
Abb. 243: Geografische Lage.
Kultur Zeit (v. Chr.)
Stratum
Chalkolithikum 4. Jt. – 3300
V
FB IB 3100–2950
IV
FB II 2950–2800
III
FB II 2800–2650
II und I
Abb. 244: Stratigrafie der frühbronzezeitlichen Stadt Arad.
Die sich gegen Ende des 4. Jt. v. Chr. vollziehenden gewaltigen Veränderungen in Palästina wurden im Wesentlichen von außen angestoßen. In den beiden großen kulturellen Zentren der nun anbrechenden Epoche, in Mesopotamien und Ägypten, entwickelte sich eine spezialisierte Stadtkultur. Die in diesen geografischen Großräumen dominierenden Flüsse sicherten nicht nur die verlässliche Trink- und Brauchwasserzufuhr, sondern ermöglichten auch eine zuverlässige Nahrungsmittelproduktion (durch Bewässerungssysteme und/oder jährliche Überschwemmungen). Die Ströme förderten außerdem den intensiven Austausch von Handelsgütern, Innovationen und Wissen. Daher kann es nicht verwundern, dass die ersten Schriftsysteme (die im Umfeld des Handels ihren Ursprung hatten) hier entwickelt wurden. Rivalität und Wettstreit zwischen den einzelnen städtischen Zentren waren die Ursache für die Herausbildung größerer, (in Mesopotamien mehrfach wechselnder) politischer Einheiten. Auch in Palästina entstand eine Stadtkultur während der Frühbronzezeit (ab 3200 v. Chr.). Die topografisch vielfach und stark untergliederte Landschaft förderte jedoch weder das Zusammengehörigkeitsgefühl der einzelnen Städte untereinander noch die Möglichkeit einzelner Stadtstaaten, größere politische Einheiten zu schaffen. Der natürlich vorgegebene Regionalismus ließ statt dessen die ökonomische und politisch-militärische Überlegenheit der Nachbarregionen, insbesondere Ägyptens, wachsen. – Am Beispiel von Arad ist die Struktur einer frühbronzezeitlichen Stadt in Palästina und deren Kontakt mit dem mächtigen Nachbarn Ägypten in besonderer Weise ablesbar.
9.3.1 Geschichte Arad (Palestine Grid: 1621.0766) 43 ist eine der wenigen großflächig ausgegrabenen, frühbronzezeitlichen Städte Palästinas. Die Stadt liegt etwa 30 km nordöstlich von Beerscheba und beherrscht die nordöstlichen Ausläufer des Negev sowie den südöstlichen Zugang zum judäischen Gebirge. Die Ortslage besitzt keine eigenen Quellen und ist daher ganz auf die Speicherung von Regenwasser – im 43. Eusebius verzeichnet Arad geografisch korrekt (Onom 14,2); die Madeba-Karte siedelte Arad südlich von Beerscheba an.
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9.3 Arad – eine Stadt der Frühen Bronzezeit II
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Durchschnitt fallen heute 170 mm pro Jahr 44 – in Zisternen angewiesen. Dass dies in Arad überhaupt möglich ist, verdankt der Siedlungsplatz dem hier anstehenden Gestein aus dem Eozän 45, das im Gegensatz zur Umgebung wasserundurchlässig ist 46. Aus diesem Grund entwickelte sich das Zentrum der frühbronze-II-zeitlichen Stadt nicht um die strategisch gesehen vorteilhaftere Kuppe des Hügels, sondern um eine topografisch günstig gelegene Senke am Südwesthang. In der Senke wurde ein großes Reservoir ausgehoben, das vom ablaufenden Regenwasser der Hänge des hufeisenförmig ansteigenden Stadtgebietes (im Norden bis zu 40 m) gespeist wurde. Arad blickt auf zwei wesentliche Besiedlungszeiten zurück: Vom Chalkolithikum bis zur Frühbronzezeit (Unterstadt; Strata V-I) und von der Eisenzeit bis – mehr oder weniger kontinuierlich – in die hellenistisch-römische Zeit; es schloss sich noch eine früharabische Episode an (Zitadelle; Strata XII-II). Das Alte Testament bewahrte zwar die Erinnerung an die an der Erdoberfläche zum Teil noch sichtbare vorisraelitische Siedlung (Num 21, 1; 33, 40; Jos 12, 14), doch wusste es deren tatsächliches Alter nicht wirklich einzuschätzen. In der frühbronzezeitlichen Stadt wurde in 5 Kampagnen (1962-1966) unter Leitung von Y. Aharoni und R. Amiran sowie in weiteren 13 Kampagnen unter Leitung von R. Amiran archäologisch gearbeitet (1971-1978 und 1980-1984).
Die Siedlung auf dem Hügel von Arad 47 besaß während der Frühbronzezeit IB (Stratum IV; 3100-2950 v. Chr. 48) noch keine Mauer. Keramikfunde ägyptischer Herkunft belegen schon frühe Handelskontakte, wobei ein ägyptisches Gefäßfragment mit dem Sereḫ-Zeichen des Narmer 49 – dem letzten Pharao der prädynastischen Periode – die zeitliche Synchronisierung zwischen der Negade-IIIZeit in Ägypten und der Frühbronzezeit IB in Palästina ermöglicht.
44. Während der frühbronzezeitlichen Besiedlung von Arad war das !Klima feuchter als heute (Kap. 8.3.3). 45. Mittlere Stufe des Alttertiär (vor 65-25 Mio Jahren). 46. Aharoni 1993, 75. 47. Arad war – wie die umliegenden Hügel – bereits im Chalkolithikum von bäuerlichen Gruppen besiedelt. 48. Negade-III-Zeit. – Die Chronologie orientiert sich an Amiran/Ilan 1993, 76. Vgl. dazu bes. S. 468 f. 49. Amiran 1974, 4-12.
Abb. 245: Gefäßfragment mit dem Sereḫ-Zeichen des Narmer.
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9. Wie könnte es gewesen sein?
Mit Beginn der Frühbronzezeit II (Stratum III; 2950-2800 v. Chr. 50) entwickelte sich eine beachtliche Stadt, die von einer gewaltigen Stadtmauer geschützt wurde. Im Zentrum dieser Stadt befand sich ein Wasserreservoir, um das sich öffentliche Gebäude gruppierten. Nach einer gewaltigen Zerstörung wurde die Siedlung ohne größere Unterbrechung wieder neu aufgebaut. Der Baustil und die Stadtanlage in der späteren Frühbronzezeit II (Stratum II und I; 2800-2650 v. Chr 51) glichen daher auch der vorangegangenen Epoche.
9.3.2 Stadtanlage Arad war mit ca. 10 ha ummauerter Stadtfläche gewiss ein städtischer Glanzpunkt im südlichen Palästina. Die 2500 bis 3000 Einwohner wurden von der bereits erwähnten ca. 1,2 km langen und etwa 2,4 m dicken Stadtmauer geschützt. Die meisten der 30-40 Türme der Stadtmauer waren im Grundriss halbrund. Sie stammen bereits aus dem vorangegangenen Stratum III. Nur wenige neu erbaute Türme wurden hinzugefügt. Sie erhielten eine rechteckige Grundfläche. Bisher wurden zwei Stadttore und ebenso viele Poternen aufgefunden.
Abb. 246: Teil der westlichen Stadtmauer von Arad.
Doch nicht nur die Ummauerung der Stadt, auch der Aufriss selbst (z. B. das Straßennetz und die Verteilung der Gebäude) lässt eine vorausschauende Planung vermuten. Die Straßen führen entweder direkt auf das zentrale Wasserreservoir zu oder entlang der Höhenlinien radial um das Zentrum herum. Im Bereich der vom Reservoir zum Westtor führenden Hauptstraße lagen öffentliche Gebäude (Tempel, der Palast und Märkte). 50. Erste Dynastie (Pharaonen Djer bis Den). 51. Pharao Den bis zum Ende der 2. Dynastie.
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9.3 Arad – eine Stadt der Frühen Bronzezeit II
Dominierender Haustyp der Strata III-I war das eingeschossige, vermutlich fensterlose Breitraum- oder ›Arad-Haus‹. Die Bauweise wurde sowohl bei Privathäusern als auch bei öffentlichen Gebäuden angewandt. Der Grundriss war rechteckig. Die 60-70 cm breite hölzerne Tür befand sich stets in einer der längeren Wände. Zwei bis drei Treppenstufen führten von der Tür hinab in den 3,3-4,3 5,1-7,3 m großen Innenraum. Steinerne Bänke (mit einer Höhe von 20-40 cm und einer Breite von 45-50 cm) umliefen die Innenwände. Auf einer Steinbasis in der Mitte der Räume war eine Holzsäule zur Abstützung des flachen Daches verankert. – Das kreidehaltige Gestein des Hügels lieferte das Baumaterial für die Hauswände und die Stadtmauer 52. Die im südlichen Stadtteil ausgegrabenen Wohnkomplexe bestanden jeweils aus einem solchen Breitraumhaus (Wohngebäude), aus zusätzlich ein bis zwei Nebenräumen (Küche, Arbeits- oder Vorratsraum?) und aus einem Hof, in dem die Vorräte gespeichert und auch verarbeitet wurden. Neben der Nahrungszubereitung (Reibsteine und Mörser) wurde hier auch gesponnen, gewebt und genäht, was durch Spinnwirtel-, Weberschiffchen- und Nadelfunde bezeugt wird. Andere Tätigkeiten belegen die zumeist aus Silex gefertigten Sichelklingen, Schaber, Bohrer und Pfrieme. Der Gebrauch von Kupferwerkzeug war in dieser Zeit noch selten. Das Handwerk war spezialisiert. Neben der allgemein notwendigen Textil-, Leder-, Werkzeug- und Keramikproduktion gab es Siegelschneider (Roll- und Stempelsiegel aus lokalem Kalkstein) und eine Schmuckherstellung. Allerdings werden nicht alle hier gefundenen Schmuckstücke aus Muscheln, Karneol, Perlmutt oder anderem Material lokal fabriziert worden sein. Die Bewohner Arads lebten von Ackerbau (Gerste, Weizen, Erbsen, Linsen, Kichererbsen, Oliven, Flachs 53) und Viehzucht. Schafe und Ziegen scheinen in großer Zahl gehalten worden zu sein, Rinder waren eher die Ausnahme. Esel, die typischen Transporttiere dieser Zeit, konnten ebenfalls nachgewiesen werden. Arads Wohlstand scheint direkt mit der Entwicklung der Kupfergewinnung und -verarbeitung verbunden gewesen zu sein. Deren Produkte wurden offenbar in großer Stückzahl über Arad vermarktet. Handelsbeziehungen bestanden mit dem südlichen Sinai, 52. Eine Begräbnishöhle außerhalb der Stadtmauer (Stratum IV) enthielt elf Skelette; einer der Schädel besaß eine Bohrung, die offenbar von einer Schädeloperation (Trepanation) herrührte. 53. Flachs wurde offenbar aus wasserreicheren Gegenden importiert.
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Abb. 247: Hausmodell aus Ton (Arad).
Abb. 248: Frühbronzezeitliche Siegelabrollung aus Ḫirbet ez-Zeraqōn.
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9. Wie könnte es gewesen sein?
vor allem aber mit dem Gebiet des Wādī el-‛Araba bis hin zum Golf von Aqaba. Diese Beziehungen sind durch petrografische Analysen an der keramischen Handelsware in beiden Richtungen nachgewiesen. Nach Ägypten wurde neben Öl und Bitumen 54 (vom Toten Meer) auch Kupfer geliefert. Ägyptische Keramik (als Behältnisse heute nicht mehr bekannter Warenlieferungen) findet sich umgekehrt in Arad.
9.3.3 Repräsentative Bezirke und Bauwerke Vom Westtor bis zum Wasserreservoir im Zentrum der Stadt erstreckten sich die Marktfläche (zwei größere Gebäude und eine Freifläche in der Nähe des Stadttores), der Palast und die Tempel. Von der Hauptverkehrsstraße gelangte man durch einen repräsentativ breiten Eingang an der Nordseite des Palastkomplexes 55 in mehrere miteinander verbundene Räume und Innenhöfe. Im zentralen Bereich, einer Exedra, die sich zu einem kleinen Hof hin öffnete, wurden ein großes Steinbecken (für Waschungen?), zwei flache, runde Steinplatten (Tische?) und eine ursprünglich an einer Wand befestigte Stele aufgefunden. In den vier Räumen im westlichen Bereich des Palastes vermutet man denWohnbereich. Andere Teile der Anlage wurden als Lager- oder Diensträume gedeutet 56. Die in der Exedra gefundene Stele wurde aus örtlichem Kalkstein gefertigt. In sie waren zwei menschenähnliche Gestalten eingraviert, die eine liegend, die andere aufrecht stehend mit erhobenen Armen und ausgestreckten Fingern. R. Amiran interpretierte beide Gestalten als die gleiche Person mit ›Ährenkopf‹. Die Bilder würden zwei Szenen aus dem Mythos des Gottes !Tammuz (S. 256) darstellen, der den Endloskreis der sterbenden und wieder aufblühenden Natur repräsentiert 57. Auch der heilige Bereich war baulich in sich geschlossen und bestand aus einem großen
Abb. 249: Arad und sein heiliger Bezirk.
54. Bitumen wurde zum Abdichten von Schiffen und Vorratsgefäßen verwendet, ebenso zum Mumifizieren von Leichen. 55. Diese Benennung geht von der Vorstellung aus, dass Arad von einer zentralen politischen Macht, z. B. einem König, regiert wurde. 56. Weippert 1988, 161, bestreitet die Deutung als Palast und denkt angesichts der unregelmäßig miteinander abwechselnden Räume und Höfe an ein »dicht bebautes Wohnviertel«. 57. Amiran/Ilan 1993, 82. – Anders Keel/Küchler/Uehlinger 1982, 212 f. (Heilige Hochzeit; nicht ›Ährenkopf‹, sondern Haare).
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9.3 Arad – eine Stadt der Frühen Bronzezeit II
!Doppeltempel 58 (S. 246), daran angrenzenden Nebengebäuden, einem kleinen Doppeltempel und einem großen Gebäude mit weitem Vorplatz (›Festgebäude‹). Der Komplex lag nördlich der Hauptstraße in der Nähe des Reservoirs. Im Vorhof des nördlichen Gebäudes vom großen Doppeltempel befanden sich – von einer Mauer in drei Richtungen geschützt – ein großer Altar und ein Becken. In der südlichen Halle fand man eine steinerne Stele (Mazzebe), die wohl die Präsenz der dort verehrten Gottheit symbolisierte. Auch im kleineren Doppeltempel stand neben dem nördlichen Gebäude ein Altar. Unter dem Boden des südlichen Tempels fand man ein Weihopfer, bestehend aus einem Krug, drei Kännchen, einem ›Holemouth-Gefäß‹ und einem Bitumenklumpen. An drei Seiten des Wasserreservoirs standen Gebäude. Die ursprüngliche Form des Reservoirs wurde durch spätere Aktivitäten, insbesondere in der Eisenzeit und der herodianischen Epoche bis zur Unkenntlichkeit zerstört. Das Reservoir umfasste eine Fläche von etwa 150 m2 und enthielt bis zu 2000 m3 Wasser. An der unbebauten Ostseite lag vermutlich der Damm. Im Norden des Gebäudegürtels befand sich (nach der Interpretation der Ausgräberin) die in ihrer Größe herausragende ›Water citadel‹ (18 9,5 m Grundriss) mit 1,5-1,7 m dicken Außenmauern und fünf langen, engen Hallen im Inneren. Ob das Gebäude dem Schutz des gespeicherten Wassers oder aber anderen Zwecken (z. B. als Lagerhaus) diente, ist nicht sicher. Das sog. ›Haus des Wasserverwalters‹ ist ein weiteres, besonders sorgfältig gebautes Haus in der 58. Vgl. die Doppeltempel von Megiddo (FB I).
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Abb. 250: Die ausgegrabenen Bereiche des frühbronzezeitlichen Arad vom Hügel der eisenzeitlichen Stadt her gesehen.
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9. Wie könnte es gewesen sein?
Nähe des Reservoirs. Seine Funktion war bisher nicht zu ergründen. Die Zerstörung der Stadt (Stratum II) könnte möglicherweise auf ägyptische Angriffe beim Kampf um die Vormachtstellung im Kupferhandel 59 oder aber auf innerkanaanäische Konflikte zurückgehen. Das Stratum I bildete nur eine kurze Nachbesiedlung nach der Zerstörung von Stratum II. Arad wurde gegen 2650 v. Chr. verlassen. Das in der Frühbronzezeit II florierende ökonomische und kulturelle Zentrum mit seinem Netzwerk an kleinen Siedlungen im Umfeld wurde nicht wieder neu belebt. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Aharoni 1993, 75; Amiran 1978; 1996; Amiran/Aharoni 1967b; Amiran/ Ilan 1993; 75-82; 1996; Amiran/Ilan et al. 1997; Smith 1990, 89*-93* und Stager 1990, 83*-88*.
9.3.4 Übergang von der frühen zur mittleren Bronzezeit Viele der kanaanäischen Städte Palästinas erlebten auch in der Epoche nach Arads Untergang noch wirtschaftlich und politisch gute Zeiten. Mit dem Ende der Frühbronzezeit III (um 2250 v. Chr.) änderte sich das Klima in Palästina. Es wurde trockener und wärmer. Hinzu kam das rasche Schwinden ägyptischen Einflusses, der mit dem Ende des Alten Reiches im 22. Jh. v. Chr. vollends aufhörte. Die Stadtstaaten Palästinas mussten in der Folgezeit einen verheerenden wirtschaftlichen Abstieg hinnehmen, der durch innere Rivalitäten sicher noch gefördert wurde. Die Bevölkerung war damit gezwungen, wieder weitgehend dörfliche oder sogar nomadische Lebensweisen anzunehmen. Erst in der mittleren Bronzezeit IIA (1950-1750 v. Chr.) entstanden wieder größere städtische Zentren. Die kulturellen und handelspolitischen Anstöße dazu kamen vorrangig von Norden, aus Phönizien und Syrien. Doch schon bald stieß auch Sesostris III. (1836-1817 v. Chr.) bis nach Sichem vor. Damit geriet Südpalästina für einige Zeit wieder unter (lose) ägyptische Vorherrschaft. Ägypten wehrte vehement mit kriegerischen und diplomatischen Mitteln das Vordringen der Hethiter in ihren Machtbereich ab.
59. Vgl. dazu 8.5.4. – In Timna baute man während der Frühbronzezeit II und in Fēnān in der Frühbronzezeit II und III Kupfer ab.
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9.4 Hazor – eine mittel- und spätbronzezeitliche Großstadt und ihre Nachbesiedlung
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9.4 Hazor – eine mittel- und spätbronzezeitliche Großstadt und ihre früheisenzeitliche Nachbesiedlung Während der Mittelbronzezeit IIB (1750-1550 v. Chr.) blühten die kanaanäischen Stadtstaaten in ganz Palästina auf. Entlang der großen Hauptverkehrsstraßen erreichten die Impulse aus Syrien/Mesopotamien und schließlich auch aus Ägypten die urbanen Zentren der kanaanäischen Staatenwelt zuerst und in großer Intensität (selbst die Mode wurde beeinflusst, !das syrische Wickelgewand in Abb. 262). Die neu entstehende urbane Gesellschaft prägte sowohl die mittlere als auch fortlaufend die späte Bronzezeit. Das gilt z. B. für deren Verteidigungsstrategie (!neuartige Kammertore S. 287; !erdumwallte Stadtmauern S. 287 60). Außerdem erhielt die Stadtarchitektur neue Ausprägungen, wie z. B. beim Palastbau, bei der Herausbildung des !Langhaustempeltyps (S. 288) sowie bei den Hallen- und Hofhäusern. Von der neuen Epoche zeugen auch die Grabanlagen dieser Zeit und die Keramikherstellung. Unter den kanaanäischen Stadtstaaten gelang es Hazor, zu ganz besonderer Größe und Bedeutung aufzusteigen. Das beispielhafte Schicksal dieser Stadt während der Mittel- und Spätbronzezeit soll deshalb im Folgenden (allerdings aus Raumgründen bes. auf die Spätbronzezeit fokussiert) beleuchtet werden.
9.4.1 Geschichte Der 8 km südwestlich des Ḥūle-Sees gelegene Tell el-Qedaḫ oder Tell Waqqāṣ (Palestine Grid: 2035.2693) wurde 1875 von J. L. Porter 61 mit dem berühmten, seit dem 18. Jh. v. Chr. in vielen schriftlichen Zeugnissen erwähnten Hazor identifiziert. Die Stadt war in der Mitte des 3. Jt. v. Chr. (Frühe Bronzezeit III) gegründet worden. Sie stieg in der mittleren Bronzezeit IIB zu einer der bedeutendsten Städte Palästinas auf. Mit der Anlage der ausgedehnten Unterstadt im 18. Jh. v. Chr. dokumentierte das kanaanäische Stadtkönigtum von Hazor seine überragende Bedeutung im nörd-
Abb. 251: Geografische Lage.
Strata Zeit (v. Chr.)
Ober- Unterstadt stadt
MB IIB 18. Jh.
XVII
4
MB IIC 17./16.
XVI
3
SB I 15. Jh.
XV
2
SB IIA 14. Jh.
XIV
1b
SB IIB 13. Jh.
XIII
1a
EZ I 12./11. Jh.
XII
–
XI
–
Abb. 252: Stratigrafie des mittel- und spätbronzezeitlichen Hazor. 60. Gregori 1986, 83-102; zum Stadttor von Hazor s. Ussishkin 1992, 274-281. 61. Porter 1875, 414 f.
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9. Wie könnte es gewesen sein?
lichen Palästina. Während der Blütezeit lebten hier etwa 30 000 bis 40 000 Einwohner. Die sog. ägyptischen Ächtungstexte (19. und 18. Jh. v. Chr.) bestehen aus drei verschieden alten Sammlungen von Beschwörungen. Dabei wurden die Namen möglicher Feinde Ägyptens – meist afrikanische und asiatische Ortsnamen oder deren Repräsentanten – in schriftlich ausgeführten Flüchen auf Keramikgefäße oder Figurinen geschrieben. Diese wurden dann anschließend im Rahmen von Kulthandlungen zerschmettert, um den Flüchen magische Geltung zu verschaffen.
Abb. 253: Keilschrifttafel aus Hazor.
Hazor lag an der von Ägypten kommenden, die palästinische Küsten- und schließlich auch die Jesreelebene durchquerenden Hauptverkehrsstraße, deren Weg nach Syrien und schließlich ins Zweistromland führte. Da die Stadt den schwierigen Passweg der Handelsstraße durch das obergaliläische Gebirge kontrollierte, kam der Ortslage eine Schlüsselposition für den Warenverkehr und für strategisch-militärische Überlegungen zu. Es kann daher nicht verwundern, dass Hazor schon früh ins Visier der Ägypter geriet, wie die jüngere Gruppe der ägyptischen Ächtungstexte 62 (gegen Ende der 12./zu Beginn der 13. Dynastie; 18. Jh. v. Chr.) bezeugt. Neben Lajisch (Dan) wurde von den kanaanäischen Städten nur noch Hazor im Mari-Archiv des Zimri-Lim verzeichnet 63. Die Mari-Tafeln belegen die weitreichenden Handelsverbindungen (u. a. Lieferungen von Zinn, selbstverständlich auch von Gold, Silber und wertvollen Textilien) und die große politische Bedeutung der Stadt während der mittleren Bronzezeit 64. Auch in den Städtelisten Thutmosis III. (S. 85), Amenophis II. und Sethos I. wird Hazor erwähnt.
Die über 20 000 mit Keilschrift beschriebenen Tontäfelchen aus Mari gehen zu einem großen Teil auf die Bibliothek !Zimri-Lims (1715-1695 v. Chr.; S. 460), des letzten Herrschers der Stadt vor der Eroberung durch Babylon (Hammurapi; 1728-1686 v. Chr.), zurück. Sie informieren ausführlich über die Geschichte der Region vor und während der Herrschaft Zimri-Lims. Neben Berichten des nach Babylon gesandten Botschafters sind die Mitteilungen über die Landwirtschaft und das Verhältnis des Staatswesens zu den halbnomadisch lebenden Stämmen von besonderem Interesse. In zahlreichen Briefen wird das alltägliche Leben dieser Zeit illustriert: Religiosität, Geschäfte, Handel, Intrigen, Erfolg und Untergang. Selbst Briefe von Frauen, die im Palast lebten oder dort hohe Funktionen innehatten, sind erhalten. Sie berichten über die Administration im Palast und auch über religiöse Belange, z. B. über prophetische Orakel.
62. Posener 1940, 73 und 1975, 67-69. 63. Auf ca. 20 Tafeln wird Hazor erwähnt. 64. ARM VI 23.78; VII 236; XII 747. Vgl. Malamat 1970, 164-177.
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9.4 Hazor – eine mittel- und spätbronzezeitliche Großstadt und ihre Nachbesiedlung
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Ausgegraben wurde in Hazor bereits 1928 durch J. Garstang, dem damaligen Direktor der Altertumsverwaltung der britischen Mandatsmacht in Palästina. Er führte allerdings nur ein paar Sondagen durch. Erst mit Y. Yadin wurden während der vier Kampagnen zwischen 1955 und 1958 und der letzten von ihm geleiteten Untersuchung in den Jahren 1968/1969 entscheidende Erkenntnisse über Hazor gewonnen. 1990 übernahm A. Ben-Tor die Verantwortung für die Ausgrabungen in der Oberstadt. Die Amarnabriefe stammen aus dem Archiv Amenophis IV. (1353-1337 v. Chr.), des sog. Ketzerkönigs Echnaton, das in dessen Hauptstadt Tell el-‛Amārna aufgefunden wurde. Sie sind Teil der auswärtigen Korrespondenz aus den Regierungszeiten Amenophis III. (1391-1353 v. Chr.) und seines Nachfolgers. Die Briefe gewähren der Nachwelt einen unersetzbaren Einblick in die politischen Konstellationen, Aktivitäten und Machenschaften im Vorderen Orient – insbesondere in den von Ägypten beherrschten bzw. beanspruchten Gebieten Palästinas und Syriens.
Hazor bestand im 14. und 13. Jh. v. Chr. – der Spätbronzezeit II – aus einer Ober- und einer Unterstadt. Der Hügel, auf dem sich die Oberstadt befand, hatte eine Höhe von 40 m und eine Ausdehnung von 600 200 m. Die 70 ha große Unterstadt lag nördlich und östlich des Tells. Selbst J. Garstang konnte sich nicht vorstellen, dass Hazor in dieser Zeit mehr als 10 mal so groß gewesen sein sollte wie die übrigen Städte Palästinas. Daher interpretierte er die Unterstadt als geschützten Lagerplatz für Soldaten und Streitwagentruppen. Hazor spielte während der Amarnazeit eine herausgehobene Rolle in Palästina, wie die Amarnabriefe zeigen: Der unter ägyptischer Oberherrschaft stehende König Abdi-Tirschi von Hazor (EAT 227-228) kontrollierte demnach ein beachtliches Gebiet rund um seine Residenz Hazor. Er beteuerte gegenüber dem fernen Ägypten seine uneingeschränkte Loyalität. Die Herrscher von Aschtarot (Baschan) und Tyrus bezichtigten ihn jedoch bei Amenophis IV. (Echnaton) der Eroberung von Städten ihres Territoriums (EAT 364,17-20). Der König von Tyrus überbrachte dem Pharao außerdem noch die Nachricht, dass der König von Hazor mit den räuberischen !Ḫapirū (S. 291) gemeinsame Sache mache (EAT 148,41-43).
Abb. 254: Lage der Ausgrabungsareale in Hazor.
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9. Wie könnte es gewesen sein?
9.4.2 Oberstadt
Abb. 255: Öffentliches Gebäude der spätbronzezeitlichen Oberstadt.
Abb. 256: Kultmaske aus Areal C (aus einer Töpferei beim ›Stelenheiligtum‹/ ›Sanctuarium‹).
Die Oberstadt (auf dem südlichen Tell) war, wie Keramikfunde belegen, während der gesamten Spätbronzezeit II (Strata XIV und XIII) besiedelt. Unterhalb des israelitischen Stadttors in Areal A entdeckte Y. Yadin ein öffentliches Gebäude, das er als Palast des kanaanäischen Stadtherrschers interpretierte. Dabei dachte er an den aus dem Mari-Archiv bekannten König Ibni-Addu. A. Ben-Tor datierte das gewaltige Gebäude nach eigenen Ausgrabungen in das 14. Jh. v. Chr. (Stratum XIV). Im großen Innenhof befand sich ein erhöht gelegenes Podest (Altar?), das möglicherweise für kultische Zwecke genutzt wurde. Die Fassade des Eingangsbereiches wurde von zwei großen Säulen flankiert, von wo aus Stufen zu einem 12 12 m großen Raum, dem Thronsaal (?), führten. Aufrecht stehende Basaltplatten (Orthostaten) sockelten die Innenwände. Die bis zu 3 m dicken Wände waren aus luftgetrockneten Ziegeln erbaut. Die Dachkonstruktion der Räume war mit Zedernholz ausgeführt. Der sich an syrischen Traditionen orientierende Bau besaß – so A. Ben-Tor – Ähnlichkeiten mit dem Palast Yarim-Lims in Alalaḫ, doch lassen der Altar (?) im Hofbereich, kultische Installationen im Umfeld und die bauliche Untergliederung des Gebäudes eher an einen Tempelkomplex als an ein Palastgebäude denken. Bei den Ausgrabungen wurden u. a. ägyptische Skulpturen, Elfenbeinarbeiten, Rollsiegel, Bronzeschwerter, Schmuck und Bronzefigurinen gefunden 65. Spätestens seit der mittleren Bronzezeit IIC (Stratum XVI) besaß die Oberstadt einen Langhaustempel (16,2 11,6 m), der vielleicht zum Palast gehörte. In der Spätbronzezeit I (Stratum XV) wurde er beim Wiederaufbau am Eingang mit Orthostaten ausgestattet. Nach seiner erneuten Zerstörung erhielt der Bereich durch die folgende Spätbronzezeit II hindurch (Strata XIV und XIII) kein neues kultisches Gebäude, wurde aber als heiliger Bereich genutzt. 65. Die seit 1990 durchgeführten Ausgrabungen zielten zu einem nicht unwesentlichen Teil auf ein dort möglicherweise vorhandenes Archiv. Doch wurden bisher in Hazor nur acht Keilschrifttafeln gefunden – sechs davon werden ins 18. Jh. und zwei ins 14. Jh. v. Chr. datiert.
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Wie sich aus den Funden in Areal N ergab, besaß die Oberstadt seit der mittleren Bronzezeit II B ein Abwassersystem, das zur Bewässerung umliegender Felder diente.
9.4.3 Unterstadt Die mehrfach zerstörte und neu erbaute Unterstadt wurde seit ihrer Errichtung im 18. Jh. v. Chr. bis hin zu ihrer endgültigen Aufgabe im 13. Jh. v. Chr. aufwendig geschützt. Im Westen und Norden hatte man eine aus Lehmziegeln gebaute Kasemattenmauer errichtet, diese mit Steinen und gestampfter Erde gefüllt und schließlich mit mehreren Stampflehmschichten zu einem beeindruckenden, etwa 10 m hohen Wall geformt. Vor der nördlichen Mauer lag noch ein tief ausgehobener Trockengraben. Im Osten nutzte man geschickt die natürliche Geländeformation und versah die oberhalb des Abhangs erbaute Mauer mit einem Glacis. Der Zugang zur Stadt wurde durch Tore gesichert. Die nahe der nördlichen Ecke der Unterstadt gelegene leichte Senke (Areal Q) diente durch alle Besiedlungszeiten hindurch als Eingang. Die Vier-Kammertore der Strata 1b und 1a 66 besaßen 6 Pilaster, die paarweise den Durchlass auf 3 m beschränkten. Den Eingang sicherten zwei Türme, an die sich eine 3 m dicke Ziegelmauer anschloss 67. In der Unterstadt wurden mehrere Heiligtümer freigelegt. Im Süden (Areal C) fand man nahe der Stadtmauer einen kleinen Kultraum (›Stelenheiligtum‹/›Sanctuarium‹ 68) aus dem 14. Jh. v. Chr. (Stratum 1b), in dessen westlicher Wand sich eine Nische befand, in der Stelen und Statuetten entdeckt wurden. Bänke zur Ablage von Opfergaben umlaufen den Innenraum. Im Umfeld des Heiligtums befanden sich mehrere Häuser, darunter Töpferwerkstätten. In einer der Töpfereien wurde eine tönerne Kultmaske gefunden (Abb. 256).
66. Ob das Tor in Stratum 1a identisch mit dem von Stratum 1b war oder ob es während des 13. Jh. v. Chr. neu errichtet wurde, ist umstritten. Vgl. Yadin 1993, 599. 67. Im mittelbronzezeitlichen Stratum 3 (17./16. Jh. v. Chr.) gab es hier eine der frühesten Kasemattenmauern der kanaanäischen Welt. Ein ähnliches Stadttor, das für die Oberstadt von großer Bedeutung war, fand sich in Areal P. Allerdings wurden die Gebäudereste durch die moderne, an Hazor vorbeiführende Fernverkehrsstraße stark in Mitleidenschaft gezogen. 68. Galling 1959, 1-13 (im ›Stelenheiligtum‹/›Sanctuarium‹ habe man der toten Könige gedacht). Vgl. auch Mittmann 1997, 19-47.
Abb. 257: Standarte aus Areal C (›Stelenheiligtum‹/ ›Sanctuarium‹).
Abb. 258: Stele aus Areal C (›Stelenheiligtum‹/›Sanctuarium‹).
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Abb. 259: Basaltstele aus Areal C (›Stelenheiligtum‹/ ›Sanctuarium‹)
9. Wie könnte es gewesen sein?
Im gleichen Bereich wurde eine mit Silber überzogene Bronzestandarte freigelegt, die ›en face‹ eine Gottheit mit Hathorlocken im Relief zeigt (Abb. 257) 69. Über ihr schwebt die Mondsichel(?). Rechts und links des Gesichtes befindet sich je eine Schlange. Auf einen hölzernen Stab gesteckt konnte die Standarte bei Prozessionen verwendet werden. All diese Gegenstände wurden im Nachfolgebau des 13. Jh. v. Chr. wiederverwendet und dort aufgefunden. Zu den bemerkenswertesten Funden von Hazor zählt die im ›Sanctuarium‹ ›in situ‹ aufgefundene Reihe von 22-55 cm hohen Stelen. Zu ihnen gehörte ein sorgfältig behauener Stein, der mit zwei Händen dekoriert war, die sich nach einem Halbkreis und einer Scheibe – den Symbolen des Mondgottes – ausstreckten (Abb. 258). Der Reihe zugeordnet war noch eine Basaltstatue eines sitzenden, barhäuptigen, bartlosen Mannes, der mit einer Tunika bekleidet ist. Vom Halsausschnitt hängt eine mit den Spitzen nach unten reichende Mondsichel herab (Abb. 259) 70.
Abb. 260 (links): Tempel in Areal H, Strata 2 (oben) und 1b (unten). Abb. 261 (rechts): Altar aus einem Tempel in Areal H, Stratum 1a.
Im Areal F kam ein weiterer kultischer Bereich ans Licht, der schon seit der mittleren Bronzezeit II C (Stratum 3) als Heiligtum (damals vermutlich ein Doppeltempel 71) diente. Im 14. und 13. Jh. 69. Nach Weippert 1988, 306 eine Abbreviatur der Aschera/Aschtarte. 70. Aus der Größe schloss Weippert 1988, 297 auf das Kultbild einer lunaren Gottheit. Mittmann 1997, 27 f. argumentiert mit Verweis auf einen Vergleichsfund in Hazor, dass es wahrscheinlicher sei, in der Figur einen toten König, den Ahnherrn der herrschenden Dynastie, zu sehen. 71. Anders Weippert 1988, 230-232.
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9.4 Hazor – eine mittel- und spätbronzezeitliche Großstadt und ihre Nachbesiedlung
v. Chr. (Strata 1b und 1a) wurde er dann als offene Kultstätte genutzt. Sie besaß einen großen monolithischen Steinaltar (mit Abläufen für Blut oder Flüssigkeiten aus Trankopfern[?]). Man fand Rauchopferständer aus Alabaster und eine größere Zahl kultischer Gefäße 72. Auch der Tempel in Areal H am nördlichen Rand der Unterstadt blickte auf eine lange, aus der Mittelbronzezeit II C herkommende Vorgeschichte zurück (Stratum 3). Das Heiligtum bestand bei seiner Gründung aus einem Breitraum mit einer Nische in der nordwestlichen Wand (Allerheiligstes?). Während der späten Bronzezeit I (Stratum 2) wurde eine zum Vorhof geöffnete Halle vor das Heiligtum gesetzt. Damit entstand ein symmetrisch aufgebauter, dreifach gegliederter Innenraum (Allerheiligstes als Nische, Halle, Vorhalle). Der Vorhof vor der Tempelfront diente mit seinen Altären als offener Kultplatz (Bāmā). Außerdem fand man noch zerbrochene Ritualgefäße und Nachbildungen von Tierlebern aus Ton, die zur priesterlichen Orakelerteilung dienten 73. Beim Neubau des Tempels in der Spätbronzezeit II A (Stratum 1b) erhielt das Gebäude eine neue Vorhalle. Gleichzeitig verschwand die Trennwand vor der Kultnische. Die prinzipielle Dreiteilung (überdachte Vorhalle, Heiligtum, Allerheiligstes 74) und die
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Abb. 262: Kanaanäer. Die in Areal H (Stratum 2; Spätbronzezeit I) aufgefundene, getriebene Bronzeschmuckplatte stellt einen bartlosen, kahlköpfigen oder mit einer Kappe bekleideten kanaanäischen Würdenträger mit syrischem Wulstsaummantel und edlem Schmuck dar. Er erhebt die Rechte zum Gruß oder Segen.
Abb. 263: Löwenorthostat der Vorhalle des Tempels aus Areal H. – Einer der beiden Löwenorthostaten wurde von A. Ben-Tor als Spolie in einem eisenzeitlichen Kontext der Oberstadt aufgefunden.
72. Durch das gesamte 14. Jh. v. Chr. hindurch diente ein großes Grab in unmittelbarer Nachbarschaft als Begräbnisplatz. 73. Ein Keramikbrennofen am Rande des Hofes enthielt noch eine große Zahl von Weihgefäßen. Im Abfallbereich fanden sich zerbrochene Kultgefäße – eines akkadisch mit Omina beschrieben – und Tonmodelle von zerbrochenen Tierlebern. Vgl. Landsberger/Tadmor 1964, 201-218. 74. Im Allerheiligsten waren (wie im Palast der Oberstadt) die Innenwände im unteren Bereich mit aufrecht stehenden Basaltplatten (Orthostaten) verkleidet.
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9. Wie könnte es gewesen sein?
an der Mittelachse orientierte Symmetrie zeigt, dass dieser Tempelbautyp sein Vorbild in Syrien fand 75 (vgl. bes. Alalaḫ). Auch der später von Salomo in Jerusalem errichtete Tempel entsprach diesem Bautyp. – Im 13. Jh. v. Chr. (Stratum 1a) konnten die Priester den Tempel mit geringen Änderungen und Ausbesserungen weiter benutzen. Sie übernahmen dabei auch das Kultgerät. Dazu gehörte u. a. in der Tempelhalle ein basaltener Rauchopferaltar, auf dem das Symbol des Sturmgotts – ein Kreis mit eingeschlossenem vierstrahligen Stern (Abb. 261) – zu sehen war. Ein ähnliches Zeichen war auch auf dem Fragment einer Gottheit zu sehen, die ehemals auf einer stierförmigen Basis gestanden hatte. Die Gottheit wurde unweit des Tempels aufgefunden.
9.4.4 Zerstörung Die im 18. Jh. v. Chr. angelegte Unterstadt war bis ins 14. und 13. Jh. v. Chr. besiedelt (Strata 1b und a). Es ist nicht sicher, weshalb und durch wen die Stadt von Stratum XIV (Ober-) bzw. 1b (Unterstadt) zerstört wurde. Möglicherweise kommt hierfür der Feldzug des ägyptischen Pharaos Sethos I. (1293-1279 v. Chr.) 76 in Betracht. Doch auch Ramses II. (1279-1213 v. Chr.) zog auf seinem Weg zur Schlacht bei Kadesch (1275 v. Chr.) an Hazor vorbei. Auch über die Verursacher der verheerenden Zerstörung der Strata XIII und 1a kann von Seiten der Archäologie keine Aussage gemacht werden. Nach biblischen Berichten (Jos 11, 10 f.13; 12, 19) und der sich daran anschließenden Interpretation der Ausgräber Y. Yadin und A. Ben-Tor 77 sollen die israelitischen Stämme unter Josua diese enorme Zerstörung bewirkt haben. »Daraufhin kehrte Josua um und nahm Hazor ein; ihren König erschlug er mit dem Schwert. … Die Israeliten erschlugen alles, was in der Stadt lebte, mit scharfem Schwert und weihten es dem Untergang. Nichts Lebendiges blieb übrig. Die Stadt selbst steckte man in Brand« (Jos 11, 10 f.).
75. Hierzu gehörte die Auskleidung des Sockels der Vorhalle und des Allerheiligsten mit sorgfältig behauenen Orthostaten. Auch wurde der Eingang der Vorhalle beiderseits von Löwenorthostaten bewacht. 76. Sethos I. (1293-1279 v. Chr.) erwähnt als letzter Pharao die Stadt Hazor. 77. Yadin 1993, 603 und Ben-Tor/Rubiato 1999, 38 f.
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9.4 Hazor – eine mittel- und spätbronzezeitliche Großstadt und ihre Nachbesiedlung
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Die sog. Seevölker kamen aus der Ägäis und möglicherweise auch aus anderen Teilen des Mittelmeerraumes. Sie stießen bereits während des 13. Jh. v. Chr. in den ägyptischen Machtbereich vor. Um 1200 v. Chr. drangen sie auf dem Land- und dem Seeweg in das Hethiterreich ein, bedrohten danach Ägypten, wurden aber von Ramses III. (1184-1153 v. Chr.) besiegt. Kurz vor der Seevölkerkatastrophe warnte der Beamte Eschuwara aus Alaschia (Zypern) den König der bedeutenden syrischen Hafenstadt Ugarit: »… Was Du geschrieben hast, dass man feindliche Schiffe auf hoher See gesichtet habe – und sofern in Wahrheit Schiffe gesichtet sind, so mache Dich stark nach bestem Vermögen! Nunmehr, Deine eigenen Soldaten und Streitwagen – wo halten sie sich denn auf? … Im Westen wird Dich also irgendein Feind angreifen. Umgib Deine Städte mit Mauern! Soldaten und Streitwagen bring hinein! Warte den Feind ab, so bist Du nach bestem Vermögen stark gemacht!« (Dietrich/Loretz 1985a, 510 [TUAT I/5]). Hammurapi, der König von Ugarit, schrieb an seinen zyprischen Amtskollegen: »… Mein Vater (scil. der König von Alaschia), jetzt kommen die Schiffe des Feindes (heran). Meine Städte hat er (schon) mit Feuer verbrannt … Weiß (denn) mein Vater nicht, dass alle Soldaten des Herrn, meines Vaters, im Lande Hattu (scil. im Hethiterreich) sich aufhalten und alle meine Schiffe im Lande Lukku (scil. Lykien?) sich aufhalten? Bislang sind sie nicht eingetroffen, und das Land liegt so da« (Dietrich/Loretz 1985b, 511 [TUAT I/5]).
Dass Schaf- und Ziegennomaden gegen eine derart hoch entwickelte Stadtkultur militärisch erfolgreich gewesen sein sollen, ist kaum vorstellbar. Die These, Josua habe Hazor zerstört, wird noch zusätzlich dadurch in Frage gestellt, dass in einer zweiten alttestamentlichen Version die israelitischen Stämme der Richterzeit den Sieg gegenüber Hazor ebenfalls errungen haben wollen (Jdc 4, 1 f.12-16.23 f.). Selbstverständlich könnten auch Rivalitäten der kanaanäischen Stadtkönigtümer untereinander, ein Erdbeben, die Ḫapirū oder aber die auf ihrem Weg nach Ägypten in Palästina eindringenden Seevölker diese Katastrophe verursacht haben. Die H apirū sind seit dem Ende des 3. und durch das gesamte 2. Jt. v. Chr. vom Zweistromland bis nach ˘ Ägypten bezeugt. In Palästina sind sie vor allem durch die Amarnatexte bekannt. Die Wiedergabe als Ḫapirū in den Keilschrifttexten entstand, weil diese das ‛Ajin von der alphabetischen Schriften (‛pr[m] bzw. ‛pr[w] in Ugarit und Ägypten) nur behelfsmäßig darstellen konnten. Heftig umstritten ist, ob es sich um einen ethnischen Begriff, d. h. um eine Volksgröße, handelt und ob dieser etwas mit dem (im Konsonantenbestand) nicht völlig unähnlichen Namen Hebräer aus dem Alten Testament zu tun hat. Die vielfältigen, landschaftlich und chronologisch uneinheitlichen Bezeugungen der Ḫapirū und nicht zuletzt auch deren Auftreten in den Amarnabriefen sprechen aber eher dafür, dass es sich nicht um die Bezeichnung einer bestimmten Gruppe, sondern um eine Sammelbezeichnung für verschiedene Personen handelt, die einen niedrigen sozialen Status (outlaws) hatten. Dass sie in Nordsyrien auch festere Gemeinschaften bilden konnten, mit denen die Hethiter einen Vertrag schlossen, widerspricht dem ebenso wenig wie die Möglichkeit, dass einige der in Palästina lebenden Ḫapirū im späteren Staatswesen der Judäer und Israeliten aufgingen. Es gelang jedenfalls nicht, diese sozial minderberechtigten und unstabilen Bevölkerungsgruppen im vorhandenen spätbronzezeitlichen (Stadt-)Staatensystem Palästinas zu integrieren.
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9. Wie könnte es gewesen sein?
9.4.5 Nachfolgesiedlungen während der Eisen-I-Zeit Das in dieser Weise beschriebene Schicksal der Stadt Hazor passt vortrefflich in den Kontext der palästinischen Geschichte (Kap. 9.4.6). Die beiden früheisenzeitlichen Siedlungsschichten Hazors erstreckten sich nur noch auf die Oberstadt, d. h. auf den eigentlichen Tell. Die beiden Areale A und B lassen in den Strata XII und XI allerdings nur auf dörfliche Strukturen schließen. Sie werden im archäologischen Befund insbesondere durch Vorratsgruben, durch steinumsäumte Pfostenlöcher von Zelten und durch steinerne Fundamente von Hütten geprägt. All diese Bauten hatten offensichtlich keinen langen Bestand und sind angesichts der aufgefundenen Keramik den obergaliläischen Berglandansiedlungen der ›Proto-Israeliten‹ vergleichbar und folglich nach A. Ben-Tor ins 12. und 11. Jh. v. Chr. zu datieren. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Ben-Tor 1989; 1993, 604-606; Ben-Tor/Bonfil 1997; Ben-Tor/Rubiato 1999, 22-39; Grindstaff 1989; Ottoson 1980; Porter 1875, 414 f.; Widell 1997, 27-56; Yadin 1993, 594-603; 1960 und Yadin et al. 1958.
9.4.6 Übergang von der Bronze- zur Eisenzeit Mit dem Ende der späten Bronzezeit schwand der Einfluss Ägyptens auf Palästina. Weder die Kriegszüge von Ramses II. (1279-1213 v. Chr.) und Merenptah (1213-1203 v. Chr.) noch die große Seeund Landschlacht von Ramses III. (1184-1153 v. Chr.) gegen die sog. Seevölker konnten daran letztlich etwas ändern. Gleichzeitig offenbarte die Stadtkultur Palästinas mehr und mehr Krisenerscheinungen: Die Anzahl und die Größe der ummauerten Städte ging zurück, die Zahl ihrer Einwohner sank. Die chronische Uneinigkeit der Stadtkönigtümer und die Aktivitäten der für die Stadtstaaten gefährlichen Ḫapirū waren zusätzliche Anzeichen des sich allmählich vollziehenden Niedergangs. Wird die gewaltige Wirkung der vordringenden Seevölker noch hinzugefügt, dann dokumentiert sich in der Summe dieser Einflüsse die Problematik der ausgehenden Spätbronzezeit. Mit Ausnahme der Küstenebene griff eine flächendeckende Deurbanisierung um sich. Das Siedlungsbild Palästinas verschob sich deutlich zugunsten dörflicher Berglandsiedlungen. Die Dörfer dort wurden häufig in der für Zeltsiedlungen von (Halb-)Nomaden
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9.5 Lachisch – eine judäische Garnisonstadt in der Eisenzeit II
typischen elliptischen Form angelegt. Einfache (Breitraum-)Häuser ähneln rechteckigen Grundrissen von Zelten und entwickelten sich möglicherweise zu den für die gesamte Eisenzeit typischen Dreiraum- oder !Vierraumhäusern (Abb. 34) weiter. Unter den Keramikgefäßen wurden die Vorratskrüge mit ›Halskragen‹ (Collared rim storage jars) zum ›Leitfossil‹ der Eisen-I-Zeit. Wie in Syrien bildeten sich in Palästina im Verlauf der frühen Eisenzeit (1200-1000 v. Chr.) aber auch neue politische Größen heraus. Von Ägypten weitgehend unabhängige Flächenstaaten entstanden: so z. B. die Pentapolis, ein Verbund philistäischer Städte in der südlichen Küstenebene und der angrenzenden Schefela (Aschdod, Aschkelon, Ekron, Gat und Gaza), sowie die phönizischen Städte im Nordwesten und die Königtümer im Ostjordanland (Ammon und Moab, erst später Edom). Bald kamen Israel und Juda mit ihren Kernländern im ephraimitischen und judäischen Gebirge hinzu. Es ist anzunehmen, 78 wenn auch archäologisch nicht zu belegen, dass sich im Bereich des späteren Juda und Israel die schon im Bergland lebende Dorfbevölkerung, aber auch Nomaden (mit der aus den Vätererzählungen im Alten Testament bekannten Lebensweise) und die aus Ägypten kommende ›Moseschar‹ sowie weitere Gruppen (z. B. Teile der Ḫapirū und vielleicht auch Stämme ähnlich den Š3św [sprich: Schasu] aus ägyptischen Texten) miteinander verbanden. Israel und Juda waren keine ethnischen Sondergruppen in Palästina. Die genealogischen Erzählungen im Alten Testament bringen daher auch die engen Verwandtschaftsverhältnisse des eigenen Volkes zu Ammon und Moab (Gen 19, 30-38) sowie zu Edom (Gen 25, 21-28; 36) zum Ausdruck. In Dtn 26, 5 wird außerdem die enge Beziehung zu den Aramäern 79 betont.
9.5 Lachisch – eine judäische Garnisonstadt in der Eisenzeit II Die Eisen-IIA-Zeit (ca. 1000 bis um 920 v. Chr.) 80 umfasst in etwa die Epoche, die das Alte Testament der Regierung Davids und Salomos zumisst. Die Gebiete außerhalb der Küstenebene verzeich78. Ausführlich Vieweger 1993b, 20-36. 79. Vgl. Reinhold 1989. – Zur Eisenzeit: Vieweger 2004a; 2004b. 80. Dies gegen W. F. Albright, wonach entsprechend der Keramikentwicklung die Eisen-I-Zeit erst 900 v. Chr. endete. Neuerlich wird diese Meinung wieder nachdrücklich von Finkelstein/Silberman 2002 vertreten. Vgl. zur Fragestellung Aharoni/Amiran 1958, 171-184 und Vieweger 2004d.
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Abb. 264: Geografische Lage.
Abb. 265: Eingang in die israelitische Zitadelle in Hazor mit protoäolischen Kapitellen (10./9. Jh. v. Chr.; Original IM). Im Hintergrund der Größenvergleich zwischen der frühen eisen-IIzeitlichen Stadt (gepunktet) und der mittel-/spätbronzezeitlichen Ausdehnung Hazors.
9. Wie könnte es gewesen sein?
neten einen deutlichen Urbanisierungsschub. Insgesamt schloss die kulturelle Entwicklung in den Berglandgebieten mehr und mehr zur Küstenebene auf, wie sich besonders an der Keramikherstellung zeigen lässt. Neue Städte wie Hazor 81, Tell Bēt Mirsim, Bet-Schemesch, Tell el-Fār‛a (Nord), Geser, Megiddo, Jokneam, Tell es-Seba‛ und Tell es-Samak erstanden, wobei die Anlage der Ummauerungen, die Tore, die Palast- und Festungsbauten sowie die Wohnbereiche durchaus einen übergreifenden (›genormten?‹) Gestaltungswillen offenbaren. Palästinische submykenische Keramik ist jetzt kaum mehr nachzuweisen. Begräbnisse in rechteckig ausgehauenen Kammergräbern mit Bänken wurden üblich. Das Ende der Eisen-IIA-Zeit markierte der erfolgreiche Vorstoß des Pharao Schoschenq I. um 918/7 bzw. 926/5 v. Chr. nach Palästina (I Kön 14, 25 f.; II Chr 12, 9). Wie der Pharao an einem Pylon des Amon-Tempels von Karnak festhalten ließ, beabsichtigte er, Palästina wieder unter ägyptische Kontrolle zu zwingen, wobei ihm aber kein anhaltender Erfolg beschieden war. Mit dem Regierungsantritt Rehabeams (926/ 5-910/9 v. Chr.) zerfiel, wie in I Kön 11, 26 ff. und 12, 1-19.20-32 berichtet wird, die Reichsunion zwischen Juda und Israel. Beide Staaten gingen fortan eigene Wege: »Was haben wir für einen Teil an David oder Erbe am Sohn Isais? Auf zu deinen Hütten, Israel! So sorge nun du für dein Haus, David!« (I Kön 12, 16). Gekennzeichnet wurde die Eisen-IIB-Zeit (um 920-845 v. Chr.) durch städtische Monumentalbauten wie Befestigungsanlagen (für die Eisenzeit war die Kasemattenmauer von ganz besonderer Bedeutung), Wasserversorgungssysteme und repräsentative Verwaltungsgebäude. Das Nordreich Israel erlangte während dieser Zeit gegenüber Juda ökonomisch, politisch und militärisch einen deutlichen Vorrang. Es besaß mehr und vor allem fruchtbarere Gebiete (die Jesreel- und die Küstenebene südlich des Karmel, das Irbid-Ramtha-Becken und Galiläa). Es kontrollierte einen großen Abschnitt der von Damaskus bis nach Ägypten führenden Handelsroute und war eng mit dem ökonomisch und merkantil prosperierenden phönizischen Königtum von Tyrus verbunden. Als Zeichen dieser neu errungenen Macht gründeten die 81. Stratum X.
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9.5 Lachisch – eine judäische Garnisonstadt in der Eisenzeit II
Israeliten eine neue Hauptstadt mit dem Namen Samaria (I Kön 16, 24). Das unterschiedliche ökonomische Potential der Landschaften im Norden und Süden im Allgemeinen und die eigenständige Entwicklung der Staaten Israel und Juda im Speziellen erklären letztlich auch das Gefälle bei der Urbanisierung und beim Ausbau städtischer Strukturen Palästinas in Nord-Süd-Richtung 82. Nicht zufällig war es daher auch ein israelitischer König, nämlich Ahab (871/0-852/1 v. Chr.), der durch seine Teilnahme an einer antiassyrischen Koalition unter Führung der damaszenischen Aramäer so große Bedeutung in der syrisch-palästinischen Staatenwelt errang, dass er als erster alttestamentlicher König namentlich in außerbiblischen Quellen verzeichnet wurde 83. Andererseits weckte gerade die vorteilhafte geographische und strategische Lage des Nordreiches Israel die Begehrlichkeiten der Nachbarstaaten. Den Aramäern von Damaskus gelang es gegen Ende des 9. Jh. v. Chr., am Beginn der Eisen-IIC-Zeit (845-520 v. Chr.), dem Nordreich Israel so stark zuzusetzen, dass sie es zeitweise nach Belieben kontrollierten. Als die Aramäer jedoch in den Sog der assyrischen Großmachtbestrebungen gerieten, konnte sich Israel noch einmal befreien und zu ›altem Glanz‹ aufsteigen (bes. unter Jerobeam II.; 787/6-747/6 v. Chr.). Jedoch waren auch die palästinischen Kleinstaaten längst ins Visier der unaufhaltsamen Eroberungspolitik der Assyrer geraten. 722/1 v. Chr. wurde das Nordreich Israel dem Großreich Assur einverleibt. Das kleinere Juda, militärisch und wirtschaftlich von geringerer Bedeutung und strategisch ohne großen Wert, bestand zu einem großen Teil aus recht kargem Bergland, im Südosten sogar aus Wüstengebieten. Es hatte mit den von ihnen immer unabhängig existierenden Philisterstädten in der Küstenebene und der Schefela mehr oder weniger zu leben gelernt. Da es von seiner Lage und Bedeutung nicht unmittelbar das Interesse der Großmächte weckte, hätte es mit Tributzahlungen über lange Perioden seine politische Selbstständigkeit bewahren können, wie es das Schicksal der ostjordanischen Staaten Ammon, Moab und Edom zeigt. Doch politische und religiöse Befreiungshoffnungen, das Vertrauen auf wirksame ägyptische Unterstützung und wechselnde Koalitionen mit Nachbarstaaten verleiteten das Königtum in Jerusalem mehrfach dazu, die Zahlungen der Tribute einzustellen und den Abfall zu wagen. 82. Weippert 1988, 518 ff. 83. Es handelt sich hier um ein Ereignis, das die Grundlage für den ältesten assyrischisraelitischen Synchronismus liefert. Der auf der ›Monolith-Inschrift‹ verzeichnete Kriegszug fand im 6. Regierungsjahr des Königs Salmanassar III. statt, d. h. 853 v. Chr. – Das Alte Testament erwähnt den Waffengang nicht.
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9. Wie könnte es gewesen sein?
Gewiss war es so auch unter Hiskia (725/4-697/6 v. Chr.), der nach dem Tod Sargons II. von den Assyrern abfiel und dabei auch die Verehrung seines Gottes Jahwe im Tempel von Jerusalem im Auge hatte (II Kön 18, 3 ff.). Er wusste, was er riskierte, denn er bereitete sich sorgsam auf den assyrischen Ansturm vor. Die Ummauerung des neuen Stadtgebiets von Jerusalem (die Mišnǣ Hā‛īr) und besonders der Bau des Schiloa-Tunnels 84, mit dem er das Wasser der Gihon-Quelle direkt in die befestigte Stadt leitete, bestätigen das nachdrücklich. Weitere Maßnahmen erfahren wir aus der Historie der Stadt Lachisch.
9.5.1 Geschichte Stratum
Zeit v. Chr.
V
10. Jh. Fort?
Zerstörung durch Schoschenq I. ? (945–924 v. Chr.) IV III
9./8. Jh. Garnisonstadt
Zerstörung durch Sanherib 701 v. Chr. II
7. Jh. befestigte Stadt
Zerstörung durch Nebukadnezar II. 587/6 v. Chr. I
6. Jh. Stadt
Abb. 266: Stratigrafie des eisenzeitlichen Lachisch.
Die im Alten Testament mehrfach erwähnte Stadt Lachisch ist mit dem Hügel Tell ed-Duwēr (Palestine Grid: 1357.1082) zu identifizieren. Der ca. 40 m über das ihn umgebende Tal aufragende Tell liegt in der Schefela, ist 7,3 ha groß und befindet sich etwa 43 km südwestlich von Jerusalem. Nachdem C. R. Conder 1878 zunächst den Tell el-Ḥesī als das biblische Lachisch angesehen hatte, identifizierte W. F. Albright 1929 die Ortslage auf der Grundlage der Angaben des Onomastikon des Eusebius (Onom 120, 20) mit dem Tell ed-Duwēr. Dies fand unter den Gelehrten weitgehende Zustimmung und wurde durch die späteren Ausgrabungen gerechtfertigt 85. Die Ausgrabungen auf dem Tell ed-Duwēr begannen 1932. Sie wurden von J. L. Starkey, L. G. Harding und O. Tufnell – alle waren Schüler von Sir W. M. F. Petrie – methodisch vorbildlich durchgeführt, endeten jedoch durch den Raubmord an J. L. Starkey im Jahr 1938 überaus tragisch. 1966 und 1968 erforschte Y. Aharoni den Bereich des hellenistischen ›Sonnenheiligtums‹, um etwaige Vergleichbarkeiten zum israelitischen Tempel auf der Zitadelle von Arad zu klären. Von 1973 bis 1987 wurden von D. Ussishkin und Anderen die in den 40er-Jahren begonnenen Ausgrabungen weitergeführt. Nach 1987 konnten Teile der eisenzeitlichen Stadt rekonstruiert werden.
Die vorisraelitische Siedlungstätigkeit reicht weit zurück 86. Nach bescheidenem eisenzeitlichen Anfang (Stratum V; ein kleines 84. Zur Schiloa-Inschrift s. S. 53. 85. Vgl. Elliger 1934, 81-152; Ahlström 1980, 7-9 und Davies 1982, 25-28. 86. Im unmittelbaren Umfeld von Tell ed-Duwēr siedelten Menschen seit dem keramischen Neolithikum. Während der Frühbronzezeit II-III errichtete man auf dem Hügel eine große Siedlung (Stratum VIII). In der mittleren Bronzezeit IIB-C entstand nach längerer Siedlungsunterbrechung eine befestigte Stadt (›Hyksoszeit‹), die nach ihrer Zerstörung um 1500 v. Chr. als unbefestigte Siedlung (im damals ägyptisch beherrschten Palästina) bis zur Mitte des 12. Jh. fortbestand (Strata VII-
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9.5 Lachisch – eine judäische Garnisonstadt in der Eisenzeit II
Fort? 87) blühte die judäische Stadt gegen Ende des 10. oder während des 9. Jh. v. Chr. auf und nahm die Stellung einer bedeutenden Garnison-, Verwaltungs- und Residenzstadt im Lande Juda ein (Strata IV und III) 88. Die Stadt Lachisch lag inmitten eines fruchtbaren Gebietes (Schefela) und wurde durch Quellen mit ausreichend Wasser versorgt. Von besonderem Interesse war ihre strategische Lage an einem gut zu verteidigenden Punkt im Wādī el-Ġafr. Durch das Tal führte in alttestamentlicher Zeit eine bedeutende Straße von der Küstenebene ins zentrale judäische Gebirge (Hebron). Vom Hügel kann man weit nach Westen in die Küstenebene schauen, nach Osten bis zu den Hügeln von Hebron und nach Norden bis ins Gebiet von Marescha. Lachisch wurde im Vergleich zu anderen Provinzstädten Judas in monumentaler Größe ausgebaut. Es ist daher auch gut verständlich, dass der vor einer Revolte in Jerusalem fliehende König Amasja von Juda (801-787/773 v. Chr.) in der Stadt Lachisch Sicherheit suchte (II Chr 25, 27), was allerdings dennoch sein Leben nicht retten konnte: »Gegen ihn (scil. Amasja von Juda) zettelte man in Jerusalem eine Verschwörung an. Er floh nach Lachisch; aber man sandte Verfolger hinter ihm her nach Lachisch, die ihn dort erschlugen« (II Kön 14, 19).
9.5.2 Stadtanlage Die Bebauung des Hügels (Stratum IV und III) folgte einem weitsichtigen Plan und schloss neben Siedlungsflächen eine Palastfestung und eine aufwendige Befestigungsanlage ein. Die mit 6 m ungewöhnlich dicke Stadtmauer – gegründet auf Steinfundamenten und mit Lehmziegeln ausgeführt 89 – umzog das gesamte Plateau des Hügels. Ihr war ein mächtiges Glacis vorgelagert, das mit einer Stützmauer im Abhang verankert war. Die Stadt wurde von der gewaltigsten aller bisher aus der Königszeit Israels/Judas ausgegrabenen Toranlagen geschützt. VI). Lachisch wird auch in den Amarnabriefen genannt (Knudtzon 1915; EAT 328 f.332). 87. Vgl. dazu Ussishkin 1993, 906. 88. Wann genau Lachisch mit einer Mauer umgeben wurde (Stratum IV), ist archäologisch nicht sicher zu bestimmen. Der Ausbau zur befestigten Stadt wurde nach dem Auseinanderfall der Reichsunion zwischen Israel und Juda beim Regierungsantritt Rehabeams (926-910 v. Chr.) besonders dringlich. Daher könnten die Könige Rehabeam (vgl. II Chr 11,9), Asa oder Josaphat den Ausbau der Stadt befohlen haben. 89. Auf Steinfundamenten wurden in Lachisch durchgängig Ziegelbauten errichtet.
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9. Wie könnte es gewesen sein?
Abb. 267: Rekonstruktion der Garnisonstadt Lachisch.
Vom Fuße des Berges stieg eine gepflasterte Straße zum Plateau auf. Zunächst mussten ein äußeres Tor und ein angrenzender Hof durchschritten werden. Dann bog man um 90° nach Osten und gelangte an ein Torhaus, ausgestattet mit einem Sechs-KammerTor und einem 5,20 m breiten Durchlass. Das Fragment einer bronzenen Türangel und karbonisierte Reste von dem für seine Härte bekannten Akazienholz (das im Umkreis von Lachisch nicht wuchs) zeugen von der besonderen Sorgfalt bei der Ausstattung dieser Wehranlage. Die Zerstörung des Stratums IV wird häufig einer Naturkatastrophe zugeschrieben. Man könnte versucht sein, das verheerende Erdbeben um 760 v. Chr. (Am 1, 1 und Sach 14, 5) hier zur Deutung heranzuziehen. Bei dem sehr bald in Angriff genommenen Wiederaufbau wurden Stadtmauer und Toranlage vergleichbar zu Stratum IV errichtet. Nur die Wohnbebauung scheint in Stratum III deutlich zugenommen zu haben. Im Zentrum der Stadt befand sich ein festungsähnliches Palastgebäude. Dessen Fundamente (nur diese blieben erhalten) dominieren noch heute das Plateau. Die ausgebaute Anlage, die im Jahr 701 v. Chr. von den Assyrern zerstört wurde, schloss sowohl den früheren Palast (Stratum IV) als auch dessen kleineren Vorgängerbau (Stratum V) mit ein. Das gewaltige Gebäude erstreckte sich über eine Fläche von 36 76 m. Dies ist die größte bisher ausgegrabene Hausstruktur der israelitisch-judäischen Eisenzeit. Der Palastvorhof wurde durch ein eigenes Sechs-Kammertor von der übrigen Stadt abgeschlossen. Um den Hof waren noch weitere Gebäude gruppiert. Die Baustruktur der langen, schmalen Einheiten deutet auf Magazinräume hin. Die dreischiffigen, an beiden Seiten des Tores gelegenen Bauten gleichen allerdings ähnlichen Gebäuden, wie man sie z. B. aus Megiddo, Hazor und Tell es-Seba‛
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kennt. Ihrer Funktion nach werden solche Gebäude angesichts der in ihnen (allerdings nur spärlich) aufgefundenen Objekte (z. B. der Samaria-Ostraka) und aufgrund ihrer spezifischen Bauart zumeist als Vorratsgebäude 90 bestimmt, wenn auch ihre Deutung als Pferdeställe oder als Markthallen noch immer diskutiert wird 91. Im östlichen Teil des Tells fand man während der britischen Ausgrabungsexpeditionen zwischen 1932 und 1938 einen in den Felsen geschlagenen großen Schacht. Er war 22 25 m breit und 22,5 m tief und könnte als unfertiger Zugang zu tiefer liegenden Wasserquellen (ähnlich Hazor und Megiddo) gedeutet werden. Sicher wurde er zunächst als Steinbruch genutzt. Der 44 m tiefe Brunnen an der nordöstlichen Ecke des Tells (nahe der äußeren Rückhaltemauer des Glacis’) diente offenbar in israelitischer Zeit als wichtigste Wasserquelle.
9.5.3 Eroberung Die Häuser von Stratum III gingen in einer großen Katastrophe unter, von der assyrische und alttestamentliche Quellen berichten: Als sich der judäische König Hiskia (725/4-697/6 v. Chr.) nach dem Tod Sargons II. im Jahr 705 v. Chr. von der assyrischen Oberherrschaft frei machen wollte und den Tribut verweigerte, zog Sanherib (705-681 v. Chr.) vier Jahre später gegen den aufständischen König und dessen Reich zu Felde. Er nahm das Land ein, belagerte Lachisch (II Kön 18, 13 f.) und sandte dann einen Teil seines Heeres zur Belagerung Jerusalems weiter (II Kön 18, 17; Jes 36, 2; II Chr 32, 9) 92. Die archäologischen Quellen sprechen für einen Angriff der Assyrer auf Lachisch von Südwesten her. Militärisch war dies eine vortreffliche Wahl, denn genau hier hatte die Verteidigungsanlage 90. Weippert 1988, 543 und Herzog 1997. 91. Vgl. dazu den Sammelband Kempinski/Reich 1992. 92. Sanherib selbst zog von Lachisch schließlich nach Libna (II Kön 19,8; Jes 37,8).
Abb. 268: Stadttor und Palastgebäude von Lachisch. Die dicken Pfeile zeigen die Angriffsrampe der Assyrer und die Gegenrampe der judäischen Verteidiger.
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Abb. 269: Vierflügeliger Skarabäus auf einem Siegelabdruck mit der Beischrift »dem König (gehörend) | Hebron«.
9. Wie könnte es gewesen sein?
durch den nur flach abfallenden Hang eine natürliche Schwachstelle. Die Assyrer bauten dort eine Rampe, die sie auf 50-60 m Länge und in 70-75 m Breite mit Steinen und Erde gegen den Hügel aufschütteten. Dabei bewegten sie zwischen 13 000 und 19 000 t Füllmaterial. Die Rampe reichte schließlich bis zur Stützmauer unterhalb des Glacis’, wo die assyrischen Belagerungsmaschinen in Stellung gehen konnten. Die judäischen Verteidiger bauten währenddessen innerhalb der Stadt an der von den Assyrern bedrohten südwestlichen Flanke eine Erdanschüttung zur Unterstützung ihrer Stadtmauer. In dem Bereich, in dem sich beide Armeen gegenüber standen, musste ein schwerer Kampf entbrannt sein, worüber die Befundlage Auskunft gibt: Schuppen von Panzerungen der Soldaten, ein Fragment vom Zaumzeug assyrischer Pferde, Schleudersteine und Speerspitzen (aus Eisen und Knochen). An der Stelle des (vermuteten) Durchbruchs der assyrischen Kämpfer fand man allein 850 Speerspitzen. Außerdem wurden zwölf riesige, 100-200 kg schwere, durchlochte Steine und Spuren von verkohlten Seilen in ihren Durchlochungen aufgefunden. Die Verteidiger hatten sie offenkundig als Schwinghammer benutzt, um sich gegen die Belagerungsmaschinen zur Wehr zu setzen. J. L. Starkey fand außerdem am westlichen Abhang eine von ihm als Massengrab gedeutete Begräbnisstätte mit 1500 Leichen, von denen er 695 Schädel untersuchen ließ. Es handelte sich um die sterblichen Überreste von Frauen, Kindern und Männern, die man seitdem meist als (zivile) Opfer dieses Kampfes ansah 93. Schließlich muss noch erwähnt werden, dass in Lachisch überaus große, für eine sehr lange Belagerung ausreichende Vorräte lagerten. Allein 478 gestempelte Henkel von Vorratskrügen (des stets gleichen Typs) wurden aufgefunden. Zumeist stammten sie aus königlichen Töpfereien und waren daher in aller Regel mit einem vierflügeligen Skarabäus als Siegeleindruck versehen, der als Beischrift lmlk (»dem König gehörend«) und den Ort der Herstellung trug. Diese Krüge verdeutlichen vortrefflich das Interesse des Königs an der Verteidigungsbereitschaft der Stadt Lachisch und seinen Einfluss darauf 94. Auch 65 private Siegel kommen vor. Die meisten dieser Vorratskrüge waren jedoch ungestempelt. Sie fassten zwischen 39 und 52 Liter und wurden nach petro93. Mi 1,8-16. Vgl. Mittmann 1999, 31-60. 94. Vgl. hierzu Mittmann 1991, 59-76 und 1999, 32.46 f.
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9.5 Lachisch – eine judäische Garnisonstadt in der Eisenzeit II
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logischen Untersuchungen in der Schefela, d. h. offenbar im Umfeld von Lachisch, hergestellt.
9.5.4 Lachisch-Relief Sanherib ließ von der Eroberung der Stadt Lachisch ein Reliefbild für seinen Palast in Ninive gestalten (Abb. 271). Im Südwestpalast von Ninive gab es Reliefs von Sanherib, Asarhaddon und Assurbanipal. Das Lachisch-Relief nahm einen hervorgehobenen Platz ein 95. Es befindet sich heute im British Museum (WA 124902-15). Das Relief hat eine Höhe von max. 2,50 m und eine Länge von 18,9 m.
An der linken Seite des Reliefs rücken Steinschleuderer, Bogenschützen und Speerträger in einer baum- und strauchbestandenen Gegend (Oliven und Wein) an die belagerte Stadt heran (Szene 1). Der Angriff (Szene 2) richtet sich gegen eine gut gerüstete Stadt. Sie ist mit einer starken, hoch aufragenden Wehrmauer ausgestattet. Die Soldaten bestürmen das äußere Tor und den Südwesten der Stadtbefestigung. Die assyrischen Rammböcke, gepanzerte Fahrzeuge, werden nach oben gegen die Stadtmauer geschoben. Die bewaffneten Truppen drängen ihnen in guter Deckung durch Schilde nach. Brandfackeln werden von der Stadtmauer herunter auf die Rammböcke geworfen. Die Mannschaften in den gepanzerten Fahrzeugen schütten Wasser aus Kellen auf die hölzernen Rammböcke, um diese vor dem Verbrennen zu schützen. Die Darstellung lässt keinen Zweifel an den wahren (und ideologisch vorauszusetzenden) Kräfteverhältnissen zu. Schon kommen die ersten der Belagerten aus dem Tor heraus. In Tüchern gewickelt (oder Säcken?) tragen sie ihr Hab und Gut mit sich. Auf den Mauerzügen rechts des Tores scheinen die Verteidiger Hilfe suchend oder verzweifelt ihre Hände nach oben auszustrecken. Nach erfolgreichem Kampf (Szene 3) wird von den Eroberern die Beute weggeschleppt: metallene Geräte, vielleicht Rauchopferständer, ein Wagen und ein Kamel voller Schätze. Frauen, Männer und Kinder – einige mit zweirädrigem Ochsenkarren –
95. Es befand sich in Raum XXXVI, der an den Hof XIX angrenzte. Vgl. Barnett 1958,161-164; Hrouda 1965; Wäfler 1975; Ussishkin 1980, 174-195 und 1982.
Abb. 270: Die Ausgrabungen A. H. Layards in Sanheribs Palast in Ninive.
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9. Wie könnte es gewesen sein?
ziehen in die Gefangenschaft. Männer bitten um ihr Leben. Einige werden gepfählt, erstochen oder auf andere Weise umgebracht. Auf dem rechten Bildrand (Szene 5) wird das assyrische Lager (aus dem Blickwinkel von oben!) dargestellt. Es hat einen ovalen Grundriss und wird von Türmen bewacht. Ein zentraler Hauptweg durchzieht den Lagerplatz. Zelte sind in seinem Innenraum aufgeschlagen. Priester opfern. Da die Entscheidung über Sieg und Niederlage in die göttliche Sphäre fällt, ist der Kontakt zu den eigenen Göttern entscheidend. Vor dem Lager werden Offiziere(?) dargestellt, bewaffnet mit Speeren, Schwertern und Pfeilköchern. Einige der Soldaten tragen zepterartige Streitkolben oder Amtsstäbe. Man sieht Soldatenstiefel, Mäntel und Helme (vgl. Jes 9, 4). Pferde und ein Streitwagen ergänzen das imposante Bild. Folgt man der Laufrichtung der dargestellten Personen, so treffen die beiden Erzählfäden (Szene 1-3 von links bzw. 5 von rechts) direkt vor dem alle Menschen überragenden assyrischen König Sanherib (Szene 4) aufeinander. Er sitzt auf dem Thron. Die Füße ruhen auf einem Schemel. Seine eigene, siegreiche Truppe huldigt ihm, die geschlagenen Judäer bitten um ihr Leben. Nach den assyrischen Mitteilungen soll Hiskia dem assyrischen König seinen Tribut hinterher geschickt haben (vgl. II Kön18, 1416). Was auch immer Sanherib so dringend von Juda wegführte, der harte Kampf um die Stadt Lachisch könnte die Rettung für die inzwischen sturmreif belagerte Hauptstadt Jerusalem gewesen sein. »200 150 Leute, groß und klein, männlich und weiblich, Pferde und Maultiere, Esel und Kamele, Rinder, Kleinvieh ohne Zahl holte ich aus ihnen (scil. den Städten Judas) heraus und zählte sie als Beute. … Zum früheren Tribut, ihrer jährlichen Gabe, fügte ich eine Abgabe als Geschenk für meine Herrschaft hinzu und legte ihnen diese auf. Jenen Hiskia warf die Furcht vor dem Schreckensglanz nieder. Die Urbi und seine Elitetruppen, die er zur Verstärkung seiner Residenz Jerusalem hineingebracht und als Hilfstruppen angeworben hatte, ließ er zusammen mit 30 Talenten Gold, 800 Talenten Silber, erlesenem Antimon, großen Blöcken … Stein, Betten aus Elfenbein, Buchsbaumholz, allerhand wertvollen Schätzen, sowie seinen Töchtern, seinen Palastfrauen, Sängern und Sängerinnen nach Ninive, der Stadt meiner Herrschaft, hinter mir her bringen. Um Abgaben abzuliefern und Untertänigkeit zu bezeugen, schickte er seinen Gesandten« (Dritter Feldzug Sanheribs nach Borger 1984c, 389 f. [TUAT I/4]).
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Abb. 271: Das Relief Sanheribs von der Eroberung der Stadt Lachisch (Bildfolge von S. 303307).
9.5 Lachisch – eine judäische Garnisonstadt in der Eisenzeit II
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Abb. 271: Das Relief Sanheribs von der Eroberung der Stadt Lachisch (2. Teil).
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Abb. 271: Das Relief Sanheribs von der Eroberung der Stadt Lachisch (3. Teil).
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Abb. 271: Das Relief Sanheribs von der Eroberung der Stadt Lachisch (4. Teil).
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Abb. 271: Das Relief Sanheribs von der Eroberung der Stadt Lachisch (5. Teil).
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9. Wie könnte es gewesen sein?
Mag auch die Darstellung der Stadt Lachisch auf dem Relief nach assyrischem Stilempfinden standardisiert und idealisiert ausgefallen sein, die bildliche Schilderung verrät eine gute Ortskenntnis. »Hiskia von Juda jedoch, der sich nicht unter mein Joch gebeugt hatte – 46 mächtige ummauerte Städte sowie die zahllosen kleinen Städte ihrer Umgebung belagerte und eroberte ich durch das Anlegen von Belagerungsdämmen, Einsatz von Sturmwiddern, Infanteriekampf, Untergrabungen, Breschen und Sturmleitern. … Ihn (scil. Hiskia) selbst schloss ich gleich einem Käfigvogel in Jerusalem, seiner Residenz, ein« 96.
Nach der Katastrophe von 701 v. Chr. scheint die Stadt über einige Zeit nicht wieder besiedelt worden zu sein. Möglicherweise erst unter Josia (639-609 v. Chr.) wurde eine neue, wiederum ummauerte, wenn auch nur gering besiedelte Stadt neu errichtet (Stratum II). Das Ende dieser Stadt war mit dem Ansturm der neubabylonischen Armee auf Jerusalem im Jahr 587/6 v. Chr. besiegelt. Vom Kampf um Lachisch berichten neben den alttestamentlichen Quellen (bes. Jer 34, 7) auch 21 hebräisch beschriebene Keramikscherben – die berühmten Lachisch-Ostraka, die aus der Sicht eines Außenpostens Mitteilungen an den Festungskommandanten(?) von Lachisch machen 97. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Aharoni 1969, 576-578; 1975; Begin 2000; Torczyner et al. 1938; Tufnell/ Inge/Harding 1940; Tufnell et al. 1953; Tufnell 1958; Ussishkin 1976, 1-13; 1977, 28-60; 1978, 1-97 und 1983, 97-175.
9.5.5 Übergang von der assyrischen zur babylonischen Bedrohung Der babylonische Ansturm auf Juda 587/6 v. Chr. endete mit der Eroberung der Hauptstadt Jerusalem. König Zedekia wurde gefangen genommen, geblendet und deportiert; seine Söhne wurden hingerichtet. Die Stadt wurde zerstört, ihre Mauern geschleift. Die Einnahme Jerusalems und die Entweihung des Tempels 587/6 v. Chr. wurden von den Jahwe-Gläubigen als beispielloser Tiefpunkt ihrer Geschichte empfunden und gingen als solche auch in die Schriften des Alten Testaments ein. Die Verheißungen Jahwes an sein Volk schienen ein Ende gefunden zu haben: Das Land befand sich in den Händen der Feinde, die davidische Dynastie war 96. Dritter Feldzug Sanheribs nach Borger 1984c, 389 (TUAT I/4). 97. Conrad 1985, 620-624.
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9.6 Dor – eine phönizische Stadt öffnet sich nach Westen
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abgesetzt, der Tempel zerstört, Jerusalems Mauern geschleift und die Oberschicht nach Babylon deportiert (›Babylonisches Exil‹).
9.6 Dor – eine phönizische Stadt öffnet sich nach Westen Erst ein Menschenalter später, mit dem Sieg des persischen Königs Kyros II. über Babylon im Jahr 539 v. Chr., änderte sich die Lage für die deportierte judäische Oberschicht. Ihr wurde von Kyros II. erlaubt, wieder nach Jerusalem zurückzukehren (Esr 1, 1-4; 6, 3-5), was aber zunächst nur wenige wagten. Selbst der Aufbau des Tempels in Jerusalem verzögerte sich und konnte erst unter großen Mühen zwischen 520 und 516 v. Chr. gelingen. Während der Achämenidenherrschaft (Eisen-III-Zeit; 539332 v. Chr.) konsolidierten sich die Verhältnisse in und um Jerusalem. Diese positive Veränderung des allgemein trostlos und demoralisierend verlaufenden Neuanfangs im ehemaligen Juda – wie er sich besonders im Buch Maleachi zeigt – wäre den Juden in Palästina aus eigenen Kräften aber nicht möglich gewesen. Es bedurfte vielmehr des energischen Eingreifens Nehemias und Esras (ab 445 v. Chr.). Beide handelten im persischen Auftrag für ihre Glaubensbrüder und ermöglichten Juda, eine von Samarien unabhängige Provinz zu werden. Jerusalem konnte endlich erneut ummauert werden und erhielt per Anordnung wieder eine nennenswerte Bevölkerung. Auch die innere Ordnung des Judentums bekam tragfähige Strukturen: Unter den in Jerusalem herrschenden Hohenpriestern sammelte sich eine Kult- und Tempelgemeinde, die sich nicht allein auf die kleine judäische Provinz beschränkte, sondern auch weit darüber hinaus Anhänger fand. Der Glaube an Jahwe, die zentrale Stellung des Jerusalemer Tempels (Opfer nur dort, tägliche Gebete in Richtung des Tempels und Wallfahrten zum Zion), die Befolgung der Thora und die synagogalen Gottesdienste am Sabbat ließen schließlich eine konsolidierte Glaubensgemeinschaft, das Judentum, als Erbe des 587/6 v. Chr. zu Ende gegangenen judäischen Königreiches entstehen. In persischer Zeit erlangten die Phönizier sehr bald Einfluss auf die palästinische Küstenebene. Während die Stadt Tyrus traditionell Akko und in persischer Zeit auch Aschkelon zu ihrem Herrschaftsgebiet zählte, sicherte sich Sidon in Dor und Jaffo Einfluss.
Abb. 272: Geografische Lage.
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9. Wie könnte es gewesen sein?
Gaza, der westliche Endpunkt der ›Weihrauchstraße‹, diente den Arabern als Freihafen. Die Küstenstadt Dor florierte in dieser Zeit ebenso wie das Umland nördlich und südlich des Karmel. Dank der phönizischen Handelsverbindungen und kommerzieller Interessen richtete sich das Augenmerk der Bevölkerung von Dor sowie mit ihnen in Verbindung stehender Städte und Gebiete nach Westen. Dabei wurden sehr bald enge Kontakte zur griechischen Kultur und selbst zu den griechischen Bevölkerungsgruppen geknüpft.
9.6.1 Stadtanlage
Abb. 273: Siegelabdruck aus Dor.
Die Stadt Dor befindet sich auf dem Hügel Ḫirbet elBurǧ (Palestine Grid: 1424.2247; hebr. Ḥorbat Dōr). Sie liegt unmittelbar an der Küstenlinie des Mittelmeeres südlich des Karmelvorsprungs und 13 km nördlich von Cäsarea (9 Meilen nach Eusebius, Onom 9, 78; 16, 136). Erste dörfliche Ansiedlungen gab es dort seit dem 4. Jt. v. Chr. Zu einer Stadt wuchs Dor in der Mittelbronzezeit IIA (1950-1750 v. Chr.) heran. Schon damals gehörte ein Hafen im Nordwesten der Ansiedlung zur Stadt. Dor wurde am Ende des 2. Jt. v. Chr. in ägyptischen Aufzeichnungen von Ramses II. (1279-1213 v. Chr.) und des nach Byblos segelnden Handelsreisenden Wenamun 98 erwähnt. Damals nutzte man eine Bucht im Südwesten als Hafenbecken. Im Alten Testament wird die Stadt mehrfach genannt (z. B. Jos 11, 1-2; 12, 23). Sie gehörte bis zur assyrischen Eroberung durch Tiglat-pileser III. (745-727 v. Chr.) im Jahr 732 v. Chr. zum israelitischen Staatsgebiet. Während der persischen Zeit geriet sie unter die Verwaltung der Stadt Sidon und war daher in die phönizische Expansion einbezogen. Dor wurde 1923-1924 von der ›British School of Archaeology‹ unter Leitung von J. Garstang erstmals archäologisch untersucht. Die israelische Altertumsbehörde erkundete hier zunächst einzelne Bereiche: 1950 das römische Theater und 1952 sowie 1979-1983 eine byzantinische Kirche. Erst ab 1980 wurden unter Leitung von E. Stern durch die ›Hebrew University‹ Jerusalem und die ›Israel Exploration Society‹ in Verbindung mit ausländischen Partnern großflächige Untersuchungen vorangetrieben.
98. Vgl. Moers 1995, 912-921. Nach eigenen Angaben aus der Zeit von Ramses XI. (1099-1070/69 v. Chr.).
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9.6 Dor – eine phönizische Stadt öffnet sich nach Westen
Die Stadt Dor wurde bereits Ende des 6. Jh. v. Chr. im später als ›hippodamischer Stadtplan‹ bekannten Stil erbaut. Im Gegensatz zu vielen jüngeren Stadtanlagen dieses Stils im Mittelmeerraum geht die Anlage Dors nicht auf griechischen Einfluss zurück (d. h. nicht auf Hippodamus von Milet), sondern auf vor-griechische, phönizische Traditionen. Vergleichbare Belege solcher frühen Stadtanlagen sind in der ebenfalls aus dem 6. Jh. v. Chr. stammenden punischen Stadt Monte Sirai in Sardinien sowie in Olynthus in Mazedonien aus der Zeit um 430 v. Chr. zu finden. Sieht man von kurzen Rückschlägen nach erfolglosen antipersischen Aufständen im 4. Jh. v. Chr. ab, so blühte die ummauerte Provinzstadt Dor dank ihrer Einbeziehung in den phönizischen Handel derart auf, dass die im Westen der Stadt zur Schau gestellte Wohnarchitektur selbst in hellenistischer Zeit nicht mehr übertroffen werden konnte. Die 15 m breiten, durch rechtwinklig zueinander angeordnete Straßen unterteilten ›Insulae‹ (Wohnquartiere) befanden sich auf dem östlichen Grabungshügel in den Arealen A, B und C. In der unter persischer Oberherrschaft stehenden Stadt wurde eine typisch phönizische Bautechnik angewandt, bei der behauene Steine im Läufer-/Bindersystem mit Feldsteinmauerabschnitten alternierten. Im Südwesten der Stadt (Areal D) wurden kommerziell genutzte, orthogonal ausgerichtete Vorratshäuser ausgegraben. Sie enthielten zahllose Vorratskrüge und standen offensichtlich in enger Verbindung zum nahen Hafen. Im Südwesten gab es auch Industrieansiedlungen (Glasschmelze, Metallverarbeitung und die noch mehrfach im Stadtgebiet anzutreffenden Purpur-Färbereien).
9.6.2 Ausrichtung nach Westen Die neben lokaler Keramik in großen Mengen aufgefundene attische, korinthische und ostgriechische Importware verdeutlicht die weitreichenden phönizischen Handelskontakte nach Westen und die dadurch zwangsläufige Öffnung der palästinischen Kultur, die zunächst im Küstenstreifen um sich griff. Die aufgefundenen Ostraka, Siegel und Münzen zeigen nicht nur die Integration der lokalen Autoritäten und Handelshäuser in die persischen Strukturen (z. B. zwei Glasskarabäen mit eingravier-
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Abb. 274: Die Stadt Dor und ihre Ausgrabungsareale.
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9. Wie könnte es gewesen sein?
ten Darstellungen des persischen Königs), sondern darüber hinaus deren enge Beziehungen zur griechischen und zyprischen Welt. Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang auch das Fehlen persisch-achämenidischer Münzen, wohingegen neben lokalen und phönizischen auch griechische Zahlungsmittel aufgefunden wurden. Ebenso fehlen aramäische Schriftzeugnisse, während Ostraka in phönizischer und erstmals für Palästina auch in griechischer Sprache vorhanden sind.
Abb. 275: Ankersteine aus dem Hafenbereich von Dor.
9.6.3 Kultobjekte In der Stadt verehrte man phönizische Gottheiten. Die in Areal B aufgefundene Favissa enthielt eine große Zahl kultisch deponierter Objekte, die den phönizischen Glaubensvorstellungen entsprachen, u. a. Figurinen aus Keramik nach westlichem und östlichem Stil, Kalksteinstatuetten aus Zypern und Fayenceamulette. Vom zugehörigen Tempel, der den Gottheiten Ba‛al, Aschtarte und deren Sohn geweiht gewesen sein könnte, 99 fehlt allerdings bis jetzt jede Spur. Die Favissa von Areal C hingegen zeigt eine griechische Ausrichtung. Hier entsprachen alle Figurinen und auch große Teile der übrigen Keramikfunde griechischem (meist ostgriechischem oder attischem) Stil. In Dor lebten demnach unter der mehrheitlich phönizisch geprägten Bevölkerung auch ganz offensichtlich Men-
99. Stern 1993, 361.
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9.6 Dor – eine phönizische Stadt öffnet sich nach Westen
schen aus Griechenland und Zypern. Sie unterhielten in der zweiten Hälfte des 4. Jh. v. Chr. einen eigenen Tempel für ihre Gottheiten und bevölkerten vielleicht auch ein eigenes Wohnviertel. Nach griechischer Vorstellung soll die Stadt von Doros, dem Sohn des Poseidon, gegründet worden sein. Nicht nur in Dor sind in dieser Zeit griechische Handelswaren, Kulte und natürlich auch griechisch-zyprische Siedler nachzuweisen. Vielmehr öffneten sich in persischer Zeit viele Ansiedlungen den Einflüssen des Westens. Das Interesse an der Kultur der östlichen Mittelmeerwelt wurde in den phönizisch beeinflussten Städten und Gebieten früher als im palästinischen Hinterland sichtbar. Im Bergland vollzog man diese Entwicklung erst zu Beginn der hellenistischen Epoche nach. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Dauphin 1979, 235 f.; 1981, 117-119; 1984, 271-274; Karmon/Spanier 1988, 184-186; Leibowitz 1954, 22 f.; Sharon 1987, 21-42; 1991, 105-113; Stern 1984/85, 213-216; 1989, 107-124; 1993, 357-368; 1994 und Stern/Berg et al. 1995a/b.
9.6.4 Übergang von der persischen zur hellenistischen Zeit Mit der Eroberung Palästinas durch Alexander d. Gr. im Jahr 332 v. Chr. kamen die Juden schließlich eng mit der hellenistischen Kultur und den dort vorherrschenden Glaubensvorstellungen in Berührung. Ernsthafte Auseinandersetzungen bahnten sich jedoch erst in der seleukidischen Ära (198-63 v. Chr.) an, nachdem Antiochos III. (223-187 v. Chr.) 190 v. Chr. in der Schlacht bei Magnesia westlich von Sardes eine empfindliche Niederlage gegen die Römer hinnehmen musste. Er wurde daraufhin von diesen mit hohen Geldforderungen belegt. In Jerusalem tobte derweil ein unwürdiger Machtkampf jüdischer Adelsgeschlechter, der Oniaden und der Tobiaden, um das Amt des Hohenpriesters. Diese Auseinandersetzungen gaben den Seleukiden Anlass, in Jerusalem militärisch einzugreifen, die Stadt zu erobern (169 und 168 v. Chr.), die Thorabefolgung zu verbieten und schließlich einen Zeus-Altar im Tempelbezirk aufzustellen.
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Abb. 276: Eisenzeitliches Steinrelief eines Phöniziers aus Dor, Ausdruck der lang zurückreichenden phönizischen Traditionen in der Stadt.
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9. Wie könnte es gewesen sein?
»Matathias nämlich, der Sohn des Hasmon, ein Priester aus dem Dorf Modein, bewaffnete sich und die Seinigen (er hatte fünf Söhne) und erstach Bakchides, worauf er sich aus Furcht vor der starken Besatzung zunächst ins Gebirge zurückzog. Als aber eine Menge Volk sich hinter ihn scharte, fasste er Mut, stieg von den Bergen herunter, schlug die Heerführer des Antiochos (scil. IV.) in einer Schlacht und vertrieb sie aus Judäa« (Josephus Flavius, Ant I 3).
In heldenmütigen Kämpfen setzten der aus hasmonäischem Geschlecht stammende Priester Matathias und seine Söhne, insbesondere Judas Makkabäus, alles daran, um die Glaubensfreiheit und die kultische Reinheit am Tempel wieder herzustellen. Der Befreiungskampf schlug aber in den folgenden Jahren unter den Hasmonäerkönigen in Machtgier und Maßlosigkeit um. Daher wurde die Eroberung Palästinas und Jerusalems durch Pompeius (76-60 v. Chr.) und damit auch das endgültige Ende der Eigenstaatlichkeit im Jahr 63 v. Chr. von einem großen Teil der Bevölkerung Palästinas ohne Empörung hingenommen.
9.7 Gerasa – eine römische Provinzstadt
Abb. 277: Geografische Lage.
Unter römischer Oberherrschaft verstanden es weder Herodes d. Gr. (37-4 v. Chr.) noch die unsensiblen, meist überforderten, weil mit Palästina und dem Judentum wenig vertrauten römischen Prokuratoren, dem berechtigten Wunsch der jüdischen Bevölkerung nach sozialer und staatlicher Gerechtigkeit sowie religiöser Eigenbestimmung auch nur annähernd zu entsprechen. Die aufgestaute Wut und Verzweiflung des gesamten Volkes entlud sich schließlich mit ungeheurer Wucht während zweier gewaltiger Aufstände gegen die römischen Besatzer und Peiniger. Doch sowohl der erste (66-70 n. Chr.) als auch der zweite, der Bar Kochba-Aufstand (132-135 n. Chr.), endeten mit vernichtenden Niederlagen. Jerusalem wurde 70 n. Chr. zerstört. Dabei wurde auch der Tempel dem Erdboden gleich gemacht. Das Jahr 135 n. Chr. besiegelte schließlich das Ende der permanenten jüdischen Präsenz in Jerusalem. Diese geschichtliche Tragödie prägt das Schicksal des jüdischen Volkes bis zum heutigen Tag. Unter dem römischen Prokurator Pontius Pilatus wurde um 33 n. Chr. Jesus, ein Jude aus Nazaret, kurz vor dem Passafest in Jerusalem gekreuzigt. An seinem beispielhaften Leben orientierten sich während seines öffentlichen Auftretens und fortan viele Juden und Nichtjuden. Mit seinem Tod und dem Glauben an seine Auferstehung verknüpften sie ihre Rettung im Leben und Sterben. Aus
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9.7 Gerasa – eine römische Provinzstadt
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einer unscheinbaren Gruppe von Anhängern in Jerusalem (›Urgemeinde‹) erwuchsen im gesamten römischen Weltreich viele weitere Gemeinden, die angesichts ihres Bekennermutes und vorbildhaften Lebens selbst den bald einsetzenden grausamen Verfolgungen im Imperium Romanum zu trotzen vermochten 100. »Und sie kamen ans andere Ufer des Sees Genezaret in die Gegend der Gerasener. Und als er aus dem Boot trat, lief ihm alsbald von den Gräbern her ein Mensch entgegen mit einem unreinen Geist … er (scil. Jesus) sprach zu ihm: fahre aus, du unreiner Geist aus dem Menschen! … Und er (scil. der geheilte Besessene) ging hin und fing an, in den ›Zehn Städten‹ (scil. Dekapolis) auszurufen, welche Wohltat ihm Jesus getan hatte« (Mk 5, 1-20).
9.7.1 Geschichte Gerasa, das heutige Ǧeraš, liegt 34 km nördlich von Amman (Palestine Grid: 2347.1876) und 570 m über dem Meeresspiegel. Im Umfeld der Stadt erstreckten sich ausgedehnte Acker- und Weideflächen sowie Waldgebiete. Die Stadt wurde an beiden Seiten des Chrysorrhoas (»Goldfluss«) angelegt. Im heute modern überbauten östlichen Teil lagen mehrheitlich Wohngebäude, im heute weiträumig ausgegrabenen westlichen Bereich hingegen viele öffentliche Gebäude und Anlagen.
Abb. 278: Schnitt durch das Tal von Gerasa (Schumacher 1902, Faltkarte).
Menschliche Aktivitäten sind im Gebiet von Gerasa seit dem Paläolithikum belegt. Im Folgenden soll aber die römische Stadt des 1. und 2. Jh. n. Chr. im Vordergrund stehen. 100. Neros Christenverfolgung in Rom war die erste der großen Verfolgungen. Sie wurde von Tacitus beschrieben (Ann XV 44). Zur christlichen Apologetik angesichts der Herausforderungen dieser Zeit sei u. a. auf Justin d. Märtyrer (ca. 100165 n. Chr.) und Tertullian (ca. 155-225 n. Chr.) hingewiesen. – Um 180 n. Chr. war das Christentum schon in allen Ländern rings um das Mittelmeer verbreitet und drang nach Osten sogar weit über die Grenzen des Römischen Reiches vor.
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9. Wie könnte es gewesen sein? Gerasa wurde 1806 von U. J. Seetzen entdeckt. 1812 bereisten J. L. Burckhardt und 1816 der Brite J. S. Buckingham die Gegend, um erste detaillierte Berichte zu erstellen. Zwischen 1891 und 1902 arbeiteten hier G. Schumacher, R. Brünow, J. Germer-Durand und O. Puchstein. Von 1925 bis 1931 unternahm G. Horsfield (bald gemeinsam mit P. A. Richie und A. G. Buchanan) Erkundungs- und Konservierungsarbeiten. Erst 1928 begannen systematische Ausgrabungen unter der Leitung von J. W. Crowfoot und B. W. Bacon. Sie wurden im Jahr 1930 von C. S. Fisher und 1933/ 1934 von N. Glueck fortgesetzt. Seit 1982 wird unter Leitung des ›Department of Antiquities of Jordan‹ und mehrerer ausländischer Missionen, besonders des ›Institut Français d’Archéologie du Proche-Orient‹ (IFAPO), ein vielbeachtetes internationales Forschungsprojekt im weitläufigen Ruinenfeld der unüberbauten Weststadt durchgeführt.
Der semitische Name Gerasa (»Weide/Trift«) ist vorgriechischer Herkunft. Das Gebiet der Stadt fiel um 200 v. Chr. in die Hände der seleukidischen Dynastie. Gerasa wurde dabei zu Ehren von Antiochos III. (223-187 v. Chr.) oder IV. (175-164 v. Chr.) der (Ehren-)Name »Antiochia am Chrysorrhoas« verliehen 101. Gerasa kam 63 v. Chr. mit der bereits erwähnten Eroberung des Pompeius unter die Verwaltung des Imperium Romanum. Bereits im 1. Jh. n. Chr. gelangte die Stadt zu großem Reichtum, denn sie profitierte von der ›Pax Romana‹ und konnte im Handel der römischen Städte des Ostens eine bedeutende Stellung einnehmen. Die Kontakte der Stadt Gerasa reichten bis nach Arabien (über Petra), Phönizien, Judäa und Damaskus sowie über Palmyra bis nach Mesopotamien. Gerasa wurde Teil der Dekapolis, einer Art ›Hanse‹. Diese war vermutlich ein lockerer Verband freier Städte, den vor allem ein gemeinsames Ziel einigte: der profitable Handel 102.
9.7.2 Stadtanlage Aus diesen handelspolitischen und wirtschaftlichen Erfolgen resultierte ein ambitioniertes Bauprogramm, das Gerasa auch heute noch große Berühmtheit einträgt. Bereits in der ersten Hälfte des 1. Jh. n. Chr. wurde der alles überragende Zeustempel errichtet. Im letzten Viertel dieses Jahrhunderts plante man dann die nach dem 101. Vgl. die Inschrift auf einem Bleigewicht aus dem Jahre 143/142 v. Chr. Lichtenberger 2001, 313 mit Anm. 1917. 102. Die Zuordnung einzelner Städte zur Dekapolis ist nicht völlig eindeutig, wie der Vergleich zwischen den Angaben von Plinius d. Ä. (Nat 5,74) und Josephus Flavius (Ant XIV 4,4) zeigt.
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9.7 Gerasa – eine römische Provinzstadt
hippodamischen Stadtplan orientierte Stadtanlage 103 und baute den Artemistempel sowie das Südtheater. Eine Stadtmauer umschloss fortan auf 3,5 km Länge das gesamte, 84 ha große Stadtgebiet. Als die Römer nach vielen gescheiterten Versuchen 106 n. Chr. schließlich doch Petra einnehmen und das handelspolitische Monopol der Nabatäer endgültig brechen konnten, blühte Gerasa als Teil der neu errichteten ›Provincia Arabia‹ in fulminanter Weise auf. Die römische Stadt 104 lag nunmehr inmitten der neuen, aufstrebenden Provinz. Sie wurde im Osten durch einen sicheren Limes gegenüber den unberechenbaren Wüstenbewohnern geschützt und profitierte zusätzlich 112 n. Chr. vom Bau des westlichen Abzweigs der ›Via nova Traiana‹ in Richtung Pella (d. h. letztlich zum Mittelmeer). 103. So mit Kraeling 1938 und Lichtenberger 2001, 312 trotz spätdatierender Gegenstimmen (z. B. Seigne 1992, 335 f.). 104. Hauptstadt war Bostra, wo die ›Via nova Traiana‹ ihren Anfang nahm.
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Abb. 279: Der Stadtplan von Gerasa.
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9. Wie könnte es gewesen sein?
Als Kaiser Hadrian (117-138 n. Chr.) im Jahre 129/130 n. Chr. die Stadt besuchte, brach für sie das ›goldene Jahrhundert‹ an. Die Städter errichteten zu Ehren des Kaisers einen Triumphbogen weit vor dem Südtor der Stadt. Der Cardo wurde verbreitert und erhielt korinthische Säulenkolonnaden. Tetrapyla markierten in der zweiten Hälfte des 2. Jh. n. Chr. die Kreuzungen zwischen dem 700 m langen Cardo und dem nördlichen und südlichen Decumanus. Luxusgebäude wie das Nymphäum entstanden. Sowohl der Zeus- als auch der Artemistempel wurden wesentlich (u. a. durch Propyläen) erweitert. Schließlich wurden das Nordtheater und die sog. Westbäder dem baulichen Ensemble hinzugefügt. Erst im 3. Jh. n. Chr. kam das Bauprogramm zum Erliegen. Die Sicherheit der Grenzen im Osten des Römischen Reiches war nicht mehr gegeben. Der Rückgang des Handels offenbarte die schwere Krise des Imperium Romanum. Gerasa war eine römische Stadt mit heidnischen Tempeln. Es gab hier aber auch eine jüdische Minderheit. Sie gelangte spätestens 77 v. Chr. in größerer Zahl in die Stadt, als der hasmonäische Priesterkönig Alexander Jannaeus Gerasa eroberte 105. Während des ersten jüdischen Aufstandes (66-70 n. Chr.) scheint die Stadt von den Aufständischen nur angegriffen, jedoch nicht erobert worden zu sein (Josephus Flavius, Bell II 458.480 106). Gerasa musste daher auch nicht von der römischen Armee zurückerobert werden. Nichtjüdische Flüchtlinge haben hier nach der Aussage von Inschriften 107 in den Jahren 69/70 n. Chr. Zuflucht vor den Wirren des Krieges gesucht. Der jüdische Schriftsteller Josephus (37/38-100 n. Chr.) stammte aus priesterlicher Familie. Er gelangte im Dienst des flavischen Kaiserhauses zu großem Ruhm, zu dessen Ehren er sich nach seiner Freilassung 69 n. Chr. Flavius nannte. Nach eigenen Darstellungen nahm er nur unter Zwang am antirömischen Aufstand teil, erhielt den Oberbefehl über das von den Römern zuvor befreite Galiläa, geriet aber 67 n. Chr. bei der römischen Einnahme der Festung Jotapata in Gefangenschaft. Josephus sagte dem römischen Heerführer Vespasian die Kaiserwürde voraus und erlebte die Belagerung Jerusalems auf römischer Seite mit. Seine Werke, wie z. B. »De bello Judaico« (75-79 n. Chr.), »Antiquitates Judaicae« (93/94 n. Chr. beendet) und »Contra Apionem« (nach 94 n. Chr.) brachten ihm große Hochschätzung bei den Kirchenvätern und ebenso bei den nachfolgenden Generationen von Historikern ein. Die Tatsache aber, dass er während des ersten jüdischen Aufstandes die Fronten wechselte, gab jenseits solcher Ehrungen immer wieder Anlass zu herber Kritik.
105. Er starb im Jahr darauf beim Versuch, unweit davon auch Ragaba einzunehmen (Josephus Flavius Ant XIII 398). Von 77 bis 63 v. Chr. regierten in Gerasa die hasmonäischen Priesterkönige aus Jerusalem (Josephus Flavius Bell I 103). 106. Es bleibt umstritten, ob Josephus tatsächlich das ostjordanische Gerasa meinte. 107. Welles 1938, Nr. 5 f.
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9.7 Gerasa – eine römische Provinzstadt
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Die jüdische Gemeinde erlitt offensichtlich nach dem negativen Ausgang des Aufstandes erhebliche Nachteile 108. Der Jüdische Krieg (66-70 n. Chr.) brachte verheerende Folgen mit sich. Nach furchtbarer Hungersnot und entsetzlichem Blutvergießen in Jerusalem wurde auch der herodianische Tempel entweiht und zerstört (Josephus Flavius, Bell VII 216 ff.). Für lange Zeit war dies der Endpunkt der freien Religionsausübung von Juden in dieser Stadt. Die Christen flohen nach Pella, da sie durch Jesus von Nazaret zur Gewaltlosigkeit auch gegenüber Rom verpflichtet waren (Joh 18, 36; Lk 20, 25). Das bedeutete allerdings das Ende der zwanglosen Nähe der Jerusalemer Urgemeinde zum jüdischen Leben und Kult. Titus, der Sohn des Kaisers Vespasian, ließ anlässlich seines Sieges in Rom einen vom Marsfeld auf der ›Via sacra‹ über das ›Forum Romanum‹ hinauf auf das Kapitol zum Tempel des Iuppiter Optimus Maximus führenden Triumphzug veranstalten. Dieser wurde später auf dem Triumphbogen des Titus in Rom dargestellt. Als Beutestücke aus Jerusalem wurden u. a. der goldene Schaubrottisch, silberne Posaunen und der siebenarmige Leuchter mitgeführt.
So positiv, wie sich für Gerasa die Hellenisierung sowie die Einbeziehung in das Handels- und Verwaltungssystem des römischen Weltreichs gestaltete, so negativ wirkte sich diese Entwicklung für die nicht erst seit dem ersten jüdischen Aufstand (66-70 n. Chr.) mit den Römern hadernden Juden in Palästina aus. Während Kaiser Hadrian im Verlauf seiner großen Orientreise (128-133 n. Chr.) in Gerasa einen Triumphbogen zugeeignet bekam, führte seine Entscheidung bezüglich der seit 70 n. Chr. ruinös daliegenden Stadt Jerusalem (nach den Mitteilungen von Cassio Dio) zur verzweifelten Rebellion der palästinischen Juden im Bar Kochba-Aufstand 132-135 n. Chr. Der von Kaiser Hadrian gewünschte Aufbau einer ›Colonia Aelia Hadriana Capitolina‹ anstelle des früheren Jerusalem konnte der Stadt wohl einen beachtlichen, nach dem modernen hippodamischen Stadtplan orientierten Wiederaufbau sowie die Einbeziehung in das städtische System Palästinas sichern. Doch für die Juden wog die dauerhafte Entweihung des Tempelplatzes schwer. Es bedeutete für sie das definitive Ende eines ihrer wirkmächtigsten Symbole überhaupt.
9.7.3 Einzelgebäude Der 21,5 m hohe und 25 m breite Triumphbogen lag 400 m südlich der Stadt. Eine auf der inneren Seite des Tores angebrachte In108. Reste einer Synagoge(?) fanden sich in den Füllschichten des Hadriansbogens. Kraeling 1938, 234-241.318-324. Anders A. M. Rasson Seigne/J. Seigne, Notes préliminaires à l’étude de la voie romaine Gerasa-Philadelphia, ADAJ 39, 1995, 193-210.
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9. Wie könnte es gewesen sein?
schrift datiert ihn auf 129/130 n. Chr., das Jahr des kaiserlichen Besuchs. Mit seinen Maßen entsprach er dem römischen Baukanon: Der Mittelbogen hat eine lichte Höhe von ca. 11 und die Fußgängerbögen von 5 m.
Abb. 280: Triumphbogen.
Es ist daher wahrscheinlich, dass der Hadriansbogen ursprünglich als Stadttor geplant war. Dafür spricht, dass die seitlichen Maueransätze unbearbeitet blieben 109. Das Tor war außerdem exakt nach der Ausfallstraße in Richtung Philadelphia ausgerichtet und es gab in den Durchgängen Einlassungen, in die man Tore hätte einhängen können. Ob nach dem Besuch des Kaisers im Bereich zwischen Südtor und Hadriansbogen ein eigener Stadtteil (wie vergleichbar in Athen geschehen) durch eine von ihm initiierte Stiftung errichtet werden sollte (so mutmaßte u. a. C. H. Kraeling), muss offen bleiben (vgl. hierzu Kap. 10.3.2.). Das Hippodrom lag nordwestlich des Triumphbogens. An seiner östlichen Seite verlief die römische Straße vom Südtor der Stadt nach Philadelphia. Seine Innenlänge betrug 244 m, die Breite ca. 50 m. Damit war es im Vergleich zu anderen Anlagen relativ klein. Es bot aber immerhin Platz für 15 000 Zuschauer. Am südlichen Ende befanden sich zehn Startstände. Die 3 m dicke Stadtmauer wurde um 100 n. Chr. einheitlich konstruiert. Ihre 101 Türme standen 17 bis 22 m voneinander entfernt. 6 Tore führten in die Stadt; die beiden Haupttore im Norden und Süden kontrollierten die Zu- und Ausgänge, die zur ›Via nova
109. Erst in späterer Zeit wurden die beiden Pavillons gegen die Seiten des Bogens gesetzt.
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9.7 Gerasa – eine römische Provinzstadt
Traiana‹ führten. Zwei Tore befanden sich in der Westmauer und zwei weitere am Wasserlauf des Chrysorrhoas. Das Zeusheiligtum lag auf dem südlichen Stadthügel. An seine Westseite grenzte das Südtheater. Offenkundig bildeten das Heiligtum und das Theater gemeinsam einen rituellen Komplex. Das Zeusheiligtum erstreckte sich über zwei Terrassen. Im unteren Bereich, im Temenos oder Sakralgrund des Tempels (80 35 m), befand sich ein von Korridoren umzogener gepflasterter Hof mit einem großen Altar. Eine Treppe führte von der unteren Terrasse zur höheren hinauf, zu einer flachen, von Säulen umgebenen Plattform mit dem Tempelgebäude im Zentrum. Der Tempel wurde zwischen 161 und 166 n. Chr. in der heute erhaltenen Form aus-
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Abb. 281: Hippodrom (zu Beginn der heute abgeschlossenen Restaurierung) und Triumphtor.
Abb. 282: ›Forum‹ (rechts oben), Zeustempel (rechts) und Südtheater (links unten).
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Abb. 283: Gerasa, südlicher Tetrapylon, aus Kraeling 1938, Taf. XV (Rekonstruktion: W. D. Merill).
9. Wie könnte es gewesen sein?
gebaut. Sein Vorgängerbau entstand in der ersten Hälfte des 1. Jh. n. Chr. Der Bau des Südtheaters erfolgte 83 n. Chr. Es hatte auf zwei Rängen 32 Sitzreihen und bot etwa 3000 Zuschauern Platz. Vier Zugänge (Vomitoria) führten auf halber Höhe in den Zuschauerraum, durch zwei weitere (Aditus maximi) kam man zu beiden Seiten der Orchestra in den Theaterinnenraum. Die Scaenae frons besaß zwei Stockwerke. Zwei Inschriften, die im Theater gefunden wurden, erinnern an eine Teilrekonstruktion unter Domitian 110. Das kleinere Nordtheater entstand erst 164/165 n. Chr. Das ›Forum‹ ist Gerasas meistbeachteter Platz. Man zählt ihn zu den eindrücklichsten Schöpfungen der Baukunst in der antiken 110. Welles 1938, Nr. 51 f.
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9.7 Gerasa – eine römische Provinzstadt
Welt. Mit seiner elliptischen Form verbindet er auf geniale Weise den früher angelegten und daher wohl noch nach der hellenistischen Bebauung ausgerichteten Zeustempel mit den Vorgaben des hippodamischen Stadtplanes. Das 90 80 m große ›Forum‹ überdeckte eine natürliche Mulde. Es wurde sorgsam oberhalb eines 6-8 m tief gegründeten Unterbaus angelegt. Der mit Steinplatten gepflasterte Platz war von 160 Säulen mit ionischen Kapitellen umgeben. Am Übergang zum Cardo durchschritt man ein (heute in seiner Anlage kaum mehr abschätzbares) reich verziertes Tor mit breitem Mitteldurchgang (Straße) und zwei schmaleren Fußgängerdurchlässen. Am Kreuzungspunkt des Cardo mit dem südlichen Decumanus lag ein kreisförmiger, am Schnittpunkt mit dem nördlichen Decumanus hingegen ein rechteckiger Platz. Beide wurden durch Tetrapyla herausgehoben. Das südliche Tetrapylon bestand aus vier Sockeln, die jeweils vier korinthische Säulen trugen, auf denen Baldachine ruhten. Dies war die wichtigste Kreuzung der Stadt und daher konzentrierte sich hier auch der Handel in besonderer Weise. Die Agora wurde ab 1987 von spanischen Archäologen freigelegt. Um einen zentralen Brunnen gruppierte man hier im 2. Jh. n. Chr. qualitativ gehobene Verkaufsflächen. Das tiefe Flusstal trennte die beiden Stadtteile. Verbunden wurden sie durch drei steinerne Brücken, die mit Tonnengewölben den Fluss überspannten. Sie lagen im Routenverlauf der drei Ost-West-Straßen. Dies waren der nördliche und der südliche Decumanus sowie ein Prozessionsweg, der von der östlichen Stadthälfte zum Heiligtum der Artemis führte. Der Zugang zum Artemistempel wurde durch die steinerne Brückenkonstruktion zwischen der Ost- zur Westseite der Stadt deutlich hervorgehoben. Der 500 m lange Prozessionsweg begann im Ostteil der Stadt. Nach dem Überqueren der Brücke stieß er auf die Propyläen östlich und westlich des Cardo. Der steile Aufstieg vom Flusstal zum Heiligtum im Westen führte über eine Treppe von 7 mal 7 Stufen bis zur höher gelegenen Altarterrasse. Eine 19,35 m breite Treppe führte dann schließlich zum äußeren Temenos. Dessen beeindruckende Ausmaße von 120 160 m teilten sich in einen von Säulengängen und Kammern umstandenen äußeren und einen 88 124 m großen inneren unüberdachten Bereich. Im Tempel
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Abb. 284: Fuß eines Verkaufsstandes in der Agora.
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9. Wie könnte es gewesen sein?
selbst wurde Artemis, der Göttin der Jagd, der Fruchtbarkeit und der Herrin der Tiere gehuldigt. Er ruhte seinerseits 4 m über dem Temenosbereich auf einem Podium. Die Cella, in der auf einer erhöhten Plattform das Bild der Göttin stand, war 24,15 13,37 m groß. Der Bau dieser prachtvollen Anlage beanspruchte 30 Jahre (150-180 n. Chr.) 111. Die Architektur Gerasas war in ihrer Gesamtanlage weder originell noch künstlerisch revolutionär. Für fast alle Baudenkmäler lassen sich Vergleiche in anderen Städten des römischen Ostens finden. Doch die (bis heute erhaltene) geschlossene Anlage im Stile einer orientalisch-römischen Stadt ist äußerst bemerkenswert. Gerasa gilt daher neben Palmyra (Syrien), Skytopolis (Israel) und Petra (Südjordanien) als eine der bedeutendsten klassischen Städte der syrisch-palästinischen Region und eines der bis heute am besten erhaltenen architektonischen Ensembles auf orientalischem Boden. Die Ruinenstätte von Gerasa führt mit seinem heutigen Baubestand deutlich vor Augen, dass seit dem 4. Jh. n. Chr. in die römische Welt ein neuer, auch städtebaulich prägender Schwerpunkt hinzutrat – das Christentum mit seinen ihm eigenen Sakralbauten und der Ablehnung jeglicher Verehrung fremder Götter und Kulte. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Browning 1982; Glueck 1939, 22-30; Harding 1944; 1967, 79-105; Hoffmann 2002; Khouri 1986; 1988a; Kraeling 1938; Marot 1998; Olavarri Goicoechea 1986; Uscatescu 1996; Wenning 1987, 256-266; Wharton 1995; Zaid 1997 und Zayadine 1986; 1989.
9.8 Der Nebo – ein byzantinischer Ort der Verehrung und Pilgerfahrt
Abb. 285: Eine Säule der Vorhalle des Artemistempels (aus Kraeling 1938).
Ende des 3. Jh. n. Chr. gab Diokletian (284-305 n. Chr.) die Vorrangstellung Roms innerhalb des Imperium Romanum endgültig auf. Zwei ›Augusti‹ und zwei ›Caesares‹ sollten fortan an verschiedenen Orten, an den tatsächlichen Macht- und Problemzentren des großen Reiches, herrschen. Diokletian residierte als Haupt der regierenden Tetrarchie im Osten (Nikomedia und Antiochia), Konstantin d. Gr. verlegte die Hauptstadt dann nach Byzanz, in die später nach ihm benannte Stadt am Bosporus. Mitte des 3. Jh. n. Chr. war das Christentum im Imperium Romanum deutlich erstarkt. Es hatte so viele Anhänger, die die Ver111. Welles 1938, Nr. 27-32.
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9.8 Der Nebo – ein byzantinischer Ort der Verehrung und Pilgerfahrt
ehrung des Kaisers und der Staatsgötter verweigerten, dass es für das ohnehin krisengeschüttelte Römische Reich zur ernsthaften Gefahr wurde. Die von Decius (249–251 n. Chr.) initiierte erste allgemeine, per Staatsgesetz angeordnete Verfolgung der Christen verbreitete zwar ein Jahrzehnt lang Schrecken, führte aber nicht zur Ausrottung des Christentums. Um 300 n. Chr. hatten die Anhänger dieses Glaubens in allen maßgeblichen Provinzen des Reiches und in allen Bevölkerungsschichten einen gewissen Einfluss. Die 303 n. Chr. eingeleitete diokletianische Christenverfolgung (284-305 n. Chr.) lief auf einen Entscheidungskampf mit dem Römischen Reich hinaus. Die Christen siegten. Im Jahr 311 n. Chr. erließ Kaiser Galerius schließlich ein Edikt zur Toleranz gegenüber dem christlichen Glauben, der damit Religio licita wurde. Zwei Jahre später wurde den Christen die uneingeschränkte Religionsfreiheit gewährt (Licinius/Konstantin). Aus der dann von Konstantin d. Gr. (306-337 n. Chr.) begünstigten christlichen Religion wurde schließlich unter Theodosius d. Gr. (379-395 n. Chr.) die alleinberechtigte Religion des Reiches. Es kam jetzt sogar zur Unterdrückung von nichtchristlichen Kulten. In dem Maß, wie das Christentum an Einfluss im Römischen Reich gewann, wurden Jerusalem und das Heilige Land zu spirituellen Zentren des Christentums und des christianisierten Imperium Romanum. Bemerkenswertester Ausdruck des neuen Status der Stadt Jerusalem wurde ihr damals repräsentativstes Bauwerk, die Grabes- bzw. Auferstehungskirche. Dieser Bau wurde nicht zufällig von Kaiser Konstantin d. Gr. finanziert. Römische Staatsmacht und Christentum fügten sich einträchtig zusammen. Die byzantinische Kultur lebte von der Durchdringung und Auseinandersetzung der griechisch-römischen Traditionen mit dem christlichen Geist.
9.8.1 Pilgerziel Der Nebo ist ein Kleinod byzantinischer Geschichte. Als gegen Ende des 4. Jh. n. Chr. die fromme Nonne !Etheria (S. 111) dorthin aufbrach, beschrieb sie ihr Verlangen so: »Als nun einige Zeit vergangen war, da faßte mich – über Befehl Gottes – von neuem das Verlangen, bis nach Arabien 112 zu gehen, d. h. zum Berg Nabau (griechisch für Nebo), an den Ort, den Gott dem Moses befohlen hatte zu besteigen, indem er sagte zu ihm: 112. Gemeint ist die 106 n. Chr. errichtete ›Provincia Arabia‹.
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Abb. 286: Geografische Lage.
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Abb. 287: Kirchenkomplex im heutigen Zustand.
9. Wie könnte es gewesen sein?
›Steige auf den Berg Arabot, den Berg Nabau, der im Lande Moab ist gegenüber von Jericho, und sieh das Land Kanaan, das ich zum Besitz gebe den Söhnen Israels, und du wirst sterben auf diesem Berg, auf den du gestiegen bist‹« 113. Begleitet von einem ortskundigen Priester und geleitet von den Büchern Numeri und Deuteronomium gelangte sie schließlich »zur Gipfelhöhe des Berges, wo jetzt eine nicht sehr große Kirche steht, gerade auf dem Gipfel des Nabau«. Dort auf dem Rās es-Siyāġa besuchte sie die MoseMemorialkirche des 4. Jh. n. Chr. (Abb. 290), die erst im 6. Jh. zur heute in ihren Resten noch gut erkennbaren großen dreischiffigen Basilika (Abb. 291) umgebaut wurde. Der Rās es-Siyāġa (Palestine Grid: 2188.1307; 710 m NN) befindet sich 9 km nordwestlich von Madeba. Diesen Ort hatte zuerst Eusebius (Onom 136, 6-8) als den Platz identifiziert, an dem Mose starb. Wie die griechische Namensform Nabau und der Bau der Memorialkirche für Mose nahelegt, übernahmen Etheria und die byzantinische Tradition diese Ansicht und sahen hier den geografischen Fixpunkt für die Erzählung von Moses Tod (Dtn 32, 49-52 und 34, 1-7). Die alttestamentlichen Erwähnungen der Stadt Nebo (Num 32, 3.38; 33, 47; I Chr 5, 8; Jes 15, 2; Jer 48, 1.22 und I Makk 9, 37) beziehen sich allerdings auf den 3 km südöstlich gelegenen Ort Ḫirbet el-Muḫaiyit (Palestine Grid: 2206.1286; 790 m NN). Auch hier befinden sich heute byzantinische Ruinen, unter ihnen die berühmte Lot-Memorialkirche 114. Dass die Stadt Nebo schon im 9. Jh. v. Chr. von Israeliten besiedelt war, belegt die !Mescha-Stele (S. 54): »Kemosch sprach zu mir: Geh, nimm Nebo von den Israeliten ein. Da ging ich (los) in der Nacht und bekämpfte es vom Anbruch der Morgenröte bis zum Mittag. Ich nahm es ein und tötete sie alle, 7000 Mann, Beisassen, Frauen, Beisassinnen und Sklavinnen; denn an Aschtar-Kemosch hatte ich sie geweiht. Und ich nahm von dort d[ie Ge-]räte Jahwes und schleppte sie hin vor Kemosch« 115. 113. Donner 1979, 103 f.107. – Reisebericht der Nonne Etheria (10,1; 12,1); zitiert wird Dtn 32,49 f. nach der griechischen Bibelübersetzung, der Septuaginta. 114. Auch die anderen wichtigen byzantinischen Kirchen auf der Ḫirbet el-Muḫaiyit sollen hier wenigstens Erwähnung finden. Es sind dies die Georgskirche, die Kirche des Casiseos und des Amos sowie die Priester Johannes-Kirche. 115. Müller, 1985, 648 f. (TUAT I/6); Zeilen 14-18 der Mescha-Stele.
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9.8 Der Nebo – ein byzantinischer Ort der Verehrung und Pilgerfahrt Als erster Europäer der Neuzeit besuchte der Franzose Le Duc de Luynes 1864 den Nebo. Er fand das große Ruinenfeld auf dem Rās es-Siyāġa und identifizierte die Memorialkirche Moses. 1932 kaufte das franziskanische Bibelinstitut (›Studium Biblicum Franciscanum‹) die beiden Nebo-Hügel, Rās es-Siyāġa und Ḫirbet el-Muḫaiyit. Von 1933 bis 1937, von 1963 bis 1967 und seit 1976 unternahm das franziskanische Bibelinstitut auf beiden Hügeln systematische Ausgrabungen. Zunächst wurden diese von S. J. Saller (assistiert von B. Bagatti) geleitet. Er fand im Nebo-Bereich einen der größten Klosterkomplexe Palästinas. Ab 1963 leiteten V. Corbo und nach der durch den 6-Tage-Krieg verursachten Pause ab 1976 M. Piccirillo und E. Alliata umfangreiche Restaurierungs- und weitere Ausgrabungsarbeiten.
Etheria erklomm den »sehr hohen« Berg Nebo. Teils musste sie wegen des steilen Aufwegs sogar vom Esel absteigen. Sie sah dort die schon erwähnte »nicht sehr große Kirche« 116. Diese beschrieb sie so: »In dieser Kirche, dort, wo das Lesepult steht, sah ich einen Platz, ein wenig erhöht, etwa so groß wie ein Grab. Da fragte ich also jene Heiligen, was denn dies sei; sie antworteten: ›Hier ist der hl. Moses von Engeln bestattet worden … Doch ein Grabdenkmal, wo er beigesetzt ist, wird bis heute nicht gezeigt‹. Und so sprachen wir unser Gebet, und alles, was wir an den hl. Orten zu tun gewohnt waren, geschah auch hier …« 117. Dann ging sie nach draußen und ließ sich in Anlehnung an Dtn 34, 1-4 die Orte des Heiligen Landes zeigen, »wie sie geschrieben stehen in den Büchern Mosis«. Tatsächlich überblickt man von hier den nördlichen Teil des Toten Meeres, das südliche Jordantal mit dem Umland von Jericho, den Osten des Berglandes von Juda (samt Betlehem und dem Herodium), den Osthang des Gebirges Samaria, die Hügel um Amman und blickt bis ins Gebiet von Heschbon. Ein späterer Pilger – Petrus der Iberer (417-491 n. Chr.) – besuchte die gleiche Stätte. Er berichtete von einer überraschenden Erklärung der Mönche. Obwohl nach der Heiligen Schrift niemand wissen konnte, wo das Grab des Mose sei, habe eine Vision Gottes einen Schafhirten aus dem Dorf Nebo an diese Stelle geführt, wo heute angebetet wird.
116. Pilgerbericht der Etheria nach Donner 1979, 107 (Etheria 11,4 und 12,1). 117. Donner 1979, 107 (Etheria 12,1-3).
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Abb. 288: Apsis der im 20. Jh. erbauten Kirche auf dem Rās es-Siyāġa.
Abb. 289: Mosaik in der Apsis der im 4. Jh. n. Chr. erbauten Kirche.
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9. Wie könnte es gewesen sein?
9.8.2 Memorialkirche des 4. Jh. n. Chr.
Abb. 290: Grundriss der Kirche des 4. Jh. n. Chr.
In der Mitte des 4. Jh. n. Chr. wurde die erste christliche Kirche zum Gedenken an den Tod Moses auf dem Rās es-Siyāġa errichtet. Dabei handelte es sich streng genommen um den Umbau der Ruinen eines heidnischen Prunkgrabes, eines römischen Mausoleums, das als Dreikonchenbau (Cella trichora) angelegt war. Unter seinem Fußboden waren 6 Gräber in den Felsen geschlagen. Diesen von Mönchen umgewandelten Bau besuchte Etheria während ihrer Pilgerreise. Die mittlere der drei Apsiden war mit einem Synthronon ausgebaut worden. Der Raum davor erhielt ein großes Mosaikfeld, auf dem im Halbkreis des Synthronons zwei große Vögel rechts und links einer Amphora dargestellt waren (Abb. 289). Darstellungen kleinerer Vögel füllten den Fußboden ringsum innerhalb separat abgeteilter Bildfelder. Neben den Stiftern wird auch der Name eines Alexios, vermutlich des Abtes während der Umbauphase im 4. Jh. n. Chr., inschriftlich genannt. Der Narthex war mit weißen Tesserae belegt. Vom Narthex aus gelangte man an beiden Seiten in eine Totenkapelle. Der Hof im Westen der Kirche trennte diese von den Klosterräumen im Süden.
9.8.3 Memorialkirche des 6. Jh. n. Chr.
Abb. 291: Grundriss der Kirche des 6. Jh. n. Chr. mit Nebengebäuden.
In der ersten Hälfte des 6. Jh. n. Chr. wurde der Komplex erweitert. Ein Baptisterium/Diakonikon entstand am nördlichen Innenhof. Das kreuzförmige, steinerne Taufbassin (Abb. 291/VII, 292), in das man von drei Seiten über Stufen hinab- und wieder hinaufsteigen konnte, soll Zuleitungen für warmes und kaltes Wasser besessen haben. An der vierten Kreuzes-Seite des Taufsteins befand sich ein Becken, das nach Meinung der Ausgräber möglicherweise der Kleinkindertaufe gedient haben könnte. Ein 5 5,5 m großes Mosaikfeld (Abb. 293) bildete, einem Teppich gleich, den Blickfang der heute erhaltenen Anlage. Die hier eingefügten Inschriften nennen nicht nur den Zeitpunkt der Fertigstellung (August 531 n. Chr.), sondern auch die Mosaizisten (Soelos, Kaiomos und Elias), den verantwortlichen Bischof von Madeba (Elias), den Abt (Elias) und die amtierenden römischen Konsuln (Lampadius und Orestes). Das Mosaikfeld ist in vier Szenen aufgeteilt. In der ersten beschützt ein Hirte ein Zebu vor einem Löwen und ein Soldat mit phrygischer Mütze kämpft gegen eine Löwin. In der zweiten Szene jagen berittene Jäger mit Hunden einen Bären und ein Wildschwein. Hirtenromantik beherrscht die dritte Reihe. Die vierte
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9.8 Der Nebo – ein byzantinischer Ort der Verehrung und Pilgerfahrt
Szene zeigt einen Schwarzafrikaner mit einem Strauß und eine männliche Person mit phrygischer Mütze zusammen mit einem Zebra und einem gepunkteten Dromedar. Gegen Ende des 6. Jh. n. Chr. beschloss man, die Kirche zu vergrößern (Abb. 291). Daraufhin erfolgte zur Zeit des Abtes Martyrius und des Bischofs Sergius von Madeba die dreischiffige Erweiterung der Kirche nach Westen über den Narthex hinaus. Der bisherige Kirchenraum wurde zum Presbyterium. Außerdem schuf man im Süden und Norden der neuen Kirche Seitenräume. Die Fußbodenebene der vorher dort angelegten Bauten (wie des eben beschriebenen Baptisteriums/Diakonikons) wurde aufgeschüttet, um einen einheitlichen Begehungshorizont im gesamten Kirchenraum zu erhalten. Ein Weinstockmotiv im Mosaikfußboden verband alle Teile des neuen Kirchenraums. Ein Swastikamotiv umlief das Gebäude auf der Innenseite.
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Abb. 292: Kreuzförmiges Taufbecken. Baptisterium/ Diakonikon, 6. Jh. n. Chr.
Abb. 293: Zentrales Mosaik im Baptisterium/Diakonikon.
An der Nordseite der Kirche entstand nun ein in zwei Räume unterteiltes neues, größeres Diakonikon. Besonders erwähnenswert ist das 597/8 n. Chr. an der Südseite erbaute neue Baptisterium (Abb. 294). An der Schwelle begrüßte ein Mosaik die Besucher
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9. Wie könnte es gewesen sein?
mit dem Friedenswunsch. Das außen rund eingefasste Taufbecken erhielt innen eine Kleeblattform. Ein Mosaik mit Vögeln, Blumen und Weintrauben umgab das Taufbecken. Gazellen und Bäume füllten das rechteckige Feld unterhalb des Taufbeckens.
Abb. 294: Neues Baptisterium des 7. Jh. n. Chr.
Abb. 295: Stilisierter Jerusalemer Tempel mit Opferaltar.
Erst im 7. Jh. n. Chr. entstand bei erneuten Umbauarbeiten westlich des neuen Baptisteriums die Kapelle der Gottesmutter (Theotokos). Sie besaß eine eigene Apsis. Die Fußbodengestaltung enthielt eine Besonderheit: Das mit dem Schlusswort aus Ps 51 (»… dann wird man Stiere auf deinem Altar opfern«) ausgestaltete Mosaik bildete im Presbyterium einen Altar zwischen zwei Stieren ab. Das Motiv sollte wohl den Tempel von Jerusalem mit Vorhöfen, Opferaltar und dem Allerheiligsten darstellen (Abb. 295). Während sich der Kirchenkomplex in der beschriebenen Weise veränderte, entwickelte sich auch die übrige Klosteranlage weiter. Ihre größte Ausdehnung erreichte die baulich um einen großen und weitere kleinere Innenhöfe gestaltete Anlage gegen Ende des 6. Jh. n. Chr. Auf dem größeren der Innenhöfe gab es zwei Zisternen. Dort befanden sich u. a. auch das mit einem Mosaik ausgelegte Refektorium, eine Küche und ein Vorratsraum. Bis zum 9. Jh. n. Chr. war der Nebo eine bedeutende christliche Pilgerstätte. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Haldon 2002; Kinet 1992, 90-99; Piccirillo 1988; Piccirillo/Alliata 1998; Saller 1941 und Saller/Bagatti 1949.
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9.8 Der Nebo – ein byzantinischer Ort der Verehrung und Pilgerfahrt
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9.8.4 Übergang von der byzantinischen zur arabischen Zeit Kaiser Theodosius teilte kurz vor seinem Tod (395 n. Chr.) das Römische Reich unter seinen Söhnen Honorius und Arkadios mit den Hauptstädten Rom bzw. Konstantinopel auf. Seitdem entwickelten sich die beiden Reichshälften unter ganz verschiedenen Voraussetzungen. Die westliche Hälfte hatte angesichts andauernder, schwerer Überfälle und Verwüstungen sowie durch das Eindringen germanischer Stämme beträchtliche Schicksalsschläge hinzunehmen. Als Kaiser Romulus 476 n. Chr. schließlich von den Ostgermanen abgesetzt wurde, war das Ende des weströmischen Reiches besiegelt. Justinian I. (527-565 n. Chr.) gelang es zwar noch einmal vom Osten aus, für einige Zeit Nordafrika, Italien und Teile der spanischen Küste zu beherrschen, doch war seinen Eroberungen keine lange Dauer beschieden. In der zweiten Hälfte des 6. und im 7. Jh. n. Chr. war Byzanz dauerhaft an der nördlichen Reichsgrenze durch die Awaren und Slawen militärisch herausgefordert – wie schon über Jahrhunderte an der östlichen durch die Parther. Als es Kaiser Heraklius I. (610-642 n. Chr.) endlich gelang, die Parther 627 n. Chr. bei Ninive entscheidend zu schlagen, glaubte man, die Gefahren aus dem Osten endgültig gebannt zu haben. Man vernachlässigte daraufhin den nach Osten gerichteten Limes und die verbündeten Nomadenstämme in den östlichen Grenzregionen. In Konstantinopel ahnten die Herrschenden nichts von den sich auf der arabischen Halbinsel unter Mohammed und seinen Nachfolgern sammelnden Nomadenstämmen und deren kriegerischer Entschlossenheit. Die militärischen und finanziellen Kräfte von Byzanz waren ohnehin erschöpft. Trotz der Probleme des Reiches prosperierte Palästina noch immer. Viele neue Kirchenbauten und der nicht enden wollende Pilgerstrom sind hierfür Ausweis genug. Die Gegend war damals dicht besiedelt. Landwirtschaft, Handwerk, Wassermanagement und nicht zuletzt der ›Pilgertourismus‹ blühten (einschließlich von Stiftungen und Schenkungen für meist kirchliche Einrichtungen des Landes). Geoffenbart in Mekka: »Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen! Preis dem, der seinen Knecht (scil. Mohammed) des Nachts von dem heiligen Gebetsplatz (scil. Mekka) zu dem weitentfernten Gebetsplatz (scil. Jerusalem) reisen ließ …« (Koran, Sure 17, 2 f.).
Die Invasion der Araber traf den blühenden Landstrich völlig unvorbereitet. Die unter der grünen Fahne des Propheten kämpfen-
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den Araberstämme brauchten nicht lange, um Palästina unter ihre Kontrolle zu bringen. Schon 635 n. Chr. wurde das sich ihnen in den Weg stellende byzantinische Heer bei Pella geschlagen. Am 15. August 636 n. Chr. – inzwischen war auch Damaskus gefallen – entschied die Schlacht am Jarmuk, nahe Gadara, endgültig zugunsten der Angreifer. Im Jahr 638 zog Omar I. siegreich in Jerusalem ein.
9.9 Qaṣr ‛Amra – ein Wüstenschloss der Omayyadenzeit Die Omayyaden herrschten von Damaskus aus mit Stärke und Weitblick über das in kürzester Zeit eroberte riesige Reich, das nicht nur Syrien/Palästina, sondern auch Persien, Ägypten und die arabische Halbinsel umfasste – bald sogar bis Spanien reichen sollte. Dem Übergang von der byzantinischen zur arabischen Herrschaft vermochte man aber selbst auch im christlich geprägten Palästina positive Seiten abzugewinnen: Die Steuerlast sank, die erbitterten innerchristlichen Glaubenskämpfe waren beendet. Außerdem blieb die muslimische Toleranz gegenüber den andersgläubigen Christen in omayyadischer Zeit erhalten. Kalif Abd el-Malik (685-705 n. Chr.) errichtete 691 n. Chr. auf dem ehemaligen Tempelplatz in Jerusalem den Felsendom. Die Stadt erhielt ihren unverwechselbaren muslimischen Fixpunkt und damit ihre Anknüpfung an die islamische Tradition. Von hier sei der Prophet zu seiner berühmten Reise in den Himmel aufgestiegen. Abd el-Malik oder sein Sohn Walid I. (705-715 n. Chr.) bauten auch die große Moschee am Südrand des Ḥaram, die nach der Bezeichnung des Korans für den gesamten Bezirk den Namen ElAqsa (»die Entfernteste«) erhielt. Als schließlich im Jahr 711 n. Chr. Walid I. die iberische Halbinsel eroberte, musste auch jeder Skeptiker zur Überzeugung gelangen, die arabische Herrschaft werde keine Episode bleiben. Der islamische Vordere Orient war aus einer religiösen Bewegung hervorgegangen. Nun aber geboten die omayyadischen Herrscher über ein weites Weltreich. Die Formen, in denen orientalische Herrscher ihre Macht traditionell zu zeigen und zu demonstrieren pflegten, hatten sich im Orient über Jahrtausende herausgebildet. Eine prunkvolle Hofhaltung war hierfür geradezu ›Pflicht‹. Aus einer Mischung aus vorgegebener Tradition, verfügbarer oder angedienter Macht, administrativen und gesellschaft-
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9.9 Qaṣr ‛Amra – ein Wüstenschloss der Omayyadenzeit
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lichen Sachzwängen 118 sowie durch die Anfälligkeit aller Menschen für Prunk und Pracht kam es zur glanzvollen omayyadischen Machtentfaltung an den Höfen der Kalifen und ihrer Würdenträger. In der Folge nahmen es weder die Notablen noch die Kalifen mit dem in allen Bereichen geforderten muslimischen Purismus gar so ernst. Abu el-Faraj Ali el-Isfahani (897-967 n. Chr.), der arabische Literat und Historiker, hinterließ mit seinem 24-bändigen Werk Kitab el-Aghani (»Das Buch der Lieder«) einen eindrucksvollen Bericht über die damalige arabische Kultur und Gesellschaft. Sein Werk El-Aghani gilt als Schatzgrube arabischen Liedgutes und der Poesie – insbesondere solcher Verse und Lieder, die unter !Kalif Harun er-Raschid (S. 343) im hohen Ansehen standen. Auch Anekdoten, volkstümliche Belehrungen und soziale Angelegenheiten werden überliefert. El-Isfahani wirkte hauptsächlich in Bagdad, der abbasidischen Hauptstadt.
Die Abbasiden – und folglich auch der in ihrer Zeit schreibende Abu el-Faraj Ali el-Isfahani – geißelten in der Rückschau die Ausschweifungen ihrer omayyadischen Vorgänger auf das Schärfste. Ihre Berichte über exzessive Freizügigkeiten rankten sich um einige Herrscher 119. Hischam (724-743 n. Chr.) soll sich z. B. nach Freitagsgebeten betrunken haben. Abd el-Malik habe gelegentlich mit gefülltem Weinbecher in der Hand und schönen Frauen an seiner Seite auf dem Thron Platz genommen. Yazid I. (683-684 n. Chr.), Walid I. (705-715 n. Chr.) sowie Walid II. (743-744 n. Chr.) hätten schließlich ausschweifende Gelage mit berauschenden Getränken gefeiert. Zum architektonischen Luxus der Paläste gesellte sich dabei der Prunk orientalischen Herrschergebarens: Spiel, Poesie, Akrobatik, Gesang, Musik und Tanz, Jagden und vor allem der freizügige Umgang mit schönen Frauen.
9.9.1 ›Wüstenschloss‹ Das kleine Wüstenschloss Qaṣr ‛Amra (Palestine Grid: 3002.1353) bietet aus zeitgenössischen Quellen Gelegenheit, etwas vom großen Glanz der Herrscher in der früharabischen Epoche zu erfahren.
118. Große Territorien wurden von Damaskus aus regiert, was ein neu geordnetes Militär (stehendes Heer), eine effektive Verwaltung, eine reformierte Ökonomie (neues Steuersystem durch Abd el-Malik; 685-705 n. Chr.), ein verändertes Münzsystem und übergreifende kulturelle und religiöse Strukturen erforderlich machte. Dabei wurde nach 690 n. Chr. Arabisch, bisher nur die Sprache des Heeres und der Oberschicht, unter Abd el-Malik zur allgemeinen Staatssprache. In vielen Teilen des Reiches benutzte man sie bald auch umgangssprachlich. 119. Grabar 1977, 231 f.
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9. Wie könnte es gewesen sein?
Abb. 296: Thronsaal und Badekomplex von Qaṣr ‛Amra.
Qaṣr ‛Amra wurde bereits 1898 vom österreichischen Arabisten A. Musil entdeckt. Die französischen Patres A. Jaussen und R. Savignac nahmen im ersten Jahrzehnt des 20. Jh. eine exakte Vermessung und eine detaillierte Erkundung der gesamten Anlage vor 120. Die Fresken wurden 1971-1973 von einem Team des ›Archäologischen National-Museums Madrid‹ unter Leitung von M. Almagro restauriert. Archäologische Ausgrabungen des ›Departments of Antiquities of Jordan‹ und des ›Institut Français d’Archéologie du Proche-Orient‹ (IFAPO) fanden 1989 und 1997 statt 121. Im Jahr 1999 errichtete das IFAPO hier ein Besucherzentrum 122.
Abb. 297: Zentrale Bauten von Qaṣr ‛Amra: 1 Vorratsraum, 2 Heizraum, 3 Caldarium, 4 Tepidarium, 5 Apoditerium, 6 Alkoven und 7 Thronnische.
Das omayyadische Wüstenschloss Qaṣr ‛Amra liegt 85 km östlich von Amman und 30 km südwestlich von Qaṣr el-Azraq. Den Verbindungsweg von Amman nach Qaṣr el-Azraq säumen mehrere Wüstenschlösser, deren Entfernung voneinander jeweils zwischen 10 und 20 km beträgt: ElMuwaqqar (hier Anschluss über Qaṣr el-Mušattā und El-Qasṭal nach Südwesten), Qaṣr Mušaš – Qaṣr el-Ḫarāne – Qaṣr ‛Amra – Qaṣr el-‛Uwēnid und schließlich Qaṣr el-Azraq. Von dort gelangt man sowohl in Richtung Osten nach Bagdad als auch in südöstliche Richtung durch das Wādī Sirḥān zur arabischen Halbinsel.
120. Jaussen/Savignac 1922. 121. Bisheh/Morin/Vibert-Guigue 1997, 375-393. 122. Morin/Vibert-Guigue 2000, 581-591.
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9.9 Qaṣr ‛Amra – ein Wüstenschloss der Omayyadenzeit
Qaṣr ‛Amra befindet sich in einer breiten, durch das Wādī el-Buṭm geschaffenen Senke. Besucher sehen zumeist nur den kleinen Audienz- und Badekomplex mit angeschlossenem Brunnenhaus. Doch wo haben die Menschen die Speisen zubereitet, die in diesen Gemächern aufgetischt wurden? Wo haben die Bediensteten gewohnt? Wo die Wachmannschaften? Wo wurden die Tiere untergebracht? Wo wurde deren Futter gelagert? Natürlich konnten so manche dieser Tätigkeiten im Freien verrichtet werden, doch allein mit Zelten und offenen Lagerplätzen war Qaṣr ‛Amra nicht zu bewirtschaften und auch nicht zu schützen. Bereits A. Musil berichtete, dass das Audienz- und Badehaus nur ein kleiner Teil der gesamten Anlage von Qaṣr ‛Amra gewesen sei. Auf leichten Anhöhen etwa 400 bzw. 600 m nordwestlich des Badehauses sind Reste weiterer alter Gebäude erhalten geblieben. Darunter ist ein (Wach-)Turm hervorzuheben (vielleicht zu manchen Zeiten auch als Moschee genutzt) und ein größeres Gebäude mit quadratischem Grundriss und dicken Wänden. Hier könnte in voromayyadischer Zeit eine Karawanserei betrieben worden sein, die später als fortähnliches Wohnhaus gedient hat. Möglicherweise gab es im Bereich von Qaṣr ‛Amra auch einen alten Damm, welcher der 25 ha großen umwallten landwirtschaftlich und gartenbaulich genutzten Fläche einen Teil des benötigten Wassers lieferte. Zieht man all dies in Betracht, so kann es sich in voromayyadischer Zeit um ein Landgut 123 gehandelt haben, das von seinem früharabischen Nachbesitzer umgebaut und zu einem Landsitz 124 mit eigenem Gepräge weiterentwickelt wurde.
9.9.2 Gebäudekomplex Der Komplex um das Bad selbst besteht aus drei Teilen – einem Haupthaus mit Bade- 125 und Audienzbereich, dem Brunnenhaus und einer Schutzmauer, die sich spitzwinklig nach Westen erstreckte (Abb. 297). Letztere wird immer wieder als Schutzwall vor ungebetenen Einblicken oder vor Wind und vor Sand interpretiert. Das ist sicher korrekt. Doch bildete sie zunächst erst einmal einen geschlossenen, geräumigen Innenhof. In diesen hinein konnte sich das Leben vom Audienz- und Badebereich erstrecken. Hier standen vermutlich auch Zelte, in denen Bedienstete einige ihrer Arbeiten verrichteten. Nicht auszuschließen ist aber auch der Schutz vor 123. Grabar 1977, 229. 124. Grabar 1977, 239. 125. Bäder gab es in mehreren ›Wüstenschlössern‹, wie z. B. nahe Ḫirbet el-Minye, in Qaṣr el-Hēr (Ost), Ǧebel Sēs (West), Ḫirbet el-Mafǧar, und an anderen Orten.
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möglichen kurzzeitig und urplötzlich heranströmenden Wassermassen, die aus dem Wādī el Buṭm kommend, vom Westen her auf die kleine Terrasse des Wüstenschlosses zuströmen konnten. Nördlich der Audienzhalle und des Bades befand sich das Gebäude zur Wasserversorgung. Das Brunnenhaus besaß drei funktionale Elemente. Dazu gehörte ein 40 m tiefer, im Querschnitt runder Schacht, der bis zum Grundwasserspiegel reichte. Er war mit einer von Tieren angetriebenen Winde kombiniert, die die Wassergefäße nach oben zog. Ein 14 m3 fassender Tank speicherte das Wasser. Von hier aus konnte es in Tonröhren zum Bad geleitet werden. Vom Bad aus wurde das verbrauchte Wasser wiederum durch Röhren in eine Senkgrube geleitet. Abb. 298: Brunnenschacht.
9.9.3 Audienzsaal Die Innenwände des Audienzbereichs und des Bades sind mit berühmten, auf 2-3 cm dickem Putz gemalten Fresken bedeckt. Nicht nur die fast vollständige Ausmalung der oberen Wandbereiche und der Decke beeindruckt, sondern auch die Themenvielfalt. Besonders faszinieren einzelne Motive und Szenen.
Abb. 299: Audienzhalle.
Tritt man durch die einzige Zugangstür in den Gebäudekomplex von Norden her ein, so steht man in einem dreischiffigen Raum. Das mittlere Schiff endet direkt gegenüber dem Eingang in einer Thronnische. Seinen auf die vermutete Funktion rückschließenden Namen erhielt der rechteckige Bereich durch das Fresko eines
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9.9 Qaṣr ‛Amra – ein Wüstenschloss der Omayyadenzeit
thronenden Herrschers (mit Nimbus) unter einem von Säulen umstandenen Pflanzen-Baldachin. Zwei weibliche Bedienstete fächeln dem Herrscher (vermutlich dem Erbauer von Qaṣr ‛Amra) Frischluft zu. Ringsum sind Vögel und im unteren Bereich wird das Meer dargestellt – wohl als Zeichen, dass dem Herrscher auch die Natur untertänig sei. Die Gestaltung folgte damit der ›offiziellen Bildersprache‹ byzantinischer Ikonografie 126. Rechts und links des Thronraumes gelangt man durch seitliche Eingänge in !apsidiale Alkoven (Abb. 297/6). Sie sind klein und auch etwas dunkel. Weintrauben und Rankenmotive beherrschen sowohl die Wände als auch die Mosaikfußböden. Sicher handelt es sich hier um private Räumlichkeiten des Herrschers, vielleicht um die Schlafräume. Die Fresken an der Westwand der Audienzhalle sind noch einigermaßen gut erhalten. Im oberen Bereich wurde eine großformatige Jagdszene ins Bild gesetzt. Sie zeigt, wie Wildesel durch berittene Jäger in ausgespannte Netze getrieben und gefangen werden. Wie wichtig dem Auftraggeber dieses Thema war, geht daraus hervor, dass das Jagdmotiv auf der Ostwand wiederholt wird, wo die gefangenen Tiere zusätzlich gehäutet werden. Unterhalb der Jagdszene auf der Westwand wurden auf deren nördlicher Seite kämpfende bzw. trainierende Athleten dargestellt (Abb. 300). Die Sportler verkörpern offenbar das zeitgemäße Idealbild von Jugend und Männlichkeit: starke, durchtrainierte Körper mit muskulösen Oberschenkeln. Im Zentrum der unteren Bildreihe steht eine große, spärlich bekleidete Dame vor einem mit einem Bogengang umgebenen Wasserbecken, in ihrer Nähe eine Dienerin. Der reichlich angelegte Schmuck unterstreicht die Stellung der Badenden. Höflinge beobachten sie von einem Balkon aus. Die Szene spielt sich in einem Palastbereich ab. Das Becken ähnelt dem von Ḫirbet el-Mafǧar. Mit diesem Motiv wird wohl nicht allein ›eine schöne Frau‹ im Gefolge ihres Herrschers dargestellt. Es wird wohl eher auf ein bestimmtes Ereignis angespielt. Nach Osten hin schließt sich eine (leider stärker zerstörte) Szene mit sechs Königen an. Nach den über ihren Köpfen angebrachten griechischen und arabischen Inschriften handelt es sich um Caesar (als solchen sah man den byzantinischen Kaiser an), Chosrau/Kisra, den letzten sassanidischen Kaiser im Iran vor der musli126. Grabar 1977, 53.
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Abb. 300: Audienzhalle, Westwand, Athleten (Ausschnitt).
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mischen Eroberung 127, und den Kaiser von China(?). In der zweiten, hinteren Reihe erscheinen Roderich, der letzte Westgotenkönig, dem Walid I. 711 n. Chr. Spanien entriss, Negus, der König von Äthiopien, sowie möglicherweise ein türkischer Fürst (Chaqan). Die Bedeutung dieser Szene ist umstritten. Sind dies die besiegten Könige, die vom Islam überwundenen Feinde (so A. Musil), die hier zum Zeichen der eigenen Überlegenheit abgebildet wurden? – Doch weder Negus noch der Kaiser von China wurden vom Islam besiegt. Man könnte daher das gesamte architektonische Ambiente des Audienzsaales und natürlich auch seine Ausmalung in dem Sinne verstehen, dass die großartige königliche Abkunft des hier thronenden Herrschers demonstriert werden soll 128. Dem entspricht, dass die Herrschergestalten der ersten Reihe alle eine Hand im Sinne der Ehrerbietung in Richtung des Thronraumes von Qaṣr ‛Amra ausstrecken. Somit wäre das Thema des Freskos als Ahnenreihe von Herrscher-Persönlichkeiten zu verstehen, an deren Spitze der auf dem Thron sitzende, in Qaṣr ‛Amra residierende Herrscher stünde. Er lässt sich hier folglich als rechtmäßiger Nachfolger verherrlichen. Trifft diese Deutung zu? Das bauliche Ensemble des Audienzund Badekomplexes erfüllt augenfällig den Wunsch nach Repräsentation (z. B. bei offiziellen Empfängen) und nach Vergnügung. Die Fresken selbst bilden Motive ab, die man mit dem geforderten arabischen Puritanismus nicht in Verbindung bringen kann. Vielmehr entsprechen sie dem üppigen orientalischen Hofleben. Yazid III. (744 n. Chr.): »Ich bin der Sohn Kisras, und mein Vater ist Marwan (scil. Stammvater der zweiten Linie der Omayyaden-Dynastie); Caesar ist mein Großvater, und mein Großvater ist Chaqan« 129. Als A. H. Layard im syrischen Wüstensand die ersten Ruinen eines solchen Prunkschlosses – es war Qaṣr Mušattā – fand, war dessen arabische Herkunft bald heftig umstritten. Doch blieb Qaṣr Mušattā nicht allein. Die aufgefundenen Inschriften und insbesondere das (vielleicht überzogene, weil feindselige) Urteil der nachfolgenden Abbasiden-Dynastie bezeugen diese Form der omayyadischen Hofhaltung.
Über lange Zeit sah man den in Spanien siegreichen Walid I. (705715 n. Chr.) als Erbauer von Qaṣr ‛Amra an. Zwei Inschriften des
127. Seine Krone ist hornartig und wird von einem Halbmond überragt. 128. Grabar 1977, 54. 129. M. J. de Goeje (ed.), Annales quos scripsit Abu Djafar Mohammed Ibn Djarir AtTabari II, Leiden 1885-1889, 1874 (Zitat nach Grabar 1977, 54).
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Schlösschens sprechen aber gegen diese Annahme. R. Savignac las im Baldachinrand der bereits erwähnten Throndarstellung einen Segenswunsch für einen Emir – und nicht etwa zugunsten eines Kalifen. An anderer Stelle wird der Segen für den Prinzen erbeten, so wie ihn einst David und Abraham empfingen. Wenn damit Walid I., der ohnehin schon Qaṣr el-Burqū‛ als Wüstenschloss ausbaute, nicht mehr in Frage kommt, dann spricht vieles für einen seiner Nachfolger, von denen zumeist Walid II. (743744 n. Chr.) und Yazid III. (744 n. Chr.) genannt werden. Auf ersteren deutet hin, dass er lange bis zum Besteigen des Kalifenthrones warten musste. Seine exzentrische Art war ohnehin sattsam bekannt. Er liebte es, im Gebiet um Qaṣr el-Azraq zu jagen. Die damals dort noch reichlich vorhandenen Sümpfe waren ein Paradies für Tiere und Jäger. All das kann dann auch die Ausmalung von Qaṣr ‛Amra erklären, die hohe Geltung der königlichen Jagd und die vielgestaltige Tierwelt. Selbstverständlich gehört in diesen Zusammenhang auch die prunkvolle Hofhaltung des auf seine Herrschaft wartenden Emirs, die ›Wein, Weib und Gesang‹ sowie Akrobatik und den Hinweis auf die eigene, großartige Herrscherabkunft einschlossen. Kehren wir zu den Fresken im Audienzsaal zurück. Nicht alle Bildmotive der Wände und der drei parallelen Tonnengewölbe können hier beschrieben werden. Es sind dort u. a. Liebespaare zu sehen, sparsam bekleidete Tänzerinnen, Frauen mit Blumensträußen bzw. füllhornähnlichen Gefäßen und Musiker. Von besonderem Interesse sind die inschriftlich genannten weiblichen Personifikationen ›Dichtkunst‹, ›Philosophie‹ und ›Geschichte‹, die am omayyadischen Hof hoch geschätzt wurden. Eine ganz eigene Thematik beherrscht das in vier Reihen mit je acht Quadraten unterteilte östliche Tonnengewölbe. In jedem Quadrat ist eine andere handwerkliche Tätigkeit dargestellt, darunter das Schmiede-, Zimmermanns-, Steinmetz- und Maurerhandwerk. Ein beladenes Lasttier symbolisiert den Handel. Der Erbauer von Qaṣr ‛Amra wollte sich offensichtlich als großer Baumeister (vgl. die Bauinschriften orientalischer Herrscher) sowie Förderer und Beschützer des Handels präsentieren, was ihn als Staatsmann auswies.
9.9.4 Badetrakt In der östlichen Wand der Audienzhalle befindet sich der Durchgang zum Bad (Abb. 297). Dessen Aufteilung stand in klassischer
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Abb. 301: Deckenbemalung im Mittelschiff der Audienzhalle.
Abb. 302: Ausschnitt zum Thema ›Handwerk‹ in der Deckenbemalung im Ostschiff der Audienzhalle.
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Abb. 303: Deckenbemalung im Ostschiff der Audienzhalle zum Thema Handwerk.
Abb. 304: Vorratsraum mit Blick in Richtung Heizraum und zum Caldarium (Kuppel).
9. Wie könnte es gewesen sein?
Tradition 130: Apodyterium (Auskleideraum), Tepidarium (Warmbad) und Caldarium (Heißbad). Nur ein Frigidarium (Abkühlraum) fehlt. Das Bildprogramm geht im Unterschied zum Audienzsaal stärker auf griechische Traditionen zurück. Offenbar stammten nicht nur die Ideen, sondern auch die Künstler, die diesen Bereich ausgestalteten, aus dem byzantinischen Kulturbereich. Das Apodyterium besaß Ablagebänke an der südlichen und östlichen Mauer. Es war mit einem Tonnengewölbe überdacht. Das kleine, im Grundriss quadratische Tepidarium besaß eine Hypokaustenanlage, um die warme Luft unter dem Fußboden zirkulieren zu lassen. Im quadratischen Alkoven (Einbuchtung) auf der Nordseite befand sich das Badebecken, was die dorthin führenden Wasserleitungen belegen. Das Caldarium lag neben dem Feuerungs- und Heizungsraum. Seine apsidialen Seitennischen boten einen herausgehobenen Platz für die Badebecken. Das Wasser wurde bereits im Vorraum aufgeheizt. Die kleinen Einbuchtungen in den Wänden enthielten ursprünglich dekorative Elemente aus Marmor. Über alledem spannte sich eine kleine halbrunde Kuppel mit einer bemerkenswerten Ausmalung. In die Kuppel wurde der Abendhimmel mit Bildern des Tierkreises eingezeichnet. Dies ist das älteste erhaltene Beispiel für eine sphärische Darstellung des Himmels. Sichtbar sind der Kleine und der Große Bär, der Orion sowie Andromeda, Kassiopeia u. a. Das Vorbild für diese Darstellung muss allerdings (betrachtet man den spezifischen Ausschnitt des Sternenhimmels) viel weiter im Nor130. In der arabischen Welt hielt sich diese der Begegnung und der Entspannung dienende Tradition des Bades bis ins Mittelalter.
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9.9 Qaṣr ‛Amra – ein Wüstenschloss der Omayyadenzeit
den ersonnen worden sein. Der Künstler konnte jedenfalls den astronomischen Gehalt seines Werkes nicht wirklich verstanden haben. Er (oder andere vor ihm) vertauschte(n) die Ansicht der Vorlage, sodass der Abendhimmel in der Außenansicht, nicht aber vom Standpunkt des irdischen Beobachters, abgebildet wurde. Das Tympanon, d. h. das mit einem Fresko ausgefüllte Bogenfeld über dem Türsturz des Portals im Apodyterium (Abb. 306), knüpft wahrscheinlich an die griechische Mythologie an. Die Szene lässt sich am besten so deuten, dass sich der das Kinn aufstützende Dionysos, von einem geflügelten Cupido flankiert, über die schlafende Ariadne beugt. Ariadne, die Tochter des Minos, war zuvor aus Naxos entführt worden. Das Apodyterium bietet noch eine Vielzahl von Motiven. In den Rauten des Deckengewölbes sind ein Flötenspieler und eine Tänzerin abgebildet. Neben mehreren Tieren zieht vor allem ein !sitzender Bär, der auf einer Laute(?) spielt (S. 220 Abb. 183), die Blicke auf sich. Vor dem Bär tanzt ein auf den Hinterbeinen stehender Affe, der die Vorderpfoten zusammenschlägt. Aus dem Tonnenscheitel des Gewölbes blickt eine männliche Figur auf den Besucher herab (Abb. 307). In christlichen Kirchen und Klöstern würde man ihn angesichts seiner Anordnung im Raum und seiner Darstellung ohne Zweifel als Christusfigur identifizieren. Hier scheint dies ausgeschlossen. Das Bild lässt aber einen Rückschluss auf die Tradition und die Gewohnheiten der Künstler zu. Im Tepidarium werden an der Südwand drei unbekleidete Frauen abgebildet (Abb. 308 f.). Die mittlere trägt ein Kleinkind auf dem Arm. Im Kontext der griechischen Mythologie würde man hier an Nymphen denken, die der Sage nach Dionysos aufzogen. Eine weitere Szene zeigt, wie eine Frau ihr Kind badet.
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Abb. 305: Reste der Kuppelbemalung im Caldarium.
Abb. 306: Fresko im Tympanon.
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9. Wie könnte es gewesen sein?
Aus all dem stellt sich abschließend die Frage, warum sich die Kalifen, Emire oder hochrangigen arabischen Aristokraten in die Wüste zurückgezogen haben.
Abb. 307: ›Christusfigur‹ im Apodyterium.
Abb. 309: Weibliche Person, linke Figur im Tepidarium.
Diese Frage hängt zunächst damit zusammen, dass man die ersten Beispiele dieser Baugattung im Wüstenbereich fand. Der Name ›Wüstenschlösser‹ ist so zum Programm geworden, ohne dass man sich vor Augen hielt, dass in früharabischer Zeit mit einem feuchteren !Klima als heute zu rechnen war (Kap. 8.3.3). Der von A. Musil abgegebene Erklärungsversuch von einem zeitlich begrenzten Rückzug der Herrscher wegen der Seuchengefahr in den großen Städten ist für das 7. und 8. Jh. n. Chr. nicht von der Hand zu weisen. Im Einzelfall mag diese Erklärung gelten. Möglicherweise hat aber auch die rotierende Hofhaltung als Instrument der Nomadenkontrolle beim Bau dieser Anlagen eine Rolle gespielt (Heinz Gaube).
Sicher spielt hier keine unbedeutende Rolle, dass die dort gelebte Freizügigkeit im Gegensatz zu den frommen Regeln der muslimischen Tradition stand. Doch war solche Lebensart offensichtlich auch hinter dicken Palastmauern in den großen Städten möglich. Allein darin ist das Phänomen der ›Wüstenschlösser‹ nicht zu erklären. Es ist vielmehr auch damit zu rechnen, dass die wegen Unrentabilität oder aufgrund der Emigration der Vorbesitzer in der arabischen Zeit aufgegebenen Abb. 308: Weibliche Person, byzantinischen Landgüter (im Gegen- mittlere Figur im Tepidasatz zum städtischen Besitz) sehr rium. schnell dem islamischen Staat und damit seinen Herrschern zufielen. Diese konnten die Landsitze dann in ihrem Sinne umbauen (Oleg Grabar). Die für muslimische Epochen ungewöhnliche Bildkunst ist jedenfalls nur dann erklärbar, wenn sie als ›begrenzt öffentliche‹ Repräsentationskunst eine Sonderfunktion zu erfüllen hatte. In der Öffentlichkeit waren solche Kunstwerke sonst in dieser Zeit unvorstellbar. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Al-Asad/Bisheh et al. 2000; Almagro/Caballero et al. 1975; Bisheh/Morin/
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9.10 Mittelalter und Neuzeit
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Vibert-Guigue 1997, 375-393; Blazquez 1981; Creswell 1932; 1958; Ettinghausen 1979; Franz 1984; Grabar 1977; Jaussen/Savignac 1909; 1914; 1922; Khouri 1988b; Morin/Vibert-Guigue, 2000, 581-591; Musil 1902; 1907; Saxl 1932, 338-350; Scheck 1997, 216-221 und Zayadine 1977.
9.10 Mittelalter und Neuzeit Als die Abbasiden (749/50-1258 n. Chr.) der omayyadischen Herrschaft ein Ende bereiteten, verlagerte sich das Zentrum der Macht im Orient von Damaskus nach Bagdad. Die 762 n. Chr. als neuer Herrschersitz proklamierte Hauptstadt brachte nicht nur räumlich eine größere Distanz zu Palästina, sondern vor allem eine geringere Akzeptanz des dortigen Nebeneinanders von christlicher und arabischer Bevölkerung mit sich. Zwar konnten durch das Eingreifen Karls (I.) d. Gr. (768-814 n. Chr.) noch einmal stabilere Verhältnisse für die Christen in Palästina erreicht werden, doch war dies auch dem Umstand zu verdanken, dass ihm mit Harun er-Raschid (786809 n. Chr.) ein weitsichtiger und tatkräftiger Herrscher auf arabischer Seite gegenüberstand. Karl (I.) d. Gr. (768-814 n. Chr.) und Harun er-Raschid führte der Kampf gegen Byzanz (Kaiserin Irene 797-802 n. Chr.) und gegen das in Spanien noch immer bestehende Omayyadenreich zusammen. Deshalb sandte Karl d. Gr. im Jahr 797 n. Chr. seine Gesandten, die Grafen Lantfried und Sigismund, zusammen mit dem jüdischen Kaufmann und Dolmetscher Isaak nach Bagdad, dem Herrschaftssitz des Kalifen Harun er-Raschid. Am 23. Dezember 800 n. Chr. traf im Gegenzug in Rom die Gesandtschaft des unter Harun er-Raschids Herrschaftsbereich stehenden Patriarchats von Jerusalem ein. Sie überbrachten Karl d. Gr. die Schlüssel des Heiligen Grabes und das Banner Jerusalems als symbolhafte Anerkennung der Schutzherrschaft des Frankenkönigs über die Christenheit. Zwei Tage später wurde Karl d. Gr. vom Papst zum Kaiser gekrönt. Damit wurde nach außen sichtbar an die Tradition des römischen Kaisertums angeknüpft. Nach einigen Auseinandersetzungen mit Byzanz kam es 812 n. Chr. schließlich zur Aussöhnung zwischen Ostrom und Karl d. Gr. Die Grafen Lantfried und Sigismund starben an einer Seuche. Allein der Kaufmann Isaak kehrte mit kostbaren Geschenken des Kalifen zurück, darunter Myrrhe, Nardenöl, Balsam und Weihrauch. Das bemerkenswerteste Geschenk aber war ein Elefant mit dem Namen Abul Abbas (benannt nach dem Ahnherrn der Abbasiden), der dreiundzwanzig Kommandos ausführen konnte. Das Rüsseltier wurde zum Schrecken der Friesen im Feldzug 810 n. Chr. gegen den Dänenkönig Göttrik mitgeführt. Abul Abbas verstarb auf dem Rückmarsch bei der Rheinüberquerung. – »Anno DCCCX. Sol et luna bis defecerunt, sol VI. Idus Iunii et luna XI. Kal. Iulii, et Pippinus rex, filius imperatoris, migravit, et ille elefas … subita morte periit …« (Xantener Annalen für das Jahr 810 n. Chr.).
Die lateinische Kirche des Abendlandes erhielt zu Karls Regierungszeit zum ersten Mal eine eigene Präsenz in Jerusalem – den
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Muristan 131. Der Mönch Bernhard berichtet um 870 n. Chr. von seiner Jerusalemreise Folgendes: »Von Ramala eilten wir zu dem Dorf Emmaus und von Emmaus erreichten wir die Heilige Stadt Jerusalem, wo wir im Hospiz des hochberühmten Kaisers Karl wohnten« 132. Harun er-Raschid (»der Rechtgeleitete«; 786-809 n. Chr.) führte das abbasidische Kalifenreich zu großer Macht und hoher kultureller Blüte. Er war ein bedeutender Städtebauer, Förderer der Künste und der Medizin. Schon bald nach seiner Thronbesteigung unterjochte er alle seine Gegner auf grausame Weise. Er schreckte 802 n. Chr. auch nicht vor der Ausrottung des Geschlechtes der Barmekiden, die ihm bis dahin als Minister gedient hatten, zurück. Offen bleibt daher die Frage, ob er als grausamer Despot oder als harter, aber dennoch gerechter Kalif angesehen werden muss. Wie auch immer diese Frage zu beantworten ist, unvergessen bleibt er in seiner ›Glanzrolle‹, in den um 900 n. Chr. entstandenen arabischen Märchen aus »Tausend und einer Nacht«, die seine Ritterlichkeit und seinen Gerechtigkeitssinn verherrlichen.
Das Verständnis zwischen dem Abendland und dem Orient nahm jedoch generell ab. Im dogmatischen Streit, der sich um die liturgische Einführung des »filioque« im nicaeno-konstantinopolitanischen Glaubensbekenntnis des Westens entzündete, exkommunizierten sich die christlichen Kirchen gegenseitig. Für 900 Jahre sollten sie nun je ihre eigenen Wege gehen. Der Bruch (das Schisma) zwischen der Ost- und der Westkirche im Jahr 1054 n. Chr. geht auf eine sich seit langer Zeit anbahnende, tiefgreifende Entfremdung zwischen beiden Kirchen zurück. Die Kirche in Konstantinopel lehnte den Führungsanspruch ab, den Papst Leo XX. und seine Nachfolger erhoben; die Westkirche widersprach dem Caesaropapismus in Byzanz. Besonders hinsichtlich der Einfügung des »filioque« in das nicaeno-konstantinopolitanische Glaubensbekenntnis gab es tiefgreifende dogmatische Dissonanzen. Dort hieß es nun in der römischen Kirche: »Ich glaube an den Heiligen Geist, … der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht …«. Die 1054 n. Chr. gegenseitig ausgesprochene Exkommunikation wurde erst 1965 wieder aufgehoben.
Als 969 n. Chr. die Fatimiden die Herrschaft über Palästina an sich rissen, brachen dramatische Zeiten über die Bevölkerung des Landstrichs herein. Schon 935 n. Chr. war ein Teil des Atriums sowie des Narthex der Grabeskirche in eine Moschee (zum Gedenken an das Gebet des Omar 638 n. Chr. bei der Einnahme Jerusalems) umgewandelt worden. Drei Jahre später brachen antichristliche Ausschreitungen in der Stadt aus. Dabei wurde die Anastatis
131. Während der Palästinareise des preußischen Kronprinzen, des späteren Kaisers Friedrich III., im Jahr 1869 erhielt Preußen vom türkischen Sultan den Muristan als Baugrund für die Erlöserkirche geschenkt. 132. Zitat nach Otto 1980, 207.
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geplündert. Im Jahr 965 n. Chr. kam es wiederum zu Christenverfolgungen 133. Unter Kalif el-Hakim (996-1021 n. Chr.) behinderte man christliche Pilger und verbrannte Kreuze. Im Jahr 1008 n. Chr. wurde die traditionelle Palmenprozession durch Jerusalem verboten. Die Situation eskalierte, als der Kalif 1009 n. Chr. die Zerstörung der Grabeskirche befahl. Der Felsen, in den das Grab Christi eingemeißelt war, sollte abgetragen werden. Allerdings konnte diese Situation durch Diplomatie noch einmal friedlich gelöst werden. Der byzantinische Kaiser Romanos Argyros III. (1028-1034 n. Chr.) erhielt einige Jahre später vom fatimidischen Kalifen die Erlaubnis, die Grabeskirche aus eigenen Mitteln wieder aufzubauen. Allerdings konnte während der siebenjährigen Bauzeit (1042-1048 n. Chr.) nur die Rotunde der Grabeskirche neu errichtet werden. 1048 n. Chr. wurde die heilige Stätte neu geweiht. Einige Jahre später, 1072 (oder erst 1077) n. Chr., eroberten die Seldschuken einen Teil Palästinas – darunter auch Jerusalem 134. Als die turkmenischen Seldschuken einen gegen sie gerichteten Aufstand in Jerusalem niederschlugen und dabei christliche Pilger und ortsansässige Christen grausam umbrachten, fühlte sich das Abendland herausgefordert und zu einer militärischen Antwort genötigt. Den Aufruf zum Kreuzzug richtete Papst Urban II. (10881099 n. Chr.) auf der Synode von Clermont (1095 n. Chr.) an die gesamte Christenheit. Dabei schilderte er die Leiden der Christen in Palästina mit drastischen Worten: »Sie haben Christen beschnitten und ihr Blut auf die Altäre geschmiert oder in die Taufbrunnen gegossen. Sie machten sich ein Vergnügen daraus, Christen zu töten, indem sie ihnen die Bäuche aufschlitzten, das Ende der Därme herausrissen und es dann an einen Pfahl befestigten; darauf schlugen sie auf ihre Opfer ein und zwangen sie, um den Pfahl herumzulaufen, bis die ganzen Gedärme aufgewickelt waren und sie tot zu Boden fielen. Andere banden sie an Pfählen fest und schossen mit Pfeilen auf sie, und wieder andere drückten sie zu Boden, streckten ihnen die Hälse und probierten aus, ob es möglich sei, jemanden mit einem einzigen Schwertstreich zu enthaupten« 135.
Das Entsetzen über solch ungeheure Gräuel und das päpstliche Versprechen auf die Vergebung aller Sünden bewirkten schon im Jahr darauf den Aufbruch eines großen Kreuzfahrerheeres zur Be133. Otto 1980, 207. 134. Die Fatimiden hielten weiterhin die Küstenebene unter ihrer Kontrolle. 135. Papst Urban II. (Zitat nach Payne 1986, 30).
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freiung der Heiligen Stätten, denn – so war man überzeugt – »Deus lo volt« (Gott will es) 136. Allerêrst lebe ich mir werde, sît mîn sündic ouge siht Daz reine lant und ouch die erde den man sô vil êren giht. Mirst geschehen des ich ie bat, ich bin komen an die stat dâ got mennischlîchen trat.
Jetzt erst erfahre ich mein Leben als wesentlich, da mein sündiges Auge das heilige Land erblickt und die Erde, die man so verehrend preist. Mir ist geworden worum ich immer gebeten habe, ich bin an die Stätte gekommen da Gott in menschlicher Gestalt wandelte.
›Palästinalied‹, 1. Strophe, Walther von der Vogelweide (1170-1230 n. Chr.) 137
Abb. 310: Kreuzfahrerburg in Kerak.
Am 17. Juni 1099 stand das Heer vor Jerusalem und wenige Tage später, am 15. Juli fiel die Stadt. Ein Massaker ungeahnten Ausmaßes begann: »Nach dem fürchterlichen und blutigen Hinmorden der Sarazenen, von denen dort (im Tempel) zehntausend erschlagen wurden, kehrten die Christen siegreich vom Palast zur Stadt zurück und machten nun viele Scharen von Heiden, die in ihrer Todesangst versprengt durch die Gassen irrten, mit dem Schwert nieder. Weiber, die in die befestigten Häuser und Paläste geflohen waren, durchbohrten sie mit dem Schwert. Kinder, noch saugend, rissen sie an den Füßen von der Brust der Mutter oder aus den Wiegen und warfen sie an die Wand und auf die Türschwellen und brachen ihnen das Genick. Andere machten sie mit den Waffen nieder, wieder andere töteten sie mit Steinen. Kein Alter und kein Geschlecht der Heiden wurde verschont« 138. Das lateinische Königtum von Jerusalem erreichte unter Balduin II. (1118-1132 n. Chr.) seine größte Ausdehnung. Sultan Saladin (1168-1193 n. Chr.) einigte schließlich die arabischen Kräfte von Syrien bis Ägypten und ging erfolgreich gegen die Kreuzfahrer vor. Im Jahr 1187 n. Chr. besiegte er in einer legendären Schlacht an 136. Zum ersten Kreuzzug s. von Sybel 21881, 62 ff.; Kugler 1885; Kühn 1887, 543 ff.; Mayer 1965; Knoch 1966; Runciman 1981 und Milger 1988. 137. Zitat nach: P. Wapnewski (ed.), Walther von der Vogelweide. Gedichte, Mittelhochdeutscher Text und Übertragung, Frankfurt a. M. 71980. »Das Palästinalied Walthers als Niederschlag einer Fahrt des Dichters ins Heilige Land zu verstehen, hieße es falsch verstehen. Wenn es ein ›Erlebnis‹ ausdrückt, dann das des Glaubens, der Kreuzzugsstimmung, das der Bildung, der Tradition, des Wissens – nicht jedoch das einer Reise.« (ebd. 252 f.) 138. Albert von Aachen in der Bearbeitung von Milger 1988, 116.
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den Hörnern von Hattin das sich ihm in Galiläa dilettantisch in den Weg stellende Kreuzritterheer. Wenige Monate später fiel Jerusalem in seine Hand. Weitere !Kreuzzüge und Kämpfe folgten (S. 501 f.). Zwar konnte durch die Eroberung Akkos 1191 n. Chr. ein zweiter Kreuzfahrerstaat gegründet werden, doch genau 100 Jahre später fanden die Kreuzzüge mit der Aufgabe eben dieser Stadt ihr ruhmloses Ende. Die militärischen Mittel des Abendlandes zum Schutz der heiligen Stätten waren erschöpft. Der vom Papst gebannte deutsche Kaiser Friedrich II. (1197-1250 n. Chr.) und der ägyptische Sultan Nasir ed-Din el-Malik el-Kamil I. (1218-1238 n. Chr.) einigten sich denn auch auf diplomatischem Wege darüber, dass die Christen Jerusalem (ohne den Ḫaram eš-Šerīf, den für Muslime heiligen Bereich um die El-Aqsa-Moschee und den Felsendom) zurückerhalten sollten. Auch wurde für Pilger der freie Zugang zu den heiligen Stätten vereinbart. Doch brachte diese Übereinkunft beiden Herrschern keinen besonderen Ruhm ein. Die zeitgenössischen Meinungsführer wünschten vielmehr eine militärische Entscheidung zu ihren eigenen Gunsten. Kaiser Friedrich II. krönte sich folglich am 18. März 1229 in Jerusalem ›mit eigener Hand‹(!) zum König von Jerusalem. Der Patriarch der Stadt erschien nicht zur Zeremonie. Zwischen 1048 und 1071 n. Chr. gründeten Kaufleute aus Amalfi ein Hospital in Jerusalem. Zunächst nur für Pilger vorgesehen, wurden später auch Reisende aufgenommen und Kranke gepflegt. 1113 n. Chr. erhielt diese Gruppe ein Schutzprivileg des Papstes Paschalis II. In den Folgejahren entwickelte sie sich zu einem geistlichen Ritterorden vom Hospital des Hl. Johannes zu Jerusalem, der zum Schutz der Pilger auch Verteidigungsaufgaben übernahm (Armenbetreuung und Verteidigung des Glaubens). Nach Abb. 311: dem Fall Akkos 1291 n. Chr. gelangte der Orden nach Limassol auf Zypern, später nach Johanniterkreuz. Rhodos, bis auch die Insel Zypern durch das Vordringen der Osmanen verloren ging. Im Jahr 1530 n. Chr. wurde der Johanniterorden von Kaiser Karl V. mit Malta belehnt. Die durch die Reformation evangelisch gewordene Ordensprovinz Brandenburg führte die sozialpflegerischen Aufgaben als Johanniterorden weiter. Der katholische Zweig des Ordens ist seit 1834 n. Chr. in Rom ansässig und heute als Malteserorden bekannt. Beide fühlen sich der Bewahrung des Glaubens und der Hilfe für den Nächsten verpflichtet.
Die zwischen Friedrich II. und Kamil I. ausgehandelte Lösung hatte unter solchen Bedingungen wenig Aussicht auf langfristigen Erfolg. Als die Mamluken 1251 n. Chr. die Stadt eroberten, entbehrten die zwischen Friedrich II. und Kamil I. abgeschlossenen Verträge jeder Grundlage. Die lange Zeit der mamlukischen Herrschaft (1251-1516/17 n. Chr.) brachte in Palästina wenig Fortschritt und Entwicklung. Das Gegenteil war der Fall. Weite Landstriche verödeten. Mit der Eroberung durch Selim I., ›den Grausamen‹ und eigentlichen Gründer des osmanischen Reiches, kam Palästina für vier Jahrhun-
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derte unter türkische Herrschaft. Doch auch für das osmanische Reich (1516/17-1918 n. Chr.) war Palästina eine strategisch und politisch zu vernachlässigende Größe. Allein der unmittelbare Nachfolger Selims I., Suleiman der Prächtige (1520-1566 n. Chr.), entwickelte im palästinischen Raum noch einmal glanzvollere Zeiten. Basierend auf einer gut funktionierenden Verwaltung und der durch seine Herrschaft garantierten allgemeinen Sicherheit schaffte er ein prosperierendes Klima – nicht zuletzt für Jerusalem, wo Suleiman die noch heute erhaltene Stadtmauer und deren Tore errichten ließ (1538-1540). Dies war ein unschätzbarer Dienst für die Stadt. Er bewahrte ihr durch die folgenden Jahrhunderte den städtischen Charakter und schützte sie wirksam vor den Folgen der Ende des 19. Jahrhunderts unbarmherzig über das Gebiet hereinbrechenden Modernisierung, die dadurch weitgehend außerhalb der Stadtmauern blieb. Auch der Felsendom wurde unter Suleiman prächtig ausgestattet. Die Minderheiten, sowohl Christen als auch Juden, erhielten eine weitgehende Selbstverwaltung. Nach seiner Herrschaft verarmten aber die erneut vernachlässigten palästinischen Gebiete wieder. Eine wirklich neue Entwicklung setzte erst die napoleonische Expedition nach Ägypten und Palästina in Gang (1798/1799 n. Chr.; s. S. 32 f.). Von der ursprünglichen, gegen Großbritannien gerichteten militärischen Zielstellung völlig unabhängig gelangten in der Folge des Waffenganges Forschungsreisende und schließlich auch Archäologen/-innen in den ›Fruchtbaren Halbmond‹. Sie bereisten die Länder und erkundeten deren Altertümer. In Palästina galt ihr besonderes Interesse zunächst der Stadt Jerusalem. Hier setzte ihr Forscherdrang ein, ist Jerusalem doch der Ort, an dem die drei monotheistischen Weltreligionen wichtige Verehrungsstätten besitzen. Die Forscher/-innen suchten nach den Überresten der von Salomo und Herodes d. Gr. erbauten Tempel und erkundeten die Baugeschichte der Heiligtümer. Die West- oder Klagemauer (Abb. 312), die Grabeskirche (Abb. 313) und der Ḫaram eš-Šerīf (das »erhabene Heiligtum«; Abb. 314) waren schon über viele Jahrhunderte herausgehobene Orte religiöser Verehrung und zentrale Punkte der jeweiligen Glaubensgeschichte. Pilger wagten wochen-, zuweilen monatelange Reisen, nur um einmal an ihrem Heiligtum in Jerusalem zu beten. Gleichzeitig entzündeten sich zwischen den Gläubigen, die doch allesamt Kinder Abrahams sind, immer wieder Auseinandersetzungen; häufig geringfügig und banal – doch immer wieder auch fanatisch und mit politischen Interessen vermischt. Die Spannung zwischen religiöser Verehrung und wissenschaftlich motivierter Erkundung der Altertümer Palästinas prägt die Archäologie der biblischen Welt bis auf den heutigen Tag.
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Die West- oder Klagemauer ist zum Symbol für den im Jahr 70 n. Chr. durch die Römer zerstörten jüdischen Tempel geworden. Vom Tempel selbst sind heute keine sichtbaren Reste mehr erhalten. Doch wurde die von Herodes d. Gr. erbaute Stützmauer des Tempelareals so massiv gegründet, dass sie allen Erdbeben trotzte und den östlich von ihr gelegenen Tempelplatz zuverlässig gegen das westlich abfallende Stadttal (Tyropoeon) abstützte. Zur im Jahr 20 v. Chr. errichteten westlichen Stützmauer des herodianischen Tempels gehören die heute sichtbaren unteren elf Steinlagen. Die herodianische Arbeit ist durch Bossenquader gut von späteren Ergänzungen aus byzantinischer und arabischer Zeit zu unterscheiden. Die Steinlagen haben je eine Höhe von 1,07 m. Die Länge der Steine variiert. Einige Quader sind bis zu 100 Tonnen schwer. Die Mauer erreicht heute eine Höhe von 18 m. Unterhalb des derzeitigen Begehungshorizontes liegen weitere 19 Lagen der im Stadttal gründenden herodianischen Mauer im Gesteinsschutt der Trümmer von zwei Jahrtausenden verborgen.
Abb. 312: Westmauer.
Im Bereich der westlichen Umfassungsmauer befanden sich drei ehemalige Zugänge zum Tempelbereich: (1) der !›Robinson-Bogen‹ (S. 32 und 38 Abb. 24) nahe der Südwestecke des Tempelareals (er verband mit einer Spannweite von 12 m das Stadttal mit der königlichen Halle im Südbereich des Tempelareals), (2) das ehemals aus dem Tal per Stufen in den Tempelbereich führende ›Barclay-Tor‹ unterhalb des heute benutzten Westtores, (3) der !›Wilson-Bogen‹ (S. 37), der mit 12,80 m Spannweite die Oberstadt mit dem Tempelberg verband. Er stammt aus makkabäischer Zeit, wurde vor der römischen Eroberung 63 v. Chr. abgerissen und von Herodes d. Gr. neu errichtet. An der nur wenige Meter von der arabischen Wohnbebauung entfernt liegenden Westmauer wurden in der ersten Hälfte des 20. Jh. zahlreiche Konflikte zwischen Juden und Muslimen ausgetragen. 1967 wurden die Häuser vor der Westmauer weitflächig abgerissen. Wie in der Synagoge werden zum Gebet an der Klagemauer Frauen und Männern verschiedene Bereiche zugewiesen.
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Die Grabeskirche ist eine der heiligsten Stätten der Christenheit. Sie umschließt nach der Tradition des 4. Jh. n. Chr. Golgata, den Hinrichtungsplatz Jesu, sowie den Ort seiner Grablegung und Auferstehung. Zur Zeit der Hinrichtung Jesu war der Bereich der heutigen Grabeskirche noch nicht in das Stadtgebiet Jerusalems einbezogen. Beim Grab selbst handelt es sich um ein in der neutestamentlichen Zeit üblicherweise benutztes Felsengrab (Mk 15, 46 parr.).
Abb. 313: Grabeskirche. Die Verehrung der leeren Grabstätte begann bereits im 1. Jh. n. Chr. 325 n. Chr. lud Makarios, Bischof von Aelia Capitolina, auf dem Konzil von Nicaea Kaiser Konstantin d. Gr. zum Besuch Jerusalems ein. 326 n. Chr. fand Helena, die 80jährige Mutter des Kaisers, nach der Überlieferung das Grab Jesu unter dem Tempel der Venus (Aphrodite), der nun abgerissen wurde. 335 n. Chr. wurde die imposante, 150 m lange und 75 m breite Grabeskirche geweiht. Sie umfasste eine Rotunde (Anastasis, »Auferstehung«) über dem aus dem Felsen gemeißelten Grab als Mausoleum für den ›König der Könige‹, dazu einen Säulenhof zwischen Anastasis und der fünfschiffigen Basilika (Martyrion). Um den Kalvarienberg (Golgatafelsen) wurde eine Art Kapellenturm gebaut, etwa 50 m hoch und von einem Kreuz bekrönt, 614 n. Chr. wurde die Kirche während der persischen Invasion beschädigt. 969 n. Chr. wurde die Rotunde durch arabische Truppen verbrannt. 1009 wurde die Grabeskirche vom Kalifen el-Hakim bis auf die Grundmauern zerstört. 1042-1048 n. Chr. erfolgte ein bescheidener Neuaufbau durch Kaiser Konstantin IX. Monomachus. Das Martyrion wurde aufgegeben. 1149 n. Chr. erfolgte die Weihe des romanischen Kreuzfahrerbauwerkes. Es war ein monumentaler Bau mit Rotunde und neuem Chorbau. Der Glockenturm war 48 m hoch. 1187 n. Chr. ging die Kirche durch Saladin zunächst in arabischen Besitz über. 1808 n. Chr. wurde die Anastasis durch Feuer zerstört. Beim Wiederaufbau im türkischen Rokokostil wurden alle Erinnerungen an die Kreuzfahrerzeit (Inschriften und Dekorationen) sowie die ehemaligen Grablegen von Gottfried von Bouillon († 1100 n. Chr.) und Balduin I. († 1118 n. Chr.) getilgt.
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Das »erhabene Heiligtum« (Ḥaram eš-Šerīf) nimmt nach Mekka und Medina den dritten Platz unter den drei großen Heiligtümern des Islams ein. Hier wird der Berg Morija verehrt, der sich im Zentrum des Felsendoms befindet. Auf ihm sollte (nach der Tradition) Abraham seinen Sohn Isaak opfern (Gen 22). David erbaute hier auf der Tenne des Jebusiters Arawna einen Altar (II Sam 24, 16-25). Salomo errichtete den berühmten Tempel für Jahwe. Nach dem Koran (Sure 17, 2 f.) begann Mohammed an dieser Stelle seine nächtliche Himmelsreise.
Abb. 314: El-Aqsa-Moschee.
638 n. Chr. betete Kalif Omar im Gedenken an Abraham vor dem Felsen Morija und baute hier eine Moschee. 688-691 n. Chr. erbaute Kalif Abd el-Malik über dem heiligen Felsen im Gedenken an Mohammeds Himmelfahrt den Felsendom. Seine Bauinschrift wurde später von Kalif Mamun, Sohn des Harun er-Raschid, dilettantisch abgeändert. Das 54 m hohe oktogonale Bauwerk folgt mathematischen Proportionen und entsprang der Idee, angesichts der prächtigen Kirchbauten in Palästina ein dem Islam würdiges und seiner Bedeutung entsprechendes architektonisches Gegengewicht zu schaffen. Der Bau lehnt sich an Vorbilder an, wie an das Mausoleum des Diokletian in Split und an byzantinische Kirchen. Im Felsendom werden u. a. der Fußabdruck Mohammeds (bei Aufstieg in den Himmel), die Fingerabdrücke des Erzengels Gabriel und die Barthaare des Propheten gezeigt. Im heiligen Felsen (ca. 18 13 m; seit 1198 hölzern eingefasst) ist vermutlich ein ehemaliger Abfluss für Opferblut (beim Gebrauch als Opferaltar) erhalten geblieben. Der flache Mihrab zeigt nach Mekka. Er ist der älteste erhaltene Mihrab überhaupt. Abd el-Malik oder Walid I. erbaute die riesige Moschee im Süden des Ḥaram eš-Šerīf. Die El-Aqsa-Moschee, »das entfernteste« Heiligtum, zu dem der Prophet bei seiner nächtlichen Himmelsreise entrückt wurde, ist 10schiffig und war ursprünglich 95 83 m groß. Von den Kreuzfahrern (ab 1099 n. Chr.) wurden der Felsendom als Templum Domini und die El-AqsaMoschee als Templum Salomonis angesehen, in dem zunächst der lateinische König (Balduin II.), später die Templer Unterkunft fanden. 1187 n. Chr. eroberte Saladin die Heiligtümer Jerusalems zurück und gab sie in die Hände des Islam.
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10. Wie restauriert man Antiken?
Jeder archäologische Fund, alle antiken Bauwerke oder Ruinen unterliegen der natürlichen Alterung. Moderne klimatische Einflüsse und Umweltphänomene – wie der ›saure Regen‹ – aber auch physikalische Veränderungen sind von ihnen nicht fernzuhalten. Doch der Verfall der Antiken begann nicht erst nach ihrer Ausgrabung oder Wiederentdeckung. Erste Veränderungen oder Beschädigungen entstanden bereits im Altertum bei ihrer Verwendung. Außerdem lagen sie über Jahrhunderte oder gar Jahrtausende in der Erde, was deutliche Spuren hinterlassen kann. Und schließlich sind selbst Beschädigungen bei der Ausgrabung, der Bergung und der nachfolgenden Lagerung nicht auszuschließen. Die fortschreitende Veränderung gehört damit zum Wesen der Altertümer seit ihrer Herstellung oder ihrem ersten Gebrauch. Aus all diesen Gründen stellt sich die Frage, wie die in ihrem Aussehen, ihrer Funktion oder ihrem materiellen Bestand gefährdeten Funde und Befunde für zukünftige Generationen erhalten, renoviert oder gar rekonstruiert werden können. Dieses Problem verschärft sich, wenn die dauerhafte Aufbewahrung in Kontinenten vorgesehen ist, die ein vom Ursprungsort deutlich verschiedenes Klima aufweisen.
Abb. 315: Weltkulturerbe in Jordanien, Umm er-Reṣāṣ.
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10. Wie restauriert man Antiken?
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Die Völkergemeinschaft ist verpflichtet, die vielfältigen Zeugnisse ihrer Vergangenheit zu schützen und zu bewahren. Das gilt sowohl für historische Bauwerke und antike Funde als auch für einzigartige Naturlandschaften. Die UNESCO (›United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization‹) verabschiedete deshalb 1972 ein »Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt«. Dieser Konvention traten bisher 183 Staaten bei. Seit 1978 stellt die UNESCO eine Liste des ›Welterbes‹ auf. Dessen Schutz und Erhalt wird von ihr besonders unterstützt und überwacht. Im Jahr 1978 wurden zunächst zwölf Kulturstätten ausgewählt 1. Heute ist ihre Zahl auf mehr als 936 angewachsen (Stand: Juli 2011). Das besonders schützenswerte ›Welterbe‹ umfasst dabei Stätten des ›Weltkulturerbes‹ als auch Orte des ›Weltnaturerbes‹. Der Anstoß für das Engagement der UNESCO zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt geht auf ein modernes ›Industrialisierungs-Trauma‹ zurück. Als durch den Bau des Assuan-Staudammes in Oberägypten wertvolle Denkmale vom Nil überflutet zu werden drohten, rief die UN-Organisation am 8. März 1960 zum Schutz bedrohter Kulturgüter auf. Dabei wurden u. a. die Tempel von Abu Simbel und Philae abgetragen und an höher gelegenen sicheren Orten wiedererrichtet.
Abb. 316: Weltkulturerbe in Israel, der Tell es-Seba‛.
1.
Hierzu gehörten keine Bauwerke, Orte oder Landschaften aus Nahost, vielmehr der Aachener Dom (Deutschland), die Altstadt von Krakau und das Salzbergwerk Wieliczka (Polen), die Galápagos-Inseln und die Altstadt von Quito (Ecuador), die Wikingersiedlung auf Neufundland bei L’Anse aux Meadows und der NahanniNationalpark (Kanada), Mesa Verde und der Yellowstone-Nationalpark (USA), die Felsenkirchen von Lalibela und der Nationalpark Simien (Äthiopien) sowie die Insel Gorée (Senegal).
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10. Wie restauriert man Antiken?
Abb. 317: Stadtmauer und südliche Begrenzung des Ḥaram eš-Šerīf.
Abb. 318: Die Nordwestmauer der Altstadt Jerusalems.
Im haschemitischen Königreich Jordanien gehören zum UNESCO-Welterbe: – die Ruinen von Petra (1985) 2,– das omayyadische Wüstenschloss von Qaṣr ‛Amra (1985; s. Kap. 9.9) sowie – die Siedlung und Militäranlage von Umm er-Reṣāṣ aus römisch-byzantinischer sowie omayyadischer Zeit (2004). Folgende Orte aus Israel werden im UNESCO-Kulturerbe verzeichnet: – die befestigte Hafenstadt Akko (2001), – die archäologischen Stätten von Masada (2001), – die ›Weiße Stadt‹ von Tel Aviv (gemeint sind etwa 4 000 Gebäude im Stil des ›Bauhauses‹ oder der ›Modernen Bewegung‹ ; 2003), – die bronze- und eisenzeitlichen Siedlungshügel von Megiddo, Hazor und Tell es-Seba‛ (2005), – die Weihrauchstraße und die dazugehörigen Wüstenstädte Avdat, Soubeita, Elousa und Mampsis im Negev (2005) sowie – die heiligen Stätten der Bahai in Haifa und dem westlichen Galiläa (2008). Die Altstadt von Jerusalem wurde 1981 samt ihren Mauern auf Vorschlag Jordaniens zum Welterbe erklärt. Im Jahr darauf gelangte sie auf die sogenannte ›rote Liste‹ des gefährdeten Kulturerbes. Für diese Entscheidung benannten die Gremien der UNESCO den unklaren Rechtsstatus der Altstadt Jerusalems und deren materielle Gefährdungen, wie die anhaltend heftigen Auseinandersetzungen um die Altertümer der Stadt zeigen (siehe dazu unten Kap. 10.4.3).
Die Aufgabe, antike Funde und Befunde zu erhalten, ist ebenso weit gefächert wie das zu erhaltene Gut. Es geht dabei grundsätzlich um alle Altertümer. Dazu gehören Ökofakte wie z. B. Knochen, Holzreste, Muscheln, Schnecken, Samen, Kerne. Außerdem zählen hierzu unbewegliche und bewegliche Artefakte, d. h. – architektonische Fragmente jeglicher Art, bauliche Strukturen und Ensembles 3, 2. 3.
In Klammern wird das Jahr angegeben, an dem das benannte Ensemble in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen wurde. Der Artikel 1 der ›Charta von Venedig‹ aus dem Jahr 1964 (s. dazu unten S. 369 f.) zählt zu den ›historischen Denkmalen‹ sowohl »das einzelne Denkmal als auch
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10. Wie restauriert man Antiken?
– die Innenausstattung von Gebäuden, wie z. B. Möbel, Stelen und andere Kultobjekte, Bänke, Ablageplätze, Tür- und Schließvorrichtungen, Wandverputz, Hüttenlehm u. v. a., – Bibliotheken, Archive und Museen und das in ihnen materiell wie immateriell aufbewahrte Gut, – Grablegen und die dort aufgefundenen Objekte, – Bild- und Textträger, wie z. B. Ostraka, Papyri, Pergamente, Wandmalereien, Gemälde, und – Einzelfunde und Fragmente jeglicher Art, wie z. B. keramische oder steinerne Objekte, Figurinen, Schmuckstücke oder Musikinstrumente. Solche beweglichen wie unbeweglichen Kulturgüter können aus ganz unterschiedlichen organischen oder anorganischen Materialien gefertigt worden sein, wie z. B. aus Knochen, Naturfasern, Pergament, Leder, Holz oder aus (Edel-)Stein, Keramik, Glas oder (Edel-)Metallen. Folglich sind die Arbeitsbereiche der Restauratoren, der Restaurierungswerkstätten und der Denkmalpflegeämter weit gespannt. Da nun aber der Umgang mit vielen Materialien einer speziellen Expertise und ausreichender Erfahrung bedarf, ist die Spezialisierung vieler Restauratoren und Werkstätten auf einzelne oder eine begrenzte Zahl von Materialgruppen sinnvoll und folgerichtig.
Generell muss jedem modernen Eingriff eine sorgfältige Untersuchung der zu erhaltenden Antiken vorausgehen. Dabei werden
4.
das städtische oder ländliche Ensemble (Denkmalbereich), das von einer ihm eigentümlichen Kultur, einer bezeichnenden Entwicklung oder einem historischen Ereignis Zeugnis ablegt. Er (scil. der Begriff des ›historischen Denkmals‹) bezieht sich nicht nur auf große künstlerische Schöpfungen, sondern auch auf bescheidene Werke, die im Lauf der Zeit eine kulturelle Bedeutung bekommen haben«. Die Abb. 319-322 stellen Arbeitsbereiche des Restaurators Matthias Blana, Pforzen, dar.
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Abb. 319 und 320: Arbeitsschritte bei der Restaurierung römischer Glasurnen4 Abb. 321: Da archäologische Funde durch die Einwirkungen von Feuchtigkeit, Sauerstoff und Salzen aus dem umliegenden Boden korrodieren können, müssen die im Eisen eingelagerten Salze durch mehrmonatige Bäder in einem alkalischen Natriumsulfitbad herausgelöst werden. Dies verlangsamt den Zerfall des Metalls und konserviert die Eisenobjekte. Die jeweiligen Salzarten und -mengen werden auf der Basis von Analysen berechnet. Abschließend aufgetragene Schutzüberzüge sorgen für eine langfristige Konservierung des Eisens.
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Abb. 322: Bergung eines Scherbenteppichs bei gleichzeitigem Erhalt seiner Anschlussstellen: Diese Keramikscherben mehrerer Gefäße waren als Grabbeigaben übereinander gestapelt. Beim Zusammenbruch der Grabhöhle blieb von ihnen nur ein mehrlagiger Scherbenteppich übrig. Die bei niedrigen Temperaturen gebrannten Scherben waren mürbe und wasserempfindlich. Sie mussten schichtenweise entnommen werden. Ihre Reinigung erfolgte unter dem Mikroskop mittels Skalpell und Feinstrahlung. Dabei konnten auch Bemalungen und Kalk-Inkrustationen erhalten werden. Nach einer stabilisierenden Tränkung der Scherben wurden die ursprünglichen Gefäße wieder zusammengeklebt.
10. Wie restauriert man Antiken?
u. a. die verwendeten Werkstoffe bestimmt und deren historische Bearbeitungsweise erschlossen. Außerdem sollen die bereits eingetretenen Beschädigungen und deren vermutliche Ursachen dokumentiert sowie die Gründe der Beeinträchtigung oder Gefährdung des zur untersuchenden Objektes beschrieben werden. Hierzu stehen zahlreiche naturwissenschaftliche Analyseverfahren zur Verfügung. Das Ziel dieser Untersuchungen ist ein Erhaltungskonzept, das insbesondere die Frage beantworten muss, wie das antike Objekt verantwortungsvoll bearbeitet werden kann, um es nachhaltig zu sichern und ihm keinesfalls langfristig neuen Schaden zuzufügen. Die möglichen Erhaltungsmaßnahmen lassen sich grob in drei verschiedene Bereiche einteilen: Konservierung, Renovierung und Restaurierung. Sie unterscheiden sich durch die Art ihres Eingriffs in den vorgefundenen antiken Bestand und besonders hinsichtlich der weitergehenden Bearbeitung oder Ergänzung des Originals. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Ashley-Smith 1994, 11-20; Bradley 1994, 51-59; Cannon-Brookes 1994, 39-47; Cato 1998, 251-254; Frost 1983, 149-168; 1991, 127-160; Hodges 1983, 134-139.140-148; Mühlethaler 1981; Museums and Galleries Commission 1992; Pearson 1995, 18-20; Plenderleith 1971.
10.1 Konservierung Der Begriff Konservierung stammt aus dem Lateinischen. Conservare bedeutet so viel wie ›erhalten‹ und ›bewahren‹. Die museale Konservierung fühlt sich diesem Wortsinn verpflichtet und möchte den gegenwärtigen Zustand eines archäologischen Objektes bewahren und die Bedrohungen durch physikalische oder chemische Zerfallsprozesse für kürzere oder längere Zeit aufhalten. Die Konservierung ist damit ein sehr zurückhaltender moderner Eingriff in den Alterungs- oder Zerfallsprozess von Antiken. Grundsätzlich bedarf jeder für die Nachwelt zu erhaltende Fund oder Befund der steten konservatorischen Aufmerksamkeit. Je nach Material und Erhaltungszustand des Objektes sollte dessen Zustand in angemessenen Zeitintervallen überprüft und gegebenenfalls konservatorisch bearbeitet werden. Es ist insbesondere für organische Materialien (wie Hölzer, Stoffe, Pflanzen und Früchte) und Metalle sinnvoll, die Konservierung präventiv einzuplanen. Vorausschauende Konservierungen helfen, Schäden am antiken
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10.1 Konservierung
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Gut gar nicht erst aufkommen zu lassen. Dies ist billiger und vor allem sachgemäßer als die nachträgliche Beseitigung von Schäden. Die folgenden Beispiele illustrieren typische Bereiche der vielfältigen konservatorischen Aufgaben im Bereich der Archäologie der biblischen Welt.
10.1.1 Konservierung von Schriftfunden (Papyri)
Abb. 323: Die Siedlung Ḫirbet Qumrān auf dem Plateau und die Höhlen, in denen die Schriftfunde entdeckt wurden, im oberen Bereich des Mergelmassivs.
Die im Jahr 1947 zufällig von einem Beduinenjungen entdeckten und in den folgenden Jahren in den Höhlen bei H irbet Qumrān ˘ und im Wādī el-Murabba‛āt geborgenen Schriftrollen gehören zu den unwiederbringlichen Schätzen der jüdischen Kultur (siehe dazu ausführlich S. 89-91). Befund: Insgesamt wurden bei Ḫirbet Qumrān und im Wādī el-Murabba‛āt etwa 15 000 Textträger, zumeist Papyri, aufgefunden. Von den dort während des Jüdischen Krieges (66-70 n. Chr.) vor den römischen Truppen verborgenen Bibliotheken (aus Jerusalem?) blieben einige komplette Schriftrollen (s. Abb. 67) erhalten – doch zuweilen auch nur Millimeter kleine Schnipsel aus Papyrus oder Pergament. Die vom Staat Israel aufgekauften Rollen erhielten im ›Shrine of the the Book‹ im Israel-Museum einen eigenen Ausstellungspavillon. Die übrigen Schriftstücke und Artefakte lagerten zunächst im Ostjerusalemer ›Rockefeller-Museum‹ oder werden bis heute im Zitadellen-Museum Amman aufbewahrt 5.
5.
Ḫirbet Qumrān gehörte bis 1967 zum Staatsgebiet des Königreiches Jordanien.
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Abb. 324: Im ›Shrine of the Book‹ des Israel-Museums lagern die meisten Handschriften vom Toten Meer.
10. Wie restauriert man Antiken?
Konservatorische Herausforderung: Bisher gibt es keine verlässliche Prognose darüber, ob die Papyri vom Toten Meer überhaupt zuverlässig konserviert werden können. Nach 1947 wurden die aufgefundenen Fragmente mit Klebestreifen auf Glasplatten geklebt und bei Tageslicht gelagert. Dieses Vorgehen entsprach zwar dem damaligen Kenntnisstand zur Aufbewahrung derartiger Schriftfunde, richtete aber dennoch großen Schaden an. Außerdem hat Feuchtigkeit den teilweise schon in antiker Zeit verursachten Pilzbefall an den Schriftrollen wieder zum Leben erweckt. Die Schriftfunde werden deshalb heute in fensterlosen Labors bei konstanter Temperatur und geringer Luftfeuchtigkeit aufbewahrt. Aufgrund ihrer extremen Lichtempfindlichkeit sind sie für Forscher daher kaum zugänglich. Obwohl inzwischen diverse Faksimile-Veröffentlichungen vorliegen 6, helfen diese bei komplizierten Textfragen, z. B. an verderbten oder überschriebenen Partien, nur wenig. Deshalb werden zusätzlich zu den konservatorischen Anstrengungen, den gegenwärtigen Bestand der Schriftträger und ihrer Schriftzeichen zu bewahren, alle Originale seit 2008 mit Spezialkameras digitalisiert. Jedes Objekt wird im Infrarotfrequenzbereich zwischen 600 und 1 000 Nanometern vielfach fotografiert, um für den Betrachter den Textträger, die Tinte, den Schimmelbefall und die Verschmutzung zuverlässig voneinander unterscheidbar zu machen. Damit soll eine von den originalen Papyri weitgehend unabhängige und dennoch zuverlässige Forschungstätigkeit am Schriftbestand für alle Interessierten weltweit möglich gemacht werden.
10.1.2 Konservierung von Pflanzenresten (Herbarium) Befund: Das Herbarium des Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes (DEI) in Jerusalem geht auf eine im 19. Jahrhundert nicht nur unter deutschen Forschern populäre Idee zurück, möglichst viele Aspekte des Alltagslebens in Palästina zu erforschen und umfassend zu dokumentieren. Gustaf Dalman (1855-1941), der erste Direktor des DEI, initiierte deshalb neben Sammlungen von Volksliedern, Beduinenkleidern, Haushaltgegenständen, Keramik, Ossuarien, Schmuck, (Edel-)Steinen und Mineralien, landwirtschaftlichen Arbeitsgeräten auch das Anfertigen von Gipsmodellen zeitgenössischer 6.
Tov et al., 1953-2009.
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10.1 Konservierung
Abb. 325: Glasdia mit der Fotografie einer Anemone. Abb. 326: Anemone Coronaria, Fundort: Jerusalem; am 25. Februar 1903 in die Sammlung des DEI Jerusalem aufgenommen.
Wohnhäuser, antiker Gräber und Heiligtumsplätze sowie von landwirtschaftlichen Installationen. Außerdem präparierte er selbst erjagte Wildtiere und Vögel und legte eine Pflanzensammlung an. Das im DEI Jerusalem befindliche Herbarium stellte Otto Kersten (1839-1900), der von 1870 bis 1874 Kanzleileiter des deutschen Konsulats in Jerusalem war, zusammen. Das vortrefflich angelegte und zuverlässig bestimmte Herbarium wurde vom damaligen Direktor des DEI, G. Dalman, angekauft und durch eigene Sammeltätigkeit erweitert. Die zusammengetragenen Pflanzen stammen überwiegend aus der Umgebung Jerusalems sowie aus der judäischen Wüste. Während G. Dalman nach dem Ersten Weltkrieg das von ihm persönlich angelegte Herbarium nach Greifswald ausführte, wo es seither der salzhaltigen Seeluft und den europäischen Klimaschwankungen ausgesetzt war, lagerte die im DEI verbliebene botanische Sammlung unter nahezu idealen Bedingungen. Die selbst in der Farbigkeit der Blüten exzellenten Objekte decken ein weites Spektrum der typischen Frühjahrsblüher Palästinas aus vorindustrieller Zeit ab und stellen daher aus wissenschaftlicher Sicht eine wichtige und erhaltenswerte Quelle dar.
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Abb. 327: Die »Herren vom Institut (scil. des DEI Jerusalem) hoch zu Ross« auf einem botanischen Ausritt im Umland Jerusalems (undatiert; zwischen 1903 und 1914).
10. Wie restauriert man Antiken?
Konservatorische Bearbeitung: Aus der im Frühjahr 2008 wissenschaftlich bearbeiteten Sammlung 7 mussten aus konservatorischen Gründen 20 der 847 Bögen wegen Käferfraß ausgesondert und aufgegeben werden. Außerdem wurde der Schädlingsbefall mehrfach chemisch bekämpft. Danach konnte die gesamte Sammlung auf säurefreiem Spezialpapier neu montiert werden. Die strikte Lagerung des Gesamtbestandes bei niedriger Luftfeuchte, geringen Temperaturschwankungen und unter Abdunkelung lässt nunmehr hoffen, dass die Sammlung langfristig erhalten bleibt. Fotos ausgewählter Exemplare werden in einer Lehrsammlung des Instituts permanent präsentiert. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Boissier 1902, 15; Dalman 1913, 10 f.; Dinsmore 1911, 4-38.147-172.185241; Goren 2003; Männchen 1993; Post 1883-1896; Zohary 1966-1987.
10.1.3 Konservierung eines Lehmziegelbauwerkes (Torbereich)
Abb. 328: Der Zustand des mittelbronzezeitlichen Stadttores von Dan im Jahr 1990.
Befund: Das mittelbronzezeitliche Stadttor von Dan (ca. 1750 v. Chr.) wurde 1979 unter Leitung von Avraham Biran ausgegraben. Es handelt sich um das älteste nahezu vollständig erhaltene Stadttor in Palästina. Es bestand aus sonnengetrockneten Lehmziegeln auf einem Fundament von großen Basaltsteinen und befand sich im Osten der Stadtanlage. Mit seinen drei gemauerten Bögen überspannte es den Stadtzugang mit einer lichten Weite von 2,40 bis 2,50 m. Das Stadttor besaß eine Höhe von mindestens 47 Lehmziegelschichten, das sind etwa sieben Meter. Konservatorisches Problem: Der Erhaltungszustand des Tores war zum Zeitpunkt der Ausgrabung noch ausgesprochen gut, da die gesamte Anlage offenbar kurze Zeit nach ihrer Errichtung aus uns unbekannten Gründen in den mittelbronzezeitlichen Erdwall um die Stadt einbezogen und somit vollständig verschüttet wurde. Doch schon bald nach seiner Freilegung war das Stadttor ernsthaft gefährdet 8. Insbesondere war das gegen die Winterregen 7.
8.
Die Bearbeitung erfolgte durch Harald Kürschner, Professor am Institut für Biologie, Systematische Botanik und Pflanzengeographie an der Freien Universität Berlin. Zum Problem s. schon Biran 1988, 13-16: »Now we have the problem of how to preserve this unique monument … We are aware of the danger to sun-dried mud brick being exposed to the elements … and indeed the exposed mud brick soon began to deteriorate. Parts of the north-eastern tower collapsed. … However, the problem of conservation and preservation remains unsolved as the changes in temperature affect the mud brick. Now a crack has appeared on the western
Vieweger (08131) / p. 361 /14.3.12
10.1 Konservierung
errichtete Schutzdach deutlich zu klein und in seiner Form ungeeignet konstruiert, um die Lehmziegel ausreichend zu schützen. Zu den Erosionsschäden kamen noch die durch Besucher bedingten Zerstörungen hinzu. Ungenügende Absperrungen und der unbewachte Zustand des Tores ermöglichten es vielen Touristen, auf das Bauwerk zu klettern, den Tordurchgang zu durchqueren und Material vom Baukörper als ›Trophäe‹ mitzunehmen. All dies trug bald zum nicht zufriedenstellenden Gesamtzustand des Bauwerkes bei. Die Nominierung des mittelbronzezeitlichen Stadttores als UNESCO-Weltkulturerbe führte inzwischen bei der zuständigen israelischen Nationalparkbehörde zu einer konservatorischen Neubewertung der Toranlage. Sie ließ ein neues, weites Schutzdach errichten und nahm konservatorische Arbeiten am Baukörper auf 9. Dabei wurden auch einige der in den letzten Jahrzehnten verloren gegangenen Lehmziegel rekonstruiert. Der UNESCO sind diese Maßnahmen noch nicht genug. Sie verlangt die langfristige Erhaltung der Toranlage durch eine nachhaltige, die gegenwärtigen konservatorischen Möglichkeiten ausschöpfende Rettung der Anlage 10. Die endgültige Aufnahme des Stadttores von Dan in die Liste des Weltkulturerbes wurde 2008, 2009 und 2010 von der UNESCO vertagt. Für einen ersten Zugang zur mittelbronzezeitlichen Toranlage sei empfohlen: Biran 1994; 1981, 139-144; 1984, 1-19.
façade of the gate … If a definitive solution cannot soon be found, it may be necessary to revert to the solution adopted by the original builders, namely, to cover the entire structure with earth once again. And that would be a pity!« 9. Die konservatorischen Arbeiten stehen unter Leitung von Ze’ev Margalit. 10. »A substantial conservation effort has been planned and begun by the State Party to achieve this aim. It must be continued with great determination, in view of the still imperfect state of expertise in the conservation of such constructions. … Recommends that the State Party make sure that an exacting conservation management plan, in accordance with the best international standards for the preservation of sun-dried mudbrick architecture, is implemented«. United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization Convention Concerning the Protection of the World Cultural and Natural Heritage World Heritage Committee 2010, 4.
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Abb. 329: Das mittelbronzezeitliche Stadttor von Dan 2010.
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10. Wie restauriert man Antiken?
10.1.4 Translozierung (Gebäudereste aus der Eisenzeit)
Abb. 330: Ein transloziertes Pfeilerhaus von Hazor.
Die ›Translozierung‹ ist eine besondere Form der Konservierung archäologischer Bausubstanz und kann in Hazor besichtigt werden. Das Wort steht für ›Versetzung‹ oder ›den Ort wechseln‹ und bezeichnet ein ungewöhnliches, doch sehr wirkungsvolles Unterfangen: Gebäude, die an ihrem originalen Ort nicht bleiben können, werden nach ihrem sorgfältig dokumentierten Abbau an sicherer Stelle wieder dauerhaft originalgetreu aufgebaut. Dieses Verfahren wurde übrigens auch in Oberägypten bei den vom Stau des Nils bedrohten Tempeln in Abu Simbel und Philae angewandt. Befund: Die Steinfundamente dreier von Yigael Yadin und später von Amnon Ben-Tor in Areal A (s. Abb. 254) ausgegrabener eisenzeitlicher Häuser aus dem 9. Jahrhundert v. Chr. standen in Hazor zunehmend der Erforschung älterer, d. h. tiefer gelegener, spätbronzezeitlicher Bausubstanz im Wege (s. Kap. 9.4.). Der Gebäudekomplex befand sich im öffentlichen Bereich der eisenzeitlichen Stadtanlage von Hazor. Er wurde vermutlich als Verwaltungsgebäude benutzt. Eines der Gebäude wies zwei lange Säulenreihen
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10.2 Renovierung
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aus Monolithen auf und diente als Vorratshaus (›Haus 2‹); die beiden südlich und westlich davon befindlichen Häuser gehörten zum Typ des sogenannten ›Vierraum-Hauses‹ 11. Die weitere Erforschung des spätbronzezeitlichen Stratums unterhalb dieses Gebäudekomplexes erwies sich nun aber von ebenso großer Dringlichkeit wie die Erhaltung der beeindruckenden eisenzeitlichen Baustrukturen. Konservatorische Lösung: Um die weitere Erforschung in Areal A zu ermöglichen, wurden die Fundamente der drei eisenzeitlichen Häuser sorgfältig dokumentiert und danach abgetragen. Anschließend erhielten sie südwestlich ihres ursprünglichen Fundplatzes einen neuen dauerhaften Standplatz auf dem Tell zugewiesen und wurden aus dem originalen Steinbestand in antiker Trockenmauer-Technik wieder aufgerichtet. Damit konnte ihre substantielle Beschädigung oder gar Zerstörung angesichts des notwendigen Grabungsfortschrittes verhindert werden. Der Artikel 7 der ›Charta von Venedig‹ aus dem Jahr 1964 12 betont zwar grundsätzlich, dass »das Denkmal … untrennbar mit der Geschichte verbunden [sei], von der es Zeugnis ablegt, sowie mit der Umgebung, zu der es gehört«. Dennoch erscheint es auf einem bedeutenden prähistorischen Hügel wie Hazor zwingend, schützenswerte Baukörper zu translozieren – sofern es der wissenschaftliche Fortschritt dringend erfordert, Abb. 331: Areal A in Hazor mit der Lage des Pfeilerhauses und der beiden ›Vierraum-Häuser‹ (rot) vor in ältere, tiefer gelegene Strata vorzudringen. deren Translozierung (Beschilderung vor Ort).
Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Ben-Tor 2008, 1773-1775.
10.2 Renovierung Die Bedeutung des lateinischen Wortes renovare steht für ›erneuern‹ oder ›instand setzen‹. Auch in der Archäologie bedeutet Renovierung die erneuernde Instandsetzung für den modernen Gebrauch, doch stets unter sorgfältiger Bewahrung der konservier11. Siehe dazu S. 48 mit Abb. 34. 12. Siehe dazu S. 369 f.
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Abb. 332: Die ›Odeh-Mühle‹ nach ihrer Renovierung.
Abb. 333: Das Metallrad zum Antrieb der Mühle.
10. Wie restauriert man Antiken?
baren alten Substanz. Als Beispiel soll hier die Wiedererrichtung einer mittelalterlichen Wassermühle im Norden Jordaniens beschrieben werden. Befund: Im Wādī er-Rayān – im Nordwesten des haschemitischen Königreiches Jordanien – wurde 2006 nach zweijähriger Bautätigkeit die aus dem 16. Jahrhundert stammende ›Odeh-Wassermühle‹ wieder in Gang gesetzt 13. In diesem Wādī gibt es mehrere Quellen und damit einen permanenten Wasserfluss. Die steilen Bergabhänge garantieren, dass die Wasserbäche ausreichend kinetische Energie aufnehmen, um Getreide- oder Zuckermühlen zu betreiben. Renovierung: Zunächst wurde für den Erhalt der bestehenden Bausubstanz der Mühle selbst sowie der das Wasser herbeiführenden Kanäle gesorgt. Darüber hinaus konnte der gesamte technische Bereich des Mahlgangs, sofern er nicht mehr benutzbar war, anhand von Vergleichsfunden originalgetreu wiederhergestellt werden, insbesondere die Turbine. Auf diese Weise war es zum ersten Mal möglich, konkrete technologische Vorstellungen über die Funktion der frühen Wassermühlen im palästinischen Bereich nachzuvollziehen und auf ihre Praktikabilität hin zu überprüfen. Die renovierte Wassermühle macht das technische ›Know-how‹ deutlich, mit dem Korn im Ostjordanland am Beginn der Neuzeit gemahlen werden konnte. Das Projekt diente der Sicherung des nationalen Kulturerbes. Es hätte zweifellos auch touristisches oder pädagogisches Potential, das bislang aber nicht genutzt wird. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Batayneh 2007; 2010.
Renovierungen können durchaus auch schnelle Effekte erzielen. So kann z. B. durch das Gangbarmachen einer Steintür den Besuchern eines Wüstenschlosses deutlich gemacht werden, welche Sicherheitsinteressen einst in der Abgeschiedenheit der Wüstenregion galten. Außerdem wird gezeigt, wie präzise Basaltsteine bearbeitet werden mussten, um eine zentnerschwere Tür per Hand öffnen zu können. Schließlich offenbaren die Einkerbungen in der inneren Türlaibung, wie die Verriegelung solcher Eingänge funktionierte.
Abb. 334: Fund eines mittelalterlichen Mahlsteins nahe der restaurieren Mühle.
13. Diese Maßnahme stand unter der Leitung von Amjad Batayneh, Inspektor der Altertümerverwaltung Jordaniens.
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10.2 Renovierung
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Für die Renovierung solcher Basalttüren bedarf es zumeist nicht einmal schriftlicher Aufzeichnungen oder zeichnerischer Darstellungen vergleichbarer Befunde, da die ausgebrochenen Originaltüren häufig im unmittelbaren Kontext der Tordurchgänge aufzufinden sind. Die Mumifizierung menschlicher Körper im Alten Ägypten könnte man im religiösen Kontext als frühe Form der ›Renovierung‹ bezeichnen. Die von Fäulnis bedrohten Leiber der Toten sollten schließlich durch die Mumifizierung gezielt ›instandgesetzt‹ werden, um sie für das erhoffte Weiterleben nach dem Tode ›tauglich‹ zu machen.
Mit der Renovierung von großen Wasserreservoiren (›Birken‹) und Zisternen könnte man selbst die aktuelle wasserwirtschaftliche Versorgung der Berg- und Hochlandbereiche westlich und östlich des Jordan deutlich positiv beeinflussen. Da der Regen hier nur an wenigen Tagen pro Jahr innerhalb eines Zeitraumes von drei bis vier Monaten fällt und dann auch sofort oberflächennah abfließt, ohne die Erde ausreichend zu durchdringen, erwies es sich während der zurückliegenden Jahrtausende immer wieder als Vorteil, das Wasser in geeigneten Becken (›Birken‹ und Zisternen) aufzufangen. Wurde das Wasser außerdem vor Sonneneinstrahlung geschützt und unterhalb der Erdoberfläche möglichst kalt aufbewahrt, konnte es sogar über das ganze Jahr trinkbar gehalten werden. Es gibt auch heute gute Gründe, dieses Prinzip flächendeckend z. B. in Jordanien oder im westjordanischen Bergland durchzusetzen. Wenn man das Regenwasser in den Berg- oder Hochlandregionen auffangen würde, müsste dieses nicht später mit hohem Energieaufwand von den Talsperren in den zum Jordantal oder zum Wādī el-‛Araba führenden Wadis entnommen und über mehrere hundert Höhenmeter zurück auf das Hochland transportiert werden. Wenn dadurch auch das Problem des im gesamten Landstrich nur limitiert zur Verfügung stehenden Trinkwassers nicht generell gelöst werden kann 14, so könnte doch durch solche Maßnahmen wenigstens die Effizienz der Wasserversorgung deutlich gesteigert werden. Die allgegenwärtige beduinische Überzeugung, wonach Wasser kostenlos sei, hat in der südlichen Levante zu einem sorglosen und letztlich unverantwortlichen Umgang mit der Ressource Wasser beigetragen. In diesem Sinne sind die historischen Vorbilder des vortrefflichen Wassermanagements der nabatäischen, römischen 14. Zu Israel, Palästina sowie Jordanien siehe Vieweger 32011c, 44-53, und die dort zitierte Literatur.
Abb. 335: Funktionstüchtige Basalttür im Qaṣr el-Azraq.
Abb. 336: Ausgebrochene Steintür aus Basalt in Umm el-Ǧemāl am Eingang zur sogenannten ›Kaserne‹.
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10. Wie restauriert man Antiken?
und byzantinischen Epoche vorbildlich und sollten durch die flächendeckende Renovierung dieser antiken Anlagen der heutigen Bevölkerung beispielhaft vor Augen gestellt werden.
Abb. 337: Blick in die Zisterne von Masada am Toten Meer.
10.3 Restaurierung Das Wort ›restaurieren‹ entspricht im Wesentlichen der Bedeutung des lateinischen Begriffs restaurare. Es bezeichnet das Wiederherstellen von nicht mehr Existierendem. Im archäologischen Sprachgebrauch wird es für den Ersatz von beschädigten, zerstörten, verlorenen oder vergangenen Teilen antiker Objekte oder Bauwerke benutzt. Restauration ist hingegen ein Begriff aus der Gastronomie oder Politik. Im ersten Fall bezeichnet er kulinarische Dienstleistungen, im zweiten die Wiederherstellung zurückliegender gesellschaftlicher oder politischer Zustände. Eugène Emmanuel Viollet-le-Duc (1814-1879) wird zu Recht als ›Vater der Restaurierung‹ bezeichnet. Die Arbeit an historischen Gebäuden und seine dort programmatisch eingeflossenen Ideen machten ihn berühmt, stießen aber auch eine lange und heftige Debatte über den Sinn, die Freiheiten und die Grenzen von Restaurierungen an. E. E. Viollet-le-Duc veröffentlichte wegweisende Arbeiten zur Architekturgeschichte, insbesondere zur Baukunst des Mittelalters: – ›Dictionnaire raisonné de l’architecture française du XIe au XVe siècle‹ (1854-1868), – ›Dictionnaire raisonné du mobilier français de l’époque Carolingienne à la Renaissance‹ (1858-1870), Abb. 338 Eugène Viollet-leDuc, französischer Architekt – ›Entretiens sur l’architecture‹ (1858-1872) und und Kunsthistoriker. – ›Histoire de l’habitation humaine, depuis les temps préhistoriques jusqu’à nos jours‹ (1875). Das bürgerliche Frankreich stand in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor großen Herausforderungen. Die Republik besaß eine immense Anzahl historischer Gebäude. Dazu gehörten auch die im Laufe der Französischen Revolution verstaatlichten Adelssitze, Kirchen und Klöster. Diese mussten vor dem Verfall geschützt und gleichzeitig nutzbar erhalten werden. Als E. E. Viollet-le-Duc 1835 – gerade einmal 21jährig – von einem Studienaufenthalt aus Italien zurückkehrte, wurde ihm eine für seinen Lebensweg wegweisende Aufgabe übertragen: Er sollte die großartige Klosteranlage von Vézelay in Burgund restaurieren.
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10.3 Restaurierung
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Abb. 339: Das Innere der Kathedrale von Vézelay (2010).
Nach seiner erfolgreichen Tätigkeit in Vézelay erhielt er viele weitere bedeutende Aufträge, wobei ihm insbesondere die Restaurierung von Notre-Dame de Paris nationale Ehren und große Aufmerksamkeit einbrachte. Seine bemerkenswerten Leistungen führten schließlich dazu, dass er 1853 zum verantwortlichen Architekten für alle Sakralbauten Frankreichs (›Inspecteur général des Edifices Diocésains‹) aufstieg. Allerdings waren E. E. Viollet-le-Ducs Arbeiten nicht allein von der Idee der Wiederherstellung des historisch Nachweisbaren geprägt. Er hatte neben der Herausstellung ästhetischer Eigenschaften auch die funktionale Wiederherstellung der Objekte oder Bauwerke im Blick und scheute sich dabei nicht, kreative Ideen und selbst Neuschöpfungen als Interpretationen des Historischen einzutragen. So reinigte er nicht nur das Kirchgebäude von Notre-Dame de Paris, rekonstruierte beschädigte Gebäudepartien auf der Grundlage zuverlässiger historischer Studien, sondern fügte dem Gebäude noch einen dritten, spitz zulaufenden Turm hinzu. Dies war zweifellos eine seiner eigenwilligsten wie gleichsam genialsten ›restauratorischen Interpretationen‹.
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10. Wie restauriert man Antiken?
Angesichts solcher ›kreativer Updates‹ war die Tätigkeit von E. E. Viollet-le-Duc stets umstritten. Seine Gegner bezeichneten ihn und seine Schüler häufig als ›Restaurierungs-Vandalen‹. Einer seiner stärksten Kritiker, John Ruskin (1819-1900), der englische Schriftsteller, Maler, Kunsthistoriker und Sozialphilosoph, wurde zum unmittelbaren Widerpart E. E. Viollet-le-Ducs. J. Ruskins Ideen zur Denkmalpflege historischer Bauwerke und Objekte führten zu wegweisenden Werken für die Bauforschung, Kunstwissenschaft und Archäologie: – ›Modern Painters‹ (1843-1860), – ›The Seven Lamps of Architecture‹ (1849) und – ›The Stones of Venice‹ (1851-1853). Auch J. Ruskin prägte die Theorie und die Praxis der Denkmalpflege im Sinne einer exakten Wiedergabe des historisch Existierenden. Er idealisierte dabei allerdings das Kunstwerk in seiner überlieferten Gesamtheit – einschließlich der Patina und seiner Beschädigungen – und forderte allein deren konservierende Behandlung. Berühmt wurden seine programmatischen Sätze aus ›The Seven Lamps of Architecture‹ 15: »Also, lassen Sie uns nicht von Restaurierung sprechen. Es handelt sich von Anfang bis Ende um eine Lüge. Man kann von einem Gebäude ein Modell erstellen, wie man das auch von einem toten Körper machen kann; und das Modell könnte in seiner Hülle die alten Mauern beinhalten so wie die Abformung des Körpers auch das Skelett; darin kann ich weder einen Vorteil sehen, noch kümmere ich mich darum: Aber das alte Gebäude ist zerstört, und das vollständiger und gnadenloser, als wenn es zu einem Haufen Staub zusammengesunken oder zu einer Masse von Lehm zusammengebacken wäre. Man kann mehr aus dem verwüsteten Ninive herausfinden als jemals aus dem wiedererbauten Mailand. Aber, so heißt es jedenfalls, es gebe eine Notwendigkeit zur Restaurierung! Zugegeben. Schau der ›Notwendigkeit‹ ins Gesicht und verstehe, das gilt nur in ihrem eigenem Sinne. Es ist eine ›Notwendigkeit‹ zur Zerstörung« 16. J. Ruskin lehrte, die Aura eines antiken Kunstwerkes würde durch moderne Eingriffe – wie z. B. durch jegliche Reparaturen, Ergänzungen oder Veränderungen – zerstört. In der Konsequenz seiner Vorstellungen müsste folglich der rein zufällige ruinöse Erhaltungszustand eines Bauwerkes oder Fundes (Brüche, Zerfall, Schäden) konserviert werden. Die damit entstehende Anmutung könnte nun gerade ihrerseits die ursprüngliche Erscheinungsweise und Funktion überlagern und der potentielle Gesamteindruck sowie die Funktion des historischen Kunstwerkes damit in den Augen der Betrachter geschmälert werden oder gar verloren gehen. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Literatur zu E. E. Viollet-le-Duc: Gout 1914; Midant 2008; Stiftung Bibliothek Werner Oechslin 2010. Literatur zu J. Ruskin: Hilton 1985; 2000; Stiftung Bibliothek Werner Oechslin 2002; Rosenberg 1963; 1986.
Zwischen den Positionen der beiden Antipoden E. E. Viollet-leDuc und J. Ruskin schwankten über ein Jahrhundert die Stellungnahmen von Wissenschaftlern zur Aufgabe der Restaurierung und im gleichen Maße auch deren tatsächliche Wiederherstellungen antiken Gutes. Welche Freiheiten die Restaurierung besitzt und 15. Ruskin 1849, Kap. 6 § 19. 16. Deutsche Übersetzung vom Autor.
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10.3 Restaurierung
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Abb. 340: Notre-Dame de Paris.
welchen Prinzipen sie zu folgen habe, wurde 1964 in der ›Charta von Venedig‹ richtungweisend dargelegt. Die Charta regelt die Grundsätze des Restaurierens unter folgenden Prinzipien: »Als lebendige Zeugnisse jahrhundertealter Traditionen der Völker vermitteln die Denkmäler in der Gegenwart eine geistige Botschaft der Vergangenheit. Die Menschheit, die sich der universellen Geltung menschlicher Werte mehr und mehr bewusst wird, sieht in den Denkmälern ein gemeinsames Erbe und fühlt sich kommenden Generationen gegenüber für ihre Bewahrung gemeinsam verantwortlich. Sie hat die Verpflichtung, ihnen die Denkmäler im ganzen Reichtum ihrer Authentizität weiterzugeben …« 17.
Die ›Charta von Venedig‹ spricht sich außerdem dafür aus, die Beiträge aller Epochen eines Denkmals zu respektieren. Die prinzipielle Stileinheit sei kein Restaurierungsziel: 17. Charta von Venedig (Internationale Charta über die Konservierung und Restaurierung von Denkmälern und Ensembles), 1964, deutsche Übersetzung 1989 auf der Grundlage des französischen und englischen Originaltextes und vorhandener deutscher Fassungen durch: Ernst Bacher (Präsident des ICOMOS Nationalkomitees Österreich), Ludwig Deiters (Präsident des ICOMOS Nationalkomitees Deutsche Demokratische Republik), Michael Petzet (Präsident des ICOMOS Nationalkomitees Bundesrepublik Deutschland) und Alfred Wyss (Vizepräsident des ICOMOS Nationalkomitees Schweiz). Verabschiedet auf dem Zweiten Internationalen Kongress der Architekten und Techniker der Denkmalpflege vom 25. bis 31. Mai 1964 in Venedig.
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10. Wie restauriert man Antiken? »Wenn ein Werk verschiedene, sich überlagernde Zustände aufweist, ist eine Aufdeckung verdeckter Zustände nur dann gerechtfertigt, wenn das zu Entfernende von geringer Bedeutung ist, wenn der aufzudeckende Bestand von hervorragendem historischen, wissenschaftlichen oder ästhetischen Wert ist und wenn sein Erhaltungszustand die Maßnahme rechtfertigt« 18.
Als wesentliches Ziel von Restaurierungen benennt die Charta von Venedig, den »ästhetischen und historischen Wert eines Denkmals zu bewahren und zu erschließen« 19. Daher wird die quellengerechte Wiederherstellung antiken Gutes gefordert und Rechenschaft darüber verlangt, auf welcher Grundlage Verlorenes wieder hergestellt wurde – z. B. anhand typologischer Merkmale oder historischer Quellen. Alle Eingriffe seien vollständig zu dokumentieren und jede Veränderung möglichst reversibel zu gestalten. Die Hinzufügungen sollen dem Betrachter deutlich gemacht werden, ohne dadurch den Gesamteindruck des Werkes zu zerstören. Restaurierung »findet dort ihre Grenze, wo die Hypothese beginnt. Wenn es aus ästhetischen oder technischen Gründen notwendig ist, etwas wiederherzustellen, von dem man nicht weiß, wie es ausgesehen hat, wird sich das ergänzende Werk von der bestehenden Komposition abheben und den Stempel unserer Zeit tragen« 20. Dabei sollen grundsätzlich traditionelle Techniken verwendet werden. Nur wenn diese sich »als unzureichend erweisen, können zur Sicherung eines Denkmals alle modernen Konservierungs- und Konstruktionstechniken herangezogen werden …« 21. Zu den Sonderfällen der Restaurierung gehört die Wiederaufrichtung (›Anastilosis‹) eines verstürzten Monumentes. Auch diese wird aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und kontrovers diskutiert, wobei in der deutschen Bauforschung zumeist zurückhaltende, konservative Positionen eingenommen werden. Der Wunsch, ein Bauwerk in dessen alter Form aus erhalten gebliebenen ursprünglichen Bauteilen an ihrem angestammten Platz wiederherzustellen, ist angesichts seiner öffentlichen Wirkung nachvollziehbar. Dabei können Fehlstellen aus historisch bearbeitetem originalen Material ergänzt werden. Die veränderten Wahrnehmungsgewohnheiten des touristischen Publikums erfordern heute geradezu solche Rekonstruktionen. Gegner der ›Anastilosis‹ führen ins Feld, dass Fehler bei der baulichen Rekonstruktion später nicht oder nur sehr schwer korrigiert werden könnten. Ohnehin würden 18. 19. 20. 21.
Artikel 11 der Charta von Venedig. Artikel 9 der Charta von Venedig. Artikel 9 der Charta von Venedig. Artikel 10 der Charta von Venedig.
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bei jeder modernen Wiederherstellung auch original erhaltene Bauteile in Mitleidenschaft gezogen und Spolien (wiederverwendete Bauteile anderer Bauwerke oder Vorgängerbauten) die ›Anastilosis‹ des jeweils anderen Gebäudes verhindern. Letztlich können aber theoretisch stets denkbare Fehler die (je nach Erhaltungszustand teilweise) Wiederaufrichtung von Bauwerken nicht grundsätzlich in Frage stellen. Aus welchem Grunde sollte der zufällige Versturz eines Gebäudeensembles (z. B. durch ein Erdbeben) den ästhetischen Wert eines Bauwerkes zutreffender widerspiegeln als dessen rekonstruierte, nahezu ursprüngliche Form? – Natürlich bedarf jegliche Wiederaufrichtung der gründlichen und soliden Bauforschung und des kritischen Diskurses mit abweichenden Meinungen. Die Wiederaufrichtung (›Anastilosis‹) eines antiken Gebäudes wurde erstmals 1836 nach der Erlangung der Unabhängigkeit Griechenlands am Niketempel in Athen gewagt. Die dabei begangenen Fehler nötigten zu einer zweiten baulichen Veränderung in den 1930er Jahren. Die dritte Rekonstruktion begann 1998, bei der neu identifizierte Originalteile zusätzlich in den Baukörper einbezogen und auch Rekonstruktionen mit neu angefertigten Marmorteilen gewagt wurden.
Die folgenden Beispiele illustrieren Restaurierungen aus verschiedenen Bereichen der Archäologie der biblischen Welt. Sie verdeutlichen dabei das weite Feld und die Vielfalt der Aufgaben.
10.3.1 Restaurierung der Ḫazne el-Fir‛aūn (Petra) Ein prominentes Beispiel der Wiederherstellung antiker Bausubstanz ist die Ḫazne el-Fir‛aūn, das ›Schatzhaus des Pharaos‹, in Petra. Befund und frühe Restaurierung: Petra lag um die Zeitenwende am Kreuzungspunkt zweier bedeutender Karawanenwege, die Südarabien mit Gaza bzw. den Golf von Aqaba mit Damaskus verbanden. Dank seiner handelspolitisch wie strategisch günstigen Lage erwählten die Nabatäer diesen Ort zum Zentrum ihrer Herrschaft. Im ersten vor- und ersten nachchristlichen Jahrhundert entwickelten sie deshalb Petra zu einer bedeutenden Handelsmetropole und statteten diese mit allem Glanz einer damaligen hellenistisch-römischen Polis aus. Weltberühmt sind vor allem ihre
Abb. 341: Rekonstruktion des Niketempels von JoséManuel Benito Álvarez
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repräsentativen Grabanlagen geworden, deren Fassaden sie zumeist in den Sandsteinfelsen einmeißeln ließen. Zu den bedeutendsten und gestalterisch gelungensten Grabanlagen aus nabatäischer Zeit zählt die Ḫazne el-Fir‛aūn. Sie befindet sich am Ende des schmalen Durchgangs vom Wādī Mūsā zum Stadttal von Petra, dem Sīq. Ihre fast 40 Meter hohe und 25 m breite, im hellenistischen Stil ausgeführte Fassade war das erste bedeutende Monument, das die durch den repräsentativen Hauptzugang nach Petra gelangenden Besucher erblickten. Das Felsengrab diente möglicherweise als Bestattungsort des Nabatäerkönigs Aretas IV. (9 v.-40 n. Chr.) 22. Oberhalb der aus sechs korinthischen Säulen bestehenden Portikus wurde ein von zwei Halbgiebeln flankierter Rundtempel in den Fels gehauen. Das Gesamtbild der Ḫazne el-Fir‛aūn war im 19. Jahrhundert empfindlich gestört, weil einer der sechs Säulen der Portikus fast vollständig fehlte. Aufgrund der exponierten Lage der Ḫazne elFir‛aūn und ihrer Symbolkraft für die Felsenstadt Petra begann man schon früh, die Sandsteinfassade und einige Reliefs zu reinigen und zu konservieren. Die Arbeiten wurden von Agnes Conway Horsfield und George Horsfield 1936 durchgeführt und 1960 durch George R. H. Wright beendet 23. Dabei wurde auch die fehlende Säule ergänzt.
Abb. 342: Die Ḫazne elFir‛aūn 1839 nach einer Zeichnung aus den Reisetagebüchern von David Roberts (1796-1864; Graveur: Louis Haghe, London 1842-1849).
Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Dalman 1908; Horsfield/Conway Horsfield 1938, 1-60; 1939, 87-115; 1942, 105-204; Lindner (6)1997; McKenzie 1991-2005; Weber/Wenning 1997; Wenning 1987, 210-213; Wright 1962a, 24-54; 1962b, 502-503; 1997, 115-120; 1998, 131-134.
Moderne Herausforderungen: In den Jahren 2003 und 2004 wurden Ausgrabungen im Vorbereich der Ḫazne el-Fir‛aūn durchgeführt. Diese erbrachten neue, umwälzende Erkenntnisse über die ursprüngliche bauliche Eingliederung der Ḫazne el-Fir‛aūn und deren Gesamtanmutung. Schon einige Jahre früher erahnte man durch Ausgrabungen an benachbarten Grabfassaden das deutlich niedriger liegende Niveau des Talkessels vor der Ḫazne el-Fir‛aūn. Seither wurden unterschiedliche Thesen diskutiert, wie deren Vorplatz gestaltet gewesen sein könnte. So dachte man u. a. an einen See vor dem berühmten Monument.
22. Farajat/Nawafleh 2005, 373-393, schlagen aufgrund ihrer Ausgrabungen das frühe 1. Jahrhundert n. Chr. vor. 23. Bereits 1969 wurde die Ḫazne el-Fir‛aūn vom Institut Géographie National (IGN) fotogrammetrisch vermessen (Zayadine/Hottier, 93-104.197-199).
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Eine großflächige Freilegung des Talkessels war jedoch auch in den tourismusarmen Jahren 2003 und 2004 nicht möglich. Schließlich hätte man dann auch das gesamte obere Stadttal bis über das Theater hinaus freiräumen müssen. Folglich führte man die Ausgrabungen nur dicht an den Felswänden, u. a. auch unterhalb der Ḫazne el-Fir‛aūn, durch 24. Dort – tief unter der heutigen Begehungsfläche – entdeckte man ältere Grabanlagen. Aus all diesen Erkenntnissen ergab sich, dass die Fassade der Ḫazne el-Fir‛aūn ursprünglich selbst in beachtlicher Höhe in die Felswand geschlagen worden war und dort nur über eine lange Freitreppe von etwa der Mitte des Hofareals bis zum heutigen Vorplatz erreicht werden konnte. – Es gab dort also keinen See. Diese Treppe wurde direkt über die Fassade eines der älteren, unter der Ḫazne el-Fir‛aūn liegenden Fassaden- Abb. 343: Ausgrabungen vor der Ḫazne elgräber gebaut. Um dieses Grab weiterbenutzen zu kön- Fir‛aūn im Jahr 2003. nen, musste dessen Eingang über ein benachbartes Grab ›umgeleitet‹ werden. Offen bleibt nun die Frage, ob der ursprüngliche Zustand des Vorplatzes der Ḫazne el-Fir‛aūn wiederhergestellt werden soll. Problematisch wäre, dass die weltweit eingeführte, als Werbe- und Identifikationsmittel des »modernen Weltwunders Petra« dienende Fassade dann vielleicht ganz anders wirken könnte. Dabei ist zu befürchten, dass die ästhetischen Seh-Erwartungen der Touristen nach einer Herstellung des ursprünglichen Zustandes nicht mehr befriedigt würden.
Abb. 344: Die Ḫazne el-Fir‛aūn im Jahr 2001.
24. Farajat/Nawafleh 2005, 373-393; zusätzlich sei R. Wenning für wertvolle weiterführende mündliche Informationen gedankt.
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Der britische Maler David Roberts (1796-1864) wurde durch seine wirklichkeitsgetreuen Darstellungen von Altertümern Ägyptens und Palästinas weltberühmt. Das Talent des in Edinburgh geborenen Sohnes eines Schusters erkannte der Vater schon früh und vermittelte ihn ins Dekorateurshandwerk. Schon bald malte er Bühnenbilder in Glasgow, Edinburgh und bereits 1821 in London. Dort versuchte er sich mit der Ölmalerei und hatte sofort großen Erfolg. Daraufhin entschloss sich D. Roberts, das Studium der Malerei zu beginnen. Für seine Studien bereiste er ab 1824 viele europäische Länder, insbesondere Spanien, und gelangte bis nach Marokko. Die ›Picturesque Sketches of Spain‹ machten ihn bald berühmt. Über ein Jahrzehnt später brach er zu einer Orientreise auf. Schon die Abb. 345: D. Roberts als Auswahl seiner Reisestationen lässt auf eine ausgezeichnete Vorbereitung orientalischer ›Tourist‹ und und die rastlose Umsetzung seiner Pläne schließen. Von August 1838 bis seine Mitbringsel; Gemälde Februar 1839 durchstreifte er Ägypten entlang des Nils. Er begann in aus dem Jahr 1840 von Alexandria und drang über Abu Simbel bis nach Nubien vor. Während Robert Scott Lauder (18031869). der wenigen Monate bis Mai 1839 besuchte er den Sinai. Hier erklomm er auch den Berg Sinai und besichtigte das Katharinenkloster. Außerdem bereiste er Palästina – besichtigte u. a. Aqaba, Petra, Hebron, Gaza, Aschkelon, Aschdod, Jaffa, Lod, Jerusalem, Jericho, Nablus und Nazaret. Erst ein hartnäckiges Fieber, das ihn in Ba‛albek (Libanon) ereilte, zwang ihn zum Abbruch seiner Reise. Die Veröffentlichung von insgesamt 247 Malereien dieser Expedition beim Verleger Francis Graham Moon, die der belgische Graveur Louis Haghe kunstvoll als Lithografien für den Farbdruck aufbereitete, begründeten seinen Weltruhm. Die Altertumswissenschaft verdankt seinen Zeichnungen wertvolle Informationen über den Zustand und das Aussehen von Monumenten, Bauwerken und Landschaften, die schon wenige Jahrzehnte später deutlich verändert, stark beschädigt oder gar zerstört wurden. D. Roberts wurde 1841 Vollmitglied der ›Royal Academy of Arts‹ in Lon- Abb. 346: Herannahender Sandsturm an den don 25. Zu seinen Hauptwerken zählen: Pyramiden von Gize, von – ›Picturesque Sketches in Spain. Taken during the years, 1832 & 1833‹ (Lon- D. Roberts. don 1835-1936), – ›The Holy Land, Syria, Idumea, Arabia, Egypt and Nubia‹ (London 1842-1849; 6 Bände), – ›Egypt and Nubia‹ (London 1846-1849; 3 Bände) und – ›Cities in the North of Africa‹ (London 1852). 25. Zur Person von D. Roberts siehe: Ballantine 1866; Guiterman/Llewellyn 1986; Bourbon 2001 sowie Roberts o. J.
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10.3.2 Restaurierung des Hadrianstores (Gerasa) Das antike Gerasa, heute Ǧeraš, gehörte in römischer Zeit zur Dekapolis, einem berühmten, auf Handel ausgerichteten Städtebündnis in Nordpalästina und Südsyrien.
Abb. 347: Baulicher Zustand des Hadriantores 1910 (Außenansicht).
Befund: Der nicht modern überbaute antike Stadtbereich westlich des Chrysorrhoas-Flusses wird seit drei Jahrzehnten von jordanischen und europäischen Archäologen unter Federführung französischer Wissenschaftler restauriert. Als Kaiser Hadrian im Winter 129/130 n. Chr. die Stadt besuchte, wurde zu seinen Ehren im Süden der Stadt ein Triumphbogen errichtet. Dieser ist etwa 25 m breit und 21,5 m hoch. Er besitzt drei Durchgänge. An beiden Seiten deuten Maueransätze auf den beabsichtigten Anschluss einer Stadtmauer hin. Möglicherweise rechneten die Gerasener damit, dass sie angesichts ihrer Würdigung des Kaisers durch ein monumentales Tor diesen dazu bringen könnten, die gewünschte Baumaßnahme zu finanzieren (s. dazu Kap. 9.7.3. und Abb. 280). Restaurierung: Der Oberbau über dem zentralen Mittelbogen sowie der gesamte Stirnbereich des Triumphtores konnte seit 1985 von der jordanischen Antikenverwaltung aus heruntergefallenen antiken Quadersteinen rekonstruiert werden. An wenigen Stellen wurden mit antiken Techniken zugehauene Ersatzquader eingepasst. Die Inschrift zum Gedenken an 26. Browning 1982, 105 Abb. 45.
Abb. 348: Rekonstruktionszeichnung des Hadriantores von Ian Browning. 26
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Abb. 349: Baulicher Zustand des Hadriantores 2009 (Außenansicht).
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den Besuch Kaiser Hadrians wird derzeit im Innentorbereich lose zusammengefügt und soll in Zukunft ebenso wieder ihren ursprünglichen Platz oberhalb des Mittelbogens einnehmen.
10.3.3 Restaurierung eines Keramikobjektes (Tell Zerā‛a) Befund: Der 2005 bei den Ausgrabungen auf dem Tell Zerā‛a aufgefundene, in etwa zweihundert Scherben zerbrochene bemalte Krug mit der Fund-Nummer TZ 2989-001 stammt aus der späten Bronzezeit, etwa aus den Jahren zwischen 1440 und 1300 v. Chr. 27. Seine Fragmente wurden auf dem kreisrunden Kalksteindeckel eines birnenförmig über drei Meter tief in den Fußboden gegrabenen steinausgekleideten Silos aufgefunAbb. 350: Der ›Orpheuskrug‹ vor der Restaurierung (TZ 2989-001).
27. Areal I. – Aus der Lehmschicht, aus der das Gefäß stammt, wurde eine Holzkohleprobe entnommen, die mit 95,4 % Wahrscheinlichkeit zwischen 1440 und 1300 v. Chr. zu datieren ist.
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10.3 Restaurierung
den. Der rot und schwarz (›bi-chrome‹) auf beige-braunem Grund bemalte, lokal hergestellte zweihenklige Krug stellt verschiedene Tierszenen dar, in die auch eine menschliche Figur mit Leier einbezogen wurde. Bei den auf beiden Seiten abgebildeten Szenen handelt es sich vermutlich um die Darstellung einer Sage oder eines Mythos. Sie lassen heute an das ›Orpheus-‹ und an das ›Tierfrieden‹-Motiv denken. Beide Motive sind aber erst aus deutlich späteren Zeiten bekannt: Orpheus wird in der griechischen Mythologie als Sänger beschrieben. Der Sohn der Muse Kalliope und des Apollon soll die Musik und den Tanz erfunden haben. Mit seinem Gesang und dem Lyra-Spiel betörte er Götter, Menschen und sogar Tiere, wie es die Figur auf der einen Bildseite des Kruges zu tun scheint.
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Abb. 351: Der Leierspieler.
Abb. 352: Umzeichnung des Bildmotivs von Ernst Brückelmann.
In der zweiten, auf der gegenüberliegenden Seite des Bildfeldes dargestellten Szene wird ein Löwe gemeinsam mit einer Herde wehrloser, friedlich säugender Tiere dargestellt. Ob dies im Sinne der im Buch Jesaja (11, 1-9) geschilderten Hoffnung auf einen universalen, auch das Tierreich umfassenden Frieden am Ende der Tage zu interpretieren ist, kann man nur vermuten: »Und es wird ein Reis hervorgehen aus dem Stamm Isais und ein Zweig aus seiner Wurzel Frucht bringen. … Da werden die Wölfe bei den Lämmern wohnen und die Panther bei den Böcken lagern. Ein kleiner Knabe wird Kälber und junge Löwen und Mastvieh miteinander treiben. Kühe und Bären werden zusammen weiden, dass ihre Jungen beieinander liegen, und Löwen werden Stroh fressen wie die Rinder. …«. Restaurierung: Die Wiederherstellung dieses Objektes 28 war zwangsläufig notwendig, um den Gesamtcharakter des Kruges zu verdeutlichen und seine Bildmotive überhaupt lesbar zu machen. Die Fehlstellen wurden sichtbar, doch nicht dominant ergänzt. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Vieweger/Häser 2007a, 151. 155; 2008, 378; 2009,15. Abb. 8 f.; Vieweger 2010, 758. 765 Abb. 6.
28. Restaurator: Mattias Blana, Pforzen (Deutschland).
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10.3.4 Restaurierung eines Metallsiebes (Tell Zerā‛a)
Abb. 353: Fundzustand (TZ 10281-001).
Abb. 354-355: Restaurierter Zustand des spätbronzezeitlichen Siebes vom Tell Zerā‛a.
Bergung: Auf dem Tell Zerā‛a wurde im Frühjahr 2007 ein zunächst undefinierbarer spätbronzezeitlicher Metallrest aufgefunden 29. Er war fest in einem Lehmband verklebt, sodass sich das verbogene Metall weder auslösen noch separat bergen ließ. Um den Fund nicht zu gefährden, wurde dieser in Blockbergung gesichert und zur Reinigung nach Deutschland gesandt. Befund: Während der Reinigung und Konservierung stellte sich zunächst heraus, dass es sich bei diesem Fund um ein Sieb handelte, ein typisches Element eines sogenannten ›Weinsets‹, bestehend aus Kanne, Schale und Sieb. Etwa vierzig weitere Teile des nicht als Ganzes erhaltenen unteren Siebbodens wurden geborgen. Nach ihrem Vorbild wurde der Siebkörper rekonstruiert. Das Objekt wurde vermutlich aus einem Stück kreisrunden Kupfer- oder Bronzeblechs gefertigt und bis auf etwa 1 mm Wandungsstärke getrieben. Seine Sieblöcher sind im Durchmesser etwa 1 mm dick und verlaufen 2 cm unterhalb des Siebrandes in parallelen Reihen übereinander. Sie wurden von innen nach außen mit einer Ahle durchgestoßen.
Restaurierung: »Nach dem Bestimmen der Anschlüsse von Fragmenten untereinander erfolgte die Fixierung der rezenten Brüche mit Cyanacrylat Renfert 1733-2000. Anschließend wurden noch anhaftende Erde und Korrosion mit Glasperlen- und Edelkorundstrahlgut unter dem Mikroskop per Feinstrahlen entfernt. … Wei29. Areal I; Stratum 11a, Quadrant AP 118/119, 14./13. Jahrhundert v. Chr.
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10.4 Regelungen zum Umgang mit archäologischem Gut im Nahen Osten
tere Fragmente mit Anschluss wurden mit Nitrocelluloseklebstoff Mecosan L-TR angefügt. Die fragilen Fragmente wurden zur Festigung mit dem Acrylat Paraloid B 72 getränkt. Danach wurden mit Acrylat Technovit 5071 zur Stabilisierung der Gesamtkonstruktion Fehlstellen geschlossen. Deren Kolorierung erfolgte mit Ölfarben. Abschließend wurde der restaurierte Fund mit einem Schutzüberzug aus mikrokristallinem Wachs Cosmoloid H80 überzogen. … Später konnte dem Bronzesieb der zugehörige Bronzehenkel TZ 11526-001 angefügt, das Sieb im Bereich des eigentlichen Siebkörpers ergänzt und das gesamte Objekt gesockelt werden. …« 30. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Vieweger/Häser 2010a, 8 mit Taf. 5a.b.
10.4 Regelungen zum Umgang mit archäologischem Gut im Nahen Osten 10.4.1 Staatsübergreifende gesetzliche Regelungen Die Pflege von und der Umgang mit Antiken sowie die Durchführung wissenschaftlicher archäologischer Tätigkeit wird weltweit – so auch im Vorderen Orient – durch die jeweiligen Staaten souverän für ihr eigenes Territorium per Gesetz geregelt. Das osmanische und das britische Antikengesetz von 1884 bzw. 1929 bilden die Grundlage der heute gültigen nationalen Regelungen in Israel, Jordanien und den autonomen Teilen des palästinensischen Gebietes (s. u. Abb. 357 die sog. A- und B-Gebiete). Bei bewaffneten Konflikten und in Fällen militärischer Besatzung wird der Schutz von beweglichem und unbeweglichem Kulturgut 31 gegen Zerstörung, Beschädigung, Raub und Plünderung allerdings durch einen übergreifenden internationalen, völkerrechtlich verbindlich ausgehandelten Vertrag geregelt – durch die 30. Matthias Blana, 15. 02. 2008. 31. Nach Artikel 1 der Haager Konvention gehören zum Kulturgut »bewegliches oder unbewegliches Gut, das für das kulturelle Erbe der Völker von großer Bedeutung ist, wie z. B. Bau-, Kunst- oder geschichtliche Denkmäler kirchlicher oder weltlicher Art, archäologische Stätten, … Kunstwerke, Manuskripte, Bücher … ; Gebäude, die … der Erhaltung oder Ausstellung des … beweglichen Guts dienen, wie z. B. Museen, große Bibliotheken, Archive …«.
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Haager Konvention vom 14. Mai 1954. Sie basiert auf der Grundüberzeugung, »… dass jede Schädigung von Kulturgut, gleichgültig welchem Volke es gehört, eine Schädigung des kulturellen Erbes der ganzen Menschheit bedeutet, weil jedes Volk seinen Beitrag zur Kultur der Welt leistet …« (Präambel). Der heute vielgebrauchte Begriff Kulturerbe (›Cultural Heritage‹) und dessen Hochschätzung als grundsätzlich zu erhaltendes Gut geht auf Henri-Baptiste Grégoire (auch: Abbé Grégoire; 1750-1831), Bischof von Blois (Frankreich), zurück. Sein Leben wurde maßgeblich von der Französischen Revolution geprägt. H.-B. Grégoire wurde 1750 in Vého (Lothringen) als Sohn eines Schneiders geboren und besuchte das Jesuitenkolleg von Nancy. Im Anschluss daran wurde er Priester und wirkte bis zum Ausbruch der Französischen Revolution 1789 als Pfarrer in Emberménil. Seit Beginn der Revolution bekleidete er hohe politische Ämter, trat für die Abschaffung der Privilegien des Adels und des Klerus ein, befürwortete das Ende der Monarchie und wechselte selbst als Abgeordneter des Klerus in den ›Dritten Stand‹. Abb. 356: Henri-Baptiste Grégoire. Als einer der ersten Kleriker leistete er am 27. Dezember 1790 den Eid auf die französische Zivilverfassung. H.-B. Grégoire trat in der französischen Nationalversammlung dafür ein, die am 26. August 1789 verabschiedete Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte auf alle Völker auszudehnen. Bedeutend wurden seine Reden und Predigten gegen die Sklaverei und für die Stärkung der Bürgerrechte von Juden. Die Napoleonische Versöhnungspolitik mit dem ›Heiligen Stuhl‹ – manifestiert im Konkordat von 1801 – führte ihn in einen ernsten Konflikt mit der französischen Politik, sodass er am 8. Oktober 1801 sein Bischofsamt niederlegte. Später ging er ins Exil und kehrte erst 1814 nach Frankreich zurück. In der Zeit der politischen Restauration zwang man ihn zum Rückzug ins Privatleben. Er starb verarmt im hohen Alter von 81 Jahren.
Die in Den Haag 1954 von der Völkergemeinschaft vereinbarten Prinzipien zum Schutz des Kulturguts wurden bisher von mehr als 120 Staaten unterzeichnet. In den Jahren 1999 32 und 2002 33 beschloss die UN weitere Zusatzprotokolle, die einen erhöhten Schutz der antiken Güter bei militärischen Auseinandersetzungen vorsehen. Angriffe gegen historische Denkmäler, künstlerische und religiöse Einrichtungen werden dabei ebenso verboten wie Repressalien gegen Einrichtungen mit kultureller Bedeutung. Zudem wurden Regeln für die strafrechtliche Verantwortlichkeit bei Zuwiderhandlungen gegen diese Konventionen festgelegt.
32. Das Zusatzprotokoll wurde von etwa 100 Staaten unterzeichnet (Stand 2010). 33. Das Zusatzprotokoll wurde inzwischen von etwa 56 Staaten unterzeichnet (Stand 2010).
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10.4 Regelungen zum Umgang mit archäologischem Gut im Nahen Osten
Als bedeutendste internationale Interessenorganisation der Denkmalpflege gilt ICOMOS (›International Council on Monuments and Sites‹). Die der UNESCO nachgeordnete Organisation wurde 1965 gegründet. ICOMOS arbeitet weltweit für den Schutz und die Pflege von Denkmälern, d. h. für die Bewahrung des historischen Kulturerbes. ICOMOS berät auch die Arbeit des Welterbe-Komitees (s. oben S. 353). Das internationale Komitee des ›Blauen Schildes‹ wurde 1996 gegründet und versteht sich als ›Rotes Kreuz‹ bei der Bewahrung des Weltkulturerbes, besonders bei kriegerischen Auseinandersetzungen und Naturkatastrophen. Es schützt insbesondere Museen, Archive, Büchereien, Monumente und Orte und bringt im Katastrophenfall kompetente Berater und Helfer in die Krisenregionen.
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Abb. 357: Die südliche Levante (nach Vieweger 3 2011c, 250 Abb. 42).
10.4.2 Zur Situation in den für die Archäologie der biblischen Welt relevanten Gebieten Seit der Staatsgründung Israels im Jahr 1948 gab es in der Region vier große Nahostkriege (19481949, 1956, 1967 und 1973), mehrfach kriegsähnliche Auseinandersetzungen im Gaza-Gebiet (2006 und 2008/2009) und im Libanon (19821985; 2006), den 15 Jahre andauernden Bürgerkrieg im Libanon (1975-1990), zahlreiche terroristische Anschläge, Raketenangriffe und militärische Kommandoaktionen. Während all dieser Konflikte litt die Zivilbevölkerung unter den Militär- und Terroraktionen – natürlich aber auch die archäologischen Stätten sowie die Funde und Befunde in den Museen und Depots. Die Haager Konvention von 1954 konnte Letzteres nicht verhindern, doch sicher weitaus schlimmere Verwüstungen abwehren. Selbst in Zeiten ohne militärische Gewalt sind in Palästina/Israel die Zuständigkeiten in der Westbank, auf den Golanhöhen und in Ostjerusalem auf internationaler Ebene umstritten. Dies hat
Abb. 358: Derzeitige Aufteilung der Zuständigkeiten in der Westbank (nach Vieweger 32011c, 210 Abb. 39).
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10. Wie restauriert man Antiken?
auch Einfluss auf den Umgang mit archäologischen Stätten und ihren Funden in diesem Gebiet. Während Israel die Zuständigkeit auf archäologischem Gebiet der Israel Antiquities Authority bzw. für die Westbank (C-Gebiete; siehe Abb. 357) einer entsprechenden militärischen Behörde in die Hände gelegt hat, bestreiten viele deren rechtmäßige Zuständigkeit und verweisen darauf, dass in einem besetzten oder okkupierten Gebiet archäologische Ausgrabungen nach den Richtlinien der UN illegal seien 34. Diese Problematik geht auf den sogenannten Sechstage-Krieg von 1967 zurück. Israel zwang nach einem Überraschungsangriff am Morgen des 5. Juni 1967 seine Gegner Ägypten, Syrien und Jordanien in nur sechs Tagen in die Knie. Zunächst schaltete es die gegnerischen Luftstreitkräfte aus. Am 7. Juni wurden das bis dato jordanische Ostjerusalem und die Westbank erobert, bis zum 9. Juni konnte der Sinai vollständig besetzt werden. Danach griff die israelische Armee syrisches Territorium, die Quellgebiete des Jordans und die Golanhöhen, an und eroberte es in zwei Tagen. Der Sicherheitsrat der UN reagierte am 22. November 1967 in der Resolution 242 mit einer Verurteilung der »israelischen Aggression« und forderte den Rückzug der Armee aus den eroberten Gebieten, die Beendigung des Kriegszustandes sowie die Respektierung der Souveränität und Unabhängigkeit eines jeden Staates mitsamt seiner Grenzen im Konfliktgebiet. Gleichzeitig wurden die arabischen Staaten aufgefordert, Israel anzuerkennen.
Seit der Eroberung der Westbank schritt die israelische Siedlungspolitik in der Westbank und im Gazastreifen systematisch voran, was in den UN-Sicherheitsratsresolutionen 446 35 und 452 36 hart kritisiert wurde. Im Dezember 1981 annektierte Israel die Golanhöhen. 37 Der 1967 eroberte Sinai wurde zwischen 1975 und 1982 an Ägypten wieder zurückgegeben.
34. Vgl. die Haager Kriegsordnung von 1907 und die Vierte Genfer Konvention von 1949. 35. 22. März 1979. Die Gründung von Siedlungen in den von Israel besetzten palästinensischen Gebieten besitze keine rechtliche Gültigkeit und sei ein ernsthaftes Hindernis auf dem Weg zu einem umfassenden Frieden im Nahen Osten. 36. 20. Juli 1979. Die Resolution enthält den Aufruf an Israel, die Gründung, den Bau und die Planung von Siedlungen in den seit 1967 besetzten Gebieten zu unterlassen. Die israelische Siedlungspolitik stelle eine Verletzung der Vierten Genfer Konvention dar. – Schon die UN-Resolution 242 berief sich auf die Haager Kriegsordnung von 1907 und die Vierte Genfer Konvention von 1949, nach der es einem Eroberer in besetzten Gebieten nicht gestattet sei, die sozialen, ökonomischen, rechtlichen, demographischen und räumlichen Bedingungen zu verändern (es sei denn, Sicherheitsinteressen oder der Vorteil der lokalen Bevölkerung bedingten dies). – Dabei wird die Besetzung grundsätzlich als temporäres Ereignis angesehen. 37. Das am 14. Dezember 1981 erlassene Gesetz wurde drei Tage später in der Resolution 497 vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen für nichtig erklärt.
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10.4 Regelungen zum Umgang mit archäologischem Gut im Nahen Osten
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Im Sinai führten israelische Archäologen zahlreiche Ausgrabungen durch. Der Friedensvertrag zwischen Israel und Ägypten führte 1993 zur Rückgabe sämtlicher Grabungsfunde und der dazugehörigen Aufzeichnungen. Ein Gesuch der Israelis, 24 der zurückzugebenden Kulturgüter – die für das jüdische Nationalerbe von besonderer Bedeutung seien – behalten zu dürfen, wurde von Ägypten abgelehnt.
Der Gazastreifen wurde 2005 nach langen parteipolitischen Kämpfen auf Betreiben Ariel Sharons vollständig geräumt. Ebenso vier Siedlungen in der Westbank. Die Zuständigkeiten israelischer und palästinensischer Behörden sind derzeit in der Westbank innerhalb dreier Zonen unterschiedlich geregelt. Die israelische Autorität ist in den sogenannten C-Gebieten, die palästinensische in den A- und B-Gebieten für die Altertümer und archäologischen Aktivitäten zuständig. Im Golan handelt die israelische Administration wie in Ostjerusalem, da beide Gebiete von Israel okkupiert wurden und damit von israelischer Seite aus das nationale Recht Israels angewendet wird.
10.4.3 Archäologie in Ostjerusalem Am 30. Juli 1980 verabschiedete die israelische Regierung das ›Jerusalemgesetz‹ und vereinigte damit Ost- und West-Jerusalem. Bereits 1950 hatte David Ben Gurion Jerusalem zur Hauptstadt Israels erklärt. Seine Entscheidung war aber international nur von wenigen Staaten anerkannt worden. Nach dem Sechstage-Krieg erweiterte Israel das Stadtgebiet Jerusalems deutlich und annektierte dabei die Altstadt. Dieser Schritt wurde 1980 juristisch und propagandistisch untermauert und Jerusalem zur »ewigen und unteilbaren Hauptstadt Israels« erklärt. 38 Am 20. August 1980 wurde in der Resolution 478 des UN-Sicherheitsrats das Jerusalemgesetz für »null und nichtig« erklärt, weil es einer Annexion gleichkomme. Die palästinensische Seite sieht im Jerusalemgesetz eine wesentliche Hürde für einen möglichen Ausgleich mit Israel, da sie Ostjerusalem als Hauptstadt des eigenen Staates Palästina fordert.
Angesichts der Häufung gemeinsamer jüdischer und muslimischer Traditionen in Jerusalem erscheint der religiöse Eifer um den Besitz eines jeden Zentimeters heiliger Erde nahezu zwangsläufig. Innerhalb der letzten Jahrzehnte ist ein bedenklicher ›Wettstreit‹ um den Ḥaram eš-Šerīf, den ehemaligen jüdischen Tempelberg, ausgebrochen.
38. Hebräisch: die ›ganze und vereinigte Hauptstadt Israels‹.
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10. Wie restauriert man Antiken?
Abb. 359: Synagoge im ›Western Wall Tunnel‹.
Abb. 360: Die westliche Umfassungsmauer des ehemaligen Tempels – eingerahmt von islamischen Bogenkonstruktionen im ›Western Wall Tunnel‹.
Jüdische Forscher gruben außerhalb der Westmauer des ehemaligen Tempelbergs nach Norden. Sie unterquerten die modernen arabischen Häuser durch weiträumige, im Mittelalter erbaute Gewölbe und schufen den weitverzweigten ›Western Wall Tunnel‹. In diesem beeindruckenden System steigt man innerhalb weniger Minuten auf das herodianische Straßenniveau hinab, läuft an den (blockierten) Toren der westlichen Tempelumfassungsmauer vorbei und gelangt schließlich bis zu den großen Wasserzisternen an der Nordwestecke des ehemaligen Tempelareals. Höchst umstritten war die 1996 erfolgte Öffnung des Western Wall Tunnels nach Norden, wodurch dieser direkt an der ›Via dolorosa‹, d. h. im muslimischen Viertel, seinen Ausgang fand. Die Ausschreitungen nach seiner Öffnung kosteten etwa 80 Menschenleben. Währenddessen schufen die Muslime an anderen Stellen Fakten. Als die den Ḥaram eš-Šerīf verwaltende religiöse Behörde, arabisch ›Waqf‹ genannt, seit der zweiten Hälfte der 1990er Jahre im Osten der El-Aqsa-Moschee Ausschachtungen vornahm und schließlich das ›überflüssige‹ Erdreich auf Müllkippen im Kidrontal ablagerte, klagte die israelische Öffentlichkeit zu Recht über die Zerstörung von Kulturgut. Wenn auch einzelne erstaunliche Funde durch die Untersuchungen der israelischen Altertumsbehörde gerettet wurden und manche Schlussfolgerungen über die Bedeutung der zerstörten Orte noch möglich waren, sind doch die Kontexte der über Jahrhunderte ›versiegelten Geschichte‹ für immer verloren. Im Jahr 1996 wurde dort, wo man die sogenannten ›Ställe Salomos‹ aus der Zeit des herodianischen Tempels lokalisiert, eine unterirdische Moschee errichtet.
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10.4 Regelungen zum Umgang mit archäologischem Gut im Nahen Osten
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Abb. 361-363: Baumaßnahmen nahe der El-Aqsa-Moschee und einer der Zugänge zur unterirdischen Moschee.
Bei den von muslimischer Seite scharf kritisierten Ausgrabungen am ›Marokkaner-Tor‹ – dem seit 1967 für nichtmuslimische Besucher üblichen Aufgang zum Ḥaram eš-Šerīf – durch die israelische Altertumsbehörde vermutete die arabische Seite eine bewusste Destabilisierung der herodianischen Mauern und eine Gefahr für die El-Aqsa-Moschee. Da die Ausgrabungen außerhalb der ehemaligen Tempelumfassungsmauer stattfanden, ist letzteres jedoch nicht zu erwarten. Derartige Rettungs- oder Bergungsausgrabungen sind archäologische Standardmaßnahmen. Das Erdreich der ursprünglichen Rampe außerhalb der Umfassungsmauer des Ḥaram eš-Šerīf war während des letzten Jahrzehnts instabil geworden und hätte für die Besucher zur Gefahr werden können. Ohnehin hat die herodianische Tempelumfassungsmauer weit größeren Angriffen und selbst gewaltigen Erdbeben standgehalten. Die aufgeladenen Emotionen verdeutlichen aber das stets präsente Misstrauen, dass die jeweilige Gegenseite sich an eigenen Verehrungsorten vergreifen, Fakten schaffen und sich heilige Orte zu eigen machen könnte.
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10. Wie restauriert man Antiken?
Abb. 364: Die Westmauer und der Eingang in den Ḥaram eš-Šerīf für Nichtmuslime, das ›MarokkanerTor‹ (2004).
10.4.4 Archäologie und Landanspruch Die historische Gestalt Davids ist heute für einige Gruppen in Israel Symbol ihres Landanspruchs und ihres Rechts auf die politische Herrschaft in der südlichen Levante. Gerade die archäologischen Relikte der angeblich glanzvoll ausgebauten Hauptstadt Davids und Salomos spielen hier eine zentrale Rolle 39. Den vielgerühmten Palast Davids glaubt heute die israelische Archäologin Eilat Mazar (* 1956) am Ostabhang der Altstadt gefunden zu haben. Dieses Gelände hatte bis 1967 schon die bedeutendste aller Archäologinnen des Heiligen Landes, Dame Kathleen Mary Kenyon (1906-1978; s. S. 41), erforscht und war dabei auf Spuren der vorisraelitischen Stadtbewohner Jerusalems, der Jebusiter, gestoßen. E. Mazar interpretiert nun die oberhalb einer 37 m hohen Terrassenkonstruktion gelegenen Mauern eines größeren Gebäudes als Davids Königspalast. Es gibt allerdings keinerlei zwingenden Beweis für ihre These. Weil damals Steinmauern und Fundamente von Häusern aus unbehauenen Feldsteinen errichtet wurden, könnten allein die an das 39. Das Alte Testament hat in der Rückschau auf den von ihm hochverehrten Gründer der judäischen (und israelitischen) Königstradition dessen Macht und Bedeutung, das von ihm beherrschte Reich und insbesondere die Herrlichkeit Jerusalems in der literarischen Tradition stetig gesteigert. Der Hintergrund solcher Darstellungen ist ein Idealbild des Herrschaftsgebiets Davids, das nicht zuletzt die deuteronomistische Geschichtsschreibung für David propagiert und etwa ein knappes halbes Jahrtausend nach Davids Regierung so umschrieben hat: ›Von der Wüste bis zum Libanon und vom großen Euphratstrom bis an das große Meer gegen Sonnenuntergang‹ (Josua 1,4). Diese Ausdehnung hat zwar kein israelitisches Königtum jemals auch nur annähernd erreicht, doch der hymnische Hofstil in Jerusalem rezitierte je weiter vom Ereignis entfernt, desto überschwänglicher: ›Und er wird herrschen von einem Meer zum anderen, vom Strom bis an die Enden der Erde‹ (Ps 72,8).
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Abb. 365: Davidstadt, das jebusitische Glacis aus der mittleren und späten Bronzezeit.
aufgehende Mauerwerk anschlagenden (Lehm-)Fußböden mit ihren Artefakten (wie z. B. die dort aufgefundene Keramik) zur Datierung herangezogen werden. Da die Fußböden dieses Bereichs aber durch spätere Bebauungen weitgehend zerstört wurden, ist eine exakte Datierung nicht möglich. Das Gebäude könnte auch bereits in vorisraelitischer Zeit entstanden und eventuell israelitisch wieder benutzt worden sein – von wem auch immer. Letzteres erscheint auch deshalb plausibel, weil David die Stadt nach der Eroberung nicht zerstört haben soll. Unter den vorliegenden Umständen müsste man sich aus archäologischer Sicht einer so dezidierten Interpretation wie der E. Mazars enthalten – noch dazu einer Interpretation mit absehbar weitreichenden Folgen. Schließ-
Abb. 366: Mauern des angeblichen Palastes von David (Ausgrabung E. Mazar).
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10. Wie restauriert man Antiken?
lich drängen national-religiöse Israelis in das bisher mehrheitlich von Arabern bewohnte Stadtviertel. Die weitergehenden politisch-nationalen Interpretationen der archäologischen Ausgrabungen sind schon heute sichtbar: Durch die propagierten Thesen gestärkt, stoßen seit einigen Jahren die in der Davidstadt wohnenden Israelis von dort aus weiter in das Kidrontal und bis zum Ölberg vor, um dieses Gebiet ebenfalls als ›Ir David‹ (Davidstadt) für sich reklamieren zu können. Archäologie in Jerusalem kann politisch und religiös gedeutet und auch für politische Zwecke benutzt werden.
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11. Wie präsentiert man Funde?
11.1 Die Geburt der Museen Die europäischen Museen gründen letztlich in der Kultur des antiken Griechenlands 1. Auch ihr Name stammt aus der griechischen Mythologie. Die ›Musen‹, die Schutzpatroninnen der ›freien Künste‹, waren die Töchter der Mnemosyne und des Zeus. ›Mouseion‹ wurde zunächst der Wohnort der Musen genannt; später benutzte man diesen Begriff für herausgehobene ›Orte der Bildung‹. Große Berühmtheit erlangte das ›Mouseion‹ des Pythagoras (540-500 v. Chr.). Es widmete sich aus religiös-ethischem Selbstverständnis der Forschung und der Pflege der Wissenschaften. Platon (427-347 v. Chr.) und insbesondere Aristoteles (384-322 v. Chr.) griffen diese Tradition in Athen auf. Sie statteten das athenische ›Mouseion‹ mit reichen Sammlungen an Anschauungsmaterial und mit Bibliotheken aus. Noch einmal übertroffen und zu einem für alle Zeiten glanzvollen Höhepunkt geführt wurde das aristotelische Museum in Alexandria. Dort etablierte der aus Athen vertriebene Demetrios von Phaleron (350-283 v. Chr.) ein an Sammlungen und Büchern reich ausgestattetes Zentrum wissenschaftlicher Forschung. Während dessen 150-jähriger Blüte konnten die großen Gelehrten dieser Epoche am ›Mouseion‹ ein dem Alltag enthobenes, sorgenfreies, allein der wissenschaftlichen Forschung gewidmetes Leben führen.
11.1.1 Europäische Kunst- und Wunderkammern Die Schatzkammern der mittelalterlichen Kirchen und Klöster des Abendlandes entstanden nur im weitesten Sinne aus einem musealen Interesse. Erst das geistige Umfeld der Renaissance (14.-16. Jh. n. Chr.) verknüpfte die Fragen nach der Geschichte und der Herkunft der Menschen mit der Bedeutung und dem Aussagegehalt der gesammelten Objekte. In diesem geistigen Umfeld entstanden
1.
Siehe hierzu und zum Folgenden bes. Flügel 2009, 35-37.
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11. Wie präsentiert man Funde?
an den Adelssitzen Kunst-, Wunder- oder Raritätenkammern (s. auch S. 24). Sie dienten als Orte der Welterkenntnis, denn die enzyklopädischen Universalsammlungen beabsichtigten, das Wissen ihrer Zeit widerzuspiegeln. Das Bewusstsein von ›Zeit‹ und ›Geschichte‹ erhielt hier neue Dimensionen. In der Folge wurde das 18. Jahrhundert zum »Jahrhundert der Sammlungen« 2. Manche der Kunst- und Wunderkammern entwickelten sich später zu themenbezogenen Ausstellungen wie Gemäldegalerien oder Münzkabinetten weiter. Im Zeitalter der Aufklärung begann man auch, Altertümer und Kunstobjekte miteinander zu arrangieren. Dies geschah zunächst unter ästhetischen Aspekten und diente der standesbewussten Repräsentation des Adels. Dabei sollten die stilvoll präsentierten Sammlungen die Vollkommenheit und harmonische Struktur, das »Universum der Natur, der Kunst und des menschlichen Verstandes« 3 herausstellen. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Minges 1998 und Roth 2000. Zum ›Vater der Museumslehre‹ im deutschen Sprachraum wurde Samuel Quiccheberg (1529-1567). Den in Antwerpen geborenen Wissenschaftler konnte Albrecht V. von Bayern (1528-1579) als kunstwissenschaftlichen Berater gewinnen, damit dieser in München die herzoglichen Sammlungen neu ordne. Sein »Traktat Inscriptiones vel Tituli Theatri Amplissimi« aus dem Jahr 1565 entwickelte die Idee eines idealen Museums – des ›Teatrum sapientiae‹ (Theater des Wissens). Museen sollten demnach Wissen sammeln und ordnen, dieses gleichzeitig aber auch der Öffentlichkeit zugänglich machen.
Im 18. Jahrhundert öffneten die ersten modernen Museen ihre Pforten 4. Sie waren für die Öffentlichkeit konzipiert und besaßen für ihre Präsentation ein klares theoretisches Konzept 5. Zu diesen aus den ehemaligen Schatzkammern des Adelsstandes hervorgegangenen öffentlichen Ausstellungen gehörten die 1722 eröffnete Dresdner Gemäldegalerie, die 1755 der Öffentlichkeit zugänglich gemachte Bildergalerie Friedrichs II. in Sanssouci und das 1773 2. 3. 4.
5.
Vgl. zu dieser Thematik Flügel 2009, 40. Hier lag demnach auch die »Geburtsstunde des modernen Museums«. Flügel 2009, 44. Vgl. zum Folgenden generell die 1805 erschienene Beschreibung in der Enzyklopädie von Johann Georg Krünitz, Oeconomische-technische Enzyclopädie, Berlin 1773-1858. Siehe dazu: http://www.kruenitz1.uni-trier.de/ (Stand vom 28. 10. 2010). »Kunst=Cabinet, eine Sammlung allerley Werke der bildenden Künste, und überhaupt künstlicher Arbeiten, in so fern solche Privat=Personen entweder zu ihrem eigenen Vergnügen besitzen, oder zum Verkauf, siehe !Kunst=Handel, anlegen und ausstellen«. Flügel, 2009, 46.
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11.1 Die Geburt der Museen
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Abb. 367: Bild vom historischen ›Grünen Gewölbe‹, Dresden.
seine Pforten öffnende Museo Pio Clementino im Vatikan. Wie später bei den bürgerlichen Museen des 19. und des 20. Jahrhunderts wurden hier die Ausstellungsobjekte nach künstlerischen Kriterien arrangiert. Die Räumlichkeiten dienten nicht mehr als Wohnanlage des jeweiligen Adels- oder Bischofssitzes. Das ›Grüne Gewölbe‹ in Dresden geht auf den gestalterischen Willen August des Starken (1670-1733 n. Chr.) zurück 6. Zwischen 1723 und 1730 ließ er in seinem Stadtschloss eine atemberaubende Ausstellung barocker Kunstschätze inszenieren. Der sächsische Herrscher setzte die Kunstwerke seiner Schatzkammern derart geschickt in Szene, dass die Besucher bereits im Pretiosensaal, dem ersten Höhepunkt des Rundgangs, spätestens aber im Juwelenzimmer, der dramaturgisch herausragenden Inszenierung einzigartiger Kunstwerke und Schmuckstücke erlagen. Die ausgestellten Kostbarkeiten spiegelten in ihrer Gesamtheit weit mehr als den künstlerischen Geschmack ihrer Zeit – sie dienten auch als Sinnbild der Macht und des Reichtums des absolutistisch regierenden sächsischen Monarchen. Das im Februar 1945 durch anglo-amerikanische Bomber sinnlos zerstörte Residenzschloss wurde nach über einem halben Jahrhundert Bautätigkeit im Jahr 2001 dem staunenden Publikum wieder zugänglich gemacht. Die Inszenierung der während des Zweiten Weltkrieges ausgelagerten Kunstobjekte hat bis heute nichts von ihrer Einzigartigkeit verloren. 6.
»… ordentliche Kunst=Kammern zum öffentlichen und allgemeinen Gebrauch sind vor dem 15ten Jahrh. nicht bekannt gewesen. Der erste große Herr, welcher eine Kunst=Kammer angelegt hat, ist wohl der Kurfürst August von Sachsen … Nach
Abb. 368: Der ›Hofstaat zu Delhi am Geburtstag des Großmoguls‹ von Johann Melchior Dinglinger (1701 bis 1708) im ›Grünen Gewölbe‹, Dresden.
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11. Wie präsentiert man Funde?
11.1.2 Die modernen Museen des 19. und 20. Jahrhunderts
Abb. 369: Der architektonisch gelungene moderne Innenhof des British Museum.
Als erstes bürgerliches Museum wurde das British Museum in London eröffnet. Den Beschluss dazu fasste das britische Parlament im Jahr 1753. Diese Entscheidung ging auf eine großzügige Schenkung zurück, die der Arzt und Wissenschaftler Sir Hans Sloane (1660-1753) bereits im Jahr 1747 verfügt hatte. Er übereignete seine umfangreiche Literatur- und Kunstsammlung dem britischen Staat »für den allgemeinen Gebrauch und zum Nutzen für die Öffentlichkeit« 7. Fortan übernahm die bürgerliche Gesellschaft die Verantwortung und die Sorge für die Pflege und Weiterentwicklung der Sammlung. Im Jahr 1759 öffnete das Museum seine Pforten für die Öffentlichkeit. Der Eintritt in die Kunsthalle war frei – und blieb es bis heute.
Das British Museum ist eines der bedeutendsten Museen der Welt. Es nennt rund sieben Millionen Objekte sein Eigen. Pro Jahr sehen weit mehr als vier Millionen Besucher die Ausstellung. Insgesamt 94 Abteilungen geben einen Überblick über die Kulturgeschichte der Menschheit im Verlaufe von zwei Jahrmillionen. Das heutige Museumsgebäude im neoklassizistischen Stil wurde 1848 fertiggestellt. Das moderne Dach des Innenhofes aus Stahl und Glas überspannt einen 7 000 Quadratmeter großen Innenhof, den größten überdachten öffentlichen Platz Europas. Hier befindet sich auch der mit über 350 000 Bänden ausgestattete berühmte Lesesaal, in dem z. B. Karl Marx »Das Kapital« schrieb. Zu den ›Highlights‹ des Museums gehören der Stein von Rosette (s. S. 33), die ›Elgin Marbles‹ (s. Kap. 11.2.1 b), Wandreliefs von assyrischen Palästen aus Ninive, Ḫorsābād und Nimrud (vgls. S. 303-307), die atemberaubenAbb. 370: Der historische Lesesaal im British Museum. den Funde der ›Königsgräber‹ aus Ur, ägyptische Mumien und zahlreiche weitere einzigartige Objekte aus allen Erdteilen.
7.
dem schmalkaldischen Frieden richtete er seine Sorge darauf, die Künste und Wissenschaften in seinem Lande zu befördern. Gott segnete ihn durch eine reiche Ausbeute seiner Bergwerke, wodurch er bey seiner guten Haushaltung in Stand gesetzt wurde, viel Geld auf die Kunst=Kammer zu verwenden«. Aus Johann Georg Krünitz, Oeconomische-technische Enzyclopädie, Berlin 1773-1858. Gut erreichbar unter: http://www.kruenitz1.uni-trier.de/ (Stand vom 28. 10. 2010). »For the general use and the benefit of the public …«. Siehe Flügel 2009, 46.
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11.1 Die Geburt der Museen
Erst drei Jahrzehnte nach dem British Museum erhielt Paris ein öffentliches Museum von internationalem Rang. 1793 wurden die Sammlungen des Louvre der Öffentlichkeit übergeben. Die unmittelbare Vorgeschichte des in Paris etablierten Museums hebt sich deutlich von der des British Museum ab. In Frankreich war durch die Französische Revolution (1789) ein quantitativ wie qualitativ bedeutender Fundus an Kunstgegenständen und Altertümern aus dem ehemaligen Besitz des Königshauses, des Adels und der Kirche requiriert worden, der seinem ursprünglichen Zweck – der Repräsentation bzw. der religiösen Feier – nunmehr entfremdet worden war. Die französische Republik interpretierte diese Kunstschätze als Zeugnisse von nationaler und menschheitsgeschichtlicher Bedeutung und führte sie im Louvre zusammen. Napoleons Feldzüge brachten außerdem noch Beutegut aus ganz Europa, dem Nahen Osten und Nordafrika nach Frankreich. Ungeachtet ihrer ursprünglichen Funktionen und ihres angestammten Umfelds wurden diese Objekte bewusst nach historischen Kriterien geordnet. Die neue Sammlung diente fortan der Verherrlichung der Ideale der Französischen Revolution wie insbesondere der Macht Frankreichs. Die Zur-Schau-Stellung von religiös bedeutsamen Objekten oder repräsentativem Beutegut durch den Sieger findet im Alten Orient wie in der Antike viele Vorbilder. Eine herausragende Parallele ist der im Jahr 75 n. Chr. geweihte ›Templum pacis‹ (Friedenstempel) in Rom. Mit der Neuordnung Europas nach dem Sturz Napoleons gelangten viele geraubte und zwischenzeitlich nach Paris verbrachte Beutestücke an ihren jeweiligen Ursprung zurück. In Europa entstanden nun Nationalmuseen wie der Prado in Madrid (1819). In Deutschland führten die politischen Reformen dazu, die Museen als Orte der »Kunstandacht und Belehrung« anzusehen. Man wollte die »Nation durch das Anschauen des Schönen geistig bilden« 8. 8.
Flügel 2009, 49.
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Abb. 371: Der Louvre mit seiner modernen Eingangshalle.
Abb. 372: ›Templum pacis‹ (Friedenstempel) im Jahr 2005.
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11. Wie präsentiert man Funde?
Josephus Flavius (37/38-100 n. Chr.) berichtete über das Schicksal der im Jüdischen Krieg (66-70 n. Chr.; vgl. dazu S. 318 f.) aus dem Jerusalemer Tempel gestohlenen und später verschollenen heiligen Gerätschaften. Neben der Tatsache, dass die offizielle Ankunft des Schaubrottisches, der silbernen Posaunen und des siebenarmigen Leuchters im Juni 71 n. Chr. beim flavischen Triumphzug durch Rom bereits auf dem Beuterelief des Titusbogens dargestellt wird, erfahren wir von ihm, dass die purpurfarbenen Vorhänge des Allerheiligsten und die Tora in den Palast des Vespasian auf dem Palatin gebracht worden wären (Bell VII,162). Vier Jahre nachdem die Tempelschätze auf dem Triumphzug gezeigt wurden, gelangten sie in den 75 n. Chr. geweihten ›Templum pacis‹ (Bell VII,158-162). Dort wurden repräsentative Beutestücke und Kunstwerke bedeutender Meister aufgestellt, sodass das Temenos des Friedenstempels eine Art Mikrokosmos der gesamten von Rom beherrschten Welt wurde. Auch die Geräte des Jerusalemer Tempels verloren ihre ursprüngliche kultische Bedeutung. Sie dienten wie alle anderen Beutestücke dazu, die Angehörigen der unterworfenen Völker im Rahmen der ›Pax Romana Ideologie‹ zu ›domestizieren‹ und die flavische Herrschaft zu verherrlichen 9. Abb. 373: Die antike Lage des ›Templum pacis‹ 10.
Die Eröffnung wichtiger deutscher Museen fällt daher in diese Zeit: 1830 das Alte Museum, 1855 das Neue Museum und 1876 die Nationalgalerie in Berlin; außerdem 1830 die Glyptothek und 1836 die Pinakothek in München. In London wurde 1824 die National Gallery eröffnet. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Aigner 2001, 81-87; Becker 1996; Flügel 2009, 31-53; Klemm 1837; Lang 1988; Wunderkammer des Abendlandes 1994.
9. Vgl. dazu Gussmann 2008, 400-403. 10. Aus der schwedischen Enzyklopädie Nordisk familjebok, 11876-1899; 21904-1926 und 31923-1937.
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11.2 Sammeln, prüfen, forschen, präsentieren
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11.2 Sammeln, prüfen, forschen, präsentieren 11 Die berühmtesten europäischen Museen mit einem Sammelschwerpunkt zur Kulturgeschichte des Nahen Ostens befinden sich in London (British Museum), Paris (Louvre), Berlin (Staatliche Museen zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz) sowie in Rom (Musei Vaticani). In Jordanien und in Israel sind neben den jeweiligen Nationalmuseen in Amman und Jerusalem weitere interessante Ausstellungen zu besichtigen. Eine Auswahl interessanter Museen soll hier vorgestellt werden:
Abb. 374: Der archäologische Flügel des Israel-Museums.
Museen in Israel/Palästina Israel Museum (Jerusalem) (www.imjnet.org.il) Das 1965 eröffnete Museum dient als Nationalmuseum des Staates Israel. Es beherbergt auf einer Fläche von 81 000 m2 eine breite Vielfalt herausragender Ausstellungen, die von jährlich etwa 800 000 Besuchern besucht werden. Die Sammlungen zur Archäologie Israels/Palästinas, die Präsentation der in Ḫirbet Qumrān (und in dessen Umfeld) aufgefundenen Schriften und Artefakte (›Shrine of the Book‹) sowie das ›Open Air‹-Architekturmodell der Stadt Jerusalem zur Zeit des herodianischen Tempels (vor 70 n. Chr.; eröffnet 2006) sollen in diesem Zusammenhang besonders herausgehoben werden. – Siehe dazu auch unten S. 417 f. Rockefeller Archaeological Museum (Jerusalem) (www.english.imjnet.org.il/htmls/page_1684.aspx? c0=15160&bsp=14162) Das 1938 von der britischen Mandatsmacht eröffnete Museum präsentiert wertvolle Funde besonders aus der Zeit der bedeutenden frühen Ausgrabungen in Palästina vom Ende des 19. Jahrhunderts bis 1948. – Siehe dazu auch unten S. 413 f. Bible Lands Museum (Jerusalem) (www.blmj.org/en) Das 1992 von Elie Borowski (1913-2003) gegründete und zunächst mit Objekten aus dessen Privatsammlung ausgestattete Museum befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum Israel-Museum. Es soll Touristen und einheimischen Besuchern die biblische Geschichte im Kontext der nahöstlichen Kultur verständlich machen. Wohl Archaeological Museum (Jerusalem) (http://ilmuseums.com/museum_eng.asp?id=18) Das unter der modernen Bebauung des jüdischen Viertels in der Jerusalemer Altstadt gelegene Museum präsentiert auf einer Fläche vom 2 700 m2 die Reste von sechs oder sieben Wohnhäusern der gehobenen städtischen Bevölkerung (möglicherweise auch von Priesterfamilien) aus den Jahrzehnten um die Zeitenwende.
11. Vgl. hierzu ausdrücklich Vieregg 2006, 26-50, sowie Clemens/Wolters 1996.
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11. Wie präsentiert man Funde?
Reuben and Edith Hecht Museum, Universität Haifa (Haifa) (http://mushecht.haifa.ac.il/Default_eng. aspx) Das 1984 von Reuben und Edith Hecht an der Universität Haifa eingerichtete Museum präsentiert in seiner archäologischen Sammlung mit herausragendem museumspädagogischen Standard ›Highlights‹ der archäologischen Erforschung Israels, der phönizischen Kultur, des antiken Handwerks sowie das Original des Ma‛agān Mīkā‛ēl-Schiffs. Eretz Israel Museum (Tel Aviv) (http://www.eretzmuseum.org.il) Die in themenbezogene Museumsabteilungen gegliederte Ausstellung zeigt u. a. einen Glas-, einen Münzund einen Keramikpavillon sowie einen dem Erzabbau in Timna gewidmeten Ausstellungsbereich. Der in der früheisenzeitlichen Epoche von Seevölkern bewohnte Tell Qasīle befindet sich auf dem Gelände des Museums und kann ebenso besichtigt werden. Funde benachbarter Ausgrabungsplätze bzw. aus der Region werden in kleineren Museen gezeigt, wie z. B. im ›Archaeological Museum at Kibbuz Dor‹ (bei Tēl Dōr), im ›Ekron Museum‹ (bei Tēl Miqne), im ›Archaeological Museum of Hatzor‹ (bei Hazor) und im ›Golan Archaeological Museum‹ (bei Katzrin, Golan).
Abb. 375: Die Fassade des Bible Lands Museums.
Abb. 376: Der Tell Qasīle im Eretz Israel Museum.
Abb. 377: Der Eingang zum Zitadellen-Museum in Amman.
Abb. 378: Der Innenhof des Museums der Yarmouk University Irbid.
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11.2 Sammeln, prüfen, forschen, präsentieren
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Museen in Jordanien Jordan National Museum (Amman, wird voraussichtlich 2013 eingeweiht) Das geplante und derzeit in der Ausgestaltung befindliche neue Nationalmuseum soll die Geschichte des Ostjordanlandes von der Sesshaftwerdung der Menschen in der südlichen Levante bis in die Zeit des haschemitischen Königreiches darstellen. Zitadellen-Museum (Amman) Das Archäologische Museum bietet auf kleinstem Ausstellungsbereich eine atemberaubende Fülle großartiger Funde vom Paläolithikum über die bronzezeitliche, die ammonitische und römisch-byzantinische bis in die islamische Zeit. Herausragende Ausstellungsobjekte sind die neolithischen Statuen von ‛Ēn Ġazāl, die Bileaminschrift vom Tell Dēr ‛Allā und einige Schriften vom Toten Meer (darunter die ›Kupferrolle‹). Im Umfeld des Museums befindet sich ein archäologischer Park mit dem Herkulestempel, einer byzantinischen Kirche und dem restaurierten Omayyadenpalast sowie einem omayyadischen Sūq und einer Moschee. – Nach der Fertigstellung des neuen Nationalmuseums wird das Museum auf der Zitadelle voraussichtlich in ein Museum zur Geschichte der Stadt Amman umgewandelt werden. Yarmouk University Archaeological Museum, Universität Irbid (Irbid) Das in Kooperation mit deutschen Wissenschaftlern errichtete Museum bietet einen guten Überblick über die Geschichte des Ostjordanlandes anhand von Objekten aus den von der Universität Irbid allein oder in Kooperation mit ausländischen Partnern durchgeführten Ausgrabungen. Dar as-Sarayah 12 Museum Irbid (Irbid) Ein weiteres, im Jahr 2007 von der jordanischen Altertümerverwaltung eröffnetes archäologisches Museum befindet sich im alten Zentrum der Stadt. Das heutige Gebäude wurde vor einem reichlichen Jahrhundert als Haus des Gouverneurs erbaut und zeitweise auch als Gefängnis benutzt. Das dafür erforderliche Baumaterial (Basaltsteine) wurde aus dem Nordtheater von Gadara herbeigeschafft. Im Innenhof des heutigen Museums ist eine Sondage der Ausgrabungen auf dem Tell Irbid (Ḥorbat Arbēl) zu sehen. Funde benachbarter Ausgrabungsplätze bzw. aus der jeweiligen geografischen Region werden in weiteren Museen gezeigt, z. B. im Madeba Mosaic Museum sowie unweit davon auf dem Berg Nebo weiterhin in Kerak, in Petra, in Aqaba und in Salt.
All diese Museen beabsichtigen, ihren Besuchern durch die Begegnung mit originalen Werken tiefere Einsichten in geschichtliche und kulturgeschichtliche Zusammenhänge des Orients zu ermöglichen. Die Kompetenz für die Gestaltung ihrer Ausstellungen beziehen sie aus der Vorderasiatischen Archäologie, der Geschichtswissenschaft, der Kunstgeschichte, der Numismatik und der Technikgeschichte. Für einen ersten Zugang zur Museologie sei empfohlen: Flügel 2001, 21-27; 2009; Jahn 1979, 152-169.236-249; 1980, 41-50.7684.270-279; Schreiner 1984; Stránsky 1971; Vieregg 1994, 6-16; 2006; Waidacher 1999; 2005.
12. »Haus des Palais«.
Abb. 379: Der Innenhof von Dar as-Sarayah.
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11. Wie präsentiert man Funde?
Der Internationale Museumsrat (›International Council of Museums‹ ; ICOM) definiert den Begriff ›Museum‹ in seinem ›Professional Code of Ethics‹ als »eine nicht auf Gewinn ausgerichtete, dauernde Einrichtung im Dienst der Gesellschaft und ihrer Entwicklung, offen für das Publikum, die sammelt, bewahrt, forscht, kommuniziert und präsentiert zu Zwecken des Studiums, der Bildung und des Vergnügens …« 13.
11.2.1 Sammeln Das Sammeln von Objekten gehört zu den grundlegenden Aufgaben jedes Museums. Es geht dabei stets um gezieltes Sammeln, niemals um das Anhäufen eines ›Sammelsuriums‹. Neuerwerbungen sind entweder dazu bestimmt, als hervorragende Einzelstücke in den thematisch vorgegebenen Bestand eingegliedert zu werden oder aber bestimmte Sammlungsbereiche, wie die Vielfalt an Keramik einer Epoche oder eines Kulturbereichs, sinnvoll zu ergänzen. Museumskuratoren achten heute weniger auf die Anzahl der gesammelten Stücke als vielmehr auf deren ideellen Wert, ihren Erhaltungszustand, ihre wissenschaftliche Bedeutung und auf den musealen Kontext im Rahmen bereits vorhandener Sammlungsobjekte 14. Für Neuerwerbungen steht den Museen ein mehr oder minder großer jährlicher Etat zur Verfügung. Natürlich gibt es für sie noch weitere Möglichkeiten, geeignete Objekte zu beschaffen. Schenkungen von Privatpersonen, Gesellschaften oder Firmen gehören zu den klassischen, bis heute üblichen Wegen, die Bestände einer Sammlung zu erweitern. Im 18. und 19. Jahrhundert rüsteten Museen nicht selten sogar eigene archäologische Expeditionen aus, um sich gezielt neue Sammelgebiete zu erschließen oder bestehende gehaltvoll zu erweitern. Bis vor wenigen Jahrzehnten wurden die bei Ausgrabungen entdeckten Funde nach den jeweiligen Kampagnen zwischen der geldgebenden (in der Regel ausländischen) Institution und dem Gastland – manchmal auch dem Landbesitzer – einvernehmlich aufgeteilt. So gelangten Antiken durch ›museumseigene‹ Grabungen wie durch den Ankauf von dritter Seite in die abendländischen Depots und Ausstellungsräume. Dieser über lange Zeit anerkannten und unbezweifelten Praxis wurde durch die modernen Antikengesetze der nahöstlichen Staaten jedoch inzwischen ein Riegel vorgeschoben. Heute verbleiben alle Funde und Befunde einer Ausgrabung im Herkunftsland. Museen müssen heute beim Neuankauf von Museumsgut klare 13. ICOM, Code of Ethics for Museums, Paris 2002; zitiert nach Vieregg 2006, 16 und Anm. 8-10. 14. Vgl. hierzu bes. Vieregg 2006, 27.
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11.2 Sammeln, prüfen, forschen, präsentieren
ethische Richtlinien einhalten. Dazu gehört das Respektieren der Gesetze der Herkunftsstaaten. Darüber hinaus sollten sie auch Überlegungen darüber anstellen, ob durch den beabsichtigten Erwerb von Antiken die vor Ort bestehenden archäologischen oder ethnologischen Ressourcen zerstört werden könnten. Große Probleme bereiten den Museen heute Ankaufsangebote, bei denen die legale Herkunft der zum Verkauf stehenden Objekte nicht zweifelsfrei belegt werden kann. Da der Schutz jeglichen nationalen kulturellen Erbes nur dann wirksam sein kann, wenn er sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene und zusätzlich durch eine enge Kooperation aller Staaten untereinander gewährleistet wird, ist ein Verzicht auf den Ankauf bei derartigen Angeboten zwingend. Andernfalls wird der illegale Antikenhandel nicht in den Griff zu bekommen sein. Das im November 1970 in Paris von der Generalkonferenz der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur veröffentlichte ›Übereinkommen über Maßnahmen zum Verbot und zur Verhütung der unzulässigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut‹ verpflichtet die Museen, Bibliotheken und Archive als kulturelle Einrichtungen, dafür Sorge zu tragen, dass ihre Sammlungen nach weltweit anerkannten moralischen Grundsätzen konzipiert werden. Sie sollen wissenschaftlichen, kulturellen und erzieherischen Zwecken dienen sowie das kulturelle Leben aller Völker bereichern und keineswegs an deren Ausverkauf mittel- oder unmittelbar teilhaben.
In den zurückliegenden Jahrhunderten gab es in nahezu allen großen Museen der Welt Ankäufe bzw. Beschaffungen, die heute aus recht verschiedenen Blickwinkeln bewertet und diskutiert werden können und nicht selten zu Rückgabeforderungen aus den Herkunftsländern geführt haben. Grundsätzlich wird man aber zunächst feststellen müssen, dass die Museen ihre Sammlungen im Rahmen der damaligen internationalen Gepflogenheiten unter völlig anderen als den heutigen juristischen Voraussetzungen angekauft haben. Dabei soll aber nicht verschwiegen werden, dass die Museen damals auch als Orte des nationalen Wettlaufs und des kolonialistischen Machtanspruchs auftraten. Einige Beispiele von Ankäufen durch bedeutende europäische Museen mögen das vielfältige Problem ihrer heutigen rechtmäßigen Aufbewahrung von unterschiedlichen Perspektiven beleuchten.
a. Berliner Museen vs. Louvre: die Auffindung der Mescha-Stele Die tendenziell gefärbten Berichte über die Auffindung der Mescha-Stele (s. dazu oben S. 54 mit Abb. 39) und deren Abtransport nach Paris sind ein Spiegelbild europäischen Kolonialverhaltens im
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Abb. 380: Das heute unansehnlich wirkende Dibon im Lande Moab (Blick vom Nordosten).
Palästina des 19. Jahrhunderts. Die Fundberichte erzählen von ›Jägern und Sammlern‹, die keinerlei Skrupel beim Umgang mit dem im osmanischen Reich aufgefundenen Kulturgut besaßen. Es ist zu vermuten, dass die europäischen Entdecker den Stein – dessen Schriftzeichen und Inhalt eine erkennbare Nähe zum Alten Testament verrieten – keineswegs als kulturelles Erbe der lokalen Araberstämme oder des osmanischen Reiches, sondern vielmehr als abendländisches Kulturgut ansahen. Ohnehin hatten weder die Verantwortungsträger des osmanischen Reiches noch die lokale Bevölkerung eine leise Ahnung vom angemessenen Umgang mit derartigen Altertümern. Letztlich mündete der Kampf zweier europäischer Mächte um eine Trophäe des Altertums im Sieg des besser vernetzten und clevereren Unterhändlers. Die Mescha-Stele wurde am 19. August 1868 östlich des Toten Meeres im moabitischen Gebiet bei Dibon vom elsässischen Missionar Frederick Augustus Klein (1827-1903) entdeckt. Ein arabischer Scheich namens Zattam soll ihn auf die Steinplatte hingewiesen haben. Er habe auch berichtet, dass sie von einem Bauwerk aus der nahe gelegenen antiken Stadt Dibon stamme. Nach einem anderen Fundbericht habe der die Gegend von Dibon erkundende F. A. Klein die Stele bei einem Ausritt am Wegesrand entdeckt. Ihm sei angesichts der hebräisch anmutenden Schriftzeichen die Bedeutung dieses Fundes sofort klar gewesen. Die Beduinen hätten aber eine enorme Summe für den Stein gefordert, die F. A. Klein nur mit Hilfe deutscher Institutionen aufbringen konnte. Jedenfalls schrieb er einige Worte der Stele ab und unterrichtete Julius Heinrich Petermann, den deutschen Konsul in Jerusalem.
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11.2 Sammeln, prüfen, forschen, präsentieren »Als er darauf dem preußischen Generalconsulat, damals von dem Geographen Petermann vertreten, Nachricht davon gab, bemühte dieser sich, in den Besitz des interessanten Steines zu gelangen, wendete aber nicht die geeigneten Mittel an. Er hat zu viel und zu wenig Eifer dafür an den Tag gelegt und dadurch die Aufmerksamkeit der Beduinen jener Gegend, der Beni Hamide, auf den Werth desselben gelenkt und doch nicht die rechten Wege eingeschlagen, um sie zur Auslieferung des Steines zu gewinnen. Da er zu viel officielle Schritte gethan hatte, erregte es die Gewinnsucht des Pascha und den Haß der Bevölkerung gegen diesen, die ihm den Gewinn nicht gönnte. Es scheint, daß sich auch ein Stück Aberglaube darein gemischt hat. Die Beduinen hielten den schwarzen Stein mit den eigenthümlichen Figuren für das Werk eines Dämons. Inzwischen erfuhr auch 1869 der Secretär des französischen Consuls, Clermont-Ganneau, von diesem Stein; er bemühte sich gleichzeitig in den Besitz desselben zu gelangen, suchte die Bemühung des preußischen General-Consulats zu conterminiren, und dadurch wurden die Beni Hamide nur noch eifersüchtiger auf ihren Stein. Das Ende war, daß sie das werthvolle Steindenkmal erhitzten, dann plötzlich kaltes Wasser darauf gossen und es zum Bersten brachten. Von der Inschrift hatte sich zwar Clermont-Ganneau einen schlechten Abklatsch verschafft, aber auch dieser wurde von den Händen der Araber in Stücke zerrissen und zerdrückt. Diesen Abklatsch, der selbstverständlich viele Lücken enthielt und keinen Sinn gab, veröffentlichte derselbe. Später kam Clermont-Ganneau und ein Engländer, Warren, in den Besitz von größeren und kleineren Trümmerstücken des Steines, welche zum Theil die Lücken ergänzten« 15.
Charles Simon Clermont-Ganneau (1846-1923) rettete etwa drei Fünftel der Stele und brachte sie in den Louvre. Er behauptete später, den Stein schon vor F. A. Klein entdeckt zu haben. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Dearman 1989; Donner/Röllig 1971, 181; Galling 1979, 51-53; Graham 1989, 41-93; Timm 1982, 158-180.
b. Britisches Empire vs. griechischen Staat: die ›Elgin Marbels‹ oder die ›Parthenon-Skulpturen‹ Die sogenannten ›Elgin Marbles‹ (nach der griechischen Lesart die Parthenon-Skulpturen) gehören zu den kostbarsten Besitztümern des British Museum. Es handelt sich um Marmorobjekte des ehemaligen Skulpturenschmuckes der Athener Akropolis sowie um 15. Graetz 1902, 387-388.
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Abb. 381: Lord Elgin.
11. Wie präsentiert man Funde?
Inschriften und Architekturelemente. Hierzu gehören große Teile des Panathenäen-Frieses 16 und auch eine der Mädchenfiguren aus der Korenhalle des Erechtheion 17. Thomas Bruce, der Earl of Elgin (1766-1841), nach dem diese Objekte benannt wurden, war der Gesandte der britischen Krone beim Sultan des Osmanischen Reiches in Istanbul und widmete sich neben seiner Aufgabe als Diplomat auch ›archäologischen Ausgrabungen‹. Er nutzte diese Tätigkeit allerdings auch dazu, Kunstschätze außer Landes zu bringen. Zu diesen gehörten die berühmten Skulpturen aus Athen, die er 1816 für 35 500 Pfund an das Britische Parlament verkaufte, das die Kunstschätze dann dem British Museum übergab. Lord Elgin sympathisierte eigentlich mit dem griechischen Freiheitskampf und stand der osmanischen Oberherrschaft auf griechischem Boden kritisch gegenüber. Dennoch kaufte er die Skulpturen der Akropolis vom türkischen Gouverneur in Griechenland auf und sah sie fortan als seinen Privatbesitz an.
Abb. 382: Parthenon (nach Edward Dodwell 18, 1767-1831).
Lord Elgin ließ die ihn interessierenden Reliefs mit Sägen aus den Marmorblöcken ausschneiden. Er wurde deshalb schon während seines vandalistischen Vorgehens heftig kritisiert. Dennoch erhielt er von den osmanischen Behörden 1801 eine möglicherweise ausreichende, im Jahr 1811 dann aber eine ihn eindeutig berechtigende Genehmigung für den Abtransport der Kunstwerke. Er selbst 16. Der Fries befand sich an der Außenwand der Cella des Parthenon und stellte die Prozession während des größten jährlichen Festes zu Ehren der Göttin Athena – Panathenäen genannt – dar. 17. Das Erechtheion ist ein um 420 v. Chr. auf der Akropolis in Athen erbauter Tempel. Sein Name geht auf den mythischen König Erichthonios I. zurück, dessen Palast sich vormals an gleicher Stelle befand. 18. Edward Dodwell, Views in Greece, London 1821, 31.
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beteuerte, die in Athen gefährdeten Objekte nicht nur vor unsachgemäßer Behandlung, sondern auch vor ihrer möglichen Zerstörung gerettet zu haben. Sowohl in Großbritannien als auch in Griechenland ist der Verbleib der Skulpturen im British Museum umstritten. Im Vorfeld der Olympischen Spiele 2004 in Athen sprach sich neben dem Europäischen Parlament auch der berühmte britische Archäologe Lord Colin Renfrew für deren Rückgabe nach Griechenland aus. Das moralische Recht ist diesen Äußerungen nicht abzusprechen. Kehrten die aus Athen stammenden Objekte aus London (und den anderen Aufbewahrungsorten Kopenhagen und Basel) zum Parthenon zurück, würden diese wieder in Gänze vor Ort wirken können. Im neuen Akropolismuseum wurde von der griechischen Seite deshalb auch demonstrativ Platz für die ›Elgin Marbles‹ gelassen. Doch das formale Recht und die gängige museale Praxis stützen den Rechtsstandpunkt des British Museum. Wie beim Erwerb des Pergamon-Altars in Berlin, beim Ankauf der Nike von Samothrake durch den Louvre in Paris, bei den heute im Metropolitan Museum New York ausgestellten babylonischen Statuen und Stelen und vielen weiteren Kunstobjekten wurden legale Kaufverträge abgeschlossen. Diese sind bis heute gültig, selbst wenn derartige Transaktionen aufgrund der Gesetzeslage in den Herkunftsländern seit Jahrzehnten nicht mehr durchgeführt werden könnten. Oftmals wird in diesem Zusammenhang auch die Frage diskutiert, ob die Ansprüche moderner, im geografischen Gebiet früher Hochkulturen liegender Staaten – die zum Zeitpunkt des Exportes der Kulturgüter oftmals noch gar nicht bestanden – juristisch überhaupt stichhaltig sein können. In letzter Konsequenz würden solche Rückgabeforderungen darauf hinauslaufen, dass alle Funde aus den Staatsgebieten der modernen Staaten Griechenland, Ägypten, Syrien oder Jordanien nur noch dort zu sehen wären. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Clair 1998; Hitchens 1987; Jenkins 2008; Linsmeier 2006, 46-47; Sobati 2002 (Comic für Kinder).
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Abb. 383: Die ›Elgin Marbles‹ im British Museum (Foto: Andrew Dunn).
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11. Wie präsentiert man Funde?
c. Ein Lösungsversuch: Qaṣr el-Mušattā
Abb. 384: Qaṣr el-Mušattā, Rekonstruktionsarbeiten im Jahr 2010.
Das am prächtigsten dekorierte Wüstenschloss Jordaniens, Qaṣr el-Mušattā, befindet sich südlich von Amman, direkt am internationalen Queen Alia-Flughafen. Es wurde Mitte des 8. Jahrhunderts n. Chr. von den in Damaskus regierenden omayyadischen Machthabern errichtet. Die mit Ornamenten geschmückte Hauptfassade des Wüstenschlosses verschenkte der osmanische Sultan Abdul Hamid II. im Jahr 1903 an den deutschen Kaiser Wilhelm II. Seither befindet sie sich in den Berliner Museen auf der Museumsinsel und gilt zu Recht als eines der bemerkenswertesten Ausstellungsstücke der Sammlung für Islamische Kunst. Die Palastanlage mit einem nahezu quadratischen Grundriss von 150 mal 150 m ist anhand der noch anstehenden Türme und Mauern gut auszumachen. Der Audienzraum des Kalifen und die angeschlossenen Wohnräume sind erstaunlich gut erhalten. Es lag nahe, dass die jordanischen Behörden auch dieses Wüstenschloss neben Qaṣr ‛Amra (s. Kap. 9.9), Qaṣr el-Azraq, Qaṣr el-Ḫarāne und vielen weiteren islamischen Residenzen dieser Art zu einem touristischen Anziehungspunkt umgestalten wollten.
Abb. 385: Qaṣr el-Mušattā, zeichnerische Rekonstruktion der Eingangsfassade (Johannes Cramer).
Die jordanische Regierung stellte bisher keine offizielle Rückgabeforderung. Stattdessen entstand eine vorbildliche Initiative. Im Rahmen eines langfristig angelegten Kooperationsprojektes zwischen dem Departement of Antiquities of Jordan und den Staatlichen Museen zu Berlin sowie der Technischen Universität Berlin wird die Ruine seit 2008 wissenschaftlich erforscht und instandgesetzt. Seit 2009 laufen die Sicherungs- und seit 2010 die
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Rekonstruktionsarbeiten an der vor 1250 Jahren zerstörten Anlage 19. Die Vorteile einer solchen Kooperation liegen auf der Hand. Die Originale bleiben gut verwahrt in einem Museum und können dort von Millionen Besuchern pro Jahr besichtigt werden. Sie dienen in Europa als zugkräftige Werbung, ihr ›modernes Heimatland‹ Jordanien zu besuchen, während originalgetreue Rekonstruktionen vor Ort die touristische Entwicklung der omayyadischen Anlage im haschemitischen Königtum ermöglichen. Die wissenschaftliche Aufarbeitung der gesamten Anlage und die Ausbildung von handwerklichen Fähigkeiten in Jordanien, die weit über Qaṣr el-Mušattā hinaus nutzbringend an Altertümern eingesetzt werden können, dienen der weltweiten Forschung sowie dem Erhalt der im Lande verbliebenen, vielfach vom Verfall bedrohten antiken Bauwerke.
Abb. 386: Qaṣr el-Mušattā, Rekonstruktionsarbeiten im Jahr 2010.
d. Schlummernde Konflikte: die Hiskia-Inschrift 20 Einige Länder fordern vehement ›ihr‹ kulturelles Erbe zurück. Dazu gehört die Türkei. Sie stehen auf dem Rechtsstandpunkt, dass die aus ihrem Territorium stammenden kulturellen Zeugnisse antiker Hochkulturen als ihr nationales Erbe angesehen werden müss19. Finanzierung durch das Kulturerhaltprogramm des Auswärtigen Amtes, Berlin, und die DFG. Vgl. http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Aussenpolitik/KulturDialog/ZieleUndPartner/Kulturerhaltprogramm/BildMschatte,multimNavCtx=167476.html (Stand vom 28. 10. 2010). 20. Vgl. hierzu den Artikel ›Please Return the Siloam Inscription to Jerusalem‹, Shanks 1991, 58-60.
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11. Wie präsentiert man Funde?
Abb. 387: Replik der HiskiaInschrift, aufgestellt und erläutert im archäologischen Park in der sog. Davidstadt.
ten. Das weltweite, universelle Interesse an diesen Kulturgütern könne am besten an deren ursprünglichem Platz verdeutlicht werden. Die Forderung türkischer Behörden wird allerdings angesichts von Kulturgütern, die in ihren eigenen Museen aus osmanischer Zeit lagern, in ein überraschendes Zwielicht gerückt. Auch dort – insbesondere in Istanbul – befinden sich Objekte aus ehemals zum osmanischen Reich gehörenden Gebieten, die heute von anderen Staaten als ›ihr‹ kulturelles Erbe angesehen werden, wie das Beispiel der Hiskia-Inschrift (s. auch S. 53 und Abb. 38) verdeutlicht. Der in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts v. Chr. vom israelitischen König Hiskia unterhalb der Davidstadt durch den Fels gebrochene Wassertunnel (vgl. die biblischen Mitteilungen in II Kön 20, 20 und II Chr 32, 30) wurde von E. Robinson und E. Smith 1880 wiederentdeckt 21. Die Inschrift schildert in althebräischer Schrift, wie der Tunnel von beiden Seiten vorgetrieben wurde und die Steinhauergruppen mit Hilfe von Klopfzeichen schließlich zusammentrafen. Die Inschrift wurde kurz nach ihrer Wiederentdeckung im Jahr 1880 n. Chr. gestohlen und an einen Antikenhändler verkauft. Dort wurde sie beschlagnahmt. Die osmanischen Behörden stellten sie sicher und brachten sie ins Topkapi-Museum in Istanbul, wo sie bis heute an einer eher unscheinbaren Stelle aufbewahrt wird. Wessen Eigentum ist die Inschrift? Müsste sie nicht zurück in den Tunnel oder an eines der Jerusalemer Museen, z. B. an das Rockefeller-Museum, übergeben werden? Das internationale Recht 21. Wie Küchler 2007, 62, an Beispielen belegt, war das Wissen um die Existenz dieses Tunnels nie völlig verloren gegangen.
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spricht für Istanbul. In Jerusalem – insbesondere im Hiskia-Tunnel selbst und im umliegenden archäologischen Park – behilft man sich mit Repliken. Dies ist für touristischen Besucher ausreichend und angesichts der Ausstellung der Duplikate an öffentlichen Plätzen und im feuchten Tunnel sinnvoll. Für die wissenschaftliche Erforschung ist der Aufbewahrungsort des Originals ohnehin zweitrangig.
e. Fundteilungen Weitere Konflikte zwischen Staaten und Museen wären denkbar. So könnten Rückgabeforderungen an das British Museum konstruiert werden, die beispielsweise auch die durch Fundteilung 22 erworbenen Lachisch-Ostraka (s. auch S. 308) beträfen. Diese mit Tinte beschriebenen Scherben berichten vom letztlich erfolglosen Kampf der judäischen Verteidiger gegen das babylonische Heer bei dessen Vormarsch auf Jerusalem im 6. Jahrhundert v. Chr. Sowohl der Fundort Lachisch – eine antike Stadt südwestlich von Jerusalem – als auch ihre historische Bedeutung sind als kulturelles Erbe des modernen Staates Israel auszumachen. Was rechtfertigt also deren Lagerung und Präsentation in London? Höhere Wellen werden in Zukunft die im modernen Palästina-Konflikt verstrickten ›faktischen Fundteilungen‹ schlagen: Wem gehören eigentlich die Schriften aus Hirbet Qumrān (s. S. 89-91)? Sind sie das kulturel˘ le Erbe des Königreiches Jordanien, unter dessen politischer Zuständigkeit sie ausgegraben wurden, der Palästinensischen Behörde, die heute für das Gebiet nach den Forderungen der UN eigentlich zuständig sein müsste, oder Israels, das für die Rettung der einzigartigen Funde alle erdenklichen Anstrengungen unternimmt (s. dazu Kap. 10.1.1)? Mit welchem Recht durfte der syrisch-orthodoxe Bischof Athanasius Yeshue Samuel Schriftrollen aus Ḫirbet Qumrān in Bethlehem ankaufen, außer Landes bringen und in den USA verhehlen? War es korrekt, dass der Archäologe Yigael Yadin im Auftrag des neu gegründeten Staates Israel dort über Mittelsmänner für $ 250 000 dem Bischof Samuel einige Qumrān-Rollen wieder abjagte? 22. Grabungsverträge bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein sahen im Nahen Osten üblicherweise eine Teilung der Funde zwischen der ausgrabenden (und Geld gebenden) Institution und dem Gastland vor. Insofern ist die Teilung der Lachisch-Ostraka zwischen dem britischen Palästina (Rockefeller-Museum) und Großbritannien (British Museum) nach gültigem internationalem Recht weder außergewöhnlich noch zweifelhaft. 23. Aus Vieweger/Beyer 2011.
Abb. 388: Blick ins Innere des Rockefeller Museums mit der Darstellung der LachischOstraka, in dem strenges 23 Fotografierverbot herrscht .
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11. Wie präsentiert man Funde?
Das in Ostjerusalem gelegene Rockefeller-Museum und das Westjerusalemer Israel-Museum verkörpern zwei mögliche Antworten auf solche Problemstellungen. Als ›eingefrorenes Museum‹ verbleibt die Ausstellung des Rockefeller-Museums im Zustand der israelischen Eroberung von 1967, während der Staat Israel in seinem Nationalmuseum unter hohem finanziellen Aufwand einen eigenen Komplex zur Rettung und hochwertigen Präsentation der Qumrān-Rollen und vergleichbarer Schriftfunde etablierte. Ankäufe, Eroberungen, Fundteilungen und Geschenke – darf, kann, soll oder muss man das ›Rad der Geschichte‹ zurückdrehen? Natürlich wäre dies möglich, wenn man das wollte. Doch die Frage ist, was besser werden würde, nachdem die Museen des Abendlandes leer geräumt, die Obelisken aus Rom und Paris nach Ägypten abtransportiert, Nofretete aus den Berliner Museen, der Rosetta-Stein aus dem British Museum und die Statue Ramses II. aus Turin ins Land am Nil zurückgeführt worden wären. Letztlich bilden die großen Museen mit ihren weltweit angelegten Sammlungen auch einen Teil der universalen Kulturgeschichte der Menschheit ab. Tatsächlich haben diese Einrichtungen einige der unwiederbringlichen Kulturgüter durch deren Abtransport überhaupt erst gerettet und das allgemeine Augenmerk schon früh auf das kulturelle Erbe ihrer Herkunftsstaaten gelenkt sowie die Schaffung eigener nationaler Museen vor Ort angeregt. Die ausgestellten Kunstschätze sind Botschafter der Weltgegenden, aus denen sie kommen. Sie laden zum Besuch ihrer Herkunftsländer ein – und schaffen ein Gefühl der weltweiten Verantwortlichkeit für die eine und unteilbare Kultur der Menschheit 24. Hinter all diesen Fragen steht »eine Auseinandersetzung um die Definition dessen, was Kultur im globalen Zeitalter bedeutet. Staaten wie Ägypten oder Griechenland nutzen Begriffe wie ›nationales Erbe‹ oder ›kulturelle Identität‹, um ihre Forderungen zu unterstreichen. Die großen Museen in Europa und den USA beharren darauf, dass die archäologischen Funde in ihren Häusern in einem größeren Erklärungskontext gezeigt und somit für die Besucher als Teil der Weltkultur erst verständlich werden« 25. Die weltweite Museumskultur schafft ein globales kulturelles Gedächtnis für die nahöstliche Region – und damit auch für die biblische Welt. Angesichts der heute in Israel, Palästina, Jordanien und Syrien existierenden Gesetzeslage und der kontinuierlichen Ausgrabungen mit atemberaubenden Funden und Befunden leiden die lokalen Museen keineswegs Mangel an vorzeigbaren und repräsentativen 24. So nach Esteban Engel, n-tv.de, Panorama vom 22. Mai 2010. 25. Esteban Engel, n-tv.de, Panorama vom 22. Mai 2010.
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11.2 Sammeln, prüfen, forschen, präsentieren
Objekten. Ihre Forschungs- und Sammeltätigkeit ist auch in Zukunft gesichert. Internationale Kooperationen von Museen auf Augenhöhe, der Austausch von Wissen und Objekten zum beiderseitigen Vorteil und gemeinsam ausgestattete Sonderausstellungen weltweit sollten beide Seiten auch in den kommenden Jahrzehnten bei der Erforschung der Vergangenheit und der Präsentation ihrer Ergebnisse weiter voranbringen. Es gibt allerdings Fälle verpflichtender Rückgabe: nachweisbarer Raub, illegaler Antikenhandel oder moderne Anschaffungen, die den Gesetzen der Herkunftsländer widersprechen. In den Industriestaaten wäre schon viel getan, wenn der ungesetzliche Antikenhandel wirksam unterbunden würde. Dies würde die Nachfrage nach meist ›herkunftslosen‹ Objekten und damit den Drang nach Raubgrabungen in den Herkunftsländern unattraktiver machen.
11.2.2 Prüfen Die Gefahr der missbräuchlichen Vermarktung Biblischer Archäologie ist groß, denn die Akteure können sich immer des Interesses einer breiten Öffentlichkeit sicher sein. Dass (quasi) archäologische Aussagen über die Bibel, biblische Personen oder Artefakte außergewöhnlich publikumswirksam sind, zeigt sich nicht zuletzt anWerner Kellers Buch »Und die Bibel hat doch recht« (1955), an Rudolph Augsteins Monografie »Der Menschensohn« (1972), am Medienrummel dreist-dumm aufgemachter Sensationsberichte wie die eines James Cameron über das Grab der Familie Jesu (Fernsehproduktion in Deutschland: »Das Jesus-Grab«, Karfreitag 2007, ProSieben) oder an den effekthascherischen Berichterstattungen über Artefakte aus der biblischen Geschichte, die sich zumeist nach ein paar Monaten bis Jahren doch wieder als gefälscht erweisen. In diesem Zusammenhang ist die Aufgabe des ›Prüfens‹ von großer Bedeutung. Gemeinsam mit der universitären Wissenschaft kontrollieren die Museen die auf dem Kunstmarkt angebotenen Objekte und versuchen, einen fairen internationalen Handel frei von privater und ›post-kolonialer‹ Bereicherung zu ermöglichen. Dieses Vorhaben gestaltet sich im Einzelfall recht schwierig und erinnert zuweilen an detektivische Arbeit. Vier Israelis und ein Palästinenser wurden Ende 2004 von einem Jerusalemer Gericht wegen Antiquitätenfälschung angeklagt 26. Ihnen wurde vorgeworfen, über Jahrzehnte systematisch 26. Siehe hierzu und zum Folgenden den Artikel »Finds or Fakes?« in BAR 31/2, 2005, 58-69, aus dem die hier benannten Argumente und Fakten stammen..
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11. Wie präsentiert man Funde?
Museen in aller Welt, Sammler und Wissenschaftler betrogen zu haben. Sie hätten gezielt auf die biblische Geschichte bezogene Antiquitäten hergestellt, die im Zusammenhang mit biblisch-historischen Ereignissen oder Berichten standen und deshalb auf großes Interesse stießen. Unter den Aufkäufern befand sich auch das weltberühmte Israel-Museum. Unter den Angeklagten war der Besitzer der größten Privat-Antikensammlung Israels, Oded Golan aus Tel Aviv, sowie zwei der führenden Antikenhändler des Landes, Robert Deutsch und Rafael Brown. Die Liste der angeblich gefälschten Objekte war lang. Zu ihnen zählte ein 2002 der Öffentlichkeit vorgestelltes Ossuar aus Kalkstein mit einer Größe von etwa 50 20 30 cm. Die eingeritzte Inschrift lautet: »Jakobus, Sohn des Josef, Bruder Jesu«. Das Ossuar selber stammte aus dem ersten vor- oder nachchristlichen Jahrhundert. Umstritten ist aber, ob die gesamte Inschrift oder nur der zweite Teil eine Fälschung ist. Abb. 389: Kalksteinossuar mit der Inschrift »Jakobus, Sohn des Josef, Bruder 27 Jesu« .
Der in der Inschrift genannte Name Jakobus bezieht sich auf den Bruder von Jesus aus Nazaret. Er wurde nach dessen Tod zum Leiter der Jerusalemer Urgemeinde gewählt. Der Text auf dem Ossuar plagiiert eine Aussage aus dem Neuen Testament (Mt 13, 55): »Ist er nicht der Sohn des Zimmermanns? Heißen nicht seine Mutter Maria und seine Brüder Jakobus, Josef, Simon und Judas?« Jakobus starb im Jahr 62 n. Chr. den Märtyrertod. Nach Josephus Flavius wurde er auf Betreiben des Hohenpriesters Ananus gesteinigt (Ant XX, 9).
Als dreiste Fälschungen entpuppten sich ebenso der 1979 in die Diskussion gebrachte 4,3 cm hohe Granatapfel aus Elfenbein mit der Inschrift »Zum Tempel Jahwes gehörend, heilig den Priestern« und die im Jahr 2003 in der Fachwelt heftig diskutierte Steintafel des Königs Joas (840/839-801/800 v. Chr.).
Abb. 390: Granatapfel aus Elfenbein mit der Inschrift »Zum Tempel Jahwes gehörend, heilig den Priestern« 28.
Der Granatapfel aus Elfenbein wurde bereits 1987 vom Israel-Museum in Jerusalem für $ 550 000 aufgekauft. Im Dezember 2004 gaben die Verantwortlichen des Museums bekannt, dass es sich offenbar um eine Fälschung handle. Das Objekt selbst stammt höchstwahrscheinlich aus der vorisraelitischen Zeit (Spätbronzezeit 1550-1200 v. Chr.). Da es an der Unterseite ein Loch aufweist, könnte es als Aufsatz eines Zepters verwendet worden sein. Die Inschrift wurde modern in das alte Objekt eingeritzt und in dieser Kombination als einziges aus dem ersten, von Salomo erbauten Jerusalemer Tempel stammendes Objekt verkauft und vermarktet.
27. Aus Finds or Fakes 2005, 61. 28. Aus Finds or Fakes 2005, 62.
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11.2 Sammeln, prüfen, forschen, präsentieren
Die angebliche Steintafel des Königs Joas berichtet über eine im Alten Testament (II Kön 12, 15 f.) erwähnte Ausbesserung des salomonischen Tempels zur Zeit seiner Regierung. Eine erste Altersbestimmung bestätigte die Sensation. Doch so plötzlich der Stein aufgetaucht war, so schnell verschwand er auch wieder – mit ihr auch sein mysteriöser Besitzer. Die auf der Tafel verwendeten Buchstabentypen glichen denen des 11. bis 7. Jahrhunderts v. Chr. Doch die Worttrennungszeichen folgten eigenen Regeln. An einigen Stellen konnten bei kritischer Betrachtung grammatikalische oder syntaktische Eigenheiten des späteren oder gar modernen Hebräisch ausgemacht werden. Schwerer wog, dass die 15 Zeilen des Textes ein Konglomerat aus I Kön 6 und II Kön 12 darstellten, wo über den Bau und die Ausbesserung des Salomonischen Tempels berichtet wird. Für die Echtheit der Tafel sprach allerdings, dass die als Schreibobjekt benutzte Tafel ungewöhnlich klein war; also von einem Fälscher in dieser Größe doch offenkundig nicht ausgewählt würde?! Die Reihe der künstlerisch wie technisch auf sehr hohem Niveau gefälschten bibelbezogenen Objekte ist lang. Erwähnt werden sollen hier noch zwei Ostraka (Tintenschrift auf Keramikscherben) von einer Drei-Schekel-Abgabe für den Jerusalemer Tempel bzw. der Bitte einer Witwe um einen Teil des Erbes aus dem Eigentum ihres verstorbenen Gatten. Außerdem ist ein »dem Mattanjahu gehörender« Weindekanter zu erwähnen, der den Bezug zum Tempelritual herstellen sollte (ca. 600 v. Chr.). Zahlreiche gefälschte Tonbullen (Abdrücke von Stempelsiegeln) bereichern dieses bunte Bild, u. a. mit den Inschriften »Baruch, Sohn des Neriah, dem Schreiber« oder »Hezekia, dem Sohn des Ahas, König von Juda«. Unauffindbar ist derzeit ein in der Antikenhändlerszene Israels bereits eingeführtes Goldsiegel, das angeblich von König Manasse (696/5-642/1 v. Chr.) stammt.
11.2.3 Forschen Die systematische Aufarbeitung der eigenen Bestände gehört zu den grundlegenden Aufgaben von Museen, um ihren Fundus für die weltweite wissenschaftliche Forschung zugänglich zu machen. Dabei sollen alle zum Bestand gehörenden Objekte mit ihren wesentlichen Eigenschaften erfasst werden (›Faktenforschung‹). Hierzu gehören u. a. die Materialangabe, die Maß- und Gewichts29. Aus Finds or Fakes 2005, 63. 30. Aus Finds or Fakes 2005, 64.
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Abb. 391: Die angebliche Steintafel des Königs Joasch 29.
Abb. 392: Ein gefälschtes Ostrakon mit einer Tinteninschrift von einer Drei-Schekel-Abgabe für den Jerusalemer Tempel 30.
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11. Wie präsentiert man Funde?
bestimmung sowie das Verzeichnen des Herkunftsortes und des Ankaufsnachweises 31. Außerdem werden die Objekte als Informationsträger ausgewertet. Dabei wird ihre ehemalige Funktion bestimmt (›Ansprache‹), ihre Zeitstellung abgeschätzt, Vergleiche aus der Literatur oder weiteren Museumsbeständen vermerkt und die typologische Einordnung eines Objektes innerhalb seiner Vergleichsfunde diskutiert. Werden diese Daten in geeigneter Weise (in Datenbanken, in Verbundsystemen oder in Museumskatalogen) veröffentlicht, so können Forscher weltweit in die Lage versetzt werden, einzelne Objekte oder Objektgruppen für gezielte Einzelfragen und für Arbeiten an Vergleichsfunden heranzuziehen. Eine der grundlegenden Ideen museologischer Präsentation geht auf Karl August Möbius (1825-1908), einen ungewöhnlich vielfältig arbeitenden Zoologen zurück: die Trennung von Schau- und Hauptsammlung. K. A. Möbius erprobte das Konzept erstmals in Kiel und setzte es ab 1887 im Berliner Museum für Naturkunde um. Er ermöglichte damit nicht nur den Wissenschaftlern das ungestörte Arbeiten an den mit vielfältigen Fundstücken reichlich gefüllten Depots, sondern ersparte auch den Besuchern den ermüdenden Gang durch endlose Reihen immer wieder ähnlicher Objekte 32.
11.2.4 Präsentieren
Abb. 393: Verordnung im Zitadellen-Museum Amman (2009).
Museen existieren nicht für sich allein. Sie sind für die Öffentlichkeit konzipiert und beabsichtigen mit ihren dauerhaften Präsentationen und den temporären Sonderausstellungen, die Besucher in vielfältiger Weise anzusprechen und zu beeinflussen. Die Ausstellungen in den Museen haben daher eine große »Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit, denn Sammeln … und Forschen sind für Museumswissenschaftler nicht Selbstzweck. Vielmehr werden alle diese Anstrengungen unternommen mit der Zielstellung, das kulturelle Erbe in Museen … den Menschen nahe zu bringen. Museumsbesucher sollen das kulturelle Gedächtnis kennenlernen und historische Erkenntnisse schöpfen, daraus Anregungen fürs eigene Leben empfangen, einen persönlichen Bildungsgewinn ziehen und auf dem Hintergrund ihrer Erkenntnisse Konsequenzen für die Gegenwart ziehen … Die Ein- und Wertschätzung der Museen hängt davon ab, in wieweit es Museumsverantwortliche verstehen, publikumswirk-
31. Vgl. hierzu und zum Folgenden Vieregg 2006, 33. 32. Siehe dazu Glaubrecht, 2008, 230-236.
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11.2 Sammeln, prüfen, forschen, präsentieren
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same und zugleich bildungsintensive Präsentationen in Museen und Sonderausstellungen zu konzipieren« 33. Ärgerlich sind Museumspräsentationen ohne jegliche oder mit unzureichenden Erklärungen für die Besucher. Es sollte den Besuchern – die während ihres Rundganges durch ein Museum nur eine bedingt große Anzahl von Objekten bewusst wahrnehmen können – zusätzlich die Möglichkeit gegeben werden, anhand von Museumskatalogen oder Begleitbänden wichtige Informationen noch einmal nachzulesen sowie sich Bilder einzuprägen, Vergleiche zu ziehen oder einfach nur Ästhetisches optisch zu genießen. Das Rockefeller-Museum (ehemals ›Palestine Archaeological Museum‹ ; s. S. 395) in der Sultan Suleiman Street nördlich der Altstadtmauern Jerusalems gehört zu den ältesten und bedeutendsten Museen des Nahen Ostens. – Im Jahr 1711 ließ sich Sheikh Muhammad al-Halili, der Mufti von Jerusalem, an diesem Ort eine Sommerresidenz errichten. Als James Henry Breasted (1865-1935) 34 Jerusalem besuchte, machte er die britische Mandatsregierung auf das Fehlen eines archäologischen Museums aufmerksam, um einheimische Funde zu sichern, zu bearbeiten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Diese kaufte daraufhin mit finanzieller Unterstützung von John David Rockefeller, Jr. die Sommerresidenz von Sheikh al-Halili (heute westlich des Museums) und das umgebende Land auf. Im Jahr 1930 wurde der Grundstein für das acht Jahre später eröffnete Museum gelegt. Austen St. Barbe Harrison (1831-1976), der Chef-Architekt Abb. 394: Der Innenhof des des britischen ›Mandatory Department of Public Works‹, Rockefeller-Museums. verknüpfte beim Bau des Museumstraktes westliche Ideen musealer Präsentation mit orientalischen Elementen und erbaute ein prachtvolles symmetrisches Gebäude. Die streng chronologisch gegliederte Anlage der Ausstellung ist mit Ausgrabungsfunden aus Palästina von der Steinzeit bis ins 18. Jahrhundert n. Chr. hervorragend ausgestattet. Museumspädagogisch ragen gelungene Zusammenstellungen von Grabkontexten und die bautechnisch rekonstruierte Innenausstattung von Hishams Palace, einem Wüstenschloss bei Jericho, heraus. Das international geführte Museum wurde 1966 von Jordanien nationalisiert und 1967 von der israelischen Armee erobert. Seither steht es unter der Verwaltung des Israel-Museums und der Israel Antiquities Authority. Die museale Präsentation ist aufgrund des Status von Ostjerusalem ›eingefroren‹. Dieser Zustand – wenn auch aus politischen Gründen beklagenswert – ermöglicht einen einmaligen Einblick in die bis heute nahezu unveränderte Museumspädagogik der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die huma-
33. Vieregg 2006, 39. 34. Er ist der Gründer des ›University of Chicago Oriental Institute‹, des bis heute weltweit größten Forschungsinstitutes des Nahen Ostens.
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11. Wie präsentiert man Funde?
nistisch umfassend gebildete Reisende mit speziellem Studieninteresse als ihre Zielgruppe ansah. Dabei wurde ein solides Vorwissen über die materielle Kultur Palästinas und deren Veränderung über die letzten Jahrtausende vorausgesetzt. Ohnehin entsprach die Fülle der präsentierten Objekte offenbar den Sehgewohnheiten des Publikums, sodass die Besucher in der Lage waren, Vergleiche zwischen den typologisch aufgeschlüsselten Fundgruppen selbständig zu ziehen. Verständlicherweise wird dieses Konzept heute von Besuchern nur selten als einladend und hilfreich angesehen, zumal die Beschriftung der Funde – wenn sie überhaupt vorhanden ist – nur mangelhaft ausfällt und die vielen bemerkenswerten ›Highlights‹ der Sammlung aus der Masse der ausgestellten Objekte nicht herausgehoben werden. Flüchtige Besucher sind in aller Regel überfordert.
Abb. 395: Synagoge aus Ḫirbet Susyā (Westbank) und ein von Bema-Schranken abgegrenzter Altarbereich.
Ein gelungenes Beispiel für intuitiv erfassbare Rekonstruktionen der Vergangenheit und die immanente Möglichkeit eigener reflektierter Bezugnahme präsentiert die im Jahr 2010 neu gestaltete Abteilung für Archäologie der byzantinischen Zeit des Israel-Museums. Hier werden Teile der synagogalen und kirchlichen Gottesdiensträume neben- und miteinander präsentiert und in einem großen Ausstellungsraum vergleichbar gegenübergestellt. Die Besucher können sich in die jeweilige Raumarchitektur begeben und als deren Teil erleben.
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Ausgestellt werden der Bemabereich einer Synagoge aus Ḫirbet Susyā (Westbank, südlich von Hebron) und ein von Bema-Schranken abgegrenzter Altarbereich, zusammengestellt aus Elementen von 17 in Israel/Palästina aufgefundenen Kirchen. Wer immer diesen Raum betritt, wird sich anhand der baulich-architektonischen Nähe und der lokalen Überschneidungen der Fundorte mit der Vergleichbarkeit des Synagogen- und des Kirchenraumes in byzantinischer Zeit auseinandersetzen können. Dadurch wird die Frage nach der inneren, d. h. religionsgeschichtlichen Verknüpfung angestoßen. Der Blick der Besucher wird über die engen Verbindungen beider Religionsgruppen und ihrer Gebetshäuser auf deren gemeinsame Wurzeln gelenkt. Darüber hinaus sprechen die spezifischen Bauformen und ausgestellten gottesdienstlichen Objekte von der Verschiedenheit der in diesen Räumen zelebrierten Theologien.
Abb. 396: Ḫirbet SusyāSynagoge (Westbank).
Ein in vielfacher Weise bemerkenswerter Ausstellungsort ist das Kibbuz-Museum von Scha‛ar Hagolan (s. Kap. 9.1). Der östlich der modernen Siedlung und des Hotelbereichs ausgegrabene jungsteinzeitliche Ort Scha‛ar Hagolan (etwa 6000/5700-5000 v. Chr.; keramisches Neolithikum) gilt als die bisher größte in Israel ausgegrabene Ortschaft der Prähistorie. Das kleine, im Vergleich zu den überregionalen Museen nur mit geringen Mitteln erstellte, unprätentiöse, aber zugleich mit untrüglichem pädagogischen Sinn ausgestaltete Museum zeigt eine atemberaubende Anzahl einzigartiger Objekte – insbesondere Figurinen einer Muttergottheit. Das auch Kinder und Jugendliche ansprechende Museum verdeutlicht das alltägliche Leben der Bauern der sog. ›Jarmuk-Kultur‹
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Abb. 397: Signet des Scha‛ar Hagolan-Museums.
11. Wie präsentiert man Funde?
am Zusammenfluss von Jordan und Jarmuk und stellt die außergewöhnlichen weiblichen Figurinen in diesen Zusammenhang. Vor dem geistigen Auge der Betrachter entsteht ein beeindruckendes Bild einer für die meisten von ihnen zuvor völlig unbekannten Gesellschaft am gleichen Ort vor 8000 Jahren. Das Anliegen des Museums, neolithisches Leben in möglichst vielen Aspekten nachzuzeichnen, wird professionell und eindrücklich verdeutlicht: Tierzucht, Ackerbau, Nahrungsmittelzubereitung, Religion und Kult, das familiäre Leben, die täglichen Verrichtungen – all diese Bereiche werden anhand von Originalen oder durch Repliken übersichtlich und nachvollziehbar erläutert. Ein einführender Film verdeutlicht weitere Aspekte des damaligen Lebens – insbesondere die Herstellung von Steinwerkzeugen – und berichtet von den archäologischen Ausgrabungen vor Ort. Das Museum ist ein ›Lokalmuseum‹ – seine Präsentation genügt dennoch hohen wissenschaftlichen Ansprüchen. Kaum ein Besucher ahnt, was sich in dem unscheinbaren Gebäude befindet, während er zumeist eine längere Zeit auf den Wächter und den Schlüssel des Museum warten muss. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Garfinkel 1972; 1993a, 115-134; 1999; 2004; Garfinkel/Miller 2002; Garfinkel/Vered/Bar-Yosef 2006, 686-696; Stekelis 1972.
a. Dauer-, Sonder-, Wanderausstellungen und Studiensammlungen
Abb. 398: Neolithische Figurine aus Çatal Hüyük (Türkei).
Museen besitzen einen Bildungsauftrag. Sie gehören zu den wichtigen Kommunikationsmedien unserer Gesellschaft. Um diese Position zu erhalten, müssen sich ihre Präsentationen in gleicher Weise wandeln wie sich die Seh- und Lerngewohnheiten ihrer Betrachter verändern. Die große Chance musealer Präsentation liegt angesichts der gegenwärtigen Reizüberflutung mit (meist rastlos wechselnden) zweidimensionalen Bildern auf Bildschirmen in der dreidimensionalen Betrachtung von Originalen ohne jeglichen Zeitdruck. Die Besucher können das Tempo und den Fortgang ihrer Erkundungen selbst bestimmen. Museen arbeiten mit verschiedenartigen Ausstellungskonzepten. Ihre Dauerausstellungen bieten Besuchern die Gewähr des wiederholbaren gewinnbringenden Besuchs, des repetierenden Eindringens in verschiedenartige Themen und des Neu-Erlebens einer bereits ›bekannten‹ Präsentation. Dauerausstellungen verfolgen eine Absicht – einen Bildungsauftrag. Die während eines Museumsbesuchs in aller Regel nicht einmal annähernd zu bewälti-
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Abb. 399: Offizielle Homepage des Louvre 35.
gende Fülle des ausgestellten Materials lädt zur vertiefenden Betrachtung sowie zum Besuch mit veränderten oder vertieften Schwerpunkten ein. Thematisch wie zeitgeschichtlich umfassend angelegte Dauerausstellungen von Rang zum Nahen Osten befinden sich im British Museum, im Louvre, im Vorderasiatischen Museum Berlin, im Israel-Museum sowie im Zitadellen-Museum von Amman. Sie stellen dabei nicht allein die vielschichtigen kulturellen, technischen, sozialen, politischen oder religiösen Entwicklungen dar, sie struk-
Abb. 400: Offizielle Homepage des ›Samuel and Saidye Bronfman Archaeology Wing‹, Israel-Museum 36.
35. Aus: http://www.louvre.fr/llv/commun/home.jsp vom 28. 09. 2010. 36. Aus: http://www.english.imjnet.org.il/htmls/home.aspx vom 28. 09. 2010.
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turieren diese auch, komprimieren und erfordern eine reflektierende Betrachtung. Sie stellen eine nicht zu unterschätzende Herausforderung an das Publikum dar. Der ›Samuel and Saidye Bronfman Archaeology Wing‹, die archäologische Abteilung des Israel-Museums in Jerusalem (s. S. 395), mit ihren einzigartigen Objekten beschreibt das Ziel seiner Dauerausstellung auf der offiziellen Homepage in folgender Weise 37: Die archäologische Abteilung stellt die alte Geschichte des ›Landes Israels‹ dar – der Heimat von Völkern verschiedener Kulturen und unterschiedlichen Glaubens – und präsentiert zu diesem Zweck aus dem Museumsbestand einzigartige Ausstellungsobjekte der Archäologie des ›Heiligen Landes‹. Chronologisch gegliedert von der Prähistorie bis zum osmanischen Reich unterteilt die neu gestaltete Abteilung (scil. 2008 bis 2010) diese Geschichte in sieben Abschnitte und verbindet dabei bedeutende historische Ereignisse, kulturelle Entwicklungen und technologische Leistungen ohne dabei den Blick auf das alltägliche Leben der Völker in dieser Region zu verlieren. Die benannten Bereiche der geschichtlichen Darstellung sind: – die Morgendämmerung der menschlichen Zivilisation (scil. Steinzeit), – das Land Kanaan (scil. die Bronzezeit) 38, – Israel und die Bibel (scil. die Eisenzeit, die babylonische und die persische Epoche) 39, – Griechen, Römer und Juden (scil. die Zeit von 332 v. bis 70 n. Chr.), – unter römischer Herrschaft (scil. die Zeit von 63 v. bis 324 n. Chr.), – das ›Heilige Land‹ (scil. die christliche und omayyadische Epoche) – Muslime und Kreuzfahrer (scil. die Zeit von 750-1516 n. Chr.). Hinzu kommen thematische Sonderbereiche und einzigartige Aspekte der archäologischen Erforschung Palästinas/Israels. Dazu gehören z. B. das frühe hebräische Schrifttum, Glas im Verlauf der Zeiten sowie Münzen in ihrem Kontext. Die Schätze umliegender Kulturen, die einen großen Einfluss auf das ›Land Israels‹ hatten, wie z. B. Ägypten und die Pharaonen, die alten Kulturen des Nahen Ostens, die griechische Welt, die Völker Italiens sowie die islamische Welt, werden in benachbarten Museumsräumen dargestellt.
Durch das neue Medium Internet bieten sich gegenwärtig große Möglichkeiten, die ›Sichtbarkeit‹ und ›Auffindbarkeit‹ musealer Sammlungen und ihrer Teilbereiche zu erleichtern. Greifen die Museums-Verantwortlichen steuernd und korrigierend ein, dann steht z. B. mit Wikipedia ein großartiges, stets Informationen vermehrendes Onlineportal zur Verfügung, das zwar nicht aufwands-, aber nahezu kostenfrei die gemeinsamen Interessen des OnlinePublikums mit denen der Museumskuratoren bedient. Sonderausstellungen bringen nicht allein Abwechslung in den Museumsalltag. Sie finden ihre grundlegende Funktion darin, spezielle, außergewöhnliche Ideen zur Darstellung zu bringen. Dabei 37. Nach dem englischen Text der Homepage des Museums (http://www.english. imjnet.org.il/htmls/page_819.aspx?c0=14322&bsp=14162; 12. 09. 2010). 38. Diese Benennung ist für die frühe Bronzezeit unkorrekt. 39. Diese Bezeichnung wird der ethnischen und kulturellen sowie religiösen Vielgestaltigkeit des damaligen Gebietes nicht gerecht.
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Abb. 401: Deutschsprachige Wikipedia-Seite über den Louvre 40.
können sie temporär ein möglichst breites Publikum erreichen. Zuweilen beabsichtigen sie sogar, gerade unpopuläre, vernachlässigte Themen einer größeren Öffentlichkeit vorzustellen. Folglich spiegeln sie in besonderer Weise die Kreativität und die Gestaltungsfähigkeiten eines Museums wider und werben neue Besucher für die Dauerausstellung und die verschiedenen Aktivitäten ihres Hauses. Die archäologische Abteilung des Israel-Museums krönte im Juli 2010 die Neueröffnung ihrer Dauerausstellung mit einer thematisch passenden Sonderausstellung: »Breaking Ground. Pioneers of Biblical Archaeology« (26. Juli 2010 bis 2. April 2011) 41. Diese stellte die Verbindung zwischen den archäologischen Objekten der Dauerausstellung und dem Beginn der professionellen archäologischen Erforschung im Gebiet des heutigen Israel/Palästina her und schlug den Bogen von den archäologischen Erkundungen während der ersten Graböffnungen im 19. Jahrhundert bis zur hochmodernen archäologischen Feldarbeit. Der Beginn der archäologischen Erforschung Palästinas wurde innerhalb der Sonderausstellung anhand dreier Biografien erzählt, am Beispiel von Sir Flinders Petrie (1853-1942), von Félicien de Saulcy (18071880) und von Conrad Schick (1822-1901). Sie repräsentieren das weite Feld archäologischer Pionierarbeit. Ausgrabungswerkzeuge, historische Funde, Fotografien und Zeichnungen sowie das handwerklich wie forschungsgeschichtlich bemerkenswerte Holzmodell C. Schicks wurden zur Illustration dieses Anliegens inszeniert. C. Schicks Modell zeigt Jerusalem vor dessen Zerstörung durch die römischen Legionen im Jahr 70 n. Chr. Es markiert einen epochalen Wandel in der forschungsgeschichtlichen Betrachtung der Stadt, da C. Schick aufgrund seiner soliden Kenntnis sämtlicher zeitgenössischer Baugruben sowie auf der Basis eigener Ausgrabungen und Sondierungen als erster Forscher ernstzunehmende Rekonstruktionen der historischen Stadtausdehnung Jerusalems vom zeitgenössischen Erscheinungsbild ablösen und didaktisch herausragend als 3D-Modell präsentieren konnte.
40. Nach http://de.wikipedia.org/wiki/Louvre vom 28. 09. 2010. 41. Kuratorin: Hagit Maoz Lin; Ausstellungsmedien: Archäologische Funde, Fotografien, Zeichnungen.
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Abb. 402: Das in der Sonderausstellung »Breaking Ground. Pioneers of Biblical Archaeology« gezeigte Jerusalem-Modell von Conrad Schick aus dem 19. Jahrhundert (DEI Jerusalem) 42.
11. Wie präsentiert man Funde?
Sonderausstellungen können auch in ihrer speziellen Form als Wanderausstellungen erfolgreich sein. Dies ist in der modernen Museumslandschaft dann von besonderem Vorteil, wenn die hohen Kosten und der enorme ausstellungstechnische wie kreative Aufwand einer Sonderausstellung nicht von einem Museum allein zu bewältigen ist. Die verschiedenen Einzugsbereiche der einzelnen Museen garantieren durch insgesamt höhere Besucherzahlen bessere Einnahmemöglichkeiten und bewirken durch den reduzierten eigenen Leih-, Forschungs- sowie museumstechnischen Aufwand eine Senkung der Realisierungskosten. Die wirtschaftlich vertretbare Umsetzung der vom Publikum heute allgemein geforderten Umsetzungen herausragender Themen mit (zumeist) einzigartigen Originalen wird häufig unter solchen Voraussetzungen überhaupt erst möglich.
42. Aus Vieweger/Beyer 2011.
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Die Wanderausstellung »Saladin und die Kreuzfahrer« wurde in drei Museen gezeigt: im Landesmuseum für Vorgeschichte Halle (Oktober 2005 bis Februar 2006), im Landesmuseum Natur und Mensch Oldenburg (März bis Juli 2006) und in den Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim (Juli bis November 2006). Über das Ziel dieser Ausstellung informierte das Landesmuseum Halle folgendermaßen: »Die Begegnung der Welten im Vorderen Orient zur Zeit der Kreuzzüge ist von großer Bedeutung für das Werden Europas und von hoher Aktualität, wie die politischen Ereignisse der jüngsten Vergangenheit verdeutlichen. Die Ausstellung thematisiert das Zusammentreffen der Welten zur Zeit der Kreuzfahrer und zeigt, dass es sich hierbei keineswegs nur um kriegerische Begegnungen handelte, sondern auch ein vielfältiger friedlicher Austausch und eine kulturelle Befruchtung stattfanden … Auf einer Fläche von ca. 1.000 qm erzählen über 130 kostbare Fundkomplexe aus dem Vorderen Orient und herausragende Stücke aus europäischen Sammlungen von Sultan Saladin (1138-1193), einem der glanzvollsten Herrscher im Orient, und der Begegnung der europäischen Kultur mit der des Nahen Ostens. Neu ist dabei die Gegenüberstellung Abb. 403: Titelseite des von Zeugnissen der Kultur der Kreuzfahrer mit solchen der morgenlänBegleitbandes zur Sonderdischen Welt. Sowohl die Exponate selbst (reich verzierte Reliquiare, Wafausstellung »Saladin und die Kreuzfahrer« 43. fen, Münzschätze, astronomische Geräte u. v. m.) als auch Modelle, Zeichnungen und Fotos lassen in Verbindung mit großformatigen Inszenierungen die Besucherinnen und Besucher in die faszinierende Welt des Orients zur Zeit des Mittelalters eintauchen. Besonders spannend ist im Rahmen der Ausstellung die exemplarische Gegenüberstellung von Saladin und Richard Löwenherz (1157-1199), zwei großen Herrschern des 12. Jahrhunderts, die zu Idealbildern des Rittertums werden sollten. Weitere Abschnitte der Ausstellung widmen sich z. B. den Burgen und Ritterorden sowie den Siedlern und Händlern. Jerusalem als Nabel der Welt und Ziel Abertausender von Pilgern wird in dem historischen Museumsbau in Halle ebenso illustriert wie die vielfältigen Auswirkungen der Begegnung der Kulturen im Orient bis in die heutige Zeit. …« 44.
Studiensammlungen sind auf ein pädagogischwissenschaftliches Ziel fokussiert. Sie dienen der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses, der Überprüfung seiner Fähigkeiten oder aber als Anschauungsmaterial für speziell vorgebildete Besucher. An Universitäten werden sie insbesondere für die Lehre, aber auch für Prüfungszwecke benötigt. Studiensammlungen sind je nach ihrer Zweckbestimmung und inhaltlichen Ausrichtung ganz verschiedengestaltig aufgebaut. Manche Sammlungen enthalten Originale, andere kommen mit Abb. 404: Der Keramikraum des archäologischen Departments an der Hebrew University Jerusalem. 43. Wieczorek/Fansa/Meller 2005. 44. Mitteilungen der offiziellen Homepage der Ausstellung in Halle (http://www2. archlsa.de/saladin/) zitiert am 12. 09. 2010. Vgl. auch Wieczorek/Fansa/Meller 2005.
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11. Wie präsentiert man Funde?
Repliken oder gar mit den Bildern von Artefakten oder Kunstwerken aus. Häufig werden in Universitäten oder Museen Keramik(zur Lehre von Keramiktypologien) und Gipsabgusssammlungen von Statuen der klassischen Welt, osteologische Kollektionen und Diatheken angelegt.
b. Begegnung mit dem Original – die besondere dreidimensionale Erfahrung Die modernen Seh- und Lerngewohnheiten haben sich seit der Einführung von Film und Fernsehen grundlegend geändert. Die Lebenswelt jedes modernen Menschen ist heute voller Bilder. Museen werden angesichts solcher Effekte und des Abwechslungsreichtums der vielfältig in alle Lebensbereiche hineinflutenden Bilder häufig als verstaubt, altmodisch oder langweilig erlebt. Natürlich kommen viele museale Sammlungen mit der Einrichtung von Videoinstallationen oder interaktiven Bildschirmterminals den Informations- und Lerngewohnheiten ihres Publikums entgegen. Dies ist zweifellos auch notwendig. Doch löst dieser Schritt nicht das grundsätzliche Problem: das Auseinanderklaffen zwischen dem Angebot eines Museums und den Betrachtungsgewohnheiten seines Publikums. Die Chance des Museums ist gleichzeitig auch sein Problem: das Original.
Abb. 405: Löwenjagd Assurnasirpals II. (883-859 v. Chr.).
Ein antikes Original ist in seiner Vollkommenheit nicht im Bildband, im World Wide Web oder in einem Film erlebbar. Die dreidimensionale Ebene und das Raumerlebnis sowie der mühelose Zugang zum Original fehlen dort. Kein Betrachter würde hinter dem auf Hochglanz gezielt geradlinig gestylten Menschen eines Werbeplakats die vielfältige Person vermuten, die dieser im Alltag ist. So ist auch das kunstvolle Foto eines archäologischen Objektes
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nicht mit dem Kennenlernen des Originals, mit seinen Schäden, Alterungsansätzen, Rissen und seinen vielen Betrachtungsmöglichkeiten aufzuwiegen. Das im Museum ausgestellte Original ermöglicht einen unmittelbaren Eindruck von der Kunstfertigkeit, Kreativität oder vielleicht auch von den handwerklichen Fehlern seiner Schöpfer. Die Abschätzung seiner ästhetischen und kunst- und kulturgeschichtlichen Werte wird kaum ohne vergleichbare originale Objekte und zutreffende Kontexte gelingen. Museumsbesucher brauchen einen eigenen Umgang mit den Originalen. Dies will gelernt sein. Objekte aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten, ihr Wesen zu beschreiben, sie emotional wie ästhetisch erleben zu können, ist eine zeitaufwendige wie anspruchsvolle Aufgabe. Will unsere Museumslandschaft überleben, wird sie lernen müssen, die Fähigkeiten zum Erleben und Studieren musealer Ausstellungen der jeweils nächsten Generation zu vermitteln 45.
c. Museumspädagogik für Kinder und Jugendliche Im Vordergrund des Bemühens museumsdidaktischer Arbeit steht die Auseinandersetzung mit den dreidimensionalen Artefakten eines Museums, mit deren Geschichte und den davon ausgehenden Interpretationen. Die Museumspädagogik (oder auch Museumsdidaktik) bietet nicht nur für Kinder und Jugendliche, sondern auch für Erwachsene eigenständige und altersgerechte methodisch-didaktische Zugänge an, die der jeweiligen Klientel einen ansprechenden Zugang zu den Ausstellungsobjekten ermöglichen sollen. Spezielle Bereiche der Museumspädagogik widmen sich der Vermittlung von Museumsinhalten an körperlich oder geistig behinderte Menschen. Kinder und Jugendliche betreten ein Museum (zumeist) freiwillig. Häufig inspirieren sie ihre Eltern oder Lehrer für einen Besuch. Sie sind deshalb beim Betreten einer Sammlung dieser gegenüber aufgeschlossen. Doch ist ihr Aufenthalt zeitlich limitiert. Die Museumspädagogik versucht daher, auch die jungen Besucher zu wiederholten Besuchen zu animieren und ein kontinuierliches Erleben und Lernen im Museum zu ermöglichen. Effektive Angebote seitens der Museen sind deshalb z. B. – Ferienkurse (wie Töpferwerkstätten, bei denen antike Götter oder Städte aus Ton gestaltet werden; spielerische ›Reisen‹ in 45. Vgl. zum gesamten Abschnitt Bössert/Dauschek/Dreyer/Wiese 2000 sowie John/ Dauschek 2008.
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11. Wie präsentiert man Funde?
alte Kulturgegenden wie ins Heilige Land oder nach Jerusalem, um zu erleben, was die Leute damals aßen, tranken, wie sie Häuser bauten und an welche Götter sie glaubten … ; oder ›Schreiberschulen‹ im Altertum, wo Schreibgeräte gebastelt und Schriftzeichen erklärt sowie auf typischen Schriftträgern abgeschrieben werden), – Museumskurse für Schulklassen (z. B. als feste Folgen archäologisch-historischer Themen von der Steinzeit bis ins Mittelalter oder einzelner Epochen) sowie die – Nachmittagsbetreuung für Ganztagsschulen (u. a. mit praktisch orientierten archäologisch-historischen Kursen zu handwerklichen bzw. kunsthandwerklichen Gebieten). Werbende Erstkontakte versprechen sich Museen im Allgemeinen von Angeboten wie ›Kindergeburtstagen im Museum‹ oder ähnlichen ›Events‹.
Abb. 406: Spezielle Kinderführungen als ›Handreichung‹ für Eltern anhand von 13 ausgewählten Objekten finden sich auf der Homepage des British Museum 46.
46. Aus: http://www.britishmuseum.org/visiting/family_visits/13_objects_for_children.aspx, Stand vom 28. 9. 2010.
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11.2 Sammeln, prüfen, forschen, präsentieren
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Kindergeburtstag im Westfälischen Museum für Archäologie in Herne: »Beim Kindergeburtstag im Westfälischen Museum für Archäologie erforschen die Kinder 250 000 Jahre Menschheitsgeschichte … (Dafür) stehen verschiedene Führungen zur Wahl. Bei der Führung ›Verspielte Zeiten‹ erfahren die Kinder, dass Familien zu allen Zeiten schon mit Würfeln, Karten oder anderen Dingen gespielt haben. Die Geburtstagsgäste lernen viele Spiele kennen, die Kinder in den letzten 2000 Jahren gespielt haben. Einige Spiele bauen sie selber nach und probieren sie natürlich anschließend aus. Das Angebot richtet sich an Kinder zwischen 7 und 12 Jahren … Ein weiteres Kindergeburtstags-Angebot im Westfälischen Museum für Archäologie beschäftigt sich mit dem Thema ›Reise in die Steinzeit‹. Hierbei erkunden die Kinder den Hohlen Stein und die Rentierjäger. Sie lernen Schmuckstücke aus verschiedenen Zeiten kennen und nehmen am Schluss ihr ganz persönliches Andenken mit nach Hause. Teilnehmende Kinder sollten zwischen 7 und 12 Jahren alt sein und für die Schmuckherstellung Nussschalen, Federn, Muscheln, Lederreste oder ähnliches von zu Hause mitbringen«. Für Kinder zwischen 5 und 6 Jahren eignet sich die folgende Führung im Westfälischen Museum für Archäologie. Bei ›Kalle, der Museumsmaulwurf‹ erkunden die Kinder gemeinsam mit Kalle die Grabungslandschaft und machen spannende Entdeckungen. An Kinder im Vorschulter und Erstklässler richtet sich das Programm ›Kalle und die Tiere der Eiszeit‹. Hier nehmen die Kinder seltsame Knochen unter die Lupe. Die Kindergeburtstags-Angebote des Westfälischen Museums für Archäologie dauern zwischen 1,5 und 2 Stunden und sind maximal für 12 Kinder ausgelegt« 47.
Abb. 407: Nur eins kann schöner sein als ein Kindergeburtstag im Museum: selber auf einem Tell ausgraben (Tell Zerā‛a 2007).
47. Zitat aus: http://www.familienkultour.de/kindergeburtstag/nordrhein-westfalen/kindergeburtstag-im-westfaelischen-museum-fuer-archaeologie (Stand vom 28. 9. 2010).
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12. Wie kann man die Vergangenheit erleben?
Die Archäologie der biblischen Welt ist am besten im Orient selbst erlebbar. Reisen nach Israel/Palästina, Jordanien und Syrien ermöglichen großartige Einblicke in die orientalische Kultur und Landeskunde. Ausgrabungsstätten und archäologische Parks vermitteln einen unmittelbaren Zugang zu den Altertümern. Doch man muss nicht unbedingt in den Orient reisen. Bibelmuseen und Bibeldörfer versuchen auch in Deutschland, ihren Besuchern die orientalische Welt erleb- und begreifbar zu machen.
12.1 Archäologische Parks Archäologische Parks sind in Israel zu einer besonderen Attraktion geworden. Sie besitzen nicht allein großes touristisches Potential, sondern vermitteln zugleich auch einen bemerkenswerten Einblick in die Welt der biblischen Archäologie. Das Planen, Gestalten und Bewirtschaften archäologischer Parks westlich des Jordan ist die Aufgabe der ›Israel Nature and Parks Authority‹ (Nationalparkbehörde). Die kreativen Ideen und die grundsolide Arbeit dieses staatlichen Amtes werden allen Touristen in Israel – sowohl den Individual- wie den Gruppenreisenden – eindrücklich vor Augen geführt. In den etwa siebzig von der Nationalparkbehörde verwalteten archäologischen Parks erwartet
Abb. 408: Faltblätter zur Information und Besucherführung im Avdat- und En Avdat-Nationalpark.
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12.1 Archäologische Parks
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die Besucher eine hervorragende Präsentation archäologischer Befunde einschließlich bemerkenswerter baulicher Rekonstruktionen. Die Besucher erhalten am Eingang jedes Reservates ein ansprechend gestaltetes, informatives Faltblatt in ihrer eigenen Landessprache mit klar ausgewiesenen Wegeführungen und einem Überblick über die wichtigsten Sehenswürdigkeiten des Parks. Häufig führt ein Film in die besondere Relevanz des besuchten Ortes ein. Die Parks räumen der lokalen Tier- und Pflanzenwelt den Vorrang vor den Besuchern ein. Ranger achten auf die Einhaltung der Regeln und sorgen für die Sauberkeit der Orte sowie für eine funktionierende Abfallwirtschaft. Die verfügbaren Service-Einrichtungen in den jeweiligen archäologischen Parks sind im Internet ausgezeichnet – Parkplätze, Toiletten, der Verkauf von Getränken und Snacks sowie schattige Plätze zum Verweilen gehören zum Mindeststandard Abb. 409: Die Ruinen der Kreuzfahrerburg Montfort (›Starkenberg‹) hoch oberhalb des Wādī Ṣa‛ālīk. eines jeden Resorts. Im August 1963 beschloss die Knesset, das Parlament Israels, sowohl eine Nationalpark- als auch eine Naturparkbehörde zu gründen, die unter der Zuständigkeit des Ministeriums für Umwelt stehen sollten. Beide wurden 1998 miteinander vereinigt. Obwohl der Schutz der Umwelt und der Antiken im Vordergrund steht, erwirtschaften die Nationalparks einen großen Teil ihres Budgets durch die Eintrittsgelder selbst. Der Grundsatz der Nachhaltigkeit lässt diese finanzielle Quelle hoffentlich auch in Zukunft nicht versiegen. Angesichts der Tatsache, dass in Israel nicht nur Wasser, sondern auch Land nur sehr limitiert zur Verfügung steht, wird die Landschaft durch die Nationalparkbehörde vor einer Zersiedelung geschützt 1. Die etwa 200 Naturschutzgebiete und 70 offiziell ausgewiesenen Nationalparks bewahren zurzeit 20 % des israelischen Staatsgebietes vor moderner Überbauung und industrieller oder intensiver landwirtschaftlicher Nutzung. Einige Parks und Reservate befinden sich auf den Golanhöhen oder in der Westbank, werden aber dennoch von der israelischen Nationalparkbehörde verwaltet. Für einen ersten Zugang sei empfohlen: Alon 2007; Strutin 2001.
1.
Gegenteiliges erlebt man in weiten Bereichen Jordaniens und – durch den palästinensischen wie den israelischen Siedlungsbau – in der Westbank.
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12. Wie kann man die Vergangenheit erleben?
Der Bildungsauftrag der Nationalparks und Naturreservate zielt darauf ab, die Bevölkerung des Gebietes und die Touristen aus aller Welt »gegenwärtig und in den kommenden Generationen zur Liebe zum Land, zu dessen Wertschätzung sowie der Hochachtung vor dem kulturellen Erbe zu erziehen« 2. Kindergartengruppen, Schulklassen und Gruppen jeder Altersklasse bekommen in den Nationalparks und Naturreservaten den gewissenhaften Umgang mit der Natur und den Altertümern erläutert und vor Augen geführt. Am geografischen Übergangsbereich zwischen dem afrikanischen, dem asiatischen und dem europäischen Kontinent gibt es mehr als 2 400 Pflanzenarten – von denen etwa 100 ›endemisch‹ sind, d. h. nur in diesem Gebiet vorkommen. Unter den zahlreichen Tierarten, die im überbevölkerten Israel/Palästina sämtlich des Schutzes bedürfen, sind etwa 90 Reptilien- und mehr als 500 Vogelarten. Zu den außergewöhnlichen Leistungen der Nationalparkbehörde gehört, dass die Wiederansiedlung der in Israel/Palästina bereits ausgestorbenen Wildesel, arabischen Oryxantilopen, Strauße und Damhirsche gelang. Sogar Feucht- und Wasserlandschaften wurden rekultiviert, wie am Jarkon und im En Afek-Naturschutzgebiet. Im Folgenden werden ausgewählte Nationalparks vorgestellt.
12.1.1 Avdat-Nationalpark
Abb. 410: Blick über die Oberstadt von Avdat.
Der Avdat-Nationalpark gehört seit 2005 zum UNESCO-Welterbe (siehe dazu S. 352 ff.). Als »Zeitbrücke zur Weihrauchstraße« wid2.
Http://www.parks.org.il/BuildaGate5/general2/data_card.php?Cat=~~~660964978~Card13~&ru=&SiteName=parks&Clt=&Bur=125721935 (Stand vom 01. 10. 2010).
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12.1 Archäologische Parks
met er sich insbesondere der nabatäischen, römischen und byzantinischen Epoche. Auf der Homepage der Nationalparkbehörde 3 werden alle für Besucher nützlichen Angaben bereitgehalten: der Schwierigkeitsgrad und die Dauer des Rundgangs, Möglichkeiten des Besuchs für Gehbehinderte, jahreszeitliche Präferenzen, Öffnungszeiten, Eintrittspreise und Anreisemöglichkeiten. Außerdem werden die Serviceangebote benannt: ein Souvenirshop, die Verfügbarkeit von Audio-Guides sowie das Besucherzentrum mit einem einführenden Film zur Weihrauchstraße und den dort einst gehandelten Gütern.
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Abb. 411: Eine Kamelkarawane im Avdat-Nationalpark.
Abb. 412: Eine Weinpresse in Avdat.
Geschichte: Der Avdat-Nationalpark wurde an einer der Wegestationen entlang der ehemaligen Weihrauchstraße angelegt, über die kostbarer Weihrauch, Parfum und Gewürze von der arabischen Halbinsel bis zu den Häfen an der Mittelmeerküste transportiert wurden. Die Stadt wurde im 4. Jahrhundert v. Chr. von den Nabatäern gegründet und später zu Ehren des Nabatäerkönigs Oboda II. (30-9/8 v. Chr.) benannt. Dieser wurde hier möglicherweise auch begraben. Avdat erlebte in nabatäischer Zeit ihre erste große Blüte, die mit ihrer Einbeziehung ins Römische Reich 106 n. Chr. keineswegs endete. Die Stadt entwickelte sich vielmehr zu einem landwirtschaftlichen Zentrum und wurde als befestigte Grenzstadt des Imperium Romanum ausgebaut. Der Reichtum und der wirtschaftliche Erfolg Avdats steigerten sich nochmals während der byzantinischen Epoche vom 4. bis 6. Jahrhundert n. Chr., bevor die Sied3.
Vgl. hierzu http://www.parks.org.il.
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12. Wie kann man die Vergangenheit erleben?
lung im 7. Jahrhundert n. Chr. verfiel und schließlich aufgegeben wurde.
Abb. 413: Apsis einer byzantinischen Kirche in Avdat.
Rundgang: Die vorgegebenen Wege sind gut ausgeschildert. Die einzelnen Besichtigungsorte werden mit Hilfe von Texten und bildlichen Darstellungen – wie z. B. Rekonstruktionszeichnungen, Karten und künstlerischen Illustrationen des alltäglichen Lebens – erläutert. Auf den Besichtigungsrundwegen sind aus der nabatäischen Epoche eine Keramikwerkstatt und Reste eines nabatäischen Tempels zu sehen, aus römischer Zeit eine Villa, ein Turm, ein Bad und ein Wohnviertel. Die byzantinische Ära wird durch eine Weinpresse, eine Festung auf der ehemaligen Oberstadt, Kirchen und ein Baptisterium präsentiert. In der nahe gelegenen ›Even Ari-Farm‹ werden die Methoden der Landwirtschaft während der nabatäischen und byzantinischen Zeit erforscht. Umfeld: Der nahe gelegene En Avdat-Nationalpark ist für gute, ausdauernde Wanderer von Avdat aus zu Fuß erreichbar. Üblicherweise fährt man mit dem Bus oder dem Auto dorthin. In En Avdat erwartet die Besucher ein grandioser Einblick in die geologischen Formationen der Erdgeschichte. Die beiden spektakulären Wanderwege durch den Canyon mit algenbewachsenen Pools, Moosen und Farnen führen an einer 250jährigen Terebinthe (Pistacia atlantica) vorbei Abb. 414: Blick in den Canyon von En Avdat.
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und bieten den aufmerksamen Beobachtern ein beeindruckendes Panorama mit vielen Vogelarten und Alpensteinböcken.
12.1.2 Tēl Dān-Nationalpark 4 Der Tēl Dān-Nationalpark kombiniert die Besichtigung der bedeutenden bronze- und eisenzeitlichen Stadtanlage mit dem Erlebnis eines Naturparks. Hier, am Fuße des Hermongebirges, vereinen sich Hunderte von Karstquellen zum wichtigsten Quellfluss des Jordan, dem Dan, mit einem jährlichen Wasserausstoß von 240 Millionen Kubikmetern.
Abb. 416-418: Tēl Dān Nationalpark: »Paradies« und eisenzeitliche Stadtmauer (oben), eisenzeitliches Stadttor (links).
4.
Vgl. hierzu http://www.parks.org.il.
Abb. 415: Steinböcke in En Avdat.
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12. Wie kann man die Vergangenheit erleben?
Abb. 419-420: Tēl Dān Nationalpark: rekonstruierter eisenzeitlicher Richtplatz (links) und Heiligtumsbezirk mit Brandopferaltar (rechts).
Die drei barrierefreien Rundwege des Tēl Dān-Nationalparks führen durch dichten schattigen Wald, über rauschende Flusstäler und vorbei an Quellteichen, die Kinder zum Baden einladen. Die Besucher werden zu einer bis 1948 noch betriebsbereiten Getreidemühle, zur mittelbronzezeitlichen Toranlage (siehe Kap. 10.1.3) und zur Stadtmauer wie zum eindrücklich restaurierten Stadttor der eisenzeitlichen Stadt geführt. Auch das berühmte israelitische Heiligtum – das in I Kön 12 erwähnt wird – ist zu besichtigen. Die während der Bronzezeit Lajisch (Jdc 18, 7.29) genannte Ansiedlung wurde als nördlichste Stadt von Israel/Juda durch die siebenmal im Alten Testament bezeugte Redewendung »Von Dan bis Beerscheba« 5 bekannt. Dass ein Teil des 48 Hektar großen, mit Lorbeerbäumen, italienischem Kreuzdorn und bis zu zwanzig Meter hohen syrischen Eschen bewaldeten Bereichs als ›Paradies‹ bezeichnet wird, kann im heißen Orient niemanden verwundern. Ein Restaurant und ein Picknick-Areal werden von Besuchern gern angenommen.
12.1.3 Belvoir-Nationalpark 6 Der nördlich von Beth-Schean gelegene Belvoir-(Kōkav Ha-Yardēn-)Nationalpark befindet sich auf dem Gelände einer alten
5. 6.
Jdc 20,1; I Sam 3,20; II Sam 3,10; 17,11; 24,2.15; I Kön 5,5; vgl. I Chr. 21,2 und II Chr. 30,5. Vgl. hierzu die verfügbaren Informationen der offiziellen Homepage http://www. parks.org.il.
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Abb. 421: Blick durch den Trockengraben über den Jordangraben und ins ostjordanische Hochland.
kreuzfahrerzeitlichen Festung. Der 550 m oberhalb des Meeresspiegels auf dem Westhang des Jordangrabens gelegene Ort bietet einen spektakulären Ausblick über das Jordantal, das hier 290 m unter NN liegt. Nicht umsonst bedeutet ›belvoir‹ so viel wie ›gute Aussicht‹. Die Burg diente aufgrund ihrer strategisch günstigen Lage gegenüber dem Wādī el‛Arab (dem Weg nach Damaskus) und angesichts ihrer beherrschenden Lage als ›Frühwarnsystem‹ der Kreuzfahrer gegen mögliche Angriffe aus Syrien. Geschichte: Die um 1140 n. Chr. zur Zeit der Herrschaft von Fulk d’Anjou (1131-1142 n. Chr.) errichtete Festung wurde etwa drei Jahrzehnte später an den Johanniterorden verkauft, der den Ort zu einer des mächtigsten Wehranlagen des Landes ausbaute. Selbst nach der Niederlage des Kreuzfahrerheeres bei Hattin 1187 n. Chr. hielt die Besatzung von Belvoir der muslimischen Belagerung erfolgreich stand, bis die Verteidiger nach 18 Monaten heftigen Kampfes die Übergabe der Festung gegen ihren freien Abzug nach Tyrus aushandeln konnten. Die Burg wurde schließlich in den Jahren 1217 und 1218 n. Chr. geschleift, weil die Muslime während des fünften Kreuzzuges die erneute Eroberung der Festung durch die Kreuzritter fürchteten.
Abb. 422: Reste der Befestigungsanlagen von Belvoir.
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Besichtigung: Der geschickt angelegte Besichtigungsweg durch die rekonstruierte Festung ermöglicht einen eindrücklichen Einblick in die fränkische Befestigungstechnik des Mittelalters. Die aus konzentrischen Verteidigungsringen angelegte, fast quadratische Anlage wurde zusätzlich von einem bis zu zwanzig Meter breiten und etwa zehn Meter tiefen, in den Fels getriebenen Trockengraben gesichert. Die Außenanlagen waren aus schwarzem Basalt aufgemauert, der Innenhof, die Burgkapelle und die Räume des Kommandeurs waren mit weißem Marmor ausgestattet. Ob die gegenüber der Burg aufgestellten Skulpturen aus der Werkstatt des Bildhauers Igael Tumarkin (* 1933) der Größe und Bedeutung des Ortes gerecht werden oder gar zu dessen Verständnis beitragen, mag verschieden bewertet werden. Weit interessanter als der skurrile Kunstpark mag für die Besucher ein Blick von der Burg in die benachbarte Geier-Aufzuchtstation sein.
12.1.4 Der Nationalpark von Cäsarea am Meer 7 Der Cäsarea Nationalpark ist zweifellos einer der attraktivsten und meistbesuchten Nationalparks in Israel. Geschichte: Cäsareas Anfänge gehen auf die Phönizier zurück, die hier im 3. Jahrhundert v. Chr. – also bereits in hellenistischer Zeit – einen Hafen anlegten, den sie ›Straton’s Turm‹ nannten. Um 90 v. Chr. eroberte der hasmonäische König Alexander Jannaeus (103-76 v. Chr.) diesen Ort und ließ hier zusätzlich zum Hafen eine Werft errichten. Die ›große Geschichte‹ der Stadt begann aber erst mit dem Bauprogramm Herodes d. Gr. (37-4 v. Chr.), der Cäsarea zu seiner Hauptstadt erkor. Besichtigung: Die Besucher können das restaurierte Theater, den Palast Herodes’ d. Gr. und das Hippodrom durchschreiten. Sie werden an hervorragend restaurierten römischen Villen vorbeigeleitet und gelangen schließlich zum Hafenbecken, das von den Südmauern der Kreuzfahrerstadt dicht umfangen wird. Im Bereich der vielfach umgebauten, heute stark verkleinerten Hafenanlage und in deren städtischem Umfeld finden sich noch Reste des römischen Tempels und die Fundamente mehrerer christlicher KirAbb. 423: Reste des ehemaligen Herodes-Palastes in chen. Cäsarea.
7.
Vgl. hierzu die verfügbaren Informationen der offiziellen Homepage http://www. parks.org.il.
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Die Replik einer Inschrift des aus der Passionsgeschichte Christi bekannten Pontius Pilatus (26 bis 36 n. Chr. Präfekt, d. h. Statthalter, des römischen Kaisers Tiberius in der Provinz Judäa) 8 wird heute im Palast des ›biblischen Bösewichtes‹ gezeigt. Das Original befindet sich im Israel-Museum in Jerusalem. Ein aufwendig produzierter Film führt dem staunenden Publikum virtuelle Rekonstruktionen verschiedener Epochen der Stadtgeschichte vor Augen und ermöglicht es den Besuchern, sich die während ihres Rundgangs entdeckten Fundamente und Ruinen in deren ursprünglicher Gestalt vorzustellen. Selbst interaktive, virtuelle Gespräche mit berühmten Persönlichkeiten und Besuchern der Stadt können in einem dafür vorgesehenen Raum geführt werden. Die vorgegebenen Gesprächsinhalte repetieren und vertiefen das während des Rundgangs erworbene Wissen über Caesarea maritima.
8.
Die Inschrift wurde im Theater von Caesarea maritima gefunden.
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Abb. 424: Blick über das Hippodrom zum Hafen von Cäsarea.
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12. Wie kann man die Vergangenheit erleben?
Um das Hafenbecken gruppieren sich mehrere Restaurants und ein kleiner Strand. Das Gelände des Nationalparks und sein Umfeld laden zum Wandern und Baden ein. Für Letzteres ist der Sandstrand im Norden der Stadt besonders empfehlenswert. Die drei dort erhaltenen Aquädukte führten einst Wasser aus dem Karmelgebirge nach Caesarea maritima. Einzig das südlich von Cäsarea gelegene Kraftwerk mit seinen dominanten Schornsteinen trübt das hervorragende Gesamtbild des Nationalparks.
Abb. 425: In Cäsarea aufgestellte Replik der Pilatusinschrift: »…S TIBERIÉVM PONTIVS PILATVS PRAEFECTVS IVDAEAE … É …«. »(Po)ntius Pilatus, der Präfekt von Judäa (errichtete) ein (Gebäude, gewidmet dem Kaiser) Tiberius«. Abb. 426: Ein Doppelaquädukt nördlich von Cäsarea.
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Die auf Veranlassung des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. (1859-1941) zwischen 1893 und 1898 errichtete und am 31. Oktober 1898 in dessen Anwesenheit eingeweihte evangelische Erlöserkirche in Jerusalem gehört zum herausragenden deutschen Kulturerbe im Ausland. Das beeindruckende Bauwerk wurde auf den Resten der Kreuzfahrerkirche St. Maria Latina erbaut. Der Standort der Kirche in unmittelbarer Nachbarschaft zur Grabeskirche hatte für den preußischen König und deutschen Kaiser sowohl unter religiösen und kirchenpolitischen als auch unter außenpolitischen Gesichtspunkten höchste Priorität. Als man Ende des 19. Jahrhunderts n. Chr. die Ausschachtungen zur Gründung der Erlöserkirche vornahm, fand man – wie man damals fälschlicherweise meinte – die bei Josephus Flavius erwähnte ›Zweite (Stadt-)Mauer‹ Jerusalems aus der Zeit Herodes d. Gr. Dadurch glaubte man, den Beweis antreten zu können, dass die vielfach Abb. 427: Blick von der Grabeskirche auf die Erlöserumstrittene Zuverlässigkeit der Lokalisation des Golgatahügels und damit kirche. der Grabeskirche endlich im positiven Sinne gelöst sei. Auf die als ›Zweite Mauer‹ des Josephus interpretierte Steinreihe wurde deshalb in einem öffentlichen symbolischen Akt 1893 der Grundstein der Erlöserkirche gesetzt. Die in den Jahren von 1970 bis 1974 vom ›Deutschen Evangelischen Institut für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes‹ (DEI) 9 durchgeführten Ausgrabungen unter der Erlöserkirche widerlegten allerdings die bis dahin anerkannte These von der unter der Erlöserkirche aufgefundenen ›Zweiten Mauer‹. Die Mauer muss vielmehr östlich der Kirche gesucht werden. Mit Sicherheit befand sich allerdings zur Zeit von Jesus aus Nazaret der Bereich der heutigen Erlöserkirche und damit auch der im Neuen Testament erwähnte Golgatahügel außerhalb der Stadtmauern. Von 2010 bis 2012 werden die Ausgrabungen unter der Erlöserkirche ›museal und touristisch erschlossen‹ und folglich in einen archäologischen Park umgewandelt 10. Künftig sollen im christlichen Viertel der Jerusalemer Altstadt Pilger und Touristen die historisch gewachsene Stadt in ihren unterschiedlichen Zeitschichten real begehen und dabei deren historische wie religionsgeschichtliche Bedeutung erschließen können. Sie durchlaufen zunächst das Niveau Jerusalems zur Zeit Herodes d. Gr. und damit der neutestamentlichen Epoche. Unmittelbar darauf durchschreiten sie die Mauern der paganen Neugründung der Stadt Aelia Capitolina unter Kaiser Hadrian (76-138 n. Chr.) aus dem Jahr 135 n. Chr. Oberhalb dieser Schicht sehen die Besucher die der Grabeskirche benachbarten Gebäudereste aus der konstantinischen Ära sowie das Fußbodenmosaik der mittelalterlichen Kirche St. Maria Latina. Die Ergebnisse der Ausgrabungen und deren Bedeutung werden den Touristen und Pilgern mehrsprachig (englisch, arabisch, hebräisch, deutsch) präsentiert und mit Hilfe einer 3D-Computeranimation über das Wachstum der Stadt Jerusalem visuell verdeutlicht. 9. Die Ausgrabungen standen unter der Leitung von Dr. Ute Wagner-Lux (Basel). 10. Das Projekt wird mit den Mitteln des Kulturerhalt-Programms des Auswärtigen Amtes durchgeführt und vom Förderverein des ›Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes‹ (DEI) maßgeblich unterstützt.
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12. Wie kann man die Vergangenheit erleben?
Abb. 428: Das Kaiserpaar an der Kirchentür bei der Einweihung der Kirche am 31. 10. 1898.
Abb. 429: Der Zustand der Altgrabung (1970-1974) unter der Erlöserkirche.
In Jordanien befindet sich der Gedanke, archäologische Parks anzulegen, noch in den Anfängen. Doch gibt es bereits beeindruckende Naturreservate wie das ›Dana Nature Reserve‹ im Wādī el‛Araba mit 600 Pflanzen-, 180 Vogel- und 45 Säugetierarten. Dort begann man auch, ein osmanisches Dorf touristisch zu nutzen und möglichst originalgetreu zu erhalten. Das Dana-Schutzgebiet wurde von der ›Royal Society for the Conservation of Nature‹ (RSCN) entwickelt, die sich seit 1966 dem Naturschutz in Jordanien wid-
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12.2 Bibelmuseen und Erlebnisparks
Abb. 430: Blick auf das Dorf Ḍānā.
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Abb. 431: Blick in das Wādī Ḍānā nach Osten ins Wādī el-‛Araba.
met und auch das von der allgemeinen Umweltzerstörung stark in Mitleidenschaft gezogene Naturschutzgebiet Azraq betreut 11.
12.2 Bibelmuseen und Erlebnisparks Bereits im 17. und 18. Jahrhundert begegnet man Ideen, wissenschaftliche Inhalte einem breiteren Publikum zu vermitteln. René Descartes (1596-1650) und Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) waren Wegbereiter solcher Vorstellungen, die kein Geringerer als Alexander von Humboldt (1769-1859) mit seinen legendären ›Kosmos-Vorlesungen‹ erfolgreich aufnahm. Dies führte 1888 in Berlin zur Gründung der ›Urania‹. Diese Organisation beabsichtigte, wissenschaftliche Erkenntnisse der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Dabei standen technische und naturwissenschaftliche Bereiche im Mittelpunkt des Wissenstransfers. Die öffentliche Teilnahme an technischen Experimenten erregte allgemein stets großes Aufsehen. Die Urania besaß selbst eine eigene Sternwarte. Doch spielten damals stets auch künstlerische und geisteswissenschaftliche Felder eine beachtenswerte Rolle. Die Urania unterhielt ein international hoch geachtetes wissenschaftliches Theater. 11. Außerdem sind die Wandermöglichkeiten durch das Sēl el-Mōǧib und im Wādī Rūm (mit Klettermöglichkeiten) zu erwähnen.
Abb. 432: Selbstportrait Alexander von Humboldts.
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12. Wie kann man die Vergangenheit erleben?
Frederico Mayor definiert ›Museum‹ als den »Ort, an dem ein Kunstobjekt die Rolle des Zeugen einer bestimmten Zeit einnimmt und folglich zum ständigen Ausdruck einer kulturellen Botschaft wird« 12. Dieser eher klassisch gefüllte Begriff (vgl. Kapitel 11) ist in Deutschland aber nicht geschützt. Seit den 1980er Jahren wird er in der deutschen Sprache beträchtlich ausgeweitet. Das Spektrum neuer Angebote reicht vom Science Center und Freizeit- wie Erlebnispark bis hin zum Walt Disney-Resort. Science Center nennt man Ausstellungen mit technischem oder naturwissenschaftlichem Anspruch, bei dem die Besucher durch eigenständiges und spielerisches Experimentieren wissenschaftliche Zusammenhänge verstehen lernen sollen. Bei einem Erlebnismuseum (auch Mitmachausstellung oder Hands on Museum) ist das Anfassen erwünscht. Das eigene Tun und Erleben soll die Besucher – zumeist sind es Kinder und Jugendliche – zum Lerneffekt führen. Abb. 433: Exploratorium in San Francisco. Der deutsche Pavillon zur Weltausstellung in Montreal 1967 kann als direkte Vorstufe der Science Centers angesehen werden. Der Pädagoge und Philosoph Hugo Kükelhaus (1900-1984) präsentierte damals in einem »Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne« zweiunddreißig spielerische Experimentieranordnungen, die er als Spielgeräte für Schulen in der Stadt Dortmund konstruiert hatte.
Das erste Science Center, das Exploratorium in San Francisco, wurde 1969 eröffnet. Der amerikanische Physiker Frank Oppenheimer (1912-1985) gilt als Initiator des Projektes. Er beabsichtigte, den Besuchern die wissenschaftliche Welt auf spielerische Weise in künstlerisch gestalteten Erlebnisräumen zu vermitteln und sie über die moderne Wissenschaft und Technik aufzuklären. Die im Exploratorium präsentierten Experimente wurden nach den menschlichen Sinnen, dem Seh-, Gehör-, Geschmacks-, Geruchs- und Tastsinn gegliedert. Der große Erfolg des Exploratoriums führte auch in Deutschland zur Gründung von Science Centers, wie z. B. dem ›Spectrum‹ in Berlin (1982), dem ›Universum‹ in Bremen (2000) oder dem ›Phæno‹ in Wolfsburg (2005). Bemerkenswert war die Übertragung der auf naturwissenschaftlich-technische Darstellungen spezialisierten Science Centers auf das Gebiet der Geisteswissenschaften im 2005 begonnenen Projekt ›Erlebniswelt Renaissance. Geschichte als Abenteuer‹. An sechs historischen Schauplätzen entlang der Weser lud die Erlebniswelt ihre Besucher zu einer Begegnung mit der Vergangenheit ein. Zentrum war das Hochzeitshaus in Hameln, an das sich die weiteren Standorte Stadthagen, Rinteln und Höxter sowie die Schlösser Bückeburg und Bevern anschlossen 13. 12. Frederico Mayor 1989 nach Vieregg 2006, 22. 13. Heute lockt das 2007 aufgrund von fehlendem Publikumsinteresse wieder geschlossene Science Center Renaissance statt Besucher »die Staatsanwaltschaft in
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12.2 Bibelmuseen und Erlebnisparks
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Bei modernen Bibelmuseen und biblischen Erlebnisparks geht es um die Begegnung mit dem Inhalt, der Welt und der Wirkungsgeschichte des Alten und Neuen Testaments. Letztlich dreht sich alles um die Vergegenwärtigung der biblischen Schriften und ihrer Botschaft. Hierzu sind viele Mittel willkommen, die Science Center, Erlebnis- und Mitmach-Museen ausmachen. Auch das Anfassen und das Ausprobieren sind ausdrücklich erlaubt. Das Verstehen der biblischen Welt soll durch die praktische Handhabung (›Learning by doing‹) erleichtert werden. Im besten Fall sind Bibelmuseen und Erlebnisparks daher Lernparadiese rings um die Welt des Alten und Neuen Testaments.
12.2.1 Bibelmuseen Viele der Bibelmuseen gehen aus Sammlungen von Bibelgesellschaften bzw. Bibelwerken hervor. Sie basieren auf musealen Ausstellungen von Bibelsammlungen und erklären die Geschichte der Übersetzung der Bibel, ihres Drucks und ihrer Verbreitung. Dabei halten sie für ihre Besucher ›Prunkstücke‹ bereit, wie besonders aufwendig hergestellte, z. B. handkolorierte Bibeln, oder auch Kuriosa, wie die ›kleinste Bibel der Welt‹.
Abb. 434: Weser-Renaissance-Schloss Bevern, Teil des Experiments ›Erlebniswelt Renaissance. Geschichte als Abenteuer‹.
Abb. 435: Die ›OttheinrichBibel‹ im Bibel- und Erlebnismuseum Frankfurt/M.
Reine Bibelausstellungen erwiesen sich aber in den letzten Jahrzehnten für ihr potentielles Publikum immer weniger als attraktiv. Daher wurde das inhaltliche Konzept der herkömmlichen Bibelmuseen erweitert. In diesem Zusammenhang fanden insbesondere die Rattenfängerstadt. Acht Millionen Fördergeld sind irgendwie verschütt gegangen« (Meldung der taz.de vom 07. 08. 2009, Autor: Benno Schirrmeister).
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Abb. 436: Museale Präsentation einer Prophetenschrift Jesajas aus Ḫirbet Qumrān (Faksimile) im Bibel- und Erlebnismuseum Frankfurt/ M.
Abb. 437: Mahlstein im Nordelbischen Bibelzentrum, St. Johanniskloster Schleswig.
12. Wie kann man die Vergangenheit erleben?
Elemente von Erlebnis- oder Mitmachausstellungen Eingang in die Museumspräsentationen. Daher befinden sich heute viele Bibelmuseen in Deutschland noch in einem ›Hybrid-Dasein‹ zwischen musealer Präsentation (Ausstellung von Bibeln) und pädagogischen Elementen aus dem Bereich der Mitmach- oder EventMuseen. Die Durchdringung beider Bereiche ist von Museum zu Museum unterschiedlich. Sie positionieren und benennen sich daher auch unterschiedlich. – Einige Museen beginnen ihre Präsentation mit den Anfängen der alttestamentlichen Überlieferungen, mit den mündlichen Erzählungen über die Erlebnisse der Israeliten mit ihrem Gott innerhalb ihrer altorientalischen Umwelt. Zusätzlich wird die neutestamentliche Welt beschrieben – die andersartig strukturierte Gesellschaft des Römischen Reiches. Hierzu gehören ›Mitmach-Übungen‹ wie das Erzählen (im Nomadenzelt) oder das Benutzen von Repliken oder von Schreibutensilien aus der damaligen Zeit. – Häufig werden die Funde von Ḫirbet Qumrān (s. dazu S. 89-91) in die Betrachtung des Schreibens und Überlieferns alttestamentlicher Schriften eingebettet. – Das kulturgeschichtliche Umfeld des Alten und Neuen Testaments wird anhand von Repliken, in seltenen Fällen auch anhand von Originalen verdeutlicht. – Die Welt der biblischen Wirkungsgeschichte wird dargestellt – manchmal mit unmittelbarem lokalen Bezug (deutsche Missionsgeschichte). – Das Ausdrucken von Bibelversen auf einer Gutenberg-Druckerpresse gehört zu den ältesten, inzwischen fast überall eingesetzten Begegnungsmöglichkeiten mit dem Alten oder Neuen Testament und dessen Verbreitung. – Interpretation von biblischen Aussagen (»Wie erleben wir die Bibel in der heutigen Welt? Was hat sie uns zu sagen? Hat Gott die Welt geschaffen?«) werden je nach theologischer Ausrichtung dem thematischen Spektrum des jeweiligen Bibelmuseums hinzugefügt. Das pädagogische Konzept des Nordelbischen Bibelzentrums Schleswig bestimmt die Zielvorstellung der im St. Johanniskloster untergebrachten Einrichtung primär als »bibelpädagogisch«. Trotz der vorhandenen Bibelsammlung und des klösterlichen Ambientes sei das Haus nicht als Museum zu verstehen, sondern als Ort der
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12.2 Bibelmuseen und Erlebnisparks
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Abb. 438-439: Ausstellung ›Leben in römischer Zeit‹ im Bibel- und Erlebnismuseum Frankfurt/M.
aktuellen Begegnung mit den »Schätzen und Lebensweisheiten, den Zusagen und Zumutungen der Bibel«. Es gehe darum, Menschen, die der Kirche weitgehend entfremdet seien, aber nach Orientierung und Sinngebung suchten, neue Zugänge zum ›Buch der Bücher‹ zu öffnen. Dabei sei es wichtig, den biblischen Texten nicht nur auf herkömmliche Art – durch Lesen, Erklären und Diskutieren – zu begegnen, sondern ganzheitlich und erfahrungsbezogen, »das heißt: alle Sinne ansprechend und so, dass auch die Lebenssituation der Teilnehmer/innen zur Sprache kommt« 14. Nur wenige Bibelmuseen können hier beispielhaft genannt und anhand ihrer eigenen Internetauftritte vorgestellt werden: – Barth/Ostsee (Niederdeutsches Bibelzentrum Sankt Jürgen) 15 – Berlin (Bibelkabinett im Haus der Kirche Berlin) 16 – Frankfurt/M. (Bibelhaus Erlebnismuseum Frankfurt) 17 – Meersburg (Bibelgalerie Meersburg; Bibel-Erlebnismuseum am Bodensee) 18 – Neustadt (Pfälzisches Bibelmuseum/Bibelausstellung Neustadt an der Weinstraße) 19 Abb. 440: Eine Tour im Nachbau des aus – Schleswig (Nordelbisches Bibelzentrum; St. Johannisneutestamentlicher Zeit stammenden Fischerbootes vom See Genezaret aus dem kloster Schleswig) Kibbuz Ginosar. 14. Aus dem pädagogischen Konzept des Nordelbischen Bibelzentrums Schleswig nach einer brieflichen Mitteilung, für die der Autor herzlich dankt. 15. http://www.bibelzentrum-barth.de (Stand vom 28. 10. 2010). 16. http://www.bibelkabinett.de/ (Stand vom 28. 10. 2010). 17. http://www.bibelhaus-frankfurt.de/under_construction/Bibelhaus_Baustelle_ Fakten_1.html (Stand vom 28. 10. 2010). 18. http://www.bibelgalerie-meersburg.de/ (Stand vom 28. 10. 2010). 19. http://www.bibelverein.de/ (Stand vom 28. 10. 2010).
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12. Wie kann man die Vergangenheit erleben?
12.2.2 Erlebnisparks
Abb. 441: Cinderella-Schloss in Walt Disney World in Florida.
Die Erfolgsgeschichte der Freizeitparks begann 1955 in Anaheim/Kalifornien. Disneyland reproduzierte damals eine amerikanische Stadt am Beginn des 20. Jahrhunderts im nostalgischen Stil. Dieses Motiv ist heute unter dem Namen ›Main Street USA‹ immer noch Bestandteil einiger Disney-Parks. Der Bau des zweiten Themenparks, des ›Magic Kingdom‹ in Florida folgte erst 16 Jahre später. Seitdem eilt die Walt Disney-Idee von Erfolg zu Erfolg. Es gibt mittlerweile 13 Parks weltweit mit einer Gesamtgröße von mehr als 500 km2. Das beeindruckende Zusammenspiel von packenden Events für Kinder und Erwachsene, das Eintauchen in perfekt nachgestellte Traumwelten, Restauration und Hotelwesen für alle Ansprüche und Geldbeutel sowie die großartig inszenierte ›You are welcome‹-Service-Kultur sind und bleiben Maßstab für alle vergleichbaren Unternehmungen.
Unter den derzeitigen Erlebnisparks zur Bibel und zur biblischen Welt ragen zwei Open-Air-Anlagen heraus: Das Bibelmuseum in Nijmegen – der inzwischen geschlossene ›Klassiker‹ dieser Museumsgattung – sowie das in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsene Bibeldorf Rietberg, das durch ein hohes Potential an Kreativität und gestalterischer Tatkraft überzeugt 20. Bibelmuseum Nijmegen: Das ursprüngliche Konzept der ›Heilig Landstichting‹ präsentierte in seiner weitläufigen und großzügig gestalteten Gartenanlage eine Reise durch die Welt der Bibel. Der Park gab einen Einblick in alt- wie neutestamentliche Lebenswelten und präsentierte im Hauptgebäude die Geschichte der Bibelübersetzungen und deren Verbreitung. Die Geschichte des Open-Air-Museums Nijmegen 1911 Errichtung der Heilig-Land-Stiftung als Pilgerort für Menschen, die das Heilige Land nicht besuchen können 1911-1950 Katholischer Andachtspark 1950-1990 Biblisches Freiluftmuseum, Friedhof- und Gedächtnispark 1990 Trennung von Museum und Friedhof 2001 Einführung des Islam als dritte Religion neben Judentum und Christentum 2007/2009 Offizielles Ende des biblischen Erlebnisparks
Das 45 ha große Gelände wurde am 20. März 2007 in ›Museumpark Orientalis‹ umbenannt und erhielt mit der Namensänderung auch ein neues Konzept (›Open your mind‹). Der Museumpark 20. http://www.museumparkorientalis.nl/ und: http://www.bibeldorf.de/rietberg. html (Stand vom 28. 10. 2010).
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12.2 Bibelmuseen und Erlebnisparks
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Orientalis sollte fortan »eine moderne Sicht auf die drei Religionen (ermöglichen), die für die Identität des heutigen Europas bestimmend gewesen sind: Judentum, Christentum und Islam«. Von 2007 bis 2009 brach die Besucherzahl im ehemaligen Bibelpark eklatant ein. Die Gründe hierfür sind nachvollziehbar. Die bisherige Klientel fand in Nijmegen nicht mehr das, was sie im Bibelpark über lange Jahre betrachten und erleben konnte, die Darstellung des eigenen Glaubens und einen Einblick in dessen Geschichte. Außerdem wurde Kritik angesichts des Mangels an ›Verlebendigung‹ laut und bezüglich der als oberflächlich angesehenen Informationen über die drei Weltreligionen. Zudem sah man die Entfernungen im Park als zu groß und die Beschilderungen als ungeeignet an 21. Daraufhin wurde der Park 2009 geschlossen. Bis 2012 soll in Nijmegen ein »Museumspark für Weltreligionen und Spiritualität, ein Ort sinnvollen Erlebens für jedermann« entstehen. Dabei verzichtet die Neugestaltung des Museumsparks konsequent auf den Titel ›Bibelmuseum‹. Der ursprüngliche Ansatz, Altes und Neues Testament in Inhalt und Auslegung verständlich zu machen, wird angesichts moderner religions- und gesellschaftspolitischer Herausforderungen zugunsten einer multikulturellen und -religiösen Ausrichtung aufgegeben.
Abb. 442: Bibeldorf Rietberg/ Westfalen.
Bibeldorf Rietberg: Die Stadt Rietberg liegt in Westfalen zwischen Gütersloh und Paderborn und ist leicht von der Autobahn A 2, Ausfahrt Rheda-Wiedenbrück, über die B 64 zu erreichen. Seit 21. Vgl. dazu und zum Folgenden die Informationen http://www.museumparkorientalis.nl/ (Stand vom 28. 10. 2010).
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Abb. 443-448: Bibeldorf Rietberg/Westfalen.
12. Wie kann man die Vergangenheit erleben?
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12.2 Bibelmuseen und Erlebnisparks
Abb. 449-453: Bibeldorf Rietberg/ Westfalen.
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12. Wie kann man die Vergangenheit erleben?
2003 wird auf dem 22,5 ha großen Gelände eines ehemaligen Klärwerks das so genannte Bibeldorf – ein Open Air-Erlebnismuseum zu biblischen Themen – aufgebaut, dessen Ziel es ist, Menschen für die Welt und Umwelt der Bibel zu begeistern. Das Bibeldorf sieht sich herausgefordert, weil biblische Geschichten und deren historische oder kulturgeschichtliche Hintergründe in unserer Gesellschaft ganz offensichtlich nicht mehr bekannt sind. Daher soll es ein Lernort für alle Altersklassen sein, die der biblischen Welt dort neu begegnen können. Die pädagogische Arbeit des Bibeldorfes, der Montessori-Pädagogik verpflichtet, möchte Neugierde und Freude an der Bibel und all ihren kulturgeschichtlichen Bezügen wecken. Das Bibeldorf Rietberg basiert auf der Gemeindearbeit der lokalen evangelischen Kirchengemeinde. Sie versteht sich als Bildungsarbeit im Sinne erfahrungsbezogener Wissensvermittlung zur Bibel, – fördert das altersübergreifende ehrenamtliche Engagement, – integriert vielfältige Bereiche der Gemeindearbeit, – stellt ein Zusatzangebot für jeglichen kirchlichen Unterricht dar, – fördert ökumenische und interreligiöse Begegnungen und – möchte auch kirchendistanzierte Menschen erreichen.
Im Bibeldorf Rietberg werden Gemeindeprojekte angeboten, wie »Dem Alltagsleben auf der Spur«, wo Gruppen die nomadische Lebensweise kennen lernen, von der römischen Besatzung zur Zeit des Auftretens Jesu in Judäa hören und in den Lebensalltag eines judäischen Dorfes eintauchen. Am Ende des Programms wird gemeinsam Sabbat gefeiert. Die Schulprojekte sollen die biblische Lebenswelt ganzheitlich erfahrbar machen. Dabei wird entweder der kulturgeschichtliche Hintergrund der Bibel oder die biblische Geschichte selbst thematisiert. Neben der Wissensvermittlung sollen die Kreativität, der Forscherdrang, die Toleranz, der Interessenaustausch sowie die Bewegungslust gefördert werden. In diesem Sinne werden u. a. folgende Themen angeboten: »Vom Korn zum Brot«, »Lesen und Schreiben in biblischer Zeit«, »Gott geht mit – Führung – Stiftshütte – Tempel – Synagoge«, »Sabbat« sowie »Einen Tag wie die Menschen vor 2000 Jahren erleben«. Das Bibeldorf Rietberg hat wahrhafte ›Events‹ zu bieten, die man für das Eintauchen in die fremde biblische Welt auch dringend braucht. Der Zeitsprung um einige Jahrtausende scheint den Kinder- und Jugendgruppen unter kundiger pädagogischer Anleitung auch mühelos zu gelingen. An die Stelle finanzieller Zuschüsse kirchlicher Träger traten in Rietberg kreative Ideen, eine tiefgreifende Kenntnis der palästinensisch-israelischen Welt und die viel-
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12.3 Volontäre in der Archäologie
fältigen Initiativen einer ganzen Gemeinde. ›Wort und Tat‹ – könnte man dieses Konzept des Rietberger Gemeindeaufbaus umschreiben. Unter diesen Voraussetzungen muss sich das Bibeldorf jedenfalls keine Sorgen um den stetigen Zustrom der mehr als 20 000 Besucher pro Jahr machen – und auch nicht um den wirtschaftlichen Erfolg des generellen Vorhabens »Wie erlebe und verstehe ich die Bibel?«.
12.3 Volontäre in der Archäologie Die Archäologie in der biblischen Welt einmal ›live‹ zu erleben, ist der Traum vieler Menschen in Europa, Nordamerika und in anderen Teilen der Welt. Daraus haben sich vielfältige Initiativen und Geschäftsmodelle entwickelt, die per Internet oder durch Zeitschriften dem interessierten Publikum nahegebracht werden. Eine der wichtigsten, keineswegs aber die einzige Quelle hierfür ist das Magazin ›Biblical Archaeological Review‹ 22, das traditionell einmal pro Jahr eine umfangreiche Liste jordanischer und israelischer Ausgrabungen veröffentlicht, an denen Volontäre teilnehmen können. Der Werbetext unter ›Find a Dig‹ lautete im Jahr 2010: »Seit fast zwei Jahrzehnten ermöglicht es die Zeitschrift Biblical Archaeological Review, dass Freiwillige an einigen der spannendsten archäologischen Ausgrabungen im Nahen Osten teilnehmen können. Viele Interessierte partizipieren an den von uns vorgestellten Grabungen. Menschen unterschiedlichen Alters, sozialer Herkunft und verschiedener Kulturen kommen zusammen, um den Nervenkitzel solcher Entdeckungen zu teilen. Zumeist kehren die Teilnehmer mit weit mehr als nur schönen Erinnerungen zurück. Viele unserer Freiwilligen haben Freundschaften fürs Leben geschlossen – andere fanden im Ausgrabungsfeld ihren künftigen Partner! Mehr als dreißig archäologische Ausgrabungsprojekte in ganz Europa und dem Nahen Osten suchen Freiwillige für diesen Sommer, um mit Ihnen gemeinsam ›Geschichte‹ auszugraben. Ob Sie an den Königen David und Salomo interessiert sind, in den Fußstapfen von Jesus und den Aposteln wandern wollen oder die Helden des Troianischen Krieges suchen, wir haben eine Ausgrabungsstätte für Sie. Für jede Grabung geben wir Ihnen eine ausführliche Beschreibung des Vorhabens – einschließlich der Angaben zum Standort, der historischen und biblischen Bedeutung sowie der aktuellen Grabungsziele. Sie erfahren
22. Siehe dazu auch http://digs.bib-arch.org (Stand vom 28. 10. 2010).
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12. Wie kann man die Vergangenheit erleben? alles über die Leiter der Ausgrabungen und die Professoren, die Ihr Sommerabenteuer leiten werden« 23.
Im Jahr 2010 beinhaltete die Website des Biblical Archaeological Review 22 Angebote aus Israel, fünf aus Jordanien, eines aus Bulgarien, zwei aus Italien und vier aus Spanien.
Abb. 454: Praktikantin bei ihren Dokumentationsaufgaben auf dem Tell Zerā‛a in Jordanien.
Das Interesse der Ausgrabungsprojekte an den für die Archäologie begeisterungsfähigen Freiwilligen wird verständlich, wenn man sich vor Augen hält, dass viele dieser archäologischen Unternehmungen einen wesentlichen Teil ihres Budgets aus den Beiträgen ihrer eigenen Volontäre finanzieren. An- und Abreise sind ohnehin von den Teilnehmern selbst zu bezahlen. Letztlich ist das ein ziemlich ›teures Vergnügen‹, für das im Biblical Archaeological Review und an vielen anderen Stellen geworben wird. Doch zeigen die Erfahrungsberichte, dass es keine kleine Zahl von ›Wiederholungstätern‹ gibt, die aus religiösen, erlebnis-(aktivurlaubs-)orientierten, wissenschaftlichen oder auch sozialen (d. h. gruppenbezogenen) Gründen gern wiederholt an solchen Grabungen im Nahen Osten teilnehmen. Andere kehren tief enttäuscht zurück, weil sie sich die körperliche Arbeit nicht so schwer, die Gruppenbezogenheit nicht so unmittelbar oder das Klima nicht so heiß vorgestellt hatten … Es scheint daher sinnvoll und für jedes Ausgrabungsprojekt dringend geraten, Volontären vor einer Grabung möglichst genaue Informationen mit wenig ›Werbeeffekten‹ an die Hand zu geben, um eine verantwortliche und dauerhafte Arbeit mit Freiwilligen zu ermöglichen. Ein wissenschaftliches Programm für die Volontäre vor und während der Grabungsteil23. http://digs.bib-arch.org/ (Stand 1. 10. 2010).
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12.3 Volontäre in der Archäologie
nahme ist für alle Ausgrabungsorganisatoren grundsätzlich Pflicht, um nicht nur helfende Hände zu generieren, sondern auch eine echte Mitarbeit der Freiwilligen zu ermöglichen. Ohnehin sollten Volontäre nicht zur Grabungsfinanzierung missbraucht werden. Viele archäologische Ausgrabungen bieten Grabungs-Praktikumsplätze an. Dazu gehört das ›Gadara Region Project‹ in Jordanien, von dessen Homepage (www.tallziraa.de) die folgenden Texte stammen. Zahlreiche unzensierte Erfahrungsberichte ergänzen dort die hier übernommenen Informationen. Aus zwei Jahrzehnten Erfahrungen mit der Einbeziehung von studentischen Praktikanten/innen sowie von Freiwilligen aus allen Bereichen der Gesellschaft bei Grabungsprojekten und deren Rückmeldungen 24 werden im Folgenden Informationen für studentische Mitarbeiter/innen und Volontäre/innen weitergegeben, wie sie für viele Grabungen im Orient mehr oder weniger verallgemeinert werden können. Dabei werden die Angaben für die jeweiligen Personengruppen entsprechend ihrer Aufgaben spezifiziert.
12.3.1 Praktika für Studierende der Archäologie bzw. verwandter Studiengänge »Für Studentinnen und Studenten der folgenden Fachrichtungen bieten wir bei unseren Grabungen Praktikumsplätze an: Klassische Archäologie, Vorderasiatische Archäologie, Ur-/Vor- und Frühgeschichte, Islamische Archäologie und Religionsgeschichte. Wir legen Wert auf gewissenhafte Arbeit, Teamfähigkeit und streben Kontinuität in unserer Zusammenarbeit an. Vor Ihrem Mitwirken bei der Feldarbeit auf dem Tell Zerā’a erhalten Sie eine Einführung in den Umgang mit unseren Dokumentationsmethoden. Sie werden die Mitverantwortung für die Dokumentation eines Grabungsbereiches übernehmen. Dabei kommt auf Sie die verantwortliche Eingabe ›Ihrer‹ Daten in unsere Grabungsdatenbank zu. Natürlich sollten Sie stets bereit sein, umsichtig die je wechselnden Aufgaben im Grabungsalltag wahrzunehmen und Verantwortung zu übernehmen. In Ihrem Grabungsbereich leiten Sie eine kleine Gruppe mit lokalen Arbeitern und deutschen Volontären, die teilweise schon viel Erfahrung haben.
24. Vgl. www.tallziraa.de/Grabungsteilnahme.
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12. Wie kann man die Vergangenheit erleben? Grundsätzlich können Sie nur über jeweils die ganze Grabungskampagne (zumeist 6-8 Wochen) teilnehmen. Der Erwerb von Kreditpoints ist möglich. Im Einzelfall können auch Magisterarbeiten und Promotionsthemen abgesprochen werden. Die Kosten für Flug, Transfer, Verpflegung und Aufenthalt werden für Studenten der o. g. Fachbereiche durch den Grabungsetat abgedeckt« 25.
Abb. 455: Archäologische Arbeit auf dem Tell Zerā‛a.
12.3.2 Freiwillige Helfer bei archäologischen Ausgrabungen »Volontärinnen und Volontäre sind uns herzlich willkommen. Innerhalb von mehr als zehn Jahren haben wir Erfahrungen mit vielen freiwilligen Grabungshelfern und -helferinnen gesammelt. Stets fanden wir trotz z.T. stressiger und harter Arbeit zu einem guten Team zusammen und haben gemeinsam die gesteckten Ziele erreicht. Viele Volontäre und Volontärinnen kehren regelmäßig zu unseren Ausgrabungen zurück und fühlen sich eng mit unserer Arbeit verbunden. Damit dies so bleibt, möchten wir im Folgenden Hinweise geben, die von allen Bewerberinnen und Bewerbern bitte gründlich zur Kenntnis genommen werden sollten: Grundbedingung für Ihre Teilnahme ist eine sehr gute körperliche und seelische Verfassung. Sie werden bei einer Sommerkampagne in den Mittagsstunden z.T. weit über 40 Grad im Schatten erleben (Sommer; im Frühjahr bis ca. 30-35 Grad Celsius). Dies erfordert eine ausreichende Kondition, Selbstdisziplin (z. B. stetiges Trinken von um die Mittagszeit längst lauwarmem Wasser) und eine gute Selbsteinschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit. 25. Siehe www.tallziraa.de/Grabungsteilnahme.
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12.3 Volontäre in der Archäologie
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Abb. 456: Volontärin bei der Arbeit auf dem Tell Zerā‛a.
Sollten Sie unter Krankheiten leiden oder regelmäßig bzw. akut Medikamente zu sich nehmen, müssen Sie diesbezüglich Ihren Arzt im Vorhinein konsultieren und diesen nach etwaigen Risiken befragen. Ihre Gesundheit ist Ihr wichtigstes Gut. Keine archäologische Arbeit ist so bedeutend, dass Sie deshalb irgendwelche Risiken eingehen sollten. Grundsätzlich müssen Sie uns etwaige gesundheitliche Probleme schon bei Ihrer Bewerbung mitteilen! Spezielle Impfungen sind für Jordanien 26 (es sei denn Ihr Arzt empfiehlt es Ihnen) nicht notwendig. Allerdings müssen alle Ihre LangzeitSchutzimpfungen noch gültig sein (z. B. Tetanus oder Polio). Bringen Sie Ihren Impfausweis sowie alles Notwendige für die Erste Hilfe mit. Versicherung: Eine für das nichteuropäische Ausland gültige Kranken- und Unfallversicherung ist unbedingt erforderlich. Was wir Ihnen bieten: Wissenschaftliche Arbeit auf hohem Niveau. Ein kompetentes Team und Offenheit für alle Ihre archäologischen Fragen. Unter primitiven Verhältnissen und mit geringem Komfort können Sie mit uns einige Wochen das stressige Treiben auf einer Ausgrabung teilen. Die Unterbringung erfolgt in einem aus osmanischer Zeit stammenden Grabungshaus in 2- bis 4-Bett-Zimmern bzw. in einer nahe gelegenen Wohnung in 2 bis 3-Bett-Zimmern 27. Was wir Ihnen nicht bieten: Unser Grabungshaus ist kein Hotel. Ausgrabungen haben nichts mit Event-Reisen zu tun! Was wir von Ihnen erwarten: Den Willen, sich in das Team einzufügen. Soziales Engagement, Teamfähigkeit, gute Laune, Eigenverantwortung, konstruktive Mitarbeit und kritische Rückmeldungen. Das Augenmerk al-
26. Gleiches gilt für Israel und Palästina. 27. Viele andere Ausgrabungen bieten als Unterkunft gut ausgestattete Jugendherbergen oder gar Hotels an.
Abb. 457: Einmessung von Funden (Tell Zerā‛a).
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12. Wie kann man die Vergangenheit erleben? ler soll dem Fortschritt und dem Erfolg der Ausgrabung gelten. Volontäre zahlen die An- und Abreise zum Grabungsort selbst«.
Der Traum vom Ausgraben, das Warten auf den großen Fund, das ›thrilling excitement‹ in der Archäologie wird man auf einer Ausgrabung nicht finden. Indiana Jones wurde nicht im Nahen Osten, sondern in Hollywood erfunden. Ausgrabungen im Nahen Osten sind mit körperlich harter Arbeit, ungewöhnlichen Gruppenkonstellationen und Tausenden von Scherben, schweren Steinen und Unmengen an Dreck verbunden. Das ist der ›Stoff‹, aus dem die Geschichtsschreibung des Nahen Ostens gewoben wird. Wer hier die biblische Welt ›kosten‹ und ›schmecken‹ lernt, wird jenseits aller schillernden Fernsehfeatures und feingeschliffener Werbetexte auch ganz ohne wertvolle Funde tiefe Einblicke in die Geschichte des Alten Orients und das Leben der Menschen vor Hunderten oder Tausenden von Jahren gewinnen können. Ausgrabungen bieten großartige Erfahrungen – nur ganz in ihrer eigenen Welt.
12.3.3 Organisierte Volontärsreisen 28 Für Erstteilnehmer/innen und besonders für nicht mehr ganz junge Volontäre/innen sind zunächst kürzere, z. B. zweiwöchige Reisen zu Ausgrabungsstätten zu empfehlen. Solche Aktionen bieten beste Möglichkeiten, die eigenen körperlichen wie gruppendynamischen Fähigkeiten auszuprobieren und danach über weitere Volontariate nachzudenken. Ein umfängliches Vorbereitungsprogramm in Deutschland, professionelle Betreuung vor Ort mit diversen Nachmittags- und Abendgestaltungen (z. B. Ausflügen und Vorlesungen) sowie eine Nachreise durch das Grabungsland gehören zum Standard solcher selbstfinanzierten Angebote.
Abb. 458: Lokaler Mitarbeiter bei der Arbeit (Tell Zerā‛a). 28. Vgl. zu einem der möglichen Angebote auf diesem Feld: www.tallziraa.de/Grabungsreisen.
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12.3.3 Organisierte Volontärsreisen
12.3.4 Hinweise zum Reisegepäck und zum Tagesablauf Bewährt haben sich folgende Utensilien im Reisegepäck: Hut mit Krempe, Sonnenschutzmittel, Insektenschutz, im Frühjahr auch Regenschutz, Tagesrucksack, (dünne, feste) Kelle, Taschenmesser, Picknickteller (für die Frühstückspause), Taschenlampe, Schreibzeug (inkl. Bleistifte, Buntstifte), Spiele, Reiseführer, Handy (SMS ist eine billige und schnelle Möglichkeit, mit der Heimat in Kontakt zu treten). Ein Schlafsack ist empfehlenswert. Arbeitskleidung: lange und leichte Hosen, alte T-Shirts, Sonnenhut (mit Krempe), knöchelhohe(!) Trekkingschuhe (Pflicht!), Arbeitshandschuhe. Langärmlige Shirts sind zumindest während der ersten Tage sinnvoll. Freizeitkleidung: legere, leichte Kleidung, Sommerkleid oder -rock, Pulli oder leichte Jacke. Im Frühjahr braucht man abends auch noch einen warmen Pullover. Alle Kleidungsstücke sollten pflegeleicht sein. Generell kleidet man sich im Orient weniger gestylt als in Europa. 29 Für den Besuch religiöser Stätten sind schulterbedeckende Shirts und lange Hosen (bei Frauen auch ein langer Rock) notwendig. Grabungsmitarbeiter/innen und Volontäre/innen erforschen nicht nur die alte Geschichte, sie begegnen auch der gegenwärtigen Religion und Kultur. Daher ist der Respekt vor den Gebräuchen und Sitten des Landes ein wichtiges Gebot! Freundliches und ungezwungenes Auftreten wird mit Respekt und menschlicher Nähe der heimischen Bevölkerung beantwortet. Reisepass: Der Pass muss bei der Ausreise noch 6 Monate gültig sein. Typischer Tagesablauf auf der Grabung: 04:30 Uhr Wecken, Essen, Packen 05:30 Uhr Abfahrt zum Grabungsort 06:00 Uhr Ankunft am Grabungsort und Arbeitsbeginn 09:30-10:00 Uhr Frühstück 12:00-12:15 Uhr Arbeitspause 14:00 Uhr Ende der Arbeit – danach Heimfahrt 15:00 Uhr Mittagessen 16:00-19:00 Uhr Arbeit in Kleingruppen (Keramik waschen, Dokumentation etc.) 20:00 Uhr Abendessen 29. Diese Aussage gilt insbesondere für arabische Gebiete. In Israel herrschen allgemein europäische oder amerikanische Kleiderordnungen und Verhaltensweisen.
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12. Wie kann man die Vergangenheit erleben?
Das Tagesprogramm ist gut gefüllt! Gearbeitet wird fünf Tage pro Woche in oben genannter Weise. Der 6. Tag wird zur zusätzlichen Aufarbeitung und Dokumentation der Befunde im Grabungshaus benutzt.
12.4 Virtuelle oder digitale Museen
Abb. 459: Homepage des ›Museums ohne Grenzen 30‹.
›Museen ohne Wände‹ nannte André Malraux seine 1949 veröffentlichte Vision. In seinem Buch ›Das imaginäre Museum‹ beschäftigte er sich mit den Auswirkungen von Reproduktionen auf die museale Landschaft. Einige seiner Ideen sind bereits Wirklichkeit geworden. In Zukunft lassen sich aber noch deutlich weitergehende Möglichkeiten erahnen: Museen ohne dingliche Ausstellungsstücke. Es scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis die technischen Möglichkeiten zu einem weltweiten Netz digitaler Sammlungen führen werden, in denen je nach Bedarf (Ort, Landschaft, Zeitepoche, Thematik, Materialgruppe u. a.) neue individuelle virtuelle Sammlungen geschaffen und betrachtet werden können, die ein vergleichendes Studium vorher nie in dieser Weise miteinander in Zusammenhang gebrachter Objekte ermöglichen.
Abb. 460: Innenhof eines Vierraumhauses während der Eisenzeit Palästinas (12.-6. Jahrhundert v. Chr.).
Die fortschreitende Interaktivität und die zukünftig verfügbare Speicherfähigkeit multimedialer Elemente werden virtuelle Museen in Zukunft weit über die heutigen Zusammenstellungen digitalisierter zweidimensionaler Bilder hinausgehend zu Simulationen 30. http://www.discoverislamicart.org/pc_item.php?id=monument;ISL;jo;Mon01;25; en&dynasty (Stand vom 28. 10. 2010).
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12.4 Virtuelle oder digitale Museen
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›echter‹ Museumsbesuche verwandeln. Verbunden mit den zweioder dreidimensionalen Bildern der gewünschten Objekte oder Objektgruppen können dann beliebige Mengen an Fakten über das präsentierte Themengebiet und die Funde/Befunde verknüpft und abgerufen werden. Die visuellen Darstellungsformen werden dabei in Zukunft nahezu unlimitiert verfügbar sein: Bilder in hoher Auflösung, dreidimensionale interaktive Darstellungen und Videos, frei zu bearbeitende Fotos oder auch Daten komplizierter technischer Analyseverfahren – nichts scheint mehr unmöglich und wird nur ›einen Klick weit‹ weltweit erreichbar sein.
Abb. 461: ›Aufgeschnittenes‹ eisenzeitliches Vierraumhaus.
Noch sind gelungene Beispiele für virtuelle Museen in der biblischen Welt selten. Das ›Museum ohne Grenzen‹ geht hier als internationale Bild- und Datensammlung beachtliche und nachahmenswerte Wege.
Abb. 462-463: Virtuelle Rekonstruktion einer spätbronzezeitlichen Stadt des 14/13. Jahrhunderts v. Chr. (nach Ausgrabungs- und Prospektionsergebnissen vom Tell Zerā’a).
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12. Wie kann man die Vergangenheit erleben?
Ein Beispiel digitaler Vernetzung deutscher Museen findet sich im Projekt ›webmuseen.de‹ 31. Das pädagogische Projekt ›Orbis Digitalis‹ der Humboldt Universität zu Berlin zeigt die studienbezogenen pädagogischen Möglichkeiten solcher Webauftritte. Hier können Studierende erziehungswissenschaftlicher Studiengänge z. B. ein virtuelles Praxisfeld betreten, ihre Fähigkeiten erproben und miteinander sachbezogene Themen diskutieren 32.
Interaktive Wege durch ein eisenzeitliches Vierraumhaus werden vom Biblisch-Archäologischen Institut Wuppertal seit 2005 angeboten 33. Im Jahr 2010 folgte die Rekonstruktion einer spätbronzezeitlichen Stadt 34. Verbunden mit den tatsächlich ausgegrabenen Funden innerhalb des Gadara Region Projects auf dem Tell Zerā’a und in relationaler Verbindung zur Datenbank dieser archäologischen Expedition könnte dies in Zukunft neue Welten der archäologischen Präsentation sowie der Lehre und Forschung ermöglichen.
31. Siehe: http://webmuseen.de/index.html. Dort können derzeit mehr als 10.000 Einträge zu deutschen Museen recherchiert werden (Stand vom 28. 10. 2010). 32. Bestehende virtuelle Museen und Ausstellungen werden vom Deutschen Historischen Museum gesammelt und auf einer Homepage übersichtlich aufgelistet: http://www.dhm.de/links.html#virtuell (Stand vom 28. 10. 2010). 33. http://www.bai-wuppertal.de/3d-rekonstruktion/eisenzeit-haus (Stand vom 28. 10. 2010). 34. http://www.bai-wuppertal.de/animation-der-bronzezeit-stadt (Stand vom 28. 10. 2010).
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Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
In den folgenden Tabellen sind die Zeitdaten Palästinas im Kontext der Geschichte Ägyptens, Syriens und Mesopotamiens zusammengestellt. Ihre absoluten Jahresangaben resultieren aus der Verarbeitung verschiedener Quellen bei der Ermittlung von Dauer oder Zeitpunkt eines historischen Geschehens, insbesondere aus: –
schriftlichen Überlieferungen (z. B. für Ägypten Angaben aus Urkunden, kalendarische Angaben, Annalen, dem Turiner Königspapyrus und den uns überlieferten Teilen des Geschichtswerkes von Manetho), astronomischen Daten, Münzfunden u. a. – vgl. dazu Kap. 7.1 und 7.2.4, – ›klassischen‹ Datierungsmethoden (z. B. stratigrafischen Ergebnissen, Erkenntnissen aus Typologie und Seriation – vgl. dazu Kap. 7.2.1-3), – naturwissenschaftlichen Datierungsmethoden zur Altersbestimmung (z. B. der 14C-Methode, der Dendrochronologie – vgl. dazu Kap. 7.3) und – Synchronismen (z. B. zwischen Ägypten und Syrien/Palästina) und gebietsübergreifenden Korrelationen. Verlässliche Daten sind nur dann zu gewinnen, wenn mehrere dieser methodischen Schritte übereinstimmend eine Altersbestimmung absichern. Dabei sind natürlich stets die Unsicherheitsfaktoren einer jeden Methode zu berücksichtigen. Selbst bei naturwissenschaftlichen Messergebnissen sind z. T. beachtliche chronologische Variabilitäten einzubeziehen. Maßgeblich für die frühe Zeit sind naturgemäß die chronologischen Daten Ägyptens und Mesopotamiens. Beide Systeme folgen für ihren Bereich der ›kurzen Chronologie‹. Im Bereich der ägyptischen Chronologie haben sich während der letzten Jahrzehnte gravierende Veränderungen ergeben (vgl. zur Diskussion bes. Krauss 1985 und Kitchen 1987), die eine beachtliche Verkürzung der Zahlensysteme für das zweite vorchristliche Jahrtausend nahelegen: Die kurze Chronologie rechnet mit dem Beginn der 11. Dynastie (Montuhotep I.) im Jahr 2080 v. Chr., während man bisher dieses Datum zumeist auf 2122 v. Chr. festsetzte. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird das Datum für die Akzession Ramses’ II. nicht mehr mit 1304 oder 1290 v. Chr. bestimmt, sondern erst für das Jahr 1279 v. Chr. festgesetzt werden können (Erläuterungen bei Bierbrier 1975, 109 ff. und Krauss 1978, 166 ff.198 ff.). Die Verkürzung der Regierungszeit Merenptahs auf 10 (vorher 20) Jahre sowie das Streichen der selbstständigen Herrschaft Amenmesses begründen diese Ansetzung und bewirken in gleicher Weise eine Reduzierung der Daten für die gesamte 18. Dynastie. Damit werden der Regierungsantritt Thutmosis’ III. auf das Jahr 1479 v. Chr.
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Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt (vorher 1504 oder 1490) festgelegt und der Beginn des Neuen Reiches (Ahmose) in das Jahr 1539 v. Chr. (vorher 1552) datiert. Gleichzeitig reduziert sich die Angabe für den Beginn des Mittleren Reiches aufgrund einer Neuberechnung der Sothis- und Monddaten von Krauss um 42 Jahre, wodurch die Reichseinigung Montuhoteps II. ins Jahr 1987 v. Chr. (statt bisher 2029) fällt. Die chronologischen Angaben Mesopotamiens orientieren sich in der ersten Hälfte des 2. Jt. v. Chr. zunächst an der Berechnung des Zeitraums für die Herrschaft Hammurapis. Mit den Vertretern der ›Kurzchronologie‹ (so z. B. Schmidtke 1952 und van der Meer 1963) wird hier von einer Regierungszeit Hammurapis zwischen den Jahren 1728 und 1686 v. Chr. ausgegangen. Die Angaben der umliegenden Gebiete berechnen sich dann analog durch die vorliegenden Synchronismen. Für die Bereiche Mari und Akkad soll hier beispielhaft die Ermittlung des jeweiligen absolutchronologischen Ansatzes anhand der Regierungsdauer Hammurapis gezeigt werden: Zimri-Lim kann erst nach dem Tod Schamschi-Addus I. nach Mari zurückkehren. Seine Herrschaft endet im 34. Jahr Hammurapis, als er von diesem besiegt wird. Chronologie (Angaben v. Chr.)
Hammurapi (Babylon)
Zimri-Lim (Mari)
Schamschi-Addu I. (Assur)
›lang‹
1848-1806
1835-1815
1868-1836
›mittel‹
1792-1750
1780-1759
1813-1781
›kurz‹
1728-1686
1715-1695
1748-1716
Diese Ansetzung Hammurapis zwischen 1728 und 1686 v. Chr. zieht nun aber auch Folgerungen für Datierungen in der zweiten Hälfte des 3. Jt. v. Chr. nach sich. Verbunden mit einer Neubewertung der Gutäer-Zeit (Hallo/Simpson 1971, 66 ff.), verlegt Boese (1982, 32-55) folgerichtig die Thronbesteigung Sargons ins Jahr 2235 v. Chr. Diese Ansetzung fordert ihrerseits nicht nur Neubewertungen des Beginns der frühdynastischen Zeit III in Mesopotamien (Ur-Nansche; 1. Dynastie von Lagasch ab 2420/2400 v. Chr.), sondern greift gleichzeitig in zwei andere Kulturgebiete hinein. Mit der Zerstörung Eblas zur Zeit Sargons (durch ihn?) lässt sich zunächst dessen letzter Großwesir, Ibbi-Zikir, als Zeitgenosse Sargons bestimmen. In dem von Sargon zerstörten Palast G in Ebla fand man eine Kartusche von Pepi I. (6. Dynastie), die ihrerseits einen Vergleich zur ägyptischen Chronologie ermöglicht. Die auf S. 178 dargebotene Übersicht (vgl. dazu Matthiae 1989, 167) führt solche Koordinationsmöglichkeiten zwischen den ägyptischen und mesopotamischen Chronologien am Beispiel dieses ersten historisch bestimmbaren Synchronismus zwischen drei Kulturen im 3. Jt. vor. Die in Abb. 152 eingezeichneten Linien beschreiben die theoretisch denkbaren Vermittlungsmöglichkeiten. Für die erste Hälfte des 3. Jt. liegt derzeit keine sachlich begründete Notwendigkeit vor, die vorliegenden Daten der ›kurzen Chronologie‹ weiter herabzusenken. Die durch 14C-Daten gewonnenen naturwissenschaftlichen Ergebnisse lassen in ihrer Gesamtheit für solche Schlussfolgerungen keinen Raum. Ein weiteres Problem kann mit der Datierung des Beginns der Frühen Bron-
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zezeit verdeutlicht werden. Die hier vertretene Angabe von 3200 v. Chr. entspricht dem archäologischen Befund von !Arad (vgl. Kap. 9.3). Dort weist die älteste, noch unummauerte bronzezeitliche Siedlung (Stratum IV) Keramik ägyptischer Herkunft und somit bereits frühe Handelskontakte zum Land am Nil auf. Ein ägyptisches Gefäßfragment mit dem Sereḫ-Zeichen des Narmer – des letzten Pharaos der prädynastischen Periode (Negade-III-Zeit) – ermöglicht nach R. Amiran (1974, 4-12; Amiran/Ilan 1993, 76) die zeitliche Synchronisierung zwischen der Negade-II/III-Zeit in Ägypten und der Frühbronzezeit I in Palästina: Palästina
Ägypten
4. Jt. bis 3300 v. Chr.
Chalkolithikum
Badārī- bzw. Negade-I-Zeit
3200-3100 v. Chr.
Frühbronzezeit IA
Ende Negade-II-Zeit
Arad Stratum IV
3100-2950 v. Chr.
Frühbronzezeit IB
Negade-III-Zeit (inkl. Narmer)
Arad Stratum III
2950-2800 v. Chr.
Frühbronzezeit II
1. Dynastie (Beginn)
Arad Stratum II/I
2800-2640 v. Chr.
Frühbronzezeit II
Den (1. Dyn.) bis Ende 2. Dynastie
Arad Stratum V
Dies ist gleichzeitig die frühest mögliche chronologische Synchronisation zwischen den Bereichen Ägypten und Palästina überhaupt. Die Bezeichnung ›Frühbronzezeit‹ richtet sich dabei nicht allein nach dem ersten Aufkommen der Legierung Bronze an einem bestimmten Ort (was ja auch ganz zufällig sein kann), sondern zusätzlich nach geographisch übergreifend nachvollziehbaren und kulturell signifikanten Kriterien, wie in diesem Fall der !Urbanisierung (S. 276-278). Diese machte den gesellschaftlichen Wandel beim Umbruch vom Chalkolithikum aus und unterstützte so im Übrigen den Gebrauch von sowie den Handel mit Kupfer im großen Stil. Jede Klassifikation von Daten zur Vor- und Frühgeschichte bleibt notgedrungen schematisch. Die in den nachfolgenden Tabellen dargebotenen pauschalen Zeitspannen sind daher als Näherungswerte zu betrachten, wobei Übergangszeiten zwischen den einzelnen Epochen zu veranschlagen sind. Beispielhaft sei hier auf die Sachlage im mesopotamischen Raum verwiesen, wo man die Zeit zwischen 6200 und 4800 v. Chr. sowohl dem mittleren Neolithikum als auch dem Frühchalkolithikum zuweisen kann (Vértesalji 1984). Auch lässt sich zeigen, wie verschieden die einzelnen Kulturstufen in Nord- und Südmesopotamien ausgeprägt waren und wie diese in der angegebenen Zeitspanne je in einzelne Unterepochen weiter untergliedert werden können. Generell wird man für das 3. Jt. v. Chr. mit einem Unsicherheitsfaktor von Jahrzehnten (und mehr), im 2. Jt. v. Chr. von mehreren Jahren bis zu Jahrzehnten rechnen müssen. Sichere absolut(chronologisch)e Datierungen können zumeist erst ab dem zweiten Drittel des ersten vorchristlichen Jahrtausends aufgelistet werden. Alle Zeitangaben sind als Angaben ›vor‹ bzw. ›nach Chr.‹ verzeichnet.
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Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt Ausgewählte Literatur zu den hier verarbeiteten chronologischen Problemen: Bietak 1989, 78-120; Dever 1980, 35-64; Matthiae 1989, 163-169; Reade, 1981, 1-9; Schwartz/Weiss 31992, I 221-243, II 185-202; Stager 31992, I 2241, II 46-60; Wright 1959, 13-29. – Siehe die chronologischen Tabellen in erweiterter Form bei Vieweger, 2000a.
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Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
Abb. 464: »Der gute Hirte«. Mosaik aus Aquileia, Italien.
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464
Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
ÄGYPTEN
PALÄSTINA
11000-7000 EPIPALÄOLITHIKUM 10.000
Fayyūm B, El-Kāb, Dubaira West
11000/10800–8500 EPIPALÄOLITHIKUM Natuf-Kultur: Wādī en-Nāṭūf, Höhlen vom Karmel, Jericho spät: ‛Ēn Mallāḥa am Ḥūle-See
8500–4500 NEOLITHIKUM 8500–6200 VORKERAMISCHES NEOLITHIKUM
8500–7500 VORKERAMISCHES NEOLITHIKUM A
El-Ḫiyām bei Betlehem, Jericho
7500–6000 VORKERAMISCHES NEOLITHIKUM B 7.000
7000–4500 NEOLITHIKUM Jericho, Naḥal Ōren, El-Bēḍā, Basṭa, ‛Ēn-Ġazāl, Munḥāta 6–4, Wādī Šu‛ēb
6000–5700 VORKERAMISCHES NEOLITHIKUM C
(Munḥāta 3) ‛Ēn-Ġazāl
6.000
10.000 v.
7.500 v.
4.000 v.
3.000 v.
2.500 v.
2.000 v.
1.500 v.
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Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
SYRIEN
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(NORD) MESOPOTAMIEN (SÜD)
11000–8300 EPIPALÄOLITHIKUM Natuf-Kultur
10.000
früh: Yabrūd, Naḥr el-Ḥumr, Ḫirbet el-Qōm, Tell Abū Hurēra spät: Murēbit IA
(8800) 7500–4800 NEOLITHIKUM (8800) 7500–6800 VORKERAMISCHES NEOLITHIKUM M‛lefaat (PPNA)
8500–5500 NEOLITHIKUM
Nemrik (PPNA/B) 8500–6000 VORKERAMISCHES NEOLITHIKUM
8300–7600 VORKERAMISCHES NEOLITHIKUM A
früh: Murēbit IB–II, spät: Murēbit IIIA.B, Tell Aswad IA Maġzalīyā (PPN B) 7600–6000 VORKERAMISCHES NEOLITHIKUM B
früh: Murēbit IVA.B, Tell Abū Hurēra, Tell Aswad IB.II, Tell Ṣabī Abyaḍ II
7.000
spät: Rās Šamra VC, Tell Ramād I, Ḫirbet elQōm, Bouqras 6200–5000 FRÜHES/MITTLERES KERAMISCHES NEOLITHIKUM Bouqras
6500–4800 FRÜHES UND MITTLERES KERAMISCHES NEOLITHIKUM
6200–2900 CHALKOLITHIKUM (Chalkolithikum I: 6200–5000/II: 5000–4000/ III: 4000–2900) 6500–6000 Proto-Ḥassūna-Kultur, Yarim Tepe I (Strata XII–IX), Tell Ḥassūna Ia 6200–5700 ḤassūnaKultur Tell Ḥassūna Ib-III
6000–5500: Rās Šamra VB, ‛Amūq A.B, Tell Ramād II–III, Tell Abū Hurēra, Bouqras, Tell Ṣabī Abyaḍ
Obeid 0–Zeit A.B: Tell ‛Oueili 20–18.16– 14
6100–5500 SāmarrāKultur Čoġā Mamī, Tell Ḥassūna V–VI 6.000
1.500 v.
1.000 v.
500 v.
1
500 n.
1.000 n.
1.500 n.
2.000 n.
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466
Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
ÄGYPTEN
PALÄSTINA
6.000
6000/5700–4500 KERAMISCHES NEOLITHIKUM 6000/5700–5000 FRÜHES KERAMISCHES NEOLITHIKUM (Jarmuk/Munḥāta-Stufe)
Scha´ar Hagolan, eš-Šallāf, Munḥāta 2b, Habashan Street III, Megiddo XX-XIX, ‛Ēn-Ġazāl, Wādī Šu‛ēb, Ğebel Abū Ṯawāb, ‛Ēn er-Raḥūb
5.000
5000–4500 SPÄTES KERAMISCHES NEOLITHIKUM (Wādī Rabāḥ-Stufe)
Jericho, Jarmuk-Unterlauf, Munḥāta 2a, Kābri III, Wādī Rabāḥ, Jericho IX–VIII, Habashan Street II, Tell Abū Ḥāmid, ‛Ēn Ġazāl, Ğebel Abū Ṯawāb
4500–3000 CHALKOLITHIKUM
4500–3200 CHALKOLITHIKUM
Ober- und Mittelägypten
(vgl. Negade I in Ägypten)
Unterägypten
Telēlāt Ġassūl, En Gedi (Tempel), Ortslagen im Negev bei Beerscheba, Tell Abū Maṭar
Tāsa-Kultur Fayyūm A-Kultur um 4000 Badārī-Kultur Negade I-Kultur (Amrati)
Merimde-Kultur el-Omari
3.750
10.000 v.
7.500 v.
4.000 v.
3.000 v.
2.500 v.
2.000 v.
1.500 v.
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Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
SYRIEN
467
(NORD) MESOPOTAMIEN (SÜD) 6.000 5600–5000 ḤalāfKultur Tell Ḥassūna VII–XII 5500–5000 Obeid 1/ ›Eridu‹-Zeit
5500–3200 CHALKOLITHIKUM 5500–5000 Ḥalāf-Kultur: Rās Šamra IV, ‛Amūq C.D, Ḥamā L
Eridu XIX–XIV, Tell ‛Oueili 12–10 5200–4800 Obeid 2/ Hāǧǧī-Muḥammad-Zeit 5050–4600 Frühe El-‛Ubaid-Zeit (El-‛Ubaid-3)
5000–4000 El-‛Ubaid-Kultur
Eridu XIV–XII, (Qal‛at) Hāǧǧī-Muḥammad
5000–4500 Obeid 3-Zeit
Rās Šamra IIIC.B, ‛Amūq E, Ḥamā K 10–9 (vgl. El-‛Ubaid 3.4)
5.000
Tepe Gaura XX–XVI Eridu XI–VIII
4600–4000 Späte El-‛Ubaid-Zeit (El-‛Ubaid-4)
Tepe Gaura XVI–XIII
4000–3300 Uruk-Stufe
4000–3750 Frühe Gaura-Zeit
‛Amūq F.G, Tell Brāk CH 14–9
Tepe Gaura XII(a)
4500–4000 Obeid 4-Zeit
Eridu VIII–VI, UrukWarka‛ XVIII–XV (Eanna-Bezirk)
4000–3750 Frühe UrukZeit Eridu V–IV, Uruk-Warka‛ XIV–IX
3.750
1.500 v.
1.000 v.
500 v.
1
500 n.
1.000 n.
1.500 n.
2.000 n.
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468
Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
ÄGYPTEN
3.500
PALÄSTINA
um 3500 Negade II-Kul- Ma‛ādī-Kultur tur (Gerze)
3300–3200 Tell elFara‛īn (im westlichen Delta): Handelsplatz, verbindet Gebiete der Uruk V–IV/ Negade II/ Frühbronze I [Palästina] und ‛Amūq F-Kulturen
3200–2150 FRÜHBRONZEZEIT um 3000 Frühdynastische Könige ›Dynastie 0‹ (Negade III)
3200–2950 FRÜHBRONZEZEIT I (vgl. Negade II/III in Ägypten) Tell el-Fār‛a (Nord), Tell eš-Šeḫ Aḥmed el-‛Arēnī, Arad IV (Narmer-Kartusche), Bet-Schean XVII–XIV, Jericho XI/DDi–M (im Trench III bzw. E. III–IV), Munḥāta 1
Oberägypten (Abydos): ›Skorpion‹, Kâ, Narmer
THINITENZEIT 2955–2780 1. Dynastie
2.800
2950–2640 FRÜHBRONZEZEIT II (vgl. Dynastien 1–2 in Ägypten)
Aha (Menes?) [Gründung der Hauptstadt Memphis], Djer, Wadji, Den, Anedjib, Semerchêt, Qa’a
Jericho XIV–XVI/L-G (im Trench III) bzw. E III–IV, Arad III–I, Bet-Schean XIII, Ḫirbet el-Kerak III
2780–2635 2. Dynastie Hetepsechemui, Raneb, Ninetjer, Peribsen, Chasechemui
10.000 v.
7.500 v.
4.000 v.
3.000 v.
2.500 v.
2.000 v.
1.500 v.
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Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
SYRIEN
469
(NORD) MESOPOTAMIEN (SÜD) 3750–3500 Mittlere Gaura-Zeit Tepe Gaura XIa-X, Ninive III
3500–2900 Späte Gaura-Zeit Tepe Gaura IX–VIIIc, Ninive IV
3750–3500 Mittlere Uruk-Zeit Eridu III, Uruk-Warka‛ VIII–VI, E-D (Anu-Ziqqurrat) 3500–3100 Späte UrukZeit
3.500
Eridu II–I, UrukWarka‛ V–IVa,(C)BA1, Nippur XVI–XV
Einfluss der Hochkulturen aus Uruk (Sumer) und Susa (Elam) bis Ḥamā und in die Ebene von Antiochia; zwischen 3300 und 2500 Einfluss der Ninive V-Kultur im Ḥabūr-Gebiet: Tell Lailān III
3200–2800 FRÜHGESCHICHTLICHE ZEIT 3100–2900 ĞemdetNasr-Zeit
(vgl. Frühbronzezeit I in Palästina und Negade II/III in Ägypten)
Nippur XIV–XII
2900–2290 FRÜHDYNASTISCHE ZEIT 2900–2700 FRÜHDYNASTISCHE ZEIT I
Ninive V (3000?2500?)
Nippur XI–IXa (Inanna-Tempel)
2800–2000 FRÜHSYRISCHE ZEIT
2.800
2800–2400 FRÜHSYRISCH I Rās Šamra IIIA1, ‛Amūq H, Ḥamā K 5–1, Ebla IIA
1.500 v.
1.000 v.
500 v.
1
500 n.
1.000 n.
1.500 n.
2.000 n.
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470
Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
ÄGYPTEN 2.700
PALÄSTINA
2635–2155 ALTES REICH
2640–2250 FRÜHBRONZEZEIT III
2635–2570 3. Dynastie
(vgl. Dynastien 3–6 in Ägypten)
Nebka, Djoser, Sechemchet, Huni
2570–2450 4. Dynastie Snofru, Cheops, Djedefre, Chephren, Mykerinos, Schepseskâf
2450–2290 5. Dynastie Userkâf, Sahurê, Neferirkarê, Niuserrê, Menkawhor, Djedkarê, Unas
Snofru (4. Dynastie): Expedition bis Arad
Jericho XVII–XIX, Ai VI–VIII, Bet-Schean XII–XI, Ḫirbet el-Kerak IV
Städtische Kultur kommt mit dem Ende der FB III weitgehend zum Erliegen
2.300 2290–2155 6. Dynastie Teti, Userkarê, 2276/0–2228 Pepi I., Antiëmsâf I., Pepi II., Antiëmsâf II., Königin Nitokris (?)
2250–2150 FRÜHBRONZEZEIT IV Pepi I. (6. Dynastie) dringt mit seiner Flotte bis zum Karmel vor.
10.000 v.
7.500 v.
4.000 v.
3.000 v.
2.500 v.
2.000 v.
1.500 v.
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Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
SYRIEN
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(NORD) MESOPOTAMIEN (SÜD) 2700–2400 FRÜHDYNASTISCHE ZEIT II
2.700
I. Dynastie von KISCH: Mebaragesi, Eroberer von Elam I. Dynastie von URUK: Gilgamesch II. Dynastie von KISCH: Mesilim
2400–2150 FRÜHSYRISCH II
2400–2235 FRÜHDYNASTISCHE ZEIT III
Rās Šamra IIIA2, ‛Amūq I, Ebla IIB1
Ebla
Mari
Igrisch-Halam Irkab-Damu Ischar-Damu
Lamgi-mari
I. Dynastie I. Dynastie von von UR LAGASCH II./III. Dynastie von URUK Lugalkisalsi
Iblul-Il (besiegt von Enna-Dagan)
Ar-Ennum (Wesir)
UrNanesche Akurgal Eannatum
Mesanepada Aanepada
Entemena
Ibrium (Wesir)
Ni-zi
Ibbi-Zikir (Wesir)
Enna-Dagan
Lugalanda Lugalzagesi Urukagina
Ebla wird zerstört
2235–2094 DYNASTIE VON AKKAD 2235–2180 Sargon (Ebla wird durch Sargon [?] zerstört; Palast G) 2179–2171 Rimusch 2170–2156 Manischtusu 2155–2119 Naram-Sīn
1.500 v.
1.000 v.
500 v.
1
500 n.
1.000 n.
1.500 n.
2.000 n.
2.300
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472
Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
ÄGYPTEN
PALÄSTINA
2155–1987 ERSTE ZWISCHENZEIT
2150–1550 MITTELBRONZEZEIT
7. Dynastie (Interregnum)
2150–1950 ZWISCHENZEIT (MITTELBRONZEZEIT I) (vgl. Dynastien 7/8 und 9/10 in Ägypten)
um 2145–2135 8. Dynastie (ephemere Herrscher) 2.100
Hazor, Megiddo, Bet-Schean, Jericho, Tell Bēt Mirsim Siedlungen ohne Mauern, Paläste, Tempel oder dichte Wohnviertel
HERAKLEOPOLITENZEIT um 2134–2080 9. Dynastie
2080–1987 10. Dynastie
1987–1759 MITTLERES REICH 2080–1937 11. Dynastie (Theben) 2080–2074 (?) Montuhotep I.
2074 (?)-2064 Antef I. 2064–2015 Antef II. 2015–2007 Antef III. 2.000
2007–1956 Montuhotep II. Gründer des Mittleren Reiches 1956–1944 Montuhotep III.
1950–1550 MITTELBRONZEZEIT II ›mittelurbane Phase‹
1944–1937 Montuhotep IV.
Stadtstaatensystem von unabhängigen Königtümern in befestigten Ortslagen: z. B. Dan, Hazor, Megiddo, Bet-Schean, Sichem, Afek, Geser
10.000 v.
7.500 v.
4.000 v.
3.000 v.
2.500 v.
2.000 v.
1.500 v.
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Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
SYRIEN
473
(NORD) MESOPOTAMIEN (SÜD)
2150–2000 FRÜHSYRISCH III
2118–2094 Schar-kalischarri 2.100
2093–2049 ZWISCHENZEIT GUTÄER besiegen die akkadische Großmacht: Fremdherrschaft
V. Dynastie II. Dynastie III. Dyvon URUK von nastie von LAGASCH UR 2048– 1941
um 2053 Ur-Baba Utuḫengal vertreibt die Gutäer Gudea
2048–2031 Ur-Nammu besiegt Lagasch
2030–1983 Schulgi
2000–1600 ALTSYRISCHE ZEIT 2000–1800 ALTSYRISCH I
1964–1941 Ibbi-Sîn: Einfall der Elamer
(Beginn der kanaanäischen Kultur) (vgl. 1950–1750 Mittelbronzezeit IIA in Palästina)
1.500 v.
1.000 v.
500 v.
1
500 n.
1.000 n.
1.500 n.
2.000 n.
2.000
Vieweger (08131) / p. 474 /14.3.12
474
Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
ÄGYPTEN
PALÄSTINA
1937–1759 12. Dynastie
1950–1750 MITTELBRONZEZEIT II A
1937–1908 Amenemhat I.
1917–1872 Sesostris I. 1875–1840 Amenemhat II. 1842–1836 Sesostris II. 1.830
1836–1817 Sesostris III.
Sesostris III. (12. Dynastie) dringt bis Sichem vor. Südpalästina unter loser ägyptischer Oberherrschaft
1817–1772 Nimaatrê Amenemhat III.
1772–1763 Maacherurê Amenemhat IV.
1763–1759 Königin Nofrusobek
1759–1529 ZWEITE ZWISCHENZEIT 1.750
1759–1606 13. (oberägypt.) Dynastie
1750–1550 MITTELBRONZEZEIT II B
zahlreiche ephemere Könige, darunter: 1696–1685 Neferhotep
10.000 v.
7.500 v.
4.000 v.
3.000 v.
2.500 v.
2.000 v.
1.500 v.
Vieweger (08131) / p. 475 /14.3.12
Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
SYRIEN
475
(NORD) MESOPOTAMIEN (SÜD) 1953–1727 ISIN-LARSA-ZEIT Assur
Isin
Larsa
1953–1921 Ischbi-Erra vertreibt die Elamer
ab 1961 Naplanum
1889–1871 IschmeDagan um 1870 PuzurAssur I.
1870–1860 Lipit-Ischtar
1868–1842 Gungunum
um 1830 Ilu-schuma
1.830
1829–1531 ALTBABYLONISCHE ZEIT Babylon
Larsa
1829-1816 Sumuabum 1830–1802 Sumu‛el (Dynastiegründer) 1800–1600 ALTSYRISCH II (vgl. Mittelbronzezeit IIB in Palästina) ›mittelurbane Phase‹ Es entsteht ein System voneinander meist unabhängiger Stadtstaaten: Ebla, Ḫalab, später Alalaḫ Byblos
Ugarit
um 1800 Japischemuabî
Blüte, Handel mit Zypern und Kreta
ḪalabJamḫad
1801–1786 Nur-Adad
Mari Assur
um 1780 Sargon I.
1758–1699 Rim-Sîn I.
um 1750 1760–1745 Yarim-Lim I. Jaḫdun-Lim 1748–1716 SchamschiAdad I.
1.750
1715–1695 um 1715–1675 IschmeZimri-Lim Dagan I. 1705–1680 Jantin (-ḫammu)
um 1700 Hammurapi I.
Babylon 1728–1686 Hammurapi besiegt Ibalpi‛el II. von Eschnunna, RimSîn I. von Larsa und Zimri-Lim von Mari 1685–1648 Samsu-iluna 1647–1620 Abi-eschuḫ
1.500 v.
1.000 v.
500 v.
1
500 n.
1.000 n.
1.500 n.
2.000 n.
Vieweger (08131) / p. 476 /14.3.12
476
Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
ÄGYPTEN
PALÄSTINA
14. Dynastie (westliches Delta) 1637–1529 HYKSOSZEIT Hazor steigt zur größten palästinischen Stadt auf. 1637–1529 15. Dynastie (6 Hyksos-Könige) 16. Dynastie (Vasallen der Hyksos, östliches Delta) 1.600
1606–1539 17. Dynastie (einheimische Dynastie in Theben)
1550–1200 SPÄTBRONZEZEIT 1545–1540 Kamose
1550–1400 SPÄTBRONZEZEIT I
1539–1070 NEUES REICH
Städtische Kultur der MB II wird fortgeführt, Stadtstaaten mit wechselnden Bündnissen und Abhängigkeiten
1539–1295 18. Dynastie
1539–1514 Ahmose beseitigt Hyksos 1529 Fremdherrschaft beendet 1.500
1514–1493 Amenophis I. 1493–1481 Thutmosis I.
ab 1490 Einfluss der Mitanni in Syrien und Palästina
1481–1479 Thutmosis II. 1479–1457 Königin Hatschepsut 1479–1425 Thutmosis III. 1457 Sieg gegen syrische Koalition bei Megiddo und Einnahme der Stadt
1457 Thutmosis III. siegt bei Megiddo gegen eine Koalition von Truppen der Mitanni und palästinisch-syrischer Fürsten
1427–1401 Amenophis II.
10.000 v.
7.500 v.
4.000 v.
3.000 v.
2.500 v.
2.000 v.
1.500 v.
Vieweger (08131) / p. 477 /14.3.12
Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
SYRIEN
477
(NORD) MESOPOTAMIEN (SÜD)
1.600
1600–1200 MITTELSYRISCHE ZEIT (vgl. Spätbronzezeit in Palästina) Wichtige Stadtstaaten: Alalaḫ (um 1490 Idrimi, Niqmepa), Ugarit, Ḫalab (Telipinu), Karkemisch 1561–1531 Samsu-ditana und Kadesch
1531 Babylon wird vom Hethiterkönig Murschili I. eingenommen und geplündert
MITTELBABYLONISCHE/MITTELASSYRISCHE ZEIT (1531– UM 1000) Ḫattuschili I. unternimmt Feldzüge nach Nord- Mitanni syrien und erobert Alalaḫ, Halpa und die Länder bis zum Euphrat.
Assur
1531–1025 Kassitendynastie in Babylon um 1520 Agum II.
um 1510 Schuttarna I. um 1490: Thutmosis I. dringt bis zum Euphrat vor.
Burnaburiasch I. um 1490 Bara- Puzur-Assur III. tarna Vertrag mit Burnaburiasch I. (Babylon) um 1470 Ulamburiasch Kaštiliaš III.
1457 Thutmosis III. siegt bei Megiddo gegen eine syrische Koalition. um 1430 Sauschtatar schürt antiägyptische Aufstände in Syrien.
um 1430 Sauschtatar: Höhepunkt des Mitannireiches
um 1430 Karaïndasch
Feldzüge Amenophis II. (1427–1401) können den Verlust Nordsyriens nicht verhindern. 1.500 v.
1.000 v.
500 v.
1
500 n.
1.000 n.
1.500 n.
2.000 n.
1.500
Vieweger (08131) / p. 478 /14.3.12
478
Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
ÄGYPTEN 1.400
PALÄSTINA
1401–1391 Thutmosis IV.
1400–1200 SPÄTBRONZEZEIT II
1391–1353 Amenophis III.
14. Jh. Zeit der Amarnakorrespondenz
BEGINN DER AMARNAZEIT 1353–1337 Amenophis IV. (Echnaton) 1338–1336 Semenchkarê 1336–1327 Tutanchamun 1327–1323 Aja 1323–1295 Haremhab
1295–1186 19. Dynastie 1295–1293 Ramses I. 1293–1279 Sethos I.
Mit Sethos I. beginnt eine Zeit stärkerer militärischer Präsenz Ägyptens (19. Dynastie) in Palästina.
1279–1213 Ramses II. 1275 Schlacht bei Kadesch am Orontes 1259 Friedensvertrag mit dem Hethiterkönig Hattuschili III.
1213–1203 Merenptah
1.200 10.000 v.
7.500 v.
4.000 v.
3.000 v.
2.500 v.
2.000 v.
1.500 v.
Vieweger (08131) / p. 479 /14.3.12
Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
479
SYRIEN
MESOPOTAMIEN um 1400 Artatama I. Friedensvertrag mit Thutmosis IV.
1.400
um 1380 Kurigalzu I. Schuttarna II.
um 1350 Tuschratta
1356–1320 Assur-uballit I. befreit Assur von Vormundschaft der Mitanni.
Der Hethiterkönig Schuppiluliuma I. erobert Ugarit, Byblos, Ḫalab, Alalaḫ.
(1369)-1355 KadašmanEnlil I.
1354–1328 Burnaburiasch II.
1302–1277 Nazimaruttasch 1296–1265 Adad-narari I.
1265–1235 Salmanassar I.
1275 Entscheidungsschlacht bei Kadesch zwischen Ägypten (Ramses II.) und dem Hethiterreich (Muwatalli II.) (seit 13. Jh.?) Aramäer werden im syrischen Gebiet sesshaft. 1235–1198 TukultiNinurta I. nimmt 1220 Babylon ein.
1227–1220 Kaschtiliasch IV.
1211–1182 Adad-schumusur 1.200 1.500 v.
1.000 v.
500 v.
1
500 n.
1.000 n.
1.500 n.
2.000 n.
Vieweger (08131) / p. 480 /14.3.12
480
Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
ÄGYPTEN 1.200
PALÄSTINA
1203–1196 Sethos II.
1200–587 Eisenzeit
Amenmesse
1200–1000 Eisenzeit I ca. 1200 ›Seevölkersturm‹ bis gegen 1150 Zerstörung vieler Stadtstaaten
1196–1190 Siptah 1190–1188 Königin Tawsret 1186–1070 20. Dynastie 1186–1184 Sethnacht 1184–1153 Ramses III. Sieg über die ›Seevölker‹
Sesshaftwerdung nachmaliger israelitischer Stämme im palästinischen Bergland
1153–1147 Ramses IV.
Die Seevölker siedeln an der Südküste Palästinas; Entstehung der ostjordanischen Königtümer Ammon, Moab (und Edom)
1147–1143 Ramses V. 1143–1136 Ramses VI. 1136–1129 Ramses VII. 1129–1126 Ramses VIII. 1126–1108 Ramses IX. 1.100
1108–1099 Ramses X. 1099–1070/69 Ramses XI.
1070–712 DRITTE ZWISCHENZEIT 1070–945 21. Dynastie 1070–1044 Smendes
1000–520 Eisenzeit II
1040–990 Psusennes I.
Eisenzeit IIA
Juda 993–984 Amenôphthis
Israel
Ammon/ Moab/Edom
Saul
978–960 Siamun
um 1004–965 David
960–945 Psusennes II.
um 965–926 Salomo Bau des Jerusalemer Tempels
10.000 v.
7.500 v.
4.000 v.
3.000 v.
2.500 v.
2.000 v.
1.500 v.
Vieweger (08131) / p. 481 /14.3.12
Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
SYRIEN
481
(ASSUR) MESOPOTAMIEN (BABYLON) 1.200
um 1200 ›Seevölkersturm‹ bis 1150 Zerstörung vieler Stadtstaaten: Ugarit, Kadesch, Alalaḫ
1181–1167 Melischipak 1166–1154 Marduk-apla-iddina I. 1150 Schutruk-naḫḫunte I. besiegt Babylon Ende der Kassiten-Dynastie 1157–1026 II. Dynastie von Isin
1124–1103 Nebukadnezar I. 1116–1077 Tiglat-pileser I. erobert Babylon
1100/1000–700 ZEIT DER ARAMÄISCHEN UND PHÖNIZISCHEN STAATEN
1.100
(Aramäerstaaten, z. B. Bit-Baḫiani, Bit-Agusi, Aram-Damaskus, Sam‛al) Ab 1200 legen die Phönizier an Küsten des westlichen Mittelmeeres Kolonien an: Malta, Palermo, Biserta, Utica, Tunis, Málaga, Karthago. um 1100 Kolonien auch außerhalb der Straße von Gibraltar: Gades (Cádiz) 814 Karthago wird gegründet 1025–1005 II. Dynastie ›des Meerlandes‹
1000–600 NEUASSYRISCHE ZEIT
Tyrus: um 969–936 Abi-Ba‛al und Hiram I.
Byblos: um 950–900 Abi-Ba‛al und Eli-Ba‛al Karkemisch (späthethitisch): um 950–900 Suḫi, um 900–825 Katuwa, Gurgum
1.500 v.
1.000 v.
500 v.
1
500 n.
1.000 n.
1.500 n.
2.000 n.
Vieweger (08131) / p. 482 /14.3.12
482
Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
ÄGYPTEN
PALÄSTINA
945–722 22. Dynastie (Bubastiden)
Eisenzeit IIB
945–924 Schoschenq I.
926/5–910/9 Rehabeam
926/5–907/6 Jerobeam I.
924–887 Osorkon I.
910/9–908/7 Abia
907/6–906/5 Nadab
908/7–868/7 Asa
906/5–883/2 Baësa
900
883/2–882/1 Ela
882/1 Simri 882/1–878/7 Thibni 878/7–871/0 Omri 868/7–851/0 Josaphat
871/0–852/1 Ahab Prophet Elia 852/1–851/0 Ahasja
851/0–845/4 Jehoram
Kmšyt (Moab)
851/0–845/4 Joram
845/4 Ahasja Eisenzeit IIC
800
845/4–840 Athalja
845/4–818/7 Jehu 841 Tribut an Salmanassar III.
839–814 Takeloth II.
840/39–801/0 Joas
818/7–802/1 Joahas
814–763 Schoschenq III.
801/0–773/2 Amasja
802/1–787/6 Joas
Mescha (Moab)
um 800 Vormacht der Aramäer von Damaskus
10.000 v.
7.500 v.
4.000 v.
3.000 v.
2.500 v.
2.000 v.
1.500 v.
Vieweger (08131) / p. 483 /14.3.12
Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
SYRIEN
483
(ASSUR) MESOPOTAMIEN (BABYLON) 935–912 Assur-dan II.
900
883–859 AssurSam‛al (späthethitisch) nasirpal II. begründet assyrischen Weltherrschaftsgedanken.
Damaskus
880–845 Benhadad I.
888–855 Nabû-aplaiddina
9.Jh. Hayani
845–842 Benhadad II.
858–824 Salmanassar III. 853 Schlacht bei Qarqar am Orontes gegen eine Koalition unter Benhadad I. (Damaskus) und Ahab (Israel)
841–806 Haza‛el 824–811 SchamschiAdad V. 810–782 Adadnarari III.
800
769–761 Eriba-Marduk
1.500 v.
1.000 v.
500 v.
1
500 n.
1.000 n.
1.500 n.
2.000 n.
Vieweger (08131) / p. 484 /14.3.12
484
Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
ÄGYPTEN 750
PALÄSTINA
763–758 Pimui
Teilung des Landes nach Niedergang der libyschen Macht
808–715 23. Dynastie um 760/50 Osorkon III. um 740 Takeloth III. (in Oberägypten)
773/2–735/4 Asarja/Ussia
787/6–747/6 Jerobeam II. Propheten Amos und Hosea
757/6–742/1 Jotham
747/6 Sacharja 747/6 Sallum Šanibu 746/5–737/6 (Ammon) Menachem
742/1–726/5 Ahas
736/5–735/4 Pekachja
Šalamānu (Moab)
Prophet Jesaja (bis nach 701)
725–712 24. Dynastie (in Sais) Sargon II. schlägt Ägypter bei Raghia. 718–712 Bocchoris
Prophet Micha
734/3–733/2 Pekach
725/4–697/6 Hiskia
732/1–724/3 Hosea
Qōsmalak (Edom)
722/1 Samaria von Salmanassar V. erobert
712–332 SPÄTZEIT 700
712–664 25. Dynastie (Kuschiten)
701 Eroberung von Lachisch und Belagerung Jerusalems durch Sanherib
698–690 Schebitku
696/5–642/1 Manasse
690–664 Taharqa 671 Memphis von Asarhaddon erobert
664– um 655 Tanwtamun 671/67–664 Herrschaft der Assyrer 664–525 26. Dynastie (Sais) 664–610 Psammetich I. Öffnung des Landes für griechischen Einfluss
10.000 v.
7.500 v.
4.000 v.
641/0–640/39 Amon 640/39–609/8 Josia Propheten Zephanja, Nahum, Jeremia 622/1 Kultzentralisation in Jerusalem
3.000 v.
2.500 v.
2.000 v.
1.500 v.
Vieweger (08131) / p. 485 /14.3.12
Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
SYRIEN
485
(ASSUR) MESOPOTAMIEN (BABYLON)
750 Panamu I.
745–727 Tiglatpileser III. 747–737 Nabû-nasir Tiglat-pileser III. nimmt Babylon ein.
750
738–732 Panamu II.
732 Rason II. 732 Assur besiegt Damaskus
727–722 Salmanassar V. 722–705 Sargon II. schlägt bei Raphia ägypt. Armee. 709 Tributzahlungen von Zypern und Phrygien
721–710 Marduk-aplaiddina II. (MerodachBaladan) 710–705 und 703 Vertreibung von Mardukapla-iddina II. durch Assyrerkönige
705–681 Sanherib Eroberung Palästinas
700
681–669 Asarhaddon erobert Sidon (677) Memphis (671)
677 Assyrer zerstören Sidon
669–627 Assurbanipal
Eroberung Ägyptens (667/6 und 664); Sieg über Elam nach 627 Thronstreitigkeiten der Söhne Assurbanipals; Bürgerkrieg
668–648 Schamaschschum-ukin (Sohn Asarhaddons) Assurbanipal zerstört Babylon (648).
648–627 Kandalanu 626–605 Nabupolassar
1.500 v.
1.000 v.
500 v.
1
500 n.
1.000 n.
1.500 n.
2.000 n.
Vieweger (08131) / p. 486 /14.3.12
486
Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
ÄGYPTEN
PALÄSTINA
600 609/8 Schlacht bei Megiddo gegen Pharao Necho II. 609/8 Joahas 609/8–598/7 Jojakim
610–595 Necho II.
595–589 Psammetich II.
598/7 Jojachin Einnahme Jerusalems, 1. Deportation der Oberschicht 598/7–587/6 Zedekia ca. 594/3–571 Prophet Ezechiel
589–570 Apries
587/6 Zerstörung Jerusalems durch Nebukadnezar II. sog. ›Babylonisches Exil‹ der judäischen Oberschicht
570–526 Amasis II. enge Beziehung zu den Inselgriechen; besiegt Zypern
um 550 Prophet Deuterojesaja
520–332 PERSERZEIT (EISENZEIT III) (ACHÄMENIDEN) 539
538 Kyrosedikt 526–525 Psammetich III. 525 Eroberung Ägyptens durch die Perser 525–404 27. Dynastie (Perser) 525–522 Kambyses II. (ab 5. Jahr seiner Regierung im persischen Reich) 522–486 Darius I. Hystaspes
10.000 v.
7.500 v.
522–486 Darius I. Hystaspes 520 Einteilung des Reiches in Satrapien, Verwaltungsreform 538/7 Gründung und 520–515 Bau des Zweiten Tempels in Jerusalem Propheten Haggai und Sacharja Prophet Maleachi
4.000 v.
3.000 v.
2.500 v.
2.000 v.
1.500 v.
Vieweger (08131) / p. 487 /14.3.12
Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
SYRIEN
487
(ASSUR) MESOPOTAMIEN (BABYLON)
605–539 ZEIT DER SPÄTBABYLONISCHEN UND 605–539 SPÄTBABYLONISCHE ZEIT PERSISCHEN OBERHERRSCHAFT Nebukadnezar II. übernimmt die Vorherrschaft im syrischen Bereich
612 Ende des 605–562 Assyrerreiches durch Nebukadnezar II. die Neubabylonier und die Meder 610/609 Ende des Reststaats Assur unter Assur-uballit II. in Syrien (Haran)
573 Tyrus von Nebukadnezar II. eingenommen
600
562–560 Awil-Marduk
556–539 Nabonid
539–331 ACHÄMENIDENHERRSCHAFT
539 Kyros II. erobert Babylon (Rückkehrerlaubnis für die exilierte judäische Oberschicht).
520 Babylon wird persische Satrapie.
1.500 v.
1.000 v.
500 v.
1
500 n.
1.000 n.
1.500 n.
2.000 n.
539
Vieweger (08131) / p. 488 /14.3.12
488
Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
ÄGYPTEN
PALÄSTINA
485–465 Xerxes I. 450 464–424 Artaxerxes I Longimanus
um 445/4–433/2 Nehemia in Jerusalem
424 Xerxes II. und Sogdianos
um 425 oder um 398/7 Esra in Jerusalem
423–404 Darius II.
persische Stadthalter in Samaria
letzte einheimische (28.-30.) Dynastien 404–399 28. Dynastie 404–399 Amyrtaios 399–380 29. Dynastie 399–393 Nepherites 393–380 Hakoris 380–342 30. Dynastie 380–362 Nektanebos I. 360–342 Nektanebos II. 343/342 Artaxerxes III. erobert erneut Ägypten 342–332 31. Dynastie (2. Perserherrschaft) 342–338 Artaxerxes III. (ab 17. Jahr seiner Herrschaft) 338–336 Arses 336–332 Darius III. 332
332 Alexander d. Gr. erobert Ägypten
332 Einnahme Palästinas durch Alexander d. Gr.
332 Gründung Alexandrias
332–63 HELLENISTISCHE ZEIT Eroberung Samarias durch den Feldherrn Parmenio
323–30 DAS PTOLEMÄERREICH
um 310 Onias I. Hoherpriester in Jerusalem (305)-283 Ptolemaios I. Soter
301–198 VORHERRSCHAFT DER PTOLEMÄER
285–246 Ptolemaios II. Philadelphos 274–271/260–253 1./2. Syrischer Krieg
Ptolemaios II. Philadelphos verteidigt Palästina gegen die Seleukiden.
246–221 Ptolemaios III. Euergetes 3. Syrischer Krieg (246–241)
Opfer in Jerusalem durch Ptolemaios III. Euergetes und Ptolemaios IV. Philopator nach ihren Siegen über die Seleukiden
221–205 Ptolemaios IV. Philopator 4. Syrischer Krieg (219–217) 200
205–180 Ptolemaios V. Epiphanes 5. Syrischer Krieg (202–198) Verlust von Kleinasien, Südsyrien und Palästina 10.000 v.
7.500 v.
4.000 v.
202–198 5. Syrischer Krieg Nach der Schlacht bei Paneas fällt Judäa an die Seleukiden.
3.000 v.
2.500 v.
2.000 v.
1.500 v.
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Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
SYRIEN
489
MESOPOTAMIEN 484 Xerxes I. schlägt Aufstand in Babylon nieder.
332 Tyrus wird nach mehrmonatiger Belagerung von Alexander d. Gr. eingenommen.
450
332
332 Syrien fällt an Alexander d. Gr.
331 Alexander d. Gr. nimmt Babylon ein.
323–316 Philipp Arrhidaios erhält Persien und Mesopotamien.
323 Tod Alexanders d. Gr. in Babylon
312–62 SELEUKIDEN 312–281 Seleukos I. Nikator 281–261 Antiochos I. Soter 1. Syrischer Krieg (274–271) 261–246 Antiochos II. Theos 2. Syrischer Krieg (260–253) 246–226 Seleukos II. Kallinikos 3. Syrischer Krieg (246–241) 226–223 Seleukos III. Soter 223–187 Antiochos III., d. Gr. 219–217/202–198 4./ 5. Syrischer Krieg 200
1.500 v.
1.000 v.
500 v.
1
500 n.
1.000 n.
1.500 n.
2.000 n.
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490
Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
ÄGYPTEN
PALÄSTINA 198–63 VORHERRSCHAFT DER SELEUKIDEN
180
180–145 Ptolemaios VI. Philometor 6. Syrischer Krieg (169–168)
Nabatäer um 168 Aretas I. 167 Verbot der Einhaltung jüdischer Gesetze durch Antiochos IV. (Epiphanes) erstes heidnisches Opfer auf dem Jerusalemer Brandopferaltar
150
167–143/2 Aufstand der Makkabäer 166–161 Judas Makkabäus 161–143/2 Jonathan 145–116 Ptolemaios VIII. Euergetes II. (Physkon)
143/2–37 Hasmonäer 143/2–135/4 Simon ab 141 ›Hoherpriester, Feldherr und Volksfürst‹ 135/4–104 Johannes Hyrkanus I.
124–116 Ptolemaios VIII., Kleopatra II., Kleopatra III. 116–107 Ptolemaios IX. Soter II., Kleopatra III. 107–101 Ptolemaios X. Alexander I. 100
101-88 Ptolemaios X. Alexander I., Kleopatra Berenike
103–76 Alexander Jannaeus
88–80 Ptolemaios IX. Soter II.
um 85 Rabel I. 85–63/2 Aretas III.
80–58/55–51 Ptolemaios XII. Neos Dionysos (Auletes)
10.000 v.
7.500 v.
4.000 v.
76–67 Salome Alexandra
3.000 v.
2.500 v.
2.000 v.
1.500 v.
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Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
SYRIEN
491
MESOPOTAMIEN
Seleukidisch-Römischer Krieg (192–188) Kleinasien geht an Rom verloren. 187–175 Seleukos IV. Philopator
180
175–164(?) Antiochos IV. (Epiphanes) 6. Syrischer Krieg (169–168) 164(?)–162 Antiochos V. Eupator
150
145–139/8 und 129–125 Demetrios II. Nikator
139/8–129 Antiochos VII. Euergetes (Sidetes)
100
69–64 Antiochos XIII. Asiaticus (letzter Seleukide) 65–64 Philippos II. Pompeius macht Syrien zur römischen Provinz.
1.500 v.
1.000 v.
500 v.
1
500 n.
1.000 n.
1.500 n.
2.000 n.
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492
Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
ÄGYPTEN
PALÄSTINA 63 v. Chr. – 324 n. Chr. RÖMISCHE ZEIT
63 v. Chr.
Nabatäer
63 Pompeius erobert den Jerusa- 63/2–30 Malichos I. lemer Tempelbezirk. 58–55 Berenike IV. 51–48 Kleopatra VII. Thea, Ptolemaios XIII. Philopator Philadelphos Pompeius in Ägypten geschlagen 47–44 Kleopatra VII. Thea, Ptolemaios XIV. Philopator 47 Caesar gibt Zypern an Ägypten zurück 44–30 v. Chr. Kleopatra VII. Thea, Ptolemaios XV. (Kaisarion) ab 41 v. Chr. Bündnis von Marcus 37 v. Chr. – 70 n. Chr. Palästina unter den Herodianern und Römern Antonius und Kleopatra 31 v. Chr. Schlacht bei Actium
37–4 v. Chr. Herodes d. G. 30–9/8 v. Chr. Obodas II.
30 v. Chr. Ägypten wird unter Octavian römische Provinz als Privateigentum des römischen Kaisers.
9/8 v. Chr.–40 n. Chr. Aretas IV.
Zeitenwende
um 4 v. Chr. Geburt von Jesus aus Nazaret
26–36 n. Chr. Pontius Pilatus Prokurator in Judäa um 30/33 n. Kreuzigung von Jesus aus Nazaret am 14. Nisan 40 n. Chr.
41–44 Agrippa I. vereinigt noch einmal fast den gesamten Herrschaftsbereich seines Großvaters Herodes d. Gr.
10.000 v.
7.500 v.
4.000 v.
3.000 v.
2.500 v.
2.000 v.
1.500 v.
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Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
493
IMPERIUM ROMANUM 133–44 v. SPÄTE REPUBLIK 76–60 Das Zeitalter des Pompeius 73–71 Spartacus-Aufstand 70 Konsulat des Pompeius und Crassus 68 Caesar wird Qaestor
70 n. Chr.
67 Sieg des Pompeius über die Seeräuber 66 Sieg des Pompeius über Mithridates 66–62 Neuordnung des Ostens durch Pompeius 62 errichtet er die Provinzen Bithynien, Kilikien und Syrien 60 Erstes Triumvirat: Caesar, Crassus, Pompeius 59 Caesar Konsul, Umfangreiche Gesetzgebung 58–51 Eroberung Galliens durch Caesar 55 zweites Consulat des Pompeius und des Crassus 49–48 Bürgerkrieg zwischen Caesar und Pompeius 48 Caesar überschreitet den Rubicon, Sieg bei Pharsalos über Pompeius 48–47 Caesar in Ägypten; Romanze mit Kleopatra VII. 45 Einführung des julianischen Kalenders 44 Caesar Diktator auf Lebenszeit, Ermordung am 15. März
44 v. – 30 v. ENDE DER BÜRGERKRIEGE 43 Zweites Triumvirat: Octavian, M. Antonius, Lepidus 41–40 M. Antonius in Ägypten; auch er verfällt der Anmut Kleopatras 33–31 Bürgerkrieg zwischen Octavian und M. Antonius 31 Sieg des Octavian über M. Antonius bei Actium 30 Octavian nimmt Alexandria ein; Ägypten wird römische Provinz 27 Octavian erhält den Titel Augustus: Imperator Caesar divi filius Augustus
Zeitenwende
30/27 v. – 284 n. RÖMISCHE KAISERZEIT 27 v.–68 n. Chr. Iulisch-Claudische Dynastie 27 v. Chr.–14 n. Chr. Augustus 14–37 Tiberius 37–41 Gaius/Caligula
1.500 v.
1.000 v.
40 n. Chr.
500 v.
1
500 n.
1.000 n.
1.500 n.
2.000 n.
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494
Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
ÄGYPTEN 45 n. Chr.
PALÄSTINA 45–58 drei Missionsreisen des Paulus 48/49 ›Apostelkonzil‹ in Jerusalem: Heidenchristen brauchen keine Beschneidung 64–66 Gessus Florus Prokurator in Judäa Übergriff auf den Tempelschatz in Jerusalem löst antirömischen Aufstand aus. 66–70 Erster Jüdischer Krieg 66 Christen fliehen nach Pella (Ostjordanland). 70 Zerstörung Jerusalems und des 70/1–106 Rabel II. Jahwe-Tempels durch Titus, danach fallen die Festungen Herodium, Machärus und Masada.
100 n. Chr.
70–135 Palästina unter römischen Statthaltern (kaiserliche Provinz)
106 Einnahme Petras durch die Römer
132–135 Zweiter Jüdischer Krieg (Bar Kochba-Aufstand) 135 Judäa wird als Provinz SyriaPalaestina neu organisiert. 135 Wiederaufbau Jerusalems (Aelia Capitolina) Das Zentrum des palästinischen Judentums etabliert sich in Galiläa (138 Sanhedrin errichtet; später nach Tiberias verlegt).
10.000 v.
7.500 v.
4.000 v.
3.000 v.
2.500 v.
2.000 v.
1.500 v.
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Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
495
IMPERIUM ROMANUM 41–54 Claudius I. 54–68 Nero
45 n. Chr.
64 Brand Roms, erste große lokale Christenverfolgung 67 Petrus und Paulus sterben als Märtyrer in Rom 69–96 Flavische Kaiser 69–79 Vespasian 70–80 Bau des Amphitheatrum Flavium (Colosseum) 79–81 Titus 79 (24.8.) Ausbruch des Vesuv, Pompeji und Herculaneum werden verschüttet 81–96 Domitian 93–94 Religionsprozesse in Rom gegen Christen; 94 Christenverfolgung in Bithynien 96–192 Adoptivkaisertum 96–98 Nerva 98–117 Trajan Begründer des ›Goldenen Zeitalters‹
100 n. Chr.
(111–)112 Plinius d. J. Statthalter in Bithynien Briefwechsel zwischen Plinius und Trajan zur Christenverfolgung (111–)112 Christenverfolgung in Bithynien 115–117 Aufstände des Diaspora-Judentums in Kyrene, Ägypten, Mesopotamien und auf Zypern werden blutig niedergeschlagen 117–138 Hadrian 128–133 große Orientreise 138–161 Antoninus Pius
150 n. Chr.
161–180 Marc Aurelius 165 Sieg über Parther bei Dura-Europos 180–192 Commodus 193–194 ›Vierkaiserjahr‹
1.500 v.
1.000 v.
500 v.
1
500 n.
1.000 n.
1.500 n.
2.000 n.
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Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
IMPERIUM ROMANUM 200
193–235 Die Severer 193–211 Septimius Severus 211–217 Caracalla 218–222 Elagabalus 222–235 Severus Alexander 235–284 Soldatenkaiser (schwere Krise des Reichs und deren Überwindung) 235–238 Maximinus Thrax 238–244 Gordian III. 244–249 Philippus Arabs 248 Tausendjahrfeier Roms 249–251 Decius
250
250/251 Opferedikt und erste allgemeine, staatlich verordnete Christenverfolgung 253–260 Valerian setzt Christenverfolgung fort (257–258)
IMPERIUM ROMANUM/BYZANZ um 270 entsteht das christliche Mönchtum in Ägypten 270–275 Aurelian 271 die Oase Palmyra fällt unter Königin Zenobia bis zu ihrer Einnahme 273 vom Reich ab einheitliche Reichsreligion ›Sol invictus‹ (Sonne als Reichs-Symbol) 275–276 Tacitus 276–282 Probus
284–337 DIOKLETIAN UND KONSTANTIN d. Gr. 284–305 Diokletian 293 Tetrarchie Diokletian und Maximinian (Augusti); Galerius und Constantius I. Chlorus (Caesares) ab 294 effektive Verwaltungsreform des Reiches 300
303 Edikt des Diokletian, letzte und weitreichendste Christenverfolgung im Imperium Romanum
10.000 v.
7.500 v.
4.000 v.
3.000 v.
2.500 v.
2.000 v.
1.500 v.
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Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
497
IMPERIUM ROMANUM / BYZANZ 306–337 Konstantin d. Gr.
300
311 Toleranzedikt des Galerius für die Christen (Religio licita) 312 Schlacht an der Milvischen Brücke, Usurpator Maxentius wird von Konstantin besiegt Konstantin wird Alleinherrscher im Westen. 313 uneingeschränkte Religionsfreiheit (Licinius/Konstantin), sog. ›Edikt von Mailand‹ 324–337 Alleinherrschaft Konstantins (nach dem Sieg über Licinius bei Adrianopel) Er fördert gemeinsam mit seiner Mutter Helena das Christentum. 324 Ausbau Konstantinopels zu Hauptstadt 325 1. Ökumenisches Konzil in Nicaea Nicaenisches Glaubensbekenntnis (Nicaenum); Christus sei wesensgleich (homoousion) mit dem Vater Unter Konstantin wird Palästina geistiges Zentrum des christlichen Reiches. Höhepunkt der Besiedlung Palästinas
324–638 BYZANTINISCHE EPOCHE IN PALÄSTINA Konstantin d. Gr. veranlasst Kirchenbauten in Jerusalem (Grabeskirche), Betlehem (Geburtskirche), Byzanz, Rom u. a. Orten Taufe Konstantins kurz vor seinem Tod durch Eusebius von Nikomedia 330 Konstantinopel wird kaiserliche Residenz 350
337–476 SPÄTANTIKE 361–363 Julian (Apostata) Neffe Konstantins d. Gr., bekämpft den Einfluss des Christentums 363 Tod des Julian auf dem Rückmarsch eines Perserfeldzuges 379–395 Theodosius (I.) d. Gr. zunächst Augustus im Osten des Reichs 380 Religionsedikt (Cunctus populus) – Christentum wird alleinberechtigte Religion im Reich
1.500 v.
1.000 v.
500 v.
1
500 n.
1.000 n.
1.500 n.
2.000 n.
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Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
BYZANZ 381 2. Ökumenisches Konzil in Konstantinopel: Heiliger Geist mit Vater und Sohn als substantieller Bestandteil der göttlichen Dreieinigkeit; Nicaeno-Konstantinopolitanum 391 Christentum wird Staatsreligion im Imperium Romanum – Beginn der Unterdrückung heidnischer Kulte 394 Sieg Theodosius I. über Eugenius und Arbogastes; Alleinherrschaft 395 zerfällt das Reich endgültig in zwei Teile, testamentarisch aufgeteilt unter den Söhnen Arkadios (Osten) und Honorius (Westen) 400
um 400 drei römische Provinzen in Palästina: ›Provincia Palaestina prima‹ (judäisches Kerngebiet, Küstenebene von Gaza bis Dor, Peräa); ›Provincia Palaestina secunda‹ (Galiläa, Golan, Dekapolis z. T.) und ›Provincia Palaestina tertia/Salutaris‹ 408–450 Theodosius II. Kaiser im Oströmischen Reich 410 Rom wird von den Westgoten (Alarich) erobert und geplündert 431 3. Ökumenisches Konzil in Ephesus Maria ist Gottesgebärerin (Theotokos), Jesus war wahrer Mensch und wahrer Gott 449 ›Räubersynode‹ von Ephesus: Mönche kämpfen mit schlagenden Argumenten für den Monophysitismus 451 4. Ökumenisches Konzil in Chalkedon: Christus mit zwei Naturen (wahrer Gott und wahrer Mensch) 475 Romulus Augustulus wird letzter weströmischer Kaiser 476 (28. 8.) Romulus wird von den Ostgermanen (Odoaker 476–495) abgesetzt Ende des weströmischen Reiches
500 525 Dionysius Exiguus begründet die christliche Zeitrechnung 527–565 Kaiser Justinian I. (und dessen Frau Theodora; 508–548) Kampf für Reichs- u. Glaubenseinheit (Vollendung des byzantinischen Staatskirchentums) 532–537 Bau der Hagia Sophia 529–534 ›Codex Iuris Civilis‹ (röm. Rechtskorpus); 529 Athener Philosophenschule geschlossen 529 (nach 484) zweiter erfolgloser Aufstand der Samaritaner gegen Byzanz 553 5. Ökumenisches, 2. Konzil von Konstantinopel
10.000 v.
7.500 v.
4.000 v.
3.000 v.
2.500 v.
2.000 v.
1.500 v.
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Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
BYZANZ
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ARABISCHE WELT 570
um 570–632 MOHAMMED Perser (Chosroes II.) erobern große Teile Vorderasiens 614 Jerusalem 618 kommt es zu Kirchenzerstörungen, Entführung des ›Kreuzes Christi‹ 610–641 Kaiser Heraklios I.
ab 610 Mohammed offenbart sich als ein Prophet Allahs, predigt Ergebung in Gottes Willen
September 622 Hidschra Flucht Mohammeds und seiner Mitstreiter aus Mekka – wo er abgelehnt wird – nach Yaṯrib (seither Medina – ›Stadt des Propheten‹). Mohammed wird geistliches und politisches Oberhaupt mit absoluter Autorität Beginn der islamischen Zeitrechnung 624 Mohammed vollzieht Bruch mit dem Judentum ›Heiliger Krieg‹ (Dschihad) gegen Mekka
627 Sieg über die Perser bei Ninive, Rückeroberung des geraubten Kreuzes 630 Mohammed besiegt Mekka, ›reinigt‹ Ka‛aba vom Heidentum 632 Tod des Propheten Nachfolger: Vater von Mohammeds Lieblingsfrau Aischa, Abu Bakr 634–644 Kalif Omar I. 635 Damaskus erobert 636 Araber besiegen die Byzantiner am Jarmuk
638–1096 BYZANZ BIS ZU DEN KREUZZÜGEN
638 Einnahme Jerusalems durch Kalif Omar, Tempelberg wird heilige Stätte des Islam 639–641 Eroberung Ägyptens 641 Alexandria kapituliert 640–643 Eroberung Persiens 655 Osman besiegt die byzantinische Flotte
661–749/750 (-1031 Córdoba) KALIFAT DER OMAYYADEN 674–678 Angriffe der arabischen Flotte auf Konstantinopel werden abgewehrt (›griechisches Feuer‹).
1.500 v.
1.000 v.
500 v.
1
erstes arabisches Herrschergeschlecht Residenz von Medina nach Damaskus verlegt
500 n.
1.000 n.
1.500 n.
2.000 n.
680
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500
Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
BYZANZ/ABENDLAND 680
ARABISCHE WELT
680 6. Ökumenisches, 3. Konzil von Konstantinopel 691 Kalif Abd el-Malik errichtet Felsendom in Jerusalem 697/8 Karthago eingenommen 705–715 Walid I. zweite Expansionswelle ab 711 Eroberung Spaniens 717–718 Konstantinopel von Arabern vergeblich belagert 717–843 Zeit des Bilderstreits (Ikonoklasmus) 717–718 Papst Gregor III. verdammt die Bilderfreunde; Auseinandersetzungen im ganzen Reich 730 Kaiser Leon III. erlässt striktes Bilderverbot
732 Eroberung Südfrankreichs wird durch Karl Martell (Hammer; 714–741) verhindert, Schlacht bei Tours und Poitiers
749/750–1258 ABBASIDEN 762 Hauptstadt von Damaskus nach Bagdad verlegt 787 7. Ökumenisches, 2. Konzil von Nicaea 786–809 Harun er-Raschid erlaubt die Bilderverehrung, letztes für Ost- und Blütezeit (Prachtentfaltung, Medizin, Baukunst, Westkirche verbindliches, d. h. ökumenisches Literatur und Wissenschaft) Konzil 843 Synode beendet den Bilderstreit
900
869–870 4. Konzil von Konstantinopel 868–906 Emir Ahmed Ibn Tulune errichtet in Rangfolge der fünf Patriarchate: Rom, Konstan- Ägypten eine kurzlebige Dynastie und erobert tinopel, Alexandria, Antiochia, Jerusalem (vom auch Palästina. Osten nicht anerkannt) 968 Nikephoros II. Phokas erobert Syrien
969–1171 FATIMIDENHERRSCHFT IN PALÄSTINA arabisches Herrschergeschlecht, Ursprung in Nordafrika 969 Eroberung Palästinas
975 Johannes I. Tzimiskes stößt bis Palästina vor (erobert Ḥömṣ, Damaskus, Beirut, steht 976 vor Tiberias – dort stirbt er)
969–1021 El-Hakim 1009 Kalif El-Hakim lässt die Grabeskirche zerstören.
1054 Schisma zwischen der Orthodoxie und der Römisch-Katholischen Kirche 1077 Seldschuken nehmen Jerusalem ein; keinerlei Toleranz gegenüber Christen; Pilger und Christen in Jerusalem werden grausam ermordet
10.000 v.
7.500 v.
4.000 v.
3.000 v.
2.500 v.
2.000 v.
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Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
BYZANZ/ABENDLAND
501
ARABISCHE WELT
1096–1291 KREUZZÜGE 1095 Papst Urban II. ruft in Piacenza und Clermont zum Kreuzzug auf. 1096–1099 erster Kreuzzug 1097 Eroberung von Nicaea 1098 Eroberung von Antiochia 1099 Eroberung Jerusalems 1099–1187 Königreich Jerusalem 1147–1149 zweiter Kreuzzug scheitert in Kleinasien
1100
1171–1263 AYYUBIDENHERRSCHAFT IN PALÄSTINA 1169–1193 Sultan Saladin besiegt 1187 die lateinischen Streitkräfte bei Hattin (oberhalb von Tiberias). 1174 erobert er Damaskus und 1183 Aleppo. 1187 Saladin nimmt Jerusalem ein; löst dritten Kreuzzug aus 1189–1192 dritter Kreuzzug 1190 Kaiser Friedrich I. Barbarossa ertrinkt nach siegreicher Schlacht bei Ikonion im Fluss Saleph (Kilikien). 1191 Richard Löwenherz (England) nimmt Akko ein (über seinen Bruder John wird in ›Robin Hood‹ erzählt) Philipp II. August (Frankreich)
1192 Richard Löwenherz scheitert zweimal vor Jerusalem. Waffenstillstand mit Saladin vereinbart 1193 Saladin stirbt.
Akko wird Hauptstadt des zweiten Kreuzfahrerstaates. 1200
1202–1204 vierter Kreuzzug 1203 Einnahme Konstantinopels – nach weiteren Kämpfen 1204 ein zweites Mal (Plünderung der Stadt) 1204–1261 Lateinisches Kaisertum 1212 Französischer Kinderkreuzzug
1.500 v.
1.000 v.
500 v.
1
500 n.
1.000 n.
1.500 n.
2.000 n.
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502
Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
BYZANZ/ABENDLAND
ARABISCHE WELT
1228–1229 fünfter Kreuzzug Friedrich II. gewinnt durch einen Vertrag mit dem ägyptischen Sultan el-Malik el-Kamil Jerusalem, Betlehem u. a. Städte. 1244 Jerusalem geht Christen endgültig verloren 1250
1248–1254 sechster Kreuzzug führt nach Damiette im Nildelta, Sarazenen sollen im Zentrum ihrer Macht angegriffen werden, Kreuzzug erfolglos
1251–1516/17 MAMLUKEN (Militärsklaven) beherrschen Ägypten, Palästina und Syrien 1258 Mongolensturm Bagdad zerstört, Ende der Abbasidenherrschaft
1270 siebenter Kreuzzug führt nach Tunis, erfolglos
1260–1277 Sultan Baibars I. (Ägypten) wehrt Mongolen ab.
1291 Ruhmloses Ende der Kreuzzüge
1291 Die Mamluken zwingen Akko zur Aufgabe. 1291–1517 Palästina wird vernachlässigt, große Teile veröden
1453 Einnahme von Konstantinopel durch den türkischen Sultan Mehmed II. (1451–1481)
1516–1918 OSMANISCHE HERRSCHAFT 1516 /17 Eroberung Syriens, Palästinas und Ägyptens durch Selim I. Javus (dem Grausamen), eigentlicher Gründer des osmanischen Reiches 1529 und 1683 1. und 2. Belagerung Wiens 1543
1543 Sultan Suleiman II. lässt Stadtmauer von Jerusalem errichten; Gesetzgebungswerk Nach seiner Herrschaft wird Palästina vernachlässigt und verarmt
10.000 v.
7.500 v.
4.000 v.
3.000 v.
2.500 v.
2.000 v.
1.500 v.
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Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
503
NEUZEIT 1798/99 Napoléon Bonapartes ›ägyptische Expedition‹ stößt von Ägypten 1799 nach Palästina vor
1798/99
1806 Mohammed Ali Pascha von Ägypten (türkischer Offizier albanischer Herkunft) schaltet 1811 Mamluken aus erobert 1831 Palästina räumt 1841 auf Druck Englands u. a. europäischer Mächte Palästina 1869 Eröffnung des Suezkanals
1882 Britische Flotte bombardiert Alexandria, Briten besetzen das Land 1897 Theodor Herzl: Erster Zionistenkongress in Basel Ziel: Schaffung eines jüdischen Staates in Palästina 1909 Tel Aviv als jüdische Stadt gegründet 1911 erste Kibbuzim
1914–1918 ERSTER WELTKRIEG/ENDE DER OSMANISCHEN HERRSCHAFT
1914
1914 Ägypten wird britisches Protektorat 1915 Beginn der armenischen Deportation durch die Osmanen (ca. 1,4 Mio Tote) 1916–1918 Revolte auf der arabischen Halbinsel gegen das osmanische Reich Hussein von Mekka kämpft mit Unterstützung der Briten, die den Arabern die Unabhängigkeit versprechen. Vgl. (T.E.) ›Lawrence von Arabien‹ 1917 Balfour-Deklaration Der britische Außenminister Lord A.J. Balfour bekundet gegenüber Baron Rothschild das Wohlwollen, eine ›nationale Heimstätte‹ für das jüdische Volk in Palästina zu errichten. – Die Rechte anderer Gruppen sollen nicht beeinträchtigt werden (Palästina mit ca. 700.000 Einwohnern, darunter 574.000 Muslime, 74.000 Christen und 56.000 Juden). 1917 Jerusalem von Briten erobert 1918 Das osmanische Reich kapituliert und ergibt sich den Briten. 1919 Der Völkerbund begründet das britische Mandat über Palästina.
1.500 v.
1.000 v.
500 v.
1
500 n.
1.000 n.
1.500 n.
2.000 n.
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504
Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
NEUZEIT 1920
1922–1948 BRITISCHES MANDAT ÜBER PALÄSTINA 1920 Teilung des geografischen Palästina; Transjordanien entsteht als Emirat 1923 Weitere Teilung des Territoriums: der Golan kommt zu Syrien 1936–1939 arabischer Aufstand in Palästina wegen starker jüdischer Einwanderung 1939 Peel-Bericht über die Ursachen des Konflikts (benannt nach Lord Robert Peel) sieht die weitere Teilung Palästinas zwischen Juden und Arabern vor 1939 Britisches Weißbuch Einschränkung der jüdischen Einwanderung vorgesehen
1945
1933–1945 Genozid an den Juden in Deutschland und in den von Deutschland eroberten Gebieten wird zu einem wesentlichen Antrieb der vor den Faschisten fliehenden Juden, ein eigenes Land zu fordern. 6 Mio Juden kommen in den Konzentrationslagern um. 1946 Jordanien, Libanon und Syrien werden unabhängig. 1947 (29.11.) UN-Beschluss zur Teilung Palästinas in einen jüdischen und einen palästinensischen Staat 1948 (15.5.) Beendigung des britischen Völkerbundmandates
14.5.1948 GRÜNDUNG DES STAATES ISRAEL Ausrufung durch Ministerpräsident David Ben Gurion, die arabischen Nachbarstaaten überfallen Israel 1948/49 arabisch-israelischer Krieg 1948 (11.12.) UN-Resolution 194: Recht auf Rückkehr der vertriebenen Palästinenser 1948–1949 Altstadt Jerusalems und Westbank von jordanischer Armee besetzt 1949 Waffenstillstand Flucht und Vertreibung von etwa 650.000 Palästinensern 1950 Jordanien wird ›Haschemitisches Königreich‹ (König Abdallah I.) Annektierung der Westbank durch Jordanien 1951 Ermordung des jordanischen Königs Abdallah I. durch einen palästinensischen Nationalisten in Jerusalem; Nachfolger wird dessen kranker Sohn Talal; bereits 1952 folgt sein Enkel Husein II.
10.000 v.
7.500 v.
4.000 v.
3.000 v.
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1.500 v.
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Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
505
NEUZEIT 1956 (26.7.) Ägyptens Präsident Nasser verstaatlicht den Suezkanal
1956
1956 (29.10.) Israel besetzt Sinai (›Suezkrieg‹) 1956 (31.10.) Luftkrieg Frankreichs und Großbritanniens gegen Ägypten 1964 Gründung der PLO, seit 1974 in der UN-Vollversammlung Beobachterstatus 1967 (5.–11.6.) Sechs-Tage-Krieg (Präventiv-Krieg) Israel erobert die Altstadt von Jerusalem, die Sinaihalbinsel, die Westbank, Gaza und den Golan; am 7. Juni 10 Uhr wird die Klagemauer erreicht 500.000 geflohene oder vertriebene Palästinenser UN-Sicherheitsrat verabschiedet die Resolution 242: Räumung der besetzen Gebiete 1970 Nasser stirbt – Anwar es-Sadat wird Nachfolger 1970 ›Schwarzer September‹, Bürgerkrieg in Jordanien, jordanische Armee vertreibt PLO 1973 Yom Kippur-Krieg Ägypten und Syrien greifen Israel am 6. Oktober 1973 an, werden aber abgeschlagen Waffenstillstand am 25./26. Oktober 1973 Verabschiedung der UN-Resolution 338 durch den UN-Sicherheitsrat 1979 UN-Resolutionen 446 und 452 (Verurteilung der israelischen Siedlungspolitik), die seit der Wahl von Menahem Begin 1977 zielstrebig vorangetrieben wird 1979 Camp David-Abkommen: Ägyptisch-israelischer Friedensvertrag 1980 (31.7.) Beschluss der israelischen Regierung zur Vereinigung Jerusalems (›Jerusalemgesetz‹)
1981 Ermordung Sadats durch muslimische Extremisten, Nachfolger wird Hosni Mubarak 1982 Rückgabe des Sinai an Ägypten abgeschlossen 1982 Libanon-Krieg PLO (Arafat) wird im Libanon besiegt und evakuiert; Massaker von Sabra und Schatila – Sharon tritt als Verteidigungsminister zurück 1985 (1.10.) Israelischer Luftangriff auf das PLO-Hauptquartier in Tunis
1.500 v.
1.000 v.
500 v.
1
500 n.
1.000 n.
1.500 n.
2.000 n.
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506
Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
NEUZEIT 1987
1987 Beginn der ersten Intifada, Volksaufstand in den besetzten Gebieten 1988 Arafat erkennt das Existenzrecht Israels an und schwört dem Terrorismus ab. 1988 Jordanien löst seine rechtlichen und administrativen Beziehungen zur Westbank. 1993 Prinzipienerklärung (›Oslo 1‹) gegenseitige Anerkennung zwischen Israel und der PLO, fünfjährige Übergangsphase mit Autonomieregelung für die Palästinenser sowie Verhandlungen über eine endgültige Konfliktregelung 1993 (13.9.) Unterzeichnung der Grundsatzerklärung in Washington 1994 ›Oslo 2‹ Bildung der Palästinensischen Autonomieverwaltung (PA) 1995 (4.11.) Israels Premierminister Rabin wird von einem jüdischen Extremisten erschossen. 1996 Hebron-Protokoll 1998 Ablauf der fünfjährigen Übergangsperiode 1998 (23.10.) Wye River Memorandum: weitere Schritte zur Bildung von zwei selbstständigen Staaten und deren Sicherheit, nicht umgesetzt 1999 (7.2.) Tod des jordanischen Königs Hussein II. 1999 (13.9.) Beginn der Verhandlungen um den endgültigen Friedensvertrag
2000
2000 Truppenrückzug Israels aus dem Libanon 2000 (11.–25.7.) Camp David kein Durchbruch bei den israelisch-palästinensischen Verhandlungen 2000 (21.9.) Einigung über Errichtung eines Tiefseehafens in Gaza 2000 (28.9.) Demonstrativer Besuch des israelischen Oppositionsführers Sharon auf dem Ḥaram ešŠerīf 2000 (29.9.) Beginn der (Zweiten) El-Aqsa-Intifada, dauert bis Ende 2005 2000 Clinton-Friedensplan
10.000 v.
7.500 v.
4.000 v.
3.000 v.
2.500 v.
2.000 v.
1.500 v.
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Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt
507
NEUZEIT 2001-2006 Ariel Sharon Ministerpräsident Israels 2001 ›Mitchel-Report‹ zu den Ursachen der Zweiten Intifada 2002 Selbstmordattentate und israelischer Einmarsch in die palästinensischen Hochburgen 2002/3 ›Road Map for Peace‹ 2005 Israel räumt den Gazastreifen. seit 2003 Bau der israelischen ›Sperranlage‹ 2006/7 Fatah und Hamas separieren nach internen Kämpfen Gazastreifen und Westbank. 2007 Israel erklärt den Gazastreifen zum ›feindlichen Gebiet‹ (Hamasherrschaft). Dez. 2008/Jan. 2009 israelischer Kriegszug gegen Gaza nach stetigem Raketenbeschuss israelischer Gebiete ab 2009 Zweite Amtszeit Benjamin Netanjahus als Ministerpräsident Israels Mai 2010 israelischer Angriff auf die ›Gaza-Hilfsflotte‹ in internationalen Gewässern
1.500 v.
1.000 v.
500 v.
1
500 n.
1.000 n.
1.500 n.
2010
2.000 n.
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509
Transkription
Hebräische und arabische Namen werden – so weit wie möglich – in einer gebräuchlichen deutschen Schreibweise verwendet. Oft wurden aber gerade die vertrauten Ortsnamen in verschiedenen Zeiten für unterschiedliche Ortslagen benutzt, wie das Beispiel Jericho zeigt: Jericho im Alten Testament ›Palmenstadt‹, ›Jerikous‹ in hellenistischer Zeit; das ist der Ort, der heute mit arabischem Namen Tell es-Sulṭān genannt wird. – Jericho in neutestamentlicher/römischer Zeit war ›Hierichous‹ ; das ist der Ort, der heute mit arabischem Namen Tulūl Abū‛l-‛Alāyik heißt. Damit man präzise den Ort benennen kann, den man mit geläufigem Namen beschreibt, werden – wo es notwendig erscheint – die arabischen oder hebräischen Namen lateinschriftlich und in Kursive transkribiert. Grundlage der Transkription ist das System der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft: Lange Vokale erhalten einen waagerechten Strich über den Vokal (ā, ē, ǣ, ī, ō, ū), kurze Vokale bleiben unverändert. Mit æ wird ein S gōl (ein dem ä ähnlicher Laut) bezeichnet. Das ist ein flüchtiger Laut – einem ganz kurzen e ähnlich (z. T. auch fast völlig unterdrückt) – wie bei gekannt, genannt, Bestand usw. Ein ŏ umschreibt das Qāmæṣ ḥaṭūf; ein Ḥāṭēf pataḥ wird durch ein ă und ein Ḥāṭēf s gōl durch æ dargestellt. – Die Konsonanten werden wie in der nachstehenden Tabelle transkribiert: e
e
e
Vieweger (08131) / p. 510 /14.3.12
Umschrift
Aussprache
Arabisch
Hebräisch
‛
Stimmabsatz wie bei The’ater oder ver’eisen
ﺍ
א
b
wie im Deutschen b (Ivrit auch v)
ﺏ
ב
g
wie im Deutschen g
ǧ
stimmhaftes dsch, wie im Englischen vegetable
ﺝ
d
wie im Deutschen d
ﺩ
ḍ
stimmhaftes th, wie im Englischen mother oder that
ﺫ
h
wie im Deutschen h
ﻩ
ה
w
wie im Englischen wall (kein deutsches w!)
ﻭ
ו
z
stimmhaftes s wie bei blasen
ﺯ
ז
ḥ
fast ein ach-Laut wie in Wacht oder bei lachen
ḥ
kräftiges, gehauchtes h
ﺡ
ḫ
ach-Laut wie in Wacht oder bei lachen
ﺥ
ג
ד
ח
ṭ
emphatisches, stimmloses t
ﻁ
ḏ
emphatisches, stimmhaftes th (vgl. ṯ zu ḏ), vgl. im Englischen this
ﻅ
ט
y
wie im Deutschen j
ﻯ
י
k
wie im Deutschen k (Ivrit auch ch)
ﻙ
כ
l
wie im Deutschen l
ﻝ
ל
m
wie im Deutschen m
ﻡ
מ
n
wie im Deutschen n
ﻥ
נ
s
stimmloses s (vgl. unten ś)
‛
stimmhafter Kehllaut – wie der Räusperansatz
ﻉ
ġ
wie Rachen-r
ﻍ
p
arab. f, hebr. f oder p
ﻑ
פ
ṣ
emphatisches s, stimmlos (Ivrit wie tz)
ﺹ
צ
ḍ
emphatisches d, stimmhaft
ﺽ
q
emphatisches, stimmloses k
ﻕ
ק
r
r, arab. intensiv gerolltes Zungen-r
ﺭ
ר
ś
arab. scharfes s; hebr. stimmlos (vgl. s)
ﺱ
שׂ
š
wie im Deutschen sch
ﺵ
שׁ
t
wie im Deutschen t
ﺕ
ת
ṯ
stimmloses th wie im Englischen think oder through
ﺙ
ס ע
Vieweger (08131) / p. 511 /14.3.12
511
Wortschatz für Ausgrabungen in Palästina (Deutsch – Arabisch – Ivrit)
Zahlen und arabische Ziffernfolge Null Eins Zwei Drei Vier Fünf Sechs Sieben Acht Neun
٠ ṣifr ١ wāḥid ٢ ‛iṯnēn ٣ ṯalāṯe ٤ ‛arba‛a ٥ ḫamse ٦ sitte ٧ sab‛a ٨ ṯamāniye ٩ tis‛a
‛æfæs ‛æḥād š nayim š lōšā ‛arbā‛ā ḥamīššā šiššā šiv‛ā š mōnā tiš‛ā
Zehn Elf Zwölf Dreizehn Vierzehn Fünfzehn Sechzehn Siebzehn Achtzehn Neunzehn Zwanzig
‛ašare ‛iḥda‛š ‛iṭna‛š ṯalata‛š ‛arba‛ta‛š ḫamsta‛š sitta‛š saba‛ta‛š ṯamanta‛š tisata‛š ‛išrīn
‛ăśārā ‛aḥad-‛āśār š nēm-‛āśār š lōšā-‛āśār ‛arbā‛ā-‛āśār ḥamīššā-‛āśār šiššā-‛āśār šiv‛ā-‛āśār š mōnā-‛āśār tiš‛ā-‛āśār ‛æśrīm
Dreißig Vierzig Fünfzig Sechzig Siebzig Achtzig Neunzig Hundert Tausend
ṯalaṯīn ‛arbi‛īn ḫamsīn sittīn sab‛īn ṯamanīn tis‛īn miyyeh ‛alf
š lōšīm ‛arbā‛īm ḥamīššīm šiššīm šiv‛īm š mōnīm tiš‛īm mē‛ā ‛ælæf
e e e e e e e e
Vieweger (08131) / p. 512 /14.3.12
Wortschatz für Ausgrabungen in Palästina (Deutsch – Arabisch – Ivrit)
512
Zeitangaben Sonntag Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Samstag
yōm el-aḥad yōm el-iṯnēn yōm eṯ-ṯalāṯe yōm el-arba‛a yōm el-ḫamīs yōm el-ǧum‛a yōm es-sabt
yōm rī‛šōn yōm šēni yōm š līšī yōm r vī‛ī yōm ḥămīšī yōm šiššī šabbāt
Tag Woche Monat Jahr
yōm ‛isbū‛ šahar saneh
yōm šāvūa‛ ḥōdæš šānā
heute gestern vorgestern morgen übermorgen
el-yōm ‛amś ‛awwal ‛amś bukra ba‛d bukra
hayyōm ‛ætmōl šilšōm māḥār mŏḥŏrātayim
e e
Gruß/Wunsch/Höflichkeit
šālōm bōqær ṭōv bōqær ‛ōr ‛æræv ṭōv laylā ṭōv ma š lōm chā (m) ma š lōmech (f) ṭōv (m ‛ōd), tōdā e
b vaqqāšā e
tōdā ‛al lō dāvār mazāl ṭōv kēn lō s līḥā ‛ēn dāvār e
Danke! Antwort darauf Glückwunsch! ja nein Entschuldigung! Antwort darauf
hālō/(birkat) šālōm
e e
Antwort darauf: (sehr) gut, danke Alles in Ordnung! Bitte!
marḥabā marḥabtēn es-salām ‛alēkum wa ‛alēkum es-salām ṣabāḥ el-ḫēr ṣabāḥ en-nūr masā el-ḫēr masā en-nūr tiṣbaḥ ‛alā ḫēr w-inte min ‛ahlu (l-ḫēr) kīf ḥālak (m) kīf ḥālik (f) mabsūṭ/mabsūṭa el-hamdulillah kullu tamām min faḍlak (m) min faḍlik (f) šukran ‛afwan mabrūk na‛am/aywah lā mit‛assif/mit‛assife basīṭah/ma‛lēš
e
Gruß (vgl. ›Hallo!‹) Antwort darauf Gruß (vgl. ›Guten Tag!‹) Antwort darauf Guten Morgen! Antwort darauf Guten Abend! Antwort darauf Gute Nacht! Antwort darauf Wie geht es Ihnen/Dir?
Vieweger (08131) / p. 513 /14.3.12
Wortschatz für Ausgrabungen in Palästina (Deutsch – Arabisch – Ivrit)
513
Personen ‛āmil/‛āmile ‛āmil ‛āṯārī/‛āmila ‛āṯārīye muhandis/muhandise mudīr/mudīre muṣawwir/muṣawwira ṭabbāḫ/ṭabbāḫa rassām/rassāme
pō‛ēl/pō‛ælæt; ‛ōvēd/‛ōvædæt ‛archēōlōg/‛archēōlōgiyyā ‛adrīchāl/‛adrīchālīt m nahēl/m nahælæt ṣallām/ṣallæmæt ṭabbāḥ/ṭabbāḥat śarṭāṭ/śarṭāṭ
Frühstück Mittagessen Abendessen
fuṭūr ġadā ‛ašā
‛ărūḥat-bōqær ‛ărūḥat-ṣohŏrayim ‛ărūḥat-‛æræv
Wasser Tee Kaffee Milch Zucker
mayyeh šāy qahweh ḥalīb sukkar
mayim teh qāfǣ ḥālāv sukkār
Brot Gemüse Früchte
ḫubz ḫuḍrawāt/ḫuḍar fawākeh
læḥæm yārāq/y rāqōt perōt
Gabel Messer Löffel Teller (Trink-)Glas Toilette
šōkeh sikkīneh mal‛aqe ṣaḥin kās bēt el-mayyeh
mazleg sakkīn kaf ṣallaḥat kōs šerūtīm
e
e
Arbeiter/-in Archäologe/-in Architekt/-in Direktor/-in Fotograf/-in Koch/Köchin Zeichner/-in
Mahlzeiten
e
Geografische Bezeichnungen Bach/Fluss/Trockental Berg Bergspitze/Kuppe/Gipfel Ebene (Küsten-)Ebene Fluss Hügel Quelle Senke Senke, kleine Steige
wādī ǧabal rās al-ǧabal biq‛a sahl nahr tell ‛ēn ġōr ġuwēr murtafa‛
naḥal har rōš hāhār biq‛ā mīšōr nāhār giv‛ā ‛ayin/‛ēn, ma‛yān šæqa‛ ma‛ălǣ
Vieweger (08131) / p. 514 /14.3.12
Wortschatz für Ausgrabungen in Palästina (Deutsch – Arabisch – Ivrit)
e
marṣad ṭarīq šarqī[ye] ǧanūbī[ye] ġarbī[ye] šimālī[ye]
‛ēmæq b rēchā mišmār miṣpǣ dæræch/k vīš mizrāḥī d rōmī ma‛ărāvī ṣ fōnī e
qā‛ birke
e
Talebene Teich Wacht Warte Weg/Straße östlich südlich westlich nördlich
e
514
Ortsbezeichnungen bī‛r kafr tell, tulūl (pl.) ḫirbe madīne
b ‛ēr k fār tēl ḥorbā/ḥorbat ‛īr
bēt ḫān qal‛a dēr burǧ ḥafrīye
bayit/bēt ḥān m ṣūdā, ṭīrā minzār migdāl ḥăfīrā
(Acker-)Erde Asche Lehm Sand Fels (koll.) (sing.) Schicht
‛arḍ ramād ṭīn raml ṣaḫr (koll.), ṣaḫra (sing.) ṭabaqah
‛ădāmā ‛ēfær ḥōmær, ṭīṭ ḥōl sæla‛, ṣūr, ṭæræš šichvā
hart weich verbrannt
yābis ṭarī maḥrūq
qāšǣ rach śārūf
e e
Brunnen Dorf Ruinenhügel (pl.) Ruinenstätte Stadt
Gebäude
e
Haus Karawanserei Kastell Kloster Turm Ausgrabung
Stratigrafie
Vieweger (08131) / p. 515 /14.3.12
Wortschatz für Ausgrabungen in Palästina (Deutsch – Arabisch – Ivrit)
515
Farben weiß gelb grün rot blau braun grau schwarz
‛abyaḍ ‛aṣfar ‛aḫḍar ‛aḥmar ‛azraq binnī ramādī ‛aswad
lāvān ṣāhōv yārōq ‛ādōm kāḥōl ḥūm ‛āfōr šāḥōr
Materialien/Artefakte
Töpferwaren Keramik Knochen (Samen-)Korn Stoff/Tuch
ṣuwwān qizāz, zuǧāǧ šaqaf fuḫḫār (koll.), šaqafat fuḫḫār (sing.) fuḫḫār fuḫḫār, ḫazaf ‛aẓm baḏra qumāš
qaddārūt qærāmīqā ‛æṣǣm zæra‛ ‛ārīg
Bronze Eisen Gold Silber
bronz ḥadīd ḍahab fiḍḍa
brōnzā barzǣl zāhāv kæsæf
Armband Figurine Handmühle Krug/Kanne Kochtopf Lampe Messer Münze Muschel Perle Ring
siwār timṯāl ṣeġīr ǧārūše ǧarre/zīr/‛ibrīq qidreh sirāǧ sikkīneh ‛umle ṣadaf ḫarazeh ḫātam, ḫātim
ṣāmīd pislōn maṭḥēn qanqan/kad sīr m nōrā sakkīn maṭbēa‛/maṭb ‛ōt ṣædæf p nīnā, margālīt ṭabba‛at
Mörser Ohrring Schüssel/Schale Siegel Statue Stößel
ǧurn ḥalaq ṣaḥn ḫatm timṯāl kebīr midaqqah
machtēš ‛āgīl q ‛ārā ḥōtām pæsæl, maṣṣēvā mādōch
ṣūr, ‛ævæn ‛ēš z chūchīt šævær k lī ḥæræs e
e
e
e
e e
Flint/Silex Glas Keramikscherbe
Vieweger (08131) / p. 516 /14.3.12
Geräte Bleilot Bleistift Bürste Hacke Hammer Handbesen/Feger Hebel Kamera Kompass Kehrschaufel Kelle (Zweihenkliger) Korb/Gefäß zum Tragen von Erde, Steinen etc. Kugelschreiber Leiter Maßband Matte Nagel Notizbuch Papier Picke/Spitzhacke Radierer Säge Schnur Schubkarre Sieb Stein Stemmeisen/Brechstange Vorschlaghammer Zeichenbrett (Zeichen-)Maßstab
bulbul qalam raṣāṣ furše miǧrafe, minkāš/minkaš šakūš muknise rāfi‛a kamera buṣla mankul masṭarīn quffah
mišqōlæt ‛ippārōn mivræšæt ma‛dēr, makkōš paṭṭīš mivræšæt-yād, mivræšæ mānōf maṣlēmā maṣpēn yā‛ǣ, kaf-‛ašpā kaf-banā‛īm sal
qalam (ḥibir nāšif) sillam šarīṭ el-qiyās ḥaṣīreh mismār daftar waraqah qazmah/fās maḥḥāye, mimḥā minšār ḫēṭ ‛arabīye munḫul ḥaǧar ‛atale, miqṭa‛ miṭraqa lōḥ rasm masṭarah
‛ēṭ kadūrī sullām særæṭ maḥṣælæt masmēr pinqās n yār ma‛dēr maḥaq, mōḥēq massōr, maśśōr ḥævæl, ḥūṭ, p tīl m rīṣā nāfā ‛ævæn mafsælæt kēlāf lūaḥ-śirṭūṭ q nē middā
Auto
sayyāre
m chōnīt
e
e
e
e
e
Vieweger (08131) / p. 517 /14.3.12
517
Glossar
Abbasiden: arabisches Herrschergeschlecht, stellte zwischen 749/750 und 1258 n. Chr. die Kalifen, verlegte die Hauptstadt 762 n. Chr. von Damaskus nach Bagdad, verlor im 10. Jh. die politische Macht über Palästina an die Fatimiden Achämeniden: persische Herrscherdynastie, beherrschte von 539 bis 332 v. Chr. Palästina Aditus: Zugang zu einem Theater, vgl. Vomitorium/-a Adyton (griech. das Unzugängliche): das Allerheiligste eines Tempels (zum Tempel Salomos vgl. Allerheiligstes) Ächtungstexte, ägyptische: Beschwörungstexte gegen Feinde Ägyptens (S. 284) Ätiologie: Literaturgattung, meist in Mythen oder Sagenform, die der Erklärung von ungewöhnlichen Phänomenen wie Naturgebilden, Bauwerken, Bräuchen, Namen u. a. dient Agora: Versammlungs- und Marktplatz einer griechischen Stadt, vgl. das römische Forum Akkadistik: Wissenschaft von der akkadischen Sprache und Kultur, benannt nach der Hauptstadt des ersten Territorialstaates in Mesopotamien Akropolis: Oberstadt, in griechischen Städten befand sich hier die Burg, aber auch öffentliche Bauwerke (Tempel, Paläste u. a.) Alabaster: durchscheinende, feinkörnige Gipsart, verwendet für Gebrauchs- und Ziergegenstände (orientalischer A. ist gelblich, weißer A. wurde in Italien gefunden) Alabastron: beutelförmiges, enghalsiges Salbgefäß ohne Henkel und Fuß, ursprünglich aus Alabaster, später auch aus Glas und Ton Allerheiligstes: !Adyton, im Jerusalemer Tempel (und der Stiftshütte) der hinterste Raum, nur am großen Versöhnungstag vom Hohenpriester zu betreten (Lev 16), im Jerusalemer Tempel ohne Gottesbild Alluvium: Schwemmschicht, Anschwemmung, vgl. Colluvium
Amarnabriefe: aus dem Archiv Amenophis III. und IV. stammende und 1888 in Tell el-‛Amārna aufgefundene internationale Korrespondenz (S. 285) Ambo: kanzelartiges Lesepult in byzantinischen Basiliken Ammoniter: östliche Nachbarn des alttestamentlichen Israel und Juda, Hauptort war Rabbat-Ammon, das heutige Amman Amphitheater: römischer Monumentalbau, bei dem die Zuschauerreihen eine ovale Arena umschließen Amphora: bauchiges Vorratsgefäß mit zwei Henkeln zur Aufnahme von Wein, Öl, Getreide u. a. Annalen: jahrweise Aufzeichnung von Ereignissen (z. B. in königlichen Archiven) Anat: Tochter des El, Schwester und Geliebte Ba‛als (ausführlich S. 258) anthropoid/anthropomorph: menschenähnlich Apodyterium: Umkleideraum in antiken Thermen Apsis: halbrunder (oder mehreckiger), meist auch halbrund überwölbter Raum, östlicher Abschluss christlicher Kirchen Aquädukt: Freispiegelwasserleitung mit natürlichem Gefälle ‛Araba (Wādī el-): zwischen Totem Meer und Golf von Aqaba gelegener Teil des riesigen, von Nordsyrien bis Ostafrika verlaufenden Grabenbruchs (S. 81-83.278 f.) ›Arad Haus‹ : Breitraumhaus, dominierender Baustil im frühbronzezeitlichen Arad (S. 279) Arad-Ostraka: in Arad entdeckte römische Ostraka des 7./6. Jh. v. Chr., sie sind zumeist Eljashib, dem (letzten?) Kommandanten der dortigen Festung zuzuschreiben und geben vorrangig über Nahrungsmittelverteilung und militärische Fragen Auskunft Aramäer: nach dem Alten Testament die Bewohner des Gebiets zwischen Libanon, Taurus, oberem Tigris, Euphrat und arabischer Wüste, die Ara-
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Bāmā: offener (unüberbauter) kultischer (Opfer-) Platz Baptisterium: separierter Taufraum mit Taufbecken bei/an einer Bischofskirche Bar Kochba-Aufstand: zweiter jüdischer Aufstand gegen Rom (132-135 n. Chr.), unter Führung Simon Bar Kochbas (Bar Kōḵ bā; messianischer Würdetitel ›Sternensohn‹ ; vgl. Num 24, 17). Basilika: rechteckiges, drei- oder mehrschiffiges Gebäude, mit einem höheren, breiteren Mittelschiff, in der römischen Architektur ursprünglich als Markt- und Gerichtshalle benutzt, später Bautyp christlicher Kirchen Bauopfer: Fundarrangements von Sachgütern, Tieroder Menschenskeletten; die ursprüngliche Ablage (oder das Opfer) erfolgte meist im Rahmen von Bau- oder Planierungsmaßnahmen, oft ist ein kultischer Zweck zu vermuten Befund: Fundeinheiten, Fundzusammenhänge (Kap. 6.3.2, ferner Kap. 6.4.1) Bema: erhöhter Altarraum byzantinischer Kirchen bzw. der umgrenzte Platz in der Mitte der Synagoge zum Verlesen der Thora (vgl. Dtn 31,11) Bes: ägyptische Gottheit, meist in Zwergengestalt dargestellt, Schutzdämon Bet Ḫilani: Form altorientalischer Paläste in Anatolien und Syrien/Palästina im 1. Jt. v. Chr., typisch ist die von Säulen getragene, durchbrochene Eingangsfront Betyl: aufrecht stehender Stein mit sakraler Funktion, !Mazzebe Bouleuterion/Buleuterion: Gebäude für die Ratsversammlung einer griechischen Stadt B. P.: Before Present (vor 1950) Breitraumhaus: Haus mit rechteckigem Grundriss und einem Eingang an der Längsseite Bronzezeit: Kultur-Epoche, in Palästina zwischen 3200 und 1200 v. Chr. e
mäerstaaten Syriens wurden im 9./8. Jh. v. Chr. von den Assyrern erobert Archäobotanik: Lehre von den im Altertum angebauten, gesammelten und genutzten Pflanzenarten (S. 216 ff.) Archäomagnetismus: temporär wechselnde Ausrichtung und Stärke des Erdmagnetfeldes, deren Parameter für spezielle Orte zu bestimmten Zeiten wieder errechnet werden können, in der Archäologie Grundlage einer Datierungsmethode (Kap. 7.3.4) Archäometrie: Sammelbezeichnung für naturwissenschaftliche Methoden und Verfahren in der Archäologie und der Ur-/Vorgeschichtsforschung Archäozoologie: Lehre von den im Altertum lebenden Tierarten, ihren Relikten sowie ihrer Jagd, Domestikation und Verwertung (Kap. 8.4.4) Architrav: auf Säulen- und Pfeilerreihen ruhender tragender Querbalken Archiv: Einrichtung zur Ermittlung, Sicherung, Bewahrung, Erschließung und Auswertung von Archivgut Areal: Zusammenhängender Grabungsbereich, der in Quadrate (meist 1 1 oder 5 5 m) aufgeteilt wird (Kap. 6.3.2) Artefakt: von Menschen bearbeitetes oder hergestelltes Objekt (S. 103) Aschera/Aschirat: kanaanäisch-phönizische Göttin (ausführlich S. 258) Aschtarte: der babylonischen Ischtar entsprechende Fruchtbarkeits- und Kriegsgöttin (ausführlich S. 259) Astragal: Sprungbein von Schafen, als vierseitiger Würfel/Spielstein benutzbar Atrium: von Säulen getragener zentraler Hof eines römischen Hauses, auch westlicher Vorhof einer byzantinischen Kirche Ayyubiden: ägyptisch-syrisches Herrschergeschlecht mit kurdischem Ursprung (1171-1263 n. Chr.)
Glossar
C-Datierung: Datierung von organischen Materialien anhand ihres Gehaltes am instabilen Kohlenstoffisotop mit der Massezahl 14 (= 14C-Isotope) (Kap. 7.3.2) Caldarium: Heißbaderaum antiker Thermen Cardo (maximus): von Nord nach Süd verlaufende Hauptstraße einer nach klassischem Baumuster
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Ba‛al: westsemitischer Wetter- und Fruchtbarkeitsgott (ausführlich S. 259) Babylonisches Exil: Exilierung der Oberschicht Judas und Jerusalems nach den militärischen Niederlagen 598/7 und 587/6 v. Chr. im Kampf gegen Nebukadnezar II.
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Glossar errichteten Stadt, kreuzt den Decumanus, !hippodamischer Stadtplan Castellum: ein kleine, militärisch genutzte Befestigungsanlage der Römer, zumeist in Grenznähe Cathedra: Sitz des Bischofs in der Apsis einer byzantinischen Kirche Cavea: treppenförmig aufsteigender Zuschauerraum mit halbkreisförmigen Sitzreihen in einem Theater Cella: Hauptraum eines Tempels, in dem das Götterbild stand, griech. !Naos Chalkolithikum: Kupfersteinzeit, in Palästina zwischen 4500 und 3200 v. Chr. Codex: Gesetzes- bzw. Handschriftensammlung (z. B. der biblischen Bücher) in Buchform Colluvium (lat. Gemenge/Wirrwar): Schicht aus uneinheitlich verlagertem Bodenmaterial, entstanden aus umgeschichteten Sedimenten, die sich durch wiederholte Hangabspülungen und Erosionsprozesse gebildet haben, vgl. Alluvium Decumanus: von Ost nach West verlaufende Hauptstraße einer nach klassischem Baumuster errichteten Stadt, kreuzt den Cardo, !hippodamischer Stadtplan Dekapolis: ein der mittelalterlichen Hanse ähnlicher Bund freier hellenistischer Städte Palästinas/Syriens, im Jahre 62 v. Chr. von Pompeius gegründet, bestand bis zum Anfang des 3. Jh. n. Chr. (S. 316) Demotisch: vom späten 8. Jh. v. Chr. bis in römische Zeit besonders auf Papyri und Ostraka verwendete, für die formelhafte Verwaltungssprache entwickelte, gegenüber dem Hieratischen kursivere Form der ägyptischen Schrift, mit vielen Kürzungen und Ligaturen Dendrochronologie: Verfahren zur Altersbestimmung von Hölzern auf Grund ihrer spezifischen Sequenz von Jahresringbreiten (Kap. 7.3.1) Deuteronomisten: im 6. Jh. v. Chr. tätige judäische Schriftsteller, die sich bei der rückschauenden Darstellung der Geschichte ihres Volkes besonders den im Buch Deuteronomium dargelegten Grundsätzen verpflichtet fühlten Diadochen: Nachfolger Alexanders d. Gr., ihre Reiche gingen nach seinem Tod 323 v. Chr. aus dessen Weltreich hervor Diakonikon: Sakristeiraum einer byzantinischen Kirche, angrenzend an den Altarraum
519 Diaspora: in der Minderheit lebende (religiöse, konfessionelle oder ethnische) Gruppe bzw. das von ihr bewohnte Gebiet Diazoma: Zwischengang zwischen den Rängen eines Theaters Dolmen: Grabkammer (der Megalithkulturen), mehrere vertikale Trag- und horizontale Decksteine Dromos: abschüssiger Zugang zu einem Raum, häufig Zugang zu einer Grabkammer Ebla-Texte: ca. 15 000 Schriftträger (Tontafeln, 2. Hälfte des 3. Jt. v. Chr.), im Archiv des Palastes G von Ebla aufgefunden (S. 243) Edomiter: südöstliche Nachbarn des alttestamentlichen Israel und Juda, Kerngebiet im Ostjordanland, südlich des Sered, später nach Westen hin ausgeweitet Eisenzeit: Kultur-Epoche, in Palästina zwischen 1200 und 332 v. Chr. El: männliche semitische, in Syrien/Palästina oft höchste Gottheit (ausführlich S. 259) Elektromagnetische Induktion: geophysikalische Prospektionsmethode in der Archäologie (Kap. 5.5.1c) Engobe: aus Tonschlamm bestehender dicker Schlickerüberzug auf Tongefäßen, der beim Brennen eine gleichmäßige Oberfläche und Farbqualität bewirkt Epigrafik: Inschriftenkunde zur Erforschung, Sammlung und Herausgabe von Inschriftenüberlieferungen Epipaläolithikum (Natuf-Kultur): Übergang von der Alt- zur Jungsteinzeit, in Palästina zwischen 11 000/10 800 und 8500 v. Chr. Evidenz, archäologische: sämtliche Überreste aus der Vergangenheit (S. 103) Exedra: ein halbrunder, nischenartiger Raum, der als Erweiterung eines Saales oder einer Halle dient, im Kirchenbau als Apsis übernommen Exegese: Wissenschaft der Schriftauslegung, Begriff wird besonders für die Auslegung biblischer Texte angewandt Fatimiden: arabisches Herrschergeschlecht, Ursprung in Nordafrika (im heutigen Tunesien), Ägypten wurde ihr Herrschaftszentrum, von hier aus wurden 969 v. Chr. Palästina und Syrien er-
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520 obert, der Ayyubide Saladin setzte ihrer Herrschaft 1171 v. Chr. ein Ende Fayence: Keramik mit glänzender (Zinn/Blei-)Glasur Feuerstein: hartes kieseliges, leicht scharfkantig spaltbares Gestein, !Flint/Silex Fibula (lat. Spange): gleicht einer Brosche oder Sicherheitsnadel Figurine: kleine Figur, kleine Statue Flint (Feuerstein/Silex): hartes kieseliges, leicht scharfkantig spaltbares Gestein, seit früher Zeit zur Herstellung von Werkzeugen (u. a. Faustkeile, Messer, Pfeilspitzen, Schaber, Bohrer), in der Neuzeit zur Erzeugung des Zündfunkens von Gewehren (›Flinten‹) benutzt Flurbegehung: !Survey Forum: öffentlicher Markt- und Versammlungsplatz einer römischen Stadt, vgl. die griechische Agora Fresko: auf feuchtem (Kalk-)Verputz aufgetragene Wandmalerei Frigidarium: Abkühlraum antiker Thermen Geoelektrik: geophysikalische Prospektionsmethode in der Archäologie (Kap. 5.5.1 a) Geomagnetik: geophysikalische Prospektionsmethode in der Archäologie (Kap. 5.5.1 b) Georadar: geophysikalische Prospektionsmethode in der Archäologie (Kap. 5.5.1 e) Geschlossener Fund: mindestens zwei in Beziehung zueinander zu einem Zeitpunkt in die Erde abgelegte Funde (S. 64) Glacis: schräg angeschütteter Erdhang, z. T. mit Kalkschichten überzogen oder mit Steinen belegt/gemauert, zur Verstärkung der oberhalb von ihm angelegten Befestigung(smauer) Glyptik: Steinschneidekunst mit plastischer Bearbeitung von (Halb-)Edelsteinen, Bergkristall u. a. Steinsorten, Technik der Kleinplastik (z. B. Siegel, Gemmen)
Ḫān: arab. für Karawanserei, geschützte Station auf Karawanenwegen Ḫapirū: unterprivilegierte Menschengruppen (›outlaws‹), die im 3./2. Jt. v. Chr. vielfach in Texten erwähnt werden (S. 291) ›Harris-Matrix‹ : Dokumentationssystem der archäologischen Stratigraphie (Kap. 6.2.1) Hasmonäer: jüdisches Herrschergeschlecht (143/
Glossar 142-37 v. Chr.), direkte, allerdings machtpolitisch motivierte Nachfahren der Makkabäer Hathor: ägyptische Göttin der Liebe und des Himmels, in Theben auch Totengöttin, Gattin des Horus, oft mit Kuhhaupt oder -hörnern abgebildet Herbarium: Sammlung von konservierten Pflanzen (-beispielen) Hethiter: indogermanisches Volk, errichtete im 2. Jt. v. Chr. ein Großreich im östlichen Anatolien, Hauptstadt Ḫattuša, zu Beginn des 12. Jh. v. Chr. im Seevölkersturm untergegangen, kleinere Nachfolge-Königtümer im nordsyrischen Bereich bis ins 8./7. Jh. v. Chr. Hieratisch: von der Frühzeit bis ins 7. Jh. v. Chr. verwendete, durch Priester entwickelte vereinfachte Hieroglyphenschrift, beim Übergang des Schriftträgers von Stein zu Papyrus entstanden, nach dem 7. Jh. v. Chr. nur noch bei religiösen Texten verwendet Hieroglyphen: Schrift, die durch Phonogramme (Lautzeichen), Semogramme (Bedeutungszeichen), Determinative (Deutzeichen) und phonetische Komplemente die ägyptische (hamitosemitische oder afroasiatische) Sprache ausdrückte Hippodamischer Stadtplan: typischer karreeförmiger Aufriss hellenistisch-römischer Städte, geht nach allgemeiner Meinung auf Hippodamus von Milet (5. Jh. v. Chr.) zurück, die Stadtanlage von Dor zeigt den vorgriechischen, phönizischen Ursprung der Idee (Kap. 9.6.1) Hippodrom: Rennbahn für Pferde- und Wagenwettstreite Ḫirbe: Ruinenhügel mit (in der Regel) wenigen horizontal übereinander lagernden Kulturschichten (S. 96) Hoher Rat: (auch: Sanhedrin/Synedrium) religiöse und politische Repräsentanz der Juden unter dem Vorsitz des Hohenpriesters in der Provinz Judäa (71 Mitglieder), nach der Tempelzerstörung 70 n. Chr. unter starkem Einfluss der Rabbinen, trat bis ins 5. Jh. n. Chr. außerhalb Jerusalems zusammen ›Holemouth-Gefäß‹ : Keramiktyp, bes. der frühen Bronzezeit mit kreisrunder, weiter Öffnung, bei der die Wandung ohne Schulter in die Lippe übergeht ›Homo erectus‹ : Hominide wie der ›Homo sapiens‹, markanter Schädel, beachtliche Gehirn- und Kör-
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Glossar pergröße, verlängerte Kindheit, vor mind. 1,5 Mio Jahren nachgewiesen ›Homo sapiens‹ : Hominide (wie der ›Homo erectus‹) mit zwei Unterarten, dem heute lebenden ›Homo sapiens sapiens‹ und dem ausgestorbenen ›Homo sapiens neandertalensis‹ Hortfund: Depotfund, Sammelfund von mehreren, gleichzeitig abgelegten, meist wertvollen Gegenständen, die aus kultisch-religiösen Gründen oder zur Überdauerung gefahrvoller Zeiten vergraben oder versteckt wurden Hyksos: semitische Herrscher in Ägypten, stellten die 15. (und 16.) ägyptische Dynastie, Hauptstadt Auaris im Nildelta Hypokausten: Heizungsanlage unter dem Fußboden antiker Thermen oder Wohnräume Idol: Kultbild, Gegenstand religiöser Verehrung, auch anikonisch, häufig Bezeichnung für Kultfiguren Ikonografie: Methode der Kunstgeschichte zur Erforschung von Bildinhalten ›in situ‹ : Befund am Fundort im ursprünglichen Gebrauchs-Kontext Insula: von Straßen eingeschlossener Wohnblock einer antiken Stadt Ischtar: babylonische Fruchtbarkeits- und Kriegsgöttin (vgl. Aschtarte; S. 259) Israeli/-n: Staatsbürger/-in des modernen Israel israelisch: dem 1948 gegründeten Staat Israel zugehörig Israelit/-in: Bewohner/-in des alttestamentlichen Staates Israel, Gebiet nördlich von Juda israelitisch: mit dem alttestamentlichen Israel in Verbindung stehend Ivrit: modernes, heute gesprochenes Hebräisch Jahwe: Staatsgott der Israeliten/Judäer, einziger Gott im Bekenntnis der Juden (S. 260 f.) Judäer/-in: Bewohner/-in des Staates/Gebietes Juda in alttestamentlicher Zeit (vor 587 v. Chr.), Hauptstadt Jerusalem judäisch: dem alttestamentlichen Staat oder Gebiet Juda zugehörig Jude/Jüdin: seit der Perserzeit Angehörige/r der Glaubensgemeinschaft/ethnischen Gruppe der Juden jüdisch: zum Judentum gehörig
521 Kanaanäer: im Alten Testament pauschal die vorisraelitischen Bewohner Palästinas Karawanserei (arab. Ḫān): geschützte Station auf Karawanenwegen Karination: scharf profilierte Gefäßschulter (Knickwand) Kartusche: ovale Umrahmung der Königsnamen in der Hieroglyphenschrift Kasemattenmauer: parallel zueinander errichtete Stadtmauern, die durch rechtwinklig eingezogene Trennwände verbunden wurden und deren Zwischenräume zuweilen als (Wohn- oder) Lagerstätten dienten Keilschrift: Ende des 4. Jt. v. Chr. von den Sumerern entwickelte Schrift, die Entwicklung zur Silbenschrift gelangte nicht zum Abschluss, sodass Semogramme (Bedeutungszeichen) stets erhalten blieben, Schriftbild in typischer Keilform Kemosch: semitische Gottheit, in Moab im Range eines Staatsgottes ›Königsweg‹ : während der Eisenzeit wichtigste transjordanische Nord-Süd-Verbindung zwischen Damaskus und dem Golf von Aqaba (S. 84) Koine: allgemeine Verkehrssprache im Hellenismus, sprachgeschichtliche Weiterentwicklung des klassischen Griechisch Kolonnade: Säulenreihe mit Querbalken (Architraven), zur Repräsentation an Plätzen und Straßen (mit geschlossener Rückwand: Portikus) Konfidenzintervall/Vertrauensintervall: Bereich, innerhalb dem mit einer angegebenen Wahrscheinlichkeit der wahre Wert eines untersuchten Sachverhalts liegt (z. B. bei der 14C-Analyse die gesuchte Datierung innerhalb einer angegebenen Zeitspanne) konservieren: etwas unversehrt erhalten, bewahren Konservierung: wissenschaftlich begründete Eingriffe in die Substanz eines Objekts, um dieses mit so wenig Veränderungen wie möglich zu erhalten und zu schützen oder seinen Verfall zu minimieren Koptisch: ägyptische Sprache der christlichen Ägypter, seit etwa 150 n. Chr. mit einem erweiterten griechischen Alphabet geschrieben Lachisch-Ostraka: 21 hebräisch beschriebene Scherben, die aus der Sicht des Außenpostens Hoschajahu über das im 6. Jh. v. Chr. erfolgte Anrücken
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522 des Heeres von Nebukadnezar II. berichten, gefunden im Tor der in babylonischer Zeit zerstörten Stadtanlage von Lachisch Lachisch-Relief: Relief, das die Einnahme der Stadt Lachisch zeigt; angebracht im Südwestpalast Sanheribs in Ninive (Kap. 9.5.4) Langhaus: Haus mit rechteckigem Grundriss und Eingang an der schmalen Hausseite Lapislazuli: undurchsichtiger, tiefblauer Lasurstein, als Schmuckstein oder als gemahlener Rohstoff für Ultramarinblau verwendet Levante (südliche): (ital. [Sonnen-]Aufgang) geografischer Begriff für die östlichen Mittelmeerländer, südliche Levante und Palästina werden häufig parallel gebraucht Luftbildprospektion: Methode zur Erkundung oberflächennaher Altertümer aus der Vogelperspektive (Kap. 5.4) Makkabäer: nach Judas Makkabäus benanntes jüdisches Herrschergeschlecht, kämpfte ab 167 v. Chr. gegen die (antijüdischen Gesetze der) Seleukidenherrschaft, auch !Hasmonäer Mamluken (arab. Sklaven): Militärsklaven, die seit dem 9. Jh. n. Chr. in Ägypten, Palästina und Syrien Kriegsdienst leisteten und ab 1251 bis zur osmanischen Eroberung 1516/17 n. Chr. diese Gebiete beherrschten, Einfluss im osmanischen Reich bis 1811 n. Chr. Marduk: Stadtgott von Babylon, später oberster Gott des babylonischen Reiches (S. 257) Mari-Texte: über 20 000 im Palast der Stadt Mari aufgefundene Keilschrifttafeln, 18. Jh. v. Chr. (S. 284) Mausoleum: monumentales Grabmal, benannt nach König Mausolos Mazzebe: aufgerichteter Stein, z. T. bearbeitet oder bemalt, verwendet als Grenzstein bzw. als Graboder als Kultstele, vgl. Betyl Menora: siebenarmiger Leuchter, Kultgerät im Jerusalemer Tempel, von den Römern 70 n. Chr. als Beute nach Rom gebracht und auf dem Titusbogen abgebildet Mihrab: Gebetsnische in einer Moschee, in Gebetsrichtung (Kibla) nach Mekka ausgerichtet Mikrolith: sehr kleine Artefakte aus Feuerstein, !Flint
Glossar Milkom: semitische Gottheit, in Ammon im Range eines Staatsgottes Minarett: Turm einer Moschee, oft mit Galerie, von der aus ein Muezzin die Gläubigen zum Gebet ruft Miqwe (hebr. Wasseransammlung): rituelles Bad für vorgeschriebene Bäder und Waschungen mit lebendigen, d. h. fließendem Wasser in der jüdischen Religion Mitanni: hurritisches Reich, das vom 16. Jh. v. Chr. bis zur endgültigen Niederlage gegen die Hethiter im 14. Jh. v. Chr. ein zeitweise vom Mittelmeer bis zum Zagrosgebirge reichendes Gebiet beherrschte Moabiter: östliche Nachbarn des alttestamentlichen Israel und Juda, Kerngebiet zwischen Arnon und Sered Monolith: einzelner Steinblock (z. B. unbearbeitetes Steinmonument, Pfeiler eines Gebäudes oder kunstvoll zugehauene Stele) Moschee: Gotteshaus der Muslime, täglich fünf Gebetsgottesdienste, freitags Predigtgottesdienst Nabatäer: nordwestarabischer Volksstamm, seit dem 5./4. Jh. v. Chr. im südlichen Transjordanland beheimatet, Petra wurde palästinisches Zentrum des bis tief in die arabische Halbinsel reichenden Karawanenhandels, 106 n. Chr. von Trajan besiegt, fortan Teil der ›Provincia Arabia Petraea‹ Naos: Hauptraum griechischer Tempel, in dem das Götterbild stand, lat. !Cella Narthex: Vorhalle einer byzantinischen Kirche Natuf-Kultur: epipaläolithische Phase der Kulturentwicklung, zwischen 11 000/10 800 und 8500 v. Chr. Neanderthal: Fundstätte (1856) der ersten Relikte (u. a. Schädeldecke) eines nach diesem Tal benannten Hominiden der Art ›Homo sapiens‹, Unterart ›Homo sapiens neandertalensis‹ Nekropole (griech. Totenstadt): Anlage für Begräbnisstätten, Friedhof Neolithikum: Jungsteinzeit, in Palästina zwischen 8500 und 4500 v. Chr. Numismatik: Münz- und Medaillenkunde Nymphaeum: Brunnenanlage aus klassischer Zeit in Städten oder Villen, ursprünglich als Heiligtum der Nymphen (Quellgottheiten) verstanden
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Glossar Obsidian: schwarzes oder dunkelgraues bis -braunes glasig erstarrtes vulkanisches Gestein, kommt vor allem in der Türkei und in der Ägäis vor Obsidiandatierung: naturwissenschaftliche Datierungsmethode (Kap. 7.3.5) Odeion/Odeum: kleiner Theaterbau, vorwiegend für Musikdarbietungen oder Lesungen genutzt Ökofakt: organisches Material, Bestandteil der natürlichen Umwelt (S. 103) Omayyaden: erstes arabisches Herrschergeschlecht, regierte von 661 bis 749/750 n. Chr. in Damaskus, die Eroberungen reichten bis Spanien, Herrschaft dort von 756 bis 1031 n. Chr., Hauptstadt Córdoba Onomastikon: (Wörter-)Verzeichnis, z. B. von biblischen Ortsnamen durch Eusebius Orchestra: im Theater der Platz für den Chor (griech.), ungefähr halbkreisförmiger Platz zwischen Spielfläche und Zuschauerraum (röm.) Orthostat: große Steinplatte, die hochkant stehend zur repräsentativen Verkleidung des Sockels eines Hauses (z. B. eines Tempels oder Palastes) diente, bei den Assyrern und Hethitern sehr häufig mit Reliefs versehen Osmanen (Ottomanen): von Osman I. Ghasi begründete Dynastie, beherrschte von 1516/17 n. Chr. bis in die Zeit des ersten Weltkrieges Palästina Ossuar/Oss(u)arium: antike Urne, kastenartiger Behälter für Gebeine Osteologie: Lehre vom Bau der Knochen Ostrakon(-a): beschriftete Scherbe(n), der(/die) billige(n) ›Notizzettel‹ des Altertums Paläografie: Wissenschaft von den Schriftarten des Altertums und der Prähistorie und ihrer Entzifferung, vgl. Epigrafik Paläoklimatologie: Wissenschaft von der Erforschung der klimatischen Entwicklung in der Vergangenheit und der daraus für Menschen, Flora und Fauna folgenden Lebensbedingungen (Kap. 8.3.3) Paläolithikum: Altsteinzeit, in Palästina zwischen 3/ 2,5 Mio und 11 000/10 800 v. Chr. Paläopalynologie: Lehre von der Untersuchung fossiler Sporen und Pollen, dient u. a. der Rekonstruktion von Vegetations- und Klimabedingungen in der Vergangenheit (Kap. 8.4.2) Palästinenser/-in: Angehörige/r einer modernen Volksgruppe, die das geografische Gebiet Palästi-
523 na als ihre Heimat ansieht und im Gaza-Streifen sowie in der ›West Bank‹ einen eigenen Staat anstrebt palästinensisch: der modernen arabischen Volksgruppe der Palästinenser zugehörig palästinisch: mit dem Gebiet des geschichtlichen Palästina in Verbindung stehend Palästra: Übungsstätte und Austragungsort für Wettkämpfe der Ringer Palestine Grid: Regionales Koordinatennetz zur Kartografie in Palästina (S. 114 f.) Papyri: auf Papyrus geschriebene Texte Peristyl: um einen Innenhof gelegene Säulenhalle eines griechisch-römischen Hauses bzw. einer byzantinischen Kirche Philister: Indogermanen, die im Rahmen der ›Seevölkerwanderung‹ nach Ägypten drängten, von Ramses III. militärisch besiegt wurden (S. 291) und ab dem 12. Jh. v. Chr. in der südlichen Küstenebene siedelten (Pentapolis: Gaza, Aschdod, Aschkelon, Gat, Ekron), verloren mit der assyrischen und babylonischen Expansion (8.-6. Jh. v. Chr.) ihre Selbstständigkeit Phönizier: semitische Stadtstaaten (u. a. Byblos, Sidon und Tyrus) an der Küste Syriens am Ende des 2. und während des 1. Jt. v. Chr., Einfluss bis zum Karmelgebiet und z. T auf die gesamte palästinische Küstenebene, als Händler und Seefahrer erfolgreich, die berühmteste der gegründeten Handelskolonien war Karthago Phosphatanalyse: chemische Methode, dient in der Archäologie zum Nachweis menschlicher Besiedlung sowie zur Bestimmung der Funktion einzelner Bauten innerhalb von Ortslagen (Kap. 5.5.2) Pithos: großes Vorratsgefäß Planum: natürlicher oder künstlicher Horizont einer Ausgrabungsfläche (Kap. 6.3.2) Pollendatierung: Datierung bzw. zeitliche Gruppierung aufgrund von stratigraphisch geordneten Vegetationsdaten, die über eine Pollenanalyse ermittelt werden (Pollendiagramm; Kap. 7.3.6) Portikus (griech. Stoa): Säulenhalle mit geschlossener Rückwand, in offener Form an Straßen und Plätzen: Kolonnade Poterne: enger und niedriger Durchgang durch eine Stadtmauer Profilsteg: Erdmauer zwischen den bei der Ausgra-
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524 bung eingetieften Grabungsquadraten zur Dokumentation der stratigrafischen Zusammenhänge (Kap. 6.3.2) Propyläen: repräsentativer Torbau vor Heiligtümern und Palästen Proscenium/Proszenium: Spielfläche vor der Schaufassade (Scaenae frons) eines Theaters Ptolemäer: von Ptolemaios I. Soter(?) 323 v. Chr. begründete makedonische Dynastie, beherrschte einen der Diadochenstaaten, Hauptstadt Alexandria, Kernland Ägypten, 30 v. Chr. ins Römische Reich einbezogen Qaus: semitische Gottheit, in Edom im Range eines Staatsgottes Radiokarbonmethode: physikalische Methode zur Datierung von organischen Materialien, !14C-Datierung Relikt: Überbleibsel, Restbestand Replik: Nachbildung renovieren: etwas erneuern, instandsetzen Restaurierung: Vorgang, durch den ein Objekt so weit wie möglich oder so weit wie gewünscht in einen früheren Zustand zurückgeführt wird; dabei kann die Reproduktion verlorener Teile oder die Entfernung nachträglicher Ergänzungen notwendig werden Röntgenfluoreszenz: Analysemethode, in der Archäometrie zur Bestimmung der chemischen Zusammensetzung von Keramik benutzt (S. 232) Rollsiegel: aus Ton, Holz oder Stein (oft auch aus repräsentativem Edelstein) geschnittenes Siegel, in Palästina oft aus Mesopotamien oder Syrien importiert und mit (mythologischen) Szenen verziert, wurde über weiches, später erstarrendes Material (z. B. Ton oder Wachs) abgerollt Sadduzäer: religiös-politische Gruppe des Judentums, entscheidende Kraft im Synedrion, stellte mehrmals den Hohenpriester, erkannte nur die Thora an und lehnte so den Glauben an eine Auferstehung nach dem Tode ab, nach der Tempelzerstörung 70 n. Chr. ohne Einfluss Samaria-Ostraka: 75 aus einem Nebengebäude des israelitischen Palastes von Samaria stammende, beschriftete Scherben mit Angaben zu Lieferun-
Glossar gen von Öl und Wein (Zeit des Joas 802/1-787/6 v. Chr. sowie Jerobeams II. 787/6-747/6 v. Chr.) Sanhedrin: !Hoher Rat Sarkophag: Prunksarg, hergestellt aus Stein, Holz, Ton oder Metall Satrapie: Provinz im Achämenidenreich mit administrativen, richterlichen und militärischen Befugnissen, unter Alexander d. Gr. auf Verwaltungsaufgaben beschränkt Scaenae frons: Schaufassade eines Theaters Schasu (Š3św): semitische Nomaden, die in ägyptischen Texten genannt werden Schefela: recht fruchtbares palästinisches Hügelland zwischen dem Küstenstreifen und dem judäischen bzw. ephraimitischen Bergland Science Center: Ausstellung, die häufig unter Verwendung von interaktiven Modellen und Nachbildungen besonders die eindrucksvollen Seiten der naturwissenschaftlichen Forschung darstellt Seevölker: Indogermanen, die im Rahmen der ›Seevölkerwanderung‹ nach Ägypten drängten, von Ramses III. abgewehrt wurden (S. 291), auch !Philister Seismik: geophysikalische Prospektionsmethode in der Archäologie (Kap. 5.5.1 d) Seldschuken: türkischer Volksstamm, besiegte 1071 v. Chr. den byzantinischen Kaiser Alexios Komnenos bei Manzikert, eroberte Nicaea und Smyrna, Palästina z. T., Jerusalem (1077 v. Chr.) und schließlich Antiochia (1085 v. Chr.) Seleukiden: von Seleukos I. Nikator 312 v. Chr. begründete Dynastie, beherrschte einen Diadochenstaat, Kernland war Syrien, 64 v. Chr. ins Römische Reich einbezogen Silex: hartes kieseliges, leicht scharfkantig spaltbares Gestein, !Flint/Feuerstein Skarabäus: Blatthornkäfergattung, im alten Ägypten mit dem Gott Chepre (gleichgesetzt mit dem Sonnengott Re) identifiziert Skriptorium: Schreibstube, Raum zur handschriftlichen Vervielfältigung bzw. Erstellung von Urkunden Sondage: Ausgrabung in einem begrenzten Bereich, bes. zur Klärung der Schichtenfolge, der Erdboden wird in künstlichen Strata abgehoben (S. 122 f. und 153 f.)
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Glossar Spolie: wiederverwendetes Element aus einer älteren Installation oder einem früheren Bauwerk Steatit: Speckstein Stele: aufgerichteter Stein oder Pfeiler, !Mazzebe Stempelsiegel: älteste, aus dem Vorderen Orient stammende Siegelform, geschnitten aus Ton, Holz oder Stein, wurde in weiches, später erstarrendes Material (z. B. Ton oder Wachs) gedrückt Stoa (lat. Portikus): Säulenhalle mit geschlossener Rückwand, in offener Form an Straßen und Plätzen: !Kolonnade Stratifikation: Abfolge einer archäologischen Schichtung, entstanden durch menschliche und natürliche Einwirkungen auf eine historische Bodenquelle (Kap. 6.2) Stratigrafie: Beschreibung der durch Ausgrabung zerstörten Stratifikation einer archäologischen Fundstelle (Kap. 6.2) Stratum: eine Besiedlungsschicht und damit ein wichtiger Abschnitt der Geschichte eines archäologischen Ortes, einheitliches Stadium des Lebens einer Ortschaft, zu natürlichen, anthropogenen und künstlichen Strata s. Kap. 6.2.2 Stylit: ›Säulenheiliger‹, Person, die auf einer Säule (oder säulenähnlichen Konstruktion) ihre asketischen Mönchsideale verwirklicht (z. B. ohne eigenes Haus zu sein und nur vor Gott zu stehen). Diese Asketen besaßen in Syrien und Palästina im 4.6. Jh. n. Chr. hohes Ansehen Survey: nach methodischen Vorgaben ausgeführte, systematische Oberflächenuntersuchung eines archäologischen Befundes, z. B. eines Tells (Kap. 5.3.1) Synagoge: Gottesdienstort der jüdischen Gemeinde, seit der Zerstörung des Jerusalemer Tempels 70 n. Chr. Zentrum des religiösen Lebens, stets ausgestattet mit einem Thoraschrein und dem in dessen Nähe brennenden ›ewigen Licht‹ Synedrium: !Hoher Rat Synthronon: meist in der Apsis einer byzantinischen Kirche befindliche halbkreisförmige Sitzbank des Klerus Tabula Peutingeriana: nach dem Humanisten Konrad Peutinger (1465-1547) benannte Kopie einer Landkarte aus dem 12./13. Jh. n. Chr., geht zurück auf eine im 4. Jh. n. Chr. gefertigte römische Welt-
525 karte, die das Gebiet von Britannien bis nach China kartografierte (S. 24 Abb. 5) Tabun: Bezeichnung für einen Ofen zum Backen von Fladenbrot Tammuz (auch Dumuzi): sumerischer Gott, nach dem Mythos von Inannas Gang in die Unterwelt dorthin verbannt, daher Unterweltsgott Taphonomie, archäologische: Lehre von den beabsichtigten und unbeabsichtigten Ursachen einer Fundvergesellschaftung oder eines Befundes sowie deren durchlaufene Veränderung (Sommer 1991, 51-174). Tell: Ruinenhügel mit (in der Regel) mehreren horizontal übereinander lagernden Kulturschichten (S. 94) Temenos: von der profanen Umgebung abgegrenzter heiliger Bezirk um einen Kultplatz oder Tempel Tephrochronologie: Methode der Gliederung und Datierung geologischer Ablagerungen mit Hilfe der durch Wind verbreiteten Vulkanasche, deren Alter und Herkunft bekannt ist (vgl. Kap. 7.4) Tepidarium: Raum mittlerer Temperatur in antiken Thermen Terebinthe: biblische Bezeichnung der beiden Arten ›Pistacia palaestina‹ und ›Pistacia atlantica‹ (= Terpentinbaum), die ›Pistacia lentiscus‹ kommt in Palästina meist nur in Strauchform vor, die ›Pistacia vera‹ (von der die Pistaziennüsse stammen) ist in der biblischen Zeit in Palästina nicht belegt ›Terminus a quo‹ : Zeitpunkt, von dem an etwas galt oder geschah (S. 178) ›Terminus ad quem‹ : Zeitpunkt, bis zu dem etwas galt oder geschah (S. 178) ›Terminus ante quem‹ : Zeitpunkt, vor dem etwas galt oder geschah (S. 178) ›Terminus post quem‹ : Zeitpunkt, nach dem etwas galt oder geschah (S. 178) ›Terra rossa‹ : bräunlich rote, fruchtbare, tonige Erde (S. 210) ›Terra sigillata‹ (›gesiegelte(r) Erde/Ton‹): feines römisches Tafelgeschirr der römischen Kaiserzeit, Keramik mit hochrotem, gleichmäßigem Glanztonüberzug, benannt nach dem eingedrückten Herstellerzeichen, häufig mit plastischem Dekor, seit 30 v. Chr. in Arretium (Italien) fabriziert, später in Werkstätten des gesamten Römischen Reichs Tessera(-ae): würfelförmige(r) Mosaikstein(e)
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526 Tetrapylon: häufig am Kreuzungspunkt von Cardo und Decumanus errichteter vierseitiger Torbau theomorph: von göttlicher Gestalt, Gott-ähnlich Thermen: antike Badeanlagen Thermolumineszenz: physikalische Eigenschaft, die zum Echtheitstest und zur Altersbestimmung von Keramik benutzt wird (Kap. 7.3.3) Transhumanz: Weidewechsel halbnomadischer Gruppen im jahreszeitlichen Rhythmus zwischen den Winterweiden in Gegenden mit geringeren Niederschlägen und den Sommerweiden, die sich oft im Besitz/Umkreis sesshafter Bevölkerungsgruppen befanden Tympanon: oft künstlerisch ausgestaltetes Bogenfeld über dem Türsturz eines Portals Typologie: Methode der (relativchronologischen) Klassifikation (Kap. 7.2.3) Typ(us): eine Gruppe von archäologischen Funden, die auf Grund wichtiger Charakteristika zueinander in Beziehung gesetzt werden können Ugarit: prosperierende Hafen- und Handelsstadt, Fundort Tausender Tontafeln, im phönizischen Bereich wurde die 27 (+3) Schriftzeichen umfassende Alphabetschrift erfunden, heute Rās [eš-] Šamra (S. 253) Uräus: in Nord- bis Südostafrika sowie auf der Arabischen Halbinsel heimische Kobra, Symbol des Herrschers in der altägyptischen Kunst Vertrauensintervall: !Konfidenzintervall ›Via maris‹ : auf palästinischem Boden traditionell wichtigster Verkehrsweg in Nord-Süd-Richtung, verlief entlang der Küstenebene (S. 84 f.)
Glossar ›Via nova Traiana‹ : wichtigste transjordanische Nord (Damaskus)-Süd (Golf von Aqaba)-Verbindung im römischen Straßensystem Vierraumhaus: in der Eisenzeit Palästinas vorherrschender Bautyp, um einen Innenhof gruppierten sich Nebenräume und ein Haupt-, d. h. Wohnraum, der auch zweistöckig ausgeführt werden konnte (S. 48 Abb. 34) Vomitorium(-a): Zugang/Zugänge zu einem Theater, vgl. !Aditus Wadi: Tal, in dem nur zur Regenzeit Wasser oberirdisch fließt Weli: Monument zu Ehren eines muslimischen Heiligen oder Frommen Wüstenschloss: heute meist in Wüstengebieten gelegene repräsentative Gebäude(anlage) mit ehemals unterschiedlicher Funktion (Kap. 9.9) Zikkurat: in Stufen ansteigender, turmartiger Tempelbau Mesopotamiens, vgl. als besterhaltenes Beispiel die Zikkurat des Nanna in Ur (Mondgott), Gen 11, 1-9 bezieht sich auf den Tempelturm zu Babel Zitadelle: Festungsbau innerhalb(/bei) der Verteidigungsanlage einer Stadt, Verteidigungskern zoomorph: von tierähnlicher Gestalt Zweitbestattung: Umbettung einer bereits zuvor bestatteten Person (z. B. ihrer Knochen in ein Ossuar) zyklopisch: megalithische Strukturen, Zyklopen galten im Altertum als Erbauer von Mauern der Megalithkultur aus riesigen Steinen, die ohne Mörtel zusammengefügt waren
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564 Zwickel, W., Der Tempelkult in Kanaan und Israel. Studien zur Kultgeschichte Israels von der Mittelbronzezeit bis zum Untergang Judas (FAT 10), Tübingen 1994. – Art. Kulthöhe, NBL II, Zürich 1995, 562-564.
Zitierte Literatur – Der salomonische Tempel (Kulturgeschichte der Antiken Welt 83), Mainz 1999. – (ed.), Calwer Bibelatlas, Stuttgart 2000. – Einführung in die biblische Landes- und Altertumskunde, Darmstadt 2002.
Vieweger (08131) / p. 565 /14.3.12
Abkürzungen und Sigla
Allgemeine Abkürzungen ÄMK AM arab. AT B. P. BAI BM CM DAI DEI
FS griech. hebr. Hl. IB IFAPO
Ägyptisches Museum, Kairo Ashmolean Museum, Oxford Arabisch Altes Testament Before Present (d. h. vor 1950) Biblisch-Archäologisches Institut, Wuppertal British Museum, London Cyprus Museum, Nicosia Deutsches Archäologisches Institut Deutsches Evangelisches Institut für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes Festschrift Griechisch Hebräisch Heiliger/Heilige Iraq-Museum, Bagdad Institut Français d’Archéologie du Proche-Orient
Inv.-Nr. IM ital. ivr. Kap. lat. Louvre MM MOA
türk.
Inventar-Nummer Israel Museum, Jerusalem Italienisch Ivrit Kapitel Lateinisch Musée du Louvre, Paris Metropolitan Museum, New York Museum für orientalische Altertümer, Istanbul Neues Testament Parallelüberlieferung/-en in den Evangelien Polnisch Rheinisches Landesmuseum in Bonn (lat. scilicet) das heißt, nämlich, so viel wie Staatliche Museen zu Berlin. Preußischer Kulturbesitz Türkisch
SB EZ Pers Hell Röm Byz Om FAr SAr Osm
späte Bronzezeit/Spätbronzezeit Eisenzeit persische Zeit hellenistische Zeit römische Zeit byzantinische Zeit omayyadische Zeit früharabische Zeit spätarabische Zeit osmanische Zeit
NT par./parr. poln. RLB scil. SMPK
Archäologische Zeiten PPN PPNA PPNB PN Chalk FB MB
vorkeramisches Neolithikum/Pre-Pottery Neolithic vorkeramisches Neolithikum A/PrePottery Neolithic A vorkeramisches Neolithikum B/PrePottery Neolithic B keramisches Neolithikum/Pottery Neolithic Chalkolithikum frühe Bronzezeit/Frühbronzezeit mittlere Bronzezeit/Mittelbronzezeit
Vieweger (08131) / p. 566 /14.3.12
566
Abkürzungen und Sigla
Abkürzungen biblischer Bücher Altes Testament Gen Ex Lev Num Dtn Jos Jdc I-II Sam I-II Kön Jes (Dtjes, Trjes) Jer Ez Hos Joel Am Ob Jon
Genesis (1. Buch Mose) Exodus (2. Buch Mose) Leviticus (3. Buch Mose) Numeri (4. Buch Mose) Deuteronomium (5. Buch Mose) Josua Judices (Richter) 1. und 2. Buch Samuel 1. und 2. Buch der Könige Jesaja (Deuterojesaja, Tritojesaja) Jeremia Ezechiel Hosea Joel Amos Obadja Jona
Mi Nah Hab Zeph Hag Sach Mal Ps Hi Prov Ruth Cant Koh Thr Est Dan Esr Neh I-II Chr
Micha Nahum Habakuk Zephanja Haggai Sacharja Maleachi Psalm(en) Hiob Proverbia (Sprüche) Ruth Canticum (Hoheslied) Kohelet (Prediger) Threni (Klagelieder) Esther Daniel Esra Nehemia 1. und 2. Buch der Chronik
Tob Weish
Tobit Weisheit Salomos
I-II Thess I-II Tim Tit Phlm Hebr Jak I-II Petr I-III Joh Jud Apk
1. und 2. Thessalonicherbrief 1. und 2. Timotheusbrief Titusbrief Philemonbrief Hebräerbrief Jakobusbrief 1. und 2. Petrusbrief 1.-3. Johannesbrief Judasbrief Johannes-Apokalypse
Außerkanonische Schriften Makk PsSal Sir
1. bis 4. Makkabäerbuch Psalmen Salomos Jesus Sirach
Neues Testament Mt Mk Lk Joh Act Röm I-II Kor Gal Eph Phil Kol
Matthäus(evangelium) Markus(evangelium) Lukas(evangelium) Johannes(evangelium) Act. Apostolorum (Apostelgeschichte) Römerbrief 1. und 2. Korintherbrief Galaterbrief Epheserbrief Philipperbrief Kolosserbrief
Vieweger (08131) / p. 567 /14.3.12
Abkürzungen und Sigla
567
Abkürzungen außerbiblischer Schriften Ann Ant ARM Bell EAT I Hen Jub
Tacitus, Annales Josephus Flavius, Antiquitates Judaicae Archives royales de Mari (Mari-Archiv) Josephus Flavius, De bello Judaico El-Amarna Tables äthiopisches Henochbuch Jubiläenbuch
LegGai Nat Onom 1QS VitConst
Philo, Legatio ad Gaium Plinius d. Ä., Naturalis historia Eusebius von Cäsarea, Onomasticon ›Gemeinschaftsregel‹ (oft ›Sektenregel‹ genannt) aus Qumrān, 1. Höhle Eusebius von Cäsarea, De Vita Constantini
Zeitschriften, Reihen und Sammelwerke AA AASOR
Archäologischer Anzeiger The Annual of the American Schools of Oriental Research ABLAK Aufsätze zur biblischen Landes- und Altertumskunde ABLD Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege Acta PraeArch Acta Praehistorica et Archaeologica ADAJ Annual of the Department of Antiquities of Jordan ADPV Abhandlungen des Deutschen Palästina-Vereins AE L’Année épigraphique. Revue des publications épigraphiques relatives à l’antiquité romaine ÄAT Ägypten und Altes Testament AfO Archiv für Orientforschung AHAW.PHK Abhandlungen der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse AJA American Journal of Archaeology. The Journal of the Archaeological Institute of America AmAnt American Antiquity ANET Ancient Near Eastern Texts Relating to the Old Testament Anschn. Der Anschnitt. Zeitschrift für Kunst und Kultur im Bergbau Anschn.B Der Anschnitt. Zeitschrift für Kunst und Kultur im Bergbau, Beiheft Ant Antiquity
AntJ The Antiquaries Journal AOAT Alter Orient und Altes Testament ArchaeometryArchaeometry. Bulletin of the Research Laboratory for Archaeology and the History of Art ArchKorr Archäologisches Korrespondenzblatt ASAM American Studies of Archaeology Monographs ASOR American Schools of Oriental Research ASOR.DS American Schools of Oriental Research. Dissertation Series ATD.Erg Das Alte Testament Deutsch. Ergänzungsreihe AVDAIK Archäologische Veröffentlichungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo BA The Biblical Archaeologist BaghMitt Baghdader Mitteilungen BAR Biblical Archaeology Review BAR.BS British Archaeological Reports. British Series BAR.IS British Archaeological Reports. International Series BASOR Bulletin of the American Schools of Oriental Research BBB Bonner biblische Beiträge BF Biblisches Forum BHH Biblisch-Historisches Handwörterbuch BiKi Bibel und Kirche
Vieweger (08131) / p. 568 /14.3.12
568 B-I-Taschen- Bibliographisches Institut-Hochschulbuch taschenbücher BJRL.RAB Bonner Jahrbücher des Rheinischen Landesmuseums in Bonn und des Rheinischen Amtes für Bodendenkmalpflege im Landschaftsverband Rheinland und des Vereins von Altertumsfreunden im Rheinlande BMP British Museum Publications BN Biblische Notizen BRL Biblisches Reallexikon BThW Bibeltheologisches Wörterbuch BWANT Beiträge zur Wissenschaft zum Alten und Neuen Testament CAJ Cambridge Archaeological Journal CBC Cambridge Bible Commentary CBQ Catholic Biblical Quarterly CI.CNRS Colloques Internationaux du Centre National de la Recherche Scientifique CIIP Corpus Inscriptionum Iudaeae/Palaestinae CIL Corpus Inscriptionum Latinarum CIWP Carnegie Institution of Washington Publication CMA Cambridge Manuals in Archaeology DamMitt Damaszener Mitteilungen DJD Discoveries in the Judaean Desert EAEHL Encyclopaedia of Archaeological Excavations of the Holy Land EdF Erträge der Forschung EHS Europäische Hochschulschriften EI Eretz-Israel EKL Evangelisches Kirchenlexikon ESE Ephemeris für semitische Epigraphik FAT Forschungen zum Alten Testament ḤadArkh Ḥadashot Arkheologiyot HÄB Hildesheimer ägyptologische Beiträge HAT Handbuch zum Alten Testament HAV Handbuch der Archäologie Vorderasiens HdO Handbuch der Orientalistik HSAT.Erg Die Heilige Schrift des Alten Testaments. Ergänzungsband HSM Harvard Semitic Monographs HThR Harvard Theological Review HUCA Hebrew Union College Annual IAAR Israel Antiquities Authority Reports
Abkürzungen und Sigla IEJ IH IMC JAOS
Israel Exploration Journal Inscriptions Hébraiques Israel Museum Catalogue Journal of the American Oriental Society JAR Journal of Anthropological Research JDAI Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts JDS Judean Desert Studies JNSL Journal of Northwest Semitic Languages JPR Journal of Prehistoric Religion JRA.S Journal of Roman Archaeology. Supplement Series JSHRZ Jüdische Schriften aus hellenistischrömischer Zeit JSOT.S Journal for the Study of the Old Testament, Supplement Series JSS Journal of Semitic Studies KAI Kanaanäische und aramäische Inschriften LA Liber annuus LÄ Lexikon der Ägyptologie Lev. Levant Lev. Arch Levantine Archaeology MDOG Mitteilungen der Deutschen OrientGesellschaft MSAA Memoirs of the Society for American Archaeology MWorldArch Monographs in World Archaeology NBL Neues Bibel-Lexikon NEA Near Eastern Archaeology NEAEHL New Encyclopaedia of Archaeological Excavations of the Holy Land NEB Die neue Echter-Bibel NEB.ErgAT Die neue Echter-Bibel. Ergänzungsband zum Alten Testament Neuer Texte zum Neuen Testament aus Wettstein Griechentum und Hellenismus NT.OA Novum Testamentum et Orbis Antiquus O&O Occident & Orient OA Orient-Archäologie OBO Orbis biblicus et orientalis OBO.SA Orbis biblicus et orientalis. Series Archaeologica OIP Oriental Institute Publications
Vieweger (08131) / p. 569 /14.3.12
Abkürzungen und Sigla OLA OLZ PEFA PEQ PHZ PJb Qad QD QDAP Qedem
QedemR
QFppArch
RA RB RDAC RLA SAA SAM SBA SBF.CM SBF.GB SDPI SEG SENEP SHAJ SIMA
Orientalia Lovaniensia Analecta Orientalistische Literaturzeitung Palestine Exploration Fund Annual Palestine Exploration Quartely Praehistorische Zeitschrift Palästina Jahrbuch des Deutschen Evangelischen Instituts Qadmoniot Quaestiones disputatae Quarterly of the Department of Antiquities in Palestine Qedem. Monographs of the Institute of Archaeology, The Hebrew University of Jerusalem Qedem Reports. Publications of the Institute of Archaeology, The Hebrew University of Jerusalem, in cooperation with The Israel Exploration Society Quellen und Forschungen zur prähistorischen und provinzialrömischen Archäologie Revue d’assyriologie et d’archéologie orientale Revue Biblique Report of the Department of Antiquities of Cyprus Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie State Archives of Assyria Sheffield Archaeological Monographs Saarbrücker Beiträge zur Altertumskunde Studium Biblicum Franciscanum. Collectio Maior Studium Biblicum Franciscanum. Guide Books Schriften des Deutschen PalästinaInstituts Supplementum Epigraphicum Graecum Studies in Early Near Eastern Production, Subsistence, and Environment Studies in the History and Archaeology of Jordan Studies in Mediterranean Archaeology and Literature
569 SIMA.PB SNA SOr SPIB Syr. TA TAVO TAVO.A TAVO.B THAT ThQ ThWAT TRE TSS TUAT UF UPA UTB VT VT.S WAAF.NRW
WL WMANT WorldArch WUNT WVDOG WZKM ZA ZAW ZDMG
Studies in Mediterranean Archaeology and Literature. Pocket-Book Studies in Nautical Archaeology Studia Orientalia Scripta Pontificii Instituti Biblici Syria Tel Aviv Tübinger Atlas des Vorderen Orients Beihefte zum Tübinger Atlas des Vorderen Orients. Naturwissenschaften Beihefte zum Tübinger Atlas des Vorderen Orients. Geisteswissenschaften Theologisches Handwörterbuch zum Alten Testament Theologische Quartalsschrift Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament Theologische Realenzyklopädie Textbook of Syrian Semitic Inscriptions Texte aus der Umwelt des Alten Testaments Ugarit-Forschungen Universitätsforschungen zur Prähistorischen Archäologie Uni-Taschenbücher Vetus Testamentum Vetus Testamentum Supplements Wissenschaftliche Abhandlungen der Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen Wissenschaftliche Länderkunden Wissenschaftliche Monographien zum Alten und Neuen Testament World Archaeology Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament Wissenschaftliche Veröffentlichungen der Deutschen Orient-Gesellschaft Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes Zeitschrift für Assyriologie und Vorderasiatische Archäologie Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft
Vieweger (08131) / p. 570 /14.3.12
570 ZDPV ZNW
Abkürzungen und Sigla Zeitschrift des Deutschen PalästinaVereins Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft
ZPE ZRGG.B
Zeitschrift für Papyrologie und Epigraphik Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte, Beiheft
Vieweger (08131) / p. 571 /14.3.12
Index Hochgestellte Ziffern verweisen auf Anmerkungen, farbig gedruckte Ziffern auf Abbildungen.
Register biblischer und außerbiblischer Texte Altes Testament Gen 1-11 5,21-24 8,22 11,1-9 15,16 15,18 ff. 17,8 18 19,30-38 22 25,21-28 35 36 43,1 48,22 Ex 3,5 3,14 12 f. 13,2.13.15 15,2 19 f. 21,28 22,28 23,10 f. 23,12 23,14-17 30,35 34,18-24
258 252 125 168 1, 171 526 79 79 79 256 293 107, 250, 351 293 256 293 79 79
245 260 170 250 261 156 170 222 250 224 222 170 228 170
Lev 11,7 16 16,21 19,19 23,42 f.
220 517 222 224 170
Num 13,2 21,1 24,17 32,3.38 33,40 33,47
79 277 518 326 277 326
Dtn 8,7-9 8,9 14,4-21 14,4 f. 14,8 16,1-17 16,(1-)16 f. 18,11 f. 22,9 25,4 26,5 31,11 32,49-52 32,49 f. 33,17 34,1-7 34,1-4 34,3
216 233 222 222 220 170 105 254 224 222 293 518 326 326 113 222 326 327 50 53
Jos 5,1 5,9.13-15 6 10,5 ff. 11,1-2 11,10 f.13 12,14 12,19 12,23 13,2-5
79 256 51 f. 79 310 290 277 290 310 79
Jdc 3,13 4,1 f. 4,12-16.23 f. 5 6 11,31.39 16,23 18,7.29 20,1
50 53 291 291 260 225 250 259 432 432 5
I Sam 1-4 1 3,20 8,13 9 9,13 9,22-24 10,5 17,5 ff. 19,13
249 105 432 5 228 246 246 245 246 228 261 159
Vieweger (08131) / p. 572 /14.3.12
572
Index
24 28,8 28,13 f.
82 8 254 136 253
II Sam 3,10 5,11 9-20 11,27 12,1.15.24 12,31 17,11 17,14 18,18 22,35 24,2.15 24,16-25
432 5 236 172 172 12 172 12 228 432 5 172 12 254 228 432 5 351
I Kön 1-2 2,10 3,3 3,4 5,5 5,15 ff. 5,15-32 6 6 ff. 6,7-10 6,19 f. 7,9 7,13 f. 7,21 7,23-26 7,27-37 7,38 f. 8,64 9,25 9,26-28 10,11 f. 10,16-21 10,22 11,5.7 11,26 ff. 11,41 11,43 12
172 254 134 246 246 432 5 248 236 411 248 228 249 228 229, 248 249 249 249 249 249 249 227, 236 227, 236 229 227, 236 261 159 294 172 254 134 432
12,16 12,28 f. 12,31 ff. 12,32 13,2 13,33 14,25 f. 15,9 15,16-22 16,24 16,32 16,34 18 20,34 22,48-50
294 249 246 170 246 246 294 173 186 158 295 249 50 55, 51 58, 250 256 237 236 74
II Kön 1,1 2,1-18 3,4-27 3,27 6,5 7,1 11,18 12 12,13 12,15 f. 14,19 16,10-16 17,6 18,3 ff. 18,11 18,13-19.37 18,13 f. 18,17 19,8 20,20 21,1-18 21,13 21,6 22 f. 24,14-16
54 252 125 54 250 228 237 249 411 228 411 297 249 34 296 34 56 40 299 229, 299 299 92 53, 406 254 228 254 246 229
Jes 1,22 1,25 7,3
233 228 229
9,4 10,15 11,6-8 14,9 15,2 28,17 28,24-29 36 f. 36,2 37,8 40,6 43,10 f. 44,6 44,13 45,5 65,4 65,25 66,17
302 228 222 254 326 228 224 56 229, 299 299 92 91 67 261 160 261 160 228 261 160 220 222 220
Jer 6,27-30 18,3 f. 34,7 36,9.22 37,21 48,1.22
233 228 308 170 228 326
Ez 4,4-6 8,14 16,16 20,28 22,17-22 27,7 27,12-25 27,16 40-42 40,48 41,2.4 47 f.
170 256 246 246 233 228 237 228 248 249 111 248 110 79 5
Hos 2,15 4,13
246 246
Am 1,1
298
Vieweger (08131) / p. 573 /14.3.12
Index
7,7
573
228
Jon 1,5
Hi 28,1-11 39,5
233 +60 222
Koh 3,18-21
222
Dan 12
252 121
Esr 1,1-4 6,3-5
309 309
Neh 3,8
228
I Chr 5,8 10,13 12,9 14,1
326 254 136 222 236
15,20-47 15,46
110 350
Lk 2,41 f. 10,30-37 20,25
106 106 319
16,39 21,2 21,29
246 432 5 246
II Chr 1,3.13 1,18-2,15 3 ff. 11,9 12,9 16,1-6 20,35-37 25,27 30,1-5 30,5 32,1-19 32,9 32,30 34
246 236 248 297 88 294 186 158 236 74 297 170 432 5 56 40 299 406 246
6,1 6,16 f. 6,22 f. 18,36 21,1-17
111 111 111 319 110
I Kor 5,7
250
I Thess 4,13-18
109
261 159
Mi 1,8-16 4,5 Sach 14,5 Ps 18,10-15 51 65,8 f. 72,8 97,2 ff. 102,25 104,24-30 120-134 122,1
300 93 261 159
298
260 149 330 260 149 386 39 260 149 252 222 105 2 105
Neues Testament Mt 5-7 10,5 f. 13,55 Mk 5,1-20 10,32 11-16 14,32-42 14,43-52 15,1-20
110 f. 106 410
315 106 106 109 10 109 10 108 7
Joh 4,1-42 6 6,1-15
106 111 110
Vieweger (08131) / p. 574 /14.3.12
574
Index
Register außerbiblischer Schriften Ann XV 44 Ant I3 XIII 398 XIV 4,4 XVII 254-268 XX 9
364,17-20
314 318 105 316 102 108 7 410
Bell I 103 318 105 II 41-54.277-279 108 7 II 458.480 318 VII 158-162 394 VII 162 394 VII 216 ff. 319 EAT 148,41-43 227 f. 328 f. 332
285
315 100
285 285 297 86 297 86
Etheria 10,1 11,4 12,1 12,1-3
326 113 327 116 326 113, 327 116 327 117
I Makk 9,37
326
Koran Sure 17,2 f. KTU 1.17 1.17-1.19 1.161 4.126 LegGai 38
107, 331, 351
253 253 129 254 228 51
108 7
Nat 5,74
316 102
Onom 9,78 14,2 16,136 120,20 136,6-8
310 276 43 310 296 326
1 Q Is a
91 67
1QS I 16-III 12
170
Sir 38,24-34
230
VitConst III 25-40
110
Vieweger (08131) / p. 575 /14.3.12
Index
575
Orts- und Landschaftsregister (in Auswahl) Assuan (arab. Aswān) !auch Elephantine 31 19, 32, 353 Assur (Assyrien) 35 21 , 36 +29, 159 153 , 170, 295, 460, 475, 477, 481, 483, 485, 487 Athen 24 2, 320, 389 – Akropolis 24 2, 401-403, 517 – Niketempel 371 +341 – Parthenon 24 2, 401-403 +382 f. Atlit (‛Atlīt) 74 Avdat (hebr. Ḥorbat ‛Āv dāt; Oboda) 354, 426 408 , 428-430 +410-413 Azotos !Aschdod Azraq 439 e
Abu Simbel 353, 362, 374 Ägypten passim, bes. 32-34 +18 f. Aelia Capitolina/Colonia Aelia Hadriana Capitolina !Jerusalem Afek (arab. Tell Ḥasan eṣ-Ṣāleḥ; hebr. Tēl Qānā) 6 1 , 85, 472 ‛Aǧlūn !Ajlun Ai (arab. et-Tell) 6 1 , 246, 470 Aila !Aqaba Ajlun (arab. ‛Aǧlūn) 211 ‛Akka !Akko Akko (Ptolomais; arab. ‛Akka; hebr. ‛Akkō) 6 1 , 55, 74, 81, 84, 84 61 , 210 8, 309, 354, 501 f. Akropolis !Athen Akrotiri 205, 206 +64 Alalaḫ (arab. Tell el-‛Aṭšāne) 286, 290, 475, 477, 479, 481 Alaschia !Zypern Alexandria 108 7, 235 +70, 374, 389, 488, 493, 499 f., 503, 524 Amman (AT Rabbat-Ammon; Philadelphia; arab. ‛Ammān) 6 1 , 76 56 , 77, 84 61 , 91, 94 71 , 263 228 , 274, 315, 327, 334, 357, 395, 396 377 , 397, 404, 412 393 , 417, 517 Ammon 55, 77, 83 f., 187 38, 293, 295, 480, 484, 517, 522 Amoriterland 78 Antilibanon 77, 83 Antiochia (Syrien) 324, 469, 500 f., 524 Antiochia am Chrysorrhoas !Gerasa Aqaba (Aila; arab. ‛Aqaba; hebr. ‛Ēlat) 6 1 , 84 61 , 213, 219, 234, 263 228 , 274 f., 280, 371, 374, 397, 517, 521, 526 Aqsa, el- (arab. el-Aqṣā) !Jerusalem Arabot 326 Arad (arab. Tell Ărād; hebr. Tēl ‛Arād) 6 f. 1 , 84 +61 , 246, 249, 262, 263 228 , 276-282 +243-250 , 296, 339, 461, 468, 470, 517 Arnon (arab. Sēl el-Mōǧib) 6 f. 1 , 27 10 , 83, 522 Arbela !Tell Irbid Aschdod (Azotos; arab. Tell er-Rās bei Esdūd; hebr. Tēl Ašdōd) 6 1 , 84 61 , 293, 374, 523 Aschkelon (arab. Tell el-Ḫaḍra; hebr. Tēl Ašq lōn) 6 1 , 148, 221, 293, 309, 374, 523 Aschtarot (arab. Tell ‛Aštara?) 285
Ba‛albek (arab. Ba‛albek; Helioupolis) 37, 374 Bāb eḏ-Ḏrā‛ 7 1 , 98 12, 246 Babylon 34-36 +20 f. , 173, 229 52, 243, 256 f. 284, 309, 460, 475, 477, 479, 481, 483, 485–487, 489, 522 Bach Ägyptens ! Wādī Ġazze bzw. Wādī el-‛Arīš Ba‛ǧā I 7 1 , 159 136 , 160 138 Ba‛ǧā II 7 1 , 226 49 Bagdad (auch Baghdad) 36, 333 f., 343, 500, 502, 517 Baḥret el-Ḥūle !Ḥūle-See Baḥret Ṭabarīye !See Genezaret Banyās !Cäsarea Philippi Baschan (arab. El-Baṯanīe; En-Nuqra) 285 Bēḍā 265 230 , 464 Beerscheba 6 f. 1 , 76 56 , 77, 83 60 , 84 +61 , 213 175 , 216 178 , 234, 276 +43, 432, 466 Behistun 35 26 Beirut 37, 500 Belvoir (hebr. Kōḵav Ha-Yardēn) 432-434 +421 f. Benī Ḥasan 72 52 Beqa-Ebene (arab. Biqā‛) 84 Bergland/Gebirge, westjordanisches (ephraimitisches und judäisches) 41 39, 76 56 , 78, 81, 82 +59 , 84, 209 8, 210-213, 224, 292-295, 313, 327, 365, 480, 524 Bēt Laḥm !Betlehem Bēt Rās 122 102 Bet-El (arab. Bētīn) 6 1 , 51, 105, 246, 256 Bet-Schean (Skytopolis; arab. Tell el-Ḥöṣn bei Bēsān;
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Cäsarea am Meer (Caesarea maritima; arab. Qaiṣarīye; hebr. Ḥorbāt Qēsārī) 6 1 , 74, 81, 102, 107, 310, 434-436 +423-426 Cäsarea Philippi (hell. Paneas; arab. Banyās) 6 1 , 37 Carnuntum 135 116 , 140 120 Çatal Hüyük 250 f., 416 398 Colonia Aelia Hadriana Capitolina !Jerusalem Cro Magnon 29 11 Damaskus 35 21 , 37, 84 +61 , 179 153 , 237, 294 f., 316, 332, 333 118, 343, 371, 404, 433, 481-483, 485, 499-501, 517, 521, 523, 526 Dan (arab. Tell el-Qāḍī; hebr. Tēl Dān; auch Laijsch, Layiš) 6 1 , 76 56 , 77, 105, 186 158 , 236, 249, 284, 360 f. +328 f. , 431-432 +416-420 , 472 Daphnae 39 Darb el-Ḥaǧǧ 235 69 Daschur 31 20 Davidstadt !Jerusalem Debir (arab. Ḫirbet Rābūḍ?) 41 39 Dekapolis 96 73 , 315, 316 +102, 375, 498, 519 Dēr el-Balaḥ 99 Dibon (arab. Tell Ḏībān) 54, 211, 400 +380 Dor (Dora; arab. Ḫirbet el-Burǧ; hebr. Ḥorbat Dōr; Tēl Dōr) 6 1 , 74, 81 58 , 101, 148, 262, 263 228 , 309313 +272-276 , 396, 498, 520 Ebla (arab. Tell Mardīḫ) 177 f. +23, 179 153 , 243 f., 255, 258, 460, 469, 471, 475, 519
Edessa 111 Edinburgh 65, 374 Edom 83, 147, 234, 237, 293, 295, 480, 484, 519, 524 Ekron (arab. Ḫirbet el-Muqanna‛; hebr. Tēl Miqne) 6 1 , 249 112, 293, 396, 523 ‛Ēlat !Aqaba Elephantine (arab. Ǧazīrat Aswān) !auch Assuan 249, 261 Elousa (hebr. Ḥorbat Ḥălūṣā) 354 Emberménil 380 Emmaus 344 En Avdat (arab. ‛Ēn el-Murēfiq; hebr. ‛Ēn ‛Āvedāt) 426 408 , 430 f. +414 f. ‛Ēn Ġazāl 6 1 , 97, 98 74 , 252 220 , 265 230 10, 268, 397, 464, 466 En Gedi (arab. ‛Ēn Ǧīdi; hebr. ‛Ēn G dī) 6 f. 1 , 100, 246, 250, 262, 263 228 , 273 f. +238 f. , 466 ‛Ēn el-Murēfiq !En Avdat ‛Ēn er-Raḥūb 265 230 , 466 ‛Ēn Šems !Bet-Schemesch ‛Ēn Ševa‛ !Tabgha ‛Ēn Sittī Maryam !Jerusalem (Gihon-Quelle) ‛Ēn eṭ-Tābega !Tabgha ‛Ēn Umm ed Dereǧ !Jerusalem (Gihon-Quelle) En-Dor (arab. Ḫirbet eṣ-Ṣaṣāfe; hebr. Ḥorbat ‛Ēn Dōr) 253 ‛Ēzarīye, el- !Betanien e
hebr. (Tēl) Bēt Š ‛ān) 6 1 , 37, 84 61 , 99, 111, 148, 468, 470, 472 Bet-Schemesch (arab. Ḫirbet er-Rumēle bei ‛Ēn Šems; hebr. (Tēl) Bēt Šemeš) 40, 245, 294 Betanien (arab. El-‛Ēzarīye) 108 Betlehem (arab. Bēt Laḥm) 6 1 , 84, 90, 107 f., 110 11, 265 230 , 327, 464, 497, 502 Betsaida 6 1 Biqā‛-Ebene !Beqa-Ebene Bi‛r es-Safadī 221 184 , 275 Boǧazkale !Ḫattuša Bozra (arab. El-Buṣērā) 7 1 , 84 61 Buṣērā, el- !Bozra Byblos (arab. Ǧebēl) 35 21 , 5768, 79, 179 153 , 227 50, 236, 264, 310, 475, 479, 481, 523 Byzanz !auch Konstantinopel 225, 324, 331, 343 f., 496-502
Felsendom (arab. Qubbat eṣ-Ṣaḫa) !Jerusalem Fēnān (AT Punon) 233-236 +60.70, 271, 275, 282 59 ›Fruchtbarer Halbmond‹ 35 21 , 77, 207, 255, 259, 348 Gadara (arab. Umm Qēs) 6 1 , 10 3 , 38 25 , 119 99 , 124 105 , 148 127 , 231 197 , 332, 397, 451, 458 Galiläa 55, 76 56 , 82, 104 1, 128, 209 8, 211, 213, 294, 318, 347, 354, 494, 498 Garizim 37, 106, 249 Gat (arab. Tell eṣ-Ṣāfī?) 6 1 , 40, 293, 523 Gaza (arab. Ġazze; ‛Azzā) 6 1 , 39, 79-81, 84 +61 , 85, 114, 213 175 , 216 178 , 225, 236 73, 293, 310, 371, 374, 381, 498, 505-507, 523 Ǧazīrat Aswān !Elephantine Ǧeba‛ !Gibea Ǧebēl !Byblos Ǧebel Abū Ṯawāb 265 230 10, 466
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Irbid 122 102 , 244 97, 272, 396 378 , 397 Irbid-Ramtha-Becken 211, 244 97, 294 Israel passim, bes. 79 f. +57 Istanbul 36, 169, 402, 406 f. Jabbok (arab. Wādī ez-Zerqā) 6 1 , 83 Jafo (arab. Yaffa; hebr. Yāfō) 6 1 , 79, 84 61 , 112 88 , 113 89 Jarkon (arab. Nahr Abū Futruṣ; Nahr el-‛Auǧā; hebr. N har Yarqōn) 219, 428 Jarmuk (arab. Šerī‛at el-Menāḍire) 6 1 , 83, 111, 244, 266 f., 332, 416, 466, 499 e
Habashan Street (Tel Aviv) 264, 265 230 , 466 Ḥabrūn !Hebron Haçilar (Anatolien) 251 Haifa 74, 81, 354, 396 Har Mērōn !Ǧebel Ǧermaq Ḥarām Rāmet el-Ḫalīl !Mamre Ḥarām eš-Šerīf (Tempelberg) !Jerusalem Haran (arab. Ḥarrān; akad. Ḫarran) 259, 487 Hattin (arab. Ḥaṭṭīn) 347, 433, 501 Ḫattuša (Boǧazkale) 236 Ḫazne el-Fir‛aūn !Petra Hazor (arab. Tell el-Qedaḫ; Ḫirbet Waqqāṣ; hebr. Tēl Ḥāṣōr) 6 1 , 47 33 , 84 +61 , 236, 245, 247 f., 253 131, 262, 263 228 , 283-293 +251-263 , 294 +265 , 298 f., 354, 362 f. +330 f. , 396, 472, 476 Hebron (arab. Ḥabrūn) 6 1 , 32, 84 +61 , 105, 108, 297, 300 269 , 374, 415, 506 Herculaneum 25 +7 3, 87 3, 205, 495 Hermon (arab. Ǧebel eṯ-Ṯelǧ u. arab. Ǧebel ešŠeḫ) 75, 83, 431
Herodium (arab. Ǧebel Furēdīs) 327, 494 Heschbon (arab. Tell Ḥesbān) 327 Hierichous !Jericho Ḫirbet el-Burǧ !Dor Ḫirbet Ḥamrā ‛Ifdān 234 Ḫirbet el-Kerak !Kerak Ḫirbet el-Qōm 258, 261, 465 Ḫirbet el-Mafǧar 335 125, 337 Ḫirbet el-Minye 335 125 Ḫirbet el-Muḫaiyit (AT Nebo) 326 +114, 327 Ḫirbet el-Muqanna‛ !Ekron Ḫirbet Qumrān (Qumran) 41, 89-91 +65-67 , 100, 102, 136 117 , 170, 187, 357 f. +323 f. , 395, 407 f., 442 +436 Ḫirbet Rābūd (Debir?) 41 39 Ḫirbet er-Rumēle bei ‛Ēn Šems !Bet-Schemesch Ḫirbet Sēlūn !Schilo Ḫirbet eš-Šūne 271 Ḫirbet Susyā 414 395 , 415 +396 Ḫirbet ez-Zeraqōn 6 1 , 244 211 , 247 +215-217 , 279 248 Hisarlık (!Troia?) Ḫiyām, el- 265 230 , 464 Hochland/-plateau, ost-/transjordanisches 76 56 , 77, 81, 82 59 , 83, 211, 365, 433 421 Ḥorbat Dōr !Dor Ḥorbat Ḥălūṣā !Elousa Ḥorbat Mamšīt !Mapsis Ḥorbat M ṣādā !Masada Ḥorbat Qaṣr Di-Ṭ veryā !Tiberias Ḥorbat Qēsārī !Cäsarea am Meer Ḥorbat Šivṭā !Soubeita Ḫorsābad (arab. Tell Šamšī) 34, 392 Ḥūle, Becken und See (Baḥret el-Ḥūle) 6 1 , 83, 244, 283, 464 e
Ǧebel Furēdīs !Herodium Ǧebel Ǧermaq (Har Mērōn) 82 Ǧebel Karmel !Karmel Ǧebel Mār Elyās !Karmel Ǧebel Mūsā !Moseberg Ǧebel eš-Šeḫ !Hermon Ǧebel Sēs 335 125 Ǧebel eṯ-Ṯelǧ !Hermon Ǧerāblūs !Karkemisch Gerasa (hell.-röm. Antiochia am Chrysorrhoas; arab. Ǧeraš) 6 1 , 49 35 , 80 7, 96 73 , 262, 263 228 , 314324 +277-285 , 375 f. +347-349 Geser (arab. Tell Ǧezer; hebr. Tēl Gezer) 6 1 , 40 +27 f. , 99 +75 , 169, 224, 294, 472 Getsemane 108, 109 10 Gibea (arab. Ǧeba‛, Tell el-Fūl) 41 39, 246 Gibeon (arab. El-Ǧīb) 246 Gihon-Quelle !Jerusalem Gilat (Gīlat) 246, 273 Gilead 83 Gilgal 105, 256 Gize (arab. El-Gīze) 39, 374 346 Golan (arab. Ǧōlān; hebr. Gōlān) 83, 128, 244, 270, 273, 381-383, 396, 410, 427, 498, 504 f. Golgata !Jerusalem Griechenland 71, 132 115 , 313, 371, 389, 402 f., 408
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Index – ›Wilson-Bogen‹ 37, 349 – Zion 105, 309 Jesreelebene 37, 82, 84, 211, 284, 294 Jokneam (arab. Tell Qēmūn; hebr. Tēl Yoqn ‛ām) 85, 294 Jordan (arab. Nahr el-Urdunn) 6 1 , 82, 108, 266 f., 365, 382, 416, 426, 431 Jordangraben/-senke/-tal (el-Ġōr) 3936, 81, 83, 111, 147, 208 f., 211 +13, 213, 239, 263 f., 327, 365, 433 +421 Juda 170, 172 f., 187 38, 229 55, 236 f., 246, 260, 293-295, 297 +88, 302, 308 f., 327, 411, 432, 480, 517, 519, 521 f. Judāa 314, 316, 435, 436 425 , 448, 488, 492, 494, 520 e
Java 29 Jericho 6 1 , 84 61 , 108, 113 90 , 326 f., 374, 413, 508 – (AT Jerikous; arab. Tell es-Sulṭān) 40-42 29 , 5052 +37 , 94 71 , 99 75 , 113 90 , 209, 226 49, 246, 264 +229 2, 265 230 9, 464, 466, 468, 470, 472, 508 – (NT Hierichous; arab. Tulūl Abū l-‛Alāyiq) 113 90 , 508 Jerikous !Jericho Jerusalem (arab. El-Quds; hebr. Y rūšālayim) passim, bes. 104-111 +81-86 , 349-351, 383-388 +359366 , 395 f. +374 f. – Aelia Capitolina 109 +85 , 350, 437, 494 – Aqsa, el- (arab. el-Aqṣā) 125 106 , 332, 347, 351 +314 , 384, 385 +361-363 – Davidstadt (hebr. ‛Īr David) 37, 41, 386388 +365 f. , 406 +387 – Erlöserkirche 344 131, 437 +427 , 438 428 f. – Felsendom (arab. Qubbat eṣ-Ṣaḫa) 106, 107 83 , 125 106 , 332, 347 f., 351, 500 – Gihon-Quelle (arab. ‛Ēn Sittī Maryam; ‛Ēn Umm ed-Dereǧ) 38 +31, 296 – Golgata 110, 350, 437 – Grabeskirche 108 +84 , 109 f., 114, 344 f., 348, 350 +313 , 437 +427 , 497, 500 – Ḥaram eš-Šerīf (Tempelberg) 106 82 , 332, 347 f., 351, 354 317 , 383-385, 386 364 , 506 – Kidrontal (arab. Wādī Ǧahannam) 125 106 , 384, 388 – Klagemauer/Westmauer 37, 106 +82 , 348, 349 +312 , 384, 386, 505 – Marokkaner-Tor 385, 386 364 – Ölberg 110 11, 388 – ›Robinson-Bogen‹ 32, 37, 38 24 , 349 – Schiloa (arab. Šiloaḥ)-Tunnel/-Inschrift 53 +38 , 296 +84 – Šiloaḥ(-Tunnel/-Inschrift) !Schiloa – St. Maria Latina 437 – Tempel (Jerusalem) 32, 37 +30, 38 +24 , 55, 104 f., 106 +82 , 107, 108 +7, 109, 248 +218 , 249, 256, 296, 308 f., 314, 319, 330 +295 , 332, 346, 348, 349, 351, 383, 384 +360 , 385, 394 f., 410 +390 , 411 +392 , 480, 486, 492, 494, 499, 517, 520, 522, 524 f. – Tyropoeon 349 – ›Via dolorosa‹ 108 +7, 384 – ›Warren-Schacht‹ 38 – ›Western Wall Tunnel‹ 384 +359 f. – Westmauer !Klagemauer
Kadesch am Orontes (arab. Tell en-Nebī Mend) 3932, 85, 290, 477-479, 481 Kadesch-Barnea (arab. Tell el-Qedērat) 7 1 , 84 61 Kairo 31 15.19, 33 f. Kāmid el-Lōz 249 112 Kapernaum (arab.Tenḥūm; Telḥūm) 6 1, 40, 111 Kap Gelidonya 74 Kanaan 50, 52 63, 78-79, 80, 187 38, 258 f., 282-284, 286, 28767, 289 262 , 291, 326, 418 Karkemisch (arab. Ǧerāblūs) 35 21 , 179 153 , 477, 481 Karmel (arab. Ǧebel Karmel; Ǧebel Mār Elyās) 79 6, 80 7, 81 f., 84 f., 177 24, 213, 256, 263, 294, 310, 436, 464, 470, 523 Karnak 85, 294 Katharinenkloster 374 Katzrin (Qaṣrin) 396 ›Kent's Cavern‹ 29 Kerak (arab. [Ḫirbet] el-Kerak) 6 f. 1 , 346 310 , 397, 468, 470, Kibbuz Ginosar 74, 443 440 Kidrontal !Jerusalem Klagemauer !Jerusalem Knossos 26 ›Königsweg‹ 84 +61 , 521 Kōḵav Ha-Yardēn !Belvoir Konstantinopel !auch Byzanz 71, 111, 331, 344, 497-502 Kotchati 251 Küstenstraße !›Via maris‹
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Ma‛agān Mīkā‛ēl 74, 396 Madeba (arab. Mādebā) 6 1 , 23 4 , 80 7, 113, 211, 276 43, 326, 328 f., 397 Magnesia 313 Mampsis (arab. Kurnūb; hebr. Ḥorbat Mamšīt) 354 Mamre (arab. Ḥarām Rāmet el-Ḫalīl) 105, 256 Mari (arab. Tell Ḥarīri) 35 21 , 79, 225, 229 54, 236 +72, 244, 258, 284, 286, 460, 471, 475, 522 Marokkaner-Tor !Jerusalem Masada (arab. Es-Sebbe; hebr. Ḥorbat M ṣādā) 6 f. 1 , 354, 366 337 , 494 Medīnet Habu 79, 85 Megiddo (arab. Tell el-Mutesellim; hebr. Tēl Megiddō) 6 1 , 40, 59 44 , 84 61 , 85, 246, 247 108, 265 230 , 281 58, 294, 298 f., 354, 466, 472, 476 f., 486 Mekka 106, 331, 351, 499, 503, 522 Memphis 35 21 , 468, 484 f. Mesopotamien (Zweistromland) passim, bes. 34-36 +20-22 Mīna, el- !Tripolis Moab 51 58, 54 f., 83, 187 38, 293, 295, 326, 400 +380 , 480, 482, 484, 521 f. Modein 314 Montfort (arab. Qal‛at el-Qurēn; hebr. Mōnfōr) 427 409 Montreal !Šōbak Morija 351 Mosesberg (auf dem Sinai; arab. Ǧebel Mūsā) 39 Mosul 34 +23, 36
Nablus (arab. Nāblus) !auch Sichem 374 Naḥal Dūmā !Wādī el-Buṭm Naḥal Mišmār (arab. Wādī Mahras) 100, 101 78 , 102 79 , 271, 274 Naḥal Nāṭūf !Wādī en-Nāṭūf Naḥal Ōren (arab. Wādī Fallāḥ) 264, 464 Naḥal Rabbā !Wādī Rabāḥ Naḥal Ša‛al !Wādī Ṣa‛ālīk Nahariyya (hebr. Nahărīyyā) 245 Nahr Abū Futruṣ !Jarkon Nahr el-‛Auǧā !Jarkon Nahr el-Urdunn !Jordan Nāṣ rat !Nazaret Nāṣira, en- !Nazaret Naukratis 39 Naxos 341 Nazaret (arab. En-Nāṣira; hebr. Nāṣ rat) 6 1 , 37, 108, 314, 319, 374, 410, 437, 492 Neanderthal 28 f., 522 Nebo (AT, arab. Ḫirbet el-Muḫaiyit; Byz., arab. Rās es-Siyāġa) 83, 111, 262, 263 228 , 324-330 +286295 , 397 Negev 39, 43, 55, 75, 76 56 , 82, 147, 211, 263, 272 34, 276, 354, 466 N har Yarqōn !Jarkon Nevē ‛Ūr (Neve Ur) 271 Nicaea 350, 497, 500 f., 524 Niketempel !Athen Nikomedia 324, 497 Nil(delta) 23 4 , 32 f., 39, 68 f., 72, 85, 236, 353, 362, 374, 408, 461, 502, 521 Nimrūd 35 21 , 36, 50 36 , 58 42 f. , 392 Ninive (arab. Quyunǧiq) 34, 35 +21 , 36, 56 40 , 301 +270 , 302, 331, 368, 392, 469, 499, 522 Nippur 35 21 , 36, 257, 469 Nosairiergebirge 78 f. Notre Dame de Paris 367, 369 340 e
Lachisch (arab. Tell ed-Duwēr) 6 1 , 39, 55, 64 61 , 228 192 , 251 119, 262, 263 228 , 293-308 +264-271 , 407 +388 22, 484, 521 f. Lajisch (Layiš) !Dan Leontopolis 249 Levante, südliche 31, 45, 80, 233, 275, 365, 381 357 , 386, 397, 522 Libanon 31 19, 77 f., 82 f. 192, 217, 236, 249 112, 374, 381, 386 39, 504-506, 517 Libna 299 92 Libyen 78 Lisan 209, 239 Lod (hebr. Lōd; Lydda) 374 Lykopolis 235
Muġāret eš-Šuqba 262 1 Muġāret el-Warde 233 Munḥāta 265 230 , 464, 466, 468 Muwaqqar, el- 334 Mykene 40
e
Kuntilet ‛Aǧrūd 7 1 , 258, 261 Kurnūb !Mapsis
Oboda !Avdat ‛Ohŏlō II (Ohalo II) Olympia 132 115
239
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580 Orontes(gebiet) 39 32, 478, 483 Osmanisches Reich 43, 347 f., 400, 402, 406, 418, 502 f., 522 Ostia 125 Palästina passim, bes. 36-42 +23-29 , 77-85 +57-61 Palatin !Rom Palmyra 316, 324, 496 Paneas !Cäsarea Philippi Parthenon !Athen Pella (arab. Ṭabaqāt Faḥil) 6 1 ; 84 61 , 99, 148, 209, 239 +208 , 317, 319, 332, 494 Persepolis 34 Petra 7 1 , 84 +61 , 139 119 , 226 49, 233, 316 f., 324, 354, 371-373 +342-344 , 374, 397, 494, 522 – Ḫazne el-Fir‛aūn 371-373 +342-344 – Wādī Mūsā 372 – Sīq 372 Philadelphia !Amman Philae 353, 362 Philistäa 55 Phönizien 5768, 227, 248, 282, 316 Pompeji 25 +6 , 87 3, 205, 495 ›Provincia Arabia‹ 80 7, 317, 325 112, 522 ›Provincia Judaea‹ 79 ›Provincia Phoenicia‹ 80 7 ›Provincia Palaestina prima‹ 79, 498 ›Provincia Palaestina secunda‹ 79, 498 ›Provincia (Syria) Palaestina‹ 79 ›Provincia tertia/Salutaris‹ 79, 498 Ptolomais !Akko
Qaiṣarīye !Cäsarea am Meer Qal‛at el-Qurēn !Montfort Qaṣr ‛Amra 220 183 , 240 209 , 262, 263 228 , 332-343 +296-309 , 354, 404 Qaṣr el-Azraq 334, 339, 365 335 , 404 Qaṣr el-Burqū‛ 339 Qaṣr el-Ḫarāne 334, 404 Qaṣr el-Hēr 335 125 Qaṣr Mušaš 334 Qaṣr el-Mušattā 334, 338, 404 f. +384-386 Qaṣr el-‛Uwēnid 334 Qaṣrin !Katzrin Qasṭal, elQubbat eṣ-Ṣaḫa !Jerusalem (Felsendom) Quds, el- !Jerusalem
Index Qumran ! Ḫirbet Qumrān Quyunǧiq !Ninive Rabbat-Ammon !Amman Ragaba (arab. Tell Murabbā) 318 105 Rās en-Naqb 235 69 Rās [eš-]Šamra !Ugarit Rās es-Siyāġa (byz. Nebo) 326, 327 +228 , 328 Resina 25 ›Robinson-Bogen‹ !Jerusalem Rom 71, 108, 315 100, 319, 331, 343, 347, 393-395, 408, 491-498, 500, 518, 522 – Palatin 394 – ›Titus-Bogen‹ 319 Rosette 33, 392 Rotes Meer 83 f., 208 rṯnw 78
Ša‛ar hag-Gōlān !Scha‛ar Hagolan Ṣaffūriye !Sepphoris Saḥāb 271 Sāl 6 1 , 131 111-113 , 162 139 , 219 181 , 244 +212 97, 262, 263 228 , 271, 272 f. +236 f. Šallāf, eš- 6 1 , 147 126 , 153 130 , 267 233 , 268 234 , 466 Samaria (Sebaste; arab. Sebasṭiye) 6 1 , 34, 41 +38, 55, 209 8, 249, 261, 295, 484, 488 San Francisco 440 +433 Santorini !Thera Saqqara (arab. Ṣaqqāra) 32 20 Sardes 313 Šāvē Ṣiyyōn !Schavei Zion Scha‛ar Hagolan (arab. Ša‛ar hag-Gōlān) 6 1 , 244 100, 262, 263 228 , 264-271 +230-232.235 , 415, 416 397 , 466 Scharon (Ebene) 81, 210 8 Schavei Zion (hebr. Šāvē Ṣiyyōn) 74 Schilo (arab. Ḫirbet Sēlūn) 6 1 , 105, 249 Schiloa !Jerusalem/Šiloaḥ Schobak !Šōbak Sebasṭiye !Samaria Sebbe, es- !Masada See Genezaret (arab. Baḥret Ṭabarīye; hebr. YāmKinneret) 6 1 , 74, 75 55 , 83 f., 108, 209, 443 440 Sēl el-Mōǧib !Arnon Sepphoris (arab. Ṣaffūriye; hebr. Sippōrī) 148 Sered (arab. Wādī el-Ḥesā) 7 1 , 83, 519, 522 Šerī‛at el-Menāḍire !Jarmuk
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Index
581
Taanach (arab. Tell Ta‛anek) 6 1 , 40, 85 Ṭabaqāt Faḥil !Pella Ṭabarīye, et- !Tiberias Tabgha ( Heptageon; Septem Fontes; Siebenquell; arab. ‛Ēn eṭ-Ṭābeġa; hebr. ‛Ēn Ševa‛) 75 55 , 110, 111 +87 Tanis 39 Ṭarablūs eš-Šām !Tripolis Tarsus 111 Ṭawīlān (Teman) 102 Tēl Ănāḥărat !Tell el-‛Aǧǧūl Tēl ‛Arād !Arad Tēl Ašdōd !Aschdod Tēl Ašq lōn !Aschkelon Tel Aviv (ivr. Tēl Āvīv) 213, 264, 354, 396, 410, 503 (Tēl) Bēt Š ‛ān !Bet-Schean (Tēl) Bēt Šemeš !Bet-Schemesch Tēl Dān !Dan Tēl Dōr !Dor Tēl Gezer !Geser Tēl Ḥāṣōr !Hazor Tēl Ḥēsī !Tell el-Ḫesī Tēl Megiddō !Megiddo Tēl Miqne !Ekron
Tēl Qānā !Afek Tēl Ṣāfī (Gat?) !Tell eṣ-Ṣāfī Tēl Ṣippōr (arab. Tell eṭ-Ṭuyūr) 102 Tēl Yokn ‛ām !Jokneam Telēlāt Ġassūl 244, 246, 271, 272 33, 273, 466 Telḥūm !Kapernaum Tell, et- !Ai Tell Abū Ḥabīl 271 Tell Abū Ḥāmid 265 230 , 271, 466 Tell Abū Hurēra 465 Tell Abū Maṭar 275, 466 Tell Abū Qāsim 221 38 Tell Abū Salabiḫ 221 38 Tell el-‛Aǧǧūl (hebr. Tēl Ănāḥărat) 99 75 Tell el-Amarna (arab. Tell el-‛Amārna) 258, 285, 517 Tell Ărād !Arad Tell ‛Aštara !Aschtarot? Tell el-‛Aṭšāne !Alalaḫ Tell Bēt Mirsim 6 f. 1 , 41 +39, 294, 472 Tell Brāk 36, 467 Tell Ḏībān !Dibon Tell ed-Duwēr !Lachisch Tell el-Fār‛a (Nord) 294, 468 Tell el-Fār‛a (Süd) 99 +75 Tell el-Fūl !Gibea Tell Ǧezer !Geser Tell el-Ḫaḍra !Aschkelon Tell Ḥarīri !Mari Tell Ḥasan eṣ-Ṣāleḥ !Afek Tell Ḥesbān !Heschbon Tell el-Ḥesī (hebr. Tēl Ḥēsī) 6 1 , 39 f., 173 f., 296 Tell el-Ḥöṣn bei Bēsān !Bet-Schean Tell Huǧērat el-Ġuzlān 234, 262, 263 228 , 274-275 +240-242 Tell Irbid (Arbela) 297 Tell Maḍhūr 221 38 Tell Mardīḫ !Ebla Tell el-Megaṣṣ 123 +103 f. Tell Murabbā !Ragaba Tell el-Mutesellim !Megiddo Tell en-Nebī Mend !Kadesch am Orontes Tell el-‛Orēme 6 1 , 251 219 Tell el-Qāḍī !Dan Tell Qasīle 249 112, 396 +376 Tell el-Qedaḫ !Hazor Tell el-Qedērat !Kadesch-Barnea e
Sichem !auch Nablus 6 1 , 37, 84 +61 , 106, 282, 472, 474 Sidon 84, 309 f., 485, 523 Šiloaḥ !Jerusalem Šōbak (Montreal) 7 1 Šiqmīm 273, 275 Sinai, Halbinsel 39 +35 f., 43, 108, 111 f., 170, 233 +59, 279, 374, 382 f., 505 Sippōrī !Sepphoris Soubeita (hebr. Ḥorbat Šivṭā) 354 Skytopolis !Bet-Schean Stonehenge 27, 39, 125 Sumer 5768, 243, 469 Ṣūr !Tyrus Susa 221 38, 251, 469 Syrien 35 21 , 49 35 , 5768, 68, 70, 75, 77-79, 83, 108, 205, 208 f., 225, 256, 258-260, 268, 282-285, 290 f., 293, 324, 332, 346, 375, 382, 403, 408, 426, 433, 459, 465, 467, 469, 471, 473, 475-477, 479, 481, 483, 485, 487-489, 491, 493, 500, 502, 504 f., 517-519, 522-525
e
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Index
Tell Qēmūn !Jokneam Tell er-Ramād 268 +20, 465 Tell er-Rās bei Esdūd !Aschdod Tell Razūk 221 38 Tell Rimāḥ 229 54 Tell eṣ-Ṣāfī (hebr. Tēl Ṣāfīt) Gat? 40 Tell es-Seba‛ 294, 298, 353 316 , 354 Tell es-Sulṭān !Jericho Tell Ta‛anek !Taanach Tell eṭ-Ṭuyūr !Tēl Ṣippōr Tell Waqqāṣ !Hazor Tell el-Yehūdīye 177 22 Tell Zerā‛a 6 1 , 69 48 , 86 62 , 93 70 , 114 91 , 116 94 , 118 98 , 120 100 , 121 101 , 131, 132 114 , 146 125 , 154 131 , 155 132 , 164 141 , 230 196 , 232 +198 , 233 199 f. , 234 201 , 243 210 , 245 213 , 246 214 , 255 222 f. , 258 224 , 260 226 , 376-379 +350-355 , 425 407 , 450 454 , 451, 452 455 , 453 456 f. , 454 458 , 457 462 f. , 458 Teman 261 Tenḥūm !Kapernaum Ṭ veryā !Tiberias Theben 32, 85, 227 50, 472, 476 – Ost 85 – West 32 18 , 79, 220 182 Thera (Santorini) 205 +170 , 206 +171 66 Thetys 207 Tiberias (arab. Eṭ-Ṭabarīye; ivr. Ḥorbat Qaṣr Di-Ṭ veryā) 6 1 , 111, 494, 500 f. Tigris 34, 517 Timna 233 f., 235 203 f. 69, 271, 275, 282 59, 396, 405 19 ›Titus-Bogen‹ !Rom Totes Meer (Salzmeer; hebr. Yām Ham-Melaḥ; Yām Hā-‛Ărābā) 6 f. 1 , 39 36, 41, 77, 82-84, 89-91, 136 117 , 208, 209 +5, 210 8, 215, 233 58, 234, 236, 358 +324 , 366 337 , 397, 400, 517 Tripolis (arab. Ṭarablūs eš-Šām, El-Mīna) 34 23 Troia (vermutlich Hislarlık) 26, 40, 150 Tulūl Abū l-‛Alāyiq !Jericho Tyrus (arab. Ṣūr) 6 1 , 84 +84 , 236 f., 248, 285, 294, 309, 433, 481, 487, 489, 523 e
e
‛Ubēdīye, el- 6 1 , 239 Ugarit (arab. Rās [eš-]Šamra) 35 21 , 179 153 , 228 +51, 236, 244, 252 122, 253 f., 258 f., 291, 475, 477, 479, 481, 526 Uluburun 73 54 , 74
Umm Qēs !Gadara Umm el-Ǧemāl 365 +336 Umm el-Jimal !Umm el-Ǧemāl Umm er-Rasas !Umm er-Reṣāṣ Umm er-Reṣāṣ 352 315 , 354 Ur 35 +21 f. , 36, 221 38, 225 188 , 229, 259, 392, 471, 473, 526 Vesuv 25, 205 +63, 495 ›Via dolorosa‹ !Jerusalem ›Via maris‹ (Küstenstraße) 84 +61 , 526 ›Via nova Traiana‹ 84 +61 , 317 +104, 320 f., 526 Vounous-Bellapais 223 185 , 251
Wādī el-‛Araba 39 +35 f., 81, 83, 208, 213, 233, 235, 280, 438, 439 431 , 517 Wādī el-‛Arīš (Bach Ägyptens) 77 Wādī el-Buṭm (hebr. Naḥal Dūmā) 336 Wādī Ḍānā 439 431 Wādī Fallāḥ !Naḥal Ōren Wādī el-Ġafr 297 Wādī Ǧahannam !Jerusalem (Kidrontal) Wādī Ġazze (Bach Ägyptens) 77 Wādī Ǧirm el-Mōz 239 Wādī el-Ḥamme 239 Wādī el-Ḥesā !Sered Wādī Maḥras !Naḥal Mišmar Wādī el-Murabba‛āt 89-91, 357 Wādī Mūsā !Petra Wādī en-Nāṭūf (hebr. Naḥal Nāṭūf) 262 1, 464 Wādī Rabāḥ (Naḥal Rabbā) 265 230 , 466 Wādī er-Rayān 364 Wādī Rūm 439 11 Wādī Ṣa‛ālīk (Naḥal Ša‛al) 427 409 Wādī Sirḥān 334 Wādī Šu‛ēb 265 230 , 464, 466 Wādī ez-Zerqā !Jabbok ›Warren-Schacht‹ !Jerusalem ›Weihrauchstraße‹ 84 +61 , 310, 354, 428 f. ›Western Wall Tunnel‹ !Jerusalem Westmauer !Jerusalem (Klagemauer) ›Wilson-Bogen‹ !Jerusalem Wüste 114, 210 12, 212, 526 – Juda 82, 89, 100, 211, 222, 295, 359 – Negev 75, 274, 354, 386 39 – syrisch-arabische 75, 77, 83, 214, 263 228 , 338, 342, 364, 517
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Index Y rūšālayim !Jerusalem e
Yaffa !Jafo Yāfō !Jafo Yām Hā-‛Ărābā !Totes Meer Yām Ham-Melaḥ !Totes Meer Yām Ḥūlē !Lisan, See Yām-Kinneret !Genezaret, See
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Zagrosgebirge 207, 233 59 , 522 Zweistromland !Mesopotamien Zypern 35 21 , 205, 223 185 , 229 194 f. , 233 59, 237 75, 251, 291, 312 f., 347, 475, 485 f., 492, 495
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584
Index
Personen- und Namensregister (in Auswahl) Aaron 221 Abbasiden 44 30 , 333, 338, 343 f., 500, 502, 517 Abd el-Malik 332, 333 +118, 351, 500 Abdi-Tirschi 285 Abdul Hamid II. 404 Abraham 105, 107, 339, 348, 351 Abul Abbas 343 Abu el-Faraj Ali el-Isfahani 333 Achämeniden 168, 309, 312, 486 f., 517, 524 Ahab 50, 51 +58, 237, 295, 482 f. Aharoni, Y. 41, 75, 113 f., 277 +46, 282, 293 80, 296, 308 Ahas 249, 411, 484 Albright, W. F. 41 +39, 52 +60, 293 80, 296 Alexander d. Gr. 70 f., 313, 488 f., 519, 524 Alexander Jannaeus 318, 434, 494 Amasja 297, 482 Amenemhat I. 78, 474 Amenophis II. 168 144 , 284, 476 f. Amenophis III. 187 159 , 285, 478, 517 Amenophis IV. (Echnaton) 285, 478, 517 Amiran, R. 41, 113, 175 +19, 2093, 277 +48 f., 280 +57, 282, 293 80, 461 Ammoniter 77, 517 Amoriter 78, 187 +38 Ananus 410 Antiochos III. 313, 316, 489 Antiochos IV. 314, 316, 490 f. Aphrodite 109, 350 Aramäer 68, 293, 295, 479, 481 f., 517 Aretas IV. 372, 492 Arculf 23 Artemis 317 f., 323, 324 +285 Asa 297 88, 482 Asarhaddon 301, 484 f. Aschera 258, 260 226 , 288 69, 518 Aschtarte 259 +225 , 260 226 , 288 69, 312, 518, 521 Assurbanipal 56 +40, 251 119, 301, 485 Assurnasirpal II. 57 41 , 422 405 , 483 Athanasius von Alexandria 235 70 Athanasius Jeschue Samuel von Jerusalem 90, 407 Atkinson, R. J. 127 +33 Augstein, R. 409 August der Starke (Sachsen) 391 Awaren 331
Ayyubiden
44 30 , 501, 518, 520
Ba‛al 256, 258 f., 260 148 f., 312, 517 f. Bagatti, B. 327, 330 Bahn, P. 19, 61 1, 65 10, 66 11, 103 80 , 183 34, 200 167 Balduin I. 350 Balduin II. 346, 351 Bar Adon, P. 41, 100 +15 Barkay, G. 55 +67 Becker, H. 118, 127 33, 128, 134 +41, 192 +49, 197 55 Belshe, J. C. 127 Belzoni, G. 32 Ben Gurion, D. 383, 504 Ben-Tor, A. 245 101, 285 f., 289 263 , 290 +77, 292, 362 f. Beni Hamide 401 Benito Álvarez, J.-M. 371 341 Bietak, M. 206, 462 Binford, L. R. 65 10, 66, 67 13, 242 92 Biran, A. 186 158 , 360 +8, 361 Blana, M. 355 4, 377 28, 37930 Bliss, F. 38 31, 40, 50 Bonaparte !Napoléon Bonaparte Botta, P. É. 34, 35 f. Boucher de Perthes, J. 27 f. Breasted, J. H. 77, 413 Brown, R. 410 Browning, I. 324, 375 348 26 Bruce, J. 32 Bruce, T. 402 Brünow, R. 316 Burckhardt, J. L. 10, 31 +15, 316 Caesar, Gaius Julius 170, 337 f., 492 f. Cameron, J. 409 Champollion, J.-F. 33 Chapiru !Ḫapiru Chaqan 338 Childe, V. G. 64, 65, 264 4 Chosrau 337 Christie, A. 36 Churchill, W. 43 Clarke, D. L. 65 Clermont-Ganneau, C. S. 401 Conder, C. R. 38 f. +32, 112, 296
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Index Conway Horsfield, A. 372 Crawford, O. G. S. 125 Dajani, A. 42 Dalman, G. 112 88 , 113 89 , 125 +106 , 224 +46, 358-360, 372 Danneil, J. F. 63 +3 Darius I. 35 26, 55, 486 Darwin, C. 28 +11 , 29, 63 David 107, 172, 173 14, 186 158 , 236, 246, 261 159, 293 f., 308, 339, 351, 386 +39, 387 +365 f. , 388, 449, 480 de Beauchamp, J. 34 de Geer, G. J. 197 de Lorraine, E.-M. (Herzog d'Elbeuf) 25 de Saulcy, F. 419 de Vaux, R. 50 49.51, 56, 91, 252 Delougaz 174 +18 Den 278 50 f., 461, 468 Descartes, R. 439 Deuteronomisten/deuteronomistisch 52, 254 135, 386 39, 519 Deutsch, R. 410 Dickie, A. C. 38 31, 40 Diokletian 235, 324 f., 351, 496 Dionysos 341 Djer 278 50, 468 Dörpfeld, W. 26, 40, 150 Domitian 322, 495 Dothan, T. 42, 245 101, 249 112 Douglass, A. E. 189, 192 Dubois, M. E. F. T. 29 Duncan, J. G. 40, 174 +18 Earl of Elgin 24 2, 392, 401-403 +381-383 Edomiter 519 El 243 96, 258 +224 , 259, 517, 519 Elia 252 125, 256, 482 Engels, F. 30 Epstein, C. 244 +98, 245 102, 270 +25, 271 31 Esra 309, 488 Essener 90 Etheria 23, 110 +15, 111, 325, 326 +113, 327 +116 f., 328 Eusebius von Cäsarea 107, 109 10, 110, 113, 235, 276 43, 296, 310, 326, 523 Evans, A. 26 Ezechiel 54, 79 5, 486
585 Fabri, Felix (=Felix Schmid) 112 Fatimiden 44 30 , 344, 345 +134, 500, 517, 519 Ferguson, A. 30 Fiorelli, G. 25, 87 3 Fisher, C. S. 41, 174 +18, 316 Flavius, Josephus !Josephus Flavius Fox, H. L. 175 Friedrich II. (Kaiser) 347, 390, 502 Friedrich III. 344 131 Fuhlrott, J. C. 28 +9, 29 +13 f. Fulk d'Anjou 433 Garfinkel, Y. 264 5, 266 +232 11-14, 267 15, 268 21, 269 235 22.24, 270 +28, 271 31, 416 Garstang, J. 51 +56 f., 268 +21, 285, 310 Gesenius, W. 32 Glueck, N. 39 +34, 121 +29, 316, 324 Golan, O. 410 Gottfried von Bouillon 350 Grégoire, H.-B. 380 +356 Gressmann, H. 49 35 , 186 Grotefend, G. F. 34 Guérin, V. 31 Guthe, H. 38 31 Hadad 259, 260 148 f. Hadidi, A. 42 Hadrian 109 +85 , 318 f., 375 f., 437, 495 Hafis (Muhammad Schams ad-Din) 34 24 Haghe, L. 372 342 , 374 Hakim, el- 345, 350, 500 Hammurapi (Babylon) 168, 257, 284, 460, 475 Hammurapi (Ugarit) 291 Ḫapiru 285, 291, 292 f., 520 Harding, G. L. 894, 91, 296, 308, 324 Harris, E. C. 150-153 +129 , 156, 159, 520 Harun er-Raschid 333, 343, 344, 351, 500 Hasmonäer 106, 108 7, 187, 314, 318 +105, 434, 490, 520, 522 Hathor 32 18 , 260 +226 , 288, 520 Hatschepsut 32 18 , 476 Hauptmann, A. 20, 101 20, 233 62, 234 +65 f. Hebräer 291 Helena 109, 110 +11, 350, 497 Herodes d. Gr. 314, 348 f., 434 +423 , 437, 492 Hethiter 68, 254, 82, 291, 477-479, 520, 522 f.
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586 Hiel 50 +55, 51 Hieronymus 107 Hippodamus von Milet 109 +8, 311, 317, 319, 323, 520 Hippolyt 235 Hischam 333 Hiskia 53, 229 55, 296, 299, 302, 308, 405-407 +387 , 484 Hl. Martin 108 Hodder, I. 68 +15, 184 +36 Homer 26, 57 Hooke, R. 27 Horsfield, G. 316, 372 ḥrjw-š 78 2 Hyksos 99 75 , 221, 296 86, 476, 521 Ibbi-Zikir 177, 460, 471, Ibrahim, M. 42, 244 +99, 247 Indiana Jones 9 +1, 454 Jahwe/JHWH 52, 54 f., 79, 105 f., 170, 216, 24396, 246, 249, 254, 256, 258, 260, 261 +160, 296, 308 f., 326, 351, 410 +390 , 494, 521 Jakobus (Herrenbruder) 410 +389 Jebusiter 351, 386 Jefferson, T. 26 +9 , 150 Jehu 58 42 f. , 229 53, 482 Jeremia 54, 484 Jerobeam I. 246, 482 Jerobeam II. 295, 484, 524 Jesaja 91 67 , 261 155, 377, 442 436 , 484 Jesus von Nazaret 104 1, 106, 108, 111, 250, 314 f., 319, 409 f., 437, 449, 492, 498 JHWH !Jahwe Joasch 411 +391 Johannes Hyrkanus I. 106, 490 Johanniter 347 +311 , 433 Josaphat 236 74, 297 88, 482 Joseph (Stamm) 222 Josephus Flavius 37, 90, 106 f., 108 7, 314, 316 102, 318 +105 f., 319, 394, 410, 437 Josia 105 f., 308, 484 Josua 50-52, 290 f. Judas Makkabäus 314, 490, 522 Justin der Märtyrer 315 100 Justinian I. 331, 498
Index Kambyses II. 168, 486 Kamil I. !Nasir ed-Din el-Malik el-Kamil I. Kanaanäer 289 262 , 521 Karl (I.) d. Gr. 343, 344 Keller, W. 50 50 Kemosch 54, 326, 521 Kenyon, K. M. 41, 42 +29 , 51, 52 59.61, 53, 110 +13, 176, 2659, 268 19, 386 Kersten, O. 359 Kircher, A. 32 Kitchener, H. H. 38 f. 32, 39 36, 112 Klein, F. A. 54, 400 f. Kohl, H. 40 Konstantin d. Gr. 109, 324 f., 350, 437, 496 f. Konstantin IX. Monomachus 350 Kossinna, G. 64 +5 f. Kükelhaus, H. 440 Kürschner, H. 218, 360 7 Kyros II. 168, 228, 229 52, 309, 486 f. Lartet, E. 29 Lawrence, T. E. (›L. of Arabia/von Arabien‹) 3935, 43, 225, 503 Layard, A. H. 34 f. 36, 58 42 f. , 301 270 , 338 Leibniz, G. W. 439 Lepsius, K.-R. 33 Libby, W. F. 66, 193 +51, 195, 199 Lin, H. M. 419 41 Lisch, F. 63 +3 Lyell, C. 27, 28 +9, 150 Macalister, R. A. S. 40 +27 , 169 Mackenzie, D. 40 Makkabäer 314, 349, 490, 520, 522 Mallowan, M. E. L. 36 Malraux, A. 456 Mamluken 44 30 , 235 69, 347, 502 f., 522 Manasse (König) 254, 411, 484 Marduk 256, 257 +144, 258, 522 Margalit, Z. 361 9 Mariette, A. 33 Marx, K. 30, 392 Matathias 314 Mazar, B. 41 Mazar, E. 386, 387 +366 May, K. 31 19
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Index
Nabatäer 225, 236 73, 317, 371 f., 429, 490, 492, 522 Nabonid 168, 487 Napoléon Bonaparte 32 +21, 33, 36, 69, 112, 348, 380, 393, 503 Naram-Sīn 177 23, 471 Narmer 277 +245 , 461, 468, Nasir ed-Din el-Malik el-Kamil I. 347 Neandertaler !›Homo neandertalenis‹ Nebukadnezar I. 257, 481 Nebukadnezar II. 34 20 , 248, 296 266 , 486 f., 518, 522 Nehemia 309, 488 Neriah 411 Nero 315 100, 495 Neubauer, W. 134 Niebuhr, C. 10, 31 +17 14, 34 Nike 371 +341 , 403 nmjw-š 78 2 Nofretete 408 Noth, M. 52 +63, 56, 78 1
Oboda II. 429, 492 Omayyaden 44 30 , 86 62 , 332-341, 343, 354, 397, 404 f., 418, 499, 523 Omri 54, 58 42 f. , 482 Oniaden 313 Oppenheimer, F. 440 Origenes 108 Orpheus 255 222 f. , 376 350 , 377 Osmanen 77, 347, 503, 523 Paglieri 125 Pengellys, W. 29 Pepi I. 177, 178 +152 , 460, 470, Perser 44 30 , 77, 262 227 , 486, 488, 497, 499, 521 Petermann, J. H. 400 f. Petrie, W. M. F. 34, 39 +26 , 40, 150, 173 +15, 174, 183 +156 32, 296, 419 Petrus (Jünger Jesu) 110, 495 Petrus der Iberer 327 Petrus von Alexandria 235 Philister (Palastu; P lištīm) 40, 79, 99 75 , 259, 295, 524 Philo von Alexandrien 108 7 Phönizier 227, 236, 254, 309-313 +276 , 434, 481, 523 Piccirillo, M. 327, 330 Pilger aus Bordeaux 23, 109 10 Platon 389 Plinius d. Ä. 316 102 Plinius d. J. 25, 495 Pompeius 79, 314, 316, 491-493, 519 Pontius Pilatus 108, 314, 435, 492 Portugali, J. 120 +100 , 122 31 Ptolemäer 77, 488, 524 Pythagoras 389 e
Mayor, F. 440 +12 Melitius von Lykopolis 235 Merenptah 80 +57 , 292, 459, 478 Mescha 54 +39 , 482 Midianiter 225, 234 Mitanni 85, 476 f., 479, 522 Mittmann, S. 20, 54 66, 113, 121 +29, 122 31, 244 +97.99, 247, 249 112, 253 131, 28768, 288 70, 300 93 f. Mnemosyne 389 mnṯw 78 Moabiter 54, 400, 522 Möbius, K. A. 412 Mohammed (Prophet) 107, 331, 338 129, 351, 499 Muhammad al-Halili 413 Montelius, O. 28, 63 +47 4, 64, 167 +1, 179 +26, 180 f. Moon, F. G. 374 Morgan, L. H. 30 Mose 325-328 Müller, K. O. 61 Muhammad Schams ad-Din !Hafis Muse/Musen 377, 389 Musil, A. 3933, 121 29, 334 f., 338, 342 f.
587
Quiccheberg, S.
390
Ramses II. 39, 80, 85, 290, 292, 310, 408, 459, 478 f. Ramses III. 79, 291 f., 480, 523 f. Ramses VI. 167 143 , 480 Ramses XI. 277 50, 310 98, 480 Rawlinson, H. C. 35 Rehabeam 294, 297 88, 482 Reisner, A. 40, 41 38
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588 Renfrew, C. 19, 60 45 , 61 1, 65 10, 66 11, 92 68 , 103 80 , 183 34, 200 167 Rich, C. J. 35 Richard Löwenherz 422, 501 Roberts, D. 372 342 , 374 +345 f. 25 Robinson, E. 31, 32, 37, 38 24 , 113, 18028, 349, 406 Rockefeller, J. D., jr. 413 Röhricht, R. 111 +16 Rossellini, I. 33 rṯnw 78 Ruskin, J. 368 +15 Sadduzäer 524 Saladin 106, 346, 350 f., 421 +403 , 501, 520 Salmanassar III. 58 42 f. , 80, 229 +53, 295 83, 482 f. Salomo 37, 107, 173 14, 227, 229, 236, 246, 248, 261 159, 290, 293, 348, 351, 384, 386, 410 f., 449, 480, 517 Samaritaner 106, 498 Sanherib 36, 53, 228 192 , 229 55, 296 266 , 299 +92, 301 +270 , 302, 303-307 +271 , 308 96, 484 f., 522 Sarazenen 346, 502 Sargon 177 +23, 178 +152 , 243, 460, 471 Sargon II. 34, 37 23 , 296, 299, 484 f. Sassaniden 337 Saul 253, 254 136, 480 Schasu 293, 524 Schliemann, H. 26 +8 , 40, 150 Schick, C. 419, 420 402 Schoschenq I. 85, 294, 296 266 , 482 Schumacher, G. 40, 112, 121 +29, 122 102 , 315 278 , 316 Seetzen, U. J. 10, 31 +15, 32, 316 Seevölker 79, 291, 292, 396, 480 f., 520, 523, 524 Seldschuken 345, 500, 524 Seleukiden 77, 313, 316, 480–491, 522, 524 Selim I. 347 f., 502 Sellin, E. 40, 50, 53 Sesostris I. 78, 474 Sestrosis III. 282, 474 Sethos I. 85, 284, 290 +76, 478 Sharon, A. 383, 505–507 Sharpe, P. H. 125 Sicard, C. 32 Sinuhe 78 Slawen 331 Sloane, H. 392
Index Smith, W. 27 Starkey, J. L. 296, 300 Stekelis, M. 293 77, 266, 26922, 270 +27, 271, 416 Stenonis, N. 150 Stensen, N. 276, 150 Stern, E. 101 21, 310, 312 99, 313 śṯt 78 Sukenik, E. L. 41, 90 Suleiman d. Prächtige 348, 413, 502 Tadmor, M. 100 +19 Tammuz (Dumuzi) 256, 280, 525 Theodosius (Archidiakon) 23 Theodosius d. Gr. 325, 331, 497 f. Theotokos 330, 498 Thomsen, C. J. 28, 62 +2, 63, 64, 179 Thutmosis III. 85, 284, 459, 476 f. Tiglat-pileser I. 168 3, 481 Tiglat-pileser III. 186 158 , 310, 485 Tobiaden 313 Tobler, T. 31 Tumarkin, I. 434 Tylor, E. B. 30, 241 83, 242 +89 Urban II. 345 +135, 501 Ussia 100 +77 , 484 Ussishkin, D. 100 +18, 283 60, 296, 297 87, 301 95, 308 Van de Velde, C. W. M. 37, 112 Venus 109, 350 Vespasian 318 f., 394, 495 Viollet-le-Duc, E. E. 366-368 +338 Virchow, L. K. 28 von Humboldt, A. 439 +432 von Post, L. 217 von Schlözer, A. L. 230 Wagner-Lux, U. 110 +13, 437 9 Walid I. 332 f., 338 f., 351, 500 Walid II. 333, 339 Walther von der Vogelweide 346 +137 Warren, C. 37, 39 32, 50, 401 Watzinger, C. 40, 50 +55, 51 +57, 53 Weippert, H. und M. 20, 50 54, 51 58, 53, 93, 97 +9, 98 14, 100, 169 145 , 246 106, 248 +109, 249, 260 +146, 261, 280 56, 288 69-71, 295 82, 299 90 Wheeler, M. 41 +40, 165
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Index Wilhelm II. 404, 437 Willibald 23 Wilson, C. W. 37, 38 32, 3937, 112, 349 Winckelmann, J. J. 25, 70, 71 +50 Woolley, C. L. 35 +27, 36 +28, 3935, 43, 221 38 Worsaae, J. J. A. 63 Wright, G. R. H. 56, 176, 372, 462 Yadin, Y. 41, 285 f., 28766, 290 +77, 292, 362, 407
589 Yarim-Lim 286, 475 Yassine, Kh. 42 Yazid I. 333 Yazid III. 338, 339 Zedekia 308, 486 Zeus 313, 316, 318, 321 +282 , 323, 389 Zimri-Lim 284, 460, 475 Zoega, G. 32
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590
Index
Sachwortregister (in Auswahl) Aditus 322, 517, 526 Ächtungstexte, ägyptische 284, 517 Ägyptologie 10, 32 f., 36, 39, 69, 72 +49 20, 77 Agora 323 +284 , 517, 520 Akkadistik 36, 517 Akropolismuseum (Athen) !Museum Alabaster 177, 289, 517 Allerheiligstes 245 213 , 248 +110, 249, 289 +74, 290 +75, 330, 394, 517 Alluvium 517, 519 Altar 59 44 , 245 +213 , 247, 249, 251 119, 273, 281, 286, 288 261 , 289 f., 313, 321, 323, 330 +295 , 345, 351, 403, 414 395 , 415, 432 419 f. , 490, 518 f. Altertümer passim, bes. 93-102 +70-79 Altertumsforschung 24, 35, 45, 57 Amarnabriefe 79, 244, 285, 291, 297 86, 517 Ammoniten 27 Amphora 251, 328, 517 Anastilosis 370, 371 Anfass-Museum !Museum Ankauf (von Antiken) 54, 398 f., 403, 407 f., 412 Annalen 51 58, 343, 459, 517 Anthropologie 30, 41, 65, 238-242 +206-209 – Kulturanthropologie 30, 45, 65, 207, 241-242 – physische 207, 240-241 +209 Anthropophagie 250 Anikengesetz 379, 398 Apodyterium 334 297 , 340 f., 342 307 , 517 Apsis 327 288 f. , 330, 430 +413 , 517, 519, 525 Aqhat-Epos 253 Aquädukt 436 +426 , 517 Arbeitsgeräte (Ausgrabung) 49, 148 f. +128 4 Archäobotanik !Flora Archäologie/Archaeology passim, bes. 9 f., 60-74 – ›Bibelarchäologie‹ 45 – Biblische passim, bes. 42-59 +31-44 – Christliche passim, bes. 71 +49.51 – ›Contextual‹ 4747 – Ethno- 241 – experimentelle 230 +196 , 231 – Islamische passim, bes. 72 +49 – Klassische passim, bes. 70 f. +49 – ›New‹ 65-68 – ›New Biblical‹ 44 44 – ›Post-processual‹ 68
– – – – –
prähistorische 62 2, 69 ›Processual‹ 65, 68 provinzialrömische 71 Unterwasser- 73 f. +53 f. Ur-/Vor- und Frühgeschichte passim, bes. 69 f. +49 – Vorderasiatische passim, bes. 70 +49 Archäologischer Park 397, 406 387 , 407, 426-439 +408-431 Archäomagnetismus 201 f., 518 Archäometallurgie 233 f. Archäometrie 192, 518, 524 Archäozoologie !Fauna Areal (einer Ausgrabung) 86 62 , 138, 140, 146 125 , 154 131 , 155-157 +132 , 159, 163, 164 141 , 233 200 , 234 201 , 245, 247 f., 251 219 , 266 232 , 267, 269 f., 272 237 , 285 254 , 286 +256 , 287 +257 f. 67, 288 +259-261 , 289 +262 f. , 292, 311 +274 , 312, 362, 363 +331 , 373, 376 27, 378 29, 518 Artefakt passim, bes. 102 f. +80 Atrium 344, 518 Audienzsaal/-halle 334, 336-340 +299-303 , 404 Aufklärung 104, 390 Ausgrabung/Feldarbeit passim, bes. 144-166 +123142
– Organisation passim, bes. 147-149 +126-128 – Raubgrabungen 46 f., 120, 409 – Rettungsgrabung 144 1, 272 – Strategie passim, bes. 146 – Ziele passim, bes. 144 f. +124 Ausgrabungsvolontäre/-innen 10, 147 126 , 148, 449-456 +454-458 Avdat-Nationalpark !Nationalpark
Bāmā 289, 518 BAI Wuppertal 5, 9 2 , 19, 92 69 , 117 +96 , 131 111 f. , 132 115 , 158 135 , 159 137 , 165, 166 142 , 174 17 , 229 194 f. , 230 196 , 231 +197 , 231, 272, 458 +33 f., 564 Baptisterium 328, 329 +292 f. , 330 +294 , 430, 518 Bar Kochba-Aufstand 109, 187 160 , 314, 319, 494, 518 Basilika 326, 350, 518 Bauopfer 250, 251 +219 , 518 Befund (context) passim, bes. 157-159 +135
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Index Belvoir-Nationalpark !Nationalpark Bergbau/-werk 92, 216, 227, 233 59, 234, 235 +203 f. 70, 353 1, 392 6 Bibeldorf Rietberg 444-449 +442-453 Bibelmuseum 426, 441-449 +435-453 – Nijmegen 444 f. Bibelwissenschaft !Exegese Bible Lands Museum (Jerusalem) !Museum Biblisch-Archäologisches Institut Wuppertal !BAI ›Birke‹ !Wasserreservoir ›Bileam-Inschrift‹ 397 Bitumen 280 +54, 281 ›Blaues Schild‹ 381 Bodenarten 145, 210 f., 233 42 Bodenschätze 207, 226, 233-235 Bohrungen 12026, 122, 123 103 f. , 141 46, 205 +63, 279 52 Botanik !Flora Breitraumhaus 98 12, 246 f., 274, 279, 517, 518 British Museum (London) !Museum C-Methode !Radiokarbonmethode Caesarea maritima-Nationalpark !Nationalpark Caldarium 334 297 , 340 +304 , 341 305 , 518 Cardo 38 25 , 104 81 , 109 9, 318, 323, 518, 519, 526 Charta von Venedig 354 3, 363, 369 +17, 370 +18-21 Cella 247, 249 +111, 324, 328, 402 16, 519, 522 Chronologie s. bes. Anhang ›Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt‹ – absolute 58, 182, 189 f., 196, 202, 204-206, 459-462 – ›kurze/mittlere/lange‹ 177, 178 +152 , 459-462 – lokale 175, 177, 191 43, 205 – relative 28, 58, 62 f., 151, 174, 176, 180, 183 f., 186, 188 f., 192, 202, 204, 205 +62, 217 f., 526 Chronologische Korrelation 177, 180 f., 183, 204-206 +170 f. , 459 Colluvium 517, 519 14
Dana Nature Reserve !Naturreservat Dar as-Sarayah Museum (Irbid) !Museum Datenverwaltung (-bank) 115, 141 f., 159, 165, 166 142 , 231, 412, 451, 458 Datierung – absolutchronologisch 182, 189, 196, 202, 204206, 460 – ›klassische‹ Methoden bes. 173-188 +148-161
591 – naturwissenschaftliche Methoden
189-204 +162-
169
– paläografisch 91, 188 +188 – relativchronologisch 62 f., 174, 176, 180, 184, 188 f., 192, 202, 204 f., 217 f., 526 Dauerausstellung 416-419 Decumanus 25 7 , 49 35 , 318, 323, 519, 526 DEI (Jerusalem und Amman) 38 +25 , 42, 49 35 , 59, 358, 359 +326 , 360 327 , 420 402 , 437 +10 Dendrochronologie 189-192 +162 , 196, 201, 206 +66, 459, 519 Depot !Hort(fund) Deutsches Evangelisches Institut für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes !DEI Diakonikon 328 f. +292 f. , 519 Digitale Museen !Virtuelle Museen Diffusionismus 241 +85 Disneyland 444 +441 Dokumentation passim, bes. 157-166 +135-142 Dolmen 27, 519 ›Drei-Perioden-System‹ 28, 63 Dromos 154, 519 Durchgangskorridor/-gebiet (Palästina) 69, 76, 205, 236, 239 Ebla-Texte 177 23, 243 f., 255, 258, 519 Elektromagnetische Induktion 136 f. +117 , 138, 519 ›Elgin Marbles‹ 24 2, 392, 401-403 +381-383 En Avdat-Nationalpark !Nationalpark ›Enuma Elisch‹ 256, 257 Epagomenen 169 Epos 253 +129, 255-258 Eretz Israel Museum (Tel Aviv) !Museum Erlebnisausstellung/-museum !Museum Erlebnispark 439-441 +433 f. , 444-449 +441-453 ›Erlebniswelt Renaissance‹ 440 +13, 441 434 Ethnizität 65, 182 Ethnoarchäologie !Archäologie Ethnografie 30, 241 Ethnohistorie 240 Ethnologie 30, 241 Eventmuseum !Museum Evidenz, archäologische 88, 103 80 , 121 f., 225, 519 Evolution(stheorie) 28-30, 63, 204, 238 76, 240 Exegese und Biblische Archäologie bes. 47-59 +34-44 Exploratorium 440 +433
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592 Fälschung 409 f. Fauna 119, 142, 145 124 , 204, 207, 216-218 +178 f. , 219, 523 – Archäozoologie 45, 219-222 +182-184 , 518 – Datierung 204 Feldarbeit !Ausgrabung/Feldarbeit Felsengrab !Grab Fernhandel !Handel Fest 64, 167, 169, 246, 250, 258, 281, 402 16 – F. Israels/jüdische F. 105 f., 170, 246, 314 Feuerstein !Flint Figurine 74, 97, 188, 191, 232, 233 199 , 252 220 , 260 226 , 269 +235 , 270, 273, 284, 286, 312, 355, 415, 416 +398 , 515, 520 »Find a Dig!« !Volontäre/innen !Praktika Flint (Feuerstein, Silex) 121, 159, 174 16, 175 f., 210 8, 263, 267 +233 , 279, 515, 520, 522, 524 Flora 119, 142, 145, 207, 216 +178 , 218 +180 , 265, 523 – (Archäo-)Botanik 29, 216, 360 7 , 518 – Paläopalynologie 45, 203, 217 f. +180 , 523 Flurbegehung !Survey Forschungsreisende 10, 30-32 +17 , 112, 348 Forum 109, 135 116 , 319, 321 282 , 322 f., 517, 520 Fossilien/fossil 27 +10 6, 29 +11, 150, 192 49, 196, 199, 204, 217 f., 240, 523 Fotografie passim, bes. 161.163 f. +140 f. Fotogrammetrie 116-118 +94-97 , 161 11, 163 f. +140 f. , 372 23 – 3D Dokumentation 117 f. +96 f. – Aero- 116 f. +98 – terrestrische 116 23, 117, 161 11, 163 f. +140 f. Freiwillige (in der Archäologie) !Volontäre/innen Freizeitpark 440 Fresko 334, 336-339, 341 +306 , 520 Frigidarium 340, 520 Füllschicht 175, 319 108 Fund passim, bes. 87 f. +63 f. , 102 f. +80 Fundteilung (von Antiken) 407-409 Fundvergesellschaftung 63 f., 86, 88, 156, 179, 525 Funktionalismus 67, 241 +86 ›Gadara Region Project‹ 451, 458 Geländebegehung !Survey Genfer Konvention 382 34.36 Geoelektrik 127-133 +107-115 , 520
Index – Kartierung (Mapping) 129, 130 +110 , 131 111-113 , 137 – Tiefensondierung 129 f. – Tomografie 129, 130-133 +114 f. Geografische Informationssysteme 141-143 +122 Geologie 276, 29, 128, 131, 145 124 , 150, 196, 207-210 +172-174 , 231 Geomagnetik 127 f., 133-136 +116 , 520 Geophysik !Prospektion, geophysikalische Georadar 138 f. +119 , 140 120 , 520 Geothermik 141 +46 Geowissenschaft 45 Geschichtsschreibung 55, 57, 172, 386 39, 454 Geschichtsverständnis 171 ›Geschlossener Fund‹ 63, 64, 176, 179 f., 185, 520 Geser-Kalender 40 27 , 169, 224 Glacis 287, 297, 299 f., 387 365 , 520 Glaubensgeschichte 56 f., 348 Global Positioning System (GPS) 115 f. +22 Glyptik 45, 186, 520 Glyptothek (München) !Museum Götterpantheon 256-259 GPS !Global Positioning System Grab/-formen/-beigaben passim, bes. 97-100 +74-77 Grabenbruch 39 36, 81, 83 f., 208, 209 +173 , 210 +174 , 239, 517 Grabungsquadrat 40, 121, 155-156 +133 f. , 159, 163, 523 Grabungstagebuch 142, 157, 160, 164, 165 Grenzflächen !›Schnitt-/Grenzflächen‹ ›Grünes Gewölbe‹ (Dresden) !Museum Haager Konvention 379-381 Haager Kriegsordnung 382 34.36 Halbwertszeit 193 +51, 194, 196, 198 166 Handel passim, bes. 84 f. +61 , 235-237 +205 – Fernhandel 85, 236 f., 266 – Schifffahrt ( ! auch Schiff/Handelsschiff) 85, 227 f., 236, 274 Handelswege/-straße 81, 84 +61 , 85, 119, 237 Handwerk passim, bes. 226-233.234-235 +189-204 ›Harris-Matrix‹ 150-153 +129 , 156, 159, 520 Haushaltsmetallurgie 226, 234 Herbarium 358-360 +325-327 , 520 Hieroglyphen 32 f., 57, 520, 521
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Index hippodamischer Stadtplan !Stadtplan, hippodamischer Hippodrom 320, 321 281 , 434, 435 424 , 520 Ḫirbe 81, 94, 96, 154 f., 173, 178, 520 Hiskia-Inschrift !Schiloa-Inschrift Hiskia-Tunnel !Schiloa-Tunnel Hoher Rat !Synedrium ›Holemouth-Gefäß‹ 268, 281, 520 ›Homo‹ – ›erectus‹ 29 +12, 30 16 , 238 +206 f. 76, 239, 520, 521 – ›habilis‹ 29 12, 238 +206 – ›neandertalensis‹/Neandertaler 28 +12 9, 29 +14 f. 12, 238 206 , 521, 522 – ›sapiens sapiens‹ 29 12, 207, 238 206 , 239, 520, 521, 522 Hort(fund) passim, bes. 100-102 +78 f. Hydrationsdatierung 202 Hydrationsschicht 202 Hydrologie 45, 119, 141 f., 145 124 , 211 Hypokausten 340, 521 Idol 244 +211 , 273, 521 ICOM 398 +13 ICOMOS 369 17, 381 Ikonografie 187 f., 252, 260, 337, 521 Induktion !Elektromagnetische Induktion Inschrift 24 2, 35 +26, 113, 177, 185, 186 158 , 187 38, 188, 244, 258, 261, 295 83, 316 101, 318, 322, 328, 337-339, 350, 375, 401 f., 410 +389 f. , 411 +391 f. , 519 – Hiskia !Schiloa-Inschrift – Mescha !›Mescha-Stele‹ – Pontius Pilatus 439 +8, 440 425 – Ramses III. (Seevölker) 79, 291 f. – Salmanassar III. !›Monolith-Inschrift‹ (Salmanassar III.) – Schiloa !Schiloa-Inschrift – Thutmosis III (Karnak) 85 – Ussia 100 77 Tel-Dan 186 158 ›in situ‹ 101 78 , 244, 288, 521 Insula(-ae) 311, 521 Interfaces !›Schnitt-/Grenzflächen‹ Inventar 92, 180 – ›aktives‹ 88 – ›passives‹ 88 – ›systematisches‹ 87 f.
593 Isotopenfraktionierung 193 53, 197 Israel-Museum (Jerusalem) !Museum ›Israel-Stele‹ 80 +57 Jahresanfang 168-170 Jahreskreis/-zeiten/-zyklus 105, 168-170, 171 146 , 189, 191 45, 192, 195, 212 f., 224, 250, 526 Jahreszählung 168-170 ›Jakobus-Ossuar‹ 410 +389 Jarmuk-Kultur 264, 265 +230 , 268 +234 , 270, 415 ›Jerusalemgesetz‹ 383, 505 Johanniterorden 347 +311 , 433 Jordan National Museum (Amman) !Museum Jüdischer Krieg 494 Kalender passim, bes. 168-170 +144 f. – Geser !Geser-Kalender Karawanserei 335, 520, 521 Kartierung (Mapping) !Prospektion, geophysikalische Kartusche 33, 177, 460, 468, 521 Kasemattenmauer 287 +67, 294, 521 Keilschrift 34 f., 36 29, 57, 113, 228 51, 284 +253 , 286 65, 291, 521, 522 Keramikherstellung 230-232 +197 , 268, 283, 294 Klima/klimatisch passim, bes. 211-215 +175-177 – Paläoklimatologie 27, 45, 211, 214 f., 523 Klimazonen 212 ›Königsgräber‹ von Ur 35 22 , 36, 392 Konservierung/konservieren passim, bes. 356363 +323-331 , 521 Kolonnade 318, 521, 523, 525 Kombinationsstatistik 176, 184 Konfidenzintervall !Vertrauensintervall Korrespondenzanalyse 184 Kult/kultisch ; auch !Totenkult 243 f., 257, 270 +26, 309, 319, 416 Kulturanthropologie !Anthropologie Kunstkammern 24 Kuriositätenkabinett 24 Lachisch-Relief 301-308 +270 f. , 522 Lachisch-Ostraca !Ostraca Landeskunde 49 35 , 81-85 +58-61 , 426 Landwirtschaft passim, bes. 223 f. +185-187
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594 Langhaus 148, 249 112, 522 Lehmziegel 94 71 , 96, 135, 267, 287, 297, 360 f. 328 f. Leitform 174 148 , 175 +149 , 176 Libation ! Opfer Limes (Arabicus) 225, 317, 331 Locus 156, 269 Lokalisierung (von Ortslagen) 110, 113 f. Louvre (Paris) !Museum Luftbildprospektion !Prospektion Madeba-Karte 23 4 , 113, 276 43 Magnetometer 127, 135 Malteserorden 347 ›Mari-Tafeln/Archiv‹ 225, 284, 522 Mausoleum 328, 350 f., 522 Mazzebe 254, 281, 518, 522, 525 Menschenopfer 250, 251 ›Mescha-Stele‹ 54 +39 , 80, 187 38, 261, 326 +115, 399-401 Metallverarbeitung/-handwerk/-industrie 102, 226, 233 f., 235 203 f. , 272, 274, 275 +241 f. , 311 Methoden (in der Archäologie) !Archäologie/ Archaeology ›Middle Range-Theory‹ 66 Mihrab 351, 522 Mikrolith 263, 522 Mitmachausstellung !Museum ›Monolith-Inschrift‹ (Salmanassar III.) 80 Mosaik 23 4 , 111 87 , 113, 185, 327 289 , 328, 329 +293 , 330, 337, 437, 463 464 , 525 Moschee 335, 344, 384, 385 +361-363 , 397, 522 – el Aqsa 125 106 , 332, 347, 351 +316 , 384, 385 +361-363 Mühle 112 – Getreide 432 – Öl 227 190 f. – Wasser 119, 364 +332-334 Zuckerrohr 364 +332-334 Musen 337, 389 Museum !auch Mouseion 29 14 , 41, 62 f., 74, 88, 151, 169, 334, 389-425 +367-407 , 440-449 +433-453 , 456-458 +459-463 – Ägyptisches Museum Kairo 34, 80 57 , 224 187 – Anfass-Museum 440 f. – Akropolismuseum (Athen) 403 – Bibel… !Bibeldorf/!Bibelmuseum – Bible Lands Museum (Jerusalem) 395, 396 375
Index – British Museum (London) 24 2, 33, 43, 301, 392 +369 f. , 393, 395, 401 f., 403 +383 , 407 +22, 408, 417, 424 – Dar as-Sarayah Museum (Irbid) 397 +379 – Deutsches Bergbaumuseum Bochum 101 20, 234, 235 203 f. – Eretz Israel Museum (Tel Aviv) 396 +376 – Erlebnisausstellung/-museum 439-441 435 , 442 +436 , 443 +438 f. , 448 – Erlebnispark 439 f., 441, 444-449 +441-453 – Event-Museum 442 – Glyptothek (München) 394 – ›Grünes Gewölbe‹ (Dresden) 391 +367 f. – Israel-Museum (Jerusalem) 357, 358 324 , 395 +374 , 408, 410, 413 f., 417 +400 , 418 f., 435 – – ›Shrine of the Book‹ 357, 358 324 , 395 – Jordan National Museum (Amman) 397 – Louvre (Paris) 37 23 , 54 +39 , 56 40 , 251 118, 393 +371 , 395, 399-401, 403, 417 +399 , 419 401 – Mitmachausstellung 440-442 – Neandertal-Museum 28 12 – Pinakothek (München) 394 – Prado (Madrid) 393 – Reuben und Edith Hecht Museum (Haifa) 396 – Rockefeller Museum (Jerusalem) 357, 395, 406, 407 388 22, 408, 413 +394 – Staatliche Museen zu Berlin/Preußischer Kulturbesitz 395, 404 – Altes Museum 394 – Nationalgalerie 394 – Neues Museum 394 – Topkapi Museum (Istanbul) 406 – Wohl Archaeological Museum (Jerusalem) 395 – Virtuelle Museen 456-458 +459-463 – Zitadellen Museum (Amman) 94 71 , 357, 396 377 , 397, 412 +393 , 417 – Yarmouk University Archaeological Museum (Irbid) 396 378 , 397 ›Museum ohne Grenzen‹ 456 459 , 457 Museumsinsel Berlin !Museum Museumskonzepte 46 Museumspädagogik 396, 413, 423-425 +406 f. Münzen 100, 102, 134, 185, 188, 311 f., 418 Mythos/Mythologie/mythisch 171, 243, 252 +123, 255-258, 259, 280, 341, 377, 389, 402 17, 517, 524 f.
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Index Narthex 328 f., 344, 522 Nationalpark 353 1, 361, 426-428 – Avdat 428-431 +410-413 – Belvoir 432-434 +421 f. – Cäsarea am Meer 434-436 +424-426 – En Avdat 430 f. +415 f. – Tell Dan 431 f. +416-420 Naturreservat 438 – Dana Nature Reserve 438 f. +430 f. Neandertaler !›Homo neandertalensis‹ Negade(zeit) 183 31, 277 +48, 461, 466, 468 f. Nekropole 97, 98 12, 149, 154, 178, 180, 240, 243 95, 246, 251, 522 ›Neolithische Revolution‹ 65, 70, 264 4 ›New Archaeology‹ !Archäologie/Archaeology Niederschlag 147, 207, 210 10, 211-215 +175-177 , 218, 223, 225 47, 346 137, 526 Nike-Tempel (Athen) !Tempel Nivelliergerät 115 +93 Nomaden 77, 225, 291-293, 331, 342, 442, 524 Numismatik 45, 397, 522 Oberflächen(er)forschung !Survey Obsidian 202 f. +168 , 235, 266, 522 Obsidiandatierung 202 f., 523 Odeh-Mühle !Mühle (Wassermühle) Ökofakt 88, 103 80 , 121, 159, 354, 523 Ökonomie 49, 333 118 Omayyadenpalast 397 ›Onomastikon‹ des Eusebius 107, 113, 296, 523 Openluchtmuseum Nijmegen !Bibelmuseum Opfer/-gabe/Weihegabe 100 +18, 107, 156, 221 +38, 246, 247 +216 , 249, 250-252 +219 , 253-254, 257, 281, 287, 289 f., 300-302, 309, 330 +295 , 351, 432 419 f. , 488, 490, 496, 518 – Rauchopfer 251 +119, 289 f., 301 – Trankopfer 246, 251 +119, 289 Orchestra 322, 523 Organisierte Volontärsreisen 454-456 +458 Orthostat 245, 247 f., 286, 289 263 74, 290 75, 523 Ossuar 98, 99 +75 , 273, 358, 410 +389 , 523, 526 Osteologie 219, 240, 422, 523 Ostraka 258, 355, 411 +392 , 517, 523 – Arad 517 – Dor 311 f.
595 – Lachisch 308, 407 +388 22, 521 – Samaria 41 38, 299, 524 Paläoanthropologie 240 Paläodemografie 45, 241 Paläografie 91, 188 161 , 523 Paläoklimatologie !Klima Paläopalynologie !Flora Palestine Grid 114, 115 92 , 154, 266, 273 f., 276, 283, 296, 310, 315, 326, 333, 523 Papyrus/-I 89, 258, 261, 355, 357 f. +323 f. , 459, 519, 520, 523 ›Pax Romana Ideologie‹ 315 f., 394 Pflanzenwelt !Flora Philologie/Sprachwissenschaft 45, 61, 71, 72 20, 187 f. Phosphatanalyse 139-141 +121 , 523 Pilger/-reisen 104-112 +82-87 , 113, 215 25, 274 – alttestamentliche/jüdische 106 +82 – christliche 23 f. +4 , 107-112 +84-87 , 324-330 +284295 , 331, 345, 347 f., 421, 437, 500 – islamische 106 f. +83 Pinakothek (München) !Museum ›Pithecanthropus erectus‹ !›Homo erectus‹ Pithos 261 153 f., 523 Planum 117, 156, 523 Pollendatierung 139, 203 f., 217 27, 523 Pollendiagramm 203 169 , 204, 218, 523 Präsentation (von Funden) 46, 390, 395, 407-409, 412 f., 416, 427, 442 +436 , 458 Prado (Madrid) !Museum Profil 129-131, 153, 155 f. +133 , 160 f., 163, 523 Praktika (in der Archäologie) 450 454 , 451 f. +455 Praktikanten/innen !Praktika Propyläen 318, 323, 524 Prospektion – chemische passim, bes. 139-141 +121 – geophysikalische (Geophysik) passim, bes. 126-139 +107-120 – ›klassische« passim, bes. 118-123 +98-104 – Luftbild passim, bes. 123-126 +105 f. , 522 – naturwissenschaftliche passim, bes. 126139 +108-120 Quellen – archäologische
passim, bes. 102-103 +80
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596 Radiokarbonmethode/ 14C-Methode passim, bes. 193-199 +163-166 – Kalibrierung 192, 196 f., 198 166 , 200, 264 5 Raritätenkabinett 24, 390 Rastersystem 154 f. +131 8 Rasterelektronenmikroskop 232 Raubgrabungen !Ausgrabungen Rauchopfer !Opfer Realien 43, 49, 233 60 Reflexionsseismik !Seismik Religion passim, bes. 242-261 +210-226 Religionsgeschichte 45, 90, 188, 260 f., 415, 437, 451 Renovierung/renovieren passim, bes. 363-366 +332-337 Restaurierung/restaurieren passim, bes. 366-379 +338-355 Rettungsgrabung !Ausgrabung Reuben und Edith Hecht Museum (Haifa) !Museum Röntgenfluoreszensanalyse Rollsiegel !Siegel Rockefeller Museum (Jerusalem) !Museum Sabbat 222, 309, 448 Sarkophag 99 +76 , 524 Scaenae frons 322, 524 Schiff 73, 74 22, 227, 237 205 , 280 54, 392, 396 – Handelsschiff 73 +53 , 74, 237 – Schiffsbau 227 – Schiffswrack 73 54 , 74 Science-Center 322, 440 f., 524 Schachtkammergrab !Grab Schenkungen (von Antiken) 392, 398 Schiloa-Inschrift 53 +38 , 296 +84, 405-407 +387 Schiloa-Tunnel 296 Schisma (Ost-/Westkirche) 344, 500 ›Schnitt-/Grenzflächen‹ (Interfaces) 152 129 , 175 Schriftrollen/-funde vom Toten Meer passim, bes. 89-92 +65-67 , 357 f. 323 f. Schutz (von Kulturgut) 353, 379-381, 399, 408 ›Schwarzer Obelisk‹ 58 42 f. , 229 53 Science Center 440 +13, 441, 524 Seismik (Reflexionsseismik) 137 f. +118 , 524 Seriation 64, 176, 178-184 +154-156 , 459 – Contextual 183 34 ›Shrine of the Book‹ (Jerusalem) !Museum Sieb 378 f., 516
Index ›Siedlungsarchäologische Methode‹ 64, 140 Siedlungsgeschichte 49, 93 70 Siedlungsstätten passim, bes. 93-97 +70-73 Siegel 102, 177, 187 f., 279, 300, 311, 411, 515, 520, 524 – Rollsiegel 35, 186, 286, 524 – Stempelsiegel 279, 300 +269 , 310 273 , 411, 525 Silex !Flint Sirius (Sothis) 169 Skarabäus 187 159 , 300 +269 , 311, 524 Skizzen, archäologische 121, 157, 159, 160 f., 165 Sondage 120 26, 122 f., 126, 153, 285, 397, 524 Sonderausstellung 409, 412 f., 418-420 +402 , 421 403 Sothis !Sirius Spolie 289 263 , 371, 525 Sprachwissenschaft !Philologie Square !Grabungsquadrat Stadtplan, hippodamischer 109 +8, 311, 317, 319, 323, 519, 520 Steg 155-157 +133 f. , 163, 523 Stein von Rosette 33 +19 , 392 Steinkistengräber 97, 98 13 Stele 103 28, 113, 186 37, 229 54, 245, 280 f., 355, 403, 522, 525 – Israel 80 +57 – Mescha 54 +39 , 187 38, 326 +115, 399-401 +380 , 482 – Stelenheiligtum von Hazor 253 131, 286 256 , 287 +257 f. 68, 288 +259 , Stempelsiegel !Siegel Stratigrafie passim, bes. 149-154 +129 f. , 173178 +148-152 , 525 – geologische 150 – horizontale 149, 184 +35 – ›vergleichende‹ 176-178 +151 f. – vertikale 149, 178 Stratum (Schicht) passim, bes. 149 f. 153 f. +130 , 175, 525 – anthropogen 149, 153 f., 525 – geologisch/natürlich 149, 153 f., 525 – künstlich 149, 153 f., 525 Strukturalismus 68, 241 Studiensammlung 416, 421 f. +404 Suchschnitt/-graben 153 +130 Survey/Flur-/Feld-/Geländebegehungen passim, bes. 119-122 +99-101 – ›of Western Palestine‹ 38 32, 112
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Index Synagoge 319 108, 349, 384 359 , 414 395 , 415 +396 , 448, 518, 525 Synedrium (-on)/Sanhedrin (Hoher Rat) 520, 524 f. Synthronon 328, 525 Tabula Peutingeriana 24 5 , 525 Taphonomie, archäologische 86-92 +62-69 , 525 Technikgeschichte 101, 174, 230 +196 , 397 Tēl Dān-Nationalpark !Nationalpark Tell passim, bes. 93-97 +70-73 Tell el-Amarna-Briefe !Amarna-Briefe Temenos 245, 247, 274, 321, 323 f., 394, 525 Tempel 32 +18 , 39, 49, 85, 93, 113, 227, 243, 244249 +213-218 , 256 f., 270, 294, 353, 362, 372, 397, 402 17, 430, 434, 448, 517, 519, 522 f., 525, 526 – in Arad 246, 278, 280 f. +249 f. , 296 – in Dor 312 f. – in En Gedi 100 f., 273 f. +238 f. , 466 – auf dem Garizim 106, 249 – in Gerasa 316-319, 312-323 +282 , 324 285 – in Hazor 283, 286-290 +255-261 , 263 – in Ḫirbet ez-Zeraqōn 247 +215 f. – in Jerusalem 32, 37 +30, 38 +24 , 55, 104-105, 106 +82 , 107, 108 +7, 109, 248 +218 , 249, 256, 296, 308 f., 314, 319, 330 +295 , 332, 346, 348 f., 351, 383, 384 +360 , 385, 394 f., 410 +390 , 411 +392 , 486, 517, 520, 522, 524 f. – Nike-T. (Athen) 371 +341 – ›Templum pacis‹ (Rom) 393 +372 , 394 +373 Tephrochronologie 205, 525 Tepidarium 334 297 , 340 f., 342 308 f. , 525 Terebinthe 212, 430, 525 ›Terminus a quo‹ 178, 525 ›Terminus ad quem‹ 178, 525 ›Terminus ante quem‹ 177, 178, 209, 525 ›Terminus post quem‹ 177, 178, 185, 195, 203, 525 ›Terra rossa‹ 210, 525 Tetrapylon 318, 322 283 , 323, 526 Theodolit 114 91 , 115, 165 Theorie (-bildung in der Archäologie) 65-68, 230, 238 76, 241 – ›der Mittleren Reichweite‹ 66 Thermolumineszenz 199-201 +167 , 526 – Kalibrierung durch T. 200 Tiefensondierung !Geoelektrik Tierbestattung 221 Tierfriede (Motiv) 377
597 Tierwelt !Fauna Tomografie !Geoelektrik Topkapi Museum (Istanbul) !Museum Topografie 36, 45, 81-85 +59-61 , 104, 107, 112118 +90-98 , 145, 223 42 – historische 32, 104, 113 f. Totenhäuser 98 Totenkult 243 95, 252-255 +220 Tourismus 46, 331, 373 Trankopfer !Opfer Transhumanz 225, 526 Translozierung 362 f. +330 f. Trostbrief Cyprians 235 Tumuligräber 98 Tympanon 341 +306 , 526 Typenklasse 180, 181 +154 , 182 +155 , 183 f. Typologie/typologische Methode 63 f., 178184 +154-156 , 188, 370, 412, 422, 459, 526 – ›dynamische‹ 183 ›Typologische Reihe‹ 62 46 , 63 +47 , 176, 179 Ugarit, Texte 228 +51, 244, 252 f., 254 221 , 256, 258 f., 291, 526 Umschrift !Transkription UNESCO 353, 354 +2, 361, 381, 428 UN Sicherheitsrats-Resolutionen – 194 504 – 242 382 +36, 505 – 338 505 – 446 382, 505 – 452 382, 505 – 478 383 – 497 382 37 Urania 439 ›Urbane Revolution‹ 65, 70 Ur-/Vor- und Frühgeschichte 64 5, 69, 451, 461 Vegetation 75, 125, 212, 216 Verhüttung 101, 234 Vermessung(stechnik) 114-118 +91-97 , 131, 147, 149, 154, 165, 191, 334 Vertrauensintervall/Konfidenzintervall 184, 205, 521, 526 Viehzucht 70, 207, 215, 223, 225 +188 , 262, 264, 271, 279 Vierraumhaus 48 34 , 293, 363 +331 , 456 460 , 457 461 , 458, 526
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598 Virtuelle Museen !Museum Volontäre/innen (in der Archäologie) 148, 449-456 +454-458 Vomitorium 322, 517, 526
Index
10, 147 126 ,
Wallfahrten !Pilger/-reisen Wanderausstellung 416, 420 f. Warvenanalyse 196 f. Wassermühle !Mühle (Wassermühle) Wasserreservoir 278, 280 f., 365 – ›Birke‹ 365 – Zisterne 112, 119, 224, 277, 330, 365, 366 337 , 384 Weihegabe !Opfergabe Welterbe 353 f. +2, 381, 428 – Weltkulturerbe 352 315 , 353 +316 , 361, 381 – Weltnaturerbe 353 Wohl Archaeological Museum (Jerusalem) !Museum Wüstenschloss 332-334, 335 125, 336, 339, 342, 354, 364, 404, 413, 526
– Qaṣr ‛Amra 332-343 +296-309 , 354, 404 Wunderkammern 389 f., 394 Yarmouk University Archaeological Museum (Irbid) !Museum Zeichnungen, archäologische passim, bes. 160 f. +138 Zeit passim, bes. 167-206 +143-171 – Einteilung !auch Kalender , Anhang ›Chronologische Daten Palästinas und seiner Umwelt‹ – Verständnis von Z. 170-172 +146 Zisterne !Wasserreservoir Zitadelle 277, 294 265 , 296, 357, 526 – Davidszitadelle 108 7 Zitadellen Museum (Amman) !Museum Zoologie !Fauna Zweitbestattung 98, 273, 526 ›Zweite Mauer‹ (Jerusalem) 437
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Bildnachweise
Die Bildrechte liegen bei folgenden Rechtsträgern und wurden für dieses Buch in dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt: Amnon Ben-Tor (AB-T), Universität Jerusalem (in Verbindung mit ›The Hazor Excavation Project‹ und ›The Israel Exploration Society‹): Abb. 253 Umzeichnung EB nach Ben-Tor/Rubiato 1999, 30; 254 (Umzeichnung EB nach Yadin 1993, 596); 255 (Umzeichnung EB nach Ben-Tor/Rubiato 1999, 29); 256 (Umzeichnung EB nach Yadin 1993, 595); 257-261 (Umzeichnungen EB nach Yadin 1993, 596 ff.); 262 (Umzeichnung EB nach Yadin 1993, 598); 263 (Umzeichnung EB nach Ben-Tor/Rubiato 1999, 34) archimetrix, Niedersynderstedt/Dieter Vieweger (DV): Abb. 214, 460-463 Auge, Wolfgang (WA), BAI: Abb. 196 f. Batayneh, Amjad, DoA Gadara: Abb. 332-334 Belz, Sebastian, Priv. Univ. Witten-Herdecke: Abb. 329 Beyer, Ina, Berlin: Abb. 388 (aus: Vieweger/Beyer 2011, 20) Beyer, Hans, Berlin: Abb. 402 (aus: Vieweger/Beyer 2011, 62) Bibeldorf Rietberg, Dietrich Fricke: Abb. 442-453 Bibelhaus Erlebnismuseum Frankfurt, Sivia Meier: Abb. 435 f., 438 f. Biblical Archaeological Society/Biblical Archaeological Review 31/2, 2005, 58-69: Abb. 389, 392 Biblisch-Archäologisches Institut Wuppertal (BAI): 39, 42, 138 (Zeichnung Ute Koprivc), 237 (Zeichnung Ute Koprivc), 350 f. (Foto Andrea Gropp), 355 (Foto Andrea Gropp) Bienert, Hans-Dieter (H-DB), Bonn: Abb. 3, 25, 126 f., 130 Blana, Matthias, Pforzen: Abb. 319-322, 353 f.
Bongartz, Götz (GB), Wuppertal, siehe auch: Leiverkus, Patrick/Götz Bongartz. Brückelmann, Ernst (EB)/Wolfgang Auge (WA), BAI: Abb. 121 Brückelmann, Ernst (EB)/Dieter Vieweger (DV), BAI: Abb. 1, 19, 31 f., 34, 37,45 (nach einer Idee von Renfrew/Bahn 32000, 19), 49, 56, 57 (nach BHH II 744), 59 (nach BHH III 1374), 61, 63, 72, 92 f., 108-110, 118, 122, 129, 133, 148, 169, 170 (nach einer Information von AH), 190, 191 (Rekonstruktion nach einem Original aus Kapernaum), 207, 228, 231, 236, 238, 243, 251, 264, 272, 277, 286, 357 (Vieweger 2010a, 250 Abb. 42), 358 (Vieweger 2010a, 210 Abb. 39) Brückelmann, Ernst (EB), BAI: Abb. 2, 4, 5 (nach einem Vorbild in Weber 1976), 6, 8, 10, 11 (nach The London Sketch Book 1861/1874), 13 (nach einer Vorlage des Fuhlrott-Museums Wuppertal), 14 (nach einer Zeichnung J.C. Fuhlrotts), 15, 16 (nach Heberer, Gerhard: Moderne Anthropologie. Eine naturwissenschaftliche Menschheitsgeschichte [rororo-Sachbuch 6804], Hamburg 1973; mit freundlicher Genehmigung von Prof. Hossfeld, dem Erben des wiss. Nachlasses von Prof. Heberer), 21-24, 26-29, 33 (mit freundlicher Erlaubnis von AB-T), 36, 38, 40 f., 43 f.,46, 52 f., 60, 64, 66, 67 (nach einem Vorbild in E. Würthwein, Der Text des Alten Testaments, Württembergische Bibelanstalt Stuttgart 41973, 139), 68 (unter Verwendung der Daten aus Renfrew 32000, 68), 69, 71, 76 f.,79, 85, 86 (nach einem Foto in Millard, A., Schätze aus biblischer Zeit, 174, mit freundlicher Genehmigung des Brunnen-Verlags Gießen), 87, 123, 134, 139, 146 f., 149, 157, 158 (nach IEJ 45/1, 1995, 10 mit freundlicher Erlaubnis von H. Hirsch), 159 f., 162-165, 166 (mit freundlicher Erlaubnis des Physikalischen Instituts der Universität Erlangen), 167 (vgl. Renfrew/Bahn 3 2000, 151), 173, 175 f., 178, 182, 184-188, 192 f.,
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600 205 f., 211, 215-217 (mit freundlicher Genehmigung von SM), 218, 221 f., 225 f., 232 (nach Garfinkel/Miller 2002, 19, mit freundlicher Genehmigung durch D. Brown, Oxbow Books), 233 f. (mit freundlicher Genehmigung H-DB/DV), 235 (nach einem Vorbild bei Garfinkel/Miller 2002, 198 Abb. 13, 14, mit freundlicher Genehmigung durch D. Brown, Oxbow Books), 239 (nach Weippert 1988, 139), 245 (Umzeichnung nach NEAHL I, 80), 247 (Umzeichnung nach NEAHL I, 79), 248 (mit freundlicher Erlaubnis SM), 249 (Umzeichnung nach NEAHL I , 79), 265 (mit freundlicher Erlaubnis von AB-T), 273 Umzeichnung nach Stern 1994, 120 Abb. 62 (mit freundlicher Erlaubnis von E. Stern); 274 Umzeichnung nach Stern 1994, 129 Abb. 71 (mit freundlicher Erlaubnis von E. Stern); 276 Umzeichnung nach Stern 1993, 357 (mit freundlicher Erlaubnis von E. Stern); 278 (Bearbeitung nach Schumacher 1902, 111 ff. Taf. 7, bereitgestellt von SM); 279 (Bearbeitung nach Schumacher 1902, 111 ff. Taf. 6, bereitgestellt von SM), 284, 297, 352, 398, 405, 464 Brückelmann, Hanna, BAI: 194 f. Cramer Johannes, TU Berlin: Abb. 384 f. DEI Jerusalem, Barbara Herfurth: Abb. 326, 429 Department of Antiquities of Jordan, DirektorGeneral Dr. Fawwas Khraysheh/Gary Rollefson: Abb. 74 Department of Antiquities of Jordan, DirektorGeneral Dr. Fawwas Khraysheh/Gary Rollefson/ Jennifer Macdonald, Smithsonian Institution, Freer Gallery of Art/Arthur M. Sackler Gallery, USA: Abb. 220 Duncker, Johannes, Bielefeld/www.24lps.net: Abb. 454-458 Eggert, Manfred K.H., Universität Tübingen, Abb. 156 (aus: Petrie 1899 und 190 nach Eggert, 2001, 202) Eichmann, Ricardo, Deutsches Archäologisches Institut Berlin, Orientabteilung: Abb. 103 f., 240-242 Eichner, Jens, BAI: Abb. 82, 179, 229, 246, 314 Gressmann, Hugo, Diasammlung der HumboldtUniversität zu Berlin, Theologische Fakultät, mit freundlicher Genehmigung von Prof. Dr. Peter Welten und Prof. Dr. Rüdiger Liwak: Abb. 35, 347, 428 Häser, Jutta (JH), DEI Amman: Abb. 324, 336, 339 f.,
Bildnachweise 371, 375, 377, 380, 386 – JH siehe auch: Vieweger, Dieter/Jutta Häser Hauptmann, Andreas (AH), Dt. Bergbaumuseum Bochum, Institut für Archäometallurgie: Abb. 171, 202, 204 Hebrew University, Jerusalem: Abb. 404 (Foto: Katharina Streit; mit freundlicher Erlaubnis von Ze’ev Weiss) Israel Antiquities Authority: Abb. 78 Israel Museum, Bella Gershovich: Abb. 395 Leiverkus, Patrick (PL), BAI: Abb. 7, 101, 111 f., 114 f., 135, 137, 142, 312 Leiverkus, Patrick (PL) /Götz Bongartz (GB), BAI: Abb. 96 f. Marx, Traugott, Nachlass Gustaf Dalmans (Dauerleihgabe von Traugott Marx, Godramstein) aufbewahrt im DEI Jerusalem: Abb. 88 f., 325, 327 Mittmann, Siegfried (SM), Universität Tübingen: Abb. 102, 212 (Zeichnung J. Engler) Neanderthal-Museum, Frau Petra Schiller, Mettmann: Abb. 12 Neubauer, Wolfgang: 116;120 (aus Neubauer 2001, 217) Nordelbisches Bibelzentrum; St. Johanniskloster Schleswig, Jutta Rademacher: Abb. 437, 440 Piccirillo, Michele, Studium Biblicum Franciscanum, Jerusalem: Abb. 287-295 Prien, Roland, Bonn: Abb. 51 Reinhold, Gotthard G.G., Murrhardt: Abb. 136 Soennecken, Katja, BAI: Titelbild = Abb. 315; 316 f., 330, 335, 349 Taylor, Jane: Abb. 73, 105, 282 Ussishkin, David, Universität Tel Aviv: Abb. 267 (basierend auf H.H. McWilliams, umgezeichnet von Judith Dekel, aus Ussishkin 1982, 29); 268 (Umzeichnung EB nach Ussishkin 1982, 28 Abb. 8; 31 Abb. 11 und 37 Abb. 20); 269 (Fotograf Avraham Hay, aus Ussishkin 1982, 48 Abb. 33a); 270 (Ussishkin 1982, 65); 271 (Zeichnung Judith Dekel, aus Ussishkin 1982, 77) Vieweger, Dieter (DV), BAI: Abb. 9, 18, 20 (mit freundlicher Genehmigung der Berliner Museen, SMPK), 30, 55, 58, 65, 80 (nach Renfrew/Bahn 2 1994, 41 ff.; 32000, 49 ff.),81,83 f.,90 f., 98 (mit freundlicher Genehmigung des Department of Antiquities of Jordan), 100, 107, 113, 124, 151 f., 154 f., 168, 172, 174, 177, 180, 183, 189, 203,
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Bildnachweise 208 f., 219, 227, 230, 244, 250, 252, 266, 275, 280 f., 298, 300, 304, 307-309, 313, 318, 323, 328, 331 (Beschilderung vor Ort), 337, 343 f., 359366, 369 f., 374, 376, 378 f., 387 (Beschilderung vor Ort), 393 f., 397 (Beschilderung vor Ort), 407427, 430 f., 433 Vieweger, Dieter (DV)/Jutta Häser (JH),›Gadara Region Project‹: Abb. 48, 62, 70, 94, 96,125,128,131 f.,140 f., 198-201, 210, 213, 223 f., 226 Weber, Thomas, Amman: Abb. 99 Wikipedia (gemeinfrei): Abb. 311, 338, 341 (JoséManuel Benito Álvarez), 342, 345 f., 356, 367 (Hajotthu), 368, 372 f., 381 f., 383 (Andrew Dunn), 396 (Daniel Ventura), 432, 434 (Jan Stubenitzky), 441 (Disney World) Whatling Stuart, Birkbeck College, University of London, Abb. 296, 299, 301-303, 305 f., 310 Der Abdruck folgender Bilder geschieht mit freundlicher Erlaubnis durch den Verlag (Niebuhr 21993, 287 = Zeichnung C. Niebuhr) (Abb. 17); durch den Verlag (L. Curtius/H. Rüdiger/ R. Biedrzynski, Johann Joachim Winckelmann 1768-1968, Bad Godesberg 1968, Tafel 2 = Zeichnung Angelika Kauffmann 1763 (Abb. 50); durch Cemal Pulak, ›Nautical Archaeology Program‹, ›Department of Anthropology‹, ›Texas A&M University‹ in College Station, Texas (Abb. 54); durch Garmin, Deutschland (Abb. 95); Geonics Limited, 8-1745 Meyerside Drive, Mississauga, Ontario, Canada, Technical Sales Representative, Mike Catalano; Untersuchungen durch ›Komex International‹ 2001, Dr. Paul Baumann war trotz großer Bemühungen nicht zu erreichen (Abb. 117); durch Lawrence B. Conyers, University of Denver (http://e-tiquity.saa.org/%7Eetiquity/title1.html; Abb. 119); durch E. Hornung (aus: E. Hornung, Geist der Pharaonenenzeit (dtv sachbuch), München 21989, 70 Abb. 12; Abb. 143), durch E. Hornung (aus: E. Hornung, Geist der Pharaonenenzeit (dtv sachbuch), München 21989, 69 Abb. 11; Abb. 144); durch J. Renz (nach Deutsch/Heltzer
601 1995, 79, in der Form von Renz, 1999, 153 Tab 1; Abb. 161); durch Paul Höher, Klinikum Wuppertal (Abb. 181); durch den Verlag Philipp von Zabern und die Österreichische Nationalbibliothek/Wien (Abb. 403) Weitere Abbildungen gehen zurück auf: Montelius 1903, 56 (Abb. 47); BHH I 605 (Abb. 75) Dalman 1925, 25 Abb. 16; (Abb. 106); BHH III 2215 (Abb. 145); Tabelle nach Matthiae 1989, 167 (Abb. 153), Umzeichnung EB; Kraeling 1938, Taf. XV (Rekonstruktion: W.D. Merill; Abb. 263); Kraeling 1938 (Abb. 285); Browning 1982, 105 Abb. 45 (Abb. 348) Zu den Ausgrabungsfotos: Ba‛ǧā I (Jordanien, nabatäische und mittelalterliche Zeit), durchgeführt vom BAI Wuppertal (D. Vieweger). – Literatur s. Bienert/Lamprichs/Vieweger. Eš-Šallāf (Jordanien, Neolithikum), Kooperation des BAI Wuppertal (D. Vieweger) mit dem DEI Amman (Direktor Dr. Hans-Dieter Bienert). – Literatur s. unter Bienert/Vieweger. Sāl (Jordanien, Chalkolithikum und Frühbronzezeit), Kooperationdes BAI Wuppertal (D. Vieweger) mit dem ›Institute of Archaeology and Anthropology‹, ›Yarmouk University‹, Irbid (Prof. Dr. Zeidan Kafafi). – Literatur s. unter Kafafi/Vieweger. Tell el-‛Orēme (Israel, Bronze- und Eisenzeit; 1995 und 1996), Kooperation des BAI Wuppertal (D. Vieweger) mit dem DEI Jerusalem (Direktor Prof. Dr. Volkmar Fritz). – Literatur s. unter Fritz/ Vieweger. Tell Zerā‛a (Jordanien, Frühe Bronzezeit bis Neuzeit), durchgeführt seit 2001 im Rahmen des ›Gadara Region Projects‹ unter der Leitung von D. Vieweger und Dr. Jutta Häser. – Literatur: s. Vieweger und Vieweger/Häser. Sollten Fehler unterlaufen und Rechte Dritter tangiert worden sein, dann nicht mit Absicht und Wissen. Rechtsansprüche bleiben gewahrt.
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602 Die beigelegte DVD zeigt einige Ansichten historisch relevanter Orte aus Israel/Palästina, Jerusalem und Jordanien. Die Fotos verdeutlichen die landschaftliche Vielgestaltigkeit und stellen einige archäologische ›Highlights‹ vor. Die DVD hat ihr Ziel erreicht, wenn sie ›Lust auf mehr‹ macht: auf die Beschäftigung mit der Landeskunde und der Archäologie der südlichen Levante – und selbstverständlich auf eigene Reisen durch das wunderbare Gebiet. Die Bilder auf der beigelegten Foto-DVD »Archäologie der biblischen Welt«, 4. Auflage, 1. Auflage in dieser Ausstattung, unterliegen dem Copyright: Alle Rechte vorbehalten. © BAI Wuppertal/DEI Jerusalem und Amman et al., vertreten durch Dieter Vieweger Die Fotos stammen vom Autor, von Katja Soennecken (BAI), Dr. Jutta Häser (DEI Amman), Patrick Leiverkus (BAI), Dr. Wolfgang Auge (BAI), Jens Eichner (BAI) oder entstanden im Rahmen der Lehrkurse des DEI, bei Ausgrabungen des Autors/der Institute BAI/DEI, während einer Exkursion des Autors mit dem ökumenischen Studienprogramm der Dormitio 2004 oder
Bildnachweise während der jährlichen Exkursionen des Autors mit Studierenden der Privaten Universität Witten-Herdecke im Nahen Osten. Der Autor bedankt sich herzlich für die von Teilnehmern/innen an den oben beschriebenen Lehrveranstaltungen ihm zur Verfügung gestellten Aufnahmen. Ein Foto von Ḫirbet ez-Zeraqōn stammt mit freundlicher Erlaubnis von Prof. Dr. Siegfried Mittmann, weitere Bilder von Ba‛ǧā von Dr. Hans-Dieter Bienert, Bonn, einige Ansichten vom DEI Jerusalem von Hans Beyer, Berlin (beyer-foto-grafik.de) sowie das Bild aus ‛Ēn Ġazāl vom Department of Antiquities of Jordan, Amman. Sollten trotz großer Sorgfalt Fehler unterlaufen oder Rechte Dritter tangiert worden sein, dann nicht mit Absicht oder Wissen. Wenden Sie sich bitte in einem solchen Fall an den Autor. Achtung: Ortsnamen werden nach den Vorgaben des Ortsregisters „Archäologie der biblischen Welt“ umschrieben. Allerdings muss aus technischen Gründen auf alle Sonderzeichen verzichtet werden. Daher werden im Sinne der deutschen Aussprache folgende Veränderungen vorgenommen: š = sch, ǧ = dsch und ġ = gh.