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German Pages 32 [33] Year 1976
SITZUNGSBERICHTE DER SÄCHSISCHEN AKADEMIE D E R W I S S E N S C H A F T E N ZU L E I P Z I G Mathematisch-naturwissenschaftliche Band III • Heft 4
KURT
Klasse
SCHWABE
ANALYTISCHE PROBLEME DES UMWELTSCHUTZES
AKADEMIE-VERLAG • B E R L I N 1975
SITZUNGSBERICHTE DER SÄCHSISCHEN AKADEMIE D E R W I S S E N S C H A F T E N ZU L E I P Z I G M athematis ch-natur wissenschaflli Band 111 • Heft 4
KURT
che Klasse
SCHWABE
ANALYTISCHE P R O B L E M E DES UMWELTSCHUTZES Mit 9 Abbildungen und 2 Tabellen
AKADEMIE-VERLAG • BERLIN 1975
Vorgetragen in der Sitzung vom 18. J u n i 1973 Manuskript eingeliefert am 14. J u n i 1974 Druckfertig erklärt am 18. Dezember 1974
Erschienen im Akademie-Verlag, 108 Berlin, Leipziger Straße 3—4 © Akademie-Verlag, Berlin, 1975 Lizenznummer: 202 • 100/560/75 Gesamtherstellung: V E B Druckhaus „Maxim Gorki", 74 Altenburg Bestellnummer: 762 086 4 (2027/111/4) • LSV 1235 Printed in GDR E V P 3,50
1XHALT
1. Einleitung
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2. Schadstoffemissionen der Zivilisation
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3. Anforderungen an die Analysenmethoden
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4. Ausgewählte Meßverfahren 4.1. Anreicherungsverfahren 4.2. Prinzipien der Analysenverfahren 4.2.1. Optische Verfahren 4.2.2. Elektrochemische Verfahren 4.2.2.1. Potentiometrie 4.2.2.2. Bestimmung der Leitfähigkeit 4.2.2.3. Coulometrie 4.2.2.4. Amperometrie 4.2.2.5. Kolometrische und elektrometrische Meßverfahren mit Hilfsreaktion
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5. Geräte zur elektrochemischen Schadstoffbestimmung 5.1. Geräte zur Registrierung und Regelung des pH-Wertes 5.2. Amperometrische Chromat- und Cyanid-Bestimmung in Abwässern 5.3. Amperometrische Messung des Sauerstoffgehaltes in großen Meerestiefen 5.4. Coulometrische Bestimmung von Luftverunreinigungen, insbesondere für Schwefeldioxid 5.5. Gerät zur Messung des biologischen Sauerstoffbedarfs in Gewässern und Abwässern
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6. Schlußbemerkungen
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Literatur
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1. Einleitung
Der Mensch gestaltet seine Uniwelt selbst, soweit sie nicht durch klimatische Bedingungen u n d ihre biologischen Folgen seit J a h r t a u s e n d e n vorgegeben ist. W e n n wir heute von Umweltschutz oder Umweltgestaltung sprechen, d a n n meinen wir diese natürlichen Bedingungen n u r insofern, als wir uns bemühen, sie wieder herzustellen, sie aber nicht zu verändern. Man k ö n n t e n u n erwarten, daß der Mensch als v e r n u n f t b e g a b t e s Wesen immer nur bestrebt war u n d ist, die Umwelt, wenn ü b e r h a u p t , so zu verä n d e r n . daß sein Leben weniger gefährdet und angenehmer wird. Tatsächlich ist das nie völlig systematisch u n d konsequent angestrebt worden. Mit dem W a c h s t u m der menschlichen Siedlungen zu S t ä d t e n haben zwar immer m e h r Menschen Schutz vor den Unbilden der Witterung erhalten, aber gleichzeitig hat der konzentrierte, nicht gesteuerte Anfall von A b p r o d u k t e n zur sehr lästigen Vermehrung von Schädlingen und zur Ausbreitung von Seuchen g e f ü h r t . Heute bietet die rapide Urbanisierung in allen S t a a t e n der E r d e vielen Menschen zwar angenehmere Arbeitsbedingtingen, aber ihre Gesundheit wird durch L u f t - u n d Wasserverunreinigungen, durch Geräuschbelästigungen u n d Verkehrsunfälle ungleich viel stärker gefährdet als bei einem Leben auf dem Lande. Da spätestens im J a h r e 2000 der Anteil der Stadtbevölkerung in der Welt dem der Landbevölkerung überwiegen wird, während heute noch etwa 00"„ mehr Menschen auf d e m L a n d e leben, werden über 3000 Millionen Menschen diesen ungünstigeren Lebensbedingungen ausgesetzt sein. Die Entwicklung der industriellen T e c h n i k der letzten 100 J a h r e hat dazu g e f ü h r t , daß wir auf J a h r e hinaus d a m i t beschäftigt sein werden, die in L u f t u n d Gewässer emittierten Schadstoffe zu ermitteln u n d von Mensch, Tier u n d Pflanze fernzuhalten. Gleichzeitig darf man die durch f r ü h e r e Generationen geschaffenen Umweltprobleme nicht außer Acht lassen. Eine Umweltgestaltung, die von vornherein alle Belastungen unserer Biosphäre vermeidet u n d unsere Lebensbedingungen optimiert, k a n n angesichts der bereits geschaffenen Situation n u r ein F e r n ziel sein, dem eine im friedlichen Wettstreit vereinte Menschheit mit all ihrer V e r n u n f t und schöpferischen Aktivität zustrebt.
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2. Schadstoffemissionen der Zivilisation
Wir verändern unsere l'mwelt natürlich auch, indem wir ihr lehensnotwendige Stoffe ständig entziehen, z. B. Sauerstoff aus der Luft oder die verschiedenen Rohstoffe aus dem Erdboden. Obwohl dadurch mindestens in Zukunft die Existenz der Menschheit ebenso gefährdet werden kann wie durch Emissionen, soll hier nur von der Schadstoffemission und ihrer analytischen Erfassung die Rede sein, nicht von ihrer Beseitigung. Um festzustellen, welche Stoffe in Atmosphäre, Wasser und Boden f ü r die belebte Welt und damit auch für den Menschen schädlich sind, müssen wir ihren Gehalt in diesen Bereichen unserer Umwelt kennen, d. h., wir brauchen qualitative Nachweis- und quantitative Analysenmethoden f ü r die Schadstoffe. Der Umfang dieser analytischen Aufgaben wird natürlich dadurch bestimmt, welche Produkte menschlicher, nicht nur industrieller Tätigkeit emittiert werden und inwieweit sie schädlich sind. Selbst diesen Umfang festzustellen, stößt schon auf große Schwierigkeiten, die bereits zum Teil von ungelösten analytischen Problemen herrühren. Einerseits ist nicht bekannt, welche Stoffe emittiert werden, weil noch keine Methoden für ihre Spurenbestimmung zur Verfügung stehen oder niemand mit ihrer Emission und Uniweltschädigung rechnet. Andererseits sind die Konzentrationen nicht genügend genau bekannt, die bei einer Kurzzeitbelastung und erst recht bei Dauerbelastung zu Schädigungen der Gesundheit oder des Pflanzenwachstums führen. Dabei können auch wieder analytische Probleme die Ursache der Unkenntnis sein. z. ß. wenn es bisher keine Methode gibt, die die Bestimmung der betreffenden Stoffe oder ihrer Umwandlungsprodukte in kleinsten Mengen im Organismus gestattet. Man kann geradezu sagen, daß die Schadwirkung der Stoffe am besten untersucht ist, wenn dafür die genauesten Methoden zur Spurenbestimmung erarbeitet worden sind. Daß die Unkenntnis über die Emission eines gefährlichen Stoffes andere, harmlosere und f ü r unsere Gesundheit und Ernährung wichtige Stoffe in Mißkredit bringen kann, hat kürzlich J E N S E N [ 1 ] für ein Produkt (Polvchlorbiphenyl PCB) gezeigt, das in der elektrotechnischen Industrie eingesetzt wird. Es ist sehr toxisch, chemisch und biologisch äußerst resistent u n d analytisch schwer zu bestimmen und von DDT zu unterscheiden. Das D D T ist natürlich, wenn es sehr oft inkorporiert wird, auch nicht unschädlich. Es wird aber sehr rasch abgebaut und wenn es nur in den zur Schädlingsbekämpfung erforderlichen Mindestmengen angewendet wird, seheinen lebensbedrohende Inkorporationen fast ausgeschlossen, andererseits hat
Analytische Problome des Umweltschutzes
es bereits viele Millionen Mensehen vor der Malaria bewahrt und trag wesentlich dazu bei. die riesigen Lebensmittelverhiste durch Schadinsekten erheblich herabzusetzen. Ob es gelingt, rasch einen völlig harmlosen Ersatz zu vertretbaren Herstellungskosten zu finden, erscheint fraglich. Die Festlegung maximal zulässiger Konzentrationen der Stoffe in der Luft oder in den Gewässern erfordert langwierige, sehr schwierige biologische und medizinische Untersuchungen. Die Speieherung der Stoffe im Organismus und die erst nach einer bestimmten Anreicherung auftretenden Schädigungen erschweren die Untersuchungsbedingungen. F ü r einen großen Teil der emittierten Stoffe ist noch nicht bekannt, ob sie Mutationen oder genetische Schäden hervorrufen. Von manchen Biologen wird die Auffassung vertreten, daß es eine exakte untere Grenze der verträglichen Menge eines Schadstoffes prinzipiell nicht gibt, wobei auch die enorm großen individuellen Unterschiede in der Verträglichkeit diese Auffassung unterstützen. Hinzu kommt, daß Akkumulationen von Schadstoffen in Pflanzen und Tieren stattfinden können. Wenn diese Pflanzen oder Tiere zur menschlichen Ernährung dienen, so inkorporiert man unter Umständen Mengen dieser Schadstoffe, die weit über der direkten Inimissionskonzentration liegen. So sind in J a p a n schwere Erkrankungen dadurch aufgetreten, daß Fische Quecksilber aus den Abwässern von Fabriken, die quecksilberhaltige Fungizide herstellen, angereichert haben. Nach Genuß der Fische mit einem hohen Gehalt an Alkylquecksilberverbindungen sind zahlreiche schwere Erkrankungen, z. T. mit tödlichem Ausgang, zu verzeichnen. Das Quecksilber reichert sich schon in den Algen an, die d a n n von den Fischen verzehrt werden. Besonders stark ist die Anreicherung von langlebigen Radionukliden (Sr 90) in Algen, wobei ein Anreicherungsfaktor von 3.0-10 5 erreicht werden kann. In Eiern von Wildenten ist sogar ein Faktor von ca. 1,5 • 106 möglich. Wenn in Zukunft die Kernenergieerzeugung und die Anwendung von Radionukliden stark zunimmt, so können dadurch auch bei einer Entseuchung der Abwässer unter die zulässige Radioaktivitätsgrenze gesundheitsschädigende Inkorporationen von gefährlichen Radionukliden auftreten. Natürlich kann man aber nicht verlangen und erreichen, daß der Schadstoffgehalt in der Luft und den Gewässern Null ist, zumal andererseits auch der Gewöhnung Beachtung zu schenken ist. Daher sind für eine Reihe von weitverbreiteten und gut untersuchten Schadstoffen maximal zulässige Konzentrationen bei Dauerbelastung und bei Kurzzeitemission z. T. schon international festgelegt worden. Sowohl die Werte für Dauerimmission (Mikb-\Verte) wie die für Kurzzeitimmission (Mikk-Werte), die bisher vorgeschlagen bzw. festgelegt worden sind, können aber nicht dogmatisch
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angesehen werden, sondern müssen immer dem jeweiligen Stand der biologischen und medizinischen Kenntnis der Schadwirkung angepaßt werden. Diese Korrektur wird im allgemeinen zu einer Herabsetzung der Toleranzgrenzen führen. I n den Tab. 1 und 2 sind einige solcher Grenzwerte aufgeführt. Tabelle 1: Grenzwerte f ü r Abwasserinhaltsstoffe
Inhaltsstoffe Bezeichnung
Einheit
Grenzwerte f ü r Ab »asserinhaltsstoffo in Oberflächengewässern f ü r die G ü t e k l a s s e n 1
II
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Ammonium X H , T
mg ß
< 0,1
< 3,0