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German Pages XVI, 313 [330] Year 2020
Springer Studium Mathematik – Bachelor
Gisbert Wüstholz Clemens Fuchs
Algebra Für Studierende der Mathematik, Physik, Informatik 3. Auflage
Springer Studium Mathematik – Bachelor Reihe herausgegeben von Martin Aigner, Berlin, Deutschland Heike Faßbender, Braunschweig, Deutschland Barbara Gentz, Bielefeld, Deutschland Daniel Grieser, Oldenburg, Deutschland Peter Gritzmann, Garching, Deutschland Jürg Kramer, Berlin, Deutschland Volker Mehrmann, Berlin, Deutschland Gisbert Wüstholz, Zürich, Schweiz
Die Reihe „Springer Studium Mathematik“ richtet sich an Studierende aller mathematischen Studiengänge und an Studierende, die sich mit Mathematik in Verbindung mit einem anderen Studienfach intensiv beschäftigen, wie auch an Personen, die in der Anwendung oder der Vermittlung von Mathematik tätig sind. Sie bietet Studierenden während des gesamten Studiums einen schnellen Zugang zu den wichtigsten mathematischen Teilgebieten entsprechend den gängigen Modulen. Die Reihe vermittelt neben einer soliden Grundausbildung in Mathematik auch fachübergreifende Kompetenzen. Insbesondere im Bachelorstudium möchte die Reihe die Studierenden für die Prinzipien und Arbeitsweisen der Mathematik begeistern. Die Lehr‐ und Übungsbücher unterstützen bei der Klausurvorbereitung und enthalten neben vielen Beispielen und Übungsaufgaben auch Grundlagen und Hilfen, die beim Übergang von der Schule zur Hochschule am Anfang des Studiums benötigt werden. Weiter begleitet die Reihe die Studierenden im fortgeschrittenen Bachelorstudium und zu Beginn des Masterstudiums bei der Vertiefung und Spezialisierung in einzelnen mathematischen Gebieten mit den passenden Lehrbüchern. Für den Master in Mathematik stellt die Reihe zur fachlichen Expertise Bände zu weiterführenden Themen mit forschungsnahen Einblicken in die moderne Mathematik zur Verfügung. Die Bücher können dem Angebot der Hochschulen entsprechend auch in englischer Sprache abgefasst sein.
Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/13446
Gisbert Wüstholz · Clemens Fuchs
Algebra Für Studierende der Mathematik, Physik, Informatik 3., überarbeitete und ergänzte Auflage
Gisbert Wüstholz Departement Mathematik ETH Zürich Zürich, Schweiz
Clemens Fuchs Fachbereich Mathematik Universität Salzburg Salzburg, Österreich
ISSN 2364-2378 ISSN 2364-2386 (electronic) Springer Studium Mathematik – Bachelor ISBN 978-3-658-31263-3 ISBN 978-3-658-31264-0 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-31264-0 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detail lierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2004, 2013, 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer Spektrum ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany
Vorwort Ein Vorwort ist fur ein Buch so wichtig und so hubsch wie der Vorgarten fur ein Haus. Naturlich gibt es auch Hauser ohne Vorgiirtchen und Bucher ohne Vorwortchen, Verzeihung, ohne Vorwort. Aber mit einem Vorgarten, nein, mit einem Vorwort sind mir die Bucher Zieber. Ich bin nicht dafur, dass die Besucher gleich mit der Ture ins Haus fallen. Es ist weder fur die Besucher gut, noch furs Haus. Und fur die Tur auch nicht. So ein Vorgarten mit Blumenrabatten, beispielsweise mit bunten, kunterbunten Stiefmutterchen, und einem kleinen kurzen Weg aufs Haus zu, mit drei, vier Stufen bis zur Tur und zur Klingel, das soll cine Unart sein? Mietskasernen, ja siebenstockige Wolkenkratzer, sie sind im Laufe der Zeit notwendig geworden. Und dicke Bucher, schwer wie Ziegelsteine, naturlich auch. Trotzdem gehort meine ganze Liebe nach wie vor den kleinen gemutlichen H iiusern mit den Stiefmutterchen und Dahlien im Vorgarten. Und den schmalen handlichen Buchern mit ihrem Vorwort. 1 In dicscm Buch will ich den Lcscrn cinigcs aus mcincr Algebra crzahlcn, nur einiges, nicht alles. Sonst wiirde es eines der dicken Bucher, die ich nicht mag, schwcr wic Zicgclstcinc, und mcin Schrcibtisch ist ja schlicJ?,lich kcinc Zicgclci, und iiberdies nicht alles, was ich iiber Algebra weiJ1,, eignet sich dafiir, class es jeder wissen muss. Das Hauschcn, urn das cs hicr gcht, ist cigcntlich kcin Hauschcn im iiblichcn Sinn, sondern eher eine uralte und ehrwiirdige Anlage. Sie ist aber nicht alt geblicbcn, sondcrn sic hat im Laufc dcr Jahrtauscndc viclc Vcrandcrungcn crfahrcn. Es sind neue Gebaudeteile hinzugekommen, andere wurden renoviert oder gar abgerissen. l\Ianche Fassaden wurden erneuert, ohne im Inneren etwas zu verandern. Dadurch hat sich im Laufc dcr Zeit cin Fliigcl an den andcrn gcrciht, und allc haben ihren eigenen Charme. Und wenn man die Anlage betritt, so doch am besten durch die Tiire, an der Stelle, von der sich die Anlage ausbreitet. Man wird dann zwangslaufig und ganz von selbst von einem Teil zum andern gefiihrt, nicht immer gerade auf demselben We g. In manchcn Tcilcn mochtc man langcr vcrwcilcn, durch andere gcht man ctwas ziigiger. Gelegentlich gibt es Winkel, iiber die man iiberrascht ist, weil man sie nicht crwartct hat. 1
aus Erich Kastner, Als ich ein kleiner Junge war
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An etlichen Stellen kann man tiber steile Treppen in ein Turmzimmer steigen, und wcnn man cs gcschafft hat, crhascht man cincn wundcrbarcn Ausblick tiber ein verzauberte Landschaft. Dann merkt man, dass die Muhe sich gelohnt hat. Manchmal sind solche Anstiege aber auch sehr anstrengend und erfordern eine gro:l?,e Ausdauer, wenn man nicht zuvor beschlie:l?,t, besser umzukehren. Oftmals ist es so, dass es auch gut ist umzukehren. Das belasst einen Teil der Anlage uncrforscht, gibt jcdoch die Moglichkcit, wicdcrzukchrcn und immcr noch Ncucs zu findcn. Manchc Tcilc zu bcsuchcn, crfordcrt cine gro:l?,c Konzcntration, die crmudct. Aber amEnde merkt man, dass sich der Weg gelohnt hat, weil man unterwegs an vielen schonen und interessanten Stellen vorbeigekommen ist und neue Erfahrungen gemacht hat. Ganz wichtig sind Treppenhauser und Korridore. Ihre Eleganz und Transparenz vermitteln Zusammenhange. Sie sind ein Abbild der inneren Schonheit und der logischen Konsistenz der Anlage. Dieses Buch ist so etwas wie ein kleiner Leitfaden fUr einen Besuch dieser hcrrlichcn und bcwundcrnswcrtcn Architcktur. Es mochtc dcm Leser cinigc dcr schonsten Teile vorstellen. N aturlich ist die Auswahl nicht immer zwingend, aber im Laufe der Zeit hat sich doch ein recht fest umrissenes Programm herausgebildet. Manchmal wird dieses Programm zu einem dieser schweren Ziegelsteine ausgcstaltct, von dcncn cingangs die Rcdc war. Dann wcrdcn die Bucher eben dicke Bucher, gleich von Anfang an. Manchen fallt es bei Schreiben von Buchern tiber Algebra schwer, eine Auswahl zu treffen, sie verlieren das Gefiihl dafiir, was der Leser in vernunftiger Zeit bewaltigen kann, und so gerat die Tour zu einer fast unendlichen Wanderung. In anderen Fallen beginnt es eben so, wie es in diesem Buchlein versucht wird, mit cincr schoncn Auswahl. Abcr dann, wcnn das Buch ncu aufgclcgt wird, kommt etwas hinzu, was man beim ersten Mal vergessen zu haben wahnt, es wird eingefugt, und nach cinigcr Zeit cndct die Gcschichtc schlic:l?,lich cbcnso mit cincm Marathon. Die Gruppentheorie - sie steht ganz am Anfang unseres Rundwegs. Und je langer ich an diesem Buchlein gearbeitet habe, desto mehr bin ich zur festen Uberzeugung gelangt, dass sie die zentrale Theorie innerhalb der Algebraist. Man wahnt sich, wcnn man schlic:l?,lich bci dcr Korpcrthcoric angclangt ist, wcit cntfcrnt von ihr in einem sehr feinstrukturierten Flugel unserer Anlage und muss dann plotzlich doch feststellen, dass sich alles wieder auf die Gruppentheorie reduziert: diese einfache Struktur, die mit ein paar Axiomen auskommt und dennoch so weitreichend ist. Sic bcschrcibt eben inncrc Symmctricn komplizicrtcr Thcoricn und macht dicsc transparent und kristallin. Und ist selbst ein wunderbares Beispiel dafur, wie sich
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Mathematik fast aus dem Nichts entwickelt und zu einer gro:ll,artigen Kathedrale crhcbt, ganz aus sich sclbst durch clcgantc Argumcntc und SchlUssc. Das sind unsere Treppenhauser und Korridore, die nicht nur eine Funktion, sondcrn darubcr hinaus cine inncrc Asthctik tragcn. Dicsc zcichnct sich durch Einfachheit und N aturlichkeit a us. Ich habe wahrend der Arbeiten an diesem Buch festgestellt, dass in vielen Fallen nicht die Objekte selbst, auf die man sto:ll,t, die naturlichen sind, sondern oftmals die zu ihnen in gewisser Weise dualen Objekte. Ein schoncs Beispiel dafur ist die induzicrtc Darstcllung, dcr wir ganz am Ende, wcnn sich dcr Kreis zu schlic:ll,cn bcginnt, in dcr Darstcllungsthcoric cndlichcr Gruppen begegnen. Hier haben wir einen zu dem ublichen Zugang verschiedenen, eben ganz naturlichen gewahlt, wie er in der Darstellungstheorie unendlicher und kontinuierlicher Gruppen notwendig wird, auf den mich freundlicherweise Vladimir Popov hingcwicscn hat. Gutc Architcktur, insbesondere wcnn sic schr komplex und ausgcdchnt ist, bcsitzt Lcitmotivc. Dies ist auch bci unscrcr Algebra dcr Fall. vVir habcn vcrsucht, eines dieser Leitmotive deutlich herauszustellen: die symmetrische Gruppe. Sie tritt immcr wicdcr in ganz naturlichcr ·wcisc auf, insbesondere bci den platonischen Korpern, denen wir ein Kapitel gewidmet haben, was an sich sehr unublich fur Bucher zur Algebra ist. Doch sic sind so cinzigartig und das bcwciscn wir auch - dass wir nicht auf ihre Vorstellung verzichten wollten. Einer von ihnen, das beruhmte Ikosaeder, dem Felix Klein ein ganzes Buch gewidmet hat, tragt ein weiteres Leitmotiv, den goldenen Schnitt. Drei Rechtecke, deren Seiten im Verhaltnis des goldenen Schnitts stehen und die in der richtigen Weise ineinander gesteckt sind, definieren die Ecken des Ikosaeders. Das Seitenverhaltnis der Rechtecke ist auf einzigartige Weise definiert, es taucht bei quadratischen Zahlkorpern als Fundamentaleinheit auf, die man mit Hilfe des Kettenbruchalgorithmus bestimmen kann und die Ziffern des dazugehorigen Kettenbruchs sind alle gleich 1. Es hat lange gedauert, bis dieses Buchlein fertiggestellt war, und viele, au:ll,er dem Autor selbst, mussten sich in Geduld uben: der Verlag, die Studenten, die meine Vorlesung an der ETH Zurich besucht haben und nicht zuletzt meine Familie. Viele haben mitgeholfen: Oliver Baues, Leo Summerer, Philipp Reinhard von der ETH Zurich und- beim Aufbereiten einer druckfertigen Version- Oliver Fasching von dcr Univcrsitat Wicn. Ganz bcsondcrcr Dank gilt auch mcincm Kollcgcn Paul Balmer. Er hat sich der Muhe unterzogen, das Manuskript kritisch durchzugehen, und dann zahlrcichc wcrtvollc Vcrbcsscrungsvorschlagc cingcbracht. Dieses Buchlein besitzt eine Homepage: http://www.math.ethz.ch/-wustholz/vieweg-algebra Sie soll dazu dienen, dem verehrten Leser zusatzliche Informationen zu bieten. Und ist ein Platz, der offen fiir Erganzungen, Verbesserungen und Korrekturen ist und wo man auch wcitcrc Ubungsaufgabcn sowic Mustcrlosungcn findcn kann. Wermatswil, im Marz 2004
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Vorwort zur zweiten Auflage Es sind nun neun Jahre vergangen, seitdem dieses Buch zum ersten Mal gedruckt worden ist. In der Zwischenzeit habe ich sehr viele Zuschriften und Kommentare erhalten, die durchwegs sehr positiv waren. Fur all die Zuschriften mochte ich mich ganz herzlich bedanken. Es verwundert nicht, dass aufmerksame Leser eine ganze Reihe von kleinen Fehlern und Ungereimtheiten gcfunden und mir dies mitgeteilt haben. Dennoch blieb eine Reihe von fehlerhaften Stellen unbemerkt. In der vorliegenden neuen Ausgabe, die grundlich uberarbeitet ist, habe ich versucht, die entdeckten wie auch die verborgen gebliebenen Fehler zu beseitigen und hoffe, dass es sehr schwierig ist, weitere zu finden. An dieser Stelle mochte ich mich nochmals ganz herzlich bei Oliver Fasching bedanken, ohne den diese Neuauflage wohl nicht zustande gekommen ware. Mit viel Geduld hat er mir geholfen, die neue Version fur den Druck vorzubereiten. Wermatswil, im April 2013
Vorwort zur dritten Aufiage Mehr und mehr haben sich in den letzten zwei Dekaden abstrakte Begriffe und Konstruktionen in der Algebra und vielen weiteren Gebieten der Mathematik durchgesetzt und sind so fast schon Teil der mathematischen Allgemeinbildung. Zwar klingt dies bereits in den fruheren Ausgaben an, jedoch scheint uns die Zeit gekommen, dieser neuen Entwicklung etwas mehr Rechnung zu tragen. In dieser neuesten Aufiage haben wir zudem die Gelegenheit genutzt, den Text an manchen Stellen etwas zu erganzen bzw. abzuandern. Im Prolog haben wir als warm-up die Herleitung der Losungsformeln fUr polynomiale Gleichungen bis vierten Grades aufgenommen. Hier haben wir eine elementare Herangehensweise gewahlt, urn dann im Kapitel tiber Galoistheorie diese Frage noch einmal galoistheoretisch anzugehen, urn ein explizites Anwendungsbeispiel der Galoistheorie vorzustellen. Die Theorie der Gruppen haben wir durch die Konstruktion von Limites und Kolimites erganzt. Dies findet ebenfalls in der Galoistheorie Anwendung, wo wir nicht nur endliche sondern daruber hinaus auch unendliche Galoiserweiterungen behandeln. Hier kommt entscheidend der Kolimes endlicher Galoisgruppen zum Einsatz. Zudem kommen der Darstellungssatz von Cayley sowie das Lemma von Burnside vor. In der Korpertheorie wird der Satz von Kronecker explizit erwahnt und der Satz von Steinitz tiber die Existenz von algebraisch abgeschlossenen Oberkorpern bewiesen; dazu haben wir im Kapitel tiber Polynomringe, solche Ringe auch fUr bcliebige Variablenmengen eingeflihrt. Die Theorie der endlichen Korper hat auch etwas mehr Aufmerksamkeit erhalten. Als Beispiel behandeln wir Kreisteilungspolynome tiber endlichen Korpern. Dies findet Anwendung in der (algebraischen) Codierungstheorie, der wir ein Kapitcl widmen. Algebraische Codierungstheorie bewegt sich an der Schnittstelle zwischen linearer und abstrak-
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ter Algebra, sodass sie sich ganz gut in den letzten Teil des Buches einordnet. Wir brauchcn nicht zu bctoncn, dass cs sich urn cine ganz wichtigc Thcoric in dcr modernen Informatik handelt, die auf schi::inen mathematischen Konzepten beruht, die in unscrcm Buch bcrcitgcstcllt wcrdcn. Es vcrstcht sich von sclbst, dass dicsc Theorie in einem Buch tiber Algebra nicht umfassend prasentiert werden kann. Statt dessen haben wir uns auf eine Auswahl einiger schi::iner und wichtiger Resultatc dcr Codicrungsthcoric bcschrankt. Die verschiedenen Aufiagen der Algebra wurden tiber einen langen Zeitraum von Ulrike Schmickler-Hirzebruch betreut. Die Zusammenarbeit mit ihr war immer freundschaftlich und ohne Probleme. Es lag nahe, Clemens Fuchs als Koautor zu gewinnen, der die Algebra an der ETH Zurich seit 2010 mitbetreut hat. Auf seine Veranlassung und durch ihn ist das Buch durch die Codierungstheorie erganzt und bcrcichcrt worden. Wermatswil und Salzburg, im Mai 2020
Inhalt Prolog Die Entstehung der Algebra ....................................... 1 Das Erbe der Griechen .................................................. 1 Die Renaissance in It alien ............................................... 2 Auf dem Weg zur modernen Algebra .................................... 2 Symmetrien ....................................................... 3 Transformationen ....................................................... 3 Affine und euklidische Raume ........................................... 3 Die Bewegungsgruppe in der euklidischen Ebene ........................ 5 Symmetrie von Objekten ................................................ 6 Uber das Losen von G leichungen .................................. 9 Lineare G leichungen .................................................... 9 Quadratischc Glcichungcn ............................................... 9 Kubische Gleichungen ................................................... 9 Quartische Gleichungen ................................................ 10 Spezielle Gleichungen hoheren Grades .................................. 12
Teil I
Grupp en 1 Gruppen ....................................................... 13 1.1 Grundlegende Begriffe ............................................. 13 1.2 Untergruppen und Homomorphismen .............................. 19 1.3 Dircktc Produktc und Summcn .................................... 22 1.4 Normalteiler und Faktorgruppen ................................... 23 1.5 Zyklische Gruppen ................................................. 27 1. 6 Aktionen ........................................................... 28 1. 7 Anhang: Der euklidische Algorithmus .............................. 35 Ubungsaufgaben ....................................................... 37 2 Die Satze von Sylow ........................................... 41 2.1 Die Klassengleichung ............................................... 41 2.2 Exponcntcn ........................................................ 42 2.3 p-Sylow-Untergruppen ............................................. 43
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Ubungsaufgaben ....................................................... 45
3 Der Satz von Jordan-HOlder ................................... 46 3.1 Auflosbarc und cinfachc Gruppcn .................................. 46 3.2 Verfeinerung von Normalreihen .................................... .48 Ubungsaufgabcn ....................................................... 51 4 Symmetrie ..................................................... 52 4.1 Pcrmutationsgruppcn .............................................. 52 4.2 Beispiele ........................................................... 55 4.2.1 Die Gruppe ::!3 . ............................................ 55 4.2.2 Die Gruppe li14 .... ......................................... 55 4.2.3 Die Gruppe ::!4 . ............................................ 56 4.2.4 Die Gruppe li15 ............................................. 56 Ubungsaufgabcn ....................................................... 57 5 Platonische Korper ............................................ 59 5.1 Polytope und Polyeder ............................................. 59 5.2 Das Tetraeder ...................................................... 62 5.3 Der Wiirfel und das Oktaeder ...................................... 63 5.4 Das Dodekaeder und das Ikosaeder ................................. 63 6 U niverselle Konstruktionen .................................... 65 6.1 Produkte und Koprodukte von Mengen ............................ 65 6.2 Produktc und Koproduktc von Gruppcn ........................... 66 6.3 Semidirekte Produkte .............................................. 68 6.4 Limites und Kolimites .............................................. 72 6.5 Frcic Gruppcn ..................................................... 73 6.6 Beispiele ........................................................... 76 Ubungsaufgaben ....................................................... 78 7 Endlich erzeugte abelsche Gruppen ............................ 80 7.1 Frcic abclschc Gruppcn ............................................ 80 7.2 Torsion in Gruppen ................................................ 82 7.3 Struktur endlicher abelscher Gruppen .............................. 84 Ubungsaufgabcn ....................................................... 87
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Teil II
Ringtheorie 8 Ringe .......................................................... 88 8.1 Grundlagen ........................................................ 88 8.2 Unterringe und Homomorphismen .................................. 90 8.3 Produkte von Ringen .............................................. 92 8.4 !deale und Faktorenringe ........................................... 93 8.5 !deale in kommutativen Ringen .................................... 96 8.6 Der chinesische Restsatz ........................................... 98 Ubungsaufgaben ...................................................... 101 9 Lokalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 9.1 Lokalisierung von Ringen ......................................... 104 9.2 !deale und Lokalisierung .......................................... 106 Ubungsaufgaben ...................................................... 108 10 Hauptidealringe und faktorielle Ringe ......................... 109 10.1 Faktorielle Ringe ................................................ 109 10.2 Euklidische Ringe ................................................ 112 Ubungsaufgaben ...................................................... 113 11 Quadratische Zahlringe ....................................... 114 11.1 Zahlringe ........................................................ 114 11.2 Einheiten ........................................................ 115 11.3 Die pellsche Gleichung ........................................... 117 11.4 Der Euler-Lagrangesche Satz ..................................... 120 11.5 Primclemente im gaussschen Zahlring ............................ 122 Ubungsaufgaben ...................................................... 124 12 Polynomringe .. ............................................... 125 12.1 Polynome ........................................................ 125 12.2 Polynome in mehreren Variablen ................................. 126 12.3 Auswerten von Polynomen ....................................... 128 12.4 Potenzreihen .................................................... 129 12.5 Derivationen ..................................................... 130 12.6 Symmetrische Funktionen ........................................ 132 12.7 Result ante und Diskriminante ................................... 135 12.8 Eindeutige Primfaktorzerlegung .................................. 139 12.9 Irreduzibilibit .................................................... 141
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Ubungsaufgaben ...................................................... 144
Teil III
Abriss der Korpertheorie 13 Grundlagen der Korpertheorie ................................ 147 13.1 Korpcr und Primkorpcr .......................................... 147 13.2 Korpcrcrwcitcrungcn ............................................. 148 13.3 Algebraische Korpererweiterungen ............................... 150 13.4 Algcbraisch abgcschlosscnc Erwcitcrungcn ....................... 152 13.5 Konjugierte Erweiterungen ....................................... 154 Ubungsaufgaben ...................................................... 157 14 Theorie der Korpererweiterungen ............................. 158 14.1 Separabilitat ..................................................... 158 14.2 InseparabiliUit ................................................... 164 14.3 Normale Erweiterungen .......................................... 165 Ubungsaufgaben ...................................................... 168 Teil IV
Galois- Theorie 15 Die Galois-Korrespondenz .................................... 170 15.1 Galois-Erweiterungen ............................................ 170 15.2 Hauptsatz der Galois-Theorie .................................... 172 15.3 Ein Beispiel ..................................................... 176 15.4 Ein zweites Beispiel .............................................. 177 15.5 Uncndlichc Galoiscrwcitcrungcn .................................. 178 15.6 Anwendungen der Galois-Theorie ................................ 181 Ubungsaufgabcn ...................................................... 184 16 Kreisteilungskorper ........................................... 186 16.1 Einheitswurzeln .................................................. 186 16.2 Irreduzibilitat des Kreisteilungspolynoms ........................ 190 16.3 Endliche Korper ................................................. 193 Ubungsaufgaben ...................................................... 196 17 Das quadratische ReziprozWitsgesetz .......................... 197 17.1 Quadratischc Erwcitcrungcn ..................................... 197 17.2 Gausssche Summen .............................................. 199
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17.3 Das quadratische Reziprozitatsgesetz ............................. 200 Ubungsaufgaben ...................................................... 203
18 Auflosung durch Radikale ..................................... 204 18.1 Der Satz von Speiser ............................................. 204 18.2 Kummer-Theorie ................................................ 206 18.3 Artin-Schreier-Theorie ........................................... 209 18.4 Zyklische Erweiterungen ......................................... 210 18.5 Der Hauptsatz ................................................... 211 18.6 Kubische Gleichungen ........................................... 213 18.7 Quartische Gleichungen .......................................... 215 19 Konstruktionen mit Zirkel und Lineal ......................... 217
Teil V
Darstellungen von endlichen Gruppen 20 Grundlagen ................................................... 220 20.1 Darstellungen .................................................... 220 20.2 Grundlegende Beispiele .......................................... 221 20.3 Projektoren ...................................................... 225 20.4 Irreduzible Darstellungen ........................................ 227 20.5 Die induzierte Darstellung ....................................... 231 20.6 Adjungierte Funktoren ........................................... 234 Ubungsaufgaben ...................................................... 236 21 Charaktere ................................................... 238 21.1 Der Charakter einer Darstellung ................................. 238 21.2 Orthogonalitatsrclationen ........................................ 240 21.3 Zerlegung der regularen Darstellung .............................. 243 21.4 Anzahl der irreduziblen Darstellungen ........................... 244 21.5 Beispiele ......................................................... 246 21.5.1 Die Gruppe :Jl2 ........................................... 246 21.5.2 Zyklische Gruppen ....................................... 246 21.5.3 Die Gruppe :f3 . .......................................... 246 21.5.4 Die Gruppe m4 .......................................... 24 7 21.5.5 Die Gruppe :f4 .. ......................................... 248 Ubungsaufgaben ...................................................... 250
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Teil VI
Moduln und Algebren 22 Moduln und Algebren ........................................ 251 22.1 Grundlegende Begriffe ........................................... 251 22.2 Homomorphismen und freie Moduln ............................. 253 22.3 Vollstandig reduzible Moduln .................................... 255 22.4 Der Satz von Wedderburn ....................................... 258 22.5 Quaternionenalgebren ........................................... 260 Ubungsaufgaben ...................................................... 263 23 Tensorprodukte ............................................... 264 23.1 Tensorprodukt von Moduln ...................................... 264 23.2 Assoziativitat des Tensorprodukts ................................ 266 23.3 Homomorphismen und direkte Summen .......................... 267 23.4 Tensorprodukt von Algebren ..................................... 269 23.5 Die Tensoralgebra ............................................... 270 23.6 Die symmetrische Algebra ....................................... 272 23.7 Die Clifford-Algebra ............................................. 273
Teil VII
Codierungstheorie 24 Einfiihrung ................................................... 27 4 24.1 Motivation und Einleitung ....................................... 274 24.2 Hamminggewicht und -distanz ................................... 275 24.3 Fehlererkennung und -korrektur .................................. 276 24.4 Lineare Codes ................................................... 278 Ubungsaufgaben ...................................................... 286 25 BCH- und RS-Codes .. ........................................ 288 25.1 Zyklische lineare Codes .......................................... 288 25.2 BCH-Codes ...................................................... 290 25.3 RS-Codes ........................................................ 295 Ubungsaufgaben ...................................................... 298 Literaturverzeichnis ............................................. 299 Liste der Symbole . .............................................. 301
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Index ........................................................... 303
Pro log
Die Entstehung der Algebra Das Erbe der Griechen Wahrend mit dem Zerfall des romischen Reiches in der abendlandischen Welt vicle der kulturcllen Leistungen der Antike in Vergessenheit gerieten, erlebte der islamische Kulturkreis eine zivilisatorische Elute. Eine hervorragende Rolle spielte dabei die vom Kalifen al-Ma'mun (reg. 813-833) gegrundete Akademie von Bagdad. Fuhrer der dortigen ,Griechischen Schule" war al-I:Iajjaj, der die Elemente des Euklid ins Arabische ubersetzte. Im Gegensatz zu ihm stand al-Kwarizm1, der sich auf indisch-persische Quellen stutzte. Sein Hauptwerk tiber die Losung von Gleichungen durch al-jabr al-jabr ist der etymologische Ursprung des Begriffs Algebra- und al-muqabala war denn auch fUr ein grofberes, nicht rein wissenschaftliches Publikum bestimmt. Wahrend der erste Teil Methoden zur Losung linearer und quadratischer Gleichungen enthielt, ging es im zweiten urn die Berechnung von Flachen und Volumen. Der dritte Teil behandelte ausschlie!Wch Erbschaftsfragen. Immerhin gab Kwarizm1 die sehr gute Approximation 62832 = 3.1416 20000
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an. Diesen Bruch findet man in der beruhmten astronomischen Abhandlung, die Aryabhatiya von Aryabhata, aus dem 6. Jahrhundert. Dort wird der Bruch in Worten beschrieben: Addiere 4 zu 100, multipliziere mit 8 und addiere 62000. Das Ergebnis ist ungefahr der Umfang des Kreises mit Durchmesser 20000. Von dieser hinduistischen Quelle ubernahm Kwarizm1 diese Approximation. Sie war allerdings auch schon dem chinesischen Geometer Liu Hu1 aus dem 3. Jahrhundert bekannt. Kwarizm1s Nachfolger Tabit ben Qurra (836-901) zeigte sich wieder als Anhanger der griechischen Schule und benutzte die geometrische Anschauung zur Losung algebraischer Probleme.
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 G. Wüstholz und C. Fuchs, Algebra, Springer Studium Mathematik – Bachelor, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31264-0_1
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Die Entstehung der Algebra
Die Renaissance In Italien Vom 13. Jh. an bildete sich in Europa eine neue Schicht ,international" tatiger Handler und Financiers hcran. Fi.ir ihrcn Gcschaftsvcrkchr und ihrc Buchhaltung waren die althergebrachten romischen Ziffern nicht geeignet. Das arabisch-hinduistische Zahlensystem envies sich als sehr viel effizienter. Die Werke Kwarizm1s waren in Italien in lateinischer Ubersetzung bekannt. Die Tcchnik des al-jabr und al-muqabala wurdc von cincr Rcihc italicnischcr Mathematiker weitergefi.ihrt und verfeinert. Zu nennen sind Leonardo da Pisa, genannt Fibonacci und Luca Pacioli, der in seinem 1494 erschienenen Hauptwerk ,Summa de aritmetica, geometria, proportioni e proportionalita" das Problem der kubischen und biquadratischen Gleichungen aufwarf. Fi.ir diesen Paragraph vgl. [Wac2], [Science].
Auf dem Weg zur modernen Algebra Von da an zag sich das Problem dcr Losung algcbraischcr Glcichungcn wic cin rater Faden durch die Entstehungsgeschichte der Algebra, bis hin zum Beginn der modcrncn Algebra mit Evaristc Galois. Die kubischen und biquadratischen Falle wurden noch im 16. Jh. von Niccolo Tartaglia, Gerolamo Cardano und Lodovico Ferrari gclost. An dieser Stelle muss auch auf die Leistungen Rene Descartes (1596-1650) hingcwicscn wcrdcn, dcm Erfindcr dcr analytischcn Geometric. In scincm Wcrk ,Discours de la methode" fiihrte er die noch heute gebrauchliche Schreibweise algebraischer Probleme ein. Seine Vorganger benutzten zwar schon Bezeichnungen wie a, b, ... oder x, y, ... fi.ir bekannte oder unbekannte Grof1.en, kamen aber bei der Beschreibung mathematischer Operationen noch nicht ohne \Vorte aus. So schricb Franr;ois Viete (1540-1603) anstcllc von bx 2 + dx = z immcr noch ,B in X quadratum, plus D plano in X, aequari Z solido." Carl Friedrich Gauss (1777-1855) schlief1.lich zeigte die Losbarkeit der zyklotomischen Gleichung durch Radikalc. Gauss war cs auch, dcr den sogcnanntcn Fundamentalsatz der Algebra fand: Jcdc algcbraischc Glcichung hat Losungcn in komplcxcn Zahlcn, d. h. der Form a+ib. Den ganz grof1.en Schritt nach vorn schaffte aber erst Evariste Galois (1811-1832). Er erkannte, dass die Losungen algebraischer Gleichungen durch die Symmetrien der Gleichung bestimmt werden konnen: Heute studiert man die zugehorigen Galois- Gruppen. A us den Arbeiten Galois entwickelte sich der abstrakte Gruppenbegriff hera us, dem der erste Teil des Buches gewidmet ist.
Symmetrien Transformationen Der Gruppenbegriff entwickelte sich aus dem Begriff der ,Transformationsgruppe". In dieser Form tauchen auch die meisten Gruppen in der Mathematik, Physik, Chemic, Kristallographic, Kunst, Architcktur und Musik auf. Einc Transformation auf cincr Menge X ist cine bijcktivc Abbildung T: X --7 X. Zwei Transformationen S und T konnen hintereinander ausgefiihrt werden: SoT: X-----+ X x
r---t
(So T)(x)
= S(T(x)) .
Die Identitat I: X --7 X, x f--7 I(x) = x ist eine Transformation. Sie besitzt die Eigcnschaft, dass I oT = To! = T fur allc Transformationcn T gilt. Transformationen konnen invertiert werden, d. h. zu jeder Transformation T gibt es eine Transformation T': X--+ X mit ToT'= T' oT =I. Man schrcibt T- 1 fur T'. Die Komposition von Transformationen ist assoziativ, d. h. es gilt (SoT) o U = So (To U) fur alle Transformationen S, T, U. Dies sind gerade die definierenden Eigenschaften einer Gruppe. So heil1.t eine Menge von Transformationen auf einer Menge X eine Transformationsgruppe, falls sie die Identitat I und mit T, T1, T2 auch T- 1 sowie T1 o T2 enthalt. Die Gesamtheit aller Transformationen auf einer Menge X nennt man die symmetrische Gruppe oder auch Permutationsgruppe S(X) von X.
Beispiel Ist X eine endliche Menge mit n Elementen, so ist S(X) = ::In die iibliche Gruppe der Permutationen; nach Wahl einer Bijektion zwischen X und der Menge {1, ... , n} kann man X mit {1, ... , n} identifizieren, und dann bcstcht die Pcrmutationsgruppc ::In aus dcr Menge dcr Bijcktioncn cr: {1, ... , n} --7 {1, ... , n }. Dies ist die iibliche Darstellungsweise der symmetrischen Gruppc ::In, die fur Rcchnungcn schr gccignct ist. Beispiel Ist X cin Vcktorraum V tiber cincm Korpcr K, so ist die Menge dcr linearen bijektiven Abbildungen GL(V) eine Transformationsgruppe. Beispiel Ist im vorhcrigcn Beispiel K = JR. und ( , ) cin Skalarprodukt, so ist X = (V, ( , ) ) ein euklidischer Vektorraum, und man nennt eine lineare Abbildung cp E GL(V) orthogonal, falls (cp(v),cp(w)) = (v,w) fUr alle v, wE V gilt. Die Menge der bijektiven orthogonalen Abbildungen O(V) ist ebenfalls eine Transformationsgruppe.
Affine und euklidische Raume Schr haufig trctcn Transformationsgruppcn als Bcwcgungsgruppcn in affincn odcr euklidischen Raumen auf. vVir wollen den Begriff eines affinen bzw. euklidischen
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Syrnmetrien
4
Raumes kurz prazisieren. Ein affiner Raum A= (V, 9J, v) besteht aus einem ndimensionalen Vektorraum V, einer Menge '!J!, deren Elemente Punkte genannt wcrdcn, und cincr Abbildung v: '!Jl x '!Jl ---+ V, die jc zwci Elcmcntcn P, Q aus '!Jl einen Vektor v(P, Q) E V zuordnet und folgende Eigenschaften besitzt: (a) Fur alle Punkte P E '!Jl und alle Vektoren v E V existiert genau ein Punkt Q E '!Jl mit v(P, Q) = v. (b) Fur allc P, Q, R, E 9J gilt v(P,R) = v(P,Q) +v(Q,R). Fur v(P, Q) schrcibcn wir auch
PQ und dann kurz
Aus (b) mit R = Q folgt v(P, Q) = v(P, Q) Setzt man R = P, so erhalt man
+ v(Q, Q)
und somit v(Q, Q) = 0.
(1)
v(P, Q) = -v(Q, P)
Beispiel Wir sctzcn '!Jl = V und v(x, y) A= ('!J!, V,v) ein affiner Raum.
=
x - y fUr x, y E '!fl. Dann ist
Beispiel \Vir betrachten den Li::isungsraum 5£ eines inhomogenen linearen Gleichungssystems Ax = b. Es sei 5£o der Li::isungsraum des zugehi::irigen homogenen Gleichungssystems Ax= 0. Dann ist (5£,5£o,v) ein affiner Raum, wenn
v : 5£ x 5£ ----+ 5£o definiert ist als v(x, y) = y- x. Die Dimension von A ist dcfinicrt als die Dimension von V. In cincm affincn Raum gilt das Parallclogrammgcsctz, d. h. cs gilt v(P, Q) = v(P', Q') fUr Punktc P, P; Q, Q' E '!Jl genau dann, wenn v(P, P') = v(Q, Q').
Q
p
Q'
P'
\Vir identifizieren den affinen Raum A mit seinen Punkten 9J und schreiben P E A fur P E '!fl. Ein affincr Untcrraum A' von A ist cine Tcilmcngc von A mit dcr Eigenschaft, dass die Menge der v(P, Q) mit P, Q E A' einen Untervektorraum von V bildet. Affine Unterraume der Dimensionen 1, 2, n -1 heifsen Geraden, Ebenen und Hypcrcbcncn. Zwci affine Untcrraumc A 1 , A 2 mit zugchi::irigcn Vcktorraumcn V1, V2 heill,en parallel, falls V1 X, indcm wir o-i = So vi sctzcn. Da S cine Aktion ist, kommuticrcn o-1 und o-2, und wir erhalten S = o-1 · o-2.
1.6 Aktionen
31
Beispiel1.42 Auf dem Vektorraum JUm,n(!C) operiert von links die Gruppe GL(m, C), von rechts die Gruppe GL(n, C) durch Matrizenmultiplikation. Die beiden Operationen sind demnach l: GL(m, C)
X
JUm,n(!C) (g, A)
----+ JUm,n(!C), f----t l(g, A) = go A
bzw. r: GL(n, C)
X
JUrn,n(!C) (h, A)
----+ JUm,n(!C), ----+ r(h, A) =A o h- 1
.
Daraus erhalt man eine Aktion der Gruppe GL(m, C) x GL(n, C) auf dem Vektorraum JUrn,n(!C), die durch (GL(m, C)
GL(n, C))
X
X
JUrn,n(!C) ----+ JUrn,n(!C) ((g, h), A) f----t go A o h- 1
gegeben wird. Gilt n = m, so kann man diese Aktion auf die Untergruppe einschranken, die aus den Diagonalelementen (g, g), g E GL(n, C) besteht, und erhalt daraus die bereits bekannte adjungierte Aktion.
Beispiel1.43
Die Gruppe
SL2(IR)
= {
);
a,b,c,d E IR, ad- be= 1}
operiert auf der oberen Halbebene S) = {z E C; Im(z)
und z E C 1 · z = (az
> 0}, wenn wir fiir
+ b) (cz + d) - 1
setzen. Denn es gilt Im(1 · z)
Im ((az + b)(cz + d)lcz + dl- 2 ) lcz + dl- 2 Im ((az + b)(cz +d)) lcz + dl- 2 Im(z) .
Die Gruppe G operiere auf der Menge M. Man nennt die Menge Gm = {gm; g E
G}
32
1 Gruppen
den Orbit, die Bahn oder auch Nebenklasse von rn unter G in lt1 und
Gm = {g E G; grn = rn} die Stabilisator- Untergruppe von rn, kurz den Stabilisator von rn. Handelt es sich urn die Aktion ad, so hei:ll,t der Stabilisator von rn auch der Zentralisator von rn, wofur Zm geschrieben wird. Allgemeiner sind der Orbit und der Stabilisator einer Teilmenge T 0. Dies zusammen mit (2.3) fuhrt sofort zur dritten D
2.3
p-Sylow-Untergruppen
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Ubungsaufgaben 1. Zum Beweis von Satz 2.4 hatten wir stillschweigend vorausgesetzt, dass der Exponent des Bildcs cincr abclschcn Gruppc G den Exponcntcn von G tcilt. Beweise dies. 2. Es sci G cine cndliche Gruppe, N G cine normalc Untcrgruppc und P N eine Sylow-Untergruppe. Zeige, dass G = Nc(P) N. 3. Es sci p cine Primzahl. Findc cine Gruppc mit genau 1 + p p-Sylow-Untcrgruppen. 4. Zeige, dass alle endlichen p-Gruppen ein nicht-triviales Zentrum besitzen. 5. Beweise, dass alle p-Gruppen der Ordnung p 2 abelsch sind. 6. Bestimme alle Normalteiler einer Gruppe G der Ordnung 15 und folgere daraus, dass G zyklisch sein muss. 7. Das vorige Beispiel lasst sich auf Gruppen G der Ordnung pq mit p, q prim vcrallgcmcincrn: (i) Ist p < q, so hat G cine normalc q-Sylow-Untcrgruppc. (ii) Ist p < q und p f q- 1, so ist G zyklisch. 8. Es sei G eine endliche abelsche Gruppe und pn die hOchste Potenz von p, die in IGI aufgeht. Zeige, dass die p-Sylow-Untergruppe G(p) von G fiir m 2:': n + 1 isomorph zu GjGPm ist, wobei GPm das Bild von G unter der Abbildung PTn , g f---7 g 1St.
3 Der Satz von Jordan-Holder Ein wichtigcs Hilfsmittcl zur Bchandlung und zur Klassifikation von Gruppcn sind sogenannte N ormalreihen. Sie waren ein ganz entscheidendes Konzept fiir die bahnbrechenden Erfolge von Galois in der Behandlung von Korpern und fiir die Frage nach der Auflosbarkeit von Gleichungen durch Radikale im 19. Jahrhundcrt. Hcutc spiclcn die Konzcptc, die wir in dicscm Kapitcl bcrcitstcllcn wcrdcn, u. a. auch in der Theorie der Lie-Gruppen und der algebraischen Gruppen eine wesentliche Rolle. Eine endliche Folge von Untergruppen G1 : => ... ::=> Gm = {1}
heil1.t Normalreihe, wenn Gi+l ein Normalteiler in Gi ist. Die Quotientengruppen Gi/Gi+l heil1.en Faktoren der Normalreihe. Jede Gruppe besitzt eine triviale Normalreihe G =Go::=> G1 = {1}. Diese ist allerdings sehr grob, sodass uns u. a. die Fragc nach Vcrfcincrungcn dicscr odcr iibcrhaupt von Normalrcihcn bcschaftigen wird. Gruppen, die lediglich die triviale Normalreihe besitzen, nehmen in der Klassifikation von Gruppcn cine bcsondcrc Stcllung cin. Ncbcn dcr Fragc nach Verfeinerungen werden uns auch Eigenschaften der Faktoren selbst beschaftigen, insbesondere im Hinblick auf die spater zu behandelnde Galois-Theorie.
3.1 Auflosbare und einfache Gruppen Eine Gruppe heil1.t auflOsbar, falls sie eine Normalreihe besitzt, deren Faktoren alle abelsch sind. Eine Gruppe G #- {1} heil1.t einfach, wenn G und {1} ihre cinzigcn Nor mal tcilcr sind.
Beispiel3.1 Es gibt zahllosc Bcispiclc fiir cinfachc Gruppcn. Einigc hicrvon geben wir an, ohne weitere Details auszufiihren: (a) Gruppcn, dcrcn Ordnung cine Primzahl ist, sind offcnsichtlich cinfach. (b) Die Gruppe SL( n, IR) besitzt als Normalteiler das Zentrum Z(SL( n, IR) ), welches durch SL(n, IR) n IRE= {E, ( -1)n-l E}, E die Einheitsmatrix, gegeben wird. Der Quotient PSL(n,IR) = SL(n,IR)/Z(SL(n,IR)), n 1, ist fiir n 2 cine cinfachc Gruppc. (c) Die alternierenden Gruppen fiin sind fiir n 5 einfach (siehe Satz 4.4). (d) Es sei q Potenz einer Primzahl p, IFq der Korper mit q Elementen sowie n > 2 odcr n = 2, falls q > 3. Dann ist PSL(n,IFq) = SL(n,IFq)/Z(SL(n,IFq)) cine einfache Gruppe. (e) Dariiber hinaus gibt es die 26 sogenannten sporadischen endlichen einfachen Gruppcn [Car]. Hicrzu gchorcn die Mathicu-Gruppcn, die Fischcr-Gruppcn, das l\Ionster und das Baby-Monster.
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3.1 Auflosbare und einfache Gruppen
Wir haben bereits gesehen, dass die Gruppen in (a) keine echten Untergruppen besitzen. Die Grupp en a us (b) sind Beispiele fiir kontinuierliche einfache Gruppcn. Ende dcr Sicbzigcr J ahrc des lctztcn J ahrhundcrts ist die Klassifikation dcr endlichen einfachen Gruppen abgeschlossen worden. Die Liste dieser Gruppen besteht a us Familien in der Art von (a), (c) und (d) sowie den sporadischen einfachen Gruppen (siehe (e)). vVir werden eine der Mathieu-Gruppen, die Gruppe 1\1!11 , in cincr Ubung kcnncnlcrncn. Sic ist das cinfachstc Beispiel cincr sporadischcn cinfachcn Gruppc. Auf die Einfachhcit dcr Gruppcn liln, n 2: 5, wcrdcn wir spatcr eingehen (siehe Satz 4.6). Aus den cinfachcn cndlichcn Gruppcn kann man die cndlichcn Gruppcn durch sogenannte Gruppenerweiterung konstruieren. Dazu betrachtet man eine Sequenz von Gruppen und Homomorphismen 1 -----+ G'
G
G" -----+ 1.
Sie heill,t eine kurze exakte Sequenz (von Gruppen), wenn i' injektiv ist, i" surjektiv und ker i" = im i'. Offcnsichtlich ist dann das Bild von G' untcr i' cin N ormaltcilcr von G, und es gilt G" c::::- G I ker i" = G I im i'. Die Gruppe G wird dann auch eine Gruppenerweiterung oder kurz Erweiterung von G" durch G' genannt. In der Regel gibt cs vielc Erwcitcrungcn von G" durch G'. Zum Beispiel bcsitzt das Produkt G' x G" der beiden Gruppen diese Eigenschaft. Jedoch kann die Menge der Erweiterungen von G" durch G' klassifiziert werden und wird in gewissen Fallen durch sogenannte Kohomologiegruppen beschrieben [Se2].
Beispiel3.2 vVir fuhren einige Beispiele von auflosbaren Gruppen an: (a) Abelsche Gruppen sind auflosbar. (b) Endliche p-Gruppen sind auflosbar. GL(n, K) dcr obcrcn Drci(c) Ist K cin Korpcr, so ist die Gruppc Tr(n, K) ecksmatrizen in GL(n, K) auflosbar. (d) Untcrgruppcn auflosbarcr Gruppcn sind auflosbar. (c) Erwcitcrungcn auflosbarcr Gruppcn sind auflosbar. (f) Homomorphc Bildcr auflosbarcr Gruppcn sind auflosbar. Der Nachweis von (a)-(f) ist nicht schwierig. Es gilt auch eine Umkehrung von (e), namlich dass auflosbare Gruppen sich als sukzessive Erweiterungen von abelschen Gruppen durch abelsche Gruppen darstellen lassen. Ein einfaches Beispiel ist das folgende.
Beispiel 3.3
Fur die Gruppe ::1:3 erhalten wir eine exakte Sequenz
wobci ::1:3 ---+ f}J 2 die Signaturabbildung dcr Permutation ist. Ihr Kern ist die altcrnierende Gruppe li13. Sowohl der Kern als auch das Bild sind abelsche Gruppen
48
3 Der Satz von Jordan-HOlder
von Primzahlordnung 3 bzw. 2, und es handelt sich hier urn eine (nicht-abelsche) Erweiterung der einfachen Gruppe fJJ2 durch die einfache Gruppe li13 c:::: Z/3Z, die offcnsichtlich aufli:is bar ist.
3.2 Verfeinerung von Normalreihen Zwei Normalreihen 2 gelten. Es ergeben sich fur die Schlafii-Symbole hieraus nur die Moglichkeiten
{3, 3}, {4, 3}, {3, 4}, {5, 3}, {3, 5} . Sie entsprechen dem Tetraeder, Wiirfel, Oktaeder, Dodekaeder und dem Ikosaeder. Dies sind die sogenannten platonischen K orper, die von Platon bestimmt worden warcn und in seine philosophischcn Ubcrlcgungcn cingingcn. Sic zcichncn sich durch schone Symmetrieeigenschaften aus, die wir in den nachsten Abschnitten
61
5.2 Das Tetraeder
Abbildung 5.2: Wurfel, Oktaeder
Abbildung 5.3: Dodekaeder, Ikosaeder beschreiben werden. \Vir bemerken noch an dieser Stelle, dass man eine Dualitat feststellen kann, die zustande kommt, wenn man in den Schlafii-Symbolen p und q vertauscht. Dadurch geht formal der vVurfel in das Oktaeder und das Dodekaeder in das Ikosacdcr tiber und umgckchrt. Das Tctracdcr ist sclbstdual. Allc platonischcn Ki:irpcr ki:inncn cincr 2-Spharc cinbcschricbcn wcrdcn, sodass die Ecken auf der Sphare zu liegen kommen. Dadurch ki:innen ihre Symmetrien als die Untergruppe der orthogonalen Gruppe 0(3) definiert werden, die die Menge der Ecken festhalt, also als Stabilisator der Eckenmenge. Es handelt sich dabei urn endliche Isometriegruppen, also urn Gruppen langenerhaltender affiner Transformationcn im cuklidischcn Raum. Die Symmctricn bcsitzcn als Untcrgruppen die Drehgruppen = n S0(3), die vollstandig klassifiziert sind. Es gilt namlich der folgende Satz [Neu], den wir ohne Beweis angeben:
Satz 5.2 Die einzigen endlichen Drehgruppen im dreidimensionalen euklidischen Raum sind die zyklischen Gruppen []Jn, n = 0, 1, 2, ... , die Diedergruppen ][]ln, n = 2, 3, ... , die Tetraedergruppe si14, die Oktaedergruppe ::/4 und die Ikosaedergruppe si15. Hieraus wird klar, dass die platonischen Ki:irper und ihre Symmetrien eine besondere Stellung einnehmen. Dies ist einer der Grunde, weswegen wir sie nun ctwas cingchcndcr studicrcn wollcn. Projiziert man vom Zentrum der 2-Sphare aus die Schwerpunkte der Flachen cines platonischcn Ki:irpcrs auf die Obcrfiachc dcr Spharc, so bildcn die Projcktionspunkte die Ecken eines platonischen Ki:irpers. Dadurch wird auf geometrische
62
5 Platonische Korper
Weise eine Dualitiit auf der Menge der platonischen Korper definiert, die mit der bcrcits bcschricbcncn Dualitiit ubcrcinstimmt.
5.2 Das Tetraeder Die Symmctricgruppc des Tctracdcrs ist isomorph zur symmctrischcn Gruppe :f4. Denn sie operiert auf dem Tetraeder als Permutationsgruppe der Menge der vier Diagonalen d1, d2, d3, d4, die den Schwerpunkt einer Fliiche mit der gegenuberliegenden Ecke verbindet. Diese Aktion entspricht einer Darstellung p: --+ :f4 dcr Gruppc in dcr Gruppc :f4. Dicsc Darstcllung ist volltrcu, d. h. surjcktiv und injcktiv. Zur Beschreibung von nummeriert man die Ecken mit den Zahlen 1, 2, 3, 4. Durch jcdc Eckc mit dcr Nummcr i und den Schwcrpunkt dcr gcgcnubcrliegenden Fliiche wird eindeutig eine Drehachse di bestimmt (i = 1, 2, 3, 4). Die Mittelpunkte je zweier gegenuberliegender Kanten bestimmen drei weitere Symmetrieachsen mi. Diese werden so nummeriert, dass die Achse rni durch den Mittclpunkt dcr Kantc von 1 nach i + 1 gcht (i = 1, 2, 3). SchlicfWch gibt cs noch sechs Symmetrieebenen, die von dem Mittelpunkt der Kante durch die Ecken i, j und dcr gcgcnubcrlicgcndcn Kantc cindcutig fcstgclcgt wcrdcn. Sic dcfinicrcn Spiegelungen E12, E13, E14, E23, E24, E34. Diese bewirken Transpositionen (ij) auf der Menge der Ecken und somit auf der Menge der durch sie bestimmten Drehachsen. Auf diese Weise entsprechen sie Elementen der Gruppe :f4. Diese wird von Transpositionen erzeugt, weswegen die Spiegelungen Eij die Symmetriegruppe des Tetraeders erzeugen. Wir bestimmen nun noch die Drehgruppe des Tetraeders. Die Drehachsen di bestimmen Drehungen 5i urn den Winkel 21r /3, somit vier Untergruppen 6.i = {I, 5i, 5i2 } der Ordnung 3, und die Achsen rni Drehungen 5! urn den Winkel 1r, also insgesamt drei Untergruppen der Ordnung 2. Die Drehungen permutieren die Drehachsen di, und man erhiilt so
51 = (234), 52= (134), 53= (124), 54= (123) SOWle
5]' = (12)(34), 52= (13)(24), 53 = (14)(23) . Setzen wir t = 5]', u = 52, v = 53 sowie w = 54, so ergeben sich die Relationen
wtw- 1 = v, wuw- 1 = t, wvw- 1 = u. Setzen wir noch K = {1, w, w 2 } und H = {1, t, u, v }, so verifiziert man sofort, dass H ein Normalteiler von P'14 ist und dass H n K = { 1} und deswegen P'14 = H K = {h · k; h E H, k E K} gilt. Die Drchgruppc des Tctracdcrs ist dahcr isomorph zur alternierenden Gruppe P'14.
63
5.4 Das Dodekaeder und das Ikosaeder
5.3 Der Wiirfel und das Oktaeder Die Symmetrien des \Vurfels stimmen mit denen des dazu dualen Oktaeders ubercin. Dcnn cine orthogonalc Transformation, die die Eckcn fcsthalt, fixicrt auch die Flachen und damit deren Schwerpunkte. Diese bilden die Ecken des dualen Oktaeders, der ebenfalls festgehalten wird. Dies bedeutet, dass wir nur die Symmetrien des \Vurfel zu beschreiben brauchen, urn die des Oktaeders zu kennen. Einc Symmetric des Wurfcls bildct die Menge { d1, d2, d3, d4} seiner Diagonalcn auf sich sclbst ab, wcswcgcn man die vollc Symmctricgruppc des Wurfcls als eine Untergruppe der Gruppe :f4 x Z/271. realisieren kann. Die Drehachsen sind die scchs Gcradcn durch sich diamctral gcgcnubcrlicgcndc Kantcn, die vier Diagonalen sowie die drei Geraden durch die Schwerpunkte sich diametral gegenuberliegender Flachen. Die dazu gehOrenden Drehgruppen besitzen die Ordnung 2, 3 und 4. Jcdcs Paar sich diamctral gcgcnubcrlicgcndcr Kantcn bcstimmt in cindcutiger Weise ein Paar von Diagonalen (di, dj), sodass die Drehung urn die durch die Kanten bestimmte Drehachse d(ij) diese Diagonalen vertauschen, die restlichcn, in cincr zur Drchachsc orthogonalcn Ebcnc licgcndcn Diagonalcn hingcgcn insgesamt festhalten. So operiert diese Drehung auf der Menge der Diagonalen als Transposition. Da dicsc die symmctrischc Gruppc :f4 crzcugcn, ist die von den Drehungen urn die Drehachsen d(ij) erzeugte Untergruppe der Symmetriegruppe des wurfcls isomorph zur :f4. \Viihlt man eine Ecke des Wurfels aus, so bestimmen die Diagonalen der anliegenden Flachen, die die Ecke nicht enthalten, zusammen mit der diametral gegenuberliegenden Ecke ein Tetraeder, das Gegentetraeder. So entspricht jede Diagonale des Wurfels in eindeutiger \Veise einem Paar bestehend aus Tetraeder und Gegentetraeder. Dementsprechend gibt es vier solche Paare. Diese werden durch die Symmetrien untereinander permutiert.
5.4 Das Dodekaeder und das Ikosaeder Ikosaeder und Dodekaeder sind, wie Wurfel und Oktaeder, duale platonische Ki::irper, weswegen auch ihre Symmetriegruppen ubereinstimmen. Wir beschranken uns daher auf einen der beiden und wahlen fUr unsere Diskussion der Tradition folgend das Ikosaeder. Die Rolle des Tetraeders und Gegentetraeders wird in dem vorliegenden Fall von dem Oktaeder gespielt. Man kann namlich einem Ikosaeder insgcsamt funf Oktacdcr cinbcschrcibcn. Dicsc wcrdcn durch die Drchungcn des Ikosaeders permutiert. Hieraus wird deutlich, dass die Drehgruppe des Ikosaeders mit einer Untergruppe der :fs identifiziert werden kann. Wie beim Wurfel definieren die 12 Ecken insgesamt sechs, die 30 Kanten insgesamt funfzehn und die 20 Fliichen zusammen zehn Drehachsen. Die assoziierten Drehgruppen haben die Ordnung 5, 2 bzw. 3. Man crhalt dahcr insgcsamt 6 . ( 5 - 1)
+ 15 . ( 2 -
1) + 10 . (3 - 1)
+1=
60
64
5 Platonische Korper
paarweise verschiedene Drehungen, die das Ikosaeder festhalten. Dies ist gerade die Ordnung dcr Gruppc l115. Man kann dies auch so sehen: Die 30 Kant en zerfallen in fiinf paarweise disjunktc Gruppcn mit jc scchs Kantcn, dcrcn Mitten die Eckcn cines Oktacdcrs bildcn. Es gibt je eine Drehung der Ordnung 2 in den drei Untergruppen der Ordnung 4 des \Viirfels und daher auch des Oktaeders. Dazu kommen vier Drehachsen von Drchungcn dcr Ordnung 3 bcim Oktacdcr, also insgcsamt acht Drchungcn dicscr Ordnung. Diese halten die Gesamtheit der sechs definierenden Kanten des Oktaeders fest und somit auch deren konvexe Hiille, das Ikosaeder. Zusammen mit der Identitiit finden wir zwOlf Drehungen des Ikosaeders, die ein einbeschriebenes Oktaeder festhalten. Die Oktaeder werden durch die Drehungen der Ordnung 5 in einander iibergefiihrt. Das ergibt zusammen 60 Drehungen, die Anzahl der Elcmcntc dcr l115. Daraus crkcnnt man, dass die Symmctricgruppc des Ikosacdcrs die l115 ist.
6
U niverselle Konstruktionen
In der Algebra gibt es eine ganze Reihe von immer wiederkehrenden Konstruktioncn, die wir nun kurz vorstcllcn wcrdcn. Da Gruppcn die cinfachstcn intcrcssantcn algebraischen Strukturen sind, bietet es sich an, fUr diese modellhaft einige besanders interessante Konstruktioncn vorzufUhrcn.
6.1 Produkte und Koprodukte von Mengen In Abschnitt 1.3 hatten wir Produkte und direkte Summen von Familien von Gruppen eingefUhrt. Wir kommen in diesem und im niichsten Abschnitt noch einmal kurz darauf zuruck, urn den Kontrast zu dem Koprodukt herzustellen, dessen EinfUhrung im Mittelpunkt dieser beiden Abschnitte steht. Sei I eine Indexmenge. Ein direktes Produkt einer Familie von Mengen {X, hEr ist eine Menge X zusammen mit eine Familie von Abbildungen p,: X ---+ X, mit der folgenden universellen Eigenschaft: fUr jede Menge Y und jede Familie von Abbildungcn q,: Y ---+ X,, gibt cs gcnau cine Abbildung q: Y ---+X, sodass q, = q 0 p, gilt. U m die Existcnz cines dircktcn Produkts nachzuwciscn, bctrachtct man die Menge rr,EI X, der Abbildungen X: I ---+ u,EI X, mit x( L) E X, zusammen mit den Abbildungen P>.: IJ,Er X, ---+X;.., x r---+ x(.A) fUr .A E I. Diese Daten besitzen die gewunschte universelle Eigenschaft. Denn sind die Menge Y und Abbildungen q,: y ---+ X, vorgegeben, so besitzt die Abbildung q: y ---+ rr,EI X,, die einem y E Y das Element q(y): L r---+ q1 (y) zuordnet, die gewunschten Eigenschaften. Dual zum Produkt von Mengen ist ihr Koprodukt. Darunter versteht man eine Menge X zusammen mit Abbildungen "'': X, ---+ X dergestalt, dass es fUr alle Mengen Y und alle Familien von Abbildungen JL 1 : X, ---+ Y genau eine Abbildung JL: X ---+ Y gibt mit JL 1 = JL o "''· Auch die Existenz von Koprodukten von Mengen ist einfach zu bestiitigen. Denn wir brauchen nur die disjunkte Vereinigung u,EI X, der Mengen X, zu nehmen, d. h. die Vereinigung der paarweise disjunkten Mengen {L} x X,, und als Abbildungcn die naturlichcn Injcktioncn "'>.: X;.. '---+ u,EI X,, die cincm X E X;.. das Paar (.A,x) zuordnet. Zum Nachweis der universellen Eigenschaft gehen wir von einer Menge Y und von Abbildungen JL>.: X;.. ---+ Y aus und definieren die Abbildung JL: u,EI X, ---+ y durch (.A, x) r---+ JL;..(x), die offensichtlich die gewunschten Eigenschaften besitzt.
Satz 6.1 stimmt.
Produkt und Koprodukt sind bis auf Isomorphismen eindeutig be-
Beweis Sind X zusammen mit den Abbildungen p,: X ---+ X,., L E I, sowie Y zusammcn mit den Abbildungcn q,: Y ---+ X,, L E I, zwci Produktc, so gibt cs wegen der universellen Eigenschaft des Produkts genau eine Abbildung p: X ---+ Y
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 G. Wüstholz und C. Fuchs, Algebra, Springer Studium Mathematik – Bachelor, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31264-0_9
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6 Universelle Konstruktionen
und genau eine Abbildung q: Y ---+ X, sod ass p" = q, o p und q, = p, o q. Dann ist q o p: X---+ X cine Abbildung mit dcr Eigcnschaft p" o (q o p) = (p" o q) o p = q" o p = p,. Dieselbe Eigenschaft besitzt auch idx. Da X ein Produkt ist, sind solchc Abbildungcn cindcutig bcstimmt, sodass, idx = q o p. Auf dicsclbc Weise zeigt man, dass, idy = p o q. Daher ist p und damit auch q ein Isomorphismus. Auf ahnliche Weise geht man bei Koprodukten vor. D Besitzen die auftretenden Mengen eine zusatzliche Struktur, die von den Abbildungen respektiert wird, z. B. Gruppen oder Ringe, so bleibt der Satz auch fUr solchc Strukturcn richtig, und die Isomorphismcn rcspckticrcn die Struktur.
6.2 Produkte und Koprodukte von Gruppen Handclt cs sich bci den Mcngcn urn Gruppcn { G,}cEI, so sind Produktc wic bci Mengen definiert, nur dass man zusatzlich verlangt, dass das Produkt von Gruppen eine Gruppe ist und alle Abbildungen Gruppenhomomorphismen sind. Hierzu vcrsicht man das mcngcnthcorctischc Produkt f1cEI G" von Gruppcn mit cincr Gruppenstruktur, bei der das Produkt zweier Gruppenelemente 91, 92 die Abbildung 9192: L H 91 (L)92(L) ist und das Einsclcmcnt die Abbildung e: L H e", wcnn e" das Einsclcmcnt in dcr Gruppc G" ist. Die in dcr univcrscllcn Eigcnschaft des Produkts vorkommende Abbildung q ist dann offensichtlich ein Gruppenhomomorphismus. Bci den Koproduktcn ist die Sachlagc nicht ganz so cinfach, da man nicht das mengentheoretische Koprodukt der Gruppen G 1 nehmen kann. Es besitzt i. A. kcinc Gruppcnstruktur. Ein Koprodukt von Gruppen G" ist eine Gruppe G zusammen mit Homomorphismcn v1.: ---+ G mit folgcndcr univcrscllcr Eigcnschaft: Ist H cine Gruppc und ist f.Lc: G" ---+ H cine Familic von Homomorphismcn, so gibt cs gcnau cincn Homomorphismus w G ---+ H, sodass f.Lc = f.L o v" gilt. Seine Konstruktion ist nicht ganz cinfach. Fur jcdcs n ::;> 0 und jcdcs Intcrvall In := [0, n) bctrachtcn wir die l\Ienge r n der Abbildungen r: In ---+ u,EI Gc und setzen r = Un r n· Man beachte, dass ro aus genau einem Element E besteht, dessen Definitionsbereich die lccrc Menge ist. Sind 11, 12 in r n1 bzw. r n 2 , so definieren wir das Produkt 11 * 12 als die Abbildung in rnl+n2l die L das Element /l(L) fUrL< n1 und /2(L- n1) fUr L ::;> n1 zuordnet. Aus der Definition des Produkts entnimmt man sofort, dass das Produkt assoziativ ist und dass sich jedes r E r n als ein Produkt ro * · · · * rn-1 von Elcmcntcn in r1 schrcibcn lasst. Dies bcdcutct, dass r die Gcsamthcit dcr endlichen Produkte von Elementen in r1 ist . .Jedes k und jedes u E G;.. definiert eine Abbildung T(k, u) von r nach r: Einem r E r n wird dabei das Element T(k, u)r E r n+l zugcordnct, das L < k auf r(L), k auf (.\, u) und L > k auf /(L-1) abbildet. Liegen u und v in derselben Gruppe, so nennen wir T(k, uv)r und
6.2 Produkte und Koprodukte von Gruppen
67
T(k, u)(T(k, v)r) aquivalent ebenso wie 1 und T(k,
wenn das Einselement in der Gruppe bezeichnet und L die Indexmenge I durchlauft. Die kleinste Aquivalenzrelation, die dadurch bestimmt wird, zerlegt die Menge r in Aquivalenzklassen. Jede Klasse schneidet r n in hi:ichstens einem Element, und es gibt eine kleinste Zahl n, sodass der Durchschnitt der Aquivalenzklasse mit r n nicht leer und dann auch eindeutig bestimmt ist. Die eben eingefiihrte Multiplikation ist vertraglich mit dieser Relation, sodass die Aquivalenzklassen eine Gruppe G bilden. Das neutrale Element ist die Aquivalenzklasse e von c. Ist g E G und 1 E rn ein Reprasentant von g, so definieren wir 1- 1 durch = l(n - 1 - L)- 1 . Dann sind I* und E aquivalent, sodass fur die Klassen g von 1 und g- 1 von 1- 1 die Beziehung g * g- 1 = e besteht. Daher ist g- 1 das Inverse von g. Nun mussen wir noch die Abbildungen v1.: ---+ G angeben, die ja Bestandteil der Daten fur ein Koprodukt sind. vVir betrachten hierzu furL E I und u E die A b bild ung In : 0 r---+ ( L, u). Sie liegt in r 1, und ihre A qui valenzklasse in G sei v, (u). \Vir erhalten so fur jedes Leinen Homomorphismus ---+ G, der u das Element zuordnet. Die Familie von Abbildungen besitzt dann die gewunschten Eigenschaften. Es ist klar, dass die Homomorphismen v 1• injektiv sind. Aufgrund der universellen Eigenschaft des Koprodukts von Mengen induziert die Familie von Homomorphismen ---+ G eine kanonische Abbildung v: ---+G. Es gilt v o = Wir hatten uns uberlegt, dass es fur jedes 1 E r genau ein aquivalentes Produkt 11 *···*In mit IJ E r1 und mit minimalem n gibt. Gehen wir zu den Aquivalenzklassen uber, so bedeutet dies aber, dass sich jedes g E G auf genau eine vVeise schreiben lasst als ein Produkt 91 * · · · * 9n mit 9i im Bild von U unter v und mit minimalem n. Insbesondere wird G von den Aquivalenzklassen der Elemente aus r1 und folglich von den Gruppen LEI, erzeugt. Es sei Heine weitere Gruppe und es seien ---+ H Homomorphismen. Da die Elemente g = vi (u) die Gruppe G erzeugen, ki:innen wir tJ.(g) = (u) set zen und dann die Abbildung zu einem Homomorphismus fortsetzen. Die beiden Konstruktionen zeigen, dass Produkt und Koprodukt existieren. Die Eindeutigkeit der Homomorphismen q bzw. fJ. sind offensichtlich. Sowohl das Produkt als auch das Koprodukt ist daher bis auf Isomorphie eindeutig bestimmt. Statt G schreiben wir auch *LEI Gi und nennen diese Gruppe das freie Produkt L E I. Darin gelten die Kurzungsregeln der Gruppen g
*h =
gh'
falls g, him Bild von liegen und gh das Produkt von g und h in ist. Schreibt man daher g E G als 91 * · · · * 9n mit gj E und minimalem n, so liegen je zwei benachbarte Faktoren in Bildern verschiedener v,..
6 Universelle Konstruktionen
68
Sind GL, & E I, und H", "' E K zwei Familien von Gruppen, so nennen wir eine Abbildung a: GL --+ u!iEK HK zulassig, falls cs cine Abbildung (]": I --+ K gibt, sodass fUr alle & E I die Restriktion von a auf vL(GL) einen Homomorphismus aL: GL--+ Ha(L) induzicrt. Es gilt dann aovL = JLa(L) oaL. Wir sctzcn G := *LEIGL sowie H = *"EKH". Eine zulassige Abbildung a induziert dann aufgrund der universellen Eigenschaft des freien Produkts einen Gruppenhomomorphismus a*: G--+ H mit a*ov = JLoa. Dabci ist v die zu G und JL die zu H gchorigc Abbildung. Der Homomorphismus a* ist durch a eindeutig bestimmt, da letzterer ihn auf den Erzeugenden von G festlegt.
Satz 6.2 Der Homomorphismus a* ist genau dann injektiv, wenn a und jektiv sind. Ist a surjektiv, so auch a*.
O"
in-
Beweis Sei a injektiv und seien g und h zwei Elemente aus G mit a*(g) = a*(h). Diese besitzen, wie wir gesehen haben, Darstellungen der Gestalt g = g1 * · · · * gn und h = h1 * · · · * hm, die eindeutig sind, wenn n und m als minimal vorausgesetzt werden. \Venn wir darauf a* anwenden, so ergeben sich zwei Darstellungen von a*(g) als Produkt von n bzw. m Elementen aus dem Bild der vL. Da O" injektiv ist, bleiben diese Darstellungen minimal. Wcgcn dcr Eindcutigkcit dcr Darstcllung von a* (g) als Produkt von Elcmcntcn aus dem Bild von v gilt nun a*(gi) = a*(hi) fUr alle i, d. h. insbesondere m = n. Die Injektivitat von a und v zieht dann gi = hi fur alle i und deswegen auch g = h nach sich. Ist umgekehrt a* injektiv und a(g) = a(h) fUr Elemente g, h in ilL GL, so erhalten wir gemafb Definition von a* die Beziehung a*(v(g)) = JL(a(g)) = JL(a(h)) = a*(v(h)) und daraus aufgrund der Injektivitat von a* und v sofort g = h. Also ist auch a injektiv. \Venn hingegen a surjektiv ist und wenn h E H vorgegeben ist, so schreiben wir h auf eindeutige Weise als h = h1 * · · · * hn mit minimalem n. Aufgrund der Surjcktivitiit von a gibt cs g1, ... , gn im Bild von v mit hj = a(gj)· Sctzcn wir g = g1 * · · · * gn, so erhalten wir h = a* (g1) * · · · * a*(gn) = a* (g). Dies zeigt, dass auch a* surjcktiv ist. D
6.3 Semidirekte Produkte In Abschnitt 1.3 haben wir aus einer Familie von Gruppen eine neue Gruppe, das direkte Produkt, konstruiert. Man kann auch umgekehrt von einer Gruppe ausgehen und diese in ein Produkt von Untergruppen zu zerlegen versuchen. In cincm spczicllcn Fall habcn wir das mit dcr intcrncn dircktcn Summc bcrcits get an. Es seien H und N Untergruppen mit H
N c( N),
N
nH
=
1.
(6.1)
69
6.3 Sernidirekte Produkte
Dann ist N H = { nh; n E N, h E H} eine Untergruppe von G, die man das interne semidirekte Produkt der Untergruppen N und H in G nennt und wofiir man auch N >< • • • 1>< Gn bezeichnet. Denn wegen (6.2) gilt 91 · · · 9n (h 1 · · · h n ) - 1
91 · · · 9n h-1 n · · · h-1 1 E 91 · · · 9n-2Gn-1 GnGn-1h;;_!2 · · · h1- 1 C 91 · · · 9n-2Gn-1 Gnh;;-_!2 · · · h1- 1
fur 9i, hi E Gi, 1 :::;
i:::; n,
Setzt man Q(k- 1)
Gk · · · Gn, 1 :::; k :::; n, so erhalt man eine Normalreihe
=
und man findet nach endlich vielen Schritten
Q(O) :..J Q(1) :..J ... :..J Q(n-1) :..J -
-
-
-
1
'
(6.4)
was man wie oben verifiziert. Ist die Untergruppe G1 · · · Gn die ganze Gruppe, so ncnncn wir G das interne semidirekte Produkt dcr Untcrgruppcn. Es gibt in diesem Fall eine kanonische Bijektion "": G1 x · · · x Gn--+ G1 · · · Gn, die (91, ... , 9n) auf 91 · · · 9n abbildet. Gilt namlich 91 · · · 9n = h1 · · · hn mit 9i, hi E Gi, so ist 9nhn - 1 sowohl in Gn als auch in G1 · · · Gn-1 und somit wegen (6.3) gleich 1, d. h. 9n = hn· Auf diese Weise findet man induktiv 9i = hi
6 Universelle Konstruktionen
70
fur alle i, sodass die Darstellung eines Gruppenelements als Produkt eindeutig ist. In diesem Fall kommutiert auch jedes Element aus Gk mit jedem Element aus Gk+l, wie wir bereits gesehen haben. Die Bijektion ist i. A. kein Homomorphismus. Ist dies doch der Fall, so nennt man G das interne direkte Produkt der Untergruppen G1, ... , Gn, die dann paarweise elementweise kommutieren und insbesondere auch Normalteiler sind. Sind umgekehrt alle Untergruppen Gj des semidirekten Produkts Normalteiler, so ist K, ein Homomorphismus und das interne semidirekte Produkt stimmt mit dem direkten Produkt uberein. Denn dann ist die Kommutatoruntergruppe [Gk, Gk+l], d. h. die von allen Kommutatoren [g, h] = ghg-lh-1, g E Gk, hE Gk+l, erzeugte Untergruppe, sowohl in Gk also auch in Gk+l, somit auch in (G1 · · · Gk)nGk+l = 1 enthalten und deswegen trivial. Dies bedeutet, dass Gk und Gk+l fur alle k = 1, ... , n- 1 kommutieren, was bewirkt, dass die fragliche Abbildung ein Homomorphismus ist. Zusammen erhalten wir so den
Satz 6.3
Die Gruppe G sei das semidirekte Produkt der Untergruppen G1, ... ,
Gn.
(i) Jedes Element von Elementen (ii) Die Gruppe G k = 1, 2, ... , vertauscht.
aus G liisst sich auf genau eine Weise als Produkt 91 · · · 9n 9j E Gj schreiben. ist genau dann ein internes direktes Produkt, wenn fiir alle n- 1 jedes Element aus Gk mit jedem Element aus Gk+l
Im kommutativen Fall, wo die Verknupfung ublicherweise additiv geschrieben wird, stimmen internes semidirektes und internes direktes Produkt uberein; wir schreiben dafiir G1 EB · · · EB Gn und nennen die Gruppe die direkte Summe der Untergruppen Gi von G. Eine Untergruppe H # 1 von G wird ein direkter Faktor genannt, wenn es eine Untergruppe K von G gibt, sodass G = H K das interne direkte Produkt der Untergruppen H und K ist. Besitzt jede Untergruppe # {1} einen direkten Faktor, so ncnnt man die Gruppe vollstandig reduzibel.
Satz 6.4 Eine Gruppe endlicher Lange ist vollstiindig reduzibel genau dann, wenn sie ein internes direktes Produkt von einfachen Untergruppen ist.
Beweis Es sei G vollstandig reduzibel. Wir beweisen durch Induktion, dass G ein Produkt von einfachen Untergruppen ist, was unmittelbar klar ist, falls G einfach ist. Andernfalls gibt es eine nicht triviale echte Untergruppe G'. Diese besitzt nach Voraussetzung einen direkten Faktor G". Beide Faktoren sind nach Induktionsvoraussetzung direkte Produkte einfacher Gruppen, daher auch ihr Produkt G. Ist umgekehrt G = G1 · · · Gn ein direktes Produkt einfacher Gruppen, so setzen
6.4 Limites und Kolirnites
71
wir G(k) = G1 · · · Gn-k, 0 :::; k :::; n - 1. Dies sind Normalteiler von G, und es gilt G(k) = G(k+l) · Gn-k· Ist H r;;;; G eine Untergruppe, so auch HG(k+l) und wegen der Einfachheit von Gn-k ist der Durchschnitt HG(k+l) n Gn-k entweder die triviale Untergruppe oder aber gleich Gn-k· Im ersten Fall ist
direkt, im zweiten Fall gilt Gn-k r;;;; HG(k+l) und somit
Beginnend mit k = 0 erhalten wir induktiv eine Untergruppe H' r;;;; G, die sich aus den Faktoren Gj zusammensetzt, fUr deren Index der erste Fall eintritt, und die direkter Faktor von H ist. D Sind zwei Grupp en G1, G2 und eine Darstellung p: G2 -+ Aut( Gl) in die Gruppe der Automorphismen der Gruppe G 1 gegeben, so kann man das verschriinkte Produkt oder auch semidirekte Produkt G1 >. und fUr allc die Idcntitat cp,, = ide, bcstcht. Die Familic ( G,. --+ hcil1.t cine dircktc Familic von Homomorphismen. Ein Paar bestehend aus einer Familie von Gruppen sowie einer direkten Familie von Homomorphismen nennt man ein direktes System. Ein ( direkter oder injektiver) Limes eines direkten Systems ({ G,hEI, ( ist eine Gruppe G zusammen mit einer Familie von Homomorphismen cp 1 : G, --+ G fUr E I mit folgenden Eigenschaften: (i)
= cp 1 fUr alle
o
E
I mit
::; "''
(ii) fur jcdc Gruppc G' und Familic --+ G' von Homomorphismcn gibt cs gcnau cincn Homomorphismus cp: G --+ G' mit cp o = cp; fUr allc E I (universelle Eigenschaft). Wir schrcibcn Analog definiert man ein inverses System und den Kolimes (bzw. inversen Limes oder projektiven Limes), indem man alle Pfeile umkehrt. Wir schreiben
fur den Kolimes. Es gilt der folgender
Satz 6.6
Limites und Kolimites sind bis auf Isomorphie eindeutig bestimmt.
Bevveis Sind G zusammen mit den Homomorphismen cp 1 : G 1 --+ G fUr 1" E I und G' zusammcn mit cp': --+ G' cin Limes. Dann gibt cs wcgcn dcr univcrscllcn Eigenschaft des Limes eindeutig bestimmte Homomorphismen cp: G --+ G' und cp': G' --+ G mit cpocp, = und cp' = cp 1 fUr alle E I. Somit ist cp' ocp: G--+ G cin Homomorphismus mit dcr Eigcnschaft ( cp' o cp) o cp = cp' o (cp o cp = cp' o cp; = cp Dieselbe Eigenschaft besitzt ide. Da G ein Limes ist, sind solche Abbildungen eindeutig bestimmt, sodass ide = cp' o cp. Auf dieselbe Weise zeigt man, dass ide' = cp o cp'. Daher ist cp und damit auch cp' cin Isomorphimsus. Auf ahnlichc \Veise geht man bei Kolimiten vor. D
6.5 Freie Gruppen
73
Der Limes existiert fiir jedes direkte System ({G 1} 1 EI, (rp 11i:)) von Gruppen. Sei dazu zuniichst G' die disjunkte Vereinigung ULEI G 1 (siehe 6.1). Es gibt dann natiirlichc Injcktioncn rp;: GL---+ G'. Wir dcfinicrcn G = Sci g, hE G. Dann gilt g = und h = fur ein 9t E GL und ein hli: E ali:. Wir wahlen ein ..\ E I mit ..\::; L,""' und setzen 9>. = tp>, 1 (g1 ) und h>, = tp>,li:(hli:). Dann existiert das Produkt g>,h>, und wir setzen gh = (g>,h>.) E G. Die so definierte Operation auf G ist wohldcfinicrt und macht G zu cincr Gruppc. Die Abbildungcn rp 1 = G 1• ---+ G sind Homomorphismcn und cs liisst sich nun lcicht zcigcn, dass dies dcr gesuchte direkte Limes ist. Zudcm cxisticrt dcr Kolimcs fiir jcdcs bclicbigc indircktc System von Gruppcn. Sei dazu G' das direkte Produkt und definiere G als die Untergruppe bestehend aus alle Elementen g E G' mit rp 1 1i:(g(t")) = g("'") fiir alle L,""' E I mit L::; ""'· Dann ist G zusammen mit den kanonischen Projektionen (eingeschriinkt auf G) G---+ G 1 der Kolimes. Wir nennen eine Gruppe G, die Kolimes endlicher Gruppe ist, eine proendliche Gruppc.
ui
Beispiel6. 7 Sci p cine Primzahl und G 1 = 7ljp 1 7L Wcitcr sci I = 7l mit dcr natiirlichcn Ordnung sowic rp 11i: die kanonischc Projcktion, wclchc x + ph:'ll, auf x + p 1 7l abbildet. Dann ist der Kolimes der Ring Zp der ganzen p-adischen Zahlcn. Es handclt sich, wic man lcicht zcigt, urn cincn Intcgritiitsbcrcich. Dcr Quoticntcnki:irpcr Qp hci:!St dcr Korpcr dcr p-adischcn Zahlcn. Weitere Bespiele sind durch das Produkt und das Koprodukt von Gruppen gegeben.
6.5 Freie Gruppen In Beispiel 1.19 haben wir Gruppen definiert, die von einer Teilmenge einer vorgegebenen Gruppe erzeugt werden. Ihre Elemente sind endliche Ausdriicke in den Elementen der Teilmenge. Oft ist es so, dass zwischen den erzeugenden Elementcn Rclationcn bcstchcn. Bcispiclswcisc kann dcr Fall cintrctcn, dass zwci solchc Elemente s, t kommutieren. Dann sind diese beiden Elemente nicht vi:illig unabhiingig, sondcrn cs bcstcht zwischen ihncn cine Relation, niimlich
st = ts. Odcr cs kann scin, dass das Element s cndlichc Ordnung n bcsitzt. Dann gilt offenbar die Relation In der Tat werden Gruppen in der Praxis in den meisten Fallen dadurch gegeben, dass man Erzcugcndc dcr Gruppc und Rclationcn zwischen ihncn angibt. Frcic Gruppen sind solche Gruppen, bei denen au:!Ser den Relationen, die durch die
74
6 Universelle Konstruktionen
Gruppenaxiome gegeben werden, keine weiteren Relationen zwischen den Erzeugcrn bcstchcn. Das soll nun formalisicrt wcrdcn. Fiir eine l\lenge S betrachten wir Paare (G, f) bestehend aus einer Gruppe G und cincr Abbildung f: S---+ G mit dcr Eigcnschaft, dass f(S) die Gruppc G erzeugt. Es gilt dann (f(S)) =Ginder Notation von Beispiel 1.19. Eine Gruppe G zusammcn mit cincr Abbildung f: S ---+ G hcifSt frcic Gruppc iibcr S odcr auch freie Gruppe erzeugt von S, wenn das Paar (G, f) die folgende universelle Eigenschaft besitzt: Ist f': S---+ G' eine beliebige Abbildung in eine Gruppe G', so gibt es einen eindeutig bestimmten Homomorphismus rp: G---+ G' mit rp of= f'.
Wir ncnncn S cin frcics Erzcugcndcnsystcm fiir G, die Elcmcntc von S frcic Erzeugende. Sind G, G' zusammen mit Abbildungen f: S ---+ G, f': S ---+ G' Gruppen mit dieser universellen Eigenschaft, so gibt es einen Isomorphismus : G ---+ G' mit of = f'. Dieser ist eindeutig bestimmt.
Lemma 6.8
Ist (G, f) eine freie Gruppe, so ist f injektiv.
Bcwcis Wir wahlcn s E S und bctrachtcn die Abbildung f': S ---+ 7Lj27L mit f' ( s) = 1 und f' ( s') = 0 fiir s' -1- s. Dann gibt es nach Definition der freien Gruppc gcnau cincn Homomorphismus rp: G---+ 7Lj27L mit f' = rp of. Gibt cs cin s' -1- sinS, so folgt wegen rp(f(s)) = f'(s) = 1 -1- 0 = f'(s') = rp(f(s')) zunachst f(s) -1- f(s') und daraus die Injektivitat von f. D
Aufgrund von Lemma 6.8 kann die Menge S mit ihrem Bild in G identifiziert und die Injektion f unterschlagen werden, was wir in Zukunft tun wollen. Die bis auf Isomorphie eindeutig bestimmte freie Gruppe zu S, die im nachfolgenden Satz konstruiert wird, bezeichnen wir dann mit F(S). Eine Gruppe G heifSt frei, falls sic isomorph zur Gruppc F(S) ist, und cndlich crzcugt, wcnn S cine cndlichc Menge ist. Man nennt lSI den Rang der freien Gruppe.
Satz 6.9 Fiir jede MengeS existiert eine iiber S freie Gruppe F(S), und diese ist bis auf Isomorphie eindeutig bestimmt. Beweis Die Permutationsgruppe einer additiven zyklischen Gruppe G enthalt die Abbildung u: g f---1- g+1, g E G, die eine multiplikative zyklische Untergruppe der Permutationsgruppe erzeugt. Ist die Gruppe G unendlich, so auch die Gruppe (u). Wir haben so ein Modell fiir eine multiplikative unendliche zyklische Gruppe konstruiert. Urn die Existenz von freien Gruppen nachzuweisen, wahlen wir eine multiplika-
6.5 Freie Gruppen
75
tive unendlich zyklische Gruppe (u). Ist eine MengeS gegeben und s E S, so macht die Abbildung (s,um) (s,un) = (s,um+n) aus der Menge {s} x (u) eine unendlich zyklischc Gruppc mit dcm crzcugcndcn Element Us= (s, u) und dcm Einsclcmcnt ls = (s, idz). Bezeichnen wir mit F(S) das freie Produkt *sES (us) der Gruppen (us) und mit f: S ---+ F(S) die Hintereinanderschaltung der kanonischen Injektion i: s f---7 Us E UsES(us} mit der Abbildung v: UsES (us} ---+ *sES (us}, so ist (F(S), f) die gcsuchtc frcic Gruppc. Dcnn fUr jcdc Abbildung g: S---+ H von S in cine Gruppc H gibt cs cine Abbildung f.L : UsES (us) ---+ H mit g = f.L o i. Sic bildet Us auf g( s) a b. Aufgrund der universellen Eigenschaft des Koprodukts der Gruppcn (us) gibt cs nun gcnau cincn Homomorphismus f.L*: *sES ('us) ---+ H, sodass, f.L = f.L* o v. Daraus ergibt sich wegen g = f.L o i = f.L* o v o i = f.L* of die D universelle Eigenschaft fur freie Gruppen. Sind f: S ---+ F(S), g: T ---+ F(T) freie Gruppen und ist a: S ---+ T eine Abbildung, so gibt es genau einen Homomorphismus F(a): F(S) ---+ F(T) mit F(a)of =goa. Dies folgt dirckt aus dcr Definition cincr frcicn Gruppc, angcwandt auf (f, G)= (f, F(S)), (!', G') =(goa, F(T)). Die Zuordnung F, die jeder Menge S die frcic Gruppc F(S) und jcdcr Abbildung a: S ---+ T den Homomorphismus F(a): F(S)---+ F(T) zuordnet, besitzt die folgenden Eigenschaften: 1. F(a o (3) = F(a) o F((3), 2. F(ids) = idF(S) . Hier sind ids und idF(S) die Identitaten auf S und F(S). Man nennt eine Zuordnung mit dieser Eigenschaft einen Funktor. In der Mathematik begegnet man Funktoren auf Schritt und Tritt. Zwei konzeptionell wichtige Eigenschaften des Funktors F wollen wir noch in folgendem Satz zusammenfassen.
Satz 6.10 Eine Abbildung a: S ---+ T ist genau dann injektiv, wenn F( a): F(S) ---+ F(T) injektiv ist. Ist sie surjektiv, so auch F(a).
Beweis Ist a: S ---+ T injektiv, so wahlen wir eine Abbildung (3: T ---+ S, sodass (3 o a= ids. Ist sic surjcktiv, so wahlcn wir cine Abbildung (3, sodass a o (3 = idr. Es gilt dann
F((3) o F(a) = F((3 o a) = F(ids) = idF(S) SOWlC
F(a) o F((3) = F(a o (3) = F(idr) = idF(T) . Da idF(S) injektiv ist, ist F(a) injektiv im ersten Fall. Da idF(T) surjektiv ist, ist F(a) surjektiv im zweiten Fall. Ist umgekehrt F(a) injektiv, so ist F(a)of =goa injektiv wegen 6.8, dann aber auch a wegen der Injektivitat von g (loc. cit.). D
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6 Universelle Konstruktionen
Satz 6.11 Jedc Gruppe ist Bild eincr frcicn Gruppe. Ist die Gruppe endlich erzcugt, so kann man crrcichcn, dass die freic Gruppc cbcnfalls endlich crzeugt ist. Beweis Es sei G eine Gruppe, (f, F(G)) die durch die Menge G definierte freie Gruppc und f': G ---+ G die Idcntitat. Dann gibt cs nach Definition cincr frcicn Gruppe genau einen Homomorphismus cp: F( G) ---+ G mit cp o f = f'. Dieser ist offcnsichtlich surjcktiv und die Gruppc G das Bild dcr frcicn Gruppc F( G). Ist G crzcugt von dcr cndlichcn MengeS, so ist G das Bild dcr frcicn Gruppc F(S). D
6.6 Beispiele Man kann die Elcmcntc cincr frcicn Gruppc F(S) als Wi:irtcr im Alphabet S U s- 1 auffassen, wobei die Elemente von s- 1 die Gestalt s- 1 mit s E S besitzen. Ist beispielsweise S = {a, b, c}, so sind Wi:irter Ausdriicke der Gestalt w = ababa- 1 aa- 1 ca- 1 bb- 1 ccb. Wi:irtcr wcrdcn addicrt, indcm sic cinfach hintcreinander geschrieben werden. Daraus wird klar, dass das leere Wort 0 das neutrale Element scin muss. In freien Gruppen besteht ein gewisses minimales System von Relationen: es gelten z. B. die Kiirzungsregeln a- 1 a = 0 fur a E S U s- 1 . Wendet man diese Relationen an, so schreibt sich das ·wort w als w = ababa- 1 ca- 1 ccb. Ferner schreibt man der Einfachheit halber, und nur ihretwegen, z. B. das Wort aaaaa als a 5 , das Wort bcbcbc als (bc) 3 . Unser Beispielwort w liest sich dann als (ab?(a- 1 c?cb. Kiirzer geht es i. A. nicht. Es ware mi:iglich, die Theorie der freien Gruppen ausgehend von dieser Auffassungsweise zu entwickeln. Jedoch halten wir den gewahlten Zugang fiir wesentlich kiirzer und konzeptionell eleganter. Hingegen ist der kurz angedeutete Ansatz in der Praxis gelegentlich einfacher zu handhaben. Freie Gruppen werden beni:itigt, urn Gruppen mit gewissen Eigenschaften zu konstruieren. Diese Eigenschaften treten in der Regel als Relationen auf, die Elemcntc cincr Gruppc crfiillcn sollcn. Einc dcr crstcn Gruppcn dicscr Bauart, die wir kennengelernt haben, war die Diedergruppe ][J)n (siehe 1.8), wo die Relationcn (1.1) zum Tragcn kommcn. Aus Satz 6.11 folgt, dass sic das Bild cincr frcicn Gruppc ist. Dicscn Sachvcrhalt ki:inncn wir nun cxplizit angcbcn. Es sci S cine Menge mit den Elementen s und t, und NR der kleinste Normalteiler in F(S), der
tn, s 2 , (st? enthalt. Dann ist ][J)n
F(S)/NR.
Urn dies cinzuschcn, wenden wir die univcrscllc Eigcnschaft auf die Abbildung f': S ---+ ][J)n, t r--+ T, tk s ---+ Tk+l, 0 :::; k < n, an. Der zugehi:irige Homomorphismus
77
6.6 Beispiele
rp: F(S)---+ IDln faktorisiert tiber die Untergruppe NR und liefert den gewunschten Isomorphismus. Ein weiteres Beispiel betrifft die Gruppe PSL 2(Z) = SL 2(Z)/{±1}. Diese Gruppe wird erzeugt von den Bildern O", T in PSL2(Z) der Elemente
deren Produkt gleich
ist und in PSL2(Z) das Element tionen
O"T
definiert. Diese Elemente genugen den Rela-
Wie vorhin betrachten wir eine Menge S = { s, t} mit zwei Elementen und die zugehorige freie Gruppe F(S). Darin sei N R der kleinste Normalteiler, der s 2, (st) 3 enthiilt. Dann [Se1] ist F(S)/NR c:::- PSL2(Z). Es ist klar, dass die Gruppen fJJ2 und fJJ3 der zweiten bzw. dritten Einheitswurzeln Untergruppen der Gruppe PSL2 (Z) sind. Als letztes Beispiel definieren wir die verallgemeinerten Quaternionengruppen Q(m, n, r, s), m,n 2> 0, r,s E Z. Diese Gruppen sind von zwei Elementen a, b erzeugt, die den Relationen
genugen. Die Gruppen Q(m, n, r, s) konnen wieder als Quotient einer freien Gruppe F(S), erzeugt von einer Menge S = {u, v} mit zwei Elementen nach dem kleinsten Normalteiler, geschrieben werden, der die Elemente
enthalt. Die Gruppe Q = Q( 4, 2, 2, -1) ist die Quaternionengruppe, die Gruppe Q(n, 2, 0, -1) die Diedergruppe !Illn.
6 Universelle Konstruktionen
78
Ubungsaufgaben zu Abschnitt 6.3 1. Zeige, dass durch Gleichung (6.5) tatsachlich eine Gruppe definiert wird.
2. Zcigc, dass fur 91 E G1, 92 E G2 in G1 G2 gilt 9291 = P(92)(91)92· 3. Berechne das zu einem 9 E G1 > 1, die zusammen mit -1 die Einheitengruppe erzcugt. Dies ist sozusagcn dcr klcinstmoglichc Kcttcnbruch. Bctrachtcn wir die Kcttcnbruchcntwicklung [2, 4] von VS, so wird k = 1 und
G
p =
Die charaktcristischc Glcichung ist c2
-
4E- 1 = 0 3
mit den Wurzcln 2 ± J5 = ( 1±2v'5) . Man sicht hicraus, dass unscr Vcrfahrcn nicht immer die valle Einheitengruppe liefert.
11.4 Der Euler-Lagrangesche Satz Wir haben in 11.3 gesehen, dass Einheiten in einem reell-quadratischen Zahlkorper cine pcriodischc Kcttcnbruchcntwiclung bcsitzcn. Wir zcigcn in dicscm Abschnitt, dass dies kein Zufall ist.
11.4 Der Euler-Lagrangesche Satz
121
Der erste Schritt ist der Satz von Euler.
Satz 11.9 (Euler) Ist die Kettenbruchentwicklung von dann muss algebraisch iiber Ql vom Grad 2 sein.
e
eE
JR+VQ periodisch,
e
Bcwcis Sci = [xo, X1, .. .] cin uncndlichcr pcriodischcr Kcttcnbruch und TJ dcr assoziierte periodische Kettenbruck. Es genugt zu zeigen, dass rJ N ullstelle eines quadratischcn Polynomcs mit Kocffizicntcn in Z ist. Aus (11.2) folgt, dass
TJ
=
TJo
=
AoTJ1
= ··· =
Ao · · · Ak-1TJo,
sodass ry = PoT] folgt, wobei wieder
Ao · · · Ak-1 =Po:= (
)
E
GL2(Z)
gesetzt wurde. Dies ist aquivalent zur Gleichung cry 2
+ (d -
a )ry - b = 0
e
und somit ist ry algcbraisch vom Grad 2. Wcitcr gilt = Pr-1TJ, was ry = pr--_\e =: Nullstelle einer Gleichung
Qe zur Folge hat. Daher ist
e
c(Qe) 2
+ (d- a)Qe- b =
0.
Multiplizicrt man die Glcichung mit cincm gcmcinsamcn Ncnncr, so crgibt sich eine quadratische Gleichung tiber Z mit als Losung. D
e
Wir nennen e E JR+ mit [Q(e) : Ql] = 2 eine quadratische Irrationalitiit und zeigen nun umgekehrt, dass eine quadratische Irrationalitat eine periodische Kettenbruchentwicklung besitzt.
Satz 11.10 (Lagrange) Eine quadratische Irrationalitat besitzt cine periodische Kettenbruchentwicklung. Beweis Sei e irrational und angenommen es gebe a, b, c E Z mit ae +be+ c = 0. Wir konncn a > 0 annchmcn und dcfinicrcn die quadratischc Form f(X, Y) := aX 2 + bXY + cY 2 . Fur sie gilt
+ Pn-2, qn-1en + qn-2) f(Pn-1, qn-1)e; + (2aPn-1Pn-2 + b(Pn-2qn-1 + Pn-lqn-2) + 2cqn-1qn-2)en + f(Pn-2, qn-2)·
0 = f(e, 1) = f(Pn-1en, 1) = f(Pn-len
=
Die Identitat e = Pn-1en folgt dabei wieder aus (11.2), was auch ohne Periodizitat richtig ist. Den letzten Ausdruck nennen wir + bnen + Cn. Setzen wir weiter fn(X, Y) := anX 2 + bnXY + CnY 2, SO ist
122
11 Quadratische Zahlringe
und fn(E,n, 1) = 0. Da (E,, 1) eine Nullstelle von fo =fist, konnen wir f(X, 1) = a(E,- X)(rJ- X) fiir ein rJ E C schreiben. Somit
an= fo(Pn-1, qn-1) = q'Ldo (Pn- 1 , qn-1 Damit kann man
lanl
1)
=
(e,-
Pn- 1 ) qn-1
1) . (TJ- Pnqn-1
nach obcn abschatzcn:
- 4ancn. Durch Analog zeigt man auch lcnl :s; C. Wir betrachten nun bn := Nachrechnen zeigt man bn = 6o. Daher erhalten wir :s; l6ol +4C 2 , also ist auch Ibn I bcschrankt. Da an, bn, en E Z fur allc n EN, bcdcutct dies, dass nur cndlich viele quadratische Funktionen fn (X, 1) existieren, die jeweils hochstens je zwei Losungcn habcn konncn. Allc E,n, n E N sind abcr Losungcn von den Glcichungcn fn(X, 1) = 0, n E N. Deshalb existieren k, l E N, k # l mit E,k = E,z und somit besitzt E, eine periodische Kettenbruchentwicklung. D
11.5 Primelemente im gaussschen Zahlring Es ist nicht schwierig, die Primelemente 1r = a+ b i im Ring der ganzen gaussschen Zahlen Z[i] = {rn + n i; rn, n E Z} C CQ(i) zu bestimmen. Die Normfunktion N macht, wie wir gesehen haben, Z[i] zu einem euklidischen, also insbesondere auch faktoriellen Ring. Dort sind die irreduziblen Elemente 1r sogar Primelemente, d. h. 1r I o:/3 impliziert 1r I o: oder 1r I /3, fur alle 0 # o:, f3 E Z[i]. Ihre Norm besitzt die Gestalt N( 1r) = 1rfr = a 2 + b2 . Dcr folgcndc Satz macht nun cine Aussagc tiber die Primelemente im Ring der gaussschen Zahlen.
Rationale Primzahlen p E Z bleiben entweder Primelemente in
Satz 11.11
Z[i] oder zerfallen in ein Produkt p = ± 1rfr von konjugierten Primelementen 1r, fr E Z[i]. Umgekehrt teilt jedes Primelement 1r E Z[i] eine eindeutig bestimmte Primzahl p
E
Z.
Beweis Fur ein Primelement 1r E Z[i] gilt 1r I N(1r) = 1r · fr E Z. Da N(1r) # ±1 ist, tcilt 1r cine rationale Primzahl p. Tcilt 1r cine wcitcrc Primzahl q, so auch das Ideal (p, q) = (1) und somit ist 1r eine Einheit, was ein Widerspruch ist. Daher ist die zu 1r gehorige Primzahl p eindeutig bestimmt. Ist p nicht prim in Z[i], so konncn wir p in dcr Form ±1r1r1 fur cin 1r1 E Z[i] schreiben, woraus N(1r)N(1r') = p 2 folgt. Da weder N(1r') = ±1 noch N(1r) = ±1
11.5 Prirnelernente irn gaussschen Zahlring
gilt, bleibt nur noch bewiesen.
±p =
123
N(1r) = 1rfr ubrig. Damit ist der Satz vollstandig D
Wir nennen eine ungerade rationale Primzahl p triige in Z[i], falls sie auch in Z[i] cin Primclcmcnt ist, andcrnfalls zerfiillt die Primzahl pin Z[i] in cin Produkt zweier konjugierter Primelemente und lasst sich deswegen als Summe von zwei Quadratcn schreiben. Dies motiviert den folgenden auf Euler und Fermat zuruckgehenden
Satz 11.12 Eine ungerade Primzahl ist genau dann eine Summe von zwei Quadraten, wenn sie kongruent 1 (mod 4) ist. Beweis Es bleibt nur noch zu zeigen, dass eine Primzahl p ::::::: 1 (mod 4) eine Summc von zwci Quadratcn ist. Dazu setzcn wir r = (p- 1)/4 und bcachtcn, dass die Gruppe IFPx zyklisch der Ordnung p -1 ist. Ist g ein erzeugendes Element dicscr Gruppc, so sctzcn wir h =gr. Dann gilt h 2 = -1, also ist -1 cin Quadrat in der Gruppe. Es gibt dann ganze Zahlen a, b mit 0 < a < p und -1 = a 2 + bp. Wir setzen a= a+ i und erhalten N(a) = a 2 + 1 = bp. Dann gibt es aber einen Primfaktor 1r von a mit p = N(1r), und p ist eine Summe von zwei Quadraten. D Fur die Primzahl 2 gilt 2 = (1 + i)(1- i). Wegen i(1- i) = i + 1 sind 1 + i und 1 - i assoziiert, d. h. es gilt 2 = -i(1 + i) 2 . Da i eine Einheit ist, kann die Primzahl 2 in Z[i] somit bis auf eine Einheit als Quadrat eines Primelements geschrieben werden. Man nennt die Primzahl 2 dann verzweigt. Beachtet man, dass eine ungerade Primzahl p stets kongruent 1 oder 3 (mod 4) ist, Quadrate stets kongruent 0 oder 1 (mod 4) sind, so ergibt sich nun insgesamt der folgende
Satz 11.13 Eine ungerade Primzahl p E Z ist in Z[i] genau dann trage, wenn p : : : : 3 (mod 4); sie zerfallt genau dann in nicht assoziierte Primelemente, wenn p::::::: 1 (mod 4). Die Primzahl 2 zerfallt in Z[i] in der Form 2 = -i(1 + i) 2 . Beispiel11.14 Wir erhalten aus dem Satz ganz leicht eine Liste von Primelementen in Z[i]. Zum Beispiel weist man muhelos nach, dass die Elemente
(1
+ i),
3, (1
+ 2i),
(1- 2i), 7, 11, (3 + 2i), (3- 2i), (4 + i), (4- i), 19,
allesamt Primelemente sind.
124
11 Quadratische Zahlringe
Ubungsaufgaben 1. Zeige, dass es keine Einheiten 1 < w < 1 + v'2 in Q( v'2) gibt. 2. Sci E JR+\Q und Pn/qn dcr n-tc Nahcrungsbruch dcr Kcttcnbruchcntwicklung von Zeige, dass fur allen 2: 1 stets qn 2: 2(n- 1 )/ 2 . 3. Sci E JR+\Q und Pn/qn dcr n-tc Nahcrungsbruch dcr Kcttcnbruchcntwicklung von Zeige, dass
e
e
e. e.
fUr allc n EN ist. (Hinwcis: Zcigc, dass die Folgc bj := (JPk-1 +Pk-2)/(jqk-1 + qk_ 2 ) fur j = 0, 1, ... , k monoton wachscnd fUr gcradcs k bzw. monoton fallend fUr ungerades kist. Verwende weiter, dass fUr ajb < cjd, b, d > 0 stets ajb < (a+ c)j(b +d) < cjd gilt.) 4. Bcrcchnc die Kcttcnbruchcntwicklung des Goldcncn Schnittcs A:= (1 +v'5)/2. vVie lauten die Naherungsbruche? 5. Zcigc fur den Nahcrungsbruch Pn/qn dcr Kcttcnbruchcntwicklung des Goldcnen Schnittes, dass fUr jedes C > J5 die Ungleichung
nur fur endlich viele n E N gUltig ist. 6. Beweise, dass On:= -4ancn =5o fUr die im Beweis des Satzes von Lagrange auftretentenden Grossen ist. 7. Berechne die Fundamentaleinheit im Korper Q( V3). 8. Zeige, dass in Z[i] '--- Z die Norm einer Primzahl eine Primzahl in Z ist.
12
Polynomringe
12.1 Polynome Es sci R cin unitarcr kommutativcr Ring. Wir bctrachtcn die Menge r(N, R) der Abbildungen f: N ---+ R mit endlichem Trager supp(f) = {n E N; f(n) # 0}. Diese konnen addiert und mit Ringelementen von links multipliziert werden, indem man (f + g)(n) = f(n) + g(n) und (r f)(n) = r f(n) fUr r E R setzt. Es gilt offcnsichtlich (r + s)f = rf +sf und r(sf) = (rs)f, d. h. die Multiplikation ist distributiv und assoziativ von links. Au:fScrdcm gilt If= f sowic r(f +g) = r f + rg. Man kann aber auch zwei solche Abbildungen miteinander multiplizieren. Dazu bildet man ihr Konvolutionsprodukt, ein R-bilineares und assoziatives Produkt auf der Menge dieser Abbildungen, das f, g E r(N, R) die Abbildung f * g E r(N, R) zuordnct, die durch
(f
* g)(n) :=
L
f(k) g(l)
k+l=n
gcgcbcn ist. Das Konvolutionsprodukt ist offcnsichtlich kommutativ, und so wird r(N, R) zu einer kommutativen R-Algebra (siehe auch 22.1). Jedes f E r(N, R) lasst sich auf genau eine Weise als endliche Linearkombination f = L, f(n)r5n dcr Abbildungcn r5n E r(N, R) schrcibcn, die fi.ir n den Wert 1, sonst abcr den Wert 0 annimmt. Das Element r5o ist offensichtlich ein Einselement der Algebra. Definiert man induktiv fi.ir k E N Potenzen r5 1k von 61, indem man r5P = r5o und r5 1k = (r51k-l) * 61 fi.ir k 2: 1 setzt, so gilt r5k = r5 1k und daher
Wir nennen die Abbildungen f Polynome und die Algebra r(N, R) einen Polynomring oder auch eine Polynomalgebra in 61 i.iber dem Ring R und bezeichnen sie mit R[rS1]. Schreiben wir noch X statt 61, so erhalten wir die wohlbekannte Schrcibwcisc R[X] fi.ir cincn Polynomring in cincr Variablcn odcr Unbcstimmtcn. Fi.ir f schreiben wir auch f(X) und nennen die fk seine Koeffizienten. Diese sind bis auf endlich viele alle gleich 0. Ein Polynom f # 0 kann so immer in der Form
dargcstcllt wcrdcn mit fi := f(d- i) und fo # 0. Dann ncnnt man d den Grad von f und schreibt dafi.ir deg(f). Den Koeffizienten £(!) := fo nennt man Leitkoeffizient oder auch fuhrenden Koeffizienten und fd den konstanten Term. Bcmcrkung: Wir habcn dicsc schcinbar umstandlichc Art, cincn Polynomring cinzufU.hren, deswegen gewahlt, weil der Begriff ,,Variable" oder ,Unbestimmte" zu
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 G. Wüstholz und C. Fuchs, Algebra, Springer Studium Mathematik – Bachelor, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31264-0_15
126
12 Polynornringe
vage ist. Unser Zugang prazisiert diese Begriffe, die wir salopperweise in Zukunft dcnnoch auch bcnutzcn wcrdcn, wohlwisscnd was korrcktcrwcisc dahintcrstcckt.
12.2 Polynome in mehreren Variablen Auf prinzipicll dicsclbc Art konncn auch Polynomringc in mchrcrcn Variablcn eingefuhrt werden. \Vir erinnern zunachst daran, dass Nd die Menge der Abbildungcn c:: {1, 2, ... , d} ---.'> N ist. Jc zwci Elcmcntc dcr Menge konncn wicdcrum addiert und mit ganzen Zahlen multipliziert werden. So wird Nd zusammen mit dcr Addition cin sogcnanntcs additives Monoid. Oft idcntifizicrt man cin c: E Nd auch mit dem d-Tupel seiner Werte, also mit (c(1), ... , c(d)). Mit C:i fUr i = 1, 2, ... , d bczcichncn wir das Element, das cincm j # i die 0 und j = i die 1 zuordnct. So kann ein c: in Nd auf eindeutige \Veise als Linearkombination
mit nicht-ncgativcn ganzcn Kocffizicntcn in den ,Basisclcmcntcn" C:i gcschricbcn werden. Wir bezeichnen nun mit r(Nd, R) die Menge der Abbildungen f: Nd---.'> R mit cndlichcm Trager supp(f) und mit 6E das Elcmcntc, das fur c: ENd den Wert 1 und sonst den Wert 0 besitzt. Statt 6Ei schreiben wir auch kurz 6i. Jedes f lasst sich wic obcn auf gcnau cine \Vcisc in dcr Form
darstellen, wobei c: die Menge Nd durchlauft. Man nennt f(c:) den Koeffizienten von 6E. Wic vorhin dcfinicrcn wir die Konvolution f * g von f, gE r(Nd, R) durch die Gleichung
2.:::
(! * g)(c:) =
f(c:l) g(c:2) '
E1 +c2=E
und Potenzen fk induktiv durch fk-l *f. Drucken wir c: durch die Basiselemente aus, so ergibt eine einfache Rechnung, dass 6c und cSt(l) * * 6:(d) ubereinstimmen und wir so Ci
0
,
_
s;c(l)
uE- ul
0
0
s;E(d) * . . . * ud
erhalten, also insgesamt
Auf diese Weise erhalten wir die Polynomalgebra R[61, ... , 6d] in d Variablen tiber R. Schreiben wir noch f g statt f *9 und Xi statt 6i, so findet sich die wohlbekannte Form
12.2 Polynorne in rnehreren Variablen
127
eines Polynoms in den Variablen X1, ... , Xd wieder. Wir erhalten so einen Polynomring R[X1, ... , Xd] uber Rind Variablen. Ausdrucke lt1E = X 1c(l) · · · x:(d) mit c ENd ncnnt man Monome und deg(f)
sup
:=
(c(l)
EEsupp(f)
+ .. · + c(d))
den Grad von f falls f #- 0. Wir setzen schliefWch deg(O) eine Funktion deg: r(Nd, R) ---+ N U { -oo} mit deg(f g)
deg(f)
= -oo und erhalten so
+ deg(g)
und deg(f +g)
sup {deg(f), deg(g)} .
Eine solche Funktion nennt man eine nicht-archimedische Bewertung. Besitzen in einem Polynom f alle mit von 0 verschiedenem Koeffizient vorkommenden Monome den gleichen Grad deg(f), so nennen wir das Polynom homogen. Ein Ringhomomorphismus rp: R ---+ S induziert immer einen Ringhomomorphismus rp*: r(Nd, R) ---+ r(Nd, S), f r---1- rp o j, mit rp*(b"c) = 6E und so einen Homomorphismus rp*: R[X1, ... , Xd] ---+ S[X1, ... , Xd], der die Monome festhaJt. Polynomringe besitzen die folgende universelle Eigenschaft und sind dadurch bis auf Isomorphic eindeutig charakterisiert:
Satz 12.1 Es seien R und S unitare kommutative Ringe, rp: R---+ S ein Homomorphismus und {1, ... , d} ---+ S cine Abbildung. Dann gibt es genau einen = rp und = (I < Homomorphismus i.p( R[61, ... , 6d] ---+ S mit j
Beweis
Es sei
f
=
L
f(c)
···
Dann setzen wir
Hierdurch wird in eindeutiger Weise ein Homomorphismus festgelegt, der die gewunschtcn Eigcnschaftcn bcsitzt. D Den so definierten Homomorphismus nennen wir den zum Paar ( rp, A uswertungshomomorphismus.
gehorigen
Beispiel12.2 Ist R C:::: S und rp die Inklusionsabbildung und schreiben wir := 1 j d, so ordnct dcr Homomorphismus dcm Polynom f scincn Wert in (6, ... , zu, d. h. es gilt = !(6, ... , im ublichen Sinn. Ist I C Rein Ideal und rp = 1r: R---+ R/1 = R', sowie S = (Rji)[61, ... ,6d] und j r---1- 61 , so ist = rp* und das Polynom in 5, das man aus f crhalt, indcm man die Koeffizienten f(c) durch ihre Restklassen in R/1 ersetzt. Man nennt
128
12 Polynornringe
s D
Satz 12.18 Ein Polynomring R[T] in einer Variablen iiber einem faktoriellen Ring R ist faktoriell. Beweis \Vir stellen f in der Form f = I(f)f* dar. Ist K der Quotientenkorper von R, so ist K[T] faktoriell und f* kann bis auf eine Einheit inK auf eindeutige Weise als Produkt von primitivcn irreduziblcn Polynomen in R[T] gcschriebcn werden. Die Einheit in K schreiben wir in der Form ujv mit u, v E R und (u, v) = 1. Dies geht da R faktoriell ist. \Vir erhalten so eine Darstellung v f* = ufl* · · · fm* mit fl*, ... , fm* E R[T] und I(f/) = 1, 1 :S j :Sm. Aus 12.17 folgt, dass die Einheit ujv in R liegt. Nach Voraussetzung ist R faktoriell und I(f) bis
12.9 Irreduzibilitiit
141
auf eine Einheit in R ein Produkt von irreduziblen Elementen in R. Daher ist insgcsamt f bis auf cine Einhcit in R cin Produkt von irrcduziblcn Elcmcntcn in R[T]. D
12.9 Irreduzibilitat Es ist oftmals sehr wichtig, Polynome mit Koeffizienten in einem Ring R zu finden, die irreduzibel sind. Eines der wenigen bekannten Verfahren liefert das sogenannte Eisenstein-Kriterium, das wir nun herleiten und an Beispielen illustrieren werden. Wir bctrachtcn hicrzu cin Polynom
in R[T].
Satz 12.19 (Eisensteinscher Satz) Gibt es ein Primideal p E R, sodass (mod p) , i (mod
so ist
>0,
p2 ),
f irreduzibel.
Bevveis
Ist
f = gh ein Produkt zweier Polynome g = Tz h = Tm
+ g1Tl-1 + ... + gz + h1Tm- 1 + · · · + hm
'
in R[T] vom Grad 2: 1, und ist 1r: R[T] ---+ (Rjp) [T] die Reduktionsabbildung (siehe Beispiel 12.2), so gilt Tn = 1r(j) = 1r(g)1r(h) und deswegen 1r(g) = T 1, 1r(h) = Tm. Dazu verwenden wir, dass Rjp ein Integritatsbereich ist und dass dahcr jcdc Zcrlcgung ubcr dcm Quoticntcnkorpcr von Rjp nach dcm Lemma von Gauss zu einer Zerlegung uber dem Integritatsbereich R fUhrt. Da fn = gzhm = 0 (mod p) abcr ¢ 0 (mod p2 ) folgt, dass cntwcdcr gz odcr hm in p licgt. Angenommen es gilt gz = 0 (mod p). Sei gr der erste Koeffizient von g, welcher '¢ 0 (mod p). Es gilt r o:/=l und fr = hmgr+hm-1gr+l +· · ·. Da hmgr '¢ 0 (mod p) aber jeder andere Summand= 0 (mod p) folgt fr ¢ 0 (mod p) im Widerspruch zur Voraussetzung. D Sctzt man voraus, dass dcr Ring faktoricll ist, so kann man die Voraussctzung an f dahingehend abschwachen, dass der Leitkoeffizient nicht mehr eine Einheit zu sein braucht. Stattdessen muss man verlangen, dass f primitiv ist. Der eisenstcinschc Satz gcstattct cs, schonc und wichtigc Bcispiclc irrcduziblcr Polynomc zu konstruieren.
142
12 Polynornringe
Beispiel12.20 Ist p eine rationale Primzahl und ist n 1, so sind die Polynome Tn - p und Tn + p irreduzibcl, woraus sich fUr n 2 die Irrationalitat von p 11n ergibt. Beispiel12.21
Wir betrachten wiederum fUr eine Primzahl p das Polynom
f(T) = TP- 1 + TP- 2
+ ··· + T + 1 .
Hierauf kann das Kriterium nicht angewandt werden, da die Koeffizienten offensichtlich nicht die ni::itigen Teilbarkeitseigenschaften besitzen. Diese ki::innen jedoch sozusagen kunstlich erzwungen werden, indem man T durch T + 1 ersetzt, d. h. statt dessen das Polynom f(T + 1) betrachtet. Es gilt namlich
TP- 1 = (T- 1) f(T) und somit einerseits
(T
+ 1)P- 1 =
T f(T
+ 1)
und andererseits unter Zuhilfenahme der binomischen Formcl
(T
+ 1)P- 1 = T
( TP- 1 +(f) TP- 2
1)).
sind aber fur 1 - E ;;;:> K endliche Korpererweiterungen, so ist F ;;;:> K separabel iiber K genau dann, wenn F separabel iiber E und E separabel iiber Kist.
Beweis Dies folgt sofort aus Lemma 14.3. Denn dann gilt fUr endliche Korpererwei terungen
[F:K]s [F:K]
[F: E]s
[F:E]
[E :K]s [E:K]
Jeder dieser Quotienten ist :::; 1 und 1 genau dann, wenn die entsprechende Erweiterung separabcl ist. D Wir sind nun in der Lage, bis auf Isomorphie die endlichen Korper zu bestimmen. Wir benotigen dazu das folgende, auch fur sich genommen interessante Result at:
Satz 14.9 Endliche Untergruppen der multiplikativen Gruppe eines Korpers sind zyklisch.
Beweis Es sei G(p) die zur Primzahl p gehOrige p-Sylow-Untergruppe von G und e(p) ihr Exponent. Dann gilt ge(p) = 1 fUr allegE G(p), und somit ist G(p) in der Nullstellenmenge von xe(p) - 1 enthalten. Nach Satz 7.11 gilt dann e(p) :::; IG(p)l :::; :::; e(p), d. h. e(p) = IG(p)l. Daher ist G(p) isomorph zu Z/e(p)Z und folglich zyklisch. Wahlen wir fur jedes p ein erzeugendes Element g(p) von G(p), so erzeugt g:= f1pg(p) die Gruppe G. D Als Anwendung erhalt man sofort den
Satz 14.10 (Hauptsatz iiber endliche Korper) Fiir jede Primzahl p undjede ganze Zahl m 2: 1 gibt es einen Korper lFprn mit q = pm Elementen. Er stimmt mit dem Zerfallungskorper des separablen Polynoms Tq - T E lFP [T] iiberein. Jeder endliche Korper ist isomorph zu einem dieser Korper lF pm.
Beweis Wir betrachten in einem algebraischen Abschluss IFp von lFp die Null. ( stellenmenge von TP m - T. Dann g1lt x - y )'Pm = xP m - yP m = x - y und 1 1 (xy-l)prn = xPrn(y- )Prn = x(yPrn)_ = xy-1, d. ist ein Unterkorper von IFp. Das Polynom TP=- T ist wegen Beispiel14.7 separabel und somit gilt = pm, also ist = lFPrn der gesuchte Korper. Ist umgekehrt ein endlicher Korper der Charakteristik p, so ist ein endlich dimensionaler Vektorraum tiber lF p, d. h. es
14.1 Separabilitat
163
gilt II; I = prn fiir m = dim I;, Weiter ist I; "-- {0} als endliche Untergruppe der multiplikativen Gruppe eines Ki:irpers nach Satz 14.9 zyklisch und ihre Elemente g crfiillcn gPm_ 1 = 1, d. h. gPm =g. Sic sind somit Nullstcllcn von TPm_ T. Daher D ist I; Zerfiillungski:irper dieses Polynoms, also isomorph zu IFPrn. \Vir sind nun in der Lage zu zeigen, dass eine endliche separable Ki:irpererweiterung schon durch cin cinzigcs Element crzcugt wcrdcn kann. Dies ist von grofScm praktischen Nutzen, da der Nachweis konstruktiv ist, sodass das gesuchte Element explizit bestimmt werden kann.
Satz 14.11 (Satz vom primitiven Element) Ist E :2 K eine endliche und separable Korpererweiterung, so gibt es ein a E E mit der Eigenschaft, dass E = K(a) gilt. Beweis
Es sei a1, ... , an E E eine Basis von E iiber K und
\Vir wahlen einen algebraischen Abschluss r2 von K und setzen
mit 0', T E HomK(E, r2). Es gilt L(J" #- L 7 fiir 0' #- T, denn aus O'(ai) = T(ai) fiir i = 1, ... , n folgt sofort 0' = T. Somit ist f #- 0. Bcsitzt K uncndlich viele Elemente, so existiert ein c = (c1, ... , en) E Kn mit f(c) #- 0, also mit O'(L(c)) #- T(L(c)) fiir 0' #- T. Dies besagt, dass die Konjungierten iiber K von A = L( c) E E alle paarweise verschieden sind und so die Restriktionsabbildung : HomK(E, r2) -+ HomK(K(.\), r2) injektiv ist, weswegen wir [E: K]:::: [K(.\): K]:::: IHomK(K(.\),r2)1:::: IHomK(E,r2)1 = [E: K], also K(.\) = E erhalten. Ist K endlich, so folgt der Satz direkt aus dem Hauptsatz 14.10 iibcr cndlichc Ki:irpcr. D Ein Element a E E mit E = K(a) ncnnt man cin primitives Element. Dcr Satz vom primitivcn Element folgt auch sofort aus dcm folgcndcn allgcmcincrcn
Satz 14.12 Es sei E :2 K eine endliche Korpererweiterung. Dann sind folgende Aussagen iiquivalent: (i) Es gibt ein a E E, sodass E = K(a). (ii) Es gibt nur endlich viele Zwischenkorper. Beweis
Fiir den Beweis verweisen wir auf Bourbaki (siehe [Bour2] §39).
D
164
14 Theorie der Korpererweiterungen
14.2 InseparabiliUit Wir haben im Zusammenhang mit der Einfiihrung von Polynomen in Abschnitt 12.3 festgestellt, dass bei Korpern der Charakteristik p gelegentlich Probleme auftauchcn, die man cigcntlich nicht crwartct. Dies fiihrt uns zur sogcnanntcn Inseparabilitat, der wir uns in diesem Abschnitt zuwenden. Es sei dazu K ein Korpcr dcr Charaktcristik p > 0.
Satz 14.13 Fiir ein Polynom f(T) E K[T] gilt f'(T) = 0 genau dann, wenn f E K[TP]. Ist f irreduzibel, so ist f genau dann separabel, wenn f rj:. K[TP]. Bevveis Gestalt
Die Ableitung eines Polynoms f
f'
=
foTn
= nfoTn- 1 + (n- 1)f1Tn- 2
+ fiTn-l + · · · + fn
+ · · · + fn-1
besitzt die
.
Daraus liest man ab, dass genau dann f' = 0 gilt, wenn jfn-j = 0 fiir alle j, d. h. p I j fur allc j mit fn-j i= 0, und somit f = g(TP) E K[TP]. Die zwcitc Behauptung folgt sodann aus der Ubungsaufgabe 10. D
Korollar 14.14 Es sei E :2 K eine Korpererweiterung und a E E algebraisch. Dann existiert ein m 2 0 derart, dass aP= separabel iiber K ist.
Bevveis Es gibt ein maximales m 2 0, sodass das normierte Minimalpolynom f von a iibcr K die Gestalt f = g(TPrn) mit g rj:. K[TP] hat. Bcsitzt g cine Zcrlcgung g = hk, so zieht dies die Identitat f(T)
g(TPrn) h(TP"') k(TPm)
nach sich und wcgcn dcr Irrcduzibilitat von f sofort h = 1 odcr k = 1. Somit ist g das Minimalpolynom von aPm. Aufgrund der Definition von g und von Satz 14.13 ist g und damit auch aPm scparabcl. D Ein Element a einer algebraischen Korpererweiterung E ::J K nennen wir inseparabcl, falls cs nicht scparabcl ist. Gibt cin solchcs Element, so ncnncn wir E cine inseparable Erweiterung. Sie wird rein inseparabel, genannt, wenn jedes Element von E "- K inseparabel iiber K ist.
Satz 14.15 Fiir jedes a in einer rein inseparablen Korpererweiterung E :2 K gibt es eine kleinste Zahl m 2 0, sodass aPm in K liegt. Fiir dieses mist rv=- aP= das Minimalpolynom von a iiber K. Beweis Es gibt ein maximales m, sodass das Minimalpolynom g E K[T] von a sich als g(T) = h(TP=) schreiben lasst. Da g irreduzibel ist, ist auch h irreduzibel. Satz 14.13 zcigt dann, dass h scparabcl ist. Das Element (3 = aPm licgt in E und ist Nullstelle des separablen Polynoms h, also separabel iiber K. Da E rein
165
14.3 Norrnale Erweiterungen
inseparabel tiber K ist, liegt (3 in K, was h = T- (3 und daher g(T) = rv= - aP= nach sich zieht. vViire rn nicht die kleinste Zahl mit aPm E K, dann ware a Nullstcllc cines Polynoms dcr Gestalt TPm' - avm' fUr cin rn' nicht das Minimalpolynom von a.
K heif1.t normal tiber K, wenn jedes irreduzible Polynom in K[T], das in E eine Nullstelle besitzt, in E[T] in Lincarfaktorcn zcrfiillt. Man kann dies auch so ausdrtickcn: E => K ist gcnau dann normal tiber K, wcnn folgcndc Aussagc gilt: Vf E K[T] [(! irreduzibel und n E # 0) ==? E] Ist D cin algcbraischcr Abschluss von K, dcr E cnthiilt, und ist E normal tiber K, so ist trivialerweise (14.1) Im Allgcmcincn sind dicsc Riiumc vcrschicdcn. Wir dcfinicrcn die Rcstriktionsabbildung AutK(D) ----+ HomK(E, D) als = CTIE fUr CT E AutK(D). Sie ist wegen Satz 13.16 surjektiv, jedoch kein Homomorphismus, es sei denn, es besteht in (14.1) die Gleichheit. Dies wird die zentrale Eigenschaft der Klasse von Ki::irpererweiterungen sein, die wir im niichsten Abschnitt behandeln werden. Uber die Gleichheit macht der folgende Satz u. a. eine Aussage.
166
14 Theorie der Korpererweiterungen
Satz 14.16 Fiir einen Zwischenkorper D E K sind die folgenden Aussagen aquivalent: (i) E ist normal iiber K, (ii) (AutK(D)) = AutK(E), (iii) HomK(E, D) = AutK(E), (iv) E ist der Zerfallungskorper in D einer Familie nicht-konstanter Polynome aus K[T], (v) mit x E E liegen samtliche Konjugierten iiber KinD bereits in E.
Beweis Die Aquivalenz (ii) ¢? (iii) folgt aus der Surjektivitat von die Implikation (i) =? (iv) aus der Tatsache, dass E Zerfiillungskorper der Familie der Minimalpolynome tiber K der Elemente von E ist. Ist x E E und y E D konjugiert zu x, so gibt es einen K-Automorphismus r.p von D mit r.p(x) = y. Ist (iii) crfullt, so ist seine Rcstriktion auf E cin Automorphismus und dcswcgcn y in E; dies zeigt die Implikation (iii) =? (v). Die Konjugierten eines Elements x in E sind Nullstellen des Minimalpolynoms von x und liegen in E, wenn (v) erflillt ist. Daher folgt (i) aus (v). Es bleibt nur noch (iv) ==? (ii) nachzuweisen. Hierfur sei E der Zerfiillungskorper einer Familie nicht-konstanter Polynome aus K[T] und I; die Menge der Nullstellen der Familie. Nach Voraussetzung gilt u(I;) = I; fUr u E AutK(D) und somit u(E) = u(K(I;)) = K(u(I;)) = K(I;) =E. D Korollar 14.17 Es sci D E K ein Zwischenkorper. Dann ist E normal iiber K genau dann, wenn E mit all seinen Konjugierten iibereinstimmt. Korollar 14.18 Sind die Korpererweiterungen F F normal iiber K, so ist F auch normal iiber E.
E
K algebraisch und ist
Beweis Es sei D ein algebraischer Abschluss von F, u E AutE(D) Ist F K normal, so gilt u(F) =F. Daher ist F E normal.
AutK(D). D
Beispiel14.19 Dcr algcbraischc Abschluss cines Korpcrs ist normal. Jcdc quadratische Erweiterung eines Korpers ist normal. Beispiel14.20 Wir grcifcn noch cinmal das Beispiel 13.19 auf und bctrachtcn das Polynom T 3 - 1 = (T - 1)JK) x TE, x abgcschlosscn sind, somit nach Tychonov auch ihrc Produkte = Gal(E.\.1 K) x TE, x {c 1}
IT
.\.olt,K:
ebenso wie ihre endlichen Vereinigungen ri,K: = Uc,EGal(E,/K) PL,K:· Lemma 15.16 Jcdc offcnc Untcrgruppc von Gal(FIK) ist abgcschlosscn.
D
Bcwcis Sci U c:;; Gal( F I K) offen. Dann ist die Vcrcinigung dcr N cbcnklasscn CT U # U offen und ihr Komplement in Gal( F I K) abgeschlossen und stimmt mit U ubcrcin. Also ist U abgcschlosscn. D Wir bczcichncn mit Ye die Menge dcr abgcschlosscncn Untcrgruppcn von Gal(FI K) und mit X die Menge der Zwischenkorper F :2 L :2 K. Ist H eine abgeschlossene U ntergruppe von Gal( F I K), so bezeichnet pH den Fixkorper von H. Man erhiilt dann Abbildungen
"': Ye -----+ :J{ ' H :J{ -----+ Ye, E
r:
f-------7 f-------7
FH Gal (FIE) .
Lemma 15.17 Fiir jede Galoiserweiterung F ;::2 L gilt pGai(F/L) = L. Beweis Nach Definition der Galoisgruppe ist L ;::2 pGal(F/L). Fur die umgekehrte Inklusion bczcichncn wir mit£ = {E 1 hEI die Menge dcr Zwischcnkorpcr F :2 E :2 L, die endlich und galois tiber L sind. Sei x ein Element in F \ L. Dann gibt es ein E 1 E £ das x cnthalt. Andcrnfalls sci u E Gal(EjL) so gcwiihlt, dass u(x) # x gilt. Da p 1 surjcktiv ist, gibt cs cin erE Gal(FIL), sodass u = p 1 (er) und dahcr er(x) = #X gilt. Also ist X nicht in pGal(F/L)_ D \Vir haben nun die notwendigen Hilfsmittel beisammen, urn den Hauptsatz der Galoistheorie zu formulieren und zu beweisen.
Satz 15.18 (Hauptsatz der Galois-Theorie fiir unendliche Erweiterungen) Sei F I K eine Galoiserweiterung. Die A bbildung "': Ye ---+ :J{ ist eine inklusionsumkehrende Bijektion von Ye auf X; die zu "' inverse Abbildung ist 1: :J{---+ Ye. Die offenen Untergruppen von Gal(FIK) sind dabei die Untergruppen mit endlichem Index und entsprechen somit den endlichen Erweiterungen von K.
15.6 Anwendungen der Galois-Theorie
181
n
Bevveis Ist p :2 L :2 K eine Erweiterung, so ist Gal(PI L) = Gal(PI E), wobei der Durchschnitt sich iiber alle E E £ erstreckt mit E :2 L. Mit £ bezeichnen wir dabci wic obcn die Menge dcr Zwischcnki:irpcr P :2 E :2 L, die cndlich und galois iiber L sind. Denn trivialerweise gilt Gal( PI L) :2 Gal( PI E) fur alle E. Ist umgekehrt cr im Durchschnitt, so ist cr die Identitiit auf allen E :2 L und somit auch auf L. Die Gruppen Gal(PI E) sind offen nach Definition der Topologie. Ist L :2 K cndlich, dann crstrcckt sich dcr Durchschnitt nur iibcr cndlich viclc E und ist als Durchschnitt cndlich viclcr offcncr Mcngcn offcn. Ist L :2 K cine unendliche Erweiterung, so ist Gal(PI L) nach Lemma 15.16 als Durchschnitt von abgcschlosscncn Mcngcn abgcschlosscn. Aus Lemma 15.17 folgt sofort, dass K, o 1 = id,e gilt. Zudem ist leicht zu sehen, dass K, und "( inklusionsumkehrend sind. Als niichstes zeigen wir, dass 1 o K, = id,e gilt. Zunachst ist K,(H) = pH und dann "f(PH) = Gal(PI L) mit L = pH. Da L von H festgehalten wird, ist H Gal( PI L) und es bleibt zu zeigen, dass auch H :2 Gal(FI L) gilt. Die Gruppcn Gal(PI E) mit E E £ bildcn cine Umgebungsbasis des neutralen Elements von Gal(PI L ). Wir wiihlen ein E" E £. Das Bild H, von Hunter der Projektion p 1 : Gal(P I L) ----7 Gal(E"I L) besitzt L als Fixki:irpcr. Daher gilt E 1H' = L = E?ai(E,/L). Dcr Hauptsatz dcr Galoisthcoric fUr endliche Erweiterungen besagt dann, dass H 1 = Gal(EjL) gilt. Sei cr E Gal(PIL) und T E H mit p 1 (cr) = p 1 (T), d.h. T E crGal(PIE1 ). Dies bcdcutct abcr, dass cr im Abschluss von H in Gal(PI L) licgt. Nach Voraussctzung ist H abgcschlosscn und daher gilt cr E H. Damit ist gezeigt, dass H = Gal(PIL). Sei H eine offene Untergruppe von Gal(FIK). Nach Lemma 15.16 ist sie auch abgeschlossen und somit gleich Gal(PIL) mit L = PH. Die offenen Nebenklassen von H iiberdecken Gal(FIK) und da nach Theorem 15.15 Gal(PIK) kompakt ist, wird Gal(PI K) bereits durch endlich viele Nebenklassen iiberdeckt. Dies bedeutet, dass H endlichen Index in Gal(PI K) besitzt und damit I Gal(LIK)I = [Gal(PIK): H] endlich ist. D Auch hicr lassen sich, analog zur Thcoric fUr cndlichc Galois-Erwcitcrungcn, wieder Zusiitze beweisen. vVir verweisen auf die Ubungsaufgaben zu diesem Abschnitt, wo man cine cntsprcchcndc Aufgabc dazu findct.
15.6 Anwendungen der Galois-Theorie Es sei f E K[T] ein normiertes Polynom vom Grad n 2:: 1 und
die Zerlegung von
f
in seinem Zerfallungski:irper E. Wir setzen
... ,an)= IT(ai-aj) i 2 und
= x2
betrachten die Kongruenz
(mod p)
in Z. Besitzt sie eine Li::isung, so nennen wir n einen quadratischen Rest {mod p), andernfalls einen quadratischen Nichtrest. Wir definieren fUr n oj:. 0 das LegendreSymbol als 1 = {
-1
n ist quadratischer Rest modulo p, n ist quadratischer Nichtrest modulo p.
Aus der Definition wird unmittelbar klar, dass das Legendre-Symbol nur von der Rcstklassc von n modulo p abhangt und cincn Homomorphismus ,\von (ZjpZ)x nach fJ.J2 = { ±1} definiert, indem .A( a+ pZ) = gesetzt wird. Dies ergibt sich daraus, dass die Quadrate in (ZjpZ) x cine Untcrgruppc vom Index 2 bildcn. Dcr Zerfallungski::irper Q[p] des irreduziblen Polynoms ci>P besitzt eine zyklische GaloisGruppe von gerader Ordnung. Nach 15.19 gibt es dann eine eindeutig bestimmte quadratische Erweiterung Q( J"I);) in Q[p]. Urn sie zu bestimmen, miissen wir die Diskriminante Dp des p-ten Kreisteilungspolynoms bestimmen. Lemma 17.1
Die Diskriminante von ci>p ist
Beweis Das Produkt fl (( - 1) erstreckt iiber alle N ullstellen von ci>p ist gleich (djdT)(TP- 1) = pTP- 1 ausgewertet in T = 1, also gleich p. Weiter gilt f1 ( = ci>p(O) = 1, wcnn das Produkt iibcr dicsclbc Nullstcllcnmcngc gcbildct wird. Lcitcn wir die Glcichung TP- 1 = (T- 1)ci>p(T) ab, so crhaltcn wir die Bczichung :=pTP- 1
(mod ci>p(T)).
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 G. Wüstholz und C. Fuchs, Algebra, Springer Studium Mathematik – Bachelor, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31264-0_20
(17.1)
198
17 Das quadratische Reziprozitiitsgesetz
Setzt man nun m (17.1) die Nullstellen von p ein, bildet danach wiederum das Produkt iiber alle ( # 1 und multipliziert schlie:ll,lich beide Seiten mit (-1)P(P- 1)/ 2 = (-1)(P- 1 ll 2 , so erhalt man pDp= (-1)(p-1)/2r-1 und damit die Behauptung.
D
Aufgrund von Lemma 17.1 ki:innen wir den Ki:irper Q( yfJJ;;) als Q( JP*) mit quadratfreiem p* = (-1)(P- 1ll 2 p schreiben. Daher gilt Q( JP*) r;;;; Q[p], was bedeutet, dass
Q(y]5) r;;;; { Q((, H) wenn p p Q(() wenn p
=3
=1
(mod 4), (mod 4).
\Vir nennen eine Ki:irpererweiterung zyklotomisch, wenn sie durch Adjunktion von Einheitswurzeln gebildet werden kann. Nach Satz 14.9 besitzt sie dann die Gestalt Q[n] fiir ein geeignetes n. Wenn man beachtet, dass Q((, H) r;;;; Q[4p], so folgt sofort
Q( y]5)
C {
p -
Q[4p]
Q [p]
wenn p wenn p
=3
=1
(mod 4) (mod 4),
und daher der Satz von Kronecker und \Veber im Fall von quadratischen Erweiterungen der Gestalt Q( Vf5) fur ungerade Primzahlen p. Au:ll,erdem gilt Q( J2) c Q[8] sowie Q( H) = Q[4]. Beachtet man schlie:ll,lich, dass Q( Vfi) t;;;; Q( Jk, VZ) fiir teilerfremde positive ganze k und l sowie Q( h ) t;;;; Q( H, Vk) gilt, so folgt der Satz 17.2 Jede quadratische Erweiterung Q( VD) von Q ist in einer zyklotomischen Erweiterung enthalten. Die quadratische Erweiterung Q( J]J*) r;;;; Q[p] eri:iffnet uns eine zweite Mi:iglichkeit, eincn Homomorphismus x: (Z/pZ)x -+ [].J2 zu definieren. \Vir sctzen dazu x(a) = ( JP*)O"p(a) / JP* und erhalten einen von der Wahl der Quadratwurzel aus p* unabhangigen Homomorphismus. Einc dritte Mi:iglichkcit, einen Homomorphismus A von (Z/pZ)X nach [].J2 anzugeben, ergibt sich aus Satz 1.34 von Lagrange. Die Abbildung von 7L nach [].J2, die a E 7L genau dann auf 1 abbildet, wenn a(P- 1 )/ 2 1 (mod p) gilt, ist konstant auf den Restklassen modulo p und induziert daher einen Homomorphismus A : (ZjpZ)X -+ [].J2· Da (Z/pZ) x = IF; als multiplikative Untergruppe eines Ki:irpers nach Satz 14.9 zyklisch ist, ergibt sich aus dem folgenden Lemma sofort, dass ), = x = A gilt, d. h. alle drei Homomorphismen stimmen iiberein.
=
199
17.2 Gausssche Summen
Lemma 17.3 Fiir jede zyklische Gruppe G gilt 1Hom(G,tu2)1::; 2. Bcwcis Ist 1 -::/= a E Hom(G,tu2) und G = (g), so gilt a(g) = -1 und infolgedessen a(g 2) = 1. Es ergibt sich kera = (g 2), woraus wir entnehmen, class a eindeutig festgclegt ist. Daraus folgt die Behauptung. D Aus dem Beweis des Lemmas entnehmen wir, class der Kern von A genau aus den Quadraten besteht und class es demnach ebensoviele quadratische Reste wie quadratische Nichtreste gibt. Aus der Gleichheit von A und A ergibt sich sofort das Kriterium von Euler: Satz 17.4 (Kriterium von Euler) ganze Zahl mit (n,p) = 1, so gilt
Ist p eine ungerade Primzahl und n eine
= n(P- 1 )1 2
(mod p).
Als direkte Konsequenz a us dem eulerschen Kriterium erhalten wir ( = 1 2 ( -1)(P- )/ (mod p ). Wegen p -::/= 2 muss die Kongruenz eine Gleichheit sein, soclass = ( -1)(P- 1 )/ 2 und infolgedessen p* = p gilt.
17.2 Gausssche Summen Wir haben gesehen, class [Q[p] : Q] = deg p = p- 1 gilt. Die Potenzen (a von (, a E (7Ljp7Ly, d. h. der Orbit unter der Galois-Gruppe G := Gal(Q[p]/Q), bilden daher eine Basis von Q[p] iiber Q, sodass wir
y'ij =
L
Ca(o-p(a)
aE(Zjp'J'.)X
schreiben ki::innen mit rationalen Koeffizienten Ca. Wenden wir auf diese Gleichung ein O'p(b) E Gal(Q[p]/Q), b E (7Ljp7Ly, an, so andert sich die linke Seite urn einen Faktor die rechte Seite nimmt die Gestalt cb-la(o-p(a) an. Durch Koeffizientenvergleich ergeben sich daraus die Relationen cb-la = Ca und weiter, wenn man b =a setzt, die Beziehung Ca = Dies setzen wir in die Darstcllung von VJi* ein und erhalten
Vii=
C1
L
aE(ZjpZ)X
q
2.::: aE(ZjpZ)X
\Vir bestimmen nun
c1
durch Quadrieren der gaussschen Summe
200
17 Das quadratische Reziprozitiitsgesetz
Lemma 17.5 p* = (
Ist (
eine primitive p-te Einheitswurzel und setzen wir
)p, so gilt
Sv2 = p*. Bcwcis
\Vir bilden das Quadrat der gaussschen Summe Sp und erhalten
sp 2 DurchHiuft a die Gruppe (7ljp7l) x, so auch ab. Beachtet man, dass die Summe ( + ( 2 + ... + (P- 1 gleich p- 1 ist, falls ( = 1 gilt, und andernfalls den Wert -1 annimmt, so erhiilt man 52 p
L
(ab2 ) ((a+l)b p
a,bE(Zjpz)x
2...::
aE(ZjpZ)X
(p-
(£)
((a+1)b
2...::
bE(ZjpZ)X
1)
2...::
(£)
aE(ZjpZ)x, ay'c-1
=p(-1)p
2...:: aE(ZjpZ)X
(::) p
Da es ebenso viele quadratische Reste wie Nichtreste gibt, verschwindet die rechte Summe, und man erhalt schlieJ!,lich
woraus sich direkt die Behauptung ergibt.
D
Unsere Diskussion zeigt, dass wir fiir den Beweis des Spezialfalles des Satzes von Kronecker und Weber den Weg iiber quadratische Erweiterungen hatten vermeiden konnen, wenn wir gleich von der gaussschen Summe Sp ausgegangen waren. Denn Lemma 17.5 zeigt dann, dass Q( JP*) in Q(Sp) ,(a)= 0. Dann ist Xn(a)A. - >,(a) = 0 eine Abhangigkeitsrelation zwischen n -1 Homomorphismen. Nach Induktionsvoraussetzung folgt 0 = Xn(a)A.j- AjXj(a) = (Xn(a)- Xj(a))A.j fur 1 ::; j ::; n-1 und nach Voraussetzung konnen wir fUr vorgegebenes j ein a E R so wahlen, dass Xn(a) # Xj(a) und deswegen Aj = 0 gilt. Es folgt 0 =A.= AnXn und somit An = 0. Dies ist ein Widerspruch. D
Wir betrachten eine endliche Galois-Erweiterung L ;;2 K mit Galois-Gruppe r sowie fUr positive ganze Zahlen n die Gruppe GL( n, L) der invertierbaren n x nMatrizen mit Eintragen in L. FurrY E r, U = (Ui,j) E GL(n,L) sowie x =(xi) E Ln = Ain,l(L) setzen wir CY(U) = (CY(Ui,j)) und rY(x) = (rY(xi)), wodurch r auf GL(n,L) und Ln operiert.
Satz 18.2 (Speiser) Es sei U: r ---+ GL(n, L), rY M U(J", eine Abbildung mit UO"T = U(J"CY(UT) fiir alle rY, T E r. Dann existiert ein T E GL(n,L) mit u(J" = r- 1CY(T) fiir alle rYE r. Bcwcis
Wir betrachten die Abbildung U: EndL(Ln) ---+ EndL(Ln), die durch
u =
L
u(J"
o(Y
O"Ef
gegeben ist. lst T E r, SO erhalten wir T(U) l:O"Ef T (U(J" o rY) l:O"Ef (U7 -lum) o (TrY) = U7 -l U. \Venn wir noch nachweisen, dass es em
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205
18.1 Der Satz von Speiser
C E GL(n,L) gibt mit U(C) in GL(n,L), so gilt Ua der Satz ist bewiesen. Fiir v E Ln sctzcn wir
l(v)
=
L Ua(u(v)) aEr
und crhaltcn so cine Abbildung von Ln nach Ln. Sic bcsitzt die Eigcnschaft, dass fiir A E L und v E Ln gilt
l(A v)
L Ua(u(A v)) Lu(A)Ua(u(v)). aEr
Verschwindet ein v* E (Ln)* auf dem Bild von l, d. h. gilt v*(l(Ln)) = 0, so erhaJt man fiir allc A E Lund v E Ln 0
v*(l(Av)) L v*(Ua(u(v)))u(A) aEr
(Lv*(Ua(u(v))) u)(A). aEr
Aufgrund von Satz 18.1 entnimmt man hieraus, dass v* auf Ua(Ln) = D' verschwindet und sich v* = 0 ergibt. Deswegen wird der Vektorraum Ln von l(Ln) erzeugt. Wir wahl en Vl' ... ' Vn in Ln' sodass die Bilder l (Vl)' ... ' l (Vn) eine Basis von Ln bilden. Bezeichnen wir mit e1, ... , en die kanonische Basis von Ln, so gibt cs cin C E GL(n,L) mit vi= C(ei)· Mit dicscm Element bildcn wir U(C). Da u(ei) = ei und deswegen U(C)(ei) = (2.:: Uaou(C))(ei) = 2.:: Ua(u(C(ei))) = l(vi) gilt, bildet U(C) eine Basis auf eine Basis ab und liegt deswegen in GL(n, L). D \Vir wenden den Satz in zwei Situationen an. Die erste betrifft den Fall n = 1, in dcm dcr Satz cine oft bcnutztc Form des bcriihmtcn Satzcs 90 von Hilbert ist.
Korollar 18.3 (multiplikativer Hilbert 90) Ist eine Abbildung z: r ---+ LX' Za, gegeben mit Zar = Za u(zr) fiir alle u, T E r, so existiert ein b E LX' sodass Za = u(b) jb fiir aJle 0" E r gilt. (]" H
Beweis
Dies ist nur eine U mformulierung des Satzes von Speiser.
Der zweite Fall bezieht sich auf die Wahl n Analogon des erwiihn ten Satzes.
D
= 2. Hier erhalt man ein additives
Korollar 18.4 (additiver Hilbert 90) Ist eine Abbildung z: r---+ L, (]" H Za, gegeben mit Zar = Za + u(zr) fiir alle 0", T E r, so existiert ein b E LX' sodass Za = u(b)- b fiir aJle 0" E r gilt.
206
Beweis
18 Auflosung durch Radikale
Wir betten die additive Gruppe des Korpers L vermoge
z:L). Die Matrix T = aus in die Gruppe GL(2, K) ein und setzen U(J = Satz 18.2 crfiillt die Glcichung cr(T) = T U(J fiir cr E r, die ausgcschricbcn die Gestalt cr(t))
cr(v)
=
(s
sz(J + t) u uz(J + v
annimmt. Daraus entnimmt man, dass s und u inK liegen. Beachtet man, dass s und u nicht beide gleich 0 sein konnen, so findet man z(J = cr(b)- b mit b = tjs, falls s i- 0 ist, und andernfalls mit b = vju. D
18.2 Kummer-Theorie Im folgenden halten wir eine positive ganze Zahl n fest, des weiteren einen Korper K, dcsscn Charaktcristik zu n tcilcrfrcmd ist und dcr die Gruppc OJn dcr n-tcn Einheitswurzeln enthiilt, sowie einen algebraischen Abschluss 0 von K. Eine Korpererweiterung L ;::2 K nennt man abelsch vom Exponenten n, wenn sie abelsch ist und wenn n der Exponent seiner Galois-Gruppe Gal(L/ K) ist. Eine solche Erweiterung wird auch Kummer-Erweiterung vom Exponenten n genannt. Fi.ir cine Menge S mit (Kx )n .
E K}.
20.6 Adjungierte Funktoren
237
(a) Zcigc, class p irrcduzibcl ist. (b) SchlicfSc a us (a), class p gcnau dann irrcduzibcl ist, wcnn dcr Zcntralisator von p( G) gleich C x id v ist. (c) Zcigc, class fUr irrcduziblc p und allc A E GL(V)
Ap(Lg) = AA gEG
gilt. 6. Es sei G eine endliche Gruppe, sodass jede irreduzible Darstellung p: G GLn(C) cindimcnsional ist. Dann ist G abclsch.
----7
zu Abschnitt 20.5 7. Sei 'P: H ----7 G ein Gruppenhomomorphismus, H, G endliche Gruppen, W eine Darstellung von H und 'P* W die induzierte Darstellung. Zeige, class diese universell ist, d. h. class fUr jede Darstellung V von G und jedes o: E HomH(W, 'P*V) es genau ein 'P*o: E Homc('P*W, V) gibt mit 'P*aoe = o:. 8. Die Darstellungen Pl, P2 seien von den Darstellungen B1, B2 induziert. Zeige, class dann die Darstellung Pl E8 P2 von der Darstellung B1 E8 B2 induziert ist. 9. Es sci (V, p) induzicrt von (W, B), W' cin invariantcr Untcrraum von W. Zcigc, class dcr Untcrraum V' = p(g)(W')
L
gER
von V invariant unter G ist und (V', p') von (W', B') induziert ist. 10. Ist E: G ----7 V, g f---7 v 9 , cine Basis cines Vcktorraums V und H G cine Untergruppe von G, so liefert die Restriktion e von E auf H eine Basis des von c:(H) erzeugten Unterraums W von V. Es seien Preg,G und Preg,H die rcgularcn Darstcllungcn von G und H. Zcigc, class V =
E9
Preg,c(g)W,
gEG/H
und class daher Preg,G =
gilt.
21
Charaktere
In diesem Kapitel nehmen wir generell an, dass der zugrunde liegende Korper K algcbraisch abgcschlosscn ist, dass cr die Charaktcristik 0 bcsitzt, und dass G endlich ist.
21.1 Der Charakter einer Darstellung Die charaktcristischc Glcichung cines Endomorphismus i.p E EndK(V) bcsitzt die Gestalt
P'P(T) = det(T id-i.p) = Tn- Tr(i.p)Tn- 1 + · · · + (-1)ndet(i.p).
(21.1)
Der zweithochste Koeffizient Tr( i.p) definiert einen Vektorraum-Homomorphismus Tr:
EndK(V) -----+ K ,
i.p r------+ Tr (i.p) , den man die Spur nennt. Stellt man den Endomorphismus als Matrix dar, so kann die Spur cxplizit bcschricbcn wcrdcn. Dazu sci c: V --+ Kn cine Basis, (mij) = M(ifJ) E GLn(K) die zu i.p gehorige Matrix bezuglich der gewahlten Basis. Dann konnen in der charakteristischen Gleichung (21.1) die Endomorphismen durch die zugehorigen Matrizen ersetzt werden, und man erhalt n
Tr(M(ifJ))
=
L mii. i=1
Da die Matrizen zu je zwei Basen durch Konjugation auseinander hervorgehen und die die Spur definierende Determinante davon unberuhrt bleibt, ist Tr(.i\1(ifJ)) unabhangig von dcr Wahl cincr Basis. Ist p: G--+ GL(V) EndK(V) cine Darstcllung, so dcfinicrt
Xp = Tr o p eine Funktion von G nach K, die man den Charakter der Darstellung p nennt. Statt Xp schreiben wir auch xv. Ist der Grad der Darstellung gleich 1, so stimmen p und Xp uberein. Man nennt X = Xp in diesem Fall einen linearen Charakter. Wir werden sehen, dass der Charakter Xp die Darstellung p vollstandig charakterisiert. Aufgrund der Definition eines Charakters einer Darstellung ergeben sich sofort die folgcndcn crstcn Eigcnschaftcn von x: (i) xv(1) =dim V (ii) xv(hgh- 1 ) = xv(g)
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 G. Wüstholz und C. Fuchs, Algebra, Springer Studium Mathematik – Bachelor, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31264-0_24
21.1 Der Charakter einer Darstellung
239
(iii) Sind p: G---+ GL(V), p': G---+ GL(V') Darstellungen, so ist
XVEtW' =XV+ XV' · (iv) Fur die zu p gehorende kontragrediente Darstellung p* gilt
Ist K ben)
= CC der zugrunde liegende Korper, so gilt zusatzlich (siehe Ubungsaufga-
(v) xv(g- 1 ) = xv(g) . Sind p: G ---+ GL(V) und p': G ---+ GL(V') Darstellungen, so erhalt man wie in Beispiel20.9 eine Darstellung von Gin HomK(V, V') mit cp c-+ p'(g)ocpop(g)- 1 fur cp E HomK(V, V'). Ihr Charakter XHomK(V,V') erfUllt die Identitat (vi) XHomK(V,V')(g) = XV*(9)Xv'(g) · U m dies zu beweisen, mussen wir etwas ausholen, da wir an dieser Stelle das Tensorprodukt von Vektorraumen und seine Eigenschaften nicht zur VerfUgung haben. Statt dessen werden wir eine Basis aus Eigenvektoren von HomK(V, V') konstruieren und die Eigenwerte berechnen. Die Vektorraume V und V* bilden ein sogenanntes duales Paar bezuglich der nicht ausgearteten Bilinearform
( ' ): v
V* (v,v*) X
----+
K (v,v*) := v*(v) ,
mit der wir eine bilineare Abbildung
:
V* X V' (v*, v')
----+
HomK(V, V') (v*,v') := v
c-+ (v,v*) · v'
definieren. Die Bilinearform (, ) ist invariant, denn es gilt gemaJ?, Beispiel 20.6 (gv, gv*) = (gv*)(gv) = v*(g- 1 (gv)) = (v, v*). Benutzen wir das, so erhalten wir die Identitat
(g( v*, v')g- 1 )v = (p' (g) o ( v*, v') o p(g- 1 ) )v = (p'(g) o (v*,v'))(g- 1 v) = p'(g)( (g- 1 v, v*)v') = (g- 1 v, v*)gv' = (v,gv*)gv' = (gv*, gv')v , also g(v*,v')g- 1 = (gv*,gv'). Sind v* und v' Eigenvektoren bezuglich der Aktion von g E G mit Eigcnwcrtcn ,\ * = ,\*(g) und A.' = A.' (g), so folgt
g(v*,v')g- 1
(gv*,gv') = (A.*v*, A.'v') = A.*A'(v*,v'), =
21 Charaktere
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wobei die letzte Identitat direkt aus der Definition von