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German Pages 77 [96] Year 1930
STOFF- UND MOTIVGESCHICHTE DER DEUTSCHEN LITERATUR 6
STOFF- UND MOTIVGESCHICHTE DER DEUTSCHEN LITERATUR HERAUSGEGEBEN VON
PAUL MERKER UND GERHARD LÜDTKE
6 WER N E R ZIRU S
AHASVERUS DER EWIGE
JUDE
WALTER DE GRUYTER & CO. VOHMALS G. J. GÖSCHENSCHE VERLAGSHANDLUNG — J. GUTTENTAG, VERLAGSBUCHHANDLUNG — GEORG REIMER — KARL J. TRÜBNER — VEIT & COMP.
BERLIN W i o UND LEIPZIG
AHASVERUS DER EWIGE J U D E
VON
W E R N E R ZIRUS
WALTER DE GRUYTER & CO. VORMALS G. J. GÖSCHENSCHE VERLAGSHANDLUNG — J. GUTTENTAG, VERLAGSBUCHHANDLUNG — GEORG REIMER — KARL J. TRÜBNER — VEIT & COMP.
BERLIN W i o UND LEIPZIG
Aldus Druck Berlin S W 68
Inhaltsverzeichnis Seite s 1.
Das Volksbuch von 1602 und sein Motivkreis. Literatur zur Sage.
1 4
§2.
I. Kap. Der ewige Jude als Stoff. Züge des Volksbuchs in lit. Ausbildung. 1. Ahasver als ruheloser Wanderer.
5— 16 6
Romantik, Vf. Müller, Lenau. Schack, Carolath ; Baumbach, Lindemann. Gegenwart: Asmussen, Kassner, Winckler.
2. Ahasver als gläubiger Mahner.
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A r n i m , Horn, Klingemann, J e m a n d . Platen, Aurbacher, Seidl. — Eschelbach, Faustdichtungen. Sternberg.
3. Ahasver als Zeitkritiker.
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Goethe, Schubart. — Aufklärung. Jungdeutschland. — S. Heller. KulTner. — Nelson. — Viercck.
4. Ahasver als weltschmerzlich Leidender.
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Schubart. —- Schön. Judenschmerz: Platen, Pfizer; Jacoby, Auerbach. Weltschmerz: Chamisso, Zedlitz, Lenau, Mosen. Fin de siècle: Schack, Bleibtrcu, Bierbaum.
5. Ahasver als Wohltäter und Retter.
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Horn, Arnim, Schenk, Laun. — Povinelli, Schaching. Unheilstifter: Canstatt, Soendermann. — Eginhard, Blank.
II. Kap. Neuerfundene Situationen. Stofferweiterung ohne ideenhafte Umgestaltung. 1. Weltuntergangsdichtungen.
16 — 37 16
Stehling, T r a u t m a n n , Neumann. Schottelius, Haushofer, Seeber, Renner, Heyse. Meyrink, Winckler.
1. Begegnungsfiguren aus Sage und Geschichte. Machtmenschen : Nero, Attila, Napoleon. Geisteshelden : Mohamed, Kolumbus, Spinoza, Luther, Goethe. Sagengestalten : Prometheus, Odin, Don Juan, Faust, ParzÏTal ; Tarii.
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Seite
3. Humoristische Situationen.
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Goethe, Hauff. — Satiren: Nariscus, Theremin, Blaol. Burlesken. — Kneiplieder. Wedekind, Zoozmann. — Silberstein, BrachTogel.
4. Probleme des Judentums.
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5. Psychologische Vertiefung der Volksbuchmotive.
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Jerusalems Fall: Giseke, Renner; Herrig, Lepsius. Börne, Gutzkow, Auerbach, Duller, Ortlepp. Feindlich: AI. v. Württemberg, Levitschnigg. Mauthner, Jafle, Meyke, Ros^e. — Kahlenberg, Waldeck. Toller, Mühsam, Nelson.
Begründung des Fluches: Weltsinn, Lieblosigkeit, Jehovatreue. Ziel der Wanderung: Christi Wiederkehr; Glaube, Liebe, Hoffnung.
37 — 61
DL Kap. Der ewige Jude als Idee. 1. Ahasver als Diesseitsmensch und Antithese zur Gottheit
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2. Ahasver als notwendiges Symbol des Negativen.
44
Anreger: Hegel, Shelley. — Mosen. Erdenfreude: Wittich, Ortlepp, Holz. Madjera. — Nithack-Stahn. Der Wanderer vor dem Kruzifix: Schreiber, Pichler, Paulsen.
Tod, Nemesis: Hamerling. — Antichrist. Monismus: Herrig, Landsteiner, I.ienhard. Revolution: Diepenbrock, Renner. — Baudisch, Szittya. Zweifel: Andersen, Carmen-Sylva.
3. Symbol inneren Konflikts im Menschen.
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Diehl, Brod, Bär. — Geiger, Stern. Wegner, Trenck, Winckler.
4. Erlösung durch inneres Reifen.
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5. Sinnbild ewigen Werdens.
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Bibliographie: Vorwort. Deutsche Ahasverdichtungen: Gedichte, Novellen, Dramen, Epen, Romane; Werke mit Nebenrolle Ahasvers.
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Durch Glauben: Giseke, Lepsius, Seeber, Renner. Durch Liebe: Wilbrandt, WolfT, Bulthaupt, Stein, Mühsam.
Evolutionismus: Carmen-Sylva, Haushofer. Ewige Wiederkehr: Mosen, Wilbrandt, Renner, Viereck. Metempsychose: Eginhard, Weingartner, M. E. S., Lienhard, Trenck.
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§4.
Ausländische Ahasverdichtungen: Amerika, Dänemark, England, Frankreich, Holland. Literatur zur Stoffgeschichte. Register.
§5-
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S I. Ein ruheloser Wanderer, seufzend unter dem Fluch eines beleidigten Gottes und umweht vom Hauch vergangener Jahrhunderte, so steigt Ahasverus vor unserem inneren Auge auf, wenn wir seinen Namen vernehmen. Rein bildhaft betrachtet wirkt er wie ein übermenschliches, fast mythisches Wesen. Um so bemerkenswerter ist es, daß die Sage in ihrer heutigen Gestalt erst ein Produkt der Neuzeit ist, und daß im Laufe der literarischen Entwicklung ihre mittelalterlich-volkstümlichen Attribute mehr und mehr in den Hintergrund treten. In der deutschen Literatur wurde die Sage am vielseitigsten ausgebildet ; durch das deutsche Volksbuch ist sie überhaupt zuerst in Europa allgemein bekannt geworden. Das Urbild des Ahasver stammt allerdings aus den Klosterchroniken des i3. Jahrhunderts, die sich auf einen armenischen Erzbischof berufen, der damals die heiligen Stätten Europas bcsucht haben soll. Dieser erzählte von Cartaphilus, dem Türhüter des Pilatus, der Jesum auf dem Wege nach Golgatha durch rohe Stöße zum Schnellcrgehen antrieb und die Antwort erhielt: „Ego vado, et tu exspectabis me, donec redeam". Dieser Fluch laste nun auf dem Sünder seit zwölf Jahrhunderten, er habe sich taufen lassen und lebe als frommer, heiliger Mann im Orient. Mit Ehrfurcht erzähle er von Christi Leiden und Auferstehung, viele Leute kämen zu ihm, um Stärkung im Glauben zu finden. Der ausführlichste dieser Berichte steht in den „Chronica Maiora" des englischen Mönchs M a t t h ä u s P a r i s i e n s i s , f ü r die Jahre 1228 und I2Ö2. Die Chronik wurde 1671 und i586 im Druck veröffentlicht, und bildete die Quelle f ü r das deutsche V o l k s b u c h von 1602. Zu jener Zeit lebte in den Volksbüchern nicht mehr die schlichte biblische Wucht des 16. Jahrhunderts; die „Kurtze Beschreibung und Erzehlung von einem Juden mit Namen Ahasverus" ist eine recht trocken geschriebene Aufwärmung der alten Klostergeschichte. Wie dort ist der reuige Sünder als schweigsam, mäßig und ernst geschildert; er sehnt
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DAS VOLKSBUCH
sich nach Vergebung und wird von vielen Gläubigen als ewiger Zeuge aufgesucht, erzählt viel Wundersames aus dem Orient und spricht mit eindringlicher Inbrunst. Beriefen sich die alten Chroniken auf einen armenischen Bischof, so zitiert der protestantische Verfasser des Volksbuchs den Schleswiger Bischof Paulus von Eitzen als Gewährsmann. Die Begegnung mit Ahasver wird als sein Jugenderlebnis ausgegeben; da er schon i 5 8 9 starb, konnte er gegen die Nennung seines Namens im Volksbuch nicht protestieren. Diese Verbindung war indessen ein glücklicher novellistischer G r i f f , denn sie übertrug die Sage in bildhafter Form nach Europa. Aus dem im fernen Osten weilenden Cartaphilus wurde der wandernde Ahasver, der als unheimlicher Büßer die Städte Europas durchzog, stets die Landessprache redete und alle durch sein Wissen um längst Vergangenes in Staunen setzte. Ein Holzschnitt auf dem Titelblatt stellte den bärtigen Mann mit Kutte und Wanderstab dar, das Buch gestaltete ihn menschlich aus, indem es von seiner Familie erzählte und ihn, seltsam genug, als Schuhmacher bezeichnete. In der Idee ist es nicht über die alte Legende hinausgekommen; es ließ im Gegenteil die Verheißung der Erlösung bei Christi Wiederkehr fort, und ließ Jesum nur sprechen: „ I c h will stehen und ruhen, du aber solt gehen!" D a f ü r trägt es allerdings als Motto den Bibelvers von denen, die den Tod nicht schmecken werden, „bis daß sie des Menschen Sohn kommen sehen in sein Reich" (Matth. X V I , 28). Trotz seines spärlichen Gehalts hatte das Volksbuch großen E r f o l g und wurde vielfach neuaufgelegt und vermehrt. Kleine Ansätze zu allegorischer Ausdeutung zeigen sich bald; ein Druck von 1 6 1 9 erinnert daran, daß wir alle „Bilgram und frembdlinge in diesem Leben sind", erweiterte Ausgaben hängen dem Bericht vom „unruhigen Wallbruder aus dem Jädenthumb" eine Abhandlung über die Strafen der einzelnen jüdischen Stämme an, 1694 endlich taucht zum erstenmal die Bezeichnung „ewiger Jude" f ü r den geheimnisvollen Wandersmann auf. Schon diese Bezeichnung prädestiniert die Gestalt stärker zur philosophischen Ausdeutung als die realeren Namen, die ihm andere Länder beilegten: Wandering Jew, juif errant, Ebreo errante, während der spanische Ausdruck „Juan Espera en Dios" seine religiöse Hoffnung in den Vordergrund stellt und überhaupt eine ältere eigene Geschichte hat. Der Eigenname „Ahasverus" stammt von einigen Perserkönigen des Alten Testaments (besd. Esther I, 17 f f . ) . Der Volksglaube kennt freilich auch in Deutschland schlichtere Namen f ü r den ewigen Juden. So heißt er in Bayern „der gangende Schuster", ähnlich in Tirol „der umgehadi Schuaschta", und in
VOLKSSAGEN
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der Schweiz „der lauffende Jud". Gern läßt man ihn dann Züge von geistesverwandten älteren Sagen übernehmen, wie dem Weltenwanderer Wodan (in der Edda „Gangleri" genannt), dem wilden Jäger (der in manchen Gegenden Ewigjäger heißt), und dem fliegenden Holländer. In Italien fällt er vielfach mit Malchus zusammen, der Christo einen Backenstreich versetzt haben soll (Joh. XVIII, 22) und d a f ü r zu ewiger Qual verdammt wurde; f ü r eine andere Überlieferung, die den ewigen Wanderer Buttadeus nennt, verweisen Orientalisten sogar auf den Wanderlehrer Buddha und seinen Schüler Pindola. Endlich erzählt man yon ihm wie von Rückerts „Chidher" (dessen Quelle der Perser Kazwini ist, f 1283), daß er alle 5oo Jahre in der Schweiz auftauchte und an Stelle einer Stadt später einen Wald und dann eine Gletscherwelt vorfand. Vielfache Ausschmückung tritt hinzu. So soll er aus Kummer über die verschwundene Stadt geweint haben, und der Gelmer-See bei Grimsel ist aus seinen Tränen entstanden. Neudrucke des Volksbuchs aus dem i g . Jahrhundert lassen ihn gar bis Indien und zum Nordpol wandern, seine vergeblichen Versuche, sich selbst den Tod zu geben, übernimmt Schubart (s. u., S 2, I, 4) aus einer „Histoire admirable du juif errant" in die Kunstdichtung. Seine Rhapsodie wird dann wieder zahlreichen späteren Ausgaben des deutschen Volksbuchs als Anhang beigegeben. Immer festeren Halt gewinnt er bei der abergläubischen Masse; hier und da glaubt man ihn leibhaftig gesehen zu haben, was seinen Niederschlag in neuen Sagen findet, wie sie in den Sammlungen von Grimm, Kuhn, Pröhle, Vernaleken und anderen stehen. In B e c h s t e i n s Märchen prophezeit er herzlosen Älplern den Untergang („Die verwünschte Stadt"), und dort steht auch die eindrucksvollste volkstümliche Darstellung der Sage, „Der 10andern.de Stab". Mit dem Stab Wehe, den schon Moses trug, schreitet Ahasver durch die Lande; ein Knabe entwendet den Stab mit dem magischen Kreuzeszeichen, worauf dieser in seiner Hand jeden Freitag zu wandern beginnt und den Todmüden verfolgt, bis der ewige Wanderer wiederkehrt. Ob es wirklich einen ewigen Juden gebe, wurde noch im 18. J a h r hundert in ernsthaften Dissertationen gefragt. Treuherzig sagt die „Wahrhafftige Contrafactur", daß vor Gott doch nichts unmöglich sei, und daß Ahasver von seiner Wanderung wohl nur nicht zur Zeit zurückgekommen sei, um den Evangelisten seine Erlebnisse „zu repetieren und referieren". In der Überlieferung hat er sich jedenfalls ein Bürgerrecht erworben. Joh. Daisenberger fügt ihn als Episode ins Oberammergauer Passionsspiel ein (Jubiläumsausg. 1910, S. 23o), und dem
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MOTIVE IN MALEREI UND DICHTUNG
Besucher Jerusalems zeigt man in der Via Dolorosa sogar das Haus Ahasvers, mit ebensoviel Recht, wie uns in Venedig der Palast Desdemonas vorgeführt wird. Erst 170 Jahre nach der Formulierung der Sage im Volksbuch begann literarische Ausdeutung, sich der dürftigen Stoffelemente zu bemächtigen. In der bildenden Kunst ist es ähnlich. Als Objekt volkstümlicher Holzschnittkunst war Ahasver besonders in Frankreich beliebt, hat sich im 19. Jahrhundert sogar zu einer apostelhaften Erscheinung entwickelt. Dann gaben die Illustrationen Dorés zu Sues „Juif Errant" starke Anregung f ü r die Phantasie des Beschauers; auch auf Kaulbachs „Zerstörung Jerusalems" erhält der ewige Jude einen hervorragenden Platz. Bilder von R. Stöbe (München 1887) und Hanna Boehm (Berlin i. gl. J . ) zeigen das Interesse der Malerweit an dem wirkungsvollen Stoff; und in der jüngsten Gegenwart zeigen die vielfache Ausdeutungsmöglichkeit ein Gemälde von Albert Birkle, das den Wanderer in trostlosem Schneesturm darstellt, und eines von Waldemar Eckertz, das sein qualzerrissenes Gesicht zwischen den Wolkenkratzern einer modernen Stadt aufwachsen läßt. Noch vielfacherer Auslegung werden wir bei Ahasvers literarischer Entwicklung begegnen. Gerade der Mangel ausfüllender Motive bei einem Leben durch Jahrtausende gestattet dem Stoff, sich jeder denkbaren Deutung anzuschmiegen. Wir beginnen mit der im Durchschnitt auch zeitlich ältesten Gruppe von Dichtungen, die die knappen Motive des Volksbuchs beibehalten. Diese sind: Ahasvers ruheloses Wandern, sein eifriges Mahnen zum christlichen Glauben, seine wundersamen Erlebnisse, seine Sehnsucht nach Erlösung „aus diesem Jammerthal", und seine Freigebigkeit gegen Arme, da f ü r ihn selbst ja Gott sorge. LITERATUR
ZUR
SAGE.
G r a e s s e , Theodor: Der Tannhäuser und ewige Jude. Dresden 1861. C o n w a y , M. D.: The Wandering Jew. London 1881. N e u b a u r , Leonhard: Die Sage vom ewigen Juden. Leipzig 188^. C a s s e l , Paulus: Ahasvérus; die Sage vom ewigen Juden. Berlin i885. M o r p u r g o , S.: L'Ebreo errante in Italia. Firenze 1891. N e u b a u r , L.: Neue Mitteilungen über die Sage vom ewigen Juden. Leipzig I8 9 3. N e u b a u r , L.: Bibliographie der Sage vom ewigen Juden. „Centralblatt für Bibliothekswesen" 1893, S. 2^9 und 297; 1911: S. 4g5. P a r i s , Gaston: Légendes du moyen âge. Paris 1903. S o e r g e l , Alb.: Ahasver-Dichtungen seit Goethe. Leipzig igo5 (S. 1—20). K ö n i g , Eduard: Ahasver, „der ewige Jude", nach seiner ursprünglichen Idee und seiner lit. Verwertung betrachtet. Gütersloh 1907.
DIE ENTWICKLUNG DES STOFFES IM 19. JAHRHUNDERT
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N e u b a u r , L.: Zur Geschichte der Sage vom ewigen Juden. „Zeitschrift des Vereins für Volkskunde". Berlin 1912: S. 33—54 und S. A n . K ö n i g , Ed.: Ahasver, der ewige Jude. „Neue Jahrbücher f. klass. Altertum" 1912: S. 587 ff. N e u b a u r , L.: Zur Geschichte und Bibliographie des Volksbuchs von Ahasverus. „Zeitschrift für Bücherfreunde", 2. Hälfte, 1914: S. 211—2 23. L e u c t r e : Le juif errant en Flandre. 1917. S c h m i d t , Arno: Das Volksbuch vom ewigen Juden. „Heimatblätter des deutschen Heimatbundes Danzig" IV, 3. 1927. Z i r u s , Werner: Der ewige Jude in der Dichtung. Leipzig 1928. (Kap. I.) E n c y c l o p a e d i a J u d a i c a : I, 11/17—55. Berlin 1928.
S 2. I. Kapitel. DER EWIGE
JUDE ALS
STOFF.
Bis in die Aufklärungszeit hinein genossen die Volksbücher als Lektüre der ungebildeten Masse geringe Achtung. Insbesondere der pessimistische Charakter der Ahasversage behagte nicht den Erdenbürgern, die es so herrlich weit gebracht zu haben glaubten. Nur als Lehrer der Weltgeschichte, also als Bildungsvehikel, wurde ein nüchterner ewiger Jude erfunden (s. u. I, 3). Nach fragmentarischen Ansätzen des Sturmes und Dranges ist es erst die deutsche Romantik, die sich liebevoll des Volksgutes annimmt. Sie bemüht sich, der naiven Frömmigkeit des Volksbuchs innerlich nahezukommen. Sie übernimmt den volkstümlichen Ahasver, dessen äußere Erscheinung fast allen Dichtungen dieses Kapitels gemeinsam ist: ein müder, verwitterter Greis, rein bildhaft gesehen, Flächenwirkung ohne Vertiefung. Doch wird schon hier die Tendenz der verschiedenen Epochen erkennbar: auf christlich fromme Einstellung der Romantiker folgt weltschmerzliche Ausdeutung. In Ahasvers Gestalt ergießt sich das persönliche Gefühl des politisch leidenden Jungdeutschlands, eine unbefriedigte Zeit verleiht ihm innere Spannung. Nach i 8 4 8 schläft mit dieser Problematik das Interesse an unserem Stoff ein. Erst in den letzten Jahrzehnten des Jahrhunderts taucht der Stoff wieder häufig auf: eine der Durchschnittsherrschaft müde Zeit sucht neue Heroen, bringt eigene Züge und Gedanken in die Ahasversage. In Epigonen- und Gelegenheitsdichtungen freilich, auch als wirkungsvolle Episode in größeren Werken, leben die volkstümlichen Züge des ewigen Juden bis in die neueste Zeit auch literarisch fort. (Für alle im folgenden zitierten Werke sei hiermit auf die Bibliographie in S 3 verwiesen.)
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RASTLOSER WANDERTRIEB
i . Für die Romantiker ging von der Gestalt des ruhelosen Wanderers ein starker Reiz aus, der sich hauptsächlich in Gedichten und Episoden auswirkte. Das Wandermotiv hatte die alte Sage in Deutschland lebendig gemacht; in diesem Sinne fügt A. von A r n i m in ein fliegendes Blatt f ü r „Des Knaben Wunderhorn" drei selbstverfaßte Strophen über den herzlosen Schuster Ahasver ein, der nun gebannt durch die Lande ziehen müsse: „Und kann nicht sterben nimmermehr, Und wandert immer hin und her." Am nimmerruhenden Wanderstab irrt Ahasver in Aloys S c h r e i b e r s Gedicht umher, bis Reue ihn erlöst; als „ruhlos Umgejagter" erscheint er in B r e n t a n o s Versen. Dann tritt er rastlos und gequält in einem Goethes „Wanderer" nachgebildeten Gedicht H o l t e i s auf; C h a m i s s o vergleicht einen hoffnungslosen Liebhaber mit Ahasver, der „Irrens müd', das Haupt ergrauet", alle hundert Jahre nach dem verödeten Jerusalem wankt. Mit wahrhaft lyrischem Zauber jedoch umkleiden nur die Gedichte W. Müllers und Lenaus den Weltenwanderer. M ü l l e r schlägt, in Anlehnung an Wordsworth's „Song for the Wandering Jew", rein naturhafte Töne an. Alles Bewegte in Natur und Menschenwelt findet einmal Ruhe; Quellen und Wolken rasten an friedlichen Orten, alle Wanderer gelangen heim, nur Ahasver schweift ohne Rast und Ziel, „das Herz so voll, die Welt so leer". Trostlos bittet er die Menschen, vor ihrer beneidenswerten Nachtruhe ein Stündlein Ruhe f ü r ihn von Gott zu erflehen. L e n a u s Ahasver ist leidenschaftlicher; Hirten und Jäger bekreuzen sich vor seiner wilden Verzweiflung. Auf das weltschmerzliche Element in seinen Balladen kommen wir später (I, 4) zurück. Erst Jahrzehnte später tritt der unheimliche Wanderer episodisch wieder auf. Doch die neue Generation betont nicht mehr sein religiöses Wesen. In großem Stil faßt man ihn als Symbol der Unrast, während kleinere Geister ihn zum Durchschnittsmenschen erniedrigen. Bei S c h a c k wird der Unselige von Stern zu Stern geschleudert, bei S c h ö n a i c h - C a r o l a t h begegnet er als zerlumpter Bettler der vertriebenen Venus, während Hubert M ü l l e r den aus Rußland vertriebenen Wanderer in Amerika auftauchen läßt. Manche fassen den auf ihm lastenden Fluch harmlos auf, betrachten Ahasver als den Vertreter fröhlicher Wanderlust. So macht ihn B a u m b a c h zum Fechtbruder, der einst Christo am Jordanufer die Schuhe flickte und sich die Gnade erbat, wandern zu dürfen, „solang der Erdengarten bläht"; noch heute
WANDERTRIEB IN MODERNER AUFFASSUNG. — MAHNERROLLE: HORN 7
wandert er vergnügt als Bruder Straubinger. Ganz ähnlich schildert ihn L i n d e m a n n als schaulustigen Wanderer, Sänger und Trinker, während U n g n a d den rastlosen Melancholiker wenigstens vorübergehend im Rheinwein Vergessen finden läßt. Ernsthafter wird in neuester Zeit der uralte Wandertrieb betrachtet. Was naivere Zeiten als gegeben hinnahmen, wird heute als Phänomen kritisch beleuchtet. A s m u s s e n vergleicht den Landstreicher, den die Sehnsucht nach Freiheit und Natur hinaustreibt, mit Ahasver; K a s s n e r untersucht psychologisch einen melancholischen Juden, der unverdrossen die Landstraße beschreitet, mit unbewegtem Gesicht und rastlosen Beinen, ein Phänomen, daß nur durch die „Resolution" erklärbar ist, mit der er eine Zweiteilung seines Körpers vorgenommen hat. Dies selbständige Leben der Beine beschreibt grotesk und wirkungsvoll Vergeblich klammert sich J . W i n c k l e r s Roman „Dr. Eisenbart". Ahasver an einem Baum fest, seine konvulsivisch zuckenden Beine zwingen ihn zum Wandern. Eisenbart amputiert ihm die Unterschenkel und wirft die zappelnden Stümpfe ins Feuer. Schluchzend vor Glück erhofft Ahasver endliche Ruhe, doch schon während der Heilung beginnen die Gliederreste zu zucken, in stürmischer Nacht zerbricht er die Wagendeichsel und verwendet sie als Stelzen, stützt sich auf ein Rädergcstcll und rollt pfeilschnell davon, „die Holzfüße im. Takt nachstoßend, entstellten Gesichts wie ein Windspuk in die Finsternis". 2. Die Unrast Ahasvers war im Volksbuch ein warnendes Beispiel für dio Menschen; von Christi Leiden erzählte er zur Stärkung des Glaubens und mahnte „mit grimmigem Eifer", wenn er jemanden fluchen hörte. In dieser Rolle eines frommen Warners tritt er bei A. W. S c h i e r e l auf: in einer Schenke bringt er gottlose Lästerer durch seine ergreifenden Worte zu schauderndem Verstummen. Im selben Jahrzehnt irscheint er in A r n i m s „Halle und Jerusalem" als Vater Cardenios. Er erstrebt als reuiger Sünder die Erlösung, indem er fromme Werke vollbringt, predigt Cardenio und Celinde Entsagung und findet Frieden lach einer Wallfahrt zum heiligen Grabe. Hier ist also schon der Versuch einer inneren Entwicklung gemacht, als Lohn f ü r seine ewige Zeugenschaft f ü r Christum. Ein Mahner und Wegweiser nach jenseitigen Gütern ist er auch bald darauf in H o r n s Novelle „Der ewige Jude". Sie spielt im Dreißigjährigen Kriege; Leopold von Lauingen führt einen seltsamen Mann im Schloß seiner Väter ein, der ihm in der Schlacht bei Prag das Leben rettete. In seiner Mischung von äußerer Kraft und trostloser Leidensmiene wirkt der riesige Fremdling abtötend auf alle Lebensfreude im Schlosse. Als Unglück die Familie trifft, und der Fremde
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MAHNERROLLE: HORN.
SEIDL
dem lebensfrohen Leopold gegenüber leidenschaftlich den Tod preisty fordert Leopold ihn ergrimmt zum Kampfe. Doch sein Degen zerspringt an des Fremdlings Brust, und nun erzählt Ahasverus dem Entsetzten seine Geschichte. Auch er war in Jerusalem lebensfroh und reich und erhoffte vom Messias die Vernichtung des irdischen Todes. Enttäuscht trieb er den verurteilten Heiland von seiner Tür und erhielt dafür Erfüllung seines Wunsches: ewig zu leben, bis er zum Sterben reif geworden. Seitdem ist sein Leben ein ewiges Sterben, schwankend zwischen ohnmächtigem Trotz und Ekel vor sich selbst. An seinem trostlosen Schicksal erkennt der gedankenlose Leopold die Nichtigkeit des Irdischen, demütig beugt er sich unter die höhere Macht, f ü r die Ahasverus zeugt. Horns Novelle gab Anstoß zu dem ersten deutschen Ahasverdrama, K l i n g e m a n n s gleichnamigem Trauerspiel, das 1825 in Berlin aufgeführt wurde. Die Stelle des jungen Lauingen bei Horn nimmt hier Heinyn, der Mörder Gustav Adolfs, ein. Ahasver ist die Gorgo, die den Verbrecher mit „schmerzvoll tiefen Augen" verfolgt, bis er verzweifelnd seinen Mord bekennt und durch eigenen Sühnetod Erlösung findet. Ahasver aber wandelt weiter, „leblos und lebend, das Gespenst der Zeit". Noch unselbständiger ist das Drama von W. J e m a n d ; es hält sich eng an Horns Handlung, nur Räuber- und Femeszenen kommen dazu, und der pessimistische Ahasver quält seinen Schützling noch mit langatmigen Vorträgen über die Einheit von heiligem Geist und Vernunft auf höchster Stufe, über die Rolle des Zweifels und der Zeit (Hegeleinflüsse, vgl. u. III, 1). Als Mahner vor Zweifeln erscheint Ahasver bei P l a t e n ; in A u r b a c h e r s „Volksbüchlein" ist er Dolmetscher am heiligen Grabe und erzählt allen Wallfahrern erbaulich von seinem Schicksal. Besonders charakteristisch f ü r den Zeitgeist um i836 ist S e i d l s Gedicht „Die beiden Ahasvere". Ein hagerer Jude gibt sich yor höhnenden Zechern als Ahasver aus, weltschmerzlich beklagt er die tatenlose Unterwerfung der Völker unter unfruchtbare überlieferte Ideale und fordert zu eigenem Denken und eigener Tat auf, ein Symbol des neue Wege suchenden Jungdeutschlands. Plötzlich aber erscheint eine hohe, flammenäugige Gestalt, der wahre Ahasver. Er entlarvt den verderblichen „Weltschmerzheuchler", der das Gift anmaßenden Denkens verbreite, statt gläubig von Gott sein Heil zu erwarten. (Über Ahasver als Träger jungdeutscher Zeitgedanken s. u. I, 4 und II, 4-) In der zweiten Hälfte des ig. Jahrhunderts spielt Ahasver die Rolle des getreuen Eckhards nur in der Epigonendichtung weiter. Ganz im Stil Seidls bekehrt er bei E s c h e l b a c h einen Wanderer im Gebirgs-
EPIGONEN. -
STERNBERG
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sturm von seinem Weltschmerz. In S t o l t e s „Faust" erinnert er, der Vertreter des irrenden Strebens im Menschen, den kämpfenden Faust immer wieder an seine Kulturmission. Überhaupt tritt die Warnergestalt. jetzt stark in die Allegorie über. Ließ sich schon Horns Grundgedanke auf die Formel: Todessehnsucht gegenüber Lebensdrang bringen, so tritt jetzt gerade in Faustdichtungen Ahasver dem lebensdurstigen Faust oft als gespenstischer Asket gegenüber. In G r i s e b a c h s „Neuem Tanhäuser" platzt er etwas karrikiert in Fausts Schäferstunde mit Helena ' hinein und heilt ihn vom Drange nach ewigem Leben in dieser „Erdenhölle". Bei P. W i l h e l m stört er, diesmal im pathetischen Stil Lenaus, Fausts Sinnenglück mit Messalina: wilder Lebensdrang müsse immer zur Selbstvernichtung treiben. Eine wertlose Faustgestalt ist auch der Titelheld im Drama „Sigmar" von S c h o t t e l i u s . Ihm erscheint mehrmals der tieftraurige weise Ahasver, um ihn zur Einkehr an der Schwelle der Zufriedenheit und Frömmigkeit zu mahnen, sein ewiges Leid als warnendes Beispiel schildernd. Auch in der Gegenwartsdichtung tritt Ahasver wieder einmal als Abwender sündiger Taten auf, in S t e r n b e r g s mystischer Szene „Der Wanderer". An dieser sehen wir sofort, welcher Vertiefung das alte Motiv im Lauf seiner Entwicklung fähig geworden. Dem trostlosen Elend der Nachkriegszeit will ein Liebespaar durch Selbstmord entfliehen, doch Ahasver hält sie mit heilandhafter Gebärde zurück; sie sollten nicht sein Verbrechen wiederholen: „Ich tat die Sünde der Sünden, Ich habe Gott nicht gefühlt". In heiliger Ergriffenheit ist das Paar zu neuem Leben bereit, um nicht „das Maß der Welt zu stören". Dieser ewige Jude ist innerlich schon völlig geläutert, er empfindet seinen Fluch als Gnade und hat sich in seinem Leben die Erkenntnis des wahren Gottes erworben, ein Apostel, in dem sich die Sehnsucht der heutigen Zeit: Menschentum und Reifen zur Erlösung (s. u. III, 4) erhaben und rein verkörpert. 3. Die frommen Elemente des Volksbuches hatte erst die Romantik literarisch aufgenommen. Die ältesten deutschen Behandlungen der Sage gehören jedoch der Aufklärungszeit an. Diese wissensdurstige Generation dünkte sich zu vernünftig f ü r einen übernatürlichen Ahasver; sie hielt sich lieber an die Tatsache, daß er auf seinen langen Wanderungen doch viel Lehrreiches erlebt haben müsse. Er sollte von der historischen Entwicklung der Menschheit berichten, eine ausgesprochen epische Aufgabe. Selbst die Stürmer und Dränger Goethe und Schubart,
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HISTORISCHE UND POLITISCHE TENDENZ
deren Fragmente Ahasver individuell zu gestalten suchen, betonten ursprünglich das historische Ziel ihrer Dichtungen. G o e t h e war durch die Kirchenkritik des Frl. v. Klettenberg und das Studium von Arnolds Kirchengeschichte zu dem Plan gekommen, ,,an diesem Leitfaden die hervorstechendsten Punkte der Religions- und Kirchengeschichte darzustellen" (D. u. W . , III, i 5 ) , in den erhaltenen „Fetzen" stehen auch kritische Worte gegen die Entstellung der reinen Lehre durch P f a f f e n und Fürsten, und der Akkord des „Iterum crucifigi" wird angeschlagen, daß die Welt den wiederkehrenden Heiland wieder verkennen würde. S c h u b a r t wolte mehr kulturhistorisch einen Ahasver darstellen, der alle Höhen und Tiefen der Menschheit gesehen, und nun zurückschaute auf den „ d u r c h p f l ü g t e n Ozean der Zeit". Beide Dichter führten ihre Pläne nicht aus. Sie hatten dazu das poetische Versgewand gewählt und wollten ihre eigenen Gefühle hineingießen: d a f ü r war die Gestalt des ewigen Juden zur Zeit der Aufklärung noch nicht reif. Nur ein prosaischer Ahasver, der vom typischen Aufklärerstandpunkt aus die Welt sah, konnte damals trockene Zeitkritik geben. Als Freigeist gibt er einen Abriß der Weltgeschichte, die „Mémoires du Juif errant". Darin erzählt der ewige Jude historische Anekdoten, wartet mit Zahlen über die Kosten der Kreuzzüge auf, erweist sich als lebendes Lexikon. In Afrika hat er sich sogar schwarz gefärbt, um die Völker besser studieren zu können. Seine Grobheit gegen Jesum meinte er nicht böse, sah bald den Fehler ein und trägt seine Folgen, ohne sie als tragisch zu empfinden. Ganz ähnlich erscheint er in W . F r . H e l l e r s Briefroman und schildert die Kirchenhistorie unter Ausfällen gegen das mittelalterliche „Pfaffengesindel". Mit Vorliebe erzählt er Greuelgeschichten; selten verraten Weltschmerzanfälle Schubarts Einfluß. Mit Stolz preist er die Humanität und verachtet den Aberglauben. In der pessimistischen Stimmung der dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts wird die Kritik an der Gegenwart stärker betont. Ahasver wird zum Sucher nach menschlicher Freiheit, meistens enttäuscht. In Z e d l i t z ' s Kanzonendichtung m u ß er wandern, bis die Liebe in der Welt gesiegt hat; an Attila und Napoleon zerbricht seine Hoffnung. Bei den Jungdeutschen setzt er seine H o f f n u n g auf die Revolution: K ö h l e r s Ahasver wird in seinem egoistischen Freiheitsdrang von Christus, Luther und Börne enttäuscht und will in Z u k u n f t nur der Menschheit leben; auch R ö n n e f a h r t s Ahasver wird nur halb erlöst, durch tätiges Streben im Freiheitskampf erwirbt er sich wenigstens friedlichen Schlaf, den ihm Schillers Geist durch Reden vom wahren Menschentum versüßt.
S. HELLER. — KUFFNER
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Zeitloser empfindende Pläne einer historischen Darstellung des ewigen Lebens blieben damals fragmentarisch. Hauthals „Ahasveriade", die in fünf Wanderungen den Kampf des Christentums mit dem Judentum, dem Heidentum der Alten, dem Islam, mit sich selbst und dem Heidentum der Neuen schildern sollte, hört schon bei Christi Tod auf, was wir bei dem widerlichen Schwulst des Bruchstücks nur begrüßen können. Auch von Schenks Plan, „die innere und äußere Geschichte von 16 Jahrhunderten widerzuspiegeln", sind nur zwei Episoden aus Regensburg und China gedruckt. Erst 1868 f ü h r t e S. H e l l e r in einem Epos von 15 5oo Versen den ewigen Juden „von Gott, der zum Menschen ward, bis zur Menschheit, die zum Gotte ward". Mit staunendem Blick sieht der bekehrte Zweifler die W u n d e r der Kulturentwicklung; alle bedeutenden Menschen, wie Mohammed, Dante, Faust, Luther, Newton u. a. ziehen an ihm vorbei. Schließlich sieht er in Goethe das Menschheitsideal verkörpert und damit sein Ziel erreicht. Er entdeckt sich selbst als Teil dieses Ideals, als Vertreter des Glaubens, neben Don J u a n , der Kunst, und Faust, dem menschlichen Denken. Die nüchterne Stoffmenge der Aufklärung ist hier von einem abstrakten Grübler gedanklich bewältigt worden, ohne dabei ästhetisches Leben zu gewinnen. Auf tieferem Niveau stehen zwei Romane, die sich nach Sues Vorbild um die Jahrhundertmitte den ewigen Juden zum Helden erkoren. Der unbekannte Verfasser des Romans „Der ewige Jude der Urzeit" wollte „den Geist der Weltgeschichte" vorführen. So treten Hegeische Gedanken erst lange nach ihrem Aufblühen im Kolportageroman auf, eine typische Erscheinung in dieser Literaturschicht. In einem Wust von Personen und Handlungen m u ß Ahasver als der rettende Engel umherwandeln. K u f f n e r s Roman zeugt immerhin von gründlicher Kenntnis des römischen Altertums. Als „böser Genius der Cäsaren" weilt Ahasver unter Tiberius, Caligula und Nero am Hofe, ein Schreckgespenst, das mit Vorliebe verderbliche Ratschläge gibt, einen Löwen mit sich f ü h r t oder einen verbrannten Knochen von Caligulas Scheiterhaufen im Gürtel trägt. Er hetzt Nero gegen die Christen, bekommt aber später auch ein philosophisches Mäntelchen umgehängt, indem er sich bekehrt und mit purpurner Kreuzesfahne den Scharen Konstantins zu Hilfe eilt, so in die Weltharmonie eingehend. K u f f n e r wirkte stofflich wie gedanklich stark auf Hamerlings „Ahasver in Rom". In unserer Zeit ist das Interesse an historischen Kompendien stark beschränkt. Nietzsches „Unzeitgemäße Betrachtungen" fluchen der lebensfremden Geschichtsforschung und verlangen, daß der Historiker von der lebendigen Gegenwart aus fruchtbar aus der Vergangenheit
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MODERNE ZEITKRITIK. — SCHÜBART
schöpfe. Den bloßen Stoffsammler Ahasver parodiert Silberstein (s. u. II, 2), wenn er ihn als modernen Zeitungsverleger einführt: „Ich wandre, wandre, bin überall dabei". N e l s o n s Märchenroman begleitet allerdings den ewigen Juden auf seinem Gang durch die Jahrhunderte, hat überhaupt stark rationalistischen Einschlag, doch bleibt immer die kritische Beziehung zur Gegenwart offen. Vollends modern wirkt V i e r e c k s „Autobiography of the Wandering Jew", die sich direkt als „erotische Auslegung der Historie" gibt. Sein ewiger Jude erzählt einigen Psychoanalytikern eine Fülle neuer Situationen aus den ersten 2000 Jahren seines Globetrotterdaseins und beleuchtet alle historischen Gestalten vom modernsten psychologischen Standpunkt aus. Von diesen Weltgemälden aus sei auf Ahasvers Begegnungsfiguren (s. u. II, 2) verwiesen. t\. Die Betrachtung unfruchtbarer Epochen in Vergangenheit oder Gegenwart weckte schon in dem Kulturkritiker Ahasver pessimistische Regungen. In Dichtungen, in denen seine Person stärker in den Mittelpunkt gerückt ist, wächst der Weltschmerz aus seinem eigenen Wesen hervor. Jahrzehnte vor der allgemeinen Weltschmerzmode war es Schubart, der Dulder vom Hohenasperg, der ihn in diesem Sinne bahnbrechend gestaltete. Da Goethes Fragmente erst i836 gedruckt wurden, ist S c h u b a r t s lyrische Rhapsodie „Der ewige J u d e " (ersch. 1787) die erste wirksame Gestaltung der Sage in Deutschland. Der schlichte Schuster des Volksbuchs ist zum Titanen geworden, den ohnmächtiger Trotz gegen den strafenden Gott durchtobt. Heulend schleudert er die Schädel seiner Anverwandten vom Berge Carmel herab, verzweifelt schreit er auf gegen sein Geschick : „Sehen müssen durch Jahrtausende das gähnende Ungeheuer Einerlei und die geile hungrige Zeit!" In wuchtigen Worten schildert er, wie oft er vergebens den Tod suchte. Er rannte in Flammen und trotzte den Tyrannen, stürzte sich in den Ätna und ins Meer, setzte in Schlachten und unter Schlangen sein Leben aufs Spiel. Wohl fühlte er die quälenden Martern, doch töteten sie ihn nicht. Und in grimmem Schmerz bittet er Gott, ihn durch einen todbringenden Wettersturm vom Felsen hinabzuschmettern. Ein religiöser, unorganischer Schluß soll das gewaltsame Pathos mildern : ein Engel spendet dem Büßer friedlichen Schlaf, bis der Heiland wiederkehren werde.
DIE WELTSCHMERZPERIODE
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Die Dichtung wurde begeistert aufgenommen; der II. Band von Schubarts Gedichten zeigte als Titelbild den gigantischen Ahasver auf dem Carmel. Die Schilderung seiner Selbstmordversuche (nach der „Histoire admirable" von 1710) wurde mit Vorliebe in spätere Darstellungen der Sage übernommen: W. Fr. Heller sowie Horn und seine Nachfolger geben sie mit einigen Zusätzen wieder, ebenso wie manche Bearbeiter, meist Epigonen, bis in die neueste Zeit. Stimmungsmäßig wird der Weltschmerz ohne religiösen Hintergrund erst wieder von den Melancholikern des jungen Deutschland aufgenommen, hauptsächlich zwischen i83o und lio. In S c h ö n s Ballade beklagt er als Übermensch die Dekadenz der „verkrüppelten" modernen Welt. Meist aber gelten seine Sorgen den politischen Zuständen. Das Mitgefühl vieler galt damals den Juden, deren Emanzipation von einigen Wortführern eifrig betrieben wurde (s. u. II, 4). Ahasver, schon im Volksbuch zu seiner Nation in Beziehung gesetzt, wurde ihr Symbol.. P l a t e n und P f i z e r besingen den wehmütigen Wanderer, der mit seinem heimatlosen Volke leidet. Bald aber konnte Joel J a c o b y in den „Klagen eines J u d e n " schreiben: „Die Welt ist zum ewigen Juden geworden, und deines Volkes Not und Qual wälzt sich rächend über die christ-
lichen Nationen". Die ganze Menschheit wandelt im Irrtum und sucht vergeblich nach neuen Werten, nach Befreiung aus den erstarrten Formen unfruchtbarer Diplomatie. C h a m i s s o beklagt als neuer Ahasver den Verlust seiner irdischen Liebe, Z e d 1 i t z ' s ewiger Jude erharrt schmerzlich die Herrschaft himmlischer Liebe in der Welt. Im Epilog zu A u e r b a c h s „Spinoza" erhofft Ahasver von dem Amsterdamer Philosophen Erlösung für sein Volk und die ganze Menschheit aus dem Haß der Gegenwart. Am lebendigsten verkörpert diese Stimmung der typische Weltschmerzdichter L e n a u. An die Bahre eines jungen Hirten tritt der Greis mit dem tiefgefurchten Antlitz, beneidet ihn, daß er „die großeSchuld desSchmerzes abgetragen",und stöhnt, daß er selbst stets vergeblich versucht, dem „wüsten Zeitvertreib" des Lebens durch den Tod zu entfliehen. Dann beschreibt Lenau in den „Gestalten" die Vision eines gequälten Wanderers, wie der riesige Ahasver todesdurstig einem Jäger befiehlt, auf ihn zu schießen. Doch das Blei prallt ab und wird zur Münze mit dem Bilde Christi unter dem Kreuz. Ahasver flieht weiter: „0 könnt ich sterben mit den Morgenwinden, Und wie mein Wehruf im Gebirg verhallen!"
Die bedeutendste Ahasverdichtung dieser Epoche, Mosens „Ahasver", von Schopenhauers Pessimismus beeinflußt, verkörpert großartig den
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WELTSCHMERZEPIGONEN
Zug der Zeit vom Judenweh zum Menschenleide: „Zur Zeit die Not nur einer einzigen Stadt, Trägt er den Weltschmerz bald in seinem Herzen". Da Mosens Epos die erste Symboldichtung ist, wird sie im III. Kapitel näher behandelt werden. Erwähnt sei indessen noch, daß sich die Weltschmerzzüge bald auch in den Kolportageroman verirren. In Oelkers' „Prinzessin Marie von Oldenhof oder der ewige Jude" ist Ahasver von Bitterkeit gegen seinen Fluch erfüllt, alles opfern zu müssen und jedes Unheil vorherzusehen. Und die Heldin von Kuffners ganz geistreicher Parodie „Die ewige Jüdin" empfindet den ewigen Juden als das „rätselhafteste, uralte und modernste Wesen, gleichsam als personifizierten interessanten Weltschmerz". Solche Koketterie mit dem Ahasverusleid war es, die Seidl brandmarkte als „Weltschmerzheuchler, Leidensmäkler"; Hauffs humoristische Darstellung des weinerlichen Ahasver (s. u. II, 3) wirkt, wenn auch etwas früher entstanden, wie eine Parodie auf diesen Typus. Von neuem tritt Weltschmerz um das Fin-de-siecle wieder auf, und wieder erscheint Ahasver öfter als sein Träger. Eine Rolle wie bei Schubart spielt er in H a r d u n g s Christusdrama; modern empfunden ist er in Avenarius' „Lebe": als Spukgestalt des müden Herbstes; mit leeren Augen im öden Walde schreitend, schaut ihn der trauernde Held des Buches. Graf S c h a c k betrachtet ihn als Bild der „gramerkorenen" Menschheit, deren Seufzer seinen Schritt umstäuben; der Byronschwärmer B l e i b t r e u läßt ihn trotzig „eine Welt von Weh im Herzen" tragen und dem Welttyrannen fluchen. Zwischen Lebensekel und Daseinslust schwankt der Held von Geigers Ahasverfragment; in B i e r b a u m s „Golgatha" beweist er einem frommen Wanderer, daß nur trostloser Menschenhaß von Christi Lehre übrig geblieben ist: „Sein Tod ist ewig. Seine Liebe ist totl" Die neueste Zeit läßt Ahasver weniger in tatenlosem Schmerz versinken, stattet ihn mit tätigem Streben aus. Bei Windholz und Nelson übt Ahasver wohl bittere Kritik an der Gegenwart und hat ein sehendes Auge f ü r alles Erdenleid, doch durch die tätige Reform sucht er seine Melancholie fruchtbar zu machen, bringt also neue Motive in den Stoff hinein. 5. Schon f r ü h hatte man versucht, dem Fluch ewigen Lebens eine positive Seite abzugewinnen, um Ahasver von unfruchtbarem Weltschmerz zu erretten. Der Jude des Volksbuchs galt als Wohltäter der Armen; spätere Bearbeiter begründen dies damit, daß er zur Sühne seiner Schuld Gutes tun müsse. Schon seine Rolle als frommer Mahner hing damit zusammen. Nahe lag es daher, ihn nun auch seinen Fluch
AHASVER ALS DEUS EX MACHINA
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tätig verwerten zu lassen, den unverletzlichen Greis zum Vollbringer schwierigster Rettungen zu machen. So sehen wir, wie er bei H o r n und seinen Nachfolgern seine Schützlinge aus Schlachtentod rettet, unbewaffnet und unverwundbar im dichtesten Getümmel auftauchend. In A r n i m s „Halle und Jerusalem" trägt er Cardenio und Celinde, die von abergläubischen Schiffern ins Meer geschleudert wurden, auf seinen rettenden Armen durch die Wellen, da j a die Wasser ihn nicht verschlingen dürfen. Diese Episode übernahm dann S c h e n k in seine Erzählung vom christlichen chinesischen Liebespaar „Hi-Tang und LiSong", während 0 . L. B. W o l f f Ahasver als Retter aus Feuersgefahr auftreten läßt. — Gern vereint der Weltenwanderer auch liebende Paare. Bei L a u n will ein Abenteurer in der Maske des ewigen Juden Victoria, Guntrans Geliebte, entführen, worauf der wahre ewige Jude erscheint, um alles wieder in Ordnung zu bringen (hierher stammt wohl Seidls Motiv der beiden Ahasvere). Im Drama von Caignez (deutsche Bearbeitung von Haupt) bringt er den Liebenden Glück nach mancherlei Wirrsal durch magische Auffindung versteckter Schätze. Noch krasser spielt er den Deus ex machina im ,.Ewigen Juden der Urzeit", wo er, nach dem Vorbild Sues, eine verwirrende Fülle von Schützlingen durch geheimnisvolle Geschenke und effektvolle Warnungen betreut. Von i844—92 wird auch diese Rolle Ahasvers nicht literarisch geformt. Dann versetzen ihn kurz nacheinander P o v i n e l l i und O. v. S c h a c h i n g in die Alpenwelt. Beim ersteren tut er in der farbenprächtigen Welt des Tiroler Herzogs Sigmund sein Liebeswerk an einem unschuldig verfolgten Paare, bei Schaching wirkt er im schlichten Bauernvolke Gutes aller Art. Andere betonen das Leid seines Fluches stärker, indem sie ihn trotz des besten Willens zum Guten nur Unheil stiften lassen, ein Schauermotiv, das zuerst in Frankreich (Caignez und Sue) aufkam. So will er bei S. v. G a n s t a t t (189^) sich durch rettende Taten die Erlösung erwerben, erkennt aber, da alles mißglückt: „weil ich verworfen, bin ich Bösewicht". Auch in S o e n d e r m a n n s Drama bringt er seinen Schützlingen Ruth und Eberhardt den Tod. Selten sind die Versuche, in denen er von Anfang an als böser Geist, ja als Vampir dargestellt wird. Einmal erscheint er so bei E g i n h a r t ( i 8 4 8 ) . Stets neue Leben muß der Verfluchte durchleben, in Adlerleibern und Eichen hat er schon gehaust, jetzt will er gierig in eine zarte Jungfrau eindringen, doch der Geist des Friedens wehrt ihm den Eintritt, und sie stirbt an innerer Flamme. Knirschend fliegt Ahasvers Geist in die Wüste und schlüpft in einen jungen Tiger. — Bei M. B l a n k ( 1 9 1 0 ) ist aus dem schlichten
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DAS NEUE MOTIV DES JÜNGSTEN TAGES
Sagenhelden ein eleganter bleicher Mann geworden, der den Mädchen in der Brautnacht das Lebensblut nimmt, um seinen müdgelebten Körper wieder zu verjüngen. Solche phantastischen Deutungen sind für die Entwicklung unserer Sage unwesentlich. Doch auch als mystischer Schutzgeist verschwindet Ahasver in der gegenwärtigen Literatur. Bei allen Gruppen dieses Kapitels läßt sich nach der eifrigen Aufnahme der typischen Sagenfigur in der ersten Hälfte des Jahrhunderts nur eine schwache Wiederbelebung in den letzten Jahrzehnten feststellen. Wo wir überhaupt einen alten Zug bis in die Gegenwart verfolgen konnten, zeigte gerade er recht deutlich die Hinwendung auf aktuelle, meist psychologische Probleme. Ein neuer Begriff vom ewigen Juden war entwickelt worden. Doch zwischen dem alten und dem modernen Ahasver stehen vermittelnd zahlreiche Dichtungen des 19. Jahrhunderts, die durch Schöpfung neuer stofflicher Verbindungen die Deutungsmöglichkeiten der Sage vermehren. II. Kapitel. NEUE
SITUATIONEN.
1. Als „ewiger Jude" wandelt Ahasver; doch endet die Ewigkeit nach christlicher Anschauung mit dem jüngsten Tage, Christi Wiederkehr. Dichter, die keine Zukunftsvision bringen wollten, konnten konsequenterweise den Sagenhelden keinem Ziel seines Lebens zuführen. Daher enden so viele Ahasverdichtungen fragmentarisch; Haushofer entläßt uns sogar, ähnlich wie Andersen, mit ausdrücklichem Hinweis auf Ahasvers weiteres Schicksal: „Den Spätsten verbleibt es; Ein Anderer schreibt es Am Ende der Zeit, wenn das Letzte geschieht". Diese Erlösung am letzten Tage phantasmagorisch zu schildern, versuchten einige Deutsche in den vierziger Jahren. S t e h l i n g und T r a u t m a n n lassen die Stürme des Weltendes über die verzweifelte oder frommergebene Erde hinbrausen; jubelnd und verklärt erhebt sich daraus Ahasver über seine Mitwelt. Er findet zurück nach Golgatha und darf endlich sterben; bei Trautmann erlöst ihn ein Engelskuß aus der Furcht, die Erde überleben zu müssen, bei Stehling stürzt er todestrunken in eine Schlucht. In N e u m a n n s Drama vom „Letzten Men-
WELTUNTERGANG ALS WELTANSCHAULICHES MOTIV
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schenpaar" ist er der trotzige Jehovadiener, der im tausendjährigen Wahn vom auserwählten Volke lebt, und sich erst in den Flammen des Weltuntergangs der ewigen Liebe unterwirft. Höher als das schwache Pathos dieser deutschen Versuche steht das Drama des Dänen PaludanMüller (i853), in dem Ahasver als aufrechter Leidensheld einen Kirchhof aufsucht, um die Erlösung des jüngsten Tages zu erwarten. Hingegen entstammte die pessimistische Götterdämmerung in Quinets Mysterium „Ahasvérus" ( i 8 3 i ) noch der Weltschmerzepoche. In der zweiten Epoche der Ahasverdichtungen gestaltet sich das Bild mannigfacher. Bei dem Epigonen S c h o t t e l i u s freilich wird Ahasver am letzten Erdenabend vom Strahlenschwert des Schicksals getroffen, ohne daß der Wirbel von himmlischen Stimmen und leuchtenden Sphären uns irgendwelchen Eindruck hinterläßt. Hingegen bietet H a u s h o f e r s Drama ein wertvolles Bild der religiös indifferenten Zeit, da jede Auseinandersetzung mit der Gottheit fehlt. Da reißt in einer Episode Ahasver dem Todesdämon die Maske ab, nachdem wir einen geistreichen Bericht des letzten Menschen gehört haben, wie die Menschheit nach Sozialrevolution, Überwindung der Schwerkraft und chemischer Ernährung an ihrer eigenen Vollkommenheit zugrunde ging. Gegen diese skeptische Einstellung wendet sich das Ahasverepos des Katholiken S e e b e r . Der Glaube soll als Sinn hinter dem Weltgeschehen aufragen. Als Ahasver zuerst f ü r den siegreichen Antichrist gekämpft hat, wird er vom Papst getauft, nachdem er den Heiland in einer Vision geschaut hat. Erlöst dankt er mit seinem Volke der Dreieinigkeit, als der Antichrist vom Herrn des Himmels am Tage des Weltgerichts in den Flammenpfuhl geschmettert wird. R e n n e r s Epos vermittelt gewissermaßen. Ahasvers titanischer Messiastrotz gegen Gott scheitert an der unzulänglichen Welt. In der letzten Stunde des Alls schaut er, erlöst und bekehrt, im Untergang den Keim zu neuem Leben: „Immer wird das Heil geboren". Doch die relativistische Anschauung liegt weiter im Zeitgeist. In H e y s e s Fragment flüchten zwei Brüder im Luftschiff nach der schon schneebedeckten Sahara; die Sonne ist erloschen. Unbefriedigt fragt Contemptor nach dem Sinn des gelebten Lebens. Da belehrt ihn der wegemüde Ahasver, der jetzt, vom Glück endlicher Rast erfüllt, seinen Wanderstab in den Schnee pflanzt: menschliche Eintagsfliegen dürften nicht nach des Lebens Sinn fragen. Man solle es dankbar als freies Geschenk nehmen; es sei nutzlos, das düstere Rätsel lösen zu wollen, warum Gott nicht mitleidig und gerecht sei wie die Menschen. Der treueste Menschenfreund sei der Tod; und dieser naht jetzt mit dem Palmenzweig als Ahasvers Erlöser.
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NACHKRIEGSPESSIMISMUS. AHASVER UND NERO
Nach dem Weltkrieg glaubte eine enttäuschte Generation, daß die entartete Welt reif zum Untergang sei. In zwei Ahasverdichtungen offenbart sich das Wesen gegensätzlicher Temperamente. Aus der Kulturdämmerung findet Meyrink, der abgeklärte Okkultist, Zuflucht zu innerer Schau; der jüngere Wirklichkeitsmensch Winckler sieht nach der Katastrophe keinen Hoffnungsstrahl. M e y r i n k s Chidher Grün, durch Metempsychose mit Ahasver verbunden, läßt nach Vernichtung des wüsten Hexenkessels der kranken Zeit das selige Zeitalter f ü r die Eingeweihten heraufdämmern. In W i n c k 1 e r s „Irrgarten Gottes" aber endet die Welt durch eine verächtliche Gebärde des Momus, eine zur Unrast verdammte Schieberhölle, die Ahasver zu dem satanischen Triumphgesang bewog: „Ich bin nicht der Unseligste mehr, ich bin erlöst". 2. Höchst buntscheckig ist die Schar historischer und sagenhafter Gestalten, denen die Dichter Ahasver auf seinem Wandel durch die Zeiten begegnen lassen. Seit Goethe verbindet man ihn gern mit Christi Umgebung. Veronika wird ihm als fromme Mahnerin gegenübergestellt, Judas ist sein ungläubiges Ebenbild. Zuweilen gilt Maria Magdalena als seine Geliebte; dann sucht ihn sein Jugendfreund Paulus vergeblich zu bekehren (bei S. Heller, Giseke, Nelson). Als nächste historische Etappe lag das neronische Rom nahe. Bei Aurbacher feiert der Unverletzliche als Gladiator Triumphe und wirkt bei den Christenverfolgungen mit. Bei Kuffner wird er der Vertraute Neros, der sich ihm verwandt fühlt: „In dir ist Glut und ivilde Gärung wie in mir". Er ist es, der Nero den teuf liehen Rat gibt, die Schuld am Brande Roms auf die Christen abzuwälzen, ein Gedanke, den wir in Vierecks Roman heute wiederfinden. Als wollüstiger Verderber der Cäsaren unter der Maske des Ratgebers erscheint er nach Kuffners Vorbild bei Hamerling: die Ermordung Agrippinas und Locustas Intrigen sind deutlich übernommen; bei Hamerling ist er es sogar, der Nero zum Brande Roms anreizt, um den Wüterich dämonisch seinem Ende entgegenzutreiben. Schon früher stellte Girndt den todessehnsüchtigen Greis als Nemesis dem vermessenen Nero entgegen, als „gewalt'gen Quergeist aller seiner Pfade". Doch bei ihm ist er der reuige Mensch, der den Christenglauben als Erlösung ersehnt und Wehe über den Bluthund und Christenverfolger ruft. Bei Bulthaupt schließlich will er Nero als den Totengräber Roms erdolchen und erhebt sich unversehrt und frei von den angelegten Fesseln aus den Trümmern der ewigen Stadt. Es ist der übermenschliche Ahasver, wie Schubart ihn geschaffen, der die Dichter reizte, ihn als Gegenspiel der großen Weltzerstörer
ATTILA, NAPOLEON; MOHAMMED, KOLUMBUS
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aufzustellen. Attila, der Gottesgeißel, wird er von Andersen gegenübergestellt. Im Namen des Machtgottes reizt er den König, die Alpen zu überschreiten und die christlichen Völker zu bekriegen. Und anderseits ragt seine riesige Gestalt, den Wanderstab wie einen Strahl gestreckt, gespensterhaft vom Capitol, als Zedlitz's Attila mit dem Würgerheer vor R o m steht. Der Hunne hält ihn f ü r den Todesengel und befiehlt den Rückzug von der heiligen Stadt des Papstes. Zedlitz prophezeit an dieser Stelle eine Wiedergeburt Attilas; er denkt an Napoleon, den problematischen Heros seiner Generation. Bald darauf läßt Alexander von Württemberg den ewigen Juden wirklich als Genius Napoleons auftreten. Als orthodoxer Diener Jehovas schützt Ahasver den Korsen, um durch ihn die christlichen Völker in Bedrängnis zu bringen. Das Gedicht ist der Protest eines jungdeutschen Antisemiten gegen die Emanzipationsidee seiner Zeit (s. u. II, 4)In Kachelleks wertlosem Drama wird Ahasver Napoleons Nemesis, wie Neros bei Hamerling, nachdem der Kaiser seine Hoffnung auf ein glückliches Zeitalter enttäuscht hat. Es sind mehr malerische als geistreiche Episoden, in denen ein gigantischer Ahasver diesen Gewaltmenschen gegenübertritt, wie j a auch Schubarts Ahasver mehr als Bild denn als Idee wirkte. Wer nach Goethes Plan hingegen eine Darstellung der menschlichen Glaubensgeschichte unternahm, mußte geistigere Persönlichkeiten zu Ahasver in Beziehung setzen. Auf der Grenze zwischen beiden Typen steht Mohamed, der Prophet an der Spitze eines fanatischen Heeres. Er erscheint in den Ahasverdichtungen von Aurbacher, Mosen und Andersen als der Eroberer der Christenstadt Jerusalem, dem der verstockte Christenfeind Ahasver freudig Gefolgschaft leistet. Die Neuzeit zieht eine geistreiche Paradoxie den äußeren Effekten vor: bei Nelson erzählt Ahasver dem Propheten seine Erinnerungen an Christus, und Mohammed schafft aus diesen Offenbarungen die neue Religion. Ein Ahasver, der innerlicher Läuterung entgegenreifen sollte, mußte mit schöpferischen Geistern verbunden werden. Andersen läßt den ungläubigen Zweifler mit Kolumbus übers Meer fahren und beim Anblick des neuen Landes überwältigt zusammenbrechen; auch bei CarmenSylva betritt er mit Kolumbus das neue L a n d ; während er bei Renk in der gleichen Situation als die überall weilende Halbheit und Unzufriedenheit auftritt. Bei seiner ersten Beschäftigung mit Spinoza hatte Goethe als „wertes Ingrediens" einen Besuch des ewigen Juden bei Spinoza geplant. Auerbach führte den Gedanken zur Zeit der jungdeutschen „Ahasverustrauer"
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AHASVER ALS GEGENSPIELER LUTHERS UND GOETHES
aus. Der Begründer philosophischer Freiheit ist auch der Erlöser des geknechteten Volkes Israel. Ahasverus dankt ihm mit einem Kuß dafür, daß er nun sterben darf. Für protestantische Autoren erfüllt eher ein Mann wie Luther diese Kulturmission. Schon in W. Fr. Hellers aufklärerischen Briefen freut sich der ewige Jude des kühnen Bekämpfers der verderbten römischen Kirche; der freiheitliche Ahasver Köhlers erwartet ebenfalls vorübergehend von Luther das Heil der Welt. Die grenzenlose Umdeutbarkeit unserer Sage offenbart sich wieder in Grimms dilettantischem „Meister Martin", in dem Ahasver das böse Prinzip des Zweifels vertritt. Gegen ihn, eine Kreuzung von Antichrist und Mephisto, schleudert Luther das Tintenfaß. In krassem Gegensatz hierzu stehen zwei charakteristische Deutungen der Gegenwart, eine realistische und eine idealistische. Bei Viereck wirft Luther zwar auch das Tintenfaß nach Ahasver, doch es war nur eine Halluzination. Im Grunde ist der naive lebensfrohe Mönch dem Weltenbummler sehr sympathisch, und freundschaftlich stößt er mit ihm auf ein baldiges Ende des päpstlichen Antichrists an. Von der Trencks Ahasver hingegen, Symbol leidvoller Gnade und ewiger Wandlung, ergießt „seine Wanderlust und Pein" dankerfüllt in die frommen Lieder des Mönchs von Wittenberg. Eine Beeinflussung anderer Art hatte Theremins Legende dem ewigen Juden zugeschrieben. Hier sucht er in Weimar Goethe auf, und Goethe lernt den weitgereisten Weltmann als „vernünftigen Freund" schätzen. Ja, einige Verse des ewigen Juden nimmt er sogar in seine Werke auf, darunter das Distichon: „Jeglichen Schwärmer schlagt mir ans Kreuz im 30. Jahre; Kennt er nur einmal die Welt, wird der Betrogene der Schelm". Ernsthafter schildert Nelson einen Besuch Ahasvers bei Goethe. Der Dichter bedauert es aufrichtig, daß er nicht vor Abfassung seiner,Fragmente vom ewigen Juden Gelegenheit hatte, ihn persönlich kennen zu lernen und spricht mit ihm vom Geist der Zeiten und dem unfruchtbaren Zustand der Gegenwart. Die Verbindung Ahasvers mit geschichtlichen Persönlichkeiten entsprang einem historistischen Zeitalter. In der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts mehren sich die Versuche, ihm eine seinem Stil angemessenere Umgebung zu verleihen, indem man ihm ältere und jüngere Sagenbrüder zugesellt. Durch geistreiche Kombinationen will man die mangelnde Kraft zum Gestalten von Einzelcharakteren ersetzen.
PROMETHEUS, WODAN. -
DON JUAN
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Vereinzelt bleibt das Motiv, Ahasver mit Prometheus zu verknüpfen; es erwächst aus der Allegorie. Der Engländer Shelley verlieh zuerst dem ewigen Juden, dem leidenden Feinde der Gottheit, Zöge des griechischen Vorkämpfers der Menschheit. In Deutschland bezeichnete Mosen, unter Shelleys Einfluß, Ahasver als den Prometheus der deutschen Literatur; auch f ü r J . G. Fischer ist Ahasver der freie Mann, der „mit des Gedankens kühner Stirn das Feuer vom Himmel stahl". Doch nur der Franzose Dumas benutzte diese Parallele zu realer Darstellung. Sein ewiger Jude befreit Prometheus vom Geier des Lebens, indem er den ihn umgebenden Wald anzündet. Erst 1902 faßt ihn bei uns Renner als den Gedankenriesen, der mit seinem Pfeil den Geier des griechischen Dulders erlegt. Noch eine mythische Gestalt, älter als Ahasver, begegnet ihm zuweilen auf ruhloser Wanderung. Mauthners Roman „Der neue Ahasver" behandelt die Judenfrage; nur im Prolog beschwört er die zwei ragenden Wanderer Wuotan und Ahasver; „in ihren Gesichtern den Bruderzug der milden Trauer", leiden sie unter den Vorurteilen einer fanatischen Welt. Ebenso leiden beide in Zoozmanns Gedicht „Der Trost" unter dem Sieg des christlichen Glaubens. Anfangs will Ahasver den gestürzten Gott zum Berserkerzorn herausfordern, um unter seinem Blitzstrahl sein leidvolles Leben zu enden; doch lernt er von Odin Ergebung in sein Geschick: ein jeder müsse tätig sein Leben durchkämpfen; Erlösung werde winken, wenn der letzte Christ Jesum verlassen werde; denn Götter leben nur, solange man an sie glaube. Mit den Göttern wandeln sich so die Gestalten ihrer Gegner. Für uns ergibt sich das Bild Ahasvers als Widerspiel der jeweiligen Gottheit; als Idee gesellt sich ihm der ewige Heide und der ewige Christ, alle als Auswirkungen des ewigen Menschen, zu dessen literarischem Symbol er sich entwickelt (vgl. Kap. III). Als Menschheitssymbol reiht sich Ahasver neben Don Juan und Faust. Im Hinblick auf Lenaus Dichtungen empfand Auerbach diese drei Gestalten als die großen weltschmerzlichen Dissonanzen. Um die gleiche Zeit (1868) bildete S. Heller das Menschheitsideal aus Ahasver als Vertreter des Glaubens, Faust als Denker und Don Juan als Künstler. Sehr geistreich variiert diese Beziehung Schönaich-Carolaths Zyklus „Don Juans Tod". Der rastlos irrende Bettler Ahasver traf auf sommerlichem Felde die vertriebene Venus und ergriff stürmisch Besitz von ihrem Götterleib. Venus gebar ein gewaltiges Zwillingspaar: Don Juan, den Priester der Lust, und den Gedankenfürsten Faust. So ist aus Unrast und Schönheit der ungestüme Drang zum körperlichen und geistigen Ideal geboren.
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FAUSTMOTIVE. — PARZIVAL
Wir sehen, wie die nüchternen Motive des Volkbuchs zu Ideen emporreifen. Aus Ahasvers Grausamkeit gegen Christum entwickelt sich der Gedanke eines selbstbewußten Forschergeistes, der als ehrlicher Zweifler die Gottheit ablehnt. Seine von Gott verhängte Unrast wird als freiwilliges Streben, als ewig menschliche Sehnsucht gedeutet. In diesem Sinne wird er auch bei T r e n c k durch Seelenwanderung mit Don Juan verbunden, ehrfurchtsvoll reichen sich irgendwo im Weltenraum der endlos Hassende und der endlos Liebende „die flatternden Hände". Engster Geistesbruder des literarisch entwickelten Ahasver ist Faust, und eine verwirrende Fülle von Epigonendichtungen wählt sich geradezu Ahasver zum faustischen Titelhelden, wie das III. Kapitel zeigen soll. Fausts zwei Seelen kämpfen in Ahasver, meist vertritt der Tod oder ein spöttelnder Philosoph den Mephisto und himmlische Chöre empfangen ihn nach irrendem Streben. F. Marlow war der erste, der Faust und Ahasver nebeneinander auftreten ließ. Faust erklärt sich f ü r unseliger als Ahasver; denn er muß ewig zweifeln, während Ahasver noch eine Seele hat und ewig nach Gott suchen muß. Bei Stolte ist Ahasver ursprünglich ein Bild des kirchlichen Fanatismus, illegitimer Sohn des Kaiphas. Doch reift er empor zum abgeklärten Menschentum und geht gemeinsam mit Faust, als dessen guter Engel, der Erlösung entgegen. Die Dichtungen von Grisebach und Wilhelm, in denen Ahasvers Todesschnsucht dem lebensdurstigen Faust gegenübertritt, wurden schon oben (I, 2) erwähnt. Noch einem anderen Menschheitsbilde, das durch Irrtum zur Reife findet, wird Ahasverus einmal gegenübergestellt. Wagner gestaltete im „Parsifal" seine Kundry bewußt nach Ahasver. Sie ist zu ewigem Schwanken zwischen sündiger Lust und bitterer Reue verdammt, weil sie einst über den kreuztragenden Heiland lachte. Schaeffers Versroman „Parcival" folgt dieser Anregung, indem er Kundry gänzlich durch Ahasver ersetzt. Nach seinem ergebnislosen Besuch in Munsalväsche entdeckt Parcival in Trevrizents Klause ein halbverfaultes lebendiges Gerippe mit brennenden Augen. Es ist Ahasverus, der auf Erlösung und Verjüngung durch den Erlöser des Amfortas harrt. Heftig schilt er Parcival, der die erlösende Frage versäumte, boshaft verhöhnt er den Gral als Blendwerk der grausamen Gottheit. Doch nach Jahrzehnten findet Parcival seine ohnmächtige Wut zu stillem Wahnsinn gesänftigt: „Christ, ich glaube, daß ich glauben werde, Wenn Erlösung kommt aus dieser Folter".
ANTICHRISTMOTIVE. -
SCHÜCKING
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Als Parcival endlich den Gral errungen hat, sieht er in der verklärten Umgebung auch den verjüngten Ahasver, einen Jüngling mit brennendem Blick. Als ewig Verfluchter wurde Ahasver zuweilen auch mit der Nachtseite des religiösen Lebens, dem Antichristen, verbunden. So erscheint er schon i833 in Dullers Roman „Der Antichrist" als dessen grotesker Diener und überwacht den Freveltanz des Volkes um den neuen König; ganz ähnlich wie er in der perversen Atmosphäre von Szittyas „Klaps" 192/I wieder herumspukt. In Grimms Lutherdrama gilt er selbst als Antichrist, eine Auffassung, die in neuerer Zeit (vgl. Kap. III) öfter in Nietzsches Sinne vertieft wurde. Als Reaktion gegen diese Strömung erschien Seebers „Ewiger Jude", in dem der jehovagläubige Ahasver als Anhänger des Antichrists die Welt erobert, dann aber bekehrt in den Frieden der päpstlichen Kirche eingeht. (Vgl. u. S. 63.) Fanden die bisher besprochenen Dichtungen eine weltanschauliche Verbindung Ahasvers mit anderen Sagengestalten, so sind andere aus rein stofflicher Freude an einer neuen Situation entstanden. Von ihnen fällt Schückings Novelle „Die drei Freier" charakteristischerweise in die Zeit kurz nach i848, dem Jahr, in dem die weltanschaulichen Zeitprobleme vorübergehend beigelegt waren, und daher die symbolische Behandlung der Sage zurücktrat. Scliücking vereint im Augsburger Wirtshaus „Drei Mohren" den ewigen Juden mit dem wilden Jäger und dem fliegenden Holländer. Es sind die Gespenster von Erde, Luft und Wasser vereint; als viertes findet sich im Feuer der Teufel dazu. Alle hundert Jahre verleben die drei Sagenbrüder ein freies Jahr in Saus und Braus. In galantem Aufzuge betören sie Augsburgs schönste Frau, Ulrike von Haßbeck. Es ist deren vermessener Stolz, zu leisten, was kein Mann vermöge, und mutig geht sie auf den Vorschlag ein, mit jedem der drei ein Jahr zu leben. Doch der Modergeruch des ewigen Juden und die Greuelbilder der wilden Jagd bringen sie zur Verzweiflung. Satan will sie retten, wenn sie ihm die Seele ihres Kindes verpfändet. Da sie dies standhaft verweigert, erläßt ihr der fliegende Holländer die Fahrt, von ihrer Mutterliebe gerührt. Mit ergrautem Haar kehrt die geläuterte Frau heim. Abkehr von Emanzipation und Lob der Mutterliebe geben dem phantastischen Gemälde so noch einen moralischen Abschluß. Den Jahren vor der Jahrhundertwende gehören einige Versuche an, die übermenschlichen Sagen zu verbürgerlichen. In Hector Sylvesters „Goldenem Kleeblatt" erscheint neben Don Juan, Faust und Mephisto auch der ewige Jude, ein plumper gähnender Globetrotter. Als witzloser und beschränkter Mensch bildet er das Gespött der Tafelrunde; nur die „Ironie der Weltgeschichte" konnte ihn zum Repräsentanten
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SITUATIONSFREUDE. — HUMOR
seines Volkes ernennen. Ein imposanter Weltmann ist er hingegen bei Silberstein, der Verleger einer „ewigen Zeitung", dem seine Sagenbrüder als Mitarbeiter dienen. Don Juan schreibt die Kunstberichte, Faust das vielseitige Feuilleton und Mephisto die diplomatischen Artikel; Marinefachmann ist der Fliegende Holländer und Modekritikerin die schöne Helena. Die letzten Jahre bringen immer wieder Versuche, dem vielbehandelten Stoff eine originelle Situation abzugewinnen; man sucht Neues um jeden Preis. Dehmel schon („Ein Heinedenkmal" 1901) läßt Ahasver am Nordseestrande den jünglingskecken deutschen Michel als seinen Messias begrüßen; bei Klabund („Bracke" 1918) ist er der musikalische Sonderling Conte Gaspuzzi, begegnet dem märkischen Eulenspiegel, spielt den Charon vor dem Kurfürsten und lauscht verzückt den Spärenharmonien. Schließlich versucht in diesem Jahr Wincklers Dr. Eisenbart an dem Wanderer seine Kunst durch eine Operation (s. o. I, 1). Der größten Blütenlese verschiedenster Persönlichkeiten begegnet in echt amerikanischem Maßstab Vierecks Ahasver, dem sie alle (Salome, Karl der Große, Don Juan, Columbus, Gilles de Retz, Luther, Spinoza, Rousseau, Friedrich II., Nietzsche usw.) nur Objekte psychoanalytischer Forschung sind. 3. Humoristische Elemente legte die Literatur ziemlich f r ü h in die Sage hinein. Fiel doch ihre erste dichterische Behandlung noch in die Aufklärungszeit, die die alte Volksüberlieferung gering achtete und stolz darauf war, „diese abgeschmackten Possen" (s. Neubaur i884, S. 27) nicht mehr zu glauben. Mit Genugtuung versetzten ihre Geschichtsromane den ewigen Juden in den platten Alltag. Auch G o e t h e s ewiger Jude war daher bei aller Frische der Auffassung nicht übermenschlich gedacht. Ein Schuster, den Goethe in Dresden kennen gelernt, „mit Hans Sachsens Geist und Humor ausgestattet", diente ihm als Vorbild, und das erhaltene Fragment zeichnet Ahasver als sektiererisches Original: „Und aus Originalität Er andern Narren gleichen
tat".
Diese burleske Anlage mußte die künstlerische Abrundung von Goethes kirchengeschichtlichem Plan beeinträchtigen und ist wohl mit ein Grund, daß „Faust den ewigen Juden erschlagen hat". Schubarts titanischer Ahasver steht auch im Sturm und Drang einsam da; in Maler Müllers „Faust" tritt Ahasverus nur als stotternder Dummkopf auf. Man benutzt ihn nur als Folie in einer „Komischen Geschichte aus dem 18. Jahrhundert", um von einem erfinderischen Liebhaber in
HAUFF. — POLITISCHE SATIREN
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seiner Maske zu erzählen. Noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts bewitzelt H a u g die „Freude des ewigen Juden" darüber, daß wenigstens sein böses Weib nicht ewig mit ihm leben müsse; und N a r i s c u s parodiert das Volksbuch, indem er den „langen Mann" bei Eitzens Predigt Gesichter schneiden läßt „wie ein weinend Kind, das Bauchgrimmen hat", und ihn Wortspielen läßt, er habe sich nicht, wie andere Juden, auf den Handel, sondern auf den Wandel geworfen. Populär wurde dieser lächerliche Ahasverus in H a u f f s Karrikatur. Der Satan trifft den verwitterten „Ewigen" im Tiergarten, wo er mit langem Wanderstab Figuren in den Sand malt, nachdem er trüb lächelnd den Reden E. T. A. Hoffmanns gelauscht. Mit Tränen und Gestöhn über sein endloses Leben macht er Freund Satan ganz nervös, erholt sich dann aber und erzählt, er sei nach Berlin gekommen, weil er eine trostreiche Novelle über sich selbst gelesen habe und nun dem Dichter (Franz Horn, s. o. I, 2) persönlich danken wolle., Satan mokiert sich über Ahasvers altmodische Kleidung, was Hauff Anlaß zu Satire gegen die herrschende Mode gibt, begleitet aber den Juden zu Franz Horn und dann zu einem ästhetischen Tee. Hier blamiert sich Ahasver gründlich, da er den städtischen „Teegesichtern" gegenüber die derben schwäbischen Schönheiten rühmt und sich bei den geschraubten ästhetischen Vorträgen des Lachens und Grimassenschneidens nicht erwehren kann. Schließlich kippt er vor Langeweile mit dem Stuhl um und reißt das Tischtuch mit sich. Nach dieser Katastrophe in einer Kneipe zechend, erzählt er mit weinerlichem Humor von seinen verunglückten Liebeleien und stimmt mit heiserer Stimme ein Kneiplied an. Als Satire gegen seine preziös-dekadenten Zeitgenossen ließ Hauff den treuherzigen alten Tölpel auftreten, und satirisch faßte ihn auch N a r i s c u s in seiner oben erwähnten Parodie. Diesmal im politischen Sinne. Der wandelnde Jude propagiert den aufklärerischen Liberalismus: „Fortschreiten ist und bleibt mein Geschäft; wohin? darauf kommt's nicht an". Immer muß er in Bewegung sein, muß reformieren, annihilieren, manipulieren usw. Das Dunkel ist ihm willkommen, damit er es durch die heiligen Schlagworte: Freiheit, Volkssouveränität, Mouvement, Publizität usf. erleuchten kann. Er diktiert die öffentliche Meinung und wandelt je nach der Nation seinen Charakter. In T h e r e m i n s Legende tritt er später ähnlich auf. Er ist ein geistreicher Epikuräer, der in Christi Tod nur die Folge seiner unökonomischen Schwärmerei sieht und dem Satan mit Hegelscher Dialektik ins Gesicht beweist, daß es gar keine unsichtbare Welt gebe, und er nur ein Phantasma seines eigenen Gemüts sei. Sein Lieblingsthema behandelt die Vorzüge der Gegenwart vor der Vergangenheit; alle Aufklärer, zumal Voltaire,
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PARODIEN
sind von seinem Blut. Kritik ist ihm lieber als Produktivität, metaphysischer Drang stört ihn. Daher begrüßt er die Branntweinbrennerei und den erfreulichen „rationalistischen Sumpf" der Universitäten. Beide Satiren sind bezeichnend f ü r den Kampf der Reaktion gegen Hegels Vernunftsystem, gegen die religiöse Indifferenz und politische Reformlust seiner Jünger, die den Gegensatz von Gut und Böse, Gott und Mensch, aufheben wollten. Ahasver galt als Gegner Christi, den er einst verstoßen, und als charakterloser Kritiker des Zeitenwandels, anspruchsvoller Verfechter von Emanzipation und Volksherrschaft. Doch seine Gestalt ist so wandlungsfähig, daß man ihn auch auf die Gegenseite zu stellen versucht. B1 a u 1 s Schrift geht aus von dem frommen Gotteszeugen des Volksbuchs und karrikiert ihn als Anhänger des „uralten Obskurantismus", denn ihm sei erst Erlösung verheißen, wenn die Zeit wieder dem Zustand, in dem er geboren, nahegekommen sei. So huldigt er in der Brienner Straße in München dem frommen Meister Goerres, der ja nach liberalen Kämpferjahren sich dem Ultramontanismus zugewandt hatte, führt eine Prozession heiligenscheinhafter Glatzen mit einem Loblied auf die heilige Kongregation an, und bricht verzweifelt zusammen, als trotz seiner lichtscheuen Bemühung die Zensur aufgehoben wird. Zeitgeist und öffentliche Meinung peitschen den alten Finsterling vor sich her. Im Maße wie der Zeitgeist sich mehr und mehr durchsetzt, verschwindet Ahasver aus der literarischen Polemik. Man weiß nicht mehr viel mit ihm anzufangen; eine Burleske N e s t r o y s parodiert die tragischen Effekte von Sues Roman; B i e r g l a s führt Ahasver ins Puppenspiel ein, K e r n e r s humoristischer „Neuer Ahasver" beleuchtet dann schon die wieder akut werdende Judenfrage, ohne indessen den Schatten des wahren Ahasver zu beschwören. Köstlich parodiert ist dieser in M a u t h n e r s Wagnerparodie „Der unbewußte Ahasverus oder das Ding an sich als Wille und Vorstellung". Der „weithere Wanderer" durchdringt das minnige Ding an sich mit seinem Blick voller Liebe, so daß sie sich Großmutter fühlt. Ihm winkt nur Erlösung, „wenn was weset, was länger währet als mein lustloses Leben", und dieses Glück wird ihm beim Anhören von Wahnfrieds „Wurmsamenweis", sie ist so unendlich, daß Ahasvers „staubstarrende Stiefel" stillstehen, und er sterbend dem „Dauermelodiendichter" danken kann. Die nivellierende Zeit vor Ende des Jahrhunderts macht Ahasver auch zum Helden von Kneipliedern. Schon Arnim ließ die Studenten in „Halle" über den alten Juden in seinem Kaftan spotten; kein Wunder, wenn ihn jetzt Scheffels Freund E i c h r o d t verzweifelten Unsinn reden läßt:
WEDEKIND. -
ZOOZMANN
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„Nicht sterben können, o Malheur! Meine Ruh ist hin, ich streck's Gewehr". Achtungsvoller behandelt P o r t h e i m den unglücklichen Wanderer, der keine Rast finden könne, solange die Literaten ihn nicht in Ruhe lassen. In U n g n a d s Gedicht ist er selbst ein weinseliger Zecher, wie ihn schon Hauff in der Schenke ein lautes Trinklied gröhlen ließ. Mißtrauisch gegen den Weltschmerz vergangener Tage sehen viele in seinem Leiden nur ein lächerliches Pech. Stoltes Mephisto bespöttelt ihn als „ewiges Pechgenie", Sylvesters „Asverah ben Nebiger Schudö" ist ein öder Kumpan, der sich dauernd verplappert. In W e d e k i n d s satirischem Gedicht auf die Palästinareise des deutschen Kaisers möchte er gern den Herrscher in Jerusalem begrüßen. Er will sich nicht noch einmal so blamieren, daß er den Herrn der Welt verkennt und von sich stößt, um dann „hinterrücks" von dem Mächtigen verflucht zu werden. Er stöhnt, wie schwer es ihm gemacht werde, den rechten König zu erkennen; auch Volksmeinung und Zeitgeist können ja irren. Sorgenvoll fragt er, was geschehen werde: „Wenn der andre nun auch jetzt Beim Erlöserwerke Sich vor meine Türe setzt, Ohne daß ich's merke?", eine tragikomische Parodie auf die streberhaften, gedankenlosen Beamten- und Krämerseelen der Gegenwart. Selbst wo Ahasver als ernster Mahner auftritt, wie Grisebachs Faust gegenüber, ist er karrikiert als „alter Jud' mit langem Ziegenbart", dem selbst Belladonna nicht zum ersehnten Tod verhelfen konnte. Zuweilen tritt er wieder mit fast aufklärerischem Stolz auf die Gegenwart auf. So springt er in Z o o z m a n n s „Seltsamen Geschichten" eilig in ein Stadtbahnkoupe, um den guten alten Kaiser in Babelsberg zu besuchen. Er freut sich der modernen Zeit und empfiehlt praktische Schulreform: deutsche Literatur und Naturgeschichte statt des alten historischen Krams: „Schmeißt den Cäsar in die Eckel" Vor Versuchen, ihn selbst zu bedichten, warnt er dringlichst, er lebt nur der Praxis und bedient sich froh der neuesten Errungenschaften: „Durch die Zeit und die Geschichte Dampft er stolz per Eisenbahn".
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C. BRACHVOGEL. -
AHASVER ALS VERTRETER SEINES VOLKES
Nicht immer ist er so modern. Der „Simplicissimus" (Oktober 1928) zeichnet Ahasver in der alten Volksbuchform anläßlich der Ozeanüberquerung durch das Luftschiff „Graf Zeppelin". Ahasver hastet ohne einen Blick f ü r den stolzen Luftriesen vorbei: „Nebbich, ich verlaß mich auf meine Beine". Wir erwähnten schon Silbersteins Zeitungsverleger Ahasver, dessen elegantes Leben sich in Riesenbüros, Festsälen und Theatern abspielt. Bezog sich wohl schon diese Deutung auf die journalistische Begabung der Juden, so verkörpert er bei C. B r a c h v o g e l das jüdische Finanzgenie. Als reicher Lederkönig Sam A. Hasveros lebt er „im Zeichen des Verkehrs"; er ist emporgewachsen, während das ewige Weib, Messalina, hinabgesunken ist über Lucrecia Borgia und Marquise de Pompadour bis zur Pariser Halbweltdame. Ahasver litt zuerst sehr unter Christi Fluch, hat aber allmählich soviel Geld auf Zinsen gelegt, daß er dem Christengott sein Blut einimpfen kann, indem er seine Kinder in älteste Adelsfamilien einheiraten läßt. So schleicht er sich ins gelobte Land der Macht; mag Christus sehen wie er sich mit ihm abfindet. 4. Die satirische Einstellung solcher Werke enthält schon Hinweise auf Ahasvers Verhältnis als Jude gegenüber dem Christentum. Schon das Volksbuch hatte dem Ahasverbericht bald widerliche Ausfälle gegen die Sünden der jüdischen Stämme angehängt, auch Schudt identifizierte ihn mit dem friedlosen jüdischen Volk („Jüdische Merkwürdigkeiten" 1714); doch war zur Zeit, als Lessing und Mendelssohn erstmalig f ü r Toleranz eintraten, der ewige Jude noch nicht so literaturfähig, um in diesem Sinne gestaltet zu werden. Erst zur Zeit des jungen Deutschlands mehren sich diese Darstellungen, die Ed. König seltsam unkünstlerisch als die „richtigen" bezeichnet, da er die ganze Sage irrig als Mythus aufzufassen sucht. Die Allegorie erwuchs aus der Situation, in der man Ahasver bei seiner Verfluchung sah. Da er als Stockjude erschien, der mit den Pharisäern um die Wette das Crucifige rief, ließ man ihn oft als glühenden Patrioten weiter in Jerusalem verweilen. Seit Aurbacher und Croly (beide 1827) erscheint er oft als Verteidiger seiner Vaterstadt gegen die Römer, inmitten trostloser Zelotenkämpfe ist er meist das positive Element und r a f f t immer wieder die Kämpferscharen zusammen. Seine Unverwundbarkeit befähigt ihn zu gewaltigen Leistungen, er entkommt aus abenteuerlicher Gefangenschaft und kriecht zuletzt als einzig Überlebender unter den Trümmern des Tempels hervor. Oft werden die Hungergreuel bei der Belagerung grausig ausgemalt, der Tempel zum Allerheiligsten zerreißt, und klagende Stimmen verkünden den Untergang von Jehovas Stadt. Zuweilen wird der Unverletzliche den Seinen
JUNGDEUTSCHE EMANZIPATIONSGEDANKEN
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selbst ein Gespenst, oft gehen seine Kinder und Anverwandten zum Christentum über und veranlassen ihn zu leidenschaftlichem Eintreten f ü r seinen orthodox jüdischen Glauben. Bei Kuffner, Giseke, Franz und Renner spielt er so den Messias seines todgeweihten Volkes; bei Herrig und Lepsius ist er dabei besonders als Repräsentant des verstockten jüdischen Volkes hingestellt. Drei Perioden heben sich in der Behandlung dieses Ahasverproblems ab: die Jahre der Unfreiheit vor i848, die Jahrzehnte nach dem Zusammenbruch der Gründer jähre (um 1880), und die Katastrophenzeit nach dem Weltkrieg. In der ersten Periode sind die lebendigsten Kräfte am Werke. Nach dem Sturze Napoleons stagnierte das öffentliche Leben; die vielfach bedrückte Existenz der Juden und Polen war nur ein Symptom, das den gärenden Pessimismus im ganzen Volk anregte. Jüdische Literaten traten mit der Feder f ü r Emanzipation ihrer Stammesgenossen ein, und christliche Dichter hielten es f ü r Humanitätspflicht, an der „Ahasverustrauer" teilzunehmen. So überschreibt B ö r n e seine Rezension eines gehässig antisemitischen Buches von Holst mit dem Namen „Der ewige Jude", „darum, weil ich tausendmal in meinem Leben zu diesem Ausrufe bewegt worden bin"; und G u t z k o w preist die Idee von „Liedern eines wahrhaften Ahasver", in denen die Pracht der Tempelreligion und die Romantik deutscher Eichen zu neuer Kultureinheit verbunden werden sollten. Gutzkow selbst behandelte einen jüdischen Stoff im „Uriel Acosta" und legte seinem Helden Worte der Trauer an sein Volk in den Mund: „Des Ahasveros Söhne, müßt ihr wandern Und wandern, wandern, wandern ruhelos". Platen und Pfizer fanden wehmütige Verse f ü r das heimatlose Ahasverusvolk (s. o. I, 3); es bedurfte nur einer kleinen Wendung, und der Sünder wurde zum Märtyrer, f ü r den man im Namen der Menschenrechte Partei ergreifen konnte. A u e r b a c h kämpfte f ü r gleiches Recht der Juden am deutschen Vaterlande und zeichnete im „Spinoza" die Gestalt des von Vorurteilen verfolgten Ahasver; R o s e n f e l d s Gedicht verteidigte den ewigen Juden gegen unduldsame Vorwürfe seiner Gegner. Trotz der freiheitlichen Zeitströmung blieben alte Vorurteile bestehen; konnten doch Börne und Heine erst durch die Taufe das „Entreebillet zur europäischen Kultur" erhalten. Feiner empfindende Juden wurden selbst da, wo sie freundlich in christliche Kreise aufgenommen wurden, ein Pariagefühl nicht los, und wieder galt ihnen das Mitgefühl
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DULLER. — ANTISEMITISMUS
jungdeutscher Dichter. In D u l l e r s „Ahasver" bestreitet zunächst ein Professor, daß es noch ein Ahasverproblem gebe. Er sei seit Beginn freiheitlichen Denkens und Ende der Judenhetze in dem Menschheitsmythus Faust aufgegangen. Und doch steht dann der riesenhafte Schatten Ahasvers zwischen dem jungen Theodor und seinem Glück. Theodor hat sich taufen lassen, um seine christliche Geliebte heiraten zu können; doch er empfindet diesen Schritt als Verrat an seinen leidenden Volksgenossen, an die er mit heiligen Ketten gebunden ist; er verzichtet auf Erfüllung seiner Liebe: „Ich habe aus Scham den Juden in mir gemordet; die Ehre tötet jetzt den Christen". Auch Friedrich Halm plante um diese Zeit ein Drama „Der Heimatlose, oder der ewige Jude", in dem ein Jude über sein Minderwertigkeitsgefühl der Geliebten gegenüber nicht hinwegkommen sollte. Doch schrieb ihm Michael Enk v. d. Burg abratend im April i838: „D[er Jude ist zu unserer Zeit kein Paria mehr; er steht daran, der Herr der Welt zu werden". Der hierin ruhende Vorwurf kam auch in Dullers Novelle heraus: „Das Judentum hat keinen ärgeren Feind als die jüdische Geldaristokratie". Jüdisches Kapital spielte oft eine entscheidende Rolle; auch die geistigen Verfechter der Emanzipation forderten öfter durch Anmaßung zum Widerspruch heraus. Gutzkow sah sich daher nach anfänglicher Sympathie zum Protest veranlaßt, und charakterisierte in seiner Kritik zu Mosens „Ahasver" den ewigen Juden als herzlosen Eventualitätsmcnschen, der mit Recht verdammt wurde. Mosen selbst (Erinnerungen i848) sah in der starren Beharrlichkeit des Judentums im Alten seine ewige, ungesühnte Schuld; in Neumanns Drama ist Ahasver bis zur letzten Stunde der Welt fanatischer Bekenner des Haßgottes Jehova. Und als finsterer Lügengeist stillt er im Gedicht des Antisemiten Alexander von W ü r t t e m b e r g seinen Haß gegen das Kreuz, indem er Napoleon vor dem Untergang im Nil rettet. Ein anderer Aristokrat, H. v o n L e v i t s c h n i g g , sieht in Ahasver den schlauen Krämergeist verkörpert, der die Kreuzigung Christi nur als dummen Handel seiner blöden Väter betrachtet, da sie den mächtigen Geist der Zeit um 3o Silberlinge verschacherten. Doch Ahasver will das Heil zurückfeilschen, in zäher Arbeit schachert er das Geld zusammen, bis Israel als Eiche die Völker überragt, „das Gold im Schacht der Wurzeln, die Blätter Bankoscheine". Alle Fürstenkronen will er verschlingen, als moderner ordengeschmückter Bankier regiert er die Welt. Diesen schachernden Krämergeist vieler Juden leugnete auch Ernst O r 11 e p p nicht, als er seine prosemitischen Zeitgedichte „Israels Erhebung und der ewige Jude" schrieb. Doch suchte er im intoleranten Christentum selbst die Schuld:
DER NEUE AHASVER: MAUTHNER
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„0 Christen ihr, ihr habt ein Volk verdorben, Das lebt noch, wo so manches Volk gestorben", und erhoffte eine neue Kultur durch Verbindung der christlichen Welt mit der unverwüstlichen Kraft des Judentums. Fast schien es, als habe die Märzrevolution den Juden politische Gleichberechtigung gebracht. Liberale Israeliten nahmen mehr und mehr deutsche Sitten an, schon schien durch gegenseitige Anpassung und Duldung der Konflikt der Ghettozeiten endgültig behoben. Doch die große Wirtschaftskatastrophe nach dem Schwindel der Gründerzeit, an dem auch viel jüdisches Geld beteiligt war, ließ christlichen Fanatismus wieder aufleben. Man fand in den „artfremden" Juden einen bequemen Sündenbock, und wie ein Gespenst stieg die Gestalt des gehetzten Ahasver wieder unter den Zeitgenossen auf. Zwar verbanden die judenfeindlichen literarischen Stimmen diesmal nicht den ewigen Juden mit dem Problem; die trotzigen christenfeindlichen Ahasvere bei Lepsius und Seeber stehen immerhin auf überpersönlicher Warte. Die Gestalt Ahasvcrs wird fast immer voll Sympathie betrachtet. In Steuers „Galizischen Ghettogeschichten" wird das ruhelose elende Volk als „stets sich neu gebärender Ahasver" bemitleidet, das nie zur Ruhe kommt; Kerners „Neuer Ahasver" ist eine Satire gegen „Pastor Staber", den antisemitischen Domprediger Stöcker. Allmählich wurde der neue Ahasver ein fester Begriff. Er trägt nicht mehr das alte Gewand des Volksbuchs, sondern geht, wie ihn Mauthner im Vorwort seines Romans beschreibt, „gekleidet wie alle Welt". Doch dies Vorrecht nennt M a u t h n e r das einzige, das von den Menschenrechten übrig geblieben. Der neue Ahasver ist noch unseliger als der alte; denn er ist kein übermenschlicher Typus, sondern ein zartempfindender Einzelmensch. Es sind die Besten des Volkes, die unter christlichen Taktlosigkeiten am meisten leiden, denen das Wort „Ahasvergefühl" ein fester, sie ständig beherrschender Begriff geworden ist. Mauthners Held ist der junge Mediziner Heinrich Wolf, der Prager Judenstadt entstammend, doch während des Studiums völlig dem deutschen Wesen angeglichen. Er wird im Kampf f ü r Deutschlands Einheit verwundet, entbrennt in Liebe zur Tochter eines Freiherrn und ist bereit, sich taufen zu lassen, da er sich nicht als Jude fühlt. Doch der unwürdige Zustand des neu aufblühenden Antisemitismus zwingt ihn moralisch, sich zu seinem Volke zu bekennen. Deutlich erkennt er: nur durch seine fanatischen Feinde wird das Judentum am Leben gehalten. Er sieht, wie selbst vernünftige Freunde den Juden mit Abstand gegenüber stehen; die Bestie im Volk sucht einen Feind im Daseinskampf, und will den Juden jede redliche
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MEYKE, KAHLENBERG. — TOLLER
Mitarbeit verwehren. Als Jude fühlt Heinrich Wolf sich nicht, Deutscher darf er nicht sein: „Dann bin ich ein wesenloser Mensch, der keinen Schatten wirft. Dann bin ich ein Gespenst, Ahasvérus!" Und an diesem Konflikt geht er zugrunde, nach tragischen Erlebnissen unter antisemitischem Pöbel. — Tragisch endet auch der junge Mediziner in M e y k e s Novelle; als ihm das Pariatum seines Volkes aufgeht, sinkt er vor dem Kruzifix in einer christlichen Kirche zusammen, besessen vom Wahn, selbst der verachtete Ahasver zu sein. Etwas milder endet J a f f é s Roman, der sich jedoch in unbeholfen dargestellte unklare Sentimentalität verliert. Positiv endet nur R o s é e s Drama „Der sterbende Ahasver". Wieder ist ein junger jüdischer Mediziner der Held, und es gelingt ihm, trotz des Protests der orthodoxen Verwandtschaft auf beiden Seiten, die geliebte Christin zu erringen. Betrachten wir K a h l e n b e r g s Roman, „Ahasvera", so scheint es, als habe sich die fanatische Wut allmählich gelegt. Ein alter Adelssproß heiratet eine Jüdin; sie übernimmt opfervoll die Pflege der Tradition und wirkt bald wurzelechter als die alte Familie, die sich trotz der aristokratischen Tradition mit jüdischen Spekulanten in Geschäfte einläßt. Doch in einem ihrer Söhne bricht das jüdische Blut durch; schon äußerlich als Semit erkennbar, hält er es f ü r seine Menschheitspflicht, f ü r freiheitliche Ideen einzutreten. Antimilitaristische Schriften bringen ihm Gefängnis und die Ächtung der Familie ein; doch die Mutter hält zu ihm und gemeinsam wollen sie den endlosen Weg Ahasvers schreiten, einer freiheitlichen Generation den Weg bahnend. So endet die anfänglich glatte Mischehe doch melancholisch; das Problem ist noch ungelöst. Der Gedanke einer Vereinung der christlichen und jüdischen Kultur erstrebt wohl auch f ü r eine humane Zukunft das höchst unklare Drama W a l d e c k s , jedenfalls deuten dahin Sätze wie: „Das alte Testament ist die Geburtsstätte, und das neue Testament ist die Schule des ewigen Juden". Nach dem Weltkrieg erlebten wir eine Katastrophe auf allen Lebensgebieten, und wieder suchten einige Kreise, dem jüdischen Element die Schuld daran zu geben. Zahlreiche Juden bluteten f ü r Deutschland auf dem Schlachtfelde; um so tiefer mußte es sie treffen, wenn die Volksgenossen dann jede Gemeinschaft mit ihnen ablehnten. T o l l e r s „Wandlung" schildert diesen Konflikt. Der junge Friedrich sucht die Volksgemeinschaft und leidet mit den Brüdern in Schlacht und Lazarett. Durch einen Orden glaubt ihm ein Offizier endgültig das deutsche Bürgerrecht verliehen zu haben. Doch das Menschenelend in Krieg und Fabriken läßt ihm keine Ruhe, er muß fort aus der satten Behaglichkeit des Bürgertums, dem er doch innerlich fremd bleibt. Kann ein Vater-
NACHKRIEGSTENDENZEN. -
DIE SCHWÄCHEN DES VOLKSBUCHS
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land göttlich sein, das solche Opfer verlangt? „Lieber will ich wandern, ruhelos wandern, mit dir, Ahasver!" Und im Schrei nach der Wiedergeburt des Menschen klingt das Drama aus; in den letzten Kriegsjahren entstanden, schleudert es in die Reihen der Brüder das flammende Wort: „Revolution!" Später, als der Aufruhr sich entladen hat, werden die Töne milder, doch bleibt immer noch in schmerzlicher Notwendigkeit, der Schrei nach neuem Menschentum, jenseits der Konfessionen. Wie Tollers Friedrich blutet M ü h s a m s ewiger Jude auf dem Schlachtfcldc, doch der antisemitische Wahn wirkt sich noch ebenso aus wie zur Zeit des mittelalterlichen Ghettos: „Ein Jude bin ich, das ist mein Verbrechen. Mich packt Entsetzen vor der Menschheit an"! Rettung hieraus sucht er nicht im Zionismus; auch Jungjudas Ziel werde eine Enttäuschung werden, wie jede Erfüllung. Ebenso lehnt N e l s o n s Ahasver die Erneuerung des jüdischen Glaubens ab; man müsse hinaus aus den erstarrten Formen überlieferter Religionen. Und so vereinen sich die Stimmen der modernen jüdischen Ahasvere mit dem Schrei der suchenden Gegenwart überhaupt, dem Schrei nach einer neuen Menschheit, die in überkonfessioneller, natürlich-göttlicher Liebesreligion vereint ist. 5. Von menschlichem wie religiösem Standpunkt aus mußte an der Darstellung der Verfluchung im Ahasvervolksbuch stärkste Kritik geübt werden. Ihre oberflächliche Motivierung konnte wohl vom damaligen Volk als Dogma hingenommen werden, gestattete aber nicht eine literarische Vertiefung des Ahasvercharakters. Den denkenden Christen mußte es vor allem befremden, daß Jesus, der Verkünder göttlicher Liebe und Gnade, einen seiner Peiniger so schwer verfluchte; ja, nicht einmal dem Bekehrten Verzeihung gewährte, die doch jedem reuigen Sünder verheißen war. Schon die frühesten Bearbeiter (Goethe, Schubart, Arnim) milderten den Widerspruch wenigstens soweit, daß sie nicht den Heiland, sondern eine himmlische Stimme oder den Todesengel die Strafe verhängen ließen. Doch damit allein war nicht viel gewonnen. Hatte ein schlichter Schuhmacher, der wie die meisten seines Volks unter der Massensuggestion der Pharisäer stand, überhaupt ewige Qualen verschuldet, wo doch von der Bestrafung der fanatischen Volksverführer, wie etwa des Kaiphas, nichts erwähnt wurde? G o e t h e , der aus Faust, dem vermessenen Sünder des Volksbuchs, ein ewiges Menschheitssymbol erschuf, wollte auch Ahasvers feindliche Stellung gegen den Heiland weltanschaulich fassen, wenn
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NEUKONSTRUIERTE MOTIVE FÜR AHASVERS VERGEHEN
auch, dem Zeitgeist folgend, in ironischer Form. Sein Ahasver sollte Christo ganz sympathisch gegenüberstehen und sich gern mit ihm unterhalten; doch war er in nüchternem Weltsinn befangen und hielt die höheren Ziele des Erlösers f ü r unpraktische Hirngespinste. Daher überhäufte er den Verurteilten mit Schmähungen, weil dieser seine Warnungen nicht beachtet hatte. Ähnlich faßt ihn Theremin als seelenlosen Lebenskünstler, der befriedigt in Jesu Tod „die verderblichen Folgen der Schwärmerei" sieht, die er schon längst hätte kommen sehen. Diese Deutungen bahnen den Gegensatz an, der die meisten Ahasverdichtungen durchzieht: in Ahasver steht der im Irdischen befangene Mensch, der nur glaubt, was er vor sich sieht, dem idealistischen Verkünder eines jenseitigen Glücks gegenüber. Je nach der Einstellung des Dichters konnte diese Charakteranlage als entwicklungsfähig oder als unfruchtbar aufgefaßt werden. Die letzteren ergreifen oft Partei gegen Ahasver, betrachten seinen Fluch als verdient. So sah Gutzkow, verärgert durch anmaßende jüdische Emanzipierte, in ihm den herzlosen Streber, der Christum nur wegen seines Mißerfolges verachtete. Sein enges Herz ist unfähig, göttliche Liebe zu erfassen; Hauthal und Bruck stellen ihn daher als das böse Prinzip im Menschen dar, Neumann als starren Anhänger des rachsüchtigen Machtgottes Jehova. Bei Merwin und Stein ist er eine streberhafte Krämernatur und stößt Christum von der Schwelle, voller Furcht, sein Verweilen könne den Ruf seines Geschäfts ruinieren; bei Wedekind ist er der Anbeter des äußeren Erfolgs und beklagt es hinterher schmerzlich, Christi Größe verkannt zu haben. Um Ahasvers Feindschaft gegen Christum menschlich zu erklären, konnte man ihn als stolzen Freigeist betrachten, der Gott trotz allen Forschens nicht gefunden, also Monist war: Carmen-Sylva und NithackStahn beschritten diesen Weg. Esselborn motiviert den gleichen Zug durch Ahasvers Verbitterung gegen den herzlosen Fanatismus jüdischer Priester. Soziale Verbitterung ist bei anderen das Motiv, zuerst in Sues „Juif errant", wo er dem seufzenden Heiland verächtlich sein eigenes Leid im Fron trostloser Arbeit entgegenhält. In diesem Sinne gestaltet ihn Renner, selbst sozial gedrückten Schichten entstammend, als elenden Bettler, der Christo flucht, daß er die Kette der in Arbeit versklavten Brüder nicht zerbrochen. Die meisten Deutungen gehen jedoch von seiner Stellung als Vertreter des Judentums aus. So ist er z. B. bei S. Heller, Lienhard, Mühsam und Trenck der fromme Anhänger der Schriftgelehrten, leidenschaftlicher Verehrer des mächtigen Jehova. Stolz, zum auserwählten Volke
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zu gehören, erwartet er vom Messias die Wiederaufrichtung des jüdischen Reiches und Vernichtung der Römer. O f t zeigt er anfänglich Sympathie f ü r den neuen Propheten, erhofft von ihm die Erfüllung einer irdischen Siegermission. Um so grimmiger ist dann seine Empörung, wenn der vermeintliche Messias unter dem Kreuz zusammenbricht; die anfängliche Liebe schlägt in Haß um. Aurbacher, Auerbach, Radewell, Seeber und W o l f f benutzen dies Motiv; übrigens wird dem Verrat des Judas von vielen Dichtern das gleiche Motiv politischer Enttäuschung zugrunde gelegt. Andere Bearbeiter wollen denselben Beweggrund durch individuelle Züge noch verstärken. Horns lebensdurstiger Ahasver erhoffte von Christo die Vernichtung des irdischen Todes; bei Roennefahrt erwachen seine Zweifel, als Christus den Tod des Johannes nicht hindert und später gar ihn selbst mit den Wechslern aus dem Tempel treibt. Mosens Ahasver erfleht vom Heiland Rettung f ü r seine Kinder, doch der weitabgewandte Christus prophezeit ihm statt einer Antwort den Untergang Jerusalems. (Ein ähnliches Motiv brachte neuerdings der Engländer Thurston.) Sehr fein motiviert Andersen. Ahasver, der Engel des Zweifels, ist am selben Tage wie Jesus geboren, entrann daher nur durch ein Wunder dem bethlehemitischen Kindermord, dessen Aufregung jedoch Mutter und Schwester zum O p f e r fielen. Von vornherein zweifelt er daher an Christi Heilsmission: „Um seinetwillen trugen Mütter Jammer. Weh, zehnfach Wehl Was gibt er uns dafür?" Bezeichnend ist der Gegensatz zweier Auffassungen des 20. Jahrhunderts. Der Geistliche N i t h a c k - S t a h n findet eine sichtbare Schuld, um Ahasvers Verfluchung zu begründen. Die Römer selbst fragen nämlich den weisen, weitgereisten Schriftgelehrten Ahasver, was mit dem gefangenen Heiland geschehen solle; die Verantwortung des Pilatus und Kaiphas wird so auf Ahasver gewälzt. Ahasver hält Christi Träumereien f ü r gemeingefährlicher als das Verbrechen des Barrabas; so überantwortet er Jesum dem Tod und sich dem Fluch der Ewigkeit. In N e l s o n s Roman hingegen steht er dem Heiland als einem unschädlichen Phantasten mitfühlend gegenüber; der Anblick seiner Martern rührt ihn zu Tränen. Ein Fluch ist daher nicht ausgesprochen; Ahasver bleibt nur Symbol des ewigen Menschengeistes, ohne dogmatische Bedeutung. Freilich hebt diese Ansicht den Sinn der Sage völlig auf. Als gemeinsamer Inhalt aller gemäßeren Deutungen kann die Formulierung Sternbergs ( 1 9 2 1 ) gelten, daß Ahasver eben „Gott nicht g e f ü h l t " habe und daher wandern müsse, bis er ihn gefunden.
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DAS ZIEL DER WANDERUNG
Das Ziel von Ahasvers Wanderschaft ist der andere schwache Punkt des Volksbuchs. Die alten Chroniken hatten Christi Wiederkehr als Zeitpunkt seiner Erlösung bezeichnet; das Volksbuch ließ diese Andeutung fort und nahm so der Ahasvergestalt jede seelische Bewegung. Der spätere „wunderbarliche Bericht" brachte diese Motive wieder hinein. Christi Wiederkunft erwartete man f ü r die Zeit, wo alle Menschen fromme Christen geworden seien. Als frommer Mahner konnte so Ahasver an der eigenen Erlösung mitwirken. Platen und Gehrke verbanden mit dieser Erwartung Ahasvers die schmerzliche Feststellung, wie weit unsere Zeit doch noch von diesem Liebesideal entfernt sei. Schon Goethe wollte Ahasver zum Schluß mit dem wiederkehrenden Heiland zusammentreffen lassen, der in den erhaltenen Fragmenten dann die Gestalt des ewigen Juden fast völlig verdrängte; er verband damit die Idee des „Iterum crucifigi", daß Christus wohl bei seiner Wiederkehr wiederum von den Menschen ans Kreuz geschlagen werden würde. In diesem Sinne ließ Merwin die beiden im Gefängnis zusammentreffen, wo dann Christus den Vagabunden Ahasver geläutert zu sich in den Himmel erhebt. In allen Fällen ist es ein langer Weg, ehe der ewige Jude dieses Heils teilhaftig wird. Schubart, und nach ihm Zedlitz und Roennefahrt, suchen ihm die lange Wartezeit zu erleichtern, indem sie ihm f ü r einige Zeit den süßen Schlaf des Vergessens bescheren. J . N. Vogl läßt ihm wenigstens einen Strahl der Hoffnung aufleuchten: der trockene Stamm, an den sich der wegemüde Ahasver lehnte, beginnt zu grünen. Auch Pichlers Gedicht schließt mit frommer Verheißung: wohl dreht Ahasver dem Kruzifix in trotzigem Unglauben den Rücken, doch mit strahlendem Auge blickt ihm der Heiland segnend nach, und Rosen entblühen der Dornenkrone. So darf Ahasver doch einst Ruhe und Versöhnung erhoffen; sein Leben bekommt trostreichen Sinn. Manche Dichter (Schreiber, Canstatt) verheißen sie ihm f ü r den Augenblick, wo er sein verhärtetes Herz bezwingt und Gott in gläubigem Gebet sucht. Fruchtbarer wird dies Motiv, wenn man ihn bis dahin erst einen längeren Weg der Läuterung gehen läßt. Schon bei Arnim und Horn wird ihm Erlösung verheißen, wenn er zum Sterben reif ist; Aurbacher schilderte dann, wie er sich in frommem Einsiedlerleben auf den Tod vorbereitet (1827). Eine vertiefende Schilderung dieser Entwicklung geben dann die Dichter, bei denen Ahasver als Symbol menschlicher Sehnsucht am Ende das Ziel des wahren Christentums (oder wahren Menschentums) erreicht (s. u. III, 4). Wie f ü r Faust wird dann f ü r Ahasver der Fluch ewigen Zweifeins und Strebens schließlich als besondere Gnade gedeutet; aus dem Kainsmal wird ein Zeichen göttlicher Huld. S. Heller ist hierin
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VERTIEFTER SINN DES FLUCHES
der erste; sein Ahasver soll nach Christi Wort die höchste Menschenlust erleben: den Weg zu Gott. Giseke und Schmitz drücken ähnliche Gedanken aus; Bulthaupts Ahasver vollends gelangt durch herbe Zweifel zur seligen Himmelsfreude: der Erkenntnis göttlicher Liebe. Nach dem Weltkrieg ist es Mühsams Ahasver, der zum Schluß erst die Worte seines Weibes über Christum als wahr erkennt: „Sein Groll ist Liebe, sein Fluch ist Segen!" Allerdings beginnt f ü r Mühsam mit dieser Erkenntnis erst Ahasvers heilige Mission; die Erfüllung liegt noch in der Zukunft, hinter den Kämpfen der spannungsreichen Gegenwart. Nur aus dem pessimistischen Geiste unserer Zeit, insbesondere aus der Erschütterung des Weltkrieges, ist Wincklers einzigartige Auffassung zu erklären, daß Ahasver erlöst sei, wenn es Unseligere gebe als ihn. In der Gegenwart sieht er dies Ziel erreicht: „Ein jeder Mensch ist Ahasver, Verworfener wie ich, heutelüsterner wie ein
Tier".
Wir sehen an der Fülle der Deutungen, wie den Dichtern der verschiedensten Epochen gemeinsam die Notwendigkeit erwuchs, die Motive des Volksbuchs zu veredeln. Nur wenn Ahasvers feindliche Einstellung gegen Christum in ehrlicher Überzeugung wurzelte, kann er uns trotz seiner Lieblosigkeit gegen den Kreuzträger menschliches Mitgefühl abringen. Nur wenn der Leser ein Ziel in Ahasvers endlosem Leben ahnen kann, erhält sein Dasein f ü r uns Sinn und Inhalt, nur dann kann eine epische oder dramatische Entwicklung stattfinden. Die Einkleidung in rein menschliches Wesen war Vorbedingung f ü r die literarische Erhöhung und philosophische Deutung der Holzschnittfigur des Volksbuchs. III. Kapitel. DER EWIGE
JUDE ALS
IDEE.
1. Auf die erste symbolische Gestaltung Ahasvers übte H e g e l s Panlogismus seinen Einfluß. Der Gang der Menschheitsgeschichte vollzieht sich im Dreischritt: stets bedarf die Thesis einer Antithesis, um zur höheren Stufe der Synthesis zu gelangen. Demnach war Ahasver als Gegner der Gottheit notwendig, um die Kräfte des Alls in Bewegung zu halten. Eine dialektische Abhandlung von C. F. Göschel: „Über Göthes Faust und dessen Fortsetzung. Nebst einem Anhange von dem ewigen Juden" (Leipzig 1824) brachte eine Interpretation der Sage
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AHASVER
ALS ANTITHESIS: MOSEN
auf christlicher Grundlage mit mannigfachen metaphysischen Konstruktionen, wobei die Mittlergestalt des Heilands besonders in den Vordergrund trat. Auf Göschel beruft sich besonders das Drama Jemands, dessen Ahasver sich in langatmigen philosophischen Tiraden ergeht. Wenn hier das moralische Schwergewicht noch auf Seiten der christlichen Thesis verblieb, so nahm der Engländer S h e l l e y zuerst leidenschaftlich die Partei der atheistischen Antithesis. Ihm sind Ahasver (besonders in „Queen Mab", 1 8 1 1 ) und Prometheus die heroischen Vertreter der Menschheit gegenüber einem tyrannischen Gotte, bis er in „Hellas" (1822) Ahasverus als abgeklärtes Symbol menschlichen Denkens, gewissermaßen als Synthesis, auftreten läßt. Er wirkte anregend f ü r eine der wenigen wirklich großartigen Gestaltungen der Sage vom ewigen Juden, M o s e n s Terzinenepos „Ahasver". Hegels Geschichtsphilosophie herrscht auch hier. In Italien hatte Mosen selbst die Stätten geschaut, „ w o die alte Götter- und Völkerwelt ihren letzten Todeskampf gegen das siegende Christentum gerungen hatte"; die zwei gewaltigen „Dämonen der Weltgeschichte", Sensualismus und Spiritualismus, waren damals lebendig vor ihm aufgestiegen. In „Ritter W a h n " schilderte Mosen die lebensfreudige Seele, die „zur Vereinigung mit Gott in der Unsterblichkeit" ringt; als Gegenstück hierzu sollte Ahasver, „die in irdischem Dasein befangene Menschennatur" verkörpern. Ahasver erscheint zuerst als friedlicher Bürger. Sein verstorbenes W e i b hat ihm zwei blühende Kinder hinterlassen, Lea und Rüben. Ein vornehmer Römer will sie dem Vater entreißen, in seiner Herzensangst fleht dieser Jesum, den neuen Propheten, um Rettung an. Doch Jesus ist nur von seiner Mission erfüllt; er antwortet mit der Prophezeiung vom Untergang Jerusalems. Schwer enttäuscht wendet sich Ahasver von dem vermeintlichen Volksbetrüger; er tötet die Kinder, um sie nicht in des Römers Hände fallen zu lassen. Jenseitshoffnung hat ihn enttäuscht; der Erde will er nun leben und stößt den Kreuzträger von der Schwelle. Da wird ihm des Heilands Bannspruch, ruhelos das ewige Leben zu leben. Doch verkündet ihm der Erzengel Michael, dreimal solle ihm mit den wiedergeschenkten Kindern der W e g zum Heile offenstehen. Doch wehe, wenn er Gott dann nicht erkannt habe! Dann müsse er wandern bis ans Ende der Weltgeschichte. In der ersten Frist leitet Ahasver den Todeskampf Jerusalems gegen Titus; da seine Tochter einen Christen liebt, schleudert er in der Verzweiflung des Unterganges seine Kinder in die Flammen des Tempels: „Hier,
schnöder
Gott,
kannst
du dich
letzen!"
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MOSEN
Aus Jerusalems Schwefelpfuhl entkommen, begegnet er dem Tod, der sich machtlos erklärt, ihn zu erlösen. „Jehova mit dem Tigerangesichte" hat die Natur betört, daß sie Ahasvers Kraft immer wieder erneue. Ahasver nimmt den Kampf auf: „Ich heb' empor die ganze Ewigkeit, Ein ew'ger Mensch in Menschenlust und
Leide".
Wieder erzeugt Ahasver zwei Kinder und läßt sie in der Wüste, als Kaiser Julian ihn zum Wiederbau des Tempels beruft. Doch der Brauch will, daß das Blut zweier unschuldiger Kinder den Bau kitte. Fanatisch harrt Ahasver der Opfer, bricht aber zusammen, als seine eigenen Kinder, von Sehnsucht nach dem Vater hergetrieben, ihm entgegenkommen. Schon will er sie opfern, da entrückt der Heiland die Kinder in den Himmel. Blitz und Donner vernichten den Tempelbau. Vergeblich ringt Ahasver wieder mit dem Tode; ein fester Punkt in seiner Seele widersteht der Auflösung, Lebensnotwendigkeit zwingt ihn weiter. Auch in der 3. Frist wird er zum Mörder seiner Kinder. Mit Mohammed zieht er gegen Jerusalem, wiederum von Jehova zum Kampf gegen Christi Lehre angestachelt. Allen, die am heiligen Grabe weilen, schwört er den Tod durch die Eroberer. Doch ein Engel hat am Vorabend seine Kinder dorthin gebracht, die nun den Pfeilen der Moslems zum Opfer fallen. Die letzte Erlösungsmöglichkeit ist dahin, Ahasver nimmt entschlossen den Kampf gegen Gott, f ü r die Menschheit auf. „Mit tödlich schönem, bleichem Angesichte" erscheint ihm Jesus und nimmt die Fehde an. Er ist ja selbst herabgekommen, um das Schwert zu bringen, erst das allerletzte Weltgericht wird den Kampf der gleichberechtigten Gegensätze entscheiden: „Mir gegenüber hast du dich gestellt, Wie ein Gedanke wider den Gedanken. So ringe weiter, weiter!" Dieser Schluß eröffnet neue Perspektiven; jetzt erst soll Ahasvers eigentliche Mission im Dienste der unterdrückten Menschheit beginnen. Seine eigene Entwicklung ist jetzt gerade beendet: vom enttäuschten Einzelmenschen wurde er zunächst zum starren Vertreter der jüdischen Weltanschauung, bis er sich zum Entschluß durchrang, künftig der ganzen Menschheit zu leben. Dieser Kampf freien Menschengeistes gegen einen dogmatischen Gott wird nicht entschieden, insofern hat auch Mosen den fragmentarischen Charakter der Sage nicht aufheben
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MOSEN. -
AHASVER ALS FROHER ERDENSOHN
können. Doch gelingt es ihm als erstem Dichter, wirklich Ahasver bis zum Schluß als tätigen Träger einer einheitlichen Handlung darzustellen. Am eindrucksvollsten geschieht dies im i . Teil; dann wirkt die Wiederkehr des Kindermordmotivs etwas monoton und beeinträchtigt vor allem die Freiheit der Handlung. Ahasvers Streben wird sinnlos, weil ihm göttliche Willkür die Kinder unerwartet im Augenblick der Gefahr entgegenstellt; es ist der blinde Wille Schopenhauers, gegen den der Held hier ohnmächtig ankämpft. Überhaupt drängt sich in den letzten Gesängen philosophisches Beiwerk aus verschiedenen Quellen (Gnosis, Schelling) zu stark hervor. Durch zerstörende Umarmung von Gott und der Natur entstand die Welt; der Mensch ist das unglücklichste Kind der hilflosen Mutter Erde. Mit allen Fasern klammert sich daher Ahasver an die Erde, als ihr liebender Sohn trotzt er göttlicher Tyrannei. Seinen Gegner, den brutalen Gott des Zornes, stellt Mosen in schwunghaften Versen dar; farblos bleibt hingegen das Bild Christi im Hintergrund. Durch den Groll gegen eine sinnlose Weltordnung ist Mosens Ahasver das hervorragendste Beispiel f ü r den Weltschmerz seiner Zeit; fruchtbar weitergewirkt haben vor allem zwei Züge: Ahasver als berechtigter Rebell gegen Gott und als treuer Sohn der Erde. Als „Prometheus des neuen Bundes" faßte Mosen seinen Ahasver, viele spätere Dichtungen leihen ihm ähnliche Züge. Oelkers läßt ihn aufseufzen gegen „die parteiische Tyrannei 'Gnade'"; J. G. Fischer besingt ihn als erhabenen Vernunftsmenschen, der „mit des Gedankens kühner Stirn das Feuer vom Himmel stahl". Hamerling gibt seine Philosophie erst im Nachwort kund und identifiziert ihn mit Kain, der da ewig wandelt als Rebell, „wo selbst Götter kommen und vergehen". Zuweilen läßt man Ahasvers leidenschaftliches Eintreten fürs Diesseits in positive Erdenfreude umschlagen. Konfliktlos geschieht dies nur in kleineren Gedichten. Bei W i t t i c h ergreift Ahasver trotz innerer Müdigkeit von zwei Schalen, die ihm ein Genius bietet, ohne Zaudern „die dampfend volle Lebensschale", und neubelebt strahlt sein Auge in die Welt. Kurz darauf läßt 0 r 11 e p p den ewigen Juden begeisterte Worte f ü r die Schönheit der durchwanderten Natur finden. Der wirklichkeitsfrohe Realismus der achtziger Jahre belebt dies Motiv neu. Ein reizendes Gedicht von Arno H o l z läßt seinen Weltschmerz in den wunderbaren Gärten des Okeanos auf der Insel der Cythere zur Ruhe kommen; bei Bornstein singt er ein begeistertes Lied auf die lebenspendende Sonne. B a u m b a c h und später L i n d e m a n n sehen in ihm überhaupt nur noch den fidelen Weltenbummler. Wo das Motiv jedoch in größeren Dichtungen auftritt, liegen Erdenfreude und Todessehnen
KONFLIKT VON LEBENSFREUDE UND TODESDRANG
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meist im Kampf; Geiger und Stern sehen darin die bewegende Kraft des ahasverischen Menschentyps. Die mutige Lebenslust, mit der Wilbrandts „Meister von Palmyra" und Gründlers epigonenhafter „Ahasverus" das ewige Leben auf sich zu nehmen suchen, schlägt nach Jahren der Reife in ein Lob des erlösenden Todes um. Umgekehrt siegt in M a d j e r a s Tragödie Ahasvers heiße, sündige Lebensgier über den Erlösungsdrang. Das Motiv des fliegenden Holländers fügt Madjera hinzu: nur selbstgewollte Reinheit und Mitleid eines frommen Mädchens können den ewigen Juden erlösen. Die edle Maria ist dazu bereit und lebt in reiner Ehe neben Ahasver; doch ihre dämonisch sinnliche Schwester Eva weckt unwiderstehlich seine irdischen Triebe von neuem. Wieder lockt ihn das Sinnenleben, dem Heiland zum Trotz will er weiterleben und verläßt die Frau, die ihn erlösen will. Verzweifelt will Maria ihn zurückhalten, doch er stößt sie in den Abgrund; Eva, die Allegorie des lockenden Lebens, hat gesiegt. So fand der Konflikt zweier Kräfte in Ahasver die verschiedensten Lösungen. Sehr oft beeinflußt die Ahasverdichtungen um die Jahrhundertwende die antichristliche Philosophie Nietzsches. So fühlt sich in Bleibtreus Gedichten der ewige Jude als Feind des alten Wahnes und als „der neuen Zeit Symbol", und preist den menschlichen Genius und die schöpferische Sonne gegenüber der „ewigen Ordnungstyrannei". In religiöser Entrüstung gegen den atheistischen Volksgeist klagen Seeber und Landsteiner Ahasver als Vertreter des krassen Monismus an; nur Lienhard (s. u. III, 2) gelang es, aus dieser Tragödie des Materialisten ein wirkliches Kunstwerk zu schaffen. Die meisten Bearbeiter vermitteln. Bei Carmen-Sylva, Wolff und Bulthaupt beginnt Ahasver als trotziger Verächter des weichlichen Heilands, der ein entnervendes Mitleid predigt. Doch reift er schließlich der Erkenntnis der alles beherrschenden Liebe entgegen. Auch Renner, der Ahasver zum glühenden Fürsprecher aller sozial Unterdrückten macht, läßt ihn in mystischer Anerkennung des Erlösers sterben. Noch nicht vollendet ist dieser Weg in N i t h a c k - S t a h n s Drama, das bisher erst bis zum 2. Teil „Antichrist" erschienen ist. Sein Ahasver ist ein Schriftgelehrter und Freigeist, der nirgends auf seinen Reisen Gottes Walten erblickte und an nichts Neues auf Erden glaubt. Also ist er nicht nur ein Gegner Christi, sondern auch der jehovagläubigen Juden. Er liebt wie Mosens Held die harte Erde, das wahre Reich des Menschen, und ist stolz, seine Seele vom Wahn gelöst zu haben. Daher reizt er (wie bei Renner) seinen Freund Judas, Christum auf die Probe zu stellen:
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NITHACK-STAHN „Sein Luftreich oder diese feste Laßt sie sich messen!"
Erde,
Pilatus fragt den weisen Ahasver um Rat, was mit dem gefangenen Heiland geschehen solle. Ahasver versteht wohl Christi reinen Willen, hält aber seine Träumereien f ü r gefährlicher als das Verbrechen des Barrabas: „Es sterbe die Lüge!" Er verachtet den unterlegenen Erlöser, der sich willig ans Kreuz heften läßt. Sollte er, Ahasver, je sein Spiel verlieren, so würde er als freier Mann selbst den Weg ins Nichts finden. Dennoch muß er Christo die wenigen opfern, die ihm lieb sind. Judas gibt sich den Tod; seine Geliebte Mirjam fällt dem Heiland zu. Als Christus auf dem Leidenswege an Ahasvers Tür vorbeikommt, sehen beide sich nur stumm ins Auge, doch Ahasver ist erschüttert. Wie hätte er Jesum geliebt, wenn dieser nicht das Leben verneint hätte. Schon ahnt er den Reiz eines Zusammenseins: „Wie Feu'r und Wasser, In ew'gem Kampfe, doch des Kampfes
froh".
Noch aber freut er sich seiner geistigen Unabhängigkeit; von fern klingt sein Gelächter in die Klagelieder frommer Leidtragender. Freudig r u f t er zum Schluß: „Gestorben ist der Alte aus Nirgendheim, Und aller Dinge Maß und Ziel der Mensch!" Wieder eine Prometheusnatur. Der Dichter plante eine Weiterführung bis zur Gegenwart, die nach der ganzen Anlage mit einer Versöhnung der Gegensätze schließen müßte. Zugrunde liegt der bekannte Gedanke, daß Ahasvers Gotteshaß nur unbewußte Liebe ist. Wertvoll sind die Motive, mit denen Nithack-Stahn den Fluch begründet. Ahasver übernimmt bewußt die Verantwortung f ü r Christi Tod, und dennoch trifft ihn kein Fluch, sondern nur ein schmerzlicher Blick des Heilands. So ist der Vorwurf rachsüchtiger Härte vom Heiland genommen; Ahasvers ewiges Leben ist nur durch seine Notwendigkeit als Antithese zur Gottheit begründet. (Lienhard und Merwin ließen ebenfalls nur durch einen Blick Christi das Schuldbewußtsein über Ahasver kommen). Wenn so, trotz zugestandener Berechtigung der Antithesis, bis heute die meisten Dichter einer christlichen Lösung der Sage zustreben, so läßt sich vielleicht doch an einem Beispiel eine Entwicklung vom christlichen Dogma hinweg beobachten. Drei Dichter haben den ewigen
SCHREIBER, PICHLER, PAULSEN
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Wanderer einem Kruzifix gegenübertreten lassen. Bei S c h r e i b e r ( 1 8 1 7 ) fleht Ahasver vor des Mittlers Denkmal in tiefster Reue um Erlösung, und der Heiland schenkt ihm gnädig den T o d : „Wer gefehlt hat, darf bereuen". P i c h l e r s Ahasver (1880) verhöhnt dem Heiland ins Gesicht die tollen Rätsel, die Erlösungsmärchen, mit denen eine sündige Welt immer wieder gefoppt werde. Christi Auferstehung sei eine Lüge, denn noch immer sei die Menschheit durch Irrtum gefesselt. Zornig stürmt Ahasver davon, Jesus solle am Kreuze hängen, bis es vermodere. Doch segnend hebt Christus die Hand gegen den Davoneilenden, und das Kreuz erscheint in Licht gehüllt. Frommer Glaube wird sich also einst mit dem trotzigen Gegner versöhnen; doch der Reue bedarf der alte Zweifler nicht mehr. Ganz verändert haben sich Ahasvers Züge in Rud. P a u l s e n s „Christus und der Wanderer" (192/i). Der Wanderer, der hier auf Bergeshöhe dem Crucifixus entgegentritt, trägt die Züge des Einsiedlers von Sils-Maria. Er will das Bild des verhaßten Gottes herunterzwingen; Jesus erwacht und erkennt in dem Haß des Dionysos nur urvertieftes Lieben. In ewigem Wechsel und ewiger Wiederkehr müssen ihre beiden Pole sich ergänzen. Stürmisch dringt der Wanderer auf Christus ein; im Namen des Menschen will er über den überlebten Gott hinaus. Christus läßt sich g r o ß auf ihn nieder; einen Augenblick scheinen sie beide ans Kreuz geheftet, dann hängt der Wanderer am Kreuz, und Christus steht trauernd davor. Jeder erfüllt nun des anderen Mission bis zu neuer Wiederkehr. „Wir werden ewig ivechselnd uns erlösen, Du mich zum Guten, ich dich zu dem Bösen", mit diesen Worten scheidet Christus. Jenseits von Gut und Böse kreisen hier die Gedanken; die Rollen werden getauscht, weil sich die Gegensätze ewig und immer wieder ineinander und auseinander entwickeln. Vom ewigen Juden freilich hat dieser Wanderer keine Züge mehr; in der symbolischen Fassung unserer Zeit ist der Name Ahasverus selbständig geworden und verkörpert ein Symbol, das mit der Sage kaum noch etwas gemein hat. Nicht mehr an seine Gestalt ist der Ausleger gebunden, wie j a auch Fausts Name vor neuen Bezeichnungen unserer suchenden Zeit zurücktritt. Momberts „ A e o n " , Hasenclevers Mann auf der Landstraße in „ U m k e h r " , Werfeis „Spiegelmensch", sie alle werden Träger von Gedanken, wie sie auch Ahasver oft zu verkörpern hat. Der eben behandelten Gruppe von Ahasverdichtungen steht wohl Kornfelds uralter
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AHASVER ALS RÄCHER. HAMERLING
Jakob in „Himmel und Hölle" (1918) am nächsten, „der Schrei der Erde", der ewige Verächter und Empörer, dem Gottes ganze Liebe gehört: „Solang die Erde menschlich ist, Bleib du lebendig, ewiger Protest!" 2. Nicht immer ist die Gottheit die Gegenpartei Ahasvers; nicht immer wird sein Protest als produktiv betrachtet. Manche fassen ihn nicht als den weltbewegenden Gegensatz, der das Leben erst ermöglicht, sondern als düsteren Gegensatz zur lebendigen Welt schlechthin. Bei christlichen Auslegern schloß sich dies an die Mahnerrolle Ahasvers im Volksbuch an, indem er der eitlen Lebenslust den Hinweis auf die irdische Vergänglichkeit entgegensetzte. Wie sich so der unheimliche Todeshauch um den gespenstischen Wanderer in religiöse Wirkung umsetzte, sahen wir schon oben bei Horn, Jemand und Wilhelm (I, 2). Darüber hinaus ging schon K l i n g e m a n n . Sein Ahasver steht als „Gespenst der Zeit" über dem menschlichen Sein; um alles Böse wissend, ist er ein grauser Sachwalter himmlischer Gerechtigkeit. Er schaut, „wie die starre Gorgo" in das Leben des Mörders Heinyn, verkörpert das unabwendbare Schicksal. Als haßerfüllter Lenker der Weltgeschichte schützt er bei AI. von Württemberg den jungen Napoleon, um ihn f ü r seine weltzerstörendc Mission zu erhalten. Bei Kuffner vollends wird er zum bösen Genius der Weltgeschichte. Haß gegen den Gott, der ihn verfluchte, beseelt ihn zu ungeheurer Lust am Bösen. Er verleitet die Cäsaren zu ihren Greueltaten und wächst dann zur rächenden Nemesis, führt sie mit Wollust dem verdienten Untergang entgegen. Erst spät löst sich sein Haß in die Harmonie des Weltalls auf. H a m e r 1 i n g führt Kuffners Idee noch krasser durch. Als warnendes Beispiel führt Hamerling den Zeitgenossen ein Bild des dekadenten Rom vor. Dem von wüsten Gelüsten erfüllten Nero hilft er, die todesreife Zeit ihrem Ende entgegenzutreiben. Als Nero, seiner innerlichen Leere bewußt, sich das Schwert in die Brust stößt, hat er in den frommen Christen, zu denen er geflüchtet, die Träger einer neuen Kultur erkannt. Sein Zeitalter, das seinen titanischen Lebensdrang zu so traurigen Verirrungen führte, ist vorbei. Im Vordergrund stehen die effektvollen Schilderungen der neronischen Greuel; eingelegte philosophische Diskussionen wirken unorganisch und oft widerspruchsvoll. In Ahasver soll Todessehnsucht dem Lebensdrang Neros gegenüberstehen, zugleich aber der Geist der Menschheit dem vermessenen Einzelwesen. Ahasvers letzte Worte und Hamerlings Nachwort fassen ihn negativ und positiv zugleich. Ahasver ist ewig wie die Menschheit, ist Kain, der erste Rebell,
AHASVER
A L S HERZLOSER DIESSEITSMENSCH
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„der den Tod in die Welt brachte, und den er zum Dank verschont". Daneben aber befördert er die negativen Perioden der Weltgeschichte, um neuen, gesünderen Völkern zur Herrschaft zu verhelfen: Germanien ist jetzt an der Reihe. Im Lob des Christentums und des Deutschtums klingt dies römische Sittenbild aus. Suchte Hamerling so dem Hasse Ahasvers eine positive Wendung zu geben, so fassen ihn andere geradezu als das böse Prinzip, den Antichristen (s. o., II, 2). Bei Hauthal wütet er wie ein brüllender Löwe gegen Jesum; Bosheit gegen alle Welt beseelt ihn in Dullers „Antichrist". Als Menschen ohne Herz und inneres Leben schildern ihn Neumann und Bruck; welch Gegensatz zu den Deutungen, die in ihm das innere Ringen des Menschen symbolisierten! Auch bei Jemand kann er noch nicht erlöst werden, weil ihm die Fähigkeit zur Liebe mangelt. Als böses Gewissen der Menschheit verschmilzt er mit dem Teufel; bei E. T. A. Hoffmann („Elixiere des Teufels") ruft Belcampo: „Apage, Satanas, apage, apage, Ahasverusl", und wir sahen oben (II, 2), wie Grimm ihn als den tückischen Versucher Luthers darstellte. Die naturalistische Darstellungsweise, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts aufkam, suchte Ahasver ohne überirdische Züge darzustellen. Nahe lag es dann, den Gottesgegner als typischen Vertreter realistischer Denkweise aufzufassen. Wurzelte sein Charakter als Todesdämon und Genius des Hasses mehr im Gefühl, in der ohnmächtigen W u t gegen den göttlichen Fluch, so tritt er nun als Verfechter kalten beschränkten Menschenverstandes auf. Goethes Plan, in Ahasver den nüchternen Weltsinn darzustellen, konnte hier anregend wirken. Jetzt bekämpften einige in seiner Gestalt den aufkommenden Monismus. Schon in H e r r i g s „Jerusalem" verkörpert der ewige Jude den Realisten, dessen grobe Sinne die Gottheit nicht fassen können, „dessen Fluch es ist, rastlos durchs Leben zu irren". Als ungläubiger Zweifler überlebt Ahasver den Todeskampf seiner Stadt und den Brand des Tempels. In L a n d s t e i n e r s Roman „Ein Jünger Ahasvers" wird vom katholischen Standpunkt aus gegen die glaubenslose evolutionistische Lehre Sturm gelaufen. Ein moderner Mensch, der im Nichtglauben die Wahrheit sucht, bekehrt sich endlich zu christlichem Leben. Wertvolle Gestaltung fand dieser alte (Mosensche) Gegensatz von Spiritualismus und Sensualismus in dieser neuen Form nur durch L i e n h a r d . In seinem Schloß am Rhein arbeitet Professor Adam Hasse. Er will die Epoche des Immoralismus begründen und sucht ein Salvarsan gegen „das entnervende Gift des Jenseitsglaubens". Dennoch spuken in ihn) Gedanken von Wiederverkörperung der Seele, die ihm in quälen-
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LIENHARD
den Träumen den Schlaf rauben. Die mittelalterlich sentimentale Atmosphäre seines Schlosses und das metaphysische Bedürfnis, „das verfluchte deutsche Gemüt", diese verhaßten Gefühlsmomente machen ihn zuweilen zum Nachtwandler. Er hat gehofft, sein Sohn werde das Riesenwerk der materialistischen Universalwissenschaft fortsetzen; doch nun kehrt dieser von einer Forschungsreise mit einer liebenden Gattin und einer gefühlvollen Lichtreligion zurück. Als heiterer Dualist tritt er seinem fanatischen Vater entgegen: „Liebe ist Macht!" Hasse hingegen hält den Menschen f ü r ein Erzeugnis des Urschlamms. Leidenschaftlich preist er Kain, den Menschen der Erde, während Abels Rauch durch alle Lüfte schwärmte. Einsam steht er in seinem Studierzimmer, „ein Gigant in diesem Liliput". Argwöhnisch mustert er seinen Sohn und dessen Frau; ihm scheint, sie verfolgten ihn seit Jahrtausenden. Von seinem Assistenten Laban läßt er sich die Ahasversage erzählen und legt sie selbst aus: „Ahasver wandert freiwillig über die Erde, weil er das Weltgcheimnis ergründen will". Sein Ich entgleitet ihm. In fieberndem Traum sieht er sich als den frommen Schuhmacher Ahasver in Jerusalem. Als Anhänger Jehovas haßt er Jesum, der ihn in einer Diskussion öffentlich bloßgestellt. Doch seine Kinder Johannes und Veronika sind heimlich Christen geworden; sie tragen die Züge von Hasses Sohn und dessen Frau. Der Abfall der Kinder und Christi Blick trifft ihn tief, aber er wächst zum unbeugsamen Dämon: „Ich will wühlen und suchen in Kräften der Erde, bis mein ist die Summe der Welt. Macht! Macht! Macht!" Verstört ruft der erwachte Professor nach seinem Assistenten. Am Altan winkt ihm plötzlich Frau Lorelei und seufzt: „Ahasver!" Tobend springt Hasse auf: „Es ist entdeckt! Ich bin Ahasver", und, den Assistenten mitreißend, stürzt er sich in den Rhein. Den erschütternd hinzueilenden Kindern sagt der treue Diener bedeutsam: „Sein Tag ist um — der eure beginnt!" So weckt der Schluß Hoffnungen für den Neuidealismus. Anderseits ist sich auch Hasses Sohn bewußt, daß die entgegengesetzten Ansichten zusammengehören wie Tag und Nacht, und nur ihr Kampf diesen Stern in Gang hält. Ahasver wird ewig wiederkehren. Besonders fein ist die psychologische Darstellung von Hasses Ahasvertraum aus verdrängten Gefühlsmomenten heraus. Im ganzen leidet das wirkungsvolle Drama an der krassen Überspitzung der Gegensätze: Wahnsinn kämpft gegen Weichlichkeit. Dennoch ist es eine der wenigen Dichtungen, die Ahasver sowohl menschlich wie übermenschlich plastisch darstellen. Der Protest gegen die Gottheit charakterisiert Ahasver, wenn er als weltanschauliches Symbol gefaßt wird. In politischer Deutung gilt
POLITISCHE TENDENZEN.
RENNER
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er als Protest gegen die herrschende Weltordnung. Wir sahen, wie die Satiren zur Zeit der Demagogenschnüffelei ihn als unfruchtbares Prinzip der Verneinung um jeden Preis hinstellten (s. o. II, 3). Auf der anderen Seite weilte bei Köhler und Roennefahrt sein Blick hoffnungsvoll auf den freiheitlich strebenden Zeitgenossen. Seidl brandmarkte in ihm den revolutionären und atheistischen Zeitgeist (s. o. I, 4). während ihm Mosen und Hamerling um so stärker die Züge eines gigantischen ewigen Rebellen verliehen. Mit der Entwicklung des Kapitalismus und des Maschinenzeitalters wurde sein Protest immer aktueller; in Frankreich machte ihn Sue schon i845 zum Vertreter der sozial unterdrückten Masse; noch leidenschaftlicher klingt ein halbes Jahrhundert später die Anklage von Buchanans „Wandering Jew". In D i e p e n b r o c k s Schauspiel „Germania" spricht Ahasverus einen Epilog, in dem er das anmaßende Gottesgnadentum der Krone und den kapitalistischen Eigennutz der sogenannten Christen geißelt. Als idealen Kommunisten bezeichnet er Christum, den die heutige Welt ins Tollhaus sperren würde. Und tatsächlich schildert Merwins „Tod des ewigen Juden" (1902), wie der wiedergekehrte Heiland als sozialistischer Volksverführer ins Gefängnis geworfen wird und dort den Vagabunden Ahasver trifft. Eine Vision sozialen Aufruhrs hat selbst Sterns einsamer Inselbewohner Ahasver; der eisgraue Wanderer in Windholz's Novelle will auf sozialer Grundlage eine freie Kolonie in Argentinien aufbauen. Der typischste Vertreter der leidenden Masse ist indessen R e n n e r s Ahasver. Der elende Bettler, der den glücklich Besitzenden Haß schwört und dem Schöpfer zum Trotz die Welt glücklich machen will, hat wahrhaft heroische Größe. Er will das Leiden aus der Welt schaffen und widersteht jeder egoistischen Versuchung. Doch die Welt bleibt seichtcr als sein Gedanke; das Glück seines Volkes schlägt in ein wüstes Bachanal um, Erinnyen zerstören den Sinnentaumel, und die erbitterte Masse kreuzigt Ahasver, der ihr das Heil nicht bringen konnte. Nach weiterer Wanderung findet Ahasver zu Christus zurück. Skeptisch steht auch Nelsons Ahasverroman, noch vor dem Weltkriege geschrieben, dem Sozialismus gegenüber. Wohl verurteilt Ahasver die reaktionären Zustände, doch will er ganz allmählich in lebendiger Erziehung aus dem Gewordenen eine freie Gemeinschaftskultur aufbauen. Nach der Revolution von 1918 wird an der Ahasvergestalt wieder der leidenschaftliche Kampf gegen jede Autorität als besonders zeitgemäß hervorgehoben. B a u d i s c h s „Fragmente" analysieren ihn als gequälten Zyniker, dessen triebhafter Drang nach Neuem aus Langeweile und Sensationslust entspringt. Dadurch wird er zum Zerbrecher aller Gebäude und Vater aller Revolutionen. Catilina und Marquis de
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EWIGKEIT ALS SYMBOL DER MENSCHHEITSSEHNSUCHT
Sade waren seine Söhne, Napoleon sein Bastard. Ähnlich erscheint er bei S z i 11 y a als perverser Weltschmerzler: „Ahasver ist der Gang der Revolutionen, und Revolution ist immer eine Tragödie". Er war der Teufel, der Gott zum ersten Mal zum Bauen zwang und sich immer zum göttlichen Vater zurücksehnt. Bis auf die neue Einkleidung (erotische Analyse Christi und Ahasvers) ist dieser Gedanke nicht originell. Dieser Ahasver ist fanatische Nemesis wie bei Hamerling, und wie dort wird er als notwendiger Dämon der Weltgeschichte aufgefaßt. Von allen negativen Prinzipien, die das Leben beherrschen, ist das menschlichste und vielseitigste der Zweifel. Im Zweifel an Christi Lehre lag Ahasvers eigentliche Schuld. Der Däne Andersen faßte zuerst Ahasver als Engel des Zweifels auf, der zur gleichen Stunde mit Jesus geboren wird und nur langsam dem Glauben entgegenreift. Lenaus „Savonarola" enthält eine Deutung Ahasvers als des ewig irrenden Unglaubens, und immer mehr Dichter lassen ihn wie Faust durch rastloses Denken stets neue Zweifel an der Gottheit erzeugen; am reinsten stellt dieses Symbol wohl Carmen-Sylvas „Jehovah" dar (s. u. III, 5). Zweifel ist f ü r Ahasverdichtungen das fruchtbarste Motiv, denn er bedeutet Vitalität, ein selbstbewußtes Suchen nach Gott, das wir den endlosen Wanderungen des ewigen Juden vergleichen können. So gelten f ü r viele Ahasverc die Worte aus Trencks „Don Juan-Ahasvcr": „Glauben heißt ringen, täglich sich verändern", als Charakteristik der positiven Kraft des Zweifels, und als Wandersymbol: „Erlösung muß ein ew'ges Wandern sein. Weh uns, wenn wir uns angekommen meinen!" 3. Letzten Endes liegt der Unfriede des ewigen Wanderers in der eigenen Brust. Selbst wo er als negatives Prinzip auftritt, ist in ihm noch das Bewußtsein der Existenz des Göttlichen wach; so wird er zerquält in ewiger Wahl zwischen Sinnenglück und Seelenfrieden. Wenn schon die „wahrhafftige Contrafactur" (s. S i ) die Parallele zog, „daß wir Bilgram und frembdlinge in diesem Leben sind", wenn selbst ein Unterhaltungsschriftsteller wie Kuffner im Vorwort seines Romans sinniert: „Rastlose Wanderer sind wir alle", so wirkt sich dies Motiv in der höheren Dichtung um so mehr aus. Ahasver wird Symbol des ewigen Kampfes in jedem von uns; er ist das rastlose Menschenherz, das im Streit von Gut und Böse nie zur Ruhe kommt, er ist —leider — meist ein Faustepigone. Die Fülle der Gefühle, die aus dem Streit der Gegensätze entstehen, wirkt sich in unsterblicher Sehnsucht aus. Das Objekt dieser Sehnsucht wandelt sich etwas: in der Romantik sehnt er
INNERE UNRAST: GEIGER, STERN
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sich nach Glaubensfrieden, bei den Jungdeutschen nach Freiheit, in unsrer Zeit nach reinem Menschentum: doch der Grundton bleibt immer gleich. Je zerrissener der Einzelmensch mit fortschreitender Kultur wird, um so häufiger wird Ahasver vom Träger allgemeiner Sehnsucht zum Individuum. Man vergleicht ihm historische Geisteshelden. D i e h 1 nennt seinen Roman des heimatlosen Heine „Ahasver"; in Brods Roman „Tycho Brahes Weg zu Gott" vergleicht sich der rastlose Gottsucher Tycho wiederholt mit dem gehetzten ewigen Juden. Der moderne Mensch sieht überhaupt sich selbst als Ahasver. Der nervös überspannte Schreiber von B a e r s Tagebuch geht an dem Wahn zugrunde, selbst Ahasver zu sein, ähnlich wie L i e n h a r d s Professor Hasse. Sah man früher in dem Schwanken zwischen Extremen den Irrtum verkörpert (Stolte, Bruck) und die ewige Halbheit (Renk), so betrachtet man heute diesen inneren Zwiespalt nicht ohne Stolz. Noch 1893 lassen zwei Ahasverdichtungen den Konflikt im Individuum herb pessimistisch enden. Bei G e i g e r wandert ein junger Dichter, vom Todesschlaf wieder erweckt, durch die nächtliche Natur. Tiefste Melancholie im Stil Lenaus mischt sich mit einem Hauch Daseinslust. Er will nicht ,,die miserable Litanei" des Daseins weiterstammeln, doch immer wieder nimmt ihm ein Lichtblick der sonnigen Natur die Kraft zum Tode: er kann weder leben noch sterben: „Der Wand'rer Der Ahasverus,
ohne Rast und Ruh, Mensch, bist du".
Und höhnend ruft der Nachtwind dem friedlos Dahineilenden nach: „Flieh nur! Dir selbst entfliehst du nicht". S t e r n s Epos „Die Insel Ahasvers" ist die Tragödie des Individualismus. Aus einem Schiffbruch rettet sich ein müder Mann widerwillig auf eine Insel. Sein Denken verneint das Leben, und doch peitscht ihn „die verfluchte Gier, zu sein, zu atmen als ein lebig Tier". Die tätige Arbeit seines Robinsondaseins in der majestätischen Natur gibt ihm neuen Mut; als Jünger Nietzsches preist er die Einsamkeit, dünkt sich ein König in seinem Reich, niemandem Untertan: „Ich glaub' an Gott nur, weil ich göttlich bin". Langeweile und Sehnsucht nach dem Weibe bedrängen ihn, doch in seinem Stolz will er alles, was er tierisch nennt, besiegen. In drei Schiefertafeln gräbt er Visionen ein: die Revolution der Masse gegen die stolzen Eigenmenschen, die Leiden des Kyklops, weil er nicht ist wie die blöde Masse, den Weltuntergang. Doch schon nimmt der Schreiber nicht mehr Partei f ü r den gemeinschaftsfeindlichen Übermenschen; der Griffel sinkt ihm aus der Hand. Menschenheimweh lodert in ihm, er schmachtet nach Liebe, denn in der Natur schlägt kein Herz. Er er-
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INNERE UNRAST: WEGNER, TRENCK, WINCKLER
späht ein Segel in der Ferne und pflanzt als „der Sehnsucht Notschrei" sein Hemd auf den Wanderstab. Doch das Schiff fährt vorbei, und verzweifelt stürzt sich der Einsame ins Meer. Das Epos ist das Werk eines Sozialpolitikers, der während harter Arbeits jähre in Amerika selbst innerlich den Kampf zwischen Eigenwillen und Gemeinschaftssinn durchkämpfte. Leider beeinträchtigen oft geschmacklose Wendungen den tiefen Ernst der ausgesprochenen Gedanken. Die neueste Zeit gestaltet Ahasvers Zwiespalt dynamischer. W e g n e r s „Poeta Ahasverus" verschwendet sich in seinem Wandern grenzenlos an die Welt. Der Gegensatz zur Mitwelt ist verwischt, seine liebende Seele weilt überall. Doch in ihm selbst wohnt der unrastige Gegensatz, wohnt auch die Frau, an deren Fehlen Sterns Ahasver zerbrach: „In mir ein Greis von hundert Wintern ruht, Verbunden einem Weib von siebzehn Lenzen". So ist er stark genug, inbrünstig die Wunden aller Welt zu tragen. Alles Erdenleid trägt auch T r e n c k s Ahasver auf seinen breiten Schultern; auch er ist der innerlich zerrissene Sucher, der die ganze Welt in sich aufnimmt: „Er ist die Flucht vor sich, das Wiederfinden im andern". Liebe erwächst aus diesem Motiv; durch den eigenen Konflikt fühlt sich Ahasver der ganzen Menschheit nahe, gerade durch sein Dulden fühlt er sich der Erlösung würdig. Das schaurige Gegenstück bildet W i n c k l e r s „Irrgarten Gottes", jenes trostlose Gemälde der mammonwütigen Gegenwart, in deren Elend Ahasver seinen Fluch überboten findet: „Heimatlos, friedlos, liebeleer — Ein jeder Mensch ist Ahasver". Doch diese schmerzliche Vision entstand verhältnismäßig kurz nach dem Kriege, noch aus der Enttäuschung des um seine Ideale betrogenen Frontkämpfers heraus. Die folgenden Abschnitte sollen zeigen, wie die meisten Dichter, auch in dieser Generation, einen Weg zur Erlösung Ahasvers vorzuzeichnen versuchen. 4. Die seelische Erlösung Ahasvers ließen die ersten Bearbeiter in rein christlichem Sinne dann eintreten, wenn die ganze Tiefe von Christi Lehre in seiner Brust aufgegangen war. Sie hielten sich an das Bibelwort, daß man allein durch den Glauben selig werde. Arnim und Aurbacher schilderten daher, wie Ahasver in der Wüste mit seinen Zweifeln ringt und sich zu heiliger Einsicht durchkämpft. Der Heiland
REIFEN ZUM GLAUBEN: GISEKE, LEPSIUS
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ist das große Vorbild, dem Ahasver zustreben muß. In G i s e k e s Epos erscheint ihm Christi Bild gleich zu Beginn seiner Wanderung und r u f t ihm zu: „Ich werde dir's noch abgewinnen, Wenn ich auch starb auf Golgatha". Und so reift denn der ewige Jude bei Andersen und Giseke langsam der Anerkennung Christi entgegen, wie er sieht, daß sein Geist sich mehr und mehr unter den Völkern verbreitet. Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts entstanden dann als Reaktion gegen relativistisch-skeptische Zeitströmungen wieder zwei Ahasverdichtungen, die mit einer Apotheose des Christentums enden. Der evangelische Theologe L e p s i u s läßt sein Mysterium erst Jahrzehnte nach Christi Tode einsetzen. Im Vorspiel erhält Asmaveth, der Tod, ein schwaches Abbild Mephistos, den Befehl Gottes, den lebenshungrigen Ahasver zu verschonen. Im verbissenen Kampf gegen die Römer erwächst Ahasver zum geheimnisvollen Messias seines Volkes. Nach einem Wirrwarr politischer Kämpfe wird er zum Mörder seiner Tochter Esther, die einen Christen liebt. Asmaveth verführt ihn, dem Volke die Bundeslade zu bringen; da aber der Himmel auf sein Gebet nicht antwortet, schleudert Ahasver die Gesetzestafeln zu Boden. Darob empört sich das Volk und kreuzigt ihn als verkappten Nazarener an den Tragebalken der Bundcslade. Beim Römerangriff flieht die Menge, und Ahasver schleppt sich phantasierend mit dem Kreuz durch die Stadt. Vor seinem Hause erscheint ihm eine weiße Gestalt mit der Dornenkrone. Den Heiland sieht er vor sich stehen und fleht um Vergebung: „Jesus von Nazareth! So kommst du wieder? Was stehst du da? An meiner Tür statt meiner. Und ich — und ich hier unter deinem Kreuz!" Esther tritt auf und löst seine Bande: Jesus habe längst vergeben, Ahasver solle voller Hoffnung wandern und seiner Wiederkunft harren. So ist der starre Vertreter des Judentums zum Heiland bekehrt, nachdem sein eigenei- Versuch, ein Gottesreich zu gründen, am fanatischen Volke gescheiterl ist und ihm das Schicksal Christi eintrug. Diesen neuen Gedanken vertieft dann die wertvollere Dichtung Renners. Der Katholik S e e b e r verlegt die endgültige Bekehrung der irrgläubigen Juden erst in die Zeit des jüngsten Tages. Erst nach den Tagen des Antichrists (II. Thessal. 2, 4) kann alle Welt erlöst wer-
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SEEBER
den. Ahasver erhofft bis zum Schluß den nationalen Messias, er fühlt sich als der ewig neugeborene Haß des Judenvolkes. Im Namen Soters, des Antichristen, hat er nach jahrtausendelangem Kampf die Welt erobert und will nun sein auserwähltes Volk herrschen sehen. Doch Sot6r enttäuscht seinen Feldherrn; er will sich selbst statt Jehova zum Gott einer lüsternen Welt machen. Edler Abscheu erwacht in Ahasver, als er Soters Greuel gegen die gefangenen Christen, zumal den Papst, sieht. Henocli und Elias tauchen als mystische Mahner in der Riesenstadt Jerusalem auf; Kreuzritter stürmen aus Katakomben und befreien den Papst. Der Antichrist läßt den trotzenden Ahasver blenden; von der wahnsinnigen Sara in die Wüste geleitet, gibt der Verstoßene sich dem Weltschmerz hin. Doch Christen finden ihn auf, und milde tröstet ihn der Papst. Im Schlaf erscheint ihm der Heiland und ruft liebevoll: „O komm zu mir mit deinem armen Volke!" An der Bundeslade tauft ihn der Papst und gibt ihm das Augenlicht wieder; Gottes Stimme prophezeit den Sturz des Antichristen. Als sich Soter vor aller Augen gen Himmel schwingen will, schmettert ihn der Herr in den Flammenpfuhl; dankerfüllt sammeln sich die Gläubigen auf dem Tempelberg. Ahasver fordert die Seinen auf, Apostel zu werden, worauf er erlöst am Fuß des Kreuzes entschläft. Manche Stellen des in Blankversen geschriebenen Epos sind recht schwungvoll; doch verraten die krassen Ausfälle gegen Kultur und Philosophie der Neuzeit zu stark die einseitige Tendenz. Der jüdischo Philosoph Spinoza, der Verkünder freien Menschentums, wird von Seeber als Diener des Antichrists hingestellt. Gerade das freie Menschheitsideal aber tritt bei neueren Ahasverdichtern immer mehr in den Vordergrund; nicht das Dogma in Christi Lehre, nur die Heilandsgestalt selbst dient als Symbol der Vollkommenheit. Schon S. Hellers Ahasver hatte in dem religiös toleranten Goethe das reinste Menschentum verkörpert gesehen; Schmitz's Ahasver erlöst sich durch die Überzeugung : „Im reinen Menschentum sind alle einig, Der Name Christ hat nichts mehr zu bedeuten", und Merwins Heiland hebt Ahasver ohne Ansehen des Glaubensbekenntnisses in den Himmel. „Der Mensch dem Menschen!" ist auch Ahasvers stolzer Ruf in R e n n e r s gedankentiefer Dichtung, und doch kommt der Held schließlich nach dem Scheitern seiner großen Mission zu der Einsicht, daß nur in Christi Gestalt das Menschliche und Göttliche sich zur unvergänglichen Erlöserkraft vereinen.
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RENNER
Renners Ahasver ist ein elender Bettler, der in trotzigem Lebensdrang die herzlose Weltordnung anklagt. Er braucht keinen Gott, hat nicht begehrt, von ihm geschaffen zu werden. Er fordert Jesum auf, die Leidenden aus dem Kot zu heben, und erhält nur die Antwort: „Was man dir tut, das hat man mir getan!" Verbittert flucht er dem Gekreuzigten und wird dafür vom Todesengel gezeichnet. Selbstbewußt nimmt er das Leben auf sich: dem Schöpfer zum Trotz will er eine Welt der Freude schaffen, um am Ende der Tage den ohnmächtigen Gott zu richten. Doch sein Messiasweg geht parallel mit dem Christi. Der Teufel versucht ihn und verheißt ihm den Reichtum der Welt; doch seinem Ziele treu will Ahasver nichts f ü r sich allein genießen, sondern aus sich heraus alles f ü r seine Mitmenschen schaffen. Ein Magier zeigt ihm künftiges Geschick, wie die Masse stets dem wohlmeinenden Führer entgleite, zeigt Ahasver als Führer des scheiternden Bauernaufstandes und der Elendsrevolten der Maschinenzeit. Doch Ahasver bleibt fest; er will nicht glauben, daß die Welt seichter als sein Gedanke ist. Er baut Nimrods Turm neu und läßt sich vom jauchzenden Volke zum Gott weihen. Doch in das ausartende Bachanal stürmen Erinnven hinein; ein Judas reizt das enttäuschte Volk zur Empörung, und Ahasver wird mit zwei Getreuen ans Kreuz gesclilagcn. Die beiden Genossen seiner Qual finden im Tode zu Jesus zurück; nur er bleibt ungebeugt wie bei Mosen: „So ring ich fort, Besiegter hier, vielleicht ein Sieger
dort!"
Ein Engel löst ihn vom Kreuz; er soll weiter wandern, bis er versteht. In einer pestverödeten Stadt nimmt er sich eines unschuldigen Mädchens an, sie soll ihm den Heiland gebären. Doch von den Zwillingen, aus Unschuld und Mitleid geboren, tötet einer den andern; die Tat Kains wiederholt sich. Einsam ersehnt nun Ahasver den Tod; wie Zarathustra klagt er das verderbliche Mitleid an. Endlich schlägt die letzte Stunde des Alls; der Tod schlingt die Welt und löscht die Sterne aus. Maria und die Cherubim grüßen den Heiland; Ahasver kommt zur Klarheit und erfleht Gottes Gnade. Er sieht sich in bekannter Gegend: drei Engel stehen vor der Hütte zu Bethlehem. Sie grüßen den Bekehrten, „immer irrend, nie verloren", und verheißen jedem Heil, der sein wahres Selbst findet. Wieder liegt Gottes Sohn in der Wiege, um den Erlöserweg. anzutreten; anbetend sinkt Ahasver vor ihm nieder und stirbt.
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ENTWICKLUNG
ZU REINEM
MENSCHENTUM
Der Abschluß ist ein neuer Anfang: „Immer wird das Heil geboren". Dieser Ahasver hat echte Größe in seinem titanischen Lebensdrang, der ihn mit Recht fragen läßt: „An welches Kreuz ward ich noch nicht geschlagen?" Um so bezeichnender ist es, wenn er sich dennoch schließlich beugen muß unter das umfassendere Menschheitssymbol Jesus Christus. Nach dem Weltkrieg sind die Zweifel an dem Wert unserer Kultur stärker denn je; besonders laut ruft jetzt die Literatur nach wahrer Humanität. „ 0 , seiet Menschen!" ruft ein Buch S t e r n b e r g s , in dem Ahasver als Apostel der ewigen Gottheit auftritt. Und dieses Streben Ahasvers beherrscht nun vor allem ein großes Weltgefühl: die Liebe. Es liegt an der wesenlosen, unindividuellen Überlieferung der Legende, daß Ahasvers Gestalt erst spät mit dem Motiv persönlicher Liebe verbunden wurde. Engländer wandten sich diesem Gedanken schon f r ü h in sentimentaler Darstellung zu: Shelley 1810 und S. Norton i83o. In Deutschland taucht das Motiv erst gegen Ende des Jahrhunderts auf, als der ewige Jude sich zum literarischen Symbol entwickelt hat. Wie Goethes Faust ist er jetzt der ringende Mensch, den das ewig Weibliche hinanzieht; und in der Tat begegnen wir in den Ahasverdramen von Wolff, Stein und Gründler Anklängen an „Faust" auf Schritt und Tritt. Als Wegweiserin zu höheren Sphären steht die liebende Frau Ahasver zur Seite. Wir sehen, wie Madjera (s. o. III, 1) diese Mission selbstgewollter Reinheit an Ahasvers Sinnlichkeit scheitern ließ; ähnlich wird der haltlose Held von Gründlers dilettantischer Tragödie durch die „Schvvächc eines Blutes, verfluchte Gier" am Reifwerden gehindert. Meist aber gelingt es dem Geist edler Frauen, den ungestümen Ahasver so zu leiten, daß er das Leben segnet und selbstlos entsagt. Wegweisend wirkte hier W i l b r a n d t s „Meister von Palmyra" (1889). Wohl sind hier alle Züge des ewigen Juden geschwunden, doch verbindet den lebensstarken Apelles, gefeierten Feldherrn und Künstler der Palmyrener, mit der modernen Ahasvergestalt sein edler Drang zu ewigem Erdenleben und der Reifeweg zur Entsagung. Apelles will ewig in Jugendkraft verharren, um „des Daseins Wert zu fühlen und zu halten", doch als „Abbild des ewig neugeformten Lebens" gesellt sich ihm eine junge christliche Märtyrerin in immer neuer Gestalt, bis sie dem nach langen Prüfungen vom trotzigen Lebenswillen Bekehrten erlösend die Hand auf die Stirn legen kann. Apelles geht zur Ruh: „Wohl denn, o Mutter Erde, fahre wohll Du warst mir hold — ich liebte dich so sehr — Blüh' nun den andern!"
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REIFEN DURCH LIEBE: MÜHSAM
Durch seine einheitliche Handlung und edle Sprache ist Wilbrandts Drama eine der vollkommensten Darstellungen des Ahasverproblems; außer dem Motiv der Frau als Führerin wirkte auch der Seelenwanderungsgedanke (s. u. III, 5) fruchtbar nach. Johanna und Gustav W o 1 f f gehen von Nietzsches Zarathustra aus, fügen aber zu seiner Lehre den Gedanken von der Erlöserkraft des Weibes. Die Teufel erwählen den stolzen Ahasver als ebenbürtigen Gegner Christi; Feuro, ein schwacher Mephisto, will ihn zu irdischer Lust verführen. Doch Atta, die Frau, die ihn verführen sollte, läutert sich an ihm; gemeinsam bauen beide den Sonnentempel der Menschheit: „Heimat und Erde". Ein Angriff der Teufel wird von Engeln abgeschlagen; das Leben segnend, stirbt Ahasver. Er hat erkannt, daß Gott und Welt keine Gegensätze sind, und ist stolz auf das Werk der Liebe. Auch B u l t h a u p t s Ahasver reift durch Liebe. In Jerusalem weissagt ihm die fromme Hanna, daß Gottes Fluch nur aus Liebe entspringt. In müdem Zweifel schaut er die Entwicklung der christlichen Welt, bis er in einem deutschen Schloßfräulein die sanfte Hanna wiedererkennt. Demütig offenbart sie ihren frommen Glauben: „Ich bin ein Scheit nur, ein armes Das Feuer der Liebe zu heizen",
Scheit,
und in seligem Vertrauen auf Gottes Gnade entschlafen sie beide. Nach dem Kriege führt in S t e i n s abstrakter Tragödie wieder „das Weib" den Gottsucher Ahasver zu Mitleid und Menschlichkeit; in England zeichnet Thurstons wirkungsvolles Drama eine ähnliche Entwicklung. Die dichterischste Schöpfung unserer Zeit ist M ü h s a m s lyrischdramatisches Werk. Sein Ahasver ist ein ernsthafter Mann, der in Christi Lehre von der Nächstenliebe nichts Neues findet: „Ward ihm allein das Wort? Und ist der Mund der Bibel stumm?" Sein Weib hingegen preist in hinreißenden Worten den Heiland, dem die Liebe aus Blicken und Händen blühe. Sie legt sogleich Christi Fluch als Gnade aus. Als einsamer Wanderer klagt dann Ahasver in wundervollen Versen die Schmerzen seines friedlosen Lebens, wie alle Freuden vor ihm welken. Da aber tröstet ihn eines Weibes Stimme, es ist „die Namenlose", die ringende Sehnsucht. Durch sein Leid sei er zum höchsten Geistesschwung erlesen; in hochgehaltener Hand solle er „den Becher seines Leides" tragen. Der Gottsucher gewinnt Kraft
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MÜHSAM. — EVOLUTIONISMUS
zum Beten: jetzt versteht er das Feuerherz des Gekreuzigten, der alle Leidenden zu sich rief. Selbst möchte er in die begnadete Christengemeinde eintreten, doch Intoleranz sperrt ihn ins Ghetto. Man schleppt ihn auf den Scheiterhaufen, da er Jesum nicht als Gottes Sohn anerkennen will; f ü r ihn ist er nur der gotterfüllteste aller Menschen. Er erkennt, wie weit entfernt die Christen vom Geist ihres liebenden Erlösers sind; wie er, der Jude, ihm innerlich viel näher steht als sie. Als Mitkämpfer im Kriege will er sich das Bürgerrecht des neuen Vaterlandes erwerben, doch in der Einsamkeit des Schlachtfeldes erkennt er Eitelkeit und Mordinstinkt als die wahren Beweggründe des Krieges. Nach dem Kriege leidet er unter dem Wahn der Antisemiten; doch auch der Zionismus scheint ihm zu einseitig. Er wendet sich wieder zu seiner Göttin, der Sehnsucht. Durch Leiden will er aufwärts zu Gott schreiten, in allen Herzen den Tempel göttlicher Liebe bauen. Er will die Schranken der Dogmen zerstören und alle Völker in reinem Menschentum verbinden. Und wenn sein Weg auch noch lange durch trübes Erdgetriebe führt, er will unverdrossen „auf seiner Sendung R o s e n s p u r " w a n d e l n : „Der
Liebende
reißt
jede
Mauer
ein".
—
Die
schwungvolle Kraft dieser Dichtung erhebt sie hoch über die Epigonendichtungen des gleichen Stoffes; leider tritt gegen den Schluß die philosemitische Tendenz etwas zu kraß und gewollt hervor, was jedoch menschlich als Ausfluß berechtigter Enttäuschung zu verstehen ist (s. o. II, 4). Ideen unserer Zeit wirken ferner, wenn aus Ahasvers Evangelium der Liebe pazifistische Regungen erwachsen; neben Mühsam findet auch Nelsons und Gründlers Ahasver kritische Worte gegen den Irrtum des Krieges und f ü r Völkerverbindung im neuen Geist. 5. Als rastloser Wanderer schaut Ahasver die Geschichte der Menschheit. Rings um ihn verändert sich die Welt, nur er ist verflucht, sich immer gleich zu bleiben. Zur Aufklärungszeit ließ man ihn daher blasiert über Langeweile klagen; religiösere Zeiten vergönnten ihm einen einmaligen Wechsel seines Lebens: Bekehrung zu Gott, dann war aber wieder alle Spannung aus seinem Leben entwichen, oft galt es damit schon als beendet. Erst die moderne Philosophie, die überhaupt seine Gestalt erst symbolfähig machte, konnte auch ihm zu innerer Bewegung verhelfen. Im Laufe des 19. Jahrhunderts gewinnt der Evolutionismus jeder Richtung immer mehr an Boden. Man erkennt im ewigen Wechsel ewige Gesetze; ein dauerndes Auf und Ab, ein Werden, Vergehen und Neugeborensein offenbart sich dem forschenden Blick. Die Epochen bedingen sich organisch, der Ausblick auf neue Höhen hebt über unfruchtbare Zeiten hinweg. Auch das Blut des ewigen Juden pulst im gleichen Schlage mit diesem schöpferischen Wandel. Lebensvoll nimmt
CARMEN-SYLVA. HAUSHOFER
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er die flutenden Regungen des Alls in sich auf, als Sinnbild des Werdens bleibt er sich gleich und fühlt sich doch immer erneut. Zur Zeit des Weltschmerzes (s. o. I, 4) klagt er, daß er rastloser sei als die Natur. Jetzt wird ihm die Erkenntnis, daß auch er in den naturhaften Wechsel von Rast und Unrast einbezogen ist, zur Erlösung. Bei Andersen offenbart sich ihm schon die ewige Welterneuung: „Gott wird geboren, gekreuzigt und — lebet", doch noch steht der Zweifler außerhalb des Kreises; auch Hamerlings Ahasver verharrt als „das Bleibende im Wandelbaren". Doch Erlösung wird ihm in C a r m e n - S y l v a s Epos „Jehovah" (1882). Ahasver fühlt sich als der trotzige Zweifler; er will keinen Gott, der am Kreuz verblutet, sondern einen Herrscher, der die Welt von außen mit einem Wink seiner Hand lenkt. Doch vergeblich sucht er die Gottheit in der Einöde und im Kampfe, im Lied und in der Liebe. Gäbe es Gott, er würde ihn verachten, da er nichts Besseres schuf als die kläglichen Menschen. Selbst als weiser Herrscher scheitert er, da sein Volk ihn als Ungläubigen anfeindet. Im künstlerischen Schaffen glaubt er sich schließlich Gott nahe, steht aber beschämt in seiner Unzulänglichkeit beim Anblick einer liebenden Mutter. In einem frühlingshellen Alpental, umgeben vom lieblichen Weben der Natur, kommt ihm endlich freudige Erkenntnis: „Gott ist ewig Werden". In der schwellenden Blütenwelt schaut er selig Gottes Angesicht und verscheidet unter duftenden Blumen. Durch rhythmische Kunst und plastische Gedanken ist dies Epos von hohem lyrischem Reiz. Wir sehen in Ahasver den Menschen, dem nur sein (Hebbelscher) Vereinzelungsdrang den ewigen Fluch eintrug. Er ist erlöst, sobald er seinen Gott nicht außerhalb der ewig werdenden Natur sucht. Eine Dichtung des Werdens ist auch H a u s h o f e r s großartiges Drama; doch wendet sich der Blick von Ahasver fort in die umgebende Kulturwelt. Auf 5oo Seiten entrollt sich, ohne uns zu ermüden, ein buntes Bild immer neuen Lebens: „Es ist im größten Buch geschrieben, Daß nichts vergeht; nur hin und wieder wallt Des Daseins wechselnde Gestalt". Ahasver verkörpert den Erlösung suchenden Unsterblichkeitsgedanken; mit dem Dämon der Schuld wird er aufs Lebensmeer hinausgestoßen. Der mythische 1. Teil spielt zur Zeit der Völkerwanderung. Ahasvers Urenkel Walafried will den Ahnherrn vom Fluche lösen und pilgert zum Papst, doch verfällt er dem Zauber des Minneberges. Perachta
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HAUSHOFER
verkündet Ahasver, daß er tausend Jahre harren müsse. Ein Zwischenspiel bringt geistreiche neue Bilder: Ahasver zerschmettert am Sinai die Gesetzestafeln, sucht Schätze auf dem Meeresgrund, spricht mit den Dämonen. Nach tausend Jahren kommt Walafried zum Papst, doch wohlmeinende Einmischung Ahasvers bringt nur Unglück; er muß wandern bis zum jüngsten Tage. Im 2. Teil sucht er sich in dem Alchymisten Ernst von Werth durch Entdeckung des Lebenselixiers einen Genossen zu schaffen. Doch Thanatos vereitelt alles; Ahasver verliert sein geliebtes Enkelkind Else, Werths Laboratorium geht in Flammen auf. Der 3. Teil, eine „phantastische Komödie", mischt die Wirklichkeit der Gegenwart mit Traumbildern. Der Dichter selbst tritt auf, ein geheimnisvoller Markus Schwarz empfiehlt sich ihm als beste Quelle, da er Ahasver sei. Bei einem Künstlerfest spielt er den ewigen Juden und löst dabei den realen inneren Konflikt des Malers Eckbert. Ernst und Spiel mischen sich wunderlich: „Zuletzt hält man sich selber f ü r erlogen". Ein Spiel vom letzten Menschen wird aufgeführt, wie die Well im Todesrausch an ihrer eignen Vollkommenheit zugrunde ging. Schwarz-Ahasver reißt dem Tode die Maske ab; die Welt vergeht, und f ü r den Zuschauer bleibt die Frage: „Ist's schwebendes Gleichnis, ist's Wirklichkeit?" Die Vorgänge dieses mystischen Dramas fesseln trotz ihrer Unfaßlichkeit. Das Halbdunkel zwischen Traum und Wirklichkeit ist vollkommen stilvoll durchgeführt. Überall leuchten tiefe Wahrheiten und plastische Lebensbilder auf, werden von neuen Motiven abgelöst und tauchen im Wandel des Geschehens wieder empor. Bald erscheint uns der Weltmann Markus Schwarz wie ein Bote aus einer andern Welt, der sogar dem nüchternen Irrenarzt unirdische Ehrfurcht abzwingt, bald plaudert der mystische Ahasver geistreich als steinreicher Bankier, der die 3o Silberlinge des Judas auf Zinsen gelegt hat. Dabei durchzieht den Wirrwarr der Handlungen ein einheitlicher Gedanke, die Frage nach dem Sinn des Seins. Dem Stil des Dramas entspricht es, wenn der ewige Grübler sich bis zum Schluß nicht klar wird, ob das Weltgeschehen ein geschlossener Ring ist oder ein stetig fließender Strom. Diese Frage quält ihn weiter: „Ich fürchte, daß sie unentschieden bleibt". Das geheimnisvolle Auf und Nieder des Weltgeschehens beherrscht auch die neuesten Ahasverdichtungen. Sein ewig neuschaffender Rhythmus belebt den melancholischen Wanderer mit Hoffnungen f ü r die Zukunft. Die letzten Worte von G r ü n d l e r s Ahasver sprechen von der unsterblichen Seele, die ewig werben muß:
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SEELENWANDERUNGSMOTIVE
„Das Vergehn und Werden Läßt uns keine Ruh"; und auch S t e r n b e r g s heilandhafter Wanderer zieht aus dieser Erkenntnis Trost f ü r alle Welt: „Nicht steht das Rad. Aus Ewigem Und aus der Erde Ewigkeit. Mensch sein, heißt: selig werden!"
Erde,
Meistens wird indessen heute das Werdemotiv mit Nietzsches Gedanken der ewigen Wiederkehr verbunden. Die Wiederkunft alles Geschehens, zumal wenn man zu ihr die buddhistische Idee der Seelenwanderung fügte, konnte in doppelter Weise f ü r die Ahasversage fruchtbar werden. Einerseits konnte man sie auf Ahasvers Umgebung anwenden; dadurch erhielt das Geschehen, das am ewigen Juden vorbeizog, eine fest bestimmte zielstrebige Richtung. Der einsame und bedeutende Vorläufer in diesem Punkt ist Mosen, der Ahasver in drei verschiedenen Epochen das Schicksal seiner Kinder in die Hand gibt (s. o. III, i). Bei Wilbrandt setzt dann der Gedanke der Metempsychose ein, besonders in der Gestalt der Christin Zoe, die als Phöbe, Persida und Zenobia den Weg des Palmyreners Apelles wieder kreuzt. Bei Lepsius wiederholt sich an Ahasver das Schicksal Christi, desgleichen bei Renner; bei diesem wird die Wiederkehr noch deutlicher, als Christus selbst am Schluß wiedergeboren wird, um aufs Neue die Menschheit zu erlösen. Im größten Maßstab genießt Vierecks ewiger Jude die Metempsychose, Seiner Jugend Gefährten, Johannes und Magdalena, findet er unter den verschiedensten Formen wieder; Mohammed lebt ihm in Luther wieder auf und Apollonius von Tyana in Spinoza. Anderseits war es wertvoll, die Seelenwanderung auf Ahasver selbst anzuwenden. Mit dem alten ewigen Juden kam die realistische Moderne nicht mehr aus; er wirkte zu unwahrscheinlich und legendär, als daß man ihm lebendiges Interesse abgewinnen konnte. Weit wirksamer war es, wenn man seinen Geist in späten Geschlechtern wieder aufleben lassen konnte; dadurch ließen sich tiefgehende Ideenkombinationen formen, ohne daß man zu der vernunftwidrigen Annahme eines ewigen, ununterbrochenen Lebens gezwungen wurde. Ein seltsamer Vorläufer ist hier E g i n h a r d s Ballade (s. o. I, 5), in der Ahasvers Seele in Adlerleiber und Tiger fährt. Dichtungen gegen Ende des Jahrhunderts legen tieferen Sinn in Ahasvers Seelenwanderung. Von Wagner
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WEINGARTNER, M. E. S., TRENCK
und Schopenhauer angeregt, entwarf W e i n g a r t n e r i8g5 ein Mysterium „Die Erlösung". Der sinnliche Sünder Kain wird zu Christi Zeit als Judas Ischarioth wiedergeboren und liefert Jesum seinen Richtern aus. Höhnend treibt er den Kreuzträger zur Eile und erleidet dafür Ahasvers Fluch, diesmal in buddhistischer Form: „Ich habe nur noch einen kurzen Weg zu gehen, du aber wirst noch lange wandern müssen". Erst im 3. Teil heißt der Wiedergeborene Ahasverus. Er erobert die Welt, bis ihm in Indien ein Weib den Eingang zu ihrem Tempel verwehrt. Sie war einst Prinzessin Salome, die sich als Maria zum Heiland bekehrte. Ihre Milde weist ihm den Weg zu reinigender Wanderung. Endlich trifft er den Buddha Metteja, einst Abel und Täufer Johannes. Beide sinken sich in die Arme und gehen ins Nirwana ein. Das siebenteilige Musikdrama von M. E. S. spinnt diesen Plan weiter. Kain, der abtrünnige Sohn des Lichts, soll seinen Eigenwillen und seine Blutschuld in vielfacher Wandlung sühnen, bis er zum reinen Menschentum gelangt. Manchmal wird seine dunkle Wesensseite wiedergeboren: als Menu und Korah will er das Volk von Gott abbringen. Seine Lichtseite sucht als Moses vergeblich das Volk zum Heil zu führen. Als Ahasver schwankt er zwischen eigenem Ehrgeiz und Vertrauen zu Jesus, doch die Nachtseite siegt. Nach langer Seelenwanderung herrscht er als König in Zion; beim Sieg des Christentums bleibt er als einziger Jehova treu, erst die Heirat seiner Kinder mit einer Brahmanin und einem Christen eint die Religonen; er ist erlöst. Eine moderne Durchführung des Wiedergeburtsgedankens sahen wir in L i c n h a r d s „Ahasver" (s. o. III, 2). In der neuesten Zeit verkörpert Mcyrinks „Grünes Gesicht" den uralten Wanderer, der da lebt, seit der Mond am Himmel kreist, durch die Metempsychose Ahasvers und des ewig grünenden Chidher, des Alters und der Jugend. Bei Szittya stellt sich der ewige Gottsucher, der die Völker durcheinanderhetzt, dar als derselbe Geist in verschiedenen Reinkarnationen: Ahasver, Paracelsus, St. Germain. In großem Stil durchzieht der Gedanke von Werden und Wanderung S. v o n d e r T r e n c k s Epos „Don Juan-Ahasver". Als Vision Donna Annas gleitet ein Freskogemälde des menschlichen Geistes vorbei. Der ewige sehnende Sucher, der ahnungsvoll „in Denkens Finsternis" wandelt, verkörpert sich in dem „Liebesfalter" Don Juan und dem Grafen von Gleichen. Doch ihre Seele wohnt zugleich in dem unverwüstlichen „Wandelgeist" Ahasver, (der in Spanien Don Juan Espera en Dios heißt). Eindrucksvoll zeichnet das III. Buch die Begegnung des Bischofs Paulus von Eitzen (s. o. S 1) mit Ahasver, ihre erste dichterische Gestaltung. Die Gegenwart des gespenstischen „Alten mit der Bundeslade" hemmt des Bischofs Predigt in der Kirche; un-
TRENCK
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christliche Gedanken von nie zu vollendender Erlösung schleichen sich hinein. Eitzen schaut das alte Haus des arbeitsfesten Schusters von Jerusalem; vor uns entsteht das Bild des lebensklugen Volks mit seiner wunderbaren Schwerkraftlehre: „Bewußte Klarheit, Enge ihre Ehre". — Am Deich sieht der Bischof den furchtbaren Greis aus der Nähe, „Gebein, bald sechzehnhundert Jahre alt", stöhnend erzählt der W a n derer, wie er als treuer Jehovadiener den „Bleichen mit dem K r e u z " von seiner Schwelle trieb. Eine andere Episode führt nach Italien. 1267 soll der ewige Jude durch Forli gezogen sein; die Brücke zu dem Sänger der „Divina Commedia" ist geschlagen. Beide stehen sie da als Wanderer, umhergetrieben im Sturm von Menschenleide, schauend „die unbewußten Seelenwunden"; und der schauerliche Gleichklang: Alighieri-Ahasver erschüttert das Ohr. — Dann führt die Wandersehnsucht wieder nach Deutschland, in die östliche Grenzmark. Zwischen Körperlust und Geistesqual schwankt der leidenschaftliche Gottsucher; das Leben Adalberts von Prag, des Priesters und Ritters, spielt hinein; im „Alten vom Königsberg" gewinnt der Geist Kants ein übermenschliches Leben. Endlich erscheint der ewige Wanderer an der chinesischen Mauer; Lao-Tse hinterläßt seine Worte vom Ur-All und Ur-Ich als „Ahasvers Vermächtnis". Das größte Erlebnis ist das ewige Wiederkehren der Sympathie, und in ihm finden sich die Gestalten all dieser Seelenwanderer. „Aus Werdens Winter blüht der Mai Vergehen, Ins Nichts zurück brandet das Schöpfungsmeer". Ahasver löst sich auf in seliger Ruhe, in seinem Kern harrt Don Juan des überjüngsten Morgens. Das ruhelose Denken wird zur Klarheit, zur Rast; alle Laster der irrenden Menschheit sind nur Werdewehen; beseligt steigt Donna Anna auf den Stern: „Liebe läßt nichts als Liebe gelten1" Zum zweiten Male glüht die erlöste Schöpfung auf. Über die Wirrnisse unserer Zeit weist der Dichter hinaus nach ewigen Symbolen, wieder wird die Unrast des Weltenwanderers zur Gnade: „Fluch, der sich ausflucht, bis ihn Segen segnet". — Dichtungen des Werdens behandelte dieser letzte Abschnitt; ein ständiges Wachsen und Werden offenbart auch die literarische Entwicklung Ahasvers. Und doch läßt diese vielseitige Ausgestaltung um so mehr seine stoffliche Unzulänglichkeit erkennen. Die überlieferte Legende ist so dürftig und ihr Rahmen so weit gespannt, daß auch der unselbständigste Bearbeiter irgendeinen Zug eigener Erfindungsgabe beizusteuern suchte. Daher ersticken wir in dieser Stoffgeschichte wohl mehr
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DIE LITERARISCHEN MÖGLICHKEITEN DES STOFFE»
als in jeder anderen in einem Wust der widersprechendsten Gestalten. Ahasvers Stellung zu Christus und seine endlose Lebensbahn eröffnen dem Dichter ein weites Feld von hohem gedanklichem Reiz, doch die psychologische Vertiefung kommt trotz aller Versuche (s. o. II, 5) zu kurz. Der ewige Jude ist noch der dankbarste Stoff f ü r Balladen, die ihn als Stimmungsbild, als riesigen Schatten der Vorzeit, auffassen. Gestaltet man ihn zu individuellem Leben aus, so steht er fast immer im Schatten der überragenden Persönlichkeit Christi. Löst man ihn von diesem Gegenspieler los, so verliert er sein wesentlichstes Merkmal und nähert sich dem Charakter eines Prometheus oder Faust. Das Schicksal der ersten deutschen Ahasverpläne ist bezeichnend: Schubart beschränkte sich auf eine balladenhafte Rhapsodie; bei Goethe mußte der ewige Jude dem wiederkehrenden Heiland weichen, später endgültig dem Faust. Aus der großen Zahl der späteren Dichtungen sind es n u r wenige von bleibendem Wert, bei denen Ahasver wirklich einigermaßen im Mittelpunkt steht; als würdigste seien nochmals genannt: Mosen, Carmen-Sylva, Haushofer, Wilbrandt, Renner, Mühsam und Trenck. Zu den ausländischen Dichtern, die der Sage wertvolle neue Züge verliehen, gehören Shelley, Andersen, Paludan-Müllcr, Joukoffsky, Vermeylen, Thurston, Viereck. Besonders erwähnt sei die Idee Buchanans, bei dem statt Ahasvers Christus selbst zur ewigen Wanderschaft verdammt wird, bis die Menschheit f ü r seine Lehre reif geworden; umgekehrt wie bei Lepsius und Renner Ahasver das Schicksal Christi teilen mußte.
S 3. Die folgende Bibliographie will das Material durch Einteilung in die verschiedenen Dichtungsformen übersichtlicher gruppieren und dadurch einen Einblick in die Verwertbarkeit des Stoffes geben. Die große Anzahl der Gedichte zeigt, wie der Stoff in episodischer Darstellung am beliebtesten ist, d a f ü r zeugt auch die Zusammenstellung der Dichtungen mit einer Nebenrolle Ahasvers (am Schluß der deutschen Bibliographie). Ziemlich f r ü h wird Ahasver auch zum Novellenhelden; auch hier gab man ja nur einen Ausschnitt aus seinem Leben, schon das Volksbuch selbst könnte als Novelle bezeichnet werden, wie es sich ja sprachlich parallel als „neue Zeitung" bezeichnete. Aus Horns Novelle entstand das erste Drama, Klingemanns „Ahasver"; doch gestand der Verfasser im Vorwort mit Recht, daß sich der Stoff eigentlich nicht zur Tragödie eigne, da ihm die Katastrophe fehle. In der Tat spielt Ahasver in Dramen des 19. Jahrhunderts meist nur den Deus ex machina oder eine humoristische Rolle; erst seit Haushofer wird d e r
DIE WICHTIGSTEN ÜBERSETZUNGEN
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Stoff als Mysterium gestaltet. Besonders charakteristisch ist die geringe Zahl der Romane. Ahasvers spannungsloses Leben war zu spröde f ü r eine natürliche innere Entwicklung. Die Geschichtsexzerpte der Aufklärung haften gar nicht an der Person Ahasvers, dankbar begrüßt wird er um die Mitte des Jahrhunderts im Kolportageroman nach dem Muster Sues als krasse Effektfigur, spätere Romane fassen seinen Namen meist nur als Symbol. Höchstens Nelson und Viereck wären als wirkliche Ahasverromane anzusprechen, doch auch in ihnen liegt der Schwerpunkt mehr in der Umgebung des Helden. Die in Soergels Bibliographie (Nr. n 5 und 176) angeführten Ahasverusdramen von Chronigk und Angermann handeln von dem biblischen Perserkönig Ahasveros und Esther, gehören also nicht hierher. Nirgends auffinden konnte ich die in Schneiders „Deutschem Titelbuch" (1927) aufgeführten Gedichte von Raupach, Lingg und R. Köpel, desgleichen eine Bearbeitung von Franz Schreyer. Außer den deutschen Originalwerken wurden auch einige Übersetzungen viel in Deutschland gelesen, die ich hier anführen möchte: 1785 erschien eine Übersetzung der „ M e m o i r e s d u J u i f e r r a n t " in Reichards Romanbibliothek als „Der ewige Jude, Geschichtoder Volksroman, wie man will". 1825 übersetzte Th. v. Haupt das Melodrama von C a i g n e z als „Ahasverus der nie Ruhende" („Schauspiele", Bd. I). i834 erschien in Ludwigsburg eine Übertragung von Q u i n e t s Mysterium „Ahasverus"; S u e s Roman, von A. Diezmann übersetzt, in Leipzig. A n d e r s e n s „Ahasverus" erschien in der deutschen Ausgabe seiner Werke (Leipzig 1847). Graf Bloudoff übersetzte das großartige Fragment des Russen J o u k o f f s k y (Oppeln i883; entstanden i852). „De wandelende Jood" des Belgiers V e r m c y l e n (entstanden v. 1897—1906) erschien in Kippenbergs Übertragung 1917 im Inselverlag, gleichfalls in Leipzig 1928 V i e r e c k s umfangreiche „Autobiographie des ewigen Juden", von Meyrink übersetzt. Als Ergänzung der deutschen Bibliographie seien genannt: Otto M ü l l e r : „Götterdämmerung". Dramat. Dichtung. Duderstadt 1926. — Eine katholische Weltanschauungsdichtung, die den Kampf von Licht und Finsternis in Jamben bringen will. Bekannte Motive: Metempsychose Kain-Ahasver, Jerusalems Fall, Ahasver als Antichrist und Verführer Luthers, Kampf gegen den Papst und Bekehrung am jüngsten Tage (wie bei Seeber). Hans Martin E c k e r t : „Ahasver". Ein Mysterium. Vorgetragen am 20. Oktober 1929 im Deutschen Sprachverein, Zweig Berlin. Der Held lebt und stirbt als fanatischer Freiheitsucher. Noch ungedruckt.
64 BIBLIOGRAPHIE,
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s. 99—134.
Nina M e y k e : „Ahasver" und andere Novellen. Bln. 1900. Jos. Leop. W i n d h o l z : „Ahasver". Erzählung. Wien 1909. Ludwig B ä r : „Ahasver". Ein Tagebuch. Berlin 1910. Matthias B l a n k : „Ahasvers Brautfahrt". Eine Erzählung am Kamin. Leipzig 1910. Georg A s m u s s e n : „Der ewige Jude". Erzählung. Der Kranz, Heft 17. Berlin 1920. Rudolf K a s s n e r : „Der ewige Jude". Eine Kindheitserinnerung und physiognomische Studie. Mythen der Seele; Leipzig 1927, S. 5—20. 3. Dramatische Form. August K l i n g e m a n n : „Ahasver". Trauerspiel in 5 Akten. Mit einer Lithographie von Sebbers, Ludwig Devrient als Ahasver darstellend. Aufgeführt
67 Sept. 1 8 2 5 in Berlin. Paul Sonnekalb e n t n a h m aus dem D r a m a ein Solospiel (Reclam 3 4 1 6 ) . 0 . L. B. W o l f f : „Der ewige J u d e " . Probegabe aus einer dramatischen P h a n tasie. Zeitschrift f ü r die elegante Welt, August 1 8 2 9 . Fragment. W i l h e l m J e m a n d ( = W . Langewiesche): „ D e r ewige J u d e " . Didactische Tragödie. Iserlohn i 8 3 i . J o h . Nep. N e s t r o y : „Zwei ewige Juden und keiner". Eine Burleske mit Gesang. W e r k e Stuttg. 1 8 9 1 ; V, 1 2 7 — 1 7 2 . A u f g e f ü h r t Aug. 1 8 4 6 als „Der fliegende Holländer zu F u ß " . H a n s H e r r i g : „Jerusalem". Leipzig 1874. 2. Aufl. Berlin i 8 8 4 . Fritz M a u t h n e r : „Der unbewußte Ahasvérus". Bühnen-Weh-Festspicl in drei Handlungen. Nach berühmten Mustern; Stuttg. 1878, S. 8 5 — 9 3 . A. B i e r g l a s : „Der ewige J u d e " . Ein Berliner Puppenspiel. Demmin i 8 8 4 Theobald K e r n e r : „Der neue Ahasver". Lustspiel m 4 Akten. Weinsb. i 8 8 5 . Richard Z o o z m a n n : „ D e r Trost". Neue Dichtungen, 1886, S. ibq—179 (Dial°g)Max H a u s h o f e r : „Der ewige J u d e " . Dramatisches Gedicht in drei Teilen. Leipzig 1886. Adolf W i l b r a n d t : „Der Meister von P a l m y r a " . Dramat. Dichtung in 5 Aufzügen. Stuttgart 1889. Vgl. dazu W . v. Scholz: Gedanken zum Drama, 1905, S. g 4 — 1 1 2 . August S c h m i t z : „Ahasverus, oder der W e g zur Versöhnung". Dramat. Dichtung. Leipzig 1 8 9 3 . J o h a n n e s L e p s i u s : „Ahasver, der ewige J u d e " . Mysterium in 3 Aufzügen u n d einem Vorspiel. Leipzig 1894. E r n s t F r h . S c h i l l i n g v. G a n s t a t t : „Ahasver". Dramatische Handlung in 5 Aufzügen. S t r a ß b u r g 1894. Paul W i l h e l m ( = W . Dworaczek) : „Faust und Ahasver". Dramat. F r a g ment. D ä m m e r u n g e n ; Dresden u. Leipzig 1894, S. 1 7 5 — 2 1 2 . Hector S y l v e s t e r ( = Wilh. W ö l f f e r t ) : „ D a s goldene Kleeblatt". Phantastische Komödie in einem Vorspiel und 4 Akten. Leipzig i 8 g 4 Felix W e i n g a r t n e r : Entwurf eines dreiteiligen Mysteriums „Die Erlösung". In : Die Lehre von der Wiedergeburt und das musikalische Drama. S. 101 — i 4 o : Kain, Jesus von Nazareth, Ahasverus. M. E. S. : „Kains Schuld und ihre S ü h n e " . W o r t - und Tondichtung f ü r die Schaubühne in 7 Teilen: Kain, Nimrud, Moses, Ahas, J u d a ben Salem, Levi, Ahasvers Erlösung. — München 1898. Adolph R o s é e : „Der sterbende Ahasver". Ein Stück Gegenwart in 4 Akten u n d einer Vorrede. Berlin 1898. J o h a n n a und Gustav W o l f f : „Ahasver". Berlin 1899. Titelzeichnung von Fidus. Willi S o e n d e r m a n n : „Ahasver, der ewige J u d e " . Tragödie in 5 Akten. Dresden u. Lpz. 1902. W o l f g . M a d j e r a : „Ahasver". Tragödie in 5 Aufzügen. Wien 1903. F r i e d r . L i e n h a r d : „Ahasver a m Rhein". Stuttgart 1 9 0 3 . In neuer F o r m (das Vorspiel als T r a u m in die H a n d l u n g eingefügt) als „Tragödie aus d. Gegenwart". Stuttg. 1914Alb. K a c h e l l e k : „Ahasver und Bonaparte". Romantisch-histor. D r a m a in 6 Bildern. Dresden 1904.
68 Adolf F r e y : „Ahasvers Erwachen". Für Chor, Soli und Orchester. Musik von Friedr. Hegar. Heinrich B u l t h a u p t : „Ahasver". Musikdrama in einem Vorspiel und 3 Akten. — Oldenburg u. Lpz. 190^. P. H e y s e : „Weltende". Eine Phantasie. Oesterreichische Rundschau XXI; 1. Oktober 1909. — Fragment. Oskar W a l d e c k : „Der ewige Jude". Schauspiel in 5 Aufzügen. Dresden Walter N i t h a c k - S t a h n : „Ahasver". Dramat. Gedicht. Halle 1910. Rudolf P a u 1 s e n : „Christus und der Wanderer". Ein Berggespräch. — Privatdruck; Cöthen 1918. Leo S t e r n b e r g : „Der Wanderer". Scene. O, seiet Menschen! Bln. u. Lpz. 1921; S. 55—67. Hans Wilh. S t e i n : „Ahasver". Tragödie in 3 Akten. Halle 1921. Wilh. G r ü n d l e r : „Ahasverus". Tragödie in 5 Akten. (Entst. 1916/17.) Berlin o. J. (1928). Dramatisiert wurde auch Sues „Juif errant" i 8 4 5 von Carlschmidt ( = Carl Schmidt) und Hamerlings „Ahasver in Rom" von Julius Horst (aufgef. 1901 in Hamburg). U. Epen.
J. W. von G o e t h e : „Des ewigen Juden erster Fetzen". (Entst. 1774,' gedruckt erst i836.) Fragment. J. C. Frh. von Z e d l i t z : „Die Wanderungen des Ahasverus". Entst. i83a. Gedichte, 2. Aufl., Stuttg. 1839, S. 38i—&5i. — Fragment. Eduard von S c h e n k : Zwei Gesänge aus Ahasvers Geschichte: „Albertus Magnus". Deutscher Musenalmanach für das Jahr i836, S. 3 8 g — „ H i Tang und Li-Song." Ebenda i836, S. 7 4—ioß. Ferd. H a u t h a l ( = F. F. Franke): „Die Ahasveriade". Des Christentums Kampf in der Weltgeschichte. Dresden i838. Fragment. Julius M o s e n : „Ahasver". Episches Gedicht. Dresden und Leipzig i838. Ludwig K ö h l e r : „Der neue Ahasver". Jena 18 41. J. G. R ö n n e f a h r t : „Der Tod Ahasvers, des ewigen Juden". Tangermünde i855. Robert H a m e r l i n g : „Ahasver in Rom". Eine Dichtung in 6 Gesängen. Hamburg 1866. Seligmann H e l l e r : „Ahasverus". Ein Heldengedicht. 1. Teil 1865; 2. Aufl. Leipzig 1868. Bernhard G i s e k e : „Ahasverus, der ewige Jude". Bln. 1868. Julius B r u c k : „Ahasver". Alter Sage neue Deutung. Zur 100. Jahresfeier der Unabhängigkeitserklärung. New York 1876. C a r m e n — S y l v a ( = Elisabeth von Rumänien): „Jehovah". Leipzig 1882. Siegfried R e i n h o l d ( = Georg Zapf): „Fausts Jugend. Ahasvers Tod." Episch-lyrisches Gedicht in 2 Teilen. Tachau 1888. Karl E s s e l b o r n : „Ahasver". Leipzig 1890. Adolf H. P o v i n e l l i : „Ahasverus in Tyrol". Epische Dichtung aus düsterer Zeit. Leipzig 1890. Franz v. K ö n i g s b r u n - S c h a u p : „Der ewige Jude in Monte Carlo". Ein Wintermärchen von der Riviera. Dresden 1892.
69 Albert G e i g e r : „Ahasver". Im Wandern und Stehenbleiben, Karlsruhe i8g3, S. 203—2 2 5. Fragment. Maurice Reinhold von S t e r n : „Die Insel Ahasvers". Dresden u. Leipzig 1893. Joseph S e e b e r : „Der ewige Jude". Freiburg 189 ZIAug. S i l b e r s t e i n : „Der verwandelte Ahasver". Poet. Glas- und RauchBilder im St. Peterskeller zu Salzburg. Lpz. 1899. Gustav R e n n e r : „Ahasver". Eine Dichtung. Leipzig 1902. Peter M e r w i n : „Der Tod des ewigen Juden". Dresden 1902. Paul M ü h s a m : „Der ewige Jude". Eine Dichtung. Leipzig 1925. (Mit dramat. Elementen.) Siegfried von d e r T r e n c k : „Don Juan-Ahasver". Passion der Erde. Dichtung in 5 Stücken : Don Juans Aufbruch, Don Juans erste Verwandlung, von Leib zu Leib, Ahasvers letzte Maske, Ahasvers Vermächtnis. — Gotha ig3o. 5. Romane. W. Fr. H e l l e r : „Briefe des ewigen Juden über die merkwürdigsten Begebenheiten seiner Zeit". Utopia 1791. „Der ewige Jude." Eine komische Geschichte aus dem XVIII. Jahrhundert. Leipzig 1800. G. A. Frh. von M a 11 i t z : „Gelasius, der graue Wanderer im 19. Jahrhundert". Leipzig 1826. „Ahasver, der ewige Jude der Urzeit." Lebensbilder vergangener und gegenwärtiger Tage. Leipzig 1844Theod. O e l k e r s : „Prinzessin Marie von Oldenhof oder der ewige Jude". Leipzig i844Christoph K u f f n e r : „Ahasver, der ewige Jude". Eine Wanderung durch Jahrhunderte. Erzählende Schriften Bd. 16—18; Wien i 8 4 6 . Fritz M a u t h n e r : „Der neue Ahasver". Roman aus Jung-Berlin. Dresden u. Leipzig 1882. K. L a n d s t e i n e r : „Ein Jünger Ahasvers". Regensburg 1899. Robert J a f f é : „Ahasver". Berlin 1900. Heinr. N e l s o n : „Ahasvers Wanderung und Wandlung". Ein Märchenroman. Leipzig 1922. Emil S z i t t y a : „Klaps, oder wie sich Ahasver als St. Germain entpuppt". Potsdam 192 4. Ludwig D i e h 1 : „Ahasver". Hamburg 1924. 6. Die ewige Jüdin. Christ. K u f f n e r : „Die ewige Jüdin und der Orang-Outang". Eine Reise auf, unter und über der Erde. Werke i 8 4 6 , Bd. 19 und 20. Karl G u t z k o w : „Die ewige Jüdin". Novelle. Die schöneren Stunden; Stuttg. 1869, S. 96—163. Victor H a r d u n g : „Ahasvera". Schauspiel, 1895. Hans von K a h l e n b e r g ( = Helene v. Monbart, Hei. Keßler): „Ahasvera". Roman. Berlin 1910.
70 7. Werke, in denen Ahasver in größerer Nebenrolle oder symbolischer Bedeutung auftritt. „Nachtwachen des Bonaventura". Penig 1804- — IV. Nachtwache. L. A. von A r n i m : „Halle und Jerusalem". Studentenspiel und Pilgerabenteuer. Berlin 1809/10. Julius M o s e n : „Ritter Wahn". i 8 3 i . Achtzehntes Abenteuer. Ed. D u l l e r : „Der Antichrist". Novelle in 2 Teilen. Leipzig i833. Karl B e c k : „An Poniatowskis Grabe". Nächte. Gepanzerte Lieder; Leipzig i838, S. 60. Nie. L e n a u : „Savonarola". Stuttg. 1837; S. 4of. Berthold A u e r b a c h : „Spinoza". Ein Denkerleben, 1837. Epilog. F. M a r l o w ( = L. H. Wolfram): „Faust". Leipzig 1839. F. Th. W a n g e n h e i m (= A. A. Zeune): „Die Perle von Zion". Roman. Leipzig 1839. Friedr. R a d e w e l l : „Die Passion". Festspiel. Weimar i84o. Nikolaus S t e h l i n g : „Das jüngste Gericht". Gedicht in 5 Gesängen. Düsseldorf 18A1. Herrn. N e u m a n n : „Das letzte Menschenpaar". Torgau i844J. G. K ö b e r l e : „Der neue Turm zu Babel, oder Ahasver und seine Gesellen". Leipzig i848. Al. J e i 11 e 1 e s: „Moderne Walpurgisnacht". Brünn 1848. A. S c h o p e n h a u e r : Parerga und Paralipomena. Bln. I 8 5 I . Kap. IX,§ i33. Otto G i r n d t : „Nero". Histor. Tragödie. Berlin i856. Leonh. W o h l m u t : „Die Zerstörung Jerusalems". Dramat. "Werke Bd. III. Nürnberg 1857. C. J. D i e p e n b r o c k : „Germania". Frankfurt i863, S. 2i5—218. Ferd. S t o l t e : „Faust". Dramat. Gedicht in 4 Teilen. 3. Teil: Ahasverus. Hamburg 1869. Otto F r a n z (Gensichen): „Der Messias". Trilogie. Bln. 1869. Ed. G r i s e b a c h : „Der neue Tanhäuser". Berlin 1869. XVIII: Faust und Ahasver. F. L u b o j a t z k i : „Der Papstspiegel". Dresden 1870/72. Darin: Der ewige Jude und der Papst, S. 3—52. Der ewige Jude in Jerusalem, S. 196—221. Emil v. S c h ö n a i c h - C a r o l a t h : „Don Juans Tod". Dichtungen, Leipzig i883, S. 127—29. Friedr. N i e t z s c h e : „Zarathustra" IV, 1884. Der Schatten. A. Th. von G r i m m : „Meister Martin". Wiesbaden 1887. Victor H a r d u n g : „Die Kreuzigung Christi". Paderborn 1889. Alfr. S t e u e r : „Galizische Ghettogeschichten". Halle 1891. Carl S c h o t t e l i u s : „Sigmar". Dram. Ged. Dresden 1895. Anton R e n k : „Ins neue Land". Dramat. Symbol. Basel 1896. Dann: Werke, München 1907, I, 3—27. Gustav M e y r i n k : „Das grüne Gesicht". Roman. Leipzig 1916. K l a b u n d (= Hentschke): „Bracke". Ein Eulenspiegelroman. Berlin 1918. Ernst T o l l e r : „Die Wandlung". Das Ringen eines Menschen. Drama. Potsdam 1919. (S. 55 f.) Paul B a u d i s c h : „Fragmente". S. 48—53. Wien u. Lpz. 1920. P. B a u d i s c h : „Catilina". Groteske Historie. Dresden 1921.
71 Albr. S c h a e f f e r : „Parzival". Ein Versroman in 3 Kreisen. Leipzig 1932. Jos. W i n c k l e r : „Irrgarten Gottes". Jena 1 9 2 2 ; Nr. 24Lion F e u c h t w a n g e r : „Wird Hill amnestiert?" in: 3 angelsächsische Stücke. Berlin 1927. J. W i n c k l e r : „Des verwegenen Chirurgus Dr. Eisenbart Tugenden und Laster". Berlin 1929 ;Kap. XXV. S 4. AUSLÄNDISCHE
AHASVERDICHTUNGEN. Amerika.
Francis Marion C r a w f o r d : „A Roman Singer". New York i883. Lewis W a l l a c e : „The Prince of India". 1894. F. F. S t o c k t o n : „The Vizier of the Two-Horned Alexander". New York I899George Sylvester V i e r e c k and P. E l d r i d g e : „My first 2000 Years". The autobiography of the Wandering Jew. New York 1928. Dänemark. B. S. I n g e m a n n : „Blade af Jerusalems Skomagers Lommebog". Kjobenhavn 1833. H. C. A n d e r s e n : „Ahasverus". i844. Frederik P a l u d a n - M ü l l e r : „Ahasverus, den evige Jode". (Entst. i853). 4- Ausg. Kjobenhavn i883. England. Andrew F r a n k l i n : „The Wandering Jew, or Love's Masquerade". Comedy in 2 acts. Perform at Drury Lane 1797. William W o r d s w o r t h : „Song for the Wandering Jew". (Entst. 1800.) Poetical Works, Edinburgh 1882, Vol. II, 188/89. W. E. A y t o u n : „The Wandering Jew". (Entst. 1800.) Theod. Martin: Memoir of W. E. Aytoun. Edinburgh u. London 1867, pp. 5o—56. P. B. S h e l l e y : „The Wandering Jew, or the Victim of the Eternal Avenger". Entst. 1 8 1 o; gedr. v. B. Dobell: Shelley Society II, 12. London 1887. P. B. S h e l l e y : „Queen Mab". Privatdruck i 8 i 3 . P. B. S h e l l e y : „Hellas". A Lyrical Drama. 1822. C. R. M a t u r i n : „Melmoth the Wanderer". London 1820. A novel. New Edition: London 1892. George C r o l y : „Salathiel the Immortal". A Story of the Past, the Present and the Future. London 1827. C. E. Sarah N o r t o n : „The Undying One", and other Poems. London i83o. R. W. B u c h a n a n : „The Wandering Jew". A Christmas Carol. London 18g3. Charles G r a n v i l l e : „The Plaint of the Wandering Jew". London, Open Road Pub 1908. John G a l s w o r t h y : „A Simple Tale". Entst. 1914; in: The Caravan. London 1925. Ernest Temple T h u r s t o n : „The Wandering Jew". A play in 4 phases. London 1920.
72 Frankreich. „Mémoires
du J u i f
errant".
Bibliothèque universelle des Romans,
C a i g n e z : „Le juif errant". Mélodrame en 3 actes. Représenté pour la première fois, sur le théâtre de la Gaité, 1812. — In: Chefs d'oeuvre du répertoire des mélodrames. Tome XX. 182 APasero de G o r n e l i a n o : „Histoire du Juif errant, écrite par lui-même". Paris i 8 a o . Anonym erschienen. Edgar Qu i n e t : „Les tablettes du Juif errant". 1820. Oeuvres complètes, Paris i 8 5 8 , p. ^09—Ulx 1. Pierre Jean de B é r a n g e r : „Le juif errant". Chansons 1831. Edgar Q u i n e t : „Ahasvérus". Mystère. i 8 3 3 . Eugène S u e : „Le Juif errant". Roman en 10 volumes. Zuerst im „Constitutionnel", Dramatisiert 1849 v o n Mondidier u. Saint Ernest. Eugène S c r i b e et M. de S a i n t - G e o r g e s : „Le juif errant". Opéra en 5 actes, musique de F. Halévy. i 8 5 2 . Théâtre de E. Scribe, Paris 1 8 5 7 ; X X , 2 6 1 — 3 i 1. Alex. D u m a s (père): „Isaac Laqucdam". i 8 5 3 . Edouard G r e n i e r : „La mort du Juif-Errant". i 8 5 £ . Oeuvres; Paris i 8 g 5 , 1 , i—5g. M. P. L a v a y s s i è r e : „La légende du Juif-Errant". Limoges et Paris, 188A. L. H e r s c h : „Le juif errant d'aujourd'hui". Etude sur l'émigration des Israélites. Paris 1913. Jean D r a u l t : „Le Secret du juif errant". Roman historique sur le célèbre Amchel Mayer. Paris 1913. Henry C h a m p l y : „La Juive errante". Roman. Paris 1921. Niederlande. O. T. H e l d r i n g : „De nimmer rastende Israëlit tot rust gekomen". Eene christelijke Legende. Amsterdam 183g. J . J . L. t e n K a t e : „Ahasverus op den Grimsel". Dramat. Poezy, Leiden o. J . ( i 8 4 i ? ) , S. 3 4 6 — 8 6 . Ebenda S. 2 8 6 — 3 o o : „De Wandelende Jood tot Rust gekomen". C. van N i e v e 1 d t : „Ahasverus". Nieuwe Phantasieën. Leiden i 8 8 £ . Herman H e y e r m a n s : „Ahasver". (Schauspiel in 1 Akt.) i 8 g 3 . August V e r m e y l e n : „De wandelende Jood". igo6. René de C l e r c q : „Ahasver". Van aarde en hemel. Amsterdam 1915. S 5.
LITERATUR ZUR
STOFFGESCHICHTE.
Einige unbedeutende Aufsätze (zusammengestellt bei Prost, S. k—6) sind hier nicht angeführt Die Arbeiten des ig. Jahrhunderts sind alle recht unvollständig, ein umfassendes Bild des Stoffes brachte erst Soergels Untersuchung. Prosts Buch, stilistisch und geistesgeschichtlich unbedeutend, bringt übersichtliche Inhaltsangaben, während Kappstein nirgends zu neuen Ergebnissen kommt
73 Theodor G r a e s s e : „Der Tannhäuser und ewige Jude". Dresden 1861. Friedrich H e i b i g : „Die Sage vom ewigen Juden, ihre poetische Wandlung und Fortbildung". Berlin 1874. Jakob N o v e r : „Deutsche Sagen in ihrer Entstehung, Fortbildung und poetischen Gestaltung". Bd. I: Der ewige Jude. Gießen i8g5. Hans E s c h e l b a c h : „Über die poetischen Bearbeitungen der Sage vom ewigen Juden". Baden-Baden 1896. Rudolf F ü r s t : „Ahasverdichtungen". D. literarische Echo: VI. Jahrg., Sp. 1467—77; 1539—49. — 1904. Jakob M i n o r : „Goethes Fragmente vom ewigen Juden und vom wiederkehrenden Heiland". Stuttg. 1904. Wilh. v. S c h o l z : „Der Meister von Palmyra und Ahasver". Gedanken zum Drama, S. g4—112. München 1905. Johann P r o s t : „Die Sage vom ewigen Juden in der neueren deutschen Literatur". Leipzig 1905. Albert S o e r g e l : „Ahasverdichtungen seit Goethe". Probefahrten, Bd. VI. Leipzig 1905. Theodor K a p p s t e i n : „Ahasver in der Weltpoesie". Mit einem Anhang: Jesus und Judas in der modernen Dichtung. Berlin 1906. Werner Z i r u s: „Der ewige Jude in der Dichtung, vornehmlich in der englischen und deutschen". Palaestra 162. Leipzig 1928.
R e g i s t e r Andersen 16, 19, 35, 48, 5 i , 57, 62, 63, 7 1 . Angermann 63. Antichrist 17, 30, 23, 45, 52. Arnim, v. 6, 7, i5, 26, 33, 36, 5o, 64, 70. Asmussen 7, 67. Attila 10, 19. Auerbach i3, 19, 21, 29, 35, 70. Aufklärung 5, 9, 24, 2 5 f., 56. Aurbacher 8, 18, 19, 28, 35, 36, 5o, 66. Avenarius i4, 65. Aytoun 71. Bär 49, 67. Baudisch 47 f., 71. Baumbach 6, ho, 65. Bechstein 3. Beck 70. Benzmann 66. Böranger 72. Bierbaum i 4 , 66. Bierglas 26, 67. Birkle 4Blank i 5 f . , 67. Blaul 26, 66. Bleibtreu 14, 4 i , 65. Boehm, Hanna 4Börne 10, 29. Bornstein !\o, 66. Brachvogel, Carry 28, 66. Brentano 6, 64« Brod 4 g. Bruck 34, 45, 49, 69. Buchanan 47, 62, 72. Buddha 3, 60. Bulthaupt 18, 37, 4 i , 55, 68. Caignez i 5 , 63, 72. Canstatt, Schilling v. i 5 , 36, 67.
Carmen-Sylva 19, 34, 4 i , 48, 57, 62, 69. Chamisso 6, i3, 6/4. Champly 72. Chidher 3, 18, 60. Chronigk 63. Clercq, R. de 72. Corneliano, Pasero de 72. Crawford 71. Croly 28, 72. Daisenberger 3. Dante 11, 61. Dehmel 2 4, 66. Diehl 49, 69. Diepenbrock 47, 70. Don Juan 11, 2 1 f., 2 3 f . , 6 0 f . Doré 4Drault 72. Duller 2 3, 3o, 45, 66, 70. Dumas père 21, 72. Eckertz 4. Eginhard i5, 5g, 65. Ego 65. Eichrodt 26 f., 65. Eisenbart 7, 2 4Eitzen, Paulus v. 2, 25, 60 f. Eschelbach 8, 65, 73. Esselborn 34, 69. Esther 2, 63. Ewige Jüdin i 4 , 32, 70, 72. Faust 9, 11, 2 1 , 22, a 3 f., 24, 33, 36, 37, 43, 48, 54t, 62. Feuchtwanger 71. Fischer, J. G. 21, 4o, 65. Fliegender Holländer 3, 23, 24, 4iFranklin, Andr. 71. Franz (Gensichen) 29, 70. Frey 68. Galsworthy 72.
75 Gehrke 36, 65. Geiger i4, 4 i , 49, 69. Girndt 18, 70. Giseke 18, 29, 37, 5 i , 69. Goethe 6, 9 / . , 11, 12, 18, 19, 20, 24-, 33 f., 36, 45, 52, 54, 62, 68. Gôschel 37. Granville 72. Grenier 72. Grimm, A. Th. v. 20, 2 3, 45, 70. Grûndler 4 i , 54, 56, 5 8 f . , 68. Grisebach 9, 22, 27, 70. Gutzkow 29, 3o, 34, 70. Halm (=• v. Munch-Bellinghausen) 3o. Hamerling 11, 18, 19, 4o, 4-4-/., 47. 48, 57, 65, 68. Hansen ( = H. Zimmer) 66. Hardung i4, 70. Hartmann 66. Hasenclever 43. Hauff 14, 25, 27, 66. Haug 2 5, 64. Haupt, Th. v. 15, 63. Haushofer 16, 17, 5 7 / . , 62 f., 67. Hauthal n , 34, 45, 68. Hegel 8, 11, 25, 26, 37. Heine 24, 29, 49Heldring 72. Helena 9, 2 4Heller, S. 11, 18, 34, 36 f., 52,68. Heller, W. Fr. 10, i3, 20, 69. Herrig 29, 45, 67. Hersch 72. Heyermans 72. Heyse 17, 68. Hoffmann, E. T. A. 45. Holtei 6, 64, 66. Holz 4o, 65. Horn 7 f, 9, 13, i5, 2 5, 35, 36, 44» 62, 66. Horst 68. Ingemann 71. Jacoby, J. i3. J a f f é 32, 69. Jeitteles 70. Jemand 8, 36, 44, 45, 67. Joukoffsky 62, 63.
Juan Espéra en Dios 2, 60. Judas 18, 35, 4 i , 53, 58, 60. Junges Deutschland 5, 8, 19, 28, 29, 49. Kachellek 19, 68. Kahlenberg 3a, 70. Kain 36, 4o, 44. 46, 60. Kaiphas 22, 33, 35. Kassner 7, 67. Kate, ten 72. Kaulbach 4Kazwini 3. Kerner, Theob. 26, 3 i , 67. Klabund ( = A. Hentschke) 2 4, 66, 7 1 . Klingemann 8, 44, 62, 67. Köberle 70. Köhler 10, 20, 47» 68. Kolumbus 19, 24. König, Ed. 4, 5, 28. Königsbrun-Schaup 69. Kornfeld 43 f. Kuffner 11, i4, 18, 29, 44» 48, 69, 70. Kundry 22. Landsteiner 4 i , 45, 69. Laun ( = Fr. A. Schulze) i5, 66. Lavayssière 72. Lonau 6, 13, 2 1 , 48, 64, 65, 70. Lepsius 29, 3 i , 51, 5g, 62,67. Levitschnigg 3o, 65. Leyer 66. Lienhard 34, 4i» 4a, 45 f, 49» 60, 68.
Lindemann 7, 4o, 66. Lubojatzki 70. Luther 10, 11, 20, 45, 5g. Madjera 4 i . 54, 68. Maltitz, v. 69. Maria Magdalena 18, 5g, 60. Marlow ( = Wolfram) 22, 70. Matthäus Parisiensis 1 f. Maturin 71. Mauthner 2 1 , 26, 31 f, 67, 69. Mémoires du J. e. 10, 63, 72. Mephisto 20, 22, 2 3 f , 27, 5 i , 55. Merwin 34, 36, 42, 47» 52, 69. M. E. S. 60, 67.
76 Meyke, Nina 3a, 66. Meyrink 18, 6o, 63, 71. Michel, Fr. 66. Mohammed 11, 19, 39, 5g. Mombert 43. Mosen i 3 f , 19, 21, 3o, 35, 38—hO, 4 i , 45, 47. 53, 59, 6 2 , 68, 70. Mühsam 33, 34> 37, 5 5 f., 62, 69. Müller, H. 6, 65. Müller, Maler 24. Müller, W. 6, 64. Napoleon 10, 19, 29, 48. Nariscus 2 5, 66. Nelson 12, i 4 , x8, 19, 20, 33, 35, 47, 56, 63, 69. Nero 11, 18, 44Nestroy 26, 67. Neumann, H. 16 f, 3o, 34, 45, 70. Nietzsche 11, 23, 24. 4 i , 43, 4g, 53, 5g, 70. Nieveldt, van 72. Nithack-Stahn 34, 35, 4 i f , 68. Norton, Sarah 54, 72. Oberammergau 3. Oelkers i 4 , 4o, 69. Ortlepp 3 o f , 4o, 65. Paludan-Müller 17, 62, 71. Parzival 2 2 f. Paulsen, R. 43, 68. Paulus 18. Pfizer i 3 , 29, 64Pichler 36, 43, 65. Pilatus 1, 35. Platen 8, i 3 , 29, 36, 65. Portheim, v. 27, 65. Povinelli i 5 , 69. Prometheus 2 1 , 38, 42, 62. Quinet 17, 63, 72. Radewell 35, 70. Reinhold ( = Zapf) 69. Renk 19, 49, 71. Renner 17, 2 1 , 29, 34, 4 i , 47, 5 i , 52—54, 5g, 62, 69. Romantik 5, 6, 9, 48 f. Rönnefahrt io, 35, 36, 47, 68. Röse 65. Rosée 32, 68.
Rosegger 65. Rosenfeld 29, 64. Rückert 3. Schaching, v. i 5 , 66. Schack, v. 6, i 4 , 65. Schaeffer 22 f., 71. Schefer 65. Schenk, v. 11, i 5 , 68. Schlegel, A. W. 7, 64. Schmitz, A. 37, 52, 67. Scholz, W. v. 67, 7 3 . Schön i 3 , 64. Schönaich-Carolath 6, 21, 70. Schopenhauer i 3 , 4o, 60, 70. Schottelius 9, 17, 71. Schreiber, A. 6, 36, 43, 64Schubart 3, 9 f., 12 f., 18, 33, 62, 64-
36,
Schücking 23, 66. Schudt 28. Scribe 72. Seeber 17, 23, 3 i , 35, t\i, 51 f., 69. Seidl 8, i 4 , i 5 , 47, 64. Shelley 21, 38, 54, 62, 71. Silberstein 12, 2 4, 28, 69. Smets 64Soendermann i 5 , 68. Spinoza i 3 , 19 f., 24, 52, 5g. Stehling 16, 70. Stein, H. W. 34, 54, 55, 68. Stern, M. R. v. 4o, 47, 4g f., 69. Sternberg 9, 35, 54, 5g, 68. Steuer, A. 3 i , 70. Stöbe 4. Stockton 71. Stolte g, 22, 27, 4g, 70. Sturm, J . 66. Sue 4, 11, i 5 , 26, 34, 47, 63, 68, 72.
Sylvester 23 f., 27, 67. Szittya 23, 48, 60, 6g. Theremin 20, 2 5 f., 34, 66. Thieme 65. Thurston 35, 55, 62, 72. Toller 32 f., 71. Trautmann 16, 65. Trenck, S. v. d. 20, 22, 34, 48, 5o, 60 f . ,
62, 6g.
77 Ungnad 7, 27, 66. Vermeylen 62, 63, 72. Veronika 18, 46. Viereck 12, 18, 20, 24, 59, 62, 63, 71Vogl 36, 64. Volksbuch 1 f., 3, 7, i 4 , 22, 25, 26, 28, 33, 36, 37, 44, 62. Wackernagel 65. Wagner 22, 26, 59. Waldeck 32, 68. Wallace 71. Wangenheim 70. Wedekind 27, 34, 66. Wegner 5o, 66. Weingartner 60, 67. Werfel 43.
Werner, Zach. 64. Wihl 65. Wilbrandt 4 i , 5 4 f . , 5g, 62, 67. Wilder Jäger 3, 23. Wilhelm, P. 9, 22, 44» 67Winckler 7, 18, 24, 37, 5o, 7 1 . Windholz i 4 , 47. 66. Witte, K. 64. Wittich 4o, 65. Wodan 3, 21. Wohlmut 70. Wolff, J . u. G. 35, 4 i , 54, 55, 68. Wolff, O. L. B. i 5 , 67. Wordsworth 6, 71. Württemberg, AI. v. 19, 3o, 44, 64Zedlitz, v. 10, i 3 , 19, 36, 68. Zoozmann 21, 27, 65, 67.
STOFF- UND MOTIVGESCHICHTE DER DEUTSCHEN LITERATUR herausgegeben von PAUL MERKER und GERHARD LÜDTKE E s handelt sich um ein groß angelegtes Sammelwerk, bestehend a u s Reihen von Einzelheften darstellender Art, die j e einen vielbehandelten Stoff oder ein häufiger wiederkehrendes Motiv auf ihrem Schicksalsgang innerhalb der deutschen Literaturgeschichte verfolgen. Die behandelten und ausgewerteten Dichtungsinhalte sollen als Exponenten der jeweiligen Kulturstimmung und Stilrichtung erscheinen und somit Bausteine zur Geschichte des geistigen Lebens und der seelischen Entwicklung d e s deutschen Volkes bilden. D a s Gesamtwerk wird in Einzelheften von j e etwa drei Bogen Lexikon f o r m a t ausgegeben. J e d e s Heft, das im Rahmen des Gesamtunternehmens selbständig unter dem Namen des V e r f a s s e r s erscheint, ist einzelkäuflich zu erwerben. Bisher sind erschienen : 1. Die J u n g f r a u von Orleans in der Dichtung. Von W I L H E L M GRENZMANN. Groß-Oktav. IX, 74 Seiten. 1929. 4.— 2. T r i s t a n und Isolde in d e r französischen und deutschen Dichtung d e s Mittelalters und der Neuzeit. Von W O L F G A N G G O L T H E R . GroßOktav. VI, 72 Seiten. 1929 4.— 3. Julianus Apostata in der deutschen Literatur. Von KÄTE P H I L I P . Groß-Oktav. IV, 78 Seiten. 1929. 5.— 4. Parzival in der deutschen Literatur. Von W O L F G A N G Groß-Oktav. VI, 64 Seiten. 1929.
GOLTHER. 5.—
5. Heidelberg als Stoff und Motiv der deutschen Dichtung. Von R U D O L F K. GOLDSCHMIT. Groß-Oktav. VI, 74 Seiten. 1930. 4.— 6. Ahasvérus, der ewige Jude. Von W E R N E R ZIRUS. 73 Seiten. 1930. 7. D a s Judith-Motiv in der deutschen Literatur. Groß-Oktav. IV, 62 Seiten. 1930.
Groß-Oktav. IV,
Von O T T O B A L T Z E R .
Die Behandlung folgender Stoffgruppen ist vorgesehen: Antike, Mittelalter, Neuzeitliche Welt* geschichte, Kirchengeschichte, Bibel, Legenden, Neuzeitliche Volkssagen und M Archenstoffe, Fabelstoffe, KulturtrQger in dichterischer Darstellung, Stände und Berufsgruppen in der dichterischen Darstellung, Das menschliche Privatleben, Natur, Die Zivilisation im dichterischen Werk, Das literarische Nachleben weltliterarischer Werke.
WERKE ZUR DEUTSCHEN SPRACHWISSENSCHAFT UND LITERATURGESCHICHTE Verlag Walter de Gruyter & Co., B e r l i n W i o und Leipzig
Grundriß der germanischen Philologie, unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter begründet von HERMANN PAUL, weil. o. Professor der deutschen Philologie an der Universität München. Groß-Oktav. Der „Grundriß der germanischen Philologie" hat von der dritten Auflage an einen Umbau erfahren. Die Darstellungen erscheinen jede für sich in Einzelbänden. Der Ausbau des Grundrisses wird in nächster Zeit besonders gefördert werden. Abgezweigt von dem Paulschen Grundriß ist ein besonderer „Grundriß der deutschen Literaturgeschichte", weil die Darstellung der Literaturgeschichte bis zur Neuzeit fortgeführt werden soll (s. Seite 16). Das gleiche gilt für einen besonderen „Grundriß der englischen Literaturgeschichte". — Von der neuen Auflage des Paulschen Grundrisses sind die folgenden Bände erschienen: 1,1. Geschichte der gotischen Sprache. Von M. H. JELLINEK, a. o. Professor an der Universität Wien. IX, 209 Seiten. 1926. 10—, geb. 12.— Der Band ist für den Studierenden und Forscher der germanischen Sprachwissenschaft unent* behrlich.
I, 2. Geschichte der gotischen Literatur. Von WILH. STREITBERG. In Bearbeitung. II. Urgermanisch. Vorgeschichte der altgermanischen Dialekte. Von Dr. FRIEDRICH KLUGE, weil. Professor a. d. Universität Freiburg i. B. XI, 289 Seiten, 1913. 6.—, geb. 8 — HI. Geschichte der deutschen Sprache. Von Dr. OTTO BEHAGHEL, o. Prof. a. d. Universität Gießen. Mit 1 Karte. Fünfte, verbesserte und stark erweiterte Auflage. XXIX, 588 Seiten. 1928. 18.—, geb. 20.— Behaghels in der neuen Auflage wesentlich erweiterte Geschichte gewinnt f ü r die heutige Zeit, die die Sprachgeschichte gern als Bildungs- und Geistesgeschichte ansieht, ganz besondere Bedeutung.
IV. Geschichte der nordischen Sprachen, besonders in altnordischer Zeit. Von ADOLF NOREEN, ehem. Prof. an der Universität Upsala. Dritte, vollständig umgearbeitete Auflage. 239 Seiten. 1913. 5—, geb. 7.— V. Grundriß des germanischen Rechts. Von Dr. KARL VON AMIRA, o. Professor an der Universität München. Dritte, verbesserte und erweiterte Auflage. I, 302 Seiten. 1913 5.—, geb. 7 — VI. Geschichte der englischen Sprache. H. Historische Syntax. Von Dr. EUGEN EINENKEL. Dritte, verbesserte und erweiterte Auflage. XVHI, 223 Seiten. 1916. 6.—, geb. 8.— VH. Geschichte der mittelniederdeutschen Literatur. Von Dr. HERMANN JELLINGHAUS. Dritte, verbesserte Auflage. VIH, 90 Seiten. 1925. 5.—, geb. 7.— VIII. Deutsche Versgeschichte mit Einschluß des altenglischen und altnordischen Stabreimverses. Von Dr. ANDREAS HEUSLER, o. Professor an der Universität Basel.
Erster Band. T e i l l und II: Einfahrendes; Grundbegriffe der Verslehre; Der altgermanische Vers. V, 314 Seiten. 1925 16—, geb. 18.— Zweiter Band. Teil III: Der altdeutsche Vers. VIII, 351 Seiten. 1927. 16.—, geb. 18.— Dritter Band. Teil IV und V: Der frOhdeutsche Vers. Der neudeutsche Vers. V, 427 Seiten. 1929 22.—, geb. 24.— In dem vorliegenden bahnbrechenden Werk, das für jeden Sprach- und Literaturwissenschaftler unentbehrlich ist, wird die deutsche Metrik zum erstenmal in umfassender Weise von den Anfingen bis zur Gegenwart von dem berufensten Fachgelehrten behandelt.
IX. Die Germanen. Eine Einführung in die Geschichte ihrer Sprache und Kultur. Von TORSTEN EVERT KARSTEN, a. o. Professor an der Universität Helsingfors. Mit 4 Tafeln und 8 Textabbildungen. X, 241 Seiten. 1928. 13.—, geb. 15.— Das vorliegende Werk bedeutet den ersten Versuch von nichtdeutscher Seite, Sprache and Kultur der gesamten germanischen Rasse darzustellen, unter Einschloß auch ihrer numerisch kleinsten und zivilisatorisch vielleicht rückständigsten Splitter, wie die der finnlUndischcn und ostbaltischen Schweden und ihrer Vorfahren, die es als gleichberechtigte Teile der großen germanischen Sprach* und Kulturwelt einbezieht.
X. Germanische Heldensage. Von Dr. phil. HERMANN SCHNEIDER, 0. Universitätsprofessor, Tübingen. 1. Band. Einleitung: Ursprung und Wesen der Heldensage. I. Buch: Deutsche Heldensage. X, 443 Seiten. 1928. 15.—, geb, 17.— II. Band In Vorbereitung. Das Buch versucht die Entwicklung aller Sagenkreise von den filtesten verlorenen Liedern der Volkerwanderungszeit bis zu den hauptsachlich erhaltenen Denkmalern des spftteren Mittelalters wiederzugewinnen und in einem Gesamtbilde zu erfassen.
Deutsche Grammatik. Von Professor Dr. OTTO LYON, weil. Stadtschulrat in Dresden. Sechste, umgearbeitete Auflage, unter Mitwirkung von Dr. Horst Kraemer, herausgegeben von Dr. Walther Hofstaetter. 144 Seiten. 1928 (Samml. Göschen Bd. 20.) Geb. 1.50 Kurze historische Syntax der deutschen Sprache. Von Dr. HANS NAUMANN, o. Professor an der Universität Frankfurt. Klein-Oktav. VI, 125 Seiten. 1915. (Trübners Philologische Bibliothek Bd. 2.) 2.— Grundlagen der neuhochdeutschen Satzlehre. Ein Schulbuch für Lehrer. Von BERTHOLD DELBRÜCK, o. Professor an der Universität Jena. Oktav. VIII, 91 Seiten. 1920. 1.— Das Buch behandelt ausgewählte Stacke der deutschen Satzlehre (Begriff des Satzes, Satzlehre, Grundbestandteile des Satzes, Wortbildung, Konjunktiv, Satzgefüge) vom psychologischen und geschichtlichen Standpunkt aus.
Geschichtc der deutschen Sprache. Von Dr. HANS SPERBER. 132 Seiten. 1926. (Samml. Göschen Bd. 915.) Geb. 1.50 Der Verfasser war bestrebt, die sprachlichen Tatsachen nicht isoliert darzustellen, sondern in ihrem Zusammenhang mit den wichtigsten Erscheinungen der Kultur- und Geistesgeschichte.
Etymologisches Worterbuch der deutschen Sprache. Von Dr. FRIEDRICH KLUGE, weil. Professor an der Universität Freiburg i. Br. Elfte, völlig neubearbeitete Auflage im Druck. Durch immer erneute Umarbeitungen und Erweiterungen ist das Lexikon im Verlan! von mehreren Jahrzehnten zu einem Standardwerk nicht nur für die Germanistik, sondern U r d u deutsche Geistesleben überhaupt geworden.
Worterbuch nach der neuen deutschen Rechtschreibung. Von Dr. HEINRICH KLENZ. Dritter Neudruck. 268 Seiten. 1923 (Samml. Göschen Bd. 200.) Geb. 1.50
Deutsches Fremdworterbuch. Von HANS SCHULZ. Lexikon-Oktav. Band I: A—K. XXIII, 416 Seiten. 1910/13 14.—, geb. 16.— Band H: Fortgeführt von Dr. OTTO BASLER. 1. Lieferung: L—M. 168 Seiten. 1926. 6.80 2. Lieferung: N—P. Seite 169—280. 1928. 6.— Hier wird nach den Grundsätzen moderner Wortforschung für jedes Fremdwort and Zeit seiner Entstehung ermittelt und seine Entwicklung dargelegt.
die Quelle
Deutsches Fremdwörterbuch. Von Dr. RUDOLF KLEINPAUL. Zweite, verbesserte Auflage. Neudruck. 171 Seiten. 1920 (Samml. Göschen Bd. 273.) Geb. 1.50 Der Band enthalt u. a. Qberzeugende sprachliche Ableitungen meinen Gebrauch abergegangenen Fremdworter.
der
wichtigsten in den allge-
Deutsche Wortkunde. Eine Kulturgeschichte des deutschen Wortschatzes. Von Dr. ALFRED SCHIRMER. 111 Seiten. 1926. (Samml. Göschen Bd. 929.) Geb. 1.50 I n h a l t : Wortforschung als Kulturgeschichte. Entstehung des Wortes. Urschöpfung und Ableitung. Bedeutungswandel. Entlehnung. Mundart. Hochsprache, Umgangssprache usw. Geschichtliche Entwicklung von der Urzeit bis zur Gegenwart.
Die deutschen Personennamen. Ihre Entstehung und Bedeutung. Von Dr. RUDOLF KLEINPAUL. Zweite, vermehrte und verbesserte Auflage, neubearbeitet von Dr. Hans Naumann, o. Professor an der Universität Frankfurt. 127 Seiten. 1921. (Samml. Göschen Bd. 422.) Geb. 1.50 Der Band, ein wertvoller Beitrag zur deutschen Kulturgeschichte, behandelt Kleinkindernamen, Tauiuamen unserer heidnischen Vorfahren, Christen-, Vater- und Familiennamen.
Die Ortsnamen im Deutschen. Ihre Entwicklung und ihre Herkunft. Von Dr. RUDOLF KLEINPAUL. Zweite, verbesserte und vermehrte Auflage. 142 Seiten. 1919. (Samml. Göschen Bd. 573.) Geb. 1.50
Der Verfasser zeigt, wie das ganze menschliche Leben, Pflanzen- und Tierwelt an der Bildung unserer Ortsnamen mitgewirkt haben, die in ihrer Vielseitigkeit ein bis ins kleinste genauer Spiegel der deutschen Geschichte sind.
Länder- und Volkernamen. Von Dr. RUDOLF KLEINPAUL. Zweite, verbesserte und vermehrte Auflage. 139 Seiten. 1919. (Samml. Göschen Bd. 478.) Geb. 1.50 Der kulturgeschichtlich und folkloristisch interessante Band ist fQr den Historiker und Geographen besonders wertvoll.
Deutsche Redelehre. Von HANS PROBST, Rektor des Gymnasiums in Ansbach. Dritte, verbesserte Auflage. Neudruck. 130 Seiten. 1920. (Samml. Göschen Bd. 61.) Geb. 1.50 Der Band faßt alles Wesentliche Ober Stilistik, die Lehre vom Ausdruck, und aber Rhetorik, die Lehre vom Inhalt des Gesprochenen, zusammen.
Deutsche Lauttafel. Von PAUL MENZERATH. 73x143 cm. Auf Karton gedruckt, mit Stäben, Ösen und Bändern versehen. 8.—, auf Leinen gezogen 12.50. Beiheft dazu. Mit kleiner Lauttafel. Oktav. 11 Seiten. 1926. —.75. Kleine Lauttafel, einzeln (nur von 10 Exemplaren ab) 20.— Die Tafel entspricht dem neuesten Stand der Lautforschung. Sie USt den Zusammenhang der Laute nach Art und Stelle Ihrer Bildung deutlich hervortreten. Systematisch geordneto Beispiele geben sämtliche orthographischen Varianten der Einzellaute wieder.
Deutsche Poetik. Von Dr. KARL BORINSKI, Professor an der Universität Mfinchen. Vierte, verbesserte Auflage. Neudruck. 165 Seiten. 1920. (Samml. Göschen Bd. 40.) Geb. 1.50 Der Verfasser behandelt die Dichtung als Gabe und Kunst, den dichterischen Stil, seine Mittel und Gattungen.
Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte. Unter Mitwirkung zahlreicher Fachgelehrter herausgegeben von Dr. PAUL MERKER, o. ö.
Professor an der Universität Breslau, und Dr. WOLFGANG STAMMLER, o. ö. Professor an der Universität Greifswald. Erscheint in etwa 30 Lieferungen. Band I: Abenteuerroman—Hyperbel. Lexikon-Oktav. 593 Seiten. 1926. 32.—, in Halbleder 41.— Band II: Jambus—Quatrain. Lexikon-Oktav. IV, 754 Seiten. 1926/28. 40.—, in Halbleder 49 — Band III: Rahmenerzählung—Zwischenspiel. IV, 525 Seiten. 1928/29. 26.40, in Halbleder 34.50 Band IV (Nachträge und Register). Erscheint 1930. Das Kennzeichnende für das Werk i9tf daß es sich auf die formale und sachliche Seite dei Literaturgeschichte, die Realien derselben beschränkt und die Dichtung als Leistung und Ana. druck eines schöpferischen Individuums nur insoweit berücksichtigt, als es unbedingt erforderlich 18 t.
Grundriß der deutschen Literaturgeschichte. I. Geschichte der deutschen Literatur bis zur Mitte des elften Jahrhunderts. Von WOLF VON UNWERTH u. Dr. THEODOR SIEBS, o. Professor an der Universität Breslau. Oktav. XI, 260 Seiten. 1920. 6.—, geb. 8.50 Die Darstellung tritt an die einzelnen Denkmäler mit eingehender sprachgeschichtlicher und literarhistorischer Analyse heran und berücksichtigt jedesmal die gesamte einschlägige Literatur.
II. Geschichte der mittelhochdeutschen Literatur. 1.Teil: Frühmittelhochdeutsche Zeit. Blütezeit I: Das höfische Epos bis auf Gottfried von Straßburg. Von Dr. FRIEDRICH VOGT, o. Professor an der Universität Marburg. Dritte, umgearbeitete Auflage. Oktav. X, 363 Seiten. 1922. 5.—, geb. 6.— 2. und 3. Teil sowie die folgenden Bände in Vorbereitung. Geistliche und weltliche Dichtung von 1050 bis um 1180. Heinrich von Veldcke und daa mitteldeutsche Kunstepos. Der Artusroman und Hartmann von Aue. Wolfram von Eschenbach und der Gral. Gottfried von Straßburg.
Geschichte der deutschen Literatur. I. Von der ältesten Zeit bis 1748. Von Dr. MAX KOCH, o. ö. Professor an der Universität Breslau. Neunte, neubearbeitete und erweiterte Auflage. 170 Seiten. 1920. (Samml. Göschen Bd. 31.) Geb. 1.50 II. Von Klopstock bis zum Ausgang der Romantik. Von Dr. FRIEDRICH KAINZ, Privatdozent an der Universität Wien. 146 Seiten. 1929. (Samml. Göschen Bd. 783.) Geb. 1.50 HI. Von Goethes Tod bis zur Gegenwart. Von Dr. FRIEDRICH KAINZ, Privatdozent an der Universität Wien. 136 Seiten. 1928. (Samml. Göschen Bd. 1004.) Geb. 1.50 Die Binde vermitteln einen faßlichen Dberblick Ober die Hauptentwicklungslinien und das wichtigste historische Tatsachenmaterial der deutschen Literatur. Der Schilderung jeder Epoche ist eine kurze Wesensschau vorausgeschickt, die ihre konstitutiven ZOge hervorhebt, ihre stilistischen Gemeinsamkeiten, ihr Lebensgefahl und Kunstwollen charakterisiert.
Geschichte der deutschen Lyrik. Von Dr. RICHARD FINDEIS, Professor in Wien. 1914. I. 151 Seiten. (Samml. Göschen Bd. 737.) Geb. 1.50 II. 120 Seiten. (Samml. Göschen Bd. 738.) Geb. 1.50 Der erste Teil umfaßt die deutsche Lyrik von der indogermanischen Frühzeit bis cur Romantik, der zweite Teil fahrt bis in die jüngste Gegenwart hinauf.
Das deutsche Kirchenlied in seinen charakteristischen Erscheinungen. Ausgewählt von Dr. FRIEDRICH SPITTA, o. Professor an der Universität Tübingen. I. Mittelalter und Reformationszeit. 141 Seiten. 1912. (Samml. Göschen Bd. 602.) Geb. 1.50
Ans dem Inhalt: Mittelalter. Martin Luther. Zwingli. Agricola. Blaurer. Zwick. Konrad Hubert. Capito. Vogtherr. Leo Jild. M. Weiße. Niederdeutsche Meßgesänge. B. Waldis. Albrecht TOD Preußen. Die Markgrafenlieder.
Geschichte des deutschen Romans. Von Dr. W A L T H E R REHM. I. Vom Mittelalter bis zum Realismus. Auf Grund der Mielkeschen Darstellung neubearbeitet. 175 Seiten. 1927. (Samml. Göschen Bd. 229.) Geb. 1.50 II. Vom Naturalismus bis zur Gegenwart. 104 Seiten. 1927. (SammL Göschen Bd. 956.) Geb. 1.50 Die beiden nach Ideen geordneten Bande bedeuten einen wichtigen Beitrag zur kritischen Erfassung der deutschen, vor allem der gegenwärtigen Romanliteratur
Repetitorium der deutschen Literaturgeschichte. I. Von den Anfängen bis Luther. Von Dr. HERMANN AMMON. Oktav. 131 Seiten. 1922. (Wissenschaftliche Repetitorien Bd. 9.) —.50 Deutsche Literaturdenkmäler des 14. und 15. Jahrhunderts. Ausgewählt und erläutert von Dr. HERMANN JANTZEN, Geh. Regierungs- und Provinzialschulrat in Breslau. Zweite, neudurchgesehene Auflage. 151 Seiten. 1919. (Samml. Göschen Bd. 181.) Geb. 1.50 Eine Auswahl aus Lyrik, Meistergesang, Reimrede, Fabel, moralischer und Schwankdichtung, Drama, sowie aus dem Prosaschrifttum der Mystiker, Naturkundigen, Satiriker, der Facetiea und volkstümlichen Schwankbacher.
Deutsche Literaturdenkmäler des 16. Jahrhunderts. I. Martin Luther und Thomas Murner. Ausgewählt und mit Einleitungen und Anmerkungen versehen von GEORG BERLIT f , Professor am Nikolaigymnasium zu Leipzig. Zweite, verbesserte Auflage. Neudruck. 141 Seiten. 1919. (Samml. Göschen Bd. 7.) Geb. 1.50 II. Hans Sachs. Neubearbeitet und erläutert von Dr. PAUL MERKER, o. ö. Professor an der Universität Breslau. 144 Seiten. 1927. (SammL Göschen Bd. 24.) Geb. 1.50 HI. Von Brant bis Rollenhagen: Brant, Hutten, Fischart sowie Tierepos und Fabel. Ausgewählt und erläutert von Professor Dr. JULIUS SAHR. Zweite, verbesserte und vermehrte Auflage. Neudruck. 159 Seiten. 1920. (Samml. Göschen Bd. 36.) Geb. 1.50 Handschriftenproben des 16. Jahrhunderts, nach Straßburger Originalen herausgegeben von Dr. JOHANNES FICKER, o. Professor an der Universität Halle, und O T T O WINCKELMANN. Kleinfolio. 102 Tafeln in Lichtdruck mit Text. Band I. XV Seiten Einleitung und Tafel 1—46: „Zur politischen Geschichte" mit Text. 1902. 40.— Band II. XIII Seiten. Verzeichnisse, Register, Nachträge und Tafel 47—102 „Zur geistigen Geschichte" mit Text. 1905. 50.— — Kleine Ausgabe. Kleinfolio. 35 Tafeln in Lichtdruck mit Transkription und biographischen Skizzen. IX Seiten. Vorwort. Ubersicht, Abkürzungen, Nachträge und Berichtigungen. 1906. 20.—
Johann Fischart. Ein Literaturbild aus der Zeit der Gegenreformation. Dargestellt von Dr. ADOLF HAUFFEN, o. Professor an der Universität Prag. Band I. Oktav. X, 290 Seiten. 1921. Band II. Oktav. 429 Seiten. 1922. Zus. 10.—, geb. 12.— Das Leben dieses bedeutendsten und vielseitigsten Schriftstellers am Ausgang des 16. Jahrhunderts gibt zugleich ein Spiegelbild jener geistig reichbewegten Epoche.
Thomas Murners Deutsche Schriften mit den Holzschnitten der Erstdrucke. Herausgegeben unter Mitarbeit von Dr. G. Bebermeyer, a. o. Professor an der Universität Tübingen, Dr. E. Fuchs in Beuthen, Dr. P. Merker, o. 6. Professor an der Universität Breslau, Geheimer Hofrat Dr. V. Michels, weil. o. Prof. a. d. Universität Jena, Dr. W , PfeifferBelli, Frankfurt a. M., und Dr. M. Spanier, Berlin, von Dr. FRANZ SCHULTZ, o. Professor an der Universität Frankfurt a. M. Band I: a) Von den fier ketzeren. Herausgegeben von Dr. EDUARD FUCHS. Groß-Oktav. CXXIV, 286 Seiten. 1929. 25.— b) Badenfahrt. Herausgegeben von Geh. Hofrat Dr. VICTOR MICHELS, weil. o. Professor an der Universität Jena. Oktav. XL1V, 269 Seiten 1927. 20.Band H : Die Narrenbeschworung. Herausgegeben von Dr. MEIER SPANIER, Berlin. Mit einem Brief Murners in Handschriftendruck. Oktav. X, 597 Seiten. 1926. 30.— Band III Die Schelmenzunft. Herausgegeben von Dr. MEIER SPANIER, Berlin. Oktav. 228 Seiten. 1925. 10 — Band IV: Die Muhle von Schwindelsheim und Gredt Müllerin Jahrzeit. Herausgegeben von Dr. GUSTAV BEBERMEYER, a. o. Professor an der Universität Tübingen. Oktav. VIII, 205 Seiten. 1923. 6.— Band V: Die Geuchmatt. Im Druck. Band VI: Kleine Schriften. (Prosaschriften gegen die Reformation.) Herausgegeben von Dr. WOLFGANG PFEIFFER-BELLI, Frankfurt am Main. Erster Teil: Ein christliche und briederliche ermanung. Von Doctor Martinus luters leren und predigen. Oktav. VHI, 200 Seiten. 1927. 10.—
Band VII: Zweiter Teil: Von dem babstenthum. An den Grossmechtigsten und Durchluchtigsten adel tütscher nation. Oktav. VI, 174 Seiten. 1928. 9.— Band VIII: Dritter Teil: Wie doctor M. Luter uß falschen Ursachen bewegt Das geistlich recht verbrennet hat usw. Oktav UI, 192 Seiten. 1928. 12.— Band IX: Von dem großen Lutherischen Narren. Herausgegeben von Dr. PAUL MERKER, o. ö. Professor an der Universität Breslau. Oktav XI, 427 Seiten. 1918. 10.—, geb. 11.— (Kritische Gesamtausgaben elsassischer Schriftsteller des Mittelalters und der Reformationazeit, veröffentlicht vom Wissenschaftlichen Institut der Elsaß-Lothringer im Reich an der Universität Frankfurt.)
Geschichtc der neulateinischen Literatur Deatschlands im sechzehnten Jahrhundert. Von GEORG ELLINGER. Groß-Oktav. I. Italien und der deutsche Humanismus in der neulateinischen Lyrik. XXII, 516 Seiten. 1929 20.—, geb. 22.— II. Die neulateinische Lyrik Deutschlands in der ersten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts. 420 Seiten. 1929. 18.—, geb. 20.— Es bestand bisher keine Möglichkeit, sich aus einer deutschen Darstellung Oker die Entwicklung der neulateinischen Lyrik des 15. und 16. Jahrhunderts in Italien und Deutschland zu unterrichten. Das vorliegende Buch will diese Lücke ausfallen. Doch ist nicht eine vollständige Aufzfthlung der neulateinischen Lyriker in dem behandelten Zeitraum beabsichtigt, sondern eine Vergegcnwftrtigung der für die einzelnen Abschnitte des Verlaufs bezeichnendsten Gestalten. Daher sieht der Verfasser von einer Anhäufung toter Namen ab und versucht, ausgewählte Vertreter durch Gesamt« Charakteristiken oder durch Analysen ihrer besten Dichtungen nahezubringen.
Johann Rists Monatsgespräche. Von Dr. ALFRED JERICKE. Oktav, VIII, 204 Seiten. 1928. (Germanisch und Deutsch, Studien zur Sprache und Kultur, 2. Heft.) 10 — Rists Monatsgespräche (1663 bis 1668 erschienen) sind ideell und auch formal der erste Vorläufer des Literarisch'wissenschaftlichen Journals in Deutschland. Die Arbeit bietet auch Material zu einer noch nicht geschriebenen Geschichte des Dialoges. An Hand ihrer enzyklopädischen Fülle und des anekdotenreichen Memoirencharakters zeichnet der Verfasser aber vor allem das Bild des sachlichen Wissens, künstlerischen Empfindens, der Sitten, der Moral und des Lebensgefühls jener Zeit nach dem Dreißigjährigen Kriege.
Deutsche Literaturdenkmaler des 17. und 18. Jahrhunderts bis Klopstock, III. Drama. Ausgewählt und erläutert von Dr. REINHARD DIETEL in Zwickau. 127 Seiten. 1915. (SammL Göschen Bd. 754.) geb. 1.50 Enthält Proben aus Dramen von Ayrer, von Herzog Heinrich Julius von Braunschweig, Gryphius, Chr. Weise, Gottsched und J. E. Schlegel. — Band I und II vergriffen.
Klopstocks Deutsche Gelehrtenrepublik. Von MAX KIRSCHSTEIN. Oktav. 191 Seiten. 1928. (Germanisch u. Deutsch, Studien z. Sprache und Kultur, 3. Heft.) 8.— Klopstocks „Deutsche Gel ehrte nrcpublik", ganz Ausdruck ihrer Zeit — seine Gedankengänge kamen Goethes Suchen und Empfinden so entgegen, daß er sich hell an ihnen begeisterte —t er* fahrt hier ihre kritische Darstellung nach Idee, Geschichte, rechtlicher und geistiger Struktur, Verfassung und ihren Gesetzen.
Deutsche Literaturgeschichte der Klassikerzeit. Von CARL WEITBRECHT. Zweite, durchgesehene und ergänzte Auflage von KARL BERGER. Neudruck. 186 Seiten. 1920. (Samml. Göschen Bd. 161.) Geb. 1.50 Inhalt: Voraussetzungen. Die einleitenden Geister. Klopstock. Der Göttinger Hain. Winckelmann und Lessing. Wieland. Herder. Sturm und Drang. Goethe bis 1794. Schiller bis 1794. Goethe und Schiller.
Goethes Bild der Landschaft. Untersuchungen zur Landschaftsdarstellung in Goethes Kunstprosa. Von RICHARD BEITL. Quart. XI, 245 Seiten. 1929. 16 — Im Wort dargestellte Landschaft, oft nur Außere Kompositions- und Stimraungsmittel, wird in Goethes Dichtung ein organischer Teil des Werkes, der die Entwicklung der menschlichen Charaktere und des sprachlichen Stils auf das stärkste miterfährt. Im ersten Teil des Randes gibt der Verfasser eine Poetik, im zweiten eine Typenlehre, im dritten eine Ästhetik der Landschaft*darstellung in Goethes Prosa. Daran schließt sich die Stilistik, die Behandlung des Sprachstils der Landschaft. Das Buch bringt Ergebnisse von weittragender Bedeutung für Stilkritik und Sprachgeschichte.
Der Altonaer „Joseph", Goethes angebliche Jugenddichtung. Von FRITZ TSCHIRCH. Mit 2 Karten im Text. Oktav XXIV, 163 Seiten. (Germanisch und Deutsch, Studien zur Sprache und Kultur, 5. Heft.) Mit Hilfo des modernsten wissenschaftlichen Rastzeugs gelingt es dem Verfasser, die Unechtheit dieser angeblichen Goethedichtung nachzuweisen und die Heimat des unbekannten Verfassers sicher zu bestimmen.
Deutsche Literaturgeschichte des 19. Jahrhunderts. Von CARL WEITBRECHT. Zweite, durchgesehene und ergänzte Auflage von RICHARD WEITBRECHT. Neudruck. 1920. I. 129 Seiten. (Samml. Göschen Bd. 134.) Geb. 1.50 II. 160 Seiten. (Samml. Göschen Bd. 135.) Geb. 1.50 Die Frühvollendeten. Von GUIDO K. BRAND. Groß-Oktav. IV, 318 Seiten. 1928. 7.—, geb. 8.— In diesem Buch, einem wertvollen Beitrag zur Literaturgeschichte, wird zum erstenmal der tra* gische Zusammenhang zwischen Leben und Schaffen allzufrüh verstorbener Dichter aufgezeigt, wie Fleming, J . Chr. Günther, HOlty, Novalis, Wackenroder, Büchner, Ileym, Sorge, Trakl, Stadler, Flex u. a.
Kürschners Deutscher Literatur-Kalender au! das Jahr 1930. Herausgegeben von Dr. GERHARD LÜDTKE. Mit 8 Bildnissen. 45. Jahrgang. XI, 305* Seiten, 1629 Spalten. Oktav. Geb. 20.— Der neue, jetzt insgesamt 8300 Autoren umfassende Band ,,Kürschners Deutscher Literatur« Kalender auf das J a h r 1030" enthält 000 neue Namen. Den Bedürfnissen d e r Gegenwart ent» sprechend, wurden außer etwa 100 Filmautoren die bedeutendsten Filmfabriken und deutschet! Rundfunkgesellschaften mitaufgenommen und dem Verzeichnis deutscher Verleger eine Liste von Antiquariaten angegliedert. Die bestehenden Rubriken sind erweitert, die statistischen Angaben und Register auf den neuesten Stand gebracht worden.
Kürschners Deutscher Gelehrten-Kalender 1928/29. Herausgegeben von Dr. GERHARD LÜDTKE. Dritte Ausgabe. VlII Seiten, 238* und 3072 Spalten. Mit 6 Bildnissen. Oktav. Geb. 48.— Der Band umfaßt 13 000 Namen. Es sind auch nichtdeutsche Gelehrte aufgenommen worden, wena sie sich in ihrer schriftstellerischen Tätigkeit der deutschen Sprache bedienten. Da neben den Werken auch größere ZeitschriftenaufsflUe uufgeführt werden, umfaßt das Lexikon das wissenschaftliche Schaffen in seiner Totalität.
Deutscher Kulturatlas. Herausgegeben von GERHARD LÜDTKE und LUTZ MACKENSEN. Quer-Folio. In Lieferungen zu je 8 Karten. 1928/29. Preis pro Karte 0.25. (Mindestbezug 8 Karten.) Subskriptionspreis bei Bezug des ganzen Atlasses pro Lieferung 1.60 Die Korten umfassen folgende Gebiete: Vorgeschichte, Ge9chichtc, Siedlung, Wirtschaft und Verkehr, Religionsgeschichte, Recht, Sprache, Literaturgeschichte, Bildungsgeschichte, Philosopie, Kunstgeschichte, Musik. Bisher erschienen u. a. folgende Lieferungen zur deutschen Sprache und Literatur: Deutsche Li* teratur der vorhofischen Zeit. Der Meistergesang bis zur Reformation. Vorgeschichte des deutschen Romans. Johann Fischart. Die deutschen Mundarten der Gegenwart. Deutsche Sprachinseln. Martin Luther. Opitz. Gottsched-Kreis und Gottsched-Gcgner. Kleists Leben.
Deutsche Volkskunde, insbesondere zum Gebrauch der Volksschullehrer. Im Auftrage des Verbandes deutscher Vereine für Volkskunde herausgegeben von JOHN MEIER. Oktav. IV, 344 Seiten. 1926. 10.—, geb. 12.— „Den Zweck, dem Lehrer für sein Studium und für seine Unterrichtsarbeit ein brauch* bares und zuverlässiges Hilfsmittel in die Hand zu geben, erfflllt das Buch vortrefflich. Aserkannte Fachleute nehmen das Wort zu den einzelnen Gebieten der Volkskunde." Preußische Lehrer-Zeitung.
Handworterbuch des deutschen Aberglaubens. Herausgegeben unter besonderer Mitwirkung von E. Hoffmann-Krayer und Mitarbeit zahlreicher Fachgenossen von HANNS BÄCHTOLD-STÄUBLI. Lexikon-Okt. Band I: Aal — Butzemann. 1927/28. (Handwörterbuch zur deutschen Volkskunde, herausgegeben vom Verband deutscher Vereine für Volkskunde, Abteilung 1.) Subskriptionspreis 44.—, in Halbleder 52.— Die ersten Lieferungen des zweiten Bandes sind erschienen. „Ein einzigartiges W e r k ist das. Damit wird der riesige Stoff bequem zugänglich gemacht, die weit verstreute Literatur zusammengefaßt und eine sichere Grundlage für wissenschaftliche Arbeiten geschaffen." Sudetendeutsche Zeitschrift f ü r Volkskunde.
Quellen zur deutschen Volkskunde. Herausgegeben von V. VON GERAMB und L. MACKENSEN. Groß-Oktav. Erstes Heft: Arabische Berichte von Gesandten an germanische Fürstenhöfe aus dem 9. und 10. Jahrhundert. Ins Deutsche übertragen und mit Fußnoten versehen von GEORG JACOB. V, 51 Seiten. 1927. 4.— Zweites Heft: Die Knaffl-Handschrift, eine obersteierische Volkskunde aus dem Jahre 1813. Herausgegeben von VIKTOR VON GERAMB. Mit 4 einfarbigen und 4 mehrfarbigen Tafeln. 173 Seiten. 1928. 24.— Drittes Heft: Volkskundliches aus Strafprozessen der österreichischen Alpenländer mit besonderer Berücksichtigung der Zauberei- u. Hexenprozesse 1455 bis 1850. Gesammelt, herausgegeben und mit Anmerkungen versehen von FRITZ BYLOFF. 68 Seiten. 1929. 8.— Viertes Heft: Das Zerbster Passionsspiel 1507. VonWILLM REUPKE. 65 Seiten. 1930. Im Druck. „Wer weis, wie wichtig die volkskundliche Forschung, wie verstreut das volkskundliche Material ist, der wird sich freuen, daß auf dem Erlanger Philologentag der Entschluß z u r Herausgabe einer eigenen Quellensammlung gefaßt wurde." Literarischer Ilandweiser.
Jahrbuch für Volksliedforschung. Im Auftrag des Deutschen Volksliedarchivs mit Unterstützung von H. MERSMANN, H. SCHEWE und E. SEEMANN, herausgegeben von JOHN MEIER. Erster Jahrgang. 1928. Mit 1 Abbildung. Groß-Oktav. VI, 202 Seiten. 14.—, geb. 16.— Dieses erstmals erscheinende Jahrbuch schafft endlich auch in Deutschland den seit langem notwendigen festen Mittelpunkt für alle Volksliedforschungen und -bestrebungen, die bisher in nngezBhlten Zeitschriften volkskundlichcn, musikalischen und literarischen Inhalts verstreut waren.
Zeitschrift für Volkskunde. Im Auftrage des Verbandes Deutscher Vereine für Volkskunde mit Unterstützung von JOHANNES BOLTE, herausgegeben von FRITZ BOEHM. Jahrgang 1929/30. Oktav. 18.— Jährlich drei Hefte im Umfang von je etwa sieben Bogen. Die Zeitschrift des Vereins für Volkskunde geht mit dem Jahr 1929 aus dem Besitz d e s Berliner Vereins, als dessen Organ sie 1891 von Karl Weinhold ins Leben gerufen wurde, in den des Verbandes Deutscher Vereine für Volkskunde aber. Der Charakter der Zeitschrift als wissenschaftliches Zentralorgan der deutschen Volkskunde, den die Herausgeber stets zu wahren bemüht gewesen sind, wird auch in Zukunft der gleiche bleiben. Die Beitrüge befassen sieb mit den verschiedenartigsten Aeußerungen des Volkslebens und wenden sieb an jeden, der an dessen Erforschung und Kenntnis Anteil nimmt.
Volksknndliche Bibliographie. Im Auftrage des Verbandes deutscher Vereine f. Volkskunde, herausgegeben v. E. HOFFMANN-KRAYER. Oktav. Für das Jahr 1917, XV, 108 Seiten. 1919 2.— Für das Jahr 1918. V, 126 Seiten. 1920 2.— Für das Jahr 1919. XVI, 142 Seiten. 1922 2.—
Für das Jahr 1920. 212 Seiten. 1924 Für die Jahre 1921 und 1922. XXVII, 414 Seiten. 1927 Für die Jahre 1923 und 1924. XXVIII, 492 Seiten. 1929
6.— 18.— 24.—
„Für alle Volkskundler ein unerläßliches, aber auch bequemes Hilfsmittel. Es sollte in allen Bibliotheken, Museen, Instituten und höheren Schulen gehalten werden." Zeitschrift des Vereins für Volkskunde.
Das deutsche Volkslied. Ausgewählt und erläutert von J U L I U S SAHR, Vierte Auflage, herausgegeben von PAUL SARTORI. 1924. 1. Teil. 132 Seiten. 2. Teil. 108 Seiten. (Samml. Göschen, Bd. 25 und 132.) Geb. j e 1.80 Volksliedstudien. Von JOHN MEIER. Klein-Oktav. X, 246 Seiten. 1917. (Trübners Philologische Bibliothek Nr. 8.) 4.— Lehrproben zur deutschen Volkskunde. Im Auftrage des Verbandes deutscher Vereine für Volkskunde, herausgegeben von JOHN MEIER. Oktav. 136 Seiten. 1928. 3.60, kart. 4.— „Die Lehrproben sind so lebendig und anziehungsvoll geschrieben, daß sie jedem Freunde der Volkskunde wertvoll werden. Durch die Bemühungen, den Schülern die volkstümlichen Ueberlieierungen in Wort und Sache nahezubringen, ist zugleich eine auch für den Laien leichtverständliche Reihe von Abhandlungen aus den wichtigsten Gebieten der Volkskunde entstanden, wie sie anziehender nicht leicht gefunden wird." Das deutsche Volkslied.
In V o r b e r e i t u n g : Handwörterbuch des deutschen Märchens. Herausgegeben unter besonderer Mitwirkung von JOHANNES BOLTE und Mitarbeit zahlreicher Fachgenossen von LUTZ MACKENSEN. (Handwörterbücher zur deutschen Volkskunde. Herausgegeben vom Verband deutscher Vereine für Volkskunde. Abt. II.) Verfasserlexikon des deutschen Mittelalters. Herausgegeben von Professor Dr. WOLFGANG STAMMLER. Das Werk, das eine Ergänzung zum „Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte" bilden soll, wird in Lieferungen ausgegeben. Die ersten Lieferungen erscheinen im Jahre 1930. Format und Satzanordnung wie beim „Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte".
Auf W u n s c h kostenlose Zusendung unserer Fachkataloge und Sonderverzeichnisse zur Sprachwissenschaft und Literaturgeschichte W A L T E R D E G R U Y T E R & CO. / Berlin W 10, Genthiner S t r . 38