Aktiengesetz: Band 2/1 §§ 23-40 [5th revised edition] 9783110293906, 9783110293111

Wissenschaftliche Exzellenz mit Tradition: Der Großkommentar zum Aktiengesetz bleibt auch in der 5. Auflage der Garant f

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German Pages 524 Year 2015

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Verzeichnis der Bearbeiter der 5. Auflage
Vorwort zur 5. Auflage
Inhaltsübersicht
Abkürzungsverzeichnis
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur
ERSTES BUCH. Aktiengesellschaft
ZWEITER TEIL. Gründung der Gesellschaft
§ 23. Feststellung der Satzung
§ 24. Umwandlung von Aktien
§ 25. Bekanntmachungen der Gesellschaft
§ 26. Sondervorteile. Gründungsaufwand
§ 27. Sacheinlagen. Sachübernahmen; Rückzahlung von Einlagen
§ 28. Gründer
§ 29. Errichtung der Gesellschaft
§ 30. Bestellung des Aufsichtsrats, des Vorstands und des Abschlußprüfers
§ 31. Bestellung des Aufsichtsrats bei Sachgründung
§ 32. Gründungsbericht
§ 33. Gründungsprüfung. Allgemeines
§ 33a. Sachgründung ohne externe Gründungsprüfung
§ 34. Umfang der Gründungsprüfung
§ 35. Meinungsverschiedenheiten zwischen Gründern und Gründungsprüfern. Vergütung und Auslagen der Gründungsprüfer
§ 36. Anmeldung der Gesellschaft
§ 36a. Leistung der Einlagen
§ 37. Inhalt der Anmeldung
§ 37a. Anmeldung bei Sachgründung ohne externe Gründungsprüfung
§ 38. Prüfung durch das Gericht
§ 39. Inhalt der Eintragung
§ 40. (aufgehoben) Bekanntmachung der Eintragung
Sachregister
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Aktiengesetz: Band 2/1 §§ 23-40 [5th revised edition]
 9783110293906, 9783110293111

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Großkommentare der Praxis

I

II

AktG

Aktiengesetz ||

Großkommentar 5., neu bearbeitete Auflage herausgegeben von Heribert Hirte, Peter O. Mülbert, Markus Roth Zweiter Band Teilband 1 §§ 23–40 Bearbeiter: §§ 27, 33a, 36, 37a: Alexander Schall §§ 23–26; 28–33; 34, 35; 36a, 37; 38, 39: Volker Röhricht/ Alexander Schall

III

Stand der Bearbeitung: 1. November 2015 Zitiervorschlag: zB: Schall in Großkomm AktG, § 23 Rdn 1 GK/Schall § 23 Rdn 1

Sachregister: Alexandra Kittke

ISBN 978-3-11-029311-1 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2016 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Datenkonvertierung und Satz: jürgen ullrich typosatz, Nördlingen Druck und Bindung: Hubert & Co. GmbH und Co. KG, Göttingen ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

IV

Verzeichnis der Bearbeiter

Verzeichnis der Bearbeiter der 5. Auflage Verzeichnis der Bearbeiter Verzeichnis der Bearbeiter

Dr. Johannes Adolff, LL.M. (Cambridge), Rechtsanwalt in Frankfurt am Main Dr. Michael Arnold, Rechtsanwalt in Stuttgart Dr. Gregor Bachmann, LL.M. (Univ. of Michigan), Universitätsprofessor an der Freien Universität Berlin Dr. Alfred Bergmann, Vors. Richter am Bundesgerichtshof, Karlsruhe, Honorarprofessor an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Dr. Tilman Bezzenberger, Universitätsprofessor an der Universität Potsdam Volker Butzke, Rechtsanwalt in Frankfurt am Main Dr. Christian E. Decher, Rechtsanwalt in Frankfurt am Main Dr. Ulrich Ehricke, LL.M. (London), M.A., Richter am Oberlandesgericht a.D., Universitätsprofessor an der Universität zu Köln Dr. Holger Fleischer, Dipl.-Kfm., LL.M. (Univ. of Michigan), Universitätsprofessor, Direktor des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht, Hamburg Dr. Max Foerster, LL.M.eur., Akademischer Rat a.Z., Ludwig-Maximilians-Universität München Dr. Markus Gehrlein, Richter am Bundesgerichtshof, Karlsruhe, Honorarprofessor an der Universität Mannheim Dr. Dr. Stefan Grundmann, LL.M. (Berkeley), Universitätsprofessor an der Humboldt-Universität zu Berlin und am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz Dr. Mathias Habersack, Universitätsprofessor an der Ludwig-Maximilians-Universität München Dr. Kai Hasselbach, Rechtsanwalt in Köln Dr. Peter Hemeling, Rechtsanwalt in München Dr. Hartwig Henze, Richter am Bundesgerichtshof a.D., Honorarprofessor an der Universität Konstanz Dr. Heribert Hirte, LL.M. (Berkeley), Universitätsprofessor an der Universität Hamburg, MdB Dr. Dr. Dr. h.c. mult. Klaus J. Hopt, em. Universitätsprofessor, ehem. Direktor des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht, Hamburg, vormals Richter am Oberlandesgericht Stuttgart Dr. Peter M. Huber, Bundesverfassungsrichter, Universitätsprofessor an der Ludwig-MaximiliansUniversität München Dr. Michael Kort, Universitätsprofessor an der Universität Augsburg Dr. Patrick C. Leyens, LL.M. (London), Lehrbeauftragter an der Universität Hamburg Dr. Hanno Merkt, LL.M. (Univ. of Chicago), Universitätsprofessor an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br., Richter am Oberlandesgericht Karlsruhe Dr. Sebastian Mock, LL.M. (NYU), Privatdozent, Universität Hamburg Dr. Florian Möslein, Dipl.-Kfm., LL.M. (London), Universitätsprofessor an der Philipps-Universität Marburg Dr. Peter O. Mülbert, Universitätsprofessor an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Richard L. Notz, LL.M. (Univ. of Chicago), LL.M. I.B.L. (UCP Lisboa), Rechtsanwalt in Stuttgart Dr. Hartmut Oetker, Universitätsprofessor an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Richter am Oberlandesgricht Jena Dr. Hans-Joachim Priester, Notar a.D., Honorarprofessor an der Universität Hamburg Dr. Karl Riesenhuber, M.C.J. (Austin/Texas), Universitätsprofessor an der Ruhr-Universität Bochum Dr. h.c. Volker Röhricht, Vors. Richter am Bundesgerichtshof i.R., Karlsruhe Dr. Thomas Rönnau, Universitätsprofessor an der Bucerius Law School, Hamburg Dr. Markus Roth, Universitätsprofessor an der Philipps-Universität Marburg Dr. Alexander Schall, M.Jur. (Oxford), Universitätsprofessor an der Leuphana Universität Lüneburg Dr. Michael Schlitt, Rechtsanwalt in Frankfurt am Main, Honorarprofessor an der Universität zu Köln Dr. Jessica Schmidt, LL.M. (Nottingham), Universitätsprofessorin an der Universität Bayreuth Dr. Dr. h.c. mult. Karsten Schmidt, em. Universitätsprofessor an der Rheinischen Friedrich-WilhelmsUniversität Bonn und Professor an der Bucerius Law School Hamburg Dr. Klaus Ulrich Schmolke, LL.M. (NYU), Universitätsprofessor an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg Dr. Claudia Schubert, Universitätsprofessorin an der Ruhr-Universität Bochum Dr. Rolf Sethe, LL.M. (London), Universitätsprofessor an der Universität Zürich

V

Verzeichnis der Bearbeiter

Dr. Felix Steffek, LL.M. (Cambridge), Referent am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht, Hamburg Dr. Dirk Verse, M.jur. (Oxford), Universitätsprofessor an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Dr. Eberhard Vetter, Rechtsanwalt in Köln Dr. Hartmut Wicke, LL.M., Notar in München Dr. Herbert Wiedemann, em. Universitätsprofessor an der Universität zu Köln, vormals Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf Dr. Christine Windbichler, LL.M. (Berkeley), Universitätsprofessorin an der Humboldt-Universität zu Berlin

VI

Vorwort zur 5. Auflage

Vorwort zur 5. Auflage Vorwort zur 5. Auflage Vorwort zur 5. Auflage Das Aktiengesetz als eine der großen deutschen Kodifikationen hat auch international Maßstäbe gesetzt, ist zugleich aber, zuletzt in steigendem Maße, europäischen und internationalen Einflüssen ausgesetzt. Für die Unternehmenspraxis hat es zentrale Bedeutung, wie sich selbst aus der großen Zahl veröffentlichter höchstrichterlicher Entscheidungen und der kaum mehr zu überblickenden Literatur nur unvollkommen erkennen lässt. Denn die Arbeit an vielen Gestaltungs- und Rechtsfragen zum Aktienrecht spielt sich weiterhin oft ausschließlich im Vorfeld gerichtlicher Auseinandersetzungen ab oder verbleibt in der der Öffentlichkeit kaum je zugänglichen Sphäre der Schiedsgerichtsbarkeit. Umso wichtiger ist eine umfassende Kommentierung dieses Gesetzes. Sie sollte das Ziel verfolgen, gleichzeitig den Ansprüchen der Wissenschaft, den breitgefächerten Bedürfnissen der Praxis und den besonderen Wünschen der Gerichte an Information und kritischer Aufbereitung zu entsprechen. Der vorliegende Kommentar, nunmehr in 5. Auflage, versucht dies in der Weise, dass er besondere Akzente setzt. Zum einen wird, wie schon der Name „Großkommentar zum Aktiengesetz“ zeigt, die Fülle der Information so umfassend wie möglich aufbereitet, damit die Sach- und Rechtsprobleme unter allen wesentlichen Gesichtspunkten ausgeleuchtet werden. Das bedingt, dass auch die Entwicklung der jeweiligen Normen, die möglichst komplette Rechtsprechung einschließlich älterer Judikate, die Literatur, auch soweit sie schwer zugänglich ist, und die Reformdiskussionen, etwa zur Corporate Governance im weit verstandenen Sinn, angemessen berücksichtigt werden. Der Benutzer soll auch zu Spezialfragen fündig werden. Zum zweiten wird schon durch die Zusammensetzung des Autorenkreises deutlich, dass der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der Unternehmenspraxis in den Erläuterungen ein herausragender Platz eingeräumt ist. Aktienrecht ist mehr als manch anderes Rechtsgebiet ein Feld, in dem die besondere deutsche Tradition der Zusammenarbeit von Professoren, Richtern, Unternehmensjuristen, Anwälten und Notaren Früchte trägt. Zum dritten wird durchweg der Blick auch auf Europa gerichtet, denn die Einflüsse der Europäischen Union auf das Aktien- und Kapitalmarktrecht sind durchweg spürbar, wie dies zuletzt der Aktionsplan der Europäischen Kommission vom Dezember 2012 zeigt. Soweit sich das anbietet, werden rechtsvergleichende Hinweise gegeben. Die Kontinuität im Autorenkreis ermöglicht es, dass der Kommentar nunmehr bandweise erscheint. Die Herausgeber hoffen, den Bedürfnissen der Benutzer aus den verschiedensten Berufskreisen Rechnung zu tragen. Sie fühlen sich in dieser Hoffnung durch die freundliche Aufnahme der Vorauflage in der aktienrechtlichen Rechtsprechung und Literatur, insbesondere in den Buchrezensionen, bestätigt und setzen alles daran, dem auch weiterhin gerecht zu werden. Hamburg, Mainz, Marburg und Berlin im Herbst 2014

VII

Herausgeber und Verlag

Vorwort zur 5. Auflage

VIII

Inhaltsübersicht

Inhaltsübersicht Inhaltsübersicht Inhaltsübersicht Bearbeiterverzeichnis ______ V Vorwort ______ VII Abkürzungsverzeichnis ______ XI Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur ______ XXI

Aktiengesetz ERSTES BUCH Aktiengesellschaft ZWEITER TEIL Gründung der Gesellschaft § 23 Feststellung der Satzung ______ 1 § 24 Umwandlung von Aktien ______ 109 § 25 Bekanntmachungen der Gesellschaft ______ 113 § 26 Sondervorteile. Gründungsaufwand ______ 116 § 27 Sacheinlagen. Sachübernahmen; Rückzahlung von Einlagen ______ 136 § 28 Gründer ______ 274 § 29 Errichtung der Gesellschaft ______ 278 § 30 Bestellung des Aufsichtsrats, des Vorstands und des Abschlußprüfers ______ 288 § 31 Bestellung des Aufsichtsrats bei Sachgründung ______ 301 § 32 Gründungsbericht ______ 310 § 33 Gründungsprüfung. Allgemeines ______ 321 § 33a Sachgründung ohne externe Gründungsprüfung ______ 340 § 34 Umfang der Gründungsprüfung ______ 348 § 35 Meinungsverschiedenheiten zwischen Gründern und Gründungsprüfern. Vergütung und Auslagen der Gründungsprüfer ______ 357 § 36 Anmeldung der Gesellschaft ______ 365 § 36a Leistung der Einlagen ______ 427 § 37 Inhalt der Anmeldung ______ 434 § 37a Anmeldung bei Sachgründung ohne externe Gründungsprüfung ______ 452 § 38 Prüfung durch das Gericht ______ 456 § 39 Inhalt der Eintragung ______ 477 § 40 (aufgehoben) Bekanntmachung der Eintragung ______ 481 Sachregister ______ 483

IX

Inhaltsübersicht

X

Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis aA aaO ABl ABlEG, ABlEU Abs AcP Action Plan

ADHGB aE AEUV

aF AG AG-S AGB AGG AktG AktG 1937 AktR allg allgM Alt aM Amtl Begr AnSVG Anm AR ARUG ArbGG Art Aufl AuR BaFin BAG BAGE BAKred Bank-Betrieb BAV BAWe BayObLG

XI

anderer Ansicht am angegebenen Ort Amtsblatt Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, der Europäischen Union (Nummer, Seite, Datum) Absatz Archiv für die civilistische Praxis (Band, Jahr, Seite) European Commission, Action Plan: European company law and corporate governance – a modern legal framework for more engaged shareholders and sustainable companies, Brussels 12.12.2012, COM(2012) 740 final Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch am Ende Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der seit dem 1.12.2009 geltenden Fassung (ABlEU 2008 Nr C 115/1, ber ABlEU 2009 Nr C 290/1) alte Fassung Amtsgericht; Aktiengesellschaft(en); Die Aktiengesellschaft, Zeitschrift für das gesamte Aktienwesen (Jahr, Seite) Die Aktiengesellschaft, Zeitschrift für das gesamte Aktienwesen, Sonderheft (Jahr, Seite) Allgemeine Geschäftsbedingungen Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) v 14.8.2006 (BGBl I 1897, BGBl III/ FNA 402-40) Aktiengesetz v 6.9.1965 (BGBl I 1089; BGBl III/FNA 4121-1) Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien (Aktiengesetz) v 30.1.1937 (RGBl I 107), nunmehr AktG 1965 (AktG) Aktienrecht allgemein allgemeine Meinung Alternative anderer Meinung Amtliche Begründung Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes (Anlegerschutzverbesserungsgesetz – AnSVG) v 28.10.2004 (BGBl I 2630) Anmerkung Aufsichtsrat Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) idF v 30.7.2009 (BGBl I 2479) Arbeitsgerichtsgesetz idF v 2.7.1979 (BGBl I 853, ber 1036; BGBl III/FNA 320-1) Artikel Auflage Arbeit und Recht (Jahr, Seite) Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, durch FinDAG ab 1.5.2002, zuvor BAKred, BAV und BAWe Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (Band, Seite) Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen, seit 1.5.2002 BaFin Bank-Betrieb, seit 1977 Die Bank (Jahr und Seite) Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen, seit 1.5.2002 BaFin Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel, seit 1.5.2002 BaFin Bayerisches Oberstes Landesgericht (aufgelöst seit 1.7.2006)

Abkürzungsverzeichnis

BayObLGZ BB Bd, Bde Begr, begr BegrRegE Beil Bek Beschl BetrVG BFH BFHE BFuP BGB BGBl I, II, III BGH BGHSt BGHVGrS BGHZ BilKoG BilMoG BilReG

BiRiLiG

BKR BörsG BR BRD BRDrucks BReg BSG BSGE Bsp BStBl BT BTDrucks BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE bzgl bzw ca CCZ CEO CII c.i.c.

Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen (Jahr, Seite) Betriebs-Berater (Jahr, Seite) Band, Bände Begründung, begründet Begründung Regierungsentwurf Beilage Bekanntmachung Beschluss Betriebsverfassungsgesetz idF v 25.9.2001 (BGBl I 2518; BGBl III/FNA 801-7) Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (Band, Seite) Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (Jahr, Seite) Bürgerliches Gesetzbuch v 18.8.1896 (RGBl 195) idF v 2.1.2002 (BGBl I 42, ber 2909 und 2003 I 738; BGBl III/FNA 400-2) Bundesgesetzblatt Teil I, II und III Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen (Band, Seite) Bundesgerichtshof, Vereinigter Großer Senat Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen (Band, Seite) Gesetz zur Kontrolle von Unternehmensabschlüssen (Bilanzkontrollgesetz – BilKoG) v 15.12.2004 (BGBl I 3408) Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) v 25.5.2005 (BGBl I 1102) Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz – BilReg) v 4.12.2004 (BGBl I 3166) Gesetz zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Bilanzrichtlinien-Gesetz – BiRiLiG) v 19.12.1985 (BGBl I 2355) Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht (Jahr, Seite) Börsengesetz v 16.7.2007 (BGBl 1330, 1351; BGBl III/FNA 4110-10) Bundesrat Bundesrepublik Deutschland Bundesrats-Drucksache Bundesregierung Bundessozialgericht Entscheidungen des Bundessozialgerichts Beispiel Bundessteuerblatt (Band, Jahr, Seite) Bundestag Bundestags-Drucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (Band, Seite) Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (Band, Seite) bezüglich beziehungsweise circa Corporate Compliance Zeitschrift, Zeitschrift zur Haftungsvermeidung im Unternehmen (Jahr und Seite) chief executive officer Council of Institutional Investors (USA) culpa in contrahendo

XII

Abkürzungsverzeichnis

Combined Code

Company Law Action Plan 2003 CorpGov DAX DB DBW DCGK ders dG dies Diss DJT DNotZ D&O-Versicherung DrittelbG DStR DVO DWiR, DZWir DZWIR

E EBOR ECLE ECFR ECGI ed(s) éd EG EGAktG EGBGB EGHGB EGKomm EGV EHUG

Einf Einl end Entsch entspr Emittentenleitfaden

XIII

The Combined Code on Corporate Governance, July 2003 (Financial Reporting Council, London), Combined Code on Corporate Governance, June 2006, nunmehr UK Corporate Governance Code Commission of the European Union, Modernising Company Law and Enhancing Corporate Governance in the European Union – A Plan to Move Forward, Brussels 21.5.2003, COM(2003) 284 final, siehe auch Action Plan Corporate Governance Deutscher Aktienindex Der Betrieb (Jahr, Seite) Die Betriebswirtschaft (Jahr, Seite) Deutscher Corporate Governance Kodex derselbe der Gründe (bei Urteilen ohne Randnummern) dieselbe(n) Dissertation Deutscher Juristentag Deutsche Notar-Zeitschrift, früher Zeitschrift des Deutschen Notarvereins (Jahr, Seite) directors & officers liability insurance Gesetz über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat (Drittelbeteiligungsgesetz – DrittelbG) v 18.5.2004 (BGBl I 974; BGBl III/FNA 801-14) Deutsches Steuerrecht (Jahr, Seite) Durchführungsverordnung Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (1991–1998), ab 1999 DZWIR, (Jahr, Seite) Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht (Jahr, Seite), vor 1999 DZWir Entwurf European Business Organization Law Review (Band, Jahr, Seite) European Company Law Experts European Company and Financial Law Review (Jahr, Seite) European Corporate Governance Institute, Brüssel editor(s); edition édition Einführungsgesetz; Europäische Gemeinschaft(en) Einführungsgesetz zum Aktiengesetz v 6.9.1965 (BGBl I 1185; BGBl III/ FNA 4121-2) Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch idF v 21.9.1994 (BGBl I 2494, ber 1997 I 1061; BGBl III/FNA 400-1) Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuche v 10.5.1897 (RGBl 437; BGBl III/ FNA 4101-1) Kommission der Europäischen Gemeinschaften Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (Amsterdamer Fassung), geändert durch den Vertrag von Nizza v 26.2.2002 Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) v 10.11.2006 (BGBl I 2553, BGBl III/ FNA 4100-1) Einführung Einleitung endgültig Entscheidung entsprechend Emittentenleitfaden der BaFin, November 2013

Abkürzungsverzeichnis

ErgG ESUG etc EU EuGH EuroEG EUV EuZW evtl EWG EWiR EWIV f, ff FamFG

FASB FG FinG FN FNA fragl FS Fußn G GBl GbR GD gem GenG Ges GesR GesRÄG GesRZ GG ggf GmbH GmbHG GmbHR grds GrS GRUR GS GuV GVBl

Ergänzungsgesetz Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) v 7.12.2011 (BGBl I 2562) et cetera Europäische Union; Vertrag über die Europäische Union v 7.2.1992 (BGBl II 1251) (s auch EUV) Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft Gesetz zur Einführung des Euro (Euro-Einführungsgesetz – EuroEG) v 9.6.1998 (BGBl I 1242) Vertrag über die Europäische Union v 7.2.1992 (BGBl II 1251) (s auch EU) Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Jahr, Seite) eventuell Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht (Jahr, Seite) Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung folgende, fortfolgende Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit idF v 17.12.2008 (BGBl I 2586, 2587; BGBl 2009 I 1102, FNA 315-24) Financial Accounting Standards Board Finanzgericht, Festgabe Finanzgericht (s auch FG) Fachnachrichten, Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (Jahr, Seite) Fundstellennachweis A, Bundesrecht ohne völkerrechtliche Verträge (zuvor BGBl III) fraglich Festschrift Fußnote Gesetz Gesetzblatt Gesellschaft bürgerlichen Rechts Gedächtnisschrift (s auch GS/GD) gemäß Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (Genossenschaftsgesetz) idF v 16.10.2006 (BGBl I 2230; BGBl III/FNA 4125-1) Gesellschaft Gesellschaftsrecht Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz (Österreich) Der Gesellschafter, Zeitschrift für Gesellschaftsrecht, Wien (Jahr, Seite) Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland v 23.5.1949 (BGBl I 1; BGBl III/ FNA 100-1) gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung v 20.4.1892 (RGBl 477) idF v 20.5.1898 (RGBl I 846; BGBl III/FNA 4123-1) GmbH-Rundschau, vorher Rundschau für die GmbH (Jahr, Seite) grundsätzlich Großer Senat Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Jahr, Seite) Gedächtnisschrift (s auch GS/GD) Gewinn- und Verlustrechnung Gesetz- und Verordnungsblatt

XIV

Abkürzungsverzeichnis

hA Hb, Hdb HFA HGB High Level Group

hL hM HReg HRR Hrsg, hrsg HRV

Hs HV IAS IASB IASC idF idR IDW IDW FG IDW FN IDW NA IDW PS IDW RH IDW RS IDW S iE IFRS insb, insbes InsO InvG IPRax ISS iÜ iVm JBl JCLS Jg JherJ

jew

XV

herrschende Ansicht Handbuch Hauptfachausschuss des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. Handelsgesetzbuch vom 10.5.1897 (RGBl 219; BGBl III/FNA 4100-1) High Level Group of Company Law Experts (Winter, chairman, Christensen, Garrido Garcia, Hopt, Rickford, Rossi, Simon), Report of the High Level Group of Company Law Experts on Issues Related to Takeover Bids (High Level I), European Commission, Brussels, 10 January 2002; Report of the High Level Group of Company Law Experts on a Modern Regulatory Framework for Company Law in Europe (High Level II), European Commission, Brussels, 4 November 2002 herrschende Lehre herrschende Meinung Handelsregister Höchstrichterliche Rechtsprechung (1928–1942, zitiert Jahr, Nummer), bis 1927: Die Rechtsprechung, Beilage zur Zeitschrift Juristische Rundschau Herausgeber, herausgegeben Verordnung über die Einrichtung und Führung des Handelsregisters (Handelsregisterverordnung – HRV) v 12.8.1937 (RMBl 515; DJ 1251; BGBl III/ FNA 315-20) Halbsatz Hauptversammlung International Accounting Standards (seit 1.4.2001 IFRS) International Accounting Standards Board (vor dem 1.4.2001 IASC) International Accounting Standards Committee (seit 1.4.2001 IASB) in der Fassung in der Regel Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. Fachgutachten des IDW IDW-Fachnachrichten Stellungnahmen des Sonderausschusses Neues Aktienrecht und des Hauptfachausschusses des IDW zu Fragen des neuen Aktienrechts IDW Prüfungsstandard IDW Rechnungslegungshinweise IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung IDW Standards im Ergebnis International Financial Reporting Standards (vor dem 1.4.2001 IAS) insbesondere Insolvenzordnung (InsO) v 5.10.1994 (BGBl I 2866; BGBl III/FNA 311-13) Investmentgesetz (InvG) v 15.12.2003 (BGBl I 2676; BGBl III/FNA 7612-2), jetzt KAGB Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts (Jahr, Seite) Institutional Shareholder Service im Übrigen in Verbindung mit Justizblatt, Juristische Blätter, Wien (Jahr, Seite) Journal of Corporate Law Studies (Band, Jahr, Seite) Jahrgang Jahrbücher für Dogmatik des römischen und deutschen Privatrechts, begr v Jhering, Gerber, später Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des Bürgerlichen Rechts (Jahr, Seite) jeweils

Abkürzungsverzeichnis

JR JuS JW JZ

Juristische Rundschau (Jahr, Seite) Juristische Schulung (Jahr, Seite) Juristische Wochenschrift (Jahr, Seite) Juristenzeitung (Jahr, Seite)

KAGB KAGG

Kapitalanlagesetzbuch v 4.7.2013 (BGBl I 1981; BGBl III/FNA 7612-3) Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) idF v 9.9.1998 (BGBl I 2726; BGBl III/FNA 4120-4), aufgehoben durch InvG Gesetz über Musterverfahren in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten (Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz – KapMuG) idF v 16.8.2005 (BGBl I 2437) Kammer für Handelssachen Kaufmann Kommanditgesellschaft, Kammergericht Kommanditgesellschaft auf Aktien Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Band, Seite) Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Dokumente) Kommentar Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) v 27.4.1998 (BGBl I 786) Gesetz zur Umstellung des Kostenrechts und der Steuerberatergebührenverordnung auf Euro (KostREuroUG) v 27.4.2001 (BGBl I 751) kritisch Kölner Schrift zum Wirtschaftsrecht (Jahr, Seite) Zeitschrift für Insolvenzrecht, Konkurs, Treuhand, Sanierung, (Jahr, Seite) Gesetz über das Kreditwesen idF v 9.9.1998 (BGBl I 2776; BGBl III/ FNA 7610-1)

KapMuG KfH Kfm KG KGaA KGJ KOM Komm KonTraG KostREuroUG krit KSzW KTS KWG

LAG LG li Sp Lit LS

Landesarbeitsgericht Landgericht linke Spalte Literatur Leitsatz

m maW MDR MinG MitbestBeiG

mit mit anderen Worten Monatsschrift für Deutsches Recht (Jahr, Seite) Ministergesetz Gesetz zur Beibehaltung der Mitbestimmung beim Austausch von Anteilen und der Einbringung von Unternehmensteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten der Europäischen Union betreffen (MitbestimmungsBeibehaltungsgesetz – MitbestBeiG) v 23.8.1994 (BGBl I 2228) Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie v 7.8.1956 (BGBl I 707; BGBl III/ FNA 801-3) Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer (Mitbestimmungsgesetz – MitbestG) v 4.5.1976 (BGBl I 1153; BGBl III/FNA 801-8) Mitteilungen Marburg Law Review Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) v 23.10.2008 (BGBl I 2026) Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie v 21.5.1951 (BGBl I 347)

MitbestErgG

MitbestG Mitt MLR MoMiG Montan-MitbestG

XVI

Abkürzungsverzeichnis

mwN MwSt mWv

mit weiteren Nachweisen Mehrwertsteuer mit Wirkung vom

Nachw NASDAQ NaStraG

Nachweis National Association of Securities Dealers Automated Quotations (USA) Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung (Namensaktiengesetz – NaStraG) v 18.1.2001 (BGBl I 123) neue Fassung Neue Justiz (Jahr, Seite) Neue Juristische Wochenschrift (Jahr, Seite) NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (Jahr, Seite) Nummer(n) New York Stock Exchange Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht, seit 1992 Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (Jahr, Seite) Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (Jahr, Seite)

nF NJ NJW NJW-RR Nr(n) NYSE NZA NZG OECD Österr OGH OFD OGH OGHZ OHG OLG OLGZ PublG

pVV RabelsZ RAG RBegrG RdA RDG Rdn RdW Recht RefE RegE re Sp RG RGBl I, II RGZ RIW RJA RL

XVII

Organisation for Economic Cooperation and Development Österreichischer Oberster Gerichtshof Oberfinanzdirektion (Jahr, Seite) Oberster Gerichtshof für die Britische Zone Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes für die Britische Zone in Zivilsachen (1949/50, zitiert Band, Seite) Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen (Jahr, Seite) Gesetz über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen (Publizitätsgesetz – PublG) v 15.8.1969 (BGBl I 1189, ber 1970 I 1113; BGBl III/FNA 4120-7) positive Vertragsverletzung Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht (Band, Jahr, Seite) Reichsarbeitsgericht, Entscheidungen des Reichsarbeitsgerichts (Band, Seite) Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz) v 12.8.2008 (BGBl I 1666) Recht der Arbeit (Jahr, Seite) Rechtsdienstleistungsgesetz v 12.12.2007 (BGBl I 2841, BGBl III FNA 303-20) Randnummer(n) (s auch Rn) Recht der Wirtschaft, Wien (Jahr, Seite) Das Recht (Jahr, Nummer der Entscheidung; bei Aufsätzen: Jahr, Seite) Referentenentwurf Regierungsentwurf rechte Spalte Reichsgericht (Band, Seite) Reichsgesetzblatt, von 1922–1945 Teil I und Teil II (Jahr, Seite) Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen (Band, Seite) Recht der internationalen Wirtschaft (Jahr, Seite) Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, zusammengestellt vom Reichsjustizamt (Band, Seite) Richtlinie

Abkürzungsverzeichnis

Rn ROHG ROHGE Rspr

Randnummer(n) (s auch Rdn) Reichsoberhandelsgericht Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts (Band, Seite) Rechtsprechung

s S SE SEAG

siehe Seite; Satz Societas Europaea, Europäische (Aktien-)Gesellschaft Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (SE-Ausführungsgesetz – SEAG) v 22.12.2004 (BGBl I 3675; BGBl III/ FNA 4121-4) Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmer in einer Europäischen Gesellschaft (SE-Beteiligungsgesetz – SEBG) v 22.12.2004 (BGBl I 3686; BGBl III/ FNA 801-15) Securities and Exchange Commission (USA) Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft v 22.12.2004 (BGBl I 3675) Seufferts Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte (Band, Nummer) Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABlEG L 294/1 v 10.11.2001) Sammlung sogenannte(r) Gesetz zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes, über Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten und zur Sicherung der Montan-Mitbestimmung v 20.12.1988 (BGBl I 2312; BGBl III/FNA 801-11) Die Sparkasse, Zeitschrift des deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (Jahr, Seite) Strafgesetzbuch idF v 13.11.1998 (BGBl I 3322; BGBl III/FNA 450-2) strittig, streitig ständige Rechtsprechung Gesetz über die Zulassung von Stückaktien (Stückaktiengesetz – StückAG) v 25.3.1998 (BGBl I 590) Schweizerische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht, Revue suisse de droit des affaires (früher SchweizAG, Jahr, Seite)

SEBG

SEC SEEG SeuffArch SE-VO Slg sog SprAuG

Spark StGB str st Rspr StückAG SZW/RSDA

TransPuG TUG

u ua überw UG UMAG UmwG unstr unzutr

Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität (Transparenz- und Publizitätsgesetz) v 19.7.2002 (BGBl I 2681) Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz – TUG) v 5.1.2007 (BGBl I 10) unten unter anderem; und andere überwiegend Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) v 22.9.2005 (BGBl I 2802) Umwandlungsgesetz idF v 28.10.1994 (BGBl I 3210, ber 2005 I 428; BGBl III/ FNA 4120-9-2) unstreitig unzutreffend

XVIII

Abkürzungsverzeichnis

Urt USA US-GAAP usw

Urteil United States of America United States Generally Accepted Accounting Principles und so weiter

v VAG

von; vom Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz – VAG) idF v 17.12.1992 (BGBl 1993 I 2; BGBl III/FNA 7631-1) Verfassungsgerichtshof (s auch VfGH) Verhandlungen des Deutschen Bundestages (BT), des Deutschen Juristentages (DJT) usw Versicherungsrecht, Juristische Rundschau für die Individualversicherung (Jahr, Seite) Verfassungsgerichtshof (s auch VerfGH) vergleiche Verordnung(en) Vorauflage Vorbemerkung Gesetz über die Angemessenheit von Vorstandsvergütungen (VorstAG) idF v 31.7.2009 (BGBl I 2509) Gesetz über die Offenlegung von Vorstandsvergütungen (VorstandsvergütungsOffenlegungsgesetz – VorstOG) v 3.8.2005 (BGBl I 2267)

VerfGH Verh VersR VfGH vgl VO(en) Voraufl Vorb, Vorbem VorstAG VorstOG

WiB wistra WM WP WPg WpHG WPK WpÜG WuB zB ZBB ZCG ZEuP ZfA ZfB ZfbF ZfRV ZGR ZHR ZIP ZRP ZVglRWiss ZZP

XIX

Wirtschaftsrechtliche Beratung (Jahr, Seite) Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht (Jahr, Seite) Wertpapier-Mitteilungen (Jahr, Seite) Das Wertpapier (Jahr, Seite) Die Wirtschaftsprüfung (Jahr, Seite) Gesetz über den Wertpapierhandel (Wertpapierhandelsgesetz – WpHG) idF v 9.9.1998 (BGBl I 2708; BGBl III/FNA 4110-4) Wirtschaftsprüferkammer Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) v 20.12.2001 (BGBl I 3822; BGBl III/FNA 4110-7) Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft (Jahr, Seite) Zeitschrift für Corporate Governance (Jahr, Seite) Zeitschrift für Europäisches Privatrecht (Jahr, Seite) Zeitschrift für Arbeitsrecht (Band, Jahr, Seite) Zeitschrift für Betriebswirtschaft (Band, Jahr, Seite) Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung (Band, Jahr, Seite) Zeitschrift für Rechtsvergleichung, Internationales Privatrecht und Europarecht (Jahr, Seite) Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht (Jahr, Seite) Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht (Band, Jahr, Seite) Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Jahr, Seite) Zeitschrift für Rechtspolitik (Jahr, Seite) Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft (Band, Jahr, Seite) Zeitschrift für Zivilprozess (Band, Jahr, Seite)

XX

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur

ADS American Law Institute AnwKomm

ArbHdbHV ARHdb Armbrüster Assmann/Pötzsch/ Schneider Assmann/Schneider Assmann/Schütze BankRHdb BankRKomm Baumbach/Hopt Baumbach/Hueck Baumbach/Hueck GmbHG Baums Baums/Thoma Bayer Bayer/Habersack BeckBil-Komm BeckFormularbuch BeckHdbAG Beckmann/Scholtz/ Vollmer Beuthien Böckli Bonner HdR Boos/Fischer/SchulteMattler Bork/Schäfer Bork/Jacoby/Schwab Brodmann BuB Bumiller/Harders von Büren/Stoffel/Weber Bürgers/Körber Butzke Cahn/Donald Consbruch/Fischer Cozian/Viandier/ Deboissy Davies/Hopt/ vanSolinge/Nowak

XXI

Adler, Düring, Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Auflage 1995 ff American Law Institute, Principles of Corporate Governance, St. Paul, Minn, 1994 Anwaltkommentar Aktienrecht, hrsg v Heidel, 1. Auflage 2003, jetzt Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 3. Auflage 2011/4. Auflage 2014 (s auch Heidel) Arbeitshandbuch für die Hauptversammlung, hrsg v Semler, Volhard, Reichert, 3. Auflage 2011 Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, hrsg v Semler, von Schenck, 4. Auflage 2013 (s auch Semler/Volhard) Fallsammlung zum Gesellschaftsrecht, 3. Auflage 2013 Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2. Auflage 2013 Wertpapierhandelsgesetz, Kommentar, 6. Auflage 2012 Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Auflage 2007 Bankrechts-Handbuch, hrsg v Schimanski, Bunte, Lwowski, 4. Auflage 2011 Bankrechts-Kommentar, hrsg von Langenbucher, Bliesener, Spindler, 2013 Handelsgesetzbuch, 36. Auflage 2014 Aktiengesetz, 13. Auflage 1968 GmbH-Gesetz, 20. Auflage 2013 Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001 WpÜG, Kommentar zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, Loseblatt, 2004 ff Aktienrecht in Zahlen, 2010 Aktienrecht im Wandel, 2007 Beck’scher Bilanz-Kommentar, 9. Auflage 2014 Beck’sches Formularbuch Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht, hrsg von Hoffmann-Becking, Rawert, 11. Auflage 2013 Beck’sches Handbuch der AG, hrsg v Müller (Welf), Rödder, 2. Auflage 2009 Investment, Handbuch für das gesamte Investmentwesen, Loseblatt Genossenschaftsgesetz, 15. Auflage 2011 Schweizer Aktienrecht, 4. Auflage, Zürich 2009 Bonner Handbuch der Rechnungslegung, hrsg v Hofbauer, Kupsch, Scherrer, Grewe, Loseblatt, 1986 ff, später: Rechnungslegung Kreditwesengesetz, 4. Auflage 2012 Bork, Schäfer, Hrsg, GmbHG, Kommentar, 2. Auflage 2012 FamFG, 2. Auflage 2013 Aktienrecht, Kommentar, 1928 Bankrecht und Bankpraxis, Loseblatt FamFG, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 10. Auflage 2011 Grundriss des Aktienrechts, 3. Auflage, Zürich 2011 Heidelberger Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Auflage 2014 Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Auflage 2011 Comparative Company Law, Germany, the UK and the US, Cambridge 2010 Kreditwesengesetz, Loseblatt Droit des sociétés, 26ième éd, Paris 2013 Corporate Boards in Law and Practice, Oxford 2013

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur

Dörner/Menold/Pfitzer/ Oser Doralt/Nowotny/Kalss Drygala/Staake/Szalai Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn ErfK Ehricke/Ekkenga/ Oechsler Emmerich/Habersack Emmerich/Habersack KonzernR Erman Fahr Feddersen/Hommelhoff/ Schneider Fitting Fitting/Wlotzke/ Wißmann Fleischer Forstmoser/MeierHayoz/Nobel Frankfurter Kommentar WpÜG Fuchs Fuchs/Köstler/Pütz Geibel/Süßmann Geßler GKHGB Goette (v) Godin/Wilhelmi Gower/Davies Grigoleit GroßKoAktG oder Großkomm Großkomm HGB Grundmann Grunewald Haarmann/Riehmer/ Schüppen Habersack Habersack/Drinhausen Habersack/Mülbert/ Schlitt Habersack/Mülbert/ Schlitt Habersack/Verse

Reform des Aktienrechts, der Rechnungslegung und der Prüfung, 2. Auflage 2003 Kommentar zum Aktiengesetz, 2. Auflage Wien 2012 Kapitalgesellschaftsrecht, 2012 Handelsgesetzbuch, 2. Auflage 2009 begr v Boujong, Ebenroth, hrsg v Joost, Strohn Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, begr v Dieterich, Hanau, Schaub, hrsg v Müller-Glöge, Preis, Schmidt (Ingrid), 14. Auflage 2014 Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, Kommentar, 2003 Aktien- und GmbH-Konzernrecht, Kommentar, 7. Auflage 2013 Konzernrecht, Lehrbuch, 10. Auflage 2013 Bürgerliches Gesetzbuch, Handkommentar, 14. Auflage 2014 Fahr/Kaulbach/Bähr/Pohlmann, Versicherungsaufsichtsgesetz, 5. Auflage 2012 Corporate Governance, 1996 Fitting/Engels/Schmitt/Trebinger/Linsenmeier, Betriebsverfassungsgesetz, 27. Auflage 2014 MitbestimmungsG, 1. Auflage 1976, 2. Auflage 1978, 4. Auflage siehe Wlotzke/Wißmann/Koberski/Kleinsorge Handbuch des Vorstandsrechts, 2006 Schweizerisches Aktienrecht, Bern 1996 Haarmann, Schüppen, Hrsg, Frankfurter Kommentar zum WpÜG, 3. Auflage 2008 Wertpapierhandelsgesetz, 2009 Handbuch zur Aufsichtsratswahl, 5. Auflage 2012 Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, Kommentar, 2. Auflage 2008 Aktiengesetz, Kommentar, hrsg v Geßler (Ernst), Hefermehl, Eckardt, Kropff, 1973 ff, 2./3./4. Auflage s MünchKomm Gemeinschaftskommentar zum HGB, hrsg v Ensthaler, 7. Auflage 2010 Einführung in das neue GmbH-Recht, 2008 Aktiengesetz, Kommentar, begr v Freiherr von Godin, H. Wilhelmi, 4. Auflage 1971 Gower and Davies’ Principles of Modern Company Law, 9th ed, London 2012 Aktiengesetz, 2013 Aktiengesetz, Großkommentar, begr v Gadow, Heinichen, 1. Auflage 1939, 2. Auflage 1961/65, 3. Auflage 1970 ff, 4. Auflage hrsg v Hopt, Wiedemann, 1992 ff, 5. Auflage hrsg v Hirte, Mülbert, Roth, 2015 ff 3. Auflage 1967 ff, 4. Auflage 1983 ff, 5. Auflage siehe Staub Europäisches Gesellschaftsrecht, 2. Auflage 2011, European Company Law, 2nd ed 2012 Gesellschaftsrecht, 9. Auflage 2014 Öffentliche Übernahmeangebote, Kommentar zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2002, 3. Auflage Frankfurter Kommentar zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, hrsg v Haarmann, Schüppen, 2008 Die Mitgliedschaft, 1996 SE-Recht, 2013 Handbuch der Kapitalmarktinformation, 2. Auflage 2013 Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, 3. Auflage 2013 Europäisches Gesellschaftsrecht, 4. Auflage 2011

XXII

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur

Hachenburg Hallstein Hanau/Ulmer Happ Haußleiter HdbAG Hdb börsennot AG HdR Heidel Heidel/Schall HeidelbergKomm von Hein Henn/Frodermann/ Jannott Henssler/Strohn Heymann Hirte Kapitalgesellschaftsrecht Hoffmann/Lehmann/ Weinmann Hoffmann/Preu Hölters Hommelhoff/Hopt/ von Werder Hommelhoff/Lutter/ Schmidt/Schön/Ulmer Hopt Hopt Kapitalanlegerschutz Hopt/Fleckner Hopt/Kanda/Roe/ Wymeersch/Prigge Hopt/Voigt Hopt/Wymeersch Hopt/Wymeersch Hopt/Wymeersch/ Kanda/Baum Hucke/Ammann Hüffer Hüffer/Koch Jabornegg/Strasser Kallmeyer Kalss Keidel KK KK WpHG KK WpÜG

XXIII

GmbH-Gesetz, Großkommentar, hrsg v Ulmer, 8. Auflage 1992–1997 Die Aktienrechte der Gegenwart, 1931 Kommentar zum Mitbestimmungsgesetz, 1981, 2. Auflage Aktienrecht, Handbuch, Mustertexte, Kommentar, 3. Auflage 2007 FamFG, 2013 Handbuch der Aktiengesellschaft, hrsg v Nirk, Ziemons, Binnewies, Loseblatt, 1999 ff Handbuch börsennotierte AG, hrsg v Marsch-Barner, Schäfer, 3. Auflage 2014 Handbuch der Rechnungslegung, hrsg v Küting, Weber, Loseblatt, 2002 ff Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, Kommentar, 3. Auflage 2011/4. Auflage 2014 (s auch AnwKomm) Handelsgesetzbuch, 2011 Heidelberger Kommentar zum Aktiengesetz, hrsg v Bürgers, Körber, 3. Auflage 2014 Rezeption US-amerikanischen Gesellschaftsrechts, 2008 Handbuch des Aktienrechts, 8. Auflage 2009 Gesellschaftsrecht, Kommentar, 2. Auflage 2014 Handelsgesetzbuch, Kommentar, 2. Auflage hrsg v Horn, 1995 ff Kapitalgesellschaftsrecht, 7. Auflage 2012 Mitbestimmungsgesetz, Kommentar, 1978 Der Aufsichtsrat, 5. Auflage 2003 Aktiengesetz, 2. Auflage 2014 Handbuch Corporate Governance, 2. Auflage 2010 Corporate Governance. Gemeinschaftssymposium der Zeitschriften ZGR/ZHR, ZHR-Beiheft 71, 2002 Vertrags- und Formularbuch zum Handels-, Gesellschafts- und Bankrecht, 4. Auflage 2013 Der Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken, Gesellschafts-, bank- und börsenrechtliche Anforderungen an das Beratungs- und Verwaltungsverhalten der Kreditinstitute, 1975 Comparative Corporate Governance, Cambridge 2013 Comparative Corporate Governance, The State of the Art and Emerging Research Research, Oxford 1998 Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005 Comparative Corporate Governance, Berlin 1997 Capital Markets and Company Law, Oxford 2003 Corporate Governance in Context, Oxford 2005 Der Deutsche Corporate Governance Kodex, 2003 Aktiengesetz, 11. Auflage 2014, bearb v Koch Gesellschaftsrecht, 8. Auflage 2011 Kommentar zum Aktiengesetz, begr v Schiemer, 5. Auflage, Wien 2011 Umwandlungsgesetz, 5. Auflage 2013 Anlegerinteressen, Wien 2001 FamFG, hrsg v Engelhardt, Sternat, 18. Auflage 2014 Kölner Kommentar, 3. Auflage hrsg v Zöllner, Noack, 2004 ff Kölner Kommentar zum Wertpapierhandelsgesetz, hrsg v Hirte, Möllers, 2. Auflage 2014 Kölner Kommentar zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, hrsg v Hirte, von Bülow, 2. Auflage 2010

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur

Klausing

Köstler/Müller/Sick Koller/Roth/Morck Kraakman et al Kropff AktG Kübler/Assmann GesR Kümpel/Hammen/ Ekkenga Kümpel/Wittig Lang/Weidmüller Langenbucher Lettl Lutter/Bayer/Schmidt Lutter Lutter/Hommelhoff GmbHG Lutter/Hommelhoff SE Lutter Information Lutter/Krieger/Verse Manz/Mayer/Schröder Marsch-Barner/Schäfer Merkt Merkt US-GesR Mestmäcker Michalski Mülbert Aktiengesellschaft Mülbert/Kiem/Wittig MünchAnwHdb Aktienrecht MünchHdbAG MünchKomm

MünchKommBGB MünchKommFamFG MünchKommHGB MünchKommGmbHG MünchKommInsO MünchKommZPO MünchVertragsHdb Musielak Oetker

Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien (Aktiengesetz) nebst Einführungsgesetz und „Amtlicher Begründung“ (AktG 1937) Aufsichtsratspraxis, Handbuch für Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, 10. Auflage 2013 Ingo Koller, Wulf-Henning Roth, Winfried Morck, Handelsgesetzbuch, Kommentar, 7. Auflage 2011 Kraakman/Armour/Davies/Enriques/Hansmann/Hertig/Hopt/Kanda/Rock, The Anatomy of Corporate Law, 2nd ed Oxfort 2009 Aktiengesetz vom 6.9.1965 und Einführungsgesetz zum Aktiengesetz mit Begründung des Regierungsentwurfs, 1965 Gesellschaftsrecht, 6. Auflage 2006 Kapitalmarktrecht, Loseblatt Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Auflage 2011 Genossenschaftsgesetz, 37. Auflage 2011 Aktien- und Kapitalmarktrecht, 2. Auflage 2011 Fälle zum Gesellschaftsrecht, 3. Aufl 2013 Europäisches Unternehmens- und Kapitalmarktrecht, 5. Auflage 2012 Umwandlungsgesetz, Kommentar, 5. Auflage hrsg von Bayer, J. Vetter, 2014 GmbH-Gesetz, Kommentar, 18. Auflage 2012 SE-Kommentar, 2008 Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Auflage 2006 Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 6. Auflage 2014 Europäische Aktiengesellschaft SE, 2. Auflage 2010 Handbuch börsennotierte AG, hrsg v Marsch-Barner, Schäfer, 3. Auflage 2014 Unternehmenspublizität, 2001 US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, 3. Auflage 2013 Verwaltung, Konzerngewalt und Recht der Aktionäre, 1958 GmbH-Gesetz, 2. Auflage 2010 Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt. Die Aktionärsgruppe bei Bildung und Umbildung einer Unternehmensgruppe zwischen Verbands- und Anlegerschutzrecht, 2. Auflage 1996 10 Jahre WpÜG, 2011 Münchener Anwaltshandbuch Aktienrecht, hrsg v Schüppen, Schaub, 2. Auflage 2010 Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Band 4: Aktiengesellschaft, hrsg v Hoffmann-Becking, 3. Auflage 2007 Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 2. Auflage hrsg v Kropff, Semler, 2000 ff, 3. Auflage 2008 ff, 4. Auflage 2014 ff (bisher Band 2, 2014), hrsg v Goette, Habersack, 1. Auflage s Geßler Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, hrsg v Rixecker, Säcker, Oetker, 6. Auflage 2012 ff Münchener Kommentar zum FamFG, hrsg v Rauscher, 2. Auflage 2013 Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, hrsg v K. Schmidt, 2. Auflage 2005 ff, 3. Auflage 2012 ff Münchener Kommentar zum GmbH-Gesetz, hrsg v Fleischer, Goette, 2010–2012 Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, hrsg v Kirchof, Stürner, Eidenmüller, 3. Auflage 2013 f (bisher Band 1, 2013 ff) Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, hrsg v Krüger, Rauscher, 4. Auflage 2012 f Münchener Vertragshandbuch, Band 1: Gesellschaftsrecht, 7. Auflage 2011 Zivilprozessordnung, 11. Auflage 2014 Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 3. Auflage 2013

XXIV

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur

Palandt Peltzer Pfitzer/Oser Pöhlmann/Fandrich/ Bloehs Potthoff/Trescher Prölls Prütting/Helms Raiser/Veil Raiser/Veil Kapitalgesellschaften Reischauer/Kleinhans Ringleb/Kremer/ Lutter/vonWerder Ritter Röhricht/Graf von Westphalen Rowedder/SchmidtLeithoff Roth Altersvorsorge Roth Ermessen Roth/Altmeppen Roth/Kindler Roth/Weller Saenger Schäfer Schäfer/Hamann Schlegelberger/ Quassowski K. Schmidt GesR K. Schmidt/Lutter Scholz Schubert/Hommelhoff Hundert Jahre Schubert/Hommelhoff Weimarer Republik Schwark/Zimmer Schwennicke/Auerbach Semler Semler/Volhard Seibert/Kiem/Schüppen Siems Soergel Spindler/Stilz Staub Staudinger Stein/Jonas

XXV

Bürgerliches Gesetzbuch, 73. Auflage 2014 Deutsche Corporate Governance, 2. Auflage 2004 Deutscher Corporate Governance Kodex, 2003, 2. Auflage 2005 hrsg v Pfitzer, Oser, Orth Genossenschaftsgesetz, 4. Auflage 2012 Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Auflage 2003, bearb v Theisen Versicherungsaufsichtsgesetz, 12. Auflage 2005 FamFG, 3. Auflage 2013 Mitbestimmungsgesetz, Kommentar, 5. Auflage 2009 Recht der Kapitalgesellschaften, 5. Auflage 2010 Kreditwesengesetz, Loseblatt Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 5. Auflage 2014 Aktiengesetz, 2. Auflage 1939 Handelsgesetzbuch, Kommentar, 4. Auflage 2014 GmbHG, Kommentar, 5. Auflage 2013 Private Altersvorsorge: Betriebsrentenrecht und individuelle Vorsorge, Eine rechtsvergleichende Gesamtschau, 2009 Unternehmerisches Ermessen und Haftung des Vorstands, Handlungsspielräume und Haftungsrisiken insbesondere in der unternehmerischen Krise, 2001 Günter H. Roth, Holger Altmeppen, GmbHG, Kommentar, 7. Auflage 2012 Günter H. Roth, Peter Kindler, The Spirit of Corporate Law, Core Principles of Corporate Law in Continental Europe, Munich 2013 Günter H. Roth, Marc-Philippe Weller, Handels- und Gesellschaftsrecht, 8. Auflage 2013 Gesellschaftsrecht, 2. Auflage 2013 Carsten Schäfer, Gesellschaftsrecht, 3. Auflage 2013 Frank A. Schäfer, Uwe Hamann, Hrsg, Kapitalmarktgesetze, Loseblatt Aktiengesetz, Kommentar, 3. Auflage 1939 Gesellschaftsrecht, 4. Auflage 2002 Aktiengesetz, 2. Auflage 2010 Kommentar zum GmbH-Gesetz, 10. Auflage 2010, 11. Auflage 2012 ff (Band 1 und 2) Hundert Jahre modernes Aktienrecht, Texte und Quellen zur Aktienrechtsreform 1884 mit Einführungen, 1985 Schubert, Hommelhoff, Hrsg, Aktienrechtsreform am Ende der Weimarer Republik, 1987 Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Auflage 2010 Kreditwesengesetz, 2. Auflage 2013 Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft, 2. Auflage 1996 Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 4. Auflage 2013 (s auch ARHdb) Handbuch der kleinen AG, 5. Auflage 2008 Konvergenz der Rechtssysteme im Recht der Aktionäre, 2005 Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 13. Auflage 1999 ff Aktiengesetz, 2. Auflage 2010 Handelsgesetzbuch, Großkommentar, 4. Auflage 1983 ff, Bände 1, 2, 3, 5, 6, 7/1, 7/2, 9 und 12/2 in 5. Auflage hrsg v Canaris, Habersack, Schäfer, 2008 ff Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Neubearbeitung 1999 ff Zivilprozessordnung, 22. Auflage 2002 ff, 23. Auflage hrsg v Bork, H. Roth (Band 1 2014)

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur

Steinmeyer

WpÜG, Kommentar zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 3. Auflage 2013, bis 2. Auflage Steinmeyer/Häger Teichmann/Koehler Aktiengesetz, Kommentar, 3. Auflage 1950 Theisen Grundsätze einer ordnungsmäßigen Information des Aufsichtsrats, 3. Auflage 2002, Information und Berichterstattung des Aufsichtsrats, 4. Auflage 2008 Thomas/Putzo Zivilprozessordnung, 34. Auflage 2013 Ulmer/Habersack/ Mitbestimmungsrecht, Kommentierung des MitbestG, des DrittelbG, Henssler MitbestR des SEBG und des MgVG, 3. Auflage 2013, 1. Auflage Hanau/Ulmer Ulmer/Habersack/Winter GmbHG, Großkommentar, 2005–2008, 2. Auflage hrsg v Ulmer/Habersack/ Löbbe Verse Der Gleichbehandlungsgrundsatz im Recht der Kapitalgesellschaften, 2006 VGR Gesellschaftsrechtliche Vereinigung, Schriftenreihe der VGR, Gesellschaftsrecht in der Diskussion, Jahrestagung(en), Jahr, Seite Voigt Haftung aus Einfluss auf die Aktiengesellschaft, 2004 Vorwerk Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz, Kommentar, 2007 Wachter Fachanwaltskommentar Handels- und Gesellschaftsrecht, 2. Auflage 2010 Wachter AktG Kommentar zum Aktiengesetz, 2. Auflage 2014 Wank Handels- und Gesellschaftsrecht, 2. Auflage 2010 Westermann Handbuch Personengesellschaftsrecht, hrsg v Westermann, Wertenbruch, Loseblatt, seit 10/2014 Westermann/Wertenbruch Wicke GmbHG, 2. Auflage 2011 Wiedemann GesellGesellschaftsrecht, Band I, Grundlagen, 1980, Band II, Recht der Personenschaftsrecht gesellschaften, 2004 Wiedemann/Frey Gesellschaftsrecht, 8. Auflage 2012 Widmann/Mayer Umwandlungsrecht, Kommentar, hrsg v Widmann, Mayer, Loseblatt, 3. Auflage 1995 ff Wieczorek/Schütze Zivilprozeßordnung, 3. Auflage 1994 ff, 4. Auflage (div Bände) 2013 ff Wiethölter Interessen und Organisation der Aktiengesellschaft, 1961 Wilhelm Kapitalgesellschaftsrecht, 3. Auflage 2009 Wilsing Deutscher Corporate Governance Kodex, Kommentar, 2012 Windbichler Gesellschaftsrecht, 23. Auflage 2013 Wirth/Arnold/MorsCorporate Law in Germany, 2d ed Munich 2010 häuser/Greene Wlotzke/Wißmann/ Mitbestimmungsrecht, Kommentar, 4. Auflage 2011 Koberski/Kleinsorge Zahn Wirtschaftsführertum und Vertragsethik im neuen Aktienrecht, 1934 Zöller Zivilprozessordnung, 30. Auflage 2014

XXVI

Feststellung der Satzung | § 23

ERSTES BUCH Aktiengesellschaft ZWEITER TEIL Gründung der Gesellschaft 2. Teil – Gründung der Gesellschaft Feststellung der Satzung § 23 Röhricht/Schall

§ 23 Feststellung der Satzung (1) 1Die Satzung muss durch notarielle Beurkundung festgestellt werden. Bevollmächtigte bedürfen einer notariell beglaubigten Vollmacht. (2) In der Urkunde sind anzugeben 1. die Gründer; 2. bei Nennbetragsaktien der Nennbetrag, bei Stückaktien die Zahl, der Ausgabebetrag und, wenn mehrere Gattungen bestehen, die Gattung der Aktien, die jeder Gründer übernimmt; 3. der eingezahlte Betrag des Grundkapitals. (3) Die Satzung muß bestimmen 1. die Firma und den Sitz der Gesellschaft; 2. den Gegenstand des Unternehmens; namentlich ist bei Industrie und Handelsunternehmen die Art der Erzeugnisse und Waren, die hergestellt und gehandelt werden sollen, näher anzugeben; 3. die Höhe des Grundkapitals; 4. die Zerlegung des Grundkapitals entweder in Nennbetragsaktien oder in Stückaktien, bei Nennbetragsaktien deren Nennbeträge und die Zahl der Aktien jeden Nennbetrags, bei Stückaktien deren Zahl, außerdem, 5. ob die Aktien auf den Inhaber oder den Namen ausgestellt werden; 6. die Zahl der Mitglieder des Vorstands oder die Regeln, nach denen diese Zahl festgelegt wird. (4) Die Satzung muß ferner Bestimmungen über die Form der Bekanntmachungen der Gesellschaft enthalten. (5) 1Die Satzung kann von den Vorschriften dieses Gesetzes nur abweichen, wenn es ausdrücklich zugelassen ist. 2Ergänzende Bestimmungen der Satzung sind zulässig, es sei denn, daß dieses Gesetz eine abschließende Regelung enthält. 2

Schrifttum I. Allgemeines Barz Die durch die Aktienreform 1965 veranlassten Satzungsänderungen, AG 1966, 39; Bayer Empfehlen sich besondere Regeln für börsennotierte und für geschlossene Gesellschaften?, Gutachten E für den 67. DJT 2008; ders Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen im Ausland nach der MoMiG-Reform, GmbHR 2013, 897; Fleischer Zur Auslegung von Gesellschaftsverträgen und Satzungen, DB 2013, 1466; ders Ruinöse Managerhaftung: Reaktionsmöglichkeiten de lege lata und de lege ferenda, ZIP 2014, 1305– 1316; Ganske Das Zweite gesellschaftsrechtliche Koordinierungsgesetz vom 13. Dezember 1978, DB 1978, 2461; Geßler Bedeutung und Auslegung des § 23 Abs 5 AktG, in: FS M. Luther, 1976; S 69; Grundmann/Möslein Die Goldene Aktie, ZGR 2003, 317; B. Grunewald Die Auslegung von Gesellschaftsverträgen und Satzungen, ZGR 1995, 68; dies Satzungsfreiheit für das Beschlussmängelrecht, NZG 2009, 967; Habersack Grenzen der Mehrheitsherrschaft in Stimmrechtskonsortien, ZHR 164 (2000), 1; ders Wandlungen des Aktienrechts, AG 2009, 1; Hadding Korporationsrechtliche oder rechtsgeschäftliche Grundlagen

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Röhricht/Schall

§ 23 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

des Vereinsrechts? in: FS R. Fischer, 1979, S 165; Hauschild/Böttcher Schiedsvereinbarungen in Gesellschaftsverträgen, DNotZ 2012, 577; Heinsius Satzungsvorschriften über die Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrats nach dem Mitbestimmungsgesetz, AG 1977, 281; Hüffer Die Harmonisierung des aktienrechtlichen Kapitalschutzes, NJW 1979, 1065; Kort Die Bedeutung von Unternehmensgegenstand und Gesellschaftszweck einer AG bei Auslagerung von Geschäftsbereichen auf gemeinnützige Gesellschaften, NZG 2011, 929; Knur Das Aktiengesetz 1965 – Die Satzungsgestaltung nach dem neuen Recht, DNotZ 1966, 324; König Zur Willensbildung im Stimmenpool, ZGR 2005, 417; Kopp/Kempter Zulässigkeit und berufsrechtliche Zulassung der Rechtsanwalts-Aktiengesellschaft, NZG 2005, 582; Körber/Effer-Uhe Anforderungen an den Nachweis der Vertretungsmacht von Prokuristen und GbR-Gesellschaftern bei der Gründung von Kapitalgesellschaften, DNotZ 2009, 92; Krafka Die wirtschaftliche Neugründung von Kapitalgesellschaften, ZGR 2003, 892; Lehmann Zulässigkeit von Satzungsbestimmungen über die Gewährung von Sondervergütungen an Aufsichtsratsmitglieder, DB 1966, 1757; Lehmann/Heinsius Aktienrecht und Mitbestimmung7 (mit Mustersatzung S 69 ff), 1992; M. Luther § 23 Abs (5) AktG im Spannungsfeld von Gesetz, Satzung und Einzelentscheidungen der Organe der Aktiengesellschaft, in: Freundesgabe Hans Hengeler, 1972, 167; Lutter/Krieger Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats3, 1993; Mayer Grenzen von Aktionärsvereinbarungen, MittBayNot 2006, 281; Mertens Politisches Programm in der Satzung der Aktiengesellschaft?, NJW 1970, 1718; ders Satzungs- und Organisationsautonomie im Aktien- und Konzernrecht, ZGR 1994, 426; Möhring/Schwarz/Rowedder/Haberland Die Aktiengesellschaft und ihre Satzung, 1966; Mülbert Sacheinlagepflicht, Sacheinlagevereinbarung und Sacheinlagefestsetzungen im Aktienund GmbH-Recht, FS Priester, 2007, 485; Priester Nichtkorporative Satzungsbestimmungen bei Kapitalgesellschaften, DB 1979, 681; Th. Raiser Satzungsvorschriften über Beschlussfähigkeit und Vertagung eines mitbestimmten Aufsichtsrats, NJW 1980, 1099; Rittner Die Satzungsautonomie der Aktiengesellschaft und die innere Ordnung des Aufsichtsrats nach dem MitbestG, DB 1980, 2493; Säcker Die Anpassung der Satzung der Aktiengesellschaft an das Mitbestimmungsgesetz, DB 1977, 1791; Schäfer Die Lehre vom fehlerhaften Verband, 2002; Schockenhoff Die Auslegung von GmbH- und AG-Satzungen, ZGR 2013, 76; Schön Der Einfluss öffentlich-rechtlicher Zielsetzungen auf das Statut privatrechtlicher Eigengesellschaften der öffentlichen Hand – Gesellschaftsrechtliche Analyse –, ZGR 1996, 429; Schwab Mitbestimmungsrechtliche Grenzen der aktienrechtlichen Satzungsautonomie, AuR 1981, 33; Seibert/Köster Die kleine AG2, 1995; Spindler Die Entwicklung der Satzungsfreiheit und der Satzungsstrenge im deutschen Aktienrecht, in Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, 2007, 995; U. Stein Rechtsschutz gegen gesetzwidrige Satzungsnormen bei Kapitalgesellschaften, ZGR 1994, 472; Teichmann Gestaltungsfreiheit in Gesellschaftsverträgen, 1970; Ulmer Die Anpassung der Satzungen mitbestimmter Aktiengesellschaften an das MitbestG 1976, 1980; Wallner Der Unternehmensgegenstand der GmbH als Ausdruck der Unternehmensfreiheit, JZ 1986, 721; H. Westermann Zweck der Gesellschaft und Gegenstand des Unternehmens im Aktien- und Genossenschaftsrecht, in: FS Schnorr von Carolsfeld, 1973, 517; Winkler Materielle und formelle Bestandteile in Gesellschaftsverträgen und Satzungen und ihre verschiedenen Auswirkungen, DNotZ 1969, 394; ders Nichtgewerbliche, ideale, insbes politische Zielsetzungen als Inhalt von Gesellschaftsverträgen und Satzungen, NJW 1970, 449; Würdinger Aktienrecht und das Recht der verbundenen Unternehmen4, 1981; Zöllner Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei privatrechtlichen Personenverbänden, 1963; ders Die Zulässigkeit von Konsortialverträgen, FS Ulmer, 2003, S 725. Vgl auch die Schrifttumshinweise zu § 3. II. Beurkundung von Gesellschaftsverträgen im Ausland Bokelmann GmbH-Gesellschafterversammlungen im Ausland und Beurkundung durch ausländische Notare, NJW 1972, 1729; Brambring Zur Anerkennung der ausländischen Beurkundung bei Geltung im deutschen Recht, NJW 1975, 1260; Bredthauer Zur Wirksamkeit gesellschaftsrechtlicher Beurkundungen im Kanton Zürich, BB 1986, 1864; Goette Auslandsbeurkundungen im Kapitalgesellschaftsrecht, in: FS Boujong, 1996, 131; Heckschen Auslandsbeurkundung und Richtigkeitsgewähr, DB 1990, 161; Kropholler Auslandsbeurkundungen im Gesellschaftsrecht, ZHR 140 (1976) 394; Priester Strukturänderungen – Beschlussvorbereitung und Beschlussfassung, ZGR 1990, 421; Reuter Keine Auslandsbeurkundungen im Gesellschaftsrecht?, BB 1998, 116; van Randenborgh Pro und Contra: Beurkundung gesellschaftsrechtlicher Rechtsgeschäfte durch ausländische Notare?, GmbHR 1996, 908; Schervier Beurkundung GmbHrechtlicher Vorgänge im Ausland, NJW 1992, 593; Stauch Die Geltung ausländischer notarieller Urkunden

Röhricht/Schall

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Feststellung der Satzung | § 23

in der BRD, 1983; Winkler GmbH-Gesellschafterversammlungen im Ausland und Beurkundung durch ausländische Notare, NJW 1973, 222.

III. Mantelgründung und Mantelverwertung Bayer Neue und gebrauchte Mäntel, gestreckte und mutierte Gründungen. Die Rechtsfigur der wirtschaftlichen Neugründung in der Rechtsprechung des BGH, FS Goette, 2011, 15; Beuck Der Mantelkauf, GmbHR 1957, 69; Bommert GmbH-Mantelkauf und Gründungsrecht, GmbHR 1983, 209; Gerber Das Gründungsrecht der Vorrats-AG, RPfl 2004, 469; Goette Haftungsfragen bei der Verwendung von Vorratsgesellschaften und leeren GmbH-Mänteln, DStR 2004, 461; ders Zur entsprechenden Anwendung des § 242 Abs 2 AktG im GmbH-Recht, FS Röhricht, 2005, 115; Gronstedt Vorratsgesellschaften: Praktische Konsequenzen aus der neuen BGH-Rechtsprechung, BB 2003, 860; Grooterhorst Praktische Probleme beim Erwerb einer Vorrats-AG, NZG 2001, 145; Heidinger Neues zur Verwendung von Vorratsgesellschaften und zum Mantelkauf, ZNotP 2003, 82; Heidinger/Meyding Der Gläubigerschutz bei der wirtschaftlichen Neugründung von Kapitalgesellschaften, NZG 2003, 1129; Herchen Vorratsgründung, Mantelverwendung und geräuschlose Beseitigung der GmbH, DB 2003, 2211; Hüffer Die Haftung bei wirtschaftlicher Neugründung unter Verstoß gegen die Offenlegungspflicht, NJW 2011, 1772; ders Wirtschaftliche Neugründung und Haftung des Geschäftsführers, NZG 2011, 1257; Ihrig Die Verwertung von GmbH-Mänteln, BB 1988, 1197; Jeep Leere Hülse, beschränktes Risiko: Die Gesellschafterhaftung bei nicht offengelegter wirtschaftlicher Neugründung, NZG 2012, 1209; Kantak Mantelgründung und Mantelverwertung bei der GmbH, Diss Göttingen, 1988; Lieder Wirtschaftliche Neugründung: Grundsatzfragen und aktuelle Entwicklungen, DStR 2012, 137; Meilicke Im Blickpunkt: BGH-Rechtsprechung zur Mantelverwendung von Vorratsgesellschaften, BB 2003, 857; Meyding Die Mantel-GmbH im Gesellschafts- und Steuerrecht, Diss Konstanz, 1989; J. Meyer Neue und alte Mäntel im Kapitalgesellschaftsrecht, ZIP 1994, 1661; Nolting Registerrechtliche Gründungsprüfung beim Erwerb von Mantel- und Vorratsgesellschaften, ZIP 2003, 651; Pentz Wirtschaftliche Neugründung im GmbH- und Aktienrecht, FS Hoffmann-Becking, 2013, 871; Peters Der GmbHMantel als gesellschaftsrechtliches Problem, Diss Bonn, 1989; Priester Mantelverwendung und Mantelgründung bei der GmbH, DB 1983, 2291; ders Beginn der Rechtsperson – Vorräte und Mäntel, ZHR 168 (2004), 248; Schall Cessante ratione legis und das Richterrecht zur wirtschaftlichen Neugründung, NZG 2011, 656; Schaub Vorratsgesellschaften vor dem Aus?, NJW 2003, 2125; K. Schmidt Vorratsgründung, Mantelkauf und Mantelverwendung, NJW 2004, 1345; ders Unterbilanzhaftung bei Fortsetzung einer aufgelösten Gesellschaft?, BB 2014, 410; Schütz Haftungsfragen im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Neugründung, NZG 2004, 746; Skibbe Der Erwerb eines GmbH-Mantels in zivilrechtlicher Sicht, in: FS Felix, 1989, 417; Thaeter Von Mängeln und Vorräten zur Figur der wirtschaftlichen Neugründung, DB 2003, 2112; Thaeter/Mayer Vorratsgesellschaften – Folgerungen für die Praxis aus der Entscheidung des BGH vom 9.12.2002, DB 2003, 539; Ulmer Die wirtschaftliche Neugründung einer GmbH unter Verwendung eines GmbH-Mantels, BB 1983, 1123.

IV. Satzungsergänzende Nebenabreden Baumann/Reiß Satzungsergänzende Vereinbarungen – Nebenverträge im Gesellschaftsrecht, ZGR 1989, 157; Forstmoser Aktionärbindungsverträge, in: FS Schluep, 1988, 359; Gansweid Gemeinsame Tochtergesellschaften im deutschen Konzern- und Wettbewerbsrecht, 1976; Happ Stimmbindungsverträge und Beschlussanfechtung, ZGR 1984, 168; Hoffmann-Becking Der Einfluss schuldrechtlicher Gesellschaftervereinbarungen auf die Rechtsbeziehungen in der Kapitalgesellschaft, ZGR 1994, 444; Joussen Gesellschafterabsprachen neben Satzung und Gesellschaftsvertrag, Diss Bonn, 1995; C. Köhler Nebenabreden im GmbHund Aktienrecht, Diss Frankfurt/M, 1992; Noack Gesellschaftervereinbarungen bei Kapitalgesellschaften, 1994; Ullrich Formzwang und Gestaltungsgrenzen bei Sonderrechten und Nebenleistungspflichten in der GmbH, ZGR 1985, 235; Ulmer Verletzung schuldrechtlicher Nebenabreden als Anfechtungsgrund im GmbHRecht? NJW 1987, 1849; ders Mitgliedschaftliche Treubindungen im GmbH-Recht, 1988; Wiedemann Gemeinschaftsunternehmen im deutschen Kartellrecht, 1981; M. Winter Organisationsrechtliche Sanktionen bei Verletzung schuldrechtlicher Gesellschaftervereinbarungen? ZHR 154 (1990) 259; Zöllner Satzung und schuldrechtlichen Gesellschaftervereinbarungen ohne Satzungscharakter, in Henze/Timm/Westermann (Hrsg), Gesellschaftsrecht 1995, 1996 S 89.

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§ 23 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

V. Vor(gründungs)vertrag Flume Die werdende juristische Person, in: FS Geßler 1971, 3; Hernrich Vorvertrag, Optionsvertrag, Vorrechtsvertrag, 1965; Priester Das Gesellschaftsverhältnis im Vorgründungsstadium – Einheit oder Dualismus, GmbHR 1995, 481; K. Schmidt Rechtsgrundlage der Mitunternehmerschaft im Vorgründungsstadium der GmbH, GmbHR 1982, 6.

I. II. III.

IV.

V.

VI.

Systematische Übersicht Grundlagen des gegenwärtigen Gesetzestextes | 1 Überblick: Inhalt und Aufbau der Vorschrift. Grundsatz der Einheitsgründung | 2 § 23 Abs 1: Die Feststellung der Satzung 1. Rechtsnatur der Satzungsfeststellung a) Bei Gründung durch mehrere Personen (Regelfall) | 6 b) Bei Errichtung durch nur eine Person | 14 Inhalt der Satzung 1. Allgemeines; echte (materielle, körperschaftsrechtliche) und unechte (formelle, individualrechtliche) Satzungsbestimmungen | 15 2. Abgrenzungsmerkmale | 16 3. Notwendige echte (materielle) Satzungsbestimmungen | 19 4. Notwendige unechte (formelle) Satzungsbestimmungen | 28 5. Satzungsbestimmungen ohne Regelungscharakter | 31 6. Indifferente Satzungsbestimmungen | 32 7. Zuordnung anhand der Satzung | 34 Auslegung der Satzung 1. Echte (körperschaftsrechtliche) Satzungsbestandteile a) Grundsatz der objektiven Satzungsauslegung | 37 b) Ausgeschlossene Auslegungsmittel | 47 c) Einheitliche Auslegung | 48 d) Nachprüfbarkeit der Auslegung in der Revisionsinstanz | 51 e) Auslegungskompetenz der Hauptversammlung | 52 2. Unechte (individualrechtliche) Satzungsbestandteile | 54 Das Beurkundungserfordernis, § 23 Abs 1 Satz 1 1. Gegenstand der Beurkundungspflicht a) Grundsatz der einheitlichen Beurkundung | 55 b) Folgerungen im Einzelnen | 56 c) Zweck und Tragweite des Formzwangs | 62

Röhricht/Schall

Das Beurkundungsverfahren | 64 Beurkundungen im Ausland | 67 a) Die rechtliche Ausgangslage. Unmaßgeblichkeit der Einhaltung der Ortsform (hM) | 68 b) Zulässigkeit der Auslandsbeurkundung aa) Grundsatz | 75 bb) Insbesondere das Erfordernis der Gleichwertigkeit | 79 VII. Satzungsfeststellung durch Bevollmächtigte und gesetzliche Vertreter, § 23 Abs 1 Satz 2 | 86 VIII. § 23 Abs 2: Die Übernahmeerklärung 1. Allgemeines und Rechtsnatur | 93 2. Die vom Gesetz geforderten Einzelangaben | 100 a) Die Gründer (Nr 1) | 101 b) Angaben zu den Aktien, die jeder Gründer übernimmt (Nr 2) aa) Nennbetragsaktien | 102 bb) Stückaktien | 103 cc) Ausgabebetrag | 104 dd) Gattung | 105 c) Der eingezahlte Betrag des Grundkapitals (Nr 3) | 106 IX. § 23 Abs 3 und 4: Der notwendige Inhalt der Satzung 1. Unentbehrlichkeit der vorgeschriebenen Angaben | 107 2. Zweck der Regelung | 108 3. Die vom Gesetz vorgeschriebenen einzelnen Angaben a) Firma und Sitz der Gesellschaft, § 23 Abs 3 Nr 1 | 109 b) Gegenstand des Unternehmens, § 23 Abs 3 Nr 2 | 110 aa) Begriffsbestimmung | 111 bb) Zweck der geforderten Angabe | 112 cc) Unternehmensgegenstand und Gesellschaftszweck | 125 dd) Umfang des Präzisierungsgebots | 142 2. 3.

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Feststellung der Satzung | § 23

X.

XI.

5

ee) Industrie- und Handelsunternehmen | 144 ff) Andere Unternehmen | 147 gg) Fakultative zusätzliche Angaben | 149 hh) Änderungen | 150 c) Die Höhe des Grundkapitals, § 23 Abs 3 Nr 3 | 152 d) Die Nennbeträge, die Zahl und die Gattung der Aktien, Zerlegung des Grundkapitals § 23 Abs 3 Nr 4 | 155 e) Inhaber- und Namensaktien, § 23 Abs 3 Nr 5 | 157 f) Die Zahl der Vorstandsmitglieder, § 23 Abs 3 Nr 6 | 163 g) Die Form der Bekanntmachungen der Gesellschaft, § 23 Abs 4 | 168 4. Vorschriften außerhalb des Aktiengesetzes | 172 § 23 Abs 5: Abweichende und ergänzende Satzungsbestimmungen 1. Aktienrecht als zwingendes Recht | 173 2. Abweichungen a) Begriff | 176 b) Ausdrückliche Gestattung | 177 c) Aktienrechtliche Bestimmungen in anderen Gesetzen | 180 d) Mögliche Ausnahmefälle | 182 e) Erkennbarkeit gesetzlich erlaubter Abweichungen | 183 f) Die wesentlichen vom Gesetz gestatteten Abweichungen geordnet nach Sachgebieten | 185 3. Ergänzungen a) Begriff | 242 b) Fehlen einer abschließenden Regelung im Gesetz | 243 aa) Im Gesetz ausgewiesene Regelungsfreiräume | 244 bb) Verdeckte Regelungsfreiräume | 245 c) Grenzen zulässiger Ergänzungen | 247 4. Rechtsfolgen des Verstoßes gegen § 23 Abs 5 | 259 Rechtsfolgen bei Gründungsmängeln 1. Errichtungsmängel; Nichteintragung der Gesellschaft | 263 2. Berufung auf Gründungsmängel; Grundsatz | 264

3.

XII.

XIII.

XIV. XV.

Rechtslage bis zur Eintragung der Gesellschaft | 265 4. Rechtslage nach Eintragung der Gesellschaft a) Grundsatz | 278 b) Formfehler | 279 c) Objektive Mängel | 280 d) Subjektive Mängel | 283 aa) Nichtzurechenbare Gründererklärungen | 286 bb) Folgen vollmachtloser Vertretung | 290 cc) Rechtsfolgen nicht zurechenbarer Gründererklärungen | 291 Satzungsergänzende Nebenabreden 1. Allgemeines; Begriffsbestimmung | 296 2. Häufigkeit und Zielsetzungen | 297 3. Typische Beispielsfälle | 299 4. Praktische Bedeutung | 310 5. Zulässigkeitsfragen | 314 6. Rechtsnatur; Begründung, Änderung, Auslegung | 322 7. Bindung von Rechtsnachfolgern | 328 8. Gerichtliche Durchsetzbarkeit | 335 Der Vorgründungsvertrag (Vorvertrag) 1. Begriffsbestimmung | 336 2. Mindestinhalt | 337 3. Form | 339 4. Vollmacht von Vertretern | 340 5. Wirkung des Vorgründungsvertrages | 342 Kosten der Satzungsfeststellung | 343 Annex zu § 23 Abs 3 Nr 2: Mantelgründung und Mantelverwendung 1. Die Vorrats- oder Mantelgründung a) Begriff | 344 b) Zulässigkeit | 346 aa) Offene Vorratsgründungen | 347 bb) Verdeckte Vorratsgründungen | 350 c) Rechtsfolgen von Vorratsgründungen aa) Offene Vorratsgründungen | 355 bb) Verdeckte Vorrastgründungen unter Angabe eines unzutreffenden Unternehmensgegenstandes | 356 2. (Alt)Mantelverwendung a) Begriff | 360 b) Zulässigkeit | 364 Röhricht/Schall

§ 23 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

3.

Die Rechtsfolgen wirtschaftlicher Neugründungen durch Verwendung von offenen Vorratsgesellschaften oder Altmänteln a) Grundsatz | 365

b) c)

Anzuwendende Vorschriften | 368 Rechtsfolgen unzulässiger Mantelverwendungen | 370

I. Grundlagen des gegenwärtigen Gesetzestextes 1

Der gegenwärtig geltende Text des § 23 beruht auf dem AktG 1965 und den Änderungen, die aufgrund der Gesetze zur Durchführung der Publizitätsrichtlinie (Erste Richtlinie vom 9.3.1968, 68/151/EWG, ABl EG Nr L 65 vom 14.3.1968 S 8 ff, Durchführungsgesetz vom 15.8.1969, BGBl I 1146 ff) und der Kapitalrichtlinie (Zweite Richtlinie vom 13.12.1976, 77/ 191/EWG, ABl EG Nr L 26 vom 31.1.1977 S 1 ff; Durchführungsgesetz vom 13.12.1978, BGBl I 1959 ff) des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts, jetzt neugefasst als Richtlinie 2012/30/EU vorgenommen worden sind. Zu den sich daraus ergebenden Änderungen gegenüber dem früheren Rechtszustand unten Rdn 156, 157 und 163. Ferner wurde durch das Beurkundungsgesetz vom 28.8.1969 (BGBl I 1513) die bis dahin bestehende Möglichkeit einer gerichtlichen Beurkundung der Satzungsfeststellung gestrichen. Durch das Gesetz über die Zulassung von Stückaktien v 25.3.1998 wurden außerdem Abs 2 Nr 2 und Abs 3 Nr 4 auf die Einführung der Stückaktie abgestimmt. II. Überblick: Inhalt und Aufbau der Vorschrift. Grundsatz der Einheitsgründung

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Die Vorschrift behandelt den Abschluss des Gesellschaftsvertrages (der Satzung, § 2), den das Gesetz bei der AG anders als bei der GmbH (vgl §§ 2, 3 GmbHG) als Feststellung der Satzung bezeichnet (§ 23 Abs 1). Es trennt dabei – wiederum anders als bei der GmbH – zwischen der in Abs 2 geregelten Aktienübernahmeerklärung, durch die sich die Gründer zur Übernahme der Aktien und folglich zur Leistung einer deren Ausgabebetrag entsprechenden Einlage verpflichten, und der in Abs 3–5 geregelten Einigung der Gründer über den Inhalt der Satzung (Satzungsfeststellung im engeren Sinne). Diese äußerliche Trennung ändert aber nichts daran, dass erst beides, Aktienübernahme und Festlegung des Inhalts der Satzung, die Satzungsfeststellung im weiteren Sinne, § 23 Abs 1, und damit in der Terminologie des allgemeinen Gesellschaftsrechts den Abschluss des Gesellschaftsvertrages darstellen. Der Aufbau der Bestimmung wird letztlich nur vor dem historischen Hintergrund verständlich, dass das Gesetz bis 1965 die im Laufe der Zeit praktisch bedeutungslos gewordene sog Sukzessiv- oder Stufengründung kannte. Bei dieser Form der Gründung fielen die Feststellung des Gesellschaftsvertrages und die Übernahme der Aktien mindestens teilweise auseinander; die Gesellschaft wurde zunächst nur von (mindestens) einer Person mit der Maßgabe gegründet, dass andere dem Vertrag später durch Zeichnung beitreten würden oder doch jedenfalls der spätere Beitritt weiterer namentlich aufgeführter Gesellschafter vorbehalten wurde. Demgegenüber soll die jetzige Gesetzesfassung klarstellen, dass beide Erfordernisse, Feststellung der Satzung und Übernahme sämtlicher Aktien durch die Gründer-Gesellschafter, als Teile der einheitlichen Gründung der Gesellschaft durch notarielle Beurkundung des Gesellschaftsvertrages untrennbar zusammengehören (sog Einheitsgründung; s Abs 2: „In der Urkunde sind anzugeben …“). Eine getrennte Beurkundung des Inhalts der Satzung der AG und der Erklärungen, durch welche die Gründer sämtliche Aktien der Gesellschaft übernehmen, ist nicht mehr zulässig. Außerhalb der Feststellung der Satzung gibt es bei der Gründung keine Übernahme von Aktien, und zwar weder vorher noch nachher. Röhricht/Schall

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Feststellung der Satzung | § 23

Unabhängig von diesen historischen Bezügen hat die Ausgliederung der Aktienübernahmeerklärungen aus der eigentlichen Satzungsurkunde (§ 23 Abs 3) den praktischen Vorteil, die Satzungsurkunde nicht mit Erklärungen zu befrachten, die nur in der Gründungsphase von Interesse sind. Nach der durch Abs 2 erfolgten Klarstellung fasst Abs 3 diejenigen Bestimmungen 3 zusammen, die zum notwendigen Inhalt der Satzung einer AG gehören und deren Fehlen deshalb Sanktionen auch noch nach Eintragung der AG auslösen kann. Enthält die Satzung keine Bestimmungen über die Höhe des Grundkapitals (Nr 3) oder den Unternehmensgegenstand (Nr 2) oder ist die Bestimmung über den Unternehmensgegenstand nichtig, so kann die Gesellschaft nach § 275 für nichtig erklärt werden. Das Fehlen der in Nr 1, 4, 5 oder 6 vorgeschriebenen Bestimmungen oder deren Nichtigkeit führt dagegen – schwächer – nur zur Aufforderung durch den Registerrichter, den Mangel zu beheben und wenn dieser Aufforderung nicht entsprochen wird, zur Auflösung der Gesellschaft nach § 262 Abs 1 Nr 5 (bei der KGaA nach § 289 Abs 2 Nr 2), § 399 FamFG; zu diesen Fragen näher u Rdn 263 ff. Die Pflicht, in die Satzung eine Bestimmung über die Form der Bekanntmachungen der Gesellschaft aufzunehmen, ist getrennt in Abs 4 geregelt, weil das Fehlen oder die Nichtigkeit einer solchen Bestimmung im Gegensatz zu den in Abs 3 geregelten Fällen aufgrund der Publizitätsrichtlinie (neugefasst 2009/101/EG) nach der Eintragung der Gesellschaft ohne Sanktion bleibt. An die Stelle der fehlenden oder nichtigen Satzungsbestimmung über die Bekanntmachungen der Gesellschaft tritt die gesetzliche Regelung des § 25 S 1. In Abs 5 schließlich versucht das Gesetz, die Zulässigkeit von Satzungsbestimmun- 4 gen zu regeln, die von den Vorschriften des Aktiengesetzes abweichen (S 1) oder diese ergänzen (S 2). Die in § 23 Abs 3–5 enthaltenen Regeln sind auch bei späteren Änderungen der Sat- 5 zung (§§ 179 ff) zu beachten. III. § 23 Abs 1: Die Feststellung der Satzung 1. Rechtsnatur der Satzungsfeststellung a) Bei Gründung durch mehrere Personen (Regelfall). Die Rechtsnatur der Sat- 6 zung ist bis heute Gegenstand eines Theorienstreits, bei dem sich die Vertragstheorie und die Normtheorie gegenüber stehen. Der Streit harrt der Lösung, auch wenn die praktischen Konsequenzen, insbesondere die Auslegungsgrundsätze der Satzung, weitgehend konsentiert sind. Für die Normtheorie ist die Satzung ein objektiver Rechtssatz, vergleichbar den Satzungen von Körperschaften. Dieser Rechtssatz erlangt mit der Entstehung der Gesellschaft Gültigkeit. Die von der Rechtsprechung bevorzugte modifizierte Normtheorie1 konzediert dabei, dass die spätere Geltung des objektiven Rechtssatzes auf dem ursprünglichen privatautonomen Vertragsschluss der Gründer beruht. Für die Vertragstheorie2 stellt die Satzung nicht nur im Ausgangspunkt einen pri- 7 vatautonomen Vertrag zwischen den Gründern dar, der mit der Eintragung zur Verfassung der Gesellschaft wird. Die Geltung der Satzung beruht vielmehr durchweg auf dem subjektiven Wollen der Beteiligten, die sich ihr bei der Gründung oder bei dem späte-

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1 BGHZ 21, 370, 373 ff; 47, 172, 179 f, 96, 245; zust Grigoleit/Vedder § 23 Rdn 2. 2 Staudinger/Weick § 25 Rdn 15 ff und Vor § 21 Rdn 35 ff; Flume Die juristische Person § 9 I; Lutter AcP 180 (1980) 84, 95, 97; Bötticher ZfA 1970, 1 ff; Hadding FS R. Fischer, S 165 ff.

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§ 23 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

ren Beitritt vertraglich unterwerfen, nicht auf einem „objektiven“ Sollen. Hintergrund des ungelösten Streits ist, dass keine der beiden Sichtweisen bruchlos mit allgemeinen dogmatischen Grundsätzen vereinbar ist. Für die Normtheorie sprechen unter anderem die Parallele zu Körperschaftssatzungen, die objektive Auslegung der Satzung, ihre allgemeine Geltung gegenüber allen Gesellschaftern ungeachtet ihres Beitrittszeitpunktes sowie die Gleichsetzung von Gesetz und Satzung im Rahmen des Anfechtungsklage (§ 243 Abs 1). Für die Vertragstheorie spricht demgegenüber bereits der Wortlaut des § 2, der den Gesellschaftsvertrag als Satzung definiert. Allerdings muss dies im Fall der Einpersonengründung modifiziert werden, da eine Person mit sich selbst keinen Vertrag schließen kann. Der wesentliche Punkt für die Vertragstheorie ist, dass Privatrechtssubjekten anders als Selbstverwaltungskörperschaften keine Normsetzungskompetenz zukommt.3 Privatleute können eine Baugenehmigung beantragen, aber keinen Bebauungsplan beschließen. Ein starker Punkt für die Normtheorie ist demgegenüber, dass die Satzung gegenüber später Eintretenden ohne Verhandlungsmöglichkeit schlicht und einfach gilt.4 Auch fällt auf, dass sie Rechte und Pflichte zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern festlegt, also gar nicht primär zwischen den sie aushandelnden Vertragssubjekten (= den Gründungsgesellschaftern untereinander) wirkt. 8 Bei näherer Betrachtung eröffnet der Theorienstreit zwei gänzlich unterschiedliche Perspektiven auf das Wesen der Aktiengesellschaft. Die Normtheorie passt gut zur Notwendigkeit eines staatlichen Verleihungsaktes. Die übereinstimmenden Erklärungen der Gründer erscheinen als eine Art gemeinschaftlicher Antrag auf Schaffung und Zuteilung eines künstlichen Rechtsträgers. Das perpetuiert die Vorstellung von der Entstehung der künstlichen Rechtspersönlichkeit, wie sie unter dem ursprünglichen Octroisystem sowie dem darauf folgenden Konzessionssystem herrschte: die Verleihung eines staatlichen (königlichen) Privilegs an die darum bittenden Bürger (Untertanen). Mit dem Übergang zum heutigen System der Normativbestimmungen ist die Sichtweise eines gnädigerweise erteilten Privilegs zwar überholt, weil es jetzt für jedermann ein Recht zur Gründung gibt („a right, not a privilege“). Dennoch ist ein Bewusstsein für die historische Entwicklung nützlich, weil sie den Blick dafür schärft, dass eine Kapitalgesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit (wie jede Körperschaft) auf einem staatlichen Schöpfungsakt beruht, verkörpert in der Registrierung. Auch wenn die rechtsökonomische Literatur dies noch debattiert, ist dogmatisch unumstößlich, dass die Wirkungen der eigenen Rechtspersönlichkeit nicht rein privatautonom im Rahmen der Vertragsfreiheit herbei geführt werden können. Das gilt für die Haftungsbeschränkung aller natürlichen Personen, mehr noch aber für die die Gesellschafter verdrängende organschaftliche Vertretungsmacht. Gleichwohl: Das System der Normativbestimmungen hat die Möglichkeit einer alter9 nativen Sichtweise eröffnet. Der staatliche Verleihungsakt muss nicht mehr notwendig als Antragsverfahren begriffen werden. Vielmehr kann man die staatliche Verleihung der Rechtsfähigkeit ebenso wohl an einen Vertragsschluss der Gründer knüpfen. Deutliche Indizien hierfür liefert das englische Recht, wo das System der Normativbestimmungen mit den Gladstonian Acts von 1844 an die Stelle des Konzessionssystems trat. Damit wurden nämlich nicht die überkommenen Royal Charter Companies wie die berühmte East India Company kodifiziert, sondern ihre privatautonom geschaffenen Substitute, die sog Joint Stock Companies, die auf einem Vertrag der Gesellschafter basierten.5 Zwar

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Dies konzedierend, aber nicht überzeugend ausräumend MünchKommBGB/Reuter § 25 Rdn 19. MünchKommBGB/Reuter § 25 Rdn 18. Schall Companies Act, sec 1 Rdn 20 ff; Gower/Davies, 6. Aufl 1997, S 28 ff.

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erforderten die Companies Acts (aktuell der CA 2006) nicht explizit einen Gründungsvertrag, sondern begnügten sich für die Gründung mit einem Memorandum, das den (Selbst)Verpflichtungswillen des oder der Gründer dokumentiert. Jedoch wird diesen Verpflichtungserklärungen kraft Gesetzes die Wirkung eines Vertrags zwischen den Gründern untereinander sowie mit der Gesellschaft beigemessen („statutory contract“, vgl section 33 CA 2006).6 Noch klarer tritt die Vertragskonstruktion im französischen Gesellschaftsrecht her- 10 vor. In der französischen Revolution waren die tradierten Aktiengesellschaften kraft königlichen Privilegs zunächst gänzlich abgeschafft, dann aber aufgrund Unentbehrlichkeit sehr rasch wieder eingeführt worden.7 Der Code de Commerce von 1807 stellte dann neben der offenen Handelsgesellschaft (société en nom collectiv) und der Kommanditgesellschaft (société en commandite) zwei Formen der Aktiengesellschaft zur Verfügung: Die Kommanditgesellschaft auf Aktien (société en commandite par actions bzw S.C.A.), welche eine Mischform zur Kommanditgesellschaft kodifizierte, mit welcher vormals Aktiengesellschaften „privat“ konstruiert wurden, und die Aktiengesellschaft (société anonyme bzw S.A.), welche die Nachfolge der Grandes Compagnies markierte.8 Beide waren für den Kapitalmarkt geeignet. Aber nur letztere bedurfte der staatlichen Konzession, da bei ersterer die persönliche Haftung des Komplementärs als ausreichender Schutz angesehen wurde.9 Die Unabhängigkeit von staatlichem Ermessen führte übrigens zu einer Blüte der S.C.A. im neunzehnten Jahrhundert, die ihr Ende erst mit der späteren Übertragung des Systems der Normativbestimmungen auf die Aktiengesellschaft fand10 – eine Entwicklung, die sich auch in den USA spiegelt. Für den vorliegenden Zusammenhang entscheidend ist aber, dass die S.A. ebenso wie die S.C.A. von Anfang an in einer Reihe neben den Personengesellschaften des Code de Commerce standen. Sie sind also lediglich besondere Qualifikationsstufen einer einheitlichen Gesellschaft. Das zeigt schon die gemeinsame Bezeichnung (société). Bereits die einfachste Grundform des französischen Rechts, die société en paticipation, beruht auf einem Gesellschaftsvertrag zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks.11 Nichts anderes gilt für S.A. und S.C.A. Für die S.C.A., die ja nur eine Sonderform der Kommanditgesellschaft darstellte, leuchtet das ohne Weiteres ein. Es gilt und galt von Anfang an aber auch für die S.A., die unter dem Konzessionssytem die Nachfolge der durch Octroi geschaffenen Grand Compagnies antrat. Zwar entsprach die damals übliche Gründungsweise einer S.A. (Einberufung einer Generalversammlung durch die Gründer, Feststellung der Satzung durch einstimmigen Beschluss),12 die übrigens bis heute in der Formulierung des § 23 durchscheint, nicht dem herkömmlichen Bild eines Vertragsschlusses. Jedoch ergab sich aus den Artt. 18 und 19 Code de Commerce 1807, dass der Gesellschaftsvertrag (contrat social) Grundlage aller Handelsgesellschaften einschließlich der société anony-

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6 So lässt sich die Schwierigkeit umgehen, dass das englische Recht keine vertraglichen Bindungen der in Gründung befindlichen Gesellschaft erlaubt (section 51 CA 2006), vgl Schall Companies Act, sec 43–52 Rdn 6 ff. 7 Bayer/Habersack/Rothweiler/Geyer Aktienrecht im Wandel, Band 1, Kapitel 2, Rdn 28 ff. 8 Bayer/Habersack/Deutsch Aktienrecht im Wandel, Kapitel 3 Rdn 3; eingehend zur Kodifikation der S.A. im Code de Commerce Bayer/Habersack/Rothweiler/Geyer Aktienrecht im Wandel, Band 1, Kapitel 2, Rdn 33 ff. 9 Bayer/Habersack/Rothweiler/Geyer Aktienrecht im Wandel, Band 1, Kapitel 2, Rdn 42. 10 Vgl. Bayer/Habersack/Rothweiler/Geyer Aktienrecht im Wandel, Band 1, Kapitel 2, Rdn 44; Bayer/ Habersack/Deutsch Aktienrecht im Wandel, Band 1, Kapitel 3 Rdn 81. 11 Windbichler ZGR 2014, 110, 119. 12 Bayer/Habersack/Deutsch Aktienrecht im Wandel, Band 1, Kapitel 3 Rdn 56.

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me ist.13 Dies findet darin seine Bestätigung, dass eine sociéte anonyme vor ihrer Genehmigung als société en nom collectiv behandelt wurde.14 Die Anschauung des französischen Rechts liefert den Schlüssel zum Verständnis der 11 dogmatischen Wurzeln der deutschen Aktiengesellschaft. Denn das deutsche Aktienrecht ist entscheidend durch den Code de Commerce geprägt worden.15 Bislang entspricht es verbreiteter Sicht, dass der Verein in §§ 21 ff BGB die Grundform der Körperschaften einschließlich der GmbH und der AG ist, während die BGB-Gesellschaft die Grundstufe der Personengesellschaften darstellt. Diese Systematisierung ist als solche sicherlich nicht „falsch“. Sie ist aber unglücklich, weil sie über die historische Genese der Aktiengesellschaft hinweg täuscht. Damit verdunkelt sie die dogmatischen Wurzeln und führt eine eher künstliche Dichotomie in das deutsche Gesellschaftsrecht ein, in deren Folge der Streit zwischen Normtheorie und Vertragstheorie vom Vereinsrecht auf das Gesellschaftsrecht übergegriffen hat. Dieser Streit mag im Vereinsrecht seine Berechtigung haben. Im Aktienrecht hat er sie nicht. Das deutsche Recht hat keinen „Aktienverein“ kodifiziert. Vielmehr ist die Aktiengesellschaft wie in Frankreich als eine Fortentwicklung der Handelsgesellschaften zu sehen. Das zeigt schon ihre ursprüngliche Verortung im ADHGB. Damit beruht sie aber in gleicher Weise wie alle deutschen Gesellschaften auf den Grundnormen der §§ 705 ff BGB16 und mithin auf einem Gesellschaftsvertrag. Dieser Vertrag ist kein klassischer Austauschvertrag und erst recht kein freigiebiger Vertrag. Sein wesentliches Charakteristikum ist vielmehr die Partnerschaftlichkeit, die durch die gemeinsame Zweckverfolgung vorgegeben wird. Dazu kommt in den Fällen der Außengesellschaften wie der Kapitalgesellschaften der Organisationscharakter. Der Vertrag ist dann nicht mehr nur Grundlage für die Entstehung von Rechten und Pflichten, sondern zugleich für die Schaffung eines (teil- oder vollrechtsfähigen) künstlichen Rechtsträgers, dessen „Innenleben“ er fürderhin zu regeln hat. So ist zu verstehen, dass der Gesellschaftsvertrag als „Satzung“ mit der Erlangung der Teil- oder Vollrechtsfähigkeit eine normähnliche Wirkung erhält, worauf wiederum bei der Auslegung oder auch bei den Mangelfolgen Rücksicht zu nehmen ist. So ist des Weiteren zu verstehen, dass die Rechte und Pflichten aus dem Vertrag nicht primär zwischen den Vertragsparteien verortet sind, sondern den erschaffenen Rechtsträger als Bezugspunkt haben. Und so ist auch zu verstehen, dass es bezüglich des Inhalts für später Eintretende grundsätzlich keinen Verhandlungspielraum gibt (wobei „take it or leave it“ die Annahme eines Vertrags ohnehin nicht ausschließt).17 Es handelt sich bei all dem um aus der besonderen Natur der Gesellschaftserrichtung resultierende Abweichungen vom Standardvertragsrecht. An der (durchgängigen) vertraglichen Natur des Gesellschaftsvertrags ändert sich dadurch nichts. Bei den Personengesellschaften ist das soweit ersichtlich unstreitig. Doch auch bei Kapitalgesellschaften kann nichts anderes gelten. Dass dort die Verkörperschaftlichung vollständig abgeschlossen ist, macht hinsichtlich der Rechtsnatur des

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13 Art 18 CdC 1807: Le contrat social se règle par le droit civil, par les lois particulières au commerce et par les conventios des parties. Art 19 CdC 1807: La loi reconnaît trois espèces des sociétés commerciales: – la société en nom collectiv; – la société en commandite; – la société anonyme. Abrufbar unter http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k56629t/f5.image. Vgl Cozian/Viandier/Deboissy. Droit des sociétés, 27. Aufl 2014, Rdn 9 ff. 14 Bayer/Habersack/Deutsch Aktienrecht im Wandel, Band 1, Kapitel 3 Rdn 63. 15 Eingehend Bayer/Habersack/Deutsch Aktienrecht im Wandel, Band 1, Kapitel 3 Rdn 87 ff. 16 Gleichsinnig (in Zusammenhang mit der Zweckförderpflicht als Leitschnur des Vorstandshandelns) Grigoleit/Grigoleit/Tomasic § 93 Rdn 5. 17 Nicht überzeugend MünchKommBGB/Reuter § 25 Rdn 18. Welchen Verhandlungsspielraum hat man etwa bezüglich der Nutzungsbedingungen von Facebook?

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Gesellschaftsvertrags keinen entscheidenden Unterschied gegenüber den teilrechtsfähigen Personengesellschaften aus. Der Wortlaut des § 2 AktG wie der des § 2 GmbHG bringt dies klar und zutreffend zum Ausdruck. Der in der Literatur herrschenden Vertragstheorie, die in der Satzung einen Vertrag mit schuldrechtlicher und korporationsrechtlicher Doppelnatur sieht, ist daher beizutreten.18 Durch diesen Vertrag vereinbaren die Gründer die Errichtung und den Betrieb der 12 Aktiengesellschaft als gemeinsamen Zweck sowie die hierfür zu erbringenden Beiträge. Gleichzeitig schaffen sie so die Voraussetzungen für das Entstehen der AG als einer von ihnen verschiedenen juristischen Person. Der anfangs deutliche Vertragscharakter tritt mit der Eintragung in das Handelsregister in den Hintergrund. Von da ab erscheint die Satzung als die Verfassung des entstandenen Verbandes,19 der sich seine Mitglieder, und zwar auch die erst später hinzutretenden, durch ihren Beitritt unterwerfen und die dann für sie alle gilt. Zu einer objektiv gütligen Norm wird der Vertrag dadurch aber nicht, ebenso wenig wie etwa auch ein Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag. Das zeigt sich darin, dass die über die Entstehung der juristischen Person als solche hinausreichenden Wirkungen immer auf diejenigen beschränkt bleibt, die sich dem Gesellschaftsvertrag privatautonom unterworfen haben. Dagegen kommt der Satzung als solcher eine objektive Geltung inter omnes weder vor noch nach der Entstehung der juristischen Person zu. Daher kann eine Kapitalgesellschaft, anders als eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, auch nicht ultra vires handeln. Lediglich die aus dem Vertrag geborene Rechtspersönlichkeit reicht über die Relativität des Schuldverhältnisses hinaus und zeitigt Wirkung inter omnes. Sie ist eine rechtliche Realität, deren Geltung nicht mehr nach den standardmäßigen Nichtigkeitsgründen des Vertragsrechts in Frage gestellt werden kann. Das heißt aber nicht, dass der Gesellschaftsvertrag normgleiche Wirkung für alle erlangt. Es bedeutet nur, dass die rein schuldrechtliche Ebene des Vertrags überwunden wird durch Erlangung des köperschaftlichen Charakters. Diese veränderte Wirkung kommt etwa darin zum Ausdruck, dass für die zur Feststellung der Satzung erfolgenden Erklärungen der Gründer zunächst die Vorschriften des Allgemeinen Teils des BGB über Willenserklärungen und Willensmängel gelten, während ab Eintragung Willensmängel der Gründer nur noch in ganz beschränktem Umfang geltend gemacht werden dürfen (dazu unten Rdn 278 ff) und sich die Auslegung des Satzungsinhalts weitgehend von den Vorstellungen und Absichten der Gründer löst (dazu Rdn 37 ff). Daneben kann die Satzung allerdings auch Bestimmungen enthalten (individualrechtliche Vereinbarungen), die infolge ihrer rein schuldrechtlichen Natur nicht an den für die körperschaftsrechtlichen Normen der Satzung geltenden Sonderregeln teilnehmen (dazu sogleich unter Rdn 15 ff und 54). Die Annahme, dass die Aktiengesellschaft auf einem Gesellschaftsvertrag iS der 13 §§ 705 ff BGB fußt, zeitigt aber auch weitere, praktisch bedeutende Konsequenzen. Zum Beispiel fügt sie sich gut zu der – freilich erst spät erfolgten – grundsätzlichen Anerkennung von Treuepflichten sowohl zwischen der Gesellschaft und den Aktionären als auch zwischen den Aktionären untereinander. Sie stimmt auch mit den nur beschränkten Austrittsmöglichkeiten überein.20 Allerdings scheint sie sich mit der herrschenden Konstruk-

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18 MünchKommAktG/Pentz Rdn 10; KK/Arnold Rdn 9; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 3; Hüffer/Koch Rdn 7; Heidel/Braunfels Rdn 2; Hölters/Solveen Rdn 3; Bürgers/Körber Rdn 4; Wachter Rdn 5; wohl auch Spindler/Stilz/Limmer § 23 Rdn 3; ähnlich für das GmbH-Recht zB auch Ulmer/Habersack/Löbbe § 2 Rdn 6. 19 BGHZ 47, 180; Hölters/Solveen § 2 Rdn 9; Schmidt/Lutter § 2 Rdn 10. 20 Einen freien, nicht von einem wichtigen Grund abhängigen Austritt wie nach § 39 BGB sieht dagegen MünchKommBGB/Reuter § 25 Rdn 19 als Konsequenz der Normtheorie an.

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tion der Vorgesellschaft zu brechen, die man nach den vorstehenden Erwägungen konsequenterweise als eine Außen-GbR begreifen müsste21 – vergleichbar der Rechtslage bei der noch nicht nach § 123 HGB außenwirksamen oHG. Dem ist aber bei näherer Betrachtung nicht so (näher § 29 Rdn 7 ff). 14

b) Bei Errichtung durch nur eine Person. Wird die AG nur durch eine Person errichtet, wie es seit der Änderung des § 2 durch das Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts vom 2. August 1994 (BGBl I 1961) zulässig ist, so kann naturgemäß vom Abschluss eines Gesellschaftsvertrages nicht die Rede sein, weil ein Vertragsschluss notwendigerweise die Willensübereinstimmung von mindestens zwei Personen voraussetzt. Die Normtheorie hat damit zwar a limine keine Probleme. Sie ist aber aus den vorstehenden Erörterungen grundsätzlich abzulehnen. Daran kann auch die Zulassung der Einpersonengründung nichts ändern. Vielmehr gilt: Ungeachtet des missglückten Wortlauts des § 2, der auch die Einpersonengründung als Gesellschaftsvertrag bezeichnet, erfolgt in diesem Falle die Feststellung der Satzung nicht durch einen Vertragsschluss, sondern durch privatautonomen Errichtungsakt des einzigen Gründers, auf den die Regeln des allgemeinen Rechts über einseitige nicht empfangsbedürftige Willenserklärungen anwendbar sind.22 Die Rechtsnatur der Satzungsfeststellung wird dadurch aber, abgesehen davon, dass bei Beteiligung nur einer Person nicht von einem Vertrag, sondern von einem körperschaftsrechtlichen (Errichtungs-)Akt oder Organisationsakt gesprochen werden muss, nicht berührt. Insbes gilt auch hier oben dargelegte Grundsatz, dass sich der Inhalt der festgestellten Satzung nach Eintragung der Gesellschaft von dem Willen ihres Gründers ablöst und zur Verfassung der mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestatteten juristischen Person wird mit der Folge, dass Willensmängel des Gründers nur noch eingeschränkt geltend gemacht werden können und für die Auslegung des von ihm festgelegten Satzungsinhalts nicht mehr allein seine persönlichen Vorstellungen und Absichten maßgeblich sind. IV. Inhalt der Satzung

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1. Allgemeines; echte (materielle, körperschaftsrechtliche) und unechte (formelle, individualrechtliche) Satzungsbestimmungen. Inhalt der Satzung in einem rein förmlichen Sinne sind zunächst einmal alle Angaben, Regelungen und Vereinbarungen, die äußerlich an der Form der Satzung teilhaben, weil es dem Gründer oder den Gründern – aus welchem Grunde auch immer – zweckmäßig schien, sie bereits in der Satzungsurkunde festzuhalten und ihnen damit Publizität zu verschaffen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass alles, was durch Mitbeurkundung im Gesellschaftsvertrag Eingang in die Satzungsurkunde gefunden hat, auch inhaltlich, dh im materiellen Sinne, Satzung sein muss und damit den Sonderregeln unterworfen ist, die insbes hinsichtlich Auslegung (Rdn 37 ff), Änderung (§§ 179 ff) und Anfechtung (§§ 119 ff BGB) für Satzungsvorschriften gelten. Neben den echten Satzungsbestandteilen, man spricht hier auch von materiellen, echten, körperschaftsrechtlichen oder korporativen Satzungsbestandteilen, kann die Satzung auch weitere Bestimmungen enthalten, die materiell nicht Satzung sind, weil sie lediglich Vereinbarungen anderer, regelmäßig schuldrechtlicher Art, insbes zwischen den Gründern getroffene Nebenabreden, festhalten oder sogar nur Anga-

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21 Vgl. auch das franzöische Recht, das hier eine oHG (société en nom collectif) annahm, Bayer/ Habersack/Deutsch Aktienrecht im Wandel, Band 1, Kapitel 3 Rdn 63. 22 So zutr MünchKommAktG/Pentz Rdn 11; Hüffer/Koch § 2 Rdn 4 a; ebenso für das GmbH-Recht: Roth/ Altmeppen § 2 Rdn 11.

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ben rein deklaratorischer Art enthalten. Man spricht dann von nur formellen, unechten, individuellen, individualrechtlichen oder nicht korporativen Satzungsbestandteilen. Da sie nur äußerlich in die Satzungsurkunde aufgenommen worden sind, ohne zugleich an der besonderen materiellen Qualität von Satzungsrecht teilzunehmen, unterliegen sie grundsätzlich nicht den nur für körperschaftsrechtliche Normen geltenden (Sonder-)Regeln, sondern den für sie maßgeblichen Vorschriften des allgemeinen Rechts. So richtet sich ihre Auslegung uneingeschränkt nach den Regeln über die Auslegung von Willenserklärungen, §§ 133, 157 BGB, und nicht nach den für Bestimmungen mit Satzungsqualität geltenden Grundsätzen der Auslegung nach objektiven Gesichtspunkten; s dazu unten Rdn 37 ff. Als schuldrechtliche Verträge binden sie nur die an ihnen Beteiligten sowie deren Rechtsnachfolger, während echte Satzungsbestandteile jeden binden, der einmal Mitglied (Aktionär) der Gesellschaft wird. Des Weiteren können unechte Satzungsbestandteile aufgrund ihrer schuldrechtlichen Qualität nur im Einverständnis aller Vertragspartner aufgehoben oder geändert werden, während die Änderung oder Beseitigung echter Satzungsbestandteile nach den besonderen Regeln zu erfolgen hat, die das Gesetz für Satzungsänderungen vorsieht, s dazu im Einzelnen die Erläuterungen zu § 179; dort auch zur Möglichkeit, Zwischenstufen einzuschalten und die Änderung einer in der Satzung enthaltenen schuldrechtlichen Vereinbarung den Regeln über Satzungsänderungen zu unterstellen. Schließlich kann die Satzungsurkunde auch Angaben enthalten, die weder eine körperschaftsrechtliche noch eine individualrechtliche Regelung enthalten, sondern lediglich Mitteilungen über außerhalb der Satzung liegende Tatsachen, vgl unten Rdn 31. Zu den in der Praxis häufigen schuldrechtlichen Nebenabreden unter den Aktionären, die zwar ebenfalls der Ergänzung der Satzung dienen, aber im Unterschied zu den oben behandelten unechten Satzungsbestandteilen außerhalb der Satzungsurkunde getroffen wurden, s unten Rdn 296 ff. 2. Abgrenzungsmerkmale. Die stRspr des BGH ordnet eine in der Satzung enthal- 16 tene Bestimmung dann dem körperschaftsrechtlichen und nicht dem individualrechtlichen Bereich zu, wenn sie nicht nur für die derzeitigen, bei Inkrafttreten der Bestimmung vorhandenen Gesellschafter oder einzelne von ihnen gilt, sondern für einen unbestimmten Personenkreis, zu dem sowohl gegenwärtige als auch künftige Gesellschafter und/oder Gläubiger der Gesellschaft gehören.23 Diese Begriffsbestimmung hat allerdings die Schwäche, dass die Geltung einer Rege- 17 lung für oder gegen alle gegenwärtigen und künftigen Aktionäre (uU auch Gläubiger) oder nur für die an ihrer Vereinbarung Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger nicht selten erst die Folge der Feststellung sein wird, dass es sich um eine materielle und nicht um eine formelle Satzungsbestimmung schuldrechtlicher Natur handelt.24 Anders liegt es aber, in all denjenigen Fällen, in denen der Geltungsanspruch für künftige Aktionäre aus dem Inhalt der Regelung hervorgeht. Ist dies der Fall, so kann die betreffende Regelung nur körperschaftsrechtlicher Art sein. Als Voraussetzung für ihre Wirksamkeit als mitgliedschaftsrechtliche Regelung muss freilich hinzukommen, dass sie zulässiger Inhalt einer Satzung sein kann. Umgekehrt wird im Allgemeinen eine schuldrechtliche Vereinbarung anzunehmen sein, wenn sich die betreffende Regelung schon ihrem Inhalt nach Geltung nur für die an ihr Beteiligten und deren mögliche (Gesamt)Rechtsnachfolger zulegt.

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23 So die Definition in BGHZ 123, 347, 350; vgl ferner BGHZ 14, 25, 36 f; 18, 205, 207 f; 48, 141, 144; 116, 359, 364; WM 1973, 510; 1974, 372, 373; zust etwa MünchKommAktG/Pentz Rdn 40; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 4; Hüffer/Koch Rdn 3; Grigoleit/Vedder Rdn 4 f; Bürgers/Körber Rdn 18; Wachter Rdn 6. 24 Kritisch auch NK-Braunfels Rdn 8 (Zirkelschluss).

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Wo das vorstehend erörterte Abgrenzungskriterium versagt, weil sich der Geltungsbereich der Regelung nicht schon aus ihrem Inhalt, sondern erst als Folge der Zuordnung zu der einen oder anderen Kategorie ergibt, wird man auf inhaltliche Zuordnungsmerkmale Rückgriff nehmen müssen, wie den innerverbandlichen Charakter, dh die Bedeutung der Regelung für die korporationsrechtlichen Rechtsverhältnisse,25 oder den mitgliedschaftsrechtlichen oder schuldrechtlichen Inhalt der Satzungsbestimmung.26 Ein Anhaltspunkt für die Abgrenzung ist auch dadurch zu gewinnen, dass man danach fragt, ob die Regelung nur als echter Satzungsbestandteil Wirksamkeit erlangen oder umgekehrt nur als schuldrechtliche Abrede und nicht als echter Satzungsbestandteil vereinbart werden kann. Zwar ist der Schluss, dass alles, was nur durch Satzung geregelt werden kann, auch tatsächlich Satzung sein soll, während alles, was auf der mitgliedschaftsrechtlichen Ebene nicht geregelt werden kann, weil das Gesetz hier keine Gestaltungsspielräume eröffnet, schuldrechtlicher Natur sein muss, nicht unbedingt zwingend; die Gründer können auch Unzulässiges gewollt haben. Im Allgemeinen wird jedoch zumindest eine Vermutung dafür sprechen, dass die Gründer die betreffende Regelung mit dem Inhalt getroffen haben, der ihr die rechtliche Wirksamkeit sichert. Dieser Ansatz wird auch durch den Rechtsgedanken des § 140 BGB abgestützt.

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3. Notwendige echte (materielle) Satzungsbestimmungen. Ungeachtet der dargestellten Schwierigkeiten hat sich für wesentliche Gruppen von Regelungen ein weitgehender Konsens herausgebildet. Als notwendig echte, materielle Satzungsbestimmungen werden angesehen: Alle Regelungen, die der mit Eintragung entstehenden neuen juristischen Person ihr 20 Gepräge, ihre Identität geben und ihre innere Organisationsstruktur einschließlich der Ausgestaltung ihrer Organe und ihrer Kompetenzen festlegen.27 Ferner alle Bestimmungen, die die Rechte und Pflichten der Gesellschafter (Aktionäre) in ihrer Eigenschaft als Mitglieder der künftigen Körperschaft regeln. Zu diesen Gruppen gehören zunächst alle Festsetzungen, die das Gesetz in § 23 Abs 3 und 4 als notwendigen Inhalt der Satzung vorschreibt; darüber hinaus aber auch die Regelungen, die der Ausgestaltung der mitgliedschaftlichen Einlage dienen; dazu gehören nicht nur die in § 23 Abs 2 aufgeführten Festsetzungen, sondern ebenso die Bestimmung, ob Bar- oder Sacheinlagen (§ 27), ggf welcher Art, zu leisten sind.28 Entsprechendes hat auch für die Vereinbarung einer Sachübernahme zu gelten. Der Vertrag zwischen der Gesellschaft und dem Sachübernehmer ist zwar, wie besonders deutlich wird, wenn Vertragspartner der AG eine nicht zum Kreis ihrer Gesellschafter gehörende außenstehende Person ist, notwendigerweise schuldrechtlicher Natur. Dies ändert aber nichts daran, dass die Festsetzung in der Satzung korporationsrechtlicher Art sein muss, weil sie eine die AG und ihren künftigen Vorstand bindende Vorgabe darstellt.29 So zeigt sich hier ein ebsonders klares Beispiel für die Doppelnatur der Satzung als Schuld- und Organisationsvertrag.

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25 Vgl KK/Arnold Rdn 13, der von „korporativer Gestaltung der Gesellschaft“ spricht; NK-Braunfels Rdn 8; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 4. 26 Vgl Grigoleit/Vedder § 23 Rdn 5. 27 Ulmer/Habersack/Löbbe § 2 Rdn 9 bezeichnet überhaupt nur diese Regelungen als „körperschaftlich“. 28 BGHZ 45, 338, 342; MünchKommAktG/Pentz Rdn 40; KK/Arnold Rdn 14; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 5; Hüffer/Koch Rdn 3; Heidel/Braunfels Rdn 9; Hölters/Solveen Rdn 4. 29 So die heute ganz überwiegende M, insbes MünchKommAktG/Pentz Rdn 40; KK/Arnold Rdn 14; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 5; Hüffer/Koch Rdn 3; Grigoleit/Vedder Rdn 5; Wachter Rdn 7; Bürgers/Körber Rdn 18; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack § 53 Rdn 10; aA Priester DB 1979, 681, 682.

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Nur durch echtes Satzungsrecht können auch, soweit das Gesetz hier überhaupt Gestaltungsmöglichkeiten bietet, die innere Organisation der Gesellschaft, die Ausgestaltung der Gesellschaftsorgane, die Abgrenzung ihrer Kompetenzen und die Pflichten und Rechte der Aufsichtsrats- und Vorstandsmitglieder näher konkretisiert werden.30 Hinsichtlich der Anstellungsverhältnisse der Vorstandsmitglieder ist jedoch entgegen der nur noch vereinzelt vertretenen Einheitstheorie daran festzuhalten, dass es sich bei ihnen um individualrechtliche Verträge handelt, vgl dazu die Erläuterungen zu § 84. Für die Aufsichtsratsmitglieder wird allerdings mit zunehmender Tendenz eine korporationsrechtliche Beziehung auch in Bezug auf ihre persönlichen Rechte und Pflichten gegenüber der Gesellschaft angenommen;31 näheres bei § 101. Die Feststellung des Geschäftsjahres ist, wenn dies laut Satzung entgegen der Regel nicht mit dem Kalenderjahr identisch sein soll, als organisationsrechtliche, alle Gesellschaftsorgane unmittelbar bindende Regelung stets echte, korporative Satzungsbestimmung.32 Materielles Satzungsrecht ist auch eine Bestimmung über die Dauer der Gesellschaft (§ 39 Abs 2). Darüber hinaus gehört hierher jede Bestimmung der Satzung, die von einer im AktG vorgesehenen ausdrücklichen Zulassung Gebrauch macht, von den grundsätzlich zwingenden Normen dieses Gesetzes, § 23 Abs 5 Satz 1, abzuweichen, oder die Gestaltungsräume ausfüllt, die das AktG in Form der zahlreichen in ihm enthaltenen Ermächtigungen für zusätzliche Regelungen bestimmter Materien durch die Satzung einräumt (meist durch Formulierungen wie: „Die Satzung kann“ oder „… wenn die Satzung nichts anderes bestimmt“), s ua §§ 58 Abs 2 Satz 2, 60 Abs 3, 77 Abs 1 Satz 2 und Abs 2 Satz 2, 78 Abs 2 Satz 1, 95 Abs 1 Satz 2, 109 Abs 3, 122 Abs 1 Satz 2, 123 Abs 2 Satz 1. Auch gesetzesergänzende Satzungsregelungen, dazu unten Rdn 176 ff, werden häufig materieller Natur, also materielles Satzungsrecht sein. Darüber hinaus sind echtes, materielles Satzungsrecht auch all diejenigen Regelungen, welche die mitgliedschaftlichen Beziehungen zwischen der Gesellschaft und ihren Aktionären regeln, ihnen also Rechte und Pflichten zuordnen. Dies gilt bereits für in der Satzung festgelegte Sonderrechte,33 und zwar auch dann, wenn sie nicht an bestimmte Aktien gebunden sind, sondern dem Aktionär persönlich eingeräumt werden; 34 zur Rechtsnatur von Sondervorteilen und Gründungsaufwand unten Rdn 30. Zu Gerichtsstandsklauseln s unten Rdn 33. Neben(leistungs-)pflichten der Aktionäre können dagegen, soweit sie sich innerhalb der von § 55 gezogenen Grenzen halten, sowohl mitgliedschaftlicher als auch nur schuldrechtlicher Art sein. Entscheidend ist hier, ob die Verpflichtung ihrem Inhalt nach an die Gesellschaftsbeteiligung gebunden sein soll, so dass sie mit deren Übertragung ohne weiteres auf den Erwerber übergeht, oder ob sie lediglich den oder die gegenwärtigen Gesellschafter bindet,35 s dazu oben Rdn 16 f. Bei der AG ist allerdings, wenn sich aus der Satzung weder unter diesem Gesichtspunkt noch aus anderen, auch

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30 MünchKommAktG/Pentz Rdn 40; MünchKommAktG/Stein § 179 Rdn 7; Grigoleit/Vedder Rdn 6; Geßler FS Luther, 1976, 80. 31 Natzel FS Robert Fischer, 1979, 679, 691; MünchKommAktG/Habersack § 101 Rdn 67; Spindler/Stilz/ Spindler § 101 Rdn 8; Hüffer/Koch § 101 Rdn 2 (Doppelnatur); Hölters/Simons § 101 Rdn 7. 32 MünchKommAktG/Pentz Rdn 40; KK/Arnold Rdn 14; Hüffer/Koch Rdn 3. 33 MünchKommAktG/Pentz Rdn 40; KK/Arnold Rdn 14; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 5; Hüffer/Koch Rdn 3; Grigoleit/Vedder Rdn 5; Wachter Rdn 7, ebenso für die GmbH MünchKommAktG/Harbarth § 53 GmbHG Rdn 15. 34 (KK/Zöllner aaO) MünchKommAktG/Stein § 179 Rdn 21. 35 BGH WM 1993, 641, 642 für Nebenleistungspflichten in einer GmbH.

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für außenstehende Dritte erkennbaren Umständen ein Anhaltspunkt für den Willen der Gründer zur Schaffung einer lediglich schuldrechtlich bindenden Verpflichtung ergibt, davon auszugehen, dass es sich um echtes Satzungsrecht iS einer mitgliedschaftlichen Pflicht handelt.36 Außerhalb der Grenzen des § 55 können Nebenpflichten bei der AG nur durch 26 schuldrechtliche Vereinbarungen begründet werden. Verpflichtungen zu einmaligen Leistungen (zB zur Veräußerung eines Grundstücks) oder Dauerleistungen (zB die Verpflichtung, ein Grundstück nicht zu veräußern oder der Gesellschaft allgemein oder auf bestimmten Gebieten keinen Wettbewerb zu machen oder einer bestimmten weiteren Vereinigung als Mitglied anzugehören) können damit im Gegensatz zu wiederkehrenden Leistungen, dazu näher bei § 55, bei der AG nicht echter Inhalt der Satzung sein. 27 Ergibt die Auslegung, dass gleichwohl eine echte korporationsrechtliche Verpflichtung gewollt ist, so ist diese als solche unwirksam. Eine Umdeutung (§ 140 BGB) in eine (zulässige) schuldrechtliche Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft ist grundsätzlich denkbar, wird aber häufig an der fehlenden Vertretungsmacht der Gesellschafter für die Gesellschaft fehlen, wenn nicht die Annahme eines Vertrages zugunsten Dritter (§ 328 BGB) oder einer zumindest stillschweigenden oder konkludenten Genehmigung der Vereinbarung durch den Vorstand möglich ist; vgl zur Umdeutung ergänzend auch sogleich Rdn 28. 28

4. Notwendige unechte (formelle) Satzungsbestimmungen. Notwendigerweise unechte, nur formelle Satzungsbestandteile sind alle Regelungen, die schon nach ihrem Inhalt nur schuldrechtliche Vereinbarungen unter den Gesellschaftern (zB die Abmachung, in der nächsten Hauptversammlung in einem bestimmten Sinn abzustimmen) oder zwischen Gesellschafter und Gesellschaft zum Gegenstand haben. Ferner gehören hierher diejenigen Regelungen, die echtes Satzungsrecht nicht sein können, weil sie jenseits der Grenzen liegen, innerhalb derer das AktG, § 23 Abs 5, gesetzesändernde oder gesetzesergänzende Satzungsregelungen zulässt, s dazu unten Rdn 176 ff. Zur Möglichkeit derartige unzulässige Satzungsbestimmungen in individualrechtliche Vereinbarungen umzudeuten, oben Rdn 27. Individualrechtlich sind schließlich auch, soweit sie überhaupt mit verpflichtender 29 Wirkung gegenüber der Gesellschaft möglich sind, Vereinbarungen der Gründer mit Dritten,37 falls sie nicht wie die Sachübernahme kraft Sonderregelung ausnahmsweise als korporative Satzungsbestandteile zu gelten haben, dazu oben Rdn 20. Konkrete Beispielsfälle aus der Praxis sind im Aktienrecht selten. Die veröffentlichten Entscheidungen der Gerichte betreffen fast durchweg Sachverhalte aus dem GmbH-Recht, s dazu die in der 4. Aufl bei Wiedemann § 179 Rdn 43 aufgeführten Entscheidungen. Die praktisch wichtigste Spielart individualrechtlicher Vereinbarungen ist zweifellos die große Gruppe der unter den Gründern getroffenen Konsortialabreden, dazu unten Rdn 296 ff. Allerdings werden sie meistens nicht in die Satzungsurkunde aufgenommen, sondern außerhalb der Satzung vereinbart. Ferner gehören hierher Kurspflegevereinbarungen und über § 55 hinausgehende Nebenpflichten (oben Rdn 26).

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36 So im Ergebnis auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 45; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 8; Hüffer/Koch Rdn 5; Grigoleit/Vedder Rdn 8; ebenso für die GmbH Scholz/Priester/Veil § 53 Rdn 16; Michalski/Hoffmann § 53 Rdn 14; wohl aA für die GmbH BGH aaO. 37 S dazu auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 42; MünchKommAktG/Stein § 179 Rdn 20; KK/Arnold Rdn 16; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 7; Grigoleit/Vedder Rdn 7; Wachter Rdn 7.

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Individualrechtlicher Natur sind schließlich nach heute wohl ganz überwiegender 30 Meinung Vereinbarungen über Sondervorteile und Gründungsaufwand.38 Dies folgt daraus, dass ihre gesetzlich vorgeschriebene Aufnahme in die Satzung, § 26 Abs 1 und 2, nur dem Zweck dient, ihnen zum Schutz der Öffentlichkeit Publizität zu verschaffen, sie aber nicht zum Bestandteil der körperschaftlichen Verfassung der AG macht. Sieht man aufgrund einer zweistufigen Konzeption die in der Satzung nach § 26 Abs 1 oder 2 getroffene Festsetzung als korporationsrechtlich verbindliche Vorgabe an,39 so bleibt jedenfalls die eigentliche Vereinbarung, aus welcher der durch sie Begünstigte seinen Anspruch herleitet, schuldrechtlicher Natur, dazu näher § 26 Rdn 7 f. 5. Satzungsbestimmungen ohne Regelungscharakter. Eine weitere Gruppe nur 31 förmlicher, also unechter Satzungsbestandteile bilden Angaben, die nicht selber etwas regeln, sondern lediglich einen Sachverhalt verlautbaren, der sich außerhalb der Satzung vollzogen hat. Beispiele dafür sind die Bezeichnung der Mitglieder des ersten Aufsichtsrats oder des ersten Vorstands oder die Angabe des bereits eingezahlten Betrages des Grundkapitals, § 23 Abs 2 Nr 3.40 Da sie zu nichts berechtigen und auch zu nichts verpflichten, schaffen sie aufgrund ihres rein deklaratorischen Charakters weder eine korporationsrechtliche Regelung noch eine schuldrechtliche Verpflichtung. Sie enthalten lediglich eine Mitteilung, die als solche richtig oder falsch sein kann. 6. Indifferente Satzungsbestimmungen. Die im Schrifttum in diesem Zusammen- 32 hang teilweise zusätzlich angeführten, sog indifferenten Satzungsbestimmungen41 stellen demgegenüber keine eigene dritte Kategorie gegenüber den echten, materiellen oder körperschaftsrechtlichen und den unechten, nur förmlichen Satzungsbestandteilen dar. Gemeint sind damit vielmehr diejenigen in der Satzungsurkunde enthaltenen Bestimmungen, die nicht schon ihrer Art nach, um wirksam zu sein, notwendigerweise entweder der einen oder der anderen Kategorie angehören müssen, die vielmehr ebenso Gegenstand einer mitgliedschaftsrechtlichen Regelung wie einer schuldrechtlichen Vereinbarung sein können. Hierher gehören vor allem alle Bestimmungen, die zulässigerweise in Form einer 33 satzungsergänzenden Regelung iSv § 23 Abs 5 Satz 2 getroffen werden können, die aber wahlweise auch als lediglich schuldrechtlich wirksame Nebenabreden vereinbart werden können. Zu dieser Gruppe zählen neben den bereits mehrfach erwähnten, innerhalb des durch § 55 abgesteckten Rahmens bleibenden Nebenpflichten der Aktionäre (oben Rdn 25), insbes auch Bestimmungen über die Gewinnbeteiligung von Vorstandsmitgliedern gem § 86 Abs 1, über die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder gem § 113 Abs 1 Satz 1 sowie in der Satzung enthaltene Schiedsabreden.42 Einer in der Satzung enthaltenen Gerichtsstandsklausel wird in aller Regel körperschaftlicher Charakter zukommen, wenn sie den Gerichtsstand für sämtliche aus dem Mitgliedschaftsverhältnis ent-

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38 MünchKommAktG/Pentz Rdn 42; KK/Arnold Rdn 16; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 4; Hüffer/Koch Rdn 4; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 7; Grigoleit/Vedder Rdn 7; Wachter Rdn 7; Bürgers/Körber Rdn 20; Priester DB 1979, 681, 682; Michalski/Hoffmann § 53 Rdn 12. 39 So die differenzierende Auffassung in KK/Zöllner (2. Aufl) § 179 Rdn 39. Ebenso wohl auch Michalski/Hoffmann § 53 Rdn 12. 40 MünchKommAktG/Pentz Rdn 42; KK/Arnold Rdn 17; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 7; Hüffer/Koch Rdn 4; Grigoleit/Vedder Rdn 7; Bürgers/Körber Rdn 20; MünchKommAktG/Harbarth GmbHG § 53 Rdn 18. 41 MünchKommAktG/Pentz Rdn 43; KK/Arnold Rdn 18; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 8; Hüffer/Koch Rdn 5; Grigoleit/Vedder Rdn 8; Heidel/Braunfels Rdn 9; Hölters/Solveen Rdn 6 ; Bürgers/Körber Rdn 21. 42 BGHZ 38, 155, 161 f für eine GmbH.

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springenden Rechtsstreitigkeiten zwischen der AG und allen (gegenwärtigen und künftigen) Aktionären einheitlich am ordentlichen Gerichtsstand der Gesellschaft festlegt. Soweit die Gerichtsstandsklausel dagegen (auch) für schuldrechtliche Beziehungen zwischen der Gesellschaft und ihren Aktionären (zB aus einem zwischen Aktionär und Gesellschaft geschlossenen Kaufvertrag) gelten soll, ist sie nur als unechter Satzungsbestandteil möglich.43 7. Zuordnung anhand der Satzung. Welcher Kategorie eine in der Satzung enthaltene Regelung im Einzelfall zuzurechnen ist, hängt allein von dem durch Auslegung zu ermittelnden Willen der Gründer ab, die insoweit vollständige Gestaltungsfreiheit genießen.44 Die Auslegung hat, da es sich um eine in der förmlichen Satzungsurkunde enthaltene Regelung, die jedenfalls körperschaftsrechtlicher Art sein kann, handelt, aus Gründen der Rechtssicherheit nach den Grundsätzen der sog objektiven Satzungsauslegung zu erfolgen,45 dazu unten Rdn 37 ff. Maßgeblich ist damit in erster Linie der aus Wortlaut, Textzusammenhang, Sinn und Zweck zu ermittelnde Inhalt der betreffenden Satzungsbestimmung. In diesem Kontext kann es vor allem darauf ankommen, ob sich die Regelung selber erkennbar Geltung für einen unbestimmten Personenkreis, insbes für alle gegenwärtigen und künftigen, neuen Aktionäre der Gesellschaft beimisst oder nur die an ihrer Schaffung Beteiligten binden will. Im erstgenannten Fall ist sie dem körperschaftsrechtlichen, im zuletzt genannten dem schuldrechtlichen Bereich zuzuordnen; 46 s dazu auch schon oben Rdn 16 ff. 35 Versagt dieses inhaltliche Abgrenzungskriterium (s oben Rdn 18), so spricht jedenfalls bei der AG die Tatsache, dass es sich um eine Regelung handelt, die sich in der Satzung befindet und körperschaftsrechtlicher Art sein kann (vorbehaltlich der unten Rdn 36 gemachten Einschränkung, der jedoch für die AG kaum praktische Bedeutung zukommt), dafür, dass sie auch tatsächlich körperschaftsrechtlicher Art, also echter Satzungsbestandteil ist.47 Ergeben sich aus der Satzung keine Anhaltspunkte, die eindeutig für einen gegenteiligen Willen des Satzungsgebers sprechen, so bewendet es dabei. Da bei objektiver Satzungsauslegung alle Umstände, die sich nicht aus dem Satzungstext oder den zum Handelsregister eingereichten, allgemein zugänglichen Unterlagen ergeben, außer Betracht zu bleiben haben (unten Rdn 41), wäre selbst ein einwandfrei feststellbarer Wille der Satzungsgeber zu einer nur individualrechtlichen Gestaltung unbeachtlich.48 Im praktischen Ergebnis führt dies dazu, dass bei Fehlen ausreichender Klarstellung durch die Satzung sämtliche in ihr enthaltenen Bestimmungen, die mitgliedschaftsrechtlicher Art sein können, ohne weiteres auch als solche zu behandeln sind. 36 Auf der anderen Seite kann es ein erhebliches – bei Fehlen anderer, auf einen gegenteiligen Willen des Satzungsgebers hindeutender Umstände sogar entscheidendes – Indiz für das Vorliegen einer nur schuldrechtlichen Vereinbarung oder einer sogar ledig-

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43 BGHZ 123, 347. 44 BGHZ 38, 155, 161; ebenso WM 1993, 641, 642 mwN; KK/Arnold Rdn 20; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 8; Hüffer/Koch Rdn 5; Grigoleit/Vedder Rdn 8. 45 So BGH DB 1968, 2166; BGHZ 142, 116, 125; MünchKommAktG/Pentz Rdn 44; KK/Arnold Rdn 20; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 39; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 8; Hüffer/Koch Rdn 5; Grigoleit/Vedder Rdn 8; aA teilw, jedenfalls für die GmbH, Priester DB 1979, 681, 684. 46 BGHZ 123, 347 (Gerichtsstandsklausel in der Satzung einer AG). 47 Im Ergebnis hM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 45; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 8; Hüffer/Koch Rdn 5; Grigoleit/Vedder Rdn 7; Scholz/Priester § 53 Rdn 16; Priester DB 1979, 681, 684. 48 So zutr KK/Zöllner (2. Aufl) § 179 Rdn 53 gegen die hM, die es auch hier bei einem Indizcharakter belässt.

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lich deklaratorischen Verlautbarung sein, dass Bestimmungen der betreffenden Art regelmäßig nicht als echte Satzungsregelungen getroffen werden. Diese Fälle sind allerdings hauptsächlich für die GmbH,49 weniger für die AG von Bedeutung. V. Auslegung der Satzung 1. Echte (körperschaftsrechtliche) Satzungsbestandteile a) Grundsatz der objektiven Satzungsauslegung. Der körperschaftliche oder or- 37 ganisationsrechtliche Charakter der Satzung wirkt sich auf die Grundsätze aus, nach denen die Bestimmungen der Satzung auszulegen sind. Individualrechtliche Verträge berechtigen und verpflichten grundsätzlich unmit- 38 telbar nur die an ihnen beteiligten Personen. Für ihre Auslegung kommt es deshalb nach §§ 133, 157 BGB letztlich nicht auf den Wortlaut der Vereinbarung, sondern darauf an, wie die Beteiligten ihre Vereinbarung aufgrund der zwischen ihnen ausgetauschten Erklärungen verstanden haben oder unter den bei Vertragsschluss gegebenen Umständen verstehen mussten. Diesem sozialen Sachverhalt trägt das allgemeine Recht Rechnung, indem es bei der Auslegung von Willenserklärungen nicht bei dem buchstäblichen Sinn der abgegebenen Erklärung stehen bleibt, sondern auf den wirklichen Willen des Erklärenden (§ 133 BGB) bzw auf den Sinn abstellt, der seiner Erklärung aus der Sicht ihres bestimmungsgemäßen Empfängers nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte (§ 157 BGB) beizulegen ist. Im Unterschied dazu wenden sich die in der Satzung einer Körperschaft wie der AG 39 enthaltenen mitgliedschaftlichen Regelungen typischerweise an keinen individuellen Empfänger, sondern an einen offenen unbestimmten Personenkreis, nämlich an alle gegenwärtigen und künftigen Aktionäre und Gläubiger der Gesellschaft und damit letzten Endes an die Allgemeinheit. Infolgedessen (und nicht etwa aus dem vor allem in der älteren Rspr50 gelegentlich anklingenden Grund allein der Formbedürftigkeit des Gesellschaftsvertrages)51 kann über die Auslegung der an die Allgemeinheit gerichteten Bestimmungen der Satzung nicht das subjektive Verständnis der an ihrer Feststellung Beteiligten entscheiden. Maßgeblich muss vielmehr sein, wie diese Bestimmungen von der Allgemeinheit, an die sie adressiert sind, vernünftigerweise verstanden werden müssen. Echte, materielle, körperschaftsrechtliche Regelungen der Satzung einer AG müssen deshalb – wie auch bei allen anderen Körperschaften – ähnlich gesetzlichen Normen allein nach objektiven Gesichtspunkten aus sich selbst heraus ausgelegt werden.52 Ein

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49 Dazu BGHZ 18, 205; Scholz/Priester § 53 Rdn 16. 50 Vgl etwa RGZ 141, 204, 206; BGHZ 14, 25, 37. 51 Die Formbedürftigkeit allein könnte auch nur sehr viel weniger strenge Auslegungsmaßstäbe rechtfertigen; dazu aus der Rspr außerhalb des Gesellschaftsrechts zB BGHZ 87, 150; 74, 116, 119; 63, 359, 362. 52 St. Rspr seit BGHZ 14, 25, 36 ff. = NJW 1954, 1401; siehe etwa BGH NZG 2003, 127, 130 = NJW-RR 2003, 826, 829; BGHZ 123, 347, 350 = NJW 1994, 51; BGHZ 116, 359, 366; BGHZ 106, 67, 71; BGHZ 96, 245, 250; BGHZ 63, 282, 290; BGHZ 47, 172, 180 = NJW 1967, 1268, 1271 (zum Verein); BGH WM 1989, 1809, 1810; WM 1981, 438, 439; WM 1974, 372, 373; ZIP 1983, 297, 298; teilw aA noch RGZ 70, 326, 331; RGZ 79, 418, 422; RGZ 159, 272, 278 mwN das, soweit es nicht um eine Auslegung über den Wortlaut der Vertragsurkunde hinaus ging, zur „Aufhellung unklarer und mehrdeutiger Bestimmungen“ noch alle Auslegungsbehelfe ohne Einschränkung als benutzbar ansehen wollte. Im Kern heute unstr hL, MünchKommAktG/Pentz Rdn 49 f; KK/Arnold Rdn 22; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 39; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 9; Grigoleit/Vedder Rdn 45; Heidel/Braunfels Rdn 11; Hölters/Solveen Rdn 7; Bürgers/Körber Rdn 18 ff; Wachter Rdn 9; für AG auch Wiedemann GesR I, S 167 f; ders DNotZ 1977, Sonderheft S 99, 106 f; ebenso die ganz hM im GmbH-Recht zB Baumbach/Hueck/Fastrich § 2 Rdn 29 f; aA

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Unterschied zwischen gesetzlich vorgeschriebenen und sog fakultativen Bestimmungen der Satzung ist dabei nicht anzuerkennen.53 Über den Befund der Notwendigkeit objektiver Auslegung besteht heute im Kern 40 Einigkeit. Unklarheit herrscht über die dogmatische Begründung. Die heute hL verweigert die Heranziehung der §§ 133, 157 ff BGB rundweg.54 Demgegenüber hatte die Rechtsprechung den Grundsatz der objektiven Auslegung, demzufolge Satzungsregeln nur aus sich heraus auszulegen seien, generisch aus den §§ 133, 157 BGB heraus entwickelt.55 Letzterem ist zuzustimmen.56 Wenn man in der Satzung einen Vertrag und keine Norm sieht (oben Rdn 11), müssen grundsätzlich die allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften Anwendung finden. Weil und soweit die Regelungen des Gesellschaftsvertrag aber zur dauernden Regelungsgrundlage für das Leben der Gesellschaft und aller ihrer Mitglieder wird, verlangt ihre Auslegung mit Rücksicht auf die „Verkehrssitte“ bzw die berechtigte Verkehrswerwartung nach § 157 BGB, dass es nicht auf ein vom objektiven Erklärungswert der Satzung abweichendes subjektives Verständnis der Gründer ankommt, sondern nur auf den Empfängerhorizont aller künftigen Adressaten.57 Das gilt auch – und darin liegt ein maßgeblicher Unterschied in Verschärfung gegenüber den sonst aus §§ 133, 157 BGB extrahierten Grundsätzen – dann, wenn alle Gründer übereinstimmend ein abweichendes Verständnis hatten. MaW: Falsa demonstratio nocet! Damit wird zwar im Ergebnis dem Wortlaut höheres Gewicht als sonst üblich eingeräumt. Entscheidend hierfür ist aber letztlich nur der Vorrang des Empfängerhorizonts, der wiederum ein allgemeines Grundprinzip der Auslegung nach den §§ 133, 157 BGB darstellt. Zu berücksichtigen sind damit bei der Auslegung neben dem Wortlaut der Bestim41 mung, wie er unter Zugrundelegung der allgemein anerkannten Regeln, zu denen neben dem üblichen Sprachgebrauch auch etwa Verkehrssitte und Handelsbrauch gehören können58 (eben weil § 157 BGB einschlägig ist), vor allem der erkennbare Zweck der fraglichen Regelung sowie der Sinnzusammenhang und ihr systematischer Bezug zu anderen Vorschriften der Satzung.59 Dabei soll auch auf außerhalb der Satzungsurkunde

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Grunewald ZGR 1995, 68, 84 (Grds der subjektiven Auslegung, soweit keine konkreten Interessen entgegensehen); so im Ansatz auch Fleischer DB 2013, 1466; Schockenhoff ZGR 2013, 76 (dabei aber für Abstellen auf Realstruktur); v Godin/Wilhelmi Anm 17. 53 Wie hier ausdrücklich MünchKommAktG/Pentz Rdn 50; KK/Arnold Rdn 22; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 9; aber auch (von ihrem entgegengesetzten Grundansatz aus) Grunewald ZGR 1995, 68, 84; ebenso für das GmbH-Recht Baumbach/Hueck/Fastrich § 2 Rdn 29 f; aA noch KK/Kraft (2. Aufl) Rdn 102; differenzierend für das GmbH-Recht Scholz/Emmerich § 2 Rdn 38. 54 MünchKommAktG/Pentz Rdn 50; KK/Arnold Rdn 20; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 39; Schmidt/Lutter/ Seibt Rdn 9; Hüffer/Koch Rdn 39; Grigoleit/Vedder Rdn 45; Heidel/Braunfels Rdn 11; Hölters/Solveen Rdn 7; Bürgers/Körber Rdn 18;Wachter Rdn 9. 55 BGHZ 14, 25 = NJW 1954, 1401, 1402 aE bezog sich insoweit auf RGZ 165, 68, 73 f, das wiederum §§ 133, 157 anwendete; in ähnlicher Weise bezog sich BGHZ 47, 172 = NJW 1967, 1268, 1271, das in BGHZ 96, 245 = NJW 1986, 1033, 1034 berufen wurde, auf RG HRR 32 Nr 1287. 56 Wie hier Fleischer DB 2013, 1466 (zudem mit dem Hinweis, bei mehrdeutigem Inhalt reiche contraproferentem Regel); Grunewald ZGR 1995, 68, 84; v Godin/Wilhelmi Anm 17; grds auch Schockenhoff ZGR 2013, 76 (der aber auf Realstruktur der Gesellschaft abstellen will); Wiedemann GesR I, S 167 f; ders DNotZ 1977, Sonderheft S 99 ff (der aber bei AG grds objektiv auslegen will). 57 BGHZ 63, 282 = NJW 1975, 771, 774. 58 RGZ 97, 239, 241; vgl auch den Hinw in BGHZ 106, 67, 71 auf die eventuell typische Bedeutung einer gewählten Formulierung. 59 BGH NZG 2008, 309 Tz 2; BGH NZG 2003, 127, 130 = NJW-RR 2003, 826, 829; BGHZ 123, 347, 350 = NJW 1994, 51; BGHZ 116, 359, 366; BGHZ 106, 67, 71; BGHZ 96, 245, 250; BGHZ 63, 282, 290; BGHZ 47, 172, 180 = NJW 1967, 1268, 1271 (zum Verein); BGHZ 14, 25, 36 ff. = NJW 1954, 1401; BGH WM 1989, 1809, 1810; WM 1981, 438, 439; WM 1974, 372, 373; ZIP 1983, 297, 298; RGZ 165, 68, 73 f; MünchKommAktG/Pentz Rdn 52; KK/Arnold Rdn 23; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 39; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 9; Hüffer/Koch Rdn 39;

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liegende Umstände soweit zurückgegriffen werden können, wie diese ihrerseits aus der Allgemeinheit zugänglichen Quellen, dh im Wesentlichen dem Handelsregister und – wie etwa Gründererklärungen uä – den zu den Registerakten eingereichten Unterlagen (§ 37 Abs 4), ersichtlich sind.60 Diesen Quellen käme damit für die Auslegung der Satzung eine ähnliche Rolle als Interpretationshilfe zu wie den Gesetzesmaterialien für die Auslegung des Gesetzes. Daran wurde kritisiert, dass solche Unterlagen von Aktionären typischerweise nicht eingesehen werden.61 Das letzte Grundsatzurteil zur Satzungsauslegung bei der AG hat die in BGHZ 116, 359 ausgesprochene Erweiterung auf Unterlagen in den Registerakten zumindest nicht ausdrücklich aufgegriffen. Dort heißt es vielmehr:62 „Satzungsbestimmungen, denen körperschaftsrechtliche Bedeutung zukommt, 42 müssen nach objektiven Gesichtspunkten einheitlich aus sich heraus ausgelegt werden. Wortlaut, Sinn und Zweck der Regelung kommt dabei ebenso maßgebende Bedeutung zu wie dem systematischen Bezug der Klausel zu anderen Satzungsvorschriften. Umstände, für die sich keine ausreichenden Anhaltspunkte in der Satzung finden, können zur Auslegung grundsätzlich nicht herangezogen werden. Außerhalb der Satzung liegende Sachzusammenhänge können unter Umständen dann berücksichtigt werden, wenn deren Kenntnis bei den Mitgliedern und Organen allgemein vorausgesetzt werden kann.“ Man wird sicherlich nicht sagen können, dass die Kenntnis der Registerakten bei 43 Mitgliedern allgemein vorausgesetzt werden kann. Dennoch, selbst eingedenk der strukturellen Unterschiede zwischen personalistischer GmbH und anlegerorientierter AG, dürfte der BGH mit der eben zitierten Aussage keine restriktivere Linie als bei der GmbH vorgegeben haben. Das bestätigt auch ein jüngeres Urteil zur AG, wo es wörtlich heißt:63 „…eine Frage der Satzungsauslegung, für die neben dem Wortlaut, Sinn und Zweck der Regelung gegebenenfalls ihr systematischer Bezug zu anderen Satzungsvorschriften oder auch aus den Registerakten ersichtliche Sachzusammenhänge heranzuziehen sind.“

Nach hier vertretener Sicht ist das zu befürworten. Für eine Restriktion besteht kein 44 Anlass, da selbst im Bereich der Gesetzesauslegung gilt: Die Richtigkeit eines aus historischer Auslegung gewonnenen Ergebnisses muss auch derjenige Bürger gegen sich gelten lassen, der nicht persönlich in die Gesetzesmaterialien Einblick genommen hat. Darüber hinaus hält es die Rspr wie eben gesehen für möglich, außerhalb der Sat- 45 zung liegende Sachzusammenhänge, wie insbes den übereinstimmenden Gründerwil-

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Grigoleit/Vedder Rdn 45; Heidel/Braunfels Rdn 11; Hölters/Solveen Rdn 7; Bürgers/Körber Rdn 18; Wachter Rdn 9; teilw aA die in Fn 56 Genannten. 60 BGHZ 116, 359 = NJW 1992, 892, 894 (zur GmbH): „Dieses aus Wortlaut, Inhalt und Zweck des Gesellschaftsvertrages vom 23.4.1977 gewonnene Auslegungsergebnis wird durch frühere gesellschaftsvertragliche Regelungen bestätigt. Da diese zum Handelsregister eingereicht worden sind … und ihr Inhalt damit der Allgemeinheit zugänglich ist, können sie zur Auslegung der körperschaftsrechtlichen Bestandteile des Gesellschaftsvertrages herangezogen werden.“; siehe ferner RGZ 165, 68, 73; BGH DB 1975, 198 f; DB 1981, 926; DB 1983, 872; BB 1974, 431 = LM Nr 21 zu § 47 GmbHG; MünchKommAktG/Pentz Rdn 52; KK/Arnold Rdn 23; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 9; Hüffer/Koch Rdn 39; Heidel/Braunfels Rdn 11; Hölters/Solveen Rdn 7; Bürgers/Körber Rdn 18; Wachter Rdn 9. 61 Grunewald ZGR 1995, 68, 84 Fn 66. 62 BGHZ 123, 347 = NJW 1994, 51, 52; sachlich insoweit übereinstimmend, dh allein für Maßgeblichkeit des Vertragstextes und ohne explizite Einbeziehung von Registerakten, Spindler/Stilz/Limmer Rdn 39; Grigoleit/Vedder Rdn 45. 63 BGH NZG 2008, 309 Tz 2, freilich unter wie eben gesehen nicht ganz zutr Verweis auf BGHZ 123, 347.

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len, uU auch dann zu berücksichtigen, wenn deren Kenntnis bei den Mitgliedern und Organen allgemein vorausgesetzt werden kann.64 Diese Ausnahme ergibt sich nach hier vertretener Auffassung bereits aus dem auf alle gegenwärtigen und zukünftigen Aktionäre erweiterten Empfängerhorizont. Sie sollte aber und wird typischerweise restriktiv gehandhabt werden. Eine andere Frage ist, ob man weitere Ausnahmen vom Grundsatz der objektiven 46 Auslegung anzuerkennen hat. Solche sollte man insbesondere in Erwägung ziehen, wenn die Berufung auf den Satzungswortlaut missbräuchlich, insbes treuwidrig wäre, so etwa, wenn bei Formulierung des Satzungstextes oder einer Satzungsänderung ungewollte und unbemerkte Benachteiligungen einzelner Gesellschafter oder Gesellschaftergruppen entstanden sind, sich alsbald nach Eintragung der Satzung oder Satzungsänderung herausstellt, dass der objektive Satzungswortlaut nicht das einverständlich Gewollte wiedergibt oder auch eine seit Jahren einverständlich in der Annahme ihrer Satzungskonformität praktizierte Handhabung durch den Satzungstext bei objektiver Auslegung nicht gedeckt ist. Voraussetzung für die in derartigen Fällen uU auf der Grundlage des § 242 BGB gebotenen Korrektur der streng objektiven Auslegung durch die ergänzende Heranziehung subjektiver Gesichtspunkte muss allerdings stets sein, dass dadurch keine berechtigten Interessen außenstehender Dritter beeinträchtigt werden.65 Eine generelle Ausnahme von dem Grundsatz der objektiven Auslegung körperschaftlicher Satzungsbestandteile zugunsten einer weitgehend an subjektiven Auslegungskriterien orientierten Betrachtungsweise im Innenverhältnis der Gesellschaft, ist dagegen zwecks Gewährleistung einer einheitlichen Auslegung der Satzung (s unten Rdn 48) abzulehnen.66 47

b) Ausgeschlossene Auslegungsmittel. Von der Verwertung als Auslegungsmittel ausgeschlossen sind nach diesen heute weitgehend anerkannten Grundsätzen der hM alle für die Allgemeinheit nicht erkennbaren, dh nicht aus den vorstehend genannten Quellen ersichtlichen Umstände. Das ergibt sich für die hier vertretene Ansicht zwanglos schon daraus, dass nach § 157 BGB bei Verträgen der objektive Empfängerhorizont dem Grundsatz der Erforschung des wirklichen Willens nach § 133 BGB vorgeht, und dass dieser Empfängerhorizont bei Kapitalgesellschaftsverträgen eben nicht nur aus Sicht der Mitgründer, sondern auch unter Berücksichtigung aller potentiellen künftigen Gesellschafter, die sich seiner Geltung unterwerfen, zu bestimmen ist. Nicht berücksichtigungsfähig sind damit alle aus der Satzung, dem Handelsregister oder den Registerakten nicht ersichtlichen persönlichen Motive, Vorstellungen, Meinungsäußerungen, Absichten, Interessen und Nebenabreden der Gründer, wie überhaupt alle Vorgänge aus der Entstehungsgeschichte und späteren Entwicklung der Gesellschaft einschließlich etwaiger Vorentwürfe sowie mündlicher oder schriftlicher Erwägungen und Äußerungen der Personen, die an der Abfassung der Satzung mitgewirkt haben, sofern sie keinen

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64 So insbes BGHZ 123, 347, 350 = NJW 1994, 51, 52 im Anschluss an BGHZ 63, 282, 290; s ferner BGH WM 1989, 1809, 1810; ZIP 1983, 297, 298; zust die hM, Spindler/Stilz/Limmer Rdn 39; KK/Arnold Rdn 23. 65 Ähnl auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 50; KK/Arnold Rdn 23; Heidel/Braunfels Rdn 11; Grigoleit/ Vedder Rdn 45 (bei „krassem Missbrauchsfall“); Bürgers/Körber Rdn 22; MünchKommGmbHG/Mayer § 2 Rdn 167. 66 In diesem hier abgelehnten Sinn vor allem KK/Kraft (2. Aufl) 104; ähnl wie hier dagegen BGH GmbHR 1982, 129, 130; Ulmer/Habersack/Löbbe § 2 Rdn 195 u 204 (dort auch zu den o erörterten Missbrauchsfällen); Baumbach/Hueck/Fastrich § 2 Rdn 31; aA dagegen Grunewald ZGR 1995, 68, 84 f, die genau umgekehrt verlangt, dass die Nichtberücksichtigung des Gründerwillens durch besondere Interessen gerechtfertigt sein muss.

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objektiven Niederschlag in den oben genannten Quellen gefunden haben.67 Derartige Umstände dürfen auch nicht nur lediglich ergänzend zur Bestätigung der Richtigkeit eines auf dem Wege objektiver Auslegung gefundenen Ergebnisses oder gar zur Klärung sonst nicht behebbarer Zweifel über die Bedeutung offenkundig mehrdeutiger Bestimmungen herangezogen werden.68 Vielmehr sind mehrdeutige Bestimmungen oder etwa vorhandene Regelungslücken (sa folgende Rdn) anhand der aus dem übrigen Inhalt der Satzung und der berücksichtigungsfähigen Unterlagen erkennbaren objektivierten Ziele des Satzungsgebers sinnvoll zu ergänzen sind. c) Einheitliche Auslegung. Die danach allein zulässige objektive Auslegung kor- 48 porationsrechtlicher Satzungsbestimmungen hat so zu erfolgen, dass stets ein einheitliches, auch für alle künftigen Fälle gültiges Satzungsverständnis gewährleistet ist.69 Dies gilt gleichermaßen für die Zeit vor wie nach der Eintragung der Gesellschaft. Der im Schrifttum teilweise vertretenen Ansicht,70 die vor Eintragung materielle Satzungsbestandteile wie unechte Satzungsbestimmungen behandeln will, ist nicht zu folgen.71 Der Inhalt der Satzung kann nach Eintragung kein anderer als vor Eintragung sein. Überdies steht die hier abgelehnte Ansicht im Widerspruch zu der heute ganz herrschenden Auffassung, wonach die Vorgesellschaft grundsätzlich, dh mit Ausnahme derjenigen Bestimmungen, die gerade die Eintragung voraussetzen, bereits nach den Rechtsregeln zu behandeln ist, die für die fertige Kapitalgesellschaft gelten (§ 29 Rdn 8; sa BGHZ 117, 323, 326 f): auch die Vorgesellschaft hat bereits eine körperschaftliche Verfassung. Dem unbestreitbaren Bedürfnis, bei Abweichung der geschriebenen Satzung von dem übereinstimmenden Willen der Gründer auch subjektive Gesichtspunkte heranziehen zu können, kann durch die in Rdn 46 aufgezeigten Möglichkeiten ausreichend Rechnung getragen werden. Unter den dort genannten Voraussetzungen muss das Recht eines jeden Gründers, sich gegenüber den anderen auf den wirklich und zwar von allen gewollten Inhalt der Satzung zu berufen und von ihnen Anpassung des Satzungstextes an das übereinstimmend Gewollte zu verlangen, sogar über die Eintragung hinaus bestehen.72 Eine mehrfacher Deutung zugängliche Satzungsbestimmung ist in dem Sinne auszulegen, dass ihre Wirksamkeit bejaht werden kann.73 In Fällen der Teilnichtigkeit entscheidet über die Wirksamkeit des Rests entgegen § 139 BGB nicht der wirkliche oder mutmaßliche Wille der Gründer, sondern allein der objektive Inhalt der Satzung.74 Die Anwendung dieser Regeln schließt es zwar nicht zwingend aus, dass eine Sat- 49 zungsbestimmung im Einzelfall auch einmal gegen ihren Wortlaut auszulegen sein kann. Das ergibt sich schon aus § 133 BGB, muss aber auch für die Ansichten gelten, die hierauf nicht zurückgreifen wollen. Denn nichts anderes gilt ja auch im Bereich der Auslegung von Normen, etwa im Falle einer teleologischen Reduktion oder Extension zur Schließung von unbeabsichtigten Regelungslücken (siehe auch nächste Rdn). Unab-

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67 ZB BGHZ 96, 245, 250; 47, 172, 180; WM 1974, 372, 373. 68 Ebenso jetzt auch KK/Arnold Rdn 24; aA noch KK/Kraft (2. Aufl) Rdn 100; dem folgend Voraufl. 69 BGH LM Nr 25 zu § 549 ZPO; BGHZ 14, 25, 37. 70 MünchKommAktG/Pentz Rdn 47; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 39; Hölters/Solveen Rdn 7; Grigoleit/ Vedder Rdn 45; wohl auch Heidel/Braunfels Rdn 11; so auch noch Hüffer 10. Aufl, Rdn 40. 71 Wie hier KK/Arnold Rdn 25; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 9; jetzt auch Hüffer/Koch Rdn 40; Bürgers/ Körber Rdn 23. 72 Ähnl Scholz/K. Schmidt § 11 Rdn 47; Ostheim JBl 1978, 350. 73 RGZ 165, 68, 78; MünchKommAktG/Pentz Rdn 52; KK/Arnold Rdn 24; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 9; Bürgers/Körber Rdn 22. 74 BGHZ 47, 172, 180 für den Verein.

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dingbare Voraussetzung dafür ist aber stets, dass das Auslegungsergebnis in der Satzung wenigstens im Ansatz einen wenn auch unvollkommenen Ausdruck gefunden hat75 und damit dem objektiven Empfängerhornizont der gegenwärtigen und künftigen Gesellschafter erkennbar ist. (Nur) Nach dieser Maßgabe ist auch der Grundsatz „falsa demonstratio non nocet“ anwendbar. Dagegen reicht nicht aus, wenn nur den Gründern die Falschbezeichnung des wirklich Gewollten bewusst war. 50 Satzungslücken sind auf dem Wege ergänzender Vertragsauslegung zu schließen.76 Entscheidend ist, welche Regelungen die Gründer nach dem aus dem übrigen Satzungsinhalt erkennbaren Sinn und Zweck getroffen hätten, wenn sie sich der Regelungslücke bewusst gewesen wären, wobei freilich ebenfalls nur die oben aufgeführten allgemein zugänglichen Quellen herangezogen werden dürfen. 51

d) Nachprüfbarkeit der Auslegung in der Revisionsinstanz. Aus der Regel, dass körperschaftliche Bestimmungen der Satzung nach objektiven Gesichtspunkten auszulegen sind (vorstehend Rdn 37 ff), folgt, dass die Auslegung der freien Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt.77 Für die Bindung an eine tatrichterliche Auslegung durch die Vorinstanzen ist kein Raum, wo es sich allein darum handelt, eine Satzungsregelung ähnlich wie ein Gesetz aus ihrem objektiv erkennbaren Inhalt heraus auszulegen und es nicht darum geht, die subjektiven Vorstellungen der am Abschluss des Vertrages beteiligten Personen iS einer Tatfrage zu ermitteln.

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e) Auslegungskompetenz der Hauptversammlung. Üblicherweise werden umstrittene Auslegungsfragen bezüglich der Satzung im Rahmen des hierum geführten Rechtsstreites (idR Anfechtungsklage) vor Gericht gelangen und dort inzident entschieden werden. Möglich ist aber auch, den Streit direkt in einem vorgelagterten satzunsauslegenden Beschluss einer Klärung zuzuführen. Das hat der BGH für die Gesellschafterversammlung der GmbH ausdrücklich entscheiden.78 Es muss aber auch für die Hauptversammlung gelten, da jene trotz ihrer allgemein beschränkteren Zuständigkeiten jedenfalls die Herrin der Satzung ist. Wird ein solcher Beschluss gefasst, ist er im Wege der Anfechtungsklage anzugreifen und kann der Streit um die Auslegung so unmittelbar zum rechtshängigen Streitgegenstand werden. Das Gericht prüft in diesem Prozess in vollem Umfang die Richtigkeit der getroffenen Auslegung nach. Die Folgefragen dieser vereinzelten Rechtsprechung sind freilich noch nicht in jeder 53 Hinsicht durchdrungen. An sich müsste aus einem solchen Beschluss, wenn er denn sinnhaft sein soll, mit Eintritt der Unanfechtbarkeit eine Bindungswirkung entstehen, derzufolge Gerichte in späteren Verfahren nicht mehr frei auslegen können, sondern die von den Gesellschaftern bindend vorgenommene Auslegung zu Grunde legen müssen.

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75 RG, JW 1939, 354, 355 sowie RGZ 101, 246, 247 f; ebenso noch KK/Kraft (2. Aufl) Rdn 102, allerdings mit unzutr Beschränkung auf fakultative Satzungsbestimmungen. 76 BGH NZG 2003, 127, 130; BGH BeckRS 1983, 00848 = AG 1983, 312 = WM 1983, 835, 837; OLG Düsseldorf, BB 1982, 1574; MünchKommAktG/Pentz Rdn 52; KK/Arnold Rdn 24; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 39; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 9; Hüffer/Koch Rdn 39; Bürgers/Körber Rdn 22; Scholz/Emmerich § 2 Rdn 36. 77 StRspr seit RGZ 165, 68, 73 f, siehe etwa BGHZ 9, 279, 281 und 36, 296, 314; 123, 347, 350 (für die AG); 14, 25, 36 f; 48, 141, 144; 116, 360, 364 (für die GmbH); 113, 232, 240 (für Verein); 27, 297, 300 (für eG); MünchKommAktG/Pentz Rdn 53; KK/Arnold Rdn 26; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 9; Hüffer/Koch Rdn 39; Grigloleit/Vedder Rdn 45. 78 BGH NZG 2003, 127 LS 1 und S 129 sub III 1a, allerdings unter unpassendem Verweis auf BGHZ 14, 264 = NJW 1954, 1563 – gemeint war wohl BGHZ 14, 25 = NJW 1954, 1401, 1402, wo es um die Differenzierung ging zwischen einem bloßen Beschluss mit unzureichender Mehrheit und einem – ebenfalls möglichen – Beschluss zu der Frage, welche Mehrheit erforderlich sei.

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Diese Wirkung rückt den satzungsauslegenden Beschluss aber in die Nähe der Satzungsänderung. Denn er ändert den vormals offenen, auslegungsfähigen Inhalt der Satzungsbestimmung dahin gehend ab, dass nun nur noch eine Auslegung richtig ist – und dies selbst, wenn dies bei objektiver Auslegung die „falsche“ Lesart gewesen sein sollte. Daher wird man entgegen dem Urteil des BGH hier nicht umhin können, die Einhaltung der Formalien der Satzungsänderung zu erfordern. Der BGH hatte sich zu diesem Gesichtspunkt in jenem Urteil nicht unmittelbar verhalten. Er hatte zum Mehrheitserfordernis lediglich ausgeführt, wenn die Gesellschafter über ihre Zustimmung zu einer Anteilsveräußerung entscheiden dürften, müssten sie auch über die Vorfrage der Zustimmungsbedürftigkeit entscheiden dürfen, und daran angefügt, dass es für den vorgelagerten Beschluss nicht auf das Mehrheitserfordernis für die Zustimmung ankäme (das bei 75% lag). Beides trifft für sich gesehen zu. Dennoch hätte er den Beschluss, der konkret mit 66,7 % beschlossen worden war, so nicht akzeptieren dürfen, da nach dem Vorstehenden nicht ein einfacher Gesellschafterbeschluss aureichte, sondern die Beobachtung der Vorschriften für die Satzungsänderung geboten war. Der Anfechtungsklage wäre also ungeachtet des tatsächlichen Fehlens der Zustimmungsbedürftigkeit (das man im Wege der Zwischenfeststellungsklage für den weiteren Verlauf hätte festschreiben können), also der inhaltlichen Richtigkeit des auslegenden Beschlusses, stattzugeben gewesen. Nicht übersehen wird, dass nach dieser Sicht die Möglichkeit satzungsauslegender Beschlüsse für die Mehrheit erheblich eingeschränkt wird. Das ist aber einer intransparenten Bindung der Satzungsauslegung durch einfache Gesellschafterbeschlüsse vorzuziehen. 2. Unechte (individualrechtliche) Satzungsbestandteile. Die vorstehenden 54 Grundsätze gelten nur für die echten, materiellen Bestandteile der Satzung. Enthält die Satzung – was allerdings bei der AG seltener vorkommen wird als bei der GmbH – daneben Bestimmungen formeller Art, insbes individualrechtliche Abmachungen (s dazu näher oben Rdn 15 ff), so bewendet es für diese unechten Satzungsbestandteile bei der unmodifizierten Geltung der allgemeinen Regeln über die Auslegung von Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB). Sie sind also wie herkömmmliche schuldrechtliche Verträge nur mit Rücksicht auf die am Vertragsschluss unmittelbar Beteiligten auszulegen.79 Dies gilt selbst dann, wenn sie mit Rücksicht auf ihre wirtschaftliche Bedeutung auch für die Gesellschaft und künftige Gesellschafter von Interesse sind.80 Bei der Auslegung derartiger individualrechtlicher Bestimmungen können mithin auch die subjektiven Vorstellungen der Beteiligten und besondere Umstände, die keinen Niederschlag in der Satzung gefunden haben, von Bedeutung sein. Ihre Auslegung ist Tatfrage, deren Beantwortung von den im Einzelfall aufgrund konkreter Beweiswürdigung getroffenen tatsächlichen Feststellungen abhängt. Dies schließt eine auf objektive Gesichtspunkte beschränkte Auslegung und eine uneingeschränkte Nachprüfung des Auslegungsergebnisses durch die Revisionsinstanz aus.

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79 Ganz hM, BGH LM Nr 25 zu § 549 ZPO; BGH NJW 1973, 1039, 1040; MünchKommAktG/Pentz Rdn 51; KK/Arnold Rdn 19; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 10; Hüffer/Koch Rdn 40; Grigoleit/Vedder Rdn 45; Heidel/ Braunfels Rdn 11; Hölters/Solveen Rdn 7; Bürgers/Körber Rdn 24; Wachter Rdn 9; zum GmbH-Recht etwa Scholz/Emmerich § 2 Rdn 33; aA Spindler/Stilz/Limmer Rdn 39 (Geltung für formelle und materielle korporationsrechtliche Bestandteile); Wiedemann, GesR I, S 167 f; ders DNotZ 1977, Sonderheft S 99, 106 f. 80 AA noch KK/Kraft (2. Aufl) Rdn 104, der in diesem Fall Umstände, die dem Dritten nicht erkennbar sind, bei der Auslegung zu ihren Ungunsten nicht berücksichtigt sehen und auch gegenüber Rechtsnachfolgern die Grundsätze über die Auslegung normativer Bestimmungen herangezogen wissen will; wie hier aber BGH LM Nr 25 zu § 549 ZPO) BGH LM Nr 25 zu § 549 ZPO.

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VI. Das Beurkundungserfordernis, § 23 Abs 1 Satz 1 1. Gegenstand der Beurkundungspflicht 55

a) Grundsatz der einheitlichen Beurkundung. Nach § 23 Abs 1 Satz 1 muss die Satzung durch notarielle Beurkundung festgestellt werden. Gemeint ist damit die Feststellung der Satzung im weiteren Sinne bestehend aus der in Abs 2 behandelten Übernahmeerklärung der Gründer und der in Abs 3 und 4 näher geregelten Festsetzung des engeren Satzungsinhaltes, oben Rdn 2. Beide Teile werden – und darin liegt die eigentliche Aussage des sprachlich nicht ganz klaren § 23 Abs 1 Satz 1 – als einheitlicher, zu seiner Wirksamkeit der gemeinsamen notariellen Beurkundung bedürftiger Akt verstanden.

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b) Folgerungen im Einzelnen. Aus der Einheitlichkeit des Feststellungsaktes folgt, dass er in Abweichung von der allgemein für Verträge geltenden Bestimmung des § 128 BGB nicht in die Beurkundung eines Angebots und einer Annahme desselben zerlegt werden darf. Des Weiteren ist es unzulässig, die Übernahmeerklärung der Gründer (Abs 2) und die Feststellung des Satzungsinhalts (Abs 3 und 4) getrennt zu beurkunden;81 s zur praktischen Bedeutung dieses Grundsatzes aber auch sofort die folgende Rdn. Dagegen bedingt die Einheitlichkeit nicht notwendigerweise, dass eine Aufteilung in mehrere Urkunden auch im Übrigen unzulässig wäre und die Feststellung der Satzung unter allen Umständen gleichzeitig in ein und derselben Urkunde erfolgen muss. Unter der Voraussetzung, dass die verschiedenen Urkunden aufeinander verweisen und jede als Teil des Ganzen erkennbar ist, das erst in seiner Zusammenfassung die Satzungsfeststellung darstellt, ist diese auch in mehrere Urkunden aufteilbar.82 Dies gilt zunächst in persönlicher Hinsicht. Die verschiedenen Gründer können ihre (Beitritts-)Erklärungen also zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten und damit auch vor verschiedenen Notaren abgeben. Das Gründungsrecht der AG enthält keine der Bestimmung des § 925 BGB (Auflassung) entsprechende Vorschrift, welche die gleichzeitige Anwesenheit der vertragsschließenden Parteien anordnet. Unter der Voraussetzung, dass die Beteiligten darauf verzichten, braucht die notarielle Urkunde, auf die verwiesen wird, weder vorgelesen zu werden (§ 13a Abs 1 Satz 1 und 2 BeurkG) noch jeder Beitrittserklärung beigefügt zu werden (§ 13a Abs 2 Satz 1 BeurkG); allerdings soll der Notar die Beurkundung nur dann vornehmen, wenn den Beteiligten wenigstens eine beglaubigte Abschrift dieser Urkunde vorliegt (§ 13a Abs 1 Satz 3 BeurkG). In sachlicher Hinsicht schafft die Aufteilbarkeit der Satzungsfeststellung in mehrere aufeinander Bezug nehmende Urkunden die Möglichkeit, bis zur Eintragung fehlende oder infolge Fehlerhaftigkeit einzelner Erklärungen nichtige Teile in einer Nachtragsurkunde festzustellen, ohne dass der gesamte Feststellungsvorgang nachgeholt werden muss (vgl dazu auch unten Rdn 275 f sowie die Erläuterungen zu § 276). Die Satzung ist jedoch wegen der Unzulässigkeit der Stufengründung (oben Rdn 2) erst dann iS des § 23 Abs 1 Satz 1 festgestellt, wenn die letzte noch fehlende Erklärung des letzten Gründers beurkundet ist. Ein Zugang der jeweiligen Beitrittserklärung gegenüber den anderen Gründern ist nach § 152 Satz 1 BGB nicht erforderlich.

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81 MünchKommAktG/Pentz Rdn 28; KK/Arnold Rdn 30; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 6. 82 MünchKommAktG/Pentz Rdn 28 f; KK/Arnold Rdn 30 f; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 6; Hüffer/Koch Rdn 9; Bürgers/Körber Rdn 6.

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Ungeachtet dieser unter rein beurkundungsrechtlichen Gesichtspunkten bestehen- 61 den Möglichkeiten, die Feststellung der Satzung auf mehrere notarielle Urkunden aufzuteilen, ist es allerdings nach dem nur in § 181 Abs 1 Satz 2 festgeschriebenen, aber auch schon auf das Gründungsrecht (entsprechend) anwendbaren Grundsatz für die ordnungsgemäße Anmeldung der AG zum Handelsregister erforderlich, dass der vollständige Inhalt der Satzung in einer einheitlichen Urkunde enthalten ist. Zur späteren Anmeldung der Gesellschaft ist es deshalb unumgänglich, eine für das Registergericht bestimmte, den gesamten Inhalt der Satzung wiedergebende Fassung herzustellen und deren Richtigkeit notariell bescheinigen zu lassen (§ 181 Abs 1 S 2 2. Halbs). Der Inhalt der Satzung soll für jedermann beim Handelsregister aus einer einzigen dort befindlichen Urkunde ersichtlich sein,83 vgl dazu näher die Erläuterungen zu § 181. c) Zweck und Tragweite des Formzwangs. Der Zweck des Formzwangs in § 23 speist 62 sich grundsätzlich aus allen Zwecken, welchen Formderfordernisse im deutschen Recht im allgemeinen zu dienen bestimmt sind,84 mithin eine (erhöhte) Warnfunktion zum Übereilungsschutz, eine Klarstellungs- und Beweisfunktion, darüber hinaus aber auch eine Beratungsfunktion und eine gewisse Kontrollfunktion im Sinne einer materiellen Richtigkeitsgewähr,85 wie sie die Prüfung und Belehrung durch einen Notar typischerweise mit sich bringt. Allerdings lässt die Rechtsprechung des BGH zu, dass die Parteien auf die Belehrung einvernehmlich verzichten können, was bei der Frage der Gleichwertigkeit von Auslandsbeurkundungen eine entscheidende Rolle spielt (Rdn 76). Damit ist zwar nicht die Beurkundung selbst, wohl aber eine nicht unwesentliche Teilfunktion abdingbar. Folgt man dem, kann aber auch die materielle Richtigkeitsgewähr bezüglich der Satzung keine zwingende Funktion sein, sondern nur eine, die typischerweise miterreicht wird. Dem Formzwang unterliegt diesen Zwecken entsprechend der gesamte Gesell- 63 schaftsvertrag in seinen sämtlichen Teilen. Dies gilt sowohl für die nach Abs 2 zu machenden Angaben und die in Abs 3 und 4 geforderten Satzungsbestimmungen als auch für zusätzliche, vom Gesetz nicht vorgeschriebene fakultative Regelungen satzungsrechtlicher Art. Formfrei sind dagegen daneben getroffene Vereinbarungen zwischen den Gesellschaftsgründern, die nicht den Abschluss des Gründungsvertrages zum Gegenstand haben, diesen vielmehr voraussetzen und für diesen Fall ihre Beziehungen untereinander regeln. Derartige schuldrechtliche Nebenabreden unterscheiden sich von gesellschaftsvertraglichen Festsetzungen vor allem dadurch, dass sie unmittelbar nur die an der jeweiligen Vereinbarung Beteiligten persönlich, nicht aber alle gegenwärtigen und künftigen Aktionäre der Gesellschaft als solche binden. Sie können deshalb auch auf den Rechtsnachfolger eines Beteiligten nur auf dem Wege individueller Schuldübernahme übergehen. Soll die betreffende Regelung dagegen auch für die künftigen Aktionäre gelten, so ist sie deshalb nur als dem Formzwang des § 23 Abs 1 unterliegender Bestandteil der Satzung möglich, dazu näher oben Rdn 15 und unten Rdn 328. Wegen der Rechtsnachfolgen fehlerhafter oder unterbliebener Beurkundung vgl Rdn 265, 279.

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83 S dazu aus der Rspr: OLG Köln GmbHR 1973, 11; OLG Schleswig GmbHR 1975, 183; OLG Stuttgart DNotZ 1979, 359, 360; OLG Frankfurt/M WM 1981, 698 f; BayObLG BB 1988, 2198 und aus dem Schrifttum MünchKommAktG/Pentz Rdn 28; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 7; KK/Arnold Rdn 30; Hüffer/Koch Rdn 9; Heidel/Braunfels Rdn 3; Ulmer/Habersack/Löbbe § 2 Rdn 15; § 3 Rdn 5; § 8 Rdn 4. 84 Dazu nur Palandt/Ellenberger § 125 Rdn 2 ff. 85 Vgl BGHZ 105, 324, 338 für den Abschluss eines Unternehmensvertrages.

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2. Das Beurkundungsverfahren. Das Verfahren richtet sich nach den Vorschriften des BeurkG. Für die Beurkundung des Gesellschaftsvertrages (Satzungsfeststellung einschließlich Übernahmeerklärungen der Gründer) gelten speziell die §§ 6–35 BeurkG, für etwa erforderliche Beglaubigungen gilt § 40 BeurkG (letzterer iVm § 129 BGB). Danach ist es nicht erforderlich, dass der Wortlaut der Satzung nach § 23 Abs 3 und der weiter abzugebenden Erklärungen nach § 23 Abs 2 erst in der Verhandlung vor dem Notar festgestellt wird. Beides kann in einem vorher fertiggestellten Schriftstück niedergelegt werden, das bei der Verhandlung überreicht wird. Indem auf die darin enthaltenen Erklärungen in der von dem Notar aufzunehmenden Verhandlungsniederschrift (§ 8 BeurkG) verwiesen wird, gelten sie als in der Niederschrift selbst enthalten (§ 9 Abs 1 S 1 Nr 2, S 2 BeurkG). Wegen weiterer Einzelheiten zum Gang des Beurkundungsverfahrens sind dem Spezialschrifttum zum BeurkG zu entnehmen. 65 Die Beurkundung kann jeder deutsche Notar und jede vergleichbare ausländische Urkundspersonen (siehe hierzu unten Rdn 80 ff) vornehmen (§ 20 BNotO). Entsprechendes gilt für die möglicherweise erforderliche Beglaubigung der Vollmacht eines Vertreters. Nach § 11 BNotO darf ein Notar Amtshandlungen nur in den dort bezeichneten Aus66 nahmefällen außerhalb seines Amtsbezirks vornehmen. Ein Verstoß dagegen lässt jedoch die Wirksamkeit seiner durchgeführten Urkundstätigkeit unberührt (§ 11 Abs 3 BNotO; § 2 BeurkG). Beurkundungen, die ein deutscher Notar im Ausland vorgenommen hat, sind dagegen unwirksam.86 Möglich ist es aber (s KonsularG v 11.9.1974, BGBl I 2317), Auslandsbeurkundungen von Gesellschaftsverträgen vor einem hierfür zuständigen deutschen Konsul vornehmen zu lassen.87 67

3. Beurkundungen im Ausland. Sowohl im Grundsätzlichen als auch in zahlreichen Einzelheiten heftig umstritten und bisher ungeklärt ist die für die Praxis wichtige Frage, ob, ggf unter welchen Voraussetzungen die Satzungsfeststellung auch im Ausland erfolgen kann.

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a) Die rechtliche Ausgangslage. Unmaßgeblichkeit der Einhaltung der Ortsform (hM). Rechtlicher Ausgangspunkt ist die Regelung des Art 11 Abs 1 EGBGB, die für Gesellschaftsverträge immer noch Geltung beansprucht, da der gleichlautende Art 11 Rom-I VO nur für Schuldverträge anzuwenden ist (Art 1 Abs 2 lit f Rom-I VO). Nach der 1. Alternative des Art 11 Abs 1 EGBGB ist ein Rechtsgeschäft formgültig, wenn es die Formerfordernisse des Geschäftsrechts (Wirkungsstatut) erfüllt. Das Wirkungsstatut ist über die für das Rechtsgeschäft einschlägige Kollisionsregel zu ermitteln. Bei einer Gesellschaftsgründung ist das die lex societatis. Das führt dazu, dass als Geschäftsrecht für eine nach deutschem Recht gegründete Aktiengesellschaft das deutsche Aktienrecht und mithin § 23 anzuwenden ist.88 Dies gilt nach der Aufgabe des Wegzugsverbots für deutsche Kapitalgeselschaften im neugefassten § 5 unabhängig davon, ob der tatsächliche Verwaltungssitz im Inland oder im Ausland liegt,89 während § 23 umgekehrt nicht für eine ausländische Aktiengesellschaft mit tatsächlichem Verwaltungssitz in Deutschland Geltung beansprucht. Die erste Alternative des Art 11 Abs 1 EGBGB führt mithin zur Not-

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86 MünchKommAktG/Pentz Rdn 32; KK/Arnold Rdn 36; Winkler BeurkG Einl Rdn 40. 87 Vgl auch für die gleichliegende Rechtslage bei der GmbH Roth/Altmeppen § 2 Rdn 22 und Ulmer/ Habersack/Löbbe § 2 Rdn 22. 88 Insoweit unstr, statt aller Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 17. 89 Soweit die ältere Literatur und Rechtsprechung auf das Vorliegen des tatsächlichen Verwaltungssitzes in Deutschland abstellte (siehe auch Voraufl), ist dies seit dem MoMiG überholt.

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Feststellung der Satzung | § 23

wendigkeit der Beurkundung der Satzungsfeststellung durch einen (nicht notwendigerweise deutschen) Notar gem § 23 Abs 1. Nach der 2. Alternative des Art 11 Abs 1 EGBGB ist ein Geschäft auch dann gültig, 69 wenn es die Formerfordernisse des Staates erfüllt, in dem es vorgenommen wird (sog Ortsform). Unter Berufung auf diese Bestimmung wird vielfach die Ansicht vertreten, dass die Einhaltung der Ortsform auch für gesellschaftsrechtliche Organisationsverträge, insbes auch die Errichtung einer Kapitalgesellschaft, ausreicht.90 Nach BGHZ 80, 76, 78 (Entscheidung auf Vorlage des OLG Stuttgart, NJW 1981, 1176) soll viel für die Richtigkeit dieser Ansicht sprechen. Sie würde dazu führen, dass die AG entgegen § 23 Abs 1 auch durch privatschriftliche Abmachungen oder sogar mündlich errichtet werden könnte, sofern nur ihre Gründung in einem Lande stattfindet, dessen Recht keine Verpflichtung zur Gründung einer Kapitalgesellschaft durch notarielle Beurkundung kennt, oder in dem das Institut der Errichtung öffentlicher Urkunden überhaupt unbekannt ist. Dieses Ergebnis, das auf einen kompletten Fortfall des Formbedarfs hinauslife, wäre– anders als die anschließend noch zu behandelnde Frage einer möglichen Substitution durch Auslandsbeurkundung – mit den Zwecken, welchen die Bestimmungen des deutschen Gesellschaftsrechts, die für bestimmte publizitätspflichtige Organisationsakte notarielle Beurkundung vorschreiben, dienen sollen (siehe oben Rdn 62), nicht vereinbar. Der Zweck dieser Bestimmungen, insbes auch des § 23 Abs 1, fordert mithin eine te- 70 leologische Reduktion des Art 11 Abs 1 EGBGB. Sie führt dazu, dass die Wahrung der Ortsform nicht für Rechtsakte ausreicht, die sich auf die Verfassung (die Satzung) von juristischen Personen, speziell von Kapitalgesellschaften, bezieht. 91 Dies gilt für die Gründung ebenso wie für Satzungsänderungen, Verschmelzungen, Spaltungen, Vermögensübertragungen und Umwandlungen.

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90 ZB RGZ 160, 225, 229; OLG Stuttgart NZG 2001, 40 m zust Anm Baur NJW 1981, 1176; OLG Düsseldorf NJW 1989, 2200 = GmbHR 1990, 16; MünchKommBGB/Spellenberg Art 11 EGBGB Rdn 177; Soergel/Kegel Art 11 EGBGB Rdn 24; Soergel/Lüderitz Art 10 EGBGB Anh Rdn 56; Erman/Hohloch Art 11 Rdn 27; Palandt/ Thorn Art 11 EGBGB Rdn 13; KK/Kraft § 15 Rdn 52 ff; Michalski § 2 GmbHG Rdn 23; v Bar/Grothe IPRax 1994, 269, 271; Meier-Reimer BB 1974, 1230; Bokelmann NJW 1972, 1729; Dutta RIW 2005, 98, 100; Kröll ZGR 2000, 111, 115; Müller-Gindullis RabelZ 38 (1974) 644; Wuppermann RiW/AWD 1974, 356; Bernstein ZHR 140 (1976) 414; grds auch Staudinger/Winkler v Mohrenfels (2013) Art 11 EGBGB Rdn 254 ff, der dann aber den ordre public beruft (Rdn 309 – hiergegen wiederum Bayer GmbHR 2013, 897, 902); grds auch MünchKommBGB/ Kindler IntGesR Rdn 535 sowie Ulmer/Habersack/Löbbe/Behrens/Hoffmann Allg Einl GmbHG, Rdn B 188, die dann aber Art 11 Abs 4 analog heranziehen (hiergegen wiederum MünchKommBGB/Spellenberg Art 11 EGBGB Rdn 180). 91 Dies entspricht der ausdrücklichen Vorstelliung des historischen Gesetzgebers, der nur deshalb von einer zunächst in einem Art 11 Abs 2 –E-EGBGB vorgesehenen, ausdrücklichen Regelung in diesem Sinne absah, s die amtliche Begründung des RegEntw zur Neuregelung des Art 11 im Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts v 1.9.1986, BGBl I 1986, 1142, BT-Drucks 10/504 S 49 und die Erläuterung bei Staudinger/Großfeld, IntGesR, Rdn 456 f sowie Goette DStR 1996, 709, 711; gegen diese Deutung aber MünchKommBGB/Spellenberg Art 11 EGBGB Rdn 183. Dieser Sicht folgt heuzutage die ganz hL im Gesellschaftsrecht, s Bayer GmbHR 2013, 897, 902 f; MünchKommAktG/Pentz Rdn 30; KK/Arnold Rdn 34; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 10; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 17; Hüffer/Koch 10; Grigoleit/Vedder Rdn 14; Heidel/Braunfels Rdn 4; Hölters/Solveen Rdn 11; Bürgers/Körber Rdn 7; Scholz/Priester § 53 Rdn 72; Lichtenberger DNotZ 1986, 644, 653 f; Schervier NJW 1992, 593, 594; aA KK/Kraft § 15 Rdn 52 ff. Auch im Internationalen Privatrecht dringt diese Sicht vor, insbes Staudinger/Großfeld IntGesR Rdn 467 ff. Zum gleichen Ergebnis gelangt man dort allerdings häufiger durch einen Analogieschluss zu Art 11 Abs 4 EGBGB, siehe MünchKommBGB/Kindler Band 11, IntGesR Rdn 535; Ulmer/Habersack/Löbbe/Behrens/ Hoffmann Allg Einl GmbHG, Rdn B 189; Kropholler ZHR 140 (1976), 394, 402; hiergegen aber wiederum MünchKommBGB/Spellenberg Art 11 EGBGB Rdn 180.

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§ 23 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

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Richtig ist also, was schon das Reichsgericht im Ansatz durchaus zutr erkannt hat: Wenn das betreffende Rechtsgeschäft dem Ortsrecht fremd ist, folgt aus Art 11 EGBG nicht etwa die Formfreiheit des Geschäfts, sondern: nichts.92 Dann gilt nur Geschäftsrecht. Das Reichsgericht hat lediglich verkannt, dass das im Gesellschaftsrecht immer der Fall ist, weil die Gründung einer deutschen Gesellschaft dem ausländischen Recht notwendig immer fremd ist. Daran ändert es nichts, dass das Ortsrecht möglicherweise sachlich entsprechende Rechtsformen kennt, wie das bei Kapitalgesellschaften tyischerweise der Fall ist. Denn der Geltungsanspruch des ausländsichen Recht ist in gleicher Weise auf die eigene Rechtsordnung beschränkt. 72 Einen Schritt weitergehend wird man sogar sagen können, dass die auf schuldrechtliche Rechtsgeschäfte zugeschnittene Vorschrift des Art 11 EGBGB insgesamt in gleicher Weise wie Art 11 Rom-I VO von vornherein nicht auf Formfragen des Gesellschaftsrechts anzuwenden ist. Diese Vorstellung formulierte die Gesetzesbegründung zur IPR-Reform von 1986,93 auf welche die heutige Fassung des Art 11 Abs 1 zurückgeht, in deutlicher Weise:94 „Aus dem Standort […] und der Entstehungsgeschichte der Bestimmung […] ergibt sich […], daß Art. 11 nicht die Form von Vorgängen regelt, die sich auf die Verfassung von Gesellschaften und juristischen Personen beziehen.“ Dieser Aspekt ist durch teleologische Reduktion der gesamten Norm umzusetzen. Dieser Wertung steht der untergeordnete systematische Aspekt, dass der ausdrückliche Ausschluss des Gesellschaftsrechts im früheren Art 37 Abs 5 EGBGB aF anders als der in Art 1 Abs 2 lit f Rom-I VO an der „falschen Stelle“ stand und sich nicht auf den Abschnitt mit Art 11 bezog,95 nicht entgegen. Die Kollisionsregeln für Geburt, Leben und Sterben von Gesellschaften werden von einem einheitlichen Gesellschaftsstatut regiert, das mithin auch über die Form dieser Akte zu entscheiden hat. Hintergrund dieser im Gesellschaftsrecht mittlerweile ganz herrschenden Auffassung ist, dass Kapitalgesellschaften Geschöpfe der nationalen Rechtsordnungen sind. Nur jene können daher auch sinnvoll über ihre Entstehungvoraussetzungen entscheiden. Wer in London die Ortsform für die Gründung einer deutschen AG heranziehen wollte, läuft ins Leere. Er müsste seine deutsche Aktiengesellschaft beim Companies House auf den dafür vorgesehenen Formularen anmelden. Das wird ebenso wenig funktionieren wie eine Übersendung dieser Unterlagen an ein deutsches Handelsregister (welches?), was wiederum schon gar nicht der Ortsform in London genügen könnte, welche ja nur die Gründung englischer Kapitalgesellschaften durch Registrierung in England vorsieht. 74 Die in der Literatur zum IPR immer noch verbreitete Gegenansicht verweist gegenüber diesen prinzipiellen inhaltlichen Argumenten letztlich immer wieder nur auf den weitergehenden Wortlaut des Art 11 EGBGB. 96 Das entspricht nicht dem heutigen Stand der Methodik, zumal angesichts der dokumentieren Vorstellung des Gesetzgebers. 73

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92 RGZ 160, 225, 230; MünchKommBGB/Kindler Band 11, IntGesR Rdn 533 („Formenleere“). 93 Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts v 1.9.1986, BGBl I 1986, 1142. 94 BegrRegE, BT-Drucks. 10/504, S 49; dem folgend etwa Bayer GmbHR 2013, 897, 902 f; AnwK-BGB/ Bischoff Art 11 EGBGB Rdn 38 f; Ebenroth/Wilken JZ 1991, 1061, 1064 f; Schervier NJW 1992, 593, 594; aus früherer Zeit schon OLG Hamm, NJW 1974, 1057 f; Winkler NJW 1972, 981, 982; ders NJW 1973, 222. 95 Insoweit zutr MünchKommBGB/Spellenberg Art 11 EGBGB Rdn 182 gegen Bamberger/Roth/Mäsch Art 11 EGBGB Rdn 68; Benecke RIW 2002, 283. 96 Paradigmatisch MünchKommBGB/Spellenberg Art 11 EGBGB Rdn 179; Baur NZG 2001, 45, 46.

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Feststellung der Satzung | § 23

b) Zulässigkeit der Auslandsbeurkundung aa) Grundsatz. Die Ablehnung der Ortsform und die daraus folgende Notwendigkeit 75 einer notariellen Beurkundung nach § 23 Abs 1 bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Erfüllung dieses Formerfordernisses ausschließlich durch einen deutschen Notar erfolgen könnte. Zulässig und wirksam ist vielmehr auch die notarielle Beurkundung im Ausland, sofern sie der im Inland erfolgten Beurkundung durch einen deutschen Notar gleichwertig ist.97 Das Erfordernis der Gleichwertigkeit gilt sowohl für die Urkundsperson als auch für den Beurkundungsvorgang. Nach BGHZ 80, 76, 78 bedeutet dies, dass „die ausländische Urkundsperson nach Ausbildung und Stellung im Rechtsleben eine der Tätigkeit des deutschen Notars entsprechende Funktion ausübt und die Errichtung der Urkunde ein Verfahrensrecht zu beachten hat, das den tragenden Grundsätzen des deutschen Beurkundungsrechts entspricht“. Dagegen ist der oftmals erhobene Einwand, dass eine Belehrung der Beteiligten 76 nicht in der gleichen Qualität zu leisten sei, nach der jetzt erneut bestätigten Rechtsprechung des BGH irrelevant, weil die Parteien auf diese Belehrung einvernehmlich verzichten können und dies bei Wahl eines ausländischen Notars, von dem detaillierte Kenntnisse des deutschen Gesellschaftsrechts nicht zuverlässig erwartet werden dürfen, auch anzunehmen ist.98 Damit sind aber auch die grundsätzlichen Bedenken erledigt, welche in der Literatur teilweise aus dem Zweck der materiellen Richtigkeitsgewähr im Anschluss an BGHZ 105, 324, 338 hergeleietet und gegen die frühere Grundsatzentscheidung BGHZ 80, 76 in Stellung gebracht worden waren. Vielmehr kann die materielle Richtigkeitsgewähr nicht weiter reichen als es die Parteien im Zuge der Belehrung wollen (S auch oben Rdn 62).99 Im Übrigen hat BGHZ 199, 270 auch die Argumentation zurückgewiesen, derzufolge 77 nach dem MoMiG der Gegenschluss aus § 8 Abs 3 GmbHG zu ziehen sei, weil jene Regelung nur in isolierter Weise eine streitige Einzelfrage klären sollte und keine weitergehenden Aussagen zulasse.100 Des Weiteren könne auch aus der Begründung des Regierungsentwurfs zur Neufassung von § 16 Abs 1 GmbHG, wonach „die Bestimmungen zur Gesellschafterliste bereits durch das Handelsrechtsreformgesetz vom 22.6.1998 nachgebessert und verschärft worden“ seien, jedoch weiterhin „Lücken“ bestünden, „zum Beispiel bei der Auslandsbeurkundung, die nunmehr geschlossen“ würden (BT-Drs. 16/ 6140, 37), nicht hergeleitet werden, dass eine Beurkundung durch einen im Ausland an-

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97 HM, BGHZ 199, 270 = NJW 2014, 2026 LS 2 (zur GmbH) in Bestätigung von BGHZ 80, 76, 78; OLG Düsseldorf NJW 2011, 1370 = NZG 2011, 388 mit abl Anm Kindler RIW 2011, 257; MünchKommAktG/Pentz Rdn 33; KK/Arnold Rdn 41; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 18 f; Hüffer/Koch Rdn 11; Grigoleit/Vedder Rdn 14; Bürgers/Körber Rdn 8; MünchKommGmbHG/Reichert/Weller § 15 Rdn 144; Roth/Altmeppen GmbHG § 2 Rdn 23a; Michalski § 2 Rdn 22; HK-BGB/Staudinger Art 11 Rdn 10; Götze/Mörtel NZG 2011, 727, 729; Hasselmann ZIP 2010, 2486, 2490; Landbrecht/Becker BB 2013, 1290, 1291; Mankowski NZG 2010, 201, 204 f; Müller RIW 2010, 591, 598; Olk NZG 2011, 381, 382; Peters DB 2010, 97, 100; grds auch Lutter/Hommelhoff/ Bayer § 15 Rdn 27a; ders GmbHR 2013, 897, 911; zu älterem Schrifttum siehe auch Voraufl; aA Spindler/ Stilz/Limmer Rdn 11; Heidel/Braunfels Rdn 4 ff; Hölters/Solveen Rdn 12; Wachter Rdn 14; MünchKommBGB/ Kindler Band 11, IntGesR, Rdn 541; MünchKommGmbHG/Heidinger § 40 Rdn 225; Ulmer/Paefgen GmbHG, Ergänzungsband, MoMiG § 40 Rdn 56; Bork/Schäfer/Wachter GmbHG, § 40 Rdn 33; Bauer/Anders BB 2012, 593, 595; Mayer ZIP 2009, 1037, 1046; Süß DNotZ 2011, 414; Goette FS Boujong, 1996, S 131, 140 ff. 98 BGHZ 199, 270 = NJW 2014, 2026, 2027 Tz 14; zum Streit hierum siehe die Nachweise der Voraufl, deren vermittelnde Aufassung hierzu nicht aufrecht erhalten wird. 99 AA für die Anteilsübertragung aber Bayer GmbHR 2013, 897, 913. 100 BGHZ 199, 270 = NJW 2014, 2026, 2028 Tz 17 gegen MünchKommGmbHG/Heidinger § 40 Rdn 225; Ulmer/Paefgen GmbHG, Ergänzungsband MoMiG, § 40 Rdn 56; Bork/Schäfer/Wachter GmbHG, § 40 Rdn 33; Mayer ZIP 2009, 1037, 1046.

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§ 23 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

sässigen Notar gänzlich unzulässig sein sollte. Denn abgesehen davon, dass der Gesetzgeber bereits früher von der Zulässigkeit der Auslandsbeurkundung ausgegangen sei und kein Abgehen bekundet habe, würden die bei Auslandsbeurkundungen bemängelten Probleme hinsichtlich der Aktualität der Gesellschafterliste schon dadurch behoben, dass wegen deren größeren Bedeutung schon gesteigerter Druck zur Einreichung im Handelsregister bestehe.101 Schließlich verweist der BGH mit Recht auf die internationalisierungsfreundliche Wertung, die mit der Aufgabe des Wegzugsverbots verbunden ist.102 Mit dieser umfassenden Stellungnahme des BGH erscheint die Frage im Grundsatz 78 geklärt.103 Jedenfalls im Rahmen der Beurkundung von AG-Gründungen ist dem auch zuzustimmen. Die Gegenauffassung, welche die Substitution pauschal verweigern möchte, möchte den Notar letztlich zu einem weiteren „Gatekeeper“ und Garanten für die (gerade auch inhaltlich) ordentliche Gründung heranziehen. Das ist angesichts der Rolle des Registergerichts nicht notwendig und geht über die legitimen Zwecke des materiellrechtlichen Beurkundungserfordernisses in § 23 hinaus, die in den Warnfunktion sowie in der Klarstellungs- und Beweisfunktion liegen, während die Beratungsfunktion laut BGH verzichtbar ist. Viele der erhobenen Bedenken, die der BGH in seinem Urteil zurückgewiesen hat, bezogen sich auf die Besonderheiten der Anteilsübertragung bei der GmbH mit der neuen, wichtigeren Rolle der Gesellschafterliste als Rechtsscheinträger.104 Hierzu ist an dieser Stelle nichts zu sagen. 79

bb) Insbesondere das Erfordernis der Gleichwertigkeit. Das Erfordernis der Gleichwertigkeit ist laut BGH erfüllt,105 „wenn die ausländische Urkundsperson nach Vorbildung und Stellung im Rechtsleben eine der Tätigkeit des deutschen Notars entsprechende Funktion ausübt und für die Errichtung der Urkunde ein Verfahrensrecht zu beachten hat, das den tragenden Grundsätzen des deutschen Beurkundungsrechts entspricht. 80 Danach stellt sich zunächst die Frage, wann der ausländische Notar nach Ausbildung, Stellung und Funktion einem deutschen Notar gleichwertig ist. Angesichts der Unterschiedlichkeit der Rechtsordnungen und der tatsächlichen Verhältnisse in den einzelnen Ländern, die einen Vergleich erschweren, kann hier letztlich nur eine wertende Gesamtschau entscheiden, wobei auf jeden Fall eine den deutschen Notaren vergleichbare Unabhängigkeit und Zuverlässigkeit zu fordern ist. Hinsichtlich der Ausbildung darf dagegen kein zu enger Maßstab angelegt werden, zumal diese selbst innerhalb Deutschlands nicht völlig einheitlich ist. Es sollte deshalb genügen, dass der ausländische Notar eine abgeschlossene rechtliche Ausbildung besitzt, die aber nicht unbedingt einem juristischen Vollstudium entsprechen muss, nachdem es diesbezüglich ja schon erhebliche Unterschiede auf der internationalen Ebene gibt, etwa im Vergleich zu den Ländern des Common Law. Nicht übersehen werden sollte überdies, dass auch innerhalb Deutschland erhebliche Differenzen in der Struktur bestehen (Anwaltsnotare), teilweise sogar innerhalb einzener Bundesländer (badisches und württembergisches Notariat).

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101 BGHZ 199, 270 = NJW 2014, 2026, 2028 Tz 19 ff gegen Bauer/Anders BB 2012, 593, 595; Süß DNotZ 2011, 414, 422 f. 102 BGHZ 199, 270 = NJW 2014, 2026, 2028 Tz 21. 103 Nach wie vor kritisch aber MünchKommBGB/Kindler Band 11, IntGesR, Rdn 541. 104 Eingehend Bayer GmbHR 2013, 897, insbes 911 ff. 105 BGHZ 199, 270 = NJW 2014, 2026, 2027 Tz 14; für strenge Gleichwertigkeitsprüfung dagegen Bayer GmbHR 2013, 897, 911 ff.

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Feststellung der Satzung | § 23

In Wissenschaft und Praxis wird im Allgemeinen Gleichwertigkeit der österreichischen, 106 niederländischen, 107 englischen 108 sowie aller dem romanischen Rechtskreis zugehörigen Notare109 angenommen. Hinsichtlich der Schweizer Kantone wird Gleichwertigkeit angenommen für Notare in Basel, Basel-Stadt, Bern, Luzern, Zug und Zürich.110 Gleiches soll für israelische Notare gelten.111 Hinsichtlich der Funktion müssen von vornherein alle ausländischen Urkundspersonen ausscheiden, denen ihre Rechtsordnung lediglich Amtshandlungen zuweist, die nach deutscher Rechtsvorstellung letztlich nur als Unterschriftsbeglaubigungen anzusprechen sind. Es besteht deshalb weitgehend Einigkeit, dass der US-amerikanische notary public, dessen Tätigkeit im Wesentlichen nur eine beglaubigende ist, dem deutschen Notar nicht gleichwertig ist.112 Im Einzelnen ungeklärt ist schließlich die Frage, welche Anforderungen an die Gleichwertigkeit des Beurkundungsvorgangs gestellt werden dürfen. Laut BGH müssen die tragenden Grundsätze beachtet werden. Sieht man von der laut BGH verzichtbaren Prüfungs- und Belehrungspflicht ab, wird man immerhin noch verlangen müssen, dass das maßgebliche ausländische Beurkundungsverfahrensrecht in ähnlicher Weise wie das deutsche grundsätzlich die Pflicht zur Identitätsfeststellung der Parteien (§ 10 BeurkG), die Aufnahme einer Verhandlungsniederschrift (§ 8 ff BeurkG) sowie das Vorlesen, Genehmigen und Unterzeichnen der Urkunde durch die Beteiligten einschließlich des Notars (§ 13 BeurkG) sowie das Siegeln der Urkunde (§ 44 BeurkG) vorsieht. Diese tragenden Verfahrensgrundsätze müssen sich nach der vom BGH erneut bestätigten Formulierung „zu beachten hat“ aus dem ausländischen Verfahrensrecht abstrakt ergeben.113 Danach würde nicht ausreichen, dass die entsprechenden Verfahrenshandlungen tatsächlich vorgenommen wurden, während umgekehrt Verstöße unbeachtlich wären.114 Dem ist grundsätzlich zuzustimmen. Die Substitution ist abstrakt vorzunehmen

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106 BayObLG NJW 1978, 500; MünchKommAktG/Pentz Rdn 35; KK/Arnold Rdn 42; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 19; Bürgers/Körber Rdn 8; Staudinger/Großfeld IntGesR Rdn 474. 107 OLG Düsseldorf, NJW 1989, 2200; MünchKommAktG/Pentz Rdn 35; KK/Arnold Rdn 42; Schmidt/ Lutter/Seibt Rdn 19; Bürgers/Körber Rdn 8; Staudinger/Großfeld Rdn 474; MünchKommBGB/Spellenberg Art 11 EGBGB Rdn 48. 108 MünchKommAktG/Pentz Rdn 35; KK/Arnold Rdn 42; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 19; Staudinger/ Großfeld IntGesR Rdn 474; MünchKommBGB/Spellenberg Art 11 EGBGB Rdn 48; Stauch S 124 ff. 109 MünchKommAktG/Pentz Rdn 35; KK/Arnold Rdn 42; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 19; Bürgers/Körber Rdn 8; Staudinger/Großfeld IntGesR Rdn 474; MünchKommBGB/Spellenberg Art 11 EGBGB Rdn 88; Blumenwitz DNotZ 1968, 725, 737. 110 KK/Arnold Rdn 42; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 19; MünchKommBGB/Spellenberg Art 11 EGBGB Rdn 88; insgesamt zweifelnd mit Blick auf Anteilsübertragungen, die in der Schweitz mittlerweile formfrei möglich sind, jetzt aber Bayer GmbHR 2013, 897, 911 ff; gegen diesen Gedanken wiederum MünchKommBGB/Spellenberg Art 11 EGBGB Rdn 90; Konkret zur Gleichwertigkeit in Zürich BGHZ 80, 76 (in Bezug auf eine Satzungsänderung); dazu zweifelnd bis abl aber Geimer DNotZ 1981, 406 ff sowie Bredthauer BB 1986, 1864. Zur Gleichwertigkeit der Baseler Notare LG Nürnberg/Fürth NJW 1992, 633; zu Basel-Stadt OLG Frankfurt, GmbHR 2005, 764; zu Luzern LG Koblenz, IPR-Rspr. 1979, Nr 9; zu Zug LG Stuttgart, IPR-Rspr. 1979, Nr 5 A. 111 MünchKommAktG/Pentz Rdn 35. 112 OLG Stuttgart, GmbHR 200, 721; LG München IPRspr 1966/1967 Nr 20; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 19; Staudinger/Großfeld IntGesR Rdn 474; MünchKommBGB/Spellenberg Art 11 EGBGB Rdn 88 mwN; Erman/ Hohloch Art 11 EGBGB Rdn 20; Bredthauer BB 1986, 1868. 113 Dieser Lesart folgend etwa Bayer GmbHR 2013, 897, 911; MünchKommGmbHG/Reichert/Weller § 15 Rz. 144; Baumbach/Hueck/Fastrich GmbHG § 15 Rdn 22a und § 2 Rdn 9; Roth/Altmeppen GmbHG § 15 Rn 90; Scholz/Seibt GmbHG § 15 Rdn 84; Henssler/Strohn/Verse GesR § 15 GmbHG Rdn 46; jurisPK-BGB/ Süß, 
6. Aufl 2012, Art 11 EGBGB Rdn 78; ders DNotZ 2011, 414 (418 ff).
 114 Bayer GmbHR 2013, 897, 911; Böttcher/Blasche NZG 2006, 766, 768.

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und kann weder von freiwilliger Nachahmung noch von Verstößen im Einzelfall abhängen. Eine Einschränkung ergibt sich aber aus der folgenden Erwägung: Idealerweise 85 schreibt die betreffende Rechtsordnung die tragenden Grundsätze in ihrem Verfahrensrecht zwingend fest. Notwendig erscheint das aber nicht. Das ergibt sich daraus, dass eine vollkommene Identität der Verfahrensvorschriften unrealistisch ist und nicht verlangt werden kann. Wenn aber einzelne dieser Akte (wie in Deutschland die Belehrung) dispositiv sind, muss es nicht nur auf die tragenden Grundsätze des Verfahrensrechts ankommen, sondern auch auf die Vornahme der konkreten Beurkundung.115 Entscheidend ist letztlich immer, dass die allgemeinen und unverzichtbaren Zwecke des Formerfordernisses (Rdn 62) gewahrt bleiben. Unterlässt es die ausländische Beurkundungsperson entsprechend den Bestimmungen der für sie geltenden Rechtsordnung also, sich Gewissheit über die Identität der vor ihr erschienenen Personen zu verschaffen), muss deshalb die Annahme der Gleichwertigkeit von vornherein ausscheiden. Dann sind die Identitäts-, Echtheits- und Verifikationsfunktion als Ausflüsse der Beweisfunktion 116 nicht gewahrt. Bezüglich des Verlesens erscheint entgegen der Vorauflage aber nicht die gleiche Strenge angebracht.117 Insbesondere sollte heutzutage nicht bezweifelt werden, dass auch ein Selbstlesen wie in der Schweitz oder ein Verlesen vom Computerbildschirm genügen kann, wenn dies die ausländische Rechtsordnung erlaubt, selbst wenn es den Anforderungen des deutschen BeurkG nicht gerecht werden mag.118 VII. Satzungsfeststellung durch Bevollmächtigte und gesetzliche Vertreter, § 23 Abs 1 Satz 2 86

Die Gründer können sich bei der Feststellung der Satzung (einschließlich der Abgabe der Erklärungen nach Abs 2) durch Bevollmächtigte (§ 164 BGB) vertreten lassen. Nach § 23 Abs 1 S 2 bedürfen die Vertreter hierzu einer notariell beglaubigten Vollmacht. Der Zweck dieses Formerfordernisses besteht darin, Zweifel an der Legitimation der Bevollmächtigten auszuschließen und damit vor allem auch die dem Registergericht obliegende Prüfung zu erleichtern.119 87 Dem Zweck des § 23 Abs 1 S 2 ist allerdings genügt, wenn der Bevollmächtigte bei der Feststellung der Satzung aufgrund einer formlosen Vollmacht auftritt und die notariell beglaubigte Vollmacht bis zum Abschluss des Eintragungsverfahrens nachreicht. Darüber hinaus reicht es sogar aus, wenn er an der Satzungsfeststellung ohne Vertretungsmacht mitwirkt, sofern seine Erklärungen später von dem vertretenen Gründer genehmigt werden (§§ 177 Abs 1, 182 Abs 1, 184 Abs 1 BGB). Zur Wahrung des Formzwecks ist es

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115 In diesem einschränkenden Sinne auch Bayer GmbR 2013, 897, 912 f; MünchKommBGB/Spellenberg Art 11 EGBGB Rdn 90; Staudinger/Großfeld (1998) IntGesR Rdn 473; Schervier NJW 1992, 593, 596; Stauch S 134, 138. 116 Siehe Palandt/Ellenberger § 125 Rdn 3 im Anschluss an die RegBegr zum Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr, BT-Drucks. 14/4987, S 16. 117 So auch MünchKommAktG/Spellenberg BGB Art 11 EGBGB Rdn 91; ebenso anscheinend LG Nürnberg-Fürth NJW 1992, 633; aA für das unterlassene Verlesen der Urkunde ausdrücklich AG Fürth GmbHR 1991, 24 f m Anm v Heckschen; MünchKommAktG/Pentz Rdn 34; Bredthauer BB 1986, 1867; Heckschen DB 1990, 162 mwN in Fn 35; Schervier NJW 1992, 593, 596. 118 Zum Ablesen vom Computer OLG Frankfurt, DNotZ 2000, 513. 119 MünchKommAktG/Pentz Rdn 15; KK/Arnold Rdn 44; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 13; Schmidt/Lutter/ Seibt Rdn 20; Grigoleit/Vedder Rdn 15; Heidel/Braunfels Rdn 13; ebenso die hM zu der entspr Bestimmung des § 2 Abs 2 GmbHG, s Michalski § 2 Rdn 28; Scholz/Emmerich § 2 Rdn 24.

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allerdings entgegen der Regel des § 182 Abs 2 BGB unabdingbar, dass die Genehmigungserklärung notariell beglaubigt ist.120 Notarieller Beglaubigung bedarf auch die Erklärung, mit welcher der gesetzliche Vertreter die von einem beschränkt geschäftsfähigen Gründer abgegebenen Erklärungen genehmigt.121 Anders soll es sich dagegen verhalten, wenn der beschränkt geschäftsfähige Gründer nach Erlangung der vollen Geschäftsfähigkeit seine eigenen früher abgegebenen Erklärungen genehmigt.122 Dem kann nicht zugestimmt werden. Wendet man den § 23 Abs 1 S 2 überhaupt auf die Genehmigungserklärung an, so kann auch für diesen Fall nichts anderes gelten als für die Genehmigung der Gründererklärungen eines vollmachtlosen Vertreters oder beschränkt Geschäftsfähigen durch den dazu Berechtigten. In allen diesen Fällen kann regelmäßig nur durch die Beglaubigung der Unterschrift sichergestellt werden, dass die Genehmigungserklärung tatsächlich von der dazu berechtigten Person abgegeben worden ist.123 Differenzierungen in Abhängigkeit davon, ob im Einzelfall die Identität des Genehmigenden mit dem dazu Berechtigten zweifelhaft sein kann,124 sind aus Gründen der Rechtssicherheit unangebracht. Die vorstehenden Grundsätze gelten ferner für die auch hier zulässige Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens, die erforderlich ist, wenn ein Vertreter für mehrere Gründer auftritt, weil der Gesellschaftsvertrag von jedem der Gründer mit jedem abgeschlossen wird.125 In der Erteilung der Vollmacht an einen Mitgründer wird allerdings auch schon ohne einen dahingehenden ausdrücklichen Hinweis die stillschweigende Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens zu sehen sein.126 Eine Vollmacht, die sich speziell auf die Mitwirkung bei der Gründung einer AG bezieht, ist nicht erforderlich. Bei einer allgemein gehaltenen Vollmacht ist es eine Frage der Auslegung, ob sie im Einzelfall auch zur Feststellung der Satzung einer AG ermächtigt. Eine gewöhnliche Handlungsvollmacht (§ 54 HGB) schließt diese Befugnis nicht ein, eher schon (im Zweifel) eine Generalvollmacht. Grundlegend anders verhält es sich nach § 49 Abs 1 HGB mit einer Prokura. Dem Legitimationszweck des § 23 Abs 1 S 2 wird hier durch Vorlage des Handelsregisterauszugs, § 9 Abs 4 HGB, oder einer Notarbescheinigung nach § 21 BNotO Genüge getan; der Eintragung ins Handelsregister wiederum liegt in Gestalt der ihrerseits öffentlich beglaubigten Anmeldung (§§ 53, 12 HGB) eine der Formvorschrift des § 23 Abs 1 S 2 genügende Erklärung zugrunde.127 Auf gesetzliche Vertreter findet § 23 Abs 1 S 2 keine Anwendung. Sie müssen ihre Vertretungsbefugnis auf andere Weise nachweisen. Als Nachweise in Betracht kommen insbes: Bei Organen von Handelsgesellschaften (Vorstandsmitglieder einer AG, Geschäftsführer einer GmbH, vertretungsberechtigte Gesellschafter einer oHG oder KG)

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120 RGZ 108, 125; OLG Köln GmbHR 1995, 725 f = MDR 1995, 888 m Anm v K. Schmidt; KK/Arnold Rdn 48; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 13; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 20; Hüffer/Koch Rdn 12; Heidel/Braunfels Rdn 7; Hölters/Solveen Rdn 13; Bürgers/Körber Rdn 10; Wachter Rdn 17; iE auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 16. 121 Wie hier MünchKommAktG/Pentz Rdn 23; KK/Arnold Rdn 48; aA Scholz/Emmerich § 2 Rdn 44. 122 So BGH WM 1980, 866, 867 (Genehmigung formlos wirksam). 123 Krit gegenüber der Entscheidung des BGH aaO auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 23; KK/Arnold Rdn 48; Baumbach/Hueck GmbHG § 2 Rdn 25. 124 In dieser Richtung allerdings andeutungsweise BGH aaO. 125 MünchKommAktG/Pentz Rdn 14; KK/Arnold Rdn 48; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 13; Grigoleit/Vedder Rdn 15; Heidel/Braunfels Rdn 7; Hölters/Solveen Rdn 13; Wachter Rdn 17. 126 Wie hier auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 14; KK/Arnold Rdn 48; Grigoleit/Vedder Rdn 15; Heidel/ Braunfels Rdn 7. 127 KK/Arnold Rdn 46; Hüffer/Koch Rdn 12; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 13a; Grigoleit/Vedder Rdn 15; Heidel/Braunfels Rdn 7; Hölters/Solveen Rdn 13; Bürgers/Körber Rdn 11; Wachter Rdn 18; aA MünchKommAktG/Pentz Rdn 18, der auch für den Prokuristen eine notariell beglaubigte besondere Vollmacht fordert ebenso Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 20.

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Handelsregisterauszug oder Notarbescheinigung nach § 21 BNotO und bei Organen des öffentlichen Rechts die Bestellungsurkunde. Vorlage der letzteren ist auch bei amtlicher Vertretung durch Vormünder und Pfleger (vgl §§ 1791, 1915 BGB) geboten. Eltern müssen notfalls eine Geburtsurkunde des von ihnen vertretenen Kindes vorlegen. Ist zur Wirksamkeit der Vollmacht ausnahmsweise aus besonderen Gründen des 92 allgemeinen Rechts die Einhaltung einer strengeren Form erforderlich, so geht diese der Bestimmung des § 23 Abs 1 S 2 vor.128 Zum Vorgründungsvertrag siehe noch unten, Rdn 340. VIII. § 23 Abs 2: Die Übernahmeerklärung 1. Allgemeines und Rechtsnatur. Die Vorschrift bestimmt den Inhalt, den die notarielle Feststellungsurkunde (die Gründungsurkunde der Gesellschaft) zusätzlich zu der eigentlichen Satzungsfeststellung (§ 23 Abs 3) aufweisen muss. Aus historischen Gründen und um die Satzung der AG nicht mit Angaben zu belasten, die nur während des Gründungsstadiums der Gesellschaft für die Öffentlichkeit von Interesse sind (oben Rdn 2), sind die in Abs 2 geforderten Angaben und Erklärungen nicht Bestandteil der Satzung, sondern lediglich des die Aktienübernahme beurkundenden Teils des Gründungsvorgangs. Dies ändert aber nichts daran, dass beide Teile, die Feststellung der Satzung und die Übernahme der Aktien durch die Gründer, als notwendige Elemente der Gründung der AG in ein und dieselbe (allerdings nicht notwendigerweise zeitlich in einem Zuge zu errichtende, oben Rdn 57, 60 und unten Rdn 99) Urkunde aufzunehmen sind und das Fehlen oder die Nichtigkeit eines der in § 23 Abs 2 vom Gesetz zwingend geforderten Festlegungen und Angaben nicht anders als in den Fällen des § 23 Abs 3 (Rdn 77) einen Errichtungsmangel (§ 38 Abs 1) begründet, der dazu führt, dass die Gesellschaft nicht eingetragen werden darf; s dazu auch Rdn 263 und § 38 Rdn 62. 94 Zur Übernahme der Aktien zugelassen sind allein die Gründer, dh die (künftigen) Aktionäre, die die Satzung feststellen (§ 28 iVm § 23 Abs 2 Nr 2). Ihre Übernahmeerklärungen müssen das gesamte in der Satzung angegebene und in Aktien zerlegte Grundkapital (§ 23 Abs 3 Nr 3 und 4) der Gesellschaft vollständig belegen. Es darf also nicht eine einzige Aktie übrigbleiben. Vor der Übernahme sämtlicher Aktien durch die Gründer ist die AG nicht errichtet (§ 29). Dies ist Folge des Wegfalls der früher zulässigen Stufengründung, bei der die Gründer nicht sämtliche Aktien übernahmen, sondern die Öffentlichkeit zur Zeichnung der Aktien der von ihnen gegründeten Gesellschaft aufforderten, dazu schon oben Rdn 2. Eine gewisse Parallele zu der früheren Stufengründung findet sich noch heute bei der Kapitalerhöhung in Form des Zeichnungsscheins (§ 185). Nach dem Wegfall der Stufengründung besteht auch umgekehrt keine innere Rechtfertigung mehr, Personen an der Gründung teilnehmen zu lassen, die keine Einlagepflicht übernehmen. Gründer kann mithin nur sein, wer auch Aktien übernimmt und damit Mitglied der Gesellschaft werden will.129 Die Übernahme der Aktien durch die einzelnen Gründer muss wie die Feststellung 95 der Satzung als deren Bestandteil notariell beurkundet werden. Sie ist rechtlich eine einseitige empfangsbedürftige an die Mitgründer gerichtete Willenserklärung, welche die Verpflichtung zur Erbringung der versprochenen Einlage begründet. Mitgliedschaftsrechte in der AG können durch sie allerdings noch nicht geschaffen werden, da sie erst 93

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128 MünchKommAktG/Pentz Rdn 20; KK/Arnold Rdn 45; Grigoleit/Vedder Rdn 15; Bürgers/Körber Rdn 10. 129 So auch KK/Dauner-Lieb § 2 Rdn 12; Hüffer/Koch § 2 Rdn 13; aA Schmidt/Lutter § 2 Rdn 14.

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mit der Eintragung der AG entstehen. Ungeachtet des rechtlichen Charakters der Übernahme als Willenserklärung sind die dafür geltenden Regeln des allgemeinen Rechts auf die Übernahmeerklärung nur solange uneingeschränkt anwendbar wie die Gesellschaft weder in Vollzug gesetzt noch in das Handelsregister eingetragen ist, dazu im einzelnen Rdn 263 ff. Im Interesse der Rechtssicherheit, insbes auch der Aufbringung des in der Satzung 96 verlautbarten Grundkapitals, muss die Übernahmeerklärung bestimmt und unbeschränkt sein. Die Beifügung aufschiebender oder auflösender Bedingungen macht die Übernahmeerklärung und damit die Teilnahme an der Errichtung der Gesellschaft als Gründer und in der weiteren Folge den gesamten Gesellschaftsvertrag fehlerhaft, sofern es sich nicht um bloße Rechtsbedingungen handelt, die lediglich wiederholen, was ohnehin der Gesetzeslage entspricht. Entsprechendes gilt für Befristungen, nach denen der Erklärende erst nach einem künftigen Zeitpunkt Mitgründer und Aktienübernehmer werden soll. Enthält der Errichtungsakt Beitritts- und Übernahmeerklärungen, denen derartige unzulässige Bedingungen oder Befristungen beigefügt sind, so hat das Registergericht die Eintragung der Gesellschaft abzulehnen.130 Die Eintragung würde zwar auch diesen Mangel heilen, unten Rdn 278 ff. Die Heilung ist aber lediglich eine durch die Interessenlage bedingte Folge der Eintragung und kann deshalb nicht die nach dem Gesetz erforderlichen Eintragungsvoraussetzungen (ordnungsgemäße Errichtung und Anmeldung der Gesellschaft, § 38 Abs 1 S 1) ersetzen, dazu § 38 Rdn 22 f. Dagegen besteht kein hinreichender Grund, die Eintragung der Gesellschaft auch 97 dann abzulehnen, wenn sich die Bedingung schon vorher durch Eintritt der aufschiebenden oder Ausfall der auflösenden Bedingung oder bei Befristungen durch Zeitablauf oder durch Verzicht auf die Bedingung oder Befristung erledigt hat und dies dem Registergericht in der Anmeldung erklärt und nachgewiesen (§ 37 Abs 1 S 1 und 2) wird.131 Da in diesem Fall die vom Gesetz angestrebte Bestimmtheit der Rechtsverhältnisse gesichert ist, besteht kein Grund, die Eintragung der Gesellschaft abzulehnen und Neuvornahme zu verlangen. Entsprechendes muss bei Erfüllung der übrigen Anmeldevoraussetzungen für alle unzulässigen Bedingungen oder Zeitbestimmungen gelten, die sich spätestens mit der Eintragung der Gesellschaft erledigen.132 Zu den danach die Eintragung nicht hindernden Bedingungen zählt auch der Vorbehalt, dass die Beteiligung an der Gesellschaftsgründung unverbindlich werden soll, falls die Gesellschaft nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt durch Eintragung im Handelsregister entstanden ist, sofern bei Eintragung feststeht, dass diese rechtzeitig vor dem genannten Zeitpunkt erfolgt ist.133 Vertretung durch Bevollmächtigte ist wie bei der Feststellung der Satzung zulässig. 98 Anders als dort (§ 23 Abs 1 S 2) verlangt das AktG dazu allerdings keine notariell beglaubigte Vollmacht. Praktisch wird sich dies aber, wenn überhaupt, nur in den seltenen Fällen auswirken, in denen die beiden Teile der Errichtung der Gründungsurkunde, Sat-

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130 Bis hierher alles unstr, dazu MünchKommAktG/Pentz Rdn 56; KK/Arnold Rdn 59; Spindler/Stilz/ Limmer Rdn 24; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 24; Hüffer/Koch Rdn 16. 131 Wie hier Spindler/Stilz/Limmer Rdn 24; Grigoleit/Vedder Rdn 18; zum GmbH-Recht Roth/Altmeppen § 2 Rdn 41; Scholz/Emmerich § 3 Rdn 55; aA MünchKommAktG/Pentz Rdn 56: Neuvornahme gemäß § 141 Abs 1 BGB erforderlich; KK/Arnold Rdn 59; Hüffer/Koch Rdn 16; Heidel/Braunfels Rdn 14; Hölters/Solveen Rdn 15. 132 Dazu die Nachw in Fn 85. 133 (In diesem Falle neben den in Fn 85 Genannten zust auch Hachenburg/Ulmer § 2, 119.) So auch MünchKommAktG/Mayer GmbHG § 2 Rdn 192; Scholz/Emmerich § 3 Rdn 55.

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zungsfeststellung und Aktienübernahme, ausnahmsweise nicht in ein und derselben notariellen Verhandlung aufgenommen werden (s folgende Rdn). Die vom Gesetz vorgeschriebene Einheits- oder Simultangründung wird nicht da99 durch in Frage gestellt, dass zunächst die Satzung festgestellt wird und in einer späteren notariellen Verhandlung die Übernahme der Aktien nachgeholt wird (Rdn 60, 93). Der Kreis der Übernehmer muss dabei aber mit denjenigen Personen identisch sein, die die Satzung festgestellt haben. Anderenfalls muss die Satzungsfeststellung unter Mitwirkung der zusätzlich beitretenden Übernehmer vollständig wiederholt werden, zu diesen und ähnlichen Fragen auch die Erläuterungen zu § 2. 100

2. Die vom Gesetz geforderten Einzelangaben. In den die Übernahme der Aktien durch die Gründer betreffenden Teil der Gründungsurkunde sind im Einzelnen aufzunehmen:

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a) Die Gründer (Nr 1). Das sind nach der Legaldefinition des § 28 die Aktionäre, die die Satzung feststellen. Notwendig ist, damit sie hinreichend identifizierbar sind,134 bei natürlichen Personen mindestens die Angabe von Vor- und Nachname sowie die Anschrift, bei juristischen Personen Firma und Sitz. Bei der Teilnahme von Vertretern sind §§ 10 und 12 BeurkG zu beachten. b) Angaben zu den Aktien, die jeder Gründer übernimmt (Nr 2)

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aa) Zu Nennbetragsaktien (und Stückaktien) s zunächst § 8. Anzugeben ist bei Nennbetragsaktien die Summe der Nennwerte der von dem einzelnen Gründer übernommenen Aktien. Nachdem § 23 Abs 3 Nr 4 in der Satzung zugleich die Angabe der Zahl der Aktien jeden Nennbetrags verlangt (s dazu Rdn 156) und der Zeichnungsschein gemäß § 185 Abs 1 ebenfalls die Zahl der übernommenen Aktien angeben muss, hätte es nahegelegen, auch in § 23 Abs 2 Nr 2 die Nennung der Zahl der Aktien jeden Nennbetrags, die der einzelne Gründer übernimmt, zu fordern. Nach der mittlerweile wohl hM ist daher über den Wortlaut hinaus bei unterschiedlichen Nennbeträgen auch die jeweilige Zahl der Aktien anzugeben (teleologische Extension).135 Aus der Angabe des Gründungsprotokolls über die Aktienübernahme lässt sich daher ersehen, wie die Aktien verschiedener Nennbeträge von den einzelnen Gründern übernommen worden sind. Folgt man dem nicht, ist zur Vermeidung späterer Streitigkeiten wenigstens empfehlenswert,136 auch die Zahl der jeweils übernommenen Aktien aufgeschlüsselt nach Nennbetrag, Gattung und Art anzugeben. Nicht ausreichend ist es, in Ermangelung der vom Gesetz vorgeschriebenen Angabe wenigstens der Gesamtsumme anzugeben, dass der Gründer A alle Aktien mit dem Nennbetrag X, der Gründer B alle Aktien mit dem Nennbetrag Y usw übernimmt.137

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bb) Bei Stückaktien ist die Zahl der von jedem Gründer übernommenen Aktien anzugeben.

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134 AllgM, dazu auch schon RegBegrd BT-Drucks 8/1678 S 11 und Ganske DB 1978, 2461. 135 MünchKommAktG/Pentz Rdn 59; KK/Arnold Rdn 61; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 26; Schmidt/Lutter/ Seibt Rdn 26; Hüffer/Koch Rdn 18; Hölters/Solveen Rdn 17; Grigoleit/Vedder Rdn 21; Heidel/Braunfels Rdn 16; Bürgers/Körber Rdn 16; Wachter Rdn 26; aA noch Voraufl; KK/Kraft (2. Aufl) Rdn 90. 136 Spindler/Stilz/Limmer Rdn 26. 137 Insoweit zutr Geßler/Eckardt Rdn 49 und 50.

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cc) Zum Ausgabebetrag der Aktien, der auch unterschiedlich festgesetzt werden 104 kann, s zunächst § 9. Die Angabe des Ausgabebetrags ist auch bei Stückaktien erforderlich ist. Er ist auch dann anzugeben, wenn er bei Nennbetragsaktien dem geringsten Ausgabebetrag (§ 9 Abs 1) entspricht. Angaben zur Fälligkeit der Zahlung sind dagegen nicht erforderlich, ebenso wenig zu Sacheinlagen oder Sachübernahmen. Sie erscheinen in der Gründungsurkunde nur als Bestandteil der Satzung (vgl § 27 Abs 1 „… müssen in der Satzung festgesetzt werden …“), nicht aber in der Übernahmeerklärung. Im Übrigen gilt für den Ausgabebetrag sinngemäß das gleiche wie für die Angabe des Nennbetrages (vorstehend Rdn 73). Ein schuldrechtliches (nicht-kooperatives) Agio ist nicht anzugeben.138 dd) Die Gattung der übernommenen Aktien, sofern mehrere Gattungen bestehen. 105 Zu den Merkmalen, die verschiedene Gattungen begründen, s die Erläuterungen zu § 11 sowie unten Rdn 156. Inhaber- und Namensaktien sind ausweislich der Gesetzessystematik in §§ 190, 11 keine verschiedenen Gattungen, sondern (nur) verschiedene Arten von Aktien, so dass hierüber in den Übernahmeerklärungen nichts anzugeben ist.139 Die hier zusätzlich geforderte Angabe hat im Ergebnis bei Übernahme von Aktien verschiedener Gattungen zur Folge, dass die Summe der Nenn- und Ausgabebeträge der von jedem Gründer übernommenen, bei Stückaktien die jeweilige Anzahl der Aktien nach Gattungen aufgeschlüsselt werden muss. Die Angabe der Zahl der auf jede der verschiedenen Gattungen entfallenden Aktien ist zwar auch hier vom Gesetz nicht vorgeschrieben, aber dennoch zu fordern (s dazu schon oben Rdn 102). c) Der eingezahlte Betrag des Grundkapitals (Nr 3). Anzugeben ist der Gesamt- 106 betrag der Geldleistungen der Gründer auf das Grundkapital, die im Zeitpunkt der Aktienübernahme bereits erbracht worden sind. Eine Aufgliederung dieser Summe auf die von jedem einzelnen Gründer eingezahlten Beträge ist nicht erforderlich. Ebenso wenig gehört hierher die Angabe geleisteter Aufgelder oder Sacheinlagen. Für letztere gilt die in § 36a Abs 2 getroffene Sonderregelung. Wie sich schon daraus ergibt, dass die nach § 23 Abs 2 Nr 3 geforderte Angabe in der Satzungsfeststellung zu machen ist, müssen Zahlungen, die erst in der Zeit zwischen Gründung und Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister erfolgen, hier außer Betracht bleiben. Der nach § 37 Abs 1 Satz 1 anzugebende und der bei der Aktienübernahme anzugebende Betrag können also durchaus voneinander abweichen.140 IX. § 23 Abs 3 und 4: Der notwendige Inhalt der Satzung 1. Unentbehrlichkeit der vorgeschriebenen Angaben. Die Regelung der in Abs 3 107 und 4 einzeln aufgeführten Punkte in der Satzung der Gesellschaft ist unentbehrlich. Bei Fehlen oder Nichtigkeit einer der danach notwendigen Satzungsbestimmungen ist der AG die Eintragung in das Handelsregister und damit ihre Entstehung als rechtsfähige juristische Person zu versagen (wegen der Rechtsfolgen im Einzelnen schon oben Rdn 3 und unten Rdn 263 ff). Die nach Abs 3 und 4 geforderten Angaben können deshalb weder

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138 KK/Arnold Rdn 62; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 26. 139 Bürgers/Körber Rdn 16 aE; aA MünchKommAktG/Pentz Rdn 61; KK/Arnold Rdn 64; Schmidt/Lutter/ Seibt Rdn 28; Hüffer/Koch Rdn 18; Grigoleit/Vedder Rdn 21; Heidel/Braunfels Rdn 16; Hölters/Solveen Rdn 17. 140 So ausdrücklich MünchKommAktG/Pentz Rdn 63; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 29; Hüffer/Koch Rdn 19; Bürgers/Körber Rdn 17.

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in Nebenordnungen oder schuldrechtlichen Vereinbarungen der Gründer erfolgen noch den Entscheidungen des Vorstands oder des Aufsichtsrats überlassen bleiben. § 23 enthält keine abschließende Aufzählung von notwendigen Satzungsbestimmungen. Weitere Bestimmungen finden sich etwa in §§ 6, 7 UrhWG oder §§ 1, 11 Abs 3 REITG. 108

2. Zweck der Regelung. Die Forderung des Gesetzes nach Festlegung in der Satzung muss vor allem vor dem Hintergrund der vom Gesetzgeber verlangten Publizität gesehen werden: da die Satzung bei der Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister einzureichen ist (§ 37 Abs 4 Nr 1), die in § 23 Abs 3 Nr 1–3 aufgeführten Festsetzungen nach § 39 Abs 1 sogar ins Handelsregister einzutragen sind (wegen des noch darüber hinausgehenden Umfangs der Bekanntmachung der Eintragung s § 40) und ferner die Einsicht in das Handelsregister sowie die zu ihm eingereichten Schriftstücke und damit auch in die Satzung nach § 9 Abs 1 HGB jedem gestattet ist, wird durch den Zwang zur statutarischen Regelung der in § 23 Abs 3 und 4 aufgeführten Punkte deren Offenlegung gegenüber der Öffentlichkeit sichergestellt. Zugleich ist damit gewährleistet, dass spätere Änderungen dieser Festsetzungen nur durch die Hauptversammlung auf dem Wege der ebenfalls eintragungspflichtigen und damit der Registerpublizität unterliegenden Satzungsänderung (§§ 179, 181) vorgenommen werden können. 3. Die vom Gesetz vorgeschriebenen einzelnen Angaben

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a) Firma und Sitz der Gesellschaft, § 23 Abs 3 Nr 1. Die Bildung der Gesellschaftsfirma richtet sich nach den in § 4 sowie in §§ 18, 30 HGB im Einzelnen bezeichneten Grundsätzen. Der Sitz der Gesellschaft ist in § 5 geregelt. Wegen der Einzelheiten wird deshalb auf die Erläuterungen zu § 4 und § 5 verwiesen.

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b) Gegenstand des Unternehmens, § 23 Abs 3 Nr 2. Die Bestimmung ist im Wesentlichen die Umsetzung des gemeinsamen Zwecks, zu welchem jede Gesellschaft gegründet wird. Sie hat eine dreifache Schutzrichtung. Sie soll zum einen den Anteilseignern die Möglichkeit zur gegenständlichen Beschränkung der Geschäftsführungsbefugnis geben. Zum anderen soll sie der Information von Gläubigern und potentiellen Investoren dienen.141 Keiner dieser Zweck gebietet allerdings eine besonders strenge Handhabung der Vorschrift, und so auch nicht alle drei in Kumulation. Die Begrenzung der Geschäftsführungsbefugnis ist eine Option, keine Pflicht der Gesellschafter, die auch weiten Handlungsspielraum geben können. Das englische Recht sieht daher eine solche Angabe nicht mehr verpflichtend vor (sec 31(1) CA 2006). Der Information von Investoren dient das Kapitalmarktrecht. Gläubiger wiederum werden sich entweder, wenn sie professionell sind, selbst helfen (Banken). Oder sie werden aus dem Unternehmensgegenstand sehr wenig herauslesen können, was ihnen über die allgemeinen Gläubigerschutzgewährleistungen des Aktienrechts hinaus weiter hilft.

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aa) Begriffsbestimmung. Gegenstand des Unternehmens („Unternehmensgegenstand“) ist die von der Gesellschaft bereits betriebene oder doch konkret beabsichtigte, in absehbarer Zeit aufzunehmende Tätigkeit. Die dafür in Frage kommenden Betätigungen unterliegen nach ihrer Art und ihren Zielen keinen Beschränkungen. Die Rechtsform der AG steht grundsätzlich für jede Betätigung zur Verfügung, die vom Gesetz nicht aus-

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Siehe nur Grigoleit/Vedder Rdn 25.

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drücklich verboten (§ 134 BGB) ist142 oder gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) verstößt, dazu auch die Erläuterungen zu § 3; bestimmte Unternehmen dürfen freilich nicht in der Form der AG betrieben werden, etwa ein Apothekenunternehmen, § 8 ApothekenG,143 während andere, etwa im Bereich des KWG, nur in dieser Form betrieben werden dürfen. Die Rechtsanwalts-AG ist zulässig.144 Bestimmte Unternehmensgegenstände bedürfen staatlicher Genehmigung. Unternehmensgegenstand kann deshalb jede rechtmäßige Tätigkeit sein, gleichgültig ob sie gewerblicher oder wenigstens erwerbswirtschaftlicher (Ausübung eines freien Berufes) Art ist oder auf Betätigungsfelder ideeller (sozialer, karitativer, sportlicher, religiöser) Natur gerichtet ist. Der hier verwendete Unternehmensbegriff hat mithin nichts mit dem im Handelsrecht diskutierten Begriff des Unternehmens iS eines nachhaltigen erwerbswirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zu tun. bb) Zweck der geforderten Angabe. Die gesetzliche Forderung, den künftigen Tätigkeitsbereich der Gesellschaft schon in der Satzung festzulegen, steht im Dienste der bereits eingangs (Rdn 110) erwähnten Doppelfunktion: vermittels der dadurch erreichten Registerpublizität wird sichergestellt, dass die interessierte Öffentlichkeit die Möglichkeit erhält, sich über die Art der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft und auch über spätere Änderungen derselben zu informieren, s dazu näher unten Rdn 93 ff. Zusätzlich erleichtert die Angabe des Unternehmensgegenstandes in der Satzung dem Registergericht die Prüfung, ob die Gesellschaft erlaubte Zwecke verfolgt oder für ihren Betrieb eventuell einer Genehmigung bedarf. Ferner können – dies ist eher eine sekundäre Funktion – auch andere Rechtsbeziehungen wie etwa die Tarifzuständigkeit an den Unternehmensgegenstand anknüpfen, dazu unten Voraufl (Wiedemann) § 179 Rdn 58. Eine weitere Bedeutung der Festlegung des Unternehmensgegenstandes bereits in der Satzung liegt im Innenverhältnis. Indem der in der Satzung angegebene Unternehmensgegenstand den konkreten Tätigkeitsbereich absteckt, innerhalb dessen die Gesellschaft nach Absicht ihrer Gründer im Interesse der Verwirklichung des Gesellschaftszwecks aktiv werden soll, begrenzt er zugleich im Interesse der gegenwärtigen und künftigen Aktionäre den Kreis der Geschäfte, die der Vorstand in Wahrnehmung seiner Geschäftsführungsaufgabe für die Gesellschaft abschließen darf. Der Abschluss von Geschäften, die von dem in der Satzung bezeichneten Unternehmensgegenstand nicht mehr gedeckt sind, macht den Vorstand, soweit er dazu nicht die Zustimmung der Hauptversammlung hat, bei Erfüllung der weiteren Voraussetzungen des § 93 schadensersatzpflichtig. Außerdem kann er ein wichtiger Grund sein, die Bestellung des dafür verantwortlichen Vorstandsmitglieds zu widerrufen (§ 84 Abs 3) und seinen Dienstvertrag fristlos zu kündigen. Eine Unwirksamkeit des gleichwohl abgeschlossenen Geschäfts im Außenverhältnis folgt daraus allerdings im Allgemeinen nicht (§ 82 Abs 2). Ein sog ultra-viresGrundsatz, nach dem das geschäftsführende Organ außerhalb des satzungsmäßigen Unternehmensgegenstandes nicht mit Wirkung für und gegen die Gesellschaft handeln kann, ist dem deutschen Kapitalgesellschafts- und damit auch dem deutschen Aktienrecht fremd. Er wäre auch mit europäischem Recht unvereinbar. Allerdings können sich hier komplizierte Fragen um die Einschränkung der Bindungswirkung bei Missbrauch der Vertretungsmacht ergeben. Schwierig erscheint dabei vor allem die europarechtlich

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ZB § 34b Abs 5 GewO, vgl KK/Arnold Rdn 80. Vgl. MünchKommAktG/Pentz Rdn 84 mit weiteren Beispielen. BGH NZG 2005, 596, 598; BayObLGZ 2000, 83 = NJW 2000, 1647; MünchKommAktG/Pentz Rdn 84.

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fundierte Annahme, dass bloße Kenntnis etwaiger satzungsmäßiger Beschränkungen noch nicht zur Bösgläubigkeit führen soll.145 Diese Bedeutung des statutarischen Unternehmensgegenstandes wirft allerdings nach der anderen Seite hin die Frage auf, wie weit der Satzungsgeber bei der Präzisierung des Unternehmensgegenstandes gehen darf, ohne das Recht und die Pflicht des Vorstandes zur eigenverantwortlichen Leitung der Gesellschaft (§ 76) in unzulässiger Weise einzuschränken. Eine im Schrifttum vertretene Auffassung146 versteht die durch § 76 zwingend vorgeschriebene Eigenverantwortlichkeit des Vorstands als grundlegende Organisationsentscheidung des aktienrechtlichen Gesetzgebers. Diese Ansicht sieht deshalb zumindest tendenziell den Vorstand auch unter Zurückdrängung schon der Organisationsautonomie des Satzungsgebers als berufen an, die Unternehmensziele im Dienste eines selbst gegenüber der Satzung stark verselbständigten Unternehmensinteresses zu formulieren und zu aktualisieren. Demgegenüber ist daran festzuhalten, dass auch die AG eine zu jedem gesetzlich zulässigen (Rdn 111) Zweck einsetzbare wirtschaftliche Einrichtung ihrer Gründer und Aktionäre ist, denen deshalb in ihrer Eigenschaft als Satzungsgeber das Recht zustehen muss, die Ziele der Gesellschaft auch für deren Vorstand bindend festzulegen. Dies schließt das Recht ein zu bestimmen, auf welchem Gebiet ihre Gesellschaft, mit welchen Mitteln und zur Erreichung welcher Ziele tätig werden soll. Die grundsätzliche Unabhängigkeit des Vorstandes der AG gegenüber Weisungen der Aktionäre als der „Eigentümer“ der Gesellschaft kann nach heutigem Rechtsverständnis ihre Erklärung und Legitimation allein in dem Umstand finden, dass die AG im Gegensatz zu der GmbH, bei der eine solche Weisungsfreiheit nicht besteht, zumindest leitbildmäßig nicht als Unternehmergemeinschaft, sondern als anonymes (vgl französisch société anonyme) Kapitalsammelbecken konzipiert ist. Vor dem Hintergrund dieser Konzeption rechtfertigt sich die Eigenverantwortlichkeit des Vorstandes durch das Bestreben sicherzustellen, dass die aus einer Vielzahl von Quellen privater und institutioneller Anleger stammenden Gesellschaftsmittel ökonomisch sinnvoll zur Erreichung der durch die Satzung vorgegebenen Unternehmensziele eingesetzt werden. Allgemeiner formuliert: Die grundsätzliche Weisungsfreiheit des Vorstandes dient nicht dazu, ein verselbständigtes Unternehmensinteresse gegen die eigenen Aktionäre durchzusetzen. Es dient vielmehr ausschließlich einem wirtschaftlich effizienten, von partikulären Einflüssen möglichst freien Einsatz der von den selbst unternehmerisch nicht in der Gesellschaft tätigen Aktionären zur Verfügung gestellten Mittel im Dienste der Verwirklichung der von diesen als Satzungsgeber bestimmten Unternehmensziele.147 Ein über der Satzung stehendes und deshalb erforderlichenfalls auch gegen die Satzung durchzusetzendes, vom Gesellschaftsvorstand eigenverantwortlich zu formulierendes Eigeninteresse der Gesellschaft ist deshalb auch bei der AG grundsätzlich nicht anzuerkennen.148 Die Interessen der Arbeitnehmer werden durch die Mitbestim-

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145 Siehe zum Ganzen Schall National Report on the Law of Closed Corporations in Germany, in: Schmidt-Kessel (Hrsg), German National Reports to the 19th International Congress of Comparative Law 2014, S 355, 372 ff. 146 KK/Mertens (Voraufl) § 82, 11; Vor § 76, 11 ff und § 76, 10; ders NJW 1970, 1718 ff. 147 So nachdrücklich Schön ZGR 1996, 429, 436 ff, 439. 148 Gegen ein vom Vorstand wahrzunehmendes, am Gemeinwohl orientiertes, über der Satzung stehendes Gesellschaftsinteresse im Grundsatz auch Schön aaO S 439; Würdinger DB 1976, 613, 615 f; für die Berücksichtigung des Allgemeininteresses nur innerhalb der satzungsmäßigen Vorgaben wohl auch Kübler GesR4 § 15 III 4 a) und § 14 III 2 e); umfassend zu diesem Fragenkreis: Zöllner Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, 1963, 17 ff, 52 ff.

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mungsgesetze, diejenigen der außenstehenden Gläubiger durch die Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsvorschriften geschützt. Eventuelle Interessenkonflikte sind innerhalb des von der Satzung gezogenen Rahmens durch vernünftige, der allgemeinen sozialen und wirtschaftlichen Lage und der Situation der Gesellschaft im Besonderen in angemessener Weise Rechnung tragende Abwägung (s dazu auch die Erläuterungen §§ 76, 82, 93) zu lösen. Das Verhältnis von § 23 Abs 3 Nr 2 und § 76 ist dementsprechend dahingehend zu 120 bestimmen, dass Tätigkeitsgebiet, Ziel der Gesellschaft und grundsätzlich auch die zur Erreichung dieses Ziels einzusetzenden Mittel 149 durch den Satzungsgeber festgelegt werden. Die Eigenverantwortlichkeit des Vorstandes aktualisiert sich dagegen in seiner Handlungsfreiheit in der Umsetzung und Verwirklichung dieser Satzungsvorgaben im laufenden Geschäft.150 Die Grenze für eine unzulässige Beschränkung des Vorstandes wird erst dort erreicht, wo die Festsetzungen über den Unternehmensgegenstand eine so hohe Regelungsdichte erreichen, dass der Vorstand auch bei der Führung der laufenden Geschäfte zum reinen Exekutivorgan (Befehlsempfänger)151 der Aktionäre ohne eigenen ins Gewicht fallenden unternehmerischen Entscheidungs- und Handlungsspielraum wird. Dies kann vor allem der Fall sein, wenn er auch hinsichtlich der einzusetzenden Mittel so stark gebunden wird, dass ihm kein wirkliches unternehmerisches Ermessen mehr verbleibt. Der Satzungsgeber ist deshalb grundsätzlich frei, den Unternehmensgegenstand 121 auch in sehr eingegrenzter Form festzulegen, indem er das Tätigkeitsfeld der Gesellschaft auf ganz bestimmte Geschäfte (uU sogar auf die Durchführung eines einzigen Projekts), bestimmte Produktionsmethoden, Vertriebswege oder Märkte beschränkt oder umgekehrt andere Geschäfte oder Herstellungsverfahren etc ausschließt. Entsprechendes gilt für Dienstleistungsgesellschaften. Eine Einschränkung des Inhalts, wonach dies nur unter dem Vorbehalt zulässig sei, dass dem Vorstand dadurch nicht die Möglichkeit genommen werden dürfe, mit dem Unternehmen im wirtschaftlichen Wettbewerb zu bestehen,152 ist nicht anzuerkennen. Satzungsvorgaben durch Unternehmensgegenstand und Unternehmenszweck sind von dem Vorstand auch dann zu beachten, wenn sie im Einzelfall wirtschaftlich unzweckmäßig und für die Gesellschaft nachteilig sind.153 Eine AG kann etwa auch zur Produktion und zum Vertrieb von Bio-Produkten oder zur Förderung sog alternativer Energien oder zur Energiegewinnung aus Kernkraft oder umgekehrt unter Ausschluss der Kernkraft154 gegründet werden, selbst wenn die Rentabilität eines Unternehmens mit einem derart eingegrenzten Unternehmensgegenstand fraglich ist. Entsprechendes gilt, wenn Staat oder Kommunen mit einer AG öffentliche Zwecke (Versorgungsaufgaben, kulturelle oder soziale Ziele) erforderlichenfalls auch unter Hintansetzung der Wettbewerbsfähigkeit und Rentabilität des Gesellschaftsunternehmens wahrnehmen wollen, dazu auch unten Rdn 130. In allen diesen Fällen ist der Vorstand bei der Wahrnehmung seiner Leitungsverantwortung an den ihm durch den satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand und Gesellschaftszweck vorgegebenen Aufgabenrahmen gebunden, ohne geltend machen zu dürfen, dass durch die Verfolgung dieser Zwecke die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens gefährdet wird. Der Vorstand ist nicht

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149 Martens FS Kellermann, 1991, 271, 276; Rechenberg Die Hauptversammlung als oberstes Organ der Aktiengesellschaft, 1986, 78 ff; Timm Die Aktiengesellschaft als Konzernspitze, 1980, 21 ff, 87 ff; Schön aaO (Fn 96) 442. 150 Ebenso Schön aaO mwN; ähnlich auch Kübler GesR4 § 15 III 4 a). 151 Martens aaO (Fn 98). 152 So wohl noch KK/Mertens (Voraufl) § 82, 19. 153 So zutr ua MünchKommAktG/Pentz Rdn 78. 154 Martens aaO (Fn 98); Schön aaO (Fn 96) 442; ferner Dreher ZHR 155 (1991) 349, 358.

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dazu berufen, ein von ihm formuliertes Gesellschaftsinteresse auch gegen die Zielvorgaben des Satzungsgebers zu verwirklichen. Inwieweit dem Vorstand dagegen das Recht zur Aktualisierung und Konkretisierung 122 dieses Interesses, insbes auch bei Zielkonflikten, im Rahmen der durch den satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand gemachten Vorgaben zusteht, ist eine Frage vernünftiger Satzungsauslegung, auf die an dieser Stelle nicht näher einzugehen ist, dazu auch bei § 76 und § 82. Etwas anderes kann in Bezug auf Eingrenzungen des Unternehmensgegenstandes 123 der vorstehend genannten Art gelten, wenn diese durch spätere Satzungsänderungen herbeigeführt werden sollen, sofern dadurch zugleich der Gesellschaftszweck berührt wird. Dies beruht jedoch nicht darauf, dass durch eine solche Einschränkung in unzulässiger Weise in die Handlungsfreiheit des Vorstandes (§ 76) eingegriffen würde, sondern allein auf dem Grundsatz, dass kein Aktionär, der seine Mittel in die Gesellschaft investiert hat, Änderungen des Gesellschaftszwecks ohne seine Zustimmung hinzunehmen braucht. 124 Da der Unternehmensgegenstand regelmäßig nur die Art und Weise bezeichnet, wie die Gesellschaft tätig werden und ihren Gesellschaftszweck verfolgen soll, aber nicht selber bereits mit diesem identisch ist, dazu sogleich Rdn 125 ff, kann der Unternehmensgegenstand im Rahmen des Gesellschaftszwecks nach der gesetzlichen Regel des § 179 Abs 2 Satz 1 mit der bei Satzungsänderungen üblichen Mehrheit von mindestens drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals geändert werden. Immerhin zeigt sich die Bedeutung, die das AktG der Einigung der Gründer auf den von ihnen festgelegten Unternehmensgegenstand beimisst, daran, dass die Satzung für dessen Änderung zwar größere Mehrheiten und zusätzliche Erfordernisse, nicht aber geringere Kapitalmehrheiten bestimmen kann, § 179 Abs 2 Satz 2 und 3. Dies trägt letztlich dem Umstand Rechnung, dass Änderungen des Unternehmensgegenstandes, auch wenn sie den Gesellschaftszweck nur mittelbar berühren und deshalb nicht der Zustimmung sämtlicher Aktionäre bedürfen, erhebliche Auswirkungen auch auf die Verfolgung des Gesellschaftszweckes haben können. 125

cc) Unternehmensgegenstand und Gesellschaftszweck. Nach nahezu allgemeiner Ansicht155 ist der Unternehmensgegenstand als Beschreibung des Tätigkeitsfeldes der Gesellschaft nicht ohne weiteres mit dem Zweck der Gesellschaft („Gesellschaftszweck“ oder, alle Verbände einbeziehend, „Verbandszweck“) gleichzusetzen. Keine völlige Übereinstimmung besteht aber darüber, worin sich beide unterscheiden. Dies liegt wesentlich daran, dass schon die Meinungen darüber, wie der Gesellschafts- oder Verbandszweck zu definieren sei, nicht unerheblich auseinandergehen. Allgemein gesprochen soll er den „finalen Sinn“ des gesellschaftsrechtlichen Zusammenschlusses,156 die allgemeine Zielsetzung,157 die Geschäftsgrundlage,158 die „Leitidee“ (Voraufl [Brändel] § 3 Rdn 15), der sich die Gesellschafter bei ihrem Zusammenschluss verschrieben haben, den obersten Leitsatz für die Verbandstätigkeit (BGHZ 96, 245, 251 für einen Verein) und

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155 MünchKommAktG/Diregger/Doralt § 3 Rdn 14; KK/Dauner-Lieb § 3 Rdn 9; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 18; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 34; Hüffer/Koch Rdn 22; Grigoleit/Vedder Rdn 25 ff; Bürgers/Körber Rdn 29; Wachter Rdn 34 ff; Hölters/Solveen Rdn 21; sowie aus dem Schrifttum zum GmbHG Baumbach/ Hueck/Fastrich § 1 Rdn 5; Roth/Altmeppen § 1 Rdn 4. In ähnlicher Weise unterscheidet man im angelsächsischen Bereich das „corporate objective“ (dazu Keay The Corporate Objective, 2011) von den „objects“ (vgl sec 31 CA 2006). 156 Hüffer/Koch Rdn 22. 157 Hölters/Solveen Rdn 21. 158 K. Schmidt, GesR, § 4 II.

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damit den inneren Grund für das Dasein der Gesellschaft, ihre „raison d’être“ bezeichnen. Mit einer späteren Aufgabe oder Änderung des Gesellschaftszwecks braucht sich, 126 weil dadurch zugleich der Sinn des Zusammenschlusses zu der konkreten Gesellschaft entfiele oder doch jedenfalls eine tiefgreifende Veränderung erführe, anders als mit einer Änderung des Unternehmensgegenstandes kein Gesellschafter gegen seinen Willen abzufinden. Sie ist deshalb, soweit die Satzung nicht im Einzelfall mit ausreichender Bestimmtheit vorsieht, dass auch hierfür die Bestimmungen über Satzungsänderungen gelten sollen,159 in Anwendung des in § 33 Abs 1 Satz 2 BGB zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens, der nach ganz überwiegender Meinung160 auch im Aktienrecht zumindest sinngemäß gelten soll, nur mit Zustimmung aller Gesellschafter, also einstimmig, möglich. In dieser Funktion bezeichnet der Gesellschafts- oder Verbandszweck mithin eine zwingende Schranke der (auch qualifizierten) Mehrheitsherrschaft. Weitgehende Einigkeit161 besteht darüber, dass zur Festlegung des Gesellschafts- 127 zwecks in diesem Sinne jedenfalls die Entscheidung gehört, ob die Gesellschaft dazu bestimmt sein soll, Gewinn für ihre Gesellschafter zu erwirtschaften oder ob sie der Verfolgung sonstiger, gemeinnütziger, ideeller oder sozialwirtschaftlicher Ziele dienen soll. Da selbstverständlich auch gemischte Zwecke möglich sind, kann dazu auch die Gewichtung zwischen mehreren nebeneinander bestimmten Gesellschaftszwecken gehören.162 Im Allgemeinen ist dies in der Satzung nicht ausdrücklich geregelt. Der Zweck der Gesellschaft in dem oben erörterten Sinn muss daher durch Auslegung der Satzung ermittelt werden. Dabei gilt ganz allgemein der Grundsatz, dass die Gesellschaft in Ermangelung einer abweichenden Satzungsbestimmung erwerbswirtschaftliche Zwecke verfolgt und die Gesellschaft, die erwerbswirtschaftliche Zwecke verfolgt, im Zweifel Gewinne für ihre Gesellschafter erzielen soll.163 Eine abweichende Zielsetzung, nach der die Gesellschaft ohne Gewinnerzielungsabsicht tätig werden oder diese zugunsten anderer, ideeller, sozialwirtschaftlicher (Versorgungsaufgaben der öffentlichen Hand), gemeinnütziger oder sonstiger spezieller Zwecke nur eingeschränkt verfolgen oder auch Gewinn nicht für ihre Gesellschafter, sondern zugunsten anderer Ziele der oben genannten Art erwirtschaften soll, muss zweifelsfrei aus der Satzung hervorgehen. Da hierbei die Grundsätze objektiver Satzungsauslegung (Rdn 37 ff) gelten, kommt den Absichten und Vorstellungen der Gründer als Satzungsgeber Bedeutung nur insoweit zu, als sie einen eindeutigen objektiven Niederschlag in der Satzung gefunden haben. Nicht selten werden derartige

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159 Die Schwelle des § 179 Abs 2 Satz 2 und 3 ist allerdings auch hier zu beachten, weil Änderungen des Gesellschaftszweckes nicht geringeren Anforderungen unterliegen dürfen als solche des Unternehmensgegenstandes, sa MünchKommAktG/Stein § 179 Rdn 132; Hüffer/Koch § 179 Rdn 33; Hölters/Haberstock/Greitemann § 179 Rdn 19; einschränkend KK/Dauner-Lieb § 3 Rdn 9, die § 33 BGB offenbar nur dann heranziehen will, wenn nachträglich erwerbswirtschaftliche Zweck ausgeschlossen werden soll; ganz gegen die Anwendung des § 33 Voraufl (Wiedemann) § 179 Rdn 56; ders JZ 1978 S 612. 160 MünchKommAktG/Pentz Rdn 70; KK/Arnold Rdn 74; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 18; Schmidt/Lutter/ Seibt Rdn 34; Hüffer/Koch Rdn 22; Grigoleit/Vedder Rdn 29; Heidel/Braunfels Rdn 21; Hölters/Solveen Rdn 21; Zöllner Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, S 30 mwN; für die GmbH vor allem Scholz/Emmerich § 1 Rdn 2a; Michalski § 1 Rdn 7; Roth/Altmeppen § 53 Rdn 42. 161 Voraufl (Wiedemann) § 179 Rdn 54; MünchKommAktG/Stein § 179 Rdn 129; KK/Dauner-Lieb § 3 Rdn 9; Scholz/Emmerich § 1 Rdn 2b, 4; Martens aaO (Fn 98) 274; Schön aaO (Fn 96) 440. 162 So zutr Schön aaO (Fn 96) 441; ebenso wohl auch Dreher ZHR 155 (1991) 349, 375. 163 HM, Voraufl (Wiedemann) § 179 Rdn 54 mwN in Fn 95; MünchKommAktG/Pentz Rdn 76; MünchKommAktG/Stein § 179 Rdn 130; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 18; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 34; Hüffer/Koch Rdn 22; Hölters/Haberstock/Greitemann § 179 Rdn 19; Scholz/Emmerich § 1 Rdn 2b.

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abweichende Festsetzungen in der Firma der Gesellschaft und der Bezeichnung ihres Unternehmensgegenstandes zum Ausdruck kommen.164 Auch in diesem Falle ist jedoch der Unternehmensgegenstand iS des § 23 Abs 3 Nr 2 nicht ohne weiteres mit dem Gesellschaftszweck gleichzusetzen. Ungeachtet der bestehenden sprachlich-räumlichen Verbundenheit müssen Unternehmensgegenstand und Gesellschaftszweck auch dann rechtlich unterschieden werden mit der Folge, dass der Unternehmensgegenstand nach den für Satzungsänderungen geltenden Regeln geändert werden kann, soweit dadurch nicht zugleich mittelbar eine Änderung des eigentlichen Gesellschaftszwecks herbeigeführt wird. 128 Die vorstehenden allgemeinen Grundsätze gelten für die AG sogar in verstärktem Maße. In Ermangelung eindeutiger gegenteiliger Anhaltspunkte schon in der Satzung selber ist deshalb ohne weiteres davon auszugehen, dass der Gesellschaftszweck der AG, die geradezu den Prototyp eines rein erwerbswirtschaftlichen Zieles dienenden profitorientierten Verbandes darstellt, allein auf die Erwirtschaftung von Gewinnen für ihre Aktionäre gerichtet ist.165 Damit ist sichergestellt, dass die Aktionäre als Kapitalanleger darauf vertrauen können, dass die Gesellschaft keinen anderen Zweck verfolgt und die Aufgabe dieser Absicht auch nicht gegen ihren Willen nach den für Satzungsänderungen geltenden Regeln durch eine qualifizierte Mehrheit erzwungen werden, sondern nur mit Zustimmung der Aktionäre erfolgen kann.166 Infolgedessen bedarf auch eine Ermächtigung der in § 58 Abs 3 Satz 2 bezeichneten Art der Zustimmung sämtlicher Aktionäre.167 Ohne solche eindeutigen Vorgaben bereits in der Gründungssatzung oder in der spä129 ter mit Zustimmung aller Aktionäre geänderten Satzung würde sich der Vorstand wegen Verstoßes gegen die für ihn verpflichtende Bindung an den Gesellschaftszweck nach § 93 schadensersatzpflichtig machen. Kommt der Verstoß einem der anderen Aktionäre oder einer ihm als „verbunden“ zuzurechnenden Person oder Personengruppe zugute, so kann darin auch eine unzulässige Kapitalrückgewähr168 oder die Erlangung eines unzulässigen Sondervorteils,169 nach der Rspr des Bundesgerichtshofs (BGHZ 103, 184 ff; 129, 136) auch eine Treupflichtverletzung, liegen. Auch der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Aktionäre, § 53 a, wäre in einem solchen Fall verletzt. Dies kann auch dann Bedeutung erlangen, wenn bei sog gemischt-wirtschaftlichen 130 Unternehmen mit Beteiligung der öffentlichen Hand Vorstand und öffentliche Hand als Mitaktionär öffentlichen Versorgungsinteressen oder sozialstaatlichen Belangen insbes auch durch Gewährung von Tarifen, die an sozialen Zielen ausgerichtet sind, zum Nach-

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164 Nach RGZ 146, 129, 140 soll die in der Satzung gegebene Bestimmung über den Unternehmensgegenstand „die Haupterkenntnisquelle für den Zweck des Unternehmens, aber nicht notwendig die einzige“ sein. „Andere Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages und die ganze Anlage des Unternehmens“ könnten hier mitsprechen. Zustimmend hinsichtlich der Bedeutung des Unternehmensgegenstandes als Haupterkenntnisquelle insbes Scholz/Emmerich § 1 Rdn 3a; Michalski § 1 Rdn 6; MünchKommGmbHG/Fleischer § 1 Rdn 14. 165 Wohl hM, so Schmidt/Lutter/Seibt § 76 Rdn 12; Hölters/Weber § 76 Rdn 19; Hüffer/Koch Rdn 22; Martens aaO (Fn 98) 274; Schön aaO (Fn 96) 440; s dazu auch Mülbert Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmacht (2. Aufl) 1996, 140: „langfristige Gewinnmaximierung“. 166 HM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 77; KK/Arnold Rdn 74; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 18; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 34; Hölters/Solveen Rdn 21; ebenso für die GmbH: Ulmer/Habersack/Löbbe § 1 Rdn 10; Michalski § 1 Rdn 7; aA vor allem Voraufl (Wiedemann) § 179 Rdn 56: Änderung durch qualifizierten Mehrheitsbeschluß und Recht der überstimmten Aktionäre zum Ausscheiden gegen Abfindung entspr §§ 305 Abs 2 Nr 3, 320 Abs 5 S 5; s dazu auch im Text Rdn 105, 140). 167 So zutr MünchKommAktG/Stein § 179 Rdn 131. 168 Zurückhaltender in dieser Beziehung wohl Schön aaO (Fn 96) 454. 169 Dazu Martens aaO (Fn 98) 271, 283 ff.

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teil der Gewinnerzielungsinteressen der Gesellschaft und der übrigen Mitgesellschafter den Vorrang einräumen. Soll die Gesellschaft nicht nur der Gewinnerzielung für ihre Aktionäre, sondern auch solchen anderen sozialwirtschaftlichen Interessen dienen dürfen, so muss ein solcher Zweck aus dem satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand eindeutig hervorgehen.170 Soll die Gesellschaft nachträglich solchen Zwecken dienstbar gemacht werden, so bedarf es dazu einer einstimmig zu beschließenden Änderung der Satzung. Unabhängig davon gehen die Ansichten über das Verhältnis von Unternehmensgegenstand und Gesellschaftszweck und dementsprechend zumindest teilweise auch über die Frage, in welchen Fällen eine auf den Unternehmensgegenstand beschränkte, mit qualifizierter Mehrheit zulässige Satzungsänderung und wann eine nur mit Zustimmung aller Gesellschafter mögliche Änderung des Gesellschaftszwecks vorliegt, weit auseinander. Auf die Feinheiten dieser Diskussion ist im Rahmen dieser Kommentierung nicht einzugehen, zumal die Meinungen auch im Hinblick auf die Konsequenzen, welche die verschiedenen Autoren aus ihren theoretischen Grundauffassungen ziehen, stark auseinandergehen. Die wohl überwiegende Meinung zieht aus der Feststellung, dass der in der Satzung anzugebende Unternehmensgegenstand unmittelbar lediglich die konkrete Tätigkeit bezeichnet, welche die Gesellschaft nach Absicht ihrer Gründer im Interesse der Verwirklichung ihres Gesellschaftszweckes entfalten soll, die Folgerung, dass der Unternehmensgegenstand nur das Mittel beschreibt, mit dem der Gesellschaftszweck als der finale Sinn des Zusammenschlusses erreicht werden soll. Dem entspricht die Bezeichnung des Verhältnisses von Satzungszweck und Unternehmensgegenstand als Zweck-MittelRelation.171 Andere betonen stärker die grundsätzliche Identität von Gesellschaftszweck und Unternehmensgegenstand, ohne deswegen in Abrede zu stellen, dass im Einzelfall beide auseinanderfallen können, so wenn ein kommerzielles Unternehmen für ideelle, insbes wohltätige Zwecke betrieben wird.172 Eine dritte Richtung befürwortet eine funktionale Betrachtungsweise. Danach betrifft der Unternehmensgegenstand vorrangig das Außenverhältnis, indem er dem Rechtsverkehr Klarheit darüber verschaffen soll, welchem Tätigkeitsbereich oder Tätigkeitsfeld das von der Gesellschaft betriebene Unternehmen zuzuordnen ist, während der Gesellschaftszweck im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander das für die Errichtung der Gesellschaft maßgebende Element bezeichnet, das die Förder- und Unterstützungspflichten der Gesellschafter bestimmt.173 Noch eine andere Auffassung betrachtet das Ziel des gesellschaftsrechtlichen Zusammenschlusses (Gewinnerzielung oder Verfolgung ideeller Zwecke) und die Art der Tätigkeit, mittels derer dieses Ziel erreicht werden soll, nur als verschiedene Aspekte des Gesellschaftszwecks. Danach ist der Zweck der Gesellschaft (Betrieb eines bestimmten Unternehmens, zB einer Möbelfabrik, mit dem Ziel der Erwirtschaftung von Gewinnen) der Oberbegriff, der Ziel (Erwirtschaftung von Gewinnen) und Gegenstand (Betrieb einer Möbelfabrik) miteinander verbindet.174

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170 Dazu ausführlich mwN Schön ZGR 1996, 429 ff sowie Habersack ebd 544, 553; s aber auch Spannowsky und Ossenbühl ebd 400 ff u 504 ff. 171 So KK/Arnold Rdn 76; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 34; Hüffer/Koch Rdn 22; Grigoleit/Vedder Rdn 29; Heidel/Braunfels Rdn 21; ebenso sinngemäß Geßler/Eckardt Rdn 64; s ferner Reuter ZHR 151 (1987) 237, 240; Scholz/Emmerich § 1, 2b; Michalski § 1 Rdn 5. 172 So insbes Meyer-Landrut § 1 Rdn 4. 173 So insbes Baumbach/Hueck GmbHG § 1 Rdn 5; Ulmer/Habersack/Löbbe § 1 Rdn 8. 174 So MünchKommAktG/Pentz Rdn 76; Zöllner S 27 ff.

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Es drängt sich auf, dass das unterschiedliche Verständnis des Verhältnisses zwischen Gesellschaftszweck und Unternehmensgegenstand zumindest bei konsequenter Durchführung zu unterschiedlichen Auffassungen auch darüber führen kann, in welchen Fällen Satzungsänderungen mit qualifizierten Mehrheiten möglich sind und in welchen Fällen die Zustimmung sämtlicher Gesellschafter erforderlich ist. So liegt es für die Auffassung, die Unternehmensgegenstand und Gesellschaftszweck in einer strikten Mittel-Zweck-Relation sieht, wobei dem satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand ausschließlich die Rolle des Mittels zukommen soll, zumindest nahe, nur den Übergang von der Absicht der Gewinnerzielung für die Gesellschafter zu einem anderen finalen Ziel, insbes zur Förderung gemeinnütziger oder ideeller Belange, als Zweckänderung anzusehen, die in (entsprechender) Anwendung von § 33 Abs 1 Satz 2 BGB der Zustimmung sämtlicher Gesellschafter bedarf, während alles andere nur Änderung des Unternehmensgegenstandes ist, der auf dem Wege schlichter Satzungsänderung (§§ 179 ff AktG, §§ 53 ff GmbHG) beschlossen werden kann. Für diejenigen Richtungen, die Gesellschaftszweck und Unternehmensgegenstand als zumindest teilweise identisch ansehen, oder nach deren Verständnis der Gesellschaftszweck trotz grundsätzlicher gedanklicher Trennung beider Begriffe den Unternehmensgegenstand in dem Sinne mitumfasst, dass Gesellschaftszweck nicht nur das letztlich verfolgte Ziel bezeichnet, sondern gerade auch die Verfolgung dieses Ziels mit einem konkreten Unternehmen, das durch seine Organe selbständig erwerbswirtschaftlich handelnd auf einem bestimmten Markt tätig werden soll, liegt es dagegen nahe, weitergehend auch grundlegende Änderungen des satzungsmäßigen Unternehmensgegenstandes, wie etwa die Aufgabe eigener Produktion zugunsten einer reinen Vermögensverwaltung, insbes auch die Verpachtung des Unternehmens, oder die Aufgabe der eigenen Selbständigkeit zugunsten der Unterstellung unter die Leitung eines anderen Unternehmens,175 als Änderungen des Gesellschaftszwecks zu verstehen, die der Minderheit nicht durch satzungsändernde qualifizierte Mehrheiten aufgezwungen werden dürfen, sondern der Zustimmung aller Gesellschafter bedürfen.176 Für die AG haben jedoch die vorstehend erörterten Unterschiede eine weitaus gerin137 gere Bedeutung als für andere Verbände wie zB die GmbH, für die das Verhältnis von Gegenstand und Zweck vor allem diskutiert worden ist, weil das Aktienrecht für einen großen Teil solcher strukturändernden Maßnahmen, darunter auch die in der vorigen Rdn aufgezählten Beispiele, etwa in den §§ 291 ff, 320 ff erschöpfende Sonderregeln bereithält, die für eine subsidiäre Anwendung des aus § 33 Abs 1 Satz 2 BGB hergeleiteten Einstimmigkeitsprinzips keinen Raum lassen. Alle Erwägungen, bestimmte Festsetzungen der Satzung, außerhalb wie innerhalb des satzungsmäßigen Unternehmensgegenstandes, wegen ihres grundlegenden, das Wesen der Gesellschaft prägenden Charakters als Teil des nur mit Zustimmung aller Aktionäre änderbaren Gesellschaftszweckes anzusehen, sind deshalb für die AG gegenstandslos, wenn das AktG für diesen Vorgang Mehrheitsentscheidungen zulässt.177 Gleichwohl wird man aber auch bei der AG vorbehaltlich abweichender gesetzlicher 138 Regelung eine Einstimmigkeit fordernde Änderung des Gesellschaftszweckes nicht nur dann anzunehmen haben, wenn durch Satzungsänderung für die Zukunft die Gewinnerzielung ganz ausgeschlossen werden soll oder der bisherige erwerbswirtschaftliche Zweck zugunsten eines anderen gemeinnützigen, sozialwirtschaftlichen oder ideellen aufgegeben werden soll oder umgekehrt. Eine Änderung des Gesellschaftszweckes liegt

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Beispiele nach Würdinger § 10 II S 41 und Ulmer/Habersack/Löbbe § 1 Rdn 10. S etwa Ulmer/Habersack/Löbbe aaO. So zutr KK/Arnold Rdn 76; Hüffer/Koch Rdn 22; Bürgers/Körber Rdn 29.

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vielmehr bereits dann vor, wenn die Gewinnerzielung nur zugunsten anderer Ziele eingeschränkt werden oder ein wesentlicher Teil des erzielten Gewinnes nicht mehr den Aktionären zugutekommen, sondern anderen Zwecken zugeführt werden soll.178 Darüber hinaus muss es den Gründern auch bei der AG, da sie zu jedem zulässigen 139 Zweck errichtet werden kann, grundsätzlich freistehen, weitere Vorgaben zum Satzungszweck zu erheben, der später nur mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter wieder geändert werden kann. So muss es kein Gesellschafter gegen seinen Willen hinnehmen, dass eine Gesellschaft, die zum Betrieb einer Klinik speziell zur Behandlung von Patienten nach einer bestimmten Heilmethode gegründet worden ist, oder eine Gesellschaft, deren Daseinszweck ausschließlich die Energiegewinnung durch Ausnutzung der Windkraft ist, oder eine Gesellschaft zur Förderung des ökologischen Anbaus später von einer Mehrheit in ein allgemeines Krankenhaus, einen Betreiber von Atomkraftanlagen oder in einen Betrieb umfunktioniert wird, der intensive Landwirtschaft nach herkömmlichen Methoden betreibt. Die vereinzelt (Voraufl [Wiedemann] § 179 Rdn 56) vorgeschlagene Lösung, auch in 140 solchen Fällen eine Änderung der Zweckrichtung durch qualifizierten Mehrheitsbeschluss zuzulassen, dem widerstrebenden Gesellschafter aber ein Recht zum Ausscheiden aus wichtigem Grund gegen Abfindung in entspr Anwendung der §§ 305 Abs 2 Nr 3, 320b zu geben, ist weder interessengerecht – die Mitgesellschafter haben gewusst, worauf sie sich bei einer Beteiligung an einer Gesellschaft mit ganz speziell eingeschränkter Zweckrichtung eingelassen haben – noch findet die von ihm vorgeschlagene Lösung eine ausreichende Stütze im Gesetz. Allerdings ist bei Annahme derartiger Gesellschaftszwecke größte Vorsicht und Zu- 141 rückhaltung angebracht. Sie ist nur gerechtfertigt, wenn zweifelsfrei feststeht, dass das angegebene Ziel wirklich die „raison d’être“, der maßgebliche Daseinszweck, ist, zu dem die Gesellschaft ins Leben gerufen worden ist. Unabdingbare Voraussetzung dafür ist, dass ein dahingehender Wille des Satzungsgebers bereits aus der Satzung selber mit hinreichender Deutlichkeit hervorgeht, s dazu schon oben Rdn 127. Dies wird im allgemeinen nur in Betracht kommen, wenn schon Firma und Bezeichnung des Unternehmensgegenstandes zweifelsfrei zu erkennen geben, dass die dort angegebene Tätigkeit nicht doch nur Mittel zum Zweck der Erzielung eines wie auch immer zu verwendenden Gewinnes ist, das zur Disposition auch satzungsändernder Mehrheiten steht, sondern zugleich Teil eines weitergehenden Zieles ist, das den eigentlichen Lebenszweck der Gesellschaft darstellt, der nur im allgemeinen Konsens preisgegeben werden kann. Eine solche Annahme wird nur in Ausnahmefällen gerechtfertigt sein. Ist diese Voraussetzung aber erfüllt, so ist ein Schutzbedürfnis, auch einer qualifizierten Mehrheit, den Satzungszweck gegen den Willen einer Minderheit aufzugeben, nicht anzuerkennen. dd) Umfang des Präzisierungsgebots. Bestimmungen darüber, wie genau die Sat- 142 zung die von der Gesellschaft geplante oder schon betriebene Tätigkeit bezeichnen muss, enthält § 23 Abs 3 Nr 2 nur für Industrie- und Handelsunternehmen. Die dort im 2. Halbs eher beispielhaft („namentlich“) aufgestellte Forderung nach näherer Angabe der Art der Erzeugnisse und Waren, die im Unternehmen der Gesellschaft erzeugt oder gehandelt werden sollen, muss jedoch, obwohl sie unmittelbar nur auf Industrie- und Handelsunternehmen anwendbar ist, als Ausdruck des Willens des Gesetzgebers verstanden werden, bei der AG ganz und gar nichtssagende, farblose Bezeichnungen des

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178 So zutr MünchKommAktG/Pentz Rdn 76; MünchKommAktG/Stein § 179 Rdn 131; KK/Arnold Rdn 74; Heidel/Braunfels Rdn 21; Bürgers/Körber Rdn 29; und wohl auch Würdinger § 10 II S 41.

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Unternehmensgegenstandes als unzulässig zu kennzeichnen.179 Sie kann deshalb unbedenklich auch als Richtschnur für alle anderen Unternehmen gelten,180 so dass in den folgenden Ausführungen auf eine nähere Definition des Industrie- und Handelsunternehmens verzichtet werden kann. Auch bei Einbeziehung des aus § 23 Abs 3 Nr 2 2. Halbs folgenden Präzisierungsge143 bots lässt das Gesetz noch sehr weit gehaltene Angaben zu. Als unumgänglich zu verlangen ist lediglich, dass die Satzung den Unternehmensgegenstand wenigstens so weit individualisiert, dh so konkret eingrenzt, dass der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit für die beteiligten Wirtschaftskreise hinreichend erkennbar wird.181 Diesem Erfordernis ist regelmäßig genüge getan, wenn dem angegebenen Unternehmensgegenstand unmittelbar entnommen werden kann, in welchem Geschäftszweig als abgegrenztem Sachbereich sich die Gesellschaft in welcher Weise betätigen will. Wollte man sich mit weniger begnügen, so wäre das in § 23 Abs 3 Nr 2 aufgestellte Gebot letztlich inhaltsleer. Der mit ihm weiter angestrebte Zweck, Geschäfte des Vorstandes, die außerhalb des satzungsmäßigen Unternehmensgegenstandes liegen, sowie Änderungen desselben der Zustimmung der Hauptversammlung zu unterwerfen, würde im Ergebnis unterlaufen. Strengere Anforderungen an die Präzisierung des Unternehmensgegenstandes würden auf der anderen Seite leicht zu unnötigen Behinderungen der Flexibilität des Unternehmens führen. 144

ee) Industrie- und Handelsunternehmen. Bei diesen Unternehmen ist in der Bezeichnung des Unternehmensgegenstandes kraft ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift die Art der Erzeugnisse und Waren, die hergestellt und gehandelt werden sollen, näher anzugeben. Dies gilt auch dann, wenn sich dies schon aus der Gesellschaftsfirma ergibt.182 Eine Einzelaufführung sämtlicher von der Gesellschaft erzeugter oder gehandelter Produkte, wie man dies aus angelsächsischen Satzungen kennt, ist nicht erforderlich. Die betreffenden Erzeugnisse können also auch zu allgemeinen Gattungen zusammengefasst (Herstellung und Vertrieb von Werkzeugmaschinen) werden.183 Entscheidend ist immer, dass der Unternehmensgegenstand dabei so konkret wie möglich bezeichnet wird, um das Tätigkeitsfeld der Gesellschaft so klar und eindeutig abzugrenzen, wie es die tatsächlichen oder geplanten Verhältnisse zulassen. Unzulässig sind deshalb Angaben wie „Betrieb von Handelsgeschäften“, „Betrieb eines kaufmännischen Geschäfts“, „Handel mit Waren aller Art“, „Betrieb aller weiteren für das Unternehmen erforderlichen (oder förderlichen) Geschäfte“.184 Ebenso wenig dürften Verallgemeinerungen wie zB „Erzeugung von Metallwaren“ oder „Handel mit Holzwaren“ ausreichen, wenn konkretere Formulierungen möglich sind, weil tatsächlich nur eine Geschäftstätigkeit mit einer ganz bestimmten Art von Metallerzeugnissen oder Holzwaren beabsichtigt ist. Dagegen kann, wenn die Handlungsfreiheit des Vorstandes nicht in unangemes-

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179 Ähnlich MünchKommAktG/Pentz Rdn 68; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 17. 180 HM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 80; KK/Arnold Rdn 86 mwN. 181 BGH WM 1981, 163, 164 mit dem Zusatz, die Öffentlichkeit müsse wenigstens „in groben Zügen“ über den Tätigkeitsbereich des neuen Unternehmens unterrichtet werden; ähnlich BayObLGZ 1993, 319, 320 f = GmbHR 1994, 60; BayObLG GmbHR 1994, 705 = WM 1994, 174 u 1995, 722; OLG Köln WM 1981, 805, 806; OLG Frankfurt/M GmbHR 1987, 231. 182 So auch KK/Arnold Rdn 85. 183 Hüffer/Koch Rdn 24. 184 Ebenso BayObLG GmbHR 1995, 722, 723 für „Betreiben von Handelsgeschäften“ und WM 1994, 1748 = GmbHR 1994, 705 für „Produktion von Waren aller Art“ sowie OLG Köln WM 1981, 805 für „Die Gesellschaft ist zu allen Geschäften und Rechtshandlungen befugt, die ihren Zwecken dienlich sind“; vgl auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 81; KK/Arnold Rdn 84; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 18.

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sener, von den Satzungsgebern nicht gewollter Weise eingeengt werden soll, die Konkretisierung der Gegenstandsangabe nicht weiter gehen als es der bereits praktizierten oder geplanten Betätigung der Gesellschaft tatsächlich entspricht. Wenn zB ein Importunternehmen wirklich Metallwaren aller Art produzieren, mit Holzwaren aller Art handeln oder Waren aller Art einführen will, wird man gegen eine Gegenstandsangabe „Import von Waren aller Art“ trotz § 23 Abs 3 Nr 2 kaum etwas einwenden können, sondern höchstens noch verlangen dürfen, dass unter „insbes“ das Schwergewicht, so vorhanden, der erzeugten, gehandelten oder importierten Warenarten genannt wird. Für ein Warenhaus dürfte aber die Bezeichnung „Handel mit Waren aller Art“ nicht ausreichen. Es muss vielmehr in der Angabe seines Unternehmensgegenstandes zum Ausdruck kommen, dass dieser Handel in Form des Betriebs eines Warenhauses geschieht. Die zusätzliche Angabe, dass es sich um Waren zur Deckung des persönlichen und Haushaltsbedarfs handelt, erscheint dagegen (im Gegensatz zur dritten Auflage [Barz ] 11 unter 3.), weil bereits aus dem Charakter des Warenhausbetriebes folgend, entbehrlich. Ebenso wenig wird die Angabe „Handel mit Waren aller Art“ für ein Lebensmittelfilialunternehmen ausreichen. Angaben des Unternehmensgegenstandes, die nicht einmal den vorstehenden Mi- 145 nimalanforderungen genügen, können auch nicht durch die Absicht des Satzungsgebers gerechtfertigt werden, sich nicht die Hände zu binden, sondern sich für alle Zukunft sämtliche geschäftlichen Optionen offenzuhalten. Die Bezeichnung des Unternehmensgegenstandes in der Satzung der Gesellschaft hat sich allein daran auszurichten, was in absehbarer Zeit geschäftlich geplant ist. Nur diese Tätigkeiten sind geeigneter und zulässiger Inhalt des in der Satzung anzugebenden Unternehmensgegenstandes.185 Erkennt das Registergericht, dass die Angabe des Unternehmensgegenstandes in der Satzung dagegen verstößt, so hat es die Eintragung der Gesellschaft abzulehnen. Die künftige Handlungsfreiheit des Unternehmens einengende Kleinlichkeit ist dabei jedoch nicht angebracht. Auch wenn das Gesetz dies nicht ausdrücklich sagt, ist bei der Bezeichnung des Un- 146 ternehmensgegenstandes selbstverständlich anzugeben, ob Erzeugung (Bearbeitung) oder Handel mit den betreffenden Produkten oder beides beabsichtigt ist.186 Soll sich die Gesellschaft in mehreren Geschäftszweigen betätigen oder verschiedene Arten von Erzeugnissen herstellen, be-, verarbeiten oder handeln, so sind sie alle aufzuführen.187 ff) Andere Unternehmen. Die vorstehenden Grundsätze gelten entsprechend für 147 alle anderen Unternehmen wie Holding-Gesellschaften, Banken, Versicherungen und sonstige Dienstleistungsgesellschaften. Hinreichend konkret sind mithin Angaben wie „Betrieb von Gaststätten“ (OLG Frankfurt/M WM 1980, 22) und „Ingenieurmäßige Planung der haustechnischen Gewerke des Bauvorhabens Klinikum A“ (BGH WM 1981, 163 f = BB 1981, 450), oder „Durchführung von Transporten und Umzügen, die nicht der Genehmigung nach dem Gütertransportverkehrsgesetz bedürfen“ (LG Wuppertal GmbHR 1995, 725). Bei einer Bank reicht die Angabe „Betrieb von Bank- und Börsengeschäften aller Art“ nur aus, wenn es sich wirklich um eine Universalbank handelt, die Bank- und Börsengeschäfte der verschiedensten Art § 1 Abs 1 und 1a KWG) betreibt. Hat sie sich da-

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185 Wie hier auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 79; KK/Arnold Rdn 83; dazu auch BGH WM 1972, 870 und die Ausführungen u Rdn 118 ff zum Unternehmensgegenstand bei Vorratsgesellschaften. 186 HM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 80; KK/Arnold Rdn 85; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 17; Schmidt/ Lutter/Seibt Rdn 36. 187 HM, Geßler/Eckardt Rdn 60 aE und MünchKommAktG/Pentz Rdn 80; KK/Arnold Rdn 84; Spindler/ Stilz/Limmer Rdn 17; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 36.

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gegen auf einzelne Arten von Geschäften oder einen bestimmten Kundenkreis spezialisiert, so muss das in der Bezeichnung des Unternehmensgegenstandes zum Ausdruck kommen. Für die Versicherungsaktiengesellschaften folgt die Erforderlichkeit der Angabe der einzelnen von der Gesellschaft betriebenen Versicherungszweige schon aus § 9 VAG (s aber auch unten aE). Bei Wohltätigkeitsgesellschaften ist die Angabe, auf welchem Gebiet sie sich betätigen wollen, erforderlich.188 Im Übrigen gilt auch für alle auf dem Dienstleistungssektor tätigen Unternehmen der oben (Rdn 144) bei Behandlung der Industrie- und Handelsunternehmen erläuterte Grundsatz, dass die Angabe des Unternehmensgegenstandes nicht präziser und damit enger sein kann als die tatsächliche oder konkret geplante Tätigkeit der Gesellschaft, ohne die Handlungsfreiheit der Geschäftsleitung unangemessen einzuengen. Soll die AG mithin wirklich Vermögen jeder Art verwalten oder sich an Unternehmen jeder Art beteiligen, so muss (analog zur Angabe, ob die Gesellschaft Handel oder Produktion betreiben soll, oben Rdn 146) die Bezeichnung der auszuübenden oder ausgeübten Tätigkeit genügen.189 Die Gegenstände, auf die sich diese Tätigkeit bezieht, brauchen, soweit dies nach Lage der Dinge nicht möglich ist, selbstverständlich nicht näher angegeben zu werden. Beispiele für genügende Angaben: „Verwaltung von Vermögen jeder Art“, „Beteiligung an anderen Unternehmen“;190 „Leasinggeschäfte mit Anlagegütern“ (wenn gerade solche Güter Gegenstand der von einer Leasing-Gesellschaft zu betreibenden Geschäfte sein sollen) oder auch, sofern dies tatsächlich dem Tätigkeitsbereich der Gesellschaft entspricht, bei Versicherungen etwa „alle Zweige der Privatversicherung mit Ausnahme der Lebens- und Krankenversicherung“, weil die möglichen Zweige der Privatversicherung feststellbar sind.191 Für die Praxis ungeklärt ist nach wie vor die (allerdings vor allem für das GmbH148 Recht bedeutsame) Frage, ob für Kapitalgesellschaften, die lediglich Komplementäre einer KG sein sollen, die Angabe „Beteiligung als persönlich haftender Gesellschafter und die Übernahme der Geschäftsführung an einer (konkret bezeichneten) KG“ oder anderen Gesellschaft ausreicht, oder ob zusätzlich der Geschäftszweig der KG angegeben werden muss. Das BayObLG (NJW 1976, 1694) hatte dies, darin einer Entscheidung des OLG Hamburg (BB 1968, 267) folgend, zunächst für erforderlich gehalten, später aber zu erkennen gegeben, dass es bereit ist, von dieser Forderung abzugehen.192 Der Unternehmensgegenstand der Kapitalgesellschaft ist mit der Bezeichnung ihrer konkreten Aufgabe, Übernahme der Komplementär-Stellung in einer oder mehreren bestimmt bezeichneten anderen, oder falls dies nicht möglich ist, in einer unbestimmten Vielzahl von Gesellschaften, hinreichend konkret bezeichnet. Die Forderung nach Angabe des Geschäftsbereiches der anderen Gesellschaft, meist einer KG, läuft auf eine vom Gesetz nicht verlangte Verpflichtung der anderen Gesellschaft hinaus, ihren Geschäftsgegenstand anzugeben.193

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188 KK/Kraft (2. Aufl) Rdn 47 aE. 189 OLG Düsseldorf NJW 1970, 815; dahingestellt gelassen BayObLG NJW 1976, 1694 f, 1695 f; wie OLG Düsseldorf aber auch OLG Frankfurt/M GmbHR 1987, 2331 und MünchKommAktG/Pentz Rdn 80 und Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 36; gegen Übertreibungen auch Wallner JZ 1986, 721 f. 190 OLG Düsseldorf NJW 1970, 815; OLG Frankfurt/M GmbHR 1987, 231. 191 Geßler/Eckhardt 62. 192 BayObLG GmbHR 1995, 722, 723. 193 So auch die ganz überwiegende Ansicht im Schrifttum, MünchKommAktG/Pentz Rdn 80; KK/Arnold Rdn 88; Heidel/Braunfels Rdn 23; Hölters/Solveen Rdn 23; ebenso für die GmbH Baumbach/Hueck/Fastrich § 3 Rdn 9; Michalski § 3 Rdn 12; MünchKommAktG/Wicke § 3 Rdn 20; unentschlossen Scholz/Emmerich § 3 Rdn 17.

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gg) Fakultative zusätzliche Angaben. Nicht selten wird in den Satzungen von Ak- 149 tiengesellschaften gleich welcher Art die Angabe des Unternehmensgegenstandes noch dahin ergänzt, dass die Gesellschaft befugt sei, Zweigniederlassungen zu errichten, Beteiligungen und andere Unternehmen zu erwerben und überhaupt sämtliche Geschäfte abzuschließen, die dem Unternehmenszweck förderlich sind. Derartige Bestimmungen sind unschädlich, aber im Grunde überflüssig, und zwar auch im Hinblick auf die Verantwortlichkeit der Verwaltung. Denn sie verstehen sich stets nur innerhalb der Grenzen des angegebenen Unternehmensgegenstandes, was allerdings zweckmäßigerweise auch zum Ausdruck gebracht werden sollte. Dem angegebenen Unternehmensgegenstand völlig fremde Geschäfte wären durch sie nicht gedeckt. Zulässig wäre dagegen eine ausdrückliche Erstreckung des Unternehmensgegenstandes auf „verwandte Geschäfte“.194 Eine derartige Satzungsbestimmung gestaltete die Grenzen des Unternehmensgegenstandes etwas flexibler, ohne ihm deswegen bereits die notwendige Konkretheit zu nehmen. hh) Änderungen. Vorstand und Aufsichtsrat sind nicht berechtigt, Erweiterungen 150 des in der Satzung festgelegten Unternehmensgegenstands vorzunehmen. Zu den Rechtsfolgen, die eintreten, wenn der Vorstand Geschäfte abschließt, die durch den in der Satzung genannten Unternehmensgegenstand nicht gedeckt sind, oben Rdn 83. Soll der Unternehmensgegenstand nach Gründung der Gesellschaft geändert oder erweitert werden, so bedarf dies einer förmlichen Änderung der betreffenden Satzungsbestimmung. Die Änderung ist nach Eintragung der Gesellschaft von der Hauptversammlung auf dem Wege der förmlichen Satzungsänderung (§ 179), also in der Regel mit einer Mehrheit von mindestens drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals, vorzunehmen. Vor Eintragung der Gesellschaft bedarf die Änderung eines einstimmigen, notariell zu beurkundenden Beschlusses der Gesellschafter, s dazu näher bei § 41. Zur Rechtslage bei älteren, bereits vor Inkrafttreten des Aktiengesetzes 1965 am 151 1. Januar 1966 (§ 410) eingetragenen Gesellschaften siehe Voraufl, Rdn 116 f. c) Die Höhe des Grundkapitals, § 23 Abs 3 Nr 3. Die Satzung muss die Höhe des 152 Grundkapitals angeben. Es ist bei Nennbetragsaktien begrifflich gleich der Summe der Nennbeträge aller Nennbetragsaktien (§ 1 Abs 2) und könnte deshalb unschwer aus der Zahl der Aktien und ihrer Nennbeträge errechnet werden. Trotzdem muss es kraft ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift konkret beziffert werden (so schon KGJ 37 A 148). Die Mindesthöhe beträgt nach § 7 Fünfzigtausend Euro; dazu näher die Erläuterungen zu § 7; dort auch zu den Sonderfällen, in denen ein höheres Grundkapital erforderlich sein kann. Die Angabe des Nennbetrages in Euro ist in § 6 zwingend vorgeschrieben. Werden Aktien über ihrem Nennbetrag ausgegeben (§ 9 Abs 2; § 23 Abs 2 Nr 2), so wird das Grundkapital dadurch nicht erhöht. Zulässig ist es, bei der Gründung ein genehmigtes Kapital festzusetzen mit der Wir- 153 kung, dass zunächst nur ein Teil der Aktien ausgegeben werden soll, der andere (geneh-

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194 So auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 82; KK/Arnold Rdn 84; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 17; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 35; Hüffer/Koch Rdn 24; Heidel/Braunfels Rdn 23; ähnlich auch für die GmbH OLG Frankfurt/M GmbHR 1981, 231, 232 u DB 1987, 38 und Baumbach/Hueck/Fastrich § 3 Rdn 8; sowie OLG Köln WM 1981, 805 (GmbH), das allerdings aus den im Text genannten Gründen den Zusatz: „Die Gesellschaft ist zu allen Geschäften und Rechtshandlungen befugt, die ihren Zwecken dienlich sind“ im Gegensatz zu den beiden anderen o aufgeführten Zusätzen als inhaltsleere Floskel nicht für eintragungsfähig hält.

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migte) Teil erst später im Bedarfsfall. Nur der alsbald auszugebende Teil bildet das Grundkapital iS des § 23 und muss die Mindesthöhe des § 7 erreichen. Das AktG behandelt in §§ 202 ff das genehmigte Kapital, und zwar im Zusammenhang mit den Vorschriften über Kapitalerhöhungen. Die Formulierung des § 202 Abs 1 zeigt, dass es auch in der ursprünglichen Satzung geschaffen werden kann, wobei materiell die gleichen Bestimmungen gelten wie für seine Schaffung durch Satzungsänderung. Die Ermächtigung muss also Bestandteil der Satzung sein, kann nur auf höchstens fünf Jahre von der Eintragung der Gesellschaft ab laufen und darf 50% des Grundkapitals nicht übersteigen. Zulässig ist ferner die Bestimmung, dass auf eine Serie von Aktien vorläufig nur der 154 gesetzliche Mindestbetrag (§ 36a Abs 1) einzuzahlen ist, auf andere Serien ein höherer Betrag. Die Höhe des Grundkapitals wird dadurch, wie überhaupt durch Angaben über eingezahlte oder einzuzahlende Beträge, nicht berührt. d) Die Nennbeträge, die Zahl und die Gattung der Aktien, Zerlegung des Grundkapitals § 23 Abs 3 Nr 4. Ferner sind in der Satzung die Zerlegung des Grundkapitals entweder in Nennbetragsaktien oder in Stückaktien, § 8, bei Nennbetragsaktien deren Nennbeträge und die Zahl der Aktien jeden Nennbetrags, bei Stückaktien deren Zahl, außerdem, wenn mehrere Gattungen bestehen (§ 11), die Gattung der Aktien und die Zahl der Aktien jeder Gattung anzugeben. Es muss also bei Nennbetragsaktien angegeben werden, wieviele Aktien jeden Nennbetrages jeweils ausgegeben werden sollen. Diese Zahl multipliziert mit den jeweiligen Nennbeträgen muss dann bei korrekter Angabe insgesamt das Grundkapital ergeben. Darin erschöpft sich der Sinn dieser Forderung. Eine Zuordnung bestimmter Nennbeträge zu bestimmten individualisierbaren Aktienurkunden ist nicht erforderlich.195 Bei Stückaktien (§ 8 Abs 3) ist lediglich deren Anzahl anzugeben. Nennbetrags- und Stückaktien können nicht nebeneinander bestehen. Sie stehen im Alternativverhältnis. Des Weiteren müssen in der Satzung, wenn mehrere Gattungen von Aktien bestehen, 156 infolge der Kapitalrichtlinie (neugefasst 2012/30/EU, dort Art 3e) auch die Zahl der Aktien jeder Gattung angegeben werden. Aktien verschiedener Gattung sind solche, die unterschiedliche Rechte gewähren, s § 11 Satz 2 oder unterschiedliche Pflichten (insbes Nebenleistungs- oder Einzahlungspflichten, vgl die Erläuterungen zu § 11) auferlegen. Die unterschiedlichen Rechte und Pflichten sind anzugeben. Dagegen begründen verschiedene Nennbeträge, der Unterschied zwischen Inhaber- und Namensaktien (§ 23 Abs 3 Nr 5) sowie verschiedene Ausgabebeträge und Einlagearten (Bar- oder Sacheinlage) ebenso wenig verschiedene Gattungen wie das sog Höchststimmrecht nach § 134 Abs 1 Satz 2. Nach dem Sinn des Gesetzes sind bei Nennbetragsaktien, auch wenn dies nicht ausdrücklich gefordert wird, nicht nur die Zahl der Aktien jeder Gattung, sondern auch deren Nennbeträge anzugeben.196 Andernfalls wäre die Zusammensetzung des Grundkapitals nicht im Einzelnen nachvollziehbar. 155

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e) Inhaber- und Namensaktien, § 23 Abs 3 Nr 5. Mit der auf die Kapitalrichtlinie (neugefasst 2012/30/EU, dort Art 3 f) Einführung der gesetzlichen Verpflichtung (§ 23 Abs 3 Nr 5), bereits in der Satzung festzulegen, ob die Gesellschaft Inhaber- oder Namensaktien ausgeben will, ist folgerichtig die bis dahin geltende Bestimmung des § 24 Abs 1 weggefallen, wonach die Aktien als Inhaberaktien auszustellen sind, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt. Die Gesellschaft muss sich damit schon bei ihrer

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195 KK/Arnold Rdn 115; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 20; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 47. 196 MünchKommAktG/Pentz Rdn 124; KK/Arnold Rdn 116; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 47; Hüffer/Koch Rdn 29; Grigoleit/Vedder Rdn 31.

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Gründung positiv entscheiden, welche Arten von Aktien sie ausgeben will. Inhaber- und Namensaktien stellen, wie der Vergleich zwischen § 11 und § 23 Abs 3 Nr 4 zeigt, keine verschiedenen Gattungen, sondern nur verschiedene Arten von Aktien dar,197 vgl dazu auch bereits die vorige Rdn. § 23 Abs 3 Nr 5 verlangt nur, dass die Gesellschaft überhaupt eine positive Entschei- 158 dung (zur früheren Rechtslage vorige Rdn) trifft, ob ihre Aktien auf den Inhaber oder auf den Namen lauten sollen, und dass sie diese Entscheidung bereits in der Satzung trifft. Die Festlegung obliegt damit bereits den Gründern. Entgegen dem früheren Rechtszustand kann sie deshalb auch nicht mehr durch eine dahingehende Ermächtigung in der Satzung dem Vorstand oder dem Aufsichtsrat überlassen werden. In die Freiheit der Gründer, für welche Aktienart(en) sie sich entscheiden, wird durch die Bestimmung dagegen nicht eingegriffen. Es handelt sich dabei um eine Angelegenheit reiner Zweckmäßigkeit, die grundsätzlich im freien Ermessen der Gründer liegt. Wegen der Einzelheiten, insbes der rechtlichen Spezifika und der Vor- und Nachteile beider Aktienarten wird auf die Kommentierung zu § 10 verwiesen. Wegen der bei der Ausgabe von Aktien vor Volleinzahlung bestehenden Besonderheiten und der dabei geltenden Ausnahme von der Bestimmungsfreiheit s ferner auch sogleich Rdn 160. Ebenso wenig sind die Gründer durch § 23 Abs 3 Nr 5 gezwungen, sich für eine Akti- 159 enart zu entscheiden. Sie können deshalb in der Satzung auch bestimmen, dass die Aktien teils als Namens- teils als Inhaberaktien ausgegeben werden sollen. In diesem Falle genügt es, wenn diese (Grundsatz-)Entscheidung in der Satzung verlautbart wird. Die Zahl der Aktien jeder Art braucht nicht angegeben zu werden. Anderenfalls müsste jedes mal die Satzung geändert werden, wenn ein Aktionär später gem § 24 von dem ihm eingeräumten Recht Gebrauch macht, die Umwandlung seiner Aktien in solche der anderen Art zu verlangen.198 Daraus folgt zugleich, dass die Zahl der auf jede Art entfallenden Aktien bei der Gründung überhaupt offenbleiben und der späteren Entscheidung des Vorstands oder des Aufsichtsrates vorbehalten bleiben kann,199 solange nur, s § 23 Abs 3 Nr 4, die Zahl der auszugebenden Aktien insgesamt feststeht und angegeben wird. Sollen Aktien schon vor der vollen Einzahlung des Nennbetrages oder des höheren 160 Ausgabebetrages ausgegeben werden, so darf dies nach der zwingenden gesetzlichen Vorschrift des § 10 Abs 2 nur in Form der Ausgabe von Namensaktien geschehen. Dies setzt, da das Gesetz nunmehr in § 23 Abs 3 Nr 5 vorschreibt, dass die Arten von Aktien, die zulässig sein sollen, in der Satzung angegeben werden müssen, voraus, dass die Satzung die Ausgabe von Namensaktien überhaupt gestattet. Eine spätere automatische Umwandlung solcher einmal ausgegebenen Namens- in Inhaberaktien nach Leistung der Einlagen erfolgt auch dann nicht, wenn die Gründer sich einig sind, dass die Aktien der Gesellschaft am Ende sämtlich auf den Inhaber lauten sollen. Auch die Satzung kann dies nicht anordnen, weil sie nach § 24 den Aktionären lediglich das Recht einräumen kann, die Umwandlung ihrer Aktien in solche einer anderen Art (hier also von Namensin Inhaberaktien) zu verlangen. Es bleibt also, wenn die Gründer für die Gesellschaft auf die Dauer nur Inhaberaktien wollen, lediglich die Möglichkeit, entweder trotzdem in der Satzung auch Namensaktien vorzusehen, die nicht voll eingezahlten Aktien auch als solche auszugeben und später nach Leistung der Einlagen eine Satzungsänderung vorzunehmen, durch welche die Namensaktien in Inhaberaktien umgewandelt werden

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197 HM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 128; KK/Arnold Rdn 116; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 48; Hüffer/ Koch § 11 Rdn 7. 198 MünchKommAktG/Pentz Rdn 132; KK/Arnold Rdn 118; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 21; Hüffer/Koch Rdn 30; Hüffer NJW 1979, 1065, 1066. 199 MünchKommAktG/Pentz Rdn 132; KK/Arnold Rdn 119; Hüffer NJW 1979, 1065, 1066.

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(s dazu auch bei § 24) oder aber in der Satzung nur die Ausgabe von Inhaberaktien vorzusehen und bis zur vollständigen Leistung der Einlage nur Zwischenscheine (auf den Namen, § 10 Abs 3) auszugeben. Dasselbe (Ausgabe von Zwischenscheinen) muss bei satzungsmäßiger Zulassung beider Aktienarten für diejenigen nicht voll eingezahlten Aktien gelten, die später Inhaberaktien werden sollen.200 Enthält die Satzung entgegen § 23 Abs 3 Nr 5 keine Bestimmung über die Art der 161 auszugebenden Aktien, so hat das Registergericht die Eintragung der Gesellschaft abzulehnen. Wird sie dennoch eingetragen, so führt dies nicht zu ihrer Nichtigkeit. Das Fehlen der nach § 23 Abs 3 Nr 5 vorgeschriebenen Angabe gehört nicht zu den in § 275 aufgeführten Nichtigkeitsgründen. Der Mangel kann jedoch, wenn er nicht rechtzeitig nachträglich behoben wird, gemäß § 399 FamFG iVm § 262 Abs 1 Nr 5 zur Auflösung der Gesellschaft führen.201 Entgegen § 23 Abs 3 Nr 5 oder auch § 10 Abs 2 ausgegebene Aktien sind auch nach 162 der jetzigen, gegenüber dem AktG 1965 veränderten Rechtslage im Interesse des Verkehrsschutzes voll wirksam.202 Die Aktionäre sind berechtigt, Umtausch in Aktien zu verlangen, die dem Gesetz und der (notfalls zu ändernden oder zu ergänzenden) Satzung entsprechen.203 Vorstand und eventuell auch der Aufsichtsrat (§§ 93, 116) können für den durch die unzulässige Aktienausgabe verursachten Schaden ersatzpflichtig sein; zu den Rechtsfolgen auch die Erläuterung: zu § 10. f) Die Zahl der Vorstandsmitglieder, § 23 Abs 3 Nr 6. Die im AktG 1965 noch nicht enthaltene Bestimmung geht wie § 23 Abs 3 Nr 5 auf die Zweite EG-Richtlinie (neugefasst 2012/30/EG, dort Art 2e) zurück. Die Vorschrift lässt den Satzungsgebern die Wahl zwischen zwei verschiedenen Arten der Bestimmung der Zahl der Vorstandsmitglieder; dazu zählen auch stellvertretende Vorstandsmitglieder (§ 94). Zum einen kann die Bestimmung in der Form der Angabe einer festen Zahl erfol164 gen. Bei Wahl dieser Möglichkeit ist § 76 Abs 2 zu beachten. Mit dieser Alternative (Angabe der Zahl der Mitglieder) soll es vereinbar sein, statt einer exakten Zahl von Vorstandsmitgliedern eine Mindest- oder Höchstzahl anzugeben.204 Aus dem Wortlaut („die Zahl …“) des Gesetzes ist die Zulässigkeit einer solchen Angabe nicht zu entnehmen. Gegen die zugrundeliegende Kapitalrichtlinie (oben Rdn 151) dürfte eine solche an dem Willen des historischen Gesetzgebers orientierte Auslegung jedoch nicht verstoßen, dass der einschlägige Art 2 lit e) der Richtlinie lediglich die Angabe der Bestimmungen, welche die Zahl und die Art und Weise der Bestellung (ua) der Vorstandsmitglieder festlegen, nicht aber die Angabe einer exakten Zahl als solcher verlangt, während alle anderen Buchstaben dieses Artikels präzise Angaben zur Sache selbst fordern (vgl etwa in lit b): „den Gegenstand des Unternehmens“ und f): „die Dauer der Gesellschaft …“). Auf dem im Vergleich dazu eingeschränkten Umfang der in Art 2e) aufgestellten Forderung dürfte letztlich auch die andere Alternative (unten Rdn 166) beruhen, die der nationale Gesetzgeber den Gründern zur Verfügung gestellt hat. 163

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200 Ebenso MünchKommAktG/Pentz Rdn 129; KK/Arnold Rdn 119. 201 HM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 133; KK/Arnold Rdn 121. 202 MünchKommAktG/Pentz Rdn 131; KK/Arnold Rdn 122; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 20; Schmidt/ Lutter/Seibt Rdn 50; Grigoleit/Vedder Rdn 31; Hüffer/Koch Rdn 30. 203 MünchKommAktG/Pentz Rdn 131; KK/Arnold Rdn 122; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 49; Hüffer/Koch Rdn 30. 204 Begründung zum Durchführungsgesetz, BT-Drucks. 8/1678 S 12; Ganske DB 1978, 2461 f; MünchKommAktG/Pentz Rdn 136; KK/Arnold Rdn 124; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 22; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 50; Hüffer/Koch Rdn 31; Heidel/Braunfels Rdn 23; Bürgers/Körber Rdn 37.

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Wird die in der Satzung festgesetzte Zahl (auch die Mindestzahl) später tatsächlich 165 unterschritten, so ist eine Satzungsänderung, welche die Zahl der statutarischen Vorstandsmitglieder derjenigen der tatsächlich vorhandenen anpasst, erst dann geboten, wenn feststeht, dass die frei gewordene Stelle auf Dauer nicht mehr besetzt werden soll.205 Die Satzungsänderung kann jedoch vom Registergericht nicht erzwungen werden. § 399 FamFG ist auf diesen Fall nicht anzuwenden.206 Statt der Angabe einer festen Zahl kann die Satzung sich auch darauf beschrän- 166 ken, die Regeln, nach denen diese Zahl festgelegt wird, anzugeben. Damit soll vermieden werden, dass jede Veränderung in der Zahl der Vorstandsmitglieder eine Satzungsänderung erforderlich macht. Unbedenklich zulässig ist mithin die Angabe einer Regel, bei deren Anwendung sich – möglicherweise unter Hinzuziehung ergänzender zugänglicher Daten – die Zahl der Vorstandsmitglieder errechnen lässt. Nach überwiegender Ansicht soll aber auch eine Satzungsregelung genügen, wonach die Bestimmung der Zahl der Vorstandsmitglieder durch die Hauptversammlung oder den Aufsichtsrat erfolgt.207 Der Wortlaut des § 23 Abs 3 Nr 6 dürfte auch eine solche Regelung noch abdecken. Da sie jedoch keinerlei Berechenbarkeit der Zahl der Vorstandsmitglieder, die die Gesellschaft haben soll, mehr zulässt, kann fraglich sein, ob sie noch dem Sinne der zugrundeliegenden EG-Richtlinie entspricht.208 Die Rechtsfolgen des Fehlens der nach § 23 Abs 3 Nr 6 vorgeschriebenen Angabe entsprechen denjenigen des Fehlens einer Satzungsregelung nach Nr 5; s deshalb dort Rdn 162. Angaben zur Zahl der Aufsichtsratsmitglieder in der Satzung werden von § 23 167 Abs 3 Nr 6 nicht gefordert, da diese Zahl (vgl auch den Text von 2 lit e) der Kapitalrichtlinie, die derartige Bestimmungen in der Satzung nur insoweit fordert, als sie sich nicht aus dem Gesetz ergeben) in Ermangelung abweichender Satzungsregelungen durch das Gesetz bestimmt wird; dazu § 95 und die dortigen Erläuterungen. g) Die Form der Bekanntmachungen der Gesellschaft, § 23 Abs 4. Die Vorschrift 168 hat nur geringe praktische Bedeutung. Soweit das Gesetz vorschreibt, dass die Bekanntmachung bestimmter Umstände (als Beispiel mag hier die Einberufung der Hauptversammlung nach § 121 Abs 3 Satz 1, s jetzt aber auch dort Abs 4, genügen) in den Gesellschaftsblättern zu erfolgen hat, ist damit gem § 25 Satz 1 stets in erster Linie und zwingend das Einrücken in den Bundesanzeiger gemeint, der dadurch insoweit einem mittelbaren Kontrahierungszwang unterliegt. Nur daneben kann (muss aber nicht) die Satzung nach § 25 Satz 2 (der allerdings in der anstehenden Aktienrechtsnovelle 2014 zur Streichung vorgesehen ist) noch weitere Blätter oder elektronische Informationsmedien als Gesellschaftsblätter bezeichnen. Lediglich in Bezug auf diese zusätzliche – neben der im Bundesanzeiger vorgeschriebenen – Bekanntmachung hat die Satzung freie Hand in der Wahl des gewünschten Publikationsorgans. In Betracht kommt insbes jede Zeitung, unabhängig von der Häufigkeit ihres Erscheinens. Für Bekanntmachungen, die zwar vom Gesetz vorgeschrieben sind, aber aus- 169 nahmsweise nicht zwingend im Bundesanzeiger erfolgen müssen (etwa die Aufforderung an die Aktionäre zur Einzahlung der Einlagen, § 63 Abs 1), oder für freiwillige Bekanntmachungen kann die Satzung beliebige Formen vorsehen. In Betracht kommt auch hier

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205 MünchKommAktG/Pentz Rdn 137; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 50; Hüffer/Koch Rdn 31. 206 MünchKommAktG/Pentz Rdn 137; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 50; Hüffer/Koch Rdn 31. 207 Begründung zum Durchführungsgesetz, BT-Drucks 8/1678 S 12; Ganske aaO (Fn 178); W. Müller WPg 1978, 566; Hüffer NJW 1979, 1065, 1066; MünchKommAktG/Pentz Rdn 138; KK/Arnold Rdn 124; Spindler/ Stilz/Limmer Rdn 22; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 50; ; Hüffer/Koch Rdn 31. 208 Zweifelnd auch Lutter FS Ferid 1978, 599, 613 Fn 58a.

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vor allem das Einrücken in ein von der Satzung frei wählbares Publikationsorgan. Zulässig ist aber auch eine völlig andere Art und Weise der Bekanntmachung, etwa die persönliche Unterrichtung der Aktionäre vermittels eines eingeschriebenen Briefes, was praktisch allerdings nur bei einem kleinen überschaubaren Aktionärskreis und der Ausgabe von Namensaktien in Betracht kommen dürfte. Die Satzung kann es aber auch insoweit dabei belassen, die Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern zu bestimmen (was in Anwendung von § 25 Satz 1 ein Einrücken in den Bundesanzeiger bedeutet, s dazu dort) oder unmittelbar das Einrücken in den Bundesanzeiger vorzuschreiben. Nach alledem hätte sich der Gesetzgeber damit begnügen können zu bestimmen, 170 dass Bekanntmachungen der Gesellschaft, soweit sie nach dem Gesetz in den Gesellschaftsblättern zu erfolgen haben, in den Bundesanzeiger einzurücken sind, und dass es dabei auch für andere Bekanntmachungen bewendet, soweit das Gesetz (vgl § 121 Abs 4) oder die Satzung dafür keine abweichende Bestimmungen enthalten. Da § 23 Abs 4 jedoch ausdrücklich vorschreibt, dass die Form der Bekanntmachungen der Gesellschaft in der Satzung zu regeln sei, ist dem – um eine Ablehnung der Eintragung der Gesellschaft zu vermeiden – bei der Gestaltung der Satzung, und sei es auch nur in Form der Wiederholung des § 25 Satz 1, Rechnung zu tragen. Das Fehlen der zwingend vorgeschriebenen Satzungsbestimmung über die Form der 171 Bekanntmachung der Gesellschaft (§ 23 Abs 4) führt dazu, dass das Registergericht, wenn es den Mangel bemerkt, die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister (wegen nicht ordnungsgemäßer Errichtung, vgl § 38) abzulehnen hat. Die mindere Bedeutung der durch § 23 Abs 4 geforderten Satzungsbestimmung zeigt sich aber daran, dass ihr Fehlen, wenn es gleichwohl zur Eintragung der Gesellschaft gekommen sein sollte, keine nachteiligen Folgen mehr nach sich zieht. Es gilt dann ohne weiteres § 25 Abs 1 (Bekanntmachung im Bundesanzeiger). Wie bereits (Rdn 3) dargelegt, ist das Fehlen von Sanktionen nach der Eintragung der Gesellschaft der Grund, warum die Bestimmung aus dem Katalog der in § 23 Abs 3 verlangten Angaben herausgenommen und als selbständiger Abs 4 in das Gesetz aufgenommen worden ist. 172

4. Vorschriften außerhalb des Aktiengesetzes. Finden sich in Gesetzen außerhalb des Aktiengesetzes Vorschriften, die bestimmte Gestaltungen in der Satzung zwingend vorschreiben, so hängt es in Ermangelung einer ausdrücklichen gesetzlichen Rechtsfolgeregelung in erster Linie vom Sinn und Zweck jenes Gesetzes ab, ob das Registergericht eine AG, deren Satzung den dort aufgestellten Anforderungen nicht genügt, trotzdem eintragen darf oder sogar muss. Entsprechendes gilt für die Frage, welche Rechtsfolgen ein solcher Satzungsmangel auch über die Eintragung hinaus nach sich ziehen kann. So schreibt das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz vom 9.9.1965 (BGBl I 1294) vor, dass die Satzung einer Verwertungsgesellschaft Bestimmungen über die gemeinsame Vertretung der Berechtigten, die nicht als Mitglieder in die Gesellschaft aufgenommen worden sind (§ 6 Abs 2 Satz 2), sowie über die Grundsätze des Plans, nach dem die Einnahmen aufzuteilen sind (§ 7 Satz 3), enthalten muss. Die Einhaltung dieser Forderungen ist nicht nur von der Aufsichtsbehörde (Patentamt) im Erlaubnisverfahren (§ 3 Abs 1 Nr 1), sondern auch von dem Registergericht zu prüfen. Bei Fehlen der vorgeschriebenen Satzungsbestimmungen ist die Verwertungsgesellschaft nicht ordnungsgemäß errichtet (§ 38 Abs 1 AktG); ihre Eintragung ist abzulehnen. Wird die Verwertungsgesellschaft allerdings trotzdem eingetragen, so begründet das Fehlen der nach dem Urheberrechtswahrnehmungsgesetz erforderlichen Satzungsbestimmungen weder einen Nichtigkeits- (§ 275 AktG, § 397 FamFG) noch einen Auflösungsgrund § 399 FamFG). Die Aufsichtsbehörde hat der Gesellschaft jedoch nach § 4 Röhricht/Schall

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Abs 1 jenes Gesetzes die Erlaubnis zu entziehen. Weitere notwendige Satzungsbestimmung ergeben sich aus §§ 1, 4, 11, 13, REITG.209 X. § 23 Abs 5: Abweichende und ergänzende Satzungsbestimmungen 1. Aktienrecht als zwingendes Recht. Die Bedeutung des § 23 Abs 5210 liegt unmit- 173 telbar (zunächst) in einer doppelten Klarstellung. Zum einen: sämtliche Bestimmungen des AktG sind zwingendes Recht. Von den darin getroffenen Vorschriften darf in der Satzung nur abgewichen werden, wenn das Gesetz selber dies förmlich in Gestalt einer ausdrücklichen Ermächtigung zulässt (Satz 1). Zum anderen: auch für eine Ergänzung der gesetzlichen Regelung durch die Satzung ist nur dort Raum, wo vom Gesetz keine abschließende Regelung gewollt ist (Satz 2). Dies ist vor allem wegen des Erfordernisses einer ausdrücklichen Zulassung von Abweichungen mehr als nur die möglicherweise entbehrliche Bekräftigung des Vorrangs zwingenden und abschließenden staatlichen Gesetzesrechts vor privaten Verbandssatzungen. Es ist die programmatische Absage an das Prinzip der Vertragsfreiheit für das Gebiet des Aktienrechts. § 23 Abs 5 verdeutlicht damit, dass die AG ein auch im Bereich seines Innenrechts in weitestgehendem Maße durch zwingende staatliche Normen geregelter und damit der Privatautonomie entzogener Verband ist, dessen Träger ihre grundlegenden organisationsrechtlichen Beziehungen nicht durch die von ihnen in eigenverantwortlicher Selbstbestimmung festgelegte Satzung zu gestalten vermögen, sondern darauf angewiesen sind, das durch die staatliche Gesetzgebung festgelegte Organisationsschema hinzunehmen, das durch die Satzung lediglich punktuell konkretisiert und ergänzt werden kann. Durch den Ausschluss des Rechts zur privatautonomen Bestimmung ihrer organisationsrechtlichen Struktur (Grundsatz der Satzungsstrenge)211 unterscheidet sich die AG – insofern der Genossenschaft ähnlich, § 18 Satz 2 GenG – grundlegend von denjenigen Verbänden, die, wie die Personengesellschaften, die GmbH, der Verein und auch die Stiftung, weitgehend durch Satzungsautonomie gestaltbar sind. Die Vorschrift gibt Anlass durch die von ihr ausgehende Zurückdrängung der Sat- 174 zungsfreiheit zur Kritik.212 So belastet sie etwa die Gestaltungspraxis im Bereich von Business Combination Agreements und Investorenvereinbarungen mit zahlreichen zwingenden Grenzen,213 die vor allem aus der Unveräußerlichkeit der Leitungsmacht des Vorstandes nach § 76 entspringen. Gegenüber der immer wieder erhobenen, im Kern berechtigten Forderung nach Deregulierung übergeregelter Rechtsgebiete darf jedoch nicht übersehen werden, dass gerade § 23 Abs 5, wie die geringe Anzahl von gerichtlich ausgetragenen Satzungsstreitigkeiten belegt, in erheblichem Maße zur Schaffung von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit beiträgt – Werte, deren Beachtung angesichts der fortschreitenden Ausdifferenzierung und Orientierung des Rechts an Maßstäben individueller Gerechtigkeitsgewährung und der infolgedessen immer geringeren, die Praxis

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209 Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 52. 210 Dazu Kropff Begrdg RegE S 44; s ferner RGZ 49, 77, 80 u 65, 91 f einerseits u RGZ 120, 177 ff andererseits zum früheren Rechtszustand; zur Vorgeschichte und Bedeutung der Vorschrift sa M. Luther Freundesgabe H. Hengeler, 1972 S 167, 168 ff sowie Geßler FS M. Luther, 1976 S 69, 70 ff. 211 MünchKommAktG/Pentz Rdn 156; KK/Arnold Rdn 129; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 22; Schmidt/ Lutter/Seibt Rdn 53; Hüffer/Koch Rdn 34. 212 Eingehend dazu Bayer, Gutachten zum 67. DJT, E 27 ff; E 83 f; siehe schon die krit Überlegungen von Mertens zu der umfassenden Unterwerfung der AG und des Konzerns unter zwingendes Recht in einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung, ZHR 158 (1994) 426 mwN. 213 Dazu jetzt eingehend die Untersuchung von Wiegand, Business Combination Agreements und Investorenvereinbarungen, Diss Lüneburg, 2015.

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stark belastenden Vorausberechenbarkeit der Rechtslageimmer immer wieder mit Recht eingefordert wird. Wenn § 23 Abs 5 die Frage nach dem zwingenden oder nachgiebigen Charakter aktienrechtlicher Normen nicht in eindeutiger Weise vorweg entschiede, müsste die Antwort auf sie für jede einzelne Vorschrift des AktG auf dem Wege der Auslegung gefunden werden. Bei Bejahung der Dispositivität der betreffenden Norm müsste weiter untersucht werden, ob die in der Satzung getroffene konkrete Regelung den Anforderungen übergeordneter allgemeinrechtlicher wie speziell gesellschaftsrechtlicher Grundsätze standzuhalten vermag. Die dadurch entstehende Einbuße an Rechtssicherheit und Vorausberechenbarkeit der rechtlichen Verhältnisse wäre in Anbetracht der mit Sicherheit vorauszusehenden Vielfalt divergierender Ansichten, denen gegenüber jeweils letztlich erst eine höchstrichterliche Entscheidung (wenigstens vorläufige) Klärung bringen könnte, beträchtlich. Vorbehaltlich genauer Untersuchungen, die bisher nicht vorliegen, muss bezweifelt werden, dass der Gewinn an privatem Gestaltungsraum diesen Verlust aufzuwiegen vermöchte. Die Vorschrift des § 23 Abs 5 formt, indem sie die privatautonome Gestaltungsfreiheit des einzelnen Satzungsgebers einschränkt, in Verbindung mit der hohen Regelungsdichte der übrigen Normen des AktG die moderne börsennotierte Publikums-AG und deren Aktien, auf welche das AktG zugeschnitten ist, in rechtlicher Beziehung zu einem hochgradig standardisierten Serienprodukt. Dies steht im Einklang mit den Verhältnissen und Bedürfnissen des modernen Aktienhandels. Anders als der Entschluss etwa zur Beteiligung an einer Personenhandelsgesellschaft oder GmbH, der regelmäßig nicht ohne gründliche Einsichtnahme in den Gesellschaftsvertrag oder die Satzung gefasst wird, kommt dem Inhalt der Satzung bei der Entscheidung zum Kauf von Aktien im Allgemeinen keine oder doch nur sehr geringe Bedeutung zu. Die Entscheidung des Anlegers wird vielmehr nahezu ausschließlich von Erwägungen anderer Art, wie insbes dem aktuellen Börsenkurs, Kurs- und Dividendenerwartungen, die wiederum von einer Vielzahl wirtschaftlicher und politischer Faktoren beeinflusst werden, bestimmt. Im Übrigen rechnet der Anleger nicht damit, dass die Satzung der AG, die im Allgemeinen vor einem Aktienkauf auch nicht eingesehen wird, Besonderheiten aufweist, die ebenfalls für seine Kaufentscheidung von wesentlicher Bedeutung sein könnten. Er vertraut vielmehr darauf, – und muss auch darauf vertrauen dürfen –, dass die Satzung den üblichen, eben durch das AktG und § 23 Abs 5 allgemeinverbindlich normierten Standards hinsichtlich innerer Organisation, Willensbildung ihrer Organe, Aktionärs- und Gläubigerschutz entspricht. Eine Aufgabe dieser normierten Standards zugunsten einer wesentlich erweiterten Satzungsfreiheit würde nicht zu mehr Wettbewerb führen, sondern lediglich die Zahl der beim Kauf zu berücksichtigenden Zahl der Vergleichsparameter in sehr diffiziler Weise vermehren und schon aus diesem Grunde – ganz abgesehen von dem eingangs erörterten Verlust an Rechtssicherheit – die Unübersichtlichkeit der Verhältnisse vergrößern. Die Attraktivität der Aktie als Form der Vermögensanlage würde dadurch nicht verbessert, vielmehr eher die in Deutschland ohnehin beständig beklagte Zurückhaltung privater Anleger gegenüber der Aktie weiter verstärkt. Dies schließt freilich nicht aus, dass in einzelnen Bereichen des Aktienrechts tat175 sächlich ein Bedürfnis nach einer Erweiterung des privatautonom gestaltbaren Freiraums und nach Zulassung alternativer, der gesetzlichen Regelung gleichwertiger Satzungsregelungen besteht. In jüngster Zeit wurden entsprechende Überlegungen im Bereich der Managerhaftung angestellt, wo der 70. DJT 2014 in Hannover sich in Anlehnung an die Empfehlung des Gutachtens Bachmann (E 58 ff) mehrheitlich für die Zulassung satzungsmäßiger Haftungserleichterungen aussprach. 214 Solchen Anliegen wäre

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Siehe dazu auch Schall JZ 2015, 455, 456; abl Bayer NJW 2014, 2546, 2548.

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aber mit einer aus den genannten Gründen eher schädlichen als nützlichen Abschaffung, Einschränkung oder (gesetzwidriger) „Hinweginterpretation“ des § 23 Abs 5 weniger gedient als mit punktuellen Eingriffen. Überlegungen in Richtung auf eine sinnvolle Deregulierung des gegenwärtigen Aktienrechts sollten vielmehr gezielt der Frage gelten, auf welchen konkreten Teilgebieten des Aktiengesetzes ein Bedürfnis nach einer Erweiterung der Satzungsfreiheit gegenüber der bisher geltenden gesetzlichen Regelung besteht und in welchem Umfang und in welcher Form diesem Bedürfnis Rechnung getragen werden kann und soll. Dies könnte vor allem im Hinblick auf die sog kleine oder private Aktiengesellschaft gelten, bei der der Notwendigkeit nach Standardisierung und Klarheit ihrer Rechtsverhältnisse nicht der gleiche Stellenwert zukommt wie bei den börsenorientierten Publikumsgesellschaften. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass unterschiedliche Normenstandards für „kleine“ und Publikumsaktiengesellschaften einen späteren Gang an die Börse wegen der dann notwendig werdenden, uU umfangreichen Satzungsänderungen erschweren könnten. 2. Abweichungen a) Begriff. Eine Abweichung liegt vor, wenn die Satzung eine bestimmte Frage an- 176 ders regelt als eine Vorschrift des AktG. Angesichts des sowohl im Wortlaut des Gesetzestextes als auch in seiner Entstehungsgeschichte deutlich zum Ausdruck gekommenen Willens des Gesetzgebers (vorstehend Rdn 173) darf die Norm weder dadurch in Frage gestellt werden, dass die Grenze zwischen Abweichung und Ergänzung generell als flüssig bezeichnet215 wird, noch dadurch, dass man dem Wort „ausdrücklich“ namhafte Bedeutung abspricht und es für ausreichend erklärt, dass eine sinngemäße Gesetzesauslegung die Abweichung als statthaft erkennen lässt.216 b) Ausdrückliche Gestattung. Die Satzung darf mithin von einer im AktG getroffe- 177 nen Regelung inhaltlich nur dann abweichen, wenn das AktG selber – in Ausnahmefällen auch (etwa die Gerichtsstandsbestimmung des § 17 Abs 3 ZPO) ein anderes Gesetz – dies ausdrücklich, dh durch förmliche Zulassung einer Abweichung, gestattet.217 Ohne eine solche Ermächtigung hat grundsätzlich (zu Ausnahmefällen unten Rdn 182) jede materielle Prüfung, ob die entsprechende Norm nach ihrem Sinngehalt zwingendes oder nachgiebiges Recht verkörpert, zu unterbleiben.218 Denkbar, aber ohne erkennbare praktische Bedeutung ist lediglich die Möglichkeit, 178 durch Auslegung zu ermitteln, ob das Gesetz mit einer nicht eindeutig ausgefallenen Formulierung eine ausdrückliche Zulassung aussprechen wollte. Dagegen geht es nicht an, in das Schweigen des Gesetzes219 eine ausdrückliche Zulassung hineinzulesen. Auf

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215 Zu den im Einzelfall durchaus vorhandenen, praktisch aber bedeutungslosen Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen beiden Gruppen bei den vom Gesetz ausdrücklich erteilten Ermächtigungen zur Regelung bestimmter Fragen durch die Satzung, Rdn 244. 216 MünchKommAktG/Pentz Rdn 153; KK/Arnold Rdn 138; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 22; Schmidt/ Lutter/Seibt Rn. 54; Hüffer/Koch Rdn 35, aA noch dritte Aufl (Barz). 217 HM, s Fn 185; dazu auch BGHZ 64, 325: Schweigepflicht über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft nach §§ 93 Abs 1 Satz 3, 116 als zwingende gesetzliche Regelung, die weder Abweichungen noch (anderen als konkretisierenden) Ergänzungen durch die Satzung zugänglich ist. Entsprechendes gilt für die Sorgfaltspflichten der Gesellschaftsorgane, Geßler FS M. Luther, 1976, S 69, S 83 f; MünchKommAktG/Pentz Rdn 153; KK/Arnold Rdn 138; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 22; Schmidt/ Lutter/Seibt Rdn 54; Hüffer/Koch Rdn 36. 218 So zutr Geßler FS M. Luther, 1976, S 69, S 71, 72. 219 Teilw. aA KK/Mertens (Voraufl) Vorbem § 76, 11.

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einem anderen Blatt steht es, dass durch Auslegung ermittelt werden muss, ob ein bestimmter Sachverhalt vom Tatbestand einer aktienrechtlichen Norm (mit-)erfasst wird oder nicht. Im letztgenannten Fall bliebe Raum für eine eigene Regelung in der Satzung. Dies ist aber keine Frage der Abweichung ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung nach Satz 1, sondern einer gesetzesergänzenden Regelung nach Satz 2, dazu unten Rdn 242 ff. Dazu gehört auch die im Schrifttum kontrovers diskutierte Frage, ob die Satzung der Hauptversammlung das Recht vorbehalten kann, einen Vorzug entgegen § 141 Abs 1 ohne Zustimmung der Vorzugsaktionäre aufzuheben oder zu beschränken.220 179 Erklärt das Gesetz eine Abweichung förmlich für zulässig, so ist stets auf der nächsten Stufe zu prüfen, ob das Gesetz die Abweichung nur in bestimmten Grenzen gestatten will und bejahendenfalls, ob sich eine abweichende Satzungsbestimmung innerhalb dieser vom Gesetz gezogenen Grenzen hält. Selbstverständlich ist es ferner, dass eine abweichende Satzungsbestimmung nicht gegen andere gesetzliche Vorschriften verstoßen darf, von denen abzuweichen das Gesetz nicht ausdrücklich gestattet. Darüber hinaus ist eine inhaltliche Einschränkung ausdrücklich zugelassener Abweichungen durch einen ungeschriebenen gesetzlichen Bezugsrahmen grundsätzlich nicht anzuerkennen;221 dazu auch unten Rdn 192 im Zusammenhang mit der Zulässigkeit ergänzender Regelungen. Der gesetzliche Bezugsrahmen, innerhalb dessen sich eine vom Gesetz ausdrücklich zugelassene Abweichung halten muss, ist allein die durch die Ermächtigung zur Abweichung selber gezogene Grenze und der Inhalt sonstiger zwingender aktienrechtlicher Bestimmungen. c) Aktienrechtliche Bestimmungen in anderen Gesetzen. Die Forderung des § 23 Abs 5 Satz 1 nach einer ausdrücklichen Zulassung gilt nur für Abweichungen der Satzung von den Vorschriften des AktG („dieses Gesetzes“). Auf aktienrechtliche Vorschriften in anderen Gesetzen, insbes auch in sog aktienrechtlichen Nebengesetzen, ist diese Bestimmung nicht, auch nicht entsprechend, anwendbar. Das muss wegen des Ausnahmecharakters des § 23 Abs 5 Satz 1 auch für die mitbestimmungsrechtlichen Gesetze (BetrVerfG, Montan-MitbestG, MitbestG, MitbestErgG) gelten.222 Für solche das AktG ergänzende Gesetze bleibt es dabei, dass die Frage, ob und inwieweit ihre Bestimmungen zwingendes Recht enthalten, anhand einer Auslegung der jeweils betroffenen Vorschrift nach den dafür geltenden allgemeinen Regeln zu beantworten ist. Für die Satzungsfreiheit gegenüber mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften ergibt sich dadurch allerdings gegenüber § 23 Abs 5 sachlich kein großer Unterschied, da die in den Mitbestimmungsgesetzen enthaltenen Regelungen im Allgemeinen zwingender Natur sind. Dies gilt insbes für die §§ 27–29, 31, 33 MitbestG.223 Letztlich ohne Bedeutung ist die Frage der Anwendbarkeit des § 23 Abs 5 auf Be181 stimmungen außerhalb des AktG für dessen Satz 2, da die dort getroffene Regelung von

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220 Dagegen zu Recht die hM: MünchKommAktG/Pentz Rdn 156; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 54; Hüffer/ Koch Rdn 36; Hölters/Solveen Rdn 30; Werner AG 1971, 69, 70; Bezzenberger Vorzugsaktien ohne Stimmrecht, 1991, S 76 f. 221 Wie im Text auch M. Luther aaO (Fn 210) S 171/172; Geßler aaO (Fn 210) S 74 f; ebenso zu Satzungsergänzungen MünchKommAktG/Pentz Rdn 158; Hüffer/Koch Rdn 37. 222 MünchKommAktG/Pentz Rdn 148; KK/Arnold Rdn 136; Hüffer/Koch Rdn 34; Heidel/Braunfels Rdn 41; Luther aaO (Fn 210) S 167, 171; Fabricius FS Hilger und Stumpf, 1983 S 155, 158 f; aA Geßler ZGR 1980, 427, 440 f für MitbestG. 223 Zum Stand der Diskussion über den Gestaltungsspielraum der Satzung gegenüber mitbestimmungsrechtlichen Regelungen s die Erläuterungen zu § 96 sowie das Spezialschrifttum zu den Mitbestimmungsgesetzen.

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vornherein keine ausdrückliche Ermächtigung zu ergänzenden Satzungsregelungen fordert, sondern auf die Ermittlung des abschließenden Charakters aktienrechtlicher Vorschriften nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen verweist. d) Mögliche Ausnahmefälle. Ungeachtet der Strenge des Gesetzes muss die Frage 182 erlaubt sein, ob eine Korrektur zulässig sein darf, wo das Gesetz zwar keine Ermächtigung zur Abweichung vorsieht, sich also selber nach der Regel des § 23 Abs 5 Satz 1 als zwingendes Recht versteht, aber nach Vorgeschichte und Sinn der betr Regel als sicher gelten kann, dass es sich nicht um zwingendes Recht handelt und auch nicht handeln soll. Man wird eine solche Möglichkeit nicht völlig von der Hand weisen können. Ihre Annahme muss aber auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben, in denen die Erfüllung der vorstehend aufgezeigten Voraussetzungen über jeden vernünftigen Zweifel erhaben ist. Ein Beispiel dafür könnte die Bestimmung des § 271 (mit Ausnahme des dortigen Abs 3 Satz 2) bilden. Obwohl § 271 keine Ermächtigung der Satzung zu einer abweichenden Bestimmung über die Verwendung bzw Verteilung des Liquidationsüberschusses enthält, wird von der hM224 von jeher angenommen, dass die Vorschrift kein zwingendes Recht enthält, sondern die Satzung das verbleibende Reinvermögen auch stattdessen einem gemeinnützigen Zweck, etwa einer wohltätigen Anstalt, einer Stiftung oder auch dem Staat zuweisen darf. e) Erkennbarkeit gesetzlich erlaubter Abweichungen. Erlaubte Abweichungen 183 finden sich in nahezu allen Teilen des AktG. Letztlich besteht dabei kein Unterschied, ob das Gesetz selber eine Regelung trifft, von der die Satzung abweichen darf, oder ob das Gesetz primär davon ausgeht, dass die betreffende Frage in der Satzung geregelt wird, und selber nur eine Bestimmung für den Fall trifft, dass eine solche Regelung in der Satzung unterbleibt. In einigen Fällen kann es zweifelhaft sein, ob das Gesetz eine abweichende oder eine ergänzende Regelung zulässt, was aber angesichts der ausdrücklichen Gestattung letztlich ohne praktische Bedeutung bleibt. Die Gestattung wird vom Gesetz durchweg durch typisierte, nicht fehlzudeutende 184 Formulierungen kenntlich gemacht. Die häufigsten Formulierungen sind etwa: „Die Satzung kann ermächtigen, anordnen, bestimmen …“ oder „wenn (soweit) die Satzung nichts anderes bestimmt …“ oder „es sei denn, die Satzung …“. Zum Teil wird die Gestattung abweichender Satzungsregelungen auch durch nachgesetzte Formulierungen wie „soweit nicht“, „wenn nicht“, „es sei denn …“ kenntlich gemacht. Soweit es nicht um die Regelung eines Sachverhaltes unmittelbar durch die Satzung geht, sondern um eine Regelungsermächtigung durch die Satzung an ein bestimmtes Gesellschaftsorgan, werden zumeist Formulierungen verwendet wie: „… (das betreffende Organ) kann, wenn die Satzung … dazu ermächtigt …“. Insofern bleibt auch für den im Schrifttum im Allgemeinen gemachten Vorbehalt, wenigstens die Frage, ob das Gesetz eine Ausnahme „ausdrücklich“ zulasse, könne durch Auslegung der betreffenden Norm ermittelt werden,225 praktisch wenig Raum; s dazu schon oben Rdn 176.

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224 MünchKommAktG/Hüffer § 271 Rdn 6; Henssler/Strohn/Drescher § 271 Rdn 7; Schmidt/Lutter/ Riesenhuber § 271 Rdn 8. 225 So etwa MünchKommAktG/Pentz Rdn 153; KK/Arnold Rdn 138; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 29; Hüffer/Koch Rdn 35; Hölters/Solveen Rdn 30; Ausdrücklich bedeutet: Abweichungsbefugnis muss sich aus Wortlaut des Gesetzes, ggf. mittels Auslegung, eindeutig ergeben; eher wie hier dagegen Geßler/Eckardt Rdn 108; Bürgers/Körber Rdn 41.

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f) Die wesentlichen vom Gesetz gestatteten Abweichungen geordnet nach Sachgebieten: Allgemeine Vorschriften (§§ 1–22): 185

§ 10 Abs 5: Auschluss oder Einschränkung des Anspruchs auf Verbriefung. Gründung (§§ 23–53):

§ 24: Ermächtigung der Satzung, den Aktionären einen Anspruch auf Umwandlung ihrer Inhaber- in Namensaktien und umgekehrt einzuräumen; versteht man die Bestimmung nicht als Abweichung von § 23 Abs 3 Nr 5 (Pflicht zur Festlegung der Aktienart in der Satzung), so kann die Vorschrift auch als Ermächtigung zur Satzungsergänzung aufgefasst werden. § 31 Abs 2: Ermächtigung der Satzung, für den Aufsichtsrat des § 31 Abs 1 Satz 1 eine 187 von der dort getroffenen gesetzlichen Regel abweichende Bestimmung über dessen Beschlussfähigkeit zu treffen. § 52 Abs 5 Satz 3: Ermächtigung der Satzung, von der gesetzlich vorgesehenen Drei188 viertel-Mehrheit abweichende größere Kapitalmehrheiten oder zusätzliche Erfordernisse bei Nachgründungsbeschlüssen zu bestimmen. 186

Rechtsverhältnisse der Gesellschaft und der Gesellschafter (§§ 53a–75): 189

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§ 58 Abs 1 Satz 1: Ermächtigung der Satzung, bei Feststellung des Jahresabschlusses durch die Hauptversammlung in den Grenzen von Satz 2 und 3 zu bestimmen, dass Beträge innerhalb gewisser Grenzen in „andere“ Gewinnrücklagen einzustellen sind. § 58 Abs 2 Satz 2: Ermächtigung der Satzung, bei Feststellung des Jahresabschlusses durch Vorstand und Aufsichtsrat diese Organe zur Einstellung eines größeren Teils als der Hälfte des Jahresüberschusses in andere Gewinnrücklagen zu ermächtigen. Dabei sind jedoch die Grenzen von § 58 Abs 2 Satz 3 und 4 einzuhalten. § 58 Abs 3 Satz 2: Ermächtigung der Hauptversammlung durch die Satzung, auch eine von S 1 abweichende Verwendung des Bilanzgewinns zu beschließen. § 58 Abs 4: Ermächtigung der Satzung, den Bilanzgewinn überhaupt (ganz oder teilweise) von der Verteilung unter den Aktionären auszuschließen. § 59 Abs 1: Ermächtigung des Vorstands durch die Satzung, Abschlagszahlungen auf den voraussichtlichen Bilanzgewinn zu leisten (Abweichung von dem Grundsatz, dass allein die Hauptversammlung berechtigt ist, über die Gewinnverwendung zu entscheiden). § 60 Abs 3: Ermächtigung der Satzung, eine von dem Verhältnis der Aktiennennbeträge abweichende Art der Gewinnverteilung vorzusehen (Abweichung von der Regel des § 60 Abs 1, wonach sich die Anteile der Aktionäre am Gewinn nach ihren Anteilen am Grundkapital bestimmen). § 63 Abs 1 Satz 2: Ermächtigung der Satzung, eine von der Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern abweichende Form der Aufforderung zur Einzahlung der Einlagen vorzusehen. § 68 Abs 2: Ermächtigung der Satzung, die Übertragung von Namensaktien an die Zustimmung der Gesellschaft zu binden; (versteht man die Bestimmung nicht als Abweichung von dem Grundsatz der freien Übertragbarkeit der Aktien, vgl insbes § 68 Abs 1, so kann sie auch als Ermächtigung zu einer satzungsergänzenden Regelung aufgefasst werden). Röhricht/Schall

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Vorstand und Aufsichtsrat (§§ 76–116): § 76 Abs 2 Satz 2 2. Halbs: Ermächtigung der Satzung zur Festlegung eines nur aus einer Person bestehenden Vorstandes (Abweichung von dem im 1. Halbs ausgesprochenen Grundsatz, wonach der Vorstand bei Gesellschaften mit einem Grundkapital von mehr als 3 Mio Euro aus mindestens zwei Personen bestehen muss). § 77 Abs 1 Satz 2: Ermächtigung der Satzung, von dem in Abs 1 Satz 1 festgelegten gesetzlichen Grundsatz der Gesamtgeschäftsführung in einem mehrgliedrigen Vorstand abzuweichen. § 77 Abs 2 Satz 1 2. Halbs: Ermächtigung der Satzung, dem Aufsichtsrat den Erlass einer Geschäftsordnung für den Vorstand zu übertragen; versteht man dies nicht als Abweichung von dem Recht des Vorstandes, sich vorbehaltlich des Vorrechts des Aufsichtsrats selbst eine Geschäftsordnung zu geben, so kann diese Regelung auch als Ermächtigung nur zu einer gesetzesergänzenden Regelung aufgefasst werden (vgl auch § 77 Abs 2 Satz 2). § 78 Abs 2 und 3: Ermächtigung der Satzung, eine von dem gesetzlichen Grundsatz der Vertretung der AG durch sämtliche Vorstandsmitglieder gemeinschaftlich abweichende Regelung zu treffen. § 95 Satz 2: Ermächtigung der Satzung, in Abweichung von der gesetzlichen Regel (§ 95 Satz 1) eine höhere Zahl als drei Aufsichtsratsmitglieder festzusetzen, sofern dadurch nicht Regelungen des MitbestG berührt werden; s ferner § 7 Abs 1 Satz 2 und 3 MitbestG, § 9 Montan-MitbestG, § 5 Abs 1 Satz 3 MitbestErgG. § 101 Abs 2: Ermächtigung der Satzung, in Abweichung von dem Grundsatz der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder durch die Hauptversammlung, § 101 Abs 1 Satz 1 1. Halbs, Entsendungsrechte in den Aufsichtsrat zugunsten bestimmter Aktionäre zu begründen. § 103 Abs 1 S 3: Ermächtigung der Satzung, für den Beschluss über die Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern von dem dortigen Satz 2 abweichende Mehrheiten und weitere Erfordernisse zu bestimmen. § 108 Abs 2 S 1: Ermächtigung der Satzung zum Erlass von Regelungen über die Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrates abweichend von Abs 2 Satz 2 (Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder, aus denen er nach Gesetz oder Satzung besteht). Zu den Grenzen dieser Ermächtigung, insbes auch bei mitbestimmten Gesellschaften, vgl näher die Erläuterungen zu § 108 sowie § 28 MitbestG, § 10 Montan-MitbestG, § 11 MitbestErgG sowie BGHZ 83, 141. § 109 Abs 3: Ermächtigung der Satzung, an Aufsichtsratssitzungen unter bestimmten Bedingungen Nichtmitglieder anstelle verhinderter Mitglieder teilnehmen zu lassen (Abweichung von § 109 Abs 1). § 111 Abs 4 Satz 2: Ermächtigung, bestimmte Geschäfte durch die Satzung an die Zustimmung des Aufsichtsrats zu binden.

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Hauptversammlung (§§ 118–149): §§ 118, 121 Abs 5 Satz 1 und 2: Ermächtigung der Satzung, den Ort der Hauptver- 207 sammlung bindend festzulegen (Abweichung von der gesetzlichen Regel, wonach die Hauptversammlung am Sitz der Gesellschaft oder am Sitz der Börse stattfindet. § 122 Abs 1 Satz 2 und Abs 2: Ermächtigung der Satzung, das Recht, die Einberu- 208 fung der Hauptversammlung zu verlangen, an ein unter 5% des Grundkapitals liegendes Quorum und eine andere Form zu binden (Abweichung von § 122 Abs 1 Satz 1; entsprechendes gilt trotz des nicht ganz klaren Gesetzeswortlautes wohl auch für das Recht, eine Ergänzung der Tagesordnung zu verlangen). 65

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§ 123 Abs 3: Nachweis der Berechtigung der Teilnahme und Stimmrechtsausübung. § 125 Abs 2 Satz 2: Beschränkung der Übermittlung der Mitteilung nach § 125 Abs 1 auf elektronische Kommunikation. § 133 Abs 1 und 2: Ermächtigung der Satzung, für das Zustandekommen von Hauptversammlungsbeschlüssen größere Mehrheiten als die nach § 133 Abs 1 grundsätzlich erforderliche einfache Stimmenmehrheit sowie weitere Erfordernisse zu bestimmen (Abs 1), ferner bei Wahlen das gesetzliche Erfordernis der einfachen Stimmenmehrheit auch herabzusetzen (Abs 2). § 134 Abs 1 Satz 2 bis 4: Ermächtigung der Satzung zu Stimmrechtsbeschränkungen einschließlich dazugehöriger Zurechnungsregeln (Abweichung von der Regel der Stimmrechtsausübung nach Aktiennennbeträgen bzw bei Stückaktien nach Zahl, § 134 Abs 1 S 1). § 134 Abs 2 Satz 3: Ermächtigung der Satzung, das Stimmrecht an die Leistung der gesetzlichen oder höheren satzungsmäßigen Mindesteinlage anstatt, wie in § 134 Abs 2 Satz 1 vorgesehen, an die vollständige Leistung der Einlage zu binden. § 135 Abs 5: Ermächtigung der Satzung, für die dort geregelte Stimmrechtsausübung durch ein Kreditinstitut besondere Voraussetzungen aufzustellen (auch als Ermächtigung zu einer gesetzesergänzenden Regel auffassbar). § 139 Abs 1: Ermächtigung der Satzung zur Schaffung von Vorzugsaktien ohne Stimmrecht. § 140 Abs 3: Ermächtigung der Satzung zur Abweichung von der dortigen gesetzlichen Regel, wonach Vorzugsaktionäre durch unterlassene oder unvollständige Zahlung des Vorzugs keinen bedingten Nachzahlungsanspruch erwerben. Rechnungslegung und Gewinnverwendung (§§ 150–176):

§ 150 Abs 2: Ermächtigung der Satzung, die aus dem Jahresüberschuss zu bedienenden Rücklagen auf einen höheren als den gesetzlich vorgesehenen Satz von 10% festzulegen. § 150 Abs 4: Ermächtigung der Satzung zur Bestimmung höherer als der dort vorge218 sehenen Rücklagen. 217

Satzungsänderung, Maßnahmen der Kapitalbeschaffung und Kapitalherabsetzung (§§ 179–240): § 179 Abs 2 Satz 2 und 3 sowie Abs 3 Satz 3: Ermächtigung der Satzung, für die Beschlussfassung über Satzungsänderungen andere (in den dort bestimmten Grenzen auch niedrigere) Kapitalmehrheiten und weitere Erfordernisse zu bestimmen (Abweichung von § 179 Abs 2 Satz 1); entsprechendes gilt für den Sonderbeschluss des Abs 3; s ferner § 179a Abs 1 Satz 2. § 182 Abs 1 Satz 2 und 3: Ermächtigung zu entsprechenden Regelungen für die Ka220 pitalerhöhung gegen Einlage; für die Ausgabe von Vorzugsaktien kann die Satzung allerdings nur größere Kapitalmehrheiten vorsehen (Abs 1 Satz 2 2. Halbs). § 182 Abs 4 Satz 2: Ermächtigung, in der Satzung von Versicherungsgesellschaften 221 von der gesetzlichen Vorschrift (§ 182 Abs 4 Satz 1) zu befreien, wonach keine Kapitalerhöhungen vorgenommen werden sollen, solange noch ausstehende Einlagen auf das bisherige Grundkapital erlangt werden können. § 186 Abs 3 Satz 3: Ermächtigung der Satzung, für den Beschluss, durch den das 222 Bezugsrecht ausgeschlossen wird, eine größere Kapitalmehrheit als drei Viertel des vertretenen Grundkapitals sowie weitere Erfordernisse vorzuschreiben. 219

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§ 193 Abs 1 Satz 2: Ermächtigung der Satzung, für den Beschluss über eine bedingte Kapitalerhöhung eine größere Mehrheit als drei Viertel des vertretenen Grundkapitals und weitere Erfordernisse zu bestimmen. § 202 Abs 2 Satz 3: Ermächtigung der Satzung, für den Beschluss zur Schaffung genehmigten Kapitals eine größere Kapitalmehrheit als die in Abs 2 Satz 2 vorgesehene Dreiviertel-Mehrheit und weitere Erfordernisse zu bestimmen; s ferner § 202 Abs 4 (Arbeitnehmeraktien; möglicherweise nur gesetzesergänzende Regelung). § 203 Abs 3 Satz 2: Ermächtigung in der Satzung von Versicherungsgesellschaften, von dem Verbot der Ausgabe neuer Aktien, solange noch ausstehende Einlagen auf das bisherige Grundkapital erlangt werden können, zu befreien (Entsprechung zu § 182 Abs 4 Satz 2). § 221 Abs 1 Satz 3: Ermächtigung der Satzung, bei der Ausgabe von Wandel- oder Gewinnschuldverschreibungen für den erforderlichen Hauptversammlungsbeschluss eine andere (auch geringere) Kapitalmehrheit als die in Satz 2 vorgesehene DreiviertelMehrheit sowie weitere Erfordernisse zu bestimmen. § 222 Abs 1 Satz 2 und Abs 2 Satz 3: Ermächtigung der Satzung, bei der ordentlichen Kapitalherabsetzung und einem dazu etwa erforderlichen Sonderbeschluss sowie der vereinfachten Kapitalherabsetzung (vgl § 229 Abs 3 mit der dortigen Verweisung auf § 222 Abs 1 und 2) eine höhere Kapitalmehrheit als die in § 222 Abs 1 Satz 1 vorgesehene Dreiviertel-Mehrheit sowie weitere Erfordernisse zu bestimmen. § 237 Abs 4 Satz 3: Ermächtigung der Satzung, bei der Kapitalherabsetzung durch Einziehung eine größere Mehrheit als die in Satz 2 vorgesehene einfache Stimmenmehrheit sowie zusätzliche Erfordernisse zu bestimmen.

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Auflösung und Nichtigerklärung der Gesellschaft (§§ 262–277): § 262 Abs 1 Nr 2: Ermächtigung der Satzung, für den Beschluss über die Auflösung der AG eine größere Kapitalmehrheit als die dort gesetzlich vorgesehene DreiviertelMehrheit des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals sowie weitere Erfordernisse zu bestimmen. § 265 Abs 2 Satz 1: Ermächtigung der Satzung, andere Personen als die dazu vom Gesetz vorgesehenen Vorstandsmitglieder (§ 265 Abs 1) als Abwickler vorzusehen. § 269 Abs 2 und 3: Ermächtigung der Satzung, die Vertretung der Gesellschaft durch ihre Abwickler abweichend von der dort vorgesehenen Gesamtvertretung zu regeln. § 274 Abs 1 Satz 3: Ermächtigung der Satzung, den Beschluss zur Fortsetzung der aufgelösten Gesellschaft an eine höhere Mehrheit als die in Abs 1 Satz 2 vorgesehene Dreiviertel-Mehrheit sowie an weitere Erfordernisse zu binden.

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Kommanditgesellschaft auf Aktien (§§ 278–290): § 287 Abs 1: Ermächtigung der Satzung, die Ausführung der Beschlüsse der Kom- 233 manditaktionäre einer anderen Stelle als dem dort für zuständig erklärten Aufsichtsrat zuzuweisen. § 289 Abs 4 Satz 4: Ermächtigung der Satzung, für Hauptversammlungsbeschlüsse 234 über Kündigung und Auflösung der Gesellschaft (Satz 1 und 2) eine größere Kapitalmehrheit und andere Erfordernisse als die in Satz 3 vorgesehene Dreiviertel-Mehrheit zu bestimmen. § 289 Abs 5: Ermächtigung der Satzung zur Abänderung der dortigen gesetzlichen 235 Regelung, wonach persönlich haftende Gesellschafter nur durch Ausschließung aus67

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scheiden können (Bestimmung kann auch als ausdrückliche Zulassung einer gesetzesergänzenden Satzungsregelung verstanden werden). § 290 Abs 1: Ermächtigung der Satzung, andere Abwickler als die dort vorgesehenen 236 persönlich haftenden Gesellschafter und eine oder mehrere von der Hauptversammlung gewählte Personen zu bestimmen. Verbundene Unternehmen (§§ 291–328): 237

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§ 293 Abs 1 Satz 3: Ermächtigung der Satzung, für den Zustimmungsbeschluss zu einem Unternehmensvertrag in Abweichung von Abs 1 Satz 2 eine größere Kapitalmehrheit als die im Gesetz vorgesehene Dreiviertel-Mehrheit und weitere Erfordernisse zu bestimmen; entspr gilt für den Zustimmungsbeschluss der Hauptversammlung der herrschenden Gesellschaft bei Beherrschungs- oder Gewinnabführungsverträgen, vgl § 293 Abs 2 Satz 2. § 295: Entsprechendes gilt für die Änderung eines Unternehmensvertrages und einen dabei etwa nach § 295 Abs 2 erforderlich werdenden Sonderbeschluss der außenstehenden Aktionäre sowie für den entsprechenden Sonderbeschluss bei Aufhebung eines Unternehmensvertrages nach § 297 Abs 2. § 300 Nr 1: Ermächtigung der Satzung, den bei Bestehen eines Gewinnabführungsvertrages aufzufüllenden Rücklagensatz auf mehr als 10% des Grundkapitals festzulegen (s auch § 150 Abs 2). § 319 Abs 2 Satz 3: Ermächtigung der Satzung, bei der Eingliederung für den Zustimmungsbeschluss der künftigen Hauptgesellschaft eine größere Kapitalmehrheit als die in Abs 2 S 2 vorgesehene Dreiviertel-Mehrheit sowie weitere Erfordernisse zu bestimmen. § 320 Abs 1 Satz 3: Entsprechendes gilt bei der Eingliederung durch Mehrheitsbeschluss für die erforderlichen Beschlüsse der Hauptversammlungen beider Gesellschaften. 3. Ergänzungen

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a) Begriff. Eine Ergänzung iS von § 23 Abs 5 Satz 2 lässt im Gegensatz zu einer Abweichung die gesetzlichen Vorschriften unberührt, ordnet also keine von ihnen abweichenden Rechtsfolgen an, fügt ihnen aber eine oder mehrere weitere Regelungen hinzu, welche die gesetzlichen Bestimmungen konkretisieren oder einen von ihnen nicht geregelten, offen gelassenen Freiraum ausfüllen. Die Zulässigkeit ergänzender Satzungsregelungen setzt mithin stets voraus, dass das Gesetz einen bestimmten Sachverhalt ungeregelt gelassen hat.

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b) Fehlen einer abschließenden Regelung im Gesetz. An einer gesetzlichen Regelung kann es aus zwei Gründen fehlen: zum einen ist es denkbar, dass das Gesetz einen Sachverhalt gänzlich ungeregelt gelassen hat, also überhaupt keine den betreffenden Fragenkomplex berührende Bestimmung getroffen hat. Dieser Fall ist unproblematisch. Es liegt eine – gewollte oder ungewollte – Regelungslücke vor, welche die Satzung im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Aktienrechts ausfüllen darf. Zum anderen kann das Gesetz bei einer von ihm getroffenen Regelung einzelne mit ihr im Zusammenhang stehende Fragen oder Fragenkreise offengelassen haben. Angesichts der Regelungsdichte, die das geltenden AktG auszeichnet, tritt allerdings die erste Alternative, das Fehlen gesetzlicher Regelungen für ganze in sich geschlossene Fragenkomplexe, eindeutig hinter die zweite, das Schweigen des Gesetzes nur zu Röhricht/Schall

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bestimmten Einzelfragen oder Ausschnitten aus größeren, im Grundsatz gesetzlich geregelten Sachverhalten, zurück. So läuft nahezu jede ergänzende Satzungsregelung auf die Einengung nach dem Gesetz vorhandener oder die Eröffnung zusätzlicher Handlungsspielräume für die Gesellschaftsorgane und ihre Mitglieder oder die Aktionäre der Gesellschaft hinaus.226 Damit stellt sich in nahezu allen Fällen die Frage, ob die vorhandene gesetzliche Regelung als abschließend zu verstehen ist – in diesem Fall ist eine ergänzende Regelung durch die Satzung unzulässig – oder ob das Gesetz sich keinen abschließenden Charakter zulegt. Im letztgenannten Fall ist Raum für ergänzende Satzungsregelungen. aa) Im Gesetz ausgewiesene Regelungsfreiräume. Kein Problem bereitet die Fra- 244 ge nach der abschließenden Geltung des Gesetzes überall dort, wo das Gesetz sie selber beantwortet, indem es ergänzende Satzungsregelungen ausdrücklich für zulässig erklärt. Solche im AktG recht zahlreich enthaltenen Ermächtigungen finden sich vor allem in Form von Gestattungen, in der Satzung zusätzliche im Gesetz nicht vorgesehene Gestaltungen zu treffen (zB Aktien verschiedener Gattungen zu schaffen, § 11 Satz 1, oder den Aktionären in bestimmten Fällen Nebenverpflichtungen, § 55 Abs 1, oder Vertragsstrafen, § 55 Abs 2 und § 63 Abs 3 aufzuerlegen) oder im Gesetz enthaltene Regelungen inhaltlich zu ergänzen (zB weitere Blätter oder elektronische Informationsmedien als Gesellschaftsblätter zu bezeichnen, § 25 S 2; weitere Auflösungsgründe vorzusehen, § 262 Abs 2 iVm § 39 Abs 2 [Dauer]; ergänzend zu der Regelung des § 100 weitere persönliche Voraussetzungen für bestimmte Gruppen von Aufsichtsratsmitgliedern aufzustellen, § 100 Abs 4, nähere Bestimmungen über die Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden und seines oder seiner Stellvertreter (auch hinsichtlich der Zahl der letzteren: BGHZ 83, 106) zu treffen, § 107 Abs 1 Satz 1; Vergütungen für Aufsichtsratsmitglieder festzusetzen, § 113 Abs 1 Satz 2; Ergänzungen des Katalogs der Zuständigkeit der Hauptversammlung, § 119 Abs 1; Festsetzung zusätzlicher Einberufungsgründe der Hauptversammlung, § 121 Abs 1 sowie Bestimmung zusätzlich (außer dem Vorstand) einberufungsberechtigter Personen, § 121 Abs 2 Satz 3. Auf die – angesichts des Vorhandenseins einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung für die Praxis nicht bedeutsame – Möglichkeit, insbes die Fälle der letztgenannten Gruppe von Ergänzungen auch als Abweichung von einer gesetzlichen Regel iSv § 23 Abs 5 Satz 1 aufzufassen, ist bereits oben Rdn 176 hingewiesen worden. Schließlich verzichtet das Gesetz in einer Reihe von Vorschriften ganz auf eine eigene Regelung unter ausdrücklichem Verweis auf die in der Satzung zu treffende Bestimmung, so zB § 134 Abs 4 (Regelung der Stimmrechtsausübung durch die Satzung) und § 237 Abs 1 Satz 1 u 2 (Festsetzung von Sachverhalten, die zur Zwangseinziehung berechtigen sollen).227 bb) Verdeckte Regelungsfreiräume. In den verbleibenden Fällen bedarf es der 245 Prüfung, ob die vorhandene gesetzliche Regelung als abschließend anzusehen ist. Dies ist durch Auslegung des Gesetzes zu ermitteln. Gesetz in diesem Sinne sind sämtliche durch die Ergänzung unmittelbar oder auch nur mittelbar betroffenen, weil sachlich angrenzenden, Normen des AktG. Entscheidend sind letztlich Sinn und Zweck der vorhan-

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226 Vgl hierzu auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 157 f. 227 Weitere Beispiele sowie der Versuch einer umfassenden Katalogisierung möglicher Satzungsergänzungen finden sich bei M. Luther aaO (Fn 210) S 175 ff; s dort auch zu der Möglichkeit, die Entscheidung der Satzung zwischen verschiedenen zur Auswahl gestellten Regelungsalternativen ebenfalls als Satzungsergänzung zu behandeln.

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denen, den betreffenden Fragenkreis berührenden gesetzlichen Regelungen. Bei dieser Prüfung kann, da das Gesetz anders als in Satz 1 keine besonderen Beschränkungen vorsieht, auf alle üblichen, nach allgemeinem Recht für zulässig angesehenen Auslegungskriterien zurückgegriffen werden. Im Zweifel dürfte die gesetzliche Regelung nicht als abschließend zu verstehen sein. Zwar enthält die in § 23 Abs 5 Satz 2 gewählte Formulierung „es sei denn, …“ keine Beweislastregel. Sie macht aber doch deutlich, dass das Gesetz im Bereich nicht abweichender Regelungen die Satzungsfreiheit eher als Regel und das Verbot ergänzender Satzungsbestimmungen eher als Ausnahme ansieht. Ein solches Verständnis entspricht auch den Bemühungen, in Abkehr von dem Gesetzesperfektionismus früherer Zeiten, auch im Aktienrecht mehr Raum für die Gestaltungsfreiheit der Beteiligten zu lassen.228 Die Annahme, eine gesetzliche Vorschrift habe, obwohl sie den betreffenden Sachverhalt nicht unmittelbar ordnet, abschließenden Charakter, bedarf mithin stets einer positiven Begründung.229 Beispiele für danach zulässige Ergänzungen der Satzung bilden etwa die Einrich246 tung fakultativer Gremien wie Beiräte oder Verwaltungsräte, soweit die ihnen zugewiesenen Aufgaben nicht in Zuständigkeiten eingreifen, die vom Gesetz zwingend anderen Organen zugewiesen sind,230 ferner die Aufstellung persönlicher Voraussetzungen für Vorstandsmitglieder wie Mindest- und/oder Höchstalter,231 Qualifikation, Staatsangehörigkeit, sofern diese nicht so eng gefasst sind, dass dem Aufsichtsrat praktisch kein nennenswertes Auswahlermessen mehr verbleibt; 232 Einrichtung eines Vorstandssprechers,233 Bestellung eines Ehrenvorsitzenden des Aufsichtsrats;234 Zugehörigkeit zu einer bestimmten Familie für Aufsichtsratsmitglieder der Anteilseigner;235 Erweiterungen des Auskunftsrechts der Aktionäre unter Beachtung des § 53a236 sowie zusätzliche Publizitätspflichten;237 Gerichtsstandsvereinbarungen für Rechtsstreitigkeiten der Aktionäre mit der Gesellschaft oder deren Organen238 und Schiedsklauseln.239 Str war dagegen früher noch, ob die in § 134 Abs 3 zugelassene Stimmrechtsvertretung von der Satzung ergän-

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228 Dazu auch Seibert/Köster/Kiem Die kleine AG3, S 31 f mwN. 229 Ähnlich MünchKommAktG/Pentz Rdn 157. 230 MünchKommAktG/Pentz 161; KK/Arnold Rdn 151; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 30; Hüffer/Koch Rdn 38; Luther aaO (Fn 210) S 167, 177. 231 Laut Hüffer/Koch Rdn 38 und Spindler/Stilz/Limmer Rdn 30; allerdings im Hinblick auf das AGG bedenklich. 232 Wie hier MünchKommAktG/Pentz Rdn 161; KK/Arnold Rdn 151; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 30; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 57; Hüffer/Koch Rdn 38; Geßler aaO (Fn 210) S 69, 82; Luther aaO (Fn 210) S 167, 179; nach aA sollen solche satzungsmäßigen Eignungsvoraussetzungen allerdings vom Aufsichtsrat nur als ermessensbildender Faktor zu berücksichtigen sein; in dieser Richtung KK/Mertens (Voraufl) § 76 Rdn 117; s auch Hommelhoff BB 1977, 322 ff; zu diesen Streitfragen im einzelnen bei § 76; dort auch zu der Streitfrage, ob und inwieweit satzungsergänzende Eignungsvoraussetzungen auch für mitbestimmte Gesellschaften aufgestellt werden können. 233 Spindler/Stilz/Limmer Rdn 30; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 57; Hüffer/Koch Rdn 38; Luther aaO (Fn 210) S 177 u Lutter ZIP 1984, 645, 648. 234 Luther und Hüffer jeweils aaO. 235 MünchKommAktG/Pentz Rdn 161; KK/Arnold Rdn 152; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 30; Schmidt/ Lutter/Seibt Rdn 57; Hüffer/Koch Rdn 38. 236 MünchKommAktG/Pentz Rdn 161; KK/Arnold Rdn 152; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 30; Schmidt/ Lutter/Seibt Rdn 57; Hüffer/Koch Rdn 38. 237 MünchKommAktG/Pentz Rdn 161; KK/Arnold Rdn 152; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 30; Schmidt/ Lutter/Seibt Rdn 57. 238 BGHZ 123, 347, 349; zust MünchKommAktG/Pentz 161; KK/Arnold Rdn 152; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 57; Hüffer/Koch Rdn 38. 239 MünchKommAktG/Pentz Rdn 161; KK/Arnold Rdn 151; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 30; Schmidt/ Lutter/Seibt Rdn 57.

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zend auf Bevollmächtigung anderer Aktionäre eingeschränkt werden kann.240 Eine solche Einschränkung dürfte aber aufgrund Art 10 Abs 1 Unterabs 1 Satz 1 AktionärsrechteRL nicht mehr möglich sein.241 c) Grenzen zulässiger Ergänzungen. Für die Grenzen zulässiger Ergänzungen gilt 247 im Grundsatz nichts anderes als für diejenigen zulässiger Abweichungen nach § 23 Abs 5 Satz 1, dazu schon oben Rdn 176 ff. Sie werden nach der einen Seite als innere Schranken dadurch bestimmt, dass die Ergänzung nach Richtung und Ausmaß nur insoweit zulässig ist, als die zu ergänzende gesetzliche Regelung und die ihr benachbarten, aufgrund Sachzusammenhang mitbetroffenen Vorschriften sich keine abschließende Geltung beimessen. Ermächtigt das Gesetz bereits ausdrücklich zu ergänzenden Regelungen, so wird der danach zulässige Regelungsspielraum im Allgemeinen bereits durch das Gesetz selber festgelegt sein. Ist dies, wie bei der Ergänzung gesetzlicher Vorschriften, die keine ausdrückliche Ermächtigung zu ergänzender Satzungsregelung enthalten, aber gleichwohl nicht als abschließende Regelung zu verstehen sind, nicht der Fall, so ist durch Auslegung zu ermitteln, inwieweit die betreffende gesetzliche Bestimmung Raum für ergänzende Regelungen lässt und inwieweit sie sich abschließende Geltung beilegen will. An die Stelle des in einer ausdrücklichen Zulassung vom Gesetz selber gezogenen Rahmens tritt hier also der durch Auslegung der zu ergänzenden Norm zu ermittelnde Rahmen. Nach der anderen Seite wird die Grenze als äußere Schranke – auch hier wiederum im Grundsatz nicht anders als bei Abweichungen – dadurch gezogen, dass die ergänzende Regelung der Satzung sich nicht in Widerspruch zu anderen Vorschriften des AktG setzen darf, die ihrerseits weder eine Abweichung noch eine Ergänzung der in Frage stehenden Art gestatten. Insbes der letztgenannte Aspekt wird aber nicht selten schon dadurch berücksichtigt sein, dass bei der Eingangsprüfung, ob eine gesetzliche Regelung als abschließend anzusehen ist oder einer Ergänzung durch die Satzung offensteht, bereits das aufgrund Sachzusammenhangs mitbetroffene gesetzliche Umfeld einzubeziehen ist. Innerhalb der vorstehend bezeichneten Grenzen ist grundsätzlich jedwede zusätzli- 248 che Regelung zulässig. Weitergehende Einschränkungen, die darauf hinauslaufen, satzungsergänzende Regelungen generell nur zur Ausführung eines schon vom Gesetz festgelegten Rahmens, also nur als gesetzesausfüllende Regelung, zuzulassen, sind abzulehnen.242 Zwar ist es nicht von vornherein auszuschließen, dass sich zwingendes, als abschließend zu verstehendes Gesetzesrecht nicht nur aus dem ausdrücklichen Wortlaut der einzelnen gesetzlichen Normen ergeben kann, sondern auch aus dem größeren Regelungszusammenhang, als dessen Teil diese Normen zu verstehen sind, sowie überhaupt aus den hinter dem AktG in seiner Gesamtheit stehenden gesetzgeberischen Ordnungsvorstellungen und Leitgedanken. Gegenüber der Postulierung derartiger ungeschriebener Prinzipien des Aktienrechts ist jedoch, soweit sie dazu dienen sollen, als zwingendes Recht die Unzulässigkeit ergänzender Satzungsregelungen darzutun, äußerste Zurückhaltung geboten.243 Im Zweifelsfall ist davon auszugehen, dass sie – soweit überhaupt

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240 Verneinend: OLG Stuttgart WM 1991, 1159 m krit Anm von Emmerich in WuB II A § 134 AktG 2.90 entgegen der überwiegenden Meinung, dazu näher bei § 134. Zur Unzulässigkeit der Einschränkung der in § 134 Abs 3 bestimmten Rechte des Aktionärs, sich in der Hauptversammlung vertreten zu lassen, sa OLG Düsseldorf WM 1991, 2145 ff. 241 MünchKommAktG/Schröer § 134 Rdn 42; Hüffer/Koch § 134 Rdn 25 mwN. 242 So noch KK/Mertens (Voraufl) Vorbem § 76 Rdn 12. Gegen ihn auch Geßler FS M. Luther, 1976, S 69, 73 ff, 76; ähnlich Luther Freundesgabe H. Hengeler, 1972, S 167, 171 f; MünchKommAktG/Pentz Rdn 158; KK/Arnold Rdn 150; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 30; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 57; Hüffer/Koch Rdn 37. 243 Insoweit zutr KK/Zöllner § 179, 79 f.

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begründbar – nur insoweit in das Gesetz Eingang gefunden haben, wie sie sich dort nachweisbar in konkreten gesetzlichen Vorschriften niedergeschlagen haben. In diesem Fall kann der hinter dieser konkreten Regelung stehende gesetzgeberische Leit- oder Ordnungsgedanke wiederum (wie auch bei Normen außerhalb des AktG) im Rahmen der Auslegung zur Ermittlung des im geschriebenen Gesetzestext möglicherweise nur unvollkommen zum Ausdruck gelangten Willen des Gesetzgebers herangezogen werden. Dagegen dürfte es nach dem bisherigen Erkenntnisstand nicht angehen, losgelöst davon, also insbes auch in den Fällen des Schweigens des Gesetzes, mit nicht eindeutig definierten und belegten Prinzipien des Aktienrechts als allgemeinem gesetzlichen Bezugsrahmen zu operieren, der als ungeschriebenes zwingendes Recht der Ergänzung des Gesetzes durch die Satzung und damit der auf dem Gebiet des Aktienrechts ohnehin schon stark eingeschränkten Verbandsautonomie zusätzliche Grenzen setzen soll. Nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen sind auch die Fragen zu lösen, inwieweit Entscheidungsspielräume von Organen der AG durch Bestimmungen der Satzung eingeengt werden können. Maßgeblich ist, ob und inwieweit die gesetzliche Vorschrift, die dem betreffenden Gesellschaftsorgan bestimmte Aufgaben zuweist, eine bloße Zuständigkeitsnorm ist, die ergänzende, Arbeitsweise und Ermessensspielräume dieses Organs regelnde Satzungsbestimmungen nicht ausschließt, oder ob es sich um eine umfassende Kompetenzzuweisung handelt, die den eigenverantwortlichen Entscheidungsbereich des betreffenden Organs abschließend iS des § 23 Abs 5 Satz 2 festlegt und damit ergänzende Satzungsregelungen ausschließt.244 Welche Bedeutung die Zuweisung hat, kann nur durch Auslegung der jeweils betroffenen Norm(en) entschieden werden und ist deshalb auch nicht hier, sondern im Rahmen der Erläuterungen zu den jeweiligen Einzelbestimmungen, insbes zu § 82, zu erörtern, auf die deshalb verwiesen wird. Die folgenden Ausführungen müssen sich deshalb auf einige eher punktuelle Hinweise beschränken. Als ergänzende Bestimmungen unzulässig sind jedenfalls Regelungen, die darauf hinauslaufen, dem Vorstand in der Satzung außerhalb der Festlegung des Unternehmensgegenstandes und des Gesellschaftszwecks, dazu oben Rdn 110 ff, Vorgaben für die Geschäftsführung des Gesellschaftsunternehmens zu machen. Dies hat selbst dann zu gelten, wenn diese lediglich als innerhalb der Ausübung des Vorstandsermessens zu beachtende materielle Richtlinien oder Managementgrundsätze formuliert sind.245 Unzulässig wäre demnach auch die Untersagung bestimmter Risikogeschäfte, wenn dies lediglich in Abhängigkeit von dem mit ihnen verbundenen wirtschaftlichen Risiko oder ihrer Höhe geschieht. Anders verhält es sich, wenn die Satzung bestimmte Typen von Geschäften generell ausschließt. Regelungen dieser Art bilden einen Teil der Festlegung des Unternehmensgegenstandes. Die Abgrenzung zwischen Regelungen, die noch zur Bestimmung des Unternehmensgegenstandes gehören und solchen außerhalb des Unternehmensgegenstandes kann im Einzelfall schwierig sein, dazu schon oben Rdn 120. Eine großzügigere Betrachtungsweise wird im Schrifttum für Vorgaben befürwortet, die unmittelbar mit der Zielsetzung der Gesellschaft verknüpft sind.246 Dem wird man mit

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244 So mit überzeugender Begründung Geßler aaO (Fn 210) S 69, 78 ff. 245 KK/Mertens/Cahn § 82 Rdn 22 ff; Schmidt/Lutter/Seibt § 82 Rdn 13, 14; Hüffer/Koch § 82 Rdn 10; Hölters/Weber § 82 Rdn 19; Martens FS Kellermann 1991, S 271, 282; Schön ZGR 1996, 442 f; weniger streng Spindler/Stilz § 82 Rdn 35; zum zulässigen Regelungsbereich von Geschäftsordnungen s die Erläuterungen zu § 82. 246 Vgl Westermann FS Schnorr von Carolsfeld, 1973 S 526 f; Zeichner AG 1985, 261, 265; Schön ZGR 1996, 443.

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der Einschränkung zustimmen können, dass solche Vorgaben zulässig sind, soweit sie noch als Teil der statutarischen Festlegung von Unternehmensgegenstand und Gesellschaftszweck verstanden werden können. So wird man es für unbedenklich zu erachten haben, wenn die Satzung einer Regionalförderungsgesellschaft die bevorzugte Berücksichtigung örtlicher Lieferanten und ortsansässigen Personals vorsieht.247 Entsprechendes hat für alle Gesellschaften zu gelten, deren Unternehmensgegenstand speziell auf die Förderung bestimmter Anliegen oder Personengruppen ausgerichtet ist und die betreffende Satzungsregelung sich durch einen inneren Bezug zu diesem Unternehmensgegenstand und/oder Gesellschaftszweck rechtfertigt.248 In diesem Rahmen kann die Satzung sogar die Berücksichtigung des besonderen Zwecks der Gesellschaft bei der Preisgestaltung sowie der Ausrichtung ihrer Marktbeziehungen in sachlicher wie personeller Hinsicht vorschreiben. Unabdingbare Voraussetzung ist dabei aber neben dem inneren Bezug zu dem Unternehmensgegenstand und Gesellschaftszweck, dass dem Vorstand bei der Umsetzung dieser Vorgaben ein eigenverantwortlich auszufüllender Entscheidungs- und Handlungsspielraum bleibt249 und die Vorgabe nicht den Charakter einer Handlungsanweisung (Einzelanweisung) in bezug auf bestimmte konkret anstehende aktuelle unternehmenspolitische Entscheidungen annimmt. Unter denselben Voraussetzungen wird man auch Vorgaben der Satzung, die die 253 Gesellschaft auf bestimmte weltanschauliche, religiöse und politische Überzeugungen und Tendenzen festlegen, für zulässig zu erachten haben. Sie müssen als Teil des Rechts des Satzungsgebers, die Ziele „ihrer“ Gesellschaft zu bestimmen, aufgrund ihrer Zugehörigkeit oder doch jedenfalls großen inneren Nähe zur Festlegung von Unternehmensgegenstand und Gesellschaftszweck möglich sein. Auch hier muss dem Vorstand aber Raum zur eigenverantwortlichen Ausbildung des damit durch die Satzung vorgesehenen Rahmens bleiben.250 Als satzungsergänzende Regelung nicht zulässig sind dagegen wohl Vorgaben der 254 Satzung, die dem Vorstand bestimmte Formen der Organisation des Gesellschaftsunternehmens vorschreiben oder untersagen sollen. Bei großzügiger Betrachtung könnte man zwar auch solche Regelungen noch in der Nähe der Festsetzung von Unternehmensgegenstand und Gesellschaftszweck (Festlegung der Mittel, mit denen der Zweck erreicht werden soll) sehen. Letztlich überwiegt hier aber der Gesichtspunkt, dass es dabei um typische, vom Gesetzgeber der Eigenverantwortlichkeit des Vorstandes (§ 76) zugewiesene Fragen der Geschäftsführung geht.251 Das gleiche hat für Satzungsregelungen zu gelten, durch die dem Vorstand Vorgaben hinsichtlich der Wirtschaftsführung und Finanzplanung des Unternehmens gemacht werden.252 Auch Entscheidungen über Strukturmaßnahmen, zu denen die Hauptversammlung 255 ihre Zustimmung geben muss, sind nicht als zulässiger Gegenstand ergänzender Bestimmungen anzuerkennen, durch die die betreffende Strukturmaßnahme von vornherein in der Satzung geregelt wird.253

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247 So insbes Schön aaO (Fn 246). 248 Zu den Bedenken, die in dieser Richtung gegen bestimmte Festlegungen in den Satzungen von DEUTSCHE TELEKOM AG, POSTBANK AG und DEUTSCHE POST AG bestehen, Schön aaO (Fn 246). 249 Dazu ausführlich Martens aaO (Fn 245) S 274 ff. 250 Ähnlich wie hier, jedoch mit Unterschieden im Einzelnen Spindler/Stilz § 82 Rdn 35; Schmidt/Lutter/ Seibt § 82 Rdn 15; Hüffer/Koch § 82 Rdn 9 f; Hölters/Weber § 82 Rdn 19; Martens FS Kellermann, 1991, S 276; ders AG 1980, 289, 293 ff; Rechenberg Die Hauptversammlung als oberstes Organ der AG, 1986 S 83 ff; deutlich enger Mertens NJW 1970, 1718, 1720. 251 So zutr KK/Zöllner § 179, 44 u 71. 252 Zutr Schön ZGR 1996, 443; Noack StuGR 1995, 379 ff, 381. 253 Martens FS Kellermann, 1991, S 282; Schön aaO (Fn 246) 443 Fn 83.

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Wo die Satzung in Abweichung oder in Ergänzung des staatlichen Rechts besondere Erfordernisse aufstellen darf, kann sie grundsätzlich auch die Rechtsfolgen bestimmen, die bei deren Nichteinhaltung eintreten sollen.254 Das ist im Grunde selbstverständlich: wenn die Satzung zB die Teilnahme an der Hauptversammlung oder die Ausübung des Stimmrechts von der vorherigen Hinterlegung der Aktien oder einer vorherigen Anmeldung abhängig machen kann, so muss sie auch berechtigt sein zu bestimmen, dass die Nichterfüllung dieses Erfordernisses den Verlust des Teilnahmeoder Stimmrechts nach sich zieht.255 Bedingung für die Zulässigkeit derartiger Sanktionen ist lediglich, dass sie nicht ihrerseits gegen zwingendes abschließendes Gesetzesrecht iS der oben (Rdn 177 ff) vertretenen Auslegung des § 23 Abs 5 verstoßen. Eine solche Schranke stellen zB die §§ 241, 250 dar, die zeigen, dass Beschlüsse, die gegen Bestimmungen der Satzung verstoßen, grundsätzlich (s aber auch § 256 Abs 1 Nr 4) nur anfechtbar sein sollen. Weitere Schranken können sich aus einzelnen Bestimmungen des Gesetzes ergeben, die durch ihre für ähnliche oder vergleichbare Fälle vorgesehene Rechtsfolge zeigen, dass das Gesetz andere oder darüber hinausgehende Rechtsfolgen für unzulässig erachtet.256 Denkbar ist auch, dass eine bestimmte Sanktion unzulässig ist, weil aus dem AktG 257 eine abschließende Regelung des Inhalts zu entnehmen ist, dass es Sanktionen dieser Art missbilligt. Eine solche Annahme bedarf aber einer positiven Begründung im Einzelfall. Keinesfalls darf allein aus der Tatsache, dass das AktG für die von ihm sanktionierten Verstöße gegen gesetzliche Normen eine bestimmte Rechtsfolge nicht kennt, ohne weiteres angenommen werden, dass es diese Rechtsfolge auch innerhalb des für ergänzende Satzungsregelungen gelassenen Gestaltungsfreiraums ein für allemal für unzulässig erklären will.257 So ist zB nicht einzusehen, wieso die §§ 102, 103 der Wirksamkeit einer (Rechtsfolgen-)Bestimmung der Satzung entgegenstehen sollen, wonach ein Aufsichtsratsmandat vorzeitig enden soll (Entsprechendes hätte für eine auflösende Bedingung desselben Inhalts zu gelten), wenn besondere von der Satzung bestimmte persönliche Voraussetzungen (§ 100 Abs 4) für die Ausübung dieses Amtes während der Amtszeit wegfallen.258 Der Wegfall einer solchen persönlichen Voraussetzung dürfte sich durchaus in zufriedenstellender Weise von dem Eintritt eines wichtigen Grundes für die vorzeitige Abberufung, den die Satzung wohl in der Tat nicht verbindlich definieren darf, abgrenzen lassen. Entsprechendes dürfte für Vorstandsmitglieder gelten, soweit für sie die Aufstellung zusätzlicher persönlicher Voraussetzungen für zulässig zu erachten ist (dazu die Erl zu § 76). Eine ähnliche Vorsicht ist auch bei der Beantwortung der Frage angebracht, ob die 258 Satzung die Rechtsfolgen der Nichtausübung eines Entsendungsrechts von Aufsichtsratsmitgliedern (§ 101 Abs 2 Satz 1) regeln kann. Wenn die Satzung einzelne Aktionäre oder Aktionärsgruppen dazu ermächtigen darf, bestimmte Personen unter Ausschluss des Wahlrechts der Hauptversammlung in den Aufsichtsrat zu entsenden (§ 101 Abs 2), so wird man sie auch für berechtigt zu erachten haben, auf der Rechtsfolgenseite zu bestimmen, dass das Entsendungsrecht mit der Folge, dass der freibleibende Sitz im Aufsichtsrat durch Wahl seitens der Hauptversammlung zu besetzen ist, erlischt, wenn

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254 Wie hier Geßler aaO (Fn 210) S 77 und Luther aaO (Fn 210) S 173. 255 So zutr insbes Luther aaO (Fn 210) S 173, 174; s dort wegen weiterer Beispiele. 256 So zutr Geßler aaO (Fn 210) S 77. 257 AA offensichtlich KK/Mertens (2. Aufl) Vorbem § 76 Rdn 10 ff, 16. 258 Wie hier Geßler aaO (Fn 210) S 78 u Luther aaO (Fn 210) S 178; aA KK/Mertens (2. Aufl) Vorbem § 76 Rdn 14.

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es nicht fristgerecht ausgeübt wird.259 Es erscheint mehr als zweifelhaft, ob aus der Fassung des § 101 Abs 1 Satz 1 wirklich entnommen werden darf, dass sich diese Bestimmung als abschließende Regelung in dem Sinne versteht, dass auch nicht ausgeübte Entsendungsrechte einer Wahl durch die Hauptversammlung entgegen stehen sollen. Wesentlich näher liegt es, die Bestimmung lediglich als Beschreibung der Ausgangssituation zu begreifen: ein Wille des Gesetzgebers zur abschließenden Regelung auch der bei Nichtausübung des Entsendungsrechts eintretenden Rechtsfolgen ist dem Gesetzestext bei unbefangener Betrachtung nicht zu entnehmen. 4. Rechtsfolgen des Verstoßes gegen § 23 Abs 5. Enthält die Satzung eine gegen 259 § 23 Abs 5 verstoßende Bestimmung, so ist die Gesellschaft nicht ordnungsgemäß errichtet. Die Gesellschaft darf deshalb, wenn der Mangel auch auf Zwischenverfügung des Registergerichts nicht behoben wird, nach § 38 Abs 1 Satz 2 nicht eingetragen werden. Darüber hinaus ist die gegen § 23 Abs 5 verstoßende Bestimmung der Satzung nich- 260 tig und nicht nur unwirksam oder anfechtbar.260 Die Rechtsfolge der Nichtigkeit ergibt sich auch ohne einen dahingehenden ausdrücklichen Ausspruch in § 23 Abs 5 aus Sinn und Zweck der Vorschrift, den Vorrang des Gesetzesrechts sicherzustellen. Die Gegenauffassung, wonach die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 23 Abs 5 261 auch dann aus § 241 Nr 3 zu entnehmen sein sollen, wenn der Mangel bereits in der ursprünglichen Satzung enthalten ist,261 entspricht nicht der Gesetzeslage. § 241 behandelt ausdrücklich nur die Nichtigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen. Eine Anwendung von § 241 Nr 3 kann deshalb nur für spätere satzungsändernde Beschlüsse in Betracht kommen. Es ist zwar richtig, dass die Verletzung des § 23 Abs 5 keine unterschiedlichen Rechtsfolgen auslösen kann, je nachdem, ob die verbotswidrige Bestimmung schon in der Ursprungssatzung enthalten oder erst nachträglich durch satzungsändernden Beschluss der Hauptversammlung eingefügt worden ist. Das in § 23 Abs 5 enthaltene Verbot einschließlich der in ihm implizite enthaltenen Nichtigkeitsfolge kann nach Sinn und Zweck nicht danach unterscheiden, auf welche Weise die gesetzwidrige Regelung in die Satzung gelangt ist. Es gibt keinen Grund, der es rechtfertigen könnte anzunehmen, das Verbot solle im zuletzt genannten Fall mit geringerer Durchsetzungsintensität ausgestattet sein. Der notwendige Gleichlauf zwischen § 23 Abs 5 und § 241 Nr 3 ist aber nicht dadurch sicherzustellen, dass man die Nichtigkeit gegen § 23 Abs 5 verstoßender Regelungen der Gründungssatzung in Frage stellt. Er ergibt sich vielmehr daraus, dass auch spätere satzungsändernde Hauptversammlungsbeschlüsse nach § 241 Nr 3 als mit dem Wesen der grundsätzlich auf zwingendes Recht gegründeten AG (§ 241 Nr 3 1. Altern) unvereinbar nichtig sind, wenn sie Verstöße gegen § 23 Abs 5 zum Inhalt haben.262 Auf

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259 So Luther aaO (Fn 210) S 174 gegen Geßler aaO (Fn 210) S 78; wie Luther für den Fortfall des Entsendungsrechts auch KK/Mertens (2. Aufl) Vorbem § 76 Rdn 14 f, der allerdings eine Deutung als Verzicht als unzulässig ansieht, weil das Gesetz eine entspr Sanktion nicht kenne. 260 MünchKommAktG/Pentz Rdn 162; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 62; Hüffer/Koch Rdn 43; Bürgers/Körber Rdn 44; Geßler ZGR 1980, 427, 444; Geßler/Eckardt Rdn 121; OLG Düsseldorf AG 1968, 22 = BB 1968, 59; aA KK/Arnold Rdn 154; Heidel/Braunfels Rdn 50; Hölters/Solveen Rdn 32; Werner AG 1968, 181, 182; BGH NJW 1994, 323 enthält zu der Frage keine Stellungnahme, da die Vorinstanz die Nichtigkeitsklage rechtskräftig abgewiesen hatte. 261 KK/Arnold Rdn 154; Heidel/Braunfels Rdn 50; Hölters/Solveen Rdn 32; Huber in: FS Coing Bd II, 1982 S 167, 184 f; OLG Düsseldorf aaO; wohl auch Geßler/Eckardt Rdn 121. 262 So MünchKommAktG/Pentz Rdn 163; Hüffer/Koch Rdn 43; ebenso Geßler ZGR 1980, 443, 444; Huber aaO (Fn 261) S 167, insbes 184 ff; Geßler/Eckardt Rdn 121; OLG Düsseldorf AG 1968, 19, 22 = DB 1967, 2155; aA KK/Arnold Rdn 154; Heidel/Braunfels Rdn 50; Hölters/Solveen Rdn 32, die je nach Mangel im Einzelnen auch die bloße Anfechtbarkeit für möglich halten; dahingestellt gelassen in BGH WM 1987, 207.

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der Grundlage dieser Auffassung verlieren die unterschiedlichen Ansichten darüber, ob sich die Nichtigkeit einer gegen § 23 Abs 5 verstoßenden Regelung in der Gründungssatzung unmittelbar aus § 23 Abs 5 oder erst mittelbar aus § 241 Nr 3 ergibt, nahezu jede praktische Bedeutung. Eine andere Frage ist es, ob der Verstoß gegen § 23 Abs 5 durch Eintragung der Sat262 zungsänderung im Handelsregister nach § 242 Abs 2 geheilt werden kann. Diese Frage ist zu bejahen, weil die Satzungsänderung ungeachtet ihrer Gesetzwidrigkeit durch die Eintragung im Handelsregister jedenfalls öffentlich verlautbart ist und § 242 Abs 2 die Heilungsmöglichkeit selbst für schwerste Nichtigkeitsgründe vorsieht.263 Das sicher gewichtige Bedenken,264 dass die Gesellschaft nach dieser Auffassung bis in alle Ewigkeit nach gesetzwidrigem Satzungsrecht leben müsste, wird zwar nicht völlig beseitigt, aber doch in seiner Tragweite dadurch abgeschwächt, dass auch die nach § 242 Abs 2 eintretende „Heilung“ nicht die Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes durch Löschung der nichtigen Satzungsänderung von Amts wegen (§ 242 Abs 2 Satz 3 iVm § 398 FamFG) ausschließt. Der dadurch eintretenden Ungleichbehandlung ursprünglicher und nachträglich eingefügter gesetzeswidriger Satzungsbestimmungen lässt sich dadurch begegnen, dass man eine Heilungsmöglichkeit in entsprechender Anwendung des § 242 Abs 2 auch für ursprüngliche Satzungsbestimmungen vorsieht.265 XI. Rechtsfolgen bei Gründungsmängeln 263

1. Errichtungsmängel; Nichteintragung der Gesellschaft. Leidet die Satzungsfeststellung oder die Aktienübernahme unter einem Mangel, so ist die Gesellschaft nicht ordnungsgemäß errichtet. Das Registergericht hat deshalb die Eintragung abzulehnen, § 38 Abs 1 Satz 2. Die Vorschrift gilt gleichermaßen für Verstöße gegen das Formerfordernis des § 23 Abs 1 wie für inhaltliche Mängel nach § 23 Abs 2 (Aktienübernahme, oben Rdn 93) und Abs 3–5 (Satzung im engeren Sinne) oder für die Unwirksamkeit der bei der Gründung abgegebenen Erklärungen einzelner Beteiligter. Zur Nichteintragung der Gesellschaft führt damit grundsätzlich jeder den Gesellschaftsvertrag (Satzung) oder die Übernahmeerklärungen der Gründer ganz oder teilweise unwirksam machende Mangel, sei er materieller oder formeller Art. Zum Umfang des Prüfungsrechts und der Prüfungspflicht des Registergerichts sowie zu den bei der Prüfung zu beachtenden Verfahren s im einzelnen die Erläuterungen bei § 38.

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2. Berufung auf Gründungsmängel; Grundsatz. Bis zur Eintragung der Gesellschaft kann grundsätzlich jeder Betroffene sämtliche die Nichtigkeit der Gesellschaftsgründung bewirkenden Umstände geltend machen. Nach Eintragung unterliegt dieser Grundsatz beträchtlichen Einschränkungen. Dies folgt daraus, dass der zwischen den Gründern geschlossene, zunächst nur eine Bindung unter ihnen herbeiführende Gesellschaftsvertrag sich nunmehr von ihrer Person gelöst hat und zum Organisationsstatut

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263 BGHZ 99, 211, 217; 144, 365, 368; ebenso Voraufl (K. Schmidt) § 241 Rdn 54 iVm § 242 Rdn 8; MünchKommAktG/Pentz Rdn 164; KK/Arnold Rdn 155; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 32; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 62; Hüffer/Koch Rdn 43; Grigoleit/Vedder Rdn 43; Heidel/Braunfels Rdn 51; Hölters/Solveen Rdn 38; Bürgers/Körber Rdn 44; Wachter Rdn 63; Geßler ZGR 1980, 453 f; dagegen Säcker JZ 1980, 82, 84; zumindest teilweise aA auch Rellermeyer ZGR 1987, 582 f und Stein ZGR 1994, 472 ff. 264 Dazu insbes Säcker aaO (Fn 263). 265 Für eine entspr Anwendung BGHZ 144, 365; MünchKommAktG/Pentz Rdn 164; KK/Arnold Rdn 155; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 32; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 62; Hüffer/Koch Rdn 43; Grigoleit/Vedder Rdn 43; Heidel/Braunfels Rdn 51; Hölters/Solveen Rdn 38; Bürgers/Körber Rdn 44; Wachter Rdn 63; Geßler ZGR 1980, 452 f.

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der mit der Eintragung im Handelsregister entstandenen juristischen Person geworden ist (dazu schon oben Rdn 12), die für sich aus Erwägungen der Rechtssicherheit im Interesse aller Beteiligten unter Einschluss ihrer Gläubiger und Schuldner Bestandsschutz in Anspruch nehmen kann. Im Einzelnen ergeben sich allerdings je nach Art und Schwere des Mangels und Stadium der Gesellschaftsgründung nicht unbeträchtliche Unterschiede: 3. Rechtslage bis zur Eintragung der Gesellschaft. Bis zur Eintragung sind die 265 allgemeinen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts über die Nichtigkeit oder Vernichtbarkeit von Willenserklärungen im Grundsatz uneingeschränkt anwendbar. Dazu zählen nicht nur die insbes in den §§ 104 ff, 116–118, zudem § 125, § 134 und § 138 BGB enthaltenen Vorschriften, die bestimmten Willenserklärungen a priori die Wirksamkeit versagen, sondern auch die §§ 119 ff BGB, welche die nachträgliche rückwirkende (§ 142 BGB) Vernichtung zunächst als wirksam geltender Willenserklärungen auf dem Anfechtungswege ermöglichen266 sowie § 139 BGB in modifizierter objektiver Anwendung (BGHZ 47, 172). Damit kann in diesem Stadium der Gesellschaftsgründung jeder Gründer alle die Nichtigkeit seiner eigenen Willenserklärungen und des Gesellschaftsvertrages begründenden Umstände im Grundsatz uneingeschränkt nach Maßgabe der einschlägigen Regeln des allgemeinen bürgerlichen Rechts geltend machen. Eine gewisse Einschränkung erleidet dieses Recht nur dann, wenn die Gesell- 266 schaft bereits in Vollzug gesetzt ist. Im Allgemeinen wird dieser Tatbestand als erfüllt angesehen, wenn die Gesellschaft durch den Abschluss von Geschäften nach außen hin schon rechtsgeschäftlich in Erscheinung getreten ist, insbes Forderungen und Verbindlichkeiten begründet hat, oder durch Entgegennahme von ihr zustehenden Einlagen schon Gesellschaftsvermögen gebildet hat,267 dazu näher bei § 41. In diesem Fall sind bereits Tatsachen geschaffen worden, die es erfordern, die Berufung auf Mängel des Gesellschaftsvertrages nur noch nach den Regeln über die sog fehlerhafte Gesellschaft zuzulassen,268 die allerdings nicht eingreifen, wenn überwiegende Interessen der Allgemeinheit oder besonders schutzwürdige Belange einzelner Personen betroffen sind269 Die Geltendmachung der Fehlerhaftigkeit der Gesellschaft, insbes auch die Anfechtung der von den Gründern anlässlich der Errichtung der Gesellschaft abgegebenen Willenserklärungen, führt deshalb jetzt nicht mehr zur rückwirkenden Vernichtung der Gesellschaft (§ 142 BGB), sondern lediglich zu deren Auflösung und Abwicklung (Liquidation nach gesellschaftsrechtlichen Regeln) für die Zukunft.270 Als Auflösungsgrund reicht die Berufung des die Auflösung betreibenden Gesellschafters auf die Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrages.271

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266 AllgM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 167; KK/Arnold Rdn 158; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 59; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 36; Hüffer/Koch Rdn 41; ebenso die Rechtslage im GmbH-Recht, s statt aller Scholz/Emmerich § 2 Rdn 67 mwN. 267 RGZ 166, 51, 59; BGHZ 13, 321. 268 MünchKommAktG/Pentz Rdn 167; KK/Arnold Rdn 160; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 59; Spindler/ Stilz/Limmer Rdn 37; Hüffer/Koch Rdn 41; Hölters/Solveen Rdn 35; zur entspr Rechtslage bei der GmbH: BGHZ 13, 320, 322 ff und aus dem Schrifttum statt aller Scholz/Emmerich § 2 Rdn 69 mwN. 269 MünchKommAktG/Pentz Rdn 168; KK/Arnold Rdn 162; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 37; Bürgers/ Körber Rdn 44. 270 S dazu das in Fn 234 zit Schrifttum; zu den für die rechtliche Behandlung der fehlerhaften Gesellschaft im Einzelnen geltenden Regeln MünchKommHGB/Schmidt § 105 Rdn 228 ff. 271 Im Einzelnen ist ähnlich wie bei der GmbH str, ob für die Auflösung und Liquidation der Vorgesellschaft die Regeln des Personengesellschaftsrechts, §§ 723, 730 ff BGB, entspr anzuwenden sind oder bereits die Bestimmungen des Kapitalgesellschaftsrechts, §§ 262 ff AktG und §§ 60 ff GmbHG, im ersten

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Diese, vor allem die Rechtsfolgeseite betreffenden Einschränkungen ändern aber nichts daran, dass die Berufung auf Mängel des Gesellschaftsvertrages auch bei der bereits in Vollzug gesetzten Gesellschaft möglich bleibt. Infolge der Fehlerhaftigkeit ihres Gesellschaftsvertrages kann die Gesellschaft nicht ins Handelsregister eingetragen werden (oben Rdn 259) und infolgedessen nicht als rechtsfähige AG zur Entstehung gelangen, worauf durch entsprechende Hinweise an das Registergericht oder durch Erwirken einer einstweiligen Verfügung (§ 16 Abs 2 HGB) gezielt hingewirkt werden kann. Dementsprechend ist auch, wie oben bereits ausgeführt, jeder Gründer grundsätzlich berechtigt, jederzeit die Auflösung und Liquidation der Vorgesellschaft zu verlangen; dazu aber sogleich auch die folgenden Rdn. Sind – wie häufig – nur einzelne Regelungen des Gesellschaftsvertrages nichtig (ob268 jektive Teilnichtigkeit), so kann sich die Frage stellen, ob dies die Nichtigkeit des gesamten Gesellschaftsvertrages nach sich zieht. Die Frage, die von der modifizierten objektiven Anwendung des § 139 BGB nach BGHZ 47, 172 abhängt, hat zunächst für § 38 Abs 4 Nr 3 Bedeutung. Im Innenverhältnis unter den Gründern stellt sich überdies die Frage, ob die einzelnen Gesellschafter das Recht haben, unter Berufung auf das Vorhandensein der nichtigen Bestimmung ohne weiteres die Aufgabe der Eintragungsabsicht und – bei bereits in Vollzug gesetzten Gesellschaften – die Liquidation zu verlangen, oder ob sie gehalten sein können, an den satzungsändernden Maßnahmen mitzuwirken (unten Rdn 272), die erforderlich sind, um die mangelhafte Maßnahme zu beseitigen und eine Eintragung der Gesellschaft zu ermöglichen. Die Frage lässt sich nur an Hand des Gewichts der nichtigen Bestimmung im Gesamtzusammenhang der Gesellschaftsgründung und der konkreten Verhältnisse der einzelnen Gesellschaft entscheiden. Betrifft die Bestimmung notwendige Bestandteile des Gesellschaftsvertrages iS des 269 § 23 Abs 2 und 3, so führt ihre Nichtigkeit ohne weiteres zur Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrages insgesamt. Denn in einem solchen Falle scheidet die Möglichkeit, dass der Gesellschaftsvertrag auch ohne die nichtige Bestimmung geschlossen worden wäre und deshalb durch deren ersatzlosen Wegfall in seiner Wirksamkeit im Übrigen nicht berührt wird, regelmäßig von vornherein aus, sofern sich die Nichtigkeit nicht ausnahmsweise auf eine abtrennbare Zusatzregelung beschränkt. Ähnliches hat auch für nicht notwendige Bestandteile der Satzung oder Aktienübernahmeerklärung zu gelten, wenn durch den Fortfall der nichtigen Bestimmung essentielle organisatorische Vorstellungen der Gesellschaftsgründer hinfällig werden, die Erreichung der Ziele der Gesellschaft gefährdet oder das in dem bisherigen Gesellschaftsvertrag ausgewogene Verhältnis der Rechte und Pflichten der einzelnen Gesellschafter nachhaltig gestört würde. In diesen Fällen ist objektiv davon auszugehen, dass der Gesellschaftsvertrag ohne die nichtige Regelung nicht geschlossen worden wäre. Die Auffassung, die § 139 BGB auch schon vor Eintragung der Gesellschaft als unan270 wendbar ansehen will,272 erweist sich nicht nur als zu pauschal, sondern erscheint mit § 38 Abs 4 als überholt. Eine bloße Teilnichtigkeit des Gesellschaftsvertrages, die dessen übrigen Inhalt bei Bestand lässt und schon deshalb zur Folge hat, dass jeder Gesellschafter verpflichtet ist, ihrer Beseitigung zuzustimmen und so die Eintragung der Gesellschaft zu ermöglichen, ist nur dann anzunehmen, wenn feststeht, dass es sich bei der

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Sinne die hM, BGH NZG 2007, 20; KK/Arnold Rdn 161; Ulmer/Habersack/Löbbe § 2 Rdn 145; s auch § 29 Rdn 15 und die Erläuterungen zu § 41. 272 So MünchKommAktG/Pentz Rdn 167; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 59; Hüffer/Koch Rdn 41; Grigoleit/ Vedder Rdn 46; Heidel/Braunfels Rdn 46; Hölters/Solveen Rdn 34; Wachter Rdn 61; Ulmer/Habersack/ Löbbe § 2 Rdn 139; für objektiven Maßstab bei Anwendung des § 139 BGB dagegen BGHZ 47, 172, 180 (für Verein); sa Rdn 48.

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nichtigen Regelung nicht um ein Essential der Gesellschaftsgründung handelt und der Gesellschaftsvertrag deshalb, wäre die Nichtigkeit schon von Anfang an erkannt worden, auch ohne sie geschlossen worden wäre. In allen anderen Fällen muss es grundsätzlich bei dem Recht der Gründer bleiben, unter Berufung auf die Gesamtnichtigkeit des Gesellschaftsvertrages auf der Aufgabe der Eintragungsabsicht und der Liquidation der eventuell bereits entstandenen Vorgesellschaft zu bestehen. Auch die Tatsache, dass die Gesellschaft bereits in Vollzug gesetzt worden ist, recht- 271 fertigt insofern keine andere Bewertung. Der einzige Lebenszweck der Vorgesellschaft ist es, zu der von den Gründern geplanten rechtsfähigen AG zu werden und deren Geschäfte vorzubereiten; erweist sich dies als unerreichbar, weil die AG, die allenfalls entstehen könnte, nicht die von den Gründern geplante sein könnte, so ist ihr Lebenszweck erschöpft, ein Interesse an ihrer weiteren Bestandserhaltung nicht anzuerkennen. Allerdings muss sich das Recht der Gründer, sich auf die (objektive) Nichtigkeit des 272 Gesellschaftsvertrages zu berufen, unter einem anderen Gesichtspunkt Einschränkungen gefallen lassen. Die Gründer können nämlich aufgrund ihrer gesellschaftlichen Treuepflicht gehalten sein, Änderungen des Gesellschaftsvertrages zuzustimmen, die es ermöglichen, das mit der nichtigen Regelung erstrebte Ergebnis auf einem anderen, zulässigen Wege zu erreichen und auf diese Weise die Gesellschaft unter Aufrechterhaltung der mit ihrer Gründung verfolgten organisatorischen und wirtschaftlichen Ziele und unter Beibehaltung des mit dem (nichtigen) Gesellschaftsvertrag zum Ausdruck gelangten Interessenausgleichs unter den Gründern zur Eintragung zu bringen, s aber § 27 Rdn 252 zur fehlenden Festsetzung von Sacheinlagen. Zwar kann der Gesellschaftsvertrag, wenn er tatsächlich in seiner Gesamtheit nichtig und deshalb ohne Bindungswirkung für die an seinem Abschluss Beteiligten ist, auch die gesellschaftliche Treuepflicht nicht zum Entstehen bringen. Auch die bereits in Vollzug gesetzte Vorgesellschaft wird eine Treuepflicht regelmäßig nur insoweit schaffen, wie es nicht gerade um das Recht geht, unter Berufung auf die Fehlerhaftigkeit der Gesellschaft deren Auflösung zu verlangen. Man wird jedoch nicht ohne weiteres annehmen dürfen, dass die Fehlerhaftigkeit einer einzelnen Regelung, die das Scheitern der Gesellschaftsgründung in der zunächst vorgesehenen Form nach sich zieht, unter allen Umständen bereits endgültig von der Treue zu dem Ziel der Gesellschaftsgründung als solcher entbindet. Dies steht außer Zweifel, wenn der Gesellschaftsvertrag, wie nicht selten, ausdrücklich die Verpflichtung der Gesellschafter festschreibt, bei Nichtigkeit einzelner Bestimmungen an Vertragsänderungen mitzuwirken, die die Erreichung des mit der Gesellschaftsgründung erstrebten Ziels ermöglichen. Aber auch ohne eine derartige Klausel wird man eine solche Verpflichtung zumindest auf dem Wege ergänzender Vertragsauslegung als typischen Inhalt einer gemeinsamen Gesellschaftsgründung anzusehen haben.273 Dieser in dem Abschluss des Gesellschaftsvertrags liegende Grundkonsens bleibt zunächst auch dann bestehen und verpflichtet die Gründer zumindest nicht weniger zur Treue gegenüber dem gemeinsam angestrebten Ziel der Gesellschaftsgründung als ein bindender Vorvertrag, wenn sich die Satzung in ihrer zunächst festgelegten Form wegen Unwirksamkeit einzelner bedeutsamer Regelungen als nicht realisierbar herausstellt. Die Gründer sind deshalb verpflichtet, Änderungen des Gesellschaftsvertrages zuzustimmen, mit deren Hilfe das angestrebte Ziel auf einem anderen Wege erreicht und die Gesellschaft unter Aufrechterhaltung ihrer beabsichtigten Organisationsstruktur, ihrer wirtschaftlichen Ziele und des vereinbarten Interessenausgleichs unter den Gründern eingetragen werden kann. Erst wenn

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273 (Dazu auch die Überlegungen von Wiedemann GesR I § 3 I 2 c) S 153 f). Ähnlich MünchKommAktG/ Pentz Rdn 172 und KK/Arnold Rdn 159, 163.

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sich dies als nicht möglich erweisen sollte, steht der Berufung des einzelnen Gründers auf die Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrages nichts mehr entgegen. Bei Nichtigkeit der Beitrittserklärung eines der Gründer (subjektive Teilnichtigkeit) fehlt es an der vollständigen Übernahme des Grundkapitals (Grundsatz der Simultan- oder Einheitsgründung, oben Rdn 2 und 93 f) durch die Gründer. Infolgedessen kann die Gesellschaft nicht eingetragen werden (§ 38 Abs 1 Satz 2). Eine Verpflichtung der übrigen Gründer, den Ausfall zu übernehmen, kann ebensowenig angenommen werden, wie die Verpflichtung, durch Änderung des Gesellschaftsvertrages an der Gründung einer Gesellschaft mit einem fühlbar geringeren Grundkapital und damit einer schmaleren Eigenkapitalbasis teilzunehmen; nicht selten wird diese Möglichkeit im Übrigen auch schon deshalb ausscheiden, weil durch den Ausfall des Mitgründers das Grundkapital unter den Mindestbetrag des § 7 gefallen ist. Im Ergebnis zieht damit die Nichtigkeit der einen Gründererklärung im Zweifel die Nichtigkeit des gesamten Gesellschaftsvertrags und damit das Scheitern der Gesellschaftsgründung nach sich.274 Auf die Nichtigkeit können sich alle Gesellschafter, auch die Gesellschaft selber und auch Dritte, berufen. Die Annahme, der Grundsatz des § 139 BGB könne auch schon vor Eintragung keine Geltung beanspruchen,275 erweist sich mithin auch hier als unzutreffend. An dieser Rechtslage ändert im Grundsatz auch die Invollzugsetzung der Gesellschaft nichts. Ein Unterschied ergibt sich nur insofern, als die Konsequenzen der Nichtigkeit nunmehr in Form der Liquidation der entstandenen Vor-AG nach den Regeln über Auflösung und Abwicklung fehlerhafter Gesellschaften zu ziehen sind, dazu schon oben Rdn 208 f. Das Recht jedes einzelnen Gründers, unter Berufung auf den Ausfall des Mitgründers und die daraus resultierende Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrages insgesamt die Auflösung zu fordern und die Eintragung der Gesellschaft zu verhindern, wird dadurch nicht berührt.276 Die nachträgliche Behebung bestehender Gründungsfehler erfolgt bei objektiven Mängeln durch Vereinbarung einer inhaltlich fehlerfreien Satzung und Aktienübernahme, bei subjektiven Mängeln durch Übernahme des fehlenden Teils des Grundkapitals durch einen der Gründer oder durch Beitritt eines weiteren Gründers, der diesen Teil der Aktien übernimmt. Dies kann auch der ursprüngliche Gründer sein, wenn sein Beitritt diesmal fehlerfrei ist. In allen genannten Fällen ist die Aufnahme einer neuen, materiell wie formell (insbes notariell errichteten) den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Urkunde (§ 23 Abs 1) erforderlich.277 Siehe aber Rdn 59. Dabei ist eine Bezugnahme auf die erste Gründungsurkunde, sofern diese wenigstens formgerecht war, möglich, so dass nicht sämtliche Erklärungen von neuem abgegeben werden müssen. Beide Urkunden bilden dann zusammen die dem Registergericht einzureichende Gründungsurkunde. Wegen der Möglichkeit nachträglicher Genehmigung in einzelnen Fällen, s Rdn 87 f.

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274 Ulmer/Habersack/Löbbe § 2 Rdn 154; Scholz/Emmerich § 3 Rdn 67; Baumbach/Hueck/Fastrich § 2 Rdn 38. 275 Dazu o Rdn 212. 276 HM, s nur KK/Arnold Rdn 160; Ulmer/Habersack/Löbbe § 2 Rdn 155; Scholz/Emmerich § 2 Rdn 69 f. 277 HM, Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack § 53 Rdn 82; MünchKommAktG/Harbarth GmbHG § 53 Rdn 166; Scholz/Emmerich § 2 Rdn 21 f; ebenso BGH LM Nr 1 zu § 11 GmbHG; BGHZ 21, 242, 246; 29, 300, 303; WM 1983, 230, jeweils zu Änderungen im Mitgliederbestand; s ferner OLG Köln GmbHR 1995, 725, 726; im Ergebnis auch Hüffer/Koch § 41 Rdn 7; aA Michalski/Hoffmann § 53 Rdn 45; Scholz/Schmidt § 11 Rdn 57; Priester ZIP 1987, 280, 283.

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4. Rechtslage nach Eintragung der Gesellschaft a) Grundsatz. Nach der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister wird die 278 Wirksamkeit der damit entstandenen AG und ihrer Satzung kraft ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift, § 275 f AktG iVm § 397 FamFG, durch Mängel der Satzungsfeststellung oder der Aktienübernahme grundsätzlich nicht mehr berührt. Dies gilt gleichermaßen für formelle wie für materielle Mängel, und zwar sogar dann, wenn der Mangel bereits vor der Eintragung geltend gemacht worden war. Dieser Regelung liegt der Gedanke zugrunde, dass die mit der Eintragung als rechtsfähige juristische Person ins Leben getretene und als solche im Handelsregister verlautbarte Gesellschaft nunmehr eine von dem Willen ihrer Gründer und von den Vorgängen bei ihrer Gründung unabhängige, nur durch ihre Satzung als Organisationsstatut und „Verfassung“ bestimmte eigene Existenz erlangt hat. Die damit nach innen wie nach außen geschaffenen vollendeten Tatsachen können im Interesse der Rechtssicherheit nicht mehr einfach als ungeschehen behandelt werden.278 Im Einzelnen gilt folgendes: b) Formfehler. Fehlt es an der formgerechten Beurkundung der gesamten Satzung 279 oder einzelner Teile nach § 23 Abs 1 Satz 1 oder ist, was eher vorkommen wird, bei der Beurkundung der Satzung oder Teilen von ihr ein nach allgemeinem Recht zur Unwirksamkeit der Beurkundung führender Fehler unterlaufen, so ist die darauf beruhende Nichtigkeit der Gründung nach heute ganz hM durch die Eintragung der Gesellschaft völlig geheilt. § 275 Abs 1 Satz 1 greift nicht ein, weil die dort getroffene Regelung, die nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift nicht erweiterungsfähig ist (§ 275 Abs 1 Satz 2), ausschließlich inhaltliche Mängel der Satzung, nicht aber bei der Beurkundung unterlaufene formelle Fehler zum Gegenstand hat.279 c) Objektive Mängel. Auch inhaltliche (objektive) Mängel der Gesellschaft können 280 nach der Eintragung grundsätzlich nicht mehr zur Nichtigkeit der Gesellschaft führen. Selbst schwere Mängel wie Gesetz- oder Sittenwidrigkeit (§§ 134, 138 BGB) bilden dabei keine Ausnahme. Etwas anderes gilt nach § 275 Abs 1 Satz 1 nur für das Fehlen einer Bestimmung 281 über die Höhe des Grundkapitals (§ 23 Abs 3 Nr 3) sowie das Fehlen280 oder die Nichtigkeit der Bestimmung über den Gegenstand des Unternehmens (§ 23 Abs 3 Nr 2). In diesen Ausnahmefällen kann jeder Aktionär sowie jedes Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied mit der in § 275 Abs 2 genannten Einschränkung binnen drei Jahren nach der Eintragung

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278 Heute allgM: zu diesem Gedanken und seiner geschichtlichen Entwicklung grundsätzlich Wiedemann GesR I § 3 I 2 S 147 ff, insbes S 148 f; s auch schon o Rdn 12. 279 HM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 174; KK/Arnold Rdn 164 f; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 38; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 60; Hüffer/Koch Rdn 42; ebenso die heute ganz hM im GmbH-Recht im Hinblick auf § 75 GmbHG: Roth/Altmeppen § 2 Rdn 34; Baumbach/Hueck/Fastrich § 2 Rdn 15, 41 jeweils mwN; s auch BGH ZIP 1995, 1983, 1984 zur Heilung eines nicht beurkundeten satzungsändernden Beschlusses in der GmbH; zur älteren Ansicht, die die Nichtigkeitsklage auch bei Formnichtigkeit des ganzen Gesellschaftsvertrages mit der Begründung zuließ, in diesem Falle fehle es auch an den (heute für die AG) in § 275 Abs 1 Satz 1 aufgeführten Bestimmungen, vgl RGZ 54, 418, 421 (GmbH) und RG Recht 1911 Nr 2988. Diese Ansicht hatte Eingang auch in Teile der älteren Literatur gefunden, s etwa Schlegelberger/Quassowski § 16 Rdn 4 u § 216 Rdn 3; wie hier aber für die AG bereits RGZ 114, 77, 80, wo allerdings die Heilungsmöglichkeit bei gänzlichem Fehlen der notariellen Beurkundung noch offenblieb. 280 Zur Frage, ob die Angabe eines falschen, weil in Wahrheit nicht gewollten, Unternehmensgegenstandes als Fehlen der Angabe des in § 23 Abs 3 Nr 2 gemeinten anzusehen ist, o Rdn 350 ff.

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§ 23 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

der Gesellschaft (§ 275 Abs 3) Klage mit dem Ziel erheben, dass die Gesellschaft durch Gerichtsurteil für nichtig erklärt wird. Außerdem kann die Gesellschaft in diesen Fällen ohne die genannte zeitliche Begrenzung nach Maßgabe der Bestimmung des § 397 FamFG von Amts wegen als nichtig gelöscht werden. Wegen der Einzelheiten der Nichtigkeitsklage und wegen des Amtslöschungsverfahrens s die Erläuterungen zu § 275, wegen etwaiger Heilungsmöglichkeiten (§ 275 Abs 2) diejenigen zu § 276. 282 Das Fehlen oder die Nichtigkeit anderer nach § 23 Abs 3 erforderlicher Regelungen (Nr 1, 4, 5 oder 6; bei Nr 3 kommt nur die Nichtigkeit in Betracht, weil das Fehlen schon unter § 275 Abs 1 S 1 und § 397 FamFG fällt) kann, wenn der Mangel nicht auf Aufforderung durch das Registergericht fristgemäß behoben wird, zur Auflösung der Gesellschaft durch rechtskräftige Verfügung des Registergerichts nach § 399 FamFG iVm § 262 Abs 1 Nr 5 führen; wegen der Einzelheiten wird auf die Erläuterungen zu § 275 und § 262 verwiesen. Zu § 23 Abs 4 vgl oben Rdn 171. 283

d) Subjektive Mängel. Für Mängel, welche die Erklärungen eines Gründers betreffen (subjektive Mängel), gelten im Grundsatz keine anderen Regeln. Auch sie werden also grundsätzlich durch die Eintragung der Gesellschaft geheilt. Da sie nicht zu den in § 275 aufgeführten Nichtigkeitsgründen zählen, können sie die Existenz der mit der Eintragung im Handelsregister entstandenen juristischen Person „AG“ nicht in Frage stellen (allgM). Darüber hinaus bewirkt die Eintragung nach hM, dass der Beteiligte ungeachtet etwaiger Mängel seiner Beteiligungserklärung in jeder Hinsicht die Stellung eines Gründers und Aktionärs mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten erlangt.281 Dies gilt ebenso für sämtliche auf Irrtum (§§ 119 ff BGB) oder Täuschung (§ 123 BGB; zur Drohung s Rdn 287 f) beruhende Willensmängel,282 wie für die Berufung auf das Vorliegen von Mängeln der in §§ 116–118 BGB aufgeführten Art, insbes die Berufung auf ein Scheingeschäft,283 und sogar für Verstöße der Gründererklärungen gegen §§ 134, 138 BGB.284 Das gleiche gilt für Übernahmeerklärungen, die mit einer unzulässigen Bedingung oder Befristung (oben Rdn 96) versehen waren. Die Erklärung des Gründers wirkt nunmehr wie eine unbedingte oder unbefristete.285 Die vorstehend beschriebene „Heilung“ subjektiver Mängel der Gründererklärungen tritt auch dann ein, wenn der Mangel vorher geltend gemacht wurde, die Gesellschaft aber trotzdem eingetragen wurde.286 Auch eine Rückforderung der Einlage aus Schadensersatzgesichtspunkten ist ausgeschlossen. 287 Der Betroffene ist auf Schadensersatzansprüche gegen denjenigen beschränkt, der für die Fehlerhaftigkeit seiner Erklärung verantwortlich ist, unten Rdn 285.

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281 Ganz hM, MünchKommAktG/Pentz 175; KK/Arnold Rdn 165; Godin/Wilhelmi Vorbem zu § 23 Rdn 7; ebenso die hM im GmbH-Recht Baumbach/Hueck/Fastrich § 2 Rdn 44; Ulmer/Habersack/Löbbe § 2 Rdn 166 ff. 282 So schon die stRspr des RG, RGZ 57, 292, 297; 68, 309, 311; 82, 288, 292 u 376, 378 f; 83, 256, 264 f; 88, 187 ff; 123, 202, 207; 124, 279, 287 f; ebenso BGH LM Nr 1 zu § 15 GenG; BGH WM 1992, 1812, 1817; s ferner das in Fn 248 aufgeführte Schrifttum. 283 RGZ 57, 292, 297; 124, 279, 287 f; JW 1935, 3613; BGHZ 21, 378, 381 f; s ferner die Schrifttumsnachw in Fn 248. 284 RGZ 123, 102, 107; 124, 279, 287 ff; 127, 186, 191. 285 Heute hM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 175; Baumbach/Hueck/Fastrich § 2 Rdn 44; Michalski § 2 Rdn 66; Roth/Altmeppen § 2 Rdn 41; MünchKommAktG/Mayer GmbHG § 2 Rdn 192b; anders noch RGZ 83, 256, 258 f. 286 RGZ 82, 375, 378; ebenso MünchKommAktG/Pentz Rdn 174; KK/Arnold Rdn 164; Hüffer/Koch Rdn 42. 287 RGZ 88, 187, 189 f; 54, 128, 131 f; zust MünchKommAktG/Mayer GmbHG § 2 Rdn 204; Michalski § 2 Rdn 71; Ulmer/Habersack/Löbbe § 2 Rdn 181; Scholz/Emmerich § 2 Rdn 85; hM.

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Feststellung der Satzung | § 23

Die Begründung für diese von der hM vertretene Heilungswirkung der Eintragung 284 hat im Laufe der Zeit geschwankt und ist auch heute nicht abschließend gesichert. Während sie früher vorwiegend darin gesucht wurde, dass die Gründererklärungen nicht nur dem Vertragspartner (also den Mitgründern) gegenüber abgegeben würden, sondern zugleich an die Öffentlichkeit gerichtete (Haftungs-)Erklärungen seien und durch die Eintragung ein Rechtsschein hervorgerufen werde, auf den sich die Öffentlichkeit müsse verlassen können,288 stellen andere Auffassungen auf die besondere Interessenlage bei Errichtung einer Kapitalgesellschaft ab: auf die durch die Handelsregistereintragung und die sich daran anschließenden Bekanntmachungen verlautbarte Entstehung einer Kapitalgesellschaft mit dem in ihrer Satzung festgelegten Grundkapital müssen sich alle am Gründungsvorgang nicht Beteiligten, insbes die Gesellschaftsgläubiger, im Hinblick auf den Ausschluss der persönlichen Haftung der Gesellschafter (Garantiefunktion des Grundkapitals) verlassen können.289 Andere wiederum stellen den Bestandsschutz aller durchgeführten Organisationsakte in den Vordergrund.290 Die „Heilung“ von Beitrittsmängeln im Verhältnis zu der durch Eintragung vollwirk- 285 sam entstandenen Gesellschaft und der Ausschluss von Schadensersatzansprüchen gegen diese hindert den betroffenen Gesellschafter nicht daran, Schadensersatzansprüche gegen Dritte, auch Mitgründer, geltend zu machen, die für seinen fehlerhaften Beitritt, etwa durch Täuschung, verantwortlich sind. In Betracht kommen dafür im Wesentlichen Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung (§§ 823 ff BGB) und Verschulden bei Vertragsschluss, cic, § 311 Abs 2 BGB.291 Dieser Schadensersatzanspruch kann, wenn die übernommenen Aktien anderweit nicht oder nur unter unzumutbaren Schwierigkeiten zu veräußern sind, auch auf Übernahme der Aktien durch den Ersatzpflichtigen gerichtet sein. Dagegen kommt ein Anspruch auf Ausscheiden aus der Gesellschaft unter Erwerb der Aktien durch diese zu Lasten eines inzwischen erzielten Gewinnes oder unter gleichzeitiger Kapitalherabsetzung jedenfalls für das Gründungsrecht nach bisher hM nicht in Betracht, da sie letztlich, zumindest mittelbar, auf die von dieser abgelehnten (oben Rdn 283 f) Geltendmachung von Beitrittsmängeln gegen die Gesellschaft (Anfechtung mit ex-nunc-Wirkung) hinauslaufen würde.292 Zu einem anderen Ergebnis gelangt hier allerdings derjenige Teil des Schrifttums, der durch die „Heilung“ lediglich die Gläubigerinteressen, nicht aber diejenigen der AG geschützt sieht (oben Rdn 284 mit Fn 289). Auf der Grundlage dieser Auffassung kann eine Lösung des Betroffenen für die Zukunft (ex nunc) auf dem Wege des Erwerbs der von ihm (fehlerhaft) übernommenen

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288 Sog Rechtsscheintheorie, vgl RGZ 57, 292 (grundlegend unter Rückgriff bereits auf ältere, dahingehende Rspr); 68, 344, 346; 79, 112, 114; 118, 269, 274; 127, 186, 191; 142, 98, 102; 147, 257, 270; BGHZ 21, 378, 381 f. 289 So grundlegend Lutter Kapital, Sicherung der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung in den Aktien- und GmbH-Rechten der EWG, 1964, S 85 ff, 87 f mwN; dort auch zu weiteren Begründungsversuchen; zu den Unterschieden, die sich aus dieser Auffassung gegenüber der hM hinsichtlich der Geltendmachung von Beitrittsmängeln ex nunc ergeben können, u Rdn 285; ähnlich wie Lutter auch Geßler/Hefermehl/Bungeroth § 185 Rdn 10. 290 Voraufl (Wiedemann) § 185 Rdn 60 ff. 291 Unstr MünchKommAktG/Mayer GmbHG § 2 Rdn 204; Michalski § 2 Rdn 71; Scholz/Emmerich § 2 Rdn 85. 292 So bes deutlich Godin/Wilhelmi Vorbem § 23 Anm 7 b) und RGZ 88, 187; der Umstand, dass dort die Gesellschaft und nicht die Mitgesellschafter verklagt war, kann keinen Unterschied machen: entscheidend ist, dass die Rückgewähr der Einlage auch nicht aus Rücklagen oder Gewinnen erfolgen darf; ferner etwa RGZ 127, 186, 191: das Interesse aller derer, die mit der AG den Verkehr auf der verlautbarten Kapitalgrundlage aufgenommen haben, erfordere es, dass das nach den Gründererklärungen vorhandene, der Gesellschaft zuzuführende Vermögen ihr auch tatsächlich zufließe und verbleibe.

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§ 23 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

Aktien durch die Gesellschaft zu Lasten eines festgestellten Gewinns oder einer Kapitalherabsetzung unter ordnungsgemäßer Wahrung der Gläubigerinteressen in Betracht kommen.293 aa) Nichtzurechenbare Gründererklärungen. Eine andere Beurteilung ist angebracht, wenn der angebliche Gründer der Öffentlichkeit keine ihm nach allgmeinen Rechtsgrundsätzen zurechenbare Veranlassung gegeben hat, auf das Vorliegen einer gültigen Gründererklärung zu vertrauen. In diesem Fall muss das Vertrauen der Öffentlichkeit auf das Vorliegen einer gültigen Erklärung hinter dem Individualschutz des angeblichen Gründers zurücktreten. Die dem (angeblichen) Gründer nicht zurechenbare Erklärung erzeugt gegen ihn keinerlei Rechtswirkungen; 294 s dazu näher unten Rdn 233 ff. An der Zurechenbarkeit fehlt es, wenn der angebliche Gründer die ihm zuge287 schriebene Erklärung überhaupt nicht abgegeben hat (Unterschriftsfälschung) oder zu ihrer Abgabe gewaltsam gezwungen wurde.295 Entsprechendes muss auch dann gelten, wenn seine Erklärung gegen oder ohne seinen Willen an die Öffentlichkeit gelangt ist, weil es dann an einer Willensverlautbarung rechtsgeschäftlichen Charakters fehlt.296 Anders dürfte es in dem eher theoretischen Fall liegen, dass sich der Beteiligte nur nicht bewusst war, gerade eine auf Aktienübernahme gerichtete Erklärung abzugeben, da er in diesem Fall den Rechtsschein einer solchen Erklärung jedenfalls zurechenbar veranlasst haben wird.297 Die Drohung mit Gewalt (gegen Leib oder Leben) steht der Anwendung von Gewalt 288 gleich.298 Allerdings bedarf die Erklärung in diesem Fall der Anfechtung nach § 123 BGB. Die Anfechtung muss in Abweichung von § 124 BGB unverzüglich nach Beendigung der Zwangssituation erfolgen.299 Bei sonstigen Drohungen mit einem empfindlichen Übel bewendet es bei dem oben Rdn 283 bezeichneten Grundsatz. Aufgrund zwingender gesetzlicher Wertung (§ 105 Abs 1 BGB) nicht zurechenbar 289 sind auch die Erklärungen eines geschäftsunfähigen (§ 104 Nr 1–2 BGB) oder eines im Zustand der Bewusstlosigkeit oder der vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit (§ 105 Abs 2 BGB) handelnden Gründers. Der Schutz dieser Personengruppe hat Vorrang vor dem Schutz des Verkehrs.300 Erklärungen dieser Personen erzeugen für sie keine Rechtsfolgen und sind auch keiner Genehmigung zugänglich. Dem stehen Erklärungen beschränkt geschäftsfähiger Personen gleich, wenn die hier mögliche Genehmigung des gesetzlichen Vertreters (oben Rdn 88) versagt oder eine dafür gesetzte Frist fruchtlos verstrichen ist (§ 108 BGB); zu diesen Fragen im Übrigen auch die Erläuterungen zu § 2. 286

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293 So mit beachtlichen Gründen Lutter aaO (Fn 289) S 89 für die fehlerhafte Zeichnung bei Kapitalerhöhungen; offener möglicherweise auch BGH LM Nr 1 zu § 15 GenG, wo ausdrücklich nur eine rückwirkende Beseitigung der Beitrittserklärung für ausgeschlossen erklärt wird. 294 Ähnlich KK/Arnold Rdn 166 ff und für die GmbH Michalski § 2 Rdn 64. 295 HM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 184, 185; KK/Arnold Rdn 166; Heidel/Braunfels Rdn 53 und für die GmbH Michalski § 2 Rdn 65. 296 So KK/Kraft (Voraufl) Rdn 114. 297 Ebenso MünchKommAktG/Pentz Rdn 175 unter Hinw auf BGHZ 91, 324; Ulmer/Habersack/Löbbe § 2 Rdn 153; allg für Zulassung der Anfechtung OLG Nürnberg JW 1930, 2801 zur Genossenschaft. 298 HM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 175; KK/Arnold Rdn 166; Heidel/Braunfels Rdn 53; Michalski § 2 Rdn 65; Baumbach/Hueck/Fastrich § 2 Rdn 44. 299 MünchKommAktG/Pentz KK/Arnold u Heidel/Braunfels jeweils aaO. 300 Vgl auch BGH WM 1980, 866 unter Hinw auf BGHZ 17, 160.

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Feststellung der Satzung | § 23

bb) Folgen vollmachtloser Vertretung. Nach denselben Grundsätzen richtet sich 290 auch die Behandlung der vollmachtlosen Vertretung. Fehlt eine Vollmacht völlig (zB weil sie gefälscht ist) oder ist sie ohne oder gegen den Willen des Berechtigten in die Hände des Vertreters gelangt oder ist die Vollmachterklärung dem Vollmachtgeber aus einem anderen der vorstehend erörterten Gründe nicht zurechenbar, so zeitigen die in seinem Namen abgegebenen Erklärungen vorbehaltlich seiner Genehmigung (oben Rdn 59) keine Wirkungen gegen den angeblichen Vollmachtgeber. Die in seinem Namen eingegangenen (Gründer-)Verpflichtungen sind nach § 179 Abs 1 BGB von dem Vertreter ohne Vertretungsmacht zu erfüllen, der auch zunächst Gründer wird, aber zur Veräußerung der übernommenen Aktien verpflichtet sein kann. Eine Beschränkung seiner Haftung auf das negative Interesse oder ein Wegfall seiner Haftung, wie sie nach allgemeinem bürgerlichen Recht möglich ist (§ 179 Abs 2 und 3 BGB), kann aufgrund der Besonderheiten des Aktienrechts nicht in Betracht kommen.301 Ist dem Vertretenen der Anschein des Bestehens einer Vollmacht dagegen nach den oben (Rdn 286 ff) bezeichneten Grundsätzen zurechenbar, so ist er Gründer mit allen sich daraus ergebenden Rechten und Pflichten geworden und auf Schadensersatzansprüche gegen den Vertreter beschränkt. cc) Rechtsfolgen nicht zurechenbarer Gründererklärungen. Ist das Fehlen oder 291 die Nichtigkeit der Erklärungen eines Gründers nach diesen Grundsätzen ausnahmsweise auch noch über die Eintragung der Gesellschaft hinaus beachtlich, so begründen sie für ihn keinerlei Verpflichtungen als Gründer oder Übernehmer. Eine bereits geleistete Einzahlung ist ihm nach allgemeinen rechtlichen Regeln zurückzugewähren, ohne dass dies als verbotene Einlagerückgewähr nach § 57 gilt.302 Komplizierter sind die Rechtsfolgen in bezug auf die Gesellschaft. Zwar steht auch 292 hier der Bestandsschutz der mit der Eintragung entstandenen juristischen Person im Vordergrund. Die Rechtspersönlichkeit der eingetragenen AG wird also durch den Ausfall des Mitgründers nicht berührt; die aus der Nichtigkeit des Beitritts des Mitgründers folgende Nichtigkeit auch der Beitrittserklärungen der übrigen Gründer (oben Rdn 273) wird durch die Eintragung geheilt. Die fortwirkende Unwirksamkeit der Erklärungen des Mitgründers und damit auch seiner Übernahmeerklärung hat jedoch zur Folge, dass das in der Satzung verlautbarte Grundkapital der Gesellschaft, das dadurch keine Änderung erfährt303 nicht vollständig übernommen ist. Wird die auf diese Weise entstandene Lücke in der Abdeckung des Grundkapitals nicht durch die Haftung der Gründer nach § 46,304 die Eintrittspflicht eines Vertreters ohne Vertretungsmacht (oben Rdn 290) oder die Verantwortlichkeit einer nach § 93 oder § 116 haftenden Person (s auch § 48) geschlossen, so müssen entweder die übrigen Gründer die auf den Ausgefallenen entfallenden Aktien übernehmen oder einen neuen Gründer suchen, was allerdings die Neuvornahme des Gründungsvorgangs nach den dafür geltenden Vorschriften des § 23 Abs 1 und 2 Nr 1 und

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301 Wie hier MünchKommAktG/Pentz Rdn 176; KK/Arnold Rdn 168; ähnlich für die GmbH Baumbach/Hueck/Fastrich § 2 Rdn 45 und Ulmer/Habersack/Löbbe § 2 Rdn 160, deren Lösung, wahlweise Verpflichtung des vollmachtlosen Vertreters zur Abgabe einer formgültigen Beitrittserklärung oder zur Leistung von Schadensersatz, wobei der an die Stelle des ausgefallenen Einlageanspruchs tretende Anspruch der Gesellschaft zustehen soll, für die AG jedoch nicht gangbar sein dürfte; wiederum anders Meyer-Landrut § 2 Rdn 15: Unwirksamkeit der Gesellschaft und Auflösung nach § 144a FGG (heute § 399 FamFG). 302 Unstr s insbes MünchKommAktG/Pentz Rdn 178 und KK/Arnold Rdn 166. 303 Zur entspr Lage bei der GmbH Ulmer/Hachenburg/Löbbe § 2 Rdn 160. 304 Die aber, weil § 46 Abs 1 Verschuldenshaftung ist, dazu die Erläuterungen zu § 46, häufig nicht eingreifen wird.

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§ 23 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

2 bedingt.305 Eine Veräußerung der Aktien durch die Gesellschaft ist nicht möglich. Da sie nach § 2 vollständig von den Gründern übernommen werden müssen, sind die auf den ausgefallenen Gründer entfallenden Aktien nicht entstanden; infolgedessen können sie auch nicht der Gesellschaft zustehen.306 Kann oder soll keiner von diesen Wegen beschritten werden, so muss eine Kapital293 herabsetzung stattfinden. Sinkt dadurch das Grundkapital unter den gesetzlichen Mindestnennbetrag von 50 000,- Euro (§ 7), ohne dass gleichzeitig eine Kapitalerhöhung auf (mindestens) diesen Betrag durchgeführt werden kann, so bleibt als letzter Ausweg die Auflösung der Gesellschaft, sei es auf dem Beschlusswege, sei es von Amts wegen.307 294 Inwieweit die Aktionäre im Verhältnis zueinander verpflichtet sind, an den zur Deckung der Kapitallücke erforderlichen Maßnahmen mitzuwirken, ist eine nur an Hand der konkreten Gegebenheiten der einzelnen Gesellschaft zu beantwortende Frage, wobei allerdings nunmehr nach Eintragung der Gesellschaft die Grundsätze der gesellschaftlichen Treuepflicht verstärkte Beachtung erfordern. Eine Verpflichtung zur Übernahme der fehlenden Aktien oder zur Aufrechterhaltung der Gesellschaft auf geschmälerter Kapitalgrundlage wird man jedoch im Zweifel ebensowenig anzunehmen haben wie vor Eintragung (Rdn 269, 273) der Gesellschaft. Die Frage der Zustimmungspflicht zum Ersatz des ausgefallenen durch einen neu gewonnenen Gründer hängt von der Bedeutung des ausgefallenen für die Verwirklichung der Gesellschaftsziele sowie der Person des neugewonnenen ab. Unbedenklich zu bejahen ist dagegen die Verpflichtung zur Mitwirkung an einem Auflösungsbeschluss, wenn sich keiner der Wege zur Schließung der Deckungslücke als gangbar oder zumutbar erweist.308 Auch nach Eintragung ist noch in den dafür in Betracht kommenden Fällen (Ge295 nehmigung der Erklärungen eines beschränkt Geschäftsfähigen durch diesen selber nach Erlangung der vollen Geschäftsfähigkeit oder durch den gesetzlichen Vertreter sowie Genehmigung des Geschäftes durch den ohne Vertretungsmacht Vertretenen, vgl dazu oben Rdn 87 f) eine Genehmigung möglich. Der Genehmigende wird dadurch rückwirkend zum Gründer und Aktienübernehmer.309 XII. Satzungsergänzende Nebenabreden 296

1. Allgemeines; Begriffsbestimmung. Von der Satzung zu unterscheiden sind auf die Gesellschaft bezogene schuldrechtliche Vereinbarungen (Nebenabreden, Nebenverträge), welche die Gesellschafter oder bestimmte Gesellschaftergruppen außerhalb der Satzungsurkunde treffen. Solche neben die Regelungen der Satzung tretende schuldrechtliche Absprachen der Gesellschafter untereinander werden heute allgemein für zulässig erachtet, dazu unten Rdn 314; dort auch zu den Grenzen ihrer Zulässigkeit. Sie unterscheiden sich von gesellschaftsvertraglichen Festsetzungen grundlegend dadurch,

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305 Ebenso MünchKommAktG/Pentz Rdn 180; KK/Arnold Rdn 166; anders für die GmbH Ulmer/ Hachenburg/Löbbe § 2 Rdn 163 u Scholz/Emmerich § 2 Rdn 79: Schaffung und Ausgabe eines neuen Geschäftsanteils durch einen mit Dreiviertel-Mehrheit zu fassenden Gesellschafterbeschluß und Übernahme desselben durch den neuen Gesellschafter analog § 55 Abs 1. 306 Ebenso MünchKommAktG/Pentz Rdn 180; Godin/Wilhelmi Vor § 23 Rdn 9; aA Lutter (Fn 289) S 85. 307 Weitgehend unstr; wie hier MünchKommAktG/Pentz Rdn 180; KK/Arnold Rdn 166; Heidel/Braunfels Rdn 53; Baumbach/Hueck/Fastrich § 2 Rdn 45 für die GmbH. 308 Ebenso Voraufl (Brändel) § 2 Rdn 93, der eine entspr Verpflichtung auch für die Zustimmung zur Kapitalherabsetzung annimmt, was nicht unbedenklich ist, dazu o im Text. 309 Ebenso für die GmbH: Roth/Altmeppen § 2 Rdn 43; Baumbach/Hueck/Fastrich § 2 Rdn 45; aA Ulmer/Hachenburg/Löbbe § 2 Rdn 164, der auch hier unter Ablehnung einer Rückwirkung nur den Weg über die Schaffung eines neuen Kapitalanteils für gangbar hält.

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Feststellung der Satzung | § 23

dass sie nicht körperschaftsrechtlicher Art sind und deshalb anders als die Satzung keine (zumindest unmittelbar) bindende Wirkung für die Gesellschaft und deren Organe, insbes deren Verwaltung, entfalten können; als außerhalb der Satzung stehende schuldrechtliche Absprachen gestalten sie die Verhältnisse der Gesellschaft nicht direkt, binden vielmehr unmittelbar nur die an ihr beteiligten Gesellschafter und deren Universalnachfolger (Erben) auf einer zweiten, nicht mitgliedschafts-, sondern schuldrechtlichen Ebene. Infolgedessen können die aus ihnen folgenden Bindungen auch nicht wie die mit der Mitgliedschaft verbundenen Rechte und Pflichten ohne weiteres mit der Veräußerung der die Mitgliedschaft verkörpernden Aktie auf einen Einzelrechtsnachfolger übergehen. Soll auch der Erwerber (Einzelrechtsnachfolger) an die unter den bisherigen Gesellschaftern getroffenen Nebenabreden gebunden werden, bedarf es dazu stets einer zu dem Aktienerwerb hinzutretenden rechtsgeschäftlichen Überleitung (Schuldübernahme oder Schuldbeitritt, Vertragsübernahme), dazu auch unten Rdn 328. Soll eine Regelung auch für die künftigen Aktionäre der Gesellschaft als solche gelten, so ist sie nur als dem Formzwang und den inhaltlichen Anforderungen des § 23 unterliegender Bestandteil der Satzung möglich. Von den sog unechten Satzungsbestandteilen (Rdn 15) unterscheiden sich die hier behandelten Nebenabreden im Wesentlichen dadurch, dass sie, weil nicht in die Satzungsurkunde aufgenommen, nicht einmal förmliche Satzungsbestandteile sind. Sie bleiben vielmehr völlig außerhalb der Satzung. Im Übrigen könnten viele Nebenabreden, zumindest als unechte Satzungsbestandteile, auch in der Satzungsurkunde festgehalten werden; zu den Gründen, warum dies dennoch nicht geschieht, sondern die Gesellschafter es häufig vorziehen, ihre satzungsergänzenden Vereinbarungen außerhalb der Satzungsurkunde zu treffen, unten Rdn 298, 324. 2. Häufigkeit und Zielsetzungen. Satzungsergänzende oder satzungsabändernde 297 schuldrechtliche Nebenabreden sind vor allem bei der GmbH häufig; sie kommen aber auch bei AG, und hier wiederum bei allen Typen, vor.310 Sie sind zwar auch bei Publikumsgesellschaften, häufiger aber bei Gesellschaften anzutreffen, die auf einen zahlenmäßig begrenzten Kreis von Aktionären zugeschnitten sind. Abreden, an denen sämtliche Aktionäre beteiligt sind, finden sich, wie aus der Natur der Sache folgt, praktisch ausschließlich bei der letztgenannten Gruppe. Sie treten hier vor allem in Gestalt sog Konsortialverträge (der Terminus wird allerdings auch in einem weiteren Sinne als Synonym für Nebenabreden der Gesellschafter allgemein verwendet) bei Gemeinschaftsunternehmen311 sowie bei Familiengesellschaften auf, wo sie vor allem das Eindringen oder die Überfremdung der Gesellschaft durch familienfremde Aktionäre verhindern oder die Machtverhältnisse zwischen den einzelnen Familienstämmen ausbalancieren sollen. Häufig sind bei diesen Gesellschaften auch nachträglich getroffene Vereinbarungen unter den Familiengesellschaftern mit dem Ziel, nach Hereinnahme familienfremder

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310 Hierzu sowie zu den folgenden Beispielen vor allem die auf einer Auswertung von Vorgängen des Bundeskartellamtes beruhenden Untersuchungen von Baumann/Reiß ZGR 1989, 157, 160 ff; Noack Gesellschaftervereinbarungen bei Kapitalgesellschaften, 1994, insbes die Beispielsfälle aus der Praxis auf S 1 ff u Joussen Gesellschafterabsprachen neben Satzung und Gesellschaftsvertrag, 1995; s ferner für die GmbH die Beispiele bei Ulmer/Habersack/Löbbe § 3 Rdn 120 ff u aus der Rspr BGH WM 1983, 334 = NJW 1983, 1910 u WM 1987, 71 = NJW 1987, 1890. 311 Dazu auch Gansweid Gemeinsame Tochtergesellschaften im deutschen Konzern- und Wettbewerbsrecht, 1976 und Wiedemann Gemeinschaftsunternehmen im deutschen Kartellrecht, 1981; Ebenroth JZ 1987, 265 ff; Schäfer/Kahlenberg WiB 1994, 4, 9; Noack aaO (Fn 310) S 41 ff mwN; HoffmannBecking ZGR 1994, 444 f; Hopt ZGR 1997 Heft 1 (speziell zu Familien- und Aktienpools, insbes unter dem WpHG); s ferner auch BGHZ 82, 188 ff, wo es allerdings um die Verpflichtung der Gründergesellschaften ging, die Nebenabreden ihren Hauptversammlungen zur Zustimmung vorzulegen.

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Großaktionäre oder nach einem going public den verbleibenden Einfluss der Familie durch Gewährleistung eines konzertierten Abstimmungsverhaltens und durch Sicherungen gegen die Abgabe weiterer Aktien an aussenstehende Aktionäre aufrechtzuerhalten. Außerhalb dieser Sonderfälle können schuldrechtliche Nebenabreden auch bei anderen Gesellschaften der Bündelung gemeinsamer Interessen von Gesellschaftergruppen durch Verabredung einer einheitlichen Ausübung der Stimmrechte dienen. 298 Die mit derartigen Nebenabreden unter den Gesellschaftern inhaltlich verfolgten Ziele sind im Einzelnen so vielgestaltig, dass sie sich abschließender Aufzählung entziehen. Im Prinzip können sie sämtliche Gegenstände betreffen, die nach Gesetz und Satzung der Entscheidung der Gesellschafter unterliegen; ausgeschlossen ist nicht einmal, dass sie sogar zumindest teilweise in den Entscheidungsraum anderer Gesellschaftsorgane eingreifen können. Große Bedeutung kommt darüber hinaus Vereinbarungen zu, die wegen des grundsätzlich zwingenden und abschließenden Charakters des Aktienrechts (§ 23 Abs 5, dazu oben Rdn 176 ff) gerade nicht als korporative Bestandteile der Satzung getroffen werden können. Die Zulässigkeit von Nebenabsprachen der Gesellschafter außerhalb der Satzung bietet damit Möglichkeiten einer flexibleren und geschmeidigeren Gestaltung der Rechtsverhältnisse der Gesellschaft, die vor allem für personalistisch gestaltete AG mit begrenztem Aktionärskreis von erheblicher praktischer Bedeutung sind. Eine gewisse Sonderstellung nehmen schließlich die Abreden ein, welche die Zusammensetzung des Gesellschafterkreises unter Kontrolle halten sollen. 3. Typische Beispielsfälle. Typische Beispiele für Nebenabreden sind Vereinbarungen über die Ausübung der Gesellschafterrechte, insbes des Stimmrechts in der Hauptversammlung. Ihr charakteristisches Mittel ist der Stimmbindungsvertrag.312 Abmachungen über die Ausübung des Stimmrechts in der Hauptversammlung haben, vor allem, wenn sämtliche oder die Mehrzahl der Gesellschafter beteiligt sind, im Ergebnis zur Folge, dass die entscheidende Willensbildung nicht mehr in der Gesellschafterversammlung (Hauptversammlung) stattfindet, sondern in ein von ihr verschiedenes, wenn auch personell vielfach identisches außergesellschaftliches Gremium313 verlagert wird. Ein derartiges Stimmenpooling ist besonders häufig unter Familienaktionären einer AG oder den Aktionären eines bestimmten Familienstammes, s schon oben Rdn 297. Nur um einen Unterfall einer solchen Stimmbindungsabrede handelt es sich bei 300 Vereinbarungen über die Besetzung des Aufsichtsrats. Die Möglichkeit, zu diesem Punkte satzungsergänzende Nebenabreden unter den Aktionären zu treffen, ist vor allem deshalb bedeutsam, weil in der Satzung nach § 101 Abs 2 Entsendungsrechte in den Aufsichtsrat nur zugunsten von Inhabern vinkulierter Namensaktien vorgesehen werden können, dazu bei § 101. Mit Hilfe von Nebenabsprachen lässt sich dieses Hindernis überwinden. 301 Die Bestellung von Vorstandsmitgliedern ist zwar vom Gesetz (§ 84 Abs 1) zwingend in die Zuständigkeit des Aufsichtsrats gelegt. Als zulässig wird jedoch die satzungsergänzende Nebenabrede der Gesellschafter angesehen, über ihren faktischen Ein299

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312 Stimmbindungs- oder Stimmpoolungsvereinbarungen werden heute ganz überwiegend für grundsätzlich zulässig erachtet, BGHZ 48, 163 ff; WM 1983, 334 = NJW 1983, 1910 sowie KK/Arnold Rdn 182; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 41a; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 64; Hüffer/Koch Rdn 42; zu den bürgerlichrechtlichen und korporationsrechtlichen Grenzen derartiger Verträge s im Einzelnen die Erläuterungen zu § 136. 313 „Vorhof“, so Hoffmann-Becking ZGR 1994, 442 f.

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fluss auf die von ihnen „entsandten“ (s vorige Rdn) Aufsichtsratsmitglieder für die Wahl bestimmter Personen in den Vorstand zu sorgen;314 dazu auch bei § 84. Nach einer weitergehenden Ansicht kann sich die in der Gesellschaftervereinbarung getroffene Absprache, zumindest dann, wenn in ihr Festlegungen über bestimmte berufliche Qualifikationen der zu bestellenden Vorstandsmitglieder festgelegt sind, für den Aufsichtsrat sogar als bindende Ermessensrichtlinie darstellen, von der er ohne Verstoß gegen § 93 nur aus wohlerwogenen Gründen im Interesse der Gesellschaft abweichen darf.315 Nicht selten finden sich in Gesellschaftervereinbarungen auch Absprachen, die gewährleisten sollen, dass alle Gesellschafter(-gruppen) über „ihr“ Mitglied im Aufsichtsrat die gleichen Informations- und Kontrollmöglichkeiten der Gesellschaft haben.316 Weitere Beispiele für Gesellschafterabsprachen außerhalb der Satzung bilden Vereinbarungen, die in Konkretisierung des in der Satzung nur in allgemeiner Form bezeichneten Unternehmensgegenstandes (§ 23 Abs 3 Nr 2, dazu oben Rdn 110 ff) Art, Umfang und Grenzen der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft in sachlicher und räumlicher, teilweise auch zeitlicher Beziehung näher festlegen. Derartige, den satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand überlagernde Absprachen können positiver wie negativer Art sein; häufig sehen sie Beschränkungen der Geschäftstätigkeit (Wettbewerbsverbote) vor, die sicherstellen sollen, dass die Gesellschaft nicht auf Gebieten tätig wird, auf denen ihre Gesellschafter, einzeln oder gemeinsam, unmittelbar oder mittelbar über mit ihnen verbundenen Unternehmen tätig sind oder tätig werden wollen.317 Anzutreffen sind aber auch umgekehrt Vereinbarungen, die verhindern sollen, dass die Gesellschafter in eine Wettbewerbssituation gegenüber der eigenen Gesellschaft treten.318 Verbreitet sind Absprachen, die der einverständlichen Festlegung der Unternehmensziele, der Marktstrategien, des Preisgebarens und überhaupt der gesamten Geschäftspolitik der Gesellschaft dienen; entsprechendes gilt für Abmachungen, die das Verhältnis zu anderen (meist verbundenen) Unternehmen, die Bezugs- und Absatzbeziehungen, teils in Verbindung mit, teils unabhängig von den vorstehend erörterten Abreden, sowie die Finanz-, Bilanzierungs- und Gewinnverwendungspolitik der Gesellschaft regeln. In Fällen dieser und ähnlicher Art wird der aktienrechtlich zwingend vorgeschriebenen Eigenverantwortlichkeit des Vorstandes (§ 76 Abs 1) und der Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder (s dazu die Erläuterungen zu §§ 95 ff) dadurch Rechnung getragen, dass in der Gesellschaftervereinbarung (ähnlich wie bei den Wahlabsprachen für die Vorstandsbestellung, oben Rdn 301) lediglich eine Verpflichtung der Gesellschafter festgelegt wird, den bestehenden Einfluss auf „ihre“ Mandatsträger in Vorstand und Aufsichtsrat iS der getroffenen Absprachen und der vereinbarten Unternehmenspolitik einzusetzen. Darüber hinaus stellt sich auch hier die Frage (s auch schon Rdn 304), in-

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314 So Baumann/Reiß aaO (Fn 310) S 192 f; Hüffer/Koch Rdn 45; tendenziell enger MünchKommAktG/Spindler § 84 Rdn 16: solche Abreden dürfen nicht auf eine Beeinträchtigung der freien Entschließung der Aufsichtsratsmitglieder zielen. 315 So Hoffmann-Becking ZGR 1994, 442, 459 f. 316 Zu dem Hintergrund derartiger Vereinbarungen, die vielfach angesichts der insbes in § 90 Abs 3 Satz 2 u Abs 5 Satz 1 enthaltenen Regelungen vordergründig nur eine Selbstverständlichkeit aussprechen, und zu den Konflikten, die sich dabei zu der gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht der §§ 93 Abs 1 Satz 3, 116 ergeben können, näher Baumann/Reiß ZGR 1989, 193 ff, 195 ff, sowie die Erläuterungen zu den genannten Vorschriften. 317 Vgl etwa RG JW 1936, 2676 und den Sachverhalt der Entscheidung BGH WM 1983, 334 = NJW 1983, 1910. 318 Immer vorbehaltlich kartellrechtlicher Grenzen, Kirchner GmbHR 1962, 26.

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wieweit solche Absprachen der Gesellschafter, die den eigentlichen Lebenszweck der Gesellschaft definieren, ungeachtet der selbstverständlich zu respektierenden Eigenverantwortlichkeit und Weisungsfreiheit des Vorstandes als Konkretisierung des Unternehmensinteresses auch von der Verwaltung im Rahmen ihres Leitungsermessens bei ihren geschäftlichen Entscheidungen zu berücksichtigen sind,319 was allerdings angesichts der engen Grenzen, die selbst ergänzenden Bestimmungen der Satzung, die dem Vorstand materielle Richtlinien für die Gestaltung seiner Geschäftspolitik geben sollen, dazu oben Rdn 194, sehr zweifelhaft ist. Jedenfalls wäre es lebensfremd, nicht in Rechnung zu stellen, dass sie in der Praxis häufig tatsächlich diese Bedeutung haben. Zu Business Combination Agreements und Investorenvereinbarungen schon Rdn 174. Ferner ermöglichen es außerhalb der Satzung verbleibende Nebenvereinbarungen, 307 den Gesellschaftern zusätzliche Finanzierungs-, Förder- und überhaupt Verhaltenspflichten (zu Wettbewerbsverboten der Gesellschafter vgl schon oben Rdn 304) aufzuerlegen, die im Hinblick auf § 55 als mitgliedschaftsrechtliche Pflichten nicht vereinbart werden können. Beispiele bilden etwa Verpflichtungen zur Zahlung von Zuschüssen, zur Gewährung von Gesellschafterdarlehen und zur Verlustübernahme.320 Der Kontrolle des Gesellschafterbestandes dienen satzungsergänzende Nebenab308 reden, die für den Fall des Bestehens von Veräußerungsabsichten eines Gesellschafters Andienungspflichten, bzw Vorerwerbs- oder Vorkaufsrechte zugunsten der bisherigen Mitgesellschafter oder eines Teiles von ihnen vorsehen.321 Sie dienen der Aufrechterhaltung des bestehenden Gesellschafterkreises oder eines Teils desselben (etwa der in einem Stimmenpool zusammengeschlossenen Gesellschafter) und wo dies nicht möglich ist, zumindest der Kontrolle über dessen Zusammensetzung. Ziel ist es, sicherzustellen, dass dem Gesellschafterkreis ausschließlich Mitglieder angehören, die bestimmte, für diesen Kreis konstituierende Eigenschaften oder Voraussetzungen mitbringen. Die Interessen, die damit gewahrt werden sollen, können sehr unterschiedlicher Art 309 sein. Häufig, aber keineswegs ausschließlich, finden sich Gesellschafterabsprachen dieser Art in Familiengesellschaften, wo sie das Eindringen familienfremder Gesellschafter verhindern, die Rechte bestimmter Familienstämme sichern oder nach Aufnahme außenstehender Gesellschafter den verbliebenen Einfluss der Familie bewahren sollen. Beispiele aus der Praxis bieten die Entscheidungen OLG Karlsruhe (WM 1990, 725 „Burda“) und vor allem (Schutzgemeinschaften in Form von BGB-Innengesellschaften) die Urteile BGH NJW 1987, 890 („Dinkelacker“) und BGHZ 126, 226. In anderen Fällen handelt es sich lediglich darum, einem Gesellschafter oder einer Gesellschaftergruppe Zuerwerbsmöglichkeiten oder umgekehrt Möglichkeiten des Ausscheidens zu sichern.322 Absprachen dieses Typs schaffen einen Ersatz dafür, dass in der Satzung der AG Anteilsvinkulierungen nur bei Namensaktien (§ 68 Abs 2) und Vorkaufs- und Vorerwerbsrechte gar nicht (§ 23 Abs 5) vorgesehen werden können, dazu auch bei § 68. 310

4. Praktische Bedeutung. Wenn sich für Gesellschaftervereinbarungen der bezeichneten Art die Bezeichnung satzungsergänzende oder schuldrechtliche Nebenabreden eingebürgert hat, so darf aus diesem Sprachgebrauch nicht gefolgert werden, dass sie in der Lebenswirklichkeit als nebensächlich angesehen werden könnten. Nicht selten enthalten die Nebenabsprachen, wie schon die bisherige beispielhafte Aufzählung der Sachverhalte erkennen lässt, die durch Nebenabreden geregelt werden können und in

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Ausdrücklich bejahend Hoffmann-Becking aaO (Fn 315) 455. BGH AG 1970, 26 f. S dazu Westermann/Klingberg in: FS Quack, 1991, S 545 ff und Hopt aaO (Fn 278). Dazu Noack aaO (Fn 310) S 24 f.

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der Praxis auch geregelt werden, diejenigen Vereinbarungen, die das Leben der Gesellschaft maßgeblich bestimmen. Die Nebenvereinbarungen werden damit zur Hauptabrede, während die Satzung nur noch den formalen organisatorischen Rahmen vorgibt, in dem anderweit getroffene Entscheidungen umgesetzt werden. Auf jeden Fall müssen die sog Nebenabreden als echte weitere Regelungsebene neben der Satzung (Regelungsebene 2. Stufe)323 verstanden werden, ohne deren Einbeziehung sich die Lebenswirklichkeit der AG nicht mehr in adäquater Weise erfassen lässt. Darüber hinaus können Nebenabreden, je nachdem, ob den daran Beteiligten oder auch der Konsortialgesellschaft als solcher Unternehmensqualität zukommt, eine Abhängigkeit der AG iSv § 17 begründen.324 Besonders deutlich wird die Tragweite satzungsüberlagernder Gesellschafterverein- 311 barungen bei den sog. Gemeinschaftsunternehmen. Bei diesen Gesellschaften, die allerdings häufiger als GmbH, seltener als AG, begründet werden, sind regelmäßig alle bedeutsamen Regelungen, die das spätere Leben der Gesellschaft bestimmen, im Voraus in einer Grundvereinbarung oder Grundlagenverständigung festgelegt. Das gilt ebenso für die Ziele der Gesellschaft wie für ihr Tätigkeitsgebiet, ihre Finanzierung, ihre Arbeitsweise, die Besetzung ihrer Organe und den Einfluss, den sich die Gründer wechselseitig darauf einräumen, und darüber hinaus auch für die Art und Weise der Willensbildung unter den Aktionären bei später erforderlich werdenden zusätzlichen Entscheidungen und ferner auch für die Voraussetzungen der Beendigung der Gesellschaft. Die Gesellschaft wird damit von Anfang bis Ende durch die unter den Gründern getroffenen Nebenabreden, die im Allgemeinen bereits zusammen mit dem zur Gründung verpflichtenden Vorvertrag, gelegentlich sogar als dessen Bestandteil, abgeschlossen werden, gesteuert, während in die Satzung, insbes auch in die Angabe des Unternehmensgegenstandes, nicht mehr als die nach dem Gesetz zwingend gebotenen Bestimmungen aufgenommen werden. Wie zu Recht angemerkt worden ist,325 stellt die Kapitalgesellschaft in diesen und 312 ähnlichen Fällen nur noch das rechtliche Instrument zur Ausführung der in den Nebenabreden (Grundvereinbarung, Konsortialvertrag) getroffenen Vereinbarungen und dessen, was später laufend im Konsortium beschlossen wird. Eine Beeinflussung der Treuepflicht durch Nebenabreden lehnt die ganz hM mit der 313 Begründung ab, innergesellschaftliche Treuepflicht und außergesellschaftliche Nebenabreden lägen auf verschiedenen Ebenen, die getrennt bleiben müssten: das die Treuepflicht prägende Gesellschaftsinteresse werde durch das objektive Recht sowie durch (die nach objektiven Grundsätzen auszulegende) Satzung und den Zweck der Gesellschaft und nicht durch sonstige von den Gesellschaftern unter sich außerhalb der Satzung getroffene Absprachen bestimmt.326 Es spricht aber doch manches dafür, bei der Bestimmung des Gesellschaftsinteresses und damit auch bei der Konkretisierung der durch dieses Interesse determinierten Treuepflicht auch die grundlegenden Vereinbarungen zu berücksichtigen, in denen sämtliche Gesellschafter einverständlich festgelegt haben, welchen Zielen „ihre“ Gesellschaft mit welchen Mitteln dienen soll und (Bindung sämtlicher Gesellschafter an diese Vereinbarung wiederum vorausgesetzt) eine spätere,

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323 So Noack aaO (Fn 310) S 118. 324 Dazu näher Baumann/Reiß ZGR 1989, 201 ff; Hoffmann-Becking ZGR 1994, 451 f u Noack aaO (Fn 310) S 262 ff. 325 Hoffmann-Becking aaO S 445. 326 So vor allem Ulmer NJW 1987, 1849, 1852; Winter Mitgliedschaftliche Treuebindungen im GmbHRecht, 1988, S 51 f; MünchKommAktG/Pentz Rdn 193; KK/Arnold Rdn 179; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 41b; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 68; Hüffer/Koch Rdn 47.

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in die Gesellschaftssphäre durchschlagende illoyale Abkehr einzelner Gesellschafter von diesem gemeinsamen die Gesellschaft betreffenden Grundkonsens auch auf der gesellschaftsrechtlichen Ebene als treuwidriges Verhalten aufzufassen;327 s dazu auch ergänzend die eng damit zusammenhängende in Rdn 335 behandelte Frage. 5. Zulässigkeitsfragen. Derartige, außerhalb des korporativen Satzungsrechts verbleibende, nur die Gründer untereinander verpflichtende Nebenabreden werden nahezu allgemein nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit für zulässig und wirksam erachtet, soweit sie nicht Regelungen zum Inhalt haben, die satzungspflichtig sind, dh nach dem Gesetz nur in korporativer Form getroffen werden können, oder dem Zweck zwingender gesetzlicher Regelungen zuwiderlaufen.328 Bei der Annahme solcher Verbote ist Zurückhaltung geboten. Dass das Gesetz die 315 Regelung eines Gegenstandes in der Satzung verlangt, bestimmte Festsetzungen also notwendiger Satzungsinhalt sind, bedeutet zunächst nur, dass die Satzung eine entsprechende körperschaftliche Regelung enthalten muss, damit die Gesellschaft eingetragen werden kann, heißt aber nicht zwangsläufig, dass das Gesetz zusätzliche, auf der schuldrechtlichen Ebene verbleibende Abmachungen der Gründer und Aktionäre, die auf diese Satzungsregelung Bezug nehmen und sie inhaltlich ausfüllen und ergänzen, ausschließen will. Dies kann nur dann angenommen werden, wenn tatsächlich feststeht, dass das Gesetz für die in der Satzung festzulegende Regelung Ausschließlichkeit beansprucht. Eine solche Annahme bedarf zwingender Gründe, die sie rechtfertigen. Besonderer Rechtfertigung bedarf deshalb die Annahme der Unzulässigkeit einer Nebenabrede, nicht umgekehrt diejenige ihrer Zulässigkeit.329 Ein klassisches Beispiel für Nebenabreden, die einen notwendigen Satzungsbe316 standteil ausfüllen und überlagern, sind Gründervereinbarungen über das Tätigkeitsfeld der Gesellschaft als Ergänzung des satzungsmäßigen Unternehmensgegenstandes. Unzulässig und unwirksam wären dagegen etwa Vereinbarungen, die die gesetzlich festgelegten Organzuständigkeiten ändern sollen oder auf eine Umgehung der gesetzlichen Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsvorschriften hinauslaufen (Abmachungen, welche die übernommenen Einlageverpflichtungen ändern sollen: zB Leistungen in Anrechnung auf die übernommene Einlagepflicht, insbes mit dem Ziel der Erbringung verdeckter Sacheinlagen, dazu näher bei § 27). Im Übrigen bleibt es aber bei dem Grundsatz, dass Gegenstand satzungsergänzender Gesellschaftervereinbarungen gerade auch das sein kann, was als korporationsrechtliche Regelung im Hinblick auf § 23 Abs 5 nicht möglich wäre.330 Ein Beispiel dafür bieten etwa Vereinbarungen, die den Gesellschaftern zusätzliche, im Hinblick auf § 55 in der Satzung nicht zulässige Nebenleistungspflichten auferlegen; dazu schon oben Rdn 307.

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327 IdS Hoffmann-Becking aaO (Fn 324) S 108 ff und insbes 462 ff; K. Schmidt GesR § 5 I 5 S 93 ff; Baumbach/Hueck/Zöllner § 47 Rdn 118. 328 HM, BGHZ 123, 15, 20; BGH WM 1993, 641 f; 1987, 71; 1983, 334; 1965, 1076 f; BB 1969, 1410 f; DB 1968, 1512; BGHZ 32, 17, 29; MünchKommAktG/Pentz Rdn 188; KK/Arnold Rdn 181; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 41; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 64; Hüffer/Koch Rdn 45; Noack aaO S 113 ff; für die GmbH Ulmer/Habersack/ Löbbe § 3 Rdn 119, 124; Baumbach/Hueck/Fastrich § 3 Rdn 57, jeweils mwN; Ansatzpunkte zu einer krit Betrachtung finden sich bei Winter ZHR 154 (1990) 259 ff, 278 ff und bei Baumann/Reiß ZGR 1989, 157 ff, 205 ff: Gefahren für die mitgliedschaftlichen Mitwirkungsrechte der nicht an ihnen beteiligten gegenwärtigen und künftigen Gesellschafter, zumal auch im Hinblick auf die fehlende Publizität von Nebenabsprachen. 329 Dazu im Einzelnen die Untersuchungen von Noack aaO (Fn 310) S 113 ff. 330 Sa MünchKommAktG/Pentz Rdn 188; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 41; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 65; Grigoleit/Vedder Rdn 9; Bürgers/Körber Rdn 50; Wachter Rdn 64.

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Selbstverständlich ist dabei stets, dass solche Vereinbarungen die schuldrechtliche Ebene nicht verlassen und sich keine korporationsrechtliche, dh mitgliedschaftsrechtliche Wirkung beilegen dürfen. Eine Nebenabrede, welche die Nebenleistungspflicht nicht nur den an ihrer Verabredung Beteiligten persönlich (zum möglichen Übergang auf Rechtsnachfolger s unten Rdn 328), sondern dem jeweiligen Aktionär auferlegen wollte,331 wäre ebenso unwirksam wie eine Gesellschaftervereinbarung, die mit unmittelbarer Wirkung eine bestimmte organisationsrechtliche Regelung der Satzung ändern wollte.332 Ebenso wenig wäre es zulässig, an die Verletzung einer nur durch Nebenabreden begründeten schuldrechtlichen Verpflichtung eine organisationsrechtliche Sanktion, etwa die Einziehung der Aktien (Kaduzierung, § 64) des vertragsbrüchigen Aktionärs, knüpfen zu wollen.333 Ein solches Vorgehen verstieße gegen § 23 Abs 5. Zu der Frage, ob unter sämtlichen Gesellschaftern getroffene grundlegende Nebenabreden Einfluss auf den konkreten Inhalt der gesellschafterlichen Treuepflicht haben können, s oben Rdn 313. Allenfalls kann in solchen Fällen die Umdeutung (§ 140 BGB) der als korporative Regelung mangels Aufnahme in die Satzung und Einhaltung der Form des § 23 Abs 1 nichtigen Vereinbarung in eine wirksame, nur die an ihr Beteiligten schuldrechtlich bindende Abrede in Betracht kommen. Die Möglichkeit einer solchen Umdeutung hängt von dem Inhalt der Abrede und den Absichten der Parteien im konkreten Einzelfall ab.334 Aus den bisherigen Ausführungen folgt zugleich, dass es in den aufgezeigten Grenzen nach dem Prinzip der Vertragsfreiheit der autonomen Gestaltung der Gründer überlassen bleibt, ob sie eine Regelung als echten Satzungsbestandteil auf der mitgliedschaftlichen Ebene oder in Form einer Nebenabrede auf der schuldrechtlichen Ebene treffen wollen. Dieses Wahlrecht haben die Gründer selbst dann, wenn die in der satzungsergänzenden Nebenabsprache getroffenen Vereinbarungen so wichtig sind, dass erst sie die Erreichung des mit der Gründung der Gesellschaft angestrebten Ziels möglich machen.335 Enthält die unter den Gründern getroffene Vereinbarung Absprachen zugunsten der künftigen AG, so ist es eine Frage der Auslegung, ob diese daraus nach ihrer Entstehung unmittelbar eigene Ansprüche gegen den oder die aus der Abmachung verpflichteten Gründer erwerben soll (berechtigender Vertrag zugunsten Dritter, § 328 BGB) oder nur die an der Absprache beteiligten Mitgründer das Recht haben sollen, von dem oder den Verpflichteten die Erfüllung ihrer Zusage zu verlangen. Selbstverständliche Wirksamkeitsvoraussetzung einer solchen die Gesellschaft begünstigenden Gründerabsprache ist auch hier, dass durch sie keine mitgliedschaftsrechtlichen gegen § 55 verstoßenden Nebenverpflichtungen, sondern nur Verpflichtungen des Gründers persönlich, geschaffen werden, s auch oben Rdn 317. Von vornherein ausgeschlossen ist die Begründung unmittelbarer Pflichten der Gesellschaft auf dem Wege der schuldrechtlichen Absprache zwischen den Gründern; dem stünden sowohl die vor allem in §§ 26 ff normierten Kapitalaufbringungsregelungen (inhaltliche Begrenzung möglicher Vorbelastungen der Gesellschaft und Satzungszwang) als auch der Ausschluss von Verträgen zu Lasten Dritter durch das geltende Recht entgegen.

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331 BGH WM 1993, 641 f. 332 BGHZ 123, 15, 20: dort die Amtszeit von Aufsichtsratsmitgliedern bei einer GmbH. 333 Winter aaO (Fn 328) S 281; MünchKommAktG/Pentz Rdn 193; KK/Arnold Rdn 176; Heidel/Braunfels Rdn 56; Hüffer/Koch Rdn 47; s aber a Hoffmann-Becking aaO (Fn 324) S 461 f. 334 S dazu a BGH aaO; Ulmer/Habersack/Löbbe § 3 Rdn 41; Roth/Altmeppen § 3 Rdn 21. 335 BGH WM 1993, 641 f; BB 1969, 1410; WM 1965, 1076; aA Ullrich ZGR 1985, 235, 250 ff.

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6. Rechtsnatur; Begründung, Änderung, Auslegung. Statutarische Bestimmungen und satzungsergänzende Nebenabreden unterscheiden sich in ihrem rechtlichen Charakter grundlegend voneinander. Anders als (echte) satzungsrechtliche Bestimmungen, die körperschaftsrechtlicher Natur sind, sind satzungsergänzende Nebenabreden rein schuldrechtliche Verträge. Dies bedarf allerdings der Präzisierung: beschränkt sich die Absprache nicht auf die Regelung eines Einzelfalles, sondern soll sie dauerhaft als Grundsatzvereinbarung die gemeinsame Zusammenarbeit in der Gesellschaft regeln oder die Interessen einer Gesellschaftergruppe (Willensbildung, ggf auch die personelle Zusammensetzung) koordinieren, so schafft sie zwischen den Beteiligten regelmäßig eine neben der AG stehende Innengesellschaft des bürgerlichen Rechts. Nicht selten, insbes bei sog Schutzgemeinschaften,336 kommt dies darin zum Ausdruck, dass sich die beteiligten Gesellschafter auch förmlich durch Abschluss eines schriftlichen Gesellschaftsvertrages als zusätzliche Gesellschaft konstituieren.337 Als Vereinbarungen, die außerhalb der korporationsrechtlichen Regelungen des Ak323 tienrechts bleiben, unterstehen satzungsergänzende Nebenabreden deshalb grundsätzlich allein den für Verträge des betreffenden Typs geltenden Regeln des bürgerlichen Rechts, unter Einschluss ggf der Vorschriften über die BGB-Gesellschaft (§§ 705 ff BGB), und nicht den besonderen aktienrechtlichen Bestimmungen. Dies hat Auswirkungen sowohl auf ihre Begründung und ihre Auslegung als auch auf ihren sachlichen, personellen und zeitlichen Geltungsbereich. Nebenvereinbarungen unter Gesellschaftern werden im Allgemeinen auch dann nicht 324 in die Satzungsurkunde aufgenommen, sondern auch äußerlich getrennt von ihr abgeschlossen, wenn an ihr alle Gesellschafter der Kapitalgesellschaft beteiligt sind. Zwar wäre die Aufnahme in die Satzungsurkunde nicht unzulässig; es handelte sich dann um sog formelle oder unechte Satzungsbestandteile, dazu oben Rdn 15. Meistens wird von dieser Möglichkeit, wohl zwecks Vermeidung unerwünschter Publizität und Bindung an den Beurkundungszwang,338 kein Gebrauch gemacht. Ihre Begründung ist vorbehaltlich des Eingreifens besonderer Formvorschriften des allgemeinen Rechts, zB § 311b BGB oder § 766 BGB, an keine Form gebunden.339 Sie bedürfen deshalb, obwohl der schriftliche Abschluss aus Dokumentations- und Beweisgründen sicher zweckmäßig und anzuraten ist, zu ihrer Wirksamkeit – anders als der Abschluss des Gesellschaftsvertrages der AG (Satzungsfeststellung) – weder der notariellen Beurkundung (§ 23 Abs 1) noch der Anmeldung zum Handelsregister (§§ 36 ff). Sie unterliegen damit im Ergebnis keinerlei Publizitätszwang. Die Geltendmachung ihrer Unwirksamkeit, insbes aufgrund von Willensmängeln, richtet sich deshalb allein nach den Bestimmungen des allgemeinen Rechts und unterliegt nicht den Einschränkungen, die für die Satzungsfeststellung und die Übernahmeerklärung der Gründer nach Eintragung der Gesellschaft gelten. Da Nebenabreden unter den Gesellschaftern kein Bestandteil der Satzung sind, 325 können sie – wie im Grundsatz auch alle anderen schuldrechtlichen Verträge – vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen nur mit Zustimmung aller an ihnen Beteiligten und nicht wie die Bestimmungen der Satzung mit qualifizierter Mehrheit (§§ 179 ff) geändert werden.

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336 Baumann/Reiß ZGR 1989, 157, 200; Ulmer/Habersack/Löbbe § 3 Rdn 119; MünchKommBGB/ Ulmer/Schäfer § 705 Rdn 275 ff, 283; Noack aaO (Fn 310) 40 ff, 191 ff; Hüffer/Koch Rdn 46. 337 Vgl etwa den Sachverhalt der Entscheidung BGHZ 126, 226 ff mwN sowie auch die Nachw in Fn 336. 338 In diesen beiden Motiven, vor allem aber in der Vermeidung der Handelsregister-Publizität, sieht auch Hoffmann-Becking aaO (Fn 315) S 445 f die hauptsächlichen Gründe dafür, dass in weitem Umfang eine Regelung außerhalb der Satzung der Vorzug gegeben wird. 339 Alles durchweg hM, s nur MünchKommAktG/Pentz Rdn 198; KK/Arnold Rdn 175; Spindler/Stilz/ Limmer Rdn 41; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 66; Priester DB 1979, 681 mwN.

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Als Verträge individualrechtlicher Natur unterliegen Nebenabreden der Gesellschaf- 326 ter nicht dem für körperschaftliche Regelungen der Satzung geltenden Gebot objektiver Auslegung (dazu oben Rdn 37 ff). Für sie bewendet es vielmehr bei den allgemeinen Regeln über die Auslegung von Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB).340 Dies gilt auch dann, wenn sämtliche Gründer an ihnen beteiligt waren und im Gesellschafterbestand keine Änderung eingetreten ist. Bei der Auslegung schuldrechtlicher Nebenabreden können deshalb auch die subjektiven Vorstellungen der am Vertragsschluss Beteiligten, die in der Vertragsurkunde keinen Niederschlag gefunden haben, für die Ermittlung des Parteiwillens und damit des Vertragsinhalts von Bedeutung sein. Da die Ermittlung des von den vertragsschließenden Parteien gewollten Inhalts ih- 327 rer Nebenvereinbarung eine Sache der Tatsachenfeststellung und nicht eine Frage der richtigen Rechtsanwendung (§§ 545, 546 ZPO) ist, scheidet bei satzungsergänzenden Nebenabreden (in gleicher Weise wie bei den ihnen entsprechenden individualrechtlichen Satzungsbestandteilen) auch die für körperschaftsrechtliche Satzungsbestandteile geltende freie Nachprüfbarkeit des Auslegungsergebnisses durch das Revisionsgericht aus,341 dazu schon oben Rdn 54. 7. Bindung von Rechtsnachfolgern. Die schuldrechtliche Natur von Nebenabreden 328 der Gesellschafter zeigt sich vor allem bei einem Gesellschafterwechsel. Korporationsrechtliche Bestandteile der Satzung schaffen mit der Mitgliedschaft fest verbundene (akzessorische) Rechte und Pflichten, die für alle gegenwärtigen oder zukünftigen Mitglieder (Gesellschafter) der Korporation unabhängig von ihrer jeweiligen personellen Zusammensetzung gelten und deshalb mit dem Übergang der Mitgliedschaft (bei der AG der die Mitgliedschaft verkörpernden Aktie) automatisch auf den Erwerber ohne Rücksicht auf dessen Wissen und Willen mitübergehen. Gesetz, Satzungspublizität und objektive Satzungsauslegung sorgen dabei im Wesentlichen dafür, dass dem Erwerber die mit der erworbenen Mitgliedschaft verbundenen Rechte und Pflichten zumindest bekannt sein können. Anders verhält es sich mit den Rechten und Pflichten aus einer Nebenabrede, welche die Gesellschafter außerhalb der Satzung getroffen haben. Da Nebenabreden keine mitgliedschaftsrechtliche Beziehungen vermittelnde körperschaftsrechtliche Regelungen sind, sondern gegenüber der Satzung selbständige schuldrechtliche Verträge, die nicht die jeweiligen Aktionäre, sondern nur die an ihnen beteiligten Personen binden, vermag die Veräußerung der Aktionärsstellung nicht zu bewirken, dass der Erwerber auch in die Rechte und Pflichten des Veräußerers aus der Nebenabrede, die ihm aufgrund ihrer mangelnden Publizität nicht einmal bekannt sein müssen, eintritt.342 Soll auch die Rechtsstellung des Veräußerers aus der Nebenvereinbarung auf den 329 Erwerber übergehen, was zwecks Vermeidung eines Auseinanderfallens der Beteiligung an der AG und der auf sie bezogenen Gesellschaftervereinbarung meistens dringend erwünscht ist, so bedarf es dazu außer in den Fällen der Gesamtrechtsnachfolge (Erbgang, vgl §§ 1922, 1967 BGB) einer zusätzlichen rechtsgeschäftlichen Überleitung.343 Auch die

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340 BGH LM Nr 25 zu § 549 ZPO; sa NJW 1973, 1039, 1040; MünchKommAktG/Pentz Rdn 190; KK/Arnold Rdn 175; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 41; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 66; Hüffer/Koch Rdn 46; Hölters/Solveen Rdn 40; Priester DB 1979, 681, 686. 341 BGH LM Nr 25 zu § 549 ZPO; Geßler/Hefermehl/Bungeroth 54 Rdn 33 und Geßler/Eckardt Rdn 41; vgl auch KK/Arnold Rdn 26. 342 Zur GmbH BGH NJW 2010, 371; NJW 1983, 1910, 1911; ZIP 1987, 293; MünchKommAktG/Pentz Rdn 198; KK/Arnold Rdn 177; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 41a; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 66; Hüffer/Koch Rdn 46; Grigoleit/Vedder Rdn 10; Heidel/Braunfels Rdn 56; Wachter Rdn 65. 343 MünchKommAktG/Pentz Rdn 198; KK/Arnold Rdn 177; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 41a; Schmidt/ Lutter/Seibt Rdn 66.

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Satzung könnte insoweit nichts anderes bestimmen. Eine Satzungsbestimmung, die anordnete, dass jeder Erwerber von Aktien der Gesellschaft auch in etwaige von seinem Rechtsvorgänger mit seinen Mitgesellschaftern getroffenen Nebenvereinbarungen eintritt, wäre angesichts der im Aktienrecht geltenden Satzungsstrenge nichtig.344 Die Instrumente, die das bürgerliche Recht für den Übergang der Rechtsstellung 330 aus der Nebenvereinbarung zur Verfügung stellt, sind, soweit es den Übergang der Rechte betrifft, die Abtretung (§§ 398 ff BGB) und, soweit es die Verpflichtungen betrifft, Schuldübernahme (§§ 414 f BGB) und Schuldbeitritt oder (traditionell als Verbindung von Abtretung und Schuldübernahme bzw Schuldbeitritt verstanden) die Vertragsübernahme und der Vertragsbeitritt, wobei allerdings für den Übergang der Verpflichtungen stets die Zustimmung der übrigen an der Nebenabrede beteiligten Gesellschafter erforderlich ist. 331 Diese Vereinbarungen können auch konkludent getroffen werden. Der Umstand, dass der Erwerber der Gesellschaftsbeteiligung das Bestehen von Nebenabreden unter den Gesellschaftern oder sogar den Inhalt der Abrede im Einzelnen kennt, vermag nach ganz überwiegender Meinung für sich allein aber nicht die Annahme zu rechtfertigen, dass er der Nebenabrede (anstelle oder neben dem Veräußerer) beigetreten sei.345 Eine solche Annahme ginge schon allein deshalb zu weit, weil es Verpflichtungen gibt, bei denen die weitere Erfüllung durch den Veräußerer sinnvoll sein kann.346 In diesen Fällen bedarf es weiterer Anhaltspunkte, welche die Annahme einer Übernahme der Verpflichtung rechtfertigen. Anders wird es sich im Zweifel verhalten, wenn die Nebenverpflichtung eine Abmachung zum Gegenstand hat, die nicht von der Gesellschafterstellung getrennt werden und deshalb künftig von dem Ausgeschiedenen nicht mehr erfüllt werden kann. In diesen Fällen wird man einen Erwerb des Gesellschaftsanteils in Kenntnis der bestehenden Nebenvereinbarung regelmäßig als Kundgabe des Willens zum Eintritt auch in die Nebenvereinbarung anzusehen haben.347 Die Kenntnis ist, wenn die Nebenabrede als unechter Satzungsbestandteil (oben Rdn 15) Aufnahme in die Satzung gefunden hat, widerleglich zu vermuten.348 Die auf Kenntnis der Vereinbarung gestützte Annahme einer konkludenten Übernahme der aus ihr resultierenden Rechte und Pflichten durch den Erwerber kann aber nur gelten, wenn nicht andere Tatsachen eine abweichende Auslegung des Vertrages zwischen Veräußerer und Erwerber nahelegen. Letztlich handelt es sich in allen vorstehend erörterten Fällen um eine Auslegungsfrage, die sich nur unter Berücksichtigung der Art der betreffenden Nebenabrede und der sich aus ihr ergebenden Pflichten einerseits sowie der konkreten Umstände des jeweiligen Veräußerungsgeschäfts beantworten lässt. Es wird sich aber schwerlich bestreiten lassen, dass der widerspruchslose Erwerb der Gesellschafterstellung des Rechtsvorgängers in Kenntnis der von diesem in Bezug darauf eingegangenen Bindungen oder Rechte in jedem Falle ein gewichtiges Indiz für einen Übernahmewillen darstellen wird. Vielfach wird, insbes auch aufgrund einer ausdrücklichen Bestimmung dieses In332 halts in der Nebenvereinbarung, eine Verpflichtung zur Weitergabe der Bindung an den

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344 So zutr Noack aaO (Fn 277) S 175. 345 HM, MünchKommAktG/Bungeroth § 54 Rdn 42; Spindler/Stilz/Cahn/Spannenberg § 54 Rdn 39; Schmidt/Lutter/Fleischer § 54 Rdn 21; Geßler/Hefermehl/Bungeroth § 54 Rdn 36; Priester DB 1979, 686; für die GmbH Ulmer/Habersack/Löbbe § 3 Rdn 123; MünchKommGmbHG/Wicke § 3 Rdn 136; M. Winter ZHR 154 (1990) 259, 264; teilw aA KK/Dryglla § 54 Rdn 43, der es aufgrund der Maßgeblichkeit des objektiven Empfängerhorizontes als ausreichend ansieht, dass der Erwerber die Existenz einer schuldrechtlichen Nebenverpflichtung und den Willen der anderen Partei, die Pflicht zu übertragen, erkennen konnte. 346 So vor allem Ulmer/Habersack/Löbbe § 3 Rdn 123. 347 Ähnlich auch Noack aaO (Fn 310) S 176 f. 348 Ähnlich Noack aaO S 177: Beweis des ersten Anscheins; aA wohl KK/Lutter (2. Aufl) § 54 Rdn 29.

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Rechtsnachfolger bestehen. Handelt der Veräußerer dieser Verpflichtung zuwider, indem er die Bindung an die Nebenabrede nicht an den Erwerber der Gesellschaftsbeteiligung weitergibt, so kann dies – vor allem bei Verpflichtungen, die nur der Inhaber der Gesellschafterstellung erfüllen kann – Schadensersatzansprüche der Mitbeteiligten gegen den ausgeschiedenen Gesellschafter auslösen. Zur Vermeidung der dabei uU auftretenden Schwierigkeiten, den konkreten Schaden nachzuweisen, werden vielfach Vertragsstrafen vereinbart.349 Sind die an der Nebenvereinbarung beteiligten Gesellschafter untereinander in einer 333 BGB-Innengesellschaft verbunden (oben Rdn 322 f), so geschieht eine Überleitung der aus der Gesellschaftervereinbarung folgenden Rechte und Pflichten durch Übertragung der Gesellschafterstellung in dieser Innengesellschaft; im Übrigen gilt das in den vorstehenden Rdn Ausgeführte entsprechend.350 Haben die an der Absprache beteiligten Aktionäre ihre Aktien in eine Außengesell- 334 schaft eingebracht, so tritt das Problem der Weitergabe der Bindung mangels eines individuellen Aktienbesitzes nicht auf. Da Eigentümer der Aktien nur diese Außengesellschaft, nicht aber deren Mitgründer ist, ist in diesen Fällen nur die Übertragung dieser Mitgliedschaft möglich. 8. Gerichtliche Durchsetzbarkeit. Die Durchsetzung satzungsergänzender schuld- 335 rechtlicher Nebenvereinbarungen erfolgt nach den Regeln allgemeinen Rechts. In Betracht kommt vor allem die Klage auf Schadensersatz gegen den der getroffenen Absprache zuwiderhandelnden Beteiligten. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lässt aber auch die primäre Leistungsklage auf Erfüllung einer nebenvertraglich zugesagten Verhaltenspflicht zu. Handelt es sich dabei um die Abgabe einer Willenserklärung, wie etwa bei der Zusage eines bestimmten Abstimmungsverhaltens in der Hauptversammlung, so erfolgt die Zwangsvollstreckung nach § 894 ZPO.351 Umstritten ist allerdings nach wie die Frage, ob ein einer getroffenen Abrede zuwiderlaufendes Abstimmungsverhalten in der Hauptversammlung zumindest dann, wenn alle Aktionäre gebunden sind, auch zur Anfechtbarkeit des darauf beruhenden Hauptversammlungsbeschlusses führen kann.352 Dies ist nicht dogmatisch, sondern allenfalls prozessökonomisch begründbar, und besser abzulehnen. XIII. Der Vorgründungsvertrag (Vorvertrag) 1. Begriffsbestimmung. Darunter versteht man einen Vertrag, durch den die an ihm 336 Beteiligten die gegenseitige Verpflichtung begründen, an der Entstehung einer AG mitzuwirken und die dazu erforderlichen Maßnahmen zu treffen,353 insbes den in § 23 vorgesehenen Gesellschaftsvertrag (Aktienübernahme und Satzungsfeststellung) abzu-

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349 Dazu näher Noack aaO S 180. 350 Dazu auch BGHZ 126, 226 ff und Noack aaO S 180 ff; dort auch zu Konsortialgesellschaften in anderen Rechtsformen (etwa Konsortial-Verein oder Konsortial-GmbH) und den Folgen des Ausscheidens aus der Hauptgesellschaft (AG) für die Mitgliedschaft in der Konsortialgesellschaft. 351 BGHZ 48, 163 ff unter Aufgabe der gegenteiligen Rspr des Reichsgerichts, das nur die Verwirkung einer Vertragsstrafe oder die Schadensersatzleistung in Geld zuließ, vgl RGZ 112, 273, 279; 133, 90, 95; 160, 257, 262; 165, 68, 70; 170, 358, 371 f; JW 1927, 2992 f; 1938, 2833. 352 So BGH NJW 1983, 1910; dem folgend Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 68; abl die ganz hM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 193 f; KK/Arnold Rdn 180; Hüffer/Koch Rdn 47; Heidel/Braunfels Rdn 57; Wachter Rdn 67; s dazu auch Voraufl (K. Schmidt) § 243 Rdn 50 und inbes 18 ff; MünchKommAktG/Hüffer § 243 Rdn 24. 353 MünchKommAktG/Pentz § 41 Rdn 13; KK/M. Arnold § 41 Rdn 10.

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schließen. Ein solcher Vertrag kann auch in der Weise abgeschlossen werden, dass sich die Vertragsschließenden zur Gründung der AG verpflichten, wenn einer von ihnen es verlangt oder ein bestimmtes Ereignis eintritt.354 2. Mindestinhalt. Die in einem solchen Vertrag eingegangene Verpflichtung, an der Gründung der AG als Gründer mitzuwirken, kann allerdings nur dann eingeklagt werden, wenn die in ihr getroffenen Vereinbarungen bereits so bestimmt gehalten sind, dass es möglich ist, den Inhalt des abzuschließenden Gesellschaftsvertrages der AG festzulegen. Der Vorgründungsvertrag muss deshalb zwar nicht unter allen Umständen schon die gleiche Vollständigkeit aufweisen, die nach den gesetzlichen Bestimmungen für den Errichtungsakt der AG zu verlangen ist. Erforderlich ist aber mindestens, dass die in ihm getroffenen Regelungen bereits so bestimmt sind, dass das Gericht das etwa noch Fehlende durch Auslegung ermitteln355 oder unter Berücksichtigung des mutmaßlichen Parteiwillens nach § 287 ZPO ergänzen356 und auf diese Weise den Beklagten zur Abgabe der zum Abschluss des Gesellschaftsvertrages nach dem Gesetz erforderlichen Willenserklärungen (§ 894 ZPO) verurteilen kann.357 Unter dieser Voraussetzung kann uU sogar die Höhe des Grundkapitals oder der 338 Nennbetrag der Aktien offenbleiben, wenn sie wenigstens bestimmbar sind, etwa an Hand der Bilanz eines einzubringenden Unternehmens.358 Entsprechendes kann auch für die Bestimmung der Gesellschaftsfirma gelten.359 Fälle dieser Art werden vor allem in Betracht kommen, wenn der Vertrag die Umwandlung einer Personengesellschaft in eine AG vorsieht.360 Hier werden dann auch Sitz und Gegenstand des Unternehmens aus den gesamten Umständen heraus bestimmbar sein. Denkbar und zulässig ist ferner, dass die Beteiligten vereinbaren, die Festsetzung der offengebliebenen Punkte der Bestimmung eines der Gründer oder einem Mehrheitsbeschluss der Gründer zu überlassen.361 In diesem Falle sind die Grenzen der §§ 315, 317 BGB zu beachten.362 337

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3. Form. Der Vorgründungsvertrag bedarf, wenn er zu einem klagbaren Anspruch auf Beteiligung an der Gründung einer AG führen soll, zu seiner Wirksamkeit derselben Form, die für die Errichtung der AG vorgeschrieben ist.363 Das ist nach § 23 Abs 1 die Form der notariellen Beurkundung. Dieses Formerfordernis rechtfertigt sich aus der Erwägung, dass sich der Zweck der Formvorschrift des § 23 Abs 1 nicht in der Schaffung

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354 RGZ 156, 129, 138. 355 RGZ 66, 116, 121; 106, 174, 176 f; 156, 129, 138; BGH LM Nr 3 zu § 705 BGB; OLG München GmbHR 1958, 195; MünchKommAktG/Pentz § 41 Rdn 13; Hüffer/Koch Rdn 14; s zu diesen Fragen auch Ritzinger NJW 1990, 1201, 1204 u Priester GmbHR 1995, 481, 482. 356 RG SeuffA 92 Nr 138; Priester aaO. 357 BGH LM Nr 3 zu § 705 unter Bestätigung der Rspr des RG; OLG Karlsruhe NJW-RR 1996, 997 f mwN. 358 RGZ 156, 129, 138. 359 BGH LM Nr 3 zu § 705 BGB. 360 Dazu auch BGHZ 85, 350 ff und NJW 1969, 1856. 361 Vgl RGZ 156, 129, 138; Ulmer/Habersack/Löbbe § 2 Rdn 55; Baumbach/Hueck/Fastrich § 2 Rdn 34; Roth/Altmeppen § 2 Rdn 63; Scholz/Emmerich § 2 Rdn 90. 362 So Scholz/Emmerich aaO. 363 Heute ganz hM in Rspr u Schrifttum und zwar gleichermaßen für GmbH wie AG, so schon stRspr des RG: RGZ 43, 136, 139; 66, 116, 120; 106, 174, 176; 130, 73, 75; 149, 385, 395; 156, 129, 138; LZ 1920, 484; JW 1929, 649; Recht 1929 Nr 258, der sich nach anfänglichem Zögern, s etwa NJW 1969, 1856 und WM 1973, 67, 68, wo die Entscheidung der Frage dahingestellt gelassen wird, auch der BGH in WM 1988, 163, 164 = ZIP 1988, 90 angeschlossen hat. Aus dem Schrifttum: MünchKommAktG/Pentz § 41 Rdn 14; KK/Arnold Rdn 55; Hüffer/Koch Rdn 14; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 21; R. Fischer GmbHR 1954, 129, 133; Henrich Vorvertrag, Optionsvertrag, Vorrechtsvertrag, 1965 S 147 ff, 164; Priester GmbHR 1995, 481 ff; s zu älteren Auffassung Flume FS Geßler, 1971 S 3, 18 f.

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von Rechtssicherheit und Publizität in Bezug auf die errichtete AG erschöpft, sondern die Notwendigkeit der notariellen Beurkundung darüber hinaus auch dem Schutz der Gründer dienen soll, die sich Bedeutung und Tragweite ihrer auf Errichtung einer AG gerichteten Willenserklärungen bewusst machen (Warnfunktion) und sich der juristischen Beratung eines Notars bedienen sollen. Dieser Zweck der Formvorschrift würde unterlaufen, wenn sich die Gesellschaftsgründer formlos wirksam zur Errichtung einer AG verpflichten könnten. Ein formlos geschlossener Vorgründungsvertrag ist deshalb unwirksam. Dies schließt allerdings eine auf Ersatz des sog negativen Interesses beschränkte Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluss oder unerlaubter Handlung nicht aus, wenn ein Teil im berechtigten Vertrauen auf das Zustandekommen eines wirksamen Gesellschaftsvertrages Aufwendungen gemacht hat.364 Große praktische Bedeutung hat dies jedoch alles nicht. – Formwirksame Vorverträge, die zur Errichtung einer AG verpflichten, dürften ausgesprochen selten sein.365 Eher dürfte es vorkommen, dass die Gesellschafter im Bewusstsein ihres Einverständnisses in Bezug auf die künftige Errichtung einer AG lediglich aufgrund einer privatschriftlichen Grundvereinbarung oder ganz ohne förmlichen Vertrag bereits geschäftliche Schritte einleiten, die der Vorbereitung der Tätigkeit der erst noch zu gründenden AG gelten. Ein solches Vorgehen kann, je nachdem, ob die Gesellschafter bereits als Einheit rechtsgeschäftlich nach außen hervorgetreten sind oder bereits Gesamthandsvermögen gebildet haben, eine Innen- oder Außengesellschaft des bürgerlichen Rechts zwischen ihnen entstehen lassen. Eine Verpflichtung zum Abschluss des Gründungsvertrages (§ 23) ist damit nicht verbunden; denkbar sind allerdings Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss oder unerlaubter Handlung, dazu schon oben. Siehe dazu auch § 29 Rdn 19 ff und die Erläuterungen zu § 41. 4. Vollmacht von Vertretern. Nicht eindeutig geklärt ist bislang die Frage, ob auch 340 die Vollmacht eines Vertreters zum Abschluss des Vorgründungsvertrages derselben Form (mindestens notarielle Beglaubigung der Vollmacht, § 23 Abs 1 Satz 2) bedarf wie die Vollmacht zur Gesellschaftsgründung. Die Frage ist entgegen der dritten Auflage (Barz) Anm 23 aE zu bejahen. Das Beglaubigungserfordernis des § 23 Abs 1 Satz 2 hat zwar anders als der für den Hauptvertrag geltende Beurkundungszwang des § 23 Abs 1 Satz 1 keine eigentliche Warnfunktion. Er soll lediglich Zweifel an der Legitimation eines Vertreters ausschließen (vgl oben Rdn 86). Dies gilt aber nicht nur im Hinblick auf das Registergericht, sondern auch für das Verhältnis der Beteiligten untereinander. Überdies tritt die gesetzliche Rechtsfolge fehlender Beglaubigung der Vollmacht (Unwirksamkeit der Erklärung, s oben Rdn 263) unabhängig davon ein, ob die Gründer später über das Bestehen der Vollmacht uneins sind, ob also der Schutzzweck der Formvorschrift im Einzelfall tangiert ist. Bei dieser Sachlage sprechen die besseren Gründe dafür, auf den Vorgründungsvertrag nicht nur die Formvorschrift des § 23 Abs 1 Satz 1, sondern auch diejenige des § 23 Abs 1 Satz 2 anzuwenden;366 zu den Heilungsmöglichkeiten durch Genehmigung, oben Rdn 59.

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364 BGH WM 1988, 163 ff = ZIP 1988, 89 ff; zurückhaltender Baumbach/Hueck/Fastrich § 2 Rdn 33 und MünchKommGmbHG/Mayer § 2 Rdn 211; sa BGH NJW-RR 1992, 590. 365 Ähnlich Priester aaO (Fn 355) S 483 f für die GmbH. 366 Wie hier vor allem D. Reinicke NJW 1969, 1830; ebenso MünchKommAktG/Pentz § 41 Rdn 15; KK/M. Arnold § 41 Rdn 10; Hüffer/Koch Rdn 14; Spindler/Stilz/Heidinger § 41 Rdn 18; und die heute wohl überwiegende Meinung des Schrifttums zum GmbH-Recht, vgl Ulmer/Habersack/Löbbe § 2 Rdn 53; Baumbach/Hueck/Fastrich § 2 Rdn 33; MünchKommAktG/Mayer GmbHG § 2 Rdn 210; Priester aaO S 483; die in diesem Zusammenhang vielfach aufgeführte Entscheidung des BGH in NJW 1969, 1856 entscheidet die Frage nicht; die Entscheidung betrifft einen Sonderfall.

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Die Formbedürftigkeit gilt nur für die Eingehung der Verpflichtung zur Mitwirkung an der Gründung einer AG. Formfrei sind daher zunächst Zusagen, den anderen Teil für den Fall der Gesellschaftsgründung einer AG an der Gesellschaft zu beteiligen, ohne dass sich die Vertragsschließenden untereinander zur Errichtung einer AG verpflichten.367 Formfrei sind ferner sämtliche Nebenabreden unter den (Vor-)Gründern, die selbst bei Errichtung der Gesellschaft formlos getroffen werden können,368 sowie Verträge über die Mitwirkung als Treuhänder eines anderen bei der Gründung einer AG.369 Formfrei können uU auch Verträge sein, die ganz allgemein auf die Verpflichtung zur Gründung einer künftigen Handelsgesellschaft und nicht speziell auf diejenige einer AG gerichtet sind. Aus einem solchen Vertrag kann auf den Abschluss eines Vertrages über die Gründung einer OHG oder BGB-Gesellschaft geklagt werden (nicht aber einer AG), wenn jedenfalls auch die Verpflichtung zur Gründung einer solchen Gesellschaft mit einsgeschlossen werden sollte.370 § 139 BGB gilt in diesem Fall nicht. Meistens werden sie jedoch wegen Unbestimmtheit unverbindlich sein, weil die notwendige Einigung auf die Wahl einer bestimmten Gesellschaftsform noch fehlt.371 Was im Einzelnen sinnvoll ist, ist Auslegungsfrage.

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5. Wirkung des Vorgründungsvertrages. Folge des Abschlusses eines wirksamen Vorgründungsvertrages ist zunächst die Begründung einer bindenden Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Gründung einer AG nach § 23 zu den vereinbarten Bedingungen. Daneben soll er nach hM372 die Entstehung einer sog Vorgründungsgesellschaft mit dem Zweck, gemeinsam eine AG zu gründen, zur Folge haben. Allerdings dürfte diese Folge weniger auf dem Abschluss des Vorvertrages, dessen unmittelbare Wirkungen sich in der Verpflichtung zur Gründung einer AG (sa oben) erschöpfen dürften (dann reine Innengesellschaft), als vielmehr darauf zurückzuführen sein, dass die Vertragsschließenden bereits Maßnahmen zur Vorbereitung der Unternehmensaktivitäten der künftigen AG ergriffen haben,373 s dazu schon oben Rdn 339. Im letzteren Fall entsteht eine unternehmenstragende Gesellschaft, die nach hier entgegen der ganz hM entwickelten Auffassung als Rechtsträger bereits mit der späteren Vorgesellschaft und AG identisch ist (§ 29 Rdn 19 ff). XIV. Kosten der Satzungsfeststellung

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Die Kosten für die notarielle Beurkundung der Satzungsfeststellung sind nach §§ 29, 32 GNotKG von den Gründern als Gesamtschuldner zu tragen. Eine Übernahme im Innenverhältnis durch die AG ist zulässig, sofern die Voraussetzungen des § 26 Abs 2, s dort Rdn 32, erfüllt sind. Der Geschäftswert berechnet sich nach §§ 97, 107 GNotKG. Erhoben wird das Doppelte der vollen Gebühr (Nr 21100 KV GNotKG); bei der EinmannGründung wird nur eine volle Gebühr erhoben (Nr 21200 KV GNotKG). Für die Beglaubi-

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367 BGH WM 1969, 291 u WM 1973, 67, 68 jeweils für die GmbH. 368 BGH BB 1969, 772 f; Hüffer/Koch Rdn 14; Ulmer/Habersack/Löbbe § 2 Rdn 52; Priester GmbHR 1995, 481 ff; hierher gehören auch Abreden, welche lediglich für den Fall der Gründung der AG Beziehungen der Gründer untereinander regeln, RGZ 130, 73, 75. 369 BGH WM 1971, 306. 370 Etwa RGZ 123, 23, 24 u BGH WM 1984, 1507; ähnlich wie hier auch Ulmer/Habersack/Löbbe § 2 Rdn 54. 371 RGZ 106, 174, 177; OLG München GmbHR 1958, 194 f; Scholz/Emmerich § 2 Rdn 88. 372 MünchKommAktG/Pentz § 41 Rdn 16; KK/M. Arnold § 41 Rdn 11; Hüffer/Koch Rdn 15; Ulmer/Habersack/Löbbe § 2 Rdn 55 mwN; aus der Rspr BGH NJW 1983, 2822; 1984, 2164; BGHZ 91, 148, 151. 373 Str, s dazu näher bei § 41; krit a Priester GmbHR 1995, 483 f.

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gung einer Vollmacht (§ 23 Abs 1 Satz 2) fällt ein Fünftel der vollen Gebühr, höchstens jedoch ein Betrag von 70,- Euro, an (Nr 25100 KV GNotKG). XV. Annex zu § 23 Abs 3 Nr 2: Mantelgründung und Mantelverwendung 1. Die Vorrats- oder Mantelgründung a) Begriff. Von einer Vorrats- oder Mantelgründung, im älteren Sprachgebrauch 344 auch als Fassongründung bezeichnet,374 spricht man bei Gründung einer Kapitalgesellschaft, die den in ihrer Satzung angegebenen Unternehmensgegenstand entweder überhaupt nicht oder doch jedenfalls nicht in absehbarer Zeit verwirklichen soll (dazu näher unten Rdn 347 f und die dortigen Nachweise). Die Gründung einer solchen Gesellschaft ohne eigenen Geschäftsbetrieb dient dazu, durch eine Eintragung im Handelsregister die äußere Form einer Kapitalgesellschaft zu schaffen und auf diese Weise vorsorglich eine (jedenfalls zunächst) leere Hülle oder Hülse375 bereitzustellen, die irgendwann einmal in einem vorerst nicht absehbaren späteren Zeitpunkt als Mantel für die Aufnahme eines Unternehmens dienen soll, das dann sofort in der (fertigen) Rechtsform einer Kapitalgesellschaft in den Verkehr eintreten kann. Gesellschaftsgründungen auf Vorrat sind bei der GmbH häufiger zu beobachten als 345 bei der AG, kommen aber auch hier vor. Wirtschaftlich dienen sie dem Zweck, später bei Bedarf eine Kapitalgesellschaft zur Verfügung zu haben, die ihren Geschäftsbetrieb sofort unter dem Schutz der Haftungsbeschränkung unter Vermeidung des mit der erstmaligen Errichtung einer Kapitalgesellschaft verbundenen zeitaufwendigen Gründungsund Eintragungsverfahrens und der möglichen persönlichen Haftung der Beteiligten während der Übergangszeit (dazu bei § 41) aufnehmen kann. Die spätere Aufnahme des Geschäftsbetriebs (sog Mantelverwendung, dazu unten Rdn 360 ff), geschieht bisweilen durch die Gründer selber, häufiger aber nach – zumeist entgeltlicher – Veräußerung des Gesellschaftsmantels an andere (sog Mantelkauf) unter Auswechselung der Organmitglieder sowie unter Änderung des satzungsmäßigen Gegenstandes und Sitzes der Gesellschaft. b) Zulässigkeit. Vorratsgründungen sind entgegen einer in der Vergangenheit ver- 346 breiteten Ansicht376 nicht generell wegen Verstoßes gegen das Gesetz oder die guten Sitten (§§ 134, 138 BGB) oder als Scheingeschäft (§ 117 BGB) nichtig. Von einem Scheingeschäft oder der Umgehung oder Verletzung zwingender Gründungsvorschriften kann nicht die Rede sein, wenn die Gesellschaft unter Offenlegung ihres Zweckes als sog offene Vorratsgründung errichtet, mit dem ihr nach Gesetz oder Satzung zustehenden Grundkapital ausgestattet und nach registerrichterlicher Prüfung auf die Einhaltung dieser wie aller anderen gesetzlich vorgeschriebenen Gründungskautelen in das Handelsregister eingetragen wird.377 Die sicher nicht von vornherein von der Hand zu wei-

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374 KG JFG 1, 200, 201. 375 KG JW 1924, 1537. 376 Generell unter Berufung auf einen der im Text genannten Nichtigkeitsgründe abl gegenüber der Vorratsgründung: KG JFG 1, 200; 3, 193; 10, 152 = HRR 1933, 833; OLG Köln GmbHR 1988, 25; Barz in der 3. Aufl § 23 Rdn 13; Ihrig BB 1988, 1197, 1201. 377 Grundlegend BGHZ 117, 323 = NJW 1992, 1824 (zur AG) auf Vorlage des OLG Stuttgart, ZIP 1992, 1824; BGHZ 153, 158 = NZG 2003, 170 (zur GmbH); dem folgend die ganz hM im Schrifttum, vgl MünchKommAktG/Pentz Rdn 91; KK/Arnold Rdn 93; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 42; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 40; Hüffer/Koch Rdn 25; Hölters/Solveen Rdn 45; Kraft DStR 1993, 101; Roth/Altmeppen § 3 Rdn 12;

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sende Befürchtung, derartige Mäntel könnten dazu benutzt werden, bei ihrer späteren Verwendung Gesellschaften ins Wirtschaftsleben eintreten zu lassen, die nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechen, insbes nicht (mehr) das Mindestkapital besitzen, dessen reale Aufbringung das Gesetz bei der ins Leben tretenden Gesellschaft als unabdingbaren Ausgleich für die Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen erachtet, rechtfertigt nicht die Annahme einer Gesetzesumgehung bei Gründung der Gesellschaft. Diesem Bedenken ist nicht durch ein generelles, präventiv wirkendes Verbot von Vorratsgesellschaften, sondern bei der späteren Mantelverwendung in geeigneter Form Rechnung zu tragen, dazu unten Rdn 360 ff. Das dogmatische Bedenken, dass durch eine Vorratsgründung letztlich eine juristische Person ohne Verbandszweck378 und ohne einen anderen konkreten Unternehmensgegenstand als die – zumeist minimale – Tätigkeit der Verwaltung ihres eigenen Vermögens geschaffen wird, hat gegenüber der praxisnahen Erwägung zurückzutreten, dass in der Wirtschaft das in Anbetracht der langen Eintragungsfristen bei den Registergerichten als berechtigt anzuerkennende Interesse besteht, bei Bedarf alsbald den Geschäftsbetrieb im Rahmen der gewählten Rechtsform aufnehmen zu können. Unzulässig sind und bleiben dagegen grundsätzlich sog verdeckte Vorratsgründungen, dazu unten Rdn 350. 347

aa) Offene Vorratsgründungen. Von einer offenen Vorratsgründung (zT auch als offene Mantelgründung bezeichnet,379 spricht man, wenn der Zweck der Gesellschaft, lediglich als „Hülle“ oder „Mantel“ (oben Rdn 344) zur späteren Aufnahme eines Geschäftsbetriebs zu dienen, bereits in der Angabe des Unternehmensgegenstandes offengelegt wird. Als zulässige, weil in diesem Sinne wahrheitsgemäße Angabe des Unternehmensgegenstandes kann bei der Vorratsgründung vor allem „die Verwaltung des eigenen Vermögens“ oder „… der eingebrachten Einlagen“ gelten, weil der Gesellschaft während der Dauer ihrer Reservestellung immerhin tatsächlich die Aufgabe obliegt, ihr Vermögen mit dem Ziel der Erhaltung zum Zwecke seiner Verwendung für den späteren Betrieb eines Unternehmens zu verwalten.380 Wird durch eine solche oder ähnliche Bezeichnung des Unternehmensgegenstandes 348 der Vorratscharakter der Gesellschaft offengelegt, so tut es der Wirksamkeit der Gründung keinen Abbruch, dass bereits für einen späteren, vorläufig noch nicht absehbaren Zeitpunkt eine andere weitergehende Verwendung der Gesellschaft, also eine Änderung des Gegenstandes des Unternehmens, geplant ist. Dies macht den angegebenen Gegenstand nicht unrichtig. Unternehmensgegenstand kann jede erlaubte Tätigkeit sein. Dazu gehört auch die Verwaltung des eigenen Vermögens. Unabänderlichkeit des Unternehmensgegenstandes wird auch aus der Sicht des Entstehungszeitpunktes der Gesellschaft vom Gesetz nicht gefordert. Ebenso wenig berührt es die Wirksamkeit der Gründung, wenn die ins Auge gefasste spätere Verwendung der Gesellschaft nicht durch ihre Gründer, sondern durch bereits bekannte oder vorerst noch nicht bekannte Erwerber, erforderlichenfalls auch unter Verlegung des Gesellschaftssitzes, erfolgen soll. Wird eine solche Vorratsgesellschaft später tatsächlich in Betreib genommen, grei349 fen ebenso wie bei der Verwendung von Altmänteln die richterrechtlichen Grundsätze zur wirtschaftliche Neugründung, die unter anderem eine Offenlegung des Vorgangs

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Baumbach/Hueck/Fastrich § 3 Rdn 11b; Michalski § 3 Rdn 21; Kantak aaO (vor Rdn 1 unter III.) S 65; Priester DB 1983, 2221; Ebenroth/Müller DNotZ 1994, 75; J. Meyer ZIP 1994, 1661, 1662; Schall S 150 f. 378 So ua Baumbach/Hueck/Fastrich § 3 Rdn 11b. 379 Hüffer/Koch Rdn 26. 380 Ganz hM, BGHZ 117, 323, 335 f.

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gegenüber dem Registergericht und die analoge Anwendung der Unterbilanzhaftung vorsehen (näher Rdn 365 ff). Anders als bei Mantelgründungen (dort Rdn 363) stellen sich bei offenen Vorratsgründungen in der Praxis dabei aber kaum Abgrenzungsfragen zu nicht offenlegungspflichtigen und damit haftungsträchtigen Vorgängen. bb) Verdeckte Vorratsgründungen. Unzulässig ist dagegen weiterhin die sog ver- 350 deckte Vorrats- oder Mantelgründung.381 An dem Vorliegen einer in dieser Weise unzulässigen Gründung ist nicht zu zweifeln, wenn in der Satzung ein fiktiver Unternehmensgegenstand angegeben wird. Dieser Tatbestand ist erfüllt, wenn der in der Satzung genannte Unternehmensgegenstand von vornherein nicht verwirklicht werden soll, weil die Gesellschaft in Wahrheit zur späteren Verwendung für einen (beliebigen) bei ihrer Gründung noch gar nicht feststehenden Zweck vorrätig gehalten werden soll.382 Auch völlig nichtssagende und farblose Bezeichnungen des Unternehmensgegenstandes werden als unzulässig angesehen.383 Als verdeckte Vorratsgründung mit unzutreffender Angabe des Unternehmensge- 351 genstandes soll aber auch der Fall gelten, dass es bei der Gründung an der Absicht fehlt, eine dem satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand entsprechende Geschäftstätigkeit innerhalb eines absehbaren Zeitraums aufzunehmen. Das erscheint im Ausgangspunkt allerdings sehr zweifelhaft. Das Gründungsrecht wird nicht schon deshalb unterlaufen, weil die Geschäftstätigkeit (auch bewusst und gewollt) noch nicht aufgenommen wird. Im Gegenteil war es immer im Sinne des Aktienrechts, in der Kapitalgesellschaft keine laufenden Unternehmen zu übernehmen, sondern unbelastet zu starten (daher das frühere Vorbelastungsverbot), was an sich für umsichtige Unternehmer eine „ehrliche Vorratsgründung“ unter Nennung des künftigen Unternehmensgegenstandes nahelegt, sobald auch nur ein möglicher Bedarf für eine Gesellschaft zu einer bestimmten Unternehmung absehbar war. Eine Umgehung des Gründungsrechts ist damit grundsätzlich nicht verbunden, weil das Gesetz keinen bestimmten Termin zum Geschäftsbeginn vorschreibt. Lediglich bei Sacheinlagen wäre eine gewisse Aushebelung der Kapitalaufbringung 352 zu befürchten, wenn die Werthaltigkeit auf einen Stichtag geprüft würde, zu dem noch gar keine Geschäftstätigkeit aufgenommen werden soll, weil sich später bei tatsächlicher Aufnahme derselbigen dann bereits Entwertungen ergeben haben können, während das Gesetz die Kapitalaufnahme im Zeitpunkt des Beginns der Geschäftstätigkeit garantieren möchte. Bei Bareinlagen tut der Zeitpunkt der tatsächlichen Geschäftsaufnahme dagegen nichts zur Sache. Eine existente Gesellschaft und für einen bestimmten Zweck gegründete Gesellschaft bewusst noch nicht zu betreiben ist für sich genommen genau so legal und nicht zu sanktionieren wie einen leeren Aktmantel nicht zu liquidieren. Auch die hM konzediert ja, dass die Gesellschaft keiner Betriebspflicht unterliegt und dass es einer Gesellschaft nicht ihre Zulässigkeit nimmt, wenn ihr Geschäftsbetrieb erst nach einer durch die konkreten Umstände bedingten An- und Vorlaufzeit aufgenommen werden kann oder die dazu erforderliche Vorbereitungstätigkeit ins Stocken gerät.384 Warum

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381 BGHZ 117, 323, 334; aus dem Schrifttum: MünchKommAktG/Pentz Rdn 91; KK/Arnold Rdn 93; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 18a; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 40; Hüffer/Koch Rdn 25; Hölters/Solveen Rdn 45; Baumbach/Hueck/Fastrich § 3 Rdn 11b; Roth/Altmeppen § 3 Rdn 12; Michalski § 3 Rdn 22; Kantak aaO S 42 ff; Meyding aaO (vor Rdn 1 unter III.) S 37 f; Priester DB 1983, 2291, 2298 f; Ebenroth/Müller DNotZ 1994, 75, 78 ff; J. Meyer ZIP 1994, 1661, 1662 f. 382 HM, s die Nachw in Fn 144. 383 Kritisch Schall S 150 f. 384 Einschränkend jedoch Goette DStR 2010, 764, 765, der eine Mutation zur (verdeckten) Vorratsgesellschaft für möglich hält. Hiergegen Spindler/Stilz/Limmer Rdn 45.

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sich das anders verhalten soll, wenn die Gesellschaft überhaupt nicht zu dem Zweck gegründet wird, sogleich und höchstens noch mit ihr nach Ablauf einer notwendigen, kürzeren oder längeren Vorbereitungsphase ein konkret ins Auge gefasstes geschäftliches Vorhaben zu verwirklichen, sondern sie zunächst „auf Halde“ liegen soll, leuchtet entgegen der Voraufl (Rdn 124) teleologisch nicht ein. Dadurch wird bei Bargründungen niemand in einer für die Zwecke dieser Norm (oben Rdn 110, 112 ff) oder des Kapitalaufbringungsrechts relevanten Weise getäuscht oder potentiell geschädigt. Gläubiger gibt es vor Geschäftaufnahme nicht, der Vorstand bedarf noch keiner Beschränkungen und die Investoren noch keines Schutzes. Im Gegenteil: Während das aufgebrachte Kapital bei sofortiger Geschäftsaufnahme schon bald nach dem Stichtag verbraucht sein kann, wird es in solchen Fällen faktisch wesentlich länger unberührt vorgehalten. Dennoch ist der hM im Ergebnis zu folgen.385 Der Grund ist die oben erläuterte Zulas353 sung der offenen Vorratsgründung durch den BGH. Sie hat zur Folge, dass als ursprünglicher Unternehmenszweck bei Vorratsgründungen die Verwaltung eigenen Vermögens anzugeben ist und später bei Inbetriebnahme eine Änderung zu erfolgen hat. Legt man diese Rechtsprechung zugrunde, wird infolge des dadurch eingeführten Zeitmoments auch die sofortige Angabe des erst später avisierten, tatsächlichen Unternehmenszwecks zur unzulässigen Falschangabe. Daher gibt es heute bedauerlicherweise keine Grundlage mehr, eine derartige Gründung für zulässig zu halten (und damit die Risiken einer offenen Vorratsgründung im Angesicht der wirtschaftlichen Neugründung zu vermeiden). 354 Folgt man der hM, liegt ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen von verdeckten Vorratsgründungen des zuletzt genannten Typs vor, wenn branchenfremde Personen, insbes Angehörige wirtschaftsberatender Berufe, in größerer Zahl Gesellschaften – häufig mit möglichst weit gefassten Unternehmensgegenständen – gründen. Das gilt vor allem dann, wenn für diese Gesellschaften Unternehmensgegenstände angegeben werden, die völlig verschiedenen wirtschaftlichen Tätigkeitsbereichen zuzuordnen sind, was die Annahme nahelegt, dass auf diese Weise „flächendeckend“ Gesellschaftsmäntel für geeignete Kunden oder Mandanten vorgehalten werden sollen. c) Rechtsfolgen von Vorratsgründungen 355

aa) Offene Vorratsgründungen. Offene Vorratsgründungen führen nach der Rechtsprechung des BGH zur teilweisen analogen Anwendung von Gründungsrecht. Erforderlich ist danach insbesondere die Anpassung des Unternehmensgegenstandes an die aufgenommene Tätigkeit und die Anmeldung der wirtschaftlichen Neugründung nach § 37 AktG, bezogen auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Inbetriebnahme (näher unten Rdn 365 ff).

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bb) Verdeckte Vorrastgründungen unter Angabe eines unzutreffenden Unternehmensgegenstandes. Die Nennung eines unrichtigen, weil fiktiven oder (noch) nicht wirklich gewollten Unternehmensgegenstandes (oben Rdn 350 ff) führt in jedem Fall dazu, dass das Registergericht, wenn es die unzutreffende Angabe bemerkt, die Eintragung der Gesellschaft nach § 38 Abs 1 Satz 2 abzulehnen hat. Die Gesellschaft ist dann nicht ordnungsgemäß errichtet, weil das Gesetz (§ 23 Abs 3 Nr 2) die Offen-

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385 Heute ganz hM, BGHZ 117, 323, 334 f; ebenso zumindest im Ergebnis MünchKommAktG/Pentz Rdn 79; Hüffer/Koch Rdn 25; Scholz/Emmerich § 3 Rdn 13; Kantak aaO S 65; J. Meyer ZIP 1994, 1661, 1667; aA noch Barz (3. Aufl) Rdn 13; Ebenroth/Müller DNotZ 1994, 75, 81 ff; wohl auch Priester EWiR § 23 AktG 1/92 S 113, 114.

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legung der wesentlichen, die Gesellschaft prägenden Verhältnisse zum Ziel hat (oben Rdn 112, 143) und deshalb die wahrheitsgemäße Angabe des tatsächlichen Gegenstands des Unternehmens verlangt. § 23 Abs 3 Nr 2 ist mehr als eine reine Ordnungsvorschrift, der mit der Angabe eines beliebigen Unternehmensgegenstandes genüge getan werden kann. Darüber hinaus führt die Angabe eines unrichtigen, weil in Wahrheit nicht gewoll- 357 ten Unternehmensgegenstandes nach hM zur Nichtigkeit der Satzung und damit der Gesellschaftsgründung.386 Der Nichtigkeitsgrund wird teils in § 117 BGB gesehen, weil der in der Satzung genannte Gegenstand nur zum Schein angegeben worden, aber nicht wirklich gewollt war, teils in einem Verstoß gegen § 134 BGB, teilweise wird er auch unmittelbar aus § 23 Abs 3 Nr 2 wegen Nichterfüllung einer zwingenden gesetzlichen Gründungsbestimmung hergeleitet.387 Als Folge der Nichtigkeit könnte die Gesellschaft, wenn sie trotz der Angabe eines 358 falschen, weil tatsächlich nicht gewollten Unternehmensgegenstandes im Handelsregister eingetragen worden ist, grundsätzlich nach § 275 auf Klage für nichtig erklärt oder nach § 397 FamFG von Amts wegen gelöscht werden, siehe dazu aber gleich Rdn 359. Diese Folgen kann die Gesellschaft allerdings jederzeit – auch noch nach Einleitung der oben bezeichneten Verfahren – vermeiden, indem sie eine ihrem satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand entsprechende Geschäftstätigkeit aufnimmt oder bei Aufnahme eines anderen Geschäftsbetriebes ihre Satzung per Satzungsänderung den tatsächlichen Gegebenheiten anpasst, dazu näher die Erläuterungen zu § 276. Zur Heilung ausreichend ist es auch, wenn durch eine Satzungsänderung der Charakter als Vorratsgesellschaft durch Angabe des Unternehmensgegenstandes „Verwaltung eigenen Vermögens“ nachträglich offengelegt wird (oben Rdn 3 und 347). Nach einer vordringenden Sicht ist die Nichtigkeit als Folge einer bloßen Falschan- 359 gabe des Unternehmensgegenstandes unter Berufung auf Art 12 b) der Publizitätsrichtlinie (neugefasst 2009/101/EG) in Abrede gestellt worden.388 Danach kann die Gesellschaft nur bei Rechtswidrigkeit ihres tatsächlichen Unternehmensgegenstandes nach lit ii) oder bei fehlender Aufführung des Unternehmensgegenstandes in der Satzung nach lit iii), nicht aber wegen sonstiger Mängel in Verbindung mit dem Unternehmensgegenstand für nichtig erklärt werden (vgl Art 12 S 2). Daraus ist gefolgert worden, dass lediglich die Gesetz- oder Sittenwidrigkeit des tatsächlich verfolgten Unternehmensgegenstandes die Nichtigkeitsfolge auslösen könne, nicht aber die anfängliche Angabe eines falschen Unternehmensgegenstandes, weil bei richtlinienkonformer Auslegung eine falsche Angabe nicht einer fehlenden Angabe gleichgestellt werden könne. Infolgedessen sei einer verdeckten Vorratsgründung zwar die Eintragung zu versagen, sei sie aber einmal erfolgt, so könne der Verstoß gegen § 23 Abs 3 Nr 2 nicht mehr zur Nich-

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386 BGHZ 117, 323, 334; MünchKommAktG/Pentz Rdn 91; KK/Arnold Rdn 93; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 40; Hüffer/Koch Rdn 25; Hölters/Solveen Rdn 45; Michalski § 3 Rdn 22; Baumbach/Hueck/Fastrich § 3 Rdn 11b. 387 Von BGHZ 117, 323, 334 offengelassen; für Anwendung des § 117 BGB die überwM, s schon KG JFG 1, 200, 202; 3, 193, 195; ebenso KK/Arnold Rdn 93; Scholz/Emmerich § 3 Rdn 26; Baumbach/Hueck/Fastrich § 3 Rdn 11b; K. Schmidt GesR § 4 III 2 b) aa) S 69; ausführlich dazu Meyding aaO (vor Rdn 1 unter III.) S 36 ff; die Herleitung aus § 117 BGB gerät allerdings in Schwierigkeiten bei Einpersonen-Gründungen, da § 117 BGB eine empfangsbedürftige Willenserklärung und beiderseitiges Einverständnis über den Scheincharakter der Erklärung voraussetzt; für § 134 BGB vor allem Kantak aaO (vor Rdn 1 unter III.) S 48 ff und S 66 mwN; für eine unmittelbare Ableitung aus § 23 Abs 3 Nr 2: MünchKommAktG/Pentz Rdn 91. 388 MünchKommAktG/Hüffer § 275 Rdn 30 f unter Berufung auf die Marleasing-Entscheidung des EuGH, Rs. C-106/89; Slg. 1990, I-4135 = DB 1991, 157; Hüffer/Koch § 275 Rdn 17; Spindler/Stilz/Bachmann § 275 Rdn 9; Bürgers/Körber/Füller § 275 Rdn 11; Heidel/Wermeckes § 275 Rdn 8; noch weitergehend Kraft in DStR 1993, 101, 104; dagegen J. Meyer ZIP 1994, 1661 ff.

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tigkeit der Gesellschaft führen. Dem ist entgegen der Voraufl mit der mittlerweile hM zu folgen, da die Marleasing-Entscheidung des EuGH explizit eine enge Auslegung der Nichtigkeitsgründe erforderte. Der Pubilzitätsrichtlinie geht es in Art 12 erkennbar nicht vordringlich um die Durchsetzung der Publizität, sondern um die Gewährleistung von Rechtssicherheit. 2. (Alt)Mantelverwendung a) Begriff. Als Mantelverwendung ist ganz genau genommen der Vorgang zu bezeichnen, durch den eine inaktive Gesellschaft ohne Geschäftsbetrieb wirtschaftlich für die Aufnahme eines neuen Unternehmens nutzbar gemacht werden soll. Das Fehlen eines Geschäftsbetriebes kann entweder darauf beruhen, dass die Tätigkeit der Gesellschaft von Anfang an auf die Verwaltung ihres eigenen Vermögens beschränkt war (Fall der offenen Vorrats- oder Mantelgründung, s dazu oben Rdn 347) oder das ursprünglich von der Gesellschaft betriebene Unternehmen in der Zwischenzeit endgültig aufgegeben worden ist, womit die Gesellschaft als leerer Altmantel zurück bleibt. Oft wird aber auch nur der letztgenannte Fall mit dem Begriff der „Mantelverwendung“ (eigentlich: Atmantelverwendung)389 bezeichnet390 und neben die Vorratsgründung gestellt. Dieser Form der wirtschaftlichen Neugründung wird vielfach ein Mantelkauf 361 zugrunde liegen, durch den eine bisher nicht an der Gesellschaft beteiligte Person oder Personengruppe die Anteile an der „leeren“ Mantelgesellschaft erwirbt, um sie für ihre eigenen Zwecke zu verwenden, die mit dem in der Satzung der Gesellschaft bisher angegebenen Unternehmensgegenstand nicht übereinstimmen. Begrifflich notwendig ist aber weder der (völlige oder teilweise) Austausch der Anteilseigner noch der Wechsel des bisherigen satzungsmäßigen Unternehmensgegenstandes. Der mit der Benutzung eines solchen Gesellschaftsmantels verfolgte Zweck besteht 362 neben der Einsparung des mit der rechtlichen Neugründung einer Gesellschaft verbundenen Aufwandes an Arbeit, Kosten und Zeit vielfach auch in der Vermeidung der Aufbringung des gesetzlich vorgeschriebenen Mindestkapitals. Das früher mindestens daneben erstrebte Ziel, einen vorhandenen steuerlichen Verlustvortrag der Gesellschaft für das neue Unternehmen nutzen zu können, ist dagegen durch das Steuerreformgesetz 1990 (BGBl 1988 I 1093, Art 2 Ziff 3 und 12) weitestgehend fortgefallen. 363 Die Abgrenzung der wirtschaftlichen Neugründung von einer Umorganisation oder Sanierung einer aktiven GmbH kann im Einzelfall schwierig sein. Entscheidend, ob die Gesellschaft noch ein aktives Unternehmen betrieb, an das die Fortführung des Geschäftsbetriebs – sei es auch unter wesentlicher Umgestaltung, Einschränkung oder Erweiterung seines Tätigkeitsgebietes – in irgendeiner wirtschaftlich noch gewichtbaren Weise anknüpft oder ob es sich tatsächlich um einen unternehmenslosen Gesellschaftsmantel handelt, der seinen neuen oder alten Gesellschaftern ausschließlich dazu dient, unter Vermeidung der Neugründung einer die beschränkte Haftung gewährleistenden Kapitalgesellschaft, eine gänzlich neue Geschäftstätigkeit aufzunehmen.391

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389 Siehe zB Schall S 151. 390 Siehe zB Spindler/Stilz/Limmer Rdn 43. 391 Vgl BGHZ 155, 318 = NJW 2003, 3198, 3199; BGH NJW 2010, 1459 Rdn 6 ff = NZG 2010, 427; MünchKommAktG/Pentz Rdn 97; Hölters/Solveen § 23 Rdn 46; Priester DB 1983, 2297 f gegen Bommert GmbHR 1983, 212, der die Abgrenzungsschwierigkeiten als praktisch nahezu unüberwindlich erachtet und deshalb die Rechtsfigur der wirtschaftlichen Neugründung in toto verwirft.

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b) Zulässigkeit. Nach ganz überwiegender Auffassung kann selbst eine völlig ver- 364 mögenslos gewordene Gesellschaft als Mantel für die Aufnahme eines neuen Geschäftsbetriebs dienen, da die Gesellschaft als rechtsfähige juristische Person nicht schon allein bei Verlust ihres gesamten Vermögens, sondern erst dann erlischt, wenn sie im Handelsregister gelöscht wird (Lehre vom Doppeltatbestand, vgl § 11 Abs 2 InsO). Des Weiteren besteht heute entgegen älteren Ansichten392 durchweg Übereinstimmung, dass die Mantelverwendung nicht schon als solche gegen § 134 BGB oder sogar § 138 BGB verstößt.393 Sie ist vielmehr genauso so wie die Ingangsetzung einer offenen Vorratsgesellschaft nach den anschließend darzustellenden, heute weitgehend etablierten Regeln der wirtschaftlichen Neugründung zu behandeln. 3. Die Rechtsfolgen wirtschaftlicher Neugründungen durch Verwendung von offenen Vorratsgesellschaften oder Altmänteln a) Grundsatz. Nach der Rechtsrechung des BGH sind sowohl die Fälle der Ingang- 365 setzung einer Vorratsgesellschaft als auch die einer Altmantelverwendung einheitlich nach den Grundsätzen der wirtschaftlichen Neugründung zu behandeln,394 was zu einer teilweisen analogen Heranziehung des Gründungsrechts führt. Dem ist die ganz hM gefolgt. Dagegen haben abweichende Auffassung entweder die Behandlung der Altmantelgründung 395 oder der Vorratsgründung 396 nach diesen Grundsätzen abgelehnt. Diese Bedenken haben sich aber nicht durchsetzen können. Vielmehr hat die ganz hM die analoge Anwendung des Gründungsrechts für die Fälle der wirtschaftlichen Neugründung akzeptiert. Das macht aus dem Aspekt des Umgehungsschutzes heraus in beiden Fällen Sinn, allerdings in unterschiedlicher Weise. In Fällen der Altmantelverwendung liegt die Umgehung der Gründungsvorschriften 366 durch kapitallose Mäntel auf der Hand liegt. Dieses für die Gläubiger gefährliche Vorgehen hat der BGH im Zeichen des Umgehungsschutzes vollkommen zu Recht sanktioniert.397 Bei der offenen Vorratsgründung ist die Gefahr für die Gläubiger weniger ausge- 367 prägt. Die Kapitalaufbringung musste ja bereits zur Gründung nachgewiesen werden und wird während der Ruhezeit gar nicht erheblich aufgezehrt worden sein. Der Verkehr steht dadurch an sich besser da als bei sofortiger Aufnahme der Geschäftstätigkeit. Ob man daher wirklich zur Rechtsfortbildung greifen musste, lässt sich nach wie vor be-

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392 Das KG nahm zunächst, KG JW 1924, 1535 m krit Anm von Byk und Hachenburg und JFG 2, 206 = JW 1925, 635 m krit Anm v Breit, Nichtigkeit nach § 138 BGB und später unter dem Eindruck einer abweichenden Entscheidung des OLG Dresden JFG 8, 157 Nichtigkeit nach § 134 BGB an, vgl JFG 10, 152 = HRR 1933, 833 m krit Anm v Crisolli; im Ergebnis ebenso OLG Hamburg BB 1983, 1116. 393 So insbes BGHZ 117, 323, 330 ff, 336: aus der ausdrücklichen Zulassung sog offener Vorratsgründungen zum Zwecke späterer Verwertung folgt notwendigerweise die Zulässigkeit der Verwertung des so geschaffenen Mantels; für grundsätzliche Zulässigkeit ferner auch OLG Karlsruhe DB 1978, 1219; OLG Hamburg BB 1987, 505; MünchKommAktG/Pentz Rdn 96; KK/Arnold Rdn 94; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 43; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 41; Hüffer/Koch Rdn 26; Ulmer BB 1983, 1123; Baumbach/Hueck/Fastrich § 3 Rdn 11a; Roth/Altmeppen § 3 Rdn 13; Michalski § 3 Rdn 23; Scholz/Emmerich § 3 Rdn 38, 40; Priester DB 1983, 2291; Bommert GmbHR 1983, 210. 394 Grundlegend BGHZ 153, 158 (zur Vorratsgründung); BGHZ 155, 318 (zur Atmantelverwendung); bestätigt durch BGH NZG 2008, 147 = DStR 2008, 933 m Anm Goette. 395 Altmeppen NZG 2003, 145 ff; Herchen DB 2003, 2211, 2212 f. 396 Michalski § 3 Rdn 25; Raiser/Veil § 26 Rdn 35; Schall S 150 ff. 397 Diese Wertung teilt auch Altmeppen NZG 2003, 145 ff, will aber stattdessen die Haftung wegen materieller Unterkapitalsierung heranziehen, gegen die es aber weit größere Bedenken gibt und die daher von der Rspr nicht aufgegriffen worden ist, zuletzt BGHZ 176, 204 – Gamma.

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zweifeln. Immerhin droht hier aber die Umgehung der Sacheinlagevorschriften durch „verdeckte“, nicht auf ihre Werthaltigkeit überprüfte Sacheinlagen der Gesellschafter gleich nach Ingangsetzung der Vorratsgesellschaft. b) Anzuwendende Vorschriften. Zunächst ist die Änderung des Unternehmensgegenstandes zu beschließen und anzumelden. Darüber hinaus wird die wirtschaftliche Neugründung meistens auch mit Änderungen der Firma, des Geschäftssitzes sowie der Auswechselung des Vorstandes und des Aufsichtsrats einhergehen. Der wesentliche Punkt der analogen Anwendung des Gründungsrechts ist die Ver369 pflichtung zur Offenlegung der wirtschaftliche Neugründung analog der Anmeldung nach § 37, worauf hin das Registergericht seine Prüfung nach § 38 durchführt. Alle Gesellschafter und alle Organmitglieder398 haben danach zu erklären, dass die Einlagen in Gemäßheit der §§ 36, 36a, 54 Abs 3 geleistet worden sind und immer noch zu ihrer freien Verfügung stehen. Dafür muss das satzungsmäßige Grundkapital zumindet wertmäßig noch voll abgedeckt sein.399 Über die Verwendung der „Vorrats-“ oder „Mantelgesellschaft“ haben die Aktionäre einen schriftlichen „Gründungsbericht“ in Entsprechung zu § 32 Abs 1 abzufassen.400 Anschließend sind die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrates sind zur einer ensprechenden Gründungsprüfung nach den §§ 33, 34 verpflichtet.401 Der Umfang dieser Prüfung ist bei der Verwendung einer Vorratsgesellschaft in aller Regel auf die ordnungsgemäße Kapitalaufbringung zu reduzieren. Anders liegt es, wenn infolge von Sacheinlagen, deren Erbringung in einer die freie Verfügung ausschließenden Weise verabredet ist, eine erweiterte Prüfung erforderlich ist,402 wobei auch eine externe Gründungsprüfung unter den Voraussetzungen des § 33 Abs 2 möglich ist.403

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c) Rechtsfolgen unzulässiger Mantelverwendungen. Da die Gesellschaft bereits wirksam gegründet ist, kommt eine Nichtigkeit wegen Unterlassung der Angabe des tatsächlichen Unternehmensgegenstandes nicht in Betracht, so dass sie auch nicht auf Klage (§ 275) oder von Amts wegen (§ 397 FamFG) gelöscht werden kann. Anerkannt ist heute das analoge Eingreifen der Unterbilanz- bzw Verlustde371 ckungshaftung, und zwar nach einer für die Praxis eminent bedeutenden und die vorherigen Diskussionen beendenden Präziserung durch den BGH in einem Urteil zum GmbH-Recht, das nach allg Auffassung auf die AG zu übertragen ist,404 bezogen auf den Tag der Anmeldung bzw bei unterlassener Anmeldung den Tag der nach außen er-

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398 MünchKommAktG/Pentz Rdn 104; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 47; Heidel/Braunfels Rdn 31; Hölters/Solveen Rdn 50; Winnen RNotZ 2013, 389, 402; Gerber Rpfleger 2004, 469, 471. 399 BGHZ 155, 318, 326 = NJW 2003, 3198; MünchKommAktG/Pentz Rdn 101; KK/Arnold Rdn 102; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 47; Hölters/Solveen Rdn 48; Winnen RNotZ 2013, 389, 401; Gerber Rpfleger 2004, 469, 470. 400 MünchKommAktG/Pentz Rdn 103; KK/Arnold Rdn 105; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 47; Hölters/ Solveen Rdn 49; Winnen RNotZ 2013, 389, 406; Gerber Rpfleger 2004, 469, 470; aA Grooterhorst NZG 2001, 145, 148; Werner NZG 2001, 397, 398; Heinze BB 2012, 67, 68 f. 401 Heidel/Braunfels Rdn 31; Hölters/Solveen Rdn 49; Winnen RNotZ 2013, 389, 406; aA Heinze BB 2012, 67, 68 ff. 402 Spindler/Stilz/Limmer Rdn 47; Hüffer/Koch Rdn 27a; Hölters/Solveen Rdn 49; Winnen RNotZ 2013, 389, 406; Gerber Rpfleger 2004, 469, 470. 403 MünchKommAktG/Pentz Rdn 103; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 47; Hölters/Solveen Rdn 49; Gerber Rpfleger 2004, 469, 470 f. 404 KK/Arnold Rdn 92 ff; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 46; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 43; Hüffer/Koch Rdn 27 ff; Grigoleit/Vedder Vor § 23 Rdn 8 ff; Heidel/Braunfels Rdn 31; Hölters/Solveen Rdn 52; Wachter Rdn 68 ff.

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Umwandlung von Aktien | § 24

kennbaren (Wieder)Aufnahme der Geschäftstätigkeit.405 Damit ist die Gefahr unabsehbarer Verlusthaftung bei Unterlassen der Anmeldung gebannt worden.406 Die Haftung entfällt nicht bei anderweitiger Auffüllung des Gesellschaftsvermögens,407 wohl aber bei Tilgungsleistungen mit diesbezüglicher Zweckbestimmung oder hinreichend klarer objektiver Zurechenbarkeit.408 Werden die Geschäfte ohne Zustimmung der Gesellschafter vorzeitig aufgenommen, 372 soll überdies eine Handelndenhaftung analog § 41 AktG drohen.409 Das dürfte indes über das Ziel hinaus schießen, da die Handelndenhaftung eigentlich schon neben der Vorbelastungshaftung systemfremd ist und ihre analoge Erstreckung daher erst recht nicht geboten erscheint.

§ 24 Umwandlung von Aktien 2. Teil – Gründung der Gesellschaft Umwandlung von Aktien § 24 Röhricht/Schall Die Satzung kann bestimmen, dass auf Verlangen eines Aktionärs seine Inhaberaktie in eine Namensaktie oder seine Namensaktie in eine Inhaberaktie umzuwandeln ist. Schrifttum Baums Umwandlung und Umtausch von Finanzinstrumenten im Aktien- und Kapitalmarktrecht, FS Canaris, 2007, Bd 2, S 3; Dietrich Die Umwandlung von Inhaber- und Namensaktien und ihre Vinkulierung, SozPraxis 1940, 303 ff; Noack Die Umstellung von Inhaber- auf Namensaktien, FS Bezzenberger, 2000, S 291 ff; Schmitz Die Umstellung von Inhaber- auf Namensaktien durch deutsche Aktiengesellschaften, 2002; Thoma Die Umwandlung von Namensaktien in Inhaberaktien und umgekehrt durch Mehrheitsbeschluss im deutschen und schweizerischen Recht, Dissertation Freiburg 1954.

I. Vorgeschichte Nach Art 209 des Gesetzes von 1884 musste der Gesellschaftsvertrag bestimmen, ob 1 Inhaber- oder Namensaktien ausgegeben werden sollten. Bei Ausgabe beider musste er die Zahl der Aktien jeder Art festlegen. Bestimmungen, nach denen die Aktienart umgewandelt werden konnte, bedurften nach Art 209a der Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag. Das wurde dahin ausgelegt, dass die Umwandlung in jedem Falle eine Satzungsänderung sei. In Abänderung dieser Regelung waren die Aktien unter der Geltung des HGB (§ 183 aF) in Ermangelung einer anderweiten Bestimmung der Satzung Namensaktien. Die Satzung konnte jedoch jedem Aktionär die Befugnis zusprechen, die Art seiner Aktien umzuwandeln. Dem war § 17 AktG 1937 gefolgt. Das AktG 1965 beließ es zwar in § 24

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405 BGH NZG 2012, 539 = NJW 2012, 1875; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 45; Hölters/Solveen Rdn 52. 406 Das hatte die hM im Vorfeld gefordert, siehe Schall NZG 2011, 656 mN; aA insbes Bachmann NZG 2011, 441. 407 BGH NZG 2012, 539 Rdn 45 = NJW 2012, 1875; Hölters/Solveen Rdn 52; aA Jeep NZG 2012, 1209, 1216. 408 BGH NZG 2012, 539 Rdn 47 f = NJW 2012, 1875; Hölters/Solveen Rdn 52. 409 BGHZ 155, 318, 327 = NJW 2003, 3198; BGH NZG 2011, 1066 Rdn 8, 11 ff = GmbHR 2011, 1032; Hüffer NZG 2011, 1257, 1259; Gerber Rpfleger 2004, 469, 472; MünchKommAktG/Pentz Rdn 105; Schmidt/ Lutter/Seibt Rdn 45; Bürgers/Körber § 179 Rdn 25; Grigoleit/Vedder Vor § 23 Rdn 18; Heidel/Braunfels Rdn 31; Hölters/Solveen Rdn 52; Hüffer/Koch Rdn 27; krit. Winnen RNotZ 2013, 389, 409; aA KKAktG/Arnold Rdn 112; Habersack AG 2010, 845 (850).

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§ 24 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

Abs 2 bei der Befugnis der Satzung zur Gewährung eines Umwandlungsrechts, sah aber in § 24 Abs 1 vor, dass die Aktien bei Fehlen einer anderweiten Bestimmung der Satzung unbeschadet der Vorschrift des § 10 Abs 2, wonach vor voller Leistung der Einlage ausgegebene Aktien auf den Namen lauten müssen, als Inhaberaktien auszustellen seien. Für diejenigen Gesellschaften, die vor Inkrafttreten des AktG 1965 keine Satzungsbestimmung getroffen und dementsprechend Namensaktien ausgegeben hatten, enthielt § 9 EGAktG eine Übergangsvorschrift, die die erforderliche Satzungsänderung erleichterte. Eine erneute Änderung der Gesetzeslage brachte das Gesetz vom 31.12.1978 (BGBl I 1959) zur Durchführung der zweiten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Kapitalrichtlinie [ABlEG Nr L 26 vom 31.1.1977 S 1 ff]). Indem durch dieses Gesetz in Umsetzung des Art 3 lit f) der Richtlinie die Bestimmung des § 23 Abs 3 Nr 5, wonach die Satzung festlegen muss, ob Inhaber- oder Namensaktien ausgegeben werden, in das AktG eingefügt wurde (vgl dazu § 23 Rdn 151), musste § 24 wiederum geändert werden. § 24 Abs 1 wurde gestrichen, der bisherige Abs 2 blieb als einziger Inhalt der Vorschrift erhalten. Im Ergebnis läuft dieser jetzige Schwenk auf eine weitgehende Rückkehr zu der Regelung des Gesetzes von 1884 hinaus. Nach dem Regierungsentwurf der Aktienrechtsnovelle 2014 (BT-Drs 17/8989 S 7, 13 [seit BTDrs 17/14214: VorstKoG]) soll der § 24 mangels eines praktischen Bedürfnisses zur Umwandlung von Aktien vollständig gestrichen werden. Zu dieser Streichung kam es bislang noch nicht. II. Die Umwandlung auf Verlangen des Aktionärs 1. Notwendigkeit der Gewährung des Umwandlungsrechts durch die Satzung. Die Satzung kann (muss aber nicht) das Recht einräumen, die Umwandlung der einen Aktienart in die andere zu verlangen. Gewährt sie dieses Recht, so gilt es für jeden einzelnen Aktionär. Die Umwandlung kann nur auf Antrag des berechtigten Aktionärs durch die Verwaltung erfolgen (unten Rdn 6, 7). Die Befugnis, die Umwandlung selber vorzunehmen, kann auch die Satzung nicht einräumen. Das Recht, die Umwandlung zu verlangen, muss nicht schon in der ursprünglichen 3 Satzung vorgesehen sein. Es kann auch noch später im Wege der Satzungsänderung (§ 179) geschaffen werden (unstr). Es gilt dann im Zweifel auch für die schon vorher ausgegebenen Aktien.1 Umgekehrt kann das einmal gewährte Recht, das allgemeines Mitgliedschafts-, kein Sonderrecht ist, auch ohne Zustimmung der Betroffenen durch satzungsändernden Hauptversammlungsbeschluss (§ 179) wieder aufgehoben werden.2 Es erlischt dann für den einzelnen Aktionär, der bis zum Wirksamwerden der Änderung noch keinen Umwandlungsantrag gestellt hat. 2

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2. Einräumung mit Beschränkung und Vorbehalten. Das Recht, die Umwandlung zu verlangen, kann unter der Voraussetzung der Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes3 auch mit Beschränkungen eingeräumt oder an zusätzliche Voraussetzun-

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1 KK/Arnold Rdn 4; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 1; Hüffer/Koch Rdn 2; Hölters/Solveen Rdn 1; Bürgers/ Körber/Lohse Rdn 2. 2 MünchKommAktG/Pentz Rdn 10; KK/Arnold Rdn 4; Hüffer/Koch Rdn 2; Hölters/Solveen Rdn 1; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 9; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2; Wachter Rdn 6; Heidel/Braunfels Rdn 3; Grigoleit/Vedder Rdn 3. 3 MünchKommAktG/Pentz Rdn 6; KK/Arnold Rdn 4; Hüffer/Koch Rdn 2; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 5; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2.

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Umwandlung von Aktien | § 24

gen gebunden werden. Dies folgt daraus, dass die Satzung auch ganz von der Zubilligung eines Umwandlungsrechts absehen könnte. So kann das Umtauschrecht etwa auf einzelne Aktiengattungen (§ 11) oder Aktienarten (Umtauschrecht nur für Inhaber- oder umgekehrt nur für Namensaktien) beschränkt oder auch an die Zustimmung des Vorstandes gebunden werden.4 3. Unzulässige Umwandlungsbestimmungen. Nicht zulässig dagegen wäre eine 5 Bestimmung der Satzung, wonach der geringtse Ausgabebetrag verändert, etwa für fünf Aktien zu je € 1.000,– eine Aktie zu € 5.000,– eingetauscht werden könnte. Da nach § 23 Abs 3 Nr 4 bei Nennbetragsaktien der Nennbetrag der einzelnen Aktien und die Zahl der Aktien jeden Nennbetrages bereits in der Satzung festgelegt werden müssen, wäre ein solcher Umtausch nicht ohne Änderung der Satzung möglich. Entsprechendes gilt im Hinblick wiederum auf § 23 Abs 3 Nr 4 auch für die Änderung einer Aktiengattung; hier wäre überdies § 179 Abs 3 zu beachten. Wegen Globalaktien s die Erläuterungen zu § 8. 4. Verfahren und Kosten. Die Umwandlung erfolgt, falls die Satzung keine besondere Form vorschreibt, aufgrund des formlosen Antrags eines Aktionärs. Der Antrag ist an den Vorstand zu richten (empfangsbedürftige Willenserklärung). Der Aktionär muss sich dabei der Gesellschaft gegenüber durch Vorlage der Aktienurkunde (bei Inhaberaktien) oder durch seine Eintragung im Aktienregister (bei Namensaktien, § 67) ausweisen. Pfandgläubigern und Nießbrauchern steht das Antragsrecht selbst dann nicht zu, wenn sie die Aktienurkunde im Besitz haben.5 Zuständig für die Umwandlung ist der Vorstand der AG. Es handelt sich bei dieser Form der Umwandlung um eine reine Verwaltungshandlung des Vorstandes. Eine Änderung der Satzung ist damit (insofern anders als nach der ursprünglichen Regelung, oben Rdn 1) nicht verbunden. Die Umwandlung geschieht durch Änderung der bisherigen oder durch Ausgabe neuer Aktienurkunden. Im letztgenannten Fall sind mit Herausgabe der neuen Urkunden die alten zurückzugeben Zug-um-Zug.6 Bei der Umwandlung von Inhaber- in Namensaktien ist die Eintragung des Inhabers in das Aktienregister zu vollziehen, im umgekehrten Falle die bisherige Eintragung zu löschen. Die Vornahme dieser Änderungen im Aktienregister hat aber nur deklaratorische Wirkung. Die Kosten der Umwandlung trägt, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, der Aktionär:7 es handelt sich um zusätzliche, von dem Aktionär veranlasste Verwaltungskosten, die nicht auf eine Stufe mit den normalen Kosten gestellt werden können, die durch die Ausübung der allgemeinen Aktionärsrechte entstehen.

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4 MünchKommAktG/Pentz Rdn 6; KK/Arnold Rdn 4; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 2; Hüffer/Koch Rdn 2; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 5; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 3; Heidel/Braunfels Rdn 2; Wachter Rdn 6. 5 Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 5; Heidel/Braunfels Rdn 2; Wachter Rdn 8; Grigoleit/Vedder Rdn 3. 6 MünchKommAktG/Pentz Rdn 7; KK/Arnold Rdn 6; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 2; Hölters/Solveen Rdn 3; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 7; Hüffer/Koch Rdn 4. 7 Heute unstr., MünchKommAktG/Pentz Rdn 9; KK/Arnold Rdn 7; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 2; Hüffer/Koch Rdn 5; Hölters/Solveen Rdn 3; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 8; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 4; Heidel/Braunfels Rdn 2; Wachter Rdn 9; Grigoleit/Vedder Rdn 6; aA noch Godin/Wilhelmi Rdn 8; Geßler/Eckardt Rdn 8 mit der Begründung, dass die Belastung mit Kosten das Umtauschrecht des Aktionärs einschränken würde.

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III. Die Umwandlung durch Satzungsänderung 1. Wirksamkeitsvoraussetzungen für den satzungsändernden Beschluss. Wenn die Gesellschaft eine entsprechende Änderung ihrer Satzung vornimmt, ist die Umwandlung von Inhaber- in Namensaktien und umgekehrt auch ohne Antrag des Aktionärs erforderlich. Geklärt erscheint mittlerweile die Frage, ob der satzungsändernde Beschluss der Hauptversammlung über das Vorliegen der nach § 179 erforderlichen Mehrheit von drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals hinaus zu seiner Wirksamkeit noch weitere Voraussetzungen erfüllen muss. Die Antwort darauf ergibt sich bereits aus dem Gesetz. Wie sich aus §§ 10, 11 sowie aus dem Vergleich von § 23 Abs 3 Nr 4 und 5 ergibt, sind 11 nach dem AktG Inhaber- und Namensaktien keine Aktien verschiedener Gattung, also Aktien, die verschiedene Rechte gewähren. Ungeachtet der leichteren Verkehrsfähigkeit von Inhaberaktien betrachtet das Gesetz demnach auf den Inhaber und auf den Namen lautende Aktien als zwei einander gleichwertig gegenüberstehende Alternativen des Mitgliedschaftsrechts. Dementsprechend kann nicht die Rede davon sein, dass durch den Änderungsbeschluss in einen der Disposition des Satzungsgebers entzogenen Kernbereich der Mitgliedschaft eingegriffen wird, in dem Änderungen nur mit Zustimmung des von ihr betroffenen Aktionärs vorgenommen werden können. Dass die Verbriefung der Aktien in Form von Inhaber- oder Namensaktien keine Sonderrechte iS des § 35 BGB begründet, kann schwerlich in Abrede gestellt werden.8 Nach alledem geht es auch nicht an, darin ein über das Mitgliedschaftsrecht des Aktionärs in der Gesellschaft hinausgehendes, der Disposition des Satzungsgebers entzogenes Individualrecht9 zu sehen. Die Umwandlung der einen Aktienart in die andere bedarf mithin auch dann, wenn die Satzung bisher keinen ausdrücklichen Vorbehalt einer solchen Änderung enthielt, weder eines Sonderbeschlusses der betroffenen Aktionäre noch der Zustimmung jedes einzelnen von ihnen.10 Das gilt nicht nur dann, wenn die Gesellschaft bis dahin allein Aktien der einen Art ausgegeben hatte und es nunmehr künftig nur noch die andere Art geben soll, sondern unter der Voraussetzung der Beachtung des gesellschaftlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes (s dazu unten Rdn 12) auch dann, wenn bisher beide Arten nebeneinander existierten und die eine der beiden jetzt in die andere umgewandelt werden soll.11 Dieses aus der Grundhaltung des AktG gegenüber der Bedeutung von Inhaber- und Namensaktien abgeleitete Ergebnis wird nachhaltig durch die im Gesetz getroffenen positiven Regeln für satzungsändernde Beschlüsse bestätigt. Von den zahlreichen im Gesetz verstreuten Vorschriften, die die Notwendigkeit von Sonderbeschlüssen vorsehen (etwa §§ 141 Abs 3, 182 Abs 2, 222 Abs 2, 295 Abs 2, 296 Abs 2), käme allenfalls § 179 Abs 3 in Betracht. Diese Vorschrift ist aber mangels Gattungsverschiedenheit von vornherein nicht anwendbar. Die Zustimmung aller betroffenen Aktionäre aber verlangt das Gesetz (§ 180 Abs 2) im Umfeld der hier in Frage stehenden Entscheidung ausdrücklich nur, wenn die Übertragung von Namensaktien (oder Zwischenscheinen) an die Zustimmung

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8 MünchKommAktG/Pentz Rdn 12; KK/Arnold Rdn 8; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 5; Hüffer/Koch Rdn 6; Hölters/Solveen Rdn 4; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 4; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 6; Heidel/Braunfels Rdn 5; Wachter Rdn 3; Grigoleit/Vedder Rdn 3. 9 So auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 12; KK/Arnold Rdn 8; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 5; Hüffer/Koch Rdn 6; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 6; aA noch KK/Kraft (2. Auflage) Rdn 18. 10 So MünchKommAktG/Pentz Rdn 12; KK/Arnold Rdn 8; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 5; Hüffer/Koch Rdn 6; Hölters/Solveen Rdn 4; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 4; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 6; Heidel/Braunfels Rdn 5; Wachter Rdn 3; Grigoleit/Vedder Rdn 3. 11 Nicht ganz eindeutig insoweit Geßler/Eckardt Rdn 9; MünchHdbAG/Wiesner § 13, 6.

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der Gesellschaft gebunden wird. Diese positiv-rechtliche Regelung schließt die Annahme, das Gesetz habe für die damit überhaupt nicht vergleichbare, weil weit weniger einschneidende Maßnahme der Umwandlung von Inhaber- in Namensaktien (und schon gar nicht für den umgekehrten Vorgang) dieselben strengen Voraussetzungen aufstellen wollen, geradezu zwingend aus. 2. Umwandlung nur eines Teils einer Aktienart. In jedem Fall muss aber bei 12 der Zwangsumwandlung von Aktien der einen in solche der anderen Gattung durch satzungsändernden Hauptversammlungsbeschluss der Grundsatz der Gleichbehandlung der Aktionäre gewahrt werden. Der Umwandlungsbeschluss muss deshalb gleichermaßen für alle Aktien oder wenigstens für alle Aktien ein und derselben Gattung gelten und darf nicht nur einen Teil der Aktionäre der Umwandlung unterwerfen. Anderenfalls bedarf er zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung der betroffenen Aktionäre.12 3. Verfahren und Kosten. Die Satzungsänderung verpflichtet die Aktionäre, die 13 von der Umwandlung betroffenen Aktienurkunden der Gesellschaft zwecks Änderung oder Ausstellung neuer Urkunden einzureichen. Das weitere Verfahren entspricht dann demjenigen bei Umtausch auf Verlangen des Aktionärs, oben Rdn 8. Wird die Einreichung unterlassen, so kann die Gesellschaft nach § 73 (Kraftloserklärung der Aktien) vorgehen.13 Die Kosten der Umtauschaktion trägt die Gesellschaft,14 da die Maßnahme von ihr 14 ausgeht und in ihrem Interesse liegt.

§ 25 Bekanntmachungen der Gesellschaft 2. Teil – Gründung der Gesellschaft Bekanntmachungen der Gesellschaft § 25 Röhricht/Schall 1

Bestimmt das Gesetz oder die Satzung, daß eine Bekanntmachung der Gesellschaft durch die Gesellschaftsblätter erfolgen soll, so ist sie in den Bundesanzeiger einzurücken. 2 Daneben kann die Satzung andere Blätter oder elektronische Informationsmedien als Gesellschaftsblätter bezeichnen. Schrifttum Deilmann/Messerschmidt Erste Erfahrungen mit dem elektronischen Bundesanzeiger, NZG 2003, 616; Groß Hauptversammlungen 2003: Bekanntmachung der Einberufung nur im elektronischen Bundesanzeiger? DB 2003, 867; Noack Der elektronische Bundesanzeiger im Aktienrecht – Ein Überblick, BB 2002, 2025; Oppermann Bekanntmachungen der GmbH und der AG im „Bundesanzeiger“, RNotZ 2005, 597; Spindler/Kramski Der elektronische Bundesanzeiger als zwingendes Gesellschaftsblatt für Pflichtbekanntmachungen der GmbH, NZG 2005, 746; Zetsche Aktionärsinformation in der börsennotierten Aktiengesellschaft, 2003; Zöllner Vereinheitlichung der Informationswege bei Aktiengesellschaften?, NZG 2003, 354.

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12 So ausdrücklich auch MünchHdbAG/Wiesner § 13, 6. 13 MünchKommAktG/Pentz Rdn 13; KK/Arnold Rdn 10; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 6; Hüffer/Koch Rdn 7; Hölters/Solveen Rdn 4; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 4; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 8; Wachter Rdn 3. 14 Hier unstr, sa MünchKommAktG/Pentz Rdn 13; KK/Arnold Rdn 10; Hüffer/Koch Rdn 7; Hölters/Solveen Rdn 4; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 4; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 8; Wachter Rdn 3.

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§ 25 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

I. II.

Systematische Übersicht Bekanntmachungen in den „Gesellschaftsblättern“ | 1 Bekanntmachungen außerhalb der „Gesellschaftsblätter“ | 4

1.

III.

Zusätzliche Bekanntmachungen neben denjenigen in den Gesellschaftsblättern | 4 2. Freiwillige Bekanntmachungen | 5 Rechtsfolgen bei Verstoß gegen § 25 | 7

I. Bekanntmachungen in den „Gesellschaftsblättern“ Die Vorschrift befasst sich mit Bekanntmachungen der Gesellschaft im Unterschied zu den in § 10 HGB geregelten Bekanntmachungen von die Gesellschaft betreffenden Eintragungen im Handelsregister. Sie beruht auf dem früheren § 18 AktG 1937. Der einzige Unterschied bestand früher darin, dass sie den durch die Entwicklung überholten Wortlaut „Deutscher Reichsanzeiger“ durch „Bundesanzeiger“ ersetzt hat. Die heutige Fassung stellt seit dem Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung vom 18.1.2001 (NaStraG) aber auch klar, dass die Satzung auch elektronische Informationsmedien als Geschäftsblätter bezeichnen kann. Vorübergehend hatte Satz 1 nach dem TransPuG v 19.7.2002 übrigens vom „elektronischen Bundesanzeiger“ gesprochen.1 Diese Änderung ist aber nach Art 2 Abs 49 Nr 3 des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über Verkündung und Bekanntmachungen sowie der Zivilprozessordnung, des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung und der Abgabenordnung vom 22. Dezember 2011 wieder aufgehoben worden, da mit Abschaffung der Druckausgabe die Formulierung „Bundesanzeiger“ohnehin den elektronischen meint. Zur inhaltlichen Bedeutung der Bestimmung ist das Wesentliche bereits in den Erläuterungen zu § 23 Abs 4 ausgeführt worden, s deshalb zunächst § 23 Rdn 168 ff. Das AktG schreibt für eine Reihe gesetzlich vorgesehener Bekanntmachungen der 2 Gesellschaft vor, dass diese in den „Gesellschaftsblättern“ zu erfolgen haben. Solche Vorschriften finden sich in §§ 20 Abs 6, 63 Abs 1, 64 Abs 2 und 3, 73 Abs 2, 97 Abs 1 Satz 1, 121 Abs 4, 124 Abs 1 Satz 2, 149 Abs 1, 183a Abs 2 Satz 1, 186 Abs 2, 205 Abs 5 Satz 3, 214 Abs 1 und 2, § 221 Abs 2 Satz 3, 226 Abs 2 Satz 2 und 3, § 246 Abs 4 Satz 1, 248a, 259 Abs 5, § 267 Satz 2 (Verpflichtung für Abwickler). Für derartige Fälle enthält § 25 die zwingende Bestimmung, dass damit stets das obligatorische Einrücken in den Bundesanzeiger gemeint ist. Die Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH wird dadurch einem Kontrahierungszwang zugunsten der AG unterworfen,2 von dem nur im Falle sittenwidriger oder einen Straftatbestand erfüllender Bekanntmachungen eine Ausnahme zu machen ist.3 Das Gleiche gilt, wenn die Satzung ihrerseits Bekanntmachungen in den Gesellschaftsblättern verlangt, was allerdings eigenständige Bedeutung nur für diejenigen Fälle hat, in denen diese Form der Bekanntmachung nicht bereits im Gesetz zwingend vorgeschrieben ist. Die Problematik, die in Fällen entstand, wo die Satzung zu einer Zeit erlassen worden ist, zu der mit Bundesanzeiger noch die Druckausgabe gemeint war,4 hat sich mit deren Abschaffung erledigt.5 1

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1 Zu jener Änderung ausf noch Spindler/Stilz/Limmer Rdn 1. 2 MünchKommAktG/Pentz Rdn 7; KK/Arnold Rdn 4; Hüffer/Koch Rdn 2; Hölters/Solveen Rdn 4; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 4; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2; Grigoleit/Vedder Rdn 2. 3 MünchKommAktG/Pentz Rdn 7; KK/Arnold Rdn 4; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 4; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2; weitergehend noch Voraufl, Rdn 2 im Anschluss an Geßler/Eckhardt Rdn 6: Ausnahme bei „offensichtlich gesetzwidriger und deshalb nichtiger Bekanntmachung“. 4 Dazu eingehend MünchKommAktG/Pentz Rdn 8 mwN. 5 Gleichsinnig Spindler/Stilz/Limmer Rdn 5.

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Bekanntmachungen der Gesellschaft | § 25

Von vornherein ohne Bedeutung bleibt § 25, wenn das Gesetz (wie in § 325 Abs 1 und 3 2 HGB und § 97 Abs 1 Satz 3 und Abs 2) oder die Satzung das Einrücken in den Bundesanzeiger unmittelbar unter Vermeidung des terminologischen Umwegs über die „Gesellschaftsblätter“ vorschreibt. Die Zulässigkeit eines solchen Vorgehens in der Satzung folgt bereits daraus, dass die Satzung damit nur das nachvollzieht, was das Gesetz von der Gesellschaft verlangt. II. Bekanntmachungen außerhalb der „Gesellschaftsblätter“ 1. Zusätzliche Bekanntmachungen neben denjenigen in den Gesellschaftsblät- 4 tern. Von der Bestimmung eines weiteren Publikationsorgans als Gesellschaftsblätter durch die Satzung, die in § 25 Satz 2 geregelt ist, zu unterscheiden ist der Fall, dass die Satzung darüber hinaus bestimmt, dass der betreffende Umstand zusätzlich in weiteren Publikationsorganen bekannt gemacht werden soll. Nach der anstehenden Streichung des § 25 Satz 2 wird zu gelten haben: Da solche Blätter dann keine Gesellschaftsblätter iS des Gesetzes oder der Satzung sind und die zusätzliche Veröffentlichung in ihnen für die Gültigkeit der Bekanntmachung rechtlich bedeutungslos ist, hat die Satzung bei ihrer Auswahl völlig freie Hand. Es werden insofern die anschließenden Grundsätze für freiwillige Bekanntmachungen der Gesellschaft gelten. 2. Freiwillige Bekanntmachungen. Soweit gesetzlich keine Bekanntmachung vor- 5 geschrieben ist, die Satzung aber gleichwohl von sich aus eine Bekanntmachungspflicht (etwa für Quartalsberichte, Segmentberichterstattung oä jenseits des Kapitalmarktrechts) begründen will oder doch die vom Gesetz verlangte Bekanntmachung nicht zwingend in den Gesellschaftsblättern erfolgen muss (§ 63 Abs 1 Satz 2), ist die Satzung in der Wahl der Art der Bekanntmachung völlig frei; dazu auch § 23 Rdn 168. Insbesondere kann die Satzung in diesen Fällen anders als bei der Bestimmung zusätzlicher Gesellschaftsblätter (oben Rdn 4) die Bezeichnung der Publikation den Gesellschaftsorganen (Vorstand, Aufsichtsrat, Hauptversammlung) überlassen. Die Bekanntmachung kann hier auch anders als dort in ausländischen Blättern und in fremder Sprache erfolgen.6 In Ermangelung einer ausdrücklichen Bestimmung der Satzung wird man sogar anzunehmen haben, dass die Bekanntmachung im Zweifel in derjenigen Sprache erfolgen soll, in der das von der Satzung bezeichnete Blatt erscheint.7 Bestimmt die Satzung bei freiwilligen Bekanntmachungen, dass diese in den Gesell- 6 schaftsblättern zu erfolgen haben, so gilt dann aber auch hier wieder § 25 Satz 1. Die Bekanntmachung ist in den Bundesanzeiger einzurücken. Etwas anderes gilt nur, wenn ausdrücklich und ausschließlich ein anderes Publikationsorgan bezeichnet wird.8 III. Rechtsfolgen bei Verstoß gegen § 25 Ein Verstoß gegen die vorstehenden Grundsätze hat zur Folge, dass die betreffende 7 Bekanntmachung nicht rechtswirksam erfolgt ist. Rechtsfolgen, die das Gesetz an eine

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6 MünchKommAktG/Pentz Rdn 15; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 3. 7 AA noch KK/Kraft (Voraufl), Rdn 12: bei Fehlen einer abweichenden Bestimmung stets in deutscher Sprache; dies erscheint jedoch vor allem bei Veröffentlichungen in ausländischen Blättern weder besonders naheliegend noch sinnvoll. 8 Teils abweichend die Vorauflage, Rdn 10, die es für möglich hielt, dass die Wahl der Gesellschaftsblätter eine unbeachtliche Fehlbezeichnung sein könnte. Doch die Grundsätze der falsa demonstratio vertragen sich nicht mit der objektiven Satzungsauslegung, siehe § 23 Rdn 40.

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§ 26 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

ordnungsgemäße Bekanntmachung knüpft (zB die Berechnung der erforderlichen Fristen im Rahmen der Nachfristsetzung gemäß § 64 Abs 2; Wirksamkeit eines anderen Ereignisses), können nicht eintreten.9 Kommt es zur Streichung des § 25 Satz 2, kann die Satzung keine anderen Blätter oder 8 elektronische Informationsmedien mehr zu Gesellschaftsblättern erheben. Verstößt die Satzung hiergegen, indem sie für Bekanntmachungen, die nach kraft Gesetzes zu ihrer Wirksamkeit der Veröffentlichung in den Gesellschaftsblättern bedürfen, ein anderes Publikationsmedium als Gesellschaftsblatt bezeichnet, so ist diese Bestimmung nichtig. Es verhält sich dann im Ergebnis nicht anders, als wenn die in § 23 Abs 4 vorgeschriebene Bestimmung der Satzung über die Form der Bekanntmachungen der Gesellschaft von vornherein fehlte (§ 23 Rdn 171). Wird der Fehler vor der Eintragung von dem Registergericht bemerkt, so ist die Eintragung der Gesellschaft abzulehnen. Nach Eintragung der Gesellschaft tritt an die Stelle der nichtigen Satzungsregelung ohne Weiteres die Bestimmung des § 25 (Satz 1) und damit die Pflicht zum Einrücken in den Bundesanzeiger. Das Gleiche gilt auch bei Bekanntmachungen, die lediglich nach der Satzung in die Gesellschaftsblätter einzurücken sind. Wird bei einer solchen Klausel ein alternatives Publikationsmediums zum „Gesellschaftsblatt“ erhoben, ist zu differenzieren. Wenn dieses Medium die einzige Publikationsquelle darstellen soll, ist die Klausel nichtig. Eine Auslegung, die hier eine freiwillige Bekanntmachung sehen möchte, verbietet sich, sobald die Begrifflichkeit „Gesellschaftsblatt“ verwendet wird und damit zwingend § 25 berufen ist (siehe eben Rdn 6). Soll die Bekanntmachung im alternativen Informationsmedium jedoch kumulativ zur Bekanntgabe im Bundesanzeiger erfolgen, kann die Satzungsbestimmung nach den Grundsätzen zur Zulässigkeit einer zusätzlichen freiwilligen Bekanntgabe (Rdn 5) aufrecht erhalten werden, auch wenn sie dieses Informationsmedium unzutreffend und in unwirksamer Weise als Gesellschaftsblatt bezeichnet.

§ 26 Sondervorteile. Gründungsaufwand 2. Teil – Gründung der Gesellschaft Sondervorteile, Gründungsaufwand § 26 Röhricht/Schall

(1) Jeder einem einzelnen Aktionär oder einem Dritten eingeräumte besondere Vorteil muss in der Satzung unter Bezeichnung des Berechtigten festgesetzt werden. (2) Der Gesamtaufwand, der zu Lasten der Gesellschaft an Aktionäre oder an andere Personen als Entschädigung oder als Belohnung für die Gründung oder ihre Vorbereitung gewährt wird, ist in der Satzung gesondert festzusetzen. (3) 1 Ohne diese Festsetzung sind die Verträge und die Rechtshandlungen zu ihrer Ausführung der Gesellschaft gegenüber unwirksam. 2 Nach der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister kann die Unwirksamkeit nicht durch Satzungsänderung geheilt werden. (4) Die Festsetzungen können erst geändert werden, wenn die Gesellschaft fünf Jahre im Handelsregister eingetragen ist. (5) Die Satzungsbestimmungen über die Festsetzungen können durch Satzungsänderung erst beseitigt werden, wenn die Gesellschaft dreißig Jahre im Handelsregister eingetragen ist und wenn die Rechtsverhältnisse, die den Festsetzungen zugrunde liegen, seit mindestens fünf Jahren abgewickelt sind.

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9 So auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 14; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 8; KK/Arnold Rdn 15; Hüffer/Koch Rdn 5a; Hölters/Solveen Rdn 9; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 9; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 5; Heidel/Braunfels Rdn 4; Wachter Rdn 11; Grigoleit/Vedder Rdn 7.

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Sondervorteile, Gründungsaufwand | § 26

Schrifttum M. Abrell Der Begriff des aktienrechtlichen Sondervorteils bei entgeltlichen Geschäften des Gesellschafters mit dem Mehrheitsaktionär, BB 1974, 1463; Bommert Verdeckte Vermögensverlagerungen im Aktienrecht, 1988; Ebenroth Die verdeckten Vermögenszuwendungen im internationalen Unternehmensrecht, 1979; Junker Der Sondervorteil im Sinne des § 26 AktG, ZHR 159 (1995) 207; Sagasser Sondervorteile bei der Gründung einer Aktiengesellschaft, 1986.

I.

II.

III.

Systematische Übersicht Vorgeschichte und Zweck der Bestimmung | 1 1. Vorgeschichte | 1 2. Zweck | 2 Die Sondervorteile, § 26 Abs 1 | 3 1. Der Begriff | 3 2. Rechtsnatur | 7 3. Möglicher Inhalt von Sondervorteilen | 9 a) Sondervorteile vermögensrechtlicher Art | 9 b) Sondervorteile anderer Art, insbesondere Teilhaberechte | 17 4. Unzulässige Sondervorteile | 18 5. Die Festsetzung von Sondervorteilen in der Satzung | 19 6. Erlöschen, Übertragung auf Rechtsnachfolger | 23 Der Gründungsaufwand, § 26 Abs 2 | 28 1. Der Begriff; Abgrenzung zu den Sondervorteilen des Abs 1 | 28 2. Bilanzielle Behandlung | 30 3. Rechtsnatur | 31 4. Inhalt des Gründungsaufwands | 32 a) Entschädigung | 32 b) Belohnung für die Gründung oder ihre Vorbereitung | 34 c) Nicht zum Gründungsaufwand gehörende Ausgaben | 35

Festsetzung in der Satzung | 36 a) Umfang der Festsetzung | 36 b) Verschleierter Gründungsaufwand | 37 6. Rechtsfolgen wirksamer Festsetzung | 38 Rechtsfolgen fehlender oder unrichtiger Festsetzung von Sondervorteilen oder Gründungsaufwand, § 26 Abs 3 S 1 | 39 Nachträgliche Festsetzungen und Änderungen | 62 1. Nachholung unterbliebener Festsetzungen, § 26 Abs 3 Satz 2 | 62 a) Vor Eintragung der AG | 62 b) Nach Eintragung der AG | 63 2. Nachträgliche Änderungen, § 26 Abs 4 | 66 a) Änderungen der Festsetzungen zum Nachteil der Gesellschaft | 67 b) Änderungen der Festsetzungen zugunsten der Gesellschaft | 68 c) Änderungen der Art der in der Satzung getroffenen Festsetzungen ohne zusätzliche Belastung der AG | 69 Beseitigung erledigter Festsetzungen, § 26 Abs 5 | 70 5.

IV.

V.

VI.

I. Vorgeschichte und Zweck der Bestimmung 1. Vorgeschichte. Mit dem jetzigen § 26 Abs 1–3 übernimmt das AktG 1965 mit un- 1 wesentlichen sprachlichen Verbesserungen die Regelung des § 19 AktG 1937.1 Insbesondere soll die jetzige Fassung bereits durch ihren Wortlaut klarstellen, dass die Bestimmung auch auf den nur einem einzigen Aktionär eingeräumten Vorteil anwendbar ist.2 Eine weitere Änderung ist durch das Gesetz zur Durchführung der Zweiten Richtlinie zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts vom 31.12.1978 (BGBl I 1959) durch die

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1 Wegen des Rechtszustandes davor, s Art 209b ADHGB und § 186 HGB; ausführlich zur Rechtsgeschichte und zu dem historischen Regelungszweck Junker ZHR 159 (1995) 207, 209 f sowie Sagasser Sondervorteile bei der Gründung einer Aktiengesellschaft, 1986, 13 ff. 2 MünchKommAktG/Pentz Rdn 1; Kropff § 26 S 46.

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§ 26 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

Einfügung des Zusatzes „oder einem Dritten“ in Abs 1 in Umsetzung des Art 3 lit k) der Richtlinie (neugefasst 2012/30/EU) eingetreten. Die Ergänzung, wonach auch einem Dritten gewährte Sondervorteile in der Satzung festgesetzt werden müssen, soll vor allem Umgehungsgeschäften, etwa in Gestalt der Gewährung von Vorteilen an Angehörige der Gründer, entgegenwirken. Außerhalb solcher Fälle wäre die Annahme, dass die Gesellschaft einem Dritten einen Vorteil ohne Gegenleistung gewähren könnte, wenig lebensnah.3 Die Regelung gilt für Neugründungen nach Inkrafttreten des Durchführungsgesetzes mit dem 1. Juli 1979 (dort Art 5). Abs 4 und 5 beziehen wegen des engen Zusammenhangs4 mit § 26 Abs 1–3 ohne sachliche Änderungen Regelungen ein, die früher in § 145 Abs 3 AktG 1937 und § 12 der 3. DVO zum AktG 1937 vom 31.12.1938 (RGBl I 1839) enthalten waren. 2

2. Zweck. Die Vorschrift soll wie ihre Vorgänger Missbräuchen begegnen, wie sie vor allem während der sog Gründerzeit in den Jahren nach 1871 aufgetreten waren. Durch die Gewährung von Sondervorteilen (Abs 1) an die Gründer und Dritte, vor allem aber durch Entschädigungen und Belohnungen für die Beteiligung an der Gründung (Abs 2) kann der zur Verteilung an die Aktionäre zur Verfügung stehende Gewinn geschmälert und darüber hinaus sogar die Gesellschaft durch Schwächung ihrer Kapitalgrundlagen wirtschaftlich gefährdet werden. Den damit vor allem für die gegenwärtigen und künftigen Aktionäre der Gesellschaft, zumindest mittelbar aber auch für deren Gläubiger und damit letztlich für die Allgemeinheit, verbundenen Gefahren versucht das Gesetz vorzubeugen, indem es die Einräumung derartiger Vorteile zwar nicht verbietet, aber durch die Sanktion anderenfalls eintretender Unwirksamkeit (Abs 3) zu ihrer Offenlegung zwingt. Damit ist von Anfang an die Verwendung des Vermögens der AG für alle Beteiligten erkennbar und diese haben die Möglichkeit, ihr Verhalten unbeeinflusst durch Irreführung darauf einzurichten. Die Parallele zu § 27 ist damit unübersehbar; vgl. auch den früheren § 186 HGB, wo die später in die §§ 19, 20 AktG 1937 und jetzt in die §§ 26, 27 zerlegten Tatbestände noch gemeinsam geregelt waren. § 26 dient dem Schutz vor ähnlichen Gefahren für die Solidität der Gesellschaft, wie sie bei Sacheinlagen und Sachübernahmen auftreten, und versucht ihnen mit ganz ähnlichen Mitteln (Satzungspublizität) zu begegnen. In der aktienrechtlichen Praxis ist die Einräumung von Sondervorteilen selten geworden. Infolgedessen gibt es zu ihnen kaum Rechtsprechung. – Eine andere Funktion und damit auch einen anderen Inhalt hat der in § 243 Abs 2 verwendete Begriff der Sondervorteile; s dazu die dortigen Erläuterungen. II. Die Sondervorteile, § 26 Abs 1

1. Der Begriff. Sondervorteile iS des § 26 Abs 1 sind Vorteile, die einzelnen oder – ungeachtet des etwas missverständlichen jetzigen Wortlauts des Abs 1 – allen Aktionären oder Dritten aus Anlass der Gründung der Gesellschaft persönlich eingeräumt werden, ohne dass sie dafür eine Gegenleistung erbringen. Daraus folgt im Einzelnen: Es muss sich um einen Vorteil handeln, für den der Begünstigte keine Gegenleistung 4 erbringt. Die Beteiligung an der Gründung ist als solche keine Gegenleistung in diesem Sinne. Eine Gegenleistung kann selbst dann fehlen, wenn der Vorteil in der Verpflichtung der Gesellschaft besteht, mit dem Berechtigten einen gegenseitigen Vertrag abzuschließen, dazu im Einzelnen unten Rdn 10. 3

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MünchKommAktG/Pentz Rdn 2; KK/Arnold Rdn 2; Hüffer NJW 1979, 1065, 1066 Fn 16. MünchKommAktG/Pentz Rdn 1; KK/Arnold Rdn 1; Kropff § 26 S 46.

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Sondervorteile, Gründungsaufwand | § 26

Die Einräumung des Vorteils erfolgt ausschließlich zugunsten des Berechtigten per- 5 sönlich, nicht zugunsten einzelner Aktien oder Aktiengruppen. Der Anspruch auf den Vorteil ist mithin, wenn er nicht ohnehin von vornherein, wie nach der jetzigen Gesetzesfassung möglich, einem Dritten eingeräumt worden ist, in seinem Fortbestand grundsätzlich nicht davon abhängig, dass der Berechtigte Aktionär der Gesellschaft bleibt. Mit diesem Begriff des Sondervorteils ist es vereinbar, dass die zugunsten eines bestimmten Berechtigten persönlich abgegebene Zusage im Einzelfall durch rechtsgeschäftliche Bedingung mit dem Bestehen einer Mitgliedschaft in der Gesellschaft verknüpft wird. Durch die Einräumung zugunsten einer bestimmten Person als solcher unterscheiden sich die Sondervorteile von anderen Vorteilen, die wie Vorzugsaktien unauflöslich mit der Mitgliedschaft verbunden sind. Durch die Gewährung von Vergünstigungen dieser Art werden nicht Sondervorteile iS des § 26 geschaffen, sondern Aktien besonderer Gattung, für welche nicht die Regeln des § 26, sondern diejenigen der §§ 11, 23 Abs 3 Nr 4 gelten. Unzutreffend ist die teilweise im älteren Schrifttum5 vertretene Ansicht, Sondervor- 6 teile könnten im Unterschied zum Gründungsaufwand nur Rechte sein, die zu Lasten der (übrigen) Aktionäre gehen. Der Umstand, dass § 26 Abs 2 die Worte „zu Lasten der Gesellschaft“ enthält, während diese im Text des § 26 Abs 1 fehlen, vermag eine so einschneidende Folgerung nicht zu tragen. Sie stünde überdies in Widerspruch zu dem Zweck der Bestimmung, nicht offengelegte Schwächungen der Kapitalgrundlage der Gesellschaft zu verhindern (Rdn 2). Ebenso spricht gegen sie der anderenfalls kaum erklärliche Umstand, dass der Anspruch auf einen Sondervorteil erst mit dem Entstehen der Gesellschaft wirksam wird. Auch Belastungen der Gesellschaft infolge von Sondervorteilen gehen wirtschaftlich letztlich zu Lasten der übrigen Aktionäre. Schuldner der Sondervorteile ist damit in erster Linie die Gesellschaft. Aus der unterschiedlichen Formulierung in Abs 1 und Abs 2 ließe sich mithin allenfalls entnehmen, dass Sondervorteile auch zu Lasten der übrigen Aktionäre gehen können. Näher liegt aber die Annahme, dass mit der unterschiedlichen Formulierung überhaupt keine Sachaussage zu diesem Punkt verbunden sein sollte. 2. Rechtsnatur. Nach heute völlig herrschender Auffassung6 ist der Sondervorteil, 7 selbst wenn er im Einzelfall durch eine Bedingung an das Bestehen der Mitgliedschaft geknüpft sein sollte (oben Rdn 5), ein reines Gläubigerrecht, kein mitgliedschaftliches (Sonder-)Recht iS des § 35 BGB. Dies folgt bereits daraus, dass ein Sonderrecht als Ausfluss der Mitgliedschaft stets mit dieser unauflöslich verbunden ist und sie deshalb für sein Bestehen und seinen Fortbestand notwendig voraussetzt. Mit dem Wesen des Sondervorteils als Gläubigerrecht, wohl aber kaum mit der Annahme eines mitgliedschaftlichen Sonderrechts, ist es ferner vereinbar, dass er auch allen Gründern zugesagt werden kann.7 Die Festsetzung eines Sondervorteils ist nach alledem kein Bestandteil der körper- 8 schaftlichen Verfassung der Gesellschaft. Sie erfolgt allein deshalb, weil das Gesetz sie

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5 Schlegelberger/Quassowski § 19 Rdn 4; Ritter § 19, 3b; wie im folgenden Text kann mE gestrichen werden. MünchKommAktG/Pentz Rdn 9; KK/Arnold Rdn 6; Hölters/Solveen Rdn 3; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 4; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2; Heidel/Braunfels Rdn 3; Wachter Rdn 6; Grigoleit/Vedder Rdn 2. 6 MünchKommAktG/Pentz Rdn 8; KK/Arnold Rdn 7; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 2; Hüffer/Koch Rdn 2; Hölters/Solveen Rdn 3; Henssler/Strohn/Wardenbach Rdn 2; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 4; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2; Heidel/Braunfels Rdn 3; Wachter Rdn 6; Grigoleit/Vedder Rdn 3; zu älteren, teilw abw Auffassungen noch Barz in der dritten Aufl Anm 3. 7 Unstr, MünchKommAktG/Pentz Rdn 8; Hüffer/Koch Rdn 2.

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im Interesse des Schutzes der Öffentlichkeit vor missbräuchlichen Praktiken (oben Rdn 2) ausdrücklich vorschreibt. Nur aus diesem Grund unterliegt sie auch dem für echte Satzungsbestandteile geltenden objektiven Auslegungsregeln. Mit Aufbau und Wesen der AG als solcher hat sie aber gleichwohl nichts zu tun. Dies zeigt sich auch daran, dass der Berechtigte nach allgemeiner Auffassung8 sein Recht auf den Sondervorteil durch Erlassvertrag mit der AG zum Erlöschen bringen kann, ohne dass es dazu wie bei körperschaftlichen Satzungsbestandteilen einer Satzungsänderung bedarf. Als Gläubigerrechte unterliegen Sondervorteile auch nicht der Disposition der Gesellschaft. 3. Möglicher Inhalt von Sondervorteilen a) Sondervorteile vermögensrechtlicher Art. Die Zulässigkeit der Vereinbarung von Sondervorteilen findet ihre Grenze in den zwingenden aktienrechtlichen Vorschriften.9 Insbesondere entbindet die Möglichkeit, in der Gründungssatzung bestimmten Personen Sondervorteile einzuräumen, nach ganz hM nicht von der Beachtung des Verbots der Einlagenrückgewähr.10 Da das Verbot der Einlagenrückgewähr im Aktienrecht – anders als die §§ 30, 31 GmbHG – nicht nur das Grundkapital und die gesetzlichen Rücklagen (§ 150) schützt, sondern grundsätzlich das gesamte Vermögen der AG mit Ausnahme des unter den Aktionären zu verteilenden Bilanzgewinns (§ 57 Abs 3), dazu im Einzelnen bei § 57, bleibt nach dieser Auffassung für die Einräumung von Sondervorteilen vermögensrechtlicher Art an Aktionäre nicht viel Raum. 10 In Betracht kommen vor allem Rechte auf Bevorzugung bei der Verteilung des Bilanzgewinns (Vorzugsdividenden)11 oder bei der Liquidation der Gesellschaft (insbesondere Vorzugsquoten oder auch das Recht auf Aussonderung bestimmter, zur Gläubigerbefriedigung nicht benötigter Gegenstände), das Recht, einen bestimmten Gegenstand an die Gesellschaft zu verkaufen oder von ihr zu erwerben, und zwar auch in der Form eines Wiederkaufsrechts an eingebrachten Sachen,12 sofern damit keine Minderung des Gesellschaftsvermögens verbunden ist. Sondervorteil kann ferner auch die Begründung der Verpflichtung der AG sein, mit dem Berechtigten in Vertragsbeziehungen zu treten, so zB indem sich die AG verpflichtet, bei dem Berechtigten Waren einzukaufen oder umgekehrt die Erzeugnisse der Gesellschaft an ihn zu verkaufen, zudem die Einräumung von Nutzungsrechten an Gegenständen der AG. Unschädlich ist es dabei, wenn dies mit einem Recht auf bevorzugte Belieferung verbunden wird oder sogar in der Form von Exklusivverträgen geschieht, solange der Abschluss im Übrigen zu angemessenen insgesamt marktgerechten Konditionen erfolgt.13 Das Gleiche gilt für Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen. Den Sondervorteil bildet dabei nur der Anspruch auf den Abschluss derartiger Verträge, also aus der Sicht der AG die von ihr eingegangene Kontrahierungspflicht, die dann allerdings ohne Rücksicht darauf, ob die Abrede der Gesell9

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8 MünchKommAktG/Pentz Rdn 20; KK/Arnold Rdn 14; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 12; ebenso schon das RG in JW 1917, 468, 469. 9 MünchKommAktG/Pentz Rdn 13; KK/Arnold Rdn 8; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 4; Hüffer/Koch Rdn 3; Hölters/Solveen Rdn 5; Henssler/Strohn/Wardenbach Rdn 4; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 8; Bürgers/ Körber/Lohse Rdn 3; Heidel/Braunfels Rdn 6; Wachter Rdn 8; Grigoleit/Vedder Rdn 7. 10 MünchKommAktG/Pentz Rdn 13; KK/Arnold Rdn 9; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 4; Hüffer/Koch Rdn 3; Hölters/Solveen Rdn 5; Henssler/Strohn/Wardenbach Rdn 4; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 8; Bürgers/ Körber/Lohse Rdn 4; Heidel/Braunfels Rdn 6; Wachter Rdn 8; Grigoleit/Vedder Rdn 7; zur Gegenansicht vgl u Rdn 13. 11 RG JW 1917, 468. 12 RGZ 81, 404, 409. 13 MünchKommAktG/Bayer § 57 Rdn 92; Geßler/Hefermehl/Bungeroth § 57 Rdn 68; Junker aaO 213, 216.

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Sondervorteile, Gründungsaufwand | § 26

schaft zugleich Vorteile einbringt (RG LZ 1908, 297). Dies wird besonders deutlich bei Verträgen, die Exklusivcharakter haben oder zumindest bevorzugte Lieferung oder Belieferung vorsehen. Die Ansprüche, die aus den in Einlösung dieser Verpflichtung geschlossenen Verträgen erwachsen, gehören dagegen als solche nicht mehr zu den Sondervorteilen, dazu auch unten Rdn 16. Weniger eindeutig ist die Rechtslage, wenn Gegenstand des Sondervorteils Rechte auf Naturalleistungen, wie freier Eintritt zu Veranstaltungen der AG oder die unentgeltliche Benutzung von Werksanlagen oder Einrichtungen der AG, ist. Ausgehend von der Auffassung, dass ein zulässiger Sondervorteil nur die Bevorzugung bei der Verteilung von Bilanzgewinn oder Liquidationserlös oder der Abschluss gegenseitiger Verträge zu angemessenen Bedingungen sein kann, lehnt ein Teil des Schrifttums die Möglichkeit der Einräumung unentgeltlicher Nutzungsrechte und anderer unentgeltlicher Naturalleistungen, denen ein wirtschaftlicher Wert zukommt, ab.14 Diese Auffassung scheint übermäßig streng. Die mit ihr notwendigerweise verbundene Einschränkung der Gestaltungsfreiheit der Gründer ist durch den Schutzzweck des Gesetzes nicht zwingend geboten. Mitaktionäre und Gläubiger der Gesellschaft sind gegenüber der Einräumung von Sondervorteilen dieser Art durch deren Verlautbarung in der Satzung ausreichend geschützt.15 Überdies hat die AG gegenüber dem Begünstigten nie die Möglichkeit erlangt, für ihre Leistung eine Vergütung zu erzielen.16 Als Sondervorteil überwiegend nicht mehr für zulässig erachtet wird – wegen des Vorrangs der Kapitalerhaltung zu Recht – die Einräumung unangemessen überhöhter Vergütungen an Aktionäre nach § 26 Abs 2.17 Nach anderer Auffassung vom Zweck des § 2618 (legitimierende Ausnahmevorschrift) wird die Möglichkeit der Einräumung schon bei Gründung der Gesellschaft ausbedungener Sondervorteile unter der Voraussetzung ordnungsmäßiger Offenlegung in der Satzung von vornherein nicht durch § 57 begrenzt. Ordnungsgemäß in der Satzung festgesetzte Sondervorteile können nach dieser Auffassung, weil § 26 eine Sonderregel gegenüber den allgemeinen Kapitalerhaltungsgrundsätzen darstellt, ebenso wenig gegen die Kapitalerhaltungsregeln verstoßen wie die Befriedigung irgendeines anderen Gläubigers. Dafür mag man anführen, dass der Gesetzestext des § 26 die Zulässigkeit von Sondervorteilen an keine weitere Voraussetzung als ihre Publizität durch Festsetzung in der Satzung bindet, insbesondere keine Bezugnahme auf die engen von § 57 gezogenen Grenzen enthält, und der Sondervorteil nicht als Aktionärs-, sondern (s oben Rdn 7) als reines Gläubigerrecht ausgestaltet ist. Umgekehrt müsste § 26 als Spezialvorschrift doch wohl eher ausdrücklich von der Geltung des § 57 dispensieren, so wie das etwa bei § 291 Abs 3 der Fall ist. Da § 26 Abs 1 sich auf Gläubiger wie auf Aktionäre bezieht, scheint eine Legitimationswirkung nicht ohne Weiteres herzuleiten. Wie dem auch sei, muss die Praxis der strengeren Auslegung Rechnung zu tragen haben. Auch wenn man der strengen hM (oben Rdn 9) folgt, dürfte es jedoch zu weit gehen anzunehmen, dass ein Sondervorteil stets schon dann als Verstoß gegen die Kapitaler-

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14 So noch Geßler/Hefermehl/Bungeroth § 57 Rdn 68. 15 Wie hier im Ergebnis MünchKommAktG/Pentz Rdn 13; KK/Arnold Rdn 8; auch Junker aaO 213; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 6; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 4. 16 MünchKommAktG/Pentz Rdn 13. 17 MünchKommAktG/Pentz Rdn 13; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 4; KK/Lutter, 2. Aufl, § 57 Rdn 83; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 4; aA Voraufl, Rdn 12; Hüffer/Koch Rdn 3; Hölters/Solveen Rdn 4; auch noch Geßler/Eckardt Rdn 33. 18 Bommert Verdeckte Vermögensverlagerungen im Aktienrecht, 1988, dort insbes S 122 ff; ähnlich Gail WPg 1970, 237, 241 und mindestens teilw. wohl auch Ebenroth Die verdeckten Vermögenszuwendungen im internationalen Unternehmensrecht, 1979, S 324.

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haltungsregel des § 57 unzulässig und seine Festsetzung in der Satzung damit nichtig ist, wenn lediglich die Möglichkeit besteht, dass seine Erfüllung einmal nicht aus dem Bilanzgewinn erfolgen kann. Deshalb muss etwa auch die Einräumung einer Umsatzprovision grundsätzlich zulässig sein.19 Steht in einem Jahr zu ihrer Zahlung kein verteilungsfähiger Gewinn zur Verfügung, so greift allerdings für diesen Zeitraum § 57 kraft Gesetzes ein, ohne dass damit jedoch die Festsetzung als solche nichtig ist.20 15 Ungeklärt ist ferner, inwieweit die nach der hM gebotenen Grenzen auch für die Gewährung von Sondervorteilen an Dritte, die nicht zu den Gründern und Aktionären gehören, zu gelten haben. Aus dem Wortlaut lässt sich eine solche Einschränkung nicht herleiten, da § 57 voraussetzt, dass die Leistung der Gesellschaft an einen Aktionär oder jedenfalls wegen seiner ehemaligen oder künftigen Aktionärseigenschaft oder aufgrund eines Umgehungssachverhalts erfolgt, der es rechtfertigt, den Leistungsempfang einem Aktionär zuzurechnen, dazu im Einzelnen bei § 57. Da die Gewährung von Sondervorteilen an Dritte aber nur deshalb in den Tatbestand des § 26 Abs 1 einbezogen worden ist, um den konkreten, häufig schwierigen Nachweis eines Umgehungssachverhalts zu ersparen, dazu oben Rdn 1, wird man auch ohne eine ausdrückliche dahingehende Vorschrift des Gesetzes anzunehmen haben, dass die Grenzen, die für die Einräumung von Sondervorteilen an Aktionäre gelten, auch für die Gewährung entsprechender Vorteile an Dritte Gültigkeit beanspruchen. Dagegen gehören zu den Sondervorteilen nicht Ansprüche aus gegenseitigen Ver16 trägen; der Sondervorteil kann nur in der einseitigen Zusage des Abschlusses eines solchen Vertrages zu Lasten der Gesellschaft bestehen, die aus Anlass der Gründung gemacht wird und ihre Rechtfertigung nicht in einer Gegenleistung des Aktionärs findet, s dazu schon oben Rdn 4 und 10. Ist die Leistung als Entgelt für eine verlangte Gegenleistung, etwa eine Arbeit, zugesagt, und nicht als Vorteil für die Teilnahme an der Gründung, ist sie auch nicht mit Rücksicht auf die Gründerstellung übermäßig hoch bemessen, so liegt ein Sondervorteil nicht vor (BGH LM Nr 2 zu § 34 AktG). Durch die Einseitigkeit der Zusage unterscheidet sich der Sondervorteil auch von der Gründungsentschädigung oder der Gründungsbelohnung, die für eine Gegenleistung des Gründers oder eines Dritten gewährt wird. Daher handelt es sich nicht um einen Sondervorteil, wenn ein Aktionär der AG Darlehen gewährt, dessen Rückzahlung aus künftigen Gewinnen versprochen wird.21 17

b) Sondervorteile anderer Art, insbesondere Teilhaberechte. Sondervorteile können auch darin liegen, dass dem Berechtigten besondere Teilhabe- oder Herrschaftsrechte in der AG, etwa Informationsrechte (zB ein Recht auf Auskunft oder Einsicht in die Bücher der Gesellschaft)22 oder das Recht zur Entsendung von Aufsichtsratsmitgliedern

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19 KG JW 1938, 2754; MünchKommAktG/Pentz Rdn 11; KK/Arnold Rdn 8; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 3; Hüffer/Koch Rdn 3; Hölters/Solveen Rdn 4; Henssler/Strohn/Wardenbach Rdn 3; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 6; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 4; Heidel/Braunfels Rdn 4; Wachter Rdn 7; Grigoleit/Vedder Rdn 4; früher noch Bedenken bei KK/Kraft (Voraufl), Rdn 7: wegen Unabhängigkeit vom Jahresgewinn bestehe Gefahr verbotener Einlagenrückgewähr; ebenso Geßler/Hefermehl/Eckardt § 57 Rdn 68. 20 MünchKommAktG/Pentz Rdn 13; KK/Arnold Rdn 10; Junker ZHR 159 (1995), 207, 216; weitergehend Barz 3. Aufl Anm 5 aE: Umsatzprovision auch dann zu zahlen, wenn die Gesellschaft in einem Jahr keinen Gewinn erzielt hat. S ferner die Nachweise in Fn 18. 21 RGZ 81, 20; RG JW 1915, 1430. 22 Heute unstr., MünchKommAktG/Pentz Rdn 12; KK/Arnold Rdn 11; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 3; Hüffer/Koch Rdn 3; Hölters/Solveen Rdn 4; Henssler/Strohn/Wardenbach Rdn 3; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 7; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 5; Heidel/Braunfels Rdn 5; Wachter Rdn 7; Grigoleit/Vedder Rdn 5; aA früher KK/Kraft (Voraufl) Rdn 9; Geßler/Eckardt Rdn 12, 13; Godin/Wilhelmi Anm 2.

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Sondervorteile, Gründungsaufwand | § 26

(§ 101 Abs 2),23 das im Übrigen die gleichen Voraussetzungen hat, eingeräumt werden. Das dagegen in erster Linie vorgebrachte Argument,24 Herrschaftsrechte seien notwendigerweise an die Mitgliedschaft gebunden, Sondervorteile seien dagegen nur in ihrer Entstehung (hinzuzufügen ist: und selbst dies, seitdem das Gesetz auch Dritte als mögliche Träger von Sondervorteilen aufführt, s oben Rdn 1, nicht einmal notwendigerweise), nicht aber in ihrem Fortbestand von der Mitgliedschaft abhängig, ist nicht zwingend. Abgesehen davon, dass Abs 1 eine Beschränkung auf vermögensrechtliche Sondervorteile nicht erkennen lässt, sind Herrschaftsrechte auch ohne Aktionärsstellung denkbar und sinnvoll; zB das Recht bestimmter Familienmitglieder auf Bestellung eines Komplementärs einer KGaA, das durchaus nicht vom Besitz von Aktien abhängig zu sein braucht. Informationsrechte können bestimmte Bedürfnisse erfüllen, die nicht vom Fortbestand des Aktienbesitzes aus der Gründung abzuhängen brauchen, zB das Bucheinsichtsrecht eines Fachverbandes, der Gründer war, später aber seinen Aktienbesitz weitergegeben hat. Soweit bei Sondervorteilen die Mitgliedschaft in der AG notwendig ist, kann das lediglich den Schluss rechtfertigen, dass sie in der Person des Berechtigten bei Übertragung erlöschen, es sei denn, dass sie durch eine besondere Abtretung auf den Erwerber der Aktie übertragen wurden (Rdn 24). 4. Unzulässige Sondervorteile. Da nach bisher herrschendem Verständnis des § 26 18 die Kapitalerhaltungsregeln auch für die Gewährung von Sondervorteilen aus Anlass der Gründung der AG Geltung beanspruchen, dürfen Sondervorteile nicht auf einen Verstoß gegen das aus § 57 folgende Gebot der Vermögensbindung hinauslaufen, s dazu schon oben Rdn 9 und 13 f. Als unzulässig angesehen wird deshalb auch die Zusage fester Zinsen (§ 57 Abs 2)25 und Zinsen aus der Liquidationsmasse nach dem Beginn der Abwicklung26 (s hierüber bei § 57). Dabei ist allerdings die Einschränkung geboten, dass davon Zinszusagen, die lediglich als Modalität der Gewinnverteilung zu verstehen sind, nicht betroffen werden, dazu bei § 57. Unzulässig sind ferner die Gewährung von Freiaktien27 (§ 212) und Bezugsrechten der Gründer auf Aktien späterer Ausgabe28 (§ 187 Abs 2). Aus dem gleichen Grund kommt heute die Zusicherung von Vorstandsposten oder das Recht auf Vorstandsernennung als Sondervorteil nicht mehr in Betracht, weil das einen unzulässigen Eingriff in den Aufgabenbereich des Aufsichtsrats darstellen würde (§§ 30 Abs 4, 84 Abs 1).29 Auch das Recht auf Bestellung anderer leitender Angestellter (zB Filialleiter) ist als Inhalt eines Sondervorteils unzulässig, weil darin ein gesetzlich nicht vorgesehener Eingriff in die Geschäftsführungsaufgabe des Vorstandes zu erblicken wäre.30 Auch der Spielraum für Herrschaftsrechte als Sondervorteil ist damit sehr eng. 5. Die Festsetzung von Sondervorteilen in der Satzung. Jeder eingeräumte Son- 19 dervorteil muss in der Satzung einzeln unter Bezeichnung des Berechtigten festgesetzt

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23 MünchKommAktG/Pentz Rdn 12; KK/Arnold Rdn 11; Hüffer/Koch Rdn 3; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 7; Heidel/Braunfels Rdn 5; Grigoleit/Vedder Rdn 5; aA Wachter Rdn 7. 24 Vor allem von Godin/Wilhelmi 2; zur Gegenansicht schon Geßler/Eckardt Rdn 13. 25 MünchKommAktG/Pentz Rdn 13; KK/Arnold Rdn 10; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 4; Hüffer/Koch Rdn 3; Hölters/Solveen Rdn 5. 26 MünchKommAktG/Pentz Rdn 13; KK/Arnold Rdn 10. 27 MünchKommAktG/Pentz Rdn 13; KK/Arnold Rdn 10. 28 MünchKommAktG/Pentz Rdn 13; Geßler/Eckardt Rdn 12. 29 MünchKommAktG/Pentz Rdn 15; KK/Arnold Rdn 11; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 4; Hölters/Solveen Rdn 5; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 9; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 5; Heidel/Braunfels Rdn 6. 30 MünchKommAktG/Pentz Rdn 15; KK/Arnold Rdn 11; Hölters/Solveen Rdn 5; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 9.

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§ 26 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

werden. Summarische Angaben sind ebenso unzulässig wie Ermächtigungen an die Gesellschaftsorgane zur Gewährung irgendwelcher Vorteile. Der Berechtigte ist so genau zu bezeichnen, dass keine Zweifel an seiner Identität aufkommen können. 20 Dies bedeutet allerdings nicht, dass die der Einräumung von Sondervorteilen zugrundeliegenden Verträge als solche in die Satzung aufgenommen werden müssen. Es reicht, wenn sie nach § 37 Abs 4 Nr 2 der Anmeldung der AG zum Handelsregister beigefügt werden. Auch dies gilt allerdings nur dann, wenn sie zusätzlich auch außerhalb der Satzung urkundlich festgelegt sind. Existieren keine Vertragsurkunden, muss dies allerdings gegenüber dem Handelsregister angegeben werden.31 Weder § 26 Abs 1 noch § 37 Abs 4 Nr 2 schaffen besondere Formvorschriften für solche Verträge.32 Die Gewährung eines Sondervorteils macht ferner eine Gründungsprüfung erforderlich, wenn der Begünstigte Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats ist, dazu § 33 Abs 2 Nr 3. 21 Die Auslegung der Sondervorteile betreffenden Satzungsbestimmungen unterliegt, da sie infolge der Regelung des § 26 Abs 1 echter Satzungsbestandteil sind, ungeachtet der Tatsache, dass sie ihrer Natur nach Gläubigerrechte und nicht Regelungen körperschaftsrechtlicher Art betreffen, den Regeln über die objektive Satzungsauslegung (oben Rdn 7, 8 und § 23 Rdn 37). Nicht objektivierte Absichten der Gründer haben deshalb auch hier außer Betracht zu bleiben. Als Auslegungsmaterial darf nur herangezogen werden, was aus der Satzung und dem zum Handelsregister eingereichten, der Gewährung des Sondervorteils zugrundeliegenden Vertrag (oben Rdn 20) erkennbar ist. Dies fordert allein schon der quasi rechtspolizeiliche Schutzzweck (oben Rdn 2) des § 26 Abs 1. Die Pflicht zur Festsetzung des Vorteils gilt nur im Gründungsstadium. Die Wirk22 samkeit besonderer Vorteile, die später einzelnen Personen vertraglich durch die Organe der Gesellschaft eingeräumt werden, hängt davon ab, ob das dabei für die Gesellschaft handelnde Organ die zum Abschluss entsprechender Verträge erforderliche Kompetenz besitzt. So könnte etwa der Vorstand aufgrund seiner Vertretungsmacht für die AG wirksam eine Warenabnahmepflicht der AG, nicht aber ein Gewinnvorrecht für einzelnen Aktionäre begründen,33 s dazu näher unten Rdn 64 f. 6. Erlöschen, Übertragung auf Rechtsnachfolger. Der Anspruch auf einen Sondervorteil kann in der jeweiligen Satzung vorgesehenen Fällen, durch Erfüllung (§§ 362 ff BGB) oder durch Erlassvertrag (§ 397 BGB) erlöschen. Soll der Anspruch durch einen Erlassvertrag aufgehoben werden, ist eine Satzungsänderung nicht erforderlich.34 Sondervorteile gehen anders als die mit Vorzugsaktien verbundenen Sonderrechte 24 als reine Gläubigerrechte nicht ohne weiteres mit der Veräußerung der Aktie auf einen Erwerber über. Sie müssen deshalb gesondert übertragen werden. Die Übertragung erfolgt im Allgemeinen nach den für die Abtretung von Rechten geltenden Regeln der §§ 398 ff, 413 BGB. In Ermangelung einer solchen Übertragung verbleiben sie bei dem bisherigen Berechtigten. Aus dem Inhalt des Sondervorteils kann sich jedoch ergeben, dass er überhaupt 25 nicht oder nur beschränkt abtretbar ist. Soll der Sondervorteil nur dem Berechtigten 23

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31 MünchKommAktG/Pentz Rdn 18; Hüffer/Koch Rdn 4; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 6; Grigoleit/Vedder Rdn 8. 32 MünchKommAktG/Pentz Rdn 18; KK/Arnold Rdn 13; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 5; Hüffer/Koch Rdn 4; Hölters/Solveen Rdn 6; sa bei § 37; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 10; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 6; Wachter Rdn 9. 33 MünchKommAktG/Pentz Rdn 19; Heidel/Braunfels Rdn 8; schon Geßler/Eckardt Rdn 18. 34 MünchKommAktG/Pentz Rdn 20 und KK/Arnold Rdn 14; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 12.

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Sondervorteile, Gründungsaufwand | § 26

höchstpersönlich (sei es beschränkt auf die Zeit seiner Mitgliedschaft oder auch unabhängig von ihr) zustehen, so ist er einer Abtretung überhaupt nicht zugänglich. Um ein höchstpersönliches Recht handelt es sich auch dann, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Änderung ihres Inhalts erfolgen kann, §§ 399, 413 BGB. Ein Fall beschränkter Abtretbarkeit liegt zB vor, wenn die Übertragung nur an bestimmte durch persönliche oder sachliche Merkmale gekennzeichnete Personen, etwa an Mitglieder einer Familie des Berechtigten oder an den jeweiligen Erwerber der Aktien, erfolgen darf. Wird der Sondervorteil im letztgenannten Fall nicht mitübertragen, so kommt es auf den notfalls durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt der Vereinbarung über die Begründung des Sondervorteils an, ob dieser bei dem bisherigen Berechtigten verbleibt oder im Zeitpunkt der Übertragung der Aktie erlischt. Sind die Sondervorteile dagegen ihrem Inhalt nach weder an die Person des Berech- 26 tigten noch an den Fortbestand seines Aktienbesitzes gebunden, so bestehen keine Bedenken gegen ihre unbeschränkte Abtretbarkeit mit oder ohne gleichzeitige Übertragung der Aktien. Welche der beiden vorstehend erörterten Gestaltungen im Einzelfall vorliegt, ist 27 durch Auslegung der betreffenden Satzungsbestimmung und der ihr zugrundeliegenden Vereinbarung über die Einräumung des Sondervorteils zu ermitteln, die im Falle ihrer Verkörperung in einer gesonderten Urkunde zum Handelsregister einzureichen ist (oben Rdn 20 und § 37 Abs 4 Nr 2). Die Auslegung unterliegt, obwohl es um Gläubigerrechte geht, auch hier den Grundsätzen über die objektive Satzungsauslegung, weil § 26 echte Satzungsbestandteile schafft (oben Rdn 21). Sind die Sondervorteile ihrem Inhalt nach solche rein vermögensrechtlicher Art, so werden sie im Allgemeinen nicht höchstpersönlicher Natur sein; etwas anderes kann freilich für Rechte auf Lieferung und Abnahme von Waren in Betracht kommen, die an den Geschäftsbetrieb des Berechtigten gebunden sein können. Sondervorteile, die ihrem Inhalt nach eine besondere Einflussmöglichkeit auf den Betrieb des Gesellschaftsunternehmens gewähren (sog. Herrschaftsrechte, Rdn 17) werden dagegen häufig höchstpersönlich oder solcher Art sein, dass sie entweder mit der Übertragung der Aktie an einen Dritten erlöschen sollen oder zu ihrem Fortbestand der besonderen Übertragung auf den Erwerber der Aktie bedürfen. III. Der Gründungsaufwand, § 26 Abs 2 1. Der Begriff; Abgrenzung zu den Sondervorteilen des Abs 1. Gründungsaufwand 28 ist die Gesamtheit aller Leistungen, die zu Lasten der Gesellschaft an Aktionäre oder andere Personen als Entschädigung oder Belohnung für die Gründung oder ihre Vorbereitung zu erbringen sind. Der Gründungsaufwand stellt also immer eine echte Gegenleistung für eine vorausgegangene Leistung des Berechtigten dar, und zwar eine Entschädigung für Auslagen, die dieser im Zusammenhang mit der Gründung der Gesellschaft gehabt hat (Aufwendungsersatz, Auslagenerstattung) oder eine Vergütung für die Gründung oder deren Vorbereitung (in der Sprache des Gesetzes: Belohnung). Darin unterscheidet sich der Gründungsaufwand maßgeblich von den Sondervorteilen des Abs 1, die dem Berechtigten begriffsnotwendig eingeräumt werden, ohne dass er dafür eine über seine mögliche Teilnahme an der Gründung hinausgehende Leistung für die Gesellschaft erbracht hat oder erbringen soll (oben Rdn 4). Wenn der Gründungsaufwand an ein Mitglied des Vorstandes oder Aufsichtsrates gewährt wird, greift § 32 Abs 3 ein.35

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MünchKommAktG/Pentz Rdn 28.

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§ 26 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

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Die Höhe der nach Abs 2 (als Auslagenersatz und/oder Vergütung) von der Gesellschaft zu gewährenden Entschädigung muss deshalb in einem angemessenen Verhältnis zu der Tätigkeit des Berechtigten bei der Gründung oder deren Vorbereitung stehen. Anderenfalls wäre sie nicht mehr als Gegenleistung für diese Tätigkeit, dh als Gründungsaufwand iS des Abs 2, anzuerkennen und müsste als Sondervorteil iS des Abs 1 gelten mit der Folge der Notwendigkeit der Benennung der Person des Begünstigten in der Satzung. Die Abgrenzung kann im Einzelnen schwierig sein. Sie ist Aufgabe der Gründungsprüfung (§§ 33 ff, dort insbes § 34 Abs 1 Nr 1). Ihre Erforderlichkeit ergibt sich daraus, dass beim Gründungsaufwand nur die Angabe des – notfalls zu schätzenden – Gesamtaufwandes in der Satzung ausreichend aber auch erforderlich ist (unten Rdn 36), während bei Sondervorteilen die Einräumung eines jeden einzelnen Vorteils unter Angabe der Person des Berechtigten der Festsetzung in der Satzung bedarf (oben Rdn 19). Ohne wesentliche Bedeutung ist dagegen die Abgrenzung zwischen den beiden Alternativen des Abs 2 („Entschädigung“ oder „Belohnung“), da sich ihre rechtliche Behandlung nicht unterscheidet.

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2. Bilanzielle Behandlung. Der Gründungsaufwand darf, auch wenn er in der Satzung ordnungsgemäß festgesetzt ist und damit die Gesellschaft belastet, in der Jahresbilanz nicht aktiviert werden. Dies folgte früher aus § 153 Abs 4 Satz 1 aF. An dessen Stelle ist seit Inkrafttreten (vgl Art 23 ff EGHGB) des Bilanzrichtliniengesetzes (Gesetz v 19.12. 1985, BGBl I 2355) § 248 Abs 1 HGB getreten, ohne dass sich dadurch für den Gründungsaufwand insoweit eine sachliche Änderung gegenüber dem früheren Rechtszustand ergeben hat. Der Gründungsaufwand belastet mithin, soweit er von der Gesellschaft zu tragen ist, das erste Geschäftsjahr; zur Behandlung der damit auftretenden Unterbilanz unten Rdn 38.

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3. Rechtsnatur. Der durch Festsetzung des Gründungsaufwandes in der Satzung begründete Anspruch des Berechtigten gegen die Gesellschaft auf Entschädigung oder Belohnung ist wie der Sondervorteil (Rdn 7) ein reines Gläubigerrecht. Er gehört mithin auch dann nicht zu den an den Aktienbesitz gebundenen Mitgliedschaftsrechten, wenn der Anspruchsberechtigte zugleich Aktionär war oder ist. Der Anspruch kann nach Maßgabe der §§ 398 ff BGB durch Abtretung an Dritte übertragen werden. 4. Inhalt des Gründungsaufwands

a) Entschädigung. Gemeint ist damit im Grundsatz der Ausgleich aller Ausgaben, die für die Entstehung der Gesellschaft, gleichgültig in welchem Zeitpunkt, gemacht worden sind (Aufwendungsersatz, Auslagenerstattung). Hierher gehören zunächst alle Kosten für die Tätigkeit des Notars, für die Inanspruchnahme der Beratung durch einen Rechtsanwalt oder einen anderen rechts- oder unternehmensberatenden Beruf, die Gründungsprüfung, die erforderlichen Bekanntmachungen, den Druck der Aktienurkunden uä. 33 Nach heute ganz hM36 zählen hierzu auch die gerichtlichen Kosten für die Eintragung der Gesellschaft und die durch die Gesellschaftsgründung anfallenden Steuern, für

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36 BGHZ 107, 1 ff gegen BayObLG BB 1988, 2195 = AG 1989, 132 (Vorlagebeschluss: für GmbH) sowie aus dem Schrifttum vgl MünchKommAktG/Pentz Rdn 30; KK/Arnold Rdn 20; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 8; Hüffer/Koch Rdn 5; Hölters/Solveen Rdn 9; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 14; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 8; Heidel/Braunfels Rdn 9; Wachter Rdn 11; Grigoleit/Vedder Rdn 10; aA anscheinend (für die GmbH) Hüffer EWiR § 5 GmbHG 2/28, 479 (Anm zu BGHZ 107, 1 ff).

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welche Gründer und Gesellschaft nach Maßgabe der jeweils einschlägigen gesetzlichen im Außenverhältnis gemeinsam haften.37 Auch diese Belastungen weist § 26 Abs 2 im Innenverhältnis den Gründern allein zu. Sollen diese Belastungen trotzdem nicht von den Gründern, sondern von der Gesellschaft getragen werden, so bedarf es der Festsetzung in der Satzung. Werden diese Abgaben von den Gründern (oder einer anderen Person) bezahlt, so hat ihre Einbeziehung in die Festsetzung des Gründungsaufwandes die Wirkung, dass der Zahlende im Zeitpunkt seiner Leistung Ausgleichsansprüche gegen die Gesellschaft erwirbt. Werden diese Abgaben von der Gesellschaft bezahlt, so steht durch die Festsetzung als Teil des Gründungsaufwands in der Satzung fest, dass die Gesellschaft ihrerseits insoweit keinen Erstattungsanspruch gegen die Gründer hat, da sie im Innenverhältnis zu den Gründern lediglich die ihr diesen gegenüber obliegende Verpflichtung erfüllt hat. Die Regel des § 426 Abs 1 Satz 1 BGB ist also in beiden Fällen dadurch außer Kraft gesetzt, dass das AktG „ein anderes bestimmt“.38 b) Belohnung für die Gründung oder ihre Vorbereitung. Der sog. Gründerlohn ist 34 Entgelt (Vergütung) für im Zusammenhang mit der Gründung der Gesellschaft erbrachte Dienstleistungen. Er wird namentlich für die wirtschaftliche Idee, für Werbung und Vorarbeiten der verschiedensten Art, aber auch als Ausgleich für das mit der Gründung eingegangene Risiko, gewährt. Derartige Belohnungen werden vom Gesetz nicht verworfen. Sie müssen jedoch, da sie zu Lasten der Kapitalsubstanz der ins Leben tretenden Gesellschaft gehen, im Interesse der Solidität der Gründung verlautbart werden. Sie können in Geld oder geldwerten Leistungen, auch fortlaufenden gewinnunabhängigen Bezügen bestehen. Werden diese Belohnungen aber übermäßig hoch festgesetzt, so dass sie bei wirtschaftlich verständiger Beurteilung nicht mehr als Entgelt für die Gründertätigkeit gelten können, so verlieren sie insoweit den Charakter eines Gründerlohns und stellen sich rechtlich als Sondervorteil dar, s dazu schon oben Rdn 29. Nach zwingendem Aktienrecht unzulässige Leistungen können von vornherein nicht wirksam als Gründerlohn versprochen werden.39 Aus diesem Grund scheidet zB die Gewährung von Freiaktien aus; sa § 187 Abs 2 und § 212. Die Vergütung des ersten Vorstandes ist kein Gründeraufwand.40 c) Nicht zum Gründungsaufwand gehörende Ausgaben. Nicht zum Gründungs- 35 aufwand gehören Ausgaben, die bereits vor Entstehung der AG für deren künftigen Geschäftsbetrieb gemacht werden.41 Diese Ausgaben können daher auch nicht durch Festsetzung in der Satzung der AG aufgebürdet werden. Für sie gibt vielmehr die Vorschrift des § 41 die abschließende Regelung. Das gilt nicht nur für Kauf-, Miet- und Pachtverträge, die im Hinblick auf den künftigen Betrieb abgeschlossen werden, sondern auch für Anstellungsverträge. Entsprechendes gilt für Verpflichtungen aus dem Betrieb eines satzungsmäßig einzubringenden Unternehmens. Es gilt nach der Rechtsprechung des BGH aber auch für die Vergütung des ersten Vorstandes, die freilich gleichwohl nicht der Haftung aus § 41 unterliegen soll.42

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37 Auch die erstmalige Anmeldung der AG erfolgt (jedenfalls auch) im Namen der Gesellschaft, BGHZ 117, 323; siehe § 36 Rdn 23 f. 38 Ebenso MünchKommAktG/Pentz Rdn 27 f; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 7. 39 MünchKommAktG/Pentz Rdn 33; KK/Arnold Rdn 22; Hölters/Solveen Rdn 11; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 15; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 8; Grigoleit/Vedder Rdn 11. 40 BGH NJW 2004, 2519, 2520. 41 Unstr, MünchKommAktG/Pentz Rdn 31; KK/Arnold Rdn 21; Hölters/Solveen Rdn 9; Schmidt/Lutter/ Seibt Rdn 14; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 8; Wachter Rdn 11; Grigoleit/Vedder Rdn 10. 42 BGH NJW 2004, 2519 f.

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§ 26 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

5. Festsetzung in der Satzung 36

a) Umfang der Festsetzung. In der Satzung festzusetzen ist der gesamte Gründungsaufwand, der zu Lasten der AG gehen soll, und zwar getrennt von den besonderen Gründungsvorteilen des Abs 1. Anzugeben ist der Gesamtbetrag (Endsumme) des Gründungsaufwands. Eine namentliche Auflistung der Posten in der Satzung, aus denen sich der Gesamtbetrag errechnet, ist weder erforderlich noch ausreichend. Sie wäre zwar unschädlich, könnte aber die vom Gesetz geforderte Zusammenfassung des Gründungsaufwandes in einer Zahl („Gesamtaufwand“) selbst dann nicht ersetzen, wenn sich aus ihr unschwer, durch einfache Addition der Gesamtaufwand errechnen ließe. Einzelne Posten, die sich noch nicht genau beziffern lassen, müssen zum Zweck der Angabe des Gesamtbetrages geschätzt werden.43 Eine Einzelberechnung verlangt das Gesetz, § 37 Abs 4 Nr 2, erst in der Beilage zu der Anmeldung. Dort ist der Gründerlohn nach Art, Höhe und Empfänger einschließlich gewährter Vergütungen einzeln aufzuführen, die zugrundeliegenden Verträge sind beizufügen; dazu näher § 37 Rdn 57.

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b) Verschleierter Gründungsaufwand. Er liegt vor, wenn bei überbewerteter Sacheinlage oder Sachübernahme der Einbringer den Mehrwert als Gründungsaufwand behalten oder an einen Dritten abführen soll. Eine solche Abmachung ist wegen Verstoßes gegen § 26 unwirksam, wenn sie nicht in Form der nach § 26 Abs 2 gebotenen Festsetzung in die Satzung aufgenommen wird.44 Dagegen geht es zu weit, sie selbst bei Festsetzung in der Satzung für schlechterdings unwirksam zu halten.45 Zweifellos geht der Mehrwert, da die Gesellschaft den betreffenden Gegenstand zu teuer erwirbt und Aktien im Gegenwert des überhöhten Einbringungsbetrages ausgibt, zu Lasten ihres Grundkapitals. Das wäre im wirtschaftlichen Ergebnis aber auch nicht anders, wenn sie den betreffenden Gegenstand nicht zu überhöhten, sondern zu seinem wirklichen Wert erhielte und dafür Aktien ausgegeben hätte, gleichzeitig aber gehalten wäre, einen Betrag in Höhe der Differenz als ordnungsgemäß festgesetzten Gründungsaufwand an den Gesellschafter zurückzuzahlen. Angesichts der im Recht der Sacheinlagen auch sonst maßgeblichen wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu fordern ist deshalb hier lediglich, dass die Überbewertung des Gegenstandes und die Gewährung der Differenz als Gründungsaufwand gemäß § 26 in der Satzung offengelegt werden.46 Selbstverständlich ist darüber hinaus, dass der damit in Form des Differenzwertes gewährte Gründungsaufwand in einem angemessenen Verhältnis zu der von dem Begünstigten für die Gesellschaft erbrachten Leistung steht (oben Rdn 29 und 34).

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6. Rechtsfolgen wirksamer Festsetzung. Die dem Gesetz entsprechende Festsetzung hat zur Folge, dass der durch sie Berechtigte mit der Entstehung der Gesellschaft (Eintragung im Handelsregister) gegen diese einen Anspruch in Gestalt eines Gläubiger-

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43 Alles einhellige Meinung, vgl (zur GmbH) BGHZ 107, 1, 6; MünchKommAktG/Pentz Rdn 34; KK/Arnold Rdn 24; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 9; Hüffer/Koch Rdn 6; Hölters/Solveen Rdn 12; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 16; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 9; Heidel/Braunfels Rdn 11; Wachter Rdn 15 f; Grigoleit/Vedder Rdn 12. 44 Unstr, s schon RG LZ 1912, 3931; 1916, 147513; ferner Geßler/Eckardt Rdn 45 und wohl auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 37. 45 Teilw. aA hM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 37; KK/Arnold Rdn 26; ebenso Bürgers/Körber/Lohse Rdn 10; Heidel/Braunfels Rdn 10 (Unzulässigkeit der überbewerteten Sacheinlage, während die überbewertete Sachübernahme bei Festsetzung in der Satzung zulässig sein soll). 46 Im Ergebnis wie hier Godin/Wilhelmi Rdn 9; nicht eindeutig, weil unmittelbar nur Fälle fehlender Satzungsfestsetzungen behandelnd die in Fn 35 angeführte Rspr.

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rechts (oben Rdn 31) auf Erstattung des zu seinen Gunsten angesetzten Gründungsaufwandes erwirbt. Eine dadurch bei der Gesellschaft schon im Zeitpunkt ihrer Eintragung entstehende Unterbilanz (dazu Rdn 30) steht der Eintragung nicht entgegen.47 Ebenso wenig kann insoweit von den Gründern Ausgleich nach den Grundsätzen der Unterbilanz- (Vorbelastungs-)Haftung (dazu bei § 41) verlangt werden.48 IV. Rechtsfolgen fehlender oder unrichtiger Festsetzung von Sondervorteilen oder Gründungsaufwand, § 26 Abs 3 S 1 Ohne Festsetzung in der Satzung sind nach § 26 Abs 3 S 1 Verträge über die Gewährung von Sondervorteilen oder die Übernahme von Gründungsaufwand (Verpflichtungsgeschäft) einschließlich der zur Ausführung dieser Verträge vorgenommenen Rechtshandlungen (Erfüllungsgeschäft) der Gesellschaft gegenüber unwirksam. Die Einschränkung, wonach die bezeichneten Zusagen und die Rechtshandlungen zu ihrer Ausführung der Gesellschaft gegenüber unwirksam sind, darf entgegen KK/Arnold Rn 30 nicht als relative Unwirksamkeit iS der §§ 135 ff BGB verstanden werden. Gemeint ist vielmehr, dass sämtliche schuldrechtlichen und dinglichen Willenserklärungen der Gesellschaft, nicht aber Dritter, absolut unwirksam sind. Die Unwirksamkeit kann sowohl von der Gesellschaft als auch von dem anderen Teil wie überhaupt von jedermann geltend gemacht werden. Die Berufung auf sie steht auch nicht etwa im Ermessen der Gesellschaft. Die AG ist vielmehr verpflichtet, die Rechte geltend zu machen, die sich für sie aus der Unwirksamkeit nicht nach Abs 1 und Abs 2 festgesetzter Zusagen ergeben, dazu im einzelnen Rdn 41 ff. Dies gilt gleichermaßen gegenüber Gründern wie gegenüber Dritten. Die Einschränkung, wonach die Unwirksamkeit (nur) gegenüber der Gesellschaft gilt, bedeutet lediglich, dass die Gesellschaft aus nicht in ihrer Satzung verlautbarten Vereinbarungen weder berechtigt noch verpflichtet wird, dass diese Vereinbarungen aber im Verhältnis der Gründer untereinander oder zu Dritten in ihrer Wirksamkeit durch die unterlassene Festsetzung in der Satzung der AG nicht berührt werden. Dies kann zu Erfüllungs- oder Schadensersatzansprüchen dieser Personen untereinander führen, dazu näher Rdn 57 ff. Im Einzelnen ergeben sich aus der unterlassenen Festsetzung von Sondervorteilen oder Gründungsaufwand in der Satzung der AG folgende Rechtsfolgen: Das unwirksame schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft, in dem die Einräumung eines Sondervorteils oder die Tragung von Gründungsaufwand zugesagt worden war, darf (oben Rdn 39) von der Gesellschaft nicht erfüllt werden.49 Daran ändert auch die Eintragung der Gesellschaft in Handelsregister nichts. Das gilt sogar für Aufwendungen, die mit der Gründung der Gesellschaft und ihrer Eintragung unvermeidbar verbunden sind. Selbst mit diesen notwendigen Kosten darf die Gesellschaft ohne Festsetzung in ihrer Satzung nicht belastet werden, s dazu schon oben Rdn 33. Da auch das Erfüllungsgeschäft unwirksam ist (Rdn 39), bleibt an sich sogar an den Begünstigten gezahltes Geld Eigentum der Gesellschaft. Dies wird allerdings kaum jemals praktisch werden, da ihr Eigentum regelmäßig durch Vermischung (§ 948 BGB)

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47 MünchKommAktG/Pentz Rdn 36; KK/Arnold Rdn 25; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 10; Hüffer/Koch Rdn 6; Hölters/Solveen Rdn 13; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 17; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 9; Heidel/ Braunfels Rdn 12; Grigoleit/Vedder Rdn 13. 48 Ebenso für die GmbH MünchKommGmbHG/Schwandtner Rdn 277. 49 Unstr, MünchKommAktG/Pentz Rdn 46; KK/Arnold Rdn 30; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 12; Hüffer/Koch Rdn 7; Hölters/Solveen Rdn 15; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 19; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 12; Heidel/Braunfels Rdn 16; Wachter Rdn 19; Grigoleit/Vedder Rdn 15.

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untergegangen sein wird und außerdem heute im Allgemeinen bargeldlos gezahlt wird. Infolgedessen wird auch die Unwirksamkeit des Erfüllungsgeschäfts in aller Regel letztlich nur zu Ansprüchen aus §§ 812 ff BGB führen. Eher kann die Unwirksamkeit der Ausführungshandlungen Bedeutung erlangen, wenn die Gesellschaft zur Erfüllung ihrer Zusage eine Forderung abgetreten oder einen Gegenstand übereignet hat. In diesem Fall bleibt sie Inhaberin der abgetretenen Forderung oder des unwirksam übereigneten Gegenstandes, den sie, solange die Herausgabe in Natur möglich ist, nach § 985 BGB herausverlangen kann. – Die Unwirksamkeit muss auch ein dritter Leistungsempfänger gegen sich gelten lassen, falls es die Gesellschaft nicht vorzieht, sich unter Genehmigung dieses Geschäfts an ihre Gründer zu halten (s auch Rdn 45). Einer Zurückgewährung der von Dritten an die AG geleisteten Dienste oder Nutzungen (Wertersatz) nach §§ 812, 818 Abs 2 BGB steht dabei der Zweck des § 26 Abs 3 AktG sowie § 817 S 2 BGB entgegen.50 Haften beide, Gesellschaft und Gründer, ausnahmsweise für eine bestimmte Verpflichtung als Gesamtschuldner (oben Rdn 33), so ist der Gesellschafter der Gesellschaft, wenn diese geleistet hat, auch nach § 426 BGB zum Ausgleich verpflichtet. § 426 Abs 1 Satz 1 1. Altern BGB (hälftiger Ausgleich) gilt insoweit nicht, weil § 26 ein anderes bestimmt (aaO 2. Altern).51 Hat der Gründer an den Gläubiger geleistet, so steht ihm aus demselben Grund kein Ausgleichsanspruch zu; dazu auch schon oben Rdn 33. Daneben können sich Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen die Gründer und die Personen, für deren Rechnung die Gründer Aktien übernommen haben, nach § 46 und nach Maßgabe von § 47 Nr 1 auch gegen den Leistungsempfänger ergeben. Die Verpflichtung, von der Gesellschaft erlangte Leistungen nach §§ 985 ff BGB oder §§ 812 ff BGB herauszugeben, wird davon nicht berührt. Darüber hinaus sind falsche Angaben von Gründern, Vorstands- oder Aufsichtsratsmitgliedern über Sondervorteile und Gründungsaufwand auch nach § 399 Abs 1 Nr 1 strafbar. Trotzdem schon in Erfüllung der unwirksamen Vereinbarung erbrachte Leistungen sind nach §§ 812 ff BGB zurückzuerstatten, soweit nicht sogar dingliche Herausgabeansprüche nach §§ 985 ff BGB gegeben sind, dazu bereits oben Rdn 42. Dies gilt auch dann, wenn die Leistung nicht von der Gesellschaft, sondern von dem anderen Teil erbracht worden ist (anders aber, wenn die Rückgewähr wie bei Diensten oder Nutzungen auf Wertersatz gerichtet und damit entgegen der Wertung von Abs 3 zu einer faktischen Vertragsdurchführung führen würde, Rdn 42). Hat die Gesellschaft in Erfüllung einer nicht in der Satzung festgesetzten Vereinbarung eine Leistung an einen Dritten erbracht, so wird sie im Allgemeinen eine fremde Verpflichtung, nämlich diejenige des oder der Gründer, in der Meinung erfüllt haben, diesem gegenüber dazu verpflichtet zu sein, was ebenfalls Bereicherungsansprüche gegen den Gründer nach §§ 812 ff BGB auslöst. Erlangt das Registergericht Kenntnis von Zusagen zur Gewährung von Sondervorteilen oder zum Ersatz von Gründungsaufwand, die entgegen § 26 Abs 1 und Abs 2 nicht in der Satzung festgesetzt sind, so hat es nach hM die Eintragung der Gesellschaft abzulehnen, weil diese nicht ordnungsgemäß errichtet ist, § 38 Abs 1.52

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50 MünchKomm/Pentz Rdn 47; KK/Arnold Rdn 32; Grigoleit/Vedder Rdn 15; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 19; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 12; Heidel/Braunfels Rdn 14. 51 Vgl dazu auch die Ausführungen (zur GmbH) in BGHZ 107, 1, 3 f. 52 MünchKommAktG/Pentz Rdn 41; KK/Arnold Rdn 67; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 11; Hüffer/Koch Rdn 7; Hölters/Solveen Rdn 14; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 18; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 11; Heidel/ Braunfels Rdn 13; Wachter Rdn 17; Grigoleit/Vedder Rdn 14.

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Der hM ist im Grundsatz zuzustimmen. Allerdings ist die Gesellschaft bereits durch die Unwirksamkeit der Zusagen und der zu ihrer Erfüllung vorgenommenen Rechtshandlungen ausreichend geschützt. Die Ablehnung der Eintragung läuft deshalb auf eine Doppelsicherung hinaus,53 die letztlich dadurch gerechtfertigt sein mag, dass in derartigen Fällen stets der Verdacht besteht, dass die nicht in der Satzung verlautbarte Zusage später trotz ihrer Unwirksamkeit erfüllt werden soll. Auf der anderen Seite ermöglicht es die Behandlung nicht festgesetzter Zusagen von Sondervorteilen oder Erstattung von Gründungsaufwand als eintragungshindernde Gründungsmängel einem Gründer oder Dritten, durch die bloße, für das Registergericht nicht aufklärbare Behauptung einer solchen Vereinbarung die Eintragung der Gesellschaft dauerhaft oder doch auf unabsehbare Zeit bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer von den (übrigen) Gründern oder auch der Vorgesellschaft zu erhebenden negativen Feststellungsklage zu blockieren. Das Registergericht muss deshalb nach pflichtgemäßem Ermessen berechtigt sein, die Gesellschaft einzutragen, wenn der Vorstand den Verdacht durch die verbindliche Erklärung gegenüber dem Registergericht ausräumt, dass er die (wirkliche oder angebliche) Zusage nicht erfüllen wird. In jedem Fall hat das Registergericht den Anmeldern vor einer endgültigen Ablehnung der Eintragung durch Zwischenverfügung (§ 38 Rdn 62) Gelegenheit zur Behebung des Mangels zu geben. Wollen die Gründer ihrer Vereinbarung Wirksamkeit gegenüber der Gesellschaft verleihen, so kann dies bis zur Eintragung der Gesellschaft jederzeit durch einstimmige Änderung des Gesellschaftsvertrages in der Form des § 23 Abs 1 geschehen. Scheitert die Eintragung an der fehlenden Festsetzung (oben Rdn 47 f) oder einem anderen Grund, so sind bei der Liquidation auch nicht festgesetzte Zusagen der Erstattung von Gründungsaufwand zu berücksichtigen.54 Bleibt der Mangel unbemerkt und wird die Gesellschaft eingetragen, so wird die wirksame Entstehung der AG dadurch nicht berührt. § 139 BGB findet insoweit keine Anwendung.55 Es bewendet in diesem Fall bei der Unwirksamkeit der entgegen § 26 Abs 1 und Abs 2 nicht in der Satzung festgesetzten Zusagen nach § 26 Abs 3; wegen der Heilungsmöglichkeiten des Mangels nach Eintragung, s unten Rdn 63 ff; zur Möglichkeit des Vorstandes, aufgrund seiner Vertretungsmacht für die Gesellschaft, nicht in der Satzung festgesetzten Gründungsaufwand oder Sondervorteile zu gewähren s unten Rdn 64. Das (gänzliche oder teilweise) Unterbleiben der in § 26 Abs 1 und Abs 2 vorgeschriebenen Festsetzungen kann ferner Anlass zu einer Sonderprüfung nach §§ 142 ff geben. Die in § 26 Abs 3 vorgesehene Rechtsfolge der Unwirksamkeit von schuldrechtlichem Verpflichtungsgeschäft und dinglichem Erfüllungsgeschäft mit den sich daraus ergebenden in Rdn 39 ff dargelegten Rechtsfolgen gilt auch für Verträge, die die Verschleierung von Gründungsaufwand oder Sondervorteilen zum Gegenstand haben, dazu schon oben Rdn 37. Bei teilweiser oder unrichtiger Festsetzung von Sondervorteilen oder Gründerlohn gelten die vorstehenden für die unterlassene Festsetzung erläuterten Grundsätze entsprechend. Erfüllungsansprüche gegen die Gesellschaft bestehen nur insoweit, wie die Satzung entsprechende Festsetzungen enthält. Die Erfüllung darüber hinausgehender Ansprüche hat sie abzulehnen, dazu sowie zu den weiteren Rechtsfolgen vorstehend Rdn 39 ff.

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53 So ausdrücklich Geßler/Eckardt Rdn 39. 54 KK/Kraft Voraufl, Rdn 36. 55 So schon RGZ 114, 81; im Ergebnis auch MünchKomm/Pentz Rdn 45; KK/Arnold Rdn 30; Hölters/ Solveen Rdn 14.

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Aus dieser Rechtslage können sich Schwierigkeiten ergeben, wenn der Gesellschaftsvertrag den zu erstattenden Gründungsaufwand unrichtig berechnet und der Aufwand tatsächlich höher gewesen ist. Auch in diesem Fall muss eine Belastung der Gesellschaft mit dem Fehlbetrag ausscheiden. Ebenso wenig darf sich die Gesellschaft darauf einlassen, die Erstattungsforderungen einzelner Berechtigter bis zur Erschöpfung des festgesetzten Gesamtbetrages voll zu erfüllen und alle anderen Berechtigten abzuweisen. Sie hat vielmehr alle Berechtigten bis zur Höhe des in der Satzung ausgewiesenen Gesamtbetrages anteilig zu befriedigen, was auf die verhältnismäßige Kürzung aller Anteile hinausläuft. Maßgebend für die zu diesem Zweck erforderliche Berechnung ist, da die Satzung regelmäßig nur den Gesamtaufwand, nicht aber die Einzelposten ausweisen wird, aus denen er sich zusammensetzt (oben Rdn 36), die nach § 37 Abs 4 Nr 2 zum Handelsregister einzureichende, nach Art, Höhe und Person des Empfangsberechtigten aufgeschlüsselte Berechnung.56 Der nach Erschöpfung des festgesetzten Gesamtbetrags verbleibende Fehlbetrag muss von den Anspruchsberechtigten selber getragen werden. Ist der Erstattungsanspruch unrichtigerweise zu hoch angesetzt, so sind gleichwohl nur die tatsächlich gemachten Aufwendungen zu erstatten. Dies schließt allerdings nicht aus, dass im Einzelfall einem Berechtigten nach den zugrundeliegenden Abmachungen der Mehrbetrag als Vergütung für seine Leistung (Belohnung, oben Rdn 28) verbleiben soll. Zur Rechtslage bei Aussetzung eines unangemessen hohen Gründerlohns, oben Rdn 29. Da die in der Satzung nicht oder nicht richtig festgesetzte Vereinbarung über die Gewährung von Sondervorteilen oder die Erstattung von Gründungsaufwand nur gegenüber der Gesellschaft unwirksam (oben Rdn 39), im Verhältnis anderer Beteiligter zueinander aber voll wirksam sein kann (vgl § 139 BGB), kann sie im Verhältnis der Gründer untereinander oder zwischen diesen und Dritten zu Erfüllungs- und Schadensersatzansprüchen führen.57 Im Einzelnen ist zu unterscheiden: Geht ein Gründer ihm zugesagter Sondervorteile infolge unterbliebener oder unrichtiger Festsetzung in der Satzung verlustig, so kann dies zu Schadensersatzansprüchen gegen die dafür verantwortlichen Mitgründer führen. Erfüllungsansprüche kommen dagegen nicht in Betracht, da Sondervorteile nur von der Gesellschaft gewährt werden können. Entsprechendes gilt bei unterlassener oder unrichtiger Festsetzung von Gründungsaufwand, dessen Erstattung einem der Gründer zugesagt worden war. Allerdings ist es nicht auszuschließen, dass dem Gründer in diesem Fall vorrangig Erfüllungsansprüche gegen seine Mitgründer oder einzelne von ihnen aus dem Vertrag bzw – wenn ausdrücklich für die Gesellschaft gehandelt worden war – nach § 179 BGB zustehen, unter bestimmten Voraussetzungen auch nach § 41 Abs 1 Satz 2 zustehen, dazu näher bei § 41. Da die Unwirksamkeit gem § 26 Abs 3 schon ausweislich des Wortlautes nur gegenüber der Gesellschaft besteht, bleiben die Gründer an Verträge, in denen sie sich untereinander bzw Dritten die Vergütung von Gründungsaufwand im eigenen Namen (an-

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56 Wie hier MünchKommAktG/Pentz Rdn 51; KK/Arnold Rdn 31; Hüffer/Koch Rdn 7; Bürgers/Körber/ Lohse Rdn 12; Heidel/Braunfels Rdn 16; Grigoleit/Vedder Rdn 15; aA Godin/Wilhelmi und schon im älteren Schrifttum Düringer/Hachenburg/Bing HGB § 186 Rdn 6, die der AG gestatten wollen, die Anspruchsteller so, wie sie sich melden, bis zur Erschöpfung des festgesetzten Gesamtbetrages zu befriedigen. 57 Vgl dazu auch MünchKomm/Pentz Rdn 49 f; KK/Arnold Rdn 33; Hüffer/Koch Rdn 7; Bürgers/Körber/ Lohse Rdn 12.

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Sondervorteile, Gründungsaufwand | § 26

sonsten § 179, siehe vorige Rdn) zugesagt haben, gebunden. Sie haben also, wenn sie Partei des mit dem Dritten geschlossenen Vertrages geworden sind, diesen aus ihrem persönlichen Vermögen zu erfüllen, ohne einen Erstattungsanspruch gegen die Gesellschaft zu erwerben. Bei fehlender Parteistellung kann sich eine entsprechende Verpflichtung auch hier aus § 179 BGB, unter bestimmten Umständen aus § 41 Abs 1 Satz 2 ergeben. Bei der Zusage von Sondervorteilen gegenüber Dritten wird, da diese regelmäßig nur 61 von der Gesellschaft gewährt werden können, auch hier im Allgemeinen nur ein Schadensersatzanspruch gegen den Gründer, der die Zusage abgegeben hat, in Betracht kommen. Hier ist aber stets besonders sorgfältig zu prüfen, ob die Zusage nicht nur für den Fall abgegeben worden war, dass eine Festsetzung in der Satzung zustande kommen würde. V. Nachträgliche Festsetzungen und Änderungen 1. Nachholung unterbliebener Festsetzungen, § 26 Abs 3 Satz 2 a) Vor Eintragung der AG kann die unterbliebene Festsetzung von Sondervorteilen 62 und Gründungsaufwand jederzeit durch Satzungsänderung, die der Zustimmung sämtlicher Gründer bedarf, nachgeholt werden. Dabei sind die nach § 23 geltenden Vorschriften über die Feststellung der Satzung zu beachten, dazu schon oben Rdn 48. b) Nach Eintragung der AG kann die unterbliebene Festsetzung von Sondervortei- 63 len und Gründungsaufwand nicht mehr durch Satzungsänderung nachgeholt werden. Jede gegenteilige Annahme verstieße gegen den eindeutigen Sinn des § 26 Abs 3 Satz 2. Diese Bestimmung will zum Schutz der Allgemeinheit, die mit der AG in Rechtsbeziehungen tritt, eine unzweideutige Klarstellung, welche Lasten der AG bei ihrer Entstehung aufgebürdet worden sind. Diese Absicht des Gesetzes würde durch die Zulassung nachträglicher Festsetzung solcher Lasten zunichtegemacht.58 Eine ganz andere Frage ist es, ob die AG nach ihrer Eintragung durch Abschluss ent- 64 sprechender schuldrechtlicher Verträge und deren Erfüllung Sondervorteile gewähren oder Gründungsaufwand erstatten kann. Maßgebend hierfür ist allein der Umfang der Vertretungsmacht (nach außen) und der Geschäftsführungsbefugnis (nach innen) des Vorstandes. In dieser Hinsicht werden zB gegen die Einräumung von Rechten auf Bezug der Produktion der AG zugunsten einzelner Aktionäre oder gegen die Begründung von Pflichten zur Abnahme von Waren einzelner Aktionäre durch die AG nicht von vornherein grundsätzliche Bedenken bestehen.59 Auch soweit solche Verträge von der Vertretungsmacht des Vorstandes gedeckt sind, kann ihr Abschluss jedoch im Einzelfall eine Verletzung der Pflicht des Vorstandes zur ordnungsmäßigen Führung der Geschäfte der Gesellschaft (§ 93) darstellen und Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen ihren Vorstand auslösen. Dagegen hat der Vorstand von vornherein nicht die Möglichkeit, einzelnen Aktionä- 65 ren ein Gewinnvorrecht oder ein Vorrecht auf den Abwicklungserlös einzuräumen, weil

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58 Heute ganz hM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 44; KK/Arnold Rdn 35; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 12; Hüffer/Koch Rdn 8; Hölters/Solveen Rdn 15; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 20; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 11; Heidel/Braunfels Rdn 13; Wachter Rdn 20; Grigoleit/Vedder Rdn 17; aA für das GmbH-Recht RGZ 165, 129, 135. 59 Diff RGZ 165, 129 ff (nicht wenn es darum geht, den betr Gesellschafter wegen seiner Eigenschaft als Gründer zu bevorzugen) für eine GmbH.

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§ 26 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

eine solche Abmachung von seiner Vertretungsmacht nicht gedeckt wäre. Ebenso wenig kann er den Aktionären oder einzelnen von ihnen noch nachträglich Gründungsaufwand erstatten.60 Infolge der unterbliebenen Festsetzung in der Satzung ist die AG ohne eine entsprechende Erstattungspflicht ins Leben getreten. Eine gleichwohl von dem Vorstand vorgenommene Erstattung würde das eingebrachte Kapital verkürzen und einen Verstoß gegen § 57 darstellen. Schließlich hat der Vorstand auch nicht das Recht, infolge Fehlens der erforderlichen Festsetzungen nicht zum Satzungsbestandteil gewordene Zusagen der Gewährung von Sondervorteilen oder der Erstattung von Gründungsaufwand nach Eintragung der Gesellschaft nachträglich durch Genehmigung für diese zu übernehmen, so ausdrücklich § 41 Abs 3, s deshalb auch die dortigen Erläuterungen. 66

2. Nachträgliche Änderungen, § 26 Abs 4. Sollen die in der Satzung enthaltenen Festsetzungen über die Gewährung von Sondervorteilen oder die Erstattung von Gründungsaufwand nach Eintragung der AG geändert werden, so ist zu unterscheiden:

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a) Änderungen der Festsetzungen zum Nachteil der Gesellschaft sind generell und auf Dauer nicht möglich. Dies folgt bereits aus dem in § 26 Abs 3 Satz 2 zum Ausdruck gelangten Gedanken: Wenn ganz oder teilweise unterlassene Festsetzungen nicht mehr nachgeholt werden können (oben Rdn 63), so können zusätzliche Belastungen der Gesellschaft, weil dies im Ergebnis nahezu auf dasselbe hinausliefe, auch nicht nachträglich durch Ergänzungen oder Erweiterungen vorhandener Festsetzungen geschaffen werden.61 Dies gilt auch über die in § 26 Abs 4 genannte Frist von fünf Jahren hinaus.62 Die in § 26 Abs 1–3 getroffenen Regelungen wollen nun einmal um der Solidität der Gesellschaftsgründung willen, dass die Gesamtbelastung der Gesellschaft durch Sondervorteile und Gründungsaufwand aus der Satzung hervorgeht und der Gründungsprüfung nach § 34 Abs 1 Nr 1 unterliegt. Dieses Ziel des Gesetzes würde umgangen, wenn die in der Satzung getroffenen Festsetzungen nach Ablauf von fünf Jahren nachträglich geändert werden könnten. § 26 Abs 4, der wohl verhindern sollte, dass Ersatzansprüche der Gesellschaft wegen rechtswidrigen Bezugs von Sondervorteilen oder rechtswidriger Inanspruchnahme der Erstattung von Gründungsaufwand (oben Rdn 44) vor Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist des § 51 durch nachträgliche Satzungsänderungen unterlaufen werden können,63 bleibt damit im Ergebnis für Änderungen zum Nachteil der Gesellschaft ohne Bedeutung. Für sie folgt ein zeitlich unbefristetes Änderungsverbot bereits aus § 26 Abs 3.

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b) Änderungen der Festsetzungen zugunsten der Gesellschaft. Da § 26 Abs 4 keinen Unterschied zwischen die Gesellschaft belastenden und sie nicht belastenden Änderungen macht, obwohl eine solche Unterscheidung eigentlich auch für den Gesetzgeber – wenn er sie gewollt hätte – nahegelegen hätte, wird man mit der heute herrschenden Sicht anzunehmen haben, dass auch Änderungen der bestehenden Satzungsfestsetzungen, die sich im Ergebnis zum Vorteil der Gesellschaft auswirken, erst nach Ablauf einer fünfjährigen Frist nach Eintragung der Gesellschaft zulässig sein sol-

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60 KK/Kraft Voraufl Rdn 58. 61 KG JW 1938, 2754. 62 MünchKommAktG/Pentz Rdn 56; KK/Arnold Rdn 36; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 14; Hüffer/Koch Rdn 9; Hölters/Solveen Rdn 17; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 22; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 14; Heidel/Braunfels Rdn 18; Wachter Rdn 23; Grigoleit/Vedder Rdn 18; aA früher Ritter § 19 Anm 3e und f. 63 MünchKommAktG/Pentz Rdn 55; KK/Arnold Rdn 36; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 14; Hüffer/Koch Rdn 9; Henssler/Strohn/Wardenbach Rdn 7; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 22; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 14; Grigoleit/Vedder Rdn 18.

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Sondervorteile, Gründungsaufwand | § 26

len.64 Dies steht, da es hier um Gläubigerrechte geht, die ganz oder teilweise erlassen werden können, allerdings dem Abschluss eines Erlassvertrages zwischen dem Berechtigten und der Gesellschaft nicht entgegen.65 Ein solcher Erlass bleibt jedoch auf die in der Satzung ausgewiesene Festsetzung zunächst ohne Einfluss. Erst nach Ablauf der fünfjährigen Frist des § 26 Abs 4 steht einer Anpassung der Satzung an die durch den zwischenzeitlich geschlossenen Erlassvertrag veränderte Rechtslage oder auch einer Änderung der bis dahin verpflichtenden Festsetzung zugunsten der Gesellschaft durch satzungsändernden Beschluss der Hauptversammlung nichts mehr entgegen. Im letztgenannten Fall bedarf ein solcher Beschluss jedoch der Zustimmung des Berechtigten, weil eine solche Änderung zu seinem Nachteil zu einer Beeinträchtigung seines Gläubigerrechts führt.66 c) Änderungen der Art der in der Satzung getroffenen Festsetzungen ohne zu- 69 sätzliche Belastung der AG. Bei diesen Änderungen liegt der eigentliche Anwendungsbereich des § 26 Abs 4. Auch sie bleiben also auf die Dauer von fünf Jahren seit Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister untersagt. Danach werden sie freilich zulässig.67 Darunter fällt zB die Abgeltung eines auf Naturalleistungen gehenden Sondervorteils durch Geldzahlungen oder umgekehrt die Ablösung eines in Geld zu erstattenden Gründungsaufwands durch Dienst- oder Sachleistungen der Gesellschaft; die Genehmigung einer von der Satzung an sich nicht gestatteten Abtretung eines Anspruchs auf einen Sondervorteil unter der Voraussetzung, dass damit nicht in Wirklichkeit eine zusätzliche Belastung der Gesellschaft verdeckt wird; die vergleichsweise Bereinigung eines ernsthaften Streits über die einem Gründer aus der ursprünglichen Festsetzung zukommenden Rechte. Solange die Gesellschaft durch solche Änderungen keine zusätzlichen Belastungen erleidet, ist es ohne Bedeutung, ob ihr aus der betreffenden Änderung zugleich ein Vorteil erwächst, weil § 26 Abs 4 für aus der Sicht der AG vorteilhafte (Rdn 68) und indifferente Änderungen gleichermaßen gilt. VI. Beseitigung erledigter Festsetzungen, § 26 Abs 5 § 26 Abs 5 unterscheidet sich von der in § 26 Abs 4 getroffenen Regelung dadurch, 70 dass er nicht die Änderung in der Satzung enthaltener Festsetzungen über die Belastung der Gesellschaft durch Sondervorteile und Gründungsaufwand behandelt, sondern die Beseitigung derartiger Satzungsbestimmungen, nachdem sie durch Abwicklung der ihnen zugrundeliegenden Rechtsverhältnisse ihre Bedeutung verloren haben. Der Zweck der Vorschrift ist nicht ganz leicht verständlich. Da bereits abgewickelte 71 Rechtsverhältnisse allenfalls von historischem Interesse sein können, ist das Vorhandensein eines legitimen Publizitätsbedarfs, der zur Fortführung sachlich erledigter Regelungen in der Satzung nötigt, nicht ohne weiteres einsehbar. Gleichwohl legt das Gesetz Wert darauf, dass die tatsächlichen Belastungen durch Sondervorteile und Gründungsaufwand, denen die Gesellschaft in der Vergangenheit ausgesetzt gewesen ist, auch

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64 Wie hier MünchKommAktG/Pentz Rdn 56; KK/Arnold Rdn 36; Hüffer/Koch Rdn 9; Hölters/Solveen Rdn 17; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 22; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 14; Heidel/Braunfels Rdn 18; Wachter Rdn 23; Grigoleit/Vedder Rdn 18; aA noch dritte Aufl (Barz) Anm 19; ebenso Godin/Wilhelmi Rdn 7. 65 Wie hier MünchKommAktG/Pentz Rdn 58; KK/Arnold Rdn 37; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 14; ähnlich Heidel/Braunfels Rdn 18. 66 MünchKommAktG/Pentz Rdn 56; KK/Arnold Rdn 37; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 14; Hüffer/Koch Rdn 9; Hölters/Solveen Rdn 17; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 22; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 14; Heidel/Braunfels Rdn 18; Wachter Rdn 23; Grigoleit/Vedder Rdn 18. 67 AA MünchKommAktG Rdn 57; KK/Arnold Rdn 38.

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§ 27 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

noch im Nachhinein über eine längere Zeit hinweg erkennbar bleiben. In Einzelfällen können auch bereits (scheinbar) abgewickelte Rechtsverhältnisse Nachwirkungen haben, die der Gesellschaft noch potentiell gefährlich werden können. 72 Die Beseitigung (Streichung), die nur durch Satzungsänderung erfolgen kann, darf erst vorgenommen werden, wenn die Abwicklung der ihnen zugrundeliegenden Rechtsverhältnisse mindestens fünf Jahre zurückliegt und außerdem die Gesellschaft seit mindestens dreißig Jahren im Handelsregister eingetragen ist. Eine Abwicklung in diesem Sinne liegt nur dann vor, wenn keine Leistungen mehr aus den Festsetzungen erfolgen können und auch nach Auffassung beider Partner nicht mehr zu erfolgen brauchen. Ein ohne die Erfüllung dieser beiden Voraussetzungen getroffener, auf Beseitigung einer solchen Festsetzung gerichteter Hauptversammlungsbeschluss wäre nach § 241 Nr 3 nichtig. Als Beseitigung müsste es auch gelten, wenn eine völlig neu verabschiedete Satzung die bisherigen Festsetzungen nicht mehr aufführte und insoweit lediglich die Bestimmung enthielte, dass die alten Festsetzungen in Kraft bleiben. Solange die doppelte Voraussetzung des § 26 Abs 5 nicht erfüllt ist, müssen die Festsetzungen mithin unverändert in die neue Satzung übernommen werden. Der Lauf der Frist wird dadurch aber nicht erneut in Gang gesetzt. Nach teilweiser Ansicht68 soll Abs 5 auch für Satzungsbestimmungen gelten, die 73 durch einen zwischen der Gesellschaft und dem Berechtigten geschlossenen Erlassvertrag gegenstandslos geworden sind. Das erscheint, wenn man den gänzlichen oder teilweisen Erlass des Anspruchs auf einen Sondervorteil oder die Erstattung von Gründungsaufwand (unmittelbar durch Satzungsänderung mit Zustimmung des Berechtigten oder in Anpassung der Satzung an einen vorangegangenen Erlassvertrag) als Fall der Änderung der Festsetzung nach § 26 Abs 4 versteht (dazu oben Rdn 68), nicht ganz folgerichtig. Es liegt dann näher, diesen Sachverhalt allein nach der für Änderungen von Festsetzungen geltenden Regel des § 26 Abs 4 zu behandeln.69 Der Sinn der Vorschrift des § 26 Abs 5 beschränkt sich dann, was auch naheliegt (dazu schon oben Rdn 71), darauf, noch mindestens dreißig Jahre offenzulegen, in welchem Umfang die Gesellschaft tatsächlich durch Sondervorteile und Gründungsaufwand belastet worden ist. 2. Teil – Gründung der Gesellschaft Sacheinlagen. Sachübernahmen; Rückzahlung von Einlagen § 27 Röhricht/Schall

§ 27 Sacheinlagen. Sachübernahmen; Rückzahlung von Einlagen (1) 1Sollen Aktionäre Einlagen machen, die nicht durch Einzahlung des Ausgabebetrags der Aktien zu leisten sind (Sacheinlagen), oder soll die Gesellschaft vorhandene oder herzustellende Anlagen oder andere Vermögensgegenstände übernehmen (Sachübernahmen), so müssen in der Satzung festgesetzt werden der Gegenstand der Sacheinlage oder der Sachübernahme, die Person, von der die Gesellschaft den Gegenstand erwirbt, und der Nennbetrag, bei Stückaktien die Zahl der bei der Sacheinlage zu gewährenden Aktien oder die bei der Sachübernahme zu gewährende Vergütung. 2Soll die Gesellschaft einen Vermögensgegenstand übernehmen, für den eine Vergütung gewährt wird, die auf die Einlage eines Aktionärs angerechnet werden soll, so gilt dies als Sacheinlage.

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68 KK/Kraft (Voraufl) Rdn 57; Geßler/Eckardt Rdn 56. 69 Wie hier schon KG JW 1938, 2754; heute ganz hM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 62; KK/Arnold Rdn 40; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 16; Hüffer/Koch Rdn 10; Schmidt/Lutter/Seibt Rdn 23; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 15; Heidel/Braunfels Rdn 19; Wachter Rdn 24.

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Sacheinlagen. Sachübernahmen; Rückzahlung von Einlagen | § 27

(2) Sacheinlagen oder Sachübernahmen können nur Vermögensgegenstände sein, deren wirtschaftlicher Wert feststellbar ist; Verpflichtungen zu Dienstleistungen können nicht Sacheinlagen oder Sachübernahmen sein. (3) 1Ist eine Geldeinlage eines Aktionärs bei wirtschaftlicher Betrachtung und auf Grund einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Geldeinlage getroffenen Abrede vollständig oder teilweise als Sacheinlage zu bewerten (verdeckte Sacheinlage), so befreit dies den Aktionär nicht von seiner Einlageverpflichtung. 2 Jedoch sind die Verträge über die Sacheinlage und die Rechtshandlungen zu ihrer Ausführung nicht unwirksam. 3Auf die fortbestehende Geldeinlagepflicht des Aktionärs wird der Wert des Vermögensgegenstandes im Zeitpunkt der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister oder im Zeitpunkt seiner Überlassung an die Gesellschaft, falls diese später erfolgt, angerechnet. 4Die Anrechnung erfolgt nicht vor Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister. 5Die Beweislast für die Werthaltigkeit des Vermögensgegenstandes trägt der Aktionär. (4) 1Ist vor der Einlage eine Leistung an den Aktionär vereinbart worden, die wirtschaftlich einer Rückzahlung der Einlage entspricht und die nicht als verdeckte Sacheinlage im Sinne von Absatz 3 zu beurteilen ist, so befreit dies den Aktionär von seiner Einlageverpflichtung nur dann, wenn die Leistung durch einen vollwertigen Rückgewähranspruch gedeckt ist, der jederzeit fällig ist oder durch fristlose Kündigung durch die Gesellschaft fällig werden kann. 2Eine solche Leistung oder die Vereinbarung einer solchen Leistung ist in der Anmeldung nach § 37 anzugeben. (5) Für die Änderung rechtswirksam getroffener Festsetzungen gilt § 26 Abs. 4, für die Beseitigung der Satzungsbestimmungen § 26 Abs. 5. Schall

Schrifttum Altmeppen Cash Pooling und Kapitalaufbringung, NZG 2010, 441; ders Die Grenzen der Zulässigkeit des Cash Pooling, ZIP 2006, 1025; ders Zur Haftung der Organwalter einer AG bei untauglicher Sacheinlage, FS Hoffmann-Becking, 2013, S 1; Andrianesis Die Neuregelung der verdeckten Sacheinlagen bei der AG durch das ARUG, WM 2011, 968; Authenrieth Verschleierte Sachgründung im Konzern, DB 1988, 1101; Ballerstedt Zur Bewertung von Vermögenszugängen aufgrund kapitalgesellschaftlicher Vorgänge, in: FS Geßler, 1971, S 69; Barz Know How als Einbringungsgegenstand, in: FS W. Schmidt, 1959, S 157; Bayer Moderner Kapitalschutz, ZGR 2007, 220; Bayer/Lieder Kapitalaufbringung im Cash Pool, GmbHR 2006, 449; dies Einbringung von Dienstleistungen in die AG, NZG 2010, 86; Bayer/Schmidt Die Reform der Kapitlaaufbringung bei der Aktiengesellschaft durch das ARUG, ZGR 2009, 805; Benecke Die Prinzipien der Kapitalaufbringung und ihre Umgehung – Rechtsentwicklung und Perspektiven, ZIP 2010, 105; Bergmann Die verschleierte Sacheinlage bei AG und GmbH, AG 1987, 57; Binz Das Handelsgeschäft als Sacheinlage, Diss. Mainz 1972; Bork Die Einlagefähigkeit obligatorischer Nutzungsrechte, ZHR 154 (1990) 205; Böttcher Die gemischte verdeckte Sacheinlage im Rahmen der Kapitalerhöhung – „Rheinmöve” NZG 2008, 416; Brandner Verdeckte Sacheinlage: eine Aufgabe für den Gesetzgeber?, in: FS Boujong, 1996, S 37; Bröcker Nachgründung, Sachgründung und Kapitalschutz, 2006; Butzke Die Bedeutung anderweitiger Auffüllung des Stammkapitals für Einlage- oder Erstattungsansprüche der GmbH gegen ihre Gesellschafter, ZHR 154 (1990) 357; Cavin Kapitalaufbringung in GmbH und AG, 2012; Crezelius Zu den Rechtsfolgen verdeckter Sacheinlagen im GmbH-Recht, DB 1990, 2458; Dauner-Lieb Die Auswirkungen des MoMiG auf die Behandlung verdeckter Sacheinlagen im Aktienrecht, AG 2009, 217; Döllerer Das Kapitalnutzungsrecht als Gegenstand der Sacheinlage bei Kapitalgesellschaften, in: FS Fleck, 1988, S 35; ders Einlagen in Kapitalgesellschaften nach Handelsrecht und Steuerrecht, BB 1986, 1857; Drygala Die aktienrechtliche Nachgründung zwischen Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung, FS Huber, 2006, S 691; Ebenroth/Kräutter Der Einfluss der 2. gesellschaftsrechtlichen EG-Richtlinie auf die Lehre von der verdeckten Sacheinlage bei der Aktiengesellschaft, DB 1990, 2153; Ebenroth/Neiß Zur Vereinbarkeit der Lehre von der verdeckten Sacheinlage mit EG-Recht, BB 1992, 2085; Ekkenga Sachkapitalerhöhung gegen Schuldbefreiung, ZGR 2009, 581; ders Vom

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§ 27 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

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Sacheinlagen. Sachübernahmen; Rückzahlung von Einlagen | § 27

Zugleich Anmerkungen zu BGH v 9.7.2007 – II ZR 62/06 (Lurgi), AG 2007, 732; D. Mayer Ein Beitrag zur „Entschleierung“ der verschleierten Sacheinlage im Recht der GmbH, NJW 1990, 2593; Meilicke Die „Verschleierte“ Sacheinlage, Eine deutsche Fehlentwicklung, 1989; ders Die Kapitalaufbringungsvorschriften als Sanierungsbremse – Ist die deutsche Interpretation des § 27 Abs 2 AktG richtlinienkonform? DB 1989, 1067 (Teil I) und 1119 (Teil II); ders „Verschleierte“ Sacheinlage und EWG-Vertrag, DB 1990, 1173; ders Obligatorische Nutzungsrechte als Sacheinlage, BB 1991, 579; Mildner Bareinlage, Sacheinlage und ihre „Verschleierung“ im Recht der GmbH, 1988; Moxter Selbständige Bewertbarkeit als Aktivierungsvoraussetzung, BB 1987, 1846; Mülbert Das „Magische Dreieck“ der Barkapitalaufbringung, ZHR 154 (1990) 145; ders Sacheinlagepflicht, Sacheinlagevereinbarung und Sacheinlagefestsetzungen im Aktien- und GmbH-Recht, in FS Priester, 2007, S 485; G. Müller Zur Umwandlung von Geldkrediten in Grundkapital fallierender Gesellschaften – Besprechung der Entscheidung BGHZ 125, 141, ZGR 1995, 327; W. Müller Abgesang und Auftakt der verdeckten Sacheinlage, NJW 2009, 2862; Müller-Eising Die verdeckte Sacheinlage, 1993; Niemann Zu dem Aufrechnungsverbot nach § 19 Abs 5 GmbHG und zu dem Problem der verdeckten Sacheinlage, DB 1988, 1531; Penné Zur aktienrechtlichen Sacheinlagefähigkeit im Rahmen der Gründungsprüfung, WPg 1988, 35; Pluskat/Marquardt Keine verdeckte Sacheinlage bei der Erbringung von entgeltlichen Dienstleistungen durch Gesellschafter nach Bareinlageleistung, NJW 2009, 2353; Priester Die Verwendung von Gesellschaftsforderungen zur Kapitalerhöhung bei der GmbH, DB 1976, 1801; ders Verdeckte Sacheinlagen: Tatbestand, Rechtsfolgen, Heilungsmöglichkeiten, DStR 1990, 770; ders Die Heilung verdeckter Sacheinlagen im Recht der GmbH, DB 1990, 1753; ders Heilung verdeckter Sacheinlagen bei der GmbH, ZIP 1996, 1025; ders Geschäfte mit Dritten vor Eintragung der AG – Zur teleologischen Reduktion des § 27 AktG, ZHR 165 (2001), 383; Rasner Verdeckte Sacheinlage und ihre Heilung, NJW 1993, 186; G. Roth „Schütt aus – hol zurück“ als verdeckte Sacheinlage, NJW 1991, 1913; Rotheimer Gemischte Sacheinlagen und Umsatzgeschäfte bei der Gründung von Aktiengesellschaften NZG 2007, 256; Schall Kapitalaufbringung nach dem MoMiG, ZGR 2009, 126; ders Kapitalgesellschaftsrechtlicher Gläubigerschutz – Grund und Grenzen der Haftungsbeschränkung nach Kapitaldebatte, MoMiG und Trihotel, 2009; Schäfer Die „Heilung“ der verdeckten Sacheinlage im Aktienrecht – was bleibt nach „Rheinmöve“?, FS Hüffer, 2010, S 863; Schiller Gründungsrechnungslegung, 1990; ders Die Gründungsbilanz der Aktiengesellschaft BB 1991, 2403; Schnorr Die Verjährung von Einlageforderungen im Kapitalgesellschaftsrecht, DStR 2002, 1269; Schockenhoff/Fiege Neue Verjährungsfragen im Kapitalgesellschaftsrecht, ZIP 2002, 917; K. Schmidt Obligatorische Nutzungsrechte als Sacheinlagen?, ZHR 154 (1990) 237; N Schmidt, Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung im Cash Pool nach Inkrafttreten des MoMiG und des ARUG, 2011; Schulz Unwirksame Sacheinlagevereinbarungen bei börsennotierten Aktiengesellschaften, NZG 2010, 41; Sengelmann Die Sachübernahme im Aktienrecht, Diss. Hamburg, 1965; Sernetz Die Folgen der neueren Zivilrechtsprechung zum „Ausschüttungs-Rückhol-Verfahren“ für frühere Kapitalerhöhungen bei der GmbH, ZIP 1995, 173; ders Anrechnung und Bereicherung bei der verdeckten Sacheinlage, ZIP 2010, 2173; Sigel Reparaturmöglichkeiten bei fehlgeschlagener Kapitalerhöhung nach Schütt-aus-hol-zurück-Verfahren, GmbHR 1995, 487; Sina Sacheinlage zu Anschaffungs- und Herstellungskosten, GmbHR 1994, 387; Steinbeck Obligatorische Nutzungsüberlassung als Sacheinlage und Kapitalersatz, ZGR 1996, 116; Steinmetz Die verschleierte Sacheinlage im Aktienrecht aus zivil- und strafrechtlicher Sicht, 1990; Tesauro (Generalanwalt beim EuGH) Schlussanträge … in der Rechtssache Meilicke/ADV-ORGA, ZIP 1992, 1036; Theusinger/Liese Keine verdeckte Sacheinlage bei der „Einlage” von Dienstleistungen, NZG 2009, 641; Thiessen Überleitungsfragen zur neuen Verjährung im Kapitalgesellschaftsrecht, NJW 2005, 2120; Trendelenburg Anmerkung zum Urteil des BGH vom 16.2.2009 – II ZR 120/07 „Qivive“, BB 2009, 976; Ulmer Der „Federstreich des Gesetzgebers“ und die Anforderungen der Rechtsdogmatik – Kritische Anmerkungen aus rechtssystematischer Sicht zur Ausgestaltung bestimmter Deregulierungsvorschläge im RegE MoMiG, ZIP 2008, 45; ders Verdeckte Sacheinlagen im Aktien- und GmbH-Recht, ZHR 154 (1990) 128; ders Die „Anrechnung“ (MoMiG) des Wertes verdeckter Sacheinlagen auf die Bareinlageforderung der GmbH – ein neues Erfüllungssurrogat?, ZIP 2009, 293; Urban Die Differenzhaftung des GmbH-Gesellschafters im Zusammenhang mit der Überbewertung von Sacheinlagen, in: JUSTO IURE, FS O. Sandrock, 1995, S 305; Volhard Zur Heilung verdeckter Sacheinlagen, ZGR 1995, 286; Wachter Dienstleistungen und Kapitalaufbringung, NJW 2010, 1715; ders Leitlinien der Kapitalaufbringung in der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, DStR 2010, 1240; Wansleben Werthaltigkeitsprüfung und Offenlegung beim Debt Equity Swap, WM 2012, 2083; Wegmann Verdeckte Sacheinlagen bei der GmbH, BB 1991, 1006; Weitnauer Die verdeckte Sacheinlage: Ein Schreckgespenst verliert an Schrecken, NZG 2006; Wicke Einführung in das Recht der Hauptversammlung, das Recht der Sacheinlagen und das Freigabeverfahren nach dem ARUG, 2009; Wiedemann Die Erfüllung der Geldeinlagepflicht bei Kapitaler-

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§ 27 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

höhungen im Aktienrecht, ZIP 1991, 1257; Wieneke Die Festsetzung des Gegenstands der Sacheinlage nach §§ 27, 183 AktG, AG 2013, 437; Wilhelm Kapitalaufbringung und Handlungsfreiheit der Gesellschaft nach Aktien- und GmbH-Recht, ZHR 152 (1988) 333; ders Umgehungsverbote im Recht der Kapitalaufbringung, ZHR 167, 2003, 520; Winter Die Rechtsfolgen der „verdeckten“ Sacheinlage – Versuch einer Neubestimmung, FS Priester, 2007, S 867. – Hinweise auf älteres Schrifttum finden sich bei Geßler/Eckardt. Vorschläge zu einer gesetzlichen Neuregelung der verdeckten Sacheinlage: Handelrechtsausschuss des Deutschen Anwaltsvereins e.V., Juni 1996.

I. II.

III.

Systematische Übersicht Vorgeschichte | 1 Funktion und systematische Stellung 1. Der Grundsatz der realen Kapitalaufbringung und sein Bedeutungswandel im Lauf der Zeit (vom Anlegerschutz zum Gläubigerschutz) | 2 2. Europarechtliche Gesichtspunkte | 17 a) Die Abgrenzung von Bar- und Sacheinlage bei Bezahlung von Altschulden | 23 b) Zulässigkeit der Regeln zur verdeckten Sacheinlage nach § 27 Abs 3 | 40 c) Zulässigkeit der Erstreckung des § 27 Abs 1 auf Sachübernahmen | 50 d) Zulässigkeit der Erleichterung des Hin- und Herzahlens in § 27 Abs 4 | 52 3. Aufgabenstellung und Instrumentarium der gesetzlichen Regelung | 88 Die Sacheinlage 1. Allgemeines. Begriff | 95 2. Die Rechtsnatur des Einbringungsvertrages | 101 3. Fragen der Sacheinlagefähigkeit, § 27 Abs 2 a) Der Grundsatz | 106 b) Art 7 als Mindest- oder Höchststandard | 109 c) Feststellbarkeit des wirtschaftlichen Wertes nach Art 7 S 1 = Bilanzierungsfähigkeit? | 111 d) Zur Einlagefähigkeit nach deutschem Recht | 117 e) Bilanzierungsfähigkeit versus Schuldendeckungsfähigkeit | 120 f) Übertragbarkeit | 126 4. Die Gegenstände der Sacheinlage im Einzelnen a) Sachen | 134 b) Beschränkt dingliche Rechte | 137

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c)

5.

6.

Sonstige Rechte und Vermögenswerte aa) Immaterialgüterrechte und know how | 138 bb) Firma und good will | 142 cc) Mitgliedschaftsrechte | 144 d) Sachgesamtheiten | 145 e) Obligatorische Nutzungsrechte aa) Allgemeines | 150 bb) Nutzungsrechte gegenüber einem Dritten | 155 cc) Nutzungsrechte gegenüber dem Einleger | 158 f) Befreiung der AG von einer Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten | 166 g) Forderungen aa) Forderungen gegen den Einleger und Ansprüche auf dessen Dienstleistungen | 167 bb) Forderungen gegen Dritte sowie Ansprüche auf Dienstleistungen Dritter | 172 cc) Forderungen des Einlegers gegen die Gesellschaft | 181 Bewertungsfragen a) Verbot der Überbewertung | 191 b) Rechtslage bei Unterbewertung | 193 c) Der Zeitwert als Bewertungsmaßstab | 195 d) Der für die Wertbemessung maßgebliche Zeitpunkt | 197 e) Einbringung eines Unternehmens | 199 Rechtsfolgen der Überbewertung a) Vor Eintragung | 206 b) Nach Eintragung

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Sacheinlagen. Sachübernahmen; Rückzahlung von Einlagen | § 27

aa) Grundsatz | 210 bb) Die Bardeckungspflicht des Sacheinlegers | 211 IV. Die gemischte Sacheinlage und Mischeinlagen 1. Begriff | 216 2. Rechtsnatur | 217 3. Voraussetzungen | 218 4. Mängel gemischter Sacheinlagen | 219 5. Die sogenannte Mischeinlage | 221 V. Die Sachübernahme 1. Begriff; Gesetzeszweck | 222 2. Die Fiktion des § 27 Abs 1 S 2 | 224 3. Der Sachübernahmevertrag a) Bedeutung | 225 b) Rechtsnatur | 228 c) Inhalt | 230 d) Form | 232 e) Gegenstand der Sachübernahme | 233 f) Die von der Gesellschaft zu leistende Vergütung aa) Gegenstand der Vergütung | 236 bb) Bewertung; Rechtsfolgen fehlerhafter Bewertung | 237 VI. Die Festsetzung der Sacheinlage und der Sachübernahme in der Satzung 1. Allgemeines | 239 a) Gegenstand | 241 b) Person des Gründers oder Veräußerers | 242 c) Gegenleistung | 243 d) Nebenabreden | 246 e) Form | 247 VII. Rechtsfolgen unterbliebener Festsetzung in der Satzung | 248 VIII. Sonstige Folgen fehlender oder mangelhafter Festsetzung von Sacheinlage- und Sachübernahmevereinbarungen 1. Sonderprüfungen uä | 257 2. Die Rechtsfolgen von Willensmängeln a) Bei Sachübernahmevereinbarungen | 258 b) Bei Sacheinlagevereinbarungen aa) Vor Eintragung | 259 bb) Nach Eintragung | 262 141

3.

IX.

Sonstige Mängel des Einbringungsvertrages | 265 Der Tatbestand und die Rechtsfolgen verdeckter Sacheinlagen (Abs 3) 1. Grundsätzliches | 267 2. Anwendungsbereich | 274 3. Die Problematik der verdeckten Sacheinlage | 276 4. Der Tatbestand der verdeckten Sacheinlage | 284 a) Vorliegen einer Bareinlage | 287 b) Bewertung als Sacheinlage bei wirtschaftlicher Betrachtung und aufgrund einer im Zusammenhang mit der Übernahme getroffene Abrede | 289 aa) aufgrund einer im Zusammenhang mit der Geldeinlage getroffenen Abrede | 291 (1) Im ersten Schritt | 293 (2) Im zweiten Schritt | 303 bb) bei wirtschaftlicher Betrachtung … als Sacheinlage zu bewerten | 324 c) Sonderfälle aa) Verdeckte Mischeinlage | 326 bb) Verdeckte gemischte Sacheinlage | 327 cc) Teilzahlungen und verdeckte gemischte Sacheinlagen | 332 d) Keine allgemeine Verkehrsgeschäftsausnahme | 333 e) Keine Anwendung bei mittelbarer Emission | 336 f) Heilung | 337 5. Die Rechtsfolgen verdeckter Sacheinlagen (insbes die Anrechnungslösung) | 341 a) Fortbestand der Einlagepflicht (Abs 3 Satz 1 2. Teilsatz) | 342 b) Aber: Keine Kondiktion der geleisteten Einlage (§ 817 Satz 2 BGB) | 345 c) Wirksamkeit der Verträge und Rechtshandlungen zu ihrer Ausführung (Abs 3 Satz 2) | 351 d) Die Anrechnungslösung (Abs 3 Satz 3–5) aa) Voraussetzungen | 354 bb) Die Wirkung der Anrechnung (Abs 3 Satz 3) | 356 Schall

§ 27 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

cc)

X.

Die Durchführung der Anrechnung im Grundfall | 361 dd) Die Anrechnung in Sonderfällen | 364 Die Legalisierung des einfachen Hin- und Herzahlens (Abs 4) 1. Der Ausgangspunkt: Das illegale einfache Hin- und Herzahlen vor dem ARUG (BGHZ 165, 113 und BGHZ 165, 352) | 368 2. Der Grund für die eingeschränkte Legalisierung des einfachen Hinund Herzahlens | 371 3. Die Rechtsfolgen unzulässigen einfachen Hin- und Herzahlens nach dem ARUG | 373 4. Der Anwendungsbereich des Abs 4 | 382 5. Die Tatbestandsvoraussetzungen des legalen Hin- und Herzahlens nach Abs 4 a) Rückzahlungsvereinbarung | 383

b)

Vollwertiger, jederzeit fälliger oder durch fristlose Kündigung fällig stellbarer Rückgewähranspruch | 394 c) Offenlegung des Hin- und Herzahlens bei der Anmeldung (Abs 4 Satz 2) | 403 6. Die Rechtsfolgen des legalen Hin- und Herzahlens | 411 XI. Leistungsstörungen 1. Sachübernahme | 414 2. Sacheinlage | 415 a) Unmöglichkeit aa) Anfängliche Unmöglichkeit | 416 bb) Nachträgliche Unmöglichkeit | 417 b) Verzug | 419 c) Sach- und Rechtsmängel | 420 XII. Änderungen rechtswirksamer Festsetzungen | 421 XIII. Festsetzungen mit Wahlrechten | 431

I. Vorgeschichte 1

Das AktG 1965 hatte die durch das AktG 1937 erheblich geänderten Bestimmungen über Sacheinlagen und Sachübernahmen (zur Vorgeschichte s auch die Hinweise zu § 26 Rdn 1, 2) im wesentlichen unverändert übernommen. Die urprünglichen Abs 1–3, die später zum heutigen Abs 1, zu Abs 3 aF und Abs 4 aF wurden, entsprachen dabei § 20 Abs 1–3 des AktG 1937. Auch der durch das AktG 1965 eingefügte Abs 4 (jetzt Abs 5) mit seiner Verweisung auf die in § 26 Abs 4 und 5 getroffenen Regelungen brachte in der Sache nichts Neues, sondern passte nur die bis dahin in § 145 Abs 3 AktG 1937 und § 12 der 3. DVO z AktG 1937 enthaltenen Bestimmungen in den sachlichen Zusammenhang der satzungsmäßigen Festsetzung von Sacheinlagen und Sachübernahmen ein. Das Gesetz zur Durchführung der Zweiten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts vom 31.12.1978 (BGBl I 1959) brachte Änderungen lediglich in Gestalt des neu eingefügten Abs 1 S 2 (Fiktion einer Sacheinlage für eine Sachübernahme mit vereinbarter Anrechnung der von der Gesellschaft an den Veräußerer zu zahlenden Vergütung auf die Einlage eines Aktionärs) und des ebenfalls neuen Abs 2 (Bestimmung der für Sacheinlagen oder Sachübernahmen geeigneten Vermögensgegenstände). Größere sachliche Änderungen waren mit diesen zusätzlichen Regelungen allerdings nicht verbunden, da sich inhaltlich weitgehend gleiche Konsequenzen bereits aus der Auslegung des bis dahin geltenden Rechts ergaben. Alle weiteren durch die Umsetzung der Zweiten Richtlinie (Kapitalrichtlinie v 13.12.1976 77/91/EWG ABl EG Nr L 26 v 31.1.1977 S 1 ff; neugefasst 2012/30/EU) in innerstaatliches Recht bewirkten Änderungen des § 27 sind ausschließlich redaktioneller Art: durch die Einfügung des neuen Abs 2 wurde der vormalige Abs 2 (mit geringfügigen sprachlichen Änderungen) zum jetzigen Abs 3; die bisherigen Abs 3 und 4 wurden (unverändert) als Abs 4 und 5 in übernommen. Mit dem Gesetz über die Zulassung von Stückaktien vom 25.3.1998 (BGBl I 590) wurden der Abs 1 S 1 und Abs 3 S 1 für die Einführung der Stückaktien angepasst. Schall

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Sacheinlagen. Sachübernahmen; Rückzahlung von Einlagen | § 27

Das Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) vom 30.7.2009 (BGBl I 2479) brachte in nachlaufender Harmonisierung mit der großen GmbH-Reform durch das MoMiG (Rdn 14 f) eine grundlegende Neuregelung durch die Kodifikation der verdeckten Sacheinlage in Abs 3 und des Hin- und Herzahlens in Abs 4, wofür der Inhalt der bisherigen, noch auf § 20 Abs 2 und 3 AktG 1937 zurückgehenden Absätze 3 und 4 aF ersatzlos gestrichen wurde. II. Funktion und systematische Stellung 1. Der Grundsatz der realen Kapitalaufbringung und sein Bedeutungswandel 2 im Lauf der Zeit (vom Anlegerschutz zum Gläubigerschutz). Die in § 27 für Sacheinlagen und Sachübernahmen getroffenen Bestimmungen sind Teil des als solcher im Gesetz nicht explizit ausgesprochenen, aber hinter dessen zahlreichen Einzelregelungen1 stehenden Konzepts der sog. realen Kapitalaufbringung.2 Das geltende Recht der Kapitalgesellschaften (AG und GmbH)3 beruht auf der Institution eines von den Gesellschaftern durch ihre Einlagen in das Gesellschaftsvermögen aufzubringenden Garantiekapitals oder Garantie-(Haftungs-)fonds in Gestalt des satzungsmäßigen Grundkapitals (bei der GmbH: Stammkapitals), das der Gesellschaft als „Betriebsfonds“ und „Verlustpolster“ und den Gläubigern als Deckungsmasse zur Verfügung steht.4 Diese Rechtsfigur hat dem durch sie geprägten Typ der juristischen Person nicht nur ihren Namen gegeben („Kapitalgesellschaften“). Darüber hinaus wurde die Aufbringung dieses in einer festen Grund- oder Stammkapitalziffer ausgedrückten Mindestkapitals als der „Preis“ für die die Gewährung der Haftungsbeschränkung und damit als die Kompensation für den Ausschluss der persönlichen Haftung der hinter der Gesellschaft stehenden natürlichen Personen und bezeichnet worden.5 Dieses System ruht auf zwei Säulen: dem Gebot der Ausstattung der Gesellschaft mit dem in ihrer Satzung verlautbarten Grundkapital (Kapitalaufbringung) und dem Verbot der späteren Rückgewähr desselben (Kapitalerhaltung).6 Es soll wenigstens eine Minimalgewähr für die Seriosität der Gesellschaftsgründung bieten, kann diese ihm zugedachte Funktion aber nur dann erfüllen, wenn der Gesellschaft die ihr von ihren Gründern zugesagte, in der Grundkapitalziffer ausgedrückte Kapitalausstattung (Sondervermögen) nicht nur auf dem Papier, sondern auch tatsächlich, und zwar endgültig und in realen Werten, zuge-

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1 S dazu die Aufzählung bei MünchKommAktG/Pentz: Rdn 5: zB §§ 1 Abs 2, 2, 29; §§ 9, 36 a Abs 2 Satz 3; §§ 26, 27, 32 Abs 2, 33 Abs 2 Nr 4, 34 Abs 1, 2, 36 Abs 2 Satz 2, 37 Abs 4 Nr 2, 38, 40, 41 Abs 3; §§ 52, 53; §§ 36 a, 36 Abs 2 Satz 2, 54 Abs 2 und 3, 37 Abs 1; §§ 46 und §§ 64, 65, 66. 2 MünchKommAktG/Pentz Rdn 4ff; KK/Arnold Rdn 4; Spindler/Stilz/Benz Rdn 2; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 3; Grigoleit/Vedder Rdn 1; Heidel/Polley Rdn 3; Hölters/Solveen Rdn 2. 3 Zur Diskussion über die Aufweichung des festen Mindestkapitals bei der GmbH s. Bayer ZGR 2007, 220; Schall ZGR 2009, 126. 4 So wörtlich auch Spindler/Stilz/Benz Rdn 2. 5 BGHZ 117, 323 = NJW 1992, 1824, 1826; Lutter in: FS Ernst C. Stiefel 1987, S 505. Zur Rechtsfigur des festen Grund- oder Stammkapitals grundlegend vor allem ders in: Kapital, Sicherung der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung in den Aktien- und GmbH-Rechten der EWG, 1964 sowie Wiedemann Gesellschaftsrecht I S 554 ff; kritisch nach dem MoMiG; Schall S 101 ff und S 290 ff zur neuen Begründung des Haftungsprivileg bei AG (Trennung von Eigentum und Kontrolle) und GmbH (Verschuldensprinzip). Gegen jeden Legitimationsbedarf; Schön in Badmannetal, Rechtsregeln für die geschlossene Kapitalgesellschaft, 2012, S 112, 115 f. 6 Ausführlich in diesem Zusammenhang K. Schmidt GesR § 29 II 2, MünchKommAktG/Pentz Rdn 4; Spindler/Stilz/Benz Rdn 2; Von Wiedemann aaO S 556 als Einlagezwang und Entfremdungsverbot bezeichnet.

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§ 27 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

führt wird.7 Nur bei Wahrung dieser Voraussetzung ist sicherzustellen, dass die Gesellschaft bei ihrer Gründung über den in ihrer Satzung verlautbarten Betriebs- und Haftungsfonds in Gestalt wertmäßig entsprechender Geld-, Sachwerte und Einlagenforderungen verfügt. Entsprechendes gilt, wenn auch in abgeschwächter Form, bei späteren Kapitalerhöhungen für den Erhöhungsbetrag. Das vorbeschriebene System des festen Nennkapitals gilt heute allgemein als ein In3 strumentarium des Gläubigerschutzes. Als solches ist es im letzten Jahrzehnt massiv in die Kritik geraten („Kapitaldebatte“). Bevor darauf einzugehen ist, sollte man sich aber der historischen Wurzeln dieses Systems besinnen. Diese liegen nämlich nicht im Gläubiger-, sondern vielmehr im Anlegerschutz. Die Regelungen der §§ 26, 27 gehen im Kern auf die Aktienrechtsreform von 1884 zurück, die wiederum die Reaktion des Gesetzgebers auf den massiven Gründerschwindel der Siebziger Jahre des neunzehnten Jahrhunderts darstellte.8 Gemeinhin gilt die Reform von 1884 als die Geburtsstunde des modernen Aktien4 rechts in Deutschland. Zwar war das heutige System der Normativbestimmungen schon im Jahre 1870 an die Stelle des früheren Konzessionssystems getreten. Jedoch hatte jenes Aktienrecht den Grundsatz der Vertragsfreiheit noch (über)groß geschrieben und damit in den Augen der Zeitgenossen eine wesentliche Ursache für die masenhaften Missbräuche nach Abschaffung des Konzessionssystems gesetzt. Diese Fehlentwicklungen hatte unter anderem ein Gutachten des Reichtsoberhandelsgerichts aufgezeigt.9 Dabei aber ging es primär um Agiotage. Teils betraf dies die Misstände aus dem Eisenbahnwesen, die längst nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa aufgetreten waren. Üblicherweise wurden Eisenbahngesellschaften als große Kapitalsammelbecken aufgelegt, welche die Bauausführung dann in die Hände von Generalunternehmern und Baukonsortien legten. Dabei kam den Gründern eine Schlüsselrolle zu, da sie das Kapital sammelten, weitergaben und dafür kräftige „Remisen“ bzw moderner „Kick-back“-Zahlungen einstrichen.10 Das ROHG bemängelt diesbezüglich die Verquickung von Finanzierung und Bauausführung.11 Doch betrafen diese Misstände noch Gesellschaften, die unter dem Konzessionssytem standen,12 und konnten dementsprechend von der Verwaltung über ihre Aufsichtsführung angegangen werden.13

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7 MünchKommAktG/Pentz Rdn 5; KK/Arnold Rdn 4; Spindler/Stilz/Benz Rdn 2; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 3; Hüffer/Koch Rdn 9; Grigoleit/Vedder Rdn 7, 8; Heidel/Polley Rdn 9; Hölters/Solveen Rdn 10; Wachter Rdn 1. 8 Eingehend Hofer in Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Band 1, Kapitel 11, S 388 ff; Schäfer/ Jahntz in Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Band 2, Kapitel 5, Rdn 38 ff, S 242 ff; Hommelhoff in Hommerhoff/Schubert ZGR-Sonderheft 4, 1985, S 1 ff; Levin Goldschmidt ZHR 30 (1884) 69 ff; Wagner Referat über das Actiengesellschaftswesen, in Schriften des Vereins für Sozialpolitik, Band 4, 1874, S 51 ff; Wiener Gutachten über das Actiengesellschaftswesen, Schriften des Vereins für Sozialpolitik, Band 4, 1874, S 1 ff. 9 ROHG Gutachten über die geeignetsten Mittel zur Abhülfe der nach den Erfahrungen des ReichsOberhandelsgerichts bei der Gründung, der Verwaltung und dem geschäftlichen Betriebe von Aktienunternehmungen hervorgetretenen Übelstände, 31. März 1877, abgedruckt bei Schubert/ Hommelhoff (Hrsg), 100 Jahre modernes Aktienrecht, ZGR-Sonderheft 4, 1984, S 158 ff. 10 Laut einer Schätzung zum Eisenbahnbau in Frankreich sollen diese üblicherweise einen Umfang von 10% des Kapitals der Gesellschaften gehabt haben, vgl Max Wirth Geschichte der Handelskrisen, Frankfurt am Main, 1858, S 361. 11 ROHG Gutachten, S 161. 12 Hofer in Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Band 1, Kapitel 11, S 391 mit Fn 20. 13 Zu ihrer Aufdeckung und Behebung wurde am 14. Februar 1873 eine Spezial-Kommission zur Untersuchung des Eisenbahn-Konzessionswesens eingesetzt, die ihren Bericht – auf den sich auch das ROHG bezog – am 16. Juni 1873 ablieferte, woraufhin die entsprechenden Verwaltungsmaßnahmen vorbereitet wurden, vgl die Mitteilung „In Sachen des Eisenbahn-Konzessionswesens“ in No. 33.

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Anders lag es bei den Schwindeleien an den Aktienmmärkten nach Abschaffung des 5 Konzessionssystems. Dort versuchten die Gründer, mit so wenig eigenem Einsatz wie irgend möglich Aktien auf den Markt zu bringen, um sie so weit wie möglich über dem festgesetzten Nennbetrag zu verkaufen und das Agio als Gewinn einzustreichen. Zu diesem Zweck wurden auf der einen Seite die realen Einzahlungen auf das gesetzliche Minimum von 10% gedrückt, während die Gründer den Rest offen stehen ließen und sich weitmöglichst (bis zu 60%) sogar vollkommen befreiten. Auf der anderen Seite wurde mit künstlichen Kursmanipulationen aller Art, angefangen bei der Überbewertung von Sacheinlagen bis hin zu künstlichen Käufen und Überzeichnungsmitteilungen, die Nachfrage angeheizt und der Kurs nach oben getrieben. Das ROHG bemängelte in diesem Zusammenhang insbesondere:14 – künstliche Kursmanipulationen (zB durch Ankündigungen von Überzeichnungen, Scheinverkäufe und Rückkäufe); – gänzlich unbestimmte Bezeichnungen des Unternehmenszwecks; – Selbstbefreiungen der Gründer von ihren Einlagepflichten jenseits der zwingend aufzubringenden 10% des Grundkapitals durch Erlassverträge etc; – Gutschriften von Beträgen auf Konten, über welche in Wahrheit nicht die Gesellschaft, sondern die gründenden Banken verfügen konnten; – das Unterlaufen selbst noch der Bareinzahlung von 10% durch (zum Teil gar mehrmaliges) Hin- und Herzahlen des Einlagebetrags; – schließlich die Sachgründung, bei welcher „mittelst der übermäßigsten Übertaxierung der Werthe von Etablissemnts, Terrains oder Anlagen ein scheinbares Grundkapital und damit eine ungeheure Menge scheinbarer Werthe in Actien geschaffen worden ist…“. Bereits das ROHG hatte zur Behebung dieser Misstände eine Reihe von Maßnahmen 6 vorgeschlagen. Das heutige Aktienrecht enhält Normen, die immer noch als direkte Antworten auf die damaligen Missbräuche verstanden werden können: – der genau zu bezeichnende Unternehmensgegenstand (§ 23 Abs 2 Nr 1); – das Verbot der Befreiung von den Einlageleistungen (§ 66 Abs 1);15 – das Gebot der Einlageleistung zur endgültig freien Verfügung der Gesellschaft (§§ 36 Abs 2, 54 Abs 3); – die Vorschriften zu Gründungsaufand und Sacheinlagen bzw -übernahmen (§§ 26, 27); – die Prüfung der Gründung durch Verwaltung, ggf externe Prüfer und Registergericht (§§ 33–38). Die wesentliche Stoßrichtung dieser Maßnahmen im war also im historischen Kon- 7 text der Anlegerschutz. Daraus versteht sich insbesondere die stark ausgeprägte Stichtagsbezogenheit des Kapitalaufbringungsrechts. Es galt, den mannigfaltigen Scheingründungen entgegenzuwirken, die gar keine reale, eigenständige Existenz als Unternehmen aufweisen könnten, bevor sie an das gutgläubige Publikum veräußert wurden.16 Paradigmatisch führt das ROHG aus: „In der That handelt es sich doch nur hauptsächlich darum, die unmittelbar nach Entstehung der Gesellschaft, bzw der Emission des

_____ Provinzial-Correspondenz, Elfter Jahrgang. 13. August 1873, abrufbar unter: http://zefys.staatsbibliothekberlin.de/amtspresse/ansicht/issue/9838247/1867/?no_cache=1&type=102&tx_zefysdigibibo_pi1[druck]=1. 14 ROHG Gutachten, S 160 ff. 15 Dazu das ROGH Gutachten, S 165 ff, 170. 16 Vgl ROGH Gutachten, S 171.

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Actienkapitals, möglichen Geschäfte in Actien nach Maaß und Umfang einzuschränken und sie … ungeeignet für ungemessenen Speculationsbetireb zu machen, sowie zu verhüten, das Actien lediglich der Augenblicksconjunktur für Speculationswerthe ihre Entstehung verdanken.“ Allerdings konnte sich das deutsche Recht zu dem für diese Zwecke am besten geeigneten Mittel des Kapitalmarktrechts, namentlich der Prospektpflicht samt daran anknüpfender Prospekthaftung, erst im Börsengesetz 1895 durchringen.17 Stattdessen wurde 1884 das Aktienrecht mit Regelungen belastet, deren Zweck aus heutiger Sicht oft nicht mehr deutlich erkennbar ist und die eher als historisches Relikt erscheinen. Ein gutes Beispiel hierfür ist das zwingende Erfordernis einer ganz genauen Bezeichnung des Unternehmensgegenstandes, die heutzutage keine diese Schärfe rechtfertigende Bedeutung mehr erkennen lässt (§ 23 Rn 110) und die man in England im CA 2006 folgerichtig als überflüssig gestrichen hat (sec 31 CA 2006). Das in der Reform von 1884 aus Anlegeschutzzwecken verankerte Prinzip der realen Kapitalaufbringung hat demgegenüber einen Wandel zum Gläubigerschutzinstrument erfahren. Dass mag darauf zurückzuführen sein, dass die GmbH im deutschen Recht als „kleine Aktiengesellschaft“ konstruiert worden ist, wobei dort die Aufbringung eines nicht unerheblichen Mindestkapitals als notwendige Kompensation der fehlenden persönlichen Gesellschafterhaftung angesehen wurde, um die Seriosität der Gesellschaft zu gewährleisten. In der Publikumsgesellschaft standen Gläubiger nicht gleichermaßen im Blickpunkt, da die Aktionäre immer zuerst ihr Geld verloren. Beispielweise wurden in England, wo die Privatgesellschaft mit dem Salomon-Fall mehr oder weniger ungeplant aus der Aktiengesellschaften hervorgegangen ist, besondere Gläubigerschutzinsturmente erst viel später herausgearbeitet, so insbesondere das wrongful trading in section 214 des Insolvency Act 1986 oder der Company Directors Disqualification Act des gleichen Jahres. Dennoch ist auch dem Grundsatz der realen Kapitalaufbringung anzumerken, dass er ursprünglich anderen Zwecken diente. Denn als Gläubigeschutzinstrument wirkt er längst nicht mehr so plausibel. Vor dem Hintergrund des Gründungsschwindels war das Anligen des Gesetzes nachvollziehbar, reine Spekulationsaktien zu verhindern, indem es sicherstellte, dass die Gesellschaften zum Stichtag „unbeschadet“ aus den Fängen der Gründer befreit und als eigenständige Unternehmen mit reeller Kapitalausstattung in den Markt geführt wurden. Aus der Sicht des Gläubigerschutzes machen zentrale Regelungselemente weit weniger Sinn. Man nehme beispielweise das Stichtagsprinzip: Wieviel Gewinn hat ein Gläubiger wohl davon, zu wissen, dass justament am Stichtag der Eintragung das Kapital garantiert ordnungsgemäß aufgebracht ist, wenn es schon Stunden später im ordentlichen Geschäftsgang komplett verbraucht sein kann? Wirklich soviel, dass sich dafür die ganze aufwendige Gründungsprüfung lohnt? Oder: Welchen Sinn kann das Verbot der Einlage von Dienstleistungen haben, wenn man die Bareinlage uneingeschränkt zur Bezahlung derselben verwenden darf? Gleichwohl hat das strenge Kapitalaufbringungsregime den Paradigmenwechsel vom Anlegerschutz zum Gläubigerschutz vollzogen. Und nicht nur das: es ist über die Kapitalrichtlinie zum grundsätzlichen Schutzsystem für alle Aktiengesellschaften in Europa geworden. Seine inhärenten logischen Brüche kamen aber schlagartig im letzten Jahrzehnt im Zuge der Kapitaldebatte zum Vorschein. Hintergrund war, dass sich in den USA im Zuge einer allgemeinen, bewussten Wegbewegung von europäischen Rechtstraditionen, die in den Siebziger Jahren des Zwanzigsten Jahrhunderts um sich gegriffen

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Hommelhoff bei Schubert/Hommelhoff, ZGR-Sonderheft 4, 1984, S 68.

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hatte und beispielweise das besonders sanierungsfreunliche Insolvenzrecht um das notorische Chapter 11 hervorgebracht hatte, ein alternatives Gläubigerschutzsystem etabliert hatte, das nicht mehr am festen Nennkapital ansetzte, sondern auf flexible Ausschüttungssperren setzte, bestehend aus einem Mix aus bilanzieller Nulllinie (balance sheet test), Zahlungsfähigkeitsprognose (solvency test), Anfechtbarkeit von übermäßigen Ausschüttungen nach dem Fraudulent Transfer Act und allgemeinen Sorgfaltspflichten der Geschäftsleitung (fiduciary duties). Vor allem englische Rechtswissenschaftler nahmen dies zum Anlass, eine Reform der Kapitalrichtlinie zu fordern, bei welcher das starre legal capital durch den flexiblen solvency test ersetzt werden sollte. Die daraufhin einsetzende Kapitaldebatte wurde freilich nicht nur auf der europäischen Ebene und um die dort maßgebliche Kapitalrichtlinie geführt. In gleicher Weise wurde auf der nationalen Ebene in Deutschland das im Grundsatz übereinstimmende Kapitalsystem der GmbH in Frage gestellt. Letzteres wiederum geschah auch im Zeichen eines extremen Wettbewerbsdrucks durch die mindestkapitallose und daher einfach zu gründende englische Limited, zu dem es dadurch gekommen war, dass der EuGH in seinen Urteilen Überseering (C-200/00) und Inspire Art (C-167/01) die Grundlagen dafür gelegt hatte, dass EUausländische Gesellschaften in anderen Mitgliedsstaaten auch als bloße Briefkastengesellschaften akzeptiert werden mussten. Der Grundvorwurfe an das etbalierte System des festen Nennkapital lautete auf beiden Ebenen: zu hohe Kosten für zu wenig Nutzen. Er richtete sich insbesondere auch gegen die strenge Kontrolle der Kapitalaufbringung. Das Mindestkapital wurde als Hindernis für Gesellschaftsgründungen ausgemacht, das unter anderem zu überlangen Registrierungsverfahren und zahlreichen Haftungsfallen führe, die gerade auch aufrechte, aber nicht professionell beratene Kleinunternehmer beträfen. Dem Argument einer Haftungsreserve wurde entgegen gehalten, dass das Startkapital ja frei verwirtschaftet werden dürfe und damit nicht mehr vorhanden sei, wenn es darauf ankäme. Im Interesse der Gläubiger sei daher nicht so sehr die anfängliche Kapitalaufbringung, sondern das richtige Verhalten bei knapper Finanzlage scharf zu kontrollieren.18 Dieser massiven Systemkritik wurde durchaus energisch begegnet. Zwar wurde eingeräumt, dass das Bild einer Haftungsreserve missverständlich und an sich nicht aufrecht zu erhalten sei. Der Gläubigerschutzzweck des Mindestkapitals wurde stattdessen aber an der damit verbundenen Seriositätsschwelle für Gesellschaftsgründungen, die in der Erbringung eines substantiellen eigenen Risikobeitrags zu sehen sei, fest gemacht und damit neu begründet. Das MoMiG hat schließlich vor dem Hintergrund des beschriebenen Wettbewerbs mit der englischen Limited diese Debatte aufgegriffen und in die am tiefsten greifende Reform des GmbH-Rechts seit seiner Schaffung 1892 eingebracht, die teilweise gleichzeitig, teilweise anschließend im ARUG auch zur Angleichung der entsprechenden Regelungen des Aktienrechts führte. Die Reform versuchte einen Brückenschlag zwischen den Kritikern und den Verteidigern des bewährten Kapitalsystems. Ein wesentliches Resultat war eine Verlagerung des Fokus des Gläubigerschutzes von Kapitalaufbringung und –erhaltung hin zu einer verschärften Exithaftung mit einem erweitereten Zahlungsverbot. Die Kapitalaufbringung wurde zwar nicht abgeschafft, aber doch erheblich dereguliert und um Haftungs-

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18 Grundlegend und überzeugend Haas Gutachten zum 66. DJT 2006, Band I, E 120 ff; Hirte Referat zum 66. DJT 2006, Band II/1, P 16 ff; zur europäischen Ebene Richford EBOR 2004, 919; für die Gegenfassung zB Kleindiek Referat zum 66. DJT 2006, Band II/1, P 45 ff; Lutter (Hrsg), Das Kapital der Aktiengesellschaft in Europa, ZGR-Sonderheft 17, 2006; vermittelnd J. Vetter Referat zum 66. DJT 2006, Band II/1, P 75 ff; Schön DK 2004, 162; zusammenfassend Schall S 32 ff.

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fallen bereinigt. Auch die Kapitalerhaltung wurde zurückgefahren und vereinfacht, indem das vormalige Kapitalersatzrecht durch ein insolvenzrechtlich aufgehängtes Sonderrecht zu Gesellschafterdarlehen überführt wurde. Markantes Sinnbild dieser Entwicklung ist neben den Veränderungen in § 27 die Einführung der Unternehmergesellschaft haftungsbeschränkt (UG) in § 5a GmbHG, und zwar nicht als eine neue Rechtsform („FlexCap“; „deutsche Limited“), sondern als kleingründerfreundliche Sonderform der GmbH. Auch wenn die Reform das tradierte Kapitalsystem deutscher Prägung also nicht abgeschafft, sondern vielmehr bewusst daran festgehalten hat, wurde damit doch ein vormals ehernes Grundprinzip des deutschen Rechts aufgeweicht. Das Mindestkapital ist seither nicht mehr zwingender Preis der Haftungsbeschränkung, sondern nur noch freiwilliges Seriositätssignal der Gründer. Das ändert zwar nichts daran, dass die gesetzlichen Vorschriften zur zwingenden realen Kapitalaufbringung unverändert in Kraft sind und Geltung beanspruchen. Es kann aus teleologischer Sicht aber nicht ohne Rückwirkung auf die Schärfe bleiben (und ist es in § 27 Abs 3 und 4 ja auch nicht geblieben), mit welcher dieses Schutzsystem durchgesetzt und gegen Umgehungen abgeschottet wird. Neben dem durch die Kapitaldebatte weitgehend überholten bzw zumindest stark 16 relativierten Zweck des Haftungsfonds wurde und wird als Zweck des Mindestkapitals aber auch eine Betriebsvermögensreserve angeführt. Diese soll zur Deckung der Anlaufkosten des Geschäftsbetriebs zur Verfügung stehen, was gerade zu Beginn betriebswirtschaftlich sinnvoll erscheint, damit die Gesellschaft umgehend nicht in die Insolvenz gerät, bevor die laufenden Kosten durch die erzielten Erträge gedeckt werden können. Diese Beobachtung ist sicherlich zutreffend. Dennoch kann es sich hierbei allenfalls um einen untergeordneten Nebenzweck der Vorschriften handeln. Denn die Ausstattung mit hinreichendem Betriebskapital ist nicht das Ziel des gesetzlichen Mindestkapitals, und kann es angesichts seiner pauschalen Vorgabe auch gar nicht sein. Die zwingende Kapitalaufbringung dient vielmehr zuallererst dem Gläubigerschutz durch das Seriositätssignal. Denn nur das kann die scharfen Instrumente zur Durchsetzung (zB Gründungsprüfung) rechtfertigen. Demgegenüber erscheint die hinreichende Kapitalausstattung der Gesellschaft angesichts des andernfalls drohenden Verlustes des Unternehmens samt der damit verbundenen Haftungs- und Existenzrisiken bereits als eine ohnehin bestehende Obliegenheit der Gründer. Prägnant hat dies Paul Davies bei einem mündlichen Diskussionsbeitrag während einer der diversen Konferenzen zur Kapitaldebatte Mitte des letzten Jahrzehnts formuliert: „Of course, companies need capital. But that is not to say that they need legal capital.“ 17

2. Europarechtliche Gesichtspunkte. Das Konzept der realen Kapitalaufbringung war früher in den verschiedenen europäischen Staaten unterschiedlich streng durchgeführt.19 Die Kapitalrichtlinie (oben Rdn 1) hat in diesem Punkte für den Bereich der Mitgliedstaaten der EU eine Vereinheitlichung gebracht. Die Richtlinie beruht auf dem System des festen Nennkapitals einschließlich zwingender Vorschriften zur realen Kapitalaufbringung. Dabei will sie die Anleger schützen, vor allem aber die Gläubiger durch Sicherstellung eines real vorhandenen Garantiekapitals bei Geschäftsbeginn, welches freilich aus heutiger, durch die Kapitaldebatte geformter Sicht die Seriosität der

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19 Im einzelnen Lutter Kapital, Sicherung der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung in den Aktienund GmbH-Rechten der EWG, 1964. Dort zugleich zur geschichtlichen Entwicklung in Deutschland, die hinsichtlich der Kontrolle der Sacheinlagen vom Gedanken des bloßen Minderheitsschutzes zum voll ausgebauten Minderheiten- und Gläubigerschutz des AktG 1965 geführt hat, s dazu auch den kurzen geschichtlichen Überblick bei Lutter/Zöllner ZGR 1996, 164, 168 ff mwN.

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Gründung gewährleisten und nicht vor den Risiken der Geschäftsentwicklung schützen kann und soll.20 Infolge der Ausrichtung der Richtlinie am kontinentalen und gerade auch deutschen System hat ihre Umsetzung im Text des deutschen AktG nur wenige, eher geringfügige Änderungen mit sich gebracht (oben Rdn 1). Sie hat jedoch für die Anwendung des deutschen Aktienrechts der Kapitalaufbringung im Zuge von Gründung oder Kapitalerhöhung gleichwohl eine nicht zu unterschätzende Anzahl neuer Probleme und Unsicherheiten geschaffen, die einerseits aus der Notwendigkeit der europarechtskonformen Auslegung und andererseits, wie gerade seit MoMiG und ARUG offenbar geworden ist, aus dem Verlust der Regelungsautonomie bezüglich ureigenster „Hausregeln“ resultiert. Die Thematik hat eine beachtliche Tiefe entwickelt. Der Übersichtlichkeit halber werden die die teilweise heftig umstrittenen Grundsatzfragen an dieser Stelle vorab erläutert, während andere, mehr mit der Auslegung im Detail verwobene Einzelfragen wie diejenige der Einlagefähigkeit (Rn 111 ff) im Rahmen der betreffenden Kommentierung abgehandelt werden. Dabei ist als Grundsatz zu beachten: Die Interpretation der Richtlinie ist europäisch-autonom vorzunehmen.21 Dabei kann insbesondere die Rechtsvergleichung unter den Mitgliedsstaaten eine wichtige Rolle spielen,22 wobei nationalen „Vorbildrechten“ allerdings keine vorrangige, autoritative, sondern allenfalls eine aufhellende Bedeutung zukommt.23 Diese Grundsätze spielen eine Rolle etwa bei der Auslegung des Verbots der finanziellen Unterstützung (Art 25, dazu noch Rn 70 ff), das dem englischen Recht entstammt, oder bei der Abgrenzung von Bar- und Sacheinlage unter Artt 9, 10, die vor allem im Geiste der deutschen Systematik abgefasst wurde (dazu unten Rn 63 ff), und sollten in jedem Fall konsequent angewendet werden.24 Die Rückwirkung des auf der Ebene der Richtlinie gewonnen Auslegungsergebnisses auf das nationale Recht bestimmt sich dann danach, ob die Richtlinie insoweit (ausnahmsweise) einen in jeder Hinsicht verbindlichen Höchststandard setzt oder ob sie dem nationalen Regulator nach ihrem grundsätzlichen Mindeststandardprinzip Spielraum für eigenständige Definitionen bzw Verschärfungen lässt.25 Davon ausgehend wird man zB die Abgrenzung zwischen Bar- und Sacheinlage für die nationalen Rechte als verbindlich ansehen müssen.26 Insbesondere ist das bloße Fehlen einer Legaldefinition keinesfalls schon mit einer Delegation der Defintionsautonomie an die nationalen Regulatoren verbunden, weil damit das Mindestmaß an Harmonisierung verfehlt würde.27

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20 Grundmann Rdn 328; K. Schmidt GesR, § 18 IV 1 und 2; Fleischer DStR 2000, 1015, 1020; Kleindiek Referat zum 66. DJT 2006, Band II/1, P 45, 48 ff; Lutter AG 1998, 375; Merkt VGR 2 (2000) 111, 138; Priester VGR 1 (2006) 1, 5 ff; Schön ZGR 2000, 706, 728; Thiessen DStR 2007, 202, 203 ff und 260, 261. 21 Im Grundsatz unstr, Lutter/Bayer/J. Schmidt § 20 Rdn 41; GA Tesauro Schlussanträge v. 8.4.1992, Rs C83791 Meilicke, Rdn 13; ders FS Meilicke, 2010, S 714, 725; Drinkuth S 154 ff; generell Grundmann Rdn 103; Riesenhuber in Riesenhuber (Hrsg), Europäische Methodenlehre, § 11 Rdn 4 ff. 22 Schwartze in Riesenhuber (Hrsg), Europäische Methodenlehre, § 4 Rdn 25. 23 Riesenhuber in Riesenhuber (Hrsg), Europäische Methodenlehre, § 11 Rdn 38, allerdings schon in gewissem Widerspruch zu § 11 Rdn 5. 24 Weing überzeugend wäre, eine englische Leitbildwirkung bei der finanziellen Unterstützung abzulehnen, aber eine deutsche bei der Defintion der Sacheinlage anzuerkennen – oder umgekehrt. 25 Dazu prinzipiell Habersack/Verse § 6 Rdn 5 f; KK/Arnold Rdn 8 ff; Schall S 10 ff; im Grds auch Grundmann Rdn 315; eingehend und differenzierend die bis heute prägende Analyse der einzlenen Vorschriften von Drinkuth S 53 ff, 117 ff. 26 Ganz hM, Lutter/Bayer/J. Schmidt § 20 Rdn 41; GA Tesauro Schlussanträge v. 8.4.1992, Rs C-83791 Meilicke, Rdn 13; ders FS Meilicke, 2010, S 714, 725; Drinkuth S 154 ff; aA Wiedemann JZ 1997, 1058, 1059. 27 Überzeugend Lutter/Bayer/J. Schmidt § 20 Rdn 41.

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Als Höchststandard diskutiert wird ferner die Definition der Einlagefähigkeit in Art 7 Abs 1 und deren Beschränkung (nur) durch das Verbot der Einlage von Diensten in Art 7 Abs 2 (näher unten Rn 111 ff).

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a) Die Abgrenzung von Bar- und Sacheinlage bei Bezahlung von Altschulden. Ein zentraler Streitpunkt betrifft die Frage der Abgrenzung von Bareinlage und Sacheinlage im Rahmen der Bezahlung von Altschulden. Dem liegt freilich nicht eine grundsätzlich divergierende Sicht darüber zugrunde, ob die Einbringung von (Geld)Forderungen als Bar- oder Sacheinlage anzusehen ist.28 Dass Forderungen kein Bargeld sind, versteht sich grundsätzlich auch im englischen Recht. Hintergrund ist vielmehr eine grundverschiedene Auffassung innerhalb der Mitgliedsstaaten darüber, ob die Mittel aus einer Bareinlage zur Bezahlung von Altschulden der Gesellschaft beim Inferenten verwendet werden dürfen. Lässt man dies zu, ist es konsequent, auch gleich die Verrechnung der Bareinlage mit der Forderung zu erlauben. Dieser Logik folgend bestimmt das englische Recht in sec 583(3) CA 2006: „A cash considertaion means: … (c) a release of a liability of the company for a liquidated sum“.29

Demgegenüber verbietet das deutsche Recht nicht nur die Aufrechnung des Inferenten gegen die Einlageforderung (§ 66 Abs 1) und beschränkt die Aufrechnung der Gesellschaft mit der Einlageforderung auf fällige, liquide und vollwertige Gegenforderungen (siehe die Erläuterungen zu § 66). Vielmehr steht das Gebot der endgültigen freien Verfügungen nach §§ 54 Abs 3, 36 Abs 2 jeder vorab getroffenen Abrede zur Verwendung der Bareinlage zu Zwecken der Bezahlung von Forderungen des Inferenten entgegen (siehe § 36 Rn 172). Infolgedessen ist eine planmäßige Bezahlung von Altforderungen des Inferenten aus seiner Bareinlage nach deutschem Recht nur im Wege der offenen Sacheinlage möglich. Einzubringen soll dann die Altforderung des Gesellschafters gegen die Gesellschaft sein, welche angelegentlich dessen einer Bewertung zu unterziehen ist. Befindet sich die Gesellschaft in der Krise, sind Abschläge vom Nominalwert vorzunehmen, so dass dem Gesellschafter weniger Einlage gutgeschrieben wird, obwohl die Gesellschaft auf der Passivseite eine Entlastung in voller Höhe erfährt. Ob diese Sicht überzeugend ist, bedarf an dieser Stelle noch nicht der Klärung (näher siehe unten 37 ff und vor allem 181 ff). Fraglich und in der Literatur umstritten ist aber nicht nur dies, sondern auch der Einfluss der Kapitalrichtlinie auf die Frage. Hierzu werden verschiedenen Standpunkte vertreten. Der BGH hat in BGHZ 110, 47 – IBH den Standpunkt der st Rspr und hM, wonach die 25 Bezahlung von Altforderungen im Wege der Einbringung als Sacheinlage zu erfolgen habe, eingehend gegen die hiergegen vorgebrachte Kritik, bestätigt. Er hat sich dabei aber nicht mit der europarechtlichen Begrifflichkeit befasst, sondern die rein deutschrechtliche Definition als maßgeblich zugrunde gelegt. Das Verhältnis zur Kapitalrichtlinie hat er allein unter dem Aspekt der Zulässigkeit von (ggü Art 12 bzw § 52) verschärften nationalen Vorschriften zur Gewährleistung von Umgehungsschutz gestellt. Diese europarechtliche Frage hat er bejaht. Die Kapitalrichtlinie stelle im Bereich der 26 Kapitalaufbringung nur Mindeststandards auf. Sie enthalte beispielsweise keine Vorschriften zu Aufrechnung, Kaduzierung, Haftung der Vormänner oder der Empfänger verbotener Zahlungen.30 In den tradierten Regelungen zur verdeckten Sacheinlage, die

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Missverständlich etwa Lutter/Bayer/J. Schmidt § 20 Rdn 4; Spindler/Stilz/Herrler Rdn 291. Liquidated bedeutet, dass die Summe exakt bestimmt sein muss. BGHZ 110, 47 = NJW 1990, 982, 987.

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auch auf die Begleichung von Altforderungen anzuwenden seien, läge mithin eine jederzeit zulässige Verschärfung des Umgehungschutzes auf nationaler Ebene. Diese Rechtslage liege so offen zu Tage, dass nach der Acte-Clair-Doktrin eine Vorlagepflicht an den EuGH entfalte.31 Diese Sicht wurde insbesondere von Generalanwalt Tesauro in der bald auf das BGH-Urteil folgenden Rs Meilicke32 kritisiert. Er trennte die Fragen der Definition der Baroder Sacheinlage nach der Kapitalrichtlinie von der weiteren Frage nach der Zulässigkeit von verschärftem nationalem Umgehungsschutz (den er grds für zulässig hielt) ab. Auf dieser Grundlage plädierte er für die Anerkennung der Bezahlung von Altforderungen als Bareinlage unter der Voraussetzung ihrer Vollwertigkeit. Im Übrigen wies er in seinem Schlussantrag33 darauf hin, dass es in dem vom BGH für seine Sicht berufenen Fall C.I.L.F.I.T. ausdrücklich heißt, „das innerstaatliche Gericht dürfe nur dann davon ausgehen, daß keine Pflicht zur Vorlage an den Gerichtshof bestehe, wenn es überzeugt ist, daß auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und für den Gerichtshof die gleiche Gewißheit bestünde (Randnr. 16)“, wovon angesichts der abweichenden Behandlung der Begleichung von Altforderungen mit Bareinlagen in den Mitgliedsstaaten nicht auszugehen sei. Eine sachliche Klärung des Begriffs der Sacheinlage durch den EuGH ist im Fall Meilicke34 jedoch ausgeblieben. Die entsprechende Vorlagefrage des LG Hannover wurde vom EuGH als unzulässig abgewiesen worden, weil im Tatsächlichen unklar war, ob der Rechtstreit, der in der Hauptsache ein Auskunftsbegehren betraf, von der Anwendung der Regeln der verdeckten Sacheinlage abhängig war. Deshalb wurde die Vorlagefrage vom EuGH als hypothetischer Natur angesehen.35 Man kann nur mutmaßen, ob der EuGH geneigter gewesen wäre, sich der Sache anzunehmen, wenn der Kläger nicht höchstpersönlich ein ganz exponierter Vertreter eben der Rechtsauffassung gewesen wäre, die gerade vom BGH zurück gewiesen worden war, so dass der EuGH sich in Wahrheit als „Obergutachter“ angerufen fühlen musste. In der Sache ist die Literatur nach wie vor geteilt. Insbesondere von deutschen Autoren wird die Einstufung der Verrechnung von Altforderungen als Sacheinage auch für die Ebene der Richtlinie als zutreffend gehalten. Allerdings mehren sich insgesamt die Stimmen, dass jedenfalls eine Vorlage der Frage durch den BGH angezeigt (gewesen) wäre.36 Der BGH wiederum hat seine Sicht in einem weiteren Beschluss zur Zurückweisung einer Nichtzulassungsbeschwerde vollumfänglich bestätigt.37 Das gilt auch hinsichtlich der Berufung der Acte-Clair-Doktrin. Freilich hat er sich dabei nur apodiktisch geäußert und weder mit der fundierten Kritik, insbesondere durch Generalanwalt Tesauro, an der Berufung der Acte-Clair-Doktrin noch mit der in IBH unbeantworteten Frage der europa-

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31 BGHZ 110, 47 = NJW 1990, 982, 987 f unter Verweis auf EuGH Rs C- 283/81 C.I.L.F.I.T./Ministero della sanita = NJW 1983, 1257. 32 Rs C-83/91 Wienand Meilicke v ADV/ORGA F.A. Meyer AG. 33 Ibid, Fn 23. 34 EuGH Rs C-83/91 Wienand Meilicke v ADV/ORGA F.A. Meyer AG. 35 EuGH Rs C-83/91 Meilicke Rdn 45 f. 36 Siehe unten, Rn 43. Laut Lutter/Bayer/J. Schmidt § 20 Rn 21 soll eine höchstrichterliche bzw legislative Klärung in absehbarer Zeit kaum zu erwarten sein. Dieser Einschätzung kann mit Blick auf die –zu begrüßende – gestiegene Vorlagegeneigtheit des Zweiten Senats in den letzten Jahren, etwa zur Anwendung des § 64 GmbHG auf die englische Limited oder zum Begriff der Insiderinformation in der Causa Schrempp, nicht unbedingt beigetreten werden. 37 BGH DStR 2006, 2326.

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rechtlichen Definition der Sacheinlage auseinandergesetzt und daher sachlich nicht überzeugt. Stellungnahme: Umstritten sind hier im Grunde zwei unterschiedliche, wenngleich 32 eng verwobene Punkte: (1) Die Kompetenzfrage um die Notwendigkeit der Anrufung des EuGH und (2) die Sachfrage nach der Abgrenzung zwischen Bar- und Sacheinlage in der Kapitalrichtlinie im Fall der Verrechnung mit Altschulden. 33 Zu (1): Im Ausgangspunkt muss klar sein, dass es hier um die autonome Auslegung von Europarecht geht, für welches dem EuGH das alleinige Auslegungsmonopol zukommt. Gegen eine Vorlagepflicht ließe sich daher nur argumentieren, dass die Begriffe der Bar- und Sacheinlage für sich genommen vollkommen klar erscheinen: Die Einbringung von Forderungen ist – auch in England (Rdn 23) – eine Sacheinlage (contribution in kind), die Zeichnung einer bestimmten Geldsumme ist eine Bareinlage (cash contribution). So gesehen steht hier lediglich eine Erfüllungsmodalität im Raum, nämlich die Frage, ob man die Bareinlagepflicht auch durch simple Verrechnung begleichen kann. Die Richtlinie enthält, wie der BGH zutreffend bemerkt hat, keine Angaben zu den Erfüllungsmodalitäten und insbesondere kein Aufrechnungsverbot. Ob ein solches bereits der Richtlinie im Wege der Auslegung innewohnt oder nicht, scheint aus Sicht eines deutschen Gerichts dahinstehen zu können, (wenn38 und) weil die Richtlinie nur Mindeststandards setzt und den Mitgliedsstaaten strengere Regelungen unbenommen sind. Dennoch sprechen die besseren Gründe für eine Vorlagepflicht. Es geht hier nämlich 34 nicht nur um die Zulässigkeit von Umgehungsschutz, die man in der Tat als geklärt ansehen kann (unten Rn 48 f). Vielmehr steht an dieser Stelle unmittelbar die Begriffsbildung der Richtlinie auf dem Prüfstand. Denn auch schon auf der Ebene der Richtlinie stellt sich die teleologische Grundsatzfrage, wie die Verrechnung mit Altschulden zu behandeln ist. Soll sie jederzeit frei zulässig sein oder bedarf sie generell oder zumindest in bestimmten Fällen (zB bei kriselnden Gesellschaften) der vorgesehenen Sacheinlageprüfung. Diese Frage kann und wird in die teleologische Begriffsbildung zu Bar- und Sacheinlage einfließen. Dabei könnte sich der EuGH natürlich auf den Standpunkt stellen, dass die Begriffe der Richtlinie formal-technisch zu bilden sind und die Frage der Erfüllungsmodalitäten den Mitgliedsstaaten obliegt, so dass die Richtlinie grundsätzlich beide Wege, den der Bareinlage mit Verrechnung oder den der Sacheinlage der Altforderung akzeptiert.39 Er würde sich dabei aber kaum der Einsicht verschließen können, dass dann für einen wirtschaftlich völlig identischen Vorgang zwei unterschiedliche, vor allem unterschiedlich onerose Pflichtenregime bestünden, was wenig sinnhaft erscheint. Es ist also ebenso gut denkbar, dass der EuGH es nicht bei einer formalen Definition bewenden ließe, sondern eine generelle Vorgabe zur Verrechnungsproblematik macht. Dabei kann er sich der deutschen Sicht oder der englischen Sicht anschließen oder im Anschluss an den Schlussantrag Tesauros eine vermittelnde Lösung anstreben. Keine dieser Entscheidung würde allerdings ohne Rückwirkung auf das Recht der Mitgliedsstaaten bleiben und dort in teilweise über mehr als ein Jahrhundert bestehende Rechtsüberzeugungen eingreifen.40

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38 Die Frage ist zwar nicht unstr, aber doch nach ganz hM iS bloßer Mindeststandards entschieden, siehe gleich Rdn 41) 39 Daher trifft nicht zu, dass eine Klärung durch den EuGH notwendigerweise die Feststellung der Richtlinienwidrigkeit entweder der deutschen oder britischen Lösung zur Folge hätte, so aber Lutter/ Bayer/J. Schmidt § 20 Rdn 41 aE. Die latente Gefahr besteht freilich unbezweifelbar für beide Seiten. 40 Zu England s nur In Re Harmony and Montague Tin and Copper Mining Co, Spargo’s Case (1872–73) LR 8 Ch App 407; zu Deutschland RGZ 121, 99, 102; 157, 213, 224; Lutter/Gehling WM 1989, 1445, 1448 mwN.

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Schon diese Erwägungen zeigen, dass die Frage unmittelbar die teleologische Auslegung der Richtlinie betrifft und nicht nur die Zulässigkeit von Umgehungsschutz. Das wird durch die Überlegung bestätigt, dass die Behandlung von Altforderungen nicht eine spezielle Detailfrage ist, sondern eine ganz zentrale Standardproblematik, bei der unterschiedliche Rechtslagen in den Mitgliedsstaaten dem Harmonisierungsziel der Richtlinie per se zuwider laufen (oben Rdn 34). Überdies können strengere Regelungen nach deutschem Vorbild in Kontrast zu laxeren Vorgaben in anderen Mitgliedsstaaten leicht als local hill erscheinen, was dann auch grundfreiheitsrelevant ist.41 Zu guter Letzt sei noch darauf hingewiesen, dass schon bezweifelt werden kann, ob der Begriff der Sacheinlage, an den das Bewertungserfordernis knüpft, überhaupt Forderungen gegen die Gesellschaft erfassen kann oder ob nicht stattdessen auf die Schuldbefreiung abzustellen ist (siehe noch Rdn 37 ff). Zusammenfassend lässt sich daher feststellen: Die Frage der Verrechenbarkeit von Einlagen mit Altschulden betrifft unmittelbar die autonome Auslegung der Begriffe Barbzw Sacheinlage in der Kapitalrichtlinie. Die Antwort kann nur vom EuGH gegeben werden, da dieser das Monopol für die Auslegung des Gemeinschaftsrechts innehat. Die Problematik kann nicht auf die Frage nach der Zulässigkeit von nationalem Umgehungsschutz reduziert werden. Der BGH wird seine Rechtsprechung daher zur Prüfung vorlegen müssen. Zu (2): In der Sache ist aus den eben genannten Gründen (va hohe praktische Bedeutung der Frage und daraus resultierende Relevanz für Harmonisierungsziel) eine Lösung vorzuziehen, welche die Frage der Zulässigkeit von Verrechnungen auf der europäischen Ebene verbindlich klärt und diese nicht den Mitgliedsstaaten überlässt. Dabei ist aber weder der englischen noch der deutschen Lösung zu folgen. Zwar sprechen im Vergleich noch die besseren Gründe für die englische Lösung, weil die Befreiung von Verbindlichkeiten immer im Nennwert zu Buche schlägt, was eine Werthaltigkeitsprüfung überflüssig macht und eine Parallele zur Bareinlage nahe legt. Entgegen der Ansicht von Generalanwalt Tesauro ändert sich daran auch nicht allein dadurch etwas, dass die Gesellschaft in der Krise ist und die Forderung in der Bilanz des Inferenten abgezinst werden müsste. Denn die Forderung ist nicht das, was auf die Gesellschaft übergeht. Der für die Publizitätszwecke der Richtlinie relevante Unterschied zur Bareinlage liegt allerdings darin, dass der Gesellschaft keine neue Liquidität zugeführt wird. Die definitorische Gleichstellung der Sachverhalte in England verdeckt diesen Unterschied. Aber, was meist übersehen wird, auch der deutsche Ansatz einer Forderungseinbringung führt auf den gleichen Irrweg, weil auch damit suggeriert wird, die Gesellschaft würde ein disponibles Aktivum erhalten, während in Wahrheit gar nichts zufließt, sondern nur die Passivseite verändert wird. Dass die deutsche Lösung diesbezüglich nur „etwas weniger“ täuscht, weil sie das angeblich übertragene Aktivum „Forderung“ im Wert abzinst, macht den verkehrten Grundansatz aus Publizitätsaspekten weder harmlos noch richtig. Richtig erscheint dagegen folgendes: Einzulegen ist nicht die (zu bewertende) Forderung, sondern die der Gesellschaft vermittelte Schuldbefreiung. Dabei handelt es sich zwar um eine Sacheinlage Rdn 166, da ihr Wert aber auch ohne Bewertung immer durch den Nennbetrag der Schuld, um welche die Gesellschaft befreit wird, festgelegt wird, ist in teleologischer Reduktion des Art 10 oder in entsprechender Extension des Art 11 eine Sacheinlageprüfung entbehrlich (aA die hM in Deutschland, Rdn 166). Diese Lösung

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Dazu generell Schall FS Meilicke, 2010, S 651, 652 ff.

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würde von der Sacheinlageprüfung aus europarechtlicher Sicht dispensieren, aber – ebenso wenig wie die anderen Fälle des Art 11 – zur Übernahme in die nationalen Rechte zwingen und damit der in Deutschland gängigen Behandlung der Fälle die Türe geöffnet halten. Sollte sich der EuGH dagegen in Anlehnung an die englische Lösung schlicht für eine Gleichstellung der Schuldbefreiung mit der Bareinlage entscheiden, wäre diese Auslegung der Kapitalrichtlinie auch für Deutschland verbindlich und BGHZ 110, 47 nicht mehr aufrecht zu erhalten. b) Zulässigkeit der Regeln zur verdeckten Sacheinlage nach § 27 Abs 3. Eine andere Frage, die im Rahmen von BGHZ 110, 47 – IBH wie auch des Meilicke-Falles ausführlich diskutiert wurde, war die allgemeine Zulässigkeit der scharfen deutschen Regelungen zur verdeckten Sacheinlage. Auch hier sind wieder die Sachfrage und die Frage einer Vorlagepflicht zu unterscheiden. Zur Sachfrage der Europarechtskonformität standen sich die folgenden Ansichten 41 gegenüber: – Teilweise werden die deutschen Regelungen als europarechtswidrig angesehen. Nach einer Auffassung sorgt die Kapitalrichtlinie (neugefasst 2012/30/EU) mit der Nachgründungsvorschrift in ihrem jetzigen Art 13 (= Art 11. aF) in abschließender Weise für Umgehungsschutz („Höchststandard“). 42 Nach anderer Auffassung begründet die besondere Schärfe der deutschen Regelungen einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit.43 – Nach der Rechtsprechung in BGHZ 110, 47 sowie der ihr folgenden hL sind die Regelungen dagegen zulässig. Die Kapitalrichtlinie folge auch hier ihrem allgemeinen Strukturprinzip und setze nur Mindeststandards.44 Eine Verschärfung der Kapitalaufbringungsregeln auf der Ebene der Mitgliedsstaaten, insbesondere bezüglich des zu gewährleistenden Umgehungsschutzes, sei daher ohne weiteres zulässig. – Weitergehend wird sogar angenommen, die Kapitalrichtlinie selbst erfordere im Lichte des effet utile die Gewährleistung von wirksamem Umgehungsschutz.45 Danach wären die Regeln der verdeckten Sacheinlage möglicherweise unmittelbar der Richtlinie zu entnehmen. – Nach der sehr fein ausdifferenzierten Auffassung von Generalanwalt Tesauro soll zwar Art 11 grundsätzlich abschließend sein. Das verbiete aber nur, dass andere als die dort genannten Transaktionen allein wegen ihres zeitlichen Zusammenhangs mit

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42 Einsele NJW 1996, 2681; Knobbe-Keuk DB 1990, 2573, 2583 f; Loos BB 1989, 2147, 2151; Meilicke DB 1989, 1067 ff. ders DB 1990, 1173 ff; Wilhelm ZHR 152 (1988), 333; tendenziell auch Krolop NZG 2007, 577, 579 (zumindest Verkehrsgeschäftsausnahme darf nicht unterlaufen werden); differenzierend demgegenüber die Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro v. 8.4.1992 – Rs C-83/91 – Wienand Meilicke ./. ADV/ORGA F.A. Meyer AG, Slg 1992, I-4871 – Rz 21, dazu gleich im Text. 43 Steindorff EuZW 1990, 251, 252 f. 44 BGHZ 110, 47, 68 ff = NJW 1990, 982; BGHZ 118, 83, 103 f = NJW 1992, 2222; BGH DStR 1994, 512 m Anm Goette BGHZ 132, 133 = NJW 1996, 1286; BGHZ 152, 37 = NJW 2002, 3774 = ZIP 2002, 2045; vgl auch BGH DStR 2006, 2326; MünchKommAktG/Pentz Rdn 87; KK/Arnold Rdn 8; Spindler/Stilz/Benz Rdn 106; Hüffer/Koch Rdn 24; Bayer/Lutter/J. Schmidt § 20 Rdn 71; Bayer/Schmidt ZGR 2009, 805, 830; Habersack/ Verse § 6 Rdn 39; Habersack AG 2009, 557, 559; Grundmann Rdn 341; Kindler FS Boujong, 1996, S 299, 315; Lutter FS Everling, 1995, S 765, 779 f; Lutter/Gehling WM 1989, 1445, 1458 f; Wiedemann DB 1993, 141 f; Hopt ZGR 1992, 265, 284 ff; Ebenroth/Kräutter DB 1990, 2153 ff; monographisch Drinkuth S 175; Lösekrug S 103; zum Mindeststandardprinzip der Richtlinie auch EuGH Rs C-101/08 Audiolux Rdn 39 (wo ein allgemeines Sell-out-Recht der Minderheitsaktionäre an den Mehrheitsaktionär abgelehnt wurde). 45 Spindler/Stilz/Benz Rdn 106; Habersack/Verse § 6 Rn 39; Habersack AG 2009, 557, 559; Lutter/Bayer/ J. Schmidt § 20 Rdn 71; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 832; Kindler FS Boujong, 1996, S 299, 308 ff, 315; Lutter FS Everling, I, 1995, S 765, 777 ff; Drinkuth S 169 ff.

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der Kapitalmaßnahme pönalisiert werden. Die Zulässigkeit allgemeinen Umgehungsschutzes nach nationalem Recht werde dadurch nicht berührt. Die letztgenannte Auffassung lässt die Regelungen der verdeckten Sacheinlage aber nicht unzulässig erscheinen.46 Denn diese knüpfen gerade nicht allein und ipso iure an den objektiven zeitlichen Zusammenhang mit der Gründung an, sondern setzen eine Umgehungsabsicht voraus. Diese wird bei Vorliegen der zeitlichen Nähe lediglich widerleglich vermutet. Das ändert nichts daran, dass für die Sanktionierung als verdeckte Sacheinlage nur eine bereits im Zuge der Einbringung getroffene Abrede maßgeblich ist und bleibt. Darin liegt der entscheidende Abgrenzungsfaktur, weil es den Beteiligten erlaubt ist, plausibel zu machen, dass das Umsatzgeschäft mit dem Aktionär nicht von vornherein mit der Kapitalmaßnahme in Umgehungsabsicht geplant war, sondern erst im Lauf des gewöhnlichen Geschäftsganges zustande kam. Ohne eine solche Vermutungsregelung wäre der nationale Umgehungsschutz praktisch wirkungslos. Wenn aber nationaler Umgehungsschutz zulässig sein soll, müssen die Mitgliedsstaaten ihn auch effektiv ausgestalten können. Zur Frage der Vorlagepflicht vertrat BGHZ 110, 47 die Auffassung, dass die Frage der Zulässigkeit nationaler Verschärfung von bloßen Mindeststandards so klar liege, dass eine Vorlage an den EuGH nicht notwendig sei. Diese Auffassung wurde allerdings in der Literatur von Anfang an kritisiert,47 wobei diese Kritik jedenfalls dann, wenn man auf die Zwischentöne der Darstellungen achtet, mittlerweile eigentlich der herrschenden Sichtweise entsprechen dürfte.48 Die Diskussion um diese Fragenkreise ist infolge der Nichtvorlage des BGH und der Zurückweisung der Vorlage des LG Hannover in der Rechtssache Meilicke als unzulässig (eben schon Rdn 25 ff) bis heute nicht abgeschlossen. Allerdings haben sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen durch die Reform des Gläubigerschutzes in MoMiG und ARUG (Rdn 14) geändert. Denn die dort erfolgte Kodifikation der verdeckten Sacheinlage (Abs 3) ging einher mit einer erheblichen Abmilderung ihrer Rechtsfolgen durch die Anrechnungslösung, was sich wiederum auf die Frage der Europarechtskonformität auswirkt. Stellungnahme: Auch hier ist wieder zwischen (1) der Sachfrage, ob die Verschärfung des Kapitalaufbringungsrecht durch die deutschen Regeln der verdeckten Sacheinlage europarechtskonform sind, und (2) der Kompetenzfrage der Vorlagepflicht zu unterscheiden. Zu (1): Obwohl sog local hills grundsätzlich ein Grundfreiheitsproblem darstellen,49 dürfte die früher debattierte Primärrechtswidrigkeit infolge der Abmilderung der Rechtsfolgen verdeckter Sacheinlagen durch die Anrechnungslösung vom Tisch sein.50 Denn fraglich konnten nicht die Berechtigung und Erforderlichkeit von Umgehungsschutz an

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46 Ebenso KK/Arnold Rdn 87; Habersack/Verse § 6 Rdn 39. Anders wohl die Interpretation von Bayer/Lutter/J. Schmidt § 20 Rdn 71; siehe auch Krolop NZG 2007, 577, 579, der jedoch den maßgeblichen Unterschied zwischen bloßer Vermutungsregel und vollkommen abstrakter Zeitvorgabe zu Unrecht nivelliert. 47 ZB Joost ZIP 1990, 549, 565; Meilicke DB 1990, 1173 ff; Steindorff EuZW 1990, 251, 254. 48 Siehe zB Bayer/Lutter/J. Schmidt § 20 Rdn 71; Bayer/Schmidt ZGR 2009, 805, 832; Henze FS 50 Jahre BGH, 2000, S 143, 153; Windbichler/Krolop in Riesenhuber, Europäische Methodenlehre (Hrsg), § 19 Rdn 46 f; Krolop NZG 2007, 577, 579; aber auch Habersack/Verse § 6 Rdn 39. 49 Siehe nur Schall FS Meilicke, 2010, S 651, 652 ff (zur Niederlassungsfreiheit); Ringe in Prentice/ Reisberg (Hrsg), Corporate Finance Law in the UK and EU, 2010, S 461, 483 ff (zur Kapitalverkehrsfreiheit), jeweils mwN. 50 So schon Schall S 143.

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sich sein, sondern eigentlich nur, ob die frühere Härte, die in der Gefahr der doppelten Inanspruchnahme für die Einlageleistung lag, nicht über das erforderliche Maß hinausging. Die Anrechnungslösung gewährleistet demgegenüber im Grundsatz, dass der Inferent nur, aber immerhin das dem Werte nach an die Gesellschaft leisten muss, was er ihr versprochen hat. Gegen Normen zum Enforcement eines privatautonomen Einlageversprechens ist aber nichts einzuwenden. 47 Umgekehrt kann aber im Ergebnis auch keine Rede davon sein, dass die Abmilderung gegen das Gebot des effet utile verstoße. Es ist zwar im Allgemeinen anerkannt, dass eine teleologische Auslegung des Unionsrechts seiner praktischen Wirksamkeit Rechnung tragen soll, so dass eine Regelung grds so auszulegen ist, dass sie dadurch nicht sinnentleert wird, sondern das Regelungsziel bestmöglich erreicht.51 Wenn man nun aber anstelle einer Sacheinlage immer einfach eine Bareinlage erbringen und sich daraus dann den Kaufpreis für einen Vermögensgegenstand von der Gesellschaft erstatten können ließe, wäre die Regelung des Art 10 praktisch sinnentleert. Es spricht also schon Manches dafür, dass diese Art der Umgehung bereits von der Richtlinie nicht toleriert wird. Jedoch ist hier entscheidend darauf hinzuweisen, dass die verdeckte Sacheinlage immer noch nicht legal und weiterhin mit Risiken behaftet ist (ua Beweislast bei der Anrechnung, Rdn 360), so dass Umgehungen bei ihr – anders als beim einfachen Hinund Herzahlen, dazu gleich unten – auf jeden Fall hinreichend sanktioniert erscheinen.52 Denn es erschiene doch als systematischer Widerspruch zum Mindeststandardprinzip, wenn die Kapitalrichtlinie die Ausgestaltung des Umgehungsschutzes jenseits des Art 13 (Nachgründung) in das Ermessen der Mitgliedsstaaten stellte, hier aber dennoch zwingend ein bestimmtes Instrument in einer ganz besonderen Schärfe (Nichtigkeit der Umgehungsgeschäfte, Gefahr der Doppelzahlung) erfordern sollte. 48 Damit spitzt sich die verbliebene Problematik auf die Frage zu, ob Art 13 (Nachgründung) als abschließender Höchststandard für den zu gewährleistenden Umgehungsschutz anzusehen ist. Hier sprechen die besseren systematischen und teleologischen Gründe für die hM. Dass das europäische Recht einen wesentlichen Umgehungstatbestand zentral regelt, weil es ihn für so bedeutend hält, dass er unionsweit harmonisiert werden muss, heißt ersichtlich nicht, dass es die allgemeinen Instrumente der nationalen Rechtsordnungen gegen Rechtsmissbrauch und Gesetzesumgehung sperren möchte.53 Zu (2): Nach dem Vorstehenden scheint die Europarechtskonformität der Regelun49 gen zur verdeckten Sacheinlage zumindest seit der Reform des Gläubigerschutzes durch MoMiG und ARUG tatsächlich so klar zu Tage zu liegen, dass man an dieser Stelle allemal mehr Sympathie für die Nichtvorlage unter der Acte-Clair-Doktrin entwickeln kann. So wurde die grundsätzliche Zulässigkeit von allgemeinen nationalen Schutzvorschriften, die über die Mindeststandards der Richtlinie hinaus reichen, nicht zuletzt durch den Schlussantrag von GA Tesauro bestätigt.54 Dennoch lassen gerade seine fein ziselierten Ausführungen zugleich auch erkennen, dass das Spezialitätsargument aus Art 13 doch zu einschränkenden Vorgaben für die Zulässigkeit von nationalen Instrumenten führen

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51 Im Allgemeinen zB EuGH Rs C-489/07 – Messner Rdn 24; Rs C-350/03 Schulte Rdn 69; Riesenhuber in Riesenhuber (Hrsg), Europäische Methodenlehre, § 11 Rdn 42a; speziell zur Kapitalrichtlinie Spindler/ Stilz/Benz Rdn 10; Grundmann Rdn 341; Habersack/Verse § 6 Rdn 39; Habersack AG 2009, 557, 559 f; Lutter/Bayer/J. Schmidt § 20 Rdn 71; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 832; früher schon Lutter/Gehrling WM 1989, 1445, 1456 ff. 52 Spindler/Stilz/Benz Rdn 106; Habersack AG 2009, 557, 559 f; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 830 ff. 53 Gleichsinnig etwa Bayer/Lutter/J. Schmidt § 20 Rdn 71; Grundmann Rdn 341. 54 Ibid Rdn 21.

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kann, etwa durch die Maßgabe, dass diese nicht ipso iure an die Kapitalmaßnahme anknüpfen dürfen. Unter diesem Blickwinkel wäre eine Vorlage möglicherweise doch diskutabel. c) Zulässigkeit der Erstreckung des § 27 Abs 1 auf Sachübernahmen. Einen wei- 50 teren Diskussionspunkt, der bisher allerdings im Gegensatz zu den vorstehende diskutierten Fragen noch nicht gerichtspraktisch geworden ist, stellt die Frage dar, ob die Einbeziehung der Sachübernahme in den § 27 richtlinienkonform ist. Zweifel ergeben sich bereits daraus, dass eine entsprechende Erstreckung der Richtlinie zwar diskutiert, aber nicht aufgegriffen wurde.55 Insbesondere wird aber auch hier die Regelung des Art 13 (Nachgründung) ins Feld geführt, der eine zwingende Freistellung für Rechtsgeschäfte unterhalb der 10%-Grenze zu entnehmen sein soll.56 Doch kann die Frage hier nicht anders entschieden werden als bei der Zulässigkeit 51 von Umgehungsschutz nach den Regeln der verdeckten Sacheinlage. Nach der Mindestschutzkonzeption des Kapitalrichtlinie muss es einem Mitgliedsstaat freistehen, bereits die Publizität bei der Gründung strenger auszugestalten und auf alle bereits geplanten Erwerbsgeschäfte mit dem Inferenten zu erstrecken, ungeachtet der Frage, ob sie (auch) in den Anwendungsbereich der Nachgründung fallen würden.57 d) Zulässigkeit der Erleichterung des Hin- und Herzahlens in § 27 Abs 4. Zwei- 52 felsfragen bezüglich der Richtlinienkonformität stellen sich schließlich auch bei der Legalisierung des Hin- und Herzahlens nach § 27 Abs 4. Diese bestehen in zweierlei Richtung. Einerseits kann auch hier die Verschärfung gegenüber den Vorgaben der Richtlinie hinterfragt werden. Andererseits ist aber auch die mit den Vorschriften verbundene Erleichterung nicht ganz unkritisch. Was die mögliche Verschärfung anbelangt, ist an dieser Stelle auf das bisher Gesag- 53 te (Rdn 49) zu verweisen. Das Mindeststandardprinzip der Richtlinie erlaubt grds nationale Verschärfungen des Schutzlevels. Das gilt in diesem Zusammenhang umso mehr, als die Vorschrift des § 27 Abs 4 ja gar nicht die eigentliche Verschärfung darstellt, die vielmehr durch den Grundsatz der endgültigen freien Verfügung nach §§ 54 Abs 3, 36 Abs 2 hergestellt wird, während die Kapitalrichtlinie jedenfalls keine expliziten Angaben zu den Erfüllungsmodalitäten enthält. § 27 Abs 4 stellt demgegenüber eine Abmilderung dar, indem er bestimmte Rückflussabreden legalisiert (§ 36 Rdn 58) Damit ist aber noch nichts zur Richtlinienkonformität der durch Abs 4 bewirkten Er- 54 leichterungen gesagt. Insbesondere lässt sich hier anders als bei den verdeckten Sacheinlagen (Rdn 41 ff) nicht schon mit dem Mindeststandardprinzip der Kapitalrichtlinie argumentieren. Denn zumindest unter den folgenden drei Aspekten sind bereits diese Mindeststandards in Frage gestellt: – Erforderlichkeit einer Sacheinlageprüfung nach Art 10; – Unterlaufen der 25% Einzahlungebots bei Bareinlagen nach Art 9; – (zumindest partieller) Verstoß gegen Art 25 (finanzielle Unterstützung). In der Diskussion zum MoMiG wurde die Differenzierung des einfachen Hin- und 55 Herzahlens und der verdeckten Sacheinlage von verschiedener Seite kritisiert. Auch das einfache Hin- und Herzahlen stelle eine verdeckte Sacheinlage dar, weil in Wahrheit eine

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55 Vgl Bayer/Lutter/J. Schmidt § 20 Rdn 73 mwN in Fn 279. 56 Drinkuth S 178; dem folgend Habersack/Vers § 6 Rdn 32. 57 Übereinstimmend Bayer/Lutter/J. Schmidt § 20 Rdn 73; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 840 f; Lösekrug S 115.

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schuldrechtliche Forderung gegen den Inferenten eingelegt werde, die auf ihre Werthaltigkeit überprüft werden müsse.58 Die hM ist demgegenüber der Sicht der Rechtsprechung gefolgt, wonach die beiden die beiden Sachverhalte zu differenzieren sind, wofür letztlich die mangelnde (Sach)Einlagefähigkeit einer Geldforderung gegen den Inferenten ausschlaggebend war (siehe unten Rdn 167 ff).59 Diese Sicht hat der Gesetzgeber für das deutsche Recht jetzt in § 27 Abs 3 und 4 sowie in § 19 Abs 4 und 5 GmbHG festgeschrieben. Die autonome Auslegung der Richtlinie kann damit freilich nicht vorgegeben werden, so dass die Bewertung des Sachverhalts unter der Richtlinie nach wie vor offen ist. Maßgeblich muss hierfür sein, ob die Zwecke der Richtlinie eine zwingende Werthaltigkeitsprüfung bei diesem Vorgang erfordern. Klar sind dabei die folgenden Eckpunkte: – die Einbringung von Forderungen stellt grundsätzlich eine prüfungspflichtige Sacheinlage dar. – die Richtlinie erlaubt die Einbringung von bloßen Leistungsversprechen des Inferenten (Art 9 Abs 2). 56

Mit dem Vorstehenden ist freilich noch nicht gesagt, ob die Richtlinie auch die Einlage eines bloßen Zahlungsversprechens erlaubt und ob sie ein solches als Sacheinlage ansehen würde oder ob sie auf einer Behandlung nach den Regeln der Bareinlage besteht. Im deutschen Recht wären bloße Zahlungsversprechen als Einlage ungeeignet. Aber das präjudiziert nicht das europäische Recht. Insbesondere sagt es nichts darüber aus, ob das europäische Recht den Sachverhalt, den das deutsche Recht jetzt in § 27 Abs 4 zugelassen hat, als Sacheinlage einstuft oder nicht.60 Auf den ersten Blick könnte man annehmen, dass die Frage dahinstehen kann, weil 57 die Parteien unter deutschem Recht ja gar keine bloße Zahlungsforderung gegen den Inferenten einlegen, sondern höchstens die Bezahlung ihrer Bareinlage als Darlehen zurückerhalten können. Das Aktiengesetz hält mit gutem Grund am Erfordernis einer realen Einzahlung fest, um dem Gesellschafter im Zeichen des Seriositätssignals den Ernst und realen Umfang seines Haftungsversprechens vor Augen zu führen (s Rdn 381).61 Damit scheint sich aber auch unter europäischem Recht nicht die Frage nach der Zulässigkeit der Einlegung einer bloßen Zahlungsforderung gegen den Gesellschafter zu stellen, sondern die nach dem Bestehen eines autonomen Umgehungsschutzes unter der Richtlinie mit Blick auf einen Verstoß gegen Art 9 Abs 1 (Bareinzahlungsgebot von 25%). 58 Das trifft so aber nicht zu. Denn würde die Richtlinie den Vorgang des Abs 4 aus ihrer autonomen Sicht als (zulässige) Einlegung einer Geldforderung im Wege der Sacheinlage bewerten, müssten ungeachtet der abweichenden Einstufung unter der aktienrechtlichen Dogmatik die Anforderungen nach Art 10 gewahrt werden. Damit kann der Antwort nicht ausgewichen werden. Ein erster Ansatzpunkt für die Behandlung muss die Klärung der Notwendigkeit sein, den Vorgang einer Werthaltigkeitsprüfung zu unterziehen. Dafür lässt sich immerhin anführen, dass die Bonität des Inferenten nicht offen zu Tage liegt. Anders als bei der Bezahlung von Altschulden der Gesellschaft (s oben Rdn 37 ff) kann man hiergegen auch nicht damit argumentieren, dass der Nennwert der

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58 Bormann GmbHR 2007, 897, 903; Drygala NZG 2007, 561, 563 f; Gesell BB 2007, 2246; Gehrlein DK 2007, 771, 782. 59 BGHZ 165, 113 = NZG 2004, 24; BGHZ 153, 107 = NJW 2003, 825. 60 So auch Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 96; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 840 f, die die Frage als völlig offen ansehen; iE für Bareinlage Spindler/Stilz/Herrler § 27 Rdn 291; Illhardt S 219 ff; aA Drinkuth S 156 ff, 161; Groß AG 1993, 108, 111; Joost ZIP 1992, 1033, 1035. 61 Schall S 134.

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Forderung auf der Passivseite vollumfänglich zu Buche geschlagen hat, weil die offene Forderung der Gesellschaft ein ggf abzuzinsendes Aktivum darstellt. Dennoch sprechen die besseren Gründe gegen eine Subsumtion unter Art 10. Denn die Richtlinie selbst erlaubt in Art 9, dass der größere Teil der Bareinlage nicht sofort geleistet, sondern lediglich versprochen wird, ohne dafür eine Werthaltigkeitsprüfung vorzuschreiben. Das bedeutet aber, dass die Liquidität des Inferenten in den Augen der Richtlinie insoweit vorausgesetzt wird und keiner besonderen Überprüfung im Zuge einer Werthaltigkeitsprüfung bedarf. Schon nach dieser Wertung stellt das einfache Hinund Herzahlen auch unter der Richtlinie keine prüfungspflichtige Sacheinlage nach Art 10 dar.62 Dazu kommt ein systematisches Argument. Eine Geldforderung gegen den Inferenten kommt nämlich grundsätzlich nur dann als Einlage in Betracht, wenn sie in abstrakter Weise begründet wird. Denn nur dann wird der Gesellschaft positiv ein Aktivum zugeführt. Dagegen muss sie den Darlehensrückzahlungsanspruch nach Abs 4 durch die Ausreichung der Valuta aus ihren eigenen Aktiva erst werthaltig machen, so dass das vorhandene Gesamtvermögen nicht gemehrt, sondern lediglich mit einem Passivposten belastet wird. Wäre das die Einlage, würde sie die Gesellschaft aus ihrem eigenen Vermögen bezahlen. Das Gleiche gilt für sämtliche kausalen Zahlungsansprüche, welche die Gesellschaft bereits gegen den Gesellschafter innehat. Sie können ebenfalls nicht in eine Sacheinlage „umgewandelt“ werden. Die abstrakte Zahlungsverbindlichkeit, die nach dem Vorstehenden für die Einlage erforderlich wäre, findet ihre (notwendige)63 Causa aber letztlich doch nur in der Einlagepflicht und stellt sich damit als Bareinlage dar. Eine von dieser Logik abweichende Bewertung ist nur in engen Ausnahmefällen denkbar, die allesamt jenseits des Abs 4 liegen, nämlich bei Einbringung einer kausalen Forderung gegen den Inferenten im Wege einer (gegenleistungslosen) Abtretung durch einen Dritten, ggf auch einen Mitgesellschafter (s Rdn 171) an die Gesellschaft. Denn an einem Wertzufluss fehlt es immer, aber auch nur dann, wenn sich die Gesellschaft den Zahlungsanspruch gegen den Inferenten auf andere Weise als durch das bloße Einlageversprechen erkaufen muss. Zusammenfassend sprechen daher die besseren Gründe für die Sicht, dass die Sacheinlagevorschriften mit ihrer Werthaltigkeitsprüfung durch § 27 Abs 4 nicht berührt werden; sa Rdn 99.64 Dem Vorwurf eines Verstoßes gegen Art 9 Abs 1 kommt dagegen höheres Gewicht zu. Er ist ein Eckpfeiler der Kapitalaufbringungsvorschriften der Richtlinie in den Artt 6 – 13 sowie 18, mit welchen sie das deutsche System des festen Nennkapitals samt zwingender Kapitalaufbringung grundsätzlich übernimmt, um damit Gläubiger und Aktionäre zu schützen (s oben Rdn 2). Abs 4 erlaubt es aber, die Einlage in vollem Umfang in eine offene (Darlehens)Forderung gegen den Inferenten umzuwandeln. So gesehen handelt es sich bei Abs 4 um eine Art legalisierter Scheinzahlung.65 Es ist fraglich, ob und

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62 Übereinstimmend Spindler/Stilz/Herrler § 27 Rdn 291; Illhardt S 219 ff. 63 Vgl §§ 821, 812 Abs 2 BGB. Die aufgezeigte Problematik ist nicht auf das deutsche Zivilrecht beschränkt. Im Common Law, wo man sich mangels consideration zur Begründung einer abstrakten Zahlungspflicht einer deed befleißigen müsste, gilt im Ergebnis nichts anderes. Wird die deed als Einlage gegeben, stellt sie sich in Wahrheit als Bareinlage dar. 64 Wie hier Spindler/Stilz/Herrler § 27 Rdn 291; Illhardt S 219 ff; offenlassend Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 96; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 840 f; aA Drinkuth S 156 ff, 161; Groß AG 1993, 108, 111; Joost ZIP 1992, 1033, 1035. 65 Goette DStR 2009, 51, 52 f.

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unter welchen Voraussetzungen dies mit Art 9 Abs 1 vereinbar ist. Denn von dessen Erfordernissen kann der deutsche Gesetzgeber nicht dispensieren. Art 9 Abs 1 RiLi 2012/30/EU lautet: „Die Einlagen auf ausgegebene Aktien müssen im Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft oder der Erteilung der Genehmigung zur Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit in Höhe von mindestens 25 vH des Nennbetrags der Aktien oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, ihres rechnerischen Wertes geleistet werden.“

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Das Erfordernis „geleistet werden“ bleibt auf den ersten Blick hinter dem deutschen Erfordernis der „Leistung zur freien Verfügung“ zurück. Die Unzulässigkeit von Verwendungs- und Rückflussabreden wird typischerweise am Erfordernis der freien Verfügung fest gemacht (siehe § 36 Rdn 49 ff und 147 ff), da sich so in der Richtlinie nicht findet. Damit scheint Abs 4 lediglich eine zulässige Erleichterung von einer rein nationalen Verschärfung der Schutzstandards darzustellen. Zweifel hieran können sich aber daraus ergeben, dass die Richtlinie immerhin eine wirksame Leistung erfordert. Dieser Begriff könnte autonom europarechtlich auszulegen sein und dazu führen, dass im Fall des § 27 Abs 4 eine wirksame Leistung abzulehnen wäre. Der Grund ist, dass bereits die Abgrenzung von Rückflussabreden und Scheinzahlungen sehr schwierig ist (§ 36 Rdn 149). Eine bloße Scheinzahlung genügt aber sicherlich nicht zur Erfüllungswirkung. Das Gleiche gilt nach deutschem Zivilrecht für Leistungen unter Auflagen und Bedingungen, wozu Rückflussabreden letztlich zu zählen sind. Das zwingende Gebot der Leistung zur freien Verfügung entzieht diese Sachverhalte lediglich der ansonsten gegebenen Parteidisposition (§ 36 Rn 54). 65 Die entscheidende Frage lautet daher, ob der Terminus „müssen … geleistet werden“ in Art 9 Abs 1 bereits dadurch erfüllt ist, dass diese Leistung nach nationalem Zivil- und Gesellschaftsrecht wirksam ist, was durch Abs 4 gewährleistet wäre, oder ob er darüber hinausgehende, autonome Voraussetzungen für die Leistung stellt, etwa mit Blick auf die Endgültigkeit und Unbedingtheit, welche das nationale Recht nicht modifizieren kann. 66 Die Frage kann letztlich nur durch den EuGH geklärt werden. Allerdings besteht mit Blick auf die sofort erforderliche 25%-Bareinzahlung ein hohes Riko der Europarechtswidrigkeit. Zwar ist formal-juristisch betrachtet schon richtig, dass die Einlage in den Konstellationen des Abs 4 ordnungsgemäß geleistet ist und es nur um die anschließende Verwendung der zugeführten Mittel als Darlehen geht. Doch ist nicht zu übersehen, dass sich hier im wirtschaftlichen Ergebnis anstelle der Bareinlage iHv 25% von Anfang an nur eine Forderung gegen den Inferenten im Vermögen der Gesellschaft befindet. Das ist aber problematisch, da sich das europäische Recht an dieser Stelle und in diesem Umfang eben doch den deutschstämmigen Grundsatz der sofortigen realen Kapitalaufbringung zu Eigen gemacht hat66 und davon auch keine Ausnahmen vorsieht. Zwar statuiert die Richtlinie keinen ausdrücklichen Umgehungsschutz.67 Aber dass es selbst diesen relativ überschaubaren Mindeststandard zur Disposition der Parteien stellen könnte, liegt mit Blick auf den effet utile (oben Rdn 47) nicht nahe.68 Nicht ausgeschlossen erscheint allerdings, dass man auch auf der Ebene der Richt67 linie zu einer teleologischen Reduktion bezüglich etwaiger, direkt aus Art 9 Abs 1 herzuleitender Rückflussverbote bei Cash-Pool-Systemen gelangen kann. Deren Zulassung

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66 Habersack/Verse § 6 Rdn 24. 67 Insoweit zutr Spindler/Stilz/Herrler Rdn 290. 68 Wie hier zB KK/Arnold Rdn 133; Habersack/Verse § 6 Rdn 27; aA Spindler/Stilz/Herrler Rdn 290, der aber den effet utile als europarechtliche Auslegungsmaxime nicht hinreichend beachtet.

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war ja auch das Hauptanliegen des deutschen Gesetzgebers. Anders als die schlichte Rückführung der Einlage in die Verfügungsmacht des Inferenten erscheint dieser Vorgang bei wirtschaftlicher Betrachtung eher als Verwendung der Valuta zu Zwecken der Gesellschaft, die damit ihr internes Konto speist und jederzeit frei verfügen kann, denn als eine (Rück)Überlassung der Valuta zu eigenen Zwecken des Einlegers. Das gilt zumindest dann, wenn der Konzern wirtschaftlich gesund und die freie Verfügungsmöglichkeit der Gesellschaft über die an das zentrale Cash Management abgeführten Summen daher gesichert ist – wie das Abs 4 ja auch voraussetzt. Nach allen denkbaren Zwecken der realen Kapitalaufbringung und insbesondere des Bareinzahlungsgebots (Gewährleistung von Haftkapital, Betriebsvermögen, Seriositätssignal, Unabhängigkeit von den Gründern und Verhinderung von Scheingründungen) erscheint dieses Vorgehen unschädlich. Dieser Gedanke greift aber nicht automatisch für alle von Abs 4 erfassten Konstella- 68 tionen, da insbesondere das Vollwertigkeitserfordernis nicht per se sicherstellen kann, dass die als Darlehen zurück gereichte Valuta nicht im Ergebnis doch nur dem Inferenten und nicht mehr der Gesellschaft zu Gute kommt. Folglich bleibt die Regelung des § 27 Abs 4 europarechtlich bedenklich, soweit sie auch jenseits von Cash-Pools ein Hin- und Herzahlen der von Art 9 Abs 1 erforderten Mindesteinzahlung von 25% erlaubt. Daher wird das zulässige Hin- und Herzahlen in der Literatur im Wege der europarechtskonformen Auslegung des Abs 4 auf Beträge oberhalb der 25%-Grenze reduziert und im Übrigen an den Vorgaben der §§ 36, 36a festgehalten.69 Dem ist mit der eben begründeten Einschränkung zu folgen, dass eine Einspeisung in Cash-Pool-Systeme vollumfänglich zulässig ist. Das Agio darf hingegen uneingeschränkt über § 27 Abs 4 zurückfließen, da insoweit 69 keine europarechtliche Vorgabe besteht. Die auch das Agio der sofortigen Einzahlungspflicht unterwerfende, rein nationale Vorschrift des § 36a Abs 1 tritt nach der lexspecialis-Regel iVm der lex-posterior-Regel zurück, ohne dass es eines ausdrücklichen Vorbehalts bedürfe § 36 Rdn 58.70 Ein weiterer gewichtiger Einwand folgt aus dem Verbot der finanziellen Unter- 70 stützung in Art 25 der RiLi 2012/30/EU: Abs 1: Wenn ein Mitgliedstaat es einer Gesellschaft gestattet, im Hinblick auf einen Erwerb eigener Aktien durch einen Dritten unmittelbar oder mittelbar Vorschüsse zu zahlen, Darlehen zu gewähren oder Sicherheiten zu leisten, so macht er solche Geschäfte von der Erfüllung der in den Unterabsätzen 2 bis 5 genannten Bedingungen abhängig Abs 5: Erwirbt ein Dritter mit finanzieller Unterstützung der Gesellschaft eigene Aktien der Gesellschaft im Sinne von Artikel 21 Absatz 1 oder zeichnet er Aktien, die anlässlich einer Erhöhung des gezeichneten Kapitals emittiert wurden, so muss dieser Erwerb zu einem angemessenen Preis stattfinden.

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69 Wohl hL, KK/Arnold Rdn 133; Hüffer/Koch Rn 39; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 48; Spindler/Stilz/ Servatius § 183 Rdn 31; Habersack/Verse § 6 Rdn 27; Habersack AG 2009, 557, 560 f; Ekkenga ZIP 2010, 2469, 2470; N. Schmidt S 67; Wicke S 56; zumindest als Empfehlung für die Praxis auch Schmidt/ Lutter/Bayer Rdn 95; Hüffer/Koch Rdn 39; Hölters/Solveen Rdn 55; offenlassend Grigoleit/Vedder Rdn 81; aA Spindler/Stilz/Herrler Rdn 288 ff, 290 (der aber ebenfalls der Praxis die Berücksichtigung der Gegenmeinung empfiehlt); Heidel/Polley Rdn 75; Seibert FS Maier-Reimer, 2010, S 673, 685 f; Cavin S 624; Illhardt S 210 ff. 70 Zutr Spindler/Stilz/Herrler Rdn 290; Herrler/Reymann DNotZ 2009, 914, 927; dem folgend auch Lutter/Schmidt/Bayer Rdn 95; Bayer/Lieder GWR 2010, 3, 6; Grigoleit/Vedder Rdn 81; aA Spindler/Stilz/Servatius § 183 Rdn 31.

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Das dort kodifizierte Verbot der finanziellen Unterstützung hat seine Wurzeln im englischen Recht, wo es aktuell in den ss.678 ff CA 2006 zu finden ist. Es hat dort eine lange und wechselvolle Geschichte hinter sich und ist seit geraumer Zeit hinsichtlich seines genauen Sinn und Zwecks umstritten.71 Auf britische Initiative hatte es seinerzeit Einzug in die Kapitalrichtlinie gehalten und ist seitdem dort verankert, obgleich seit der Änderungsrichtlinie 2006/68/EG nicht mehr absolut, sondern in etwas erleichterter Form. Auch auf der europäischen Ebene herrscht Streit um den Zweck der Norm. Klar ist, 72 dass dieser autonom zu ermitteln ist, wobei freilich die Normgeschichte im Ursprungsland wertvolle, wenn auch nicht autoritative Hinweise für eine mögliche Auslegung geben kann.72 Überwiegend wird der Zweck des Art 25 – nicht anders als in England – sowohl in der Kapitalerhaltung (Verhinderung eines mittelbaren Erwerbs eigener Anteile) als auch im Schutz davor gesehen, dass Unternehmensübernahmen durch Ausplünderung der Kassen der erworbenen Gesellschaft finanziert werden (asset stripping). Die früheren englischen Leitfälle, die auf älteren Fassungen des Verbots beruhten, konnten aber darüber hinaus auch gegen Geschäfte in Stellung gebracht werden, die hierzulande als verdeckte Sacheinlagen angesehen würden.73 Grundlage war der weite Begriff der Finanzierungshilfe, der auch eingreift, wenn die Gesellschaft den Inferenten dadurch (wieder) „flüssig“ macht, dass sie ihm mit der Bareinlage Vermögensgegenstande abkauft. Die Umsetzung in das deutsche Recht erfolgte über § 71a, dessen Richtlinienkonfor73 mität allerdings ebenfalls in Details zweifelhaft erscheint. Dies führt zu einer Prüfung in zwei Schritten. Zunächst ist die Erleichterung des Abs 4 direkt an Art 25 zu messen. Wenn sie damit konform ist, bereitet § 71a auf der nationalen Ebene keine Probleme, da er nach der lex-specialis-Regel iVm der lex-posterior-Regel auch ohne ausdrücklichen Vorbehalt im Text zurücktritt. Das ist vergleichbar mit dem Zurücktreten des Gebotes der freien Verfügung aus § 36 Abs 2 (dort Rdn 58; sa oben Rdn 69). Im Falle eines Verstoßes ist hingegen zu prüfen, ob dieser über das Verbot in § 71a unmittelbar erfasst ist oder ob es, da § 71a diesen Verstoß ebenfalls nicht erfasst, die Richtlinienwidrigkeit beider Normen im Raum steht und wie sie zu heben ist. 74 Bei der Prüfung der Konformität mit Art 25 ist zunächst dessen beschränkter Anwendungsbereich zu beachten. Zwar hat sich der frühere Streit um den Anwendungsbereich nur bei derivativem oder auch bei originärem Erwerb mittlerweile erledigt, weil nach dem Wortlaut des Art 25 Abs 5 ausdrücklich der originäre Erwerb durch Zeichnung miteinbezogen wird. Das geschieht jedoch nur im Rahmen der Kapitalerhöhung. Demgegenüber wird geltend gemacht, dass bei der Gründung schwerlich etwas anderes gelten könne, überdies, dass die Gleichstellung von Gründung und Kapitalerhöhung dem englischen Regelungsvorbild entspräche. 74 Wenn dem wiederum entgegen gehalten wird, hierfür seien keine sachlichen Gründe ersichtlich,75 vermag das allerdings nicht zu überzeugen. Denn man müsste schon einen über den bloßen Wortlaut hinaus weisenden Grund aufzeigen können, warum Gründung und Kapitalerhöhung ausgerechnet hier

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71 Eingehend Lowry in Prentice/Reisberg (Hrsg), Corporate Finance Law in the UK and EU, 2010, S 3, 6 ff. 72 Riesenhuber in Riesenhuber (Hrsg), Europäische Methodenlehre, § 11 Rn 38; Spindler/Stilz/Cahn § 71a Rdn 6. 73 Insbesondere Belmont Finance Corporation v Williams Furniture Ltd (No 2) [1980] 1 All ER 393 (CA). 74 Habersack/Verse § 6 Rdn 65; Habersack AG 2009, 557, 562 f; ders FS Hopt, 2010, S 725, 738 ff, aA KK/Arnold Rdn 135 f; Spindler/Stilz/Herrler Rdn 296 ff, 299; Herrler/Reymann DNotZ 2009, 914, 929 f; Hüffer/Koch Rdn 53; Hölters/Solveen Rdn 54a; Wicke S 56. 75 Spindler/Stilz/Herrler Rdn 297.

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unterschiedlich zu behandeln seien, wo sie doch ansonsten grundsätzlich gleichen Bedingungen unterliegen. Dieser kann nur in den Regelungszwecken des Art. 25 zu finden sein. Diese sind zwar nicht unumstritten.76 Sie sind aber auch keineswegs so unklar oder widersprüchlich, dass – wie etwa bei § 25 HGB diskutiert – eine möglichst einschränkende Auslegung der Norm geboten wäre.77 Genannt werden üblicherweise:78 – Umgehungsschutz gegen mittelbaren Erwerb eigener Aktien. Das war übrigens auch Ausgangspunkt der englischen Normgeschichte.79 – Eindämmung von Marktmissbrauch im Vorfeld von Unternehmensübernahmen. – Schutz der Kompetenzverteilung zwischen den Gesellschaftsorganen. – Eigenständiger, der Kapitalerhaltung vorgelagerter Vermögensschutz, der sich (auch) gegen die besondere Gefährdung des Unternehmensvermögens bei Übernahmen richte.80 Diese verschiedenen Zwecke werden in den Rechtsordnungen der Mitgliedsstaaten 75 in unterschiedlicher Weise betont.81 Auf der Ebene der Richtlinie müssen sie sich jedoch keineswegs ausschließen, sondern können sich durchaus ergänzen. Geht man davon aus, sprechen die letzten drei Aspekte in der Tat für eine Beschränkung auf Kapitalerhöhungen. Bei Gründungen können sich solche Problemstellungen nämlich noch nicht ergeben. Anders liegt es aber beim Umgehungsschutz. Diese Problematik stellt sich bei der Gründung nämlich in genau gleicher Weise wie bei der Kapitalerhöhung. Sie wird gar noch dadurch verschärft, als der Gesellschaft – bei Gründung wie Kapitalerhöhung – die Zeichnung eigener Aktien absolut verboten ist (Art 20 Abs 1). Die These, Art 25 müsse abweichend vom sonst üblichen Gleichlauf nicht im 76 Wege teleologischer Extension auf die Gründung erstreckt werden, könnte daher nur überzeugen, wenn Umgehungsschutz zur Kapitalerhaltung nur eine untergeordnete Rolle spielen würde. Eine solche Auffassung würde aber durch die Neufassung des Verbots in der Änderungsrichtlinie 2006/98/EU widerlegt. Die dort vorgenommenen Erleichterungen zeigen vielmehr, dass beide Schutzrichtungen kombiniert sind.82 Dass das Verbot dem Schutz der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter dient, belegt insbesondere die ihnen eingeräumte Dispositionsmacht nach Art 25 Abs 3 samt der diesbezüglichen Berichtspflichten. Dass es daneben aber auch dem Gläubigerschutz dient, zeigt die zwingende Vorgabe, wonach die Unterstützung nur aus frei ausschüttbaren Mitteln erfolgen darf (Art 25 Abs 4). Damit wird eine Parallele zum Verbot des Erwerbs eigener Aktien gezogen, das ja ebenfalls nicht nur der Kapitalerhaltung, sondern auch dem Schutz vor Marktmissbrauch und Verwaltungsherrschaft dient.83 Aufgrund dieses systematischen und teleologischen Zusammenhanges sprechen die besseren Gründe für eine Erstreckung der Vorschrift auch auf die Gründung. Denn das Umgehungsrisiko ist bei Gründung und Kapitalerhöhung gleich zu veranschlagen. Die Richtlinie enthält hier also eine planwidrige Schutzlücke, die durch teleologische Extension zu schließen ist.

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76 Kritisch insbesondere Wymeersch FS Drobnig, 1998, S 725, 746: „The rule’s rationale is far from clear.“ 77 AA, aber nicht überzeugend Spindler/Stilz/Herrler Rdn 298. 78 Übersicht bei Spindler/Stilz/Cahn § 71a Rn 6 und 9 mwN; Pühler S 22 ff. 79 Lowry in Prentice/Reisberg (Hrsg), Corporate Finance Law in the UK and EU, 2010, S 3, 6 ff, der aufzeigt, dass die Sprache der Gesetzesbegründung Anleihen nahm beim Grundfall zum Verbot des Erwerbs eigener Anteile, Trevor v Whitworth (1887) 12 App Cas 409 (HL). 80 Dafür etwa Wymeersch FS Drobnig, 1998, S 725, 733; Fleischer AG 1996, 494, 506. 81 Vgl Spindler/Stilz/Cahn § 71a Rn 6 mwN; Pühler S 22 ff. 82 Schall S 27 f. Die Neuregelung als konsequent begrüßend Drygala DK 2007, 396, 398. 83 Spindler/Stilz/Cahn § 71 Rdn 14 ff; ders DK 2007, 385, 387; Baldamus S 165 ff; Schall S 25 f.

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Diskutiert wird überdies eine weitere Einschränkung aus dem Wortlaut der Richtlinie. Diese erfasst nämlich ausweislich ihres Wortlautes nur die Zeichnung bzw den Erwerb durch Dritte. Dazu sollen aber bereits vorhandene Aktionäre, welche die Aktien im Rahmen ihres Bezugsrechts beziehen, nicht gehören.84 Der Wortlaut erklärt sich aber zwanglos daraus, dass man üblicherweise vor Zeichnung bzw Erwerb noch nicht Aktionär ist. Wenn aber doch, macht dies für das Verbot unter keinem der genannten Zwecke einen sinnvollen Unterschied. Oder sollte das Verbot des Art 25 wirklich dadurch ausgehebelt werden können, dass der asset stripper bereits im Vorfeld eine Aktie ohne finanzielle Unterstützung der Gesellschaft erworben hat? Tatbestandlich unterfällt das in § 27 Abs 4 beschriebene Hin- und Herzahlen unmittelbar dem Wortlaut des Art 25 Abs 1. Es handelt sich bei einer derartigen Abrede ohne weiteres um ein Darlehen, das von der Gesellschaft im Hinblick auf den Erwerb bzw hier die Zeichnung des Anteils geleistet wird. Unmittelbar erfasst wird aber auch das Herund Hinzahlen, und zwar als Vorschuss iS des Art 25 Abs 1. Allerdings kommt auch hier wieder eine teleologische Reduktion der Richtlinie für den Cash Pool in Betracht, da dieser nach dem oben Dargelegten (Rn 67) keinerlei Finanzierungsfunktion für den Einleger hat, sondern der Verwendung der Valuta durch die Gesellschaft dient.85 Damit ist im ersten Schritt festzuhalten, dass § 27 Abs 4 sowohl bei Gründung als auch bei Kapitalerhöhung gegen Art 25 verstößt, soweit es nicht lediglich um anschließende die Einstellung der Bareinlage in ein zentrales Cash-Management geht. Fraglich ist im zweiten Schritt, wie sich die zumindest teilweise Richtlinienwidrigkeit in die Auslegung des deutschen Rechts einspeisen lässt. Wäre § 27 Abs 4 in vollem Umfang richtlinienkonform, käme es auf die Auslegung des § 71a Abs 1 nicht an, da dieser bereits nach der lex-specialis-Regel iVm der lex-posterior-Regel zurücktreten würde (Rdn 73). So aber ist dem § 71a der Vorrang zu gewähren, soweit er wiederum in richtlinienkonformer Auslegung das Verbot des Art 25 widerspiegelt. Das bedeutet, dass § 71a auf die Zeichnung bei Gründung wie Kapitalerhöhung anzuwenden ist (Rdn 74 ff),86 und zwar uneingeschränkt auf alle Zeichnenden, ungeachtet eines möglicherweise schon vorher gehaltenen Aktienbesitzes derselben (Rdn 77),87 Wäre diese Auslegung dagegen nicht durch die Richtlinie vorgegeben, sondern entspräche sie lediglich dem nationalen Recht, würde § 71a dagegen hinter § 27 Abs 4 zurücktreten. Tatbestandlich dürfte in den Fällen des § 27 Abs 4 das nach § 71a Abs 1 erforderliche Merkmal „zum Zwecke des Erwerbs“ grundsätzlich erfüllt sein, da die Verwendungsabrede den notwendigen Funktionsbezug88 herstellt. Dass dieses Merkmal enger ist als die Richtlinienvorgabe „im Hinblick auf den Erwerb“ spielt daher keine Rolle. Das gilt auch für die Ausnahme beim Cash Pool. Diese lässt sich im Wege der teleologischen Reduktion bereits auf Ebene der Richtlinie rechtfertigen (Rdn 67 u 79), weil es an jeder Finanzierungsfunktion fehlt. Das Darlehen erfolgt daher nicht nur nicht zum „Zwecke des Er-

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84 So Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zu § 27 Abs 4, BT-Drucks 16/13098, S 38; Spindler/Stilz/Herrler Rdn 296 ff, 299; Herrler/Reymann DNotZ 2009, 914, 929 f; Hüffer/Koch Rdn 53; Hölters/Solveen Rdn 54a; aA Spindler/Stilz/Cahn § 56 Rdn 13; Habersack AG 2009, 557, 563. 85 Übereinstimmend Altmeppen NZG 2010, 441, 445; Ekkenga ZIP 2010, 2469, 2470. 86 So auch KK/Lutter/Drygala § 71a Rdn 22; Spindler/Stilz/Cahn § 71a Rdn 16; Hüffer/Koch § 71a Rdn 1; Grigoleit/Grigoleit/Rachlitz § 71a Rdn 2 und 20; Wachter/Servatius § 71a Rdn 12; Habersack AG 2009, 557, 563; ders FS Hopt, 2010, S 725, 738 f; aA vierte Aufl, § 71a Rdn 43 (Merkt); nur noch aA bezüglich Gründung KK/Arnold Rdn 136; Spindler/Stilz/Herrler Rdn 296; Hölters/Laubert § 71a Rdn 2. 87 AA Spindler/Stilz/Herrler Rdn 299; Hölters/Laubert § 71a Rdn 2. 88 Dazu nur Spindler/Stilz/Cahn § 71a Rdn 35.

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werbs“ im Sinne der deutschen Regelung,89 sondern auch nicht im Hinblick auf den Erwerb im Sinne des Art 25 Abs 1. Soweit der europarechtskonform ausgelegte § 71a Abs 1 danach zum Tragen kommt, verbietet er auch das ansonsten legalisierte Hin- und Herzahlen nach § 27 Abs 4. Das gilt nach § 71a Abs 1 S 3 aber wiederum dann nicht, wenn ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen worden ist. Das bietet nach verbreiteter Auffassung einen weiteren Weg, die Unterhaltung eines zentralen Cash Management Systems gegen Bedenken aus dem Verbot der financial assistance abzusichern.90 Die Legitimation für diese Ausnahme erblickt die ganz hM in Art 26, der die Mitgliedsstaaten auffordert, bei Geschäften im Konzern „durch geeignete Schutzvorkehrungen sicher [zu stellen], dass ein solches Geschäft dem Wohl der Gesellschaft nicht zuwiderläuft.“ Demgegenüber wird allerdings auch die Auffassung vertreten, dass die Anforderungen des Art 25 kumulativ erfüllt sein müssten und § 71a Abs 1 S 3 unwirksam sei, soweit er hiervon dispensiere.91 Dies erscheint aber generell zuweit gehend, da zu unnötigen Doppelungen führend. Erwägenswert wäre allerdings, den zwingenden Kapitalschutz nach Art 25 Abs 4 auch in den Fällen des Art 26 einzufordern. Dafür spräche, dass auch die allgemeine Kapitalerhaltung unter der Richtlinie keinen Konzernvorbehalt kennt, so dass die Ausschüttungssperre des Art 17 Abs 1 und 2 (keine Ausschüttung aus dem gezeichneten Kapital zuzüglich der nicht ausschüttbaren Rücklagen) zu beachten ist.92 In gleicher Weise könnte man erwägen, zu fordern, dass auch im Vertragskonzern ein Hinund Herzahlen nur bei Wahrung der Grenze, die Art 25 Abs 4 iVm Art 17 Abs 1 und 2 gezogen hat, erfolgen darf (richtlinienkonforme teleologische Reduktion). Folgt man dem, dürfte die finanzielle Unterstützung nicht zu einem Absinken unter das gebundene Vermögen führen. Ob dabei eine bilanzielle Betrachtung anzustellen ist,93 erscheint allerdings zweifelhaft. Denn da Darlehen grundsätzlich einen bilanzneutraler Aktivtausch markieren und Sicherheitenbestellungen vor Eintritt einer Verwertungswahrscheinlichkeit überhaupt nicht zu Buche schlagen, wäre die Begrenzung des Art 25 Abs 4 weitgehend sinnentleert. Sie würde nur bei fehlender Solvenz der Empfänger Wirkung entfalten. Die Gewährung von Finanzierungshilfen an insolvenzreife Personen läuft auf eine bewusste Verschleuderung von Gesellschaftsvermögen hinaus und ist bereits unter den allgemeinen Geschäftsleiterpflichten verboten. Man wird die Grenze des Art 25 Abs 4 daher so auslegen müssen, dass der reale Abfluss oder die Belastung aus freiem Vermögen erfolgen muss. Nur dann macht auch das Erfordernis nach Art 25 Abs 4 Unterabs 2 Sinn, wonach eine nicht-ausschüttungsfähige Rücklage in Höhe der gewährten Unterstützung zu bilden ist. Zu den Begrenzungen, die sich aus den vorstehenden Erwägungen für die Anwendung des § 27 Abs 4 im Einzelnen ergeben, siehe nochmals zusammenfassend unter Rdn 394. Auch insoweit ist auf das Auslegungsmonopol des EuGH zu verweisen, da keine der erörterten Fragen per se als „klar“ erscheint (Rdn 36), aber auch u Rdn 99.

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89 So zutr Altmeppen NZG 2010, 441, 445; Ekkenga ZIP 2010, 4269, 4270. 90 Spindler/Stilz/Herrler Rdn 300; Hüffer/Koch Rdn 54; Hölters/Solveen Rdn 54 b; Ekkenga ZIP 2010, 2469, 2470. 91 Hassner Finanzielle Unterstützung zum institutionellen Leveraged Buy Out einer Aktiengesellschaft, 2014, S 257 ff und 466 ff. 92 Eingehend Schall S 31 ff; so iE auch Mülbert FS Lutter, 2000, S 535, 553; Werlauff EC Company Law, S 178; tendenziell auch Habersack/Verse § 6 Rdn 49; offenlassend Grundmann Rdn 343; aA Schön FS Kropff, 1997, 285, 298 ff. 93 So tendenziell Spindler/Stilz/Herrler Rdn 298.

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3. Aufgabenstellung und Instrumentarium der gesetzlichen Regelung. Um den Grundsatz der realen Kapitalaufbringung durchzusetzen, muss das Gesetz zweierlei gewährleisten. Zum einen muss es dafür sorgen, dass die Gründer die von ihnen übernommenen Einlagen überhaupt leisten. Zum anderen gilt es sicherzustellen, dass deren Wert auch tatsächlich demjenigen der dafür ausgegebenen Mitgliedschaftsrechte entspricht, weil anderenfalls ein Teil des nominellen Grundkapitals ohne reale Wertdeckung bliebe.94 Der Durchsetzung dieser elementaren Anliegen, mit der das Konzept der realen Kapitalaufbringung und das auf ihm ruhende System des festen Grundkapitals steht und fällt, dient eine Vielzahl über das AktG verstreuter Detailvorschriften (o Rdn 2 mit Fn 1), deren Einhaltung das Gesetz vor allem mit den für das Aktienrecht typischen Instrumenten der Offenlegung (Publizität) und der präventiven Kontrolle durch das Registergericht95 zu gewährleisten sucht, und deren Verletzung es in erster Linie mit der Versagung der Eintragung und damit des Entstehens der AG als rechtsfähiger Körperschaft (§ 38), in zweiter Linie, falls die Gesellschaft trotzdem zur Eintragung gelangt, mit der Unverbindlichkeit der nicht offengelegten Absprachen (so insbes § 27 Abs 3, § 54 Abs 2 und § 41 Abs 3, s ferner auch schon § 26 Abs 3) sanktioniert. Die Gefahr, dass die Gesellschaft zur Erfüllung der von den Gründern übernomme89 nen Einlagepflichten und zur Auffüllung ihres Haftungsfonds Leistungen erhält, die objektiv nicht den Nennwert der übernommenen Einlagen und der dafür im Gegenzug ausgegebenen Aktienrechte erreichen, so dass ein Teil des in der Satzung ausgewiesenen nominellen Grundkapitals der Gesellschaft tatsächlich nicht aufgebracht wird, besteht, vom Fall der durch das Gesetz deshalb ausdrücklich verbotenen offenen UnterpariEmission (§ 9 Abs 1) abgesehen, vor allem dann, wenn ihr als Einlagen statt Bargeld unmittelbar oder mittelbar andere Vermögensgüter zugeführt werden, deren in einer Geldsumme ausgedrückter Wert hinter dem Betrag der dafür gewährten Aktien zurückbleibt.96 Bei Geld kann dieses Bewertungsproblem bekanntlich nicht auftreten, weil sein Tauschwert innerhalb des Währungssystems durch seinen Nominalwert vorgegeben ist. Gleichwohl war dem Gesetz der problemlose und einfache Weg, die reale Kapitalaufbringung durch die ausschließliche Zulassung per Bankbestätigung nachzuweisender Bareinlagen und das Verbot der Einbringung von Sachleistungen anstelle von Geld und der Begründung von Erwerbsverpflichtungen der Gesellschaft vor ihrer Eintragung zu sichern, aus praktischen Erwägungen verschlossen. In der Praxis kann nämlich aus den unterschiedlichsten Gründen das unabweisbare Bedürfnis bestehen, statt einer Bareinlage unmittelbar Sachwerte (insbes Unternehmen oder Unternehmensteile, Beteiligungen, Erfindungen, sonstige Rechte, Forderungen etc) einzubringen (Sacheinlagen) oder die Gesellschaft schon bei ihrer Gründung zum Erwerb derartiger Sachwerte zu verpflichten (Sachübernahme). 97 Aus der Anerkennung dieses praktischen Bedürfnisses, auch Sacheinlagen und 90 Sachübernahmen zuzulassen, ergab sich für das Gesetz zunächst eine doppelte Aufgabe. Da die einzubringenden oder zu übernehmenden Gegenstände unmittelbar (bei der Sacheinlage) oder mittelbar (bei der Sachübernahme, bei welcher der zunächst einge-

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94 MünchKommAktG/Pentz Rdn 5; KK/Arnold Rdn 4; Spindler/Stilz/Benz Rdn 2; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 3; Hüffer/Koch Rdn 1; Heidel/Polley Rdn 7; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 1; Hölters/Solveen Rdn 3; Wachter Rdn 11. 95 MünchKommAktG/Pentz Rdn 5; KK/Arnold Rdn 6; Spindler/Stilz/Benz Rdn 3; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 3; Hüffer/Koch Rdn 1; Grigoleit/Vedder Rdn 1; Hölters/Solveen Rdn 3. 96 MünchKommAktG /Pentz Rdn 6; Spindler/Stilz/Benz Rdn 3; KK/Arnold Rdn 4; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 3. 97 Zur Gefahr bei der Sachübernahme KK/Arnold Rdn 4; Heidel/Polley Rdn 25; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 1; Habersack FS Konzen, 2006, 185.

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brachte Geldbetrag umgehend wieder als Gegenleistung für den von der AG zu erwerbenden Gegenstand abfließen soll) an die Stelle eines an sich als Einlage geschuldeten Barbetrages treten sollen, dürfen zur Sacheinlage und Sachübernahme nur Gegenstände zugelassen werden, die einen objektiv feststellbaren, in Geld ausdrückbaren Vermögenswert verkörpern. 98 Anderenfalls würde der Gesellschaft insoweit entweder von vornherein überhaupt kein echter, der Funktion des Gesellschaftsvermögens als Deckungsmasse gerecht werdender Vermögenswert zugeführt. Oder die Gesellschaft träte doch jedenfalls mangels Bewertbarkeit des betreffenden Gegenstandes in Geld bereits mit einer Unterbilanz ins Leben. Der damit gebotenen Abgrenzung zwischen zur Sacheinlage oder Sachübernahme zuzulassenden und nicht einlagefähigen Gegenständen dient die in § 27 Abs 2 in Umsetzung von Art 7 der Zweiten Richtlinie getroffene Regelung. Die zweite Aufgabe des Gesetzes liegt darin zu gewährleisten, dass der objektive 91 Wert des einzubringenden oder zu übernehmenden Sachgutes auch tatsächlich dem Nennbetrag der dafür ausgegebenen Einlagen und dem ihnen korrespondierenden Anteil der Grundkapitalziffer entspricht, weil bei Überbewertung des als Sacheinlage einzubringenden oder als Sachübernahme von der AG zu erwerbenden Vermögensgegenstandes das in der Satzung ausgewiesene Grundkapital entweder von vornherein nicht realiter aufgebracht oder doch umgehend (mindestens teilweise) wieder abgezogen würde. Die Gefahr einer solchen Überbewertung ist, wie die praktische Erfahrung gezeigt hat, nicht unerheblich, weil die Gründer bei der Festsetzung der jeweils anzurechnenden Werte unter sich sind und es anders als bei echten Austauschverträgen an zwei einander gegenüberstehenden Verhandlungspartnern fehlt, deren natürlicher Interessengegensatz im Regelfall das Aushandeln einer ausgewogenen Relation zwischen der Sachleistung und dem dafür als Gegenleistung zu entrichtenden Geldwert erwarten lässt. Auch abgesehen von dem Fall bewusster Schwindelgründungen besteht für die an der Gründung der Gesellschaft Beteiligten die Versuchung, bei der Bewertung der in Frage stehenden Vermögensgüter zu ihren eigenen Gunsten oder zum Vorteil des ihnen nahestehenden Veräußerers (bei der Sachübernahme von einem Dritten) großzügig zu verfahren und damit der Gesellschaft einen uU nicht unwesentlichen Teil ihres in der Grundkapitalziffer der Satzung verlautbarten Deckungsstockes vorzuenthalten oder schon bei der Gründung wieder zu entziehen. Den vorstehend aufgezeigten Gefahren von Sacheinlagen und Sachübernahmen ver- 92 sucht das Gesetz durch ein enges Geflecht von Anordnungen und absichernden Mechanismen zu begegnen, von denen nur ein Teil in § 27, ein weiterer Teil in anderen Bestimmungen des AktG geregelt ist. Die wichtigsten davon sind im Überblick: Offenlegungspflicht. Die Gründer müssen bereits in der Satzung den Gegenstand 93 der Sacheinlage oder Sachübernahme, die Person, von der die Gesellschaft den Gegenstand erwirbt, sowie den Nennbetrag der bei der Sacheinlage zu gewährenden Aktien oder bei der Sachübernahme zu entrichtenden Vergütung festsetzen, § 27 Abs 1 S 1. Ohne eine solche Festsetzung sind die über die Sacheinlage oder die Sachübernahme geschlossenen Vereinbarungen grundsätzlich unwirksam (Rdn 248 ff) ohne dass die Gültigkeit der Satzung, sobald die Gesellschaft eingetragen ist, dadurch berührt wird, oder die Gesellschaft etwa berechtigt wäre, die Verpflichtungen aus solchen Verträgen nach ihrer Entstehung zu übernehmen, § 41 Abs 3. Für Sacheinlagen hat dies zur Folge, dass der betreffende Gründer seine Einlage in bar zu leisten hat, so noch explizit § 27 Abs 3 S 3

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98 MünchKommAktG/Pentz Rdn 18; KK/Arnold Rdn 11; Spindler/Stilz/Benz Rdn 10; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 10; Hüffer/Koch Rdn 13.

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aF. Dies zeigt, dass das Gesetz die Bareinlage als die primäre Verpflichtung betrachtet, von der sich der Gründer und künftige Aktionär nur bei Erfüllung der im Gesetz genau bezeichneten Voraussetzungen nach Art einer datio in solutum oder auch nur eine Leistung erfüllungshalber (§ 364 Abs 2 BGB, sa Rdn 101) befreien kann. Daraus ergeben sich nicht unerhebliche weitere Konsequenzen für Fälle der Nichtleistung oder der fehlerhaften Leistung von Sacheinlagen, dazu näher unten Rdn 101, 244 u 417. 94 Präventive Werthaltigkeitskontrolle. Ihrer Durchführung dienen: (1) schriftliche Berichtspflichten der Gründer über die wesentlichen Umstände, von denen die Angemessenheit der von ihnen angesetzten Leistungen für Sacheinlagen oder Sachübernahmen abhängt, § 32 Abs 2 (in Übereinstimmung mit Art 10 der Zweiten Richtlinie) und (2) eine obligatorische Gründungsprüfung nicht nur durch den Vorstand und Aufsichtsrat der Gesellschaft, § 33 Abs 1, sondern auch durch von ihr unabhängige Prüfer, § 33 Abs 2 Nr 4 iVm ergänzenden Bestimmungen in §§ 34 und 35 sowie schließlich (3) die Kontrolle durch das Registergericht, das die Eintragung der Gesellschaft abzulehnen hat, wenn sich dabei gesetzlich unzulässige, insbesondere nicht nur unwesentlich überbewertete Sacheinlagen oder Sachübernahmen herausstellen, § 38. Letzteres zeigt, dass es dem Gesetz sogar in erster Linie darum geht, die Entstehung von Gesellschaften, die mit unzulässigen Sacheinlage- oder Sachübernahmevereinbarungen belastet sind, überhaupt zu verhindern. Der Unwirksamkeit derartiger Vereinbarungen mit der Folge, dass an die Stelle der nicht wirksam vereinbarten Sacheinlage die wiederauflebende primäre (Rdn 93) Barleistungspflicht tritt, kommt demgegenüber nur eine Auffangfunktion für den Fall zu, dass es trotzdem entgegen dem Gesetz zur Eintragung einer solchen Gesellschaft gekommen ist. Zu Heilungsmöglichkeiten unten Rdn 337 ff. Ergänzt wird dieses Sicherungssystem durch Regelungen über die kollektive Verantwortlichkeit der Gründer (§ 46), des Vorstandes und des Aufsichtsrats (§ 45), der Gründungsprüfer (§ 49) sowie etwaiger vorsätzlich oder grob fahrlässig an der Schädigung der Gesellschaft mitwirkender dritter Personen (§ 47). III. Die Sacheinlage 95

1. Allgemeines. Begriff. Im Regelfall besteht die von jedem Gründer als Gegenleistung für die von ihm übernommenen Aktien zu erbringende Einlage in Geld, dh in der Einzahlung des ihrem Nennwert oder einem darüber liegenden Ausgabepreis nominal entsprechenden Geldbetrages. Bei diesem Regelfall bewendet es, da auch die nachträgliche Hingabe anderer Werte erfüllungshalber oder an Erfüllungs Statt verboten ist (dazu näher bei § 66), wenn die Gründer nicht bei Errichtung der Gesellschaft (von dem Fall einer noch vor Eintragung oder danach unter den extrem einschränkenden Voraussetzungen des § 27 Abs 5 durchgeführten Satzungsänderung abgesehen) wirksame, durch Festsetzung in der Satzung offengelegte abweichende Absprachen getroffen haben.99 Durch derartige Vereinbarungen (Verträge, § 27 Abs 1 S 1), deren Abschluss das Gesetz den Gründern aus den in Rdn 89 dargelegten Gründen freistellt, können sie festlegen, dass die Einlage eines Aktionärs (auch mehrerer oder aller Aktionäre) nicht in Geld, sondern ganz oder teilweise in anderen Gegenständen, also beweglichen Sachen, Sachgesamtheiten, Grundstücken oder Rechten bestehen soll. Eine solche nicht durch Einzah-

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99 Keine Gleichrangigkeit von Bar- und Scheinlage, sondern datio in solutum: KK/Arnold Rdn 4; Spindler/Stilz/Benz Rdn 3; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 4; Hüffer/Koch Rdn 20; Heidel/Polley Rdn 5; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 20; Hölters/Solveen Rdn 5; „modifizierte Erfüllungsvereinbarung“ aA MünchKommAktG Pentz Rdn 13f unter Heranziehung von § 66 Abs 1 und Abs 2.

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lung des Nennbetrages oder des höheren Ausgabebetrages der Aktien zu leistende Einlage bezeichnet das Gesetz (so die Klammerdefinition des § 27 Abs 1 S 1) als Sacheinlage. Noch knapper ist die Definition des Art 10 der Kapitalrichtlinie, wo schlicht nur noch von „… Einlagen, die nicht Bareinlagen sind“, gesprochen wird. Beide Begriffsbestimmungen definieren die Sacheinlage damit zunächst nur in negativer Form: Sacheinlage kann nicht sein, was Bareinlage ist.100 Dieses legislatorische Vorgehen hat zur Folge, dass zwei wichtige Fragen zunächst offenbleiben. Die erste betrifft die Abgrenzung zwischen Bar- und Sacheinlage. Obwohl man auf den ersten Blick als selbstverständlich annehmen könnte, dass beide Definitionen, Sacheinlage sei, was nicht Bareinlage sei (Art 10 der Zweiten Richtlinie) und Sacheinlage sei eine Einlage, die nicht durch Zahlung des Nennbetrages der … Aktien zu leisten sei (§ 27 Abs 1 S 1), auf dasselbe hinausliefen, weil die Leistung von Geld nun einmal nur durch Barzahlung oder Kontogutschrift (Buchgeld) erfolgen könne, ergeben sich daraus möglicherweise substantielle Differenzen. Diese Unterschiede haben Bedeutung für die Frage, wie die Einbringung einer eigenen Forderung des Einlegers gegen die Gesellschaft zu erfolgen hat, dazu schon Rn 23 ff (zur Problematik auf der Ebene der Richtlinie) sowie noch unten Rdn 181 ff. Sie berühren auch die Problematik, ob die Einlegung einer (Geld)Forderung gegen den Gesellschafter, sofern überhaupt möglich, eine Bar- oder eine Sacheinlage ist (dazu mit Blick auf die Richtlinie bereits Rdn 55 ff). Wie bereits oben ausgeführt wurde, ist insoweit ein Definitionsvorrang der Richtlinie anzuerkennen (Rn 36 u 63). Das heißt aber nicht, dass die Begriffe „Bareinlage“ und „Sacheinlage“ gar nicht mehr ohne Klärung durch den EuGH handhabbar wären. Vielmehr kann kein grundsätzlicher Zweifel darüber bestehen, dass ein Einlageversprechen, dass auf eine Geldsumme lautet und durch Bar- oder Buchgeld oder als äquivalent anerkannte Zahlungsmittel (Scheck) zu begleichen ist, eine Bareinlage darstellt, während das Versprechen der Einlage irgendeines anderen geldwerten Vermögensgegenstandes auf eine Sacheinlage hinausläuft.101 Das gilt grundsätzlich auch für die Einlage von Forderungen. Die Abgrenzungsschwierigkeiten von Bar- und Sacheinlage sind eng begrenzt und überschaubar. Es handelt sich einmal um die Frage nach der Zulässigkeit der Verrechnung von Bareinlage und Altforderungen, die das deutsche Recht nicht erlaubt und stattdessen auf der Einlage der gegen die Gesellschaft gerichteten Altforderung als Sacheinlage besteht. Wie bereits ausführlich dargelegt, steht hier eine umfassende begriffliche Klärung auf Ebene der Richtlinie an, die völlig offen erscheint und nur vom EuGH geleistet werden kann (s oben Rn 33 ff). Die andere Frage ist die nach der Zulässigkeit der Einlegung bloßer Zahlungsversprechen durch den Inferenten, welche durch die Zulassung des Hin- und Herzahlens in § 27 Abs 4 virulent geworden ist. Auch hier wäre eine begriffliche Klärung nur durch den EuGH zu leisten, wobei der Ausgang freilich weniger offen erscheint. Die Einlage von Geldleistungsversprechen des Inferenten kann in Anbetracht der Zwecke und der Gesamtsystematik der Richtlinie sinnvoll nur als Bareinlage erfolgen und muss dann mindestens zu einem Viertel real geleistet werden (s oben Rn 55 ff). Eine weitere Folge der knappen Definitionen der Sacheinlage durch § 27 Abs 1 S 1 und Art 10 der Zweiten Richtlinie besteht darin, dass nicht positiv festgelegt ist, welche

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100 MünchKommAktG/Pentz Rdn 11; KK/Arnold Rdn 11; Spindler/Stilz/Benz Rdn 3; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 6; Hüffer/Koch Rdn 3; Grigoleit/Vedder Rdn 6; Heidel/Polley Rdn 6; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 1; Hölters/Solveen Rdn 6; Wachter Rdn 4. 101 So auch Lutter/Bayer/J. Schmidt § 20 Rdn 41.

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Gegenstände anstelle von Geld durch Vereinbarung zum Gegenstand von Sacheinlagen gemacht werden können. Zweifellos bedeuten die in beiden Definitionen verwendeten negativen Formulierungen nicht, dass im Umkehrschluss alles, was nicht Geld ist, Gegenstand einer Sacheinlage sein könne. Vielmehr lassen es beide zunächst völlig offen, welche nicht in Geld bestehenden Vermögensgüter zur Sacheinlage taugen und welche nicht.102 Den freilich unvollkommenen Versuch einer solchen positiven Klärung der als Sacheinlage geeigneten Vermögensgüter unternimmt das Gesetz erst in § 27 Abs 2 (entspr Art 7 der Zweiten Richtlinie), dazu unten Rdn 106 ff. Auch hier knüpfen sich wieder Folgefragen an, etwa nach der Zulässigkeit der Bezahlung von Dienstleistungen aus der Einlage (Umgehungsschutz?, s noch Rn 319 ff). 101

2. Die Rechtsnatur des Einbringungsvertrages. Sie wird im Schrifttum kontrovers diskutiert. Weitgehende Einigkeit besteht zunächst von jeher darüber, dass es sich nicht um einen Kauf- oder Tauschvertrag handelt.103 Gegenüber den früher stark auseinandergehenden Ansichten hat sich allerdings heute die folgende Sichtweise etabliert: Die Sacheinlagevereinbarung ist ein unselbständiger Teil des zwischen den Gründern geschlossenen Gesellschaftsvertrages der Kapitalgesellschaft.104 Die aus ihr entspringende Verpflichtung ist daher gesellschaftsrechtlicher und nicht etwa schuldrechtlicher Natur, und auch eine zusätzliche schuldrechtliche Vereinbarung ist bei der offenen Sacheinlage entbehrlich.105 Die von einem Gründer der Gesellschaft in dieser Eigenschaft übernommene Verpflichtung, eine Einlage in das Gesellschaftsvermögen zwecks Aufbringung ihres satzungsmäßigen Betriebs- und Haftungsfonds zu leisten, ist stets eine gesellschaftsrechtliche Pflicht, die durch die Sacheinlagevereinbarung lediglich im Rahmen der den Gründern insoweit eingeräumten Vertragsfreiheit dergestalt modifiziert wird, dass abweichend vom gesetzlichen Regelfall die Einlage nicht in Form einer Geld-, sondern einer ihr wertmäßig entsprechenden Sachleistung aufzubringen ist. Damit handelt es sich um eine besondere Erfüllungsabrede in Form einer datio in solutum (§ 364 Abs 1 BGB) bzw sogar eher noch (Rdn 417) einer Leistung erfüllungshalber nach § 364 Abs 2 BGB. Dieser für die GmbH nahezu allgemein anerkannte106 Grundsatz hat auch für die AG zu gelten.

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102 AllgM, die sich in der Ausdifferenzierung der einlagefähigen Gegenstände niederschlägt. 103 BGHZ 45, 338, 339, 345; RGZ 45, 101; Schnorr von Carolsfeld DNotZ 1963, 418; Sengelmann Die Sachübernahme im Aktienrecht, Diss 1965, S 16; Schönle NJW 1966, 2161 f; KK/Arnold Rdn 13; Geßler/Eckardt Rdn 21. 104 So die heute ganz hM BGH v. 2.5.1966 – II ZR 219/63, BGHZ 45, 338, 345 (bei der GmbH); MünchKommAktG Pentz Rdn 6; KK/Arnold Rdn 13; Spindler/Stilz/Benz Rdn 8; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 8; Hüffer/Koch Rdn 4; Grigoleit/Vedder Rdn 7; Heidel/Polley Rdn 8; Hölters/Solveen Rdn 10; ohne Stellungnahme Bürgers/Körber/Lohse Rdn 3; aA früher etwa noch Geßler/Eckardt Rdn 21: körperschaftsrechtlicher Verpflichtungsvertrag eigener Art, der zum Gesellschaftsvertrag als gesondertes Rechtsgeschäft hinzutritt, also nicht dessen Bestandteil ist; KK/Kraft (2. Aufl) § 8, Rdn 66: nur aus Publizitätsgründen in die Satzung aufzunehmende Gründervereinbarung nicht körperschaftsrechtlicher Art; ähnlich früher auch Hachenburg/Schilling § 5, 27: obligatorischer Veräußerungsvertrag; dem jetzt aber entgegen Ulmer/Ulmer/Casper § 5 Rdn 37; Schönle NJW 1966, 2162: einseitig verpflichtender, unentgeltlicher Vertrag, den der Verfasser anscheinend als neben der Satzung stehend verstehen will; wie hier aber auch schon Würdinger § 10 II 2a): körperschaftlicher Akt; sa Wiedemann in: FS Hirsch, 1968, S 263; Ensslin/Stauder GmbHR 1968, 156 f. 105 MünchKommAktG/Pentz Rdn 16; KK/Arnold Rdn 13; Spindler/Stilz/Benz Rdn 8; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 8; Hüffer/Koch Rdn 4; Grigoleit/Vedder Rdn 7; Heidel/Polley Rdn 8; Hölters/Solveen Rdn 10; Wachter Rdn 13. 106 BGHZ 45, 338, 345; BayOblG DB 1979, 1075; aus dem Schrifttum insbes Ulmer/Ulmer/Casper § 5 Rdn 37; Scholz/Veil § 5, Rdn 35; MünchKommGmbHG/Schwandtner § 5, Rdn 64; Roth/Altmeppen § 5, Rdn 33; Baumbach/Hueck/Fastrich § 5, Rdn 21; Rowedder/Schmidt-Leithoff Rdn 23; nur in Nuancen

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Das Aktienrecht weist keine Besonderheiten auf, die zu einer anderen Beurteilung führen könnten. Insbesondere kann auch der Umstand, dass das AktG zwischen Satzung (§ 23 Abs 3) und Übernahmeerklärung (§ 23 Abs 2) unterscheidet, keine andere Auffassung rechtfertigen. Dies gilt auch dann, wenn man die Übernahmeerklärung und die Sacheinlagenabrede wegen ihres engen sachlichen Zusammenhangs in unmittelbarer Nähe zueinander sehen will. Zum einen würde auch dies jedenfalls nichts an der mitgliedschaftsrechtlichen Natur der Sacheinlageverpflichtung ändern. Zum anderen muss man sehen, dass die im AktG vorgenommene Unterscheidung zwischen Satzung und Übernahmeerklärung, soweit sie nicht ohnehin lediglich historisch bedingt ist, allein deshalb bestimmte Teile des Gesellschaftsvertrages von der Aufnahme in den Satzungstext ausklammert, um die Satzung nicht unnötigerweise mit nur im Gründungsstadium interessierenden Angaben und Erklärungen zu belasten (s § 23 Rdn 2). Von eben diesem Gesichtspunkt weicht das AktG aber für die Sacheinlageabrede gerade ab, indem es für deren Wirksamkeit verlangt, dass sie zum Bestandteil der Festsetzungen der Satzung gemacht wird. Die Sacheinlagevereinbarung ist mithin, auch wenn es sich bei ihr nicht um eine Organisationsnorm im eigentlichen Sinne handeln mag, als Festlegung einer zwingend in die Satzung aufzunehmenden mitgliedschaftlichen (gesellschaftsrechtlichen) Pflicht ein echter, dh körperschaftsrechtlicher (wenn auch fakultativer) Satzungsbestandteil. Sie unterliegt damit auch den für derartige Normen geltenden objektiven Auslegungsgrundsätzen (§ 23 Rdn 37 ff). Daran ändert es nichts, dass auf sie, soweit nicht zwingende aktienrechtliche Grundsätze entgegenstehen, in begrenztem Umfang schuld-, insbesondere kaufrechtliche Regeln sinngemäß Anwendung finden können, dazu unten Rdn 415 ff. Die Sacheinlageabrede begründet zunächst lediglich die Verpflichtung zur Einbringung der ihren Gegenstand bildenden Vermögensgüter; sie enthält also noch nicht den Vollzug, also die Erfüllung dieser Verpflichtung. Hierzu bedarf es nach dem allgemein in Deutschland geltenden Trennungs- und Abstraktionsprinzip noch besonderer Vollzugshandlungen.107 Diese richten sich nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Bei beweglichen Sachen ist Einigung und Besitzverschaffung (§§ 929 ff BGB) erforderlich, bei Grundstücken Auflassung und Grundbucheintragung (§§ 873, 925 BGB), bei Rechten Übertragung entsprechend den jeweils für sie geltenden gesetzlichen Bestimmungen. Geht man mit der hierzulande hM davon aus, dass die Begleichung von Altschulden des Einlegers (der allerdings bei der Gründung anders als bei späteren Kapitalerhöhungen praktisch nur geringe Bedeutung zukommt) im Wege der Einbringung eigener Forderungen gegen die Gesellschaft zu vollziehen ist, erfolgt dies entweder ebenfalls durch Übertragung (Abtretung, §§ 398 ff BGB) auf die Gesellschaft mit der Folge des Erlöschens aufgrund Vereinigung von Anspruch und Verpflichtung in der Hand der AG oder Vor-AG (Konfusion) oder durch Erlass nach § 397 BGB (unten Rdn 182). Letzteres indiziert freilich schon, dass in solchen Fällen in Wahrheit die Schuldbefreiung eingelegt wird, die wiederum zum Nennwert anzusetzen ist (dazu Rn 39 u 186 f). Wird der Vollzugsakt bereits zusammen mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages vorgenommen und auf diese Weise der einzubringende Gegenstand sogleich in das

_____ anders Lutter/Hommelhoff/Bayer § 5, Rdn 13: körperschaftliches Hilfsgeschäft in Form einer Erfüllungsvereinbarung auf dem Hintergrund einer an sich bestehenden Pflicht zur Geldleistung; anderer Ansatz Mülbert FS Priester, 2007, S 485, 496, der eine nichtmitgliedschaftliche Natur erkennt. 107 Zur Trennung auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 15 ff; KK/Arnold Rdn 15; Spindler/Stilz/Benz Rdn 9; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 7; Hüffer/Koch Rdn 4; Heidel/Polley Rdn 8, 9; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 5; Wachter Rdn 13, 14.

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Gesamthandsvermögen der gleichzeitig entstehenden (s dazu bei § 41), durch ihre Gründer repräsentierten Vor-AG überführt,108 was bei formbedürftigen Geschäften wegen der für den Gründungsvertrag der AG ohnehin erforderlichen notariellen Beurkundung (§ 23 Abs 1 S 1) uU sogar zweckmäßig sein kann, so ist es jedenfalls unschädlich, wenn dies innerhalb der Satzung, etwa wie naheliegend im unmittelbaren Textzusammenhang mit der Vereinbarung der Sacheinlage, geschieht.109 Zu einem echten, dh körperschaftlichen Bestandteil der Satzung wird der Übertragungsakt dadurch jedoch auf keinen Fall. Er bleibt vielmehr unstreitig auch dann ein rechtlich selbständiger Verfügungsakt des allgemeinen Rechts (Abstraktionsprinzip). Erfolgt der Vollzug nach Abschluss des Gesellschaftsvertrages, aber vor Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister, so wird der dingliche Einbringungsvertrag zwischen dem Einbringenden und der Vor-AG, vertreten durch ihren Vorstand, geschlossen (s dazu auch bei § 41).110 3. Fragen der Sacheinlagefähigkeit, § 27 Abs 2 106

a) Der Grundsatz. § 27 Abs 1 S 1 und Art 10 der Kapitalrichtlinie (neuabgefasst 2012/ 30/EU) enthalten lediglich eine in negativer Form gehaltene Abgrenzung der Sacheinlage zur Bareinlage (oben Rdn 95). Der Versuch einer positiven Bestimmung des möglichen Gegenstandes einer Sacheinlage findet sich in § 27 Abs 2. Die Vorschrift geht fast wörtlich auf Art 7 der Kapitalrichtlinie zurück. Anstelle von „Sacheinlagen oder Sachübernahmen“ (§ 27 Abs 2 S 1) heißt es dort allerdings „gezeichnetes Kapital“ (Art 7 S 1). Sachübernahmen werden von der Richtlinie nicht erwähnt. Art 7 lautet: Das gezeichnete Kapital darf nur aus Vermögensgegenständen bestehen, deren wirtschaftlicher Wert feststellbar ist. Jedoch können diese Vermögensgegenstände nicht aus Verpflichtungen zu Arbeits- oder Dienstleistungen bestehen.

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Die Antwort des europäischen und ihm folgend des deutschen Gesetzgebers auf die Frage nach der Sacheinlagefähigkeit nicht in Geld bestehender Güter lautet mithin, dass Gegenstand einer Sacheinlage oder auch einer Sachübernahme nur Vermögensgegenstände sein können, deren wirtschaftlicher Wert feststellbar ist (zu Dienstleistungen, s unten Rdn 170 u 179). Nach der amtlichen Begründung111 hat sich der europäische Gesetzgeber damit die vormalige – allerdings nur in Praxis und Wissenschaft erarbeitete und nicht kodifizierte – Position des deutschen Rechts zur Sacheinlagefähigkeit zu Eigen gemacht. Es wäre jedoch verfehlt, wollte man daraus den Schluss ziehen, dass der euro108 päische Gesetzgeber damit ohne weiteres zugleich sämtliche Vorstellungen rezipiert habe, mit denen Rspr und Schrifttum dieses nationalstaatliche Konzept in der Vergangenheit im Einzelnen ausgefüllt haben. Vielmehr gelten auch hier die allgemeinen Grundsätze zur Irrelevanz von Vorbildrechten (s oben Rn 19). Art 7 ist daher ungeachtet der Anlehnung an das deutsche Schutzsystem eigenständig aus sich selbst heraus im Lichte der Vereinheitlichungsziele der Richtlinie auszulegen. Dabei ist zunächst die bis-

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108 MünchKommAktG/Pentz Rdn 17; KK/Arnold Rdn 15; Spindler/Stilz/Benz Rdn 9. 109 MünchKommAktG/Pentz Rdn 16; KK/Arnold Rdn 15; Spindler/Stilz/Benz Rdn 9; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 9; Hüffer/Koch Rdn 4; Heidel/Polley Rdn 9; Hölters/Solveen Rdn 10; Wachter Rdn 13; ebenso BGHZ 45, 338, 342 und das GmbH-rechtliche Schrifttum, vgl statt aller Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 39 f mwN für die Aufnahme in den Gesellschaftsvertrag der GmbH. 110 MünchKommAktG/Pentz Rdn 17; KK/Arnold Rdn 9; Spindler/Stilz/Benz Rdn 9. 111 BT-Drucks 8/1678 S 12; ebenso Döllerer in: FS Fleck, 1988, S 35 f; Knobbe-Keuk ZGR 1980, 214; Hüffer NJW 1979, 1065, 1066.

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lang ungeklärte Frage zu stellen, ob man Art 7 als Mindestnorm oder als abschließende, den nationalstaatlichen Gesetzgeber bindende Höchstnorm anzusehen hat (dazu auch Rdn 20 ff). b) Art 7 als Mindest- oder Höchststandard. Vorab zu klären ist die Frage, ob durch 109 die beiden Sätze des Art 7 Mindest- oder zugleich Höchststandards gesetzt werden. Das wird vergleichsweise wenig diskutiert,112 was nicht zuletzt darauf zurückzuführen sein dürfte, dass die Regelung inhaltlich sehr nah am deutschen Recht liegt. Einen ausführlichen Begründungsversuch in Richtung eines Höchststandards hat 110 Drinkuth unternommen, der sich dabei maßgeblich auf das Harmonisierungsziel berief.113 Dem ist insbesondere der Verfasser entgegengetreten.114 Das erste Argument folgt bereits daraus, dass sich Art 7 nur mit dem gezeichneten Kapital und nicht mit dem Agio befasst. Das weicht zwar von Art 10 ab, der die Werthaltigkeitsprüfung bei Sacheinlagen auch auf etwaige Mehrbeträge erstreckt. Das bedarf aber nicht der Korrektur, sondern lässt sich schlüssig dadurch erklären, dass die Sacheinlageprüfung nach Art 10 erstens nur schwerlich aufzuteilen ist und zweitens in besonderem Maße auch dem Schutz der Anleger (Gleichbehandlung) dient und daher die volle Kontrolle der Gegenleistung erfordert, während bei Art 7 eindeutig der Gläubigerschutz im Vordergrund steht, den die Richtlinie aber grds nur über den Mindeststandard des gezeichneten Kapitals konsequent verwirklicht.115 Wäre Art 7 ein Höchststandard, dürfte das deutsche Recht die Einlagefähigkeit im Übrigen nicht verschärfen, also § 27 Abs 2 nicht auf das Agio beziehen. Demgegenüber ist auf das generelle Mindeststandardprinzip der Kapitalrichtlinie hinzuweisen, das nationale Verschärfungen grundsätzlich erlaubt (Rdn 20 u 49) und auch hier sinnvoll zum Tragen kommt. Schließlich ist – freilich auf Basis der ihrerseits str Annahme, dass über Art 7 S 1 die Aktivierbarkeit des Einlagegenstandes vorgegeben wird (dazu gleich Rdn 111 ff) – im Lichte der weit divergierenden Bilanzrechte in der EU116 das Harmonisierungsziel so hoch nicht zu hängen.117 c) Feststellbarkeit des wirtschaftlichen Wertes nach Art 7 S 1 = Bilanzierungs- 111 fähigkeit? Der Terminus „feststellbarer wirtschaftlicher Wert“ setzt zunächst voraus, dass die Einlage wirtschaftlichen und nicht bloß ideellen Wert haben darf.118 Damit wird der Rahmen möglicher Beiträge gegenüber den Personengesellschaften erheblich verengt, sonst aber wenig ausgesagt. Die ursprünglich vorgesehene Beschränkung auf vollstreckbare Vermögensgegenstände ist nicht umgesetzt worden.119 Dennoch werden über die natürliche Minimalbedeutung des Terminus hinaus im Wesentlichen zwei Aspekte diskutiert, nämlich die Schuldendeckungsfähigkeit und die Bilanzierbarkeit. Im deutschen Recht war früher die letztere Sicht herrschend,120 während sich heute die erstgenannte weitgehend durchgesetzt hat. Die hM verlangt danach einen fassbaren (und

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112 Ohne Stellungnahme etwa Lutter/Bayer/J. Schmidt § 20 Rdn 37. 113 Drinkuth S 138 ff; dem folgend Habersack/Verse § 6 Rdn 5. 114 Schall S 16 ff. 115 Schall S 16 mit Fn 97. 116 In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf die ganz unterschiedlichen Aktivierungswahlrechte bezüglich selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände hinzuweisen, vgl dazu Grundmann Rdn 532. 117 Schall S 16 ff. 118 Schall S 16. 119 Lutter/Bayer/J. Schmidt § 20 Rdn 37. 120 KK/Kraft (2. Aufl) Rdn 14.

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damit verwertbaren) Vermögenswert, nicht aber dessen Aktivierbarkeit121 (näher unten, Rdn 117 ff). Im Allgemeinen wird die Schuldendeckungsfähigkeit weiter als die Bilanzierbarkeit sein, weil die Bilanzierbarkeit grundsätzlich die Verwertbarkeit des Vermögensgegenstandes voraussetzt. Aber notwendig ist das nicht, zB im Bereich des Aktivierungswahlrechts bezüglich selbst geschaffener immaterieller Vermögenswerte nach § 248 Abs 2 HGB kann es anders liegen. 112 Dafür, dass die Bilanzierungsfähigkeit von der Richtlinie erfordert wird, könnte schon sprechen, dass die frühere Lesart noch in dem Zeitpunkt dominierte, als die Regelung auf der europäischen Ebene übernommen wurde. Allerdings hat die Auslegung, wie eingangs erwähnt, gerade autonom zu erfolgen. Entscheidend ist daher nicht die frühere oder heutige Auslegung des deutschen Rechts. Zielführend ist vielmehr die Systematik der Richtlinie. Art 7 S 1 bezieht sich nämlich – anders als § 27 Abs 2 – ausschließlich auf das gezeichnete Kapital und schreibt vor, dass dieses aus Gegenständen mit feststellbarem wirtschaftlichen Wert bestehen muss. Das führt aber notwendig dazu, dass man unter Art 7 die Aktivierbarkeit der Einlagegegenstände voraussetzen muss.122 Andernfalls wäre das Grundkapital bilanziell nicht ordnungsgemäß aufgefüllt und könnte auch die hierauf bezogene Warnlampenfunktion der Verlustanzeige nach Art 19 nicht richtig funktionieren.123 Daraus folgt weiter, dass es auf die Aktivierbarkeit nach der jeweils einschlägigen nationalen Rechtsordnung ankommt und nicht auf die abstrakte Aktivierbarkeit unter den europäischen Bilanzierungsrichtlinien.124 Denn bilanziert wird konkret national, nicht abstrakt europäisch. Folgerichtig knüpft die Richtlinie ihre Ausschüttungssperren an die nationalen Bilanzen an. Danach sind good will und know how im Einklang mit den Vorstellungen der europäischen Regulators125 zwar grundsätzlich, aber eben nicht zwingend einlagefähig. 113 Demgegenüber hatte die Vorauflage die Problematik der notwendigen Auffüllung der Bilanz genau anders herum zu lösen versucht, indem sie bereits aus dem feststellbare wirtschaftlichen Wert (= der Einlagefähigkeit) des Einlagegegenstandes auf seine Bilanzierungsfähigkeit geschlossen hat. Ihrer Sicht zufolge sollte, wenn ein Gegenstand einen greifbaren, in einer bestimmten Geldsumme fixierbaren Vermögenswert habe und daher dazu tauge, bei Gründung einer AG als Sacheinlage in die Gesellschaft eingebracht zu werden, dafür auch ein diesem Tatbestand entsprechender Aktivposten in der Eröffnungsbilanz gebildet werden können.126 Zur Begründung führte sie an, dass die in Art 7

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121 MünchKommAktG/Pentz Rdn 18 f; KK/Arnold Rdn 44; Spindler/Stilz/Benz Rdn 11; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 11; Hüffer/Koch Rdn 22; Bork ZHR 154 (1990) 205, 231. Ekkenga ZHR 161 (1997) 599, 618. 122 So auch Grundmann Rdn 333; aA Lutter/Bayer/J. Schmidt § 20 Rdn 37. Das hierfür berufene Urteil BGHZ 144, 290, 294 = NZG 2000, 836 – Adidas sagt zur europarechtlichen Problematik aber nichts aus. 123 Schall S 16 ff. 124 AA, aber insoweit nicht überzeugend Grundmann Rdn 333 mit Fn 56. 125 Vorschlag einer zweiten Richtlinie des Rates zur Koordinierung von Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedsstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Einhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, 5.3.1970, KOM(70) 232 = BT-Drucks VI/595, S 12; darauf Bezug nehmend Lutter/Bayer/J. Schmidt § 20 Rdn 37. 126 Mit dieser Begründung, ohne Bezugnahme auf die Richtlinie, auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 18 f; KK/Arnold Rdn 44; Spindler/Stilz/Benz Rdn 11; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 11. Ebenso auch zur GmbH Ulmer/Ulmer/Casper § 5, 50. In der Sache ähnlich auch Grundmann Rdn 333, der auf die abstrakte Aktivierbarkeit unter der Bilanzrichtlinie abstellen möchte, hiergegen aber gleich unten im Text. Demgegenüber stellt BGH NZG 2006, 836 – Adidas bezüglich obligatorischer Nutzungsrechte ausdrücklich auf Einlagefähigkeit aufgrund wirtschaftlichen Wertes ab, lässt Bilanzierungsfähigkeit dagegen offen; ebenso Lutter/Bayer/J. Schmidt § 20 Rdn 37.

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gegebene Definition die Voraussetzungen für die Einlagefähigkeit von Wirtschaftsgütern europaweit vereinheitlichen sollte, da angesichts der damals noch vorhandenen127 inhaltlichen Verschiedenheit dieser Regeln nahezu zwangsläufig zu unterschiedlichen Beurteilungen der Einlagefähigkeit geführt hätte.128 Richtig ist aber das Gegenteil. Die Kapitalrichtlinie hatte sich in voller Kenntnis der 114 damals noch nicht einmal ansatzweise harmonisierten Bilanzrechte innerhalb Europas für ein auf das bilanzielle Kapital gestütztes Schutzsystem entschieden. Infolge dieser Bilanzakzessorietät waren etwaige Differenzen von vornherein bewusst in Kauf genommen – und mussten das auch sein. Denn die Kapitalrichtlinie bot und bietet weder politisch noch juristisch eine Ermächtigung für eine (zumal vorweg genommene) Vollharmonisierung von Posten, bezüglich derer die Bilanzrichtlinie höchstselbst eine Member State Option vorsieht. Die Annahme, bei Einlagefähigkeit iS der Richtlinie seien (zur Not offenbar auch in glatter Durchbrechung der nationalen Bilanzierungsvorschriften) entsprechende Aktivposten zu kreieren und dafür gar eine europarechtskonforme Auslegung zu berufen, liegt fern. Daher kann auch keine Rede davon sein, das Bilanzrecht würde hier „zusätzliche Hindernisse in Gestalt weiterer ungeschriebener Tatbestandsmerkmale für die Anerkennung eines Wirtschaftsguts als möglichem Gegenstand einer Sacheinlage aufzubauen“.129 Vielmehr liegt die Abhängigkeit von nationalen Vorgaben in der Natur des von divergierenden nationalen Bilanzen abhängigen Kapitalschutzes begründet.130 Die These einer bilanzunabhängigen Vollharmonisierung der Einlegfähigkeit erweist sich vor diesem Hintergrund als bloße petitio principii, die in klarem Widerspruch zum sonst herrschenden Mindeststandardprinzip der Kapitalrichtlinie wie auch zum EU-organisationsrechtlichen Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung steht. Auch die hM ist diesem Ansatz nicht gefolgt, wenn sie eine unterschiedliche Reichweite von Bilanzierungsfähigkeit und Aktivierbarkeit grundsätzlich anerkennt.131 Schließt man sich der hier vertretenen Auffassung an, ist hinsichtlich des Grundka- 115 pitals der Gesellschaft nach § 27 Abs 2 die Aktivierbarkeit des Einlagegegenstandes zu erfordern, während im Übrigen (Agio) die Schuldendeckungsfähigkeit ausreicht (gleich Rn 120 ff). Eine endgültige Klärung kann freilich nur der EuGH herbeiführen. Ob darüber hinaus schon von Art 7 kumulativ die Schuldendeckungsfähigkeit er- 116 fordert wird, erscheint unklar. Aus Art 7 S 2 ließe sich dieser Gedanke möglicherweise in verallgemeinerungsfähiger Form herleiten. Allerdings handelt es sich dabei je nach einschlägigem Bilanzrecht um eine potentiell weitergehende Beschränkung, die man unter dem generellen Mindeststandardprinzip jenseits der expliziten Vorgabe in Art 7 S 2 besser in das Ermessen der Mitgliedsstaaten stellen kann. Überdies ist nicht von der Hand zu weisen, dass unter dieser neuen Plakette, die sich letztlich auf die Verwertbarkeit des Vermögensgegenstandes bezieht,132 doch nur das auf europäischer Ebene längst zurück gewiesene Erfordernis der Vollstreckbarkeit (oben Rn 111) durch die Hintertüre einschleichen würde. Für das deutsche Recht kann die Frage jedoch dahinstehen, da dort die Schuldendeckungsfähigkeit ohnehin erfordert wird.

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127 Die Bilanzierungsvorschriften sind erst später beginnend mit der 4. RiLi vom 25.7.1978 (Jahresabschlußrichtlinie 78/660/EWG ABl EG Nr L 222 v 14.8.1978), mittlerweile neugefasst als Richtlinie 2013/34/EU harmonisiert worden. 128 So zutr W. Meilicke BB 1991, 579, 580 f; s auch Bayer/Lieder GmbHR 2006, 1121, 1124. 129 So aber die Voraufl in Anschluss an W. Meilicke BB 1991, 581. 130 So schon Schall S 18. 131 BGHZ 144, 290, 294 = NZG 2000, 836 – Adidas bezüglich obligatorischer Nutzungsrechte; dem folgend Lutter/Bayer/J. Schmidt § 20 Rdn 37. 132 Vgl nur MünchKommAktG/Pentz Rdn 18 f.

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d) Zur Einlagefähigkeit nach deutschem Recht. In Deutschland haben Rspr und Schrifttum in Anlehnung an die Definition der Motive zum AktG 1884 (S 151)133 bereits frühzeitig angenommen, zur Sacheinlage eigne sich jeder übertragbare Gegenstand, der einen bilanzfähigen Vermögenswert darstelle. Gerade das Erfordernis der Bilanzierungsfähigkeit als Voraussetzung der Sacheinlagefähigkeit ist im deutschen Schrifttum jedoch seit einiger Zeit zum Gegenstand nachhaltiger Kontroversen geworden und mittlerweile überwunden worden, dazu im einzelnen unten Rdn 120 ff. Darüber hinaus und mindestens teilweise damit zusammenhängend besteht im deutschen Schrifttum keine Einigkeit darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen obligatorische Nutzungsrechte Gegenstand von Sacheinlagen sein können. Dies gilt vor allem unter dem Gesichtspunkt der Aktivierbarkeit, aber auch der Endgültigkeit ihrer Einbringung in das Gesellschaftsvermögen und ihrer selbständigen Verwertbarkeit für die Gesellschaft, dazu im einzelnen Rdn 150 ff. Ungeachtet der zu § 27 herrschen Auslegung wird aber durch Art 7 S 1 der Kapital118 richtlinie für das gezeichnete Grundkapital zwingend eine Aktivierbarkeit der darauf eingebrachten Vermögensgegenstände erforderlich (eben Rdn 112). 134 Damit ist aber nichts über die Behandlung der Einlagefähigkeit jenseits des Grundkapitals, also zur Auffüllung des Agio gesagt. Ebenso wenig sind nach der Logik des Mindeststandardprinzips weitere Verschärfungen der Einlagefähigkeit, und zwar schon bezüglich des Grundkapitals, verwehrt, etwa durch ein Erfordernis der Vollstreckbarkeit oder der Übertragbarkeit zur freien Verfügung. 119 Jenseits der zwingenden Vorgaben des Art 7 S 1 kann sich die Auslegung des § 27 Abs 2 daran ausrichten, dass tauglicher Gegenstand einer Sacheinlage nur Güter sein können, die dazu geeignet sind, den der Gesellschaft versprochenen Wert auch tatsächlich in realen Werten aufzubringen.135 Anstelle von Geld als Sacheinlage kann deshalb nur etwas geleistet werden, was dem Gesellschaftsvermögen, wirtschaftlich betrachtet, denselben Wert zuführt wie die Einzahlung eines entsprechenden Geldbetrages. Der als Sacheinlage eingebrachte Gegenstand muss taugliches Surrogat einer Bareinlage sein,136 oder anders ausgedrückt:137 angesichts der Funktion der Sacheinlage, bei der Kapitalaufbringung eine bestimmte Geldsumme zu vertreten, muss eine funktionale Äquivalenz zwischen Sach- und Bareinlage bestehen. Sacheinlage kann damit jeder Gegenstand sein, der einen gegenwärtig fassbaren (greifbaren), dh konkret feststellbaren und in einer bestimmten Geldsumme ausdrückbaren Vermögenswert verkörpert138 und so auf die Gesellschaft übertragen werden kann,139 dass er dort endgültig zur freien Verfügung ihrer

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133 Vgl dazu auch Allgem Begründung § 7 3c), abgedruckt bei Schubert/Hommelhoff Hundert Jahre modernes Aktienrecht, ZGR-Sonderheft 4, 436. 134 AA die bisher ganz hM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 18 f; KK/Arnold Rdn 44; Spindler/Stilz/Benz Rdn 11; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 11; Hüffer/Koch Rdn 14; Grigoleit/Vedder Rdn 8; Heidel/Polley Rdn 11; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 11a; Hölters/Solveen Rdn 7; Wachter Rdn 6. 135 MünchKommAktG Pentz Rdn 11; KK/Arnold Rdn 4; Spindler/Stilz/Benz Rdn 7; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 6; Grigoleit/Vedder Rdn 6; Heidel/Polley Rdn 1. 136 Bork ZHR 154 (1990) 205, 209; s ferner Hüffer NJW 1979, 1065, 1067; Haas in: FS Döllerer, 1988, S 169 ff, 172 f; Knobbe-Keuk ZGR 1980, 214, 215. 137 So die Formulierung bei Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 55, s. auch MünchKommAktG Pentz Rdn 12; KK/Arnold Rdn 42; Hüffer/Koch Rdn 13; Hölters/Solveen Rdn 7. 138 So ausdrücklich “Erfordernis des (genügenden) fassbaren Vermögenswerts“ bei MünchKommAktG Pentz Rdn 11, 18 mwN auf die inhaltsgleiche hM. 139 S dazu ausführlich Rdn 126 Übertragbarkeit auf die Gesellschaft als (unstreitiges) Kriterium MünchKommAktG Pentz Rdn 21; KK/Arnold Rdn 42; Spindler/Stilz/Benz Rdn 12; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 12; Hüffer/Koch Rdn 15; Heidel/Polley Rdn 12; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2; Hölters/Solveen Rdn 7; Wachter Rdn 7.

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geschäftsleitenden Organe (Vorstand) steht140 und im Rahmen des Gesellschaftsunternehmens den Interessen der Gesellschaft und ihrer Gläubiger nutzbar gemacht141 werden kann.142 Zweifelhaft und Gegenstand kontrovers geführter Erörterungen des Schrifttums ist vor allem, ob es dazu unabdingbar gehört, dass der Gegenstand bilanzierbar (aktivierbar, dazu sogleich Rdn 120 ff) und als solcher selbständig verwertbar ist (unten Rdn 126 ff). e) Bilanzierungsfähigkeit versus Schuldendeckungsfähigkeit. Die Bilanzie- 120 rungsfähigkeit des als Sacheinlage eingebrachten Vermögensgegenstandes (in der steuerlichen Terminologie „Wirtschaftsgut“)143 wurde im aktienrechtlichen Schrifttum überwiegend (oben Rdn 117) für erforderlich gehalten.144 Teilweise geschieht dies mit dem Zusatz, es handele sich um eine Mindestvoraussetzung der Sacheinlagefähigkeit.145 Im GmbH-rechtlichen Schrifttum wird die Frage der Bilanzierungsfähigkeit, die sich dort nicht anders stellt als im Aktienrecht, als eigenständiges Tatbestandsmerkmal der Einlagefähigkeit dagegen schon früh überwiegend abgelehnt.146 Dem hat sich inzwischen die überwiegende Meinung im AG-Schriftum angeschlossen.147 Jenseits der zwingenden Vorgaben des Art 7 besteht kein Grund, sich der hM zu ver- 121 schließen. Bei näherer Betrachtung wird in vielen Fällen die Bilanzierungsfähigkeit ohnehin der Schuldendeckungsfähigkeit entsprechen. So ist etwa weitgehend anerkannt ist, dass das Aktivierungsverbot des § 248 Abs 2 HGB für Sacheinlagen keine Gültigkeit beanspruchen kann.148 Auch von dem Gründer als Sacheinlage eingelegte, von ihm nicht entgeltlich erworbene, sondern selbstgeschaffene, immaterielle Vermögensgüter können damit in der Bilanz der AG aktiviert werden, weil der Erwerb dieser Güter durch die Gesellschaft gegen Gewährung von Beteiligungsrechten (Aktien) im Ergebnis einem entgeltlichen Erwerbsvorgang gleichsteht. Zwar fehlt es der nur tauschähnlichen körper-

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140 MünchKommAktG Pentz Rdn 21; KK/Arnold Rdn 46; Spindler/Stilz/Benz Rdn 10; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 12; Hüffer/Koch Rdn 13; Heidel/Polley Rdn 12; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2; Hölters/Solveen Rdn 7; Wachter Rdn 7. 141 Mit der hM meint dies nur eine mittelbare Nutzbarkeit für die Gläubiger durch für die Gesellschaft verwertbare Vermögensübertrag, nicht zwangsläufig eine Verwertbarkeit für die Gläubiger in der Insolvenz s. dazu so gleich Rdn 126 ff. 142 Ähnlich für das GmbH-Recht siehe nur Ulmer/Ulmer/Casper § 5, 53 mwN. 143 Zur Entstehungsgeschichte dieses Begriffs Knobbe-Keuk Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht § 4 IV 2. 144 Geßler/EckardtRdn 8; Baumbach/Hueck Rdn 3; Godin/Wilhelmi Anm 11; ebenso aus dem älteren Schrifttum: Schlegelberger/Quassowski § 20, 4; Teichmann/Köhler § 20, 4; Schnorr von Carolsfeld DNotZ 1963, 418; ebenso für die AG und GmbH: Knobbe-Keuk ZGR 1980, 214, 217; Groh DB 1988, 514, 518 f; Haas in: FS Döllerer, 1988, S 169 ff, 177 f; ganz allg auch Huber ZGR 1988, 18; die in diesem Zusammenhang gelegentlich gleichfalls angeführte Entscheidung des BFH BFHE (Gr Sen) 151, 523 ff = BStBl II 1988, 348 ff gehört wegen ihrer ausschließlich steuerrechtl Fragestellung und Argumentationslinie nicht hierher. 145 So bes deutlich Lutter aaO (Fn 4) S 231 f: „unterste Grenze der Einlagefähigkeit“; eher noch strenger Ballerstedt ZHR 127 (1965) 92, 97, der zusätzlich zur rechtlichen Aktivierbarkeit noch fordert, es müsse sich um einen Gegenstand handeln, den ein vorsichtiger Kaufmann auch wirklich aktivieren dürfe. 146 Nicht selten angesichts des Fehlens einer eigenen § 27 Abs 2 entsprechenden Regelung und im GmbH-Recht auch mit Blick auf das AktG; im einzelnen; skeptisch auch BGHZ 29, 300, 304: „Erfordernis der Bilanzfähigkeit … nicht wörtlich zu nehmen“: Operette eines noch weitgehend unbekannten Komponisten als tauglicher Gegenstand einer Sacheinlage in eine GmbH. Auf die unterschiedlichen dogmatischen Begründungen bei AG und GmbH hinweisend Schall S 147 f. 147 MünchKommAktG/Pentz Rdn 18 f; KK/Arnold Rdn 44; Spindler/Stilz/Benz Rdn 11; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 11; Hüffer/Koch Rdn 14; Grigoleit/Vedder Rdn 8; Heidel/Polley Rdn 11; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 11a; Hölters/Solveen Rdn 7; Wachter Rdn 6. 148 Ausführlich dazu KK/Lutter (2. Aufl) § 183, 10 aE; s ferner Döllerer in: FS Fleck, 1988, S 35 ff, 37; Ulmer/Ulmer/Casper § 5, 51.

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schaftlichen Sacheinlagevereinbarung an dem für echte schuldrechtliche Austauschverträge charakteristischen Interessengegensatz zwischen den Vertragsparteien, der eine angemessene Wertfindung typischerweise gewährleistet. An seine Stelle tritt bei Gründung der AG jedoch die obligatorische Wertprüfung der Sacheinlage. Überdies würde eine Anwendung des § 248 Abs 2 HGB lediglich dazu führen,149 dass die AG den Gegenstand, den sie als Sacheinlage nicht erhalten darf, den sie aber nach dem Willen ihrer Gründer übernehmen soll, auf anderem Wege, idR durch ein parallel laufendes Kaufgeschäft, von ihrem Gründer erwerben würde. Soweit ein solcher Vorgang in den Geltungsbereich der Nachgründungsvorschriften (§ 52) fiele, wäre damit jedenfalls weder gesellschaftsrechtlich noch bilanzrechtlich etwas gewonnen. Soweit dies nicht der Fall wäre, müsste das Ergebnis wegen des damit verbundenen Wegfalls jeder präventiven Werthaltigkeitskontrolle sogar als ausgesprochen kontraproduktiv gelten. Es hat auch keinen Sinn, die Gründer ohne Not in die verdeckte Sacheinlage zu treiben. Auf der (ausdrücklichen oder stillschweigenden) Anerkennung der Nichtanwend122 barkeit des § 248 Abs 2 HGB, die geradezu als paradigmatisch für einen vernünftigen Vorrang gesellschaftsrechtlicher Normen vor rein bilanzrechtlichen Regelungen gelten kann, beruht die von keiner Seite in Zweifel gezogene Sacheinlagefähigkeit sog Immaterialgüterrechte,150 wie Patentrechte etc, sowie auch des rechtlich nicht geschützten sog know how,151 dazu näher unten Rdn 138 ff. Nichts anderes kann unter bilanzrechtlichen Gesichtspunkten auch für die sog obligatorischen Nutzungsrechte152 gelten, bei denen die Einlagefähigkeit ua auch gerade unter dem Aspekt ihrer möglicherweise fehlenden Aktivierbarkeit in Abrede gestellt worden ist,153 und für die der Streit über die Aktivierbarkeit als angebliche Mindestvoraussetzung der Sacheinlagefähigkeit bislang seine hauptsächliche praktische Bedeutung besitzt. Auch für sie muss gelten, dass sie, soweit sie im Einzelfall einen greifbaren, in einer konkreten Geldsumme ausdrückbaren Vermögenswert verkörpern, auch aktivierungsfähig sein müssen, dazu im Einzelnen unten Rdn 138 ff. Sollte es trotz alledem im Einzelfall zu einem unüberwindlichen Normenkonflikt 123 zwischen Gesellschafts- (§ 27 Abs 2) und Bilanzrecht kommen, so könnte dies gleichwohl der Einbringungsfähigkeit als Sacheinlage nicht entgegenstehen. Die Gefahr der Gesellschaftsentstehung mit einer Unterbilanz, welche die hM mit dem Verzicht auf die Aktivierbarkeit in Kauf nimmt, führt nicht zu einer sofortigen Insolvenzantragspflicht,154 da hierfür nicht die HGB-Bilanz, sondern die auf tatsächlichen Wertansätzen basierende Überschuldungsbilanz abzustellen ist, wo der Wert dieser Sacheinlage voll zum Tragen käme.155 Überdies entscheidet sich die Überschuldung nach dem derzeitig wieder gülti-

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149 So zutr KK/Lutter (2. Aufl) § 183, 10 aE. 150 BGH v. 16.2.1959 – II ZR 170/57, BGHZ 29, 300, 304, MünchKommAktG/Pentz Rdn 24; KK/Arnold Rdn 49; Spindler/Stilz/Benz Rdn 17; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 13; Hüffer/Koch Rdn 16; Grigoleit/Vedder Rdn 9; Heidel/Polley Rdn 14; Hölters/Solveen Rdn 8; Wachter Rdn 8. 151 MünchKommAktG/Pentz Rdn 25, KK/Arnold Rdn 49; Spindler/Stilz/Benz Rdn 19; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 13; Hüffer/Koch Rdn 16; Grigoleit/Vedder Rdn 9; Heidel/Polley Rdn 14 Hölters/Solveen Rdn 8. 152 BGH NZG 2006, 836 – Adidas; BGH NZG 2004, 910 (für GmbH); MünchKommAktG/Pentz Rdn 31; KK/Arnold Rdn 62; Spindler/Stilz/Benz Rdn 33; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 17; Hüffer/Koch Rdn 17 f; Heidel/Polley Rdn 18; nur bedingt Hölters/Solveen Rdn 8, Wachter Rdn 10. 153 So vor allem Knobbe-Keuk ZGR 1980, 214 ff, insbes 217; ähnlich K. Schmidt ZHR 154 (1990) 237 ff, der allerdings gleich eingangs, S 240, stärker die Zusammengehörigkeit der gesellschafts- und bilanzrechtlichen Betrachtungsweise herausstellt. Offen BGH NZG 2006, 836, wo fehlende Aktivierbarkeit jedenfalls für unerheblich gehalten wird. 154 Geßler/Eckardt Rdn 8; und ihm folgend KK/Kraft Rdn 14. 155 Im Ergebnis unter Bezugnahme zur Überschuldungsbilanz ebenso MünchKommAktG/Pentz Rdn 19; KK/Arnold Rdn 44.

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gen Überschuldungsbegriff ohnehin nicht primär nach dieser Bilanz, sondern durch die Überlebensprognose (§ 19 Abs 1 InsO). Folgt man der hier vertretenen Sicht, ist die Gefahr einer Unterbilanz schon dadurch 124 gebannt, dass das Grundkapital nach Art 7 Abs 1 zwingend von bilanzierungsfähigen Gegenständen gedeckt sein muss (Rn 112). Die nicht-bilanzierungsfähigen Vermögenswerte können daher nur das Agio auffüllen. Insoweit führt ihre Anerkennung als Einlage nur dazu, dass dann keine Rücklage nach § 272 Abs 2 Nr 1 HGB gebildet werden kann. Stattdessen entsteht eine stille Reserve. Das schadet aber deshalb nicht, da das gesamte Vermögen der AG und nicht nur das bilanziell ausgewiesene durch §§ 57, 62 gebunden ist, weil nur der Bilanzgewinn ausschüttungsfähig werden kann. Möglich ist im Übrigen ohne Weiteres, die im (vereinheitlichten) Bilanzrecht aner- 125 kannte Aktivierbarkeit bestimmter Vermögensgegenstände (Wirtschaftsgüter) als Indiz dafür gelten zu lassen, dass es sich auch iS von § 27 Abs 2 um einlagefähige Vermögensgegenstände von feststellbarem Wert handelt.156 Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der nach Bilanzrecht ansetzbare Aktivposten auch wirklich einen echten Vermögensgegenstand iS von § 27 Abs 2, Art 7 der Zweiten Richtlinie repräsentiert. Daran fehlt es etwa bei rein bilanztechnischen Bilanzierungshilfen.157 f) Übertragbarkeit. Als Selbstverständlichkeit erscheint, dass sich der Gegenstand 126 dazu eignen muss, so in das Gesellschaftsvermögen eingebracht zu werden, dass er dort nach Maßgabe der geschäftlichen Entscheidungen des Vorstandes für die Zwecke der Gesellschaft und ihres Unternehmens genutzt werden kann (Übertragbarkeit an die Gesellschaft, sa Rdn 119).158 Anderenfalls könnte von der Einbringung einer Einlage nicht die Rede sein. Eine Überlassung der Substanz nach ist dazu allerdings nicht unter allen Umständen erforderlich. Denkbar ist auch eine Überlassung zur Nutzung (Nutzungsoder Gebrauchsüberlassung), dazu näher unten Rdn 150 ff, sowie die Befreiung von einer Gesellschaftsschuld, weil sie dem Vorstand freie Disposition über (andere) Aktiva ermöglicht (Rdn 166). Umstritten ist dagegen, ob zu den Voraussetzungen der Einlagefähigkeit auch die 127 Eignung des Gegenstandes gehört, von der Gesellschaft durch Weiterveräußerung oder wenigstens Überlassung an dritte Personen verwertet zu werden (Übertragbarkeit durch die Gesellschaft) und infolgedessen auch als Zugriffsobjekt für Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der Gesellschaftsgläubiger zu dienen (§ 851 ZPO). Als weitgehend geklärt kann nach dem bisher erreichten Stand der Diskussion gel- 128 ten, dass jedenfalls eine isolierte Übertragbarkeit und dementsprechend eine Pfändbarkeit durch die Gesellschaftsgläubiger nicht zu den zwingenden Voraussetzungen der Sacheinlagefähigkeit gehört.159 Zwar schiene ein solches Erfordernis der ursprünglichen Funktion des Grundkapitals, als Betriebsfonds für die Gesellschaft und als Haftungsmasse für ihre Gläubiger zu dienen (oben Rdn 2), am nachhaltigsten gerecht zu werden. Doch dieser Telos erscheint heute überholt (Rdn 13). Schon der Gesetzestext, der die Ein-

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156 So insbes Ulmer/Ulmer/Casper § 5 Rdn 52; Hüffer NJW 1979, 1065, 1067 ff; sogar noch weitergehend W. Meilicke BB 1991, 579, 580, der unter Heranziehung des französischen (élément d’actif) und der italienischen (elementi dell’attivo) Textfassungen alles für einlagefähig hält, was auch aktivierbar ist. 157 MünchKommAktG/Pentz Rdn 20; KK/Arnold Rdn 43; Spindler/Stilz/Benz Rdn 11; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 10; Hüffer/Koch Rdn 16. 158 MünchKommAktG/Pentz Rdn 21; KK/Arnold Rdn 46; Spindler/Stilz/Benz Rdn 12; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 12; Hüffer/Koch Rdn 15; Grigoleit/Vedder Rdn 8; Heidel/Polley Rdn 12; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2; Hölters/Solveen Rdn 7; Wachter Rdn 7. 159 MünchKommAktG/Pentz Rdn 21; KK/Arnold Rdn 46; Spindler/Stilz/Benz Rdn 12; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 12; Hüffer/Koch Rdn 15; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2.

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lagefähigkeit allein von dem Vorhandensein eines Vermögensgegenstandes mit feststellbarem Wert abhängig macht, lässt für ein Normverständnis, wonach Einlagen nur der Einzelvollstreckung zugängliche Objekte sein dürfen, keinen Raum. Hinzu kommt, dass die Gläubiger auch sonst keinen Anspruch darauf haben, im Gesellschaftsvermögen nur ihrem Vollstreckungszugriff unterliegende Gegenstände vorzufinden. Selbst eine Geldeinlage kann bis zu dem Zeitpunkt, in dem ein solcher Zugriff erfolgt, in ein nicht isoliert pfändbares Wirtschaftsgut umgesetzt worden sein. Mit dem Kapital darf ja grundsätzlich frei gewirtschaftet werden, wobei es in den Grenzen von Art 19 und § 15a InsO sogar verwirtschafte werden darf. Sein Vorhandensein wird nur im Aufbringungszeitpunkt garantiert, danach besteht lediglich eine Ausschüttungssperre an die Gesellschafter. Daher macht es wenig Sinn, (nur) zur Geburt der Gesellschaft die Pfändbarkeit des Vermögens für Gläubiger zu fordern. 129 Dementsprechend macht die hM heute die Pfändbarkeit und isolierte Veräußerbarkeit zu Recht nicht mehr zur Voraussetzung der Einlagefähigkeit eines Vermögensgegenstandes, sondern begnügt sich mit der Forderung, dass der Gesellschaft ein ihr Vermögen real erhöhender Wert zugeführt wird, der von der Gesellschaft im Rahmen ihres Unternehmens genutzt werden kann, und damit mittelbar auch für die Gläubiger die Sicherheit erhöht, dass die Gesellschaft ihre Verbindlichkeiten aus eigener Kraft bedienen kann.160 Auch die vorstehende Formel der inzwischen hM hat eine sehr wichtige Frage offen 130 gelassen. Nur sehr wenige Autoren sprachen sich eindeutig darüber aus, ob sie bei der von ihnen verlangten Nutzbarkeit oder Verwertbarkeit des Einlagegutes im Rahmen des Gesellschaftsunternehmens voraussetzen, dass dieses wie zB eine eingebrachte Firma oder ein Warenzeichen, aber im Gegensatz zu nichtübertragbaren Forderungen und Rechten oder einer Schuldbefreiung wenigstens zusammen mit dem Unternehmen oder einem Betriebsteil161 übertragen werden kann,162 oder ob auch dieses Erfordernis entbehrlich sein soll. Dies kann vor allem dann Bedeutung gewinnen, wenn das Unternehmen im Konkurs der Gesellschaft im Ganzen durch Weiterveräußerung verwertet werden soll. Ganz ähnliche Fragen stellen sich in Bezug auf die Einlagefähigkeit von Rechtsposi131 tionen, die im Konkursfall erlöschen oder zurückfallen und damit nicht mit Beschlag belegt und durch Weiterführung des Unternehmens für die Befriedigungsinteressen der Gesellschaftsgläubiger nutzbar gemacht werden können.

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160 MünchKommAktG/Pentz Rdn 21; KK/Arnold Rdn 46; Spindler/Stilz/Benz Rdn 12; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 12; Hüffer/Koch Rdn 15; Heidel/Polley Rdn 12. So auch bei der GmbH: Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 54; Scholz/Veil § 5, Rdn 39; MünchKommHGB/Schwandtner § 5 Rdn 75; Baumbach/Hueck/Fastrich § 5, Rdn 23; Rowedder/Schmidt-Leithoff § 5, Rdn 26; Döllerer in: FS Fleck 1988, S 35, 46; Bork ZHR 154 (1990) 205, 228; W. Meilicke BB 1991, 579, 580; anders noch Lutter Kapital S 232; einschränkend jetzt in KK/Lutter § 183 Rdn 13: Verwertbarkeit im Rahmen des Gesellschaftsunternehmens genügt; nicht abl, aber eher skeptisch gegenüber der hM K. Schmidt ZHR 154 (1990) 235, 251, soweit durch sie auch auf Verwertbarkeit in Liquidation und Konkurs verzichtet wird; abl Fabritius Die Überlassung von Anlagevermögen an die GmbH, 1988, 169: Zugänglichkeit für den Vollstreckungszugriff der Gesellschaftsgläubiger erforderlich; nicht eindeutig dagegen KK/Kraft Rdn 15, wo Übertragbarkeit als Zurverfügungstellung „zur unbeschränkten Nutzung und Verwertung“ verlangt wird, was die entscheidende Frage, ob der Gegenstand auch zur Verwertung durch Einzelveräußerung wenigstens des Nutzungsrechts taugen muß, gerade offenläßt; ähnlich unbestimmt auch Geßler/Eckardt Rdn 9; sehr zweifelnd, aber letztlich ohne eindeutige Entscheidung die dritte Aufl (Barz) Anm 6; nach Lutter Kapital S 232 „abstrakte Verkehrsfähigkeit iSd Einzelveräußerung im Zerschlagungsfall“ erforderlich; dem folgend bis zur 10. Aufl Hüffer Rdn 14. 161 BGH Urt v 18.9.2000 – II ZR 365/98, BGHZ 145, 150 (156) = NJW 2001, 67. 162 Als solches kein Gegenstand einer Sacheinlage Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 54; MünchKommHGB/ Schwandtner Rdn 96; Scholz/Veil § 5, Rdn 39.

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Die Antwort auf diese Fragen ergibt sich aus denselben Erwägungen, die bereits bei 132 Ablehnung des Erfordernisses der Einzelverwertbarkeit (Rdn 127 ff) den Ausschlag gegeben haben. Jedenfalls für das europaweit vereinheitlichte Grundkapital der AG ist die Übertragbarkeit nicht als zwingende Voraussetzung für die Einlagefähigkeit anzuerkennen. Die Formulierung des Tatbestandes des Art 7 der Zweiten Richtlinie beruht gerade darauf, dass der europäische Gesetzgeber die Verwertbarkeit als Kriterium für die Einlagefähigkeit im Hinblick auf die Gefahr unterschiedlicher Auslegungen abgelehnt hat (oben Rn 111). Wenn der europäische Gesetzgeber deshalb die Einlagefähigkeit bewusst unter Verzicht auf die Aufstellung eines Verwertbarkeitserfordernisses allein von dem Vorhandensein eines feststellbaren wirtschaftlichen Wertes abhängig gemacht hat, so geht es nicht an, das abgelehnte Kriterium, und sei es auch in der Form der abgeschwächten Übertragbarkeit zusammen mit dem Gesellschaftsvermögen, nachträglich wieder in das Gesetz hineinzulesen.163 Hinzu kommt auch hier der Gesichtspunkt, dass das Gesetz und der hinter seinen 133 Detailregelungen stehende Grundsatz der realen Kapitalaufbringung lediglich fordern, dass der Gesellschaft im Zeitpunkt ihrer Gründung ein effektiver, der dafür angesetzten Ziffer des Grundkapitals entsprechender Wert zugeführt wird, mit dem sie arbeiten kann, und der deshalb eine minimale Solidität der Gesellschaftsgründung gewährleistet. Die späteren Verwertungsmöglichkeiten der einzelnen im Gesellschaftsvermögen befindlichen Werte werden vom Gesetzgeber ebenso wenig garantiert wie die Pfändbarkeit bestimmter Vermögensgegenstände. Letztlich wäre diese Voraussetzung nicht einmal bei einer Bargründung gewährleistet. Auch dann hätten die Gesellschaftsgläubiger keinen Anspruch darauf, dass die der Gesellschaft bei ihrer Gründung zugeführten Barmittel im Zuge ihrer Geschäftstätigkeit lediglich in Vermögensgegenstände umgesetzt werden, die, wenn schon nicht isoliert, so doch wenigstens zusammen mit dem Gesamtunternehmen verwertet werden können.164 4. Die Gegenstände der Sacheinlage im Einzelnen a) Sachen. Geeigneter Gegenstand einer Sacheinlage kann vor allem das Eigentum 134 an beweglichen Sachen sein.165 Das Vorhandensein einer Belastung ist als solche unerheblich, solange sie den wirtschaftlichen Wert nicht ausschließt und bei Einbringung offen gelegt wird (andernfalls keine Einlagefähigkeit bzw keine freie Verfügung), s auch § 36 Rdn 143 f. Nicht erforderlich ist, dass der Einleger im Zeitpunkt der Begründung des Einlageversprechens bereits Eigentümer ist, ebenso wenig muss die Sache in diesem Zeitpunkt bereits existieren. Zur Sacheinlage geeignet sind mithin auch erst noch zu beschaffende oder herzustellende Sachen.166 Anders als bei der GmbH (§ 7 Abs 3 GmbHG) ist es bei der AG nicht einmal zwingend, dass die Übereignung der Sache auf die Gesellschaft bis zu deren Anmeldung vollzogen ist, da es nach § 36a Abs 2 S 2 ausreicht, wenn

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163 Ebenso Spindler/Stilz/Benz Rdn 13; Heidel/Polley Rdn 12; W. Meilicke BB 1991, 579, 580 mN aus der Entstehungsgeschichte; N zu den Gesetzesmaterialien bei Hüffer NJW 1979, 1065, 1067 in Fn 29. 164 Mit diesem Argument auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 21; KK/Arnold Rdn 46; Spindler/Stilz/Benz Rdn 13; Hüffer/Koch Rdn 15; Hölters/Solveen Rdn 7; Wie hier außer W. Meilicke aaO (Fn 33) auch Bork ZHR 154 (1990) 228, 229; Döllerer in: FS Fleck, 1988, S 35, 46. 165 MünchKommAktG/Pentz Rdn 23; KK/Arnold Rdn 48; Spindler/Stilz/Benz Rdn 15; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 13; Hüffer/Koch Rdn 16; Grigoleit/Vedder Rdn 6; Heidel/Polley Rdn 13; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 12; Hölters/Solveen Rdn 8; Wachter Rdn 8. 166 RGZ 118, 113, 120; RG JW 1936, 42; MünchKommAktG/Pentz Rdn 23; KK/Arnold Rdn 48; Spindler/ Stilz/Benz Rdn 15; Godin/Wilhelmi Rdn 11; Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 59; Scholz/Veil § 5, Rdn 40.

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die Übertragung innerhalb von fünf Jahren seit der Eintragung der AG zu bewirken ist, dazu näher die Erläuterungen zu § 36a Abs 2.167 Ist der Einbringer nicht selber Eigentümer der Sache, so kann er seine Einlagever135 pflichtung auch dadurch erfüllen, dass er den Eigentümer oder Verfügungsberechtigten veranlasst, die den Gegenstand der Einlage bildende Sache unmittelbar auf die Gesellschaft zu übertragen.168 Seine eigene Stellung als Einleger wird dadurch nicht berührt. Im Verhältnis zu der Gesellschaft handelt der andere bei der Übertragung als sein Gehilfe (§ 278 BGB) bei der Erfüllung der Einlagepflicht. Die Übertragung auf die Gesellschaft richtet sich nach den für die Übereignung des 136 betreffenden Gegenstands maßgeblichen Regeln des allgemeinen bürgerlichen Rechts (§§ 929 ff BGB für bewegliche Sachen, §§ 873 ff, 925 ff BGB für Grundstücke)169 einschließlich derjenigen über die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs des Gegenstandes. Dabei muss wegen der Festlegung der Sacheinlage durch die Gründer außer der Bösgläubigkeit des Vorstands (§ 166 Abs 1 BGB) auch diejenige eines Mitgründers (§ 166 Abs 2 BGB) schaden, obwohl der Vorstand seine Vertretungsmacht nur mittelbar von den Gründern herleitet und Vertretener nach Eintragung ohnehin nicht die Gründer sind, sondern die AG als solche. 137

b) Beschränkt dingliche Rechte. Ohne weiteres einlagefähig sind auch beschränkt dingliche Rechte an Sachen, wie zB Grundpfandrechte, Erbbaurechte, Dienstbarkeiten,170 Nießbrauch,171 und zwar gleichermaßen an eigenen Sachen des Einlegers wie an fremden Sachen. Ohne grundsätzliche Bedeutung für die Eignung als Sacheinlage ist es, ob der Einleger ein solches Recht erstmalig zugunsten der AG bestellt, oder ob er (bzw an seiner Stelle der Berechtigte, oben Rdn 135) ein bereits vorhandenes Recht auf die AG überträgt.172 Im letztgenannten Fall muss allerdings mindestens die Übertragung von dem Einleger auf die AG möglich sein (oben Rdn 126). Daran kann es zB bei der Hypothek fehlen, die aufgrund ihrer gesetzlichen Ausgestaltung als streng akzessorisches Recht im Gegensatz zu einer Grundschuld173 nicht ohne die durch sie gesicherte Forderung übertragen werden kann. Schließt das Gesetz die Übertragbarkeit eines bestimmten Rechts aus, lässt es aber wenigstens dessen Überlassung an einen Dritten zur Ausübung zu, so kann dies als Gegenstand einer Sacheinlage in Betracht kommen. Dies ist zB der Fall bei beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten (§ 1092 Abs 1 S 2 BGB) und beim Nießbrauch (§ 1059 S 2 BGB). c) Sonstige Rechte und Vermögenswerte

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aa) Immaterialgüterrechte und know how. Zur Einlage geeignet sind ferner sonstige Rechte, insbes Immaterialgüterrechte, wie Marken-, Patent-, Urheber-,174 Ver-

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167 So die hM MünchKommAktG/Pentz Rdn 23; KK/Arnold Rdn 48; Spindler/Stilz/Benz Rdn 15; aA Heidel/Polley Rdn 14. 168 MünchKommAktG/Pentz Rdn 23; KK/Arnold Rdn 48; Spindler/Stilz/Benz Rdn 15; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 6; Heidel/Polley Rdn 13 und 16, Grigoleit/Vedder Rdn 9. 169 S Rdn 16 u 20 und die Kommentierung zu § 36a AktG. 170 Auch BGHZ 45, 338, 345. 171 AllgM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 24; KK/Arnold Rdn 49; Spindler/Stilz/Benz Rdn 16; Schmidt/ Lutter/Bayer Rdn 13; Hüffer/Koch Rdn 16; Grigoleit/Vedder Rdn 9, Heidel/Polley Rdn 14; Hölters/Solveen Rdn 8; Wachter Rdn 8. 172 KK/Arnold Rdn 49; Spindler/Stilz/Benz Rdn 16. 173 Für isolierte Übertragung einer nicht valutierten Grundschuld LG Koblenz GmbHR 1987, 482. 174 BGHZ 29, 300, 304.

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lags-, Geschmacks- und Gebrauchsmusterrechte sowie Lizenzen an solchen Rechten, wie überhaupt alle gewerblichen Schutzrechte im weitesten Sinne, soweit sie der AG wenigstens zur Ausübung überlassen werden können und einen feststellbaren Vermögenswert besitzen.175 Darüber hinaus kann als Sacheinlage sogar rechtlich nicht geschütztes sog know 139 how in Betracht kommen. Spezielle Beispiele hierfür bieten nicht angemeldete Erfindungen, Geheimverfahren, besondere Fertigungstechniken uä.176 Die von jeher allgemein anerkannte177 Sacheinlagefähigkeit des know how rechtfertigt sich vor allem aus der Erkenntnis, dass es für die Frage, inwieweit es im Einzelfall einen geldwerten Vermögensgegenstand verkörpert, in der Praxis weniger auf seinen ohnehin im wirtschaftlichen Wettbewerb nicht selten nur begrenzt wirksamen rechtlichen Schutz178 als vielmehr auf seine Verwertbarkeit ankommt. Die Schranke für die Sacheinlagefähigkeit sämtlicher vorstehend erörterter Rechte 140 und Vermögenswerte bildet allein das Erfordernis, dass sie als solche genügend abgrenzbar sein müssen, damit sie dazu taugen, der AG als eigenständiger, konkret fassbarer und mit einem bestimmten Geldbetrag bewertbarer Vermögensgegenstand zur Verwertung überlassen zu werden. Kriterium dafür dürfte vor allem sein, ob der Verkehr für die Zurverfügungstellung von Werten dieser oder ähnlicher Art typischerweise ein Entgelt zahlt. Die letztlich allein entscheidende Messlatte ist mithin auch hier das Vorhandensein 141 eines auf die Gesellschaft übertragbaren Vermögensgegenstandes mit feststellbarem wirtschaftlichen Wert für die Gesellschaft, dazu die Ausführungen oben in Rdn 177 ff u 126. bb) Firma und good will. Bei der Firma (§ 23 HGB) und dem sog good will fehlt es 142 regelmäßig an der selbständigen Einbringbarkeit.179 In Bezug auf diese Vermögenswerte wird heraugestellt, sie seien wenigstens zusammen mit dem Unternehmen übertragbar.180 In diesem Fall ist Einbringungsgegenstand aber das Unternehmen als solches. Da dessen Wert heute üblicherweise an seiner Ertragsfähigkeit gemessen wird, stellen Firma und good will des Unternehmens lediglich Einsatzfaktoren bei der Feststellung des Wertes des eingebrachten Unternehmens, nicht aber eigenständige Sacheinlageobjekte dar. Unverständlich ist dagegen, warum teilweise angenommen wird, dass ein Kunden- 143 stamm nicht selbständig übertragbar sei. 181 Zwar kann im Einzelfall zweifelhaft sein, welchen Wert die Überlassung des Kundenstammes in Anbetracht der Ungewissheit über die Bereitschaft der einzelnen Kunden hat, zu dem neuen Unternehmen, etwa als Lieferanten oder Abnehmer, überzuwechseln. Dies ist jedoch lediglich eine Frage der Wert-

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175 AllgM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 25; KK/Arnold Rdn 49; Spindler/Stilz/Benz Rdn 18 f; Schmidt/ Lutter/Bayer Rdn 13; Hüffer/Koch Rdn 16; Grigoleit/Vedder Rdn 9; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 12; Heidel/ Polley Rdn 14; Wachter Rdn 8; ebenso bei der GmbH siehe bloß Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 73. 176 S dazu im Einzelnen Ulmer/Ulmer/Casper GmbHG § 5 Rdn 78. 177 RG JW 1936, 42; KG OLGR 27, 363; KGJ 45 A 175; Recht 1913 Nr 2790; sa die Begründung zum jetzigen § 27 in BT-Drucks 8/1678 S 12; Barz in: FS W. Schmidt, 1959, S 157; aA Ballerstedt ZHR 127 (1965) 97. 178 Zutr weist allerdings Barz aaO (Fn 177) S 157 ff, 163 darauf hin, dass das know how als wirtschaftlicher Wertgegenstand stets Betriebsgeheimnis sein und deshalb den Schutz nach §§ 17–19 iVm § 1 UWG genießen wird. 179 So hingegen die hM MünchKommAktG/Pentz Rdn 24; Spindler/Stilz/Benz Rdn 18; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 13; Hüffer/Koch Rdn 16; Heidel/Polley Rdn 14; bei Bilanzierbarkeit des Know How KK/Arnold Rdn 64; wie hier Scholz/Veil § 5, Rdn 49. 180 Insoweit Scholz/Veil § 5, Rdn 49. 181 So etwa Scholz/Veil § 5, Rdn 49 mwN aus dem GmbH-Recht.

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feststellung, die je nach den konkreten Verhältnissen ganz verschieden zu beantworten sein kann. Das schließt die Möglichkeit, dass auch die Einbringung eines Kundenstammes als Sacheinlage geeignet sein kann, aber nicht unter allen Umständen von vornherein aus. Ähnliches gilt etwa für die Überlassung einer Vertreterorganisation.182 144

cc) Mitgliedschaftsrechte. Gegenstand einer Sacheinlage können auch Mitgliedschaftsrechte in anderen Verbänden sein, sofern sie einen feststellbaren Vermögenswert verkörpern und sich nach ihrer rechtlichen Ausgestaltung dazu eignen, auf die AG übertragen zu werden.183 Diese Voraussetzung ist bei Aktien und GmbH-Anteilen generell erfüllt, und zwar auch dann, wenn sie im Einzelfall vinkuliert sind.184 Zur Haftung des Sacheinlegers für den Fall der Versagung der Zustimmung, die als Fall der anfänglichen Unmöglichkeit anzusehen ist, weil sie nicht zu einem Recht Dritter gegen Erwerber führt (§ 435 BGB), sondern die Übertragung verhindert, s unten Rdn 416. Anteile an Personengesellschaften kommen als Sacheinlage nur dann in Betracht, wenn sie infolge einer entsprechenden Bestimmung im Gesellschaftsvertrag oder der Zustimmung der Mitgesellschafter übertragbar sind.185 Etwaige Bedenken, wonach der Anteil an einer Personengesellschaft erst nach Eintragung der AG auf diese übertragen werden kann, weil die nicht rechtsfähige Vorgesellschaft nicht Mitgesellschafterin einer Personengesellschaft sein könne,186 sind durch die Rechtsentwicklung, die ein verändertes Verständnis der rechtlichen Natur der Vorgesellschaft mit sich gebracht hat, gegenstandslos geworden.187

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d) Sachgesamtheiten. Einlagefähig sind ferner auch zusammenhängende Komplexe verschiedener Sachen und Rechte, die untereinander durch ihre Herkunft oder Zweckbestimmung zu einer Einheit verbunden und unter einer einheitlichen Bezeichnung zusammengefasst sind.188 Gegenstand der Sacheinlageabrede ist in einem solchen Fall die Sachgesamtheit als solche, nicht der einzelne zu ihr gehörende Gegenstand. Soweit die gemeinsame Bezeichnung den Kreis der zu ihr gehörenden Gegenstände hinreichend klar umreißt, erübrigt sich auch deren Aufzählung im Einzelnen. Dies ist vor allem für Sachgesamtheiten von wechselndem Bestand von Bedeutung. Beispiele für derartige Sachgesamtheiten bieten etwa Warenlager, Fuhrparks, Produktionsanlagen, Betriebsund Büroeinrichtungen wie überhaupt alle abgrenzbaren Vermögensmassen, wie Nachlässe, Konkursmassen, Wertpapierdepots etc.189 Die Einbringungsfähigkeit als Sachge-

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182 MünchKommAktG/Pentz Rdn 25; KK/Arnold Rdn 64; Spindler/Stilz/Benz Rdn 18; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 13; Grigoleit/Vedder Rdn 9. 183 Unstr, MünchKommAktG/Pentz Rdn 25; KK/Arnold Rdn 50; Spindler/Stilz/Benz Rdn 17; Schmidt/ Lutter/Bayer Rdn 13; Hüffer/Koch Rdn 16; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 12; Heidel/Polley Rdn 14; Hölters/ Solveen Rdn 8; so auch bei der GmbH siehe bloß Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 74. 184 Ausführlich bei Tröder in FS Spiegelberger 2009, S 936 ff; allerdings nicht bei eigenen Aktien. Das folgt schon aus §§ 41 Abs 4 und 56 Abs 1, siehe dazu auch bei einer Kapitalerhöhung BGH v. 20.9.2011 – II ZR 234/09 – „ISION“, AG 2011, 876, 876 f = NZG 2011, 1271. 185 HM, sa die Nachw in Fn 183; s aber KG NZG 2005, 718, keine wirksame Einlage von Kommanditanteilen, wenn die GmbH hierdurch im Wege der Gesamtrechtsnachfolge Inhaber einer Forderung gegen den Inferenten wird. 186 So Geßler/Eckardt Rdn 12. 187 S dazu etwa BGHZ 117, 323, 326 f sowie bei § 4. 188 MünchKommAktG/Pentz Rdn 25; KK/Arnold Rdn 50; Spindler/Stilz/Benz Rdn 17; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 13; Hüffer/Koch Rdn 16; Grigoleit/Vedder Rdn 9; Heidel/Polley Rdn 14; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 12; Hölters/Solveen Rdn 8; Wachter Rdn 8. 189 Unstreitig ähnliche Aufzählung auch bei MünchKommAktG/Pentz Rdn 32; Spindler/Stilz/Benz Rdn 20; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 13.

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samtheit gilt aber nur für die Einlagevereinbarung. Der Vollzug muss auch hier als Folge des sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes durch Einzelübertragung jedes einzelnen Gegenstandes auf die AG nach den für ihn maßgeblichen Regeln des allgemeinen Rechts erfolgen.190 Der in der Praxis wohl bedeutsamste Fall der Einlage einer Sachgesamtheit ist derje- 146 nige der Einbringung eines Unternehmens (Handelsgeschäfts). Die Zulässigkeit der Einbringung eines Unternehmens im Ganzen als Sacheinlage ist von jeher anerkannt.191 Wirtschaftlich können sich hinter einer solchen Einbringung ganz unterschiedliche Zwecke verbergen. Häufig steht dahinter die Umwandlung des Geschäfts eines Einzelkaufmanns oder einer Gesellschaft anderer Rechtsform in eine AG. Nicht selten geschieht die Einbringung zum Zwecke der Verbreiterung der Eigenkapitalbasis des Unternehmens, wobei einer der Gründer das Unternehmen, die übrigen die Geldmittel einlegen. Wirtschaftlicher Hintergrund kann ebenso die Sanierung eines angeschlagenen Unternehmens (Einbringung in die AG als Auffanggesellschaft) wie eine geplante geschäftliche Expansion größeren Umfangs sein, für die der bisherige rechtliche und wirtschaftliche Rahmen und die durch ihn vorgegebenen Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung zu eng geworden sind. Denkbar sind aber auch Unternehmenszusammenschlüsse oder umgekehrt die Gründung von Tochtergesellschaften durch Abspaltung selbständiger Unternehmensteile und deren Einbringung in die neu gegründete Tochtergesellschaft. Die sachliche Nähe eines Großteils dieser Vorgänge zum Umwandlungsrecht ist unübersehbar. Inwieweit Neugründungen von Kapitalgesellschaften unter Einbringung von Unternehmen oder Unternehmensteilen als Sacheinlage nach der Zusammenfassung und Neukodifikation des gesamten Umwandlungsrechts durch das Umwandlungsgesetz vom 28.10.1994 (BGBl I 3210)192 angesichts des dort eröffneten großen Gestaltungsraumes künftig noch praktische Bedeutung zukommen wird, bleibt abzuwarten. In der Vergangenheit ist die Einbringung als Sacheinlage im Allgemeinen den daneben wahlweise bestehenden gesetzlichen Umwandlungsmöglichkeiten vor allem dann vorgezogen worden, wenn gleichzeitig ein Wechsel im Gesellschafterbestand erfolgen sollte. In Ermangelung anderweiter Vereinbarungen in dem in die Satzung aufzunehmen- 147 den und deshalb objektiver Auslegung unterliegenden Einbringungsvertrag sind Gegenstand der Sacheinlage bei Einbringung eines Unternehmens sämtliche ihm wirtschaftlich zuzurechnende Vermögenswerte.193 Dazu gehören insbesondere auch die zu dem Unternehmen gehörenden immateriellen Schutzgüter194 und sonstigen Vermögensgegenstände, die Firma allerdings nur bei ausdrücklicher Einwilligung des Sacheinlegers (§ 22 HGB) und entsprechender Festsetzung in der Satzung der AG (§ 23 Abs 3 Nr 1). Im Übrigen ist der Umfang der Einbringung Vereinbarungssache. Den Gründern 148 steht es frei, einzelne Vermögensgegenstände oder ganze Unternehmensteile von der Einbringung auszunehmen. So können sie in dem Sacheinlagevertrag etwa vereinbaren, dass alle oder ganz bestimmte einzeln aufgelistete Forderungen oder Verbindlichkeiten

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190 BGH NJW 2000, 2898, BGH NJW 1992, 1161. 191 S nur aus der Rspr BGHZ 45, 338, 342; 68, 191 und schon vorher RGZ 70, 220, 223 f; 155, 211 ff; JW 1911, 495; LZ 1915, 231 sowie aus dem Schrifttum MünchKommAktG/Pentz Rdn 32; KK/Arnold Rdn 50; Spindler/Stilz/Benz Rdn 21; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 13; Grigoleit/Vedder Rdn 9; ausführlich bei der GmbH: Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 80 f. 192 Nebst Umwandlungssteuergesetz vom selben Tage, BGBl I 3267; beide in Kraft seit dem 1.10.1995. 193 RG LZ 1918, 918, MünchKommAktG/Pentz Rdn 32; Spindler/Stilz/Benz Rdn 21. 194 Zur Frage eines besonderen Wertansatzes für diese Vermögenswerte, o Rdn 138 u 143; s ferner LG Köln GmbHR 1959, 133.

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von der Einbringung ausgeschlossen195 oder umgekehrt, dass nur die von ihnen eigens aufgezählten eingelegt sein sollen. Im Zweifel, dh wenn sich aus dem Sacheinlagevertrag nichts anderes ergibt, soll ein 149 solcher Ausschluss für die Verbindlichkeiten sogar ohne weiteres aus der Einbringung des Unternehmens ohne Firma folgen, so dass das Unternehmen unbelastet einzubringen ist.196 Umgekehrt soll bei der Einbringung des Unternehmens mit Firma entsprechend der nach § 25 Abs 1 S 1 HGB grundsätzlich ausgelösten Außenhaftung der AG im Zweifel auch die Übernahme der im Unternehmen begründeten Verbindlichkeiten im Innenverhältnis gewollt sein, so dass die Einbringung unter Einschluss der Verbindlichkeiten zu erfolgen hat.197 Wiederum anders verhält es sich bei der Gründung einer Auffanggesellschaft durch den Insolvenzverwalter, weil in diesem Fall auch die gesetzliche Außenhaftung nach § 25 Abs 1 S 1 HGB entfällt.198 – Die durch § 25 HGB geregelte Außenhaftung der AG bei Einlage eines Unternehmens oder Handelsgeschäfts ist hier im Übrigen nicht weiter zu erörtern.199 e) Obligatorische Nutzungsrechte aa) Allgemeines. Gelegentlich wollen Gründer der Gesellschaft von ihnen einzubringende Gegenstände nicht endgültig, sondern nur auf Zeit, als Einlage überlassen. Die Gesellschaft soll deshalb als Einlage nicht das dingliche (Stamm-)Recht an dem Gegenstand, bei Sachen also das Eigentum, sondern lediglich die schuldrechtliche (obligatorische) Befugnis erhalten, den Gegenstand während ihres Bestehens oder einer anderweit begrenzten Zeitdauer für ihre Zwecke zu nutzen (sog Nutzungs- oder Gebrauchsüberlassung). In gegenständlicher Hinsicht kann dies vor allem Grundstücke, Güter des beweglichen Anlagevermögens oder gewerbliche Schutzrechte betreffen. Die Überlassung kann für die Dauer des Bestehens der Gesellschaft erfolgen. Sie kann aber auch in anderer Weise begrenzt werden, wie etwa durch Vereinbarung einer festen Laufzeit, durch den Eintritt bestimmter Ereignisse oder durch Rechte zur ordentlichen oder außerordentlichen Kündigung. Auch Vereinbarungen, in denen diese Elemente in Kombination auftreten, sind denkbar, so zB die Vereinbarung einer bestimmten Laufzeit, nach deren Ende erstmals eine fristgebundene ordentliche Kündigung zulässig sein soll. Rechtsgrund für die Einbringung derartiger obligatorischer Nutzungsrechte ist die 151 Sacheinlagevereinbarung als solche. Für den Abschluss eines weiteren obligatorischen Vertrages (vor allem Miete oder Pacht) ist daneben bei der Einbringung als Sacheinlage grundsätzlich kein Raum, weil die Gegenleistung nicht in der Zahlung eines laufenden Nutzungsentgelts (Miet- oder Pachtzins), sondern in der Ausgabe von Gesellschaftsrechten (Aktien) besteht.

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195 BGHZ 45, 338, 342 f. 196 RG JW 1905, 214 und Recht 1909, 2528; Scholz/Veil § 5, 54; Priester DB 1980, 20; sa OLG Düsseldorf DB 1993, 974. 197 RG LZ 1916, 742; Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 84; MünchKommAktG/Pentz Rdn 32; Spindler/Stilz/ Benz Rdn 21. 198 BGH BeckRS 2006, 14 044, MünchKommAktG/Pentz Rdn 32; Spindler/Stilz/Benz Rdn 21, ebenso wie diejenige aus § 419 BGB; vgl dazu RGZ 58, 166, 167 f; BGHZ 66, 217, 228; NJW 1987, 1019, 1020 (Nachlaßverwalter); s aber auch BAG NJW 1980, 1124, 1125 f; 1984, 627 ff; anders bei Einbringung durch einen Sequester ohne nachfolgenden Konkurs, BGH NJW 1988, 1912 mit zahlreichen wN; vgl zu dem ganzen Fragenkreis im einzelnen MünchKommHGB/Thiessen § 25, Rdn 66 ff; aA Heidel/Schall/Schall/ Ammon § 25 Rdn 12. 199 Zu § 25 HGB s insbes die Kommentierung von MünchKommHGB/Thiessen aaO (Fn 3).

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Anders kann es sich verhalten, wenn der Miet- oder Pachtvertrag der Gesellschaft 152 besondere Vorteile bietet und Gegenstand der Sacheinlage dieser Vorteil als solcher sein soll. Dies kommt vor allem bei verbilligter Einräumung des Nutzungsrechts in Betracht. In allen Fällen muss es sich um die Einräumung eines Nutzungsrechts handeln. Die 153 bloße tatsächliche Nutzungsmöglichkeit ohne Nutzungsrecht der Gesellschaft kann dagegen von vornherein nicht Gegenstand einer Sacheinlage sein. Die rechtliche Eignung obligatorischer Nutzungsrechte als Sacheinlage ist nicht nur 154 in ihren Einzelheiten noch Gegenstand einer nicht in jeder Hinsicht abgeschlossenen Diskussion. Die heute hM verlangt grds (1) Feststehende Dauer, (2) keine einseitige Entziehbarkeit und (3) Verwertbarkeit in der Insolvenz.200 Im Einzelnen ist wie folgt zu differenzieren: bb) Nutzungsrechte gegenüber einem Dritten. Verhältnismäßig geringe Probleme 155 bereitet die Sacheinlagefähigkeit obligatorischer Nutzungsrechte, die dem Einleger, etwa aufgrund eines von ihm abgeschlossenen Miet- oder Pachtvertrages, gegenüber einem Dritten zustehen. Voraussetzung für ihre Einbringbarkeit ist, dass das Recht des Einlegers zur Nutzung des betr Gegenstandes, was allerdings nicht immer der Fall sein wird, übertragbar ist, und deshalb auf die Gesellschaft übertragen werden kann. Ist diese Voraussetzung erfüllt, so bestehen keine Bedenken dagegen, dass etwa ein Gründer, der zuvor selber ein Gewerbegrundstück gemietet oder ein Unternehmen von einem anderen gepachtet hat, dieses von ihm erworbene Nutzungsrecht in eine von ihm mitgegründete AG als Sacheinlage einbringt. Da ein solches Nutzungsrecht einen selbständigen Vermögenswert darstellt, von dem sich der Gründer zugunsten der Gesellschaft trennt, kann dessen Einlagefähigkeit im Grundsatz nicht zweifelhaft sein.201 Sie wird deshalb – zumindest dem Grunde nach – teilweise sogar von denjenigen eingeräumt, die im Übrigen der Eignung obligatorischer Nutzungsrechte als Sacheinlage eher ablehnend gegenüberstehen.202 Bei der Bewertung einer solchen Sacheinlage werden allerdings wegen der Abhän- 156 gigkeit des Nutzungsrechts von dem Fortbestand des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses zwischen dem Einleger und dem Dritten je nach den Umständen Risikoabschläge angebracht sein, die im Einzelfall bis zur Wertlosigkeit reichen können.203 Abschläge sind ferner erforderlich, wenn der Einleger die Gegenleistung (also etwa die laufenden Miet- oder Pachtzinsen) nicht selber tragen soll, sondern diese von der Gesellschaft aufgebracht werden sollen (oben Rdn 152). Immerhin kann auch dann die Gesellschaft, vor

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200 BGH v. 15.5.2000 – II ZR 359/98, BGHZ 144, 290, 294 = NZG 2000, 836 – Adidas; MünchKommAktG/Pentz Rdn 31; KK/Arnold Rdn 62; Spindler/Stilz/Benz Rdn 33; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 17. 201 BGHZ 144, 290, 294 = NJW 2000, 2356 = NZG 2006, 836 – Adidas; BGH NZG 2004, 910, 911; KGJ 38 A 161, 168 = OLGE 22, 25; MünchKommAktG/Pentz Rdn 31; KK/Arnold Rdn 62; Spindler/Stilz/Benz Rdn 33; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 17; Hüffer/Koch Rdn 18; Grigoleit/Vedder Rdn 9; Heidel/Polley Rdn 18; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 12; Hölters/Solveen Rdn 8; Wachter Rdn 10; Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 61; Bork ZHR 154 (1990) 205, 208; KGJ A 161, 168 f; Bordewin DStR 1988, 227, 231; Groh DB 1988, 514, 520; s ferner die amtliche Begründung zu § 27 Abs 2, BT-Drucks 2/78 S 14 = BT-Drucks 8/1678 S 3, wonach „ein Anspruch auf miet- oder pachtweise Überlassung eines Grundstücks als Sacheinlage eingebracht werden“ kann. 202 Knobbe-Keuk ZGR 1980, 214, 223; einschränkend K. Schmidt GesR § 20 II 3 S 469: nur unter der Voraussetzung, dass das Gebrauchsüberlassungsrecht von dem Verpflichteten nicht vorzeitig gekündigt werden kann und der Gesellschaft im Liquidationsfall ein Verwertungsrecht gibt; generell abl dagegen Geßler/Eckardt Rdn 17. 203 BGH v. 15.5.2000 – II ZR 359/98, BGHZ 144, 290, 294 = NZG 2006, 836 – Adidas; MünchKommAktG/ Pentz Rdn 31; Spindler/Stilz/Benz Rdn 33; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 17.

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allem wenn die Gegenleistung deutlich unter dem marktüblichen Wert liegt, ein bewertbarer wirtschaftlicher Vorteil verbleiben, der als Sacheinlage eingebracht werden kann. 157 Ist die Sacheinlagefähigkeit im Einzelfall gegeben, so kann auch schon das dem Einleger von dem Dritten gemachte Angebot zum Erwerb des Nutzungsrechts unter den in Rdn 155 dargestellten Voraussetzungen Inhalt einer Sacheinlagevereinbarung zwischen dem Einleger und der Gesellschaft sein. cc) Nutzungsrechte gegenüber dem Einleger. Problematischer ist die Sacheinlagefähigkeit obligatorischer Nutzungsrechte, die sich gegen den Gesellschafter selber richten. Auch sie ist aber, regelmäßig unter der Voraussetzung, dass der Gesellschaft der Besitz an dem von ihr zu nutzenden Gegenstand übertragen wird, im Grundsatz zu bejahen204 und von der Rspr inzwischen bejaht für Lizenzen bei einer Kapitalerhöhung.205 Wie bereits an anderer Stelle (oben Rdn 117 ff) ausgeführt worden ist, stellt die angeblich fehlende Aktivierbarkeit eines solchen Nutzungsrechts nach geltendem Recht jenseits der Deckung des gezeichneten Kapitals (dazu Rdn 112) kein taugliches Argument gegen seine Einlagefähigkeit dar. Ebenso wenig darf sie von der Pfändbarkeit des Nutzungsrechts oder seiner Verwertbarkeit im Liquidations- oder Insolvenzfall (sei es einzeln oder zusammen mit dem Gesellschaftsunternehmen) abhängig gemacht werden, da sich der europäische Gesetzgeber ausdrücklich gegen die Aufnahme einer solchen Voraussetzung in den Tatbestand des (dem § 27 Abs 2 zugrundeliegenden) Art 7 der Zweiten Richtlinie entschieden hat (oben Rdn 111). Maßstab der Eignung eines Nutzungsrechts als Sacheinlage kann deshalb allein die Feststellung sein, ob das betreffende Recht unter den im konkreten Fall gegebenen Umständen aus der Sicht der Gesellschaft einen Vermögensgegenstand mit einem feststellbaren, in einer Geldziffer ausdrückbaren Wert verkörpert. Diese Voraussetzung ist jedenfalls dann erfüllt, wenn sich die Gesellschaft anderen159 falls das Recht zur Nutzung dieses oder eines entsprechenden Gegenstandes (Sache oder Recht) anderweit gegen Aufwendung eines Geldbetrages verschaffen müsste und ihr das Nutzungsrecht für eine bestimmte Mindestlaufzeit eingeräumt wird.206 Mindestens in diesem Fall lässt es sich nicht leugnen, dass der Gesellschaft von ihrem Gründer in Gestalt der Verschaffung des Nutzungsrechts nicht nur eine unrealisierte Forderung gegen ihn selber, sondern ein verwertbarer, dh in Geld feststellbarer Vermögenswert, real zugeführt worden ist. Dieser Wert entspricht grundsätzlich dem kapitalisierten Nutzungsentgelt, dessen Zahlung die Gesellschaft während der fest vereinbarten Mindestlaufzeit der Überlassung dadurch erspart, dass der Gegenstand ihr von ihrem Gesellschafter als Einlage zur Nutzung zur Verfügung gestellt wird. Die Gefahr, dass der Gesellschaft die Nutzungsmöglichkeit vorzeitig entzogen wird, 160 kann allenfalls einen in seiner Höhe von den jeweiligen Umständen abhängenden Risikoabschlag bei der Bewertung, keinesfalls aber die Ablehnung der Einbringungsfähig158

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204 MünchKommAktG/Pentz Rdn 31; KK/Arnold Rdn 62; Spindler/Stilz/Benz Rdn 33; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 17; Hüffer/Koch Rdn 18; Grigoleit/Vedder Rdn 9; Heidel/Polley Rdn 18; Hölters/Solveen Rdn 8, 9; Wachter Rdn 10; ohne Stellungnahme Bürgers/Körber/Lohse Rdn 12; Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 62; Roth § 5 Anm 5.3.1; Haas in: FS Döllerer, 1988, S 43 f; Bork aaO (Fn 160) S 225 mwN in Fn 99; ebenso bei fehlender Kündigungsmöglichkeit während fester Laufzeit Steinbeck aaO (vor Rdn 1) 121 ff, 126; abl insbes Knobbe-Keuk ZGR 1980, 214, 217 ff (mangels Aktivierungsfähigkeit) und teilweise, vor allem für Grundstücke, auch K. Schmidt ZHR 154 (1990) 237 ff und GesR § 20 II 3 S 469. 205 BGHZ 144, 290 = NJW 2000, 2356, besprochen von Pentz ZGR 2001, 901 ff, 908 f; bei der GmbH: BGH NJW-RR 2004, 1341 = NZG 2004, 910. 206 BGHZ 144, 290, 294 = NJW 2000, 2356 = NZG 2000, 836.

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keit als solcher rechtfertigen.207 Bei beweglichen Sachen besteht diese Gefahr von vornherein nicht. Wenn ihr, wie zur Einbringung als Sacheinlage nach hM erforderlich (oben Rdn 158), der Besitz an der Sache übertragen worden ist, kann die Gesellschaft dem Herausgabeanspruch eines Dritten, an den der Gesellschafter den Gegenstand während der Laufzeit der Überlassung veräußert hat, ihr Nutzungsrecht gemäß § 986 BGB entgegensetzen. Den gleichen Schutz genießt sie bei Einzelvollstreckungsmaßnahmen eines Gläubigers ihres Gesellschafters nach § 809 ZPO sowie bei Pfändung des Herausgabeanspruchs nach § 846 ZPO. Ebenso wenig unterliegt der nur zur Nutzung eingebrachte Gegenstand dem Zugriff des Insolvenzverwalters in der Insolvenz der Gesellschaft. Weder das Verwertungsrecht nach § 166 Abs 1 InsO noch die für schuldrechtliche Nutzungsüberlassungen geltenden §§ 103, 135 Abs 3 InsO sind auf die Einbringung eines Nutzungsrechts in eine Kapitalgesellschaft nicht anwendbar. Für Rechte ist ein ähnlicher Schutz im Allgemeinen durch die Regelungen der §§ 404, 412, 413 BGB gewährleistet. Das gleiche gilt als Folge von § 15 Abs 3 PatG jetzt auch für die Nutzungserlaubnis an einem Patent. Weniger gesichert ist allerdings ein als Sacheinlage eingebrachtes Nutzungsrecht an 161 einem Grundstück des Gründers, da hier vom Veräußerer eingeräumte obligatorische Nutzungsrechte dem Erwerber gegenüber grundsätzlich nicht geltend gemacht werden können. Auch eine entsprechende Anwendung der §§ 578 Abs 1, 566 BGB dürfte nicht in Betracht kommen, da diese Regelungen voraussetzen, dass der in den Miet- oder Pachtvertrag eintretende Erwerber zum Ausgleich für seine Bindung den laufenden Miet- oder Pachtzins erhält, der bei der Sacheinlage obligatorischer Nutzungsrechte entfällt.208 Ähnlich ungeschützt ist das als Sacheinlage eingelegte Nutzungsrecht der Gesellschaft in dem Fall, dass ein Gläubiger des Einlegers das Grundstück zur Zwangsversteigerung bringt, da auch hier an dem Grundstück bestehende obligatorische Nutzungsrechte nicht gegen den Erwerber wirken, ohne dass es zur Begründung dieses Ergebnisses überhaupt des Rückgriffs auf das die Anwendbarkeit von §§ 578 Abs 1, 566 BGB voraussetzende (§ 57 ZVG) Kündigungsrecht aus § 57a ZVG bedürfte.209 Bei realistischer Einschätzung dieses Risikos kann daraus jedoch nicht die Folge- 162 rung abgeleitet werden, dass die Einräumung eines Nutzungsrechts an einer Immobilie für die Gesellschaft ohne feststellbaren wirtschaftlichen Wert und deshalb nicht sacheinlagefähig sei.210 Bei der Zwangsversteigerungsgefahr geht es letztlich um die Bewertung eines Bonitätsrisikos in der Person des einlegenden Gesellschafters. Ein ähnliches Risiko besteht bei der Einbringung von Forderungen gegen einen Dritten, ohne dass deswegen ihre Sacheinlagefähigkeit von irgendeiner Seite in Zweifel gezogen wird. Der Verkauf des Grundstücks ohne Weitergabe der Verpflichtung aus der Nutzungsüberlassung wäre eine rechtswidrige zum Schadensersatz gegenüber der Gesellschaft verpflichtende Verhaltensweise. Daneben stünde der Gesellschaft in einem solchen Fall gegen den Gesellschafter ein Anspruch auf Ersatz der Wertdifferenz in bar zu, sei es

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207 MünchKommAktG/Pentz Rdn 31; Spindler/Stilz/Benz Rdn 33; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 17; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 12. 208 So überzeugend Bork aaO (Fn 160) S 217 f und ihm zust K. Schmidt ZHR 154 (1990) 237, 257 und GesR § 20 II 3 S 469 und Scholz/Winter § 5, 46 gegen Döllerer in: FS Fleck, 1988, S 35, 43 f; gegen die Analogie im Ergebnis auch Fabritius aaO (Fn 160) S 166. 209 Dazu näher Bork aaO (Fn 160) S 218, 222 und Fabritius aaO (Fn 160) S 167. 210 Wie im Text MünchKommAktG/Pentz Rdn 31; Bork aaO (Fn 160) S 217 f und 222; ähnl Döllerer in: FS Fleck, 1988, S 35, 44; ferner KK/Lutter § 183, 19 und Scholz/Winter § 5, 46; die meisten Autoren nehmen von vornherein keine Differenzierung zwischen Nutzungsrechten an beweglichen und unbeweglichen Sachen vor, vgl deshalb auch die Nachw o Rdn 59 ff, Fn 57, 58; aA K. Schmidt ZHR 154 (1990) 237, 257 und GesR § 20 II 3 S 469.

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aufgrund entsprechender Anwendung schuldrechtlicher Gewährleistungsregeln,211 sei es aufgrund eines rein gesellschaftsrechtlich begründeten Wiederauflebens der primären (oben Rdn 93) Bareinlagepflicht. Ob in dem Entzug der Grundstücksnutzung durch den Dritten daneben im Verhältnis zwischen Gesellschafter und Gesellschaft auch eine verbotene Einlagenrückgewähr liegt, ist im Schrifttum str.212 Überdies kommt beim bewussten Zusammenwirken zwischen dem Gesellschafter und dem Erwerber auch eine Verweigerung der Herausgabe aus dem Gesichtspunkt des § 826 BGB (Arglisteinwand) in Betracht. Bei unbefristet eingelegten Nutzungsrechten wird es vielfach mangels fest163 stehender Nutzungsdauer an der Möglichkeit zur Kapitalisierung des Nutzungswertes fehlen. Das Nutzungsrecht ist dann ohne feststellbaren wirtschaftlichen Wert für die Gesellschaft und damit nicht sacheinlagefähig.213 Der Differenzhaftungsanspruch bei Entziehung der Nutzung vor Ablauf des Zeitraumes, in dem der für sie im Grundkapital der Gesellschaft und bei Ausgabe der Gesellschaftsbeteiligung angesetzte Wert erreicht ist, hilft hier nicht weiter, da die Richtigkeit des Wertansatzes einer vorherigen Prüfung durch die Gründungsprüfer und das Registergericht zugänglich sein muss.214 Es ist jedoch eine Auslegungsfrage, ob das Nutzungsrecht nicht für die Dauer des Bestehens der Gesellschaft eingebracht werden soll.215 In diesem Falle kann die Bewertung bei nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern, dh im Wesentlichen bei Grundstücken auf der Basis einer ewigen Rente, bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern auf der Grundlage einer Überlassung für die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer vorgenommen werden.216 Ein geeigneter Anknüpfungspunkt kann ferner auch die von Gesellschaft und Gesellschafter selber bei ihrer Bewertung der Sacheinlage zugrunde gelegte Abschreibungszeit sein. Werden diese Werte später wegen einer zu kurzen Dauer der Nutzung durch die Gesellschaft nicht erreicht, so liegt darin zwar kein vorzeitiger Entzug der Einlage, die Einlage hat sich aber nicht anders als bei einer unbemerkt gebliebenen Unterpari-Emission insoweit als überbewertet, dh als nicht werthaltig, erwiesen und der Gesellschaft steht in Höhe des damit nicht aufgebrachten Teils des Einlagewertes ein Anspruch auf Ausgleich der Differenz in Geld zu.217 Bei vertragswidrigem vorzeitigen Entzug des Nutzungsrechts stehen der Gesellschaft dagegen auch hier die oben Rdn 160 bezeichneten Ansprüche zu.218 Die Gefahr, dass der Gesellschafter in diesem Zeitpunkt nicht mehr solvent ist, kann als vom Gesetz hingenommenes Restrisiko in Kauf genommen werden. Fehlt es aus anderen Gründen, insbesondere infolge der Vereinbarung ungewisser 164 Beendigungsgründe oder wegen des Bestehens ordentlicher oder außerordentlicher Kündigungsgründe, an einer für die Wertermittlung geeigneten festen Mindestlaufzeit, so wird es idR dabei bewenden, dass das Nutzungsrecht unter den gegebenen Umstän-

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211 BGHZ 45, 338, 345. 212 Dazu einerseits Brandes ZGR 1989, 244, 249 und andererseits Bork aaO (Fn 160) S 218 und K. Schmidt ZHR 154 (1990) 237, 257: Einlagerückgewähr nur deshalb nicht, weil die Sache nach seiner Ansicht von vornherein nicht Einlage sein kann. 213 Brandes ZGR 1989, 244, 247; Groh DB 1988, 514, 517 und BB 1982, 133, 134; Fabritius aaO (Fn 160) S 165; Penné WPg 1988, 35, 39; dritte Aufl (Barz) Anm 11; Bork aaO (Fn 160) S 213 f u S 236, MünchKommAktG/Pentz Rdn 31; KK/Arnold Rdn 62; Spindler/Stilz/Benz Rdn 33; Heidel/Polley Rdn 18. 214 Ähnlich Bork aaO (Fn 160) S 223 mit der Begründung, dass der Differenzanspruch zwar einen Ausgleich für nicht hinreichende Werthaltigkeit gewähre, nicht aber die Werthaltigkeit selbst schon begründen könne. 215 Ähnlich MünchKommAktG/Pentz Rdn 31; Heidel/Polley Rdn 18. 216 Vgl dazu BGH NJW-RR 2004, 1341 = NZG 2004, 910. 217 BGHZ 64, 52, 62. 218 So auch KK/Arnold Rdn 62; aA MünchKommAktG/Pentz Rdn 31; letzterer sieht Vegleichbarkeit mit Untergang nach Gefahrübergang, der die Erfüllungswirkung der Einbringung unberührt lässt.

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den für die Gesellschaft keinen bezifferbaren Wert besitzt und deshalb als Sacheinlage untauglich ist (oben Rdn 119). So wird es im Allgemeinen liegen, wenn das Recht nur für die Dauer der Gesellschaftszugehörigkeit des Einlegers überlassen ist.219 Dem Fall, dass die Mitgliedschaft nicht vor Ablauf einer bestimmten Mindestfrist gelöst werden kann und deshalb die Mindestdauer der Mitgliedschaft zugleich als Mindestdauer der Überlassung des Nutzungsrechts gewertet werden kann, dürfte im Aktienrecht kaum praktische Bedeutung zukommen. Andererseits wird man auch bei Vereinbarung ungewisser Beendigungsgründe an- 165 gesichts der Vielgestaltigkeit möglicher Sachverhalte nicht ein für alle Mal ausschließen können, dass es nicht in Ausnahmefällen Zeiträume geben kann, für die das Risiko einer Entziehung des Nutzungsrechts als so gering zu veranschlagen ist, dass diesem Recht ein konkreter wirtschaftlicher Wert beigemessen werden kann. Wird dieser Zeitraum später nicht erreicht, steht der Gesellschaft wiederum je nach Sachlage ein Anspruch auf zeitanteiligen Ausgleich der Differenz in bar nach den in Rdn 162 und 163 bezeichneten Grundsätzen zu. f) Befreiung der AG von einer Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten. Als 166 möglicher, wenn auch bei der Gründung mangels bereits bestehender Verbindlichkeiten der noch nicht eingetragenen AG eher seltener Gegenstand einer Sacheinlagevereinbarung kommt auch die Befreiung der Gesellschaft von einer Schuld gegenüber einem Dritten in Betracht (s schon Rdn 126).220 Aktien im Nennwert einer solchen Verbindlichkeit dürfen dafür allerdings nach der abzulehnenden (Rdn 39 u 186) hM nur dann gewährt werden, wenn diese vollwertig (unten Rdn 183), fällig und liquide ist. Anderenfalls ist ein entsprechender Wertabschlag vorzunehmen. Die Befreiung der Gesellschaft kann außer durch unmittelbare Tilgung der Verbindlichkeit gegenüber dem Gläubiger auch durch eine befreiende Schuldübernahme erfolgen. Maßnahmen wie Schuldbeitritt oder Abgabe einer selbstschuldnerischen Bürgschaft, die die Gesellschaft nicht endgültig von ihrer Verbindlichkeit befreien, sind dagegen als Sacheinlage ungeeignet (unten Rdn 169).221 Ohne eine wirksame Sacheinlagevereinbarung, dh bei Bestehen einer Bareinlagepflicht, hätte die Tilgung einer Gesellschaftsverbindlichkeit durch den Einleger jedenfalls hinsichtlich des vor Anmeldung der AG zu zahlenden Teils der Einlage (§§ 36 Abs 2, 37) keine von der Einlagepflicht befreiende Wirkung. Dies folgt bereits aus § 54 Abs 3, der als Erfüllung der Bareinlagepflicht nur die Zahlung von Bar- oder Buchgeld zur freien Verfügung des Vorstandes gelten lässt.222 Etwas anderes soll nach hM223 für den die Mindesteinzahlung der §§ 36 Abs 2, 36a Abs 1 überschreitenden Teil der Einlage gelten. Diesen Teil der Bareinlage soll der Gründer auch dadurch mit befreiender Wirkung leisten können, dass er auf Veranlassung der Gesellschaft einen Gesellschaftsgläubiger befriedigt,

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219 So auch am Rande MünchKommAktG/Pentz Rdn 31 (Fn 51); Insoweit abw Bork aaO (Fn 160) S 212; wie hier aber im Ergebnis Brandes ZGR 1989, 244, 247; Groh DB 1988, 514, 520; s ferner RG JW 1936, 42 f. 220 AllgemM BGH NJW 1986, 989, OLG Stuttgart DB 1986, 1514, OLG Düsseldorf BB 1988, 2126, 2127, OLG Köln ZIP 1989, 238, 239, MünchKommAktG/Pentz Rdn 30; KK/Arnold Rdn 60; Spindler/Stilz/Benz Rdn 29; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 16. 221 KK/Arnold Rdn 60; Spindler/Stilz/Benz Rdn 29; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 11; s auch BGH NZG 2011, 667, 668. 222 Wie hier BGH NJW 1986, 989 = WM 1986, 129 und – grundsätzlich – BGHZ 119, 177 = WM 1992, 1775 = NJW 1992, 3300; ebenso die hM im Schrifttum, dazu ausf Hüffer ZGR 1993, 474 ff, 477 ff; vgl ausführlich Ulmer/Ulmer/Casper § 7 Rdn 42, § 19 Rdn 57; wegen der Einzelheiten s die Erläuterungen zu § 37 u § 54. 223 BGH NJW 1986, 989; Hüffer aaO (Fn 57); Geßler/Bungeroth § 66, 72 ff; KK/Lutter (2. Aufl) § 54, 36 u § 66, 48; Priester BB 1987, 208, 210 f u DB 1987, 1473, 1475; dahingestellt von BGHZ 119, 177 ff; ohne Stellungnahme Spindler/Stilz/Benz Rdn 29.

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dessen Forderung vollwertig, fällig und liquide ist. – Zur Befreiung der AG von einer Verbindlichkeit gegenüber dem Einleger selber, unten Rdn 181. g) Forderungen aa) Forderungen gegen den Einleger und Ansprüche auf dessen Dienstleistungen. Kein als Sacheinlage geeigneter Gegenstand sind Forderungen gegen den einlegenden Gesellschafter selber.224 Ihre Einlage wäre unvereinbar mit dem Grundsatz der realen Kapitalaufbringung. Durch die Begründung einer solchen Forderung würde kein realer Vermögenswert aus dem Vermögen des Gesellschafters ausgeschieden und in dasjenige der Gesellschaft überführt. Anstelle einer effektiven Leistung erhielte die Gesellschaft von ihrem Gründer lediglich das Versprechen einer künftigen Erbringung einer Leistung. Letztlich würde dadurch nur die gesellschaftsrechtliche Verbindlichkeit zur Leistung einer Einlage gegen eine (möglicherweise sogar schwächere) schuldrechtliche Verbindlichkeit desselben Gesellschafters ausgetauscht. In etwas zugespitzter Formulierung ließe sich von einem solchen Vorgehen sagen, dass die Gesellschaft dabei (bis zur tatsächlichen Erfüllung der Leistungszusage) überhaupt keine Einlage erhielte, weil das Versprechen einer Einlage nicht schon selber Einlage sein kann. 168 Diese in Deutschland herrschende Sicht wird durch die insoweit vorrangig maßgebliche Kapitalrichtlinie nicht in Frage gestellt, sondern bestätigt. Eine Geldforderung gegen den Einleger kann nur unmittelbar als Bareinlagepflicht begründet werden und ist dann zu 25% des Nennbetrags sofort einzuzahlen (s oben Rn 55 ff). Auch eine Forderung gegen den Inferenten auf Übertragung eines Vermögensgegenstandes kann entgegen teilweise anzutreffender Sicht nicht selbst Gegenstand einer Sacheinlage sein (§ 36a Rn 7 f). Vielmehr stellt die Fälligkeitsregelung in Art 9 Abs 2 unmittelbar auf die korporatistische Einlageforderung ab. Gegenstand der Sacheinlage ist damit der zu übertragende Gegenstand, nicht die Forderung.225 Das zeigt sich schon daraus, dass andernfalls die Sacheinlagepflicht bereits erfüllt wäre und die Fünfjahresfrist überflüssig wäre. Die Untauglichkeit zur Sacheinlage betrifft damit sämtliche Forderungen gegen den 169 Gründer, gleichgültig, worauf sie im Einzelnen gerichtet sind.226 Dies gilt ebenso für Lieferversprechen des Gründers wie etwa für die Übernahme einer Verpflichtung zur Bewirkung eines bestimmten körperlichen wie unkörperlichen Erfolges (Werkvertrag). Bei der Zusage von Geldleistungen an die Gesellschaft, wozu auch zB227 die Hingabe eines Wechselakzepts des Einlegers (zu Akzepten Dritter Rdn 177) gehört, das lediglich eine weitere zusätzliche Forderung gegen den Einleger begründet,228 oder zu ihren Gunsten an einen Dritten (Bürgschaft, Garantieübernahme)229 würde das gleiche im Übrigen auch schon daraus folgen, dass anderenfalls die Einzahlungspflicht bei Anmeldung der Gesellschaft 167

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224 BGH v. 16.2.2009 – II ZR 120/07 – „Qivive“, BGHZ 180, 38 = NZG 2009, 463, 464 Rz 10 (zur GmbH, dazu Bayer/Lieder NZG 2010, 86 ff; Lieder LMK 2009, 284066; Theusinger/Liese NZG 2009, 641 ff); BGHZ 165, 113 = NZG 2006, 24, 25; MünchKommAktG/Pentz Rdn 26; KK/Arnold Rdn 59; Spindler/Stilz/Benz Rdn 26; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 15; Hüffer/Koch Rdn 16; Grigoleit/Vedder Rdn 9; Heidel/Polley Rdn 15; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 12; Hölters/Solveen Rdn 9; Wachter Rdn 9; Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 70; Scholz/Veil § 5, 51; Seibert/Decker ZIP 2008, 1208, 1210; Burgard AG 2006, 527, 533; Morsch NZG 2003, 97, 100; aA OLG Schleswig GmbHR 2000, 1045; Cahn ZHR 166 (2002) 278, 289 ff; Drygala NZG 2007, 561, 563 f; ders ZGR 2006, 587, 629. 225 Schall S 18 f; aA Ganske DB 1978, 2461, 2462 mit Fn 17. 226 HM, s die N in Fn 224. 227 Darlehenszusage Spindler/Stilz/Benz Rdn 26. 228 So schon RGZ 49, 22, 26. 229 Spindler/Stilz/Benz Rdn 26

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ausgehebelt werden könnte (oben Rdn 63 ff). Anders verhält es sich hinsichtlich der Einlagefähigkeit nur dann, wenn die Verpflichtung des Einlegers in einem dinglichen Recht (Pfandrecht, Grundpfandrecht, Sicherungseigentum, Erbbaurecht, Dienstbarkeit, Nießbrauch) verkörpert ist, s dazu Rdn 137, oder, wie bei den sogenannten obligatorischen Nutzungsrechten, mit einer Übertragung des Besitzes auf die Gesellschaft verbunden ist, oben Rdn 158, weil in diesen Fällen ein als solcher verselbständigter, wenigstens bis zu einem gewissen Maße gesicherter Vermögensgegenstand aus dem Vermögen des Einlegers ausgeschieden und real in dasjenige der Gesellschaft überführt wird.230 Für Dienstleistungsversprechen des Gründers folgt die mangelnde Eignung zur 170 Sacheinlage im Übrigen auch schon aus der positiv-rechtlichen Regelung des § 27 Abs 2 2. Halbs. Hier spielt allerdings neben den in Rdn 167 f genannten Umständen zusätzlich noch die Abhängigkeit von subjektiven Faktoren wie Leben und Gesundheit des Dienstleistungsverpflichteten sowie von dem Fortbestand der für Dienstleistungsverhältnisse unerlässlichen persönlichen Vertrauensbeziehung eine Rolle. Zur Einbringungsfähigkeit von Forderungen auf Dienstleistungen dritter Personen s Rdn 179. Weniger Bedenken bestehen gegen die ausnahmsweise Zulassung der Einlage von 171 Forderungen gegen den Inferenten dann, wenn sie bereits vorher existierten und der Gesellschaft direkt und ohne Gegenleistung durch einen Dritten abgetreten werden. Denn hier bestehen keine Bedenken gegen die abstrakte Begründung und auch nicht gegen einen Wechsel der Causa (Rn 340). Vielmehr handelt es sich um einen bereits zuvor existierenden Vermögensgegenstand wie jeden anderen auch, mit dessen Übertragung die Vorgaben für Bareinlagen bzw Sacheinlagen nicht unterlaufen werden. Bei Geldforderungen können die 25%-Vorgaben des § 36a Abs 1, bei der die Übertragung von anderen Vermögensgegenständen als Geld die Frist des § 36a Abs 2 entsprechend angewendet werden. bb) Forderungen gegen Dritte sowie Ansprüche auf Dienstleistungen Dritter. 172 Ohne weiteres einlagefähig sind Forderungen gegen Dritte.231 Voraussetzung ist wie bei allen anderen Vermögenswerten, dass sie an die AG abgetreten werden können und einen feststellbaren wirtschaftlichen Wert besitzen. Abtretbarkeit in diesem Sinne liegt auch dann vor, wenn sie im Einzelfall von der Zustimmung des Schuldners oder eines Dritten abhängig ist.232 Ausreichend ist es, wenn die Zustimmung bei Abtretung vorliegt. Bei Versagung der Zustimmung lebt an Stelle der nicht erbringbaren Sacheinlage die primäre (Rdn 93) Verpflichtung zur Leistung einer Bareinlage in Höhe des in der Sacheinlagevereinbarung angenommenen Wertes der nicht eingebrachten Forderung wieder auf; vgl auch den in Rdn 144 behandelten, ähnlich liegenden Fall. Einlagefähig sind grundsätzlich auch bestrittene, einredebehaftete (illiquide) oder 173 sonst in ihrer Einbringlichkeit (etwa im Hinblick auf die Bonität des Schuldners) zweifelhafte Forderungen.233 Entsprechendes gilt für Forderungen, die von der Erbringung einer Gegenleistung (§ 320 BGB)234 oder sonstigen Voraussetzungen abhängig sind. Allen

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230 MünchKommAktG/Pentz Rdn 26; KK/Arnold Rdn 59; Spindler/Stilz/Benz Rdn 27; Bürgers/Körber/ Lohse Rdn 12. 231 MünchKommAktG/Pentz Rdn 26; KK/Arnold Rdn 51 ff; Spindler/Stilz/Benz Rdn 22 f; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 14; Hüffer/Koch Rdn 16; Grigoleit/Vedder Rdn 9; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 12; Heidel/Polley Rdn 15; Hölters/Solveen Rdn 8; Wachter Rdn 9. 232 Spindler/Stilz/Benz Rdn 22; Scholz/Veil § 5, Rdn 45; Ulmer/Ulmer/Casper § 5 Rdn 63. 233 Ulmer/Ulmer/Casper § 5 Rdn 63. 234 Spindler/Stilz/Benz Rdn 23; KK/Arnold Rdn 51; KK/Lutter (2. Aufl) § 183 Rdn 21; Ulmer/Ulmer/Casper § 5 Rdn 63.

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diesen Umständen ist nur im Rahmen der Bewertung Rechnung zu tragen.235 Sie werden nahezu durchweg zu mehr oder weniger großen Bewertungsabschlägen führen. Nicht auszuschließen ist auch, dass im Einzelfall das Einbringungsrisiko so groß ist, dass der Forderung in Ermangelung eines (Rest-)Wertes die Einlagefähigkeit im Ergebnis überhaupt abzusprechen ist. Als Forderung gegen einen Dritten muss auch die gegen einen Mitgesellschafter 174 gerichtete Forderung gelten.236 Entscheidend ist allein, dass es sich nicht lediglich um eine Verpflichtung des Einlegers selber gegenüber der AG handelt, dazu Rdn 167. Auch befristete Forderungen werden heute überwiegend unter Berücksichtigung 175 eines entsprechenden Abschlags bei der Bewertung als einlagefähig angesehen.237 Teilweise geschieht dies allerdings mit dem anschließenden oder an anderer Stelle gemachten Zusatz, dass künftige Forderungen nicht zur Einlage geeignet seien.238 Das vermag in dieser Form nicht zu überzeugen. Da bei befristeten Forderungen die Einlageverpflichtung des Schuldners rechtlich erst zum Termin entsteht, handelt es sich auch bei ihnen in der Sache um künftige Forderungen. Entscheidend für die Eignung als Sacheinlage kann von vornherein nicht der feingesponnene Unterschied sein, ob der Schuldner erst zum Termin verpflichtet ist oder ob zwar die Forderung schon besteht, aber nur auf Leistung zum Termin gerichtet ist.239 Für die Eignung als Sacheinlage kommt es allein darauf an, ob die Forderung bereits gegenwärtig einen greifbaren und in Geld messbaren (feststellbaren) Wert verkörpert. Dies aber hängt nicht so sehr davon ab, ob die Forderung betagt oder befristet ist, sondern von dem voraussichtlichen Zeitpunkt und dem Grad der Gewißheit der Leistung des Schuldners. Sowohl betagte als auch befristete Forderungen können deshalb je nach Sachlage durchaus einen feststellbaren Vermögenswert verkörpern oder auch vermissen lassen. Es geht hier mithin letztlich nicht um Fragen grundsätzlicher Eignung oder Nichteignung als Sacheinlage, sondern um die konkrete Bewertbarkeit und Bewertung im Einzelfall. Von vornherein einlageunfähig sind dagegen Forderungen, für die es zum Zeitpunkt der Einlagevereinbarung an jeder Grundlegung fehlt, weil es sich bei ihnen, wie etwa bei der Erwartung eines künftigen Gewinnes, um ungewisse, mehr oder weniger spekulative Hoffnungen handelt. Nach denselben Grundsätzen ist die ebenfalls nicht einheitlich beantwortete Frage 176 nach der Einlagefähigkeit bedingter Forderungen240 zu entscheiden. Die solchen For-

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235 Spindler/Stilz/Benz Rdn 23; KK/Arnold Rdn 51. 236 Zust Scholz/Veil § 5, 45; Grigoleit/Vedder Rdn 9; aA die hM, KK/Arnold Rdn 61; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 15; wohl auch Spindler/Stilz/Benz Rdn 28; im Grundsatz ebenso, aber eine dingliche Sicherung als genügend erachtend MünchKommAktG/Pentz Rdn 27 Heidel/Polley Rdn 15; Hölters/Solveen Rdn 9; bei der GmbH verneint die hM ebenfalls die Einlagefähigkeit; Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 63; MünchKommGmbHG/Schwandtner § 5, Rdn 113; aA aufgrund des neuen § 19 Abs 5 GmbHG allerdings Wicke § 5 Rdn 33; Heinze GmbHR 2008, 1065, 1072 f; Bormann GmbHR 2007, 897, 903; Joost ZIP 2007, 2242, 2244 f. 237 MünchKommAktG/Pentz Rdn 28; KK/Arnold Rdn 52; Spindler/Stilz/Benz Rdn 23; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 15; Hüffer/Koch Rdn 16; Heidel/Polley Rdn 15; Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 64. 238 Die hM hält künftige Forderungen für nicht einlagefähig KK/Arnold Rdn 52; Spindler/Stilz/Benz Rdn 25; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 15; Hüffer/Koch Rdn 16; Grigoleit/Vedder Rdn 9; Heidel/Polley Rdn 16; aA MünchKommAktG/Pentz Rdn 28. 239 AA offensichtlich KK/Lutter (2. Aufl) § 183 Rdn 21, der die Betagung einer Forderung nur bei der Bewertung durch Abzinsung berücksichtigen will, während er befristeten Forderungen die Einlagefähigkeit generell abspricht. 240 Generell gegen die Einlagefähigkeit bedingter Forderungen MünchKommAktG/Pentz Rdn 28; KK/Arnold Rdn 52; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 15; Heidel/Polley Rdn 16; Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 64; differenzierend nach Eintrittszeitpunkt mit Wertabschlag Scholz/Veil § 5 Rdn 45; MünchKommGmbHG/ Schwandtner § 5 Rdn 117.

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derungen eigene Ungewissheit über ihre Entstehung bzw ihren späteren Wegfall wird zwar vielfach dazu führen, dass ihnen die Eigenschaft eines Vermögensgegenstandes mit gegenwärtig feststellbarem wirtschaftlichen Wert abgesprochen werden muss. Denknotwendig ist dies jedoch nicht. Letztlich geht es auch hier allein um Fragen der Bewertung im Einzelfall in Abhängigkeit von der Wahrscheinlichkeit oder Unwahrscheinlichkeit des Eintritts oder Ausfalls der Bedingung.241 Je nach den Umständen kann dies dazu führen, dass der Forderung sogar ein erheblicher Wert zuzusprechen ist oder dieser bei oder nahe bei null anzusiedeln ist. Es wäre auch schwer einzusehen, warum für Bedingungen im Rechtssinne ein grundsätzlich anderer Maßstab gelten sollte als für Forderungen, die mit anderen, im konkreten Fall möglicherweise sogar weit größeren Ungewissheiten hinsichtlich ihrer Erfüllung belastet sind, bei denen aber allgemein die Einlagefähigkeit nicht in Frage gestellt wird (oben Rdn 173). Der Inhalt der Forderung gegen den Dritten ist grundsätzlich ohne Bedeutung für 177 ihre Einlagefähigkeit und von Einfluss nur auf ihre Bewertung.242 Die als Sacheinlage an die Gesellschaft abgetretene oder auf anderem Wege übertragene (etwa bei Verbriefung in einem verkehrsfähigen Wertpapier wie zB einem Wechsel) Forderung kann deshalb ebenso auf eine Geldleistung wie auf Lieferung einer Sache oder eines anderen in Geld bewertbaren Vermögensgegenstandes gerichtet sein, s aber auch Rdn 178 f. Es gilt insofern im Grundsatz nichts anderes als für die Einlagefähigkeit von Vermögensgegenständen, die vom Gründer selber als Sacheinlage zu leisten wären. Maßstab ist in allen Fällen allein das in § 27 Abs 2 normierte Kriterium des Vorhandenseins eines Vermögensaktivums mit feststellbarem wirtschaftlichen Wert. Einlagefähig sind deshalb bei Erfüllung dieser Voraussetzungen auch Ansprüche des Gründers gegen einen Dritten auf Nutzung von Sachen und Rechten243 (oben Rdn 155 f) sowie Ansprüche auf Einräumung einer wirtschaftlichen Vorzugsstellung, wie zB das Recht auf eine Inseratenvertretung,244 auf die Generalvertretung eines Unternehmens 245 oder sonstige Alleinstellungen, denen der Verkehr eigenen Vermögenswert zuspricht. Geeignet sind ferner auch Konzessionen, soweit abtretbar. Besonderer Erörterung bedarf die Sacheinlagefähigkeit von Forderungen gegen ei- 178 nen Dritten, die auf die Erbringung einer Werk- oder Dienstleistung gerichtet sind. Nach einer früher im aktienrechtlichen Schrifttum verbreiteten Ansicht246 sollen Ansprüche auf die Erbringung von Werkleistungen, auch wenn sie sich nicht gegen den Einleger selber, sondern gegen einen Dritten richten, generell nicht einlagefähig sein. Dem ist nicht beizutreten. Es gibt keinen zwingenden Grund, die Rechte aus einem Werkvertrag, etwa den gegen einen Generalübernehmer gerichteten Anspruch auf Errichtung eines auch von der AG benötigten Bauwerks (Bürogebäude, Werkshalle, etc) auf dem künftigen Betriebsgelände der Gesellschaft, anders zu behandeln als zB Lieferforderungen aus

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241 BGH NZG 2011, 667, 668 Tz 14; kein wirtschaftlicher Wert bei ungewisser Entstehung (= solange Bedingungseintritt nicht überwiegend wahrscheinlich); wie hier auch Spindler/Stilz/Benz Rdn 23, Grigoleit/Vedder Rdn 9; Hüffer/Koch Rdn 16; für auflösend bedingte Forderungen bei völliger Unwahrscheinlichkeit des Bedingungseintritts; angesichts der von § 27 Abs 2 geforderten wirtschaftlichen Betrachtungsweise kann aber für aufschiebend bedingte Forderungen bei nahezu völliger Gewißheit des Bedingungseintritts nichts anderes gelten. 242 Vgl Spindler/Stilz/Benz Rdn 22, der die Einlagefähigkeit auf die die Forderung ausgerichtet ist verlangt. 243 Hier wohl von jeher weitgehend unstr, KGJ 38 A 161, 168 = OLG 22, 25; sa die N in Fn 55 und 56. 244 KGJ 44 A 146. 245 KG OLG Rspr 24, 163. 246 Geßler/Eckardt 17: dort sogar als „hA“ bezeichnet, ebenso wohl dritte Aufl (Barz) Anm 7 und 9 differenzierend nach der Vertretbarkeit MünchKommAktG/Pentz Rdn 35; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 18; Scholz/Veil § 5, 51.

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anderen gegenseitigen Verträgen. Insbesondere ist auch der Wert eines Werkes regelmäßig ohne weiteres an Hand objektiver Kriterien feststellbar. Anders kann es eventuell bei Werkverträgen liegen, die sich aufgrund ihrer Bindung an die Arbeitsleistung einer bestimmten Person stark an die Verpflichtung zu einer persönlichen Dienstleistung (Rdn 170) annähern und deshalb zumindest im Ergebnis nicht anders behandelt werden dürfen als diese.247 179 Ansprüche auf Dienstleistungen Dritter werden heute nahezu allgemein als nicht einlagefähig angesehen.248 Ob dies bereits zwingend aus § 27 Abs 2 2. Altern iVm Art 7 der Zweiten Richtlinie folgt, kann zweifelhaft sein. Die Vorschrift macht nicht kenntlich, ob sie nur für Dienstleistungen des Gründers oder auch für an die AG abgetretene Dienstpflichten eines Dritten gelten soll. Jedenfalls muss aber die vom Gesetz getroffene Wertung auch auf die Einschätzung der Einlagefähigkeit von Dienstverpflichtungen dritter Personen durchschlagen: wegen ihrer Abhängigkeit von personengebundenen Faktoren wie des Fortbestandes von Leben und Gesundheit (Arbeitsfähigkeit) des Verpflichteten sowie des unerlässlichen persönlichen Einvernehmens sind Ansprüche auf künftige Leistungen von Diensten eines anderen Menschen typischerweise zu gefährdet, um die Aufbringung des Garantiekapitals der AG ausreichend zu gewährleisten. Die Berücksichtigung dieser Tatsache hätte zwar der Bewertung überlassen werden können (vgl § 612 BGB). Nachdem sich jedoch der europäische Gesetzgeber für eine generalisierende Regelung ausgesprochen hat, erscheint es angebracht, diese nicht nur auf die Dienste des Gründers, sondern auch diejenigen dritter Personen zu beziehen. 180 Im Grundsatz nichts anderes als für die Einbringung von Forderungen gegen Dritte gilt für die Einbringungsfähigkeit von Vertragsangeboten, die dem Gründer von einem Dritten gemacht worden sind. Sie sind als Vorstufe einer Forderung zur Sacheinlage geeignet, wenn sie ohne weiteres auf die Gesellschaft übertragen werden können,249 der Anbieter bereits so gebunden ist, dass die Gesellschaft die Möglichkeit zur Annahme binnen eines angemessenen, verlässlich zu berechnenden Zeitraums erhält und das mit der Annahme des Angebots durch die Gesellschaft für sie entstehende Forderungsrecht (wie etwa der Anspruch auf Lieferung einer Sache) in ihren Händen einen einlagefähigen Vermögensgegenstand darstellt. Alles andere, auch die Frage nach den Auswirkungen einer möglicherweise von der Gesellschaft zu erbringenden Gegenleistung (oben Rdn 173), ist eine Frage der Bewertung im konkreten Einzelfall.250

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247 So wohl auch die heute im Anschluß an Lutter Kapital S 232 f ganz überwiegende Meinung, MünchKommAktG/Pentz Rdn 26; KK/Arnold Rdn 53; Spindler/Stilz/Benz Rdn 22; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 14. 248 So auch die Rspr. für die GmbH zunächst: BGH v. 16.2.2009 – II ZR 120/07 – „Qivive“, BGHZ 180, 38, Rz 10, dazu Bayer/Lieder NZG 2010, 86 ff; Lieder LMK 2009, 284066; Theusinger/Liese NZG 2009, 641 ff; sodann bestätigend für die AG: BGH v. 1.2.2010 – II ZR 173/08 – „Eurobike“, BGHZ 184, 158 = GmbHR 2010, 421. MünchKommAktG/Pentz Rdn 33; KK/Arnold Rdn 66; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 18; Hüffer/Koch Rdn 22; Grigoleit/Vedder Rdn 10; Heidel/Polley Rdn 15; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 11; Hölters/Solveen Rdn 9; Wachter Rdn 11; Geßler/Eckardt Rdn 16; Lutter Kapital S 232 Ganske DB 1978, 2462; bei der GmbH Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 71; Scholz/Veil § 5, 51; Lutter/Hommelhoff/Bayer § 5, 18; anders allerdings Rowedder/Schmidt-Leithoff § 5, Rdn 29; Roth/Altmeppen § 5 Rdn 43; Michalski/Zeidler § 5 Rdn 112; krit u mindestens zweifelnd (für das Aktienrecht) dagegen vor allem Hüffer NJW 1979, 1065, 1067; aA Spindler/ Stilz/Benz Rdn 22; Skibbe GmbHR 1980, 75. 249 Ebenso Spindler/Stilz/Benz Rdn 23; im Ergebnis wie hier RG SeuffA 87 Nr 71; KG RJA 12, 58. 250 AA Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 79; der schon die Eignung zur Sacheinlage überhaupt davon abhängig machen will, dass sich das Angebot auf eine Leistung von fest bestimmter Dauer bezieht und ihr Wert denjenigen der Gegenleistung nachhaltig übersteigt; im Anwendungsbereich des § 27 Abs 2 könnte dem keinesfalls zugestimmt werden.

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cc) Forderungen des Einlegers gegen die Gesellschaft. Nach allgemeiner Mei- 181 nung kann auch eine eigene Forderung des Gründers gegen die Vor-AG Gegenstand einer Sacheinlage sein.251 Zweifelhaft und umstritten ist lediglich, ob sie nicht als Sacheinlage eingebracht werden muss,252 weil bei Einbringung als Bareinlage die (nur) für Sacheinlagen obligatorische Prüfung ihrer Werthaltigkeit entfiele und weil eine Verrechnung aus Gründen des Umgehungsschutzes daher nicht für zulässig gehalten wird, dazu auch unten Rdn 308 f. Praktische Bedeutung hat diese Frage allerdings weniger bei der Gründung, weil es hier im allgemeinen an einer Forderung des Gründers gegen die noch nicht entstandene Gesellschaft fehlen wird, als vielmehr bei Kapitalerhöhungen. In Ausnahmefällen kann die Einbringung eigener Forderungen gegen die AG (Vorgesellschaft) aber auch bei der Gründung vorkommen. So wenn ein Unternehmen eingebracht werden soll, zu dem eine Verbindlichkeit gegenüber einem der Gründer gehört, oder die Vorgesellschaft gegenüber einem der Gründer eine Verbindlichkeit eingegangen ist, die vor Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister in eine Sacheinlage umgewandelt werden soll. Auch der Anspruch gegen die Gesellschaft auf Erstattung verauslagter Gründungskosten (§ 26) kann als Sacheinlage verwendet werden,253 nicht aber derjenige auf Zahlung eines Gründerlohns,254 da der Gründer im letztgenannten Fall im Ergebnis überhaupt keine Einlage leisten würde. Nicht einlagefähig sind ferner künftige Ansprüche gegen die AG, wie künftige Gehaltsansprüche als Vorstand oder künftige Dividendenforderungen.255 Auch hier würde es an einer effektiven Aufbringung eines realen Haftungs- und Betriebsfonds, aus dem die Gesellschaft ihre Kosten und ihren Gewinn erwirtschaften soll, fehlen. Die Einbringung der Forderung geschieht nach hM durch Erlassvertrag oder Ab- 182 tretung der Forderung an die Gesellschaft, die das Erlöschen der Forderung infolge Konfusion bewirkt.256 Die Tatsache, dass die Gesellschaft dadurch kein zusätzliches Aktivum, sondern lediglich die Befreiung von einer Verbindlichkeit erhält, wird dabei – zu Unrecht (Rn 185 ff) – für unschädlich gehalten. Entscheidend soll allein sein, dass auch auf diesem Wege eine reale Vermehrung des Reinvermögens der Gesellschaft erzielt wird. Die Frage, inwieweit die Forderung einen wirtschaftlichen Wert verkörpert und 183 in welcher Höhe deshalb für ihre Einbringung Aktienrechte gewährt werden dürfen, entscheidet sich vor allem daran, ob die Gesellschaft die Forderung ohne Kapitalerhöhung

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251 BGHZ 110, 47 ff, 60; s ferner zur GmbH BGHZ 113, 335 ff, 341; sa schon BGHZ 15, 52, 60; NJW 1970, 469 sowie auch WM 1959, 1113 ff; zur GmbH noch BGHZ 125, 141 = NJW 1994, 1477; BGHZ 132, 141 = NJW 1996, 1473; BGHZ 152, 37 = NJW 2002, 3774; MünchKommAktG/Pentz Rdn 29; KK/Arnold Rdn 54; Spindler/Stilz/ Benz Rdn 24; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 16; Hüffer/Koch Rdn 17; Grigoleit/Vedder Rdn 9; Heidel/Polley Rdn 16; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 12; Hölters/Solveen Rdn 9; Wachter Rdn 9; Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 65; Scholz/Veil § 5, 46 jeweils mwN. 252 So die hM, BGHZ 110, 47 ff, 60; zur GmbH BGHZ 113, 335 ff, 341; MünchKommAktG/Pentz Rdn 29; KK/Arnold Rdn 57; Spindler/Stilz/Benz Rdn 24; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 16; Hüffer/Koch Rdn 17; Heidel/Polley Rdn 16; Wachter Rdn 9; aA Schall S 144 ff; ders ZGR 2009, 126, 148: für Aufgabe des Verrechnungsverbotes nach der Reform des Kapitaltschutzes, die das Mindestkapital als Seriositätssignal erscheinen lässt. 253 BGH NJW 1970, 469; MünchKommAktG/Pentz Rdn 29; Spindler/Stilz/Benz Rdn 24; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 16; Heidel/Polley Rdn 16; Hölters/Solveen Rdn 9; ohne Stellungnahme Grigoleit/Vedder Rdn 9; Scholz/Veil § 5, 46; Lutter aaO (Fn 4) S 237 ff, 324 f aA KK/Arnold Rdn 54, der nicht zwischen Gründungsaufwand und Gründungslohn unterscheidet. 254 Zutr, KK/Arnold Rdn 54; Spindler/Stilz/Benz Rdn 24; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 16; „problematisch“ aA Scholz/Veil § 5, 46, wohl auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 29 „angemessener Gründerlohn“. 255 MünchKommAktG/Pentz Rdn 29; Spindler/Stilz/Benz Rdn 25; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 16; Grigoleit/Vedder Rdn 9; Heidel/Polley Rdn 16. 256 Unstr, BGHZ 110, 47, 60 mwN.

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neben ihren sonstigen Verbindlichkeiten aus eigenen Mitteln befriedigen könnte (Vollwertigkeit). Daran soll es fehlen, wenn die Gesellschaft bereits überschuldet ist. Reicht das Vermögen der Gesellschaft mithin nicht aus, ihren sämtlichen bereits bestehenden Verbindlichkeiten nachzukommen, so muss bei der Bewertung der Sacheinlage ein Abschlag vorgenommen werden.257 Im Schrifttum258 wird dies allerdings teilweise mit der Begründung in Abrede gestellt, dass aus der Sicht der Gesellschaft jede Verbindlichkeit vollwertig sei. Dies komme vor allem auch darin zum Ausdruck, dass die Gesellschaft ihre Verbindlichkeiten stets zum vollen Nominalwert zu bilanzieren habe und infolge des bei der Umwandlung einer Verbindlichkeit in haftendes Kapital eintretenden Passivtausches durch den Fortfall einer Verbindlichkeit ein durch sie bisher gebundenes Aktivum frei werde, was der Zuführung eines aktiven Vermögensgegenstandes in dieser Höhe im Ergebnis gleichkomme, da dadurch das Reinvermögen der Gesellschaft in gleicher Weise vermehrt werde. Dieser Argumentation, die in ganz ähnlicher Form auch als Begründung für die von einem Teil des Schrifttums für zulässig erachtete Einbringung von Verbindlichkeiten als Bareinlage vor allem bei Kapitalerhöhungen verwendet wird (Rdn 23 ff), wird zwar entgegenhalten, dass der objektive, in Geld feststellbare Vermögenswert einer solchen Forderung zweifellos hinter ihrem Nominalwert zurückbleibt. Niemand würde eine Forderung gegen eine bereits angeschlagene Gesellschaft zum vollen Wert erwerben. Eine solche Forderung wird im Geschäftsverkehr stets mit einem Wertabschlag belegt (oben Rdn 173). Das stimmt zwar, doch kommt es darauf ja gar nicht an, weil die Forderung von der Gesellschaft nicht als weiter veräußerbares Aktivum erworben wird, sondern weil die Gesellschaft in Wahrheit von ihrer Schuld befreit wird, was notwendig mit dem Nennbetrag zu Buche schlägt (gleich Rdn 186). 184 Trotz der eindeutigen Stellungnahme in BGHZ 110, 47 – IHB und der ihm folgenden hM im deutschen Schrifttum (Rdn 181) kann die Frage für die Praxis nicht als geklärt gelten. Da § 27 Abs 2 auf der Umsetzung einer Norm des europäischen Gemeinschaftsrechts (Art 7 der Zweiten Richtlinie) beruht, liegt die endgültige Entscheidung beim EuGH, der sich dazu bisher nicht geäußert hat (s oben Rdn 32 ff). Nach bereits oben entwickelter Auffassung liegt die überzeugende Auflösung der 185 Problematik allerdings weder in der freien Zulassung einer Verrechnung, die das deutsche Recht auf Grundlage seines verschärften Umgehungsschutzes ablehnt, noch aber in der von der hM propagierten Einbringung der Forderung. Denn diese kann der Gesellschaft nicht im oben beschriebenen und allgemein bei Sacheinlagen für notwendig befundenen Sinne zur Nutzung übertragen werden, da sie unmittelbar mit der Abtretung durch Konfusion erlischt. Außerdem würde (auch) mit der Forderungseinbringung (uns erst recht mit einer verrechenbaren Bareinlage) das falsche Signal einer tatsächlichen Vermögenszuführung gesendet, während tatsächlich nur ein Passivum getauscht wird.

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257 Grundsätzlich BGHZ 113, 335, 341 f; 110, 47, 61 mit umfangreichen Rspr- u Schrifttumsnachw; 15, 52, 60 f; s ferner MünchKommAktG/Pentz Rdn 29; KK/Arnold Rdn 55; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 20; Hüffer/ Koch Rdn 25; ebenso zur entsprechenden Rechtslage bei der GmbH Scholz/Veil § 5 Rdn 46; Ulmer/Ulmer/ Casper § 5, Rdn 66; jeweils mwN Ekkenga DB 2012, 331 ff; Priester DB 2010, 1445, 1448 f; Seibt/Schulz CFL 2012, 313, 326 f; Wiedemann FS Hoffmann-Becking, 2013, S 1387, 1391 f. 258 Wieder aufgekommen Cahn/Simon/Theiselmann DB 2012, 501 ff; Wansleben WM 2012, 2083 ff; Schall S 144 ff; ders ZGR 2009, 126, 148; Cavin S 298 ff; früher schon Geßler in: FS Möhring, 1975, S 173 ff, 191; Meilicke Die verschleierte Sacheinlage, 1989, 23 ff u DB 1989, 1069, 1072 ff und 1119 ff; Reuter BB 1978, 1195; für eine Bewertung aus der Sicht der Gesellschaft Hannemann DB 1995, 2055 mit Rechenbeispielen und wN. Zum KG-Recht Heidel/Schall § 171 Rn 60 ff, 64.

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Daher ist der Gesellschaft als Sacheinlage in Wahrheit die Schuldbefreiung zu leisten. Die Schuldbefreiung ist grds ein tauglicher Einlagegegenstand (Rdn 166). Dabei ist ersichtlich unerheblich, ob es um die Schuld bei einem Dritten oder bei dem Inferenten geht. Auch die Werthaltigkeit der Forderung ist entgegen der hM unerheblich. Denn die Passivseite wird in jedem Fall in Höhe des Nennbetrages um eine Schuld befreit. Folgt man dem, ist das Publizitätssignal an den Verkehr – anders als bei Bareinlage mit Verrechnung sowie bei Forderungseinlage – korrekt. Überdies erspart man sich den schwer nachvollziehbaren Effekt, dass der einbringende Gläubiger zu Gunsten des bereits vorhandenen und eigentlich verlorenen Kapitals Abschläge auf den Nennbetrag hinnehmen muss.259 Da eine Schuldbefreiung der Gesellschaft immer zum Nennbetrag der Forderung erfolgt, ist hier in teleologischer Reduktion des Art 10 wie auch der §§ 33 ff von einer Werthaltigkeitsprüfung abzusehen. Folgt man dagegen der hM, ist ein Abschlag vom Nennwert jedenfalls dann erforderlich, wenn die einzulegende Forderung des Gründers gegen die Gesellschaft nicht unstreitig und damit nicht liquide ist.260 Zweifelhaft und streitig ist weiter, ob auch die fehlende Fälligkeit der Forderung einen Wertabschlag rechtfertigt.261 Für unverzinsliche Forderungen wird man wohl nicht umhin kommen, dies zu bejahen. Bei der im Ergebnis einer vorzeitigen Rückzahlung gleichkommenden Einbringung einer solchen Forderung zum Nennwert erhielte der Gründer mehr als er bei anderweiter Verwertung dafür erzielen könnte. Auch für die Gesellschaft ist die Einbringung einer solchen Forderung weniger wert als eine entsprechende Zufuhr von Barkapital. Anders verhält es sich dagegen – zumindest im Regelfall – bei verzinslichen Forderungen, da dem Zinsverzicht des Gründers hier auf Seiten der Gesellschaft die Befreiung von der Zinslast entspricht und damit die Sacheinlage in ihrem Wert typischerweise nicht hinter der Bareinlage zurückbleibt.262 Hinsichtlich der Einbringung einer Gesellschafterdarlehensforderung als Sacheinlage, die vor allem bei der Kapitalerhöhung vorkommen kann, ist zu unterscheiden: eine Forderung gegen die insolvente Gesellschaft, deren Rückzahlbarkeit bereits nach § 39 Abs 1 Nr 5 InsO ausgeschlossen ist, kann auch nicht mehr als Sacheinlage eingebracht werden. Eine Forderung dieser Art stellt keine echte Verbindlichkeit der Gesellschaft dar. Dies macht sie von vornherein untauglich, zur Erfüllung einer Einlagepflicht zu dienen.263 Ist die Gesellschaft bereits in der Krise, sind wegen des drohenden Totalausfalls höhere Abschläge vorzunehmen. Auch können die §§ 129 ff InsO gegen die Einbringung greifen. Auch in der gesunden Gesellschaft kann die Einbringung nach § 135 Abs 1 Nr 2 der Anfechtung unterliegen.

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5. Bewertungsfragen a) Verbot der Überbewertung. Nach der auch für die AG geltenden Vorschrift des 191 § 242 HGB trifft jeden Kaufmann die Pflicht, zu Beginn seines Gewerbes eine Eröffnungs-

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259 Kritisch schon Schall S 146. 260 Zust MünchKommAktG/Pentz Rdn 29; KK/Arnold Rdn 69; Spindler/Stilz/Benz Rdn 38; Schmidt/ Lutter/Bayer Rdn 20; Arnold FS Hoffmann-Becking, 2013, S 29 ff; Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 66; und in diesem Punkt auch der Generalanwalt des EuGH o Rdn 27. 261 Für einen Wertabschlag Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 64; W. Meilicke aaO (Fn 90), tendenziell auch der Generalanwalt des EuGH aaO (Fn 3) 1042 mit allerdings eigenartiger Begründung. 262 So im Ergebnis wohl auch Meilicke aaO (Fn 90). 263 Zum alten Eigenkapitalersatzrecht BGHZ 90, 370 f für den Fall der Verrechnung gegen eine Bareinlageschuld.

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bilanz aufzustellen.264 Dies ebenso wie der Umstand, dass für die Sacheinlage Aktien in einem bestimmten Nennwert ausgegeben werden, die einem gleich hohen rechnerischen Anteil am Grundkapital der Gesellschaft entsprechen müssen, macht die Bewertung jeder Sacheinlage erforderlich. Infolge des auch für Sacheinlagen geltenden Verbots der Unterpari-Emission (§ 9 Abs 1) darf der Wert der Sacheinlage jedenfalls nicht hinter dem Nennwert der für sie gewährten Aktien zurückbleiben,265 dazu auch §§ 33 Abs 2 Nr 4, 34 Abs 1 Nr 2 (obligatorische externe Gründungsprüfung der Werthaltigkeit vereinbarter Sacheinlagen), §§ 36a Abs 2 S 3, 37 Abs 1 S 1 (Werthaltigkeit als Anmeldevoraussetzung), § 38 Abs 1 und Abs 2 S 2 (mangelnde Werthaltigkeit als Eintragungshindernis). Andernfalls läge eine unzulässige Überbewertung der Sacheinlage vor. Die Folge wäre, dass in Höhe der Differenz zwischen dem höheren Anrechnungsbetrag und dem niedrigeren wirklichen Wert der Sacheinlage das in der Satzung der AG ausgewiesene Grundkapital nicht aufgebracht würde. Aufgelder nehmen dagegen als solche am unmittelbaren Schutz durch das Verbot 192 der Unterpari-Emission nicht teil, wohl aber an dem durch Art 10 der Kapitalrichtline (neugefasst 2012/30/EU), s § 34 Rdn 12. Im Ergebnis muss der Wert der Sacheinlage daher auch ein etwaiges getrennt von dem Nennwert der übernommenen Aktien ausgewiesenes Aufgeld mit abdecken, dazu näher unten Rdn 209.266 193

b) Rechtslage bei Unterbewertung. Nicht eindeutig ist dagegen die rechtliche Behandlung der Unterbewertung einer Sacheinlage. Sie bewirkt lediglich, dass die AG in Gestalt der zu niedrig bewerteten Sacheinlage mehr an Wert erhält, als sie dafür in ihrem Grundkapital ausweist und an Aktien ausgibt (Überpari-Emission). Infolgedessen kann die Unterbewertung von Sacheinlagen die Aufbringung des Grundkapitals nicht gefährden. Sie führt im Gegenteil dazu, dass die AG bereits im Zeitpunkt ihrer Entstehung stille Reserven in Höhe der Differenz zwischen dem Anrechnungsbetrag und dem überschießenden wirklichen Wert der Sacheinlage bildet. Unter diesem Gesichtspunkt könnte die Unterbewertung von Sacheinlagen unbedenklich erscheinen. 267 Dabei würde jedoch nicht hinreichend berücksichtigt, dass das geltende Recht nicht nur die willkürliche Bildung stiller Reserven bei Kapitalgesellschaften nicht zulässt,268 sondern mittlerweile auch die über den konkret ermittelten Wertminderungsbedarf hinausreichende Abschreibung aufgrund „vernünftiger kaufmännischer Beurteilung“269 verbietet und statt-

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264 Unstr. Daneben wird bei Sacheinlagen in der Praxis regelmäßig auch eine Einbringungsbilanz aufgestellt, an deren Wertansätze die Gründungs- und Registerprüfung anknüpft, vgl dazu Priester BB 1980, 19, 21; vgl zum Stichtag für die Aufstellung der Gründungsbilanz auch ausführlich Joswig Gründungsbilanzierung bei Kapitalgesellschaften nach Handels- und Steuerrecht, 1995, 141 ff; MünchKommAktG/Pentz Rdn 37 für eine freie Wahl des Bewertungszeitpunkts der Gründer. 265 Unstr, MünchKommAktG/Pentz Rdn 37; KK/Arnold Rdn 73; Spindler/Stilz/Benz Rdn 42; Schmidt/ Lutter/Bayer Rdn 19; Hüffer/Koch Rdn 19; Grigoleit/Vedder Rdn 37; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 13; Heidel/ Polley Rdn 20; Hölters/Solveen Rdn 11; Wachter Rdn 15. 266 BGHZ 191, 364 Rdn 17 ff; OLG Jena AG 2007, 31, 37; MünchKommAktG/Pentz Rdn 44; KK/ Arnold Rdn 74; K. Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 26; Hüffer/Koch Rdn 21; Heidel/Polley Rdn 20; Baums FS Hommelhoff, 2012, S 61, 66; Verse ZGR 2012, 875, 878 ff; Wieneke NZG 2012, 136, 137; O Brändel § 9 Rdn 18; entsprechend auch die hM zu § 9 GmbHG Ulmer/Ulmer/Habersack § 9, Rdn 12 § 9, 12; Scholz/Veil § 9, Rdn 9; Lutter/Hommelhoff/Bayer § 9, Rdn 4; teilweise aA Gienow in: FS Semler, 1993, S 175. 267 So in der Tat die wohl früher üM im GmbH-Recht; vgl Hachenburg/Ulmer § 5 Rdn 67 mwN; zumindest zweifelnd Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 21; wohl für zulässig Spindler/Stilz/Benz Rdn 43. 268 Dieses Verbot ließ sich schon vor dem BilMOG aus § 279 Abs 1 S 1 HGB aF iVm § 253 Abs 4 HGB aF herleiten, siehe auch § 254 Abs 3 S 3 aF, wonach Abschreibungen auf Grundage einer vernünftigen kaufmännischen Beurteilung zu erfolgen haben. 269 So noch § 254 Abs 3 S 3 HGB aF.

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dessen die möglichst reale Wertabbildung erfordert.270 Die bei der Ausgabe von Aktien über den Nennwert hinaus erzielten Beträge sind vielmehr nach § 272 Abs 2 Nr 1 HGB in die Kapitalrücklage (sa § 150 AktG) einzustellen. Diese zwingenden gesetzlichen Vorschriften werden bei einer verdeckten Unterbewertung von Sacheinlagen umgangen Darüber hinaus können Unterbewertungen und die durch sie bedingten geringeren 194 Abschreibungen zur Ausweisung überhöhter Gewinne führen, deren Ausschüttung die Wirkung einer unbemerkt bleibenden teilweisen Rückgewähr der Sacheinlage hätte. Daraus folgt, dass eine Unterbewertung von Sacheinlagen nur bei Offenlegung ihres wirklichen Wertes und Einstellung der Differenz als Aufgeld in die Kapitalrücklage zulässig ist.271 In diesem Fall muss, um Täuschungen der Öffentlichkeit zu vermeiden, der Wert der Sacheinlage sowohl den Nennbetrag der für sie gewährten Aktien als auch das in der Satzung angegebene Aufgeld abdecken (Rdn 192). Sieht die Satzung kein Aufgeld vor, so ist die Differenz zwischen einem etwaigen höheren Wert der Sacheinlage und dem niedrigeren Anrechnungsbetrag ohne weiteres in die Kapitalrücklage einzustellen (sa unten Rdn 202). c) Der Zeitwert als Bewertungsmaßstab. Maßgebende Bemessungsgrundlage für 195 die Bewertung ist der Zeitwert des als Sacheinlage eingebrachten Gegenstandes.272 Das ist bei Gegenständen des Anlagevermögens der Wert, den die Nutzung des Gegenstandes für die Gesellschaft hat. Da der Gegenstand dauerhaft im Vermögen der Gesellschaft bleiben und dort für das Unternehmen der Gesellschaft genutzt werden soll, ist dies der (Wieder-)Beschaffungs- oder Herstellungswert, also der Preis, den die Gesellschaft für die Anschaffung des Gegenstandes aufwenden müsste, und nicht der möglicherweise darunterliegende Einzelveräußerungswert.273 Maßgeblich ist dabei die Sicht der Gesellschaft, nicht diejenige des Einlegers. Zur Bewertung obligatorischer Nutzungsrechte oben Rdn 156. Einlagegegenstände, die für das Umlaufvermögen bestimmt sind, sind dagegen mit ihrem regelmäßig niedrigeren Einzelveräußerungswert anzusetzen.274 Vermögensgegenstände, bei denen diese Bewertungsmaßstäbe wegen des Fehlens 196 eines Marktes versagen (Firma, gewerbliche Schutzrechte, Goodwill, know how etc), müssen, soweit überhaupt einbringlich, ebenso wie einzubringende Unternehmen, Betriebe oder Betriebsteile, trotz der damit verbundenen Schwierigkeiten selbständig anhand des voraussichtlichen Ertrages, den sie für die Gesellschaft erwarten lassen, bewertet werden (s dazu auch Rdn 199).275 Dabei ist zweifellos wie auch bei der Bewertung von als Sacheinlagen eingebrachten Nutzungsrechten zwecks Vermeidung von Überbewer-

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270 Dazu nur Heidel/Schall/Jonas/Elprana/Heyes § 253 Rdn 26. 271 Wie hier mit teilw unterschiedlichen Begründungen MüKoAktG/Pentz Rdn 39; KK/Arnold Rdn 68; Hüffer/Koch Rdn 19 und 23, Heidel/Polley Rdn 20, Wachter Rdn 17; Geßler/Eckardt Rdn 36; Ballerstedt in: FS Geßler, 1971, 69, 71 ff; ähnlich Kropff ebd S 111, 116 u in: Geßler/Kropff § 150, 13; Schiller BB 1991, 2403, 2408; Lutter/Hommelhoff § 5, 22; zweifelnd KK/Claussen § 272 HGB 35. Sehr restriktiv gegenüber stillen Reserven auch Baumbach/Hopt § 253, 25 ff mwN. 272 MünchKommAktG/Pentz Rdn 37; KK/Arnold Rdn 69; Spindler/Stilz/Benz Rdn 35; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 19; Hüffer/Koch Rdn 20; Grigoleit/Vedder Rdn 23; Heidel/Polley Rdn 21; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 14; Hölters/Solveen Rdn 11. 273 MünchKommAktG/Pentz Rdn 37; KK/Arnold Rdn 69; Spindler/Stilz/Benz Rdn 35; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 20; Hüffer/Koch Rdn 20; Grigoleit/Vedder Rdn 23; Heidel/Polley Rdn 21; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 14; Hölters/Solveen Rdn 11. 274 Zu den obigen Bewertungsmaßstäben vgl nur MünchKommAktG/Pentz Rdn 37; KK/Arnold Rdn 69; Spindler/Stilz/Benz Rdn 35; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 20; Hüffer/Koch Rdn 20; ebenso für das GmbHRecht Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 91; Scholz/Veil § 5 Rdn 57; s ferner Sina GmbHR 1994, 387. 275 MünchKommAktG/Pentz Rdn 37; KK/Arnold Rdn 69; Spindler/Stilz/Benz Rdn 36; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 20; Hüffer/Koch Rdn 20.

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tungen erhebliche Vorsicht geboten. Es geht aber sicher zu weit, immateriellen Vermögenswerten angesichts mangelnder Erprobung durch bisherige Verwertungserfolge generalisierend nicht mehr als nur geringfügigen Wert zuzusprechen.276 Ein subjektiver Bewertungs-, Beurteilungs- oder sogar Ermessensspielraum ist den Gründern, da das in der Satzung ausgewiesene Grundkapital effektiv aufzubringen ist, dagegen nicht zuzubilligen.277 Es gilt mithin ein objektiver Maßstab. Gleichwohl werden Ermittlungen des Ertragswertes wegen der in ihnen enthaltenen prognostischen Elemente in der Praxis häufig nicht auf ihre exakte Richtigkeit, sondern nur auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen sein. d) Der für die Wertbemessung maßgebliche Zeitpunkt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung des Wertes der Sacheinlage ist (so auch ausdrücklich § 9 GmbHG) derjenige der Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister.278 Ist der Wert der Sacheinlage in diesem Zeitpunkt unter den (objektiven) Zeitwert abgesunken, so hat der Einleger die Differenz durch eine Geldleistung auszugleichen.279 Zur Rechtslage bei Absinken des Zeitwertes unter den in der Satzung festgesetzten Anrechnungswert in der Zeit nach der Anmeldung der Gesellschaft, aber vor ihrer Eintragung § 38 Rdn 6. Bei vorheriger Aufnahme des Geschäftsbetriebes kann auch eine Unterbilanz- oder Vorbelastungshaftung der Gründer zum Tragen kommen. Die Gefahr großer Wertschwankungen zwischen Feststellung der Satzung und Anmeldung der Gesellschaft besteht vor allem bei der Einbringung von Unternehmen als Sacheinlage, dazu sogleich Rdn 199 ff. 198 Soll die Einbringung der Sacheinlage erst binnen der Fünfjahresfrist erfolgen, bleibt zwar aus dogmatischer Sicht der zu übertragende Vermögensgegenstand die Sacheinlage, es ist nicht etwa die auf die Übertragung gerichtete Forderung (Rdn 168 und § 36a Rdn 7 f). Für die Bewertung ist aber dennoch auf den Anspruch abzustellen, um etwaige Risiken aus der künftigen Wertentwicklung wie auch aus der Bonität des Inferenten zu beachten. Auch in die Bewertung von Unternehmen kann das Verzögerungsmoment einfließen (siehe auch § 36a Rdn 12). 197

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e) Einbringung eines Unternehmens. Besondere Probleme ergeben sich, wenn ein Unternehmen als Sacheinlage eingebracht werden soll. Auch in diesem Falle muss gewährleistet sein, dass der Wert des als Sacheinlage einzubringenden Unternehmens nicht hinter dem Nennwert der dafür als Gegenleistung ausgegebenen Aktien zurückbleibt. Maßgeblich ist, da das Grundkapital der Gesellschaft in effektiven Werten aufzubringen ist, der wirkliche Wert des Unternehmens im Stichzeitpunkt. Nach heute herrschender betriebswirtschaftlicher Auffassung wird dies im Allgemeinen, der ohne eine Unternehmensbewertung nicht zu ermittelnde Ertragswert des Unternehmens sein.280 Bei Überbewertung des Unternehmens würde der Grundsatz der realen Kapitalaufbringung verfehlt. Es läge eine unzulässige verdeckte Unterpari-Emission (§ 9 Abs 1, s ferner

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276 So aber Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 91; wie hier dagegen MünchKommAktG/Pentz Rdn 37; Spindler/Stilz/Benz Rdn 36; Scholz/Veil § 5, Rdn 57; zweifellos zu großzügig dagegen BGHZ 29, 300, 308. 277 Im Rahmen des § 38 Abs 2 MünchKommAktG/Pentz Rdn 37; Hüffer/Koch Rdn 20; aA noch BGHZ 68, 191, 196; s dazu aber auch § 38 Rdn 35 und die dortigen N; vgl auch Scholz/Veil § 9, Rdn 12. 278 MünchKommAktG/Pentz Rdn 38; KK/Arnold Rdn 67; Spindler/Stilz/Benz Rdn 34; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 21; Hüffer/Koch Rdn 20; Grigoleit/Vedder Rdn 23; Heidel/Polley Rdn 21; Hölters/Solveen Rdn 11; Wachter Rdn 16; Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 92. 279 S allgemein zur Differenzzahlung Rdn 211 ff. 280 So zutr Scholz/Veil § 5 Rdn 57 mwN in Fn 163; zu den Fragen der Ermittlung des Unternehmens-, insbes des Ertragswerts; Fleischer/Hüttemann (Hrsg), Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, 2015; Heidel/Schall/Knoll Anh § 342e (Unternehmensbewertung); NK-Meilicke/Kleinertz § 305 Rdn 35 ff.

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§ 36a Abs 2 S 3) mit der Folge vor, dass das Registergericht die Eintragung der Gesellschaft gemäß § 38 Abs 2 S 2 abzulehnen hätte. Nach heute wohl überwiegender Auffassung ist im Aktienrecht aber auch eine verdeckte, nicht in der Satzung ausgewiesene Unterbewertung des Einlagegegenstandes (Überpari-Emission) zumindest nicht unbedenklich, da sie zur Bildung stiller Reserven bereits bei der Einbringung und zu einer nicht ausreichenden Dotierung der gesetzlichen Rücklage führt. Die früher nahezu allgemein vertretene Ansicht, wonach eine Sacheinlage ohne weiteres bis zur Höchstgrenze des gemeinen Wertes mit dem Nennbetrag der für sie gewährten Aktien angesetzt werden durfte, wird heute weitgehend abgelehnt, dazu näher oben Rdn 193 f. Davon abgesehen würde die Weggabe des Unternehmens an die Gesellschaft ohne Erhalt der seinem Wert entsprechenden Beteiligung an der zu gründenden AG vielfach auch nicht dem Willen des Einbringenden entsprechen. Zugleich verlangt das Gesetz, dass der Nennbetrag der als Gegenleistung für die Einbringung des Unternehmens auszugebenden Aktien bereits in der Satzung festgelegt werden muss (§ 27 Abs 1 S 1). Diese tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten würden es an sich bedingen, den Wert des einzubringenden Unternehmens schon für den Zeitpunkt der Feststellung der Satzung (Abschluss des Gesellschaftsvertrages, §§ 2, 23) oder doch für einen Stichtag, der so nahe an jenem Zeitpunkt liegt, dass eine zwischenzeitliche Veränderung des Unternehmenswertes praktisch ausgeschlossen ist, endgültig zu bestimmen. Damit wäre jedoch nichts Entscheidendes gewonnen, weil auch im Aktienrecht der für die Überprüfung der zutreffenden Bewertung der Sacheinlage unter Kapitalaufbringungsgesichtspunkten maßgebliche Zeitpunkt nicht derjenige der Sacheinlagevereinbarung, sondern derjenige der Anmeldung zum Handelsregister ist281 und sich der Wert des inzwischen schon weitergeführten Unternehmens bis dahin verändert haben kann. Hinzu kommt, dass beide Zeitpunkte nicht mit demjenigen der tatsächlichen Einbringung des Unternehmens identisch sein müssen und es häufig auch nicht sind, s dazu auch die folgenden Rdn sowie § 36a Abs 2. Aus der möglichen Verschiedenheit des Unternehmenswertes in den genannten 200 Zeitpunkten folgenden Schwierigkeiten begegnet die Praxis herkömmlicherweise in der Form, dass zwar der Nennwert des für die Einbringung des Unternehmens zu gewähren den Aktien der zwingenden gesetzlichen Forderung (§ 27 Abs 1 S 1) entsprechend in der Satzung bereits endgültig festgesetzt, zugleich aber vereinbart wird, dass ein im maßgeblichen Stichzeitpunkt etwa vorhandener Mehrwert des Unternehmens zugunsten des Einbringenden durch Geldleistung seitens der AG auszugleichen ist, wie umgekehrt ein etwaiger Minderwert (Unterdeckung) durch bare Zuzahlung seitens des Einbringenden.282 Die Verpflichtung des Sacheinlegers zur Zuzahlung der Differenz im Falle einer Un- 201 terdeckung im Zeitpunkt der Handelsregisteranmeldung ergäbe sich auch ohne eine solche Vereinbarung trotz des Fehlens einer § 9 GmbHG entsprechenden ausdrücklichen Bestimmung des AktG ohne weiteres aus der in seinem Sacheinlageversprechen liegenden Kapitaldeckungszusage oder dem Grundsatz der realen Kapitalaufbringung, s dazu auch Rdn 211 ff.283

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281 S dazu o Rdn 197. 282 MünchKommAktG/Pentz Rdn 38; KK/Arnold Rdn 70 f; Spindler/Stilz/Benz Rdn 40 f; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 25; Hüffer/Koch Rdn 21; Grigoleit/Vedder Rdn 26; Heidel/Polley Rdn 21; Wachter Rdn 17; dritte Aufl (Barz) Anm 8; ebenso für die GmbH ausführlich Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 95 ff; Priester BB 1980, 19; zu den verschiedenen Einbringungsmethoden ferner Rössing Die Sachgründung nach der GmbHNovelle 1980, 1984, dort insbes S 76 ff. 283 Vgl BGHZ 64, 52, 62; 68, 191, 195; MünchKommAktG/Pentz Rdn 38; KK/Arnold Rdn 70 „deklaratorischer Charakter“; Grigoleit/Vedder Rdn 27; Heidel/Polley Rdn 23; Hölters/Solveen Rdn 11;

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Es ist jedoch unschädlich und zur Klarstellung der Verhältnisse unter den Beteiligten sogar zweckmäßig, dies auch ausdrücklich in der Sacheinlagevereinbarung festzulegen. Eine sog. Mischeinlage (Rdn 221) ist darin gleichwohl nicht zu sehen.284 Soll auch umgekehrt der Einleger im Falle der Überdeckung seiner Sacheinlage im maßgeblichen Stichzeitpunkt den Überschuss von der AG vergütet erhalten, so liegt darin eine sog gemischte Einlage, die besonderer Vereinbarung bedarf.285 Eine solche Vereinbarung sollte zweckmäßigerweise ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag getroffen werden. Die Rspr hat es jedoch ausreichen lassen, wenn ein entsprechender Wille der Beteiligten in einer zum Handelsregister eingereichten Unterlage (Grundsatz der objektiven Satzungsauslegung) in hinreichender Weise zum Ausdruck kommt.286 In beiden Fällen ist es nicht erforderlich, dass der von der AG oder dem Gründer auszugleichende Betrag bereits im Gesellschaftsvertrag und sei es nur als geschätzter Wert festgesetzt wird. Es muss vielmehr ausreichen, dass er anhand der auf den Bewertungsstichtag aufzustellenden Bilanz bestimmbar ist und mit der Anmeldung konkretisiert wird, so dass er für das Registergericht ausreichend nachprüfbar ist.287 Sieht die zwischen den Gründern getroffene Sacheinlagevereinbarung keinen Anspruch des Einlegers auf Ausgleich einer etwaigen Überdeckung seiner Sacheinlage vor, so liegt an sich im Ergebnis eine im Aktienrecht nicht unbedenkliche verdeckte Überpari-Emission (oben Rdn 193) vor. Gleichwohl ist auch hier aus Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten die fehlende Festsetzung der Differenz zwischen dem tatsächlichen Unternehmenswert und dem Anrechnungswert in der Satzung (Aufgeld) als unschädlich zu erachten. Der Unterschiedsbetrag ist, ohne dass es einer vorherigen Änderung der Satzung zum Zwecke der Anmeldung eines Aufgeldes bedarf, in die gesetzliche Rücklage einzustellen;288 dazu schon oben Rdn 194. Das bisher Ausgeführte gilt sinngemäß auch für den praktisch häufigen Fall, dass 203 die Sacheinlagenvereinbarung die Pflicht zum Ausgleich einer etwaigen Differenz zwischen dem in der Satzung festgesetzten Anrechnungsbetrag (§ 27 Abs 1 S 1) und dem Wert des Unternehmens im Zeitpunkt seiner tatsächlichen Einbringung nach Maßgabe der auf diesen Stichtag aufgestellten Einbringungsbilanz vorsieht.289 Der unter Kapitalaufbringungsgesichtspunkten maßgebliche Bezugszeitpunkt bleibt zwar auch dann der Zeitpunkt der Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister,290 oben Rdn 197 f. Ist der Zeitwert des Unternehmens an diesem Stichtag unter den Anrechnungsbetrag abgesunken, so hat also auch bei dieser Einbringungsmethode der Einleger die volle Differenz zu dem Nennwert der für die Sacheinlage gewährten Aktien nach den in

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Wachter Rdn 18; zur Abgrenzung dieser Differenzhaftung zu der auch für das Aktienrecht zu bejahenden sog Unterbilanz- oder Vorbelastungshaftung vgl im einzelnen die Erläuterungen zu § 41. 284 Wie hier dritte Aufl (Barz) Anm 8; aA insbes Spindler/Stilz/Benz Rdn 40; wohl auch Priester BB 1980, 20. 285 So auch KK/Arnold Rdn 71; Spindler/Stilz/Benz Rdn 40; für Mischeinlage MünchKommAktG/Pentz Rdn 38; Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 65. 286 BayOblG DB 1979, 1075 unter Berufung auf RGZ 159, 321, 327. 287 KK/Arnold Rdn 71; Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 95 ff; Priester BB 1980, 22 f und GmbHR 1982, 112 f; Baumbach/Hueck § 5, 20, OLG Zweibrücken GmbHR 1981, 214 f: jeweils zur entsprechenden Rechtslage bei der GmbH; aA OLG Stuttgart GmbHR 1982, 109, 110 f (erforderlich Angabe wenigstens des geschätzten Wertes im Gesellschaftsvertrag) mit insoweit abl Anm von Priester GmbHR 1982, 112 ff; abw auch Günthner NJW 1975, 524, 526, der sogar die Angabe eines festen Wertes verlangt; ähnlich wie er wohl auch Sudhoff/ Sudhoff NJW 1982, 129 ff, zu den Grenzen bei einer Mischeinlage Spindler/Stilz/Benz Rdn 41. 288 Geßler/Eckardt Rdn 36; Schiller BB 1991, 2403, 2408; Kropff in: FS Geßler, 1971, S 111 ff, 118 f; Ballerstedt aaO (Fn 271) S 69 ff, 74; vgl aber auch die Nachw in Fn 271. 289 OLG Zweibrücken GmbHR 1982, 214; OLG Stuttgart GmbHR 1982, 109 m teilweise abl Anm von Priester aaO (Fn 115) S 112 f; Scholz/Veil § 5, 58. 290 Spindler/Stilz/Benz Rdn 41.

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Rdn 211 dargelegten Grundsätzen durch Geldzahlung auszugleichen. Umgekehrt ist auch hier ein im Zeitpunkt der Anmeldung der Gesellschaft vorhandener Mehrwert des Unternehmens gegenüber dem Wert im vereinbarten Anrechnungszeitpunkt in die gesetzliche Rücklage einzustellen. Theoretisch ist infolgedessen mit einer Anrechnungsvereinbarung der hier in Frage stehenden Art nicht viel zu erreichen. Aus praktischer Sicht kann dies jedoch anders aussehen, weil sich häufig aus der Verschiedenheit des vereinbarten Anrechnungsstichtages und des Tages der Anmeldung wegen der zeitlichen Nähe beider Stichtage noch keine auszugleichende Differenz ergeben würde. Entsprechende Grundsätze müssen ferner dann gelten, wenn in der Satzung dem 204 Wert des als Sacheinlage einzubringenden Unternehmens ein in der Vergangenheit liegender Stichtag zugrunde gelegt und vereinbart wird, dass von diesem Tage ab das Geschäft als für Rechnung der (Vor-)AG geführt gelten soll. Regelmäßig geschieht dies in der Form, dass der letzte vorangehende Bilanzstichtag gewählt und festgesetzt wird, dass die in der Schlussbilanz des eingebrachten Unternehmens ausgewiesenen Werte, die damit zugleich die Zahl der jedem Gründer für seine Sacheinlage zu gewährenden Aktien bestimmen, in die Eröffnungsbilanz der AG übernommen werden. Die Zulässigkeit einer solchen Einbringung zu Buchwerten ist in der Praxis von jeher 205 trotz der darin liegenden (scheinbaren) Abweichung von dem Grundsatz der Maßgeblichkeit des Zeitwertes anerkannt,291 und aus Zweckmäßigkeitserwägungen auch weiterhin anzuerkennen.292 Sie vermeidet eine steuerliche Gewinnrealisierung. Insoweit besteht mithin für die Bewertung eines als Sacheinlage einzubringenden Unternehmens handelsrechtlich293 ein Wahlrecht zwischen dem Ansatz des Zeitwertes und der Fortführung des Buchwertes. Entgegen einer früher weit verbreiteten Ansicht294 ist aber auch in diesem Fall das Verbot der Unterpari-Emission zu beachten. Die gesetzliche Kapitalaufbringungspflicht gebietet, dass auch bei dieser Form der Einbringung der reale Wert (Zeitwert) des Unternehmens nicht hinter dem vereinbarten Anrechnungswert zurückbleibt. Dies gilt nicht nur für einen schon am Stichtag der rückwirkenden Einbringung bestehenden Minderwert, sondern auch dann, wenn der Wert des Unternehmens aufgrund nachträglicher Ereignisse in der Zeit zwischen dem vereinbarten Stichtag und dem Zeitpunkt der Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister so weit abgesunken ist, dass er nicht mehr den Nennwert der dafür ausgegebenen Aktien erreicht.295 Auch in diesem Fall also hat der Registerrichter die Eintragung abzulehnen, wenn der Einleger nicht den fehlenden Differenzbetrag durch Zuzahlung auffüllt. Bei vereinbarter Buchwertverknüpfung ist allerdings zu beachten, dass der als Bezugsgröße für die Erfüllung der Kapitalaufbringungspflicht allein maßgebliche Zeitwert des Unternehmens auch trotz zwischenzeitlicher Verluste noch deutlich über dem Buchwert liegen kann und häufig auch liegen wird.296 Ist diese Voraussetzung erfüllt, kann also dem Registergericht nachgewiesen werden, dass stille Reserven vorhanden sind, insbesondere die Buchwerte des Aktivvermögens auf Unterbewertung beruhen, so steht der Eintragung der Gesell-

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291 MünchKommAktG/Pentz Rdn 38; KK/Arnold Rdn 70; Spindler/Stilz/Benz Rdn 40; Hüffer/Koch Rdn 20. 292 Der BFH erkennt allerdings eine Rückbeziehung auf einen früheren Bilanzstichtag außerhalb der Umwandlungsfälle nur in sehr engen zeitlichen Grenzen und unter der Voraussetzung an, dass die Rückbeziehung den Umständen nach vertretbar ist, vgl GmbHR 1982, 96; DB 1983, 807. 293 Zur steuerrechtlichen Lage vgl Patt/Rasche DStR 1994, 841 ff mit umfangreichen Nachw. 294 BGHZ 45, 339, 349; ebenso dritte Aufl (Barz) Anm 8. 295 Wie hier vor allem MünchKommAktG/Pentz Rdn 38. 296 Darauf weist auch Spindler/Stilz/Benz Rdn 40 hin.

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schaft nichts im Wege. In der Eröffnungsbilanz der AG ist zwischenzeitlichen Verlusten durch Abschreibungen und Wertberichtigungen Rechnung zu tragen. Vor der Einstellung des höheren Zeitwertes (auch infolge zwischenzeitlich erzielter Gewinne) in die Kapitalrücklage kann entgegen der auch Unterbewertungen der Sacheinlage verbietenden Regel (oben Rdn 193) bei der Einbringung von Unternehmen insoweit abgesehen werden, als das Steuerrecht die Fortführung der bisherigen Buchwerte zulässt.297 Ein solcher Mehrwert braucht mithin nicht aufgedeckt zu werden, begründet vielmehr eine stille Reserve, ohne dass darin eine unzulässige Überpari-Emission zu sehen wäre. 6. Rechtsfolgen der Überbewertung a) Vor Eintragung. Erreicht der Wert der Sacheinlage aufgrund Überbewertung nicht den dafür in der Satzung festgesetzten (§ 27 Abs 1 S 1) Anrechnungsbetrag, also den Nennwert der als Gegenleistung für ihre Einbringung auszugebenden Aktien, so war die Übernahmeerklärung und damit die Satzung in ihrer Gesamtheit wegen Verstoßes gegen das Verbot der Unterpari-Emission, § 9 Abs 1, nach tradierter Sicht, der auch die Vorauflage folgte, nichtig (§ 134 BGB). Eine Einlageverpflichtung wäre infolgedessen nicht entstanden. Eine bereits geleistete Einlage wäre nach §§ 812 ff BGB zurückzuerstatten. Mit der Kodifikation der Anrechnungslösung in § 27 Abs 3 kann diese Folgerung 207 nicht aufrechterhalten werden. Wenn schon eine verbotene verdeckte Sacheinlage nicht die Nichtigkeit, sondern stattdessen die Wirksamkeit der getroffenen Abreden und eine Wertanrechnung auf die Einlagepflicht zur Folge hat, kann eine offene Sacheinlage nicht schlechter behandelt werden.298 Die Festsetzungen bleiben daher wirksam, der offene Differenzbetrag muss aber zugezahlt werden, um die Eintragung zu erreichen. Das können die Gründer trotz des Grundsatzes des § 707 BGB, der analog auch in der Vorgesellschaft gelten könnte, fordern, da sich der Gründer zu einer Leistung in dieser wertmäßigen Höhe verpflichtet hatte. An diesen Vorrang der Bareinlage knüpft ja auch seine Differenzhaftung nach erfolgter Eintragung an (gleich Rn 211 ff). Wird die Gesellschaft trotz überbewerteter Sacheinlage angemeldet, so hat das Re208 gistergericht, wenn es die Unterpari-Emission (aufgrund des Ergebnisses der Gründungsprüfung, § 34 Abs 1 Nr 2 oder seiner eigenen Prüfungstätigkeit, § 38 Abs 1 S 1) bemerkt, die Eintragung nach § 38 Abs 1 S 2 und Abs 2 S 2 abzulehnen.299 Etwas anderes gilt aber, wenn dem Registergericht die Zuzahlung der am vollen Wert der Sacheinlage fehlenden Differenz in bar versichert und nachgewiesen wird. Die Ausnahme rechtfertigt sich (ähnlich wie beim vorherigen Fortfall unzulässiger Bedingungen oder Befristungen der Übernahmeerklärung, § 23 Rdn 97) aus Sinn und Zweck der Gründungs- und Kapitalaufbringungsvorschriften, die lediglich der Eintragung nicht ordnungsgemäß errichteter und kapitalisierter Gesellschaften vorbeugen sollen, nicht aber die Entstehung von Gesellschaften be- oder verhindern sollen, die in diesem Zeitpunkt die gesetzlichen Anforderungen, insbesondere auch in Bezug auf ihre Kapitalausstattung, in vollem Umfang erfüllen. Die übrigen Gründer haben diese Form der Zuzahlung allerdings nur dann hinzunehmen, wenn sie den Sacheinleger nicht gerade (für diesen erkennbar) wegen des 206

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297 So Ballerstedt aaO (Fn 271) S 74 f und Kropff aaO (Fn 116) S 117. 298 MünchKommAktG/Pentz Rdn 41; KK/Arnold Rdn 73; Spindler/Stilz/Benz Rdn 44; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 24; Grigoleit/Vedder Rdn 25; Heidel/Polley Rdn 22; Hölters/Solveen Rdn 12; aA Hüffer/Koch § 9 Rdn 5. 299 Nach Neufassung des § 27 Abs 3 und 4 nun hM keine Nichtigkeit: MünchKommAktG/Pentz Rdn 41; KK/Arnold Rdn 72; Spindler/Stilz/Benz Rdn 45; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 23, ebenso die Rechtslage im GmbH-Recht, s statt aller Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 94.

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angenommenen höheren Wertes seiner Sacheinlage an der Gesellschaftsgründung beteiligt haben. Die Eintragung ist (trotz der nach dem reinen Wortlaut gegebenen Beschränkung der 209 in § 34 Abs 1 Nr 2 und § 38 Abs 2 S 2 vorgesehenen Prüfungen auf die Abdeckung des Nennwertes der übernommenen Aktien) auch dann abzulehnen, wenn das Registergericht erkennt, dass der Wert der Sacheinlage zwar den Nennwert der übernommenen Aktien, nicht aber ein etwaiges getrennt von dem Nennwert der übernommenen Aktien ausgewiesenes Aufgeld abdeckt. Aufgelder nehmen zwar, oben Rdn 192, als solche nicht an dem durch das Verbot der Unterpari-Emission, § 9 Abs 1, gewährten Schutz teil. Die Ablehnung der Eintragung ist aber schon deshalb geboten, weil die Kapitalrichtlinie die Erstreckung der Prüfung auf das Agio gebietet und daher der Text des § 34 Abs 1 Nr 2 entsprechend europarechtskonform auszudehnen ist (§ 34 Rdn 12 ff). Es geht darum, Täuschungen der Öffentlichkeit über den Wert der Sacheinlage und damit die Kapitalausstattung der Gesellschaft zu verhindern,300 vgl auch §§ 36a Abs 2 S 3, 37 Abs 1 S 1, wo ausdrücklich auch Wertdeckung in Höhe des Mehrbetrages (Aufgeld) als Anmeldevoraussetzung verlangt wird. Das steht in einer Linie mit der im Babcock-Fall befürworteten Erstreckung der Differenzhaftung auf das Agio steht (s gleich Rdn 211). Die unterbliebene Anpassung des Wortlauts des § 38 Abs 2 S 2 an diese neuere Regelung muss als Redaktionsversehen gelten. Sie steht auch einer Korrektur des § 34 Abs 1 Nr 2 im Wege europarechtskonformer Auslegung nicht entgegen. b) Nach Eintragung aa) Grundsatz. Wird die Gesellschaft gleichwohl eingetragen, weil die mangelnde 210 Vollwertigkeit der Sacheinlage weder bei der Gründungsprüfung (§ 34 Abs 1 Nr 2) noch bei der Prüfung durch den Registerrichter (§ 38 Abs 1 S 1) bemerkt worden ist, so ist die Gesellschaft trotzdem wirksam entstanden.301 Der Verstoß gegen das Vollwertigkeitsgebot kann weder die Nichtigkeitsklage nach § 275 noch eine Löschung (§ 144 FGG) oder Auflösung (§ 144a FGG) der Gesellschaft von Amts wegen durch das Registergericht auslösen. Die Berufung auf die Fehlerhaftigkeit der Übernahmeerklärung ist nunmehr aus Gründen des Bestandsschutzes der AG und im Interesse der mit ihr in Verkehr getretenen Öffentlichkeit ausgeschlossen. bb) Die Bardeckungspflicht des Sacheinlegers. Die durch die mangelnde Wert- 211 haltigkeit der Sacheinlage entstandene Lücke in der Kapitalausstattung wird durch eine von einem Verschulden an der Überbewertung unabhängige302 Bardeckungspflicht des Sacheinlegers geschlossen,303 der die fehlende Differenz zwischen dem tatsächlichen Wert seiner Sacheinlage und dem Ausgabebetrag, der sich nach § 9 Abs 1 und 2 zusammensetzt aus dem geringsten Ausgabebetrag und einem etwaigen Aufgeld, durch Bareinzahlung auszugleichen hat.304 Der Eintritt dieser in Analogie zu § 9 Abs 2 GmbHG in

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300 Wie hier Spindler/Stilz/Benz Rdn 42 und 44. S schon Fn 266; im GmbH-Recht ebenso Ulmer/Ulmer/ Casper § 5, Rdn 175; Scholz/Veil § 5 Rdn 89; Geßler BB 1980, 1385, 1387. 301 AllgemM MünchKommAktG/Pentz Rdn 44; KK/Arnold Rdn 74; Spindler/Stilz/Benz Rdn 46; Schmidt/ Lutter/Bayer Rdn 25; Heidel/Polley Rdn 23. 302 Unstr, vgl nur BGHZ 86, 196. 303 Ohne, dass eine vertragliche Kapitaldeckungszusage erforderlich wäre vgl BGH v 6.12.2011 – II ZR 149/10 – „Babcock“, BGHZ 191, 364 Rz 16. 304 BGHZ 191, 364 = NZG 2012, 69, Rz 16 ff (speziell zur von der Rechtslage bei der GmbH abweichenden Erstreckung auf das Agio). S zu den dogmatischen Ansätzen auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 44.

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zehn Jahren seit Eintragung der Gesellschaft verjährenden305 Differenzhaftung ist heute völlig unstreitig. Nicht abschließend geklärt ist dagegen bisher, ob sich die Differenzhaftung auf 212 den Ausgabebetrag der übernommenen Aktien einschließlich eines etwaigen Agio beschränkt oder ob sie bei Einbringung eines Sacheinlagegegenstandes mit negativem Wert (etwa eines verlustbringenden Unternehmens) auch den darüber hinausgehenden Fehlbetrag umfasst. Der Gedanke, dass die Sacheinlage eine primär geschuldete Bareinlage „vertritt“, s oben Rdn 93, spricht für eine Beschränkung der Nachzahlungspflicht auf den Anrechnungsbetrag; die Differenz zu dem höheren Fehlbetrag könnte bei dieser Auffassung nur aus Haftungstatbeständen des allgemeinen Rechts (Garantie, unerlaubte Handlung, Verschulden bei Vertragsschluss) geschuldet werden.306 Da diese Haftungstatbestände aber häufig wegen ihrer Verschuldensabhängigkeit (eine verschuldensunabhängige Garantieübernahme wird in den hier in Betracht kommenden Fällen nur selten anzunehmen sein) nicht zum Zuge kommen würde, hätte diese Auffassung zur Folge, dass das verlautbarte Grundkapital der Gesellschaft nicht aufgebracht würde. 213 Dieses Ergebnis ist unvereinbar mit dem Grundsatz der realen Kapitalaufbringung. Aus diesem Grunde verdient die Ansicht den Vorzug, dass die Differenzhaftung des Sacheinlegers bei Erbringung einer Sacheinlage mit negativem Wert nicht nur den Anrechnungsbetrag (regelmäßig den Nennwert der übernommenen Aktien), sondern auch den darüberhinausgehenden Fehlbetrag umfasst.307 Uneinigkeit besteht auch über die Begründung der Differenzhaftung. Während die 214 Rspr den Grund für die Verpflichtung des Sacheinlegers zur Nachzahlung des Differenzbetrages in der Vergangenheit in einer in der Übernahmeerklärung des Gründers liegenden Kapitaldeckungszusage308 oder einem Rechtsschein gesehen hat, der durch die Kapitalausstattungszusage und Handelsregistereintragung als an die Öffentlichkeit gerichtete Erklärung geschaffen wird, und auf den die Öffentlichkeit vertrauen kann,309 betonen andere stärker den in § 66 zum Ausdruck gelangten Rechtsgedanken, den untrennbaren Zusammenhang mit dem Prinzip der realen Kapitalaufbringung und die Analogie zu § 9 Abs 1 GmbHG.310 Zur Begründung lässt sich auch auf die früher durch § 27 Abs 3 S 3 aF positiv-rechtlich belegte Konzeption verweisen, nach welcher der Bareinlage der Charakter einer primären Verpflichtung zukommt, von welcher der Einleger nach Art einer sonst nicht zugelassenen (§ 66) datio in solutum bzw Leistung erfüllungshalber nur insoweit frei wird, als die Sachleistung in der Satzung offengelegt wird und ihr Wert den Betrag der an sich geschuldeten Bareinlage abdeckt (sa Rdn 93, 101 und 417). Letzten Endes handelt es sich bei der Differenzhaftung um eine zwingend gebotene Folge des Grundsatzes der realen Kapitalaufbringung (oben Rdn 2), weil ohne die Nachzahlungspflicht das in der Satzung verlautbarte, der Gesellschaft als Betriebs- und Haftungsfonds dienende Grundkapital nicht aufgebracht würde.

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305 BGHZ 118, 83, 101. 306 So in der Tat KK/Lutter § 183, 66 unter Berufung auf Hohner DB 1975, 629. 307 So MünchKommAktG/Pentz Rdn 44; KK/Arnold Rdn 74; Spindler/Stilz/Benz Rdn 47; Schmidt/ Lutter/Bayer Rdn 26; Grigoleit/Vedder Rdn 26; Heidel/Polley Rdn 23; Hölters/Solveen Rdn 13; K. Schmidt GesR § 34 II 3 a) aa) S 840; Wilhelm in: FS Flume II, 1978, S 337, 361 f; Urban in: FS Sandrock, 1995, 305, 312 f; Gienow in: FS Semler, 1993, S 170, 172. 308 So insbes BGHZ 64, 52, 62; 68, 191, 195; dazu schon Boesebeck DR 1939, 436; anders aber BGHZ 191, 364 Rz 16. 309 BGHZ 21, 378, 382; ähnlich o Brändel § 9 Rdn 22 (dort allerdings wiederum anders für offene Verstöße). 310 So etwa Henze Höchstrichterliche Rspr zum Aktienrecht2; (RWS-Skript 249) S 42; Wachter Rdn 17.

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Zweifelhaft könnte auch in diesem Zusammenhang die Behandlung etwaiger Auf- 215 gelder sein. Wie bereits in Rdn 192 ausgeführt, nehmen diese an dem Schutz durch das Verbot der Unterpari-Emission (§ 9 Abs 1) nicht teil. Auch die Analogie zur Differenzhaftung des § 9 Abs 1 GmbHG würde nur zu einer Nachzahlungsverpflichtung bis zur Höhe des Nennbetrages der übernommenen Aktien führen.311 Gleichwohl ist jedenfalls für das Gründungsrecht der AG davon auszugehen, dass die Nachzahlungs-(Wertdeckungs)Pflicht sich auch auf ein etwaiges Aufgeld erstreckt.312 Positiv-rechtlich wird dieses Ergebnis durch die Regelung des § 36 Abs 2 S 3 bestätigt, wonach der Wert der Sacheinlage auch das Aufgeld abdecken muss.313 IV. Die gemischte Sacheinlage und Mischeinlagen 1. Begriff. Eine gemischte Sacheinlage (auch als gemischte Sacheinbringung be- 216 zeichnet) liegt vor, wenn ein Gründer den von ihm in die Gesellschaft einzubringenden Gegenstand nur bis zu einem bestimmten Betrag als Einlage gegen Gewährung von Anteilsrechten (Aktien) leisten soll, während ihm der (sicher oder auch nur möglicherweise) darüber hinausgehende Wert des Gegenstandes in anderer Form (Geld oder sonstige Vermögenswerte) vergütet werden soll.314 In der Sache handelt es sich bei dieser Art von Kapitalaufbringung um eine Kombination von Sacheinlage (nämlich soweit der Gegenstand gegen Gewährung von Aktien eingebracht wird) und Sachübernahme (nämlich soweit der Gegenstand von der Gesellschaft gegen eine Vergütung in anderer Form, insbes gegen Geldzahlung, erworben werden soll).315 Gemischte Sacheinlagen kommen vor allem bei Einbringung von Unternehmen vor, weil sich bei ihnen der für die Anrechnung maßgebliche Wert vielfach erst im Zeitpunkt der Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister verbindlich bestimmen lässt (oben Rdn 199), der Nennwert der dem Gründer als Gegenleistung für die Unternehmenseinbringung zu gewährenden Aktien (Anrechnungsbetrag) wegen § 27 Abs 1 S 1 aber bereits bei Errichtung der Gesellschaft in der Satzung festgelegt werden muss (vgl Rdn 197). Dies kann auch bei einer übertragenden Sa-

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311 S auch Ulmer/Ulmer/Casper § 9, Rdn 12; Scholz/Veil § 9, Rdn 8; wo ein über den Nennwert der Stammeinlage hinausgehender Nachzahlungsanspruch der Gesellschaft für das GmbH-Recht ausdrücklich abgelehnt wird. 312 MünchKommAktG/Pentz Rdn 44; KK/Arnold Rdn 74; Spindler/Stilz/Benz Rdn 48; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 26; Grigoleit/Vedder Rdn 26; Heidel/Polley Rdn 23; Hölters/Solveen Rdn 12; abweichend die Lage bei der GmbH: BGH NZG 2008, 73, bei einer Kapitalerhöhung auch OLG Jena v. 12.10.2006 – 6 W 452/06, AG 2007, 31; nunmehr bestätigt durch BGH v 6.12.2011 – II ZR 149/10 – „Babcock“, BGHZ 191, 364 Rz 17. 313 So im Ergebnis auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 44; KK/Arnold Rdn 74; Spindler/Stilz/Benz Rdn 48; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 26; Heidel/Polley Rdn 23; Hölters/Solveen Rdn 12; MünchHdbAG/ Hoffmann-Becking § 4, 28; ebd Krieger § 56, 40 (für die Kapitalerhöhung); u Wiedemann (Voraufl) § 185 Rdn 70. 314 MünchKommAktG/Pentz Rdn 67; KK/Arnold Rdn 35; Spindler/Stilz/Benz Rdn 64; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 31; Hüffer/Koch Rdn 8; Grigoleit/Vedder Rdn 4; Heidel/Polley Rdn 24; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 10; Hölters/Solveen Rdn 19; Wachter Rdn 25; Habersack in FS Konzen, 2006, S 179, 180; Geßler/Eckardt Rdn 45; Godin/Wilhelmi Anm 10; für das GmbH-Recht Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 127 ff; Scholz/Veil § 5, 81 ff; Scholz/Priester § 56, 13; MünchKommGmbHG/Schwandtner § 5, 207 ff; aus der Rspr: RGZ 159, 321 ff; BGHZ 175, 265 = NZG 2008, 425; BGHZ 173, 145 = NJW 2007, 3425; BGHZ 170, 47 BGH NZG 2007, 144, 145 = NJW 2007, 765; OLG Zweibrücken GmbHR 1981, 214; OLG Stuttgart GmbHR 1978, 1075. 315 BGH v. 9.7.2007 – II ZR 62/06 – „Lurgi I“, BGHZ 173, 145; BGH v. 20.11.2006 – II ZR 176/05, BGHZ 170, 47, 54, Rn 17 m Bspr Rotheimer NZG 2007, 256 ff; MünchKommAktG/Pentz Rdn 67; Spindler/Stilz/Benz Rdn 64; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 31.

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nierung der Fall sein.316 Nach einer für das GmbH-Recht vertretenen Auffassung317 soll die Einbringung eines Unternehmens mit Aktiven und Passiven wegen der damit regelmäßig verbundenen Übernahme der Schulden des Unternehmens durch die Gesellschaft sogar stets als gemischte Sacheinlage anzusehen sein. Dies ist jedoch nicht anzuerkennen, weil das Unternehmen als Einheit eingebracht wird und der bei der Aktienausgabe anzurechnende Wert des Geschäfts bereits unter Berücksichtigung der auf ihm lastenden Verbindlichkeiten zu bestimmen ist.318 217

2. Rechtsnatur. Rechtlich ist die gemischte Sacheinlage, obwohl es sich bei ihr in der Sache um eine Verbindung von zwei verschiedenen Geschäften handelt, als einheitliches Rechtsgeschäft zu behandeln, das in seinem gesamten Umfang und nicht nur hinsichtlich des Teils der durch die Gewährung von Aktien vergütet werden soll, den Regeln über Sacheinlagen unterliegt.319 Eine Aufspaltung des einheitlichen Rechtsgeschäfts in eine Sacheinlage und eine Sachübernahme, auf die jeweils verschiedene Rechtsgrundsätze anzuwenden wären, wäre sinnwidrig und auch vom Ergebnis her gesehen nicht gerechtfertigt (sa Rdn 327 ff).

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3. Voraussetzungen. Aus der Einheitlichkeit des Rechtsgeschäfts folgt, dass sich die Satzung nicht darauf beschränken darf, nur die Einbringung als Sacheinlage gegen Gewährung von Aktien in Höhe eines bestimmten Nennbetrages zu verlautbaren.320 Sie muss vielmehr, um einen unrichtigen Eindruck über die Kapitalausstattung der Gesellschaft zu vermeiden,321 auch angeben, dass der Gründer zusätzlich einen Anspruch gegen die Gesellschaft auf Vergütung eines etwa darüber hinausgehenden Wertes des von ihm einzulegenden Gegenstandes erwerben soll. Dies muss allerdings nicht ausdrücklich geschehen. Es reicht, wenn die Verpflichtung der Gesellschaft zur gesonderten Vergütung des (etwaigen) Mehrwertes durch Auslegung aus den zum Handelsregister eingereichten Unterlagen (objektive Auslegung der Vereinbarung in ihrer Gesamtheit) ersichtlich ist. Zu den notwendigen Angaben gehört auch die Bestimmung darüber, in welcher Form (durch Geldzahlungen oder Erbringung sonstiger Leistungen?) und in welchem Umfang (ganz oder nur teilweise?) die Gesellschaft den Mehrwert zu vergüten hat. In der Satzung entbehrlich ist dagegen die ziffernmäßige Angabe des zu vergütenden Mehrwertes. Da für die Bewertung von Sacheinlagen nicht der Zeitpunkt der Gründung der Gesellschaft, sondern derjenige der Anmeldung zum Handelsregister maßgeblich ist (oben

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316 BGH v. 18.2.2008 – II ZR 132/06 – „Rheinmöve“, BGHZ 175, 265, 272 f; Böttcher NZG 2008, 416 ff; Krause BB 2008, 1029 f; Weipert EWiR 2008, 513. 317 In diese Richtung noch Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 127. 318 Wie hier Spindler/Stilz/Benz Rdn 64. 319 Im GmbH-Recht ganz hM, RGZ 159, 321, 326 f; BGH Urt v 16.3.1998 – II ZR 303/96, NJW 1998, 1951 (1952); Urt v 20.11.2006 – II ZR 176/05, BGHZ 170, 47 = NZG 2007, 144 (145 f); Urt v 9.7.2007 – II ZR 62/06, BGHZ 173, 145 = NZG 2007, 754 (756) – Lurgi; Urt v 18.2.2008 – II ZR 132/06, BGHZ 175, 265 = NZG 2008, 425 (427) – Rheinmöwe; BGHZ 185, 44 = NZG 2010, 702 ADCOCOM; Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 129; Scholz/ Veil § 5, Rdn 82; Baumbach/Hueck/Fastrich § 5, Rdn 20; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Schmidt-Leithoff § 5, Rdn 47; mindestens teilweise anders das frühere aktienrechtliche Schrifttum: einheitliches Rechtsgeschäft nur bei unteilbaren Leistungen, vgl KK/Kraft (2. Aufl) 51; Geßler/Eckardt Rdn 45; wie hier aber auch die inzwischen hM MünchKommAktG/Pentz Rdn 68; KK/Arnold Rdn 35; Spindler/Stilz/Benz Rdn 65; Schmidt/ Lutter/Bayer Rdn 32; Heidel/Polley Rdn 23; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 10; Hölters/Solveen Rdn 19; Wachter Rdn 25; zurückhaltender Grigoleit/Vedder Rdn 4; schon dritte Aufl (Barz) Anm 21 mwN vor allem aus dem älteren Schrifttum; ferner Godin/Wilhelmi § 5 Anm 10; aA Hüffer/Koch Rdn 8a; bei Unteilbarkeit aufgrund Parteienvereinbarung auch BGH NZG 2007, 144, 145 = NJW 2007, 765. 320 Sie ist aber als solche zu kennzeichnen BGH v. 20.11.2006 – II ZR 176/05, BGHZ 170, 47, 54, Rz 17. 321 RGZ 159, 321 ff, 327.

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Rdn 197), ist eine verbindliche exakte Bezifferung des Wertes des einzubringenden Gegenstandes vor allem bei Einlagen mit stark schwankendem Wert bei Feststellung der Satzung häufig noch gar nicht möglich. Mit einer groben Schätzung wäre nichts gewonnen. Es geht allein darum zu verhindern, dass die Öffentlichkeit infolge unterlassener Angaben über zusätzliche Vergütungspflichten der Gesellschaft über deren Kapitalverhältnisse getäuscht wird oder das eingebrachte Kapital der Gesellschaft durch überhöhte Vergütungspflichten ausgehöhlt wird. Für beide Zwecke reicht es aus, wenn die Vergütungspflicht für den Anrechnungsbetrag (§ 27 Abs 1 S 1) übersteigenden Teil der Sacheinlage in der Satzung nach Art und Umfang so bestimmt bezeichnet ist, dass sie der Nachprüfung durch das Registergericht zugänglich ist. Dazu genügt es, falls keine weiteren Abmachungen getroffen sind, regelmäßig, wenn in der Satzung zunächst nur der Anrechnungsbetrag angegeben und im Übrigen bestimmt wird, dass die Gesellschaft einen etwa darüber hinausgehenden Wert des einzulegenden Gegenstandes zu vergüten hat. Nicht selten sind auch Vereinbarungen, nach denen der Gründer die ihm zustehende Vergütung des Mehrwertes als Darlehen in der Gesellschaft stehen lässt. Unerlässlich ist jedoch, dass sich die Höhe der Vergütung im Zeitpunkt der Anmeldung der Gesellschaft konkretisiert hat, damit das Registergericht die Richtigkeit der Berechnung kontrollieren kann.322 4. Mängel gemischter Sacheinlagen. Auch bei der gemischten Sacheinlage muss 219 der Zeitwert des eingebrachten Gegenstandes im Augenblick der Anmeldung den Wert der dafür von der Gesellschaft zu erbringenden Gegenleistungen voll abdecken. Der Wert der Einlage muss also mindestens den Nennwert der für sie gewährten Aktien zuzüglich der dem Gründer zusätzlich zugesprochenen Vergütung erreichen. Ergibt sich bei der registergerichtlichen Kontrolle ein niedrigerer Wert des Einlagegegenstandes, so geht dies zunächst zu Lasten der dem Gründer zustehenden Vergütung. Die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister darf nur dann abgelehnt werden, wenn der Wert der Einlage auch hinter dem Nennbetrag der für sie gewährten Aktien zurückbleibt und der Gründer die Differenz nicht in bar zugezahlt hat.323 Die Eintragung hat auch dann zu unterbleiben, wenn der Gründer eine bereits erhaltene überhöhte Vergütung nicht zurückzahlt, weil auch durch sie das ausgewiesene Grundkapital der Gesellschaft bereits im Zeitpunkt der Entstehung ausgehöhlt würde. Nach ähnlichen Grundsätzen ist die Mangelhaftigkeit des geleisteten Gegenstandes 220 zu beurteilen. Liegt bei einer gemischten Sacheinlage ein Sachmangel vor und macht die Gesellschaft von ihrem Recht zur Minderung (unten Rdn 420) Gebrauch, so führt das zunächst zu einer entsprechenden Minderung der Zahlungspflicht der Gesellschaft. Hat der Aktionär die vereinbarte Vergütung für den angenommenen Mehrwert seiner gemischten Sacheinlage bereits erhalten, so muss er einen dem geminderten Wert des Gegenstandes entsprechenden Teil der Vergütung an die Gesellschaft zurückzahlen. Nur wenn in beiden Fällen der Betrag der Minderung über den Umfang der von der Gesellschaft zu leistenden Vergütung hinausgeht, löst dies eine Zahlungsverpflichtung des Aktionärs aus dem Gesichtspunkt seiner Differenzhaftung (Rdn 211 ff) aus.

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322 Ausführlich wie hier Bürgers/Körber/Lohse Rdn 10; so auch im GmbH-Recht, vgl Priester BB 1980, 22 f; Ulmer/Ulmer/Casper § 5, Rdn 129; OLG Zweibrücken GmbHR 1981, 214; aA OLG Stuttgart GmbHR 1982, 109, 110 f (erforderlich wenigstens Angabe des geschätzten Wertes im Gesellschaftsvertrag) mit insoweit abl Anm von Priester ebd 112 ff; abw auch Günthner NJW 1975, 524, 526, der sogar Angabe eines festen Wertes verlangt; ähnlich wie er wohl auch Sudhoff/Sudhof NJW 1982, 129 ff. 323 Wie hier auch Bürgers/Körber/Lohse Rdn 10; Priester GmbHR 1982, 113; aA Scholz/Veil § 5, 85: bei ungenügender Wertabdeckung Ablehnung der Eintragung, es sei denn, die Satzung bestimmt, dass ein etwaiger Minderwert einseitig zu Lasten der Vergütung gehen soll.

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5. Die sogenannte Mischeinlage. Die gemischte Sacheinlage darf nicht mit der sog Mischeinlage verwechselt werden. Bei der gemischten Sacheinlage leistet der Gründer einen Gegenstand (oder eine Sachgesamtheit wie etwa ein Unternehmen), der ihm teils als Einlage angerechnet und durch die Gewährung von Gesellschaftsrechten (Aktien), teils in anderer Weise vergütet wird. Bei der sog Mischeinlage (auch: gemischte Einlage) erbringt der Gesellschafter dagegen ausschließlich eine durch die Gewährung von Gesellschafterrechten (Aktien) vergütete Einlage.324 Diese Einlage besteht aber teilweise aus einer Sacheinlage und teilweise aus einer Geldzahlung. Wegen der Behandlung der Mischeinlage im einzelnen s § 36 Rdn 209.325 V. Die Sachübernahme

1. Begriff; Gesetzeszweck. Nach der Legaldefinition des § 27 Abs 1 S 1 ist die Sachübernahme eine bei Gründung der Gesellschaft getroffene Vereinbarung, wonach die Gesellschaft vorhandene oder herzustellende Anlagen oder andere Vermögensgegenstände übernehmen soll. Das Merkmal, dass es sich um eine bei der Gründung getroffene Abrede handelt, ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut. Es folgt aber aus dem Sinnzusammenhang und daraus, dass die Sachübernahmevereinbarung und die sie maßgeblich determinierenden Bestimmungen nicht anders als eine Sacheinlageabrede bereits in der Satzung festgesetzt werden müssen. Die Erstreckung des § 27 Abs 1 auf die Sachübernahme gilt nur für die Gründung, wo 223 eine besondere Gefahr von für die Gesellschaft schädlichen Geschäften der mächtigen Gründer besteht (zur Vorgeschichte im Gründungsschwindel siehe oben Rn 3 ff und § 36 Rn 49 ff). Die Einbeziehung der Sachübernahme ragt über die Vorgaben der Kapitalrichtlinie hinaus, dies aber in zulässiger Weise (oben Rn 50 f). Im Unterschied zur Sacheinlage besteht bei der Sachübernahme die von der Gesellschaft für den Erwerb/die Übernahme des betreffenden Gegenstandes zu erbringende Gegenleistung nicht in der Einräumung von Mitgliedschaftsrechten (Aktien), sondern in einer Vergütung sonstiger Art. Die Sachübernahme ist mithin anders als eine Bar- oder Sacheinlage, die beide gleichermaßen der Aufbringung des satzungsmäßigen Grundkapitals der Gesellschaft dienen, kein notwendiger Stein im Bau der Gesellschaft.326 Sie ist vielmehr ein beliebiger schuldrechtlicher Austauschvertrag, regelmäßig ein Kauf- oder Werkvertrag, dessen einzige Besonderheit darin besteht, dass er schon im Zusammenhang mit der Gründung der Gesellschaft geschlossen wird. Der Veräußerer des Gegenstandes braucht deshalb auch nicht zu den Gründern der Gesellschaft zu gehören. Veräußerer kann auch ein beliebiger Dritter sein, der weder Aktionär der Gesellschaft ist noch es werden will.327 Gehört er im Einzelfall gleichwohl zu dem Kreis der Aktionäre der Gesellschaft, so steht die Veräußerung aus rechtlicher Sicht mit seiner Aktionärseigenschaft in keinerlei Zusammenhang. Er veräußert nicht anders, als ob er nicht Aktionär wäre. Seine Verpflichtung zur Leistung seiner Einlage wird dadurch nicht berührt, s aber auch unten Rdn 260 f. Wenn das 222

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324 MünchKommAktG/Pentz Rdn 67; KK/Arnold Rdn 35; Spindler/Stilz/Benz Rdn 66; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 33; Hüffer/Koch Rdn 8; Grigoleit/Vedder Rdn 3; Heidel/Polley Rdn 24; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 10; Hölters/Solveen Rdn 19; Wachter Rdn 26. 325 Zur verdeckten Mischeinlage vgl auch OLG Jena ZIP 2006, 1989 = WM 2006, 2258 = NZG 2007, 147 bei Überbewertung und Bezugsrechtausschluss. 326 So Voraufl Barz Anm 22 nach Düringer/Hachenburg/Bing § 185 Anm 15. 327 BGHZ 28, 314, 318 = NJW 1959, 383; BGH AG 1975, 76, 77, MünchKommAktG/Pentz Rdn 61; KK/Arnold Rdn 25; Spindler/Stilz/Benz Rdn 64; Schmidt/Lutter/Bayer 27; Hüffer/Koch Rdn 5; Grigoleit/Vedder Rdn 30; Heidel/Polley Rdn 25; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 6; Hölters/Solveen Rdn 14; Wachter Rdn 19.

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Gesetz gleichwohl vorschreibt, dass Sachübernahmevereinbarungen der Festsetzung in der Satzung bedürfen, so geschieht dies allein deshalb, weil sie ähnliche Gefahren für die Gesellschaft schaffen wie Sacheinlageabreden. Würde insbes in einer Sachübernahmevereinbarung eine überhöhte Vergütung für den von der AG zu erwerbenden Gegenstand festgesetzt, so träte die Gesellschaft infolge des damit verbundenen Mittelabflusses – nicht unähnlich der Situation bei überbewerteten Sacheinlagen – mit einer Kapitalausstattung ins Leben, die nicht ihrem verlautbarten Grundkapital entspricht. Dazu tritt die Gefahr verdeckter Kick-Back-Zahlungen an die Gründer (vgl Rdn 4 zum Eisenbahnbau). Aus wirtschaftlicher Sicht sind beide Vorgänge, Sacheinlage und Sachübernahme, weitgehend austauschbar. Bei der Sacheinlage erhält die AG das in ihrer Satzung als Geldziffer ausgewiesene Grundkapital von vornherein in Form einer Sachleistung. Bei der Sachübernahme erhält sie zwar zunächst den als Einlage angegebenen Geldbetrag, der aber sogleich durch das Austauschgeschäft gegen eine Sachleistung ausgewechselt wird. Der wirtschaftliche Effekt ist in beiden Fällen der gleiche: die Gesellschaft erhält im Ergebnis ihr Grundkapital nicht in Gestalt einer Bar-, sondern einer Sachleistung. Auch wenn bei der Sachübernahme der Vollzug des schuldrechtlichen Verpflichtungsgeschäfts im Einzelfall etwas hinausgeschoben würde, bedeutete das nicht mehr als eine gewisse zeitliche Streckung. Das wirtschaftliche Ergebnis, dass die Gesellschaft nach Abschluss der schon im Gründungsstadium vereinbarten Transaktion nicht den ihr in der Satzung zugesagten Geldbetrag, sondern eine Sachleistung erhält, würde dadurch nicht entscheidend berührt. Das Gesetz muss deshalb im Interesse der Öffentlichkeit sicherstellen, dass dieser Vorgang nicht verborgen bleibt und die Gesellschaft eine vollwertige Sachleistung für die von ihr zu entrichtende Vergütung erhält. Dies geschieht, indem es Sachübernahme und Sacheinlage grundsätzlich gleichbehandelt und denselben Offenlegungs- und Prüfungspflichten unterwirft. 2. Die Fiktion des § 27 Abs 1 S 2. In einem Sonderfall wird die Sachübernahme so- 224 gar kraft Gesetzes als Sacheinlage angesehen: nach § 27 Abs 1 S 2 gilt es als Sacheinlage, wenn die von der AG für die Übernahme des Vermögensgegenstandes zu entrichtende Vergütung auf die Einlage eines Aktionärs angerechnet werden soll. Die durch das Gesetz zur Durchführung der Zweiten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts v 13.12.1978, BGBl I 1959 (die Richtlinie selbst sieht eine entsprechende Regelung freilich nicht vor) eingefügte Fiktion ergibt im Rahmen des § 27 keinen rechten Sinn, da Sachübernahmeverträge ohnehin den gleichen Publizitäts- und Prüfungspflichten unterworfen werden wie Sacheinlagevereinbarungen. Sie soll erreichen, dass bei Sachübernahmen mit vereinbarter Anrechnung des Vergütungsanspruchs auf die Einlagepflicht des Aktionärs, die als typischer Umgehungsfall angesehen wird, für die Erfüllung zur Verpflichtung zur Übertragung des Vermögensgegenstandes die gleichen Fristen gelten, die in § 36a Abs 2 S 2 für die Erfüllung eines Sacheinlageversprechens vorgeschrieben sind.328 3. Der Sachübernahmevertrag a) Bedeutung. Die Sachübernahmevereinbarung ist ein gewöhnlicher schuldrecht- 225 licher Austauschvertrag, meistens ein Kauf- oder Werkvertrag, der uneingeschränkt den

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328 RegE mit Begründung BT-Drucks 8/1678 S 12; Hüffer NJW 1979, 1065, 1066 (dort auch zur Kritik an der gesetzgeberischen Konzeption); BGHZ 110, 47, 58, 59, MünchKommAktG/Pentz Rdn 66; KK/Arnold Rdn 32; Spindler/Stilz/Benz Rdn 51; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 27; Hüffer/Koch Rdn 7; Grigoleit/Vedder Rdn 31; Heidel/Polley Rdn 26; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 9; Hölters/Solveen Rdn 15; Wachter Rdn 23.

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für Verträge dieser Art geltenden Vorschriften unterliegt. Ist er als solcher wirksam zustande gekommen und in der durch § 27 Abs 1 S 1 gebotenen Form zum Bestandteil der Satzung gemacht, so wird die AG aus ihm ohne weiteres berechtigt und verpflichtet. Eine spätere Bestätigung durch den Vorstand der Gesellschaft ist nicht erforderlich. Die Vereinbarung wird bei und anlässlich der Gründung der Gesellschaft von den 226 Gründern untereinander oder von ihnen für die Gesellschaft mit dem Veräußerer des Gegenstandes geschlossen. Auch ein Vertrag zugunsten Dritter ist denkbar. Streitig ist, ob Sachübernahme auch ein Vertrag ist, der nach Feststellung der Satzung zwischen dem Vorstand und dem Veräußerer geschlossen wird.329 Diese Frage ist mit der hM zu verneinen. Nach Satzungsfeststellung vom Vorstand geschlossene Verträge sind solche der Vorgesellschaft oder der bereits als rechtsfähige Körperschaft entstandenen AG, deren Wirksamkeit allein von der Vertretungsmacht des Vorstands abhängt und von ihm zu verantworten sind. Bleibt das Vermögen der Gesellschaft bei ihrer Eintragung infolge derartiger Geschäfte hinter ihrer Grundkapitalziffer zurück, so können sich daraus Verpflichtungen der Gründer aus Unterbilanzhaftung ergeben (dazu bei § 41); für nach Eintragung der AG geschlossene Verträge ist auch § 52 zu beachten. Die Unhaltbarkeit der Gegenposition zeigt sich auch daran, dass sie Ausnahmen für Verträge machen muss, die von dem Vorstand vor Eintragung zum Zwecke der Fortführung eines eingebrachten Unternehmens abgeschlossen werden.330 Entsprechendes müsste im Übrigen auch für alle anderen Geschäfte gelten, die der Ingangsetzung des künftigen Unternehmens durch den Vorstand zwischen Satzungsfeststellung und Eintragung dienen. Bei dieser Sachlage ist es richtiger, alle in diesem Zeitraum vom Vorstand abgeschlossenen Geschäfte grundsätzlich allein unter den Gesichtspunkten des § 41 und der Vorstandsverantwortung (§ 93) zu betrachten und sie nicht mit dem umständlich zu handhabenden Erfordernis ihrer (nachträglichen) Aufnahme in die Satzung zu belasten und zu behindern. Eine andere Frage ist es, wie weit eine unter den Gründern verabredete Übernahme227 vereinbarung rechtlich gediehen sein muss, um gemäß § 27 Abs 1 S 1 in der Satzung festgesetzt werden zu müssen.331 Die Rspr des RG ging dahin, dass in der Satzung alles festzusetzen ist, was so feste Gestalt angenommen hat, dass mit der Verwirklichung der Übernahmeabsicht bestimmt gerechnet werden kann.332 Der Kritik333 an dieser Rspr ist einzuräumen, dass in die Satzung an sich nur Vereinbarungen gehören, die zwischen den Beteiligten nach Maßgabe der jeweils einschlägigen Vorschriften des allgemeinen Rechts bindend und wirksam sind, so dass zu ihrer vollen Rechtsverbindlichkeit auch gegenüber der AG nur noch die in § 27 Abs 1 S 1 vorgeschriebene Aufnahme in die Satzung fehlt. Die Bekanntmachung nicht rechtsverbindlicher Gründerabreden in der Satzung kann leicht zu einer Irreführung der Öffentlichkeit über die Kapitalgrundlage der

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329 Bejahend Geßler/Eckardt 39; aA die hM MünchKommAktG/Pentz Rdn 61; KK/Arnold Rdn 26; Spindler/Stilz/Benz Rdn 53; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 27; Hüffer/Koch Rdn 5a; Grigoleit/Vedder Rdn 30; Wachter Rdn 21. 330 Geßler/Eckardt aaO; s zu dem ganzen Fragenkreis auch Godin AcP 147 (1941), 26 ff. 331 Das Meinungsbild geht immer noch weit auseinander/ausführlicher Überblick bei KK/Arnold Rdn 30; der selbst ein „sobald damit gerechnet werden kann“ verlangt; ebenso MünchKommAktG/Pentz Rdn 62; Heidel/Polley Rdn 27; wohl auch Grigoleit/Vedder Rdn 31; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 27 letzterer allerdings bei Dritten erst sobald die Vereinbarung wirksam ist; vorsichtiger Hüffer/Koch Rdn 5 „überzeugt nicht voll, aber vorsorglich zu beachten“; Spindler/Stilz/Benz Rdn 53, lehnt grundsätzlich ein Ausdehnung auf nicht wirksame Vereinbarungen ab. 332 RGZ 121, 99, 102; 157, 213, 224; 167, 99, 108; skeptisch gegenüber dieser Rspr dritte Aufl (Barz) Anm 27 mwN und ihm folgend KK/Kraft (Voraufl) Rdn 43. 333 Dazu die Nachw in Fn 331 und 332.

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Sacheinlagen. Sachübernahmen; Rückzahlung von Einlagen | § 27

Gesellschaft führen, wenn der Vorstand, dessen Sache der Abschluss des von den Gründern nur mehr oder weniger fest ins Auge gefassten Übernahmevertrages wäre, später einen entsprechenden Vertrag tatsächlich nicht abschließt. Andererseits ist aber zu berücksichtigen, dass unter den Gründern getroffene Abreden über einen Rückfluss geleisteter Bareinlagen an die Gründer im Austausch gegen eine Sachleistung, wenn sie in der Folge tatsächlich von dem in vielfältiger Hinsicht von den Gründern abhängigen Vorstand umgesetzt werden, dazu führen, dass die gesetzlichen Bestimmungen über Sacheinlagen und Sachübernahmen unterlaufen werden. Die Gesellschaft erhält durch ein solches Vorgehen statt der in ihrer Satzung verlautbarten Kapitalausstattung tatsächlich mehr oder weniger werthaltige Sachleistungen, ohne dass dies – wie es das Gesetz für Sacheinlagen und Sachübernahmen gleicherweise zwingend vorschreibt – in ihrer Satzung gegenüber der Öffentlichkeit offengelegt und die der Gesellschaft vermittels des vorher verabredeten Umsatzgeschäftes als Surrogat für die zurückfließende Bareinlage zugeführte Sacheinlage einer präventiven Werthaltigkeitskontrolle unterworfen wird (zur wirtschaftlichen Austauschbarkeit von Sacheinlagen und Sachübernahmen s schon oben Rdn 223). Unter diesem Gesichtspunkt macht es kaum einen Unterschied, ob die Gründerabrede nur deshalb gegenüber der Gesellschaft nicht rechtsverbindlich ist, weil sie nicht in deren Satzung aufgenommen worden ist oder es ihr noch zusätzlich an weiteren Wirksamkeitsvoraussetzungen fehlt. b) Rechtsnatur. Da der Sachübernahmevertrag nicht die mitgliedschaftsrechtlichen 228 Beziehungen des Gründers mit der Gesellschaft regelt, sondern seiner Natur nach ein schuldrechtliches Austauschgeschäft (beliebiger Art, in der Praxis zumeist Sach- oder Rechtskauf, auch Werkvertrag) der AG mit einem ihrer Gründer oder einem Dritten ist, das lediglich wegen der mit ihm verbundenen Gefahr einer vorzeitigen Aushöhlung des Grundkapitals der AG der Offenlegung in der Satzung bedarf, besitzt er keinen körperschaftsrechtlichen Charakter.334 Da er als solcher die Verpflichtung zur Leistung der Einlage und damit zur Aufbringung des Grundkapitals unberührt lässt, besteht an seiner Aufrechterhaltung kein öffentliches Interesse. Er unterliegt damit auch nach der Eintragung der AG in vollem Umfang der Geltung der allgemeinen Rechtsregeln über die Wirksamkeit zivilrechtlicher Verträge.335 Dies gilt ebenso für Formvorschriften wie für die Folgen einer anfänglichen Unmöglichkeit oder die Berufung auf Willensmängel. Er kann deshalb ohne Einschränkung durch aktienrechtliche Grundsätze auch nachträglich durch Anfechtung nach §§ 119, 123 ff BGB rückwirkend vernichtet werden, ohne dass dadurch das Grundkapital der Gesellschaft oder deren Existenz in Frage gestellt wird. Die Rückgewähr übernommener Vermögensgegenstände gegen Rückzahlung einer bereits von der Gesellschaft geleisteten Vergütung steht nicht im Widerspruch zu zwingenden aktienrechtlichen Vorschriften. Aus dem gleichen Grund sind auch die für den betreffenden Vertrag geltenden allgemeinen Vorschriften über Leistungsstörungen einschließlich derjenigen über nachträgliche Unmöglichkeit und die Bestimmungen über Sachund Rechtsmängel uneingeschränkt anwendbar.336 Auch eine nachträgliche einverständliche Aufhebung des Sachübernahmevertrages ist aus der Sicht der in § 27 getroffenen Regelung unbedenklich.

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334 MünchKommAktG/Pentz Rdn 65; KK/Arnold Rdn 30; Spindler/Stilz/Benz Rdn 56; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 29; Hüffer/Koch Rdn 6; Grigoleit/Vedder Rdn 31; Heidel/Polley Rdn 27; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 7; Hölters/Solveen Rdn 16; Wachter Rdn 24. 335 MünchKommAktG/Pentz Rdn 65; KK/Arnold Rdn 34; Spindler/Stilz/Benz Rdn 57, 98 ff. 336 MünchKommAktG/Pentz Rdn 65; KK/Arnold Rdn 34.

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Es kann zudem eine Verrechnungsabrede (Vergütungsforderung mit Einlagepflicht) geschlossen werden, was dann aber zur Folge des Abs 1 S 2 (fingierte Sacheinlage, Rdn 224) führt.

c) Inhalt. Als Inhalt einer Sachübernahmevereinbarung iSv § 27 Abs 1 S 1 kommen nur Geschäfte in Betracht, durch welche die Gesellschaft verpflichtet werden soll, Vermögensgegenstände von einem Gründer oder einem Dritten gegen Zahlung einer Vergütung zu erwerben.337 Verträge, durch die umgekehrt die Gesellschaft ihrerseits zu Warenlieferungen oder Kreditaufnahmen etc verpflichtet wird, fallen, wie schon die Legaldefinition des § 27 Abs 1 S 1 zeigt, nicht darunter. Ebenso wenig handelt es sich um eine Sachübernahme, wenn die Gesellschaft keine Gegenleistung für den Erwerb des von ihr zu übernehmenden Vermögensgegenstandes zu erbringen hat.338 Dies folgt zwar nicht aus dem Wortlaut, wohl aber aus dem Sinn der Sachübernahmevereinbarungen, die lediglich die Aushöhlung des Vermögens der entstehenden AG durch Verpflichtungen zur Leistung von Vergütungen für von ihr zu übernehmende Gegenstände verhindern sollen. Sachübernahmevereinbarung iS des § 27 und der daran anknüpfenden Regelun231 gen des AktG ist nur das schuldrechtliche Grundgeschäft, durch das die Verpflichtung der AG zur entgeltlichen Übernahme der in § 27 Abs 1 S 1 bezeichneten Vermögensgegenstände begründet wird. Wie auch sonst im deutschen Recht bedarf diese nur schuldrechtlich wirkende Vereinbarung der Ausführung durch ein dingliches Vollzugsgeschäft. Welche gesetzlichen Bestimmungen dafür maßgeblich sind, richtet sich nach der Art des von der AG zu übernehmenden Gegenstandes, vgl §§ 929 ff BGB (Übereignung beweglicher Sachen), §§ 873, 925 BGB (Begründung und Übertragung von Immobiliarrechten), §§ 398 ff BGB (Übertragung von Forderungen und Rechten).

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d) Form. Die Begründung der Sachübernahmevereinbarung ist nach Maßgabe der Vorschriften des allgemeinen Rechts regelmäßig formlos möglich. Auch das Aktienrecht stellt abgesehen von der Notwendigkeit der Aufnahme der Sachübernahmevereinbarung in die Satzung keine zusätzlichen Anforderungen an die Form der Sachübernahmevereinbarung. Verlangt das allgemeine Recht wie etwa bei der Begründung der Verpflichtung zur Übertragung oder zum Erwerb von Grundstücken (§ 313 BGB) die Einhaltung einer bestimmten Form, so kann diese dadurch ersetzt werden, dass die gesamte Sachübernahmevereinbarung bei der notariellen Feststellung der Satzung (§ 23 Abs 1) mitbeurkundet wird.339

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e) Gegenstand der Sachübernahme. Für die möglichen Gegenstände von Sachübernahmen gilt im Grundsatz nichts anderes als für Sacheinlagen. Gegenstand der Sachübernahme können mithin alle Vermögensgegenstände mit Ausnahme von Dienstleistungen sein, die einen objektiv feststellbaren, in einer Geldsumme ausdrückbaren, wirtschaftlichen Wert besitzen (§ 27 Abs 2).340 Auf ihre Bilanzierungsfähigkeit kommt es nicht an, weil die Kapitalrichtlinie hier nicht gilt und daher die Grundsätze der hM in

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337 MünchKommAktG/Pentz Rdn 61; Spindler/Stilz/Benz Rdn 58; KK/Arnold Rdn 30; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 27. 338 MünchKommAktG/Pentz Rdn 63; Spindler/Stilz/Benz Rdn 60; KK/Arnold Rdn 30; Hölters/Solveen Rdn 14; aA Geßler/Eckardt Rdn 46 unter Berufung auf Röhrkasten BB 1974, 825 ff. 339 KK/Arnold Rdn 32. 340 MünchKommAktG/Pentz Rdn 61; KK/Arnold Rdn 31; Spindler/Stilz/Benz Rdn 58; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 27; Grigoleit/Vedder Rdn 32; Heidel/Polley Rdn 27; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 6; Hölters/Solveen Rdn 16.

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Deutschland uneingeschränkt gelten (vgl dagegen o Rdn 111 ff und 117 ff). Das Erfordernis eines feststellbaren wirtschaftlichen Wertes des von der Gesellschaft zu übernehmenden Gegenstandes ist zwar bei der Sachübernahme anders als bei der Sacheinlage nicht dadurch bedingt, dass der in Geld ausgedrückte Wert des Gegenstandes einen ihm ziffernmäßig entsprechenden Teil des real aufzubringenden Grundkapitals der AG repräsentiert. Die Verpflichtung zur Aufbringung des Grundkapitals wird als solche durch die Vereinbarung einer Sachübernahmeverpflichtung der Gesellschaft nicht berührt. Es folgt aber daraus, dass die Erfüllung der Verpflichtung der Gesellschaft zur Leistung einer Vergütung für den von ihr zu übernehmenden Gegenstand bei der Gesellschaft zu einem Mittelabfluss führt, der es erforderlich macht, die Werthaltigkeit der der Gesellschaft im Austausch dafür zugedachten Sachleistung zu kontrollieren, um die Gefahr eines, zudem der Öffentlichkeit verborgen bleibenden, schon bei der Gründung der AG festgelegten Abzuges der laut Satzung in die Gesellschaft eingelegten Vermögenswerte zu bannen. Eine solche Werthaltigkeitsprüfung (vgl § 32 Abs 2, § 34 Abs 1 Nr 2, § 38 Abs 2) hat zur Voraussetzung, dass der von der Gesellschaft zu vergütende Gegenstand der Sachübernahme einen feststellbaren und damit verifizierbaren Vermögenswert besitzt. Indem das Gesetz ausdrücklich auch erst herzustellende Anlagen aufführt, stellt es 234 klar, dass auch Werkverträge mit Gründern oder Dritten Gegenstand einer Sachübernahme sein können (zu der entspr Frage bei der Sacheinlage Rdn 178). Die im älteren Schrifttum in diesem Zusammenhang teilweise gemachte Einschränkung,341 es müsse sich dabei um Werkverträge handeln, bei denen der Unternehmer auch das Material liefert, macht wenig Sinn und findet im Gesetz auch keine Stütze.342 Dienstleistungen sind, nicht anders als bei der Sacheinlage kraft ausdrücklicher ge- 235 setzlicher Vorschrift (§ 27 Abs 2) kein tauglicher Gegenstand einer Sachübernahme.343 Im Ergebnis bedeutet dies, dass die AG von ihren Gründern nicht im Voraus wirksam zur Abnahme entgeltlicher Dienstleistungen verpflichtet werden kann. Wollen die Gründer eine Vergütungspflicht der Gesellschaft für ihr geleistete oder noch zu leistende Dienste begründen, so ist dies nur durch Festsetzung nach § 26 erreichbar. f) Die von der Gesellschaft zu leistende Vergütung aa) Gegenstand der Vergütung. Die von der AG für die Übernahme des Vermö- 236 gensgegenstandes zu leistende Vergütung kann in Geld oder in jeder beliebigen als Tauschwert in Betracht kommenden geldwerten Leistung bestehen. Es gilt insofern aus aktienrechtlicher Sicht nur eine Ausnahme: es darf sich nicht um zu diesem Zweck geschaffene Aktien der Gesellschaft handeln. Denn in diesem Fall läge rechtlich keine Sachübernahme gegen Vergütung, sondern eine Sacheinlage gegen Gewährung von Mitgliedschaftsrechten vor. Dem steht nicht entgegen, dass die Vergütung im Einzelfall aus Aktien der Gesellschaft bestehen kann, die sie nicht schafft (also neu ausgibt), sondern die sie sich von ihren Aktionären im Hinblick auf die Sachübernahme oder aus anderen Gründen (§ 71) durch Rückerwerb bereits ausgegebener Aktien verschafft hat.344 bb) Bewertung; Rechtsfolgen fehlerhafter Bewertung. Für die Bewertung des 237 Gegenstandes der Sachübernahme und die Feststellung der Angemessenheit der dafür von der Gesellschaft zu leistenden Vergütung gelten im Grundsatz dieselben Regeln wie

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341 342 343 344

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Düringer/Hachenburg/Bing § 186, 49 und Schlegelberger/Quassowski § 20, 7. Ohne Diskussion: MünchKommAktG/Pentz Rdn 65; KK/Arnold Rdn 30; Spindler/Stilz/Benz Rdn 57. Ausdrücklich KK/Arnold Rdn 27; Spindler/Stilz/Benz Rdn 58; Heidel/Polley Rdn 27. RGZ 121, 99, 103.

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für die Bewertung von Sacheinlagen, s deshalb zunächst oben Rdn 191. Der Umstand, dass die Sachübernahme im Gegensatz zur Sacheinlage ein schuldrechtliches Anschaffungsgeschäft der AG ist, bedingt jedoch einige Modifikationen dieser Regeln. Daraus folgt zum einen, dass bei der Sachübernahme der für die Bewertung maßgebliche Zeitpunkt anders als bei der Sacheinlage nicht derjenige der Anmeldung der AG zum Handelsregister, sondern derjenige ist, in dem der zu übernehmende Gegenstand und damit die Gefahr auf die Gesellschaft übergeht.345 Des Weiteren folgt aus dem Charakter der Sachübernahme als schuldrechtlichem Anschaffungsgeschäft, bei dem die zugesagte Gegenleistung die Anschaffungskosten darstellt, dass bei ihr eine Unterbewertung und die dadurch bedingte Bildung stiller Reserven im Vermögen der Gesellschaft anders als bei der Sacheinlage unbedenklich ist.346 Bei Überbewertung des Gegenstandes der Sachübernahme kann die Gesellschaft 238 nicht eingetragen werden, § 38 Abs 1 S 2 und Abs 2 S 2, außer die Differenz wird bis zur Anmeldung durch bare Zuzahlung ausgeglichen. 347 Ferner kann die Überbewertung Schadensersatzansprüche der Gesellschaft gegen die Beteiligten nach Maßgabe der §§ 46 (Gründer), 47 (beteiligte Dritte) und § 48 (Vorstand und Aufsichtsrat) zur Folge haben.348 Zur Strafbarkeit falscher Angaben oder des Verschweigens wesentlicher Umstände in Bezug auf die Sachübernahme § 399 Abs 1 Nr 1. Die Gültigkeit der Sachübernahmevereinbarung als solche bleibt durch die im Eintragungsverfahren unbemerkt gebliebene Überbewertung vorbehaltlich des Eingreifens allgemeiner Bestimmungen (§§ 134, 138 BGB) unberührt. VI. Die Festsetzung der Sacheinlage und der Sachübernahme in der Satzung 1. Allgemeines. Das Gesetz fordert nicht, dass die gesamte Sacheinlage- oder Sachübernahmevereinbarung in der Satzung enthalten sein muss. Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung (§ 27 Abs 1 S 1) bedürfen der Festsetzung in der Satzung unmittelbar nur der Gegenstand der Sacheinlage oder Sachübernahme, die Person, von der die Gesellschaft den Gegenstand erwirbt, und der Nennbetrag der bei der Sacheinlage zu gewährenden Aktien oder die bei der Sachübernahme zu gewährende Vergütung.349 240 Die damit vom Gesetz verlangten Festsetzungen in der Satzung müssen so genau sein, dass keine Unklarheiten über den einzulegenden oder den von der Gesellschaft zu erwerbenden Gegenstand (Rdn 241), die Person des Veräußerers oder Einlegers (Rdn 241) und die von der Gesellschaft zu erbringende Gegenleistung (Rdn 243) bleibt. Welche Angaben dazu im Einzelnen in der Satzung erforderlich sind, hängt naturgemäß von den Umständen des konkreten Falles ab. Maßstab ist stets der Zweck der gesetzlichen Regelung, die Öffentlichkeit über die Kapitalverhältnisse und die Bindungen zu Lasten der in Gründung befindlichen Gesellschaft zu unterrichten und eine Prüfung der Werthaltigkeit der einzulegenden oder von der AG zu übernehmenden Vermögensgegenstände zu ermöglichen. 239

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345 Spindler/Stilz/Benz Rdn 61. 346 So für die Sachübernahme auch Spindler/Stilz/Benz Rdn 61; Ballerstedt aaO (Fn 116) S 69, 81; ebenso Döllerer WPg 1969, 335. 347 MünchKommAktG/Pentz Rdn 65; Spindler/Stilz/Benz Rdn 62; KK/Arnold Rdn 30; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 30; Grigoleit/Vedder Rdn 34. 348 Spindler/Stilz/Benz Rdn 63. 349 MünchKommAktG/Pentz Rdn 69; KK/Arnold Rdn 30; Spindler/Stilz/Benz Rdn 67, Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 36; Hüffer/Koch Rdn 9; Grigoleit/Vedder Rdn 34; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 15; Heidel/Polley Rdn 29; Wachter Rdn 21.

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a) Für die danach verlangten Angaben zum Gegenstand der Sacheinlage oder 241 Sachübernahme bedeutet dies zunächst konkret, dass seine Identität feststellbar sein muss.350 Objektive Bestimmbarkeit an Hand der aus der Satzung ersichtlichen Festlegungen genügt. Bei der Einbringung einer Mehrheit von Gegenständen erfordert dies regelmäßig, dass sie im Einzelnen unter Angabe der ihre Identität bestimmenden Merkmale aufgeführt werden. Angaben wie „Material, Werkzeug, Maschinen und Einrichtungsgegenstände im Gesamtwert von …“ wären ebenso wenig ausreichend wie zB „Textilwaren im Werte von …“.351 Es kann aber genügen, dass sie durch ein gemeinsames Merkmal bezeichnet werden, das unschwer ihre Bestimmung ermöglicht, wie etwa sämtliche im Grundbuch des betreffenden Ortes am Stichtag für den Eigentümer eingetragenen Grundstücke.352 Bei vertretbaren Sachen genügt eine hinreichend bestimmte Beschreibung mit der Angabe der genauen Zahl und Menge. Bei Waren mit einem feststehenden Preis, insbes Markt- oder Börsenpreis, kann die Angabe des Gesamtpreises genügen.353 Bei Sachgesamtheiten wie Betrieben, Unternehmen, Warenlagern etc reicht die Angabe ihrer Bezeichnung, sofern dadurch wirklich feststeht, was dazugehören soll und was nicht.354 So wird es bei der Einbringung eines Unternehmens in der Regel genügen, wenn es unter seiner Firma oder Geschäftsbezeichnung aufgeführt und im Übrigen festgelegt ist, die Einbringung erfolge mit allen Aktiven und Passiven gemäß der auf einen bestimmten Stichtag aufgestellten (oder aufzustellenden) Bilanz.355 Ist eine solche zweifelsfreie Bestimmung der Identität und des Umfangs des einzubringenden Gegenstandes im Einzelfall durch die Bezeichnung der Sachgesamtheit nicht ausreichend gewährleistet oder sind insoweit Sonderabreden getroffen, so sind dadurch entstehende Unklarheiten durch zusätzliche Angaben zu beseitigen. Sollen zB bestimmte Vermögensgegenstände von dem Übergang auf die Gesellschaft ausgenommen sein, so ist dies anzugeben.356 Ebenso sind umgekehrt zusätzlich zu übernehmende Aktiv- und Passivposten zu bezeichnen. Dazu ist es aber nicht unter allen Umständen erforderlich, dass diese in der Satzung alle einzeln aufgeführt werden. So muss es genügen, wenn sich dies aus einer den Anmeldungsunterlagen beigefügten Aufstellung ergibt.357 Soll ein Vermögensgegenstand nur mit Belastungen oder unter Vorbehalt bestimmter Rechte auf die AG übertragen werden, so muss auch dies in der Satzung angegeben werden.358 b) Die Person des Gründers oder Veräußerers muss so genau bezeichnet werden, 242 dass Zweifel über ihre Identität ausgeschlossen sind.359 Welche Angaben zu diesem Zwe-

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350 OLG Dresden OLG-Report 2003, 543 = NotBZ 2004, 37: ungenaue Bezeichnung der Sache im Gesellschaftsvertrag der GmbH unschädlich, soweit eine nähere Bestimmung aus Gesamtbetrachtung des Sachgründungsberichts und des Gesellschafstvertrages möglich ist. 351 OLG Kiel JR 1948, 325, ebenso MünchKommAktG/Pentz Rdn 70. 352 Vgl KG OLGZ 22, 25, 26: „alle meine Schiffe“, im Gegensatz zu „Schiffe und Inventar“. 353 RGZ 141, 204, 207. 354 MünchKommAktG/Pentz Rdn 70; KK/Arnold Rdn 38; Spindler/Stilz/Benz Rdn 70; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 35. 355 Vgl Formulierungsvorschlag bei Spindler/Stilz/Benz Rdn 70 im Gegensatz zu Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 35, der die Firma genügen lässt. 356 MünchKommAktG/Pentz Rdn 70; KK/Arnold Rdn 38; Spindler/Stilz/Benz Rdn 70; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 35; OLG München OLG Rspr 32, 135 f: Einbringung eines Lichtspieltheaters unter Ausschluß des noch nicht berechneten und entnommenen Gewinns des letzten Geschäftsjahres. 357 OLG Dresden OLG-Report 2003, 543 = NotBZ 2004, 37. 358 RGZ 114, 77: vorbehaltenes Wohn- und Benutzungsrecht des Einlegers bei Einbringung eines Brauerei-Grundstücks; entsprechendes müsste etwa auch für ein Wegerecht gelten. 359 MünchKommAktG/Pentz Rdn 71; Spindler/Stilz/Benz Rdn 73; KK/Arnold Rdn 37; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 34.

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cke unerlässlich sind, hängt auch hier wieder von den Umständen des Einzelfalles ab. Im Allgemeinen wird dazu die Angabe des Namens (idR mit Vornamen) oder ihrer Firma und ihre Anschrift360 erforderlich sein. c) In der Satzung anzugeben ist ferner die Gegenleistung, welche die Gesellschaft für den von ihr zu erwerbenden Vermögensgegenstand zu erbringen hat. Auch für diese Angabe gilt grundsätzlich das Bestimmtheitserfordernis. Ihm ist allerdings bei der Sacheinlage mit der ziffernmäßig genauen Angabe des Nennwertes der im Gegenzug zu gewährenden Aktien, bei der Sachübernahme des Betrages der zu entrichtenden Vergütung, genügt. Anders kann es sich jedoch verhalten, wenn die Vergütung ihrerseits nicht in Geld, sondern in anderen Leistungen zu erbringen ist. Es gelten dann hinsichtlich der Bestimmtheit die gleichen Anforderungen wie an die Bezeichnung des Gegenstandes der Sacheinlage oder Sachübernahme. Bei gemischten Sacheinlagen genügt es, wenn sich aus der Satzung – und sei es 244 auch nur im Wege der Auslegung – ergibt, dass die Gesellschaft den Gegenwert für den ihr als Sacheinlage zugeführten Gegenstand nicht nur durch Gewährung von Aktien, sondern auch in sonstiger Weise ausgleichen soll und die bei Beurkundung der Satzung noch nicht ziffernmäßig feststehende Vergütung dergestalt bestimmbar ist, dass sie im Zeitpunkt der registergerichtlichen Kontrolle eindeutig konkretisierbar ist, s Rdn 218. Die Art der zu leistenden Vergütung muss allerdings bereits im Gesellschaftsvertrag festgelegt sein. 245 In ausreichend bestimmter Form anzugeben sind ferner etwaige von der Gesellschaft zu übernehmende Belastungen und Verbindlichkeiten,361 soweit man ihre Angabe nicht schon als zur Bezeichnung des zu übernehmenden Gegenstandes der Sacheinlage oder Sachübernahme gehörig ansieht. Einer Abgrenzung im Einzelnen bedarf es insofern nicht, als für die Bezeichnung von Art und Umfang dieser Belastungen die gleichen Grundsätze gelten wie für die Bestimmung des Gegenstandes der Sacheinlage oder Sachübernahme, s deshalb auch Rdn 241. 243

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d) Bisher nicht befriedigend und abschließend geklärt ist die Frage, in welchem Umfang auch weitere in dem Sacheinlage- oder Sachübernahmevertrag getroffene Vereinbarungen (sog. Nebenabreden) in die Satzung aufgenommen werden müssen. Überwiegend heißt es im aktienrechtlichen Schrifttum, dies sei weder bei der Sacheinlage362 noch bei der Sachübernahme erforderlich. Dem ist jedoch nur mit Einschränkungen zuzustimmen. Die Registerpublizität soll die Öffentlichkeit über Kapitalverhältnisse und Bindungen der in Gründung befindlichen Gesellschaft durch Übernahmeverpflichtungen informieren und zudem die Möglichkeit einer präventiven Werthaltigkeitskontrolle eröffnen. Vertragliche Nebenabreden können aber Wert und Umfang der einzubringenden Vermögensgegenstände und damit das Äquivalenzverhältnis zwischen beiden in einem häufig nicht unerheblichen Ausmaß beeinflussen. Man wird deshalb darauf zu bestehen haben, dass alle Nebenabreden, die derartige Auswirkungen haben können und nicht nur weitgehend wertneutrale Leistungsmodalitäten regeln, in die Satzung aufzunehmen

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360 Zum Sitz eingehend Lawall/Wille/Konopatzki AG 2009, 529 ff. 361 RG JW 1916, 1413; BayObLG LZ 1919, 60; MünchKommAktG/Pentz Rdn 70; Spindler/Stilz/Benz Rdn 70; RG JW 1905, 214, RG Recht 1909, 2528; Priester BB 1980, 19, 20. 362 So jetzt noch ausführlich Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 36; Wieneke AG 2013, 437, 441 ff, die in der Festsetzung vornehmlich eine „Referenz- und Warnfunktion“ erblicken, die nicht die exakte Wertbestimmung des Gegenstands ermöglichen muss.

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sind,363 soweit sie nicht von vornherein schon zu den Angaben zählen, die zur Bestimmung des Gegenstandes der Sacheinlage oder Sachübernahme gehören. Entsprechendes gilt für alle Nebenabreden, die Umfang und Wert der von der Gesellschaft zu erbringenden Gegenleistung beeinflussen können. Werden solche Nebenabreden nicht festgesetzt, obwohl dies erforderlich wäre, entfalten sie keine Wirkung (s u Rdn 250). Das kann sich entgegen der Voraufl (Rdn 150) nach § 139 BGB auch nach der Eintragung noch auf das gesamte Geschäft auswirken, da die Sachübernahme nur ein schuldrechtlicher Vertrag ist (Rdn 228 u 258). e) Form. Die danach erforderlichen Angaben sind in die Satzung aufzunehmen. Die 247 Aufnahme in eine Anlage nach § 9 Abs 1 S 2 BeurkG reicht nicht aus.364 Es geht nicht um die Einhaltung der Vorschriften des BeurkG für eine notarielle Niederschrift, sondern um die Erfüllung der Formanforderungen des § 27 Abs 1, der nicht allgemein notarielle Beurkundung der Sacheinlage und Sachübernahme, sondern die Festsetzung der dort gemachten Angaben gerade in der Satzung verlangt und die Mitbeurkundung in Unterlagen ohne Satzungsqualität nicht ausreichen lässt. Unzureichend ist auch die Aufnahme in das Gründungsprotokoll. VII. Rechtsfolgen unterbliebener Festsetzung in der Satzung Nach § 27 Abs 3 S 1 aF waren Verträge über Sacheinlagen oder Sachübernahmen 248 ohne die nach § 27 Abs 1 S 1 vorgeschriebene Festsetzung in der Satzung der AG „der Gesellschaft gegenüber unwirksam“. Seit der Neufassung durch das ARUG behandelt Abs 3 dagegen nur noch das Institut der verdeckten Sacheinlage. Jenes unterscheidet sich von der früher geregelten Konstellation dadurch, dass gar kein Vertrag über eine Sacheinlage oder Sachübernahme vorgesehen war, sondern ein bewusst und gewollt bloßes Umgehungsgeschäft abgeschlossen wurde, das aber aufgrund seines engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs mit einer Bareinlageleistung als Sacheinlage/übernahme hätte vorgenommen werden müssen. Die Rechtfolgen (versehentlich oder bewusst) unterbliebener Festsetzung von Sach- 249 einlagen bzw -übernahmen in der Satzung sind seither nicht mehr geregelt, sondern müssen aus den allgemeinen Vorschriften hergeleitet werden. Das bedeutet vor allem, dass es für die früher vorgesehene relative Unwirksamkeit nur gegenüber der Gesellschaft keine Geltung mehr beanspruchen kann.365 Vielmehr gilt jetzt vor der Eintragung: Ohne formwirksame Festsetzung ist die Vereinbarung einer Sacheinlage oder Sach- 250 übernahme wegen § 125 Abs 1 BGB absolut nichtig. Sie bringt keinen wirksamen Anspruch hervor. Kommt es zu keiner Korrektur des Gesellschaftsvertrags, sind dennoch geleistete Vollzugsgeschäfte unter dem Abstraktionsprinzip allerdings bereits vor der Eintragung wirksam366 und nur nach Maßgabe des § 812 BGB rückabzuwickeln. Für eine Nichtigkeit auch des Vollzugsgeschäfts enthält das Gesetz nach Änderung des Abs 3 kei-

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363 Ähnlich die jetzt auch hM MünchKommAktG/Pentz Rdn 69; KK/Arnold Rdn 39; Spindler/Stilz/Benz Rdn 68; Hüffer/Koch Rdn 9; Heidel/Polley Rdn 29; Hölters/Solveen Rdn 20. 364 MünchKommAktG/Pentz Rdn 69; KK/Arnold Rdn 36; Spindler/Stilz/Benz Rdn 69; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 34; Wachter Rdn 30; Scholz/Veil § 5 Rdn 86; Gustavus DNotZ 1971, 231; Winkler DNotZ 1980, 587; aA Ulmer/Ulmer/Casper § 5 Rdn 135; Baumbach/Hueck/Fastrich § 5 Rdn 43; Michalski/Zeidler § 5 Rdn 133; MünchKommGmbHG/Schwandtner § 5 Rdn 233. 365 Überholt daher BGH AG 1975, 76; aA Heidel/Polley Rdn 30. 366 KK/Arnold Rdn 40; Spindler/Stilz/Benz Rdn 75; Heidel/Polley Rdn 30.

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nen Anhalt mehr. Bloße Formmängel führen nicht zum Durchschlagen auf die dingliche Ebene. Der Gesellschaftsvertrag ist dennoch grundsätzlich wirksam zustande gekommen. Das gilt auch bei der Sacheinlage, da der betreffende Gründer gleichwohl mindestens eine Aktie zu einem bestimmten Betrag übernommen haben muss und aus dieser Übernahme eine Bareinlage schuldet. Anders ist es nur, wenn es sich um ein bewusstes Scheingeschäft nach § 117 BGB gehandelt haben sollte. Ansonsten kann die Teilnichtigkeit nur nach Maßgabe des § 139 BGB, der jedenfalls bis zur Eintragung in modifizierter objektiver Form nach BGHZ 47, 172 zur Anwendung kommt (§ 23 Rdn 265, 268 ff), zur Gesamtnichtigkeit führen (vgl § 38 Abs 4 Nr 3) – wird dies idR aber auch.367 Ein Anspruch auf Korrektur des Gesellschaftsvertrags, den die früher hM angesichts der nur relativen Unwirksamkeit aus der Treuepflicht herleiten wollte,368 kann nach Änderung der Rechtslage vor der Eintragung der Gesellschaft grds nicht mehr in Betracht kommen, weil damit der Formbedarf unterlaufen würde. Anders könnte es allenfalls bei den sehr engen Voraussetzungen der missbräuchlichen Berufung auf den Formmangel liegen, doch wer wollte zu einer solchen Gesellschaft noch beitragen? Anders liegt es nach erfolgter Eintragung, weil nun die Bindung ohnehin eingetreten ist.369 Möglich ist aber eine Kündigung der Vorgesellschaft aus wichtigem Grund (§ 723 BGB),370 und zwar in erster Linie für den betroffenen Inferenten, aber möglicherweise auch für andere Gesellschafter, wenn die Erbringung der unwirksam verabredeten Sacheinlage Geschäftsgrundlage war (zB bestimmtes Unternehmen). Eine Heilung des Mangels vor der Eintragung erfolgt durch übereinstimmende Abänderung des Gesellschaftsvertrags und die nachfolgende Beachtung der besonderen Verfahrensvorschriften.371 Vor einer solchen Heilung liegt ein Eintragungshindernis vor,372 dessen Beseitigung vom Gericht durch Zwischenverfügung aufzugeben ist. Der betroffene Inferent kann stattdessen aber auch seine an sich bestehende Bareinlagepflicht erfüllen,373 wobei dann aber die Anmelder übereinstimmend auch erklären müssen, dass von der Durchführung der (ohnehin unwirksamen) Abrede Abstand genommen wird. Nach der Eintragung: Wird die Gesellschaft trotz des Mangels eingetragen, entsteht sie wirksam. Der Inferent bleibt zur Bareinlage verpflichtet. 374 Die Sacheinlage bzw Sachübernahmevereinbarung bleibt grds nichtig und kann daher nicht eingefordert werden.375 (Erst) Wenn eine fehlerhafte Sacheinlage vollzogen wird, müssen jedoch die Regeln der verdeckten Sacheinlage entsprechend eingreifen.376 Denn nun liegt ein vergleichbarer Sachverhalt vor. Das führt dann dazu, dass die Vollzugsgeschäfte (Übertragung des Vermögensgegenstandes, Rückerstattung der Einlage bzw „Bezahlung“) wirk-

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367 So schon Voraufl; zur GmbH Scholz/Veil § 5, 93; ebenso für die AG KK/Kraft (2. Aufl) Rdn 85. 368 Vgl dazu Voraufl Rdn 147; sa § 23 Rdn 272. 369 Für Pflicht zur Mitwirkung bei Eintragung BGHZ 155, 329 = NJW 2003, 3127, 3128 (Zur GmbH); MünchKommAktG/Pentz Rdn 77; Spindler/Stilz/Benz Rdn 76; Grigoleit/Vedder Rdn 22; Heidel/Polley Rdn 30. 370 MünchKommAktG/Pentz Rdn 79; Heidel/Polley Rdn 31. 371 Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 39; Heidel/Polley Rdn 30; Herrler/Reymann DNotZ 2009, 914, 915. 372 Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 38; Hüffer/Koch Rdn 12; Grigoleit/Vedder Rn 17; Heidel/Polley Rdn 30. 373 Grigoleit/Vedder Rdn 17; Heidel/Polley Rdn 31. 374 Hüffer/Koch Rdn 12. 375 HM Hüffer/Koch Rdn 12a; Grigoleit/Vedder Rdn 30; aA Heidel/Polley Rdn 31 (unter Rückgriff auf Abs 3) 376 KK/Arnold Rdn 41; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 38, 70 ff; Spindler/Stilz/Heidinger/Benz Rdn 77; Hüffer/Koch Rdn 12a; Hölters/Solveen Rdn 25; nur für Anrechnung Hoffmann-Becking GS Winter, 2011, S 239, 251 ff.

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sam cum causa erfolgen und nicht rückabzuwickeln sind. Stattdessen greift jetzt die Anrechnungslösung des Abs 3 S 3, in deren Folge die Bareinlagepflicht erlöschen kann. Das muss entsprechend für Sachübernahmen vom Einleger, nicht aber für solche von Dritten gelten, weil bei Letzteren keine Gefahr der Doppelzahlung besteht. Nach Aufhebung des § 27 Abs 4 aF durch das ARUG ist jetzt aber uneingeschränkt auch die nachträgliche Heilung durch Satzungsänderung wie im GmbH-Recht377 möglich.378 Die vorstehenden Grundsätze, insbes zu Abs 3, gelten nicht nur bei völlig fehlender, 256 sondern auch bei unvollständiger oder fehlerhafter Festsetzung entsprechend.379 VIII. Sonstige Folgen fehlender oder mangelhafter Festsetzung von Sacheinlage- und Sachübernahmevereinbarungen 1. Sonderprüfungen uä. Das Unterbleiben der in § 27 vorgeschriebenen Festsetzun- 257 gen kann zu einer Sonderprüfung des Gründungsvorgangs nach § 142, zu Schadensersatzverpflichtungen nach §§ 46 ff – nach § 47 Nr 2 auch für denjenigen, der an einer Schädigung wissentlich mitgewirkt hat – und zur Strafbarkeit nach § 399 Abs 1 Nr 1 führen. 2. Die Rechtsfolgen von Willensmängeln a) Bei Sachübernahmevereinbarungen. Bei Sachübernahmevereinbarungen kön- 258 nen Willensmängel vor wie nach Eintragung der Gesellschaft unbeschränkt nach Maßgabe der Bestimmungen des allgemeinen Rechts geltend gemacht werden.380 Dies ist Folge des Umstandes, dass der Sachübernahmevertrag nicht körperschaftsrechtlicher Natur, sondern (schuldrechtlicher) Austauschvertrag ist, dessen Fortfall weder die Aufbringung des Grundkapitals noch auch sonst die Wirksamkeit der Gesellschaftsgründung berührt (oben Rdn 228). Der Sachübernehmer, der gleichzeitig Gründer ist, muss allerdings ebenso wie seine Mitgründer bis zur Eintragung berechtigt sein, geltend zu machen, dass seine Beteiligung an der Gesellschaftsgründung ohne den Abschluss des Sachübernahmevertrags nicht erfolgt wäre. In diesem Falle zieht die Unwirksamkeit des Sachübernahmevertrages auch diejenige seiner Beteiligung an der Gründung der Gesellschaft und damit die Unwirksamkeit der Gesellschaftsgründung insgesamt nach sich.381 Das gleiche gilt, wenn die Mängel – wie zumeist – sowohl Beitritt und Übernahmeerklärung als auch die Sacheinlagevereinbarung betreffen. Die Gesellschaft kann nicht eingetragen werden, § 38 Abs 1 S 2. b) Bei Sacheinlagevereinbarungen aa) Vor Eintragung. Bei Sacheinlagevereinbarungen können Willensmängeln ent- 259 sprechend den in § 23 Rdn 263 ff dargelegten Grundsätzen bis zur Eintragung ebenfalls unbeschränkt geltend gemacht werden.382

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377 BGHZ 132, 141 = NJW 1996, 1473. 378 KK/Arnold Rdn 122; Spindler/Stilz/Benz Rdn 203 ff; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 41; Grigoleit/Vedder Rdn 22. 379 KK/Arnold Rdn 41; Spindler/Stilz/Benz Rdn 80; Grigoleit/Vedder Rdn 20. 380 MünchKommAktG/Pentz Rdn 65; KK/Arnold Rdn 34 Spindler/Stilz/Benz Rdn 98. 381 Spindler/Stilz/Benz Rdn 98. 382 Dem Grundsatz nach auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 49; KK/Arnold Rdn 17; Spindler/Stilz/Benz Rdn 86; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 46; Hüffer/Koch Rdn 11; Grigoleit/Vedder Rdn 7; Heidel/Polley Rdn 32; Hölters/Solveen Rdn 13.

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Betrifft der Willensmangel allein die Zusage der Sacheinlage, so ist zu unterscheiden: Hätten die Parteien die Beteiligung des Gründers auch ohne die Sacheinlage vereinbart, so bleibt die Übernahmeerklärung wirksam.383 An die Stelle der Sacheinlage tritt die aus der Kapitaldeckungspflicht folgende Verpflichtung des Gründers zur Zahlung einer Bareinlage in Höhe des für die fortfallende Sacheinlage festgesetzten Anrechnungsbetrages (Nennwert der übernommenen Aktien zuzüglich eines etwaigen Aufgeldes, s schon Rdn 211).384 An sich könnte die Gesellschaft auch dann nicht eingetragen werden, weil der von dem betreffenden Gründer zu leistende Beitrag in der Satzung unrichtig beurkundet ist, da die Satzung, solange sie nicht der durch die Geltendmachung des Willensmangels veränderten Rechtslage angepasst wird, fälschlich eine Sacheinlagepflicht anstelle des in Wahrheit zu zahlenden Geldbetrages ausweist. Dieser formale Gesichtspunkt sollte aber der Eintragung der Gesellschaft nicht entgegenstehen, wenn die Gesellschaft nachweist, dass der Gründer anstelle der unwirksamen Sacheinlage den eingeforderten Betrag (§ 36 Abs 2) in bar eingezahlt hat.385 Denn die Kapitalgrundlage der Gesellschaft wird durch die Barzahlung ebenso gesichert, wie durch die Erbringung der Sacheinlage und der Gründer leistet mit der Bareinzahlung genau das, was das Gesetz von ihm für den Fall verlangt, dass die Gesellschaft mit einer nichtigen Sacheinlageabrede eingetragen worden wäre, § 27 Abs 3 S 3. Die durch die Angabe der unwirksamen Sacheinlage in der nicht geänderten Satzung uU bewirkte Täuschung der Öffentlichkeit ist hinzunehmen, weil diese keinen Anspruch auf eine bestimmte Leistung der Gründer und deren Verbleib im Gesellschaftsvermögen hat. 261 Ist die Beteiligung des Gründers nur im Hinblick auf die Sacheinlage erfolgt, weil sich der Gründer ohne die Möglichkeit, seinen Beitrag in Form der vereinbarten Sacheinlage zu erbringen, nicht an der Gesellschaftsgründung beteiligt hätte oder er umgekehrt gerade mit Rücksicht auf die von ihm zugesagte Sacheinlage (etwa ein wichtiges Patent oder die Einbringung eines Betriebes) in die Gesellschaft aufgenommen worden ist, so schlägt die Unwirksamkeit der Sacheinlagevereinbarung auf die Aktienübernahmeerklärung des betreffenden Gründers durch.386 Infolgedessen ist sein Beitritt und damit die Gesellschaftsgründung insgesamt nichtig. Die mit einer unwirksamen Satzung errichtete Gesellschaft kann nicht eingetragen werden, § 38 Abs 1 S 2.

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bb) Nach Eintragung der Gesellschaft können Willensmängel jedenfalls im Interesse der Erhaltung ihrer Kapitalgrundlage schon nach allgemeinen Grundsätzen (§ 23 Rdn 278 ff) nicht mehr geltend gemacht werden. Ohne Bedeutung ist dabei auch hier, ob die Berufung auf den Willensmangel erst nach Eintragung der Gesellschaft erfolgt ist oder die Gesellschaft trotz vorheriger Geltendmachung des Willensmangels eingetragen worden ist. Für alle diese Fälle gilt gleichermaßen der Grundsatz, dass die Gültigkeit der Satzung und der Aktienübernahmeerklärungen sämtlicher Gründer nach Eintragung durch Willensmängel nicht mehr berührt werden können, gleichgültig, ob der Mangel nur die Sacheinlagevereinbarung oder zugleich die Beteiligung des durch ihn betroffenen Aktionärs an der Gesellschaftsgründung insgesamt betrifft.387 Im Übrigen bestehen

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383 Diese Teilanfechtung als Ausnahme MünchKommAktG/Pentz Rdn 49; Spindler/Stilz/Benz Rdn 86; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 46. 384 MünchKommAktG/Pentz Rdn 49; Spindler/Stilz/Benz Rdn 86. 385 Spindler/Stilz/Benz Rdn 86; Geßler/Eckardt Rdn 64. 386 Vgl KK/Arnold Rdn 17 mit dem Hinweis, eine solche Einschränkung ergäbe sich nicht aus dem Anfechtungsrecht. 387 MünchKommAktG/Pentz Rdn 49; Spindler/Stilz/Benz Rdn 87; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 46; Grigoleit/Vedder Rdn 7; Hölters/Solveen Rdn 13.

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jedoch in Abweichung von den in § 23 Rdn 263 ff, 278 ff dargelegten allgemeinen Grundsätzen keine durchgreifenden Bedenken grundsätzlicher Art, die isolierte Berufung auf eine Unwirksamkeit gerade der Sacheinlageabrede (erforderlichenfalls nach deren vorheriger Anfechtung) auch noch nach Eintragung der Gesellschaft zuzulassen, da dadurch weder die Existenz der Gesellschaft noch ihre Kapitalgrundlage in Frage gestellt wird.388 An die Stelle der unwirksam vereinbarten oder in den Anfechtungsfällen fortgefallenen Sacheinlage tritt ohne weiteres die aus der gültig bleibenden Aktienübernahmeerklärung folgende primäre, von der Sacheinlagevereinbarung nur überlagerte Verpflichtung zur Leistung einer Bareinlage (oben Rdn 93 u 211 ff) in Höhe des Nennwertes der übernommenen Aktien zuzüglich eines etwaigen Aufgeldes. Für den Sonderfall der wegen Verstoßes gegen die Anforderungen des § 27 Abs 1 unwirksamen Sacheinlage werden inhaltlich entsprechende Rechtsfolgen in § 27 Abs 3 S 2 und 3 eigens ausgesprochen. Etwas anderes muss allerdings auch hier gelten, wenn die Gesellschaft ein schutz- 263 würdiges Interesse gerade an der Einbringung der Sacheinlage hat, insbes der Betreffende Gründer gerade mit Rücksicht auf die von ihm zugesagte Sacheinlage (etwa ein Patent) in die Gesellschaft aufgenommen worden ist.389 In diesem Fall bewendet es bei dem Grundsatz, dass Willensmängel nach Eintragung der AG nicht mehr geltend gemacht werden können. Der Einbringer bleibt dann zur Einbringung der Sacheinlage verpflichtet. Auf die Interessen der Gläubiger kommt es dagegen nicht an, da diese ebensowenig Anspruch auf die Zuführung eines bestimmten Gegenstandes in das Gesellschaftsvermögen wie auf dessen Verbleib darin haben.390 Gläubigerinteressen allein können deshalb das Recht des Einlegers, unter Berufung auf einen Willensmangel die Unwirksamkeit seines Sacheinlageversprechens geltend zu machen, und stattdessen eine gleichartige Bareinlage zu erbringen, nicht ausschließen. Hat der Gesellschafter in den Fällen, in denen die Berufung auf einen Willensmangel 264 zulässig ist, die Sacheinlage bereits erbracht, so ist sie ihm zurückzuerstatten. Bis zur Leistung der an ihre Stelle tretenden Bareinlage hat die Gesellschaft ein Zurückbehaltungsrecht. Ist der Gründer zu deren Erbringung nicht in der Lage, so bewendet es bei der Sachleistung. 3. Sonstige Mängel des Einbringungsvertrages. Formmängel des Einbringungs- 265 verfahrens, die nicht auf einem Verstoß gegen § 27 Abs 1, sondern darauf beruhen, dass weitergehende Formvorschriften des allgemeinen Rechts, insbes §§ 311, 313 BGB unbeachtet geblieben sind, dürften in der Praxis außerordentlich selten sein. Da die Sacheinlage in der Satzung festgesetzt werden muss (§ 27 Abs 1) und diese ihrerseits der Beurkundung bedarf (§ 23 Abs 1), werden schon aus diesem Grunde auch die in Betracht kommenden Formvorschriften des allgemeinen Rechts in aller Regel erfüllt sein. Auch dem in der dritten Auflage (Anm 15) erläuterten Fall, dass die beurkundete Satzung zwar die in § 27 Abs 1 geforderten Mindestfestsetzungen enthält, die Einbringungsverpflichtung aber nach allgemeinen Regeln wegen der unterlassenen Mitbeurkundung von Nebenabreden unwirksam ist, kommt in der Praxis kaum praktische Bedeutung zu, da auch § 27 Abs 1 die Mitbeurkundung aller wesentlichen Nebenabreden erfordert. Sollte gleichwohl ausnahmsweise eine Sacheinlagevereinbarung zwar den förmlichen Voraus-

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388 Das wird aber ganz überwiegend abgelehnt; MünchKommAktG/Pentz Rdn 49; KK/Arnold Rdn 18; Spindler/Stilz/Benz Rdn 87; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 46. 389 KK/Arnold Rdn 18. 390 Vgl KK/Arnold Rdn 18.

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setzungen des § 27 Abs 1 genügen, nicht aber denen des allgemeinen Rechts für Rechtsgeschäfte der betreffenden Art, so ist die Verpflichtung zur Einbringung der Sacheinlage nicht wirksam begründet worden. Es treten in diesem Fall ganz ähnliche Rechtsfolgen ein wie bei Willensmängeln (vorstehend Rdn 258 ff). Die Satzung ist nichtig, wenn die Gründer sie ohne die Sacheinlage nicht vereinbart hätten. Wäre die Beteiligung des betreffenden Gründers dagegen auch ohne gerade die Verpflichtung zur Einbringung des betreffenden Gegenstandes erfolgt, so tritt an die Stelle der Sacheinlage die Verpflichtung zur Leistung einer Bareinlage in entsprechender Höhe. Die Gesellschaft ist trotz der unrichtigen Beurkundung der von dem betreffenden Gründer zu leistenden Einlage auch ohne vorherige förmliche Änderung des Satzungstextes in das Handelsregister einzutragen, wenn die Gesellschaft die Zahlung der fälligen Bareinlage nachweist (Rdn 254). Entsprechende Rechtsfolgen treten ein, wenn der Sacheinlagevertrag als solcher wegen Nichterfüllung nur für ihn geltender besonderer Erfordernisse (etwa wegen Fehlens einer privaten oder öffentlich-rechtlich vorgeschriebenen Genehmigung) unwirksam ist. 266 Nach der Eintragung ist die Berufung auf die Unwirksamkeit des Sacheinlagevertrages selbst dann ausgeschlossen, wenn der Gesellschaftsvertrag ohne die Sacheinlageabrede nicht oder doch jedenfalls nicht unter Beteiligung des Gründers, der die Sacheinlage leisten sollte, geschlossen worden wäre. Satzung und Übernahmeerklärung sind als gültig zu behandeln; an die Stelle der unwirksam vereinbarten Sacheinlage ist endgültig die Verpflichtung zur Bardeckung getreten. IX. Der Tatbestand und die Rechtsfolgen verdeckter Sacheinlagen (Abs 3) 267

1. Grundsätzliches. Abs 3 stellt eine zentrale Neuregelung im Zuge der Reform des kapitalgesellschaftsrechtlichen Gläubigerschutzes dar, die in den Jahren 2008/2009 durch das MoMiG und das ARUG erfolgte (s schon Rdn 1). Er kodifiziert erstmals das richterrechtlich herausgearbeitete Institut der verdeckten Sacheinlagen, das sich bis auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts zurückführen lässt.391 Dabei bestätigt er den Tatbestand sowie das grundsätzliche Verbot solcher Gestaltungen (Rdn 284 u 341). Anders als in Abs 4 findet keine Legalisierung statt.392 Die Rechtsfolgen werden jedoch völlig neu gefasst. Hintergrund ist die mit dem MoMiG und dem ARUG angestrebte Vereinfachung des Kapitalaufbringungsrechts,393 in deren Zuge unter anderem praktisch belastende und persönlich gefährliche Haftungsfallen abgebaut werden sollten, die typischerweise nicht betrügerische, sondern vor allem redliche, aber schlecht beratene Betreiber von Kapitalgesellschaften trafen. Eine der meist berüchtigten Haftungsfallen war die Gefahr der Doppelzahlung bei 268 verdeckten Sacheinlagen. Damit hatte es folgende Bewandtnis. Im Falle einer verdeckten Sacheinlage waren sämtliche hiermit verbundenen Rechtsgeschäfte nichtig. Die Bareinlageleistung war nicht wirksam erbracht, da gegen das Gebot der freien Verfügung nach §§ 54 Abs 3, 36 Abs 2 verstoßend. Überdies war der schuldrechtliche Erwerbsvertrag nichtig. 269 Die Behandlung der tatsächlich vom Einleger erbrachten Barzahlung war nicht ganz geklärt. In den parallelen Fällen des einfachen Hin- und Herzahlens wurde und

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391 RGZ 167, 99; 157, 213; 121, 99. 392 Die auf eine Legalisierung gerichteten Pläne des Referentenentwurfs wurden im Verlauf der weiteren Beratungen gestoppt, weil sie de facto von den gesetzlichen Vorgaben zu Sacheinlagen frei gestellt hätten, vgl Schall, S 116. 393 Eingehend Schall S 95 ff und insbesondere S 112 ff (zum MoMiG).

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wird sie rückabwicklungstechnisch als Nullum betrachtet, das weder auf der Seite des Einlegers noch auf der Seite der Gesellschaft einen Bereicherungsanspruch auslöste,394 weil es infolge des Hin- und Herzahlens lediglich formal, nie aber wirklich das Vermögen des Einlegers verlassen hatte. Diese Annahme ist liegt besonders nahe, wenn man mit der heute allerdings überholten Einheitslehre von der unmittelbaren Vermögensverschiebung davon ausgeht, dass eine kondizierbare Leistung aus dem Vermögen des Entreicherten erbracht sein müssen – was infolge des Hin- und Herzahlens weder bei der Gesellschaft noch (wegen Rückerlangen der getätigten Leistung) auf Seiten des Einlegers der Fall ist. Sie ließ sich aber auch auf Basis der heute herrschenden Trennungslehre mit der in diesen Fällen angezeigten wirtschaftlichen Betrachtung rechtfertigen, welche an die Stelle der formal-juristischen Bewertung der Vorgänge trat. In den bereicherungsrechtlichen Fällen schien der BGH dagegen die Zahlungen 270 nicht a limine ausblenden zu wollen und griff stattdessen auf die Grundsätze der Saldotheorie zurück.395 Das hätte freilich zu noch weiter unangenehmeren Komplikationen führen können, weil die Saldotheorie nicht ohne Weiteres in der Insolvenz der Gesellschaft gilt,396 und auch die geleistete Zahlung eigentlich nicht miterfasst, so dass am Ende womöglich sogar eine Dreifachzahlung gedroht hätte!397 Diesen Komplikationen hat der BGH jetzt dadurch abgeholfen, dass er auch die auf die Bareinlage geleistete Zahlung in die Gesamtsaldierung der Rückabwicklung miteinbezieht.398 Das entspricht im Ergebnis der im Bereich des einfachen Hin- und Herzahlens vorgenommenen Ausblendung. Schon deshalb, aber auch, weil eine unterschiedliche Behandlung des Vorgangs der Hin- und Herzahlung bei verdeckten Sacheinlagen nicht überzeugend begründbar ist,399 überzeugt es mehr, auch in diesen Fällen von einem Nullum auszugehen und den abgeschlossenen (!) wechselseitigen Zahlungsvorgang von vornherein auszublenden.400 Diese Annahme hat auch für das geltende Recht noch Bedeutung, soweit die Anrechnungslösung nicht eingreifen kann, etwa vor der Eintragung (s Rdn 354) oder bei Vorliegen sonstiger Wirksamkeitsmängel (s Rdn 355). Die Sicht vom Nullum wird letztlich auch von Abs 3 Satz 3 bestätigt, der im wirtschaftlichen Ergebnis (nicht freilich in der juristischen Konstruktion, dazu unten Rdn 356) die ausgetauschten Zahlungsströme ignoriert und stattdessen auf den zugeführten Sachwert abhebt. Eine logische Grenze findet die vorstehende Annullierung der Barzahlungen aller- 271 dings dann, wenn zurechenbare Dritte in die Vorgänge einbezogen werden („Dreipersonenverhältnisse“). Zwar hindert das nach wohl allg Ansicht nicht die Anwendbarkeit der jeweiligen Verbotsregeln (§§ 36 Abs 2, 27 Abs 3) sowie der Legitimationsnorm des § 27

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394 BGHZ 165, 352 = NJW 2006, 906 = NZG 2006, 227, 229 Tz 11; siehe auch BGHZ 165, 113 = NJW 2006, 509 = NZG 2006, 24; BGHZ 153, 107 = NZG 2003, 172 = NJW 2003, 825; Grigoleit/Vedder Rdn 69. 395 Vgl BGH NJW 2009, 2886 = NZG 2009, 747 – Lurgi II; siehe auch BGH NJW 1998, 1951 = NZG 1998, 428, das insoweit nicht aufgegeben wurde. 396 BGHZ 161, 241, 250 ff; BGH NJW 2010, 2125, 2126; MünchKommBGB/Schwab § 812 Rdn 214. 397 Der Forderung der Gesellschaft aus der offenen Bareinlage (1. (Zahlungs)Leistung) hätte sich ihre Rückforderung der Barzahlung auf das Austauschgeschäft hinzugesellt (2. (Zahlungs)Leistung), während der Einleger weder den von ihm übertragenen Vermögensgegenstand (3. (Sach)Leistung) noch seine erfüllungsuntaugliche Barleistung herausbekommen oder saldieren hätte können, weil die Einlagepflicht nach § 66 Abs 1 geschützt war und die volle Bereicherungsforderung der Gesellschaft erst nach deren Zusammenbruch im Insolvenzverfahren entstanden und daher über § 96 InsO ebenfalls aufrechnungsfest gewesen wäre. 398 BGH NJW 2009, 2886 = NZG 2009, 747 – Lurgi II. 399 Siehe dementsprechend BGHZ 28, 314 = NJW 1959, 383, 384, wo es um die Bezahlung einer Altschuld (= verdeckte Sacheinlage) ging. 400 AA MünchKommAktG/Pentz Rdn 113; Cavin S 561 ff.

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Abs 4 (unten Rdn 296, 304 und 385). Aber es führt doch dazu, dass die entstandenen Güterbewegungen real anzuerkennen sind und eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung stattzufinden hat (näher Rdn 380). 272 Legt man die Sicht, dass die Zahlungsströme sich annullieren, zugrunde, blieben unterm Strich nur zwei Ansprüche offen. Die Bareinlagepflicht der Gesellschaft und die Rückforderung des Vermögensgegenstandes durch den Einleger. Dabei konnte die Bareinlage nochmals gefordert werden, während die Rückforderung des geleisteten Vermögensgegenstandes häufig nicht mehr in voller Höhe durchsetzbar war. Das hatte seinen Hauptgrund darin, dass verdeckte Sacheinlagen idR erst durch den Insolvenzverwalter aufgedeckt wurden und daher die Rückgewähransprüche gegen die Gesellschaft nicht mehr durchgesetzt, aber auch nicht gegen die offene Einlageforderung aufgerechnet werden konnten (§ 66 Abs 1). Die dingliche Unwirksamkeit des Verfügungsgeschäfts, welche die Rechtsprechung in Durchbrechung des Abstraktionsprinzips auch bei der GmbH annahm,401 half dem nicht entscheidend ab, da der Anspruch aus § 985 BGB die fortbestehende „Aussonderungsfähigkeit“ des Einlagegegenstandes voraussetzte und überdies nicht gegen Wertverluste und Abnutzung schützte. Die Folge der Doppelzahlung wurde vielfach kritisiert,402 weil sie einen zivilrechts273 fremden Pönalcharakter aufwies, der insbesondere dann unangebracht war, wenn es zur verdeckten Sacheinlage nicht aufgrund bewusster und planmäßiger Gesetzesumgehung, sondern nur infolge unbedarfter Geschäftsführung kam – was weniger bei der AG, wohl aber bei der GmbH den Regelfall darstellte. Im MoMiG hat der Gesetzgeber auf die Kritik reagiert und zur Vermeidung der Doppelzahlung die Anrechnungslösung eingeführt (§ 19 Abs 4 GmbHG), die er dann mit dem ARUG konsequent auf das Aktienrecht erstreckte. Mit der Anrechnungslösung einher gingen einige tiefergreifende Umbrüche in den bisherigen dogmatischen Grundannahmen, deren wissenschaftliche Aufbereitung noch im Fluss ist. Das gilt insbesondere für die Folgen der jetzt angeordneten Wirksamkeit des Umgehungsgeschäfts und der hierauf bezogenen Hilfsgeschäfte. 274

2. Anwendungsbereich. Die Regelung des Abs 3 ist sowohl auf die Gründung als auch nach § 183 Abs 2 auf die Kapitalerhöhung anzuwenden. Darüber hinaus ist die Regelung in analoger Weise auf die Fälle der wirtschaftlichen Neugründung anzuwenden, und zwar sowohl bei der Ingangsetzung von Vorratsgesellschaften (§ 23 Rdn 344 ff)403 als auch bei der Reaktivierung von Altmänteln (§ 23 Rdn 360 ff).404 Das ergibt sich daraus, dass der BGH für diese Fälle die entsprechende Abgabe der Erklärung nach § 37 Abs 1 analog erfordert. Daraus folgt, dass entweder offene Sacheinlagen oder Bareinlagen deklariert werden müssen, die wiederum zur endgültigen freien Verfügung der Gesellschaft stehen müssen. Dann ist es aber nur konsequent, auch das Verbot der

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401 BGHZ 155, 329 = NJW 2003, 3127; zust zB Langenbucher DStR 2003, 1838 ff. 402 Statt aller Ulmer ZIP 2009, 293; Winter FS Priester, 2007, S 867 ff; Wilhelm ZHR 152 (1988) 333 ff; Meilicke S 10 ff. 403 Spindler/Stilz/Benz Rdn 129; Lutter/Hommelhoff/Bayer GmbHG § 3 Rdn 22; Wicke GmbHG § 3 Rdn 12; zu den früheren richterrechtlichen Regeln der verdeckten Sacheinlagen schon Voraufl. § 23 Rdn 136 aE sowie § 54 (Henze) Rdn 38; aA LG München, NZG 2006, 318 mit abl Anm Weitnauer NZG 2006, 298; Emde GmbHR 2003, 1034; ders GmbHR 200, 1193; allg abl Herchen DB 2003, 2211, 2212; Sowboda GmbHR 2005, 649; Priester DB 1983, 2291, 2296. 404 Spindler/Stilz/Benz Rdn 129; Lutter/Hommelhoff/Bayer GmbHG § 3 Rdn 22; Wicke GmbHG § 3 Rdn 12; zu den früheren richterrechtlichen Regeln der verdeckten Sacheinlagen schon Voraufl. § 23 Rdn 136 aE sowie § 54 (Henze) Rdn 38; aA Heidinger ZGR 2005, 101, 115 f; Meilicke BB 2003, 857, 859; Ulrich WM 2004, 915, 918; Weitnauer NZG 2006, 298, 299; allg abl Priester DB 1983, 2291, 2296; Herchen DB 2003, 2211, 2212; Sowboda GmbHR 2005, 649.

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verdeckten Sacheinlagen sowie die abgemilderten Rechtsfolgen nach Abs 3 in Ansatz zu bringen. Die Regelung des Abs 3 erfasst nicht den Fall einer verdeckten Sachübernahme.405 275 Dieser ist höchst selten, da nicht offen gelegte Veräußerungsgeschäfte in der Regel direkt als verdeckte Sacheinlage anzusehen sind.406 Anders liegt es nur, wenn es zu keinem Rückfluss der Einlage kommt. Da die Nämlichkeit der Mittel hierfür nicht erforderlich ist, kann das nur der Fall sein, wenn die Vergütung an den Inferenten von nicht rückgriffsberechtigten Dritten geleistet bzw der Gesellschaft separat zur Verfügung gestellt worden ist.407 Diese Fälle sind nicht nach Abs 3 zu behandeln, da die Einlageforderung nicht offen geblieben ist. Daher bedarf es auch keiner Anrechnung, und deshalb ist wiederum die von § 134 BGB abweichende Herstellung der Wirksamkeit des Austauschgeschäfts trotz Gesetzesverstoßes nicht angezeigt. Das gilt erst recht, wenn es um verdeckte Sachübernahmen von Dritten geht.408 Die Faustregel von der fehlenden Analogiefähigkeit von Spezialvorschriften führt hier zum sinnvollen Ergebnis. 3. Die Problematik der verdeckten Sacheinlage. Grundsätzlich steht es Aktionä- 276 ren ohne Weiteres frei, Umsatzgeschäfte aller Art mit ihrer Gesellschaft zu tätigen und ihr auf diesem Wege entgeltlich Vermögensgegenstände zu übertragen, sofern diese nur im Lichte der §§ 57, 62 AktG dem Drittvergleich stand halten. Anders liegt es aber im Zusammenhang mit Gründung oder Kapitalerhöhungen. Denn dort stellt das Gesetz den Weg der offenen Sacheinlage zur Verfügung. Das ist wesentlich oneroser als eine bloße Bareinlage, erfordert ua die spezielle Festsetzung in Satzung bzw Kapitalerhöhungsbeschluss und vor allem grds die externe Werthaltigkeitsprüfung nach §§ 33, 34. Aus diesem Grund muss das Recht für Umgehungsschutz sorgen, wenn in engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Erbringung von Bareinlagen entgeltliche Umsatzgeschäfte mit dem Inferenten getätigt werden, welche dieser eigentlich als Sacheinlage hätte einbringen können. Diesem Zweck dient das Institut der verdeckten Sacheinlage, das von der Rechtsprechung von langer Hand herausgearbeitet worden ist und mit dem neuen § 27 Abs 3 seinen Eingang in das Gesetz gefunden hat. Dogmatischer Ausgangspunkt ist das Gebot der Leistung zur endgültig freien Ver- 277 fügung nach §§ 54 Abs 3, 36 Abs 2. Es sanktioniert sämtliche Abreden, kraft deren eine geleistete Bareinlage wieder an den Inferenten zurückfließen soll. Dabei spielt nach zutreffender Auffassung keine Rolle, ob hierfür schlicht das Geld sine causa zurück „verschenkt“ werden soll oder ob die Gesellschaft in Ausführung eines realen gegenseitigen Vertrags (Kauf, Werk, Darlehen) handelt (§ 36 Rdn 55). Bei Gründung bzw Kapitalerhöhung sind solche Abreden nach § 36 Abs 2 nämlich schon deshalb grundsätzlich verboten, weil die Dauerhaftigkeit und Vorbehaltlosigkeit des Erhalts der Einlageleistung gesichert werden soll (§ 36 Rdn 54). Im Zuge der Gründung gilt es überdies, die besonders gefährdete Unabhängigkeit der Gesellschaft von den Gründern zu gewährleisten. Diese Gleichstellung aller Rückflussabreden im Zeichen des § 36 Abs 2 entsprach 278 nicht immer der allgemeinen Sichtweise. In früheren Zeiten fand sich teilweise die Ansicht, dass eine Abrede zur späteren Vornahme einer verschleierten Sacheinlage im Ge-

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405 KK/Arnold Rdn 128; Spindler/Stilz/Benz Rdn 111. 406 Spindler/Stilz/Benz Rdn 111. 407 Vgl Spindler/Stilz/Benz Rdn 111. 408 Teilw aA KK/Arnold Rdn 128; Spindler/Stilz/Benz Rdn 112, die die schuldrechtliche und dingliche Wirksamkeit des Übernahmegeschäfts mit dem Dritten nach Abs 3 Satz 2 analog annehmen möchten.

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genteil die freie Verfügung der Geschäftsleitung belege.409 Diese Sicht beruhte auf einer unzutreffenden Verengung der freien Verfügung auf die dingliche Ebene, maW auf das „Verfügen Können“. Sie ist jedoch im Lichte von Zweck und Entstehungsgeschichte nicht haltbar, weil danach schon immer sämtliche Rückfluss- und Verwendungsabreden verpönt waren, und zwar ganz ungeachtet ihrer typischerweise fehlenden Rechtswirksamkeit (§ 36 Rdn 169). Liegt die Abrede bei Erbringung der Einlageleistung vor, ist die Verfügung nicht frei.410 Welchen Rechtsgrund die verabredete Rückzahlung verfolgt, spielt dafür keine Rolle. Dennoch ist nicht zu übersehen, dass sich die verschiedenen Fälle der Rückflussabreden jenseits des übergreifenden Aspekts der fehlenden freien Verfügung maßgebliche Unterschiede hinsichtlich ihrer gesellschaftsrechtlichen „Schädlichkeit“ aufweisen. So verstößt ein Rückfluss der Einlage sine causa bzw donandi causa immer gegen die Kapitalbindung und ist absolut unzulässig. Demgegenüber sind Geldflüsse an den Aktionär, die im Rahmen von Austauschverträgen erfolgen, nach allgemeinem Kapitalgesellschaftsrecht an sich zulässig und unschädlich, sofern sie mit angemessenen Bedingungen verbunden sind. Dass sie im Rahmen der Gründung bzw Kapitalerhöhung verboten werden, lässt sich daher nur vordergründig mit der Vorbehaltlosigkeit der Einlageleistung rechtfertigen. Der eigentliche Grund liegt hier im Umgehungsschutz bezüglich der zwingenden Kapitalaufbringungsvorschriften. Dabei berühren die möglichen Kausalgeschäfte unterschiedliche Regelungen. Erfolgt der Zahlungsfluss acquirendi causa, also als Gegenleistung für den Verkauf von Vermögengegenständen des Einlegers an die Gesellschaft, der den Tatbestand der verdeckten Sacheinlage ausmacht, steht eine Umgehung der Vorgaben für offene Sacheinlagen im Raum. Dieser Aspekt setzt freilich voraus, dass der betreffende Gegenstand überhaupt sacheinlagefähig ist (Rdn 303). Daran fehlt es bei der Verabredung von Dienstleistungen des Einlegers, aber auch bei der Abrede einer darlehensweisen Rückzahlung. Weil Forderungen gegen den Inferenten nicht einlagefähig sind (oben Rdn 167), werden mit einem darlehensweisen Rückfluss an den Einleger (credendi causa) nicht die Sacheinlagevorschriften unterlaufen. Vielmehr geht es hier um die Umgehung der Vorgaben zur Einzahlungspflicht auf die Bareinlage nach § 36a Abs 1 (Rdn 63 ff u 317). Diesem Umstand trägt die abweichende Behandlung des einfachen Hin- und Herzahlens in § 27 Abs 4 Rechnung. Dagegen stellt ein Rückfluss an den Einleger zur Bezahlung von Altschulden (solvendi causa) in den Augen des deutschen Rechts eine verdeckte Sacheinlage dar, weil stattdessen im Wege der offenen Sacheinlage diese Altforderung einzubringen gewesen wäre (Rdn 181 ff u 308).

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409 Vgl RG JW 1912, 950 rechte Spalte unten; Blecker S 42 ff; ähnlich neuerdings auch wieder Cavin S 472 ff. Doch aus der ausnahmsweisen Zulassung von Verwendungsabreden, etwa beim Gründungsaufwand (§ 26), bei Sachübernahmen (§ 27 Abs 1, insbes S 2), beim Hin- und Herzahlen (§ 27 Abs 4) sowie bei Dienstleistungen nach der BGH-Rechtsprechung (Qivive und Eurobike) lässt sich nicht valide folgern, dass derlei Abreden der freien Verfügung schon gar nicht entgegen stehen – sonst müssten sie ja nicht legalisiert werden. Siehe auch noch Rdn 411. 410 So schon BGHZ 28, 314 = NJW 1959, 383, 384: „Grundsätzlich genügt allerdings zur Erfüllung der Einlageschuld, daß die Leistung des Gesellschafters in die freie Verfügungsgewalt des Geschäftsführers gelangt. Das kann aber nicht für eine Leistung gelten, die zwar ernstlich, aber in der Absicht bewirkt wird, aus ihr die eigene Forderung aus einer Übernahmeabrede befriedigt zu erhalten. Eine solche Leistung des Einlageschuldners gleicht einem geworfenen Ball, der an einem Gummiband hängt und wieder zurückschnellt.“

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Zu guter Letzt verstoßen Dienstleistungen, die der Einleger im Zuge der Einbrin- 283 gung verspricht, in keinerlei Hinsicht gegen sonstige Grundsätze des Kapitalaufbringungsrechts. Sie sind auch im Gründungsstadium nicht zu verpönen, sondern ganz im Gegenteil notwendigerweise zuzulassen. Da der Inferent schon wegen § 27 Abs 2 keine Möglichkeit hat, diese Dienste als offene Sacheinlage einzubringen, muss es ihm daher ermöglicht werden, entgeltliche Dienstverträge im Zusammenhang mit seiner Bareinlagepflicht abzuschließen. Das Gebot der freien Verfügung ist kein Selbstzweck. Es muss diese Notwendigkeit anerkennen und ist daher an dieser Stelle weniger streng als bei anderen gründungsakzessorischen Austauschverträgen mit dem Inferenten auszulegen und erst als verletzt anzusehen, wenn er die Einlageleistung zur Bezahlung seiner Dienste reservieren oder sich diese gar im Voraus vergüten ließe (Rdn 319 ff und § 36 Rdn 59). 4. Der Tatbestand der verdeckten Sacheinlage. Nach der Legaldefinition des 284 Abs 3 S 1 liegt eine verdeckte Sacheinlage vor, wenn eine „Geldeinlage eines Aktionärs bei wirtschaftlicher Betrachtung und auf Grund einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Geldeinlage getroffenen Abrede vollständig oder teilweise als Sacheinlage zu bewerten“ ist. Mit dieser Beschreibung ist das richterrechtlich entwickelte Institut der verdeckten Sacheinlage in das Gesetzesrecht eingeführt worden. Damit ist ein Gutteil der früheren Grundsatzstreitigkeiten um die Zulässigkeit dieser Rechtsfortbildung auf der Ebene des nationalen Rechtes erledigt (s aber de lege ferenda abl Cavin S 494 ff). Verblieben ist lediglich der Streit um die Zulässigkeit eines solchen konkreten Umgehungsschutzes neben der Nachgründungsvorschrift des Art 13 der Kapitalrichtlinie (neugefasst 2012/30/EU), die nach einer Mindermeinung insoweit einen abschließenden Höchststandard setzt. Die Klärung dieser Frage kann letztlich nur durch den EuGH erfolgen. Dennoch lässt sich in der Literatur mittlerweile ein relativ klares und überzeugendes Meinungsbild erkennen, das in Richtung der Zulässigkeit dieser nationalen Verschärfung weist (s oben Rdn 49). Die Definition des Abs 3 S 1 lehnt sich erklärtermaßen an die vor der Kodifikation 285 herrschende Meinung und Rechtsprechung an,411 die immer eine besondere Abrede verlangt hat und einen bloßen objektiven Zusammenhang nicht ausreichen ließ – was im Aktienrecht schon wegen der insoweit verbreitet angenommenen Sperrwirkung der Nachgründungsregelung des Art 13 der Kapitalrichtlinie (neugefasst 2012/30/EU) als Höchststandard für ipso iure eingreifenden Umgehungsschutz notwendig war (dazu oben Rdn 49). Auch insoweit ist früherer Streit obsolet. Allerdings ist die Kodifikation in guter deutscher Gesetzgebungstradition nicht so detailversessen, dass sich dem Gesetzestext alle Erfordernisse ablesen ließen. Das gilt insbesondere für die in der Sache freilich ganz wesentlichen Vermutungsregeln. Insoweit kann nach wie vor auf die richterrechtlichen Grundsätze zurückzugegriffen werden. Das Vorstehende darf allerdings nicht dahingehend missverstanden werden, dass 286 für die Auslegung des Tatbestandes von vornherein anstelle des Gesetzestextes auf frühere Definitionsansätze der Rechtsprechung abzuheben ist. Unter der vom Grundgesetz (Art 20 Abs 3) vorgegebenen allgemeinen Auslegungsmethodik ist selbstverständlich der vom demokratischen Gesetzgeber wirksam verabschiedete Gesetzestext der allein maßgebliche Ausgangspunkt. Ob dieser geglückt ist oder nicht412 und ob er das vormalige

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411 BegrRegE-MoMiG, BT-Drucks. 16/6140, S 40 f; Veil ZIP 2007, 1241, 1242; Pentz FS Karsten Schmidt 2009, S 1265, 1273 f; Schall S 115. 412 Eher kritisch Spindler/Stilz/Benz Rdn 131; Hüffer/Koch Rdn 25; zur GmbH Gesell BB 2007, 2241, 2245 f; Pentz FS Karsten Schmidt 2009, S 1265, 1273; ders GmbHR 2009, 126, 127.

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Richterrecht exakt Eins-zu-Eins umgesetzt hat,413 spielt für diese Grundsatzfrage keine Rolle. Es entbindet insbesondere nicht von der Herausarbeitung der Lösungen aus dem aktuellen Text, da fehlende Zweckmäßigkeit keine Rechtfertigung zur Normkorrektur ist.414 Daher kann angesichts der Legaldefinition in Abs 3 S 1 auch nicht terminologisch zweifelhaft sein, was eine verdeckte Sacheinlage ist und dass sie als solche zu bezeichnen ist.415 Im Einzelnen erfordert der Tatbestand einer verdeckten Sacheinlage danach die folgenden Merkmale: a) Vorliegen einer Bareinlage: In Gesellschaftsvertrag oder Kapitalerhöhungsbeschluss muss eine Bareinlage festgelegt worden sein (zu diesem europarechtlich prädeterminierten Begriff s schon Rdn 95). Die Befreiung von einer Altforderung zur Verrechnung gilt im deutschen Recht nicht als Bareinlage, sondern als Sacheinlage und ist damit tauglicher Gegenstand einer verdeckten Sacheinlage (Rdn 308). Der Tatbestand ist einer Bareinlage ist dem Wortlaut nach nicht erfüllt, wenn eine 288 vereinfachte Sacheinlage nach § 33a erbracht wird und dann im Zuge einer bei Einbringung getroffenen Abrede gegen einen anderen, keiner vereinfachten Prüfung zugänglichen Vermögensgegenstand eingetauscht wird. Eine dadurch bewirkte Umgehung der Sacheinlagevorschriften ist aber zB bei liquiden Wertpapieren, die gegen andere Unternehmensanteile eingetauscht werden, durchaus denkbar und muss dann entsprechend § 27 Abs 3 behandelt werden. 287

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b) Bewertung als Sacheinlage bei wirtschaftlicher Betrachtung und aufgrund einer im Zusammenhang mit der Übernahme getroffene Abrede: Das Merkmal schreibt die früher hM fest, wonach das Vorliegen einer verdeckten Sacheinlage notwendig eine Verwendungsabrede voraussetzte. Das bedeutet, dass eine Vereinbarung getroffen werden muss, wonach die versprochene Geldeinlage vollständig oder teilweise zur Verschaffung eines Vermögenswertes an den Einleger verwendet werden soll. Anders als bei der Vereinbarung eines legalen Hin- und Herzahlens nach Abs 4 S 1 (unten Rdn 387) spielt hier keine Rolle, ob die Verwendung der Bareinlage im Wege der wegen § 66 Abs 1 von der Gesellschaft zu konsentierenden Verrechnung von Einlage und Zahlungspflicht oder durch Hin- und Herzahlen oder auch vorweg genommen durch Herund Hinzahlen erfolgt (s gleich Rdn 293). Es handelt sich um diejenige Teilgruppe der die endgültige freie Verfügung nach 290 §§ 54 Abs 3, 36 Abs 2 ausschließenden Rückflussabreden, deren causa sich auf sacheinlagefähige Vermögensgegenstände bezieht (näher gleich Rdn 303 ff). Ein bloß objektiver zeitlicher und sachlicher Zusammenhang von Einlage und Veräußerungsgeschäft reicht hierfür wie nach bisher hM nicht aus, auch wenn der allein bereits den Vorgang für Außenstehende wie eine verdeckte Sacheinlage erscheinen lassen mag. Das entspricht

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413 So jetzt ausdrücklich BGHZ 184, 158 = NZG 2010, 343, 344 Tz 15; siehe auch schon BGHZ 180, 38 = NZG 2009, 463 Tz 9 – Qivive. 414 Tendenziell abw demgegenüber Spindler/Stilz/Benz Rdn 131. 415 Tendenziell abw Spindler/Stilz/Benz Rdn 107 ff, der meint, die verdeckte Sacheinlage sei eigentlich eine fingierte Sacheinlage nach § 27 Abs 1 Satz 2 bzw eine fehlerhaft festgesetzte Sacheinlage. Beides überzeugt auch in der Sache nicht. Die verdeckte Sacheinlage hebt sich von den anderen Fällen dadurch ab, dass bewusst (wenn auch nicht notwendig mit Betrugsabsicht) in der Satzung nur eine Bareilnage festgesetzt und außerhalb der Satzung ein Umsatzgeschäft getätigt wird. Demgegenüber war bei der fehlerhaften Festsetzung eine offene Sacheinlage in der Satzung vorgesehen, die versehentlich gescheitert ist. Bei der fingierten Sacheinlage wird insgesamt eine offene Satzungsregelung getroffen, die das Umsatzgeschäft miteinschließt, was dann aber zulässig nur als Sacheinlage möglich ist (gesetzliche Auslegungsfiktion).

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nicht nur der früher hM, sondern ist auch durch die Notwendigkeit zur Abgrenzung von den rein objektiv angeknüpften Nachgründungsvorschriften der Richtlinie (Art 13) geboten (Rdn 285). Der Tatbestand der verdeckten Sacheinlage ist vielmehr zweistufig als gemischt objektiv-subjektiver angelegt.416 Die für die Bewertung als Sacheinlage notwendige wirtschaftliche Betrachtung des Gesamtvorgangs setzt dabei zwingend an der im Zusammenhang mit der Bareinlage getroffenen Abrede an. Ausgangspunkt des Umgehungstatbestandes und Bezugspunkt der Untersuchung ist damit nicht die isolierte objektive Betrachtung des Vorgangs, sondern die Bewertung des Inhalts der getroffenen Abrede.417 Allerdings kann und darf auf einen engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang der Vorgänge eine Vermutung auf das Vorliegen der erforderlichen Abrede gestützt werden (näher unten Rdn 389).418 Auch das entspricht der zum früheren Recht hM und ist daher auch ohne entsprechende Stütze im Wortlaut in das Gesetz hinein zu interpretieren. Denn der Gesetzgeber wollte erklärtermaßen die vormals herrschenden Grundsätze kodifizieren (eben Rdn 285). Ohne eine solche Vermutung wäre der Tatbestand auch kaum handhabbar (siehe aber gleich Rdn 335 zur berechtigten Ausnahme bei Verkehrsgeschäften). aa) aufgrund einer im Zusammenhang mit der Geldeinlage getroffenen Abre- 291 de. Die erforderliche Abrede muss auf den wirtschaftlichen Erfolg der verdeckten Sacheinlage abzielen.419 Sie stellt sich als eine Untergruppe der die endgültige freie Verfügung nach § 36 Abs 2 ausschließenden Rückflussabreden dar (siehe dazu die Erläuterungen bei § 36 Rdn 55). Typischerweise wird sie eine (verbotene) Nebenabrede der Bareinlage sein. Ihre Rechtswirksamkeit ist nicht erforderlich, ein gentlemen’s agreement reicht aus. Die Abrede ist nicht zu verwechseln mit dem Kausalverhältnis, auf das sie sich bezieht. Sie ist aber sehr eng mit diesem verwoben. Wenn X eine Bareinlage in der AG macht und diese davon dem X ein Grundstück abkauft, liegt die Abrede iS des Abs 3 Satz 1 nicht im formbedürftigen Abschluss des Kaufvertrags, sondern in der Verständigung zwischen X und der AG, dass die Bareinlage zu diesem Zweck verwendet wird bzw, da es auf die Nämlichkeit der Mittel ja gar nicht ankommt, dass im Zusammenhang mit der Bareinlage ein solches Geschäft getätigt wird, das wirtschaftlich gesehen zu einem Rückfluss der Barmittel von der Gesellschaft an den Einleger führt und im Gegenzug zur faktischen Erbringung einer Sacheinlage führt. Gleiches gilt ceteris paribus, wenn Altschulden bezahlt werden sollen. Die Abrede liegt dann nicht in der – ohnehin einseitig möglichen – Tilgungsbestimmung. Das, worum es eigentlich geht, ist die Verabredung von Konnexität zwischen der Bareinlage und der den Rückfluss bewirkenden causa. Die Rückflussabrede erscheint damit in ihrer Wirkung ähnlich zur Sicherungsabrede, die eine Verbindung zwischen Darlehensgewähr und Sicherheitenbestellung herbeiführt, nur mit dem Unterschied, dass es sich um eine objektive Unrechtsvereinbarung handelt. Dabei

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416 Schall S 115; der Sache nach auch Spindler/Stilz/Benz Rdn 132 und 166. 417 So auch BGHZ 184, 158 = NZG 2010, 343, 344 Tz 15 – Eurobike: „Bei einer verdeckten Sacheinlage werden die Regeln über die Kapitalaufbringung durch eine Sacheinlage dadurch umgangen, dass eine Bareinlage vereinbart wird, die Gesellschaft aber bei wirtschaftlicher Betrachtung vom Einleger auf Grund einer im Zusammenhang mit der Übernahme der Einlage getroffenen Absprache einen Sachwert erhalten soll.“ Prinzipiell abweichende Herangehensweise bei Spindler/Stilz/Benz Rdn 132 ff, dessen vorgelagerte objektive Tatbestandsbildung (Neutralisierung; Erwerb eines sacheinlagefähigen Gegenstandes) jedoch nur die Merkmale der erforderlichen Rückflussabrede antizipiert bzw doppelt. 418 BGHZ 152, 37 = NJW 2002, 3774 = NZG 2002, 1172 (LS 1, wo nur von engen zeitlichen Zusammenhang gesprochen wird). 419 Siehe nur Ulmer ZHR 154 (1990), 128, 131 ff, 139 f; Mülbert ZHR 154 (1990), 145, S 187 ff.

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kommt es aber ebenso wenig wie bei der Sicherungsabrede darauf an, ob die Bareinlage auch ohne die Rückflussabrede geleistet worden wäre. So wird es meistens liegen. Zwingend zu erweisen ist das aber nicht. Entscheidend ist nur, dass der Zusammenhang hergestellt wurde. Die Frage, ob es sich um eine Rückflussabrede iS des Abs 3 Satz 1 handelt, in 292 konkret zwei Schritten zu prüfen: Ihrem Inhalt nach muss die Abrede im ersten Schritt auf einen ganzen oder teilweisen Rückfluss der Bareinlage an den Einleger oder einen zurechenbaren Dritten gerichtet sein. Im zweiten Schritt sind die in Betracht kommenden Abreden einzuengen. Unter Abs 3 fällt nicht jede nach § 36 Abs 2 verbotene, da die freie Verfügung ausschließende Rückflussabrede, sondern nur solche, die auf einen Rückfluss zum Zwecke des Erwerbs eines Sacheinlagefähigen Gegenstandes gerichtet sind. (1) Im ersten Schritt muss der Rückfluss der Bareinlage an den Einleger vereinbart werden. Dabei ist unerheblich, ob die Bareinlage dem Einleger zuvor aus dem Vermögen der Gesellschaft zur Verfügung gestellt wurde („Herzahlen“), ob sie nach erfolgter Einzahlung wieder ausgereicht wird („Hinzahlen“) oder ob sie gar, was freilich auch jenseits der notwendigen Mindesteinzahlung nur eingeschränkt und auf Initiative der Gesellschaft möglich ist (s § 66 Abs 1 und die entsprechenden Erläuterungen), mit der Einlageleistung verrechnet werden soll.420 Ausreichend ist aber auch, dass die Gesellschaft durch eine zusammen mit der Bareinlage verabredete „unentgeltliche“ Übertragung eines Vermögensgegenstandes des Inferenten mit Schulden belastet wird, welche die zugeführte Bareinlage aufzehren.421 Zu nennen sind hier überschuldete Unternehmen oder Altlastengrundstücke. Für eine Rückflussabrede reicht ferner grundsätzlich bereits der im Zusammenhang mit der Einlage verabredete Abschluss des schuldrechtlichen Austauschgeschäfts und die damit begründetet Zahlungspflicht an den Einleger aus, auch wenn dabei noch keine konkreten Rückzahlungsmodalitäten bestimmt wurden.422 Dies ist anders zu entscheiden als beim Zahlungsverbot nach § 92 Ans 2 (§ 64 GmbHG), wo die Eingehung von Verbindlichkeiten nach hM nicht als Zahlung gilt. Es findet seinen Grund darin, dass es bei Abs 3 nicht um Massesicherung geht, sondern dass bereits das schuldrechtliche Sollen die Gefahr des schädlichen Abflusses hinreichend sicher begründet (Klag- und Vollstreckbarkeit!). Die möglicherweise fehlende Durchsetzbarkeit ist hier eben so wenig beachtlich wie sonst bei verbotenen Rückflussabreden. Anders liegt es aber bei zeitlich weit hinaus geschobener Fälligkeit (6 Monate, siehe Rdn 389), weil dann bei wirtschaftlicher Betrachtung kein Umgehungssachverhalt mehr vorliegt, sondern zulässige allgemeine Geschäftsplanung. 294 Der Rückfluss erfolgt regelmäßig in Form einer Bar- oder Buchgeldzahlung auf eine causa von der in Rdn 281 f näher beschriebenen Art, typischerweise einen Kaufvertrag. Auf die Nämlichkeit der Mittel kommt es dabei nicht an (§ 36 Rdn 153), 423 so dass es beispielweise auch schädlich ist, wenn die Gesellschaft zwar die Bareinlage aus der Kapitalerhöhung vereinnahmt und sogar thesauriert, jedoch die Gegenleistung für das Austauschgeschäft aus ihren allgemeinen Barmitteln bestreitet, und das selbst dann, wenn diese Summe vom ausschüttungsfähigen Gewinn der Gesellschaft gedeckt 293

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420 AllgM, siehe nur BGHZ 184, 158 = NZG 2010, 343, 345 Tz 21 und 23 f – Eurobike; KK/Arnold Rdn 77; Spindler/Stilz/Benz Rdn 140; s auch § 36 Rdn 149 ff. 421 Spindler/Stilz/Benz Rdn 136. 422 Spindler/Stilz/Benz Rdn 136; aA Habersack FS Priester 2007, S 157, 173. 423 AllgM, BGHZ 175, 265 = NZG 2008, 425 – Rheinmöve; BGH NJW 2009, 2886 = NZG 2009, 747 – Lurgi II; Spindler/Stilz/Benz Rdn 137; Hüffer/Koch Rdn 25.

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wäre. Anders läge es nur, wenn die Mittel von Dritten mit der besonderen Zweckbestimmung des Erwerbs vom Einleger zugeführt und gesondert dafür vorgehalten würden (Rdn 320 ff, insbes 323). Möglich ist aber auch, dass das Austauschgeschäft der Parteien nicht einen Barkauf 295 vom Gesellschafter darstellt, sondern einen Barkauf von der Gesellschaft in Verbindung mit einer Sacheinlage. Auch hier können die Parteien nämlich stattdessen eine Bareinlage vereinbaren und dann den zu verkaufenden Vermögensgegenstand im Wege des Tausches mit der eigentlichen Sacheinlage veräußern. In solchen Fällen, die nicht dem typischen Bild einer verdeckten Sacheinlage entsprechen, kommt es entscheidend auf die wirtschaftliche Betrachtung an. Eine verdeckte Sacheinlage nur liegt dann vor, wenn der Vorgang in den Augen des Verkehrs eigentlich wie eine Sacheinlage in Verbindung mit einem Barabkauf von Vermögensgegenständen der Gesellschaft erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn der Tausch schon nach seinen Objekten untypisch ist (zB Grundstück gegen Unternehmen, nicht dagegen X-Aktien gegen Y-Aktien) oder wenn der von der Gesellschaft geleistete Tauschgegenstand nahezu so liquide wie Bargeld ist (zB notierte Aktien) und sich darin überdies von der Tauschleistung des Einlegers (zB GmbHAnteile) unterscheidet oder wenn in irgendeiner sonstigen Form der Verdacht naheliegt, dass gerade hinsichtlich der Leistung des Einlegers die zwingende Bewertung umgangen werden sollte. Auch Rückflüsse, die abredegemäß an einen Dritten erfolgen, können schädlich 296 sein.424 Zur Abgrenzung von allgemeinen Verwendungsabreden zugunsten Dritter, die allenfalls unter § 36 Abs 2 schädlich sind, ist darauf abzustellen, ob der Erhalt der Leistung durch den Dritten dem Einleger vermögensmäßig zurechenbar ist. Das ist der Fall bei abhängigen Unternehmen oder Treuhändern (§§ 16, 17 AktG), aber auch, wenn die Gesellschaft als Dritte nach den §§ 267 Abs 1, 362 Abs 1 BGB oder als Angewiesene an den Gläubiger des Einlegers leistet.425 Siehe dazu BGHZ 153, 107 = NZG 2003, 168, 169: „Der Tatbestand einer Umgehung der Kapitalaufbringungsregeln setzt die Identität zwischen Inferent und Auszahlungsempfänger nicht unbedingt voraus. Es genügt vielmehr, dass der oder die Inferenten durch die Leistung an den Dritten mittelbar in gleicher Weise begünstigt werden, wie durch eine unmittelbare Leistung an sie selbst, was ua bei der Leistung an ein von dem oder den Inferenten beherrschtes Unternehmen der Fall ist.“

Auf der anderen Seite kommt ebenso gut eine Leistung durch Dritte in Betracht, 297 wenn sie nach den nämlichen Grundsätzen der die Einlage empfangen habenden (Vor)Gesellschaft zurechenbar ist. Die Parteien der Abrede sind typischerweise auf der einen Seite der Inferent und auf 298 der anderen Seite die (Vor)Gesellschaft, vertreten durch ihr Leitungsorgan.426 Im Zuge der Gründung können aber auch alle Gründer die Abrede treffen, und dies wiederum auch schon, bevor die Gesellschaft nach § 28 errichtet ist. Darüber hinaus sollte man aber auch Abreden zurechnen, die auf der einen oder anderen Seite mit einem die Gesellschaft oder den Inferenten beherrschenden Unternehmen getroffen werden. Denn

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424 BGHZ 184, 158 = NZG 2010, 343, 344 Tz 13; BGHZ 182, 103 = NZG 2009, 944, 945 Tz 32 – Cash Pool II; BGHZ 174, 370 = NZG 2008, 143 Tz 6; BGHZ 171, 113 = NZG 2007, 300 Tz 8 – Friedrich Flender AG; BGHZ 166, 8 = NZG 2006, 344 Tz 18 – Cash Pool I; BGHZ 153, 107 = NZG 2003, 168, 169; BGHZ 125, 141 = NJW 1994, 1477; BGHZ 113, 335, 345 f = NJW 1991, 1754; BGHZ 110, 66 ff. = NJW 1990, 982; BGHZ 96, 231, 240 = NJW 1986, 837; MünchKommAktG/Pentz Rdn 117 ff; Spindler/Stilz/Benz Rdn 162 ff. 425 MünchKommAktG/Pentz Rdn 125; Spindler/Stilz/Benz Rdn 164. 426 BGHZ 132, 133 = NJW 1996, 1286; Spindler/Stilz/Benz Rdn 168; Hentze, ZHR 154 (1990) 105, 114.

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es geht ja nicht darum, die Rechtswirksamkeit solcher Abreden herbei zu führen, sondern im Gegenteil um die Gewährleistung wirksamen Umgehungsschutzes. Die Gewährleistung von Umgehungsschutz ist aber angesichts der rechtlichen und faktischen Einflussmöglichkeiten herrschender Unternehmen (vgl die Wertung des § 17 Abs 2) auch bei solchen Abreden mit der höheren Ebene geboten und erfordert schon hier und nicht erst auf der Ebene der Vermögensbewegungen eine Zurechnung. Die Abrede muss im Zusammenhang mit der Bareinlage getroffen worden sein. Das scheint auf den ersten Blick an den engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang anzuknüpfen, der nach hM eine Vermutung für das Vorliegen einer Abrede begründet, Rdn 389, während er nach der vor der Kodifikation vertretenen Gegenansicht bereits per se das vorliegen einer verdeckten Sacheinlage bedeutete. Nähme man das an, könnte eine schädliche Abrede noch bis zu 6 Monate nach der Gründung oder Kapitalmaßnahme getroffen werden. Das trifft aber nicht zu. Entscheidend ist nach dem Zweck der Norm eine bewusste „Konnexitätsabrede“ (Rdn 291), die zwar nicht von böslicher Betrugsabsicht getragen sein muss, die aber bei wirtschaftlicher Betrachtung zur Umgehung der Sacheinlagevorschriften führt. Eine solche kann nur Vorliegen, wenn die Abrede über den Rückfluss von Vermögen an den Einleger zu einem Zeitpunkt getroffen wird, als es den Parteien noch möglich gewesen wäre, auf den Weg der Sacheinlage umzuschwenken. Im Zusammenhang mit der Bareinlage steht eine Rückflussabrede daher nur dann, wenn sie bis zur Anmeldung oder spätestens bis zur Eintragung der Gesellschaft bzw der Kapitalerhöhung getroffen worden ist (§ 36 Rdn 160 ff). Wird sie danach getroffen, ist sie nicht mehr schädlich. Das bedeutet nicht, dass spätere Abreden ohne Risiko wären. Doch dieses Risiko ergibt sich dann allein aus den faktischen Problemen, den Verdacht zu entkräften, dass die Abrede nicht doch schon vorher geplant war. De jure ist mit der Eintragung der Cut für schädliche Abreden erreicht, weil man für jetzt beschlossene Transaktionen nicht mehr den Weg der Sacheinlage beschreiten kann. Umgekehrt fehlt es an einer schädlichen Konnexitätsabrede im Zuge von Kapitalerhöhungen auch dann, wenn bei „Her- und Hinzahlen“ das Austauschgeschäft bereits wirksam vereinbart worden ist, bevor die Kapitalmaßnahme avisiert wurde. Die Transaktion darf dann noch wie beschlossen zu Ende geführt werden und wird nicht dadurch, dass im späteren Verlauf eine Kapitalerhöhung geplant und umgesetzt wird, zu einer verbotenen Rückflussabrede. Das gilt auch dann, wenn der Einleger sich ganz bewusst dafür entscheiden sollte, die in der Transaktion mit der AG erzielten Barmittel dieser wieder als Einlage zur Verfügung zu stellen. Schädlich ist eine Rückflussabrede bezüglich der Einlage, nicht aber eine Rückflussabrede bezüglich einer von der Gesellschaft erhaltenen Zahlungsleistung. Freilich ist diese Abgrenzung zwar theoretisch einleuchtend, aber in der Praxis mehr als schwer. Daher wird eine Entkräftung der auf den engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang gestützten Vermutung, dass es in Wahrheit um eine schädliche vorgezogene Rückflussabrede hinsichtlich der Bareinlage handelte, nur mit sehr stichhaltigen Gründen gelingen. Bei Einpersonengesellschaften tritt an die Stelle der Abrede das einseitige Vorhaben des Gesellschafters (näher Rdn 393).427 (2) Im zweiten Schritt muss die Abrede (oder das Vorhaben des Einmanngesellschafters) darauf gerichtet sein, dass für den Rückfluss der Bareinlage ein sacheinlage-

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AllgM, BGH NZG 2008, 311 (zur GmbH); Spindler/Stilz/Benz Rdn 167.

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fähiger Vermögensgegenstand erworben wird.428 Denn nur dann trägt eine Rückflussabrede bei der nach Abs 3 Satz 1 erforderlichen wirtschaftlichen Betrachtung die Wertung einer verdeckten Sacheinlage. Daher sind hier anders als bei § 36 Abs 2 nicht alle Rückflussabreden in Betracht zu ziehen, die eine Konnexität zu einer Bareinlage herstellen. Vielmehr ist entscheidend, ob damit die Sacheinlagevorschriften umgangen werden, weil der Einleger bei wirtschaftlicher Betrachtung nur einen Sachwert verschafft.429 Das ist nur der Fall, wenn sich das Rechtsgeschäft, aus dem der Vermögensabfluss von der Gesellschaft an den Einleger folgt, zum Erwerb eines sacheinlagefähigen Gegenstandes auf Seiten der Gesellschaft führt. Wie bei der Rückflussabrede sind auch beim Erwerb zurechenbare Ditte miteinzubeziehen. Eine verdeckte Sacheinlage liegt daher auch vor, wenn der Vermögensgegenstand durch einen dem Einleger zurechenbaren Dritten (abhängiges Unternehmen, Treuhänder, aber auch Dritter iS des § 267) oder an einen der Gesellschaft zurechenbaren Dritten (abhängiges Unternehmen, Treuhänder, aber auch Gläubiger, Anweisungsempfänger, Dritter iS des § 362 Abs 2 BGB) geleistet wird.430 Nicht ausreichend soll dabei sein, dass die Bareinlage zum Erwerb eines mit dem Inferenten lediglich konzernverbundenen Unternehmens (konkret: Schwestergesellschaft) erfolgen soll.431 Das ist angesichts der kapitalmäßigen und stimmmachtsbezogenen Verflechtungen in Konzernen zweifelhaft und muss nach der Abmilderung der Rechtsfolgen verdeckter Sacheinlagen durch Abs 3 nicht mehr aufrecht erhalten werden.432 Eine Verwendungsabrede, die auf den Erwerb von einem nicht in dieser Weise zurechenbaren Dritten hinausläuft, ist demgegenüber grds nicht als verdeckte Sacheinlage zu behandeln. Das gilt auch im Rahmen der Gründung, weil der Dritte kein Aktionär werden soll. Zwar liegt hier eine verbotene Verwendungsabrede nach § 36 Abs 2 vor. Weil durch einen solchen Vorgang die Publizitätsvorschrift des § 27 Abs 1 verletzt wird, kommt es zu keiner Legalisierung. Infolgedessen ist die Bareinlage nicht wirksam geleistet. Auch die Durchführungsgeschäfte sind nichtig. Des Schutzes durch die Anrechnungslösung bedarf der Dritte aber nicht, da seine hieraus resultierenden Bereicherungsansprüche mit den Gegenansprüchen der Gesellschaft saldierbar sind, ohne dass ihm als Nichtaktionär § 66 Abs 1 oder ähnliche Beschränkungen entgegen stünden. Was das Erwerbsgeschäft angeht, so wird zunächst jede Abrede erfasst, durch die im Zusammenhang mit der Bareinlage ein sacheinlagefähiger Gegenstand kaufweise erworben wird (zum Tausch s. schon Rdn 295). Dazu treten gleichermaßen Werkverträge433 oder Verträge über einlagefähige (also bewertbare, da in der Laufzeit bestimmte und nicht frei kündbare)434 Nutzungsüberlas-

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428 BGHZ 184, 158 = NZG 2010, 343, 344 Tz 15 – Eurobike; BGHZ 180, 38 = NZG 2009, 463 = NJW 2009, 2375 Tz 9 – Qivive; BGHZ 165, 113 = NZG 2006, 24 = NJW 2006, 509; BGHZ 165, 352 = NZG 2006, 227 = NJW 2006, 906; Habersack FS Priester, 2007, S 157, 164 ff; iE zust jetzt auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 95; Spindler/Stilz/Benz Rdn 146; aA Busse FS Hopt, 2007, S 87 ff. 429 BGHZ 175, 265 = NZG 2008, 425 – Rheinmöve; BGHZ 173, 145 = NZG 2007, 754 – Lurgi I; BGHZ 171, 113 = NZG 2007, 300 – Friedr. Flender AG (zur GmbH); BGHZ 170, 47 = NZG 2007, 144, 145 Rdn 11 – Warenlager; BGHZ 155, 329, 334 = NZG 2003, 867 = NJW 2003, 3127; BGHZ 166, 8 = NZG 2006, 344 = NJW 2006, 1736, Rdn 11 – Cash-Pool I. 430 BGHZ 170, 47 = NZG 2007, 144, 145 Rdn 15 – Warenlager; zuvor schon BGHZ 153, 107 = NZG 2003, 168, 169; BGHZ 125, 141 = NJW 1994, 1477; BGHZ 113, 335, 345 f = NJW 1991, 1754; BGHZ 110, 66 ff = NJW 1990, 982; BGHZ 96, 231, 240 = NJW 1986, 837. 431 BGHZ 171, 113 = NZG 2007, 300 – Friedr. Flender AG (zur GmbH); zust Bork NZG 2007, 375 f. 432 Schall S 125 f. 433 BGHZ 173, 145 = NZG 2007, 754 – Lurgi I. 434 BGHZ 180, 38 = NZG 2009, 463 – Qivive.

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sungen (Lizenzen, Miete, Pacht).435 Dagegen unterfallen herkömmliche Dauerschuldverhältnisse mit unbegrenzter Laufzeit und freier Kündbarkeit nicht dem Abs 3. Das gilt unabhängig davon, ob man ihre Abrede im Zuge der Gründung/Kapitalerhöhung im Lichte des § 36 Abs 2 allgemein für verboten oder (besser) zulässig ansehen möchte (dazu gleich unten Rdn 321) jedenfalls deshalb, weil es ohne die Einlagefähigkeit an einer Grundlage für die Berechnung des anzurechnenden Wertes fehlt. 308 Des Weiteren sind erfasst jede mit dem Rückfluss verabredete Begleichung von Altschulden, weil diese nach hM im Wege der bewertungspflichtigen Forderungseinbringung übertragen werden müssten.436 Gleichgestellt sind dem Neuschulden, deren Entstehung im Zeitpunkt der Einlageleistung bereits absehbar war und deren Einbeziehung daher bis zur Anmeldung, spätestens aber bis zum Zeitpunkt der Eintragung von Gründung oder Kapitalerhöhung mitverabredet worden ist.437 Zur Behandlung im Rahmen der Anrechnung noch unten Rdn 358. Dagegen lehnt die hM die Behandlung einer Abrede, welche die Bezahlung sämtlicher Neuschulden erfasst, als verdeckte Sacheinlage ab, weil künftige Forderungen noch zu unbestimmt und daher nicht einagefähig sind.438 Dem ist schon deshalb zuzustimmen, weil solche Abreden bezüglich nicht absehbarer Forderungen zu unkonkret sind und damit der unsachgemäßen Ausdehnung der (überdies unzutreffenden) Behandlung der Bezahlung von Schulden als Forderungseinbringung eine Grenze gezogen wird. Der Bewertung der Begleichung von Altschulden als verdeckte Sacheinlagen wurde 309 bereits grundsätzlich widersprochen. Sie belastet den Debt-Equity-Swap, mehr noch aber den Cash-Pool. Der BGH hat jedoch ein Sonderrecht für den Cash-Pool ebenso abgelehnt439 wie die Anerkennung einer allgemeinen, weit gefassten Verkehrsgeschäftsausnahme.440 Das mag angesichts des Bremer Vulkan-Falles, der durchaus als Menetekel empfunden werden konnte, zwar verständlich sein, hat aber doch die unglückliche Folge, dass das einfache Hin- und Herzahlen vom Gesetzgeber in abstrakter Weise über den eigentlich bezweckten Fall hinaus legalisiert wurde und über dies nach wie vor eine differenzierte Behandlung nach dem Kontostand der Gesellschaft bei der Zentrale von Nöten ist. Aus der Rechtsprechung der BGH folgt, dass eine Kapitalerhöhung bei einer Ge310 sellschaft, die im Zeitpunkt der Weiterleitung an den zentralen Cash Pool dort im Debet steht, nach wie vor nur im Wege der offenen Sacheinlage vorgenommen werden kann.441 Dabei kommt es auf den Zeitpunkt der Entstehung des betreffenden Debet nicht entscheidend an. Vielmehr soll die vorbeschriebene Lage nicht nur in dem Fall gelten, dass der negative Saldo bereits bei der Übernahme der Bareinlage samt Verabredung der Zuführung in den Cash Pool vorhanden ist und von dieser gedeckt werden soll („echte Altschuld“, siehe bereits Rdn 308). Gleich zu behandeln soll viel-

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435 Spindler/Stilz/Benz Rdn 147; zur Pacht auch LG Charlottenburg, GmbHR 1996, 685; Spiegelberger/ Walz GmbHR 1998, 761, 773. 436 BGHZ 182, 103 = NZG 2009, 944 – Cash-Pool II; BGHZ 110, 47 – IHB. 437 BGHZ 182, 103 = NZG 2009, 944, 945 – Cash Pool II; BGHZ 152, 37 = NJW 2002, 3774 = NZG 2002, 1172; BGHZ 132, 141 = NJW 1996, 1473; KK/Arnold Rdn 100; MünchKommAktG/Pentz Rdn 116; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 64; Habersack FS Priester 2007, S 157, 166; Winter FS Priester, 2007, S 867, 868. Speziell zum Cash. 438 AA Spindler/Stilz/Benz Rdn 151 mit dem Argument, die von den beteiligten festgelegte zeitliche Abfolge könne nicht entscheidend für die Bewertung sein. Für das Vorliegen einer Umgehung bei wirtschaftlicher Betrachtung ist sie es aber doch. 439 BGHZ 166, 8 = NZG 2006, 344 = NJW 2006, 1736, Rdn 11 – Cash-Pool I. 440 BGHZ 170, 47 = NZG 2007, 144; aA Krolop NZG 2007, 577, 578 f. 441 Grigoleit/Vedder Rdn 84.

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mehr auch der Fall sein, dass der Cash Pool erst nach Übernahme der Bareinlage in das Minus gleitet, das im Zeitpunkt der Weiterleitung vorhanden und gedeckt wird, und damit praktisch eine nach der Übernahme der Einlegpflicht entstandene Neuschuld der Gesellschaft abdeckt. Zur Begründung führt der BGH aus, dass die Abrede, den Einlagebetrag dorthin weiter zuleiten, diesen Sachverhalt bewusst mit Sachverhalt in Kauf nimmt.442 Legt man dieses Argument zugrunde, muss es Gesellschafter und Einleger aber mög- 311 lich sein, durch Abreden Vorkehr zu treffen, dass genau diese Situation nicht eintritt, sie mithin nicht „in Kauf genommen“ wird. Denkbar wäre zu diesem Zweck etwa eine Bestimmung, dass die Einlage nur bei ausgeglichenem oder positivem Kontostand der Gesellschaft abzuführen sei, und sie andernfalls bis zu diesem Zeitpunkt separat thesauriert werden müsse. Die Anerkennung einer solchen Abrede wäre zwar ein gewisser systematischer Bruch zu den allgemeinen Grundsätzen betreffs Rückflussabreden. Denn nach jenen kommt es auf die Nämlichkeit der Mittel nicht an (Rdn 294), während genau dies hier Ziel und Folge der Abrede wäre. Die vor Einstellung der Mittel in den Cash Pool entstandenen Schulden müssten durch den allgemeinen Cash Flow der Gesellschaft gedeckt werden, während die Einlage erst dann, wenn dies erfolgt ist, in den Geldkreislauf eingeführt werden dürfte. Sollte im Zusammenhang mit einer Bareinlage dagegen ein Vermögensgegenstand erworben werden, ist nach allgemeiner Ansicht vollkommen egal, ob der Kaufpreis hierfür aus den allgemeinen Gesellschaftsmitteln oder direkt und erkennbar aus der Einlage erfolgt (zB durch Verrechnung oder unmittelbare Rücküberweisung des Betrags). Das spricht aber nicht entscheidend gegen die hier vorgeschlagene Differenzierung, da es sich sachlich rechtfertigen lässt. Die Durchführung eines Veräußerungsgeschäfts mit dem Gesellschafter zur Übertragung eines Sachwertes auf die Gesellschaft ist eine privatautonome Entscheidung der beteiligten Parteien, bezüglich derer das Gesetz in der Nähe von Gründung oder Kapitalerhöhung eben nur einen korrekten Weg eröffnet. Will man diesen nicht gehen, hat man das Geschäft zu unterlassen. Darin liegt der Unterschied zur Bezahlung von Schulden. Hier ist die Entscheidung über die „Vornahme des Geschäfts“ nicht ins freie Ermessen der Parteien gestellt. Die Schulden sind bereits entstanden, so dass ihre Begleichung gesollt und mitnichten zu unterlassen ist. Hier ist der Umgehungsvorwurf daher anders aufzuhängen. Er ist nur zu erheben, wenn die bestehenden Schulden bei wirtschaftlichen Betrachtung und nach dem Inhalt der getroffenen Rückflussabrede tatsächlich unmittelbar aus der Barkapitalerhöhung beglichen werden sollen. Den Parteien muss aber ebenso gut möglich sein, ausdrücklich zu vereinbaren, dass die alten Schulden nicht aus jener Kapitalerhöhung, sondern aus dem allgemeinen Cash Flow glatt zu stellen sind, während die Mittel der Barkapitalerhöhung ganz anderen Zwecken dienen (Investitionen; Deckung anderer Schulden). Und dieser abweichende, nicht auf eine Umgehung der Sacheinlagevorschriften gerichtete Wille ist auch anzuerkennen, wenn die Schulden der Gesellschaft beim Einleger nicht einen solchen Umfang erreicht haben, dass sie nur noch unter Heranziehung der Bareinlage beglichen werden können. Unter diesen Voraussetzungen, die bei bezüglich eines tagesaktuellen Debetsaldos typischerweise vorliegen, sind die schädlichen Rückflussabreden auf solche beschränkt, welche die Nämlichkeit der Mittel vorsehen. Für diese These spricht, dass die Begleichung von Altschulden wie auch von nach 312 der Bareinlage, aber vor Weiterleitung der Einlageleistung entstandenen Neuschulden im laufenden Geschäft der Gesellschaft nicht für einen bestimmten Zeitraum verboten

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BGHZ 182, 103 = NZG 2009, 944, 945 Rdn 10 – Cash-Pool II.

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sein kann und darf, dass sie aber im Wege der offenen Sacheinlage trotz der nach hM anerkannten grundsätzlichen Einbringbarkeit von Forderungen des Einlegers gegen die Gesellschaft praktisch nicht möglich ist, weil der konkrete Kontostand des Cash Pools zum Zeitpunkt der Weiterleitung nicht vorher gesehen werden kann. Überdies kann aber auch nicht etwa vorsichtshalber die gesamte Bareinlage als offene Sacheinlage deklariert werden, weil ja bei positivem Kontostand ein einfaches Hin- und Herzahlen vorliegt, das aber keine Sacheinlage darstellen kann, weil eine Barforderung gegen den Einleger nicht sacheinlagefähig ist. Will man dem Vorstehenden nicht folgen und auch Rückflussabreden, welche die Nämlichkeit der Einlagemittel explizit ausschließen, unter Abs 3 Satz 1 fassen, ist mit Blick auf die nach § 37 abzugebenden Erklärungen anzuraten, die Erklärungen parallel abzugeben, also vorsorglich eine offene Sacheinlage im Wege der Altforderungseinbringung bis zum vollen Umfang der Bareinlage anzumelden und auf Werthaltigkeit prüfen zu lassen und zusätzlich, ebenfalls in voller Höhe, ein einfaches Hin- und Herzahlen nach Abs 4 zu deklarieren. Wenn der weitergeleitete Betrag nur teilweise das Debet deckt, im Übrigen aber zu einem positiven Saldo führt, ist laut BGH in Cash-Pool II eine Teilung der Rechtsfolgen vorzunehmen in der Weise, dass für den Teil im Debet Abs 3 Anwendung findet, im Übrigen aber von einem einfachen Hin- und Herzahlen auszugehen ist. Jenes kann nach den Vorgaben des Abs 4 legalisiert sein, wenn es offen gelegt wurde. Im Übrigen gelten die Regeln zum verbotenen einfachen Hin- und Herzahlen (Rdn 373). Das entspricht der Behandlung verdeckter Mischeinlagen. Eine Ausnahme von der Anwendung der Vorschriften der verdeckten Sacheinlage bei Verrechnungsfällen mit Altschulden hat der BGH – ebenfalls infolge wirtschaftlicher Betrachtung – nur beim Schütt-Aus-Hol-Rück-Verfahren anerkannt, und dort auch nur unter der Maßgabe, dass stattdessen die Vorschriften der wirtschaftlich gleichbedeutenden Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln gewahrt werden.443 Nicht erfasst werden von Abs 3 demgegenüber (absolut verbotene) Rückflussabreden sine causa bzw donandi causa, da hier bei wirtschaftlicher Betrachtung keine Sacheinlage vorliegt, sondern eine verbotene Verschleuderung von Gesellschaftsvermögen. So fehlt es auch an jeglichem auf die Bareinlagepflicht anrechenbaren Wert. Nicht erfasst werden Rückflussabreden credendi causa, da diese als einfaches Hinund Herzahlen dem Abs 4 unterfallen. Nicht erfasst sind Abreden, wonach die Einlage zu einer oder mehreren Tochtergründungen und dann möglicherweise noch weiterer Enkelgründungen (Pyramidengründungen) verwendet werden soll, da hier kein Rückfluss an den Einleger stattfindet und daher auch nichts anzurechnen ist.444 Allenfalls kann hier eine unter § 36 Abs 2 bedenkliche Verwendungsabrede vorliegen (§ 36 Rdn 176). Nicht erfasst wird zu guter Letzt aber auch die Verabredung von Dienstleistungen, und zwar auch dann, wenn sie in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Versprechen einer Bareinlage getroffen wird.445 Dem ist zwar entgegen gehalten worden, dass eine solche Verabredung sehr wohl eine Umgehung darstelle, und zwar nicht der Verfahrensvorschriften zur Erbringung einer Sacheinlege, sondern des absoluten Verbotes dersel-

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443 BGHZ 113, 335, 345 f = NJW 1991, 1754 (zur GmbH); zust für AG MünchKommAktG/Pentz Rdn 115; Spindler/Stilz/Benz Rdn 154. 444 Spindler/Stilz/Benz Rdn 161. 445 BGHZ 184, 158 = NZG 2010, 343, 344 Tz 15 – Eurobike; BGHZ 180, 38 = NZG 2009, 463 = NJW 2009, 2375 Tz 9 – Qivive.

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ben.446 Doch ist diese Sicht zu Recht vereinzelt geblieben. Sie wird durch den Zweck der berührten Vorschriften widerlegt. Ungeachtet der durch die Kapitaldebatte teilweise in Frage gestellten Zwecke der Kapitalaufbringung (s oben Rdn 2, 11 ff) lässt sich konstatieren: Der Grund für das Verbot der Einlage von Diensten durch Art 7 Satz 2 wie auch § 27 Abs 2 Teilsatz 2 liegt in erster Linie darin, dass damit der Gesellschaft kein aussonderbarer Vermögenswert zur Verfügung gestellt werden kann, mit welchem ihre Führung in der Folge zum Wohle des Unternehmenszweckes frei wirtschaften kann (Rdn 167 ff). Dieser Zweck ist aber bereits mit dem Verbot der Einlage von Diensten abschließend erreicht. Er wird in der Folge nicht berührt oder gar unterlaufen, wenn die Gesellschaft eine erhaltene Bareinlage dazu verwendet, notwendige Dienste von ihrem Aktionär zu erwerben. Das ist der gleiche Aufwand, wie er sonst auch gegenüber jedem Dritten entstehen würde. Für die anderen, durch Abs 3 pönalisierten Umsatzgeschäfte gilt das nicht. Hier stellt sich eine Umgehungsproblematik, weil der Inferent den Weg der Sacheinlage hätte beschreiten könne. Bei Diensten kann er das nicht. Aus den vorstehenden Gründen folgt nicht nur, dass sich Umgehungsschutz ver- 320 bietet. Vielmehr hat auch das allgemeine gesetzliche Gebot der Leistung zur freien Verfügung nach den §§ 54 Abs 3, 36 Abs 2 zurückzutreten. Es ist nach hM dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass eine bindende Abrede zur Vergütung von Diensten im Zuge der Einlageleistung nicht grundsätzlich und per se schädlich ist, sondern nur unter qualifizierten Voraussetzungen (§ 36 Rdn 59). Auch das soll aus der allgemeinen Zulässigkeit von Dienstleistungen des Gesellschafters an seine Gesellschaft folgen, für deren pauschale Beschränkung im Rahmen der Gründung keine sachliche Rechtfertigung erblickt wird. Dem ist uneingeschränkt beizutreten für die Vergütung für Organtätigkeiten, welche in der Tat unerlässlich sind und wo eine Beschränkung im Umfeld von Kapitalmaßnahmen zu einem unangemessenen faktischen Tätigkeitsverbot für Gesellschafter führen würde. Zweifelhaft ist es allerdings im Bereich sonstiger, über die Vergütung von Organtätigkeit oder Arbeitsleistung hinausgehender, „freier“ Dienstleistungen wie etwa Beraterverträge.447 Zwar gilt auch hier, dass eine Einbringungsmöglichkeit als offene Sacheinlage ausscheidet. Damit ist aber nicht gesagt, dass das allgemeine Verbot von Verwendungs- und Rückflussabreden nach § 36 Abs 2 zurücktreten müsste. Betrachtet man dessen historische Wurzeln im Gründungsschwindel und seine daraus folgende Hauptzwecksetzung, der Gesellschaft ihre Kapitalausstattung frei von jeglichen Einfluss- und Rückholungsmöglichkeiten der Gründer zu verschaffen (§ 36 Rdn 49 ff), eignen sich die wegen ihrer opaken Preis-/Leistungsstrukturen notorischen Beraterverträge448 denkbar schlecht als Paradigma für die Notwendigkeit einer teleologischen Reduktion. Dennoch hat das Argument, dass kein rechtmäßiges Alternativverhalten möglich ist, auch hier beachtliches Gewicht. Daher wird man sich im Ergebnis doch darauf verständigen können, dass die indisponiblen Grenzen, welche durch die §§ 57, 62 gezogenen werden (Drittvergleich), hier grundsätzlich ausreichen, um etwaigen Missbräuchen zu begegnen. Es ist nicht notwendig, bereits die wirksame Kapitalaufbringung in Frage zu stellen. Die Erwägung, dass solche Abreden allgemein zulässig sein müssen und daher nicht 321 für die Dauer der Gründung oder Kapitalerhöhung gesperrt sein dürfen, trifft gleichermaßen für herkömmliche Nutzungsüberlassungen (zB Lizenzen, Miete, Pacht) des

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446 Busse FS Hopt 2007, S 87 ff. 447 Für deren Zulässigkeit explizit BGHZ 184, 158 = NZG 2010, 343 – Eurobike. 448 Tagesaktuelles Beispiel aus dem Herbst 2015: Die Millionenzahlung des langjährigen FiFAPräsidenten Josef Blatter an den Uefa-Präsidenten Michel Platini im Jahre 2011, die ihren Grund in einem aus dem Jahre 1999 datierenden Beratervertrag finden soll.

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Aktionärs an die Gesellschaft zu. Zwar könnte man hiergegen argumentieren, dass die Einlegefähigkeit ja nicht gänzlich fehlt, sondern nur bestimmte, qualifizierte Voraussetzungen (feste Laufzeit, keine ordentliche Kündbarkeit) erfüllt werden müssen. Ein allgemeines Gebot, derartige Nutzungsüberlassungen nur in einlagefähiger Weise auszugestalten bzw sie gar im Zuge von Kapitalmaßnahmen entsprechend umzugestalten,449 erscheint aber ebenso wenig sinnvoll wie es ein allgemeines Verbot von Dienstleistungen der Aktionäre im „Dunstkreis“ von Einbringungen wäre. Aus den vorstehenden Erwägungen lässt sich als allgemeine Grundregel destillie322 ren: Herkömmliche Dauerschuldverhältnisse mit dem Einleger verletzen weder das Gebot der endgültigen freien Verfügung nach § 36 Abs 2 noch das Verbot verdeckter Sacheinlagen. Der tiefere Grund hierfür liegt darin, dass beide Rechtsregeln auf die Sicherung der einmaligen Wertzufuhr (in Bar oder Sachwerten) zum Stichtag im Rahmen der Kapitalerhöhung bedacht sind. Sie sollen, können und müssen keinen Schutz gegen spätere Abflüsse infolge periodischer, beidseits pro rata temporis zu erfüllender und grundsätzlich kündbarer Dauerschuldverhältnisse vermitteln, wo die Gesellschaft ihr Vermögen laufend einsetzt, um sich die für ihren Geschäftsbetrieb benötigten Dienste, Nutzungen etc einzukaufen. Die ohne Weiteres zuzugebende abstrakte Gefährlichkeit solcher Geschäfte450 betrifft hier ausschließlich die Kapitalerhaltung, nicht die Kapitalaufbringung. In Frage steht nicht das Vorhandensein des Kapitals am Stichtag, sondern dessen Verwirtschaftung im weiteren Verlauf, verbunden mit der Gefahr verdeckter Kapitalrückgewähr. Hiergegen wird das Gesellschaftsvermögen durch die allgemeinen Vorstandspflichten sowie die §§ 57, 62 mit der Hürde des Drittvergleichs abgesichert. Daher ist es für die Zwecke der Kapitalaufbringung unschädlich, wenn derartige Abflüsse an den Einleger im Zuge herkömmlicher Dauerschuldverhältnisse bereits bei der Einbringung verabredet werden, wiewohl sie für jenen natürlich am Ende des Tages einen ratenweisen Rückfluss der Einlage bedeuten. Folgt man dem, steht ein Verstoß gegen die Gebote freier Verfügung bzw offener 323 Sacheinlagen immer erst im Raum, wenn die Konditionen der Dauerschuldverhältnisse ungewöhnlich ausgestaltet sind. Das ist insbesondere der Fall, wenn die Nutzung für einen bestimmten Zeitraum umgrenzt und dadurch einem einmalig zu übertragenden Vermögenswert angenähert wird. Zumindest die freie Verfügung wird aber auch schon beeinträchtigt, wenn die ordentliche Kündbarkeit an ungewöhnlich lange Fristen geknüpft ist, wenn die Gegenleistung im Zuge einer zusammen mit der Bareinlage getroffenen Verwendungsabrede speziell zu thesaurieren oder wenn sie für einen ungewöhnlich langen Zeitraum im Voraus (zurück) zu leisten ist. 324

bb) bei wirtschaftlicher Betrachtung … als Sacheinlage zu bewerten: Das Erfordernis der wirtschaftlichen Betrachtung stellt zunächst einmal klar, dass es in diesem Bereich des Umgehungsschutzes eben nicht auf die formal-juristische Einkleidung der Vorgänge ankommt, sondern darauf, wie sie tatsächlich wirtschaftlich zu bewerten sind. Seine wesentliche Bedeutung liegt aber in der Eingrenzung der Rückflussabreden, die unter Abs 3 Satz 1 relevant sind, auf solche, die einen sacheinlagefähigen Gegenstand betreffen (eben Rdn 303). Darüber hinaus kann man auch eine zeitliche Begrenzung beim Vorliegen solcher 325 rückflussabreden hinein lesen. Wenn diese nämlich soweit vom Zeitpunkt der Einlage

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449 Konstruktiv könnte man im unveränderten „Stehenlassen“ des Nutzungsrechts während einer Kapitalmaßnahme durchaus einen Neuabschluss sehen, wie das frühere Eigenkapitalersatzrecht gelehrt hat, vgl BGHZ 127, 336, 340 ff; Schall S 165. 450 MünchKommAktG/Pentz Rdn 94.

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entfernt liegen, dass bei wirtschaftlicher Betrachtung eben keine Umgehung der Gründung mehr vorliegt, schadet auch die bewusste und gewollte Verabredung des Geschäfts bereits bei Gründung oder Übernahme der Einlage nicht mehr. Das ist sicherlich nach Ablauf der zweijährigen Höchstfrist des 3 52 Abs 1, möglicherweise aber auch schon vorher, zB nach einem Jahr, anzunehmen. c) Sonderfälle aa) Verdeckte Mischeinlage. Der Tatbestand der verdeckten Sacheinlage ist 326 nicht nur dann erfüllt, wenn der Rückfluss der Bareinlage genau entspricht. Er greift auch ein im Fall der „verdeckten Mischeinlage“, wenn zum einen Teil tatsächlich eine Bareinlage zur endgültigen freien Verfügung geleistet werden soll und nur hinsichtlich des anderen Teil der Einlage eine Rückflussabrede existiert. Dann liegt nämlich bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Situation vor, welche die Einbringung im Wege der offenen Mischeinlage (Rdn 221) erfordert hätte. Die Erfassung dieser Konstellation ergibt sich bereits aus dem Wortlaut („ganz oder teilweise“). Die Behandlung bereitet keine größeren Schwierigkeiten, da Geld immer eine teilbare Leistung ist. Daher ist die Erfüllungswirkung nur hinsichtlich des (verdeckten) Sacheinlageteils abzulehnen, im Übrigen aber zu bejahen, da der Rest der Bareinlage wie erforderlich zur freien Verfügung geleistet worden ist.451 Die Anrechnung nach Abs 3 Satz 3 in diesen Fällen ist auf den nicht erfüllten Teil der Bareinlage beschränkt, siehe noch Rdn 364. Dazu bedarf es auch keiner ungeschriebenen Ergänzung des Abs 3 Satz 1 2. Teilsatz um ein „insoweit“452 im Wege korrigierender Auslegung, so wie sich umgekehrt aus dessen Fehlen kein Argument für die Gegenansicht herleiten lässt. Vielmehr folgt die Beschränkung der gesamten Rechtsfolgen des Abs 3 auf den zurückgeflossenen Teil der Bareinlage wie einleitend bemerkt aus dem Terminus „teilweise“ in Abs 3 Satz 1. Ist die Bareinlage nicht als Sacheinlage zu bewerten, hat sie nach allgemeinen Grundsätzen Erfüllungswirkung. (Nur) Wenn nicht, weil sie teilweise als verdeckte Sacheinlage gilt, greift Abs 3.453 bb) Verdeckte gemischte Sacheinlage. Umgekehrt kann der Tatbestand der ver- 327 deckten Sacheinlage auch in der Form der verdeckten gemischten Sacheinlage erfüllt werden. Das ist dann anzunehmen, wenn die infolge der Rückflussabrede als Gegenleistung zurückgereichte Bareinlage nur einen (auch relativ geringen) Teil der für den zu erwerbenden Gegenstand zu entrichtenden Bezahlung ausmacht.454 Nach der Rechtsprechung soll dann das ganze Geschäft den Regeln über die verdeckte Sacheinlage unterfallen455 (zu den Folgen bei der Anrechnung siehe Rdn 365 ff).

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451 MünchKommAktG/Pentz Rdn 137 ff, 140; Spindler/Stilz/Benz Rdn 193; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 82; Grigoleit/Vedder Rdn 57; H. F. Müller, NZG 2011, 761, 764; aA KK/Arnold Rdn 116; Veil/Werner GmbHR 2009, 729, 735 f; für Teilbarkeit bei Bareinlagen dagegen grundsätzlich auch BGHZ 182, 103 = NZG 2009, 944, 947 Tz 38. 452 Dafür zB Spindler/Stilz/Benz Rdn 193. 453 Zutr MünchKommAktG/Pentz Rdn 140. 454 BGHZ 185, 44 = NZG 2010, 702 – ADCOCOM (zur GmbH); BGHZ 175, 265 = NZG 2008, 425 – Rheinmöve; BGHZ 173, 145 = NZG 2007, 754 – Lurgi I; BGHZ 170, 47 = NZG 2007, 144, 145 Rdn 11 – Warenlager. 455 BGHZ 185, 44 = NZG 2010, 702 – ADCOCOM (zur GmbH); BGHZ 175, 265 = NZG 2008, 425 – Rheinmöve; BGHZ 173, 145 = NZG 2007, 754 – Lurgi I; BGHZ 170, 47 = NZG 2007, 144, 145 Rdn 11 – Warenlager; zust Lutter DStR 2007, 543.

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Diese Grundsätze sollten nicht nur bei der Gründung gelten,456 sondern grundsätzlich auch bei der Kapitalerhöhung.457 Dagegen haben beachtliche Stimmen in der Literatur diese Gleichbehandlung im Rahmen der Kapitalerhöhung gänzlich abgelehnt.458 Andere wollten bei Teilbarkeit nur denjenigen Anteil des Geschäfts nach diesen Regeln sanktionieren, der den Rückfluss der Bareinlage betrifft.459 Der BGH hat mittlerweile im Babcock-Fall seine Ansicht dahingehend präzisiert bzw 329 eingeschränkt, dass er im Rahmen der Kapitalerhöhung eine von den Parteien verabredete Aufteilung in eine offene Sacheinlage und eine spätere (nicht publizitäts- und prüfungspflichte) „Sachübernahme“ gegen Bezahlung akzeptieren möchte. Sein Argument ist die im Gesetz angelegte geringere Kontrolldichte bei Kapitalmaßnahmen in der bereits existierenden Gesellschaft.460 Ein klarer Fingerzeig darauf, dass er auch bei gänzlich verdeckten Vorgängen eine Teilung zulassen würde, liegt darin allerdings nicht. Vielmehr führt der BGH aus: „Sofern eine teilbare Leistung vorliegt, genügt hinsichtlich des nicht zur Kapitalerhöhung verwendeten Teils jedenfalls bei der offenen Sacheinlage der durch § 57 AktG gewährleistete Schutz.“ [Hervorh. d Verf.] Damit sagt der BGH aber nur, dass er der von den Parteien gewünschten Konstellation dann, wenn sie korrekt offen gelegt und durchgeführt wird, die Anerkennung zollt. MaW: Er erstreckt den Umgehungsgedanken nicht soweit, dass auch eine bei der Kapitalerhöhung verabredete Sachübernahme, die als solche nach § 183 keiner besonderen Prüfung und Publizität bedarf, in jedem Fall nur als Sacheinlage erbracht werden dürfte. Damit ist aber nicht zugleich gesagt, dass er bei einer illegalen Verschleierung des Vorgangs durch Festsetzung einer Bareinlage den Parteien das gleiche Entgegenkommen angedeihen lassen würde, nur weil die von der Gesellschaft zu übernehmende Sache teilbar ist. Die Streitfrage bleibt daher offen und bedarf daher nach wie vor der Entscheidung. 330 Stellungnahme: Gemeinsame Grundlage der Gegenansichten, welche die Anwendung der Sacheinlageregeln ganz ablehnen oder auf einen abtrennbaren Anteil beschränken wollen, ist, dass das Gesetz die Sachübernahme im Rahmen der Kapitalerhöhung bewusst nicht miterfasst hat.461 Doch das zwingt aus drei Gründen nicht dazu, die Regeln der verdeckten Sacheinlage auf einen abtrennbaren Teil zu begrenzen. Erstens ist in § 183 zwar nicht die Sachübernahme erfasst. Das scheidet aber nur die Beachtlichkeit von Vereinbarungen mit unabhängigen Dritte zwingend aus.462 Dagegen ist Aktionären eine Einbringung im Wege der offenen gemischten Sacheinlage möglich und folglich gesollt. Sie wird durch eine solche Gestaltung in verbotener Weise umgangen. Zweitens ist die historisch gewachsene Beschränkung des erweiterten Anlegerschutzes auf die Gründung heute teleologisch überholt, da Börsengänge nicht durch Gründung, sondern durch Kapitalerhöhung erfolgen. Das mag man zwar nicht für so korrekturbedürftig halten, dass man eine teleologische Extension des § 27 Abs 1 unter Korrektur des Gesetzes328

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456 BGHZ 170, 47 = NZG 2007, 144, 145 Rdn 11 – Warenlager; zust Lutter DStR 2007, 543; MünchKommAktG/Pentz Rdn 96; KK/Arnold Rdn 35; Spindler/Stilz/Benz Rdn 194; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 31 und 81; Hüffer/Koch Rdn 8; Grigoleit/Vedder Rdn 4 und 62; Heidel/Polley Rdn 63; Spindler/Stilz/ Servatius § 188 Rdn 80. 457 BGHZ 175, 265 = NZG 2008, 425 – Rheinmöve; BGHZ 173, 145 = NZG 2007, 754 – Lurgi I; zust MünchKommAktG/Pentz Rdn 96; Spindler/Stilz/Benz Rdn 194; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 81; Heidel/Polley Rdn 63. 458 Martens AG 2007, 732 ff; Krolop NZG 2007, 5 ff. 459 Spindler/Stilz/Servatius § 183 Rdn 9 und § 188 Rdn 80; Grigoleit/Rieder/Holzmann § 183 Rdn 2; Hüffer/Koch § 183 Rdn 3; Habersack ZGR 2008, 48 ff; ders FS Huber, 2006, S 179, 185 f, 190; aA Henssler/ Strohn/Hermanns § 183 Rdn 7. 460 BGHZ 191, 364 = NZG 2012, 69, 75 Tz 49 f. 461 Eingehend Habersack ZGR 2008, 48 ff. 462 Insoweit zutr Hüffer/Koch § 183 Rdn 3.

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wortlautes propagiert. Es spricht aber jedenfalls dafür, die Unterschiedlichkeit so weit als möglich gering zu halten.463 Drittens sind die Rechtsfolgen durch die neue Anrechnungslösung so abgemildert, dass die Bedenken der vor dem ARUG vertretenen Gegenansichten, die sich maßgeblich auf das extreme Missverhältnis zwischen Einlage und Geschäftswert und das dadurch stark überhöhte Haftungsrisiko stützten, nicht mehr durchschlagen. Freilich ist gegenüber dem letztgenannten Aspekt einzuwenden, dass die Beur- 331 teilung solcher Vorgänge als verdeckte gemischte Sacheinlage nicht nur die Regeln des § 27 Abs 3 zur Anwendung bringt, sondern auch die für offene Sacheinlagen vorgesehene Differenzhaftung in analoger Anwendung (unten Rdn 367). Diese ist nach heute ganz hM aber nicht auf die versprochene Einlagesumme begrenzt, sondern zwingt auch zum Ausgleich negativen Wertes,464 etwa bei überschuldeten und nicht mehr lebensfähiger Unternehmen 465 oder bei Grundstücken mit beseitigungspflichtigen Altlasten s o Rdn 212 ff. Wenn der Umfang des Veräußerungsgeschäfts weit über den der Bareinlage als dem verdeckten Sacheinlageanteil hinaus reicht, wird dieses Risiko erheblich ausgedehnt und mag dem Inferenten hart ankommen. Doch ergibt sich diese Härte nicht so sehr aus der Besonderheit der realen Kapitalaufbringung des Gründungsrechts, sondern bereits aus der Notwendigkeit der bilanziellen Wertaufbringung. Daher müsste an sich bereits im Rahmen der §§ 57, 62 eine inhaltlich entsprechende, über die bloße Rückgewähr des für das wertlose Unternehmen erhaltenen Kaufpreises hinaus reichende Auffüllungshaftung bestehen, welche die Schulden des verkauften Unternehmens umfasst, so dass sich keine besondere Härte ergäbe.466 Falls man dies aber anders sähe, spräche dies nur umso mehr für die grundsätzliche Richtigkeit der vollumfänglichen Anwendung der Kapitalaufbringungsvorschriften auf verdeckte gemischte Sacheinlagen auch im Zuge von Kapitalerhöhungen zum Zwecke der Sicherstellung der vollen Wertdeckung. cc) Teilzahlungen und verdeckte gemischte Sacheinlagen. Eine ähnlich gelager- 332 te Problematik wie bei der verdeckten gemischten Sacheinlage stellt sich auch bei Teilzahlungen, wenn der Betrag der Teilzahlung nur einen geringen Teil einer größeren Gegenleistung ausmacht, welche die Gesellschaft an den Einleger im Zuge eines Austauschgeschäfts erbringt. Der Unterschied liegt hier darin, dass der noch offene Teil der Einlageforderung von dieser teilweisen verdeckten gemischten Sacheinlage nicht berührt wird. Er hat daher auch bei den Rechtsfolgen des Abs 3 außen vor zu bleiben. Auch dies folgt wieder (wie bei der verdeckten Mischeinlage, eben Rdn 326) aus dem Wortlaut des Satz 1 1. Teilsatz („teilweise“). Es bedeutet, dass die Anrechnung nach Satz 3 grundsätzlich nicht für diesen Teil vorzunehmen ist. Satz 3 meint nach seiner systematischen Stellung nur die wegen Unwirksamkeit der geleisteten Zahlung nach Satz 1 2. TZ fortbestehende, nicht die von vornherein noch nicht erfüllte, „ursprüngliche“ Bareinlage-

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463 So schon Schall S 245. 464 MünchKommAktG/Pentz Rdn 44; Spindler/Stilz/Benz Rdn 47; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 26; MünchKommGmbHG/Märtens § 9 Rdn 22; Urban FS Sandrock, 1995, S 305, 312 f. 465 Die bloße Überschuldung macht das eingebrachte Unternehmen nicht per se wertlos. Sie schlägt erst zu Buche, wenn mangels Überlebensfähigkeit nicht mehr auf den vormals vorhandenen Ertragswert, sondern auf die Substanzwerte abzustellen ist. 466 Die Problematik wird im Vergleich zur Differenzhaftung bei Einbringung überschuldeter Unternehmen selten diskutiert. Aber selbstverständlich ist nicht nur der erhaltene Kaufpreis, sondern sind auch die auf die AG übergewälzten Schulden eine verbotene verdeckte Leistung von Gesellschaftsvermögen an den Aktionär, nicht anders als etwa die Haftungsfreistellung von der USamerikanischen Prospekthaftung beim dritten Börsengang der Telekom vgl BGHZ 190, 7 = NZG 2011, 829 – Telekom III.

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pflicht.467 Anders muss man dann, aber auch nur dann entscheiden, wenn die noch gar nicht geleistete Bareinlagepflicht ebenfalls in die Gesamttransaktion miteingebunden ist. Denn dann wäre auch der Rest der Bareinlagepflicht wegen der Umgehung der Sacheinlagevorschriften unwirksam (nicht aber wegen Verstoßes gegen §§ 54 Abs 3, 36 Abs 2, die für spätere Zahlungen nicht gelten, § 36 Rdn 104). Soweit danach eine Anrechnung vorzunehmen ist, wirkt ein Unterwert des von der Gesellschaft erworbenen Vermögensgegenstandes in gleicher Weise wie beim Grundfall der verdeckten gemischten Sacheinlage als Anrechnungssperre.468 Dazu kommt auch hier ein möglicher Differenzhaftungsanspruch.469 d) Keine allgemeine Verkehrsgeschäftsausnahme. Die Vorschriften zur verdeckten Sacheinlage sind grundsätzlich auch auf Verkehrsgeschäfte anzuwenden.470 Daran hält die Rechtsprechung entgegen beachtlicher Literaturstimmen beständig fest, wiewohl sie die Möglichkeit von Ausnahmen bei Alltagsgeschäften auch nicht apodiktisch ausgeschlossen hat. Eine restriktive Linie entspricht der inneren Logik des Instituts als Umgehungsschutzmaßnahme. Die Gründungsvorschriften zu Sacheinlagen sehen ja ebenfalls keine Ausnahme vor, wenn ein alltäglicher, für den laufenden Geschäftsbetrieb des Unternehmens erforderlicher Vermögensgegenstand (Kfz, Computer, Notebook) eingelegt wird. Ist eine solche Einbringung im Zuge der Gründung oder Kapitalerhöhung vorgesehen, muss der Weg der Sacheinlage beschritten werden. Ein breitflächiger Analogieschluss zu den Vorschriften der Nachgründung, die in § 52 Abs 9 1. Var. eine Ausnahme für den Erwerb im Rahmen der laufenden Geschäfte vorsehen, kann demgegenüber nicht überzeugen. Denn erstens ist schon der zeitliche Anwendungsbereich der Nachgründung mit bis zu zwei Jahren viel weiter, so dass die Ausnahme dringlicher ist und sich ein Verweis auf den Weg der offenen Sacheinlage weniger aufdrängt. Zweitens erscheint die Ausnahme („im Rahmen der laufenden Geschäfte“) viel zu weit gefasst, um für den Zweck des Umgehungsschutzes der Sachgründungsvorschriften geeignet zu sein. So unterfallen ihr längt nicht nur Alltagsgeschäfte oder der Erwerb von Umlaufvermögen, sondern soll jeder im Hinblick auf den Unternehmensgegenstand zulässige Erwerb nachgründungsfrei sein, auch wenn er zB dem Erwerb von Anlagevermögen dient (Grundstücke!). Freilich ließe sich hiergegen argumentieren, dass die mit der Einführung der UG 334 einhergehende, abgeschwächte Bedeutung des Mindestkapitals als bloß mehr freiwilliges Seriositätssignal eine erweiterte Verkehrsgeschäftsausnahme bedingt. Sie wäre ua hilfreich für die Behandlung des Cash Pools (Rdn 310 f) und von entgeltlichen Dienstleistungen.471 Doch ist dem BGH zu konzedieren, dass die Vorschriften zur Kapitalaufbringung als solche unverändert in Kraft sind und Umgehungsschutz erfordern, welchen der Gesetzgeber nur punktuell abgemildert hat. Gerade die bewusste Abkehr von der „Lega333

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467 Spindler/Stilz/Benz Rdn 197; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 80; Grigoleit/Vedder Rdn 62; Heidel/Polley Rdn 64. 468 Spindler/Stilz/Benz Rdn 198; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 80 ( für teleologische Reduktion); Grigoleit/Vedder Rdn 62; Heidel/Polley Rdn 64. 469 Spindler/Stilz/Benz Rdn 198; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 80; Grigoleit/Vedder Rdn 62; Heidel/Polley Rdn 64. 470 BGHZ 180, 38 = NZG 2009, 463 – Qivive; BGH NZG 2008, 311; BGHZ 170, 47 = NZG 2007, 144 LS 4 – Warenlager; KK/Arnold Rdn 97; Spindler/Stilz/Benz Rdn 160; Grigoleit/Vedder Rdn 52; Busse FS Hopt, 2008, S 87, 106 f; Ulmer ZHR 154 (1990) 128, 142; aA zB Habersack FS Priester, 2007, S 157, 169 ff; Baumbach/Hueck/Hueck/Fastrich § 19 Rdn 40; Hentze ZHR 154 (1990) 105, 112; Niemann DB 1990, 1531, 1533; so auch noch Schall S 137. 471 Dafür Schall S 137.

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lisierung“ verdeckter Sacheinlagen bietet einen Wertungsgesichtspunkt, der die Linie der Rechtsprechung auch künftig prinzipiell zu stützen vermag. Wie dem auch sei, überzeugend ist es auf jeden Fall, dass bei typischen Verkehrsge- 335 schäften die an den engen zeitlichen Zusammenhang geknüpfte Vermutungsregel außer Kraft gesetzt wird.472 Denn solche Transaktionen zwischen Aktionär und Gesellschaft tragen aufgrund ihrer Alltäglichkeit bei wirtschaftlicher Betrachtung eben gerade keine Vermutung, dass hier von langer Hand eine Umgehung geplant war. e) Keine Anwendung bei mittelbarer Emission. Eine weithin anerkannte Aus- 336 nahme von den Regeln der verdeckten Sacheinlage liegt im Rahmen von mittelbaren Bezugsrechtsemmissionen am Kapitalmarkt vor.473 Das ist eine Folge der wirtschaftlichen anstelle einer formal-juristischen Betrachtung. Wegen der regelmäßig bloß treuhänderischen Stellung der Emissionsbank als Abwicklungsstelle ohne wirtschaftliches Eigeninteresse ist es hier nicht verwehrt, die Mittel aus der Geldeinlage zur Rückführung von Darlehen zu verwenden. Das gilt auch, wenn nicht alle Aktionäre ihr Vorkaufsrecht ausüben und/oder sie Spitzen übernommen hat, sofern vorgesehen war, dass sie alle Aktien rasch platzieren würde und dies wegen unvorhersehbarer Umstände nicht passiert (plötzliche Kurseinbrüche auf dem Kapitalmarkt), solange sie sich weiter um die alsbaldige Platzierung bemüht. Die Privilegierung endet (erst), wenn sie Rechte aus den übernommenen Aktien wahrnimmt, weil sich dann die wirtschaftliche Betrachtung verändert. f) Heilung. Liegt nach Abs 3 Satz 1 eine verdeckte Sacheinlage vor, können Einleger 337 und Gesellschaft diese ebenso wie seit jeher im GmbH-Recht heilen.474 Der dies bislang verhindernde § 27 Abs 4 aF wurde mit dem ARUG gestrichen (Rdn 1). Die gesetzliche Abmilderung der Rechtsfolgen sollte den Parteien diesen Weg nicht abschneiden. Damit entfällt die früher umstrittene Notwendigkeit einer Analogie zur Nachgründung (dafür Voraufl, Rdn 154) künftig bereits mangels Regelungslücke. Auch der problematische Umweg einer Kapitalherabsetzung mit anschließender Kapitalerhöhung 475 muss nicht beschritten werden. Um die Heilung durchzuführen, müssen die sämtlichen Voraussetzungen einer 338 wirksamen Sacheinlage in Bezug auf den einzulegenden bzw bereits übertragenen Vermögensgegenstand nachträglich erfüllt werden. Vor Eintragung ist nach den allgemeinen Grundsätzen der Gesellschaftsvertrag zu ändern und die Festsetzung der Sacheinlage nachzuholen, zu bewerten und die Anmeldung entsprechend zu korrigieren. Die Barzahlung bleibt als Nullum außer Betracht, falls sie bereits hin- und hergezahlt oder verrechnet wurde (oben Rdn 269 f).476 Ist sie erst hingezahlt, muss die Gesellschaft sie zurückerstatten. Das ist trotz § 817 Satz 2 BGB (siehe unten Rdn 350) möglich, da damit ja

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472 MünchKommAktG/Pentz Rdn 105; Spindler/Stilz/Benz Rdn 160 und 173; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 63; Grigoleit/Vedder Rdn 52; vorsichtig zust BGHZ 170, 47 = NZG 2007, 144, 147 Tz 24; zurückhaltend KK/Arnold Rdn 97. 473 Zum Folgenden BGHZ 118, 83 = NJW 1992, 2222, 2225 – BuM; zust Spindler/Stilz/Benz Rdn 165; Grigoleit/Vedder Rdn 50; aA Priester ZIP 1991, 345, 354. 474 HM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 160; KK/Arnold Rdn 122 (/obzwar an Sinnhaftigkeit zweifelnd); Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 83; Hüffer/Koch Rdn 38; Heidel/Polley Rdn 70 (obzwar kritisch); Hölters/ Solveen Rdn 42; grds kritisch, aber iE wohl nicht abl Spindler/Stilz/Benz Rdn 203 ff. 475 Dafür grds Spindler/Stilz/Benz Rdn 211; kritisch etwa Grigoleit/Vedder Rdn 52. Zu den damit verbundenen Problemen (keine Anwendung der vereinfachten Kapitalherabsetzung) auch Spindler/ Stilz/Herrler Rdn 268. 476 AA MünchKommAktG/Pentz Rdn 165.

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der Gesetzesverstoß beseitigt und die Rückkehr in die Legalität geebnet werden soll. § 817 Satz 2 darf nach den zur Schwarzarbeit anerkannten Grundsätzen nicht zur Verstärkung von Gesetzesverstößen führen. Das aber wäre hier der Fall, weil der Einleger, der seine Barleistung nicht zurückerhält, angeleitet würde, auf der Durchführung der illegalen Transaktion zu bestehen, um in den Genuss der Anrechnung nach Abs 3 Satz 3 zu gelangen. 339 Nach der Eintragung erfolgt die Heilung im Wege der Satzungsänderung geschieht (keine Einstimmigkeit).477 Dabei kann eine Mitwirkungspflicht aus der Treuepflicht abgeleitet werden.478 Der Bewertungsstichtag ist analog Abs 3 Satz 3 zu bestimmen.479 Eine damals bestehende Wertdifferenz ist auszugleichen. Gegen die Möglichkeit einer Heilung ist eingewandt worden, dass die Durchfüh340 rungsgeschäfte bereits durch § 27 Abs 3 Satz 2 für wirksam erklärt werden.480 Dieses Bedenken schlägt nicht durch. Es ist den Parteien nach allgemeinem Zivilrecht unbenommen, die causa einer Güterbewegung einvernehmlich nachträglich aufzuheben bzw zu ändern. Mit Aufgabe des Verbots durch Abs 4 aF steht diesem Vorgehen jetzt auch gesellschaftsrechtlich nichts mehr im Wege. Die Wirksamkeit der vorherigen Causa ist dabei gerade vorausgesetzt (andernfalls wäre es ein Fall des § 141 BGB). Folge der Abänderung ist, dass der bereits wirksame Erwerb des Vermögensgegenstandes künftig seine causa in der nachträglichen Sacheinlagevereinbarung findet. Für die – ohnehin nach Satz 1 2. Teilsatz ohne Wirkung geleistete – Bareinlage gibt weder einen Rechtsgrund noch besteht ein offenes Forderungsrecht der AG. Es gibt aber auch keinen Gesetzesverstoß von Inferent und AG mehr, da dieser mit der nachträglichen Offenlegung beseitigt wird und die Kondiktionssperre aus § 817 Satz 2 BGB entfällt. Die damit jetzt fällige Rückzahlung der grundlos geleisteten Einlage nach § 812 Abs 1 Satz 1 1. Alt. BGB kann mit dem Gegenanspruch auf Rückerstattung der jetzt grundlos gewordenen Gegenleistung für den Erwerb des einlagefähigen Vermögensgegenstandes durch die AG aus § 812 Abs 1 Satz 2 1. Alt. BGB verrechnet werden. 341

5. Die Rechtsfolgen verdeckter Sacheinlagen (insbes die Anrechnungslösung). Im Kern der Neuregelung des Abs 3 steht nicht so sehr der bereits durch jahrzehntelange Rechtsprechung gefestigte Tatbestand der verdeckten Sacheinlage als vielmehr die Neubestimmung ihrer Rechtsfolgen. Der Gesetzgeber versuchte durch diesen Gestaltungsakt der Kritik zu begegnen und die als übermäßige Härte empfundene Gefahr der Doppelzahlung zu bannen. Ob dies gelungen ist, hängt freilich von der genauen Wirkungsweise des (möglicherweise zu sehr) auf die typische Ausgangssituation der Insolvenz der Gesellschaft zugeschnittenen Satz 3 ab, die im Einzelnen umstritten ist. Die Komplexität beruht darauf, dass der Gesetzgeber – anders als noch der Referentenentwurf zum MoMiG, der insoweit in Richtung der heute für GmbH und AG geltenden Anrechnungslösung abgeändert wurde481 – an der Illegalität der verdeckten Sacheinlage grundsätzlich festhalten wollte. Er sah daher in Abweichung vom einfachen Hin- und Herzahlen keine Legalisierung des Vorgangs durch die schlichte Anordnung einer Erfüllungswirkung vor. Damit bleibt es dabei, dass die Durchführung eines Vorgangs, der einer verdeckten

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477 MünchKommAktG/Pentz Rdn 162; KK/Arnold Rdn 124; Spindler/Stilz/Benz Rdn 208; Heidel/Polley Rdn 70. 478 Zur GmbH BGHZ 155, 329 = NZG 2003, 867; MünchKommAktG/Pentz Rdn 162 (s aber auch ders ZIP 2003, 2093, 2096 zu Grenzen); KK/Arnold Rdn 124; Krieger ZGR 1996, 674, 686. 479 MünchKommAktG/Pentz Rdn 165; Spindler/Stilz/Benz Rdn 210; Heidel/Polley Rdn 70. 480 Spindler/Stilz/Benz Rdn 206 f. 481 Schall S 116; zur letztlich durchschlagenden Kritik etwa Hüffer/Koch Rdn 32; Ulmer ZIP 2008, 45, 50; Veil ZIO 2007, 1241, 1242.

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Sacheinlage entspricht und damit eine Gesetzesumgehung darstellt, grundsätzlich gesetzlich verboten ist. Das ist gerade im Lichte der neueren Rechtsprechung des BGH zu § 57482 daraus zu verstehen, dass die Kapitalaufbringung – anders als die Kapitalaufbringung – eben nicht nur bilanziell, sondern grundsätzlich real gegenständlich erfolgen muss. Daher sind hier bereits die konkret abgeschlossenen Rechtsgeschäfte verboten und lösen nicht nur einen Anspruch auf bilanziellen Wertausgleich aus. Das Gesetz ordnet aber in § 27 Abs 3 Satz 2 nunmehr eine wesentliche Abweichung von der Nichtigkeitsfolge an (Rdn 351), die unter anderem dazu führt, dass die tatsächlich erbrachten Barzahlungen bereicherungsrechtlich nicht mehr neutralisiert werden können. a) Fortbestand der Einlagepflicht (Abs 3 Satz 1 2. Teilsatz). Da die verdeckte 342 Sacheinlage nicht legalisiert worden ist, kommt der Einzahlung auf die Bareinlagepflicht nach wie vor keine Erfüllungswirkung zu. Das ergibt sich an sich bereits daraus, dass diese Leistung infolge der Rückflussabrede nicht zur endgültigen freien Verfügung der Gesellschaft erfolgt (§§ 54 Abs 3, 36 Abs 2).483 Es wird durch Abs 3 Satz 1 2. Teilsatz ausdrücklich bestätigt. Daraus folgt, dass die Erklärung nach § 37 Abs 1 Satz 2 in diesen Fällen nicht erfol- 343 gen darf. Wird sie dennoch abgegeben, machen sich die Beteiligten zivil- und strafrechtlich haftbar (§§ 46 ff sowie § 399 Abs 1 Nr 1. Erhält das Gericht Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit der Erklärung, darf es die Gesellschaft nicht eintragen, da ein Eintragungshindernis nach § 38 Abs 1 Satz 2 besteht. Für das Stimmrecht gilt die Sonderreglung des § 134 Abs 2 Satz 2, die in Abwei- 344 chung vom Grundsatz des § 134 Abs 2 Satz 1 einen umgehenden Beginn anordnet, sofern nicht die Wertdifferenz offensichtlich ist. Damit soll etwaiger Streit um die Bewertung aus einem Anfechtungsprozess heraus gehalten werden.484 Für die Gewinnverteilung gilt keine entsprechende Sonderregelung, so dass sich die Nichterfüllung hier nach § 60 Abs 2 negativ auswirken kann.485 b) Aber: Keine Kondiktion der geleisteten Einlage (§ 817 Satz 2 BGB). Die Un- 345 wirksamkeit sämtlicher zur Bewirkung der verdeckten Sacheinlage getroffenen Abreden hatte es dem BGH bislang ermöglicht, die Hin- und Herzahlung aus bereicherungsrechtlicher Sicht als sich selbst neutralisierenden Vorgang ohne jegliche Rechtswirkung anzusehen (Rdn 269 f). Die Zahlung war mithin nicht nur nichtig, sondern ein echtes „Nullum“ ohne rechtliche Beachtlichkeit. Demgegenüber hat jetzt die Rückzahlung an den Einleger sogar Erfüllungswirkung. Damit ist es nicht mehr möglich, den Vorgang bereicherungsrechtlich als Nullum abzutun. Die Barzahlung an die Gesellschaft hat jener mindestens die Mittel zur wirksamen Erfüllung ihrer Schuld aus dem Austauschvertrag verschafft. Davon ausgehend müsste die Unwirksamkeit der Leistung auf die Bareinlage an sich 346 zu einem Bereicherungsanspruch des Inferenten gegen die AG aus § 812 Abs 1 Satz 1 1. Alt, 818 Abs 2 BGB führen.486 Das folgt nach der (wohl herrschenden) subjektiven Rechtsgrundtheorie daraus, dass die Leistung ihren Erfüllungszweck verfehlt. Nach der

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482 BGHZ 196, 312 = NJW 2013, 1742 = NZG 2013, 496, 497 Rdn 15 ff; dazu Spindler/Stilz/Cahn/ v Spannenberg § 57 Rdn 86. 483 Zum früheren Recht nur BGHZ 165, 113 = NJW 2006, 509 = NZG 2006, 24; wie hier etwa Hüffer/Koch Rdn 32; Heidel/Polley Rdn 51; siehe auch § 36 Rdn 54 f und oben Rdn 277 ff. 484 Ausschussbegründung, BT-Drucks 16/13098, S 39. 485 Grigoleit/Vedder Rdn 56. 486 Vgl KK/Arnold Rdn 105; Heidel/Polley Rdn 54.

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objektiven Rechtsgrundtheorie gilt nichts anders. Zwar besteht die Einlagepflicht als objektive causa, aber sie kann mangels Erfüllungswirkung der erfolgten Zahlung nicht als Rechtfertigungsgrund für das Behaltendürfen zugerechnet werden.487 Eine condictio ob rem aus § 812 Abs 1 Satz 2 2. Alt. BGB wegen „Nichteintritt eines nach dem Inhalt des Rechtsgeschäft bezweckten Erfolgs“ kommt demgegenüber schon tatbestandlich nicht in Betracht, weil die Kondiktion wegen Verfehlung des Erfüllungszwecks allein der condictio indebiti nach § 812 Abs 1 Satz 1 1. Alt. BGB unterfällt (vgl § 814 mit § 815 BGB) und es neben dem Erfüllungszweck nach ganz herrschender und zutreffender Sicht keine angestaffelten weiteren Zwecke kann.488 347 Demgegenüber setzt die Regelung des Abs 3 mit ihrer Anrechnungslösung nach Satz 3 voraus, dass die Geldleistung nicht zurückgefordert werden kann. Das ist in erster Linie wohl daraus zu verstehen, dass sie mit Blick auf die in der Praxis allein relevanten Fälle abgefasst wurde, in denen es wegen der Insolvenz der Gesellschaft nicht mehr zu einer durchsetzbaren Rückforderung kam.489 Hier vor allem drohte die Doppelzahlung, der die Neuregelung einen Riegel vorschieben sollte. 348 Nach ganz hM muss die Kondiktion aber bereits vorher, in voller Höhe und generell ausgeschlossen sein.490 Zur Begründung werden verschiedene Ansätze bemüht. Vereinzelt geblieben sind die Vorschläge einer korrigierenden Rechtsfortbildung, etwa durch eine umgekehrt analoge Erstreckung der Anrechnungslösung auf den Bereicherungsanspruch des Inferenten491 oder eine gesellschaftsrechtliche Saldotheorie,492 sowie das Abstellen auf den Entreicherungseinwand des § 818 Abs 1 und 3 BGB.493 Mittlerweile wird verbreitet darauf verwiesen, dass die condictio indebiti das endgültige Nichtbestehen der causa erfordert und deshalb nach hM zB noch nicht bei nur schwebend, sondern erst bei endgültig unwirksamen Geschäften eingreift.494 Sie scheide daher auch aus, wenn und weil infolge der Anrechnungslösung noch ein Rechtsgrund entstehen kann.495 Das ist aber zweifelhaft, weil die Anrechnungslösung an sich gerade nicht zu der als wirksame causa für eine Erfüllungsleistung grundsätzlich erforderlichen Erfüllung nach § 362 Abs 1 BGB führt.496 Ob man dem entgegen kann, dass es sich um eine gesetzlich angeordnete Leistung an Erfüllung statt handelt, ist ebenfalls zweifelhaft (unten Rdn 362 f). Überdies sperrt diese Argumentation keinesfalls die Rückforderung jenseits der Anrechnung.497 Doch auch diese stört die Gesamtlösung des Gesetzes auf. Aus diesen Gründen plädieren andere Stimmen für eine umfassende systematische Sperrwirkung der abschließenden Rechtsfolgenanordnung des Abs 3, der so zu einer lex specialis gegenüber dem Bereiche-

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487 Schall S 116 mit Fn 121. 488 Staudinger/Lorenz § 812 Rdn 106; BeckOKBGB/Wendehorst § 812 Rdn 91; Larenz/Canaris § 68 I 3d, S 153; aA die frühere Rspr, zB RGZ 66, 132, 134; BGH NJW 1952, 60. 489 Schall S 116 ff, daher eine umfassende gesetzeskorrigierende Lösung durch eine gesellschaftsrechtliche Saldotheorie vorschlagend. 490 MünchKommAktG/Pentz Rdn 122 ff; KK/Arnold Rdn 105 ff; Spindler/Stilz/Benz Rdn 181 ff; ders S 102 ff und 123 ff; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 75; Grigoleit/Vedder Rdn 65; Heidel/Polley Rdn 54; Dauner-Lieb AG 2009, 217, 223; Kersting CBC-RPS 0042 (12/2008), S 4 ff; Maier-Reimer/Wenzel ZIP 2008, 1449, 1452 und ZIP 2009, 1185 ff, 1189; Ulmer ZIP 2009, 293, 297 f. 491 Maier-Reimer/Wenzel ZIP 2008, 1449, 1452 und ZIP 2009, 1185 ff, 1189; s hiergegen aber MünchKommAktG/Pentz Rdn 124; Dauner-Lieb AG 2009, 217, 222. 492 Schall S 118 f. 493 MünchKommAktG/Pentz Rdn 125; KK/Arnold Rdn 108; Kersting CBC-RPS 0042 (12/2008), S 4 ff (noch zur Rechtslage vor dem ARUG); aA Dauner-Lieb AG 2009, 217, 223. 494 Staudinger/Lorenz § 812 Rdn 93; BeckOKBGB/Wendehorst § 812 Rdn 61. 495 ZB Grigoleit/Vedder Rdn 65. 496 Zutr Maier-Reimer/Wenzel ZIP 2008, 1449, 1452; aA Grigoleit/Vedder Rdn 65. 497 AA, aber im Lichte des mit der Leistung bezweckten Erfolgs (Erfüllung) nicht überzeugend Spindler/Stilz/Benz Rdn 183.

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rungsrecht wird.498 Das sorgt zwar für das richtige Ergebnis, beruht aber doch auf einer in dieser Reichweite kühnen These. Verständlich würde die Anrechnungslösung dagegen, wenn man die zum einfachen 349 Hin- und Herzahlen entwickelte Sicht, dass die künstlich hin- und hergezahlten oder sogleich verrechneten Zahlungsströme ein Nullum darstellen, das man aus der Betrachtung auszublenden hat (oben Rdn 269 f). Diese Folgerung stünde aber im Widerspruch zur Wirksamkeitsanordnung des Abs 3 Satz 2. Würde man die Rückzahlung ausblenden, bliebe ja die wirksame Zahlungspflicht aus dem Austauschvertrag unerfüllt. Letztlich kann der Streit um die Vorrangthese jedoch dahin stehen. Denn die Kon- 350 diktion der Zahlung auf die Bareinlage ist nicht nur in Höhe der möglichen Anrechnung, sondern von Anfang an und dauerhaft in vollem Umfang gesperrt, weil sie infolge der fortbestehenden Illegalität der verdeckten Sacheinlage gegen ein gesetzliches Verbot verstößt (oben Rdn 341) und daher die Kondiktionssperre nach § 817 Satz 2 BGB in vollem Umfang der Barleistung eingreift. Diese bedarf wiederum keiner Korrektur aus Billigkeitsgründen, weil die Anrechnung nach Abs 3 Satz 3 eine angemessene Gesamtlösung herbei führt. Aus § 817 Satz 2 BGB folgt, dass eine Kondiktion auch ausscheidet, wenn feststeht, dass es nicht zur Eintragung der Gesellschaft kommen wird.499 c) Wirksamkeit der Verträge und Rechtshandlungen zu ihrer Ausführung (Abs 3 351 Satz 2). In bewusster Abweichung zum früheren Recht ordnet Abs 3 Satz 2 die Wirksamkeit aller zur Ausführung der verdeckten Sacheinlage getätigten Rechtsgeschäfte an. Damit schafft er die Grundvoraussetzung für das Eingreifen der Anrechnungslösung nach Abs 3 Satz 3, die mit einem Aufstören des Austauschgeschäft unvereinbar wäre, weil sie gerade den Behalt des verdeckt eingelegten Vermögensgegenstandes durch die AG vorsieht. Angesichts der fortbestehenden Illegalität der verdeckten Sacheinlage500 (Rdn 341) ist dies als Spezialregelung zu § 134 BGB zu verstehen, der die Nichtigkeit bei Gesetzesverstoß nur vorsieht, „wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.“ Die Anordnung der Wirksamkeit aller Vollzugsgeschäfte mit Ausnahme der Erfüllungsleistung auf die Bareinlage führt dazu, dass sich keinerlei Rückabwicklungs- und Saldierungsproblematiken bezüglich der auf das Austauschgeschäft erbrachten Leistungen mehr stellen. Dies wiederum ist in Verbindung mit der im Ergebnis allgemein akzeptierten Kondiktionssperre bezüglich der ohne Erfüllungswirkung erbrachten Leistung auf die Bareinlage (dazu Rdn 345 ff) notwendige Voraussetzung dafür, dass man das Schicksal der hin- und hergezahlten Bareinlage als solche ausblenden kann und stattdessen unmittelbar den Wert des mittels des Austauschvertrags erworbenen Vermögensgegenstandes als „faktische Sacheinlage“ auf die offene Bareinlagepflicht in Ansatz bringen kann. Weil dies nur insoweit geschieht, als der Gegenstand auch werthaltig ist, stellt die Wirksamkeit des Austauschgeschäfts grundsätzlich kein Problem dar. Die Gesellschaft wird zwar (auch) an schlechten Geschäften festgehalten, behält aber ihren Einlageanspruch. Friktionen ergeben sich nur in Sonderfällen verdeckter gemischter Sacheinlage, wo der Umfang des Austauschgeschäfts weit über die Höhe der Bareinlage hinausreicht, so dass sich die Frage stellt, zu welchen lasten ein Unterwert erfolgt (gleich Rdn 365). Die Wirksamkeitsanordnung nach Abs 3 Satz 2 erstreckt sich grundsätzlich nicht auf 352 andere Mängel des Austauschgeschäfts und der Vollzugsgeschäfte (gleich Rdn 355). Eine

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498 ZB Spindler/Stilz/Benz Rdn 182; Ulmer ZIP 2009, 293, 297 f. 499 Für Kondizierbarkeit in diesen Fall dagegen Spindler/Stilz/Benz Rdn 184; Lutter/Hommelhoff/Bayer § 19 Rdn 83. 500 Diese verkennt Spindler/Stilz/Benz Rdn 181 bei seiner Parallele zur Differenzhaftung bei der fingierten Sacheinlage nach Abs 1 S 2.

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Ausnahme davon stellt aber der Fall der von der Gesellschaft konsentierten Verrechnung von Bareinlage und Gegenleistungsanspruch aus dem Veräußerungsgeschäft bzw zu tilgender Altforderung dar. Eine derartige Verrechnung ist zwar nach allgemeinem Recht nicht durch § 66 Abs 1 gesperrt, setzt aber doch die Fälligkeit, Vollwertigkeit und Liquidität des Anspruchs gegen den Aktionär voraus.501 Diese Voraussetzungen können im Rahmen des Abs 3 jedoch keine Rolle spielen.502 Das ergibt sich bei einer Verrechnung von Bareinlage und Gegenleistungsanspruch aus dem Veräußerungsgeschäft bereits daraus, dass sich die verrechneten Beträge im wirtschaftlichen Ergebnis eliminieren und das auch so gewollt ist. Nur daher kommt es ja zur Anrechnung des Sachwertes auf die Bareinlageforderung. Die verrechneten Beträge sind daher im Ergebnis weiterhin als Nullum zu bewerten. Die Wirksamkeitsanordnung bezüglich der „Rückzahlung“ (egal in welcher Form) hat lediglich den Zweck, die Anrechnungslösung zu ermöglichen und darf schon deshalb nicht dazu führen, dass eine neue Hürde entsteht. Es gäbe hier auch keinen sinnvollen Grund, die Verrechnung anders zu behandeln als ein förmliches Hinund Herzahlen, das von den og Kriterien unberührt bliebe. 353 Das Gleiche gilt auch, wenn die verdeckte Sacheinlage in einer Verrechnung mit Altforderungen des Einlegers besteht. Die og Anforderungen sind nur sinnvoll außerhalb der Kapitalaufbringung.503 Im Rahmen der Anrechnungslösung regelt die dann nach hM erfolgende Abzinsung den Sachverhalt.504 Wenn man diese mit der hier vertretenen Sicht nicht vornehmen wollte, bleibt zuletzt der Rückgriff auf die Insolvenzanfechtung. d) Die Anrechnungslösung (Abs 3 Satz 3–5) aa) Voraussetzungen. Die Anrechnungslösung nach Abs 3 Satz 3 erfordert zunächst, dass die Gesellschaft eingetragen worden ist (Abs 3 Satz 4). Vorher müssen die Parteien auf den Weg der offenen Sacheinlage zurückkehren, andernfalls keine Eintragung erfolgen kann. 355 Notwendig ist außerdem die Wirksamkeit der Begleitgeschäfte, insbesondere des schuldrechtlichen Austauschgeschäfts, und zwar sowohl hinsichtlich der Übertragung des Leistungsgegenstands auf die Gesellschaft als auch hinsichtlich der Erbringung der Gegenleistung.505 Diese ist durch Abs 3 Satz 2 keineswegs absolut sicher gestellt. Dort wird lediglich die grundsätzliche Nichtigkeit wegen Gesetzesverstoßes nach § 134 BGB abweichend geregelt. Im Übrigen gelten die allgemeinen Vorschriften. Danach kann es an einem wirksamen Begleitgeschäft etwa dann fehlen, wenn eine Leistungsstörung vorliegt, die zur Rückabwicklung des Geschäfts führt, wenn die Vereinbarungen sonstige Wirksamkeitsmängel (zB §§ 104 ff BGB, §§ 119 ff BGB iVm § 142 BGB; § 125 BGB) aufweisen,506 oder wenn ein gleichzeitiger Verstoß gegen die Nachgründungsvorschriften zur Nichtigkeit nach § 52 Abs 1 Satz 2 führt.507

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501 BGHZ 152, 37 = NJW 2002, 3774 = NZG 2002, 1172; BGHZ 132, 141, 147 = NJW 1996, 1473; BGHZ 125, 141, 143 = NJW 1994, 1477; siehe auch die Erläuterungen zu § 66; aA nach dem MoMIG Schall S 144 ff (für Überweisung der Problematik an das Anfechtungsrecht). 502 So auch Spindler/Stilz/Benz Rdn 124; ders S 124 ff. 503 In diesem Sinne bereits BGHZ 152, 37 = NJW 2002, 3774 = NZG 2002, 1172: Geltung nur, sofern nicht ohnehin verbotene verdeckte Sacheinlage vorliegt. 504 Spindler/Stilz/Benz Rdn 124; ders S 124 ff. 505 MünchKommAktG/Pentz Rdn 106 ff; KK/Arnold Rdn 117 ff; Grigoleit/Vedder Rdn 59. 506 Beachte, dass beim schuldrechtlichen Austauschgeschäft nicht die gleichen Einschränkungen der Mängelfolgen wie beim Gesellschaftsvertrag gelten. 507 Statt aller KK/Arnold Rdn 117; Grigoleit/Vedder Rdn 59.

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bb) Die Wirkung der Anrechnung (Abs 3 Satz 3). Nach altem Recht führte das Vorliegen einer verdeckten Sacheinlage zunächst zur Unwirksamkeit der Leistung auf die Bareinlage nach § 36 Abs 2. Hieran hat die Neuregelung nichts geändert (§ 27 Abs 3 Satz 1 2. TS). Dazu kam im früheren Recht aber noch die Unwirksamkeit des schuldrechtlichen Austauschgeschäfts wie auch der diesbezüglichen Erfüllungsgeschäfte nach § 27 Abs 3 Satz 1 aF (oben Rdn 248). Dies führte dazu, dass der Anspruch auf die Bareinlage fortbestand, während die Barzahlungströme entweder sogleich als Nullum außer Betracht blieben oder im Rahmen einer Gesamtsaldierung verschwanden. Dem Einleger blieben neben einer möglichen Vindikation, die idR aber, falls überhaupt, allenfalls einen weitgehend entwerteten Vermögensgegenstand zurückbrachte, lediglich Wertersatzansprüche nach Bereicherungsrecht, die wegen § 66 Abs 1 unaufrechenbar und durch die mittlerweile regelmäßig eingetretene Insolvenz der Gesellschaft undurchsetzbar waren. Im wirtschaftlichen Ergebnis hatte er also bereits die Sacheinlage an die Gesellschaft geleistet und verloren und musste gleichwohl nochmals die Bareinlage leisten. Die Anrechnungslösung setzt hieran an. Sie nimmt zur Kenntnis, dass der Einleger seiner Gesellschaft wirtschaftlich eine Sacheinlage erbracht und diese sie genutzt hat. Um in dieser Höhe die offene Bareinlagepflicht zum Erlöschen zu bringen, ordnet das Gesetz an, dass der Wert des übertragenen Gegenstandes auf die offene Bareinlagepflicht anzurechnen ist. Maßgeblich ist der objektive Wert des Vermögensgegenstandes. Er ist wie bei offenen Sacheinlagen nach allgemeinen Bewertungsgrundsätzen zu ermitteln. Dabei sind keine Bewertungsspielräume anzuerkennen.508 Das Vorstehende gilt nach der vorherrschenden Behandlung dieses Falles auch für die Begleichung von Altschulden sowie von gleichgestellten Neuschulden (Rdn 308), so dass die Forderung des Einlegers nur in Höhe ihres möglicherweise abgezinsten Wertes anzusetzen ist.509 Demgegenüber ist daran festzuhalten, dass hier die in Wahrheit eingelegte Schuldbefreiung in voller Höhe des Nennbetrages zum Ansatz kommen muss (siehe schon Rdn 186). Für eine Abzinsung wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten der Gesellschaft bleibt kein Raum. Als maßgeblichen Zeitpunkt bestimmt das Gesetz die Anmeldung bzw bei erst späterer Einbringung den Zeitpunkt derselben. Letzteres setzt grundsätzlich die Vollendung des dinglichen Rechtserwerbs voraus.510 Die Entstehung eines Anwartschaftsrechts reicht nicht aus. Anders liegt es nur, wenn bereits dieses und nicht lediglich das Vollrecht auf die Gesellschaft übertragen werden sollten. Die Beweislast für den Wert schiebt das Gesetz nach Abs 3 Satz 5 dem Inferenten zu. Das häufig in diesem Zusammenhang empfohlene „Schubladengutachten“511 dürfte allerdings auf Vorsatz im Rahmen des § 399 Abs 1 Nr 1 hindeuten und so den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Anders wird es nur liegen, wenn das Umsatzgeschäft auch im normalen Geschäftsverlauf nicht ohne begleitende Wertermittlung denkbar ist (typisches Beispiel: Unternehmenskauf). Bei der Einbringung von Unternehmen oder Unternehmensteilen lässt sich der im Austauschgeschäft festgesetzte Wert daneben ggf aber auch schon durch die nach der Einbringung erzielten Erträge bestätigen. Das Gleiche wird man für andere nach dem Ertragswert berechnete Vermögenswerte (Bürohäuser, Patente) annehmen können. Dabei wird man regelmäßig auf die allgemeine Dokumentation des Geschäftes zurückgreifen können. Denn es ist nicht zu vergessen, dass es dem Vorstand auch außerhalb der Kapitalaufbringung im Rahmen seiner herkömmlichen Pflich-

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Spindler/Stilz/Benz Rdn 187. Spindler/Stilz/Benz Rdn 124. Spindler/Stilz/Benz Rdn 186. ZB Spindler/Stilz/Benz Rdn 190; Grigoleit/Vedder Rdn 61; krit etwa KK/Arnold Rdn 112..

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ten aus § 93 nicht einfach ohne Weiteres erlaubt ist, Geschäfte mit den Aktionären zu beliebigen Konditionen abzuschließen. Überspannte Anforderungen an die Beweislast sind generell abzulehnen. Wer etwa der Gesellschaft eine Forderung verkauft hat, die im weiteren Verlauf realisiert wird, hat bereits mit diesem Vortrag und ohne Notwendigkeit eines Schubladengutachtens die Vollwertigkeit belegt. Im Übrigen werden zur Feststellung des tatsächlichen Wertes ein selbstständiges Beweissicherungsverfahren sowie eine Feststellungsklage empfohlen. cc) Die Durchführung der Anrechnung im Grundfall. Die Anrechnung vollzieht sich im Grundfall einer identischen Höhe von Bareinlage und Rückfluss im Rahmen des Austauschgeschäfts dadurch, dass der tatsächliche Wert des beim Austauschgeschäft erworbenen Gegenstandes im maßgeblichen Zeitpunkt (Rdn 359) in voller Höhe von der offenstehenden Bareinlagepflicht abgesetzt wird. Dieser Vorgang lässt sich nicht in die allgemeinen Institute des Erfüllungsrechts 362 einordnen. Auf den ersten Blick scheint es sich um eine nachträglich gesetzlich angeordnete datio in solutum zu handeln.512 Das stünde im Gleichklang zur herrschenden Annahme, die offene Sacheinlage stelle eine Leistung an Erfüllung statt nach § 364 Abs 1 BGB dar (oben Rdn 93 u 101). Damit würde aber die schuldrechtliche causa negiert, die aus dem nach Abs 3 Satz 2 wirksamen Austauschvertrag samt Erfüllungshandlungen folgt. Eine Leistung, für die es bereits eine wirksame causa gibt, kann nicht einfach einen neuen, zusätzlichen (?) Behaltensgrund erhalten. Zu einer Auswechslung der causa käme es nur, wenn die verdeckte Sacheinlage nachträglich geheilt würde – dann allerdings ist eine solche „Novation“ der causa entgegen mancher Zweifel problemlos möglich (Rdn 340). 363 Im Gegensatz zur Heilung wechselt die Anrechnung die causa jedoch nicht aus. Sie führt vielmehr zu einem neuartigen Erlöschensgrund sui generis.513 Ihre Berechtigung findet diese Regelung nicht in der formaljuristischen, sondern in der das ganze Institut der verdeckten Sacheinlage prägenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Sie zeigt, dass die Gesellschaft das wirksame Austauschgeschäft in Wahrheit nicht selbst bezahlt hat, sondern von dem hin- und hergezahlten Geld des Einlegers. Daher ist es gerechtfertigt, den so erworbenen Wert von dessen fortbestehender Einlagepflicht abzuziehen, um eine ungerechtfertigte Bereicherung der Gesellschaft durch eine doppelte Einlageleistung zu verhindern. 361

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dd) Die Anrechnung in Sonderfällen. Die Anrechnungslösung ist auf den archetypischen Fall zugeschnitten, dass sich Bareinlage und verdeckte Sacheinlage im Wert grundsätzlich entsprechen und allenfalls eine negative Wertdifferenz der Sacheinlage zu verzeichnen ist (eben Rdn 361). Ihr Wortlaut erfasst darüber hinaus auch den Fall der verdeckten Mischeinlage, wo die Bareinlage nur teilweise als verdeckte Sacheinlage erscheint. Das hat zur Folge, dass die Bareinlage nicht in vollem Umfang, sondern lediglich in Höhe des verdeckten Sacheinlageteils, hinsichtlich dessen die freie Verfügung über die Barmittel fehlt, nicht erfüllt ist (Rdn 326). Daher ist die Anrechnung nur für die-

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512 So etwa Maier-Reimer/Wenzel ZIP 2008, 1149, 1452 und ZIP 2009, 1185, 1191; dem folgend Veil/ Werner GmbHR 2009, 729, 732 f; aA jedoch Ulmer ZIP 2009, 293 ff. 513 Ähnlich Ulmer ZIP 2009, 293 ff (gesetzliche Vorteilsausgleichung); MünchKommAktG/Pentz Rdn 129 (verrechnungsähnliches erfüllungssurrogat eigener Art). Für Parallele zur offenen Sachübernahme samt Differenzhaftung dagegen Spindler/Stilz/Benz Rdn 180 ff; ders S 114 ff; zus Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 75; Hölters/Solveen Rdn 38; Grigoleit/Vedder Rdn 58. Doch der Unterschied liegt in der Rechts(un)wirksamkeit.

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sen Teil relevant. Sähe man es anders und spräche der gesamten Einlageleistung die Erfüllungswirkung ab, könnte die Anrechnung diese selbst bei Vollwertigkeit des Vermögensgegenstandes von vornherein niemals abdecken und bliebe immer eine durch erneute Zahlung zu schließende Lücke, und das obwohl die Gesellschaft insoweit ja das Bargeld erhalten und nicht zurückgeführt hat. Mehr Schwierigkeiten bereitet der Fall der verdeckten gemischten Sacheinlage. Er 365 zeichnet sich dadurch aus, dass die Gesellschaft (teilweise weit) mehr Geld an den Einleger zahlt als dieser auf seine nicht erfüllte Bareinlagepflicht gezahlt hat, und dass sie dafür auch einen Vermögensgegenstand von weit höherem Wert erhält. Wenn dieser Wert genau dem entspricht, was insgesamt bezahlt worden ist, stellen sich keine Probleme. Anders liegt es aber, wenn der Wert des Vermögensgegenstandes hinter der von der Gesellschaft geleisteten Bezahlung zurückbleibt: Beispiel: Die Bareinlage beträgt 100, der Kaufpreis beträgt 1000, der tatsächliche Wert beträgt 800. Dann muss geklärt werden, auf welche Kosten die Wertdifferenz geht. Zur Debatte stehen drei Möglichkeiten: – Die Wertdifferenz geht voll zu Lasten des Gesellschaftsvermögens, weil zuerst die Bareinage wertmäßig abgedeckt wird. Dann ist in der vollen Höhe von 100 Erfüllung eingetreten, während die Gesellschaft im Übrigen auf einem schlechten Geschäft sitzen bleibt (700 für 900). – Die Wertdifferenz geht voll zu Lasten der Bareinlage, weil zuerst der über die Bareinlage hinaus gehende Kaufpreisanteil voll abgedeckt werden muss, bevor auf die Bareinlage angerechnet werden kann. Dann kommt es hier zu keiner Anrechnung, weil die Gesellschaft bereits ab 800 überzahlt hat, also ganze 200 zu viel entrichtet hat. Läge der tatsächliche Wert dagegen bei 950, könnten immerhin noch 50 angerechnet werden. – Die Wertdifferenz geht jeweils im gleichen Verhältnis anteilig zu Lasten der Anrechnung und des sonstigen Gesellschaftsvermögens von Bareinlage. Hat sie 1000 für 800 gezahlt, so sind auf die 100 Einlage nur, aber immerhin 80 anzurechnen. Der BGH hat für die GmbH die zweite Lösung präferiert.514 Das muss erst recht bei der 366 AG gelten, wo das gesamte Vermögen der strengen Kapitalbindung nach §§ 57, 62 unterliegt und ein Überwertkauf vom Aktionär verboten ist. Das Gesellschaftsvermögen darf nicht geschädigt werden. Daher kann eine Anrechnung erst in Betracht kommen, wenn der über den Einlagerückfluss hinaus geleistete Kaufpreisanteil durch den Wert des Gegenstandes voll abgedeckt ist. Jeder weitere Euro an Wert wird dann im Verhältnis Eins zu Eins auf die offene Einlagepflicht angerechnet.515 (Nur) Wenn die noch offene Einlagepflicht den eingetreten Unterwert nicht vollum- 367 fänglich abdecken sollte, sind darüber hinaus die Regeln zur Differenzhaftung bei offenen Sacheinlagen entsprechend anzuwenden.516 Das ergibt sich aus der zutreffenden Erwägung, dass eine verdeckte Sacheinlage nicht besser behandelt werden darf als eine offene. Diese Grundsätze können allerdings dazu führen, dass ein negativer Wert des

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514 BGHZ 185, 44 = NZG 2010, 702 = NJW 2010, 1948 – ADCOCOM. 515 Ganz hM., MünchKommAktG/Pentz Rdn 131; KK/Arnold Rdn 114; Spinder/Stilz/Benz Rdn 195; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 80; Grigoleit/Vedder Rdn 62; Hüffer/Koch Rdn 41; ders ZHR 175 (2011) 55, 72; Kleindiek ZGR 2011, 334, 346; so schon Schall S 117 f (zur GmbH); aA Priester FS Maier-Reimer 2010, 525, 529 ff. 516 Im Ergebnis ganz hM, wie hier Spindler/Stilz/Benz Rdn 196; ders S 111 ff; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 80; Hüffer/Koch Rdn 41; Grigoleit/Vedder Rdn 62 f; H. F. Müller NZG 2011, 761, 763; Kleindiek ZGR 2011, 334, 347 ff; Cavin S 582 ff; abweichende Begründung aber bei BGHZ 185, 44 Tz 59 ff (zu GmbH): Rückgriff auf Kapitalerhaltungsvorschriften; für AG zust MünchKommAktG/Pentz Rdn 136.

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Einlagegegenstandes auszugleichen ist, was gerade bei verdeckten gemischten Sacheinlagen zu einer besonderen Belastung führen kann. Es wurde jedoch bereits oben Rdn 331 begründet, warum dies konsequent ist und im Wahrheit für und nicht gegen die Anwendung der vorstehenden Regeln im Rahmen der Kapitalerhöhung streitet. X. Die Legalisierung des einfachen Hin- und Herzahlens (Abs 4) 1. Der Ausgangspunkt: Das illegale einfache Hin- und Herzahlen vor dem ARUG (BGHZ 165, 113 und BGHZ 165, 352). Ausgangspunkt des mit dem ARUG völlig neu gefassten § 27 Abs 4 ist die unterschiedliche Behandlung des einfachen Hin- und Herzahlens in der Rechtsprechung vor MoMiG und ARUG. Diese Form des Hin- und Herzahlens betrifft solche Rückflussabreden, die eine Rückreichung der Bareinlage an den Inferenten credendi causa vorsehen. Dabei muss es sich nicht um ein „echtes“ Kreditgeschäft handeln. Gleichzustellen sind vielmehr auch Abreden, nach der die Einlage ähnlich einem Girokonto zur unregelmäßigen Verwahrung (§ 700 BGB) an den Einleger zurückgegeben wurde. Das wiederum galt auch, wenn sie an einen zurechenbaren Dritten, etwa einen Treuhänder, zur Verwahrung überwiesen wurde.517 Der BGH erblickte in solchen Rückfluss- bzw Verrechnungsabreden zwar seit jeher einen die Erfüllungswirkung ausschließenden Verstoß gegen das Gebot der endgültigen freien Verfügung nach den §§ 54 Abs 3, 36 Abs 2.518 Anders als bei der verdeckten Sacheinlage nahm er aber keine Umgehung der Sacheinlagevorschriften an, weil die Gesellschaft am Ende nicht einen einlagefähigen Vermögensgegenstand, sondern lediglich eine nach ganz hM als solche nicht einlagefähige Zahlungsforderung gegen den Einleger erworben hatte.519 Das wurde hier bereits an früherer Stelle als überzeugend gewürdigt (oben Rdn 55 ff). Das einfache Hinund Herzahlen zu Zwecken der Darlehensausreichung führt nicht zur Umgehung von Sacheinlagevorschriften, sondern zur Umgehung der Vorgaben für Bareinlagen wie zB das Mindesteinzahlungsgebot oder das Aufrechnungsverbot nach § 66 Abs 2). Die Leistung eines aliud ist etwas anders als die bloße Verzögerung der Barleistung.520 Die Rechtfolgen eines solchermaßen verbotenen „einfachen Hin- und Herzahlens“ 369 hatte der BGH bereits vor MoMiG und ARUG präzisiert. Dabei hatte er in verkehrsfreundlicher Weise die Gefahr einer Doppelzahlung entschärft. Neben der wegen §§ 54 Abs 3, 36 Abs 3 unerfüllten Bareinlagepflicht war wegen Gesetzesumgehung (§ 134 BGB) auch die begleitende Darlehensabrede in ähnlicher Weise als nichtig anzusehen wie das früher für die Geschäfte zum Erwerb verdeckter Sacheinlagen angenommen wurde. 521 Zugleich wurde aber auch die hin- und hergezahlte Barleistung – ebenso wie bei der verdeckten Sacheinlage – als absolutes Nullum angesehen. Das ebnete den Weg zu einer einfachen Auflösung der Rechtsfolgen. Wenn nämlich in der Folgezeit auf die (vermeintliche) Darlehensrückzahlung erfolgte, konnte diese nach den Grundsätzen der falsa demonstratio auf die tatsächlich fortbestehende bestehende Einlegpflicht angerechnet werden.522 Erforderlich war dazu allerdings, dass sich die Zahlungen auch wirklich entweder infolge ausdrücklicher Tilgungsbestimmung (§ 366 Abs 1 BGB) oder zumindest

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517 BGHZ 165, 352 = NJW 2006, 906 = NZG 2006, 227. 518 BGHZ 165, 113 = NJW 2006, 506 = NZG 2006, 24; BGHZ 165, 352 = NJW 2006, 906 = NZG 2006, 227; BGHZ 153, 107 = NZG 2003, 168; Grigoleit/Vedder Rdn 69. 519 BGHZ 165, 113 = NJW 2006, 506 = NZG 2006, 24; BGHZ 165, 352 = NJW 2006, 906 = NZG 2006, 227. 520 Schall S 121 f (zu § 19 Abs 4 GmbHG). 521 BGHZ 165, 352 = NJW 2006, 906 = NZG 2006, 227, 228 Tz 8; BGHZ 165, 113 = NJW 2006, 506 = NZG 2006, 24; BGHZ 153, 107 = NZG 2003, 168, 169; Grigoleit/Vedder Rdn 69. 522 BGHZ 165, 1113 = NJW 2006, 506 = NZG 2006, 24.

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objektiv eindeutig auf die Darlehensrückzahlung bezogen523 und nicht auf andere Verpflichtungen oder gar „einfach so“ Geld an die Gesellschaft geleistet wurde, das man nachträglich umzuwidmen versuchte. Zu den weiteren Anforderungen an die Erfüllungswirkung (endgültige freie Verfügung?) siehe gleich Rdn 376. Kam es zu solchen Rückzahlungen, war die Bareinlagepflicht nachträglich gemäß § 362 Abs 1 BGB erloschen und der ursprüngliche Fehler der Kapitalaufbringung faktisch geheilt. Diese Lösung hat BGHZ 165, 352 gegen die abweichende Sicht der Vorinstanz und 370 überzeugend verteidigt. Nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen wäre sie nur dann zu bezweifeln gewesen, wenn man der Ausblendung des Hin- und Herzahlens als Nullum im Ausgangspunkt nicht Folge leistete.524 Dann, aber nur dann stünden sich nämlich drei offene Ansprüche gegenüber: die unerfüllte Einlagepflicht der Gesellschaft, der bereicherungsrechtliche Rückzahlungsanspruch des Einlegers wegen seiner erfüllungsuntauglichen Barleistung und der Bereicherungsanspruch der Gesellschaft wegen ihrer unwirksamen Darlehensgewähr, der durch einen entsprechenden Kondiktionsanspruch gegen den Empfänger kompensiert würde. In dieser Konstellation schiene es, als müsste die Rückzahlung auf das Darlehen eigentlich auf den die Forderung aus § 498 Abs 1 Satz 2 2. Alt. BGB surrogierenden Bereicherungsanspruch angerechnet werden. Das läge zwar im einseitigen Interesse der Gesellschaft, da ihre Bareinlageforderung auf jeden Fall besser gesichert ist, da sie wegen § 66 Abs 1 nicht aufrechenbar wäre, während der Einleger in der Insolvenz auf die Quote beschränkt bliebe (vgl. auch § 366 Abs 2 BGB). Für den Einleger würde es dagegen die Gefahr einer Doppelzahlung begründen, die wirtschaftlich in keiner Weise gerechtfertigt ist, da ihm das Darlehen in Wahrheit aus dem eigenen Vermögen gewährt wurde. Angesichts dieser klar zu Tage liegenden Interessenlage müssten eine ergänzende Auslegung der objektiv fehlgeschlagenen Tilgungsbestimmung nach den §§ 133, 157 BGB oder auch eine Umdeutung nach § 140 BGB direkt und ohne den „Kunstgriff“ der Annahme eines Nullum dazu gelangen, dass die Einlagepflicht getilgt ist und nur die aufrechenbaren525 Kondiktionsansprüche offen bleiben.526 Dadurch, dass der Hin- und Herzahlungsvorgang von der Rechtsprechung des BGH als Nullum ausgeblendet wurde, stellte sich diese Diskussion aber gar nicht erst.527 2. Der Grund für die eingeschränkte Legalisierung des einfachen Hin- und Her- 371 zahlens. Die vorstehend aufgezeigte Heilungsmöglichkeit erhellt, dass die Rechtsfolgen des einfachen Hin- und Herzahlens ganz im Gegensatz zu denen der verdeckten Sacheinlage die Parteien nicht unangemessen belasten. Dennoch hat sich der Gesetzgeber anders als bei der verdeckten Sacheinlage dafür entscheiden, einen Schritt weiter zu gehen und das einfache Hin- und Herzahlen in § 27 Abs 4 (bzw § 19 Abs 5 GmbHG) unter bestimmten Voraussetzungen vollkommen zu legalisieren.528 Damit wollte er vor allem die Einrichtung von zentralen Cash Management Systemen im Konzern begünstigen. Die Bareinlagen, welche an Konzerntöchter und –enkelinnen im Zuge von Gründungen oder Kapitalerhöhungen gewährt wurden, sollten in legaler Weise umgehend in den allgemeinen Geldkreislauf eingespeist werden können. Dazu aber musste das gesetzliche Gebot der endgültigen freien Verfügung nach den §§ 54 Abs 3, 36 Abs 2 außer Kraft gesetzt

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523 BGH NZG 2008, 511 f, Tz 6. 524 Vgl Schall S 121 (zu § 19 Abs 4 GmbHG). 525 Ein Fall der Saldotheorie läge insoweit nicht vor, da die beiden gegenläufigen Kondiktionen nicht aus demselben Vertrag herrühren. 526 Schall S 121 (zu § 19 Abs 4 GmbHG). 527 Zutreffend daher BGHZ 165, 113 = NZG 2006, 24, 25; Baumbach/Hueck/Fastrich, § 19 Rdn 42; in der Begründung unzutr. demgegenüber noch Schall S 121 mit Fn 143 und 144. 528 Andere, aber nicht überzeugende Deutung des Vorgangs bei MünchKommAktG/Pentz Rdn 215.

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werden, da andernfalls die entsprechenden Erklärungen nach § 37 Abs 1 Satz 2 unzutreffend und strafbarkeitsauslösend gewesen wären. Dies ist durch den neuen Abs 4 geschehen. Bevor dessen Voraussetzungen zu erläutern sind, stellt sich die Frage, welchen Einfluss die Neuregelung auf die Rechtsfolgen des einfachen Hin- und Herzahlens, soweit es nicht unter die Legalisierung fällt, zeitigt. In die Rechtsfolgen des einfachen Hin- und Herzahlens hat der Gesetzgeber dagegen 372 nicht eingegriffen. Dazu hatte er ganz im Gegensatz zu § 27 Abs 3 auch keinen Anlass, da er einerseits sogar eine vollständige Legalisierungsmöglichkeit anbot und andererseits die Rechtsprechung bereits in BGHZ 165, 113 eine praktikable Heilungsmöglichkeit entwickelt hatte. Diese sollten nach dem ausdrücklichen Willen des MoMiG-Gesetzgebers unverändert fortgelten (BT-Drucks. 16/6140, S 34 f). 373

3. Die Rechtsfolgen unzulässigen einfachen Hin- und Herzahlens nach dem ARUG. Die gesetzliche Option zur Legalisierung des einfachen Hin- und Herzahlens durch Einführung des § 27 Abs 4 hat nichts daran geändert, dass es nach wie vor unzulässige Vorgänge geben kann, nämlich wenn die einzelnen Voraussetzungen der Legalisierung (Vollwertigkeit, aber auch Publizität nach Satz 2, insoweit jedoch str, s unten Rdn 407 ff) nicht gewahrt sind. Insofern sollen nach der Vorstellung des MoMiGGesetzgebers (BT-Drucks. 16/6140, S 34 f) nach wie vor die oben erläuterten Grundsätze zur faktischen Heilung fortgelten, wie sie von BGHZ 165, 113 entwickelt worden sind. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die durch die Rückflussabrede mit der Bareinlage verknüpfte Vereinbarung eines Darlehens bzw einer unregelmäßigen Verwahrung nach wie vor als nichtig anzusehen ist, so dass der tatsächliche Hin- und Herzahlungsvorgang weiterhin als Nullum ausgeblendet werden kann (oben Rdn 269). 374 Zweifel könnten sich daran aus der Einführung der Anrechnungslösung in Abs 3 ergeben. Diese hat für den weitgehend parallelen Fall der Rückflussabreden betreffs verdeckter Sacheinlage ausdrücklich angeordnet, dass zwar die Bareinlagepflicht offen bleibt (Abs 3 Satz 1), die weiteren im Zusammenhang verabredeten Geschäfte jedoch rechtswirksam sind (Abs 3 Satz 2). Angesichts der engen Verwandtschaft, die zwischen Rückflussbareden acquirendi, solvendi oder credendi causa besteht, ließe sich daran denken, diese Regelung analog auf die nichtige Darlehensabrede des einfachen Hin- und Herzahlens zu erstrecken. Die besseren Gründe sprechen aber dafür, dem nicht näher zu treten. § 27 Abs 3 Satz 2 375 stellt eine Spezialregelung dar, die benötigt wurde, um die vom Gesetzgeber erstrebte Abmilderung der Rechtsfolgen verdeckter Sacheinlagen durch die Anrechnungslösung überhaupt ins Leben rufen zu können. Zu diesem Zweck wurden die bei Gesetzesverstößen übliche Nichtigkeitsfolge nach § 134 BGB abgewandelt (oben Rdn 351). Gegen die Übertragung auf die verdeckte Sacheinlage spricht zwar nach heutigem Stand der Methodik nicht schon die früher verbreitete Annahme grundsätzlich fehlender Analogiefähigkeit von Spezialregelungen. Jedoch hatte der MoMiG-Gesetzgeber selbst erklärt, dass er die Heilungsmöglichkeit des einfachen Hin- und Herzahlens kannte und billigte. Damit fehlt es allemal an der für eine Analogie immer erforderlichen Regelungslücke. Es bleibt also dabei, dass das einfache Hin- und Herzahlen außerhalb der Legalisierungswirkung nach Abs 4 ein Nullum darstellt. Die Voraussetzungen der faktischen Heilung haben sich durch MoMiG und ARUG 376 nicht verändert. Es gelten nach wie vor BGHZ 165, 113 und BGHZ 165, 352, dh, spätere Rückzahlungen auf die (unwirksame) Darlehensausreichung tilgen die offen gebliebene Bareinlage (näher oben Rdn 369). Allerdings ist gerade mit Blick auf den Cash Pool, den Abs 4 ausdrücklich legitimieren sollte, eine weitere Klarstellung angezeigt. Sie betrifft die Voraussetzungen der Erfüllungswirkung. Diese richten sich nämlich ausschließSchall

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lich nach den §§ 362 ff BGB. Das bedeutet vor allem, dass die strengen Voraussetzungen der §§ 54 Abs 3, 36 Abs 2 nicht in Ansatz zu bringen sind. Damit wären offene Einlageforderungen im zentralen Cash Management praktisch unheilbar, weil späteren, dem Einleger zurechenbaren Rückführungen durch den Cash Pool an die Gesellschaft immer in gleicher Weise umgehend wieder Abführungen gegenüberstehen, welche eine endgültige freie Verfügbarkeit im Sinne der §§ 54 Abs 3, 36 Abs 2 ausschlössen. Doch die endgültige freie Verfügung muss immer nur im Zeitpunkt der Eintragung für die dann fälligen Beträge gewährleistet sein. Sie gilt nicht für Einlageleistungen, die später erfolgen, also insbes Leistungen auf die 75% der Bareinlagepflicht, die noch nicht bis zur Eintragung zu entrichten waren. Wegen der Begrenzung der Vorgabe der endgültigen freien Verfügung auf den Eintragungszeitpunkt gelten für spätere Leistungen auf die Einlage nur die allgemeinen erfüllungsrechtlichen Vorgaben nach den §§ 362 ff BGB. Diese verbieten Rückflussabreden jedoch nicht absolut, sondern erlauben sie im Gegenteil grundsätzlich, sofern es nicht bloß um reine Scheinleistungen geht (s § 36 Rdn 148). Daher kann die Erfüllung grundsätzlich auch durch spätere Darlehensrückführung und erneute Ausreichung herbei geführt werden. Dem stehen nicht das strenge Erfordernis der endgültigen freien Verfügung, sondern nur die engeren Beschränkungen der Erfüllungswirkung bei reinen Scheinzahlungen entgegen.529 Keine solche Scheinzahlung ist beispielweise anzunehmen, wenn die Rückführung vor der Neugewähr regelmäßig in Raten oder sonst im Zuge einer reellen Umschuldung unter Veränderung der Konditionen im Rahmen einer ordentlichen Finanzplanung erfolgt. Aus den vorstehenden Gründen können Tilgungsleistungen an die Gesellschaft sogar 377 im Cash Pool grundsätzlich zur faktischen Heilung unzulässigen Hin- und Herzahlensführen. Die dafür erforderliche „endgültige Beendigung des Finanzierungsgeschäfts“530 erfordert nicht etwa die Beendigung des Cash Management Systems, sondern nur eine eindeutige Zuordnung zur gewährten Darlehensschuld. Dies ist aber in diesem Kontokorrentverhältnis bei jeder den positiven Saldo wieder zurückführenden Zahlung auf Anforderung der Gesellschaft immer schon per se der Fall. Denn alle diese Zahlungen erfolgen immer auf die aus dem Cash Pool folgenden wechselseitigen Rückgewähransprüche aus Darlehen bzw auf Seiten der Gesellschaft gegenüber der zentrale eher aus unregelmäßiger Verwahrung. Der eigentliche, sachliche Grund für die Anforderungen (typischerweise Bezahlung von Rechnungen) spielt dabei ebenso wenig eine Rolle wie der Grund für Eingänge und Überweisungen auf einem Giro-Konto. Das unterscheidet den Cash Pool von anderen Zahlungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter, die sich auf unterschiedliche materielle Rechtsgründe (causae) beziehen können (neben der Darlehensrückgewähr etwa eine Kaufpreiszahlung oder eine Begleichung von fällig werdenden Altschulden bei der Gesellschaft) und die daher eindeutig zugeordnet werden müssen. Die objektive Zurechenbarkeit ist damit ohne Weiteres gegeben und das Finanzierungsgeschäft beendet, wenn der durch die Rückführung der Einlage geschaffene oder erhöhte positive Saldo der Gesellschaft wieder auf den vorherigen Stand abgesunken ist. Die anschließende Fortführung des Cash Pools (sei es in Debet oder Credit) bedeutet bei wirtschaftlicher Betrachtung keine Scheinzahlung, sondern die Abwicklung von Neuvorgängen. Wenn man sich wegen der Gefahr der Annahme einer bloßen Scheinzahlung hierauf 378 nicht verlassen möchte, bleibt immerhin noch die vorübergehende Herausnahme der Gesellschaft aus dem Cash Pool durch Einrichtung eines eigenen Kontos und die Glattstellung des Cash Pool durch endgültige Rückführung der eingelegten Summe. Wenn

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529 Wohl enger Spindler/Stilz/Herrler Rdn 270; tendenziell wie hier. 530 So Spindler/Stilz/Herrler Rdn 269; ders DStR 2011, 2300, 2301; G. H. Roth, NJW 2009, 3397, 3400; Bauer, ZNotP 2012, 202, 210; Illhardt, S 179 f; aA.

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dieses Vorgehen nachträglich als Reaktion auf eine fehlerhafte Kapitalmaßnahme beschlossen wird, gelten keinesfalls die allgemeinen „Schamfristen“ im Bereich der Kapitalaufbringung (Monate), weil die §§ 54 Abs 3, 36 Abs 2 auf spätere Einlagezahlungen keine Anwendung finden.531 Vielmehr wird ein Monat, vielleicht aber auch schon ein Frist von einer Woche ausreichen, um das endgültige Behaltendürfen iS des § 362 BGB, um das allein es hier geht, zu begründen. Dass die Gesellschaft danach wieder in den Cash Pool eintritt, darf ohne Weiteres verabredet werden, weil solche Verwendungsauflagen im Rahmen des § 362 Abs 1 BGB dann, wenn sie einvernehmlich verabredet werden, die Erfüllungswirkung nicht ausschließen (§ 36 Rdn 54). 379 Daneben bedarf es anders als bei verdeckten Sacheinlagen (oben Rdn 337) keiner nachträglichen, gesetzlich nicht vorgesehenen Heilungsmöglichkeit, die daher auch nicht anzuerkennen ist.532 Besonderheiten gelten bei der Einbeziehung von Dritten in die Rückflussabrede. 380 Diese führen anerkanntermaßen in gleicher Weise zur Verbotswidrigkeit wie im Zweipersonenverhälntis. Jedoch kann es hier anders als im Zweipersonenverhältnis nicht ohne Weiteres zur Betrachtung des Zahlungsvorgangs als Nullum kommen. Auch die Regelung des § 27 Abs 3 Satz 2 ist nicht analog heran zu ziehen. Vielmehr besteht die Bareinlagepflicht des Inferenten neben einer Verpflichtung des zurechenbaren Dritten zur Rückgewähr des rechtsgrundlos erhaltenen Darlehens an die Gesellschaft aus § 812 Abs 1 Satz 1 1. Alt. BGB. Zudem besteht ein gegenläufiger, nicht aufrechenbarer Bereicherungsanspruch des Inferenten gegen die Gesellschaft auf Rückzahlung der Valuta. Nach hier vertretener Sicht sind beide Bereicherungsansprüche wegen Gesetzesverstoßes nach § 817 Satz 2 BGB gesperrt. Werden gleichwohl Rückzahlungen auf das Darlehen geleistet, sind sie nach obigen Grundsätzen als Drittleistungen auf die Einlage nach § 267 Abs 1 BGB anzurechnen. Schwieriger wird es, wenn man die Ansprüche als wirksam ansehen möchte. Dann ist der zurechenbare Dritte der Gesellschaft zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet. Diese Rückzahlung darf dann aber nicht auf den Einlageanspruch angerechnet werden. Es liegt keine gesetzliche Gesamtschuld vor (§ 421 BGB). Vielmehr muss die Gesellschaft beide Zahlungen fordern könne. Denn die Gesellschaft benötigt die Rückzahlung vom Dritten, um damit den Bereicherungsanspruch des Inferenten zu befriedigen. 381 Weitere Folgen des illegalen Hin- und Herzahlens sind wie allgemein bei Verstößen gegen § 36 Abs 2 das Vorliegen eines Eintragungshindernisses mangels freier Verfügung über die Bareinlage, die Strafbarkeit nach § 399 Nr 1 wegen falscher Angaben in der Anmeldung und zivilrechtliche Haftungsansprüche aus §§ 46, 47. Solche kommen insbesondere dann in Betracht, wenn die Wiederausreichung der Bareinlage an einen nicht mehr solventen Einleger erfolgte und die Gesellschaft mit ihrer offenen Forderung ausfällt. 382

4. Der Anwendungsbereich des Abs 4. Die Regelung des Abs 4 ist sowohl auf die Gründung als auch nach § 183 Abs 2 auf die Kapitalerhöhung anzuwenden. Darüber hinaus findet die Regelung in analoger Weise auf die Fälle der wirtschaftlichen Neugründung Anwendung, und zwar sowohl bei der Ingangsetzung von Vorratsgesellschaften (§ 23 Rdn 344 ff) als auch bei der Reaktivierung von Altmänteln (§ 23 Rdn 360 ff). Das ergibt sich daraus, dass der BGH für diese Fälle die entsprechende Abgabe der Erklärung nach § 37 Abs 1 analog erfordert, so dass auch eine entsprechende Legalisierungsoption geschaffen werden muss (siehe schon oben Rdn 274).

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531 AA, aber irrig Spindler/Stilz/Herrler Rdn 269. 532 Ulmer/Habersack/Löbbe/Casper § 19 Rdn 198; G. H. Roth, NJW 2009, 3397, 3399; Ries GWR 2011, 161; aA Spindler/Stilz/Herrler Rdn 271 ff.

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5. Die Tatbestandsvoraussetzungen des legalen Hin- und Herzahlens nach Abs 4 a) Rückzahlungsvereinbarung. Die erste Voraussetzung des Abs 4 ist eine „Vereinbarung, die wirtschaftlich einer Rückzahlung der Einlage“ entspricht. Dabei handelt es sich um eine Form der Rückflussabreden iS des § 36 Abs 2, welche die endgültige freie Verfügung ausschließt. Anders als bei § 36 Abs 2 kommen aber nur solche Rückflussabreden in Betracht, die auf eine Rückzahlung zu Zwecken der Gewährung eines Darlehens (credendi causa) oder der unregelmäßigen Verwahrung (§ 700 Abs 1 BGB) erfolgen. Denn nur sie begründen den von Abs 4 vorausgesetzten Rückgewähranspruch. Das unterscheidet die Vereinbarung iS des Abs 4 sowohl von der (Rückfluss)Abrede iS des Abs 3, die auf eine Verwendung der zurückfließenden Einlage zu Erwerbsoder Erfüllungszwecken gerichtet ist (oben Rdn 280 ff) als auch von Rückflussabreden sine bzw donandi causa (Rdn 279). Die Vereinbarung muss einen Zusammenhang zwischen einer Bareinlage und einer an den Einleger zu entrichtenden Barzahlung (dazu noch Rdn 386) herstellen. Die Rückflussabrede wird meist als eine Nebenbestimmung bzw Bedingung der Bareinlage erscheinen. Sie ähnelt dann einer Sicherungsabrede, welche ein Darlehen mit der dafür zu gewährenden Sicherheit verbindet (oben Rdn 291). Sie muss aber weder rechtswirksam sein noch überhaupt von einem Rechtsbindungswillen der Beteiligten getragen sein. Eine bloß faktische Übereinkunft iS eines Gefälligkeitsverhältnisses bzw eines gentlemen’s agreement ist ausreichend, um den vom Gesetz erforderten Zusammenhang zwischen den beiden Vorgängen herzustellen. Sowohl auf Ebene der Übereinkunft als auch auf Ebene der nachfolgenden Geldflüsse kommt die Einbeziehung zurechenbarer Dritter nach den oben Rdn 296 und 304 zur verdeckten Sacheinlage ausgeführten Grundsätzen in Betracht.533 Erfolgt der Rückfluss an einen zurechenbaren Dritten, muss sich der vollwertige, fällige Rückgewähranspruch gegen den Dritten richten, nicht (auch) gegen den Einleger. Daneben kann aber eine Bürgenhaftung des Einlegers aus Kreditauftrag nach § 778 BGB treten. Diese Grundsätze können auch im Cash Pool Bedeutung erlangen, wenn jener nicht beim einlegenden Mutterkonzern angesiedelt ist. Die Abrede muss auf die „Rückzahlung“ der Einlage gerichtet sein. Das erfasst unmittelbar und ohne Weiteres das sogenannte „Hin- und Herzahlen“, wobei es auf die Nämlichkeit der Mittel hier wie allgemein nicht ankommt (siehe auch Rdn 294). Es erfasst aber wie alle Rückflussabreden iS des § 36 Abs 2 ebenso den umgekehrten Fall des „Her- und Hinzahlens“, und zwar nach hier vertretener Sicht nicht analog, sondern direkt, weil es sich um nichts anderes als eine „antizipierte Rückzahlung“ handelt.534 In diese Richtung deutet schon § 27 Abs 4 Satz 2 mit seiner ausdrücklichen Gleichstellung der bereits erfolgten Leistung [= (Rück)Zahlung] mit deren bloßer Vereinbarung. Im Gegensatz zur bloßen Verabredung betrifft eine bereits erfolgte Leistung zwar nicht notwendig, aber doch ganz regelmäßig die Fälle der Her- und Hinzahlens, wo vor der Bareinlage die Zahlung an den Einleger erfolgt war. Einen Unterschied im Tatsächlichen stellen diese Fälle lediglich dadurch dar, dass hier immer und automatisch vom Vorliegen einer Vereinbarung auszugehen ist, weil die Erbringung einer Bareinlage in einem

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533 AllgM, Spindler/Stilz/Herrler Rdn 233. 534 IE allgM, BGHZ 184, 158 = NZG 2010, 343, 344 Tz 17 und 24 – Eurobike; vor MoMiG und ARUG BGH NZG 2006, 716; MünchKommAktG/Pentz Rdn 219; KK/Arnold Rdn 139; Spindler/Stilz/Herrler Rdn 229; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 110; Hölters/Solveen Rdn 43.

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Moment, wo man der Gesellschaft bereits aus einem offenen Darlehen verpflichtet ist, gar nicht anders realisiert werden kann. Als Rückzahlung gilt nach allgemeinen Grundsätzen auch die Verrechnungsabre387 de, weil es sich dabei lediglich um eine Erfüllungsmodalität handelt. Das würde im Ergebnis bedeuten, dass es in den Fällen des Abs 4 Satz 1 entgegen dem ersten Anschein aus dem Wortlaut nicht notwendig ist, einen künstlichen Zahlungsaustausch vorzunehmen. Vielmehr kann direkt verrechnet werden. Dieser Sicht ist jedoch zu widersprechen. Grundlage ist die These, dass die Kapitalaufbringung nach MoMiG und ARUG in erster Linie der Sicherstellung eines Seriositätssignals der Aktionäre dient. Um den Gesellschaftern den Ernst ihres Einlageversprechens vor Augen zu führen, bedarf es aber einer tatsächlichen Erbringung der Zahlung, nicht bloß eines Austauschs von Versprechen. Dieser Gedanke, der sich in vielen Heilungsvorschriften des bürgerlichen Rechts niedergeschlagen hat (zB §§ 311b Abs 1 Satz 2; 518 Abs 2; 766 Satz 3 BGB), markiert den „Mehrwert“535 des tatsächlichen Zahlungsflusses. Es führt dazu, dass es hier ausnahmsweise nicht zur Gleichstellung der Verrechnungsabrede mit sonstigen Rückflussabreden kommen darf.536 Das entspricht insoweit übrigens auch der Lage bei Geschäftsleitergehältern, wo ebenfalls tatsächliches Hin- und Herzahlen erfolgen muss.537 Die Vereinbarung nach Abs 4 Satz 1 muss ausweislich des Wortlautes „vor der 388 Einlage“ getroffen worden sein. Der unklare Terminus scheint eine gewisse Verengung gegenüber den Rückflussabreden iS des 3 36 Abs 2 bzw auch des § 27 Abs 3 Satz 1 darzustellen.538 Bei näherer Betrachtung ist das indessen nicht der Fall. Mit dem Merkmal kann sinnvollerweise nur die Abgrenzung zwischen für die Kapitalaufbringung schädlichen Abreden und solchen, die nur die allgemeine Kapitalerhaltung berühren, gemeint sein.539 „Vor der Einlage“ ist daher gleichbedeutend mit „vor wirksamer Erbringung der Einlage“. Unerheblich sind dagegen der Zeitpunkt der Vereinbarung der Einlage und der Zeitpunkt der Erbringung der bis zur Eintragung geschuldeten Zahlung. Wie die Differenzierung zwischen der Leistung zur freien Verfügung in § 54 Abs 3 und dem Erhalt zur endgültig freien Verfügung in § 36 Abs 2 zeigt, können potentiell schädliche Abreden in jedem Fall auch noch im Zeitraum zwischen Überweisung der Einlage und ihrer Anmeldung zum Handelsregister entstehen.540 Nach hier vertretener Ansicht kommt dies sogar noch bis zur Eintragung durch das Registergericht in Betracht.541 Solange nämlich ist der Eintritt der endgültigen Erfüllungswirkung nach §§ 54 Abs 3, 36 Abs 2 kraft Gesetzes aufschiebend bedingt (§ 36 Rdn 101). Daher ist kein überzeugender Grund ersichtlich, gerade solche Vereinbarungen von der Legalisierungsmöglichkeit auszuschließen. Schon der Wortlaut erzwingt dies nicht, überdies wäre er

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535 Vermisst von Spindler/Stilz/Herrler Rdn 231. 536 So die hM, s schon Schall S 134 (zur GmbH); OLG Stuttgart, NZG 2012, 231, 232; MünchKommAktG/ Pentz Rdn 218; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 98; Bügers/Körber/Lohse Rdn 50; Heidel/Polley Rdn 78; Drygala NZG 2007, 561, 564; Illhardt S 84 ff; ders DZWiR 2011, 524, 525; Kupjetz/Peter GmbHR 2012, 498, 503; Rezori RnotZ 2011, 125, 130; Bormann/Urlichs GmbHR-Sonderhaft MoMiG, S 37, 43; aA Spindler/Stilz/Herrler Rdn 230 f; Grigoleit/Vedder Rdn 71; Spindler/Stilz/Servatius § 188 Rdn 82; Heinze GmbHR 2008, 1065, 1070; Benz S 308 ff. 537 BGH Eurobike; BGH Qivive; s schon BGH NJW 1979, 216. 538 So zB Grigoleit/Vedder Rdn 68. 539 In diesem Sinne grds auch verstanden etwa von MünchKommAktG/Pentz Rdn 221; Grigoleit/Vedder Rdn 68, freilich mit teils abw Folgerungen. 540 KK/Arnold Rdn 138; einschränkend MünchKommAktG/Pentz Rdn 221: muss bei Anmeldung vorliegen, Gleichzeitigkeit mit Einlageleistung genügt dabei; aA Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 98 (dem folgend OLG Stuttgart, NZG 2012, 231, 232); Spindler/Stilz/Herrler Rdn 224: Vereinbarung muss im Zeitpunkt der Einlageleistung und vor Anmeldung vorliegen. Das sagt das Gesetz so aber nicht. 541 Insoweit aA MünchKommAktG/Pentz Rdn 221; MünchKommGmbHG/Schwandtner § 19 Rdn 332.

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gegenüber der teleologischen Auslegung nachrangig. Alle vor dem Zeitpunkt der Eintragung liegenden Rückflussvereinbarungen liegen daher iS des Abs 4 Satz 1 noch „vor der Einlage“ und können durch entsprechende Anmeldung nach Satz 2 legalisiert werden. Alle tatsächlich erst danach getroffenen Abreden unterfallen dagegen ausschließlich den §§ 57, 62 und können die ordnungsgemäße Kapitalaufbringung nicht mehr in Frage stellen. Wie auch bei der verdeckten Sacheinlage reicht ein enger sachlicher und zeitli- 389 cher Zusammenhang zwischen Einlage und Darlehensgewähr als solcher nicht aus. Er trägt aber die widerlegliche Vermutung, dass eine entsprechende Vereinbarung vorlag.542 In zeitlicher Hinsicht sind Zeiträume von einem Monat nach der BGH-Rechtsprechung sicherlich schädlich. Bei einer vereinbarten Raten-Rückzahlung wurde für ausreichend befunden, wenn die erste Rate nach einem Monat und die nächste nach weiteren 1,5 Monaten erfolgte, so dass die Rückzahlung nach insgesamt 2,5 Monaten bewirkt war. Gesichert ist außerdem, dass eine zeitliche Distanz von 8 Monaten nicht mehr hinreicht.543 Nimmt man das Wort vom „engen zeitlichen Zusammenhang“ ernst, dürfte die Grenze der Vermutung freilich schon erheblich eher, spätestens aber bei 6 Monaten erreicht sein.544 Die Rückflussabrede darf entsprechend der expliziten negativen Abgrenzungs- 390 klausel des Abs 4 Satz 1 nicht als verdeckte Sacheinlage zu bewerten sein. Das ist bei den vom Gesetz hier avisierten Darlehensausreichungen an den Inferenten nach ganz hM nicht der Fall, weil Forderungen auf Barzahlung gegen ihn nicht sacheinlagefähig sind (oben Rdn 281). Anders liegt es dagegen bei der Bezahlung von Altschulden (oben Rdn 282). Anders scheint es ferner auch bei anderen Vermögensgegenständen zu liegen (zB 391 Wertpapieren), die als offene Sacheinlage erbracht worden sind dem Inferenten als Sachdarlehen nach § 607 BGB zurück gereicht werden. Solche Vorgänge entsprechen sicher nicht dem typischen Leitbild des Hin- und Herzahlens. Ob sie damit aber bereits zwingend ausgeschlossen sind,545 bedarf näherer Untersuchung. Klar ist: Eine solche Vorgehensweise kann nicht dazu führen, dass die Publizität für Sacheinlagen ausgespart werden darf. Es muss also immer zuerst einmal eine offene Sacheinlage erbracht werden. Eine andere Frage ist dann aber, ob das Erfordernis der endgültigen freien Verfügung über die offene Sacheinlage durch eine Abrede analog § 27 Abs 4 legal überspielt werden kann. Dagegen bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Der Wortlaut „Einlage“ ist für solche Gestaltungen offen. Auch der Terminus „Rückzahlung“ schließt sie nicht aus, wie schon der Blick auf das weite Verständnis des „Zahlungsverbotes“ in § 92 Abs 2, § 64 GmbHG belegt. Schließlich steht auch die Ausschlussklausel nicht entgegen, da der Austausch der Sacheinlage mit einer bloßen Forderung hierauf nicht als verdeckte Sacheinlage zu bewerten ist, nachdem Forderungen gegen den Inferenten von der hM nicht als einlagefähig angesehen werden (oben Rdn 167 ff). Folgt man dem, können neben Bareinlagen auch offene Sacheinlagen von einer legalen Rückzahlungsvereinbarung nach Abs 4 begleitet werden.546

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542 BGHZ 166, 8 = NZG 2006, 344, 345 Tz 13 – Cash Pool I; BGH NZG 2008, 511, 512 Tz 4 in Bestätigung der Vorinstanz OLG Hamburg, NZG 2007, 393; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 100; Grigoleit/Vedder Rdn 68. 543 BGHZ 152, 37 = NJW 2002, 3774, 3777; Grigoleit/Vedder Rdn 69; Habersack FS Priester 2007, S 157, 169. 544 So die Faustregel der Praxis, siehe Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 63. 545 So MünchKommAktG/Pentz Rdn 216; Roth/Altmeppen § 19 Rdn 100. 546 So schon Schall S 123 f.

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Das Vorstehende führt im Ergebnis allerdings nicht ohne Weiteres dazu, dass Sacheinlagen zur Sicherheit an den Einleger der zurechenbare Dritte zurückübertragen werden können. Denn schon Abreden zur (unmittelbaren oder mittelbaren) Verwendung von Bareinlagen zur Kreation einer Sicherheit zugunsten des Einlegers sind problematisch. Für die Zulässigkeit solcher Gestaltungen könnte zwar sprechen, dass im Rahmen des Gesellschafterdarlehensrechts, das an die Stelle des Eigenkapitalersatzrechts getreten ist, eine grundsätzliche Gleichbehandlung von Darlehensgewähr und Sicherheitenbestellung erfolgt (vgl § 39 Abs 1 Nr 5 InsO). Einer solchen Verwendung steht auch nicht das Erfordernis eines jederzeit fälligen Rückgewähranspruchs entgegen. Denn dieser richtet sich – anders als bei der Darlehensgewähr an zurechenbare Dritte – nicht gegen den Sicherungsnehmer, dem gegenüber ein solcher Anspruch den Wert der Sicherheit nihilieren würde, sondern gegen den Einleger, welcher der Gesellschaft zur jederzeitigen Freistellung von der Sicherheit verpflichtet ist. Auch Vollwertigkeit wird typischerweise vorliegen, da es nach überzeugender Auffassung grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Anmeldung ankommt. Auf Basis einer bilanziellen Betrachtung belastet die Sicherheit noch nicht einmal die Bilanz. Zweifel bestehen aber deshalb, weil eine Sicherheit anders als ein Darlehen (zumal im Cash Pool) gerade nicht auf Rückgewähr angelegt ist, sondern darauf, für den Einleger dauerhaft zu bestehen. Selbst wenn die Rückforderung jederzeit verlangt werden könnte, wäre dies – abgesehen von einem Eigenbedarf der Gesellschaft – doch typischerweise erst in dem Moment der Fall, wo sich die Zahlungsfähigkeit des Einlegers trübt, wovon der Rückforderungsanspruch nicht unbeschadet bleibt. Daher spricht manches für die Sicht, solche Konstellationen nicht durch Abs 4 legalisieren zu lassen. Die Folge wäre die Nichtigkeit aller diesbezüglichen Geschäfte aus § 134 BGB wegen Verstoßes gegen § 36 Abs 2. Letztlich spricht gegen diese Schlussfolgerung nur der Gedanke, dass die Gewähr einer Sicherheit gegenüber der realen Rückzahlung lediglich ein ungefährlicheres Minus ist, so dass die Legalisierungsoption a fortiori auch hierfür gelten muss.547 Nicht vom Tatbestand erfasst sind dagegen Abreden zur Verwendung der Einlage zur Ablösung von durch den Inferenten besicherten Drittforderungen (dazu § 36 Rdn 155). Bei Einpersonengesellschaften kommt eine Vereinbarung iS einer Übereinkunft 393 nach den vorstehenden Grundsätzen naturgemäß nicht in Betracht. Stattdessen ist hier die auf das entsprechende Vorhaben des Gesellschafters abzustellen.548 Dieses wird nach den gleichen Grundsätzen behandelt, muss also insbesondere bereits vor der Einlage vorliegen und kann bei engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang widerleglich vermutet werden.

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b) Vollwertiger, jederzeit fälliger oder durch fristlose Kündigung fällig stellbarer Rückgewähranspruch. Der Eintritt der Erfüllungswirkung nach Abs 4 setzt ausweislich des Wortlautes voraus, dass der Rückgewähranspruch der Gesellschaft gegen den Einleger oder ihm zurechenbare Dritte vollwertig und jederzeit fällig oder durch fristlose Kündigung fällig zu stellen ist. Ungeschriebene Vorbedingung dafür ist die Wirksamkeit des Anspruchs.549 Sie wird insbesondere durch die europarechtlichen Friktionen in Frage gestellt, die sich wiederum vor allem aus dem Mindesteinzahlungsgebot des Art 9 sowie dem Verbot der finanziellen Unterstützung in Art 25 der Kapitalrichtlinie (neugefasst 2012/30/EU) ergeben. Dazu wurde oben bereits eingehend Stellung genommen. Zusammenfassend lässt sich an dieser Stelle sagen:

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547 548 549

So auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 216 und 228. AllgM, statt aller Hüffer/Koch Rdn 49; Grigoleit/Vedder Rdn 68. Grigoleit/Vedder Rdn 75; Heidel/Polley Rdn 78.

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In Höhe des Mindesteinzahlungsbetrags von 25% des geringsten Ausgabebetrags kommt ein Hin- und Herzahlen wegen eines nach hM vorliegenden Verstoßes gegen Art 9 nicht in Betracht. Das gilt aber nicht für das Agio. Die dahingehende Regelung des § 36a Abs 1 ist insoweit nicht europarechtlich unterlegt und wird folglich auf der einfach-gesetzlichen Ebene durch die lex-specialis-Regel in Verbindung mit der lexposterior-Regel durchbrochen (oben Rdn 63 ff). Jedenfalls bei Kapitalerhöhungen darf das Hin- und Herzahlen nur erfolgen, soweit es durch ausschüttungsfähiges Vermögen der Gesellschaft unterlegt ist und daher als zulässige finanzielle Unterstützung nach Art 25 erlaubt werden dürfte. § 71a kann nur insoweit hinter der lex posterior bzw lex specialis des § 27 Abs 4 zurücktreten. Dies gilt nach überzeugender, aber wohl nicht herrschender Auffassung auch im Rahmen der Gründung, wo diese Auffassung freilich im Ergebnis in aller Regel zu einem absoluten Verbot des Hin- und Herzahlens führen dürfte (oben Rdn 70 ff). Die vorstehenden Beschränkungen aus dem Verbot der finanziellen Unterstützung gelten nicht für die Überweisung der Bareinlage an einen Cash Pool, weil darin bei wirtschaftlicher Betrachtung im gesunden Konzern (ausschließlich den hat Abs 4 im Auge) keine Unterstützung des Aktienerwerbs durch den Einleger, sondern eine Verwendung der Einlage durch die Gesellschaft darstellt (oben Rdn 67 u 79).

Das Erfordernis der Vollwertigkeit ist grundsätzlich formell durch bilanzielle Be- 395 trachtung zu determinieren.550 Daraus folgt, dass solange von der Vollwertigkeit ausgegangen werden darf, wie für einen vorsichtig bewertenden Kaufmann (vgl § 252 Abs 1 Nr 4 HGB) bei einer Betrachtung ex ante keine Anhaltspunkte für ein konkretes Ausfallrisiko erkennbar werden,551 welche eine Abzinsung vom Nennbetrag der Forderung erzwingen würden. Entscheidend soll demgegenüber nach teilweiser Ansicht eine objektive Betrachtung ex ante sein, nicht die subjektive Erkenntnismöglichkeit des Vortandes.552 Das ist zweifelhaft, weil der Kaufmann nur auf Grundlage seiner Erkenntnisse bilanzieren kann und muss.553 Eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit der Darlehensrückzahlung ist jedenfalls nicht erforderlich.554 Aber auch einer positiven Analyse mit dem Ziel der materiellen Feststellung der Vollwertigkeit, etwa durch eine umfassende Solvenzprüfung hinsichtlich des Einlegers, zB des Mutterkonzern bedarf es nicht.555 Entsprechende Definitionen der Vollwertigkeit mögen ihre Berechtigung an anderen Stellen der Anwendung von Kapitalaufbringungs- bzw -erhaltungsvorschriften haben, bei denen es um besondere Tranaktionen im Einzelfall geht.556 Hier aber wider-

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550 Im Ausgangspunkt ganz hM, BegrRegE MoMiG, BT-Drucks 16/6140, S 35; BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107, 108 f, Tz 13 – MPS (zu § 57 AktG); MünchKommAktG/Pentz Rdn 224; Hüffer/Koch Rdn 50; Benz S 335; Schall S 126 f; ders ZGR 2009, 126, 142 f; teilw aA (verschärfend) KK/Arnold Rdn 142; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 103; Spindler/Stilz/Herrler Rdn 243; Heidel/Polley Rdn 83; Schmidt/Lutter/Fleischer § 57 Rdn 47: Vermögen muss zur Erfüllung aller Verbindlichkeiten ausreichen und es darf nicht mit (teilweisem) Ausfall der Rückzahlung zu rechnen sein; einschränkend auch Cahn DK 2009, 67, 72 ff, der auf Rating abstellen möchte; das als Bonitätsnachweis anerkennend wiederum Spindler/Stilz/Herrler Rdn 243; noch gänzlich aA (Drittvergleich statt bilanzieller Betrachtung) Hirte ZInsO 2008, 689, 692; Spliedt ZIP 2009, 149, 150. 551 BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107 Tz 13 – MPS; zust Altmeppen ZIP 2009, 49 ff; Mülbert/Leuschner NZG 2009, 281 ff. 552 MünchKommAktG/Pentz Rdn 224; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 104. 553 Tendenziell gegen eine rein objektive Betrachtung auch BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107 Tz 13 – MPS. 554 BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107 Tz 13 – MPS. 555 Tendenziell aA zB KK/Arnold Rdn 124; Spindler/Stilz/Herrler Rdn 243; Schmidt/Lutter/Fleischer § 57 Rdn 47. 556 Vgl, BGHZ 125, 141, 145 f.

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sprächen sie dem zur Deregulierung vorgesehenen Abstellen auf die bilanzielle Betrachtung. Wenn Kaufleute ihre Forderungen nur noch dann in voller Höhe aktivieren dürften, nachdem sie umfassende Solvenztests zu allen ihren Schuldnern angestellt und Ratings eingeholt haben, wäre Bilanzierung nicht mehr praktikabel durchführbar. Eine dahingehende Auffassung ist mit dem Vereinfachungszweck des Abs 4 nicht vereinbar.557 396 Allerdings erscheint eine ausnahmsweise Einschränkung der Maßgeblichkeit der bilanziellen Betrachtung dann angezeigt, wenn die formelle Vollwertigkeit zwar fehlt, weil durchaus Anhaltspunkte für eine Herabstufung gegeben wären, wenn aber materielle Vollwertigkeit vorliegt, weil der Inferent in Wahrheit doch über hinreichend Vermögen verfügt, um alle Schulden zu decken. Denn dann ist es teleologisch nicht geboten, die Erfüllungswirkung zu bezweifeln. Im Ergebnis führt das zu einem gemischt subjektivobjektiven Begriff der Vollwertigkeit.558 Die Vollwertigkeit erfordert keine Besicherung559 und grundsätzlich auch keine 397 Verzinsung560 des Anspruchs. Beides leuchtet ein, wenn man den Cash Pool vor Augen hat und den Vergleich zum Girokonto anstellt. Das durch die Neuregelung hauptsächlich zu legalisierende zentrale Cash Management wirkt nicht anders ein im Konzern internalisiertes Girokontensystem. Eine Marktüblichkeit von Zinsen für tagesaktuelle Giroeinlagen besteht aber nicht, ebenso wenig ein Besicherungserfordernis. Auch für andere Darlehen gilt bei der Ausreichung noch nichts anderes. Richtigerweise ist stattdessen bei faktisch länger anhaltender zinsloser Gebrauchsüberlassung jenseits des Cash Pools unter dem Banner von Marktüblichkeit und Drittvergleich die Kapitalerhaltung nach §§ 57, 62 berufen.561 Die Frage der Verzinslichkeit berührt unter der bilanziellen Betrachtung nicht das Erfordernis der Vollwertigkeit, weil dieses notwendigerweise ex ante zu prüfen ist (BGHZ 179, 71 Tz 13 – MPS). Auf dieser Ebene ist daher entscheidend, dass für kurzfristig abrufbare Girogelder keine Verzinsung marktüblich ist. Im Rahmen der Kapitalerhaltung kommt es demgegenüber nicht (nur) auf die bilanzielle Betrachtung an, sondern (auch) auf den Drittvergleich. Hierfür ist der Gesamtvorgang ex post zu bewerten. So kann man ohne Widerspruch zur bilanziellen Betrachtung zu dem Ergebnis gelangen, dass in Wahrheit gar keine giroartige Verwahrung der Valuta zB in einem Cash Pool vorlag, sondern eine langfristige Überlassung ohne angemessene Gegenleistung gewährt wurde, die dann über §§ 57, 62 zu korrigieren ist. Teilweise wird überdies darauf hingewiesen, dass im Konzern anders als bei Ge398 schäftsbanken keine Diversifikation zur Absicherung des Klumpenrisikos erfolgen kann.562 Dieser Einwand ist zwar ökonomisch klug beobachtet, geht aber letztlich am Gesetz vorbei. Denn das Erfordernis der Vollwertigkeit zielt auf die Gesundheit des

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557 Eingehend Schall S 126 ff (zu § 19 Abs 5 GmbHG). 558 Schall S 127 f (zu § 19 Abs 5 GmbHG). 559 Ganz hM, BGHZ 179, 71 = NZG 2009, 107 Tz 13 – MPS (zu § 57 AktG); MünchKommAktG/Pentz Rdn 227; KK/Arnold Rdn 143; Spindler/Stilz/Herrler Rdn 244; Grigoleit/Vedder Rdn 76; Heidel/Polley Rdn 86; Hölters/Solveen Rdn 48; Schmidt/Lutter/Fleischer § 57 Rdn 48; Benz S 343 ff; Illhardt S 106; so schon Schall S 127 f (zu § 19 Abs 5 GmbHG); ders ZGR 2009, 126, 142, aA Verspay MDR 2009, 117, 120. Anders kann es in Einzefällen liegen, wenn anders nicht aufhellbare Zweifel an der Solvenz des Inferenten Anlass für eine Besicherung geben, MünchKommAktG/Pentz Rdn 227; Heidel/Polley Rdn 86. 560 So auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 227; Grigoleit/Vedder Rdn 76; schon Schall S 127 f (zu § 19 Abs 5 GmbHG); aA wohl hM, KK/Arnold Rdn 143; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 103; Hüffer/Koch Rdn 50; Hölters/Solveen Rdn 48. 561 So auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 227; Grigoleit/Vedder Rdn 76; Schmidt/Lutter/Fleischer § 57 Rdn 51 ff. 562 Zu dieser Diskussion eingehend und iE wie hier Schmidt/Lutter/Fleischer § 57 Rdn 49.

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Schuldners, nicht auf das Risikomanagement des Gläubigers. Für letzteres hat vielmehr § 91 Abs 2 zu sorgen. Aus diesem Grund wird die Vollwertigkeit durch die wirtschaftliche Abhängigkeit des Gläubigers nicht beeinflusst. Sähe man dies anders, dürfte kein Unternehmen jenseits des Bankbereichs hohe Einzelforderungen zum Nennbetrag ansetzen. Die Vollwertigkeit muss grundsätzlich im Zeitpunkt der Rückzahlung (= Darlehensgewähr) gegeben sein,563 weil das der einzige Zeitpunkt ist, in welchem der Vorstand die Rechtmäßigkeit seines Vorgehens beurteilen kann. Erfolgt die Anmeldung vor der Rückzahlung, ist insoweit eine Prognose anzustellen.564 Ein später Wertverfall kann die kraft Gesetzes eingetretene Erfüllungswirkung nicht mehr aus der Welt schaffen. Allerdings greifen dann die allgemeinen Geschäftsleiterpflichten (§ 93)565 und erfordern insbesondere die alsbaldige Rückforderung oder zumindest deren Besicherung. Tritt der Wertverfall der Forderung nach der Vereinbarung iS des Abs 4 Satz 1, aber noch vor Auszahlung ein, darf die Gesellschaft überdies die Abrede nicht mehr honorieren. Das erfordert keine Kündigung aus wichtigem Grund (vgl §§ 490, 321 BGB), sondern ergibt sich bereits daraus, dass es jetzt an der Legalisierungswirkung fehlt.566 Daher gilt es auch, wenn der Wertverlust erst nach der Eintragung erfolgt und die Anmeldung daher noch richtig war, selbst wenn sich die Gesellschaft jetzt abweichend von ihren publizierten Erklärungen verhält (weil sie es muss). Klagt die Gesellschaft gegen den Einleger auf Erfüllung der Bareinlagepflicht, liegt die Beweislast für die Vollwertigkeit liegt an sich beim Einleger, weil es sich um eine Gegenausnahme zu § 36 Abs 2 handelt, für deren Vorliegen nach allgemeinen Grundsätzen derjenige beweispflichtig ist, der sich darauf beruft. Jedoch führt die grundsätzliche Maßgeblichkeit der bilanziellen Betrachtung zu einer Umkehr der Beweislast, weil man danach von der Vollwertigkeit von Forderungen ausgehen darf und muss. Die Gesellschaft würde sich dazu in Widerspruch setzen, wenn sie zunächst den Weg des Abs 4 einschlägt und plötzlich darauf besteht, dass der Einleger seine wirtschaftliche Gesundheit beweist. Erst wenn objektive Anhaltspunkte für die fehlende Vollwertigkeit bestehen, die einer Bilanzierung im Wege stünden, kann und muss der Einleger die materielle Vollwertigkeit der Forderung belegen.567 Die Voraussetzung der jederzeitigen Fälligkeit oder fristlosen Kündbarkeit sichert die umgehende Verwertbarkeit des Rückgewähranspruchs. Das dient dem Schutz gegen den möglichen späteren Verlust seiner Werthaltigkeit und kompensiert das Fehlen der freien Verfügung über die Bareinlage.568 Darüber hinaus muss der Anspruch liquide sein, dh unstreitig und frei von Einwendungen und Einreden.569

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563 HM, KK/Arnold Rdn 142; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 103; Heidel/Polley Rdn 78; Hölters/Solveen Rdn 48; zur GmbH Ulmer/Habersack/Löbbe/Casper § 19 Rdn 188; Lutter/Hommelhoff/Bayer § 19 Rdn 95; Baumbach/Hueck/Fastrich § 19 Rdn 79; Roth/Altmepen § 19 Rdn 102; aA MünchKommAktG/Pentz Rdn 225; Spindler/Stilz/Herrler Rdn 248: jeweils Zeitpunkt der Anmeldung; Grigoleit/Vedder Rdn 76; Büchel GmbHR 2007, 1065, 1067: jeweils Zeitpunkt der Eintragung. Doch kann die erfolgte Gewährung dann nicht einfach annulliert werden. 564 Insoweit auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 225. 565 Schall S 128 (zur GmbH). 566 Schall S 129 (zur GmbH). 567 Zum ganzen auch Schall S 130 (zu § 19 Abs 5 GmbHG). 568 Nach der Sicht von Grigoleit/Vedder Rdn 77 konkretisiert er die freie Verfügung. 569 MünchKommAktG/Pentz Rdn 229; KK/Arnold Rdn 145; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 103; Spindler/Stilz/Herrler Rdn 251; Hüffer/Koch Rdn 50.

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c) Offenlegung des Hin- und Herzahlens bei der Anmeldung (Abs 4 Satz 2). Nach Satz 2 ist der Erhalt einer darlehensweisen (Rück)Zahlungsleistung durch die Gesellschaft bzw die Verabredung einer solchen Zahlung in der Anmeldung nach § 37 anzugeben. Die legalisierende Offenlegung hat grundsätzlich dann, spätestens aber – in einer Nachmeldung – bis zur Eintragung zu erfolgen. Eine spätere Nachholung bzw „Heilung“ kommt nicht in Betracht. Dafür besteht wie bereits oben gezeigt (Rdn 379) auch kein Bedarf. Bei der Anmeldung sind alle Erfordernisse des Abs 4 Satz 1 von der Erklärung zu um404 fassen. Sie müsste in etwa lauten: „Die Anmeldenden erklären, dass die erforderlichen Bareinlagen auf die Aktien geleistet worden sind, dass bereits vorher die Rückzahlung (des die 25% des geringsten Ausgabebetrags übersteigenden Teils, vgl. Rdn 394) an den Einleger bzw an XX als ihm zurechenbaren Dritten geleistet/vereinbart worden ist und dass der Einleger bzw der Dritte der Gesellschaft durch einen vollwertigen und jederzeit fälligen Anspruch zur Rückgewähr der so empfangenen Leistung verpflichtet ist.“

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Die Abgabe dieser Erklärung ist unstreitig Voraussetzung der ausnahmsweisen Legalisierung des Hin- und Herzahlens nach § 27 Abs 4 trotz Fehlens der endgültigen freien Verfügung. Sie ist notwendig, weil die in der Anmeldung enthaltene Erklärung des Erhalts zur freien Verfügung sonst falsch wäre und die Tatbestandsvoraussetzungen (Vollwertigkeit) keiner registergerichtlichen Kontrolle unterzogen werden könnten. 406 Folgt man der hier verfochtenen, aus dem Verbot der finanziellen Unterstützung in Art 25 der Kapitalrichtlinie abzuleitenden Beschränkung der Legalisierungswirkung nach Abs 4 auf den Cash-Pool (oben Rdn 67, 79 u 394), sollte diese besondere Verwendung ebenfalls offen gelegt werden, um die Eintragungsfähigkeit zu sichern. Umstritten ist, ob die Abgabe der Erklärung auch Voraussetzung für den Eintritt 407 der Erfüllungswirkung bezüglich der Bareinlage nach Abs 4 Satz 1 ist. Die Rechtsprechung des BGH geht davon aus.570 In der Literatur wird dies kritisiert. Die Gegenansicht argumentiert, dass der Wortlaut des Satz 1 nicht auf die Anmeldung abstelle, dass nach Abs 3 Satz 1 selbst bei verdeckten Sacheinlage iE eine Erfüllungswirkung herbei geführt wird und schließlich, dass andernfalls die Rückwirkung der Vorschrift nach § 20 Abs 7 EGAktG leer liefe.571 Das kann aus folgenden Gründen nicht überzeugen. Das Argument aus dem Wort408 laut greift angesichts der Gesamtsystematik des Gesetzes zu kurz. Der klare Ausgangspunkt ist, dass Rückflussabreden grundsätzlich gegen § 36 Abs 2 verstoßen und daher wegen Gesetzesverstoßes nichtig sind. Die Legalisierung setzt die Offenlegung nach Abs 4 Satz 2 voraus. Fehlt sie, kann es wegen § 134 BGB von vornherein auch zu keiner Erfüllungswirkung kommen. Abs 4 Satz 1 enthält anders als Abs 3 Satz 2 keine abweichenden Bestimmungen zu den Rechtsfolgen des Gesetzesverstoßes, welche zur Wirk-

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570 BGHZ 182, 103 = NZG 2009, 946 Tz 25 – Cash Pool II; BGHZ 180, 39 = NZG 2009, 463 = NJW 2009, 2375 = ZIP 2009, 713 Tz 16 – Qivive (jeweils zur GmbH); zust. MünchKommAktG/Pentz Rdn 230; ders GmbHR 2009, 505, 511; KK/Arnold Rdn 147; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 101; Hüffer/Koch Rdn 50; Heidel/Polley Rdn 88; Ulmer/Habersack/Löbbe/Casper § 19 Rdn 189; Wälzholz GmbHR 2008, 841, 845 f. 571 Spindler/Stilz/Herrler Rdn 256; Grigoleit/Vedder Rdn 80; Henssler/Strohn/Verse § 19 Rdn 86; Wicke GmbHG, § 19 Rdn 36; Altmeppen ZIP 2009, 1545, 1548; Bormann GmbHR 2007, 902; Gehrlein DK 2007, 781; G. H. Roth NJW 2009, 3397, 3398; Theusinger NZG 2009, 1017, 1018; Wedemann GmbHR 2008, 1131, 1133; Illhardt S 144 ff.

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samkeit der getätigten Geschäfte führen könnten. Er bringt lediglich weitere Einschränkungen der Erfüllung durch die Vollwertigkeit etc. Dazu kommt, dass die Rechtsfolgen des einfachen Hin- und Herzahlens durch den 409 BGH bereits hinreichend abgemildert worden sind – was nicht zuletzt der Gesetzgeber erkannt und anerkannt hat. Es bestand daher hier anders als bei den verdeckten Sacheinlagen, wo die unangemessene Gefahr der Doppelzahlung drohte, nicht der geringste Anlass, illegale da nicht ordnungsgemäß offengelegte Vorgänge mit Erfüllungswirkung auszustatten. Ganz im Gegenteil führt diese Annahme zu der gleichen inneren Widersprüchlichkeit wie es die Legalisierung verdeckter Sacheinlagen getan hätte – von welcher der Gesetzgeber aus eben diesem Grund bewusst abgesehen hat. Gegenüber diesen Argumenten kommt dem Hinweis auf eine Übergangsvorschrift, 410 der andernfalls das Leerlaufen drohe, kein maßgebliches Eigengewicht zu. Erstens ließen sich Altfälle möglicherweise abweichend behandeln.572 Zweitens wäre es, wenn man dem nicht folgen wollte, schlicht hinzunehmen, dass eine allgemein und ohne vertieften Blick auf die dogmatischen Details gefasste intertemporale Regelung leer läuft, wenn der materiell-rechtliche Tatbestand nicht sinnvoll rückwirkend erfüllt werden kann. 6. Die Rechtsfolgen des legalen Hin- und Herzahlens. Unmittelbare Rechtsfolge 411 des legalen Hin- und Herzahlens ist der Eintritt der Erfüllungswirkung in voller Höhe der erbrachten Bareinlageleistung trotz Fehlens der endgültigen freien Verfügung. Der abweichenden Auffassung (zB Cavin S 478 f), derzufolge freie Verfügung vorliege, weil Leitungsorgan Verfügungsgewalt erlangt hat und Auszahlung bei fehlender Bonität verweigern könnte, liegt ein zu enges, dingliches Verständnis der freien Verfügung zugrunde, die nach ganz hM sogar von nicht-bindenden Abreden ausgeschlossen wird (§ 36 Rn 156 ff). Fehlt es an den Voraussetzungen des Abs 4, bleibt es dagegen zwingend bei der Nichterfüllung. Dann greifen die bereits vor MoMiG und ARUG herausgearbeiteten Grundsätze zur späteren Tilgungswirkung (oben Rdn 369). Das gilt insbesondere auch, soweit der Anspruch gegen den Inferenten nicht vollwertig ist. Eine Anrechnung in Anlehnung an Abs 3 Satz 3 auf die Bareinlage scheidet prinzipiell aus. Das Gesetz hat sie mit Recht nicht vorgesehen und sich für eine Allesoder-Nichts-Lösung entschieden. Denn bereits die Anrechnung nachträglicher Tilgungsleistungen führt wirtschaftlich zu einem dem Abs 3 Satz 3 entsprechenden Ergebnis. Dagegen würde die teilweise Anrechnung des Wertes der abgezinsten Forderung zu einem verzerrten, fiktiven Ergebnis führen, das mit dem Grundsatz der – hier auch nur bilanziellen – Kapitalaufbringung nicht vereinbar wäre. Denn die Gesellschaft hat anders als in den Fällen des Abs 3 keinen verwertbaren Sachwert erhalten und damit wirtschaften können. Vielmehr ist ihr bloß die Bareinlage vorenthalten und überdies ein Risiko untergeschoben worden. Das ändert sich erst und nur, wenn die Gesellschaft, was praktisch höchst selten sein dürfte, die Forderung gegen den Aktionär verwertet. Nur in diesen Fällen kann es dann zu einer ausnahmsweisen teilweisen Anrechnung kommen, allerdings nicht analog Abs 3 Satz 3, sondern weil die Zahlung des Erwerbspreises durch den Zessionar an die Gesellschaft in Fortsetzung der Logik von BGHZ 165, 113 als Drittleistung teilweise auf die noch offene Einlegforderung anzurechnen ist.

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572 So Wälzholz GmbHR 2008, 841, 846, der nur bei Altfällen auf die Offenlegung verzichten möchte; aA Goette GWR 2009, 333, 336.

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Mittelbare Folge der Erfüllungswirkung ist, dass im wirtschaftlichen Ergebnis die schwächere schuldrechtliche Rückgewährforderung an die Stelle des starken Einlageanspruchs (zB § 66 Abs 1) tritt. Dieses Ergebnis ist unmittelbare und bewusste Folge des Gesetzes und daher so hinzunehmen.573 Eine Modifikation der schuldrechtlichen Ansprüche mit dem Ziel der Angleichung an die stärkere Einlegforderung, wie sie der BGH beispielsweise im Bereich der Treuhandkommanditisten im Ergebnis verfolgt hat,574 muss daher ausscheiden. Gerade im Cash Pool mit seinen ständig revolvierenden Forderungen wäre eine Perpetuierung der Eigenschaften der Einlageforderung höchst unangenehm, da ihr Ende unabsehbar wäre. 413 Weitere Folge des legalen Hin- und Herzahlens unter Beachtung des Abs 4 Satz 2 ist die Richtigkeit der Erklärung nach § 37 (also keine Strafbarkeit nach § 399 Nr 1) sowie die Eintragungsfähigkeit der Gesellschaft, obwohl infolge der Rückflussabrede keine endgültige freie Verfügung über die Bareinlage vorliegt. XI. Leistungsstörungen

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1. Sachübernahme. Auf Sachübernahmevereinbarungen sind die Vorschriften des allgemeinen Rechts unbeschränkt anwendbar; es gilt insofern das oben Rdn 258 zur Geltendmachung von Willensmängeln Ausgeführte entsprechend. 2. Sacheinlage. Bei Sacheinlagevereinbarungen ist zu unterscheiden a) Unmöglichkeit

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aa) Anfängliche Unmöglichkeit. Ist die Einbringung der Gegenstandes der Sacheinlagevereinbarung von Anfang an objektiv unmöglich, so führt dies nicht mehr nach § 306 BGB aF zur Nichtigkeit der Sacheinlageabrede, so dass sich hier anders als im früheren Recht auch keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Aktienübernahme zu diskutieren sind. An die Stelle der nach § 275 Abs 1 BGB entfallenden Sacheinlagepflicht tritt in diesem Falle die aus der Beteiligung an der Gesellschaftsgründung und der Aktienübernahme folgende (primäre) Bareinlagepflicht in Höhe des Nennwerts der übernommenen Aktien zuzüglich eines etwaigen Aufgelds.575 Etwaige weitergehende Ansprüche der AG gegen den Gründer, insbes aus § 311a Abs 2 BGB oder § 46 AktG sind daneben nicht ausgeschlossen. Das Gleiche gilt infolge der Angleichung der Rechtsfolgen durch die Schuldrechtsreform auch, wenn die Unmöglichkeit eine subjektive ist (so zB bei Anteilsregulierung, Rdn 144). Die Anwendung der kaufrechtlichen Mängelgewährleistung ist im Anwendungsbereich des allgemeinen Unmöglichkeitsrechts ausgeschlossen.

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bb) Nachträgliche Unmöglichkeit. Hier gelten grundsätzlich die §§ 275, 280 ff BGB. Hat der Einlageschuldner das Unmöglichwerden der von ihm zugesagten Sacheinlage nicht zu vertreten, so wird er zwar von seiner Einlageverpflichtung ersatzlos frei (§ 275

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573 Zur GmbH Schall S 134 f; Gehrlein DK 2007, 782; aA Wicke GmbHG § 19 Rdn 37; Bormann GmbHR 2007, 903. 574 Dazu etwa BGHZ 178, 271 = NZG 2009, 57; BGHZ 189, 45 = NZG 2011, 588; Heidel/Schall § 172 Rdn 29; Schürnbrand ZGR 2014, 256, 272 ff. 575 IE heute unstr, BGHZ 45, 338, 345; 145, 150, 155; BGH NJW-RR 1997, 670; MünchKommAktG/Pentz Rdn 51; KK/Arnold Rdn 19; Spindler/Stilz/Benz Rdn 90; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 5; Hüffer/Koch Rdn 18; Grigoleit/Vedder Rdn 28; Heidel/Polley Rdn 31; Hölters/Solveen Rdn 32.

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Abs 1 BGB). An deren Stelle tritt dann aber wie schon bei der anfänglichen Unmöglichkeit die primär geschuldete Barleistungspflicht. Die hM entnimmt das dem Gebot der realen Kapitalaufbringung. Zum gleichen Ergebnis lässt sich nach allgemeiner zivilrechtlicher Dogmatik gelangen, wenn man in der Verabredung einer Sacheinlage nicht eine datio in solutum sondern eine Leistung erfüllungshalber nach § 364 Abs 2 BGB erblickt sa Rdn 93, 101 u 214. Träfe nämlich die hM zu, könnte man nur zu verschuldensunabhängigem Schadensersatz gelangen (arg e § 365 BGB). Eine Anwendung des § 326 BGB kommt nicht in Betracht,576 und zwar schon deshalb, 418 weil es nicht schon beim Gesellschaftsvertrag,577 aber erst recht nicht bei der diesen modifizierenden Sacheinlagevereinbarung um einen gegenseitigen Vertrag geht. Letztere ist lediglich eine Erfüllungsvereinbarung, und zwar entweder nach § 364 Abs 1 oder 2 BGB. Zusätzlich argumentiert die hM mit dem Grundsatz der realen Kapitalaufbringung.578 Ist die Unmöglichkeit von der Gesellschaft zu vertreten, bleibt es ebenfalls bei der Bareinlagepflicht. Es kommt aber ein Schadensersatzanspruch gegenüber dem Einleger aus allgemeinem Zivilrecht in Betracht (zB § 823 BGB). Das Gebot der Kapitalaufbringung bzw -erhaltung kann nicht so weit gehen, der Gesellschaft die sanktionslose Schädigung des Inferenten zu erlauben.579 b) Verzug. Gerät der Einleger mit der Erbringung seiner Sacheinlage in Verzug, so 419 kann die Gesellschaft auf deren Leistung bestehen und Ersatz des ihr durch die verspätete Leistung entstehenden Schadens nach § 286 BGB verlangen.580 Sie kann aber bei entsprechenden Fristsetzungen auch den Weg des § 281 BGB einschlagen und so iE zu einer Bareinlagepflicht gelangen.581 c) Sach- und Rechtsmängel. Nach wohl hM sollen bei Mangelhaftigkeit des als 420 Sacheinlage einzubringenden Gegenstandes die Gewährleistungsvorschriften des Kaufrechts entsprechende Anwendung finden,582 wobei über den (verschuldensunabhängigen) Rücktritt die Barleistungspflicht wieder herstellbar sei. Dies ergibt sich bei der Annahme einer datio in solutum (Rn 93 u 101) bereits unmittelbar aus § 365 BGB, so dass Diskussionen über eine mögliche Analogie überflüssig erscheinen. Die Gegenmeinung, die unmittelbar auf die Bareinlagepflicht zurückgreifen möchte,583 ist ebenso schlüssig zivilrechtlich erklärbar, wenn man in der Sacheinlagevereinbarung eine Leistung erfüllungshalber nach § 364 Abs 2 BGB erkennt. Dafür dürften schon mit Blick auf die Rechtslage bei der Unmöglichkeit (eben Rdn 416) die besseren Gründe sprechen. Darüber hinaus kann die Nacherfüllungspflicht des Inferenten gegen das Verbot der Einlagenerhöhung verstoßen (§ 54 Abs 1).

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576 IE heute unstr, OLG Schleswig, NZG 2004, 1006; MünchKommAktG/Pentz Rdn 51; KK/Arnold Rdn 20; Spinlder/Stilz/Benz Rdn 89; Heidel/Polley Rn 31. 577 Ganz hM, OLG Schleswig, NZG 2004, 1006; MünchKommAktG/Pentz Rdn 51; Spindler/Stilz/Benz Rdn 89. 578 KK/Arnold Rdn 20. 579 Zum ähnlich gelagterten Konflikt zwischen Prospekthaftung und Kapitalaufbringung bzw -erhaltung siehe – diff – BGH NZG 2005, 672 = DStR 2005, 1326 m Anm Goette. 580 MünchKommAktG/Pentz Rdn 53; Spindler/Stilz/Benz Rdn 93; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 49; KK/Arnold Rdn 21. 581 KK/Arnold Rn 21. 582 So jetzt vor allem Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 50; KK/Arnold Rdn 22 f; Heidel/Polley Rdn 32. 583 MünchKommAktG/Pentz Rn 55 ff; Voraufl, Rdn 177.

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XII. Änderungen rechtswirksamer Festsetzungen 421

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Bis zur Eintragung der Gesellschaft sind Änderungen der Satzung jederzeit möglich.584 Dies gilt auch für Änderungen der Sacheinlagevereinbarung, insbes deren Ersetzung durch eine Bareinlage und den umgekehrten Vorgang. Dies erlaubt auch die erstmalige den Anforderungen des § 27 Abs 1 S 1 entsprechende Festsetzung einer bis dahin unwirksam vereinbarten Sacheinlage (unstr), s auch schon oben Rdn 255. Eine solche Änderung, die der Zustimmung sämtlicher Gesellschafter bedarf,585 muss allen Gründungsanforderungen, insbes auch denjenigen nach § 23 genügen. In diesem Falle entsteht die AG bereits mit der geänderten Satzung. Bewirkt die Satzungsänderung zugleich eine Änderung der Sacheinlagevereinbarung oder die erstmalige Festsetzung einer Sacheinlage, so müssen vor der Eintragung aber auch die übrigen Sicherungen nachgeholt werden, die für die Vereinbarung von Sacheinlagen und Sachübernahmen iSv § 27 vorgeschrieben sind (Gründungsbericht nach § 32 Abs 2; Prüfung durch Gründungsprüfer, Vorstand und Aufsichtsrat nach §§ 33 Abs 1 und 2 Nr 4, 34 Abs 1 Nr 1 und 2, Abs 2; Beifügung der Verträge nach § 37 Abs 4 Nr 2). Nach der Eintragung der AG besteht zunächst infolge der Verweisung des § 27 Abs 5 auf § 26 Abs 4 eine fünfjährige, ab der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister laufende Sperrfrist. In dieser Zeit ist eine Änderung der in der Satzung getroffenen Festsetzung überhaupt nicht möglich. Auch nach Ablauf der Frist sind Änderungen nur in begrenztem Ausmaß möglich. Ausgeschlossen ist eine Erhöhung des Nennbetrags der zu gewährenden Aktien mit oder ohne Erhöhung der zu erbringenden Leistung, weil dadurch jedenfalls gegen die Kapitalerhöhungsvorschriften verstoßen würde. Umgekehrt wäre aber auch eine Herabsetzung des Nennbetrages unzulässig, weil sie auf eine nicht mögliche nachträgliche Änderung der Aktienübernahmeerklärung hinausliefe. Eine Ermäßigung der von einem Gründer zu erbringenden Leistung bei gleichbleibendem Nennbetrag der zu gewährenden Aktien wäre wiederum unzulässig, weil darin ein gegen das Verbot des § 66 verstoßender Verzicht auf Einlagen läge.586 Möglich ist dagegen eine Erhöhung der Leistungspflicht des Einlegers ohne Heraufsetzung des Betrages der ihm zu gewährenden Aktien.587 Der der AG damit zufließende Mehrwert wäre in die gesetzliche Rücklage einzustellen (oben Rdn 194).588 Unzulässig wäre ferner die Umwandlung einer Bareinlage in eine Sacheinlage durch Satzungsänderung.589 Die in Abs 4 enthaltene Gestattung von Änderungen nach Ablauf der fünfjährigen Sperrfrist bietet für eine solche Umwandlung keine geeignete Grundlage, da diese Vorschrift nur die Änderung rechtswirksam getroffener Festsetzungen über Sacheinlagen erlaubt. Eine solche Umwandlung stünde zudem im Wider-

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584 AllgM MünchKommAktG/Pentz Rdn 238; KK/Arnold Rdn 154; Spindler/Stilz/Benz/Herrler Rdn 312; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 43. 585 MünchKommAktG/Pentz Rdn 238; KK/Arnold Rdn 154; Spindler/Stilz/Benz/Herrler Rdn 317; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 43. 586 So auch zu beiden Fällen MünchKommAktG/Pentz Rdn 240; KK/Arnold Rdn 156. 587 MünchKommAktG/Pentz Rdn 240; KK/Arnold Rdn 157; Spindler/Stilz/Benz/Herrler Rdn 319. 588 MünchKommAktG/Pentz Rdn 240; KK/Arnold Rdn 157. 589 Wie hier MünchKommAktG/Pentz Rdn 241; KK/Arnold Rdn 156; KGJ 47, 108, 111, KG JW 1937, 321, BayObLG DB 1978, 337; Ammon FGPrax 1996, 201, 203; Krieger ZGR 1996, 674, 691; Lenz GmbHR 1996, 161, 163; dafür nun aber Spindler/Stilz/Benz Rdn 288 mit Verweis auf die Möglichkeit der Heilung der verdeckten Sacheinlage nach neuem Recht bei der GmbH. Für die GmbH s Michalski/Zeidler GmbHG § 5 Rdn 145 f; KG GmbHR 2005, 95 = DB 2004, 2577; OLG Hamburg ZIP 2005, 988.

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spruch zu dem Schutzzweck des § 27, weil sie es ermöglichen würde, eine wegen Unwirksamkeit des Sacheinlagevertrages entstandene Bareinlagepflicht (§ 27 Abs 3) durch eine einfache Satzungsänderung ohne Werthaltigkeitskontrolle (§ 34 Abs 1 Nr 1 und 2; § 38 Abs 1 S 1 und Abs 2 S 2) in eine Sacheinlagepflicht zu ändern. Möglich ist jedoch eine nachträgliche Satzungsänderung, durch welche die Einlagendeckung von einer Bar- zur Sacheinlage unter Beachtung der Schutzvorschriften des Sacheinlagerechts und registerlicher Kontrolle vorgenommen wird, dazu Rdn 154 und 219. Eine solche Umwandlung wird man zwar nicht beliebig, aber stets dann zuzulassen haben, wenn bei den Beteiligten plausible Zweifel bestehen,590 ob sie nicht in Wahrheit eine nicht ordnungsgemäß (§ 27 Abs 1) in der Satzung festgesetzte Sacheinlage oder Sachübernahme vereinbart haben und diesen möglichen Mangel offenlegen und vorsorglich heilen wollen. Nach Ablauf der Sperrfrist zulässig ist dagegen eine Umwandlung einer Sacheinlage in eine Bareinlage durch Satzungsänderung.591 Ein Anspruch der Gläubiger auf dauerhafte Haltung des Gegenstandes der Sacheinlage im Gesellschaftsvermögen besteht ebensowenig wie diese eine Veräußerung des Gegenstandes verhindern können. Allerdings ist bei einer solchen Umwandlung zu beachten, dass sie nicht zu einer teilweisen Befreiung des einlagepflichtigen Aktionärs von seiner Leistungsverpflichtung führen darf (§ 66). Daher muss in jedem Falle die Bareinlage den in der Satzung festgesetzten Wert des Nennbetrages der dem Gründer gewährten Aktien und, wenn der Wert der Sacheinlage höher ist, den höheren Wert der Sacheinlage erreichen. Dies gilt wegen des Verbots der Einlagenrückgewähr auch dann, wenn sich der Wert der bereits geleisteten Sacheinlage seit dem für die Wertermittlung maßgeblichen Zeitpunkt erhöht hat. Als Bareinlage zu zahlen ist dann der Wert der Sacheinlage im Zeitpunkt der Umwandlung.592 In dem praktisch allerdings kaum vorkommenden Fall, dass für die Ermittlung des Wertes der Sacheinlage und eine etwa erforderliche Ausgleichung der Tag der tatsächlichen Einbringung maßgeblich sein soll und diese zum Zeitpunkt der Umwandlung noch nicht erfolgt ist, verbleibt es bei der Maßgeblichkeit des Nennbetrages der übernommenen Aktien. Für die Satzungsänderung gelten die in § 179 vorgesehenen Anforderungen. Da sie aber zugleich eine Änderung der Sacheinlagevereinbarung in sich schließt, nach welcher der Aktionär ein Recht auf Erbringung einer Sach- statt einer Bareinlage hat, bedarf sie zusätzlich zu der erforderlichen Mehrheit der Hauptversammlung in jedem Fall der Zustimmung des betroffenen Aktionärs. Für die Beseitigung von Festsetzungen in der Satzung über Sacheinlagen und Sachübernahmen gilt nach § 27 Abs 5 § 26 Abs 5 entsprechend. Dies bedeutet, dass derartige Festsetzungen in der Satzung erst dann gestrichen werden können, wenn die Gesellschaft 30 Jahre im Handelsregister eingetragen ist und außerdem 5 Jahre seit der Erfüllung der beiderseitigen Verpflichtungen aus der in der Satzung festgesetzten Sacheinlage oder Sachübernahme verstrichen sind; s im Übrigen oben § 26 Rdn 70 ff. Die Vorschrift betrifft lediglich rechtswirksame Festsetzungen. Fehlerhafte und deshalb unwirksame Festsetzungen können jederzeit durch (berichtigende) Satzungsän-

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590 Priester ZIP 1996, 1025, 1027 in seiner Besprechung von BGH ZIP 1996, 668 ff. 591 RG JW 1934, 3196; KG JW 1937, 321; MünchKommAktG/Pentz Rdn 130; KK/Arnold Rdn 157; Spindler/ Stilz/Benz/Herrler Rdn 319. 592 Dazu auch ausführlich MünchKommAktG/Pentz Rdn 241.

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derungen gestrichen werden.593 §§ 27 Abs 5, 26 Abs 5 wollen noch über einen längeren Zeitraum hinweg die Unterrichtung über die Rechtsverhältnisse ermöglichen, unter denen die Gesellschaft ins Leben getreten ist. Es kann aber nicht ihr Sinn sein, zur Täuschung der Öffentlichkeit beizutragen, indem sie dazu zwingen, wegen Unwirksamkeit des verlautbarten Rechtsverhältnisses unrichtige und irreführende Angaben in der Satzung weiterzuschleppen.594 XIII. Festsetzungen mit Wahlrechten 431

Die Zulässigkeit einer Satzungsfestsetzung, die der Gesellschaft oder dem Gesellschafter das Recht einräumt, zwischen der Einbringung verschiedener Gegenstände oder zwischen der Leistung einer Bar- und einer Sacheinlage zu wählen, wird im aktienrechtlichen Schrifttum, soweit ersichtlich, nicht erörtert. Gegen ihre Zulässigkeit bestehen aber auch bei der AG keine durchgreifenden Bedenken.595 Durch ein solches statutarisches Wahlrecht werden weder schutzwürdige Interessen der Gesellschaft noch der Allgemeinheit beeinträchtigt. Die Wahl muss aber bis zur Anmeldung der Gesellschaft endgültig vollzogen sein. Dies folgt bereits aus den in § 36 Abs 2 und § 36a Abs 1 und 2 für die Anmeldung aufgestellten Voraussetzungen und den unterschiedlichen Erklärungen, welche die in § 36 Abs 1 genannten Personen bei Anmeldung der Gesellschaft abzugeben haben. Sollen wahlweise verschiedene Gegenstände als Sacheinlage eingebracht werden können, so müssen die Voraussetzungen des § 27 Abs 1 hinsichtlich sämtlicher zur Einbringung zugelassener Gegenstände erfüllt sein.

§ 28 Gründer 2. Teil – Gründung der Gesellschaft Gründer § 28 Schall/Röhricht/Schall Die Aktionäre, die die Satzung festgestellt haben, sind die Gründer der Gesellschaft. I. Bedeutung 1

Die Vorschrift legt den Begriff des Gründers in Form einer Legaldefinition fest. Es handelt sich – ausschließlich und abschließend – um diejenigen Aktionäre, welche die Satzung festgestellt haben. Die Begriffsbestimmung gilt für sämtliche Vorschriften des AktG, in denen auf den oder die Gründer Bezug genommen wird. Sie ist für zahlreiche weitere Regelungen vorgreiflich. Dies sind vor allem, wenn auch nicht ausschließlich, Vorschriften, in denen zivil- oder strafrechtliche Haftungsfragen geregelt sind, namentlich § 23 Abs 2, 29, 30 Abs 1, 31 Abs 1 und 3, 32 Abs 1, 33 Abs 2 Nr 1, Abs 3 und Abs 5, 34 Abs 1 Nr 1, 37 Abs 4 Nr 1, 35 Abs 1 und 2, § 36 Abs 1, 46, 50, 52 Abs 1, 53, 56 Abs 2 und 3, 160 Abs 1 Nr 1, 206, 399 Abs 1 Nr 1 und 2, 400. § 28 entspricht § 21 Satz 1 AktG 1937; der dortige Satz 2, der den Gründerbegriff für die Stufengründung bestimmte, ist infolge des Fortfalls dieser Gründungsform (vgl § 23 Rdn 2) gestrichen worden. § 28 gilt nicht für die Verschmelzung durch Neugründung oder beim Formwechsel. Für solche Fälle

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593 MünchKommAktG/Pentz Rdn 241; KK/Arnold Rdn 159; Spindler/Stilz/Benz/Herrler Rdn 320; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 44. 594 So zutr Geßler/Eckardt Rdn 71. 595 Für die GmbH entspricht die Zulässigkeit einer statutarischen Wahlschuld allgM, s nur Ulmer/ Ulmer/Casper § 5 Rdn 46; Scholz/Veil § 5, 110.

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Gründer | § 28

gelten die Sondervorschriften des UmwG (s dort §§ 36 Abs 2 Satz 2, 245). Der Gründerbegriff der Kommanditgesellschaft auf Aktienfindet sich in § 280 Abs 3. 2. Teil – Gründung der Gesellschaft Gründer § 28 Röhricht/Schall II. Begriff des Gründers Das Gesetz kennt nach Fortfall der Stufengründung nur noch eine Gruppe von 2 Gründern. Das sind diejenigen Aktionäre, die die Satzung festgestellt haben. Aktionär können alle natürlichen und juristischen Personen sein, überdies sämtliche teilrechtsfähigen Rechtsträger, die in der Lage sind, eigenes Vermögen zu halten.1 Zur Gründerfähigkeit siehe näher die Erläuterungen zu § 2. Der gründende Aktionär muss mindestens eine Aktie übernommen haben. Unerheblich ist, ob dafür eine Bar- oder Sacheinlage übernommen wurde. Personen, die sich an der Feststellung der Satzung beteiligen, ohne Aktien zu übernehmen, gehören nicht zu den Gründern. Ein solcher Fall ist die Sachübernahme (§ 27 Rdn 222 ff). Personen, von welchen die Gesellschaft im Wege der Sachübernahme Gegenstände erwirbt, zählen unbeschadet ihrer möglichen Verantwortlichkeit nach § 47 nicht zu dem Kreis der Gründer, weil sie keine mitgliedschaftliche, sondern lediglich eine schuldrechtliche Beziehung zu der Gesellschaft begründen (§ 27 Rdn 228). Gründer ist danach jeder, der im eigenen Namen an der Feststellung der Sat- 3 zung mitgewirkt und mindestens eine Aktie übernommen hat. Bei treuhänderischer Aktienübernahme ist dies der Treuhänder, nicht sein Hintermann (Treugeber). Denn er erwirbt die Aktien im eigenen Namen und ist daher Aktionär. Eine Zurechnung nach § 16 Abs 4 findet in diesem Zusammenhang nicht statt. Umgekehrt ist bei offener Stellvertretung Gründer allein der Vertretene. Der Vertreter handelt nicht im eigenen Namen und wird daher nicht Aktionär. Das gilt grundsätzlich auch bei Vertretung ohne Vertretungsmacht. Wenn allerdings die Gesellschaft den falsus procurator in der Weise an seinen Erklärungen festhalten kann, dass ein Eigengeschäft zustande kommt und er infolgedessen selbst Aktionär wird, wird auch er Gründer, obschon er zunächst nicht im eigenen Nahmen gehandelt hatte. Ferner gehören zu den Gründern auch diejenigen, welche bei einer noch vor der Eintragung einstimmig vorgenommenen Kapitalerhöhung oder anderen Satzungsänderungen die abgeänderte Satzung festgestellt und – sei es mit Bar-, sei es mit Sacheinlage – Aktien übernommen haben.2 Umgekehrt erlangen ursprünglich Mitwirkende, die vor der Eintragung im Wege der Satzungsänderung ausscheiden, keine Aktionärsstellung (§ 41 Abs 4) und sind damit ungeachtet der Frage, ob die Satzungsänderung zurückwirkt, keine Gründer iS des § 28. Unklar ist, ob die Rechtswirksamkeit der Mitwirkung an der Satzungsfeststellung 4 bzw. der Übernahme der Aktien erforderlich ist (so wohl Vorauflage, Rdn 2). Diskutiert wird in diesem Zusammenhang insbesondere die Gründerfähigkeit von Geschäftsunfähigen bzw. beschränkt Geschäftsfähigen. Die ganz hM steht auf folgendem Standpunkt: Wer bei Feststellung der Satzung geschäftsunfähig ist und nicht wirksam durch einen (gesetzlichen) Vertreter vertreten wird, wird nicht Gründer.3 Das Gleiche gilt entsprechend bei beschränkt Geschäftsunfähigen, deren Willenserklärung nicht schon nach den §§ 107 ff BGB, typischerweise durch vorherige Einwilligung, wirksam ist. Dem wird ent-

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1 Das trifft uneingeschränkt für teilrechtsfähige Personengesellschaften (Außen-GbR, oHG, KG) zu, nicht aber für die teilrechtsfähige, aber nicht vermögensfähige Einrichtungen wie etwa die deutschen Börsen. 2 KG OLGE 43, 300; Grigoleit/Vedder Rdn 2. 3 HM, KK/Arnold Rdn 5; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 3; Hüffer/Koch Rdn 3; Hölters/Solveen Rdn 3; aA MünchKommAktG/Pentz Rdn 12; siehe auch die Erläuterungen zu § 2: Heidel/Braunfels Rdn 2; Bürgers/ Körber/Lohse Rdn 3; Wachter/Wachter Rdn 7.

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§ 28 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

gegen gehalten, dass nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft die Gesellschaft entsteht.4 Das trifft zwar zu, jedoch wird der Geschäftsunfähige gerade nicht Aktionär dieser Gesellschaft5 und daher eben auch nicht ihr Gründer. Umgekehrt aber zeigt sich aus dieser Argumentation, dass die volle Rechtswirksamkeit der Errichtungserklärungen nicht generelle Voraussetzung der Gründereigenschaft sein kann. Leidet die Erklärung an Mängeln, welche durch die Grundsätze des fehlerhaften Beitritts zumindest temporär überwunden werden, ist die Gründereigenschaft zu bejahen. Die Kaufmannseigenschaft der Gründer wird von der hM generell verneint, also 5 auch dann, wenn die Vorgesellschaft bereits ein Handelsgewerbe betreibt.6 Das ist auf Basis der neueren Literatur zum Handelsrecht schon deshalb einleuchtend, weil die Kaufmannseigenschaft nur demjenigen zukommt, welcher das Handelsgewerbe in eigenem Namen betreibt.7 Das aber tun Kapitalgesellschafter nicht, und zwar auch nicht, wenn sie noch Gesellschafter einer bereits geschäftstätigen Vorgesellschaft sind. Zweifel ergeben sich allerdings aus der tradierten Sicht der Rechtsprechung, wonach die persönlich haftenden Gesellschafter einer oHG oder KG als Kaufleute anzusehen seien.8 Denn nach dem heutigen Stand der Gesamthandslehre liegt es auch dort so, dass die oHG/KG selbst und nicht ihre Gesellschafter als Rechtsträger das Handelsgewerbe in eigenem Namen betreibt.9 Sieht man dennoch alle Komplementäre als Kaufleute an, ist das eigentlich nur mit deren persönlicher Haftung zu rechtfertigen. Eine unbeschränkte persönliche Haftung trifft aber auch die Gesellschafter einer Vorgesellschaft. Dass diese mittelbar als Unterbilanz- bzw. Verlustdeckungshaftung gegenüber der Gesellschaft ausgestaltet ist, erscheint nicht als gewichtiges Wertungskriterium. Dennoch ist der hM zu folgen. Die Vorgesellschaft ist von der Rechtsprechung nicht als Personenhandelsgesellschaft konzipiert worden (§ 29 Rdn 7 ff). Damit fehlt es aber an jeglicher Grundlage für die Vorstellung einer mitunternehmerischen Tätigkeit ihrer Gesellschafter, wie sich zB in der unterschiedlichen Besteuerung zeigt.10 III. Wegfall eines Gründers 6

1. Nachträglicher Eintritt der Geschäftsunfähigkeit. Ungeachtet des Streits um die Gründerfähigkeit Geschäftsunfähiger lässt eine erst nach Teilnahme an der Errichtung der AG (§ 23) eintretende Geschäftsunfähigkeit eines Gründers die Wirksamkeit seiner bis dahin abgegebenen Erklärungen, insbes seiner Aktienübernahmeerklärung, und seine bis dahin begründete Verantwortlichkeit an sich unberührt (a fortior § 130 Abs 1 Satz 2 BGB). Damit bleibt seine Gründereigenschaft bestehen.11 Entgegen der Vorauflage gibt es auch keinen Anlass, ihn von der eingegangenen Verpflichtung zu dispensieren.12 Der gesetzliche Vertreter muss daher die noch erforderlichen Gründungsakte in seinem

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4 So MünchKommAktG/Pentz Rdn 12, der daher zwar die Gründereigenschaft bejaht, daran aber keine straf- oder zivilrechtlichen Haftungsfolgen knüpfen will. 5 Statt aller Baumbach/Hueck/Fastrich GmbHG, § 2 Rdn 44 f. 6 KK/Arnold Rdn 4; MünchKommAktG/Pentz Rdn 11. 7 Siehe nur Heidel/Schall/Keßler HGB, § 1 Rdn 53. 8 BGHZ 34, 296; 45, 248. 9 Richtig Heidel/Schall/ Keßler HGB, § 1 Rdn 53. 10 Zur grundsätzlichen Körperschaftssteuerpflicht der Vorgesellschaft BFHE 169, 343. Siehe auch BFHE 56, 446 und 228, 519 (keine Körperschaftsteuerflicht bei Nichteintragung der Vorgesellschaft); teilw. kritisch Martini DStR 2011, 337. 11 MünchKommAktG/Pentz Rdn 13; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 3; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 6; Hüffer/ Koch Rdn 3; Grigoleit/Vedder Rdn 2; Heidel/Braunfels Rdn 3; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 3; Wachter/ Wachter Rdn 8; Hölters/Solveen Rdn 3. 12 So mit Recht die hM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 13; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 3.

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Gründer | § 28

Namen vollziehen. Eine mögliche strafrechtliche Gründerhaftung trifft einen geschäftsunfähig gewordenen Gründer zu Recht, sofern sie sich auf noch im Zustand der Geschäftsfähigkeit vollzogene Akte bezieht. Ab Eintritt der Geschäftsunfähigkeit schützt ihn ohnehin die Schuldunfähigkeit nach § 21 StGB. Der gesetzliche Vertreter wird demgegenüber nicht Gründer und trägt daher auch kein strafrechtliches Haftungsrisiko.13 2. Gründerstellung bei Anfechtung. Eine wirksame Anfechtung der Beteiligungser- 7 klärungen eines Gründers (§§ 119 ff, 123 BGB) ist nur vor der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister möglich (§ 23 Rdn 265).14 Erfolgt sie rechtzeitig, lässt sie infolge ihrer extunc-Wirkung nach § 142 Abs 1 BGB die Gründerstellung des Anfechtenden rückwirkend entfallen. Infolgedessen ist er zu keinem Zeitpunkt als Gründer anzusehen15 (zu diesen Fragen näher bei § 2 und § 23 Rdn 273 ff). Er kann aber im Einzelfall gleichwohl wegen Beteiligung an einer bereits in Vollzug gesetzten fehlerhaften Vorgesellschaft (§ 23 Rdn 274 f) oder aus Rechtsscheinsgesichtspunkten haften.16 3. Tod eines Gründers. Nicht gesetzlich geregelt sind die Folgen des Todes eines 8 Gründers während des Gründungsvorgangs. Unter der heutigen Dogmatik stellt sich die Frage der Auswirkung auf die Vorgesellschaft. In der GbR gilt die dispositive Grundregel, dass die Gesellschaft aufgelöst wird. In der oHG gilt umgekehrt, dass die Gesellschaft ohne den Verstorbenen fortgesetzt wird. Kommanditanteile wiederum behandelt das Gesetz seit ehedem als vererblich. Dies erscheint auch als die passende Rechtsfolge für die Vorgesellschaft, wo es nur um eine beschränkte Haftung des Gesellschafters geht. Die Gesellschaft wird also zunächst mit den Erben fortgesetzt.17 Allerdings ist zu beachten, dass die Rechtsprechung anerkannt hat, dass in der Vorgesellschaft eine Kündigung aus wichtigem Grund analog § 723 Abs 1 Satz 2 und 3 Nr 1 BGB möglich ist.18 Diese beschränkte Analogie ist folgerichtig, da die Vorgesellschaft nur für bestimmte Zeit, nämlich bis zur Eintragung der AG, existiert. Ein wichtiger Grund zur Kündigung liegt nicht schon im Tod des Gesellschafters. Er ist erst dann anzunehmen, wenn es für die zu betreibende AG auf die persönliche Mitwirkung des Verstorbenen ankam,19 beispielweise im Rahmen eines Start-Ups von miteinander befreundeten Informatikern. In diesem Fall können die Erben ebenso kündigen wie die anderen Gründer. Andernfalls sind die Erben infolge ihrer Bindung an die Übernahmeerklärung des Erblassers verpflichtet, bei der (weiteren) Gründung der AG mitzuwirken und deshalb auch die zur Eintragung der AG noch erforderlichen Rechtshandlungen vorzunehmen. Für die ordnungsgemäße Erfüllung dieser Verpflichtung trifft sie, weil es dabei um ihre eigenen Handlungen, nicht

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13 Nicht überzeugend daher Godin/Wilhelmi Anm 3. 14 MünchKommAktG/Pentz Rdn 14; KK/Arnold Rdn 5 f; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 3; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 5; Hüffer/Koch Rdn 3; Grigoleit/Vedder Rdn 2; Heidel/Braunfels Rdn 3; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 5; Wachter/Wachter Rdn 8; Hölters/Solveen Rdn 3. 15 MünchKommAktG/Pentz Rdn 14; KK/Arnold Rdn 5 f; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 3; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 5; Hüffer/Koch Rdn 3; Grigoleit/Vedder Rdn 2; Heidel/Braunfels Rdn 3; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 5; Wachter/Wachter Rdn 8; Hölters/Solveen Rdn 3. 16 So auch KK/Arnold Rdn 6; Hüffer/Koch Rdn 3; Hölters/Solveen Rdn 3; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 3. 17 MünchKommAktG/Pentz Rdn 15; KK/Arnold Rdn 7; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 4; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 7; Hüffer/Koch Rdn 4; Grigoleit/Vedder Rdn 2; Hölters/Solveen Rdn 4; Heidel/Braunfels Rdn 4; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 3; Wachter/Wachter Rdn 9. 18 BGHZ 160, 270 = DStR 2006, 2322 = NZG 2007, 70. 19 MünchKommAktG/Pentz Rdn 15; KK/Arnold Rdn 7; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 4; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 7; Hüffer/Koch Rdn 4; Grigoleit/Vedder Rdn 2; Heidel/Braunfels Rdn 3; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 5; Hölters/Solveen Rdn 4; Wachter/Wachter Rdn 9.

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§ 29 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

solche des Erblassers geht, die volle persönliche Verantwortlichkeit als Gründer nach Zivil- und Strafrecht.20 Dies gilt zB für den Gründungsbericht und die Anmeldung zum Handelsregister und die dabei abzugebenden Erklärungen. Anders verhält es sich in Bezug auf die von ihrem Erblasser vorgenommenen Rechtshandlungen. Eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Erben scheidet insoweit – vorbehaltlich einer strafrechtlichen relevanten Beteiligung des Erben an diesen Handlungen – von vornherein aus.21 Zivilrechtlich haben die Erben zwar für das Verhalten ihres Erblassers einzutreten, jedoch mit der Möglichkeit, ihre Haftung nach erbrechtlichen Grundsätzen, §§ 1967 ff, zu beschränken.22

§ 29 Errichtung der Gesellschaft 2. Teil – Gründung der Gesellschaft Errichtung der Gesellschaft § 29 Röhricht/Schall Mit der Übernahme aller Aktien durch die Gründer ist die Gesellschaft errichtet. Schrifttum Heil Die Rechtsnatur der Einpersonen-Vor-GmbH, 2007; s im Übrigen die Angaben zu § 41.

I. II. III.

Systematische Übersicht Vorgeschichte und Bedeutung | 1 Errichtung | 2 Die errichtete Gesellschaft (Vor-AG) | 3 1. Das Gründungsstadium von Kapitalgesellschaften | 3

2. 3. 4.

Die Rechtsnatur der Vor-AG | 7 Die Rechtsnatur der Vorgründungsgesellschaft | 19 Einpersonen-Gründungen | 24

I. Vorgeschichte und Bedeutung 1

§ 29 ist ohne Veränderung des Wortlauts aus § 22 Abs 1 AktG 1937 übernommen worden. Der dortige Abs 2, der die Aktienübernahme nach Feststellung der Satzung regelte (und seinen Vorläufer bereits in § 188 HGB hatte), ist entfallen, nachdem das AktG 1965 die Stufengründung abgeschafft hat, s dazu auch schon § 23 Rdn 2. Die Errichtung der Gesellschaft iS des § 29 ist damit gleichbedeutend mit dem Abschluss der Gesellschaftsvertrags bzw der Feststellung der Satzung (Rdn 2). Sie führt nach der heute gängigen Sicht zur Entstehung der Vorgesellschaft (Rdn 3 ff). Im Übrigen ist die Tragweite der Vorschrift als solche heute, da die Existenz der Vorgesellschaft allgemein anerkannt ist, gering. Freilich zählte und zählt sie zu den gesetzlichen Stützen, an denen man die Herausarbeitung der Vorgesellschaft festmachen konnte.

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20 MünchKommAktG/Pentz Rdn 15; KK/Arnold Rdn 5 f; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 4; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 7; Hüffer/Koch Rdn 4; Grigoleit/Vedder Rdn 2; Heidel/Braunfels Rdn 3; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 5; Wachter/Wachter Rdn 9. 21 Siehe nur MünchKommAktG/Pentz Rdn 15; Hüffer/Koch Rdn 4; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 4. 22 MünchKommAktG/Pentz Rdn 15; KK/Arnold Rdn 5 f; Spindler/Stilz/Limmer Rdn 4; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 7; Hüffer/Koch Rdn 4; Grigoleit/Vedder Rdn 2; Heidel/Braunfels Rdn 3; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 5; Wachter/Wachter Rdn 9.

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Errichtung der Gesellschaft | § 29

II. Errichtung Zeitpunkt der Errichtung ist nach § 29 derjenige, in dem alle Aktien der AG von ihren 2 Gründern übernommen worden sind. Diese Festlegung ist im Kontext der in § 23 getroffenen Regelung zu sehen. Da in der notariellen Urkunde, in der die Satzung festgestellt wird (§ 23 Abs 1), zugleich die Gründer und die von ihnen übernommenen Aktien anzugeben sind (§ 23 Abs 2) und zudem nur diejenigen Personen, in deren Namen die Satzungsfeststellung erfolgt ist, als Gründer (§ 28) zur Übernahme der Aktien zugelassen sind (Prinzip der Einheitsgründung), ist Zeitpunkt der Errichtung der Abschluss des in § 23 vorgesehenen Beurkundungsvorgangs. Das Gesetz hätte mithin statt von Errichtung ebenso gut von Gründung sprechen und als Zeitpunkt denjenigen der Feststellung der Satzung (= Abschluss des Gesellschaftsvertrages) bezeichnen können. Denn auch dann, wenn man es für zulässig erachtet, den Akt der Satzungsfeststellung und Übernahme der Aktien zeitlich zu trennen, § 23 Rdn 57 ff und 99, ist der zur Feststellung der Satzung und damit zur Errichtung der Gesellschaft führende Beurkundungsvorgang erst mit der Abgabe der Übernahmeerklärung sämtlicher Gründer, in deren Namen die Satzung beurkundet wurde, abgeschlossen. III. Die errichtete Gesellschaft (Vor-AG) 1. Das Gründungsstadium von Kapitalgesellschaften. Ausgangspunkt ist § 41 3 Abs 1 Satz 1: Vor der Eintragung ins Handelsregister besteht die AG als solche nicht. Dennoch herrscht heute Konsens darüber, dass bereits vor der Eintragung ein Rechtsträger in Form der Vorgesellschaft existiert, für den der bestellte Vorstand handelt und der mit Eintragung zur endgültigen Aktiengesellschaft erstarkt, welche dann die in ihrem Namen erworbenen Rechte und eingegangene Pflichten trägt.1 Diese Annahme ist zwar mit der Konzeption des geschriebenen Aktienrechts nur schwerlich vereinbar (siehe insbesondere § 41 Abs 1 bis 3). Sie ist aber für eine sinnvolle Gestaltung des Gründungsvorgangs, insbesondere bei der Einbringung von Unternehmen, unabdingbar und daher als gesetzeskorrigierende Rechtsfortbildung heute allgemein akzeptiert2 und damit wohl3 gewohnheitsrechtlich erstarkt. Darauf aufbauend unterteilt die heute herrschende Dogmatik das Gründungstadium 4 einer Kapitalgesellschaft in drei Phasen. Bevor mit der Eintragung in das Handelsregister die fertige Kapitalgesellschaft entsteht, existiert bereits ab Abschluss des Gesellschaftsvertrags bzw. – bei der AG – der Errichtung der Gesellschaft (§ 29) eine Vorgesellschaft als Rechtsträger sui generis. Von ihr wiederum zu unterscheiden ist eine möglicherweise bestehende Vorgründungsgesellschaft. Bei ihr handelt es sich um eine Personengesellschaft, deren Zweck auf die Gründung der Kapitalgesellschaft gerichtet ist und die dem Abschluss des (Kapital)Gesellschaftsvertrags vorgelagert ist. Sie ist ein anderer, von der Vorgesellschaft zu unterscheidender Personenverband, typischerweise eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sofern bereits ein Handelsgewerbe betreiben wird, aber eine oHG (näher und – teils – kritisch dazu noch unten, Rdn 19 ff).

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1 Für Identität BGHZ 117, 323 = NJW 1992, 1824; MünchKommAktG/Pentz § 41 Rdn 107; KK/Arnold § 41 Rdn 26; Schmidt/Lutter/Drygala § 41 Rdn 18; Grigoleit/Vedder § 41 Rdn 4; auch Voraufl, § 41 Rdn 42; für Gesamtrechtsnachfolge dagegen Hüffer/Koch § 41 Rdn 16; Hölters/Solveen Rdn 2; Heidel/Braunfels Rdn 1; Wachter/Wachter Rdn 2. 2 Statt aller Grigoleit/Vedder § 41 Rdn 4. 3 Zweifel am Vorliegen von Gewohnheitsrecht könnten sich allerdings aus dem anhaltenden Streit über die dogmatische Einordnung ergeben.

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Zur Vor-GmbH wird freilich mittlerweile auch die Konzeption vertreten, dass diese (bezeichnet als GmbH in Anwartschaft) erst mit der Stellung des Eintragungsantrags zu Stande kommen soll.4 Vorher solle eine Personengesellschaft mit voller Außenhaftung bestehen. So soll der Problematik der unechten Vorgesellschaft Rechnung getragen, bei welcher die Eintragungsabsicht entweder nie bestand oder später aufgegeben wurde, indem ihre Regeln erst zu einem späteren Zeitpunkt zum Ansatz kommen, wo sich die Gesellschaftsgründung weiter verfestigt hat. Die Folge wäre ein vierphasiges Gründungsstadium. Der Vorschlag hat bislang allerdings mit Recht keine Gefolgschaft gefunden.5 Abgesehen davon, dass Anmeldungen auch zurückgenommen werden können, dürfte er die Vorwirkung der Kapitalgesellschaft um einer bloßen Beweislastfrage willen zu eng verstehen, müssen doch die Einlagen schon bei der Anmeldung (zumindest teilweise) bereits erbracht und nachgewiesen werden. Richtig ist aber, dass die Dogmatik der Vorgesellschaft gerade auch mit Hinblick auf die Folgen bei Scheitern der Eintragung zu hinterfragen ist. Der Errichtung der Gesellschaft kommt also nach heutiger Auffassung insofern ei6 genständige Bedeutung zu, als durch sie die Vor-AG (Vorgesellschaft) als notwendige Vorstufe zu der mit der Eintragung ins Handelsregister als juristische Person zur Vollendung gelangenden AG entsteht. In diesem Stadium zwischen Errichtung und Eintragung sind bereits für die Gesellschaft und zu ihrem Schutz ihre Verwaltungsorgane (Aufsichtsrat und Vorstand) zu bestellen (§ 30), denen es obliegt, im Namen der Gesellschaft6 deren Anmeldung zum Handelsregister (§ 36 Abs 1) vorzunehmen. Bei der Vorgesellschaft, vertreten durch ihren Vorstand, liegt auch die Berechtigung (und Verpflichtung) zur Einforderung und Entgegennahme der jetzt schon fälligen Einlagen (§§ 36, 36 a, 54 Abs 3). Ferner kann in diesem Zeitpunkt auch schon die Mitteilung ergehen, dass die AG Verbindlichkeiten oder Forderungen eines von ihr erworbenen Handelsgeschäfts, das sie unter der bisherigen Firma fortführen werde, nicht übernommen habe.7 7

2. Die Rechtsnatur der Vor-AG. Die Rechtsnatur der Vor-AG ist seit Jahrzehnten umstritten.8 Als dogmatische Grundlage kommen im Wesentlichen zwei Erklärungsstränge in Betracht. Man kann die Vorgesellschaft als Vorwirkung der entstehenden Kapitalgesellschaft und damit als grundsätzlich identisch mit dem werdenden körperschaftlichen Verband ansehen, dessen Entstehung in Teilen vorverlagert wird.9 Die Folge wäre eine prinzipiell körperschaftliche Struktur von Vermögen, Mitgliedschaft und Haftung.10 Oder man versteht die Kapitalgesellschaft vor der Eintragung als Personengesellschaft, welche lediglich die Voraussetzungen für die Haftungsbeschränkung aller ihrer Gesellschafter noch nicht geschaffen hat.11 Die Folge wäre die grundsätzliche Anwendbarkeit von Personengesellschaftsrecht, und zwar entweder der §§ 705 ff BGB oder der §§ 105 ff HGB, nicht unähnlich der Situation bei einer oHG, die noch nicht nach § 123 Abs 1 HGB außenwirksam geworden ist und daher entweder nach § 123 Abs 2 HGB als

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4 Baumann JZ 1998, 597 ff; Baumann/Müller NZG 2011, 218 ff. 5 Siehe nur MünchKommGmbHG/Merkt § 11 Rdn 5. 6 BGHZ 117, 323. 7 RGZ 131, 30. 8 Dazu KK/Arnold § 41 Rdn 19 ff; MünchKommAktG/Pentz § 41 Rdn 24; MünchKommGmbHG/Merkt § 11 Rdn 8 ff; Spindler/Stilz/Heidinger § 41 Rdn 27; Schmidt/Lutter/Drygala § 41 Rdn 4 f; Hüffer/Koch § 41 Rdn 2 ff; siehe auch die Nachweise in der dritten Auflage (Barz), Anm 3 ff. 9 So die hM seit BGHZ 21, 242, siehe die Nachweise der vorigen Fn. 10 In dieser Richtung etwa BGHZ 80, 129 = NJW 1981, 1373, 1374; BGHZ 143, 314 = NJW 2000, 1193, 1194 (jeweils zur GmbH). 11 So noch die Rechtsprechung des Reichsgerichts, zB RGZ 58, 55; RGZ 105, 228 f; RGZ 151, 86, 91.

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oHG oder ansonsten als GbR agiert. Zum gleichen Ergebnis (Anwendung der §§ 705 ff BGB oder §§ 105 ff HGB) gelangt auch die heute nur noch vereinzelt vertretene Ansicht, welche die Vor-Gesellschaft als nichtrechtsfähigen Verein behandelt.12 Die Rechtsprechung des BGH sieht seit BGHZ 21, 242 in der Vorgesellschaft einen 8 rechtlich verselbstständigten Rechtsträger eigener Art, auf den grundsätzlich das Recht der späteren Kapitalgesellschaft Anwendung finden soll. Damit hat sie sich für die Vorwirkungskonstruktion entschieden und den anderen Ansätzen eine Absage erteilt. Die hM ist der Annahme eines Rechtsträgers sui generis im Ansatz gefolgt. Allerdings findet der prinzipielle Widerstreit von personengesellschaftsrechtlicher oder körperschaftlicher Ausgestaltung in Einzelfragen um dessen Ausgestaltung bis zum heutigen Tag seine Fortsetzung, insbesondere nach der Vermögensstruktur (eigene Trägerschaft oder Gesamthand), der Haftung der Gesellschafter (Innenhaftung oder Außenhaftung entsprechend § 128 HGB) sowie nach der Möglichkeit einer Einpersonen-Vorgesellschaft. MaW: Auch wenn die Vorgesellschaft entgegen der Sicht der Reichsgerichts keine BGBGesellschaft ist, sondern eine Verbandsform eigener Art, bleibt doch umstritten, ob deren Struktur eher personengesellschaftsrechtlich oder körperschaftsrechtlich ausgestaltet ist. Nach der personengesellschaftsrechtlichen Konzeption müssten die Gesellschafter bis zur Eintragung der Kapitalgesellschaft einer unbeschränkten13 Außenhaftung unterliegen.14 Sie wären eine (teilrechtsfähige) Gesamthandsgemeinschaft.15 Eine Einpersonen-Vorgesellschaft könnte es nicht geben.16 Demgegenüber behandelt die Vorwirkungskonzeption die Vor-AG als Körperschaft und wendet grundsätzlich die Regeln der künftigen AG an, sofern sie nicht zwingend von der Eintragung abhängen. Das ermöglicht der Vor-AG insbesondere die uneingeschränkte eigene Trägerschaft ihrer Rechte (keine Gesamthand der Gründer)17 und Pflichten (keine Außenhaftung der Gründer),18 überdies die Unabhängigkeit von einer Mehrzahl von Gründern (Einpersonen-Vor-AG,19 Rdn 24). Keine der beiden widerstreitenden Grundkonzeptionen fügt sich bruchlos in die all- 9 gemeinen zivilrechtlichen Rahmenbedingungen. Als Vorteil der (nach Überwindung der reichsgerichtlichen Sicht freilich nicht mehr in Reinform vertretenen) personengesellschaftsrechtlichen Konzeption erscheint, dass sie mit den tradierten Rechtsträgern auskommt. Sie setzt sich nicht dem Vorwurf aus, den Numerus Clausus der Gesellschaftsformen zu durchbrechen. Diesem Vorwurf wird zwar entgegnet, dieser Numerus Clausus binde nur die privatautonome Gestaltungspraxis und verböte keine richterliche Rechtsfortbildung. Aber verstörend wirkt doch, dass hier bereits vor dem ansonsten allgemein für zwingend erachteten staatlichen Erzeugungsakt ein Rechtsträger entstehen soll, der sich nur noch marginal, wenn überhaupt, von einer juristischen Person unterscheidet,20 weil er im eigenen Namen handelt, Vermögen hält, im Außenverhältnis allein für seine

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12 Beuthien ZIP 1996, 305, 307; ders. WM 2013, 1485, 1487. 13 Nach früherer hM, welcher in BGHZ 134, 333 aber mit Recht eine Absage erteilt wurde, sollte die Außenhaftung wie bei einem Komplementär auf den Betrag der versprochenen Einlage beschränkt sein, vgl BGHZ 65, 378, 382; dritte Aufl (Barz), Anm 10. 14 Für eine solche etwa MünchKommAktG/Pentz § 41 Rdn 56 ff, 64; Altmeppen NJW 1997, 1509 f; aber auch K. Schmidt ZIP 1996, 353, 357, trotz seines grds. körperschaftlichen Verständnisses. 15 MünchKommAktG/Pentz § 41 Rdn 24 mit Argument aus § 54 Satz 2 BGB; KK/Arnold § 41 Rdn 18; Hüffer/Koch § 41 Rdn 4; NK-AktG/Höhfeld § 41 Rdn 6; Wiedemann ZIP 1997, 2029, 2030; iE auch Beuthien ZIP 1996, 305, 307 (freilich von nichtrechtsfähigem Verein ausgehend). 16 So konsequent zB Hüffer/Koch § 41 Rdn 3 und 17a ff. 17 Voraufl, § 41 Rdn 42; Schmidt/Lutter/Drygala § 41 Rdn 4; Grigoleit/Vedder § 41 Rdn 6. 18 Grigoleit/Vedder § 41 Rdn 24; ausf Ulmer ZIP 1996, 733, 736 ff. 19 Voraufl, § 41 Rdn 42; Schmidt/Lutter/Drygala § 41 Rdn 4; Grigoleit/Vedder § 41 Rdn 6. 20 Für juristische Person konsequent Schmidt/Lutter/Drygala § 41 Rdn 5.

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Schulden haftet, der Körperschaftsteuer unterliegt und – nach vordringender Sicht – von einer einzigen Person errichtet werden kann. Von der eingetragenen AG unterscheidet sich die Vor-AG dann nur noch durch die eingeschränkte Handelbarkeit der Anteile (§ 41 Abs 4 Satz 1), durch die aus der unbegrenzten Verlustdeckungshaftung bis zum Eintragungsstichtag resultierende Nachschusspflicht der Gründer sowie durch ihre „Fragilität“.21 Zumindest die ersten beiden Aspekte stehen einer eigenständigen Rechtspersönlichkeit aber nicht notwendig entgegen, wie zB die §§ 15 Abs 4, 26 f GmbHG in der GmbH zeigen. Schließlich kann die personengesellschaftsrechtliche Konzeption bruchlos erklären, warum die unechte Vorgesellschaft als oHG zu behandeln ist. 10 Allerdings widerspricht die personengesellschaftsrechtliche Konzeption doch erkennbar den Vorstellungen der beteiligten Parteien. Die Gründer wollen keine unbeschränkte persönliche Haftung eingehen. Dritte Vertragspartner können darauf auch nicht hoffen. Wäre die personengesellschaftsrechtliche Sichtweise zutreffend, dürfte die (dann Außen-)Haftung der Gründer für die Gesellschaftsschulden auch nicht mit der Eintragung einfach wegfallen. Vielmehr müssten systematisch schlüssig die Enthaftungsregelungen des HGB anwendbar sein. Es gäbe keinen Grund, die Lage bei angestrebter Haftungsbeschränkung aller Gesellschafter anders zu beurteilen als bei Kommanditisten vor Eintragung ihrer Haftungsbeschränkung (§ 176, fünfjährige Enthaftungsfrist). All das passt für die Gründung einer Kapitalgesellschaft nicht.22 Mit Recht hat sich daher die Rechtsprechung für die Vorwirkungskonzeption ent11 schieden. Das Gesetz statuiert die Aktiengesellschaft mit Übernahme der Aktien (= Feststellung der Satzung) als errichtet. Das legitimiert die Anknüpfung von Vorwirkungen bis hin zur eigenen Rechtsträgerschaft. Die Sperre des § 41 Abs 1 Satz 1 ist immer noch dadurch gewahrt, dass die Haftung der Aktionäre (im Innenverhältnis) noch nicht auf die Einlage beschränkt ist und noch keine handelbaren Aktien entstanden sind. Damit besteht die AG als solche nicht. Wenn man im Ausgangspunkt akzeptiert, dass die Aktiengesellschaft ab ihrer Errichtung eine Vorwirkung zeitigen kann, dann ist es auch konsequent, diese rechtsfortbildend anerkannten Effekte an der Natur der späteren Gesellschaft zu orientieren. Damit wäre es schwerlich vereinbar, die Gründer, und sei es nur übergangsweise, als gesamthänderisch verbundene Mitunternehmerschaft anzusehen. Auch etwaige Bedenken aus dem Prinzip der unbegrenzten persönlichen Vermö12 genshaftung23 schlagen bei näherer Betrachtung nicht durch. Kapitalgesellschaft wie auch Vorgesellschaft unterscheiden sich von der oHG in entscheidender Hinsicht, und zwar sowohl nach der alten als auch nach der neueren Sicht der Gesamthandslehre zur Vermögens- und Haftungsordnung der Personengesellschaften. Nach tradierter Sicht, die heutzutage etwa noch der englischen partnership oder der steuerlichen Behandlung der oHG als Mitunternehmerschaft zugrunde liegt, beruht die unbeschränkte persönliche Haftung der Gesellschafter einer Personen(handels)gesellschaft darauf, dass sie sich gegenseitig bevollmächtigt haben, einander zu verpflichten (mutual agency). Die persönliche Haftung der Komplementäre folgt schlicht daraus, dass sie sich im eigenen Namen verpflichtet haben bzw. verpflichtet wurden. Darin liegt bereits der entscheidende Unterschied zur Rechtslage bei der Gründung einer Kapitalgesellschaft, wo die Gründer den Vorstand zu keinem Zeitpunkt bevollmächtigten, sie im eigenen Namen (mit) zu verpflichten.

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Auf die fehlende Dauerhaftigkeit abhebend BGH DStR 2006, 2322 = NZG 2007, 20 f. Gleichsinnig BGHZ 134, 333 = NJW 1997, 1507, 1508. Siehe etwa Altmeppen NJW 1997, 1509 f.

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Auch nach der modernen Sicht, welche im gesamthänderisch vereinten Personen- 13 verband als solchen den Rechtsträger erkennt, ist die persönliche Außenhaftung der Gesellschafter aber kein zwingender Rechtsgrundsatz, der daher auch in der Vorgesellschaft greifen müsste. Die entsprechende Annahme lässt sich zwar aus der langen Historie der oHG als Leitbild verstehen. In Wahrheit lautet der unverbrüchliche allgemeine Grundsatz unseres Rechts nicht, dass alle Gesellschafter, die gemeinsam Geschäfte betreiben, grundsätzlich eine Außenhaftung trifft,24 sondern, dass man nur für Verpflichtungen haftet, die man im eigenen Namen eingegangen ist, nicht aber für solche, die man im fremden Namen begründet. Das führt bei der modernen Sicht der oHG aber geradewegs zu einer Umkehrung des Regel-Ausnahmeverhältnisses. Ist die oHG nämlich selbst Rechtsträger, handelt sie im eigenen Namen (§ 124 HGB) und nicht im Namen ihrer Gesellschafter. Eine Mithaftung der Komplementäre wird somit zur Ausnahme, die der gesetzlichen Anordnung bedarf – was in § 128 HGB, wenn man so will in weiser Voraussicht der möglichen Implikationen des § 124 HGB, auch geschehen ist. Fehlt es an einer solchen – nach dieser Sichtweise konstitutiven – (Ausnahme)Vorschrift, kommt eine Außenhaftung der Gesellschafter für ihren im eigenen Namen handelnden Verband nach allgemeiner zivilrechtlicher Dogmatik nicht in Betracht.25 Nach beiden Sichtweisen hat § 1 Abs 1 Satz 2, ebenso wie § 13 Abs 2 GmbHG, ledig- 14 lich deklaratorische Bedeutung. Das gilt jedenfalls, soweit man ihn bloß auf den Ausschluss einer Außenhaftung der Kapitalgesellschafter bezieht. Ein solches Verständnis ist zumindest im Aktienrecht dadurch vorgezeichnet, dass sich mit der Beschränkung der Haftung auf die Einlage im Innenverhältnis explizit § 54 Abs 1 befasst. 26 Daher schließt die fehlende Eintragung den Ausschluss einer Außenhaftung in der Vorgesellschaft nicht aus.27 Dieser wäre entgegen der aus der historischen Abgrenzung des neuen Instituts zu den Personengesellschaften verständlichen, freilich auch heute noch verbreiteten Sicht28 mitnichten ein legitimationsbedürftiges Privileg. Für den Gesellschafter ist es nämlich im Prinzip gleichgültig, ob er einer unbeschränkten Außen- oder Innhaftung unterliegt. Das eigentliche Privileg ist vielmehr der Ausschluss jeglicher Nachschuss- bzw. Verlustdeckungspflichten im Innenverhältnis, das selbst bei in der Abwicklung der Gesellschaft verbleibenden Schulden gilt (vgl demgegenüber § 735 BGB). Dieser Befund steht im Einklang mit der historischen Entwicklung der (Kapital)Gesellschaften sowie mit der noch heute in England zu beobachtenden Rechtslage. Die historischen Vorläufer der heutigen Kapitalgesellschaften waren die (meist Kolonial)Handelsgesell-

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24 In diesem Sinne etwa BGHZ 134, 333 = NJW 1997, 1507, 1509 (insoweit zust. Altmeppen, NJW 1997, 1509 f); BGHZ 142, 315 = NJW 1999, 3483, 3484: „…widerspricht dem allgemeinen Grundsatz des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts, daß derjenige, der als Einzelperson oder in Gemeinschaft mit anderen Geschäfte betreibt, für die daraus entstehenden Verpflichtungen mit seinem gesamten Vermögen haftet, solange sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt oder mit dem Vertragspartner keine Haftungsbeschränkung vereinbart wird.“ 25 Gerade entgegengesetzt, aber nicht überzeugend Altmeppen NJW 1997, 1509 f. 26 Demgegenüber scheint der BGH der entsprechenden Regelung des GmbH-Rechts eine Zielrichtung auch für das Innenverhältnis beimessen zu wollen, vgl BGHZ 134, 333 = NJW 1997, 1507, 1508: „Die Regelung des § 13 II GmbHG, nach der den Gläubigern für Verbindlichkeiten der Gesellschaft nur das Gesellschaftsvermögen haftet, steht der Annahme einer unbeschränkten [sc. Innen-]Haftung nicht entgegen. Die Vorschrift ist lediglich auf die eingetragene GmbH zugeschnitten. Eine Ausdehnung auf die Vor-GmbH kommt im Hinblick auf § 11 I GmbHG nicht in Betracht…“ Da der BGH in jenem Urteil eine unbeschränkte Innenhaftung anstelle jeglicher Außenhaftung setzt, macht dieser Satz nur Sinn, wenn er § 13 Abs 2 GmbHG grundsätzlich (auch) als Verbot einer unbegrenzten Innanhaftung/Nachschusspflicht gegenüber der Gesellschaft versteht. 27 Nur iE gleichsinnig BGHZ 134, 333 = NJW 1997, 1507, 1508. 28 Beispielweise Baumann/Müller NZG 2010, 218 ff.

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schaften, die unter dem Octroi-System kraft königlichem Freibrief ins Leben gerufen wurden. Solche Gesellschaften hatten unzweifelhaft eigene Rechtspersönlichkeit. Schon deshalb gab es keine Außenhaftung der Investoren. Wohl aber existierten häufig Nachschusspflichten im Innenverhältnis.29 Ebenso lag es in England auch unmittelbar nach Einführung der modern company durch die Gladstonian Acts im Jahre 1844. Bevor in den Jahren 1855/56 die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung auf die Einlage eingeführt wurde, konnten die Gesellschafter in der Insolvenz der Gesellschaft als contributories zur Auffüllung der Masse herangezogen werden.30 Und auch wer heute eine unlimited company gründet, haftet nicht wie ein partner einer partnership, sondern mit unbegrenzten Nachschüssen im Innenverhältnis.31 Die Kritik am Innenhaftungssystem der Vorgesellschaft erweist sich somit als unberechtigt. Näher zu hinterfragen bleibt allerdings die Dogmatik zur unechten Vorgesell15 schaft. Dabei bereitet der Fall einer vermeintlichen GmbH-Gründung bei in Wahrheit von Anfang an fehlenden Eintragungsabsicht noch keine größeren Schwierigkeiten, weil hier bereits allgemeine Auslegungsgrundsätze dazu führen, dass in Wahrheit ein Personengesellschaftsvertrag geschlossen und vollzogen worden ist.32 Schwerer zu verstehen ist demgegenüber der Fall, dass die Eintragung später scheitert. In einem solchen Fall können die Gründer die Vorgesellschaft umgehend abwickeln, wobei nach einem älteren Urteil anstatt § 62 GmbHG auf § 730 BGB zurückgegriffen werden soll.33 Tun sie das jedoch nicht und setzen stattdessen die Geschäftstätigkeit (nunmehr ohne Eintragungsabsicht) fort, soll für sämtliche Verbindlichkeiten der Gesellschaft oHG-Recht entsprechend gelten.34 Nach der personengesellschaftsrechtlichen Konzeption, die von vornherein bis zur Eintragung eine unbeschränkte Außenhaftung annimmt, erscheint dies selbstverständlich. Nach der Konzeption der Rechtsprechung ist dies jedoch nicht der Fall. Der Hinweis, dass dieser Fall dem einer ursprünglich unechten Vorgesellschaft nahe stehe, liefert keine Begründung für die Haftung. Denn es fehlt – anders als in ersterem Fall – hier an einer gesellschaftsvertraglichen Grundlage. Der ursprüngliche Vertrag ist ja gerade nicht auf die Schaffung einer Personengesellschaft gerichtet. Genau hierauf stützt sich doch das höchstrichterliche Sonderrecht der Vorgesellschaft nach BGHZ 134, 333. Der Abschluss eines Personengesellschaftsvertrags könnte allenfalls in der Entscheidung zur Fortsetzung der gescheiterten Vorgesellschaft gesehen werden. Dieser nachträgliche Vertragsschluss kann als eine Abänderung des AG-Vertrags angesehen werden. Denn allgemein gilt der Grundsatz, dass man formbedürftige Verträge formlos aufheben kann. Dann muss es aber erst recht möglich sein, einen formbedüftigen (Kapitalgesellschafts)Vertrag in einen formlos gültigen (Personengesellschafts)Vertrag umzuwandeln, der fortan das neue Rechtskleid für den fortexistierenden Rechtsträger bildet. Diese Lösung fußt auf der heute weitgehend gesicherten Erkenntnis, dass Rechtsträ16 ger unter bestimmten Umständen unter Wahrung ihrer Identität ohne Auflösung und Liquidation das Rechtskleid wechseln können. Im Personengesellschaftsrecht galt (ungeachtet möglicher registerrechtlicher Wirkungen) schon immer der Grundsatz, dass

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29 Gower/Davies 6. Aufl 1997, S 22; Deutsch in Bayer/Habersack, Band 1, Kap 3 Rdn 4 und 30. 30 Eingehend Schall Companies Act, sec 1 Rdn 20. 31 Schall Companies Act, sec 3 Rdn 1. 32 Klar und überzeugend BGHZ 22, 240 = NJW 1957, 218. 33 BGHZ 51, 30 = NJW 1969, 509, 510. Das ist durch die vordringende körperschaftliche Sichtweise nicht in Frage gestellt, weil die Dauerhaftigkeit nach wie vor als Differenzierungskriterium zur juristischen Person erkannt wird, BGH NZG 2007, 20 f. 34 BGHZ 152, 290 = NJW 2003, 429, 430.

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eine betriebene Gesellschaft mit der Veränderung ihres Zwecks vom Betrieb eines Gewerbes zum Betrieb eines Handelsgewerbes ex lege von einer GbR zu einer oHG und zurück wechselt. Nicht zuletzt diese Erkenntnis war Grundlage für die Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Außen-GbR analog § 124 HGB in BGHZ 142, 346. Zwischen oHG und KG ist die Grenze im Innenverhältnis gleichermaßen fließend (im Außenverhältnis gilt freilich § 176 HGB). Doch das Umwandlungsgesetz von 1998 geht noch wesentlich weiter, indem es so unterschiedlichen Rechtsträger wie Körperschaften und Personengesellschaften unter Wahrung ihrer Identität den Formwechsel erlaubt. Dies ist aber nicht in enumerativer Weise auf Vorgänge unter dem Umwandlungsgesetz beschränkt. Denn ein ähnlicher Mechanismus hat sich auch im Internationalen Gesellschaftsrecht durchgesetzt, wie insbesondere die modifizierte Sitztheorie („Wechselbalgtheorie“) mit ihrer Annahme eines Statutenwechsels bei tatsächlicher Sitzverlegung zeigt.35 Auch die Rechtsprechung des EuGH zum grenzüberschreitenden Formwechsel auf primärrechtlicher Grundlage nach Cartesio und VALE baut hierauf auf. Eine dogmatische Rechtfertigung findet die Annahme der Rechtsträgeridentität in der gemeinsamen Wurzel aller Gesellschaften, seien es Personen(handels)- oder Kapitalgesellschaften, in einem Vertrag zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks. Die einzelnen Erscheinungsformen stellen lediglich besondere Varianten dieses Grundtypus dar. Die Rechtfertigung für die (rechtsfortbildende) Zulassung eines solchen Umwandlungsvorgangs praeter legem liegt darin, dass die Vorgesellschaft ohnehin fragil ist und mit Aufgabe der Eintragungsabsicht entfällt, dass aber die Gründung einer sie weiterführenden Personenhandelsgesellschaft dem Rechtsverkehr infolge der zwingenden unbeschränkten Gesellschafterhaftung auch für die Altschulden des Rechtsträgers (§ 130 HGB) lediglich Vorteile hat. Der Vorteil dieser Lösung liegt darin, dass sie passgenaue Rechtsfolgen erzielen 17 kann. Die das Unternehmen fortführende oHG entsteht mit Wirkung ex nunc. Bis zur Aufgabe der Eintragungsabsicht ist die Vorgesellschaft wie eine Körperschaft zu behandeln. Erst danach wird sie zur oHG und haften die dann vorhandenen Gesellschafter für die Altschulden. Scheidet vorher ein Gründer durch einstimmig beschlossene Satzungsänderung aus, trifft ihn dagegen keine volle Außenhaftung. Auch ist der Grundsatz der Selbstorganschaft nicht im Nachhinein verletzt, wie es ansonsten der Fall wäre, wenn, wie üblich, während der Zeit der Vorgesellschaft der Vorstand anstelle der Gründer für jene gehandelt hatte. Das bietet einen Vorteil gegenüber alternativen Erklärungsversuchen wie etwa dem Rückgriff auf § 54 Satz 2 BGB analog36 oder die Fruchtbarmachung von §§ 140 bzw 141 BGB. Schließlich liegt hier auch der Schlüssel für eine sachgerechte Sichtweise zur Vorgründungsgesellschaft (gleich Rn 19 ff). Zusammenfassung: Den Rechtsprechungsgrundsätzen zur Vorgesellschaft ist da- 18 mit zu folgen. Sie ist als körperschaftsähnlich strukturierter Rechtsträger anzusehen. Fehlt es an der Eintragungsabsicht, liegt in Wahrheit eine oHG vor. Wird die Eintragungsabsicht später aufgegeben, die Gesellschaft aber nicht liquidiert, sondern fortgesetzt, kommt es zu einem automatischen Formwechsel in eine oHG bzw. GbR. Aus der körperschaftlichen Struktur folgt, dass die Vor-AG und nicht etwa jeder einzelne oder eine von ihr verschiedene Gesamtheit ihrer Gesellschafter Träger der schon in diesem Stadium eingebrachten Vermögenswerte wird. Darüber hinaus ist die Vor-AG auch im Übrigen in der Lage, vertreten durch ihren Vorstand, als einheitliches Gebilde nach außen hin rechtsgeschäftlich aufzutreten und eigene Rechte und Verbindlichkeiten zu begründen. Eine Außenhaftung der Gründer besteht grundsätzlich nicht, stattdessen gel-

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35 Zu weiteren Beispielen für Statutenwechsel im Internationalen Personengesellschaftsrecht siehe Heidel/Schall/Schall Anh Int PersGesR, Rn 52 ff: Übergang von Innen- zu Außengesellschaft. 36 Siehe zu diesem Argument bereits BGHZ 22, 240 = NJW 1957, 218.

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ten die Grundsätze zur Unterbilanz- bzw. Verlustdeckungshaftung. Zumindest dann, wenn sie bereits ein eigenes vollkaufmännisches Handelsgeschäft betreibt, was insbes für den Fall der Einbringung eines Unternehmens von Bedeutung ist, besitzt sie bereits eine eigene Firma, sonst jedenfalls einen eigenen Namen, wofür sie entsprechenden Schutz genießt. Die Vorgesellschaft unterliegt ferner der Körperschaftssteuer. Fällt die Eintragungsabsicht später weg, tritt grundsätzlich erst ab diesem Zeitpunkt eine Mitunternehmerschaft anstelle des körperschaftspflichtigen Steuersubjekts – es sei denn, man ließe die ex-nunc eintretende unbeschränkte Gesellschafterhaftung auch für die Altschulden nach § 130 HGB ausreichen, um eine rückwirkende Mitunternehmerschaft anzunehmen. Die körperschaftsähnliche Struktur schließt es freilich nicht aus, dass im Innenverhältnis zwischen den grds. einstimmig handelnden Gründern eine besondere, einer personalistischen Gesellschaft entsprechende Treuebindung besteht. Eben so wenig steht dem entgegen, dass zur Lückenfüllung Vorschriften des Personengesellschaftsrechts Anwendung finden, wie etwa die Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund.37 Zu den zahlreichen weiteren Einzelheiten, insbesondere mit Blick auf die Ausgestaltung der Vertretungsverhältnisse und der Haftung sowie das Verhältnis zur Handelndenhaftung siehe die Erläuterungen zu § 41. 19

3. Die Rechtsnatur der Vorgründungsgesellschaft. Nur sehr eingeschränkt zuzustimmen ist demgegenüber der herrschenden Sichtweise zur strengen Differenzierung zwischen Vorgründungsgesellschaft und Vorgesellschaft. Denn die Ergebnisse der hM widersprechen im Regelfall den Absichten der Gründer, aber auch denjenigen der Vertragspartner, welche übereinstimmend und explizit (nur) die werdende Kapitalgesellschaft verpflichten wollen. Es ist sehr misslich, dass die Gründer gegen ihren Willen einer unbeschränkten Außenhaftung unterworfen werden, welche anders als die Handelndenhaftung grundsätzlich sogar die Entstehung der Kapitalgesellschaft überlebt, und dass die von der Vorgründungsgesellschaft erworbenen Vermögenswerte eines weiteren Übertragungsaktes auf die Vorgesellschaft bedürfen (vorgeschlagen wird insbesondere die Übertragung aller Vorgründungsgesellschaftsanteile auf die Vorgesellschaft),38 der für die Gründer die Gefahr einer verdeckten Sacheinlage schafft39 und Vertragspartnern unverdiente Vetopositionen eröffnet. Vorzugsweise dürfte eine differenzierte Sicht sein. Eine rein interne „Innen-Vor20 gründungsgesellschaft“ beschränkt sich auf die Herbeiführung der Gründung der AG, die sie als gemeinsamen Zweck verfolgt und mit deren Erreichung sie sich auflöst. Sie kommt einem Vorvertrag zum Abschluss des Gesellschaftsvertrags gleich und ist eine reine Innengesellschaft, die nicht im eigenen Namen nach außen auftritt, kein Gesamthandvermögen bildet und keine Gesellschaftsverbindlichkeiten eingeht. Eine Bindung zum Abschluss des Hauptvertrages darf sie nicht beinhalten, andernfalls sie dessen Formbedarf teilt und nicht wirksam abgeschlossen werden könnte (vorbehaltlich der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft). Gründer, welche für eine solche Vorgesellschaft handeln, handeln als mittelbare Stellvertretet im eigenen Namen und sind der Innengesellschaft gegenüber nach Auftragsrecht berechtigt und verpflichtet (§§ 713, 667, 670 BGB). 21 Anders zu behandeln ist demgegenüber die externe „Außen-Vorgründungsgesellschaft“, welche noch vor Errichtung der Kapitalgesellschaft bereits nach außen im Ver-

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37 BGH NZG 2007, 20 = DStR 2006, 2322. 38 Vorgeschlagen wird insbesondere auch die Übertragung aller Anteile an der Vorgründungsgesellschaft auf die Vorgesellschaft, Voraufl (Schmidt), § 41 Rn 38; MünchKommAktG/Pentz § 41 Rn 21; Spindler/Stilz/Heidinger § 41 Rn 23; Grigoleit/Vedder § 41 Rn 3. 39 Mit Recht MünchKommAktG/Pentz § 41 Rn 21.

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Errichtung der Gesellschaft | § 29

kehr auftritt, insbesondere weil sie schon als Rechtsträger im eigenen Namen ein Unternehmen betreibt. Nach heutiger Dogmatik stellt sie sowohl als GbR wie auch als oHG einen teilrechtsfähigen Rechtsträger dar, der streng von der Vorgesellschaft zu scheiden ist. Der Rechtsprechung ist hier zwar im Ausgangspunkt noch zuzustimmen, nämlich dass es sich bei diesem Rechtsträger (zunächst) noch nicht unmittelbar die werdende Kapitalgesellschaft handeln kann. Denn deren Grundlage ist der Abschluss des Kapitalgesellschaftsvertrags. Dieser wiederum ist nicht nur formbedürftig. Er bedarf auch einer solchen Vielzahl zwingend notwendiger Detailregelungen, dass sich im Regelfall die Annahme verbietet, eine bereits im Vorfeld des Notartermins getroffene, formlose Übereinkunft, die lediglich allgemein dahin geht, eine AG zu gründen und durch sie Geschäfte zu betreibe, könne bereits jenen Gesellschaftsvertrag darstellen und – obzwar formunwirksam geschlossen – zur Grundlage einer fehlerhaften Gesellschaft bzw. Vorgesellschaft werden. Dennoch ist der vor Errichtung der AG geschaffene Rechtsträger „Außen-Vorgrün- 22 dungsgesellschaft“ im Ergebnis identisch mit der späteren Vorgesellschaft. Die Feststellung der Satzung stellt in einem solchen Fall lediglich eine Vertragsänderung dar, mit welchem der bislang schon verfolgte gemeinsame Zweck des bereits geschaffenen Rechtsträgers (gemeinsamer Betrieb des Unternehmens X) umqualifiziert wird in den „Betreib des Unternehmens X in Form einer gemeinsam errichteten haftungsbeschränkten AG“. Diese Vertragsänderung führt zu einem praeter legem Formwechsel von der bestehenden oHG zur Vorgesellschaft, der entgegen der ganz hM mit einem automatischen Übergang der Rechte und Pflichten von jener auf diese sowie (abweichend vom allgemeinen Handelsrecht, aber im Einklang mit der Lage bei der Vorgesellschaft) mit einem Erlöschen der unbeschränkten persönlichen Gesellschafterhaftung einher geht. Die dogmatische Rechtfertigung dieser Annahme ist die gleiche wie im umgekehrten Fall des Formwechsels von der Vorgesellschaft zur oHG bei späterer Aufgabe der Eintragungsabsicht. Diese Sichtweise verbindet das berechtigte Anliegen der Rechtsprechung, die Rechte 23 und Pflichten aus den für die werdende Gesellschaft abgeschlossenen Rechtsgeschäften auf einen bereits existenten Rechtsträger zu beziehen mit dem Anliegen der Parteien, nur mit einem haftungsbeschränkten Rechtsträger zu kontrahieren. Ihre Rechtfertigung liegt nicht zuletzt in der Kritik, die gegen die scharfe Zäsur der hM angezeigt ist. Diese beruht auf der Annahme der Rechtsprechung, die vor Errichtung der Vorgesellschaft für die werdende AG abgeschlossenen Rechtsgeschäfte würden nach den Grundsätzen des unternehmensbezogenen Geschäfts nur oder zumindest auch die Vorgründungsgesellschaft berechtigen oder verpflichten.40 Diese Annahme widerspricht aber dem Offenkundigkeitsprinzip, wonach aus dem abgeschlossenen Geschäft explizit lediglich die (werdende) Aktiengesellschaft berechtigt und verpflichtet werden sollte. Denn dabei handelt es sich ja um einen von der Vorgründungsgesellschaft verschiedenen Rechtsträger. Für das unternehmensbezogene Geschäft kann nur Raum sein, wo keine ausdrückliche Zuordnung getroffen wurde. Das ist dann, wenn die werdende AG Vertragspartner sein sollte, aber nicht der Fall. Man kann ja auch nicht einem Alleingesellschafter, der Geschäftsräume im eigenen Namen anmietet, um diese seiner GmbH zur Nutzung zu überlassen, aufgrund des „Unternehmensbezugs“ in den Mund legen, er habe den Vertrag für die GmbH geschlossen. An eine Falschbezeichnung ist im Regelfall ebenfalls nicht zu denken. Denn die persönliche Haftung, die überdies grds. nicht mit der Eintragung endet, widerspricht erkennbar der Interessenlage der Gründer. Dies wird entgegen der Rechtsprechung auch nicht durch überwiegende Interessen der Vertragspartner ge-

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Vgl BGHZ 91, 148 = NJW 1984, 2164; siehe auch BGH NJW 1983, 2822.

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§ 30 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

rechtfertigt, die ja – nicht anders als die Vertragspartner einer Vorgesellschaft – gar nicht mit einer persönlichen Gesellschafterhaftung rechnen konnten. Die Rechtsprechung zur Vorgründungsgesellschaft zielt erklärtermaßen darauf ab, die abgeschlossenen Rechtsgeschäfte auf einen bereits existierenden Rechtsträger zu beziehen, der alle Gründer umfasst. Hintergrund ist das (nicht unberechtigte) Anliegen, die Verpflichtung nicht auf die tatsächlich Handelnden zu beschränken. Doch dafür ist es nicht nötig, die Erklärung der Parteien umzudeuten. Stattdessen kann man auch der hier vorgeschlagenen Lösung folgen. 24

4. Einpersonen-Gründungen. Nach hier vertretener Konzeption kann die Vorgesellschaft, da eine rechtsfortbildend geschaffene Vorwirkung der entstehenden Körperschaft, konsequenterweise auch bei einer Einpersonengründung als eigenständiger Rechtsträger41 und nicht nur als Sondervermögen ihrer Gründer42 entstehen, s oben Rdn 8 sowie § 36 Rdn 206 ff; dort auch zu der Frage, ob und wie bei EinpersonenGründungen in dem Stadium zwischen Errichtung (Satzungsfeststellung, § 23) und Eintragung bereits Einzahlungen auf die Einlage geleistet werden können.

§ 30 Bestellung des Aufsichtsrats, des Vorstands und des Abschlußprüfers 2. Teil – Gründung der Gesellschaft Bestellung des Aufsichtsrats, des Vorstands und des Abschlußprüfers § 30 Röhricht/Schall

(1) 1 Die Gründer haben den ersten Aufsichtsrat der Gesellschaft und den Abschlußprüfer für das erste Voll- oder Rumpfgeschäftsjahr zu bestellen. 2 Die Bestellung bedarf notarieller Beurkundung. (2) Auf die Zusammensetzung und die Bestellung des ersten Aufsichtsrats sind die Vorschriften über die Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer nicht anzuwenden. (3) 1 Die Mitglieder des ersten Aufsichtsrats können nicht für längere Zeit als bis zur Beendigung der Hauptversammlung bestellt werden, die über die Entlastung für das erste Voll- oder Rumpfgeschäftsjahr beschließt. 2 Der Vorstand hat rechtzeitig vor Ablauf der Amtszeit des ersten Aufsichtsrats bekanntzumachen, nach welchen gesetzlichen Vorschriften der nächste Aufsichtsrat nach seiner Ansicht zusammenzusetzen ist; §§ 96 bis 99 sind anzuwenden. (4) Der Aufsichtsrat bestellt den ersten Vorstand. Schrifttum Brauksiepe Der erste Aufsichtsrat einer neugegründeten AG, BB 1967, 484; Brox Die Zusammensetzung des ersten Aufsichtsrats einer Aktiengesellschaft, AG 1966, 345, 349 f; Eckardt Rechtsfragen zum ersten Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft, FS Hefermehl, 1976, S 245; Heinsius FS Stimpel, 1985, S 571; Heither Die Amtszeit des „ersten“ Aufsichtsrats nach einer Verschmelzung des Unternehmens mit einem mitbestimmten Unternehmen, DB 2008, 109; Kuhlmann Die Mitbestimmungsfreiheit im ersten Aufsichtsrat einer AG gemäß § 30 II AktG, NZG 2010, 46.

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41 Mittlerweile hM, siehe schon Voraufl (Schmidt), § 41 Rdn 136 ff; KK/Arnold § 41 Rdn 96; MünchKommAktG/Pentz § 41 Rdn 76 ff, 79; Spindler/Stilz/Heidinger § 41 Rdn 121; Schmidt/Lutter/Drygala § 41 Rdn 5; Grigoleit/Vedder § 41 Rdn 7; Hölters/Solveen § 41 Rdn 18; iE auch Heil S 41 ff, 87 ff. 42 Dafür etwa Hüffer/Koch § 41 Rdn 17a ff; Bruski AG 1997, 17, 20; zur GmbH Ulmer/Ulmer § 11 Rdn 24 f; Roth/Altmeppen § 11 Rdn 78.

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Bestellung des Aufsichtsrats, des Vorstands und des Abschlußprüfers | § 30

I. II.

Systematische Übersicht Vorgeschichte und Bedeutung | 1 Der erste Aufsichtsrat | 3 1. Bestellung, § 30 Abs 1 | 3 2. Zusammensetzung, § 30 Abs 2 | 7 3. Notwendigkeit der Bestellung | 9 4. Dauer der Amtszeit, § 30 Abs 3 | 10 5. Vorzeitiges Ausscheiden von Mitgliedern | 15

III.

IV. V.

6. Aufgaben | 19 7. Vergütung | 20 Bekanntmachung über die Zusammensetzung des zweiten Aufsichtsrats, § 30 Abs 3 Satz 2 | 21 Erster Abschlussprüfer, § 30 Abs 1 | 24 Erster Vorstand, § 30 Abs 4 | 30

I. Vorgeschichte und Bedeutung § 23 AktG 1937 bestimmte, dass die Gründer den ersten Aufsichtsrat zu bestellen hat- 1 ten, der seinerseits den ersten Vorstand zu berufen hatte. Diese Regelung wird in § 30 Abs 1 und Abs 4 beibehalten. § 30 Abs 3 Satz 1 übernimmt im Grundsatz die Regelung des § 87 Abs 3 Satz 1 AktG 1937 hinsichtlich der begrenzten Amtsdauer des ersten Aufsichtsrats, ändert sie aber inhaltlich ab. § 87 Abs 3 Satz 2 AktG 1937, der nach herrschendem Verständnis bis zur Eintragung der Gesellschaft ins Handelsregister den Widerruf der Bestellung des ersten Aufsichtsrats mit einfacher Mehrheit ermöglichte, ist nicht übernommen worden. Ohne gesetzliche Vorgängerregelung ist die Verpflichtung der Gründer zur Bestellung auch des ersten Abschlussprüfers. Die jetzige Gesetzesfassung beruht auf dem Bilanzrichtliniengesetz vom 19.12.1985 (BGBl I 2355). Das AktG 1965 formulierte noch „die“ Abschlussprüfer. Ohne Vorläuferregelung ist ferner Abs 2, der klarstellt, dass der erste Aufsichtsrat grundsätzlich ausschließlich aus Vertretern der Anteilseigner besteht. Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Satzung die Einbringung oder Übernahme eines Unternehmens oder Unternehmensteiles vorsieht, § 31. § 30 Abs 3 Satz 2 schließlich bestimmt vor allem im Interesse der zutreffenden Berücksichtigung der Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat der Gesellschaft unter Verweisung auf die §§ 96–99 die Pflicht des Vorstandes zur rechtzeitigen Bekanntmachung seiner Vorstellungen über die Zusammensetzung des zweiten Aufsichtsrats. Die Notwendigkeit zur Bestellung eines Aufsichtsrats und Vorstands schon vor der 2 Entstehung der AG als solcher ergibt sich aus der vom Gesetz zwingend vorgeschriebenen Mitwirkung dieser Organe bei der Gründungsprüfung (§ 33) und Anmeldung der Gesellschaft (§ 36). Ohne deren Bestellung könnte die Gesellschaft nach § 38 nicht eingetragen werden. Daraus folgt – auch ohne ausdrückliche gesetzliche Bestimmung – die Verpflichtung der Gründer zur Mitwirkung an der Bestellung des Aufsichtsrats. Wer sich an der Gründung einer AG beteiligt, verspricht damit gegenüber seinen Mitgründern zugleich die Mitwirkung an den Rechtshandlungen, die erforderlich sind, die Gesellschaft zur Entstehung zu bringen.1 Die abweichende Ansicht, welche hier nur eine Obliegenheit der Gründer erkennen will, verkennt den bindenden Charakter des Abschlusses des Gesellschaftsvertrags. Richtig ist freilich, dass die Mitwirkungspflicht nicht vom Registergericht durchgesetzt werden kann,2 da es sich nicht um eine gesetzliche Pflicht handelt, sondern um eine Vertragspflicht, deren Durchsetzung in den Händen der beteiligten Parteien liegt. Dabei steht die Klagebefugnis jedem Gründer aus eigenem Recht zu.3 Davon abgesehen benötigt auch die Vor-AG für die bereits von ihr vorzunehmenden

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1 AA MünchKommAktG/Pentz Rdn 9; aA Hölters/Solveen Rdn 3; jetzt auch KK/Arnold Rdn 5; wie hier dagegen noch KK/Kraft (Vorauflage), Rdn 6. 2 Insoweit mit Recht MünchKommAktG/Pentz Rdn 9; KK/Arnold Rdn 5. 3 Vgl auch §§ 106, 108 HGB.

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Vorbereitungsgeschäfte und mehr noch, wenn sie ein eingebrachtes Unternehmen fortzuführen hat, ein Vertretungsorgan, das für sie im Rechtsverkehr auftreten kann. – Die Bestellung auch der Abschlussprüfer durch die Gründer ist vom Gesetz vorgeschrieben, um eine anderenfalls erforderliche, umständliche und kostenverursachende Bestellung durch eine zu diesem Zweck einzuberufende Hauptversammlung zu vermeiden. Auch die Bestellung der Gründungsprüfer durch das Gericht wäre unbefriedigend. Dass infolge der Bestellung durch die Gründer die Aktionäre, die während des ersten Geschäftsjahres Aktien der Gesellschaft erwerben, von der Mitwirkung bei der Bestellung der Gründungsprüfer ausgeschlossen werden, nimmt das Gesetz in Kauf. II. Der erste Aufsichtsrat 3

1. Bestellung, § 30 Abs 1. Den ersten Aufsichtsrat müssen die Gründer bestellen. Eine gerichtliche Bestellung ist ausgeschlossen.4 Die Bezeichnung des zu bestellenden Organs gerade als „Aufsichtsrat“ ist zwingend.5 Die Bestellung bedarf ebenso wie die Festsetzung der Satzung und die Übernahme der Aktien (§ 23 Abs 1 und 2) der notariellen Beurkundung. Zweckmäßigerweise sollte sie zusammen mit diesen Rechtsakten im Gründungsprotokoll erfolgen. Die Gründer sind jedoch nicht gehindert, die Bestellung auch zu einem späteren Zeitpunkt in einer weiteren notariellen Verhandlung beurkunden zu lassen. Das Beurkundungserfordernis gilt nur für die Bestellung durch die Gründer, nicht auch für die Annahme der Bestellung durch den Gewählten, unten Rdn 5. Die Bestellung erfolgt durch Beschluss. Da insoweit bereits die Vorschriften für die 4 eingetragene AG gelten, genügt die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 133 Abs 1), sofern nicht die Satzung andere Bestimmungen trifft (§ 133 Abs 2).6 Das Stimmrecht richtet sich nach den übernommenen Aktien. Die Anwesenheit sämtlicher Gründer ist nicht erforderlich. Es entscheidet deshalb die Stimmenmehrheit der anwesenden Gründer, § 133.7 Die Bestellung ist jedoch nur dann wirksam, wenn allen Gründern der Wahltermin so ordnungsgemäß und rechtzeitig mitgeteilt worden ist, dass sie Gelegenheit zur Teilnahme hatten. Anderenfalls ist der Beschluss in entsprechender Anwendung der §§ 243 ff anfechtbar.8 In Einzelfällen kann aber auch Nichtigkeit vorliegen, dazu näher bei § 241. Die Gründer brauchen nicht persönlich zur Wahl zu erscheinen, sondern können sich vertreten lassen; die Vollmacht bedarf entsprechend § 134 Abs 3 Satz 3 der Textform.9 Die über den Bestellungsakt aufzunehmende notarielle Urkunde muss die Personen der anwesenden Gründer, den die ihnen zustehende Stimmenzahl sowie die Namen der Gewählten unter Angabe der auf sie entfallenden Stimmen feststellen.10 Wird das Entsendungsrecht nach § 101 Abs 2 schon für den ersten Aufsichtsrat ausgeübt, so

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4 Hüffer/Koch Rdn 2; Hölters/Solveen Rdn 3; Heidel/Polley Rdn 3; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2; Wachter/ Wachter Rdn 4. 5 KG JW 1932, 2620, 2621. 6 MünchKommAktG/Pentz Rdn 11; KK/Arnold Rdn 6; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 8; Hüffer/Koch Rdn 2; Hölters/Solveen Rdn 4. 7 Heute unstr., MünchKommAktG/Pentz Rdn 11; KK/Arnold Rdn 6; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 8; Hüffer/ Koch Rdn 2; Hölters/Solveen Rdn 4; Heidel/Polley Rdn 3; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2; Wachter/Wachter Rdn 6. Abweichend noch die dritte Auflage (Barz) Anm 5. 8 KK/Arnold Rdn 6. 9 MünchKommAktG/Pentz Rdn 12; KK/Arnold Rdn 6; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 6; Hüffer/Koch Rdn 2; Heidel/Polley Rdn 3; Wachter/Wachter Rdn 6. 10 MünchKommAktG/Pentz Rdn 13; KK/Arnold Rdn 8; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 7; Hüffer/Koch Rdn 2; Hölters/Solveen Rdn 5.

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Bestellung des Aufsichtsrats, des Vorstands und des Abschlußprüfers | § 30

bedarf auch die Erklärung des Entsendungsberechtigten in entsprechender Anwendung des § 30 Abs 1 Satz 2 der notariellen Beurkundung. Die Anwesenheit der Gewählten bei der Wahl ist weder vorgeschrieben noch aus ei- 5 nem anderen Grund erforderlich. Der Gewählte muss, wenn er sich nicht schon vorher mit seiner Wahl einverstanden erklärt hat, die Wahl annehmen. Die Bestellung ist zwar ein körperschaftliches Rechtsgeschäft, aber kein einseitiger Akt. Gegen seinen Willen können niemandem die Pflichten eines Aufsichtsratsamtes auferlegt werden. Die durch die Wahl erfolgte Bestellung wird deshalb erst mit der notwendigen Annahme wirksam. Die Annahme bedarf jedoch nicht der notariellen Beurkundung, da die Formvorschrift nur für den Wahlbeschluss der Gründer gilt.11 Allerdings ist die Aufnahme der Annahmeerklärung in die Beurkundung der Wahl zu empfehlen, da es bei der Anmeldung zum Handelsregister des Nachweises der Annahme bedarf. Die Annahme der Wahl kann aber auch durch konkludentes Handeln erklärt werden, etwa indem die Gewählten die ihnen obliegende Tätigkeit (§ 111) aufnehmen, insbes den Vorstand bestellen und bei der Anmeldung mitwirken. Mindestens im letztgenannten Fall erübrigt sich auch ein weiterer Nachweis der Annahme bei der Anmeldung.12 Zum Aufsichtsratsmitglied bestellt werden kann jede natürliche Person, die die Vor- 6 aussetzungen der §§ 100, 105 erfüllt. Wählbar sind auch die Gründer. Sie sind auch bei ihrer eigenen Wahl stimmberechtigt.13 Auch die Ausübung eines Entsendungsrechts ist bereits in Bezug auf den ersten Aufsichtsrat zulässig, oben Rdn 4. 2. Zusammensetzung, § 30 Abs 2. Die Zusammensetzung des Aufsichtsrats richtet 7 sich bereits nach den Bestimmungen für die eingetragene Gesellschaft, §§ 95 ff. Der Aufsichtsrat besteht mithin aus mindestens drei oder bei entsprechender Festsetzung in der Satzung auch aus einer höheren Zahl von Mitgliedern, die aber durch drei teilbar sein muss (s im einzelnen § 95). Da heutzutage – anders als in den Anfängen des Aktienwesens – nicht mehr in die Börse hinein gegründet wird, kommen die Vorschriften zur Geschlechterquote in börsennotierten Gesellschaften nicht zur Anwendung. Infolge der Anwendbarkeit der allgemeinen Regeln über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats bestand früher allerdings ein lebhafter Streit über die Beteiligung von Arbeitnehmervertretern (s dritte Auflage Anm 6). Die Streitfrage ist durch Abs 2 iS der Unanwendbarkeit der in den Mitbestimmungsgesetzen enthaltenen Vorschriften über die Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer entschieden. Infolgedessen setzt sich der erste Aufsichtsrat grundsätzlich nur aus Vertretern der Anteilseigner zusammen. Dies rechtfertigt sich im Allgemeinen aus dem Gesichtspunkt, dass die Amtszeit des ersten Aufsichtsrats zeitlich eng begrenzt ist und die noch in Gründung befindliche Gesellschaft idR nur sehr wenige oder gar keine Arbeitnehmer beschäftigen wird. Es gilt aber auch, wenn die in Gründung befindliche Gesellschaft im Einzelfall tatsächlich schon eine größere Anzahl von Arbeitnehmern eingestellt haben sollte. Umstritten ist die Rechtslage jedoch, wenn die in Gründung befindliche Gesellschaft 8 bestehende Unternehmen oder Unternehmensteile erwirbt, sei es im Wege der Einzelnachfolge (asset deal) oder im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (Umwandlungsvorgang). Ausgangspunkt ist die Ausnahmevorschrift des § 31. Sie bestimmt ein besonderes

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11 MünchKommAktG/Pentz Rdn 13; KK/Arnold Rdn 9; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 9; Hüffer/Koch Rdn 3; Hölters/Solveen Rdn 4. 12 Ähnlich MünchKommAktG/Pentz Rdn 14; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 6; Heidel/Polley Rdn 4; Bürgers/ Körber/Lohse Rdn 2. 13 KK/Arnold Rdn 7; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 8; Hüffer/Koch Rdn 2; Hölters/Solveen Rdn 4; Heidel/ Polley Rdn 4; Wachter/Wachter Rdn 5 f.

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§ 30 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

Verfahren zur Wahrung der Mitbestimmung, wenn im Wege der Sachgründung bzw. -übernahme ein Unternehmen oder Teile davon eingebracht oder übernommen werden. Diese Vorschrift kommt unzweifelhaft auch bei Umwandlungsvorgängen zur Anwendung, die eine neuzugründende Aktiengesellschaft als Zielrechtsträger haben, und zwar über die jeweiligen Verweisungen auf das Gründungsrecht (zB § 36 Abs 2 Satz 1 UmwG).14 Denn in diesen Fällen stellt das Unternehmen des übertragenden Rechtsträgers die Sacheinlage dar. Es kommt dann auch nicht darauf an, ob das Unternehmen fortgeführt wird.15 Kraft gesetzlicher Verweisung findet § 31 auch auf den formwechsel von einer nicht-mitbestimmten Rechtsform in die AG Anwendung (§ 197 Satz 2 UmwG). Dennoch sind von den erfassten Konstellationen Vorgänge abzugrenzen, wo ein Umwandlungsvorgang mit einem bereits zuvor neugegründeten Rechtsträger als Zielrechtsträger vorgenommen wird. Da dieser Fall sehr nahe an einer Verschmelzung, Abspaltung etc. zur Neugründung liegt, wird in diesen Fällen teilweise für eine Analogie plädiert.16 Die hM lehnt dies allerdings mit Hinweis auf den abschließenden Charakter der Bestimmungen, welche den früheren Streit um das Eingreifen der Mitbestimmung lösen sollten, ab und behandelt diese Fälle ebenso wie das bloße Anwachsen der Mitarbeiterzahl der neugegründeten Gesellschaft nach § 30 Abs 2.17 Das Gleiche gilt für den Erwerb von mitbestimmungspflichtigen Unternehmen oder Unternehmensteilen im Wege der Einzelnachfolge (asset deal), sofern diese nicht wiederum den Regeln der von § 31 erfassten Sachübernahme unterstehen. Blickt man auf den objektiven Zweck der §§ 30, 31, erscheint diese Sichtweise zweifelhaft. Denn ihnen lässt sich durchaus die gesetzgeberische Zielsetzung entnehmen, dass die Mitbestimmung in bereits bestehenden Unternehmen gewahrt und nicht durch Restrukturierungsvorgänge unterbrochen werden soll. Dem entspricht auch, dass § 197 Satz 2 UmwG den § 31 ausdrücklich beim Formwechsel für anwendbar erklärt, der dem Wortlaut nach nicht erfasst war.18 Den historischen Argumenten der hM ist demgegenüber entgegen zu halten, dass sich der Entwicklungsstand, etwa zur Dogmatik der Vorgesellschaft, verändert hat, so dass beispielsweise Vorstandsgeschäfte in der Vorgesellschaft nicht mehr unter die Vorschriften der Sachübernahme gefasst werden.19 Dennoch ist der hM zu folgen, und zwar mit Blick auf Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Nur in den Fällen der offenen Sacheinlage oder Sachübernahme, die auf ihre eigene Mitwirkung zurückzuführen sind, können die Gründer nämlich die Notwendigkeit eines Vorgehens nach § 30 Abs 2 oder § 31 sicher überblicken. In den anderen Fällen können sie das nicht oder jedenfalls nicht im Zeitpunkt der Gründung, womit eine Analogiefähigkeit ausscheidet und es hier mit dem gesetzlichen Regel-/Ausnahmeverhältnis sein Bewenden haben muss. Aus den gleichen Gründen nimmt die hM zu Recht die verdeckte Sacheinlage vom Anwendungsbereich des § 31 aus (siehe unten § 31 Rdn 2 f). Die temporäre Einschränkung der Mitbestimmung bis zu maximal 20 Monate erscheint demgegenüber als geringfügiger und ist mit der gesetzgeberischen Grundsatzentscheidung hinzunehmen.

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14 KK/Arnold Rdn 11 f; Kuhlmann NZG 2010, 46, 49. 15 Kuhlmann NZG 2010, 46, 49; Bärwaldt in: Semler/Stengel (o. Fußn. 28), § 36 Rdnr. 50; Mayer in: Widmann/Mayer, UmwG, Stand: Mai 2006, § 36 Rdnr. 176; aA Stratz in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz UmwR, 5. Aufl. 2009, § 73 UmwG Rdnr. 13. 16 So zB Oetker in: ErfK z. ArbR, 9. Aufl. (2009), § 6 MitbestG Rdnr. 3; Heither DB 2008, 109; ausf hiergegen Kuhlmann NZG 2010, 46 ff für die hM. 17 KK/Arnold Rdn 11 f; MünchHdbGesR/Hoffmann-Becking Band 4, AktG, § 3 Rdn 18 und § 4 Rdn 23; Kuhlmann NZG 2010, 46 ff. 18 Vgl MünchHdbGesR/Hoffmann-Becking Band 4, AktG, § 4 Rdn 22. 19 Hüffer/Koch § 27 Rdn 5a; oben § 27 Rdn 226.

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3. Notwendigkeit der Bestellung. Die Gründer sind verpflichtet, die volle Zahl der 9 nach Gesetz oder Satzung (§§ 95 ff) vorgesehenen Aufsichtsratsmitglieder zu bestellen; anderenfalls wäre die Gründung nicht ordnungsgemäß mit der Folge, dass die Gesellschaft gemäß § 38 nicht eingetragen werden könnte. Sie können mithin nicht (je nach den Verhältnissen) ein Drittel oder die Hälfte der Aufsichtsratssitze mit Rücksicht auf die im zweiten Aufsichtsrat hinzutretenden Arbeitnehmervertreter unbesetzt lassen. Es empfiehlt sich deshalb, in der Satzung für den ersten Aufsichtsrat eine entsprechend niedrigere Zahl von Aufsichtsratsmitgliedern vorzusehen als für den zweiten und alle folgenden Aufsichtsräte, wenn ein anderenfalls unausweichliches Ausscheiden eines Teils der in den ersten Aufsichtsrat gewählten Aktionärsvertreter vermieden werden soll. Eine solche Satzungsregelung verstößt nicht gegen das Bestimmtheitsgebot des § 95 Abs 1 Satz 2.20 4. Dauer der Amtszeit, § 30 Abs 3. Um den Arbeitnehmern die ihnen zustehende 10 Mitbestimmung im Aufsichtsrat nicht länger als unbedingt nötig vorzuenthalten, beschränkt § 30 Abs 3 die Amtszeit des ersten, nach Abs 2 noch ohne Arbeitnehmervertreter arbeitenden Aufsichtsrats. Die Vorschrift ersetzt die ältere Regelung des § 87 Abs 3 Satz 1 AktG 1937, die für die Amtsdauer des ersten Aufsichtsrats eine starre Frist vorgesehen und zudem noch eine Reihe von Zweifelsfragen ausgelöst hatte, durch eine flexiblere und den Bedürfnissen der Praxis besser angepasste Höchstfrist. Im Einzelnen gilt folgendes: Nach der nunmehr in § 30 Abs 3 getroffenen Regelung ist die Amtszeit des ersten 11 Aufsichtsrats nicht an eine feste Frist gebunden. Vielmehr endet die Amtszeit des ersten Aufsichtsrats nach § 30 Abs 3 Satz 1 spätestens mit Beendigung der Hauptversammlung, die über die Entlastung für das erste Voll- oder Rumpfgeschäftsjahr beschließt. Das Gesetz begnügt sich also mit der Festsetzung einer Höchstfrist (siehe aber nächste Rdn zur ungeschriebenen Mindestlaufzeit bis nach Eintragung). Danach beträgt die Amtszeit längstens 20 Monate. Dies ergibt sich daraus, dass ein volles Geschäftsjahr 12 Monate hat und die sich anschließende Hauptversammlung, die über die Entlastung der Organe für das abgelaufene erste Geschäftsjahr beschließt, nach § 175 Abs 1 Satz 2 in den ersten acht Monaten des neuen Geschäftsjahres stattzufinden hat.21 Im Allgemeinen wird die Amtsdauer jedoch kürzer sein, weil das erste Geschäftsjahr kein volles, sondern lediglich ein kürzeres Rumpfgeschäftsjahr ist. Zu einer regelwidrigen Verlängerung der Amtszeit über 20 Monate hinaus kann es entgegen der Vorauflage (Rdn 11) auch dann nicht mehr kommen, wenn die Hauptversammlung nicht rechtzeitig stattfindet oder die nach § 30 Abs 3 Satz 1 zur Beendigung der ersten Amtszeit des ersten Aufsichtsrats notwendige Beschlussfassung über die Entlastung unterlässt. Denn die nach § 30 Abs 3 Satz 1 zu berechnende Amtszeit endet nach der BGH-Rechtsprechung zur Parallelvorschrift des § 102,22 der sich die hM soweit ersichtlich einhellig angeschlossen hat,23 mit dem Schluss der dort genannten Hauptversammlung auch, wenn diese nicht über die Entlastung für

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20 Im Ergebnis MünchKommAktG/Pentz Rdn 20; KK/Arnold Rdn 13; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 15; Hüffer/Koch Rdn 5; Hölters/Solveen Rdn 6; Heidel/Polley Rdn 6; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2; MünchHdb/Hoffmann-Becking § 3, 12. 21 So im Anschluss an RegBegr Kropff Brox AG 1966, 347; Brauskiepe BB 1967, 485; MünchKommAktG/ Pentz Rdn 25; KK/Arnold Rdn 15; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 14; Hüffer/Koch Rdn 7. 22 BGH NZG 2002, 916 = AG 2002, 676. 23 KK/Arnold Rdn 16; MünchKommAktG/Pentz Rdn 24; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 14; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 10; Grigoleit/Vedder Rdn 8; Hölters/Solveen Rdn 8; Bügers/Körber/Lohse Rdn 4; jetzt auch Hüffer/Koch Rdn 7; anders noch Hüffer Voraufl, Rdn 7.

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das erste Geschäftsjahr beschlossen hat. Daher kommt es auch nicht darauf an, ob die Beschlussfassung wirksam ist. Die Satzung kann auch eine kürzere Amtszeit vorsehen und die Amtsdauer des 12 ersten Aufsichtsrats zB schon nach fünf Monaten enden lassen. Nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung muss das Ende der Amtszeit aber in jedem Falle nach Eintragung der Gesellschaft liegen.24 Die planmäßige Bestellung eines weiteren Aufsichtsrats durch die Gründer, der je nach den Umständen sodann sowohl die Gründungsprüfung als auch die Anmeldung der Gesellschaft zu wiederholen hätte, wäre nicht nur höchst unzweckmäßig, sondern darüber hinaus auch systemwidrig. Lässt die Satzung mithin die Amtszeit des ersten Aufsichtsrats nach Eintragung der Gesellschaft, aber vor Ablauf der in § 30 Abs 3 Satz 1 bestimmten Höchstfrist enden, so erfolgt die Bestellung des zweiten Aufsichtsrats durch die Hauptversammlung nach Maßgabe der allgemeinen Bestimmungen der §§ 95 ff. In entsprechender Weise steht es den Gründern auch ohne eine solche Bestimmung 13 oder Ermächtigung in der Satzung frei, den ersten Aufsichtsrat von sich aus nur für eine kürzere, dh für eine Amtszeit zu bestellen, die vor Ablauf der Höchstfrist des § 30 Abs 3 Satz 1 endet.25 Auch eine für die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder individuell unterschiedliche Regelung ist zulässig. Die kürzere Bestellzeit muss allerdings, wenn sie nicht schon in der Satzung festgelegt ist, in dem Bestellungsakt eindeutig zum Ausdruck kommen. Im Zweifel ist der Aufsichtsrat ebenso wie jedes einzelne seiner Mitglieder als für die gesetzliche Höchstfrist bestellt anzusehen. Bei jeder Verkürzung der Amtszeit des Aufsichtsrats, gleichviel, ob sie schon in der Satzung vorgesehen ist oder bei der Bestellung erfolgt, sollte darauf geachtet werden, dass zwischen Eintragung der Gesellschaft und dem Ende der Amtsdauer des ersten Aufsichtsrats ausreichend Zeit für die Einberufung der Hauptversammlung und die Vorbereitung einer ordnungsgemäßen Neuwahl, insbes die Bestellung der Arbeitnehmervertreter im zweiten Aufsichtsrat, bleibt. Eine Verkürzung, die dies außer Acht ließe, müsste zum Eingreifen des Gerichts nach § 104 führen. Eine Bestellung, die umgekehrt die Frist des § 30 Abs 3 Satz 1 überschreitet, ist 14 zwar nicht unwirksam. Sie endet aber ohne weiteres mit Ablauf dieser Frist.26 15

5. Vorzeitiges Ausscheiden von Mitgliedern. Das Gesetz enthält für die Fälle der Abberufung und Amtsniederlegung von Mitgliedern des ersten Aufsichtsrats keine besondere Regelung. Die Bestimmungen des § 87 Abs 3 Satz 2 AktG 1937, welche die Abberufung des ersten Aufsichtsrats mit einfacher Mehrheit zuließ, ist nicht in das geltende Recht übernommen worden. Daher gelten insoweit bereits die allgemeinen Vorschriften des AktG, sofern sie nicht die Eintragung der AG voraussetzen. Danach ist auch die Abberufung eines Mitglieds des ersten Aufsichtsrats grundsätzlich zulässig. Sie fällt vor der Eintragung der AG in die Zuständigkeit der Gründer, danach in diejenige der Hauptversammlung und bedarf, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, in beiden Fällen gleichermaßen einer Mehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen, § 103 Abs 1 Satz 2

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24 Heute ganz hM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 26; KK/Arnold Rdn 17; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 14; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 11; Hüffer/Koch Rdn 7; Hölters/Solveen Rdn 8; Heidel/Polley Rdn 7; Bürgers/ Körber/Lohse Rdn 4; Wachter/Wachter Rdn 14; aA noch Geßler/Eckardt Rdn 23. 25 Brauksiepe BB 1967, 485; MünchKommAktG/Pentz Rdn 26; KK/Arnold Rdn 17; Hölters/Solveen Rdn 8; Heidel/Polley Rdn 7; Wachter/Wachter Rdn 14. 26 MünchKommAktG/Pentz Rdn 23; KK/Arnold Rdn 17; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 14; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 10; Hüffer/Koch Rdn 7; Grigoleit/Vedder Rdn 8; Hölters/Solveen Rdn 8; Heidel/Polley Rdn 7; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 4; Wachter/Wachter Rdn 14 f.

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und 3.27 Wird der Beschluss noch vor Eintragung der Gesellschaft von den Gründern gefasst, bedarf er nach heute wohl übereinstimmender Ansicht der notariellen Beurkundung.28 Umstritten ist allerdings die Grundlage. Nach hM soll § 30 Abs 1 Satz 2 zum Zug kommen.29 Nach anderer, unter anderem in der Vorauflage vertretener Ansicht stützt sich der Formbedarf auf § 130 Abs 1 Satz 1.30 Dieser Vorgriff auf das nach der Eintragung geltende Recht erscheint passender. Im Ergebnis dürfte aber ohnehin kein wesentlicher Unterschied zwischen den Ansichten vorliegen, da die Ausnahmeklausel des § 130 Abs 1 Satz 3 für nicht-börsennotierte Gesellschaften31 bei einer qualifizierten Mehrheit, wie sie für die Abberufung zwingend vorgeschrieben ist, nicht eingreift. Auch die Amtsniederlegung richtet sich bereits nach den für die fertige AG gelten- 16 den Regeln,32 s dazu die Erläuterungen zu § 103; dort auch zu den unterschiedlichen Ansichten zu der Frage, ob die Amtsniederlegung, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, oder grundsätzlich jederzeit zulässig ist.33 Die Erklärung der Amtsniederlegung ist an den ersten Vorstand oder, wenn dieser noch nicht bestellt ist, an die Gründer zu richten. Ein vorzeitig durch Tod, Absetzung, Abberufung oder Amtsniederlegung (vorste- 17 hend Rdn 16) weggefallenes Aufsichtsratsmitglied muss ebenso wie ein durch Ablauf seiner Amtszeit regulär ausgeschiedenes (oben Rdn 12 und 15) Aufsichtsratsmitglied durch ein neues ersetzt werden, um die gesetzliche oder satzungsmäßige Vollzähligkeit des Aufsichtsrates wiederherzustellen. Die Bestellung erfolgt vor Eintragung der Gesellschaft nach den oben beschriebenen Regeln in notariell beurkundeter Form durch die Gründer, durch mit einfacher Mehrheit gefassten Gesellschafterbeschluß oder durch Erklärung eines etwaigen Entsendungsberechtigten. Nach Eintragung der AG wird die Bestellung durch Beschluss der Hauptversammlung nach §§ 101, 130 genommen, notfalls durch gerichtliche Entscheidung nach § 104.34 Nichts anderes gilt, wenn aus den genannten Gründen nicht nur einzelne, sondern sämtliche Mitglieder des Aufsichtsrats vor Ablauf der in § 30 Abs 3 Satz 1 genannten Frist neu bestellt werden müssen. Die neuen Mitglieder bleiben – ohne Unterschied, ob sie durch die Gründer oder 18 nach Eintragung der AG durch die Hauptversammlung gewählt oder nach § 104 durch das Gericht bestellt wurden – Mitglieder des ersten Aufsichtsrats iSd § 30. Ihre Amtszeit endet infolgedessen spätestens in dem durch § 30 Abs 3 Satz 1 bestimmten Zeitpunkt. Dies gilt auch dann, wenn der gesamte Aufsichtsrat neu gewählt werden muss. Die früher vereinzelt vertretene Ansicht, wonach der erste Aufsichtsrat mit dem Ausscheiden der Mehrheit seiner ursprünglich bestellten Mitglieder sein Ende findet,35 ist abzulehnen und kann mittlerweile als überwunden gelten. Die Tatsache, dass § 30 Abs 3

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27 Heute wohl unstr., Hüffer/Koch Rdn 4; Grigoleit/Vedder Rdn 10; Hölters/Solveen Rdn 9; aA (bei Widerruf der Bestellung durch die Gründer genügt einfache Mehrheit) noch Geßler/Eckardt Rdn 26. 28 AA noch KK/Kraft (Vorauflage) Rdn 26: Abberufung im Gegensatz zur Bestellung der neuen Aufsichtsratsmitglieder formlos möglich. 29 KK/Arnold Rdn 18; MünchKommAktG/Pentz Rdn 29; Grigoleit/Vedder Rdn 10; Hölters/Solveen Rdn 9; jetzt auch Hüffer/Koch Rdn 4; Heidel/Polley Rdn 7; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 3; Wachter/Wachter Rdn 16. 30 Spindler/Stilz/Gerber Rdn 10; auch noch Hüffer (Voraufl), Rdn 4; unentschieden: Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 13. 31 Auf diese abhebend MünchKommAktG/Pentz Rdn 29. 32 AllgM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 28. 33 Uneingeschränkte Zulässigkeit entspricht mittlerweile der hM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 28; Hüffer/Koch Rdn 17; MünchHdbAG/Hoffmann-Becking § 30 Rdn 46. 34 MünchKommAktG/Pentz Rdn 30; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 12; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 14; Hüffer/Koch Rdn 4; Grigoleit/Vedder Rdn 10; Hölters/Solveen Rdn 9; Wachter/Wachter Rdn 17. 35 So noch Geßler/Eckardt Rdn 25; wie hier dagegen im Ergebnis RGZ 24, 57; MünchKommAktG/Pentz Rdn 30; KK/Arnold Rdn 20; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 11; Hüffer/Koch Rdn 4; Hölters/Solveen Rdn 9.

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Satz 1 die Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern auch für eine kürzere Dauer als die dort vorgesehene Höchstfrist zulässt, vermag diese Annahme nicht zu rechtfertigen.36 Etwas anderes kann allerdings gelten, wenn der eindeutige Wille der Gründer feststeht, die Amtsperiode des ersten Aufsichtsrats auf eine unter der Höchstfrist des § 30 Abs 3 Satz 1 liegende Zeit zu beschränken. Dies kann etwa der Fall sein, wenn die Satzung generell eine kürzere Amtsdauer des ersten Aufsichtsrats vorsieht oder die Gründer den gesamten Aufsichtsrat nur für eine kurze Zeit bestellen. 19

6. Aufgaben. Für das Gründungsverfahren überträgt das Gesetz dem ersten Aufsichtsrat eine Reihe von besonderen Aufgaben, die dem Zweck dienen, die AG als rechtsfähige Körperschaft zum Entstehen zu bringen; es sind dies die Prüfung des Hergangs der Gründung (§ 33 Abs 1) und die Mitwirkung bei der Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister (§ 36 Abs 1). Hinzu kommt die Bestellung des Vorstandes (§ 30 Abs 4). Darüber hinaus obliegt ihm auch schon in diesem Stadium die Aufgabe, die Geschäftsführung zu überwachen und die Vertretung der Gesellschaft gegenüber dem Vorstand wahrzunehmen (§§ 111, 112).37 Dies hat vor allem dann Bedeutung, wenn schon vor der Entstehung der AG ein Unternehmen eingebracht oder übernommen und für Rechnung der Gesellschaft fortgeführt wird. In diesem Fall sind für den Umfang der Überwachungsaufgaben die für den Aufsichtsrat allgemein geltenden Vorschriften heranzuziehen. Die Sorgfaltspflicht und Haftung der Aufsichtsratsmitglieder bestimmen sich nach §§ 116, 93; für Pflichtverletzungen bei der Gründung gilt als spezielle Vorschrift § 48.

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7. Vergütung. Eine Vergütung für ihre Tätigkeit kann den Mitgliedern des ersten Aufsichtsrats nur nachträglich durch die Hauptversammlung bewilligt werden, die über ihre Entlastung beschließt (§ 113 Abs 2). Abweichende Abreden sind nach § 134 BGB nichtig.38 Davon abgesehen kann aber auch einem Mitglied des ersten Aufsichtsrats eine Vergütung in Gestalt eines Gründerlohnes oder Sondervorteils für seine Mitwirkung bei der Gründung oder ihrer Vorbereitung unter der Voraussetzung gewährt werden, dass dabei die Anforderungen des § 26 gewahrt werden.39 In dieser Regelung kommt deutlich das Misstrauen des Gesetzgebers gegen ein Zusammenspiel der Gründer mit den Mitgliedern des ersten Aufsichtsrats zum Ausdruck. III. Bekanntmachung über die Zusammensetzung des zweiten Aufsichtsrats, § 30 Abs 3 Satz 2

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Die hier getroffene Regelung dient der Vorbereitung der Arbeitnehmerbeteiligung in mitbestimmungspflichtigen Gesellschaften. Der von den Gründern bestellte erste Aufsichtsrat besteht, wenn nicht der Fall des § 31 vorliegt, ausschließlich aus Vertretern der Anteilseigner. Dies gilt auch dann, wenn die AG der Mitbestimmung unterliegt, dazu schon oben Rdn 7. Dies ist zwar in der Anfangsphase, in der die Gesellschaft ihr Entstehen als AG und ihren Geschäftsbetrieb erst vorbereitet, hinnehmbar. Gleichwohl ist der Gesetzgeber bestrebt, diesen Zustand so bald wie möglich zu beenden und für die Bestel-

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36 Übereinstimmend MünchKommAktG/Pentz Rdn 30; Hüffer/Koch Rdn 4. 37 RGZ 144, 348, 351; MünchKommAktG/Pentz Rdn 31; KK/Arnold Rdn 21; Hüffer/Koch Rdn 6; Hölters/ Solveen Rdn 7; Heidel/Polley Rdn 8; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 5; Wachter/Wachter Rdn 18. 38 Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 16; Hüffer/Koch Rdn 8; Grigoleit/Vedder Rdn 11; Hölters/Solveen Rdn 10; Heidel/Polley Rdn 9; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 5; Wachter/Wachter Rdn 19. 39 MünchKommAktG/Pentz Rdn 32; KK/Arnold Rdn 22; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 17; Hüffer/Koch Rdn 8; Hölters/Solveen Rdn 10; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 5.

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lung eines nach der Vorschrift des § 96 zusammengesetzten Aufsichtsrats zu sorgen. Diesem Bemühen dient zum einen die Beschränkung der Amtsperiode des ersten Aufsichtsrats auf die knappe Zeitspanne des § 30 Abs 3 Satz 1 und zum anderen die dem Vorstand in § 30 Abs 3 Satz 2 auferlegte Pflicht, die erforderliche Ablösung des ersten durch den zweiten Aufsichtsrat ordnungsgemäß und rechtzeitig vorzubereiten. Rechtstechnisches Mittel dazu ist die Verweisung auf die Bestimmungen der §§ 96 bis 99. Während jedoch § 97 die Bekanntmachungspflicht nur für den Fall anordnet, dass der Vorstand der Auffassung ist, der Aufsichtsrat sei nicht nach den für ihn geltenden Bestimmungen zusammengesetzt, ordnet § 30 Abs 3 Satz 2 eine von der speziellen Zielsetzung dieser Vorschrift geprägte unbedingte Bekanntmachungspflicht an. Die Bekanntmachung hat daher auch dann zu erfolgen, wenn nach Auffassung des Vorstandes eine Änderung in der Zusammensetzung des ohne die Beteiligung von Arbeitnehmervertretern gebildeten ersten Aufsichtsrats nicht geboten ist. Wegen der Einzelheiten dieser Bekanntmachung, der gerichtlichen Entscheidung über die Zusammensetzung und das dazu bestimmte Verfahren wird auf die Erläuterungen zu §§ 97–99 verwiesen. – Ist sich der Vorstand über die richtige Besetzung des zweiten Aufsichtsrats nicht im Klaren, muss er befugt sein, statt der Bekanntmachung einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu stellen (§ 98 Abs 1, Abs 2 Nr 1). Die Bekanntmachung hat „rechtzeitig“ vor Ablauf der Amtszeit des ersten Auf- 22 sichtsrats zu erfolgen. Für die Rechtzeitigkeit ist zum einen die nach § 97 Abs 1 Satz 3 für die Anrufung des Gerichts bestimmte Monatsfrist zu beachten, zum anderen die voraussichtliche Dauer des etwa eingeleiteten gerichtlichen Verfahrens und schließlich auch die Zeit, die für die Durchführung der Verfahren erforderlich ist, in denen die Arbeitnehmervertreter gewählt oder bestellt werden. Von rechtzeitiger Bekanntmachung wird man deshalb im Allgemeinen nur dann sprechen können, wenn sie etwa 4 bis 5 Monate vor der Hauptversammlung ergeht, auf welcher der zweite Aufsichtsrat gewählt werden soll.40 Die Unterlassung einer rechtzeitigen Bekanntmachung kann zur Verspätung der Wahlvorschläge nach dem einschlägigen Mitbestimmungsrecht oder zur verspäteten Durchführung der Wahl der Arbeitnehmervertreter mit der Folge führen, dass eine weitere (außerordentliche) Hauptversammlung erforderlich wird oder der Aufsichtsrat zunächst nicht ordnungsgemäß zusammengesetzt und nach § 104 durch das Gericht zu bestimmen ist. Für die dadurch anfallenden Mehrkosten kann der Vorstand, der die rechtzeitige Bekanntmachung versäumt hat, gem § 93, uU auch der Aufsichtsrat gem § 116, schadensersatzpflichtig sein. Die erfolgte Wahl wird durch einen Verstoß gegen die Rechtzeitigkeit freilich nicht berührt, insbesondere nicht anfechtbar, da ja der Weg über § 104 offen steht.41 Zur Nichtigkeit nach § 250 Abs 1 Nr 1 führt es allerdings, wenn die Wahl gegen die verbindlich gewordene Bekanntmachung des Vorstandes oder eine ergangene gerichtliche Entscheidung verstößt.42 Erlischt die Amtszeit des ersten Aufsichtsrats vor rechtskräftiger Entscheidung eines 23 gem § 98 (uU auch durch den Vorstand selber, oben Rdn 21 aE) eingeleiteten gerichtlichen Verfahrens, so ist der Aufsichtsrat, wenn nicht eine außerordentliche Hauptversammlung eine Neubestellung vornimmt, gem § 104 durch das Gericht zu bestellen. Da die in der Bekanntmachung nach § 30 Abs 3 Satz 2 geäußerte Ansicht des Vorstandes über die richtige Zusammensetzung des zweiten Aufsichtsrats infolge der Anfechtung

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40 KK/Arnold Rdn 25; MünchKommAktG/Pentz Rdn 33; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 18; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 17; Hüffer/Koch Rdn 9; Grigoleit/Vedder Rdn 12; Hölters/Solveen Rdn 11. 41 MünchKommAktG/Pentz Rdn 36; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 20. 42 MünchKommAktG/Pentz Rdn 36; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 19.

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keine Verbindlichkeit erlangen konnte, muss der Interims-Aufsichtsrat ebenso zusammengesetzt werden wie der bisherige.43 IV. Erster Abschlussprüfer, § 30 Abs 1 Der von einer AG aufzustellende Jahresabschluss und Lagebericht (§§ 242, 264 HGB) ist nach Maßgabe des § 316 HGB grundsätzlich durch einen Abschlussprüfer zu prüfen. Das gilt auch bereits für das erste Voll- oder Rumpfgeschäftsjahr der Gesellschaft. Da nicht damit gerechnet werden kann, dass bis dahin eine Hauptversammlung stattgefunden hat, welche die Bestellung des Abschlussprüfers hätte vornehmen können (§ 119 Abs 1 Nr 4), weist § 30 Abs 1 Satz 1 auch die Bestellung des ersten Abschlussprüfers den Gründern zu. Durch diese Regelung wird die Notwendigkeit einer außerordentlichen Hauptversammlung oder eine gerichtliche Bestellung (§ 318 Abs 4 HGB) vermieden. Umstritten ist, ob der erste Abschlussprüfer auch dann bereits bei der Gründung zu 25 bestellen ist, wenn es sich bei der neugegründeten Aktiengesellschaft um eine kleine Aktiengesellschaft handelt, die nach § 267 Abs 1 HGB von der Prüfpflicht befreit ist. Die hM lehnt einen Wegfall der Bestellungspflicht ab, da im Zeitpunkt der Gründung noch nicht sicher vorher gesagt werden könne, ob die Verhältnisse am Bilanzstichtag wirklich die Voraussetzungen der Befreiung erfüllen.44 Demgegenüber wird darauf hingewiesen, dass die Bestellung, da nachholbar, ohnehin keine Eintragungsvoraussetzung sei.45 Sei also sicher absehbar, dass die Voraussetzungen nach § 267 Abs 1 erfüllt werden, könne die Bestellung unterbleiben. Sie wäre bloße Förmelei. Für die hM spricht aber, dass die Vornahme einer Bestellung, die wegen tatsächlichen Nichtbestehens der Prüfpflicht ins Leere läuft, keine Kosten verursacht, wohl aber die mögliche Nachholung der Bestellung (Hauptversammlung).46 Für das Verfahren der Bestellung gelten dieselben Regeln einschließlich der Form26 bedürftigkeit nach § 30 Abs 1 Satz 2 wie für die Bestellung des ersten Aufsichtsrats, s deshalb die Ausführungen oben Rdn 3 ff. Eine gerichtliche Bestellung ist ebenso wenig wie beim Aufsichtsrat vor der Eintragung möglich. Als Abschlussprüfer kommen vor allem Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, dazu im einzelnen § 319 Abs 1 HGB, in Betracht. Die Bestellung durch die Gründer gilt nur für das auf die Eintragung der Gesellschaft 27 folgende Geschäftsjahr. Ist dieses Geschäftsjahr aber ein Rumpfgeschäftsjahr, so muss die Hauptversammlung für das daran anschließende volle Geschäftsjahr eine neue Bestellung vornehmen. Die Bestellung führt als solche noch zu keiner Prüfungspflicht. Die in §§ 316 ff HGB beschriebenen Aufgaben werden erst durch den zwischen dem Prüfer und der AG geschlossenen Prüfungsvertrag (Prüfungsauftrag) begründet.47 Aus ihm ergibt sich auch der Vergütungsanspruch des Prüfers. Der Abschluss dieses Vertrages ist Recht und Pflicht des Aufsichtsrates, nicht der Gründer (§ 111 Abs 2 Satz 3). § 318 Abs 1

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43 KK/Arnold Rdn 26; Hüffer/Koch Rdn 9; Grigoleit/Vedder Rdn 14; Hölters/Solveen Rdn 11; Heidel/Polley Rdn 10. 44 MüchHdbAG/Hoffmann-Becking § 3 Rdn 23; dem folgend KK/Arnold Rdn 27; Hüffer/Koch Rdn 10; Grigoleit/Vedder Rdn 25; offen gelassen Bürgers/Körber/Lohse Rdn 8; aA Wachter/Wachter Rdn 26. 45 Spindler/Stilz/Gerber Rdn 20; Heidel/Polley Rdn 11; Wachter/Wachter Rdn 26; vgl auch DNotI-Report 2008, 3. 46 Überzeugend MüchHdbAG/Hoffmann-Becking § 3 Rdn 23; Grigoleit/Vedder Rdn 25. 47 MünchKommAktG/Pentz Rdn 46; Grigoleit/Vedder Rdn 22; Hölters/Solveen Rdn 13; Wachter/Wachter Rdn 28.

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Satz 4, wonach der Prüfungsauftrag unmittelbar nach der Wahl zu erteilen ist, gilt auch schon vor Eintragung der Gesellschaft.48 Die Bestellung des Abschlussprüfers kann nach Eintragung der Gesellschaft nur 28 noch nach Maßgabe der in § 318 Abs 3 HGB getroffenen Regelung widerrufen werden. Nach Ansicht der dritten Auflage (Anm 10) konnte der Widerruf der Bestellung dagegen bis zur Eintragung jederzeit ohne weitere Voraussetzungen aufgrund eines mit einfacher Mehrheit gefassten Beschlusses der Gründer erfolgen. Diese Auffassung dürfte, nachdem der Gesetzgeber inzwischen durch § 318 Abs 3 HGB zwecks Stärkung der Rechtsstellung und Unabhängigkeit des Abschlussprüfers auch das Widerrufsrecht der Hauptversammlung gegenüber dem früheren § 163 Abs 5 in einschneidender Weise eingeschränkt hat, nicht mehr aufrechtzuerhalten sein. Danach können sich auch die Gründer des von ihnen berufenen ersten Abschlussprüfers nur unter den Voraussetzungen des § 318 Abs 3 HGB entledigen.49 Die Nichterfüllung der Verpflichtung der Gründer (§ 30 Abs 1 Satz 1) zur Bestellung 29 des ersten Abschlussprüfers begründet keinen Errichtungsmangel iSv § 38 Abs 1; die Gesellschaft ist trotzdem in das Handelsregister einzutragen. Der Abschlussprüfer hat keine unverzichtbare Funktion im Entstehungsprozess der Gesellschaft: mit Eintragung der Gesellschaft wird die gerichtliche Ersatzbestellung nach § 318 Abs 4 HGB möglich.50 V. Erster Vorstand, § 30 Abs 4 Nach § 30 Abs 4 hat der erste Aufsichtsrat auch schon den ersten Vorstand zu bestel- 30 len. Weitere Sondervorschriften finden sich nicht, es gelten also die allgemeinen Regeln.51 Das bedeutet: Die Bestellung erfolgt im Wege der Beschlussfassung. Einfache Stimmenmehrheit genügt, näheres bei § 108; dort auch zur Frage abweichender Satzungsklauseln. Die Einhaltung einer bestimmten Form ist ebenso wenig wie für die Bestellung späterer Vorstände vorgeschrieben. Es bedarf also insbes keiner notariellen Beurkundung. Nach § 107 Abs 2 ist jedoch über die Beschlüsse des Aufsichtsrats – und damit auch für die Wahl des Vorstands – eine Niederschrift anzufertigen, die der Anmeldung der AG beizufügen ist, § 37 Abs 4 Nr 3. Die Bestellung bedarf der Annahme durch den zum Vorstand Gewählten. Die Annahme kann auch durch konkludentes Handeln erfolgen; es gelten insoweit dieselben Regeln wie für die Annahme des Aufsichtsratsamtes, oben Rdn 5. Die Dauer der Amtszeit ist anders als diejenige des ersten Aufsichtsrats nicht an 31 die Höchstgrenze des § 30 Abs 3 Satz 1 gebunden. Es gilt vielmehr bereits § 84, der in Abs 1 eine Höchstdauer von fünf Jahren vorsieht. Im Übrigen endet die Amtszeit mit Ablauf der Zeitspanne, für die das einzelne Vorstandsmitglied bestellt ist. Für den Widerruf der Bestellung gilt auch schon vor Eintragung der AG die in § 84 Abs 3 Satz 3 getroffene Regelung. Zur Niederlegung des Amtes s die Erläuterungen zu § 84. Von dem körperschaftlichen Akt der Bestellung ist nach der ganz herrschenden Trennungslehre der ebenfalls in die Zuständigkeit des Aufsichtsrats fallende Abschluss eines schuld-

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48 MünchKommAktG/Pentz Rdn 46; KK/Arnold Rdn 28; Hüffer/Koch Rdn 10; Hölters/Solveen Rdn 13. 49 MünchKommAktG/Pentz Rdn 50; KK/Arnold Rdn 30; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 29; Hüffer/Koch Rdn 11; Grigoleit/Vedder Rdn 24; Hölters/Solveen Rdn 14. 50 KK/Arnold Rdn 29; MünchKommAktG/Pentz Rdn 47; Hüffer/Koch Rdn 10; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 20; Hölters/Solveen Rdn 13. 51 MünchKommAktG/Pentz Rdn 38; Heidel/Polley Rdn 13; Wachter/Wachter Rdn 22.

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rechtlichen Anstellungsvertrages (Dienstvertrages) mit dem in das Vorstandsamt Berufenen zu unterscheiden. Nach dem Gesetz müssen die Mitglieder des Vorstands ebenso wenig wie diejenigen des Aufsichtsrats dem Kreis der Gründer angehören. Die Satzung kann dies aber vorsehen. Im Übrigen richtet sich die Zusammensetzung des Vorstands nach Gesetz (§§ 76 Abs 2 und 3, 105) und Satzung. Ein Arbeitsdirektor ist nicht zu stellen, sa § 31 Rdn 10. Die Nichterfüllung der Verpflichtung des Aufsichtsrats zur Bestellung des ersten Vorstands begründet einen Errichtungsmangel. Die Gesellschaft kann nach § 38 Abs 1 nicht eingetragen werden. Eine Ersetzung der Bestellung durch gerichtliche Entscheidung ist nicht vorgesehen. Beharrt der Aufsichtsrat mithin auf seiner pflichtwidrigen (§ 30 Abs 4) Weigerung, einen Vorstand zu bestellen, so bleibt den Gründern nur der Weg der Abberufung und Neubestellung des ersten Aufsichtsrats. Auch die Aufgaben des ersten Vorstands beschränken sich nicht allein auf die Maßnahmen, die zur Entstehung der AG erforderlich sind und die ihm das Gesetz deshalb eigens zugewiesen hat (Bekanntmachung gemäß § 30 Abs 3 Satz 2, oben Rdn 21 und ggf § 31 Abs 3 Satz 1; Mitwirkung bei der Prüfung, § 33, und Anmeldung, § 36). Der Vorstand ist auch schon im Stadium der Vor-AG zur Führung ihrer Geschäfte und zu ihrer Außenvertretung als ihr gesetzliches Vertretungsorgan berufen, §§ 76, 78. Dies gilt vor allem dann, wenn ein übernommenes Handelsgeschäft schon jetzt für Rechnung der Gesellschaft fortgeführt werden muss. Seine Verantwortlichkeit richtet sich auch schon vor Eintragung der Gesellschaft nach dem Maßstab des § 93. Für Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Gründung gilt § 48. Nach früher überwiegender Meinung (zu Nachweisen siehe Voraufl., Rdn 34) sollte dem Vorstand für seine vor Eintragung der Gesellschaft geleistete Tätigkeit ein Vergütungsanspruch nur dann zustehen, wenn dieser als Gründungsaufwand gem § 26 Abs 2 in der Satzung festgesetzt ist. Diese Annahme konnte sich anders als die entsprechende Regelung für den ersten Aufsichtsrat (§ 113 Abs 2 Satz 1) nicht auf das Gesetz berufen und ist vom BGH daher mit Recht verworfen worden.52 Die Führung der Geschäfte der Vor-AG ist, schon soweit sie die Aufnahme des künftigen Geschäftsbetriebs der AG vorbereitet, und erst recht, wenn schon ein übernommenes Unternehmen zu leiten ist, von der Sache her keine Gründertätigkeit und eine dafür zu zahlende Vergütung deshalb auch kein Gründerlohn. Auch erschwert die Versagung einer Vergütung, schon für diese Phase einen qualifizierten außenstehenden Vorstand zu gewinnen. Diese Argumentation hat zwar vor allem die Vergütung für die bereits notwendige Unternehmensleitung im Auge. Der BGH hat sie aber darauf nicht eingeschränkt, was man aus Praktikabilitätsgründen auch befürworten sollte.53 Die geschuldete Vergütung wird nicht von der Handelndenhaftung aus § 41 erfasst, da die Vorstände als Insider nicht zum geschützten Personenkreis gehören.54

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52 BGH NJW 2004, 2519, 2520 im Anschluss an Voraufl, Rdn 34; dem folgend jetzt die hM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 41; KK/Arnold Rdn 37 (abweichend von KK/Kraft Voraufl, Rdn 43); Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 24; Hüffer/Koch Rdn 12; Grigoleit/Vedder Rdn 21; Hölters/Solveen Rdn 16; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 7. 53 Einschränkend aber MünchKommAktG/Pentz Rdn 41, der die Vergütung für Gründungstätigkeiten offenbar als Gründungsaufwand ansehen will. 54 BGH NJW 2004, 2519, 2520; näher die Erläuterungen zu § 41.

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Bestellung des Aufsichtsrats bei Sachgründung | § 31

§ 31 Bestellung des Aufsichtsrats bei Sachgründung 2. Teil – Gründung der Gesellschaft Bestellung des Aufsichtsrats bei Sachgründung § 31 Röhricht/Schall

(1) 1 Ist in der Satzung als Gegenstand einer Sacheinlage oder Sachübernahme die Einbringung oder Übernahme eines Unternehmens oder eines Teils eines Unternehmens festgesetzt worden, so haben die Gründer nur so viele Aufsichtsratsmitglieder zu bestellen, wie nach den gesetzlichen Vorschriften, die nach ihrer Ansicht nach der Einbringung oder Übernahme für die Zusammensetzung des Aufsichtsrats maßgebend sind, von der Hauptversammlung ohne Bindung an Wahlvorschläge zu wählen sind. 2 Sie haben jedoch, wenn dies nur zwei Aufsichtsratsmitglieder sind, drei Aufsichtsratsmitglieder zu bestellen. (2) Der nach Absatz 1 Satz 1 bestellte Aufsichtsrat ist, soweit die Satzung nichts anderes bestimmt, beschlußfähig, wenn die Hälfte, mindestens jedoch drei seiner Mitglieder an der Beschlußfassung teilnehmen. (3) 1 Unverzüglich nach der Einbringung oder Übernahme des Unternehmens oder des Unternehmensteils hat der Vorstand bekanntzumachen, nach welchen gesetzlichen Vorschriften nach seiner Ansicht der Aufsichtsrat zusammengesetzt sein muß. 2 §§ 97 bis 99 gelten sinngemäß. 3 Das Amt der bisherigen Aufsichtsratsmitglieder erlischt nur, wenn der Aufsichtsrat nach anderen als den von den Gründern für maßgebend gehaltenen Vorschriften zusammenzusetzen ist oder wenn die Gründer drei Aufsichtsratsmitglieder bestellt haben, der Aufsichtsrat aber auch aus Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer zu bestehen hat. (4) Absatz 3 gilt nicht, wenn das Unternehmen oder der Unternehmensteil erst nach der Bekanntmachung des Vorstands nach § 30 Abs. 3 Satz 2 eingebracht oder übernommen wird. (5) § 30 Abs. 3 Satz 1 gilt nicht für die nach Absatz 3 bestellten Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer. Schrifttum S vor § 30.

I. II. III.

IV.

Systematische Übersicht Vorgeschichte und Bedeutung | 1 Die Mitbestimmung im ersten Aufsichtsrat | 2 Der von den Gründern bestellte Aufsichtsrat, § 31 Abs 1 | 5 1. Die Bestellung | 5 2. Zusammensetzung | 6 3. Aufgaben und Funktion | 10 4. Beschlussfähigkeit, § 31 Abs 2 | 12 Ergänzung durch Arbeitnehmervertreter, § 31 Abs 3 | 15 1. Systematik; die Bekanntmachungspflicht des § 31 Abs 3 Satz 1 und 2 | 15

2.

V. VI.

Die Wirkung der Bekanntmachung, § 31 Abs 3 Satz 2 | 20 a) Bestätigung der Sicht der Gründer | 21 b) Keine Bestätigung der Sicht der Gründer | 23 3. Der ergänzte oder neu bestellte Aufsichtsrat, § 31 Abs 5 | 24 Der Sonderfall des interimistischen zweiten Aufsichtsrats | 26 Der Aufsichtsrat bei nachträglicher Unternehmenseinbringung, § 31 Abs 4 | 27

I. Vorgeschichte und Bedeutung § 23 AktG 1937 enthielt keine Bestimmung über die Zusammensetzung des Aufsichts- 1 rats, die nach dem Inkrafttreten mitbestimmungsrechtlicher Vorschriften (§ 76 BetrVG 301

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§ 31 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

1952, Montan-MitbestG v 21.5.1951, Mitbestimmungsergänzungsgesetz v 7.8.1956) für den Gründungsaufsichtsrat höchst streitig geworden war. Die jetzige seit 1965 geltende aus § 30 Abs 2 und § 31 bestehende Gesamtregelung stellt klar, dass die Mitbestimmung bei Erwerb eines Unternehmens oder Unternehmensteils im Gründungsstadium bereits für den ersten Aufsichtsrat gilt (§ 31), während sie in allen anderen Fällen ausscheidet (§ 30 Abs 2); dazu auch schon § 30 Rdn 1. – § 31 Abs 5 ist mit Wirkung ab 10.8.1994 durch das Gesetz für kleine AG und zur Deregulierung des Aktienrechts v 2.8.1994 (BGBl I 1961) geändert worden, dazu unten Rdn 24. II. Die Mitbestimmung im ersten Aufsichtsrat Die Vorschrift stellt eine Ausnahme zur grundsätzlichen Mitbestimmungsfreiheit des ersten Aufsichtsrates dar. Ihr Zweck liegt darin, die Mitbestimmung in bereits betriebenen Unternehmen oder Unternehmensteilen durchgängig aufrecht zu erhalten. Obwohl Ausnahmevorschrift, ist sie daher nicht grundsätzlich analogieunfähig. Gegen eine Erweiterung auf andere, den in § 31 genannten ähnliche Vorgänge, die zum Erwerb von Unternehmen durch eine neugegründete Aktiengesellschaft führen (zB Erwerb im Wege der Einzelnachfolge oder als bereits bestehender Zielrechtsträger eines Umwandlungsvorgangs) sprechen nicht grundsätzliche methodische Bedenken, sondern die Vergleichbarkeit der Sachlage im Blick auf die offene, rechtsklare Zuständigkeit der Gründer (§ 30 Rdn 8). Die früher umstrittene Anwendbarkeit auf den Formwechsel ist durch § 197 Satz 3 UmwG positiv geklärt worden. Die Mitbestimmungsvorschriften greifen in die Zusammensetzung des ersten Auf3 sichtsrats nur unter der doppelten Voraussetzung ein, dass (1) gem § 27 in der Satzung eine Sacheinlage oder Sachübernahme festgesetzt ist und (2) deren Gegenstand ein Unternehmen oder ein Unternehmensteil ist. Es reicht mithin nicht, dass eine solche Übernahme vorgesehen oder sogar unter den Gründern fest abgesprochen ist („verdeckte Sacheinlage“,1 § 27 Abs 3 S 1). Entscheidend ist vielmehr die Festsetzung in der Satzung gem § 27. Auch bei Erfüllung dieser Voraussetzung genügt es nicht, dass ein Sachwert eingebracht oder übernommen werden soll. Es muss sich gerade um ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil handeln. Die Überschrift des § 31, die von „Sachgründung“ spricht, ist insofern irreführend, weil zu weit. Die Regelung erklärt sich aus der Erwägung, dass bei Übernahme eines Unternehmens oder eines Unternehmensteils bereits eine Belegschaft mit eingebracht wird, was die umgehende Berücksichtigung mitbestimmungsrechtlicher Vorschriften rechtfertigt (und aus der Sicht des Gesetzgebers wohl auch erfordert). Ohne Bedeutung ist dagegen, für welchen Zeitpunkt die Satzung die Einbringung oder Übernahme des Unternehmens oder Unternehmensteils vorsieht. § 31 ist deshalb auch dann anwendbar, wenn dieser Zeitpunkt erst nach Beendigung der Amtszeit des ersten Aufsichtsrats liegt. Damit soll Umgehungen der Norm durch spätere Vorverlagerungen des zunächst weit hinausgeschobenen Einbringungs- oder Übernahmezeitpunkts vorgebeugt werden.2 Aus dem Zweck der Regelung ergibt sich bereits im Wesentlichen die Definition: 4 Unternehmen iS des § 31 ist (abweichend von § 15, der seine eigenständigen, aus den Zwecken des Konzernrechts zu entwickelnden Unternehmensbegriffe enthält)3 eine or2

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1 Heute unstr, MünchKommAktG/Pentz Rdn 6; KK/Arnold Rdn 5; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 5; Schmidt/ Lutter/Bayer Rdn 3; Hüffer/Koch Rdn 2; Grigoleit/Vedder Rdn 3; Hölters/Solveen Rdn 3; NK-AktG/Polley Rdn 2. 2 MünchKommAktG/Pentz Rdn 11; KK/Arnold Rdn 5; Hüffer/Koch Rdn 2. 3 Dazu statt aller Spinder/Stilz/Schall § 15 Rdn 10 ff.

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ganisatorische Zusammenfassung von sachlichen und personellen Mitteln zu einem wirtschaftlichen Zweck, die grundsätzlich ein Auftreten am Markt erlaubt, ein Unternehmensteil ist eine daraus aussonderungsfähige Wirtschaftseinheit.4 In beiden Fällen muss – entsprechend dem Zweck der Vorschrift – hinzukommen, dass dazu bereits eine nicht von vornherein als für die Anwendung der Mitbestimmung unerheblich zu betrachtende Anzahl von miteingebrachten Arbeitnehmern gehört.5 Unerheblich ist dagegen, ob in dem eingebrachten Unternehmen bereits ein mitbestimmter Aufsichtsrat bestand, ob der Aufsichtsrat künftig mitbestimmungspflichtig sein wird und ob die übernommene, die obige Definition ausfüllende Wirtschaftseinheit künftig fortgeführt werden soll.6 III. Der von den Gründern bestellte Aufsichtsrat, § 31 Abs 1 1. Die Bestellung. Die Bestellung der Aktionärsvertreter erfolgt auch im Falle des 5 § 31 grundsätzlich nach den in § 30 vorgesehenen Regeln. Die dortigen Regeln bedürfen allerdings hinsichtlich der Zahl der von den Gründern zu bestellenden Aufsichtsratsmitglieder der Modifikation, damit die Plätze freigehalten werden, die später von Vertretern der Arbeitnehmer oder Gewerkschaften eingenommen werden sollen. § 31 regelt daher (nur) die Besetzung abweichend. 2. Zusammensetzung. Grundsätzlich haben mithin die Gründer im Anwendungsbe- 6 reich des § 31 nur so viele Aufsichtsratsmitglieder zu bestellen, wie nach Gesetz und Satzung ohne Bindung an Wahlvorschläge von der Hauptversammlung zu wählen sind. Die Formulierung „ohne Bindung an Wahlvorschläge“ bedeutet, dass die Gründer nur die Vertreter der Anteilseignerseite zu bestellen haben, während alle nach Einbringung des Unternehmens oder Unternehmensteils von Belegschafts- oder Gewerkschaftsvertretern zu besetzenden Stellen im Aufsichtsrat frei zu lassen sind. Es scheiden also aus der Zahl der nach Gesetz und Satzung für den vollbesetzten Aufsichtsrat vorgesehenen Aufsichtsratsmitglieder aus: a) diejenigen Aufsichtsratsmitglieder, die nach § 4 Abs 1 DrittelbG (früher § 76 Abs 1 und 2 BetrVG 1952) von den Arbeitnehmern der Betriebe der Gesellschaft unmittelbar gewählt werden;7 von den Gründern zu bestellen sind hier mithin nur ⅔ der Aufsichtsratsmitglieder; b) diejenigen Aufsichtsratsmitglieder, die gem §§ 6, 9 Montan-MitbestG v 21.5.1951 nach dem Wahlvorschlag der Betriebsräte zu wählen oder gem §§ 6, 7 MitbestErgG v 7.8.1956 entsandt werden; von den Gründern zu bestellen ist hier mithin die Hälfte der Gesamtzahl des um ein Mitglied reduzierten (§§ 4, 8, 9 MontanMitbestG, § 5 Abs 3 MitbestErgG) Aufsichtsrats;

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4 Im Wesentlichen übereinstimmend MünchKommAktG/Pentz Rdn 7; KK/Arnold Rdn 4; Spindler/Stilz/ Gerber Rdn 3; Hüffer/Koch Rdn 2; Grigoleit/Vedder Rdn 3; Hölters/Solveen Rdn 3; Heidel/Polley Rdn 2; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2. 5 Gleichsinnig MünchKommAktG/Pentz Rdn 8; KK/Arnold Rdn 4; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 3; Hüffer/ Koch Rdn 2; Grigoleit/Vedder Rdn 3; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2. 6 Heute unstr., MünchKommAktG/Pentz Rdn 9 f; KK/Arnold Rdn 4 f; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 6; Hüffer/ Koch Rdn 2; Hölters/Solveen Rdn 3; aA allerdings noch Baumbach/Hueck Rdn 2; wohl aA auch Wachter/ Wachter Rdn 4. 7 Das betrifft bei den nach dem 10.8.1994 gegründeten AG nur noch Gesellschaften ab 500 Arbeitnehmern: Änderung des § 76 Abs 6 BetrVG 52 durch Art 2 des Gesetzes für kleine AG und zur Deregulierung des Aktienrechts vom 2. August 1994 (BGBl I 1961, 1962); allgemein zur Lage im Anwendungsbereich von § 76 BetrVG Röder/Gneiting DB 1993, 1618 mwN.

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c)

diejenigen Aufsichtsratsmitglieder, die gem § 7 MitbestG vom 4.5.1976 nach Maßgabe von § 9 ff als Vertreter der Arbeitnehmer oder der Gewerkschaften in den Aufsichtsrat zu wählen sind; von den Gründern zu bestellen sind hier also die Hälfte der Aufsichtsratsmitglieder.

Wenn die Gründer der Ansicht sind, dass keines dieser Gesetze eingreift, bestellen sie sämtliche Aufsichtsratsmitglieder, § 96 Abs 1 aE iVm § 101 Abs 1 Satz 1. Eine Ausnahme von der vorstehend beschriebenen Regel gilt nach § 31 Abs 1 Satz 2, 8 wenn deren Anwendung zu dem Ergebnis führen würde, dass die Gründer nur zwei Aufsichtsratsmitglieder zu bestellen hätten. Dies kann vorkommen, wenn der Aufsichtsrat nach Gesetz und Satzung lediglich drei Mitglieder hat (§ 95 Satz 1) und die Gesellschaft der drittelparitätischen Mitbestimmung nach § 4 Abs 2 DrittelbG unterliegt. In diesem Fall hätten die Gründer nach Satz 1 nur zwei Aufsichtsratsmitglieder zu bestellen; der dritte Sitz im Aufsichtsrat wäre für den Arbeitnehmervertreter freizulassen. Zur Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrats werden aber nach § 108 Abs 2 Satz 3 stets drei Mitglieder benötigt. Eine Abweichung von diesem Grundsatz für den ersten Aufsichtsrat wäre unzweckmäßig, weil in einem aus nur zwei Personen bestehenden Aufsichtsrat bei Meinungsverschiedenheiten keine Mehrheitsbildung möglich ist. Aus diesem Grunde ordnet § 31 Abs 1 Satz 2 für diesen Fall an, dass die Gründer nicht nur zwei, sondern drei Aufsichtsratsmitglieder zu bestellen haben. Es gilt dann später Abs 3 Satz 3 letzter Halbs, dazu unten Rdn 22. 9 Über die Frage nach der richtigen Zusammensetzung entscheidet allein die notfalls auf dem Wege des Mehrheitsbeschlusses zu bildende Ansicht der Gründer. Sie ist auch dann maßgebend, wenn sie objektiv falsch ist, so zB wenn die Gründer aufgrund unzutreffender Beurteilung der Rechtslage meinen, der Aufsichtsrat sei nach den Bestimmungen des DrittebG anstatt (wie es richtig wäre) nach denjenigen des MitbestG 1976 zu bilden. Weder dem Vorstand noch dem Gründungsprüfer steht insoweit ein Beanstandungsrecht zu. Eine durch die Gründer veranlasste unrichtige Zusammensetzung des Aufsichtsrats begründet mithin keinen Errichtungsmangel iS des § 38. Das Registergericht hat die Gesellschaft trotzdem einzutragen. Das Gesetz sieht zur Korrektur einer unrichtigen Zusammensetzung des Aufsichtsrats ausschließlich das in Abs 3 festgelegte Verfahren vor.8 7

3. Aufgaben und Funktion. Der von den Gründern nach § 31 Abs 1 (oben Rdn 5) bestellte Aufsichtsrat übt alle Funktionen des ersten Aufsichtsrats aus. Insbes hat er alle auch schon dem ersten Aufsichtsrat obliegenden Pflichten zu erfüllen, dazu § 30 Rdn 19. Dazu gehört vor allem auch die Bestellung des Vorstandes (§ 30 Abs 4). Ein Arbeitsdirektor (§ 13 Montan-MitbestG, § 13 MitbestErgG und § 33 MitbestG 1976) ist aber noch nicht zu bestellen. Sie wäre, da dem Aufsichtsrat bislang keine Arbeitnehmervertreter angehören, in diesem Stadium sinn- und funktionswidrig (sa § 13 Abs 1 Satz 2 MontanMitbestG).9 Der Aufsichtsrat des § 31 Abs 1 ist mithin der Aufsichtsrat der Gesellschaft, mag er 11 auch iS der für die AG später maßgeblichen mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften

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8 AllgM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 16; Hüffer/Koch Rdn 4; Heidel/Polley Rdn 3; Wachter/Wachter Rdn 7. 9 Im Ergebnis schon BegrRegE Kropff §§ 30, 31 S 51; ebenso Brox AG 1966, 347; MünchKommAktG/Pentz Rdn 17; KK/Arnold Rdn 11; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 7; Hüffer/Koch § 30 Rdn 12; AG Bremen AG 1979, 207.

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unvollständig oder wie der aus drei Personen bestehende Aufsichtsrat des § 31 Abs 1 Satz 2 (oben Rdn 6) sogar falsch zusammengesetzt sein. 4. Beschlussfähigkeit, § 31 Abs 2. Diese Funktion kann der Aufsichtsrat nur erfül- 12 len, wenn das Gesetz seine Beschlussfähigkeit sicherstellt. Zu diesem Zweck schiebt § 31 Abs 2 bis zur Ergänzung oder Neuwahl des Aufsichtsrats nach § 31 Abs 3 die Beschlussfähigkeit abweichend regelnden gesetzlichen Bestimmungen (§ 10 Montan-MitbestG, § 11 MitbestErgG und § 28 MitbestG 1976) beiseite und bestimmt, dass der von den Gründern bestellte Aufsichtsrat, soweit die Satzung nichts anderes vorsieht, bereits dann beschlussfähig ist, wenn die Hälfte, mindestens jedoch drei seiner Mitglieder an der Beschlussfassung teilnehmen. Teilnahme an der Aufsichtsratssitzung genügt für sich allein nicht. Aus dieser Regelung können sich Zweifelsfragen in zwei Richtungen ergeben: Da 13 Abs 2 nur von der „Hälfte … seiner Mitglieder“, nicht aber wie § 108 Abs 2 Satz 2 von der Hälfte der Mitglieder, „aus denen er nach Gesetz oder Satzung insgesamt zu bestehen hat“, spricht, ist früher die Auffassung vertreten worden, dass es nach Abs 2 in Abweichung von § 108 Abs 2 Satz 2 nur auf die Teilnahme von mindestens der Hälfte der amtierenden, nicht aber von den Gründern nach Gesetz oder Satzung zu bestellenden Aufsichtsratsmitglieder ankomme,10 was zB Bedeutung für den Fall erlangen kann, dass ein Aufsichtsratsmitglied inzwischen durch Tod weggefallen ist. Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Die sich bewusst eng an § 108 Abs 2 Satz 2 anschließende11 Regelung des § 31 Abs 2 will trotz des etwas unterschiedlich ausgefallenen Wortlauts lediglich dem Umstand Rechnung tragen, dass im Aufsichtsrat bislang noch die Arbeitnehmervertreter fehlen, nicht aber die Gründer in Abweichung von § 108 Abs 2 von ihrer Verpflichtung freistellen, für eine im Übrigen vollständige Besetzung des Aufsichtsrats zu sorgen.12 Eine weitere Zweifelsfrage ergibt sich aus dem in Abs 2 bestimmten Vorrang der Sat- 14 zung. Macht diese die Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrats allgemein von einer höheren Präsenz abhängig, so stellt sich die Frage, ob diese Regelung auch schon für den ersten Aufsichtsrat gelten soll. Im Zweifel ist dies zu bejahen.13 Der Unvollständigkeit des nach § 31 gebildeten Aufsichtsrats ist jedoch im Wege der Auslegung durch eine verhältnismäßige Herabsetzung der zur Beschlussfähigkeit erforderlichen Präsenz Rechnung zu tragen. Anderenfalls könnte es sogar dazu kommen, dass der erste Aufsichtsrat angesichts seiner Unvollständigkeit den Präsenzanforderungen der Satzung überhaupt nicht genügen könnte und damit generell beschlussunfähig wäre. Auch sonst ist im Zweifel nicht anzunehmen, dass die Satzung an die Beschlussfähigkeit des ersten, noch unvollständigen Aufsichtsrats im Verhältnis höhere Anforderungen stellen will, als an den späteren vollständig besetzten. Andere Bestimmungen der Satzung, welche die Beschlussfähigkeit nicht an die zahlenmäßige Präsenz, sondern an Anforderungen anderer Art, wie etwa die Anwesenheit des Vorsitzenden oder seines Stellvertreters knüpfen, gelten dagegen im Zweifel auch schon für den Aufsichtsrat des § 31 Abs 1.14

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10 Geßler/Eckardt Rdn 16. 11 BegrRegE Kropff §§ 30, 31 S 50. 12 MünchKommAktG/Pentz Rdn 21; KK/Arnold Rdn 9; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 11; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 13; Hüffer/Koch Rdn 5; Grigoleit/Vedder Rdn 8; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 3; Heidel/Polley Rdn 5; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 3; Wachter/Wachter Rdn 12. 13 MünchKommAktG/Pentz Rdn 22; KK/Arnold Rdn 10; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 12; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 16; Grigoleit/Vedder Rdn 8; Hölters/Solveen Rdn 8. 14 MünchKommAktG/Pentz Rdn 22; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 12; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 16; Hüffer/ Koch Rdn 6.

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IV. Ergänzung durch Arbeitnehmervertreter, § 31 Abs 3 1. Systematik; die Bekanntmachungspflicht des § 31 Abs 3 Satz 1 und 2. Dienten die bisher erörterten Bestimmungen des § 31 Abs 1 und Abs 2 nur dazu, in einem ersten provisorischen Schritt die später von der Arbeitnehmerseite zu besetzenden Plätze im ersten Aufsichtsrat freizuhalten (Abs 1) und gleichzeitig dessen Funktionsfähigkeit zu gewährleisten (Abs 2), so tritt die Verwirklichung der Absicht des Gesetzgebers, die Mitbestimmung bei den in § 31 Abs 1 bezeichneten Unternehmen schon im ersten Aufsichtsrat zu verwirklichen, mit der tatsächlich erfolgten Einbringung oder Übernahme (dazu Rdn 17) des Unternehmens in eine zweite Phase ein. Von diesem Zeitpunkt ab geht es darum, möglichst zügig für die Bildung eines richtig und vollständig besetzten Aufsichtsrats zu sorgen. Zu diesem Zweck bedient sich das Gesetz eines ganz ähnlichen Mittels wie in § 30 Abs 3 Satz 2: es erlegt dem Vorstand (auch hier also dem Vorstand, nicht dem Aufsichtsrat!) die Verpflichtung auf (Abs 3), unverzüglich nach der Einbringung des Unternehmens oder Unternehmensteils eine Bekanntmachung herauszugeben, nach welchen gesetzlichen Bestimmungen sich nach seiner Ansicht der (vollständige) Aufsichtsrat zusammensetzt. In der Sache bedeutet dies eine Vorverlegung der in § 30 Abs 3 Satz 2 vorgesehenen 16 Bekanntmachungspflicht von dem dort bezeichneten Zeitpunkt auf denjenigen der Einbringung oder Übernahme des Unternehmens oder Unternehmensteils, allerdings mit dem Unterschied, dass die Bekanntmachungspflicht des § 30 Abs 3 Satz 2 zur Vorbereitung der Bildung des zweiten Aufsichtsrats, diejenige des § 31 Abs 3 der Ergänzung des ersten Aufsichtsrats dient. Daraus folgt zugleich, dass sich die Bekanntmachung nach § 31 Abs 3 erledigt, wenn schon vorher diejenige nach § 30 Abs 3 Satz 2 erfolgt ist, dazu auch unten Rdn 27. 17 Nach der inneren Systematik des Gesetzes entscheidet an sich der Zeitpunkt des Eintritts der Gesellschaft in die Rechte und Pflichten aus den bestehenden Arbeitsverhältnissen. Denn von diesem Zeitpunkt an sind die in dem zu übernehmenden Unternehmen Beschäftigten Arbeitnehmer der in Gründung befindlichen Gesellschaft. Der Eintritt der Gesellschaft in die in dem Unternehmen bestehenden Arbeitsverhältnisse ist aber seinerseits gem § 613a BGB nur Rechtsfolge des Übergangs des Betriebs auf den Rechtsnachfolger. Infolgedessen können für die Bestimmung des nach § 31 Abs 3 Satz 1 maßgeblichen Zeitpunkts im Wesentlichen keine anderen Grundsätze gelten als für § 613a Abs 1 Satz 1 BGB. Danach kommt es für die Einbringung oder Übernahme des Unternehmens oder Unternehmensteils (Betriebs- oder Unternehmensübergang) nicht entscheidend darauf an, zu welchem Zeitpunkt die einzelnen zu dem Betrieb oder Unternehmen gehörenden Vermögensgegenstände in den Besitz oder das Eigentum der Gesellschaft übergegangen sind – unwesentliche Bestandteile des Betriebsvermögens haben ohnedies von vornherein außer Betracht zu bleiben. Maßgeblich ist vielmehr, von wann ab die Gesellschaft in der Lage ist, die in dem Unternehmen oder Unternehmensteil (Betrieb) als Sachgesamtheit verkörperten sachlichen und immateriellen Ressourcen für ihre Zwecke zu nutzen.15 Darüber entscheidet weniger die – auch rückwirkend mögliche – Zuordnung der wirtschaftlichen Ergebnisse, sondern in erster Linie die Übergabe der Dispositionsbefugnis zur Nutzung im eigenen Interesse. Dieser Zeitpunkt kann ebenso gut vor wie nach Eintragung der AG in das Handelsre18 gister, und sogar nach der Bekanntmachung liegen, die gem § 30 Abs 3 Satz 2 zu ergehen hat. Im letztgenannten Fall greift allerdings § 31 Abs 4 ein; zu dieser Regelung im einzel15

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15 BAG NJW 1981, 2212; MüKoBGB/Müller-Glöge § 613a Rdn 14 ff.; gleichsinnig MünchKommAktG/Pentz Rdn 25; KK/Arnold Rdn 14; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 15; Hüffer/Koch Rdn 8; Hölters/Solveen Rdn 10.

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nen unten Rdn 27. – „Unverzüglich“ bedeutet entsprechend der Legaldefinition des § 121 Abs 1 BGB: ohne schuldhaftes Zögern. Die Bekanntmachung hat nach § 97 Abs 1 Satz 1 durch Veröffentlichung in den Ge- 19 sellschaftsblättern und durch Aushang in sämtlichen Betrieben der Gesellschaft zu erfolgen. Der Inhalt der Bekanntmachung ergibt sich aus § 97 Abs 1 Satz 2 und 3. Zur Bekanntmachung und zu dem weiteren sich anschließenden Verfahren siehe im Übrigen § 30 Rdn 21 f sowie die Erläuterungen zu §§ 97–99. Zu den in § 98 Abs 2 genannten Antragsberechtigten gehört auch jeder einzelne Gründer als Aktionär der Gesellschaft. 2. Die Wirkung der Bekanntmachung, § 31 Abs 3 Satz 2. Die Wirkung der Be- 20 kanntmachung hängt von dem weiteren Verlauf des Verfahrens ab: a) Bestätigt die unangefochten gebliebene Bekanntmachung des Vorstandes – die 21 Anfechtungsfrist beträgt nach § 97 Abs 2 einen Monat seit Veröffentlichung der Bekanntmachung im Bundesanzeiger – oder, im Falle einer Anrufung des Gerichts nach § 98 – die gerichtliche Entscheidung die Ansicht der Gründer über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats, so bleiben die von den Gründern bestellten Aufsichtsratsmitgliedern grundsätzlich im Amt (§ 31 Abs 1 1. Fall 1. Altern: „erlischt nur …“). Im Falle der Anwendbarkeit mitbestimmungsrechtlicher Vorschriften ist der Aufsichtsrat nunmehr nach deren Maßgabe, und zwar nach Sinn und Zweck des § 31 ebenfalls unverzüglich, um die bisher fehlenden Arbeitnehmervertreter zu ergänzen. Unterbleibt die Ergänzung oder zieht sie sich über einen längeren Zeitraum hin, so ist gerichtliche Ersatzbestellung gem § 104 denkbar.16 Eine Sonderregelung trifft § 31 Abs 3 Satz 3 2. Alt. für den Fall, dass die Gründer gem 22 § 31 Abs 1 Satz 2 drei Aufsichtsratsmitglieder bestellt haben, obwohl der Anteilseignerseite mit Rücksicht auf die für die Gesellschaft geltende drittelparitätische Mitbestimmung endgültig nur zwei Sitze im Aufsichtsrat zustehen, oben Rdn 6. In diesem Fall erlischt das Amt aller drei von den Gründern bestellten Aufsichtsratsmitglieder. Die Regelung soll Unklarheiten darüber vermeiden, welches Aufsichtsratsmitglied den neu hinzutretenden Arbeitnehmervertretern zu weichen hat. Dementsprechend kann sie keine Anwendung finden, wenn die Bestellung eines der Aufsichtsratsmitglieder von vornherein mit der offenen, vom betreffenden Mitglied akzeptierten Einschränkung erfolgt ist, dass sein Amt im Zeitpunkt des Hinzutretens eines Arbeitnehmervertreters endet (teleologische Reduktion).17 In einem solchen Falle scheidet nur dieses Aufsichtsratsmitglied aus. Eine nur unter den bestellten Aufsichtsratsmitgliedern erzielte Einigung, wer von ihnen seinen Sitz für den Arbeitnehmervertreter freimachen soll, steht dem nicht gleich. Die Entscheidung über die Zusammensetzung der Aktionärsvertreter im Aufsichtsrat steht allein den Gründern (nach Eintragung der AG der Hauptversammlung), nicht aber den Aufsichtsratsmitgliedern selber zu.18 Ebenso wenig genügt eine nachträgliche Bestimmung des Ausscheidenden durch die Gründer. Dies kann aber, wenn die übrigen Voraussetzungen dafür gegeben sind, uU als Neubestellung der beiden anderen Aufsichtsratsmitglieder ausgelegt werden. Eine weitere Ausnahme im Wege der teleologischen

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16 MünchKommAktG/Pentz Rdn 30; KK/Arnold Rdn 19; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 20; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 21; Hüffer/Koch Rdn 10; Hölters/Solveen Rdn 13; Heidel/Polley Rdn 6; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 7; vgl auch LG Hof WM 1993, 695. 17 So auch KK/Arnold Rdn 21; MünchKommAktG/Pentz Rdn 39; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 25; Schmidt/ Lutter/Bayer Rdn 23; Hüffer/Koch Rdn 11; Grigoleit/Vedder Rdn 14. 18 KK/Arnold Rdn 21; MünchKommAktG/Pentz Rdn 39; Hüffer/Koch Rdn 11; Brox AG 1966, 345, 349 f; aA noch Godin/Wilhelmi Rdn 4.

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Reduktion wird allerdings für den Fall befürwortet, dass die nach der Bekanntmachung geltenden Vorschriften mindestens drei Aktionärsvertreter vorsehen; in diesem Falle wäre das Erlöschen der Mandate der drei gewählten Anteilseignervertreter innerlich nicht gerechtfertigt.19 23

b) Bestätigt die (unangefochten gebliebene) Bekanntmachung des Vorstandes oder die rechtskräftige gerichtliche Entscheidung nicht die Auffassung der Gründer, sondern hält sie eine Zusammensetzung des Aufsichtsrats nach anderen als von den Gründern für maßgebend gehaltenen Vorschriften für geboten (§ 31 Abs 3 Satz 3 1. Alt.), dann erlischt das Amt der bisherigen Aufsichtsratsmitglieder, und zwar spätestens 6 Monate nach Ablauf der Frist für die Anrufung des Gerichts gegen die Bekanntmachung des Vorstands oder der Rechtskraft der Gerichtsentscheidung, für den Fall einer früheren Abhaltung einer Hauptversammlung mit dieser (§ 31 Abs 3 Satz 3 iVm § 97 Abs 2 Satz 2 und 3 und § 98 Abs 4). Der Aufsichtsrat ist dann insgesamt neu unter Einschluss der Arbeitnehmervertreter zu bilden. Solange die AG noch nicht eingetragen ist, treten die Gründer dabei an die Stelle der Hauptversammlung.20 Die Neuwahl der von den Gründern bestellten Aufsichtsratsmitglieder ist auch dann geboten, wenn die Gründer aufgrund ihrer abweichenden Auffassung von der Zusammensetzung des Aufsichtsrats zu wenige Aufsichtsratsmitglieder bestellt haben. Bei einer von den Vorstellungen der Gründer abweichenden Zusammensetzung des Aufsichtsrats ist nicht auszuschließen, dass sie in Kenntnis der tatsächlich gebotenen Zusammensetzung personell anders disponiert hätten. Die Gründer oder (nach Eintragung) die Hauptversammlung müssen deshalb die Möglichkeit zu einer erneuten Entscheidung über die Gesamtheit der von ihnen in den Aufsichtsrat zu berufenen Vertreter der Anteilseignerseite haben.21

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3. Der ergänzte oder neu bestellte Aufsichtsrat, § 31 Abs 5. Auch der nach § 31 Abs 3 ergänzte oder völlig neubestellte Aufsichtsrat bleibt erster Aufsichtsrat iS des § 30. Das bedeutet, dass die Amtsdauer auch seiner nach Abs 3 bestellten Mitglieder spätestens in dem in § 30 Abs 3 Satz 1 bestimmten Zeitpunkt und damit nach längstens 20 Monaten (dazu § 30 Rdn 11) endet. Seit der am 10. August 1994 in Kraft getretenen Änderung des Abs 5 durch das Gesetz für kleine AG und zur Deregulierung des Aktienrechts vom 2. August 1994 (BGBl I 1961) gilt dies aber nur noch für die Vertreter der Anteilseigner und das weitere Mitglied gem § 4 Abs 1c) Montan-MitbestG und § 5 Abs 1 Satz 2c) MitbestErgG. Es gilt aber nicht mehr für die nach Abs 3 bestellten Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer. Die Arbeitnehmervertreter seither nach Maßgabe des in den einschlägigen Mitbestimmungsgesetzen vorgesehenen Wahlverfahrens sogleich über den Zeitpunkt der ersten Hauptversammlung hinaus für eine volle Amtsperiode (§ 102) bestellt werden. Damit wird die in der Vergangenheit als Übelstand empfundene Notwendigkeit vermieden, die Arbeitnehmervertreter in einem aufwendigen Wahlverfahren innerhalb kurzer Zeit zweimal wählen zu lassen, der die frühere Praxis vielfach durch den Notbehelf einer Zusammenfassung beider Wahlen in einem Termin oder einer gerichtlichen Bestellung (§ 104) der Arbeitnehmervertreter für die erste verkürzte Wahlperiode ausge-

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19 KK/Arnold Rdn 22; MünchKommAktG/Pentz Rdn 40; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 23; Hüffer/Koch Rdn 11; Grigoleit/Vedder Rdn 13; Brauksiepe BB 1967, 484; Hölters/Solveen Rdn 16; Heidel/Polley Rdn 6; Wachter/Wachter Rdn 19 f. 20 KK/Arnold Rdn 23; Hüffer/Koch Rdn 12; Brox AG 1966, 343, 348. 21 MünchKommAktG/Pentz Rdn 35; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 21; Hüffer/Koch Rdn 10; Grigoleit/Vedder Rdn 13; Hölters/Solveen Rdn 14; Brox AG 1966, 347, 349 f; aA KK/Arnold Rdn 25; Brauksiepe BB 1967, 484; Heidel/Polley Rdn 6; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 9.

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wichen war.22 Die Möglichkeit, angesichts der Länge der für die Wahl der Arbeitnehmervertreter benötigten Zeitspanne oder doch jedenfalls bei längerer Verzögerung dieser Wahlen die Ergänzung zunächst nach § 104 durch das Gericht vornehmen zu lassen (oben Rdn 21), wird durch die Neuregelung nicht berührt.23 Zu der Möglichkeit, die durch die Neuregelung entstehenden unterschiedlichen Amtszeiten der Aktionärs- und der Arbeitnehmervertreter zeitlich anzugleichen, s die Erläuterungen zu § 102. Da sich das Gesetz, wie der Umkehrschluss aus § 31 Abs 5 ergibt, gegen eine Verlänge- 25 rung auch der Amtszeit der Anteilseignervertreter und des weiteren Mitglieds gem § 4 Abs 1c) Montan-MitbestG und § 5 Abs 1 Satz 2c) MitbestErgG entschieden hat, gilt für sie – anders als für die Arbeitnehmervertreter (Rdn 24) – weiterhin § 30 Abs 3 mit der dort in Satz 1 bestimmten Begrenzung ihrer Amtszeit. Die Anteilseignervertreter sind deshalb nach deren Ablauf von der Hauptversammlung nach Maßgabe der allgemeinen Regeln (§ 101) neu zu bestellen. Eine erneute Bekanntmachung nach § 30 Abs 3 Satz 2 ist dazu, wie schon nach früherem Recht (vgl dritte Aufl., Anm 6) nicht erforderlich. Sie kommt nur unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 97 Abs 1 Satz 1 in Betracht. Dieser Fall kann eintreten, wenn inzwischen für die Gesellschaft ein anderes Mitbestimmungsmodell gilt. V. Der Sonderfall des interimistischen zweiten Aufsichtsrats Das in § 31 Abs 3 Satz 1 und 2 vorgesehene Verfahren kann es mit sich bringen, dass 26 die Amtszeit des ersten Aufsichtsrats bereits abgelaufen ist, bevor die rechtskräftige Entscheidung des gegen die Vorstands-Bekanntmachung (Abs 3 Satz 1) angerufenen Gerichts nach § 98 vorliegt. Dies gilt vor allem dann, wenn die Amtszeit auf eine kürzere als die nach § 30 Abs 1 Satz 1 längstmögliche Frist festgelegt worden ist. Obwohl § 31 Abs 3 Satz 1 – anders als § 30 Abs 3 Satz 2 letzter HS – nicht auch auf § 96 verweist, greift die hM hier ebenfalls auf das Status-Quo-Prinzip des § 96 Abs 2 zurück.24 In diesem Falle bleibt der Hauptversammlung also keine andere Möglichkeit als einen interimistischen Aufsichtsrat zu bestellen und ihn in gleicher Weise, nämlich ohne Arbeitnehmervertreter, wie den ersten Aufsichtsrat zusammenzusetzen. Obwohl er zweiter Aufsichtsrat ist, ist er in dieser Rumpfbesetzung beschlussfähig.25 VI. Der Aufsichtsrat bei nachträglicher Unternehmenseinbringung, § 31 Abs 4 Im Einzelfall kann es – insbes im Hinblick auf die begrenzte Amtsperiode des ersten 27 Aufsichtsrats (§ 30 Abs 3 Satz 1) – vorkommen, dass die Wahl des zweiten Aufsichtsrats bereits vor Vollzug der in § 31 Abs 1 bezeichneten Sacheinlage oder Sachübernahme ansteht. Dies gilt vor allem dann, wenn die Einlage oder Übernahme schon in der Satzung erst für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen ist oder sich aus irgendwelchen Gründen verzögert hat. Da die fristgerechte Bestellung des zweiten Aufsichtsrats unabhängig von dem noch fehlenden Vollzug einer vorgesehenen Sacheinlage oder Sachübernahme durchzuführen ist, bleibt der Vorstand in einem solchen Fall zur rechtzeitigen Einleitung des in § 30 Abs 3 Satz 2 vorgesehenen Verfahrens verpflichtet. Ist die Bekanntmachung ergangen, bevor durch Vollzug der Sacheinlage oder Sachübernahme die Bekanntma-

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22 Dazu Heinsius in FS Stimpel, 1985, S 571, 574; Albach/Corte/Lutter ua, Deregulierung des Aktienrechts, 1988, 70. 23 Begr zu § 31 Abs 5, BT-Drucks 12/6721 S 7; MünchKommAktG/Pentz Rdn 47; KK/Arnold Rdn 29; Hüffer/Koch Rdn 14; Grigoleit/Vedder Rdn 19; Planck GmbHR 1994, 502. 24 MünchHdbAG/Hoffmann-Becking § 4 Rdn 31; MünchKommAktG/Pentz Rdn 41; KK/Arnold Rdn 18. 25 MünchHdbAG/Hoffmann-Becking § 4 Rdn 31; MünchKommAktG/Pentz Rdn 41; KK/Arnold Rdn 18.

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chungspflicht aus § 31 Abs 3 zur Entstehung gelangt ist, so entfällt aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift, § 31 Abs 4, die Bekanntmachungspflicht aus § 31 Abs 3 Satz 1. Denn es besteht dann kein Bedürfnis zu einem Vorgehen nach § 31, da der zweite Aufsichtsrat ohnehin vollständig zu besetzen ist.26 Die Amtszeit des von den Gründern bestellten ersten Aufsichtsrats endet dann wie in § 30 Abs 3 vorgesehen.27 Der zweite Aufsichtsrat ist nach Maßgabe der Bekanntmachung aus § 30 Abs 3 Satz 2 oder der ergehenden gerichtlichen Entscheidung zusammenzusetzen. Da er zweiter und nicht erster Aufsichtsrat ist, findet § 31 auf ihn keine Anwendung. Stellt sich nach erfolgter Einlage oder Übernahme des Unternehmens oder Unternehmensteils heraus, dass die in der Vorstandsbekanntmachung oder der gerichtlichen Entscheidung bestehende Zusammensetzung des Aufsichtsrats nicht mehr richtig ist, so sind die §§ 97–99 anzuwenden. In diesem Verfahren ist sodann zu entscheiden, ob der Aufsichtsrat anders zusammenzusetzen ist.28

§ 32 Gründungsbericht 2. Teil – Gründung der Gesellschaft Gründungsbericht § 32 Röhricht/Schall (1) Die Gründer haben einen schriftlichen Bericht über den Hergang der Gründung zu erstatten (Gründungsbericht). (2) 1 Im Gründungsbericht sind die wesentlichen Umstände darzulegen, von denen die Angemessenheit der Leistungen für Sacheinlagen oder Sachübernahmen abhängt. 2 Dabei sind anzugeben 1. die vorausgegangenen Rechtsgeschäfte, die auf den Erwerb durch die Gesellschaft hingezielt haben; 2. die Anschaffungs- und Herstellungskosten aus den letzten beiden Jahren; 3. beim Übergang eines Unternehmens auf die Gesellschaft die Betriebserträge aus den letzten beiden Geschäftsjahren. (3) Im Gründungsbericht ist ferner anzugeben, ob und in welchem Umfang bei der Gründung für Rechnung eines Mitglieds des Vorstands oder des Aufsichtsrats Aktien übernommen worden sind und ob und in welcher Weise ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats sich einen besonderen Vorteil oder für die Gründung oder ihre Vorbereitung eine Entschädigung oder Belohnung ausbedungen hat.

I. II. III. IV.

Systematische Übersicht Vorgeschichte; Zweck der Regelung | 1 Die Verpflichtung zur Berichterstattung | 2 Inhalt | 7 Besondere Angaben bei der Sachgründung, Abs 2 | 8 1. Die vorausgegangenen Rechtsgeschäfte | 12 2. Die Anschaffungs- und Herstellungskosten | 14

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3.

Die Betriebserträge aus den letzten beiden Geschäftsjahren | 20 V. Die besonderen Angaben des § 32 Abs 3 | 25 1. Aktienübernahme für Rechnung von Verwaltungsmitgliedern | 26 2. Besonderer Vorteil; Entschädigung; Belohnung | 30 VI. Änderungen | 34 VII. Rechtsfolgen fehlender oder fehlerhafter Berichte | 35

26 Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 24; Grigoleit/Vedder Rdn 18. 27 MünchKommAktG/Pentz Rdn 43; Hüffer/Koch Rdn 13; teilweise aA früher anscheinend Geßler/ Eckardt § 30 Rdn 34. 28 Wie hier MünchKommAktG/Pentz Rdn 46; KK/Arnold Rdn 28; Hüffer/Koch Rdn 13.

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I. Vorgeschichte; Zweck der Regelung § 191 HGB aF schrieb eine „Gründererklärung“ für den Fall der Sachgründung vor, 1 bei der die Gefahr unlauterer Machenschaften besonders groß ist, nicht jedoch auch bei Ausbedingung besonderer Vorteile zugunsten einzelner Organmitglieder oder Aktionäre oder Zusage eines Gründerlohnes oder einer Gründerentschädigung. § 24 AktG 1937 sah von allen derartigen Unterscheidungen ab und verlangte unabhängig von dem Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 26, 27 allgemein und ohne Einschränkungen einen schriftlichen Bericht der Gründer über den Hergang der Gründung, der als Grundlage für die nachfolgenden Prüfungen (jetzt §§ 33 ff) dienen sollte. § 32 AktG 1965 hat diese Regelung in der Sache nahezu unverändert übernommen und sich im Wesentlichen auf sprachliche Korrekturen beschränkt, durch die Abs 2 eine klarere und übersichtlichere Fassung erhalten hat. Eine sachliche Änderung ergibt sich daraus, dass in Abs 2 Nr 3 nicht mehr von „Betriebsertrag aus den letzten Jahren“ die Rede ist, sondern die Angabe der „Betriebserträge aus den letzten beiden Jahren“ verlangt wird. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass die Angabe für jedes Jahr gesondert zu machen ist (siehe unten Rdn 23). Bemerkenswert ist, dass in Abs 2 noch von der „Angemessenheit der Leistungen für Sacheinlagen oder Sachübernahmen“ die Rede ist, während das Tatbestandsmerkmal in §§ 34 Abs 1 Nr 2, 38 Abs 2 gestrichen wurde, um zum Ausdruck zu bringen, dass den Gründern bei der Bewertung von Sacheinlagen kein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum zukommt. Die Streichung erfolgte im Rechtsausschuss; die Koordinierung des § 32 Abs 2 mit den genannten Vorschriften wurde offensichtlich unterlassen. Es ist jedoch nicht einzusehen, warum die Gründer die Angemessenheit dartun sollen, wenn es bei der Gründungsprüfung auf die Wertgleichheit (§ 34 Abs 1 Nr 2) und bei der Registerkontrolle (§ 38 Abs 2 Satz 2) darauf ankommt, dass der Wert der Sacheinlage oder Sachübernahme jedenfalls nicht wesentlich hinter dem geringsten Ausgabebetrag der dafür gewährten Aktien oder sonstiger Gegenleistungen zurückbleibt. In Korrektur dieses Redaktionsversehens ist deshalb auch bei § 32 Abs 2 nicht auf die Angemessenheit, sondern auf die Wertgleichheit (Äquivalenz) abzustellen.1 Der Leitgedanke des § 32 ist derselbe, der schon bei Schaffung seines Vorgängers 2 Pate gestanden hat (Rdn 1): der Bericht der Gründer soll, indem er zur Offenlegung aller für den Gründungshergang und teilweise schon seiner Vorgeschichte (s insbes Abs 2 Nr 1) wesentlichen Vorgänge nötigt, einen zusätzlichen Schutz gegen unsolide Gründungen schaffen und als Grundlage für die nachfolgende Gründungsprüfung (§§ 33–35) durch die Mitglieder des Vorstandes und Aufsichtsrats sowie (unter den Voraussetzungen des § 33 Abs 2) die Gründungsprüfer dienen und darüber hinaus dem Registergericht die Prüfung auf eine ordnungsgemäße Errichtung der Gesellschaft, § 38, erleichtern.2 Zu diesem Zweck muss der Bericht vor Beginn der Gründungsprüfung (aber nach Bestellung des Vorstandes) vorliegen und der Anmeldung zum Handelsregister beigefügt werden (§ 37 Abs 4 Nr 4). Auf diese Weise ist zugleich sichergestellt, dass er von jedem Interessierten beim Handelsregister eingesehen werden kann.

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1 IE übereinstimmend MünchKommAktG/Pentz Rdn 15; KK/Arnold Rdn 9; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 9; Hüffer/Koch Rdn 4; Hölters/Solveen Rdn 5; Heidel/Polley Rdn 4; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 4; Wachter/Wachter Rdn 6, indem sie den Begriff der Angemessenheit als Wertgleichheit definieren. 2 BegrRegE Kropff 52.

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II. Die Verpflichtung zur Berichterstattung Die Verpflichtung zur Erstattung des Gründungsberichts trifft die Gründer (§ 28) persönlich. Vertretung durch Bevollmächtigte ist hier anders als bei der Gründung (§ 23 Abs 1 Satz 2) nicht statthaft.3 Der Grund ist die straf- und zivilrechtliche Verantwortlichkeit der Gründer (Rdn 35). Die Erstattung des Gründungsberichts ist ohnehin keine der gewillkürten Stellvertretung zugängliche Willenserklärung. Das schließt selbstverständlich die Hinzuziehung von Gehilfen nicht aus.4 Diese kann vielmehr je nach Lage des Falles geradezu eine Obliegenheit der Gründer gegen sich selbst sein, um einer Haftung mit dem Argument zu entgegen, man sei mit ordentlicher Sorgfalt („due diligence“) vorgegangen (siehe noch Rdn 4). Ebenso selbstverständlich bewendet es bei der gesetzlichen Vertretung. Für juristische Personen oder Handelsgesellschaften handelt ihr Vertretungsorgan, für nicht voll geschäftsfähige Personen ihr gesetzlicher Vertreter. Persönliche Unfähigkeit infolge mangelnder Sachkunde etc entbindet nicht von 4 der Pflicht zur Beobachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns (§ 46 Abs 3). Verfügen die Gründer oder ihre gesetzlichen Vertreter mithin nicht über den zur Erstattung eines ausreichenden und ordnungsgemäßen Gründungsberichts erforderlichen Sachverstand, so müssen sie sich von der Gründung einer AG fernhalten5 – es sei denn natürlich, sie bedienen sich bei der Erstellung in zulässiger Weise eines fachkundigen Gehilfen, dessen Ausführungen sie sich dann auf Grundlage ihrer eigenen Kenntnis der Vorgänge zu eigen machen können. Das gilt insbesondere für die Hinzuziehung von Bewertungsgutachten und „Fairness Opinions“6 (siehe noch Rdn 10). Wie der Wortlaut des § 32 zeigt, geht der Gesetzgeber von einem gemeinsamen Be5 richt der Gründer aus. Zusätze einzelner Gründer in diesem Bericht oder sogar getrennte Berichte der einzelnen Gründer sind jedoch aus der Sicht des Zwecks der Berichtspflicht unschädlich und deshalb statthaft.7 Da das Gesetz nach § 32 Abs 1 einen „schriftlichen“ Bericht verlangt, ist die Einhaltung der Schriftform iS des § 126 BGB erforderlich. Der Bericht ist also von allen Gründern eigenhändig zu unterzeichnen; bei ganz oder teilweise getrennter Berichterstattung hat jeder Gründer den Bericht, für den er die Verantwortung übernimmt, zu unterschreiben. Dabei schaden unwesentliche Abweichungen nicht. Erhebliche Abweichungen können hingegen ein Eintragungshindernis, etwa wegen Widersprüchlichkeit (Rdn 35), begründen.8 Da die AG bei Fehlen eines Gründungsberichts, ebenso wie bei offensichtlichem 6 Verstoß desselben gegen die gesetzlichen Vorschriften (§ 38 Abs 2 Satz 1) nicht eingetragen werden kann (unten Rdn 35), ist jeder Gründer aufgrund seiner Beteiligung an der Errichtung der Gesellschaft, mithin aus dem Gesellschaftsvertrag, seinen Mitgründern gegenüber verpflichtet, an der Erstellung eines ordnungsgemäßen Gründungsberichts 3

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3 Heute allgM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 6; KK/Arnold Rdn 3; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 3; Schmidt/ Lutter/Bayer Rdn 2; Hüffer/Koch Rdn 2; Grigoleit/Vedder Rdn 2; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 1; ebenso schon KGJ 28 A 235; siehe im Übrigen Ritter AktG 1937 § 24 Anm 2 a mN zum früher herrschenden Meinungsstreit; Hölters/Solveen Rdn 14; Heidel/Polley Rdn 2; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2; Wachter/ Wachter Rdn 19. 4 AllgM, siehe nur MünchKommAktG/Pentz Rdn 6; Hüffer/Koch Rdn 2; Grigoleit/Vedder Rdn 2. 5 RGZ 144, 355. 6 Zu diesen Instrumenten und ihren Unterschieden nur Wollny DStR 2013, 482 f. 7 MünchKommAktG/Pentz Rdn 9; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 4; Hüffer/Koch Rdn 2; Bürgers/Körber/ Lohse Rdn 2. 8 MünchKommAktG/Pentz Rdn 9; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 4; Hölters/Solveen Rdn 13; Heidel/Polley Rdn 10.

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Gründungsbericht | § 32

mitzuwirken.9 Die Mitwirkung kann eingeklagt und nach § 888 Abs 1 ZPO vollstreckt werden.10 III. Inhalt Der Inhalt eines ordnungsgemäßen Gründungsberichts beschränkt sich keineswegs 7 auf die in Abs 2 und 3 vorgeschriebenen Angaben. Die Bedeutung dieser Bestimmungen erschöpft sich in der Hervorhebung einzelner Angaben, die angesichts ihrer besonderen Bedeutung unter allen Umständen in den Bericht aufzunehmen sind, und sei es negativ in Form einer Fehlanzeige. Darüber hinaus hat der Bericht aber alle wesentlichen Umstände, gleichgültig, ob sie bereits aus der Satzung hervorgehen oder nicht, offenzulegen. Wesentlich in diesem Sinne sind alle inneren und äußeren Tatsachen, die für die Aktionäre und Gläubiger der Gesellschaft erkennbar von Bedeutung sein können. Dazu gehören über die in Abs 2 und 3 geforderten Angaben hinaus vor allem11 Angaben zur Errichtung der AG (Tag der Satzungsfeststellung, Grundkapital, Stückelung der Aktien, Zahl der von jedem Gründer übernommenen Aktien, jeweils unterteilt in Nenn- und Ausgabebetrag), dh im Wesentlichen die schon in § 23 vorgeschriebenen Angaben, Höhe der geleisteten Bareinlagen; Angabe des Tages der Bestellung und der Personen der ersten Organe (§§ 30, 31), Zusagen der Gewährung von Gründervorteilen und Gründerentschädigungen oder Gründerlohn an Gründer oder Organmitglieder (dazu unten Rdn 32) sowie im Hinblick auf die Änderung des § 26 durch das Gesetz v 31.12.1978 (§ 26 Rdn 1) auch an außenstehende dritte Personen, Personengleichheit zwischen Gründern und Organmitgliedern (§ 23 Abs 2 Nr 1). Die Namensgleichheit macht eine solche Angabe nicht entbehrlich. IV. Besondere Angaben bei der Sachgründung, Abs 2 Bei Gründungen mit Sacheinlagen oder Sachübernahmen (§ 27) ist für den Bericht 8 ein besonderer Inhalt vorgeschrieben. Nach § 32 Abs 2 muss er zusätzlich – über die allgemein erforderlichen Angaben hinaus (Rdn 7) – die wesentlichen Umstände darlegen, von denen die Angemessenheit der für eingelegte oder übernommene Gegenstände gewährten Leistungen abhängt. Angemessenheit ist dabei als Gleichwertigkeit zu verstehen (siehe oben Rdn 1). Unklar ist allerdings der Bezugspunkt der Gleichwertigkeit. Da der Gründungsbe- 9 richt die Gründungsprüfung nach §§ 33, 34 befördern soll, liegt nahe, mit der Vorauflage in Anlehnung an den Wortlaut des § 34 Abs 1 Nr 2 auf die Wertgleichheit nur zwischen dem Gegenstand der Sacheinlage oder Sachübernahme einerseits und dem geringsten Ausgabebetrag der dafür von der Gesellschaft zu gewährenden Aktien oder den sonstigen von ihr zu erbringenden Leistungen oder der zu entrichtenden Vergütungen andererseits abzustellen. Damit würde die Brücke zum Eintragungshindernis nach § 38 Abs 2 geschlagen, dass sich nach dem Wortlaut ebenfalls nur auf den geringsten Ausgabebetrag focussiert. Allerdings ist im Fall von Sacheinlagen grundsätzlich eine externe Grün-

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9 Heute unstr., MünchKommAktG/Pentz Rdn 8; KK/Arnold Rdn 3; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 4; Schmidt/ Lutter/Bayer Rdn 2; Hüffer/Koch Rdn 2; Grigoleit/Vedder Rdn 3; Hölters/Solveen Rdn 14; Bürgers/Körber/ Lohse Rdn 2; aA noch Ritter AktG 1937 § 24 Anm 2b. 10 Grigoleit/Vedder Rdn 3; Hölters/Solveen Rdn 14; Heidel/Polley Rdn 2; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2. 11 Siehe dazu auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 13; KK/Arnold Rdn 7; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 6; Hüffer/Koch Rdn 3; Heidel/Polley Rdn 3; Wachter/Wachter Rdn 5.

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§ 32 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

dungsprüfung erforderlich, und insoweit gibt das Europarecht über Art 10 Abs 212 der neugefassten Kapitalrichtlinie 2012/30/EU zwingend eine Prüfung der Gleichwertigkeit gesamten Transaktion einschließlich des Agio vor. Daher vertritt die heute hM zu Recht eine entsprechende Erweiterung des Prüfungsgegenstandes in § 34 Abs 1 Nr 2 (siehe § 34 Rdn 12 ff. Ähnliches wird mittlerweile auch für das Eintragungshindernis nach § 38 Abs 2 Satz 2 vertreten.13 Dieser Erweiterung ist bereits im Rahmen des Abs 2 Satz 1 Rechnung zu tragen, so dass die Gleichwertigkeit der Sacheinlage mit geringstem Ausgabebetrag und Agio darzulegen ist.14 Bei der Prüfung, ob die Gründer ihrer Berichtspflicht nachgekommen sind, ist ein 10 objektiver Maßstab anzulegen. Anzugeben sind also nicht nur diejenigen Umstände, die tatsächlich für die Entschließung der Gründer maßgebend gewesen sind, sondern alle Umstände, die von ihnen bei sachgemäßer Prüfung für wesentlich hätten angesehen werden müssen. Dazu gehören auch Zusagen, die der Gesellschaft hinsichtlich der Beschaffenheit und ggf der Ertragskraft des Gegenstandes der Sacheinlage oder Sachübernahme gemacht worden sind.15 Der Gründungsbericht kann, ja sollte sogar auf besondere Bewertungsgutachten oder Fairness Opinions Bezug nehmen, mit welchen die Gründer die Werthaltigkeit der Einlage prüfen haben lassen (siehe schon Rdn 4).16 Auf die externe Gründungsprüfung kann dagegen, da sie erst später stattfindet und dabei ua den Gründungsbericht zu prüfen hat, kein Bezug genommen werden.17 Damit die Angemessenheit, verstanden als Wertgleichheit, geprüft werden kann, 11 verlangt das Gesetz in jedem Fall zwingend die Angaben nach Abs 2 Satz 2 Nr 1–3. Die konkrete Nennung dieser Vorgaben bedeutet, dass hier ggf auch eine Fehlanzeige erforderlich ist (Rdn 12 und 17).18 12

1. Die vorausgegangenen Rechtsgeschäfte, die auf den Erwerb durch die Gesellschaft hingezielt haben, sind aufzuführen, § 32 Abs 2 Satz 2 Nr 1. Von Bedeutung ist dabei, welcher Art diese Geschäfte waren (Kauf, Tausch, Schenkung etc), wie lange sie zurückliegen und mit wem sie getätigt worden sind. Erfasst werden ausschließlich Geschäfte, die dem (auch unausgesprochenen) Zweck der späteren Verwendung des Gegenstandes der Leistung bei der Gründung der AG dienten. So gehört zu den anzugebenden Geschäften zB ein Kauf, der von einem Gründer oder Nichtgründer in der Absicht geschlossen worden ist, den Gegenstand später bei Gründung der Gesellschaft im Rahmen einer Sacheinlage oder Sachübernahme an die Gesellschaft zu veräußern. Solche vorausgegangenen Geschäfte oder „Zwischengeschäfte“ können für die Gesellschaft von Vorteil sein, sie können aber auch dem Veräußerer einen ungerechtfertigten Gewinn zum Nachteil der Gesellschaft bringen. Auf jeden Fall ist ihre Kenntnis von Nutzen für die Beurteilung der Hintergründe der gewählten Sachgründung und für die Beurteilung der Angemessenheit der von der Gesellschaft für den Erhalt des betreffenden Gegenstandes zu erbringenden Leistungen. Sind keine „Zwischengeschäfte“ gemacht worden,

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12 Der in Absatz 1 genannte Sachverständigenbericht muss mindestens jede Einlage beschreiben, die angewandten Bewertungsverfahren nennen und angeben, ob die Werte, zu denen diese Verfahren führen, wenigstens der Zahl und dem Nennbetrag oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, dem rechnerischen Wert und gegebenenfalls dem Mehrbetrag der dafür auszugeben den Aktien entsprechen. 13 Spindler/Stilz/Gerber § 38 Rdn 9. 14 Spindler/Stilz/Gerber Rdn 9; aA wohl MünchKommAktG/Pentz Rdn 16; Grigoleit/Vedder Rdn 9. 15 So schon RGZ 18, 68; siehe auch Grigoleit/Vedder Rdn 9; Hölters/Solveen Rdn 5. 16 MHdb AG/Hoffmann-Becking § 4 Rdn 20; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 10. 17 MHdb AG/Hoffmann-Becking § 4 Rdn 20; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 10. 18 Spindler/Stilz/Gerber Rdn 11; Grigoleit/Vedder Rdn 9; Hölters/Solveen Rdn 5; Heidel/Polley Rdn 4; Wachter/Wachter Rdn 6.

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Gründungsbericht | § 32

so ist auch dies in Form einer „Fehlanzeige“ zu vermerken (Rdn 7 und 11). Die Verpflichtung zu den genannten Angaben trifft nur die Gründer. Ein Auskunftsanspruch gegen nicht an der Gesellschaftsgründung beteiligte Dritte wird durch § 32 Abs 2 Satz 2 Nr 1 nicht begründet.19 Nicht unter die Vorschrift fallen die zwischen den Gründern oder zwischen ihnen 13 und einem Kreditinstitut abgeschlossenen Konsortialgeschäfte, die lediglich die Vermarktung der Aktien zum Gegenstand haben. Derartige Geschäfte haben nichts mit den Umständen zu tun, von denen die Angemessenheit der Leistung abhängt. 2. Die Anschaffungs- und Herstellungskosten der einzulegenden oder von der AG 14 zu übernehmenden Gegenstände aus den letzten beiden Jahren, § 32 Abs 2 Satz 2 Nr 2 sind anzugeben. Die Vorschrift ist im engen Zusammenhang mit Nr 1 zu sehen. Ihr Ziel ist ein ganz ähnliches: es soll offengelegt werden, wie die Gegenstände in den letzten zwei Jahren bewertet worden sind und wieviel durch die Einbringung oder die Veräußerung an die Gesellschaft verdient wird. Anders als bei Nr 1 ist es jedoch nicht erforderlich, dass der Gegenstand bereits mit dem Ziel der Veräußerung an die Gesellschaft angeschafft oder hergestellt wurde. Angesichts des geringen zeitlichen Abstandes zwischen beiden Vorgängen erscheint ein solches Ziel zumindest immer als möglich. Auf jeden Fall besitzen Anschaffungs- und Herstellungskosten, die erst in den letzten zwei Jahren vor Gründung der AG aufgewendet worden sind, eine besondere Aussagekraft für die Einschätzung der Wertverhältnisse. Angesichts des Zwecks, über mögliche Gewinne oder Verluste der einbringenden 15 Gründer zu informieren, vertritt die hM die Auffassung, dass nur die Anschaffungsund Herstellungskosten des einbringenden Gründers, nicht aber diejenigen aus vorherigen Erwerbsvorgängen innerhalb der Zweijahresfrist anzugeben sind.20 Auch wenn die weiteren Angaben für ein umfassendes Verständnis des Einbringungsvorgangs möglicherweise aufschlussreich sein könnten, ist dieser teleologischen Reduktion des Wortlauts doch beizutreten. Sie steht im Einklang mit dem Zweck des Gesetzes und vermeidet überdies die praktischen Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben würden, dass nur die Gründer, nicht aber Dritte zur Mitwirkung durch ihre Angaben verpflichtet sind (siehe noch Rdn 19). Der Begriff der Anschaffungs- und Herstellungskosten entspricht im Wesentlichen 16 demjenigen des § 255 HGB. Bei einer Sachgesamtheit kommt es auf deren Anschaffung, nicht auf die der Einzelgegenstände an.21 Wie bereits dargelegt, besteht die Angabepflicht aber nur für die Anschaffungs- und Herstellungskosten, die in den letzten zwei Jahren entstanden sind. Stichtag für die Fristberechnung (es handelt sich hier um eine Rückwärtsfrist) ist nach heute unstr. Ansicht der Tag der Satzungsfeststellung, weil dabei die Bedingungen der Sacheinlage oder Sachübernahme einschließlich der dafür von der Gesellschaft zu erbringenden Gegenleistungen oder Vergütungen festgeschrieben werden.22 Wenig beachtet wird die Frage, wann die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten entstanden sein müssen. Nach § 255 Abs 1 Satz 1 HGB sind Anschaffungskosten solche Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben oder

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19 MünchKommAktG/Pentz Rdn 19; KK/Arnold Rdn 10; Hüffer/Koch Rdn 5; Grigoleit/Vedder Rdn 3. 20 MünchKommAktG/Pentz Rdn 20; Grigoleit/Vedder Rdn 9; zum früheren Recht auch Ritter AktG 1937 § 24 Anm 3c; aA dritte Auflage (Marz), Anm 3; Hölters/Solveen Rdn 7; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 5. 21 MünchHdbAG/Hoffmann-Becking § 4 Rdn 21; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 12; Hölters/Solveen Rdn 7. 22 MünchKommAktG/Pentz Rdn 23; KK/Arnold Rdn 12; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 12; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 11; Hüffer/Koch Rdn 5; Grigoleit/Vedder Rdn 9; aA früher noch Ritter § 24 Anm 3e AktG 1937: Tag des Gründungsberichts; Hölters/Solveen Rdn 7; Heidel/Polley Rdn 6; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 5; Wachter/Wachter Rdn 9.

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§ 32 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

in betriebsbereiten Zustand zu versetzen. Als Endpunkt des für die Anschaffungskosten relevanten Zeitraums gilt daher die erstmalige Betriebsbereitschaft des Vermögensgegenstandes.23 In ähnlicher Weise wird bei den Herstellungskosten als Endpunkt der Moment angesehen, in welchem der Vermögensgegenstand bestimmungsgemäß verwendet werden kann.24 Ausreichend, aber auch erforderlich ist dementsprechend, dass diese Endpunkte innerhalb der Zweijahresfrist liegen.25 17 Sind Anschaffungs- oder Herstellungskosten in den letzten zwei Jahren nicht entstanden, so ist auch hier – wie bei Nr 1 – eine „Fehlanzeige“ geboten (Rdn 7 und 11). Ausreichend sind hierfür Angaben wie „Anschaffungs- oder Herstellungskosten in den letzten zwei Jahren vor Errichtung der Gesellschaft sind nicht entstanden“ oder „Anschaffungs- oder Herstellungskosten aus den letzten zwei Jahren vor Errichtung der Gesellschaft: keine“. Weitere Angaben etwa des Inhalts, dass die Anschaffung weiter zurückliegt,26 oder sogar Angaben über den Zeitpunkt der Anschaffung (wenn auch ohne Preisangaben) sind nicht erforderlich. Das Gesetz beruht auf der Annahme, dass bei länger als zwei Jahre zurückliegenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht mehr ohne weiteres von einem möglichen Zusammenhang zwischen Anschaffung des Gegenstandes und Gründung der AG auszugehen ist. Vor allem aber hat die frühere Bewertung in diesem Falle wegen der Länge der verstrichenen Zeit nicht mehr das gleiche Gewicht. Das Fehlen der Voraussetzungen der Nr 2 entbindet jedoch nicht von der Einhaltung der Berichtspflicht nach Nr 1, wenn die länger zurückliegende Anschaffung des Gegenstandes tatsächlich bereits im Hinblick auf die geplante Gründung der AG erfolgte. Das Gleiche gilt, wenn die Angaben allgemein für die Beurteilung der Angemessenheit (= Gleichwertigkeit) erforderlich sind (siehe Rdn 1). Das wird man prinzipiell umso eher annehmen dürfen, je näher der Erwerbszeitpunkt an der Zweijahresfrist liegt. Die Fehlanzeige bezüglich der Nr 2 erübrigt sich dadurch freilich nicht, allerdings sollte man sie der geschuldeten Übersichtlichkeit und Widerspruchsfreiheit halber mit einem Querverweis versehen. 18 Die Angaben über die Anschaffungs- oder Herstellungskosten haben vollständig und wahrheitsgemäß zu sein. Dies gilt auch dann, wenn sie den Gesellschaftern oder der Gesellschaft zum Nachteil gereichen können. § 131 Abs 3 Satz 1 Nr 1 ist auf die Berichtspflichten des § 32 weder unmittelbar noch sinngemäß anwendbar.27 Anzugeben sind stets die von dem Gründer oder Veräußerer tatsächlich aufgewendeten Kosten. Hat er zB Hypotheken oder Grundschulden unter dem Nennwert und dann das belastete Grundstück erworben, sich aber auf den Kaufpreis für das Grundstück den vollen Nennwert der Grundpfandrechte anrechnen lassen, so ist auch das anzugeben. Nach einer Ansicht soll die Angabe für beide Jahre zusammengefasst erfolgen, eine Trennung nach Jahren aber unschädlich sein.28 Dem ist im Ergebnis zu folgen.29 Die Parallelität des Wortlautes zu der in Nr 3 getroffenen Regelung (dazu unten Rdn 22) spricht dabei allerdings

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23 BeBiKo/Schubert/Gadek § 255 HGB Rdn 33; Heidel/Schall/Jonas/Elprana/Heyes HGB, § 255 Rdn 11 mwN. 24 BeBiKo/Schubert/Gadek § 255 HGB Rdn 367; Heidel/Schall/Jonas/Elprana/Heyes HGB, § 255 Rdn 63 mwN. 25 AA Spindler/Stilz/Gerber Rdn 12, der bei Anschaffungskosten auf den Tag des schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts, bei Herstellungskosten hingegen entweder die Abnahme (Fremdherstellung) oder die Inbetriebnahmemöglichkeit (Eigenherstellung) abstellen will. 26 So aber anscheinend Geßler/Eckardt Rdn 19 eine derartige Verpflichtung ist dem Gesetz aber nicht zu entnehmen. 27 MünchKommAktG/Pentz Rdn 22; zuvor schon Geßler/Eckardt Rdn 18. 28 Geßler/Eckardt Rdn 19. 29 Wie hier MünchKommAktG/Pentz Rdn 22; aA – für die getrennte Angabe – KK/Arnold Rdn 12.

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Gründungsbericht | § 32

eher für ein umgekehrtes Regel-Ausnahme-Verhältnis, also grundsätzlich Trennung, aber unschädliche Zusammenfassung. Nicht anders als im Falle der Nr 1 haben die Gründer einen Anspruch auf Offenba- 19 rung der eigenen Anschaffungs- und Herstellungskosten grundsätzlich nur gegen ihren Mitgründer (oben Rdn 12). Der Auskunftsanspruch folgt auch hier bereits aus der Beteiligung an der Gründung der AG, die ohne die geforderte Angaben nicht eingetragen werden könnte, § 38 Abs 2 Satz 1. Ein nicht zu den Gründern gehörender Dritter, von dem die Gesellschaft einen Gegenstand im Wege der Sachübernahme erwerben soll, ist aktienrechtlich weder gegenüber der Vor-AG noch den Gründern zur Offenlegung seiner eigenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten verpflichtet. Die Gründer müssen deshalb darauf achten, ihm eine entsprechende Auskunftspflicht rechtzeitig aufzuerlegen. Ist dies nicht möglich, so muss von der Vereinbarung der geplanten Sachübernahme Abstand genommen werden. 3. Die Betriebserträge aus den letzten beiden Geschäftsjahren bei Übergang ei- 20 nes Unternehmens auf die Gesellschaft sind anzugeben (§ 32 Abs 2 Satz 2 Nr 3). Auch bei dieser Pflichtangabe geht es darum, die größtmögliche Gewähr dafür zu schaffen, dass die Gesellschaft einen vollen Gegenwert für die von ihr ausgegebenen Aktien sowie für etwaige zusätzliche von ihr zu erbringende Leistungen (gemischte Sacheinlage) oder die von ihr zu entrichtende Vergütung (im Fall der Sachübernahme) erhält. Dementsprechend ist unter „Übergang“ sowohl der Fall der Sacheinlage als derjenige der Sachübernahme zu verstehen. Der Begriff des Unternehmens ist derselbe wie in § 31 (dort Rdn 4). Auch wenn das Gesetz dies anders als dort nicht ausdrücklich sagt, gilt § 32 Abs 2 Satz 2 Nr 3 auch bei Übernahme eines Unternehmensteils. Der Begriff des Betriebsertrages wird weder in § 32 noch an anderer Stelle defi- 21 niert. Auch die Gliederungsvorschriften des HGB über die Gewinn- und Verlustrechnung enthalten diesen Begriff nicht. Nach herrschender Ansicht ist darunter für Kapitalgesellschaften der Jahresüberschuss gem § 275 Abs 2 Nr 20 HGB oder Abs 3 Nr 19 HGB zu verstehen.30 Bei Übernahme von Unternehmen, die bisher in einer anderen Rechtsform betrieben wurden, sind nach Möglichkeit nur Zahlen mit entsprechender Bedeutung und Aussagekraft anzugeben, die selbstverständlich nach den für die fragliche Unternehmensform geltenden gesetzlichen Bestimmungen, §§ 238 ff HGB, und den GoB erarbeitet sein müssen. Außerordentliche Posten und Ereignisse, die für die Beurteilung der Erträge wesentlich sind, müssen dabei besonders hervorgehoben werden.31 Die damit möglicherweise verbundenen Schwierigkeiten und Ungenauigkeiten müssen hingenommen werden. Die Angabe eines Geschäftswerts oder die Aufdeckung stiller Reserven ist ganz generell nicht vorgeschrieben, kann aber angebracht sein, wenn sie Bedeutung für die Beurteilung des Wertes des einzubringenden oder zu übernehmenden Gegenstandes besitzt. Hat das Unternehmen mit Verlust gearbeitet, so tritt an die Stelle des Jahresüberschusses der Jahresfehlbetrag oder ein ihm in der Aussagekraft möglichst nahe kommender Wert.

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30 KK/Arnold Rdn 16; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 13; Hüffer/Koch Rdn 5; Grigoleit/Vedder Rdn 9; Hölters/Solveen Rdn 8; Heidel/Polley Rdn 7; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 5; Wachter/Wachter Rdn 10; einschränkend allerdings MünchKommAktG/Pentz Rdn 25, siehe nächste Fn. 31 Ebenso KK/Arnold Rdn 16; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 13; Hüffer/Koch Rdn 5; Grigoleit/Vedder Rdn 9. AA MünchKommAktG/Pentz Rdn 25, danach ist ein um außerordentliche Aufwendungen bzw. Erträge bereinigter Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag anzugeben, um eine sachgerechte Beurteilung der Rentabilität zu ermöglichen.

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§ 32 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

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Indem das Gesetz ohne Einschränkung von „Geschäftsjahren“ spricht, nimmt es Bezug auf die letzten beiden vor Errichtung der AG abgeschlossenen vollen Geschäftsjahre. Die Angabe der in dem Errichtungsjahr bisher erzielten Teilgewinne oder -verluste ist mithin nicht vorgeschrieben, kann aber zweckmäßig sein,32 und im Rahmen der allgemein erforderlichen Werthaltigkeitsdarlegung (Rdn 10) unter Umständen sogar notwendig. Das wird vor allem dann der Fall sein, wenn sich daraus besondere Entwicklungen im positiven wie im negativen Sinne ableiten lassen. Indem das Gesetz nicht die Angabe des Betriebsertrages, sondern der „Betriebser23 träge“ verlangt, macht es in bewusster Abweichung von der Vorgängerregelung des § 24 AktG 193733 deutlich, dass der Betriebsertrag der beiden Geschäftsjahre nicht in einem Betrag zusammengefasst werden darf, sondern für jedes der beiden Geschäftsjahre getrennt anzugeben ist.34 In der nach dem Wortlaut zwingenden Trennung liegt ein Unterschied zu Nr 2, wo diese zwar auch der Regel entspricht, aber dennoch konsolidiert werden darf (eben Rdn 18). Hat das Unternehmen noch nicht so lange bestanden, so ist entweder nur der Be24 triebsertrag für das abgelaufene volle Geschäftsjahr oder (bei noch kürzerer Betriebsdauer) der bisherige Gesamtertrag anzugeben. V. Die besonderen Angaben des § 32 Abs 3 25

Die in dieser Vorschrift verlangten Angaben sind unabhängig davon zu machen, ob es sich um eine Bar- oder eine Sachgründung handelt. Auch sie sollen dazu dienen, den Gründungsvorgang durchsichtiger zu machen. Die Vorschrift behandelt in einem Satz zwei verschiedene Tatbestandsgruppen, die jedoch dadurch miteinander verklammert sind, dass es sich jeweils darum handelt, eventuell über die Amtsführung hinausgehende Interessen der Verwaltungsmitglieder der AG an deren Gründung offenzulegen und einer Prüfung zugänglich zu machen.

1. Die Angabe, ob und in welchem Umfang bei der Gründung Aktien für Rechnung der Mitglieder des Vorstandes oder Aufsichtsrats von einem Strohmann (Treuhänder) übernommen worden sind. Die Vorschrift bezweckt die Offenlegung, in welchem Maße sich die Gesellschaft in 27 der Hand von Organmitgliedern befindet, die es vorgezogen haben, bei der Gründung der Gesellschaft nicht selber in Erscheinung zu treten, sondern im Hintergrund zu bleiben, indem sie als Gründer einen Strohmann vorschieben. Auch wenn ein solches Vorgehen nicht unbedingt auf missbilligenswerte Motive zurückgehen muss, erachtet es das geltende Recht für geboten, den Gründungsvorgang in einem solchen Falle einer genauen Prüfung durch außenstehende Prüfer (Gründungsprüfer) zu unterziehen, um möglichen Interessenkollisionen auf den Grund zu gehen.35 Diese in § 33 Abs 2 Nr 2 zwingend vorgeschriebene externe Gründungsprüfung hat jedoch zur Voraussetzung, dass die bestehende Verflechtung zuvor offengelegt wird. Die Berichtspflicht des § 32 Abs 3 eröffnet damit zum einen den Weg für die nach § 33 Abs 2 Nr 2 durchzuführende Gründungsprüfung. Zugleich wird durch sie, da Gründungs- und Prüfungsbericht zu den bei Anmeldung der Gesellschaft einzureichenden (§ 37 Abs 4 Nr 4) und von jedermann dort einseh-

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32 MünchKommAktG/Pentz Rdn 26. 33 BegrRegE Kropff 52. 34 AllgM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 26; Hölters/Solveen Rdn 8; Heidel/Polley Rdn 7; Bürgers/Körber/ Lohse Rdn 5; Wachter/Wachter Rdn 10. 35 Übereinstimmend Spindler/Stilz/Gerber Rdn 8.

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Gründungsbericht | § 32

baren (§ 9 Abs 1 HGB) Unterlagen gehören, erreicht, dass Strohmanngründungen im Auftrage von Verwaltungsmitgliedern für Mitgründer, künftige Gläubiger und Aktionäre der Gesellschaft erkennbar werden. Das Gesetz reagiert damit auch hier mit den typischen Instrumenten, mit denen es unsoliden Vorgängen präventiv zu begegnen versucht: Publizität und Kontrolle. Anzugeben ist der Name des Strohmannes sowie der Umfang, in dem er Aktien für 28 Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder übernommen hat. Der Hintermann (das Verwaltungsmitglied) ist dabei namentlich zu benennen. Diese Angabe ist für jedes Verwaltungsmitglied gesondert zu machen. Die Offenbarungspflicht des Strohmannes ergibt sich daraus, dass er nach außen hin unter Übernahme sämtlicher Rechte und Pflichten eines Gründers (§ 28) an der Errichtung der Gesellschaft teilgenommen hat. Sind von den Gründern keine Aktien für die Mitglieder der Verwaltungsorgane übernommen worden, so ist ausdrücklich Fehlanzeige geboten. Aus dem Umstand, dass das Gesetz die Offenlegung der treuhänderischen Aktien- 29 übernahme ausdrücklich immer nur dann verlangt, wenn der Hintermann (Treugeber) ein Organmitglied ist, ist im Umkehrschluss zu folgern, dass in den Fällen treuhänderischer Aktienübernahme für andere Personen, die nicht zu den Organ-(Verwaltungs)mitgliedern gehören, also etwa für außenstehende Dritte oder auch Mitgründer, grundsätzlich weder das Treuhandverhältnis noch der Treugeber (Hintermann) bekanntgegeben werden muss. Allerdings wird gegenüber diesem an sich zutreffenden Ausgangspunkt mit Recht geltend gemacht, der Umkehrschluss aus dem Gesetz trage nicht so weit, dass ihm ein absolutes Verbot der Offenlegung solcher Verhältnisse zu entnehmen sei.36 Dies wird damit begründet, dass § 32 Abs 2 und 3 lediglich die Berichtspflicht nach § 32 Abs 1 konkretisieren. Somit sei § 32 Abs 3 nicht abschließend. Wenn die Kenntnis des Treuhandverhältnis also notwendig ist, um die Werthaltigkeit zu beurteilen, sei es nach Abs 2 Satz 1 aufzudecken (siehe allg Rdn 7). Dem ist iE zu widersprechen und an der Sicht der Voraufl. festzuhalten. Die Pflicht zur Preisgabe von Treuhandverhältnissen stellt einen erheblichen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar.37 Anders als die konkrete und wegen § 33 Abs 2 Nr 1 zwingend notwendige Pflicht nach Abs 3 dürfte die allgemein gehaltene Pflicht zur Berichterstattung über die Umstände der Werthaltigkeit nach Abs 2 den engen Anforderungen an die Rechtfertigung von Pflichten zur Preisgabe individualisierter Daten, insbesondere hinsichtlich der Normklarheit,38 nicht genügen. Das umso mehr, als das Aktienrecht grundsätzlich treuhandblind ist. 2. Die Angabe, ob und in welcher Weise ein Mitglied des Vorstandes oder des 30 Aufsichtsrats sich einen besonderen Vorteil oder für die Gründung oder ihre Vorbereitung eine Entschädigung oder Belohnung ausbedungen hat. Die von dieser zweiten Alternative des § 32 Abs 3 verfolgten Ziele und die Mittel, de- 31 rer sich das Gesetz zu ihrer Erreichung bedient, entsprechen in nahezu jeder Hinsicht denjenigen der ersten Alternative, s dazu deshalb zunächst Rdn 26 ff. Während diese den Weg zu der Gründungsprüfung nach § 33 Abs 2 Nr 2 freimachen soll, ist die zweite Alternative dazu bestimmt, den Weg zu der in § 33 Abs 2 Nr 3 vorgeschriebenen Gründungsprüfung zu eröffnen.

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36 MünchKommAktG/Pentz Rdn 31; KK/Arnold Rdn 19; Hölters/Solveen Rdn 10; aA Voraufl, Rdn 22; KK/Kraft (Voraufl) Rdn 11. 37 Zu diesem Grundrecht eingehend Maunz/Dürig/Di Fabio 73. EL 2014, Art 2 GG Rdn 173 ff. 38 Vgl Maunz/Dürig/Di Fabio 73. EL 2014, Art 2 GG Rdn 179 ff, insbes 182 ff.

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§ 32 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

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Die Gewährung von Sondervorteilen an Aktionäre oder Dritte sowie Zusagen von Gründerlohn oder Gründungsentschädigung sind zwar schon nach § 26 nur wirksam, wenn sie in der Satzung (bei Gründerlohn und Gründungsentschädigung genügt allerdings die Angabe des Gesamtaufwands, § 26 Abs 2) festgesetzt sind. Dabei lässt es das Gesetz jedoch aus den vorstehend bezeichneten Gründen nicht bewenden, sondern verlangt ihre Angabe auch im Gründungsbericht, wenn der Begünstigte ein Mitglied des Vorstandes oder Aufsichtsrats ist. Anzugeben sind Art, Umfang und Ausgestaltung der im Einzelnen eingeräumten Rechte (einschließlich etwaiger Gegenleistungen) unabhängig von ihrer wirksamen Festsetzung in der Satzung sowie der Name des begünstigten Organmitglieds. Auch hier sind (s schon oben Rdn 28) die Angaben – insoweit, was Gründerlohn und Gründungsentschädigung angeht, über § 26 Abs 2 hinausgehend – für jedes einzelne Verwaltungsmitglied getrennt zu machen. Der Zweck der Vorschrift würde nur unvollkommen erreicht, wenn der Bericht nicht erkennen ließe, welches Organmitglied im Einzelnen welche Vorteile für sich in Anspruch genommen hat.39 Über § 26 hinaus besteht die Offenlegungspflicht selbst dann, wenn die Zusage des Vorteils etc nicht von der Gesellschaft, sondern einem Dritten gemacht wird:40 über die Amtsübernahme hinausgehende Interessen der Verwaltungsmitglieder an der Gründung der Gesellschaft sollen transparent und der besonderen Prüfung nach § 33 Abs 2 Nr 3 zugänglich gemacht werden. Zusagen von Sondervorteilen, Gründerlohn oder Gründungsentschädigungen an 33 Gründer, die nicht zugleich Mitglieder des Vorstandes oder Aufsichtsrats sind, fallen nicht unter § 32 Abs 3. Derartige Vereinbarungen sind aber, wenn sie zu Lasten der Gesellschaft gehen, schon nach Abs 1 im Gründungsbericht anzuführen, vgl oben Rdn 7. Die datenschutzrechtlichen Bedenken, die gegen eine Erweiterung der Offenlegung von Treuhandverhältnissen über den in Abs 3 gezogenen Kreis hinaus bestehen (Rdn 29), schlagen hier nicht durch. VI. Änderungen

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Wird etwas von dem geändert, worauf sich der Gründungsbericht zu erstrecken hat, so muss der Bericht auch auf die Änderungen eingehen, nötigenfalls in einem Nachtrag.41 Dieser Nachtragsbericht ist ein echter Gründungsbericht und muss daher ebenfalls den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.42 VII. Rechtsfolgen fehlender oder fehlerhafter Berichte

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Das Fehlen eines Gründungsberichts oder der Mitwirkung eines Gründers begründet ein Eintragungshindernis nach § 38 Abs 1 Satz 1 und 2. Das gleiche gilt nach § 38 Abs 2 Satz 1 bei offensichtlicher, dh nach Überzeugung des Registergerichts eindeutiger (§ 38 Rdn 32) Fehlerhaftigkeit (Unrichtigkeit, Unvollständigkeit, Widersprüchlichkeit). Darüber hinaus berechtigt nach § 38 Abs 2 Satz 1 bereits die Erklärung der Gründungsprüfer

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39 MünchKommAktG/Pentz Rdn 3; KK/Arnold Rdn 21; Hüffer/Koch Rdn 6; Hölters/Solveen Rdn 9; Heidel/Polley Rdn 8; Wachter/Wachter Rdn 16; aA noch Godin/Wilhelmi Rdn 8–10. 40 MünchKommAktG/Pentz Rdn 32; Hüffer/Koch Rdn 6. 41 KG OLGE 43, 299; MünchKommAktG/Pentz 37; KK/Arnold Rdn 22; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 7; Hüffer/Koch Rdn 7; Grigoleit/Vedder Rdn 2; Hölters/Solveen Rdn 12; Bürger/Körbers/Lohse Rdn 3; Heidel/ Polley Rdn 9; Wachter/Wachter Rdn 20. 42 MünchKommAktG/Pentz 37; KK/Arnold Rdn 22; Hölters/Solveen Rdn 12; Heidel/Polley Rdn 9; Bürgers/ Körber/Lohse Rdn 3.

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Gründungsprüfung. Allgemeines | § 33

(§ 33), die Berichte seien fehlerhaft, das Registergericht zur Ablehnung der Eintragung (§ 38 Rdn 31). Falsche Angaben oder das Verschweigen erheblicher Umstände in einem Gründungsbericht sind nach § 399 Abs 1 Nr 2 strafbar und begründen nach dieser Strafbestimmung iVm § 823 Abs 2 BGB zudem die zivilrechtliche Haftung gegenüber den Aktionären und Gläubigern der Gesellschaft. Dieser gegenüber haften die Gründer für fehlerhafte Berichte nach Maßgabe von § 46.

§ 33 Gründungsprüfung. Allgemeines 2. Teil – Gründung der Gesellschaft Gründungsprüfung. Allgemeines § 33 Röhricht/Schall

(1) Die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats haben den Hergang der Gründung zu prüfen. (2) Außerdem hat eine Prüfung durch einen oder mehrere Prüfer (Gründungsprüfer) stattzufinden, wenn 1. ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats zu den Gründern gehört oder 2. bei der Gründung für Rechnung eines Mitglieds des Vorstands oder des Aufsichtsrats Aktien übernommen worden sind oder 3. ein Mitglied des Vorstands oder des Aufsichtsrats sich einen besonderen Vorteil oder für die Gründung oder ihre Vorbereitung eine Entschädigung oder Belohnung ausbedungen hat oder 4. eine Gründung mit Sacheinlagen oder Sachübernahmen vorliegt. (3) 1 In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 und 2 kann der beurkundende Notar (§ 23 Abs. 1 Satz 1) anstelle eines Gründungsprüfers die Prüfung im Auftrag der Gründer vornehmen; die Bestimmungen über die Gründungsprüfung finden sinngemäße Anwendung. 2 Nimmt nicht der Notar die Prüfung vor, so bestellt das Gericht die Gründungsprüfer. 3 Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde zulässig. (4) Als Gründungsprüfer sollen, wenn die Prüfung keine anderen Kenntnisse fordert, nur bestellt werden 1. Personen, die in der Buchführung ausreichend vorgebildet und erfahren sind; 2. Prüfungsgesellschaften, von deren gesetzlichen Vertretern mindestens einer in der Buchführung ausreichend vorgebildet und erfahren ist. (5) 1 Als Gründungsprüfer darf nicht bestellt werden, wer nach § 143 Abs. 2 nicht Sonderprüfer sein kann. 2 Gleiches gilt für Personen und Prüfungsgesellschaften, auf deren Geschäftsführung die Gründer oder Personen, für deren Rechnung die Gründer Aktien übernommen haben, maßgebenden Einfluss haben. Schrifttum Dienst Die aktienrechtliche externe Gründungsprüfung, Diss München, 1959; ders Sind die Gründungsprüfungsvorschriften ausreichend? WPg 1964, 149; Grage Notarrelevante Regelungen des Transparenz- und Publizitätsgesetzes im Überblick, RnotZ 2002, 326; Heckschen Gründungsprüfung durch den Notar, NotBZ 2002, 429; Hermanns Erleichterungen bei der Gründung von Aktiengesellschaften durch das Transparenz- und Publizitätsgesetz, ZIP 2002, 1785; W. Klein Die betriebswirtschaftliche Beurteilung eines Unternehmens im Rahmen der Gründungsprüfung, 1972; Mohr Die Bewertung der Beteiligungen als Problem der aktienrechtlichen Gründungsprüfung, WPg 1960, 573; Munkert Die externe aktienrechtliche Gründungsprüfung, 1971; Papmehl Aktienrechtliche Gründungsprüfung durch Notare, MittBayNot 2003, 187; Saage Zum Umfang der Gründungsprüfung – Besprechung der Entscheidung BGHZ 64, 52 –, ZGR 1977, 683; Selchert Prüfungen anlässlich der Gründung, Umwandlung, Fusion und Beendigung von Unternehmen, 1977; Voß Die Gründungsprüfung, WPg 1964, 439.

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§ 33 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

I. II.

III.

IV.

Systematische Übersicht Vorgeschichte und Bedeutung | 1 Die interne Gründungsprüfung durch die Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats, § 33 Abs 1 | 3 Die externe Gründungsprüfung, § 33 Abs 2–5 | 8 1. Allgemeines | 8 2. Die Fallgruppen obligatorischer externer Gründungsprüfung, § 33 Abs 2–5 | 9 a) Abs 2 Nr 1 | 10 aa) Kapitalgesellschaften als Gründer | 11 bb) Personengesellschaften als Gründer | 17 cc) Sonstige Sonderfälle | 20 b) Abs 2 Nr 2 | 23 c) Abs 2 Nr 3 | 28 d) Abs 2 Nr 4 | 29 Die Bestellung des bzw der Gründungsprüfer, § 33 Abs 3 | 31

1.

Prüfung durch den beurkundenden Notar | 31 2. Prüfung durch gerichtlich bestellte Gründungsprüfer | 36 3. Stellung der Gründungsprüfer | 39 V. Sachliche Eignung zum Gründungsprüfer; Auswahl, § 33 Abs 4 | 42 1. Kein Monopol der Wirtschaftsprüfer | 43 2. Personen mit ausreichender Vorbildung und Erfahrung in der Buchführung | 44 3. Rechtslage bei Erforderlichkeit von Spezialkenntnissen | 45 4. Prüfungsgesellschaften | 46 VI. Ausschluss vom Amt des Gründungsprüfers, § 33 Abs 5 | 47 1. Allgemeines | 47 2. Die Generalklausel des § 33 Abs 5 Satz 2 | 48 VII. Rechtsfolgen von Verstößen gegen § 33 Abs 4 und 5 | 54

I. Vorgeschichte und Bedeutung 1

§ 33 geht im Wesentlichen auf die schon in § 25 AktG 1937 enthaltene Regelung zurück. Die externe Gründungsprüfung ist überdies seit Inkrafttreten der Kapitalrichtlinie (neu abgefasst als Richtlinie 2012/30/EU) durch deren Art 10 europarechtlich vorgegeben, so dass die Umsetzungsvorschriften der §§ 33 ff zumindest insoweit europarechtskonform auszulegen sind.1 In Abs 3 Satz 2 aF war seinerzeit die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde gegen die Bestellung der Gründungsprüfer in das Gesetz aufgenommen worden. Dies beruhte auf der Grundhaltung des Rechtsausschusses, die Beschwerdefähigkeit überall dort zu regeln, wo eine gerichtliche Entscheidung im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit vorgesehen ist (Ausschussbericht bei Kropff S 54). Nach der Änderung des § 33 Abs 3 durch das Transparenz- und Publizitätsgesetz vom 17.7.2002 (BGBl I S 2681) ist nunmehr eine Gründungsprüfung durch den Notar zulässig. Die nach alter Fassung notwendige Anhörung der Industrie- und Handelskammer wurde gestrichen. Das Rechtsmittel gegen den vom Gericht bestellten Gründungsprüfer ist seit dem Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17.12.2008 (BGBl I S 2586) nicht mehr die sofortige Beschwerde, sondern die Beschwerde. Abs 4 und 5 enthalten gegenüber dem AktG 1937 neben sprachlichen auch einige sachliche Änderungen. So reicht es nicht mehr aus (Abs 4 Nr 2), dass der Inhaber einer Prüfungsgesellschaft die dort beschriebenen Voraussetzungen erfüllt. Dies kann für Prüfungsgesellschaften in der Rechtsform einer Personengesellschaft gegenüber dem früheren Rechtszustand eine gewisse Erschwerung bedeuten, weil nunmehr ein vertretungsberechtigter Gesellschafter die nötigen Kenntnisse haben muss (Kropff S 54). Da die sachlichen und personellen Voraussetzungen, die ein Gründungsprüfer erfüllen muss, jetzt erschöpfend geregelt sind, ist die früher in § 47 Ziff 1 AktG 1937

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1 Zur Problematik der europarechtskonformen Auslegung bei überschießender Umsetzung siehe etwa Habersack/Mayer in Riesenhuber (Hrsg), Europäische Methodenlehre, 3. Aufl. 2015, § 15, S 297 ff.

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Gründungsprüfung. Allgemeines | § 33

enthaltene Ermächtigung für den „Reichsminister der Justiz“, die Befähigung als Gründungsprüfer von besonderen Voraussetzungen abhängig zu machen, entfallen. Die Bestimmung des § 7 der 1. DVO z AktG 1937, die die Justizminister ermächtigte, für einzelne Gesellschaften abweichende Anordnungen über die Bestellung von Gründungsprüfern sowie die Einreichung und Einsicht des Berichtes zu erlassen, ist ebenfalls nicht in das AktG 1965 übernommen worden. Durch das Bilanzrichtliniengesetz vom 19. Dezember 1985 ist die in Abs 5 idF des AktG 1965 enthaltene Verweisung auf § 143 Abs 2 und 3 auf den dortigen Abs 2 beschränkt worden, der wiederum durch Art 4 Nr 1 des Bilanzrechtsreformgesetzes vom 4.12.2004 und das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz vom 25.5.2009 geändert worden ist (siehe Erläuterungen zu § 143). Die Vorschrift soll die Gründung von Gesellschaften verhindern, „die nicht die im In- 2 teresse der künftigen Gläubiger und der Aktionäre notwendigen Sicherungen erfüllen“ (BegrRegE bei Kropff S 53). Sie dient mithin demselben Ziel wie § 32. Die Bestimmungen greifen in der Weise ineinander, dass die nach Abs 1 in jedem Fall durchzuführende Prüfung durch Vorstand und Aufsichtsrat und die in Abs 2 für besondere Fälle vorgeschriebene zusätzliche Prüfung durch externe Gründungsprüfer auf den Angaben des nach § 32 zu erstellenden schriftlichen Berichts der Gründer aufbauen können. Beide gemeinsam dienen sodann wieder dem Registergericht als Grundlage (vgl auch § 37 Abs 4 Nr 4) für seine nach § 38 vorzunehmende Prüfung, ob die Gesellschaft ordnungsgemäß errichtet ist. Daraus folgt zugleich, dass eine unterlassene Gründungsprüfung Errichtungsmangel ist, der zur Ablehnung der Eintragung nach § 38 Abs 1 Satz 2 führt. Die unter Verstoß dagegen eingetragene Gesellschaft ist jedoch wirksam entstanden. Die Gesellschaft kann weder auf Klage für nichtig erklärt (§ 275) noch von Amts wegen nach § 397 FamFG gelöscht werden.2 In jedem Fall dient die Gründungsprüfung iVm der ihr zukommenden Registerpublizität (dazu § 37 Abs 4 Nr 4; § 9 Abs 1 HGB) dem Gesetzgeber als weiteres Instrument bei seinem Bemühen, den Gründungsvorgang so transparent wie möglich zu machen. § 33 wird ergänzt durch §§ 34, 35, die das Verfahren und Einzelheiten des Vorgangs der Prüfung regeln. II. Die interne Gründungsprüfung durch die Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats, § 33 Abs 1 Die den Mitgliedern des Vorstands und Aufsichtsrats in Abs 1 auferlegte Pflicht zur 3 Prüfung besteht ausnahmslos für alle Fälle der Gründung einer AG. Sie ist – anders als die zusätzlich nach Abs 2 vorgeschriebene Prüfung – nicht an besondere Voraussetzungen gebunden. Die Prüfungspflicht mündet in die Pflicht zur Erstellung eines schriftlichen Prüfberichts nach § 34 Abs 2 Satz 1. Sie trifft jedes einzelne Mitglied der genannten Organe, bei Vorstandsmitgliedern auch die Stellvertreter (§ 94), in persönlicher Verantwortung. Infolgedessen ist jedes einzelne Organmitglied berechtigt, von den Gründern die Aufschlüsse zu verlangen, die es nach seinem pflichtgemäßen Ermessen für eine ordnungsgemäße Prüfung benötigt. Es gelten insofern entsprechende Grundsätze wie für die Verpflichtung der Gründer zur Erstellung des Gründungsberichts. Wie dort ist rechtsgeschäftliche, nicht aber gesetzliche Stellvertretung ausgeschlossen und dürfen Gehilfen hinzugezogen werden,3 s deshalb insoweit § 32 Rdn 3 ff.

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2 Unstr., RGZ 130, 248, 256; Grigoleit/Vedder Rdn 18; MünchKommAktG/Pentz Rdn 73; KK/Arnold Rdn 38; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 2; Hüffer/Koch Rdn 2 und 10; Hölters/Solveen Rdn 17. 3 AllgM, KGJ 28, A 228, 236 f; MünchKommAktG/Pentz Rdn 8; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 4; Schmidt/ Lutter/Bayer Rdn 2; Hüffer/Koch Rdn 2; Grigoleit/Vedder Rdn 3; Bügers/Körber/Lohse Rdn 2.

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§ 33 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

4

Die Prüfungspflicht besteht auch dann, wenn das Verwaltungsmitglied zugleich zu dem Kreis der Gründer gehört oder für seine Rechnung Aktien übernommen worden sind. In diesem Fall ist allerdings zusätzlich eine externe Prüfung nach Abs 2 Nr 1 und Nr 2 vorgeschrieben. Die Prüfung hat sich wie der Bericht der Gründer, auf dem sie aufbaut (Rdn 2), auf 5 sämtliche Umstände zu erstrecken, die für die Aktionäre oder Gläubiger der Gesellschaft erkennbar von Bedeutung sein können, dazu näher § 32 Rdn 7 und § 34. Es genügt, wenn ein gemeinsamer Prüfungsbericht aufgesetzt und von allen unterschrieben wird. Für Zusätze und gesonderte Prüfungsberichte muss derjenige die Verantwortung übernehmen, der sie für erforderlich hält. Eine ordnungsgemäße, den Weg zur Eintragung der Gesellschaft eröffnende Prüfung liegt nur dann vor, wenn sie von denjenigen Verwaltungsmitgliedern vorgenommen worden ist, die auch an der Anmeldung der Gesellschaft (§ 36 Abs 1) mitwirken müssen. Ist mithin eines der Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieder vor der Anmeldung ausgeschieden, so muss sein Nachfolger die Prüfung wiederholen.4 6 Die Pflicht zur Mitwirkung bei der Prüfung nach Abs 1 ergibt sich primär aus der Bestellung zum Aufsichtsrats- oder Vorstandsmitglied, also aus der Stellung als Organ der Gesellschaft, nicht aus dessen Dienstvertrag.5 Dies folgt schon daraus, dass die Prüfungspflicht auch beim Fehlen eines Anstellungsvertrages bestehen würde. Dies hindert selbstverständlich nicht, dass die Mitwirkung eine Nebenpflicht aus einem bestehenden Dienstvertrag darstellen und also eine unberechtigte Verweigerung der Mitwirkung bei der Prüfung zugleich eine Verletzung der dienstvertraglichen Pflichten bedeuten kann. Eine Erzwingung der Mitwirkung im Wege der Zwangsvollstreckung ist nach hM allerdings auch dann, wenn man die Grundlage der Pflicht im Organverhältnis sieht, nicht möglich. Das ergibt sich aus einer zumindest entsprechenden Anwendung des § 888 Abs 3 ZPO,6 der über seinen engen Wortlaut („Dienste aus einem Dienstvertrag“) hinaus auf auftrags- oder geschäftsbesorgungsvertragliche Pflichten Anwendung findet.7 Das rechtfertigt auch die weitere Erstreckung auf das auftragsähnliche (vgl §§ 27 Abs 3, 713 BGB) Organverhältnis. Erhebliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Sicht ergeben sich allerdings aus der Erfolgsbezogenheit der Pflicht (dazu eingehend § 36 Rdn 19). Verweigert mithin ein Organmitglied seine Mitwirkung an der Erstellung des Prüfberichts oder seine Unterschrift unter den ganzen Bericht, bleibt nach hM nur die Möglichkeit der Abberufung – bei Vorstandsmitgliedern aus wichtigem Grund nach § 84 Abs 3 Satz 3, bei Aufsichtsratsmitgliedern nach Maßgabe von § 103, dazu § 30 Rdn 15 – und Neubestellung. Der Umstand, dass ein Mitglied des Vorstandes oder des Aufsichtsrats zu einem ungünstigen Prüfergebnis gelangt, wird in der Regel für sich allein noch keinen wichtigen Grund (§ 84 Abs 3 u § 103 Abs 3) zu seiner Abberufung darstellen. Auf jeden Fall gehören die Abberufung und die ihr zugrunde liegende Weigerung und die dafür angegebenen Gründe zum Hergang der Gründung. Der Gründungsbericht hat deshalb ausdrücklich auf sie einzugehen (allgA). Die Verantwortlichkeit der Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrats für eine 7 ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Prüfungspflicht richtet sich strafrechtlich nach § 399

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4 MünchKommAktG/Pentz Rdn 6; KK/Arnold Rdn 6; Hölters/Solveen Rdn 4. 5 MünchKommAktG/Pentz Rdn 11; KK/Arnold Rdn 7; Hüffer/Koch Rdn 2; Hölters/Solveen Rdn 5; aA noch KK/Kraft (Voraufl), Rdn 6: Dienstvertrag; wohl aA auch Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2. 6 Bislang unstr, MünchKommAktG/Pentz Rdn 11; KK/Arnold Rdn 7; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 6; Hüffer/ Koch Rdn 2; Grigoleit/Vedder Rdn 3; Hölters/Solveen Rdn 5; Heidel/Polley Rdn 4; Wachter Rdn 4. 7 Stein/Jonas/Brehm ZPO, § 888 Rdn 40; MünchKommZPO/Gruber § 888 Rdn 20; Musielak/Voit/ Lackmann ZPO, § 888 Rdn 3.

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Gründungsprüfung. Allgemeines | § 33

Abs 1 Nr 2 und zivilrechtlich nach § 48 (gegenüber der Gesellschaft) und § 399 Abs 1 Nr 2 iVm § 823 Abs 2 BGB (gegenüber geschädigten Dritten). III. Die externe Gründungsprüfung, § 33 Abs 2–5 1. Allgemeines. In vier Fällen sieht das Gesetz außerdem eine Prüfung durch einen 8 oder mehrere außenstehende Prüfer (Gründungsprüfer) vor. Diese externe Gründungsprüfung durch unabhängige (Abs 5) mit ausreichender Sachkenntnis ausgestattete Personen (Abs 4) soll den schon durch § 32 (Pflicht der Gründer zur Erstattung des Gründungsberichts) und § 33 Abs 1 (Prüfung durch Vorstand und Aufsichtsrat) bezweckten Schutz vor unzulänglichen Gründungen weiter verstärken. Die externe Gründungsprüfung nach Abs 2 ersetzt nicht die interne Prüfung nach Abs 1 durch Vorstand und Aufsichtsrat. Sie tritt vielmehr neben diese, ist also zusätzlich vorzunehmen. Die Rechtsfolge der Unterlassung der Prüfung nach Abs 2 begründet ebenso wie das Unterbleiben der internen Prüfung nach Abs 1 einen Errichtungsmangel mit der Folge, dass das Registergericht die Eintragung der Gesellschaft nach § 38 Abs 1 Satz 2 abzulehnen hat; zu der Rechtsfolge einer trotzdem erfolgten Eintragung, oben Rdn 2. 2. Die Fallgruppen obligatorischer externer Gründungsprüfung, § 33 Abs 2–5. 9 Das Gesetz schreibt die zusätzliche externe Gründungsprüfung in vier Fällen vor, in denen erfahrungsgemäß die Gefahr unsolider Gründungen besonders groß ist. Die Aufzählung ist abschließend, mag diese Gefahr auch in anderen Fällen nicht weniger erheblich sein. a) Abs 2 Nr 1: ein Mitglied des Vorstands oder Aufsichtsrats gehört zu den Gründern 10 (§ 28). In diesem Fall erachtet das Gesetz die externe Prüfung durch unabhängige Prüfer für geboten, weil die naheliegende Gefahr besteht, dass ein Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied, das selber an der Gründung der Gesellschaft beteiligt ist, die ihm nach Abs 1 obliegende Prüfung nicht mit der gebotenen sachlichen Distanz und Unparteilichkeit vornimmt. aa) Kapitalgesellschaften als Gründer: Bei Beteiligung einer Kapitalgesellschaft 11 an der Gründung der AG ist diese Voraussetzung dann erfüllt, wenn ein Mitglied ihres Vertretungsorgans (auch stellvertretende Vorstandsmitglieder, § 94, oder Geschäftsführer) zugleich zum Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied der neugegründeten AG bestellt wird.8 Das hat nach der Lehre vom fehlerhaft bestellten Organ9 sicherlich auch dann zu gelten, wenn der Bestellungsakt an einem Mangel leidet. Eine andere Frage ist, ob die gleichen Grundsätze auch für faktische Organe Geltung beanspruchen, also für Personen, die in einer Kapitalgesellschaft tatsächlich Leitungsfunktionen ausüben, ohne hierzu formal bestellt oder sonst berechtigt zu sein.10 Dies wird teil-

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8 KG, OLGR 24, 171, 172; MünchKommAktG/Pentz Rdn 17; KK/Arnold Rdn 13; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 8; Hüffer/Koch Rdn 4; Grigoleit/Vedder Rdn 5; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 3; Hölters/Solveen Rdn 7; Heidel/ Polley Rdn 8; Wachter/Wachter Rdn 6. 9 Zu Begriff und rechtlicher Behandlung Spindler/Stilz/Fleischer § 93 Rdn 181; MünchKommAktG/ Spindler § 84 Rdn 237 sowie die Erläuterungen zu § 93 Rdn 358 (Hopt/Roth); aus der Rechtsprechung etwa BGHZ 41, 282, 287. 10 Zum (allerdings nicht allgemein anerkannten) Begriff und zur seit langem umstrittenen rechtlichen Behandlung, vor allem mit Blick auf das Haftungsrecht, eingehend Spindler/Stilz/Fleischer § 93 Rdn 182 ff sowie die Erläuterungen zu § 93 Rdn 362 ff (Hopt/Roth); aus der Rechtsprechung BGHSt 3, 32, 37 ff; BGHZ 104, 44, 47 ff.

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weise bejaht.11 Noch weiter gehend will eine Ansicht auch herrschende Gesellschafter einer Gründer-Kapitalgesellschaft, welche in der AG eine Organstellung übernehmen, miteinbeziehen.12 Insoweit hatte bereits die Vorauflage (Rdn 11) konzediert, dass der Schutzzweck „am nachhaltigsten erreicht [würde], wenn man ohne Unterscheidung zwischen rechtsfähigen und nicht rechtsfähigen Verbänden allein darauf abstellen würde, ob der in den Vorstand oder Aufsichtsrat der AG eingetretene Gesellschafter eine beherrschende Stellung in der Gesellschaft einnimmt.“ Sie hat sich dann allerdings gegen diese Sicht festgelegt. Für ausschlaggebend wurde das Argument der Rechtsklarheit gehalten, weil die Eintragungsfähigkeit soweit wie möglich an klar abgegrenzte Voraussetzungen gebunden sein sollte. Damit würde sowohl die Berücksichtigung von Beherrschungsverhältnissen als auch die von faktischen Organstellungen im Rahmen des Abs 2 Nr 1 ausscheiden müssen. 12 An der Sicht der Vorauflage ist nun sicherlich richtig, dass auf die Praktikabilität im Lichte der Erfordernisse des Eintragungsverfahrens besonderes Augenmerk zu legen ist. Nur die Begrenzung auf die (auch fehlerhaft bestellten) Mitglieder der Vertretungsorgane von Gründer-Kapitalgesellschaften kommt diesem Erfordernis ohne Weiteres nach. Gleichwohl sind die Argumente der vordingenden Ansicht, welche auf die Beherrschung der Gründergesellschaft abstellt, letztlich durchschlagend. Denn das Gesetz zeigt in Abs 2 Nr 2, dass ihm der Umgehungsschutz von höherer Wichtigkeit ist als die Rechtsklarheit. Die dort in Rede stehenden Treuhandverhältnisse sind grundsätzlich unsichtbar und werden nur vermittels der besonderen Berichtspflicht nach § 32 Abs 3 (und nur bei deren Befolgung) publik. In diesen Normen liegt denn auch der Schlüssel zu einer methodischen überzeugenden, teleologisch orientierten Gesamtlösung der Problematik. Dem Tatbestand des Treuhandverhältnisses zum Gründer nach Abs 2 Nr 2 ist der Tatbestand der Beherrschung desselbigen im Wege der teleologischen Extension gleichzustellen. Grundlage dieser Gleichstellung ist die Norm des § 16 Abs 4, die beide Fälle nebeneinander nennt und damit einen verallgemeinerungsfähigen Grundgedanken der Zurechnung zum Ausdruck bringt.13 Die Rechtfertigung für diese lückenfüllende Rechtsfortbildung ist die schwerlich bestreitbare Tatsache, dass das Gründungsrecht die Problematik von (Kapital)Gesellschaften als Gründern nicht hinreichend erkannt und ausgearbeitet hat, sondern offenbar von einem – ungenügenden – „Leitbild“ der Gründung durch natürliche Personen aus verfasst worden ist. Das hat die hM selbst anerkannt, indem sie Abs 2 Nr 1 nach Art eines „Zurechnungsdurchgriffs“ auf Mitglieder des Vertretungsorgans einer Gründer-Kapitalgesellschaft erstreckt, obwohl der gesetzliche Vertreter gerade kein Gründer iS des § 28 ist (siehe Erläuterungen dort, Rdn 3). In konsequenter Fortsetzung dieser teleologischen Extension ist auch die Berichts13 pflicht nach § 32 auf Beherrschungsverhältnisse von Organmitgliedern gegenüber Gründer-Kapitalgesellschaften zu erstrecken, sei es durch teleologische Extension des Abs 3 oder – vorzugswürdig, da die Strafbewehrung gemäß § 399 Abs 1 Nr 2 nicht in Frage stellend – schlicht auf Basis der allgemeinen Grundregel, dass über alle Umstände zu berichten ist, die für die Aktionäre und Gläubiger von Interesse sein können (§ 32 Rdn 7). Damit ist dann auch der von der Voraufl., Rdn 11 erforderten Praktikabilität genügt, weil

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11 Spindler/Stilz/Gerber Rdn 8 (allerdings ohne Abgrenzung des Begriffs zum fehlerhaft bestellten Organ); dem folgend Grigoleit/Vedder Rdn 5. 12 MünchKommAktG/Pentz Rdn 17; KK/Arnold Rdn 13; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 5; Grigoleit/Vedder Rdn 5; aA Voraufl, Rdn 11. 13 Zur Leitbildfunktion des § 16 Abs 4 Voraufl (Windbichler) § 16 Rdn 25 sowie Rdn 5: Modellcharakter; gleichsinnig MünchKommAktG/Bayer § 15 Rdn 23; siehe auch Spindler/Stilz/Schall § 16 Rdn 9: Mindeststandard.

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sich die Notwendigkeit der externen Prüfung in erweiterter Anwendung des Abs 2 Nr 2 unmittelbar aus dem Gründungsbereich ablesen lässt. Mit dem Abstellen auf die Beherrschungsmöglichkeit iS des § 17 werden neben der 14 klassischen Konstellation des Mehrheitsbesitzes (§ 17 Abs 2) oder der kombinierten Beherrschung14 auch die Fälle der faktischen Organe erfasst, soweit – wie in solchen Fällen üblich – diese die Führung der Geschäfte im Unternehmen bestimmen können. Denn darauf kommt es nach § 17 Abs 1 an.15 Zusammenfassend lässt sich also sagen: Obwohl Vertreter keine Gründer sind 15 (§ 28 Rdn 3), erfasst Abs 2 Nr 1 über seinen Wortlaut hinaus auch Vorstände oder Aufsichtsräte der Vor-AG, die Mitglieder des Vertretungsorgans einer Gründer-Kapitalgesellschaft oder einer sonstigen inländischen oder ausländischen juristischen Person des Privatrechts oder des öffentlichen Rechts sind (allgM). Unerheblich ist dabei, ob der Bestellungsakt wirksam war oder nicht. Die Rechtfertigung hierfür liegt erstens darin, dass die Organe die Gesellschaft unmittelbar repräsentieren und daher ein Zurechnungsdurchgriff gerechtfertigt ist und zweitens darin, dass die Vertretungsorgane des Gründers ebenso wie gesetzliche Vertreter, aber anders als gewillkürte Stellvertreter, auch an der Abfassung des Gründungsberichts beteiligt sind (dazu noch Rdn 21). Dagegen unterfallen Vorstände oder Aufsichtsräte der Vor-AG, welche lediglich 16 einen beherrschenden Einfluss iS des § 17 auf eine Gründerkapitalgesellschaft oder eine sonstige juristische Person ausüben können, etwa kraft Mehrheitsbesitzes oder faktischer Organstellung, nicht der formal anknüpfenden Nr 1, sondern sind dem Abs 2 Nr 2 im Wege teleologischer Extension zuzuordnen.16 Solche Herrschaftsverhältnisse der Organmitglieder der Vor-AG sind im Gründungsbericht nach § 32 Abs 1 offen zu legen. bb) Personengesellschaften als Gründer: Bei Beteiligung einer Personengesell- 17 schaft an der Gründung ist im Anschluss an die allgemeine Auffassung zur Behandlung von Vertretungsorganmitgliedern einer Gründerkapitalgesellschaft (oben Rdn 11) unstreitig, dass Abs 2 Nr 1 anzuwenden ist, wenn ein vertretungsberechtigter Gesellschafter der Personengesellschaft in den Vorstand oder Aufsichtsrat der Gesellschaft eintritt.17 Unklar ist aber, ob der Kreis darüber hinaus zu erweitern ist. Nach der weitesten, früher vertretenen Ansicht18 soll bei Personengesellschaften der Eintritt eines jeden Gesellschafters in den Vorstand oder Aufsichtsrat der AG ausreichen, womit umgekehrt im Ergebnis auch der nicht vertretungsberechtigte Gesellschafter einer Personengesellschaft als Gründer angesehen wird. Dem ist die Vorauflage mit dem Argument entgegen getreten, dass der formale Unterschied zwischen juristischen Personen und Gesamthandgemeinschaften jedoch eine solche Unterscheidung, gerade im Lichte der (mittlerweile herrschenden) Auffassung über das Wesen der Gesamthand als teilrechtsfähiger Rechtsträger, nicht zu rechtfertigen vermag und auf einer Gleichbehandlung, dh einer Beschränkung auf die Mitglieder des Vertretungsorgans, bestanden. Zur Abstützung

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14 Dazu nur Spindler/Stilz/Schall § 17 Rdn 25 ff. 15 Spindler/Stilz/Schall § 17 Rdn 9 im Anschluss an BGHZ 121, 137, 146 (WAZ). 16 IE übereinstimmend, aber Erstreckung von Nr 1 auf herrschende Gesellschafter befürwortend MünchKommAktG/Pentz Rdn 17; KK/Arnold Rdn 13; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 5; Grigoleit/Vedder Rdn 5; aA Voraufl, Rdn 11; insoweit zweifelnd auch Spindler/Stilz/Gerber Rdn 8, der aber faktische Organe einbeziehen möchte; wohl aA Hölters/Solveen Rdn 7. 17 MünchKommAktG/Pentz Rdn 19; KK/Arnold Rdn 13; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 8; Hüffer/Koch Rdn 4; Grigoleit/Vedder Rdn 5; Hölters/Solveen Rdn 7; Heidel/Polley Rdn 8; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 3; Wachter/Wachter Rdn 6. 18 Geßler/Eckardt Rdn 16; Godin/Wilhelmi Rdn Anm 3.

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wurde auch auf die bereits angesprochenen (Rdn 11) Praktikabilitätserwägungen verwiesen, denen zufolge die Eintragungsfähigkeit soweit wie möglich an klar abgegrenzte Voraussetzungen gebunden bleiben müsse. Die heute hM ist dem zwar insoweit gefolgt, als sie die Erstreckung auf sämtliche Gesellschafter ablehnt.19 Allerdings möchte sie neben den im Außenverhältnis vertretungsberechtigten Gesellschaftern auch geschäftsführende Gesellschafter miteinbeziehen20 – was beispielsweise atypische Kommanditisten erfassen würde, die zwar abweichend von § 164 HGB die interne Geschäftsführung, wegen des zwingenden § 170 HGB aber nicht die Außenvertretung inne haben können. Zu diesem Ergebnis dürfte letztlich auch Pentz gelangen. Er erteilt zwar der früheren Ansicht, wonach auch die nichtvertretungsberechtigten Gesellschafter zu den Gründern zählten, mit Verweis auf den aktuellen Stand der Gesamthandslehre eine ausdrückliche Absage.21 Das scheint in Aussage und Argumentation mit der in der Vorauflage vertreten Auffassung übereinzustimmen, wonach es bei der Personengesellschaft entscheidend auf die Vertretungsberechtigung im Außenverhältnis ankomme. Allerdings will Pentz die Personengesellschaften nicht anders behandeln als die Kapitalgesellschaften,22 was wiederum bedeutet, dass er hier wie dort beherrschenden Einfluss auch jenseits der Vertretungsberechtigung erfasst sehen will. Allerdings ist beherrschender Einfluss in einer Personengesellschaft keinesfalls gleichbedeutend mit der Geschäftsführungsbefugnis. Vielmehr führt grundsätzlich nur das alleinige, einfache Einzelgeschäftsführungsrecht zur Herrschaft, weil dann kein Widerspruchsrecht besteht, während gemeinschaftliche ebenso wie konkurrierende Geschäftsführung dem einzelnen Gesellschafter als solches keine Herrschaft über die Personengesellschaft vermitteln.23 So dürfte der Ansatz von Pentz im Ergebnis nur sehr eingeschränkt dazu führen, dass neben den vertretungsberechtigten auch die geschäftsführungsbefugten Gesellschafter erfasst werden. 18 Stellungnahme: Die Problematik erscheint insgesamt noch nicht erschöpfend geklärt. Kritisch ist zunächst vor allem an die pauschale Einbeziehung geschäftsführungsbefugter Gesellschafter durch die hM zu betrachten. Wenn man sich schon von der Beschränkung auf die Außenvertretungsbefugnis löst und das Innenverhältnis in den Blick nimmt, greift das Abstellen auf die Geschäftsführungsbefugnis möglicherweise zu kurz. Denn ein gemeinschaftlicher Geschäftsführer hat als solcher kaum mehr Einfluss als er jedem GmbH-Gesellschafter kraft seines Eigenanteils am Weisungsrecht zukommt. Überzeugender erscheint demgegenüber das insbesondere von Pentz und Bayer propagierte Abstellen auf die Beherrschungsmöglichkeit bezüglich der Gründer-Personengesellschaft. Dieses auch hier zu befürwortende Ergebnis ist freilich ebenso wie bei Kapitalgesellschaften (Rdn 12 f) nicht im Rahmen von Nr 1, sondern von Nr 2 zu erzielen. Doch ist damit die Problematik bei Personengesellschaften immer noch nicht ausge19 schöpft. Denn die mit der Anerkennung der eigenen Rechtsträgerschaft von Personenhandelsgesellschaften und Außen-GbR entstandenen Parallelen zu den juristischen Personen dürfen nicht den Blick auf zwei entscheidende Unterschiede verdecken: die unbeschränkte persönliche Gesellschafterhaftung sowie die einkommenssteuerliche Transparenz. Beides zusammen führt dazu, dass jeder vollhaftende Gesellschafter

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19 Statt aller MünchKommAktG/Pentz Rdn 19; KK/Arnold Rdn 13; Grigoleit/Vedder Rdn 5. 20 So explizit KK/Arnold Rdn 13; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 8; Hüffer/Koch Rdn 4; Grigoleit/Vedder Rdn 5. iE ähnlich aber aber auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 19 iVm Rdn 17, dazu gleich im Text. 21 MünchKommAktG/Pentz Rdn 19: „Der früher vertretenen Auffassung, wonach in diesem Falle auch die nichtvertretungsberechtigten Gesellschafter zu den Gründern zählten und dementsprechend in unmittelbarer Anwendung des § 33 Abs. 2 Nr. 1 eine Gründungsprüfung zu erfolgen hatte, ist nicht zu folgen.“ 22 MünchKommAktG/Pentz Rdn 19: „Entsprechendes gilt …“. 23 Heidel/Schall HGB, § 108 Anh KonzernR, Rdn 29 ff.

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einer Personengesellschaft ungeachtet der formalen Rechtsträgerschaft selbst im wirtschaftlichen Sinne als der (Mit)Unternehmer anzusehen ist, für dessen Rechnung die Geschäfte der Personengesellschaft betrieben werden. Anders liegt es nur bei Kommanditisten, die zwar einkommenssteuerlich als Mitunternehmer gelten, aber aufgrund der Haftungsbeschränkung nicht als unmittelbare wirtschaftliche Risikoträger gelten können. Die persönlich haftenden Gesellschafter einer Personengesellschaft hingegen liegen sogar noch näher am von Abs 2 Nr 2 beschriebenen Interessenkonflikt, da sie anders als bei Treuhand und mittelbarer Stellvertretung nicht nur im Innenverhälntnis zum Gründer das wirtschaftliche Risiko tragen, sondern aus den Rechtsgeschäften des Gründers sogar ein unmittelbarer Haftungsanspruch gegen sie entsteht. Das bedeutet, dass die Personengesellschaft die Aktien im Zuge der Gründung bei wirtschaftlicher Betrachtung für Rechnung ihrer (persönlich haftenden) Gesellschafter übernimmt. Im Wege des Erstrecht-Schlusses sind daher auch die Vollhafter in den unmittelbaren oder zumindest entsprechenden Anwendungsbereich des Abs 2 Nr 2 einzubeziehen. Dass Nr 2 primär auf Strohmanngründungen zugeschnitten ist, steht dem nicht entgegen, weil der Tatbestand seinem Zweck nach nicht entscheidend auf die Heimlichkeit (die wegen § 32 Abs 3 gar nicht gegeben sein darf), sondern auf die Zurechnung des wirtschaftlichen Risikos und die daraus resultierende Befangenheit bei der Prüfung abstellt. Die damit in praxi verbundene Erweiterung der Notwendigkeit einer externen Gründungsprüfung erscheint hinnehmbar. Sie rechtfertigt sich nicht zuletzt auch dadurch, dass sie nur die formal rechtstechnisch bedingte Einschränkung teilweise wieder ausgleicht, welche nach Sicht der hM der Übergang von der früheren, zur Zeit der Vorgängernormen noch herrschenden individualistischen Sichtweise, die jeden Gesellschafter als Gesamthänder automatisch zu den Gründern rechnen musste (siehe Rdn 17), zur kollektivistischen Sichtweise der Gesamthand herbei geführt hat. Dieser Paradigmenwechsel als solcher hatte aber eine Einschränkung des Schutzes durch die externe Gründungsprüfung weder bezweckt noch gerechtfertigt. Teleologisch gesehen waren und sind lediglich beschränkt haftende Personengesellschafter, nicht aber Vollhafter auszunehmen. Dies wird mit der hier vertretenen Sicht erreicht. cc) Sonstige Sonderfälle: Bei Erben- und Gütergemeinschaften genügt dagegen 20 nach wie vor, wenn ein Mitglied der Gemeinschaft Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied der AG wird, da jedes Mitglied bereits durch seine Beteiligung an der Gemeinschaft zum Gründer wird.24 Zwar könnte man dann, wenn man die Grundlage der Teil-Rechtsfähigkeit der mittlerweile vom BGH anerkannten Außen-GbR mit Flume in der gesamthänderischen Vermögensbindung sieht („Gruppentheorie“), möglicherweise zu einem anderen Ergebnis gelangen25 und müsste dann die eben dargestellten Grundsätze der teilrechtfähigen Rechtsträger heranziehen. Jedoch muss man an dieser Stelle schlicht zur Kenntnis nehmen, dass der BGH im Einvernehmen mit der hM diesem Denkansatz eine klare Absage erteilt hat.26 In den Vertretungsfällen ist wie folgt zu unterscheiden: der Eintritt des gesetzli- 21 chen Vertreters eines Gründers in den Vorstand oder Aufsichtsrat der AG steht dem

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24 AllgM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 20; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 8; Hüffer/Koch Rdn 4; Grigoleit/ Vedder Rdn 5; Hölters/Solveen Rdn 7; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 3. 25 Siehe nur Grunewald AcP 197 (1997), 305, 313 ff; Flume Die Personengesellschaft, Bd I, 1977, S 59 Fußn 48; früh schon Gierke Deutsches PrivatR, 1895, Bd I, S 682; nur für die (zulässigerweise) auf Dauer angelegte, unternehmenstragende Erbengemeinschaft auch K. Schmidt NJW 1985, 2785, 2788 f. 26 BGH NJW 2002, 3389; NZG 2006, 940; MünchKommBGB/Reuter Vor § 21 Rdn 8; ders AcP 207 (2007), 673, 676 f, 704 ff; Staudinger/Bork 100 Jahre BGB, 1998, S 181 ff, 195; Armbrüster GE 2001, 821, 823; Ulmer AcP 198 (1998), 113, 124 ff.

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Eintritt des Gründers gleich. Dagegen ist Abs 2 Nr 1 nicht anwendbar, wenn Vorstandsoder Aufsichtsratsmitglied eine Person wird, die einen Gründer lediglich als dessen rechtsgeschäftlicher Bevollmächtigter bei dem Errichtungsakt vertreten hat.27 Diese Unterscheidung ist dadurch zu rechtfertigen, das Organmitglied der Vor-AG, dann wenn es gesetzliches Vertretungsorgan des Gründers ist, für jenen nicht nur die Errichtung vorgenommen, sondern überdies auch noch den höchstpersönlichen Gründungsbericht verfasst hätte, den es jetzt für die Vor-AG prüfen müsse („Doppelvertretung“ nach § 181 2. Alt. BGB). Entscheidend für die Notwendigkeit einer externen Prüfung ist in allen Fällen des 22 Abs 2 Nr 1 die Erfüllung der dort genannten Voraussetzung im Zeitpunkt der Registereintragung.28 23

b) Abs 2 Nr 2: bei der Gründung sind Aktien für Rechnung eines Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglieds übernommen worden. Die Gründe für die Notwendigkeit einer externen Prüfung sind in diesem Fall die gleichen wie bei Nr 1. Da die von dem Strohmann für Rechnung eines Organmitglieds übernommenen Aktien zumindest wirtschaftlich dem Organmitglied zuzurechnen sind, kann von diesem ebenso wenig wie im Falle des Abs 2 Nr 1 erwartet werden, dass er den Hergang der Gründung mit der gebotenen Objektivität prüft. Der Umstand, dass es das betreffende Organmitglied vorgezogen hat, bei der Gründung nicht selber auch nach außen hin erkennbar als Gründer und Aktienübernehmer aufzutreten, sondern selbst im Hintergrund zu bleiben und einen Strohmann vorzuschieben, macht eine externe Prüfung sogar eher noch notwendiger als im Falle der Nr 1. Für die Offenlegung des verdeckt durchgeführten Vorgangs der Aktienübernahme, ohne die kein Ansatzpunkt für die Erfüllung des Gebots externer Prüfung gegeben wäre, soll die in § 32 Abs 3 1. Altern angeordnete Berichtspflicht sorgen, s deshalb auch dort Rdn 27. Auf den Umfang der Aktienübernahme kommt es nicht an. Das Gesetz enthält kei24 ne De-minimis-Regel. Es genügt also schon die Übernahme einer einzigen Aktie mit minimalem Nennbetrag.29 Auf den ersten Blick könnte man geneigt sein, mit Blick auf den Zweck der Norm eine teleologische Reduktion zu befürworten, wenn in so geringem Umfang Anteile treuhänderisch übernommen werden, dass ein Interessenkonflikt ausgeschlossen erscheint. Jedoch ist nicht zu übersehen, dass auch in diesen Fällen die Gründereigenschaft bewusst vermieden wird, so dass es bei der gesetzlichen Anordnung bleiben muss. Die künftigen Organmitglieder haben es selbst in der Hand, von einem so unbedeutenden Anteilserwerb abzusehen. Kommt es bis zur Eintragung der Gesellschaft zu einem Aktienerwerb durch das 25 Organmitglied von einem Gründer, ist in Entsprechung zu den Vermutungsregeln, die im Rahmen der verdeckten Sacheinlage entwickelt worden sind, grundsätzlich davon auszugehen, dass es sich von Anfang an um eine Treuhandkonstellation handelte. Wird dies nicht widerlegt, bedingt es die Nachholung einer externen Gründungsprüfung, deren Fehlen ein Eintragungshindernis begründet. Aus den eingangs (Rdn 12 f) ausgeführten Gründen ist eine externe Prüfung in 26 teleologischer Extension der Nr 2 auch dann geboten, wenn ein Mitglied von Vorstand

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27 KK/Arnold Rdn 13; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 8; Hüffer/Koch Rdn 4; Grigoleit/Vedder Rdn 5; Heidel/ Polley Rdn 9; Wachter/Wachter Rdn 7; aA MünchKommAktG/Pentz Rdn 21; Hölters/Solveen Rdn 7; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 3; offengelassen in RGZ 154, 276, 283. 28 So auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 18; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 8. 29 MünchKommAktG/Pentz Rdn 22; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 9; Hüffer/Koch Rdn 4a; Grigoleit/Vedder Rdn 6; Hölters/Solveen Rdn 8; Heidel/Polley Rdn 9; Wachter/Wachter Rdn 7.

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oder Aufsichtsrat der Vor-AG einen Gründer-Rechtsträger (Personengesellschaft, juristische Person) iS des § 17 Abs 1 beherrscht, ohne als Mitglied des Vertretungsorgans in Erscheinung zu treten. Das kann etwa für Mehrheitsaktionäre einer Gründer-AG, herrschende Kommanditisten oder für faktische Organe, insbesondere einer GmbH, eingreifen (eben Rdn 14). Die Berichtspflicht nach § 32 Abs 1 ist dementsprechend auf solche Beherrschungsverhältnisse zu erweitern (Rdn 13 und § 32 Rdn 7). Auch wenn verdecktes Agieren unter Einschaltung von Strohmännern die externe 27 Prüfung umso dringlicher erscheinen lässt (eben Rdn 23), kommt es für das Eingreifen des Abs 2 Nr 2 entscheidend auf den durch die wirtschaftliche Verflechtung von Gründer und Organ der Vor-AG begründeten Interessenkonflikt und nicht auf die Heimlichkeit an. Daher sind im Wege des argumentum a fortiori auch vollhaftende Gesellschafter von Gründer-Personengesellschaften, die eine Organstellung in der Vor-AG übernehmen, unter die Norm zu subsumieren (Rdn 19). Zweifelhaft erscheint hingegen, ob das Gleiche zu gelten hat, wenn es um Gesellschafter einer Gründer-Kapitalgesellschaft geht, die für jene Bürgschaften oder Garantien übernommen haben. Dafür mag die Vergleichbarkeit der Sachlage mit Blick auf den wirtschaftlichen Interessenkonflikt sprechen. Entscheidend dagegen streitet nicht so sehr die fehlende Erkennbarkeit nach außen, die ja auch bei Treuhandverhältnissen besteht und erst durch Offenlegungspflichten nach § 32 Abs 3 überwunden werden muss, sondern (1) dass solche privatautonomen Aushebelungen der Haftungsbeschränkung nur zugunsten einiger weniger bestehen (Hausbanken), (2) dass sie das wirtschaftliche Risiko nur punktuell und in variierendem Umfang durchreichen und schließlich, (3) dass es kein praktisches Bedürfnis für deren Erfassung geben dürfte, da solche Konstellationen in aller Regel bereits durch die hier befürwortete Erfassung von Beherrschungssituationen (Rdn 17) abgedeckt sein dürften. Denn für die Schulden einer Kapitalgesellschaft wird (zumindest in relevantem Umfang) nur haften wollen, wer auch ihre Geschicke bestimmt. c) Abs 2 Nr 3: ein Vorstands- oder Aufsichtsratsmitglied hat sich einen besonderen 28 Vorteil, einen Gründerlohn oder eine Gründungsentschädigung ausbedungen. Auch hier ist eine zusätzliche externe Prüfung geboten, weil von einem Aufsichtsrats- oder Vorstandsmitglied keine objektive Beurteilung begünstigender Zusagen erwartet werden kann, von denen es selber profitieren will. Von welcher Seite die Zusage gegeben wurde, ist ebenso wie bei § 32 Abs 3 2. Altern (dort Rdn 32) für die Erfüllung des Tatbestandes unerheblich. Die externe Prüfung muss mithin auch dann stattfinden, wenn der Vorteil etc nicht von der Gesellschaft, sondern von einem anderen gewährt werden soll.30 d) Abs 2 Nr 4: Gründung mit Sacheinlage oder Sachübernahme. In diesem Falle ist 29 die Beteiligung eines Verwaltungsmitgliedes nicht erforderlich. Die Notwendigkeit externer Prüfung beruht allein auf der besonderen Kontrollbedürftigkeit der objektiven Werthaltigkeit der in die Gesellschaft einzubringenden oder von ihr zu übernehmenden Gegenstände, § 27 Rdn 88, 94. Die Vorschrift ist durch das entsprechende Erfordernis in Art 10 der seit 1978 gültigen Kapitalrichtlinie (neugefasst 2012/30/EU) europarechtlich unterfüttert bzw. – mit Blick auf die Normenhierarchie eher – überlagert worden (siehe insbesondere auch die neu hinzu getretenen Ausnahmen von der Prüfpflicht nach § 33a Abs 1). Sie ist auch dann anwendbar, wenn der Anteil der Sacheinlage am gesamten Grundkapital der AG gering ist.

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30 AllgM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 24; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 10; Hölters/Solveen Rdn 9; Heidel/ Polley Rdn 10; Wachter/Wachter Rdn 8.

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Bei unterbliebener oder nicht ordnungsgemäßer Festsetzung von Sachübernahmeoder Sacheinlagevereinbarungen in der Satzung kann dagegen die Gründungsprüfung unterbleiben.31 Daran ist auch unter dem neuen Recht nach dem MoMiG festzuhalten. Zwar sind die Verträge zur Bewirkung einer verdeckten Sacheinlage jetzt wirksam (§ 27 Abs 3 Satz 2). Jedoch bleibt es dabei, dass die Rechtsfolge einer verdeckten Sacheinlage die Ablehnung der Eintragung ist (§ 27 Rdn 338 und 354). Das bleibt so, bis eine Heilung durch nachträgliche Anpassung der Satzung erfolgt. Erst und nur dann ist auch die externe Prüfung nachzuholen. IV. Die Bestellung des bzw der Gründungsprüfer, § 33 Abs 3

1. Prüfung durch den beurkundenden Notar. Seit der Änderung des § 33 Abs 3 durch das Transparenz- und Publizitätsgesetz vom 17.7.2002 (BGBl I S 2681) ist in beschränktem Umfang eine externe Gründungsprüfung unmittelbar durch den beurkundenden Notar möglich. Diese Möglichkeit soll die Gründung der AG erleichtern (BTDrucks 14/8769, S 12). Sie ist auf die Fälle beschränkt, in denen sich die Notwendigkeit der externen Prüfung ergibt, weil ein Mitglied des Vorstandes zu den Gründern gehört (Abs 2 Nr 1) oder bei der Gründung für Rechnung eines Mitglieds des Vorstandes oder des Aufsichtsrats Aktien übernommen hat (Abs 2 Nr 2. In den Fällen, in denen sich eine externe Prüfungspflicht zumindest auch aus Abs 3 Nr 3 und 4 ergibt, ist eine Gründungsprüfung durch den Notar nicht möglich,32 was bei Nr 4 bereits durch Art 10 Abs 1 der Kapitalrichtlinie (2012/30/EU) vorgegeben ist. Die externe Gründungsprüfung ist einheitlich vorzunehmen und kann daher nicht etwa hinsichtlich der einzelnen Prüfungsgründe auf den Notar und die gerichtlich bestellten Gründungsprüfer (zB nur wegen der Sacheinlagen) aufgeteilt werden. Der beurkundende Notar iSd § 33 Abs 3 Satz 1 ist der Notar, der die Satzungsfeststel32 lung beurkundet hat (§ 23 Abs 1 Satz 1). Bei getrennter Beurkundung kann jeder der beurkundenden Notare die Prüfung vornehmen. Ausländische Notare können die Prüfung aber selbst dann, wenn sie die Satzungsfeststellung beurkundet haben, aufgrund der großen Bedeutung der Gründungsprüfung nicht vornehmen.33 Insoweit ist eine Substitution daher abzulehnen. Der Notar wird auf den Auftrag der Gründer und nicht der Vorgesellschaft hin tätig.34 33 Eine gerichtliche Bestellung erfolgt im Falle des § 33 Abs 3 Satz 1 nicht. Der Notar ist zur Annahme des Auftrags nicht verpflichtet.35 Dies ergibt sich daraus, dass § 33 Abs 3 Satz 1 als Kann-Vorschrift ausgestaltet ist. Nimmt der Notar den Auftrag an, entsteht ein öffentlich-rechtliches Auftragsverhältnis.36 Nimmt er ihn nicht an, erfolgt eine Prüfung durch vom Gericht bestellte Gründungsprüfer (§ 33 Abs 3 Satz 2). Die Kündigung des Auftrags 31

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31 Heute unstr., KK/Arnold Rdn 16; MünchKommAktG/Pentz Rdn 27 (allerdings mit überholtem Argument, da die Verträge zur verdeckten Sacheinlage nach heutigem Recht wirksam sind); Spindler/ Stilz/Gerber Rdn 11; aA zum früheren Recht Schlegelberger/Quassowski AktG 1937 § 25 Anm 3d. 32 RegBegr BT-Drucks. 14/8769 S 12; MünchKommAktG/Pentz Rdn 27a; Hüffer/Koch Rdn 5; Grigoleit/ Vedder Rdn 7. 33 MünchKommAktG/Pentz Rdn 27a; Hüffer/Koch Rdn 5; Hölters/Solveen Rdn 11; Heidel/Polley Rdn 13; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 4. 34 MünchKommAktG/Pentz Rdn 27b; Hüffer/Koch Rdn 5 (mit rechtspolitischer Kritik, wonach Auftragserteilung an sich durch Vorstand namens der Vor-AG erfolgen müsste). 35 RegBegr BT-Drucks. 14/8769 S 12; MünchKommAktG/Pentz Rdn 27b; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 13; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 9; Hüffer/Koch Rdn 5; Grigoleit/Vedder Rdn 8; Heckschen NotBZ 2002, 429, 431; Papmehl MittBayNot 2003, 187, 190; Hölters/Solveen Rdn 11; Heidel/Polley Rdn 13; Wachter/Wachter Rdn 14. 36 MünchKommAktG/Pentz Rdn 27b; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 9; Papmehl MittBayNot 2003, 187, 190.

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Gründungsprüfung. Allgemeines | § 33

ist anders als beim gerichtlich bestellten Gründungsprüfer möglich.37 Denn es handelt sich um ein privatrechtliches Auftragsverhältnis handelt, bei dessen Nichtzustandekommen oder Entfallen eine Gründungsprüfung durch vom Gericht bestellte Gründungsprüfer erfolgt. Eine Ausschaltung der Gründungsprüfung kann daher nicht erfolgen. Die Rechte und Pflichten bestimmen sich hinsichtlich der Gründungsprüfung in 34 Entsprechung zu den §§ 33, 34, 35 (§ 33 Abs 3 Satz 1 2. Halbsatz).38 Der Notar haftet allerdings nicht nach § 49 iVm § 323 HGB, sondern nach § 19 BnotO.39 Zur Begründung wird einerseits ausgeführt, dass es sich um eine sonstige Betreuungsleistung handele, für welche die Amtshaftung die ausschließliche Rechtsgrundlage sei.40 Andererseits wird gesagt, dass § 323 HGB auf Probleme bei Bewertungsfragen zugeschnitten sei, welche sich bei der Prüfung durch den Notar nicht stellten.41 Nach § 33 Abs 3 Satz 1 2. Halbsatz sollten die Vorschriften der Gründungsprüfung aber nur entsprechend Anwendung finden, soweit sie passten.42 Das Privileg der subsidiären Haftung findet nach § 19 Abs 1 Satz 2 BNotO bei der Gründungsprüfung keine Anwendung, da es sich um nicht haftungsprivilegierte Tätigkeit im Rahmen der sonstigen Betreuung auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege im Sinne von § 24 BNotO handelt.43 Die Vergütung des Notars ist nach § 29 Nr 1 GNotKG von den Auftraggebern, also den 35 Gründern und nicht der AG bzw Vor-AG zu tragen.44 Diese können die Kosten nach § 26 Abs 2 auf die Gesellschaft abwälzen.45 Dies ist aber nur möglich, wenn die Gründer keine Organmitglieder sind. Denn dann wäre eine Gründungsprüfung durch den Notar nach § 33 Abs 3 wegen Abs 2 Nr 3 ohnehin nicht möglich. Die Höhe der Gebühr ergibt sich aus Nr 25206 KV GNotKG. Der Notar erhält also 1,0 Gebühr, mindestens jedoch 1.000 €.46 Daneben ist noch eine Gebühr für die Gesellschaftsgründung nach Nr 21100 KV GNotKG zulässig, weil die Prüfungstätigkeit wegen ihrer Eigenständigkeit kein bloßes nebengeschäft der Gründung darstellt.47 Der für die Gebühr maßgebliche Geschäftswert ist nach § 123 GNotKG die Summe aller Einlagen. Der Geschäftswert beträgt höchstens 10 Millionen Euro. 2. Prüfung durch gerichtlich bestellte Gründungsprüfer. Wenn eine Gründungs- 36 prüfung durch den beurkundenden Notar nicht stattfindet bzw nicht stattfinden darf und eine externe Gründungsprüfung nach § 33 Abs 2 erforderlich ist, bestellt das Gericht einen oder mehrere externe Gründungsprüfer. Zuständig ist das Amtsgericht (§ 23a Abs 1

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37 MünchKommAktG/Pentz Rdn 27b; Hüffer/Koch Rdn 5a; Grigoleit/Vedder Rdn 8; Hölters/Solveen Rdn 7. 38 MünchKommAktG/Pentz Rdn 27b; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 13; Hüffer/Koch Rdn 5a; Grigoleit/ Vedder Rdn 8; Papmehl MittBayNot 2003, 187, 190. 39 MünchKommAktG/Pentz Rdn 27c; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 13; Hüffer/Koch Rdn 5a; Grigoleit/ Vedder Rdn 8; Papmehl MittBayNot 2003, 187, 190 f; Hölters/Solveen Rdn 11. 40 Papmehl MittBayNot 2003, 187, 190 mit Verweis auf Grage RNotZ 2002,326, 331; Hermanns ZIP 2002, 1785, 1788. 41 Hüffer/Koch Rdn 5a. 42 Seibert NZG 2002, 608, 609; Papmehl MittBayNot 2003, 187, 190. 43 MünchKommAktG/Pentz Rdn 27c; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 13; Grigoleit/Vedder Rdn 8; Heckschen NotBZ 2002, 429, 431; Papmehl MittBayNot 2003, 187, 191; Grage RNotZ 2002, 326, 331; Hermanns ZIP 2002, 1785, 1788. 44 MünchKommAktG/Pentz Rdn 27c; Hüffer/Koch Rdn 6; Grigoleit/Vedder Rdn 9; Heidel/Polley Rdn 15; Wachter/Wachter Rdn 14. 45 MünchKommAktG/Pentz Rdn 27c; Hüffer/Koch Rdn 6; Grigoleit/Vedder Rdn 9. 46 Hüffer/Koch Rdn 6; Hölters/Solveen Rdn 12. 47 Hüffer/Koch Rdn 6.

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§ 33 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

Nr 2, Abs 2 Nr 4 GVG iVm § 375 Nr 3 FamFG) am Sitz (§ 23 Abs 3 Nr 1) der Gesellschaft (§ 14). Hat die Gesellschaft einen Doppelsitz (dazu die Erläuterung zu § 5), so sind beide Gerichte zuständig.48 Zweckmäßigerweise sollte deshalb vorher eine Verständigung auf die Bestellung desselben Prüfers angestrebt werden. Schlägt sie fehl, muss die Gesellschaft eine doppelte Prüfung hinnehmen.49 Das Gericht wird bei der Bestellung des Gründungsprüfers nicht als Registergericht (§ 8 HGB), sondern aufgrund einer sonstigen Zuständigkeit (§ 376 FamFG) und nur auf Antrag tätig. Antragsberechtigt sind unstreitig sämtliche Gründer gemeinsam,50 daneben nach heute nicht mehr streitiger Ansicht auch der Vorstand.51 Daneben ist aber auch eine Antragsbefugnis jedes einzelnen Gründers anzuerkennen, da dieser sowohl ein rechtliches Interesse daran hat als auch einen grundsätzlichen Anspruch gegen die anderen Gründer auf Mitwirkung (Rdn 3), dessen effiziente Durchsetzung im Wege eines „Antrags pro socio“ zugelassen werden sollte.52 Das Gericht entscheidet durch Beschluss. Die früher bestehende Pflicht des Gerichts zur Anhörung der zuständigen Industrie und Handelskammer mit der Änderung des Abs 3 durch das TransPuG vom 19.7.2002 entfallen und steht seither im Verfahrensermessen des Gerichts.53 Die Auswahl des oder der Prüfer steht ebenso wie deren Zahl im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, das bei seiner Entscheidung jedoch die in Abs 4 und 5 genannten Kriterien zu beachten hat.54 Bestellt das Gericht mehrere Prüfer, so hat jeder eine vollständige Prüfung durchzuführen. Das Gericht kann jedoch auch, was in komplizierten Fällen, die Spezialkenntnisse erfordern, zweckmäßig sein kann, eine Aufgabenteilung unter ihnen anordnen. Den Antragstellern steht es in jeder der genannten Beziehungen frei, dem Gericht insoweit Vorschläge zu unterbreiten. Die Gerichtskosten betragen gem Nr 13500 KV GNotKG die doppelte Gebühr. Der Ge37 schäftswert beträgt gem § 67 Abs 1 Satz 1 Nr 1 GNotKG 60.000 €.55 Kostenschuldner der vom Gericht festgesetzten Kosten (einschließlich Vergütungen und Auslagen, dazu auch § 35 Abs 3 Satz 1 und 2) ist die Vorgesellschaft und nach Eintragung die AG.56 Gegen den Beschluss des Gerichts ist nach § 33 Abs 3 Satz 3 das Rechtsmittel der Be38 schwerde gegeben (nicht mehr: sofortige Beschwerde, vgl Rdn 1). Die Zulässigkeit der Beschwerde richtet sich nach den §§ 58 ff. FamFG. Insbesondere ist die Monatsfrist nach § 63 Abs 1, 3 FamFG zu berücksichtigen. Beschwerdegericht ist das OLG (§ 119 Abs 1 Nr 1b GVG). 39

3. Stellung der Gründungsprüfer. Die Gründungsprüfer sind nicht Organ der Gesellschaft. Anders als der besondere Vertreter nach § 147 Abs 2 Satz 1, dessen Organstel-

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48 MünchKommAktG/Pentz Rdn 29; KK/Arnold Rdn 22; Hüffer/Koch Rdn 7; Heidel/Polley Rdn 16. 49 MünchKommAktG/Pentz Rdn 29; KK/Arnold Rdn 22. 50 AllgM, BayOblG AG 1974, 22, 24; KK/Arnold Rdn 22; MünchKommAktG/Pentz Rdn 30; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 10; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 16; Hüffer/Koch Rdn 7; Grigoleit/Vedder Rdn 12; Hölters/Solveen Rdn 13; Wachter/Wachter Rdn 10. 51 KK/Arnold Rdn 22; MünchKommAktG/Pentz Rdn 30; Bayer/Schmidt/Lutter Rdn 10; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 16; Hüffer/Koch Rdn 7; Grigoleit/Vedder Rdn 12; Hölters/Solveen Rdn 13; aA noch Baumbach/Hueck Anm 4. 52 Ebenso MünchKommAktG/Pentz Rdn 30; offenlassend Spindler/Stilz/Gerber Rdn 16; Grigoleit/Vedder Rdn 12; aA noch hM, KK/Arnold Rdn 22; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 10; Hüffer/Koch Rdn 7; Hölters/Solveen Rdn 13. 53 Spindler/Stilz/Gerber Rdn 16; Hüffer/Koch Rdn 7; Grigoleit/Vedder Rdn 12. 54 MünchKommAktG/Pentz Rdn 31 f. 55 Hüffer/Koch Rdn 7. 56 BayObLGZ 1973, 235, 240 = AG 1974, 22, 24; MünchKommAktG/Pentz Rdn 33; KK/Arnold Rdn 23; Hüffer/Koch Rdn 7; Grigoleit/Vedder Rdn 12.

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Gründungsprüfung. Allgemeines | § 33

lung anerkannt ist,57 verdrängen sie nicht die Organe der AG in ihrer Zuständigkeit, um deren Stellung einzunehmen. Sie üben vielmehr – ähnlich wie ein Insolvenzverwalter oder Betreuer – ein ihnen vom Gericht übertragenes Amt aus.58 Der Gründungsprüfer leitet deshalb seine Befugnis zur Amtsführung ebenso wie sei- 40 nen Vergütungsanspruch anders als der Abschlussprüfer (§ 318 HGB) nicht aus einem Vertrag mit der AG her. Aus diesem Grunde bedarf es auch keiner Annahme des Amtes gegenüber der Gesellschaft. Eine entsprechende Mitteilung an die Gesellschaft ist gleichwohl wünschenswert. In Ermangelung eines Vertragsverhältnisses zu der Gesellschaft ist auch eine Kündigung durch die Gesellschaft ausgeschlossen. Dagegen kann ein Gründungsprüfer, auch ohne dass es dazu eines besonderen Grundes bedürfte, durch das Gericht abberufen werden. Da niemand verpflichtet ist, Gründungsprüfer zu werden, kann der vom Gericht dazu Vorgesehene die Übernahme dieser Funktion ohne Angabe von Gründen ablehnen und dementsprechend auch von der Zahlung eines Vorschusses abhängig machen. Auch nach der (formlos möglichen, meist durch Beginn der Ausführung erfolgenden) Annahme seines Amtes gegenüber dem Gericht, zu der er in keiner Weise verpflichtet ist,59 kann er dieses jederzeit durch Erklärung gegenüber dem Gericht niederlegen. Ein Grund hierfür ist nicht erforderlich. Als Betroffene hat die Gesellschaft allerdings ein Recht darauf, dass ihr hiervon umgehend Mitteilung gemacht wird. In beiden Fällen muss das Gericht sich dann um die Bestellung eines neuen Gründungsprüfers bemühen. Sollte dies – was allerdings kaum vorstellbar ist – nicht gelingen, so ist die Gründung der AG gescheitert.60 Die Gründungsprüfer sind für die Ordnungsgemäßheit ihrer Amtsführung zivilrecht- 41 lich gegenüber der Gesellschaft nach § 49 iVm § 323 Abs 1–4 HGB (in sinnentsprechender Anwendung) verantwortlich. Darüber hinaus kann sich der Gründungsprüfer strafbar machen, wenn er (oder sein Gehilfe) über das Ergebnis der Prüfung falsch berichtet oder erhebliche Umstände im Bericht, § 403, oder seine Geheimhaltungspflicht verletzt, § 404. Diese Vorschriften gelten nach hM als Schutzgesetze und können über § 823 Abs 2 BGB eine zivilrechtliche Haftung auslösen, wobei § 404 aber im Gegensatz zu § 403 keine sonstigen Dritten erfassen soll61 (dazu näher die Erläuterungen zu den genannten Vorschriften). Da der Gründungsprüfer weder Organ der Gesellschaft ist, noch in ihrem Auftrag tätig wird (oben Rdn 39 f), besteht umgekehrt keine Haftung der AG für Schäden, die der Gründungsprüfer Dritten in Ausführung seiner Prüfungstätigkeit zufügt. Weder § 31 BGB noch § 278 BGB oder gar § 831 BGB finden Anwendung. V. Sachliche Eignung zum Gründungsprüfer; Auswahl, § 33 Abs 4 Hinsichtlich der Eignung zum gerichtlich bestellten Gründungsprüfer begnügt sich 42 das Gesetz mit der sehr weit gefassten und biegsamen Bestimmung, dass zum Gründungsprüfer, wenn die Prüfung keine anderen Kenntnisse fordert, nur Personen bestellt werden sollen, die in der Buchführung ausreichend vorgebildet und erfahren sind; bei Bestellung von Prüfungsgesellschaften soll mindestens einer ihrer gesetzlichen Vertreter diese Voraussetzung erfüllen. Damit hat auch das AktG 1965 daran festgehalten, dass

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57 BGH NZG 2011, 1383, 1384; Spindler/Stilz/Mock § 147 Rdn 91. 58 Ganz hM, BayObLGZ 1973, 235, 240 = AG 1974, 22; OLG Darmstadt JW 1934, 1517 m Anm v Lehmann; MünchKommAktG/Pentz Rdn 61; KK/Arnold Rdn 33; Hüffer/Koch Rdn 3; Heidel/Polley Rdn 22 f; Bürgers/ Körber/Lohse Rdn 6; Wachter/Wachter Rdn 10; BayOblG AG 1974, 22, 23; aA Dienst S 95: Vertrag mit der AG. 59 MünchKommAktG/Pentz Rdn 62; Hüffer/Koch Rdn 7; Heidel/Polley Rdn 22. 60 MünchKommAktG/Pentz Rdn 62. 61 MünchKommAktG/Pentz Rdn 63; KK/Arnold Rdn 35; Heidel/Polley Rdn 23.

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§ 33 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

abweichend von der in § 319 HGB für die Eignung zum Abschlussprüfer getroffenen Regelung auch andere Personen als Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften oder vereidigte Buchprüfer und Buchprüfungsgesellschaften Gründungsprüfer sein können. Der Gesetzgeber geht dabei von der Erwägung aus, dass die Gründungsprüfung nicht notwendigerweise die Vorbildung eines Wirtschaftsprüfers (oder – wie im Hinblick auf § 319 HGB hinzuzufügen ist – eines vereidigten Buchprüfers) voraussetzt (so die Begründung RegE bei Kropff S 54). 43

1. Kein Monopol der Wirtschaftsprüfer. Abgelehnt wird nur ein Monopol des oben genannten Berufsstandes. In aller Regel ist aber davon auszugehen, dass Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer die in § 33 Abs 4 geforderte Qualifikation auch unabhängig von der Dauer ihrer selbständigen Tätigkeit in diesem Beruf besitzen (sa §§ 2, 129 Satz 1 WPO).62 Einem Angehörigen dieser Berufsgruppen wird die erforderliche Qualifikation im Hinblick auf seinen bisherigen beruflichen Werdegang und die besondere Schwierigkeit der konkreten Prüfungsaufgabe allenfalls in besonderen Ausnahmefällen abzusprechen sein.

44

2. Personen mit ausreichender Vorbildung und Erfahrung in der Buchführung. Andererseits können grundsätzlich auch Personen, die nicht zu den genannten Berufsgruppen gehören, bestellt werden, wenn sie sich die vom Gesetz verlangte Erfahrung und Vorbildung in der Buchführung auf andere Weise angeeignet haben. Als Beispiel werden insbesondere Steuerberater und Steuerberatungsgesellschaften genannt.63 Auch wenn man der nicht über jeden Zweifel erhabenen These der Gesetzesbegründung folgt, wonach die Gründungsprüfung nicht in allen Fällen die Vorbildung eines Wirtschaftsprüfers (oder vereidigten Buchprüfers) voraussetzt (Rdn 42), so hat sich doch das Gericht in jedem Falle, wenn es einen Verstoß gegen seine Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Ermessensausübung vermeiden will und die Gründungsprüfung die ihr vom Gesetzgeber zugedachte Funktion erfüllen soll, nachhaltig davon zu überzeugen, dass der Prüfer die in Abs 4 verlangte Vorbildung und Erfahrung besitzt.

45

3. Rechtslage bei Erforderlichkeit von Spezialkenntnissen. Der Umstand, dass § 33 Abs 4 nur als Soll-Vorschrift formuliert ist, darf (s dazu schon vorhergehende Rdn) nicht zu der Ansicht verleiten, das Gericht dürfe nach seinem Ermessen ohne weiteres auch Personen zu Gründungsprüfern bestellen, die nach Vorbildung und Erfahrung dem in Abs 4 geforderten Standard nicht gerecht werden. Die Ausgestaltung als Soll-Vorschrift soll dem Gericht ausweislich der Begründung zum RegE (bei Kropff aaO, oben Rdn 42) lediglich die Möglichkeit eröffnen, in besonderen Fällen, in denen die Gründungsprüfung bei einem Wirtschaftsprüfer nicht vorauszusetzende Spezialkenntnisse auf einem besonderen Gebiet erfordert, auch einen Fachmann auf einem anderen Gebiet zum Gründungsprüfer zu bestellen. Die Erfüllung dieses Anliegens des Gesetzgebers ist jedoch schon dadurch gesichert, dass er ein Monopol der Wirtschaftsprüfer abgelehnt hat. Dagegen hätte es dieses Anliegen nicht bedingt, im Falle der Erforderlichkeit von Spezialwissen zugleich von dem Vorhandensein der nötigen Vorbildung und Erfahrung

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62 Das ist in der Sache bislang unstr, siehe MünchKommAktG/Pentz Rdn 37; KK/Arnold Rdn 24. Es wird aber – mE zu Unrecht – teils vorsichtig formuliert, neben Voraufl etwa Spinder/Stilz/Gerber Rdn 19 („dürften … stets Voraussetzungen erfüllen“); Hüffer/Koch Rdn 8 („regelmäßig ausreichend qualifiziert“); Grigoleit/Vedder Rdn 13 („regelmäßig hinreichend“); Hölters/Solveen Rdn 14; Heidel/Polley Rdn 17; Wachter/Wachter Rdn 11. 63 Etwa KK/Arnold Rdn 24; Spinder/Stilz/Gerber Rdn 18; Hölters/Solveen Rdn 14; Heidel/Polley Rdn 17.

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Gründungsprüfung. Allgemeines | § 33

in der Buchhaltung abzusehen. Eben dies ist aber durch die Art geschehen, in welcher der Nebensatz „wenn die Prüfung keine anderen Kenntnisse erfordert“ eingefügt ist. Das aus einer wortgetreuen Anwendung des Abs 4 folgende Ergebnis wäre jedoch sinnwidrig: Die Erforderlichkeit zusätzlicher Spezialkenntnisse macht keineswegs in allen Fällen ausreichende Buchhaltungskenntnisse entbehrlich. Die sprachlich misslungene Fassung des Abs 4 ist deshalb auf dem Wege der Auslegung dahingehend zu korrigieren, dass das Gericht im Falle der Erforderlichkeit von Spezialkenntnissen nach Möglichkeit einen Prüfer zu bestellen hat, der sowohl diese als auch die in Abs 4 vorausgesetzte seiner Aufgabe angemessene Vorbildung und Erfahrung in der Buchführung besitzt. Ist dies infolge des Fehlens eines geeigneten Sachverständigen im Einzelfall nicht möglich, so bietet sich der Weg der Bestellung eines zusätzlichen Spezialisten mit Aufgabenteilung unter beiden Prüfern (oben Rdn 36) an. Dies kann zB in Frage kommen, wenn Patente, Know-how oder Grundstücke zu bewerten sind. Nur in ganz einfachen Fällen, in denen tatsächlich Vorbildung und Erfahrung in Fragen der Buchhaltung und Buchführung entbehrlich sind, kann bei der Bestellung des Gründungsprüfers auf das Vorhandensein entsprechender Kenntnisse und Fähigkeiten verzichtet werden. 4. Prüfungsgesellschaften. Für Prüfungsgesellschaften enthält § 33 Abs 4 Nr 2 bei 46 im Übrigen gleichen Voraussetzungen wie für die Bestellung von Einzelpersonen nach Abs 4 Nr 1 gegenüber dem Zustand unter dem AktG 1937 insofern eine Erschwerung (vgl dazu schon Rdn 1), als es nicht genügt, dass einer ihrer Gesellschafter in der Buchführung vorgebildet und erfahren ist. Erforderlich ist vielmehr, dass diese Voraussetzung in der Person eines ihrer vertretungsberechtigten Gesellschafter erfüllt ist. VI. Ausschluss vom Amt des Gründungsprüfers, § 33 Abs 5 1. Allgemeines. Abs 5 bezeichnet, und zwar teilweise (Satz 1) in Form einer Bezug- 47 nahme auf die entsprechende Bestimmung für Sonderprüfer in § 143 Abs 2, teilweise in Form einer eigenständigen Generalklausel (Satz 2), diejenigen Personen, die nicht zu Gründungsprüfern bestellt werden dürfen. Durch den Ausschluss bestimmter Personen als Gründungsprüfer soll eine unabhängige und neutrale Gründungsprüfung gewährleistet werden. Die in Satz 1 getroffene Regelung ist durch die mehrfache Verweisungstechnik recht unübersichtlich. Die in Bezug genommene Vorschrift, § 143 Abs 2, verweist ihrerseits (seit Einführung des Bilanzrichtlinien-Gesetzes v 19.12.1985, BGBl I 2355; bis dahin waren die Ausschlussgründe für Sonderprüfer, allerdings in ganz ähnlicher Weise wie jetzt in § 319 Abs 2 und 3 HGB, in § 143 Abs 2 und 3 unmittelbar geregelt) auf die für Abschlussprüfer geltenden, sehr eingehend ausgestalteten Ausschlusstatbestände des § 319 Abs 2 und Abs 3, 319a Abs 1, 319b HGB (für natürliche Personen) und Abs 2, Abs 4; § 319a Abs 1, 319b (für Prüfungsgesellschaften) weiter. Die folgenden Erläuterungen der Ausschlusstatbestände werden sich deshalb auf Satz 2 beschränken. Wegen der Einzelheiten zu § 143 Abs 2 wird auf die dortigen Erläuterungen, ferner auf das reichhaltige Schrifttum zu den §§ 319 ff HGB verwiesen.64 2. Die Generalklausel des § 33 Abs 5 Satz 2. Über den Verweis auf die Ausschluss- 48 gründe nach § 143 Abs 2 iVm §§ 319 ff HGB hinaus enthält § 33 Abs 5 in Satz 2 noch einen zusätzlichen, generalklauselartig formulierten Ausschlusstatbestand. Danach scheiden

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Siehe etwa die Erläuterungen von Schüppen in Heidel/Schall, HGB, 2. Aufl 2015.

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§ 33 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

als Gründungsprüfer auch alle (natürlichen) Personen und Prüfungsgesellschaften aus, auf deren Geschäftsführung die Gründer oder Personen, für deren Rechnung die Gründer Aktien übernommen haben, maßgebenden Einfluss besitzen. Dazu reicht es aus, dass die Einflussmöglichkeit ein gewisses Gewicht hat. Beherrschender Einfluss iS des § 17 Abs 1 ist nicht erforderlich.65 Der Einfluss muss nicht ausgeübt werden. Ebenso wie im Rahmen des § 17 Abs 1 reicht aus, dass die Möglichkeit dazu besteht.66 Die Vorschrift, die den Tatbestand der Befangenheit konkretisieren will, erfasst jede Art der Einflussmöglichkeit, gleichgültig, worauf sie beruht. Sie kann sich deshalb ebenso gut auf rein tatsächliche wie auf rechtliche Beziehungen gründen. 49 Beispiele für nach Satz 2 unzulässige Einflussmöglichkeiten auf die Person des Prüfers können sein: Verwandtschaft oder nahe Bekanntschaft zu einem der Gründer oder seinem Hintermann, wirtschaftliche Abhängigkeit von einer dieser Personen infolge der Inanspruchnahme von Darlehen, Unterstützungsleistungen oder überhaupt wirtschaftlicher Beziehungen; dazu zählt selbstverständlich auch ein Anstellungsverhältnis zu einem Gründer oder seinem Hintermann. Selbst Beziehungen aus einem nicht mehr bestehenden Anstellungsverhältnis können hier noch Bedeutung haben. Auch diese – nicht entfernt abschließende, nur beispielhafte – Aufzählung zeigt, dass alle Einflussmöglichkeiten von einem gewissen Gewicht ausreichen (oben Rdn 48). Die Gründer selbst, ihre Hintermänner sowie Verwaltungsmitglieder scheiden als Prüfer schon nach §§ 33 Abs 5 Satz 1, 143 Abs 2 iVm § 319 Abs 3 Satz 1 Nr 1 und 2 HGB aus.67 Hinsichtlich der vom Gesetz ebenfalls als Ausschlussgrund erwähnten Einflussmög50 lichkeit eines der Gründer oder seines Hintermannes auf die Geschäftsführung der Prüfungsgesellschaft kommen vor allem die nicht durch Abs 5 Satz 1, § 143 Abs 2 iVm § 319 Abs 2 und 3 HGB erfassten Beziehungen nicht konzernrechtlicher Art zwischen den Gründern und ihren Hintermännern zu Mitgliedern oder leitenden Persönlichkeiten der Prüfungsgesellschaft in Betracht. Es gilt insofern alles, was in der vorangegangenen Rdn zur Einflussmöglichkeit der Gründer oder ihrer Hintermänner auf natürliche Personen als Prüfer ausgeführt worden ist. Angesichts ihres Zweckes, eine objektive und völlig unparteiische Gründungsprü51 fung sicherzustellen, ist die Vorschrift weit auszulegen. Soweit Fälle dieser Art nicht schon durch Abs 5 Satz 1, § 143 Abs 2 iVm § 319 Abs 2 und 3 HGB (insbes § 319 Abs 3 Nr 3 und 4 sowie Abs 4 Nr 1 HGB) erfasst werden, fällt unter Abs 5 Satz 2 deshalb auch ein mittelbarer Einfluss den die Gründer oder ihre Hintermänner über die Organe der von ihnen beherrschten in Gründung befindlichen AG auf den Gründungsprüfer ausüben können. Zwar erwähnt das Gesetz im Gegensatz zu dem früheren Rechtszustand (§ 27 Abs 5 AktG 1937) unmittelbar nur noch Einflussmöglichkeiten der Gründer oder ihrer Hintermänner als solche und nicht mehr auch der AG selber auf den Prüfer. Eine sachliche Änderung war damit aber nicht bezweckt.68 Freilich dürften diese Fälle heutzutage weitgehend schon von § 319 Abs 2 und 3 HGB erfasst sein,69 so dass der Rückgriff auf Abs 5 Satz 2 nicht mehr erforderlich ist.

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65 MünchKommAktG/Pentz Rdn 57; KK/Arnold Rdn 31; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 21; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 13; Hüffer/Koch Rdn 9; Grigoleit/Vedder Rdn 14; Hölters/Solveen Rdn 15; Heidel/Polley Rdn 21; aA noch Geßler/Eckardt Rdn 42. 66 Unstr, MünchKommAktG/Pentz Rdn 57; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 21; Hüffer/Koch Rdn 9; Grigoleit/ Vedder Rdn 14; Hölters/Solveen Rdn 15; Heidel/Polley Rdn 21. 67 Geßler/Eckardt Rdn 43 will dieses Ergebnis anscheinend erst aus § 33 Abs 5 Satz 2 herleiten. 68 Baumbach/Hueck Rdn 6; Geßler/Eckardt Rdn 44; siehe auch Hüffer/Koch Rdn 9: Anstellungsverhältnis zur Gesellschaft als Ausschlußgrund. 69 MünchKommAktG/Pentz Rdn 56; Heidel/Polley Rdn 19.

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Gründungsprüfung. Allgemeines | § 33

Nach § 33 Abs 5 dürfen die dort unmittelbar (Satz 2) oder im Wege der Verweisung 52 (Satz 1) bezeichneten Personen oder Organisationen nicht als Gründungsprüfer bestellt werden. Bei wörtlicher Auslegung würde dies bedeuten, dass ein erst nach der Bestellung eintretender Ausschlussgrund unschädlich wäre, den Prüfer also nicht zur Fortsetzung seiner Prüftätigkeit ungeeignet machte. Dies würde jedoch zweifellos dem Gesetzeszweck, Sicherstellung einer objektiven und unparteiischen Prüfung, widersprechen. Dies zeigt sich auch an dem Vergleich der für Sonderprüfer und Abschlussprüfer getroffenen Regelungen, auf die § 33 Abs 5 Satz 1 verweist: sowohl in § 143 Abs 2 als auch in § 319 Abs 2 und 3 HGB heißt es jeweils „darf nicht sein“. Da nicht davon auszugehen ist (s oben), dass das Gesetz für Gründungsprüfer eine schwächere Regelung treffen wollte, ist § 33 Abs 5 ebenso auszulegen.70 Das Gericht muss in einem solchen Fall die Bestellung widerrufen, was es gemäß § 48 Abs 1 FamFG auch kann, da und weil sich die zugrunde liegende Sachlage wesentlich geändert hat.71 Ein Gründungsprüfer, bei dem ein Ausschlusstatbestand erst nach seiner Bestellung eintritt, ist mithin ebenso ausgeschlossen wie ein Prüfer, bei dem ein solcher Grund von vornherein vorlag. Er ist mithin unter Widerruf seiner Bestellung durch einen unbefangenen Prüfer zu ersetzen, der die Prüfung in eigener Verantwortung völlig neu vorzunehmen hat. Aus dem Gesetzeszweck der Gewährleistung einer objektiven und unparteiischen 53 Prüfung folgt, dass das Gericht bei der Auswahl des Prüfers (auch nachträglich, wenn es von entsprechenden Umständen erfährt) im Rahmen seiner Ermessensentscheidung auch über die Ausschlussvorschriften des Abs 5 hinaus jeden weiteren nicht im Gesetz aufgeführten Umstand zu berücksichtigen hat, der geeignet ist, die Besorgnis einer Befangenheit des Prüfers zu begründen.72 Des Weiteren sollte das Gericht bei der Bestellung auch berufsrechtliche Tätigkeitsverbote berücksichtigen. Ein Verstoß dagegen bleibt allerdings ohne Einfluss auf die ausschließlich nach aktienrechtlichen Vorschriften zu beurteilende Wirksamkeit der Bestellung.73 VII. Rechtsfolgen von Verstößen gegen § 33 Abs 4 und 5 Ein Verstoß gegen die Sollvorschrift des § 33 Abs 4 macht die Bestellung nicht un- 54 wirksam.74 Das Gleiche gilt unstr bei Bestellung eines Prüfers, der aufgrund nicht eigens im Gesetz geregelter ungeschriebener Umstände als befangen oder sonst als für die Aufgabe ungeeignet anzusehen oder dem die Prüfung aufgrund berufsrechtlicher Vorschriften untersagt ist (eben Rdn 53). Nach Wegfall des § 18 FFG entspricht es heute aber ebenfalls einhelliger Meinung, dass ein Verstoß gegen § 33 Abs 5 die Bestellung unwirksam macht.75 Darüber ist das Gericht nach § 48 Abs 1 FamFG berechtigt, eine Bestellung jederzeit 55 zu widerrufen, wenn es aus einem anderen Grunde einen Anlass sieht, die Eignung des von ihm bestellten Prüfers zu verneinen oder dessen Befangenheit zu besorgen.

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70 Im Ergebnis auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 71; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 24. 71 Unter Geltung des FamFG unstr., siehe Spindler/Stilz/Gerber Rdn 24; Hüffer/Koch Rdn 10. 72 MünchKommAktG/Pentz Rdn 60; KK/Arnold Rdn 32; Grigoleit/Vedder Rdn 14. 73 MünchKommAktG/Pentz Rdn 60; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 14; Hüffer/Koch Rdn 10; Grigoleit/ Vedder Rdn 17. 74 AllgM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 66; KK/Arnold Rdn 36; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 24; Schmidt/ Lutter/Bayer Rdn 14; Hüffer/Koch Rdn 10; Grigoleit/Vedder Rdn 17; Hölters/Solveen Rdn 17; Heidel/Polley Rdn 25; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 7. 75 MünchKommAktG/Pentz Rdn 66; KK/Arnold Rdn 36; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 24; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 14; Hüffer/Koch Rdn 10; Grigoleit/Vedder Rdn 17; Hölters/Solveen Rdn 17; Heidel/Polley Rdn 25; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 7. Zum früheren Streitstand siehe Voraufl, Rdn 52.

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§ 33a | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

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Ist die Bestellung unwirksam, hat das Registergericht die Eintragung der Gesellschaft wegen Mangelhaftigkeit der Gründungsprüfung abzulehnen. Das ist wie eben gesehen der Fall, wenn es feststellt, dass der im Zusammenhang mit der Anmeldung eingereichte (§ 37 Abs 4 Nr 4) Bericht über die Gründungsprüfung von einer nach § 33 Abs 5 kraft Gesetzes als Prüfer ausgeschlossenen Person erstellt wurde. Ab dem Zeitpunkt der Eintragung der Gesellschaft setzt sich allerdings auch hier der Vertrauensgrundsatz mit dem Gedanken des Bestandsschutzes durch. Die Gesellschaft ist selbst dann wirksam entstanden, wenn die externe Gründungsprüfung von oder unter Mitwirkung einer nach § 33 Abs 5 ausgeschlossenen oder wegen Befangenheit oder aus einem sonstigen Grunde als Prüfer ungeeigneten Person oder Prüfungsgesellschaft durchgeführt worden ist.76 Solche Umstände stellen weder einen Nichtigkeits- noch einen Löschungsgrund (§ 275; §§ 395, 397 FamFG) dar.77 Wohl aber können sie Anlass zu einer Sonderprüfung nach § 142 sein. Auch Schadensersatzansprüche nach §§ 46 ff sind denkbar; zur Verantwortlichkeit des Gründungsprüfers s oben Rdn 41. Schließlich kann das Registergericht die Nachreichung ordnungsgemäßer Prüfberichte erfordern.78

§ 33a Sachgründung ohne externe Gründungsprüfung 2. Teil – Gründung der Gesellschaft Sachgründung ohne externe Gründungsprüfung § 33a Röhricht/Schall

(1) Von einer Prüfung durch Gründungsprüfer kann bei einer Gründung mit Sacheinlagen oder Sachübernahmen (§ 33 Abs. 2 Nr. 4) abgesehen werden, soweit eingebracht werden sollen: 1. übertragbare Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 1a des Wertpapierhandelsgesetzes, wenn sie mit dem gewichteten Durchschnittspreis bewertet werden, zu dem sie während der letzten drei Monate vor dem Tag ihrer tatsächlichen Einbringung auf einem oder mehreren organisierten Märkten im Sinne von § 2 Abs. 5 des Wertpapierhandelsgesetzes gehandelt worden sind, 2. andere als die in Nummer 1 genannten Vermögensgegenstände, wenn eine Bewertung zu Grunde gelegt wird, die ein unabhängiger, ausreichend vorgebildeter und erfahrener Sachverständiger nach den allgemein anerkannten Bewertungsgrundsätzen mit dem beizulegenden Zeitwert ermittelt hat und wenn der Bewertungsstichtag nicht mehr als sechs Monate vor dem Tag der tatsächlichen Einbringung liegt. (2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn der gewichtete Durchschnittspreis der Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente (Absatz 1 Nr. 1) durch außergewöhnliche Umstände erheblich beeinflusst worden ist oder wenn anzunehmen ist, dass der beizulegende Zeitwert der anderen Vermögensgegenstände (Absatz 1 Nr. 2) am Tag ihrer tatsächlichen Einbringung auf Grund neuer oder neu bekannt gewordener Umstände erheblich niedriger ist als der von dem Sachverständigen angenommene Wert.

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76 Unstr, RGZ 130, 248, 256; MünchKommAktG/Pentz Rdn 73; KK/Arnold Rdn 38; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 24; Hüffer/Koch Rdn 10; Grigoleit/Vedder Rdn 18; Hölters/Solveen Rdn 17. 77 MünchKommAktG/Pentz Rdn 73; KK/Arnold Rdn 38; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 24; Hüffer/Koch Rdn 10; Grigoleit/Vedder Rdn 18. 78 MünchKommAktG/Pentz § 34 Rdn 28; Hüffer/Koch § 34 Rdn 7; Grigoleit/Vedder Rdn 18.

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Sachgründung ohne externe Gründungsprüfung | § 33a

Schrifttum Bayer/J. Schmidt Die Reform der Kapitalaufbringung bei der Aktiengesellschaft durch das ARUG, ZGR 2009, 805; Baldamus Reform der Kapitalrichtlinie, 2002; Böttcher Die kapitalschutzrechtlichen Aspekte der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG), NZG 2008, 481; Drienhausen/Keinath Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrechte-Richtlinie (ARUG) – Weitere Schritte zur Modernisierung des Aktienrechts, BB 2008, 2078; Drinhausen/Keinath Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG), BB 2009, 64; Drygala Die Vorschläge der SLIM-Arbeitsgruppe zur Vereinfachung des Europäischen Gesellschaftsrechts, AG 2001, 291; Kallmeyer SLIM Schlankheitskur für das EUGesellschaftsrecht, AG 2001, 406; Notari The Appraisal Regime of Contributions in Kind in light of Amendments to the Second EEC Directive, ECFR 2010, 63; Paschos/Goslar Der Referentenentwurf des Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) aus Sicht der Praxis, AG 2008, 605; dies Der Regierungsentwurf des Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrechte-Richtlinie (ARUG), AG 2009, 14; Sauter Offene Fragen zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG), ZIP 2008, 1706; ders Der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG), ILF Working Paper No. 85, 6/2008; Schäfer Vereinfachung der Kapitalrichtlinie – Sacheinlage, Der Konzern 2007, 407; Schall Kapitalgesellschaftsrechtlicher Gläubigerschutz, 2009; Seibert/Florstedt Der Regierungsentwurf des ARUG, ZIP 2008, 2145; Stühmer SLIM – eine Schlankheitskur für das EUGesellschaftsrecht: die Vorschläge der SLIM-Kommission für eine Modifikation der zweiten Gesellschaftsrechtlichen Richtlinie, 2003; Zetzsche Die nächste „kleine“ Aktienrechtsreform: Der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG), Konzern 2008, 321. Schall

I. Vorgeschichte und Bedeutung § 33a wurde durch das Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG, 1 BGBl I 2009, S 2479) eingeführt. Allerdings besteht kein inhaltlicher Zusammenhang zur Aktionärsrechterichtlinie. Inhaltlich geht es vielmehr um die Umsetzung einer Mitgliedsstaatenoption (member state option) in Bezug auf die Kapitalrichtlinie (neugefasst 2012/30/EU), welche bereits durch die Änderungs-Richtlinie 2006/68/EG eröffnet worden war. Es handelt sich um eine Deregulierungsoptionen, die vom Europarecht im Zuge der sogenannten SLIM-Initiative1 der EU-Kommission geschaffen worden sind. Gedacht war dies seinerzeit als erster Schritt zur Vereinfachung des Kapitalsystems der Zweiten Richtlinie, das nach massiver, insbesondere aus England voran getriebener Grundsatzkritik auf den Prüfstand gestellt wurde (siehe oben, § 27 Rdn 10 ff). Die Kapitaldebatte brachte allerdings kein klares Ergebnis für einen weitergehenden Systemwechsel, und so hatte es mit dieser ersten, punktuellen Korrektur sein bewenden. Weitere Schritte sind auf der europäischen Ebene nicht mehr gefolgt. Allerdings kam es auf der nationalen Ebene zu einer grundlegenden Reform des kapitalgesellschaftsrechtlichen Gläubigerschutzes, der sich primär auf die GmbH konzentrierte und mit dem MoMiG (Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen) implementiert wurde. Die konsequenten Anpassungen des Aktienrechts, die notwendigen waren, um für einen systematischen Gleichlauf zu sorgen, wurden dann im Zuge des ARUG umgesetzt (siehe oben § 27 Rdn 1 und 14). In das europäische Sekundärrecht fanden die Neuregelungen der SLIM-Initiative 2 zunächst Eingang mit der Richtlinie 2006/68/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der ursprünglichen Richtlinie 77/91/EWG des Rates in Bezug auf die Gründung von Aktiengesellschaften und die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals v 6.9.2006. Durch sie wurde ein neuer Art 10a in die ursprüngliche Kapitalrichtlinie einge-

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1 Simpler Legislation for the Internal Market, siehe KOM (2000) 104, S 2 ff; zum Gesellschaftsrecht KOM (2000) 56 endg., S 2; dazu Lutter/Bayer/J. Schmidt § 20 Rdn 54; Drygala AG 2001, 291; Kallmeyer AG 2001, 406; Baldamus S 37 ff, Stühmer S 31 ff.

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führt. Nach der (rein redaktionellen) Neufassung der Kapitalrichtlinie handelt es sich dabei jetzt um Art 11 der Richtlinie 2012/30/EU. Während Art 10 der Richtlinie grundsätzlich eine externe Gründungsprüfung bei allen Sacheinlagen (nicht freilich: Sachübernahmen) vorschreibt, eröffnet Art 11 (früher 10a) eröffnet den Mitgliedsstaaten in seinen Abs 1–3 jetzt drei unterschiedliche Optionen, in denen sie den Gründern diese Prüfung erlassen können. Der deutsche Gesetzgeber hat sich letztlich dafür entschieden, nur von den ersten beiden Optionen Gebrauch zu machen,2 und zwar in Form eines Wahlrechts (Rdn 8 ff). Die Möglichkeit des Abs 3 ließ er ungenutzt. Sie würde den Verzicht auf eine Prüfung auch dann erlauben, wenn der Zeitwert des Einlagegegenstandes aus einem geprüften Jahresabschluss hervorgeht.3 Insbesondere hiergegen, teils aber auch gegen Art 11 Abs 2 der Richtlinie, wurden erhebliche rechtspolitische Bedenken geltend gemacht, die etwa den Verzicht auf eine zeitnahe Bewertung rügen oder den Vorwurf erheben, anstelle des einen, bewährten Regimes ein unklares Ersatzregime zu stellen, welches seinerseits neue Fragen und Unsicherheiten aufwirft und das Deregulierungsziel verfehlt.4 Aus diesem Grund hat sich beispielsweise Großbritannien dazu entschlossen, von einer Umsetzung komplett abzusehen. Die Umsetzung der Art 11 Abs 1 und 2 in das deutsche Recht erfolgte durch § 33a sowie hinsichtlich der zusätzlichen Publizitätserfordernisse durch § 37a. Die Vereinfachung ist in Fällen vorgesehen, die sich dadurch auszeichnen, dass die Bewertung der eingebrachten Sache auf eindeutigen Anhaltspunkten beruht und nicht übermäßig weit zurück liegt. Zum einen, wenn für übertragbare Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente ein Durchschnittspreis besteht (§ 33a Abs 1 Nr 1). Zum anderen, wenn eine fair valueBewertung anderer Vermögensgegenstände zeitnah stattgefunden hat (§ 33a Abs 1 Nr 2). Nach der Gegenausnahme des § 33a Abs 2 bedarf es jedoch dann einer externen Gründungsprüfung, wenn auch in diesen Fällen eine sichere Bewertung der Einlagegegenstände nicht möglich ist. Über § 183a gilt die Vorschrift auch bei Kapitalmaßnahmen. Der Eingriff in das gesetzliche Kapitalaufbringungssystem bedingt diverse Folgeänderungen, namentlich §§ 34 Abs 2 Satz 2, 37a, 38 Abs 3, 52 Abs 4 Satz 3, Abs 6 Satz 3 und Abs 7 Satz 2 sowie die entsprechenden Anpassungen im Recht der Kapitalerhöhung.5 Die europarechtliche Pflicht zur externen Gründungsprüfung bezieht sich ebenso wie die Ausnahmen hiervon nur auf Sacheinlagen. Soweit das deutsche Recht beide Vorschriften auch auf die Sachübernahme bezieht, handelt es sich um eine überschießende Umsetzung von Europarecht (siehe auch § 34 Rdn 1). Dabei stellen sich im Rahmen des § 33a aber keine besonderen Probleme, da die ohnehin sehr eng an der Vorlage erfolgte Umsetzung insgesamt richtlinienkonform ausgefallen ist.6

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2 Eingehend Schäfer Der Konzern 2007, 407 ff. 3 Art 11 Abs 3 lautet: Die Mitgliedstaaten können beschließen, Artikel 10 Absätze 1, 2 und 3 nicht anzuwenden, wenn auf Beschluss des Verwaltungs- oder Leitungsorgans andere Vermögensgegenstände als die in Absatz 1 dieses Artikels genannten Wertpapiere und Geldmarktinstrumente als Sacheinlagen eingebracht werden, deren beizulegender Zeitwert aus der Vermögensaufstellung des gesetzlichen Abschlusses des vorausgegangenen Geschäftsjahrs hervorgeht, sofern dieser Abschluss nach Maßgabe der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Abschlussprüfungen von Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen geprüft wurde. 4 Eingehend Notari ECFR 2010, 63, 67 ff; siehe auch Schäfer Der Konzern 2007, 407, 409 f; Westermann ZHR 172 (2008) 144, 150; Grundmann Rdn 338 mit Fn 64; speziell gegen Art 11 Abs 3 Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 807; Böttcher NZG 2008, 481, 482; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2. 5 Siehe auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 5 ff; Hüffer/Koch Rdn 1. 6 Näher Lutter/Bayer/J. Schmidt § 20 Rdn 61; sa Rdn 23.

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II. Entbehrlichkeit einer externen Gründungsprüfung, § 33a Abs 1 In den in § 33a Abs 1 geregelten Fällen ist eine Gründungsprüfung (§ 33) entbehrlich. 7 Gemeinsame Voraussetzung dieser Fälle ist eine Gründung mit Sacheinlage oder Sachübernahme (§ 33 Abs 2 Nr 4). Gegenstand der Sacheinlage oder Sachübernahme können nur übertragbare Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente im Sinne des § 2 Abs 1 Satz 1 und Abs 1a des Wertpapierhandelsgesetzes (Nr 1) oder andere als die in Nummer 1 genannten bewerteten Vermögensgegenstände (Nr 2) sein. Sollen neben den in Nr 1 und Nr 2 bezeichneten auch andere Gegenstände als Sacheinlage eingebracht werden, hat für diese eine externe Gründungsprüfung nach § 33 Abs 2 Nr 4 stattzufinden. Wird die vereinfachte Sachgründung gewählt, ist ergänzend zu § 37 eine strafbewehrte Versicherung nach § 37a abzugeben. Die registerrechtliche Prüfung durch das Gericht erfolgt diesbezüglich nur eingeschränkt, § 38 Abs 3. 1. Das Wahlrecht der Gründungsbeteiligten. § 33a Abs 1 ist – in richtlinienkonformer Weise 7 – als Kann-Vorschrift ausgestaltet. Dementsprechend kann eine Gründungsprüfung trotz Entbehrlichkeit nach § 33a Abs 1 erfolgen, muss aber nicht. Es besteht ein Wahlrecht, dessen Einführung auf eine Anregung des Handelsrechtsausschusses des DAV zurückgeht.8 Ihre wesentliche Bedeutung hat diese Wahlmöglichkeit im Rahmen der Sachkapitalerhöhung, um die andernfalls eingreifende vierwöchige Registersperre nach § 183a Abs 2 Satz 2 zu vermeiden.9 Eine Prüfung trotz Entbehrlichkeit nach § 33a Abs 1 kann aber auch im Zuge der Gründung ratsam sein, wenn unklar ist, ob eine Gründungsprüfung nach § 33a Abs 1 entbehrlich ist und man deswegen die strafbewerte (§ 399 Abs 1 Nr 1) Versicherung nach § 37a Abs 2 nicht abgeben möchte.10 Unklar ist, wem das Wahlrecht zusteht, maW die Ausübungsbefugnis. Anders als § 33 Abs 3, der für die ausnahmsweise notarielle Gründungsprüfung ausdrücklich (und nach teilweiser Sicht nicht naheliegend)11 einen (gemeinsamen) Auftrag der Gründer erfordert, begnügt sich § 33a Abs 1 mit der bloßen Eröffnung des Wahlrechts. Nach einer Auffassung sind auch hier die Gründer wahlberechtigt.12 Dabei sei eine Verpflichtung zur Wahl der vereinfachten Sachgründung nicht aus der Treuepflicht abzuleiten. Die bereits bei der Gründung getroffene Entscheidung, ob auf die Gründungsprüfung verzichtet werden soll, sei nachträglich weder durch die Verwaltung noch durch eine Mehrheit der Gründer abänderbar. Lediglich die einstimmige Entscheidung der Gründer könne die bei der Gründung getroffene Entscheidung noch abändern.13 Nach anderer Auffassung soll das Wahlrecht hingegen allen Gründungsbeteiligten zustehen.14 Diese Auffassung steht im Einklang mit der Begründung des Regierungsentwurfs, wo es wörtlich heißt, „es kann auch das Verfahren der externen Prüfung (§ 33 Abs 3 Satz 2 AktG) gewählt werden, wenn es den Gründern oder der Verwaltung günstiger erscheint.“15 Es ist auch mit Blick auf die Beteiligung an der Anmeldung zu verstehen, welche die strafbewehrte Pflicht zur Abgabe der Versicherung nach § 37a miteinschließt. Die-

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7 Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 4; Lutter/Bayer/J. Schmidt § 20 Rdn 61; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 808. 8 Siehe DAV-Handelsrechtsausschuss, NZG 2008, 534 Rdn 5. 9 Hüffer/Koch Rdn 7; Heidel/Polley Rdn 1. 10 KK/Arnold Rdn 2; Drinhausen/Keinath BB 2008, 2078, 2079. 11 Vgl Hüffer/Koch § 33 Rdn 5. 12 KK/Arnold Rdn 2; Hölters/Solveen Rdn 6; insoweit auch Hüffer/Koch Rdn 7; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2. 13 KK/Arnold Rdn 4. 14 MünchKommAktG/Pentz Rdn 34; Hüffer/Koch Rdn 7; Heidel/Polley Rdn 1; Wachter/Wachter Rdn 5. 15 RegE ARUG, BT-Drucks 16/11642 S 22.

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ser Sicht ist daher zu folgen. Zu klären bleibt freilich, wie die Entscheidungsfindung unter den Gründungsbeteiligten von Statten gehen soll. Muss die externe Prüfung oder der Verzicht beschlossen werden und welche Gremien sind hierfür zuständig? Ausgangspunkt muss der gesetzliche Regelfall sein, wonach bei Sacheinlagen eine externe Prüfung stattzufinden hat. Das bedeutet, dass der zu treffende Beschluss nicht auf (ausnahmsweise) Durchführung, sondern auf Verzicht der externen Gründungsprüfung lauten muss. Erfolgt kein entsprechender Beschluss, ist die Prüfung durchzuführen. Der erforderliche Beschluss ist von den allen an der Gründung Beteiligten zu treffen.16 (Nur) Auf diesem Weg ist der Vorstellung der Regierungsbegründung Rechnung zu tragen, dass es zur externen Prüfung kommt, wenn Gründer oder Verwaltung es für günstiger befinden. Allerdings dürfte es trotz der Pflicht zur Abgabe der Versicherung zu weit gehen, die persönliche Zustimmung eines jeden Gründungsbeteiligten zu verlangen. Richtig erscheint vielmehr: Die Gründer entscheiden einstimmig, Vorstand und Aufsichtsrat treffen als Gremien Mehrheitsbeschlüsse. Dabei gelten die allgemeinen Regeln. Insbesondere ist nicht einzusehen, warum der einzelne Gründer bei seiner Abstimmung von Treupflichtbindungen frei sein sollte, wenn die Voraussetzungen des § 33a eindeutig erfüllt sind und es keinen sachlichen Grund gibt, der Gesellschaft die externe Prüfung aufzubürden.17 Sind die Beschlüsse getroffen, binden sie die einzelnen Mitglieder. Sie können allerdings bis zur Eintragung durch einen gegenläufigen Aufhebungsbeschluss wieder beseitigt werden. Ist das der Fall, muss die Prüfung durchgeführt werden. Da alle Gründungsbeteiligten zustimmen müssen, genügt die Aufhebung eines Beschlusses (Gründer, Vorstand oder Aufsichtsrat). Die Freiheit zur Aufhebung kommt jedem der beschlussfassenden Organe zu. Eine Bindung an die Entscheidung der anderen ist nicht gegeben.18 Das ist Folge der vom Gesetzgeber gewollten Alternativität bezüglich der Ausübungskompetenz des Wahlrechts. Durch die Möglichkeit, mit der Beschlussaufhebung die erforderliche Übereinstimmung der an der Gründung Beteiligten wieder zu Fall zu bringen, haben die jeweiligen Gremien faktisch bis zur Eintragung ein nachträgliches Erzwingungsrecht bezüglich der Durchführung der externen Prüfung. Dieses liegt grundsätzlich in ihrem pflichtgemäßen Ermessen. Allerdings ist dann, wenn die Voraussetzungen des Abs 2 vorliegen, die Entscheidung über die Aufhebung des auf die Prüfung verzichtenden Beschlusses nicht frei, sondern gebunden. Demgegenüber sehen weder die Richtlinie noch § 33a bei der Gründung ein ausdrückliches Erzwingungsrecht der Aktionärsminderheit im Fall des nachträglichen bzw. nachträglich bekannt gewordenen Wertverlustes nach Abs 2 2. Alt. vor – ganz im Unterschied zur Rechtslage bei der Kapitalerhöhung (§ 183a Abs 3).19 Dessen bedarf es aber auch nicht. Denn im Rahmen der Gründung hat jeder einzelne Gründer die Möglichkeit, die Durchführung der externen Prüfung vor der Eintragung zu erzwingen, wenn die Voraussetzungen des Abs 2 eingetreten sind. Sie müssen in diesem Fall nämlich die Abgabe der Versicherung nach § 37a verweigern, was zu einem Eintragungshindernis führt. Werden sie dann von den Mitgründern auf ihre Mitwirkung in Anspruch genommen (§ 36 Rdn 12 ff), wird die Berechtigung ihrer Weigerung geklärt. Ein weiterer gangbarer Weg ergibt sich,

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16 Keine förmlichen Beschlüsse hält MünchKommAktG/Pentz Rdn 35 für erforderlich, sondern entnimmt das Einvervständnis den jeweiligen Mitwirkungshandlungen. 17 AA KK/Arnold Rdn 2; MünchKommAktG/Pentz Rdn 35. 18 AA KK/Arnold Rdn 4: Bindung an Gründerbeschluss. 19 Lutter/Bayer/J. Schmidt § 20 Rdn 59; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 815; Grundmann Rdn 338; Notari ECFR 2010, 63, 70; Schäfer Der Konzern 2007, 407, 409; Hölters/Solveen Rdn 6.

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wenn man der auch hier vertretenen Auffassung folgt, wonach den Antrag auf gerichtliche Bestellung der externen Gründungsprüfer nach § 33 Abs 3 Satz 2 jeder Gründer einzeln stellen kann (§ 33 Rdn 36). Denn wenn die Voraussetzungen des § 33a Abs 1 nicht mehr vorliegen, entfällt die Ausnahme und bedarf es also, da auch der Notar nicht agieren darf (§ 33 Abs 3 Satz 1), der gerichtlichen Bestellung. Im Rahmen eines solchen Individualantrags kann daher auch inzident geklärt werden, ob die Voraussetzungen des § 33a Abs 2 vorliegen oder ob es bei dem beschlossenen Verzicht nach § 33a Abs 1 bleiben kann. 2. Übertragbare Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente, Abs 1 Nr 1. Nach § 33a Abs 1 Nr 1 kann von einer Gründungsprüfung abgesehen werden, soweit übertragbare Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente im Sinne des § 2 Abs 1 Satz 1 und Abs 1a des Wertpapierhandelsgesetzes eingebracht und mit dem gewichteten Durchschnittspreis bewertet werden, zu dem sie während der letzten drei Monate vor dem Tag ihrer tatsächlichen Einbringung auf einem oder mehreren organisierten Märkten im Sinne von § 2 Abs 5 des Wertpapierhandelsgesetzes gehandelt worden sind. Grund der Entbehrlichkeit einer Gründungsprüfung ist in diesem Fall, dass die Bewertung der Wertpapiere und Geldmarktinstrumente durch den Börsenkurs sicher erfolgen kann. § 33a Abs 1 Nr 1 verweist hinsichtlich der Begriffe Wertpapiere und Geldmarktinstrumente und organisierter Markt auf § 2 Abs 1, 1a und 5 WpHG. Nach § 2 Abs 1 WpHG sind Wertpapiere, auch wenn keine Urkunden über sie ausgestellt sind, alle Gattungen von übertragbaren Wertpapieren mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten, die ihrer Art nach auf den Finanzmärkten handelbar sind, insbesondere Aktien, andere Anteile an in- oder ausländischen juristischen Personen, Personengesellschaften und sonstigen Unternehmen, soweit sie Aktien vergleichbar sind, sowie Zertifikate, die Aktien vertreten, und Schuldtitel. Nach § 2 Abs 1a WpHG sind Geldmarktinstrumente alle Gattungen von Forderungen, die nicht unter den Wertpapierbegriff fallen und die üblicherweise auf dem Geldmarkt gehandelt werden, mit Ausnahme von Zahlungsinstrumenten. Nach § 2 Abs 5 WpHG ist ein organisierter Markt ein im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum betriebenes oder verwaltetes, durch staatliche Stellen genehmigtes, geregeltes und überwachtes multilaterales System, das die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von dort zum Handel zugelassenen Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach festgelegten Bestimmungen in einer Weise zusammenbringt oder das Zusammenbringen fördert, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt. Wie der gewichtete Durchschnittspreis zu bestimmen ist, geht aus dem Gesetz und der Gesetzesbegründung nicht hervor. Insbesondere ist unklar, wer den Durchschnittspreis mit welchem Verfahren bestimmt. Zwar werden für die an deutschen organisierten Märkten gehandelten Wertpapiere der gewichtete Durchschnittspreis laufend von der BaFin ermittelt (vgl § 5 WpÜG-AngVO). Hierauf kann zurückgegriffen werden. Nach dem Gesetzgeber ist dieser Wert jedoch nicht verbindlich, es können auch die Preise anderer Anbieter verwendet werden.20 Die zur Ermittlung des gewichteten Durchschnittspreises maßgebliche Dreimonatsfrist ist durch Art 11 Abs 1 der neugefassten Kapitalrichtlinie 2012/30/EU nicht vorgege-

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20 RegE ARUG, BT-Drucks 16/11642 S 22. Für Rückgriff auf § 5 WpÜG-AngVO MünchKommAktG/Pentz Rdn 20 ff (mit Berechnungsbeispiel); Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 6.

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ben. Sie entspricht allerdings dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag21 und ist nicht zuletzt schon deshalb als konforme Umsetzung der nunmehr in der Richtlinie geforderten „ausreichenden Zeitpanne“ anzusehen.22 Die Frist berechnet sich rückwärts von dem Zeitpunkt aus, in dem die Wertpapiere und Geldmarktinstrumente tatsächlich eingebracht werden. Das Abstellen auf die tatsächliche Einbringung entspricht der europarechtlichen Grundlage in Art 11 Abs 1 der neugefassten Kapitalrichtlinie 2013/30/EU. Gemeint ist damit der Zeitpunkt in dem vereinbarungsgemäß Nutzen und Risiko auf die Gesellschaft übergehen. Auf die rechtliche Wirksamkeit des Verfügungsgeschäftes kommt es nicht an.23 Dies führt zu Problemen, wenn nach § 36a Abs 2 die Einbringung erst nach der Anmeldung erfolgen soll (was nach Lesart der hM möglich ist, § 36a Rdn 3 ff). Da nach § 33a Abs 1 Nr 1 der Wert bereits bei der Gründung festgelegt werden muss, scheidet das vereinfachte Sachgründungsverfahren in diesen Fällen aus.24 24

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3. Andere Vermögensgegenstände, Abs 1 Nr 2. Nach § 33a Abs 1 Nr 2 kann von einer Gründungsprüfung abgesehen werden, soweit andere als die in Nummer 1 genannten Vermögensgegenstände eingebracht werden, wenn eine Bewertung zu Grunde gelegt wird, die ein unabhängiger, ausreichend vorgebildeter und erfahrener Sachverständiger nach den allgemein anerkannten Bewertungsgrundsätzen mit dem beizulegenden Zeitwert ermittelt hat und wenn der Bewertungsstichtag nicht mehr als sechs Monate vor dem Tag der tatsächlichen Einbringung liegt. Vermögensgegenstand nach Nr 2 kann entsprechend § 27 Abs 2 jeder Vermögensgegenstand sein, dessen wirtschaftlicher Wert feststellbar ist25 (näher die Erläuterungen zu § 27 Rdn 111 ff). Verpflichtungen zu Dienstleistungen kann nicht Gegenstand der Sacheinlagen oder Sachübernahmen sein, § 27 Abs 2 aE. Der bewertende Sachverständige muss ausreichend vorgebildet und erfahren sein. Es gelten dieselben Anforderungen wie hinsichtlich des regulären Gründungsprüfers (§ 33 Abs 4 Nr 1; 143 Abs 1 Nr 1). Der Sachverständige muss kein Wirtschaftsprüfer sein. Ein Wirtschaftsprüfer entspricht jedoch grds den Anforderungen des ausreichend vorgebildeten und erfahrenen Sachverständigen. Nach überzeugender Ansicht wird verlangt, dass Sachverständiger nach § 33a Abs 1 Nr 2 nicht sein darf, wer auch nicht als Gründungsprüfer nach § 33 Abs 5 bestellt werden darf.26 Nr 2 erfordert eine Bewertung des Zeitwertes des Vermögensgegenstandes nach den allgemein anerkannten Bewertungsgrundsätzen (fair value-Bewertung). Welche das sein sollen, lässt die Vorschrift offen. Nicht ausreichend ist die Übernahme der Bewertung aus einem geprüften Jahresabschluss.27 Der Bewertungsstichtag darf nicht mehr als sechs Monate vor dem Tag der tatsächlichen Einbringung des Vermögensgegenstandes als Einlage liegen, vgl Rdn 23. Da der Einlagenwert bei der Gründung feststehen muss, kommt ein vereinfachtes Sachgründungsverfahren auch dann nicht in Betracht, wenn der Vermögensgegenstand erst nach Gründung eingebracht werden soll, vgl oben Rdn 23.

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21 KOM(2004) 730, S 10; Lutter/Bayer/J. Schmidt § 20 Rdn 55. 22 MünchKommAktG/Pentz Rdn 23; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 6; Lutter/Bayer/J. Schmidt § 20 Rdn 61; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 809; Böttcher NZG 2008, 481, 482; Sauter ZIP 2008, 1706, 1709; zweifelnd Westermann ZHR 172 (2008), 144, 150 f; Maul BB 2007, 12. 23 KK/Arnold Rdn 10; Hölters/Solveen Rdn 4; Schäfer Der Konzern 2007 S 407, 409. 24 MünchKommAktG/Pentz Rdn 24; KK/Arnold Rdn 11; Hölters/Solveen Rdn 4; Merkner/Decker NZG 2009 S 887, 889 (Fn 15). 25 RegE ARUG, BT-Drucks 16/11642 S 22. 26 Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 12; Hölters/Solveen Rdn 5; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 811. 27 HM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 30; KK/Arnold Rdn 15; aA Böttcher NZG 2008, 481, 482.

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Sachgründung ohne externe Gründungsprüfung | § 33a

4. Gegenausnahmen, Abs 2. Abs 2 statuiert zwei Gegenausnahmen, bei denen 29 trotz Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs 1 ein vereinfachtes Sachgründungsverfahren nicht in Betracht kommt. Abs 2 Alt 1 stellt eine Gegenausnahme zu Abs 1 Nr 1 dar und Abs 2 Alt 2 eine Gegenausnahme zu Abs 1 Nr 2. Durch Abs 2 werden Art 10a Abs 1 Unterabs 1 und Abs 2 Unterabs 2 der Kapitalrichtlinie umgesetzt. Zur Möglichkeit, die externe Prüfung bei Vorliegen der Gegenausnahmen zu erwzingen siehe oben, Rdn 15. a) Erhebliche Wertbeeinflussung durch außergewöhnliche Umstände, Abs 2 30 Alt 1. Nach Abs 2 Alt 1 kann von einer Gründungsprüfung nicht abgesehen werden, wenn der gewichtete Durchschnittspreis der Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente (Absatz 1 Nr 1) durch außergewöhnliche Umstände erheblich beeinflusst worden ist. Die Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass die Preisbildung an organisierten Märkten unter außergewöhnlichen Umständen versagen kann.28 Außergewöhnliche Umstände können vorliegen, wenn der Handel mit den betref- 31 fenden Papieren über einen längeren Zeitraum zum Erliegen gekommen ist oder ausgesetzt war. Außergewöhnliche Umstände liegen auch dann vor, wenn der Markt durch Missbrauch oder verbotene Kursmanipulation künstlich beeinflusst worden ist (§ 20a Abs 1 WpHG; ab 3. Juli 2016 Art 12 Abs 1 und 2 Marktmissbrauchsverordnung 596/2014), sofern dadurch eine erhebliche Änderung des Börsenwerts bewirkt worden ist. Keine außergewöhnlichen Umstände sind dagegen anzunehmen bei marktüblichem Verhalten im Sinne des § 20a Abs 2 WpHG in Verbindung mit § 7 ff. der MarktmanipulationsKonkretisierungsverordnung, MaKonV (BGBl. I 2005 S 515) sowie bei erlaubten Rückkaufprogrammen eigener Aktien und Maßnahmen zur Kursstabilisierung, die sich im Rahmen von § 20a Abs 3 WpHG, § 5 MaKonV iVm der Verordnung (EG) Nr 2273/2003 vom 22. Dezember 2003 (ABl. L 336 vom 23. Dezember 2003, S 33) halten29 bzw. – ab 3. Juli 2016 – bei zulässiger Marktpraxis nach Art 13 Marktmissbrauchsverordnung 596/2014. Wann eine erhebliche Beeinflussung des gewichteten Durchschnittspreises der 32 Wertpapiere und Geldmarktinstrumente vorliegt, geht aus dem Gesetz und der Gesetzesbegründung nicht hervor. Teilweise wird in Anlehnung an § 5 Abs 4 WpÜG-AngebV vertreten, dass eine erhebliche Beeinflussung bereits dann gegeben ist, wenn eine Abweichung von mindestens 5 % vorliegt.30 Entscheidend ist, dass die übliche Bandbreite bei einer sachverständigen Ermittlung des objektivierten Werts deutlich verfehlt ist.31 Eine Verfehlung um lediglich 5 % dürfte damit zu niedrig sein. b) Änderung des Zeitwertes durch Bekanntwerden neuer Umstände, Abs 2 33 Alt 2. Nach Abs 2 Alt 2 kann auch dann nicht von einer Gründungsprüfung abgesehen werden, wenn anzunehmen ist, dass der beizulegende Zeitwert der anderen Vermögensgegenstände (Abs 1 Nr 2) am Tag ihrer tatsächlichen Einbringung auf Grund neuer oder neu bekannt gewordener Umstände erheblich niedriger ist als der von dem Sachverständigen angenommene Wert. Die Änderung des Zeitwertes muss nur anzunehmen sein; es genügen Verdachtsmomente. Unerheblich ist, ob infolge der Überbewertung die reale Kapitalaufbringung gefährdet ist. Liegen Umstände vor, die auf die Unrichtigkeit des

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28 RegE ARUG, BT-Drucks 16/11642 S 22. 29 RegE ARUG, BT-Drucks 16/11642 S 22. 30 Schmidt/Lutter/Bayer Rdn. 9; Henssler/Strohn/Wardenbach Rdn 9; vgl auch Merkner/Decker NZG 2009 S 887, 890f; Zetsche Der Konzern 2008, 321, 330; Hölters/Solveen Rdn 8. 31 MünchKommAktG/Pentz Rdn 45; KK/Arnold Rdn 22; Hüffer/Koch Rdn 8; Hölters/Solveen Rdn 8.

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§ 34 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

Gutachtens schließen lassen, entfällt schon aus diesem Grund die Rechtfertigung für das Absehen von einer externen Prüfung.32 Zur Frage, wann der Zeitwert erheblich niedriger ist, vgl oben Rdn 32. 34 Maßgeblich für die Berücksichtigung neuer Umstände ist der Zeitraum bis zur Ein35 bringung. Danach eintretende neue Umstände spielen im vereinfachten Sachgründungsverfahren keine Rolle. Werden allerdings vor der Anmeldung Umstände bekannt, die schon vor der Einbringung eingetreten waren, so kommt eine Anmeldung im vereinfachten Eintragungsverfahren wegen der nach § 37a Abs 2 erforderlichen Versicherung nicht mehr in Betracht.33 Schall/Röhricht/Schall

§ 34 Umfang der Gründungsprüfung 2. Teil – Gründung der Gesellschaft Umfang der Gründungsprüfung § 34

(1) Die Prüfung durch die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats sowie die Prüfung durch die Gründungsprüfer haben sich namentlich darauf zu erstrecken, 1. ob die Angaben der Gründer über die Übernahme der Aktien, über die Einlagen auf das Grundkapital und über die Festsetzungen nach §§ 26 und 27 richtig und vollständig sind; 2. ob der Wert der Sacheinlagen oder Sachübernahmen den geringsten Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Aktien oder den Wert der dafür zu gewährenden Leistungen erreicht. (2) 1 Über jede Prüfung ist unter Darlegung dieser Umstände schriftlich zu berichten. 2 In dem Bericht ist der Gegenstand jeder Sacheinlage oder Sachübernahme zu beschreiben sowie anzugeben, welche Bewertungsmethoden bei der Ermittlung des Wertes angewandt worden sind. 3 In dem Prüfungsbericht der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats kann davon sowie von Ausführungen zu Absatz 1 Nr. 2 abgesehen werden, soweit nach § 33a von einer externen Gründungsprüfung abgesehen wird. (3) 1 Je ein Stück des Berichts der Gründungsprüfer ist dem Gericht und dem Vorstand einzureichen. 2 Jedermann kann den Bericht bei dem Gericht einsehen. Schrifttum Schiller Die Prüfung von Sacheinlagen im Rahmen der aktienrechtlichen Gründungsprüfungen, AG 1992, 20; vgl auch die Schrifttumshinweise zu § 27.

I. II. III.

Systematische Übersicht Vorgeschichte und Bedeutung | 1 Umfang der Prüfung | 3 Die besonderen Prüfungsgegenstände des § 34 Abs 1 Nr 1 und Nr 2 | 6 1. Nr 1. Richtigkeit und Vollständigkeit | 7 2. Nr. 2. Werthaltigkeit von Sacheinlagen und Sachübernahmen | 12

IV.

Der Prüfungsbericht, § 34 Abs 2 | 20 1. Form und Zahl | 20 2. Inhalt | 23 3. Die Einreichung des Prüfungsberichts, § 34 Abs 3 S 1 | 27 4. Einsichtsrecht | 28 5. Rechtsfolgen unterbliebener Einreichung | 29

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RegE ARUG, BT-Drucks 16/11642 S 23. RegE ARUG, BT-Drucks 16/11642 S 23.

Schall/Röhricht/Schall

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Umfang der Gründungsprüfung | § 34

I. Vorgeschichte und Bedeutung Die Vorschrift hat ihren Vorläufer in § 26 AktG 1937. Von dieser Bestimmung, die 1 ihrerseits im Wesentlichen schon § 193 HGB entnommen worden war und bis auf die Reform von 1884 in Reaktionen auf den Aktienschwindel der Gründerzeit zurückging, unterschied sie sich – abgesehen von der rein redaktionellen Änderung, dass es in Abs 3 statt „amtliche Vertretung des Handelsstandes“ nunmehr „Industrie- und Handelskammer“ hieß – zunächst nur dadurch, dass in Nr 2 das Tatbestandsmerkmal der Angemessenheit der Leistung für eingelegte oder übernommene Gegenstände (wie auch in § 38 Abs 2, nicht aber in § 32 Abs 2 Satz 1, s dort Rdn 1) zugunsten der Forderung aufgegeben wurde, der Wert der Sacheinlagen oder Sachübernahmen müsse den Wert der dafür zu gewährenden Leistungen erreichen. Die Änderung erfolgte auf Wunsch des Rechtsausschusses, der die Vorschrift im Hinblick auf das auch bei Sacheinlagen geltende offene und verdeckte Verbot der Unterpariemissionen „genauer … fassen“ wollte (Ausschussbericht bei Kropff S 55). Die Vorschrift ist wie alle Vorschriften betreffs Sacheinlagen durch die Kapitalrichtlinie (neugefasst 2012/30/EU) nachträglich europarechtlich überlagert worden. Nachdem damit aber im Kern vor allem das deutsche System der Kapitalaufbringung und –erhaltung europaweit implementiert wurde, ergab sich keine wesentlicher Umsetzungsbedarf. Zwar ist im Zuge der Durchführung der Richtlinie der den Inhalt des Gründungsberichts näher beschreibende Abs 2 Satz 2 ist durch Art 1 Nr 5 des Gesetzes v 13.12.1978 (BGBl I 1959) eingefügt worden. Nach Ansicht der Begründung des Regierungs-Entwurfs (BT-Drucks 8/1678) entsprach die Ergänzung aber bereits der damaligen Praxis. Da die Kapitalrichtlinie als solche nur die Sacheinlage regelt, nicht aber auch die Sachübernahme (§ 27 Rdn 50), geht die Änderung nur in Bezug auf die Sacheinlage auf europäische Verpflichtungen zurück. Die Erstreckung auf die Sachübernahme erfolgte bewusst aus Gründen der Systematik (RegE Begründung BT-Drucks 8/1678). Damit liegt hier der Tatbestand einer bewusst überschießenden Umsetzung von Europarecht vor, ohne dass es aber zur Problematik einer „gespaltenen Auslegung“ kommt (Rdn 14). Eine weitere Änderung hat § 34 durch das Gesetz für kleine AG und zur Deregulierung des Aktienrechts vom 2. August 1994 (BGBl I 1961) erfahren. Danach muss seit dem 3. August 1994 der Bericht der Gründungsprüfer nicht mehr, wie bis dahin vorgeschrieben, auch bei der Industrie- und Handelskammer eingereicht werden. Die Einreichung bei der Industrie- und Handelskammer schien im Zuge der erstrebten Vereinfachung entbehrlich, da die Kammer den Bericht ohnehin im Rahmen ihrer Mitwirkung im Eintragungsverfahren nach § 126 FGG zusammen mit den Anmeldeunterlagen erhält (dazu Begründung RegE BT-Drucks 12/6721 S 7). Für interessierte Dritte reicht das Einsichtsrecht beim Registergericht nach § 37 Abs 6 iVm § 9 HGB. Durch das Gesetz zur Einführung der Stückaktie v 25.3.1998 (BGBl I 1998, S 590) wurde in Abs 1 Nr 2 der Begriff „Nennbetrag“ durch den Begriff „geringster Ausgabebetrag“ ersetzt. Durch das Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) wurde § 33 Abs 2 Satz 3 eingeführt. Damit sollte der ebenfalls durch das ARUG eingeführten Möglichkeit der Sachgründung ohne externe Gründungsprüfung (§ 33a) Rechnung getragen werden. Röhricht/Schall Entgegen seiner Überschrift umschreibt § 34 nicht den gesamten Inhalt oder Umfang 2 der Prüfung und des später über sie zu erstattenden Berichts. Die Vorschrift beschränkt sich vielmehr darauf, einige Umstände, die keinesfalls im Prüfungsbericht fehlen dürfen, „namentlich“ hervorzuheben (Abs 1 Nr 1 und 2). Daneben regelt sie noch einige spezielle Form- und Inhaltsfragen (Abs 2 und 3).

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II. Umfang der Prüfung Nach § 33 Abs 1 und 2 bezieht sich die Prüfung auf den „Hergang der Gründung“; Gegenstand der Prüfung sind mithin sämtliche mit der Gründung zusammenhängenden Umstände, die für die Aktionäre sowie gegenwärtige und künftige Gläubiger der Gesellschaft erkennbar von Bedeutung sein können, sowie alle Vorgänge, auf die sich die Prüfung durch das Registergericht iS des § 38 erstreckt. Der danach geforderte Umfang der Prüfung (§ 34 Abs 1) und der Berichtspflicht (§ 34 Abs 2) ist unter Beachtung ihres doppelten Ziels: Unterrichtung der interessierten Öffentlichkeit (vgl § 34 Abs 2 Satz 2, § 37 Abs 4 Nr 4 iVm § 9 HGB) sowie Vorbereitung und Erleichterung der Prüfung durch das Registergericht (§ 38) zu bestimmen. Zu prüfen ist also (s dazu bereits §§ 32, 33) Feststellung der Satzung, insbes Ordnungsmäßigkeit und Wirksamkeit der Beurkundung einschließlich des Vorliegens etwaiger Vollmachten; Inhalt, Gesetzmäßigkeit und Vollständigkeit der Satzung, Zahl der Gründer, Stückelung der Aktien, Umstände, die für das Vorliegen einer nicht ernst gemeinten Scheingründung oder einer „faulen“ Gründung einschließlich unzulässiger Vorratsgründungen (§ 23 Rdn 350 ff) sprechen 1 (siehe auch zum Verdacht verdeckter Sacheinlagen unten, Rdn 10), Ordnungsgemäßheit der Aktienübernahme, Bestellung von Aufsichtsrat, Vorstand und Abschlussprüfer, Inhalt und Ordnungsgemäßheit des Gründungsberichts (§ 32), etc. Der Umfang der Prüfung durch die Verwaltungsmitglieder (§ 33 Abs 1) und durch die 4 externen Gründungsprüfer (§ 33 Abs 2) ist grundsätzlich gleich. Letztere haben aber zusätzlich noch den Prüfungsbericht der Verwaltungsmitglieder zu prüfen, wie sich aus § 38 Abs 2 Satz 1 ergibt.2 Daraus folgt rein tatsächlich die Notwendigkeit, den Prüfungsbericht der Verwaltungsmitglieder zunächst fertig zu stellen. Die Prüfung erstreckt sich nicht auf Fragen, die in den Bereich unternehmerischer 5 Entscheidungen im eigentlichen Sinne fallen oder auf personelle oder wirtschaftliche Verhältnisse der Gesellschaft, die auch das Registergericht nicht zur Ablehnung der Eintragung berechtigen würden. So ist in dem Gründungsbericht zB weder auf Fragen der Zweckmäßigkeit der gewählten Unternehmensform einzugehen noch haben sich die Prüfer über die Qualifikation der Verwaltungsmitglieder der Gesellschaft sowie über die wirtschaftlichen Erfolgsaussichten des künftigen Gesellschaftsunternehmens einschließlich des Vorhandenseins einer ausreichenden Kapitaldeckung für die angestrebten Ziele (Unterkapitalisierung) zu äußern.3 Dagegen kann es ihnen selbstverständlich nicht verwehrt sein, auf Umstände hinzuweisen, die dafür sprechen, dass es sich um eine Schwindelgründung handelt, durch die dritte Personen geschädigt werden sollen (eben Rdn 3). Die Abgrenzung kann im Einzelfall schwierig sein. Zur Frage der voraussichtlichen Fähigkeit der Gründer zur Leistung der Einlagen s unten Rdn 9. 3

III. Die besonderen Prüfungsgegenstände des § 34 Abs 1 Nr 1 und Nr 2 6

Danach muss sich die Prüfung unter allen Umständen erstrecken auf:

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1 KK/Arnold Rdn 5; MünchKommAktG/Pentz Rdn 10; Heidel/Polley Rdn 2; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2 Wachter/Wachter Rdn 3. 2 MünchKommAktG/Pentz Rdn 7; Hölters/Solveen Rdn 2. 3 BGHZ 64, 52, 60; MünchKommAktG/Pentz Rdn 9; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 3; Hüffer/Koch Rdn 2; Grigoleit/Vedder Rdn 5; Saage ZGR 1977, 583, 688; teilweise weitergehend K. Schmidt DB 1975, 1781 f („Warnpflicht“); Hölters/Solveen Rdn 2.

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Umfang der Gründungsprüfung | § 34

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1. Nr 1. Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben der Gründer, 7 über die Übernahme der Aktien (§ 23 Abs 2),– über die Einlagen auf das Grundkapital, über die in § 26 (Sondervorteile, Gründerlohn, Gründungsaufwand) und § 27 (Sacheinlagen und Sachübernahmen) vorgeschriebenen Festsetzungen.

Dazu im Einzelnen: Die Prüfung der Angaben zu den beiden erstgenannten Punkten muss sich im Regelfall darauf beschränken, ob ordnungsgemäße, den Anforderungen des § 23 Abs 2 entsprechende Erklärungen der Aktienübernahme vorliegen und die Einlagepflicht wirksam begründet worden ist. Der Nachweis über die Einzahlung von mindestens einem Viertel des geringsten Ausgabebetrages (§ 36a Abs 1) sowie eines etwaigen Aufgeldes (§§ 36 Abs 2, 36a Abs 1) wird nicht schon zum Zeitpunkt der Gründungsprüfung, sondern erst für denjenigen der Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister verlangt. Zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Erbringung von Sacheinlagen s § 36a Rdn 3 ff. Nur wenn die Einlagen im Zeitpunkt der Gründungsprüfung angeblich bereits ganz oder teilweise erbracht sind, kann und muss sich der Gründungsbericht auch auf die Richtigkeit dieser Angaben und die Ordnungsgemäßheit der Leistungserbringung erstrecken. Auf die Fähigkeit der Gründer zur vollständigen Leistung der von ihnen übernommenen Einlagen ist nur dann einzugehen, wenn sich aus dem Gründungsbericht oder sonstigen den Prüfern bekannten oder sich ihnen bei pflichtgemäßer Sorgfalt aufdrängenden Umständen Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Einlagen nicht erbracht werden können (oder sollen).4 Enthält die Satzung keine Festsetzungen nach §§ 26, 27, so ist auch einem etwaigen Verdacht der Verschleierung nachzugehen. Das betrifft insbesondere das Vorliegen verdeckter Sacheinlagen, aber auch unzulässiges Hin- und Herzahlen. Für eine Prüfung des letzteren kann etwa Anlass bestehen, wenn eine Aktiengesellschaft innerhalb eines Konzernverbundes gegründet wird, der über ein zentralen Cash Pool verfügt, und keine Festsetzungen nach § 27 Abs 4 getroffen wurden. Zu prüfen ist ferner – auch wenn das Gesetz das nicht ausdrücklich anordnet – die Angemessenheit gewährter Sondervorteile und des Gründungsaufwands. Bei der Bedeutung dieser Frage für die Beurteilung der Gründung insgesamt kann eine Prüfung des Hergangs der Gründung ohne ein Eingehen auf diese Frage nicht vollständig sein.5

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2. Nr. 2. Werthaltigkeit von Sacheinlagen und Sachübernahmen. Nach dem Ge- 12 setzeswortlaut ist Gegenstand der Prüfung nur die Frage, ob der Wert einer Sacheinlage den geringsten Ausgabebetrag der für sie ausgegebenen Aktien und der Wert einer Sachübernahme den Wert der dafür von der Gesellschaft zu erbringenden Gegenleistung (Vergütung) erreicht. Danach wäre die Werthaltigkeit der Sachübernahme voll, die der Sacheinlage aber nur eingeschränkt zu prüfen. Dabei kann es aber nicht sein Bewenden haben. Denn die Kapitalrichtlinie, die seit 1978 zum europarechtlichen Überbau der Vorschrift wurde (Rdn 1), fordert bei Sacheinlagen eine externe Expertenprüfung über

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4 MünchKommAktG/Pentz Rdn 12; KK/Arnold Rdn 6 Hüffer/Koch Rdn 2; Heidel/Polley Rdn 2; Bürgers/ Körber Rdn 2; wohl aA Hölters/Solveen Rdn 4. 5 Heute unstr, MünchKommAktG/Pentz Rdn 13; KK/Arnold Rdn 7; Hüffer/Koch Rdn 3; Hölters/Solveen Rdn 4, aA früher Schlegelberger/Quassowski zu § 26 Abs 3–7 Anm 4.

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den gesamten Wert einschließlich des Agios:6 Art 10 Abs 2 der Kapitalrichtlinie (neugefasst 2012/30/EU) lautet nämlich: „Der in Absatz 1 genannte Sachverständigenbericht muss mindestens jede Einlage beschreiben, die angewandten Bewertungsverfahren nennen und angeben, ob die Werte, zu denen diese Verfahren führen, wenigstens der Zahl und dem Nennbetrag oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, dem rechnerischen Wert und gegebenenfalls dem Mehrbetrag der dafür auszugebenden Aktien entsprechen.“ (Hervorh. d. Verf.). Während über den Ausgangspunkt, also die europarechtliche Vorgabe, die Werthal13 tigkeit der Sacheinlage nicht nur bis zum geringsten Ausgabebetrag, sondern in vollem Umfang einschließlich eines Agio zu prüfen, Einigkeit besteht, ist die Umsetzung dieser Vorgabe ins nationale Recht streitig. Nach wie vor will sich eine Ansicht nicht über den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes hinweg setzen.7 Diese Sicht wird von der hM allerdings zu Recht abgelehnt, welche die Werthaltigkeitsprüfung der Sacheinlage im Wege der richtlinienkonformen Rechtsfortbildung auf den vollen Wert einschließlich eines vorhandenen Agio erstreckt.8 Die Gegenauffassung, die den Wortlaut als unüberwindbare Grenze ansieht, ent14 spricht nicht mehr dem aktuellen Stand der europäischen wie der deutschen Methodenlehre. Denn nach der Rechtsprechung des EuGH darf und muss der Richter die nationalen Methoden in vollem Umfang ausschöpfen, um dem Europarecht Geltung zu verschaffen.9 Das beinhaltet nach der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des BGH die richtlinienkonforme Rechtsfortbildung.10 Und das mit Recht. In Deutschland ist seit langem anerkannt, dass dem Richter die gesetzesübersteigende Rechtsfortbildung contra legem11 offen steht, um höherrangigem Recht Geltung zu verschaffen. Bei der grundlegenden Anerkennung des Schmerzensgeldanspruchs für Persönlichkeitsrechtsverletzungen erfolgte dies nicht nur gegen den Wortlaut des § 847 BGB aF, sondern überdies sogar gegen den expliziten Willen des historischen Gesetzgebers, der die Ehre für nicht käuflich ansah. Gleichwohl durfte sich der BGH unter Billigung des BVerfG darüber hinweg setzen, um dem verfassungsrechtlich gebotenen Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Geltung zu verschaffen. Nichts anderes kann für die Anpassung bestehenden Rechts an später in Kraft tretendes, höherrangiges Europarecht gelten, wie sie hier erforderlich ist. Das gilt umso mehr, als der Gesetzgeber die Richtlinie ja generell korrekt umsetzen wollte (siehe Rdn 1). Nach dem heutigen Stand der allgemeinen Methodenlehre steht ein klarer und eindeutiger Wortlaut nur dann einer korrigierenden Auslegung bzw. Rechtsfortbildung entgegen, wenn er von einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers getragen wird. Der BGH fordert mit Blick auf die richtlinienkon-

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6 Insoweit unstr, BGHZ 191, 364 = NZG 2012, 69, 72 Tz 19 – Babcock; Lutter/Bayer/J. Schmidt § 20 Rdn 47; Schall S 19 mit Fn. 120. 7 Spindler/Stilz/Gerber Rdn 8; wohl auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 15 (allerdings ohne ausdrückliche Stellungnahme zur Problematik). 8 KK/Arnold Rdn 8; K. Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 7; Lutter/Bayer/J. Schmidt § 20 Rdn 50; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 805, 843; Hüffer/Koch Rdn 3; Grigoleit/Vedder Rdn 4; Hölters/Solveen Rdn 5; MHdb AG/ Hoffmann-Becking § 4 Rdn 38; Baldamus S 93. Auch für die Kapitalerhöhung hat sich diese Sicht weithin durchgesetzt, vgl § 183 Rdn 82 (Wiedemann); Spindler/Stilz/Servatius § 183 Rdn 40 ff; Schmidt/Lutter/Veil § 183 Rdn 26; aA aber noch MünchKommAktG/Peifer § 183 Rdn 64 f. 9 EuGH Rs C-397/01 bis C-403/01 Pfeiffer ua Rdn 113; Rs. C-14/83 v Colson Rdn 26 und 28; BGHZ 201, 101 = NJW 2014, 2646, 2647 Tz 20. 10 BGHZ 201, 101 = NJW 2014, 2646, 2647 Tz 20; BGHZ 192, 148 = NJW 2012, 1073 Tz 30; BGHZ 179, 27 = NJW 2009, 427 Tz 21; BGH NVwZ 2014, 1111, 1112 Tz 10. 11 Contra legem meint hier im klassischen Sinn die Wortlautgrenze, nicht die unzulässige Rechtsfortbildung, vgl dazu BGHZ 179, 27 = NJW 2009, 427, 428 f, Tz 21.

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forme Rechtsfortbildung – noch deutlicher – eine „ausdrückliche Umsetzungsverweigerung“, da dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden könne, er habe sehenden Auges Europarecht verletzen wollen.12 Das ist vorliegend aber keinesfalls ersichtlich, und zwar auch nicht bei der Unterlassung der Anpassung im Zuge des ARUG. Vielmehr erscheint das – durchaus kritikwürdige13 – Nichtanpassen des Wortlautes an die ihrerseits klare europarechtliche Vorgabe als (fortgesetztes) Versehen. Da die Frage des geringsten Ausgabebetrags nur die Sacheinlage betrifft (Rdn 12), stellt sich hier nicht die Problematik einer „gespaltenen“ Auslegung. Im Übrigen ist die europarechtlich erforderliche Erstreckung der externen Prüfung 15 auf das Agio schon deshalb nicht problematisch, weil Nr 2 ja nur einen besonders hervor gehobenen Prüfungsgegenstand nennt. Die Notwendigkeit zur Prüfung der gesamten Werthaltigkeit folgt aber ohne Weiteres schon aus dem allgemeinen Zweck, die gerichtliche Überprüfung vorzubereiten (vgl §§ 38, 36a Abs 2 Satz 3). Das umso mehr, nachdem der BGH in Babcock auch noch die Erstreckung der Differenzhaftung auf das Agio ausgesprochen hat (§ 27 Rdn 211).14 Ein weiterer Streitpunkt ergibt sich bezüglich der Behandlung von Unterbewertun- 16 gen. Nach dem Wortlaut („Wert … erreicht“) hätte die Prüfung ausschließlich zum Ziel, im Interesse der realen Kapitalaufbringung eine Überbewertung der Gegenstände von Sacheinlagen oder Sachübernahmen aufzudecken und zu verhindern. Obzwar dies zweifellos das Hauptanliegen dieses Prüfungsteils ist, wird man anzunehmen haben, dass die Prüfer auch Unterbewertungen festzustellen und auf sie hinzuweisen haben.15 Die Vorauflage (Rdn 8) hat sich für diese Sicht schon wegen des Verbotes der willkürlichen Bildung stiller Reserven ausgesprochen, aber den Prüfungsumfang nicht ausdrücklich hierauf beschränkt gesehen. Die heute wohl hM bejaht – teils unter nicht ganz exakter Berufung auf die Voraufl. – eine Prüfungspflicht bezüglich Unterbewertungen nur, soweit es einen Verstoß gegen dieses Verbot geht,16 dessen Geltung freilich auch heute noch nicht ganz unumstritten ist (§ 27 Rdn 193 f).17 Würde man die Geltung bestreiten, wäre in der Logik der hM auch nicht über Unterbewertungen zu berichten. Doch kommt es auf diesen Streit hier nicht an. Denn es ist daran festzuhalten, dass auch Unterbewertungen generell zu berichten sind.18 Denn die Sacheinlageprüfung dient gleichermaßen dem Schutz der Aktionäre,19 wo es durch Unterbewertungen zu verbotener Ungleichbehandlung (§ 53a) kommen könnte. Im Rahmen des Berichts über die Bewertung ist auch auf die Angaben nach § 32 17 Abs 2 einzugehen; denn diese Angaben sollen nicht nur der Feststellung, ob jemand an der Sacheinlage oder Sachübernahme „verdient“ hat, sondern auch als Anhaltspunkte für eine zutreffende Bewertung dienen.

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12 BGH NJW 2014, 2646, 2647 Tz 23; etwas zurückhaltender noch die Diktion in NVwZ 2014, 1111, 1112 Tz 10: Die Grenze zulässiger Auslegung/Rechtsfortbildung ist erst dann überschritten, wenn der Norm – entgegen einer eindeutigen und widerspruchsfreien Entscheidung des Gesetzgebers – ein bestimmter Sinngehalt beigelegt wird. 13 Vgl DAV-Handelsrechtsausschuss NZG 2008, 534 und NZG 2009, 96. 14 Gleichsinnig etwa Hölters/Solveen Rdn 5; MHdb AG/Hoffmann-Becking § 4 Rdn 38. 15 Ebenso Grigoleit/Vedder Rdn 4; nur auf gegen das Verbot der willkürlichen stillen Reserven verstoßende Unterbewertungen einschränkend Spindler/Stilz/Gerber Rdn 10. 16 MünchKommAktG/Pentz Rdn 17; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 10; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 8; Hüffer/Koch Rdn 3; Grigoleit/Vedder Rdn 4; Hölters/Solveen Rdn 5. 17 Für unbegrenzte Zulässigkeit von Unterbewertungen noch RGZ 127, 186, 192. 18 Übereinstimmend KK/Arnold Rdn 9. 19 Siehe nur Schäfer Der Konzern 2007, 407, 412; Schall S 19.

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Grundlage der Prüfung ist hinsichtlich sämtlicher Prüfungsgegenstände stets der von den Gründern nach § 32 erstattete schriftliche Bericht über den Hergang der Gründung. Die Gründungsprüfer sind jedoch, wenn die darin enthaltenen Angaben nicht zur Erfüllung ihrer Prüfungsaufgabe ausreichen und sie aus berechtigtem Anlass zusätzliche Informationen benötigen, befugt, von den Gründern weitere Aufklärungen und Nachweise zu verlangen, § 35 Abs 1. Die Notwendigkeit dazu kann sich vor allem im Rahmen der Beurteilung der Angemessenheit von Sondervorteilen und Gründungsaufwand sowie der Werthaltigkeit von Sacheinlagen und Sachübernahmen ergeben. Maßgeblicher Zeitpunkt ist stets derjenige der Prüfung.20 Zwar kommt es für die 19 Werthaltigkeit von Sacheinlagen und Sachübernahmen letztlich nicht auf diese, sondern auf den Zeitpunkt der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister an. Zu Recht wurde demgegenüber aber darauf hingewiesen, dass den Prüfern ein Blick in die Zukunft regelmäßig verwehrt sein wird.21 Die Prüfer sollen konkrete Umstände (den „Hergang der Gründung“) untersuchen und über sie berichten, nicht aber notwendigerweise unsichere Prognosen für die Zukunft abgeben. Angesichts des Zweckes der Gründungsprüfung, ua die Prüfung des Registergerichts vorzubereiten und zu erleichtern, dürfen Prüfung und Bericht aber Umstände nicht ausklammern, die sich bereits im Zeitpunkt der Prüfung konkret abzeichnen und für die abschließende Prüfung und Entscheidung durch das Registergericht (§ 38 Abs 1) von Bedeutung sein können. Dazu gehören insbes sich bereits abzeichnende Leistungsstörungen oder kurzfristig zu erwartende Wertminderungen der Gegenstände, die die Gesellschaft im Wege der Sacheinlage oder Sachübernahme erwerben soll.22 Wegen der Berichtspflichten über die mögliche Zahlungsunfähigkeit eines Gründers s schon oben Rdn 9. IV. Der Prüfungsbericht, § 34 Abs 2 1. Form und Zahl. Nach § 34 Abs 2 Satz 1 ist (insoweit in Abweichung von dem ursprünglichen Text des § 193 HGB aF) über jede Prüfung … schriftlich zu berichten. Daraus ergibt sich zweifelsfrei, dass das Gesetz mindestens zwei getrennte Berichte erwartet, nämlich zum einen den Prüfungsbericht des Vorstands und Aufsichtsrats (Bericht der Verwaltungsmitglieder) nach § 33 Abs 1 und zum anderen den Prüfungsbericht der Gründungsprüfer nach § 33 Abs 2. Diese Trennung rechtfertigt sich innerlich aus der Erwägung, dass Vorstand und Aufsichtsrat der Gründung nicht mit derselben Unparteilichkeit und Distanz gegenüberstehen, die von unabhängigen außenstehenden Gründungsprüfern erwartet werden darf. Schließlich liegt darin der Grund, warum der Gesetzgeber für eine Reihe typischer Fälle, in denen erfahrungsgemäß die Gefahr unsolider Gründungen besonders naheliegend ist (§ 33 Abs 2), zwingend eine zusätzliche externe Gründungsprüfung angeordnet hat. Außerdem haben die externen Prüfer zusätzlich den Prüfungsbericht der Verwaltungsmitglieder zu prüfen, was ebenfalls eine Trennung beider Berichte nahelegt. Dagegen bietet das Gesetz keinen hinreichenden Anhaltspunkt dafür, dass auch 21 über die in § 33 Abs 1 vorgeschriebene interne Prüfung zwingend getrennt, nämlich in einem Bericht des Vorstandes und einem weiteren Bericht des Aufsichtsrats, berichtet

20

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20 Heute ganz hM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 16; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 9; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 9; Hüffer/Koch Rdn 3; Grigoleit/Vedder Rdn 4; aA (mutmaßlicher Tag der Eintragung) Mohr WPg 1960, 573, 576; differenzierend Schiller AG 1992, 20, 22 ff. 21 So schon Geßler/Eckardt Rdn 10. 22 MünchKommAktG/Pentz Rdn 16; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 8; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 9; Hüffer/ Koch Rdn 2; Grigoleit/Vedder Rdn 4; Hölters/Solveen Rdn 5.

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Umfang der Gründungsprüfung | § 34

werden müsste. Vielmehr deutet der neu eingefügte S 3 auf das Gegenteil hin, womit die frühere Kritik23 an der hier seit der dritten Aufl. von Barz (Anm 3) vertretenen Auffassung endgültig überholt erscheint. Eine solche getrennte Berichterstattung erscheint dennoch nicht unzulässig. Sie ist aber vom Gesetz keinesfalls vorgeschrieben.24 Der Bericht des Vorstandes und des Aufsichtsrats steht dem Bericht der Gründungsprüfer aus den oben genannten Gründen nach Konzeption und Systematik als Einheit gegenüber. Die Trennungslinie verläuft zwischen interner (§ 33 Abs 1) und externer (§ 33 Abs 2) Prüfung. Erforderlich sind deshalb jedenfalls nur zwei, nicht drei getrennte Berichte. Die Anforderungen an die äußere Form des Berichts entsprechen in jeder Hinsicht 22 denjenigen, die das Gesetz an den Gründungsbericht des § 32 Abs 1 stellt, s deshalb dort Rdn 7 ff. Als Folge des Schriftformerfordernisses ist der Bericht von allen Prüfern eigenhändig zu unterzeichnen (§ 126 BGB). Die Unterschrift nur des Aufsichtsrats- oder Vorstandsvorsitzenden würde nicht ausreichen. Mit seiner Unterschrift übernimmt jeder für sich die volle persönliche Verantwortung für den Inhalt des Berichts. Ist er mit dessen Inhalt ganz oder teilweise nicht einverstanden, so muss er seine abweichende Ansicht in einem Zusatz oder einem gesonderten, von ihm allein zu unterzeichnenden Bericht niederlegen. 2. Inhalt. Der Bericht hat alle Punkte zu umfassen, auf die sich die Prüfung nach 23 den §§ 33, 34 zu erstrecken hat, ebenso ggf auf das Vorliegen Auf diese Punkte, sowie auf diejenigen, die darüber hinaus noch geprüft worden sind, hat der Bericht – auch wenn sich insoweit keine Beanstandungen ergeben – jeweils einzeln einzugehen, damit sich das Gericht ein eigenes Urteil darüber bilden kann, was im einzelnen Gegenstand der Prüfung gewesen ist und in welcher Weise und mit welcher Zuverlässigkeit die Prüfungen durchgeführt worden sind.25 Zu der Verpflichtung der Prüfer, Meinungsverschiedenheiten unter ihnen offenzulegen, s oben Rdn 22. Ergänzend, aber zumindest klarstellend verlangt der durch das Gesetz v 13.12.1978 24 eingefügte Satz 2 (oben Rdn 1), dass jeder der Berichte auch die Gegenstände von Sacheinlagen und Sachübernahmen einzeln unter Angabe der bei der Wertermittlung angewandten Methoden beschreibt. Hiervon kann wiederum nach dem zusammen mit § 33a eingefügten Satz 3 abgesehen werden, wenn auf die Durchführung einer externen Prüfung verzichtet wurde (gleich Rdn 23). Abs 2 will in seinem ersten Teil sicherstellen, dass sich vor allem das Registergericht (in zweiter Linie auch die interessierte Öffentlichkeit) ein möglichst genaues und zutreffendes Bild von dem Gegenstand der Sacheinlage oder Sachübernahme und den Faktoren, die deren Wert bestimmen, machen kann. In ihrem zweiten Teil zielt sie auf die Schaffung einer Grundlage, die es dem Gericht ermöglicht, den für diese Gegenstände vorgenommenen Wertansatz nachzuvollziehen. Die Maßgeblichkeit einer bestimmten Wertermittlungsmethode wird damit nicht festgeschrieben. Es geht zunächst lediglich darum, die tatsächlich vorgenommene Wertermittlung transparent und für ihre Nachprüfung zugänglich zu machen. Die dahinter stehende Frage nach dem zutreffenden Wertansatz wird maßgeblich von dem Gegenstand der Sacheinlage und seiner Zweckbestimmung im Rahmen des Gesamtunternehmens, § 27 Rdn 195 ff, den gesetzlichen Bewertungsvorschriften (§§ 252 ff und § 279 HGB), sowie von dem Erkenntnisstand der Betriebswirtschaftslehre bestimmt.

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23 Geßler/Eckardt 12. 24 Ganz hM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 19; KK/Arnold Rdn 10; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 11; Hüffer/ Koch Rdn 4; Grigoleit/Vedder Rdn 8; Hölters/Solveen Rdn 6; Wachter/Wachter Rdn 11. 25 MünchKommAktG/Pentz Rdn 20; KK/Arnold Rdn 11; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 12; Heidel/Polley Rdn 7.

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§ 34 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

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Der neu eingefügte Abs 2 Satz 3 eröffnet die Möglichkeit den Gründungsprüfungsbericht der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats im Fall der Sachgründung ohne externe Gründungsprüfung (§ 33a) zu beschränken. Liegt eine Sachgründung ohne externe Gründungsprüfung vor, kann von Angaben nach Abs 2 Satz 2 (vgl. oben unter Rdn 24 und von Ausführungen nach Abs 1 Nr 2 (vgl. oben unter Rdn 12 ff) abgesehen werden. Im Übrigen ist die Gründung aber auch bei vereinfachter Sachgründung zu prüfen und ein Bericht zu erstatten. Zudem müssen die nach Abs 2 Nr 3 entbehrlichen Angaben spätestens im Rahmen der bei der Anmeldung abzugebenden Erklärung (§ 37a) gemacht werden. Somit wird die Berichtspflicht lediglich zeitlich verschoben. Abs 2 Satz 3 beschränkt lediglich den Umfang des Gründungsprüfungsberichts der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrates. Der Gründungsbericht der Gründer (§ 32) bleibt von Abs 2 Satz 3 unberührt. Die Gründer können sich bei einer vereinfachten Sachgründung nach § 33a bei den Ausführungen zur Angemessenheit der Leistungen für Sacheinlagen und Sachübernahmen neben den Angaben nach § 32 Abs 2 Satz 2 auf die in § 33a genannten Kriterien beschränken.26 26 Da die Prüfungsberichte nach ihrer Einreichung zum Handelsregister dort von jedermann eingesehen werden können, Abs 3 Satz 2, dürfen sie ungeachtet ihres Zwecks, die Öffentlichkeit umfassend über den Hergang der Gründung zu informieren und dem Registergericht eine verlässliche Grundlage für seine abschließende Prüfung zu geben, generell keine Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse offenbaren.27 Die für die Sonderprüfung geltende Bestimmung des § 145 Abs 6 Satz 2, wonach erforderlichenfalls auch Tatsachen, deren Bekanntwerden der Gesellschaft Schaden zufügen kann, in den Prüfungsbericht aufzunehmen sind, ist wegen § 34 Abs 3 Satz 2 auf die Gründungsprüfung nicht entsprechend anwendbar; dazu wie überhaupt zur Verschwiegenheitspflicht der Gründungsprüfer näher bei § 49. Aus der dortigen Bezugnahme auf § 323 Abs 1–4 HGB ergibt sich allerdings unmittelbar nur ein Verbot, solche Geheimnisse „unbefugt“ zu „verwerten“. Für Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder folgt entsprechendes aus § 48 Satz 2 iVm §§ 93 Abs 1 Satz 2, 116. Eine strafrechtliche Verantwortlichkeit für die unbefugte Verletzung von Geheimnissen ergibt sich sowohl für die Gründungsprüfer als auch für die Verwaltungsmitglieder aus § 404. 27

3. Die Einreichung des Prüfungsberichts, § 34 Abs 3 S 1. Je ein Exemplar des Berichts der Gründungsprüfer (§ 33 Abs 2) ist dem Vorstand und dem Registergericht einzureichen. Dabei steht es den Gründungsprüfern frei, ob sie das für das Gericht bestimmte Stück unmittelbar bei Gericht einreichen oder dies mittelbar in der Weise tun, dass sie auch dieses Exemplar dem Vorstand überlassen, der es sodann an das Gericht weiterleitet.28 Letzteres scheint, da der Bericht der Gründungsprüfer nach § 37 Abs 4 Nr 4 der Anmeldung der Gesellschaft beizufügen ist, dem Gesetz sogar als Regelfall vorzuschweben. Bei vorheriger Einreichung bei Gericht erübrigt sich die nochmalige Einreichung im Rahmen der Anmeldung.29 Die früher vorgeschriebene Einreichung eines weiteren Stückes bei der Industrie- und Handelskammer entfällt infolge der Änderung des Abs 3 durch das Gesetz v 2.8.1994, oben Rdn 1. Der Bericht der Verwaltungsmitglieder (§ 33

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26 KK/Arnold Rdn 15; Hölters/Solveen Rdn 8; Drinhausen/Keinath BB 2008, 2078, 2080. 27 MünchKommAktG/Pentz Rdn 22; KK/Arnold Rdn 12; Grigoleit/Vedder Rdn 7; Hölters/Solveen Rdn 7; Heidel/Polley Rdn 7; Wachter/Wachter Rdn 12; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 3. 28 RGZ 130, 256; KG OLGE 24, 171; KGJ 41 A 130; zust MünchKommAktG/Pentz Rdn 24; KK/Arnold Rdn 17; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 16; Hüffer/Koch Rdn 7; Grigoleit/Vedder Rdn 9. 29 Wie hier auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 24; KK/Arnold Rdn 17; Hüffer/Koch Rdn 7; Grigoleit/ Vedder Rdn 9; aA (doppelte Einreichung) Geßler/Eckardt 21; Hölters/Solveen Rdn 9; Heidel/Polley Rdn 8.

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Meinungsverschiedenheiten zwischen Gründern und Gründungsprüfern | § 35

Abs 1) ist dem Registergericht nach § 37 Abs 4 Nr 4 zusammen mit der Anmeldung einzureichen. Einreichung des Berichts auch bei den Gründern ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, aber empfehlenswert. 4. Einsichtsrecht. Die eingereichten Berichte können von jedermann ohne Darle- 28 gung eines besonderen Interesses vom Zeitpunkt ihrer Einreichung ab bei Gericht eingesehen werden; für den Bericht der Gründungsprüfer ergibt sich dies schon unmittelbar aus § 34 Abs 3 Satz 2, für den Bericht der Verwaltungsmitglieder folgt dies aus § 9 HGB. Die früher zusätzlich mögliche Einsicht in den Bericht der Gründungsprüfer bei der Industrie- und Handelskammer ist durch das Gesetz v 2. August 1994 gestrichen worden, nachdem die Pflicht zur Einreichung des Berichts auch bei dieser Organisation entfallen ist, dazu oben Rdn 1 und 27. 5. Rechtsfolgen unterbliebener Einreichung. Bei unterbliebener Einreichung der 29 Berichte nach § 33 Abs 1 und 2 wird die Gesellschaft nicht eingetragen (§ 38 Abs 1). Ist die Eintragung gleichwohl erfolgt, so tut dies ihrer Gültigkeit keinen Abbruch. Die Gesellschaft kann wegen dieses Mangels weder wegen Nichtigkeit gelöscht noch aufgelöst werden. Das Gericht kann in diesem Fall den Vorstand aber zur nachträglichen Einreichung auffordern und dies durch Zwangsgelder erzwingen (§ 14 HGB iVm §§ 388 ff. FamFG). § 407 Abs 2 steht dem nicht entgegen, da diese Bestimmung lediglich verhindern soll, dass die Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister erzwungen wird.30

§ 35 Meinungsverschiedenheiten zwischen Gründern und Gründungsprüfern. Vergütung und Auslagen der Gründungsprüfer 2. Teil – Gründung der Gesellschaft Meinungsverschiedenheiten zwischen Gründern und Gründungsprüfern § 35 Röhricht/Schall

(1) Die Gründungsprüfer können von den Gründern alle Aufklärungen und Nachweise verlangen, die für eine sorgfältige Prüfung notwendig sind. (2) 1 Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Gründern und den Gründungsprüfern über den Umfang der Aufklärungen und Nachweise, die von den Gründern zu gewähren sind, entscheidet das Gericht. 2 Die Entscheidung ist unanfechtbar. 3 Solange sich die Gründer weigern, der Entscheidung nachzukommen, wird der Prüfungsbericht nicht erstattet. (3) 1 Die Gründungsprüfer haben Anspruch auf Ersatz angemessener barer Auslagen und auf Vergütung für ihre Tätigkeit. 2 Die Auslagen und die Vergütung setzt das Gericht fest. 3 Gegen die Entscheidung ist die Beschwerde zulässig; die Rechtsbeschwerde ist ausgeschlossen. 4 Aus der rechtskräftigen Entscheidung findet die Zwangsvollstreckung nach der Zivilprozessordnung statt.

I. II.

Systematische Übersicht Vorgeschichte | 1 Die Aufklärungsobliegenheit der Gründer, Abs 1 | 2 1. Rechte der Gründungsprüfer | 2 2. Umfang des Auskunftsrechts | 4

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3. 4.

Verhältnis zu dem Recht auf eigene Ermittlungen | 6 Berechtigung nur der externen Gründungsprüfer | 7

30 MünchKommAktG/Pentz Rdn 28; KK/Arnold Rdn 19; Hüffer/Koch Rdn 7; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 17; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 3.

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§ 35 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

III.

Meinungsverschiedenheiten zwischen Gründern und Gründungsprüfern, Abs 2 | 8 1. Allgemeines | 8 2. Das Verfahren | 9 3. Rechtsfolgen der gerichtlichen Entscheidung | 10 a) Entscheidung gegen die Gründer | 11 b) Entscheidung gegen die Gründungsprüfer | 13

4.

IV.

Rechtslage bei fehlender Entscheidung | 14 Der Entschädigungsanspruch des Gründungsprüfers, Abs 3 | 15 1. Berechnung | 15 2. Anspruch bei unterlassener Berichterstattung | 17 3. Geltendmachung | 18 4. Schuldner des Anspruchs | 20 5. Vergütungsvereinbarungen mit den Gründern oder der Gesellschaft | 22

I. Vorgeschichte 1

Abs 2 und 3 entsprechen im Wesentlichen der Bestimmung des § 27 AktG 1937, der seinerseits auf § 194 HGB zurückging. Eine Änderung ergab sich hier zunächst nur insofern, als in Abs 3 Satz 3 und 5 jeweils das Wort „Festsetzung“ auf Anregung des Rechtsausschusses durch „Entscheidung“ ersetzt worden ist. Dadurch sollte klargestellt werden, dass die (damals noch sofortige) Beschwerde auch gegen eine die Festsetzung ablehnende gerichtliche Entscheidung zulässig ist.1 Der Abs 1 ist erst später durch die GmbH-Novelle 1980 (BGBl I 836) eingefügt worden. Damit „soll sichergestellt werden, dass die Prüfer ihre Aufgabe erfüllen können, wenn sie im Rahmen der Prüfung Aufklärungen und Nachweise der Gesellschafter benötigen“.2 Die Ergänzung hat aber wohl mehr klarstellende Bedeutung, da sich die Verpflichtung der Gründer, den Prüfern die für notwendig erachteten Aufklärungen zu geben, auch schon aus dem (jetzigen) Abs 2 ergab.3 Durch das FGG-RG v 17.12.2008 wurden die bisherigen Abs 3 Satz 3 und 4 zum 1.9.2009 an die Neuregelung des Beschwerderechts im FamFG angepasst und im neuen Abs 3 Satz 3 vereint. II. Die Aufklärungsobliegenheit der Gründer, Abs 1

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1. Rechte der Gründungsprüfer. Nach Abs 1 können die Gründungsprüfer von den Gründern alle Aufklärungen und Nachweise verlangen, die für eine sorgfältige Prüfung erforderlich sind. Dieses Recht steht bei Vorhandensein mehrerer Gründungsprüfer entsprechend der Einzelverantwortung jedes einzelnen Prüfers (§ 34 Rdn 22) jedem Gründungsprüfer ohne Absprache mit den übrigen für seine Person zu. Auch einem nach § 33 Abs 3 Satz 1 mit der Gründungsprüfung beauftragten Notar steht dieses Recht zu. Es muss auch nicht gegen alle Gründer gemeinsam geltend gemacht werden; der Prüfer kann sich also von vornherein nur an den Gründer wenden, bei dem er sich wegen des bei ihm vermuteten Wissensstandes oder Einflusses den besten Erfolg verspricht. Das Verlangen ist an keine Form gebunden; es kann also ebenso schriftlich wie nur mündlich geäußert werden. Das Recht, Aufklärungen und Nachweise zu verlangen, wird nach Einführung des Abs 1 nicht dadurch ausgeschlossen, dass sich die Gründungsprüfer die begehrten Informationen auch unschwer anderweitig, durch eigene Ermittlungen verschaffen könnten.4

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1 Ausschussbericht bei Kropff S 56. 2 Begründung RegE BT-Drucksache 8/1347 zu § 5d Abs 4 GmbHG. 3 S dritte Aufl. (Barz) Anm 1. Ganz unstr war dies jedoch nicht, s die Nachw bei Geßler/Eckardt Rdn 2. 4 Heute unstr, MünchKommAktG/Pentz Rdn 12; KK/Arnold Rdn 6; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 3; Schmidt/ Lutter/Bayer Rdn 5; Hüffer/Koch Rdn 3; Grigoleit/Vedder Rdn 6; aA noch Geßler/Eckardt Rdn 14.

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Meinungsverschiedenheiten zwischen Gründern und Gründungsprüfern | § 35

Das Gesetz formuliert den Abs 1 als Anspruch („können … verlangen“; vgl auch 3 Abs 2 Satz 1: „zu gewähren sind.“). Allerdings sind die Auskünfte der Gründer nicht auf herkömmliche Weise im Wege von Klage und Zwangsvollstreckung erzwingbar, wie das bei anderen Auskunftsansprüchen der Fall ist (vgl zB § 132 Abs 4 Satz 2; §§ 51a, b GmbHG; §§ 259–261 BGB; zu den stattdessen bei Weigerung der Gründer eintretenden Rechtsfolgen unten Rdn 8 ff). Daraus wird verbreitet gefolgert, es handele sich um eine bloße Obliegenheit,5 mithin ein Verhalten, das man niemand anderem, sondern nur sich selbst „schuldet“, weil dessen Unterlassen Rechtsnachteile mit sich bringen kann6 (klassisches Beispiel: Untersuchungs- und Rügeobliegenheit nach § 378 HGB). Dem ist nicht beizutreten. Obwohl Abs 2 Satz 3 aE lediglich einen Rechtsnachteil statuiert, handelt es sich beim in Abs 1 geregelten Auskunftsverlangen weder um eine bloße Obliegenheit noch um eine unvollkommene Verbindlichkeit, sondern um eine echte Rechtspflicht. Das ergibt sich schon aus der Strafbewehrung nach § 400 Abs 2, die das Bestehen eines Auskunftsrechts voraussetzt7 (siehe auch noch Rdn 5). Auch der Wortlaut formuliert klar eine Pflicht. Anders als bloße Obliegenheiten8 ist diese auch in einem gerichtlichen Verfahren durchsetzbar (Abs 2). Dabei handelt es sich zwar nicht um den üblichen Klageweg. Aber das ist auch nicht erforderlich. Das Gesetz hat lediglich die normale Durchsetzung über Klage und Zwangsvollstreckung mangels Rechtsschutzbedürfnisses gesperrt, weil das aus der Nichterstellung des Prüfberichts folgende Eintragungshindernis einen einfacheren Weg zur Durchsetzung bietet. 2. Umfang des Auskunftsrechts. Das Auskunftsrecht umfasst grundsätzlich alle 4 Umstände, auf welche sich die Prüfung erstreckt, dazu § 34 Rdn 3. Welche Aufschlüsse erforderlich sind, richtet sich nach den Umständen der konkreten Einzelprüfung. Auf jeden Fall bezieht sich das Recht der Prüfer, Aufklärung zu verlangen, genauso auf Umstände, die den Verdacht einer inkorrekten Gründung erhärten können, wie auf solche, die einen korrekten Gründungsvorgang belegen sollen.9 Auch Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sind davon nicht ausgenommen.10 Zwar dürfen solche Geheimnisse in den von den Prüfern zu fertigenden Bericht wegen dessen Allgemeinzugänglichkeit nicht aufgenommen werden, § 34 Rdn 26. Ihre Kenntnis kann aber im Einzelfall für die Beurteilung der Ordnungsgemäßheit des Gründungsvorgangs durch den Prüfer erforderlich sein. Den Gründern droht durch die Mitteilung an die Prüfer keine Gefahr, weil diese zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, § 49 iVm § 323 Abs 1 Satz 1 HGB. Die Aufklärung kann mündlich wie schriftlich gegeben werden. Vorhandene Belege 5 sind auf Verlangen vorzulegen.11 Unrichtige Angaben sind ebenso wie das Verschweigen erheblicher Umstände nach § 400 Abs 2 strafbar. Die pauschale Auskunftsverweigerung als solche kann davon allerdings nicht erfasst sein, da sie kein Täuschungselement enthält. Ist der in Anspruch genommene Gründer der Ansicht, die von ihm verlangten Aus-

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5 MünchKommAktG/Pentz Rdn 7; KK/Arnold Rdn 3; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 3; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 2; Hüffer/Koch Rdn 2; Grigoleit/Vedder Rdn 2; Hölters/Solveen Rdn 3; Heidel/Polley Rdn 2; Bürgers/ Körber/Lohse Rdn 3; Wachter/Wachter Rdn 3. 6 Siehe nur MünchKommBGB/Ernst Vor § 241 Rdn 14. 7 Tatbestandsvoraussetzung, siehe § 400 Rdn 83 (Otto); MünchKommStGB/Kiethe Band 7, § 400 AktG Rdn 72. 8 Insoweit MünchKommBGB/Ernst Vor § 241 Rdn 14. 9 MünchKommAktG/Pentz Rdn 10; KK/Arnold Rdn 6; Hölters/Solveen Rdn 4; Heidel/Polley Rdn 3; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2; Wachter/Wachter Rdn 3. 10 MünchKommAktG/Pentz Rdn 10; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 5; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 3; Hüffer/ Koch Rdn 2; Grigoleit/Vedder Rdn 2. 11 MünchKommAktG/Pentz Rdn 11; KK/Arnold Rdn 6; Hüffer/Koch Rdn 2; Heidel/Polley Rdn 3.

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§ 35 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

künfte oder Nachweise seien zur Erledigung des Prüfauftrags nicht erforderlich, so kann er deren Erteilung verweigern. Es bleibt sodann dem Prüfer überlassen, das in § 35 Abs 2 vorgesehene gerichtliche Verfahren einzuleiten. 6

3. Verhältnis zu dem Recht auf eigene Ermittlungen. Durch Abs 1 wird das Recht der Prüfer, sich die für erforderlich gehaltenen Aufschlüsse und Nachweise statt von den Gründern auch durch eigene Ermittlungen zu verschaffen, nicht beeinträchtigt,12 s schon oben Rdn 2. Eine Pflicht zu eigenen Ermittlungen ist dagegen angesichts der jetzigen Gesetzeslage grundsätzlich nicht anzuerkennen.13 Im Einzelfall kann es allerdings zu einer sorgfältigen Prüfung gehören, sich nicht mit den Angaben der Gründer zu begnügen, sondern diese durch eigene zumutbare Ermittlungen zu ergänzen und zu überprüfen.14 Insbes können die Prüfer auch Mitglieder des Vorstandes oder Aufsichtsrats um Aufschlüsse und Überlassung geeigneter Unterlagen bitten. Angesichts des Fehlens einer Abs 1 entsprechenden Bestimmung sind diese allerdings rechtlich nicht verpflichtet, einer solchen Bitte nachzukommen, so dass insoweit auch keine Strafbarkeit verwirkt wird.15 § 145 Abs 2 (Sonderprüfer) und § 320 HGB (Abschlussprüfer) dürften bei dieser Gesetzeslage auf die Gründungsprüfung nicht entsprechend anwendbar sein.

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4. Berechtigung nur der externen Gründungsprüfer. Abs 1 gilt nur für die externen Gründungsprüfer, nicht auch für die Mitglieder des Vorstands oder Aufsichtsrats, die den Gründungshergang ebenfalls (§ 33 Abs 1) zu prüfen haben. Im Allgemeinen werden diese aber aufgrund ihrer engen Beziehungen zu den Gründern und ihrer Stellung in der in Gründung befindlichen Gesellschaft auf ein solches Auskunftsrecht auch nicht angewiesen sein. Nicht selten werden sie sogar, ganz oder teilweise, mit den Gründern identisch sein. Liegt es im Einzelfall anders und verweigern die Gründer Aufschlüsse, die von allen oder einzelnen Verwaltungsmitgliedern zu einer sorgfältigen Prüfung für nötig erachtet werden, so bleibt ihnen, wenn sie die entsprechenden Informationen nicht auf anderem Wege, insbes durch eigene Ermittlungen, erhalten können, nichts anderes übrig, als in ihrem Bericht darauf hinzuweisen. Dieser Fall wird aber in der Praxis nur selten vorkommen. III. Meinungsverschiedenheiten zwischen Gründern und Gründungsprüfern, Abs 2

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1. Allgemeines. Das in Abs 2 vorgesehene Verfahren steht nur für Meinungsverschiedenheiten zwischen den externen Gründungsprüfern und den Gründern über die Berechtigung einer geforderten Auskunft nach Grund und Umfang zur Verfügung. Alle anderen Meinungsverschiedenheiten (etwa über die Angemessenheit von Sondervorteilen, Gründungsaufwand, über die Bewertung einer Sacheinlage oder Sachübernahme etc) sind in

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12 Unstr, MünchKommAktG/Pentz Rdn 12; KK/Arnold Rdn 6; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 3; Schmidt/ Lutter/Bayer Rdn 5; Hüffer/Koch Rdn 3; Grigoleit/Vedder Rdn 6. 13 Heute unstr, MünchKommAktG/Pentz Rdn 12; KK/Arnold Rdn 8; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 3; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 5; Hüffer/Koch Rdn 3; Grigoleit/Vedder Rdn 6; Hölters/Solveen Rdn 3; aA noch Geßler/Eckardt Rdn 14 auf der Grundlage seines Standpunktes, die Gründer dürften die Prüfer auf unschwer möglich eigene Ermittlungen verweisen. 14 MünchKommAktG/Pentz Rdn 12; KK/Arnold Rdn 8; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 5; Hüffer/Koch Rdn 3; Grigoleit/Vedder Rdn 6; Hölters/Solveen Rdn 3; Heidel/Polley Rdn 4; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2; Wachter/Wachter Rdn 4. 15 MünchKommStGB/Kiethe Band 7, § 400 AktG Rdn 65.

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Meinungsverschiedenheiten zwischen Gründern und Gründungsprüfern | § 35

dem Prüfungsbericht zu vermerken. Über sie entscheidet letztlich das Registergericht im Rahmen des Eintragungsverfahrens, § 38. Entsprechendes gilt, wenn Vorstands- oder Aufsichtsratsmitgliedern Auskünfte vorenthalten werden, die sie nach ihrer Ansicht zur Erstellung des von ihnen zu fertigenden Berichts (§ 33 Abs 1) benötigen (s dazu auch schon vorstehend Rdn 7), oder wenn es zu sonstigen Meinungsverschiedenheiten zwischen Gründern und Verwaltungsmitgliedern über den ordnungsgemäßen Hergang der Gründung kommt. Die Klärung von Streitigkeiten über die Ansprüche der Prüfer auf Vergütung und Auslagenersatz erfolgt nach dem in Abs 3 vorgesehenen Verfahren. 2. Das Verfahren. Zuständig für das in Abs 2 geregelte Verfahren ist das Amtsge- 9 richt (nicht das Registergericht als solches, s schon oben § 33 Rdn 36), in dessen Bezirk die in Gründung befindliche AG ihren satzungsgemäßen Sitz hat, § 14 iVm §§ 375 Nr 3, 376, 377 FamFG. Das Verfahren setzt einen Antrag voraus. Antragsberechtigt ist zum einen jeder Gründungsprüfer (auch einzeln, s oben Rdn 2), dem ein Gründer eine von ihm zur sorgfältigen Prüfung für notwendig erachtete Aufklärung oder die Vorlage eines nach seiner Meinung benötigten Nachweises verweigert hat, zum anderen jeder Gründer, der einer solchen Vorlage nicht nachkommen will. Das Verfahren ist ein solches der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Es schließt als einfachste und ökonomischste Form der Streitentscheidung jede andere gerichtliche Geltendmachung des Rechts aus Abs 1 aus. Einer Auskunftsklage des Prüfers würde das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlen. Dass rechtliches Gehör gewährt werden muss, war in der Voraufl. noch begründungsbedürftig, geht mittlerweile aus §§ 34 Abs 1 Nr 1, 44 FamFG hervor. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss. 3. Rechtsfolgen der gerichtlichen Entscheidung. Der Beschluss ist kraft ausdrück- 10 licher gesetzlicher Anordnung, Abs 2 Satz 2 nicht anfechtbar; er wird also sofort rechtskräftig. Darüber hinaus ist auch eine Vollstreckung des darin enthaltenen Ausspruches, dass die gewünschten Auskünfte zu erteilen seien, nicht möglich. Die Folgen eines solchen Beschlusses sind in anderer Weise geregelt. a) Ergeht eine Entscheidung des Gerichts gegen die Gründer und weigern sie sich 11 ihr nachzukommen, so wird, solange sie dabei bleiben, der Prüfungsbericht nicht erstattet, § 35 Abs 2 Satz 3; da das Fehlen des Prüfungsberichts Gründungsmangel ist (§ 34 Rdn 29), kann die Gesellschaft, solange die Gründer auf ihrer Weigerung beharren, nicht eingetragen werden, § 38 Abs 1 Satz 2. Früher war umstritten, wie zu verfahren sei, wenn die Prüfer trotz Weigerung der 12 Gründer den Bericht erstatten. Das Gesetz gibt an sich klar vor, dass der Bericht bei unberechtigter Weigerung nicht erstattet wird. Das eröffnet keinen Ermessensspielraum und bedeutet daher an sich, die Prüfer dürften ihn nicht erstatten, solange die Entscheidung nicht umgesetzt ist. Tun sie es doch, wäre der Bericht schon deshalb verfahrensfehlerhaft und die Eintragung abzulehnen.16 Nach Ansicht der dritten Auflage (Barz, Anm 3) wurde dies dahingehend eingeschränkt, dass die Gesellschaft trotzdem einzutragen sei, wenn die Gründungsprüfer nachträglich ihre Bedenken als unbegründet fallen lassen und sich das Gericht dem unter Änderung seiner Entscheidung anschließt. Heute hat sich demgegenüber einhellig und zu Recht die Ansicht durchgesetzt, das Registergericht

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So iE Geßler/Eckardt Rdn 19; Schlegelberger/Quassowski AktG 1937, § 27 Anm 2.

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§ 35 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

habe den Bericht hinzunehmen und nach § 38 zu entscheiden.17 Das führt praktisch dazu, dass die Prüfer zwar darlegen werden müssen, warum sie die Informationen entgegen der von ihnen herbeigeführten gerichtlichen Entscheidung nun doch nicht mehr als so wesentlich für die Erstellung erachten und auf die Durchsetzung der erstrittenen Entscheidung verzichten (ein Grund können beispielsweise erfolgreiche eigene Ermittlungen sein). Sie müssen dazu aber nicht den Weg einer Aufhebung der Gerichtsentscheidung beschreiten, sie verzichten lediglich auf deren „Vollstreckung“, weil sich die Sache erledigt hat und sie ihr ursprüngliches Informationsverlangen aufgeben.18 Da das Gericht die Berechtigung dieses Vorgehens im Rahmen des § 38 überprüfen kann, ist dem Zweck der Norm genügt, einen vollständigen und zutreffenden Bericht herbeizuführen. 13

b) Ergeht die Entscheidung gegen die Gründungsprüfer, so müssen diese den Bericht, so gut es geht, erstatten. Anderenfalls machen sie sich nach § 49 schadensersatzpflichtig. Dabei sind die nicht gehindert, im Bericht eine Erklärung abzugeben, wonach sie einen aus ihrer Sicht wesentlichen Punkt mangels hinreichender Aufklärung nicht beurteilen konnten.19 Sind sie jedoch weiterhin der Ansicht, den Bericht ohne die ihnen versagten Aufschlüsse insgesamt nicht in ordnungsgemäßer Weise erstatten zu können, so bleibt es ihnen unbenommen, um die Abberufung aus ihrem Amt zu bitten. Entspricht das Gericht dieser Bitte, so darf es ihnen für ihre Tätigkeit keine Vergütung zubilligen.20 Ein Anspruch auf Ersatz von Auslagen besteht nur insoweit, als sie für den von anderen Prüfern erstatteten Bericht von Nutzen gewesen sind.

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4. Rechtslage bei fehlender Entscheidung. Das vom Gesetz in § 35 Abs 2 zur Verfügung gestellte Verfahren ist rein fakultativ. Es besteht mithin für keine Seite ein Zwang, sich seiner im Falle von Meinungsverschiedenheiten zu bedienen. Leitet keine Seite ein solches Verfahren ein, so haben die Prüfer – soweit sie es nicht für geboten halten, unter diesen Umständen um die Entbindung von ihrem Amt zu bitten – den Bericht (ähnlich wie im Falle des Unterliegens vor Gericht, Rdn 13), allein aufgrund der ihnen zugänglichen Tatsachen zu erstatten. Die Meinungsverschiedenheit und die sich daraus nach Ansicht der Prüfer ergebende Lücke in der Vollständigkeit der Prüfung sind in dem Bericht offenzulegen. Die Frage, ob damit ein Mangel gegeben ist, welcher der Eintragung der Gesellschaft entgegensteht, ist dann vom Registergericht nach Anmeldung im Eintragungsverfahren nach § 38 zu entscheiden. IV. Der Entschädigungsanspruch des Gründungsprüfers, Abs 3

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1. Berechnung. Nach Abs 3 Satz 1 haben die Gründungsprüfer einen Anspruch auf Vergütung und Ersatz angemessener barer Auslagen. Die Vorschrift regelt den Anspruch des Prüfers auf Vergütung und Auslagenersatz mithin nur dem Grunde nach. Die Höhe der Vergütung ist im AktG weder an dieser noch an anderer Stelle geregelt. Ebenso wenig ist dem AktG ein Maßstab für die Angemessenheit der Auslagen zu entnehmen. Das Gesetz überantwortet mithin die Höhe der Entschädigung des Gründungsprüfers dem pflichtge-

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17 MünchKommAktG/Pentz Rdn 19; KK/Arnold Rdn 12; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 8; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 7; Hüffer/Koch Rdn 5; Grigoleit/Vedder Rdn 4; zum früheren Streitstand eingehend Voraufl, Rdn 11 f. 18 Grigoleit/Vedder Rdn 4; Hölters/Solveen Rdn 6; Heidel/Polley Rdn 7. 19 MünchKommAktG/Pentz Rdn 20 aE; dem folgend Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 8; Heidel/Polley Rdn 9; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 3; Wachter/Wachter Rdn 7. 20 Dem folgend MünchKommAktG/Pentz Rdn 20; KK/Arnold Rdn 13; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 9; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 8; Hölters/Solveen Rdn 7.

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Meinungsverschiedenheiten zwischen Gründern und Gründungsprüfern | § 35

mäßen Ermessen des für die Festsetzung zuständigen Gerichts. Entscheidend für die Höhe der von dem Prüfer zu beanspruchenden Vergütung und der Angemessenheit der von ihm getätigten Auslagen kann bei dieser Sachlage letztlich nur der Umfang und Schwierigkeitsgrad der konkreten Prüfungstätigkeit sein. Einen Anhaltspunkt bieten dabei die Gebührenordnungen, die für den Berufsstand der einzelnen Gründungsprüfer erlassen sind (vgl etwa § 55 WPO). An den dort vorgesehenen Sätzen wird sich das Gericht auch dann zu orientieren haben, wenn der Prüfer keinem dieser Berufsstände angehört. Zu Vergütungsvereinbarungen mit den Gründern oder der Gesellschaft, s unten Rdn 22. Wenn der Notar die Gründungsprüfung vornimmt, richtet sich die Vergütung für die 16 Prüfung mangels eines eigenen Gebührentatbestandes nach § 123 GNotKG. Da diese Regelung abschließend ist, ist § 33 Abs 3 bei notarieller Gründungsprüfung nicht anzuwenden.21 2. Anspruch bei unterlassener Berichterstattung. Der Anspruch auf Vergütung 17 für die bis dahin geleistete Arbeit (einschließlich Auslagenersatz) besteht auch dann, wenn der Prüfer gem § 35 Abs 2 Satz 3 den Bericht nicht erstattet.22 Im Falle der Abberufung oder Amtsniederlegung steht dem Prüfer dagegen ebenso wie im Falle unberechtigter Einstellung seiner Tätigkeit (oben Rdn 13) nur ein Anspruch auf Ersatz derjenigen Auslagen zu, die auch für die Arbeit seines Nachfolgers noch von Nutzen sind,23 ein Vergütungsanspruch entfällt ganz. 3. Geltendmachung. Um die Unabhängigkeit der Gründungsprüfer zu sichern, 18 kann der Anspruch auf Vergütung und Auslagenersatz ausschließlich auf dem in Abs 3 bestimmten Wege, dh durch Antrag auf gerichtliche Festsetzung, geltend gemacht werden. Zusätzliche Vergütungsvereinbarungen sind nicht möglich (Rdn 22). Das Gericht wird nur auf Antrag tätig. Ein bereits der Höhe nach bestimmter Antrag ist zulässig, aber nicht erforderlich und könnte das Gericht, das allein nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden hat, auch nicht binden. Antragsberechtigt sind der Prüfer selber sowie die Gesellschaft, vertreten durch ihren Vorstand. Zuständig ist nach § 14 iVm §§ 375 Nr 3, 376 Abs 1, 377 FamFG das Amtsgericht am Sitz der Gesellschaft. Das Gericht entscheidet, nicht anders als im Streit nach Abs 2 (oben Rdn 8) auch über die Höhe der dem Prüfer zuzubilligenden Vergütung und die Angemessenheit des begehrten Auslagenersatzes im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach Anhörung der Gegenseite nach Maßgabe seines pflichtgemäßen Ermessens. Bei der Ermessensausübung sind die in Rdn 15 dargelegten Maßstäbe zu beachten. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss. Dagegen ist die Beschwerde zulässig, 19 Abs 3 Satz 3; die weitere Rechtsbeschwerde (§ 70 FamFG) ist ausgeschlossen, Abs 3 Satz 3 2. Teilsatz. Die rechtskräftige Festsetzung ist Vollstreckungstitel iSv § 794 Abs 1 Nr 3 ZPO. Die Vollstreckung richtet sich nach der ZPO, § 35 Abs 3 Satz 5. Maßgebend sind die allgemeinen Bestimmungen über die Zwangsvollstreckung, §§ 704 ff ZPO, insbes die Bestimmungen über die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen, §§ 803 ff. 4. Schuldner des Anspruchs. Schuldner der Entschädigungsforderung ist grund- 20 sätzlich die Gesellschaft, die deshalb in der vollstreckbaren Festsetzung jedenfalls als

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21 KK/Arnold Rdn 17; Hüffer/Koch Rdn 6. 22 Unstr., MünchKommAktG/Pentz Rdn 22; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 10; Hüffer/Koch Rdn 6; Heidel/ Polley Rdn 12; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 4. 23 So auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 22; KK/Arnold Rdn 16; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 10; Hüffer/ Koch Rdn 6; Hölters/Solveen Rdn 8; Grigoleit/Vedder Rdn 7.

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§ 35 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

solcher zu bezeichnen ist, und zwar nach Eintragung die AG, bis dahin die Vor-AG.24 Die früher vertretene Gegenmeinung, die vor Eintragung die Gründer als Schuldner ansah,25 beruhte auf einer heute überholten Auffassung vom Wesen der Vor-AG und den in ihr geltenden Haftungsverhältnissen. Zur Frage, ob daneben noch die Gründer persönlich in Anspruch genommen werden können, s die Erläuterungen zu § 41; dort auch zur Haftung bei Scheitern der Gründung. 21 Die Kosten der Gründung sind Gründungsaufwand nach § 26. Sieht die Satzung nicht vor, dass diese Kosten von der Gesellschaft zu tragen sind, so hat die Gesellschaft gegen die Gründer vor Zahlung einen Befreiungsanspruch, nach Zahlung einen Erstattungsanspruch. Vor diesem Hintergrund bestehen allerdings keine Bedenken dagegen, dass die Gründer gegenüber dem Gericht bis zum Erlass der Entscheidung erklären, für die Kosten aufkommen zu wollen.26 Sie sind dann in dem Festsetzungstitel neben der Gesellschaft als Schuldner zu bezeichnen. Als Alleinschuldner sind sie nur dann aufzuführen, wenn der antragstellende Prüfer dem zustimmt. 22

5. Vergütungsvereinbarungen mit den Gründern oder der Gesellschaft. Die Regelung des § 35 Abs 3 ist abschließend. Eine Klage der Gründungsprüfer gegen die Gesellschaft oder die Gründer auf Zahlung der nach § 35 Abs 3 geschuldeten Vergütung wäre deshalb (die Klage gegen die Gesellschaft wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses)27 abzuweisen. Ebenso wenig wären Vereinbarungen zwischen den Prüfern auf der einen Seite und den Gründern und/oder der Gesellschaft auf der anderen Seite über die Höhe der Vergütung und den Umfang der zu erstattenden Auslagen zulässig. Dies gilt auch für Vereinbarungen mit den Gründern, der Gesellschaft oder Dritten, nach denen den Prüfern eine höhere als die gesetzlich vorgesehene, außerhalb des Verfahrens nach § 35 Abs 3 geltend zu machende Entschädigung zustehen soll. Derartige Honorarvereinbarungen würden die gebotene Unabhängigkeit der Prüfer gegenüber den Gründern und den Verwaltungsorganen der AG in Frage stellen. Sie sind aus diesem Grunde unwirksam. Das ist im Ergebnis heute unbestritten.28 Die dogmatische Konstruktion erschließt sich freilich nicht ohne Weiteres. Würde lediglich die organschaftliche Vertretungsmacht fehlen, könnte über § 179 doch eine vom Gesetz nicht gewollte Bindung entstehen, kraft derer zwar nicht die Gesellschaft, wohl aber die Gesellschafter die zusätzliche Vergütung schulden. Andererseits ist vorliegend, anders als zB bei einem Versprechen des Vorstands, einen bestimmten Hauptversammlungsbeschluss zu treffen, auch kein Fall gegeben, wo die Verpflichtung offensichtlich ins Leere läuft. Denn Vergütungsvereinbarungen kann jedes Rechtssubjekt treffen. Damit bleibt in letzter Konsequenz nur, aus der zwingenden gesetzlichen Kompetenzzuweisung an das Gericht ein gesetzliches Verbot von Umgehungen herzuleiten und damit auf § 134 BGB zu rekurrieren.

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24 MünchKommAktG/Pentz Rdn 24; KK/Arnold Rdn 18; Hüffer/Koch Rdn 7; Hölters/Solveen Rdn 9; Heidel/Polley Rdn 12; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 4. 25 So die dritte Aufl. (Barz) Anm 5, Geßler/Eckardt Rdn 21; Baumbach/Hueck Rdn 3. 26 MünchKommAktG/Pentz Rdn 24; Hüffer/Koch Rdn 7. 27 Unstr., MünchKommAktG/Pentz Rdn 27; KK/Arnold Rdn 20; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 10. 28 MünchKommAktG/Pentz Rdn 26; KK/Arnold Rdn 19; Spindler/Stilz/Gerber Rdn 10; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 9; Hüffer/Koch Rdn 6; Grigoleit/Vedder Rdn 8; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 4; Hölters/Solveen Rdn 8; aA Geßler/Eckardt Rdn 20, nach dessen Auffassung mit der gerichtlichen Bestellung des Prüfers zwischen ihm und der Gesellschaft ein werkvertragsähnliches Vertragsverhältnis zustande kommt, innerhalb dessen zwischen Prüfer und Gesellschaft freie Vereinbarungen über Vergütung und Auslagenersatz geschlossen werden können. Doch die gerichtliche Befugnis erfasst ausdrücklich auch die Festsetzung der Vergütung.

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Anmeldung der Gesellschaft | § 36

§ 36 Anmeldung der Gesellschaft 2. Teil – Gründung der Gesellschaft Anmeldung der Gesellschaft § 36 Schall (1) Die Gesellschaft ist bei dem Gericht von allen Gründern und Mitgliedern des Vorstands und des Aufsichtsrats zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. (2) Die Anmeldung darf erst erfolgen, wenn auf jede Aktie, soweit nicht Sacheinlagen vereinbart sind, der eingeforderte Betrag ordnungsgemäß eingezahlt worden ist (§ 54 Abs. 3) und, soweit er nicht bereits zur Bezahlung der bei der Gründung angefallenen Steuern und Gebühren verwandt wurde, endgültig zur freien Verfügung des Vorstands steht. Schrifttum Ammon Die Anmeldung zum Handelsregister, DStR 1993, 1025; Assmann/Sethe Kapitalaufbringungskontrolle bei Barkapitalerhöhungen mit mittelbarem Bezugsrecht, ZHR 158 (1994) 646; Bayer Unwirksame Leistungen auf Stammeinlage und nachträgliche Erfüllung, GmbHR 2004, 445; Bayer/Lieder Kapitalaufbringung im Cash Pool, GmbHR 2006, 449; Baums Eintragung und Löschung von Gesellschafterbeschlüssen, 1981; Ehlke Vorausgezahlte Stammeinlage – ein Fall fehlerhafter Kapitalaufbringung in der GmbH?, ZGR 1995, 426; Fleck Kapitalaufbringung, Kapitalerhaltung und Insolvenzproblem in der GmbH2, 1992; Gansen Harmonisierung der Kapitalaufbringung im englischen und deutschen Kapitalgesellschaftsrecht, 1992; Gehrlein Kein Sonderrecht für Cash-Pool-Zahlungssysteme bei Begleichung der GmbH-Stammeinlage, MDR 2006, 789; Heinsius Kapitalerhöhung bei der Aktiengesellschaft gegen Geldeinlagen und Gutschriften der Einlagen auf einem Konto der Gesellschaft bei der Emissionsbank, in: FS Fleck, 1988, S 89; Hommelhoff/Kleindiek Schuldrechtliche Verwendungspflichten und „freie Verfügung“ bei der Barkapitalerhöhung, ZIP 1987, 477; Hüffer Wertmäßige statt gegenständlicher Unversehrtheit von Bareinlagen im Aktienrecht, ZGR 1993, 474; Ihrig Die endgültig freie Verfügung über die Einlage von Kapitalgesellschaftern, 1991; Lutter Das überholte Thesaurierungsgebot bei Eintragung einer Kapitalgesellschaft im Handelsregister, NJW 1989, 2649; ders Kapital, Sicherung der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung in den Aktien- und GmbH-Rechten der EWG, 1964; ders Vorleistungsrisiko der Zeichner und „freie Verfügbarkeit“ bei Gründung und Kapitalerhöhung, in: FS Heinsius, 1991, S 497; Welf Müller Die Leistung der Bareinlage bei der Aktiengesellschaft „zur freien Verfügung des Vorstands“, in: FS Beusch, 1993, S 631; Priester Wertgleiche Deckung statt Bardepot?, ZIP 1994, 599; G. Roth Die freie Verfügung über die Einlage, in: FS Semler, 1993, S 299; ders Verfügungen über die Einlage vor Eintragung der GmbH, DNotZ 1989, 3; K. Schmidt Barkapitalaufbringung und „freie Verfügung“ bei der Aktiengesellschaft und der GmbH, AG 1986, 106; Ulmer Rechtsfragen der Barkapitalerhöhung bei der GmbH, GmbHR 1993, 189; Wilhelm Kapitalaufbringung und Handlungsfreiheit der Gesellschaft nach Aktien- und GmbH-Recht, ZHR 152 (1988) 333; Wolany Voreinzahlungen auf Aktien, AG 1966, 79, 118, 148; vgl außerdem die Schrifttumshinweise (zu) § 27 und § 188.

I. II.

365

Systematische Übersicht Vorgeschichte; systematische Stellung | 1 Die Anmeldung. § 36 Abs 1 1. Zweck, Rechtnatur | 2 2. Gegenstand | 6 3. Zuständigkeit | 7 4. Form | 8 5. Die zur Anmeldung der AG berufenen Personen | 9 6. Verpflichtung zur Anmeldung | 11 a) Keine öffentlich-rechtliche Pflicht | 11 b) Zivilrechtliche Verpflichtung

7. 8. 9. 10. 11.

aa) Gründer | 12 bb) Verwaltungsmitglieder | 16 Unzulässigkeit der Stellvertretung | 20 Gesetzliche Vertretung | 22 Anmeldung im Namen der Vor-AG und der Gründer | 23 Rechtsfolgen unvollständiger Anmeldung | 25 Widerruf der Anmeldung/Rücknahme des Eintragungsantrags | 29

Schall

§ 36 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

III.

Wegfall, Wechsel oder Geschäftsunfähigkeit einer zur Anmeldung berufenen Person a) Organmitglieder | 34 b) Gründer | 35 Die Leistung der Mindestbareinlage, § 36 Abs 2, inbes die endgültig freie Verfügung 1. Systematische und teleologische Einbettung in das System der gesetzlichen Kapitalaufbringung und -erhaltung | 42 2. Vorgeschichte und Regelungszweck des Abs 2 a) Vorbehaltlose Kapitalaufbringung aa) Vorgeschichte der Regelung | 49 bb) Die vorbehaltlose Kapitalaufbringung als Hauptzweck der Regelung | 53 cc) Ausnahmen vom Rückflussverbot | 58 b) Freiheit der Mittelverwendung gegenüber den Gründern | 61 c) Freiheit der Mittelverwendung des Vorstandes gegenüber Dritten? aa) Der Hintergrund: Wegfall des Vorbelastungsverbots | 68 bb) Die umstrittenen Konsequenzen aus der Überwindung des Vorbelastungsverbots für die Auslegung des § 36 Abs 2 | 73 cc) Stellungnahme | 77 3. Der systematische Zusammenhang von § 54 Abs 3 (iVm § 66) und § 36 Abs 2 a) § 54 Abs 3 | 90 b) § 36 Abs 2 | 95 c) Der maßgebliche Zeitpunkt | 96 d) Folgen des Fehlens der freien Verfügung | 98 e) Geltung nur für bis zur Anmeldung eingeforderte Einlagen | 104 f) Freiwillige Mehrleistungen | 106 g) Vorauszahlungen | 107 4. Die Einforderung | 111 5. Die ordnungsgemäße Einzahlung a) Grundsatz | 113 b) Empfangszuständigkeit, Verbot der Leistung an Dritte | 120

c)

12.

Schall

6.

7. 8.

9. 10.

11.

Zession der (Mindest)Einlageforderung | 122 d) Konto(ver)pfändung, gesperrtes oder debitorisches Konto aa) Die Problematik | 123 bb) Stellungnahme | 126 Die freie Verfügung des Vorstandes über den eingezahlten Betrag a) Die gespaltene Auslegung bei Gründung und Kapitalerhöhung | 135 b) Der Inhalt der freien Verfügung (bei der Kapitalerhöhung): Eintritt der Befreiungswirkung und Fehlen von Rückflussabreden | 137 aa) Der uneingeschränkte Verfügungsbereich | 141 bb) Die Freiheit von Rückflussvereinbarungen | 147 (1) Scheinzahlungen | 148 (2) Verwandte Vorgänge fehlenden effektiven Mittelzuflusses oder eintragshindernden Rückflusses zunächst eingezahlter Mittel | 149 (a) Her- und Hinzahlen | 150 (b) Hin- und Herzahlen | 151 (c) Beteiligung zurechenbarer Dritter | 155 c) Rückzahlungsvereinbarungen | 156 aa) Mittelrückflüsse im Rahmen von Geschäften zwischen Einleger und Gesellschaft (verdeckte Sacheinlagen) | 172 bb) Verwendungsabsprachen ohne Mittelrückfluss an den Einleger | 176 d) Wertgleiche Deckung der Einlagen (bei der Gründung) | 181 Die freie Verfügung bei Einzahlung auf ein Konto | 193 Sonderfälle a) Leistung an Treuhänder | 201 b) Bedingte Einlageleistung | 202 Rückabwicklung bei Scheitern der Gesellschaftsgründung | 205 Verbliebene Besonderheiten bei Einpersonen-Gründungen nach Streichung des § 36 Abs 2 Satz 2 (insbes Leistung zur freien Verfügung) | 206 Rechtslage bei gemischter Einlage | 209 366

Anmeldung der Gesellschaft | § 36

I. Vorgeschichte; systematische Stellung In § 195 HGB waren die Regeln über die Anmeldung der AG zum Handelsregister 1 noch in einer Vorschrift zusammengefasst. Das AktG 1937 zerlegte diese Vorschrift in die Bestimmungen des § 28 („Anmeldung der Gesellschaft“), des § 29 („Inhalt der Anmeldung“) und des § 49 Abs 3 („Zahlungsart für den vor der Anmeldung einzufordernden Betrag der Bareinlage“). Diesem Schema folgt das AktG 1965 in §§ 36, 37 (der wiederum durch das ARUG um § 37a ergänzt wurde) und 54 Abs 3 mit unwesentlichen sprachlichen und sachlichen Änderungen. In Abs 1 wurde die Bestimmung, dass die Gesellschaft bei dem Gericht anzumelden sei, „in dessen Bezirk sie ihren Sitz hat“, als überflüssig gestrichen, da sich dies bereits aus § 14 ergibt. Eine weitere Änderung ergab sich durch das Gesetz zur Durchführung der Zweiten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts v 13.12.1978 (BGBl I 1959). Durch dieses Gesetz wurde die bis dahin in § 36 Abs 2 Satz 2 getroffene Regelung, wonach der eingeforderte Betrag mindestens ein Viertel des Nennbetrages und bei Ausgabe der Aktien für einen höheren als den Nennbetrag auch den Mehrbetrag umfassen muss, an dieser Stelle gestrichen. Sie findet sich jetzt in leicht veränderter Form als Abs 1 des durch dasselbe Gesetz neu eingefügten § 36 a, in dessen Abs 2 außerdem eine zusätzliche Regelung über den Zeitpunkt der Leistung von Sacheinlagen getroffen wurde. Eine weitere Änderung erfolgte durch das Gesetz für kleine AG und zur Deregulierung des Aktienrechts v 2. August 1994 (BGBl I 1961), durch dessen Art 1 Nr 9 dem § 36 Abs 2 ein neuer Satz 2 eingefügt wurde, nach dem der Gründer bei der im Rahmen dieser Reform eingeführten Einpersonengesellschaft zusätzlich für den Teil der Geldeinlage, der den eigeforderten Betrag übersteigt, eine Sicherheit zu bestellen hat. Durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen v 23.10.2008 (MoMiG – BGBl I 2008, S 2026) wurde dieser § 36 Abs 2 Satz 2 ersatzlos gestrichen. Ungeachtet der Aufteilung der Bestimmungen über die Anmeldung der Gesellschaft auf nunmehr vier verschiedene Vorschriften müssen die in §§ 36, 36 a, 37, § 37a und 54 Abs 3 getroffenen Regelungen jedoch als zusammengehöriges, in seinen einzelnen Teilen ineinandergreifendes Ganzes gesehen werden. II. Die Anmeldung. § 36 Abs 1 1. Zweck, Rechtnatur. Ziel der Anmeldung ist die Eintragung der durch Abschluss 2 des Gesellschaftsvertrages und Übernahme der Aktien durch die Gründer gegründeten („errichteten“, § 29) Gesellschaft in das Handelsregister, durch welche die bis dahin nur als Vor-AG (§ 29 Rdn 3 ff) existierende Gesellschaft als juristische Person „Aktiengesellschaft“ unter Erlangung ihrer vollen eigenen Rechtsfähigkeit entsteht. Die Anmeldung „zur Eintragung in das Handelsregister“, von der § 36 Abs 1 spricht, ist mithin gleichbedeutend mit dem Antrag, die AG als solche in das Handelsregister einzutragen. Die Anmeldung ist mithin in eine Verfahrenshandlung,1 und als solche amt- 3 sempfangsbedürftig. Da die Anmeldung zur Eintragung und damit Entstehung der Gesellschaft führt, spricht die hM überdies von einem Organisationsakt.2 Das er-

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1 AllgM, BayObLGZ 1985, 82, 83; MünchKommAktG/Pentz Rdn 6; KK/Arnold Rdn 4; Spindler/Stilz/ Döbereiner Rdn 1; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 3; Hüffer/Koch Rdn 2; Grigoleit/Vedder Rdn 2; Heidel/ Terbrack Rdn 3; Hölters/Solveen Rdn 4. 2 Siehe etwa die Formulierung bei BayObLGZ 1985, 82, 87: „nicht rechtsgeschäftlicher Organisationsakt“; dem folgend MünchKommAktG/Pentz Rdn 6; KK/Arnold Rdn 4; Schmidt/Lutter/

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Schall

§ 36 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

scheint problematisch, weil es auf eine verfahrens- und bürgerrechtliche Doppelnatur hindeutet, wie man sie beispielsweise von Prozessaufrechnung bzw –vergleich kennt. Anders als in diesen etablierten Beispielen bleiben aber die etwaigen Rechtsfolgen einer derartigen Doppelnatur im Dunkeln. Die Kategorie eines Organisationsaktes ist dem Bürgerlichen Recht ansonsten unbekannt. Um einen Realakt, wie zB die Übertragung des unmittelbaren Besitzes handelt es sich jedenfalls nicht, weil ja Erklärungen abzugeben sind. Teilweise scheint die hM lediglich beschreiben zu wollen, dass die Anmeldung eine organisationsrechtliche Rechtsfolge zeitigt. 3 Das gibt ihr aber keine bürgerlich-rechtliche Natur. Es liegt nichts anders als bei Verfügungen über Grundstücksrechte, welche aus bürgerlich-rechtlicher Sicht Einigung und Eintragung in das Grundbuch erfordern, wobei für letzteres verfahrensrechtlich ein Antrag erforderlich ist. 4 Das BayObLG wiederum hatte in seinem bis heute zitierten Urteil die bürgerrechtliche Komponente damit begründet, dass die Anmeldung auch „eine Art Garantieerklärung“ des Erklärenden dafür enthalte, dass „die Anmeldung aus seiner Sicht die nachgesuchte Eintragung rechtfertigt.“ 4 Diese Sicht ist aber überholt. Der BGH hat klar ausgesprochen, dass das Gesetz der Anmeldung keine Garantieerklärung beilege.5 Ungeachtet der terminologischen Unklarheit bezüglich des Organisationsaktes be5 steht im Ergebnis Einigkeit darüber, dass es sich um kein Rechtsgeschäft und auch um keine geschäftsähnliche Handlung handelt.6 Die Regeln des BGB bezüglich Willenserklärungen finden also grundsätzlich keine Anwendung. Das bedeutet vor allem, dass es keine Bindungswirkung an die abgegebene Anmeldung gibt (anders nach § 130 Abs 1 BGB), sondern diese jederzeit frei widerruflich ist. Das schließt es freilich nicht aus, die Vorschriften des BGB in besonderen Einzelfällen analog heranzuziehen (siehe unten Rdn 41). 6

2. Gegenstand. Aus dem Ziel der Anmeldung folgt bereits ihr Gegenstand. Es ist dies die AG, und zwar in der Gestalt, die sie durch Satzung und Errichtungsprotokoll gem §§ 23, 26 und 27 erhalten hat. Firma und Sitz (Hauptniederlassung) brauchen – anders als nach § 29 HGB – nicht gesondert angemeldet zu werden. Sie ergeben sich ohne weiteres aus der Satzung (§ 23 Abs 3 Nr 1), die der Anmeldung nach § 37 Abs 4 Nr 1 beizufügen ist. Etwaige Zweigniederlassungen müssen dagegen zusätzlich angemeldet werden, dazu § 13 HGB, der die „Zweigniederlassungsrichtlinie“ (89/117/EWG) umsetzt und durch Art 3 des Gesetzes v 22.7.1993 (Gesetz zur Durchführung der Elften gesellschaftsrechtlichen Richtlinie der Europäischen Gemeinschaften und über Gebäudeversicherungsverhältnisse, BGBl I 1282) an die Stelle der aufgehobenen §§ 42 ff aF setzt worden ist. Andere Anmeldungen, wie etwa ein Haftungsausschluss nach § 25 Abs 2 HGB bei Übernahme eines

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Kleindiek Rdn 3; Hüffer/Koch Rdn 2; Grigoleit/Vedder Rdn 2; anders aber Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 1: „Eintragungsgrundlage“. Eingehend zur Rechtsnatur der Anmeldung etwa Heidel/Schall/Lamsa/Ammon § 12 Rdn 5 ff; Staub/Koch § 12 Rdn 5 ff, die beide im Ergebnis die verfahrensrechtliche Komponente für durchschlagend halten. 3 Vgl Grigoleit/Vedder Rdn 2. In diese Richtung auch Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 1, der neutral von Eintragungsgrundlage spricht. 4 BayObLGZ 1985, 82, 87 im Anschluss an BayObLGZ 1982, 198, 202. 5 BGHZ 116, 190 = NJW 1992, 975, 976; zust Heidel/Schall//Lamsa/Ammon § 12 Rdn 6, auch mit dem zutr Hinweis, dass sich das Registergericht auch ohne diese Konstruktion idR auf die Richtigkeit der gemachten Angaben verlassen darf. 6 MünchKommAktG/Pentz Rdn 6; KK/Arnold Rdn 4; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 1; Schmidt/Lutter/ Kleindiek Rdn 3; Hüffer/Koch Rdn 2; Grigoleit/Vedder Rdn 2; Heidel/Terbrack Rdn 3; Hölters/Solveen Rdn 4.

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Anmeldung der Gesellschaft | § 36

bereits bestehenden Handelsgeschäfts mit Firma durch die neugegründete AG, richten sich nicht nach §§ 36 ff, sondern nach den für sie jeweils maßgeblichen Bestimmungen, s § 12 HGB7 und § 378 FamFG.8 3. Zuständigkeit. Für die Anmeldung sachlich zuständig ist das Amtsgericht als 7 Registergericht, § 23a Abs 1 Nr 2 Abs 2 Nr 3 GVG iVm § 374 Nr 1 FamFG. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem Bezirk, in dem die künftige AG ihren satzungsmäßigen Sitz haben soll, § 14 iVm §§ 376, 377 FamFG. Letzteres war früher in § 28 AktG 1937 (entsprechend dem jetzigen § 36) noch ausdrücklich ausgesprochen, ist aber durch das AktG 1965 als entbehrlich gestrichen worden (oben Rdn 1). Hat der Landesgesetzgeber von der ihm in § 376 Abs 2 FamFG erteilten Ermächtigung Gebrauch gemacht, die Führung des Handelsregisters für mehrere Amtsgerichtsbezirke einem Amtsgericht zu übertragen, so ist die Anmeldung bei diesem Gericht vorzunehmen. Soll die künftige AG mehr als einen Sitz haben, so ist die Gesellschaft an jedem Sitz bei dem jeweils für ihn zuständigen Registergericht anzumelden.9 4. Form. Die Anmeldung ist elektronisch in öffentlich beglaubigter Form einzurei- 8 chen, § 12 Abs 1 HGB. Die Unterschrift des Anmeldenden muss also von einem Notar (elektronisch, § 39a BeurkG) beglaubigt sein, § 129 Abs 1 BGB, dazu auch §§ 39a, 40 BeurkG. Nach § 63 BeurkG sind die Länder befugt, die Zuständigkeit für Unterschriftsbeglaubigungen auch anderen Stellen zu übertragen. Die öffentliche Beglaubigung ist durch notarielle Beurkundung ersetzbar, § 129 Abs 2 BGB. Zum Antragsrecht des Notars, das sich nicht aus § 378 FamFG ergibt, sondern aus bloßer Botenmacht, siehe unten Rdn 21. 5. Die zur Anmeldung der AG berufenen Personen. Zur Anmeldung berufen (im 9 Schrifttum meist als Anmeldepflichtige bezeichnet) sind alle Gründer sowie sämtliche Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats gemeinsam, s dazu auch Rdn 23 f. Wer Gründer ist, bestimmt sich grundsätzlich nach § 28. Ist als Gründer eine juristische Person oder eine Personenvereinigung beteiligt, so muss sie bei der Anmeldung nach Maßgabe der für sie geltenden Vertretungsvorschriften vertreten sein. Zu den Mitgliedern von Vorstand und Aufsichtsrat gehören auch die stellvertre- 10 tenden Mitglieder dieser Organe,10 nicht jedoch bestellte aber noch nicht nachgerückte Ersatzmitglieder des Aufsichtsrats.11 Obwohl es aus dem Wortlaut so nicht klar abzulesen ist, entspricht es heute einhelliger Auffassung, dass grundsätzlich nicht die tatsächliche Mitgliederzahl, die das betreffende Verwaltungsorgan zum Zeitpunkt der Anmeldung hat, sondern die Zahl von Mitgliedern, die es nach Gesetz und Satzung (§ 23 Abs 3 Nr 6, § 76 Abs 2, § 95) aufweisen müsste,12 maßgeblich ist. Das hat zur Folge, dass noch vor der

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7 Der freilich ergänzend auch für § 36 gilt, Hölters/Solveen Rdn 5. 8 KG, OLGE 43, 325 (noch zu §§ 128, 129 FGG). 9 MünchKommAktG/Pentz Rdn 30; KK/Arnold Rdn 13; Spindler/Stilz/Döbereiner § 38 Rdn 2; Schmidt/ Lutter/Kleindiek Rdn 5; Hüffer/Koch Rdn 2; Grigoleit/Vedder Rdn 3; Balser DB 1972, 2049. 10 RG LZ 1914, 398; MünchKommAktG/Pentz Rdn 9; KK/Arnold Rdn 7; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 11; Schmidt/Lutter/Bayer Rdn 6; Hüffer/Koch Rdn 3a; Grigoleit/Vedder Rdn 5; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2; Heidel/Terbrack Rdn 14. 11 MünchKommAktG/Pentz Rdn 9; KK/Arnold Rdn 7; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 12; Schmidt/Lutter/ Bayer Rdn 6; Hüffer/Koch Rdn 3a; Grigoleit/Vedder Rdn 5; Hölters/Solveen Rdn 8. 12 Heute unstr, MünchKommAktG/Pentz Rdn 9; KK/Arnold Rdn 7; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 11 und 12; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 6; Hüffer/Koch Rdn 3a; Grigoleit/Vedder Rdn 5; Hölters/Solveen Rdn 8; aA wohl noch v Godin/Wilhelmi Anm 2a.

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Anmeldung notwendige Ergänzungen vorzunehmen sind. Im Falle des § 31 genügt zunächst die Anmeldung durch die nach § 31 Abs 1 von den Gründern zu bestellenden Aufsichtsratsmitglieder, da es sich dabei anfangs um die gesetzliche Sollstärke handelt.13 Der Umstand, dass ein Teil der Aufsichtsratssitze für Vertreter der Arbeitnehmer und Gewerkschaften freizuhalten ist, soll der Anmeldung der Gesellschaft nicht im Wege stehen. Sobald diese weiteren Aufsichtsratsmitglieder aber bestellt sind oder nach dem Gesetz (§ 31 Abs 3) bestellt sein müssen, haben auch sie bei der Anmeldung mitzuwirken.14 Das Registergericht hat die Mitwirkung aller dazu berufenen Personen bei der Anmeldung von Amts wegen zu prüfen, § 26 FamFG. 6. Verpflichtung zur Anmeldung 11

a) Keine öffentlich-rechtliche Pflicht. Die Anmeldepflicht bedeutet nur, dass die Gesellschaft ohne Eintragung im Handelsregister und die ihr notwendigerweise vorausgehende Anmeldung (Antrag auf Eintragung im Handelsregister, Rdn 2) nicht als rechtsfähige juristische Person „Aktiengesellschaft“ entstehen kann. Eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung, die Gesellschaft anzumelden, existiert dagegen nicht.15 Entgegen dem missverständlichen Wortlaut („ist … anzumelden“) und in Abweichung von §§ 29, 106 HGB steht es den Gründern frei, ihren Entschluss zur Gründung einer AG auch nach deren Errichtung (§§ 23, 29) jederzeit wieder aufzugeben, indem sie von der Anmeldung der AG zum Handelsregister absehen. Die Mitglieder der Verwaltungsorgane brauchen dazu nicht befragt zu werden.16 Infolge des Fehlens einer öffentlich-rechtlichen Anmeldepflicht kann die Anmeldung der AG nach § 36 auch nicht durch Zwangsgeld erzwungen werden, § 407 Abs 2. Bei Aufgabe der Eintragungsabsicht kann sich jedoch die Notwendigkeit ergeben, die bereits ins Leben getretene Vorgesellschaft zu liquidieren oder in anderer Rechtsform fortzuführen, s zu den damit verbundenen Fragen § 29 Rdn 15 f und die Erläuterungen zu § 41. b) Zivilrechtliche Verpflichtung

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aa) Gründer. Für die Gründer ergibt sich eine zivilrechtliche Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Anmeldung aus dem bei Gründung der Gesellschaft (§ 23) geschlossenen Gesellschaftsvertrag (§ 23 Rdn 6 ff). 17 Das dadurch begründete Gesellschaftsverhältnis verpflichtet jeden Gründer gegenüber seinen Mitgründern, alles zu tun, was zur Entstehung der AG als rechtsfähige Person erforderlich ist. Dazu gehört, da die AG als solche erst mit der Eintragung im Handelsregister entsteht (§ 41 Abs 1 Satz 1) und diese Eintragung nur auf Antrag gem § 36 Abs 1 erfolgt, unabdingbar die Anmeldung. Diese Verpflichtung zur Anmeldung entfällt nur dann, wenn ein Gründer einen wichtigen Grund zu ihrer Verweigerung hat.18 Dies kann zB der Fall sein, wenn bei Anmeldung falsche Angaben über den Gründungsvorgang gemacht werden sollen, die den Gründer der Gefahr zivilrechtlicher Haftung (§ 46) oder strafrechtlicher Verfolgung (§ 399) aussetzen

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13 Unstr, MünchKommAktG/Pentz Rdn 9, Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 12; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 6; Hüffer/Koch Rdn 3a; Grigoleit/Vedder Rdn 5; Heidel/Terbrack Rdn 15. 14 MünchKommAktG/Pentz Rdn 9; KK/Arnold Rdn 7; Hüffer/Koch Rdn 3a. 15 AllgM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 12; KK/Arnold Rdn 8; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 2; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 8; Hüffer/Koch Rdn 5; Grigoleit/Vedder Rdn 4; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 3. 16 MünchKommAktG/Pentz Rdn 12. 17 BGHZ 169, 270 = NZG 2007, 20 Tz 8; MünchKommAktG/Pentz Rdn 14; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 3; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 9; Grigoleit/Vedder Rdn 4. 18 MünchKommAktG/Pentz Rdn 14; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 9.

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würden oder die anderen Mitglieder ihre gesellschaftsvertraglichen Pflichten in so schwerwiegender Weise verletzen, dass eine weitere Mitwirkung an der Gesellschaftsgründung unzumutbar wird. Die Mitwirkungspflicht der Mitgründer ist nach heute einhelliger Auffassung ge- 13 richtlich durchsetzbar. Sie ist allerdings wegen der Höchstpersönlichkeit infolge der strafbewehrten Erklärungs- und Versicherungspflichten nicht über § 16 HGB iVm § 894 ZPO, sondern über § 888 ZPO zu vollstrecken.19 Zur Klage berechtigt sind nicht die Gesamtheit der in § 36 Abs 1 genannten Personen; vielmehr haben das Klagerecht sowohl alle Gründer gemeinsam als auch jeder einzelne Gründer für sich,20 da sie sich im Gesellschaftsvertrag nach § 23 wechselseitig zur Schaffung der Gesellschaft verpflichtet haben. Fraglich ist, ob neben den Gründern auch die Gesellschaft, vertreten durch ihren 14 Vorstand, berechtigt sein soll, von den einzelnen Gründern die Mitwirkung an der Eintragung zu verlangen. Laut Voraufl (Rdn 12) sollten auch die schon bestehende Vorgesellschaft, der durch die Verweigerung der Anmeldung die Möglichkeit zur Erlangung ihrer vollen Rechtsfähigkeit genommen wird, als klageberechtigt anzusehen sein.21 Dies erscheint jedoch zweifelhaft. Freilich läge es durchaus in der Logik der heutigen Auffassung von der Vorgesellschaft als eigenständigem Rechtsträger, diese insoweit an der Aktivlegitimation teilhaben zu lassen. Jedoch geht es bei der Mitwirkungspflicht aus dem Gesellschaftsvertrag anders als bei den Einlagepflichten nicht um einen Anspruch, welcher der Gesellschaft zugedacht ist. Vielmehr liegt die Hoheit über den Eintragungsprozess vor dessen Abschluss durch die Eintragung ausschließlich bei den Gründern. Die Vor-Gesellschaft ist nicht am Abschluss des Gründungsvertrags beteiligt und erwirbt daher aus diesem grundsätzlich keine Rechte. Andernfalls wäre die Geltendmachung des Mitwirkungsanspruchs durch einzelne Gründer den Beschränkungen der actio pro socio zu unterwerfen (insbes Subsidiarität). Die Vorgesellschaft erwirbt daraus aber auch kein Recht auf ihre Entstehung als Dritte nach § 328 Abs 1 BGB. Sähe man es anders, könnte dieses Recht nämlich nicht ohne Weiteres ohne ihre Zustimmung aufgehoben werden (vgl § 328 Abs 2 BGB), während nach einhelliger Auffassung die Gründer jederzeit vom Weiterbetreiben der Anmeldung Abstand nehmen können, ohne dafür der Zustimmung der Verwaltung zu bedürfen (eben Rdn 11). Somit ist davon auszugehen, dass die Entstehung der Gesellschaft bis zu ihrer Eintragung allein in der Hand der Gründer liegt. Da sie sich im Gesellschaftsvertrag nach § 23 wechselseitig zur Schaffung der Gesellschaft verpflichtet haben, ist es konsequent, jedem Einzelnen die Durchsetzung dieser Pflicht in die Hand zu geben, es sei denn, sie würde übereinstimmend aufgehoben. Der Gesellschaft selbst, vertreten durch die Verwaltung, kommt hierbei keine Befugnis zu. Aus der Treuepflicht ergibt sich nichts anderes,22 sie ist vielmehr insoweit ebenfalls auf das Verhältnis der Gründer/Mitgesellschafter untereinander beschränkt Da sich die zivilrechtliche Verpflichtung der Gründer zur Mitwirkung an der Grün- 15 dung aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt, entfällt sie im Falle einer Einpersonengrün-

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19 MünchKommAktG/Pentz Rdn 18 f; KK/Arnold Rdn 10; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 3; Schmidt/ Lutter/Kleindiek Rdn 9; Hüffer/Koch Rdn 5; Grigoleit/Vedder Rdn 4; Heidel/Terbrack Rdn 15; aA noch Geßler/Eckardt 8; Baumbach/Hueck 2; Schnorr von Carolsfeld DNotZ 1963, 410 Nr 38 (jeweils für § 894 ZPO); KK/Kraft, Voraufl, Rdn 18; v Godin/Wilhelmi Anm 3. (jeweils gegen jeden Vollstreckungszwang); eingehend zum früheren Streit Voraufl, Rdn 9 ff. 20 So auch Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 3: einzelne oder alle Gründer. 21 So auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 14; KK/Arnold Rdn 10; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 3; Hüffer/ Koch Rdn 5. 22 So aber MünchKommAktG/Pentz Rdn 14, der Förderpflicht gegenüber Vorgesellschaft annimmt.

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dung, da es keinen Mitgründer gibt und auch die Vorgesellschaft nicht berechtigt ist (eben Rdn 14).23 bb) Verwaltungsmitglieder. Für die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats folgt die zivilrechtliche Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Anmeldung schon aus ihrer Organstellung, jedenfalls aber aus dem ihrer Bestellung zugrundeliegenden Rechtsverhältnis.24 Eine dogmatische Grundlage kann man in einer (doppelten) Analogie zur Umsetzungspflicht nach § 83 Abs 2 erblicken.25 Die Organmitglieder können ihre Mitwirkung nur dann ablehnen, wenn die Anmeldevoraussetzungen nicht erfüllt sind. Unstreitig begründet eine unberechtigte Weigerung – bei einem Aufsichtsratsmitglied für die Gründer, bei einem Vorstandsmitglied für den Aufsichtsrat –das Recht zur fristlosen Abberufung des betreffenden Organmitglieds.26 Daneben kann eine Verpflichtung zum Schadensersatz nach § 48 in Betracht kommen, die freilich grundsätzlich nur zugunsten der Gesellschaft, nicht aber der Gründer greift. Umstritten ist, ob die Mitwirkungspflicht der Veraltungsmitglieder auch im Wege 17 der Erfüllungsklage durchgesetzt werden kann, wem diese Klage zusteht (Aktivlegitimation) und und ob ein solches Urteil der Zwangsvollstreckung zugänglich ist. Die heute ganz hM im Bereich des § 36 bejaht eine Erfüllungsklage gegen die einzelnen Organmitglieder.27 Unklar ist allerdings die Aktivlegitimation. Nach heute hM soll die VorAG klageberechtigt sein, die im Verfahren gegen Aufsichtsratsmitglieder vom Vorstand nach § 78, im umgekehrten Fall vom Aufsichtsrat nach § 112 vertreten wird.28 Daneben wird aber offenbar auch den Gründern die Klagebefugnis zugesprochen.29 Demgegenüber hat die Voraufl (Rdn 13) einen einschränkenden Ansatz vertreten und die Klagebefugnis gegenüber Aufsichtsratsmitgliedern nur den Gründern,30 gegenüber Vorstandsmitgliedern nur der Vorgesellschaft, vertreten durch den Aufsichtsrat, zugesprochen, sie also zwischen Gründern und Gesellschaft aufgeteilt und nicht kumuliert. Hieran ist nicht festzuhalten. Die von der heute hM vertretene Kumulation erscheint durchaus sachgerecht, da sie dem Umstand Rechnung trägt, dass das sich weigernde Organmitglied sowohl seine Pflichten als Organ gegenüber der Vor-AG als auch das originäre Recht der Gründer zur Disposition über die Gesellschaftsgründung verletzt. Sie sieht sich allerdings den gleichen Bedenken ausgesetzt, die im Rahmen der prinzipiell vergleichbaren Umsetzungspflicht nach § 83 Abs 2 gegen den gesellschaftsinternen Organstreit erhoben

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23 Insoweit unstr, MünchKommAktG/Pentz Rdn 13; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 3; Hölters/Solveen Rdn 11. 24 MünchKommAktG/Pentz Rdn 15; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 3; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 9; Hüffer/Koch Rdn 5; Girgoleit/Vedder Rdn 4. 25 An die Stelle des umzusetzenden Hautversammlungsbeschlusses tritt hier der Vertragsschluss durch die Gründer. Die Umsetzungspflicht trifft ausnahmsweise auch den Aufsichtsrat. 26 MünchKommAktG/Pentz Rdn 15; KK/Arnold Rdn 10; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 3; Schmidt/Lutter/ Kleindiek Rdn 9; Hüffer/Koch Rdn 5; Girgoleit/Vedder Rdn 4; ebenso Voraufl, Rdn 14. 27 MünchKommAktG/Pentz Rdn 17 f; KK/Arnold Rdn 10; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 3; Hüffer/Koch Rdn 5; Girgoleit/Vedder Rdn 4 (der aber Vollstreckbarkeit bezweifelt); aA früher dritte Aufl (Barz) Anm 5; KK/Kraft Voraufl Rdn 19; v Godin/Wilhelmi Anm 3. 28 MünchKommAktG/Pentz Rdn 17; KK/Arnold Rdn 10; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 3. 29 Vgl MünchKommAktG/Pentz Rdn 17: „Die Gründer können auch statt der Klage ein sich weigerndes Aufsichtsratsmitglied abberufen …“; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 3: „… gilt dies auch …“ (sc: Die Grundsätze zur Klagebefugnis gegen Gründer). Häufig finden sich allerdings keine ausdrücklichen Stellungnahmen zur Frage. 30 Entgegen MünchKommAktG/Pentz Rdn 17 ging es dabei um die Frage der Aktivlegitimation, nicht um diejenige der organschaftlichen Außenvertretung der Vorgesellschaft, die in der Tat nicht bei den Gründern liegen könnte.

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werden, den gewichtige Stimmen ablehnen.31 Jedoch hat sich die hM auch bei der Umsetzungspflicht nach § 83 Abs 2 für die Zulassung der Gesellschaftsklage ausgesprochen.32 Aus der Parallele zu § 83 Abs 2 ergibt sich freilich noch ein Bedenken, das sich gegen 18 die Passivlegitimation der Organmitglieder richtet. Dort wird nämlich zwar eine direkte Aktionärsklage zur Umsetzung des Beschlusses anerkannt.33 Diese soll sich aber gegen die Gesellschaft richten, nicht etwa gegen die einzelnen Organmitglieder. Die abweichende Sicht der hM im Rahmen des § 36 ist allerdings aus dem originären Dispositionsrecht der Gründer über die Eintragung iVm dem nur unvollständig verwirklichten Trennungsprinzip in der Vorgesellschaft zu rechtfertigen, was den direkten Zugriff auf die unbotmäßigen Organmitglieder rechtfertigt. Schließlich bestehen aber erhebliche Zweifel an der Vollstreckbarkeit eines Erfül- 19 lungsurteils aus § 888 Abs 3 ZPO.34 Bei der parallelen Problematik der Erstattung des Gründungsberichts wird die Vollstreckbarkeit bislang nahezu allgemein abgelehnt (§ 33 Rdn 6): Das allerdings wohl zu Unrecht. Denn bei der Pflicht zur Berichterstattung handelt es sich ebenso wie bei der Anmeldepflicht zwar durchaus um eine unvertretbare, höchstpersönliche Leistung. Auch trifft zu, dass Organmitglieder typischerweise in einem dienstvertraglichen Verhältnis zur Gesellschaft stehen, das eine entgeltliche Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat und kraft dessen sie dieser ihre Tätigkeit schulden (§§ 611, 675 BGB),35 wobei man in Anlehnung an das Gesetz und treffender freilich umgekehrt von einem Geschäftsbesorgungsvertrag mit (grundsätzlich) dienstvertraglichem Charakter (§§ 675, 611 BGB) sprechen sollte, da primär ja die Besorgung der Leitung der AG, also die Tätigkeit im fremden Geschäftskreis, geschuldet ist. Und selbst soweit die Tätigkeit der Organe bereits unmittelbar aus dem Organverhältnis geschuldet sein sollte, wird man wegen der Ähnlichkeit dieser Pflicht zum Dienstvertrag § 888 Abs 3 ZPO entsprechend anwenden können (§ 33 Rdn 6). Jedoch geht es bei der Anmeldepflicht wie bei der Berichterstattungspflicht nicht um jene allgemeine Pflicht zur Tätigkeit für die Gesellschaft, sondern um eine einzelne, konkrete und erfolgsbezogene Organpflicht. Geschuldet ist in diesem Fall nicht nur allgemein die bloße Tätigkeit, sondern die Herbeiführung des Erfolgs „Anmeldung“. Dass diese Pflicht höchstpersönliches Tätigwerden erfordert, steht der Annahme eines werkvertragsähnlichen Charakters nicht entgegen.36 Geschäftsbesorgungsverträge können ausweislich des BGB sowohl dienst- als auch werkvertraglichen Charakter aufweisen (§ 675 Abs 1 BGB). Die gleiche Differenzierung muss hinsichtlich einzelner aus der Geschäftsbesorgung geschuldeter Pflichten gelten. Da für erfolgsbezogene werkvertragliche Pflichten das Vollstreckungsverbot des § 888 Abs 3 ZPO nicht gilt,37 kann das Organmitglied der Vollstreckung des Erfüllungstitels nicht entgehen. Wollte man dem nicht folgen, müsste man entweder doch mit der einen früher vertretenen Sicht für den Weg über § 16

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31 Siehe dazu die Erläuterungen zu § 90 Rdn 189 ff und 204 ff, insbes 211 f (Kort) – Klage der Gesellschaft ablehnend und nur Klage der Aktionäre zulassend. 32 Siehe die Erläuterungen zu § 83 Rdn 15 f (Habersack/Foerster) – Klage der Gesellschaft wie der Aktionäre befürwortend; Spindler/Stilz/Fleischer § 83 Rdn 18 mwN. 33 Siehe § 83 Rdn 16 (Habersack/Foerster) und § 90 Rdn 212 (Kort). 34 Grigoleit/Vedder Rdn 4. 35 BGHZ 10, 187, 191; § 84 Rdn 271a (Kort); Spindler/Stilz/Fleischer § 84 Rdn 24. 36 Vgl nur LAG München, BeckRS 2013, 73704: „Der Beklagte habe sich auch nicht auf Anweisungen bei der Ausführung des Werkes beschränkt, sondern dem Kläger über den Werkvertrag hinausgehende Aufgaben zugewiesen. Der Kläger habe die vereinbarte Tätigkeit auch höchstpersönlich zu erbringen gehabt ….“ 37 Ganz hM, Stein/Jonas Brehm/Brehm § 888 Rdn 39 ff; MünchKommZPO/Gruber § 888 Rdn 20; Zöller/ Stöber/Stöber § 888 Rdn 18, jeweils mwN.

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HGB iVm § 894 ZPO plädieren – oder die Gründer mit der anderen früher vertretenen Auffassung auf die Abberufung des unbotmäßigen Aufsichtsratsmitgliedes bzw den Aufsichtsrat auf die des unbotmäßigen Vorstandsmitgliedes verweisen. Beides erscheint angesichts der Oberhoheit der Gründer über das Eintragungsverfahren nicht angemessen. Gleichwohl wird man infolge der mit der klageweisen Durchsetzung verbundenen Unwägbarkeiten die Auswechslung eines Organmitgliedes, das die Mitwirkung an der Anmeldung unberechtigt verweigert, regelmäßig der Erfüllungsklage vorziehen. 7. Unzulässigkeit der Stellvertretung. Eine rechtsgeschäftliche Vertretung (Anmeldung durch Bevollmächtigte) bei der Anmeldung ist in Abweichung von § 12 Abs 2 Satz 2 HGB nicht zulässig.38 Dies folgt daraus, dass die Anmeldung Erklärungen des Anmeldenden zu enthalten hat, für deren Richtigkeit er vom Gesetz in zivil- (§§ 46, 48) und strafrechtlicher Hinsicht (§ 399) persönlich verantwortlich gemacht wird. Dies legt es nahe, die Anmeldung insgesamt als höchstpersönliche Handlung (s schon oben Rdn 13) anzusehen, bei der eine Stellvertretung ausgeschlossen ist. Die von den Vertretern der Gegenansicht teilweise befürwortete unterschiedliche Behandlung von Anmeldung nach § 36, bei der nach § 12 Abs 1 Satz 2 HGB Vertretung zulässig, und Erklärung nach § 37 Abs 1, bei der Vertretung aus den genannten Gründen unzulässig sein soll, ist abzulehnen. Die Unterscheidung ist „überkonstruiert“ und führt dazu, einen innerlich zusammengehörenden Vorgang in ungerechtfertigter und auch unnötiger Weise zu zerreißen. Auch nach der Konzeption des Gesetzes ist die Erklärung Teil der Anmeldung (vgl § 37 Abs 1: „In der Anmeldung ist zu erklären …“). Anders verhält es sich mit der bloßen Einreichung der Anmeldung. Sie ist als bloße 21 Übermittlung der Anmeldung an das Registergericht ihrer Natur nach nicht Stellvertretung, sondern Botentätigkeit und braucht deshalb von den Anmeldern nicht persönlich vorgenommen zu werden. Ist deshalb die Anmeldung einschließlich der dabei gesetzlich geforderten persönlichen Erklärungen von den nach § 36 Abs 1 zur Anmeldung berufenen Personen in der vorgeschriebenen, öffentlich beglaubigten oder notariell beurkundeten Form (Rdn 8) erklärt worden, so kann sie auch von einem dazu ermächtigten Dritten beim Registergericht eingereicht (vorgelegt) werden. Dazu bedarf es weder einer öffentlich beglaubigten Vollmacht noch überhaupt eines besonderen Berechtigungsnachweises. In der Praxis wird die Anmeldung meist durch den Notar eingereicht, der den Gesellschaftsvertrag und die Anmeldeerklärungen beurkundet bzw beglaubigt hat und deshalb dazu ohne weiteres kraft Gesetzes als ermächtigt anzusehen ist. Die Ermächtigung hierzu folgt aus der in § 53 BeurkG vorgesehenen (Vollzugs-)Tätigkeit, die der Notar als Bote ausübt.39 Eine (rechtsgeschäftliche) Vollmacht zur Stellung des Eintragungsantrags kann aber auch ihm infolge Unzulässigkeit der Stellvertretung (oben Rdn 20) nicht erteilt werden. Aus demselben Grund scheidet für ihn auch die Vollmachtsvermutung des § 378 FamFG aus.40

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38 Heute ganz hM, BayOblGZ 1986, 203, 205 = NJW 1987, 136; MünchKommAktG/Pentz Rdn 26; KK/Arnold Rdn 11; Spindler/Stilz/Döberlein Rdn 12; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 10; Hüffer/Koch Rdn 4; Grigoleit/Vedder Rdn 7; Hölters/Solveen Rdn 9; aA RGZ 144, 348, 350 (unter Trennung von Anmeldung und höchstpersönlicher Versicherung); ebenso für GmbH OLG Köln NJW 1987, 135 f = WM 1986, 1413 f; Roth/Altmeppen § 7 Rdn 10; Winkler DNotZ 1986, 696 (gegen das og Urteil des BayObLG). Weitere Nachweise zum heute weitgehend erledigt erscheinenden Streit siehe Voraufl, Rdn 15. 39 BayOblG NJW 1987, 136 f; MünchKommAktG/Pentz Rdn 27; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 10; Hüffer/Koch Rdn 4; Grigoleit/Vedder Rdn 6; insoweit auch Spindler/Stilz/Döbereiner § 38 Rdn 15. 40 BayOblG NJW 1987, 136 f (zur Vorgängervorschrift § 129 FFG); MünchKommAktG/Pentz Rdn 26; KK/Arnold Rdn 11; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 10; Hüffer/Koch Rdn 4; Grigoleit/Vedder Rdn 6; aA Spindler/Stilz/Döbereiner § 38 Rdn 15; Winkler DNotZ 1986, 696, 699 f.

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Anmeldung der Gesellschaft | § 36

8. Gesetzliche Vertretung. Von der Unzulässigkeit rechtsgeschäftlicher Vertretung 22 selbstverständlich nicht betroffen ist die gesetzliche Vertretung anmeldepflichtiger Personen. Sie ist nicht nur zulässig, sondern sogar geboten, damit Personen, die dieser Vertretung bedürfen, wie etwa geschäftsunfähige Gründer, ihrer zivilrechtlichen Anmeldepflicht nachkommen können. Praktisch bedeutsamer ist der Fall, dass sich juristische Personen oder Handelsgesellschaften als Gründer an der Errichtung einer AG beteiligen. Sie werden bei der Anmeldung durch ihre gesetzlichen Vertretungsorgane vertreten (sa schon Rdn 9). 9. Anmeldung im Namen der Vor-AG und der Gründer. Wenn das Gesetz in § 36 23 Abs 1 die Anmeldung durch alle Gründer und Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrats verlangt, so verfolgt es damit lediglich den Zweck, dass diese Personen aus Gründen des Schutzes der Öffentlichkeit vor unsoliden Gründungen die persönliche zivil- und strafrechtliche Verantwortung für die Richtigkeit der dabei abzugebenden Erklärungen übernehmen sollen (§§ 37, 36 Abs 2, 36 a, 46, 48 iVm § 399 Abs 1 Nr 1 und 2). Entgegen der früher hM bedeutet dies jedoch nicht zwingend, dass sie die Anmeldung der Gesellschaft im eigenen Namen vornehmen. Die Anmeldung erfolgt vielmehr grundsätzlich im Namen der Gesellschaft, also der mit dem Errichtungsakt bereits als Vor-AG entstandenen Gesellschaft, die durch die beantragte Eintragung ihre volle eigene Rechtsfähigkeit als AG erlangen soll.41 Das trägt dem heute gesicherten Stand der Dogmatik zur Vorgesellschaft Rechnung (§ 29 Rdn 3 ff). Als Antragstellerin im Rechtssinn kann die Gesellschaft gegen die Ablehnung des Eintragungsantrags, durch die ihr der Erwerb der Rechtsfähigkeit versagt wird, daher primär selbst nach § § 59 Abs 2 FamFG Beschwerde einlegen. Dabei wird sie nach BGHZ 117, 323 durch ihre Vorstandsmitglieder in vertretungsberechtigter Zahl vertreten. Allerdings wird man dennoch weiterhin davon ausgehen müssen, dass die Gründer 24 (nicht aber die Organmitglieder) die Anmeldung nicht nur im Namen der Gesellschaft, sondern daneben auch im eigenen Namen vornehmen.42 Denn sie handeln in Ausführung ihres – grundgesetzlich (Art 9, 12 GG) abgesicherten – Rechtes auf Gesellschaftsgründung nach Erfüllung der Normativbestimmungen. Deshalb gesteht ihnen die hM auch vollkommen zu Recht eine eigene Beschwerdebefugnis im Eintragungsverfahren zu.43 Diese ist aber wegen der eigenen Rechtsposition nicht lediglich als eine Art Prozessstandschaft für das Recht der werdenden AG anzusehen, sondern spiegelt das Handeln der Gründer im eigenen Recht und Namen wieder.44 Da Grundlage dieser Annahme das eigene Recht auf Gesellschaftsgründung ist, handeln Organmitglieder nur im Namen der Gesellschaft.45 Daher kommt auch den Aufsichtsratsmitgliedern keine Beschwerdeberechtigung zu.46 10. Rechtsfolgen unvollständiger Anmeldung. Da das Gesetz ausdrücklich die 25 Anmeldung der Gesellschaft durch alle in § 36 Abs 1 bezeichneten Personen verlangt,

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41 So nunmehr ausdrücklich BGHZ 117, 323 = NJW 1992, 1824, 1825 mit umfangreichen Nachw auch zur früher hM; vgl auch schon BGHZ 105, 324; zust die ganz hM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 29; Schmidt/ Lutter/Kleindiek Rdn 7; Hüffer/Koch Rdn 3; Grigoleit/Vedder Rdn 3; teilw aA Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 9 (auch im eigenen Namen). 42 Insoweit überzeugend Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 9 gegen die hM. 43 MünchKommAktG/Pentz Rdn 29; KK/Arnold Rdn 16; Hüffer/Koch Rdn 3. 44 Insoweit zutr Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 9 und § 38 Rdn 15; sa Rdn 14. 45 So die hM; aA – insoweit aber nicht überzeugend – Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 9. 46 MünchKommAktG/Pentz Rdn 29; KK/Arnold Rdn 16; Hüffer/Koch Rdn 3; Unklar: Voraufl, Rdn 18 („Anmelder“ beschwerdeberechtigt).

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liegt eine vollständige ordnungsgemäße Anmeldung solange nicht vor, wie die Erklärung auch nur einer der danach zur Mitwirkung berufenen Personen fehlt. Zwar ist es nicht erforderlich, dass alle gleichzeitig und in derselben Urkunde anmelden. Fehlende Erklärungen einzelner Anmelder können auch noch nachgeholt und nachträglich eingereicht werden. Wird der in dem Fehlen einzelner Anmeldeerklärungen liegende Mangel der Anmeldung aber auch auf gerichtliche Zwischenverfügung (§ 25 Abs 1 Satz 3 HRV) nicht durch Nachreichung behoben, so muss das Registergericht, das die Vollständigkeit der Anmeldung zu prüfen hat (oben Rdn 10), den in der Anmeldung liegenden Antrag auf Eintragung der Gesellschaft (oben Rdn 2) zurückweisen.47 (BayOblG WM 1984, 638). Wird die Gesellschaft versehentlich trotz unvollständiger Anmeldung eingetragen, 26 so soll nach der überwiegend vertretenen Meinung der Mangel geheilt sein. Auch eine nachträgliche Vernichtung der durch die Eintragung wirksam entstandenen Gesellschaft auf dem Wege der Nichtigkeitsklage (§ 275) oder der Amtslöschung nach § 397 FamFG bzw der Auflösung nach § 399 FamFG soll dann ausgeschlossen sein.48 27 Dem ist unter der Voraussetzung zuzustimmen, dass die Unvollständigkeit der Anmeldung auf einem Versehen beruhte. Dies kann der Fall sein bei unvollständiger Besetzung eines Verwaltungsorgans (s dazu Rdn 10), kommt aber auch dann – obwohl dies in der Praxis eher selten vorkommen dürfte – in Betracht, wenn die Abgabe oder Einreichung der Anmeldeerklärung einer zur Mitwirkung berufenen Person versehentlich unterblieben und ihr Fehlen auch in der Folge unbemerkt geblieben ist. 28 Etwas anderes muss jedoch gelten, wenn die Anmeldung der Gesellschaft ohne oder sogar gegen den Willen einer der nach § 36 Abs 1 dazu berufenen Personen erfolgte. Dem steht der Fall gleich, dass die Anmeldung durch einen Unbefugten ohne die Zustimmung der zur Anmeldung berufenen Personen oder durch den Notar entgegen einer ihm erteilten anderslautenden Weisung eingereicht wurde. Ein derart schwerwiegender Fehler wie die Eintragung einer Kapitalgesellschaft ohne zumindest die Zustimmung sämtlicher vom Gesetz zur Mitwirkung berufenen Personen sollte angesichts der Tatsache, dass das Gesetz hier keinen Eintragungszwang kennt (oben Rdn 11), nicht unkorrigierbar sein. In einem solchen Falle sollte das Registergericht deshalb die Möglichkeit haben, die Eintragung der Gesellschaft nach Anhörung der Beteiligten in Anwendung von § 395 FamFG zu löschen, sofern die fehlende Zustimmung auch nachträglich nicht erteilt wird.49 29

11. Widerruf der Anmeldung/Rücknahme des Eintragungsantrags. Der Widerruf der Anmeldung als reiner Verfahrenshandlung (Rdn 3 ff) ist nach hM bis zur Eintragung der Gesellschaft jederzeit durch jeden Beteiligten einzeln, formlos und ohne Begründung möglich.50 Der Widerruf ist gegenüber dem Registergericht zu erklären und ist als Rücknahme des Eintragungsantrags des oder der betreffenden Anmelder von dem Registergericht zu beachten. Dem wird neuerdings mit dem Argument widersprochen, dass die Anmeldenden anerkanntermaßen einer privatrechtlichen Pflicht

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47 BayOblG WM 1984, 638. 48 MünchKommAktG/Pentz Rdn 35; KK/Arnold Rdn 18; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 7; Hüffer/Koch Rdn 3a; Grigoleit/Vedder Rdn 7. 49 So auch MünchKommAktG/Pentz § 39 Rdn 26; KK/Arnold Rdn 18; Hüffer/Koch Rdn 3a; Schmidt/ Lutter/Kleindiek Rdn 7. 50 MünchKommAktG/Pentz Rdn 21; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 13; Hüffer/Koch Rdn 5; Grigoleit/ Vedder Rdn 3; Hölters/Solveen Rdn 13; allg zu § 12 HGB BayObLG DNotZ 1993, 197 = GmbHR 1992, 672, 674; Staub/Koch § 12 Rdn 21; Heidel/Schall/Lamsa/Ammon § 12 Rdn 7; aA Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 29.

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zur Vornahme der Anmeldung unterlägen (Rdn 12 ff). Daher solle eine einseitige Rücknahme nur zulässig sein, soweit der Inhalt der Anmeldung unrichtig sei.51 Dem kann nicht gefolgt werden. Die Argumentation ließe sich allenfalls hören, wenn es eine öffentlich-rechtliche Pflicht zur Anmeldung gäbe, deren Erfüllung das Registergericht erzwingen könnte. Denkbare Grundlage dieser These wäre dann der im gesamten Recht einschließlich des Verfahrensrechts gültige Grundsatz des § 242 BGB in Form des dolo-agit-Einwandes. Eine solche öffentlich-rechtliche Pflicht besteht aber nicht (Rdn 11). Die rein privatrechtliche Verpflichtung zur Abgabe der Erklärung kann das Verfahrensrecht in diesem Fall eben so wenig überlagern wie das etwa bei Anträgen zur Eintragung ins Grundbuch der Fall ist.52 Das Registergericht darf nicht mit der Prüfung der materiellen Berechtigung zum Widerruf belastet werden. Es hat sich um die internen Streitfragen nicht zu kümmern, welche die Anmeldenden unter sich klären müssen (Rdn 12 ff). Vielmehr hat es sich solange an die Tatsache des Widerrufs zu halten und von der Eintragung der Gesellschaft abzusehen, bis der Widerrufende rechtskräftig zur Rücknahme seines Widerrufs verurteilt ist oder ihn von sich aus zurückgenommen hat. Eine Anfechtung der Anmeldung ist nicht möglich, da es sich nach heute ganz herrschender Auffassung nicht um eine Willenserklärung handelt (Rdn 3 ff). Daraus folgt, dass die Anmeldung vor der Eintragung keine zu beseitigende Bindung zeitigt, während ihre Folgen hinterher nicht mehr aus der Welt zu schaffen sind.53 Eine vor der Eintragung erklärte Anfechtung kann aber als Widerruf umzudeuten sein.54 Auch eine Rücknahme des Widerrufs ist zulässig. Die Rücknahme des Widerrufs stellt nach heute hM eine erneute Anmeldung dar. Sie bedarf daher entgegen Voraufl Rdn 24 ebenfalls der Form des § 12 Abs 1 HGB.55 Das leuchtet zwar nicht ohne Weiteres ein, da die Rücknahme des Widerrufs in erster Linie doch nur der actus contrarius des seinerseits formlosen Widerrufs ist. Es entspricht aber mittlerweile ganz verbreiteter Sicht und ist daher für die Praxis zugrunde zu legen. Auch die Rücknahme des Widerrufs steht dem Anmeldenden verfahrensrechtlich vollkommen frei. Ob der Widerrufende zivilrechtlich zur Rücknahme verpflichtet ist, weil dieser von Anfang an unberechtigt war oder doch jedenfalls unberechtigt geworden ist, richtet sich danach, ob der Widerrufende zur Mitwirkung bei der Anmeldung aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis verpflichtet ist. Die Verpflichtung zur Rücknahme kann ebenso wie die Anmeldung (Rdn 12 ff) auf dem Klagewege erzwungen werden. Obwohl vorstehend in Abweichung zur Voraufl der Sicht gefolgt wird, dass die Rücknahme des Widerrufs eine erneute Anmeldung darstelle, ist an der Sicht der Voraufl festzuhalten, wonach in diesem Fall, sofern eine weiterhin richtige Erklärung des betreffenden Anmelders nach § 37 Abs 1 bereits vorliegt, keine durchgreifenden Bedenken gegen eine Vollstreckung des zur Rücknahme des Widerrufs verurteilenden Titels nach § 894 ZPO bestehen. Rechtfolge des Widerrufs ist grundsätzlich, dass die Eintragung der Gesellschaft zu unterbleiben hat, weil die Eintragungsvoraussetzungen nicht mehr vorliegen.56 Scheidet

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51 Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 29. 52 BayObLGZ 1972, 204, 215; BeckOK/Reetz GBO § 13 Rdn 124 mwN. 53 BayObLG, DB 1990, 167. 54 BayObLG, DB 1990, 167; Staub/Koch § 12 Rdn 21; Heidel/Schall/Lamsa/Ammon § 12 Rdn 7. 55 MünchKommAktG/Pentz Rdn 24; KK/Arnold Rdn 17; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 13; früh schon so Düringer/Hachenburg § 195 HGB Anm 15; allg zu § 12 Staub/Koch § 12 Rdn 22; Heidel/Schall/Lamsa/Ammon § 12 Rdn 8. 56 MünchKommAktG/Pentz Rdn 21; KK/Arnold Rdn 17; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 13; Hüffer/Koch Rdn 5; Grigoleit/Vedder Rdn 3 iVm Rdn 7; bei berechtigter Rücknahme wohl auch

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allerdings der Widerrufende nach Erklärung seines Widerrufs aus der Gruppe der zur Anmeldung berufenen Personen aus, so ist zu unterscheiden: geht der Anteil eines ausscheidenden Gründers vereinbarungsgemäß (§ 23 Abs 1) auf die übrigen Gründer über, so verliert der Widerruf seine Bedeutung, da nunmehr die verbleibenden Gründer allein zur Anmeldung berufen sind. Anderenfalls ist sein Nachfolger zur Anmeldung berufen. Fällt ein Mitglied des Vorstands oder Aufsichtsrats nach Erklärung seines Widerrufs fort, so verliert sein Widerruf nur dann seine Wirkung, wenn das betreffende Organ auch danach noch die nach Gesetz und Satzung erforderliche Mindestbesetzung aufweist und kein Nachfolger bestellt wird. In allen anderen Fällen muss der Nachfolger seine Anmeldung nachreichen, da es auf die Sollstärke der Organe ankommt. 12. Wegfall, Wechsel oder Geschäftsunfähigkeit einer zur Anmeldung berufenen Person 34

a) Organmitglieder. Fällt ein Mitglied des Vorstandes oder Aufsichtsrats durch Tod oder Ausscheiden aus seinem Amt fort, bevor seine Anmeldung an das Registergericht abgesandt worden ist, so ist eine ordnungsgemäße Anmeldung der Gesellschaft in aller Regel nicht möglich. Dies folgt aus dem Gebot des § 36 Abs 1, dass die Anmeldung durch alle Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsrats zu erfolgen hat, in Verbindung mit dem allgemein anerkannten Grundsatz, dass über die Vollständigkeit der Anmeldung iS dieser gesetzlichen Forderung nicht die Anzahl der tatsächlich vorhandenen Mitglieder dieses Verwaltungsorgans, sondern die Zahl entscheidet, die sie nach Gesetz und Satzung haben müssen (oben Rdn 10). Daraus ergibt sich zugleich die scheinbare Ausnahme von der obigen Regel, dass die Anmeldung möglich bleibt, wenn das betreffende Gesellschaftsorgan auch nach Wegfall des Ausgeschiedenen noch die nach Gesetz und Satzung erforderliche (Mindest-)Zahl von Mitgliedern aufweist (siehe eben schon beim Widerruf durch das wegfallende Mitglied, Rdn 33). Anderenfalls kann die Anmeldung erst erfolgen, wenn die durch den Wegfall des Ausgeschiedenen entstandene Lücke durch Bestellung eines Nachfolgers geschlossen worden ist. Entsprechendes wie für den Wegfall gilt bei Eintritt der Geschäftsunfähigkeit eines Mitglieds der genannten Verwaltungsorgane.

b) Gründer. Fällt ein Gründer fort, so ist zu unterscheiden. Bei juristischen Personen kommt ein Wegfall nur sehr eingeschränkt in Betracht. In erster Linie ist an den Fall zu denken, dass die Gründer-JP durch übereinstimmende Änderung des Gesellschaftsvertrags vor der Eintragung der Gesellschaft aus dem Kreis der Gründer ausscheidet (§ 28 Rdn 3). Wird das Gesellschaftsverhältnis unter den übrigen Gründern ohne Eintritt eines Nachfolgers für den Ausgeschiedenen fortgesetzt, so genügt selbstverständlich deren Anmeldung. Das Registergericht wird allerdings zusätzliche Nachweise für den Eintritt dieses seltenen Falles verlangen. Dadurch entsteht aber keine „Lücke“ und kann die Anmeldung auf Basis des veränderten Gesellschaftsvertrags mit den verbliebenen Gründern fortgesetzt werden. 36 Ein ersatzloser Wegfall der Gründer-JP kann a limine nicht eintreten, weil nach der in Deutschland geltenden Lehre vom Doppeltatbestand (vgl § 11 Abs 3 InsO)57 selbst eine Löschung der Gesellschaft im Register nicht deren Erlöschen zur Folge hätte, weil und solange sie noch ihren Anteil an der Vorgesellschaft als Vermögenswert hält. 35

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Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 29; siehe auch Heidel/Schall/Lamsa/Ammon § 12 Rdn 9; Oetker/Preuß § 12 Rdn 8. 57 Siehe auch RGZ 149, 203; BGHZ 48, 303 = NJW 1968, 297, 298; Uhlenbruck/Hirte § 11 Rdn 46.

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Kommt es während des Verfahrens zur Rechtsnachfolge (zB durch Verschmelzung), tritt der übernehmende Rechtsträger im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in die Rechtsstellung der Gründer-JP ein. Für den Nachweis der Rechtsnachfolge gilt § 12 Abs 1 Satz 4 HGB.58 Tritt die Rechtsnachfolge erst nach Absendung der Anmeldung ein, ist mit der Vorauflage (Rdn 29) eine (doppelt)59 analoge Anwendung des § 130 Abs 2 BGB anzusetzen60 (siehe auch gleich noch Rdn 41). Die gleichen Grundsätze gelten bei teilrechtsfähigen Personengemeinschaften (Außen-GbR; OHG; KG). Auch diese können wegen der Lehre vom Doppeltatbestand nicht ersatzlos wegfallen. Das gilt auch bei Austritt aller bis auf einen Gesellschafter, wo es zur Gesamtrechtsnachfolge durch Anwachsung kommt. Bei natürlichen Personen gilt grundsätzlich auch die Unterscheidung zwischen ersatzlosem Wegfall durch Austritt (Rdn 35) und anderen Veränderungen, die dort in Tod oder Eintritt der Geschäftsunfähigkeit liegen. Für die Rechtsfolgen des späteren Wegfalls eines Gründers durch dessen Tod sowie von dessen Geschäftsunfähigkeit ist weiter danach zu differenzieren, ob die Anmeldung bereits abgesendet worden war oder nicht. Wurde der Gründer vor Absendung der Anmeldung geschäftsunfähig, muss für ihn jetzt ein gesetzlicher Vertreter handeln. Verstarb der Gründer vor Absendung der Anmeldung, wird das Gesellschaftsverhältnis in der Regel mit dem Erben des Gründers oder einem sonstigen Rechtsnachfolger fortgesetzt. Dann sind diese nach § 36 Abs 1 zur Mitwirkung bei der Anmeldung der Gesellschaft berufen und im Verhältnis zu den übrigen Gesellschaftern auch verpflichtet (Rdn 12 ff). Die früher hiergegen erhobenen Bedenken61 greifen nicht durch: der Erbe hat stets die Möglichkeit, die Erbschaft auszuschlagen. Nimmt er sie an, so bleibt ihm immer noch das Recht, seine zivilrechtliche Haftung für die von dem Erblasser eingegangenen Verbindlichkeiten auf den Nachlass zu beschränken. Eine darüber hinausgehende Haftung mit seinem eigenen Vermögen nach § 46 oder eine strafrechtliche Verantwortung nach § 399 kann ihn nur dann treffen, wenn ihm selber ein Verschulden bei der Gründung der AG zur Last fällt. Das erscheint jedoch unbedenklich. Ereilen Tod oder Geschäftsunfähigkeit den Gründer erst nach Absendung der Anmeldung, greift hingegen, obwohl es sich nicht um eine Willenserklärung handelt, § 130 Abs 1 Satz 2 analog ein und bleibt die erklärte Anmeldung infolgedessen wirksam.62 Infolgedessen hat das Registergericht die Gesellschaft auch dann einzutragen, wenn es von dem Wechsel oder dem Eintritt der Geschäftsunfähigkeit Kenntnis erlangt. Allerdings können die Erben bzw der gesetzliche Vertreter den Antrag vor Eintragung jederzeit noch zurücknehmen (Rdn 31).

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III. Die Leistung der Mindestbareinlage, § 36 Abs 2, inbes die endgültig freie Verfügung 1. Systematische und teleologische Einbettung in das System der gesetzlichen 42 Kapitalaufbringung und -erhaltung. Die Regelung des § 36 Abs 2 mit ihrem zentralen

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58 Zur Geltung in diesen Fällen Staub/Koch, § 12 Rdn 60; Heidel/Schall/Lamsa/Ammon § 12 Rdn 46; Oetker/Preuß § 12 Rdn 52. 59 (1) Gesellschaften können nicht sterben. (2) Die Anmeldung ist keine Willenserklärung. 60 Dafür in anderem Zusammenhang OLG Düsseldorf, ZfBR 2007, 400, 401 = BeckRS 2007, 00455. 61 Godin/Wilhelmi § 29 Anm 5. 62 AllgM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 34; KK/Arnold Rdn 4; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 10; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 11; Hüffer/Koch Rdn 2; Grigoleit/Vedder Rdn 2; Hölters/Solveen Rdn 4; iE auch OLG Dresden, OLGR 4, 22 (allerdings Anmeldung als Willenserklärung ansehend).

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Gebot der endgültigen freien Verfügung hängt ebenso wie Ergänzungsregelungen in §§ 36a, 54 Abs 3 und § 66 und ihre auf Sacheinlagen bezogene unmittelbar mit dem Grundkonzept des deutschen Kapitalgesellschaftsrechts zusammen: Das System des festen Nennkapitals (legal capital) einschließlich zwingender Aufbringung eines gesetzlichen Mindestkapitals § 27 Rdn 2 ff. In diesem Zusammenhang soll die Vorschrift die reale Kapitalaufbringung zum Zeitpunkt der Eintragung als dem entscheidenden Stichtag sichern. Dabei fällt freilich ins Auge, dass die gesetzliche Regelung gewissen Widersprüchen unterliegt. Denn obwohl das gesetzliche Mindestkapital traditionell als die Eintrittskarte zur Haftungsbeschränkung verstanden wird (§ 27 Rdn 2), verlangt das Gesetz nur die Einzahlung von einem Viertel desselben (§ 36a Abs 1). Es wird auch nur dieser geringe Betrag den strengen Vorgaben der §§ 54 Abs 3, 36 Abs 2 unterworfen, während für die Erbringung des Restes der Einlage nach dem Gesetzestext wesentlich lockerere Vorgaben bestünden, die von Wissenschaft und Praxis zwar im Lauf der Zeit rechtfortbildend verschärft worden sind, aber immer noch hinter denen der Anfangsleistung zurückbleiben.63 Umgekehrt unterliegt die Aufbringung von Mehrbeträgen in vollem Umfang der strengen Bindung der Anfangszahlung. Das hat zur Folge, dass die reale Kapitalaufbringung nur für einen kleinen Bruchteil des Mindestkapitals durchgesetzt wird, obwohl es dabei um die Grundkapitalausstattung geht, die dem Rechtverkehr insgesamt als Seriositätssignal gesendet wird. Das ist umso misslicher, als die Kapitalausstattung der Gesellschaft ohnehin nur zum Stichtag garantiert wird, während sie danach bis zur Grenze der Insolvenz verwirtschaftet werden kann.64 Demgegenüber werden Mehrbeträge, die bei Gründungen ohnehin kaum eine Rolle spielen, scharf durchgesetzt, obwohl sie dem Verkehr gar nicht in gleichermaßen plakativer Weise signalisiert werden. Das legt an sich nahe, dass es beim Gebot der endgültigen freien Verfügung gar nicht so sehr um die prinzipielle Durchsetzung der Eintrittskarte geht als vielmehr um die Sicherstellung einer notwendigen Betriebsausstattung. Die besondere Strenge der Kapitalaufbringung des Aktienrechts ist aber nur durch die Sicherung des Grundkapitals für die Gläubiger zu rechtfertigen, nicht mit der Notwendigkeit einer Betriebsmittelausstattung, wie der BGH schon vor langer Zeit mit Blick auf die Genossenschaft ausgeführt hat, wo der Hauptzweck der Beiträge der Genossen in der Betriebsmittelausstattung erblickt wird.65 Diese der Norm von vornherein immanenten Widersprüche werden noch erheblich verschärft durch den Wegfall des Vorbelastungsverbotes nach BGHZ 80, 197, auf welchem die ursprünglichen Regelungen selbstverständlich aufgebaut waren und das sie in ein gegenständliches Thesaurierungsgebot der (Bar)Einlage umsetzten, welches sich in dieser Form nun nicht mehr aufrechterhalten lässt (siehe Rdn 71 ff). Dazu kommen schließlich die Umbrüche der jüngeren Zeit im kapitalgesellschaftsrechtlichen Gläubigerschutz.66 Das System des festen Nennkapitals ist sowohl in seiner Gesamtheit wie auch hinsichtlich einzelner Aspekte im letzten Jahrzehnt in Frage gestellt worden. Die daran anschließende Kapitaldebatte67 (dazu eingehend § 27 Rdn 2 ff) brachte auf der europäischen Ebene abgesehen von gewissen Erleichterungen durch die Ände-

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63 Siehe nur MünchKommAktG/Bayer § 66 Rdn 71 zum Beispiel der Drittleistung (diese freilich entgegen der gnz hM auch bei der Erstzahlung für zulässig haltend). 64 Zu diesem Kritikpunkt am System etwa Hirte, Referat zum 66. DJT 2006, Band II/1, P 11 ff. 65 BGHZ 15, 66 = NJW 1954, 1844, 1845. 66 Dazu eingehend Schall S 95 ff und S 243 ff (speziell zur AG). 67 Zusammenfassend Schall S 37 ff.

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rungsrichtlinie 2006/86/EG (dazu schon § 33a Rdn 1 ff) keine nennenswerten Änderungen mit sich. Auf der nationalen Ebene führte sie hingegen zu einer massiven Neukonzeptionierung des kapitalgesellschaftsrechtlichen Gläubigerschutzes durch MoMiG und ARUG (§ 27 Rdn 14 ff). Im Bereich der Kapitalaufbringung ist dabei neben der Einführung der praktisch mindestkapitallosen Unternehmergesellschaft haftungsbeschränkt (UG) in § 5a GmbHG vor allem die Legalisierung des einfachen Hin- und Herzahlens (§ 27 Abs 4) sowie die Abmilderung der Rechtsfolgen verdeckter Sacheinlagen zur Beseitigung der Gefahr von Doppelleistungen auf die Einlage. Damit ist aber das Gebot der endgültigen freien Verfügung seines traditionellen Anwendungsbereichs, der Verhinderung von Rückflussvereinbarungen mit den Gesellschaftern (dazu gleich Rdn 53 ff), weitestgehend beraubt. Denn das einfache Hin- und Herzahlen in Form von Darlehen an die Inferenten ist jetzt legal möglich, während verdeckte Sacheinlagen bereits als Umgehung der Sacheinlagevorschriften und alle vermögensentziehenden Rückflüsse bereits als unzulässige Kapitalrückgewähr verboten sind. All diese Beobachtungen betreffs der systematischen und teleologischen Zusam- 48 menhänge stellen nicht den Geltungsanspruch des Gebots der endgültig freien Verfügung pauschal in Frage. Sie können und müssen aber in eine zeitgemäße Auslegung mit einfließen, die dem gewandelten Stellenwert der gesetzlichen Anordnung Rechnung trägt. Die meisten der heute noch umstrittenen Auslegungsfragen drehen sich genau hierum (siehe insbes Rdn 73 ff). 2. Vorgeschichte und Regelungszweck des Abs 2 a) Vorbehaltlose Kapitalaufbringung aa) Vorgeschichte der Regelung. Dem Grundkapital der AG droht im Stadium sei- 49 ner Aufbringung Gefahr nicht nur durch im Voraus vereinbarte, aber in der Satzung nicht offengelegte Vorbelastungen sowie die mangelnde Werthaltigkeit offener oder verdeckter Sacheinlagen oder Sachübernahmen, denen das Gesetz durch die in den §§ 26, 27 vorgesehenen Schutzmechanismen zu wehren sucht. Die effektive Aufbringung des Grundkapitals kann vielmehr auch dadurch gefährdet werden, dass die verlautbarte Bareinlage nur zum Schein geleistet wird oder dass sie dem Vorstand infolge vorab getroffener Abreden nicht ungehindert zur Verwendung für den Geschäftsbetrieb der Gesellschaft zur Verfügung steht. Ein solches Ergebnis kann vor allem durch Vereinbarungen bewirkt werden, die darauf hinauslaufen, dass der zunächst scheinbar korrekt eingezahlte Betrag zu einem späteren, je nach Inhalt der getroffenen Abmachungen näheren oder ferneren Zeitpunkt unmittelbar oder mittelbar wieder in das Vermögen des Einlegers zurückfließen soll. Die Notwendigkeit solcher zusätzlicher Schutzmechanismen68 war dem Gesetzgeber 50 bereits durch die Exzesse der sog Gründerzeit in den späten 70er Jahren des 19. Jahrhunderts vor Augen geführt worden. In dieser Zeit wurden vermittels Scheinzahlungen von Bareinlagen oder Einzahlungen, die unmittelbar danach wieder an den Einleger zurückflossen, zahlreiche Gesellschaften gegründet, deren verlautbartes Kapital effektiv nicht

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68 Zur geschichtlichen Entwicklung, insbes auch des Begriffes der freien Verfügbarkeit, ausführlich P. Blecker Die Leistung der Mindesteinlage zur (endgültig) freien Verfügung der Geschäftsleitung bei Aktiengesellschaft und Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Falle der Gründung und der Kapitalerhöhung, 1995, 11 ff; s ferner Hofer in Bayer/Habersack Aktienrecht im Wandel Band 1, Kap 14, Rdn 1 ff; K. Schmidt AG 1986, 106 f; Hommelhoff/Kleindiek ZIP 1987, 477, 482 ff; Frey Einlagen in Kapitalgesellschaften, 1990, 175 ff.

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aufgebracht wurde, deren nicht werthaltige Aktien aber zunächst von dem auf diese Weise getäuschten und geschädigten Publikum aufgenommen wurden. Die damals gemachten Erfahrungen69 hatten nachdrücklich demonstriert, dass es nicht ausreicht, die Einzahlung der vor Eintragung der Gesellschaft zu leistenden Bareinlagen und deren Nachweis vorzuschreiben (so noch Art 210a Abs 1 Nr 2 ADHGB idF des Gesetzes vom 11.6.1870, abgedruckt bei Schubert/Hommelhoff aaO (Fn 68) 107, 117), wenn nicht zugleich sichergestellt wird, dass der eingezahlte Betrag anschließend auch tatsächlich in der Gesellschaft verbleibt und dort ihrem Vorstand ungehindert durch manipulative Eingriffe der Gründer für den Geschäftsbetrieb des Unternehmens zur Verfügung steht. 51 Die gesetzliche Geschäftsleiterverantwortlichkeit des Vorstands nach § 93 bietet im Gründungsstadium gegen solche Manipulationen nur bedingt Schutz. Seit Aufgabe des Vorbelastungsverbots erkennt die ganz hM die Weisungsbindung des Vorstandes der Vor-AG an [s Voraufl (K. Schmidt) § 41 Rd 57]. Aber schon zuvor galt, dass der erste Vorstand, wenn er nicht sogar mit den Gründern noch personengleich ist, erfahrungsgemäß häufig in stärkerem Maße als spätere Unternehmensvorstände von den Gründern abhängig und deshalb von ihnen faktisch beeinflussbar ist. Aus diesem Grunde schien es dem Gesetzgeber geboten, sich in der Gründungsphase nicht mit der Vorstandsverantwortung des § 93 zu begnügen, sondern zusätzliche Schutzmechanismen gegen finanzielle Manipulationen der Gründer, mit denen sie sich ihrer Verpflichtung zur Kapitalaufbringung zu entziehen suchen, zu implementieren. Aus diesen Erwägungen heraus begnügten sich bereits Art 210 Abs 3 ADHGB 1884 52 und ihm folgend § 195 Abs 3 Satz 1 HGB 189770 bei der Anmeldung nicht mehr mit der Erklärung der Anmelder, dass auf jede Aktie der eingeforderte Betrag bar eingezahlt sei, sondern verlangten zusätzlich die Erklärung, dass der Betrag im Besitz des Vorstandes sei. Der Wechsel der Textfassung erfolgte bewusst mit der Zielrichtung sicherzustellen, dass der Vorstand auch tatsächlich bei Anmeldung die Verfügungsgewalt über das eingezahlte Geld besitzt.71 Die noch im Regierungsentwurf vorgesehene Fassung, in der Anmeldung sei die Erklärung abzugeben, dass der eingeforderte Betrag bar eingezahlt und dem Vorstand übergeben sei,72 schien dem Gesetzgeber nicht geeignet, die Fortdauer des mit der Geldübergabe geschaffenen Zustandes ausreichend zu gewährleisten. In der RVO zur Erleichterung der Einzahlung auf Aktien v 24.5.1917 (RGBl 1917, 431) wurde sodann gleichzeitig mit der Zulassung der Zahlung durch Konto-Gutschrift – zunächst noch beschränkt auf Reichsbank- oder Postscheckkonto – und mindestens teilweise wohl auch durch sie bedingt erstmals das Merkmal des Besitzes des Vorstandes an dem gezahlten Geld durch dasjenige der freien Verfügung des Vorstandes über den eingeforderten Betrag ersetzt, der „insbes nicht durch Gegenforderungen beeinträchtigt“ sein durfte. Eine Änderung des bisherigen Gesetzeszweckes war damit ersichtlich nicht beabsichtigt. Bei diesem Rechtszustand blieb es, nachdem durch Gesetz v 7.3.1935 (RGBl I 352) die Zahlung auch durch Gutschrift bei anderen Banken zugelassen wurde. Allerdings

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69 Dazu auch die Darstellung der missbräuchlichen Praktiken im Gutachten des ROHG v 31.3.1877, abgedruckt bei Schubert/Hommelhoff Hundert Jahre modernes Aktienrecht, ZGR Sonderheft 4, 1985, 157 ff, 160 sowie zu der Allgemeinen Begründung zum Entwurf eines Gesetzes betr die KGaA und AG (1884) aaO s 404, 414; sa § 27 Rdn 4 ff. 70 Gesetz betr die Kommanditgesellschaft auf Aktien und die Aktiengesellschaften v 18.7.1884, RGBl 1884, 123 ff, § 1 Art 210 Abs 3 S 1; später unverändert in § 195 Abs 3 S 1 HGB übernommen, s RGBl 1897, 219. 71 Dazu Hüffer ZGR 1993, 474, 483 mit Belegen aus den Verhandlungen des Reichstags. 72 GesetzE v 7.3.1884 Art 210 Abs 3 S 1, abgedr bei Schubert/Hommelhoff aaO (Fn 19) S 396; dazu RegE Allgemeine Begründung § 9 unter 2 c) unter „Bescheinigung“; auch dort allerdings schon mit dem Ziel einer sorgfältigen Prüfung, „ob das Grundkapital in der bezeichneten Höhe zur sofortigen Verfügung der Gesellschaft steht“.

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taucht hier zum ersten Mal der Zusatz „endgültig“ auf. Diese Regelung ging sodann im Wesentlichen unverändert in das AktG 1937 und schließlich unter Streichung der beispielhaften Erwähnung von „Gegenforderungen“ in das AktG 1965 über. bb) Die vorbehaltlose Kapitalaufbringung als Hauptzweck der Regelung. Mit 53 der Nachzeichnung und Feststellung der Motive des historischen Gesetzgebers ist aber die wesentliche Schutzrichtung des § 36 Abs 2 und der mit ihm eng verzahnten Norm des § 54 Abs 3, der wiederum durch § 66 ergänzt wird, bereits erkannt: Die primäre Regelungsabsicht zielt demnach über die Verhinderung reiner Scheinzahlungen hinaus auf die Ausschaltung aller – von Scheinzahlungen häufig ohnehin schwer abgrenzbaren – finanztechnischen Operationen, die früher oder später einen Rückfluss des zunächst äußerlich ordnungsgemäß eingezahlten Kapitals in das Vermögen der Einleger bezwecken (zu zulässigen Ausnahmen aber gleich noch Rdn 58). Die reale Kapitalaufbringung erfordert, dass er der Vor-AG, vertreten durch den Vorstand, die Einlage ohne jeden Vorbehalt überlässt und sie nicht wieder unmittelbar oder mittelbar zurückholt. Damit hat die endgültige freie Verfügung in erster Linie eine erfüllungsrechtliche 54 Zielrichtung.73 Sie verschärft die allgemeinen Regeln der §§ 362 ff, indem sie Leistungen an Dritte nach § 362 Abs 2 BGB sowie die Vereinbarung von Erfüllungssurrogaten nach § 364 Abs 1 BGB verbietet (dazu näher Rdn 113 ff). Überdies legt sie ausdrücklich fest, dass Erfüllung nur eintritt, wenn der Leistungsgegenstand74 dauerhaft und ohne jeden Vorbehalt an die Gesellschaft übertragen worden ist. Das entspricht zwar insoweit der allgemeinen Regelung des § 362 Abs 1 BGB, als eine einseitig bedingte Erfüllungsleistung nicht der geschuldeten Erfüllung entspricht und zurückgewiesen werden kann.75 Doch während der Gläubiger nach allgemeinem Erfüllungsrecht diesen Vorbehalt bezüglich der Erfüllungsleistung annehmen und damit wirksam werden lassen kann,76 ist dies der Gesellschaft nach § 54 Abs 3 verboten. Das gilt für ursprüngliche Vorbehalte ebenso wie für nachträglich bis zu Abmeldung bzw Eintragung vereinbarte (dazu noch Rdn 96 ff). Bezüglich der Dauerhaftigkeit der Leistung steht das Gebot der freien Verfügung in 55 einer Linie neben der Kapitalerhaltung nach §§ 57, 62 AktG, die ebenfalls die Rückzahlung des Kapitals an die Aktionäre untersagt.77 Es geht aber über bloßen Kapitalschutz hinaus, indem es nicht nur die „grundlose“, dh nicht von §§ 57, 62 gedeckte, offene oder verdeckte Auszahlung von Gesellschaftskapital an den Einleger erfasst, sondern auch jede Abrede bzw – treffender – Auflage zur Verwendung des Gesellschaftsvermögens zu an sich zulässigen, einem Drittvergleich standhaltenden Rechtsgeschäften mit dem Gründer, die jenseits des Gründungsstadiums jederzeit vorgenommen werden könnten, wie zB die Gewährung eines Darlehens („Hin- und Herzahlen“), den käuflichen Erwerb von Vermögensgegenständen (ungeachtet der darin auch liegenden Umgehung der Vorschriften zu Sacheinlage), und zwar ungeachtet ihrer zivilrechtlichen Wirksamkeit.78 Denn auch durch solche an sich zulässigen Rechtsgeschäfte wird das Kapitalaufbringungsrecht umgangen, indem entweder die vorgesehene Bareinlageleistung gegen einen bloßen Zahlungsanspruch ausgetauscht wird (einfaches Hin- und Herzahlen) bzw die

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73 Nach BGH NJW 2005, 3721 = NZG 2005, 976 ist sie (bei Kapitalerhöhungen) auf diese Zielrichtung beschränkt, dazu ausf unten, Rdn 75 ff. 74 Das Gebot der endgültigen freien Verfügung gilt auch für Sacheinlagen, § 36a Rdn 16. 75 Siehe nur BGHZ 92, 280 = NJW 1985, 376, 377. 76 BGHZ 92, 280 = NJW 1985, 376, 377; siehe schon RGZ 79, 140, 142. 77 Die Kapitalerhaltungsvorschriften greifen dabei erst ein, wenn die Kapitalaufbringung wirksam war. 78 Siehe nur BGHZ 170, 74 = NZG 2007, 144, 146 Tz 20 näher unten, Rdn 169.

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besonderen Voraussetzungen der Sacheinlage unterlaufen werden (verdeckte Sacheinlage). Unzweifelhaft werden nach dem Zweck des Gebots der freien Verfügung auch Kons56 tellationen erfasst, die zu einem mittelbaren Rückfluss der Einlage führen, weil sie Zahlungen der (Vor-)AG an oder durch zurechenbare Dritte vorsehen, die dem Einleger nach den §§ 15 ff AktG zugerechnet werden können.79 Der Schutz der Kapitalaufbringung greift an dieser Stelle nicht kürzer als die Kapitalerhaltung (näher Rdn 155). Bei Einpersonengründungen tritt an die Stelle der verbotenen Rückflussabrede ein 57 dieser Abrede entsprechendes einseitiges Vorhaben des Gründungsgesellschafters.80 cc) Ausnahmen vom Rückflussverbot. Nicht zu übersehen ist freilich, dass eine ganz wesentliche Konstellation der Einschränkung der freien Verfügung, das Vorliegen von Rückflussabreden bezüglich der geleisteten Einlage in Form des Hin- und Herzahlens, nach der Reform des kapitalgesellschaftsrechtlichen Gläubigerschutzes durch MoMiG und ARUG vorbehaltlich der Anforderungen nach § 27 Abs 4 (siehe die Erläuterungen dort) legalisiert worden ist. Nach der lex-specialis Regel sind solche Abreden künftig zulässig, obwohl sie die freie Verfügung an sich ausschließen.81 Voraussetzung ist unter anderem ihre Aufdeckung in der Anmeldung, woraus zugleich folgt, dass eine zulässige Abrede zum Hin- und Herzahlen grundsätzlich vor der Anmeldung erfolgt sein muss (siehe § 27 Rdn 388 und unten, Rdn 96). Daraus sollte man freilich nicht folgern, dass spätere Abreden automatisch unschädlich sind bzw nur nach den Kapitalerhaltungsvorschriften zu beurteilen sind.82 Vielmehr ist nach den – freilich umstrittenen – Grundsätzen zum maßgeblichen Zeitpunkt (Rdn 96) bis zur Eintragung die freie Verfügung gegenüber den Gründern aufrecht zu erhalten. 59 Nach dem gleichen Prinzip, wenn auch nicht kraft ausdrücklichen Gesetzesrechts, sondern infolge richterrechtlicher Rechtsfortbildung im Wege der teleologischen Reduktion des Gebots der freien Verfügung, sind auch Vereinbarungen mit dem Gründer über die Vergütung von Diensten im Rahmen von Organtätigkeiten zulässig.83 Zwar liegt auch darin eine Abrede, kraft derer die Einlageleistung im oben beschriebenen, weiteren Sinne mittelbar zurückfließt. Jedoch sind solche Vereinbarungen nicht zu pönalisieren, da es auch Gründern offen stehen soll, für ihre Gesellschaft als Organ gegen Vergütung tätig zu werden. Auch ein Verstoß gegen die Vorschriften zur Sacheinlage liegt in diesen Fällen nicht vor, da Dienste gar nicht sacheinlagefähig sind. Ein verbotener Eingriff in die freie Verfügung liegt nach der Rechtsprechung allerdings dann vor, wenn die Einlegleistung speziell für den Zweck, daraus die Vergütung zu bestreiten, gesondert thesauriert wird.

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79 BGHZ 184, 158 = NZG 2010, 343, 344 Tz 13 – Eurobike; zuvor schon BGHZ 110, 66 = NJW 1990, 982; BGHZ 113, 335, 345 f = NJW 1991, 1754; BGHZ 125, 141 = NJW 1994, 1477 f; BGHZ 153, 107, 111 = NZG 2003, 168 = NJW 2003, 825; BGHZ 166, 8 = NZG 2006, 344 = NJW 2006, 1736 Tz 18 – Cash-Pool I; BGHZ 171, 113 = NZG 2007, 300 = NJW 2007, 3285 Tz 8; BGHZ 174, 370 = NZG 2008, 143, 144 Tz 6 (zur GmbH & Co KG); BGHZ 182, 103 = NZG 2009, 944 = NJW 2009, 3091 = ZIP 2009, 1561 Tz 32 – Cash-Pool II; zu den Zurechnungsfragen bei Beteiligung Dritter in diesem Bereich auch Schall ZIP 2010, 20 ff. Nicht um eine Leistung an einen abhängigen Dritten, sondern um einen Fall, in welchem die kontoführende Bank die Einzahlung auf das Gesellschaftskonto nicht der Gesellschaft, sondern sich selbst zuführt und dadurch die freie Verfügung ausschließt, ging es dagegen in BGHZ 96, 231 = NJW 1986, 837, 840 – BuM. 80 BGH NZG 2008, 311. 81 IE übereinstimmend etwa MünchKommGmbHG/Lieder § 57 Rdn 15 (teleologische Reduktion). 82 So zB Grigoleit/Vedder § 27 Rdn 68. 83 BGHZ 184, 158 = NZG 2010, 343 – Eurobike; BGHZ 180, 38 = NZG 2009, 463 – Qivive.

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Seit jeher ist auch die Verrechnungsabrede in einer fingierten Sacheinlage nach 60 § 27 Abs 1 S 2 als legale Ausnahme von § 36 Abs 2 anerkannt. Keine Ausnahme besteht hingegen bezüglich der verdeckten Sacheinlagen,84 und zwar auch nicht für sog Verkehrsgeschäfte (siehe auch § 27 Rdn 333 f).85 Abweichend von den ursprünglichen Vorstellungen des Referentenentwurfs zum MoMiG hat die verdeckte Sacheinlage anders als das einfache Hin- und Herzahlen keine umfassende Legalisierungswirkung erfahren. Das bedeutet, sie ist und bleibt grundsätzlich gesetzlich verboten, und zwar nicht nur, weil sie die Sacheinlagevorschriften umgeht, sondern eben, weil sie als einem Rückfluss nahekommende Verwendungsabsprache die endgültig freie Verfügung des Vorstandes ausschließt. Die Anordnung der Wirksamkeit der Vollzugsgeschäfte stellt dies nicht in Frage. Sie stellt lediglich eine Spezialregel in Abweichung von der Nichtigkeitsanordnung des § 134 BGB dar, mit welcher die ansonsten mögliche Doppelbelastung der Inferenten verhindert werden sollte. Sie ändert nichts daran, dass die Konstellation grds illegal bleibt und natürlich ex ante unterbunden werden soll. b) Freiheit der Mittelverwendung gegenüber den Gründern. Fraglich ist, ob das 61 Erfordernis der freien Verfügung sämtliche Verwendungsauflagen seitens der Gründer verbieten soll, auch wenn diese Zahlungen an Dritte betreffen, die dem Einleger nicht nach den §§ 15 ff AktG zurechenbar sind und die daher keine mittelbaren Rückflüsse betreffen (siehe unten Rdn 176 ff). Die Antwort lässt sich nicht schon der subjektivhistorischen Auslegung entnehmen. Solche Fälle standen bei der Entwicklung der Norm als Instrument der Missbrauchsbekämpfung jedenfalls nicht im Fokus, da es nicht um Konstellationen geht, in welchen die Einlage der Gesellschaft bewusst wieder entzogen und in die Taschen des Einlegers zurück gesteckt werden sollte (s aber § 27 Rdn 4 zu Kick-Back-Zahlungen im Eisenbahnbau). Dennoch lässt sich aus dem objektiven Telos der Norm eine Antwort entwickeln. Denn sie soll mit ihrer erfüllungsrechtlichen Zielrichtung im Interesse von Kapitalaufbringung und -erhaltung die vorbehaltlose und endgültige Mittelaufbringung sichern. Diese aber würde durch jede Form einer rechtsverbindlichen Verwendungsabrede gefährdet, da bei ihrer Nichtumsetzung immer Rückforderungsansprüche drohen, je nach konkret gewählter Konstruktion aus Vertrags- oder Bereicherungsrecht, etwa als („großer“) Schadensersatz, wegen Eintritts einer auflösenden Bedingung (§ 812 Abs 1 Satz 2 1. Alt) oder Verfehlung eines „angestaffelten“ Zwecks (§ 812 Abs 1 Satz 2 2. Alt). Überdies verstoßen rechtliche Bindungen des Vorstands über die Geschäftsfüh- 62 rung der AG gegen das Prinzip der eigenverantwortlichen Leitungsmacht nach § 76, dessen Nichtgeltung in der Vor-AG (oben Rdn 51 eine eng begrenzte Ausnahme darstellen muss, die jedenfalls kein Aushebeln des Gebots der freien Verfügung erlaubt. Im Gegenteil unterstreicht die Systematik des Gesetzes die Unzulässigkeit von Verwendungsbindungen. Denn die Regelungen der §§ 26 Abs 2 (Gründungsaufwand) und 27 Abs 1 (Sachübernahme) betreffen beide Rechtsgeschäfte mit Dritten, welche nach dem Willen der Gründer durch die AG und auf ihre Kosten abgeschlossen werden sollen. Weil darin ein Übergriff in die zwingende Kompetenzordnung des Aktienrechts liegt, muss das Gesetz dies ausdrücklich legitimieren, wobei es sich sinnvollerweise für den Weg der Aufnahme in die den Vorstand bindende Satzung entschieden hat. Aus diesem systematischen Regel-Ausnahme-Verhältnis ist abzuleiten, dass anderweitige

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S § 27 Rdn 278; insoweit aA offenbar MünchKommGmbHG/Lieder § 57 Rdn 15; Cavin S 472 ff. BGHZ 170, 47 = NZG 2007, 144, 146 Tz 22 ff; BGH NZG 2008, 311 LS 2 (zu GmbH).

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Verwendungsabreden des Einlegers mit dem später weisungsfreien Vorstand nicht zuzulassen sind. Dieser Argumentation lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass es den Gründern nach hM freisteht, die Vertretungsmacht des Vorstandes für die Vor-AG beliebig zu beschränken [dazu freilich abw Voraufl (K. Schmidt) § 41 Rdn 58]. Zwar stellt diese Restriktionsmöglichkeit, die schon aufgrund der persönlichen Haftungsrisiken für die Gründer zugelassen werden muss, eine erhebliche Einschränkung der eigenverantwortlichen Leitungsmacht dar. Im Unterschied zu Verwendungsabreden bindet sie aber nicht. Sie nimmt der Vor-AG und ihrem Vorstand das rechtliche Können, zwingt aber zu nichts. Daher kann es auch zu keinen Rückforderungsansprüchen bei Leistungsstörungen kommen. Überdies endet die Vertretungsbeschränkung automatisch mit der Eintragung der AG, während vertragliche Bindungen diesen Zeitpunkt überleben würden. Damit enthält das Gebot der freien Verfügung neben dem Kapitalschutz eine weitere, wenngleich nicht unmittelbar aus der Entstehungsgeschichte abzuleitende Schutzdimension, nämlich die Absicherung der freien Leitungsmacht des Vorstandes nach § 76 gegen übergriffigen Einfluss der Gründer. Das im früheren Kapitalgesellschaftsrecht geltende, erst mit BGHZ 80, 129 überwundene Vorbelastungsverbot, konnte gegen diese Art kompetenzwidriger Vorabbindungen an die Maßgaben der Gründer noch keinen hinreichenden Schutz bieten. Denn anders als das englische Recht, das seit jeher sämtlichen Bindungen vor Entstehung der company die Anerkennung verweigert (siehe im aktuellen Recht sec 51 CA 2006), enthält das deutsche Recht im heute funktionslos gewordenen § 41 Abs 2 ein Einfallstor für Vorbelastungen. Vorstände, die sich den vorbezeichneten Verwendungsauflagen mit den Gründern unterworfen hätten, würden nach Eintragung selbstverständlich für eine Übernahme durch die AG gesorgt haben, um ihrer Eigenhaftung nach § 41 Abs 1 zu entrinnen. Zusammenfassend lässt sich daher sagen: Das Gebot der endgültigen freien Verfügung bezweckte aus historischer Sicht unzweifelhaft die irreversible Erbringung der Einlage an die Gesellschaft zu Händen des Vorstandes, indem es unmittelbare oder mittelbare Rückflussvereinbarungen aller Art verbietet, und zwar für den Zeitraum ab Erbringung der Leistung bis zur Eintragung der Gesellschaft – und faktisch infolge der Vermutungsregeln der Rechtsprechung sogar 6 Monate darüber hinaus. Treffend beschreibt Lutter diese Facette als die vorbehaltlose Mittelaufbringung. Damit hat das Erfordernis der endgültig freien Verfügung eine erfüllungsrechtliche Zielrichtung. Diese schützt in erster Linie das Gesellschaftskapital gegen spätere Entziehung durch die Gründer. Überdies sichert es aber auch die Eigenverantwortlichkeit des Vorstandes im Verhältnis zu den Gründungsgesellschaftern ab, indem es auch sonstige Verwendungsbindungen aller Art bezüglich der Einlage verbietet, auch wenn sie nicht auf Rückflüsse abzielen. Insoweit geht es um die Freiheit der Mittelverwendung gegenüber den Gründern.86 Dieser Zweck steht der vorbehaltlosen Mittelaufbringung durchaus nahe. Denn Verwendungsvorbehalte gefährden die Endgültigkeit der Mittelaufbringung und stellen letztlich die Ernsthaftigkeit der Entäußerung in Frage. Der Unterschied liegt eigentlich nur darin, dass es den Gründern nicht auf eine missbräuchliche Mittelrückführung ankommt, sondern darauf, die Geschicke der Gesellschaft zu diktieren. Das hat zwar keine betrügerische Konnotation. Es ist nichtsdestoweniger mit der zwingenden Kompetenzstruktur der gewählten Rechtsform unvereinbar und daher nicht zuzulassen.

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Siehe auch KK/Lutter (2. Aufl) § 54 Rdn 49 (allerdings ohne diese Differenzierung).

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Beide Zwecke richten sich ausschließlich gegen die Gründer/Einleger. Sie besa- 67 gen, dass die Erbringung der Einlage nicht mit Abreden oder Bedingungen verknüpft sein darf, kraft derer die Gründer dem Vorstand das Erbrachte wieder entziehen oder in sonstiger Weise dessen Verwendung diktieren können. c) Freiheit der Mittelverwendung des Vorstandes gegenüber Dritten? aa) Der Hintergrund: Wegfall des Vorbelastungsverbots. Das Gebot der freien 68 Verfügung in seiner gesetzlichen Ausprägung hatte darüber hinaus aber immer eine weitere Stoßrichtung gehabt, die von Lutter87 als die Freiheit der Mittelverwendung bezeichnet wird, die aber im Lichte des oben Gesagten genauer mit der (allgemeinen) Freiheit der Mittelverwendung des Vorstandes gegenüber Dritten bezeichnet werden sollte. Hier geht es nicht um (verbotene) Bindungen des Vorstandes gegenüber seinen Aktionären, welche die Erfüllungswirkung der Einlageleistung in Frage stellen, sondern um Verpflichtungen, die er noch vor der Eintragung der AG gegenüber Dritten im Rahmen seiner Geschäftsführung eingeht und die ihm dann die Hände im Umgang mit der Einlageleistung binden, ja sie ihm möglicherweise sogar umgehend wieder entziehen oder überhaupt verhindern, dass sie in seinen Machtbereich gelangt. Ob und in welchem Umfang solche Bindungen nach dem Wegfall des Vorbelastungsverbots zulässig oder immer noch verboten sind, ist Gegenstand einer bis heute nicht abschließend geklärten Debatte. § 36 Abs 2 geht davon aus, dass die Einlagen im Zeitpunkt der Anmeldung noch real 69 im Vermögen der Gesellschaft vorhanden sind, also beispielsweise der als Einlage vereinnahmte Betrag nicht bereits wieder verausgabt worden ist. Er erfordert also die gegenständliche, reale Kapitalaufbringung. Dies kommt im Wortlaut des Gesetzes deutlich zum Ausdruck. Die Anordnung, dass die Anmeldung erst erfolgen darf, wenn der in den Formen des § 54 Abs 3 eingezahlte Geldbetrag, soweit er nicht bereits zur Bezahlung der bei der Gründung angefallenen Steuern und Gebühren verwandt wurde, bei Anmeldung endgültig zur freien Verfügung des Vorstandes „steht“, belegt, dass das Gesetz von einer Pflicht zur Thesaurierung der eingeforderten Bareinlagen jedenfalls bis zur Anmeldung der Gesellschaft ausgeht. Dies folgt schon aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes. Die jetzige Gesetzesfassung ist letztlich nichts anderes als eine der Zulassung bargeldloser Zahlung angepasste Form der 1884 aufgrund der Erfahrungen mit unsoliden Finanzierungspraktiken eingeführten Bardepotpflicht (statt im „Besitz“ in der „Verfügungsmacht“ des Vorstandes), dazu oben Rdn 52. Nur vor dem Hintergrund dieses gesetzlichen Thesaurierungsgebotes erklärt sich ferner die in § 37 Abs 1 Satz 2 und 3 getroffene Regelung, wonach die Anmelder zu erklären und nachzuweisen haben, dass der eingezahlte Betrag endgültig zur freien Verfügung des Vorstandes steht sowie der Umstand, dass dieser Nachweis bei Zahlung durch Kontogutschrift durch eine Bestätigung des kontoführenden Kreditinstituts zu führen ist. Indem das Gesetz eine solche Bestätigung für den Zeitpunkt der Anmeldung verlangt, indiziert es, dass es die Unversehrtheit des durch Einzahlung der eingeforderten Bareinlagen begründeten Guthabens auch noch im Moment der Anmeldung erwartet. Die unbefangene Analyse der §§ 36 Abs 2, 37 Abs 1 Satz 2 und 3 ergibt mithin, dass die gesetzliche Regelung auf dem Konzept gegenständlicher Verfügbarkeit der ordnungsgemäß (§ 54 Abs 3) eingezahlten Bareinlagen auch noch im Zeitpunkt der Anmeldung beruht (strenger „Unversehrtheitsgrundsatz“). Dementsprechend stand das ältere aktienrechtliche Schrifttum nahezu

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KK/Lutter (2. Aufl), § 54 Rdn 49.

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einhellig auf dem Standpunkt, die eingezahlten Bareinlagen müssten vorbehaltlich der vom Gesetz in § 36 Abs 2 Satz 1 ausdrücklich zugelassenen Ausnahmen jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Anmeldung vollständig gegenständlich vorhanden sein.88 Ein Teil der Instanzgerichte hat auf dieser Ansicht bis in die achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts hinein bestanden.89 Danach wäre die freie Verfügung über die Einlage auch dann ausgeschlossen, wenn 70 der Vorstand von sich aus, also ohne die aufgrund der Entstehungsgeschichte primär zu pönalisierende Veranlassung der Gründer, vor der Anmeldung bzw der Eintragung (zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt Rdn 96 f) über die Einlage in einer Weise disponiert, die sie seinem freien Zugriff entzieht, etwa durch Bezahlung von Gegenständen oder Dienstleistungen oder durch Belastung (Verpfändung). Hintergrund dieser gesetzlichen Vorstellung, wonach die Einlagen bis zur Anmel71 dung/Eintragung unversehrt vorhanden sein müssen, war das frühere Vorbelastungsverbot. Dahinter stand wiederum die realitätsferne und mit Recht längst überwundene Annahme, man würde (und sollte!) vor Aufnahme einer Unternehmenstätigkeit immer als erstes die dieses tragende Gesellschaft gründen. Auf dieser Basis war es legal gar nicht möglich, dass gegenüber dem Vermögen der künftigen Gesellschaft bereits Verbindlichkeiten existent waren. Erst recht durfte daher nicht erlaubt sein, dass im Namen der entstehenden Gesellschaft bereits deren Vermögen verausgabt wurde. Deshalb konnte das Gesetz dem Vorstand ohne Weiteres abverlangen, die Einlagen zu thesaurieren und dies zu erklären. 72 Seit der Aufgabe des Vorbelastungsverbots durch BGHZ 80, 127 ist die Grundlage dieser Vorstellung des Gesetzes jedoch entfallen. Seither treffen die Aktiva und Passiva der Vorgesellschaft nach der Eintragung automatisch die AG (siehe § 29 Rdn 3 sowie die Erläuterungen zu § 41). Das Vorhandensein des gezeichneten Grundkapitals im Zeitpunkt der Eintragung wird stattdessen über die Unterbilanzhaftung der Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft sichergestellt. Damit ist eine wesentliche Grundlage der gesetzlichen Regelung weggefallen. Das Gebot der endgültigen freien Verfügung steht nicht mehr Hand in Hand mit dem Vorbelastungsverbot und muss jenes nicht mehr flankieren. Dieser Befund ist unstreitig. Keine Einigkeit herrscht hingegen über die daraus für die Auslegung des § 36 Abs 2 zu ziehenden Konsequenzen. 73

bb) Die umstrittenen Konsequenzen aus der Überwindung des Vorbelastungsverbots für die Auslegung des § 36 Abs 2. Der frühere strenge Unversehrtheitsgrundsatz wird soweit ersichtlich nicht mehr vertreten. Stattdessen hat sich mittlerweile im Anschluss an die Rechtsprechung des BGH weithin die in der Vorauflage (Rdn 84 ff) eingehend begründete Ansicht als hM durchgesetzt, dass die eingeforderten Bareinlagen bei Anmeldung nicht mehr gegenständlich, sondern nur noch ihrem Werte nach uneingeschränkt zur freien Verfügung des Vorstandes vorhanden sein müssen (Grundsatz der wertgleichen Deckung).90

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88 Vgl dritte Aufl (Barz) Anm 15; Geßler/Eckardt 27; KK/Kraft (2. Auflage) Rdn 28; Geßler/Hefermehl/ Bungeroth § 188, 16 f u 27 f für Kapitalerhöhung; Schlegelberger/Quassowski § 28, 5 f; Godin/Wilhelmi Anm 3; Baumbach/Hueck 6. 89 BayOblG WM 1988, 1599; OLG Köln DB 1988, 955 u ZIP 1989, 238, 240 (alle zur GmbH); noch weitergehend LG Gießen GmbHR 1986, 163: auch nach Anmeldung. 90 So BGHZ 119, 177, 187 f: zur GmbH; MünchKommAktG/Pentz Rdn 79; KK/Arnold Rdn 49; Hüffer/Koch Rdn 11 und ZGR 1993, 474, 481 ff; Hölters/Solveen Rdn 18; Hachenburg/Ulmer § 7, 49; ders GmbHR 1993, 189, 193 ff; Roth DNotZ 1989, 3, 6, 10 f; Farrenkopf/Cahn AG 1985, 209; Escher-Weingart AG 1987, 310; W. Müller in: FS Beusch, 1993, S 631, 639 f.

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Nach einer weitergehenden Ansicht fordert § 36 Abs 2 keine wertgleiche De- 74 ckung der eingezahlten Barmittel durch dafür angeschaffte sonstige Vermögenswerte: sei die Bareinlage erst einmal ordnungsgemäß iS der §§ 36 Abs 2, 54 Abs 3 eingezahlt, so könne sie von dem Vorstand (vorbehaltlich des Verbots direkter oder indirekter Rückzahlung an den Einleger oder verdeckter Sacheinlagen) uneingeschränkt für alle Zwecke der Gesellschaft ausgegeben werden.91 Dieser Ansicht hat sich der BGH unter Billigung der hM mittlerweile für den Bereich 75 der Kapitalerhöhung angeschlossen.92 Sein Argument war, dass die Einlageleistung in eine bereits bestehende Gesellschaft einfließe und es deshalb besonderer Maßnahmen zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Kapitalaufbringung nicht bedürfe. Zwar deute der Wortlaut auch hier auf ein gegenständlich gemeintes Unversehrtheitserfordernis bis zur Anmeldung hin. Jedoch beruhe dieses wohl auf der überholten Vorstellung von der Kapitalerhöhung als Teilneugründung. Anschließend führt der Senat wörtlich aus: „Da das Vermögen, das der Deckung der erhöhten Kapitalziffer dient, bei der Kapitalerhöhung unmittelbar der Gesellschaft zufließt, gelangt es in den Entscheidungs- und Handlungsbereich des geschäftsführenden Organs. Damit ist der Vorgang der Mittelaufbringung abgeschlossen. Von diesem Zeitpunkt an ist das geschäftsführende Organ berechtigt und verpflichtet, im Rahmen seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit im Interesse der Gesellschaft über das eingebrachte Vermögen zu verfügen. Anders ist das lediglich zu beurteilen in den Fällen verdeckter Sacheinlagen, bei denen die Gesellschaft lediglich Durchgangsstation einer Leistung des Einlegers an sich selbst ist (vgl dazu BGHZ 113, 335 …) sowie bei der unmittelbaren Leistung an einen Gesellschaftsgläubiger, bei der jegliche Einwirkungsmöglichkeit des Geschäftsführers ausgeschlossen wird (BGHZ 119, 177, 188 f …). Bei dieser Sachlage wohnt dem Wortlaut der angeführten Vorschriften eine überschießende Tendenz inne, die durch teleologische Reduktion auf den zutreffenden und erforderlichen Regelungsbereich zurückzuführen ist.“

In dem Folgeurteil, mit welchem der BGH die Übertragung auf die AG aussprach, 76 präzisierte er dann ganz deutlich in LS 3: „Die Angabe darüber, dass der auf eine Kapitalerhöhung einer Aktiengesellschaft eingezahlte Betrag sich endgültig in der freien Verfügung des Vorstandes befinde (§§ 188 Abs 2, 37 Abs 1 AktG), bezieht sich nur auf die Voraussetzungen für die Erfüllung der Einlageschuld und besagt nicht, dass die Einlage noch unverändert im Gesellschaftsvermögen vorhanden sei.“93 cc) Stellungnahme: Auch im Rahmen der Gründung ist der Ansicht zu folgen, die 77 das Vorhandensein wertgleicher Deckung für entbehrlich hält. Das weicht von der aktuell noch gültigen Rechtsprechung des BGH wie auch von der ausführlich begründeten Auffassung der Vorauflage ab. Es bedarf daher eingehender Begründung: Das wesentliche Argument ist der Wegfall des Vorbelastungsverbotes. Das Gebot 78 der endgültigen freien Verfügung richtete sich von Anfang an gegen die Gründer (Rdn 49 ff). Ihnen gegenüber wollte es die Vorbehaltlosigkeit der Einlageerbringung sichern. Dass es hierfür den Weg eines gegenständlichen Thesaurierungsgebots beschritt,

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91 Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 33 f; sympathisierend offenbar auch Grigoleit/Vedder Rdn 14; grundlegend Lutter NJW 1989, 2649, 2652 f, 2655; Hommelhoff/Kleindiek ZIP 1987, 477, 485; K. Schmidt AG 1986, 106, 107 f, 112, 115; Priester ZIP 1994, 599, 601 ff; ebenso iE Gehling DNotZ 1991, 833, 837 f unter b). 92 BGHZ 150, 197 = NJW 2002, 1716, 1717 f; BGH NJW 2005, 3721 = NZG 2005, 976; Spindler/Stilz/Servatius § 188 Rdn 16; Schmidt/Lutter/Veil § 188 Rdn 9; Hüffer/Koch § 188 Rdn 6; Grigoleit/Rieder/Holzmann § 188 Rdn 10; Hölters/Solveen § 188 Rdn 14; krit, aber iE wohl folgend MünchKommAktG/Peifer § 188 Rdn 16; aA Hüffer/Koch § 188 Rdn 6. 93 BGH NJW 2005, 3721 = NZG 2005, 976; siehe aber auch MünchKommAktG/Peifer § 188 Rdn 16.

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war nur durch die Existenz des Vorbelastungsverbotes möglich. Mit dessen Aufgabe in BGHZ 80, 179, die nach heute unbezweifelter Ansicht auch für das Aktienrecht Geltung beansprucht, ist ein solches Thesaurierungsgebot aber unvereinbar. Denn der Vorgesellschaft soll ja gerade die unbeschränkte Aufnahme der Geschäftstätigkeit erlaubt werden. Soweit der Wortlaut das reale Vorhandensein der Einlage im Vermögen der Gesellschaft voraussetzt (siehe aber Rdn 85 f), weist das Gesetz also eine überschießende Tendenz auf, die über den eigentlichen Regelungsgehalt, der in der Unterbindung von Abreden mit den Gründern liegt, hinaus reicht. Das hat der BGH bezüglich der Kapitalerhöhung mit Recht festgestellt (eben Rdn 75 ff). Es gilt aber erst recht für die Gründung. Denn infolge der Existenz der Vor-AG, die mit der nach Eintragung entstehenden AG identisch ist, gilt auch dort, gelangt die Einlage auch dort „in den Entscheidungs- und Handlungsbereich des geschäftsführenden Organs“. Damit ist aber auch dort „der Vorgang der Mittelaufbringung abgeschlossen“ und das Gebot der wertgleichen Deckung ohne Berechtigung. Es gibt auch keine sachliche Rechtfertigung, bei der Gründung schärfere Vorgaben aufzustellen als bei der Kapitalerhöhung. Im Gegenteil: Die Vorgesellschaft, vertreten durch ihren Vorstand, bietet als Rechtsträger den Gläubigern eher noch größeren Schutz als die bereits existierende Kapitalgesellschaft im Fall der Kapitalerhöhung. Denn bei ihr ist die Haftung der Gesellschafter noch nicht unbeschränkt. Vielmehr stellt bereits die Unterbilanzhaftung das wertmäßige Vorhandensein der versprochenen Kapitalausstattung sicher, und das nach ganz hM sogar über die Anmeldung hinaus bis zum Zeitpunkt der Eintragung. Demgegenüber laufen die Gläubiger einer Kapitalgesellschaft in Gefahr, dass das durch die Kapitalerhöhung indizierte neue Kapital bereits verbraucht ist, bevor es dem Rechtsverkehr signalisiert wird. Die Sinnhaftigkeit der Aufgabe des Unversehrtheitsgrundsatzes hat die hM ja auch zutreffend erkannt. Nicht überzeugend war und ist hingegen die Substitution der realen Unversehrtheit durch das Erfordernis wertgleicher Deckung. Die Voraufl hatte der Ansicht, die hierauf verzichten wollte, zwar positiv konzediert, dem Vorstand mehr Freiheit in der Verwendung der eingeforderten Mittel zu gewähren, Nachweisschwierigkeiten zu vermeiden und Tendenzen zur Vereinfachung registerrechtlicher Verfahren entgegen zu kommen, während die Gläubiger infolge der Unterbilanzhaftung hinreichend geschützt wären. Sie sah sich dennoch nicht imstande, dieser Auffassung zu folgen, weil sie sich über das klare gesetzliche Erfordernis hinwegsetze, dass die (Mindest)Kapitalausstattung im Zeitpunkt der Anmeldung noch ungeschmälert vorhanden sein müsse und daher eine unzulässige Rechtsfortbildung contra legem darstelle.94 Dieses Bedenken ist in der Tat ernst zu nehmen und dürfte eine wesentliche Grundlage der hM darstellen. Es schlägt aber bei näherer Betrachtung aus mehreren Gründen nicht durch. Erstens ist der Wortlaut des Gesetzes nach heutigem Methodenverständnis nicht gleichbedeutend mit der Grenze der Auslegung. Verbotene Auslegung bzw Rechtsfortbildung contra legem liegt nicht schon vor, wenn der klare Wortlaut des Gesetzes überoder unterschritten wird. Vielmehr sind teleologische Reduktion oder Extension und Analogie anerkannte Methoden der Rechtswissenschaft. Die Grenze des Verbotenen ist erst erreicht, wenn der Wortlaut von einen klaren Regelungswillen des Gesetzgebers gedeckt ist und es daher an der Voraussetzung einer planwidrigen (auch nachträglichen) Regelungslücke fehlt (siehe dazu Wiedemann NJW 2014, 2407 ff und schon § 34 Rdn 14). Das war zwar zu Zeiten des Vorbelastungsverbotes so. Heute ist es aber nicht mehr der

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Ebenso dezidiert Hüffer ZGR 1993, 474, 482.

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Fall. Auf dieser Basis hat nicht zuletzt der BGH selbst seine Rechtsprechung zur freien Verfügung bei der Kapitalerhöhung korrigiert (s oben Rdn 75 f). Zweitens wäre dann, wenn man in der Überwindung des gesetzlichen Unversehrtheitsgrundsatzes entgegen des klaren Wortlautes eine verbotene Rechtsfortbildung contra legem erblicken möchte, auch die Auflockerung des Gebots hin zur wertgleichen Deckung unzulässig. Denn auch für eine solche Lockerung enthält das Gesetz keinen Anhalt. Wenn der eindeutige Wortlaut hier eine unüberwindbare Grenze darstellen soll, gibt es auch keine bösere oder weniger böse und daher zulässige Korrektur. Drittens und letztens ist gar nicht ausgemacht, dass eine das Gebot der endgültigen freien Verfügung auf seinen ursprünglichen Zweck zurückführende Auslegung die Wortlautgrenze überschreitet. Die Vorauflage meinte, aus dem Präsens „zur freien Verfügung steht“ gehe eindeutig hervor, dass die Einlage noch im Vermögen der VorAG vorhanden sein müssen. Man kann das Präsens aber ebenso gut nur darauf beziehen, dass die Einlageleistung bis zum Zeitpunkt der Anmeldung noch keiner Rückführungs- oder Verwendungsabrede wie etwa einem Hin- und Herzahlen unterworfen wurde. Sie steht dann gegenüber den Gründern zur freien Verfügung. Das ist der maßgebliche Gehalt der Erklärung, auf den es dem Gesetz ankommt. Ob die Einlage noch real vorhanden ist oder ob sie bereits in andere Aktiva getauscht oder als Aufwand verbraucht wurde, spielt demgegenüber keine Rolle. Denn das Verbot der Rückflüsse hatte sich niemals konkret auf die erhaltene Zahlung bezogen. Es war genau so verletzt, wenn die Einlageleistung zwar bis zur Eintragung thesauriert war, später aber eine Rückzahlung in Höhe der Einlage aus dem sonstigen Gesellschaftsvermögen geleistet wurde, sofern dies nur vorab verabredet worden war. Daher ist es sinnvoll und geboten, dass die Erklärung der Anmelder die Freiheit von solchen Abreden im Präsens erklärt. Ob die geleistete Einlage noch vorhanden ist oder nicht, ist für diesen Sinngehalt der Erklärung unerheblich. Dieser Lesart lässt sich auch nicht entgegnen, dass die Ausnahme bezüglich der Bezahlung von Steuern und Gebühren belege, dass die freie Verfügung das gegenständliche Vorhandensein voraussetze. Sicherlich: Die Bestimmung ist durch das AktG 1937, also noch zu Zeiten der Geltung des Vorbelastungsverbots, eingefügt worden. Sie stellte eine Ausnahme von diesem Verbot dar. Zuvor war die Verwendung der Einlagebeträge zu diesem Zweck absolut nicht zulässig.95 Jedoch ist Voraussetzung dieser Ausnahme zusätzlich noch die Zulässigkeit der Begleichung von Gründungsaufwand infolge Festsetzung in der Satzung nach § 26 Abs 2.96 Damit lässt sich aber auch die Zielrichtung dieser Vorschrift ungeachtet ihres dogmengeschichtlichen Hintergrundes auf die Verwendungsfreiheit im Verhältnis zu den Gründern anstelle auf das reale Vorhandensein der Einlage zurückführen. Selbst wenn man aber der vorstehenden Argumentation nicht folgen wollte und daran festhalten möchte, dass die gesetzliche Gegenausnahme für Steuern und Gebühren § 36 Abs 2 die reale Thesaurierung der Einlagen vor Augen hat, läge darin beim heutigen Stand der Methodenlehre kein Grund, das Gebot der freien Verfügung nicht auf den Eintritt der Erfüllungswirkung gegenüber den Gründern zu beschränken. Ein derartiges Abrücken von einem gegenständlichen Unversehrtheitserfordernis ist nach dem Wortlaut möglich und nach dem Zweck geboten (s eben Rdn 83, 84 und 85). Es hätte lediglich

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95 MünchKommAktG/Pentz Rdn 75; zum früheren Recht Fischer in Großkomm AktG 2. Aufl § 28 Anm. 15; zur Rechtslage vor 1937 und den insoweit bestehenden praktischen Problemen s Staub/Pinner HGB § 195 Anm. 19. 96 MünchKommAktG/Pentz Rdn 75.

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zur Folge, dass die Hervorhebung der Zulässigkeit der Bezahlung der Steuern und Gebühren in § 36 Abs 2 nicht mehr sonderlich sinnvoll wäre, da die geleisteten Einlagen heutzutage auch anderweitig vom Vorstand verbraucht werden dürfen. Diese partielle Sinnentleerung des Gesetzeswortlautes findet ihren Grund und ihre Rechtfertigung aber in der Aufgabe des Vorbelastungsverbotes. Es liegt bei § 36 Abs 2 in dieser Hinsicht ganz genau so wie bei § 41 Abs 2. Auch jene Norm hat ihren vom Wortlaut vorgegebenen Sinn verloren, seit die ganz hM nach Wegfall des Vorbelastungsverbotes vom automatischen Übergang der Verbindlichkeiten der Vor-AG auf die AG ausgeht. Dennoch haben weder die Rechtsprechung des BGH noch die hL sich dadurch daran gehindert gesehen, jene Rechtsfortbildung vorzunehmen und konsequent umzusetzen, die der Gesetzgeber übrigens mittlerweile seinerseits anerkannt hat (vgl § 54 Abs 3: „Konto … der Gesellschaft oder des Vorstandes“). Sie beriefen sich dabei mit Recht auf die Überweisung der Frage an Wissenschaft und Praxis, welche der Gesetzgeber vorgenommen hat. Diese Überweisung rechtfertigt aber in gleicher Weise die restlose Überwindung des einstigen Thesaurierungsgebots im Rahmen des § 36 Abs 2 mit dem Argument der dogmatischen Schlüssigkeit nach Wegfall des Vorbelastungsverbots. Schließlich steht die hier vertretene Sicht auch in einer Linie mit der Deregulierung 88 der Kapitalaufbringung durch MoMiG bzw ARUG. Insbesondere wenn man sich der These anschließt, dass das Mindestkapital nicht mehr zwingende Eintrittskarte zur Haftungsbeschränkung, sondern nur noch freiwilliges Seriositätssignal ist, ist der Zweck der Aufbringungskontrolle bereits mit der vorbehaltlosen und vollwertigen Erbringung erreicht.97 Zusammenfassend lässt sich sagen: Erforderlich, aber auch ausreichend ist unter 89 dem Gebot der endgültigen freien Verfügung in seiner verbliebenen erfüllungsrechtlichen Zweckrichtung, dass die Gründer ihre Einlagepflicht gegenüber der Vor-AG, vertreten durch ihren Vorstand, wirksam erfüllen. Das bedeutet insbesondere, dass sie die Leistung vorbehaltlos entäußern, ohne Rückflussvereinbarungen und auch mit keinerlei Verwendungsabreden (näher Rdn 176). Diese neue Rechtsprechung entspricht für die Gründung aber (noch) nicht der Rechtsprechung des BGH. Die folgende Kommentierung der Einzelprobleme des § 36 Abs 2 behält daher weiterhin im Auge, dass der gegenständliche Unversehrtheitsgrundsatz bei der Gründung nach hM noch nicht entfallen, sondern lediglich durch ein Gebot der wertgleichen Deckung substituiert und dadurch gelockert worden ist. Daraus ergibt sich eine nicht unbedingt erfreuliche gespaltene Auslegung des Gebots der freien Verfügung nach § 36 Abs 2 je nachdem, ob es sich um eine Gründung oder eine Kapitalerhöhung handelt. 3. Der systematische Zusammenhang von § 54 Abs 3 (iVm § 66) und § 36 Abs 2 90

a) Die Absicht des Gesetzgebers, Scheinzahlungen und Finanzmanipulationen zu verhindern, schlägt sich darin nieder, dass § 54 Abs 3, als erste Schranke zur Sicherung erfüllungswirksamer Leistungen auf die Bareinlage, abweichend von der allgemeinen Regel der §§ 362 ff BGB, nur ganz bestimmte, einfacher Nachprüfung zugängliche Formen der Zahlung des vor Anmeldung der Gesellschaft eingeforderten Betrages zulässt (dazu näher die Erläuterungen zu § 54), wobei er dann überdies noch verlangt, dass die Einzahlung zur freien Verfügung des Vorstandes erfolgt.98 Ergänzt wird § 54 Abs 3 noch durch § 66, der ein Erlassverbot, ein absolutes Aufrechnungsverbot für den Einleger so-

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97 Schall S 154 ff. 98 Siehe BGHZ 119, 117 ff; MünchKommAktG/Pentz Rdn 45; KK/Arnold Rdn 19; Wiedemann ZIP 1991, 1257, 1264; krit Ulmer GmbHR 1993, 189, 191 f; s aber auch Hüffer ZGR 1993, 474, 478 f.

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wie in ungeschriebenen Erweiterungen eine Aufrechnungsbeschränkung für die Gesellschaft (nur gegen vollwertige, fällige und liquide Forderung des Aktionärs) sowie ein Beschränkung von Abtretungen und (Ver-)Pfändungen (nur gegen Zufluss des vollen Wertes der Einlage an die AG) mit sich bringt. Damit versagt das Gesetz allen Leistungen der Gründer von vornherein die Eignung zur Tilgung der Einlageschuld, wenn sie nicht in einer der in § 54 Abs 3 vorgesehenen Zahlungsformen erbracht worden sind. Dabei legt das Gesetz eine ausschließliche Empfangszuständigkeit der Gesellschaft bzw des Vorstandes fest. Ausgeschlossen ist danach insbesondere die Leistung an Dritte (zB Gesellschaftsgläubiger) nach § 362 Abs 2 (näher Rdn 120). Selbst bei Einhaltung der vorgeschriebenen Zahlungsweise liegt keine wirksame Leistung vor, wenn die geleistete Zahlung dem Vorstand schon im Zeitpunkt des Mittelzuflusses keine freie Verfügungsbefugnis über den eingezahlten Betrag vermittelt. Das ist nach allen hierzu vertretenen Ansichten unstreitig der Fall, wenn der Vorstand schon in diesem Zeitpunkt tatsächlich oder rechtlich in seiner Verfügungsgewalt über die eingezahlten Mittel durch Vorbehalte seitens der Gründer beschränkt, insbes durch Rückflussabreden gebunden wird (siehe schon Rdn 49 ff und noch Rdn 147 ff). Darüber hinaus ist es nach hier vertretener, aber keineswegs allseits geteilter Ansicht auch dann der Fall, wenn der Vorstand Verwendungsbindungen unterworfen worden ist, die nach den zugrundeliegenden gesetzlichen Wertentscheidungen mit seiner gesetzlichen Eigenverantwortung (§§ 76, 93) für die Verwendung der Gesellschaftsmittel nicht vereinbar sind (Rdn 61 ff; näher unten Rdn 176 ff). Äußerst unklar erscheint demgegenüber, welche Bindungen gegenüber Dritten (insbes der kontoführenden Bank) dem Erfordernis der freien Verfügung entgegenstehen. Nach hier vertretener Ansicht sind solche Bindungen generell unschädlich, solange sie die Erfüllungswirkung (Rdn 123 ff und 193 ff) nicht beeinträchtigen.

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b) § 36 Abs 2 ergänzt die Regelung des § 54 Abs 3 als zweite Schranke durch die 95 Forderung, der durch die ordnungsgemäße Einzahlung der Bareinlage nach § 54 Abs 3 herbeigeführte Zustand endgültig freier Verfügung des Gesellschaftsvorstands über die eingeschossenen Mittel müsse auch im Zeitpunkt der Anmeldung (eventuell noch darüber hinaus, dazu unten Rdn 96) fortbestehen.99 Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, so darf die Erklärung nicht abgegeben werden und die Gesellschaft nicht eingetragen werden. Das Gleiche gilt, wenn die Erklärung fälschlicherweise abgegeben wurde und das Registergericht dies aufdeckt. Das Fehlen der endgültigen freien Verfügung ist mithin ein Eintragungshindernis. § 36 Abs 2 hindert die Eintragung dabei sowohl in dem Fall, dass es an einer ordnungsgemäßen Einzahlung der eingeforderten Bareinlage iS des § 54 Abs 3 oder der freien Verfügungsmacht des Vorstandes schon in diesem Zeitpunkt fehlt (hier im Zusammenwirken mit § 54 Abs 3), als auch in dem weiteren Fall, dass die zunächst hergestellte freie Verfügungsmacht zwischen Einzahlung und Anmeldung wieder fortgefallen ist. Letzteres kann freilich nach hier vertretener Sicht nur durch spätere Rückfluss- bzw Verwendungsabreden mit den Gründern, nicht aber durch sonstige Verfügungen des Vorstandes über die Einlage erfolgen (Rdn 123 ff). c) Der maßgebliche Zeitpunkt für das Bestehen der endgültigen freien Verfügung 96 § 36 Abs 2 ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Anmeldung. Nur insoweit können sich die Anmelder sinnvoll erklären. Die Lage im Zeitpunkt der Eintragung können sie generell

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So zutreffend die Standortbestimmung von G. Roth FS für Semler, 1993, 299, 302.

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nicht vorhersagen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung des Gerichts nach § 38 (siehe die Erläuterungen dort, Rdn 15 f) ist aber nach hM derjenige der Eintragung. Daraus folgt, dass die endgültige freie Verfügung über die Einlageleistung im jeweils erforderlichen Sinne (bei der Kapitalerhöhung lediglich im Sinne von Erfüllungswirkung und Freiheit von Rückflussabreden, bei der Gründung nach noch hM überdies im Sinne eines Vorhandenseins wertgleicher Deckung) bis zu diesem Zeitpunkt fortbestehen muss, sa Rdn 162 f. Insbesondere Rückfluss- und Verwendungsabreden bleiben also auch nach der An97 meldung grundsätzlich verboten und führen bei Bekanntwerden zu einem Eintragungshindernis. Darüber hinaus könnte man in diesen speziellen Fällen eine ausnahmsweise Nachmeldepflicht aus dem Aspekt der Ingerenz erwägen, da die betreffenden Anmelder die Änderung selbst und überdies verbotenerweise herbeiführen. Nach hM bestehen aber Nachmeldepflichten generell nicht (§ 38 Rdn 17), so dass auch eine Strafbarkeit für eine falsche Angabe nach § 37 durch solche nach der Anmeldung eintretenden Änderungen nicht entstehen kann. Dabei ist aber zweierlei zu beachten: erstens steht jede Rückflussoder Verwendungsabrede, die auf den Zeitpunkt nach der Anmeldung datiert ist, im Verdacht, bereits von vornherein vorgelegen zu haben. Zweitens sollten die Anmeldenden dann, wenn sie mit der Abrede ein zulässiges Hin- und Herzahlen nach § 27 Abs 4 anstreben, die Anmeldung entweder komplett wiederholen oder zumindest die nach jener Ausnahmevorschrift erforderlichen Meldungen nachreichen (was sie auch dürfen, siehe § 27 Rdn 403). Andernfalls kann die Legalisierungswirkung nicht eintreten und wäre die Eintragung abzulehnen. d) Fraglich sind die weiteren Konsequenzen aus dem Vorliegen eines Eintragungshindernisses wegen Fehlens der freien Verfügung. Klar liegt grds der Fall, wenn schon die Einzahlung keine freie Verfügungsmacht des Vorstandes herbeigeführt. Die Zahlung hat keine einlageschuldtilgende Wirkung gehabt: der Einlageschuldner bleibt weiterhin zur Leistung seiner Bareinlage verpflichtet. Das ergibt sich letztlich schon aus § 362 Abs 1, weil die Einlageleistung dann eben nicht so, wie sie zu bewirken ist (= unbedingt), erbracht wurde. Umgekehrt ist die tatsächlich erbrachte Einlegleistung dann ohne Rechtsgrund erfolgt und wird dem Inferenten die Rückgewähr aus § 812 Abs 1 Satz 1 1. Alt BGB geschuldet. Diese Grundsätze gelten insbes auch bei Vorliegen von Absprachen, die den späte99 ren Rückfluss der eingelegten Mittel an den Inferenten sicherstellen sollen (Rdn 156) oder sonstige verbotene Verwendungsabreden darstellen (Rdn 176). Allerdings kann hier die Erfüllungswirkung der erbrachten Leistung vor der Anmeldung auch dadurch hergestellt werden, dass diese Abreden rechtsverbindlich und ersatzlos aufgehoben werden. Neben dem ursprünglichen Fehlen kann aber auch ein Fortfall der freien Verfügung 100 des Vorstandes nach der Arithmetik der maßgeblichen Zeitpunkte sowohl in der Zeit von der Leistung bis zur Anmeldung als auch in der Zeit von Anmeldung bis zur Eintragung eintreten. Er führt zu einem Eintragungshindernis unabhängig davon, welche Umstände für das Fehlen oder den Fortfall der freien Verfügungsmacht im Einzelfall verantwortlich sind. Nach hier vertretener Sicht ist der einzige Fall, der die zunächst vorhandene freie 101 Verfügung wegfällen lässt, der zeitlich spätere, zunächst noch nicht geplante Abschluss von Rückfluss-oder Verwendungsabsprachen mit den Gründern (näher Rdn 135 ff). Anders kann es nicht zu einem Fortfall der freien Verfügungsmacht des Vorstandes kommen. In praxi dürften solche Fälle – anders als von vornherein bestehen Rückflussabreden – extrem selten sein. Ihre rechtliche Behandlung erweist sich als schwierig, weil nicht ganz klar ist, wie sich derartige nachträgliche Abreden auf die Erfüllungswirkung 98

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auswirken. Sinnvoll wäre es, auch in diesen Fällen auf die ursprüngliche Einlegforderung zurückgreifen zu können. Dafür müsste die Abrede zu einem Wiederaufleben der zunächst wirksam erfüllten Einlagepflicht führen könne. Die Wiederherstellung bereits erloschener Schuldverhältnisse durch vertragliche Vereinbarung ist aber nach hM ausgeschlossen.100 Darum ließe sich nur herum kommen, wenn man den Eintritt der endgültigen Erfüllungswirkung bis zur Anmeldung hinaus zögert. Dafür bietet das Gesetz in der Tat einen Anhaltspunkt. Denn es verlangt das Vorliegen der freien Verfügung vom Zeitpunkt der Leistungserbringung nach § 54 Abs 3 über die Anmeldung nach § 36 Abs 2 letztlich bis zur Eintragung. Dieser Rechtslage wird am ehesten die Konstruktion einer kraft Gesetzes vorliegenden aufschiebenden 101 Bedingung der Erfüllungswirkung gerecht, derzufolge die freie Verfügung bis zur Eintragung vorliegen muss, um die Forderung entfallen zu lassen,102 maW also ein erfüllungshindernder Vorbehalt103 kraft Gesetzes. Folgt man dem nicht, bliebe anstelle der starken Einlageforderung am Ende nur ein schwacher Rückgewähranspruch aus § 812 Abs 1 Satz 1 1. Alt bzw § 817 Satz 1 wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot, wobei die Kondiktionssperre des § 817 Satz 2 nach dem Zweck der Kapitalaufbringungsvorschriften nicht eingreifen dürfte, um nicht einen noch gesetzwidrigeren Zustand zu zementieren. Nach hM, welche im Rahmen der Gründung grundsätzlich die gegenständliche Ver- 102 fügbarkeit der Einlageleistung bzw zumindest ihre wertgleiche Deckung im Gesellschaftsvermögen erfordert, ist es darüber hinaus möglich, dass ein der Fortfall der freien Verfügung aus anderen Gründen eintritt (s auch Voraufl, Rdn 38). Im Bereich von Sacheinlagen, für das Erfordernis ja ebenfalls gilt, ist etwa die plötzliche Entwertung denkbar, zB: das eingebrachte Kfz erleidet einen Totalschaden; das eingebrachte Unternehmen wird durch behördliche Verfügung stillgelegt. Für diese Fälle greift die verschuldensunabhängige Differenzhaftung als Spezialregelung ein. Wird dagegen eine Bareinlage verbraucht, ohne das wertgleiche Deckung vorhanden ist (zB durch Bezahlung von Kosten, die als Aufwand zu Buche schlagen), soll nach Ansicht der Vorauflage (Rdn 38) die bereits erfüllte Einlagepflicht nicht ohne weiteres wieder aufleben können. Folgt man dagegen der Annahme einer aufschiebenden Bedingung der Erfüllungswirkung, wäre genau dies die Folge. Einen Unterschied danach, ob die freie Verfügung infolge einer neuen Abrede oder wegen Fortfalls der wertgleichen Deckung entfällt, könnte man jedenfalls nicht nachvollziehbar konstruieren. Wer die beiden Fälle dennoch unterschiedlich behandeln möchte (so iE offenbar auch die Voraufl), räumt damit eigentlich ein, dass sich dem Gebot der freien Verfügung auch bei der Gründung sinnvollerweise nicht die Notwendigkeit wertgleicher Deckung entnehmen lässt. Gerade wenn das Geld in ein im Zuge der Gründung übernommenes Unternehmen eingelegt wird und sich dort mit dem übrigen Vermögen vermischt,

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100 ZB BGHZ 139, 123 = NJW 1998, 2664, 2666; BGHZ 20, 338, 340; RGZ 76, 59, 60M Palandt/Grüneberg Vor § 362 Rdn 1; aA Gröschler NJW 2000, 247. 101 Gegen eine (rückwirkende) auflösende Bedingung, die an auch noch treffender erscheine, müssten dagegen die nämlichen Bedenken bestehen, welche die hM gegen die rückwirkende Aufhebung des Erlöschens der Forderung durch Aufhebung des Aufhebungsvertrags oä hegt. 102 So – ohne eingehende dogmatische Rechtfertigung – in der Sache auch BGH NZG 2004, 618: „Eine Erfüllungswirkung kommt … angesichts des überaus engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Ein- und Auszahlung nicht in Betracht. Es fehlt an einer effektiven Zufuhr der Bareinlage, durch die der Einleger seine Verfügungsmacht über die Barmittel endgültig und ohne Vorbehalte zu Gunsten der Gesellschaft aufgibt.“ Siehe noch unten, Rdn 147 ff; aA – für Erfüllung der Einlagepflicht – MünchKommAktG/Pentz Rdn. 61. 103 Zu dieser Möglichkeit grundsätzlich BGHZ 86, 267, 269; 139, 357, 367 f; NJW 2007, 1269, 1270; MDR 2012, 604; WM 2014, 1180 Tz 8 ff; Krüger NJW 1990, 1208, 1211; BeckOK/Dennhardt § 362 Rdn 44 f; siehe zu den in der Praxis hauptsächlich relevanten Fällen der Zahlung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aber auch Staudinger/Olzen § 362 Rdn 32 ff.

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lässt sich kaum vorstellen, wie man die Einlage und ihre wertgleiche Deckung bis zur Anmeldung/Eintragung überhaupt konkret nachverfolgen sollte. Folgt man der hM, entsteht auch durch den nachträglichen Verlust der Einlage ohne 103 wertgleiche Deckung ein Eintragungshindernis. Die Eintragung der Gesellschaft hat danach unabhängig von den Gründen, die im Einzelfall dazu geführt haben, dass sie im Zeitpunkt ihrer Anmeldung nicht über den Gegenwert dieser Einlagen (frei) verfügen kann, zu unterbleiben.104 Um die Eintragungsfähigkeit wieder herzustellen, bliebe dann, wenn man die konkrete Einlageforderung in solchen Fällen dennoch als erfüllt ansehen wollte (eben Rdn 102), nur ein wertmäßiges Wiederauffüllen des Gesellschaftsvermögens. Das kann nur über die Geltendmachung der Unterbilanzhaftung erfolgen (näher die Erläuterungen zu § 41). Zu der Frage, inwieweit das Fehlen oder der Fortfall der freien Verfügungsmacht des Vorstandes, die nicht im Verantwortungsbereich des Einlegers liegen, auch noch Schadensersatzansprüche gegen den Vorstand oder Mitgründer auslösen können, welche die Eintragungsfähigkeit ebenfalls wieder herstellen könnten, noch die Erläuterungen zu § 46. e) § 36 Abs 2 fordert Erfüllung der Einlageverpflichtung in den durch § 54 Abs 3 vorgeschriebenen Formen und endgültig freie Verfügung des Vorstandes nur für den bis zur Anmeldung eingeforderten Teil der Einlagen. Nicht von der Vorschrift erfasst werden deshalb später fällig werdende Teile der Bareinlagen. Dies folgt für § 36 Abs 2 bereits zwingend daraus, dass Regelungsgegenstand dieser Bestimmung nur die Anmeldevoraussetzungen sind und nach Anmeldung der Gesellschaft (oder der Kapitalerhöhung, § 188 Abs 2 Satz 1) kein Raum mehr für eine erneute Anmeldung ist. Für § 54 Abs 3 ergibt sich das gleiche daraus, dass diese Vorschrift sich schon nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut ebenfalls nur auf den „vor Anmeldung der Gesellschaft eingeforderten Betrag“ bezieht.105 Die Anmelde- und Eintragungsvoraussetzung des § 36 Abs 2 erfasst alle bis zum 105 Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung zum Handelsregister eingeforderten Teile der Bareinlage. Diese müssen mindestens ein Viertel des geringsten Ausgabebetrags zuzüglich Agio (§ 36a Abs 1) erreichen. Die Verpflichtung zur Erbringung einer Mindestleistung vor Anmeldung bezieht sich auf jede einzelne Aktie. Nicht ausreichend wäre es, wenn dieser Mindestbetrag infolge von Mehrleistungen einzelner Einleger lediglich für das satzungsmäßige Grundkapital insgesamt eingezahlt wäre. Verrechnung des Wertes einer Sacheinlage auf Bareinlagen ist unzulässig.106 Sieht die Satzung eine höhere als die im § 36a Abs 1 geforderte Bareinzahlungspflicht vor Anmeldung vor, so muss auch dieser höhere Betrag eingefordert sein und iS des § 36 Abs 2 zur freien Verfügung des Vorstandes stehen.107 Das gleiche gilt, wenn die Errichtungsurkunde, was in der Praxis bei der GmbH häufiger, bei der AG allerdings selten vorkommt, für alle oder einzelne Einlagen vermerkt, die in bar zu leistenden Einlagen seien bereits erbracht. Entsprechendes ist, jedenfalls da das Gesetz insofern nicht differenziert, sondern die Erfüllung der Eintragungsvoraussetzungen des § 36 Abs 2 schlechthin daran knüpft, dass ordnungsgemäße Einzahlung iS von § 54 Abs 3 erfolgt ist und „der eingeforderte Betrag“ zur endgültig freien Verfügung des Vorstandes steht, für den Fall anzunehmen, dass die Satzung den Vorstand ermächtigt, die gesamte Einlage oder doch jedenfalls einen die Mindesteinzahlung des § 36a Abs 1 übersteigenden Betrag derselben schon vor Anmeldung einzufordern und

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Hüffer/Koch Rdn 20; Hölters/Laubert § 54 Rdn 17; Wiedemann DB 1993, 191, 149. Mittlerweile unstr, s Hüffer/Koch § 54 Rdn 11. So schon KGJ 43 A 107; sa unten Rdn 209; aA jetzt wieder Cavin S 111 ff. Dazu auch BGH WM 1990, 1821: für GmbH.

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er von diesem Recht Gebrauch gemacht hat. Ebenso verhält es sich, wenn er einen höheren Betrag nach eigenem Ermessen (Rdn 112) eingefordert hat. f) Freiwillige Mehrleistungen, die ein Gründer auf seine Bareinlage vor der An- 106 meldung der Gesellschaft erbringt, sind keine eingeforderten Beträge iS des § 36 Abs 2. Nach früher hM sollten allerdings solche freiwilligen Mehreinzahlungen sowohl im Aktien- als auch im GmbH-Recht nur insoweit einlageschuldtilgende Wirkung haben als die Leistung der Gesellschaft im Zeitpunkt ihrer Eintragung noch unverbraucht zur Verfügung steht.108 Demgegenüber hat sich inzwischen weitgehend die Ansicht durchgesetzt, dass auch solche Zahlungen jedenfalls dann schuldbefreiend wirken, wenn die Gründer der Aufnahme des Geschäftsbetriebs vor Eintragung der Gesellschaft zugestimmt haben, weil in diesem Fall die Sicherung der Gesellschaft gegen die Schmälerung ihres Grund(bei der GmbH: Stamm-)Kapitals bereits im Zeitpunkt ihrer Eintragung durch die – auch bei der AG anzunehmende, s dazu die Erläuterungen zu § 41 – anteilige Differenz- (Vorbelastungs-)Haftung ihrer Gründer übernommen wird.109 Nach einer abweichenden, allerdings zu weitgehenden Ansicht soll in diesen Fällen die freiwillige Mehrzahlung vor Anmeldung sogar ohne ein Einverständnis der Gründer über die vorzeitige Aufnahme des Geschäftsbetriebs schuldbefreiende Wirkung haben; etwas anderes soll nur dann gelten, wenn sich aus der Satzung oder sonstigen Umständen die Unzulässigkeit freiwilliger Mehrzahlungen ergibt.110 g) Vorauszahlungen. Sowohl von den nach §§ 36 Abs 2, 36a Abs 1 vor Anmeldung 107 der AG eingeforderten als auch von den freiwilligen Mehrzahlungen zu unterscheiden sind Zahlungen, die ein Gründer schon vor dem notariellen Errichtungsakt (§ 23 Abs 1) auf seine künftige Einlageschuld erbringt. Dem entspricht bei der Kapitalerhöhung die Zahlung vor Fassung des Kapitalerhöhungsbeschlusses.111 Solche Leistungen auf künftige Einlagepflichten haben nach hM nur eingeschränkte Erfüllungswirkung.112 Der BGH akzeptiert die Wirksamkeit von Vorauszahlungen aus Praktikabilitätsgründen bei der Kapitalerhöhung, sofern die Leistung noch gegenständlich im Vermögen der Gesellschaft vorhanden ist.113 Die Zahlung auf ein debitorisches Konto reicht insoweit nicht aus

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108 BGHZ 15, 66, 68; 37, 75, 78; 51, 157, 159. 109 So BGHZ 105, 300, 303 f (für GmbH) mit Besprechungsaufsatz von Joost ZGR 1989, 554; dort auch Nachw zur vorausgegangenen Rechtsentwicklung; ebenso Hüffer/Koch § 36a Rdn 3. 110 MünchKommAktG/Pentz Rdn 73; KK/Arnold Rdn 25; Scholz/Winter/Veil § 7, 43 f; Stimpel in: FS Fleck, 1987, S 345, 347. 111 BGHZ 158, 283 = NZG 2004, 515. Siehe auch die Erläuterungen zu § 188. 112 Grundlegend BGHZ 51, 157 = NJW 1969, 840 im Anschluss an Wiedemann GmbHR 1967, 146, 147; siehe ferner etwa BGHZ 158, 283 = NZG 2004, 515; kritisch Schall S 143; auch Cavin S 340 ff, der wertgleiche Deckung ausreichen lassen will, im Anschluss an Ulmer FS Westermann 2008, S 1567, 1581 f und 1586 f. Überdies hat BGHZ 168, 201 = NZG 2007, 23 eine eng begrenzte Sanierungsausnahme bei Notwendigkeit einer Rettung eines überlebensfähigen Unternehmens anerkannt, wenn der Kapitalerhöhungsbeschluss rasch folgt, die Voreinzahlung dort offengelegt und bei Einbringung als solche gekennzeichnet wird; für Verallgemeinerung jenseits von Sanierungssituationen zB Baumbach/Hueck/Zöllner § 56 Rdn 716; Priester DStR 2010, 494, 498 f; zur Diskussion auch Cavin S 344 ff. 113 BGHZ 158, 283 = NZG 2004, 515 (zur Barkapitalerhöhung): „Voreinzahlungen auf die künftige Kapitalerhöhung haben schuldtilgende Wirkung nur dann, wenn der eingezahlte Betrag im Zeitpunkt der Fassung des Erhöhungsbeschlusses noch als solcher im Vermögen der Gesellschaft vorhanden ist.“ BGHZ 145, 150 = NJW 2001, 67 (zur Sachkapitalerhöhung): Gegenstände und Sachwerte, deren Besitz einer GmbH bereits vor dem Kapitalerhöhungsbeschluss überlassen worden ist, können nur dann als Sacheinlage eingebracht werden, wenn sie zumindest im Zeitpunkt des Kapitalerhöhungsbeschlusses noch gegenständlich im Gesellschaftsvermögen vorhanden sind.

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(siehe dagegen Rdn 123 ff und 193 ff).114 Diese Beschränkung muss man nicht für überzeugend halten, da die Einlage der bestehenden Gesellschaft in jedem Fall zugeflossen ist und Vorausleistungen auf künftige Verpflichtungen nach allgemeinem Schuldrecht ohne Weiteres Erfüllungswirkung haben.115 Bei der Gründung liegt es allerdings komplizierter. Da in der Phase vor der Errich108 tung noch nicht einmal eine Vor-AG, sondern allenfalls eine Vorgründungsgesellschaft (§ 29 Rdn 4) besteht, deren Rechte und Verbindlichkeiten nach hM nicht automatisch, sondern nur kraft besonderen rechtsgeschäftlichen Überleitungsaktes auf die Vor-AG übergehen,116 können Vorauszahlungen, welche an die Vorgründungsgesellschaft erfolgen, keinesfalls schon als solche zur Erfüllung der Bareinlage führen, auch wenn ansonsten die engen Voraussetzungen, die im Bereich der Kapitalerhöhung gelten, eingehalten sind. Anders läge es nur, wenn man mit der hier vertretenen Auffassung von einer Identität zwischen Vorgründungs- und Vorgesellschaft ausginge (§ 29 Rdn 19 ff). Zahlungen an die Vorgründungsgesellschaft erfüllen die Einlagepflicht daher erst, wenn sie von dieser an die (Vor-)AG in der von § 54 Abs 3 vorgesehenen Weise weitergeleitet worden sind.117 Dazu bedarf es dann nicht notwendig einer erneuten Überweisung, es kann auch durch die Übernahme des Kontos mit dem vorhandenen Betrag durch die VorAG erfolgen („Kontoumschreibung“).118 Entscheidend ist, dass der Betrag isolierbar ist, dh nicht etwa im Zuge einer Übertragung aller Aktiva und Passiva mitübergeht.119 Eine Sacheinlage liegt darin nicht, vielmehr handelt es sich bei einer Überweisung durch die Vor-AG um eine allgemein zulässige (Rdn 118) Erfüllung der Barzahlungspflicht durch einen Dritten (Vorgründungsgesellschaft) anstelle der Inferenten. Nichts anderes kann wertungsmäßig gelten, wenn die Vorgründungsgesellschaft den Vorgang abkürzt und anstelle einer Überweisung vorzunehmen schlicht das im Kredit stehende Konto isoliert an die Vor-AG überträgt, wozu es übereinstimmender Willenserklärungen von Vorgründungsgesellschaft, Bank und Vor-AG zur Übertragung des Girovertrags einschließlich aller daraus entspringender Rechte und Pflichten sowie der Abtretung des bestehenden Guthabens bedarf. § 23 Abs 2 Nr 3 geht davon aus, dass bereits vor der Gründung die Einlage wirksam 109 bezahlt werden kann. Aber das kann nicht schon durch eine Zahlung an die Vorgründungsgesellschaft erfolgen, weil diese nach hM eben nicht mit der späteren AG gleichzustellen ist. Auch eine Überweisung an die Vor-AG wird nicht gelingen, bevor diese errichtet und damit zur Rechtsträgerschaft fähig ist. Möglich erscheinen solche Zahlungen nur auf zwei anderen Wegen. Der erste ist wie eben beschreiben die Umschreibung des Kontos der Vorgründungsgesellschaft mit der dort noch ungeschmälert vorhandenen Einlage auf die Vor-AG. Liegen die hierfür erforderlichen Erklärungen von Bank und Vorgründungsgesellschaft vor, kann die errichtete Gesellschaft das Konto umgehend übernehmen und darf man die Einlage als bezahlt ausweisen. Der andere Weg führt über die künftigen Vorstände, weil diese zwar noch nicht als Organe, aber als natürliche Personen bereits Konten führen und Zahlungen im Namen der künftigen Gesellschaft entgegen nehmen können. Vorausgesetzt ist hierfür, dass der mit der klaren Zweckbestim-

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114 BGHZ 158, 283 = NZG 2004, 515. 115 BGHZ 85, 318; NJW 1986, 248; Palandt-Grüneberg § 362 Rdn 13; Schall S 143. 116 HM, s statt aller BGH NJW 1992, 2698, 2699; BGHZ 91, 148, 151. 117 So grds auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 71; unklar Voraufl Rdn 43. Nach Spindler/Stilz/ Döbereiner Rdn 21 soll ausreichen, wenn die Übernahme des Betrags durch die Vor-AG im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist. Man wird aber mehr verlangen müssen, um die Beträge tatsächlich als bereits bezahlt anzusehen. 118 Schimansky/Bunte/Lwowski/Joeres § 29 Rdn 30; wohl auch Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 21. 119 BGH NJW 1992, 2698, 2699.

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mung der Leistung auf die (künftige) Einlageschuld Betrag nach § 54 Abs 3 in die Verfügungsgewalt des künftigen Vorstandes geleistet wird.120 Wird dieser im weiteren Verlauf durch die Vor-AG bestellt, tritt ohne Weiteres unmittelbare Erfüllung ein, weil sein Halten des Kontos nun qua lege der AG zugerechnet wird. Erfolgt die Bestellung gleich im Zuge der Errichtung (siehe § 30 Rdn 3 und 30), ist damit ebenfalls die Einlage bezahlt. Bei all diesen Vorgängen wird die Einzahlung typischerweise im engen zeitlichen 110 Zusammenhang mit der unmittelbar bevorstehenden Gesellschaftsgründung erbracht worden sein, was aber die Rechtsprechung (anders als die Voraufl Rdn 43)121 zumindest bei der ähnlich gelagerten Problematik im Bereich der Kapitalerhöhung nicht als ausdrückliche Voraussetzung verlangt. Folgt man dem Vorherigen, können Vorauszahlungen nur unter diesen engen Voraussetzungen schon vor bzw unmittelbar bei der Errichtung der Gesellschaft schuldbefreiende Wirkung zeitigen. Nur dann darf in der Gründungsurkunde der betreffende Einlageteil bereits als eingezahlt bezeichnet werden (§ 23 Abs 2 Nr 3).122 4. Die Einforderung. Die Einforderung ist Sache des Vorstandes. Das wird zur Be- 111 hebung von Zweifeln in § 63 Abs 1 S 1 auch ausdrücklich gesagt und muss grundsätzlich auch im Gründungsstadium gelten. Dagegen kann die Vorschrift des § 63 Abs 1 Satz 2, wonach die Aufforderung, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachen ist, im Gründungsstadium der AG noch keine Geltung beanspruchen; sie geht von einer bereits entstandenen AG mit einem unbestimmt großen Kreis von Aktionären aus. Für den kleinen Kreis der Gründer haben diesbezügliche Erwägungen keine Gültigkeit. Hier wäre eine Verpflichtung, die Einzahlung vorbehaltlich anderslautender Satzungsbestimmungen im Bundesanzeiger (§ 25) einzufordern, fehl am Platze. Es genügt die Einzelanforderung bei den Gründern, die mündlich oder schriftlich erfolgen kann, aus Gründen eines eindeutigen Nachweises zweckmäßigerweise aber in schriftlicher Form, und zwar durch eingeschriebenen Brief, erfolgen sollte. Die Höhe des vor der Anmeldung einzufordernden Betrages kann bereits in der 112 Satzung festgelegt werden. Ist nichts bestimmt, so entscheidet der Vorstand, der jedoch intern gemäß § 111 Abs 4 S 2 an die Zustimmung des Aufsichtsrats gebunden werden kann. Das Gesetz verlangt aber, damit die Gesellschaft angemeldet und eingetragen werden kann, als Mindestbetrag ein Viertel des geringsten Ausgabebetrags (§ 36a Abs 1) und außerdem, wenn die Aktien über pari ausgegeben werden, auch den Mehrbetrag (§ 36a Abs 1). Die Einforderung muss gleichmäßig sein (§ 53 a), es sei denn, dass bereits die Satzung unterschiedliche Höhen der Einzahlung vorsieht und damit verschiedene Aktiengattungen geschaffen hat, dazu die Erläuterungen zu § 11. Unter den gesetzlichen Mindestbetrag kann aber die Satzung bei keiner Aktiengattung heruntergehen. Zu weiteren Einzelheiten, insbes zur Einforderung höherer Beträge und zu freiwilligen Mehrleis-

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120 So auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 71 (der aber auch Zahlung an Vorgründungsgesellschaft so behandeln will); tendenziell schon BGH NJW 1992, 2698, 2699 = WM 1992, 1432, 1433; OLG Düsseldorf GmbHR 1994, 398 f; OLG Stuttgart, GmbHR 1995, 115, 118; siehe zum Ganzen auch Goette FS Priester, 2007, 95, 98 f; Ehlke ZGR 1995, 426, 454 ff, teilweise mit engerer Tendenz („rein technisch bedingte Ausnahmekonstellation“); aA (weitergehend) Schall S 142 f: nach der Deregulierung der Kapitalaufbringung für generelle Erfüllungswirkung nach den Grundsätzen der Vorausverfügung. 121 Ihr zust MünchKommAktG/Pentz Rdn 71. 122 Unklar: MünchKommAktG/Pentz Rdn 71, der zwar grds die Vornahme der Leistungshandlung ausreichen lassen will, die dann aber nicht nur in der in nahem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehenden Leistung mit klarer Zweckbestimmung an Vorgründungsgesellschaft oder künftigen Vorstand bestehen soll, sondern auch noch den isolierten Übergang in die Verfügungsgewalt des Vorstandes der Vor-AG, also doch wohl den Leistungserfolg, erfordere.

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tungen s schon die Ausführungen oben unter Rdn 104 f und 106; zur gemischten Einlage s Rdn 209. 5. Die ordnungsgemäße Einzahlung 113

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a) Grundsatz. Der eingeforderte Betrag muss „ordnungsgemäß“ eingezahlt sein. Indem das AktG zur näheren Erläuterung dessen, was es unter „ordnungsgemäß“ verstanden wissen will, durch den Klammerzusatz ausdrücklich auf § 54 Abs 3 Bezug nimmt, macht es die Erfüllung der Kriterien, die es dort als Voraussetzung für eine tilgungsgeeignete Leistung des vorweg einzuzahlenden Teils der Bareinlage aufgestellt hat, zugleich zum Anmelde- und damit zum Eintragungserfordernis. Die Einzahlung muss deshalb, damit die Gesellschaft eingetragen werden kann, in erfüllungswirksamer Weise unter Einhaltung der in § 54 Abs 3 vorgeschriebenen Form erfolgt sein. Als zulässige und damit zur Erfüllung der Verpflichtung zur Bewirkung der vor Anmeldung fälligen Teile der Bareinlage taugliche Leistungsformen kennt § 54 Abs 3 nur in gesetzlichen Zahlungsmitteln oder durch Gutschrift auf ein Konto bei einem Kreditinstitut oder einem nach § 53 Abs 1 Satz 1 oder § 53b Abs 1 Satz 1 oder Abs 7 des Gesetzes über das Kreditwesen tätigen Unternehmen der Gesellschaft oder des Vorstands, jeweils zur freien Verfügung des Vorstands. Diese Aufzählung der Formen erfüllungstauglicher Leistungsbewirkung, mit der das Gesetz dem Registergericht eine einfache Überprüfungsmöglichkeit effektiver Leistung der Bareinlage zur freien Verfügung des Vorstandes an die Hand geben will, ist jedenfalls für das Aktienrecht zwingend und abschließend.123 Die Zahlung muss mit der eindeutig erkennbaren Zweckbestimmung der Erfüllung der eingeforderten Bareinlageverpflichtung erfolgen. Diese Bestimmung muss der Leistung jedoch nicht notwendigerweise ausdrücklich beigegeben werden. Sie kann sich auch aus den Umständen, insbes der Summengleichheit des gezahlten Betrages mit der eingeforderten Einlage, ergeben. Der Zweck der Zahlung darf aber keinesfalls in der Schwebe bleiben. Wird mit nicht zuordenbarem Verwendungszweck gezahlt oder die Zweckbestimmung zunächst sogar offengehalten, so ist die Einlageschuld bei späterer Klarstellung oder Nachholung der Zweckbestimmung nur dann erfüllt, wenn der Betrag zu diesem Zeitpunkt noch gegenständlich unversehrt zur freien Verfügung des Vorstandes steht.124 Wird in einer vom Gesetz (§ 54 Abs 3) nicht zugelassenen Form geleistet, etwa in ausländischer Währung oder auf ein Konto im Ausland, so ist die Einlageverpflichtung nicht eher erfüllt und damit die Eintragungsfähigkeit der Gesellschaft gem § 36 Abs 2 nicht eher hergestellt, als sich die Leistung nicht in Form einer auf € lautenden Gutschrift auf einem inländischen Konto der Gesellschaft oder des Vorstandes oder als inländisches Bargeld in den Händen des Vorstandes oder seines Beauftragten befindet. Die näheren Einzelheiten gehören in die Erläuterungen zu § 54. Ohne Einfluss auf die Ordnungsgemäßheit der Einzahlung ist es hingegen, ob sie aus eigenen oder geliehenen Mitteln erfolgt, solange diese Mittel nicht gerade aus dem Vermögen der Gesellschaft selber stammen oder sie mit dem Finanzierungsrisiko des Einlegers belastet wird, dazu näher unten Rdn 150.

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123 So ausdrücklich BGHZ 119, 177, 188 f; MünchKommAktG/Pentz Rdn 46; KK/Arnold Rdn 27; Hüffer/ Koch Rdn 6; Hüffer ZGR 1993, 474, 475 f; Wiedemann ZGR 1991, 1257, 1264; Henze Höchstrichterliche Rspr zum Aktienrecht, RWS-Skript, 1994, 35 f. 124 BGHZ 51, 157 ff; sa BGH WM 1991, 454.

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Ebenso wenig ist persönliche Einzahlung der Einlagemittel geboten. Die Zahlung 118 kann unstreitig auch von einem Dritten für den Einleger geleistet werden. Bedingung ist dabei lediglich, dass die Gesellschaft die Mittel vorbehaltlos und unbelastet von etwaigen Rückforderungsansprüchen des Dritten aus seinem Innenverhältnis mit dem Einleger erhält. Die nämlichen Grundsätze gelten auch für den Fall, dass die Einlageansprüche einschließlich der Mindesteinlageforderung zediert worden sind. Dann tritt die hierfür erhaltene Gegenleistung an die Stelle der Bareinlage und muss in gleicher Weise zur freien Verfügung der Gesellschaft bzw des Vorstandes stehen (näher gleich Rdn 122). Des Weiteren muss die Zahlung, um nach dem in Bezug genommenen § 54 Abs 3 119 schuldbefreiende Wirkung zu haben und damit zugleich „ordnungsgemäß“ iS des § 36 Abs 2 zu sein, zur freien Verfügung des Vorstands erfolgt sein. Der Umstand, dass sich § 36 Abs 2 nicht mit dieser Verweisung auf § 54 Abs 3 begnügt, sondern das in dieser Bestimmung enthaltene Merkmal der freien Verfügung in § 36 Abs 2 ausdrücklich und nunmehr mit dem Zusatz „endgültig“ wiederholt, hat zu Zweifeln darüber geführt, ob die freie Verfügung in beiden Vorschriften als synonym zu verstehen ist, also tautologischen Charakter trägt, oder ob zwischen beiden ein sachlicher Unterschied besteht, dazu sogleich unten Rdn 135 ff; s aber auch schon oben Rdn 90 ff. b) Empfangszuständigkeit, Verbot der Leistung an Dritte. Zwingend geregelt ist 120 damit auch die ausschließliche Empfangszuständigkeit.125 Sie liegt (in Anerkennung der etablierten Dogmatik zur Vorgesellschaft, § 29 Rdn 3 ff) entweder bei der Gesellschaft oder beim Vorstand (in Reminiszenz zur früheren Rechtslage). Ausgeschlossen ist damit vor allem, und zwar selbst bei Einverständnis des Vorstands, eine schuldbefreiende Leistung des vor Anmeldung eingeforderten Einlageteils durch unmittelbare Leistung des Einlageschuldners an einen Dritten, insbes einen Gesellschaftsgläubiger zwecks Tilgung einer Gesellschaftsverbindlichkeit.126 Die allgemeine Bestimmung des § 362 Abs 2 BGB, die eine solche Leistung zulassen würde, wird insoweit durch die aktienrechtliche Sonderregelung des § 54 Abs 3 verdrängt (siehe schon Rdn 54).127 Die Zulassung der Erfüllung der Bareinlagepflicht durch Direktzahlung des Einlegers an einen Gesellschaftsgläubiger widerspräche nicht nur dem eindeutigen Gesetzeswortlaut. Darin läge angesichts der Umbrüche, die sich durch die Aufgabe des Vorbelastungsverbotes in der „Geschäftsgrundlage“ des Gesetzes vollzogen haben, kein unüberwindliches Hindernis. Tatsächlich dient § 54 Abs 3 nicht nur dem Zweck der effektiven Kapitalaufbringung im Interesse des Gläubigerschutzes. Jedoch würde überdies der Gesetzeszweck möglichst einfacher Nachprüfbarkeit der effektiven Erbringung der Bareinlage durch das Registergericht unterlaufen, weil das Registergericht anderenfalls zusätzlich das Bestehen der Gesellschaftsverbindlichkeit sowie ihre Vollwertigkeit, Liquidität und Fälligkeit zu überprüfen hätte. Daher ist an dem Ausschluss der Leistung an Dritte festzuhalten.

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125 BGHZ 119, 177 = NJW 1992, 3300. 126 Ganz HM, BGHZ 119, 177 = NJW 1992, 3300, 3302; MünchKommAktG/Pentz Rdn 46; Schmidt/Lutter/ Kleindiek Rdn 18; Schmidt/Lutter/Fleischer § 54 Rdn 27; Hüffer/Koch Rdn 6 und § 54 Rdn 12; Grigoleit/ Grigoleit/Rachlitz § 54 Rdn 15; Hüffer ZGR 1993, 474, 475 f; Mülbert ZHR 154 (1990), 145, 155; Wiedemann ZIP 1991, 1257, 1264; jetzt auch Ulmer/Ulmer GmbHG § 7 Rdn 42 (anders noch Hachenburg/Ulmer § 7 Rdn 38 und § 19 Rdn 44; ders GmbHR 1993, 191); aA KK/Drygala § 54 Rdn 65; MünchKommAktG/Bayer § 66 Rdn 74; ders GmbHR 2004, 445, 456 (jeweils für Zulässigkeit der Leistung an Dritte bei Befreiung der AG von vollwertiger und liquider Gegenforderung); grundlegend Ihrig S 276 ff (ohne Einschränkung). 127 Mülbert ZHR 154 (1990), 145, 155.

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Die von § 54 Abs 3 vorgesehene Überweisung auf ein Bankkonto führt im Regelfall zu keiner abweichenden Empfangszuständigkeit, weil die Bank nur als Zahlstelle fungiert und daher gerade nicht als Dritte iS des § 362 Abs 2 anzusehen ist.128 Das gilt grundsätzlich auch bei einer Zahlung auf ein debitorisches Konto, und zwar jedenfalls wenn und soweit dieses sich vor Zahlungseingang noch innerhalb einer eingeräumten Kreditlinie bewegt129 (siehe aber gleich noch Rdn 123 ff sowie zu dieser Problematik unter dem Blickwinkel der freien Verfügung Rdn 193 ff). Allerdings gibt es Sonderfälle, in denen dies zweifelhaft und daher die Erfüllungswirkung näher zu untersuchen ist.

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c) Zession der (Mindest)Einlageforderung. Zunächst liegt eine anerkannte Ausnahme von der bloßen Zahlstellenfunktion der Bank vor, wenn die Bank offen als Zessionarin der bezahlten Forderung auftritt.130 Dann wird sie selbst zum Leistungsempfänger und gerät ua in den Bereich des § 816 Abs 2 BGB. Für die Erfüllungsleistung nach § 54 Abs 3 bleibt das allerdings im Ergebnis ohne Relevanz. Zwar wird die Zession von Einlegforderung auch hinsichtlich des Mindesteinzahlungsbetrags grundsätzlich als möglich angesehen,131 wobei sie allgemein unter dem Vorbehalt eines vollwertigen Entgeltes steht (siehe im Einzelnen die Erläuterungen zu § 66).132 Das führt aber nicht dazu, dass in Abweichung von § 54 Abs 3 an einen anderen Gläubiger als an die Gesellschaft geleistet werden kann. Daher wird man bei Abtretung der Einlegeforderung über den Mindesteinzahlungsbetrag über das allgemeine Vollwertigkeitsgebot hinaus noch fordern müssen, dass das Entgelt für die Abtretung, soweit es die bis zur der Anmeldung zu zahlenden Bareinlagen betrifft, in einer dem § 54 Abs 3 entsprechenden Weise entrichtet und bei der Anmeldung nachgewiesen wird. Im Gegenzug fallen die erfüllungstechnischen Bindungen der §§ 54, 66 gegenüber dem Einlageschuldner fort. Wenn er später an die Bank als Zessionarin zahlt, ist dies gar nicht mehr die Einlageleistung nach § 54 Abs 3. Vielmehr ist der Vorgang in Anlehnung an die entsprechende Beurteilung im Bereich des § 171 HGB133 so anzusehen als habe die Zessionarin mit ihrer an die Gesellschaft entrichteten Gegenleistung für die Zession in Wahrheit als Dritte befreiend auf die Einlageschuld des Inferenten geleistet. Daraus erhellt, dass hier zumindest hinsichtlich des bis zur Anmeldung zu erfüllenden Teils der Bareinlage grundsätzlich nur ein „echter“ Forderungsverkauf in Betracht kommt, bei welchem der Gesellschaft sofort eine bare Gegenleistung in Form des § 54 Abs 3 zufließt, die sie dann nach §§ 36, 37 offen legen kann. Gleichstellen kann man dem noch, wenn die Abtretung zur Sicherung eines neuen, in der Form des § 54 Abs 3 an die Gesellschaft ausgereichten und bei der Anmeldung nachgewiesenen Darlehensbetrags erfolgt ist. Denn beide Konstellationen substituieren wirtschaftlich gesehen die unmittelbare Einziehung der Forderung. In allen anderen Fällen der Abtretung an Erfüllung statt, erfüllungshalber oder zur Sicherheit, wo dies nicht gleichermaßen der Fall ist, fehlt es hingegen an den für die Anmeldung notwendigen Barzuflüssen.

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128 BGHZ 53, 139 = NJW 1970, 464; BGHZ 69, 186 = NJW 1977, 2210; BGHZ 128, 135; BGH NJW 2007, 914; Staudinger/Olzen (2006) Vor §§ 362 ff. Rdn 33; MünchKommBGB/Fetzer § 362 Rdn 20; Erman/Westermann/ Buck-Heeb § 362 Rdn 8; Palandt/Grüneberg § 362 Rdn 10. 129 BGHZ 150, 197 = NJW 2002, 1716; BGHZ 119, 177 ff. 130 BGHZ 53, 139 = NJW 1970, 464. 131 MünchKommAktG/Bayer § 66 Rdn 67. 132 MünchKommAktG/Bayer § 66 Rdn 68. 133 Dazu insbes BGH NJW 1984, 874 f in Fortführung von BGHZ 63, 334; Heidel/Schall § 171 Rdn 70.

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d) Konto(ver)pfändung, gesperrtes oder debitorisches Konto aa) Die Problematik. Die (uneingeschränkte) Empfangszuständigkeit der Gesell- 123 schaft ist weiterhin zweifelhaft in Fällen der Kontopfändung, nach Pfandreife eines vertraglichen Pfandrechts, insbes auch der Bank selbst nach Nr 14.1 AGB-Banken bzw Nr 21.1 AGB-Sparkassen, oder bei sonstigen Sperrungen bzw Verfügungsbeschränkungen seitens der Bank. Hierher gehört auch der Fall BGHZ 96, 231 – BuM, wo die Mittel aus einer durchgeführten Barkapitalerhöhung auf ein Konto der Hausbank eingezahlt wurden, wo sie primär zur Rückführung einer durch andere Banken auf die anstehende Kapitalerhöhung geleisteten Vorfinanzierung eingesetzt werden mussten.134 Selbst wenn das Konto formal-juristisch betrachtet eines der Gesellschaft bleibt, 124 fehlt es doch an der vom Gesetz in § 54 Abs 3 vorausgesetzten alleinigen Empfangszuständigkeit hinsichtlich des gutgeschriebenen Betrags. In den Fällen der (Ver)Pfändung folgt dies bereits aus § 1282 BGB. In den anderen Fällen der Kontosperrung ergibt sich das daraus, dass die Bank (zumindest intern im Verhältnis zur AG) über ihre Funktion als bloße Zahlstelle hinaus wächst und selbst im eigenen Namen als Empfänger der auf das Konto erfolgenden Gutschriften hervortritt. So betrachtet wird in diesen Fällen nicht mehr (nur) die Bareinlage geleistet, sondern (damit zugleich) die Forderung eines Dritten gegen die Gesellschaft beglichen. Dementsprechend hielt der BGH in BuM dafür, dass hier eigentlich eine Sacheinlage vorzunehmen gewesen wäre.135 In Betracht kommt die Befreiung der Gesellschaft von der Drittgläubigerforderung, was nach hM allerdings eine Bewertung derselben erfordert,136 die in Krisensituationen typischerweise mit Abschlägen vom Nennwert verbunden sein wird. In diesen Fällen kann man überdies am Vorliegen freier Verfügung des Vorstandes zweifeln (dazu noch Rdn 193 ff). Ganz ähnliche Bedenken wie bei gepfändeten oder gesperrten kreditorischen Konten 125 bestehen auch bei Einzahlung auf ein debitorisches Konto. Diese ist nur dann unproblematisch, wenn sich der Kontostand schon vor der Einzahlung innerhalb eines fest eingeräumten Kreditrahmens bewegt und die AG daher weiter frei über den Betrag disponieren kann. Andernfalls, wenn die Kreditlinie überschritten bzw das Konto bereits gesperrt ist, tritt eine unmittelbare Verrechnung der Einlageleistung (genauer gesagt der Forderung der Gesellschaft gegen die Bank auf die Vornahme einer Auszahlung oder sonstiger Verfügungen über die Summe) mit dem Gegenanspruch der Bank auf Rückführung des Debet. Das führt dann im wirtschaftlichen Ergebnis ebenfalls wieder zu einer unmittelbaren Drittleistung an die Bank als Gesellschaftsgläubiger, die unproblematisch nur als Sacheinlage vorzunehmen ist.137 Für zulässig hat es der BGH daher lediglich noch erachtet, wenn die Bank im Gegenzug für die Verrechnung auf dem Empfangskonto andere Kredite auf anderen Konten eingeräumt hat.138 bb) Stellungnahme. Nach hier vertretener Auffassung ist sowohl bei Kon- 126 to(ver)pfändung als auch beim debitorischen Konto uneingeschränkt eine ordnungsgemäße Einlageleistung anzunehmen, und zwar sowohl unter dem Aspekt der Empfangszuständigkeit als auch unter dem eng damit verbundenen Aspekt der freien Verfü-

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134 Bisweilen wird der Fall als Beispiel für die Zurechenbarkeit von Leistungen an und durch nahestehende Dritte genannt (vgl etwa BGHZ 110, 47 = NJW 1990, 982, 986; genauer dagegen BGHZ 125, 141 = NJW 1994, 1477 f), was er aber nicht ist. 135 BGHZ 96, 231 = NJW 1986, 837, 840. 136 Vgl nur MünchKommAktG/Bayer § 66 Rdn 71; kritisch Schall S 144 ff. 137 BGHZ 119, 177 = NJW 1992, 3300; BGH NJW 1991, 226 = ZIP 1990, 1400 = WM 1990, 1820 (zur GmbH). 138 BGHZ 150, 197 = NJW 2002, 1716.

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gung. Das weicht zum Teil von der hM ab. Es ergibt sich aber aus den folgenden Erwägungen: Aus Sicht der Empfangszuständigkeit ist festzustellen, dass sich die Kontoinhaberschaft der Vor-AG in diesen Konstellationen nicht verändert, ebenso wenig die Rolle der Bank als Zahlstelle (anders bei der offen gelegten Zession, eben Rdn 122). Die große wirtschaftliche Nähe zu den nach § 54 Abs 3 verbotenen Drittleistungen ist zwar nicht zu bestreiten. Das Argument schlägt aber nicht durch, da der maßgebliche Unterschied zu jenen Konstellationen darin liegt, dass der Nachweis gegenüber dem Registergericht hier anders als dort nicht erschwert wird (zu diesem Zweck Rdn 120). Aus Sicht der freien Verfügung ist einzuräumen, dass der BGH in seiner Rechtsprechung auch nach Aufgabe des Erfordernisses der fortdauernden wertmäßigen Deckung immer noch beachtliche Schranken für die Erfüllungswirkung in solchen Fällen aufgestellt hat. Nach Rechtsprechung und ihr folgender hM liegt freie Verfügung bei der Zahlung auf ein debitorisches Konto nur vor, wenn sich die Überziehung vorher noch vollumfänglich innerhalb der eingeräumten Kreditlinie gehalten hat oder wenn stattdessen andere Kreditlinien auf anderen Konten eröffnet wurden, so dass der Vorstand jederzeit real auf die Einlegleistung zugreifen und sie wieder verausgaben kann.139 Folgt man dem, wäre auch Leistungen auf gepfändete oder von der Bank gesperrte Konten mangels freier Verfügung des Vorstandes keine Erfüllungswirkung beizumessen.140 Jedoch ist der Rechtsprechung des BGH nicht zu folgen. Denn sie hält zumindest für den Zeitpunkt der Leistungserbringung immer noch an einem realen Aufbringungselement fest, obwohl dieses nach dem Zweck des Gebots der freien Verfügung nicht mehr erforderlich und daher für den Zeitpunkt der Anmeldung zu Recht aufgegeben worden ist (oben Rdn 75 f). Der BGH hat (obzwar nur bezüglich der Kapitalerhöhung) selbst statuiert, dass die Erklärung der Leistung zur endgültig freien Verfügung in der Anmeldung lediglich den Eintritt der Erfüllungswirkung und das Fehlen von Rückflussabreden bedeutet. Auf das reale oder wertmäßige Vorhandensein des Leistungsgegenstandes im Gesellschaftsvermögen komme es nicht an. MaW: Das Vorliegen der freien Verfügung ist allein aus dem Verhältnis des Inferenten zur Gesellschaft zu bestimmen. Das weitere Schicksal des Leistungsgegenstandes in der Hand der Gesellschaft ist unerheblich – und muss es nach dem Fortfall des Vorbelastungsverbotes auch sein. Wenn dem so ist, kann aber für die freie Verfügung im Zeitpunkt der Leistungserbringung nichts anders gelten. Auch sie ist allein aus der zivilrechtlichen Erfüllungswirkung zu bestimmen und liegt vor, wenn keine schädlichen Rückfluss- oder Verwendungsabreden getroffen worden sind. Und auch hier muss unerheblich sein, wenn die Verfügungsmacht des Vorstandes aufgrund von Vorgängen, die allein in der Sphäre der Gesellschaft verortet sind, eingeschränkt wird. Das ergibt sich aus den folgenden drei Gründen: Zunächst geht es um den systematischen Gleichlauf. Die Präsens-Formulierung des Gesetzes in § 36 Abs 2 („zur freien Verfügung … steht“) fordert, dass genau die Voraussetzungen, die bei der Leistungserbringung vorlagen, nach wie vor und nunmehr endgültig gegeben sein müssen. Erfordert das Gesetz bei der Anmeldung kein gegenständli-

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139 BGHZ 150, 197 = NJW 2002, 1716; BGHZ 119, 177 = NJW 1992, 3300; BGH NJW 1991, 226 = ZIP 1990, 1400 = WM 1990, 1820 (zur GmbH); MünchKommAktG/Pentz Rdn 68; KK/Arnold Rdn 44; Spindler/ Stilz/Döbereiner Rdn 21; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 22; Hüffer/Koch Rdn 8; Hölters/Solveen Rdn 16; Hommelhoff/Kleindiek ZIP 1987, 477, 491; Hüffer/Koch Rdn 8; Hommelhoff/Kleindiek ZIP 1987, 477, 491; Priester DB 1987, 1473 ff; K. Schmidt AG 1986, 106, 110. 140 MünchKommAktG/Pentz Rdn 69; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 20; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 22; Wachter Rdn 17; Hommelhoff/Kleindiek ZIP 1987, 477, 490; aus der Rechtsprechung, freilich vor Aufgabe des Vorbelastungsverbots, BGH WM 1962, 644; OLG Hamburg, AG 1980.

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ches oder wertmäßiges Vorhandensein mehr, kann es dies auch nicht bei der Leistungserbringung nach § 54 Abs 3 verlangt haben. Andernfalls müsste es heißen „stand“ und wäre „endgültig“ zu streichen. Weiter als dieses eher technische Argument trägt, dass die vorbehaltlose Mittelauf- 132 bringung und die Verwendungsfreiheit gegenüber den Gründern nach Wegfall des Vorbelastungsverbots der einzig verbliebene Zweck des Gebots der freien Verfügung sind (Rdn 49 ff, 61 ff und 68 ff). Die Hände des Vorstandes müssen, ja sollen dadurch nicht gebunden werden. Unter diesem Aspekt sind etwaige Verfügungsbeschränkungen, denen der Vorstand mit Bezug auf das Konto unterliegt, aber nicht zu rügen. Denn sie werden ihm nicht – verbotenerweise – von den Gründern aufoktroyiert, sondern sind lediglich Konsequenz seines freien unternehmerischen Leitungshandelns, welche das Gebot der freien Verfügung sogar gegen die Gründer abzusichern sucht (Rdn 61 ff). Solche Verfügungsbeschränkungen engen die Freiheit des Vorstandes nach § 76 nicht ein, sondern beruhen im Gegenteil darauf, dass er sie bereits im Vorfeld betätigt und dabei bestimmte Rechtsgeschäfte bindend herbei geführt hat. Hiergegen haben nach Wegfall des Vorbelastungsverbotes aber nicht mehr die §§ 36 Abs 2, 54 Abs 2, sondern nur noch die Regeln der Unterbilanzhaftung zu schützen. Mit dieser Auslegung wird auch der Konflikt zum allgemeinen Zivilrecht überwun- 133 den, wo die wirksame Leistungserbringung selbstverständlich nicht erfordert, dass der Gläubiger über die erhaltene Leistung anschließend frei disponieren kann. Es erscheint wertungsmäßig nicht angemessen, die befreiende Wirkung der Leistung durch Umstände zu verhindern, die allein in der Sphäre des Gläubigers verortet sind und auf die der Inferent konkret gar keinen Einfluss haben muss. Denn der Schuldner hat getan, was er sollte und der Gesellschaft gegeben, was er schuldig war. Dies war ja geradezu die Voraussetzung, dass die seitens der Gesellschaft bereits im Voraus getroffene Verfügung überhaupt Wirkung entfalten konnte. Völlig unbegreiflich muss aus dieser Perspektive erscheinen, warum der Ausschluss 134 der Erfüllung nur eingreifen sollte, wenn die Verfügungsbeschränkung auf Seiten der Gesellschaft sogleich bei der (allgemein zivilrechtlich wirksamen) Leistungserbringung besteht, nicht aber, wenn diese Beschränkung eine Minute später eintritt. Spitzt man diesen Gedankengang zu, müsste es man ernstlich überlegen, ob man die alte Lehre zur Wirkung von Vorausverfügungen wieder aufgreift, die von einer logischen Sekunde des lastenfreien Erwerbs vor dem Eintritt jedweder im Voraus verfügter oder gesetzlich bestehender Lastwirkungen ausging. Denn mit ihr wären vorbestehende Belastungen wohl weitgehend unschädlich. Zuletzt: Fehlt dem Inferenten die Kenntnis von der Belastung, steht eine Ablehnung der Erfüllungswirkung überdies im Widerspruch zum § 407 BGB. Bei Beschränkung des Gebots der freien Verfügung auf die vorbehaltlose Mittelaufbringung im Verhältnis zwischen Inferent und Gesellschaft entfallen alle diese Einwände umgehend. 6. Die freie Verfügung des Vorstandes über den eingezahlten Betrag a) Die gespaltene Auslegung bei Gründung und Kapitalerhöhung. Mit dem so- 135 wohl in § 54 Abs 3 als Tilgungsvoraussetzung als auch in § 36 Abs 2 als Anmelde- und damit als Eintragungserfordernis enthaltenen Merkmal der freien Verfügung des Vorstandes über den eingezahlten Betrag, für dessen Erfüllung die Anmelder durch ihre bei der Anmeldung abzugebende Erklärung (§ 37 Abs 1) die haftungs- (§§ 44, 46) und strafrechtliche (§ 399 Abs 1 Nr 1, dazu die dortigen Erläuterungen) Verantwortung zu übernehmen haben, wollte der Gesetzgeber eine zusätzliche, allein mit der Verpflichtung zur Einzahlung nach den in der Vergangenheit gemachten Erfahrungen nicht zu erreichende 405

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Gewähr dafür schaffen, dass die eingezahlten Mittel der Gesellschaft auch tatsächlich als Betriebsmittel und Haftungsfond für ihren Geschäftsbetrieb zur Verfügung stehen; s dazu ausführlich schon oben Rdn 49 ff und § 27 Rdn 2 ff. Nach dem gegenwärtigen Stand der Rechtsprechung des BGH unterliegt das Gebot 136 der endgültigen freien Verfügung dabei einer gespaltenen Auslegung, je nachdem, ob es um eine Kapitalerhöhung oder um eine Gründung geht. Im ersteren Fall kommt es lediglich auf die vorbehaltlose und endgültige Leistung an die Gesellschaft an, während im zweiten Fall zusätzlich noch das Erfordernis wertgleicher Deckung zu berücksichtigen ist. Die Kommentierung beginnt daher mit den weniger weitgehenden Anforderungen im Rahmen der Kapitalerhöhung, da diese nicht etwa ein Aliud, sondern lediglich ein Minus zu den Vorgaben bei der Gründung darstellen. 137

b) Der Inhalt der freien Verfügung (bei der Kapitalerhöhung): Eintritt der Befreiungswirkung und Fehlen von Rückflussabreden. Im Rahmen der Kapitalerhöhung ist dem Erfordernis der freien Verfügung bereits damit genügt, dass die Einlageleistung mit befreiender Wirkung an die Gesellschaft erbracht ist (siehe oben, Rdn 75 f): BGH NZG 2005, 976 LS 3: „Die Angabe darüber, dass der auf eine Kapitalerhöhung 138 einer Aktiengesellschaft eingezahlte Betrag sich endgültig in der freien Verfügung des Vorstandes befinde (§§ 188 Abs 2, 37 Abs 1 AktG), bezieht sich nur auf die Voraussetzungen für die Erfüllung der Einlageschuld und besagt nicht, dass die Einlage noch unverändert im Gesellschaftsvermögen vorhanden sei.“ 139 Voraussetzungen der Erfüllungswirkung ist die ordnungsgemäße (Rdn 113 ff) Leistung zur freien Verfügung. Diese wurde in BGHZ 150, 197 = NZG 2002, 522 LS 2 wie folgt präzisiert: „Bei einer Kapitalerhöhung ist die Bareinlage schon dann zur (endgültig) freien Verfügung der Geschäftsführung geleistet worden, wenn sie nach dem Kapitalerhöhungsbeschluss in ihren uneingeschränkten Verfügungsbereich gelangt ist und nicht an den Einleger zurückfließt.“ 141 140 Daraus ergeben sich zwei Merkmale der freien Verfügung: Eingang in den unbeschränkten Verfügungsbereich der Gesellschaft und Freiheit von Rückflussabreden. 141

aa) Der uneingeschränkte Verfügungsbereich: Mit diesem Merkmal messen Rechtsprechung und hM dem Erfordernis der freien Verfügung im Rahmen des § 54 Abs 3 noch eine gegenständliche Restbedeutung bei. Verlangt wird, dass die Gesellschaft die Einlageleistung tatsächlich erhält und in diesem Moment frei darüber verfügen kann. Paradigmatisch ist die Einzahlung auf debitorische Konten. Sie führt zur Erfüllung, wenn der Vorstand über den erhaltenen Einlagebetrag noch tatsächlich frei verfügen kann, weil ihm noch Kreditlinien seitens der Bank offen stehen. Andernfalls fehlt es an der notwendigen uneingeschränkten Verfügungsmacht. So sehr sich diese Deutung nach dem Wortlaut auch aufdrängen mag, hat sie doch 142 nach Aufgabe des Vorbelastungsverbots und überdies (für die Kapitalerhöhung) auch noch des Deckungsgebots ihre teleologische Basis und damit ihre Berechtigung verloren

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141 Trotz einiger Unterschiede ist diese Definition der freien Verfügung im Wesentlichen unstr, s insbes MünchKommAktG/Pentz Rdn 48; KK/Arnold Rdn 30; KK/Lutter (2. Aufl) § 54 Rdn 46; Hüffer/Koch Rdn 7; Hölters/Solveen Rdn 15; aus der Rechtsprechung OLG Frankfurt/M AG 1991, 402, 403; OLG Koblenz ZIP 1986, 1559, 1561. Die Voraufl formulierte hierzu: Die gesetzliche Forderung nach freier Verfügung (Verfügbarkeit) ist erfüllt, wenn die eingezahlten Barmittel der Gesellschaft unter endgültigem Ausscheiden aus dem Vermögens- und Herrschaftsbereich des Einlegers vorbehalt- und risikolos so zugeflossen sind, dass ihr Vorstand tatsächlich und rechtlich in der Lage ist, über sie nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen (§ 76) unter Beachtung seiner Vorstandsverantwortung (§ 93) im Gesellschaftsinteresse frei von Vorgaben des Leistenden oder Dritter zu disponieren.

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(eingehend eben schon, Rdn 129 ff). Für die Praxis ist natürlich gleichwohl von dieser weit verbreiteten Lesart auszugehen. Bedeutung hat die Sicht des BGH und der hM neben der bereits erörterten Konstellation der debitorischen oder gesperrten Konten für alle Einlageleistungen (Bar- wie Sacheinlagen), bei welchen der Einlegegenstand auf Seiten der Gesellschaft aufgrund vorbestehender Vorausverfügungen unmittelbar weiterveräußert oder belastet wird. Denn in solchen Fällen kann der Vorstand nicht mehr „frei“ über die Einlage verfügen. Ein typisches Szenario sind Sicherungskonstellationen. Eingebrachte Sachen werden von einer Sicherungsübereignung, eingebrachte Forderungen von einer Globalzession, eingebrachte Anteile von einer Verpfändung erfasst. Schließt man sich für solche Fälle nicht der hier vertretenen, sehr restriktiven Sicht des Gebots der freien Verfügung an, bleibt als ein möglicher Ausweg, den Eintritt der Belastung in dinglicher Hinsicht auszuschließen und eine bloße Verpflichtung zur Belastung einzugehen, die im Anschluss an die lastenfreie Einbringung vom Vorstand erfüllt wird. Denn hier wäre der Vorstand in der Verfügung frei, da kein Automatismus einträte und er sich zur Erfüllung entscheiden kann. Eine andere Möglichkeit ist, die bevorstehende Belastung oder Verfügung bereits im Einbringungsvorgang zu antizipieren und den Einlagegegenstand entsprechend auszuweisen und zu bewerten. In den Fällen der gepfändeten oder gesperrten Konten muss man an die Stelle der Bareinlage die Sacheinlage „Befreiung von einer Gesellschaftsschuld“ durch Leistung an den betreffenden Gesellschaftsgläubiger (typischerweise die Bank) nach § 267 Abs 1 BGB setzen. Dabei werden freilich nach herrschender,142 wenngleich nicht unbedingt überzeugender Sicht143 in Krisenzeiten Bewertungsabschläge vorzunehmen sein (näher § 27 Rdn 183 ff). Bei Sacheinlagen muss man die Belastung antizipieren. Das Gebot der freien Verfügung steht der Einbringung belasteter Gegenstände nämlich nicht entgegen, wenn und weil auch solche einen wirtschaftlichen Wert darstellen (§ 27 Rdn 111 ff und 134). Ihm ist genügt, wenn die Gesellschaft so viel erlangt, wie auch der Inferent hatte. Dabei ist die (anstehende) Belastung bei der Bewertung zu berücksichtigen, was zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann. Während bei nicht abgezahlten Grundstücken die offene Belastung immer vom Wert abzuziehen ist, kann die Einbeziehung des Einlagegegenstandes in eine standardmäßige pauschale Sicherungsübertragung dann, wenn eine Inanspruchnahme fern liegt, auch gänzlich ohne Abschläge über die Bühne gehen. Problematisch, wenn auch eher von theoretischem Interesse, erscheint nach der hM auch der Fall des Geheißerwerbs. Wenn der Inferent eine bewegliche Sache einzubringen hat, die er im Rahmen einer Lieferkette auf Geheiß der Gesellschaft sogleich an einen Dritten liefert, hat er nach zivilrechtlicher Sicht an die Gesellschaft erfüllt (§ 362 Abs 1 BGB), da er nach den Regeln des Geheißerwerbs direkt an die Gesellschaft übereignet hat (§ 929 S 1 BGB). Diese hat die Einlage aber niemals real in ihrer unbeschränkten Verfügungsmacht gehabt. Da die Übereignung sogleich mit der Übergabe und Übereignung an den Dritten wirksam wurde. Auch das wird die hM – anders als die hier vertretene Sicht – nicht als Einlageleistung anerkennen können. Stattdessen wird auf die Einlage der Befreiung der Gesellschaft vom Anspruch des Dritten abzustellen sein. Werden die vorstehenden Wege einer offenen Sacheinlage nicht beschritten, kann die Einlagepflicht nach hM wegen der fehlenden freien Verfügung nicht erfüllt werden. Die Regeln der verdeckten Sacheinlage nach § 27 Abs 3 greifen freilich nur durch, wenn

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142 ZB Priester DB 2010, 1445. 143 Siehe Cahn/Simon/Theiselmann DB 2010, 1629 ff; Schall S 144 ff; ders ZGR 2009, 126, 148 ff; Cavin S 298 ff.

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dem Inferenten die Verfügungsbeschränkungen auf Seiten der Gesellschaft bekannt waren,144 da er dann an der Umgehung bewusst mitgewirkt hat. 147

bb) Die Freiheit von Rückflussvereinbarungen. Angesichts des Ziels der gesetzlichen Vorgabe, eine effektive Kapitalzufuhr sicherzustellen oder negativ gewendet, Scheinzahlungen und verwandten Vorgängen sowie überhaupt finanziellen Transaktionen vorzubeugen, bei denen die verlautbarten Mittel zwar äußerlich einwandfrei eingelegt, in der Folge aber, vor allem wegen Rückflusses der Einlagemittel an den Einleger, dem Vorstand gleichwohl nicht zur Verwendung nach eigenem Ermessen für den Geschäftsbetrieb der Gesellschaft zur Verfügung stehen (oben Rdn 61 ff) fehlt es an einer Einlageleistung zur freien Verfügung des Vorstandes unter dem Aspekt der Rückflussvereinbarungen vor allem in den nachfolgend behandelten Fällen:

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(1) Scheinzahlungen.145 Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass entweder schon der Zahlungsvorgang nur vorgetäuscht oder aber ein der eingeforderten Summe entsprechender Barbetrag zwar zunächst übergeben oder ein entsprechender Betrag dem Gesellschaftskonto gutgeschrieben wird, dabei aber zwischen den Beteiligten Einverständnis besteht, dass der Gegenwert nicht der Gesellschaft als Einlage zufließen soll, sondern der dem Vorstand ausgehändigte Betrag oder Scheck sogleich zurückgegeben, der gutgeschriebene Betrag oder Scheck zurückgebucht werden soll. Im erstgenannten Fall fehlt es schon an einem Übergabeakt, im zweiten an dem Willen zur Eigentumsverschaffung, in allen drei Fällen jedenfalls an dem Willen zur Erfüllung der Einlageschuld. Ein effektiver Mittelzufluss bei der Gesellschaft iS des § 54 Abs 3 findet nicht statt.

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(2) Verwandte Vorgänge fehlenden effektiven Mittelzuflusses oder eintragshindernden Rückflusses zunächst eingezahlter Mittel. An einer Leistung zur freien Verfügung fehlt es ferner in allen weiteren Fällen, in denen, auch ohne dass der Zahlungsvorgang als Scheinzahlung (eine Abgrenzung wird aber häufig kaum möglich sein) bezeichnet werden kann, trotz äußerlich ordnungsgemäßer Einzahlung entweder von vornherein kein effektiver Mittelzufluss bei der Gesellschaft stattfindet oder der eingezahlte Betrag bei der Anmeldung bereits wieder (mit oder ohne Rechtsgrund) an den Einleger oder an eine ihm zurechenbare dritte Person (Rdn 155) zurückgeflossen ist.146 Auch in diesem Fall fehlt es bereits an einer zur Tilgung der Bareinzahlungspflicht geeigneten Zahlung zur freien Verfügung nach § 54 Abs 3 (siehe schon Rdn 53 ff). Infolgedessen

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144 In BGHZ 96, 231 = NJW 1986, 837, 840 BuM waren sie das offenbar nicht. 145 AllgM, BGHZ 113, 335, 347 = NJW 1991, 1754, 1756; BGH NZG 2004, 618; MünchKommAktG/Pentz Rdn 55; KK/Arnold Rdn 31; Hölters/Solveen Rdn 16; Hommelhoff/Kleindiek ZIP 1987, 477, 490; s schon die oben Rdn 50 mitgeteilten missbräuchlichen Praktiken, die zur Einführung des Vorgängers der jetzigen gesetzlichen Regelung geführt haben; s ferner RG JW 1911, 514; RG JW 1912, 950; RG JW 1915, 356; RG JW 1927, 1698; RGZ 157, 213, 225; OLG Frankfurt/M. AG 1991, 402, 403 f; BGH WM 1990, 157, 159. 146 BGH NZG 2012, 1067; BGHZ 185, 44 = NZG 2010, 702, 704 Tz 14 – AdCoCom; BGHZ 184, 158 = NZG 2010, 343 – Eurobike; BGHZ 182, 103 = NZG 2009, 944 = NJW 2009, 3091 = ZIP 2009, 1561 Tz 32 – Cash-Pool II; BGH NZG 2008, 311 = NJW-RR 2008, 843 = ZIP 2008, 643; BGH NZG 2008, 511 = NJW-RR 2008, 1067 = ZIP 2008, 1281; BGHZ 174, 370 = NZG 2008, 143; BGHZ 171, 113 = NZG 2007, 300 = NJW 2007, 3285 – Friedrich Flender AG; BGHZ 170, 47 = NZG 2007, 144 = ZIP 2007, 178; BGH NZG 2006, 716 = NJW-RR 2006, 1630; = ZIP 2006, 1633; BGHZ 166, 8 = NZG 2006, 344 = NJW 2006, 1736 – Cash-Pool I; BGHZ 165, 113 = NZG 2006, 24; BGH NZG 2004, 618 = ZIP 2004, 1046; BGHZ 153, 107 = NZG 2003, 168 = NJW 2003, 825; BGH NZG 2002, 132 = NJW 2001, 3781; BGHZ 122, 180, 184 = NJW 1993, 1983; BGHZ 113, 335 = NJW 1991, 1754; BGH BeckrRS 1974, 31122822 = WM 1975, 177; BGHZ 28, 77 = NJW 1958, 1351; RGZ 157, 213, 225; RGZ 98, 276, 277; RGZ 47, 180, 185; OLG Koblenz AG 1987, 88 = ZIP 1986, 1559; MünchKommAktG/Pentz Rdn 57 ff; KK/Arnold Rdn 32; Hüffer/Koch Rdn 8 f.

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kann auch keine ordnungsgemäße Einzahlung iS von § 36 Abs 2 vorliegen. Die Gesellschaft kann, solange dieses Hindernis nicht ausgeräumt ist, nicht eingetragen werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn es sich um eine legitime Rückflussvereinbarung nach § 27 Abs 4 (Rdn 58) oder nach den richterrechtlichen Grundsätzen zur Zulässigkeit von Dienstleistungsvereinbarungen im Zuge der Gründung (Rdn 59) handelt. (a) Her- und Hinzahlen. An einer effektiven Kapitalzufuhr fehlt es insbes dann, 150 wenn die Mittel mit denen der Einleger seine Bareinlagepflicht erfüllt, aus dem Vermögen der Gesellschaft selber stammen (Her- und Hinzahlen, siehe auch § 27 Rdn 293 u 386).147 Diese Voraussetzung ist auch dann gegeben, wenn die Gesellschaft dem Einleger ein Darlehen gewährt hat, mit dessen Hilfe er seine Einlage erbringt, oder bei Fremdfinanzierung der Einlage die Mithaftung für den Rückzahlungsanspruch des Gläubigers in gleich welcher Form übernommen hat (Bürgschaft, Garantie, Schuldmitübernahme, Haftung der AG für einen ihr zur Bezahlung der Einlageschuld übergebenen, von ihr diskontierten und dem Einlagekonto gutgeschriebenen Wechsel etc).148 Eine nachträgliche, die zunächst erbrachte effektive Kapitalzufuhr wieder aufhebende und damit einer Rückzahlung der Einlage gleichstehende Kreditierung der Einlageleistung ist im Zweifel dann anzunehmen, wenn die Gesellschaft nach Zahlung des Einlagebetrages dem Einleger ein Darlehen gibt oder die Mithaftung für eine von ihm in Anspruch genommene Finanzierung übernimmt.149 (b) Hin- und Herzahlen. An der freien Verfügung des Vorstandes fehlt es ferner, 151 wenn der zunächst ordnungsgemäß eingezahlte Betrag im Zeitpunkt der Anmeldung bereits wieder an den Einleger zurückgeflossen ist.150 Denn was sich in dem vom Gesetz in § 36 Abs 2 Satz 1 für maßgeblich erklärten Moment der Anmeldung nicht mehr im Vermögen der Gesellschaft befindet, kann dort auch nicht mehr zur Verfügung und schon gar nicht zur endgültig freien Verfügung des Vorstandes stehen. Solche Rückzahlungen stehen dem Eintritt von Erfüllungswirkung nach §§ 54 Abs 3, 36 Abs 2 entgegen (Grund: gesetzlicher Erfüllungsvorbehalt, siehe oben Rdn 101).151 Zu der speziellen Problematik der Verwendung eingelegter Mittel zur Bezahlung von 152 Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber dem Einleger s unten Rdn 172 ff. Zur Rückzahlung der Einlage zwischen Anmeldung und Eintragung s unten Rdn 163 ff.

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147 BGHZ 184, 158 = NZG 2010, 343, 345 f Tz 24; NZG 2006, 716 = NJW-RR 2006, 1630 = ZIP 2006, 1633 (LS 2); NZG 2004, 618 = ZIP 2004, 1046; BGHZ 153, 107 = NZG 2003, 168, 169; BGHZ 122, 180, 184 = NJW 1993, 1983; BGHZ 28, 77 = NJW 1958, 1351; MünchKommAktG/Pentz Rdn 57; KK/Arnold Rdn 32; Hüffer/Koch Rdn 8. 148 BGHZ 28, 77 f; OLG Köln WM 1984, 740, 742; OLG Hamburg ZIP 1985, 1488, 1491; OLG Frankfurt/M AG 1991, 402, 403 f; MünchKommAktG/Pentz Rdn 57; KK/Arnold Rdn 32; Hüffer/Koch Rdn 8. 149 MünchKommAktG/Pentz Rdn 59. 150 BGHZ 113, 335, 348 = NJW 1991, 1754; BGH NJW 1998, 1951 = ZIP 1998, 780; BGH NZG 2002, 45 bzw 132 = NJW 2001, 3781= ZIP 2001, 1997; BGHZ 153, 107 = NZG 2003, 168; BGH NZG 2004, 618; BGHZ 174, 370 = NZG 2008, 143. 151 Ebenso BGH NZG 2004, 618: „Eine Erfüllungswirkung kommt, ohne dass der naheliegenden Möglichkeit eines Scheingeschäfts näher nachgegangen zu werden braucht, angesichts des überaus engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Ein- und Auszahlung nicht in Betracht. Es fehlt an einer effektiven Zufuhr der Bareinlage, durch die der Einleger seine Verfügungsmacht über die Barmittel endgültig und ohne Vorbehalte zu Gunsten der Gesellschaft aufgibt.“ Demgegenüber nimmt die Voraufl Rdn 37 an, dass die eingetretene Erfüllungswirkung der Einzahlung wieder aufgehoben wird. Hiergegen bestehen aber allgemein zivilrechtliche Bedenken, siehe oben Rdn 101.

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Auf die Nämlichkeit der Mittel kommt es in keinem dieser Fälle an. Es reicht deshalb für den Ausschluss der freien Verfügung, dass der Einleger zeitgleich mit der Einzahlung seiner eingeforderten Einlage oder in der Zeit zwischen Einlageleistung und Anmeldung152 von der Gesellschaft Zahlungen (geldwerte Leistungen) erhalten hat, die keinen anderen Rechtsgrund haben als ihm die Aufbringung der Einlage aus seinem eigenen Vermögen zu ersparen.153 154 Bei Auszahlungen an den Einleger, die bereits vor Anmeldung erfolgen, ist eine solche schlichte Einlagerückzahlung wegen des engen zeitlichen Zusammenhangs mit dem Einzahlungsvorgang auch dann (widerlegbar) zu vermuten, wenn der Gesellschaft außer den eingeforderten Bareinlagen noch weitere Mittel, etwa infolge freiwilliger Mehreinzahlungen von Einlegern oder bereits erzielter Gewinne, zur Verfügung stehen sollten. 155

(c) Beteiligung zurechenbarer Dritter. Den vorstehend (Rdn 148 ff) erörterten Fällen fehlender Mittelzuführung oder aufbringungsschädlicher Rückzahlung der Einlage an den Einleger steht es gleich, wenn die Finanzierung der Einlageleistung oder die rechtsgrundlose Rückzahlung nicht durch die Gesellschaft selber erfolgt, sondern an oder durch zurechenbare Dritte,154 so insbesondere, wenn auf ihre Anweisung durch ein ihr verbundenes Unternehmen oder umgekehrt an ein mit dem Einleger verbundenes Unternehmen oder eine mit ihm wirtschaftlich als Einheit zu betrachtende natürliche oder juristische Person vorgenommen wird. Entsprechendes gilt auch ohne das Bestehen konzernrechtlicher Abhängigkeitsverhältnisse, wenn die Rückzahlung auf Anweisung der Gesellschaft und ihre Rechnung durch einen Dritten erfolgt (vgl § 16 Abs 4). Auch in diesem Fall steht die Zahlung an eine andere Person als den Einleger der Leistung an diesen gleich, sofern sie aufgrund der zwischen dem Einleger und dem Leistungsempfänger bestehenden Beziehungen dem Einleger als eine zu seinen Gunsten erbrachte Leistung zugerechnet werden kann. Die Kapitalaufbringungsvorschriften können also nicht durch die Zwischenschaltung dritter Personen auf der einen und/oder anderen Seite umgangen werden. Nach der Rspr des BGH (NZG 2011, 667; BGHZ 150, 197 = NZG 2002, 522) ist die Abrede, die Einlage zur Ablösung einer vom Inferenten besicherten Drittforderung zu verwenden, weder eine verdeckte Sacheinlage, da der künftige Regressanspruch des Inferenten noch nicht einlagefähig und zudem mit der Zahlung erlischt, noch ein verbotenes Hin- und Herzahlen, da der Empfang des Dritten den Inferenten zwar begünstigt, aber nicht zurechenbar ist. Nach hier vertretener Sicht sind solche Abreden bei der AG nicht möglich (vgl Rdn 176 ff). Will man dem nicht folgen, bleibt allein das Insolvenzrecht berufen (§§ 133 Abs 1 und 135 Abs 2 iVm 143 Abs 3 InsO).

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c) Rückzahlungsvereinbarungen. Des Weiteren wird die freie Verfügung durch alle Vereinbarungen ausgeschlossen, die darauf abzielen, die äußerlich ordnungsgemäß eingezahlten Mittel zu einem späteren Zeitpunkt wieder direkt (durch schlichte Rückzahlung; oben Rdn 151) oder indirekt (zB durch nachträgliche Kreditierung; oben Rdn 150)

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152 Bei Zahlungen der Gesellschaft schon vor Einlageleistung fehlt es bereits an einem effektiven Mittelzufluss, oben Rdn 149 f). 153 BGHZ 122, 180, 185. 154 BGHZ 184, 158 = NZG 2010, 343, 344 Tz 13 – Eurobike; zuvor schon BGHZ 96, 231, 240; BGHZ 110, 47, 66 f; BGHZ 122, 180, 185; BGHZ 153, 107, 111 = NZG 2003, 168 = NJW 2003, 825; BGHZ 166, 8 = NZG 2006, 344 = NJW 2006, 1736 Tz 18 – Cash-Pool I; BGHZ 171, 113 = NZG 2007, 300 = NJW 2007, 3285 Tz 8; BGHZ 174, 370 = NZG 2008, 143, 144 Tz 6 (zur GmbH & Co KG); BGHZ 182, 103 = NZG 2009, 944 = NJW 2009, 3091 = ZIP 2009, 1561 Tz 32 – Cash-Pool II; MünchKommAktG/Pentz Rdn 49; zu den Zurechnungsfragen bei Beteiligung Dritter in diesem Bereich auch Schall ZIP 2010, 20 ff. Sa BGH NZG 2011, 667, 669, Tz 15: Bloßes Näheverhältnis (Ehegatte) reicht nicht.

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unmittelbar oder mittelbar durch Zwischenschaltung eines Dritten (eben Rdn 155) wieder in das Vermögen des Einlegers zurückfließen zu lassen.155 Auf die Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung soll es dabei nicht ankommen (unten Rdn 169). Dies Vorstehende gilt freilich nicht für legitime Rückfluss- bzw Verwendungsabreden, wie sie für vereinbarte Dienste (Rdn 59) sowie seit dem ARUG auch nach § 27 Abs 4 (oben Rdn 58)156 bestehen. Ferner sind hier ausnahmsweise zulässige Verrechnungen im Wege des Schütt-Aus-Hol-Zurück-Verfahrens zu nennen, wenn dabei die Voraussetzungen der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln gewahrt sind.157 Darüber hinaus gibt es allerdings weder eine allgemein Verkehrsgeschäftsausnahme noch ein Sonderrecht für den Cash-Pool.158 Besteht bereits vor Gründung der AG ein Cash Pool System, in das die Gesellschaft einbezogen worden ist, und werden die Einlagebeträge auf das Cash Pool Konto einer anderen Konzerngesellschaft überwiesen, so steht die Einlage dann nicht zur freien Verfügung des Vorstandes, wenn die Voraussetzungen des § 27 Abs 4 nicht erfüllt sind.159 Bei enger zeitlicher Aufeinanderfolge von Einzahlung und verabredeter Rückzahlung werden derartige Abmachungen nur schwer von den Tatbeständen reiner Scheinzahlungen zu unterscheiden sein. Eine solche Abgrenzung ist aber auch entbehrlich.160 Entscheidend ist allein, dass in beiden Fallgruppen der angeblich oder wirklich eingezahlte Betrag der Gesellschaft nicht endgültig zur Verwendung für ihren Geschäftsbetrieb verbleiben, sondern früher oder später an den Einleger zurückgelangen soll, um ihm die Erfüllung seiner Bareinlagepflicht und das damit verbundene dauernde Vermögensopfer zu ersparen. Die Reaktion der Rechtsordnung muss in beiden Fällen gleich sein, da sie nicht davon abhängen kann, ob die Rückzahlung umgehend oder erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen soll. Bereits die Rückzahlungsvereinbarung als solche schließt die freie Verfügung des Vorstands iS der §§ 54 Abs 3, 36 Abs 2 aus. Besteht die Vereinbarung schon im Zeitpunkt der Einzahlung, so fehlt es, da auch § 54 Abs 3 eine Einzahlung zur freien Verfügung des Vorstandes verlangt, schon an einer zur Tilgung der Bareinlageverpflichtung geeigneten Zahlung. Infolgedessen kann auch hier keine „ordnungsgemäße“ Einzahlung iS von § 36 Abs 2 vorliegen. Die Gesellschaft kann, solange mit der Erfüllung der Rückzahlungsabrede gerechnet werden muss (dazu Rdn 169), nicht eingetragen werden. Dies gilt auch dann, wenn der vereinbarungsgemäß zurückzuzahlende Betrag sich im Moment der Anmeldung noch in den Händen des Vorstandes befindet. Ist die Rückzahlungsvereinbarung erst nachträglich zwischen Einzahlung (§ 54 Abs 3) und Anmeldung getroffen worden, so kann die Gesellschaft ebenfalls nicht eingetragen werden, weil das in § 36 Abs 2 als Anmeldevoraussetzung geforderte Merkmal einer endgültig freien Verfügungsmacht des Vorstandes über die eingezahlten Mittel jedenfalls im Zeitpunkt der Anmeldung nicht (mehr) erfüllt ist. In diesem Falle gewinnt § 36 Abs 2 also gegenüber § 54 Abs 3 selbständige Bedeutung, indem er klar macht, dass die freie Verfügung nicht nur unmittelbar bei der Bezahlung gegeben sein muss. Die Erfüllungswirkung tritt freilich auch in letzterem Fall nicht ein (Rdn 101).

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155 BGHZ 180, 38 = NZG 2009, 463 = NJW 2009, 2375 Tz 15 – Qivive; BGHZ 182, 103 = NZG 2009, 944 = NJW 2009, 3091 = ZIP 2009, 1562 Tz 11– Cash-Pool II; Hüffer/Koch Rdn 9. 156 KK/Arnold Rdn 38. 157 BGHZ 152, 37 = NZG 2002, 1172 im Anschluss an BGHZ 135, 381 = NJW 1997, 2516. 158 So vor dem ARUG bereits BGHZ 166, 8 = NZG 2006, 344. 159 KK/Arnold Rdn 36 f. 160 BGH NZG 2004, 618.

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Nach der Anmeldung, aber noch vor Eintragung der Gesellschaft getroffene Rückzahlungsvereinbarungen werden von § 36 Abs 2 an sich nicht mehr erfasst, da die freie Verfügung vom Gesetz als Anmeldevoraussetzung formuliert ist. Eine Nachmeldepflicht ist im Gesetz grundsätzlich nicht vorgesehen. Diese Folgerung greift allerdings zu kurz. Prinzipiell ist zwar schon richtig, dass für die Erklärungen nach §§ 36 ff der Zeitpunkt der Anmeldung maßgeblich sein muss, weil die Anmelder nicht in die Zukunft sehen können. Dennoch bleiben Rückzahlungsabreden ihrem Sinn und Zweck nach auch nach diesem Zeitpunkt verboten und schließen die Erfüllungswirkung aus (oben Rdn 96 ff).161 Wird die Rückzahlungsabrede dem Registergericht bekannt, so hat die Eintragung der Gesellschaft zu unterbleiben. Dasselbe hat selbstverständlich erst recht zu gelten, wenn die Rückzahlung zwischen Anmeldung und Eintragung nicht nur verabredet, sondern sogar vollzogen wird. Aus BGHZ 152, 37 = NZG 2002, 1172 folgt nichts anderes. Zwar soll aus diesem zum 164 GmbH-Recht ergangenen Urteil eine einvernehmliche Verrechnung der Einlage mit einer nach dem Kapitalerhöhungsbeschluss entstandenen Neuforderung nur gegen das Verbot des § 19 Abs 2 Satz 2 (damals noch § 19 Abs 5 2. Alt GmbHG aF) verstoßen, wenn dieses Vorgehen bereits beim Kapitalerhöhungsbeschluss oder vorher verabredet war. Das scheint für die Unschädlichkeit nachfolgender Rückflussabreden zu sprechen. Das Urteil betraf aber ausschließlich die Frage des Umgehungsschutzes beim Verrechnungsverbot und mag durchaus insoweit zutreffen. Es behandelte aber nicht die Frage der freien Verfügung, weil es insoweit auf die ausnahmsweise Zulässigkeit des Schütt-Aus-Hol-Zurück-Verfahrens162 abstellte.163 Insoweit erscheint die Errichtung bzw Beschlussfassung der HV nicht als allein maßgeblicher Zeitpunkt. Vielmehr kann es sowohl bei der Gründung wie auch bei der Kapitalerhöhung an der freien Verfügung ebenso noch infolge späterer Abreden fehlen, solange sie noch vor dem gesetzlichen Stichtag der Eintragung liegen.164 Unschädlich ist es dagegen, wenn die Rückzahlungsvereinbarung tatsächlich erst 165 nach der Eintragung getroffen wird. Sie ist dann ausschließlich an den Vorschriften der Kapitalerhaltung zu messen. Bei einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Gründen wird es aber guter Gründe bedürfen, um plausibel zu machen, dass die Vermutungsregeln (§ 27 Rdn 389) überwunden werden können. 166 Unerheblich ist in sämtlichen vorstehenden Fällen das Zeitmoment, soweit es um die Erfüllung der Rückzahlungspflicht geht. Die freie Verfügung fehlt deshalb nicht nur bei den der Scheinzahlung nahestehenden Sachverhalten, in denen die eingezahlten Mittel sofort oder doch alsbald wieder an den Einleger zurückfließen sollen. Sie fehlt sogar dann, wenn die Rückzahlung nach den getroffenen Absprachen erst nach Eintragung der Gesellschaft erfolgen soll. Denn auch dann stehen die eingezahlten Mittel dem

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161 Wie hier G H Roth FS Semler 1993, S 299, 304; Schippel FS Steindorff 1990, S 249, 252 f (allerdings noch gegenständliche Unversehrtheit erfordernd); nach wohl hM (zB MünchKommAktG/Pentz Rdn 61) führen spätere Rückflussabreden zwar zu einem Eintragungshindernis, nicht aber zu einem Verstoß gegen § 36 Abs 2, oben Rdn 96 ff; sa Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 23 (Rückflüsse nach Anmeldung nur als verdeckte Sacheinlagen oder Kapitalrückgewähr zu verpönen). 162 BGHZ 135, 381 = NJW 1997, 2516. 163 BGHZ 152, 37 = NZG 2002, 1172, LS 2 und 1174. 164 So tendenziell, wenngleich offenbar unter Verengung auf den tatsächlichen Rückfluss, auch BGHZ 150, 197 = NJW 2002, 1716, 1717 f; „Wird sie [die Einlage] danach [nach dem Kapitalerhöhungsbeschluss] bis zur Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister zu irgendeinem Zeitpunkt ordnungsgemäß ohne späteren Rückfluss an den Einleger erbracht, hat der Einleger seine Leistungspflicht erfüllt, so dass er von der Einlageverpflichtung frei wird. Die Versicherung des Geschäftsführers hat dahin zu lauten, dass der Betrag der Einzahlung zur freien Verfügung der Geschäftsführung für die Zwecke der Gesellschaft eingezahlt und auch in der Folge nicht an den Einleger zurückgezahlt worden ist.“ Ähnlich auch BGH NJW 2005, 3721 = NZG 2005, 976; siehe auch schon BGHZ 132, 133 = NJW 1196, 1286.

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Vorstand nicht endgültig zur freien Verwendung für die Zwecke der Gesellschaft zur Verfügung. Die Ausführung einer solchen Abrede könnte zwar je nach Lage des Falles (insbes Drittvergleich) auch gegen das Verbot der Einlagerückgewähr verstoßen (§ 57). Die Kapitalaufbringung kann aber erst eingreifen, wenn die Kapitalaufbringung ordnungsgemäß abgeschlossen ist.165 Der weitergehend Schutz, den das Gesetz der Kapitalausstattung der Gesellschaft in der ersten Phase der Kapitalaufbringung zukommen lassen will, erfordert es, dass in den genannten Fällen bereits die Eintragung der Gesellschaft zu unterbleiben hat und je nach Lage des Falles entweder die Rückzahlungsabrede verbindlich aufzuheben und ihre künftige Nichtumsetzung zu erklären oder die bereits zurückgeflossene Einlageforderung erneut zu erfüllen ist. Ebenso wenig kommt es auch hier auf die Nämlichkeit der Mittel an. Es reicht des- 167 halb entsprechend der Rechtslage bei tatsächlich erfolgten Rückzahlungen (Rdn 153) für den Ausschluss der freien Verfügung, dass der Aktionär von der Gesellschaft verabredungsgemäß Zahlungen erhalten soll, die keinen anderen Rechtsgrund haben, als ihm die Aufbringung des vor Anmeldung eingeforderten Teils seiner Bareinlage aus eigenem Vermögen zu ersparen. Der direkten Rückzahlung der eingelegten Mittel steht es auch hier gleich, wenn der 168 Mittelrückfluss unter Einschaltung Dritter auf der einen oder anderen Seite (oben Rdn 155) erfolgen soll oder die Absprache auf eine Kreditierung der Einlage durch die Gesellschaft (oben Rdn 150) hinausläuft. In allen vorgenannten Konstellationen kommt es nicht darauf an, ob die Abrede, nach 169 welcher der eingezahlte Betrag in der einen oder anderen Weise an den Aktionär zurückfließen soll, rechtlich wirksam ist.166 Die rechtliche Verbindlichkeit kann wegen Verstoßes gegen § 57 (falls bereits anwendbar)167 oder gegen § 134 BGB zweifelhaft sein, auch wenn § 27 Abs 3 Satz 2 Abreden in diesem Bereich in weiterem Umfang als zuvor zur Wirksamkeit verholfen haben dürfte. Ausreichend ist, dass die Abrede tatsächlich besteht und mit ihrer Befolgung durch den Vorstand gerechnet werden muss.168 Das ist zwar im Rahmen der §§ 36 Abs 2, 54 Abs 3, wo es allein auf die freie Verfügungsmacht des Vorstandes ankommt, angesichts der Tatsache, dass die Erfüllung nicht bestehender Verbindlichkeiten immer im freien Ermessen der Geschäftsleitung liegt, auf den ersten Blick durchaus kein zwingender Schluss. Es ist aber schon in Anbetracht der Vorgeschichte, welche die Freiheit von ebensolchen Abreden sicherstellen wollte, zu rechtfertigen. Denn typischerweise werden solche Abreden, ob wirksam oder nicht, eben doch erfüllt. Da die eingezahlten Mittel der Gesellschaft nach den getroffenen Absprachen von vornherein nicht als Betriebskapital verbleiben sollen, sondern die getätigten Hin- und Herzahlungen nach dem Willen der Beteiligten lediglich dem Zweck dienen, das Unterbleiben einer dem Gesetz entsprechenden Mittelzuführung zu verdecken, kann von einer Leistung der Bareinlage zur freien Verfügung des Vorstandes nicht die Rede sein. Die bei der Anmeldung abgegebene gegenteilige Erklärung des Vorstandes (§ 37 Abs 1), die Einlage stehe endgültig zu seiner freien Verfügung, ist notwendigerweise falsch und strafbar, vgl § 399 Abs 1 Nr 1.169

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165 BGHZ 174, 370 = NZG 2008, 143, LS 2 und Tz 11; BGH NZG 2002, 132, LS 2. 166 BGHZ 113, 335, 349 (GmbH); KK/Arnold Rdn 38; Scholz/Winter/Veil § 7 Rdn 36; zur Abrede einer verdeckten Sacheinlage auch BGHZ 152, 37 = NZG 2002, 1172, 1174; BGHZ 132, 133 = NJW 1996, 1286, LS 2; BGHZ 110, 47 = NJW 1990, 982, 985 unter Verweis auf RGZ 121, 99, 102; RGZ 157, 213, 224; RGZ 167, 99, 108. 167 Abl BGHZ 174, 370 = NZG 2008, 143, LS 2 und Tz 11; BGH NZG 2002, 132, LS 2. 168 Roth FS Semler, 1993, S 299, 303; Scholz/Winter/Veil § 7 Rdn 36; aA Hachenburg/Ulmer § 7, 54: nur im Falle ihrer Befolgung; in diesem Falle fehlt die endgültige freie Verfügbarkeit aber nicht wegen des Bestehens der Abrede, sondern weil die Einlage inzwischen tatsächlich gar nicht mehr zur freien Verfügung des Vorstandes steht; nicht ganz klar KK/Lutter (2. Aufl) § 54 Rdn 47. 169 BGHZ 113, 335, 348 ff (GmbH); BGHZ 122, 180, 184 f; ebenso MünchKommAktG/Pentz Rdn 51.

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Umgekehrt schließt die generelle Freiheit des Vorstandes, selbst wirksame Vereinbarungen nicht zu befolgen, es natürlich erst recht nicht aus, dass es in solchen Fällen an freier Verfügung fehlt.170 Daraus folgt aber entgegen der Voraufl (Rdn 76) auch, dass die Freiheit, die Absicht oder die Pflicht des Vorstandes, eine unwirksame Abrede nicht zu befolgen, die freie Verfügung nicht aufrecht erhalten können. Sähe man es anders, dürften man unwirksame Abreden gar nicht als schädlich ansehen. Es sind also nicht die bösen Absichten, die nicht zählen,171 sondern die guten.172 Wenn das Registergericht während des Anmeldeverfahrens Kenntnis von der beste171 henden Rückzahlungsabsprache erlangt, darf es die Gesellschaft dem Vorstehenden entsprechend grundsätzlich nicht eintragen. Bevor es die Eintragung endgültig ablehnt, sollte der Vorstand dadurch Gelegenheit zur Beseitigung dieses Eintragungshindernis erhalten, dass er auf entsprechende Zwischenverfügung seine nach § 37 Abs 1 abzugebende Erklärung durch den Zusatz ergänzt, er werde die unwirksam verabredete Rückzahlung (weiterhin) nicht vornehmen. Gibt der Vorstand diese – strafbewehrte – Erklärung ab, so ist die Gesellschaft, da sich der eingezahlte Betrag tatsächlich in seiner freien Verfügung befindet, einzutragen. (Erst) Dann hat sich die gute Absicht zur Weigerung hinreichend materialisiert und die schädliche Abrede außer Kraft gesetzt. Ein absoluter Schutz gegen unwahre Erklärungen besteht auch in anderen Fällen nicht.

aa) Mittelrückflüsse im Rahmen von Geschäften zwischen Einleger und Gesellschaft (verdeckte Sacheinlagen). Schließlich fehlt es nach bisher ganz überwiegender Rechtsauffassung auch dann an der Leistung einer Bareinlage zur freien Verfügung des Vorstandes, wenn die Beteiligten sich im Voraus einig sind, dass die eingezahlten Barmittel der Gesellschaft nicht endgültig verbleiben, sondern umgehend an den Einleger zur Erfüllung einer gegen die Gesellschaft gerichteten, bereits bestehenden oder im Rahmen eines Veräußerungsgeschäfts noch zu begründenden Gegenforderung zurückfließen sollen.173 Diese Fälle des vollzogenen oder vereinbarten Rückflusses der eingezahlten Bareinlagen im Rahmen von Veräußerungsgeschäften oder zur Erfüllung von Altforderungen sind damit, was die Beseitigung der in § 36 Abs 2 verlangten freien Verfügungsmacht angeht, im Grundsatz nicht anders zu beurteilen als die vorstehend unter Rdn 151 ff und 156 ff behandelten Sachverhalte der Einlagenrückzahlung since causa bzw als Darlehensgewähr. In all diesen Fällen liegt es so, dass der Einleger seine Verfügungsmacht über die von ihm zu leistende Bareinlage nicht endgültig und ohne Vorbehalte aufgibt, sondern die von ihm eingezahlten Mittel nur vorübergehend mit der Zweckbestimmung umgehender Rückzahlung zur Befriedigung seiner gegen die Gesellschaft gerichteten Forderung zur Verfügung stellt. Der von den Beteiligten mit einer solchen Verabredung bezweckte wirtschaftliche Erfolg ist nicht die Zuführung des nur der Form halber eingelegten Bargeldes, sondern die Überlassung eines der Gesellschaft schließlich allein verbleibenden Sachwertes oder die Herbeiführung einer Schuldbefreiung und damit eine (verdeckte) Sacheinlage, vgl dazu ausf § 27 Rdn 303 ff. Die früher teils vertretene Betrachtung, welche die beiden Teilakte dieser Transak173 tion jeweils isoliert bewertete, indem sie die Phase der Mittelzuführung, dh der Kapital172

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170 BGHZ 170, 47 = NZG 2007, 144, 146 Tz 20 (schlechthin unvertretbar). 171 So aber KK/Lutter (2. Aufl) § 54 Rdn 47. 172 So iE auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 59. 173 BGHZ 182, 103 = NZG 2009, 844 – Cash-Pool II; BGHZ 171, 113 = NZG 2007, 300 – Friedrich Flender AG (iE verdeckte Sacheinlage verneinend); zuvor etwa BGHZ 28, 314, 319 f = NJW 1959, 383; BGHZ 113, 335, 348 f; BGHZ 122, 180, 184; BGHZ 132, 133, 144 = NJW 1996, 1286; BGHZ 152, 37 = NJW 2002, 3774, 3776; MünchKommAktG/Pentz Rdn 54; KK/Arnold Rdn 41; wohl auch Hüffer/Koch Rdn 9; Ulmer ZHR 154 (1990), 105, 128, 137.

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aufbringung, bereits mit der Einzahlung als vollständig abgeschlossen betrachtete und den später erfolgenden, aber schon im Voraus verabredeten Mittelrückfluss erst der Mittelverwendung zuordnete,174 mit der Folge, dass ein solches Vorgehen als ordnungsgemäße Leistung der Bareinlage zu werten wäre, jedenfalls aber die freie Verfügung über die eingezahlten Mittel nicht berührte, ist mit der Definition des § 27 Abs 3 Satz 1, welche die Vorstellung der Rechtsprechung festgeschrieben hat, überholt. Infolgedessen betrifft auch in diesen Fällen der gesamte Vorgang bereits die Ebene der Kapitalaufbringung und nicht erst diejenige der Mittelverwendung: Da die Gesellschaft die vom Gesetz in §§ 54 Abs 3, 36 Abs 2 gemeinte Bareinlage nicht erhalten hat, kann diese auch nicht zur freien Verfügung des Vorstandes geleistet sein. Nichts anderes hat zu gelten, wenn die Gesellschaft die Forderung (unter Verstoß 174 gegen § 66 Abs 1) verrechnet175 oder wenn sie zunächst ihre Verbindlichkeit gegenüber dem Einleger begleicht und dieser erst dann die Geldzahlung auf seine Einlageschuld erbringt (Her- und Hinzahlen).176 In diesem Fall könnte man zwar, da die eingezahlten Mittel nicht erneut an den Einleger zurückfließen sollen, bei rein formaler Betrachtung die gesetzliche Forderung nach endgültig freier Verfügung des Vorstands über die eingezahlten Mittel als gewahrt ansehen.177 Eine nur auf die äußere Reihenfolge abstellende Bewertung würde aber verkennen, dass der Aktionär der Gesellschaft auch in diesem Falle keine Barmittel zuführt, sondern lediglich den vorher zu seinen Gunsten erfolgten Mittelabfluss ausgleicht, so dass die Gesellschaft nicht anders als bei Abwicklung in der umgekehrten Reihenfolge als Ergebnis der als Einheit zu betrachtenden Gesamttransaktion keine Bareinlage, sondern einen Sachwert oder die Befreiung von einer Verbindlichkeit erhält. Auch bei den vorstehend erörterten Sachverhalten kommt es nicht auf die Nämlich- 175 keit der eingesetzten Mittel an, dazu schon oben Rdn 155 und 168. Ebenso wenig kann das Fehlen einer einlageschuldtilgenden Barleistung (§ 54 Abs 3) und damit des Anmeldeerfordernisses (§ 36 Abs 2) durch die Zwischenschaltung wirtschaftlich der oder den Parteien zuzurechnender Dritter abgewendet werden; 178 vgl dazu schon oben Rdn 155 u 168. bb) Verwendungsabsprachen ohne Mittelrückfluss an den Einleger. Kein Ver- 176 stoß gegen das gesetzliche Gebot freier Verfügung sollte nach der Ansicht der Voraufl (Rdn 81 f) in unter den Gründern oder zwischen Vorstand und Gründern getroffenen Verwendungsabsprachen, deren Zweck nicht darauf gerichtet ist, die eingezahlten Mittel direkt oder indirekt an den Einleger zurückfließen zu lassen. Zwar wurde konzediert, dass die Gesellschafter (Aktionäre) bei der AG wegen des bei dieser Gesellschaftsform gesetzlich festgeschriebenen Grundsatzes der eigenverantwortlichen Geschäftsführung des Vorstands (§ 76) anders als bei der GmbH nicht das Recht, dem Vorstand bindende Weisungen hinsichtlich seiner Geschäftsführung zu erteilen. Gleichwohl sollte bei der Gründung der Gesellschaft und mehr noch bei der Kapitalerhöhung konkrete Ziele, die verfolgt werden und deren Verwirklichung zunächst ganz bestimmte Investitionen be-

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174 So früher mit allerdings zT erheblichen Unterschieden im einzelnen K. Schmidt AG 1986, 106, 110 f; Hommelhoff/Kleindiek ZIP 1987, 477, 486 f; Wilhelm ZHR 152 (1988) 333, 367 ff; Bergmann AG 1987, 57, 75 ff, 86 f; Mildner Bareinlage, Sacheinlage und ihre Verschleierung im Recht der GmbH, 1989, 86 ff; Meilicke Die verschleierte Sacheinlage – Eine deutsche Fehlentwicklung, 1989, 75 ff; ders GmbHR 1989, 411, 413. 175 BGHZ 15, 52, 58 = NJW 1954, 1842; BGHZ 83, 319 = NJW 1982, 2444, 2446. 176 BGHZ 83, 319 = NJW 1982, 2444, 2446; BGHZ 132, 133 = NJW 1996, 1286, 1288; BGH NZG 2006, 716. 177 So in der Tat K. Schmidt AG 1986, 106, 114; Hommelhoff/Kleindiek ZIP 1987, 477, 489; wohl auch Roth FS Semler, 1993, S 299, 307; aA Ulmer ZHR 154 (1990) 128, 137, 138 m Fn 39; Mülbert ebd 145, 182 ff, 184. 178 BGHZ 110, 67; sa MünchKommAktG/Pentz Rdn 49.

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dingt, vom Vorstand mit den Gründern und dem Aufsichtsrat abgesprochen werden dürfen: die Gesellschaft soll mit den eingelegten Mitteln bestimmte Anlagegüter, zB ein schon in Aussicht genommenes Grundstück, kaufen, bestimmte Schutzrechte oder Beteiligungen oder ein bereits existierendes Unternehmen erwerben; bei Auffanggesellschaften sei dies sogar der alleinige Zweck ihrer Gründung.179 Dem ist aus den bereits oben ausgeführten Gründen (Rdn 62) zu widersprechen. 177 Verwendungsabsprachen dieser Art sind zwar nicht dazu bestimmt, das eingezahlte Einlagekapital wieder an die Einleger zurückzuleiten. Dennoch lassen sie die in § 36 Abs 2 gemeinte Ordnungsmäßigkeit der Mittelzufuhr nicht unberührt, weil sie die Vorbehaltlosigkeit der Entäußerung des Inferenten von seiner Leistung einschränken. Daher gehören sie eben doch auch in den Bereich der Kapitalaufbringung und betreffen nicht nur die Ebene der späteren Mittelverwendung.180 Überdies verstoßen sie auch gegen die Eigenverantwortlichkeit des Vorstandes nach § 76. Deshalb kann auch die zum GmbHRecht ergangene Rechtsprechung, derzufolge solche Abreden die freie Verfügungsmacht nicht ausschlössen,181 nicht auf das Aktienrecht übertragen werden. 178 Das Vorstehende gilt wegen der Aufgabe des Vorbelastungsverbots nur dann nicht (mehr), wenn der Vorstand im Vorgriff auf die Ausführung derartiger Finanzplanungen bereits schuldrechtliche Verpflichtungen gegenüber Dritten eingegangen ist, indem er etwa dem Veräußerer eines von der Gesellschaft zu übernehmenden Unternehmens Leistung des Kaufpreises sofort nach Eingang der Einlagen182 zugesagt oder sich gegenüber den vorfinanzierenden Banken zur bevorzugten Verwendung der eingehenden Einlagen zur Kreditrückführung verpflichtet hat (BGHZ 96, 231, 241 BuM). Derartige Verpflichtungen berühren weder den Barcharakter der Einlageleistungen noch die in §§ 54 Abs 3, 36 Abs 2 gemeinte freie Verfügung. Dies kann auch dann noch gelten, wenn die Eingehung solcher Verpflichtungen gegenüber unabhängigen Dritten zuvor mit dem Einleger abgesprochen und damit zum Motiv seiner Investitionsentscheidung geworden ist. Anders muss es aber zumindest bei der Gründung schon wegen der Gleichstellung von Sacheinlage und Sachübernahme in § 27 liegen, sobald dem Inferenten gegenüber eine entsprechende Verpflichtung zur Durchführung der Investition übernommen worden ist. Hier kann keinesfalls ausreichen, dass die eingegangene Verpflichtung nicht dazu dient, die eingelegten Mittel im Ergebnis wieder dem Einleger selber zukommen zu lassen.183 Im Grundsatz nicht anders ist die Rechtslage zu beurteilen, wenn der Vorstand 179 von seiner Verfügungsmöglichkeit bereits im Voraus Gebrauch gemacht hat, indem er etwa der Bank schon vor Kontogutschrift einen Auftrag zur Weiterüberweisung der eingehenden Beträge an einen außenstehenden Dritten erteilt hat. Auch ein solches Verhalten dient, solange die vorausgetätigte Verfügung nicht gerade wirtschaftlich wieder dem Einleger zu Gute kommt, allein der Ausführung der Finanz- und Investitionspla-

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179 Siehe mit weiteren Beispielen Hommelhoff/Kleindiek ZIP 1987, 477, 481. 180 Tendenziell wie hier LG München I, ZIP 2012, 2152 = NZG 2012, 1384 (LS) = BeckRs 2012, 22112, auf das Verbleiben eigenen Handlungsspielraum abstellend; dem folgend Hüffer/Koch Rdn 9; MünchKommAktG/Pentz Rdn 53 f; für Unzulässigkeit auch OLG Koblenz ZIP 1986, 1559; aA – für Zulässigkeit – KG NZG 2004, 826, 827 (obwohl konkretes Ausmaß der Bindung dort unklar); KK/Arnold Rdn 46; Hommelhoff/Kleindiek ZIP 1987, 477, 481 f, 486; Cavin S 475 ff; Ihrig S 248 ff. 181 BGH NZG 2011, 667, 668 Tz 12; BGHZ 185, 44 = NZG 2010, 702, 704 Tz 14; BGHZ 171, 113 = NZG 2007, 300, 301 Tz 10; BGHZ 153, 107 = NZG 2003, 168, 169; BGH NJW 1992, 2698 = ZIP 1992, 1303 = WM 1992, 1432; BGH NJW 1991, 226 = ZIP 1990, 1400 = WM 1990, 1820. 182 Beispiel nach KK/Lutter (2. Aufl) § 54 Rdn 50. 183 Tendenziell wie hier BGHZ 96, 231, 241: Verstoß gegen freie Verfügungsmacht auch bei Verpflichtung gegenüber Einleger zur Rückführung von dritter Seite gewährter Kredite.

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nung des Unternehmens und nicht der Rückführung der Einlagemittel an den Inferenten. Es kann deshalb bei der gebotenen wertenden Betrachtung nicht als Verstoß gegen das Gebot der Barleistung zur freien Verfügung des Vorstandes verstanden werden. Aus dieser Wertung folgt zugleich, dass es keinen Unterschied macht, ob der Verwendungsauftrag, den der Vorstand der kontoführenden Bank erteilt hat, widerruflich oder bereits unwiderruflich war.184 Folgt man dieser bereits in der Voraufl vertretenen Sicht, kann man konsequenter 180 Weise aber nicht daran festhalten, dass vorbestehende Belastungen oder Beschränkungen etwa des Kontos für die freie verfügung schädlich sind. Denn sie stellen sich, wie oben dargelegt, auch nur als Folge der freien, nicht (unzuässig) an den Gründer gebunden Verfügungsmacht der Vorstandes dar. d) Wertgleiche Deckung der Einlagen (bei der Gründung). Nach Aufgabe des 181 Vorbelastungsverbotes hat sich im Bereich der Gründung die Ansicht durchgesetzt, dass die eingeforderten Bareinlagen bei Anmeldung nicht mehr gegenständlich, sondern nur noch ihrem Werte nach uneingeschränkt zur freien Verfügung des Vorstandes vorhanden sein müssen,185 während bei der Kapitalerhöhung hieran nicht mehr festgehalten wird (oben Rdn 75 f). Letztere Ansicht überzeugt auch für die Gründung, kann aber angesichts des Standes der Rechtsprechung in der Folge noch nicht zugrunde gelegt werden. Das Erfordernis wertgleicher Deckung ist erfüllt, wenn an die Stelle der eingezahl- 182 ten Bareinlagen wertgleiche, aktivierungsfähige Vermögensgegenstände getreten sind, indem für das ausgegebene Geld Gegenstände des Anlage- oder Umlaufvermögens entsprechenden Wertes angeschafft oder hergestellt worden sind.186 Bei einer solchen wertneutralen Umsetzung der geleisteten Einlagemittel ist die aus § 36 Abs 2 zu entnehmende gesetzliche Forderung nach ungeschmälerter Erhaltung der der Gesellschaft durch die Einzahlung der Bareinlagen zugeführten Vermögenswerte jedenfalls bis zur Anmeldung zwar nicht gegenständlich aber doch jedenfalls wertmäßig erfüllt. Bilanziell gesehen liegt darin lediglich ein Aktiventausch. Im Allgemeinen wird zum Beleg der Wertgleichheit einer getätigten Investition mit dem dafür verausgabten Betrag die Vorlage der entsprechenden Einkaufsrechnung ausreichen. Eines Wertgutachtens wird es nur dann bedürfen, wenn sich bei der Prüfung konkrete Zweifel an der Werthaltigkeit der mit den Einlagemitteln angeschafften Gegenstände ergeben, oder die wertgleiche Deckung des eingezahlten Kapitals durch selbsthergestellte Gegenstände belegt werden soll. Zu mehr als einer Plausibilitätsprüfung wird das Registergericht im Allgemeinen allerdings nicht verpflichtet und unter Berücksichtigung des dem Unternehmen zuzubilligenden Investitionsermessens auch im Normalfall nicht berechtigt sein (zutreffend Priester ZIP 1994, 599, 602). Abzulehnen ist dagegen die Ansicht, wertgleiche Deckung sei selbst dann vorhanden, wenn der für die ausgegebenen Barmittel angeschaffte oder hergestellte Gegenstand wegen mangelnder Werthaltigkeit nicht als Sacheinlage hätte hereingenommen werden dürfen. 187 Besteht man entsprechend der geltenden Gesetzeslage auf einem wertmäßigen Vorhandensein der Einlage im Zeitpunkt der Anmeldung auch in Bezug auf Bareinlagen, so kann für diese im Grundsatz nichts anderes gelten als für Sacheinlagen,

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184 Wie hier Scholz/Winter/Veil § 7, 37; Hachenburg/Ulmer § 7, 53; teilweise aA KK/Lutter § 54, 51 aE und Lutter/Hommelhoff § 7, 14: keine freie Verfügung bei unwiderruflicher Bindung des Vorstandes. 185 So BGHZ 119, 177, 187 f: zur GmbH; MünchKommAktG/Pentz Rdn 79; KK/Arnold Rdn 49; Hüffer/Koch Rdn 11 und ZGR 1993, 474, 481 ff; Hölters/Solveen Rdn 18. 186 BGHZ 119, 177, 187 f; MünchKommAktG/Pentz Rdn 80; Hüffer ZGR 1993, 474, 482 f; ferner Ulmer GmbHR 1993, 189, 193 f. 187 MünchKommAktG/Pentz Rdn 81; Hüffer ZGR 1993, 474, 483.

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bei denen die Erforderlichkeit der Werthaltigkeit im Zeitpunkt der Anmeldung außer Frage steht (dazu § 27 Rdn 197 ff). Wertgleiche Deckung kann auch bei Verwendung der eingezahlten Bareinlagen zur Tilgung bestehender Verbindlichkeiten vorliegen. An die Stelle des weggefallenen Aktivums (Kassenbestand oder Guthaben bei Kreditinstituten) tritt hier der Fortfall eines Passivpostens. Voraussetzung soll aber sein, dass die gegen die Gesellschaft gerichtete Forderung vollwertig, fällig und liquide war.188 Das ist angesichts der vollumfänglichen Ausbuchung auf der Passivseite verfehlt (vgl auch § 27 Rdn 183). Auch hier gelten also für die Beurteilung ob eine wertgleiche Deckung vorliegt, ähnliche Grundsätze wie bei der Sacheinlage. Unvereinbar mit dem Wertdeckungspostulat ist dagegen die Verwendung der eingezahlten Bareinlagen für einen nicht aktivierungsfähigen Aufwand. Vor allem Mietzahlungen sowie Löhne und Gehälter können daraus also nicht bestritten werden. Die Aufgabe dieser Einschränkung liefe praktisch auf die Zulassung der Verwendung der Bareinlagen zu jedem beliebigen Zweck hinaus.189 Sie wäre deshalb im Ergebnis gleichbedeutend mit der Aufgabe des bisher noch überwiegend als unverzichtbar angesehenen (oben Rdn 68 ff) Postulats einer wertmäßigen Unversehrtheit des Grundkapitals im Anmeldezeitpunkt (anders bei der Kapitalerhöhung wegen des Fehlens der Notwendigkeit der Unversehrtheit des gesamten Grundkapitals einschließlich Erhöhungsbetrag, vgl BGHZ 119, 177 ff und Rdn 75 f) zugunsten einer reinen Unterbilanzhaftung, deren maßgeblicher Stichzeitpunkt überdies nicht derjenige der Anmeldung, sondern der Eintragung der Gesellschaft ist, s dazu näher bei § 41. Der Verstoß gegen die vorstehend dargestellten Grundsätze wertneutraler Deckung ist allerdings unschädlich, wenn die durch ein einzelnes Geschäft (Anschaffung, Rdn 182, oder Schuldentilgung, Rdn 183) bei isolierter Betrachtung entstandene Unterdeckung durch in der Zwischenzeit anderweit erzielte Gewinne ausgeglichen wird. Unter dieser Voraussetzung bleibt es im Ergebnis folgenlos, wenn Einlagemittel etwa zum Erwerb einzelner nicht wertgleicher Gegenstände (Rdn 182) oder zur Bestreitung nicht aktivierbaren Aufwands (Rdn 184) ausgegeben worden sind. Entscheidend ist allein, dass das Vermögen der Gesellschaft im Zeitpunkt ihrer Anmeldung seinem Werte nach dem Betrag der geleisteten Einlagen abzüglich etwaiger bei der Gründung angefallener von der Gesellschaft zu tragender Steuern und Gebühren, dazu sogleich Rdn 186, entspricht. Bei Vorhandensein einer solchen wertmäßigen Deckung des eingezahlten Einlagekapitals durch das aktivierbare Vermögen der Gesellschaft ist die vom Gesetz (§ 36 Abs 2 Satz 1) geforderte freie Verfügungsmacht des Vorstandes über den eingeforderten (Einlage-) Betrag aufgrund des Übergangs von der gegenständlichen zur wertmäßigen Betrachtung (Rdn 181) als gegeben anzusehen. – Maßgebend für das Vorhandensein der demnach jeweils erforderlichen wertmäßigen Deckung ist sowohl im Falle der Gründung als auch der Kapitalerhöhung grundsätzlich allein der Zeitpunkt der Anmeldung. Eine erst später in der Zwischenzeit zwischen Anmeldung und Eintragung entstehende Unterdeckung begründet in der Regel kein Eintragungshindernis, dazu ausführlicher § 38 Rdn 15 und 24. Zum Nachweis wertgleicher Deckung s auch § 37 Rdn 21 ff. Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung von dem Erfordernis des mindestens wertmäßigen Vorhandenseins der eingeforderten Bareinlagen auch noch im Anmeldezeitpunkt ausgenommen sind dagegen die bei der Gründung angefallenen Steuern und Gebühren. Die zu ihrer Bezahlung erforderlichen Beträge können mithin ohne Verstoß

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188 Priester ZIP 1994, 599, 601; Hüffer aaO (Fn 55), 484, der allerdings Ausnahmen für die Fälle sanierender Kapitalerhöhung erwägt; Zweifelnd MünchKommAktG/Pentz Rdn 81. 189 Priester ZIP 1994, 599, 601.

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gegen das Gebot freier Verfügung ohne weiteres aus den eingeforderten Bareinlagen entnommen werden. Voraussetzung ist dabei jedoch, dass sie bereits in der Satzung als von der Gesellschaft zu tragender Gründungsaufwand wirksam festgesetzt sind, dazu § 26 Abs 2 und die dortigen Erläuterungen. Auch im Rahmen einer Festsetzung nach § 26 Abs 2 gehören dazu aber nur die unmittelbar durch die Gründung bedingten Steuern (§ 26 Rdn 33) und Gebühren. Darunter fallen nicht nur die reinen Notariatsgebühren für die Beurkundung der Gründung und die Beglaubigung der Anmeldung sowie Bekanntmachungskosten und alle sonstigen amtlichen Gebühren und Auslagen nach Nr 32000 ff. KV GnotKG, sondern nach heute herrsch Auffassung auch die Vergütung der Gründungsprüfer,190 weil diese nicht der Disposition der Beteiligten unterliegt, sondern vom Gericht festgesetzt wird, dazu § 35 Rdn 18. Andere Kosten können dagegen selbst dann nicht ohne Verstoß gegen das Anmeldeerfordernis des § 36 Abs 2 aus den eingeforderten Bareinlagen bezahlt werden, wenn sie durch die Gründung der Gesellschaft veranlaßt und in der Satzung als Gründungsaufwand festgesetzt sind. Dies gilt insbes für Kosten für den Druck der Aktien, Vermittlungsgebühren, Provisionen sowie andere privatrechtlich begründete Verbindlichkeiten. Nach inzwischen allgM würde auch die Bezahlung von Kosten, die im Zusammenhang mit dem Betrieb eines schon vor Anmeldung eingebrachten Unternehmens anfallen, die freie Verfügung beseitigen. Sie müssen deshalb aus der eingebrachten Sacheinlage selber bestritten werden.191 Der nach § 37 Abs 1 Satz 2 erforderliche Nachweis, dass der per Kontogutschrift eingezahlte Betrag trotz bereits getätigter Ausgaben wertmäßig zur freien Verfügung des Vorstandes steht, läßt sich naturgemäß nicht mehr mit der dafür vom Gesetz (§ 37 Abs 1 Satz 3) vorgesehenen Bestätigung des kontoführenden Bankinstituts erbringen. Die vom Gesetz zur Sicherung der freien Verfügungsgewalt des Vorstandes über die eingezahlte Bareinlage im Zeitpunkt der Anmeldung vorgesehenen, auf das gegenständliche Vorhandensein der Einlage zugeschnittenen Erklärungen und Nachweise sind deshalb in einer der Zulassung wertmäßiger Deckung entsprechenden Weise zu modifizieren. Danach ist bei der Anmeldung zu erklären und nachzuweisen, dass (1) die eingeforderten Bareinlagen ordnungsgemäß in den von § 54 Abs 3 zugelassenen Formen eingezahlt sind und (2) im Zeitpunkt der Abgabe der Anmeldeerklärung wertmäßig, dh ohne Vorbelastungen, die eine bilanzielle Unterdeckung des Grundkapitals bereits in diesem Zeitpunkt begründen (s dazu auch die Erläuterungen zu § 41), zur freien Verfügung des Vorstandes stehen. Eine gesonderte Vorbelastungserklärung ist nicht erforderlich. Vorbelastungen, die erst nach Anmeldung entstehen, sind im Grundsatz von vornherein unschädlich (oben Rdn 185 und § 38 Rdn 15). Hinsichtlich des näheren Inhalts der vorstehend unter (2) genannten Erklärung ist zu unterscheiden: Soweit sich (bei Zahlung auf Bankkonto, wie heute allgemein üblich) die eingezahlten Bareinlagemittel noch unversehrt auf dem Konto der Gesellschaft befinden, ist dies anzugeben und durch eine schriftliche Bankbestätigung gem § 37 Abs 1 Satz 2 und 3 nachzuweisen. Etwaige bereits zur Zahlung von Steuern und Gebühren entnommene Mittel sind nach Art und Höhe aufzuschlüsseln und zu belegen, s dazu auch § 37 Rdn 13. Für diejenigen, die mit der hier vertretenen Sicht eine wertmäßige Deckung für entbehrlich halten und dem Vorstand völlig freie Verfügungsmacht über die eingezahlten Mittel einräumen wollen, bewendet es selbst dann bereits endgültig bei dieser Erklä-

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190 MünchKommAktG/Pentz Rdn 78; KK/Arnold Rdn 52; Hüffer/Koch Rdn 10; aA noch Geßler/Eckardt Rdn 28 unter Berufung auf ältere Auffassungen. 191 KK/Arnold Rdn 52; Hüffer/Koch Rdn 10.

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rung, wenn die eingezahlten Mittel bereits ganz oder teilweise für Anschaffungen oder Tilgung von Gesellschaftsverbindlichkeiten ausgegeben worden sind.192 Soweit der Vorstand über die eingezahlten Mittel bereits für die Zwecke der Gesell191 schaft verfügt hat, sind, wenn man mit der hM das Vorhandensein einer wertneutralen Deckung verlangt, die Anschaffungen und die getilgten Verbindlichkeiten im Einzelnen unter Bezeichnung der dafür aufgewendeten Beträge anzugeben. Diese Angaben müssen so genau sein, dass das Registergericht sie auf ihre Wertgleichheit mit den dafür ausgegebenen Mitteln sowie darauf nachprüfen kann, ob sich hinter ihnen das Grundkapital negativ vermindernde Ausgaben oder Kapitalrückflüsse an die Einleger, auch in Form verdeckter Sacheinlagen, verbergen. Wegen der als Beleg einzureichenden Unterlagen, vgl schon oben Rdn 182 und § 37 Rdn 21 ff. Die damit von der höchstrichterlichen Rspr und der hM zugelassene breitflächige 192 Ablösung der vom Gesetz als Anmeldevoraussetzung erwarteten gegenständlichen Deckung durch eine rein wertmäßige Betrachtung ist allerdings dazu geeignet, das Eintragungsverfahren und die registerrichterliche Kontrolle über die ordnungsgemäße Aufbringung des schon vor Anmeldung eingeforderten Barkapitals erheblich zu erschweren. An die Stelle des vom Gesetz vorgesehenen einfachen und unkomplizierten Verfahrens (Versicherung barer Einzahlung und deren Nachweis durch Vorlage einer Bankbestätigung über das Vorhandensein eines zur freien Verfügung des Vorstandes stehenden Kontoguthabens in gleicher Höhe, § 37 Abs 1) tritt ein eher schwerfälliges, nicht selten zeit- und arbeitsaufwendiges Nachweisverfahren, das zumindest bei Zweifeln des Registergerichts an der fortbestehenden Wertdeckung wegen der dann erforderlichen – bei Geldeinlagen sonst entbehrlichen – Wertprüfung unverkennbare Parallelen zu dem bei Sachgründungen einzuhaltenden Prüfungsmechanismus aufweist. Der Wunsch, der Gesellschaft die Aufnahme ihres Geschäftsbetriebs schon vor Eintragung zu ermöglichen, der diese Aufweichung des Gesetzes legitimieren soll, folgt vor allem aus der häufig langen, von den Gründern und der Gesellschaft nicht zu beeinflussenden Zeitspanne zwischen Anmeldung und Eintragung. Dagegen liegt es im Allgemeinen ganz in der Hand der Gesellschaftsorgane und Gründer, die Zeitspanne zwischen Errichtung der Gesellschaft, Einzahlung und Anmeldung kurz zu halten.193 Regelmäßig geschieht dies auch, so dass das Bedürfnis nach Eröffnung des Geschäftsbetriebes noch vor Anmeldung der Gesellschaft weit weniger dringlich ist als vielfach angenommen wird. 7. Die freie Verfügung bei Einzahlung auf ein Konto 193

Zusätzliche Hindernisse für die freie Verfügungsmacht des Vorstandes (§§ 54 Abs 3, 36 Abs 2) können sich aufgrund der Besonderheiten dieser Zahlungsweise bei Leistung der Bareinlage auf ein Konto der Gesellschaft oder des Vorstandes ergeben (dazu schon – diese Einschränkungen grds ablehnend – oben Rdn 123 ff). Selbst wenn die Leistung von Seiten des Einlegers vorbehaltlos erfolgt, ist sie nach ganz hM nur unter der weiteren Voraussetzung zur Erfüllung der Einlageverbindlichkeit geeignet, dass die daraus resultierende Kontogutschrift dem Vorstand auch tatsächlich die Möglichkeit verschafft, ungehindert über ein Guthaben in entsprechender Höhe für die Zwecke der Gesellschaft zu verfügen. Die Einlageschuld besteht deshalb neben den Fällen der Sperrung oder Pfändung eines Kontos oder der fremdnützigen Verfügung zugunsten Dritter durch die Bank (vgl dazu BGHZ 96, 231, 241 f) etwa auch fort, wenn der Vorstand an der freien Verfügung

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192 So in der Tat ausdrücklich Lutter NJW 1989, 2649, 2655. 193 Anders liegen die Verhältnisse möglicherweise bei der Kapitalerhöhung; bei ihr kann die Anwendung des § 36 Abs 2 aber ohnehin nur eine sinngemäße, § 188 Abs 2, sein.

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über den gutgeschriebenen Betrag durch fehlende Bonität des Kreditinstitutes gehindert ist. In diesem Fall ist die Einzahlung auf das Konto nicht gleichwertig mit einer Barzahlung an die Gesellschaft. Dies gilt selbst dann, wenn die Zahlung auf ein vom Vorstand angegebenes Konto erfolgt ist. Allerdings können dem Einleger dann Schadensersatzansprüche gegen den Vorstand zustehen.194 Weist das Konto einen Debetsaldo auf, sog Zahlung auf debitorisches Konto, so wird die freie Verfügung ist nicht berührt, wenn der Vorstand gleichwohl über ein Guthaben in Höhe der eingezahlten Mittel verfügen kann. Als vereinbar mit dem Erfordernis freier Verfügungsmacht wird es ferner angesehen, wenn die Bank zwar wie zumeist den eingezahlten Betrag sofort mit ihrer Gegenforderung verrechnet, danach aber anschließend wieder, etwa wegen Vorhandenseins einer Kreditlinie, Verfügungen in Höhe der Einlagemittel zulässt. Zwar kann in diesem Fall von einer Verfügungsmacht des Vorstandes über die eingezahlten Mittel bei strikter Betrachtung nicht die Rede sein; der Einleger hat der Gesellschaft aber neben der Befreiung von einer Verbindlichkeit immerhin zusätzliche Liquidität in Höhe des gezahlten Einlagebetrages verschafft. Dagegen fehlt es an einer freien Verfügung des Vorstandes nach hM, wenn die Bank nach der Verrechnung mit ihrer Darlehensforderung wegen Überschreitens oder Fehlens einer Kreditlinie in entsprechender Höhe, Rückführung des Kreditrahmens auf den neuen Saldo, Kündigung des Kontos etc keine weiteren Verfügungen zu Lasten dieses Kontos zulässt. In diesem Fall erschöpft sich die Wirkung der Leistung des Einlegers in einer ohne Zutun des Vorstandes eintretenden Tilgung der Kreditforderung der Bank gegen die Gesellschaft, ohne dass der Vorstand einen Augenblick lang über zusätzliche Mittel in Höhe der geleisteten Einlage verfügen konnte. An dieser Beurteilung ändert es nichts, wenn die Leistung der Einlage auf das betreffende Konto zum Zwecke der Kredittilgung zuvor zwischen Vorstand und Einleger abgesprochen worden ist, oder sogar auf Weisung des Vorstandes erfolgt ist (siehe schon Rdn 120 ff). Der Sache nach steht diese Form der Leistung aufgrund der Doppelstellung der Bank als Zahlstelle und Gläubiger der Gesellschaft bei Dominanz der zuletzt genannten Rolle der direkten Tilgung einer Gesellschaftsverbindlichkeit durch unmittelbare Leistung des Einlegers an den Gläubiger näher als der Verschaffung eines frei verfügbaren Buchguthabens. Zumindest bei Zahlungen auf ein reines Kreditabwicklungskonto will der BGH deshalb auch die Regeln über die unmittelbare Zahlung an einen Dritten auf eine Gesellschaftsverbindlichkeit anwenden. Infolgedessen soll es bei der Zahlung auf ein solches Kreditkonto wegen des Vorrangs des § 54 Abs 3 vor der allgemeinen Regel des § 362 Abs 2 BGB (dazu schon oben Rdn 120 sowie die Erläuterungen zu § 54) nicht nur an der Leistung zur freien Verfügung fehlen, sondern bereits an einer Zahlung in einer der durch § 54 Abs 3 zwingend vorgeschriebenen Zahlungsformen (BGHZ 119, 177, 188 ff; siehe oben Rdn 113 ff). Bei Zahlung auf ein Kontokorrentkonto soll es dagegen anscheinend lediglich an der freien Verfügung des Vorstandes fehlen. In beiden Fällen ist die Einlageforderung nach bislang herrsch. Auffassung nicht wirksam getilgt (§ 54 Abs 3) und damit auch das Anmeldeerfordernis des § 36 Abs 2 nicht erfüllt. – diese Sicht wurde bereits in der Vorauflage (Rdn 104) mit Blick auf die Zulässigkeit von Vorausverfügungen kritisiert und oben eingehend abgelehnt (Rdn 123 ff). Der freien Zulässigkeit von Drittleistungen, die das Gesetz nicht kennt, ist damit freilich nicht das Wort geredet. Gehört das kontoführende Kreditinstitut selber zu den Gründern der Gesellschaft, so kann es die in § 36 Abs 2 geforderte Bareinlage auch durch Gutschrift auf ein

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KK/Drygala § 54 Rdn 72; hM, vgl dazu auch § 46 Abs 1 S 2 und 3 und die dortigen Erläuterungen.

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selber für die Gesellschaft oder deren Vorstand geführtes, zur Leistung der Einlage zugelassenes Konto erbringen. Voraussetzung ist dafür allerdings, dass durch entsprechende Abmachungen sichergestellt ist, dass das Kreditinstitut keinerlei Zugriff auf den von ihm selber eingelegten, dem betreffenden Konto gutgeschriebenen Betrag hat. Anderenfalls würde es an der freien Verfügungsgewalt des Vorstandes fehlen. Dies schließt – entgegen der allgemeinen Regel, oben Rdn 193 – auch eine Verrechnung mit einem bestehenden Schuldsaldo der Gesellschaft selbst bei Vorhandensein einer offenen Kreditlinie generell aus. Der gegen die Erfüllung der Bareinlagepflicht durch Gutschrift auf ein im eigenen Hause geführtes Konto im Schrifttum195 erhobene Einwand, durch eine solche Umbuchung werde lediglich die Einlageschuld durch die Schuld aus der Kontogutschrift ersetzt, ohne dass sich die Vermögenslage des Kreditinstituts dadurch verändere, vermag nicht zu überzeugen. Durch die Gutschrift verschafft das Kreditinstitut der Gesellschaft anstelle ihres bloßen Anspruchs auf Zahlung der Einlage Buchgeld, über das der Vorstand jederzeit durch Überweisung frei verfügen kann. Zwar wird der Gesellschaft durch diesen Vorgang in der Tat kein neuer Schuldner verschafft. Die Gutschrift bewirkt aber, sofern die nach § 37 Abs 1 Satz 3 abzugebende Bestätigung des Kreditinstituts, wonach der gutgeschriebene Betrag endgültig zur freien Verfügung des Vorstandes steht, der Wahrheit entspricht, nicht nur eine ausreichende Aussonderung aus dem Vermögen des einlegenden Kreditinstituts;196 auch die Gesellschaft hat durch die Gutschrift bei der hier maßgeblichen wirtschaftlichen Betrachtung nichts substantiell anderes und jedenfalls nicht weniger erhalten, als sie erhalten hätte, wenn das einlegende Kreditinstitut eine entsprechende Gutschrift bei einer anderen Bank veranlasst hätte.197 Kann der Vorstand über die auf Konto gezahlten Mittel wegen bestehender Ein198 wirkungsmöglichkeiten der kontoführenden Bank oder Dritter nicht frei verfügen, so ist die vor Anmeldung zu erbringende Bareinlage nach hM nicht aufgebracht (aA Rdn 128 ff). Die Gesellschaft kann mangels Erfüllung des Anmeldeerfordernisses des § 36 Abs 2 nicht eingetragen werden. Darüber hinaus ist der Einleger, wenn seine Zahlung nicht die besonderen Anforderungen erfüllt, die das Gesetz in § 54 Abs 3 an erfüllungswirksame Leistungen der Einlageschuld stellt, auch von seiner Bareinlageverbindlichkeit nicht frei geworden. Der Einlageschuldner bleibt damit weiterhin zur Bewirkung seiner Bareinlage verpflichtet. Er erwirbt zwar wegen Verfehlens der Tilgungswirkung einen Bereicherungsanspruch (§ 812 BGB) gegen die Gesellschaft; diese Forderung kann er jedoch wegen des nach § 66 geltenden Verbots nicht zur Aufrechnung gegen seine fortbestehende Einlageschuld einsetzen. Vor diesen Rechtsfolgen bewahrt ihn weder Gutgläubigkeit noch das Einverständnis des Vorstandes mit der Zahlung auf das betreffende Konto, dazu auch bereits oben Rdn 195. Der Einlageschuldner, der die internen, die Verfügungsbeschränkungen begründenden Verhältnisse nicht kennt, kann sich vor der Gefahr einer Doppelzahlung nur dadurch schützen, dass er sich die freie Verfügungsmacht des Vorstandes ausdrücklich von dem kontoführenden Kreditinstitut bestätigen lässt. Zwar schützt ihn die Bankbestätigung bei Unrichtigkeit nicht vor dem Fortbestehen seiner Einlagepflicht. Die Bank macht sich in diesem Fall jedoch ihm gegenüber schadensersatzpflichtig.198

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195 So etwa MünchKommAktG/Pentz Rdn 69; MünchKommAktG/Bungeroth § 54 Rdn 65; KK/Lutter (2. Aufl), § 54 Rdn 37 vgl auch schon RG bei Holdheim 1904, 142. 196 AA insbes KK/Lutter (Voraufl) § 54 Rdn 37. 197 Wie hier KK/Arnold Rdn 45; Hüffer/Koch § 54 Rdn 17; Geßler FS Möhring, 1975, S 173, 175 ff; Heinsius FS Fleck, 1988, S 89, 102 ff. 198 KK/Drygala § 54 Rdn 79.

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Der AG gegenüber sind die Gründer, der Vorstand und der Aufsichtsrat dafür ver- 199 antwortlich, dass die zur Annahme der Bareinlage bestimmte Stelle hierfür geeignet ist und die eingezahlten Beträge zur freien Verfügung des Vorstandes stehen (§§ 46 Abs 1 Satz 2, 48). Die Beteiligten haften der AG gegenüber als Gesamtschuldner. Infolgedessen trifft den Gründer, der nicht zur freien Verfügung des Vorstandes zahlt, sogar neben seiner fortbestehenden Einlagepflicht die gesamtschuldnerische Mithaftung nach den soeben genannten Bestimmungen. Von dieser Haftung wird er sich jedoch, wenn er die internen Verhältnisse der Gesellschaft, welche den Mangel der freien Verfügungsmacht des Vorstandes begründen, nicht kennen kann, befreien können. Nicht geklärt ist es bisher, ob ihm in diesem Fall zusätzlich eigene nicht deliktische (§ 826 BGB) Schadensersatzansprüche gegen den Vorstand zustehen, der ihn zu der nicht einlageschuldtilgenden Zahlung veranlasst hat, s dazu auch die Erläuterungen zu §§ 46–48. Dagegen tritt Befreiung des Einlegers von seiner Bareinlagepflicht ein, wenn die 200 Voraussetzungen ordnungsgemäßer Zahlung (§ 54 Abs 3) zur freien Verfügung des Vorstandes (§ 36 Abs 2) im Leistungszeitpunkt erfüllt sind. Spätere Umstände, welche die Verfügungsmacht des Vorstandes wieder zunichtemachen, gehen auch dann nicht zu seinen Lasten, wenn sie noch vor Anmeldung der AG eintreten. Sie stehen in diesem Falle zwar, weil die freie Verfügung Eintragungsvoraussetzung ist (§§ 36 Abs 2, 37 Abs 1) der Eintragung der Gesellschaft entgegen, solange nicht von dem für die Beseitigung der Verfügungsmacht Verantwortlichen Ersatz erlangt wird, vermögen aber die bereits eingetretene Tilgungswirkung der ordnungsgemäß geleisteten Einlagezahlung nicht mehr zu beseitigen.199 Umgekehrt können Leistungen, die im Augenblick ihrer Erbringung nicht zur Tilgung der Bareinlagepflicht geeignet sind, nachträglich Erfüllungswirkung erlangen, wenn sie zu einem späteren Zeitpunkt, zB durch die Entsperrung des im Zeitpunkt der Einzahlung gesperrten Kontos oder nachträgliche Kapitalzufuhr in die freie Verfügungsgewalt des Vorstandes gelangen.200 8. Sonderfälle a) Als zulässige, bei Erfüllung der übrigen Voraussetzungen mit dem Erfordernis 201 freier Verfügung des Vorstandes grundsätzlich vereinbare Form der Abwicklung der Barleistungspflicht ist es anzusehen, wenn der Inferent die Einlage an einen uneigennützigen (Verwaltungs-)Treuhänder der Gesellschaft mit der Maßgabe zahlt, dass die eingezahlten Mittel nach Anmeldung oder Eintragung der Gesellschaft zu deren Gunsten freigegeben sind.201 Eine solche Gestaltung, die typischerweise dazu dient, das Vorleistungsrisiko des Einzahlenden (bis zur Eintragung kann die Gesellschaftsgründung noch scheitern) zu mindern, mag zwar mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht oder jedenfalls nur sehr bedingt vereinbar sein. Vom Sinn des Gesetzes her bestehen jedoch keine durchgreifenden Bedenken. Zwar hindert die Festlegung des schon vor Anmeldung einzuzahlenden Teils der Bareinlage die (Vor-)Gesellschaft daran, sich dieser Mittel zu bedienen, wenn sie ihren Geschäftsbetrieb – was heute nahezu allgemein für zulässig erachtet wird, dazu die Erläuterungen zu § 41 – schon vor ihrer Eintragung aufnehmen

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199 BGHZ 15, 66, 69. 200 Vgl dazu den BGHZ 122, 180 zugrundeliegenden Sachverhalt: dort fehlte es zunächst an einer ordnungsgemäßen Kapitalaufbringung, weil die Einlageleistung von der AG selber finanziert wurde; der Mangel wurde später teilweise dadurch behoben, dass die Aktien an die Börse gebracht wurden und der Verkaufserlös an die AG abgeführt wurde. 201 So am nachdrücklichsten Lutter FS Heinsius, 1991, S 497 ff; zust auch KK/Arnold Rdn 34; Hüffer/Koch Rdn 7 für Hinterlegung auf Notaranderkonto; aA MünchKommAktG/Pentz Rdn 50; Geßler/Eckardt 27.

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will. Es ist aber auch gar nicht Sinn des § 36 Abs 2, die Vorgesellschaft mit Liquidität für eine vorgezogene Aufnahme ihres Geschäftsbetriebes auszustatten. Die Vorschrift dient vielmehr sowohl nach ihrer Vorgeschichte als auch nach ihrer objektiven Funktion im System der Kapitalaufbringung allein dem Zweck, die korrekte Erfüllung der Verpflichtung zur Einzahlung des schon vor Anmeldung fälligen Teils der Bareinlage sicherzustellen. Dieser Zweck ist vollauf erfüllt, wenn durch die Art und Weise der Einlageleistung sichergestellt ist, dass der Vorstand spätestens bei Entstehung der Gesellschaft, dh im Moment ihrer Eintragung im Handelsregister, über die eingeforderten Mittel frei von Zugriffen Dritter sowie aus der Sphäre des Einlegers und unzulässige Verwendungsbindungen zugunsten der Gesellschaft verfügen kann. Diese Voraussetzung ist allerdings nur dann gewahrt, wenn der Treuhänder durch seine Person die Gewähr der Unabhängigkeit von unzulässigen Einflussnahmen der Beteiligten bietet (Notar, Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer oä, so ausdrücklich Lutter, FS Heinsius, 1991, 497, 521) und überdies durch geeignete vertragliche Abmachungen sichergestellt ist, dass der eingezahlte Betrag während der Dauer seiner Hinterlegung bei dem Treuhänder jedem Zugriff Dritter, insbes auch des Einlegers selber und seiner Gläubiger, entzogen ist und tatsächlich bei Erfüllung der Auszahlungsbedingungen (Anmeldung der Gesellschaft) zur freien Verfügung des Vorstandes nach dessen Weisungen freigegeben wird. Eine Gefährdung der Gläubiger der Vorgesellschaft ist mit der Zulassung der Einlageleistung an einen Treuhänder nicht verbunden. Zwar ist der Treuhänder nach dem Zweck dieser Leistungsform im Falle des Scheiterns der Gesellschaftsgründung gehalten, die eingezahlte Einlage an den Einleger zurückzuzahlen. Infolgedessen steht die Einlage nicht mehr bei der Gesellschaft zur Befriedigung ihrer Gläubiger zur Verfügung. Die Gläubiger sind aber durch die Verlustdeckungshaftung der Gründer, dazu im Einzelnen bei § 41, hinreichend geschützt. b) Wenig geklärt ist auch die für Bareinlagen allerdings minder bedeutsame Frage, ob das gesetzliche Erfordernis freier Verfügung des Vorstandes über die Einlagemittel auch dann gewahrt ist, wenn sie der Gesellschaft nur unter der (aufschiebenden oder auflösenden) Bedingung der Anmeldung oder Eintragung überlassen worden sind.202 Bedenken unter dem allgemeinen Erfordernis der Vorbehaltlosigkeit (Rdn 49 ff) bestehen hier nicht in gleichem Maße, da diese Bedingungen nie stören, wenn es zur angestrebten Eintragung kommt. Verhältnismäßig unproblematisch sollte zunächst die rechtliche Beurteilung der 203 Einlageleistung unter aufschiebender Bedingung sein. Die gesetzliche Forderung nach freier Verfügungsmacht des Vorstandes über die Einlagemittel im Zeitpunkt der Anmeldung (§ 36 Abs 2) ist allerdings uneingeschränkt nur dann erfüllt, wenn die Leistung unter der aufschiebenden Bedingung der Anmeldung der Gesellschaft erfolgte.203 Ist dagegen die Eintragung der Gesellschaft zur Bedingung gemacht, so bleibt die Leistung der Einlage rechtlich hinter der Forderung des Gesetzes zurück, die endgültige Erfüllung der Einlagepflicht bereits im Zeitpunkt der Anmeldung verlangt. Auf der anderen Seite ist bereits durch die aufschiebend bedingte Leistung ein unentziehbares Anwartschaftsrecht der Gesellschaft auf endgültigen Erwerb des Einlagegegenstandes entstan202

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202 S auch dazu die grundlegenden Ausführungen von Lutter FS Heinsius, 1991, S 497 ff, an die sich die folgenden Ausführungen anlehnen; s ferner – mit durchweg abw Stellungnahme – Blecker aaO (Fn 18) 116 ff. 203 Für diesen Fall zust BGH GmbHR 1959, 94; KK/Arnold Rdn 33; im Grundsatz mit Einschränkungen zust wohl auch Pleyer in seiner Urteilsanm aaO; aA dagegen (keine freie Verfügung) MünchKommAktG/Pentz Rdn 65; Scholz/Winter/Veil § 7 Rdn 39.

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den, das wegen des Besitzes der Gesellschaft auch durch Zwischenverfügungen des Einlegers nicht mehr beeinträchtigt werden kann und im Augenblick der Eintragung der Gesellschaft zum Vollrecht erstarkt. Berücksichtigt man auch an dieser Stelle, dass das Gesetz der werdenden Gesellschaft keine vorzeitige Liquidität verschaffen, sondern lediglich gewährleistet wissen will, dass sie wenigstens mit einer vor Rückflüssen an den Einleger gesicherten, in realen Werten vorhandenen Mindestkapitalausstattung ins Leben tritt, so dürfen bei einer am Sinn des Gesetzes orientierten Auslegung keine durchgreifenden Bedenken bestehen: die Gesellschaft hat im Augenblick ihrer Eintragung und damit ihrer Entstehung als rechtsfähige AG alles, was ihr der Gesetzgeber mit der in §§ 36 Abs 2, 37 Abs 1, 54 Abs 3 getroffenen Regelung verschaffen wollte. Noch weniger Bedenken können gegen eine Einlageleistung unter der auflösen- 204 den Bedingung bestehen, dass die Einlage beim endgültigen Scheitern der Gesellschaftsgründung wieder an den Einleger zurückfallen soll.204 Da die Bedingung mit Eintragung der Gesellschaft endgültig fortfällt, steht in keinem Augenblick im Zweifel, dass die Gesellschaft mit der Mindestkapitalausstattung ins Leben tritt, die ihr das Gesetz sichern will. Da die Bedingung die Verfügungsmacht des Vorstandes auch schon in der Zeit davor nicht beeinträchtigt, bewirkt sie lediglich auf der dinglichen Ebene, was auf der schuldrechtlichen bzw gesellschaftsrechtlichen ohnehin bereits gilt, nämlich die Verpflichtung der Gesellschaft zur Rückgewähr bereits geleisteter Einlagen im Falle des Scheitern der Gesellschaftsgründung. Der Umstand, dass die Einlagen in der Liquidation nicht als solche, sondern nur als Teil eines etwaigen Liquidationsüberschusses zurück zu gewähren sind (unten Rdn 205) steht dieser rechtlichen Würdigung nicht zwingend entgegen (dazu näher Lutter [Fn 201] 516 f). Mögliche Bedenken, die sich daraus ergeben, dass der mit Eintritt der auflösenden Bedingung ipso iure an den Einleger zurückfallende Leistungsgegenstand – anders als bei einer schuldrechtlichen Rückgewährpflicht – damit nicht mehr zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger zur Verfügung steht, wären im Hinblick auf die bei Scheitern der Gesellschaftsgründung bestehende Verlustdeckungshaftung der Gründungsgesellschafter (s Erläuterungen zu § 41) unbegründet. 9. Rückabwicklung bei Scheitern der Gesellschaftsgründung. Bei endgültigem 205 Scheitern der Gesellschaftsgründung, insbes durch rechtskräftige Ablehnung der Eintragung, ist die Gesellschaft, wenn es im Hinblick auf die geleistete Einlage bereits zur Bildung von Gesamthandsvermögen gekommen ist, nach gesellschaftsrechtlichen Regeln zu liquidieren.205 Infolgedessen kann der Gesellschafter seine bereits geleistete Einlage nicht als solche nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zurückverlangen (anders noch ditte Aufl [Barz] Anm 18). Er ist vielmehr auf seinen Anteil an dem nach Abzug bereits getätigter Ausgaben und Begleichung bereits eingegangener Verbindlichkeiten möglicherweise verbliebenen Liquidationsüberschuss angewiesen. Innerhalb der durchzuführenden Berechnung kommt der eingezahlten und zurückzugewährenden Einlage lediglich die Bedeutung eines Rechnungsfaktors zu; sa bereits § 23 Rdn 266. 10. Verbliebene Besonderheiten bei Einpersonen-Gründungen nach Strei- 206 chung des § 36 Abs 2 Satz 2 (insbes Leistung zur freien Verfügung). § 36 Abs 2 Satz 2 ist durch das Gesetz für kleine AG und zur Deregulierung des Aktienrechts v 2.8.1994 (BGBl I 1961) eingefügt worden, mittlerweile aber wieder gestrichen worden (Rdn 1). Die

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204 AA MünchKommAktG/Pentz Rdn 65; KK/Arnold Rdn 33. 205 Dazu im Einzelnen die Erläuterungen zu § 41; dort auch zu der Frage, ob die Abwicklung nach den Grundsätzen des Personengesellschaftsrechts (§§ 730 ff BGB, 145 ff HGB) zu erfolgen hat oder bereits nach den Regeln, die für die geplante AG gelten.

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Einpersonengründung richtet sich danach jetzt vollumfänglich nach den allgemeinen Vorschriften. Dennoch existieren es nach wie vor beachtliche Besonderheiten, insbes im Rahmen der Leistung zur freien Verfügung, die sich aus der Natur der Sache ergeben und nicht zuletzt im Zusammenhang mit der umstrittenen Existenz einer EinpersonenVor-AG stehen. Für Einzahlungen gelten deshalb im Grundsatz keine anderen Regeln als bei Mehr207 personen-Gründungen. Eine Besonderheit besteht allerdings insofern, als bei der Einpersonen-Vorgesellschaft in Ermangelung mehrerer Gesellschafter noch kein gesamthänderisches Gesellschaftsvermögen besteht, in das geleistete Einzahlungen übergehen können, Rechtsträger vielmehr immer noch der einzige Gründer sein dürfte (zu der bisher nicht abschließend geklärten Frage, ob die Einpersonen-Gesellschaft lediglich als Sondervermögen ihres Gründers oder bereits als teilrechtsfähiger Rechtsträger anzusehen ist, im einzelnen die Erläuterungen zu § 29 Rdn 24 und zu § 41). Daraus werden sich jedoch im allgemeinen bei der AG und der praktischen Abwicklung keine besonderen Schwierigkeiten ergeben, da die Zahlung zur freien Verfügung des Vorstandes zu leisten ist und dieser bei der AG vom Gesetz als nicht von den Weisungen des Gesellschafters abhängiges, eigenverantwortliches Organ (§ 76) konzipiert ist. Infolgedessen ist bei Zahlung zur endgültig freien Verfügung des Vorstandes eine ausreichende Absonderung von dem übrigen Vermögen des Alleingründers selbst dann gewährleistet, wenn dadurch noch keine Änderung der materiellen Rechtszuständigkeit bewirkt worden sein sollte. 208 Ist der einzige Gründer zugleich Vorstand, so ist allerdings darauf zu achten, dass die geleisteten Einlagen als selbständiges Sondervermögen der werdenden AG strikt von dem Privat- oder sonstigen geschäftlichen Vermögen des Vorstandes getrennt werden und bleiben. Bei Zahlungen auf Konto wird es dazu im Allgemeinen ausreichen, dass das Konto bereits auf den Namen der künftigen AG geführt wird. Bei Zahlungen auf das Konto des Einpersonen-Gründer-Vorstandes muss durch die Kontobezeichnung klargestellt sein, dass es sich um ein Sonderkonto handelt, auf dem das Sondervermögen der künftigen AG verwaltet wird. Erhält die AG bereits vor ihrer Gründung auch Sachvermögen, sei es durch Einbringung oder Sachübernahmen, sei es durch zulässige Umsetzung eingezahlter Bareinlagen in andere Vermögensgüter, so ist beweiskräftig zu dokumentieren, dass diese Sachwerte zu einem der werdenden AG zuzuordnenden Sondervermögen gehören. Dies kann in jeder dazu geeigneten Form geschehen. In Betracht kommen insbes strikte räumliche Trennung, gebotenen Falles mit entsprechender Kennzeichnung, sowie die Führung einer schriftlichen Dokumentation, die einen ausreichenden Überblick über die Zusammensetzung und Entwicklung des Sondervermögens ermöglicht. Entsprechend ist zu verfahren, wenn eingezahlte Barmittel bereits zur Begleichung von Verbindlichkeiten der werdenden AG eingesetzt worden sind. Die Erstellung und Führung einer förmlichen beglaubigten Vermögensübersicht analog Umwandlungsrecht kann jedoch in diesen Fällen nicht verlangt werden.206 Die Probleme, die sich bei Einpersonen-Gründungen im Hinblick auf die Trennung der Vermögensmassen ergeben können, waren dem Gesetzgeber bei Einführung auch der Einmann-AG jedenfalls aufgrund der Erfahrungen mit dem älteren GmbH-Recht hinreichend bekannt. Wenn er trotzdem im Interesse der von ihm angestrebten Vereinfachung und Deregulierung des Aktienrechts davon abgesehen hat, formalisierte Nachweise zu verlangen, so sollte dies auch von der Rechtsauslegung und Rechtsanwendung als verbindlich

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206 AA Hüffer 14 mwN; nur für das GmbH-Recht Hachenburg/Ulmer § 7, 62; s ferner Ulmer/Ihrig GmbHR 1988, 373, 379 f; dagegen Fezer JZ 1981, 608, 617 u wohl auch Roth § 11 Anm 6.3.3.

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hingenommen und nicht durch Postulierung zusätzlicher förmlicher Anforderungen unterlaufen werden. 11. Rechtslage bei gemischter Einlage. Bei gemischten Einlagen (Mischeinlagen, 209 § 27 Rdn 221), bei denen der Aktionär auf eine Aktie sowohl eine Bar- als auch eine Sacheinlage zu leisten hat, ist jede Einlage gesondert nach den für sie maßgebenden rechtlichen Regeln zu behandeln. Für den Bareinlageteil gelten §§ 36 Abs 2, 36a Abs 1, für den Sacheinlageteil § 36a Abs 2. Wird nur eine Quote, also das in § 36a Abs 1 als Mindestzahl angeführte Viertel oder ein etwaiger höherer Bruchteil eingefordert, berechnet sich die bar einzuzahlende Quote nach dem geringsten Ausgabebetrag der Aktien nach Abzug des Wertes der Sacheinlage. Zu zahlen ist also nur ein Viertel (oder die eingeforderte höhere Quote) des baren Teils sowie ein etwaiges, stets in bar zu entrichtendes (§ 36a Abs 1) Aufgeld. Dies folgt bereits daraus, dass die in § 36 Abs 2 aufgestellte Anmeldevoraussetzung nur, „soweit nicht Sacheinlagen vereinbart sind“, gilt. Eine Berechnung, die sich an dem geringsten Ausgabebetrag der Aktien ohne Abzug des Wertes der Sacheinlage orientiert, kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil bei ihr der eingeforderte Prozentsatz, also zB 25%, bereits höher sein könnte, als der ganze bar zu leistende Teil der Einlage. Unter „geringsten Ausgabebetrag der Aktien“, von dem vor Anmeldung der Gesellschaft mindestens ein Viertel eingefordert (§ 36a Abs 1) und eingezahlt worden sein muss (§ 36 Abs 2), ist also bei sinngerechter Gesetzesauslegung nicht der Ausgabebetrag der Aktien, sondern lediglich der bar zu zahlende Teil dieses Ausgabebetrages zu verstehen.207 Schall/Röhricht/Schall

§ 36a Leistung der Einlagen 2. Teil – Gründung der Gesellschaft Leistung der Einlagen § 36a (1) Bei Bareinlagen muß der eingeforderte Betrag (§ 36 Abs 2) mindestens ein Viertel des geringsten Ausgabebetrags und bei Ausgabe der Aktien für einen höheren als diesen auch den Mehrbetrag umfassen. (2) 1 Sacheinlagen sind vollständig zu leisten. 2 Besteht die Sacheinlage in der Verpflichtung, einen Vermögensgegenstand auf die Gesellschaft zu übertragen, so muß diese Leistung innerhalb von fünf Jahren nach der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister zu bewirken sein. 3 Der Wert muß dem geringsten Ausgabebetrag und bei Ausgabe der Aktien für einen höheren als diesen auch dem Mehrbetrag entsprechen. Schrifttum Herrmanns Gestaltungsmöglichkeiten bei der Kapitalerhöhung mit Agio, ZIP 2003, 788; Hüffer Harmonisierung der aktienrechtlichen Kapitalschutzes, NJW 1979, 1065; Kraft Probleme im Zusammenhang mit der Leistung der Einlagen bei der Gründung einer Aktiengesellschaft, GedSatz Dietrich Schultz, 1986, Satz 193; Lösekrug Die Umsetzung der Kapital-, Spaltungs- und Verschmelzungsrichtlinie in das nationale deutsche Recht, 2004; D. Mayer Der Leistungszeitpunkt bei Sacheinlageleistungen im Aktienrecht, ZHR 154 (1990) 535; Schorling/Vogel Schuldrechtliche Finanzierungsvereinbarungen neben Kapitalerhöhungsbeschluss und Zeichnung, AG 2003, 86.

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207 Ganz hM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 84; KK/Arnold Rdn 21; Hüffer/Koch Rdn 12; aA jetzt wieder Cavin S 111 ff; sa zu älteren abw Ansichten s dritte Aufl (Barz) Anm 17.

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Schall/Röhricht/Schall

§ 36a | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

I. II. III.

Systematische Übersicht Vorgeschichte | 1 Die Leistung der Bareinlagen, Abs 1 | 2 Die Leistung von Sacheinlagen, Abs 2 | 3 1. Leistungszeitpunkt; Verhältnis von Satz 1 und 2 | 3

Problemlage | 3 Meinungsstand | 4 Stellungnahme | 6 Rechtsfolgen bei Verstoß gegen Satz 1 und 2 | 21 Verbot der Unterpari-Emission, Abs 2 Satz 3 | 22 a) b) c) d)

2.

I. Vorgeschichte 1

§ 36a ist durch das Gesetz zur Durchführung der Zweiten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Kapitalrichtlinie 77/91/EWG v 13.12.1976) v 13.12.1978 (BGBl I 1959) mit Wirkung ab 1.7.1979 in das AktG 1965 eingefügt worden. Dabei ist die früher in § 36 Abs 2 Satz 2 enthaltene Regelung über die Höhe der Mindesteinzahlungen bei Bareinlagen beibehalten und als § 36a Abs 1 in die neugeschaffene Vorschrift des § 36a übernommen worden. Neu ist dagegen die in § 36a Abs 2 getroffene Regelung. Sie gilt für alle nach dem 16.6.1980 zum Handelsregister angemeldeten Aktiengesellschaften. Durch das Gesetz über die Zulassung von Stückaktien v 25.3.1998 (BGBl I 1998 S 590) wurde in Abs 1 und Abs 2 Satz 3 das Wort „Nennbetrag“ durch „geringster Ausgabebetrag“ ersetzt. Röhricht/Schall II. Die Leistung der Bareinlagen, Abs 1

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Die Vorschrift legt in Ergänzung der in § 36 Abs 2 getroffenen Regelung die Höhe des vor Anmeldung einzufordernden Teils der Bareinlagen, ohne dessen Einzahlung die Anmeldung der Gesellschaft nicht stattfinden kann (§ 36 Abs 2 Satz 1), auf mindestens ein Viertel des geringsten Ausgabebetrages der übernommenen Aktien fest. Bei Ausgabe der Aktien über pari ist zusätzlich auch der Mehrbetrag, und zwar in voller Höhe, einzuzahlen; s dazu auch die Erläuterungen zu § 9. Zur Berechnung dieses Betrages s im Einzelnen die Erläuterungen zu § 36 Abs 2; dort zu gemischten Einlagen Rdn 209, zur Rechtslage bei Mehreinforderungen Rdn 105 und 112, zu freiwilligen Mehreinzahlungen Rdn 106, zum Verfahren der Einforderung Rdn 111 zu den Voraussetzungen schuldbefreiender Zahlung Rdn 113 ff sowie zu den europarechtlichen Grundlagen im Spannungsverhältnis mit § 27 Abs 5 noch die Erläuterungen zu § 27 Rdn 52 ff. III. Die Leistung von Sacheinlagen, Abs 2 1. Leistungszeitpunkt; Verhältnis von Satz 1 und 2

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a) Problemlage. Die Vorschrift ist gesetzestechnisch misslungen. Infolgedessen gibt sie die vom Gesetzgeber gewollte Regelung nur in unvollständiger und missverständlicher Form wieder, was einen bis heute nicht abschließend geklärten Auslegungsstreit über ihren wirklichen Regelungsgehalt ausgelöst hat. Die entstandenen Meinungsunterschiede beruhen darauf, dass nach Satz 1 Sacheinlagen vollständig zu leisten sind. Das kann, unter Berücksichtigung der im GmbHG geltenden Rechtslage und im Kontext mit den in § 36a Abs 1 und § 36 Abs 2 getroffenen Regelungen, den Eindruck entstehen lassen, dass ein in Erfüllung eines Sacheinlageversprechens auf die Gesellschaft zu übertragender Vermögensgegenstand regelmäßig bereits vor Anmeldung der Gesellschaft in Röhricht/Schall

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ihr Vermögen überführt sein muss.1 Gerade für diesen Fall bestimmt jedoch Satz 2, dass diese Leistung (erst) innerhalb von 5 Jahren nach der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister zu bewirken ist. Da dieser Fall zugleich der bei Sacheinlagevereinbarungen häufigste ist, scheint damit das Verhältnis von Regel (Satz 1) und Ausnahme (Satz 2) auf den Kopf gestellt. Dies hat zu unterschiedlichen Meinungen über den Regelungsgehalt der beiden Sätze des Abs 2 und ihre rechtliche Beziehung zueinander geführt. b) Meinungsstand. Im Wesentlichen werden dazu die folgenden Ansichten vertre- 4 ten. Nach der strengeren Auffassung ist der Wortlaut des Satz 2 nur auf die (seltenen) Fälle zu beziehen, in denen Einlagegegenstand eine Forderung des Inferenten gegen Dritte auf Übertragung eines Vermögensgegenstandes ist. Der Lieferanspruch des Einlegers gegen den Dritten müsse deshalb nach Satz 1 vor Anmeldung an die Gesellschaft abgetreten sein. Zusätzlich bestimme dazu Satz 2, dass die Einbringung eines derartigen Anspruchs als Sacheinlage überhaupt nur dann geeignet ist, wenn der Dritte seine Lieferverpflichtung innerhalb von fünf Jahren zu erfüllen hat.2 Demgegenüber sollen herkömmliche Sacheinlagevereinbarungen, die im Ergebnis ja alle zu einem Übertragungsanspruch der Gesellschaft gegen den Einleger selbst führen, entsprechend der Regel des Satz 1 bereits vor der Anmeldung durch dinglichen Vollzug erfüllt sein. Eine Erleichterung soll lediglich für die Einbringung von Grundstücken gelten. Hier soll aus praktischen Erwägungen (Dauer des Umschreibungsverfahrens) die Abgabe und Einreichung der zur Eigentumsübertragung erforderlichen Erklärungen beim Grundbuchamt oder die Eintragung einer ranggerechten Vormerkung vor der Anmeldung ausreichen (teleologische Reduktion). Eine Bestätigung dieser Auffassung sieht Lutter nicht zuletzt darin, dass der Gesetzgeber bei der späteren Einführung des – mittlerweile freilich schon wieder gestrichenen – § 36 Abs 2 Satz 2 für Sacheinlagen des Einmann-Gesellschafters keine Sicherungen für erforderlich gehalten hat, was nur dadurch erklärbar sei, dass Sacheinlagen sofort zu leisten seien Die heute ganz hM folgt dieser Lesart aber nicht.3 Ihrzufolge ist Satz 1, wonach Sach- 5 einlagen vor Anmeldung zu leisten sind, rechtstechnisch die Regel, praktisch aber die Ausnahme, weil in den weitaus meisten Fällen die Sacheinlagevereinbarung die dingliche Übertragung eines Gegenstandes zum Inhalt habe und Satz 2 es dafür ausreichen lasse, wenn diese innerhalb von fünf Jahren seit der Eintragung zu erfolgen habe. Für die „Regel“ des Satz 1 bleiben nach dieser Meinung im Wesentlichen nur die Fälle der Sacheinlagen in Gestalt von Gebrauchs- oder Nutzungsüberlassungen übrig; zur letzteren § 27 Rdn 150 ff. c) Stellungnahme. Vor der Einführung des § 36a Abs 2 bestand keinerlei zeitliche 6 Begrenzung für die Erfüllung des Sacheinlageversprechens.4 Die Neuregelung bringt hier eine Verschärfung, indem sie Vollzug innerhalb von fünf Jahren fordert. Sie folgt damit

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1 Im GmbH-Recht von jeher hM, s MünchKommGmbHG/Herrler § 7 Rdn 109; ebenso schon BGHZ 45, 338, 339, 347. 2 So Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 11; Wachter Rdn 11; D. Mayer ZHR 154 (1990) 535 ff; grundlegend KK/Lutter (Voraufl) § 188, Rdn 27 f; dem folgend noch KK/Kraft (Voraufl) Rdn 10 ff; ders GedSatz Dietrich Schultz, 1986, Satz 193, 194 ff. 3 MünchKommAktG/Pentz Rdn 13 ff; KK/Arnold Rdn 11; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 5; Hüffer/Koch Rdn 4; Grigoleit AktG/Vedder § 36a Rdn 4; Bürgers/Körber/Lohse § 36a Rdn 4; Hölters/Solveen Rdn 5; Hoffmann-Becking MünchHdbAG, § 4 Rdn 44; Lutter/Bayer/J. Schmidt § 20 Rdn 44; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 804, 845; Habersack § 6 Rdn 24; Hüffer NJW 1979, 1065, 1067; Krebs/Wagner AG 1998, 467 ff; Welf Müller WPg 1978, 565, 567; Lösekrug Satz 84 ff. 4 3. Aufl Barz § 36 Anm 16 mwN; Baumbach/Hueck § 36 Rdn 5.

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der Kapitalrichtlinie (neugefasst 2013/30/EU, oben Rdn 1).5 Diese wollte zwar zunächst die vollständige Leistung der Sacheinlage vor Eintragung der Gesellschaft erreichen, begnügte sich dann aber mit Rücksicht auf die zeitlichen Schwierigkeiten bei Sacheinlagen, deren Erfüllung eine Umschreibung in einem öffentlichen Register erfordert, oder die wie Sukzessivlieferungsverträge über einen längeren Zeitraum hinweg zu erfüllen sind, damit, in Art 9 Abs 2 generell, dh für alle Sacheinlagen, die die Übertragung eines Vermögensgegenstandes auf die Gesellschaft bedingen, die vollständige Leistung spätestens innerhalb von fünf Jahren seit Aktienausgabe vorzuschreiben. Es gibt keinen hinreichenden Grund anzunehmen, der deutsche Gesetzgeber habe 7 über diese Regelung der Zweiten RiLi hinausgehen wollen. Die amtliche Begründung zum Regierungsentwurf (BT-Drucks 8/1678 zu Nr 6 und 7 Satz 12 f) führt einleitend aus, die Änderung gehe auf Art 9 Abs 2 der Kapitalrichtlinie zurück, wiederholt anschließend die Vorgeschichte der Richtlinie, die zur Einräumung einer Fünf-Jahresfrist für die Übertragung von Vermögensgegenständen als Sacheinlage geführt hat, und kommt sodann zu dem Schluss dass als Sacheinlage iSatz des deutschen Rechts auch weiterhin die Begründung eines schuldrechtlichen Anspruchs ausreiche, dies allerdings mit der Maßgabe, dass der geschuldete Vermögensgegenstand binnen fünf Jahren auf die Gesellschaft übertragen sein müsse. Eine Beschränkung dieser Regelung auf die Einbringung bestimmter Gegenstände, insbes Grundstücke, ist der Begründung ebenso wenig zu entnehmen wie eine Geltung nur für Ansprüche des Einlegers gegen Dritte als Sacheinlage. Vielmehr liegt der Begründung des RegE ersichtlich die Vorstellung zugrunde, eine Vereinbarung, nach welcher ein Vermögenswert erst in einem künftigen Zeitpunkt auf die AG übertragen werden soll, sei im Gegensatz zur sofort vollzogenen Einbringung als eine Sacheinlage zu verstehen, deren Gegenstand die Begründung eines schuldrechtlichen Anspruchs der Gesellschaft gegen den Einleger sei. Nach dieser Konzeption ist die die Sacheinlage bildende schuldrechtliche Verpflich8 tung zur Übertragung des Vermögensgegenstandes bereits vor der Anmeldung zu begründen (so § 36a Abs 2 Satz 1), während die Erfüllung dieser Verpflichtung durch dinglichen Vollzug auf einen späteren Zeitpunkt, der aber fünf Jahre gerechnet ab Eintragung der AG nicht überschreiten darf, hinausgeschoben werden kann (§ 36a Abs 2 Satz 2). Diese Vorstellung macht auch die Erläuterungen des seinerzeitigen Referenten (Ganske DB 1978, 2461, 2462) verständlich, der von einem Dreitakt: Verpflichtung zur Einbringung der Sacheinlage „schuldrechtlicher Anspruch“ auf Übertragung des Vermögensgegenstandes – Begründung dieses schuldrechtlichen Anspruchs – dingliche Erfüllung dieses Anspruchs ausgeht. Diese Konzeption beruht zwar insofern auf einer unrichtigen Vorstellung, als der Anspruch der Gesellschaft auf Übertragung des Gegenstandes als Sacheinlage nach herrschender Auffassung bereits mit der Übernahme der Aktien durch den Gründer gegen Sacheinlage entsteht (Rdn 14), ohne dass es dazu der gesonderten Begründung eines weiteren, schuldrechtlichen Anspruchs auf Lieferung des Vermögensgegenstandes bedürfte. Dadurch fallen die beiden ersten Schritte des „Dreitaktes“ regelmäßig zusammen. Sähe man dies anders, wäre letztlich auch die Begründung einer Bareinlagepflicht, zumindest soweit sie nicht sofort erfüllt wird, als Sacheinlage anzusehen. Diese Auffassung wird tatsächlich in der Diskussion um das Hin- und Herzahlen vertreten. Sie wird aber von der hM zu Recht abgelehnt (siehe § 27 Rdn 55 ff und 167 ff). Das Vorliegen dieser Fehlvorstellung ist aber kein Grund, dem Willen des Gesetzge9 bers die Gefolgschaft zu versagen. Dies gilt umso mehr, als § 36a Abs 2 bei der vorste-

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5 Lutter/Bayer/J. Schmidt § 20 Rdn 43 f; Bayer/J. Schmidt ZGR 2009, 804, 845; Habersack § 6 Rdn 24; Grundmann Rdn 334, Schall Satz 20; Lösekrug Satz 84 ff.

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hend vertretenen Auslegung in jeder Richtung dem Inhalt der Kapitalrichtlinie Li (Art 9 Abs 2) entspricht, die mit seiner Einführung in das nationale deutsche Recht umgesetzt werden sollte.6 Tatsächlich ergibt die Vorschrift des Abs 2 nämlich auch ohne die oben beschrie- 10 bene (Fehl)Vorstellung des Dreiklangs bei der Einbringung ihrem Wortlaut nach noch einen verständlichen Sinn. Denn jede Übernahme von Aktien führt zu einer Einlageverpflichtung. Für die Verpflichtung zur Leistung der Bareinlage gilt Abs 1. Für die Verpflichtung zur Leistung der Sacheinlagen gelten zwei Grundregeln. Erstens das Vollständigkeitsgebot nach Abs 2 Satz 1, das eine grundsätzlich nachvollziehbare Abweichung vom Viertel-Grundsatz des Abs 1 bringt und bei sofortiger Einbringung zu beachten ist. Damit sagt das Gesetz letztlich nur, dass bei Sacheinlagen der Viertelgrundsatz in keiner Hinsicht gilt und insbes keine Vorab-Teilleistung erfolgen muss. Zweitens die Erfüllungsfrist von fünf Jahren, die für die Fälle der Einbringung von Vermögensgegenständen gilt. In diesen Fällen genügt der vollständige Anspruch auf Erbringung dem Vollständigkeitsgebot, die Erfüllung ist dagegen auch in Teilleistungen möglich (unten Rdn 19). Das Gesetz lässt damit nach wie vor Sacheinlagevereinbarungen zu, die auf die Ein- 11 bringung eines erst in einem späteren Zeitpunkt nach Eintragung der AG zu liefernden Vermögensgegenstandes gerichtet sind. Anders als nach dem AktG 1965 ist aber nach § 36a Abs 2 Satz 2 stets erforderlich, dass diese Lieferverpflichtung längstens innerhalb von fünf Jahren nach Eintragung der Gesellschaft durch Übertragung des Vermögensgegenstandes auf die Gesellschaft zu erfüllen ist. Darüber hinaus muss der Anspruch auf Lieferung trotz des hinausgeschobenen Er- 12 füllungszeitpunkts bereits im Zeitpunkt der Anmeldung der Gesellschaft einen feststellbaren, in einer bestimmten Geldsumme ausdrückbaren wirtschaftlichen Wert (§ 27 Abs 2) besitzen. Bei aufgeschobener Fälligkeit ist trotz der Tatsache, dass Gegenstand der Sacheinlage der einzubringende Vermögensgegenstand ist, dieser Anspruch anstelle des unmittelbar geschuldeten Sacheinlagegegenstandes der Bewertung zu unterziehen. Das erweitert und verändert den Umfang der Prüfung. So sind Aspekte der Durchsetzbarkeit zu beachten (insbes Vollwertigkeit). Außerdem müssen ggf künftige Wertschwankungen miteinbezogen werden. Das ist nur dann nicht der Fall, wenn die Gesellschaft während der fünf Jahre jederzeit Erfüllung fordern kann. Denn dann steht der Anspruch bereits bei der Eintragung zur freien Verfügung der Gesellschaft und ist deshalb mit dem gegenwärtigen Wert des Einlagegenstandes gleichzusetzen. Spätere Wertverluste gehen dann auf das Wirtschaften des Vorstandes in eigener Verfügungsmacht zurück und können nicht Gegenstand der Gründungsprüfung sein. Ist die Fälligkeit demgegenüber auf einen späteren Zeitpunkt innerhalb der Maximalfrist von fünf Jahren bezogen, müssen zumindest bis dahin absehbare Wertverluste in Abschlag gebracht werden. Das kann sich bei Gegenständen des Anlagevermögens durch Abnutzung ergeben. Bei Unternehmen, die nach dem Ertragswert bewertet werden, folgt es möglicherweise daraus, dass der AG die Erträge noch nicht im entsprechenden Zeitraum, sondern erst später zustehen.7 Die Berücksichtigung von zu erwartenden Wertzuwächsen kann demgegenüber nicht angezeigt sein, da sie zu einer verbotenen Berücksichtigung noch nicht realisierter Gewinn führen würde.

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6 Die Annahme von Ganske DB 1978, 2461, 2462 Fn 17, der deutsche Gesetzgeber sei insofern strenger, als nach § 27 Abs 2 der bilanzfähige Vermögensgegenstand „schuldrechtlicher Leistungsanspruch“ als Sacheinlage bereits vor der Anmeldung erbracht sein müsse, dürfte sachlich nicht haltbar sein. 7 Angesichts der Vermutung, die Erträge würden dauerhaft erzielt, dürfte sich am Wert durch die Verspätung im Regelfall freilich nichts ändern.

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Als Konsequenz aus der Zulassung von Sacheinlagen mit einem bis zu fünf Jahren nach Eintragung hinausgeschobenen Erfüllungszeitpunkt betrachtet das Gesetz gem § 36a Abs 2 Satz 1 die Einlageverpflichtung iS der Anmeldeerfordernisse als erfüllt, wenn der Gesellschaft vor der Anmeldung gegen den Einleger in bindender Form ein dem geringsten Ausgabebetrag der übernommenen Aktien (zuzüglich eines etwaigen Aufgeldes) äquivalenter, den gesamten vereinbarten Lieferumfang erfassender Anspruch auf Übertragung eingeräumt worden ist. Mit der Begründung eines solchen vollwertigen, innerhalb von fünf Jahren seit Eintragung zu erfüllenden Anspruchs der Gesellschaft gegen den Einleger ist den in § 36a Abs 2 Satz 1 aufgestellten Anforderungen genügt. Der Anmeldung und Eintragung der Gesellschaft steht dann nichts mehr im Wege. Da die Rechtspflicht zur Leistung des Gegenstandes der Sacheinlage regelmäßig (entgegen der Annahme der Gesetzesverfasser) bereits durch die Übernahme der Aktien gegen das Versprechen der Einlegung eines nicht in Geld bestehenden Vermögenswertes (Sacheinlage) entsteht, bedarf es zur Begründung eines den Anforderungen des § 36a Abs 2 Satz 1 entsprechenden vollwirksamen schuldrechtlichen Anspruchs keines besonderen zusätzlichen Vertragsschlusses. Offensichtlich ist dies bisher in der Praxis auch tatsächlich ohne Beanstandungen seitens der Registergerichte so gehandhabt worden. Das Gebot vollständiger Leistung von Sacheinlagen, § 36a Abs 2 Satz 1, bedeutet demgemäß nur, dass Sacheinlagen – im Gegensatz zu Bareinlagen, bei denen zwar mindestens 25% bereits vor Anmeldung eingezahlt werden müssen, im Übrigen aber der Zeitpunkt der Einforderung des Rests völlig dem pflichtgemäßen Ermessen des Vorstandes überlassen bleibt – je nach Art der Einlage entweder bereits vor Anmeldung oder doch jedenfalls innerhalb der vom Gesetz in Satz 2 bestimmten Höchstfrist vollständig eingebracht sein müssen (Rdn 5). Im Einzelnen gilt Folgendes: Sind die Sacheinlagen vor der Anmeldung zu erbringen, so müssen sie zur freien Verfügung des Vorstandes geleistet werden (vgl § 7 Abs 3 GmbHG). Das erfordert die Erlangung unbeschränkter Verfügungsgewalt durch den Vorstand (§ 36 Rdn 141 ff), die Freiheit von Rückflussabreden aller Art (§ 36 Rdn 147 ff), wobei etwa eine Abrede zum Zurückreichen als Sachdarlehen (§ 27 Rdn 391) oder zum Eintausch gegen einen anderen Sachgegenstand (§ 27 Rdn 295) in Betracht kommen. Bei zwischenzeitlicher Weiterverwertung der Sacheinlage ist nach hM im Rahmen der Gründung überdies wertgleiche Deckung erforderlich (§ 36 Rdn 181 ff). Für später fällige Leistungen reicht dagegen der Eintritt von Erfüllungswirkung nach § 362 Abs 1 BGB aus, wobei freilich die Beschränkungen des § 66 gelten (sa Rdn 20). Das Gebot vollständiger Einbringung vor Anmeldung gilt für alle Sacheinlagen, bei denen der Gegenstand der Einlage der Gesellschaft nur zur Nutzung überlassen wird, dazu § 27 Rdn 150 ff. Soll die Gesellschaft Anspruch auf Nutzung von Rechten, Betriebsanlagen, Grundstücken oder auch Unternehmen (vergleichbar einer Unternehmenspacht) haben, so muss ihr diese Nutzungsmöglichkeit schon vor der Anmeldung eingeräumt werden. Regelmäßig ist dazu bei beweglichen Sachen und Sachgesamtheiten wie Unternehmen die Übertragung des Besitzes erforderlich. Auch diese muss damit schon vor der Anmeldung vollzogen sein.8 Ferner wird man anzunehmen haben, dass das Regelgebot vollständiger Einbringung vor Anmeldung auch für alle nach der Satzung sofort fälligen Leistungen gilt. Es wäre nicht gerechtfertigt, die Ausnahmevorschrift des Satz 2, die ohnehin beträchtliche

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8 MünchKommAktG/Pentz Rdn 21; KK/Arnold Rdn 20; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 6; Heidel/Terbrack Rdn 7; Hüffer NJW 1979, 1065.

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Gefahren für die reale Aufbringung des Gesellschaftskapitals mit sich bringt, auf Kosten der in Satz 1 enthaltenen Regel vollständiger Leistung von Sacheinlagen vor Anmeldung auch auf diese Fälle auszudehnen. Bei ihnen muss also auch eine aufgrund der Sacheinlagevereinbarung geschuldete Vollrechtsübertragung bereits vor der Anmeldung vollzogen sein. Außerhalb der vorstehend erörterten Fälle, reicht es bei Sacheinlagen, die mit der 18 Verpflichtung zur dinglichen Übertragung eines Vermögensgegenstandes auf die Gesellschaft verbunden sind, nach Satz 2 zur Erfüllung des Vollständigkeitsgebots aus, wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt der Anmeldung einen verbindlichen Anspruch auf Übertragung des Gegenstandes gegen den Einleger hat, sofern dieser Anspruch bereits an diesem Stichtag einen den Anforderungen des § 27 Abs 2 entsprechenden wirtschaftlichen Wert darstellt (zur Bewertung s oben Rdn 12). Richtet sich der Anspruch auf Übertragung des Vermögensgegenstandes gegen den Einleger selbst, so folgt er bereits aus der Aktienübernahme gegen Sacheinlage (oben Rdn 8 u 14); richtet er sich gegen einen Dritten, so bedarf es zusätzlich zu der Sacheinlagevereinbarung der Verschaffung (meist durch Abtretung) eines entsprechenden schuldrechtlichen Anspruchs der Gesellschaft gegen den Dritten, die ebenfalls noch vor Anmeldung bewirkt sein muss (vgl auch oben Rdn 8). Die Übertragung des Gegenstandes noch vor der Anmeldung ist in diesen Fällen 19 nicht erforderlich. Es genügt nach Satz 2, wenn sie innerhalb von fünf Jahren seit Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister zu bewirken ist. Innerhalb dieses Zeitraums sind auch Teilleistungen möglich. Die Verpflichtung zur Leistung innerhalb der Fünfjahresfrist des § 36a Abs 2 Satz 2 muss wie aus dem Gesetzestext („… zu bewirken sein“) folgt, bereits in der Sacheinlagevereinbarung selber vorgesehen sein. Dazu reicht es aber aus, wenn die Sacheinlagevereinbarung die Erfüllung (auch in Teilleistungen) innerhalb der gesetzlichen Höchstfrist des § 36a Abs 2 Satz 2 bestimmt. Dabei ist es durchaus möglich, die Bestimmung so zu fassen, dass zwar spätestens binnen fünf Jahren nach Eintragung zu leisten ist, aber im Übrigen die Gesellschaft jederzeit nach Bedarf fordern darf (zur Auswirkung auf die Bewertung Rdn 12). Enthält die Sacheinlagevereinbarung überhaupt keine Bestimmung des Leistungszeitpunkts, so ist auf dem Wege der Auslegung zu ermitteln, ob die Leistung sofort fällig sein soll (oben Rdn 17). Ansonsten gilt § 271 Abs 1 BGB – Kann die Gesellschaft die Leistung innerhalb der Höchstfrist des § 36a Abs 2 Satz 2 jederzeit fällig stellen, so steht die Bestimmung des Zeitpunktes der Einforderung innerhalb dieser Grenze vorbehaltlich genauerer Vorgaben der Satzung im pflichtgemäßen Ermessen des Vorstandes. Dies schließt in geeigneten Fällen auch die Möglichkeit der Einforderung von Teilleistungen ein. Die Art und Weise der Erfüllung richtet sich nach den für die Übertragung des betref- 20 fenden Vermögensgegenstandes maßgeblichen allgemeinen Bestimmungen des materiellen Rechts. Erforderlich ist stets eine Vollrechtsübertragung, die den Vorstand in die Lage versetzt, über den Vermögensgegenstand ungehindert durch Eingriffsmöglichkeiten aus der Sphäre des Einlegers im Interesse der Gesellschaft zu verfügen. d) Rechtsfolgen bei Verstoß gegen Satz 1 und 2. Erfüllt die Vereinbarung über die 21 Verpflichtung zur Leistung der Sacheinlage nicht die vorstehenden Voraussetzungen, so hat das Registergericht die Eintragung der Gesellschaft abzulehnen. Dies gilt unter Missbrauchsgesichtspunkten auch dann, wenn ausnahmsweise bei der Anmeldung feststeht, dass die Fünf-Jahresfrist des § 36a Abs 2 Satz 2 nicht eingehalten werden wird. Nach Eintragung der Gesellschaft hat das Registergericht weder das Recht noch die Pflicht, die Einhaltung der Fünf-Jahresfrist zu überwachen. Die Verletzung der Erfüllungsfrist des § 36a Abs 2 Satz 2 bleibt damit ohne öffentlich-rechtliche Sanktion. Ihre Einhaltung ist 433

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§ 37 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

wie der Erwerb des Gegenstandes der Sacheinlage überhaupt allein der pflichtgemäßen Amtsführung des Unternehmensvorstandes (§§ 76, 93) überantwortet, in dessen Händen es liegt, den Anspruch der Gesellschaft auf Leistung des Einlagegegenstandes, notfalls auf dem Klagewege, bei Fälligkeit geltend zu machen. 22

2. Verbot der Unterpari-Emission, Abs 2 Satz 3. Satz 3 des 1978 eingefügten Abs 2 wiederholt das schon in § 9 ausgesprochene allgemeine Verbot der Unterpari-Emission für Sacheinlagen noch einmal ausdrücklich (siehe die Erläuterungen zu § 9). Ferner hat sich nach § 34 Abs 1 Nr 2 die Gründungsprüfung namentlich darauf zu erstrecken, ob der Wert der Sacheinlage und Sachübernahme den geringsten Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Aktien oder den Wert der dafür zu gewährenden Leistung erreicht. Dementsprechend ist die Werthaltigkeit der vereinbarten Sacheinlage auch Gegenstand der Prüfung durch das Registergericht und die Eintragung der Gesellschaft nach § 38 Abs 1 Satz 2 abzulehnen, wenn die Sacheinlage oder Sachübernahme nicht nur unwesentlich hinter dem geringsten Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Aktien zurückbleibt (§ 38 Abs 2 Satz 2); zum Inhalt des Verbots der Unterpari-Emission bei Sacheinlagen im Einzelnen sowie zu den Rechtsfolgen mangelnder Werthaltigkeit der Sacheinlage § 27 Rdn 206 ff sowie § 38 Rdn 33 ff sowie 37 ff. Wohl ist Abs 2 Satz 3 nur deshalb zusätzlich in die Vorschrift des § 36a aufgenommen worden, um auf diese Weise sicherzustellen, dass sich die nach § 37 Abs 1 Satz 1 bei der Anmeldung abzugebenden strafbewehrten (§ 399 Abs 1 Nr 1) und haftungsbewehrten (§§ 46, 48) Erklärungen auch auf die Werthaltigkeit vereinbarter Sacheinlagen beziehen.

§ 37 Inhalt der Anmeldung 2. Teil – Gründung der Gesellschaft Inhalt der Anmeldung § 37 Röhricht/Schall (1) 1 In der Anmeldung ist zu erklären, daß die Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 und des § 36a erfüllt sind; dabei sind der Betrag, zu dem die Aktien ausgegeben werden, und der darauf eingezahlte Betrag anzugeben. 2 Es ist nachzuweisen, daß der eingezahlte Betrag endgültig zur freien Verfügung des Vorstands steht. 3 Ist der Betrag gemäß § 54 Abs. 3 durch Gutschrift auf ein Konto eingezahlt worden, so ist der Nachweis durch eine Bestätigung des kontoführenden Instituts zu führen. 4 Für die Richtigkeit der Bestätigung ist das Institut der Gesellschaft verantwortlich. 5 Sind von dem eingezahlten Betrag Steuern und Gebühren bezahlt worden, so ist dies nach Art und Höhe der Beträge nachzuweisen. (2) 1 In der Anmeldung haben die Vorstandsmitglieder zu versichern, daß keine Umstände vorliegen, die ihrer Bestellung nach § 76 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 und 3 sowie Satz 3 entgegenstehen, und daß sie über ihre unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht belehrt worden sind. 2 Die Belehrung nach § 53 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes kann schriftlich vorgenommen werden; sie kann auch durch einen Notar oder einen im Ausland bestellten Notar, durch einen Vertreter eines vergleichbaren rechtsberatenden Berufs oder einen Konsularbeamten erfolgen. (3) In der Anmeldung sind ferner anzugeben: 1. eine inländische Geschäftsanschrift, 2. Art und Umfang der Vertretungsbefugnis der Vorstandsmitglieder. (4) Der Anmeldung sind beizufügen 1. die Satzung und die Urkunden, in denen die Satzung festgestellt worden ist und die Aktien von den Gründern übernommen worden sind; Röhricht/Schall

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Inhalt der Anmeldung | § 37

2.

im Fall der §§ 26 und 27 die Verträge, die den Festsetzungen zugrunde liegen oder zu ihrer Ausführung geschlossen worden sind, und eine Berechnung des der Gesellschaft zur Last fallenden Gründungsaufwands; in der Berechnung sind die Vergütungen nach Art und Höhe und die Empfänger einzeln anzuführen; 3. die Urkunden über die Bestellung des Vorstands und des Aufsichtsrats; 3a. eine Liste der Mitglieder des Aufsichtsrats, aus welcher Name, Vorname, ausgeübter Beruf und Wohnort der Mitglieder ersichtlich ist; 4. der Gründungsbericht und die Prüfungsberichte der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats sowie der Gründungsprüfer nebst ihren urkundlichen Unterlagen. (5) Für die Einreichung von Unterlagen nach diesem Gesetz gilt § 12 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs entsprechend. Schrifttum Appell Die Haftung der Bank für die Richtigkeit ihrer Bestätigung über die freie Verfügbarkeit eingezahlter Bareinlagen, ZHR 157 (1993) 213; Bayer Die Bankbestätigung gem § 37 Abs 1 S 3 AktG im Rahmen der präventiven Kapitalaufbringungskontrolle, FS Horn, 2006, S 271; Butzke Die Einzahlungsbestätigung nach § 37 Abs 1 S 3 als Grundlage der Bankenhaftung, ZGR 1994, 94; Hüffer Wertmäßige statt gegenständlicher Unversehrtheit von Bareinlagen im Aktienrecht, ZGR 1993, 474; Kübler Bankenhaftung als Notbehelf der präventiven Kapitalaufbringungskontrolle? ZHR 157 (1993) 196; Leitzen Öffentlich-rechtliche Genehmigungen in GmbH-Registerverfahren nach dem MoMiG, GmbHR 2009, 480; Müller Die Haftung des Kreditinstituts bei verdeckten Sacheinlagen, ZIP 1998, 137; Röhricht Freie Verfügungsmacht und Bankenhaftung (§ 37 AktG) – eine Nachlese, FS Boujong, 1996, S 457; F. A. Schäfer Kapitalerhöhungen von Banken und Bankbestätigung gem § 37 Abs 1 Satz 3 AktG, FS Hüffer, 2010, S 877; Spindler Zur Haftung aus unrichtiger Bankbestätigung im GmbH-Recht, ZGR 1997, 537; Ulmer Rechtsfragen der Barkapitalerhöhung bei der GmbH, GmbHR 1993, 189; Wastl/Pusch Haftungsrechtliche Verantwortung des kontoführenden Kreditinstituts für die effektive Kapitalaufbringung unter Berücksichtigung strafrechtlicher Aspekte, WM 2007, 1403; Wicke Pflicht zur Anmeldung einer inländischen Geschäftsanschrift nach Übergangsvorschrift des § 3 I EGGmbHG, NZG 2009, 296.

I. II. III.

IV.

V.

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Systematische Übersicht Vorgeschichte | 1 Regelungsgegenstand | 9 Die Erklärung der Anmelder gemäß § 37 Abs 1 Satz 1 | 10 1. Gegenstand und Zweck | 10 2. „In der Anmeldung“; der für die Richtigkeit der Erklärung maßgebliche Zeitpunkt | 12 3. Inhalt der Erklärung | 15 Die Nachweispflicht des § 37 Abs 1 Satz 2 | 20 1. Inhalt und Art des Nachweises | 20 2. Der Nachweis bei teilweisem Verbrauch der eingezahlten Mittel | 21 Die Bestätigung des Kreditinstituts nach § 37 Abs 1 Satz 3 | 25 1. Inhalt und Tragweite der Bankbestätigung | 26

2.

Die einzelnen Fälle unrichtiger Bankbestätigungen | 33 3. Der für die Richtigkeit der Bankbestätigung maßgebliche Zeitpunkt | 34 VI. Die Haftung des Kreditinstituts nach § 37 Abs 1 Satz 4 | 36 VII. Die bei Sacheinlagen erforderliche Erklärung | 39 VIII. Die Versicherung über das Nichtbestehen von Bestellungshindernissen, § 37 Abs 2 | 42 IX. Die Angaben zur Vertretungsbefugnis, § 37 Abs 3 | 49 X. Die der Anmeldung beizufügenden Anlagen, § 37 Abs 4 Nr 1–5 | 55 XI. Form der Einreichung, § 37 Abs 5 | 61 XII. Rechtsfolgen bei Verstößen gegen § 37 Abs 1–5 | 62

Röhricht/Schall

§ 37 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

I. Vorgeschichte 1

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§ 37 AktG entspricht mit einigen sprachlichen Verbesserungen im Wesentlichen § 29 AktG 1937. Eine Änderung ergab sich bedingt durch den Wegfall der Stufengründung bei dem jetzigen Abs 4 Nr 1. Mittlerweile überholte Änderungen betrafen Abs 1 Satz 3, wo in Anpassung an § 54 Abs 3 durch die Wendung „Konto bei … einem Kreditinstitut“ anstelle vorher „Bankonto“ klargestellt wurde, dass auch die Einzahlung bei einer Sparkasse genügt. Aktuell spricht die Vorschrift dort nur noch vom Konto. Auch der ausdrückliche Hinweis auf die Deutsche Bundesbank, beruhend auf einem Vorschlag des Bundesrats (s bei Kropff S 71), ist entfallen. Eine weitere Änderung betrifft Abs 1 Satz 2, wo der Nachweis nicht bestehender Gegenforderungen als Beeinträchtigung der freien Verfügung gestrichen und wie in § 36 Abs 2 Satz 1 allgemein von der endgültig freien Verfügung des Vorstandes gesprochen wurde. Eine sachliche Änderung war damit nicht bezweckt. Nur sprachliche Bedeutung hat es ferner, dass in dem damaligen Abs 3, jetzt Abs 4 Nr 1 nicht mehr auf § 23 verwiesen wird, sondern die beizufügenden Urkunden namentlich aufgeführt werden. Durch das Gesetz zur Durchführung der Ersten RiLi (Publizitätsrichtlinie) des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts v 15.8.1969 (BGBl I 1146), mittlerweile neugefasst 2009/101/EG, wurde dem § 37 ein neuer Abs 2 (mittlerweile Abs 3 Nr 2) eingefügt. Er beruht auf Art 2 Abs 1 lit d, letzter Abs der Richtlinie, wonach für alle Vorstandsmitglieder in den durch Art 3 der Richtlinie zugelassenen Formen offengelegt werden muss, ob sie die Gesellschaft allein oder nur gemeinsam vertreten. Diese Vorschrift soll dem Umstand Rechnung tragen, dass die Kenntnis der in den Mitgliedsländern geltenden unterschiedlichen gesetzlichen Vertretungsregeln nicht allgemein vorausgesetzt werden kann.1 Durch das Gesetz zur Durchführung der Zweiten RiLi des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts v 13.12.1978 (BGBl I 1959) wurde Abs 1 Satz 1 um eine Verweisung auf den neu eingeführten § 36a ergänzt; infolgedessen muss die Erklärung der Anmelder jetzt auch Angaben über die Leistung von Sacheinlagen und deren Wert enthalten, dazu schon § 36a Rdn 1 und Rdn 7. Durch das Gesetz zur Änderung des GmbH-Gesetzes v 4.7.1980 (BGBl I 836) wurde der (mittlerweile bereits wieder veränderte) Abs 2 eingefügt. Er soll dem Registergericht die Prüfung erleichtern, ob gegen die bestellten Vorstandsmitglieder Ausschlussgründe nach § 76 Abs 3 Satz 2 Nr 2 und 3 sowie Satz 3 vorliegen. Durch das Gesetz zur Reform des Vormundschaftsrechts und Pflege für Volljährige v 12.8.1990 (BGBl I 1990, S 2002) wurde diese Vorschrift an die gleichzeitig erfolgte Änderung des § 76 Abs 3 angepasst. Durch das Gesetz für Kleine AG und zur Deregulierung des Aktienrechts v 2.8.1994 (BGBl I 1961) ist ferner in Abs 4 Nr 4 die Erforderlichkeit einer Bescheinigung über die Einreichung des Gründungsberichts und der Prüfberichte bei der Industrie- und Handelskammer ersatzlos gestrichen worden. Die Bestimmung war gegenstandslos geworden, nachdem die Verpflichtung zur Einreichung dieser Berichte bei der Industrie- und Handelskammer (früher § 34 Abs 3, s § 34 Rdn 1) durch das genannte Gesetz beseitigt worden ist. Eine aus dem äußerlich gleich gebliebenen Gesetzestext nicht ersichtliche Änderung ergab sich bis zur Streichung der Sonderregeln zur Einpersonen-Gesellschaft durch das MoMiG (unten Rdn 8) daraus, dass § 37 Abs 1 Satz 1 Bezug auf § 36 Abs 2 nimmt und dieser Bestimmung durch das Gesetz v 2.8.1994 (oben Rdn 5) ein Satz 2 hinzugefügt worden

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Amtl Begr z Entwurf des Gesetzes zur Durchführung der 1. EG-RiLi, BTDrucks 5/3862 S 11.

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war. Dadurch musste sich die nach § 37 Abs 1 Satz 1 von dem Anmelder abzugebende Erklärung bei Einpersonen-Gründungen auch auf die Stellung der in § 36 Abs 2 Satz 2 vorgeschriebenen Sicherung für die Restbareinlage erstrecken. All dies hat sich aber erledigt. Durch das Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung 7 v 18.1.2001 (BGBl I 2001, S 123) wurde Abs 1 Satz 3 neu gefasst und das Schriftformerfordernis hinsichtlich der Bankbestätigung gestrichen. Mit dem Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister v 10.11. 2006 (BGBl I 2006, S 2553) wurde Abs 4 Nr 3a eingefügt, wonach der Anmeldung eine Liste der Aufsichtsratsmitglieder beizufügen ist. Ferner wurde durch das Gesetz der Abs 5 dahingehend geändert, dass für die Einreichung auf die Vorschrift des § 12 Abs 2 HGB verwiesen wird, während die Pflicht der Vorstandsmitglieder der Namenszeichnung zur Aufbewahrung bei Gericht entfallen ist. Zudem wurde Abs 6 aufgehoben, wonach bis zu dessen Aufhebung die eingereichten Schriftstücke beim Gericht in Urschrift, Ausfertigung oder öffentlich beglaubigter Abschrift aufbewahrt wurden. Diverse Veränderungen hat § 37 durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH- 8 Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen v 23.10.2008 (BGBl I 2008, S 2026) erfahren. Der Verweis in § 37 Abs 2 wurde an den geänderten § 76 Abs 3 angepasst. In Abs 2 Satz 2 wurde der Verweis auf § 53 BZRG (vorher § 51 Abs 2 des Gesetzes über das Zentralregister und das Erziehungsregister) angepasst. Ferner wurde die Möglichkeit eingeräumt die Belehrung der Vorstandsmitglieder über die Offenbarungspflichten bei Verurteilungen schriftlich, durch einen (im Ausland bestellten) Notar, durch eine Vertreter eines vergleichbaren rechtsberatenden Berufes oder einen Konsularbeamten erfolgen zu lassen. Bis dahin sah Abs 2 Satz 2 nur eine zusätzliche Belehrung durch einen Notar vor Abs 3 wurde dahingehend erweitert, dass nunmehr bei der Anmeldung auch eine inländische Geschäftsadresse anzugeben ist. Zudem sind nach Abs 3 Nr 2 nunmehr „Art und Umfang der Vertretungsbefugnis“ anzugeben. Vorher war lediglich von „Vertretungsbefugnis“ die Rede. Eine inhaltliche Änderung soll mit dieser neuen Formulierung nicht verbunden sein (BTDrucks 16/6140 S 35). Zudem wurde Abs 4 Nr 5 aufgehoben. Danach waren, wenn der Gegenstand des Unternehmens oder eine andere Satzungsbestimmung der staatlichen Genehmigung bedurft hatte, die Genehmigungsurkunde der Anmeldung beizufügen. II. Regelungsgegenstand Regelungsgegenstand der Vorschrift sind die bei der Anmeldung abzugebenden Er- 9 klärungen, die dabei erforderlichen Nachweise und die beizufügenden Anlagen. Ein wenig aus dem Rahmen dieser zunächst nur formalen Vorschriften fällt die Bestimmung des § 37 Abs 1 Satz 4, die als selbständige Haftungsnorm die Verantwortlichkeit des als Zahlstelle (§ 54 Abs 3) beteiligten Kreditinstituts für die Richtigkeit seiner Bestätigung über die Einzahlung der vor Anmeldung eingeforderten Bareinlagen (§§ 36 Abs 2, 36a Abs 1, 54 Abs 3) anordnet, während die Haftung der Anmelder für die Richtigkeit ihrer bei der Anmeldung abzugebenden Erklärungen durchweg außerhalb des § 37 geregelt ist, s §§ 46, 48 und zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit § 399. III. Die Erklärung der Anmelder gemäß § 37 Abs 1 Satz 1 1. Gegenstand und Zweck. Die Anmeldung ist in der Sache Antrag auf Eintragung 10 der Gesellschaft in das Handelsregister, wodurch die bisherige Vorgesellschaft zur AG mit voller eigener Rechtspersönlichkeit wird, § 36 Rdn 2. 437

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Die bei der Anmeldung abzugebenden Erklärungen sollen bewirken, dass die Anmeldenden die volle persönliche zivil- und strafrechtliche Haftung (oben Rdn 9) für deren Richtigkeit und damit die Ordnungsgemäßheit der Gesellschaftsgründung übernehmen. Darauf beruht es zum einen, dass die Anmelder die vom Gesetz geforderten Erklärungen ohne die Möglichkeit, sich vertreten zu lassen, nur persönlich abgeben können (s dazu bereits § 36 Rdn 20), zum anderen, dass diese Erklärungen auch dann erforderlich sind, wenn sich die zu erklärenden Tatsachen bereits aus den eingereichten Unterlagen ergeben oder dem Gericht aus anderen Gründen bekannt sind.2

2. „In der Anmeldung“; der für die Richtigkeit der Erklärung maßgebliche Zeitpunkt. Da das Gesetz Erklärung „in der Anmeldung“ verlangt, ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Richtigkeit des Erklärten derjenige des Eingangs der ordnungsmäßigen Anmeldung bei dem Registergericht (unstr). Ist der Inhalt der Erklärung zwischen ihrer Abgabe (notarielle Verhandlung, Unterschriftsbeglaubigung) und Anmeldung unrichtig geworden, so bedarf er der Richtigstellung. Muss die ursprüngliche Anmeldung wegen Zurückweisung durch das Gericht oder eines Wechsels in der Person des oder der Anmeldenden wiederholt werden, so sind auch die in § 37 geforderten Erklärungen zu wiederholen. Über die Richtigkeit der Erklärungen entscheidet in diesem Fall die Sachlage im Zeitpunkt der erneuten Anmeldung.3 Bei gerichtlichen Zwischenverfügungen nach § 25 Abs 1 Satz 3 HRV iVm § 382 Abs 4 13 FamFG wird man zu unterscheiden haben: aufgrund gerichtlicher Beanstandungen erforderliche Ergänzungen der Anmeldung oder der abzugebenden Erklärungen sind, da Zwischenverfügungen die Anmeldung bei Bestand lassen, grundsätzlich nicht als wiederholte Anmeldungen anzusehen, die eine nochmalige Abgabe der Erklärungen erfordern. Da aber bei sinnentsprechender Gesetzesauslegung für die Richtigkeit der in der Anmeldung abzugebenden Erklärungen nicht der Zeitpunkt irgendeiner Anmeldung, sondern nur derjenige der Anmeldung maßgeblich sein kann, der die Eintragungsvoraussetzungen erfüllt, ist die Erklärung unrichtig, wenn zwischen der Einreichung der ursprünglichen unvollständigen oder fehlerhaften Anmeldung und der Einreichung der zur Behebung der gerichtlichen Beanstandung bestimmten Unterlagen eine Änderung der Sachlage eintritt. Die Anmelder sind dann zur Berichtigung ihrer bisherigen Erklärungen verpflichtet, wenn sie sich nicht dem Vorwurf unrichtiger Erklärungen aussetzen wollen.4 Ohne eine solche Änderung ist eine erneute Abgabe der Erklärungen entbehrlich. Das Gericht muss jedoch berechtigt sein, zur Vermeidung von Manipulationen eine nochmalige Abgabe der Erklärungen für den Fall zu verlangen, dass seine Beanstandung nicht umgehend behoben wird.5 Dagegen bedeutet die gesetzliche Forderung, die Erklärungen seien „in der Anmel14 dung“ abzugeben, nicht, dass Anmeldung und Erklärungen in ein und derselben Urkunde miteinander verbunden sein müssen. Gemeint ist vielmehr eher „bei Anmeldung“ in dem Sinne, dass ohne die vorgeschriebenen Erklärungen keine vollständige Anmeldung vorliegt. Infolgedessen kann dem in der Anmeldung liegenden Antrag auf Eintragung 12

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2 MünchKommAktG/Pentz Rdn 12; KK/Arnold Rdn 10; Hüffer/Koch Rdn 2; Hölters/Solveen Rdn 4; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 2; Heidel/Terbrack Rdn 3; Wachter Rdn 6; Grigoleit/Vedder Rdn 2. 3 MünchKommAktG/Pentz Rdn 14; KK/Arnold Rdn 10; Hüffer/Koch Rdn 2; ähnlich aber etwas zurückhaltender KG NJW 1972, 951. 4 KK/Arnold Rdn 10; Hüffer/Koch Rdn 2; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2; Heidel/Terbrack Rdn 6; MünchKommAktG/Pentz Rdn 14 verlangt auch bei unveränderter Ausgangslage eine neue Erklärung. 5 Ähnlich wie hier LG Gießen GmbHR 1986, 162; KK/Arnold Rdn 10; MünchKommAktG/Pentz Rdn 14 sieht hingegen immer eine Pflicht zur erneuten Erklärung.

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nicht stattgegeben werden, solange die nötigen Erklärungen nicht vorliegen. Werden sie auch auf Nachforderung des Gerichts (durch Zwischenverfügung) nicht eingereicht, so ist die Eintragung der Gesellschaft abzulehnen. Bei Abgabe der Erklärungen in separater Urkunde ist auf Einhaltung der vorgeschriebenen Form (öffentliche Beglaubigung gemäß § 12 Abs 1 HGB) zu achten, s im Übrigen zu diesen Fragen wie überhaupt zum Verfahren bei der Anmeldung die Ausführungen zu § 36 Abs 1, dort Rdn 2 ff. 3. Inhalt der Erklärung. Das Gesetz verlangt die Erklärung, dass die Voraussetzungen des § 36 Abs 2 und des § 36a erfüllt sind (§ 37 Abs 1 Satz 1 1. Halbs). Diese Verweisung bedeutet bei Bareinlagen zunächst (§§ 36 Abs 2 Satz 1, 36a Abs 1), dass die Anmelder zu erklären haben, dass auf jede Aktie mindestens ein Viertel des geringsten Ausgabebetrages – bei Einforderung eines höheren Betrages auch dieser – bei Ausgabe der Aktien für einen höheren als den geringsten Ausgabebetrag auch der Mehrbetrag ordnungsgemäß eingezahlt ist (dazu § 36 Rdn 105 und 112 und bei § 54) und endgültig zur freien Verfügung (§ 36 Rdn 135 ff) des Vorstandes steht. Dabei ist anzugeben (§ 37 Abs 1 Satz 1 2. Halbs) der Ausgabebetrag der Aktien und der darauf eingezahlte Betrag. Es reicht nicht aus, dass der Ausgabebetrag sich aus den beurkundeten Angaben über die Aktienübernahme (§ 23 Abs 2 Nr 2) ergibt. Die Angabe muss auch in der Erklärung enthalten sein, s dazu schon oben Rdn 11. Bei der weiter geforderten Angabe der eingezahlten Beträge ist im Einzelnen aufzuführen, welcher Betrag eingefordert worden ist und wieviel jeder einzelne Gründer in welcher Form geleistet hat (völlig hM, BayObLGZ 1979, 458; OLG Hamburg BB 1982, 694). Unzureichend wäre dagegen sowohl die Erklärung, alle Gesellschafter hätten insgesamt den nach § 36a Abs 1 erforderlichen Mindestbetrag eingezahlt, als auch die Erklärung, es sei auf jede einzelne Aktie der gesetzliche Mindestbetrag eingezahlt worden. Die vom Gesetz geforderte Erklärung muss sich darauf erstrecken, dass der eingezahlte Betrag endgültig zur freien Verfügung des Vorstandes steht; zum Inhalt dieses Begriffes im Einzelnen die Erläuterungen zu § 36 Rdn 49 ff und 135 ff. Maßgebend ist hierfür die endgültig freie Verfügung des Vorstandes im Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung (s oben Rdn 12). Hat der Vorstand aus den eingezahlten Bareinlagen Steuern und Gebühren bezahlt, was nach § 36 Abs 2 Satz 1 ohne Verstoß gegen das Gebot freier Verfügung des Vorstandes über die Einlagemittel zulässig ist, so ist auch dies unter Aufschlüsselung nach Art und Höhe der entrichteten Abgaben anzugeben. Dagegen bedarf es dazu keiner besonderen Angabe, wenn sich schon aus der übrigen Erklärung und den eingereichten Nachweisen ergibt, dass dem Vorstand noch der volle Gesamtbetrag zur Verfügung steht. Zur Vermeidung von Rückfragen wird sich allerdings eine entsprechende Negativerklärung empfehlen. Sind die eingezahlten Barmittel bereits teilweise zur Bezahlung von Anschaffungen von Vermögensgegenständen für die Gesellschaft (Investitionen) oder zur Tilgung von Gesellschaftsverbindlichkeiten verwendet worden, so ist auch dies in der Erklärung nach § 37 Abs 1 Satz 1 anzugeben. Dabei ist im Einzelnen aufzuführen, für welche konkreten geschäftlichen Maßnahmen welche Beträge ausgegeben worden sind. Ferner ist zu erklären, dass die angeschafften Sachwerte endgültig zur freien Verfügung des Vorstandes stehen. Bei Forderungstilgung ist auch die getilgte Forderung nach Entstehungsgrund, Person des Gläubigers sowie Inhalt und Höhe genau zu beziffern. Wegen des sogenannten Erfordernisses wertgleicher Deckung, das nach hM im Rahmen der Gründung anstelle des Unversehrtheitsgrundsatz gilt (§ 36 Rdn 181) ist darüber hinaus zu erklären, dass der Wert des erworbenen Sachvermögens demjenigen der dafür ausgegebenen Barmittel entspricht, so dass der eingeforderte Betrag damit wertmäßig zur freien Verfügung des Vorstandes steht. 439

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Nach hM hat das Registergericht das Recht zu prüfen, ob die Gesellschaft im Rahmen einer von ihr aufgenommenen Geschäftstätigkeit schon Verbindlichkeiten begründet hat, die dazu führen, dass die bereits eingeforderten zuzüglich der noch ausstehenden Einlagen das Grundkapital ihrem Werte nach nicht mehr decken, dazu näher bei § 38 Rdn 24. Um Nachfragen des Registergerichts, die zu unnötigen Verzögerungen der Eintragung führen, vorzubeugen, ist es empfehlenswert, auch zu diesem Punkte eine Erklärung (Vorbelastungserklärung) abzugeben. Falls derartige Verbindlichkeiten bereits begründet worden sind, empfiehlt es sich ferner, Nachweise beizufügen, welche die Wertneutralität der betreffenden Verbindlichkeiten belegen. IV. Die Nachweispflicht des § 37 Abs 1 Satz 2

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1. Inhalt und Art des Nachweises. Der vom Gesetz verlangte Nachweis bezieht sich wie die nach § 37 Abs 1 Satz 1 abzugebende Erklärung darauf, dass der eingezahlte Betrag endgültig zur freien Verfügung des Vorstandes steht, s deshalb zu diesem Begriff zunächst die Ausführungen in § 36 Rdn 49 ff und 135 ff. Er hat damit grundsätzlich denselben Gegenstand wie die nach § 37 Abs 1 Satz 1 abzugebende Erklärung. Mit anderen Worten: die Anmelder haben die Richtigkeit ihrer nach Satz 1 abzugebenden Erklärung nachzuweisen. Über die Art des in § 37 Abs 1 Satz 2 geforderten Nachweises ist – abgesehen von dem allerdings wohl praktisch häufigsten, in § 37 Abs 1 Satz 3 geregelten Fall der Kontoüberweisung (dazu sogleich Rdn 25) – dem Gesetz nichts zu entnehmen. Sie hängt damit völlig von den Umständen des einzelnen Falles insbes auch von der Form ab, in welcher die Einzahlung geleistet worden ist. Die Anmelder müssen sich bemühen, in irgendeiner den Gegebenheiten des konkreten Falles angemessenen Form das Gericht von der Ordnungsgemäßheit der Zahlung und der freien Verfügungsgewalt des Vorstandes über die eingeforderten Mittel zu überzeugen. Bei der Zahlung nach § 54 Abs 3 soll dies allerdings nicht lediglich durch die Vorlage von Belegen über die Einreichung und Gutschrift herkömmlicher Schecks geschehen können.6 Bei – heute aber eher wohl seltener – Bareinzahlung wird der Nachweis letztlich aber typischerweise wiederum nur in einer entsprechenden Erklärung und Versicherung des Vorstandes, ggf auch der Bestätigung eines außenstehenden Dritten,7 bestehen können. Im Einzelnen muss es dem pflichtgemäßen Ermessen des Registerrichters überlassen bleiben, darüber zu befinden, welche zumutbaren Nachweise er für seine Überzeugung benötigt, dass der Vorstand tatsächlich über die vor Anmeldung einzuzahlenden Barmittel für die Zwecke der Gesellschaft frei verfügen kann.

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2. Der Nachweis bei teilweisem Verbrauch der eingezahlten Mittel. Sind die eingezahlten Mittel teilweise bereits für Investitionen der Gesellschaft oder zur Bezahlung von Gesellschaftsverbindlichkeiten ausgegeben worden, so gehört zur Erfüllung der Anmeldeerfordernisse des § 37 Abs 1 Satz 2 zusätzlich der Nachweis des Vorhandenseins einer wertgleichen Deckung (s § 36 Rdn 84 ff, 181 ff, § 38 Rdn 24) im Zeitpunkt der Anmeldung. Zu diesem Zwecke ist im Einzelnen durch Vorlage geeigneter Unterlagen (Verträge, Rechnungen, Quittungen oder Überweisungsträger) zu belegen, für welche geschäftlichen Maßnahmen Mittel aus den eingezahlten Bareinlagen entnommen oder Verbindlichkeiten der Gesellschaft begründet worden sind. Bei Forderungstilgung ist

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Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 4; Hölters/Solveen Rdn 9; KK/Arnold Rdn 15. KK/Arnold Rdn 15; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 4; Hölters/Solveen Rdn 9.

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sowohl die Art und Höhe der Forderung als auch ihre Tilgung (letztere zweckmäßigerweise durch eine Quittung des Forderungsgläubigers) zu belegen. Soweit diese Unterlagen die Wertgleichheit der Deckung noch nicht ausreichend be- 22 legen, wird sich die Einreichung eines Wertgutachtens, etwa eines Wirtschaftsprüfers, nicht vermeiden lassen, dazu schon § 36 Rdn 182. Bei der Tilgung von Gesellschaftsverbindlichkeiten ist allerdings die Wertgleichheit 23 der getilgten Forderung mit den dafür aufgewendeten Mitteln generell nicht problematisch (§ 36 Rdn 183). Von dem bezahlten Betrag bereits bezahlte Steuern und Gebühren, für die das Erfor- 24 dernis wertgleicher Deckung wegen § 36 Abs 2 Satz 1 nicht gilt, sind durch Vorlage der entsprechenden Zahlungsbescheide und Einzahlungsquittungen oder Überweisungsträger zu belegen. V. Die Bestätigung des Kreditinstituts nach § 37 Abs 1 Satz 3 Soweit die Bareinlagen durch Kontogutschrift, § 54 Abs 3, geleistet worden sind, 25 kann und muss der in § 37 Abs 1 Satz 2 verlangte Nachweis der endgültig freien Verfügungsmacht des Vorstandes gemäß § 37 Abs 1 Satz 3 durch eine Bestätigung des Kreditinstituts geführt werden. 1. Inhalt und Tragweite der Bankbestätigung. Der Inhalt der Bankbestätigung ist 26 vor allem aufgrund zweier Entscheidungen des BGH (BGHZ 113, 335 f und 119, 177 ff) zum Gegenstand einer intensiven Diskussion geworden (siehe Voraufl, Rdn 22 ff). Diese hat mit einer weiteren Entscheidung des BGH,8 in welcher der BGH unter Zurückweisung abweichender Auffassungen im Wesentlichen der Ansicht der Voraufl.9 gefolgt ist, für die Praxis ihren Abschluss erreicht. Gegenstand des Streits war die Frage, ob der Inhalt der vom Gesetz geforderten Bes- 27 tätigung die gleiche inhaltliche Tragweite habe wie die Erklärungen der Anmelder. Dies wurde seit jeher in unterschiedlichem Umfang bereits objektiv bestritten.10 Hintergrund war, dass die Unrichtigkeit der Erklärung eine verschuldensunabhängige Gewährleistungshaftung nach Satz 4 nach sich ziehe, die Bank als Außenstehende mit eingeschränktem Blick auf die Vorgänge aber nicht in gleich umfassender Weise wie die Gründer für die Richtigkeit der Kapitalaufbringung haften solle. Der BGH hat dagegen den Inhalt grundsätzlich gleich ausgerichtet, jedoch eine Art 28 „subjektive Theorie“11 bezüglich der (Un)Richtigkeit eingeführt, die auf den Kenntnisstand der Bank abhebt und damit in objektiver Hinsicht zu einer variablen Reichweite führt (aaO, Tz 25): „Die von einem Kreditinstitut in zumutbarer Weise zu erwartende Gewähr für die inhaltliche Richtigkeit einer zur Vorlage bei dem Handelsregister bestimmten Erklärung gem § 37 Abs 1 Satz 3 AktG erstreckt sich nicht nur darauf, dass in Bezug auf die

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8 BGHZ 175, 86 = NZG 2008, 304 = LMK 2008, 261259 (Schall). 9 Voraufl Rdn 25 ff im Anschluss an Röhricht FS Boujong, 1996, S 457. 10 In dieser Richtung mit im Einzelnen unterschiedlicher Gewichtung und zT auch abw Ergebnissen zB Hölters/Solveen Rdn 7; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 5; Kübler ZHR 157 (1993) 196 ff; Appell ZHR 157 (1993) 213 ff; Hüffer ZGR 1993, 474, 485 ff u § 37, 3a; Butzke ZGR 1994, 94 ff; Ihrig Die endgültige freie Verfügung über die Einlage von Kapitalgesellschaftern, 1991, S 227 f; mit ähnlicher Tendenz auch Ulmer GmbHR 1993, 189, 195 f; vgl ferner Rümker ZBB 1991, 176 ff; aus früherer Zeit etwa Schlegelberger/Quassowski AktG 1937 § 49 Rdn 7; Heidel/Terbrack Rdn 27; Grigoleit/Vedder Rdn 8. 11 Schall LMK 2008, 261259.

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Einlageleistung keine Gegenrechte der Bank und auch keine ihr aus der Kontoführung bekannten Rechte Dritter, zB aus Pfändung, bestehen; sie muss sich aber auf die zutreffende Angabe von Tatsachen beschränken, die dem Kreditinstitut auf Grund seiner Funktion innerhalb des konkreten Kapitalaufbringungsvorgangs bekannt sind. Das Kreditinstitut ist insoweit Auskunftsstelle, nicht aber Garant für die ordnungsgemäße Erbringung der Bareinlage. Soweit eine Bank eine Einlageleistung zu freier Verfügung des Vorstands bestätigt, bezieht sich das inhaltlich darauf, dass nach ihrer Kenntnis keine der freien Verfügungsmacht des Vorstands entgegenstehenden Umstände vorliegen, was dann aber auch alle derartigen ihr bekannten Umstände umfasst, so dass ihre Bestätigung je nach ihrem Kenntnisstand die gleiche oder auch eine geringere inhaltliche Tragweite als die Erklärungen der Anmelder (§ 37 Abs 1 Satz 1 1 AktG) haben kann.“ (Zitat wiedergegeben ohne Verweise) Die Ansicht des BGH kommt dem wesentlichen Anliegen der Meinungen, welche die Reichweite objektiv einschränken wollen, entgegen. Sie löst das Spannungsverhältnis zwischen dem gesetzlich angelegten Gleichlauf und der – in konkret nun einmal variierendem Maße – begrenzten Einsicht der außenstehenden Bank teleologisch überzeugender auf als die nach wie vor vertretenen objektiven Ansätze.12 Ihr ist daher nach wie vor der Vorzug vor jenen zu geben. Da sie zur Grundlage der Rechtsprechung geworden ist, wird in der Folge überdies nochmals die grundlegende Argumentation der Voraufl wiedergegeben. Ihrzufolge stellt sich die Rechtslage nach Sinnzusammenhang und Entstehungsgeschichte des § 37 Abs 1 Satz 3 wie folgt dar:13 Infolge der Verweisung des § 37 Abs 1 Satz 1 auf § 36 Abs 2 haben die Anmelder die 30 Erklärung abzugeben, dass die auf jede Aktie eingeforderten Bareinlagen (ggf abzüglich bereits gezahlter Steuern und Gebühren) endgültig zur freien Verfügung des Vorstandes stehen, und gemäß § 37 Abs 1 Satz 2 die Richtigkeit dieser Erklärung nachzuweisen; bei unbarer Zahlung ist dieser Nachweis nach § 37 Abs 1 Satz 3 durch Bestätigung des kontoführenden Kreditinstituts zu führen. Damit bringt das Gesetz deutlich zum Ausdruck, dass auch der in § 37 Abs 1 Satz 3 geforderte Nachweis durch Bankbestätigung Nachweis iS von §§ 36 Abs 2, 37 Abs 1 Satz 1 mit grundsätzlich derselben inhaltlichen Tragweite zu sein hat wie die Erklärung nach § 37 Abs 1 Satz 114 und der Nachweis nach § 37 Abs 1 Satz 2. Eine Bankbestätigung, die sich in einem bloßen Nachweis der Einzahlung und des Fehlens banktypischer Verfügungsbeschränkungen erschöpfte und andere der Bank bekannte Einschränkungen der Verfügungsmacht des Vorstandes über das Kontoguthaben verschwiege, würde den Anforderungen des Gesetzes nicht gerecht und müsste, wenn die Gesellschaft daraufhin eingetragen würde, zur Haftung der Bank nach § 37 Abs 1 Satz 4 führen. Tragweite und Beweiswert der Bankbestätigung als Nachweis der freien Verfü31 gungsmacht des Vorstandes über das Guthaben auf dem Einlagenkonto erfahren allerdings erhebliche Einschränkungen durch die begrenzte Funktion der kontoführenden Bank im Gesamtablauf des Kapitalaufbringungsprozesses. Die Bank ist Abwicklungs29

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12 Wie hier auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 30 ff; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 14; Bayer FS Horn, 2006, S 271, 287 ff; Spindler ZGR 1997, 537, 541, 548; Schall LMK 2008, 261259; aA etwa Hüffer/Koch Rdn 3a (Begrenzung auf Gegenrechte der Bank sowie bekannte Gegenrechte Dritter); dem folgend Spindler/ Stilz/Döbereiner Rdn 5; vermittelnd Hölters/Solveen Rdn 7: grds objektive Begrenzung auf Gegenrecht der Bank oder Dritter, aber bei ausnahmsweiser Kenntnis weitergehender Umstände Verbot, die Bestätigung zu erteilen. 13 Dazu ausf Röhricht FS Boujong, 1996, S 457. 14 So ausdr BGHZ 113, 335, 350; ebenso im Ergebnis BGHZ 119, 177 ff; mittlerweile bestätigt durch BGHZ 175, 86.

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und Zahlungsstelle, daneben aufgrund ihrer Stellung im modernen Wirtschaftsleben auch häufig an der Gesellschaftsgründung als finanzieller Berater und Kreditgeber beteiligt und insofern als Auskunftsstelle geradezu prädestiniert; dagegen ist sie nicht selber als Garant oder in sonstiger Weise für die ordnungsgemäße Erbringung der Bareinlage verantwortlich.15 Die von dem Kreditinstitut zumutbarer Weise zu erwartende Bestätigung (§ 37 Abs 1 Satz 3) und die für die inhaltliche Richtigkeit dieser Bestätigung zu übernehmende Gewähr (§ 37 Abs 1 Satz 4) muss sich deshalb auf die zutreffende Angabe der Tatsachen beschränken, die dem Kreditinstitut aufgrund seiner Funktion innerhalb des konkreten Kapitalaufbringungsprozesses bekannt sind. Anderenfalls würde es entgegen der Zielsetzung des Gesetzgebers aus der Rolle einer Auskunftsstelle hinaus- und in diejenige eines Gewährschaftsträgers hineingedrängt. Für Vorgänge, die sich nicht in seiner Wissens- und Einflusssphäre vollziehen, kann das Kreditinstitut daher nicht verantwortlich gemacht werden. Solche Vorgänge liegen von vornherein außerhalb des Bereiches der von ihm nach § 37 Abs 1 Satz 3 geforderten (bestätigenden) Auskunft. Dies gilt insbes für Absprachen zwischen Einlegern, Mitgründern und Verwaltungsorganen der künftigen AG, die ohne Beteiligung und Mitwirkung der Bank getroffen werden und bis zum Zeitpunkt der Abgabe der Bestätigung keinen Niederschlag in den ihr erteilten Anweisungen gefunden haben. Auch eigene Nachforschungspflichten treffen die Bank insofern nicht. Die Bankbestätigung nach § 37 Abs 1 Satz 3 ist danach nicht von vornherein auf be- 32 stimmte Umstände, wie etwa die vorbehaltlose Kontogutschrift oder das Fehlen von Gegenrechten der Bank selber, beschränkt. Sie hat vielmehr, da sie dem Nachweis dient, dass nach Kenntnis der Bank keine der freien Verfügungsmacht des Vorstandes iS der §§ 37 Abs 1 Satz 1, 36 Abs 2 entgegenstehenden Tatsachen vorliegen, alle Verfügungsbeschränkungen zu berücksichtigen, die der Bank aufgrund ihrer konkreten Rolle bei der betreffenden Kapitalmaßnahme bekannt sind. Die Bestätigung kann infolgedessen je nach den Umständen und dem Kenntnisstand der Bank die gleiche oder auch eine geringere inhaltliche Tragweite haben als die Erklärungen der Anmelder nach § 37 Abs 1 Satz 1. Die Bestätigung ist richtig, wenn sie den vorstehend erläuterten Anforderungen entspricht und keine der Bank bekannten verfügungshindernden Tatsachen verschweigt. Eine Äußerung zu anderen Tatsachen wird von der Bank nicht erwartet. Ihr Vorliegen oder Nichtvorliegen kann deshalb die Richtigkeit der nach § 37 Abs 1 Satz 3 abzugebenden Bestätigung nicht beeinflussen. 2. Die einzelnen Fälle unrichtiger Bankbestätigungen. Danach ist die von der 33 Bank abgegebene Bestätigung, wonach auf dem von ihr geführten im Einzelnen zu bezeichnenden Konto der Gesellschaft oder des Vorstandes Beträge in angegebener Höhe mit der Zweckbestimmung als Einlage eingezahlt worden sind und in dieser Höhe oder – falls über das Guthaben bereits durch den Vorstand oder durch Eingriffe dritter Personen, darunter der Bank selbst, verfügt worden ist – in bestimmter Höhe bis zum Tag der Abgabe der Bestätigung zur freien Verfügung des Vorstandes stehen, nur dann unrichtig, wenn 1. eine Gutschrift nicht oder nur zum Schein erteilt worden ist (vgl etwa den in BGHZ 105, 121 entschiedenen Fall, in dem weder eine Zahlung noch eine Gutschrift erfolgt war, sondern lediglich ein nicht gedeckter, zurückgesandter Scheck übergeben worden war);

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15 Bestätigt durch BGHZ 175, 86. Für die Notwendigkeit von Einschränkungen aus dem im Text genannten Gesichtspunkt auch Ulmer GmbHR 1993, 189, 196; aufgrund der Lage des Falles nicht problematisiert in BGHZ 113, 335, 356.

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die Einlage nicht mit der erkennbaren Zweckbestimmung „Einlage“ oä erfolgt ist, insbes schon aus dem Überweisungsträger ersichtlich war, dass die Zahlung anderen Zwecken, wie zB der Darlehensgewährung oder -rückzahlung oder Kaufpreiszahlung diente;16 zwar dient die Bestätigung nach dem Wortlaut des § 37 Abs 1 Satz 2 und 3 nicht dem Nachweis, dass der Betrag eingezahlt worden ist, sondern unmittelbar nur dem Nachweis, dass er zur endgültig freien Verfügung des Vorstandes steht. Der geforderte Nachweis bezieht sich aber bei sinngerechter Gesetzesauslegung nicht darauf, dass der Vorstand Verfügungsgewalt über irgendwelche Barmittel besitzt, sondern dass er gerade über die als Bareinlage eingezahlten Beträge verfügen kann; die Einzahlung nicht vorbehaltlos geleistet worden ist, sondern mit irgendwelchen, die Verfügungsberechtigung des Vorstandes einschränkenden Weisungen oder Auflagen des Einzahlers verbunden war; die Bank selber keine freie Verfügung des Vorstandes über das Kontoguthaben zulassen will; dazu gehören a) diejenigen Sachverhalte, in denen bei Zahlung auf ein debitorisches Konto nach der abzulehnenden hM die freie Verfügung verneint wird (§ 36 Rdn 123 ff und 194 ff), zum anderen b) aber auch neben dem Fall mangelnder eigener Bonität (§ 36 Rdn 193) die Fälle, in denen die Bank in anderer Weise Gegenrechte (Pfand-, Aufrechnungsrechte) an dem gutgeschriebenen Betrag geltend zu machen beabsichtigt oder zB Verwendung nur zur Rückzahlung einer von ihr vorgenommenen Vor- oder Zwischenfinanzierung gestatten will und schließlich c) auch diejenigen Fälle, in denen sie aus sonstigen Gründen etwa als Interessenwalter eines Dritten keine beliebigen Verfügungen des Vorstandes über den gutgeschriebenen Betrag zulassen will (§ 36 Rdn 123 f und 193); Pfändungen, Mitverfügungsrechte Dritter oder von diesen ausgehende Kontosperrungen vorliegen (§ 36 Rdn 123 f u 193); bereits (durch Abhebungen, Überweisungen oder sonstige Kontobelastungen zB per Scheck) Beträge abverfügt sind, gleichgültig, ob die Abbuchung bereits vollzogen ist oder der Bank nur entsprechende noch nicht ausgeführte Anweisungen (Überweisungen etc) vorliegen; die Verpflichtung, derartige Abverfügungen in der Bestätigung zu vermerken und damit zur Kenntnis des Registergerichts zu bringen, folgt bereits daraus, dass die Bank eine freie Verfügung des Vorstandes nur über die bei Abgabe der Bestätigung tatsächlich noch auf dem Konto befindlichen Einlagemittel bescheinigen kann und darf; die Einbeziehung der Bank bereits vorliegender, aber noch nicht ausgeführter Anweisungen ist demgegenüber nur eine geringfügige durch den Schutzzweck des Gesetzes geforderte Ausweitung; dagegen ist es nicht Aufgabe der Bestätigung des § 37 Abs 1 Satz 3, Aussagen über den Verwendungszweck der bereits abverfügten Einlagemittel zu machen; der Nachweis der freien Verfügung des Vorstandes auch über die bereits entnommenen Einlageteile oder ihre Verwendung für Steuern und Gebühren (§ 36 Abs 2 Satz 1) ist vielmehr nach der allgemeinen Bestimmung des § 37 Abs 1 Satz 2 zu erbringen; dies gilt insbes auch für die Wertgleichheit etwaiger mit den eingezahlten Mitteln bereits angeschaffter Gegenstände oder getilgter Gesellschaftsverbindlichkeiten (§ 36 Rdn 188 und oben Rdn 17 und 21 ff).17 Abreden zwischen Einleger und Vertretungsorgan bestehen, die auf einen unmittelbaren oder mittelbaren gänzlichen oder teilweisen Rückfluss des Guthabenbetra-

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Zust Butzke ZGR 1994, 94, 100. BGHZ 119, 177, 188; zust auch Ulmer GmbHR 1993, 189, 197.

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ges in das Vermögen des Einlegers abzielen und in die das Kreditinstitut einbezogen ist.18 Für eine solche Einbindung ist es nicht unbedingt erforderlich, dass die Bank bereits von einer oder beiden Seiten bindende Anweisungen hinsichtlich der Verwendung der eingezahlten Mittel erhalten hat.19 Es muss zur Verwirklichung dieses Sachverhalts ausreichen, dass die Bank an Verabredungen dieser Art, etwa weil sie mit ihr abgesprochen sind, beteiligt ist und deshalb Kenntnis von ihnen und dem zu erwartenden Eingang entsprechender verfügungsschädlicher Dispositionen besitzt. Nachforschungspflichten der Bank bestehen aber nicht. Insbes ist die Bank nicht verpflichtet, irgendwelchen Vermutungen oder Hinweisen, die für das Bestehen einer ohne ihre Beteiligung abgesprochenen Rückzahlungsabrede sprechen, nachzugehen.20 3. Der für die Richtigkeit der Bankbestätigung maßgebliche Zeitpunkt. Maßgeb- 34 lich für die Richtigkeit der Bankbestätigung ist der Sachstand zum Zeitpunkt der aus dem angegebenen Datum ersichtlichen Ausstellung.21 Man wird jedoch zusätzlich erwarten dürfen, dass das Kreditinstitut keine Bestätigungen gemäß § 37 Abs 1 Satz 3 (sei es durch Aushändigung an die Anmelder oder direkte Übersendung an das Registergericht) aus der Hand gibt, die zwar zu einem früheren Zeitpunkt ausgestellt sind, deren Unrichtigkeit aber in dem Zeitpunkt, in dem sie den Beteiligten verfügbar gemacht werden, bereits feststeht. Eine Nachmeldepflicht der Bank nach Herausgabe der Bestätigung besteht dagegen nicht, weil dies letztlich die Bank zu einer fortlaufenden Überwachungstätigkeit nötigen würde. Dabei macht es keinen Unterschied, ob sich die Unrichtigkeit nunmehr herausstellt oder die Bestätigung erst durch nachträgliche Ereignisse unrichtig wird. Das Registergericht dürfte aber nicht gehindert sein, nach pflichtgemäßem Ermes- 35 sen eine Bankbestätigung zu verlangen, die sich auf das für das Bestehen freier Verfügung maßgebliche (oben Rdn 16) Datum der Einreichung der Anmeldung bezieht.22 Dies kommt vor allem dann in Betracht, wenn zwischen dem Datum der Bankbestätigung und der Anmeldung bereits ein längerer Zeitraum liegt. VI. Die Haftung des Kreditinstituts nach § 37 Abs 1 Satz 4 Gemäß § 37 Abs 1 Satz 4 haftet das Kreditinstitut der AG, wenn es zu ihrer Eintra- 36 gung kommt, für die Richtigkeit der von ihm nach § 37 Abs 1 Satz 3 abgegebenen Bestätigung. Bei dieser Verantwortlichkeit handelt es sich um eine Gewährleistung für die Richtigkeit der eigenen Erklärung,23 s dazu schon oben Rdn 26 ff. Ein Verschulden der Bank ist nicht erforderlich.24 § 254 BGB ist deshalb nicht anwendbar, Kenntnis der

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18 So auch Appell ZHR 157 (1993) 216, 223. 19 Zu eng Ulmer GmbHR 1993, 189: nur wenn sich die Rückzahlungsabrede bereits in Dispositionen über die Kontogutschrift niedergeschlagen hat. 20 So zutr insbes Appell ZHR 157 (1993) 219; iE auch BGHZ 113, 335, 356. 21 Zu eng Ulmer GmbHR 1993, 189, 197: Zeitpunkt der Einzahlung; danach dürfte die Bank sogar noch nach Zurücküberweisung der Einlage an den Inferenten die freie Verfügung bestätigen; richtig dagegen BGHZ 113, 335 ff. 22 So zutr LG Gießen GmbHR 1986, 162) 23 BGHZ 113, 335, 355; 119, 177, 181; 175, 86 = NZG 2008, 304, 307 f, Tz 25; MünchKommAktG/Pentz Rdn 36; KK/Arnold Rdn 24 f; Hüffer/Koch Rdn 5 f; Hüffer ZGR 1993, 474, 485 f; Hölters/Solveen Rdn 8; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 5; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 15; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 3; Wachter Rdn 21; Grigoleit/Vedder Rdn 9; Ulmer GmbHR 1993, 189, 196 f. 24 Dazu vorige Fn; ebenso für das österreichische Recht öOGH AG 1994, 571; aA Butzke aaO (Fn 8) 104 f; Priester FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, 1992, 159, 164; Rümker ZBB 1991, 176, 178.

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Gründer oder der Gesellschaftsorgane von der Unrichtigkeit der Bestätigung kann das Kreditinstitut infolgedessen von dieser Haftung nicht, auch nicht iS einer Haftungsminderung, entlasten.25 Die Haftung ist auch in diesem Umfang entgegen der von Teilen des Schrifttums geäußerten Besorgnis einer Überspannung der Verantwortlichkeit der an dem Kapitalaufbringungsvorgang als solchem in der Regel unbeteiligten Banken (oben Rdn 27) unbedenklich. Die angesichts der begrenzten Funktion der Kreditinstitute und dem Fehlen eines Verschuldenserfordernisses gebotene Eingrenzung ihrer Verantwortlichkeit ist bereits dadurch sichergestellt, dass Vorgänge, die außerhalb ihrer eigenen Sphäre liegen, bei zutreffender Bestimmung der Tragweite der in § 37 Abs 1 Satz 3 erwarteten Bestätigung nicht zu dem Inhalt der von ihnen abzugebenden Erklärung gehören, dazu im einzelnen oben Rdn 28 f. Die Verantwortlichkeit der Bank bedeutet, dass sie die Gesellschaft so zu stellen hat, 37 wie diese stünde, wenn die Bestätigung richtig gewesen wäre. Die Bank hat infolgedessen, wenn die geschuldete Bareinlage entgegen ihrer Bestätigung ganz oder teilweise nicht aufgebracht worden ist, die fehlende Einlage nach Maßgabe ihrer Erklärung selbst zu leisten.26 Diese Haftung tritt im Außenverhältnis zu der Gesellschaft neben die fortbestehende Einlagepflicht des Einlegers und die aus §§ 46, 48 oder deliktischen Normen folgende Haftung der Gründer oder etwaiger dritter Personen. Ein Subsidiaritätsverhältnis ist aus Gründen der Durchsetzung eines umfassenden Kapitalaufbringungsschutzes nicht gegeben.27 Die Haftung ist nicht auf den nach § 36a Abs 1 vor Eintragung zu leistenden Mindestbetrag beschränkt, erstreckt sich vielmehr nach Maßgabe der abgegebenen Bestätigung auf den gesamten vor Anmeldung eingeforderten Betrag der Bareinlagen.28 Die Aufrechnungsmöglichkeit der Bank gegen den Anspruch der Gesellschaft ist in gleicher Weise eingeschränkt (§ 66) wie diejenige des Gesellschafters gegen seine Einlageschuld (BGH aaO 357 f). Die Haftung verjährt nicht nach § 852 BGB (keine unerlaubte Handlung) oder § 185 38 BGB, sondern analog § 51 nach fünf Jahren.29 VII. Die bei Sacheinlagen erforderliche Erklärung 39

Bei Sacheinlagen ist infolge der Verweisung des § 37 Abs 1 Satz 1 auf den gesamten § 36a und damit auch auf § 36a Abs 2 zu erklären, dass der Wert der Sacheinlage dem geringsten Ausgabebetrag und bei Ausgabe von Aktien für einen höheren als den geringsten Ausgabebetrag auch dem Mehrbetrag entspricht, § 36a Abs 2 Satz 3. Nähere Angaben oder Nachweise für die Richtigkeit der Erklärung werden hier nicht verlangt. Der die Nachweispflicht statuierende § 37 Abs 1 Satz 2 bezieht sich ausdrücklich nur auf Bareinlagen. Die Entbehrlichkeit eines Nachweises beruht darauf, dass die Wertverhältnisse bereits Gegenstand des Gründungsberichts (§ 32 Abs 2 Satz 1) und der Gründungsprüfungen (§ 33 Abs 1 und 2) sind, die nebst den dazugehörigen Unterlagen der Anmeldung beizufügen sind, § 37 Abs 4 Nr 4 und unten Rdn 60.30

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25 BGHZ 113, 335, 355; 119, 177, 181. 26 BGHZ 113, 335, 355. 27 BGHZ 113, 335, 355; OLG Hamburg AG 2007, 500, 504. 28 BGHZ 113, 335, 336. 29 MünchKommAktG/Pentz Rdn 38; KK/Arnold Rdn 28; Hüffer/Koch Rdn 5a; Hölters/Solveen Rdn 8; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 5; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 15; ebenso Rümker ZBB 1991, 176, 179; ebenso für das österreichische Recht öOGH AG 1994, 569, 570 f. 30 AllgM MünchKommAktG/Pentz Rdn 40; KK/Arnold Rdn 13; Hüffer/Koch Rdn 4; Spindler/Stilz/ Döbereiner Rdn 9; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 8; Heidel/Terbrack Rdn 10; Grigoleit/Vedder Rdn 5.

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Des Weiteren ist bei sofort fälligen Sacheinlagen (§ 36a Rdn 16) die Erklärung abzu- 40 geben, dass sie vollständig geleistet sind, § 36a Abs 2 Satz 1. Da diese Leistung voraussetzt, dass der Gesellschaft entweder das Vollrecht oder – wenn Inhalt der Einlage nur die Einräumung eines Nutzungsrechts ist – der Besitz dergestalt übertragen ist, dass der Vorstand frei darüber verfügen kann, § 36a Rdn 16, steht nichts entgegen, auch hier, dem Vorschlag Hüffer/Koch (§ 36a Rdn 5; § 37 Rdn 4) folgend, die Erklärung zu verlangen, dass die Sacheinlage zur freien Verfügung des Vorstandes steht. Einen Nachweis schreibt das Gesetz auch hier, da § 37 Abs 1 Satz 2 (s oben Rdn 9) ausdrücklich nur Bareinlagen regelt, nicht vor. Das Registergericht kann aber von ihm gleichwohl im Einzelfall für erforderlich gehaltene Nachweise im Rahmen seines materiellen Prüfungsrechts (dazu § 38 Rdn 5) verlangen. Es empfiehlt sich deshalb mindestens zur Vermeidung etwaiger Rückfragen und des damit verbundenen Zeitverlusts, die den Umständen nach angebrachten Nachweise bereits bei Anmeldung beizufügen. Bei erst später fällig werdenden Sacheinlagen (§ 36a Rdn 18 ff) ist, ggf unter Angabe 41 eines früheren vereinbarten Leistungszeitpunkts, zu erklären, dass die Verpflichtung spätestens innerhalb von fünf Jahren nach Eintragung der Gesellschaft zu erfüllen ist, § 36 Abs 2 Satz 2.31 VIII. Die Versicherung über das Nichtbestehen von Bestellungshindernissen, § 37 Abs 2 Nach der inhaltlich weitgehend mit § 8 Abs 3 GmbHG übereinstimmenden (zur Vor- 42 geschichte der Norm oben Rdn 4) Vorschrift des § 37 Abs 2 haben die Vorstandsmitglieder in der Anmeldung zusätzlich die Versicherung abzugeben, dass ihrer Bestellung keiner der in § 76 Abs 3 Satz 2 Nr 2 und 3 sowie Satz 3 aufgeführten Ausschlussgründe entgegensteht, § 37 Abs 2 Satz 1 1. Halbsatz Die Vorschrift betrifft nur Vorstandsmitglieder, auch stellvertretende (§ 94), nicht Aufsichtsratsmitglieder. Sie dient der Durchsetzung des in § 76 Abs 3 Satz 2 Nr 2 und 3 sowie Satz 3 für zwei Personengruppen vorgesehenen Ausschlusses vom Vorstandsamt. Dabei handelt es sich zum einen (§ 76 Abs 3 Satz 2 Nr 3) um Personen, die rechtskräftig wegen einer der dort genannten Strataten verurteilt worden sind, im Fall des Buchstaben e) überdies zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr. Für sie gilt das Verbot ihrer Bestellung zum Vorstand unabhängig vom Unternehmensgegenstand der Gesellschaft für die Dauer von fünf Jahren seit Rechtskraft der Verurteilung zuzüglich der Zeit, in der sie auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden sind. Nach Satz 3 gilt Satz 2 Nr 3 auch, wenn die Person im Ausland aufgrund einer vergleichbaren Tat verurteilt worden ist. Zum anderen (§ 76 Abs 3 Satz 2 Nr 2) betrifft das Verbot Personen, denen durch Gerichtsentscheidung oder vollziehbare Entscheidung einer Verwaltungsbehörde die Ausübung eines bestimmten Berufes oder Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges untersagt ist. In diesen Fällen besteht das Bestellungshindernis für die Dauer des Berufs- oder Gewerbeverbots und in sachlicher Hinsicht für die Berufung in das Amt des Vorstandes von AG, deren Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des gegen sie ausgesprochenen Verbots übereinstimmt. Um das Verbot durchzusetzen und diese Personengruppen vom Vorstandsamt 43 fernzuhalten, muss das Vorliegen von Ausschlussgründen nach § 76 Abs 3 Satz 2 Nr 2 und 3 sowie Satz 3 auch schon im Gründungsstadium der AG (wegen Bestellungen in

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31 MünchKommAktG/Pentz Rdn 41; KK/Arnold Rdn 13; Hüffer/Koch Rdn 4; Hölters/Solveen Rdn 10; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 8; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 8; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2; Heidel/ Terbrack Rdn 12; Wachter Rdn 12; Grigoleit/Vedder Rdn 5.

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einem späteren Stadium, s § 81 Abs 3) geprüft werden. Eine solche Prüfung ist auch deshalb erforderlich, weil eine verbotswidrige Bestellung kraft Gesetzes nichtig ist (§ 134 BGB) und infolgedessen die Eintragung der Gesellschaft zumindest dann hindern würde, wenn die AG infolge der Nichtigkeit der Bestellung ohne Gesetz und Satzung entsprechenden Vorstand wäre, sa § 36 Rdn 10 und 25. Ist damit einerseits eine Prüfung, ob gegen einzelne Vorstandsmitglieder einer der Ausschlusstatbestände des § 76 Abs 3 Satz 3 und 4 vorliegt, vor Eintragung in jedem Fall unumgänglich, so soll doch andererseits der damit verbundene Verwaltungsaufwand zur Entlastung des Gerichts und Verkürzung des Eintragungsverfahrens so gering wie möglich gehalten und dem Registergericht tunlichst erspart werden, wegen jedes einzelnen Vorstandsmitglieds beim Bundeszentralregister (BZR) nachfragen zu müssen. Das dazu geeignete Mittel sieht das Gesetz darin, dass es von jedem Vorstandsmitglied in der Anmeldung die strafbewehrte (§ 399 Abs 1 Nr 6) Versicherung verlangt, dass gegen seine Person keiner der genannten Ausschlussgründe vorliegt (Begr zum RegE BTDrucks 8/1347 S 34 zu § 8 Abs 3 GmbHG). Die Versicherung ist, wie aus dem Gesetzeszweck folgt, von jedem Vorstandsmitglied einzeln für die eigene Person abzugeben. Die Abgabe einer entsprechenden Versicherung für andere Vorstandsmitglieder könnte schon deshalb nicht verlangt werden, weil eine genaue Kenntnis von dessen persönlichen Verhältnissen nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden könnte. In der Praxis der Registergerichte wird eine Versicherung, die sich mit der Angabe begnügt, dass keine Ausschlussgründe vorliegen, vielfach nicht für ausreichend gehalten.32 Es ist deshalb jedenfalls zu empfehlen, ausdrücklich anzugeben, dass das betreffende Vorstandsmitglied niemals wegen eines der in § 76 Abs 3 Satz 2 Nr 3 bezeichneten Delikte bzw – im Fall des Buchstaben e) – nicht in dem bezeichneten Umfang verurteilt worden ist und ihm zur Zeit weder durch Gerichtsurteil noch durch vollziehbare Entscheidung einer Verwaltungsbehörde die Ausübung eines Berufes, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges untersagt ist (zu der bezüglich der Gesetzeslage vor dem MoMiG entwickelten Formel BayOblG WM 1982, 168, 170). Besteht dagegen eines dieser Verbote, so muss es konkret offengelegt werden, damit das Registergericht die Möglichkeit erhält, in voller Tatsachenkenntnis eigenverantwortlich zu prüfen, ob es der Bestellung zum Vorstand entgegensteht, insbes ganz oder teilweise mit dem Unternehmensgegenstand übereinstimmt (BayOblG aaO). Das Registergericht kann und wird sich im Normalfall mit der abgegebenen Versicherung zufriedengeben. Hat es jedoch aufgrund ihres Inhalts oder aufgrund ihm bekannt gewordener Umstände Zweifel, ob Ausschlussgründe nach § 76 Abs 3 Satz 2 Nr 2 und 3 sowie Satz 3 vorliegen, so ist es verpflichtet, nach § 26 FamFG weitere Ermittlungen anzustellen. Dies kann grundsätzlich in jeder dazu geeigneten Form, insbes auch durch Einholung einer Auskunft aus dem BZR oder auch dadurch geschehen, dass es von dem Anmelder weitere klarstellende Angaben verlangt. Die in Abs 2 Satz 1 2. Halbsatz zusätzlich von jedem einzelnen Vorstandsmitglied (oben Rdn 44) geforderte Versicherung, dass es über seine unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem (Register-)Gericht belehrt worden ist, beruht darauf, dass auch gegenüber Gerichten und Behörden nur dann eine uneingeschränkte Auskunftspflicht besteht, wenn der Verurteilte darüber belehrt wird. Für diese Belehrung, die nach Satz 2 1. Halbsatz schriftlich erfolgen kann, ist in jedem Fall das Registergericht zuständig.

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32 BayObLG WM 1982, 168 u BB 1984, 238; auch LG Darmstadt RPfl 1982, 152; großzügiger LG Kassel RPfl 1982, 229.

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Daneben kommt für die Belehrung nach Satz 2 2. Halbsatz auch ein deutscher Notar 48 und, wie die Vorschrift seit ihrer Änderung durch das MoMiG klarstellt, auch ein ausländischer Notar, ein Vertreter eines vergleichbaren rechtsberatenden Berufs (insbes Rechtsanwälte) oder ein Konsularbeamter in Betracht. Soll ein Notar die Belehrung vornehmen, ist dieser durch die Vorstandsmitglieder entsprechend zu beauftragen. Allein aus dem Mitwirken bei der Gründung ergibt sich für den Notar noch keine Belehrungspflicht (unstr). IX. Die Angaben zur Vertretungsbefugnis, § 37 Abs 3 Der durch das Koordinierungsgesetz v 15.8.1969 (BGBl I 1146) eingefügte und durch 49 das MoMiG formal aber nicht inhaltlich geänderte Abs 3 Nr 2 beruht auf der Annahme des Europäischen Richtliniengebers, die Kenntnis nationaler Vertretungsregelungen sei im grenzüberschreitenden Geschäftsverkehr auch dann nicht zumutbar, wenn sich diese Regeln ohne weiteres aus den geltenden Gesetzen ergeben oder offenkundig sind; infolgedessen sei es geboten, sämtliche Vertretungsverhältnisse ausdrücklich in Registern oder amtlichen Unterlagen aufzuführen, zur Vorgeschichte und Regelungszweck des § 37 Abs 3 bereits oben Rdn 2. Seit der Veränderung, die Abs 3 durch das MoMiG erfahren hat, müssen in der Anmeldung zusätzlich 1. eine inländische Geschäftsanschrift und 2. Art und Umfang der Vertretungsbefugnis der Vorstandsmitglieder angegeben werden. Das Erfordernis der Angabe einer inländischen (also deutschen) Geschäftsanschrift 50 steht im Zusammenhang mit § 39 Abs 1, der bei Eintragung ebenfalls die Angabe einer inländischen Geschäftsanschrift verlangt. Der Zweck der Angabe einer inländischen Geschäftsanschrift ergibt sich aus § 78 Abs 2 Satz 3. Danach können an die Vertreter der Gesellschaft unter der im Handelsregister eingetragenen Geschäftsanschrift Willenserklärungen gegenüber der Gesellschaft abgegeben und Schriftstücke für die Gesellschaft zugestellt werden. Welche inländische Geschäftsanschrift die Gesellschaft angibt, ist ihr grundsätzlich überlassen, solange dort Empfangsvorkehrungen unterhalten werden. In der Regel wird die Geschäftsanschrift mit der Anschrift des Geschäftslokals, dem Sitz der Hauptverwaltung oder des maßgeblichen Betriebes übereinstimmen. Besitzt die Gesellschaft derartige Einrichtungen nicht, so kommt in diesen Fällen auch die Angabe der Anschrift eines Geschäftsführers oder eines Gesellschafters oder die Anschrift eines als Zustellungsbevollmächtigten eingesetzten Vertreters (zB Steuerberater, Rechtsberater) in Betracht, BTDrucks 16/6140 S 35 f. Änderungen der inländischen Geschäftsanschrift sind nach § 31 HGB zum Handelsregister anzumelden. Infolgedessen schreibt § 37 Abs 3 Nr 2 nunmehr vor, dass in der Anmeldung zum 51 Zwecke der nachfolgenden Eintragung in das Handelsregister Art und Umfang der Vertretungsbefugnis der Vorstandsmitglieder anzugeben ist. Die Angabe der (entweder aus dem Gesetz oder der Satzung, § 78) folgenden Vertretungsbefugnis der Vorstandsmitglieder hat grundsätzlich in abstrakter Form zu erfolgen. Wird die Gesellschaft wie häufig durch zwei Vorstandsmitglieder oder ein Vorstandsmitglied gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten, so ist dies anzugeben, ohne dass die Namen der einzelnen Vorstandsmitglieder oder der Prokuristen aufzuführen sind.33 Dies erspart jedenfalls bei ei-

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33 So BayObLG BB 1974, 291 = DNotZ 1975, 117 ff m Anm Wolfsteiner; OLG Hamm DB 1972, 914; OLG Frankfurt/M AG 1970, 148; OLG Köln BB 1970, 34 (alle zur GmbH); ebenso MünchKommAktG/Pentz Rdn 54; KK/Arnold Rdn 36; Geßler/Eckardt 29; Hüffer/Koch Rdn 8; Hölters/Solveen Rdn 17; Schmidt/Lutter/ Kleindiek Rdn 25; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 5; Heidel/Terbrack Rdn 19; Wachter Rdn 38; Grigoleit/Vedder Rdn 14; aA (Einzelangaben mit Namensnennung erforderlich): Gustavus BB 1969, 371 und 1970, 594, 595; Lappe GmbHR 1970, 90 f.

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ner späteren Anmeldung von Vorstandsmitgliedern die erneute Angabe der Vertretungsbefugnis. Ist dagegen die Vertretungsbefugnis für die einzelnen Vorstandsmitglieder unterschiedlich gestaltet, vertritt also etwa A die Gesellschaft allein, B gemeinsam mit dem Vorstandsmitglied C oder dem Prokuristen D, während C nur gemeinsam mit A und B vertritt, so ist dies unter Namensnennung anzumelden. Kann der Vorstand aus einem oder mehreren Mitgliedern bestehen, so ist auch anzugeben, dass bei Bestellung nur eines Mitglieds dieses die Gesellschaft allein vertritt. Diese zunächst überraschende, weil auf das Verlangen nach Anmeldung einer Selbstverständlichkeit hinauslaufende Forderung beruht auf einer Entscheidung des EuGH nach Art 177 Abs 3 EWG-Vertrag unter Beachtung des Zwecks der zugrundeliegenden Europäischen Richtlinien (oben Rdn 2 und 9).34 Hat die Satzung von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Aufsichtsrat nach § 78 52 Abs 3 Satz 2 bei grundsätzlich bestehender gemeinschaftlicher Vertretung der AG durch sämtliche Vorstandsmitglieder (§ 78 Abs 2 Satz 1) zu ermächtigen, zu bestimmen, dass einzelne von ihnen allein oder in Gemeinschaft mit einem Prokuristen zur Vertretung der Gesellschaft befugt sind, so ist auch dies anzumelden;35 dasselbe gilt, wenn der Aufsichtsrat von der ihm durch die Satzung erteilten Ermächtigung bereits Gebrauch gemacht hat, von der dann geltenden konkreten Regelung.36 Nicht anzumelden und einzutragen ist im Gegensatz dazu die Ermächtigung zur Vornahme bestimmter Geschäfte oder Geschäftsarten, die zur echten oder unechten Gesamtvertretung befugte Vorstandsmitglieder einem ihrer Kollegen nach § 78 Abs 4 erteilen, weil dies lediglich rechtsgeschäftliche, nicht aber wie von § 37 Abs 3 vorausgesetzt organschaftliche Vertretungsmacht begründet.37 Allerdings wird mit Blick auf den Zweck der Richtlinie teilweise verlangt, dass die Möglichkeit zur Erteilung einer solchen Ermächtigung anzugeben sei.38 Doch führt eine Erstreckung auf rechtsgeschäftliche Vollmachten wohl zu weit. Angemeldet und eingetragen werden müssen dagegen nach Sinn und Zweck der § 37 53 Abs 3 zugrundeliegenden Europäischen Richtlinie (oben Rdn 2, 49) die Befreiung einzelner Vorstandsmitglieder vom Verbot des § 181 BGB (BGHZ 87, 59, 60 f) und auch die nach § 78 Abs 2 Satz 2 bei Gesamtvertretung geltende passive Einzelvertretungsmacht (Empfangszuständigkeit für gegenüber der Gesellschaft abzugebende Willenserklärungen) jedes einzelnen Vorstandsmitglieds.39 Das Registergericht prüft neben der Erfüllung der sich aus § 37 Abs 3 Nr 2 ergeben54 den formalen Erfordernisse selbstverständlich auch, ob die angemeldete Vertretungsregelung mit Gesetz und Satzung übereinstimmt. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so sind die angemeldeten Vertretungsbefugnisse zusammen mit der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister einzutragen (§ 39 Abs 1 Satz 3). Anderenfalls ist die Eintra-

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34 EuGH BB 1974, 1500; s dazu auch BGHZ 63, 261, 263 f u den dazugehörigen Vorlagebeschluss des BGH WM 1974, 510. 35 HM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 56; KK/Arnold Rdn 37; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 25; Hüffer/ Koch Rdn 8; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 5; Heidel/Terbrack Rdn 22; aA Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 12; Grigoleit/Veder Rdn 14; Hölters/Solveen Rdn 17; Wachter Rdn 39. 36 MünchKommAktG/Pentz Rdn 56; KK/Arnold Rdn 37; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 5; Heidel/Terbrack Rdn 21. 37 Insoweit unstr, MünchKommAktG/Pentz Rdn 57; KK/Arnold Rdn 37; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 13; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 20; Hüffer/Koch Rdn 8; Grigoleit/Vedder Rdn 14; Hölters/Solveen Rdn 18; Heidel/Terbrack Rdn 22; Wachter Rdn 41. 38 MünchKommAktG/Pentz Rdn 57; KK/Arnold Rdn 37. 39 MünchKommAktG/Pentz Rdn 55; KK/Arnold Rdn 35; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 25; Heidel/ Terbrack Rdn 22; Hüffer/Koch Rdn 8; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 5; aA Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 12; Hölters/Solveen Rdn 17.

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gung der Gesellschaft, wenn der Mangel auch auf gerichtliche Zwischenverfügung nicht behoben wird, abzulehnen. Weitere Angabepflichten ergeben sich aus § 24 HRV. X. Die der Anmeldung beizufügenden Anlagen, § 37 Abs 4 Nr 1–5 Über die bisher genannten Erfordernisse hinaus verlangt das Gesetz noch die Beifügung einer Reihe von Anlagen. Gemäß § 37 Abs 4 sind beizufügen: Nr 1. Die Satzung und die Urkunden, in denen die Satzung festgestellt ist und die Aktien von den Gründern übernommen worden sind. Das Gesetz spricht von Urkunden, obwohl § 23 Abs 2 nur noch eine Urkunde vorsieht, weil im Falle von Änderungen und Ergänzungen auch die darüber errichteten Urkunden beizufügen sind (vgl § 181). Nr 2 betrifft die Fälle, in denen in der Satzung Sondervorteile (§ 26 Abs 1), Gründungsaufwand (§ 26 Abs 2), Sacheinlagen oder Sachübernahmen (jeweils § 27 Abs 1) festgesetzt sind. Um dem Gericht genauere Informationen über den Inhalt der getroffenen Vereinbarungen zu vermitteln, sind die Verträge, die derartigen Festsetzungen zugrunde liegen (Verpflichtungsgeschäfte) oder zu ihrer Ausführung geschlossen wurden (Erfüllungsgeschäfte), beizufügen. Dies kann aber nur insoweit verlangt werden, als darüber besondere Schriftstücke vorliegen. Die Vorschrift darf nicht dahin missverstanden werden, dass alle Rechtsgeschäfte, die unter §§ 26, 27 fallen, über die nach diesen Vorschriften ohnehin erforderliche Festsetzung in der Satzung hinaus mindestens der Schriftform bedürfen. Sind schriftliche Verträge nicht vorhanden, so ist dies anzugeben.40 Der der Gesellschaft zur Last fallende Gründungsaufwand ist in der Satzung nur in Form eines Gesamtbetrages festzusetzen (§ 26 Rdn 36). Deshalb ist der Anmeldung eine Berechnung beizufügen, in der die Vergütungen einzeln nach Art, Höhe und Person des Empfängers aufzuführen sind. Im Übrigen können aber gleichartige Positionen des Gründungsaufwands gruppenweise zusammengefasst werden; auch heute noch gilt die Bemerkung in der Begründung zum Gesetz von 1884 (S 57), es sei nicht nötig, bei Porti jeden abgesandten Brief zu verzeichnen. Dasselbe wird für Ferngespräche, Reisen uä zu gelten haben. Belegt braucht der Gründungsaufwand nicht zu werden. Festgesetzter, aber noch nicht entstandener Aufwand ist zu schätzen (§ 26 Rdn 36). Nr 3. Die Urkunden über die Bestellung des Vorstandes (§ 30 Abs 4) und des Aufsichtsrats (§ 30 Abs 1). Die Beibringung von Unterlagen über die im Übrigen formlos wirksame Annahme ist nicht erforderlich. Sie ergibt sich aus der Beteiligung an der Anmeldung. Die Ordnungsmäßigkeit der Bestellung unterliegt der Prüfung durch das Registergericht. Nr 3a. Nach der durch das EHUG eingeführten Nr 3a ist der Anmeldung auch eine Liste der Aufsichtsratsmitglieder beizufügen, aus welcher Name, Vorname, ausgeübter Beruf und Wohnort der Mitglieder ersichtlich ist. Die konkrete Privatanschrift der Mitglieder ist nicht anzugeben. Auch frühere Aufsichtsratsmitglieder müssen von der Liste umfasst sein, da sie Schuldner von Schadensersatzansprüchen im Zusammenhang mit der Gründung sein können.41 Bei späterem Wechsel von Aufsichtsratsmitgliedern ist § 106 zu beachten. Nr 4. Der Gründungsbericht (§ 32), die Prüfungsberichte des Vorstandes und des Aufsichtsrats (§§ 33 Abs 1, 34 Abs 2) und in den Fällen des § 33 Abs 2 der Bericht der Gründungsprüfer (§ 34 Abs 2) „nebst ihren urkundlichen Unterlagen“. Mit „Unterlagen“

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40 Heute unstr, MünchKommAktG/Pentz Rdn 64; KK/Arnold Rdn 40; Hüffer/Koch Rdn 10; Hölter/Solveen Rdn 21; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 29; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 6; Grigoleit/Vedder Rdn 19; Nachw zum Streitstand im älteren Schrifttum noch in der dritten Aufl (Barz) Anm 5. 41 MünchKommAktG/Pentz Rdn 67; KK/Arnold Rdn 43.

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§ 37a | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

sind Gutachten, Texte und sonstige Schriftstücke gemeint, die den Berichten zur Grundlage gedient und ihnen beizuliegen haben. Hierzu zählen auch die nach Abs 4 Nr 2 vorzulegenden Verträge.42 Haben die Gründungsprüfer ihren Bericht nicht dem Vorstand oder den Gründern übergeben, sondern unmittelbar bei Gericht eingereicht (dazu § 34 Rdn 27), so bedarf es keiner erneuten Einreichung. XI. Form der Einreichung, § 37 Abs 5 61

Nach dem durch das EHUG neu gefassten Absatz gilt für die Einreichung von Unterlagen § 12 Abs 2 HGB entsprechend. Nach § 12 Abs 2 Satz 1 HGB sind Dokumente elektronisch einzureichen. Ist eine Urschrift oder eine einfache Abschrift einzureichen oder ist für das Dokument die Schriftform bestimmt, genügt gem § 12 Abs 2 Satz 2 Halbsatz 1 HGB die Übermittlung einer elektronischen Aufzeichnung. Ist ein notariell beurkundetes Dokument oder eine öffentlich beglaubigte Abschrift einzureichen, so ist gem § 12 Abs 2 Satz 2 Halbsatz 2 HGB ein mit einem einfachen elektronischen Zeugnis (§ 39a des Beurkundungsgesetzes) versehenes Dokument zu übermitteln. XII. Rechtsfolgen bei Verstößen gegen § 37 Abs 1–5

Bei Fehlen eines der Erfordernisse des § 37 darf die Gesellschaft nach § 38 Abs 1 Satz 2 nicht eingetragen werden, wenn der Mangel auch auf Zwischenverfügung (§ 382 Abs 4 FamFG iVm § 25 Abs 1 Satz 2 HRV) nicht behoben wird. Ist die Eintragung dennoch erfolgt, so ist die AG voll wirksam entstanden. Nichtigkeitsklage (§ 275), Löschung oder Auflösung von Amts wegen (§§ 397, 399 FamFG) scheiden aus. Gemäß § 14 HGB iVm §§ 388 ff FamFG kann das Gericht allerdings das Fehlende nachfordern und die Beibringung durch Zwangsgeldfestsetzung erzwingen, da sich der damit ausgeübte Zwang nicht auf die Bewirkung der Anmeldung der Gesellschaft zum Handelsregister (§ 407 Abs 2) bezieht.43 Zur Haftung der Anmelder für unrichtige Angaben §§ 46, 48; zur Strafbarkeit § 399 63 Abs 1 Nr 1 und 6; s dazu auch bereits die vorstehenden Erläuterungen der einzelnen Anmeldeerfordernisse. 62

§ 37a Anmeldung bei Sachgründung ohne externe Gründungsprüfung 2. Teil – Gründung der Gesellschaft Anmeldung bei Sachgründung ohne externe Gründungsprüfung § 37a Röhricht/Schall

(1) 1 Wird nach § 33a von einer externen Gründungsprüfung abgesehen, ist dies in der Anmeldung zu erklären. 2 Der Gegenstand jeder Sacheinlage oder Sachübernahme ist zu beschreiben. 3 Die Anmeldung muss die Erklärung enthalten, dass der Wert der Sacheinlagen oder Sachübernahmen den geringsten Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Aktien oder den Wert der dafür zu gewährenden Leistungen erreicht. 4 Der Wert, die Quelle der Bewertung sowie die angewandte Bewertungsmethode sind anzugeben. (2) In der Anmeldung haben die Anmeldenden außerdem zu versichern, dass ihnen außergewöhnliche Umstände, die den gewichteten Durchschnittspreis der einzubringenden Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente im Sinne von § 33a

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42 MünchKommAktG/Pentz Rdn 68; KK/Arnold Rdn 44. 43 RGZ 130, 248, 255 f; KG OLGE 24, 171; KGJ 41 A 123, 130; OLG Zweibrücken GmbHR 1995, 723 ff; MünchKommAktG/Pentz Rdn 76; KK/Arnold Rdn 46; Hüffer/Koch Rdn 18; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 39; Grigoleit/Vedder Rdn 27.

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Anmeldung bei Sachgründung ohne externe Gründungsprüfung | § 37a

Abs. 1 Nr. 1 während der letzten drei Monate vor dem Tag ihrer tatsächlichen Einbringung erheblich beeinflusst haben könnten, oder Umstände, die darauf hindeuten, dass der beizulegende Zeitwert der Vermögensgegenstände im Sinne von § 33a Abs. 1 Nr. 2 am Tag ihrer tatsächlichen Einbringung auf Grund neuer oder neu bekannt gewordener Umstände erheblich niedriger ist als der von dem Sachverständigen angenommene Wert, nicht bekannt geworden sind. (3) Der Anmeldung sind beizufügen: 1. Unterlagen über die Ermittlung des gewichteten Durchschnittspreises, zu dem die einzubringenden Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente während der letzten drei Monate vor dem Tag ihrer tatsächlichen Einbringung auf einem organisierten Markt gehandelt worden sind, 2. jedes Sachverständigengutachten, auf das sich die Bewertung in den Fällen des § 33a Abs. 1 Nr. 2 stützt. Schall Schrifttum Böttcher Die kapitalschutzrechtlichen Aspekte der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG), NZG 2008, 481; Drinhausen/Keinath Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) – Weitere Schritte zur Modernisierung des Aktienrechts, BB 2008, 2078; Paschos/Goslar Der Referentenentwurf des Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) aus der Sicht der Praxis, AG 2008, 605; Sauter Offene Fragen zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG), ZIP 2008, 1706.

I. Zweck Der in Umsetzung der Verschlankung der Kapitalrichtlinie (neugefasst 2012/30/EU) 1 durch die Änderungsrichtlinie (2006/68/EG, siehe dazu ausf. § 33a Rdn 1 ff) durch das Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) v 30.7.2009 (BGBl I S 2479) eingefügte § 37a ergänzt § 37, wenn eine vereinfachte Sachgründung ohne externe Gründungsprüfung (§ 33a) vorliegt. Zusätzlich zu den Vorgaben des § 37 sind dann auch die von § 37a geforderten zusätzlichen Erklärungen (Abs 1 und 2) und Unterlagen (Abs 3) abzugeben. Dadurch soll die Prüfung durch das Registergericht (§ 38) erleichtert und die Publizität des Handelsregisters (§ 9 HGB) sichergestellt werden.1 II. Erklärungen, Abs 1 Abs 1 regelt, welche besonderen Erklärungen die Anmeldenden bei vereinfachter 2 Sachgründung abzugeben haben. Nach Abs 1 Satz 1 muss die Anmeldung bei vereinfachter Sachgründung die Erklä- 3 rung enthalten, dass nach § 33a von einer externen Gründungsprüfung abgesehen wird. Darin braucht nicht dargelegt zu werden, dass die Voraussetzungen des § 33a gegeben sind (vgl aber § 37a Abs 2).2 Nach Abs 1 Satz 2 muss die Anmeldung zudem eine Beschreibung des Gegenstandes 4 jeder Sacheinlage oder Sachübernahme enthalten. Die Beschreibung geht nach der RegE

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1 MünchKommAktG/Pentz Rdn 3; Hüffer/Koch Rdn 1; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 1; Begr. RegE ARUG, BT-Drucks 16/11642, S 24; Wachter Rdn 1. 2 BTDrucks 16/11642, S 23; MünchKommAktG/Pentz Rdn 4; KK/Arnold Rdn 4; Hüffer/Koch Rdn 2; Hölters/Solveen Rdn 3; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 2; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 4; Wachter Rdn 5; Grigoleit/Vedder Rdn 3.

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§ 37a | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

zum ARUG3 inhaltlich über die notwendigen Festsetzungen in der Satzung (§ 27 Abs 1 Satz 1) hinaus. Die Beschreibung der Sacheinlage nach Abs 1 Satz 2 soll den Einlagegegenstand nicht nur konkretisieren, sondern auch gewährleisten, dass Außenstehende die Werthaltigkeit des Einlagegegenstands selbst einschätzen können. Daher hat die Beschreibung nicht nur konkretisierende oder individualisierende, sondern auch wertbildende Faktoren zu berücksichtigen. Auch die Bewertungsgrundlage ist offenzulegen. 5 Der Wortlaut der Vorschrift ist dabei wohl zu weit gefasst. Denn nach diesem („jeder“) müssen von der Beschreibung auch die Gegenstände solcher Sacheinlagen oder Sachübernahmen erfasst sein, bei denen nicht nach § 33a von der Gründungsprüfung abgesehen wird. Dafür besteht allerdings kein Bedürfnis. Bei solchen Sacheinlagen und Sachübernahmen ist ein Bericht anzufertigen, in dem nach § 34 Abs 2 Satz 2 die Gegenstände zu beschreiben und die Bewertungsmethoden anzugeben sind. Dieser Bericht ist nach § 37 Abs 4 Nr 4 einzureichen. Insofern ist Abs 1 Satz 2 dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass eine Beschreibung des Gegenstands nur solcher Sacheinlagen und Sachübernahmen erforderlich ist, die im vereinfachten Verfahren nach § 33a stattgefunden haben.4 Nach Abs 1 Satz 3 hat die Anmeldung auch die Erklärung zu enthalten, dass der 6 Wert der Sacheinlage oder Sachübernahme wenigstens der Zahl und dem Nennbetrag oder – falls ein Nennbetrag nicht vorhanden ist – dem rechnerischen Wert der für eine solche Sacheinlage auszugebenden Aktien entspricht oder den Wert der dafür zu gewährenden Leistungen erreicht. Zwar muss sich nach dem Wortlaut die Erklärung nicht auf einen etwaigen Mehrbetrag beziehen, weshalb fraglich ist, ob § 37a die Regelung der §§ 37 Abs 1 Satz 1, 36a Abs 2 Satz 3 verdrängt. Abs 1 Satz 3 ist jedoch richtlinienkonform auszulegen (siehe zur ähnlichen Problematik die Erläuterungen zu § 34 Rdn 12 ff). Nach Art 12 Abs 1 lit der Kapitalrichtlinie (neugefasst 2012/30/EU) ist anzugeben, ob ein etwaiger Mehrbetrag gedeckt ist. Daher findet eine Verdrängung nicht statt; vielmehr ist die Deckung des Mehrbetrages nach §§ 37 Abs 1 Satz 1, 36a Abs 2 Satz 3 auch bei vereinfachter Sachgründung anzugeben.5 Maßgeblich ist (wohl) der Zeitpunkt der Anmeldung.6 Nach Abs 1 Satz 4 muss zudem der Wert der Sacheinlage bzw Sachübernahme, die 7 Quelle der Bewertung und die angewandte Bewertungsmethode angegeben werden. Der Wert ist als Geldbetrag in Euro anzugeben. Stichtag der Bewertung ist der Tag der tatsächlichen Einbringung.7 Zur Quelle der Bewertung und den angewandten Bewertungsmethoden vgl § 34 Abs 2 Satz 2 (§ 34 Rdn 24). III. Versicherung, Abs 2 8

Nach Abs 2 haben die Anmeldenden ferner zu erklären, dass ihnen keine Umstände bekannt sind, die nach § 33a Abs 2 eine Sachgründung ohne externe Gründungsprüfung ausschließen. Zu solchen wertmindernden Umständen vgl § 33a Rdn 29 ff.

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3 BTDrucks 16/11642, S 23. 4 So zutr MünchKommAktG/Pentz Rdn 6; KK/Arnold Rdn 6. 5 HM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 8; KK/Arnold Rdn 7; Hüffer/Koch Rdn 3; Hölters/Solveen Rdn 3; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 4; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 3; Wachter Rdn 7; Grigoleit/Vedder Rdn 3; aA Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 4. 6 MünchKommAktG/Pentz Rdn 8; KK/Arnold Rdn 8; Hölter/Solveen Rdn 3; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 4; Grigoleit/Vedder Rdn 14. 7 BTDrucks 16/11642, S 23; MünchKommAktG/Pentz Rdn 9; KK/Arnold Rdn 10; Hüffer/Koch Rdn 2; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 4; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 5; Wachter Rdn 8; Grigoleit/Vedder Rdn 3.

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Anmeldung bei Sachgründung ohne externe Gründungsprüfung | § 37a

Zwar spricht das Gesetz von einer Versicherung, jedoch ist wie in Abs 1 auch hier eine Erklärung gemeint. Durch den Begriff „versichern“ will der Gesetzgeber lediglich darauf aufmerksam machen, dass mit dieser Erklärung ein gegenüber dem Regelfall deutlich erhöhtes Haftungsrisiko übernommen wird: Die Anmeldenden übernehmen mit der Erklärung die zivilrechtliche (§§ 46, 48 AktG) und strafrechtliche Haftung (§ 399 AktG) für die Ordnungsmäßigkeit des Vorgangs sowie für die im Rahmen des vereinfachten Eintragungsverfahrens verlangte Absicherung der effektiven, realen Kapitalaufbringung (auch ohne externe Prüfung).8 Der Wortlaut der Erklärung muss dem Normtext weitgehend entsprechen. Liegt eine vereinfachte Sachgründung nach § 33a Abs 1 Nr 1 vor, so haben die Anmeldenden zu erklären, dass ihnen außergewöhnliche Umstände, die den gewichteten Durchschnittspreis der einzubringenden Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente im Sinne von § 33a Abs 1 Nr 1 während der letzten drei Monate vor dem Tag ihrer tatsächlichen Einbringung erheblich beeinflusst haben könnten, nicht bekannt geworden sind. Liegt eine vereinfachte Sachgründung nach § 33a Abs 1 Nr 2 vor, so haben die Anmeldenden zu erklären, dass ihnen Umstände, die darauf hindeuten, dass der beizulegende Zeitwert der Vermögensgegenstände im Sinne von § 33a Abs 1 Nr 2 am Tag ihrer tatsächlichen Einbringung auf Grund neuer oder neu bekannt gewordener Umstände erheblich niedriger ist als der von dem Sachverständigen angenommene Wert, nicht bekannt geworden sind. Es wird lediglich versichert, dass keine positive Kenntnis solcher Umstände besteht. Fahrlässige Unkenntnis schadet nicht.9 Nach Abs 2 ist lediglich zu erklären, dass außergewöhnliche oder potentiell wertmindernde („darauf hindeuten“) Umstände nach § 33a Abs 2 im Zeitpunkt der tatsächlichen Einbringung nicht bekannt waren,10 um anzuzeigen, dass die Voraussetzungen für die Nachholung der externen Prüfung nicht gegeben sind. Ist hingegen vor der Anmeldung als dem für die Erklärung nach § 37 maßgeblichen Zeitpunkt bereits eine Wertminderung bekannt, so wäre dies ohne Weiteres nach § 37 Abs 1 Satz 1 iVm § 36a Abs 2 S 3 zu erklären (vgl § 37 Rdn 39).

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IV. Beizufügende Anlagen, Abs 3 Absatz 3 regelt, welche Anlagen der Anmeldung zusätzlich zu den in § 37 Abs 4 (der 13 Prüfungsbericht nach § 37 Abs 4 Nr 4 ist bei der vereinfachten Sachgründung selbstverständlich ausgenommen)11 genannten beizufügen sind. Dies sind nach Abs 3 Nr 1 Unterlagen über die Ermittlung des gewichteten Durchschnittspreises, zu dem die einzubringenden Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente während der letzten drei Monate vor dem Tag ihrer tatsächlichen Einbringung auf einem organisierten Markt gehandelt worden sind. Nach Abs 3 Nr 2 ist der Anmeldung zudem jedes Sachverständigengutachten beizufügen, auf das sich die Bewertung in den Fällen des § 33a Abs 1 Nr 2 stützt. Die Unterlagen nehmen an der Publizität des Handelsregisters teil, § 9 HGB.12 Mit seinem Abs 3 geht § 37a über die Anforderungen des ihm zugrundeliegenden 14 Art 12 der Kapitalrichtlinie (neugefasst 2012/30/EU) hinaus. Mit der Verpflichtung zusätz-

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8 BTDrucks 16/11642, S 23 f. 9 MünchKommAktG/Pentz Rdn 11; Hölters/Solveen Rdn 4; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 8. 10 BTDrucks 16/11642, S 57; MünchKommAktG/Pentz Rdn 11; KK/Arnold Rdn 13. 11 MünchKommAktG/Pentz Rdn 12; KK/Arnold Rdn 14; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 9; Hölters/Solveen Rdn 5. 12 MünchKommAktG/Pentz Rdn 12; Hüffer/Koch Rdn 6; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 9.

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§ 38 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

liche Anlagen beizufügen wollte der Gesetzgeber eine erhöhte Transparenz und Nachprüfbarkeit der Sachgründung bzw Sachübernahme sicherstellen.13 V. Rechtsfolge bei Verstößen gegen § 37a 15

Bei Verstößen gegen die Vorgaben des § 37a gilt das zu § 37 Gesagte entsprechend (vgl oben § 37 Rdn 62). Demnach stellt ein Verstoß gegen die Vorgaben des § 37a ein Eintragungshindernis (§ 38 Abs 1 Satz 2) dar. Ist die Eintragung dennoch erfolgt, so ist die AG voll wirksam entstanden. Gemäß § 14 HGB iVm §§ 388 ff FamFG kann das Gericht allerdings das Fehlende nachfordern und die Beibringung durch Zwangsgeldfestsetzung erzwingen. Bei unvollständigen oder unrichtigen Angaben haftet der Anmeldende zivilrechtlich (§§ 46, 48) und strafrechtlich (§ 399 Abs 1 Nr 1). Schall/Röhricht/Schall

§ 38 Prüfung durch das Gericht 2. Teil – Gründung der Gesellschaft Prüfung durch das Gericht § 38 (1) 1 Das Gericht hat zu prüfen, ob die Gesellschaft ordnungsgemäß errichtet und angemeldet ist. 2 Ist dies nicht der Fall, so hat es die Eintragung abzulehnen. (2) 1 Das Gericht kann die Eintragung auch ablehnen, wenn die Gründungsprüfer erklären oder es offensichtlich ist, dass der Gründungsbericht oder der Prüfungsbericht der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats unrichtig oder unvollständig ist oder den gesetzlichen Vorschriften nicht entspricht. 2 Gleiches gilt, wenn die Gründungsprüfer erklären oder das Gericht der Auffassung ist, dass der Wert der Sacheinlagen oder Sachübernahmen nicht unwesentlich hinter dem geringsten Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Aktien oder dem Wert der dafür zu gewährenden Leistungen zurückbleibt. (3) 1 Enthält die Anmeldung die Erklärung nach § 37a Abs. 1 Satz 1, hat das Gericht hinsichtlich der Werthaltigkeit der Sacheinlagen oder Sachübernahmen ausschließlich zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 37a erfüllt sind. 2 Lediglich bei einer offenkundigen und erheblichen Überbewertung kann das Gericht die Eintragung ablehnen. (4) Wegen einer mangelhaften, fehlenden oder nichtigen Bestimmung der Satzung darf das Gericht die Eintragung nach Absatz 1 nur ablehnen, soweit diese Bestimmung, ihr Fehlen oder ihre Nichtigkeit 1. Tatsachen oder Rechtsverhältnisse betrifft, die nach § 23 Abs. 3 oder auf Grund anderer zwingender gesetzlicher Vorschriften in der Satzung bestimmt sein müssen oder die in das Handelsregister einzutragen oder von dem Gericht bekanntzumachen sind, 2. Vorschriften verletzt, die ausschließlich oder überwiegend zum Schutze der Gläubiger der Gesellschaft oder sonst im öffentlichen Interesse gegeben sind, oder 3. die Nichtigkeit der Satzung zur Folge hat.

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BTDrucks 16/11642, S 24.

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Prüfung durch das Gericht | § 38

Schrifttum Buschmann Die Kontrollmöglichkeiten des Registerrichters bei der Eintragung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, DRiZ 1974, 90; Goebeler Die Entwicklung des Registerrechts in den Jahren 1980– 1986, BB 1987, 2314; Gustavus Die Neuregelung im Gesellschaftsrecht nach dem Regierungsentwurf eines Handelsrechtsreformgesetzes, GmbHR 1998, 17; Kropff Aufgaben des Registergerichts nach dem Aktiengesetz 1965, RPfl 1966, 33; Menold Das materielle Prüfungsrecht des Registerrichters, Diss Tübingen, 1966; Ullrich Registergerichtliche Kontrolle von Gesellschaftsverträgen und Satzungsänderungsbeschlüssen, 2005.

Röhricht/Schall I. II.

III.

Systematische Übersicht Vorgeschichte; Systematische Stellung; Prüfungspflicht und Prüfungsrecht | 1 Die Gründungskontrolle durch das Registergericht | 4 1. Formelle und materielle Prüfungskompetenz | 4 2. Umfang der Prüfung | 9 3. Zeitpunkt der Prüfung | 15 a) Grundsatz | 15 b) Nachmeldepflicht? | 17 Die Prüfungsgegenstände des § 38 Abs 1 Satz 1 | 18 1. Die Ordnungsmäßigkeit der Errichtung | 18 2. Die Ordnungsgemäßheit der Anmeldung | 22 a) Grundsatz | 22 b) Vorbelastungen | 24 3. Gegenstände, die nicht der Prüfung des Registergerichts unterliegen | 26

IV.

Die besonderen Prüfungsgegenstände des § 38 Abs 2 | 27 1. Bedeutung und systematische Stellung der Regelung | 27 2. Gründungs- und Prüfungsberichte | 31 3. Sacheinlagen und Sachübernahmen | 33 V. Eingeschränkte Prüfung bei vereinfachter Sachgründung, Abs 3 | 37 VI. Eingeschränkte Prüfung bei Satzungsmängeln, Abs 4 | 46 VII. Verfahrensfragen | 61 1. Zuständigkeit und Kosten | 61 2. Eintragung | 62 3. Rechtsbehelfe gegen ablehnende Entscheidungen und Zwischenverfügungen | 63

I. Vorgeschichte; Systematische Stellung; Prüfungspflicht und Prüfungsrecht § 38 Abs 1 und 2 AktG entspricht mit einigen kleineren Änderungen im Wesentlichen 1 § 31 AktG 1937. Vorschlag: § 38 Abs 1 und 2 AktG entspricht mit einigen kleineren Änderungen im Wesentlichen § 31 AktG 1937. Mit dem AktG 1965 wurde der Abs 2 S 2, nach dem dem Betroffenen vor Ablehnung des Bescheides die Gelegenheit gegeben werden konnte, den Beanstandungen abzuhelfen, gestrichen, weil sich eine vergleichbare Pflicht bereits aus § 26 S 2 HRV (heute § 382 Abs 4 FamFG?) ergab. Zudem wurde als neuer Abs 2 S 2 die Ablehnungsbefugnis des Gerichts im Falle einer Überbewertung bei Sacheinlage oder Sachübernahme eingefügt. Mit dem StückAG v 25.3.1998 wurde das Wort „Nennbetrag“ durch den Begriff „ge- 2 ringster Ausgabebetrag“ ausgetauscht. Durch das Handelsrechtsreformgesetz v 22.6.1998 wurde die Vorschrift um einen Abs 3 (der heutige Abs 4) erweitert. Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie v 30.7.2009 (BGBl I 2009 S 2479) wurde der heutige Abs 3 eingefügt. Der bisherige Abs 3 wurde zu Abs 4. § 38 Abs 1 formuliert ausdrücklich nur die Prüfungspflicht des Registergerichts (dies 3 aber deutlicher als die entsprechende Vorschrift des GmbHG, vgl den Wortlaut des § 9c GmbHG). Aus der Pflicht zur Prüfung folgt aber spiegelbildlich zugleich das Recht zur Prüfung. Systematisch gesehen sind Prüfungspflicht und Prüfungsrecht Ausfluss des dem geltenden Recht der Kapitalgesellschaften zugrundeliegenden Normativprinzips: 457

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§ 38 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

das geltende Recht macht die Entstehung der Gesellschaft als rechtsfähige Körperschaft (juristische Person) nicht von einem staatlichen Verleihungsakt (Konzession) abhängig, sondern von der bei Erfüllung bestimmter gesetzlich normierter Voraussetzungen erfolgenden Eintragung im Handelsregister.1 Ergibt die damit notwendig werdende und von den Beteiligten hinzunehmende Prüfung, dass diese Voraussetzungen nicht erfüllt wurden, so ist die Eintragung der Gesellschaft abzulehnen. Umgekehrt ist die Gesellschaft, wenn die Erfüllung dieser Voraussetzungen feststeht, ohne weiteres einzutragen (Legalitätsprinzip). Weitere Anforderungen dürfen nicht gestellt, weitere Prüfungen nicht vorgenommen werden. Das Prüfungsrecht des zuständigen Registergerichts kann nicht weiterreichen als seine Prüfungspflicht, da es ihm lediglich als Mittel zu deren Erfüllung verliehen ist. Ein Ermessen steht dem Registergericht insofern nicht zu.2 Die Beteiligten (darunter auch schon die den Erwerb ihrer vollen Rechtsfähigkeit begehrende, durch die Gründung entstandene Vorgesellschaft) haben bei Erfüllung der gesetzlich normierten Bedingungen einen Anspruch auf die Eintragung und damit die Entstehung der Gesellschaft als juristische Person. II. Die Gründungskontrolle durch das Registergericht 4

1. Formelle und materielle Prüfungskompetenz. Gegenstand der Prüfung ist nach dem geltenden Gesetzeswortlaut (§ 38 Abs 1 Satz 1) die Ordnungsgemäßheit der Errichtung und Anmeldung der Gesellschaft. Die der Eintragung der Gesellschaft vorgeschaltete Kontrolle des Registergerichts erstreckt sich damit grundsätzlich auf die Erfüllung sämtlicher Voraussetzungen, von denen das Gesetz die Eintragung der Gesellschaft abhängig macht. Dazu gehört insbes auch der Abschluss eines wirksamen Gesellschaftsvertrags einschließlich der Gesetzmäßigkeit der in der Satzung getroffenen Bestimmungen, freilich unter den Einschränkungen durch Abs 4, dazu näher Rdn 46 ff. Ferner gehört dazu die Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Anmeldevoraussetzungen einschließlich der Vollständigkeit und Richtigkeit der dabei abgegebenen Erklärungen, Versicherungen und einzureichenden Unterlagen sowie die Erfüllung der schon vor Anmeldung zu bewirkenden Leistungspflichten. Hinzukommt die Erfüllung der in § 38 Abs 2 Satz 2 eigens geregelten Anforderungen bei der Eintragung von Gesellschaftsgründungen mit Sacheinlagen. Im Bereich der gesamten Prüfungstätigkeit erstreckt sich die gerichtliche Kontrolle 5 sowohl auf die Erfüllung der förmlichen (Einhaltung der notariellen Form bei Errichtung der Gesellschaft, § 23 Abs 1, Vollständigkeit der in der Errichtungsurkunde, § 23 Abs 2, und in der Satzung, § 23 Abs 3 zu machenden Angaben und festzulegenden Bestimmungen, formgerechte Anmeldung durch die zur Mitwirkung dabei berufenen Personen, Vollständigkeit der einzureichenden Unterlagen, §§ 36, 37, 37a) als auch der materiellrechtlichen Voraussetzungen (materielle Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrages, Richtigkeit der abgegebenen Erklärungen sowie des Inhalts der eingereichten Unterlagen) einer wirksamen und den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden Gesellschaftsgründung. 6 Gegenstand der registerrechtlichen Kontrolle ist damit die gesamte äußere wie innere Gesetzmäßigkeit (Ordnungsgemäßheit) der Gesellschaftsgründung. Dazu gehört nicht

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1 Dazu auch MünchKommAktG/Pentz Rdn 6; KK/Arnold Rn 4; auch Scholz/Veil § 9c Rdn 4; Ulmer/ Habersack/Löbbe/Ulmer/Habersack § 9c Rdn 7; Lutter/Hommelhoff/Bayer § 9c Rdn 3; Henssler/Strohn/ Schäfer GmbHG § 9c Rn 1. 2 MünchKommAktG/Pentz Rdn 8; ähnlich KK/Arnold Rdn 4; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2; Heidel/ Terbrack Rdn 2; Wachter Rdn 6; Scholz/Veil Rdn 5; offengelassen in BGHZ 113, 335, 351.

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Prüfung durch das Gericht | § 38

nur die Vollständigkeit und äußere Gesetzeskonformität der zum Zwecke der Gesellschaftsgründung nach geltendem Recht erforderlichen Rechtshandlungen und die Rechtswirksamkeit ihrer Vornahme, sondern auch die innere Richtigkeit des verlautbarten und angemeldeten Sachverhalts. Zweifel, die in dieser Beziehung nach dem Wortlaut des § 38 Abs 1 noch bestehen 7 könnten, ob das Gesetz mit „ordnungsgemäß“ nicht doch nur die Einhaltung der formellen Gründungs- und Anmeldevoraussetzungen (sog formelle Prüfungskompetenz) meint, wären sowohl im Hinblick auf die Vorgeschichte (dazu dritte Aufl. (Barz) Anm 1) als auch auf die Funktion des § 38 Abs 1 im Rahmen des geltenden Normativsystems und des Legalitätsprinzips (oben Rdn 3) völlig unbegründet. Die Tatsache, dass die meisten Gründungs- und Vertragsmängel mit der Eintragung der Gesellschaft geheilt werden, jedenfalls aber nicht mehr zur nachträglichen Löschung der Gesellschaft berechtigen (§ 23 Rdn 278 ff und die Erläuterungen zu § 275), macht eine Prüfung auch der materiellen Ordnungsmäßigkeit der Gesellschaft unumgänglich, um die Entstehung nicht den Anforderungen des geltenden Rechts entsprechender Gesellschaften zu verhindern. Dementsprechend sind das Recht und die Pflicht des Registergerichts, die Gesellschaftsgründung auch auf ihre Übereinstimmung mit den materiell-rechtlichen Normen des geltenden Rechts zu prüfen und die Eintragung von ihrer Beachtung abhängig zu machen (sog materielle Prüfungskompetenz) heute allgemein anerkannt.3 Raum für Zweifel und unterschiedliche Ansichten kann insofern im Wesentlichen 8 nur noch in Bezug auf die Frage bestehen, ob und inwieweit das Registergericht sich bei der Prüfung der materiell-rechtlichen Voraussetzungen einer wirksamen und gesetzeskonformen Gesellschaftsgründung auf die bei der Anmeldung eingereichten Unterlagen beschränken kann oder muss oder ob es darüber hinaus zu weiteren Ermittlungen berechtigt oder sogar verpflichtet ist. Des Weiteren konnten früher Zweifel darüber bestehen, wie weit die Verpflichtung des Registergerichts zur Prüfung der materiellen Wirksamkeit der Satzung und der in ihr enthaltenen Bestimmungen im Einzelnen reicht. Die Zweifel sollten freilich durch Abs 4 ausgeräumt worden sein. Obwohl all diese Fragen teilweise unter dem Stichwort einer Deckung oder eines Auseinanderfallens von Prüfungsrecht und Prüfungspflicht behandelt werden, kann es dabei nicht darum gehen, welche Gegenstände der Registerrichter prüfen darf und zu prüfen hat – in gegenständlicher Beziehung decken sich Prüfungsrecht und Prüfungspflicht immer –, sondern nur darum, mit welcher Intensität er diese Prüfung vornehmen darf und vornehmen muss. Es geht mit anderen Worten dabei nicht um die Prüfungsgegenstände, sondern die Prüfungstiefe. 2. Umfang der Prüfung. Für die Prüfung auf die Erfüllung der Eintragungsvoraus- 9 setzungen gilt durchweg der sog Amtsermittlungsgrundsatz (§ 26 FamFG). Sie erfolgt in formeller wie in materieller Hinsicht (Rdn 4 ff) zunächst ausschließlich an Hand der bei der Anmeldung abgegebenen Erklärungen und eingereichten Unterlagen. Hinsichtlich der Firma kann in Zweifelsfällen nach § 380 Abs 2 FamFG iVm § 23 HRV zusätzlich ein Gutachten der Industrie- und Handelskammer eingeholt werden. Ergeben sich dabei in keiner Richtung Bedenken durch konkrete Zweifel an dem Vorliegen einer in jeder Beziehung rechtswirksamen und den gesetzlichen Regeln entsprechenden Gesell-

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3 So schon RGZ 140, 174, 180; BGHZ 113, 335, 351; BayObLGZ 1987, 74, 76 (stRspr); OLG Köln WM 1981, 1263 f; MünchKommAktG/Pentz Rdn 17; KK/Arnold Rdn 6; Hüffer/Koch Rdn 2; Hölters/Solveen Rdn 4; Schmidt/Lutter/Kleindiek 4; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2; Heidel/Terbrack Rdn 3; Wachter Rdn 9; Grigoleit/Vedder Rdn 2; Goebeler BB 1987, 2314, 2317 ff; ebenso für das GmbH-Recht: Scholz/Veil § 9c Rdn 8 mwN.

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schaftsgründung und Anmeldung, so besteht weder Grund noch Rechtfertigung, die Eintragung durch weitere Ermittlungen und Maßnahmen aufzuhalten (vgl § 26 FamFG: „die erforderlichen Ermittlungen“).4 Die volle Überzeugung des Registergerichts von der Richtigkeit der in den vorgelegten Unterlagen verlautbarten Tatsachen und der Wahrheit der abgegebenen Erklärungen ist dabei nicht notwendig.5 Sie wäre ohnehin nur zu gewinnen, wenn das Gericht die Richtigkeit jeder einzelnen Tatsache und den Wahrheitsgehalt sämtlicher von den Beteiligten abgegebenen Erklärungen einer eingehenden Einzelprüfung unterziehen würde. Zu derart umfassenden Sachverhaltsermittlungen wäre das Gericht angesichts des damit verbundenen sachlichen, finanziellen und zeitlichen Aufwands weder verpflichtet noch berechtigt. Daneben hätte für die durch die Umstände nicht veranlasste Ermittlung einzelner Tatsachen oder Tatsachenkomplexe zu gelten: ohne Vorliegen konkreter Gründe, die an der Ordnungsgemäßheit der Gesellschaftsprüfung im Ganzen oder in Teilen zweifeln lassen, müsste eine solche Handhabung der Prüfungskompetenz als Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit des Verwaltungshandelns gelten. 10 Anders verhält es sich, wenn im Einzelfall konkrete Gründe vorliegen, die dazu geeignet sind, Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der Gesellschaftsgründung hervorzurufen. In einem solchen Fall ist das Registergericht nicht nur berechtigt, sondern aufgrund des Legalitätsprinzips (oben Rdn 3) sogar verpflichtet, diesen Bedenken gezielt nachzugehen und Maßnahmen zu ergreifen, die zu einer weiteren Klärung des Sachverhaltes beitragen können. Auch hier deckt sich mithin das Prüfungsrecht mit der Prüfungspflicht. Nicht entscheidend ist dabei, worauf sich diese Zweifel beziehen und gründen. Sie können sich auf jeden Gegenstand der vom Registergericht zu prüfenden gesetzlichen Eintragungsvoraussetzungen beziehen und ebenso gut auf Auffälligkeiten in den in der Anmeldung gemachten Angaben und eingereichten Unterlagen (Widersprüche, Plausibilitätsmängel, Auslassungen, Unschärfen in der Satzung, etwa bei Angabe des Unternehmensgegenstandes)6 beruhen wie auf externen Gründen (begründete Bedenken gegen die Person der Gründer oder anderer Beteiligter; sonstige aus anderen Quellen zur Kenntnis des Gerichts gelangte Umstände). Die Art der zur Aufklärung derartiger Bedenken und Zweifel zu ergreifenden Maßnahmen hängt ganz von den Umständen ab und steht unter Beachtung des auch hier zu wahrenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. In Betracht kommen im Wesentlichen eigene Ermittlungen oder die Aufforderung an die Beteiligten, zusätzliche Erklärungen abzugeben und weitere Nachweise beizubringen, dazu näher unten Rdn 12 ff.

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4 Vgl OLG Hamm, FGPrax 2011, 32 („konkrete Zweifel“); OLG Hamm, RNotZ 2011, 306, 308 („Keine Ermittlungspflicht ins Blaue“ im Anschluss an Keidel/Sternal, FamFG, § 26 Rdn 16); BeckOKFamFG/ Burschel § 26 Rdn 9; vgl auch KK/Arnold Rdn 6 (zu Zweifeln kein sachlich berechtigter Anlass); Hüffer/ Koch Rdn 4 (sachlich begründete Zweifel); Hölters/Solveen Rdn 3 (besondere Anhaltspunkte); Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 4 (berechtigte (konkret nachvollziehbare) Zweifel); Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2 (kein sachlich berechtigter Anlass zu zweifeln); Heidel/Terbrack Rdn 3 (Anhaltspunkte für Zweifel); Wachter Rdn 10 (berechtigter Anlass zu zweifeln); Grigoleit/Vedder Rdn 3 (Zweifel). 5 Wie hier BayObLG NJW 1973, 2068, 2069 mwN (zur Anmeldung der Prokura); MünchKommAktG/Pentz Rdn 18; KK/Arnold Rdn 6; Hüffer/Koch, Rdn 2; Grigoleit/Vedder, Rdn 2; für das GmbH-Recht: Scholz/Veil § 9c Rdn 12; teilweise aA (weitergehend) Menold Das materielle Prüfungsrecht des Handelsregisters, Diss Tübingen, 1966, 68, 90 ff; Braasch Gründungsprobleme bei der GmbH. Eine Untersuchung der Gründungspraxis beim Registergericht Hamburg, 1975, 4 ff, 20 ff, 78; Groß RPfl 1976, 237; Baums StuW 1980, 299; wohl auch Lutter DB 1980, 1317, 1319. 6 Vgl etwa den der Entscheidung BGHZ 117, 323 ff zugrundeliegenden Sachverhalt, siehe aber auch Abs 4.

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Fraglich kann sein, ob an die Qualität und die Intensität dieser Zweifel besondere Anforderungen zu stellen sind. Während die Rechtsprechung und Literatur zum FamFG überwiegend von „konkreten Zweifeln“ spricht (eben Rn 2), schwanken die in älterer Rechtsprechung und Schrifttum verwendeten Formulierungen. Teilweise werden „besondere“ oder „begründete“ Zweifel verlangt.7 Dabei dürfte es sich nur um terminologische Unterschiede handeln. In der Sache wird man in dieser Hinsicht keine besonderen Anforderungen zu stellen haben. Es muss genügen, dass vernünftige, objektiv nachvollziehbare Gründe vorliegen, die an der Ordnungsgemäßheit der Gründung zweifeln lassen können.8 Mehr zu verlangen, wäre überzogen und angesichts des geltenden Legalitätsprinzips nicht zu rechtfertigen. Weniger ausreichen zu lassen, hieße einer Überspannung der Prüfung durch besonders bedenkliche Registerrichter das Wort reden, die die wirtschaftlich erwünschte zügige Eintragung der Gesellschaft, auf welche die Anmelder zudem ein Recht haben, unvertretbar verzögern und ihre wirtschaftliche Handlungsfreiheit in rechtsstaatlich bedenklicher Weise (Art 2 Abs 1, 9 Abs 1 und 12 GG) einengen würde. Die Auswahl der zur Aufklärung solcher Zweifel zu ergreifenden Maßnahmen steht im pflichtgemäßen Ermessen des Registergerichts. Es ist dabei grundsätzlich nicht auf bestimmte Mittel beschränkt. Es hat jedoch bei seiner Ermessensausübung stets sowohl die Notwendigkeit ausreichender Sachaufklärung zwecks Verhinderung nicht gesetzeskonformer Gesellschaftsgründungen als aber auch das berechtigte Interesse der Beteiligten an einer zügigen Bescheidung des Eintragungsantrags (Anmeldung) und einer vernünftigen Begrenzung ihrer Kostenlast zu berücksichtigen. Übertriebene Anforderungen sind nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu vermeiden. Unter mehreren geeigneten Maßnahmen ist diejenige zu wählen, die die Beteiligten am wenigsten belastet. In Betracht kommt vor allem die Anforderung weiterer, zur Aufhellung des Sachverhalts geeigneter Angaben und Nachweise bei den Parteien. Das Registergericht ist aber nicht gehindert, die erforderlichen zusätzlichen Ermittlungen selber durchzuführen und sich zu diesem Zweck unmittelbar mit den Personen und Institutionen in Verbindung zu setzen, von denen es weitere Auskünfte und Aufschlüsse erwarten kann. Häufig wird auch die Industrie- und Handelskammer weitere Hilfestellungen leisten können, dazu auch § 380 Abs 2 FamFG iVm 23 HRV. In geeigneten Fällen kann das Registergericht von sich aus zusätzliche oder ergänzende Sachverständigengutachten einholen, etwa zur Werthaltigkeit einzubringender Sachwerte (Sacheinlagen, Sachübernahmen) oder von Gegenständen, die bereits vor der Anmeldung mit den eingezahlten Barmitteln (§§ 36 Abs 2, 36a Abs 1, oben § 36 Rdn 182, 191 f) angeschafft worden sind. Solche mit erheblichen Zusatzkosten verbundenen richterlichen Maßnahmen stehen aber, vor allem auch angesichts der im Aktienrecht bei Gründungen mit Sacheinlagen und Sachübernahmen ohnehin obligatorischen externen Gründungsprüfung (§ 33 Abs 2 Nr 4) und der bei Beurteilung vor Anmeldung getroffener Investitionsentscheidungen der Gesellschaft gebotenen Zurückhaltung (§ 36 Rdn 182) in besonderem Maße unter dem Gebot der Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Die grundsätzlich an Hand der eingereichten Unterlagen vorzunehmende Prüfung des Registergerichts hat sich auch auf die materielle Rechtswirksamkeit des Errichtungsaktes sowie - nach Maßgabe des Abs 4 – der Satzung insgesamt und der in ihnen enthaltenen Einzelbestimmungen zu erstrecken, oben Rdn 4 ff und 46 ff. Von dieser Pflicht wird

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7 So etwa KGJ A 109, 114 f; 39 A 122, 126; OLG Hamburg BB 1984, 1763; BayObLG NJW 1973, 2068, 2069; LG Aachen GmbHR 1987, 358; Priester DNotZ 1980, 523; vgl Anm zu Fn 4. 8 Ähnlich wie hier wohl auch im Ergebnis MünchKommAktG/Pentz Rdn 19; Hüffer/Koch Rdn 2 und Scholz/Veil § 9c Rdn 12: „sachlich berechtigte Zweifel“.

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der Registerrichter auch nicht dadurch entbunden, dass der notwendigerweise (§ 23 Abs 1 Satz 1) eingeschaltete Notar die rechtliche Wirksamkeit der von ihm beurkundeten Erklärungen in eigener Verantwortung zu prüfen und Zweifel ausdrücklich zu vermerken hat (§ 17 Abs 2 Satz 2 BeurkG). Wortlaut und Sinn des Gesetzes (§ 38 Abs 1 Satz 1) geben keine Handhabe für die Annahme, im Tätigkeitsbereich des Notars werde die Prüfungspflicht des Registergerichts durch diejenige des Notars ersetzt. Die Prüfung ist hier vielmehr zweistöckig. Eine ganz andere Sache ist es selbstverständlich, dass sich rein praktisch gesehen der Registerrichter auf den Notar verlassen wird (und in diesem Fall sogar häufig verlassen muss, oben Rdn 9), wo er keinen Anlass hat, die Sachlage anders als der Notar zu beurteilen. So wäre es sogar pflichtwidrig, wenn er ohne besonderen Anlass Nachweise für die Geschäftsfähigkeit der bei der Errichtung der Gesellschaft mitwirkenden Personen verlangen würde, obwohl der Notar von Amts wegen bereits verpflichtet ist, sich darüber zu vergewissern. Die Vorprüfung durch den Notar entbindet das Registergericht aber zB nicht von einer eigenständigen Beurteilung der Vollständigkeit der bei der Errichtung abgegebenen Erklärungen (§ 23 Abs 2–4) und der materiellen Wirksamkeit der in der Satzung getroffenen Bestimmungen nach Maßgabe des Abs 4.9 3. Zeitpunkt der Prüfung 15

a) Grundsatz. Da das Registergericht die Prüfung an Hand der bei der Anmeldung einzureichenden Unterlagen vorzunehmen hat, ist Gegenstand seiner Prüfung grundsätzlich auch nur die Erfüllung der Eintragungsvoraussetzungen im Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung. Nach hM kommt es dagegen grds auf das Vorhandensein der Voraussetzungen im Zeitpunkt der Eintragung und soll daher das Registergericht jedoch bei sachlich begründeten Zweifeln darüber, ob bestimmte Eintragungsvoraussetzungen in der Zeit zwischen Anmeldung und Eintragung weggefallen sind, berechtigt sein, hierüber zusätzliche Nachweise zu fordern.10 Dem ist zwar im Grundsatz zuzustimmen, weil die Prüfung dazu dient festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister erfüllt sind, was es zumindest nahelegt, auch für das Vorliegen dieser Voraussetzungen den Sachstand in diesem Zeitpunkt für maßgeblich zu erachten. Diese eher prinzipielle Feststellung darf jedoch nicht zum Anlass genommen werden, von den Beteiligten ohne triftigen Grund ständige Aktualisierungen ihrer Anmeldung zu verlangen. Überdies kann sie von vornherein in allen Fällen keine Gültigkeit für sich in Anspruch nehmen, in denen das Gesetz selber sich mit der Erfüllung bestimmter Anforderungen im Zeitpunkt der Anmeldung begnügt. So ist jedenfalls die freie Verfügungsmacht des Vorstandes über bereits eingeforderte Bareinlagen iS von § 36 Abs 2 nur für den Zeitpunkt der Anmeldung nachzuweisen. Das Gericht ist deshalb nicht berechtigt, von den Anmeldern den Nachweis zu verlangen, dass diese Mittel auch in der Zeit danach noch unversehrt wenigstens in Form einer wertgleichen Deckung vorhanden sind. Vorbelastungen des Grundkapitals durch Verausgabung dieser Mittel oder Eingehung von Verbindlichkeiten nach dem Zeitpunkt der Anmeldung können demnach lediglich zu einer Unterbilanzhaftung der Gründer (dazu bei § 41) führen, nicht aber ein Eintragungshindernis begründen.11 Die Ablehnung der Eintragung kommt in diesen Fäl-

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9 Wie hier für das GmbH-Recht BayObLG WM 1983, 248. 10 MünchKommAktG/Pentz Rdn 20; KK/Arnold Rdn 7; ähnlich Hüffer/Koch Rdn 4; Hölters/Solveen Rdn 3; Schmidt/Lutter/Kleindiek 6; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2; Heidel/Terbrack Rdn 5; Grigoleit/Vedder Rdn 3. 11 MünchKommAktG/Pentz Rdn 21; KK/Arnold Rdn 8; Hüffer/Koch Rdn 10; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 4; Schmidt/Lutter/Kleindiek 8; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2; Hölters/Solveen Rdn 3; Scholz/Veil § 9c Rdn 29; aA Fleck GmbHR 1983, 11; OLG Hamm DB 1993, 86; wohl auch Raiser KapGesR2 S 287 (§ 26, 79): für

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len allenfalls dann in Betracht, wenn bereits im Zeitpunkt der Prüfung durch den Registerrichter feststeht, dass diese Haftung infolge fehlender Leistungsfähigkeit der Gründer nicht realisierbar ist.12 Selbst diese Ausnahme vom Grundsatz der Maßgeblichkeit des Anmeldezeitpunkts ist aber angesichts der klaren Gesetzeslage nicht zweifelsfrei; jedenfalls darf sie nicht dazu führen, dass das Registergericht das Recht beansprucht, ohne triftigen Anlass von den Gründern Nachweise ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu verlangen. Das geltende Recht bietet keine Grundlage für eine Bonitätsprüfung der Gründer durch das Registergericht, dazu auch unten Rdn 26. Ein Eintragungshindernis besteht dagegen, wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt der Eintragung bereits wegen Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit insolvenzreif ist.13 Eine insolvenzreife Gesellschaft ist nicht mehr einzutragen. Streitiger noch ist der für die Prüfung der Werthaltigkeit von Sacheinlagen maß- 16 gebliche Zeitpunkt. Obwohl der auch im Aktienrecht sinngemäß anwendbare § 9 Abs 1 GmbHG ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Anmeldung abstellt (dazu auch § 27 Rdn 197), soll das Registergericht nach herrschender Meinung bei einem seit der Anmeldung eingetretenen Wertverlust die Eintragung der Gesellschaft abzulehnen haben, weil die mit dem Verbot der Unterpariemission angestrebte Unversehrtheit des Grund- (bei der GmbH: Stamm-)Kapitals zum Zeitpunkt der Eintragung gegeben sein müsse.14 Diese Auffassung ist bedenklich. Selbst wenn man ihr im theoretischen Ausgangspunkt folgen wollte, was keineswegs zwingend ist, weil das Verbot der Unterpariemission nicht ohne weiteres als Gefahrtragungsregel hinsichtlich des Wertrisikos zwischen Anmeldung und Eintragung verstanden werden kann, bleibt die Tatsache, dass sie einen theoretischen Ansatz über die vom Gesetz in § 9 Abs 1 GmbHG aus Zweckmäßigkeitserwägungen getroffene Lösung stellt. Die Folge ist, dass das ohnehin schon zu langwierige Eintragungsverfahren durch bedenkliche Registerrichter durch die Forderung nach immer weiteren Wertnachweisen – zudem noch kostentreibend – in die Länge gezogen werden kann. Bei dieser Sachlage ist der Lösung der Vorzug zu geben, dass der Registerrichter die Eintragung nur dann ablehnen darf, wenn er positive Kenntnis davon erlangt, dass der Wert der Sacheinlage seit der Anmeldung aufgrund von Ursachen, die bereits im Anmeldezeitpunkt vorlagen, unter den Anrechnungswert abgesunken ist.15 Das gilt umso mehr im Lichte des Beschleunigungs- und Deregulierungszwecks bei der Kapitalaufbringung nach MoMiG und ARUG.16 Ein Prüfungsrecht und eine Prüfungspflicht auf den Wert der Sacheinlage im überdies erst in der Zukunft liegenden Eintragungszeitpunkt ist damit nicht verbunden.

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die GmbH ähnlich auch Roth DNotZ 1989, 3 ff; mindestens tendenziell auch BayObLG DB 1991, 2536 u OLG Frankfurt/M BB 1992, 1160, 1161. 12 So MünchKommAktG/Pentz Rdn 22; KK/Arnold Rdn 8; Hüffer/Koch Rdn 10; Hölters/Solveen Rdn 3; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 7; Wachter Rdn 13; Scholz/Veil § 9c Rdn 29; BayObLG 1991, 2391. 13 MünchKommAktG/Pentz Rdn 22; KK/Arnold Rn 8; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 7; Scholz/Veil § 9c Rdn 29; sa BayObLG BB 1991, 2391, 2392. 14 So MünchKommAktG/Pentz Rdn 25; KK/Arnold Rdn 9; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 5; Hüffer/Koch Rdn 9; Roth in DNotZ 1989, 9; Fleck GmbHR 1983, 5. 15 So auch Schall S 154 f. Ähnlich wie hier Scholz/Veil § 9c Rdn 33 auch Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 8; Heidel/Terbrack Rdn 7 u Geßler BB 1980, 1385, 1387; auch die Entscheidung BGHZ 80, 129, 136 f, auf die sich die Gegenmeinung ua beruft, spricht nur davon, dass das Gericht die Eintragung ablehnen soll, wenn ihm der Wertverlust bekannt wird. 16 Schall S 155 (auf Basis der These, dass das Mindestkapital angesichts der Zulassung der UG nicht mehr das Eintrittsgeld zur Haftungsbeschränkung, sondern nur noch ein freiwilliges Seriositätssignal darstellt, dessen Erbringung durch den Wertverlust zwischen Anmeldung und Eintragung nicht in Zweifel gestellt wird.)

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b) Nachmeldepflicht? Eine Verpflichtung der Anmelder, nachträglich eingetretene Änderungen des Sachverhalts von sich aus dem Registergericht anzuzeigen (Nachmeldepflicht), besteht grundsätzlich nicht. Etwas anderes gilt nur für Änderungen, die auch von der eingetragenen Gesellschaft dem Handelsregister mitzuteilen wären, wie zB eine Änderung in der Zusammensetzung des Vorstandes. Bei Tatsachen, die wie eine Satzungsänderung Wirksamkeit nur durch eine Eintragung im Handelsregister erlangen, liegt die Nachmeldung darüber hinaus auch im eigenen Interesse der Beteiligten.17 III. Die Prüfungsgegenstände des § 38 Abs 1 Satz 1 1. Die Ordnungsmäßigkeit der Errichtung

Dazu gehören: die Einhaltung der notariellen Form (§ 23 Abs 1), Unterzeichnung durch sämtliche Gründer sowie, ob die nach §§ 23 Abs 2 – 4, 26, 27 erforderlichen Bestimmungen in der Satzung getroffen sind.18 Die Befugnis zur Überprüfung des Inhalts der Satzung ist auf die in Abs 4 Nr 1 – 3 genannten Fälle beschränkt. Vgl hierzu unten unter Rdn 46 ff. Dabei ist insbes auf folgende Gesichtspunkte zu achten: Wirksamkeit der abgegebenen Erklärungen, insbes unter den Gesichtspunkten der Geschäftsfähigkeit, bei Beteiligung einer ausländischen juristischen Person auch der Rechtsfähigkeit (LG Saarbrücken GmbHR 1991, 581, 582) der Erklärenden, der Freiheit von Willensmängeln (bei Streit über die Wirksamkeit erklärter Anfechtungen kann Aussetzung nach § 21 FamFG angebracht sein), bei Mitwirkung von Vertretern auch der Ordnungsgemäßheit der Vertretungsverhältnisse (§ 23 Abs 1 Satz 2), bei gesetzlicher Vertretung auch des Vorliegens erforderlicher betreuungsgerichtlicher oder familiengerichtlicher Genehmigungen. Ferner ist auch auf die Erfüllung sonstiger Zustimmungserfordernisse zB nach § 1365 oder (seltener) § 1423 BGB zu achten. Bei bedingten oder befristeten Beitrittserklärungen ist der Nachweis zu fordern, 19 dass sie sich vor der Eintragung erledigt haben,19 s dazu aber auch § 23 Rdn 96 f. Ferner ist zu prüfen, ob der Vertrag den notariellen Mindestinhalt (§ 23 Abs 2–4) 20 aufweist und dieser den gesetzlichen Anforderungen genügt, soweit dies nach Abs 4 beachtlich ist. Dabei ist insbes folgendes zu beachten: Zulässigkeit der gewählten Firma (§ 23 Abs 3 Nr 1); ausreichende Individualisierung des Unternehmensgegenstandes (§ 23 Abs 3 Nr 2); Vorhandensein einer etwaigen Absicht zur Vornahme einer unzulässigen verdeckten Vorratsgründung (§ 23 Rdn 350); Verdeckung gesetz- oder sittenwidriger Unternehmenszwecke; Ordnungsmäßigkeit der das Grundkapital und die auszugebenden Aktien betreffenden Angaben und Festsetzungen (§ 23 Abs 2 Nr 2 und 3 sowie § 23 Abs 3 Nr 3 und 4, vgl auch § 6); vollständige, der gesetzlichen Regelung entsprechende Aktienübernahme durch die Gründer. Ebenso ist bei dieser Prüfung vorbehaltlich des Abs 4 darauf zu achten, dass Ver21 einbarungen, die nach dem Gesetz der Festsetzung in der Satzung bedürfen, auch tatsächlich darin, und zwar ordnungsgemäß, festgesetzt wurden. Der Umstand, dass die unentbehrliche Festsetzung von Sondervorteilen und Gründungsaufwand (§ 26) sowie 18

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17 Wie hier MünchKommAktG/Pentz Rdn 27 f; KK/Arnold Rdn 11; Hüffer/Koch Rdn 5; Schmidt/Lutter/ Kleindiek Rdn 6; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2; Heidel/Terbrack Rdn 8; Grigoleit/Vedder Rdn 3. 18 MünchKommAktG/Pentz Rdn 43; KK/Arnold Rdn 12; Hüffer/Koch Rdn 7; Hölters/Solveen Rdn 6; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 9; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 4; Wachter Rdn 14; Grigoleit/Vedder Rdn 8. 19 Überwiegende Ansicht, Scholz/Veil Rdn 17, Baumbach/Hueck/Fastrich § 3 Rdn 20; aA MünchKommAktG/Pentz Rdn 43: Bei Bedingung oder Befristung ist die Anmeldung in jedem Fall zurückzuweisen.

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von Sacheinlagen und Sachübernahmen (§ 27) die Unwirksamkeit derartiger Vereinbarungen gegenüber der Gesellschaft zur Folge hat, kann es nicht rechtfertigen, bei der Eintragung über das Vorhandensein solcher Abreden hinwegzusehen. Da solche Vereinbarungen ernstlich gemeint sind und deshalb mit ihrer Ausführung zumindest gerechnet werden muss, stellen sie ein Verstoß gegen Vorschriften dar, die überwiegend dem Schutz der Öffentlichkeit bzw Gläubiger dienen, § 38 Abs 4 Nr 2.20 Ebenso ist dem Verdacht auf eine beabsichtigte verdeckte Sacheinlage nachzugehen. Eine verdeckte Sacheinlage ist Eintragungshindernis, weil in diesem Falle die Anmeldung der nur zum Schein gewollten Bargründung falsch und die tatsächlich gewollte Sachgründung in Ermangelung der gesetzlich vorgeschriebenen Festsetzungen und Prüfungen nicht ordnungsgemäß vorgenommen worden ist.21 S zu den vorstehend erörterten Fragen aber auch § 26 Rdn 47 f und § 36 Rdn 171. 2. Die Ordnungsgemäßheit der Anmeldung a) Grundsatz. Zu den danach zu prüfenden Gegenständen gehört insbes: 22 Die Wahrung der eigenen örtlichen wie sachlichen Zuständigkeit des Gerichts sowie der für die Anmeldung vorgeschriebenen Form (§ 36 Rdn 7, 8); die Anmeldung durch die dazu berufenen Personen (§ 36 Abs 1, dazu dort Rdn 9 f) und deren Legitimation einschließlich der Ordnungsgemäßheit der Bestellung der Gesellschaftsorgane (§§ 30, 31); Leistung (§ 54 Abs 3) der vor Anmeldung eingeforderten Bareinlagen zur freien Verfügung des Vorstandes (§§ 36 Abs 2 S 1; 36a Abs 1), bei der Gründung einschließlich ihrer zumindest wertmäßigen Unversehrtheit auch noch im Zeitpunkt der Anmeldung (s dazu § 36 Rdn 73 ff, 181 ff); bei Sacheinlagen ihre Leistung, soweit sie schon vor der Anmeldung zu erbringen war (§ 36a Rdn 16 f), sonst nur die Begründung einer wirksamen Verpflichtung zur Erbringung innerhalb der in § 36a Abs 2 S 2 genannten Frist (§ 36 a Rdn 18 f). Ferner gehören hierher die Abgabe der vom Gesetz geforderten Erklärungen (§ 37 23 Abs 1 S 1 und Abs 3), Nachweise (§ 37 Abs 1 S 2, 3 und 5) und Versicherungen (§ 37 Abs 2) sowie außerhalb der in §§ 36, 36 a, 37 geregelten Erfordernisse die Erklärung über bestehende Vorbelastungen. b) Vorbelastungen. Hat die Gesellschaft ihre Geschäftstätigkeit bereits vor der An- 24 meldung aufgenommen, so ist darüber hinaus (ausgehend von der seitens der Anmelder darüber abzugebenden Erklärung, § 37 Rdn 17 aE) zu prüfen, ob die Gesellschaft aufgrund dieser Tätigkeit schon Ausgaben gemacht oder Verbindlichkeiten begründet hat, die dazu führen, dass die bereits eingeforderten zuzüglich der noch ausstehenden Einlagen das Grundkapital der Gesellschaft ihrem Wert nach nicht mehr decken; s dazu auch schon § 36 Rdn 84 ff und § 37 Rdn 17 ff. Die Rspr hat dies zwar zunächst ausdrücklich nur für die GmbH ausgesprochen.22 Wegen der Gleichheit der Rechts- und Interessenlage muss Gleiches aber auch für die AG gelten.23 Maßgeblich ist auch hier der Stand im Zeitpunkt der Anmeldung (dazu ausf oben Rdn 19). Später begründete Vorbelastungen sind nicht vom Registergericht zu prüfen, weil sie kein Eintragungshindernis begründen,

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20 MünchKommAktG/Pentz Rdn 43; KK/Arnold Rdn 12; Hüffer/Koch Rdn 7. 21 MünchKommAktG/Pentz Rdn 43; KK/Arnold Rdn 12; Hüffer/Koch Rdn 7; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 8; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 9. 22 BGHZ 80, 129, 143 u 182, 184 f; s aber auch BGHZ 119, 177, 186; s ferner OLG Düsseldorf ZIP 1996, 1705. 23 Unstr, MünchKommAktG/Pentz Rdn 40; Hüffer/Koch Rdn 10; Hölters/Solveen Rdn 3; Schmidt/Lutter/ Kleindiek Rdn 7; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 4; Escher-Weingart AG 1987, 310; Farrenkopf/Cahn AG 1985, 209.

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sondern nur noch die sog Unterbilanzhaftung (dazu ausführlich bei § 41) der Gründer auslösen können.24 Allerdings wollen hier auch diejenigen, die sich wie der vorstehende Text für die grundsätzliche Maßgeblichkeit des Zeitpunkts der Anmeldung aussprechen, teilweise eine Ausnahme für den Fall machen, dass die Durchsetzbarkeit der Ansprüche der AG gegen die Gründer aus der Unterbilanzhaftung wegen mangelnder Leistungsfähigkeit der Gründer ernstlich gefährdet ist.25 Näheres zu diesem Fragenkreis oben Rdn 15 bei Erörterung des für die Prüfung maßgeblichen Zeitpunkts. Außerdem hat das Registergericht zu prüfen, ob der Anmeldung alle erforderlichen 25 Anlagen (§ 37 Abs 4) beigefügt sind. Zum Recht und zur Pflicht des Registergerichts, den ihm damit unterbreiteten Sachverhalt als Voraussetzung für die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister insgesamt und in seinen einzelnen Teilen auf seine inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen, ausführlich oben Rdn 4 ff. 26

3. Gegenstände, die nicht der Prüfung des Registergerichts unterliegen. Folgende Sachverhalte unterliegen, da sie nicht zur Ablehnung der Eintragung berechtigen würden, weder dem Prüfungsrecht noch der Prüfungspflicht durch das Registergericht: – Strohmanngründungen. Sie sind, da die treuhänderische Übernahme der Gründerund Gesellschafterstellung für den Treugeber ernstlich gewollt ist und gegen sie auch im Übrigen keine prinzipiellen Bedenken materiell-rechtlicher Art bestehen (dazu auch die Erläuterungen zu § 2) legal und können deshalb keinen Grund für die Versagung der Eintragung abgeben.26 – Die voraussichtliche Leistungsfähigkeit eines Gründers, insbes bei Beteiligung von nicht rechtsfähigen Vereinen oder BGB-Gesellschaften, zur Zahlung der Resteinlage.27 Das geltende Gründungsrecht bietet keinen Ansatzpunkt für die Zulässigkeit einer solchen Solvenz- oder Bonitätsprüfung. – Die wirtschaftlichen und finanziellen Grundlagen der Gesellschaft. Das Registergericht hat also keine wirtschaftlichen Erwägungen darüber anzustellen, ob die Gesellschaft lebensfähig sein wird oder nicht. Dies gilt insbes auch für die Frage der Zweckmäßigkeit der gewählten Finanzierung und das Vorhandensein einer für den angestrebten Geschäftsbetrieb ausreichenden Eigenkapitalausstattung. Etwas anderes kann allenfalls ausnahmsweise dann gelten, wenn bereits vor Eintragung der Gesellschaft feststeht, dass die Gesellschaftsgründung auf eine sittenwidrige Schädigung ihrer künftigen Gläubiger angelegt ist, weil sie dann einem verbotenem Zweck dient.28 – Die Zweckmäßigkeit und Interessengerechtigkeit gesellschaftsvertraglicher Regelungen. Die registergerichtliche Kontrolle dient ausschließlich der Gesetzmäßigkeit (oben Rdn 6) der Gesellschaftsgründung. In Zweckmäßigkeitsfragen hat sich das Registergericht nicht einzumischen. Verstößt mithin die Satzung gegen keine zwingende Vorschrift des geltenden Rechts, so darf es die Anmeldung der Gesellschaft nicht deswegen beanstanden oder zurückweisen, weil es eine darin getroffene Rege-

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24 Str, wie hier LG Bonn GmbHR 1988, 193; MünchKommAkG/Pentz Rdn 40; Hüffer/Koch Rdn 10; Hölters/Solveen Rdn 3; Scholz/Veil § 9c Rdn 29 mwN; aA (maßgeblich Zeitpunkt der Eintragung) OLG Hamm DB 1993, 86; Meister in: FS Werner, 1984, S 521, 534 ff; Fleck GmbHR 1983, 5, 11 f; wohl auch Gustavus GmbHR 1988, 47, 55; sa BayObLG BB 1991, 2391, 2392 u o Fn 9 und 10. 25 S dazu die Nachw in Fn 10; ferner LG Gießen GmbHR 1986, 163. 26 MünchKommAktG/Pentz Rdn 48; KK/Arnold Rdn 14; Hüffer/Koch Rdn 3; Heidel/Terbrack Rdn 10. 27 Wie hier Scholz/Veil § 9c Rdn 31; aA MünchKommAktG/Pentz Rdn 47; Koch ZHR 146 (1982) 153 ff; Dölle Die Beteiligung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 1984, 58 ff. 28 MünchKommAktG/Pentz Rdn 46; KK/Arnold Rdn 14; Scholz/Veil § 9c Rdn 36 aE; MünchKommGmbHG/Wicke § 9c Rdn 10; Michalski/Tebben GmbHG § 9c Rdn 45.

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lung für unzweckmäßig oder bedenklich hält oder sie nach seiner Ansicht keine interessengerechte Lösung für einen möglichen Konflikt bietet. Eine solche Kontrolle wäre als unzulässiger Eingriff in die Vertragsfreiheit und die Verbandsautonomie (Art 9 Abs 1 GG) eine eindeutige Überschreitung seiner Zuständigkeit.29 Infolgedessen handelt das Registergericht bereits dann pflichtwidrig, wenn es durch ihm nicht zustehende Belehrungen und Hinweise die Eintragung der Gesellschaft verzögert.30 Ebenso wenig hat das Registergericht die sprachliche und redaktionelle Fassung der Satzung zu beurteilen.31 Auch auf diesem Sektor wäre eine Einmischung des Registergerichts pflichtwidrig. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn es sich darum handelt, durch Klarstellung missverständlich formulierter Bestimmungen deren möglicher zur Eintragungsunfähigkeit der Gesellschaft führender Unwirksamkeit vorzubeugen. Dagegen kann es nicht Aufgabe des Registergerichts sein, auch dort zum Zwecke der Vermeidung späterer Auslegungsstreitigkeiten auf Klarstellungen hinzuwirken, wo es nicht um die nach Abs 4 beachtliche Fehlerhaftigkeit oder Nichtigkeit der Satzung und der in ihr enthaltenen Regelungen geht. Die gegenteilige Ansicht32 ist mit Einführung des Abs 4 überholt. IV. Die besonderen Prüfungsgegenstände des § 38 Abs 2

1. Bedeutung und systematische Stellung der Regelung. § 38 Abs 2 enthält eine 27 Sonderregelung für einzelne Prüfungsgegenstände. Das Besondere dabei ist, dass das Registergericht die Eintragung der Gesellschaft bereits dann ablehnen kann, wenn die Gründungsprüfer erklären, dass der Gründungsbericht (§ 32) oder der Prüfungsbericht (§§ 33 Abs 1, 34 Abs 2) der Mitglieder der Verwaltungsorgane unrichtig oder unvollständig ist oder den gesetzlichen Vorschriften nicht entspricht oder Sacheinlagen oder Sachübernahmen (§ 27) nicht unwesentlich überbewertet sind. Während das Registergericht nach § 38 Abs 1 seine Entscheidung über Eintragung oder Nichteintragung der Gesellschaft aufgrund eigener Sachprüfung zu treffen hat, kann es in den Fällen des Abs 2 die Eintragung bereits ohne eigene Überzeugungsbildung allein aufgrund Erklärungen anderer ablehnen. Die Regelung erklärt sich aus dem Bestreben des Gesetzgebers, dem Registergericht, das häufig nicht die gleiche Sachkunde wie die Gründungsprüfer haben wird, die Entscheidung über die Eintragung der Gesellschaft zu erleichtern. Das Registergericht ist allerdings, wie das Gesetz durch die Verwendung des Wortes 28 „kann“ zum Ausdruck bringt, nicht verpflichtet, von dieser Erleichterung Gebrauch zu machen. Es ist also an die Erklärung der Gründungsprüfer nicht gebunden und deshalb berechtigt, ihre Erklärung seinerseits einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit zu unterziehen und zu diesem Zweck weitere Ermittlungen anzustellen.33 Kommt das Registergericht aufgrund dieser Überprüfung zu der Überzeugung, dass 29 die Verwaltungsberichte nicht unrichtig oder unvollständig sind, sondern in jeder Be-

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29 AllgM, BayObLG WM 1983, 248, 249; BB 1975, 249 u 1985, 546; OLG Stuttgart GmbHR 1967, 232 u DJ 1980, 354, 355; OLG Köln WM 1981, 1263; MünchKommAktG/Pentz Rdn 49; KK/Arnold Rdn 14; Hüffer/Koch Rdn 3; Heidel/Terbrack Rdn 4, 10; Scholz/Veil § 9c Rdn 11. 30 So MünchKommAktG/Pentz Rdn 49; Scholz/Veil § 9c Rdn 11. 31 Im Grundsatz hM; s nur OLG Köln WM 1981, 1263; BayObLGZ 1971, 2423, 2425 u BB 1985, 546; MünchKommAktG/Pentz Rdn 50; KK/Arnold Rdn 14; Heidel/Terbrack Rdn 10; Scholz/Veil § 9c Rdn 10. 32 So mit Unterschieden im Einzelnen: BayObLG GmbHR 1993, 167, 168; OLG Stuttgart DJ 1980, 354; sa schon KG DR 1942, 1059; dagegen schon OLG Köln WM 1981, 1263 ff; LG Frankfurt/M RPfl 1976, 251. 33 MünchKommAktG/Pentz Rdn 52; KK/Arnold Rdn 15; Hüffer/Koch Rdn 8; Hölters/Solveen Rdn 7; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 11; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 5; Heidel/Terbrack Rdn 15; Wachter Rdn 17; Grigoleit/Vedder Rdn 10.

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§ 38 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

ziehung den gesetzlichen Anforderungen entsprechen, so muss es die Gesellschaft eintragen. Da die Gesetzmäßigkeit der Gründung damit feststeht – das Prüfungsrecht des Gerichts ist demjenigen der Gründungsprüfer „übergeordnet“34 – besteht aufgrund des geltenden Normativsystems (oben Rdn 3) keine Handhabe, die Eintragung der Gesellschaft zu verweigern. In der Praxis wird der Fall, dass das Registergericht nicht dem Votum der Gründungsprüfer folgt, allerdings eher die Ausnahme bilden.35 30 Dagegen wiederholt das Gesetz im Grunde nur, was schon aus § 38 Abs 1 folgt, dass auch die offensichtliche (also nicht nur wie in Rdn 31 nach der Erklärung der Gründungsprüfer bestehende) Unrichtigkeit, Unvollständigkeit oder mangelnde Gesetzmäßigkeit der Verwaltungsberichte oder eine nach Auffassung des Gerichts bestehende nicht unwesentliche Überbewertung von Sacheinlagen oder Sachübernahmen ein Eintragungshindernis begründen. Entsprechen die zur Anmeldung der Gesellschaft erforderlichen Berichte nicht den gesetzlichen Vorschriften oder bleibt der Wert der vereinbarten Sacheinlagen oder Sachübernahmen nicht nur unwesentlich hinter dem geringsten Ausgabebetrag der dafür ausgegebenen Aktien oder den dafür von der Gesellschaft zu gewährenden Leistungen zurück, so ist die Gesellschaftsgründung nicht ordnungsgemäß iS des § 38 Abs 1, die Eintragung deshalb abzulehnen. Dabei stellt es entgegen der Ansicht der dritten Aufl. (Barz Anm 6) auch keine Erweiterung der Ablehnungsgründe dar, wenn das Gesetz bereits die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Verwaltungsberichte genügen lässt, auch wenn sich dahinter nicht unbedingt (was allerdings oft der Fall sein wird) ein materieller Gründungsmangel verbergen muss. Auch ein unvollständiger oder unrichtiger Gründungs- oder Prüfungsbericht widerspricht dem Gesetz und verhindert damit die Ordnungsgemäßheit der Anmeldung iS von § 38 Abs 1.36 Die Aufzählung in Abs 2 ist mithin zu lesen „… unrichtig oder unvollständig ist oder sonst den gesetzlichen Vorschriften nicht entspricht“. Ebenso wenig enthält das Gesetz eine Abweichung von der allgemeinen Regel des § 38 Abs 1, wenn es bei Sacheinlagen oder Sachübernahmen neben der Erklärung der Gründungsprüfer auf die „Auffassung“ des Registergerichts abstellt, da der Registerrichter auch sonst nach seiner Überzeugung, also seiner „Auffassung“ entscheiden muss. 31

2. Gründungs- und Prüfungsberichte. Das Gesetz enthält insoweit zwei Tatbestandsalternativen: Nach der ersten Alternative kann das Gericht bereits die Erklärung der Gründungsprüfer von der Fehlerhaftigkeit dieser Berichte zum Anlass nehmen, die Eintragung der Gesellschaft abzulehnen; zu eigenen Prüfungen und Ermittlungen ist es insoweit nicht verpflichtet,37 aber berechtigt (oben Rdn 28 ff). Ergeben diese Ermittlungen, dass die Verwaltungsberichte entgegen der Erklärung der Gründungsprüfer fehlerfrei sind, so muss das Gericht eintragen. Bestätigen die Ermittlungen die Beanstandungen der Gründungsprüfer (oder andere Mängel), so muss das Gericht die Eintragung wegen Fehlens einer ordnungsgemäßen Anmeldung (§ 38 Abs 1) ablehnen. Ein Ermessensspielraum besteht insoweit nicht. In der zweiten Alternative ist die Fehlerhaftigkeit der Verwaltungsberichte offen32 sichtlich: Hier kommt es also nicht auf eine Erklärung der Gründungsprüfer an, sondern allein auf die Beschaffenheit des zugrundeliegenden Sachverhalts. Die Berichte sind

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34 MünchKommAktG/Pentz Rdn 54; KK/Arnold Rdn 15; Spindler/Stilz/Döberein Rdn 8; Schmidt/Lutter/ Kleindiek Rdn 11; Geßler/Eckardt Rdn 20. 35 MünchKommAktG/Pentz Rdn 55; Hüffer/Koch Rdn 8; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 8. 36 MünchKommAktG/Pentz Rdn 52; Geßler/Eckardt Rdn 19. 37 MünchKommAktG/Pentz Rdn 54 und KK/Arnold Rdn 15 verlangen vom Gericht aber eine Plausibilitätskontrolle; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 5; Heidel/Terbrack Rdn 14.

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fehlerhaft. Die Offensichtlichkeit braucht nicht auf den ersten Blick zu bestehen; offensichtlich heißt nicht offenkundig. Die Offensichtlichkeit kann deshalb auch das Ergebnis der vom Registergericht angestellten Ermittlungen sein (§ 26 FamFG). Offensichtlich heißt damit: nach Überzeugung des Registergerichts eindeutig feststehend.38 In diesem Fall hat das Registergericht nicht etwa, wie die Formulierung des Gesetzes „kann“ fälschlich suggerieren könnte, die Wahl zwischen Ablehnung und Vornahme der Eintragung. Es hat vielmehr, da die Anmeldevoraussetzungen nicht ordnungsgemäß erfüllt sind, § 38 Abs 1 Satz 1, die Eintragung abzulehnen (§ 38 Abs 1 Satz 2).39 Zu den Anforderungen an den Gründungs- und Prüfbericht vgl § 32 Rdn 7 ff u § 34 Rdn 12 ff. 3. Sacheinlagen und Sachübernahmen. Bei Überbewertung von Sacheinlagen 33 oder Sachübernahmen wird das verlautbarte Grundkapital der Gesellschaft entweder nicht aufgebracht oder – was wirtschaftlich kaum einen Unterschied macht – seine alsbaldige Entziehung schon in der Gesellschaftssatzung festgeschrieben. In beiden Fällen darf die Gesellschaft deshalb, wenn die Überbewertung schon im Gründungsstadium festgestellt wird, nicht eingetragen werden, dazu auch schon § 9, § 27 Rdn 206 ff; zu dem für die Bewertung von Sacheinlagen maßgeblichem Zeitpunkt s oben Rdn 16. Die Sonderregelung des § 38 Abs 2 liegt auch hier zunächst wieder darin, dass das 34 Registergericht die Eintragung bereits dann ablehnen darf, wenn die Gründungsprüfer erklären, dass ein solcher Überbewertungstatbestand vorliegt. Hier wird der Sinn des § 38 Abs 2, dem Registergericht die Entscheidung über die Eintragung der Gesellschaft zu erleichtern, indem es sich unter Verzicht auf eigene Beurteilung40 die gutachterliche Aussage der sachverständigen externen Gründungsprüfer zu eigen machen kann (oben Rdn 31), besonders deutlich. Zu dem auch hier wie bei den Berichtsmängeln bestehenden Recht des Registergerichts zu eigenen Ermittlungen (in Betracht kommt vor allem die Einholung eines weiteren Wertgutachtens) und zu der nach deren Abschluss zu treffenden Entscheidung, oben Rdn 28 f. Ein weiterer Ablehnungstatbestand ist gegeben, wenn das Gericht „der Auffassung“ 35 ist, dass eine Überbewertung vorliegt. Wenn das Gesetz in diesem Falle anders als bei den Berichtsmängeln (oben Rdn 31 f) auf die Auffassung des Registergerichts abstellt, so ist damit im Ergebnis nicht anderes gemeint als mit der dort aufgeführten Offensichtlichkeit: das Registergericht muss nach pflichtgemäßer Prüfung zu der Überzeugung gelangt sein, dass die Sacheinlage oder Sachübernahme überbewertet ist. Zu beachten ist, dass die Eintragung nur dann abgelehnt werden darf, wenn der Wert der Sacheinlage oder Sachübernahme nicht unwesentlich hinter dem geringsten Ausgabebetrag der dafür zu gewährenden Aktien oder dem Wert der dafür zu gewährenden Leistungen zurückbleibt. Aus dieser Formulierung wird im Schrifttum zT die Folgerung abgeleitet, die Differenz müsse so erheblich sein, dass bei Sacheinlagen der Grundsatz der Kapitalaufbringung ernsthaft gefährdet sei41 und bei Sachübernahmen eine eindeutige und offensichtliche Überbewertung vorliege. Eine solche Auffassung wäre nicht unbedenklich,

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38 MünchKommAktG/Pentz Rdn 57; KK/Arnold Rdn 16; Hüffer/Koch Rdn 8; Hölters/Solveen Rdn 7; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 12; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 5; Heidel/Terbrack Rdn 15; Wachter Rdn 18. 39 So KK/Arnold Rdn 32; Hüffer/Koch Rdn 16; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 12; Hölters/Solveen Rdn 7; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 5; Wachter Rdn 18; Grigoleit/Vedder Rdn 10; aA MünchKommAktG/Pentz Rdn 52 („gewisser Ermessensspielraum“); ebenso Heidel/Terbrack Rdn 14. 40 Teilw aA auch hier KK/Arnold Rdn 18, 15; MünchKommAktG/Pentz Rdn 62: Plausibilitätskontrolle. 41 Hüffer/Koch Rdn 9; KK/Kraft (2. Aufl) Rn 12; Gegen einen Bewertungsspielraum die hM zu § 9 GmbHG: Baumbach/Hueck/Fastrich § 9 Rdn 3; Henssler/Strohn/Schäfer § 9 Rdn 6; Gienow in: FS Semler 1993 S 165, 170; auch schon Wiedemann in: FS Hirsch 1968 S 261 f; etwas großzügiger BGHZ 68, 191, 196: „gewisser Beurteilungsspielraum“.

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wenn sie (was wohl allerdings nicht gemeint ist) in dem Sinn verstanden werden wollte, dass insbes bei Sacheinlagen das Verbot der Unterpari-Emission eine geringere Beachtung erfordere als bei Bareinlagen. Die Formulierung des Gesetzes könnte eine solche Auffassung, vor allem auch im Lichte der in § 9 und § 36a Abs 2 S 3 getroffenen Regelungen nicht rechtfertigen. Dem Gesetz geht es vielmehr allein darum, den bekannten Schwierigkeiten bei der Bewertung von nicht in Geld bestehenden Vermögensgegenständen Rechnung zu tragen. Mit der von ihm in § 38 Abs 2 gewählten Formulierung sollen also nur Bewertungsdifferenzen in der üblichen Bandbreite ausgeschaltet werden. Sobald jedoch die Verletzung des Verbotes der Unterpari-Emission zweifelsfrei feststeht, weil die Bewertung der Sacheinlage oder Sachübernahme eindeutig außerhalb dieser durch Bewertungsprobleme zu rechtfertigenden Bandbreite liegt, hat das Gericht die Eintragung abzulehnen, ohne dass ihm noch ein weiterer Ermessensspielraum zuzubilligen ist. Das Gleiche gilt, wenn der Wert der Sacheinlage nicht ausreicht, auch ein getrennt 36 von dem geringsten Ausgabebetrag der übernommenen Aktie ausgewiesenes Aufgeld abzudecken, dazu § 27 Rdn 209 sowie § 34 Rdn 12 ff. V. Eingeschränkte Prüfung bei vereinfachter Sachgründung, Abs 3 Durch das ARUG wurde neben den §§ 33a und 37a auch § 38 Abs 3 eingefügt. Der bisherige Abs 3 wurde zum Abs 4. Danach beschränkt sich die Prüfungskompetenz des Gerichts, wenn nach § 37a Abs 1 Satz 1 eine vereinfachte Sachgründung erklärt worden ist, vgl § 33a. Hierdurch soll das Eintragungsverfahren beschleunigt und vergünstigt werden.42 38 Abs 3 S 1 bestimmt, dass das Gericht in Fällen einer vereinfachten Gründungsprüfung nach § 33a, hinsichtlich der Werthaltigkeit der Sacheinlagen und Sachübernahmen nur zu prüfen hat, ob die Voraussetzungen des § 37a erfüllt sind, ob also die in § 37a Abs 1 vorgeschriebene Erklärungen und die nach § 37a Abs 2 notwendigen Versicherungen abgegeben und die nach § 37a Abs 3 erforderlichen Unterlagen der Anmeldung beigefügt worden sind.43 Die Zuständigkeit des Gerichts wird dadurch auf eine rein formale Prüfung reduziert.44 Das Gericht darf weder Ermittlungen zur Werthaltigkeit anstellen noch Erklärungen 39 zur Werthaltigkeit auf ihre Richtigkeit überprüfen. Das gilt auch, soweit der Gründungsbericht und die Prüfungsberichte Angaben zur Werthaltigkeit der Sacheinlagen und Sachübernahmen enthalten. Abs 3 S 1 schränkt die Prüfungszuständigkeit des Gerichts nach Abs 1 S 1 insoweit ein.45 40 Aus Abs 3 soll sich nach Auffassung der Regierungsbegründung46 ferner ergeben, dass das Gericht nicht prüfen darf, ob die Voraussetzungen einer Sachgründung ohne externe Gründungsprüfung nach § 33a Abs 1 oder die Voraussetzungen einer Gegenausnahme nach § 33a Abs 2 vorliegen. Diese Einschätzung ist nach dem reinen Wortlaut der Norm nicht zutreffend. Denn dieser beschränkt den allgemeinen Prüfungsrahmen des Abs 1 in den Fällen einer Erklärung des § 37a lediglich insoweit auf eine formale Prüfung, als es um die Werthaltigkeit geht („hinsichtlich der Werthaltigkeit … ausschließlich zu 37

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42 RegE ARUG, BT Drucks 16/11642, S 24. 43 MünchKommAktG/Pentz Rdn 65; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 9; Hüffer/Koch Rdn 10a; Schmidt/ Lutter/Kleindiek Rdn 15; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 6b; Wachter Rdn 23; Grigoleit/Vedder Rdn 12. 44 RegE ARUG, BT Drucks 16/11642, S 24. 45 RegE ARUG, BT Drucks 16/11642, S 24. 46 RegE ARUG, BT Drucks 16/11642, S 24.

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prüfen“). Die Frage, ob das Verfahren nach § 33a überhaupt zulässig gewählt und durchgeführt wurde (erforderliche Beschlüsse von Gründern, Vorstand und Aufsichtsrat, § 33a Rdn 8 ff), unterfällt danach uneingeschränkt dem Abs 1. Das scheint sogar für die Voraussetzungen der Gegenausnahme nach § 33a Abs 2 zu gelten, da diese sich ja nur mittelbar auf die Werthaltigkeit auswirken, primär aber die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens betreffen. Gleichwohl ist es mit Blick auf den Vereinfachungszweck sinnvoll, im Anschluss an die Vorstellung des Gesetzgebers auch die Zulässigkeitsvoraussetzungen des vereinfachten Verfahrens insgesamt im Wege der teleologischen Extension dem formalen Prüfungsmaßstab des Abs 3 Satz 1 zu unterwerfen.47 Das wird dadurch bestätigt, dass die wesentlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen und Schranken des § 33a Abs 1 und 2 mittelbar eben doch Fragen der Werthaltigkeit betreffen und von den Erklärungen nach § 37a erfasst werden, die aber nach Abs 3 Satz 1 nur formal geprüft werden sollen.48 Von der nur formalen Prüfung der Voraussetzungen des § 33a sind jedoch in spiegelbildlicher teleologischer Extension bzw. analoger Anwendung des Abs 3 Satz 2 die Fälle auszunehmen, in denen es für das Gericht offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen für eine vereinfachte Sachgründung nicht vorliegen.49 Es liegt hier eine – durch die eben dargelegte, unklare Formulierung des Satz 1 bedingte – planwidrige Regelungslücke vor, denn andernfalls müsste das Gericht sehenden Auges eine nicht ordnungsgemäß gegründete Gesellschaft eintragen. Abs 3 Satz 2 sieht eine Ausnahme von der rein formalen Prüfungskompetenz des Gerichts vor. Bei offenkundigen und erheblichen Überbewertungen kann das Gericht die Eintragung ablehnen. Durch die Ausnahme soll vermieden werden, dass das Gericht die Eintragung vorzunehmen hat, wenn es offenkundig ist, dass die Sacheinlage oder Sachübernahme erheblich überbewertet ist. Der Begriff der „Offenkundigkeit“ ist dabei wie in § 291 ZPO zu verstehen. Offenkundig ist eine erhebliche Überbewertung mithin dann, wenn es zur ihrer Feststellung keiner weiteren Ermittlungen bedarf, weil sie der Allgemeinheit oder dem zuständigen Registerrichter etwa aus früheren Verfahren bekannt ist.50 Raum für eigene Ermittlungen eröffnet Abs 3 Satz 2 dem Gericht daher nicht. Fraglich ist, wann eine Überbewertung erheblich ist. Der Begriff „erheblich“ legt es nahe, dass eine Überbewertung nach Abs 3 Satz 2 nicht so weit gefasst ist, wie nach Abs 2 Satz 2 („nicht unwesentlich“). Allerdings ist hier ein von Abs 2 Satz 2 abweichender Maßstab vom Gesetzgeber wohl nicht gewollt, weshalb die Begriffe einheitlich zu verstehen sind. Die Überbewertung ist daher erheblich, wenn sie über die übliche Bandbreite der Bewertungsdifferenzen hinausgeht. Vgl. hierzu oben Rdn 35.

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VI. Eingeschränkte Prüfung bei Satzungsmängeln, Abs 4 Nach dem mit dem Handelsrechtsreformgesetz eingeführten Abs 4 (damals Abs 3) 46 darf das Gericht die Eintragung nach Abs 1 wegen einer mangelhaften, fehlenden oder

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47 IE allgM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 65b; Hüffer/Koch Rdn 10a; Grigoleit/Vedder Rdn 12; Hölters/ Solveen Rdn 11; grds auch KK/Arnold Rdn 22; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 15. 48 In keiner Weise mit der Werthaltigkeit verbunden sind nur die erforderlichen Beschlüsse, § 33a Rdn 8 ff. 49 MünchKommAktG/Pentz Rdn 65b; so zutr KK/Arnold Rdn 22; dem folgend auch Schmidt/Lutter/ Kleindiek Rdn 17; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 6c; aA Hüffer/Koch, Rdn 10a; Hölters/Solveen Rdn 11; sowie – ohne Eingehen auf Streitstand – auch Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 9; Grigoleit/Vedder Rdn 12. 50 RegE ARUG, BT Drucks 16/11642, S 24.

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nichtigen Bestimmung der Satzung nur unter zusätzlichen Voraussetzungen der Nr 1– Nr 3 ablehnen. Durch die mit § 9c Abs 2 GmbHG identische Vorschrift soll die Berechtigung und Notwendigkeit einer registergerichtlichen Prüfung der Ordnungsgemäßheit der Errichtung und Anmeldung von Kapitalgesellschaften nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden. Stattdessen soll Abs 4 die registergerichtliche Satzungskontrolle konkretisieren und auf das nach ihrem Sinn und Zweck gebotene Maß reduzieren,51 um das häufig zu langwierige Eintragungsverfahren zu straffen und zeitlich zu verkürzen. Die in Abs 4 Nr 1 – 3 genannten Fälle sind abschließend.52 Nicht von der Vorschrift umfasste inhaltliche Mängel dürfen vom Gericht nicht beanstandet werden (zB Verstoß gegen die guten Sitten, § 241 Nr 4, dazu gleich noch Rn 55). Die Prüfung der formellen Ordnungsmäßigkeit wird von Abs 4 nicht berührt. Die Nr 1–3 stehen ausweislich des Wortlautes in einem Alternativverhältnis und reichen daher jeder für sich zur Ablehnung. Zwar ist einzuräumen, dass die Stellung des „oder“ auch lediglich auf eine Alternativität von Nr 2 und 3 bezogen werden kann. Dies liegt allerdings ferner, da bei einem solchen intendierten Verständnis eine Klarstellung durch ein „und“ nach der Nr 1 möglich und erforderlich gewesen wäre, während die Alternativität aller Nummern einer Aufzählung üblicherweise wie geschehen und nicht etwa durch weitere „oder“-Einfügungen ausgedrückt wird. Es liegt daher nicht so, dass formelle Mängel nur zusammen mit inhaltlichen Mängeln nach Nr 2 oder 3 zur Ablehnung berechtigen.53 Eine Klarstellung enthält die Bestimmung des Abs 4 daher, dass zu den Gegenständen der richterlichen Prüfung weder die wirtschaftlichen und finanziellen Grundlagen der Gesellschaft (oben Rdn 26; anders bei sittenwidriger Gläubigerschädigung, wieder aber anders bei gläubigerschädigenden Satzungsklauseln, Rdn 59), noch die Zweckmäßigkeit, Angemessenheit und Interessengerechtigkeit der im Gesellschaftsvertrag getroffenen Regelungen (ohnehin hM, s o Rdn 26) oder die sprachliche und redaktionelle Fassung der Satzung (o Rdn 26) gehören können. Dies gilt auch, wenn einzelne Regelungen der Satzung Unklarheiten oder Widersprüche enthalten, die sich auch durch Auslegung nicht beseitigen lassen. Keine Bedeutung kommt dabei der Frage zu, ob die betreffenden Regelungen Bedeutung auch für Dritte erlangen können. Es kann generell nicht Aufgabe des Registergerichts sein, denkbaren künftigen Auslegungsstreitigkeiten zuvorzukommen oder sie sogar vorweg zu entscheiden. Die Berechtigung und Verpflichtung des Registergerichts zur Prüfung der Wirksamkeit der Satzungsfeststellung gemäß § 23 Abs 1 (oben Rdn 18) einschließlich der Wirksamkeit der dabei abgegebenen Gründererklärungen wird durch Abs 4 nicht beschränkt.54 Dazu gehört auch die Erledigung von etwaigen der Beitrittserklärung eines Gründers beigefügten Bedingungen (oben Rdn 19). Auch das Fehlen oder die Mangelhaftigkeit der in § 23 Abs 2 verlangten Angaben werden von der Prüfungsbeschränkung des Abs 4 nicht umfasst. Dies folgt bereits daraus, dass es sich bei ihnen um zur wirksamen Errichtung der Gesellschaft notwendige Bestandteile des Gesellschaftsvertrages handelt, deren Fehlen oder Mangelhaftigkeit

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51 BT-Drucks 13/8444 S 76. Auf die Begründung zu § 9c Abs 2 GmbHG wird auf S 74 verwiesen. 52 RegBegr. BT-Drs. 13/8444 S 77; MünchKommAktG/Pentz Rdn 67; KK-AktG/Arnold Rdn 25; Schmidt/ Lutter/Kleindiek Rdn 18; Hüffer/Koch Rdn 11; Hölters/Solveen Rdn 13; Heidel/Terbrack Rdn 21; Wachter Rdn 25. 53 MünchKommAktG/Pentz Rdn 69 ff; KK/Arnold Rdn 26; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 18 ff; Bürgers/ Körber/Lohse Rdn 7; Heidel/Terbrack Rdn 22; Grigoleit/Vedder Rdn 15; jetzt auch Hüffer/Koch Rdn 11 und 14; aA Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 10; Hüffer 10. Aufl Rdn 14. 54 Siehe nur MünchKommAktG/Pentz Rdn 67 f und 71; KK/Arnold Rdn 18; Hölters/Solveen Rdn 13; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 18.

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ohne weiteres zur Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrages insgesamt (§ 23 Rdn 269) führt. Möglich ist auch ein Verständnis der in Abs 4 getroffenen Regelung, wonach sich diese von vornherein nur auf die Satzung im engeren Sinne des § 23 Abs 3–5, (vgl § 23 Rdn 2) bezieht.55 Die in § 23 Abs 2 geforderten Angaben wären bei dieser Auslegung nicht als Teil der von § 38 Abs 4 gemeinten Satzung zu verstehen. Abs 4 hat in erster Linie Bedeutung für Verhältnisse, die nicht schon kraft zwingenden Rechts in der Satzung geregelt sein müssen. Sie betrifft also nicht die Festsetzungen, die bereits nach § 23 Abs 3 u 4 oder nach Bestimmungen wie § 26 oder § 27 notwendiger Inhalt der Satzung sein müssen. Von der mit Regelung verbundenen Erleichterung betroffen sind danach primär zusätzlich von den Gründern in der Satzung getroffene, also fakultative, Regelungen körperschaftsrechtlicher Art (unechte, individualrechtliche Satzungsbestimmungen mit nur schuldrechtlicher Wirkung unterliegen nicht der Prüfung durch das Registergericht, durch welche die Gründer die gesetzlichen Regelungen des AktG ergänzen oder von ihnen abweichen (§ 23 Abs 5). Auch diese sind damit freilich nicht automatisch prüfungsfest, sondern können noch über Nr 3 in den Fokus der Prüfung geraten(unten Rdn 60). Das Gericht hat die Eintragung bereits dann abzulehnen, wenn einer der in Abs 4 Nr 1–3 genannten Fälle vorliegt.56 Die Gegenauffassung, wonach entweder die Eintragung erst abgelehnt werden, wenn neben dem Nr 1 genannte Fall entweder noch der in Nr 2 oder Nr 3 genannte kumulativ vorliegt57 steht im Widerspruch zum eindeutigen Wortlaut des Abs 4. Zudem heißt es in der Gesetzesbegründung, dass das Gericht die Eintragung wegen eines Mangels oder des Fehlens oder der Nichtigkeit einer Satzungsbestimmung nur ablehnen dürfe, wenn „einer“ der abschließend aufgeführten Gründe vorliege.58 Nach Abs 4 Nr 1 kann das Gericht die Eintragung ablehnen, soweit eine mangelhafte, fehlende oder nichtige Satzungsbestimmung Tatsachen oder Rechtsverhältnisse betrifft, die nach § 23 Abs 3 oder auf Grund anderer zwingender gesetzlicher Vorschriften in der Satzung bestimmt sein müssen oder die in das Handelsregister einzutragen oder von dem Gericht bekanntzumachen sind. Dazu zählen insbesondere die in § 23 Abs 4, § 26 und § 27 geforderten Festsetzungen über Sondervorteile, Gründungsaufwand, Sachübernahmen (einschließlich verdeckter Sacheinlagen). In das Handelsregister einzutragen sind etwa die Vertretungsmacht des Vorstandes oder die begrenzte Dauer der Gesellschaft (§ 39).59 Nach Abs 4 Nr 2 kann das Gericht die Eintragung ablehnen, soweit eine mangelhafte, fehlende oder nichtige Satzungsbestimmung Vorschriften verletzt, die ausschließlich oder überwiegend zum Schutze der Gläubiger der Gesellschaft oder sonst im öffentlichen Interesse gegeben sind. Mit der Aufführung dieser Merkmale, bei deren Erfüllung die Gesellschaft nicht einzutragen ist, nimmt das Gesetz, ohne auf diese Vorschrift direkt zu verweisen, Bezug auf die letzten beiden in § 241 Nr 3 aufgeführten Varianten.60 Ausgeklammert bleiben damit die erste der drei in § 241 Nr 3 genannten Varianten sowie der in § 241 Nr 4 genannte weitere Nichtigkeitsgrund. In der Sache bedeutet dies, dass die Ein-

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55 So etwa MünchKommAktG/Pentz Rdn 68; Hölters/Solveen Rdn 13; Heidel/Terbrack Rdn 20. 56 HM, vgl MünchKommAktG/Pentz Rdn 69; KK/Arnold Rdn 26; Hüffer/Koch Rdn 14; Hölters/Solveen Rdn 14; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 18; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 7; Grigoleit/Vedder Rdn 15; vgl auch o Rdn 48. 57 Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 10. 58 BT-Drucks 13/8444 S 77. 59 Vgl MünchKommAktG/Pentz Rdn 76; KK/Arnold Rdn 27; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 19; Heidel/ Terbrack Rdn 23; Wachter Rdn 29. 60 Vgl insofern auch die Kommentierung zu § 241 Nr 3.

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tragung der Gesellschaft nach dem Willen des Reformgesetzgebers nicht daran soll scheitern dürfen, dass ihr Gesellschaftsvertrag eine einzelne, nicht auf die Satzung insgesamt ausstrahlende Bestimmung enthält, die mit dem Wesen der AG nicht vereinbar ist oder durch ihren Inhalt gegen die guten Sitten verstößt. Dies stellt keine starke Einschränkung der Prüfungskompetenz des Registergerichts dar. Dem Tatbestand des Verstoßes einer Satzungsbestimmung gegen das Wesen der AG (§ 241 Nr 3 Var. 1) kommt insgesamt keine große Bedeutung zu, weil die zwingenden Vorschriften des AktG durchweg – zumindest auch – im Interesse der Gläubiger oder im öffentlichen Interesse, wenn nicht sogar unter beiden Rücksichten, gegeben sind. Dies gilt insbesondere für das öffentliche Interesse, das nach ganz hM61 weit zu verstehen ist. Entscheidend ist allein, dass alle der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung dienenden Normen sowie alle aktienrechtlichen Vorschriften, welche die Verbandsstruktur der AG, ihre Organe, ihre Zusammensetzung, ihre Aufgaben, ihre Kompetenzen und ihr Verhältnis zueinander (einschließlich zwingender mitbestimmungsrechtlicher Vorschriften), die Art und Weise ihrer Willensbildung sowie die Ausgestaltung des Mitgliedschaftsverhältnisses regeln, entweder im öffentlichen Interesse oder im Interesse des Gläubigerschutzes oder im Interesse beider gegeben sind, so dass der Verstoß einer Satzungsregelung gegen eine solche Norm zur Nichtigkeit der betreffenden Bestimmung führt, was die Nichteintragung der Gesellschaft nach § 38 Abs 4 Nr 2 unabhängig davon, ob der Verstoß die Nichtigkeit der gesamten Satzung zur Folge hat, nach sich zieht. § 38 Abs 4 Nr 2 erlangt Bedeutung nur für Satzungsbestandteile, die sich innerhalb der durch das AktG eingeräumten Gestaltungsfreiräume (§ 23 Abs 5) halten, also nicht gegen eine konkrete gesetzliche Verbotsnorm mit dem oben bezeichneten Regelungsgehalt verstoßen, jedoch aus anderen Gründen Mängel aufweisen, die zu ihrer Nichtigkeit führen. Entsprechendes gilt für die Ausklammerung des inhaltlichen Verstoßes einer Satzungsregelung gegen die guten Sitten (§ 241 Nr 4). Soweit eine sittenwidrige Einzelregelung der Satzung zugleich gegen gläubigerschützende oder im öffentlichen Interesse erlassene Normen des AktG verstößt oder zur Nichtigkeit der Satzung insgesamt führt, bleibt es dabei, dass die Gesellschaft nicht eingetragen werden kann (§ 38 Abs 4 Nr 2 und 3). Etwas anderes kann auch hier (s schon oben Rdn 55) nur dann gelten, wenn die betreffende Satzungsregelung gegen keine der gläubigerschützenden oder im öffentlichen Interesse gegebenen zwingenden Normen des Aktien- und Mitbestimmungsrechts verstößt, sich also innerhalb der durch das Aktienrecht gewährten, einer privatautonomen Satzungsgestaltung zugänglichen Freiräume hält, aber aus Gründen anderer Art inhaltlich gegen die guten Sitten verstößt. Zwar fällt es schwer, die darin liegende Unterstellung der Gesetzesverfasser zu akzeptieren, dass § 138 BGB nicht ebenfalls im öffentlichen Interesse gegeben sein soll. Angesichts des im Gesetzestext wohl ausreichend zum Ausdruck gekommenen Willens des Gesetzgebers (Unterscheidung zwischen öffentlichem Interesse und sittenwidrigem Inhalt in § 241 Nr 3 u 4 sowie – teilweise – Wiederaufnahme nur der Tatbestandsmerkmale des § 241 Nr 3 in § 38 Abs 4 Nr 2, s dazu BT Drucks 13/8444 S 78) muss es jedoch hingenommen werden, dass der Registerrichter die Gesellschaft auch dann einzutragen hat, wenn er einzelne Bestimmungen ihrer Satzung für sittenwidrig und damit nichtig (§ 138 BGB) erachtet. Dies muss unabhängig davon gelten, worauf die Sittenwidrigkeit beruht. Darunter fällt nach dem ausdrücklichen Willen

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61 Hüffer/Koch § 241 Rdn 19; Hölters/Englisch § 241 Rdn 63; Spindler/Stilz/Würthwein § 241 Rdn 214; Schmidt/Lutter/Schwab § 241 Rdn 28; jeweils mwN.

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Prüfung durch das Gericht | § 38

des Gesetzgebers auch der Fall, dass die Bestimmung auf eine sittenwidrige Schädigung der Gesellschaftsgläubiger abzielt (BT Drucks 13/8444 S 78). Nach Abs 4 Nr 3 kann das Gericht die Eintragung ablehnen, soweit eine mangelhaf- 60 te, fehlende oder nichtige Satzungsbestimmung die Nichtigkeit der Satzung zur Folge hat. Die Vorschrift bezieht sich auf fakultative und obligatorische Satzungsbestimmungen.62 Der Eintritt einer solchen Gesamtnichtigkeit ist auch bei nicht notwendigen Satzungsbestandteilen nicht selten,63 so wenn infolge Fortfalls der nichtigen Bestimmung grundlegende organisatorische Vorstellungen der Gründer hinfällig werden, die Erreichung der Gesellschaftsziele gefährdet oder das bisher ausgewogene Verhältnis der Rechte und Pflichten der Gesellschafter in der Gesellschaft und zueinander nachhaltig gestört wird, s dazu bereits § 23 Rdn 269. VII. Verfahrensfragen 1. Zuständigkeit und Kosten. Die Zuständigkeit zur Prüfung und Entscheidung 61 über die Eintragung liegt bei dem Gericht, bei dem die Gesellschaft anzumelden ist (Registergericht). Das ist das Amtsgericht (§ 23a Abs 1 Nr 2, Abs 2 Nr 3 GVG iVm § 374 Nr 1 FamFG) am Sitz (§§ 5, 23 Abs 3 Nr 1) der Gesellschaft, § 14. Soll die Gesellschaft einen Doppelsitz haben, so prüfen und entscheiden beide Gerichte unabhängig voneinander.64 Zuständig ist stets der Richter, nicht der Rechtspfleger, §§ 3 Nr 2d, 17 Nr 1a RPflegerG. Das Verfahren bestimmt sich nach dem FamFG und nach §§ 23 ff HRV. Für die durch das Eintragungsverfahren anfallenden Kosten65 haften die in § 36 Abs 1 aufgeführten Gründer und die (bereits durch ihren Vorstand vertretene) AG im Außenverhältnis als Gesamtschuldner (§ 22 Abs 1 GNotKG).66 Im Innenverhältnis können diese Kosten aber bei ordnungsgemäßer Festsetzung in der Satzung (§ 26 Abs 2) von der AG allein zu tragen sein (vgl § 26 Rdn 38). 2. Eintragung. Entsprechen Errichtung und Anmeldung in jeder Beziehung den ge- 62 setzlichen Vorschriften, so ist die Gesellschaft einzutragen, § 27 HRV. Anderenfalls ist die Errichtung oder Anmeldung nicht ordnungsgemäß iS des § 38 Abs 1 Satz 1 und der in der Anmeldung liegende Eintragungsantrag durch Beschluss des Gerichts ist abzuweisen, § 38 Abs 1 Satz 2. Für den Eintritt dieser Rechtsfolge macht es im Grundsatz keinen Unterschied, ob der Errichtungs- oder Eintragungsmangel die allgemeinen Prüfungsgegenstände des § 38 Abs 1 Satz 1 (oben Rdn 18 ff) oder – vorbehaltlich der hier geltenden Besonderheiten (oben Rdn 27 ff) – die besonderen Prüfungsgegenstände des § 38 Abs 2 betrifft. Das Eintragungshindernis besteht auch dann, wenn die Mängel nur einzelne Punkte betreffen. Die Gesellschaft kann selbst dann nicht „teilweise“ eingetragen werden, wenn der betreffende Punkt an sich unwesentlich ist oder wie bei einer vereinzelten gesetzwidrigen Satzungsbestimmung an seine Stelle ohne weiteres die gesetzliche Regelung treten könnte (unstr). Bei behebbaren Mängeln hat das Gericht (OLG Hamm NJW

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62 MünchKommAktG/Pentz Rdn 73; KK/Arnold Rdn 29; Heidel/Terbrack Rdn 25. 63 Anders KK/Arnold Rdn 29. 64 OLG Düsseldorf AG 1988, 50 f; MünchKommAktG/Pentz Rdn 9; KK/Arnold Rdn 30; Hüffer/Koch Rdn 15; Hölters/Solveen Rdn 15; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 22; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 3; Heidel/ Terbrack Rdn 26; Grigoleit/Vedder Rdn 16. 65 § 58 Abs 1 Nr 1 GNotKG iVm § 1 HRegGebV (Gebühr), § 14 GNotKG (Auslagen). 66 BGHZ 107, 1, 4 = NJW 1989, 1610; MünchKommAktG/Pentz Rdn 16; KK/Arnold Rdn 37; Spindler/ Stilz/Döbereiner Rdn 18; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 34; Hüffer/Koch Rdn 18; Hölters/Solveen Rdn 17; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 3; Heidel/Terbrack Rdn 34; aA noch BayObLGZ 1973, 235 = AG 1974, 22; Geßler/Eckardt Rdn § 39 Rdn 19: nur die eingetragene Gesellschaft.

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1963, 1554; hM) den Beteiligten vor der endgültigen Abweisung der Anmeldung durch Zwischenverfügung nach § 382 Abs 4 FamFG iVm § 25 Abs 1 Satz 3 HRV Gelegenheit zur Beseitigung des Eintragungshindernisses zu geben. Bei Überbewertung einer Sacheinlage kann das Eintragungshindernis durch Zahlung der Differenz in Geld behoben werden, dazu bereits § 27 Rdn 208. Auf dem Wege der Zwischenverfügung ist auch bei Zweifeln des Gerichts an der Ordnungsmäßigkeit bestimmter Punkte vorzugehen. Den Beteiligten ist die Möglichkeit zu gewähren, sich zu äußern und den Sachverhalt klarzustellen. Hängt die Eintragung von der Beurteilung eines streitigen Rechtsverhältnisses ab, so kann auch eine Aussetzungsverfügung in Betracht kommen (KG NJW 1967, 401 f; s dazu § 381 FamFG). Bei nicht behebbaren Mängeln kann das Gericht, anstatt den Eintragungsantrag sofort abzulehnen, auch Rücknahme der Anmeldung anregen, um den Anmeldern Kosten zu ersparen (OLG Hamm OLGZ 1973, 265, 266 f). 63

3. Rechtsbehelfe gegen ablehnende Entscheidungen und Zwischenverfügungen. Gegen die die Eintragung ablehnende Entscheidung des Registergerichts sowie gegen Zwischenverfügungen steht den Beteiligten Beschwerde mit Monatsfrist zu (§§ 58, 63 Abs 1 FamFG). Beschwerdeberechtigt (§ 59 FamFG) ist jedenfalls die Vor-AG, vertreten durch ihren Vorstand (BGHZ 117, 323). Nach ganz herrschender Auffassung soll das Beschwerderecht auch den Gründern zustehen.67 Das trifft schon deshalb zu, weil sie die Anmeldung auch in eigenem Namen zur Verfolgung ihres eigenen Rechts auf Gründung vornehmen (§ 36 Rdn 24, insoweit freilich entgegen der hM). Dies ist zugleich der Grund, warum es entgegen der Voraufl. § 36 Rdn 18 nicht allen „Anmeldern“ zusteht.68 Mitglieder von Vorstand und Aufsichtsrat handeln nicht für sich, sondern im Namen der AG. Aus der Höchstpersönlichkeit und Haftungsbewehrung ihrer Erklärungen folgt nichts anderes. Dabei sollen sie nach einer Auffassung nur gemeinsam handeln können, da sie auch nur gemeinsam zur Anmeldung berechtigt sind.69 Daran ist jedoch mit Blick auf das Recht jedes einzelnen Gründers, von den anderen die Mitwirkung zu verlangen (§ 36 Rdn 12), sowie aus prozessökonomischen Gründen nicht festzuhalten.70 Die Agnostik der anderen kann nicht als eine – freilich jederzeit mögliche und dann die Eintragung hindernde – Rücknahme ihrer übereinstimmenden Anmeldungen angesehen werden. Gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist nach §§ 70 ff FamFG die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht. Gegen die Eintragung ist kein Rechtsmittel gegeben.71

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67 Ganz hM MünchKommAktG/Pentz Rdn 14; KK/Arnold Rdn 34; Spindler/Stilz/Döbereiner, Rdn 15; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 23; Hüffer/Koch Rdn 17; Hölters/Solveen Rdn 16; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2; Heidel/Terbrack Rdn 6; unentschieden Grigoleit/Vedder Rdn 19; siehe auch – freilich noch vor BGHZ 117, 323, das die Anmeldung im Namen der Vor-AG anerkannte – BayObLG BB 1984, 71; KG OLGR 41, 208. 68 Heute praktisch unstr, siehe die Nachweise in voriger Fn. 69 BayObLGZ 1983, 250, 252 = BB 1984, 71; KG OLGR 41, 208; Hüffer/Koch Rdn 17; Hölters/Solveen, Rdn 16; Geßler/Eckardt Rdn 27. 70 MünchKommAktG/Pentz Rdn 14; KK/Arnold Rdn 34; Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 15; Schmidt/ Lutter/Kleindiek Rdn 23; Bürgers/Körber/Lohse Rdn 2; Heidel/Terbrack Rdn 6. 71 Unstr, vgl auch BGHZ 104, 61, 63.

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Inhalt der Eintragung | § 39

§ 39 Inhalt der Eintragung 2. Teil – Gründung der Gesellschaft Inhalt der Eintragung § 39 Röhricht/Schall (1) 1 Bei der Eintragung der Gesellschaft sind die Firma und der Sitz der Gesellschaft, eine inländische Geschäftsanschrift, der Gegenstand des Unternehmens, die Höhe des Grundkapitals, der Tag der Feststellung der Satzung und die Vorstandsmitglieder anzugeben. 2 Wenn eine Person, die für Willenserklärungen und Zustellungen an die Gesellschaft empfangsberechtigt ist, mit einer inländischen Anschrift zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet wird, sind auch diese Angaben einzutragen; Dritten gegenüber gilt die Empfangsberechtigung als fortbestehend, bis sie im Handelsregister gelöscht und die Löschung bekannt gemacht worden ist, es sei denn, dass die fehlende Empfangsberechtigung dem Dritten bekannt war. 3 Ferner ist einzutragen, welche Vertretungsbefugnis die Vorstandsmitglieder haben. (2) Enthält die Satzung Bestimmungen über die Dauer der Gesellschaft oder über das genehmigte Kapital, so sind auch diese Bestimmungen einzutragen. I. II. III. IV.

Systematische Übersicht Vorgeschichte | 1 Der notwendige Inhalt der Eintragung nach § 39 Abs 1 | 2 Empfangsberechtigte Person nach § 39 Abs 1 Satz 2 | 7 Zusätzlicher Inhalt der Eintragung nach § 39 Abs 2 | 10

V.

VI.

Weitere Eintragungen; Ort der Eintragung; Bekanntgabe der Eintragung | 13 Wirkung der Eintragung; Eintragungsmängel | 14

I. Vorgeschichte Das AktG 1965 hatte zunächst die Bestimmung des § 32 AktG 1937 (noch früher § 198 1 HGB) unverändert übernommen. Eine Änderung brachte sodann das Gesetz zur Durchführung der Ersten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts v 15.8.1969 (BGBl I 1146). Da nach dieser Richtlinie (neugefasst 2009/101/EG) die Vertretungsbefugnis der Vorstandsmitglieder selbst dann in das Handelsregister einzutragen ist, wenn sie nicht vom Gesetz abweicht, wurde parallel zu der Anmeldebestimmung des § 37 Abs 3 Nr 2 der jetzige § 39 Abs 1 Satz 2 eingefügt. Infolgedessen konnte in Abs 2 die Vorschrift, dass auch etwaige Bestimmungen der Satzung über die Befugnis der Vorstandsmitglieder (oder Abwickler) zur Vertretung der Gesellschaft einzutragen seien, gestrichen werden; s dazu auch die Ausführungen in § 37 Rdn 2 und 42. Zwei weitere Änderungen brachte das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) v 23.10.2008 (BGBl I 2026). Durch dieses wurde Abs 1 Satz 1 dahingehend ergänzt, dass auch eine inländische Geschäftsanschrift anzugeben ist. Ferner wurde Abs 1 Satz 2 eingefügt. Der damalige Abs 1 Satz 2 wurde zum heutigen Abs 1 Satz 3. II. Der notwendige Inhalt der Eintragung nach § 39 Abs 1 Um die als unerlässlich angesehene Publizität der wesentlichen Verhältnisse der Ge- 2 sellschaft sicherzustellen, verlangt das Gesetz zwingend folgende Angaben: 1. Die Firma der Gesellschaft (§§ 4, 23 Abs 3 Nr 1), und zwar einschließlich aller zu ihr gehörenden Firmenzusätze.1

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MünchKommAktG/Pentz Rdn 8; KK/Arnold Rdn 6.

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§ 39 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

2. 3. 4. 5. 6.

Der Sitz der Gesellschaft (§§ 5, 23 Abs 3 Nr 1), bei Doppelsitz (vgl § 38 Rdn 61) beide, Die inländische Geschäftsanschrift (vgl § 37 Abs 3 Nr 1), Der Gegenstand des Unternehmens (§§ 3 Abs 1, 23 Abs 3 Nr 2), Die Höhe des (satzungsmäßigen, nicht des eingezahlten) Grundkapitals (§§ 7, 23 Abs 3 Nr 3), Der Tag der Feststellung der Satzung (§ 23 Abs 1).

Ist die Satzung nicht an einem Tag festgestellt worden, so sind sämtliche Tage anzugeben, an denen Beurkundungen stattgefunden haben, mag es sich um eine zeitlich auseinandergezogene Feststellung der Satzung in mehreren aufeinander Bezug nehmenden Urkunden (§ 23 Rdn 55 ff), um Nachträge zum Zwecke der Heilung von Gründungsmängeln (§ 23 Rdn 275) oder um die Beurkundung späterer Satzungsänderungen handeln. Der Sinn der Eintragung des Feststellungsdatums im Handelsregister verlangt, dass alle der Satzungsfeststellung zugrundeliegenden Urkunden mit ihrem Datum erfasst werden. Als maßgeblich einzutragen ist der Beurkundungstag als solcher, nicht derjenige, an dem etwa erforderliche Genehmigungen erteilt worden sind. 7. Die Mitglieder (auch die stellvertretenden, § 94) des Vorstandes. Die Angabe des 4 Vor- und Familiennamens, des Geburtsdatums und des Wohnortes (Gemeinde) genügt (vgl § 43 Nr 4 b) HRV); Anschrift und Bestellungsdauer brauchen nicht angegeben zu werden. Der Vorstandsvorsitzende ist besonders zu bezeichnen (§ 43 Nr 4 b) HRV). Die Urkunden über die Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder sind zwar nach § 37 Abs 4 Nr 3 a) bei der Anmeldung beizufügen. Name, Geburtsdatum und Wohnort der Aufsichtsratsmitglieder werden aber lediglich in den Registerordner eingestellt, §§ 8, 9 HRV; sie werden nicht im Handelsregister eingetragen. Das dient dem Schutz des Persönlichkeitsrechts der betreffenden Personen. 8. Die Vertretungsbefugnis der einzelnen Vorstandsmitglieder, dazu schon oben 5 Rdn 1 und § 37 Rdn 2 und 49 ff. Einzutragen ist also entsprechend der Angabe in der Anmeldung, § 37 Abs 3 Nr 2, wie die einzelnen Vorstandsmitglieder die Gesellschaft vertreten. Gleichgültig ist dabei, ob ihre Vertretungsbefugnis auf Gesetz, Satzung oder Aufsichtsratsbestimmung beruht. 9. Der Tag der Eintragung der Gesellschaft. Dies folgt allerdings nicht aus § 39, 6 sondern aus § 27 Abs 4 HRV und § 10 Abs 3 VRV, welche die Eintragung im Gegensatz zur allgemeinen Vorschrift des § 382 Abs 2 FamFG zwingend machen.2 Dem Tag der Eintragung kommt besondere Bedeutung zu, weil durch die Eintragung die AG als juristische Person entsteht, § 41 Abs 1 Satz 1. Außerdem hat er Bedeutung für den Tag des Verjährungsbeginns nach § 51 und etwaiger Differenzhaftungsansprüche der Gesellschaft gegen ihre Gründer, dazu näher bei § 41. Nach allgemeiner Meinung3 ist der Beweis der Unrichtigkeit des eingetragenen Datums zulässig. Eine versehentlich unrichtige Datumsangabe ist auch von Amts wegen zu berichtigen. 3

III. Empfangsberechtigte Person nach § 39 Abs 1 Satz 2 7

Anders als die in § 39 Abs 1 Satz 1 und 3 genannten Angaben zählt die Angabe einer Person mit inländischer Anschrift, die für Willenserklärungen und Zustellungen an die

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BeckOKFamFG/Munzig § 382 Rdn 43. MünchKommAktG/Pentz Rdn 19; KK/Arnold Rdn 3; Hüffer/Koch Rdn 1; Scholz/Veil § 10 Rdn 19.

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Inhalt der Eintragung | § 39

Gesellschaft empfangsberechtigt ist, nicht zum notwendigen Inhalt der Eintragung. Satz 2 räumt lediglich eine Option zur Anmeldung unter Benennung einer solchen Person ein, von der nicht Gebrauch gemacht werden muss. Diese Angaben sind eintragungsfähig aber nicht eintragungspflichtig. Wird von der Option jedoch Gebrauch gemacht, so sind die empfangsberechtigte Person und ihre inländische Anschrift in das Handelsregister einzutragen. Grund für die Option der Anmeldung und Eintragung einer empfangsberechtigten Person ist, dass Gesellschaften, denen nicht dauerhaft oder nicht zuverlässig zugestellt werden kann, auf diese Weise eine öffentliche Zustellung nach § 15a HGB, § 185 Nr 2 ZPO verhindern können sollen,4 vgl auch Kommentierung zu § 78 Abs 2 Satz 4. Die öffentliche Zustellung war eine Reaktion des MoMiG (Rn 1) auf Missbräuche im Zusammenhang mit der Bestattung von Unternehmen. Ihre Einführung war aufgrund prinzipieller zivilprozessualer Erwägungen gegen diese „virtuelle“ Zustellung rechtspolitisch umstritten. Die eröffnete Option mildert die damit verbundenen Bedenken ab, indem sie der Gesellschaft an die Hand gibt, selbst dafür zu sorgen, dass eine geeignete Empfangsperson bestellt wird, an welche die Zustellungen dann tatsächlich erfolgen können. Die Vorschrift stellt keinerlei Anforderungen an die Qualifikation der empfangsbe- 8 rechtigten Personen. Insbesondere kommen Notare, Rechtsanwälte oder Steuerberater in Betracht. Satz 2 Halbsatz 2 enthält eine Fiktion der fortbestehenden Empfangsberechtigung 9 bis zum Zeitpunkt in dem die Empfangsberechtigung im Handelsregister gelöscht und die Löschung bekannt gemacht worden ist. Diese Fiktion gilt nicht, wenn dem Dritten die fehlende (keine Erteilung oder Widerruf) Empfangsberechtigung bekannt war. Grund für diese Fiktion ist, dass § 15 HGB mangels einer eintragungspflichtigen Tatsache keine Anwendung findet. IV. Zusätzlicher Inhalt der Eintragung nach § 39 Abs 2 Außer den nach § 39 Abs 1 Satz 1 und 3 in jedem Falle vorzunehmenden Eintragun- 10 gen sind, wenn die Satzung durch das Vorhandensein entsprechender Bestimmungen Anlass dazu gibt, noch zusätzliche Eintragungen vorzunehmen. Einzutragen sind danach auch 10. Eine Bestimmung der Satzung über die Dauer der Gesellschaft; ist die Zeit be- 11 stimmt, so ist die AG mit deren Ablauf ohne besonderen Beschluss aufgelöst (§ 262 Abs 1 Nr 1); 11. Eine Bestimmung über genehmigtes Kapital (§§ 202 ff); ist darüber hinaus schon 12 während des Gründungsstadiums bedingtes Kapital (§ 192) geschaffen worden, so ist auch der darüber gefasste Beschluss wenn auch nicht notwendigerweise bei Eintragung der Gesellschaft,5 nach § 195 einzutragen. V. Weitere Eintragungen; Ort der Eintragung; Bekanntgabe der Eintragung Die Aufzählung der vorstehend aufgeführten Tatsachen ist abschließend. Die Ein- 13 tragung weiterer die Gründung betreffender Tatsachen wäre registerrechtlich nicht zu-

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4 MünchKommAktG/Pentz Rdn 19a; KK/Arnold Rdn 13; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 6; Hölters/Solveen Rdn 11. 5 MünchKommAktG/Pentz Rdn 18; Hüffer/Koch Rdn 4; KK/Arnold Rdn 18; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 7; Heidel/Terbrack Rdn 8; Wachter Rdn 17; Grigoleit/Vedder Rdn 2.

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§ 39 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

lässig. Die Eintragungen erfolgen in Abt B des Handelsregisters (§ 43 HRV). Nach § 383 Abs 1 FamFG soll die Eintragung den Beteiligten mitgeteilt werden. Auf die Mitteilung kann verzichtet werden. Von dieser Mitteilung gegenüber den Beteiligten (Eintragungsnachricht) ist die in § 10 HGB geregelte Publikation zu unterscheiden. VI. Wirkung der Eintragung; Eintragungsmängel Die Eintragung bringt die juristische Person zur Entstehung, § 41 Abs 1 Satz 1. Dies gilt auch dann, wenn die Eintragung wegen Fehlens von Eintragungsvoraussetzungen (s dazu die Erläuterungen zu §§ 36 und 37) nicht hätte erfolgen dürfen. Gründungsmängel werden – von wenigen Ausnahmen abgesehen – durch die Eintragung geheilt, dazu im Einzelnen §§ 397, 399 FamFG und §§ 275, 276 samt der dortigen Erläuterungen sowie § 23 Rdn 278 ff. Anders verhält es sich, wenn das Gericht die Eintragung ohne Anmeldung oder ohne den Willen einer zur Mitwirkung bei der Eintragung nach § 36 berufenen Person vorgenommen hat, dazu § 36 Rdn 28. In diesem Fall kann das Registergericht die Eintragung nach § 395 FamFG von Amts wegen löschen. Sind die Eintragungsvoraussetzungen erfüllt, hat das Registergericht aber einzel15 ne Eintragungen unrichtig oder unvollständig vorgenommen, so wird die Wirksamkeit der betreffenden Satzungsbestimmung dadurch nicht berührt. Sie ist unter den Aktionären der AG uneingeschränkt wirksam. Es fehlt ihr allerdings die durch die Eintragung und Bekanntmachung vermittelte Registerpublizität; infolgedessen kann sie möglicherweise Dritten nicht entgegengehalten werden (dazu näher § 15 HGB). Das Registergericht ist nach § 17 HRV berechtigt und verpflichtet, offenbar fehlerhafte Eintragungen von Amts wegen zu berichtigen. Die Anmelder können auf eine solche Berichtigung durch formlosen Antrag oder Beschwerde nach §§ 58 ff FamFG hinweisen. Eine Ausnahme soll für den Fall gelten, dass die Identität der Gesellschaft infolge 16 der unrichtigen oder unvollständigen Eintragung nicht mehr zweifelsfrei feststellbar ist.6 Wesentlich ist dabei vor allem die Bezeichnung der Gesellschaft. Lässt diese über die Identität der Gesellschaft keinen Zweifel, so werden selbst Ungenauigkeiten, die bei Eintragung der Firma unterlaufen sind, die Identifizierbarkeit nicht ernstlich in Frage stellen und deshalb auch die Entstehung der AG nicht hindern. Noch weniger wird dies bei unrichtiger Eintragung des Sitzes der Fall sein, es sei denn, dass dadurch eine Verwechslung mit einer anderen AG ermöglicht wird. Die unrichtige Eintragung des Gegenstandes des Unternehmens kann Zweifel an der Identität der Gesellschaft wohl nur unter besonderen Umständen begründen, die unrichtige Eintragung der Höhe des Grundkapitals wohl kaum jemals.7 Letztlich kommt in diesen Fällen alles auf die besonderen Umstände des konkreten Einzelfalles an.

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6 Ganz hM, MünchKommAktG/Pentz Rdn 23; KK/Arnold Rdn 21; Schmidt/Lutter/Kleindiek Rdn 8; Hüffer/ Koch Rdn 6; Grigoleit/Vedder Rdn 6; ebenso die hM im Recht der GmbH, s Roth/Altmeppen § 10 Rdn 11; Scholz/Veil § 10 Rdn 21; Michalski/Tebben § 10 Rdn 23; MünchKommGmbHG/Herrler § 10 Rdn 37, aA wohl Spindler/Stilz/Döbereiner Rdn 19 mit Fn 14; KK/Kraft Voraufl, Rdn 9. 7 Ähnlich, wenn auch mit geringen Nuancen die in der vorigen Fn Genannten.

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Bekanntmachung der Eintragung | § 40

§ 40 (aufgehoben) Bekanntmachung der Eintragung 2. Teil – Gründung der Gesellschaft Bekanntmachung der Eintragung § 40 Röhricht/Schall

(1) In die Bekanntmachung der Eintragung sind außer deren Inhalt aufzunehmen 1. die Festsetzungen nach § 23 Abs 3 und 4, §§ 24, 25 Satz 2, §§ 26 und 27 sowie Bestimmungen der Satzung über die Zusammensetzung des Vorstands; 2. der Ausgabebetrag der Aktien; 3. Name, Beruf und Wohnort der Gründer; 4. Name, Beruf und Wohnort der Mitglieder des ersten Aufsichtsrats. (2) Zugleich ist bekanntzumachen, dass die mit der Anmeldung eingereichten Schriftstücke, namentlich die Prüfungsberichte der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats sowie der Gründungsprüfer, bei dem Gericht eingesehen werden können. § 40 AktG 1965 war sachlich unverändert mit nur geringen sprachlichen und redak- 1 tionellen Anpassungen aus § 33 AktG 1937 übernommen worden. Er ordnete besondere Ergänzungen zum Inhalt der Bekanntmachung nach § 10 HGB an. Die Aufhebung erfolgte durch Art 9 Nr 2 EHUG vom 10.11.2006 (BGBl I S 2553), weil die Bekanntmachung exakt der Eintragung entsprechen und keine weiteren Informationen mehr bieten sollte. Zugleich wurden die Parallelvorschriften in §§ 45 Abs 3 aF, 190, 196 aufgehoben.

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§ 40 | 2. Teil – Gründung der Gesellschaft

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Sachregister

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Sachregister Sachregister

Die fetten Zahlen verweisen auf die Paragrafen, die mageren Zahlen verweisen auf die Randnummern. Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern – erster Aufsichtsrat 30 15 ff – Gründung der Aktiengesellschaft 30 15 ff Abschlussprüfer – Bestellung des ersten Abschlussprüfers 30 24 ff – Gründung der Aktiengesellschaft 30 24 ff Abtretung – Nebenabreden 23 330 ff – Sacheinlage 27 182 – Sondervorteil 26 24 ff Abverfügungen – Anmeldung zum Handelsregister 37 33 Abwicklungserlös – Satzungsstrenge 23 182 Agio – Gründungsprüfung 34 12 – Satzung 23 104 Aktie – Umwandlung von Aktien s dort – Aktienübernahme s dort Aktiengattungen – Aktienübernahme 23 105 – Satzung 23 156 Aktiengesetz 1937 – Anmeldung zum Handelsregister 36 1 – Bekanntmachungen der Gesellschaft 25 1 – Eintragung der Gesellschaft 39 1 – Errichtung der Gesellschaft 29 1 – erster Abschlussprüfer 30 1 – erster Aufsichtsrat 30 1 – erster Vorstand 30 1 – Gründungsaufwand 26 1 – Gründungsbericht 32 1 – Gründungsprüfung 33 1 34 1 35 1 – Inhalt der Anmeldungen 37 1 – Sacheinlage 27 1 – Sachgründung 31 1 – Sachübernahmen 27 1 – Sondervorteil 26 1 – Umwandlung von Aktien 24 1 Aktiengesetz 1965 – Abschlussprüfer 30 1 – Eintragung der Gesellschaft 39 1 – Errichtung der Gesellschaft 29 1 – erster Aufsichtsrat 30 1 – erster Vorstand 30 1 – Gründungsbericht 32 1 – Gründungsprüfung 33 1 – Sacheinlage 27 1 – Sachgründung 31 1 – Sachübernahmen 27 1

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– Satzung 23 1 – Umwandlung von Aktien 24 1 Aktienübernahme 23 93 ff – Aktiengattung 23 105 – Ausgabebetrag der Aktien 23 104 – Bedingungen 23 96 f – eingezahlter Betrag des Grundkapitals 23 106 – Feststellung der Satzung 23 99 – Gründer 23 101 – Gründungsprüfung 33 23 ff 34 7 – Nennbetrag 23 102 – Rechtsnatur der Übernahmeerklärung 23 93 ff – Vertretung 23 98 – Vorgründungsvertrag 23 336 – Willenserklärung 23 95 Altgesellschaften – Unternehmensgegenstand 23 151 Amtsdauer – erste Aufsichtsratsmitglieder 30 10 ff – erste Vorstandsmitglieder 30 31 Amtsniederlegung – erste Aufsichtsratsmitglieder 30 15 ff – erste Vorstandsmitglieder 30 31 Andienungspflichten – Nebenabreden 23 308 f Anlegerschutz 27 3 ff Anmeldung zum Handelsregister 37 1 ff – Abreden über Mittelrückfluss 37 33 – Absehen von externer Gründungsprüfung 37a 3 – Abverfügungen 37 33 – Anfechtung 36 30 – Anlagen 37 55 ff, 37a 13 f – Anmeldepflicht 36 11 ff – Anmeldepflichtige 36 9 f – Ausscheiden eines Verwaltungsmitgliedes 36 34 – Bankbestätigung 37 25 ff – Bareinlage s dort – Bericht des Gründungsprüfers 37 60 – Bestätigung des Kreditinstituts 37 25 ff – Bestellung des Aufsichtsrates 37 58 – Bestellung des Vorstands 37 58 – Bestellungshindernisse 37 42 ff – Bewertung der Sacheinlage 37a 7 – Bewertung der Sachübernahme 37a 7 – Bote 36 21 – Einreichung 36 21 – Eintragungshindernisses wegen Fehlens der freien Verfügung 36 98 ff – Einzahlung unter Auflagen 37 33 – Erklärung bei Sacheinlagen 37 39 ff

Sachregister

– Erklärung bei vereinfachter Sachgründung 37a 2 ff – Erklärung der Anmelder 37 10 ff – Erklärung über eine vereinfachte Sachgründung ausschließende Umstände 37a 8 ff – Erzwingung der Anmeldung 36 13 – fehlende freie Verfügung über das Konto 37 33 – fehlende Gutschrift auf dem Konto 37 33 – fehlende Zweckbestimmung 37 33 – Form 36 8 – Form der Einreichung 37 61 – Gegenstand 36 6 – Gegenstand der Erklärung 37 10 – Gegenstand der Sacheinlage 37a 4 f – Gegenstand der Sachübernahme 37a 4 f – Geschäftsunfähigkeit einer zur Anmeldung berufenen Person 36 34 – gesetzliche Vertretung 36 22 – Gründungsaufwand 37 57 – Gründungsbericht 37 60 – Gründungsprüfer 37 60 – Haftung des Kreditinstituts 37 36 ff – historische Entwicklung 36 1, 37 1 ff – Inhalt der Erklärung 37 15 ff, 37a 2 ff – Kontobelastungen 37 33 – Kreditinstitut 37 25 ff, 36 ff – Liste der Aufsichtsratsmitglieder 37 59 – Mitwirkungspflicht der Veraltungsmitglieder 36 16 ff – Nachweispflicht 37 20 ff – Offenlegung des Hin- und Herzahlens 27 403 ff – öffentlich-rechtliche Pflicht 36 11 – Ordnungsgemäßheit der Anmeldung 38 21 ff – Pfändungen 37 33 – Prüfungsbericht des Aufsichtsrates 37 60 – Prüfungsbericht des Vorstands 37 60 – Publizitätsrichtlinie 37 2 f – Rechtsnatur 36 3 ff – Regelungsgegenstand des § 37 37 9 – Registerkontrolle 38 21 ff – Rücknahme des Eintragungsantrages 36 29 – Sacheinlage 37 39 ff, 57, 37a 4 f – Sachgründung 37a 1 ff – Sachgründung ohne externe Gründungsprüfung 37a 1 ff – Sachübernahme 37 57, 37a 4 f – Satzung 37 56 – Scheingutschrift auf dem Konto 37 33 – Sondervorteil 37 57 – Stellvertretung 36 20 f – Tod eines Verwaltungsmitgliedes 36 34 – unrichtige Bankbestätigung 37 33 ff – unvollständige Anmeldung 36 25 ff – Verbrauch der eingezahlten Mittel 37 21 ff – vereinfachte Sachgründung 37a 1 ff

– Verpflichtung 36 11 ff – Versicherung über das Nichtbestehen von Bestellungshindernissen 37 42 ff – Verstoß 37 62 f, 37a 15 – Vertretungsbefugnis 37 49 ff – Vor-AG 36 23 – Wechsel einer zur Anmeldung berufenen Person 36 34 ff – Wegfall einer zur Anmeldung berufenen Person 36 34 ff – Weigerung eines Verwaltungsmitgliedes 36 16 ff – Wert der Sacheinlage 37a 6 f – Wert der Sachübernahme 37a 6 f – Widerruf der Anmeldung 36 29, 31 ff – Zeitpunkt für die Richtigkeit der Bankbestätigung 37 34 – Zeitpunkt für die Richtigkeit des Erklärten 37 12 ff – zivilrechtliche Verpflichtung 36 12 ff – Zuständigkeit 36 7 – Zweck 36 2 – Zweck der Erklärungen 37 11 – Zweckbestimmung der Einlage 37 33 Anrechnungslösung 27 354 ff – Beweislast 27 360 – Durchführung 27 361 ff – Sonderfälle 27 364 ff – verdeckte gemischte Sacheinlage 27 365 – verdeckte Mischeinlage 27 364 – verdeckte Sacheinlage 27 341, 354 ff – Voraussetzungen 27 354 f – Wirkung der Anrechnung 27 357 ff – Zeitpunkt 27 359 Anschaffungs- und Herstellungskosten – Gründungsbericht 32 14 ff – Begriff 32 16 Anstellungsvertrag – erster Vorstand 30 31 – Satzung 23 21 Arglistige Täuschung – Gründungsmängel 23 283 ARUG – Anmeldung zum Handelsregister 37a 1 – Gründungsprüfung bei vereinfachter Sachgründung 33a 1 – Legalisierung des einfachen Hin- und Herzahlens 27 368 ff, 373 ff – Registerkontrolle 38 36 – verdeckte Sacheinlage 27 267 Auflösung der Gesellschaft – Satzungsstrenge 23 229 ff Aufsichtsrat – Anmeldung zum Handelsregister 37 60 – Bestellung 30 3 ff – erster Aufsichtsrat s dort

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– Gründung der Aktiengesellschaft 30 3 ff – Gründungsprüfung 33 3 ff – Nebenabreden über die Besetzung 23 300 – Notwendigkeit der Bestellung 30 2, 9 – Sachgründung 31 5 ff s auch dort – Satzungsstrenge 23 197 ff – Zusammensetzung 30 7 f – zweiter Aufsichtsrat 30 21 ff Aufsichtsratsmitglieder – Amtsdauer 30 10 ff – Anmeldung zum Handelsregister 36 9 f, 16 ff – Familienzugehörigkeit 23 246 – Satzung 23 21 Ausgabebetrag der Aktien – Aktienübernahme 23 104 Auskunftsrecht des Aktionärs – Gründungsprüfer 35 3 f – Satzungsstrenge 23 246 Auslandsbeurkundungen 23 67 ff – Belehrungen 23 76, 83 – Gleichwertigkeit 23 75, 79 ff – Konsul 23 66 – Ortsform 23 68 ff – Unmaßgeblichkeit der Einhaltung der Ortsform 23 68 ff – Urkundsperson 23 75, 79 ff – Zulässigkeit 23 75 ff Auslegung der Satzung 23 37 ff – ausgeschlossene Auslegungsmittel 23 47 – Auslegungskompetenz der Hauptversammlung 23 52 f – einheitliche Auslegung 23 48 f – ergänzende Auslegung 23 50 – individualrechtliche Satzungsbestandteile 23 54 – körperschaftsrechtliche Bestandteile 23 37 ff – Nachprüfbarkeit durch das Revisionsgericht 23 51 – objektive Satzungsauslegung 23 37 ff – Revisionsinstanz 23 51 – Sinnzusammenhang 23 38, 41 – Willensauslegung 23 38 f. – Wortlaut 23 38, 41 – Zweckauslegung 23 41 Bankbestätigung – Anmeldung zum Handelsregister 37 25 ff – unrichtige Bankbestätigung 37 33 ff Banken – Unternehmensgegenstand 23 147 Bareinlage 36 42 ff 36a 2 – Abgrenzung zur Sacheinlage bei Bezahlung von Altschulden 27 23 ff, 98 – Anmeldung 36 202

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– auflösende Bedingung 36 204 – aufschiebende Bedingung 36 203 – Ausnahmen vom Rückflussverbot 36 58 ff – Bedingung der Anmeldung oder Eintragung 36 202 ff – debitorisches Konto 36 121, 125 ff – Dritte 36 68 ff – Einforderung 36 111 f – Einpersonen-Aktiengesellschaft 36 206 ff – Eintragungsvoraussetzung 36 105 – Einwirkungsmöglichkeiten der kontoführenden Bank 36 198 – Einzahlung auf ein Konto 36 193 ff – Empfangszuständigkeit 36 120 ff – endgültig freie Verfügung 36 95 ff – fehlender effektiver Mittelzufluss 36 149 ff – freie Verfügung des Vorstands 36 90 ff, 135 ff – Freiheit der Mittelverwendung gegenüber den Gründern 36 61 ff – Freiheit der Mittelverwendung gegenüber Dritten 36 68 ff – freiwillige Mehrleistungen 36 106 – gemischte Einlage 36 209 – gesperrtes Konto 36 124 – Kapitalaufbringung 36 42 ff – Kapitalerhöhung 36 135 ff – Kontopfändung 36 123 f, 126 ff – maßgeblicher Zeitpunkt der endgültig freien Verfügung 36 95 ff – Mindesthöhe 36a 2 – ordnungsgemäße Einzahlung 36 113 ff – Regelungszweck 36 53 ff – Registerkontrolle 38 21 f – Rückabwicklung bei Scheitern der Gründung 36 205 – Rückflussverbot 36 53 ff – Rückflussvereinbarungen 36 147, 157 – Rückzahlungsvereinbarungen 36 156 ff – Scheinzahlungen 36 148 – Sonderfälle 36 201 ff – systematische und teleologische Einordnung 36 42 ff – systematischer Zusammenhang von § 54 Abs. 3 und § 36 Abs. 2 36 90 ff – Umwandlung in eine Sacheinlage 27 425 – uneigennützige Treuhand 36 201 – uneingeschränkter Verfügungsbereich 36 141 ff – verdeckte Sacheinlage 27 287 ff, 36 172 ff – Verwaltungstreuhand 36 201 – Verwendungsabsprachen 36 176 ff – Vorauszahlungen 36 107 ff – vorbehaltlose Kapitalaufbringung 36 49 ff – Vorgeschichte der Regelung 36 49 ff – wertgleiche Deckung 36 182 ff

Sachregister

– wertmäßige Vorhaltung 36 181 ff – Zahlungen auf die künftige Einlageschuld 36 107 ff – Zession der Einlageforderung 36 122 Bedingtes Kapital – Eintragung der Gesellschaft 39 12 Beirat – Satzungsstrenge 23 246 Beitrittserklärung – Gründungsmängel 23 273 – Registerkontrolle 38 18 Bekanntmachung der Gesellschaft 25 1 ff – Aktiengesetz 1937 25 1 – außerhalb der Gesellschaftsblätter 25 4 ff – Einrücken in den Bundesanzeiger 23 168 ff, 25 1 f, 4, 6, 9 – Form 23 168 ff – freiwillige Bekanntmachung 25 5 f – Gesellschaftsblätter 25 1 ff – Satzung 23 168 ff 25 1 ff – Verstoß 25 10 f Beschränkt dingliche Rechte – Sacheinlage 27 137 Bestellung – Abschlussprüfer 30 25 ff – Gründungsprüfer 33 31 ff Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder – Anmeldung zum Handelsregister 37 58 – Gründung der Aktiengesellschaft 30 3 ff – Sachgründung 31 5 Bestellung der Vorstandsmitglieder – Anmeldung zum Handelsregister 37 58 – erster Vorstand 30 30 – Nebenabreden 23 301 Betriebseinrichtungen – Sacheinlage 27 145 Betriebserträge – Gründungsbericht 32 20 ff – Begriff 32 21 Beurkundung der Satzung 23 55 ff – Angebot 23 56 – Annahme 23 56 – Aufteilung in mehrere Urkunden 23 57 – Auslandsbeurkundungen 23 67 ff s auch dort – Beitrittserklärungen 23 58 – einheitliche Urkunde 23 61 – Gegenstand 23 55 ff – Grundsatz der einheitlichen Beurkundung 23 55 ff – Zweck des Formzwangs 23 62 f – Nachtragsurkunde 23 59 – Verfahren 23 64 ff Bezugsrecht – Sondervorteil 26 18

Bilanzrecht – Sacheinlage 27 111 ff – Satzungsstrenge 23 217 f Buchprüfer – Gründungsprüfer 33 42 Bundesanzeiger – Bekanntmachungen der Gesellschaft 23 168 ff, 25 1 f, 4, 6, 9 Büroeinrichtungen – Sacheinlage 27 145 Cash-Pool – Legalisierung des Hin- und Herzahlens 27 67 ff, 406 Dienstbarkeiten – Sacheinlage 27 137 Dienstleistungen – Sacheinlage 27 170, 172 ff – Sachübernahme 27 235 Dividende – Sacheinlage 27 181 Einbringungsvertrag – Sacheinlage 27 101 ff Einlagen – Gründungshaftung 34 7 ff Einlagenrückgewähr – Sondervorteil 26 9 Einpersonen-Aktiengesellschaft – Bareinlage 36 206 ff – Feststellung der Satzung 23 7 – Gründung 29 24 – verdeckte Sacheinlage 27 302 – Rückzahlungsvereinbarung 27 393 Eintragung in das Handelsregister 39 1 ff – bedingtes Kapital 39 12 – Bekanntgabe 39 13 – Dauer der Gesellschaft 39 11 – Eintragungsmängel 39 14 ff – empfangsberechtigte Personen 39 7 ff – Firma 39 2 – genehmigtes Kapital 39 12 – Grundkapital 39 2 – Gründungsaufwand 26 33, 47 ff – historische Entwicklung 39 1 – Höhe des Grundkapitals 39 2 – inländische Geschäftsanschrift 39 2 – Mitteilung 39 13 – notwendiger Inhalt 39 2 – Ort 39 13 – Sitz 39 2 – Sondervorteil 26 47 ff – Tag der Eintragung der Gesellschaft 39 6 – Tag der Satzungsfeststellung 39 2

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Sachregister

– Unternehmensgegenstand 39 2 – Vertretungsbefugnis der Vorstandsmitglieder 39 5 – Vorstandsmitglieder 39 4 – Wirkung 39 14 ff Erbbaurechte – Sacheinlage 27 137 Erbengemeinschaft – Gründungsprüfung 33 20 Erlassvertrag – Sacheinlage 27 182 Erster Abschlussprüfer 30 24 ff Erster Aufsichtsrat 30 3 ff – Abberufung 30 15 – Amtsniederlegung 30 16 – Amtszeit 30 10 ff – Annahme der Wahl 30 5 – Aufgaben 30 19 – Ausscheiden 30 15 ff – Bestellung 30 3 ff – Gründer 30 6 – Mitbestimmung 31 2 f – Notwendigkeit der Bestellung 30 9 – Vergütung 30 20 – Zusammensetzung 30 7 f Erster Vorstand 30 30 ff – Aufgaben 30 34 ff Feststellung der Satzung 23 1 ff – Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens 23 89 – Bevollmächtige 23 86 ff – Einpersonen-Aktiengesellschaft 23 7 – Generalvollmacht 23 90 – gesetzliche Vertreter 23 91 – Inhalt und Aufbau des § 23 23 2 ff – Kosten 23 343 – Nachweis der Vertretungsmacht 23 86 ff – Prokura 23 90 – Rechtsnatur 23 6 ff – Übernahmeerklärung 23 93 ff – Vertragstheorie 23 7 ff – Vertreter 23 86 ff – Vorgründungsvertrag 23 336 Firma – Eintragung der Gesellschaft 39 2 – Sacheinlage 27 142 – Satzung 23 109 Forderungen – Sacheinlage 27 167 ff Fuhrpark – Sacheinlage 27 145 Geldmarktinstrumente – Begriff 33a 20

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Gemeinschaftsunternehmen – Nebenabreden 23 311 Gemischte Sacheinlage 27 216 ff – Begriff 27 216 – Mängel 27 219 f – Mischeinlage 27 221 – Rechtsnatur 27 217 – verdeckte gemischte Sacheinlage 27 327 ff, 365 – Voraussetzungen 27 218 Genehmigtes Kapital – Eintragung der Gesellschaft 39 12 Gerichtsstandsklausel – Satzung 23 33 Geschäftsfähigkeit – Gründungsmängel 23 289 Geschäftsjahr – Satzung 23 22 Gesellschaft bürgerlichen Rechts – Nebenabreden 23 322, 333 Gesellschaftsblätter – Bekanntmachungen der Gesellschaft 25 1 ff Gesellschaftszweck 23 125 ff – Änderung 23 138 Gewichteter Durchschnittspreis – Bestimmung 33a 22 f Gewinnverwendung – Satzungsstrenge 23 217 f Gleichbehandlungsgrundsatz – Umwandlung von Aktien 24 4 good will – Sacheinlage 27 142 Gründer 28 1 ff – Aktienübernahme 23 101 – Anfechtung 28 7 – Anmeldepflicht 36 12 ff – Anmeldung zum Handelsregister 36 9, 24, 35 ff – Auskunftspflicht 35 3 ff – Bedeutung 28 1 – Begriff 28 2 – erster Aufsichtsrat 30 6 – Geschäftsunfähigkeit 28 4 – Gründungsprüfer 35 7 ff – Kaufmannseigenschaft 28 5 – Meinungsverschiedenheiten mit dem Gründungsprüfer 35 8 ff – nachträglicher Eintritt der Geschäftsfähigkeit 28 6 – Tod 28 8 – Vertretung 28 3 – Wegfall 28 6 ff Gründerlohn – Gründungsaufwand 26 34 – Gründungsbericht 32 30 ff – Gründungsprüfung 33 28 34 7

Sachregister

Grundkapital – Eintragung der Gesellschaft 39 2 Grundpfandrechte – Sacheinlage 27 137 Gründung der Aktiengesellschaft – Abberufung von Aufsichtsratsmitgliedern 30 15 ff – Abschlussprüfer 30 24 ff – Amtsniederlegung von Aufsichtsratsmitgliedern 30 15 ff – Amtszeit des ersten Aufsichtsrates 30 10 ff – Aufsichtsrat 30 3 ff – Bestellung des Aufsichtsrates 30 3 ff – Einpersonen-Aktiengesellschaft 29 24 – Errichtung der Gesellschaft 29 1 ff – erster Aufsichtsrat s dort – erster Vorstand s dort – Feststellung der Satzung s dort – Gründer s dort – Gründungsaufwand s dort – Gründungsbericht s dort – Gründungsprüfung s dort – Mantelgründung s dort – Mantelverwendung s dort – Registerkontrolle s dort – Satzungsstrenge 23 186 ff – Strohmann s dort – Stufengründung 23 60 – verdeckte Sacheinlage s dort – Vergütung der Aufsichtsrates 30 20 – Vorstand 30 30 ff – Zeitpunkt der Errichtung 29 2 – Zusammensetzung des Aufsichtsrates 30 7 f – zweiter Aufsichtsrat 30 21 ff Gründungsaufwand 26 28 ff – Abgrenzung zu Sondervorteilen 26 28 f – Angemessenheit 26 29 – Anmeldung zum Handelsregister 37 57 – anwaltliche Beratung 26 32 – Aufwendungsersatz 26 32 f – Auslagenersatz 26 32 f – Begriff 26 28 f – Bekanntmachung 26 32 – Belohnung 26 27, 34 – Beseitigung erledigter Festsetzungen 26 70 ff – Bilanz 26 30 – Druck der Aktienurkunden 26 32 – Eintragung der Gesellschaft 26 33, 47 ff – Entschädigung 26 27, 32 f – Entschädigungsanspruch des Gründungsprüfers 35 21 – falsche Berechnung 26 55 ff – fehlende Festsetzung 26 39 ff – Festsetzung 26 36 – Gründerlohn 26 34

– Gründungshaftung 34 11 – Gründungsprüfung 26 32 – Haftung 26 43 – Höhe 26 29 – Inhalt 26 32 ff – Kaufverträge 26 35 – Mietverträge 26 35 – Nachholung unterbliebener Festsetzungen 26 62 ff – nachträgliche Änderungen 26 66 ff – Notarkosten 26 32 – Pachtverträge 26 35 – Rechtsfolgen wirksamer Festsetzung 26 38 – Rechtsnatur 26 31 – Satzung 23 30 26 36 f – Schadenersatz 26 44 – Streichung 26 72 – Teilnichtigkeit 26 54 – unrichtige Festsetzung 26 39 ff – Vergütung 26 34 – verschleierter Gründungsaufwand 26 37 Gründungsbericht 32 1 ff – Änderungen 32 34 – Anmeldung zum Handelsregister 37 60 – Anschaffungs- und Herstellungskosten 32 14 ff – besondere Angaben 32 25 ff – Betriebserträge 32 20 ff – Bezugnahme auf Bewertungsgutachten oder Fairness Opinions 32 10 – Bezugspunkt der Gleichwertigkeit 32 9 – Fehlanzeige 32 7, 12, 17 – fehlende Berichte 32 35 – fehlerhafte Berichte 32 35 – getrennte Berichte 32 5 – Gründerlohn 32 30 ff – Gründungsentschädigung 32 30 ff – Inhalt 32 7 – Konsortialgeschäfte 32 13 – Mitwirkungspflicht 32 6 – persönliche Unfähigkeit 32 4 – Prüfungsbericht s dort – Registerkontrolle 38 30 f – Sachgründung 32 8 ff – Sondervorteil 32 30 ff – Strohmann 32 26 ff – Verpflichtung 32 3 ff – vorausgegangene Rechtsgeschäfte 32 12 – Zweck 32 2 Gründungsentschädigung – Gründungsbericht 32 30 ff – Gründungsprüfung 33 28 Gründungskontrolle s Registerkontrolle Gründungsmängel 23 263 ff – arglistige Täuschung 23 283 – Beitrittserklärung 23 273

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– Berufung auf Gründungsmängel 23 264 – Drohung mit Gewalt 23 288 – Errichtungsmängel 23 263 – Formfehler 23 279 – gerichtliche Prüfung 38 17 ff – Geschäftsunfähigkeit 23 289 – Heilungswirkung 23 284 f – nachträgliche Behebung 23 275 ff – nicht zurechenbare Gründererklärungen 23 291 ff – Nichteintragung der Gesellschaft 23 263 – objektive Mängel 23 280 ff – Rechtslage bis zur Eintragung 23 265 ff – Rechtslage nach Eintragung 23 278 ff – subjektive Mängel 23 283 ff – Teilnichtigkeit 23 273 – Treuepflicht 23 272 – Unterschriftenfälschung 23 287 – vollmachtlose Vertretung 23 290 Gründungsprüfer – Ablehnung der Eintragung 33 56 – Amtsniederlegung 33 40 – Anmeldung zum Handelsregister 37 60 – Annahme des Amtes 33 40 – Aufklärungsobliegenheit der Gründer 35 2 ff – Auskunftsrecht 35 3 – Ausschluss 33 47 ff – Ausschlusstatbestände 33 48 ff – Befugnis zur Amtsführung 33 40 – Bestellung 33 31 ff, 36 ff – Buchprüfer 33 42 – eigene Ermittlungen 35 6 – Entschädigungsanspruch 35 15 ff – Erfahrung in Buchführung 33 44 – Fehler einer gerichtlichen Entscheidung bei Meinungsverschiedenheiten 35 14 – gerichtlich bestellter Gründungsprüfer 33 36 ff – Gründer 35 7 ff – maßgebender Einfluss 33 48 – Meinungsverschiedenheiten mit Gründern 35 8 ff – mittelbarer Einfluss 33 51 – Notar 33 31 ff – Pflicht zu eigenen Ermittlungen 35 6 – Prüfungsgesellschaften 33 46 – Rechte 35 2 – Rechtsfolgen der gerichtlichen Entscheidung bei Meinungsverschiedenheiten 35 10 ff – Sachgründung 33a 1 ff – sachliche Eignung 33 42 ff – Spezialkenntnisse 33 45 – Stellung 33 39 ff – Umfang des Auskunftsrechts 35 4 f – Unwirksamkeit 33 54, 46 – unzulässige Einflussmöglichkeiten 33 49 ff – Verantwortlichkeit 33 41 – Verfahren bei Meinungsverschiedenheiten 35 9

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– Vergütungsvereinbarungen 35 22 – Verstoß gegen Bestellungsausschluss 33 54 ff – Vorbildung 33 44 – Widerruf der Bestellung 33 55 – Wirtschaftsprüfer 33 42 – Zuständigkeit für die Bestellung 33 36 Gründungsprüfung – Agio 34 12 – Aktienübernahme 33 23 ff – Änderung des Zeitwertes durch Bekanntwerden neuer Umstände 33a 33 ff – Aufsichtsrat 33 3 ff, 10 – Ausnahme von Prüfpflicht 33a 1 ff – besondere Prüfungsgegenstände 34 6 ff – Beteiligung einer Kapitalgesellschaft 33 11 ff – Beteiligung einer Personengesellschaft 33 17 ff – Einbringen anderer Vermögensgegenstände 33a 24 ff – Einbringen übertragbarer Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente 33a 16 ff – Einlagen 34 7 ff – Entbehrlichkeit einer externen Gründungsprüfung 33a 7 ff – Erbengemeinschaft 33 20 – erhebliche Wertbeeinflussung durch außergewöhnliche Umstände 33a 30 ff – Errichtungsmangel 33 2, 8 – Erzwingungsrecht 33a 15 – externe Gründungsprüfung 33 8 ff – gewichteter Durchschnittspreis 33a 22 f – Gründerlohn 33 28 34 7 – Gründungsaufwand 26 32 34 11 – Gründungsentschädigung 33 28 – Gründungsprüfer s dort – Gütergemeinschaft 33 20 – historische Entwicklung 33 1 – interne Gründungsprüfung 33 3 ff – Mitwirkungspflicht 33 6 – Prüfungspflicht 33 3 ff – Richtigkeit 34 7 ff – Sacheinlage 27 94 33 29 f 34 12 ff – Sachgründung 33a 1 ff – Sachübernahme 33 29 f 34 12 ff – Sondervorteil 34 11 – Strohmann 33 23 ff – Überbewertung 34 16 – Übernahme der Aktien 34 7 ff – Umfang 34 3 ff – Unterbewertung 34 16 – vereinfachte Sachgründung 33a 1 ff – Vertretungsfälle 33 21 – Vollständigkeit 34 7 ff – Vorstand 33 3 ff, 10 – Wahlrecht der Gründungsbeteiligten 33a 8 ff

Sachregister

– Werthaltigkeit von Sacheinlagen und Sachübernahmen 34 12 f – Zweck 33 2 Gütergemeinschaft – Gründungsprüfung 33 20 Handelndenhaftung – Mantelverwendung 23 372 Handelsgeschäft – Sacheinlage 27 146 ff Handelsunternehmen – Unternehmensgegenstand 23 144 ff Hauptversammlung – Auslegungskompetenz 23 52 f – Satzung 23 207 ff – Satzungsstrenge 23 207 ff Heilung verdeckter Sacheinlagen 27 337 ff Hin- und Herzahlen 27 368 ff – Anwendungsbereich 27 382 – Cash-Pool 27 67 ff, 406 – Einbeziehung von Dritten 27 380, 385 – Einpersonen-Aktiengesellschaft 27 393 – faktische Heilung 27 376 ff – historische Entwicklung 27 368 ff – illegales einfaches Hin- und Herzahlen vor dem ARUG 27 368 ff – Kaptalerhöhung 27 382 – Legalisierung des einfachen Hin- und Herzahlens 27 368 ff – Neugründung 27 382 – Offenlegung bei der Anmeldung 27 403 ff – Reaktivierung von Altmänteln 27 382 – Rechtsfolgen des legalen Hin- und Herzahlens 27 411 ff – Rechtsfolgen des unzulässigen einfachen Hinund Herzahlens 27 373 ff – Rückgewähranspruch 27 394 ff – Rückzahlungsvereinbarung 27 383 ff – Tatbestandsvoraussetzungen 27 383 ff – Verrechnungsabrede 27 387 – Vollwertigkeit des Anspruchs 27 395 ff – Voraussetzungen der Erfüllungswirkung 27 376 – Vorratsgesellschaften 27 382 Holdinggesellschaften – Unternehmensgegenstand 23 147 Immaterialgüterrecht – Sacheinlage 27 138 ff Industrieunternehmen – Unternehmensgegenstand 23 144 ff Inhaberaktie – Satzung 23 15 7 ff – Umwandlung von Aktien s dort Insolvenzmasse – Sacheinlage 27 145

Kapitalaufbringung – Ausnahmen vom Rückflussverbot 36 58 ff – Bareinlage 36 42 ff – europarechtliche Gesichtspunkte 27 17 ff – Freiheit der Mittelverwendung gegenüber den Gründern 36 61 ff – Freiheit der Mittelverwendung gegenüber Dritten 36 68 ff – Grundsatz der realen Kapitalaufbringung 27 2 ff – Rückflussverbot 36 53 ff – Sacheinlage 27 2 ff – Sachübernahme 27 2 ff – vorbehaltlose Kapitalaufbringung 36 49 ff Kapitalerhaltung – Bareinlage 36 42 ff – Sacheinlage 27 2 – Sondervorteil 26 13 ff Kapitalerhöhung – legales Hin- und Herzahlen 27 382 Kapitalgesellschaft – Gründungsprüfung 33 11 ff Kapitalherabsetzung – Satzungsstrenge 23 219 ff Kapitalrichtlinie – Abgrenzung zwischen Bar- und Sacheinlage 27 32, 37 f – Gründungsprüfung 33 1, 29 – Gründungsprüfung bei Sachgründung 33a 1 – Sacheinlage 27 1, 11, 17, 26 f Know how – Sacheinlage 27 139 f Kommanditgesellschaft auf Aktien – Satzungsstrenge 23 233 ff Konsortialvertrag – Nebenabreden 23 297 Kundenstamm – Sacheinlage 27 143 Leistungsstörungen – Sacheinlage 27 415 ff – Sachübernahme 27 414 Leitende Angestellte – Sondervorteil 26 18 Mantelgründung 23 344 ff – Bedeutung 23 345 – Begriff 23 344 f – Gründungsvorschriften 23 365 ff – Mantelverwendung s dort – Nichtigerklärung der Gesellschaft 23 358 – Nichtigkeit der Satzung 23 357 ff – offene Vorratsgründung 23 347 ff, 355 – Publizitätsrichtlinie 23 359 – Rechtsfolgen 23 355 ff

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Sachregister

– unzutreffender Unternehmensgegenstand 23 350 ff, 356 – verdeckte Vorratsgründung 23 350 ff, 356 – wirtschaftliche Neugründung 23 365 ff – Zulässigkeit 23 346 Mantelverwendung 23 360 ff – Begriff 23 360 ff – Handelndenhaftung 23 372 – Mantelgründung s dort – Mantelkauf 23 361 – Sanierung 23 363 – Umorganisation 23 363 – Unterbilanzhaftung 23 371 – unzulässige Mantelverwendung 23 370 f – Verlustdeckungshaftung 23 371 – wirtschaftliche Neugründung 23 365 ff – Zulässigkeit 23 364 Mischeinlage – Anrechnungslösung 27 364 – Sacheinlage 27 221 – verdeckte Mischeinlage 27 326 Mitbestimmung – Sachgründung 31 2 ff, 15 ff – Satzungsstrenge 23 180 Mitgliedschaftsrecht – Sacheinlage 27 144 Nachlass – Sacheinlage 27 145 Namensaktie – Satzung 23 157 ff – Umwandlung von Aktien s dort Naturalleistungen – Sondervorteil 26 11 Nebenabreden 23 296 ff – Abtretung 23 330 ff – Änderungen 23 325 – Andienungspflichten 23 308 f – Aufsichtsratsbesetzungen 23 300 – Auslegung 23 326 f – Begriff 23 296 – Begründung 23 322 ff – Beispiele 23 299 ff – Beurkundung 23 324 – Festlegung beruflicher Qualifikationen 23 302 – Gemeinschaftsunternehmen 23 311 – gerichtliche Durchsetzbarkeit 23 335 – Gesamtrechtsnachfolge 23 329 – Gesellschaft bürgerlichen Rechts 23 322, 333 – Gesellschafterbestandskontrolle 23 308 f – Häufigkeit 23 297 f – Informationsmöglichkeiten 23 303 – Konsortialverträge 23 297 – Kontrollmöglichkeiten 23 303 – praktische Bedeutung 23 310 ff

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– Rechtsnachfolger 23 328 ff – Rechtsnatur 23 322 ff – Sacheinlage 27 246 – Sachübernahme 27 246 – Satzung 23 47 – Schuldbeitritt 23 330 ff – Schuldübernahme 23 330 ff – Stimmbindungsvertrag 23 299 – Umdeutung 23 318 – Unternehmensgegenstand 23 304 – Unternehmensziele 23 305 f – Verhaltenspflichten 23 307 – Vertragsbeitritt 23 330 ff – Vertragsübernahme 23 330 ff – Vorerwerbsrechte 23 308 f – Vorkaufsrechte 23 308 f – Vorstandsbestellung 23 301 – Zielsetzung 23 297 f – Zulässigkeit 23 314 ff Nebenverpflichtungen der Aktionäre – Satzung 23 25 ff, 33 Nennbetrag – Aktienübernahme 23 102 – Satzung 23 155 Nichtigerklärung der Gesellschaft – Mantelgründung 23 358 – Satzungsstrenge 23 229 ff Nießbrauch – Sacheinlage 27 137 Notar – Gründungsprüfung 33 31 ff Notarkosten – Gründungsaufwand 26 32 Obligatorische Nutzungsrechte – Sacheinlage 27 150 ff Organisierter Markt – Begriff 33a 21 Örtliche Zuständigkeit – Satzungsstrenge 23 246 Personengesellschaft – Gründungsprüfung 33 17 ff – Sacheinlage 27 144 Produktionsanlagen – Sacheinlage 27 145 Prokura – Feststellung der Satzung 23 90 Prüfungsberichte 34 20 ff – Anmeldung zum Handelsregister 37 60 – Aufsichtsrat 34 20 f – Bedeutung 34 1 f – Bericht der Verwaltungsmitglieder 34 20 f – Bericht des Gründungsprüfers 34 20 f – Beschränkung des Prüfungsberichts 34 25

Sachregister

– Einreichung 34 27 – Einsichtsrecht 34 28 – Form 34 22 – Gründungsprüfer 34 20 f, s auch dort – Gründungsprüfung s dort – historische Entwicklung 34 1 – Inhalt 34 23 ff – Registerkontrolle 38 30 f – unterbliebene Einreichung 34 29 – Vorstand 34 20 f – Zahl 34 20 f Publizitätsrichtlinie – Anmeldung zum Handelsregister 37 2 f – Mantelgründung 23 359 Registergericht – Gründungskontrolle 38 2 ff s auch Registerkontrolle Registerkontrolle 38 1 ff – ablehnende Entscheidung 38 62 – Amtsermittlungsgrundsatz 38 8 – Anlagen 38 24 – Anmeldung 38 21 ff – Auslassungen 38 9 – bedingte Beitrittserklärungen 38 18 – befristete Beitrittserklärungen 38 18 – Beitrittserklärung 38 18 – berufene Personen 38 21 – besondere Prüfungsgegenstände 38 26 ff – Bonitätsprüfungen 38 25 – eingeschränkte Prüfung bei Satzungsmängeln 38 45 ff – eingeschränkte Prüfung bei vereinfachte Sachgründung 38 36 ff – Eintragung 38 61 – erhebliche Überbewertungen 38 44 – Errichtung 38 17 ff – fakultative Satzungsbestimmungen 38 51 – Festsetzungen in der Satzung 38 20 – finanzielle Grundlagen der Gesellschaft 38 25 – Form der Anmeldung 38 21 – formelle Prüfungskompetenz 38 3 ff – freie Verfügbarkeit der Bareinlage 38 21 – Gründungsberichte 38 30 f – historische Entwicklung 38 1 – Interessengerechtigkeit gesellschaftsvertraglicher Regelungen 38 25 – Kosten 38 60 – Legitimation der zur Anmeldung berufenen Personen 38 21 – Leistung 38 21 – Leistungsfähigkeit der Gründer 38 25 – materielle Prüfungskompetenz 38 3 ff – missverständliche Satzungsformulierungen 38 25

– Nachmeldepflicht 38 16 – Nachweise 38 22 – notarielle Form 38 17 – notarieller Mindestinhalt 38 19 – offenkundige Überbewertungen 38 42 f – offensichtliche Unrichtigkeit 38 29 – Ordnungsgemäßheit der Anmeldung 38 21 ff – Ordnungsgemäßheit der Errichtung 38 17 ff – Ordnungsgemäßheit der Vertretungsverhältnisse 38 17 – örtliche Zuständigkeit bei der Anmeldung 38 21 – pflichtgemäßes Ermessen 38 11 – Plausibilitätsmängel 38 9 – Prüfungsberichte 38 30 f – Prüfungsgegenstände 38 17 ff – Prüfungspflicht 38 2 – Prüfungsrecht 38 2 – Rechtsbehelfe 38 62 – redaktionelle Fassung der Satzung 38 25 – Sacheinlage 27 94 38 21, 32 ff – sachliche Zuständigkeit bei der Anmeldung 38 21 – Sachübernahme 27 94 38 32 ff – Satzungsmängel 38 45 ff – Solvenzprüfungen 38 25 – Strohmann 38 25 – Überbewertungen 38 42 ff – Umfang 38 8 ff – Unterzeichnung durch sämtliche Gesellschafter 38 17 – vereinfachte Sachgründung 38 36 ff – Verfahren 38 60 ff – Versicherungen 38 22, 37 – Vorbelastungen 38 23 f – Werthaltigkeit der Sacheinlagen 38 15, 37 f – Werthaltigkeit der Sachübernahmen 38 37 f – wertmäßige Unversehrtheit der Einlage 38 21 – Widersprüche 38 9 – Wirksamkeit der Erklärungen 38 17 – wirtschaftliche Grundlagen der Gesellschaft 38 25 – Zeitpunkt 38 14 ff – Zuständigkeit 38 60 – Zustimmungserfordernisse 38 17 – Zweckmäßigkeit gesellschaftsvertraglicher Regelungen 38 25 – Zwischenverfügungen 38 62 Rückflussabrede – Hin- und Herzahlen s dort – verdeckte Sacheinlage 27 292 ff Rückzahlungsvereinbarungen – Bareinlage 36 156 ff

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Sachregister

Sacheinlage 27 95 ff, 36a 3 ff – Abgrenzung zur Bareinlage bei Bezahlung von Altschulden 27 23 ff, 98 – Abschlag vom Nennwert 27 188 – Abtretung 27 182 – Aktienrechtsreform 1884 27 3 ff – Aktivierungsverbot 27 121 f – Änderung rechtswirksamer Festsetzungen 27 421 ff – anfängliche Unmöglichkeit 27 416 – Anmeldung zum Handelsregister 37 39 ff, 57, 37a 2 ff – Ausnahme von Gründungsprüfpflicht 33a 1 ff – Bardeckungspflicht des Sacheinlegers 27 211 ff – bedingte Forderungen 27 176 – Befreiung von einer Verbindlichkeit 27 166 – befristete Forderungen 27 175 – Begriff 27 95 ff – Berichtspflicht 27 94 – beschränkt dingliche Rechte 27 137 – Beschränkung des Prüfungsberichts 34 25 – Betriebseinrichtungen 27 145 – Bewertungsfragen 27 191 ff – bilanzfähiger Vermögenswert 27 117 – Bilanzierungsfähigkeit 27 111 ff, 120 ff – Büroeinrichtungen 27 145 – Dienstbarkeiten 27 137 – Dienstleistungen Dritter 27 172 ff, 178 f – Dienstleistungsversprechen 27 170 – Dividendenforderungen 27 181 – Einbringungsvertrag 27 101 ff – Einlagefähigkeit nach deutschem Recht 27 117 – Entbehrlichkeit einer externen Gründungsprüfung 33a 7 ff – Erbbaurechte 27 137 – Erbringung einer Dienstleistung 27 178 – Erbringung einer Werkleistung 27 178 – Erkennbarkeit gesetzlich erlaubter Abweichungen 23 183 ff – Erlassvertrag 27 182 – europarechtliche Gesichtspunkte 27 17 ff – fehlende Fälligkeit der Forderung 27 189 – Festsetzung in der Satzung 27 239 ff, 248 ff, 421 ff – Firma 27 142 – Forderung des Einlegers gegen die Gesellschaft 27 181 ff – Forderung gegen den Einleger 27 167 ff – Forderung gegen Dritte 27 172 ff – Forderung gegen einen Mitgesellschafter 27 174 – Formmängel 27 265 – Fuhrparks 27 145 – Funktion und systematische Stellung 27 2 ff – Gebot der vollständigen Leistung 36a 15 ff – Gefahr einer Unterbilanz 27 123 f – Gegenstände im Einzelnen 27 134 ff

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– Gehaltsansprüche des Vorstands 27 181 – gemischte Sacheinlage s dort – Gesellschafterdarlehensforderung 27 190 – good will 27 142 – Grundpfandrechte 27 137 – Grundsatz der realen Kapitalaufbringung 27 2 ff – Gründungsprüfung 34 12 ff s auch dort – Handelsgeschäft 27 146 ff – Heilung 27 255 – Hin- und Herzahlen s dort – historische Entwicklung 27 1 ff – Höchststandards 27 109 f – Immaterialgüterrechte 27 138 ff – Insolvenzmassen 27 145 – Kapitalaufbringung 27 2 ff – Kapitalschutzrichtlinie 27 1, 11, 17, 26 f, 32, 37 f – know how 27 139 f – Kundenstamm 27 143 – künftige Ansprüche 27 181 – Leistungsstörungen 27 415 ff – Leistungszeitpunkt 36a 3 ff – Mindeststandards 27 109 f – Mischeinlage 27 221 – Mitgliedschaftsrecht 27 144 – Nachlässe 27 145 – nachträgliche Unmöglichkeit 27 417 f – Nebenabreden 27 246 – Nießbrauch 27 137 – Nutzungsrechte 27 150 ff – Nutzungsrechte gegenüber dem Einleger 27 158 ff – Nutzungsrechte gegenüber einem Dritten 27 155 ff – obligatorische Nutzungsrechte 27 150 ff – offene Sacheinlage 27 310, 391 – Offenlegungspflicht 27 93 – Personengesellschaftsanteile 27 144 – Pfändbarkeit 27 128 – präventive Werthaltigkeitskontrolle 27 94 – Produktionsanlagen 27 145 – Rechtsnatur des Einbringungsvertrags 27 101 ff – Registerkontrolle 27 94 38 21, 32 ff – Sacheinlageabrede 27 103 – Sacheinlagefähigkeit 27 106 ff – Sachen 27 134 ff – Sachgesamtheiten 27 145 – Sachmängel 27 420 – Sachübernahme 27 224 – Satzung 27 239 ff – Satzungsänderung 27 421 ff, 428 – Schuldendeckungsfähigkeit 27 111, 116, 120 ff – Sonderprüfung 27 257 – sonstige Mängel des Einbringungsvertrages 27 265 ff – Sperrfrist 27 422

Sachregister

– Überbewertung 27 191 f, 199 – Überbewertung nach Eintragung 27 210 ff – Überbewertung vor Eintragung 27 206 ff – Übertragbarkeit 27 126 ff – Umwandlung in eine Bareinlage 27 426 – Unmöglichkeit 27 416 ff – Unterbewertung 27 193, 199 – unterbliebene Festsetzung in der Satzung 27 248 ff – Unternehmen 27 146 ff, 199 ff – Verbot der Unterpari-Emission 36a 22 – verdeckte Sacheinlage s dort – Vertragsangebote 27 180 – Verzug 27 419 – vinkulierte Anteile 27 144 – Vollwertigkeit der Forderung 27 183 – Wahlrechte 27 431 – Warenlager 27 145 – Warenzeichen 27 142 – Werkvertrag 27 178 – Wertigkeit 34 12 ff – Wertpapierdepots 27 145 – Willensmängel bei Sacheinlagevereinbarungen 27 259 ff – Zeitpunkt der Wertbemessung 27 197 f – Zeitwert 27 195 f – zweifelhafte Forderungen 27 173 Sachgesamtheiten – Sacheinlage 27 145 Sachgründung – Anmeldung zum Handelsregister 37a 1 ff – Arbeitnehmervertreter 31 15 ff – Aufgaben des Aufsichtsrates 31 10 f – Aufsichtsrat 31 5 ff – Bekanntmachungspflicht 31 15 ff – Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrates 31 12 ff – Beschränkung des Prüfungsberichts 34 25 – Entbehrlichkeit einer externen Gründungsprüfung 33a 7 ff s auch vereinfachte Sachgründung – ergänzter Aufsichtsrat 31 24 f – Gründungsbericht 32 8 ff – Mitbestimmung im ersten Aufsichtsrat 31 2 f – nachträgliche Unternehmenseinbringung 31 27 – neu bestellter Aufsichtsrat 31 24 f – Unternehmensbegriff 31 4 – vereinfachte Sachgründung s dort – Wirkung der Bekanntmachung 31 20 ff – Zusammensetzung des Aufsichtsrates 31 6 ff – zweiter Aufsichtsrat 31 26 Sachmängel – Sacheinlage 27 420 Sachübernahme 27 222 ff – Änderung rechtswirksamer Festsetzungen 27 421 ff

– Anmeldung zum Handelsregister 37 57, 37a 2 ff – Ausnahme von Gründungprüfpflicht 33a 1 ff – Begriff 27 222 f – Berichtspflicht 27 94 – Beschränkung des Prüfungsberichts 34 25 – Bewertung 27 237 f – Dienstleistungen 27 235 – Entbehrlichkeit einer externen Gründungsprüfung 33a 7 ff – europarechtliche Gesichtspunkte 27 17 ff, 50 ff – fehlerhafte Bewertung 27 237 f – Festsetzung in der Satzung 27 239 ff, 248 ff, 421 ff – Funktion und systematische Stellung 27 2 ff – Gegenstand 27 233 ff – Grundsatz der realen Kapitalaufbringung 27 2 ff – Gründungsprüfung 33 29 f, 34 12 ff – Hin- und Herzahlen s dort – historische Entwicklung 27 1 ff – Leistungsstörungen 27 414 – Nebenabreden 27 246 – Offenlegungspflicht 27 93 – Registerkontrolle 27 94 38 32 ff – Richtlinienkonformität 27 50 ff – Sacheinlage 27 224 – Sachübernahmevereinbarung s Sachübernahmevertrag – Sachübernahmevertrag s dort – Satzung 23 20, 27 239 ff – Satzungsänderung 27 421 ff, 428 – Sonderprüfung 27 257 – Sperrfrist 27 422 – Überbewertung 27 238 – unterbliebene Festsetzung in der Satzung 27 248 ff – verdeckte Sachübernahme 27 275 – Vergütung 27 236 ff – Wahlrechte 27 431 – Werkverträge mit Dritten 27 234 – Werkverträge mit Gründern 27 234 – Wertigkeit 34 12 ff – Zweck 27 222 f Sachübernahmevertrag 27 225 ff – Bedeutung 27 225 ff – Form 27 232 – Formmängel 27 265 – Inhalt 27 230 ff – körperschaftsrechtlicher Charakter 27 228 – Rechtsnatur 27 228 f – Sachübernahme s dort – schuldrechtliches Austauschgeschäft 27 228 – Willensmängel bei Sachübernahmevereinbarungen 27 258, 414 Sanierung – Mantelverwendung 23 363

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Sachregister

Satzung 23 1 ff – Abgrenzung zur Individualvereinbarung 23 16 ff – Absichten 23 47 – abweichende Satzungsbestimmungen 23 173 ff, s auch Satzungsstrenge – Aktienanzahl 23 155 – Aktiengattung 23 155 – Aktionärspflichten 23 20 – Aktionärsrechte 23 20 – Amtszeit von Aufsichtsratsmitgliedern 30 12 – Änderung s Satzungsänderung – Anmeldung zum Handelsregister 37 56 – Aufsichtsrat 23 197 ff – Aufsichtsratsmitglieder 23 21 – Auslandsbeurkundungen s dort – Auslegung der Satzung s dort – Auslegungskompetenz der Hauptversammlung 23 52 f – Bekanntmachungen der Gesellschaft 25 1 ff – Beratungsfunktion 23 62 – Bestimmungen ohne Regelungscharakter 23 31 – Beurkundung s Beurkundung der Satzung – Dauer der Gesellschaft 23 22 – Dauerleistungen 23 26 – Doppelnatur 23 11, 20 – einheitliche Auslegung 23 48 f – Einlage 23 20 – einmalige Leistungen 23 26 – ergänzende Auslegung 23 50 – Feststellung der Satzung s dort – Firma 23 109 – Form der Bekanntmachung der Gesellschaft 23 168 ff – formelle Satzungsbestandteile 23 28 ff – Formzwang 23 62 f – Gerichtsstandsklausel 23 33 – Geschäftsjahr 23 22 – Gründererklärungen 23 41 – Gründungsaufwand 23 30 26 36 f – Höhe des Grundkapitals 23 152 ff – indifferente Satzungsbestimmungen 23 32 f – Individualvereinbarungen 23 16 ff, 54 – Inhaberaktien 23 157 ff – Inhalt 23 15 ff – Kompetenzen der Organe 23 20 – Kontrollfunktion 23 62 – materielle Satzungsbestandteile 23 19 ff – Meinungsäußerungen 23 47 – Motive 23 47 – Nachprüfbarkeit der Satzungsauslegung 23 51 – Namensaktien 23 157 ff – Nebenabreden s dort – Nebenleistungspflichten 23 25 ff, 33 – Nennbeträge 23 155 – notwendige echte Bestimmungen 23 19 ff

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– notwendige unechte Bestimmungen 23 28 ff – notwendiger Inhalt 23 107 ff – objektive Satzungsauslegung 23 37 ff – Organ 23 20 – Organisationsstruktur 23 20 – Registerkontrolle 38 20, 25, 45 ff – Sacheinlage 27 239 ff, 248 ff – Sachübernahme 23 20, 27 239 ff, 248 ff, 421 ff – Satzungsänderung s dort – Satzungsstrenge s dort – Sinnzusammenhangsauslegung 23 38, 41 – Sitz 23 109 – Sonderrechte 23 24 – Sondervorteil 23 30 26 19 ff – Stufengründung 23 60 – Umdeutung 23 27 – Umwandlung von Aktien 24 2 f – unechte Satzungsbestandteile 23 54 – Unternehmensgegenstand 23 110 ff, s auch dort – Vertrag zugunsten Dritter 23 27 – Vorentwürfe 23 47 – Vorstandsmitglied 23 21 – Vorstellungen 23 47 – Warnfunktion 23 62 – Willensauslegung 23 38 f. – Wortlautauslegung 23 38, 41 – Zahl der Vorstandsmitglieder 23 163 ff – Zuordnung anhand der Satzung 23 34 ff – Zweckauslegung 23 41 Satzungsänderung – Sacheinlage 27 421 ff, 428 – Sachübernahme 27 421 ff, 428 – Satzung s dort – Umwandlung von Aktien 24 10 ff – Unternehmensgegenstand 23 150 f Satzungsstrenge 23 173 ff – Abweichungen 23 176 ff – aktienrechtliche Bestimmung außerhalb des Aktiengesetzes 23 180 f – Auflösung der Gesellschaft 23 229 ff – Aufsichtsrat 23 197 ff – Ausnahmen 23 182 – Bedeutung 23 173 ff – Beirat 23 246 – Ergänzungen 23 242 ff – fakultative Gremien 23 246 – Familienzugehörigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern 23 246 – Gerichtsstandsvereinbarungen 23 246 – gestattete Abweichungen 23 177 f, 185 ff – Gewinnverwendung 23 217 f – Grenzen zulässiger Ergänzungen 23 247 ff – Gründung 23 186 ff – Hauptversammlung 23 207 ff – Informationsrecht der Aktionäre 23 246

Sachregister

– Kapitalbeschaffung 23 219 ff – Kapitalherabsetzung 23 219 ff – Kommanditgesellschaft auf Aktien 23 233 ff – Liquidationsüberschuss 23 182 – Mitbestimmung 23 180 – Nichtigerklärung der Gesellschaft 23 229 ff – persönliche Voraussetzungen von Vorstandsmitgliedern 23 246 – Rechnungslegung 23 217 f – Rechtsverhältnis der Gesellschaft und der Gesellschafter 23 189 ff – Regelungsfreiräume 23 244 ff – Satzung s dort – Satzungsänderung 23 219 ff – Stimmrechtsvertretung 23 246 – unzulässige Ergänzungen 23 250, 254 – verbundene Unternehmen 23 237 ff – verdeckte Regelungsfreiräume 23 245 f – Verstoß 23 259 ff – Verwaltungsrat 23 246 – Vorstand 23 197 ff – Vorstandssprecher 23 246 Scheinzahlungen – Bareinlage 36 148 Schuldbeitritt – Nebenabreden 23 330 ff Schuldübernahme – Nebenabreden 23 330 ff Sitz – Eintragung der Gesellschaft 39 2 – Satzung 23 109 Sonderbeschluss – Umwandlung von Aktien 24 11 Sonderprüfung – Sacheinlage 27 257 – Sachübernahme 27 257 Sonderrechte – Satzung 23 24 Sondervorteil 26 3 ff – Abtretbarkeit 26 24 ff – Anmeldung zum Handelsregister 37 57 – Auslegung 26 21 – Begriff 26 3 ff – Bezugsrecht 26 18 – Einlagenrückgewähr 26 9 – Eintragung der Gesellschaft 26 47 ff – falsche Berechnung 26 55 ff – fehlende Festsetzung 26 39 ff – Festsetzung 26 19 ff – Freiaktien 26 18 – gegenseitige Verträge 26 16 – Gründungsaufwand 26 28 ff – Gründungsbericht 32 30 ff – Gründungsprüfung 34 11 – Haftung 26 43

– historische Entwicklung 26 1 – Inhalt 26 9 ff – Kapitalerhaltung 26 13 ff – leitende Angestellte 26 18 – Naturalleistungen 26 11 – Rechtsnachfolger 26 23 ff – Rechtsnatur 26 7 f – Satzung 23 30 26 19 ff – Schadenersatz 26 44 – Teilhaberechte 26 17 – Teilnichtigkeit 26 54 – Umsatzprovision 26 14 – unrichtige Festsetzung 26 39 ff – unzulässige Sondervorteile 26 18 – Vergütung 26 12 ff – vermögensrechtliche Sondervorteile 26 9 ff – Vorstandpositionen 26 18 – Vorzugsdividenden 26 10 – Zinsen 26 18 – Zweck 26 2 Sperrfrist – Sacheinlage 27 422 – Sachübernahme 27 422 Stimmbindungsvertrag – Nebenabreden 23 299 Stimmrechtsausübung – Satzungsstrenge 23 246 Strohmann – Gründungsbericht 32 26 ff – Gründungsprüfung 33 23 ff – Registerkontrolle 38 25 Teilnichtigkeit – Sondervorteil 26 54 Treuepflicht – Gründungsmängel 23 272 Umwandlung von Aktien 24 1 ff – Beschränkung 24 4 – Gleichbehandlungsgrundsatz 24 4 – historische Entwicklung 24 1 – Kosten 24 9, 14 – Satzung 24 2 f – Satzungsänderung 24 10 ff – Sonderbeschluss 24 11 – Teilumwandlung 24 12 – Umwandlung auf Verlangen des Aktionärs 24 2 ff – unzulässige Umwandlungsbestimmungen 24 5 – Verfahren 24 6 ff, 13 – Wirksamkeitsvoraussetzungen 24 10 ff – Zuständigkeit 24 7 Unterbilanzhaftung – Mantelverwendung 23 371

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Sachregister

Unternehmensbewertung – Sacheinlage 27 199 ff Unternehmensgegenstand – Änderung 23 150 f – Banken 23 147 – Begriff 23 111 ff – Eigenverantwortlichkeit des Vorstands 23 116 ff – Einschränkung 23 123 ff – Eintragung der Gesellschaft 39 2 – fakultative Angaben in der Satzung 23 149 – Gesellschaftszweck 23 125 ff – Handelsunternehmen 23 144 ff – Holdinggesellschaft 23 147 – Industrieunternehmen 23 144 ff – Innenverhältnis 23 114 – Komplementäre einer Kapitalgesellschaften 23 148 – Konkretisierung 23 121 f – Mantelgründung 23 350 ff – Nebenabreden 23 304 – Präzisierungsgebot 23 142 f – Satzung 23 110 – Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit 23 143, 252 – Versicherungen 23 147 – Zweck der Satzungsfestlegung 23 112 ff Unternehmensziele – Nebenabreden 23 305 f Unterpari-Emission – Sacheinlage 36a 22 Unterschriftenfälschung – Gründungsmängel 23 287 Verbundene Unternehmen – Satzungsstrenge 23 237 ff Verdeckte Sacheinlage 27 267 ff – Abrede 27 291 – Anrechnungslösung 27 341, 354 ff, s auch dort – Anwendungsbereich 27 274 ff – ARUG 27 267 – Bareinlage 36 172 ff – Begleichung von Altschulden 27 308 ff, 358 – Begriff 27 284 ff – Bewertung als Sacheinlage 27 289 ff – bewusste Konnexitätsabrede 27 300 ff – Dienstleistungen 27 319 – Einpersonen-Aktiengesellschaft 27 302 – Entwicklung und Bedeutung 27 267 ff – Erwerbsgeschäft 27 306 f – Europarechtskonformität 27 40 ff – Fortbestand der Einlagepflicht 27 342 ff – Grundsätze des Kapitalaufbringungsrechts 27 276 ff – Gründung 27 274

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– Heilung 27 337 ff – Hin- und Herzahlen 27 289, 293, 317, s auch dort – Kapitalerhöhung 27 274, 328 – Kondiktionssperre 27 345 ff – mittelbare Emission 27 336 – Nutzungsüberlassungen 27 307, 321 ff – Problematik 27 276 ff – Pyramidengründung 27 318 – Rechtsfolgen 27 341 ff – Rückflussabrede 27 292 ff – Sacheinlage s dort – sacheinlagefähiger Vermögensgegenstand 27 303 ff – Schütt-Aus-Hol-Rück-Verfahren 27 315 – Sonderfälle 27 326 ff – Tatbestand 27 284 ff – teilweisen verdeckten gemischten Sacheinlage 27 332 – Teilzahlungen 27 332 – verdeckte gemischte Sacheinlage 27 327 ff, 365 – verdeckte Mischeinlage 27 326, 364 – Verkehrsgeschäfte 27 334 ff – Vorliegen einer Bareinlage 27 287 ff – Werkverträge 27 307 – Wirksamkeitsanordnung für Verträge und Rechtshandlungen 27 351 ff – wirtschaftliche Betrachtung 27 324 ff – Zeitpunkt der Abrede 27 300 f – Zulässigkeit 27 40 ff – zweistufiger Tatbestand 27 290 Vereinfachte Sachgründung – Änderung des Zeitwertes durch Bekanntwerden neuer Umstände 33a 33 ff – Anlagen 37a 13 f – Anmeldung zum Handelsregister 37a 2 ff – Einbringen anderer Vermögensgegenstände 33a 24 ff – Einbringen übertragbarer Wertpapiere oder Geldmarktinstrumente 33a 16 ff – eingeschränkte Prüfung 38 36 ff – Entbehrlichkeit einer externen Gründungsprüfung 33a 7 ff – erhebliche Wertbeeinflussung durch außergewöhnliche Umstände 33a 30 ff – Erzwingungsrecht zur externen Gründungsprüfung 33a 15 – gewichteter Durchschnittspreis 33a 22 f – Gründungsprüfung 33a 1 ff – Inhalt der Erklärung 37a 2 ff – Registerkontrolle 38 36 ff – Wahlrecht der Gründungsbeteiligten bzgl Gründungsprüfung 33a 8 ff Vergütung – Gründungsaufwand 26 34 – Sondervorteil 26 12 ff

Sachregister

Vergütung von Aufsichtsratsmitgliedern – Gründung der Aktiengesellschaft 30 20 – Sacheinlage 27 181 Vergütung von Vorstandsmitgliedern – Gründung der Aktiengesellschaft 30 35 Versicherungsgesellschaften – Unternehmensgegenstand 23 147 Vertragsangebot – Sacheinlage 27 180 Vertragsbeitritt – Nebenabreden 23 330 ff Vertragsübernahme – Nebenabreden 23 330 ff Verwaltungsrat – Satzungsstrenge 23 246 Verwendungsabsprachen – Bareinlage 36 176 ff Vinkulierte Namensaktien – Sacheinlage 27 144 Vor-AG – Anmeldung zum Handelsregister 36 23 – Entschädigungsanspruch des Gründungsprüfers 35 20 – Entstehung 29 3 ff – Rechtsnatur 29 7 – unechte Vor-AG 29 15 ff Vorerwerbsrechte – Nebenabreden 23 308 f Vorgründungsgesellschaft – Außen-Vorgründungsgesellschaft 29 21 – Innen-Vorgründungsgesellschaft 29 20 – Rechtsnatur 29 19 ff Vorgründungsvertrag 23 336 ff – Aktienübernahme 23 336 – Begriff 23 336 – Feststellung der Satzung 23 336 – Form 23 339 – Mindestinhalt 23 337 f – Vollmacht 23 340 f – Warnfunktion 23 339 – Wirkung 23 342

Vorkaufsrecht – Nebenabreden 23 308 f Vorratsgesellschaft – legales Hin- und Herzahlen 27 382 Vorratsgründung s Mantelgründung Vorstand – Anmeldung zum Handelsregister 37 60 – Anstellungsvertrag 30 31 – erster Vorstand 30 30 ff – Gründung der Aktiengesellschaft 30 30 ff – Gründungsprüfung 33 3 ff – Notwendigkeit der Bestellung 30 2 – Satzungsstrenge 23 197 ff – Sondervorteil 26 18 – Sprecher 23 246 – Unternehmensgegenstand 23 116 ff Vorstandsmitglieder – Amtsdauer 30 31 – Anmeldung zum Handelsregister 36 9 f, 16 ff – Eintragung der Gesellschaft 39 4 – Satzung 23 21, 163 ff – Satzungsstrenge 23 246 Vorstandssprecher – Satzungsstrenge 23 246 Vorvertrag s Vorgründungsvertrag Vorzugsaktie – Sondervorteil 26 10 Warenlager – Sacheinlage 27 145 Warenzeichen – Sacheinlage 27 142 Wertpapierdepots – Sacheinlage 27 145 Wertpapiere – Begriff 33a 19 Wirtschaftsprüfer – Gründungsprüfer 33 42 Wirtschaftsprüfergesellschaften – Gründungsprüfer 33 42, 46 Zweiter Aufsichtsrat 30 21 ff, 31 26

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