Architektur zwischen »Drinnen« und »Draußen«: Zugangsinszenierungen metropolitaner Hochhäuser [1. Aufl.] 9783839422540

Metropolitane Spannungsfelder zwischen Stadt und Hochhaus - ausgehend vom Beginn des 20. Jahrhunderts - werden in diesem

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German Pages 216 Year 2014

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Table of contents :
Inhalt
Einleitung
Grenzen – Transit – Dichte
Ausrichtung und Zusammensetzung des Buches
Schriftliche Gleichstellung
Loos
Haus am Michaelerplatz
The Chicago Tribune Column
Folgerungen
Zwischenkapitel I
Mies
Wettbewerb Friedrichstraße „Glashochhaus“
Studie „Glashochhaus“
Promontory Apartments
Lake Shore Drive Apartments
Seagram Building
Federal Center
Dominion Center
Westmount Square
Folgerungen
Zwischenkapitel II
Rogers und Foster
Lloyd ‘s of London
HSBC Headquarters
Century Tower
Commerzbank Headquarters
Folgerungen
Zwischenkapitel III
Koolhaas
Togok Towers
Hyperbuilding
CCTV Tower
Shenzhen Stock Exchange
Folgerungen
Schlussfolgerungen
Kontinuitäten in der Entwicklung
Bedingungen für Innovation
Wechselbeziehungen zwischen. Horizontal- und Vertikal verdichtung
Zusammenfassende Bemerkungen
Projektreihen
Bibliographie
Abbildungen
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Architektur zwischen »Drinnen« und »Draußen«: Zugangsinszenierungen metropolitaner Hochhäuser [1. Aufl.]
 9783839422540

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Gerhard Schnabl Architektur zwischen »Drinnen« und »Draußen«

Architekturen | Band 16

Gerhard Schnabl (Dr. techn.) lehrt Architektur an der Technischen Universität Wien. Sein Forschungsschwerpunkt ist das Wechselspiel zwischen architektonischem Konzept und dessen gestalterischem Resultat – zumeist in höchst urbanen Kontexten.

Gerhard Schnabl

Architektur zwischen »Drinnen« und »Draußen« Zugangsinszenierungen metropolitaner Hochhäuser

Mit Unterstützung der Technischen Universität Wien, Institut für Architektur und Entwerfen, Fachbereich Gestaltungslehre und Entwerfen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2012 transcript Verlag, Bielefeld

Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Umschlagabbildung: A.B. Walker, Life Magazine, 1909 Lektorat & Satz: Gerhard Schnabl Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar ISBN 978-3-8376-2254-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: [email protected]

Inhalt

9 10 15 20

Einleitung Grenzen – Transit – Dichte Ausrichtung und Zusammensetzung des Buches Schriftliche Gleichstellung

23 24 26 30

Loos Haus am Michaelerplatz The Chicago Tribune Column Folgerungen

35

Zwischenkapitel I

43 44 48 52 54 60 67 71 75 76

Mies Wettbewerb Friedrichstraße „Glashochhaus“ Studie „Glashochhaus“ Promontory Apartments Lake Shore Drive Apartments Seagram Building Federal Center Dominion Center Westmount Square Folgerungen

83

Zwischenkapitel II

91 92 96 102 104 108

Rogers und Foster Lloyd s of London HSBC Headquarters Century Tower Commerzbank Headquarters Folgerungen

115

Zwischenkapitel III

125 126 127 131 138 141

Koolhaas Togok Towers Hyperbuilding CCTV Tower Shenzhen Stock Exchange Folgerungen

147 148 166 168 172

Schlussfolgerungen Kontinuitäten in der Entwicklung Bedingungen für Innovation Wechselbeziehungen zwischen Horizontal- und Vertikalverdichtung Zusammenfassende Bemerkungen

175

Projektreihen



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Bibliographie

213

Abbildungen

Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Einleitung

Einleitung

Die Auseinandersetzung mit Übergängen ist nicht nur ein disziplinübergreifendes Faszinosum, sondern auch ein maßstabsunabhängiges. Die Metropole ist die Grundlage des in diesem Buch erfassten wissenschaftlichen Handlungsfeldes. Die Vielfalt in gesellschaftlicher und funktionaler Hinsicht zeichnet eine Metropole aus. Eine Charakterisierung von Stadt kann jedoch auch im Sinne einer räumlichen Definition über die Bezugsstruktur aus Dichte, Transit sowie sozialen Machtmodellen und den daraus resultierenden Grenzen versucht werden. Diese Strukturbausteine prägen den meist öffentlichen/offenen Stadtraum an sich, und spiegeln sich am konkret Gebauten wider.

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Grenzen – Transit – Dichte

Grenzen Vom Sicherheitsbau bis zur Hemmschwelle, sowie von der feinen Linie bis zur Übergangszone sind die Abstufungen der Grenze vielfältigst. Sie sind physisch und/oder vertraglich, beziehungsweise bewusst oder unbewusst festgelegt. Die Auseinandersetzungen damit sind vermutlich so alt wie die Menschheit selbst (Revier...), nachweisbar aber doch spätestens ab deren Sesshaftwerden (Grundgrenze...). In der architektonischen Auseinandersetzung von „Drinnen“ und „Draußen“ geht es dabei oft auch um Auswirkungen des inneren auf das äußere Erscheinungsbild und umgekehrt. Thematische Auseinandersetzungen damit fanden schon in den unterschiedlichsten maßstäblichen Umfängen statt. Rem Koolhaas erläutert beispielsweise in seinem Buch „Delirious New York“ unter dem Titel „Automonumentalität“1 eine bei extrem großen Gebäuden festzustellende „Lobotomie“2. Er meint damit, dass die bekannten Bezüge zwischen Volumen und Oberfläche, beziehungsweise zwischen Innenleben und Hülle bei überdimensionalen Bauwerken einen Schnitt oder auch Bruch erfahren. Jan Turnovsky hingegen erläutert in seiner Arbeit „Die Poetik eines Mauervorsprungs“ das maßstäbliche Gegenstück dazu. Ein im Haus Wittgenstein in Wien zunächst seltsam anmutendes FensterGebäudeecke-Konfliktchen und der daraus resultierende kleine Mauervorsprung münden hier in Erläuterungen von zwei ineinander übergehenden beziehungsweise aufeinander treffenden gestalterischen und vor allem gesellschaftlich-kulturellen Epochen – des Historismus auf die Moderne.3

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Einleitung

Transit Die Durchquerung der Stadt, zu Fuß wie auch mit einem Fahrzeug, führt zum Wegbild – beispielsweise im Raster ausgebreitet, ringförmig beziehungsweise radial verlaufend oder auf die jeweilige Topografie reagierend. Vor- oder Rücksprünge werden im Straßenraum zum Instrument des Hinweises auf eine besondere Nutzung, sie werden als Einladung zum Verweilen oder als Möglichkeit zur Versammlung eingesetzt. Die urbanen Durchquerungsformen haben sich in den vergangenen 150 Jahren vervielfältigt und verdichtet (Bahn, Tram, Omnibus, Auto, Taxi, Fahrrad, Fußgänger etc.). Die Verkehrsführung wird somit mehr und mehr getrennt, die diversen Formen werden wie Gebäudestrukturen vertikal überlagert angeordnet. Dies löst Platznöte und vermeidet Komplikationen zwischen den unterschiedlichsten Transportmedien und dem Fußgänger. Architekturen im urbanen Umfeld haben im Zuge dieser Entwicklung umfangreiche typologische Adaptierungen vorzuweisen. Ein Beispiel hierfür ist die Tiefgarage, über die der Nutzer nun zunehmend unterirdisch mit Hilfe eines Automobils das Gebäude erschließt. Ein weiteres Beispiel sind der Untergrund- und der Hochbahnhof, die direkt mit einem Gebäude verbunden sind und den Nutzer das Gebäude somit ebenfalls jenseits des üblichen Stadtniveaus betreten lassen.

Dichte Bis ins 19. Jahrhundert gab es grundsätzlich nur die Möglichkeit der horizontalen Verdichtung oder die der sehr beschränkt hohen Vertikalverdichtung. Nur punktuell entstanden profane wie auch sakrale Bauten, die zur Herausbildung und Verstärkung einer besonderen Signalwirkung einen erweiterten Höhenanspruch stellten. Eine stadträumliche Sonderstel-

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

lung durch die bereits erwähnten Vor- oder Rücksprünge im Straßenraum und die beispielsweise daraus resultierenden Platzbildungen können diesen Anspruch und den daraus resultierenden Effekt der Signalwirkung ergänzen. Dieser nur punktuelle Höhenanspruch lag nicht nur an gewissen bautechnischen Unmöglichkeiten, sondern auch an gesellschaftlichen Konstitutionen. Gesellschaftliche Umwälzungen und die industrielle Revolution veränderten den technischen und konzeptionellen Horizont im 19. Jahrhundert. Der Blick nach oben bedeutete nunmehr nicht nur ein demütiges Aufblicken zu einer demonstrierten, gebauten „Macht“, sondern motivierte zur Eroberung dieses Luftraums. Man wollte ihn befliegen und bebauen. Schreckgespenstische babylonische Turmbaulektionen wurden überwunden und die Erschließung der Höhe durch technischen Fortschritt konnte reifen. Normierter Stahlbau, zugluftdichtere Karusselltü4 ren sowie vor allem die Überwindung des Monopols der Treppe als vertikales Erschließungselement durch Aufzüge (eine endgültig überzeugende Performanz lieferte diesbezüglich 1854 Elisha Graves Otis bei der weltausstellungsähnlichen „Exhibition of the Industry of all Nations“ im Crystal Palace in New York mit seiner Sicherheitsfangvorrichtung bei Aufzügen) ließen die Gebäudehöhen steigen. Koolhaas wiederum verband diese Vertikalverdichtungsteillösung mit den der Stadt eigenen gesellschaftlich-dramaturgischen Regelwerken selbst: „[...] der Erfinder besteigt eine Plattform die emporsteigt – der wesentliche Teil der Demonstration, wie es scheint. Doch als er den höchsten Punkt erreicht hat, wird Otis ein Samtkissen gereicht, auf dem ein Dolch liegt. Der Erfinder nimmt das Messer, um, wie es scheint, dem wichtigsten Element seiner Erfindung an den Leib zu rücken: dem Stahlseil, das die Plattform emporgezogen hat und nun ihren Absturz verhindert. Otis schneidet in das Seil; es reißt. Doch weder Plattform noch Erfinder geschieht etwas. Eine unsichtbare Fallbremse – das ei-

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Einleitung

gentlich Brillante an Otis’ Erfindung – verhindert den Absturz der Plattform. Damit führt Otis eine Novität in Sachen urbaner Dramatik ein: die Antiklimax als Pointe, das Nicht-Ereignis als Höhepunkt. [...] Die Mittel zur Verhütung dieser Phantomkatastrophe sind beinahe ebenso wichtig wie die Erfindung selbst.“5 Obwohl die Zunahme der Gebäudehöhen in den darauf folgenden Jahrzehnten eher schleppend verlief, bedeutete sie für die Architekten dennoch, im Verhältnis zu jahrtausendelang entwickelten Proportionsstudien vom Bauelement über Fassadengliederung bis zum gesamten Baukörper, eine massive Veränderung innerhalb ihres Handlungsfeldes. Hochhäuser wurden zunächst im Zuge der „ingenieurlastigeren“ Chicagoer Schule des späteren 19. Jahrhunderts als „gestapelte“ (z.B. Home Insurance Building von William Le Baron Jenney, Chicago 1885) und darauf oftmals als „gestreckte“ (z.B. Wainwright Building von Dankmar Adler und Louis Sullivan, St. Louis 1891), den gewohnten Fassadenordnungsprinzipien eines gewöhnlichen mehrgeschossigen Stadthauses folgende Gebäude entworfen. Das 1895 in Chicago entstandene Reliance Building von John Wellborn Root, Charles B. Atwood und Daniel Hudson Burnham hingegen ist diesbezüglich mit seiner fragileren Konstruktion, dem knapper inszenierten Gebäudeabschluss und dem ausführlicheren Glasanteil auf jedem Geschoss der Fassade bereits ein außergewöhnlich moderner Ansatz. Etwas später, ab circa 1900, konzipierte man vorwiegend im „BeauxArts-lastigeren“ New York, unter anderem aufgrund der steigenden Höhenansprüche, historistische Türme, die in ihrer Erscheinung gotischen Kirchtürmen, antiken Mausoleen und Uhrtürmen oder Glockentürmen aus der Renaissance glichen, jedoch aufgrund der Funktion der

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Gebäude selbst im historistischen Sinne nur einen unüblichen und behelfsmäßigen Bezug zu diesen Typologien herzustellen vermochten. Einen weiteren und markanten Entwicklungsschritt brachte Ernest Grahams Equitable Building mit seiner Fertigstellung im Jahr 1915 in New York (im Übrigen ein Gebäude, dessen typologisches Vorbild das Union Trust Building von Dankmar Adler und Louis Sullivan in St. Louis aus 1893 zu sein scheint). Das Gebäude verjüngt sich trotz seiner Höhe im Gegensatz zu den anderen Hochhäusern davor nach oben hin keineswegs und raubt somit der Umgebung mit seinen radikal vertikal durchgängigen Außenkonturen jeglichen Restlichteinfall in den Stadtraum und auf benachbarte Fassaden. Sich selbst versorgt das Gebäude mit seinen beiden mittels eines Verbindungsbaukörpers verknüpften, aber dadurch auch räumlich wiederum auf Abstand gehaltenen Baukörpern über das eigene Grundstück mit mehr Baukörperoberfläche und somit zusätzlichem Belichtungspotential auf eine sehr ökonomische Weise mit Licht. Der obere Abschluss des Gebäudes ist wie bei den Arbeiten der Chicagoer Schule nüchtern abgeflacht. Auch mit dem gestreckten Schaftteil seiner Fassade erinnert es an deren gestalterischen Duktus. Doch die Gebäudehöhe war auf New Yorker „Niveau“, und die Zugangszone mit der zentralen Durchgangspassage durch das Gebäude verknüpfte das Haus enger mit seinem städtischen Umfeld. Skizzen der Passage zeigen einen belebten pseudoöffentlichen Raum mit Einkaufsstraßenflair. Dieser ursprüngliche architektonische Ansatz bewährte sich auch bei den beiden 15 Jahre später entstandenen New Yorker Megatürmen Chrysler Building und Empire State Building und hat sich bis heute gehalten. Das Equitable Building war somit außerdem aber auch ein gewichtiger Mitgrund für die im Jahr 1916 in New York beschlossene „Zoning Resolution“, eine Verordnung, die als eine der ersten in den Vereinigten Staaten von Amerika begann, unter anderem funktionale Zuordnungen in einer Stadt, wie auch etwa den Höhenverlauf und die daraus resultie-

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Einleitung

rende Belichtbarkeit eines Gebäudes und seiner umgebenden Straßenräume und Nachbarschaft zu regulieren. Dadurch wurden die davor gewählten formalen Ansätze des nach oben sich abtreppenden oder verjüngenden Turmes verstärkt, was somit bis heute für New Yorks Vertikalverdichtung charakteristisch ist. Generell, also mit oder ohne sich abtreppenden Baukörper, war aber der Triumphzug des der Effizienz verpflichteten Regelgeschosses absehbar. Zu reizvoll und logisch wurde zunehmend die gesteigerte vertikale Addition als Verdichtungsform. Je öfter man das Regelgeschoss stapelt, umso stärker dominiert es auch die Sondergeschosse in einem Gebäude – allen voran jene unterhalb der Regelgeschosse. Am meisten davon betroffen ist dabei klarerweise das gestalterisch besonders wichtige Erdgeschoss mit all seinen räumlichen und funktionalen Elementen zur Inszenierung der Zugangssequenz. Doch nicht nur in vertikaler, sondern auch in horizontaler Ausdehnung lässt ökonomisches Denken seit jeher wenig Baumassenverlust zu. Auch die Baulinien wollen ausgereizt werden, somit ist auch der Raum zur Inszenierung des Zuganges vor dem Gebäude grundsätzlich minimal.

Ausrichtung und Zusammensetzung des Buches

Genau in jenem oben erläuterten metropolitanen Spannungsfeld zwischen Stadt und Hochhaus interessieren mich Konzept und Gestalt des Zuganges zwischen dem öffentlichen Stadtraum und dem Gebäudeinneren. Neben mehr oder minder groben stadtplanerischen Regeln müssen die Architekturen die Auseinandersetzung mit sich und der städtischen

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Anbindung klären und gleichzeitig neu proportionierte Gebäudedimensionen berücksichtigen. Der palladianische Anspruch an eine Villa Rotonda wandelt sich in diesem urbanen Regelwerk zu einem situationsbezogenen Antipoden für räumliche Inszenierungen zwischen „Drinnen“ und „Draußen“ sowie zwischen „Drunter“ und „Drüber“.

Konzeption und Struktur Die Eingangszonen von Gebäuden zwischen einem großstädtischen Umfeld und einer maximierten Verdichtung auf dem eigenen Grundstück werden in dieser Arbeit in ihren Entwicklungen, in ihren Sonderformen und in ihren Stagnationen oder auch Rückschritten betrachtet, und vom außenräumlichen Vorfeld, den konzeptionell-gestalterischen Signalen über die Fassadengestik bis hin zu den Innenbereichen mit ihren Anknüpfungen an die vertikalen und horizontalen Erschließungen beleuchtet. Eine Zugangsinszenierung in der metropolitanen Vertikalverdichtung ist diversen markanten und zum Teil widersprüchlichen Zwängen ausgesetzt. Sehr hohe ökonomische Zwänge, wie etwa der Grundpreis und die Wirtschaftlichkeit, fordern maximal addierte Regelgeschosse, die überproportional auf den zumeist darunter gelegenen Eingangsbereich einwirken. Eine ebenfalls überproportionale Auswirkung darauf hat meist auch die Fluktuation, also die Ein- und Austrittsrate von Personal, Besuchern etc., zwischen einem höchst urbanen Umfeld und einem im Grundriss minimierten Baukörper bei gleichzeitiger maximierter Baukörperhöhe. All dies sind Faktoren, die zusätzliche beziehungsweise verstärkte Herausforderungen für eine umfassende gestalterisch-strategische Inszenierung dieses Bereichs darstellen.

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Einleitung

Das Buch startet zeitlich mit den Entwicklungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung und ihrer Anbindung an den Stadtraum um das Jahr 1920. Es handelt sich dabei um eine Zeit eines sehr umfangreichen gesellschaftlichen Wandels, der auch in der Architektur, und somit auch im Hochhausbau, seine Auswirkungen erkennen ließ. Nach einer historistischen Suche der Chicagoer Schule und der New Yorker Beaux-Arts-Architektur am Übergang vom 19. ins 20. Jahrhundert entstanden konzeptionelle Hinterfragungen und neue stilistische Lösungsansätze, die sich im Zuge der Moderne wieder mehr an den gesellschaftlichen und technologischen Zeitgeist annäherten. Historistische Stadthausstapelungen und -streckungen sowie historistische Turmkopien wurden hinsichtlich der Baukörper- und Fassadengestalt allmählich vernachlässigt. Es war der Anfang vom Ende der jahrzehntelang stagnierenden nicht weit über erste Überlegungen hinausgehenden Lösungsansätze in der metropolitanen Vertikalverdichtung bezüglich Konzept und Gestalt. Die Veränderungen in dieser Zeit können somit gewiss auch als Bruch betrachtet werden. Es handelt sich in dieser Arbeit daher eher um einen bedingten zeitlichen Quereinstieg in diese Thematik. Von etwa diesen Zeitraum weg werden in der Arbeit markante und/oder einflussreiche Architekten und deren diesbezüglich relevante und innovative Architekturen hinsichtlich der Entwicklung der Zugangsinszenierung in der metropolitanen Vertikalverdichtung in einzelnen Kapiteln, alternierend mit verbindenden Zwischenkapiteln, analysiert. Die Struktur der Arbeit ist somit auch weitestgehend chronologisch. Rück- und Querbezüge werden jedoch nicht ausgeschlossen, sondern zur Verständlichkeit der Erläuterungen zugelassen. Die Auswahl der zu analysierenden Architekten beziehungsweise ihrer für die Thematik der Arbeit relevanten Bauprojekte wurden unter Berücksichtigung spezifischer Kriterien vorgenommen: Entscheidend für die Auswahl waren der Umfang sowie die Radikalität der thematisch bezogenen Neuerung zum Zeitpunkt der Herstellung in

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Kombination mit dem Grad der konzeptionell-gestalterischen Konsequenz in der Ausarbeitung. Viele der ausgewählten Gebäude und deren Urheber sind aufgrund dieser Merkmale auch allgemein überdurchschnittlich renommiert. Die wichtigsten Protagonisten dieser Analysen sind Adolf Loos mit seinem verstörenden und deutlichen Kontrapunkt durch seinen Wettbewerbsbeitrag „The Chicago Tribune Column“, Ludwig Mies van der Rohe und seine jahrzehntelangen kontinuierlichen Entwicklungen hinsichtlich aller Aspekte der Zugangsinszenierung in der metropolitanen Vertikalverdichtung, Richard Rogers und Norman Foster durch ihre Sonderform des „Hofhochhauses“ und Rem Koolhaas und sein Office for Metropolitan Architecture durch ihre vielfältig neu angedachten Lösungsansätze und Erschließungsexperimente in diesem Umfeld. Le Corbusiers „Fünf Punkte zu einer neuen Architektur“ sowie auch Ludwig Hilbersheimers Stadtutopie „Vertikalstadt“, Frank Lloyd Wrights Bürohofhaus Larkin oder auch Philip Johnsons mediale „Eröffnung“ der postmodernistischen Vertikalverdichtung beim „Sony Plaza Building“, dem ursprünglichen „AT&T Corporate Headquarters“, werden als weitere wichtige Beispiele in den Zwischenkapiteln behandelt. Die Kapitel weisen eine grobe chronologische Ordnung mit Quer- und Rückbezügen auf. Die Zwischenkapitel haben eine reflektierende „Brückenfunktion“. In den abschließenden Schlussfolgerungen werden die Betrachtungen aus den Kapiteln und Zwischenkapiteln in Form der Beantwortung der hier folgenden einleitend formulierten Fragestellungen abgeschlossen. Chronologisch sowie konzeptionell gereihte Projektübersichten verschaffen einen ergänzenden finalen Überblick.

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Einleitung

Fragestellungen Aus den konzeptionell-gestalterischen und baulichen Zwängen, die sich aus den allgemeinen urbanen Ansprüchen an Grenzen, Transit und Dichte ergeben, lassen sich für die Entwicklung der Zugangsinszenierung in der metropolitanen Vertikalverdichtung folgende Fragestellungen ableiten: Frage I Können kontinuierliche Entwicklungen bei der Zugangsinszenierung in der metropolitanen Vertikalverdichtung nachgewiesen werden? Frage II Wie und unter welchen Bedingungen können in diesem komplexen und dichten Umfeld urbane, typologische und gestalterische Innovationen entstehen? Frage III Wie verhält es sich bei metropolitanen Zugangsinszenierungen mit konzeptionell-gestalterisch-räumlichen Wechselbeziehungen zwischen der Horizontal- und der Vertikalverdichtung: wo gibt es diesbezüglich Synergien und Widerstreben? Die Fragen werden in den analytisch-hermeneutisch geprägten Erläuterungen in den jeweiligen Kapitel bezüglich der Entwicklungen in der Zugangsinszenierung in der metropolitanen Vertikalverdichtung in Form von Folgerungen aufbereitet und in den abschließenden Schlussfolgerungen zusammenfassend beantwortet und erläutert.

Sonstiges Die Strukturierung des Buches bietet dem Leser einen sowohl ganzheitlich chronologisch-linearen Überblick als auch einzelne inhaltlich

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

autonome Kapitel und Zwischenkapitel. Quereinstiege werden dadurch leichter möglich. Die auf diesen Aspekt umfangreicher ausgerichtete Setzung von Abschnitten bildet darüber hinaus wieder einzelne kleinere, in sich wiederum eigenständig funktionierende Informationseinheiten. Es handelt sich hier im Buch um Teilanalysen mit hermeneutischen Aspekten im Bereich des Städtebaus sowie der Gestaltungs- und Gebäudelehre. Die gestalterische Absicht steht dabei im Vordergrund – bau- und bebauungsrechtliche Umstände werden nur im Falle einer ausführlichen Beeinflussung des gestalterischen Konzeptes erläutert. Das konzeptionelle Hauptanliegen der Architekten und deren Wandlungen im Bereich dieses analysierten Themenbereiches sowie auch ihre Bezüge beziehungsweise Nicht-Bezüge zueinander werden zusätzlich durch einzelne piktografische (weitestgehend maßstabs- und proportionsunabhängige) Darstellungen und Schemata erläutert. Aufgrund der Bekanntheit der analysierten Projekte sind weitere allgemeine Darstellungen, im Gegensatz zu primär gesamtheitlich und überblicksmäßig beschreibender Literatur, nicht vorgesehen. Diese Literatur und dessen bildliche und planliche Darstellungen kann jedoch durchaus zu diesem Buch als ergänzend erläuterte Basisinformation dienen. In den Anmerkungen am jeweiligen Kapitelende und in der Bibliographie am Ende des Buches sind Hinweise dafür zu finden.

Schriftliche Gleichstellung

Mit Nennung der männlichen Funktionsbezeichnung ist in diesem Buch, sofern nicht anders gekennzeichnet, immer auch die weibliche Form mitgemeint.

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Einleitung

Anmerkungen

1. Koolhaas, Rem: „Delirious New York: Ein retroaktives Manifest für Manhattan“ S.96. 2. Koolhaas, Rem: „Delirious New York: Ein retroaktives Manifest für Manhattan“ S.97. 3. Turnovsky, Jan: „Die Poetik eines Mauervorsprungs“. 4. National Inventors Hall of Fame: „Theophilus Van Kannel“, http://www.invent.org/hall_of_fame/368.html, 18.02.2012. 5. Koolhaas, Rem: „Delirious New York: Ein retroaktives Manifest für Manhattan“ S.26.

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Loos

Loos Hochhaus auf dem Stadthaus

Adolf Loos (1870–1933) ist ein Pionier der Moderne. Seinen Raumplänen verpflichtet, orientieren sich die von ihm entworfenen Raumkonfigurationen mehr denn je an ihren inneren funktionalen Anforderungen. Daraus resultiert eine akribische Maßanfertigung seiner Arbeiten – vom Baukörper über den jeweiligen Raumzuschnitt bis hin zu den zahlreichen Einbauten. Loos sah des Weiteren im edlen Material den Ersatz für formalen Dekor.

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Haus am Michaelerplatz . Wien, 1909–1911

Das Wohn- und Geschäftshaus am Michaelerplatz ist Loos’ größtes realisiertes städtisches Projekt und gleichzeitig sein erster Neubau. Seinen Entwürfen ging ein für den Bauherrn „Goldman & Salatsch“ unbefriedigendes Architekturwettbewerbsergebnis voraus. Loos selbst nahm trotz Einladung an diesem Wettbewerb nicht teil. Er erhielt einen großzügigen Direktauftrag. Es sollte daraus eines seiner Hauptwerke entstehen.1 Das Haus orientiert sich mit seinem Haupteingang direkt zum (annähernd) kreisförmigen Michaelerplatz hin. Der Platz selbst ist geprägt von seiner städtisch-historischen Schnittstelle (Kohlmarkt als ehemalige zentralaxiale Ausfahrtsstraße Vindobonas, Maßstabssprung von der mittelalterlichen Altstadt zur Hofburg etc.). Eine wahrnehmbare Ausrichtung des Platzes ist die Achse Kohlmarkt und das gegenüberliegende Durchgangsgebäude der Hofburg. Das Looshaus säumt diese Achse nur und fällt dadurch mit der Position seiner Hauptfassade zum Platz hin in seiner städtebaulichen Bedeutung etwas ab. Ähnlich verhält es sich mit der natürlich damals bereits existenten Michaelerkirche auf der gegenüberliegenden Seite dieser Achse. Loos nimmt die Kirche als Bezug zum Eingang seines Gebäudes.2 Sie ist eine der ältesten Kirchen Wiens und war somit mit ihrer Fassade als Erste am bestehenden Platz vertreten. Ein romanischer Bau als ein eigentlich nachvollziehbarer Bezug verstärkt auch die Relativierung einer zu dieser Zeit bereits umfassenden gründerzeitlich-historistischen Präsenz in weiten Teilen der Stadt, dessen Geist sich Loos stets versuchte zu widersetzen. Dem Portikus der Michaelerkirche setzt Loos für sein Eingangsportal eine Art Negativschablone entgegen. Der nach innen versetzte Haupteingang hinter den vier „statisch unwirksamen Marmorsäulen“3 an der

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Loos

Eingangsfassade führt in den Geschäftsbereich des Parterres. Vier zentral im Quadrat angeordnete Säulen im Innenraum und der zentralaxial zur Zugangsbewegung angeordnete Treppenlauf dominieren den Raum. Die Treppe führt zu den in sich wieder höhenmäßig mehrfach versetzten Mezzanin und Mezzanin-Galerie. Die angehobene Mezzanin-Galerie bietet unter anderem dadurch mehr Höhe für das Eingangsportal. Für das grundsätzlich achtgeschossige Gebäude waren zwei Lifte vorgesehen. Ein Lift wurde direkt bei einer Nebentreppe am Hinterhof angeordnet. Dieser ist gestalterisch durchaus vernachlässigbar. Der Lift im kundennahen Bereich war aber ebenso besonders versteckt in einem Nebenraum vorgesehen. Ihm wurde damit keine bedeutende Rolle im Erschließungskonzept beigemessen. Ein Fassadenrücksprung löst den Hauptbau in seiner außenräumlichen Kontur vom entlang der Herrengasse weiterverlaufenden „Nebentrakt“ und bewahrt somit die zentralsymmetrische Baukörperkonzipierung zum Michaelerplatz hin. Ab dem ersten Obergeschoss beginnen die möglichst flexibel arrangierten Regelgeschosse. Darauf folgt ein abschließendes Dachgeschoss. Von außen sind diese Abschnitte an der Fassade ablesbar. Parterre und Mezzanin erhielten eine dekorarme, aber exklusive Natursteinverkleidung, das Oberteil wurde gar nur verputzt. Historistische Ausgestaltungsmethoden durch Pilaster oder Stuck waren nicht vorgesehen. Dies führte zu hitzigen Diskussionen über die Gestaltung, die ihre Gewichtung darin fanden, dass die Fassade zumeist als schockierend schmucklos empfunden wurde.

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

The Chicago Tribune Column . Chicago, 1922

Der 1922 stattfindende Wettbewerb zur Neuerrichtung des Bürohauses für das Zeitungshaus Chicago Tribune war ein medial ausführlichst begleitetes wie auch international angepriesenes Event. Grundsätzlich war absehbar (Auslobung etc.), dass im Zuge des ausgerufenen Wettbewerbes von den über 260 teilnehmenden Architekturbüros ein „Tribune Tower“ im wörtlichen Sinne gefordert wurde.4 Das in unmittelbarer Nähe, also schräg gegenüber dem Wettbewerbsareal auf der anderen Seite der North Michigan Avenue, gelegene Wrigley Building für den weltberühmten Kaugummihersteller „The Wrigley Company“ entstand mit seinen höchsten Bauteilen im Jahr 1921, also kurz vor dem Wettbewerb. Es war damals mit 133,5 Meter das höchste Gebäude Chicagos. Dies bedeutete die Einleitung einer Entwicklung in Richtung stärker wachsender Gebäudehöhen in der Stadt, im Gegensatz zur Dekade der Chicagoer Schule davor. Diese Entwicklung wurde somit in Chicago um rund 20 Jahre später eingeleitet als in New York. Doch avantgardistische Lösungsansätze und die unterschiedlichsten neuen gestalterischen Strömungen jenseits des Historismus wurden im Zuge der „Chicago Tribune Tower Competition“ so zahlreich wie nie zuvor eingereicht. Ein Hinweis dafür ist, dass zahlreiche europäische Beiträge im Teilnehmerfeld zu finden waren, da in Europa die (bau-)künstlerische Avantgarde zu diesem Zeitpunkt sehr fortgeschritten war, wohingegen die Hochhaustechnologien wiederum in Nordamerika weiter entwickelt waren. Neben den unterschiedlichsten damals als üblich zu bezeichnenden Turmentwürfen, die sich auf historische Baustile bezogen, unter anderem auf die Gotik (Kirchturm beziehungsweise Glockenturm), wurden

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Loos

Beiträge im expressionistischen wie auch im Bauhaus-Stil beziehungsweise generell im Stil der Moderne eingereicht. Eine weitere „Kategorie“ waren die denkmalähnlichen Hinweissäulen wie auch die ersten Art-déco-Strömungen. Umso bedauerlicher ist, dass schließlich ein grundsätzlich konventioneller neugotischer Turm von den amerikanischen Architekten John Mead Howells und Raymond Hood den Zuschlag erhielt, und so keine beachtliche gestalterische Innovation in Chicago Einzug hielt.5 Loos’ Wettbewerbsbeitrag lässt sich der „Kategorie“ der denkmalähnlichen Hinweissäulen zuordnen. Seinem Projekt „The Chicago Tribune Column“ kam bis heute ähnlich viel Aufmerksamkeit zu wie jenem des realisierten Tribune Tower selbst. Loos-Biograph Burkhard Rukschcio schreibt: „Loos entwarf ein Gebäude für Nah- und Fernwirkung. Der Sockel der Säule, ein elf Geschoss hohes […] Haus, wäre dem Fußgänger aus unmittelbarer Nähe als das eigentliche von der Straße aus sichtbare Gebäude erschienen. In der Silhouette erst wäre die klare Form des Säulenschaftes mit dem stilisierten Abakus zur eigentlichen Geltung gekommen, als Symbol der Freiheitsstatue gleichzusetzen. […] Auf der Säule dachte er sich einen sitzenden, kubistisch stilisierten Tribun, angefertigt aus Stahl und Glas. In seinem [Loos’] englischen Erläuterungsbericht zum Wettbewerbsprojekt, den er in seiner äußeren Form dem Programm der Ausschreibung angleicht, finden sich seine diesem Entwurfsvorgang zugrunde liegenden Ideen formuliert: ,Bei dem Entwurfe stand dem Verfasser die Forderung des Programms vor Augen, ‚to erect the most beautiful and distinctive office building in the world’: ein Gebäude zu bauen, das, im Bilde oder in Wirklichkeit einmal gesehen, nie wieder dem Gedächtnisse entschwinden kann, ein Monument zu errichten, das für immer mit dem Begriffe der Stadt Chicago untrennbar zusammenfallen

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

soll, wie die Kuppel von St. Peter mit Rom und der schiefe Turm mit Pisa, ein Haus zu planen, das die Zeitung ,The Chicago Tribune’ allen intellektuellen Menschen mit einem Male mit einem bestimmten Charakter verbindet.’ […]“6 Auch Rukschcio erläutert also bereits Loos’ Absicht, dass das Sockelgebäude die in Chicago allgemein üblichen Gebäudekonturen übernimmt, und die gestalterisch völlig vom Sockelgebäude getrennte Säule darüber sogar erst über die Ferne ihre volle visuelle Außenwirkung erreicht. Die Wettbewerbsaufgabe im Allgemeinen sah keine Freiräume für den Stadtraum vor, was zu einer baulichen Ausnutzung des gesamten projektierten Areals bei nahezu allen Teilnehmern führte. Dies bedeutete keine außenräumliche Inszenierbarkeit des Gebäudes in seinem Zugang von der Hauptstraße her, der North Michigan Avenue. Die Konzipierung der Zugangsinszenierung ist der des Hauses am Michaelerplatz mehr als ähnlich: Loos verwendet für sein Eingangsportal eine Art Negativschablone eines Portikus. Der nach innen versetzte Haupteingang hinter den zwei statisch vermutlich unwirksamen Granitsäulen führt in den Foyerbereich des Parterres. Vier zentral im Quadrat angeordnete Säulen im Innenraum und der zentralaxial zur Zugangsbewegung angeordnete Treppenlauf dominieren den Raum. Die Treppe führt in ein Mezzaningeschoss, das über dem Foyer ausgespart wird, um mehr Höhe für die Eingangshalle anzubieten. Das im Eingangsbereich ausgesparte Obergeschoss bietet mehr Höhe für das Eingangsportal. Für das grundsätzlich elfgeschossige Sockelgebäude wurden vier Lifte vorgesehen. Für die weiteren 21 „Säulengeschosse“ waren weitere drei Lifte in Form von Durchladern vorgesehen, damit dort wiederum die jeweiligen Lifthallen erreicht werden konnten.

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Loos

Der parallele axiale Versatz der Liftgruppe weg von der Haupttreppe führt zu einem für Loos untypisch ambivalent erscheinenden schwimmenden Grundrissbild. Loos’ gestalterische Position scheint diesbezüglich zu sein, dass sich die Nebenrolle eines Liftes für die vertikale Erschließung in einem Hochhaus nicht mehr einhalten lässt, wohl aber die Hauptrolle der Treppe. Speziell in den Obergeschossgrundrissen des Sockels entsteht hierbei bereits durch den Wegfall der Haupttreppe und dem bloßen Verbleib der Nebentreppe auf der zentralen Achse eine Verstärkung der Wahrnehmung des Versatzes. Eine Entschärfung der Situation gelingt Loos, über die klare Ausrichtung der Liftgruppenachse auf das, von der Straße aus gesehen, linke Eingangstor von dreien zwischen beziehungsweise neben den beiden Granitsäulen, nur bedingt. Die Säulengeschosse dominieren somit, durch die Ausrichtung der Liftgruppen auf diese, die Loos’schen Sockelgeschosse bei Weitem, trotz anfänglich bestimmt als nur gering aufgefasster innenräumlicher Adaption an das Haus am Michaelerplatz. Außen war für die gesamte Fassade nobler aber schmuckloser polierter schwarzer Granit vorgesehen. Die Säulengeschosse sind mit einem zuvor erläuterten zentralen Liftkern versehen. Nebenräume und Fluchttreppe liegen in der Fassade, wie auch all die radialähnlich getrennten Büroräume. Diese werden in jedem Säulengeschoss jeweils zu einer kleinen ebenfalls zentralen Lifthalle hin erschlossen. Ein Fassadenrücksprung löst die Säule inklusive Sockel vom weiter in den hinteren Bereich des Wettbewerbsgebiets verlaufenden Sockelgebäude und bewahrt somit weitestgehend in ihrer Kontur die zentralsymmetrische Baukörperkonzipierung auch zu den Nebenstraßen der North Michigan Avenue hin. Dies ist ebenfalls eine gestalterische Maßnahme die Loos bereits beim Haus am Michaelerplatz zur Anwendung brachte.

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Folgerungen

Loos verpflanzt ein gesamtes innenräumlich und auf den Ort abgestimmtes Gebäudekonzept von einem Kontinent auf einen anderen, von einer Millionenstadt in eine andere, von einer Platzsituation auf eine Hauptstraße: vom Michaelerplatz in Wien an die North Michigan Avenue in Chicago. Doch seine Stadthausreferenz aus Wien bezieht sich nicht auf ein ebenfalls „normal“ hohes Stadthaus in Chicago, sondern auf einen Wolkenkratzer. Die das Stadthaus aufdoppelnden Elemente bedienen sich einer zeichenhaften Ambiguität: Die Säule – the column – die Kolumne Der Tribun – the tribune – die Tribüne Interpretiert man also das Gebäude eher als ein zeichenhaftes „Monu7 ment“ denn als ein Zeitungshaus, würde es dem Bauwerk an nichts fehlen. Sieht man aber das Zeitungshaus oder Hochhaus darin, so vermisst man genügend Lifte für die „bewohnte Säule“8, der Säulengeschosszuschnitt scheint zu gering und somit unwirtschaftlich und es bedarf einer Überarbeitung beziehungsweise Akzeptanz und schließlich einer Integration der Liftgruppe als das wesentliche vertikale Erschließungselement eines Hochhauses auch in den Sockelbaukörper. Dies sind Aspekte, welche die amerikanische Architekturproduktion im Vergleich zur europäischen spätestens seit den nochmals wesentlichen Gebäudehöhensteigerungen in New York ab 1900 ausführlicher entwickelt hatte. Doch ein fundamentales Kernthema in Loos’ Schaffen scheint unverständlicherweise ungelöst: Das Eingangsportal und die dahinter liegende Foyerhalle haben sich in ihrem Zuschnitt beziehungsweise im proportionalen Verhältnis zum

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Gesamtbaukörper um nahezu nichts gegenüber dem Haus am Michaelerplatz vergrößert – als ob es bei der Chicago Tribune Column die Säule darüber nicht gäbe. Man hätte vermutet, dass die Dimensionsanpassung der Foyerhalle an das Gesamtgebäude bei diesem neuen Gebäudetypus „Hochhaus“ wohl am ehesten Loos mit seinen ausgeklügelten und maßgeschneiderten Funktions- und Raumarrangements gelöst hätte. Doch Loos empfand die Zugangssequenz für die Chicago Tribune Column sogar als verschwenderisch großzügig und verwehrte sich bereits prophylaktisch jeglichen eventuellen kleinlichen Ausnutzungsansprüchen seitens der Bauherren.9 Loos sah die Offenheit und Flexibilität der Geschosse eher in den oberen Stockwerken. Im Parterrebereich schwor er auf komplex verschachtelte Räume. Dieser Aufbau rührt unter anderem von der Wichtigkeit und Repräsentativität seiner Treppenanlagen in einem Gebäude mit „Normalhöhe“ her. Des Weiteren sah Loos auch eine sehr massive beziehungsweise massivbauähnliche Fassade vor. Es ist keine Absicht erkennbar, den Skelettbau dahinter erkenntlich zu machen oder die Fassaden zum Straßenraum hin verstärkt zu öffnen. Was Loos’ Entwurf trotz teilweisen Unvermögens bezüglich des Hochhausbaus aber innovativ und rückschrittlich zugleich, also wieder ambivalent erscheinen lässt, ist die neue Form der Auseinandersetzung mit dem Baukörper- und Fassadengestaltungsproblem der Historisten: Er stapelt und streckt keine historistische Fassade. Er bezieht sich auf die groben Proportionen und Höhen des Chicagoer Stadtraumes und setzt ein eigenständiges Element – zwar sonderbar dimensioniert, aber wohl proportioniert – darauf. Das Ausmaß des Baukörpers darüber wird jedoch aufgrund seiner leichten Addition verkannt. Loos’ „Problem“ war im Allgemeinen vie-

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len auch sonst sehr fortschrittlichen Wettbewerbsbeiträgen gemeinsam. Das Hochhaus brachte für den Architekten nicht nur Proportionsinterferenzen hinsichtlich der Ausformulierung von Fassade und Baukörper. Hier könnte man bereits Loos’ Grundintention der Baukörpergliederung durchaus als geschicktes Ausweichmanöver deuten. Auch innenräumliche Konzepte im Erdgeschoss in ihrer Verbindung mit dem davor beziehungsweise rundum gelegenen Stadtraum standen generell für diesen Typus an einem Wendepunkt.

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Anmerkungen

1. Rukschcio, Burkhard: „Adolf Loos – Leben und Werk“ S.460–464. 2. Rukschcio, Burkhard: „Adolf Loos – Leben und Werk“ S.464. 3. Rukschcio, Burkhard: „Adolf Loos – Leben und Werk“ S.465. 4. Solomonson, Katherine: „The Chicago Tribune Tower Competition – Skyscraper Design and Cultural Change in the 1920s“. 5. Solomonson, Katherine: „The Chicago Tribune Tower Competition – Skyscraper Design and Cultural Change in the 1920s“. 6. Rukschcio, Burkhard: „Adolf Loos – Leben und Werk“ S.562. 7. Rukschcio, Burkhard: „Adolf Loos – Leben und Werk“ S.562. 8. Rukschcio, Burkhard: „Adolf Loos – Leben und Werk“ S.562. 9. Rukschcio, Burkhard: „Adolf Loos – Leben und Werk“ S.562.

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Zwischenkapitel I

Zwischenkapitel I Zugangsinszenierungen der Moderne in der Stadt

Die in der Einleitung erwähnten Entwicklungen des Transits, wie etwa die umfangreiche Trennung und Schichtung der Verkehrsformen in verdichteten Verhältnissen, waren in den Städten lange nicht gegeben und somit schwer vorstellbar. Doch im Zuge der Steigerung der Gebäudehöhen wie auch der wachsenden Zahl an Einzelobjekten solcher Höhen in den 1910er Jahren in New York wurden erste stadtutopische Darstellungen publiziert. Lediglich die gestalterische Auseinandersetzung erfuhr im Laufe der Zeit Adaptierungen: zuerst historistisch, dann im zögerlichen „neuamerikanischen“1 oder Art-déco-Stil, schließlich im Stil der ersten gleichmacherischen modernistischen Strömungen, wie auch im bis heute viel verwendeten heterogenen Science-Fiction-Pseudoantiplanstadt-Stil. Aber der wesentliche Sinn des Schichtens und Trennens von Transit blieb immer bestehen. In diesen Darstellungen sind die interessanten Aspekte des Anschlusses des Einzelgebäudes an die Stadt verdeutlicht. In ihrer Dichte wurden sie jedoch selten so realisiert, beziehungsweise traten sie ansatzweise erst viel später, beispielsweise in den Jahren des Wirtschaftsbooms nach dem Zweiten Weltkrieg, verbreitet auf. Beispiele findet man am deutlichsten formuliert in Tokio-Yokohama, Chicago und Hongkong: In Tokio entwickelte sich die Stadt nicht nur nach oben, sondern, mit zahlreichen unterirdischen Bahnhöfen und Shoppingcentern auch stark in den Untergrund.

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Im Zentrum von Chicago wurde bereits in den 1920er Jahren das Straßenniveau um bis zu fünf Meter nach oben entwickelt. Heute unterirdische Bahn- und Kraftfahrzeugtrassen wie auch Abwassersysteme wurden nicht vergraben, sondern auf das bestehenden Erdniveau aufgesetzt und überbaut. In Hongkong erfuhr speziell die Fußgängerführung durch die Stadt eine Anhebung. Zahlreiche Stege, ein bis zwei Geschosse über dem Erdniveau, verknüpfen einen Gebäudekomplex mit dem nächsten. Oft führen diese öffentlichen Wege auch durch Gebäude und passieren somit die Obergeschosse von Shoppingcentern oder werden dort zu Gastronomiemeilen. Der finanzielle Mehraufwand für die Schichtung der Verkehrsformen muss den Mehrkosten, die ohne Schichtung für die größere Grundfläche anfallen, gegenübergestellt werden. Übersteigen die Mehrkosten für mehr Grund durch kein Überlagern von Verkehrssträngen den infrastrukturellen Aufwand für den für die Schichtung notwendigen Tiefbau, befindet man sich zumeist in einem extrem urbanen Umfeld, welches so in der Realität, wie zuvor bereits angemerkt, nicht oft zustande kommt. Gewisse für das Einzelobjekt relevante Aspekte entstanden jedoch schon damals aus diesen skizzierten Stadtfiktionen: Beispielsweise wurde durch die Schaffung einer Ebene nur für Fußgänger die durchgehende Öffnung der Erdgeschoss- beziehungsweise fußläufigen Zugangsgeschosszone noch relevanter, um entweder Durchgänge oder überdeckte Aufenthaltsbereiche zu schaffen und auch weit mehr Fläche für die dahinter liegenden Läden beziehungsweise davor stehenden potentiellen Käufer zu bieten. Grundsätzlich wurden höhere Häuser schon längst in Skelettbauweise errichtet und somit waren die Möglichkeiten für größere Öffnungen und „freiere“ Grundrisse gegeben. Doch der Turm „musste“, speziell im Sockelbereich, im Gegensatz zu seinem Regelgeschossaufsatz, aufgrund historistischer Gestaltungsdok-

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Zwischenkapitel I

trinen nach wie vor massiver erscheinen. Gute Beispiele, die sich unter anderem nach wie vor mit Zugangssequenzen, übernommen von Gebäuden mit „Normalhöhe“, begnügen, sind hierfür die innerhalb kürzester Zeit in New York entstandenen Chrysler Building, Empire State Building, Rockefeller Center und Downtown Athletic Club Ende der 1920er beziehungsweise Anfang der 1930er Jahre. Die Planer der ersten drei erwähnten Projekte billigten dem voll verbauten, massiv erscheinenden Sockel die mittlerweile üblichen Schaufenster zu, wohingegen der Downtown Athletic Club in der Eingangsebene, unter anderem aufgrund seiner Funktion als Privatclub, zusätzlich nahezu keine Öffnungen anbot. Hierzu bedurfte es also radikaler konzeptioneller Veränderungen, die auch in den 1920er Jahren im Zuge der europäisch-modernistischen Strömungen prompt entstanden: die Umkehrung der Fassadengliederung und somit die Hinterfragung des rein schwerkraftbezogenen Fassadenaufbaues, der noch aus dem Massivbau stammte – ein wesentlicher konzeptioneller Aspekt vieler modernistischer Interpreten. Die bekannteste Manifestierung dieser Ansätze gelang ohne Zweifel 1927 dem Architekten Le Corbusier mit seiner Theorie der „Fünf Punkte für eine neue Architektur“, worin sich drei Punkte unmittelbar auf eben diesen Aspekt des Umganges mit der „Landung“ des Baukörpers und der Offenheit der Fassaden beziehen: das Abheben des Gebäudes von der Bodenfläche mittels Stützen (und die somit entstandene konzeptionelle Folgerung, so gering als möglich dimensionierte innenräumliche Erdgeschossbereiche vorzusehen) sowie die freie Grundrissund Fassadengestaltung durch (Stahlbeton-)Skelettbauweise.2 Le Corbusier hat bereits vor der Verfassung dieses Werkes auch durch seine Stadtplanungen in einem urbanen Rahmen, wie etwa die des Plan Voisin aus 1925 mit seinen aufgeständerten, zumeist kreuzförmigen Hochhäusern, diese gestalterisch-konzeptionelle Richtung eingeschlagen.

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Auch weitere inhaltliche Aspekte, wie etwa die Trennung der unterschiedlichen Verkehrsformen und der unaufhaltsame Boom des Automobils und infolgedessen der Bau großzügiger Autostraßen, oder die Nutzungsmischung in den Gebäudekomplexen, sind bei diesen Entwürfen bereits angedacht, aber in dieser Zeit noch als weniger große Neuerung anzusehen. Die unmittelbarste und anschaulichste Umsetzung dieser fünf Punkte ist aber wohl die zwischen 1928 und 1931 von Le Corbusier entstandene Villa Savoye. Ein vermutlich noch radikalerer Ansatz kann dem im Zuge der 1929 in Barcelona stattfindenden Weltausstellung entstandenen deutschen Pavillon des Architekten Ludwig Mies van der Rohe zugeschrieben werden. Dieser versucht sich neben der Dividierung von Tragwerk und Raumtrennung auf Basis eines stark „selbstbestimmten“ und streng gerasterten Untergrundes vor allem auch in der angenäherten Auflösung von „Drinnen“ und „Draußen“. Le Corbusiers konzeptionell-gestalterische Regeln der Erdgeschosszone der Villa Savoye und Mies’ Anspruch an die möglichst komplette Auflösung von „Drinnen“ und „Draußen“ prägten auch nachhaltig die Erdgeschosszonen und die Zugangsinszenierung in der metropolitanen Vertikalverdichtung. Vor allem Mies hat diese beiden völlig neuen Aspekte in der Architektur bei seinen späteren Hochhausrealisierungen in Nordamerika in prägender und annähernd vollendeter Weise zusammengeführt. Seine Bauweise war dabei gewissermaßen auch eine Gegenposition zum damals vorherrschenden massiv wirkenden, vorspringenden Sockel – man kann von einem „aufgelösten“ Sockel sprechen. Es ist ein Sockel, der kein Sockel sein will, beziehungsweise an die Stelle des Sockels tritt. Die Zugangsebene erfährt somit konzeptionell

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eine völlige Umkehrung, die bereits überfällig ist, da der Skelettbau in der Vertikalverdichtung zu diesem Zeitpunkt bereits seit Jahrzehnten üblich ist. Vor diesen Entwicklungen experimentierte Mies jedoch bereits Anfang der 1920er Jahre in einer nicht minder radikalen Weise mit der Typologie „Hochhaus“, was zu neuen Entwicklungen in der Zugangszone, vor allem in Hinblick auf das Vorfeld und die Fassadenausgestaltung und -gliederung in der Vertikalverdichtung führte. Diese Experimente, die er damals noch in Berlin durchführte, können als Übergangsentwicklung des Sockel hin zu seiner nahezu vollständigen Auflösung betrachtet werden, da hier zwar nur eine teilbedingte Auflösung, aber vor allem eine Neutralisierung des Sockels innerhalb der Fassadengesamtgliederung festzustellen ist.

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Der Sockel und seine Auflösung bzw. Umkehrung, Schnittschemata

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Anmerkungen

1. Flierl, Bruno: „Hundert Jahre Hochhäuser – Hochhaus und Stadt im 20. Jahrhundert“ S.22. 2. Boesiger, Willy (u.a.): „Le Corbusier et Pierre Jeanneret – Œuvre complète 1910–1929“ S.128 f.

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Mies

Mies Vorfeldexpansionen und die „Auflösung“ von Sockel und Fassade

Ludwig Mies (1886–1969), später (um 1920) Ludwig Mies van der Rohe, ist einer der wichtigsten und einflussreichsten Akteure der Moderne. In seinem Hauptwerk (ab den späten 1920er Jahren) zeigt sich deutlich der Anspruch nach annähernd grenzenlosen räumlichen Übergängen zwischen unterschiedlichen Hauptfunktionen im Inneren, sowie zwischen „Drinnen“ und „Draußen“. Formal basierten seine baulichen Ansätze auf konsequenten „Rastergründen“, klaren Geometrien sowie Flexibilität und der ausführlichen Trennung von Bauelementfunktionen.

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Wettbewerb Friedrichstraße „Glashochhaus“ . Berlin, 1921

Gegen Ende 1921, also nahezu zeitgleich mit dem 1922 stattfindenden Wettbewerb zur Neuerrichtung des Bürohauses für das Zeitungshaus Chicago Tribune, wurde ein Wettbewerb für ein Hochhaus in Berlin von der sogenannten „Turmbau AG“ ausgelobt. Das Grundstück hierfür war in etwa dreieckig, gesäumt vom Spreeufer, dem Bahnhof Friedrichstraße (einem verglasten Skelettbau) und der Friedrichstraße selbst. Die Vorgeschichte zur Grundstücksneuverwertung reicht bis vor den Ersten Weltkrieg zurück. Zahlreiche Studien von Architekten, Investoren wie auch Stadtbauräten selbst führten zu einem Entwurf, der aber schließlich bei den zuständigen Behörden doch nicht durchsetzbar war. Somit war die Strategie der Initiatoren, einen gut dotierten und mit einer angesehenen beziehungsweise professoralen Jury besetzten Architekturwettbewerb auszuschreiben, welcher schließlich aus reinen Publicitygründen stattfand, um weitere Investoren anzulocken, Ideen zu sammeln und die Baubehörde öffentlicher unter Druck zu setzen. Erkennbar war dies unter anderem an den nicht besonders gut ausgearbeiteten Ausschreibungsunterlagen: Lückenhaft und widersprüchlich formulierte Angaben zu Abstandsflächen, ungenaue Raumprogramme, oder auch die Widersprüchlichkeit bezüglich eines Wunsches nach einer großzügigen Passage bei gleichzeitig viel zu geringer Grundstücksdimension. Auch die Bebbauungshöhe von 80 Meter war so hoch angesetzt, dass baupolizeiliche Probleme vorhersehbar waren, die seitens der Auslober aber abgewiegelt wurden mit der Ankündigung, dass etwaige Genehmigungen erst nach dem Wettbewerbsverfahren mit der Baupolizei gelöst würden.1 Schließlich wurde keiner der Wettbewerbsbeiträge realisiert.

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Auf den vorderen Plätzen landeten bis auf die Gebrüder Luckhardt (2. Platz) nicht erwähnenswerte historistische Beiträge, die auch wesentlich niedriger als die angepeilten 80 Meter waren. Progressivere Architekten setzten sich mit den aktuellen baukünstlerischen Strömungen des Expressionismus und/oder des Organizismus auseinander. Der Wettbewerb war im Grunde ein nationales Verfahren, da alle teilnehmenden Architekten dem Bund Deutscher Architekten angehören mussten.2 Umso erstaunlicher war die Anzahl von circa 140 bis 150 Einreichungen, wobei viele Architekten gleich mehrere Entwürfe einreichten.3 Aufgrund der zeitlichen Nähe zum Chicago-Tribune-Wettbewerb waren nur wenige Architekten bei beiden Wettbewerben mit Beiträgen vertreten (Gebrüder Luckhardt, Walter Fischer oder Hans Scharoun, der jedoch seinen Beitrag für den Chicago-Tribune-Wettbewerb schließlich nicht einreichte). Ludwig Mies van der Rohe nahm also, wie unter anderem Hugo Häring, nur am Wettbewerb Friedrichstraße teil. Mies reichte seinen Entwurf unter dem Decknamen „Wabe“ ein.4 Sein Entwurf basiert auf einer Vierteilung der Bauaufgabe: Drei prismatische Baukörper in kristalliner oder ahornblättriger Form, welche die Höhe von 80 Meter voll ausreizen, werden durch einen kreisförmigen und zentral gelegenen Kern, der die Vertikalerschließung und die Nebenräume aufnimmt, verknüpft. Zwei der Prismen sind in ihrer Ausformulierung gleich. Das dritte Prisma unterscheidet sich von den anderen beiden vermutlich aufgrund der stumpfen dritten Grundstücksecke an dieser / dessen Seite des Grundstückes. Somit musste auch eine Maßnahme gefunden werden, um das Prisma an dieser äußersten Kante zu verkürzen: Der beidseitig nochmals mit Rücksprüngen versehene und danach nochmals abgestumpfte Konturverlauf zur Ecke hin war die Lösung.

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Die Zugänge verlaufen jeweils zwischen zwei der drei Prismenaußenräumlich, nicht überdeckt und konisch sich zum Kern hin verjüngend, vom Mittelpunkt jeder der drei Grundgrenzlinien weg ins geometrische Zentrum des Grundstückes. Sie münden in eine „Scheingabelung“, denn die zweiteilende Gebäudeecke führt nicht nur zu zwei vermuteten Nebenzugängen, diese Gebäudeecke selbst ist auch der Eingang zur kreisrunden Lifthalle. Von dort aus haben die Nutzer die Möglichkeit, sich in die drei Prismen zu verteilen. Erstaunlich sind hierbei die identische Ausformulierung und Dimensionierung aller drei Hauptzugänge. Ebenso verhält es sich mit den zwei Nebeneingängen je Grundstücksgrenzlinie. Diese sind jeweils durch sechseckige, wieder über die gesamte Höhe des Gebäudes verlaufende Ausnehmungen am Baukörper ablesbar. Diese Nebeneingänge führen ins jeweilige Zentrum der drei Prismen selbst sowie auch wieder indirekt in den übergeordneten kreisrunden Verteilerkern. Mies’ Projekt lässt, wie alle anderen Projekte, keine großzügigen Freiräume zu, obwohl er die volle zulässige Gebäudehöhe nützt. Seine Gebäudekonturen verlaufen vertikal bis oben hin durch, sodass diese außenräumlichen Zugangsbereiche wie „Kerben“ auf der gesamten Höhe des gläsernen Baukörpers ablesbar sind. Wettbewerbsbeiträge mit ähnlichem Baukörperzuschnitt arbeiteten aufgrund der sonst viel zu enormen Trakttiefen mit einem Innenhof. Die Zerteilung des Gebäudes in drei Prismen begünstigte jedoch die natürliche Belichtbarkeit. Des Weiteren war die Strategie von Mies, die Geschosshöhen zu erhöhen und somit Tageslicht auch tiefer in den Trakten zu gewährleisten. Dies wurde klarerweise von der ausschließlich aus Glas bestehenden „Haut“, für die dieser radikale und revolutionäre Wettbewerbsbeitrag im Wesentlichen bekannt wurde, unterstützt. Mies meinte laut Mies-Biographen Franz Schulze kurz nach dem Wettbewerb in seinen im Sommer 1922 erschienenen Schriften in Bruno Tauts Magazin „Frühlicht“:

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„Nur im Bau befindliche Wolkenkratzer zeigen die kühnen konstruktiven Gedanken, und überwältigend ist dann der Eindruck der hochragenden Stahlskelette. Mit der Ausmauerung der Fronten wird dieser Eindruck vollkommen zerstört, der konstruktive Gedanke, die notwendige Grundlage für die künstlerische Gestaltung vernichtet und meist von einem sinnlosen und trivialen Formenwust überwuchert. Im besten Fall imponiert jetzt nur die tatsächliche Größe, […] […] Allerdings müsste man auf den Versuch verzichten, mit den überlieferten Formen eine neue Aufgabe zu lösen, vielmehr ist aus dem Wesen der neuen Aufgabe heraus die Gestaltung ihrer Form zu versuchen.“5 Diese gleichförmig-zarte Glasfassade konnte darüber hinaus den Baukörper „entmaterialisieren“ und durch Spiegelungen relativieren, um unter anderem so auch sein selbst für europäisch-großstädtische Verhältnisse massives Volumen im Gegensatz zu seiner Umgebung zu neutralisieren, und den Bruch zu mindern.6 Auch nur irgend ein Ansatz von einer Sockelausbildung, nicht nur im klassischen Sinne, sondern generell, verschwindet durch diese Form der Fassadengliederung völlig. Material und Baukörperkonturen verlaufen vom Gehsteig bis zur Attika durch. Alle Geschosse sind auch in ihrer Höhe gleich. Diese Maximierung von Abstraktion wird durch die konsequent eigenständige und gleichförmige, auf einem rotationssymmetrischen Prinzip basierende Ausrichtung aller Gebäudekonturen und Zugänge noch weiter verstärkt. Mies’ Umgang mit einem heterogenen metropolitanen Umfeld ist klar: Egal ob Flussuferpromenade, Einkaufsstraße oder Bahnhofsvorbereich – sein Gebäude stellt sich jeder Umgebung auf die gleiche Weise und wirkt somit wie ein zentraler Ausgangspunkt für dieses Umfeld und vielleicht sogar für ein ganzes Stadtviertel hinaus.

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Es ist umstritten, wie sehr Mies einen Wettbewerbspreis anstrebte. Viele problematische, aber wesentliche Aspekte des Entwurfes, wie die Erfüllung des Raum- und Funktionsprogramms, die Klimatisierung und auch die Konstruktion und die somit verbundenen Kosten- beziehungsweise sogar Machbarkeitsfragen, wirken eindeutig nicht durchdacht oder weisen auf den Anspruch auf ein visionäres Experiment hin. Andererseits war sein Entwurf mit nahezu doppelt soviel Nutzfläche dem Siegerprojekt wie auch höchstwahrscheinlich allen anderen Teilnehmern weit überlegen.7 Bei der Wettbewerbsjury fand die „Wabe“ jedoch keine Anerkennung. Die „Berliner Verkehrs AG“ schieb 1929 am selben Ort nochmals einen Wettbewerb aus. Die Auslobungsunterlagen waren nun professioneller aufbereitet – die Aufgabenstellung war jener von 1921 ähnlich, jedoch gemäßigter in ihren Anforderungen, zum Beispiel betreffend die Bauhöhe. Auch Mies nahm wieder am Wettbewerb teil. Sein Konzept blieb, aber die Gebäudehöhe wie auch die konzeptionelle Strahlkraft schwanden. Schließlich wurde wieder keiner der Wettbewerbsbeiträge realisiert.8 Nach dem Zweiten Weltkrieg und der darauf folgenden Teilung Berlins erreichte das Grundstück durch den darauf errichteten „Tränenpalast” allgemeine Bekanntheit.

Studie „Glashochhaus“ . unbekannter Ort, 1922

So sehr seine mehr oder minder baurealistische Herangehensweise hinsichtlich des Wettbewerbes Friedrichstraße umstritten ist, so deutlich spricht Mies laut Vittorio Lampugnani aber von seinen „Versuchen an

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einem Glasmodell“9 bei seiner also eindeutig experimentell geprägten Studie „Glashochhaus“. Mies war in dieser Zeit in Berlin mit zahlreichen architektonischen, künstlerischen und bestimmt auch gesellschaftspolitischen Auffassungen und Positionierungen konfrontiert. Diese begann er sich zum Teil über Künstlervereinigungen zu erschließen – er publizierte, stellte aus und war als Kurator tätig. Er trennte sich von seiner Ehefrau und legte sich eine Art Künstlernamen zu, den er aus dem Anhängsel „van der“ und dem vormaligen Familienamen seiner Mutter bildete. Seit 1921 teilte er sich das Büro mit Hugo Häring, einem bedeutenden Vertreter des Organizismus.10 Bei Mies’ Beitrag zum Wettbewerb Friedrichstraße ist der Einfluss Härings vermutbar, obwohl die Baukörpergestalt seines Entwurfes durchaus als expressionistisch interpretiert oder, seinen Kommentaren folgend, als konstruktivistisch bezeichnet werden kann – jedoch als Konstruktivismus nahezu ohne Konstruktion. Bei seiner Studie „Glashochhaus“ ist ein gewisser Einfluss Härings bereits sehr naheliegend. Des Weiteren kann man es als naheliegend betrachten, dass das „Glashochhaus“ sowohl die experimentelle gestalterische Fortsetzung als auch die generelle Weiterentwicklung des Wettbewerbes Friedrichstraße war. Eindeutige Angaben zu einem konkreten Ort oder Bauplatz dafür sind zwar nicht bekannt, aber die städtebaulich herausragende Position, als typisch europäisches Argument für die Rechtfertigung eines Hochhauses, sowie die unregelmäßige oder vielleicht trapezähnliche Grundstücksform wie auch das historistisch beziehungsweise weitestgehend bausubstanziell historische Umfeld sind als Entwurfsgrundlage ähnlich wie beim Wettbewerbsgebiet Friedrichstraße. Betrachtet man im Grundriss der Studie den Nahebezug zwischen Grundrissaußenkonturen und fiktiver Grundgrenze genauer, sind je-

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weils maximal zwei Berührungspunkte pro Grundgrenzenseite zu erkennen. Man könnte so also auch annehmen, dass Mies zuerst das Gebäude, dann die Grundgrenze und danach die Stadt um das Gebäude konzipiert hat. Er extrahiert wieder ein und dieselbe Fassade in Form einer hauchdünn anmutenden Glashaut vertikal von ganz unten bis ganz oben. Abermals strebt er unrealistisch dünne Deckenaufbauten an und vereinheitlicht alle Geschosse in Zuschnitt und Höhe. Es sind wieder weder ein Sockel noch ein abschließendes Element in den obersten Geschossen vorgesehen. Die Grundrissaußenkonturen sind bei diesem Projekt organischer, dass heißt, die dünne Glashaut kurvt im Wechselspiel zwischen konkaven und konvexen Annäherungen in Form von rund ein bis zwei Meter breiten linearen Fassadenelementen auf drei Brüche in diesem organischen Verlauf zu: Einer dieser Brüche befindet sich in einer der Grundstücksecken. Er erscheint unbegründbar und kann nur auf das experimentelle Spiel mit dem Glas und seinen Reflexionen und Transparenzen zurückgeführt werden. Die beiden weiteren Brüche befinden sich an der jeweiligen Zugangsbeziehungsweise Durchgangszone. Dies sind wieder die Bereiche, die etwas außenräumliche Freiflächen und eine Vorzone zum Eingang hin anbieten und sich wieder eher im mittleren Bereich der beiden konisch gegenüberliegenden Grundgrenzen befinden. Wieder drängt sich jedoch aufgrund des Bruches der Eindruck auf, man nähere sich einer vertikalen Nahtstelle zweier Baukörper. Auch der konkrete Fassadenabschnitt des Einganges wird durch Knickungen in Fassade beziehungsweise Grundriss verwischt.

Die einzige Regelmäßigkeit stellen die beiden spiegelsymmetrisch gegenüberliegenden kreisförmigen Erschließungskerne und deren An-

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schluss an jegliche innere Trennelemente dar. Anstatt eines Erschließungskerns, wie beim Wettbewerb Friedrichstraße, wurden es nun zwei. Sie sind nicht mehr im Zentrum positioniert, sondern am Gebäuderand angeordnet, um so Platz für eine Passage zu schaffen. Sie liegen nun an der Schnittstelle von „Drinnen“ und „Draußen“, sowie von Passage und Handelsfläche. Rätselhaft und ungeklärt sind die Fassaden- beziehungsweise Wandanschlüsse an die beiden Kerne. Es handelt sich beim Erdgeschossgrundriss nicht nur um eine Skizze, sondern um einen fein säuberlich aufgerissenen Plan. Warum also Trennelemente mittig an die Liftkerne stoßen, Treppenvorräume beim Eingangsbereich unverständliche Einschnürungen aufweisen, und dies sogar sorgfältig und symmetrisch wiederholt wird, ist unklar. Klar ist jedoch, dass die Passage als multifunktionales Element (Eingang, Portierloge, Liftvorbereiche, Schaufenster, Ladenzugänge etc.) den Zugang und den Aufenthalt in dieser Zone im Vergleich zur Lösung beim Wettbewerb Friedrichstraße, bei dem eine Passage gefordert war, wesentlich weiterentwickelt beziehungsweise nachgeprüft wurde. Hans Scharoun hatte bereits das scheinbare Problem „Passage“ beim Wettbewerb Friedrichstraße gelöst. Funktionierende Referenzen aus dieser Zeit sind diesbezüglich bereits 1915 beim Equitable Building oder später 1930 beim Chrysler Building zu finden. Betrachtet man jedoch eine Grundrissskizze von Mies zum „Glashochhaus“, wo auch konstruktive Lösungsversuche zu finden sind, so findet man die Zugangszone noch weit ähnlicher zu der seines Wettbewerbsbeitrages Friedrichstraße. Von dort stammt vermutlich auch die dritte, einen Freiraum schaffende Einbuchtung des Baukörpers auf der längeren, nach innen geknickten Seite des Grundstückes. Hier war anfänglich anscheinend auch ein Zugang beziehungsweise ein klarerer Fassadenbruch geplant.

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Die Ausrichtung der Passage im Stadtraum ist schwierig zu beurteilen. Zu fiktiv ist die Situation. Es weist jedoch wieder einiges auf eine sehr eigenständige Positionierung der Eingänge im Stadtraum hin. Diese haben aber nicht mehr die autonome und gleichzeitig die Umgebung vereinnahmende Kraft der „Wabe“. Zwischen diesen Glashochhausstudien aus den frühen 1920er Jahren und den ersten Hochhausrealisierungen in Nordamerika vergingen fast drei Jahrzehnte. Nach dem Ersten Weltkrieg war die Auftragslage für Architekten generell nicht gut. Die „Goldenen Jahre der Weimarer Republik“11 ab etwa 1925 waren kurz, da sie bereits mit der Weltwirtschaftskrise ab 1929 endeten. Die gewaltigen darauf folgenden nationalen und internationalen Konflikte in der Gesellschaft, sowie die dazugehörigen gesellschaftlichen sowie kulturellen, kulturpolitischen aber vor allem rassistischen Anfeindungen im Deutschen Reich und auch in weiten Teilen Europas, ließen unter anderem viele Intellektuelle den Kontinent verlassen. Avantgardistische Entwicklungen stagnierten somit zum Teil und fanden auch in der Architektur zumeist erst nach dem Zweiten Weltkrieg ihre tatsächlich realisierten Fortsetzungen. Mies verließ schließlich im Jahr 1938 Europa in Richtung Amerika.

Promontory Apartments . Chicago, 1946–1949

1946 lernte Mies Herbert Greenwald kennen. Greenwald war Immobilienentwickler und realisierte mit Mies zahlreiche vertikalverdichtete Wohnbauprojekte im Raum Chicago, wobei das bestimmt wichtigste

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und maßgeblichste Projekt jenes der Lake Shore Drive Apartments ist.12 Zur Erklärung der Entwicklung der Zugangszone möchte ich jedoch ergänzend dazu drei weitere Projekte betrachten und somit insgesamt folgende vier Wohnbauten in chronologischer Reihe analysieren: Promontory Apartments, Chicago, 1946–1949 Lake Shore Drive Apartments, Chicago, 1948–1951 Esplanade Apartments, Chicago, 1953–1956 Commonwealth Promenade Apartments, Chicago 1953–1956 Bei den Promontory Apartments handelt es sich um einen Einzelwohnbaukörper mit einer konzeptuell und gestalterisch nur bedingten Strahlkraft. Eine gewisse bauliche Übergangs- oder Zwischenphase hinsichtlich Konzept und Gestalt ist zu erkennen. Der Bau wurde „auf Grund der andauernden kriegsbedingten Stahlknappheit in Eisenbeton, und somit nicht als Stahlskelett, ausgeführt“.13 1944 noch, ermutigte Mies als Architekturprofessor den damals noch am Illinois Institute of Technology (IIT) studierenden Joseph Fujikawa, einen damals an der Universität entwickelten Hochhausentwurf in Stahlbeton zu versuchen und somit auch den Kraftverlauf in Form von Abtreppungen in der Fassade bewusst ablesbar zu machen.14 Das konstruktive Konzept ist durchaus mit dem der daraufhin entstandenen Promontory Apartments vergleichbar. Fujikawa wurde auch kurz darauf langjähriger Mitarbeiter in Mies’ Büro. Doch neben dem Konzept des Zeigens der Konstruktion, kam das konzeptuell und gestalterisch ebenso wichtige Element der Transparenz bei den Promontory Apartments im Gegensatz zu den Berliner Glashochhäusern noch kaum zu einem konsequenten Vorschein – zuviel Backsteinfüllmauerwerk prägten die Fassaden.

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Des Weiteren ist auch die Eingangsebene, wo sich neben all den konstruktiven Bauteilen und der Vertikalerschließung auch die vollflächig geschlossene Fassadenseitenflächen in Form dieses Backsteinfüllmauerwerks bis nach unten durchziehen, nur zögerlich geöffnet, da offenbar doch wieder der Eindruck einer geschlossenen oder einfach nur homogenen und durchgängigen Fassadenstruktur und -textur vermittelt werden sollte. Es scheint also, als ob die Eingangsebene einfach nicht mit Innenraum „befüllt“ wurde, da Wohnungen dort nicht angebracht wären. Die ungewollt abgedunkelte Atmosphäre bei den Zugängen trotz umfangreicher Verglasungen ist das wenig attraktive Ergebnis. Zusammengefasst kann man behaupten, dass sich in diesem Fall Funktion und gestalterisches Konzept konterkarieren. Die Funktion verlangt nicht nach einer Schließung oder Abdunkelung der Erdgeschossebene. Doch es scheint, als wollte Mies unbedingt das Gebäude äußerlich zumindest an den Seitenwänden von oben bis unten gestalterisch (noch) gleichförmig halten. Es könnte jedoch auch sein, dass ein ungeschicktes konstruktives Konzept die von oben bis unten vollflächig ausgefachten kürzeren Seitenwände des Gebäudes benötigt. An der längeren Vorderseite des Gebäudes ist durch die maßgebliche Veraußenräumlichung der Erdgeschosszone durch das Nichtbefüllen mit Wohnungen bereits ein gestalterischer Wechsel zu den Regelgeschossen darüber zu erkennen.

Lake Shore Drive Apartments . Chicago, 1948–1951

Fujikawas damaliger Hochhausentwurf am IIT begleitet in Konzept und Gestalt neben den Promontory Apartments auch Mies’ darauf folgenden und vermutlich bedeutendsten vertikalverdichteten Wohnbau –

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den der Lake Shore Drive Apartments. Eine Mixtur der Konzeptstärken beider Projekte lässt einen Typus der metropolitanen Vertikalverdichtung entstehen, auf dem zahlreiche Folgeprojekte von Mies und vielen weiteren Architekten fußen. Das direkt am Lake Michigan gelegene Grundstück ist trapezförmig. Mies richtet sein Projekt und den damit verbundenen streng durchgezogenen orthogonalen Raster (21,00 x 21,00 Fuß Stützenraster,15 3,50 Fuß Bodenplattenteilungsraster, 5,25 Fuß Fassadenteilungsraster) an den beiden parallel gelegenen Seitenstraßen East Delaware Place im Norden und East Chestnut Street im Süden aus. Die seeabgewandte Nebenfahrbahn liegt normal dazu, und trennt den Bauplatz vom restlichen Block. Der schräg davor liegende Lake Shore Drive bleibt mittels einer Grünfläche und Baumpflanzungen auf Distanz. Mies arrangiert zwei in ihrer Außenerscheinung und Zugangsform exakt gleich ausformulierte Baukörper. Dies Baukörper verdreht er zueinander um 90 Grad und versetzt sie weiters um einen Stützenraster. Die beiden Baukörper sitzen somit zwar locker auf dem Grundstück und lösen den klassischen Baublock somit auf, aber sie beziehen sich mit gewissen Fluchten auf den sonst in der Nachbarschaft vorhandenen Blockrand und stellen daher einen subtilen Bezug zur Umgebung her. Mies konfiguriert durch diese Auflockerung mit sehr reduzierten Mitteln auch zwischen den beiden Baukörpern sehr abwechslungsreiche perspektivisch-räumliche Bezüge. Trotz der Einfachheit und Gleichförmigkeit der Baukörper entsteht dadurch ein umfangreicher Orientierungsreichtum. Den um einen Stützenraster von der Nebenfahrbahn weg versetzten Baukörper „füllt“ Mies mit der zweispurigen Aus- beziehungsweise Zufahrtsrampe zur Garage. Das restliche Bezugsfeld zwischen den beiden Baukörpern wird im Bodenplattenteilungsraster als befestigter „Zwischenplatz“ definiert.

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Der Zugang zu den Gebäuden ist von allen vier Grundstücksseiten möglich. Dies bietet ein hohes Maß an Offenheit und flexible Bewegungsmuster. Die lineare Annäherung an die beiden Haupteingänge ist jedoch, um die Orientierung abermals nicht zu beeinträchtigen, mit von der Regelgeschossdecke abgehängten Vordächern in den Stadtraum hinaus „markiert“. Da die geschlossenen Bereiche der Eingangsebenen selbst rundum um einen Stützenraster zurückversetzt sind, schreitet man weitere bis zu 21,00 Fuß tief gedeckt aber offen in Form einer Arkade auf eine mit doppelflügeligen Glastüren versehenen Glasfassade zu und betritt somit den Windfang. Eine weitere mit doppelflügeligen Glastüren versehene Glaswand führt ins Foyer – der Blick führt in Gehrichtung jedoch immer geradewegs in den Außenraum. Die Vertikalerschließung liegt also tangential zur linearen Hauptannäherungsrichtung und tritt somit in den Hintergrund. Der permanente Bezug nach außen ist Mies wichtiger als ein frontales Ankommen an der Vertikalerschließung. Die Fassadenfläche der erdgeschossigen Nebenräume sind milchverglast und somit funktional und gestalterisch erwähnt wie auch zu den transparent-vollverglasten Hauptzugangsbereichen differenziert. Im Sinne der beiden Vordächer verbindet Mies auch im Bereich des „Zwischenplatzes“, mit demselben gestalterischen Element, die beiden Gebäude miteinander, um so auch ein überdecktes Schreiten am Grundstück zwischen den beiden Arkaden zu gewährleisten. Indem Mies in den Obergeschossen grundsätzlich nur Glaspaneele zwischen die Hauptkonstruktion stellt, behält er den ihm so wichtigen Eindruck des nur marginal ergänzten Rohbaues. Durch die arkadenförmige Eingangsebene und die Komplettverglasung aller Regelgeschosse darüber erreicht Mies eine nicht nur für damalige

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Verhältnisse maximierte Transparenz und Offenheit. Er akzentuiert somit erstmals in seinen vertikalverdichtenden Arbeiten einen „aufgelösten“ Sockel konzeptuell am markantesten. Mies’ einzig umstrittene „Ergänzungen“ an der Fassade der Obergeschosse (ein eindeutiges Argument für einen funktionalen Hintergrund ist nicht eindeutig dokumentiert16), nämlich die vertikal auf jeder Fassadenrasterteilung an der Außenseite angebrachten I-Träger, haben viel mit dem „neuen“ Sockel darunter zu tun. Diese I-Träger verstärken die Vertikalität des Gebäudes und bringen somit auch in diesem Punkt zusätzliche gestalterische Distanz zu Le Corbusiers gestalterisch eher horizontaleren Entwurfsprinzipien. Die punktuelle Vertikalverdichtung wird damit also verstärkt und setzt sich zu den eher „horizontalen“ beziehungsweise länglichen (und vielleicht auch europäischeren) Vertikalverdichtungsprinzipien Le Corbusiers ab. Auch die damit in ihrer Vertikalität verstärkten Glaspaneele erwecken dadurch noch weniger den Anschein von horizontal ausgerichteten Fensterbändern. Da die Verwertung der Wohnungen nach einigen Änderungen (Klimaanlage, Konventionalisierung der Wohnungsgrundrisse etc.) für Greenwald einen wirtschaftlichen Erfolg darstellte, wurde die Zusam17 menarbeit weiterverfolgt. 1953 folgten zwei weitere große Aufträge: die für die Errichtung der Esplanade Apartments und der Commonwealth Promenade Apartments. Der Bauplatz der Esplanade Apartments liegt unmittelbar nördlich der Lake Shore Drive Apartments gegenüber dem East Delaware Place ebenfalls am Lake Shore Drive. Das somit ebenfalls direkt am Lake Michigan gelegene Grundstück ist wieder trapezförmig. Mies richtet sein Projekt und den damit verbun-

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denen streng durchgezogenen orthogonalen Raster ebenso an den beiden parallel gelegenen Seitenstraßen East Walton Street im Norden und East Delaware Place im Süden aus. Der seeabgewandte North Dewitt Place liegt normal dazu und schließt den Block zur Stadt hin ab. Der schräg davor liegende Lake Shore Drive bleibt mittels einer Grünfläche auf Distanz. Mies arrangiert wieder zwei in ihrer Außenerscheinung identisch ausformulierte Baukörper, indem er die beiden wieder um 90 Grad zueinander verdreht und sie um einen Stützenraster versetzt. Somit konfiguriert er auch eine den Lake Shore Drive Apartments sehr ähnliche räumliche Situation. Zusammengefasst kann man die Lake Shore Drive Apartments und die Esplanade Apartments als konzeptuell und räumlich nahezu identisch ausformulierte Wohnanlagen betrachten. Unterschiede finden sich generell nur bei der Baukörperlänge des parallel zum East Delaware Place ausgerichteten Gebäudes, das aufgrund der höheren Grundstückstiefe die doppelte Länge aufweist, einem durch seeseitig am Grundstück befindlichen Flachbau, der eine Garage beinhaltet und am Dach ein vom Stadtniveau abgehobenes gemeinschaftliches Deck anbietet, und in der detaillierten Ausführung: Der Travertinbelag, der sich bei den Lake Shore Drive Apartments als nicht frostbeständig herausstellte, wich einer versiegelten Betonoberfläche. Die Stützen in der Eingangsebene waren nun aus Stahlbeton und wurden mittels Aluminiumprofilen an den Eckbereichen verkleidet. Die Fassade war nun aus bauphysikalischen Gründen eine echte durchgängige Curtain-Wall-Verkleidung in Aluminium, hinter der sich erst die eigentliche Konstruktion und auch eine Klimatisierung befin18 den. Der Anschluss der Fassade an die Deckenuntersicht der Eingangsebene hatte ebenfalls hinsichtlich einer gestalterischer Konsequenz unter dieser Bauweise zu leiden. Ein deutlicher Versprung ist hier ablesbar.

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Ab nun war also von der puren Konstruktion nichts mehr zu sehen. Auch die weiteren, zusätzlich oft verhältnismäßig etwas ungeschickt erscheinenden Ausführungen all dieser „Verbesserungsmaßnahmen“ nehmen den Esplanade Apartments vor allem im direkten Vergleich zu den Lake Shore Drive Apartments etwas den Glanz. Ähnlich verhält es sich bei den Commonwealth Promenade Apartments. Der Bauplatz liegt unmittelbar am nördlichen Ende des Lincoln Parks, also rund vier Kilometer nördlich der beiden oben beschriebenen Grundstücke. Die beiden ebenso in ihrer Außenerscheinung identisch ausformulierten Hochhausbaukörper sind wieder unterschiedlich lang, versetzt, aber nun beide parallel zur West Diversey Parkway hintereinander ausgerichtet. Im Gegensatz zum dunklen, anthrazitfarbenen Erscheinungsbild der Esplanade Apartments wurden die Fassadenelemente hier in hellgrauem Aluminium gehalten. Richtung Südosten fällt das Gelände leicht ab und die Anlage hebt sich dadurch im Zugangsniveau etwas von ihrer Umgebung etwas ab, was den horizontalen Raumfluss optisch bricht und konzeptionell schwächt. Auch bei den Commonwealth Promenade Apartments ist, wie bei den Esplanade Apartments, ein Flachbau in das Gebäudeensemble eingefügt, der ebenfalls wieder eine Garage beinhaltet und am Dach ein Deck für die Bewohner vorsieht... Die Wiederholung des Konzeptes von Mies’ Chicagoer vertikalverdichtenden Wohnbauprojekten ist somit evident, der durchgängige Versuch der räumlichen Auflösung der Eingangszone erkennbar.

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Seagram Building . New York, 1954–1958

Im Jahr 1954 kündigte die Joseph E. Seagram and Sons Corporation die Absicht an, bis zum Jahr 1958 anlässlich des hundertsten Firmenjubiläums auf einem Grundstück an der Park Avenue ein eigenes Bürogebäude zu errichten. Präsident des wohlhabenden kanadischen Spirituosenherstellers war Samuel Bronfman. Seine Absicht, ein qualitativ hochwertiges Gebäude zu errichten, versuchte er mittels eines Direktauftrages an Pereira & Luckman zu erreichen. Seine Tochter Phyllis Lambert intervenierte vehement. Ihre Argumente scheinen überzeugend gewesen zu sein, trotz ihres damals noch laienhaften Bezugs zur Architektur. Lambert wurde von ihrem Vater beauftragt, einen „geeigneten“ Architekten für die Aufgabe zu finden. Sie konsultierte unter anderem Philip Johnson, den damaligen Leiter der Architekturabteilung des MOMA in New York. Nach einer Erhebung der international führenden modernistischen Architekten kam man zum Ergebnis, Mies wäre mit seinem sehr puren und kraftvollen Stil der ideale Baukünstler für die Bauaufgabe in diesem Kontext.19 Mies holte sich für die Bauaufgabe Unterstützung: Er holte das Architekturbüro Kahn & Jacobs und den damaligen Mies-„Fan“ Philip Johnson selbst, dem er den Auftrag zum Teil gewissermaßen zu verdanken hatte, ins Projekt. Mies’ baukünstlerisches konzeptuelles Schaffen fußte grundsätzlich auf nahezu unbegrenzter Handlungsfreiheit und auf einem nur begrenzten Kostendruck.20 Das östlich direkt an der Park Avenue gelegene Grundstück liegt zwischen der 52. und der 53. Straße Manhattans. Auf der gegenüberliegenden Seite der Park Avenue steht ein symmetrisch komponierter fünfgeschossiger historistischer Bau im Stil eines Renaissance-Palazzo aus dem Jahr 1918, welcher einen privaten Sportclub beherbergt.21

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Aufgrund der seit 1916 in New York gültigen „Zoning Resolution“ müsste grundsätzlich jeder ausgedehnte Hochhausbau nach oben hin mit Verjüngungen ausgebildet werden, um die geforderten Lichtraumprofile einzuhalten. Um also aus gestalterischen Gründen vertikal in einer Linie durchgängig verlaufende Baukörperkonturen zu erreichen, bedarf es einer enormen „Platzverschwendung“. Mies verschwendete durch dieses Abrücken jedoch nicht Platz, sondern er schuf einen Platz. Wie oft zuvor erscheint Mies’ Haltung zu einer Entwurfsaufgabe ambivalent. Er hatte schließlich behauptet: „Wir kennen keine Form, sondern nur Bauprobleme.“22 – eine Aussage, die zur Zeit der Konzeption des Seagram Building bereits 30 Jahre alt war. Ob beim Seagram Building aber zuerst die Idee des Platzes oder die der vertikal durchgängigen Baukörperkonturen da war, ist offen. Die symmetrische Palazzofassade des Racquet and Tennis Club auf der gegenüberliegenden Seite der Park Avenue kann als Ausgangspunkt des auf derselben Symmetrieachse angesetzten, ebenfalls und für Mies auch erstmals symmetrischen Entwurfes für das Seagram Building angesehen werden. Dies kommt dem horizontal nivellierten Platz erheblich zugute, da dieser somit eine vollendet abgestimmte gegenüberliegende Fassade erhält und somit gestalterisch nicht bereits an der Park Avenue gänzlich „ausfließt“. Später wurde diese von Mies eröffnete Achse städtebaulich sogar aufgenommen und um das hinter dem Club platzierte Park Avenue Plaza Building erweitert. Der Bezug zwischen Seagram Building und Racquet and Tennis Club wird außerdem durch den Höhenabfall der 52. und der 53. Straße weg von der Park Avenue hin zum East River verstärkt, da so ein umfangreicher direkter Zugang zum Platz nur von der Park Avenue ermöglicht

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wurde. Der ansteigende Höhenunterschied zwischen dem Platz und den beiden Nebenstraßen wird durch an beiden Platzkanten entlang dieser beiden Straßen durchgehend verlaufende Natursteinbänke geländerfrei gelöst. Die beiden Bankenden in den Nebenstraßen werden durch Treppenaufgänge zu jeweils einem Nebeneingangsportal abgeschlossen. Diese Nebenzugänge sind wieder auch außenräumlich mit dem Platz verbunden – Sackgassen werden somit stets vermieden, die Durchlässigkeit des Außenraumes wird, wie auch bereits bei den Chicagoer Wohnbauprojekten, umfangreich gestärkt. Auch parallel zur Park Avenue erfolgt eine kleine räumliche Schnittstelle mittels dreier Stufenhöhen. Zwischen den beiden Bankenden an der Park Avenue und dieser kleinen Treppenanlage befindet sich an jeder Seite jeweils ein Wasserbecken mit kleinen Fontänen. Nach den Wasserbecken begleiten Baumpflanzungen die beiden Bänke zurück zu den Nebeneingängen. Franz Schulze meint zum Platz: „Die etwa 27,50 Meter tiefe und 45,70 Meter breite Fläche aus rosafarbenen Granit bleibt bis auf den Fahnenmast – die einzige Konzession an die Asymmetrie – und zwei symmetrisch am linken und rechten Rand angeordnete Wasserbecken völlig frei. Die Kanten der Bassins sind mit Marmor eingefasst, was zusammen mit dem Podium ein subtiles Gefühl der Isolation vom umgebenden Verkehrsgewühl hervorruft, wenn auch andererseits die große Offenheit eine Verbindung von Plaza 23 und umgebender Bebauung schafft.“ Schulze spricht hier eine Ambivalenz zwischen gestalterischkonzeptioneller Abgrenzung bei gleichzeitiger interaktiver räumlichkonzeptueller Offenheit und Durchlässigkeit an, die in Mies’ Projekten offenbar durchwegs zu erkennen ist.

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Ein orthogonaler Grundraster dominiert, wie auch schon bei den Chicagoer Wohnbauten, jegliche architektonische Maßnahme – von den Bodenplattenteilungen inklusive jeglicher Stadtmöblierung über den Konstruktionsraster bis hin zum Fassadenraster (28,00 x 28,00 Fuß Stützenraster,24 4,67 Fuß Bodenplattenteilungsraster, 4,67 Fuß Fassadenteilungsraster). Doch wie auch schon bei den Lake Shore Drive Apartments hebt sich der Fassadenraster in den Obergeschossen von den Bodenteilungslinien mittels eines Versatzes ab. Diese Dualität der Verkleidungsteilungen zwischen Grundfläche und Baukörper der Obergeschosse verstärkt den eigenständigen beziehungsweise „schwebenden“ Charakter dieses über dem „aufgelösten“ Sockel befindlichen Regelgeschossbaukörpers. Dazwischen befindet sich also wieder die hinsichtlich ihrer räumlichen Begrenzungen so weit wie möglich zurückhaltend ausformulierte Erdgeschosszone. Lediglich die zu sechs kompakten mit Travertin verkleideten Kernen zusammengefassten (Lift-)Schächte und Treppenanlagen sind massiv ausgebildet. Alle weiteren Trennelemente zwischen „Drinnen“ und „Draußen“ bestehen wieder aus Pfosten-RiegelVerglasungen, die von der Hauptbaukörperkontur durch die wieder vorgesehene Arkade nach hinten versetzt sind. Diese Verglasungen vermitteln den Eindruck des Gar-nicht-existieren-Wollens. Innen- und Außenraum werden konzeptionell eins. Wie ebenfalls bereits bei den Lake Shore Drive Apartments „markiert“ ein räumlich von der Geschossdeckenunterseite abgesetztes Vordach vom Platz her die drei Karusselltüranlagen. Durch sie wird auch der Windfang eingespart und das Nichts an Fassade zwischen „Drinnen“ und „Draußen“ verstärkt. Zusätzlich fördert die im Erdgeschoss konzipierte großzügige Raumhöhe von rund sieben Metern den Außenbezug. Die mit Glasmosaiksteinen belegte Decke reflektiert das Tageslicht, verstärkt durch den davor liegenden hellen Platz und dessen Wasser-

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flächen, auf die innenräumlichen Bereiche unter der platzseitigen Regelgeschosskontur. Die Türanlagen führen, in einer linearen Wegführung durch ein Foyer, zwischen jeweils zwei der insgesamt vier vorderen Kerne durch. Diese vier Kerne heben sich etwas aus dem generellen Konzept heraus: Zum einen durchbrechen die beiden äußeren Kerne die Glashaut in den Außenraum hinaus, und zum anderen mussten während des späteren Planungsprozesses die Kernlängen von einer auf eineinhalb Stützenrasterlängen verlängert werden, um so einer dem Turm entsprechend erforderlichen Nachjustierung der Versorgungskerndimension Genüge zu leisten.25 Dadurch fallen die Kerne etwas aus dem Raster und das Foyer wirkt zwischen den nun längeren Kernen und einer somit auch daraus resultierenden etwas geringeren Rücksprungtiefe der Verglasung zur Hauptbaukörperaußenkontur etwas eingeklemmt oder verschoben. Nach den Kernen gelangt man an einen Kreuzungspunkt: Die beiden Nebeneingänge von der 52. und der 53. Straße führen in diesem Bereich, genauso wie eine großzügige Treppenanlage, zur (von Philip Johnson entworfenen26) Bar und zum Restaurant „Four Seasons“ des dahinter liegenden Traktes und dessen beiden Kernen. Dieser Kreuzungsbereich kann als „Zwischenstück“ oder „Passage“ gesehen werden. Beide Betrachtungsweisen werden jedoch aufgrund der Ausgestaltung des Baukörpers darüber verwaschen. Denn so klar und bestechend simpel sich der 39-geschossige Hauptbaukörper von der Platzseite her darstellt, umso komplexer setzen sich seine Konturen nach hinten fort. An der Gebäuderückseite beginnt Mies, der „Zoning Resolution“ direkt zu folgen, unter anderem um schließlich doch noch Quadratmeter „zurückzugewinnen“. Doch die konzeptionell-gestalterische Gestik kann fast nur missverständlich gedeutet werden. Direkt über der Nebeneingangspassage, die

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im Erdgeschoss noch eine mit Vordach signalisierte „Fuge“ sein will, läuft ein rückgradähnlicher von der Hauptbaukörperbreite zurückversetzter „Anbau“ über die gesamte Hauptbaukörperhöhe. Sein Zweck ist jedoch nicht die Erfüllung jeglicher Nebenfunktionen, es handelt sich dabei vielmehr um gut belichtete Hauptnutzungsflächen. Hier handelt es sich um eine formale und ökonomische Geste zugleich, welche bereits bei den Promontory Apartments auf der „Rückfassade“ in zweifacher Ausführung zu finden ist. In der selben Breite verlängert sich dieser Baukörperteil in den ersten elf Geschossen bis an die rückwärtige Grundgrenze und schließt mit den beidseitigen, ebenfalls rückwärtigen, auf fünfgeschossige Seitenflügel abgestuften Baukörpern den klassischen Manhattaner Block in seiner vollen Breite und somit in seiner Grundrisskontur bündig zu den dahinter liegenden Nachbargrundstücken ab. An diese Nachbargrundgrenzen befinden sich auch, zur 52. beziehungsweise zur 53. Straße hin halbgeschossig nach unten versetzt, die Zu- und Abfahrt zur Garage beziehungsweise die Liefereinfahrt. Die Fassade des obergeschossigen Hauptbaukörpers – hinsichtlich ihres Systems vergleichbar mit den bereits beschriebenen Chicagoer Wohnbauten, hinsichtlich ihrer Materialität und Durchbildung jedoch qualitativ wesentlich aufgewertet – verläuft in diesem hinteren Bereich plötzlich bis ins Erdgeschoss herab. Dies bedeutet, dass Mies ein „Abheben“ von der „Grundplatte“ in diesem Bereich konzeptionell offensichtlich nicht vorgesehen hatte. Dieser rückwärtige Bereich des Gebäudes ist wesentlich seltener fotografisch und textlich dokumentiert, obwohl hier die wesentlichen halböffentlichen Hauptfunktionsflächen des Erdgeschosses zu finden sind. Bar und Restaurant wirken in Ihrer Position somit wie verbannt – aus dem Hauptbaukörper sowie vom Platz – nur um dadurch, nach Mies’ Ansicht, gestalterisch an der Hauptfront zu reüssieren.

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Sogar das Anliegen von Bronfman selbst, das Gebäude im Erdgeschossbereich in den Platz hinein zu erweitern, um dort öffentlichere Funktionen nah an die Fußgänger zu bringen, verweigerte Mies.27 Mies „bietet“ also dadurch der Stadt einen Platz und „gönnt“ sich selbst klare Hauptbaukörperkonturen zu diesem Platz hin. Das Resultat ist eine konzeptionelle Ambivalenz hinsichtlich des Gesamtbaukörpers zwischen „Vorne“ und „Hinten“, sowie zwischen „aufgelöstem“ Sockel und gar keiner gestalterisch gewollten Sockelgestalt. Im klassisch europäischen städtebaulichen Sinn entstehen Plätze zumeist bei Gebäuden mit öffentlicher Funktion. Es gibt den Bahnhofsplatz, den Rathausplatz, den Museumsplatz etc. Doch in New York, wo sich selbst eine Kathedrale wie die große Saint Patrick’s Cathedral in den städtebaulichen Grundraster bedingungslos einschreiben musste, kann diese Regel nicht gelten. Mies’ Idee des Platzes war in Manhattan nahezu einzigartig. Später folgten ihm viele andere Architekten mit weiteren „Plazas“. Wollte man diesen Seltenheitswert ausblenden und einen gesamten Straßenzug mit Seagram Building Plazas versehen, würden sich jedoch die städtebaulichen Qualitäten vermutlich verändern. Eines steht somit außer Zweifel: Mies’ Konzept lebt abermals stark vom Kontrast und gleichzeitigen Bezug zur Umgebung. Das gestalterische Ergebnis wirkt dabei wieder sehr autonom. Eine metropolitane Nutzeröffentlichkeit wird hier einer vollendeten baukünstlerischen Ambivalenz und somit einer ausführlichen Interpretationsvielfalt ausgesetzt.

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Federal Center . Chicago, 1959–1964

Nach der Fertigstellung des Seagram Building erhielt Mies bis zu seinem Karriere- beziehungsweise Lebensende noch drei weitere, ähnlich große, wenn nicht noch umfangreichere Aufträge für Hochhauskomplexe in dichten, zentral gelegenen metropolitanen Umfeldern: Federal Center, Chicago, 1959–1964 Dominion Center, Toronto, 1963–1969 Westmount Square, Montreal, 1964–1968 Mies war Ende der 1950er Jahre bereits gesundheitlich angegriffen. Gleichzeitig wuchs sein Büro aufgrund der ungeheuren Auftragsflut. Dies führte dazu, dass er sich an den einzelnen Planungsaufgaben nicht mehr so ausführlich beteiligen konnte. Gene Summers und Joseph Fujikawa leiteten das Gros der Aufgaben im Büro. Joseph Fujikawa war bereits mit allen Projekten, welche gemeinsam mit dem Immobilienentwickler Herbert Greenwald abgewickelt wurden, betraut worden.28 Summers war unter anderem wesentlich an der Entwicklung des Federal Center in Chicagos Downtown beteiligt.29 Das Grundstück befindet sich zwischen der nördlich gelegenen West Adam Street und dem südlich gelegenen West Jackson Boulevard. Es wird westlich von der South Clark Street begrenzt und stößt im Osten an zwei Bestandsbaublöcke, getrennt von einer Sackgasse, der West Quincy Street. Im östlichen Drittelpunkt wird der Bauplatz von der South Dearborn Street durchtrennt. Die US General Services Administration beauftragte vier Architekturbüros mit der Ausarbeitung eines Bebauungsvorschlages: Schmidt, Garden and Erickson, C. F. Murphy Associates, A. Epstein and Sons und Mies van der Rohe.30

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Mies’ Projekt wurde weiterverfolgt. Die Bebauungsstudien wurden hauptsächlich mit Modellen überprüft. Die funktionale Vorgabe war die Errichtung eines Hauptpostamtes, eines Verwaltungsgebäudes und eines Gerichtsgebäudes. Ein bestehendes Regierungsgebäude im Westteil des Bauplatzes sollte erst nach der Fertigstellung des Gerichtsgebäudes im Ostteil abgetragen werden. Mies und Summers entwickelten vier dokumentierte Varianten: Eine Variante sah einen riesigen Baukörper im Ostteil des Grundstückes vor – dies bedeutete, dass auf das Gerichtsgebäude auch noch die Verwaltung gesetzt wurde. Der verhältnismäßig kleine und horizontal ausgerichtete „Postpavillon“ lag axial zum „Superblock“ am Westende des doppelt so großen Westteil des Grundstückes. Dazwischen entstand eine Platzsituation. Eine weitere Variante sah vor, den Pavillon im Westteil nördlich und südlich mit jeweils einem somit halb so großen Verwaltungsbau zu flankieren. Die dritte und die schlussendlich ausgeführte vierte Variante verlassen die Symmetrieaxialität. Bei Variante drei wurde der Pavillon an die Ecke South Clark Street / West Adam Street hochgezogen. Normal zum Gerichtsgebäude wurde das Verwaltungsgebäude gesetzt. Das Verwaltungsgebäude war gleich hoch wie das Gerichtsgebäude und reizte die volle Länge des Westteils aus. Variante vier unterscheidet sich genau in diesem Punkt von Variante drei. Bei Variante vier wurde der „Footprint“ des Verwaltungsgebäudes verkleinert, indem es von der South Clark Street um drei Stützenrasterbreiten nach hinten versetzt, dadurch aber auch höher als das Ge31 richtsgebäude wurde. Es wurde offenbar sehr schnell entschieden, die öffentlichste Funktion, das Hauptpostamt, aus dem Vertikalverdichtungsverband zu nehmen, um so den Erdgeschosszonen wieder, im Gegensatz zum Seagram Building, nur eine einzige Funktion zuordnen zu können – die des

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notwendigen Zuganges. Dadurch kombinierte Mies auch erstmals Vertikales mit Horizontalem. Mies experimentierte damit zwar bereits beim 1955–1956 entwickelten Wohnbauprojekt Lafayette Park in Detroit, doch dieses fand in einem vorstädtischen und somit wenig metropolitanen Kontext statt, und die Flachbauten bei den Esplanade Apartments und Commonwealth Promenade Apartments sind nicht mit Hauptfunktionen aufgeladen. Im Gegensatz zu all seinen zuvor erarbeiteten vertikal verdichteten Wohnprojekten variierte Mies hier auch mit der Höhe der beiden Türme (30-geschossiges Gerichtsgebäude beziehungsweise 42-geschossiges Verwaltungsgebäude), was dem Ensemble zu einer weiteren räumlichen Facette der Lesbarkeit verhalf. Darüber hinaus tilgte Mies auch eine weitere baukünstlerische Ambivalenz, die er seit dem Seagram Buildng wieder verstärkt versuchte zu etablieren: Er entzog dem Gesamtprojekt durch das Verwerfen der ersten beiden Varianten die Symmetrie. Das Projekt war dadurch in seiner stadträumlichen Interaktion mit seiner Umgebung wesentlich flexibler. Diese Flexibilität eignete sich im hierarchiearmen Stadtraster nordamerikanischer Metropolen gut um mit einem Projekt in einem Stadtquartier eine markante Position zu kreieren. So konnten sich das Hauptpostamt und der „Plazabereich“ auch besser zum nördlich vom Grundstück gelegenen Zentrum von Chicagos Innenstadt „The Loop“ hin ausrichten. Summers sprach von einer „front door“-Funktion dieser Situation.32 Die unterschiedlichen Baukörperhöhen, die unterschiedlichen „Footprints“ und die Anordnung dieser Baukörper in Kombination mit der zwingend trennenden South Dearborn Street oder auch der Tiefgaragenrampe erzeugen eine Vielfalt an stadträumlichen Sequenzen, die visuell zwar zoniert, aber nie gänzlich unterbrochen werden. Von nahezu jeder Position am Grundstück sind alle Bauteile sichtbar, unter anderem aufgrund der einladenden „Durchlässigkeit“ aller innen-

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räumlichen Erdgeschosszonen. Diese wird beim Gerichtsgebäude sogar verstärkt, da durch die Länge des Grundrisses hier sogar eine Teilung des Gebäudekernes und somit ein großzügiges durchgestecktes Foyer erreicht wird. Die drei platzähnlichen Bereiche werden durch Steinbänke und Bepflanzungen markiert. Nahezu alle gestalterischen und konstruktiven Konzepte sowie auch alle wesentlichen Details wurden in Ausbildung und Materialität wie aus einem Katalog aus vergangenen Projekten übernommen: die „schwarzstählerne“ Fassade, die quadratisch in 4,67 Fuß geteilte „Bodenplatte“ aus Granit als nach wie vor strengstes Grundmodul, der 28,00 x 28,00 Fuß messende Stützenraster, die Arkardierung der Erdgeschosszone, die Karusselltüren, die zentrale und parallele Anordnung der travertinverkleideten Liftgruppenkerne etc. Neben der Teilung des Kerns im Gerichtsgebäude ist noch eine Durchbildung neu: Durch das horizontale Element, dem voll verglasten Hauptpostamt, ist der Rasterversatz zwischen den Obergeschossen der beiden Hochhäuser und der Bodenplatte für Mies offenbar nicht zwingend nötig. Der Wille zum „Schweben“ wird der Gesamtabstimmung der Anlage untergeordnet – somit entsteht nicht nur ein struktureller Grundraster, sondern auch ein „räumlicher Kleinraster“. Architekt und Publizist Werner Blaser meint: „[...] Doch während die gotische Baukunst als eine Architektur der Teilung bezeichnet wird, wären Mies’ technische Lösungen besser beschrieben als eine Architektur der Vervielfachung. Das Chicago Federal Center entstand aus einer Vervielfachung der Grundeinheiten jeweils des Grundgerüsts und der Außenhaut. Es hat kein visuelles Limit. In seiner Ästhetik materialisiert sich der Wechsel unserer Weltsicht von einer geschlossenen Welt zu einem unendlichen Universum.“33

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Die gesamte Zugangsinszenierung mit ihren „aufgelösten“ Sockeln ordnet sich somit wieder „bruchfreier“ in die Gesamtanlage ein. Die im Zuge der Konzipierung erfolgten Neuabstimmungen der Grundkomponenten für solch ein Gebäudeensemble machen das Federal Center zu einem markanten Hauptwerk für Mies’ weitere amerikanischen Spätrealisierungen im metropolitanen Kontext.

Dominion Center . Toronto, 1963–1969

Nach dem Federal Center beteiligte sich Mies beim Dominion Center in Toronto wieder verstärkt direkt an dessen Entwicklung.34 Den Vertrag zwischen Mies und der Toronto-Dominion Bank soll unter anderem Phyllis Lambert eingefädelt haben. Allen Lambert, Schwägerin von Phyllis Lambert, war zu diesem Zeitpunkt Vorstandsvorsitzende der Toronto-Dominion Bank.35 Mies arbeitete mit dem einflussreichen Partnerbüro Bregman+Hamann Architects zusammen, welches den Komplex nach Mies’ Tod um weitere zwei Gebäude im Mies’schen Stil erweiterte.36 Das vorgesehene Grundstück befindet sich im baulichen Zentrum Torontos, dem in der Nähe des Hafens gelegenen Financial District. Die nordöstliche Ecke King Street West / Bay Street ist die städtisch bedeutendste Ecke des Bauplatzes. Das grundsätzlich rechteckige Grundstück besaß an der südöstlichen Ecke Bay Street / Wellington Street West ein Bestandsgebäude. Dieses Gebäude wurde später durch eine Mies-Turmkopie ersetzt. Mies jedoch wird vermutlich für seinen mittlerweile üblich gewordenen rechteckigen Granitplattenrastergrund dieses Bestandsgebäude als „Ausbiss“ wahrgenommen haben.

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Die groß- wie kleinmaßstäbliche Gliederung der Bauaufgabe wie auch die Materialität waren durch die Ausarbeitung unter anderem des Federal Center in Chicago stark vordeterminiert. Büro- und Verwaltungsfunktionen waren in zwei unterschiedlich hohen beziehungsweise unterschiedlich langen Türmen vorgesehen. Die große Bankschalterhalle wurde, wie das Hauptpostamt in Chicago, aus den Türmen mit deren bereits üblichen Kernarrangements herausgelöst, und in einen vollverglasten Pavillon gesetzt. Hinsichtlich der generellen Materialität kamen unter anderem in der Erdgeschosszone wieder Granit, schwarzer Stahl und Travertin zum Einsatz. Das räumliche Arrangement der Baukörper wurde mit zwei erstellten Schemata hingegen neu diskutiert: Bei beiden Schemata waren die drei Baukörper Turm 1, Turm 2 und Pavillon gleich dimensioniert. Lediglich deren Position stand zur Diskussion. Mies-Biograph Franz Schulze meint: „Die Zwanglosigkeit der Gruppierung ist ein – wenn auch schwaches – Echo jener Kompositionsform, die er von De Stijl gelernt und niemals vergessen hatte. Für sich betrachtet ist jeder Bau dagegen axial angelegt. Die Superblocks wurden so zur monumentalen Entsprechung der Innenräume aus den zwanziger Jahren; jetzt nahmen die Bauten selbst die Stelle der freistehenden Wände ein, zwischen denen der Raum frei fließen kann.“37 Eine Sichtweise, die durchaus stimmen mag, da sich Mies oft auf seine vorhandenen Lösungen und Konzepte bezog und dabei Dimensionssprünge ohne Probleme zu überwinden wusste. Die beiden Bebauungsvarianten des Dominion Center sahen aber im Gegensatz zum Federal Center eine parallele Anordnung der beiden Türme vor. Der niedrigere (46-geschossige) kürzere Turm und der Pavillon standen King Street West-seitig, der höhere (56-geschossige)

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längere Turm stand Wellington Street West-seitig. Die beiden Varianten unterschied der Positionswechsel zwischen Pavillon und niedrigem kurzem Turm an der King Street West. Schema B, bei dem der Pavillon am östlichen Ende des Grundstückes direkt an der wichtigen Bay Street liegt, wurde im Sinne des Bauherrn umgesetzt, obwohl Mies Schema A präferierte,38 da vermutlich bei dieser Variante der gesamte Komplex stadträumlich unmittelbarer inszeniert werden hätte können. Doch unabhängig davon brilliert Mies’ Konzept, wie schon beim Federal Center, durch die einerseits strengstens gerasterte und konzipierte, gleichzeitig aber auch spielerisch wirkende Kreierung der außenräumlichen „Zwischenräume“, obwohl im Gegensatz zum Federal Center einige symmetrische Bezugsachsen zwischen den unterschiedlichen „Elementen“ (Turm 1, Turm 2, Pavillion etc.) erkennbar sind, die das Arrangement etwas uninspiriert erscheinen lassen können. Der Grund hierfür ist vermutlich ein ebenfalls zu gestaltendes Untergeschoss, welches die drei oberirdischen Bauteile räumlich-konstruktiv verstärkt aneinander bindet. Plätze und Durchgänge jeglichen Zuschnittes sowie „verstreute“ Grüninseln und Sitzgelegenheiten laden zum Erkunden der öffentlichen Flächen des Gesamtkomplexes ein. Auch diese Mischung von Grünfläche und befestigter Fläche wirkt für die öffentliche Funktion und stadtzentrale Position ideal. Ein beträchtliches Gefälle in Richtung des südlich in der Nähe des Grundstückes befindlichen Lake Ontario lässt, durch den wie immer horizontal vorgesehenen „Granitgrund“, einen Geländesprung zur Wellington Street West entstehen. Wie auch schon beim Seagram Building wird die Absturzsicherung durch eine entlang der Platzkante durchlaufenden Sitzbank geländerfrei gelöst. Die südliche Annäherung über die Wellington Street West erhält jedoch durch diese Höhendifferenz einen „Rückraumcharakter“. Dieser wird aus funktionalen Gründen verstärkt, da an dieser Seite die Gara-

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genzufahrt vorgesehen ist und somit unter anderem die oberirdisch wahrnehmbare Rampenlänge sehr kurz gehalten werden kann. Eine etwas eigenartig anmutende weite Treppenanlage führt aus diesem „Rückraum“ der Welligton Street West auf den Plaza hinauf: Auf der grundsätzlich dreiläufigen Treppe befinden sich auf dem ersten Zwischenpodest zwei wieder hinab laufende Treppenanlagen. Diese beiden wieder hinab laufenden Treppenanlagen wiederholen sich axial gegenüberliegend an der King Street West. Sie führen hinab in ein für Mies doch seltenes Aufgabengebiet – in ein unterirdisches Einkaufszentrum und dessen beiden Haupterschließungsenden. Eine zusätzlich zu inszenierende Hauptfunktion im Untergeschoss eines solchen Komplexes bedeutet für Mies eine wesentliche Erweiterung der Anforderung an seinen universalen „Entwurfskatalog“. Der „Granitgrund“ hat nun nicht nur das „Darüber“ sondern auch das „Darunter“ inszenatorisch zu bedienen. Dies gelingt im Außenraum mäßig einladend. Die Zugänge wirken wie Abgänge zu einem Untergrundbahnhof oder wie fluchtwegbedingte Aufgänge. Die Integration von (Roll-)Treppen in die beiden Türme und in den Pavillon wirken hingegen geradezu ungünstig. Sie sprengen auf eine improvisiert anmutende Weise die sonst so rhythmische Strenge der Gebäudekerne. Im Pavillon sind sie das einzige spielerisch angeordnete Element. Die Rolltreppenanlagen verwässern somit die gestalterischen Grundintentionen von locker arrangierten Grüninseln und systematisch gesetzten Vertikalerschließungsanlagen. In den Hochhauskernen besetzten die Rolltreppenanlagen Bereiche, die eher für Nebenfunktionen vorgesehen sind. Es wirkt sogar so, als ob Nebenfunktionsflächen im Gegensatz zu den Regelgeschossen darüber für die Erdgeschosszone ersatzlos gestrichen und durch Rolltreppen ersetzt worden wären. Die Eingangszone gerät zwischen einen für die Vertikalverdichtung üblichen mächtigen Regelgeschosskörper darüber und einen ebenfalls

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verstärkt mit funktional-gestalterischen Ansprüchen versehenen Untergeschosskörper darunter. Spätestens beim Dominion Center stellt sich die Frage, wie sehr sich das Konzept des zweidimensional gehaltenen Plaza mit seinem horizontal fließenden Raum und seinen nicht existieren wollenden innenräumlichen Erdgeschossbereichen noch beibehalten lässt. Dies wird zusätzlich durch einen erdgeschossig angefügten, einerseits für den Außenraum „blockierenden“ und andererseits für den Innenraum „verbindenden“, geschlossenen Gang zwischen Bankpavillon und Bankturm unterstrichen. Der Sockelzuschnitt der Zugangsebene hätte somit bei diesem Projekt bereits wieder funktional und gestalterisch erweitert diskutiert werden können. Die darauf realisierten ungeschickten (oder zumindest konzeptionell schwer umsetzbaren) baulichen und somit auch gestalterischen Erweiterungen des Komplexes durch „Mieskopien“ in den darauf folgenden Jahrzehnten hätten dies funktional und räumlich jedoch nicht erleichtert.

Westmount Square . Montreal, 1964–1968

Das dritte Projekt aus dieser Reihe ist der Westmount Square in Montreal. Der gestalterische Höhepunkt wurde aber wohl bereits beim Federal Center in Chicago und beim Dominion Center in Toronto erreicht. Die Anforderungen an die Aufgabe, das städtische Gelände sowie auch die Entwicklung beziehungsweise Erweiterung des Projektes nach dem

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Ableben von Mies, sind jenen des Dominion Center sehr ähnlich – lediglich die Wohnfunktion kam für Mies’ funktionsneutrale Türme hinzu, was keine großen Änderungen des Grundkonzepts bewirkte. Doch die Proportionen wirken zu den beiden zuvor angeführten Projekten etwas aus den Fugen geraten: Die Türme scheinen zu niedrig, der baukünstlerisch nicht so sehr überzeugende Pavillon hingegen zu groß und der Freiraum dazwischen wirkt etwas gedrängt.

Folgerungen

Mies’ Hochhausprojekte zeichnen sich durchwegs durch die Ambivalenz zwischen autonomem gestalterischem Gestus und geschickter Reaktion auf den Ort und sein Umfeld aus. In seinen metropolitanen Vertikalverdichtungen sind durchaus evolutionäre Aspekte erkennbar: Das außenräumliche Vorfeld als gestalterisch integrierbarer Bestandteil eines Projektes und die Inszenierung des Zuganges erfahren beispielsweise im Verlauf seiner architektonischen Laufbahn eine umfangreiche Expansion. Mies verneint die horizontale Gliederung einer Fassade in Sockel, Schaft und Kapitell. Die Gravitation selbst weist den Eingang in ein Gebäude. Er neutralisiert die Fassadenkontur und Fassadengliederung, das Fassadenmaterial und die Geschosshöhen. Diesbezüglich sind seine Berliner Glashochhäuser unbestritten seine konsequentesten, wenn nicht sogar radikalsten Arbeiten. Als annähernd ähnlich radikal kann in dieser Hinsicht zu dieser Zeit etwa nur Ludwig Hilbersheimers Beitrag zum Chicago-Tribune-Wettbewerb angesehen werden. Doch diese Gebäude landen noch „stumpf“ auf der Stadtoberfläche.

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Mies

Als weiteren Schritt „überlistet“ er auch, wie einige andere Modernisten wie beispielsweise Le Corbusier, diese ehemals konstruktionsbeziehungsweise gravitationsbedingten Regeln der Gestalt und bereinigt die Zugangsebenen von allen nur möglichen Elementen und Funktionen. Diese Umkehrung überlässt dem die Gebäude umschließenden Außenraum und den Regelgeschossen darüber das gestalterische Handlungsfeld für die Zugangsebene. Maximale Durchlässigkeit und systemische Symbiose von „Draußen“, „Drinnen“ und „Darüber“ sind das angestrebte Ziel. Lediglich das „Darunter“ bleibt in Mies’ Arbeiten rätselhaft unintegriert. Wären ihm weitere Versuche möglich gewesen, so wäre ihm dieser Schritt womöglich ebenfalls gelungen. Mies’ Wegbegleiter Ludwig Hilbersheimer bot hierfür wieder bereits in den 1920er Jahren erste Lösungsaussichten mit seiner „Vertikalstadt“, bei der sich der Versuch eines vertikalisierteren Stadtraumes mit den Entwicklungen des Hochhauses oder auch Hochhausensembles symbiotisch verbindet, auch wenn sich dieser idealstädtische Ansatz als solcher schwer mit den existenten metropolitanen Stadträumen in Verbindung bringen hätte lassen. Funktional benötigt der konzeptionelle Ansatz der zuvor erläuterten „Auflösung“ des Sockels in zumeist öffentlicheren Stadtzonen immer eine Art konzeptionelle „Prothese“ – ein Hilfsmittel beziehungsweise eine Ergänzung, um diese „Auflösung“ funktional zu stützen. Bei Mies’ Seagram Building ist es der rückwärtig angefügte „Anbau“, ein gestalterisches Phänomen, das, wie schon in diesem Kapitel erwähnt, bereits bei den Promontory Apartments erkennbar ist. Beim Federal Center ist es der Pavillon. Beim Dominion Center und Westmount Square sind es der Pavillon und das unterirdische Einkaufszentrum, welche die Entlastung der Zugangsebene übernehmen. Diese Vorgehensweise bereichert jedoch den Stadtraum. Die Projekte wirken trotz sehr autonomer beziehungsweise teilweise fast zur Umgebung distanzierter baulicher Gestalt räumlich wiederum sehr öffent-

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

lichkeitsfreundlich und durchlässig obwohl sie zumeist auf Privatgrund entstanden sind. In späteren Jahren wurden einige Projekte von Mies mit weiteren solchen Prothesen im bemüht mies’schen Stil „ergänzt“, beispielsweise ein Restaurantpavillon für das Dominon Center an der Wellington Street West. Die eingeschossigen „Garagenpavillons“ mit gemeinschaftlichem Deck am Dach bei den Esplanade Apartments und Commonwealth Promenade Apartments können aufgrund ihrer Funktion nur bedingt als „Prothese“ bezeichnet werden. Das gemeinsame Arrangement von vertikalen und horizontalen Baukörpern begann jedoch mit diesen beiden Projekten bereits im Ansatz. Was alle Pavillons von Mies gemein haben, ist die auf die Höhe des Zugangsgeschosses abgestimmte und somit mit der Höhe des „aufgelösten“ Sockels identische Höhe. Dies verstärkt den Eindruck, dass diesen wie aus dem metropolitanen Erschließungsraum der Erdgeschosszone herausgelösten „Prothesen“, außerhalb des Hochhauses ihr Platz „zugewiesen“ wurde, und sie somit Elemente sind, welche das Hochhaus räumlich-funktional unterstützen. Die Wiederetablierung einer gewissen Interpretation des Sockels – jene seiner nahezu vollständigen „Auflösung“ – kann jedoch auch beinahe wieder als gestalterischer Rückschritt, im Speziellen im Verhältnis zu Mies’ frühen autonomeren Berliner Glashochhäusern, angesehen werden, da diese Form der Eingangsmarkierungen zum einen zwar neue, aber wieder funktionale Probleme in dieser hochkomplexen Zone des Zuganges schuf, und zum anderen auch gestalterisch auf eine historische Gliederung, wenngleich auch in einer inversen Form, referenzierte. Die Verneinung der (historisch gewachsenen) Horizontalität beziehungsweise Schichtung von Etagen verstärkte Mies bei seinen frühen

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Berliner Glashochhäusern, indem er die Zugänge durch bruchähnliche vertikale Einkerbungen über die gesamte Baukörperhöhe markierte. Später, bei der Sockelauflösung, war es ihm wichtig, die tendenziell horizontal wirkende Curtain-Wall-Verkleidung sogar durch ergänzende, vertikal über den gesamten Regelgeschosskörper durchlaufende IProfile außenseitig zu ergänzen. Er folgte somit der nordamerikanischen Tradition der turmähnlichen Vertikalverdichtungsform und seiner vertikaleren Gliederung. Mies etablierte aufgrund seiner umfangreichen Vorfeldexpansionen endgültig den baulichen Ansatz des Hochhausensembles mit Plaza. Relevante Projekte davor waren diesbezüglich nur etwa das Wrigley Building aus den 1920er Jahren in Chicago und das Rockefeller Center aus den 1930er Jahren in New York. Auch das Konzept von Mies’ großmaßstäblichen Gruppierung von Hochhäuser aus einer Hand wie Federal Center, Dominion Center und Westmount Square wurde bis heute bei zahlreichen Hochhausgruppen, -paaren wie auch -zwillingen weltweit wiederholt. Auch hier waren davor relevante Projekte welche mehrere Hochhäuser aus einer gestalterischen „Hand“ vorsahen nur etwa das Wrigley Building und das Rockefeller Center.

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Anmerkungen

1. Neumann, Dietrich: „,Die Wolkenkratzer kommen!‘ Deutsche Hochhäuser der zwanziger Jahre“ S.39–41. 2. Neumann, Dietrich: „,Die Wolkenkratzer kommen!‘ Deutsche Hochhäuser der zwanziger Jahre“ S.39. 3. Neumann, Dietrich: „,Die Wolkenkratzer kommen!‘ Deutsche Hochhäuser der zwanziger Jahre“ S.43. 4. Schulze, Franz: „Mies van der Rohe – Leben und Werk“ S.102. 5. Schulze, Franz: „Mies van der Rohe – Leben und Werk“ S.105. 6. Riley, Terence (Hrsg.): „Mies in Berlin – Ludwig Mies van der Rohe. Die Berliner Jahre 1907–1938“ S.44. 7. Neumann, Dietrich: „,Die Wolkenkratzer kommen!‘ Deutsche Hochhäuser der zwanziger Jahre“ S.55. 8. Neumann, Dietrich: „,Die Wolkenkratzer kommen!‘ Deutsche Hochhäuser der zwanziger Jahre“ S.57 f. 9. Riley, Terence (Hrsg.): „Mies in Berlin – Ludwig Mies van der Rohe. Die Berliner Jahre 1907–1938“ S.45. 10. Schulze, Franz: „Mies van der Rohe – Leben und Werk“ S.106–110. 11. Schulze, Franz: „Mies van der Rohe – Leben und Werk“ S.138. 12. Schulze, Franz: „Mies van der Rohe – Leben und Werk“ S.248. 13. Schulze, Franz: „Mies van der Rohe – Leben und Werk“ S.249. 14. Lambert, Phyllis: „Mies van der Rohe in America“ S.354. 15. Schulze, Franz: „Mies van der Rohe – Leben und Werk“ S.249. 16. Schulze, Franz: „Mies van der Rohe – Leben und Werk“ S.255–257. 17. Schulze, Franz: „Mies van der Rohe – Leben und Werk“ S.253. 18. Schulze, Franz: „Mies van der Rohe – Leben und Werk“ S.256 f. 19. Schulze, Franz: „Mies van der Rohe – Leben und Werk“ S.280. 20. Schulze, Franz: „Mies van der Rohe – Leben und Werk“ S.281. 21. http://www.nyu.edu/classes/finearts/nyc/park/racquet.html, 18.02.2012. 22. Schulze, Franz: „Mies van der Rohe – Leben und Werk“ S.111. 23. Schulze, Franz: „Mies van der Rohe – Leben und Werk“ S.284.

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Mies

24. Schulze, Franz: „Mies van der Rohe – Leben und Werk“ S.284. 25. Schulze, Franz: „Mies van der Rohe – Leben und Werk“ S.288. 26. Campi, Mario (u.a.): „Skyscrapers – An Architectural Type of Modern Urbanism“ S.44. 27. Schulze, Franz: „Mies van der Rohe – Leben und Werk“ S.290. 28. Schulze, Franz: „Mies van der Rohe – Leben und Werk“ S.292 f. 29. Lambert, Phyllis: „Mies van der Rohe in America“ S.407. 30. http://www.aviewoncities.com/chicago/federalcenter.htm, 18.02.2012. 31. Blaser, Werner: „Mies van der Rohe – Federal Center Chicago“ S.11. 32. Lambert, Phyllis: „Mies van der Rohe in America“ S.409. 33. Blaser, Werner: „Mies van der Rohe – Federal Center Chicago“ S.15. 34. Schulze, Franz: „Mies van der Rohe – Leben und Werk“ S.305. 35. Quelle leider nicht mehr auffindbar. 36. http://www.bharchitects.com/#/projects?page=list®ion=north%20ameri ca, 18.02.2012. 37. Schulze, Franz: „Mies van der Rohe – Leben und Werk“ S.305. 38. Lambert, Phyllis: „Mies van der Rohe in America“ S.417–419.

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Zwischenkapitel II

Zwischenkapitel II Hofhäuser in der Stadt

Die räumlichen (und oft auch ökonomischen) Bedingungen der großmaßstäblichen Projekte, die Mies am Ende seiner Laufbahn umsetzte, sind oft nicht mit den Bedingungen und Anforderungen an andere Projekte und somit deren Lösung der Zugangsinszenierung zwischen Stadt und Hochhaus vergleichbar. Gründe hierfür gibt es mehrere: Das Grundstück ist zumeist zu klein. Die Ausformung einer plazaähnlichen Zugangslandschaft zwischen „Drinnen“ und „Draußen“ ist aufgrund beschränkter räumlicher Ressourcen nicht möglich. Der Druck der wirtschaftlichen Ausreizung im Zuge einer Bauaufgabe erzwingt in der Sockel- beziehungsweise Zugangszone eine bauliche Erweiterung und verdrängt somit oft die Idee eines öffentlichen Vorbereiches für ein Großgebäude. Die bereits in den Folgerungen im MiesKapitel angeführten punktuellen „Prothesen“, wie ein Anbau oder ein Pavillon, reichen dazu oft nicht aus. Auch das Untergeschoss bietet eine praktische kommerzielle Fortsetzbarkeit, auf dem auch ein Sockelgebäude gut aufsetzbar wäre und ist. Auch bebauungsrechtliche Aspekte sprechen oft für einen Sockelbau, da die Baukörperhöhe des Hochhauses darauf durch das Zurückversetzten entschärft wird, ein Tageslichteinfall durch höhere Distanzen zwischen den Türmen gewährleistet bleibt, und auch erhöhte Windentwicklungen1 vermieden werden können.

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Beispiele für vertikalverdichtete Baukörper auf baulich erweiterten Sockelgebäuden gibt es somit zahlreiche. Es können dadurch viele öffentlichkeitsnahe oder stark frequentierte Funktionen auch nahe am Zugang zum Gebäudekomplex in diesen Sockelbau, unproblematisch hinsichtlich Erschließung und sicherheitstechnischer Aspekte, untergebracht werden. Der Tageslichtanspruch für diesen Bereich muss bei dieser Kombination jedoch oft eher hintangestellt werden. Auch Koolhaas’ bereits in der Einleitung erwähnter Begriff der „Lobotomie“2 zwischen Oberfläche und Volumen, beziehungsweise zwischen Fassade und Innenraum beginnt sich in diesem Umfeld zu entfalten. Dadurch entstehen Superdichten. Strategiefreie Möglichkeitsfindungen für qualitätsneutrale Innenraummaximierungen werden dabei als Primärziel angesehen. Nicht jede Vertikalverdichtung ist ein sogenanntes „Center“. Oft haben Gebäude und deren Funktion nicht diesen öffentlichkeitsnahen Anspruch. Dann ist eine selbstbezogenere (nicht öffentliche und/oder verinnenräumlichte) Nutzung anstatt eines ausgestaltbaren Vorbereiches naheliegender. Das Verhältnis zwischen funktionalen und gestalterischen Kriterien für eine Gebäudetiefe, und das Regelwerk einer Parzellierung und Freiraumanordnung prägen des Weiteren die Konzeptfindung für das Einzelobjekt. Ab einer gewissen stadträumlichen Dichte stehen beispielsweise Straßenraumbreite und Freiraumanspruch in einem unüberbrückbaren Missverhältnis. Gründe hierfür können klimatischer oder gegebenenfalls kultureller Natur sein oder aus einem ökonomischen Druck resultieren. Der mögliche Freiraum „wandert“ somit beispielsweise in den Privatraum. Beispiele hierfür sind zahlreich: chinesische Hofhaussiedlungen, arabische Altstädte wie auch ihre nachhaltig maurisch geprägten andalusischen oder mexikanischen Versionen.

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Zwischenkapitel II

Auch europäischere Beispiele wie die neapolitanische Altstadt zeigen gut, wie die Dichte die Gestaltung beeinflusst. Die engen Gassen bieten keine passable Ansicht auf die hier bereits rund fünfgeschossig hohen Straßenfassaden. Die Hauptfassade wird also in den dahinter liegenden privaten Hof „verlegt“ und somit durch einen Durchgang durch den straßenseitigen Trakt bereits aus der Gasse visuell wesentlich leichter erfassbar. Auch das römische Atrium war und ist ein räumlich und erschließungstechnisch zentraler Bereich, an dem sich alle weiteren Gebäudeteile orientierten. Das in den 1950er Jahren von Gordon Bunshaft (Skidmore, Owings and Merrill) entworfene Lever House in New York war ein erster Ansatz, die Idee des Hofes und die Konzipierung eines Sockelbaues im unmittelbaren baulichen Kontakt mit dem Hochhaus auszuführen. Der Hof befindet sich jedoch im Sockelbau und bezieht sich eher in Form eines offenen, aber auch von der Großstadt etwas abgeschotteten Vorbereiches auf das Hochhaus selbst. Der Sockelbau ist, wie auch das Hochhaus, sehr von Mies’ gestalterisch-konzeptionellen Ideen der Zugangsinszenierung in der metropolitanen Vertikalverdichtung inspiriert. Erstaunlich aufgelöst und offen gestaltet ist somit beim Lever House die gesamte Erdgeschossebene durch die Kombination von Hof und aufgelösten Sockel beim Hochhaus und Sockelbau selbst. Als ein sehr bedeutendes Werk hin zur modernistischen Vertikalverdichtung in Form eines in das Hochhaus integrierten Atriums kann diesbezüglich das schon viel früher entstandene Larkin Building in Buffalo von Frank Lloyd Wright betrachtet werden. Ein Gebäude, das auch bereits Mies nach Vermutungen von MiesBiograph Schulze sehr früh bekannt gewesen sein dürfte und Vorbildwirkung für ihn hatte – dessen Konzept er jedoch selbst nie weiter verfolgte.3

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Das Larkin Building ist zwar nicht hoch, aber seine Konzipierung bietet bei selteneren Formen der vertikalen Verdichtung im metropolitanen Umfeld referenzielle Aspekte, die im nächsten Kapitel erläutert werden. Beim Larkin Building handelt es sich um ein zwischen 1903 und 1905 entstandenes Verwaltungsgebäude im US-Bundesstaat New York. Zentraler konzeptueller Ausgangspunkt des Gebäudes ist ein geschlossener Atriumhof. Dieser Großraum bietet dem Gebäude interne Orientierung, Licht und eine Großraumbürofläche. Um dieses Atrium ordnen sich weitere Büros wie Ränge in einem Theater. Um diese Büros herum, besonders an den Gebäudeecken, sind wiederum nach außen Erschließungen, Schächte und Nebenfunktionen angeordnet. Das Gebäude erhält dadurch eine von außen sehr geschlossene, wenn nicht sogar abweisende Erscheinung. Im Innenraum jedoch überzeugt es mit seiner Offenheit und Flexibilität. Der Zugang zum Gebäude erfolgt tangential und indirekt über einen zubauähnlichen Gebäudeteil, der in der zur Umgebung deutlich erhöhten Eingangsebene unter anderem alle Zugangsfunktionen und Zugangsinszenierungen übernimmt. Wright „erspart“ seinem Gebäude somit jegliche „Störung“ des Regelgeschosses durch eine auf nur einem Geschoss dominante Funktion, die schließlich Auswirkungen auf den Rest der Gebäudes hat. Er erwirkt eine „Verbannung“ des repräsentativen Einganges durch eine Neuinterpretation des Portikus. Die erweiterte Zugangsinszenierung im Inneren des Gebäudes hin zum Atrium kann im Generellen als überraschend lapidar oder übergangslos gedeutet werden. Das außenräumliche Vorfeld des Zuganges ist wie das Gebäude selbst eher abgrenzend beziehungsweise abweisend. Trotz des Charakters eines Hofhauses, steht das Gebäude in offener Bauweise auf einem eingezäunten Grundstück. Die Einfriedung an der Grundgrenze stellt einen gewissen Bruch in der Annäherungsbewegung dar.

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Zwischenkapitel II

Das Larkin Building wurde 1950 abgerissen. Es ist und war eine Referenz für kommerzielle Funktionen wie Handel oder Verwaltung, da bei dieser Typologie somit weitestgehende „störungsfreie“ und zusammenhängende Mietflächen angeboten werden können. Lediglich die natürliche Belichtbarkeit muss (vor allem im Bürobau) aus oft auch arbeitsrechtlichen Gründen gewährleistet sein, und doch gleichzeitig der Zugang an einer strategisch „neutralen“ Position vorgesehen werden, um diese „Störungsfreiheit“ und die damit einhergehende erhöhte Flexibilität nicht zu beeinträchtigen. Richard Rogers und Norman Foster beispielsweise beziehen sich mit ihrer Hochhaussondertypologie des „Hofhochhauses“ sogar nachweislich auf Wrights Entwurf.4 & 5

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Vom dunklen Gebäudekern zum Atrium, Schnittschemata

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Zwischenkapitel II

Anmerkungen

1. http://www.gfa.de/de/Windkomfort/windkomfort.html, 18.02.2012. 2. Koolhaas, Rem: „Delirious New York: Ein retroaktives Manifest für Manhattan“ S.97. 3. Schulze, Franz: „Mies van der Rohe – Leben und Werk“ S.113 f. 4. Sudjic, Deyan: „Richard Rogers – Bauten und Projekte“ S.14. 5. Jenkins David (Hrsg.): „Norman Foster – Works 2“ S.49.

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Rogers und Foster

Rogers und Foster Hofhochhäuser

Richard Rogers (1933– ) und Norman Foster (1935– ) kennen sich von einem Studienaufenthalt in Yale im Jahr 1961. Daraufhin gründeten sie gemeinsam mit ihren Ehefrauen Sue Rogers und Wendy Foster ein Architekturbüro namens Team 4 (1963–1967), bevor sie andere Arbeitsgemeinschaften wählten. Beide sind der spätmodernistischen „English High-Tech-School“1 zuzuordnen und beide führten schließlich große global ausgerichtete Architekturbüros.

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Lloyd’s of London . London, 1978–1986, Rogers

Bald nach der Bürogemeinschaft zwischen Renzo Piano und Richard Rogers und deren gemeinsamer Projektierung des Centre Pompidou in Paris erhielt Rogers den Auftrag für die Neuerrichtung des Gebäudes für die Versicherungsbörse und Hauptverwaltung von Lloyd’s of London. Das Grundstück hierfür liegt im Financial District, im Herzen von London, der City of London, nördlich des nahe gelegenen Themseufers, in der Nähe der Bank of England und des Tower. Es wird nördlich von der Leadenhall Street, östlich von der Lime Street und südlich vom Leadenhall Place gesäumt. Westlich folgt auf dieses Plätzchen der historische Leadenhall Market, nördlich davon bildet eine ebenfalls historische, bis ins Mittelalter wurzelnde, Häuserreihe die westliche Grundgrenze hin zum Baugrund. Schon vor dem Bauvorhaben war Lloyd’s of London auf dem Grundstück ansässig. Es war ein historistisches Gebäude aus den 1920er Jahren. Der Wunsch des Bauherrn war generell eine Raumerweiterung, im Besonderen die Erweiterung und Flexibilität des Underwriting Room, oder auch kurz Room genannt, für viele Jahrzehnte voraus, da sich Raumbedarfveränderungen in den Jahrzehnten davor mehrfach durch bauliche Änderungen, Erweiterungen und Auslagerungen bemerkbar gemacht hatten. Dieser äußerst unbefriedigende Umstand war wohl ein Mitgrund, warum Lloyd’s sich für einen zu diesem Zeitpunkt konzeptionell und räumlich visionären Vorschlag von Richard Rogers entschied. Rogers setzte sich somit gegen die ebenfalls vom konsultierten RIBA (Royal Institute of British Architects) vorgeschlagenen Architekturbüros von Ove Arup, Norman Foster oder Ieoh Ming Pei durch.2 Rogers’ grundsätzliche architektonische und gesellschaftliche Philosophie hatte sich seit der Errichtung des Centre Pompidou unmerklich

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Rogers und Foster

verändert: Er stellt den mit Hauptnutzungen versehenen hochflexiblen Raum ins Zentrum des Entwurfes und ordnet rund um diesen Raum herum, unversteckt und an die Umgebung stilistisch sehr unangepasst, all seine versorgenden und tragenden Einheiten an. Statische und haustechnische Elemente werden des Weiteren bautechnisch sorgfältig getrennt. Denn zu unterschiedlich ist die Differenz der Lebenszeit dieser beiden Elementgruppen, und umso flexibler und einfacher sind Umbau-, Erweiterungs- oder auch Reduktionsmaßnahmen durchführbar. Angestrebt wird die Vorfertigung aller Bauelemente. Improvisation und Handwerk vor Ort sollen dadurch minimiert werden, da diese Methodik als zu unzeitgemäß, ungenau und unvorhersehbar von ihm erachtet wird. Rogers konzentriert sich vor allem auf das Flexibilität ermöglichende konstruktive modulare Architekturgerüst und weniger auf ein endgültiges, gestalterisch vollendetes Ergebnis. Nicht ein maßgeschneiderter Repräsentationsbau von Meisterhand ist somit das Ergebnis, sondern eine temporär erscheinende Ansammlung von Multiplikanden. Das Lloyd’s Building kreiert damit für den Betrachter auch eine in hohem Maß als inverse Inszenierung zu verstehende Annäherung an das Gebäude von außen. Vom Straßenraum aus könnte man sich durch die äußerliche Erscheinung des Gebäudes in einer Art von „Backstage“Bereich vermuten. Man sieht Leitungen, Gerüste, Aufzugstürme, Kräne und gestapelte Sanitärcontainer. Durch Ihre quantitativ unterschiedlich portionierte und räumlich unregelmäßige Anordnung wird der Eindruck des funktional Pragmatischen noch verstärkt. Tatsächlich ordnet Rogers diese „Backstage“-Bündel dort an, wo sie den im Grundriss konsequent klaren rechteckigen Hauptbaukörper in seinem Zuschnitt am wenigsten verkleinern: in den Zwickeln und Weitungen auf dem polygonalen Grundstück. Er erreicht dadurch einen wesentlichen räumlichen Aspekt: Der Hauptbaukörper wird im Inneren weitestgehend von jeglichen „stören-

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den“ Bedienelementen (Nottreppen, Lifte, Sanitärbereiche etc.) und strukturellen Notwendigkeiten befreit. Betrachtet man die Annäherung an das Gebäude genauer, so zeigt sich eine „Kante“ im Bereich der Grundstücksgrenze. Der Straßenraum wird in diesem Bereich zu einem Split-Level degradiert. Diese Kante ist geprägt von gegen Absturz sichernden Maßnahmen. Punktuell sind Abgänge ins Tiefparterre und Aufgänge ins Hochparterre mit dieser „Kante“ verknüpft. Das Gebäude bringt sich durch diesen Höhenversatz nochmals räumlich auf Distanz zum Straßenraum, jedoch mit dem Vorteil, dass somit die Erdgeschossfläche durch die Aufteilung auf zwei Geschosse nahezu verdoppelt werden konnte. Auch hier trennt Rogers die Funktionen, frei nach dem von ihm genau studierten Louis Kahn,3 in dienende und bediente Räume. Im Tiefparterre ist der Personalzugang. Dort befinden sich die zentrale Garderobe, die Poststelle, die Hauptsanitäranlage und eine kleine Mensa. Über zwei als Scherentreppe angeordnete Doppelrolltreppenanlagen gelangt man in den im Hochparterre gelegenen Underwriting Room – geprägt von einem Atrium, unter dem die Rolltreppenanlage noch in weitere Geschosse nach oben verläuft, und geprägt von acht im Raum angeordneten Stützen entlang dieser Atriumkontur. Direkt ins Hochparterre gelangt man, abgesehen von den Fluchttreppen, über einen repräsentativen Haupteingang an der Ecke Lime Street / Leadenhall Street. Er ist „markiert“ durch eine Vorfahrt, einer zusätzlich für den Zuweg vorgesehenen Rampe und ein über die Treppe auskragendes gläsernes Tonnendach, das an das gläserne Tonnengewölbe im Atrium selbst erinnert. Selbst dieses kleine Vordach folgt Rogers’ gestalterischer Konsequenz: Die tragenden Elemente liegen über dem Dach und werden somit der Witterung ausgesetzt, aber nicht zwischen Hülle und Nutzung gestellt.

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Rogers und Foster

Der repräsentative Haupteingang mündet in einen windfangenden „Sonderraum“, eingeschoben zwischen einem der „Backstage“-Bündel und dem Hauptbaukörper. Der Underwriting Room, der als moderner Marktplatz für Versicherungen verstanden werden kann, korrespondiert visuell mit der Außenwelt über zwei gerichtete Blickfelder mit zwei unterschiedlichen Durchlässigkeiten: Die auf horizontaler Blickebene abschließenden Außenwände sind transluzent. Ein direkter Blick auf den „Backstage“-Bereich „Stadt“ im Allgemeinen wird also bis auf einen gewissen Lichteintrag bewusst ausgeblendet. Daher erfährt der Raum eine noch stärkere Selbstbezogenheit. Über das Atrium gelangt, durch seinen direkten Bezug zum Himmel, Tageslicht nach innen. Die beleuchteten Rolltreppen führen den Blick in diesen vertikalisierten Hof. In den oberen Geschossen, in denen sich Büros befinden, wird dieser aus dem Hof gerichtete Blick auch horizontal in Richtung Süden ermöglicht. Der „Backstage“-Bereich bleibt aber, bis auf Sehschlitze hinter der transluzenten Fassade, auch dort ausgeblendet. Das metropolitane Panorama wird somit weitestgehend zu einem Nebenschauplatz. Rogers versucht bereits sehr früh, sein kluges, aber gleichzeitig auch riskantes Zugangs- und Ausblickkonzept in einem der weltweit wohl gefragtesten Stadtbezirke kaschierend zu stützen. In seinen ersten Schnittskizzen zeigt er unzählige Menschen am Weg ins Tief- und ins Hochparterre. Die Darstellungen erzeugen den Eindruck einer umlaufenden Rampe, die von der selben Stelle – der „Kante“ – weg nach oben wie auch nach unten verläuft. Dies vermittelt, trotz seiner architektonisch-räumlichen Unmöglichkeit, einen engen Bezug zwischen Stadtraum und Gebäude. In der Skizze wirkt der Bau wie ein öffentlicher Ort, eben ein Marktplatz im traditionellen Sinn.

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Darüber hinaus konnte Rogers zu diesem Zeitpunkt ein bereits funktionierendes Tiefparterre mit weit öffentlicheren Funktion vorweisen: Das Centre Pompidou mit seinem zur Umgebung keilförmig wie eine riesige Rampe abgesetzten Vorplatz definiert verstärkt den Baukörper im Stadtraum. Des Weiteren stellt Rogers gemäß Biograph Deyan Sudjic hinsichtlich seiner „Backstage“-Bündel Bezüge zu überwiegend positiv assoziierten Bauten, wie den „Türmen der hochviktorianischen Gotik oder den Law Courts in London von G. E. Street“4, her. Beim Atrium wiederum lässt er die Betrachter an die Galleria in Mailand denken.5 Man könnte ihm diesbezüglich (Selbst-)Täuschung vorwerfen. Bestimmt hatte Rogers auch weniger vermutlich beim Bauherrn durchsetzbare und zeitgemäßere oder auch futuristischere Leitbilder bei der Entwicklung des Lloyd’s Building.

HSBC Headquarters . Hongkong, 1979–1986, Foster

Norman Fosters Projekt ging als Sieger in einem auf sieben internationale Architektengruppen beschränkten Wettbewerb hervor.6 Es war Fosters erstes zu realisierendes Hochhausprojekt. Die Kosten waren für den Bauherrn eher nebensächlich – es sollte vor allem ein eindrucksvolles Gebäude entstehen. Das Grundstück befindet sich am Statue Square im Zentrum des Hongkonger Handelszentrums. Dieser hauptsächlich für Fußgänger ausgelegte öffentliche Platz und seine den Platz begrenzenden Gebäude Prince’s Building, HSCB Headquarters Building und Legislative Council Building markieren eines von mehreren Zentren im Central District.

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Rogers und Foster

Der Platz lädt durch seine vielfältige Ausgestaltung mit Wasserflächen, Grünanlagen oder auch teils überdachten, und somit Schatten spendenden, Sitzbereichen zum Verweilen ein und verstärkt dadurch seinen öffentlichen Charakter. Hangseitig wird das Grundstück in Richtung Süden durch die in Hongkong sehr bedeutende Queens Road Central gesäumt. Der Bauplatz ist seit circa Mitte des 19. Jahrhunderts Sitz der Hauptniederlassung der Hongkong and Shanghai Bank Corporation (HSBC). Er erstreckt sich etwas länglich parallel zur Uferkante in Richtung Kowloon und bildet eine der vordersten Bebauungsreihen auf dem steil abfallenden Hang der subtropischen Insel. Fosters Entwurf ist hierbei bereits die vierte Generation eines Entwurfs für das Hauptgebäude auf diesem Grundstück. Anhand der zuvor bestehenden Gebäude und des heutigen Hochhauses ist das Wachstum des Unternehmens und das der Stadt in den letzten 150 Jahren beispielhaft ablesbar. Architekturpublizist Aldo Benedetti schreibt zum neuen Gebäude von Foster: „Die Suche nach verfeinerten konstruktiven und der Raumüberwachung dienenden Technologien ist mit dem Experimentier- und Erneuerungswillen gepaart, der in Fosters gesamtem Werk konstant in Erscheinung tritt. Es besteht kein Zweifel, dass die Hongkong-Bank einen grundlegenden Schritt in der Entwicklung des Wolkenkratzers darstellt. Alle über diesen Typus erworbenen Gewissheiten werden wieder zur Diskussion gestellt: Da wo sonst im Zentrum des Planes der „blinde Kern“ der Speisung des Turmes war, verschwindet er hier, um einem phantastischen Innenhof Platz zu machen. Er ist von oben erhellt durch ein mobiles System, welches das Tageslicht fasst. [...] Alle Nebenräume und Installationen sind außerhalb des Zentrums angeordnet und nach außen gerichtet [...]“7

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Das in Zwischenkapitel II erläuterte Larkin Building von Wright kann hier also, wie beim Lloyd’s of London von Rogers, hinsichtlich des grundlegenden Funktions- und Raumarrangements wiedererkannt werden. Benedetti schreibt weiter: „[...] Der klassisch aufgefasste Sockel existiert nicht mehr, die Konstruktion wird durch vier [eigentlich acht mal vier] gigantische Stützen im Gleichgewicht gehalten. Sie bewirken, dass der Raum des davor liegenden Platzes frei unter ihnen fließt, sich im hohen dramatischen Innenraum verdichtend: Das Atrium wird von Rolltreppen durchquert und von den darauf blickenden Büros belebt [...]“8 Auch diese Beschreibung des Atriums lässt wieder das Naheverhältnis zwischen den Entwürfen von Wrights Larkin Building und Fosters HSBC Headquarters, aber vor allem auch zwischen Rogers’ Lloyd’s of London und Fosters HSBC Headquarters erkennen. Die Ausformulierung der Zugangsebene in Form eines zur „Auflösung“ gebrachten Sockels, wie er bereits bei Mies zu finden war, wird hier funktional, optional und konzeptionell vielschichtiger ausformuliert. Der Statue Square fließt in der ausgeführten Variante vollständig unter dem Gebäude durch. Lediglich zwei Rolltreppen strecken sich nach der Platzebene, um Nutzer oder Besucher in das Gebäude aufzunehmen. In vorangegangenen Entwurfsvarianten wurde dieser überdeckte Platzraum unter anderem aber auch als optionale Überbauung angedacht, die das bereits existierende, aus dem Jahr 19359 stammende HSBC Building darunter erhalten hätte, oder auch schrittweise rückbaubar gemacht hätte. Dass das bestehende Gebäude schließlich nicht erhalten wurde und der Platz auch unter dem Gebäude um sich greift, schafft für diesen Bereich eine noch öffentlichkeitsfreundlichere Atmosphäre.

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Rogers und Foster

An Sonn- und Feiertagen verbringt beispielsweise eine Hundertschaft von hauswirtschftlichen Dienstboten, welche am Wochenende im Familienkreis für den sie arbeiten unerwünscht sind, ihre freie Zeit gemeinsam an diesem Schatten spendenden Ort – ein erfrischend überraschender Effekt im öffentlichen Raum Hongkongs. Aktuell hält auch die „Occupy Hongkong“-Protestbewegung immer wieder diesen Raum besetzt. Dieser überdeckte Platzraum ist durch die „Landung“ der am östlichen wie am westlichen Gebäudeende linear aufgereihten Lifte und Nottreppenhäuser ausgerichtet. Foster-Biograph Daniel Treiber dazu: „Diese Nord-Süd-Passage hat nicht nur eine praktische, sondern auch eine tiefe symbolische Bedeutung: Im Norden liegen der Hafen, Kowloon und das chinesische Festland, im Süden das koloniale Zentrum. Der Turm mußte sich zu beiden Seiten öffnen. [...] Der alte, 1886 an gleicher Stelle erbaute Sitz der Bank hatte buchstäblich aus zwei verschiedenen, einander komplementären Gebäudeteilen bestanden, einem kolonialen auf der einen Seite und einem klassizistisch europäischen auf der anderen Seite.“10 Foster hat somit vermutlich eine bestehendes Konzept der Ausrichtung des Gebäudes in sein Projekt übernommen. Neben all den Lift-, Technik- und Nottreppenanlagen führen vom „aufgelösten“ Sockelbereich aus, wie bereits zuvor erwähnt, zwei wie Tentakel über diesen überdeckten Platz ausgestreckte Rolltreppen durch eine gläserne Decke ins Zentrum des mehrgeschossig hohen Atriums. Diese ins erste Obergeschoss übergeführte Eingangshalle beinhaltet die öffentlichsten Funktionen – die der Beratung und Abwicklung von Geldgeschäften über die Schwellenfunktion der Bankschalter. Aber auch die beiden Untergeschosse sind öffentlich. Zwei sekundär, also im Bereich der östlich und westlich gelegenen Lift-, Technik- und Nottreppenreihung, angeordnete Rolltreppen führen in eine kleine

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Schalterhalle im ersten Untergeschoss. Im zweiten Untergeschoss befinden sich, wieder durch ein internes Rolltreppenpaar erreichbar, unter anderem die kleinen Individualschließfächer. Benedetti schreibt weiter: „[...] Die Komplexität der Anlage wird von einer außerordentlich klaren Erschließung dominiert, welche durch fortwährende Einfälle bereichert ist. Die Struktur verdeutlicht die Hierarchie der ‚dienenden und bedienten Räume’. Sie stabilisiert ihrerseits die volumetrische Gliederung des Gebäudes, die durch die Annäherung und Juxtaposition dreier Scheiben von verschiedener Höhe [28, 41 und 35 Geschosse] entsteht. Jede Scheibe wird durch Geschossgruppen gebildet, welche mittels eines Ankersystems an den vier Hauptstützen aufgehängt sind. Jede Gruppe ist von der folgenden durch eine Ebene von doppelter Höhe getrennt, wo sich die Empfangsräume, jene für gemeinsame Veranstaltungen und die 11 Grünzonen befinden [...]“ Die von Benedetti so bezeichneten „Scheiben“12 können, abgesehen von ihrer möglichen vertikalen Aufstockung oder auch ihrem möglichen Rückbau, auch in einer horizontalen Addition theoretisch vervielfacht werden. Dies bedeutet also eine Veränderbarkeit beziehungsweise Variabilität der Gebäudevolumetrie nach oben, in Richtung Hang, und auf der Zugangsebene selbst: Neben dem Atrium sieht Foster ein weiteres räumliches Werkzeug für die Vertikalverdichtung vor: Er addiert die Zugangsebene. Er stapelt mehrere Häuser übereinander. Jedes dieser Häuser hat die von Benedetti beschriebenen allgemeineren Funktionen in zweigeschossig hohen Räumlichkeiten. Diese Zugangsebenen werden durch Expresslifte versorgt. Von dort aus geht es mit gewöhnlichen Etagenliften „hausintern“ weiter. Ein Manko dieser Zugangsebenen ist, dass sie, durch riesige aussteifende Elemente, welche die Räume queren, räumlich-gestalterische Qualitätseinbußen zu verzeichnen haben.

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Auf die ursprünglich vorgesehenen Grünzonen wurde in diesen Etagen aufgrund von sehr hoch eingeschätzten Wartungskosten verzichtet. Foster spielt damit jedoch mit der Differenzierung von „Drinnen“ und „Draußen“. Mehrteilige räumliche Sequenzen prägen den Zugang zu den jeweiligen Gebäudeteilen, wie man es zuvor nur bei horizontal ausgedehnten Gebäudekomplexen kannte. Auffällig ist, dass die gestapelten Häuser nach oben hin immer niedriger werden. Das Verhältnis zwischen Zugangsebene und Regelgeschoss wird dadurch nach oben hin exklusiver. Das verleiht dem Gebäude zwar eine gewisse gestalterische Vollendung in seiner Fassade, doch die Theorie der ausführlicheren Erweiterbarkeit nach oben wird dadurch gestalterisch zweifelhafter. Das erste beziehungsweise unterste „Haus“ ist dabei als Hofhaus ausgebildet. Die darüber liegenden Häuser und deren Regelgeschosse bieten noch flexiblere Büroflächen. Bei den beiden obersten Häusern werden diese Büroflächen nach oben hin und von den Ost- und Westenden der darunterliegenden Baukörpergrundrisskontur weg zurückgetreppt. Allen Häusern sind die rare vertikale Stützung und die an den Ost- und Westenden angebrachten Lift-, Nottreppen- und Sanitärkomponenten gemeinsam. Durch das Zurücktreppen der Bürofläche in den beiden obersten Häusern entsteht somit eine gangähnliche Zugangssequenz zu diesen. Die Systematik des „Entkernens“ und die damit verbundene Möglichkeit eines Atriums sowie die strukturelle Zusammenfassung von Geschossgruppen zur Erreichung der erforderlichen statischen Höhe, um diese Geschosse zwischen die maximal voneinander entfernten „Backstage“-Bündel zu spannen, wiederholt sich ab nun in weiteren Werken von Foster, wie etwa bei den darauf folgenden Century Tower (Tokio, 1987–1991) und Commerzbank Headquarters (Frankfurt, 1991–1997).

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Century Tower . Tokio, 1987–1991, Foster

Foster traf seinen künftigen Bauherrn Kazuo Akao, einen Bewunderer des HSBC Headquarters in Hongkong, im Rahmen einer Reise nach Japan im November 1986. Akao beauftragte ihn einen Monat später direkt für ein Bürogebäude, in dem unter anderem auch Akaos Kunstsammlung sowie ein Apartment für ihn vorzusehen waren.13 Der daraufhin entstandene Century Tower befindet sich in dem kleinen Stadtviertel Hongo des Bezirkes Bunkyo-Ku im Zentrum Tokios, einen Kilometer nördlich des Kaiserpalastes. Der Bauplatz fällt in Richtung Süden ab und grenzt direkt an die Sotobori Dori, auf die dann ein üppiger Grüngürtel mit Kirschbäumen, ein Wassergraben und eine Bahnlinie der Japan Railways folgt. Wie beim HSBC Headquarters folgen die Baukörper in vertikalen Schichten dieser linearen Ausrichtung parallel zum Hang von der Sotobori Dori weg hangaufwärts: Zwei Turmbauteile, mit einem zwischen diesen beiden liegenden Zwischenbauteil, enden an einem aus dem Untergeschoss hochragenden Flachbau. Der straßenseitige Turm grenzt zu direkt, das heißt ohne Vorzone an die Straße beziehungsweise Gehsteig und beeinträchtigt so die außenräumliche Inszenierung des Zuganges und seine innenräumlich konzipierte linear fortgeführte Durchblickachse. Die Idee scheint hier zu städtebaulich durchdacht und zu wenig bezogen auf ihre Betrachtbarkeit und Erlebbarkeit für Besucher und Nutzer. Ein formal willkürlich und somit konzeptionell schwächendes dreieckiges Loggienprisma dient der Kompensation dieses zu geringen außenräumlichen Vorfeldes. Die Willkür kann möglicherweise auch als ein baulich und planerisch oft dominierendes Phänomen der Improvisation interpretiert werden.

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Die gläserne Vertikaltrennung zwischen dem überdeckten Vorbereich und dem Innenbereich des Zuganges beginnt an beiden Enden an den vertikalen straßenseitigen Gebäudevorderkanten. Die Trennung verläuft dann linear schräg in Richtung des Gebäudezentrums. Dadurch wird die äußere Vorzone geschaffen, ohne dabei die linear angeordneten dienenden Räume an den beiden normal zur Sotobori Dori verlaufenden Turmseiten straßenseitig plötzlich in den Außenraum münden lassen zu müssen. Im diesem scheibenförmigen straßenseitigen Turm befindet sich also der Haupteingangsbereich. Diese auf Stadtniveau befindliche Ebene ist trotz ihrer Verinnenräumlichung (im Gegensatz zum HSBC Headquarters) weitestgehend geprägt vom Durchblick bis zurück auf das Dach des den hinteren Rand des Grundstückes abschließenden gläsernen Flachbaues. Lifte, Treppen und Nebenräume liegen wie beim HSBC Headquarters an den beiden schmalen Enden der Scheibe. Dazwischen spannen sich außerhalb der Fassade die jeweils zweigeschossig hohen Konstruktionselemente. Sie tragen entweder direkt oder indirekt über eine Abhängung die jeweils zwei Decken der vollkommen flexibel nutzbaren Büros in den Obergeschossen, und fassen somit auch räumlich immer jeweils zwei Geschosse zusammen. Der dahinter liegende Zwischenbauteil fungiert als dreiseitig belichtetes Atrium. Zwei Expresslifte führen dort auch zu punktuellen Verbindungsstegen zwischen dem straßenseitigen Turm und dem zweiten Turm jenseits dieses Zwischenbauteils. Das von Tageslicht erhellte Atrium führt durch die Eingangsebene bis ins erste Untergeschoss hinab, von wo aus das kleine Museum unter den Türmen sowie ein Wellness- und Restaurantbereich unter dem Glasdach des Flachbaues zu erreichen sind. Der zweite Turm gleicht grundsätzlich dem straßenseitigen Turm, bis auf seine minimalere Höhe, da dem palast-, wasser- und somit straßenseitigen Turm das Apartment für Akao selbst aufgesetzt ist.

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Der gläserne Flachbau aus dem Untergeschoss, vom zweiten Turm durch einen schmalen Steg abgesetzt, beinhaltet den zuvor beschriebenen Wellnessclub mit Restaurantbereich. Das konkav gewölbte lichtdurchlässige Dach bildet das fließende visuelle Verbindungselement zwischen Zugangsebene und höher gelegenem Straßenniveau nördlich des Grundstückes. Die Zugangsebene unter den Türmen bietet durch ihre Offenheit und Stützenfreiheit den zuvor bereits erwähnten vollen Durchblick durch den gesamten Komplex. Auch beim Century Tower wird also die Zugangsebene funktional weitestgehend leer „gehalten“, aufgrund ihrer umfassenden Verinnenräumlichung ist sie jedoch nicht dermaßen konsequent konzipiert wie die des HSBC Headquarters. Ein überdachter Platz wäre vermutlich durch die privateren Funktionen im Century Tower nicht angebracht gewesen. Somit wirken die Zugangsebene, aber auch das sehr schmal geratene Atrium in Form des zuvor erläuterten Zwischenbauteils, wie ein etwas missglückter Versuch der Kopie des konzeptionell weitaus maßgeblicheren HSBC Headquarters. Die räumliche Erweiterung des Atriums ins Untergeschoss bereichert hingegen diese ergänzte Kopie.

Commerzbank Headquarters . Frankfurt, 1991–1997, Foster

Der Block des Commerzbank Headquarters ist im Südosten von der Kaiserstraße, im Südwesten von der Neuen Mainzer Straße, im Nordwesten von der Großen Gallusstraße und im Nordosten von der Kirchnerstraße gesäumt. Dieser nahezu quadratische Zuschnitt des Blockes liegt mit seiner ab-

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gerundeten und abgeflachten östlichen Ecke am Kaiserplatz. Entlang der Kaiserstraße (mit teils historischen Einzelgebäuden) und der Neuen Mainzer Straße (mit dem alten Commerzbank Tower) befinden sich mehrere Bestandsgebäude. Fosters Komplex ist von der Großen Gallusstraße und der Kirchnerstraße bis hin zum zentralen Bereich des Blocks angeordnet. Der Kaiserplatz ist ein bedeutender Platz in der Innenstadt von Frankfurt am Main. Insgesamt fünf Straßen münden in diesen Platz. Gegenüber der zuvor beschriebenen abgeflachten Blockecke zum Kaiserplatz hin liegt eine dieser fünf in den Kaiserplatz mündenden Straßen: die Bethmannstraße. In ihrer Sichtachse sieht Foster einen Zugang vom Platz her vor. Der weitere, weitaus großzügiger ausgestaltete Zugang befindet sich aber gegenüber auf der Großen Gallusstraße, wo sich unter anderem auch die Zufahrten zu den Garagen befinden. Die Zugänge sind unabhängig von ihrer Breite beidseitig von folgenden räumlichen Charakteristika geprägt: Eine Treppenanlage führt in das vom Stadtniveau aus um ein Geschoss angehobene Zugangshauptgeschoss. Beide Zugänge bieten einen Vorplatz. Beim schmalen Zugang ist es der Kaiserplatz selbst. Vor der weiten Zugangstreppe an der Großen Gallusstraße erzeugt Foster am eigenen Grundstück einen üppigen außenräumlichen Vorbereich. Die Zugangsrichtung erfolgt auf beiden Seiten uneindeutig. Der Zugang führt nur annähernd in Richtung des zentralen Bereichs des Turmes – dem des Atriums. Er führt auch in Richtung des als öffentliche 14 „Galleria“ vorgesehenen, mit Glas überdachten Innenhofs im Zentrum des Blockes. Diesen räumlichen Zustand kann man hinsichtlich der Orientierung als irritierend oder inkonsequent empfinden, oder einfach als multipolaren Erschließungsbereich interpretieren.

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Die Zugänge sind des Weiteren geprägt von der Zweiseitigkeit der Fassadenstruktur und der Wandoberflächen – dieser Durchgang bildet die Schnittstelle zwischen Alt- und Neubausubstanz. Die angehobene Zugangsebene ist in den Sockelbau beziehungsweise Blockrand des gesamten Komplexes eingebettet. Dieser Sockelbau ist somit grundsätzlich rund sechs bis sieben Geschosse hoch und gewährleistet dort übliche innerstädtische Bauhöhen. Darüber hinaus ragen nur der alte – und vor allem der neue Commerzbank Tower. Foster meint dazu: „Modern high-rise buildings frequently rise abruptly from groundlevel, and in a sense they can be very antisocial structures. But contrast this abrupt insertion of a structure into a cityscape with a nineteenthcentury building type that makes a civic gesture – an arrangement such as the Milan Galleria creates a generous urban space and produces an 15 elegant pedestrian shortcut.“ Weiter zu seiner Passage: „Many historical cities offer dynamic public routes and spaces that cut through entire urban blocks. This tradition is now neglected, but we seized the opportunity to revive and continue it in the Commerzbank project.“16 Im Grunde kann man auch beim Commerzbank Headquarters durchaus von einem bereits in Zwischenkapitel II beschriebenen Sockelbau in Verbindung mit einem Hochhaus sprechen. Darüber hinaus ist durch die Passage in etwa eine räumliche Hofsituation in direkter Verbindung mit einem Hochhaus, ähnlich wie beim Lever House, zu erkennen. Andererseits benötigen kleine Blockdimensionen, wie jene in Frankfurt, nicht zwingend Passagen, und sie benötigen vor allem keine ober-

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geschossigen Passagen. Dieser Zugangsraum wurde also weniger vom metropolitanen Vorfeld aus gedacht, als vielmehr vom Turm selbst aus definiert. Die Anschlüsse an die Stadt funktionieren. Doch als eine dynamische öffentliche Durchwegung, wie von Foster erläutert, ist sie in ihrer Funktion fraglich. Die Passage wirkt wie eine negativarchitektonischer Raum: dieser Zugangsraum wird räumlich durch eine bauliche „Füllungen“ innerhalb des Blockrandes ausgestaltet. Entwurfsstrategisch wurden also der Bestand und die Grundgrenzen gesichtet, der Turm positioniert, der Zugangsraumzuschnitt formiert und der daraus resultierende Restraum zwischen all diesen Komponenten als „Sockelfüllkörper“ ökonomisch pragmatisch verwertet. Diese Füllkörper liegen einerseits direkt am Bestand und heben sich andererseits vom Turm mit einer „Glasfuge“ beziehungsweise einem Glasdach durch mindestens etwa drei Meter ab. Die gekurvten Wandflächen des Zugangsraumes mit den ebenfalls leicht gekurvten Turmkonturen versuchen, sehr vereinfacht, einen organischen Raumfluss zu imitieren. Der Eindruck des Versuches bleibt auch trotz der gefächerten Form der Tragkonstruktion des Glasdaches in der Galleria bestehen. Womöglich verstärkt sich dieser dadurch sogar. Als wesentlich konsequenter ist die Durchbildung des Turmes zu bewerten: Auf der Zugangsebene hat man im Zentrum der Turmkontur einen kaleidoskopisch anmutenden Blick durch einen über 250 Meter hohen Turm bis in den Himmel. Dieses Atrium und seine Leere bilden das unumstrittene hohle Zentrum des Gebäudes. In Verbindung mit den zahlreichen dreigeschossigen „Sky Gardens“17 definieren sie das Konzept für Belüftung und Belichtung, sowie für Aus- und Durchblickangebote für Nutzer im Inneren und auch Betrachter aus dem Stadtraum.

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Der einem (gebauchten) gleichseitigen Dreieck angenäherte Turm besteht somit auch aus drei zweihüftigen Bürotrakten, die an ihren Enden zu den mittlerweile für das Hofhochhaus gängigen „Backstage“Bündeln als Eckausbildung zusammenfließen. Jede dieser drei Ecken versorgt grundsätzlich jeweils ein Drittel der Turmhöhe mit Liften, stattet die völlig flexiblen Büroflächen mit Nebenräumen aus und übernimmt die vertikale Stützung der geschossigen Parapetträger. Nur jeweils zwei von drei drei möglichen zweihüftigen Bürotraktlängen sind mit einem Sky Garden kombiniert, wodurch die innenhüftigen Büroseiten durch diesen „simulierten Außenraum“ einen Tageslichtund Blickbezug ins Freie erhalten. Dieser viergeschossige Sky Garden dient wieder als Zugangs- und Aufenthaltszone der vier jeweils dazugehörigen eingeschossigen Büroetagen auf den beiden restlichen Traktlängen des dreieckigen Turmes. Das Prinzip des Stapelns wird noch um zwei Komponenten zum HSBC Headquarters räumlich bereichert: Das Atrium reicht vertikal durch das gesamte Gebäude hindurch und das viergeschossige Sky Garden„Modul“ mit seinen Büroeinheiten wird, um eine Seitenlänge gedreht, auf das jeweils nächste Modul aufaddiert. Das Ergebnis dieser dadurch entstehenden vertikalen Schraubung sind unterschiedliche Durch- und Ausblicke.

Folgerungen

Rogers und Foster sind von der Moderne geprägt. Mies’ genereller Einfluss auf die Ästhetik der Vertikalverdichtung ist bei Rogers’ und Fosters Entwürfen zu erkennen. Für Ihre Zugangskonzepte bedeutet dies beispielsweise die Auseinandersetzung mit der „Landung“ des

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Turms, wobei hier das Lloyd’s of London sicherlich eher mit den radikalen Ansätzen von Mies’ frühen Berliner Glashochhäusern in Verbindung gebracht werden kann – sei es durch die konsequente Abwesenheit eines Sockels, die durch die halbgeschossige Absenkung des Baukörpers noch verstärkt wird, oder auch durch die Enthierarchisierung von Zugangssequenzen und deren Verbindung mit den innenräumlichen Erschließungen. Es gibt aber auch die formal flexiblere, konzeptionellere Auseinandersetzung mit unregelmäßigen Grundstückszuschnitten, die hier als Vergleich herangezogen werden kann: Mies gleicht diese Unregelmäßigkeiten bei den Glashochhausentwürfen mit der flexiblen Hülle aus, Rogers füllt die Zwickel mit seinen aus dem Inneren verbannten „Backstage“-Bündeln. Mies’ Konzept ist hier also in einem inversen Format wiederzuerkennen. Fosters Projekte lassen hier eher eine Nähe zu Mies‘ später entstandenen amerikanischen Realisierungen erkennen. Die „Auflösung“ des Sockels wird bei Foster weitergedacht und weiterentwickelt. Fosters „Sockelauflösung“ erhielt jedoch nicht die gleiche konsequente räumliche beziehungsweise städtebauliche Einbettung. Zu eindimensional ist die Ausrichtung der Zugangsebene. Sie ist linear mit oft zweifelhaften oder nur symbolischen Anfängen und Enden versehen. Dies ist unter anderem den Einbußen durch die ebenfalls linear-parallelen Ausrichtung der außen liegenden dienenden Funktionen zuzuschreiben, die dadurch eine Art „Tunnelblick“ generieren. Am konzeptionell stärksten ist in dieser Hinsicht aber das HSBC Headquarters Building zu bewerten. Der Platz „davor“ und die Hauptstraße „dahinter“ fassen unmittelbar das Gebäude und bieten auch die adäquate urbane Interaktionsmöglichkeit mit dem städtischen Umfeld. Der Raum unter dem Gebäude profitiert davon und überzeugt außerdem durch wenige, aber konsequent vorgesehene Entwurfsmaßnahmen und die daraus resultierenden Blickbeziehungen: Die Rolltreppen führen durch die Glasdecke in das Atrium, das den Besucher (mittels eines

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beweglichen Spiegelsystems) mit Tageslicht von oben empfängt. Diese Abfolge ist in ihrer horizontalen Version vielfach bekannt. Doch die Umdeutung in die Vertikalität ist außergewöhnlich. Ähnlich verhält es sich dabei mit Fosters Addition von Eingangsbereichen. Durch die Stapelung von Einheiten von einer üblichen städtischen Gebäudehöhe bezieht er sich auf eine „gewohntere“ Verhältnismäßigkeit von Zugangs- zu Regelgeschossen. Dabei lassen sich Rückbezüge auf eine von A. B. Walker erstellte Cartoon, publiziert 1909 in dem damaligen New Yorker Massenblatt „Life“, herstellen.18 Diese Zeichnung zeigt eine regalähnliche Stapelung von Villen in einem offenen Stahlskelett und führt somit bereits die Addition von gebräuchlichen Typologien in ihre vertikalisierte Form über. Beim HSBC Headquarters Building sind diese gestapelten Einheiten bis zu achtgeschossig. Die räumlichen Defizite aufgrund des generellen strukturell-architektonischen Konzeptes der auch horizontal addierbaren „Scheiben“ wurden für diese Eingangsebenen bereits zuvor erläutert. Beim Century Tower sind die Einheiten zweigeschossig und in ihrer Ausformulierung mit jeweils einer Haupt- sowie Galerieebene gering ausgeprägt. Beim Commerzbank Tower handelt es sich um viergeschossige Einheiten, die durch die räumliche Varianz der Stapelform und durch die Kombination von Atrium, viergeschossig hohem Allgemeinbereich („Sky Garden“) und den vier doppelhüftigen Regelgeschossen innerhalb der Einheit, in ausführliche räumliche Bezüge gebracht werden. Ein konzeptioneller Bezug der Hofhochhäuser zum in Zwischenkapitel II beschriebenen Larkin Building von Frank Lloyd Wright in Buffalo ist durchaus herstellbar. In der Biographie Rogers’ sowie Fosters ist dieser Bezug indirekt nachgewiesen.19 & 20 Die teilweise sehr direkte Bezugnahme auf dieses verhältnismäßig

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niedrige Gebäude ist jedoch bestimmt ein Mitgrund, warum sich diese Typologie nie flächendeckend im Hochhausbau verbreitet hat. Ab einer gewissen Gebäudehöhe kann der Lichteinfall nicht mehr berücksichtig werden, das Atrium ist somit um ein wesentliches gestalterisches Element ärmer. Atrien, die, wie jene der Passage des Commerzbank Headquarters oder des Innenhofes des in Zwischenkapitel II beschriebenen Lever House, direkt an das Hochhaus angrenzen, haben sich unter anderem deshalb viel öfter durchgesetzt, weil diese lichtdurchfluteten Räume aus der unmittelbaren Hochhausstruktur herausgelöst wurden. Aber die Verlagerung der dienenden Räume in die äußeren Bereiche des Gebäudes und die daraus resultierenden innenräumlichen Möglichkeiten, wie die zentrale Anordnung eines Atriums oder die Flexibilisierung der Hauptnutzflächen, ermöglichen in der Vertikalverdichtung eine wesentliche Variabilität auch in der Ausgestaltung der Zugangsebene. Dies wurde von Rogers und Foster ausgiebig versucht. Das Resultat sind völlig neue Bezüge und Wertigkeiten zwischen Innen-, Außenund auch diesen Zwischenräumen, auch für metropolitane Zugangsinszenierungen, da plötzlich dort Raum für diese Sequenz entstand, wo sonst dunkle kleinteilige Gebäudekerne vorgesehen waren. Der Metabolismus und Archigram in den 1960er Jahren haben Rogers und Foster konzeptionell abseits der klassischen Moderne ergänzend mitgeprägt. Das Ergebnis waren ein noch höheres Bedürfnis nach ortsungebundener Architektur, deren nahezu vollständige Vorfertigbarkeit, wie man es auch mittlerweile längst bei Maschinen vorsah, sowie das architektonische Angebot an das Gebäude, zu wachsen oder zu schrumpfen oder sich einfach permanent zu verändern. Das Büro Ove Arup war sowohl an Rogers’ Lloyd’s of London wie auch an allen anderen hier erläuterten Projekten Fosters planerisch be-

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teiligt. Dies erklärt mitunter etwaige strukturelle Ähnlichkeiten, vor allem bei den beiden nahezu gleichzeitig entstandenen Lloyd’s of London und HSCB Headquarters.

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Anmerkungen

1. Sudjic, Deyan: „Richard Rogers – Bauten und Projekte“ S.12. 2. Sudjic, Deyan: „Richard Rogers – Bauten und Projekte“ S.72. 3. Sudjic, Deyan: „Richard Rogers – Bauten und Projekte“ S.74. 4. Sudjic, Deyan: „Richard Rogers – Bauten und Projekte“ S.66. 5. Sudjic, Deyan: „Richard Rogers – Bauten und Projekte“ S.66. 6. Benedetti, Aldo: „Norman Foster“ S.149. 7. Benedetti, Aldo: „Norman Foster“ S.146–149. 8. Benedetti, Aldo: „Norman Foster“ S.146–149. 9. Foster, Norman: „Norman Foster – Buildings and Projects of Foster Associates, Volume 3, 1978–1985“ S.132. 10. Treiber, Daniel: „Norman Foster“ S.86. 11. Benedetti, Aldo: „Norman Foster“ S.146–149. 12. Benedetti, Aldo: „Norman Foster“ S.146–149. 13. Jenkins David (Hrsg.): „Norman Foster – Works 3“ S.334 bzw. 382 f. 14. Jenkins David (Hrsg.): „Norman Foster – Works 4“ S.52. 15. Jenkins David (Hrsg.): „Norman Foster – Works 4“ S.49. 16. Jenkins David (Hrsg.): „Norman Foster – Works 4“ S.49. 17. Jenkins David (Hrsg.): „Norman Foster – Works 4“ S.52. 18. Koolhaas, Rem: „Delirious New York: Ein retroaktives Manifest für Manhattan“ S.79–81. 19. Sudjic, Deyan: „Richard Rogers – Bauten und Projekte“ S.14. 20. Jenkins David (Hrsg.): „Norman Foster – Works 2“ S.49.

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Zwischenkapitel III

Zwischenkapitel III Kopie, Weiterentwicklung oder Bruch

Die Architektur von Ludwig Mies van der Rohe kann bis heute als ein bleibender Maßstab für die auf ihn folgenden Entwicklungen angesehen werden. Das Hochhaus und seine stilistischen, innovativen und städtebaulichen Konzeptfortschreibungen nach beziehungsweise auf Basis von Mies’ Entwürfen, vor allem auch hinsichtlich der Zugangsinszenierung im metropolitanen Umfeld, münden in drei unterschiedliche „Bekenntnisse“: In die „Kopie“ von Mies, in die „Weiterentwicklung“ seiner Konzepte, aber auch in den „Bruch“ mit seinen seit den 1920er Jahren weiterentwickelten Ausgestaltungsprinzipien. Eine beträchtliche Anzahl von Mies-Schülern und Mies-Anhängern verpflichtete sich dem „Kopieren“ von Mies’ ästhetischen Ansätzen. Material, Proportionen, Struktur, Fassadensystem und die „Auflösung“ des Sockels mit seinen spezifisch Mies’schen Ausgestaltungen wurden bis ins Detail verblüffend direkt übernommen, oft aber auch, vor allem im Bereich der Zugangsinszenierung, äußerst ungeschickt abgewandelt. Speziell in östlichen nordamerikanischen Metropolen wie New York, Chicago, Toronto oder auch Montreal stößt man auf unzählige Beispiele für dieses Kopieren. Rem Koolhaas hat einige Aspekte der „Miesians“ im Rahmen seines Beitrages zum Buch „Mies van der Rohe in America“ unter dem nicht

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untreffenden Titel „Miestakes“1 erläutert. Er bezieht sich hierbei zwar eher auf seine Erfahrungen mit Kritikern im Zuge seiner Projektierung des McCormick Tribune Campus Center am Illinois Institute of Technology (IIT) Ende der 1990er Jahre, das in direkter Nähe von Mies’ Universitätscampus im südlichen Chicago liegt, jedoch ist dabei einiges Allgemeingültiges erkennbar. Er spricht hier in reformatorischer Inbrunst als selbsternannter Miesexperte und Miesliebhaber2 diese problematischen Aspekte des kopierenden und mumifizierenden Miestums an; seine Kritik mündet beispielsweise in folgende Statements: „I do not respect Mies, I love Mies. I have studied Mies, excavated Mies, reassembled Mies. I have even cleaned Mies. Because I do not revere Mies, I’m not at odds with his admirers.“3 Und weiter: „Can respect kill? Mies needs to be protected from his defenders.“4 Wie anhand der Sonderform des Hofhochhauses im Rogers und FosterKapitel erläutert, gibt es auch eine klare „Weiterentwicklung“ durch unterschiedliche spät- oder neomodernistische Ansätze auf Basis von Mies’ Entwurfsprinzipien. Die Hofhochhäuser von Rogers und Foster sind eine „Ideengruppe“ davon, mit der sie beispielsweise die Hochhausmoderne mit zusätzlichen, damals aktuelleren gesellschaftlichen und technologischen Ansätzen zu veredeln versuchten. Flexibilität, Vernetzung und anspruchsvollere und individualisiertere Aufenthaltsqualitäten für die Nutzer traten als Veränderungen bei ihnen nun verstärkt in den Vordergrund. Konstruktiver und räumlicher Mehraufwand bremste jedoch die Entwicklung und Vermehrung dieser Konzepte. Sie waren einfach oft technologisch komplizierter und weniger ökonomisch. Ein weiterer umfangreicher Anteil der Architekturproduktion verschrieb sich aber vor allem dem „Bruch“ mit Mies. Oft blieb man dabei konzeptionell Mies’ Ansätzen aufgrund ihrer beinahe unumstößlichen Logik treu, bezog sich stilistisch jedoch auf den Beginn der für den

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Zwischenkapitel III

Hochhausbau immer im Pseudohistorismus stecken gebliebenen ursprünglichen Entwicklungen. Einer der markantesten und medial am ausgeprägtesten inszenierten Beiträge dazu war Philip Johnsons AT&T Corporate Headquarters Building in New York. Das Gebäude wurde vor allem durch seinen plakativen giebelartigen Dachabschluss, der generell die Architekten von da an wieder ermutigte dem Flachdach abzuschwören, ein unverkennbarer Fixbestandteil in der New Yorker Skyline. Des Weiteren weist es durch die vorgesehene Rückkehr zur steinverkleideten Lochfassade, und somit durch seine Abkehr von der omnipräsenten gläsernen Curtain-Wall-Fassade zusätzlich eine deutliche stilistische Richtungsänderung auf. Es ist jedoch auch im Zusammenhang mit weiteren davor wie auch danach ausgeführten Projekten Johnsons in seiner Anbindung an die metropolitane Umgebung beispielgebend für große Teile der oft auch reaktionären postmodernen Strömungen. Darüber hinaus ist Johnsons Architektur, in ihrer Gesamtheit, auch ein seltenes und markantes Beispiel für viele Aspekte aller drei vorhin angeführten Strömungen: Kopie, Weiterentwicklung und Bruch. Vor allem auch durch seine geschickte mediale Vernetzung wurde Johnson auch oft als Hauptakteur all dieser Strömungen stilisiert. Johnson-Biograph Franz Schulze schreibt beispielsweise dazu: „Nach der Miesanbetung der fünfziger Jahre und den formalistischen Unternehmungen der sechziger und frühen siebziger Jahre begann Philip Johnsons dritte Schaffensperiode am 30. März 1978, als die American Telephone and Telegraph Company ihre Pläne kundtat für den Bau eines neuen, 200 Meter hohen Hauptverwaltungsgebäudes, das auf der New Yorker Madison Avenue zwischen 55. und 56. Straße errichtet werden sollte. Dieser Bau war in keiner bedeutsamen Hinsicht technisch herausragend oder stilistisch innovativ. Dennoch hatte er schon vor Beginn der

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Ausschachtungsarbeiten den Effekt, den Star Philip zum Superstar der Architektenwelt zu erheben. Während der Jahre, die nötig waren, um das Gebäude 1984 zum Abschluss zu bringen, sowie in der ganzen folgenden Zeit haben die Architekturkritiker keine Einigkeit erzielen können über den eigentlichen Wert des Entwurfs, obwohl man in der Öffentlichkeit übereinstimmend der Meinung war, dass der Mann, von dem der Entwurf stammte, dadurch zum berühmtesten aller lebenden Architekten wurde. Ehe das AT&T Building irgendwelche sonstigen Eigenschaften aufweisen konnte, war es also ein Triumph der Imageproduktion, der es in den siebziger Jahren immer erfolgreicher gelungen war, die Kunst in den Griff zu bekommen. Das als internationales Kommunikationsmedium unübertroffene Magazin „Time“ zeigte Philip auf dem Umschlag des Heftes vom 7. Januar 1979. Auf diesem Titelbild blickte Philip ein wenig auf den Betrachter herab, während er ein Modell der Fassade des Gebäudes in Händen hielt. [...] Niemand hätte die unbeabsichtigte Ironie genauer zu erkennen vermocht als Philip selbst, der seit seinem ästhetischen Parteienwechsel von Platon zu Nietzsche wusste, dass es in der Kunst keine nachweisbaren Tatsachen gibt, wohl aber Meinungen, denen man genügend Gewicht verleihen kann, um sie als überzeugenden Ersatz zu verwenden. Demnach gibt es weder mosaische noch sonstige Gesetze, sondern nur die Kraft der Überzeugung [...]“5 Auch ich konnte keine eindeutige Erkenntnis über die Qualitäten und Eigenschaften des Entwurfes erzielen. Weiters ist hinsichtlich der Zugangsinszenierung des Gebäudes neben dem Wert des Entwurfes auch Johnsons Bruch mit Mies schwer zu beurteilen und vielfältigst deutbar. Keineswegs ist darin jedoch eine Revolution zu orten, allenfalls eine Adaptierung der architektonischen Überzeugungen.

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Ich versuche also, mangels „mosaischer Gesetze“, mittels zweier konträrer, aber gleichwertiger Interpretationsvarianten das gestalterischkonzeptionelle Naheverhältnis Johnsons zu Mies, beziehungsweise seinen Bruch mit ihm, darzustellen...

Interpretationsvariante I: Die erdgeschossige Landschaft des AT&T Building kann sehr klar als ein affirmativer Bezug auf Mies’ aufgelöste Sockelzonen betrachtet werden. Johnson hält die geschlossenen Bereiche im Parterre gering und bietet somit auf dieser Ebene einen umfangreichen Freiraum in Form von Arkaden. Die Nebenfunktionen und Vertikalerschließungen gruppieren sich weitestgehend im Zentrum des Gebäudes in Form eines dunklen Kernes rund um eine Eingangshalle. Im „rückseitigen“, von der Madison Avenue abgewandten Bereich befindet sich ein „Anbau“ an das Hochhaus, der versucht, sich räumlich durch eine Passage abzusetzen, welche die 55. mit der 56. Straße verbindet. Die Ambivalenz der gestalterisch-konzeptionellen Motive ist auch hier klar mit dem Seagram Building in Bezug zu bringen. Ein Beispiel hierfür ist die Öffnung des Hochhauses zum öffentlichen Raum sowie die gleichzeitige markante gestalterisch-räumliche Abgrenzung zu diesem. Ein weiteres Beispiel ist auch die Anbindung des rückwärtigen Anbaues an das Hochhaus. Diese Bindung wird sowohl durch die gerichtete und geviertelte tonnenförmige Dachkonstruktion zum Hochhaus hin als auch durch die zahlreichen Öffnungen zum Arkadenbereich unter dem Hochhaus verstärkt. Gleichzeitig trennt Johnson die beiden Baukörper klar; in seinem Fall durch deren Unterschiedlichkeit in Materialität, Lichtstimmung und Ausgestaltung der Konstruktion. Die Passage präsentiert sich als fragile, weiß lackierte und mit Licht durchflutete Stahl-Glas-Hülle. Der Parterrebereich des Hochhauses hingegen ist eine von Schwere beseelte Granithöhle.

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Interpretationsvariante II: Die erdgeschossige Landschaft des AT&T Building kann jedoch auch als ein klar verneinender Bezug auf Mies’ aufgelöste Sockelzonen betrachtet werden. Während Mies die Grenze zwischen „Drinnen“ und „Draußen“ konzeptionell zum Verschwinden bringen will, wird sie von Johnson thematisch bewusst aufgezeigt. Das Problem dabei ist jedoch ein gewisses „Erliegen“ dieser Begrenzung zwischen diesen beiden essenziellen Polen. Johnson reagiert beispielsweise auf die Tiefe des Straßenraumes an den jeweiligen Fassadenseiten mit der Höhe der Arkadenöffnungen. Er reagiert darauf jedoch nicht mit der Raumhöhe dahinter. Die Lichtzufuhr zum Arkadenumgang wird somit durch über den Arkaden angeordnete kreisrunde Öffnungen „ergänzt“. Das mächtige Eingangsportal an der Madison Avenue ist in seiner Dimension einer Avenue „würdig“. Durchschreitet man das Portal, befällt einen ein beklemmendes Gefühl der Kleinheit der Eingangshalle trotz ihrer noch immer imposanten Höhe von rund 25 Metern. Die im oberen Bereich des Portals befindliche kreisrunde Öffnung bringt nämlich bereits Licht in das darüber liegende Geschoss und vermittelt dem Besucher außerdem den Eindruck, in eine plötzlich auf die Dimension einer kleinen gotischen Kapelle schrumpfende Eingangshalle zu stoßen, da man von außen die Höhe des Eingangsbereichs auch hier falsch einschätzt. Thematisch ist diese Öffnung mit ihrer Portalsfunktion durchaus auf die Funktion dahinter abgestimmt. Darüber liegt hinter der kreisrunden Öffnung eine „Sky Lobby“6 & 7, eigentlich die funktional tatsächliche Zugangszone zum Hochhaus mit all den Nebenfunktionen und weiteren Liftgruppen nach oben. Während Mies auch die Grenze zwischen „Drüber“ und „Drunter“ räumlich klar mit seinem Antisockel an einer präzisen Ebene zieht, beginnt Johnson also, auch diese räumlich zu lockern und zu verschränken.

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Unabhängig von der Interpretationsvariante ist klar ein Bezug zu Mies‘ Konzepte zu erkennen. Johnson entwickelte bereits vor, vor allem aber nach dem AT&T Building zahlreiche Hochhäuser im dichten städtischen Kontext. Beispielgebend für große Teile der postmodernen Hochhausproduktion ist dabei die wenig innovative Auseinandersetzung mit konzeptionell markanten Formulierungen des Zugangs und den gegebenenfalls dadurch entstehenden Auswirkungen auf das gesamte Gebäude in seiner Innenwie auch Außenwirkung. Innovation und Vielfalt bezogen sich tendenziell hauptsächlich auf die Formierung der Hülle und Dachabschlüsse der Gebäude, und weniger auf den Innenraum und seine sich dadurch gegebenenfalls sich ändernden systemischen Bezügen zwischen Haupt- und Nebenfunktionen und deren Erschließung. Die konzeptionellen Intensionen können somit zumeist mit dem Mies’schen Konzept-Dreisprung und dessen „Prothesen“ (Anbau, Pavillon, öffentliches Untergeschoss) in Verbindung gebracht werden. Man bediente sich auch der Ideen vom Plaza, von der „Sockelauflösung“ und von den Zwillingstürmen sowie vieler weiterer Konzepte, die Mies wesentlich mitprägte und welche die Postmoderne, wenn sie nicht in der Oberflächlichkeit versinken wollte, generell revolutionieren wollte. Metaphorisch formuliert bedeutet also schließlich ein Bruch nicht, dass eine Bezugslosigkeit zwischen den beiden Bruchkanten bestehen kann. Sehr eigenständige und städtebaulich innovative Ansätze hierbei bietet durch seine differenzierte Zuneigung zu Mies etwa aber Rem Koolhaas. Dieser baute (lange) keine Hochhäuser, begann aber spätestens in den 1990er Jahren, sich unter anderem mit der Thematik des Hochhausensembles und seiner konzeptionellen Weiterentwicklung auseinanderzusetzen.

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Kopie – Weiterentwicklung – Bruch, Schnittschemata

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Zwischenkapitel III

Anmerkungen

1. Lambert, Phyllis: „Mies van der Rohe in America“ S.716–743. 2. Lambert, Phyllis: „Mies van der Rohe in America“ S.720. 3. Lambert, Phyllis: „Mies van der Rohe in America“ S.720. 4. Lambert, Phyllis: „Mies van der Rohe in America“ S.727. 5. Schulze, Franz: „Philip Johnson – Leben und Werk“ S.392 f. 6. Schulze, Franz: „Philip Johnson – Leben und Werk“ S.399 7. Blake, Peter: „Philip Johnson“ S.195.

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Koolhaas

Koolhaas Vergrößerungen durch Verknüpfungen und durch abhebende Sockel

Rem Koolhaas (1944– ) und Elia Zenghelis lernten sich an der Architectural Association in London kennen. Sie gründeten 1975 gemeinsam mit Zoe Zenghelis und Madelon Vriesendorp das bis heute renommierte Office for Metropolitan Architecture (OMA). Koolhaas und das OMA beschäftigen sich grundsätzlich mit Architektur im Kontext von Urbanität und Öffentlichkeit. Die Architektur wird gemeinsam mit ihrem räumlichen, kulturellen und gesellschaftspolitischen Umfeld ausführlichen Untersuchungen unterzogen. Architektonische, städtische wie auch überregionale Phänomene werden stets aktuell reflektiert und führen zu allgemein prägenden Ideen und Konzepten.

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Togok Towers . Seoul, 1996

Koolhaas schrieb zum damals konstruktiv-konzeptionellen Entwicklungsstand der Vertikalverdichtung: „There has been no real ‚invention‘ in the skyscaper since the Seventies [des 20. Jahrhunderts]. Their structural principles have remained stagnant – the Tower as a Tube: the taller, the deeper its plan, the further removed its floor space from daylight and Tower as Pyramid: the taller, the broader its base, the vast majority of its accomodation in its dark lower half, an elitist fraction at the top.“1 Seine technischen und gestalterischen Schlussfolgerungen daraus waren, von da an einen Turm im Verhältnis zu seiner Höhe unverhältnismäßig schlank auszugestalten und ihn, anstelle einer statisch somit grundsätzlich daraus zu folgernden „Mehrbreite“, mittels struktureller Verbindungen unter anderem gegen statisches Knicken mit weiteren Türmen zu stabilisieren. Die Togok Towers wurden im Rahmen von Überlegungen des Unternehmens Samsung hinsichtlich eines neuen Hauptsitzes im Seouler Stadtviertel Dogok des Stadtbezirkes Gangnam in Form einer Studie für einen Hochhauskomplex konzipiert.2 In dieser Studie gruppieren sich fünf Hochhäuser, die bis zu 400 Meter hoch sind. Zwei schiefe Türme „lehnen“ sich dabei (in einigen Versionen der unklar variierenden Darstellungen) an jeweils zwei vertikale Türme. Der in der Mitte platzierte „Hauptturm“ berührt beide dieser schiefen Türme. Auf rund 200 Meter Höhe sind alle Türme außerdem mit einem horizontalen Fachwerksrahmen verknüpft, der alle Bauteile miteinander in eine direkte konstruktive Beziehung stellt und somit die statisch sonst schwer umsetzbaren Schlankheiten ermöglicht. Durch die bereits angeführten direkten „Turmberührungen“ entstehen auch punktuelle räum-

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liche Verbindungen zueinander. Mit den so erreichten Schlankheiten konnte in dem Bauwerk trotz seiner Höhe ein umfangreicher Tageslichtanteil erzielt werden und gleichzeitig durch diese zwar noch etwas zögerlichen, aber doch existenten räumlichen Bauteilverbindungen zueinander ein vernetzterer vertikalverdichteter Komplex entstehen. Für den Zugang aus einem metropolitanen Umfeld in ein Hochhaus hat dies aber für den einzelnen Turm noch verhältnismäßig wenig Neues gebracht. Doch da Koolhaas von „einem“ Gesamtgebäude spricht, aufgrund der statischen Abhängigkeit und der räumlichen Verbindungen zwischen den Türmen, und nicht von einer symbiotischen Ansammlung derselben, kann man Veränderungen für den Zugang dahingehend erkennen, dass die Zugangszone multipler und in ein neues stadträumliches Spannungsfeld gesetzt wird. Der Plaza (der bei gewissen Darstellungen je nach Version auch als Sockelbau dargestellt ist) wird zu einer Landschaft aus großformatigen Zwischenbereichen – großformatig aufgrund der durch die schiefen Türme überdeckten Bereiche und großformatigen Tageslichteinfallspiele. Der Zugang zu den Türmen selbst teilt sich unscheinbar und flexibel auf die fünf „Normalturm“-Grundrisszuschnitte auf, die optional auch in einen Sockelbau integriert werden könnten.

Hyperbuliding . Bangkok, 1996

Koolhaas schrieb zur selben Zeit zur metropolitanen (Nach-)Verdichtung und Vernetzung: „[...] the Hyperbuilding – a self-contained city for 120,000 – is clearly the ‚next step‘, it should not be confused with high-tech. It will only

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work if we can combine the visionary ambition of the hyper-scale with a de-escalation of its technicality, with a degree of elementary simplicity.“3 Koolhaas versuchte also, die metropolitane Weiterentwicklung nur auf Basis einer technischen Abrüstung anzudenken. Dies ist eine relevante Folgerung aus den beispielsweise bereits davor entwickelten Hofhochhäuserkonzepte von Rogers und Foster, welche sich noch maßgeblich auf neue, aber aufwändige technologische Innovationen bezogen. Diese Folgerung resultierte aber bestimmt auch aus dem Ansatz Koolhaas’, dass Hyperbuildings grundsätzlich besser nur in „unfertigen“ Metropolen mit hoher Entwicklungsrasanz zum Einsatz kommen sollten, da sie dort viel umfangreicher ihr beispielgebendes Teillösungsangebot für heutige Metropolen entfalten können. Das Hyperbuilding in Bangkoks Phra Pradaeng, einer großen Grünfläche auf einer Landzunge südwestlich des direkt angrenzenden Flusses Chao Phraya, der diese Landzunge nahezu umschließt, ist eine weitere Studie des OMA aus dem Jahr 1996, welche als Weiterentwicklung der Togok Towers in Seoul betrachtet werden kann. Der bis zu rund 1000 Meter hohe Komplex besteht aus einem in Umfang und Diversität noch reicheren Ensemble von Hochhäusern. Es sind die unterschiedlicheren Zuschnitte, Positionierungen und Bezüge zueinander, die ein umfangreiches und vielfältiges räumliches Gesamtgebilde flechten. So steht ein Turm beispielsweise im Fluss. Ein weiterer kleiner Turm steht für sich allein im Grünraum. Ein anderer Turm beginnt erst ab 100 Meter Höhe, weitere Türme stehen auf anderen Türmen, und wieder andere sind abgehängt von den beiden ebenfalls vorgesehenen Plattformen. Diese zwei horizontalen Plattformen, die erste ist auf rund 400 Meter, die weitere auf rund 700 Meter Höhe, sind, neben ihrer statischen Notwendigkeit der Gesamtstabilisierung des Komplexes, vor allem

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auch der Schwerpunkt öffentlicher Funktionen für die cirka 120.0004 Nutzer des Komplexes. Die horizontale Ausbreitung einer Plattform bietet dafür einen besseren räumlichen Zuschnitt für gewisse Funktionen, als es beispielsweise ein Turm könnte. Durch die zentrale Integration solcher Zentren innerhalb eines Komplexes und fernab des eigentlichen Stadtniveaus entsteht eine gewichtige räumliche Verschiebung oder Vermehrung der Position(en) des Zuganges zu Hochhäusern – abgesehen von den urbanen Verschiebungen. Bei hunderte Meter hohen Türmen können dadurch teilweise Zugangshallen plötzlich an der Oberseite, oder irgendwo auf deren mittlerer Höhe des Hochhauses vorgesehen werden. Veränderungen des Zugangs in der metropolitanen Vertikalverdichtung können sich diesbezüglich nur erahnen lassen. Eine konkrete gestalterische und konstruktive Ausarbeitung gibt es zu der Studie leider nicht. Die vier schiefen Türme „spezialisieren“ sich verstärkt auf die Erschließung des Hyperbuilding. Diese Erschließung übernimmt tendenziell den „regionalen“ Zugang des Komplexes. So übernehmen diese Türme beispielsweise die Anbindungen an weitere Stadtteile Bangkoks, jenseits des Flusses oder jenseits des Parks. Sie beschränken sich aber nicht nur auf die Funktion des Zugänglichmachens, sondern vermischen sich wie eine öffentliche großstädtische Straße mit allen nur erdenklichen Funktionen. Auch horizontale und vertikale Erschließungskonzepte beginnen hierbei in speziellerer Form zu verschwimmen. Koolhaas nennt sie „diagonale Boulevards“. Sie sind durch Seilbahnen, Gondeln oder Riesenkabinenlifte erschlossen. Diese „Promenaden“ erlauben es auch, fußläufig von der Stadt aus das Hyperbuilding flanierend zu erschließen.

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Bis zu zwölf Kilometer Fußgängerzone sind im gesamten Komplex vorgesehen.5 Durch die Vervielfachung und funktionale Veröffentlichung des Hochhauses durch verbindende Plattformen jenseits des Stadtniveaus zu einem Hyperbuilding entsteht eine räumliche, hierarchische und strukturelle Verschiebung des Zuganges. Des Weiteren muss durch die Dimension des Komplexes eine noch stärker selbstreferenzielle Erschließung im großen Umfang vorgesehen werden. Beim Hyperbuilding wird dies beispielsweise durch den Grünraum, der unter dem Komplex bestehen bleibt, verstärkt. In sich und mit der Stadt eng verknüpft, steht der Bau wie ein Solitär auf dieser Landzunge. Die Urbanität und sein dazugehöriger Stadtraum werden durch die schiefen Türme nach oben in die Plattformen „gesaugt“. Der distanzierte Kontakt zum Grünraum erinnert an Le Corbusiers Wohnbaukonzepte, wie etwa die Villa Savoye und vor allem seine Unité d’Habitations. Die multifunktionale Typologie „Hyperbuilding“ ist nicht nur eine in ihrer Realisierung zeitlich entfernte Vision, sondern wird direkt und indirekt hinsichtlich Konzept und Gestalt unmittelbar weiterverfolgt. Das Projekt „Museum Plaza“ in Louisville in den Vereinigten Staaten von Amerika ist ein Beispiel für diese direkte Folge. Der Entwurf von REX Architects aus 2005 ist derzeit im Bau. Chef des Büros ist Joshua Prince-Ramus, jener Mann, der zuvor das OMA New York geführt und dann in REX Architects übergeführt hat. Bei diesem Entwurf ist die Plattform noch dominanter als beim Hyperbuilding. Kein Turm durchdringt die Plattform. Dies liegt vor allem am Konzept von REX: Sie gehen von einem erhöhten Niveau in der Stadt aus. Von diesem Niveau weg ist ein Sockelbau mit Türmen darauf vorgesehen. Dieses Konzept wird entgegen der Schwerkraft horizontal gespiegelt und so

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nach unten in Richtung des originalen Stadtniveaus verdoppelt. Der dadurch höhenmäßig etwa mittig sitzende Sockel des Komplexes wird durch einen zusätzlich angefügten schiefen „Extraturm“ mit dem bestehenden Stadtraum von Louisville verbunden. Die konzeptionellen Adaptierungen beim „Museum Plaza“ führen jedoch eher zu inkonsequenten strukturellen und stadträumlich unlogischeren Lösungen als beim originalen „Hyperbuilding“, und somit nicht zu dessen Weiterentwicklung sondern zu einem konzeptionellen Nebenstrang. Indirektere Weiterverfolgungen oder Annäherungen an das Konzept des Hyperbuildings wie auch an die Togok Towers sind Koolhaas’ CCTV Tower und Shenzhens Stock Exchange, da diese Projekte nur konzeptionelle Teilaspekte dieser Studien übernehmen.

CCTV Tower . Peking, 2002–2012

Im Jahr 2002 schrieb die Beijing International Tendering Company einen Wettbewerb für die neue Hauptniederlassung der staatlichen chinesischen Rundfunkanstalt aus. Zehn Teilnehmer waren zugelassen, darunter international renommierte Architekturbüros wie jene von Toyo Ito, SOM (Skidmore, Owings and Merrill), Dominique Perrault und das OMA mit Rem Koolhaas.6 Das OMA konnte den Wettbewerb für sich entscheiden. Der Wettbewerb umfasste den CCTV Tower, den TVCC Tower und ein kreisrundes, aus den Türmen weitestgehend ausgelagertes Technikund Servicegebäude. Beim CCTV Tower handelt es sich um einen beachtlich großen multifunktionalen Rundfunkkomplex. Der TVCC

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Tower ergänzt diesen durch riesige Veranstaltungshallen und eine umfangreiche Hotelanlage. Das Grundstück liegt rund fünf Kilometer östlich des historischen Stadtkerns von Peking, mit seiner Verbotenen Stadt und dem davor gelegenen Platz des himmlischen Friedens. Es liegt somit im derzeit entstehenden Central Business District (CBD), im Stadtbezirk Chaoyang. Im CBD entstehen derzeit zahlreiche Hochhäuser. Der CCTV Tower sowie der TVCC Tower waren dort eine der ersten geplanten Projekte. Das trapezförmige Grundstück des CCTV Headquarters liegt auf einem rund zehn Hektar großen Gelände, das davor für die Produktion von Motorrädern genutzt wurde7 – ein perspektivisch und symbolisch prädestinierter Wandel eines Ortes für eine ganze Gesellschaft. Es liegt auch östlich in unmittelbarer Nähe zur East 3rd Ring Road Middle, einer von einigen ringförmigen Schnellstraßen Pekings, und nördlich zur Guanghua Road. Beide bilden am südwestlichen Ende des Grundstückes einen räumlich mehrschichtigen Verkehrsknotenpunkt, da die Ringstraße in Form einer Hochstraße durch die Stadt geführt wird. An diesem Grundstückseckpunkt ist auch der CCTV Towerkomplex des CCTV Headquarters bündig platziert, auf den ich hier näher eingehen werde. Der Baukörper des CCTV Towers gliedert sich in zwei Hauptteile: in den Sockel und den symbolträchtigen Baukörper darauf – ich nenne ihn die „Turmschleife“. Die „Turmschleife“ selbst besteht aus vier weiteren Gliedern: aus zwei vertikalen „Hochhausteilen“ und zwei horizontalen „Winkeltrakten“, welche die beiden zueinander versetzten Hochhäuser miteinander sockelseitig wie auch an der Oberseite zu dieser Turmschleife verbinden. Die beiden „Winkeltrakte“ sind diagonal gespiegelt an die jeweiligen Enden der beiden Hochhäuser angefügt. Der obere abschließende

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„Winkeltrakt“ kragt in Richtung des oben erwähnten Verkehrsknotenpunktes und markiert somit städtebaulich nochmals diesen Punkt. Von dieser südwestlich gelegenen Ecke ist die Turmschleife andererseits jedoch wieder maximal abgerückt, indem sie mit dem Sockel bündig an der nordöstlichen Ecke des Gebäudes sitzt. Der auskragende Winkeltrakt an der Oberseite hat eklatante statische Auswirkungen auf die drei weiteren Glieder der Turmschleife, denn durch diese Auskragung geraten alle vier Glieder in ein zusammenfügendes statisches Abhängigkeitsverhältnis. Die einzelnen Funktionscluster (Konzernleitung und Verwaltung, Geschäftsbüros, Nachrichten, Ausstrahlung und Produktion) werden somit nicht nur in einen „stabilen Kreislauf“ der Funktionen in Form der „Turmschleife“ gebracht, sondern mittels dieser statischen Abhängigkeit sogar untrennbar miteinander verbunden. Im oberen Winkeltrakt, jenem Gebäudeteil, der diese funktionale Verbindung an der Oberseite übernimmt und die statische Abhängigkeit weitest gehend auslöst, sind „symbolverdächtig“ die Konzernleitung und die Verwaltung untergebracht. Koolhaas schreibt dazu: „CCTV combines administration and offices, news and broadcasting, program production and services – the entire process of TV-making – in a loop of interconnected activities. Two structures rise from a common production platform that is partly underground. Each has a different [functional] character [...] [...] they join at the top to create a cantilevered penthouse for the management. A new icon is formed [...] not a predictable 2-dimensional 8 tower ,soaring‘ skyward, but a truly 3-dimensional experience [...]“ Und weiter: „The towers press their overhanging heads together, as if each were wearied by the effort to remain upright. Neither would stand if the other gave way.“9

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Und: „The looping structure around an abscent center creates patterns that organize the behavior of individual human occupants as well as the collective functions of the CCTV-community.“10 Die „Turmschleife“ in sich ist gestalterisch nach außen hin sehr homogen und, vom strukturellen Konzept her betrachtet, banal („RöhrenHochhaus“). Der funktionale Hauptinhalt wirkt dadurch etwas beliebig und pragmatisch in die aus der Sicht der Detailfunktionen beliebige Form gezwängt – ein gestalterisches Phänomen, das in Zwischenkapitel III anhand der ebenfalls konzeptionell etwas beliebig formulierten Hüllen beispielhafter postmoderner Hochhäuser wie der von Johnson bereits erläutert wurde. Statisch sind die Hülle und die Liftkerne wirksam. Die Skelettkonstruktion in der Hülle versucht, den statischen Kraftverlauf weitestgehend authentisch und sichtbar abzubilden. Eine aktive Medienfassade ist vorgesehen und verstärkt somit nochmals die Homogenität dieses Baukörpers. Der Sockel ist hingegen ein sehr heterogener und vielseitiger Bauteil. Seine größte Fassade, die des begehbaren Daches, verfügt über großzügige Parks, unterschiedlichste Lichtöffnungen, Abgänge und Innenhöfe. Der Sockel ist aber nicht klar von der darauf platzierten Hauptfigur abgelöst oder gestalterisch getrennt, wie man es im klassischen Sinne kennt, sondern beide Hauptteile weisen gestalterisch verschwimmende Übergänge in den jeweils anderen auf. Dies ist funktional bestimmt gerechtfertigt, da neben zahlreichen Zusatz- und Gemeinschaftsfunktionen sowie auch halböffentlich zugänglicheren Funktionen, wie bei den Produktionsstudios mit den Zuschauerbereichen, vor allem die Zugangszonen zu allen Gebäudeteilen wie auch somit die zur „Turmschleife“ diesen Sockel prägen.

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Hinsichtlich des gestalterischen Entstehungsprozesses des Sockels kann aber auch angenommen werden, dass sehr frühe äußerliche und somit auch städtebauliche Überlegungen lediglich in Form von Baukörperstudien bereits die Hauptfigur auf einen Sockel brachten, da die angrenzende Hochstraße visuell die „Turmschleife“ auf der Höhe dieser beschnitten beziehungsweise gestört hätte. Ein Sockel hingegen schafft hierbei eine funktionierende Nah- aber auch Fernwirkung der „Turmschleife“, zum einen durch diese Erhöhung, zum anderen aber auch durch die Begehbarkeit des Sockels selbst. Der Sockelbau des CCTV Tower reagiert mit seinen Zugangspositionierungen ebenfalls stark und pragmatisch zugleich auf die jeweils unmittelbaren städtebaulichen Aspekte. Der Sockelbau umfasst im Groben etwa fünf wesentliche Zugänge: einen Besucherzugang, zwei Mitarbeiterzugänge und zwei VIP-Zugänge. Stadtzentrumsseitig tangential direkt an der East 3rd Ring Road Middle gelegen, befindet sich der (halb-)öffentlichste Eingang. An dieser nordwestlichen Ecke des Sockels befinden sich der Besucherzugang und ein Mitarbeiterzugang. Dieser Bereich ist markiert durch eine „Aufweitung“ dieses Sockels in seiner Höhe und eine darin interpretierbare Öffnung und Signalwirkung in Richtung des Ceremonial Plaza und des direkt gegenüberliegenden TVCC Tower und seinen ebenfalls (halb-)öffentlichen Funktionen, wie Theater und Hotel. Der großmaßstäbliche (Haupt-)Zugang wird räumlich inszeniert durch diese Aufweitung, mittels Lichtöffnungen von oben, sowie durch Abgänge und Galerien in zwei Untergeschosse. Diese räumliche Öffnung nach unten erinnert unter anderem an metropolitane Multifunktionskomplexe mit Anschluss an das unterirdische öffentliche Verkehrsnetz, wie es beispielsweise in Japan oft anzutreffen ist. Auch hier ist eine Anbindung an die U-Bahn vorgesehen.11 Die Haupteingangshalle ist Ausgangspunkt für die Zugänge zu den zahlreichen Funktionsbereichen des Sockels (Kantine, Fitnesscenter,

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Großproduktionsstudios mit Publikum etc.) sowie zur Liftgruppe des Tower 1 der „Turmschleife“. Die Liftgruppe ist in Form eines standardisierten dunklen (Mies’schen) Kerns mit den länglich parallel aufgereihten Schächten und Nottreppen angeordnet, wie man es bereits seit Jahrzehnten von zahlreichen Hochhäusern kennt. An der Rückseite dieses üblichen Liftkernes, und somit räumlich praktisch vom Hauptzugang getrennt, ist ein VIP-Zugang zu diesen Kern angeordnet. Der Besuchereingang bildet neben dem Anfang auch das Ende eines Besucherparcours („The Loop“) durch das gesamte Gebäude, der in seinem Ablauf der Kontur der „Turmschleife“ folgt und den Besuchern das Gebäude mittels punktueller Aufenthaltsbereiche und seines räumlich-funktionalen Hauptverlaufs mit all seinen Ein- und Ausblicken erlebbar macht. Dies ist ein Konzept, das Koolhaas generell schon des Öfteren, und explizit beispielsweise bereits bei der niederländischen Botschaft in Berlin in seiner Anwendung versucht hat. Genau auf der gegenüberliegenden Seite, der südöstlichen Ecke des Komplexes bei Tower 2 der „Turmschleife“, befinden sich ein weiterer Mitarbeiterzugang und der bedeutendere weitere VIP-Zugang. Dieser ist geprägt durch einen schützenden Innenhof und durch seine direktere und großzügigere Anbindung an den städtischen Individualverkehr, denn auch die Garagenabfahrt und die Auffahrt zum Sockeldach befinden sich auf dieser östlichen Gebäudefront. Dieser sicherheitstechnisch anspruchsvollere Bereich ist somit auch weitestmöglich von dem sehr lebendigen und städtisch konzipierten Ceremonial Plaza, der zwischen CCTV Tower und TVCC Tower liegt, entfernt. Die auf den Innenhof folgenden Mitarbeiter- und VIP-Lobbies wirken trotz ihrer Zweigeschossigkeit verhältnismäßig klein, pragmatisch und hauptsächlich durch sicherheitstechnische Aspekte und strukturelle Realitäten definiert.

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Doch jenseits jeglicher Standardisierung und Banalität der beiden Liftgruppen als Vertikalverbindung zwischen Stadtraum, Zugang und Gebäuderegelgeschossbereich, enthalten sie doch eine Innovation, die erst seit wenigen Jahren tatsächlich ausgeführt wird: die Doppeldeckeraufzüge. Sie werden elektronisch so gesteuert, dass zwei in einem Schacht liegende Kabinen sich durch die unterschiedlichen Zielwahlen der Benutzer in den unterschiedlichen Geschossen auf eine diffizilere Art der Liftsteuerung bewegen, Besucherströme somit effizienter fließen, und dadurch die Funktionsflächen für Aufzugsanlagen pro Geschoss sowie die Wartezeiten minimiert werden können.12 Beim CCTV Tower sind Weiterentwicklungen des Zuganges in der metropolitanen Vertikalverdichtung aber doch eher nur im groben gestalterischen Bereich zu erkennen: Der Sockel mit seinen zahlreichen Zugangseinheiten und die „Turmschleife“ werden verstärkt als Einheit, wie aus einem Guss, wahrgenommen. Das OMA versucht hier nicht, zwei Elemente gestalterisch zu trennen, welche ohnehin nur zusammen funktionieren. Darüber hinaus ist das Hochhaus in diesem Entwurf keine Sackgasse mehr in Richtung Himmel. Diese räumlich ausführlichere Vernetzung der Erschließung in Form dieser Schleife verschafft dem Gebäude vielseitigere Optionen, Lobbies, Lounges oder andere Aufenthalts- und Vorbereichsflächen in den jeweiligen Funktionseinheiten in unterschiedlichsten Bereichen und Höhen des Gebäudes einzurichten. Die Bauarbeiten des CCTV Towers beziehungsweise des gesamten CCTV Headquarters sind bis vor kurzem erst weitestgehend abgeschlossen. Mögliche Änderungen beziehungsweise Differenzen der hier angefertigten Analyse und der daraus entstehenden Folgerungen zu der final realisierten und benutzten Bausubstanz sind somit nicht auszuschließen.

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Shenzhen Stock Exchange . Shenzhen, 2006–2012

Der Neubau des Shenzhen Stock Exchange (SZSE), eine mit dem New Yorker NASDAQ vergleichbare Technologiebörse, ist das zweite chinesische Großprojekt, das vom OMA im Rahmen eines 2006 abgehaltenen Wettbewerbes als Sieger hervorging und sich derzeit in seiner finalen Ausführungsphase befindet. Koolhaas zur Lage in der Stadt: „The Project is located in the Shenzhen Central District, the only business and administrative centre in Shenzhen. The district is adjacent to Mount Lianhua in the north and Binhe Boulevard in the south, and is bisected by Shennan Road, the main East-West thoroughfare in Shenzhen. The new Shenzhen Stock Exchange Square will be located on this axis and will be a landmark project for the financial markets of China 13 as a whole.“ Wie stark Kapitalismus und Regierung in China zusammengerückt sind, beweist auch die unmittelbare Nachbarschaft mit dem markanten Regierungsgebäude Shenzhens mit seiner geschwungenen Dachfläche. Der Entwurf passt sich in seiner Ausrichtung an den Stadtraster an. Der rund 250 Meter hohe Hauptbaukörper ist in seiner Grundrisskontur ein Quadrat. Der rechteckige „Sockel“, in dem sich die Hauptfunktionen der Börse befinden, verleiht dem Gebäude zwei Längs- und Querseiten. Die Längsseiten erstrecken sich parallel zur gesamtstädtisch bedeutenden Shennan Avenue. Der „Sockel“ wirkt bei diesem Projekt des OMA, als versuchte er, abzuheben. Koolhaas zum Konzept für den SZSE: „For millennia, the solid building stands on a solid base; it is an image that has survived modernity. Typically, the base anchors a structure

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and connects it emphatically to the ground. The essence of the stock market is speculation: it is based on capital, not gravity. In the case of Shenzhen’s almost virtual stock market, the role of symbolism exceeds that of the program – it is a building that has to represent the stock market, more than physically accommodate it [...] It is not a trading arena with offices, but an office with virtual organs that suggest and illustrate the process of the market. All these reasons suggest an architectural invention: our project is a building with a floating base. As if it is lifted by the same speculative euphoria that drives the market, the former base has crept up the tower to become a floating platform – like a platform, it supports and launches the area which it liberates on the ground.“14 Der Zugang des Gebäudes erhält dadurch ein rundum verlaufendes dreigeschossiges Vordach, auf dem sich ein begehbarer Dachgarten mit einer Fläche von 100 x 160 Meter befinden wird, und das sich in 36 Meter Höhe bis zu 37 Meter weit in den Stadtraum streckt.15 Durch dieses rundum verlaufende dreigeschossige Vordach entsteht ein umlaufend überdeckter Plaza. Zwei gleichwertige Zugangshallen befinden sich auf den beiden Querseiten des „schwebenden Sockels“. An der Westseite liegt die Zugangshalle für die Mitarbeiter, an der Ostseite jene der Besucher.16 Sie sind in Form von Atrien räumlich an den quadratischen Turm angefügt und dringen durch diesen „schwebenden Sockel“ hindurch, um so auch von oben Tageslicht zu erhalten. Dies begünstigt auch die natürliche Lichtzufuhr für die inneren Bereiche des „schwebenden Sockels“ selbst sowie auch den dortigen Bereich des Turmes. Die Position und Ausrichtung der Unterkonstruktion des „schwebenden Sockels“ und die um die beiden Zugangshallen ergänzte Grundrisskontur des Turmes unterhalb diesen, stimmen räumlich miteinander überein.

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Das gestalterisch irritierendste Element an dem Entwurf befindet sich an der Schnittstelle zwischen Stadt und Hochhaus: Wie ein improvisiertes Hilfsbauwerk wurde dem Gebäude über gewisse Teilbereiche ein zweiter, tatsächlicher Sockelbau angefügt. Dieser bietet riesige Treppenanlagen und erdgeschossige Handelsflächen. Wie und aus welchem Grund diese Anlage entstanden ist, ist unklar. Es ist jedoch davon auszugehen, dass diese vermutlichen Ergänzungen etwas mit den Funktionen und Sicherheitsbereichen im Inneren des Gebäudes zu tun haben und nicht Teil der ursprünglichen städtebaulichen Intention sind. Auch beim Tower für den SZSE sind Weiterentwicklungen der Zugangsinszenierung in der metropolitanen Vertikalverdichtung doch eher im groben gestalterischen Bereich zu erkennen: Der „schwebende Sockel“ übernimmt neue Funktionen. Auch wenn es bei diesem Entwurf nicht vollständig gelingt, versucht er sich seinem ursprünglichen Sinn zu entziehen. Er ist keine Schnittstelle mehr zwischen Stadt und Hochhaus. Er verstärkt vielmehr die selbstreferenzielle Präsenz des Gebäudes bei gleichzeitiger Aufwertung des Stadtraumes darunter. Nähere Ausführungen waren zum Zeitpunkt des Verfassens der Analyse nicht möglich, da nähere Unterlagen zum Projekt, wie beispielsweise Pläne und dergleichen, aus rechtlichen Gründen selbst für wissenschaftliche Zwecke nicht herausgegeben werden durften. Die Bauarbeiten des SZSE sind bis heute nicht vollständig abgeschlossen. Mögliche Änderungen beziehungsweise Differenzen der hier angefertigten Analyse und der daraus entstehenden Folgerungen zu der final realisierten und benutzten Bausubstanz sind somit nicht auszuschließen.

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Folgerungen

Abgesehen von Fosters und Rogers’ Hofhochhäusern fand nach Mies im metropolitanen Hochhauszugang der Spät- und Postmoderne eine konzeptionelle Stagnation statt. Weiterentwicklungen beschränkten sich, wie in Zwischenkapitel III bereits erläutert, tendenziell eher auf die Neuformierung der Hülle. Die neuartigen und reflektierten Auseinandersetzungen des OMA im Spannungsfeld von Stadt, Dichte und Öffentlichkeit gehen bis in die 1970er Jahre zurück. Die ausführlichere entwerferische Auseinandersetzung in der Vertikalverdichtung begann aber erst in den 1990er Jahren – also verhältnismäßig spät. Umso markanter und neuartiger sind aber die Lösungsansätze auf diesem Gebiet, die das OMA grundsätzlich dazu beigetragen hat und beiträgt. Die Togok Towers waren diesbezüglich der Startschuss. Das OMA versuchte nicht, über eine oberflächlich neuartig wirkende Hülle eine Weiterentwicklung herbeizuführen. Immer größer konzipierte Gebäude verbergen unter dem argumentativen Deckmantel von Höhenwahn und Prestige verhältnismäßig größere Problematiken, wie die der gewaltig anwachsenden Erschließungsflächen und die des verhältnismäßig schrumpfenden Tageslichteintrages. Die Verschlankung und konstruktive, wie auch die somit räumlichfunktional mögliche Vernetzung von Hochhäusern ist ein Lösungsansatz vom OMA dafür. Im Zuge dieser Auseinandersetzung erfuhr durch das OMA auch der Zugang, als Schnittstelle zwischen Hochhaus und Stadt, wieder Veränderungen – wenn auch fast ausschließlich im gestalterisch-konzeptionell großen Maßstab.

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Die Togok Towers bieten durch eine einfache Idee, nämlich die der statischen Verknüpfung von Türmen zu einem Turmkomplex durch einen überdimensionalen horizontalen Fachwerksrahmen, eine plötzliche neue Vielfalt an Optionen. Dadurch erreichte man für Zugangszonen Steuerungsoptionen der De- beziehungsweise Zentralisierung, großräumigere Vernetzbarkeiten mit der Stadt und mögliche erhöhte Flächenanteile des Stadtraumes für die Inszenierung von Zugangssequenzen. Die am meisten frequentierte (Erschließungs-)Zone bei den Togok Towers wird dabei aber noch im Bereich des Erdgeschossniveaus vorgesehen. Dies ist ein klarerweise sehr realistischer Ansatz, der beim CCTV Tower mit seinem inhaltlich konventionellen Sockelbau und beim Shenzhen Stock Exchange mit dem teilweise noch überdeckten Plaza und den beiden „angefügten“ Zugangshallen umgesetzt wird beziehungsweise werden muss. Es ist bestimmt auch die Größe eines Komplexes, der die Abhängigkeit zwischen Erschließungszentrum und Erdgeschossnähe auflösen kann: Beim Hyperbuilding in Bangkok ist diese Größe laut Koolhaas scheinbar erreicht. Ein ganzer Stadtbezirk entsteht mit Zentren in Form von Plattformen weit weg von der restlichen Stadt. Das Hyperbuilding muss fast nie mehr verlassen werden, da es nahezu alles an notweniger Infrastruktur und sozialer Interaktion bietet. Neben der übergeordneten statischen Wirksamkeit der Plattformen, wie die des horizontalen Fachwerks bei den Togok Towers, können sie, vor allem durch ihre funktionale Zentrumswirkung, dem Erdniveau zusätzliche neue Ausgestaltungsformen des Raumes zwischen Hochhaus und Stadt verleihen. Die Qualität dieses Raumes ist jedoch sehr schwer abzuschätzen. Durch die darüber liegenden Plattformen könnte Urbanität „entzogen“ werden und durch etwas anderes ersetzt werden. Großflächige Grünflächen bieten dafür eine Lösung.

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Beim Shenzhen Stock Exchange entsteht durch diese Anhebung ein riesiger öffentlicher Bereich, dessen Wert hinsichtlich seines Nutzens und seiner Belebtheit vermutlich ebenfalls erst nach seiner endgültigen Baurealisierung bewertet werden kann. Beim CCTV Tower ist es der obere Winkeltrakt, der hauptsächlich durch seine kreierte statische Notwendigkeit und funktional verstärkte Verbindung glänzt, und weniger als zentrale Plattform gesehen werden kann. Diese ist beim CCTV Tower frei nach Versionen der Togok Towers, wie oben bereits erläutert, als Sockelbau klar am Boden geblieben. Klar ist jedoch durch Koolhaas’ Beiträge eine weitere Veränderung in den oberen Bereichen der Hochhäuser, dort wo Zugang und Erschließung grundsätzlich wenig bis gar nicht stattfinden. Die Entwicklungen in diese Richtung scheinen zögerlich, aber doch voranzuschreiten: Am Anfang war noch der Einzelturm, der sich eben dadurch auszeichnete, dass er alleine stand – z.B. Empire State Building, New York. Dann gab es die Zwillingstürme. Sie profitierten von der Repetition und dem räumlichen Spannungsfeld dazwischen – z.B. World Trade Center, New York. Dann entstanden Zwillingstürme mit zögerlichen Verbindungsbauwerken jenseits des Sockelgebäudes, um so unter anderem mehr Flexibilität zu gewährleisten. Es galt dabei, die immer höher werdenden erschließungstechnischen „Sackgassen“ zu entschärfen – z.B. Petronas Towers, Kuala Lumpur. Schließlich ist der CCTV Tower diesbezüglich schon so weit, dass das Verbindungsgebäude bereits räumlich, funktional, statisch und gestalterisch zu einem der wesentlichsten Gebäudeteile des Komplexes wurde. VIP-Lounges, Aussichtsplattformen für Besucher und Zugangshallen für die Unternehmensadministration sind dort zu finden. Beim Hyperbuilding bilden diese in Form von Plattformen schließlich

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die unumstrittenen Zentren des Komplexes. Dort geht es sogar so weit, dass gewisse Türme im Komplex gar nicht mehr bis zum Stadtniveau hinabreichen, um dort ureigenste Funktionen wie die des Fluchtweges und vor allem des Zuganges anzubieten. Dadurch steigt die Selbstreferenz solch eines Komplexes schließlich wieder annähernd auf ein Maß, wie es bereits beim Einzelturm zu finden war.

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Koolhaas

Anmerkungen

1. Koolhaas, Rem (Hrsg.): „Content – Triumph of Realization“ S.443. 2. Koolhaas, Rem (Hrsg.): „Content – Triumph of Realization“ S.443. 3. http://www.oma.nl, 18.02.2012. 4. Koolhaas, Rem (Hrsg.): „Content – Triumph of Realization“ S.423. 5. Koolhaas, Rem (Hrsg.): „Content – Triumph of Realization“ S.424. 6. http://www.e-architect.co.uk/beijing/central_china_tv.htm, 18.02.2012. 7. http://www.e-architect.co.uk/beijing/central_china_tv.htm, 18.02.2012. 8. Koolhaas, Rem (Hrsg.): „Content – Triumph of Realization“ S.489. 9. Koolhaas, Rem (Hrsg.): „Content – Triumph of Realization“ S.490. 10. Koolhaas, Rem (Hrsg.): „Content – Triumph of Realization“ S.491. 11. Koolhaas, Rem (u.a.): „CCTV by OMA“ S.80. 12. Koolhaas, Rem (Hrsg.): „Content – Triumph of Realization“ S.491. 13. http://www.archicentral.com/shenzhen-stock-exchange-shenzhen-chinaoma-9385, 18.02.2012. 14. http://www.archicentral.com/shenzhen-stock-exchange-shenzhen-chinaoma-9385, 18.02.2012. 15. http://www.archicentral.com/shenzhen-stock-exchange-shenzhen-chinaoma-9385, 18.02.2012. 16. http://www.oma.nl, 18.02.2012.

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Schlussfolgerungen

Schlussfolgerungen Antworten zu den einleitenden Fragestellungen

Folgende in der Einleitung formulierten Fragestellungen, hinsichtlich der Entwicklung des Zuganges in der metropolitanen Vertikalverdichtung, resultierend aus den Zwängen allgemeiner urbaner Ansprüche an Grenzen, Transit und Dichte, will ich nun versuchen, durch Folgerungen aus den vorangegangenen Analysen und deren Teilfolgerungen abschließend zu beantworten: Frage I – Kontinuitäten in der Entwicklung Können kontinuierliche Entwicklungen bei der Zugangsinszenierung in der metropolitanen Vertikalverdichtung nachgewiesen werden? Frage II – Bedingungen für Innovation Wie und unter welchen Bedingungen können in diesem komplexen und dichten Umfeld urbane, typologische und gestalterische Innovationen entstehen? Frage III – Wechselbeziehungen zwischen Horizontal- und Vertikalverdichtung Wie verhält es sich bei metropolitanen Zugangsinszenierungen mit konzeptionell-gestalterisch-räumlichen Wechselbeziehungen zwischen der Horizontal- und der Vertikalverdichtung: wo gibt es diesbezüglich Synergien und Widerstreben?

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Kontinuitäten in der Entwicklung

Generell kann die Zugangsinszenierung in drei Teilsequenzen betrachtet werden, die je nach Auffassung und Bedingungen unterschiedlich dosiert und ausformuliert sind: das außenräumliche Vorfeld, die Fassade als verbindendes und/oder trennendes Zwischenstück und der Innenbereich. In allen dieser drei Teilsequenzen sind kontinuierliche Entwicklungen erkennbar. Die ausführliche Beantwortung dieser Hauptfrage ist jeweils am Ende der erläuterten Teilsequenz zusammengefasst.

Das außenräumliche Vorfeld Der Block mit seiner Blockrandbebauung bietet maximale Dichte bei maximal teuren Grundpreisen. Des Weiteren ist grundsätzlich im metropolitanen Bebauungsverband kein außenräumliches Vorfeld ohne eine bedeutende öffentliche oder sakrale Funktion im dafür vorgesehenen Gebäude angebracht. Dadurch wurde eine solche Vorzone auch bis zur Moderne nahezu gar nicht angedacht. Auch Loos’ Chicago Tribune Column bot nur das damals übliche leicht rückspringende kleine Eingangsportal, das er dafür sogar vom wesentlich kleineren Haus am Michaelerplatz weitestgehend in seinen Dimensionen übernommen hatte. Ausnahmen hierfür sind die ersten Plaza bildenden Hochhäuser, wie das Wrigley Building in Chicago und das Rockefeller Center in New York. Doch beide Komplexe schaffen nur über ihre Konzipierung als Ensemble improvisierte Vorbereiche vor beziehungsweise zwischen den einzelnen Gebäuden des Komplexes, die diese Idee jedoch auf

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Schlussfolgerungen

Stadtniveau, über die Fassade und im Gebäudeinneren räumlich nicht ideal weitertragen können, da Durchgangsgebäude den Wegfluss blockieren, Straßen gesperrt werden müssen oder Teile des Plazas in das Untergeschoss versetzt werden, was wiederum die Aufenthaltsqualität beeinträchtigt. Die Aneignung von außenräumlichen Vorbereichen gelang vorerst im Zuge von planstädtischen Auseinandersetzungen in der Moderne. Dem Blockrand wurde abgeschworen, und plötzlich eröffnete sich eine Vielzahl von Vorbereichsgestaltungen. Durch die dadurch erlangte solitäre oder solitärere Positionierung der einzelnen Baukörper konnte sogar der erdgeschossige Bereich des Gebäudes viel einfacher als qualitativ funktionierender Bestandteil des außenräumlichen Vorbereiches angedacht werden. Doch die realisierten Beispiele standen oft der ursprünglichen Konzeption gestalterisch um einiges nach – zumeist wurde nämlich diese Vorbereichsexpansion als pragmatisch organisierte Stellfläche für den Individualverkehr vorgesehen. Mies stellt bis heute für die Entwicklung des Vorfeldes bei der Zugangsinszenierung in der Vertikalverdichtung ein bedeutendes Bindeglied zwischen gewachsenen historistischen Ansätzen und diesen radikalen modernistischen Hinterfragungen dar. Seine Methoden lesen sich wie ein Katalog oder eine kontinuierliche Serie laufender Adaptierungen und Überarbeitungen. Die Glashochhausentwürfe seiner frühen Berliner Schaffens- und Studienzeit der 1920er Jahre waren eine markante Weiterentwicklung des typischen Portals, wie man es bei den historistischen Turmkopien der Chicagoer Schule oder bei den Art-déco-Wolkenkratzern und auch bei Loos’ Chicago Tribune Column findet, und man auch bis heute bei Projekten immer wieder finden kann. Mies hingegen „markiert“ den Zugang über vorbereichsbildende vertikale „Kerben“, welche sich über die gesamte Gebäudehöhe erstrecken und sich somit in ihrer Höhe nicht auf die Parterrezone beschränken.

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Bereits in dieser frühen Phase wird klar, dass Mies viel und gern in diesen urbanen Bereich räumlich „investiert“ und dabei immer ökonomisches Risiko hinnimmt und kontextuelle Abhängigkeiten für eine Vorfeldexpansion zulässt. Vor allem die kontextuelle Abhängigkeit durch seinen räumlichen Bezug zum umliegenden Stadtraum wird bei Mies dabei gelegentlich verkannt – wohl auch, da seine gestalterischen Konzepte an sich bedingungslose Eigenständigkeit zu vermitteln vermögen. Diese Einschätzung gilt noch weit mehr für seine Folgewerke. Bei seinen amerikanischen Erstrealisierungen, den zahlreichen Wohnbauten im Osten Chicagos, löst er vorsichtig die Blockrandbebauung auf und vergrößert damit das außenräumliche Vorfeld um ein Vielfaches. Dies Vorsicht gelingt ihm, trotz der verhältnismäßig sehr hohen außenräumlichen Vorbereichsanteile am Grundstück, indem er dafür sorgt, dass seine Hochhausensembles immer an wesentlichen Punkten und Fluchten mit den Außenkonturen der jeweils benachbarten Blockränder übereinstimmen und somit die Straßenfluchten, hinsichtlich Funktion und Bedeutung des jeweiligen Bauvorhabens im Verhältnis zur umgebenden Metropole, in der jenes vorgesehen ist, nicht über Gebühr irritieren. Mies lässt stadträumliche Außenbereiche gestalterisch „destilliert“ auf seinen projektierten Handlungsfeldern zu. Eine (vorsätzliche) Irritation bezüglich des außenräumlichen Vorfeldes hat Mies hingegen beim Seagram Building in New York geplant. Trotz der feinen und nachvollziehbaren Ausrichtung des Projektes auf seine unmittelbare Umgebung „reißt“ er einen Vorplatz in diesen östlich an der Park Avenue gelegenen Blockrand. Nur noch die markante Außengestaltung dieses Vorplatzes, die sich durch einen Höhensprung, Materialwechsel und eine Markierung durch Stadtmöblierung deutlich vom restlichen Straßenraum Manhattans absetzt, zeichnet den Blockrand in die Stadtlandschaft. Mit dieser Bebauungsform wird bestimmt ein ge-

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Schlussfolgerungen

wisser Grad überschritten, da, wie zuvor und vor allem im MiesKapitel bereits erläutert, das städtebauliche Umfeld eine Degradierung erfährt und Mies’ Projekt sich somit aber gleichzeitig zu stark vom Kontext abhängig macht: Würde man die gesamte Park Avenue mit Vorplätzen „pflastern“, so wäre diese Idee von einem solchen Vorfeld für den Zugang sicherlich zumindest geschwächt. Mies-Kennerin Phyllis Lambert schreibt: „It is a mistake to read Mies as a master of the freestanding, or the autonomous. Mies without context is like a fish out of water.“1 Diese konzeptionelle Verletzbarkeit der Bebauungsform wird bei Mies’ späten amerikanischen Komplexrealisierungen aber umgehend wieder weitgehend ausgemerzt. Die bei Mies bedeutsame Ambivalenz zwischen Eigenständigkeit und Abstimmung auf den Stadtraum erreicht in dieser Phase eine neue Blüte. Wie aus einem Katalog stellt er ein markantes, vielfältiges, aber auch streng aufeinander abgestimmtes städtebauliches Vorfeld zusammen, wobei er sich aller vorteilhaften Entwurfselemente und -strategien der zuvor ausgearbeiteten Projekte gelungen bedient. Beim Arrangement der Baukörper bezieht er sich wieder verstärkt auf die Wohnbauprojektkonzepte seiner amerikanischen Erstrealisierungen, um eben wieder deren integrative städtebauliche Abstimmung auf den unmittelbar bestehenden Blockrand zu erreichen. Bei der konkreten Ausgestaltung der Plazas (Pflasterung, Möblierung, Bepflanzung etc.) bedient er sich der Ideen des Seagram Building und setzt sich somit wieder selbstbewusst vom restlichen Straßenraum ab. Die „Zwischenzonen“ – ich meine damit die außenräumlichen, aber überdeckenden Arkadenbereiche – können hier durch das übergeordnete Bebauungskonzept passend dimensioniert werden, was ja bereits beim Seagram Building zu Proportionierungsproblemen führte. Einen quantitativen Höhepunkt beziehungsweise Wendepunkt der (überdeckten) Veraußenräumlichung der metropolitanen Zugangsse-

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quenz setzt Ende der 1970er Jahre Norman Foster mit dem HSBC Headquarters – einem „Hofhochhaus“. Wie bei einem Rekordversuch wird hier das Gebäude bis auf ein Maximum an Außenraum auf dem Erdgeschossniveau genutzt. Andererseits besteht hier aber nicht der gestalterische Wille, dieses maximierte Vorfeld deutlich vom restlichen Stadtraum zu differenzieren, vielmehr wird es, beispielsweise hinsichtlich der Oberflächen, stark in den bestehenden Stadtraum integriert, um einen möglichst verlaufenden Übergang über die Grundgrenze hinaus zu gewährleisten. Dies hat zur Folge, dass das Vorfeld in zweierlei Hinsicht interpretierbar erscheint: Zum einen kann dadurch der gesamte Stadtraum als dem außenräumlichen Vorfeld zugehörig angesehen werden, zum anderen kann man eine maximierte Reduktion eines selbstreferenziellen Vorbereiches annehmen. Da Fosters Freund und ehemaliger Partner Richard Rogers nahezu simultan in London mit dem Lloyd’s of London ein sehr ähnlich konzipiertes Gebäude projektierte, kann auch hinsichtlich des Zugangskonzeptes ein gewisses Naheverhältnis angenommen werden; und Rogers kehrt mit seinem Lloyd’s of London dem städtischen Vorfeld den Rücken. Er vernachlässigt die Wichtigkeit des Stadtniveaus und baut gleichzeitig direkt an die Grundgrenze. Durch diese autarke Geste entsteht ein außenräumliches „Nichtvorfeld“. Fosters darauf folgende Hofhochhaustypologien erreichten hinsichtlich des Vorbereiches nicht mehr diese außenräumlich-konzeptionelle Konsequenz und mussten bestimmt auch aus ökonomischen Gründen wieder „aufgeweichter“ beziehungsweise „normaler“ ausgeführt werden. Erst zehn Jahre nach diesen beiden markanten Vorfeldsonderformen des HSBC Headquarters und des Lloyd’s of London wurden vom OMA mit Rem Koolhaas wieder neue Entwicklungsmöglichkeiten des außenräumlichen Vorfeldes in der metropolitanen Vertikalverdichtung neu und unterschiedlichst angedacht. Die Togok Towers Studie in ihrer Sockelvariante und der CCTV Tower sind diesbezüglich mit banalen

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ökonomisch ausgereizten Projekten zu vergleichen. Ein spezieller Umgang mit dem Vorbereich hat dort keine erkennbare Wichtigkeit. Aber die Togok Towers Studie ohne Sockel, das Hyperbuilding oder der Shenzhen Stock Exchange folgen mehrheitlich dem konzeptionellen Ansatz von Fosters HSBC Headquarters, nämlich sich autark vom Stadtraum zu distanzieren und das dabei anfallende großflächige Vorfeld als übrig gebliebene konzeptionelle Zwischen- oder Restzone anzudenken beziehungsweise gestalterisch weitestgehend „unbehandelt“ an den Stadtraum der jeweiligen Metropole abzugeben. Zusammenfassend ist also durchaus eine kontinuierliche Entwicklung des außenräumlichen Vorfeldes erkennbar, die sich in die folgende drei Schritte gliedern lässt: Bis zu Mies’ Hochhäusern waren weitestgehend keine öffentlichen außenräumlichen Vorfelder für Hochhäuser in der Großstadt angedacht. Diese wurden so proportioniert wie bei Gebäuden mit „Normalhöhe“. Mies’ Hochhausvermächtnis zeigt den eindeutigen Anspruch, das Vorfeld kontinuierlich zu erweitern und direkt gestalterisch in die Projekte einzubinden aber gleichzeitig auch funktional an die umgebende Stadt abgestimmt anzubinden. Dies begann mit den „Kerben“ der Glashochhausstudien und endete mit üppigen und spielerisch über das gesamte Grundstück „fließenden“ Plazas. Darauf folgende Konzeptweiterentwicklungen reagierten auf diese Ansätze, wie in Zwischenkapitel III bereits erläutert, mit dem Kopieren dieser Überlegungen, dem Bruch mit ihnen oder ihrer Weiterentwicklung. Die wesentlichsten Weiterentwicklungen des Vorfeldes sind durchaus die beispielsweise von Foster und Koolhaas dem Stadtraum gestalterisch überlassenen und quantitativ umfangreicheren Vorbereiche beim HSBC Headquarters, bei den Togok Towers (ohne Sockel), beim Hyperbuilding oder in gewisser Weise auch beim Shenzhen Stock Exchange.

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Die Fassade als verbindendes und/oder trennendes Zwischenstück Am Anfang war der Turm und seine oftmals wehrhafte oder symbolische Funktion. Ende des 19. Jahrhunderts waren, wie bereits in der Einleitung erläutert, die historistischen Turmkopien der New Yorker Beaux-Arts-Architektur oder des anschließenden Art-déco eine gestalterische Krücke für eine metropolitane Vertikalverdichtung. Die massiv gestalteten Fassaden und die Geschlossenheit mussten jedoch aus kommerziellen Gründen vor allem im Parterrebereich (etwa bei Schaufenstern) adaptiert werden. Auch die Chicagoer Schule mit ihren massiv gestalteten und, auf Basis von Palazzo- oder Palaisfassaden, „gestapelten“ beziehungsweise „gestreckten“ Fassadengliederungen, musste, wie teils auch die Gründerzeitarchitektur generell, im Bereich des Sockels aus denselben Gründen einen ähnlichen Adaptierungsanspruch vorweisen. Mit der Chicago Tribune Column unternahm Adolf Loos einen der ersten, konsequentesten und Aufsehen erregendsten Versuche, einen völlig neuen Lösungsansatz für dieses gestalterische „Problem“ der Fassadengliederung anzudenken, indem er ein „normales“ großstädtisches Gebäude konzipierte und eine „bewohnte Säule“2 darauf setzte. Dieser Lösungsansatz könnte jedoch auch als Rückschritt interpretiert werden, da der Umgang mit der Vertikalverdichtung generell (innenräumlich, strukturell etc.) sehr umständlich oder ignorant erscheint. Auf jeden Fall war diese Bauweise eine Absage an das zuvor und auch danach noch oft praktizierte „Strecken“ von tradierten Gestaltungsprinzipien, wie zuvor erläutert. So war Loos anscheinend bei der Skalierung und Umfunktionierung eines Bauelementes wie der dorischen Säule weit wohler, als bei den Deformationen historischer Fassaden oder Türme. Offensichtlich glaubte er auch nicht an eine flächendeckende Vertikalverdichtung diesen Ausmaßes, da er nach elf Geschossen, was in etwa die damals generell vorherrschende maximale Geschossanzahl in Chicago bedeutete,

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diesen horizontalen „Gestaltungsbruch“ in der Fassade einführte. Wie auch immer – Veränderungen der Fassade direkt im Bereich der Zugangszone gab es durch Loos’ Konzept nicht. Mies van der Rohe hingegen löste sich von dieser Problematik völlig. Die gleichförmigen, in Glas extrudierten und in ihrer Grundrisskontur polygonalen Baukörperprismen seiner frühen Berliner Studien entwickelten bereits in ihrer Gestik eine erstaunliche Eigenständigkeit, sodass die Vertikalverdichtung nur ein Teilaspekt des wesentlichen Eindrucks des Besonderen bei der Realisierung dieser Projekte im Stadtraum gewesen wäre. Die bedingungslose Maximierung der Transparenz erzeugt eine Korrespondenz zwischen „Drinnen“ und „Draußen“, welcher man sich als Nutzer im Innenraum genauso wie als Betrachter aus dem umliegenden Stadtraum nicht hätte entziehen können. So massiv und dick die Fassadenausgestaltungen zuvor wirkten und wirken wollten, so äußerst zart und dünn waren die Glashäute bei Mies’ beiden Studien vorgesehen. Auch vermittelten weder Flugdächer noch Windfänge auch nur im Geringsten den Eindruck unmittelbarer räumlicher Tiefe – einzig der Baukörper als gesamter sollte selbst diese Tiefe erzeugen. Bei seinen Realisierungen in Amerika bezog Mies sich wieder verstärkt auf die bestehenden urbanen Ausformulierungen der parterrenahen Fassadengestaltung in der Vertikalverdichtung – indem er sie aber umkehrte: Diese reziproke Fassadengestaltung reduziert sich auf dem Zugangsniveau wieder auf eine transparente, eigentlich gar nicht existieren wollende, zarte Glashaut. Sie wird ergänzt durch Vordächer, Verbindungsdächer und – durch ihre Zurückdrängung auf die wesentlichsten Funktionen – durch vollständig umlaufende Arkaden. Dieser effektiv nutzbare Raum wird, an einer der strategisch wichtigsten Positionen eines Hochhauses, an den Stadtraum als überdeckte Fläche abgegeben. Eine räumlich verstärkte Gewichtung erfährt dadurch der darüber liegende

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Regelgeschossbaukörper mit seinen Hauptnutzflächen, indem er beispielsweise durch geschlossene Parapete und/oder verspiegelte Gläser einen geschlosseneren beziehungsweise solitäreren Eindruck vermittelt. Dadurch entsteht, wie bei Loos, ein klarer horizontaler „Gestaltungsbruch“ in der Fassade – jedoch viel tiefer, nämlich unmittelbar über dem Zugangsniveau. Somit glaubte Mies vermutlich zwar an die flächendeckende Vertikalverdichtung des damaligen nordamerikanischen Ausmaßes – es waren ja auch wieder bereits zwei bis drei Jahrzehnte vergangen – er glaubte jedoch offenbar nicht an die inszenierbare vertikale Expansion der Zugangszone. Vor allem beim Dominion Center in Toronto und beim Westmount Square in Montreal – bei beiden Projekten gibt es unterirdische öffentliche Flächen für Shopping und Anbindungen an öffentliche Verkehrsmittel – ist dies gut nachweisbar. Wie nebensächliche Kellerflächen werden diese Bereiche weitestmöglich unter der sockelbildenden Plazagestalt versteckt und nur mit fluchtwegartig gestalteten und dimensionierten Zu- beziehungsweise Abgängen versorgt. Diese Ansicht wurde von Rogers und Foster nicht geteilt. Die Hofhochhausentwürfe der beiden thematisieren von Beginn an die vertikale Expansions- und Multiplikationsfähigkeit der Zugangszone in ihren unterschiedlichsten Ausformulierungen und auch ihre Abbildung in der Fassade. Rogers verdoppelt beim Lloyd’s of London die erdgeschossnahe Zone durch ein Hoch- und ein Tiefparterre, durch die er die repräsentativeren von den internen Zugangswegen trennt, an der Fassade sieht er all dies gestalterisch jedoch noch weitestgehend unakzentuiert vor. Foster hingegen versucht, Freiräume, freiraumähnliche Flächen, Vorzonen und Zugangszonen zu vervielfachen, vertikal systematisch zu

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verteilen und vor allem an der Fassade auch klar und transparent anzuführen. Bereits beim HSBC Headquarters versuchte Foster sogar, die Untersicht des Gebäudes, oberhalb des überdeckten Plazas, als zusätzliche zwischen „Drinnen“ und „Draußen“ vermittelnde (Glas-)Fassade gestalterisch einzusetzen. Beim Century Tower in Tokio vermittelt die Eingangsfassade in der Erdgeschosszone bereits nur noch eine Mies’sche Ausformulierung durch den Bruch der Fassadengestaltung zwischen Erdgeschoss und Obergeschossen darüber. Beim Commerzbank Headquarters in Frankfurt vermittelt die Eingangsfassade in der Erdgeschosszone dann überhaupt nur noch eine Loos’sche Ausformulierung durch den umgekehrten Bruch der Fassadengestaltung zwischen dem ergänzten, mehrgeschossigen Altbaukarree und dem zurück versetzten Turm darin. Die Weiterentwicklungen der Fassade im Bereich des Zugangs im Office for Metropolitan Architecture müssen eher auf den Baukörper beziehungsweise die Hülle als gesamte reduziert werden, da nicht speziell für die Eingangssequenzen unmittelbar neue Ausgestaltungen von Fassadenteilen vorgesehen sind. Doch räumlich bedient sich Koolhaas durchaus bewährter Konzepte und mixt sie mit seinen wesentlich revolutionäreren urbanen Erschließungskonzepten. Ein äußerst bewährtes Element, dessen sich das OMA bedient, ist der Sockel. Wie zu Beginn von Zwischenkapitel II bereits erläutert, war der Sockelbau nicht nur ein Loos’sches Element zur Lösung der vertikaleren Fassadengliederung, sondern wurde auch ein kommerzielles Massenphänomen zur Ausreizung des baulichen Rauminhaltes. Sowohl bei einer Variante der Togok Towers, beim CCTV Tower als auch in einer „schamvollen“ Version beim Shenzhen Stock Exchange leistet dieser Sockel seine bewährten Dienste – die der Aufnahme zahlreicher Funktionen und deren Anspruch, erdgeschossig oder nahe dem Erdgeschoss positioniert zu werden.

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Kühne Straßenzugannahmen in Form von Ansichtsschemata im ausschließlichen (Hochhaus-)Entwurfsstil von... ...Loos ...Mies

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Schlussfolgerungen

Kühne Straßenzugannahmen in Form von Ansichtsschemata im ausschließlichen (Hochhaus-)Entwurfsstil von... ...Rogers und Foster ...Koolhaas

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Doch auf Basis seiner neu entwickelten Erschließungskonzepte schafft Koolhaas neue Fassadenteile hinsichtlich deren quantitativen Umfangs: die Untersichten. In den Projekten des OMA werden sie noch wichtiger, als sie bei Foster bereits angedacht und beispielsweise beim HSBC Headquarters ausgeführt wurden. Ganze Sockelbauten oder horizontal ausgedehnte Verbindungsbauten werden jenseits des Stadtniveaus, höher gelegen, vorgesehen, um so unterschiedlichste vernetzende Aspekte (Funktion, Tragwerk etc.) besser für den Gesamtkomplex leisten zu können. Durch diese Maßnahme verlegt Koolhaas den Schwerpunkt von Erschließung und Hauptfunktionen wie auch den Fokus der äußerlichen Betrachtung auf das Objekt weiter nach oben. Eine kontinuierliche Entwicklung der Fassade in der metropolitanen Vertikalverdichtung im Zusammenhang mit der Zugangsinszenierung kann als eine Kette von Gegenreaktionen mit diversem Ausgang interpretiert werden: Am Anfang war der Turm und seine oftmals wehrhafte oder symbolische Funktion. Dementsprechend massiv und dick war sein Portal. Mies löste dieses Portal in eine allumlaufende zarte und dünne Glashaut auf. Bei seinen amerikanischen Entwürfen begrenzte er diese Haut dann strikt auf den Erdgeschossbereich und erzeugte damit die konzeptionelle „Auflösung“ des Sockels. Diese Begrenzung durchbrachen Foster und Rogers durch die vertikale Vervielfältigung von Zugangs- beziehungsweise Vorzonen – ebenfalls zumeist jeweils in eine zarte Glashaut gehüllt. Rem Koolhaas und das OMA stehen für eine andere Weiterentwicklung in der Gegenwart. Diese ist weniger durch ähnlich geformte Konzepte für den Zugang und seine Fassade geprägt, als vielmehr durch die befreite Verwendung bestehender beziehungsweise das Mixen neuer adäquater Methoden. Die gesteigerten horizontalen Ausdehnungen jenseits des Stadtniveaus bei Projekten des OMA erhöhen die Präsenz der Fassadenuntersicht zu Fosters Arbeiten noch mal deutlich.

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Schlussfolgerungen

Der Innenbereich Von Beginn an wurden die inneren Bereiche der ersten Hochhäuser beziehungsweise hochhausähnlichen Strukturen in Chicago und New York bereits pragmatisch auf die Bedürfnisse eines Hochhauses abgestimmt.Das heißt, nicht nur das Stahlskelett, sondern auch eine funktionale Anordnung der Lifte als Ersatz für die Treppenanlagen, die ja nun zu Fluchttreppen degradiert wurden, sind fein säuberlich hinter massiven historistischen Fassaden eingearbeitet worden. Wie auch noch bei Loos’ Chicago Tribune Column (die Eingangshalle dort ist mit der des Hauses am Michaelerplatz vergleichbar) waren die Dimensionen der Eingangshalle mit all den Liften zumeist verhältnismäßig klein. Eine Ausnahme war diesbezüglich das Equitable Building in New York mit seiner großzügigen Passage. Der Lösungsansatz von Loos bei der Chicago Tribune Column kann aber auch abgesehen von der geringen Dimension der Eingangshalle eindeutig als Rückschritt interpretiert werden. Nahezu widerwillig oder unbeholfen wirkt der Einbau der Liftanlagen in den von einer zentralen Prachttreppe ins erste von zahlreichen Obergeschosssen dominierten Raum. Wie bei der Fassade kopiert Mies van der Rohe auch bei seinen Berliner Studien die Eingangshalle in jedes seiner Obergeschosse. Er differenziert somit nicht zwischen Eingangsniveau oder Regelgeschoss und neutralisiert dadurch jegliche Gewichtung der Geschosse und dessen Erschließungszonendimension. Diesem Konzept nicht unähnlich, entwickelt er für die zahlreichen amerikanischen Realisierungen ähnliche Konfigurationen. Die Dimensionen der Zugangshalle im Erdgeschoss und der Lifthallen in den Obergeschossen unterscheiden sich oft nahezu gar nicht, und anstelle des fassadennahen Hauptnutzflächengürtels in den Obergeschossen, tritt der außenräumliche Arkadenring im Parterre.

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So sehr Mies das Erdgeschoss vom Regelgeschosskörper darüber in der Fassade gestalterisch trennt, so nah beieinander liegen diese beiden Bauteile durch die räumliche Ausgestaltung und Dimensionierung in der innenräumlichen Vorzone. Dadurch reichen die von Mies im Eingangsgeschoss sparsamst zugebilligten innenräumlichen Kubaturen oft bei Weitem nicht – die Folge ist, wie in den Folgerungen im Mies-Kapitel erläutert, die Entwicklung der konzeptionellen „Prothesen“. Nur bei wenigen Hochhäusern, wo Mies die Liftgruppen in zwei Hälften aus der Mitte des Grundrisses an die zwei jeweiligen Gebäudekernenden gezogen hat, wie beispielsweise beim grundflächenmäßig größeren Gerichtsturm des Federal Center in Chicago, kann er eine großzügigere Dimension in der Eingangshalle erreichen beziehungsweise diesen Bereich dann in den Obergeschossen mit Nebenräumen füllen. Darüber hinaus ist aber spätestens zu diesem Zeitpunkt der einflussreiche Prototyp des von da an und bis heute massenhaft angewandten Liftkernes geboren. Bei diesem Liftkern, der sich im Zentrum (des Grundrisses) des Hochhauses befindet, sind die Liftkabinen in einer Linie nebeneinander aufgereiht und liegen einander gespiegelt in einer weiteren Reihe gegenüber. Diese Modul wird dann je nach Gebäudehöhe, angenommener Fluktuation, Liftmodell (z.B. Geschwindigkeit) etc. längs dicht aneinander vervielfacht und durch die notwendigen Fluchttreppen, Feuerwehraufzüge und Installationsschächte ergänzt. Die bereits angedeutete Verschiebung des Kernes aus der Mitte des Grundrisses in Richtung der Gebäuderänder, wie bei Mies’ Gerichtsgebäude des Federal Center, wurde von Rogers und Foster bei deren „Hofhochhäusern“ übernommen und schlussendlich vollständig ausgeführt. Bis über die Gebäudegrenze hinaus werden hier sogar nicht nur die Vertikalerschließung, sondern auch die Nebenräume verschoben. Beim Lloyd’s of London erfolgt diese Kernverschiebung punktuell rundum verteilt, dort wo es der unregelmäßige Grundstückszuschnitt eben zulässt.

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Schlussfolgerungen

Beim HSBC Headquarters und beim Century Tower sind die Kerne in zwei Linien an die beiden Gebäuderänder parallel zu den Hauptblickbeziehungsweise Hauptwegrichtungen geschoben. Beim Tower des Commerzbank Headquarters wurden die Kerne punktuell gleichförmig an den äußeren drei Gebäudeeckpunkten positioniert. Durch diese Verschiebung entsteht ein großzügiger, wenn nicht sogar enormer, aber störungsfreier Innenbereich. Unter anderem aus statischen und funktionalen Gründen bietet sich somit der gestalterische Umkehrschluss zu Mies’ Zugangskonzepten: Ein punktuell ausgedehntes mehrgeschossiges oder vertikalisiertes Atrium tritt an die Stelle eines dunklen Kernes. Die Zugangshalle als eigenständiger urban anmutender Kosmos erreicht in dieser Phase ihren spektakulären Höhepunkt. Räumliche Bezüge, Blickbeziehungen und differenzierte Ein- und Ausblicke verleihen diesem Bereich ein räumliche Vielfalt und schaffen eine Wechselbeziehung zwischen Offenheit und Geschlossenheit. Über die Atrien hinaus ergänzt Foster in seinen Hofhochhausprojekten noch das Vorzonenspiel durch immer wiederkehrende kleinere Vorzonen, indem er diese vertikal und rhythmisch zwischen die jeweiligen Regelgeschossgruppen schichtet, und somit den Nutzern einen zusätzlichen Mikrokosmos in der Großstruktur Hochhaus anbietet. Wie ebenfalls bereits im oberen Abschnitt über die Fassade angedeutet, ist diese Vertikalisierung des Vorbereiches im Vergleich zu Mies’ Projekten eine befreiterer. Die Hofhochhausentwürfe von Rogers und Foster thematisieren von Beginn an die vertikale Expansions- und Multiplikationsfähigkeit der Zugangszone in ihren unterschiedlichsten Ausformulierungen. Rogers verdoppelt beim Lloyd’s of London die erdgeschossnahe Zone durch

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ein Hoch- und ein Tiefparterre, durch die er die repräsentativeren von den internen Zugangswegen trennt. Foster konzipierte neben seinen mikrokosmischen Vorzonen in den Obergeschossen ebenso meistens halböffentliche oder repräsentative Nutzungen (Schließfächer- und Schalterhalle beim HSBC Headquarters beziehungsweise Ausstellungsfläche und Wellnessclub im Century Tower) in den Untergeschossen. Beim Century Tower reicht sogar das Atrium bis in dieses Untergeschoss, um diese Konzeption zu unterstreichen. Die Atrien aller erläuterten Hofhochhausprojekte verbinden darüber hinaus aufgrund ihrer vertikalen Ausrichtung visuell in umfassender Form einen hohen Anteil des Gebäudes mit diesem Zugangsatrium. Koolhaas’ Konzepte zur innenräumlichen Zugangszone bedienen sich dreier Maßnahmen: des Mies’schen Turmzuschnitts mit dem klassischen dunklen Kern für die einzelnen Türme, des Maßstabssprungs und der somit in einem stark vergrößerten Maßstab ausgeführten Hofhochhauskonzepte von Rogers und Foster. Dies ist folgendermaßen zu erläutern: Der Mies’sche Turmzuschnitt mit dem dunklen Versorgungskern ist bei den Togok Towers und beim Hyperbuilding anzunehmen. Die Verschlankung der Türme erfolgte ja bereits mit dem Argument, trotz steigender Turmhöhen einen hohen Tageslichtanteil darin beizubehalten. Beim CCTV Tower ist der Mies’sche Kern in den beiden Türmen im zugänglichen Planmaterial eindeutig nachweisbar. Durch den Maßstabssprung vervielfältigen sich die Türme. Jeder einzelne von ihnen bildet eine tragende Stütze des gesamten Komplexes – ähnlich wie die konzentrierten Erschließungs- und Nebenraumzonen in den Rändern der Hofhochhäuser. Der von den Türmen abgesteckte Außenraum gleicht architektonisch dem des Atriums im Hofhochhaus.

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Schlussfolgerungen

Die stadtniveaunahen Sockel beziehungsweise hochgefahrenen Verbindungsplattformen verdeutlichen und vervielfachen in ihrer Interpretation das Stadtniveau. Ein einziges Stadtniveau beziehungsweise nur eine Zugangszone wird für diese Gebäudehöhe als zu wenig erachtet. Dadurch ist auch die vertikale Vervielfachung wie bei den Hofhochhäusern gegeben und in ihrem Maßstab ergänzt. Von den zuvor erläuterten Konzepten muss jedoch der Shenzhen Stock Exchange weitestgehend als Sonderform ausgenommen werden. Es handelt sich hierbei hinsichtlich der Zugangskonzeption eher um ein umfunktioniertes Mies-Konzept, wobei beim SZSE die beiden Zugangshallen nicht horizontal in den Stadtraum ausfließen, sondern vielmehr vertikal entlang der Oberfläche des Turmes und durch den fliegenden Sockel hindurch nach oben weg ausfließen. Bei Mies kann man diesen horizontalen Raumfluss abschreiten. Beim vertikalen Raumfluss des SZSE wird er entlang der Turmfassade mit den Liften bis in den fliegenden Sockel hinauf abgefahren. Auch beim Innenraum sind also kontinuierliche Entwicklungen zu erkennen. Der Zugangsraum vergrößert sich im Laufe der Zeit – zumindest im Bereich der avantgardistischeren Entwürfe – und teilt und vervielfacht sich auch; je größer die Gebäude wurden, umso deutlicher wurde allmählich dieser Anspruch. Bei den Projekten des OMA kippt die Zugangszone jedoch in zwei Dimensionen: Einerseits fällt die Eingangshalle selbst hinsichtlich ihrer konzeptionellen Ausformulierung in Mies’sche, wenn nicht sogar Loos’sche Zeiten zurück, andererseits „gönnen“ sich die Projekte jedoch großformatige außenräumliche Zwischenräume zwischen den Türmen und Plattformen, welche durchaus mit den Proportionen der selbstreferenziellen üppigen Atrien der Hofhochhäuser von Rogers und Foster verglichen werden können und diese in ihrer Dimension sogar übersteigen.

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Bedingungen für Innovation

Es gibt zum Teil keinen faktisch nachweisbaren Zusammenhang zwischen innovativen oder neuartigen Projekten, hinsichtlich ihrer Zugangsinszenierung zwischen „Drinnen“ und „Draußen“, und überdurchschnittlich hohen Kosten. Viele der in dieser Arbeit behandelten Projekte sind jedoch bekannt für ihre hohen Kosten. Das Seagram Building3 oder auch das HSBC Headquarters4 waren zu ihrer Zeit sogar die weltweit teuersten Häuser. Wie sehr dies an der „Raumverschwendung“, an der Verwendung exklusiver Materialien oder an statischen Kühnheiten liegt, ist aufgrund der sehr unterschiedlichen und kreativen Abrechnungsarten schwer zu evaluieren. Einzig die Wohnbauten von Mies’ amerikanischen Frührealisierungen waren hingegen bekannt für ihre kostensparende Konzeption.5 Ein weiterer zwingender Faktor sind neben dem Geld Verordnungen beziehungsweise Gesetze. Zahlreiche Verordnungen lassen Gebäude so aussehen, wie sie schließlich aussehen. Der Umstand, dass die Vertikalverdichtung bis heute für viele Metropolen ein relativ neues Phänomen ist, begünstigt jedoch oft noch stärker eine anlassbezogenere Gesetzgebung. Ein Beispiel dafür ist das Seagram Building, bei dem aufgrund der Konzeption des Vorplatzes auch eine durchgängig in ihrer Kontur nach oben verlaufende Fassade erlaubt wurde. 1916 war eine solche Fassade mit der Schaffung der „Zoning Resolution“ aufgrund des Equitable Building – ebenfalls anlassbezogen – verboten worden, in einer Novellierung von 1961 wurde dann festgelegt, wie und in welchem Ausmaß der Plaza, und damit ein außenräumliches öffentliches Vorfeld des Zugangs, auszugestalten sei, um wiederum mit mehr zulässigen Quadratmeter belohnt zu werden.6 Eine räumliche Konsequenz aus Kostenfaktoren und Bebauungsverordnungen ist, wie bereits in Zwischenkapitel II erläutert, oft der Soc-

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Schlussfolgerungen

kelbau. Das Grundstück kann damit ideal bis zur Kubaturmaximierung genutzt werden. Außerdem sind damit eine oft durch Verordnungen geforderte niedrige Traufhöhe sowie ein Rücksprung oder Rücksprünge des Hochhauses weg von der Straßenflucht sehr gut einlösbar. Der kommerzielle Erfolg eines Gebäudes und seine architektonische Konsequenz in Konzept und Gestalt stehen einander hin und wieder im Weg. In dieser Arbeit gibt es sehr wenige Projekte (Commerzbank Headquarters und CCTV Tower sowie auch das kurz beschriebene Lever House) mit diesem erdgeschossnahen „Speckgürtel“. Offenbar stören einander oftmals Zugangsinszenierung und Sockelbau, um wirklich markante ganzheitlich konsequente Erschließungsszenarien zu schaffen. Weiters sind generelle Rahmenbedingungen welche Innovation beeinflussen – nicht im Sinne von „Zoning“ oder Verordnungen, sondern im Sinne von Mentalitäten vermutbar. Es ist beispielsweise fraglich, ob der CCTV Tower in den Vereinigten Staaten von Amerika oder in Europa zu diesem Zeitpunkt überhaupt eine Chance auf eine Realisierung gehabt hätte. Gesellschaftliche Aspekte wie (direkte) Demokratie (Bürgerproteste, Volksabstimmung etc.) oder gewisse ökologische Ansichten (Nachhaltigkeit etc.) haben gewisse Auswirkungen, die jedoch schwer im Bezug auf die Fragestellung auszumachen sind. Umgekehrt betrachtet ermöglicht die Globalisierung des Architekturbusiness Architekturschaffenden wie dem OMA sich die Bauplätze „aussuchen“ zu können wo sie ihre Interpretationen von Innovation umsetzen beziehungsweise anwenden dürfen. Wie und unter welchen Bedingungen in diesem komplexen und dichten Umfeld urbane, typologische und gestalterische Innovationen entstehen, ist also größtenteils nicht direkt nachweisbar. Erhöhte Kosten sind nicht zwingend, Verordnungen sind veränderbar sowie interpretierbar und auch ein Sockelbau ist nicht nachweislich hinderlich. Das Aufspüren von örtlichen „Mentalitäten“ und deren konzeptionellen und baulichen Konsequenzen im Hinblick auf Innovation ist vage – vor

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

allem auf diesen in jeglicher Hinsicht höchst internationalen Gebiet. Es sind jedoch bei den einzelnen hier behandelten Architekten, wie bereits in Frage I erläutert, oft mehr oder minder „interne“ rationale konzeptionelle Entwicklungsstränge erkennbar, die sie zu Innovationen „verleitet“ beziehungsweise gezwungen haben – unabhängig vom Projektstandort und anderen externen Parametern, wie Kosten, Verordnungen oder auch dem Zeitgeist.

Wechselbeziehungen zwischen Horizontal- und Vertikalverdichtung

Synergien Grundsätzlich erwirkt für uns die Gravitation eine Begünstigung der horizontalen Fortbewegung. Eine vertikale Verdichtung läuft somit gegen diese Begünstigung. Raum- und zeitverschwendende Hilfsmittel wie die Treppe oder die Liftanlage sind intern notwendig. Aufgrund sehr hoher Grundpreise in den Metropolen sind jedoch die Grundstücke oft verhältnismäßig klein, das Bauvolumen hingegen groß. Daher werden diese internen raum- und zeitverschwendenden Hilfsmittel für eine Vertikalverdichtung wirksam und stehen dadurch dem externen, gesamtstädtisch betrachtbaren Raum- und Zeitgewinn einer vertikalverdichteten Stadt gegenüber. Die Grundflächen der Hochhäuser sind wie zuvor erläutert zumeist verhältnismäßig klein. Nicht jede Funktion lässt sich in solche kleinen Einheiten „pressen“. Ein Beispiel dafür sind etwa ausgedehnte Handelsflächen, denn diese wollen im Normalfall maximales Angebot durch minimale Erschließung bei gleichzeitigen evozierten Flanieren bieten.

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Schlussfolgerungen

Dies wäre also wieder ein Grund, um auf den somit nicht nur kommerziellen, sondern auch funktionalen Vorteil eines Sockelbaus zurückzukommen. Doch wie bereits in Frage II erläutert, gibt es oftmals planerische Störungen zwischen starken Zugangsinszenierungen und funktional richtigen Sockelbauten. Mies verbannte die Einkaufspassage beim Dominion Center und Westmount Square ins Untergeschoss, wo sie sich nahezu störungsfrei horizontal ausbreiten kann und den Plaza als Vorfeld des Zuganges in seinem räumlichen Fluss wiederum nicht blockiert. Auch bei seinen weniger ausgedehnten „Prothesen“, nämlich jenen des Anbaues und des Pavillons, sind zumeist Funktionen vorzufinden, welche sich eindeutig besser in einer horizontalen Ausdehnung arrangieren lassen. Die vertikal nach oben hin vervielfachten ausführlicheren Vorzonen bei Fosters Hofhochhäusern, speziell beim HSCB Headquarters, versuchten diese Entwicklung voranzutreiben. Denn er kombinierte dort diese zwischen Regelgeschossgruppen eingefügten Vorzonen mit sonst oft auf Stadtniveaunähe befindlichen Funktionen, wie beispielsweise ausgedehnten Restaurants, Lobbies etc. – also Funktionen, die bei größeren Dimensionen auch grundsätzlich eine horizontale Ausbreitung verlangen und mit ihren An- und Ablieferungen sowie internen Nebenfunktionen oft in einen Sockelbau ausgelagert werden. Ausnahmen hierfür sind somit auch die immer wieder punktuell am oberen Turmende angeordneten meist exklusiven Gastronomieflächen. Die weitere Verstärkung dieser Idee erfolgte durch Koolhaas und das OMA, indem sie die horizontal verdichteten Bereiche in Form von gesamten ausgedehnten Plattformen hoch oben über dem Stadtniveau andachten. Sie argumentierten dies durch die Gebäudekomplexgröße und -höhe, denn ab einer gewissen Größe sollte man einen solchen Bauteil an Türme anschließen, um nicht funktionale Monotonie, sondern vielfältige Möglichkeiten der Nutzung zu bieten und somit unter anderem auch Nahversorgung zu erreichen.

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Darüber hinaus ist es ab einer gewissen Höhe auch angebrachter, einen solchen Bauteil nicht an eines der beiden Enden der Türme anzuschließen, sondern zentraler zu positionieren. Ab einer solchen Gebäudehöhe benötigen die aufgrund eines konsequenten Tageslichtanspruches für ihre Höhe viel zu schlanken Türme auch eine übergeordnete statische Aussteifung, die somit noch logischer durch die Plattformen in Verbindung mit allen Türmen des Komplexes erreicht werden konnte. Diese Plattformen bilden aufgrund ihrer Funktion und Größe ein eigenes zusätzliches „Stadtniveau“; auch die Hauptzugangsebene zu den einzelnen Hochhäusern wird somit wieder vervielfacht und dadurch entlastet – wie im kleineren Maßstab auch bei den zuvor beschriebenen Hofhochhäusern. Konzeptionell-gestalterisch-räumliche Wechselbeziehungen zwischen der Horizontal- und der Vertikalverdichtung bei metropolitanen Zugangsinszenierungen sind in Form von Synergien also eher durch die Ergänzung des Hochhauses durch Bauteile (Anbau, Sockel, Pavillon, ausgedehnte Untergeschosse etc.), die sich durch horizontalverdichtende Merkmale auszeichnen, nachzuweisen.

Widerstreben Das Hochhaus ist eine verhältnismäßig junge Typologie. Es ist daher grundsätzlich davon auszugehen, dass somit auch in der Entwicklung seiner Zugangsinszenierung immer konzeptionell-gestalterischräumliche Referenzen beziehungsweise „Übernahmen“ aus der zuvor bereits seit Jahrtausenden bestehenden Horizontalverdichtung bestehen. Hierbei handelt es sich zumeist um Trugschlüsse, da die Vertikalverdichtung nicht nur im wörtlichen, sondern auch im organisatorischen Sinne, im Bezug auf die Nutzung und Erschließung, geradezu das Antonym zur Horizontalverdichtung darstellt.

170

Schlussfolgerungen

Das klassische Eingangsportal mit seiner dahinter liegenden Prachttreppe konnte nicht übernommen werden. Loos scheiterte beispielhaft daran. Gut positionierte Rolltreppen, welche die Liftgruppen nicht stören, haben dafür später eine gewisse Lösungsschnittstelle geboten. Auch bei den Hofhochhäusern ist ein konzeptioneller Widerspruch zwischen Hofhaus und Hofhochhaus, und somit zwischen Horizontalund Vertikalverdichtung erkennbar. Nur Teilaspekte der Qualitäten eines „herkömmlichen“ Hofhauses lassen sich im Hofhochhaus einlösen. Wie bereits in Zwischenkapitel II unter anderem anhand von Frank Lloyd Wrights Larkin Building in Buffalo erläutert, hat das Hofhaus in Form eines überdeckten Atriums neben den räumlichen Qualitäten auch die Qualität der natürlichen Belichtbarkeit dieses zentralen Raumes. Diese Qualität tritt bei zunehmender Höhe in den Hintergrund und verschwindet rasch vollends. Dies ist bestimmt ein Mitgrund, warum sich diese architektonisch äußerst attraktive Sonderform beispielsweise in der innenräumlichen Zugangsinszenierung nie voll durchsetzen konnte. Konzeptionell-gestalterisch-räumliche Wechselbeziehungen zwischen der Horizontal- und der Vertikalverdichtung bei metropolitanen Zugangsinszenierungen sind in Form von widerstrebenden Phänomenen vielfältig ausgeprägt. Vor allem die direkten konzeptionellgestalterisch-räumlichen Übernahmeversuche von der Horizontalverdichtung in die Vertikalverdichtung sind wie hier zuvor anhand von thematisch unterschiedlichen Beispielen (das klassische Eingangsportal mit seiner dahinter liegenden Prachttreppe oder auch der Hof etc.) erläutert, zu einem gewissen Maß unter anderem auch aufgrund deren Funktionalität zumeist problematisch. Dies führte somit zu keiner massenhaften Wiederholung dieser architektonischen Ansätze.

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Zusammenfassende Bemerkungen

Die Entwicklung der Zugangsinszenierung in der metropolitanen Vertikalverdichtung, im Hinblick auf Konzept und Gestalt zwischen „Drinnen“ und „Draußen“, weist ab den 1920er Jahren – ein Ruck durch die Moderne ist nicht zu übersehen – Kontinua beim außenräumlichen Vorfeld, bei der Fassadengestik sowie auch beim innenräumlichen Bereich auf. Es sind durchaus auch teils quantitative Maxima mit darauf folgenden Rückbildungen in den Entwicklungen erkennbar. Gewisse Aspekte und Teilsequenzen wuchsen, addierten oder multiplizierten sich im Laufe der entstandenen Entwürfe und schrumpften, subtrahierten oder dividierten sich schließlich wieder. Zu einer markanten anschließenden Streuung der Entwicklungen in diesem Bereich trug bestimmt Mies van der Rohe mit seinem umfangreichen Katalog an neu überdachten Entwurfskonzepten bei. Zahlreiche Projekte nach und während seiner Schaffenszeit können in einen Bezug zu seinen Arbeiten gestellt werden – als deren Kopie, deren Weiterentwicklung oder als Bruch zu diesen. Innovationen bei der Zugangsinszenierung in der metropolitanen Vertikalverdichtung werden durch erhöhte Baukosten, Verordnungen oder auch sperrige Sockelbauten nicht direkt nachweislich beeinflusst. Zu gegenteilige Aspekte und Fakten lassen einen solchen Nachweis nicht zu. Bei konzeptionell-gestalterisch-räumlichen Wechselbeziehungen zwischen der Horizontal- und der Vertikalverdichtung bei metropolitanen Zugangsinszenierungen sind zumeist horizontalverdichtende Bauteile klar in Form von ergänzenden Teilobjekten für die Vertikalverdichtung hilfreich. Direkte Übernahmen von Konzepten aus der Horizontalverdichtung, unmittelbar an der Vertikalverdichtung angewendet, setzen sich langfristig offenbar selten durch.

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Schlussfolgerungen

Anmerkungen

1. Lambert, Phyllis: „Mies van der Rohe in America“ S.721. 2. Rukschcio, Burkhard: „Adolf Loos – Leben und Werk“ S.562. 3. http://www.aviewoncities.com/nyc/seagrambuilding.htm, 18.02.2012. 4. http://www.aviewoncities.com/hongkong/hsbcbank.htm, 18.02.2012. 5. Schulze, Franz: „Mies van der Rohe – Leben und Werk“ S.253. 6. http://www.nyc.gov/html/dcp/html/zone/zonehis.shtml, 18.02.2012.

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Projektreihen

Projektreihen

Chronologische Projektreihe mit Basisangaben: Home Insurance Building . 1884–1885 bzw. 1890 (1931 abgerissen) Chicago . 135 S LaSalle St Büro 10 bzw. 1890 plus 2 Etagen William Le Baron Jenney Wainwright Building . 1890–1891 St. Louis . 705 Chestnut St Büro & Gastronomie 10 Etagen Dankmar Adler & Louis Sullivan Reliance Building . 1890–1895 Chicago . 32 N State St Hotel & Gastronomie 15 Etagen John Wellborn Root, Charles B. Atwood & Daniel Hudson Burnham

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Larkin Building . 1903–1905 (1950 abgerissen) Buffalo . 680 Seneca St Büro 5 Etagen Frank Lloyd Wright Haus am Michaelerplatz . 1909–1911 Wien . Michaelerplatz 3 Geschäft 6 Etagen Adolf Loos Equitable Building . 1912–1915 New York . 120 Broadway Büro & Gastronomie 38 Etagen Ernest Graham Wrigley Building . 1919–1925 Chicago . 400-410 N Michigan Ave Büro bis zu 30 Etagen Ernest Graham u.a. Wettbewerb Friedrichstraße „Glashochhaus“ . 1921 (nicht realisiert) Berlin . Bereich Friedrichstraße / Reichstagufer / Bahnhof Friedrichstraße Büro & Handel 20 Etagen Ludwig Mies van der Rohe

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Projektreihen

The Chicago Tribune Column . 1922 (nicht realisiert) Chicago . 435 N Michigan Ave Büro 32 Etagen Adolf Loos Studie „Glashochhaus“ . 1922 (nicht realisiert) Ort unbekannt (vermutlich Berlin) Büro & Handel 30 Etagen Ludwig Mies van der Rohe Tribune Tower . 1922–1925 Chicago . 435 N Michigan Ave Büro 36 Etagen Raymond Hood & John Mead Howell Downtown Athletic Club . 1927–1930 New York . 19 West St Wohnen & Sport 38 Etagen Goldwin Starrett & Van Vleck Chrysler Building . 1928–1930 New York . 405 Lexington Ave Büro 77 Etagen William Van Alen

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Empire State Building . 1929–1931 New York . 350 5th Ave Büro 102 Etagen William F. Lamb u.a. (Shreve, Lamb and Harmon) Rockefeller Center . 1929–1939 New York . 1 Rockefeller Plaza Büro & Handel 70 Etagen ein Architektenkonsortium Promontory Apartments . 1946–1949 Chicago . 5530 S Shore Dr Wohnen 21 Etagen Ludwig Mies van der Rohe Lake Shore Drive Apartments . 1948–1951 Chicago . 860-880 N Lake Shore Dr Wohnen 26 Etagen Ludwig Mies van der Rohe Lever House . 1950–1952 New York . 390 Park Ave Büro, Gallerie & Gastronomie 22 Etagen Gordon Bunshaft u.a. (Skidmore, Owings and Merrill)

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Projektreihen

Esplanade Apartments . 1953–1956 Chicago . 900-910 N Lake Shore Dr Wohnen 28 Etagen Ludwig Mies van der Rohe Commonwealth Promenade Apartments . 1953–1956 Chicago . 330-340 W Diversey Pkwy Wohnen 27 Etagen Ludwig Mies van der Rohe Seagram Building . 1954–1958 New York . 375 Park Ave Büro & Gastronomie 38 Etagen Ludwig Mies van der Rohe u.a. Federal Center . 1959–1964 Chicago . Bereich S Clark St / W Jackson Blvd / W Adams St Büro & öffentlicher Dienst (Gericht & Post) bis zu 45 Etagen Ludwig Mies van der Rohe u.a. Dominion Center . 1963–1969 Toronto . Bereich King St W / Bay St / Wellington St W Büro & Handel bis zu 56 Etagen Ludwig Mies van der Rohe u.a.

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Westmount Square . 1964–1968 Montreal . Bereich Rue St. Catherine O / Avenue Wood Büro, Wohnen & Handel bis zu 21 Etagen Ludwig Mies van der Rohe u.a. Lloyd’s of London . 1978–1986 London . 1 Lime St Büro & Handel (Börse) 14 Etagen Richard Rogers Sony Plaza Building (davor AT&T Corporate Headquarters) . 1979–1984 New York . 550 Madison Ave Büro 37 Etagen Philip Johnson & John Burgee HSBC Headquarters . 1979–1986 Hongkong . 1 Queens Rd C Büro 37 Etagen Norman Foster Century Tower . 1987–1991 Tokyo . Hongo 2 2-5 Büro, Ausstellung & SPA 19 Etagen Norman Foster

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Projektreihen

Commerzbank Headquarters . 1991–1997 Frankfurt . Kaiserplatz 1 Büro & Gastronomie 54 Etagen Norman Foster Hyperbuilding . 1996 (nicht realisiert) Bangkok . Phra Pradaeng District Multifunktional unbekannte Etagenanzahl Rem Koolhaas (OMA) Togok Towers . 1996 (nicht realisiert) Seoul . Seocho Gu District Multifunktional unbekannte Etagenanzahl Rem Koolhaas (OMA) CCTV Tower . 2002–2012 Beijing . Chaoyang District Rundfunkzentrale 51 Etagen Rem Koolhaas & Ole Scheeren (OMA) Museum Plaza . 2005 (nicht realisiert) Louisville . Bereich W Washington St / Louisville Riverwalk / N 7th St Multifunktional 62 Etagen Joshua Prince-Ramus (REX)

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Shenzhen Stock Exchange . 2006–2012 Shenzhen . Futian District Büro & Handel (Börse) 52 Etagen Rem Koolhaas & David Gianotten (OMA)

Anm.: Die Etagenanzahlen beinhalten grundsätzlich nur oberirdische Vollgeschosse.

182

Projektreihen

Konzeptionelle Projektreihe: Ergänzende Erläuterungen Die in den Schlussfolgerungen erläuterten Kontinua in der Entwicklung des außenräumlichen Vorfeldes, der Fassadengestik und der Dimension des räumlichen Innenbereiches des Zuganges sind hier anhand von Darstellungen (Aufriss- und Grundrissschemata) nochmals zusammenfassend nachgewiesen. Die Reihung der Projekte erfolgt zwar gemäß deren Entwicklungsstandes hinsichtlich der Zugangsinszenierung, sie gleicht aber aufgrund der zuvor angemerkten Kontinua oft auch der chronologischen Projektreihe. Nach der Gegenreaktion auf das klassische massive Sockelgeschoss durch seine radikale räumlich-gestalterische Auflösung ist eine erhöhte beziehungsweise sich verstärkende konzeptionelle Diversität in der Zugangsinszenierung zu erkennen. Je fortgeschrittener die Entwicklung, desto öfter kann nur noch ein Projekt einem bestimmten Aufrissbeziehungsweise Grundrissschema zugewiesen werden. Auch die Unterschiedlichkeit zwischen den jeweiligen aufeinander folgenden Entwicklungen ist zum Ende hin zunehmend.

Tangierende Phänomene Der anfangs nahezu immer für ein Hochhaus konzipierte Einzelbaukörper entwickelte sich durch den Bedarf an noch mehr zusammenhängender Fläche hin zu einem Hochhausensemble. Durch eine weitere Steigerung des Flächenanspruches bei in etwa gleich bleibenden Trakttiefen (um eine natürliche Belichtbarkeit weiter zu gewährleisten) stieg daraufhin die Gebäudehöhe. Somit erreichten die Gebäude eine Schlankheit, die statisch immer schwieriger zu lösen war. Eine Anordnung rund um ein Atrium oder eine stabilisierende Verbindung durch eine Plattform waren somit

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

mögliche Lösungen. Völlig diametral zu dieser Entwicklung, und somit vermutlich ein Mitgrund, warum diese Entwicklung schließlich wieder oft zum Einzelbaukörper zurückfinden musste, ist hingegen der heute oft allgemein übliche Ansatz, möglichst portionierte Projektdimensionen an unterschiedliche Architekten zu vergeben, oder auch die Option einer schrittweisen Erweiterbarkeit durch Bauteile, um eine Risikominimierung gewährleisten zu können. Hinsichtlich der Projektstandorte ist von den mittlerweile historischen nordamerikanischen Standorten eine deutliche schwerpunktmäßige Verschiebung nach Asien erkennbar. Eine kleinere, ergänzende Einflussnahme auf die Entwicklungen in diesem Bereich findet sich dabei stetig in Europa. Afrika und großteils auch Australien treten diesbezüglich hingegen kaum in Erscheinung. In den Metropolen auf der arabischen Halbinsel wie auch in zahlreichen Metropolen Ostasiens ist diesbezüglich zwar aktuell ein quantitativ hohes Potential in der Vertikalverdichtungsentwicklung vorhanden, es sind zumeist aber keine konzeptionell-gestalterischen Innovationen, sondern eher deren Wiederholungen hinsichtlich der Zugangsinszenierung zwischen Stadt und Hochhaus erkennbar.

Zu den Grafiken selbst Die Darstellungen sind schematisch und somit nicht maßstäblich beziehungsweise proportional. Die unterschiedlichen Projektdimensionen wurden dabei grafisch zwecks Übersichtlichkeit abgeglichen.

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Projektreihen

Legende zu den folgenden Aufriss- und Grundrissschemata:

OO

gestreckte, gleichförmig und/oder sich mehr öffnende, sowie unentschlossener wirkende Bereiche

OO

gewichtige Bereiche

OO

Vertikalerschließungshauptbereiche

Weitere Zugangsspezifika: --% außenräumlicher Vorfeldanteil an der Projektgrundstücksfläche P „Prothese“ für die Zugangsinszenierung V vertikale Vervielfachung der Zugangsinszenierung Fassadengestik: SI Sockel S II ohne Sockel S III „aufgelöster“ Sockel S IIII „abgehobener“ Sockel (--)

nur zum Teil dem jeweiligen Konzept zuordenbar

AF AM AS AU EU

Projektstandort „Afrika“ Projektstandort „Amerika“ Projektstandort „Asien“ Projektstandort „Australien“ Projektstandort „Europa“

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Home Insurance Building,...

10% . (V) S I-II AM

186

Projektreihen

Wainwright Building, Reliance Building, Equitable Building, (Haus am Michaelerplatz), Wrigley Building, The Chicago Tribune Column, Tribune Tower, Downtown Athletic Club, Chrysler Building, Empire State Building, Rockefeller Center,... 10% . . S I 10xAM bzw. 1xEU

187

Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Wettbewerb Friedrichstraße „Glashochhaus“, Studie „Glashochhaus“, (Promontory Apartments),...

20% . . S II 2xEU

188

Projektreihen

(Promontory Apartments), Lake Shore Drive Apartments,...

60% . . S III 2xAM

189

Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Esplanade Apartments, Commonwealth Promenade Apartments,...

40% (P) . S III 2xAM

190

Projektreihen

(Promontory Apartments), (Lever House), Seagram Building,...

50% P . S III 3xAM

191

Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Federal Center,...

70% P . S III AM

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Projektreihen

Dominion Center, Westmount Square,...

70% P V S III 2xAM

193

Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

(Larkin Building), Lloyd’s of London,...

10% . V S II AM bzw. EU

194

Projektreihen

HSBC Headquarters,...

90% . V S III AS

195

Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Century Tower,...

10% (P) (V) S III AS

196

Projektreihen

Commerzbank Headquarters,...

10% (P) V S I-III EU

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

Togok Towers,...

10%/70% P/. . S I/ SII AS ...je nach Variante mit bzw. ohne Sockel

198

Projektreihen

Hyperbuilding, Museum Plaza,...

80% P V S IIII AS bzw. AM

199

Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

CCTV Tower,...

10% P V S I-IIII AS

200

Projektreihen

Shenzhen Stock Exchange,...

60% P V S I-IIII AS

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

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Onlinedatenbanken: archiCentral: http://www.archicentral.com archINFORM: http://deu.archinform.net Architizer: http://www.architizer.com designbuild-network.com: http://www.designbuild-network.com e-architect: http://www.e-architect.co.uk Emporis: http://www.emporis.com Google maps: http://maps.google.at Mies van der Rohe Society (by IIT): http://www.miessociety.org National Inventors Hall of Fame: http://www.invent.org

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Onlinepräsenzen: Arup: http://www.arup.com Bregman + Hamann Architects: http://www.bharchitects.com CCTV New Site Program: http://www.cctv.com/newSiteProgram/en/ general_info.htm Foster + Partners: http://www.fosterandpartners.com Lloyd’s: http://www.lloyds.com Madelon Vriesendorp: http://madelonvriesendorp.com Office for Metropolitan Architecture: http://www.oma.eu Philip Johnson, Alan Ritchie: http://www.pjararchitects.com Rogers Stirk Habour + Partners: http://www.richardrogers.co.uk Skidmore Owings + Merril: http://www.som.com

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Zugangsinszenierungen in der metropolitanen Vertikalverdichtung

The Esplanade Apartments: http://www.900910.com The Promontory: http://miespromontoryapartments.com

Onlinebeiträge: ARCH+; Stalder, Laurent (u.a.): „Schwellenatlas – Von Abfallzerkleinerer bis Zeitmaschine“: http://www.archplus.net/home/archiv/aus-gabe/46,191,1,0.html archiCentral: „Shenzhen Stock Exchange / Shenzhen / China / OMA“: http://www.archicentral.com/shenzhen-stock-exchange-shenzhen-china-oma-9385 ArchiDaily; Basulto, David: „In Progress: Shenzhen Stock Exchange by OMA tops out“: http://www.archdaily.com/66417/in-progress-shenzhen-stock-ex-change-by-oma-tops-out/ ArchiDaily; Minner, Kelly: „Update: Shenzhen Stock Exchange by OMA“: http://www.archdaily.com/162659/update-shenzhen-stock-exchangeby-oma/ Crowstep; Davies, Colin: „High Tech Architecture: http://www.crow-step.co.uk/Resources/HighTechArchitecture.pdf designboom: „OMA: the shenzhen stock exchange – construction“: http://www.designboom.com/weblog/cat/9/view/10688/oma-the-shenzhen-stock-exchange-construction.html designboom: „OMA: the shenzhen stock exchange nearing completion“:

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Abbildungen

Abbildungen

Sämtliche Abbildungen im Buch wurden vom Verfasser erstellt. Alle Rechte vorbehalten.

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Architekturen Eduard Heinrich Führ DIE MAUER Mythen, Propaganda und Alltag in der DDR und in der Bundesrepublik Dezember 2012, ca. 240 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 24,80 €, ISBN 978-3-8376-1909-6

Achim Hahn (Hg.) Erlebnislandschaft – Erlebnis Landschaft? Atmosphären im architektonischen Entwurf Oktober 2012, 364 Seiten, kart., zahlr. z.T. farb. Abb., 33,80 €, ISBN 978-3-8376-2100-6

Susanne Hauser, Christa Kamleithner, Roland Meyer (Hg.) Architekturwissen. Grundlagentexte aus den Kulturwissenschaften Bd. 1: Zur Ästhetik des sozialen Raumes 2011, 366 Seiten, kart., 24,80 €, ISBN 978-3-8376-1551-7

Leseproben, weitere Informationen und Bestellmöglichkeiten finden Sie unter www.transcript-verlag.de

Architekturen Susanne Hauser, Christa Kamleithner, Roland Meyer (Hg.) Architekturwissen. Grundlagentexte aus den Kulturwissenschaften Bd. 2: Zur Logistik des sozialen Raumes Dezember 2012, ca. 350 Seiten, kart., ca. 24,80 €, ISBN 978-3-8376-1568-5

Sonja Hnilica Metaphern für die Stadt Zur Bedeutung von Denkmodellen in der Architekturtheorie Oktober 2012, 326 Seiten, kart., zahlr. Abb., 32,80 €, ISBN 978-3-8376-2191-4

Sonja Hnilica, Markus Jager, Wolfgang Sonne (Hg.) Auf den zweiten Blick Architektur der Nachkriegszeit in Nordrhein-Westfalen 2010, 280 Seiten, Hardcover, zahlr. z.T. farb. Abb., 29,80 €, ISBN 978-3-8376-1482-4

Leseproben, weitere Informationen und Bestellmöglichkeiten finden Sie unter www.transcript-verlag.de

Architekturen Anita Aigner (Hg.) Vernakulare Moderne Grenzüberschreitungen in der Architektur um 1900. Das Bauernhaus und seine Aneignung 2010, 328 Seiten, kart., zahlr. Abb., 29,80 €, ISBN 978-3-8376-1618-7

Ekkehard Drach Architektur und Geometrie Zur Historizität formaler Ordnungssysteme März 2012, 324 Seiten, kart., zahlr. Abb., 35,80 €, ISBN 978-3-8376-2002-3

Michael Falser, Monica Juneja (Hg.) Kulturerbe und Denkmalpflege transkulturell Grenzgänge zwischen Theorie und Praxis Dezember 2012, ca. 300 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 29,80 €, ISBN 978-3-8376-2091-7

Alexandra Klei Der erinnerte Ort Geschichte durch Architektur. Zur baulichen und gestalterischen Repräsentation der nationalsozialistischen Konzentrationslager 2011, 620 Seiten, kart., 39,80 €, ISBN 978-3-8376-1733-7

Joaquín Medina Warmburg, Cornelie Leopold (Hg.) Strukturelle Architektur Zur Aktualität eines Denkens zwischen Technik und Ästhetik Januar 2012, 208 Seiten, kart., zahlr. Abb., 26,80 €, ISBN 978-3-8376-1817-4

Tom Schoper Zur Identität von Architektur Vier zentrale Konzeptionen architektonischer Gestaltung 2010, 252 Seiten, kart., zahlr. Abb., 27,80 €, ISBN 978-3-8376-1587-6

Julia Gill Individualisierung als Standard Über das Unbehagen an der Fertighausarchitektur 2010, 290 Seiten, kart., zahlr. z.T. farb. Abb., 28,80 €, ISBN 978-3-8376-1460-2

Maren Harnack Rückkehr der Wohnmaschinen Sozialer Wohnungsbau und Gentrifizierung in London Januar 2012, 240 Seiten, kart., zahlr. z.T. farb. Abb., 29,80 €, ISBN 978-3-8376-1921-8

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