Ara Pacis - Ein Staatsmonument Augustus auf dem Marsfeld (German Edition) 3805341555, 9783805341554

Der romische Senat widmete diesen Altar im Jahre 13 v. Chr. dem ersten romischen Kaiser Augustus, der nach seinen siegre

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German Pages 80 [82] Year 2010

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Inhalt
Einleitung
Die Ara Pacis
Aufbau und Herkunft der Ara Pacis
Die Ara Pacis und die Sonnenuhr des Augustus (horologium Augusti)
Das Schicksal der Ara Pacis von der römischen Kaiserzeit bis zu ihrer Wiederaufstellung
Die Ara Pacis und die Geschichte Roms bis zur Regierung des Augustus
Die großen und kleinen Friesplatten der Ara Pacis
Einleitende Worte zum Verständnis
Das Problem der neuzeitlichen Ergänzungen und der Interpretation der Friesplatten
Das Problem der Identifizierung der einzelnen Personen auf den Friesplatten
Who is who? – Benennungsvorschläge der Personen auf den großen und kleinen Friesplatten
Der Aufbau des Süd- und Nordfrieses
Der Südfries
Der Nordfries
Die kleinen Friese an der West- und Ostseite
Die Friese an der Westseite (der sog. Lupercalfries)
Der sog. Aeneasfries
Die Friese an der Ostseite (der sog. Romafries)
Der sog. Tellusfries
Die Friese am Opferaltar
Der Rankenfries
Offene Fragen nach der Historizität und Baugeschichte der Ara Pacis
Zusammenfassende Deutung der ara pacis
Weiterführende Literatur
Dank
Bildnachweis
Impressum
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Ara Pacis - Ein Staatsmonument Augustus auf dem Marsfeld (German Edition)
 3805341555, 9783805341554

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Kulturführer zur Geschichte und Archäologie ARA PACIS Herausgegeben von Holger Sonnabend und Christian Winkle

Kulturführer zur Geschichte und Archäologie

ARA PACIS Ein Staatsmonument des Augustus auf dem Marsfeld Von Alexander Mlasowsky

PHILIPP VON ZABERN MAINZ

4 Inhalt 5

INHALT

Einleitung

Die Ara Pacis Seite 7 | Aufbau und Herkunft der Ara Pacis Seite 9 | Die Ara Pacis und die Sonnenuhr des Augustus (horologium Augusti) Seite 12 | Das Schicksal der Ara Pacis von der römischen Kaiserzeit bis zu ihrer Wiederauff stellung Seite 12

Die Ara Pacis und die Geschichte Roms bis zur Regierung des Augustus Seite 15 Die großen und kleinen Friesplatten der Ara Pacis

Einleitende Worte zum Verständnis Seite 27 | Das Problem der neuzeitlichen Ergänzungen und der Interpretation der Friesplatten Seite 27 | Das Problem der Identifizierung der einzelnen Personen auf den Friesplatten Seite 28 | Who is who? – Benennungsvorschläge der Personen auf den großen und kleinen Friesplatten Seite 29 | Der Aufbau des Süd- und Nordfrieses Seite 35 | Der Südfries Seite 37 | Der Nordfries Seite 51 | Die kleinen Friese an der West- und Ostseite Seite 57 | Die Friese an der Westseite (der sog. Lupercalfries) Seite 57 | Der sog. Aeneasfries Seite 57 | Die Friese an der Ostseite (der sog. Romafries) Seite 60 | Der sog. Tellusfries Seite 60 | Die Friese am Opferaltar Seite 61 | Der Rankenfries Seite 63

Offene Fragen nach der Historizität und Baugeschichte der Ara Pacis Seite 66 Zusammenfassende Deutung der Ara Pacis Seite 75 | Weiterführende Literatur Seite 78 | Dank Seite 78 | Bildnachweis Seite 79 | Impressum Seite 79

6 Einleitung 7

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EINLEITUNG

Die Ara Pacis Wenn sich der heutige Mensch mit der römischen Antike beschäftigen möchte, liegt es nahe, sich besonders mit der Stadt Rom zu befassen. Obwohl diese Epoche mehr als 1500 Jahre zurückliegt und die nachfolgenden Jahrhunderte des Mittelalters und der Neuzeit die Spuren der einfachen Menschen und der berühmten Politiker und Kaiser verwischt haben, gibt es noch immer im überreichen Maße antike Bauwerke und Gegenstände in den Vitrinen der Museen dieser Stadt, die die Jahrhunderte überdauert haben und uns heute vom Leben und Wirken der Römer erzählen. Unweit der Engelsburg, auf der gegenüberliegenden Seite des Tibers, befindet sich unmittelbar neben dem Mausoleum des Augustus ein moderner lichtdurchfluteter Glasbau des bekannten amerikanischen Architekten Richard Meier, der nach einer langjährigen Bauzeit am 21. April 2006 eingeweiht worden ist und ein herausragendes antikes Monument beherbergt – die Ara Pacis Augustae. Der „Friedensaltar des Augustus“ – so die deutsche Übersetzung – stellt ein herausragendes Monument aus der Zeit des ersten römischen Kaisers dar; er wurde in den Jahren 13 bis 9 v. Chr. errichtet. Die Ara Pacis ist dank ihrer guten Erhaltung – trotz der Lücken in den Ranken- und Figurenreliefs, die sich plastisch vom Hintergrund abheben – ein Paradebeispiel der römischen Reliefkunst und der Architektur. Wie kein anderes Bauwerk steht es für die glanzvolle Epoche des Augustus. Seine mehr als vierzigjährige Regierung bildet in vielerlei Hinsicht den Höhepunkt der römischen Kultur. Die in dieser Zeit errichteten Bauten und Denkmäler sind von den nachfolgenden Generationen in stilistischer Hinsicht als vorbildhaft betrachtet und immer wieder nachgeahmt worden.

Die Wirkung der augusteischen Kunst erstreckt sich sogar über das Mittelalter hinaus – man bedenke die Rückbezüge in der karolingischen, salischen und vor allem staufischen Zeit – bis in die Kunst des 19. Jahrhunderts. In einer übersteigerten Weise griff auch die Architektur des Faschismus und des Nationalsozialismus auf die Formen der augusteischen Epoche zurück. Dieser Band in der Reihe „Kulturführer zur Geschichte und Archäologie“ soll nicht nur dazu dienen, dem interessierten Besucher eine Handreichung zum Verständnis des Bauwerkes vor Ort zu liefern, sondern auch mit nach Hause genommen werden. Bei der Nachbereitung der Reise mag das Buch die Erinnerung an dieses interessante Denkmal stützen und das Verständnis über die politische Kunst des Augustus vertiefen. Die Beschäftigung mit der Ara Pacis hat eine inzwischen fast nicht mehr überschaubare Menge an wissenschaftlichen Veröffentlichungen in fast allen europäischen Sprachen hervorgebracht, die in der Deutung teilweise zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen. In diesem Buch wird der Versuch unternommen, den aktuellen Stand der Forschung vorzutragen, wobei zweierlei dazu gesagt werden muss: Zum einen ist die Untersuchung der Ara Pacis erstaunlicherweise noch lange nicht abgeschlossen; es können also in der Zukunft noch überraschende Ergebnisse zutage gefördert werden. Zum anderen gibt es in der Interpretation der politischen Bedeutung der Reliefs unterschiedliche Lehrmeinungen, die, obwohl teilweise bereits überholt, dennoch nach wie vor vehement vorgetragen werden. Auch in den folgenden Zeilen werden neben der üblichen Deutung auch andere neue Überlegungen zu den Friesen auf der Süd- und Nordseite der Umfriedungsmauer geliefert.

8 Anfahrt und Öffnungszeiten

Einleitung 9

Aufgang zum Museo dell’Ara Pacis. Das Konzept des Platzes und der Bau stammen vom amerikanischen Architekten Richard Meier.

Ñ Anfahrt und Öffnungszeiten Museo dell’Ara Pacis Lungotevere in Augusta/Via Tomacelli 00100 Roma Tel.: +39 06 06 08 Web.: www.arapacis.it E-Mail: [email protected] Anfahrt: Linea 628 (Endhaltestelle: Maresciallo Giardino) Haltestelle: Lungotevere (LGT) Augusta/Ara Pacis Öffnungszeiten: Di–So: 9.00–19.00 Uhr; 24. und 31. Dezember: 9.00–14.00 Uhr (Kartenverkauf bis 13.00 Uhr) Montags, 1. Januar, 1. März, 25. Dezember geschlossen Für Schwerbehinderte zugänglich. Eintritt: 6,50 € (ermäßigt 4,50 €) Freier Eintritt unter 18 und über 65 Jahren bei Vorlage eines Ausweises. Bei Sonderausstellungen kann sich der Eintrittspreis erhöhen.

Aufbau und Herkunft der Ara Pacis Die Ara Pacis stellt ein kleines, fast quadratisches Heiligtum von 11,65 m Breite und 10,63 m Länge dar. Es besitzt die typische altrömische Form eines „templum“. So wird ein heiliger Bezirk bezeichnet, der nach den Vorschriften des hierfür zuständigen altrömischen Priesterkollegiums, nämlich der Auguren, als Viereck abgegrenzt und von

10 Aufbau und Herkunft der Ara Pacis

Einleitung 11

Rom, Piazza di Montecitorio: der Obelisk des ägyptischen Pharaos Psammetich II. (6. Jh. v. Chr.), der in Rom als Zeiger (Gnomon) der Sonnenuhr des Augustus diente.

einem hölzernen Zaun oder einer steinernen Mauer umgeben wird. Im Falle der Ara Pacis umschließt eine knapp 6,30 m hohe Marmorwand, die auf allen vier Seiten mit Reliefs ausgearbeitet ist, einen kleinen Hof. Die Außenseite ziert ein reiches Pflanzenrelief mit einem Figurenfries darüber, während die Innenseite durch eine Art Lattenzaun verziert ist, an dessen verlängerten Pfosten entfleischte Rinderschädel (Bukranien) und üppige Fruchtgirlanden befestigt sind. Über den bauchig schwingenden Girlanden befinden sich Opferschalen (paterae), die heute zu schweben scheinen, aber einst durch die farbige Bemalung des gesamten Bauwerks sinnvoll an Fäden befestigt vom Rahmen herabhingen (Abb. S. 2). Über zwei 3,60 m breite Zugänge kann der Hof betreten werden, in dessen Mitte ein Brandopferaltar steht. Beim Haupteingang führt eine Flucht von neun flachen Stufen empor, die seitlich durch schmale Wangen gefasst sind. Der Altar selbst ruht auf einem dreistufigen Aufbau. Über drei weitere Stufen konnte der Opferpriester den Altartisch erreichen. Er ist an drei Seiten U-förmig durch Wangen mit dem kleinfigurigen Fries einer Opferprozession eingefasst. Von diesem Relief und den weiteren, die den Sockel des Altartisches bedeckten, sind nur geringe Reste erhalten. Der rückwärtige Eingang besitzt keinen Stufenvorbau, weil er in der Antike zu ebener Erde erreicht werden konnte (Abb. S. 4–5. 59). Die Ara Pacis stand einst nicht an der Stelle, an der sie sich heute befindet. Vielmehr befand sich der Friedensaltar einige Hundert Meter weiter südlich auf dem Marsfeld und lag auf einem ansteigenden Gelände direkt an der Via Flaminia, einer bedeutenden, nach Norden hin ausgerichteten Ausfallstraße.

Aus diesem Grund ist der Sockel des gesamten Bauwerkes nur an drei Seiten auf Ansicht gearbeitet. Er besteht im Innern aus Tuff- und Travertinquadern, die an den drei Schauseiten mit Marmor verkleidet sind. Darüber liegt ein weiterer Belag aus bearbeiteten Steinen, der sogenannte „Troichobat“, auf dem die Wände stehen. Er besitzt an den Längsseiten vier, an den Frontseiten zwei rechteckige Schlitze, die den Abfluss des Regenwassers ermöglichen sollten, da der Friedensaltar, wie es in der Antike üblich war, unter freiem Himmel stand. Auch die Ausrichtung der Ara Pacis war in der Antike anders. Während das Monument heute in einer Nord-Süd-Richtung orientiert ist, lag der rückwärtige Eingang als Ostwand parallel zur Via Flaminia, so dass der Haupteingang nach Westen zum Marsfeld hin blickte. Die Brandopfer konnten also vom Marsfeld her und von der Via Flaminia aus beobachtet werden. Das architektonische Vorbild für die Ara Pacis scheint u. a. im Zwölfgötteraltar auf der Agora in Athen zu suchen sein, der ebenfalls eine Umfriedung mit Reliefs außen, zwei Eingänge und in der Mitte einen Altar besitzt. Dieses Bauwerk wurde um 520 v. Chr. vom Tyrannen Peisistratos errichtet und nach der Zerstörung durch die Perser im letzten Viertel des 5. Jahrhunderts v. Chr. wieder aufgebaut. Ferner ist ein rechteckiger Altarbezirk auf Kos zu nennen, in dessen Mauern ein doppelseitiger reliefierter Fries mit dionysischen Szenen eingelassen war. In Italien wurde bislang nichts Vergleichbares gefunden, allerdings weisen die Forscher zu Recht darauf hin, dass es einen Bezug zum doppeltorigen Tempel des Ianus Geminus (bzw. Quirinus) nahe des Forum Romanum gibt. Er ist nur durch Münzabbildungen bekannt.

12 Die Sonnenuhr des Augustus und das weitere Schicksal der Ara Pacis

Einleitung 13

Die Ara Pacis und die Sonnenuhr des Augustus (horologium Augusti) Die Ara Pacis ist nicht als ein in sich geschlossenes Monument, sondern als Bestandteil eines viel größeren Bauvorhabens des Augustus zu betrachten. Sie stand am östlichen Ende einer gigantischen Sonnenuhr (horologium Augusti), deren Ziffernblatt sich in Form ausgebreiteter Schmetterlingsflügel auf einer Platzanlage erstreckte. Am südlichen Rand befand sich ein eigens aus Ägypten importierter Obelisk, auf dessen Spitze eine vergoldete Bronzekugel mit einer aufgesetzten Spitze saß (Abb. S. 10). Dieser Obelisk aus Porphyr, der sich heute einige Meter von seinem einstigen Aufstellungsort entfernt auf der Piazza di Montecitorio befindet, diente als Zeiger (gnomon). Sein Schattenwurf wanderte je nach Stellung der Sonne auf dem in Bronze gefassten Liniennetz von Westen nach Osten. Das Ziffernblatt sowie die in griechischen Lettern gefassten Worte bezeichneten nicht nur Stunden und Tage, sondern auch die Tierkreiszeichen sowie besondere meteorologische Ereignisse wie das Einsetzen oder Aufhören von Jahreszeitenwinden. Besonders wichtig war allerdings der Schattenwurf an den herbstlichen Tagundnachtgleichen, die fast mit dem Geburtstag des Augustus am 23. September zusammenfielen. Der Schatten, der abends genau in die Ara Pacis hineinragte, verwies damit symbolisch auf den besonderen Zusammenhang zwischen dem kaiserlichen Wirken und der Friedensgöttin Pax.

Das Schicksal der Ara Pacis von der römischen Kaiserzeit bis zu ihrer Wiederaufstellung Der Friedensaltar des Augustus war im Gegensatz zu den anderen Bauten, wie das Kolosseum oder der Bogen des Konstantin, nicht durch die Jahrhunderte ständig im Straßenbild Roms präsent. Gegen Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. kam es auf dem Marsfeld zu einer Erhöhung des Platzes, die den Sockel und die westliche Treppe der Ara Pacis völlig bedeckte. Die Sonnenuhr, die vermutlich durch Erdbewegungen nicht mehr richtig anzeigte, wurde auf dem erhöhten Boden neu verlegt. Unter Kaiser Hadrian, etwa um 130 n. Chr., stieg der Boden im gesamten nördlichen Marsfeld um etwa 2,35 m erneut an, so dass in der unmittelbaren Umgebung der Ara Pacis – in einer Entfernung von 2,50 m – zum Schutz des Bauwerkes eine knapp 1,80 m hohe Ziegelmauer errichtet werden musste. Diese umgab die Ara Pacis vollständig und verdeckte gleichzeitig den Rankenfries; nur noch der Figurenfries war einsehbar. Der Zugang erfolgte über eine Treppe nicht mehr vom Marsfeld, sondern von der Via Flaminia aus. Die Sonnenuhr des Augustus wurde dagegen zugeschüttet und zum ersten Mal überbaut. In unmittelbarer Nähe entstand ein Gebäude unbekannter Nutzung, das in der 1. Bauphase um 130 n. Chr. errichtet wurde. Die 2. Bauphase setzte etwa in der Zeit um 210 n. Chr. ein. In dieser Zeit baute man zudem eine große Mietskaserne (insula) mit einer Länge von

knapp 60 m, die einen Teil der ehemaligen Sonnenuhr bedeckte. Zwischen 422 und 440 n. Chr. wurde auf den Grundmauern dieses Wohnblocks die Kirche S. Lorenzo in Lucina errichtet. Im 13. Jahrhundert kam angrenzend ein Kardinalspalast hinzu, der – immer wieder umgebaut und erweitert – ebenfalls über der Ara Pacis errichtet wurde. Der Friedensaltar diente damit teilweise als tragende Konstruktion des Palastes. Bei Umarbeitungen des Palastes im Jahre 1566 kamen die ersten größeren Relieffragmente des Figurenfrieses und der Rankenfriese zutage. Kardinal Andrea Ricci verfasste zwischen dem 11. Februar und 16. Juli eine Reihe von Briefen an Bartolomeo Concini, den Sekretär von Cosimo I. de Medici, um ihn zu überzeugen, die Reliefs zu erwerben. Allerdings kam nur die Platte mit der Tellus-Darstellung nach Florenz, die anderen Marmorteile wurden zur Villa des Kardinals Ricci auf dem Pincio transportiert und gingen dann 1572 in das Eigentum des Federico de Medici über. Diese und weitere Funde wurden in der späteren Villa Medici verbaut. Andere Teile verblieben im Kardinalspalast Lucina, der 1624 in den Besitz der Peretti, d. h. der Familie Sixtus’ V., überging und danach bis 1898 den Boncompagni Ottoboni,

den Herzögen von Fiano, gehörte. Im späten 18. Jahrhundert wurden die drei Panele des Südfrieses und zwei Panele des Nordfrieses nach Florenz in die Uffizien transportiert, wo sie Francesco Carradori 1784 umfassend an den Rändern umarbeitete und fehlende Stücke an der Kleidung, den Armen, Füßen und Köpfen ergänzte. Weitere gefundene Reliefteile der mythologischen Szenen führten schließlich dazu, dass im Jahre 1879 F. von Duhn als erster die Reliefs mit der Ara Pacis in Verbindung brachte. Erste systematische Grabungen, die zur Entdeckung der Anlage und der Bergung weiterer Reliefplatten führten, erfolgten 1903. 1937 bis 1938 schloss man anlässlich der Zweitausendjahrfeiern für Augustus die Grabungen unter den dicht bebauten Häuserzeilen ab. Dabei wurden u. a. die beiden seitlichen Wangen des Altars entdeckt. Man ging nun daran, den Altar in einem eigens für ihn errichteten Pavillon am Tiberufer, neben dem Mausoleum des Augustus, in einer neuen Ausrichtung aufzubauen. Die Einweihung fand am 23. September 1938 statt. Die Fragmente der Friese, die sich im Louvre oder verbaut in der Fassade der Villa Medici befinden, wurden als Gipsabgüsse angebracht.

14 Die Ara Pacis und die Geschichte Roms bis zur Regierung des Augustus

Die Ara Pacis und die Geschichte Roms bis zur Regierung des Augustus 15

Kopf des Augustus im „Typus T MA 1280“ (Paris, Musée du Louvre).

DIE ARA PACIS UND DIE GESCHICHTE ROMS BIS ZUR REGIERUNG DES AUGUSTUS Die Herrschaft des Augustus (vom Sommer 30 v. Chr. bis zu seinem Tod am 19. August 14 n. Chr.) ist Dreh- und Angelpunkt zwischen zwei wichtigen Epochen der römischen Geschichte: der sog. Römischen Republik und der nachfolgenden Kaiserzeit, als deren Begründer er gilt. Sein Griff nach der Macht hatte zur Folge, dass er einem bereits dem Untergang nahestehenden politischen System den Gnadenstoß gab. Als junger unerfahrener Mann von 19 Jahren trat er nach dem Tod seines Adoptivvaters Iulius Caesar gegen gewiefte Politiker an, die wie er nach der Macht strebten. Die römische Bevölkerung schlitterte in einen Bürgerkrieg, in dem Zivilpersonen und vor allem die Soldaten den Zufällen des Schicksals ausgeliefert waren. Väter und Söhne, Brüder und Cousins standen an den Fronten einander gegenüber und mussten gegeneinander in den Kampf ziehen. Nachdem Augustus sich gegen seine Konkurrenten durchgesetzt hatte, leitete er jedoch eine Politik des Friedens und Ausgleiches ein. Diese Ereignisse und ihre bedeutsamen Folgen werden für den Leser aber erst verständlich, wenn einige Worte über den Aufbau und die Gesellschaft der Römischen Republik vorangestellt werden. Sie bilden auch die Grundlage für das Verständnis der Figurenreliefs auf der Ara Pacis. Der in der Zeit des Augustus schreibende Terentius Varro gibt den 21. April 753 v. Chr. als das Gründungsdatum Roms an. Die archäologischen Grabungen auf dem Kapitol und Palatin belegen jedoch, dass die ersten Ansiedlungen bereits viel früher im 1. Jahrtausend v. Chr. existiert haben. Genaue Kenntnisse über die Frühgeschichte Roms sind nicht zu ermitteln, da die Geschichtsschreibung erst sehr viel später einsetzte. Ein Zeitgenosse Varros, Titus Livius, sowie der etwa 150 Jahre später schreibende Plutarch berichten von Ereignissen, die so legenden-

haft ausgeschmückt sind, dass die geschichtliche Wahrheit nicht mehr überprüfbar ist. Für uns im heutigen 21. Jahrhundert sind die Helden der römischen Frühzeit also regelrechte Sagengestalten, aber der Römer zur Zeit des Kaisers Augustus zweifelte zu keiner Zeit an der wirklichen Existenz dieser Personen. Wir müssen demnach die römische Frühgeschichte mit seinen Augen sehen, um nicht nur zu erfahren, wie für ihn die Geschichte stattgefunden hat, sondern mit welchem Vorwissen solche Monumente wie die Ara Pacis in ihrer Bedeutung zu entschlüsseln sind. Es versteht sich von selbst, dass der Römer von Kindheit an – zu Hause von den Großeltern und Eltern vermittelt und später in den Elementarschulen durch das Lesen der Schriften der Geschichtsschreiber und Dichter – mit den Erzählungen um die Helden der Frühzeit in allen ihren Facetten vertraut gemacht wurde. Für uns mag es genügen zu erfahren, dass bei der Eroberung Trojas ein junger Krieger namens Aeneas zusammen mit seinem alten Vater Anchises und dem kleinen Sohn Ascanius, in anderen Quellen auch Iulus genannt, aus der brennenden Stadt floh. Während einer mehrjährigen Irrfahrt durch das Mittelmeer erlebte er viele Abenteuer und auch den Verlust seines Vaters. Anchises starb hochbetagt auf Sizilien. Schließlich landete Aeneas an der Küste Latiums, also ganz in der Nähe des später gegründeten Rom. Einer Weissagung gemäß, die Aeneas auf seiner Fahrt erhalten hatte, ging er dort an Land, wo er eine Sau mit dreißig kleinen Ferkeln erblickte. Um die Gunst der Götter zu empfangen, opferte er das Muttertier und die Kleinen, die ihm durch den Willen der Götter den Weg gewiesen hatten. Unweit dieser Stelle gründete er die Stadt Lavinium, nachdem der in dieser Gegend regierende weise König

16 Die Ara Pacis und die Geschichte Roms bis zur Regierung des Augustus 17

Die Keimzelle des römischen Reiches unter den ersten Königen und in den ersten Jahrhunderten der Römischen Republik

Von links nach rechts: Aeneas erblickt die weiße Sau und landet zusammen mit seinem Sohn Ascanius/Julus in Latium (Medaillon des Antoninus Pius, geprägt zwischen 140–143 n. Chr.); Aeneas und sein Sohn Ascanius/Iulus opfern mit zwei Opfergehilfen an einem steinernen

Altar (Medaillon des Aurelius Caesar, geprägt 145 n. Chr.); Faustulus beugt sich über die Wölfin, die Romulus und Remus säugt (Sardonyx-Gemme, römisch, 1. Jh. v. Chr., London, British Museum).

Latinus ihn freundlich aufgenommen und ihm ein Stück Land zugewiesen hatte (Abb. oben, links und Mitte). Aeneas und seinen Sohn Ascanius/Iulus betrachteten die Römer seitdem als Stammväter des römischen Volkes, ebenso wie Romulus und Remus, die einige Generationen später im Zuge von Thronstreitigkeiten als Babys in einem Weidenkorb auf dem Tiber ausgesetzt wurden. Das Behältnis verfing sich der Legende nach in der Höhe des späteren Forum Boarium in Rom im Schilf. Eine Wölfin fand die beiden Jungen, nahm sie auf und säugte sie, bis die Knaben von dem Hirten Faustulus entdeckt wurden, der sie aufzog (Abb. oben, rechts). Romulus und Remus wuchsen zu kräftigen jungen Männern heran und gründeten an der Stelle, wo sie gerettet wurden, die Stadt Rom. Bei der Errichtung der Mauer kam es zwischen den beiden zu einem Streit, in dessen Verlauf Romulus seinen Bruder Remus

erschlug. Nach dem kriegerisch veranlagten Romulus wurde der weise und friedvolle Numa Pompilius König. Er begründete auf dem flachen Gelände nördlich des kapitolinischen Hügels einen Kult für den Kriegsgott Mars, weswegen dieses Gebiet bis heute die Bezeichnung Marsfeld (campus Martius) trägt, und ließ zudem einen Tempel für den doppelgesichtigen Gott Janus Geminus errichten, dessen beide Türen geschlossen werden sollten, wenn innerhalb der römischen Grenzen Frieden herrschte. Bis zur Herrschaft des Augustus wurden die Türen allerdings nur zweimal geschlossen: das erste Mal noch während der Regierungszeit des Numa und das zweite Mal 235 v. Chr. nach dem ersten Punischen Krieg. Dem Numa Pompilius folgten noch weitere fünf Könige. Während dieser Zeit geriet Rom unter die Herrschaft ihrer nördlichen Nachbarn, der Etrusker. Den letzten König, Tarquinius Superbus, setzten

die Römer 509 v. Chr. wegen seines unerträglichen Hochmutes vor die Tür und begründeten ein neues Herrschaftssystem. Das Zeitalter der sog. Römischen Republik brach an. Nach dem Sturz der Könige entwickelte sich über mehrere Generationen ein ausgeklügeltes Herrschaftssystem, das aristokratische und demokratische Anteile besaß. Die beiden Machtzentren waren der Ältestenrat, der Senat, gespeist aus Mitgliedern der römischen Aristokratie, und die Volksversammlung, in der die ausgearbeiteten Gesetze nicht diskutiert, sondern nur beschlossen wurden. Das Volk besaß aber das Recht, geeignete Kandidaten der Aristokratie in die Ämter zu wählen. Allerdings hatten diese spezifischen Volksversammlungen keinerlei Möglichkeit, Kandidaten oder Gesetze vorzuschlagen, lediglich die Abstimmung fiel in ihren Kompetenzbereich. Verfassungstechnische Mechanismen, wie die Amtsdauer von nur einem Jahr, der Zwang, das Amt mit einem Kollegen zu teilen, sowie schließlich die Möglichkeit, nach Amtsende wegen Missbrauchs angeklagt zu werden, bildeten eine gut funktionierende Machtbalance. Der vermögende Römer fühlte sich in aller Regel aufgrund einer seit Generationen gepflegten gesellschaftlichen Erwartungshaltung verpflichtet, sich politisch zu betätigen. Diese Haltung war gepaart mit einer starken Frömmigkeit gegenüber den Göttern. Die Prozeduren zur Verehrung der Gottheiten mussten mit akkurater Genauigkeit befolgt werden, denn der römische Staat (res publica) war nicht nur eine „öffentliche Angelegenheit“, die jeden Römer betraf. Das römische Volk sah sich auch von den Göttern ausersehen, eine vollkommene politische Ordnung zu schaffen, die einerseits den Göttern wohlgefällig war und andererseits den Römern im Gegenzug die Herrschaft über die Welt schenkte.

Vorsehung fasste der ¿ Diese berühmte Dichter Vergil, der zur Zeit des Augustus lebte, so zusammen: „Du aber, Römer, denke daran, mit Macht die Völker zu lenken, (denn dies ist deine Befähigung), den Frieden mit Regeln zu ordnen, die Unterworfenen zu schonen und die Widerspenstigen zu überwinden.“ (Vergil, Aeneis 6, 851–853; Übersetzung: I. König)

Das römische Volk wurde ab dem 3. Jahrhundert v. Chr. immer öfter zu den Waffen gerufen. Die Mischung aus einer expansiven Eroberungspolitik und dem Beistehen von angegriffenen Bündnispartnern führte zu einer Ausdehnung des Territoriums auf ganz Italien und über den gesamten Mittelmeerraum. Die Hauptphase der Ausdehnung des römischen Reiches war gegen Ende des 1. Jahrhunderts v. Chr. abgeschlossen. Die zunehmend unübersichtliche Größe des Römischen Reiches erschwerte aber eine geordnete Verwaltung, die schließlich nur durch eine Einrichtung der eroberten Gebiete in Provinzen gewährleistet werden konnte. Der Schwund an italischen Kleinbauern, die die Hauptlast der inzwischen fast ununterbrochen andauernden Kriege zu tragen hatten, und andere strukturelle Probleme in Gesellschaft und Politik führten seit der Mitte des 2. Jhs. v. Chr. immer wieder zur Krise der res publica. Die Einführung eines Berufsheeres durch Marius am Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr., das nun das Schicksal und das Wohl der Soldaten an den jeweiligen Feldherrn band, sowie die große Eigenständigkeit in der Provinzialverwaltung lockten den politischen Ehrgeiz des einen oder anderen Senators, so dass das ausgeklügelte System der gegenseiti-

18 Machtergreifung und Konsolidierung des Kaisers Augustus

Die Ara Pacis und die Geschichte Roms bis zur Regierung des Augustus 19

gen Kontrolle in der Römischen Republik zu versagen begann. Mit Unterstützung ihrer Legionen stellten sich Männer wie Sulla, Pompeius oder Caesar an die Spitze des Staates und bekämpften die konservativen Senatoren, die eine Wiederherstellung der alleinigen senatorischen Macht – wie in alten Zeiten – anstrebten. Von Beginn des 1. Jahrhunderts v. Chr. an sah sich Rom einem dauerhaften Bürgerkrieg ausgesetzt, der nur von kurzen Phasen des Friedens unterbrochen wurde. Der letzte Bürgerkrieg tobte nach dem Tod Caesars im Jahre 44 v. Chr. zwischen Marc Anton und der ägyptischen Königin Kleopatra auf der einen Seite und dem jungen Octavian, dem per Testament als Adoptivsohn bestellten Neffen Caesars, auf der anderen Seite (Abb. S. 14). Durch politische Zähigkeit, Glück und militärische Versiertheit seines gleichaltrigen Freundes M. Vipsanius Agrippa konnte Octavian den entbehrungsreichen Bürgerkrieg am 2. September 31 v. Chr. in der Seeschlacht von Actium für sich entscheiden. Ein Jahr später begingen Marc Anton und Kleopatra Selbstmord. Octavian stand nun an der Spitze eines Staates, der unter den Senatoren, Rittern und einfachen Bürgern einen hohen Blutzoll entrichtet hatte. Das einst so funktionstüchtige politische System war an der Krise gescheitert. Die bevorstehenden Aufgaben waren nicht leicht zu lösen. Octavian musste einerseits seine mit Militärmacht errungene Stellung festigen, durfte aber nicht wie sein Adoptivvater Caesar den Fehler begehen, am Senat vorbeizuregieren. In Absprache mit seinen klugen Ratgebern schuf er ein Herrschaftssystem, das dem Senat die alten Rechte einräumte, ihm selbst aber die Kontrolle über wenige politische Schlüsselpositionen beließ. So konnte er den Anschein erwecken, dass die alte Senatsherrschaft wiederhergestellt worden sei. Die Senatoren

dankten es ihm unter anderem damit, dass sie ihm an jenen beiden wichtigen Senatssitzungen am 13. und 16. Januar 27 v. Chr. den Ehrennamen „Augustus“ verliehen. Die behutsame Staatsführung mit Einbindung des Senates war trotz der Gegenwehr einzelner Senatoren letztendlich dadurch erfolgreich, dass Augustus nach und nach Befugnisse und Gewalten einzelner Ämter auf seine Person übertrug, ohne das Amt selbst innehaben zu müssen. Dadurch überragte er im öffentlichen Bewusstsein die senatorischen Kollegen kaum sichtbar an politischer Macht. Im Gegenteil: Augustus sah sich als „Erster unter Gleichrangigen“ (primus ( inter pares). Unter den heutigen Historikern wird daher seine Herrschaft nicht als „Kaisertum“, sondern als „Prinzipat“ bezeichnet. Augustus besaß neben dem militärischen Rückhalt seiner Legionen und der ausgeklügelten Lenkung des Staats noch ein drittes Standbein, das seine Herrschaft entscheidend festigte. Noch während des Bürgerkrieges trat Octavian den wichtigsten Priesterkollegien bei, die für die Deutung der göttlichen Zeichen und das Wohlwollen der Götterwelt zuständig waren. Als Mitglied der Pontifices oblag ihm die generelle Pflege der römischen Götterkulte, als Augur konnte er den göttlichen Willen ablesen sowie Bitt- und Dankgebete durchführen. Zusammen mit seinem Freund Agrippa war Octavian darüber hinaus ein Mitglied des Fünfzehnmännerkollegiums für die Ausdeutung der Orakelsprüche (quindecimviri sacris faciundis). Nach dem Ende des Bürgerkrieges kam schließlich die letzte der vier großen Priesterschaften (amplissima collegia) hinzu: Augustus gehörte dem Siebenmännerkollegium für die einmal im Jahr stattfindende rituelle Speisung der Götter (septemviri epulonum) an. Er war somit der erste Politiker, der in allen großen Priester-

Das Leben des Augustus 23. 9. 63 v. Chr. 15. 3. 44 2. 1. 43 7. 1. 43 27. 11. 43 23. 10. 42 Ende Oktober 40 17. 1. 38 38–36 33/32 2. 9. 31 1. 8. 30 28 28 13.-16. 1. 27

27–24 22–20 19 15. 12. 19 17 16–13 4. 7. 13

März 12 12 30. 1. 9 11–10 8 5. 2. 2 21./22. 6. 4 n. Chr. 9 14 19. 8. 14 17. 9. 14

Geburt als Gaius Octavius, Großneffe Caesars Ermordung Caesars, testamentarische Adoption Aufnahme in den Senat; Verleihung der propraetorischen Amtsgewalt Amtsantritt als Proprätor Sog. „2. Triumvirat“: Octavian, M. Antonius und Lepidus Schlacht bei Philippi, Sieg über die Caesarmörder Vergöttlichung Caesars (divus Iulius) Heirat mit Livia Krieg gegen Sex. Pompeius Krieg gegen M. Antonius Sieg über M. Antonius in der Schlacht bei Actium Einnahme Alexandrias, Tod des M. Antonius Octavian wird princeps senatus Beginn der Bauarbeiten am Augustus-Mausoleum „Rückgabe“ der Staatsgewalt an das Volk, Verleihung der prokonsularischen Amtsgewalt für zehn Jahre, der corona civica, des clipeus virtutis, der duo laurae und des Ehrennamens „Augustus“ Kriege in Hispanien und Gallien Feldzüge gegen die Parther Verleihung der konsularischen Amtsgewalt Weihung der Ara Fortunae Reducis Säkularfeier In Gallien Rückkehr nach Rom, Stiftung der Ara Pacis Augustae; erneute Verlängerung der prokonsularischen Amtsgewalt für Augustus und Agrippa um fünf Jahre Tod Agrippas Wahl zum pontifex maximus Weihung der Ara Pacis Erneut in Gallien Der Monat Sextilis wird in „Augustus“ umbenannt Verleihung des Ehrentitels pater patriae Adoption von Tiberius und Agrippa Postumus Varusschlacht, Niederlage des Varus und Verlust von drei Legionen Letzte Korrektur am Tatenbericht (Res gestae) Tod in Nola; Tiberius wird princeps Vergöttlichung (divus Augustus)

20 Die Religion in der Selbstdarstellung des Kaisers Augustus

Die Ara Pacis und die Geschichte Roms bis zur Regierung des Augustus 21

kollegien saß. Als Inhaber dieser hoch angesehenen Priesterämter konnte er einen wichtigen Einfluss auf die staatlichen Kulte ausüben und politische Entscheidungen dirigieren, die oft an das Erkunden des göttlichen Willens gekoppelt waren. Der tief empfundenen Frömmigkeit der Römer konnte Augustus somit in unterschiedlicher Weise entsprechen. Als Mitglied der höchsten Priesterschaften erhielt der Sieger des zurückliegenden Bürgerkrieges eine besondere Aura. Es war für jeden Römer offenkundig, dass Augustus in der Gunst der Götter stand. Er war dazu ausersehen, die politischen Gegner zu überwinden und das kriegsmüde und wirtschaftlich ausgezehrte römische Volk einer glücklichen und hoffnungsvollen Zukunft entgegenzuführen. Der Zerfall der politischen Ordnung und die Bürgerkriege wurden zudem im Volk so interpretiert, dass die fehlende Einhaltung der kultischen Vorschriften und die mangelnde Pflege der Tempel erst diesen beklagenswerten Zustand herbeigeführt hätten. dem Eindruck des Bürgerkrie¿ Unter ges schrieb der römische Dichter Horaz gegen Ende der Auseinandersetzung, im Jahre 30 v. Chr., dazu folgende Worte: „Die Vergehen der Vorfahren wirst unschuldig du büßen, Römer, bis du die Tempel wiederhergestellt, die zerfallenden Heiligtümer der Götter und die Kultbilder, entstellt vom dunklen Rauch. [...] Die Götter, da sie nicht geachtet, haben viel gebracht [...] an Bösem zum Leide.“ (Horaz, Oden 3, 6, 1–8; Übersetzung: B. Kytzler)

Octavian/Augustus griff die Furcht, die Götter hätten das römische Volk verlassen, auf und leitete eine umfassende Erneuerung des Religionswesens ein. In einer umfassenden Baupolitik wurden nicht nur die Götter Apollon und Diana, die ihn im Krieg gegen die politischen Feinde unterstützt hatten, mit Tempelbauten geehrt, sondern er konnte sich in seinem Tatenbericht rühmen, im Jahre 28 v. Chr. allein in Rom 82 Göttertempel wiederhergestellt zu haben. Er ließ neue Götterkulte einführen und restaurierte alte Kulte, die schon lange in Vergessenheit geraten waren. Der Friedenssehnsucht der Römer konnte er dadurch sehr symbolträchtig entsprechen, dass er den ehrwürdigen Janus-Tempel als Zeichen, dass im gesamten Herrschaftsgebiet der Römer nach den Siegen der Frieden angebrochen sei, schließen lassen konnte. Die nun anbrechende Friedenszeit wurde nicht nur in der reichen Münzprägung – dem Selbstdarstellungsmedium überhaupt – und den Tempelbauten ausgedrückt, sondern durch die Dichtkunst eines Horaz oder Vergil besonders hervorgehoben. In dem Werk „Aeneis“ führt Vergil seinen aus dem brennenden Troja geflohenen Helden Aeneas in die Unterwelt, da ihm während der langen Flucht das Herz schwer und die Zukunft seiner Familie ungewiss geworden ist. In der Weissagung seines verstorbenen Vaters Anchises sieht Aeneas den berühmten Caesar und erhält einen Ausblick auf die herausragende Herrschaft des Augustus.

Die nordwestliche Ecke der 씰 Umfassungsmauer der Ara Pacis mit Blick auf die Prozession der Nordseite.

22 Die historischen Ereignisse, die zur Entstehung der Ara Pacis führen

Die Ara Pacis und die Geschichte Roms bis zur Regierung des Augustus 23

der Weissagung verkündet ¿ InAnchises seinem Sohn Aeneas:

tigten Stellungen am Rhein und südlich der Donau sollten dann den Ausgangspunkt für künftige Eroberungen bilden. Die Ereignisse, „Hier steht Caesar und die ganze Nachkomdie sich um den Tag der Rückkehr des Augusmenschaft des Iulus, die dazu bestimmt ist, zum mächtigen Himmelsgewölbe aufzusteigen. tus herum ereigneten, werden vom Historiker Cassius Dio (54, 25, 1–5) und im Tatenbericht Der hier ist der Held, der Dir, so hörst Du es oft, verheißen wird, Augustus Caesar, Sohn ei- des Augustus (Res gestae 12, 2) wiedergegenes Gottes: Goldene Zeiten wird er von Neuem ben. Die Passagen berichten, dass der Senat bereits vor der Ankunft des Augustus in Rom für Latium stiften in dem Land, wo Saturnus den Beschluss gefasst hatte, ihm im Sitzungseinst König war, über Garamanten und Inder haus des Senates einen Altar zu stiften. Wann hinaus wird er das Reich ausdehnen […].“ (Vergil, Aeneis 6, 788–795; Augustus davon Kenntnis erhielt, wissen wir Übersetzung: E. und G. Binder) nicht. Vielleicht erfuhr er von dem Beschluss, als er sich Rom näherte oder erst am 4. Juli, als er das einfache Volk und die Senatoren In dieser Passage spiegeln sich die großin seinem Haus auf dem Palatin empfing. artigen Spiele wider, die Augustus im Jahre Augustus zog daraufhin zum Kapitol, um 17 v. Chr. beging (ludi saeculares), um sichtdem höchsten Gott Jupiter den Lorbeer zu bar für die gesamte Bevölkerung die Ausweihen, den er von den Rutenbündeln seiner söhnung mit den Göttern zu feiern und den Liktoren – Amtsdiener, die ihm in der ÖffentBeginn eines „Goldenen Zeitalters“ zu begehen. Die Außen- und Innenpolitik stand nun lichkeit stets vorausgingen – nahm. Damit ist nicht der übliche Triumphzug gemeint, den im Zeichen der Friedensgöttin Pax, der vier Augustus seit 29 v. Chr. stets abgelehnt hatte, Jahre später eigens ein Altar errichtet wurde sondern die bei dem Historiker Livius (Ab (Abb. S. 4–5, 59). urbe condita 3, 7, 7; 27, 51, 9; 40, 37, 3) beDie Baugeschichte der Ara Pacis begann schriebene Form der Bitt- und Dankfeste für mit der Rückkehr des Augustus in der Nacht die Götter, die sog. „supplicationes“, bei denen vom 3. zum 4. Juli 13 v. Chr. aus Gallien und festlich gekleidete Männer, Frauen und Kindem linksrheinischen Germanien. Die Erder – sogar freigelassene Sklaven – durch die oberung des rechtsrheinischen Germanien war von langer Hand geplant. Die Niederlage Straßen zogen, Lorbeerzweige in den Händen hielten und Lorbeerkränze auf dem Kopf seines Feldherrn M. Lollius im Frühsommer trugen. Vor dem Tempel brachten sie zum 16 v. Chr. am Niederrhein nahm Augustus zum Anlass, unter eigener Aufsicht in Gallien Dank an die Götter unblutige Opfer dar, d. h. Opfergehilfen (magistri bzw. camilli) mussten eine Boden- und Verwaltungsreform durchzuführen und die Legionen, die sich noch im mit ihren Kästchen (acerrae) und Krügen für die Weihrauchkügelchen und den Wein innergallischen Raum befunden hatten, an bereitstehen. Die „supplicationes“ wurden im den Rhein zu verlegen. Während Augustus Zusammenhang mit den erfolgreich geführdrei Jahre in Gallien weilte, unternahmen seine Stiefsöhne Tiberius und Drusus d. Ä. im ten Feldzügen durchgeführt. Somit liegt die berechtigte Vermutung auf Jahre 15 v. Chr. die Eroberung des Alpenvorlandes im süddeutschen Raum und schlossen der Hand, dass der Lorbeer, den Augustus am 4. Juli dem Jupiter darbrachte, im Rahmen eisie innerhalb eines Jahres ab. Die neu befes-

wir noch die folgende ¿ Fügen Notiz aus dem Tatenbericht des Augustus hinzu: „Wegen der von mir oder von meinen Feldherrn unter meinem Oberbefehl zu Wasser und zu Lande erfolgreich geführten Feldzüge, beschloss der Senat fünfundfünfzigmal ein Dankfest für die unsterblichen Götter.“ (Res gestae divi Augusti 4; Übersetzung: M. Giebel) ner „supplicatio“ stand. Dieses Dankfest wird uns noch einmal beschäftigen, wenn wir in ab S. 66 der Frage nachgehen, welches Ereignis der große Prozessionsfries wiedergibt. Wohl noch am selben Tag berief Augustus eine Senatssitzung ein, um nach der Schilderung des Cassius Dio seinen Bericht und weitere Anordnungen vorlesen zu lassen. Es wird eigens vermerkt, dass Augustus erkältet gewesen sei. Spätestens in dieser Sitzung wurde die ursprüngliche Ehrung des Senates fallen gelassen und die Errichtung eines Altares des Friedens (ara pacis) auf dem Marsfeld beschlossen. Aus der römischen Kaiserzeit sind Kalender (fasti ( ) mit eingetragenen Fest- und Feiertagen erhalten, die diesen Beschluss für den 4. Juli festhalten (eo die ara pacis Augustae in campo Martio constituta est […]). Der Begriff für diese Beschlussfassung heißt „constitutio“. Hiernach mussten die Auguren – ein Priesterkollegium, das sich mit dem Willen und den Zeichen der Götter befasste – auf das Marsfeld hinausziehen, um in einer festgelegten Zeremonie eine Fläche aus dem Machtbereich des Gottes Mars „herauszuschneiden“, auf dem später der Altar des Friedens errichtet werden sollte. Im Rahmen dieser „inauguratio“ wurden vermutlich Grassoden ausgestochen, um einen provisorischen Altar zu errichten, und ein hoher Lattenzaun wurde als eine Art Umfriedung

aufgebaut. Die Priester und ihre Gehilfen opferten der Friedensgöttin mehrere weiße Kühe, deren Schädel an langen Stangen, an den Ecken und entlang des Lattenzaunes, befestigt wurden. Anschließend behängten sie sie mit üppigen Früchtegirlanden (vgl. Abb. S. 4-5). Ob dieser komplexe religiöse Vorgang noch am 4. Juli stattfand, wird nicht berichtet. Es ist jedoch anzunehmen, dass nach der Beschlussfassung erst noch der Platz auf dem Marsfeld ausgesucht werden musste, zumal die Ara Pacis im Verbund mit der Sonnenuhr des Augustus errichtet wurde. Die zweite Beschlussfassung zu Ehren des Augustus beinhaltete noch einen Zusatz, den der Princeps in seinem Tatenbericht festhielt. Auf Anweisung des Senates sollten Priester, die Vestalinnen und Beamte zur Erinnerung an die glückliche Rückkehr des Augustus auf dem Altar ein jährliches Opfer darbringen, das „anniversarium sacrificium“. Im Verlauf der zweiten Hälfte des Jahres 13 v. Chr. begann man mit dem Bau, nicht ohne dass sich die Bildhauer und Steinmetze mit dem Auftraggeber, also dem Senat, und möglicherweise dem Princeps und seinen Beratern abgesprochen hatten, welchen figürlichen Schmuck die Ara Pacis besitzen sollte. Gottheiten und die wichtigen Helden aus der römischen Mythologie sollten auf den kleinen Friesplatten und ein Festzug mit der Familie des Augustus, die wichtigsten Priesterkollegien sowie hochrangige Männer Roms auf den Langseiten der steinernen Umfriedung abgebildet werden. Ein kleinerer Festzug mit Opfertieren und vielleicht noch eine Prozession von Personifikationen der Provinzen sollten den eigentlichen Altar schmücken. Die Bauzeit betrug mehr als drei Jahre. Der unvorhergesehene Tod mehrerer Familienmitglieder des Augustus – Agrippa starb im März 12 v. Chr., die Schwester Octa-

24 Die Ara Pacis und die Geschichte Roms bis zur Regierung des Augustus

Die Einweihung der Ara Pacis 25

via minor 11 v. Chr. – sowie Veränderungen in der Tagespolitik mochten Auswirkungen auf das zuvor festgelegte Bildprogramm gehabt haben. Die anfallenden Änderungen, die heute als Spuren einer Umarbeitung feststellbar sind, und andere uns heute unbekannte Faktoren führten vermutlich zu einer derartigen Verzögerung, dass der Friedensalter zu dem vorgesehenen Zeitpunkt, dem 30. Januar 9 v. Chr., nicht fertiggestellt werden konnte. Auch diese Spuren sind noch erkennbar. Etliche Personen im Prozessionsfries tragen im Gesicht und an den Gewändern sog. Raspelspuren, woraus geschlossen werden kann, dass sie nicht den letzten, alles vollendenden Schliff erhalten hatten. Ein Verschieben des Datums kam wohl nicht in Frage, da an diesem Tag Livia, die Gemahlin des Augustus, ihren Geburtstag hatte. An Festkalender von Cumae, das ¿ Der „„feriale Cumanum“, berichtet für den

diesem Tag fand wieder eine „supplicatio“ statt, wie ein Festkalender aus der antiken Stadt Cumae berichtet. Im Rahmen dieser Feierlichkeiten weihten die Priester, vermutlich die Pontifices, den Friedensaltar mit einem reichen Opfer ein (consecratio) und übergaben ihn der Gottheit Pax (dedicatio). Beide Daten, der 4. Juli und der 30. Januar, sind als Festtage in die antiken Kalender eingegangen, wobei das alljährlich stattfindende „anniversarium sacrificium“ für den Tag im Juli galt. Der Prozessionsfries (mit der Familie des Augustus) wirkt auf uns heute sehr eindringlich wie eine Momentaufnahme des realen Lebens. Männer und Frauen stehen beieinander und scheinen sich sogar zu unterhalten, während Kinder teils aufmerksam, teils gelangweilt in die Gegend blicken.

Wenn nur der Feind fehlt, mag zum Triumph auch Gelegenheit fehlen: 30. Januar 9 v. Chr.: Du bringst größeren Ruhm unseren Fürsten „An diesem Tag wurde die Ara Pacis eingeals Krieg! weiht. Ein Dankfest für die Herrschaft des Nur zur Abwehr von Kämpfen soll der Soldat Caesar Augustus, des Wächters der römischen in den Kampf ziehn, Bürger und des Weltkreises.“ ([eo die ara nur noch im festlichen Zug setze die Tuba Pacis Aug. dedicata] est. Supplicatio imperio man ein! Caesaris Augusti cust[odis civium Romanorum Alle Welt sei in Furcht vor den Äneaden, orbisque terrar?]um) und hat ein Land einmal keine Angst, also: Dann liebe Der berühmte augusteische Dichter Ovid es Rom! besingt diesen Tag mit folgenden Strophen: Priester, spendet den Weihrauch den Flammen „Mein Gedicht war es, das zum Altar des des Friedensaltares; Friedens mich führte; schlachtet das schneeweiße Tier, das ihr dies wird nun der vorletzte Tag in diesem mit Wein habt besprengt! Monat nun sein. Fleht zu den Göttern, die stets fromme Winde dir um deine Haarpracht den Lorbeer Bitten erhören, daß ewig aus Aktium, Frieden! mit dem Frieden zugleich währe das Haus, Komme zu uns und dann bleib mild überall das ihn schenkt!“ (Ovid, fasti 709 ff.; auf der Welt! Übersetzung: N. Holzberg)

Das Museo dell'Ara Pacis nach der Umgestaltung durch den amerikanischen Architekten Richard Meier.

26 Das Problem der neuzeitlichen Ergänzungen und der Interpretation der Friesplatten

Die großen und kleinen Friesplatten der Ara Pacis 27

DIE GROSSEN UND KLEINEN FRIESPLATTEN DER ARA PACIS Einleitende Worte zum Verständnis Das Problem der neuzeitlichen Ergänzungen und der Interpretation der Friesplatten Seit der Auffindung der größeren und kleineren Fragmente der Friesplatten im 16. Jahrhundert bis zur Aufstellung der gesamten Ara Pacis im Jahre 1938 wurden immer wieder etliche Kanten begradigt, Körperteile und Gewandpartien ergänzt. Es ist nicht sinnvoll, hier alle Ergänzungen aufzuzählen. Für das Verständnis der Friesplatten sei aber darauf hingewiesen, dass die Personen im Vordergrund auf der Nordseite der Umfriedungsmauer einen besonders nachhaltigen Eingriff erfahren haben, da ihre Köpfe fast alle modern sind. Ferner halten einige Prozessionsteilnehmer Buchrollen in ihren Händen, wobei es sich mittlerweile herausgestellt hat, dass sie durch die Restaurierungsmaßnahmen in der jüngeren Neuzeit ergänzt wurden und nun richtigerweise durch Lorbeerzweige ersetzt werden müssen, wie sie von anderen Männern und Frauen gehalten werden. Die tiefere Bedeutung über die Aussage der Reliefs konnte der antike Betrachter aus den abgebildeten Gegenständen erlangen. Seine eigene Erfahrung im Alltag bot ihm die jeweilige Erläuterung an. So konnte er beispielsweise die Lorbeerzweige in den Händen der Prozessionsteilnehmer oder die Kästchen (acerrae), die die Opfergehilfen (N 7 und N 24) in den Händen halten, fraglos dem Sinn und Zweck der Prozession zuordnen oder mit ihrer Hilfe die Funktion der Opfergehilfen

Detail der Prozession auf der Nordseite der Umfassungsmauer mit den Liktoren und den Septemviri epulonum (N 1–11).

28 Das Problem der Identifizierung der einzelnen Personen auf den Friesplatten

Die großen und kleinen Friesplatten der Ara Pacis 29

Bemerkung zur ! Eine Durchnummerierung der

wiederum eine ungewöhnliche Haube mit einer Spitze (apex), die meisten jedoch einen Lorbeerkranz auf dem Kopf tragen (vgl. Abb. Personen auf den Friesen: S. 36, 39, 40, 44, 47, 48, 49). Das Schuhwerk Trotz der teilweise bruchstückhaften Erhaltung hat es sich in der Forschung bewährt, die ist ebenfalls bedeutsam. Die Mehrheit der Teilnehmer führt den schlichten, bis zum einzelnen Personen durchzunummerieren. Knöchel reichenden Schuh, den „Calceus“. Zusammen mit der Angabe der Himmelsrichtung (z. B. S 16 für Augustus) bietet dieses Die bis weit über die Knöchel hinaufreichenVerfahren den Vorteil, die mühselige und im- den Schuhe, die mit Bändern geschmückt mer wiederkehrende und dadurch ermüdend sind (calceus patricius), weisen die Träger wirkende Beschreibung der Position wichtiger als vornehme Patrizier in der Funktion als Mitglieder hochrangiger Priesterämter aus. Personen vermeiden und den Verweis auf andere vereinfachen zu können. Für den klei- Allerdings haben die Bildhauer diese Kennzeichnung nicht konsequent durchgehalten, nen Altarfries wird zusätzlich der Buchstabe was in der Benennung manche irritierende A verwendet. In der Forschung gibt es leicht variierende Auffassungen, wie viele Personen Frage aufwirft. in den Lücken der großen Friese gestanden haben bzw. an welcher Stelle die kleinen Altarplatten angebracht waren. Hieraus ergeben Das Problem der Identifizierung der einzelnen Personen auf den sich leichte Abweichungen in der Nummerierung. Die im Folgenden benutzte Zählung Friesplatten baut auf ältere auf und ist die zurzeit gültige. Die wichtigsten Anhaltspunkte für die Identifizierung einzelner Personen stellen in der römischen Kunst in aller Regel ihre individuellen Porträts dar. In diesem Punkt tut sich bestimmen (vgl. Abb. S. 26). Auch die Gottheiten auf den kleinen Friesplatten sowie viele die Forschung bis in die jüngste Zeit allerdings sehr schwer. Einige Gesichter sind Personen im Prozessionszug auf den großen Friesplatten und den kleinen Altarfriesen er- nämlich bereits in der Antike, nachdem die schlossen sich für ihn anhand ihrer Kleidung, Ara Pacis etwa 150 Jahre dem Wind und ihres Schuhwerks und der Geräte, die sie mit Wetter ausgesetzt war, restauriert worden. sich führen. Die männlichen Prozessionsteil- Die Diskussion entzündet sich auch an einem Phänomen, dass für den modernen Benehmer tragen bis auf die Opfergehilfen das typische, in lange Falten gelegte Staatsgewand, trachter etwas ungewöhnlich erscheint. Die Wiedererkennbarkeit eines Porträts erfolgte die Toga. Sie werden in der Fachsprache dain der römischen Antike nicht allein durch her auch als „Togati“ bezeichnet. Die Frauen sind mit einem vergleichbaren Gewand, dem die Details des Gesichtes, sondern durch die spezifische Anlage der Frisur. Besonders das „Pallium“, bekleidet. Für die Benennung römische Kaiserhaus legte einen großen einzelner Personen bzw. die weiterreichende Wert auf die Drapierung der StirnhaarloErläuterung ihrer Funktion ist es auch nicht cken, so dass – abhängig von der handwerkunwichtig zu erkennen, dass einige Teilnehlichen Geschicklichkeit der Bildhauerwerkmer mit verhülltem Kopf auftreten, andere

stätten in den Provinzen – die Statuen des Kaisers und seiner Familie überall im Römischen Reich im Wesentlichen gleich aussahen und so ohne die Sockelinschrift ablesen zu müssen, erkannt werden konnten. Eine weitere wichtige Grundlage bildeten hierfür damals wie heute die Münzprägungen, da die auf der Vorderseite abgebildeten Männer und Frauen des Kaiserhauses durch eine erklärende Umschrift begleitet wurden. In den letzten Jahrzehnten kristallisierte sich in der archäologischen Forschung zudem die Erkenntnis heraus, dass die Kaiser mehrfach in ihrer Regierungszeit die charakteristische Haartracht in ihren Statuen und Münzprägungen wechselten. Die Wandlung nahm dadurch die Funktion einer sichtbaren politischen Botschaft an. Der Grund konnte beispielsweise in einem Regierungsjubiläum oder der Präsentation eines Nachfolgers oder auch schlicht in der Änderung der Mode liegen. Die Öffentlichkeit konnte somit recht schnell einen Wechsel oder die Ergänzung der Regierungspolitik eines Kaiser und seiner Familie zur Kenntnis nehmen. Die noch heute erhaltenen Porträts mit identischen Frisuren werden in der Forschung zu „Bildnistypen“ zusammengefasst und meist nach dem besten Belegstück anhand der Inventarnummer des Museums oder des Fundortes benannt; zum Beispiel wird das Bildes des Kaisers Tiberius, das während seiner Regierungszeit die meiste Verbreitung fand, nach der Inventarnummer und dem Ort des Museums als „Typus Kopenhagen 624“ bezeichnet. Diese vielen Erfahrungswerte, die der antike Römer in seinem Alltag zwangsläufig auff nahm und für die Deutung der Friese nutzte, muss sich der Betrachter des 21. Jahrhunderts erst wieder mühsam aneignen. Es liegt auf der Hand, dass in der archäologischen

Forschung bis heute kontrovers diskutiert wird. Die Einteilung in Bildnistypen wird von den Gelehrten nicht immer gleichermaßen anerkannt. Zudem gewinnt man bei näherer Untersuchung der identifizierbaren Bildnisse auf der Ara Pacis den Eindruck, dass seltsamerweise kein besonderer Wert auf eine sorgfältige Wiedergabe gelegt wurde. Die Frisuren scheinen bestenfalls nur eine blasse Annäherung an die zeitgleichen Bildnistypen darzustellen. Diese Hindernisse führen dazu, dass die Benennung der einen oder anderen Person auf dem großen Prozessionsfries strittig ist. Ohnehin wird der moderne Betrachter bedauernd feststellen, dass die meisten Personen auf dem Nordfries weitgehend unbekannt bleiben müssen, da – wie bereits bemerkt – die Köpfe in einer neuzeitlichen Restaurierung ergänzt wurden. Es hat sich zudem herausgestellt, dass auch in der Antike wohl nur die im Hochrelief ausgearbeiteten Personen benannt werden konnten. Die Hintergrundfiguren tragen keine individuellen Gesichter. Sie konnten je nach der Position in den großen Prozessionsfriesen entweder als diverse Freunde bzw. Bedienstete der Familie, als nicht näher benannte Senatoren oder als Staatsbeamte bzw. Priester niederen Ranges gedeutet werden. Die wenigen Ausnahmen einer individuellen Darstellung scheinen eine nachträgliche Korrektur darzustellen, wie noch gezeigt werden soll.

Who is who? – Benennungsvorschläge der Personen auf den großen und kleinen Friesplatten Die nachfolgende Grafik der Prozessionsteilnehmer und die tabellarische Übersicht die-

30 Die großen und kleinen Friesplatten der Ara Pacis 31

nen einer schnellen Orientierung, welche Personen benannt werden können und wo sie sich befinden. Die Personen, die später ausführlicher besprochen werden, sind in fetter Schrift hervorgehoben. Die kursive Schrift ft bezeichnet eine gleichwertige Alternativbenennung. Gerade die fragmentarisch erhaltenen Personen sind nicht immer eindeutig zu identifizieren. Einige wenige Be-

Detail des Rankenfrieses

Who ist who? – Benennungsvorschläge der Personen auf den großen und kleinen Friesplatten

nennungen sind unterstrichen. Sie stellen veraltete Vorschläge dar, die aber immer wieder in der jüngeren Literatur herangezogen werden. Da dieses Buch auch dazu dienen soll, den aktuellen Stand (bis Mitte 2008) der Forschung wiederzugeben, müssen wenigstens einige sich hartnäckig haltende Benennungsvorschläge aufgeführt und besprochen werden.

Aktueller Benennungsvorschlag Alternativer Benennungsvorschlag Alter Benennungsvorschlag

Südfries S 1: S 2: S 3: S 4: S 5: S 5a: S 6: S 6a: S 7: S 8: S 9: S 10: S 11: S 12: S 13: S 14: S 15: S 16: S 17: S 18: S 19: S 20:

S 21: S 22:

S 23:

Togatus Togatus Liktor Liktor Togatus vermutlich eine weitere Hintergrundfigur Togatus vermutlich eine weitere Hintergrundfigur Togatus Liktor Liktor Minister/Camillus der Pontifices Liktor Liktor Liktor proximus Liktor Pontifex/Augur? Augustus Pontifex/Augur/ rex sacrorum? Togatus, evtl. Priester Togatus, evtl. Priester Flamen Martialis Lucius Cornelius Lentulus/Flamen Quirinalis Togatus, evtl. Priester Flamen Quirinalis/Flamen Martialis Lucius Cornelius Lentulus Flamen Iulialis: Sextus Appuleius d. J. (?)

S 24:

S 25: S 26: S 27: S 28: S 29: S 30:

S 31:

S 32: S 33: S 34: S 35: S 35a: S 35b: S 36: S 37: S 38: S 39: S 40: S 41: S 42:

Flamen Dialis, vermutlich Servius Cornelius Lentulus Maluginensis Togatus, evtl. Priester Flaminius Camillus/Flaminius Liktor Togatus (blickt zu Nr. S 28) Agrippa Togatus Königin eines östlichen Klientelreiches (Iotape I. oder Dynamis )/Amme oder Dienerin Kleiner Prinz eines östlichen Klientelreiches, der Sohn von S 30 (Antiochos III. von Kommagene bzw. unbekannter Sohn der Dynamis)/Gaius Caesar Livia/Iulia Togatus Tiberius Togatus Togatus (im Vordergrund!) eine weitere Person? Antonia Minor Schweigen gebietende, verschleierte Frau Germanicus Drusus maior Frau im Pallium Antonia maior Gnaeus Domitius Ahenobarbus

32 Die großen und kleinen Friesplatten der Ara Pacis 33

S 43: S 44: S 45: S 46: S 47:

Domitia Sextus Appuleius d. Ä.?/ Maecenas Lucius Domitius Ahenobarbus Frau im Pallium Frau im Pallium

------------------

Nordfries N 1: N 2: N 3: N 4: N 5-6: N 7: N 8-10: N 11:

N 12-15: N 16: N 17: N 18: N 19:

N 20: N 21-23: N 24:

N 25-34:

Liktor Togatus, evtl. Liktor Liktor Togatus, (bis Nr. N 10 evtl. Septemviri epulonum) Togatus Minister/Camillus der Septemviri epulonum Togatus Togatus (dieser und folgende evtl. Angehöriger eines weiteren Priesterkollegiums?) Togatus Togatus, evtl. Augur Togatus Togatus, evtl. Augur (etwa in der Höhe des Augustus) Togatus, (N 19, N 21–34 Angehörige der Quindecimviri sacris faciundis?) Togatus, evtl. Augur Togatus Minister/Camillus der Quindecimviri sacris faciundis Togatus

Who ist who? – Benennungsvorschläge der Personen auf den großen und kleinen Friesplatten

N 35:

N 36: N 37: N 38: N 39: N 40: N 41: N 42: N 43: N 44: N 45:

N 46: N 47:

Kleiner Prinz eines westlichen Klientelreiches/ Lucius Caesar Iulia/Livia Togatus Gaius Caesar Schweigen gebietende, verschleierte Frau Octavia minor? Iulia minor Iullus Antonius? Octavia maior? Marcella maior? Lucius Caesar?/Lucius Antonius, Sohn der Iullus Antonius und der Marcella maior (Marcella minor?) (Marcus Valerius Messala Appianus?)

------------------

Nördliche Friesplatte auf der Westseite WN 1: WN 2: WN 3: WN 4:

Mars Romulus/Remus Romulus/Remus Faustulus/König Numitor

------------------

Südliche Friesplatte auf der Westseite WS 1: WS 2: WS 3: WS 4:

Minister/Victimarius Minister/Victimarius/Iulus Aeneas/König Numa Pompilius Iulus/König Latinus/Acha / tes/unbek. sabinischer König (zusammen mit Numa)

------------------

------------------

Nördliche Friesplatte auf der Westseite

Nördliche Wangenzunge, innen

ON 1: ON 2: ON 3:

WzNi 1: WzNi 2–7: WzNi 8: WzNi 2:

Honos oder Virtus Roma Virtus oder Honos

Togatus Vestalin Togatus Priesterlicher Liktor

------------------

Südliche Friesplatte auf der Ostseite

------------------

Südliche Wangenzunge, innen OS 1: OS 2: OS 3:

Aura velificantis Italia als Saturnia-Tellus (vieldeutig) Aura velificantis

WzSi 1: WzSi 2:

Togatus Flamen

-----------------------------------

Südliche Wangenzunge, außen

Nördliche Wangenzunge, außen WzSa 1–4: WzNa 1: WzNa 2–8 : WzNa 9–11: WzNa 12–13: WzNa 14: WzNa 15:

Minister/Camillus Opfergehilfe Opfergehilfe „cultrarius“ Togatus Togatus (hoher Beamter) Magister/Camillus

Victimarius

------------------

Ostseite der Altarplatte AO 1–2:

Togatus

34 Der Aufbau des Südund Nordfrieses

Die großen und kleinen Friesplatten der Ara Pacis 35

Die südwestliche Ecke der Umfassungsmauer der Ara Pacis mit Blick auf den sog. Aeneasfries und die Prozession der Südseite.

DIE GROSSEN UND KLEINEN FRIESPLATTEN DER ARA PACIS Der Aufbau des Süd- und Nordfrieses Die beiden Prozessionszüge auf dem Süd- und Nordfries der Altarumfriedung sind so zu lesen, dass es sich um einen Zug handelt, der wie von beiden Straßenseiten aus betrachtet werden kann (Abb. S. 35). Wie die einzelnen Teilnehmer und die Priestergruppen in den gesamten Festzug einzugliedern sind, ist bis heute umstritten. Es scheint aber klar, dass sie nicht hintereinander hergingen. Die Liktoren mit ihren Rutenbündeln zu Beginn des Süd- und Nordfrieses (S 3–4, S 8–9, S 11–14; N 1–3) erlauben den Schluss, dass sie in derselben Höhe parallel schreitend zu denken sind. Der Aufbau des Prozessionszuges sieht im weiteren Verlauf in groben Zügen so aus, dass auf der Südseite zwischen den Liktoren und nach diesen die Mitglieder der wichtigsten Priesterkollegien einherschreiten, darunter auch Augustus (S 16) selbst. Auf der Nordseite schließt sich nach den drei Liktoren die große Gruppe der Priester (N 4–32) an. Nach den würdigen Inhabern der Priesterkollegien und ihren Gehilfen folgt zum Schluss die Familie des Augustus. Sie wird auf der Südseite von Agrippa (S 28) angeführt. Ihm folgt unmittelbar ein fremdartig gekleideter Junge (S 31), der sich an ihn klammert. Diese Szene wiederholt sich auf der Nordseite in dem Kleinkind (N 35), das das Gewand vom Togatus N 33 anfasst. Auf dieser Seite steht der Familie des Augustus eine Frau (N 36) vor, deren Kopf leider weitgehend zerstört ist. Im überwiegenden Teil der Forschungsliteratur wird sie als Iulia, die Tochter des Princeps und Ehefrau des Agrippa, angesprochen. Damit wird zum einen die Zäsur zwischen den Inhabern der religiösen Ämter und den Familienmitgliedern besonders kenntlich gemacht und zum anderen der Bezug zwischen den Personen über die beiden Friesseiten hinweg betont. Nachdem nun aber das Aufbauprinzip des Prozessionsfrieses wenigstens grob deutlich geworden ist, können wir auf die Benennung im Detail eingehen.

36 Der Südfries – Von den Liktoren bis zu den Flamines

Die großen und kleinen Friesplatten der Ara Pacis 37

Detail der Prozession auf der Südseite der Umfassungsmauer mit den Pontifices, dem Opfergehilfen und den Liktoren (S 8–12).

DIE GROSSEN UND KLEINEN FRIESPLATTEN DER ARA PACIS Der Südfries Auf dem Südfries werden zwischen den Liktoren bereits die Mitglieder des vornehmsten Priesterkollegiums, die Pontifices (S 1–2, S 5–7), vermutet. Sie tragen keine Attribute, die sie eindeutig bezeichnen würden. Der Opfergehilfe (S 10), in der Forschung als „camillus“ oder noch neutraler als „minister“ bezeichnet, hält ein Weihrauchkästchen (acerra) in der Hand (Abb. S. 36). Im Zusammenhang mit den beiden anderen Opfergehilfen (N 7 und N 24) auf der Nordseite betrachtet, deren Weihrauchkästchen an den Seiten ausdeutbare Reliefs tragen, so dass sie den spezifischen Priesterkollegien, nämlich dem Siebenmänner- bzw. Fünfzehnmännerkollegium (s. dort) zugeordnet werden können, muss im Ausschlussverfahren der Opfergehilfe (S 10) als den Pontifices zugehörig angesehen werden. Von den vier möglichen Priesterkollegien benötigten die Auguren nämlich keinen Opfergehilfen. Im Anschluss an die gemischte Gruppe der Liktoren und Pontifices befindet sich genau an der Fuge von der dritten zur vierten Platte ein dort etwas unglücklich positionierter Togatus, der die umstehenden Personen leicht überragt. Ungeachtet der fragmentarischen Erhaltung gibt es keinen Zweifel, dass es sich um Augustus (S 16) handelt (Abb. S. 38, 39). Die Gesichtszüge und die spezifische Frisur sind trotz eines vermutlich nachträglichen Eingriffs klar erkennbar. Die Haartracht folgt dem „Typus MA 1280“, der möglicherweise bereits in den Jahren zwischen 30 und 27 v. Chr. geschaffen wurde, aber sicherlich ab 17 v. Chr., dem Jahr der Säkularspiele, belegbar ist (vgl. Abb. S. 14). Der Princeps tritt mit verhülltem Kopf auf und streckt seinen rechten Arm vor. In der Hand hielt er sicherlich einen Gegenstand, der aber nicht mehr erhalten ist. Es gibt hierüber verschiedene Vermutungen, die in der Forschung sogar

zu unterschiedlichen Bewertungen der gesamten Prozession führten, wie ab S. 66 erläutert werden wird. Augustus wird von zwei bekränzten Togati (S 15, S 17) umgeben, die keine spezifischen Attribute tragen und somit nicht eindeutig zu identifizieren sind. Es handelt sich entweder um Pontifices oder Auguren. Vor einer weiteren Gruppe von Hintergrundfiguren, die vermutlich ebenfalls den Auguren oder Pontifices zugeordnet werden können (S 18–19, S 21, S 25, S 27), ragen vier Männer mit einer besonderen helmartigen Kopfbedeckung heraus (S 20, S 22–24; Abb. S. 40). Sie tragen eine dünne Haube (apex), die unter dem Kinn mit einem doppelten Riemen festgebunden wird. Auf der Oberseite sitzt eine Scheibe, in der ein leicht geneigter Stab steckt. Sie sind zudem mit einer Sonderform der Toga, der „laena“, bekleidet, die einen anderen Faltenwurf bildet. Die Bekleidung und das Schuhwerk – sie tragen als Patrizier die hochgebundenen „calcei patricii“ – weisen sie als „flamines „ “ aus. Dieses besonders vornehme Kollegium bestand aus Priestern, die für den Kult einer einzelnen Gottheit zuständig waren. Die wichtigsten „„flamines“ verehrten die Götter Mars, Quirinus – eine altrömische Gottheit – und die höchste Gottheit Jupiter (im Gen.: Dialis). 44 oder 42 v. Chr. kam noch ein weiterer „ „flamen “ zur Verehrung des vergöttlichten Iulius Caesar hinzu. Über die Benennungsfrage herrscht bis in die jüngste Zeit eine gewisse Uneinigkeit. Es gesellt sich das Problem hinzu, dass zu Baubeginn der Ara Pacis im Sommer 13 v. Chr. lediglich zwei „flamines „ “ im Amt waren. Die beiden vakanten Ämter wurden ein bzw. zwei Jahre später neu besetzt. In einer Denarprägung des Lucius Cornelius Lentulus aus dem Jahre 11 v. Chr. bezeichnet er sich als „flamen „ Martialis“. Er wurde vermutlich bereits ein Jahr zuvor für dieses Amt

38 Der Südfries – Von den Flamines bis zum Flaminius camillus

Die großen und kleinen Friesplatten der Ara Pacis 39

ernannt. Im Jahr der Münzprägung des Lucius Cornelius Lentulus setzte Augustus nach einer fast 75-jährigen Vakanz schließlich einen Servius Cornelius Lentulus Maluginensis als „flamen „ Dialis“ ein. Dieser Umstand wirft hinsichtlich der historischen Wirklichkeit dieser Prozession mehrere schwerwiegende Fragen auf, die ab S. 69 behandelt werden sollen. Das Amt des „flamen „ Dialis“ war das bedeutendste unter den „„flamines“. Aufgrund seiner Nähe zum höchsten Gott durfte er von keinem Menschen berührt werden. Um seine Mitbürger sanft von sich zu halten, bediente er sich eines Stabes, des „commoetaculum“. Da der letzte „flamen „ “ (S 24) mit einem solchen Instrument dargestellt ist, wird man in ihm den „flamen „ Dialis“ erkennen dürfen. Von den vier „flamines „ “ trägt nur einer individuelle Gesichtszüge (S 23). Es hat den Detailaufnahme: Kaiser Augustus (S 16).

Anschein, dass es in der Endredaktion der Prozessionsreliefs nicht vorgesehen war, die drei anderen „flamines „ “ benennbaren Personen zuzuordnen. Dies galt offenbar nicht für den „flamen „ “, der auch noch im unbedeutenderen Hintergrund steht. Er scheint zusammen mit einer anderen Person (S 44; vgl. Abb. S. 48) die Ausnahme von der Regel zu bilden, dass die Hintergrundfiguren nur unbestimmtes Begleitpersonal darstellen sollten. Glücklicherweise haben wir die Kenntnis von einem „„flamen Iulialis“ in der Zeit des Augustus, der mit dem Kaiserhaus verwandt war. Es handelt sich um einen Sextus Appuleius, wobei aber nicht ganz klar zu sein scheint, ob es sich um den Vater oder den Sohn gleichen Namens handelt. Es wird noch einmal darauf zurückzukommen sein, wenn wir die Person (S 44) behandeln werden. Es ist auf jeden Fall relativ plausibel, den „„flamen“ mit den individuellen Gesichtszügen diesem Namen zuzuordnen. Bei den beiden anderen wird es sich sicherlich um den namentlich bekannten „flamen „ Martialis“ und den „„flamen Quirinalis“ handeln, dessen Name uns aber leider nicht vorliegt. Eine genaue Zuweisung zu der einen oder anderen Person im Prozessionsfries ist nicht möglich. Unter Berücksichtigung einer antiken Textstelle, die davon handelt, dass der Pontifex maximus, die drei älteren „„flamines“ (Dialis, Quirinalis und Martialis) zusammen mit dem „rex sacrorum“, dem obersten Priester für den Vollzug bestimmter Opferhandlungen, auftreten, könnte der Togatus (S 17) hinter Augustus auch mit dem zuletzt genannten Priesteramt in Verbindung gebracht werden. Die Gruppe der Priester und ihrer Gehilfen wird von einem Mann mit verhülltem Kopf abgeschlossen, der eine Opferaxt (sacena) schultert. Dieser Festzugsteilnehmer erfährt bis heute eine unterschiedliche Benennung.

Detail der Prozession auf der Südseite der Umfassungsmauer mit den Liktoren, Kaiser Augustus und einem Pontifex (S 14–17).

40 Der Südfries – Von Agrippa bis zum Barbarenprinzen

Die großen und kleinen Friesplatten der Ara Pacis 41

Detail der Prozession auf der Südseite der Umfassungsmauer mit den Flamines (S 20–25).

Die meisten Gelehrten sehen in ihm den „„flaminius lictor“, also einen rangniederen kultischen Beamten, der dem „flamen „ Dialis“ zugeordnet ist. Da aber der „„flaminius lictor“ stets mit zwei unverbundenen Stäben in einer Hand dargestellt wird, ist der jüngste Vorschlag, in ihm den „flaminius „ camillus“, einen Opfergehilfen, zu vermuten, wohl der richtige (Abb. S. 41). Die betont geringe Körpergröße des Togatus (S 27) und sein Blick zur ihm folgenden großen Person markiert den Beginn einer anderen Gruppe von Festzugsteilnehmern. Die meisten Gelehrten gehen hierbei von der Familie des Augustus aus. Das erste Familienmitglied (S 28) ist ebenfalls wie der Princeps verhüllt dargestellt. Der Mann besitzt mit dem kräftigen Kinn, den Wangen- und Stirnfalten sowie den tiefliegenden Augen einen einprägsamen Gesichtsausdruck, der ihn unbestritten als Agrippa ausweist (Abb. S. 41, 42). Ebenfalls wie bei Augustus ist allerdings zu beobachten, dass das Gesicht und die Stirnhaare eine nachträgliche Bearbeitung erfahren haben, die noch nicht schlüssig erklärt werden kann. Ihm folgen zwei Teilnehmer, um die in der Forschung nach wie vor leidenschaftlich gestritten wird (Abb. S. 41, 44). Ein kleiner Junge (S 31), etwa im Alter von fünf bis sieben Jahren, klammert sich an die Zipfel von Agrippas Toga und scheint etwas verängstigt zum Ende des Festzuges hin zu blicken. Er besitzt lange Haare, die mit einem Diadem zusammengehalten werden, und trägt eine einfache gegürtete Tunika sowie einen schweren (tordierten) Reif mit verdickten Enden um den Hals. Aus dem Hintergrund neigt sich eine Frau (S 30) nach vorne und legt dem Knaben beruhigend die rechte Hand auf den Kopf. Sie ist mit einem langen Gewand bekleidet und trägt auf dem Kopf einen Kranz

mit einer Binde darunter sowie als einzige Frau im Fries einen Ring am Ohr. Der Knabe wird von der Mehrheit der Gelehrten bis in die heutige Zeit als Gaius Caesar, der älteste Adoptivsohn des Augustus, interpretiert. Die Kleidung und der Kopfschmuck sind ausgesprochen ungewöhnlich. Allerdings berichten die antiken Quellen, dass Gaius Caesar an den trojanischen Spielen (lusus Troiae) im Jahr 13 bzw. 11 v. Chr. teilnahm, was nach der gängigen Meinung eine solche orientalisch anmutende Gewandung erforderte. Bei unvoreingenommener Betrachtung ist es aufgrund der

Detail der Prozession auf der Südseite der Umfassungsmauer mit dem Flaminius Camillus, Agrippa, der orientalischen Königin und ihrem Sohn sowie Livia am rechten Bildrand (S 26–32).

42 Der Südfries – Vom Barbarenprinzen bis Tiberius

Die großen und kleinen Friesplatten der Ara Pacis 43

Kopf des Agrippa im „Typus T Gabii“ (Paris, Musée du Louvre).

orientalischen Tracht aber naheliegend, dass der Knabe (S. 31) eine Barbarengeisel aus dem Osten darstellt (vgl. die Diskussion ab S. 68). Da Agrippa spätestens im Sommer 13 v. Chr. von einer längeren Mission aus dem Osten zurückgekommen war – er hatte dort die Provinzialverwaltung reorganisiert und die politischen Probleme in den benachbarten, von Rom abhängigen Königreichen im Sinne Roms geregelt –, ist es nicht unwahrscheinlich, dass er Angehörige königlicher Familien mit nach Rom brachte. Die tröstende

Frau (S 30) im Frieshintergrund könnte somit nicht nur eine beliebige Dienerin oder Amme darstellen, wie gelegentlich gemeint wird. In jüngster Zeit wurde der Vorschlag vorgebracht, dass die Binde im Haar den entscheidenden Hinweis auf eine auswärtige Herrscherin darstellt, die zusammen mit ihrem Sohn nach Rom gekommen war. Die Untersuchung der Quellenlage erbrachte zwei Benennungsmöglichkeiten: Die eine spricht von der Königin Iotape I. von Kommagene und ihrem Sohn Antiochos III., die nach dem Tode des lokalen Herrschers Mithridates III. den Schutz Roms suchten. Die antiken Quellen führen sogar aus, dass Augustus später den jungen Prinzen zum römischen Bürger erhob. Die andere geht von Dynamis I., der Königin vom Bosporanischen Reich, aus, die im Rahmen einer Nachfolgekrise im Reich nördlich des Schwarzen Meeres von Agrippa dem Polemon, König von Pontus, zur Frau gegeben worden war. Dieser ließ sich aber umgehend wieder von ihr scheiden, so dass sie mit einem ihrer namenlosen Söhne aus einer früheren Ehe Zuflucht bei Agrippa suchen musste. Augustus setzte sie später wieder als Königin ihres Reiches ein, weswegen sie ihm und seiner Frau Livia Statuenaufstellungen und für den Princeps und Agrippa Goldmünzen stiff ist nicht ungewöhnlich, dass sich ¿ Es junge Prinzen in Rom als Geiseln aufhielten, spricht doch Augustus in seinem Tatenbericht selbst davon: „Zu mir nach Italien sandte der Partherkönig [...] alle seine Söhne und Enkel, nicht weil er im Krieg bezwungen war, sondern weil er mit seinen Kindern als Unterpfand unsere Freundschaft zu erlangen suchte.“ (Res gestae divi Augusti 32; Übersetzung M. Giebel)

Detailaufnahme: Agrippa (S 28).

tete. Obgleich die unzureichende Quellenlage eine eindeutige Zuweisung bislang verhindert, kann zumindest davon ausgegangen werden, dass es sich bei der Frau (S 30) um eine orientalische Herrscherin handelt. Der tröstende Gestus unterstreicht das verwandtschaftliche Verhältnis zwischen Mutter und Sohn. Die nachfolgende Frau (S 32) tritt in einem langen Pallium und mit verhülltem Kopf auf, worunter noch ein Lorbeerkranz zu sehen ist (Abb. S. 44, 45). Auch bei dieser Person werden zwei Benennungsvorschläge vorgebracht. Aufgrund der Vorstellung, es handle sich bei dem Knaben (S 31) vor ihr um Gaius

Caesar, wird bis heute die Vermutung geäußert, dass die Mutter Iulia, die Tochter des Augustus und Ehefrau des Agrippa, in unmittelbarer Nähe stehen müsse. Zwei Gründe sprechen gegen diese Auffassung. Die reifere Darstellung der verhüllten Frau verträgt sich nicht gut mit dem Alter der Iulia. Die Tochter des Augustus war zum Zeitpunkt des Baubeginns der Ara Pacis erst 26 Jahre alt. Ein genauer Blick auf die Denarprägung des Jahres 13 v. Chr., die Iulia zusammen mit ihren Söhnen Gaius und Lucius Caesar zeigt, belegt, dass sie die zu diesem Zeitpunkt beliebte „Nodusfrisur“ trug. Diese bestand

44 Der Südfries – Von Tiberius bis Antonia minor

Die großen und kleinen Friesplatten der Ara Pacis 45

Detail der Prozession auf der Südseite der Umfassungsmauer mit Agrippa, den beiden orientalischen Geiseln sowie Livia und Tiberius (S 28–34).

ein Wort zur Benennung der ! Noch Prozessionsteilnehmer

aus einer aufgeworfenen, luftig toupierten Haarrolle über der Stirn, die bei der Frau An dieser Stelle soll noch einmal auf das Pro- (S 31) nicht zu sehen ist. Damit ist die andere Interpretation als Livia, die Ehefrau des blem hingewiesen werden, dass die IdentifiAugustus, vorzuziehen. Die Frisur steht in zierung der Prozessionsteilnehmer über die rundplastischen Bildnisse erfolgt, die wieder- der Nähe zum „Typus Ceres“, der zwar mit guten Gründen der Livia zugeordnet wird, um durch die Münzbildnisse abgesichert allerdings erst Jahrzehnte später entwickelt werden. Während die Porträts des Augustus und des Agrippa schlüssig nachgewiesen wer- wurde (Abb. S. 46; vgl. dagegen Abb. S. 67). Wie bei den „flamines „ “ wird auch hier wieder den können, setzen bei den Personen S 32 deutlich, dass von einer streng historischen und S 34 – sie werden als Livia und Tiberius Wiedergabe der aktuellen Situation nicht geangesprochen – die ersten Schwierigkeiten ein. Während immerhin das Bildnis der Livia sprochen werden kann. Die Benennung als Livia könnte durch die für den „Typus Ceres“ zu belegen ist – allerdings entstand dieser Typus erst in der nach- Identifizierung eines jüngeren Mannes (S 34) augusteischen Zeit –, gibt es für Tiberius kei- gestützt werden, der ihr im Reliefvordergrund nachfolgt. Er trägt einen Lorbeerkranz im ne entsprechenden Hinweise, obwohl seine rundplastischen Bildnisse als gut bekannt gel- Haar und einen Ring am Finger. In breiter Übereinstimmung wird in ihm Tiberius, der ten. Die nachfolgenden Prozessionsteilnehältere Sohn der Livia aus erster Ehe, gesehen. mer auf dem Südfries sind bis auf eine AusSeine Frisur mit den zur linken Seite hin nahme insofern problematisch, als die gestrichenen Strähnen wird wenig überzeuIdentifizierung in der wissenschaftlichen Ligend mit dem „Typus Basel“ in Verbindung teratur lediglich aufgrund der Verwandtgebracht, der vermutlich in den zwanziger schaftsverhältnisse innerhalb der augusteischen Familie erfolgt. Es wird also letztlich nur ausgetüftelt, wer von den Neffen, Nichten Detailaufnahme: Livia (S 32). und angeheirateten Familienmitgliedern im Hinblick auf die verwandtschaftliche Nähe zu Augustus die Position im Prozessionsfries einnehmen könnte. Bekannte rundplastische Porträts können dagegen nicht herangezogen werden, da sie entweder nicht existieren oder für diese Epoche nicht bekannt sind. Diese Abzählmethode wird zu einem unüberwindlichen Problem, wenn wir auf dem Süd- und Nordfries feststellen, dass Francesco Corradori bei seinen Restaurierungsarbeiten an den Rändern der Platten die eine oder andere Person entfernt hat.

46 Der Südfries – Von Antonia minor bis Lucius Domitius Ahenobarbus

Die großen und kleinen Friesplatten der Ara Pacis 47

Jahren des 1. Jahrhunderts v. Chr. entstand. Die Ausrichtung der Locken sowie die deutliche Haargabelung bei diesem Typus ist in der Frisur des jungen Mannes (S 34) nicht zu beobachten. Weitere Belege für diese Benennung gibt es nicht. Mit dem Togatus (S 35) hinter dem vermeintlichen Tiberius schließt heute die sechste Platte ab. Die anschließende siebte Platte schneidet eine zum Prozessionsende blickende Frau (S 36) an der rechten Schulter an (Abb. S. 47, 49). Bei genauer Beobachtung wird man feststellen, dass ihr linker Fuß, dessen Spitze unter dem langen Untergewand und dem Pallium hervorlugt, nicht mit dem Fuß auf der sechsten Platte korrespondieren Bildnis der Livia im „Typus T Diva Augusta“ aus der Zeit nach 14 n. Chr. (Kunstsammlung der Ruhr-Universität Bochum).

kann. Frühe Zeichnungen, die kurz nach der Auffindung der sechsten Platte angefertigt worden sind, belegen, dass hier eine weitere Person im Vordergrund (S 35a) und vielleicht noch eine zusätzliche im Hintergrund (S 35b) gestanden haben. Nach dem Ordnungsprinzip der Prozessionsfriese wird die durch die Restaurierungsmaßnahmen beseitigte Person (S 35a) aufgrund ihrer Position im Vordergrund vielleicht benennbar gewesen sein. Der Versuch, ihr einen Namen zuzuweisen, bleibt aber zwangsläufig spekulativ. In der Frau (S 36) wird die jüngere Antonia minor erkannt, die sich nach hinten umwendet und ihren Mann Drusus minor (S 39), den jüngeren Sohn der Livia aus ihrer ersten Ehe, anzublicken scheint (Abb. S. 47, 49). Der jüngere Bruder des Tiberius trägt als einziger Teilnehmer eine kurze Tunika und das Feldherrengewand ((paludamentum); die geschnürte Sandale eines Militärs stellt eine moderne Ergänzung dar. Die Frisur des jungen Mannes kann als eine Annäherung an den „Typus Caere“ betrachtet werden, während die Haartracht der Antonia minor jedoch von den bekannten, allerdings erst über fünfzig Jahre später belegbaren Beispielen stark abweicht. Zwischen ihnen steht ein Junge in der Kindertoga (toga praetexta) und – als Zeichen seiner Jugend – mit einer Kapsel (bulla) um den Hals. Er hält die Hand seiner Mutter Antonia minor und stellt vielleicht den am 24. Mai 15 v. Chr. geborene Germanicus (S 38) dar, der später unter Kaiser Tiberius noch eine wichtige Rolle gespielt hat. Über ihm ist im Hintergrund eine verhüllte Frau (S 37) zu sehen, die ihre eingehüllte Linke auf die Lippen legt. Diese Person sowie ihre Entsprechung auf der Nordseite (N 39) werden in der Forschung kontrovers diskutiert. Mit Verweis auf die S. 69 kann aber bereits jetzt darauf

Detail der Prozession auf der Südseite der Umfassungsmauer mit Antonia Minor, Germanicus, Drusus maior und der Familie des Lucius Domitius Ahenobarbus mit Antonia maior und den Kindern Gnaeus und Domitia (S 35–45).

hingewiesen werden, dass die Deutung, die Frauen forderten im Rahmen der rituellen Handlung zum Schweigen auf, die richtige sein wird. Antonia minor hatte eine ältere Schwester, die ebenfalls aus der Ehe zwischen Octavia, der Schwester des Augustus, und Marcus Antonius stammte. Sie wird Antonia maior genannt und war mit einem Lucius Domitius Ahenobarbus verheiratet. Diese beiden Personen und ihre zwei Kinder werden in breiter Übereinstimmung als letztes Ehepaar auf der Südseite lokalisiert, obwohl sie durch Vergleiche anhand von rundplastischen Bildnissen oder auf Münzprägungen nicht mehr abgesi-

chert werden können. Antonia maior (S 41) geht in langem Gewand und mit verhülltem Kopf voran. Sie berührt mit ihrer rechten Hand die Schulter ihres Sohnes, der mit einer „toga praetexta“ und der „bulla“ bekleidet ist. Der etwa 6- bis 7-jährige Knabe (S 42) hält sich am Gewandzipfel seines angeheirateten Onkels Drusus maior (S 39) fest. Der Junge wird trotz einiger Zweifel als Gnaeus Domitius Ahenobarbus gedeutet. Er ist der Vater des späteren Kaisers Nero. Ihm mag seine um etwa drei bis vier Jahre ältere Schwester Domitia (S 43) folgen. Der Vater Lucius Domitius Ahenobarbus (S 45), mit Lorbeer bekränzt und einer Toga bekleidet, bildet den

48 Die großen und kleinen Friesplatten der Ara Pacis

Der Südfries – Sextus Appuleius d. Ä. 49

Abschluss der Familie. Die letzte Platte endet mit zwei weiteren Frauen, die nicht benennbar sind. Von den Teilnehmern auf dem südlichen Prozessionsfries, die eine herausragende Position einzunehmen scheinen, bleibt nur noch eine Hintergrundfigur übrig, die eigentümlicherweise besonders individualistische Gesichtszüge trägt (S 44; Abb. S. 48). Bei dem Benennungsversuch hilft ein erneuter Blick auf die vier „„flamines“ weiter. Wie bereits angedeutet, ist jüngst die Vermutung ausgesprochen worden, dass die Gruppe der „flamines „ “ im Laufe der Bauzeit entgegen der ursprünglichen Konzeption verändert wurde. Der Umstand, dass es sich bei einem von ihnen um eine Hintergrundfigur (S 23) handelt, sowie Indizien einer Umarbeitung an seiner Kopfbedeckung lassen den Verdacht aufkommen, dass neben den höherran-

gigen „flamines „ “, also dem „„flamen Dialis“, „„flamen Martialis“ und „„flamen Quirinalis“, der Inhaber des erst wenige Jahrzehnte existierenden Flaminats für den vergöttlichten Iulius Caesar nachträglich eingefügt wurde. Dieses Amt hatte als erster Marcus Antonius bis zu seinem Tode 30 v. Chr. inne. Kurze Zeit danach wird in der Überlieferung ein gewisser Sextus Appuleius für diese Position genannt. Während der Errichtung der Ara Pacis sind zwei Sexti Appuleii als prominente Politiker bekannt; es sind Vater und Sohn, wobei der ältere mit Octavia maior, der Halbschwester des Augustus, verheiratet war. Eine eindeutige Identifikation ist nicht möglich. Im Abwägen aller Argumente neigt sich aber die Waagschale zugunsten der Möglichkeit, dass es sich bei dem „„flamen Iulialis“ um den jüngeren Sextus Appuleius handelt. Und wenn der Sohn der Octavia maior dargestellt wird, so die Überlegung, könnte es sich bei dem Mann mit den älteren Gesichtszügen (S 44) um Sextus Appuleius d. Ä. handeln, zumal die Gesichtszüge eine gewisse Ähnlichkeit aufweisen. Die immer noch kursierende Meinung, es könne auch Maecenas, der Freund und Diplomat des Augustus, abgebildet sein, entbehrt nicht zuletzt deshalb jeglicher Grundlage, da er nicht zur Familie des Kaisers gehörte.

Detailaufnahme: Sextus Appuleius d. Ä. (?) (S 44).

Detail der Prozession auf der Südseite der Umfassungsmauer mit Tiberius, Togati, Antonia minor, Germanicus, Drusus maior (S 34–39).

50 Der Nordfries – Von den Liktoren bis zu den Priesterkollegien

Die großen und kleinen Friesplatten der Ara Pacis 51

Detail der Prozession auf der Nordseite der Umfassungsmauer mit den Auguren und Quindecimviri sacris faciundiss (N 14–26).

DIE GROSSEN UND KLEINEN FRIESPLATTEN DER ARA PACIS Der Nordfries Der Nordfries ist in der Frage der Identifizierung der Prozessionsteilnehmer um einige Grade spekulativer. Von der Familie des Augustus ist vielleicht der Knabe N 38 benennbar. Alle anderen Personen können aufgrund der ergänzten bzw. fehlenden Köpfe nur indirekt erschlossen werden. Die Togati N 1 und N 3 sind wegen der Rutenbündel als Liktoren anzusprechen. Vielleicht gilt dies auch für den Togatus N 2. Die Teilnehmer N 4 bis N 11 scheinen eine Einheit zu bilden, die sich um einen Opferdiener (magister/camillus) (N 7) herumgruppieren (Abb. S. 26). Dieser trägt eine hochgeschürzte Tunika, ein mit Fransen besetztes Handtuch (mantele) für den Kultvorgang und einfache Schuhe. In seiner rechten Hand hält er ein Weihrauchkästchen (acerra), dessen Außenwände mit Reliefs geschmückt sind. An der Vorderseite ist ein Stier und an der Nebenseite ein Flötenspieler zu sehen. In der herabhängenden Linken ist wohl zu Recht eine Opferschale ergänzt worden. Die Gegenstände haben in der Forschung zur weit übereinstimmenden Ansicht geführt, dass der Opfergehilfe dem Priesterkollegium der „septemviri epulonum“ zuzuordnen ist. Das vornehme Siebenmännerkollegium hatte die Aufgabe, einmal im Jahr die Götterbilder aus dem Tempel zu holen, sie kultisch zu reinigen und anschließend mit einem Festessen (epulum) zu bewirten. Die Togati von N 4 bis N 10 sind somit diesem Priesterkollegium zuzuordnen. Die folgenden Togati sind in ihrer Funktion nicht klar voneinander zu unterscheiden. Die Prozessionsteilnehmer N 16, N 18, N 20 tragen die hochgeschnürten patrizischen Schuhe (calcei patricii), so dass die Vermutung geäußert wird, es handele sich hier um die ehrwürdigen Vertreter der Auguren (Abb. S. 50). Sie stünden damit in etwa derselben Höhe wie die vermuteten Auguren auf dem Südfries

(Abb. S. 39). Die nächste klar zu benennende Person ist der Opfergehilfe (magister/camillus) (N 24). Er blickt sich zum Prozessionsende um und ist mit einer kürzeren Tunika und einem um die Taille geknoteten Tuch bekleidet. Mit seiner herabhängenden Rechten umfasst er den Henkel einer kleinen Kanne ( (guttus oder praefericulum). Die angewinkelte Linke hält ein gefranstes Handtuch (mantele) und ein Weihrauchkästchen (acerra), das an der Langseite mit einem Dreifuß und einem Flötenspieler links und einem Stier rechts sowie einem Opferdiener auf der Schmalseite geschmückt ist. Der Dreifuß stellt das Symbol für den Orakelgott Apollon dar und verweist damit auf die Tätigkeit des vornehmen Fünfzehnmännerkollegiums (quindecimviri sacris faciundis), das sich unter anderem mit dem Ausdeutung der sybillinischen Bücher und der Orakelsprüche befasste. Die beiden Togati N 33 und N 34 schließen die Reihe der Priesterkollegien ab (Abb. S. 53). Beide blicken zum Prozessionsende hin und deuten damit den Beginn einer weiteren Gruppe an, die wie auf dem Südfries von einem kleinen Jungen (N 35) in ausländischer Tracht und einem Bronzereif (torques) um den Hals begleitet wird. Der Togatus N 34 hält die linke Hand des sich stark emporreckenden Kleinen. Leider sind auch die Köpfe beider Togati modern ergänzt, so dass sie sich nicht benennen lassen. Vielleicht gehören sie noch dem Priesterkollegium der „quindecimviri“ an. Es hat den Anschein, dass dieses Kollegium vollzählig abgebildet ist. Aufgrund der Lücke zwischen der zweiten und dritten Platte ergibt sich das Problem, wo genau die Kollegien der „septemviri epulonum“, der „quindecimviri“ sowie der Auguren voneinander zu trennen sind. Die Indizien sind so dürftig, dass an dieser Stelle jeder weitere Benennungsversuch sinnlos ist.

52 Der Nordfries – Von der Barbarengeisel bis Octavia minor

Die großen und kleinen Friesplatten der Ara Pacis 53

Der erste Festzugsteilnehmer auf der Nordseite, der etwas klarer zu benennen ist, ist der kleine Knabe (N 35). Doch hier entzündet sich derselbe Forschungsstreit wie bei dem etwa älteren Knaben (S 31) mit vergleichbarer Tracht auf der Südseite. So wie jener orientalische Knabe als Gaius Caesar angesprochen wird, soll dieses Kleinkind dessen um zwei Jahre jüngeren Bruder Lucius Caesar darstellen. Alleine die Vorstellung, dass ein römischer Knabe aus der Familie des Augustus mit blankem Hintern und bloßen Füßen dargestellt wird, erweckt einen großen Argwohn. Zudem sind ebenso wie bei dem Knaben auf dem Südfries die langen Locken des kleinen Kindes nicht mit den bekannten Frisuren des Lucius Caesar vergleichbar. Die kurze Tunika sowie der Bronzereif (torques) um den Hals sind eher einer Barbarengeisel zuzuordnen, wie die Minderheit der Forschung zu Recht feststellt. Die Annahme, dass es sich um eine Barbarengeisel handelt, wird noch dadurch gestützt, dass in der Münzprägung des Augustus, die in der Zeit seines Aufenthaltes in Gallien herausgegeben wurde, eine Szene zu sehen ist, in der dem Princeps ein keltisches Kleinkind mit einer vergleichbar längeren Frisur entgegengestreckt wird. Diese Darstellung korrespondiert gut mit dem Relief auf einem der beiden sog. Boscoreale-Becher, das Augustus in einer ähnlichen Situation zeigt. Auch ist hier neben den längeren Locken der blanke Hintern des kleinen Jungen gut zu erkennen. Damit fügt sich die kleine Barbarengeisel auf der Nordseite gut in die Vorstellung, dass durch das Präsentieren von Geiseln nicht nur Agrippas Erfolg im Osten, sondern auch Augustus’ Befriedungsmaßnahmen im unruhigen Nordwesten des römischen Reiches dokumentiert werden sollten. Im Anschluss an die kleine Geisel (N 35) folgt eine verschleierte Frau in einem langen

Untergewand, über dem sie eine gefranste Stola trägt. Obwohl das Gesicht nicht erhalten ist, wird in der Literatur davon ausgegangen, dass es sich um ein wichtiges weibliches Mitglied der Familie des Augustus handelt (Abb. S. 53). Nach der gängigen Lehrmeinung soll sich an dieser Stelle Iulia, die Tochter des Princeps, befinden (N 36). So wie mit Agrippa die Familie auf der Südseite beginnt, könnte seine Frau Iulia an der Spitze der Verwandtschaft auf der Nordseite stehen. Sie befände sich somit in der kompositorischen Rangabfolge in der gleichen Höhe wie ihr Mann Agrippa. Folgendes Indiz könnte für diese Auffassung sprechen: Hinter ihr schreitet in ihrer unmittelbaren Nähe ein junger Festzugsteilnehmer einher, von dem bereits die Rede war. Der Junge (N 38) trägt eine gegürtete Tunika und ein gefranstes Tuch. Er hielt in seiner Rechten vermutlich einen Gegenstand, der womöglich eine Kanne (guttus oder praefericulum) gewesen sein könnte. Der junge Opfergehilfe besitzt eine spezifische Lockenfrisur, die in die Nähe des „Typus Korinth 135“ des Gaius Caesar zugeordnet werden kann, auch wenn die Frisur auf dem Relief etwas verschoben und verdichtet ausgearbeitet ist. Der älteste Sohn der Iulia ist vordergründig keinem Priesterkollegium zuzuordnen; dennoch sollten vielleicht die von ihm getragenen Gegenstände seine Position als Nachfolger des Augustus hervorheben. Optisch betont wird Gaius Caesar noch dadurch, dass die hinter ihm schreitende Frau (N 40) so demonstrativ ihren Lorbeerzweig über seinen Kopf hält, als ob sie ihn bekränzen wollte. Sie trägt eine gefranste Stola. Auch ihr Gesicht ist verloren gegangen. Dennoch wird in ihr weitgehend übereinstimmend Octavia minor, die Schwester des Augustus, gesehen. Damit ist die letzte weibliche Verwandte, die dem Augustus im

Detail der Prozession auf der Nordseite der Umfassungsmauer mit zwei Priestern, dem keltischen Prinzen, Iulia, einem unbekannten Togatus und Gaius Caesar (N 33–38).

54 Der Nordfries – Von Octavia minor bis zum Ende des Frieses

Die großen und kleinen Friesplatten der Ara Pacis 55

Geblüt besonders nahe steht, benannt. Hinter ihr folgen Frauen und Männer, die aufgrund der fehlenden Gesichter nur indirekt unter Hinweis auf die Stammtafel benennbar sind. Bevor wir uns dieser schwierigen Aufgabe widmen, sei noch auf die Hintergrundfigur (N 39) hingewiesen, eine verschleierte Frau, die ihre im Mantel verhüllte rechte Hand zu den Lippen führt. Wie bei ihrer Kollegin (S 37) auf der Südseite wird es sich um eine Person handeln, die mit dieser Geste die gebotene Ruhe anmahnt. Hinter Octavia minor folgt ein kleines Mädchen (N 41) mit einer sog. Melonenfrisur in der Kindertoga (toga praetexta). Sie hält einen Lorbeerzweig in der linken Hand. Der bislang beste Benennungsversuch geht von Iulia minor, der ältesten Tochter der Iulia und des Agrippa, aus, die mindestens vier Jahre jünger als ihr Bruder Gaius Caesar gewesen sein muss (Abb. S. 55). Auf ihrem Kopf ruht die Hand eines Mannes in der Toga (N 42), dessen Identität aufgrund des fehlenden Gesichtes unklar ist. Vielleicht handelt es sich um Iullus Antonius, der – wenn man will – zusammen mit seiner Frau Marcella maior und der gleichnamigen Schwägerin Marcella minor noch auf dem Nordfries unterzubringen wäre. Die fragmentarische Erhaltung ermöglicht nur noch bloße Vermutungen. Immerhin konnten bei der im Hintergrund stehenden Frau (N 43) an den

Resten ihres Gesichtes gewisse Alterszüge beobachtet werden. Die eigenwillige Position als Hintergrundfigur sowie die auffällige Nähe zu dem Mann (S 44) mit dem Greisengesicht auf der Südseite, den wir versuchsweise als Sextus Appuleius d. Ä. benannt haben, könnten auf seine Frau Octavia maior, die Stieff schwester des Augustus, hinweisen. Bei der im Vordergrund nachfolgenden Frau (N 44) könnte es sich um Marcella maior handeln, die damit hinter ihrem Mann Iullus Antonius (N 42) unmittelbar einherschreitet. Von dem nächsten Teilnehmer ist nur der Oberkörper, allerdings ohne Kopf, zu sehen (N 45). Es ist ein Junge in der Kindertoga (toga praetexta). Er trägt eine „bulla“ um den Hals. Unter Ausschluss der bereits eingeordneten Familienmitglieder könnte vor allem Lucius Caesar, der jüngere Bruder des ihm voranschreitenden Gaius Caesar (N 38) in Frage kommen. Im Hintergrund sind noch die Reste einer weiteren Person zu sehen. Die Lücke hinter dem Knaben (N 45) lässt noch Raum für eine, vielleicht zwei Festzugsteilnehmer (N 46/N 47). Vielleicht haben sich hier noch Marcella minor und ihr Gemahl Marcus Valerius Messala Appianus befunden. Mit diesen, zum Teil sehr spekulativen Benennungsvorschlägen haben alle uns heute bekannten nahen Familienmitglieder des Augustus ihren Platz im Süd- und Nordfries gefunden.

Detail der Prozession auf der Nordseite der Umfassungsmauer mit dem keltischen Prinzen, Iulia, Gaius Caesar, Octavia minor, Iulia minor, Lucius Caesar und anderen Familienangehörigen des Augustus (N 35–47).

56 Die Friese an der Westseite – Der sog. Lupercalfries

Die großen und kleinen Friesplatten der Ara Pacis 57

Westseite der Umfassungsmauer mit dem sog. Lupercalfries.

DIE GROSSEN UND KLEINEN FRIESPLATTEN DER ARA PACIS Die kleinen Friese an der West- und Ostseite Die moderne Zeichnung gibt diese Szene ergänzend wieder. Kürzlich wurden Bedenken gegen diese Benennung vorgetragen, weil die Der sog. Lupercalfries Haltung des Hirten und seine Gegenstände Die Friesplatten an der Ost- und Westseite der nicht stimmten. Statt seiner wurde der König Umfriedungsmauer zeigen Götter und Perso- Numitor von Alba Longa vorgeschlagen. Ein nifikationen. Während wenigstens einige Per- Blick auf die Gemme (vgl. Abb. S. 16 re.) zeigt jedoch, dass die gleiche Positionierung der sonen auf den Prozessionsfriesen durch die Personen sowie die Haltung des Faustulus auf sie bezogenen Gegenstände oder im Vergleich mit den Frisuren schlüssig zu benennen auch in anderen Bildmedien wiedergegeben sind, wird es im Verlauf der Beschreibung der werden. Damit ist die althergebrachte Auffasfolgenden Reliefs deutlich, dass die eindeutige sung wohl die richtige. Identifizierung trotz einer teilweisen guten Erhaltung nicht immer möglich ist. Es hat beina- Der sog. Aeneasfries he den Anschein, als wollten sich die GottheiRechts des westlichen Einganges – also auf der ten einer klaren Benennung absichtlich südlichen Seite (WS) – befindet sich ein Relief, entziehen. Beginnen wir mit der Westseite. Links des westlichen Einganges – also auf der das bis auf die rechts außen stehende Person gut erhalten ist (Abb. S. 58). Die Szene ist in nördlichen Seite (WN) – ist das Relief in nur eine Landschaft eingebettet und zeigt einen einigen wenigen Fragmenten erhalten (Abb. von links kommenden Opfergehilfen (victimaS. 56). Die moderne Hintergrundzeichnung rius), der mit bloßen Füßen, einer kurzen gevervollständigt die Gesamtdarstellung. Eine gürteten Tunika und einem Lorbeerkranz auf große männliche Gestalt steht auf der linken dem Kopf dargestellt ist (WS 1). In gebeugter Seite und blickt nach rechts (WN 1). Von ihr sind noch die Reste der Beine, des langen Ge- Haltung treibt er eine Sau nach rechts. Neben ihm steht aufrecht ein weiterer jugendlicher wandes, des Brustpanzers – verziert mit dem Opfergehilfe in gleicher Gewandung (WS 2), Kopf der Gorgo – und der behelmte Kopf zu der mit seiner angewinkelten Linken eine sehen. In breiter Übereinstimmung wird in diesem bärtigen Mann der Gott Mars erkannt. Schale mit Früchten stützt und in seiner Rechten eine Opferkanne (guttus) hält. Über seiner Vor ihm befindet sich das Fragment eines linken Schulter hängt ein gefranstes Tuch Baumes, von dem sich keine Blätter erhalten haben. Neben ihm steht in wenigen Fragmen- (mantele). Er blickt einen erwachsenen bärtiten sichtbar eine Person (WN 4), die aufgrund gen Mann an, der fast frontal zum Betrachter steht und seinen Kopf nach rechts wendet (WS der Gewandreste als männlich identifiziert 3). Er ist mit einer knappen Toga (toga exigua) wird. Sie stützt sich auf einen Stab. Der Kopf ohne die übliche Tunika darunter bekleidet. ist leider nicht erhalten, weswegen sie in der Forschung unterschiedlich gedeutet wird. Die Der Kopf ist verhüllt. Mit der linken Hand umfasst er einen langen Stab. Der rechte, fast herkömmliche Benennung geht vom Hirten ausgestreckte Arm befindet sich über einem Faustulus aus, der die Zwillinge Romulus und Remus der Legende nach unter einer Fei- mit Felssteinen aufgehäuften Altar, der mit einer Lorbeergirlande geschmückt ist. Hinter ge vorfindet und beobachtet, wie beide Knaben (WN 2/3) von der Wölfin gesäugt werden. dem Altar steht ein Baum. Der überwiegende

Die Friese an der Westseite

58 Die Friese an der Westseite – Der sog. Aeneasfries

Die großen und kleinen Friesplatten der Ara Pacis 59

Teil der Forschung sieht in dem bärtigen Mann den opfernden Aeneas in der Tracht der mythischen Vorzeit. Die fehlende rechte Hand wird so ergänzt, dass er über dem Altar ein flüssiges Opfer darbringt. Die Szene verknüpfen die Gelehrten mit der Legende, dass Aeneas nach einer langen Irrfahrt an der Stelle an Land ging, wo er einer Weissagung gemäß die weiße Sau mit den dreißig Ferkeln erblickt hatte. Die Sau und ihre Jungen wurden der Göttin Juno bzw. den Penaten, den Schutzgöttern seiner gegründeten Stadt Lavinium, geopfert. Der kleine Tempel links im Hintergrund wird mit ihnen in Verbindung gebracht.

Die Schmalseite ist offen und wird mit einer Lorbeergirlande geschmückt. Hinter einer Balustrade sitzen zwei Gottheiten. Die Deutung der gesamten Szene bleibt nicht unwidersprochen. Es stellt sich die Frage, wo der für die spätere römische Geschichte wichtige Ascanius/Iulus bleibt. Manche Forscher sehen ihn in dem jungen Opfergehilfen mit der Schale (WS 2). Allerdings wird von anderer Seite darauf hingewiesen, dass ein „camillus“ bzw. „minister“ nur dann bei einem offiziellen Opfer assistieren durfte, wenn seine beiden Eltern noch lebten, was im Falle des Ascanius/ Iulus ja nicht galt. Die Mutter war der Legende

Westseite der Umfassungsmauer mit dem sog. Aeneasfries.

nach kurz nach der Flucht aus Troja verstorben. Die bisher noch nicht erwähnte Person (WS 4) hinter Aeneas, die leider nur noch in wenigen, schwer zu deutenden Fragmenten existiert, könnte ebenfalls als der Sohn des Aeneas gedeutet werden. Allerdings wird hier eingewandt, dass Ascanius/Iulus immer nur als Knabe dargestellt wurde. Der Mann hinter Aeneas scheint dagegen ein männlicher Erwachsener zu sein, von dem immerhin noch so viel zu sehen ist, dass er ein langes Untergewand trägt, das bis über das Handgelenk geführt wird. Darüber liegt ein Mantel, der auf der rechten Schulter geknüpft ist. Mit der rechten Hand umfasst er einen langen Stab. Im Zusammenhang mit Aeneas könnte er in seinem unrömischen Gewand auch als dessen Vater Anchises betrachtet werden, den der Dichter Vergil allerdings bereits vor der Landung in Latium auf der Insel Sizilien sterben lässt. Als anderer Kandidat käme noch Achates, der enge Freund des Aeneas, in Frage. Allerdings tritt er in der bildlichen Überlieferung sonst nicht weiter auf. Schließlich wird in dieser Person der neuesten Deutung nach der mythische König Latinus gesehen, der Aeneas freundlich entgegentritt und ihm neben einem Stück Land auch seine Tochter Lavinia zur Frau gibt. Eine andere Schwierigkeit in der Gesamtdeutung besteht darin, dass als Vorzeichen und als spätere Opfertiere ausdrücklich eine Sau und ihre dreißig Ferkel genannt werden. Letztere sind auf dem Relief nicht zu sehen. Eine gänzliche andere Alternative geht davon aus, dass das Opfer eines Schweines auch unter Numa Pompilius, dem zweiten König Roms, eine wichtige Rolle gespielt habe. Er erreichte nach einer militärischen Auseinandersetzung mit der Nachbarstadt Gabii eine dauerhafte Aussöhnung. Als Garanten des Friedens mochten dann nicht die Penaten, sondern die obersten Götter Jupiter und Dis/

Ostseite der Umfassungsmauer.

Pluto gelten. Bei der Person hinter ihm dürff te es sich dann um den auswärtigen König handeln, mit dem Numa Pompilius Frieden schloss. Der Bezug auf diesen legendären Friedensschluss stellt im Übrigen keine singuläre Erscheinung dar, sondern ist bereits drei Jahre vor Baubeginn der Ara Pacis in der Münzprägung des Augustus aus dem Jahre 16 v. Chr. aufgegriffen worden. Auch auf dem Münzrund ist die Opferung der Sau – und vor allem ohne Ferkel – zu sehen. So suggestiv die jüngsten Deutungen als König Latinus oder Numa Pompilius auch sind, die beiden Medaillons, die etwa 150 Jahre später ausgeprägt wurden, zeigen unmissverständlich zwei Fakten (vgl. Abb. S. 16 li. und mi.): Der Begleiter des Aeneas, der zusammen mit ihm von Bord und auf die Sau mit den Ferkeln zugeht, kann aufgrund der orientalischen Kopfbekleidung und der Körpergröße nur sein Sohn Ascanius/Iulus sein. Die Opferszene auf dem sog. Aeneasrelief wird bis auf die Körperhaltung der beiden jungen Opfergehilfen und des opfernden Mannes so detailgetreu wiedergegeben, dass sogar von einer Motivübernahme vom Relief auf die Medaillonrückseite ausgegangen werden darf. Das Medaillonrund zwingt allerdings die zweite Gestalt zu einer geringeren Körpergröße. Dennoch scheint damit deutlich zu sein, dass die althergebrachte Deutung als Aeneas und Ascanius/Iulus zutrifft. .

60 Die Friese an der Ostseite – Der sog. Romafries, der sog. Tellusfries T

Die großen und kleinen Friesplatten der Ara Pacis 61

Die Friese an der Ostseite Der sog. Romafries Rechts des östlichen Einganges – also auf der nördlichen Seite (ON) – ist das Relief in einem beklagenswerten Zustand erhalten geblieben (Abb. S. 60). Es sind nur Teile eines bekleideten Oberschenkels und der Unterschenkel zu sehen. Der Saum eines Schildes führt zur Vermutung, dass die Person auf einem Waffenhaufen sitzt. Vergleiche mit einem neronischen Münzbild und einem Relief in Tunis ergeben die berechtigte Vermutung, dass es sich bei der Person um die Göttin

Ostseite der Umfassungsmauer mit dem sog. Romafries.

Roma handelt, die im Zentrum des Reliefs zu positionieren ist (ON 2). Die moderne Zeichnung auf dem Hintergrund zeigt, wie man sich die Ergänzung vorzustellen hat. Weitere Fragmente erlauben auch die Annahme, dass die Göttin von zwei Gestalten flankiert wurde, die entweder als Repräsentanten des Senates und des römischen Volkes (genius senatus bzw. genius populi Romani) oder als männliche und weibliche Personifikationen der militärischen Tüchtigkeit, nämlich Honos und Virtus, gedeutet werden. Der sog. Tellusfries Links des östlichen Einganges – also auf der südlichen Seite (OS) – befindet sich das besterhaltene Relief (Abb. S. 74, 77). Die Hauptperson nimmt die Mitte ein (OS 2). Eine jüngere, alterslos wirkende Frau sitzt auf einem Felsenthron nach rechts. Sie ist mit einem Untergewand bekleidet, dessen Träger auf der rechten Schulter herabgleitet. Darüber trägt sie einen Mantel, der den hinteren Teil ihres bekränzten Kopfes verhüllt und über ihre Schultern hinabfällt. Die Frau umfasst mit ihren Armen zwei nackte Kleinkinder, die sich ihr zuwenden und einen Arm erheben. In ihrem Schoß liegen Trauben, Äpfel und Nüsse. Hinter dem linken Bein erhebt sich eine Felsenlandschaft, auf der Ähren, Akanthusblätter, Mohn und langstielige Blumen wachsen. Zu ihren Füßen lagert ein Rind und grast ein Schaf. Die junge Frau und die vielen um sie herum gruppierten Attribute haben in der Fachliteratur einen breiten Raum eingenommen, wobei ganz unterschiedliche Benennungen vorgeschlagen werden. Ein Teil der Forschung geht davon aus, dass die junge Frau eindeutig zu benennen sei. Allerdings werden verschiedene Vorschläge unterbreitet. Die größere Mehrheit der Gelehrten sehen in ihr eine

die Interpretation als Tellus wird ¿ Für gerne eine berühmte Passage aus einem Gedicht des Horaz herangezogen, das er zu den Säkularspielen des Augustus im Jahre 17 v. Chr. verfasst hat: „Reich an Frucht und Vieh möge Tellus zieren Ceres mit dem Ährenkranz; nähren möge die Keime heilsame Wasser und Jupiters Lüfte.“ (Horaz, carmen saeculare 29 ff.; Übersetzung: B. Kytzler)

Gottheit mit oszillierenden Bedeutungen, die je nach Würdigung der beigeordneten Gegenstände hervortreten. Am häufigsten wird die römische Erdgöttin Tellus genannt. Mit Blick auf die Mohnblumen und Kornähren wird in der jungen Frau auch die Getreidegöttin Ceres selbst gesehen. Die dargestellte Landschaft mit den Tieren führt auch zu der Assoziation, Tellus mit der Göttin Italia zu verbinden. Andere Gelehrte sehen ferner einen Zusammenhang mit Pax, der Friedensgöttin, und schließlich sogar mit der Stammmutter des julisch-claudischen Hauses, der Göttin Venus. Obgleich in der Forschung immer wieder der Versuch unternommen wird, die Vielzahl der möglichen Bedeutungen durch feinsinnige Interpretationen zu reduzieren, wird wohl der umgekehrte Weg der richtige sein. Es drängt sich geradezu der Gedanke auf, dass eine Vieldeutigkeit bewusst angestrebt wurde. Die junge Frau mit den beiden Kindern und den Früchten soll gerade nicht einer Gottheit eindeutig zugewiesen werden. Der antike Betrachter hat, je nach Bildungsgrad, diejenige Gottheit in ihr sehen sollen, die er am ehesten mit der Friedenszeit in Zusammenhang brachte, die unter Augustus angebrochen war. Das tiefere Verständnis der Symbolsprache eröffnete sich ihm allerdings

erst durch die Kenntnis der Werke der zeitgenössischen Dichter Horaz, Ovid oder Lukrez. Ebenso wenig eindeutig lassen sich die beiden jungen, halbnackten Frauen einordnen, die der zentralen Gottheit zugewandt sind und sie flankieren. Die linke (OS 1) sitzt auf einem Schwan, der sich zum Bildrand hin in die Luft erhebt. Mit der linken Hand umfasst sie den Saum eines Mantels, der sich hinter ihr durch einen Windhauch aufbläht. Vor ihr ragt ein Schilfrohr empor. Zu ihren Füßen wachsen Gräser und andere Pflanzen, vor denen ein umgestürzter Krug zu sehen ist, aus dem sich Wasser ergießt. Auf dem Henkel sitzt ein Wasservogel. Die rechte Frau (OS 3) sitzt mit gleicher Gewandung und geblähtem Mantel auf einem Seeungeheuer (Cetus), das sich aus den Wellen erhebt. In einem Grundkonsens werden in den beiden Frauen die Repräsentanten der Elemente Wasser und Luft gesehen. Eine vereinzelte Meinung geht von einer Meeresnymphe (Nereide) und einer Quellennymphe (Naiade) aus. Unter Annahme eines Bezuges zur Aphrodite werden auch die Horen, die Göttinnen der Jahreszeiten, vorgeschlagen. Am treffendsten ist aber noch immer die Deutung als Verkörperung der Meeres- und Landwinde (aurae velificantes), die Regen und günstiges Wetter bringen, um die Fruchtbarkeit und das glückliche Gedeihen zu fördern. Auch dieser Interpretation liegt das bereits weiter oben zitierte Gedicht des Horaz zugrunde .

Die Friese am Opferaltar Der Opferaltar besteht aus einem Sockel, an dessen östlicher Seite vier Stufen zur eigentlichen Opferstätte führen. Der Fries, der an drei Seiten des Sockels und an den Wangen des Treppenaufganges befestigt gewesen ist, ist nur in geringen Resten erhalten geblieben.

62 Die großen und kleinen Friesplatten der Ara Pacis

Die Friese am Opferaltar 63

Es wird vermutet, dass er wohl Personifikationen von Provinzen und barbarischen Völkern getragen hat. Heute ist der Sockel rau belassen, um die ehemalige Existenz von Reliefs anzudeuten. Die Einfassung besteht unten aus einem Flechtband, Schlingenband und Blätterfries (lesbischen Kyma) und oben aus einem Perlstab, Eierstab und einem Band aus schmalen Zungen. Die oberste Stufe führt zu dem Platz, wo der Opfernde gestanden hat ( (prothysis ). Vor ihm befindet sich der Opfertisch, der beidseitig von einer Wandzunge eingerahmt ist. Diese Wandzungen haben ringsum zwei übereinander gestaffelte Friese getragen, von denen nur wenige Fragmente erhalten sind. Bei dem unteren, etwas größeren Fries, der heute als unverzierte Fläche zu sehen ist, geht die Forschung davon aus, dass die Wandzungen und die Außenseite mit Akanthusranken geschmückt gewesen sind. Die Vorderseite des Altartisches hat möglicherweise einen Fries getragen, auf dem die zwölf obersten Götter sowie in der Mitte als dreizehnte Gottheit die Friedensgöttin Pax abgebildet gewesen sind. Der kleinere Fries darüber ist etwa 30 cm hoch und teilweise noch vorhanden. An der nördlichen Wandzunge ist der Fries außen (WzNa) in der gesamte Breite und innen (WzNi) bis zur Kante des Opfertisches erhalten. Die übrigen wenigen Fragmente sind an der südlichen Wandzunge außen (WzSa) und innen (WzSi) verbaut; ferner sind von der Ostseite der Altarplatte jeweils die beiden äußeren Figuren erhalten (AO 1 und 2). Auf den Schmalseiten des Altars befindet sich eine kunstvolle Bekrönung. Die vier Außenkanten werden von kauernden Löwengreifen mit Sichelflügeln geschmückt, die nach orientalischer Art zwei Schwänze besitzen: Der eine befindet sich auf der Innenseite, der andere ist auf der Außenseite zu sehen. Über einer Profilleiste

befinden sich als Aufsätze zwei zur Mitte hin aufsteigende S-förmige Voluten, die kanneliert sind und kräftige Ranken sowie Blätter austreiben. Der äußere Fries der nördlichen Wandzunge zeigt von links nach rechts einen „minister“/„camillus“ in einer Tunika und in der Mitte gerafften Toga (WzNa 1; Abb. S. 72, 73). Er wendet sich zur Mitte hin und hält in der herabhängenden Rechten einen Krug (guttus). Er stützt möglicherweise mit der angewinkelten Linken ein Tablett. Vor ihm bewegt sich eine Gruppe von zehn Opfergehilfen (victimarii) mit entblößten Oberkörpern und knappem Schurz (limus). Der nächststehende Opfergehilfe (WzNa 2) hält einen Eimer mit der rechten Hand und stützt mit der linken Hand eine Schale. Der andere (WzNa 3) hält ein Opferbeil (securis) oder einen Hammer (malleus) in seiner rechten Hand. Die folgende Gruppe (WzNa 4–6) versucht eine junge, sich sträubende Kuh vorwärtszubewegen. Die beiden Opfergehilfen (WzNa 4 und 5) sind mit Lorbeer bekränzt. Der linke umfasst mit der rechten Hand einen Stab, während der mittlere Opfergehilfe einen Ölzweig hält. Vor ihnen mühen sich zwei Opferdiener (WzNa 7–8) mit einem jungen Stier ab. Auf beide Gruppen scheint ein weiterer Opferdiener zu warten (WzNa 9). Das Messer (culter) in der Schale, die er mit der linken Hand stützt, bezeichnet ihn als „cultrarius“, der beim Opfer das Schächten vornimmt. In seiner linken Armbeuge befindet sich noch ein Tuch. In seiner Rechten hält er den erhaltenen Rest eines Eimers (situla). Zwei weitere „cultrarii“ (WzNa 10–11) begleiten ein Schaf. Das Messer hält der eine Opferdiener in seiner erhobenen Linken, während es bei dem anderen im Schurz steckt. Zwei Togati folgen (WzNa 12–13), die als priesterliche Liktoren mit zwei unverbundenen Stäben ausgestat-

Innenfries der nördlichen Altarwange mit Opferzug.

tet sind. Vorweg geht ein weiterer Togatus (WzNa 14), dessen vornehmes Schuhwerk (calcei patricii) ihn als hohen Beamten ausweist. Er wird von einem „magister“/„camillus“ (WzNa 15) begleitet, der in der angewinkelten Linken ein gefranstes Tuch (mantele) und ein Weihrauchkästchen (acerra) hält und mit der Rechten den Henkel eines Kruges ( (guttus ) umfasst. Der kürzere Fries auf der Innenseite der nördlichen Wangenzunge zeigt von links nach rechts einen Togatus (WzNi 1), der durch die beiden unverbundenen Stäbe als priesterlicher Liktor gekennzeichnet ist (Abb. S. 63). Vor ihm schreiten sechs Vestalinnen (WzNi 2–7) in langen Gewändern, die, nach den Resten zu urteilen, verschiedene Gegenstände in ihren Händen halten. Ihnen gehen zwei Togati (WzNi 8–9) voraus, wobei der vorderste durch die zwei unverbundenen Stäbe ebenfalls als priesterlicher Liktor zu benennen ist. Auf der südlichen Wangenzunge sind an der Innenseite nur noch zwei Personen erkennbar. Ein Togatus (WzSi 1) steht mit verhülltem Kopf nach links und streckt seinen rechten

Arm aus. Die Hand ist leider nicht mehr erhalten. Möglicherweise wird seine hohe Position noch durch das besondere Schuhwerk (calcei patricii) gekennzeichnet. Hinter ihm ist noch der Kopf eines Mannes zu sehen, der eine besondere Haube mit einer Spitze (galerus) trägt und damit als „„flamen“ interpretiert werden muss. Die wenigen Reste auf der Außenseite der südlichen Wandzunge können als vier Opfergehilfen (victimarii) angesprochen werden (WzSa 1–4). Die beiden äußeren Figuren an der Altarplatte bestehen jeweils aus einem Togatus, der mit Lorbeer bekränzt zur Friesmitte hin gewandt ist (AO 1 und 2). Sie tragen das einfache Schuhwerk.

Der Rankenfries Unter dem großen Prozessionsfries auf der Nord- und Südseite der Altarumfassung sowie den kleinen Panelen mit den Gottheiten und Personifikationen auf der Ost- und Westseite befindet sich abgetrennt durch ein Mäanderband ein üppig ausgeführter Ran-

64 Die großen und kleinen Friesplatten der Ara Pacis

Der Rankenfries 65

kenfries. Er ist mit einer Höhe von 182 cm sogar größer als der 155 cm hohe Figurenfries. Während der Rankenfries im ersten Augenblick als ein wild wucherndes Gebilde erscheint, wird bei genauerer Betrachtung die ordnende Symmetrie des Rankenwerks deutlich (vgl. Abb. S. 21, 30, 34–35, 56, 74). In der Mitte der Längsseiten bzw. der Frontseiten, wo sich am profilierten Fuß der Umfassungsmauer das Flechtband teilt, wächst ein mächtiger Akanthuskelch empor, dessen Blätter besonders reich und naturnah ausgearbeitet sind. Ein einzelner gerader Stängel mit dicht übereinander austreibenden Blätterkronen sowie zwei mächtige Triebe brechen flankierend in einem gegenläufigen Schwung heraus. Beide Ranken drängen bogenförmig nach oben und bilden drei Verzweigungen, die sich in der oberen Frieshälfte in einen Blattwedel oder in eine Blüte einrollen. Ein vierter zarter Schössling wächst empor und trägt einen Schwan mit ausgebreiteten Flügeln. Gleichsam einer Blüte wirkt er fast schwerelos. Die Hälse sind wie Ranken geschwungen und neigen sich einander zu. Aus den Seiten des buschartigen Akanthus wachsen ebenfalls kräftige Ranken heraus, die wechselständig austreiben und sich einrollen. Die Triebe enden in einem reichen Blattwerk oder in einer einzelnen Blüte. Während sich bei den schmalen Frontplatten nach zwei Einrollungen die Ranken aufwärts bewegen müssen, können sie sich auf den Längsseiten beinahe endlos ausbreiten. Aus den am Boden entlangrollenden Ranken wachsen jeweils nach zwei Eindrehungen zwei mächtige Rankengebilde empor, die zu beiden Seiten bogenförmig ausschwingen und weitere Triebe ausbilden, die sich wiederum einrollen. Trotz eines scheinbar wild wuchernden Rankenwerks wird der Rhythmus der abzweigenden Triebe und Einrollungen deutlich.

Das ordnende Prinzip ergibt am oberen Rand des Frieses eine Reihenfolge von einander zugeneigten Blattfächern, zwischen denen sich ein einzelner Blütenstand, flankiert von zwei Rankenspitzen, und ein Schwan abwechseln. Erst bei einer genaueren Betrachtung wird deutlich, dass die Ranken, die Blätter und Blüten nicht zu einer Pflanze gehören, sondern aus verschiedenen Pflanzen bestehen, die scheinbar natürlich voneinander abzweigen und austreiben. Neben dem Akanthus dominieren vor allem Weinblätter und -trauben, der Efeu und der Lorbeer. Erst kürzlich konnten aber noch weit mehr Pflanzenarten entdeckt werden, die den Lilien- und Irisgewächsen und verschiedenen Orchideen zuzuordnen sind. Bisher sind mehr als fünfzig verschiedene Arten erkannt worden. Ferner können zwischen den Blättern und Spiralen versteckt Insekten und anderes Kleingetier ausgemacht werden: Grashüpfer, Schnecken, Skorpione, Salamander und sogar unter dem Akanthuskelch auf der Nordseite eine Schlange, die sich auf ein Vogelnest zubewegt. Auch der Rankenfries hat zu unterschiedlichen Deutungen geführt. Während er einerseits nur als rein dekorativ, ohne einen Bezug auf das restliche Monument empfunden wird, haben andererseits einige Gelehrte eine Wechselwirkung zwischen den Halbpalmetten und Schwänen zu einzelnen Personen des Figurenfrieses der Längsseite beobachten können, ohne allerdings weitere Schlussfolgerungen ziehen zu wollen. Einen anderen Weg beschreiten die Forscher, die dem Rankenfries eine eigene Aussage beimessen. Die Ergebnisse fallen allerdings sehr unterschiedlich aus. So wird in dem scheinbar wild wuchernden und sich umschlingenden Rankenwerk ein Kampf zwischen Apollon und Dionysos gesehen, für die der Lorbeer und der Wein bzw. der Efeu stehen.

Damit sei das politische Ringen zwischen Octavian/Augustus, der seinen Schutzgott in Apollon sah, und Marc Anton gemeint, der sich selbst als neuer Dionysos stilisiert hat. Die einzelnen Blüten mit den begleitenden Rankenspitzen seien eine Anspielung auf Castor und Pollux, die Söhne des Jupiter, und durch die Position unter Augustus und Agrippa ein weiterer Hinweis auf den Vater und den Adoptivvater der künftigen Nachfolger Gaius und Lucius Caesar. Diese These als zu komplex einschätzend geht die andere Meinung in die Richtung einer Versöhnung. Es sei nicht ein Kampf, sondern vielmehr ein harmonisches Zusammenspiel der Götter Apollon und Dionysos oder dessen italischer Variante Liber Pater gemeint. Die apollinische Seite der Ranken, verkörpert auch durch die Schwäne, seien mit der Üppigkeit der Ranken, die eher dem Dionysos zugeordnet werden können, vereinigt. Der vormalige historisch gewachsene Gegensatz zwischen Apollon (Octavian/Augustus) und Dionysos (Marc Anton) sei im neu anbrechenden Zeitalter aufgelöst und miteinander versöhnt. Diese neue Harmonie münde dann versinnbildlicht durch die Spiralen in einen Zyklus des Lebens und Vergehens oder vielmehr der Wiedergeburt und Regeneration, für deren Garanten die Götter Apollon und Dionysos stünden. Diese nicht minder komplexe Auffassung kann aber gut mit der Deutung ver-

knüpft werden, die mehrheitlich in der Forschung vertreten wird und einen engeren Bezug auf die Regierung des Augustus sieht. Mit den Säkularspielen des Jahres 17 v. Chr. lässt Augustus das berühmte „Goldene Zeitalter“ (saeculum aureum) anbrechen, als deren Wirken, begünstigt durch die segensreiche Förderung durch Apollon und Dionysos, das üppige Wachsen der Pflanzen gesehen wird. Doch auch Augustus selbst bewirkt durch seine Herrschaft des Friedens das gedeihliche Zusammenwirken der Natur, so wie es einst der friedliebende Gott Saturn vermocht hat. Die vielfältigen Bedeutungen und Interpretationsmöglichkeiten, die bereits im Rahmen der Beschreibung der Figuren- und Rankenfriese angedeutet und teilweise im Ansatz ausgeführt wurden, müssen nun in einer Zusammenschau nochmals aufgegriffen und miteinander verbunden werden. Die losen Enden der Bedeutungsstränge sollen im nächsten Kapitel dann wie ein gewebter Teppich das ausgetüftelte und vieldeutige Gesamtbild der Ara Pacis ergeben, wobei schon jetzt gesagt sei, dass viele Leerstellen mangels Erhaltung bzw. Unkenntnis der römischen Gedanken- und Wissenswelt nicht ausgefüllt werden können. Im Gegensatz zum gebildeten Menschen der antiken Welt wird der heutige Betrachter nur zu einem Bruchteil die komplexen Verständnisebenen überschauen und würdigen können.

OFFENE FRAGEN NACH DER HISTORIZITÄT UND BAUGESCHICHTE DER ARA PACIS Bei der Zuweisung der Namen der auf der Ara Pacis dargestellten Personen wurde deutlich, dass eine eindeutige Benennung nicht immer möglich ist. Fehlende Relieffragmente und moderne Restaurierungen führen dazu, dass eine Identifikation nur versuchsweise bzw. indirekt erfolgen kann. Ein paar der in den vorigen Kapiteln aufgeworfenen Fragen und Probleme in der Benennung sollen nun versuchsweise beantwortet und ausführlicher behandelt werden.

Der historische und religionshistorische Hintergrund der Prozessionsfriese In der knapp über hundertjährigen Forschung zur Ara Pacis befassten sich die Gelehrten bis in die jüngste Zeit hinein mit der Frage, wie die Festzüge am Altar und an der Umfriedung zu deuten seien. Hierbei interessiert besonders die Frage, inwieweit die Prozessionen als historisch, also als reales Geschehen, zu verstehen sind. Den besten Ausgangspunkt für Tatenbericht, den Augus¿ Intusseinem kurz vor seinem Tod verfasste, schrieb er zum 4. Juli 13 v. Chr.: „Als ich aus Spanien und Gallien, nachdem ich in diesen Provinzen siegreiche Taten vollbracht hatte, im Konsulatsjahr des Tiberius Nero und Publius Quintilius nach Rom zurückkehrte, beschloß der Senat zum Dank für meine Rückkehr einen Altar des Augustusfriedens [d. h. Ara Pacis Augustae] zu weihen, und zwar auf dem Marsfeld, wo die Beamten, die Priester und die Vestalinnen jedes Jahr auf Geheiß des Senats ein Opfer darbringen sollten.“ (Res gestae divi Augusti 12, 2; Übersetzung: M. Giebel)

diese Überlegungen bilden die auf S. 23 und 66 erwähnten Auszüge aus dem Tatenbericht des Augustus (Res gestae divi Augusti). Hier berichtet der Princeps davon, dass auf Beschluss des Senates auf dem Marsfeld ein Altar des Friedens (ara pacis) gestiftet wurde, an dem jedes Jahr von den Priestern und den Vestalinnen ein Opfer durchgeführt werden sollte. Aufgrund dieser überlieferten Aussage und des Hinweises auf die Priesterinnen der Göttin Vesta können wir hinsichtlich des großen Figurenfrieses ausschließen, dass hier das jährliche Opfer (anniversarium sacrificium) dargestellt werden sollte. Die Vestalinnen tauchen hier nirgendwo auf; an den Resten des Altarfrieses stellt sich die Sachlage aber anders dar. Die Innenseite der nördlichen Wandzunge zeigt nicht nur die Vestalinnen, sondern an der Außenseite auch die hierfür benötigten Opfertiere. Zudem ist es sinnvoll, die Darstellung des jährlichen Opfers am Altar anzubringen, nämlich an dem Ort, an dem diese Zeremonie selbst stattfindet. In der Forschung herrscht aber keine Einigkeit, wann das jährliche Opfer stattgefunden haben soll. Der 4. Juli, der Tag des Baubeginns (inauguratio), bzw. der 30. Januar, der Tag, an dem die Ara Pacis eingeweiht wurde (dedicatio), stehen zur Verfügung. Überwiegend wird der Januartag favorisiert. Der Kontext des Tatenberichtes lässt aber an Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig. Der Senat beschloss aus Dank für die Rückkehr des Augustus einen Altar zu weihen. Da es bei dem jährlichen Opfer nicht darum ging, die Fertigstellung des Altars zu feiern, sondern die glückliche Heimkehr des Augustus, wird wohl eher der Tag im Juli gemeint sein. Für den großen Figurenfries muss also eine andere Erklärung gefunden werden. Die Prozession wird allerdings mit weiteren Fragen verknüpft, die auch für die gesamte

Deutung der Ara Pacis wesentlich sind. Der Zweck des großen Festzuges hängt von der Frage ab, was Augustus in seiner rechten Hand gehalten hat. Ferner muss als zweite Frage geklärt werden, ob der große Festzug etwas mit dem Baubeginn oder der Fertigstellung der Ara Pacis zu tun haben könnte. Immerhin wäre es vorstellbar, dass diese Prozession entweder im Rahmen der „inauguratio“, also bei dem „feierlichen Baubeginn“ im Jahre 13 v. Chr., stattfand oder im Zusammenhang mit der Einweihung vier Jahre später. All diese Überlegungen können aber mit dem Hinweis beiseitegeräumt werden, dass für alle beiden Ereignisse die Opfertiere notwendig wären, wie sie im kleinen Altarfries zu sehen sind. Im großen Prozessionsfries jedoch fehlen sie. Dieser Umstand weist uns den Weg zu einer dritten Möglichkeit, wobei wir jetzt die fragmentarische Hand des Augustus auf dem Südfries zu betrachten haben. Der Princeps winkelt zweifelsfrei seinen rechten Arm an und muss etwas locker in der Hand gehalten haben. Ein Teil der Forschung vermutet, dass der Princeps den Krummstab der Auguren (lituus) umfasste. Es wird vorgeschlagen, dass Augustus bei seiner Rückkehr aus dem Norden als Mitglied dieses Priesterkultes ein „augurium maximum salutis Rei Publicae“ vornahm, einen heiligen Opfergang, bei dem der Segen für das römische Volk und der anbrechende Frieden beschworen wurden. Dieser Auffassung wird in jüngster Zeit aber zu Recht widersprochen. Die kultische Handlung eines Auguren erforderte eine unbedingte Ruhe in seiner Umgebung, wovon bei den sich deutlich unterhaltenden Familienmitgliedern nicht die Rede sein kann. Das „augurium salutis“ wurde durchgeführt, wenn kein Heer im Felde stand, und es gibt Hinweise, dass diese Kulthandlung stets in den Wintermonaten begangen wurde, was in diesem Fall nicht zutrifft.

Bildnis der Livia im „Nodus-Typus“, T um 20 v. Chr. (Musée de l’Arles Antique).

Ferner gibt es Belege in anderen Reliefs und auf Münzen, dass der „lituus“ anders, nämlich mit gekrümmter Hand und aufrecht, gehalten wurde. Schließlich stellt sich die Frage, warum etliche Prozessionsteilnehmer Lorbeerzweige in den Händen halten. Es wird daher vorgeschlagen, dass auch Augustus zwei Lorbeerzweige, möglicherweise in Bronze, umfasste. Damit ändert sich die Bedeutung des Prozessionszuges in die Richtung, dass Augustus, wie auf den Seiten 22–23 dargelegt, am Tage nach seiner Rückkehr aus dem Norden eine „supplicatio“ durchführte und damit den Göttern für die glückliche Hilfe mit einem unblutigen Opfer dankte. Diese Form der Dankbezeugung, an der auch Frauen, Kinder und sogar Freigelassene teilnehmen durften, bezieht sich explizit auf die glücklich absolvierte Reise und die Heimkehr des Princeps und somit zwangsläufig auf den Tag der Danksagung, nämlich den 4. Juli, und steht damit auch mit dem Gelöbnis des „anniversarium sacrificium“ in Verbindung. Eine Prozession im Rahmen der „dedicatio“ am 30. Januar 9 v. Chr. ist schließlich auch deshalb

68 Der historische und religionshistorische Hintergrund der Prozessionsfriese

Offene Fragen nach der Historizität und Baugeschichte der Ara Pacis 69

schwer vorstellbar, weil Agrippa, Drusus maior und Octavia minor zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben waren. Diese Argumentation führt nun zur Frage, ob die „supplicatio“ genau so stattgefunden hat, wie sie auf der Süd- und Nordseite der Umfassungsmauer dargestellt ist. An dieser Stelle bringt uns die historische Überlieferung in Bedrängnis. Wir wissen, dass sich Drusus maior um den 4. Juli 13 v. Chr. fern von Rom aufhielt und die drei gallischen Provinzen verwaltete. Ferner weilte zu diesem Zeitpunkt L. Domitius Ahenobarbus als Statthalter in der Provinz Aff rica Proconsularis (heute: Tunesien und westliches Libyen). Da es üblich war, dass auch die Ehefrauen ihre Männer auf solche über Jahre andauernden Posten begleiteten, dürften auch Antonia maior und die beiden Kinder Domitia und Cn. Domitius Ahenobarbus nicht an der Prozession am 4. Juli 13 v. Chr. teilgenommen haben. Wie ist dieser Umstand zu erklären? Bei genauer Betrachtung der anderen Friese stellt sich heraus, dass alle weiteren Darstellungen auf der Ara Pacis nicht historisch sind. Die Relieffelder an der West- und Ostseite der Umfriedungsmauer beziehen sich auf mythische Ereignisse, die zeitlos auf die glorreichen Anfänge Roms oder auf das gedeihliche Wirken unter der segensreichen Herrschaft Roms im Allgemeinen und des Augustus im Speziellen verweisen. Diese „Überwirklichkeit“ findet sich auch in dem kleinen Altarfries wieder, der sich ja nicht auf das konkrete Ereignis des „ersten“ jährlichen Opfers bezieht, sondern auch alle künftigen Opfergänge umfasst. Damit liegt der Verdacht nahe, dass auch nicht die „eine“ „supplicatio“ im Sommer 13 v. Chr. allein gemeint ist, sondern die Wirkung dieses Dankesfestes, die nun mit dem beginnenden Frieden (pax ( ) einherging, auch für die Zukunft galt. Die Garanten waren der Princeps Augustus und seine Familie. Wie in einer Mo-

mentaufnahme eingefangen, wurde dem Volk das konkrete Ereignis und darüber hinaus das politische, militärische und in beginnenden Zügen auch das dynastische Wirken der augusteischen Familie in einer stolzen und zugleich gelassenen Würde zur Schau gestellt. Trotz der „überwirklichen“ Darstellung der Prozession anlässlich der „supplicatio“ im Sommer des Jahres 13 v. Chr. wurden gewisse historische Bezüge durchaus beachtet, aber anders als sie in der Literatur üblicherweise postuliert werden. In diesem Zusammenhang ist die Frage zu erörtern, inwieweit die großen Friese die Propagierung einer Nachfolgeplanung des Augustus beinhalten. Bis in die jüngste Zeit hinein wird in der Literatur immer wieder der Versuch unternommen, den Adoptivsöhnen Gaius und Lucius einen besonderen Platz zuzuweisen, um damit der Ara Pacis neben den vielen Bedeutungen auch eine dynastische Aussage hinzuzufügen. Es wird darauf hingewiesen, dass die adoptierten Söhne Gaius und Lucius Caesar in den fremdländisch gekleideten Knaben auf dem Südfries zwischen Agrippa und Livia (S 31) bzw. auf dem Nordfries unmittelbar hinter der Priesterriege (N 35) zu finden seien. Besonders für den Jungen auf dem Südfries wird eine vordergründig bestechende Argumentation entwickelt, die seine ungewöhnliche Erscheinungsform schlüssig zu erklären versucht. Der ältere Adoptivsohn Gaius Caesar sei aufgrund der langen Locken, der orientalisch anmutenden Gewandung und durch den gedrehten Reif, vermutlich aus Gold, um den Hals als Teilnehmer der „lusus Troiae“ gekennzeichnet. Der Anlass für die trojanischen Spiele wird mit der Einweihung des Theaters des Marcellus verknüpft, die allerdings erst 11 v. Chr. stattfand, wie Plinius der Ältere (nat. hist. 8, 65) vermerkt. Es ist kaum vorstellbar, dass man Gaius Caesar bereits während der „supplicatio“ als

Teilnehmer der „lusus Troiae“ darstellte und auf ein Ereignis verwies, das erst zwei Jahre später stattfinden sollte. Ferner zeigt die genaue Interpretation der entscheidenden Vergilstelle (Aeneis 5, 553–562), die die trojanischen Spiele beschreibt, dass die Knaben frisch geschnittene Kränze auf dem Kopf getragen haben, was vor allem einen Kranz mit Blättern meint. Dieser Kranz lässt sich mit dem Reif auf dem Kopf nicht in Verbindung bringen, weswegen die nach wie vor hartnäckig in der Literatur transportierte Benennung des orientalischen Knaben als Gaius Caesar jeglicher Begründung entbehrt. Die Nähe zu Agrippa und das Klammern an sein Gewand, das eine Vertraulichkeit zu suggerieren scheint, verführt offensichtlich zu dieser Auffassung. Die öffentliche Zurschaustellung der Nachfolgepläne des Augustus stand zudem noch am Anfang. Die Traditionen im Senat und in der Gesellschaft kannten keine unmittelbare blutsverwandte Nachfolge in den politischen Ämtern des Vaters. Die Präsentation der Nachfolge konnte Augustus also nur über Jahre mit aller Vorsicht vorantreiben. Erst mit der massenweisen Ausprägung der Silber- und Goldmünzen mit Gaius und Lucius Caesar auf der Rückseite ab 2 v. Chr. entfaltete sich die Nachfolgepropaganda des Augustus vollends. Während also die großen Friese der Ara Pacis durchaus eine Zurschaustellung der augusteischen Familie beinhalten, sind sie nicht als Zeugnis einer konkreten Nachfolgepropaganda zu deuten. Die Barbarenkinder dienen jedoch einer anderen Art der Selbstdarstellung. In den Gesamtzusammenhang des Friedensaltars des Augustus gestellt, unterstreichen die Barbarenkinder die Symbolik des Friedens, da es Agrippa und Augustus gelungen ist, mit den gefährlichen Völkern des Ostens bzw. des Nordens Frieden zu schließen und ihn durch die Mitnahme von Geiseln sichtbar zu

dokumentieren. Diesen Erfolg zu zeigen, ist im Jahre 13 v. Chr. wichtiger gewesen, als die Zurschaustellung einer verfrühten Dynastiepropaganda. Eine offene Frage, die in jüngster Zeit wieder erörtert wurde, behandelt die Funktion der beiden verhüllten Frauen (S 37, N 39), die den Zeigefinger auf die Lippen legen und zur Ruhe zu mahnen scheinen. Es wurde jüngst die Vermutung vorgetragen, dass diese Geste die Trauer über die Personen der kaiserlichen Familie bezeichnen solle, die während der Bauzeit der Ara Pacis verstorben seien. Auff grund der sicherlich positiv zu verstehenden Darstellung des Augustus und seiner Familie ist eine solche trauernde Zurschaustellung während eines Dankesopfers für die Götter allerdings nur schwerlich vorstellbar. Vielmehr verweist eine Stelle in den Oden des Horaz (carmina 3, 14, 10–12) auf eine Situation während der „supplicatio“ im Jahre 24 v. Chr., die die Rückkehr des Augustus aus Spanien feiert. Mit den Worten „Ihr, o Jungen und Mädchen, die ihr nicht erfahren seid in Erwachsenendingen, vermeidet jedes Unglück bringende Wort!“ kann gut die Vorstellung verbunden werden, dass die Kinder im Rahmen dieses Opferganges zu schweigen hatten. Diese Ermahnung wird durch die beiden verhüllten Frauen in bildlicher Weise verdeutlicht.

Eingriffe und Restaurierungen während der Bauzeit der Ara Pacis und später Die großen Friese der Ara Pacis zeigen deutliche Spuren von Restaurierungen und Umarbeitungen. In den letzten Jahren haben die Archäologen begonnen, die verschiedenen Eingriffe voneinander zu trennen und entweder als ein Teil der Geschichte des Monumen-

70 Eingriffe und Restaurierungen während der Bauzeit der Ara Pacis und später

Offene Fragen nach der Historizität und Baugeschichte der Ara Pacis 71

tes bis in die heutige Zeit zu begreifen oder sogar Änderungen während der fast vierjährigen Bauzeit zu erkennen, was wiederum auch Auswirkungen in der Interpretation zur Folge hat. Voneinander zu trennen sind die Spuren der Überarbeitung und vor allem die Ergänzungen, die im Rahmen der Wiedererrichtung der Ara Pacis im Jahre 1938 durchgeführt wurden. Als bereits im 16. Jahrhundert die ersten Platten gefunden wurden, begann man sie zu restaurieren, überstehende Kanten zurechtzuschneiden bzw. fehlende Teile nach dem Kenntnistand der damaligen Zeit zu ergänzen. Hier sind vor allem die Restaurierungen von Francesco Carradori in den 80er Jahren des 18. Jahrhundert zu nennen. Andere Überarbeitungsspuren gelten jedoch als antik. So wurde in jüngerer Zeit festgestellt, dass etliche Personen auf dem Süd- und Nordfries sowie Teile des Rankenfrieses noch feine Raspelspuren tragen, die darauf hindeuten, dass sie eine unfertig wirkende Oberfläche besitzen. An dieser Beobachtung entzündete sich eine Diskussion, inwieweit die Ara Pacis bereits in der Antike restauriert worden sei. Der Vorschlag, es habe in konstantinischer Zeit eine umfassende Restaurierung gegeben, die zu den in der augusteischer Zeit unüblichen Augenbohrungen und sogar zu Umarbeitungen in den Gesichtern führte, ist inzwischen mit guten Gründen relativiert worden. Zum Vergleich können andere Denkmäler aus der Epoche der späten Republik sowie frühen römischen Kaiserzeit angeführt werden, die ebenfalls eine unfertige Oberfläche aufweisen. Es ist nicht ersichtlich, warum etliche Reliefs und Bauwerke nicht bis zum letzten Schliff zu Ende geführt wurden. Zumindest bei der Ara Pacis hat es aber den Anschein, dass die Bildhauer einen vorab gesetzten Termin – es dürfte sich um den 30. Januar 9 v. Chr. handeln, den Geburtstag der Livia nämlich – nicht einhalten konnten. Die Einweihung erfolgte,

ohne dass die Reliefoberflächen durchweg eine letzte Behandlung erhalten hatten. Man mag sich aber von der Idee einer Restaurierung in der späteren Kaiserzeit nicht gänzlich verabschieden. Zumindest die Augenbohrungen sowie vereinzelte Umarbeitungen im Bereich der oberen Gesichtshälften könnten so interpretiert werden, dass die zweifellos vorhanden gewesene farbige Bemalung der Ara Pacis in der Zeit Hadrians abgeblättert war. Die farbig gefassten Augen wurden dann im Zuge einer behutsamen Restaurierung durch die inzwischen üblich gewordene Ausbohrung der Pupillen ersetzt. Andere Spuren einer Umarbeitung sind allerdings nach wie vor schwer zu erklären. So ist nochmals die Beobachtung zu erwähnen, dass es den Anschein hat, dass bei den großen Friesen wohl nur die Figuren im Vordergrund identifizierbar sein sollten und die Hintergrundfiguren nicht. Gegen diese Feststellung scheinen die Hintergrundfiguren des „vierten“ Flamen (S 23), des älteren Mannes auf der Südseite (S 44), den wir als Sextus Appuleius d. Ä. benennen, sowie der älteren Frau auf dem Nordfries (N 43), die möglicherweise dessen Gemahlin Octavia maior darstellen könnte, zu sprechen. Es konnte zudem bei dem Flamen anhand der Umarbeitungsspuren nachgewiesen werden, dass er aus einer anderen Hintergrundfigur umgeschnitten wurde. Das bedeutet zwingend, dass die ursprüngliche Konzeption des Aufbaus des Prozessionsfrieses während der Bauphase mindestens einmal verändert wurde. Vielleicht konnte durch diese und andere Verzögerungen die Ara Pacis nicht komplett fertiggestellt werden. Lassen sich heute noch Anlässe für etwaige Änderungswünsche feststellen? Es ist mithin erstaunlich, dass eine Summe von Ereignissen nicht zu einer stärkeren Umarbeitung geführt hat. Während der Bauzeit veränderte sich die Zusammensetzung der

augusteischen Familie derart rasch, wie es nicht zu erwarten war. Bereits ein Jahr nach Baubeginn starb Agrippa unvermutet im Frühjahr 12 v. Chr.; Octavia minor, die Schwester des Augustus, folgte im Jahr 11 v. Chr. Auch wenn bei dem heutigen Erhaltungszustand Octavia minor nicht mehr schlüssig lokalisiert werden kann, ist Agrippa auf jeden Fall in der Prozession des Südfrieses zu erblicken. Sein Tod hat somit keine Änderung des Friesaufbaus zur Folge gehabt. Aber sein Gesicht und das seines Freundes und Kollegen Augustus sind überarbeitet worden. Der Schlüssel für die Erklärung dieser Maßnahme muss in der Umarbeitung der Gesichter des „vierten“ Flamen (S 23) und des Mannes im Hintergrund (S 44) verborgen sein, wenn man von einem zeitgleichen Eingriff ausgeht, wogegen im Augenblick nichts spricht. Die Wiederherstellung des Flaminats fand ihren Abschluss im Jahre 11 v. Chr. durch die Einsetzung des Servius Cornelius Lentulus Maluginensis als „flamen „ Dialis“. Am 4. Juli zwei Jahre zuvor gab es nur zwei „flamines „ “, einen uns unbekannten „„flamen Quirinalis“ und den „„flamen Iulialis“ Sextus Appuleius d. J. Als im Jahre 12 v. Chr. der „flamen „ Martialis“ Lucius Cornelius Lentulus sein Amt antrat, gab es drei „ „flamines “, so wie es die Anzahl dieser Priestergruppe im Vordergrund des Südfrieses anzeigt. Somit kann vermutet werden, dass diese Änderung in der Konzeption des Frieses noch berücksichtigt werden konnte, die Ergänzung des „vierten“ Flamen im darauffolgenden Jahr dagegen nicht mehr. Nun ist nicht der zuletzt eingesetzte „„flamen Dialis“ als wichtigster Vertreter dieser Priestergruppe dargestellt, sondern vermutlich der „flamen „ Iulialis“ Sextus Appuleius d. J., der über seine Mutter Octavia maior ein verwandtschaftliches Verhältnis zu Augustus besaß. Sein Gesicht und das seines Vaters Sextus Appuleius d. Ä. sind ebenso wie die Ge-

sichter des Augustus und Agrippa individuell dargestellt, die anderer Familienmitglieder, wie Livia, Tiberius oder Drusus maior, dagegen nicht oder nur sehr verhalten. Wie ist dieses Problem aufzulösen? Die Erklärung könnte in der bereits erwähnten Textstelle des Cassius Dio liegen. Es wird darin ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Ara Pacis im Auftrag des Senates und nicht des Augustus entstanden ist. Noch wenige Jahre zuvor stand der Princeps im Konflikt mit einer bedeutenden senatorischen Oppositionsbewegung, so dass seine Herrschaft noch immer nicht vollständig gefestigt war. existieren noch andere Hinweise ! Es auf eine Umarbeitung. Ein besonderes Kuriosum findet sich bei der weiblichen Figur auf der Nordseite (N 36), die in weiten Teilen der Literatur für Iulia gehalten wird. Das Gesicht ist bis auf wenige Reste des Unterkiefers nicht mehr erhalten. Aber das Wenige, das man noch erkennen kann, ist so ausgearbeitet, dass es für einen Bart gehalten werden könnte (Abb. 53). Wenn sich bei einer nochmaligen genauen Untersuchung der Oberfläche dieser Befund bestätigen sollte, muss angenommen werden, dass diese Person in der ursprünglichen Konzeption einen bärtigen Mann dargestellt hat, wobei wiederum das heute unlösbare Problem auftaucht, dass die Männer sich in der augusteischen Zeit in aller Regel bartlos darstellen ließen und Bartträger nur in den mythologischen Reliefs an der Westseite der Umfriedungsmauer zu finden sind. Wenn wir an dieser Stelle nicht alle Fragen beantworten können, so ist doch zumindest festzustellen, dass die beiden großen Friese nicht aus „einem Guss“ entstanden sind, sondern aufgrund von politischen und dynastischen Veränderungen während der Bauzeit modifiziert und den Gegebenheiten neu angepasst wurden.

72 Die historischen und ‚überwirklichen‘ Darstellungen an der Ara Pacis

Offene Fragen nach der Historizität und Baugeschichte der Ara Pacis 73

Auch im Jahre 13 v. Chr. gab es noch immer Senatoren, die nicht nur die machtvolle Position des Augustus beargwöhnten, sondern in alter republikanischer Gesinnung eine monarchisch anmutende Regentschaft ablehnten. Aus dieser Tradition heraus lag es auch nicht im Interesse des Senates als Auftraggeber, die Familie des Augustus in der Weise darstellen zu lassen, dass ein Dynastieanspruch daraus abgelesen werden konnte. Diese Interpretation mag erklären, warum die Familienmitglieder des Augustus so unkonkret dargestellt wurden. Zu einem Zeitpunkt – vielleicht nach der Besetzung des letzten vakanten Flaminats im Jahre 11 v. Chr. – mag es Augustus beim Fortschreiten der Arbeiten an der Ara Pacis aufgefallen sein, dass auch er und Agrippa als die Hauptpersonen des 4. Juli 13 v. Chr. in dieser idealisierten Weise und zugleich in einer wenig klaren Handlung abgebildet wurden. Seine wichtigsten Vertrauten, Maecenas und Agrippa

waren zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben, so dass er in seiner entfernteren Familie den einen oder anderen Verwandten suchen musste und schließlich die Sexti Appuleii fand, die im Auftrag des Augustus als Angehörige des Senates eine Korrektur einfädeln konnten. Auf diese Weise wäre es erklärbar, warum auf einem Monument, dessen Auftraggeber der Senat war, die Handhaltung des Princeps präzisiert und sein Gesicht und das des Agrippa durch eine Umarbeitung nunmehr individuell ausgeführt wurde. In diesem Zusammenhang mag es dann nicht abwegig sein, dass zum Dank für diesen verwandtschaftlichen Dienst auch die Gesichter der beiden Sexti Appuleii (und evtl. das der Octavia maior) herausgearbeitet werden durften. Die daraus abzuleitende Konsequenz ist damit offensichtlich. Der Senat gelobte zwar dem Augustus zum Dank für seine glückliche Rückkehr aus den nördlichen Provinzen einen Altar,

hatte aber nicht im Sinne, eine dynastische Propaganda oder, allgemein gesprochen, eine Unterstützung in der politischen Selbstdarstellung des Augustus als Alleinherrscher zu liefern. So ist es auch erklärlich, warum die erhaltenen Frisuren der kaiserlichen Frauen so wenig in die Mode dieser Zeit passen. Der Denar, auf dem Iulia abgebildet wird, zeigt die Tochter des Augustus mit der sog. „Nodusfrisur“. Auch Livia und Octavia minor tragen diese zeitgenössische Modefrisur (Abb. S. 67). Von Antonia maior und minor existieren zwar keine Porträts mehr, die dieser Zeitstellung entsprechen, sie dürften aber diesem Zeitgeschmack möglicherweise entsprochen haben. Ihre Bildnisse auf dem Südfries (vgl. Abb. S. 47), sowie das Porträt der Livia (vgl. Abb. S. 44, 45) mit dem gescheiteltem Haar, das in leichten Wellen zur Seite gekämmt wird, besitzen untereinander eine starke Ähnlichkeit. Diese Frisuren ähneln sehr deutlich der Haartracht der Tellus auf

dem kleinen Relief an der Ostseite der Umfriedungsmauer (vgl. Abb. S. 74, 77). Dieser Zusammenhang ist nicht zufällig. Es geht nicht darum, Livia in die Position einer Göttin zu erheben, wie man in der Literatur meint, sondern umgekehrt die Teilnehmer der Prozession in einer hohen Unkenntlichkeit zu belassen. Mit diesem Abstraktionsgrad und der Beifügung der Priesterschaften und anderer wichtiger Personen, deren Identität wir heute nicht mehr ermitteln können, wurde die Identität der augusteischen Familie derart neutralisiert, dass die Ara Pacis einen zeitlosen Charakter erhielt. Gegen das senatorische Konzept einer „überwirklichen“ Darstellung hat sich Augustus nur marginal durch die kleinsten Korrekturen entgegenstemmen können. Damit ist der Friedensaltar des Augustus auch zugleich eines der letzten eigenständigen politischen Monumente des republikanischen Senats.

Außenfries der nördlichen Altarwange mit Opferzug.

74 Zusammenfassende Darstellung der Ara Pacis

Zusammenfassende Deutung der Ara Pacis 75

Ostseite der Umfassungsmauer mit dem sog. Tellusfries. T

ZUSAMMENFASSENDE DEUTUNG DER ARA PACIS Die Ara Pacis ist eines der komplexesten Denkmäler, das aus der Antike auf uns gekommen ist. Der Standort sowie die Reliefs tragen eine Botschaft, die außergewöhnlich vielschichtig zu lesen ist. In einer Ergebenheitsadresse erfahren Augustus und seine Familie eine herausragende Ehrung, in der nicht nur tagesaktuelle Bezüge, sondern auch die lebendige römische Mythenwelt miteinander verwoben sind. Dieses feinsinnige Bezugsgeflecht entstand sicherlich unter der Federführung des Senates und erst in zweiter Linie in Abstimmung mit den Beratern des Augustus und dem Princeps selbst. Hierbei war es sicherlich wichtig, dass die nach wie vor existierende politische Opposition, die sich noch nicht mit dem neuen Herrschaftssystem anfreunden mochte, das Gefühl bewahren konnte, dass nicht Augustus die Deutungshoheit über Kunst und Ikonografie vorgab, sondern der Senat noch in wesentlichen Teilen die kulturpolitischen und ikonografischen Maßstäbe setzte. Das Marsfeld stellte gewissermaßen den Rahmen dar, in den der Altar des Friedens gestellt wurde. Auf diesem Gelände verlief die wichtige Stadtgrenze, das „pomerium „ “. Es stellte die Markierung dar, an der jeder Magistrat mit einem militärischen Kommando diese Gewalt verlor und zu einem Privatmann wurde. Diese althergebrachte Regelung besaß im besonderen Fall des Augustus eine Ausnahme. Die Befugnisse erloschen nicht, sondern wechselten in die Amtsgewalt des Volkstribunen. Augustus besaß damit eine weitergehende, aber anders gelagerte, nämlich innenpolitische Befehlsgewalt. Das Marsfeld selbst hatte seine Bedeutung durch den legendären König Numa Pompilius erhalten, der an dieser Stelle ein Heiligtum für den Kriegsgott errichtet hatte, aber selbst in die Erinnerung als ein Herrscher des Friedens

eingegangen war. Unter seiner Regierung wurde sogar der berühmte Tempel des Ianus Geminus, zwischen dem Forum Romanum und dem Caesar-Forum gelegen, geschlossen. Er hatte ihn ebenfalls bauen lassen, um mit dem Öffnen bzw. Schließen der Türen den Kriegs- oder Friedenszustand anzuzeigen. Der sakrale Status der Ara Pacis, als ein „templum minora“, und die beiden Öffnungen in der Umfriedungsmauer nehmen einen Bezug auf den berühmten Tempel des Ianus Geminus. Die Botschaft, die diesen Standort der Ara Pacis ausmacht, sollte dem kundigen Römer auf ausgeklügelte Weise vermittelt werden. Der Princeps kam nach einer langen und gefahrvollen militärischen Aktion glücklich in der Hauptstadt an, legte – wie es die Sitte erforderte – an der Pomeriumsgrenze formal sein militärisches Amt nieder und wurde damit vom erfolgreichen Kriegsherrn zum gesegneten Friedensfürsten. Als sichtbares Zeichen dieser besonderen Situation im Jahre 13 v. Chr. wurde zum Zeichen der glücklichen Rückkehr des Augustus dem Kriegsgott auf seinem ureigenen Gelände, wo militärische Übungen abgehalten wurden und der Aufbruch in den Krieg stattfand, ein kleiner Bereich abgerungen, auf dem nun der Senat einen Altar des Friedens errichtete. Da die Ara Pacis nicht allein erbaut wurde, sondern im Verbund mit einem viel größeren Projekt, erhielt sie noch eine zusätzliche Bedeutung, die über die Deutungshoheit des Senates nun aber weit hinausging. Als Bestandteil der Sonnenuhr des Augustus bildete sie eine wichtige Markierung, die die kosmische Seite, also die von den Göttern gewollte und geförderte Rolle des Augustus, verdeutlichte. Der Obelisk zeigte über das Jahr hin nicht nur auf bewundernswerte Weise die Tageszeit und die Position der Sonne in den Tierkreiszeichen, sondern auch meteorologische

76 Zusammenfassende Darstellung der Ara Pacis

Zusammenfassende Deutung der Ara Pacis 77

Besonderheiten an. Der Höhepunkt war aber gewiss der Moment, als der Schatten bei der herbstlichen Tagundnachtgleiche (Herbstäquinoktien) – zum Zeitpunkt als Augustus seinen Geburtstag feierte – am Abend in die Ara Pacis fiel und damit den Altar hervorhob. In einer ausgeklügelten und imponierenden Weise wurde sogar die Himmelsmechanik in den Dienst der augusteischen Selbstdarstellung einbezogen. Selbst die Götter – und hier vor allem der Sonnengott, der auch mit dem persönlichen Schutzgott Apollon assoziiert werden konnte – trugen somit das Ihrige dazu bei, dass Augustus eine segensreiche Herrschaft ausüben konnte. Diese bewusst inszenierte, vielschichtige Botschaft wird auch in den Reliefs des Altares und der Umfriedungsmauer aufgegriffen. Das Bezugssystem spielt sich auf mehreren Ebenen ab, die von einer Realität in einer „überrealen“ Wirklichkeit hin- und herwechseln können. Die Rezeption der Reliefs hing letztlich vom Bildungsgrad des Lesenden ab. Für jeden war etwas dabei. Die Prozession konnte als ein historisches Geschehen des Jahres 13 v. Chr. verstanden werden oder als eine Wiedergabe des allgemein glücklichen Wirkens der augusteischen Familie in der Vergangenheit und für die Zukunft. Der Altarfries zeigt eine reale Opferung für die glückliche Heimkehr des Augustus und verweist auf die künftige jährlich zu vollziehende Kulthandlung der Priester. Der Princeps und seine Familie stehen in einem bewussten ungefähren Kontext belassen in deutlicher Eintracht mit der Aristokratie Roms. Sie alle ziehen in der Prozession mit und danken den Göttern für ihre Gunst. Der Bezug zu den Göttern wird durch den Hinweis auf die vier wichtigsten Priesterkollegien sowie die „flamines „ “ deutlich gemacht. Sie sind für die ordnungsgemäße Pflege der Götterkulte

zuständig und präsentieren sich, durch Augustus reorganisiert, der Öffentlichkeit. Die göttliche Gunst wird anhand vieler bildlicher Zeichen sichtbar gemacht. Den angebrochenen Frieden verkörpern die jungen Geiseln, die Augustus aus dem Norden und Agrippa aus dem Osten mitbrachten. Sie belegen ein intaktes Bündnissystem mit den Klientelkönigreichen und unterworfenen Völkern in den Provinzen. Diesem Verständnishorizont gesellen sich nun die kleineren Friesplatten an der West- und Ostseite der Umfassungsmauer hinzu. Die Göttin Roma (Abb. S. 60) steht als sichtbares Zeichen der römischen Herrschaft auf dem Waffenhaufen der besiegten Feinde. Sie hat in der Vergangenheit den berühmten Feldherren Roms bis zu Augustus beigestanden und ihnen zum Sieg verholfen. Sie stellt die Macht Roms dar. Aber die vielschichtig schillernde Bedeutung der Tellus, in der Anteile anderer Gottheiten durchschimmern, so die der Ahnin der julisch-claudischen Dynastie, Venus, die der Fruchtbarkeit bringenden Getreidegöttin Ceres, die der Göttin Italia, die als „Saturnia“ Bezüge zum „Goldenen Zeitalter“ aufweist, und schließlich sogar die der Friedensgöttin Pax selbst, zeigt prägnant die segensbringende Wirkung der römischen Friedensherrschaft und dies allumgreifend über Land und Meer, wie die Aurae es verdeutlichen (Abb. S. 74, 77). Der Prozessionszug mit Augustus, seiner Familie und der Aristokratie Roms bildet die Verbindung von der Ostseite, der Verkörperung der glückverheißenden Personifikationen Romas und Tellus’, zur Westseite, wo die wichtigsten mythologischen Helden stehen, die Rom begründet haben und als glänzende Vorbilder zu verstehen sind. Mars ist nicht nur generell der Stammvater aller Römer, sondern zudem der Vater der Zwillinge Romulus und Remus, die einst Rom begründeten (Abb. S. 56). Aeneas

Detail des sog. T Tellusfrieses auf der Ostseite der Umfassungsmauer.

und sein Sohn Ascanius/Iulus stellen jedoch die glänzenden Vorfahren der Zwillinge dar. Aeneas dankt nach der langen gefahrvollen Reise für die glückliche Ankunft und mag in dieser Hinsicht auch einen in die Vorzeit verlagerten Reflex auf die Rückkehr des Augustus bilden (Abb. S. 58). Als Vorgängerinnen Roms gründete Aeneas den Ort Lavinium und Ascanius/Iulus die Stadt Alba Longa. Mit diesen weit in die Zeit der Mythen zurückreichenden Gestalten wollten sich der Senat und Augustus ein Denkmal einer friedenstiften-

den Macht über den Weltkreis errichten. Die „„pax Augusta“, der von Augustus eingeleitete Frieden, verkündet unter Hinweis auf das Relief der Tellus den Beginn eines „Goldenen Zeitalters“, in dem die üppige Fruchtbarkeit – dargestellt anhand der schweren Fruchtgirlanden an der Innenseite der Umfriedungsmauer und durch den Rankenfries – zum Wohle der Menschheit gedeiht, sich die alten Gegensätze zwischen Apollon und Liber Pater aufheben und die Auswirkungen der gegenwärtigen und künftigen Prosperität manifestieren.

WEITERFÜHRENDE LITERATUR

C. Andriani, R. Meier, Il museo dell’Ara Pacis (Mailand 2007) J. Bleicken, Augustus. Eine Biographie (Berlin 1998) K. Christ, Krise und Untergang der römischen Republik (Darmstadt 31993) F. Coarelli, Rom. Ein archäologischer Führer (Mainz 2000) M. Crawford, Die römische Republik (München 1984) F. Fless, Opferdiener und Kultmusiker auf stadtrömischen historischen Reliefs. Untersuchungen zur Ikonographie, Funktion und Benennung (Mainz 1995) M. Grant, J. Hazel, Lexikon der antiken Mythen und Gestalten (München 1980) D. Kienast, Augustus. Prinzeps und Monarch (Darmstadt 31999) T. Kraus, Die Ranken der Ara Pacis. Ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der augusteischen Ornamentik (Berlin 1953) G. Moretti, Ara Pacis Augustae (Rom 1948) R. M. Ogilvie, Das frühe Rom und die Etrusker (München 1983) J. Pollini, Studies in Augustan Historical Reliefs (Berkeley 1978) O. Rossini, Musei in Comune: Ara Pacis (Rom 2006) E. Simon, Ara Pacis Augustae (Tübingen 1967) Dies., Augustus. Kunst und Leben in Rom um die Zeitenwende (München 1986) M. Torelli, Typology and Structure of Roman Historical Reliefs (Ann Arbor 1982) P. Zanker, Augustus und die Macht der Bilder (München 1987)

DANK Das vorliegende Buch wäre nicht zustande gekommen, wenn mir nicht viele Freunde, Bekannte und Kollegen mit Rat und Tat zur Seite gestanden hätten. Zunächst möchte ich mich herzlich bei R. P. Koletzko (Rom) bedanken, der die entscheidende Anregung gab. Bei der Sichtung der umfangreichen Literatur halfen mir dankenswerterweise mit guten Ratschlägen F. und R. Debes (Garbsen). Den Tücken der Rechtschreibung und Grammatik arbeiteten J. Mlasowsky (Burgdorf) und T. Bußmann (Thönse) entgegen, der mich zudem in Fragen der Verständlichkeit des Textes beriet. Wertvolle Hinweise und Ideen steuerten A. Bensmann (Berlin), M. Bergmann (Göttingen) und G. Caneva (Rom) bei. Bei der Beschaffung entlegener Literatur halfen mir sehr M. Boffelli (Venedig)

und die Mitarbeiter der Gottfried-WilhelmLeibniz-Bibliothek, Hannover. R. Förtsch und A. Geißler (beide Köln) vom Forschungsarchiv für Antike Plastik, S. Diebner (Rom) und O. Rossini (Rom) unterstützten mich in großherziger Weise bei der Beschaffung der Fotografien. Mein besonderer Dank gilt auch J. Malitz von der Numismatischen Bilddatenbank, Eichstätt. In Rom war J. Götting (Burgdorf) bei den Aufnahmen der Ara Pacis eine wertvolle Hilfe. Beim unvermeidlichen Absturz meines Computers leistete Chr. Uhsemann (Hannover) die entscheidende Erste Hilfe. Ihnen allen sei herzlich gedankt. Für die um- und nachsichtige Betreuung von Seiten des Verlages möchte ich mich schließlich bei C. Hartz und A. Nünnerich-Asmus herzlich bedanken.

BILDNACHWEIS

Abb. S. 6: Peter Palm, Berlin Abb. S. 14, 26, 38, 40, 42–45, 47, 48, 50, 55: Köln, Photoarchiv für Antike Plastik Abb S. 46: akg Abb. S. 67: akg/Bildarchiv Steffens Alle übrigen Abbildungen vom Autor mit freundlicher Genehmigung der Sopraintendenza di Beni Culturali di Roma – Museo Ara Pacis.

IMPRESSUM 80 Seiten mit 24 Farb- und 17 Schwarzweißabbildungen Umschlagabbildung: Ara Pacis, Romafries. Frontispiz: Innenseite der Umfassungsmauer Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Weitere Publikationen aus unserem Programm finden Sie unter: www.zabern.de © 2010 by Verlag Philipp von Zabern, Mainz ISBN: 978-3-8053-4155-4 Lektorat: Cornelius Hartz, Hamburg Gestaltung: Vollnhals Fotosatz, Neustadt a. d. Donau Reihengestaltung/Umschlaggestaltung: Max Bartholl, b3K text und gestalt GbR, Frankfurt am Main und Hamburg Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf fotomechanischem Wege (Fotokopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen oder unter Verwendung elektronischer Systeme zu verarbeiten und zu verbreiten. Printed in Germany by Philipp von Zabern Printed on fade resistant and archival quality paper (pH 7 neutral) · tcf

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Who ist who? – Benennungsvorschläge der Personen auf den großen und kleinen Friesplatten

Oben (Ara Pacis Nordfries)

Unten (Ara Pacis Südfries)

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Liktor Liktor Liktor Togatus Togatus Togatus Minister/Camillus der Septemviri epulonum Togatus Togatus Togatus Togatus Togatus Togatus Togatus Togatus Togatus, evtl. Augur Togatus Togatus, evtl. Augur Togatus Togatus, evtl. Augur Togatus Togatus Togatus Minister/Camillus der Quindecimviri sacris faciundis Togatus Togatus Togatus Togatus Togatus Togatus Togatus Togatus Togatus Togatus Kleiner Prinz eines westlichen Klientelreiches Iulia Togatus Gaius Caesar Schweigen gebietende, verschleierte Frau Octavia minor? Iulia minor Iullus Antonius Octavia maior? Marcella maior? Lucius Caesar? Marcella minor? Marcus Valerius Messala Appianus?

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Togatus Togatus Liktor Liktor Togatus Togatus Togatus Liktor Liktor Minister/Camillus der Pontifices Liktor Liktor Liktor proximus Liktor Pontifex Augustus Pontifex Togatus, evtl. Priester Togatus, evtl. Priester Flamen Martialis Lucius Cornelius Lentulus Togatus, evtl. Priester Flamen Quirinalis Flamen Iulialis: Sextus Appuleius d. J. (?) Flamen Dialis, vermutlich Servius Cornelius Lentulus Maluginensis Togatus, evtl. Priester Flaminius Camillus Togatus Agrippa Togatus Königin eines östlichen Klientelreiches (Iotape I. oder Dynamis) Kleiner Prinz eines östlichen Klientelreiches, der Sohn von Nr. 30 (Antiochos III. von Kommagene bzw. unbekannter Sohn der Dynamis) Livia Togatus Tiberius Togatus (im Vordergrund) Antonia minor Schweigen gebietende, verschleierte Frau Germanicus Drusus maior Frau im Pallium Antonia maior Gnaeus Domitius Ahenobarbus Domitia Sextus Appuleius d. Ä.? Lucius Domitius Ahenobarbus Frau im Pallium Frau im Pallium