221 40 55MB
German Pages 531 [536] Year 1812
j f c HT y.
M.
A.
VON
THÜMMELS
SÄMMTLICHE WERKE
F Ü N F T E R
L E I P Z I G ,
BEI
G.
J.
B A N ! )
G Ö S C H E N
l g l S .
R in die
E
I
E
mittäglichen von
V. Th.
Provinzen
Frankreich.
V i e r t e r
Th. W .
S
Theil.
3
M a r s e i l l e .
Den 12, Februar.
Ich
k o m m e heute w e d e r
zu C o t i g n a c ,
wie
Du
Zeile glauben m u f s t e s t ,
von der Maria
nach
der
letzten
die i c h schrieb,
noch von sonst einem andern christlichen oder
heidnischen
Götzenbilde,
sondern
viel w e i t e r h e r , und z u D i r z u r ü c k , mein unschätzbarer Freund.
E i n neues reines
Bla tt liegt vor m i r , mit dem ich heute ein frisches T a g e b u c h anfange. — kann
ich
das ältere n i c h t ,
Fortsetzen denn es ist
a u f meiner beschwerlichen Reise verräumt worden. Eduard,
Seit w i r sind
W o c h e n die
uns kennen ,
die letztvergangenen
ersten,
in
mein vier
denen i c h keine
Stunde an D i c h gedacht habe.
D a f ü r bist
D u mir aber auch j e t z t lieber als jemals. —
I c h k o m m e aus den dunkelhellen Ge-
•i
filden zurück , die an die Finsternisse des Todes glänzen, hörte schon in der Nähe den Strom rauschen, der alle Geschlechter der Erde f o r t s c h w e m m t , und sah die Dämme von Schlamm weit unter m i r , die wir in
der
Selbstgenügsamkeit
unseres
Stolzes gegen den Zuflufs reiner Quellen um unsre Fioschgräben ziehen, und die uns jede Aussicht in das Freie versperren. Die Zeit schien schrecklich vor mir vorüber zu fliegen.
Jede laufende
Minute
hing ihr ein Sterbcglöckchen mehr an. Von unzählig eilenden Pulsschlägen schüttert,
er-
tönten sie in ein fürchterli-
ches Geläute zusammen,
gegen welches
das Geklimper auf unsern Kirchhöfen Harmonie ist.
Ich floh dem Tode mit heis-
ser Begierde entgegen,
um aus diesem
Gesause der einstürzenden W e l t und aus ihrem Staube zu k o m m e n ; und doch trieb mich der Schauer
der Ewigkeit
immer
wieder aus seinen ausgestreckten Armen zurück.
So flatterte mein Geist in jener
5 unbekannten W i l d n i i s , die an den Zaun unsres Lebens a n s t ö f s t , ungewifs umher, ohne dal's ihm ein Mondschiinmer
vor-
leuchtete, oder ein freundlicher Stern begegnete.
So hob sich meine Seele, leicht
wie ein D u n s t , Gefäfse. —
aus ihrem zerbrochenen
Hinüber — hinüber w a r der
einzige seufzende L a u t , den ihr die Angst der Verzweiflung abdrang.
Sie h a t t e nur
noch einen Schwung zu thun , um da zu seyn, wo sie h i n s t i e b t e , als eine unsichtbare Gewalt sie aufhii lt, und eine freundschaftliche Stimme ihr z u r i e f :
,, Kehre
u i n , meine Schwester ! Es giebt viel schönere Eingänge in dieses Thal —
kehre
in das Leben z u r ü c k , uin sie zu suchen." U n J was fand sie, als sie, aus ihrer Höhe herab gewirbelt,
wieder auf den Stand-
p u n k t k a m , von welchem sie aufstieg — als statt der P h a n t o m e ,
die sie umgau-
kelten , sie wieder Menschengestalten erblickte, und fragen k o n n t e : „ W o ist die schwesterliche Seele, die mich in das Le=
6 b e n zurück z o g ? "
A c h ! sie f r a g t e u m -
s o n s t ; aber sie f a n d ein H e r z , das in der Hitze eines schrecklichen F i e b e r s , Prasseln,
Toben
und
Angst
unter
zergangen,
gleich einem edeln E r z von seinen Schlakken g e r e i n i g t , n u n a b g e k ü h l t auf den Boden g e s u n k e n , w i e ein f u n k e l n d e s Goldk ö r n c h e n da lag.
Die r a u h e S c h a a l e ,
es s o n s t u m g a b ,
ist v e r s c h w u n d e n ; was
es aber
an u n n ü t z e m
Gewichte
die
verlor,
h a t es an W e r t h g e w o n n e n — denn die Mühe
der B e a r b e i t u n g ,
sten sind ü b e r w u n d e n ,
die
Schmelzko-
u n d sein
wahrer
G e h a l t ist d u r c h das F e u e r bestätigt. 0 k o n n t e ich diesen G o l d t r o p f e n so glänzend zu Dir h i n r o l l e n , als er j e t z t aus der G l ü h p f a n n e des Herzens geflossen i s t , dam i t Du Dich in seiner O b e r f l ä c h e spiegeln könntest,
ehe er i n dem Umlauf u n t e r
den Menschen sich w i e d e r v e r d u n k e l t u n d anläuft!
Möchte
er i m m e r n u r von den
Blicken derer b e s t r a h l t zu schätzen v e r s t e h n !
werden,
die i h n
Möge ein gutes
7 Schicksal ewig alle schmutzige Hände von ihm a b h a l t e n , und ihn b e w a h r e n , damit er
nicht
in
dem T u m u l t e
der W e l t
in
eine E c k e geworfen oder in Koth getreten weidiM
Fliegen ihm j a Sonnenstäubchen
an —
wie
bald
bläst
schaftlicher Hauch Ich h a b e
diese ein freund-
hinweg!
meine U h r ,
t r i t t e meines L e b e n s
die mir die F e h l zu bezeichnen auf-
h ö r t e , als mein überirdischer T r a u m anhob,
und
die während
m i t der
Ewigkeit
meinem
Kopf küssen
meines
Kampfs
stillschweigend hing —
über
heute zum
erstenmal wieder in Gang gesetzt, und — G o t t , mit welcher E m p f i n d u n g ! J e d e Sek u n d e , die den Zeiger j e t z t weiter rückt, jeder L a u t , den sie an die Vergangenheit, G e g e n w a r t und Zukunft a n s c h l ä g t , halbe
Note
und jeder
auf der T o n l e i t e r Schwung
jede
der Zeit,
derselben,
der den
T o d t e n t a n z unserer Stunden entwickelt — durchzittert
die
feinsten
Fasern
meines
Herzens , und verstärkt den Nachhall mei-
8 nes bittern Bewufstseyns. meinen Arzt,
Doch ich Lore
der unter mir w o h n t , die
Treppe herauf steigen. —
Sein sterbli-
cher Name ist Sabathier. — nie als mit
dankbarer
Er fliefse
Ehrfurcht über
meine Lippen! —
Eben ist der menschenfreundliche Mann von mir gegangen. —
Aber,
welch ein
schweres Verbot liefs er mir nicht zurück! — „ W a s schreiben Sie? " — fragte e r , nahm mir das Blatt unter den Händen weg und las.
Es ist das erstemal,
dafs ein strenges Auge in mein Tagebuch blickt. —
„ N e i n , " rief er, „in diesem
Tone dürfen Sie nicht fortfahren.
Sie
müssen Sich durchaus des Gebrauchs Ihrer Feder noch einige Tage enthalten. es mir
auch nicht
Ihr Puls
Wenn
verriethe,
diese Zeilen würden es thun, dais Sie noch krank sind.
Iin ganzen Ernste, lie-
ber Freund, mufs ich Ihnen unter der
gewissen
Bedrohung
einer noch, l a n g e m
Einkerkerung a u f l e g e n , Ihren überspannten V o r s t e l l u n g e n ,
Ihren kostbaren Aus-
drücken im
Reden und
Möglichkeit
entgegen
Schreiben
zu
nach
arbeiten."
—
„ U n d durch w a s , lieber D o k t o r ? " fragte ich. —
„Durch
ein
Loth
Fiebejrinde,
ehe Sie Ihren Spargel e s s e n , " er m i r , . „ u n d
antwortete
durch ein Glas
nach T i s c h e . " —
Limonade
U n d so ging er. —
Was
w i l l der Mann m i t diesem R e c e p t e ? dächte,
Ich
i c h hätte nie hellere Vorstellun-
gen g e h a b t , und s i e , seitdem ich schreiben k a n n , nie so deutlich und natürlich entwickelt,
als diesen
Morgen.
Doch,
ich w i l l nicht mit i h m streiten.
Meine
erste T u g e n d soll s e y n ,
einem
Kinde — Gehorsam — Gehorsam.
wie der
bei
pünktlichste
D e n n ehe ich den Blick
ins
Freie und den Balsam der L u f t noch länger entbehren m ö c h t e , d u r c h einen E i d V e r r i e b t thun.
w o l l t e ich lieber
e w i g auf
meine
Feder
HO
Den 15. Februar.
Z w e i Tage und eilf Stunden bin ich armer Entkräfteter mehr u n t e r fremder als eigener Sorge f ü r die E r h a l t u n g meines schwankenden Daseyns
nun weiter
ge-
r ü c k t , u n d ein stärkender Schlaf der vergangenen Nacht h a t mir viel Gutes geth^n. Er h a t meinen Kopf so b e f e s t i g t ,
dafs
ich ihn nicht mehr zu stützen brauche, und h a t m i r , Gott sei D a n k , die E i l a u b nifs meines Arztes verschafft, Dir w i e d e r schreiben zu dürfen.
Aber sieh nur, w i e
g e n a u er es m i t mir nimmt.
Hat er mich
n i c h t , w i e einen A n f ä n g e r , in die Glänzen einer einzigen Blattseite die i c h ,
eingezäunt,
bei Verlust meiner F r e i l a s s u n g ,
nicht überschreiten
darf?
D a f ü r ist er
aber auch so g ü t i g g e w e s e n , der Zeit,
den R a u m
den er mir zu diesem süfsen
Geschäfte f r e i l ä f s t , desto w e i t e r auszudehnen , und m i r den ganzen vorliegenden langen T a g dazu auszusetzen.
Sollte
man aus dieser Einrichtung nicht schliefsen, der gute Mann habe es nur darauf angelegt, Dir zu etwas recht scharf gedachtein und geistreichem zu verhelfen? Nichts weniger!
Gerade dagegen hat er
die ernstlichsten
Vorstellungen gemacht.
Er will durchaus,
dafs ich mein Papier
mehr mit Worten als mit Gedanken füllen, und wenn wider Verlioffen mit etwas in die Quere käme,
das diesen Namen
verdiente, ich geschwind aufspringen und einen
Kamm
möchte. —
durch
mein
Haar ziehen
Hast Du je gehört, Eduard,
dafs man bei uns s o eine Diät vorschreibt, oder haben unsere Arzte bfei ihren Patienten von dieser Seite nichts zu besorgen ? Zu einem Zwischenzeitvertreib Doktor Bastianen aufgegeben,
hat der mich mit
meiner Krankengeschichte zu unterhalten. Da sich meine Erinnerungskraft ganz verkrochen h a t ,
so ist es mir in der That
l i e b , von einem so nahen Zuschauer den Gang eines Drama's zu erfahren, in wel-
chem ich die erste Rolle s p i e l t e , o h n e es selbst zu wissen.
E r h ä t t e , sagt er, gleich
beim ersten A u f z u g e sich n i c h t s
kluges
von derselben v e r s p r o c h e n ; d e n n er h a b e , als er in meine Kammer getreten s e i , u m mich zu meiner malerischen Reise zu w e k k e n , m i c h im Hemde an dem offenen Fenster g e f u n d e n . —
,»Ich verbarg mein E r -
s t a u n e n , " f u h r Bastian f o r t , „ u n d fragte, o b Sie Sich n i c h t ankleiden wollten ? — I n der heftigsten Bewegung Sie:
„Geh!
k a u f e mir
antworteten
einen Rock von
Schnee g e w e b t u n d eine Mütze von E i s ! " —
Es w a r die erste
unpassende
Rede,
die ich n o c h von I h n e n g e h ö l t h a t t e — denjten S i e , w i e sie m i c h e r s c h r e c k t e ! — Herr P a s s e r i n o ,
f i n g ich m i t z i t t e r n d e r
Stimme a n , w a r t e t schon seit einer S t u n d e in dem V o r s a a l , u n d die P o s t p f e r d e - - „ W a s ? " fielen Sie m i r in das W o r t , u n d Ihre Augen f l a m m t e n , „ d e r Kerl ist aus Spandau e n t s p r u n g e n ?
Leg i h m
gleich
die Fesseln an u n d ü b e r a i e b i h n der W a -
»3 che. " —
J e t z t s ä u m t e ich n i c h t länger.
— Ich rief Haus,
n a c h Hülfe d u r c h das ganze
stellte den
Maler
an die T r e p p e ,
um allen L ä r m a b z u h a l t e n ,
schickte den
H a u s k n e c h t n a c h dem ersten A r z t e , er a u f t r e i b e n k ö n n t e ,
Ii eis I h r e n
den
Reise-
w a g e n a b s p a n n e n , u n d l a u e r t e endlich in der g r ö l s t e n Angst an der H a u s t h ü r e auf die A n k u n f t des M a r k t s c h r e i e r s — ist
kein
Schimpfwort
eigentlicher C h a r a k t e r ,
—
Diefs
es w a r
sein
w i e es sich erst
a u s w i e s , als es b e i n a h e z u spät w a r .
Er
bezeigte eine h e r z l i c h e F r e u d e Sie w i e d e r z u sehen. —
>»Den H e r r n , " sagte er m i r
gleich bei seinem E i n t r i t t e , „ h a b e ich schon v o r einigen M o n a t e n zu Bruchsal in der K u r gehabt. —
Mit seiner jetzigen K r a n k h e i t
h o f f e ich e b e n so bald fertig zu w e r d e n als d a m a l s . " —
W i e f r o h w a r ich ü b e r
den glücklichen Z u f a l l , der diesen M a n n hierher brachte!
Auch Sie schienen Sich
seiner zu e r i n n e r n , u n d ich m u f s t e glauben,
dafs er in keinem geringen Ansehn
bei Ihnen stände;
denn Sie folgten ihm
auf den Wink. —
Er befahl I h n e n , das
Fenster zuzumachen zu legen.
und Sich zu Bette
Sie gehorchten ohne Wider-
rede. — Jetzt flog er zur T h ü r hinaus um selbst die Arznei zu h o l e n ,
brachte
sie, gab mir eine gedruckte Anweisung zu ihrem Gebrauche, davon.
und
flog wieder
Er entschuldigte seine Eil mit
öffentlichen Geschäften , die ihm oblägen, rieb sich die S t i r n , sprach von Aufopferung und Versäumnifs, und als ich darauf erwiederte,
dafs er sicher auf ein
schönes Gratial rechnen könnte — ,,Ach, ich weifs es, ich weifs e s , "
antwortete
er, liefs sich aber dennoch vor Abends nicht wieder sehen.
Auf diese Art setzte
er seine Kur in G a n g , und brachte Sie, trotz seiner seltenen Besuche, mit jeder Stunde einen Schritt näher zum Grabe, Ich fürchtete Alles, und doch beruhigte mich sein Geschwätz,
und das
Glück,
auf das er sich immer bezog, Sie schon
einmal v o m T o d e gerettet z u haben. ist alles in seiner O r d n u n g , er a u f meine bedenklichsten Er
war
jedem
über
neuen
nichts
antwortete Mienen.
verlegen,
Symptom
auch
Es —
hatte zu schon
ein
El'a.srhchen in der T a s c h e , und so schien es am siebenten
Morgen
ganz
auch
in
seiner O r d n u n g z u seyn , dafs er den Kopf schüttelte, Stottern
die Achseln
anfing,
AVenn
zuckte, ich
und z u
ihn
fragte.
Jetzt e r w a c h t e mein Mifstrauen in seiner ganzen G ' ö l s e ,
und
eben
w o l l t e ich in
der V e r z w e i f l u n g meines Herzens den elenden Keil zur T h ü r e hinaus
stofsen,
al6
sie sich ö f f n e t e , und ein Mann von dem edelsten Ansehn herein —
vor Schrecken
aber w i e d e r zurück t r a t , sobald er Ihrer ansichtig ward.
Zugleich fal'ste er auch
den A r z t in das A u g e , und trat auf ihn zu. —
,, Ist das n i c h t , " fragte e r ,
„der
Schreier von dem Pferdemarkte ? — Freund, w i e kommt Er h i e r h e r ? " —
„Man
mich rufen lassen," antwortete
hat
der Un-
i6 verschämte," aber zu spät. gens
ein guter
Ich bin übri-
Bekannter
von
diesem
Herrn — habe ihm schon in Deutschland von einer schweren Krankheit geholfen — leider sind aber diefsinal seine Umstände zu gefährlich und ganz hoffnungslos, das inuls ich sagen." —
,, Das soll ein Arzt
beurthcilen, der es
verstehtversetzte
der F r e m d e , „ u n d
im äufsersten Falle
auch die Polizei. —
Dem Kranken keine
Arzneien weiter bis ich zurück k o m m e , " wendete
er sich gegen mich und
eilte
davon. — „ O , meine M i t t e l , " setzte nun der
trotzige
Kerl
gegen mich f o r t ,
seine
Rechtfertigung
„werden
schaden noch helfen. —
jetzt
Den
weder
Wunder-
mann möchte ich s e h e n , der Seinen Herrn zu retten vermöchte. Die Krankheit selbst hätte eigentlich nichts zu bedeuten.
Ich
habe den Prinzen von Rohan von einer dergleichen befreit, die noch heftiger w a r . aber bei einem Protestanten ist ihr nicht beizukommen : denn sein hitziges Fieber
*7
ist nur die F o l g e seines bösen Gewissens. W ä r e Sein Herr von unserer R e l i g i o n , so hätte dieser Umstand gerade am wenigsten zu sagen.
Der erste beste Mönch
w ü r d e die Sache in geschlichtet h a b e n ;
einer Viertelstunde aber eine Seele mit
Verbrechen b e l a d e n , auf die kein Weihw a s s e r , keine Monstranz , keine M a d o n n a w i r k t , entschlüpft o f t dem geschicktesten Arzte unter den Händen, und f ä h r t zum T e u f e l , wenn auch der Körper längst wieder in Ordnung gebracht ist — und das ist hier der F a l l . " — „ U n m ö g l i c h , " antwortete ich : ,, Thorheiten kann der arme Herr begangen h a b e n , das will ich zugeben ; aber Verbrechen gewil's nicht.
Ich
bin seit dem Neujahrstage in seinen Diensten und tagtäglich uin i h n , doch a u c h ,
und
w a s Sünden s i n d ;
müfste es l ü g e n ,
weifs
aber ich
wenn ich ihm die ge-
ringste nachsagen w o l l t e . " —
,,Mir darf
Sein Herr so etwas nicht weifs m a c h e n , " versetzte der Z a h n a r z t ; ,,ein hitziges FieTh. W .
V. T h .
2
¿8 ber ist gar ein plauderhaftes Ding,
und
zum Glücke verstehe ich die beiden Sprachen , in denen Sein Herr wechselweise irre redet.
A c h , ich könnte Ihin das Ver-
ständnifs wohl öffnen, lieber Mann; aber was geht es mich a n ?
Ich bin heilfroh,
dafs ich hier aus dem Spiel komme. Die Polizei?
das ist zum L a c h e n !
ich mich denn aufgedrungen?
—
Habe
Hat mich
denn mein alter Freund nicht rufen lassen ?
Ohnehin breche ich morgen mein
Theater a b , und ziehe weiter. — E r j a auch bei Zeiten Kammerdiener,
und
für S i c h ,
leb* E r
Sorge Herr
wohl!
—
Meine Rechnung will ich jetzt gleich mit dem Wirthe abmachen." — F ü r die sollte der Esel von Hausknecht h a f t e n , der ihn geholt hat! riei ich ihm n a c h , und schlug die Thüre hinter ihm zu. Nicht lange nachher führte der Fremde den Arzt herein, der Sie mit Gottes Hülfe bis hierher gebracht hat.
E r fing seine
Kur freilich auch damit a n ,
womit der
'9
erste die seinige
endigte —
mit Kopf-
schiitteln; aber es dauerte nicht lange, so setzte er Ihren ganzen Haushalt in Beweg u n g , und schickte zu gleicher Zeit in vier Apotheken, damit kein Rettungsmittel über die Zubereitung des andern zu spät käme.
Ich mufste ei|ien Chinatrank,
der Prologus Spanische F l i e g e n , der EpiIogus ein Klystier, Elutigel holen. Fremde - -
und Herr Passerino
Unterdessen schrieb der „ A b e r w e r ist denn der
M a n n , " unterbrach ich hier meinen Bastian, „ d e r sich meiner so freundschaftlich annahm ? "
—
,, D a s , "
antwortete
e r , „ hübe ich nicht herausbringen kö.1111 e 11, weder von ihm selbst noch von dein Herrn Sabathier. " —
„ E r schrieb also , "
f u h r der Erzähler f o r t , „ e i n Briefchen an den Kommendanten,
das er durch den
W i r t h selbst abschickte, und welches die gute F o l g e hatte, dafs die Gasse mit Saud b e s t r e u t , f ü r die Wagen gesperrt, und der erschütternde Lärm von aufsen gedämpft
20
wurde.
Nun setzte er sich init trauriger
Miene an Ihr Bette, und befahl, die Ermüdetsten von uns sollten sich schlafen legen, damit wir Tag und Nacht im Dienste abwechseln k ö n n t e n . " — Weifst Du w o h l , E d u a r d , wen sich meine Einbildungskraft bis hierher unter diesem f ü r mich so besorgten Manne'vorstellte? D i c h , Theuerster,
oder meinen
Jerom.
Konnte mir der Teufel, dachte ich, einen so abscheulichen Bekannten als den Zahnbrecher nachschicken, uin mich in die Hölle zu treiben — w a r u m sollte es nicht meinem guteii Genius eben so möglich gewesen s e y n , mir einen Freund zu meiner Rettung herbei zu f ü h r e n ? Freilich w a r ' er beinahe zu spät gekommen; aber reist das Verderben nicht immer geschwinder als die Hülfe? Die Folge der Erzählung meines Bastian benahm mir diese schöne Hoffnung auf einmal; denn, wie er mir sagte, that der Fremde Fragen an ihn, die allein schon zeigen, wie unbekannt
21
ich ihm seyn müsse. spiel,
Ich f u h r , zum Bei-
bald nach seiner Erscheinung mit
der Hand
nach der S t i r n e ,
vermuthlich
weil die Blasenpflaster zu ziehen anfingen,
und rief ängstlich d a b e i : , , 0
got,
meine liebe M a r g o t , binde mir ge-
Mar-
schwind dein warmes Halstuch u m "
—
und da glaubte der gute M a n n , ich wäre verheirathet, und f r a g t e , in der N ä h e s e i ? —
ob meine F r a u
„Ach
nein,"
ant-
wortete Bastian w e i n e n d , „ e s ist meine Schwester, die ihm im Sinne l i e g t ; w o l l t e doch G o t t , sie w ä r e h i e r ! " — E i n e Weile nachher schrie i c h : Falkenstein!" —
,, Heilige Klara von
„ I c h h ö r e , " sagte dar-
auf der Unbekannte, unsers Glaubens ist. —
„ dafs der Kranke Wie kommt es,
dafs ihm noch kein Mönch das Viatikum anbeut? " —
Ich rief heftig dazwischen,
als ob ich ihm das Gegentheil beweisen wollte: — scheuliches
>>Weg —
weg von m i r , ab-
Geschöpf mit
deinen hölli-
schen Geistern und deinen K r e u z e n ! " —
22 Hier sah sich der Herr noch einmal nach uns u i n , sagte Bastian. — nicht
zu
antworten,
nahm das W o r t .
Ich traute mir
aber
der Epilogus
„ A c h G o t t , " sagte die-
s e r , „ d a s ist eine gar lange Geschichte. — Die K l a r a , v o n der unser Kranker spricht, ist ein w u n d e r s c h ö n e s Mädchen zu A v i gnon.
—
Kennen
Diicliquet ? "
—
Sie e t w a „ Ich
den
habe
E h r e , " a n t w o r t e t e der Fremde. — so
wird
es s c h w e r
Herrn
nicht
werden,"
die
„Nun
f u h r der
E p i l o g u s f o r t , „ I h n e n die Sache verständl i c h z u inachen.
So viel kann ich Ihnen
sagen , dafs dieses Mädchen die Steine der h e i l i g e n Dreifaltigkeit in sich tragen soll, die Zeit
der
katholischen
abhanden
Kirche
gekommen
seit
sind.
langer —
Ob
sie mein Herr bei ihr gesucht h a t , w e i f s ich n i c h t gewil's, aber ich glaube - - - "
—
„ W i e l a n g e , " unterbrach ihn der Unbekannte , ,, ist er bei dem Herrn in Diensten?" —
„ S e i t dem achten vorigen Mo-
n a t s , " a n t w o r t e t e der unleidliche S c h w ä t -
zer.
„Vorher w a r ich ein Puppenspieler»
nachher Grenadier unter der Päpstlichen Garde,
werde aber jetzt im Hause der
Epilogus g e n a n n t , mein B r u d e r . " —
und der Prologus ist ,, Ich dächte,
mein
F r e u n d , " versetzte der Fremde ernsthaft, ,,er ginge schlafen.
Er scheint es mir
nöthiger zu-haben als ein anderer."
Der
Kerl liefs es sich nicht zweimal sagen, und ich, E d u a r d , bin recht f r o h , dafs er fort ist. sich mein
Um Gottes w i l l e n , was mufs unbekannter W o h l t h ä t e r
für
einen Kegriff von meiner W i r t h s c h a f t gemacht haben ! Es ist ihin wahrlich nicht zu verdenken, dai'.s er sich jetzt nicht weiter um mich bekümmert. —
Aber mein
Blatt ist leider zu F.nde. Pünktlicher kann man w o h l seinem Arzte nicht gehorchen» d e n n , wenn Du Dir nicht selbst Gedanken bei meiner Geschichte m a c h s t , mir liegen gewifs keine darin.
von
24 Den 16. F e b r i u i .
„ D a haben Sie R e c h t ! " lächelte mich der herzensgute Sabathier diesen Morgen an, nachdem er mein gestriges Blatt bis auf die letzte Zeile durchgelesen h a t t e , „ d a s h a t Ihnen den K o p f schwerlich angegriffen.
W e n n Sie mir versprechen so fort-
zufahren , und daran Spafs f i n d e n , so erlaube
ich
Ihnen
heute ohne
einige Seiten m e h r . " So w i l l
ich
Bedenken
—
mich denn an meinen eige-
nen Anekdoten auch recht satt schreiben. W e n n diese nicht acht a u s f i e l e n , so iniifste keinen in der seyn,
Welt
mehr zu trauen
da hier die g e w i f s
stände zusammen
treffen,
seltenen Umdafs der Held
der Geschichte sie aus dem Munde eines Augenzeugen nachschreibt. — logusnahm
„ D e r P10-
Bastian den Faden seines
gestrigen Berichts a u f , „ t r a t jetzt an die Stelle seines zu Bette geschickten Bruders, and
der fremde Herr
hielt
seine
erste
Nachtwache an dem Ihrigen — ganz besonders glücklich
f ü r Sie:
denn gegen
drei U h r stiegen Ihre P h a n t a s i e n ,
die
ohnehin räthselhaft genug waren, so hoch, dafs Sie aus Ihrem Französischen Jargon in den Deutschen fielen, den, aufser Ihrem vornehmen W ä c h t e r , verstand.
niemand von un;>
W i e hätten wir mit Ihrer Un-
geduld zurecht kommen w o l l e n ? So forderten Sie einmal etwas mit der ängstlichsten Heftigkeit.
W ä h r e n d wir n u n aus
gleichem Mifsverständnisse, ich nach Limonade und der Prologus nach dem Fliegenwedel liefen, h a t t e Ihnen der Fremde schon gebracht, was Sie verlangten." — „ U n d was w a r es denn , Bastian ? " fragte ich. —
„ A l s o erinnern Sie Sich wohl
gar nicht einmal, ben?"—
was Sie zerrissen ha-
„Ich weifs kein W o r t davon."
— „ N u n so will ich nur w ü n s c h e n , dafs es Sie hinterher nicht noch gereue.
Es
waren die vielen Hefte, die Sie gewöhnlich alle Abende um einen oder zwpi Bo-
2(5
gen verstärkten, u n d die auf I h r e m Schreibetische noch a u f g e h ä u f t beisammen gen."—
la-
„Mein T a g e b u c h , B a s t i a n ? das
h ä t t e ich z e r r i s s e n ? " — ,,Ja w o h l , mein lieber H e r r , in tausend kleine S t ü c k c h e n . Die A r b e i t schien I h n e n eine r e c h t e F r e u d e zu m a c h e n .
Der F r e m d e
einen H e f t nach
mufste
Ihnen
dem a n d e r n zureichen.
S o n d e r b a r w a r e s , dafs Sie die A n z a h l davon auf
das genaueste im Kopfe h a t -
ten , u n g e a c h t e t seiner grofsen S c h w ä c h e . Sie f o r d e r t e n
den e r s t e n ,
den
zweiten,
u n d so f o r t , nnd w u r d e n n i c h t eher ganz r u h i g , bis auch der letzte v e r n i c h t e t w a r , das Arabische M a n u s c r i p t
ausgenommen,
das Herr l ' a s s e r i n o n e b s t seiner A b s c h r i f t bei mir niedergelegt h a t .
Ich safs m i t t -
lerweile ganz still n e b e n der N a c h t l a m p e , u n d dachte w c h m ü t h i s den vielen schönen S t u n d e n n a c h , die ich Sie an diesen unglücklichen P a p i e r e n m i t einem E r n s t hatte verschreiben
sehen,
als w e n n Sie
f ü r d i e E w i g k e i t schrieben,
Sie a b e r w e n -
deten Sich, wie die Sache geschehen war, mit dem heitersten Gesichte und in Französischer Sprache zu dem Fremden: ,, Jetzt, Herr P r o k u r a t o r , t h u n Sic mir den Gefallen und befreien mich von diesem Plunder. —
Tragen Sie ihn dort ins Kamin
— der Prologus soll ihn anstecken." die Flamme aufloderte und die
Als
dunkle
Stube bis an die Decke erleuchtete, riefen Sie ein Bravo über das andere, u n d : „Sehen Sie n i c h t , Herr P r o k u r a t o r , " sagten Sie halb leise zu dem H e r r n , ..wie lustig die heiligen Engel den brennenden Scheiterhaufen umflattern ? " —
Wohl
gut,
dal's der Quacksalber der Exekution Ihres Tagebuchs nicht mit b e i w o h n t e : er h ä t t e sicher Ihr strenges Urtlieil f ü r eine Selbsthülfe Ihres bösen Gewissens erklärt.
Für
eine wohlthätige Krise hielten wir es indefs alle; denn Sie fielen gleich darauf, zum erstenmale seit acht Tagen, in Schlaf, und athmeten so f r e i , als ob Ihnen eine drückende Last von dem Herzen genom-
28 inen sei.
A u c h ich. begab mich n u n zur
Ruhe —
Passerino löste mich ab. —
aber der T a g a n b r a c h ,
kam
Als
ich so neu
gestärkt wieder auf meinen P o s t e n , dafs der fremde Herr kein Bedenken f a n d , mir seinen Stuhl an Ihrem Bette einzuräumen, und sich auf einige Stunden z u entfernen. Sie schliefen noch ein g u t e W e i l e ununterbrochen fort.
A b e r ach ! w i e rührten
Sie mich durch
Ihre freundlichen Phan-
tasien,
als Sie a u f w a c h t e n !
mich f ü r meine Schwester. Margot,"
wendeten
abgebrochener freut mich
Sie hielten „Meine gute
Sie S i c h in sanfter
Stimme
nach m i r ,
„wie
dein lieber B e s u c h !
O wie
übel ist es mir die vielen Jahre her ergangen,
seit i c h v o n deinem Bette w e g
bin! —
Lebt denn mein treuer
noch? —
Johann
N u n das h ö r e ich gern.
viel habt i h r K i n d e r ? —
Wie
Deine Mädchen
sind w o h l sehr s c h ö n ? Nimm sie um Gottes willen v o r
den D o m h e r r e n ,
Pröpsten
vor
und
den —
vor den
Mönchen
in
29 Acht — das — bitte ich dich. — sie weder schreiben lernen,
Lafs
.noch lesen ;
denn sonst stänkern sie in allen Legenden.
Sprich nie mit ihnen von Tugend,
damit sie gar Laster giebt;
nicht erfahren ,
dafs es
sondern erziehe sie häus-
l i c h , reinlich, fröhlich uyd ganz so wie du w ä r e s t ,
als ich dir deinen Strohhut
aufsetzte. —
Das versprich mir.
Was
aus deinem Bruder geworden i s t , Gott wissen.
mag
Hiefs er nicht Bastian? Ich
höre und sehe nichts von ihm.
E r hat
mir etwas mitgenommen, das mir sehr w e r t h war — dein liebes Gesichtchen. — G o t t verzeihe es i h m ! — Aber was ist dir denn begegnet, Margot? w a r u m weinst du?
Hier,
nimm mein Schnupftuch —
trockne deine Thränen damit ab.
Ich
habe es nicht n ö t h i g , denn in meine brennenden Augen ist seit J a h r und Tag keine gekommen." — —
Zu meinem Glücke
verfielen Sie hier in Ihren vorigen Schlummer, und ich bekam Zeit mich zu erholpn;
den» jedes W o r t Ihres Selbstgesprächs zerrifs inir das Herz. — Ob wohl meine gute Schwester es empfunden haben m a g , wie gegenwärtig sie Ihnen w a r ? Das möchte ich wissen. volle S t u n d e ,
Nun
verging
wieder
eine
ehe Sie a u f w a c h t e n ,
und
es war eben Z e i t , dafs Sie einnehmen sollten.
Ich reichte Ihnen die Tasse.
sahen mich bedächtig an. — du es,
Bastian?"
Sie
„ A c h , bist
sagten Sie
endlich.
„ G u t ! Ziehe geschwind deine Livree a n ; ich mufs dich nach Hofe schicken. weifst d o c h , wo die F r a u
Du
Oberhofmei-
sterin w o h n t ? Mache ihr meine Empfehl u n g , und sage ihr in meinem Nainen — doch liefs' ich um Verschwiegenheit bitten — dafs ihre so w o h l erzogene, schöne, junge Prinzessin - - - "
Aber auf einmal
sprachen Sie wieder D e u t s c h ,
u n d Ihr
Auftrag ging f ü r mich verloren. ~ t h u t mir l e i d , Bastian.
Verstandest du
denn gar nichts d a v o n ? " — als zwei W o r t e ,
„Das
„Nichts
die Sie einigemal wip
ZU derholten: Kabinet und Kapelle."
Mehr
brauchte ich nicht zu wissen , um auch dieser Phantasie meines kranken Gehirns auf die Spur zu kommen.
Es war der
Dunst einer Anekdote, der mir aus der Asche meines veibrannten Tagebuchs zu Kopfe stieg.
Ich hatte sie D i r , kurz vor
meiner F l u c h t
aus
Avignon,
in einem
nicht minder fieberhaften Zustande einem peiwonirten
Kammerherrn
nacherzählt.
Sie ist drollig g e n u g , und kann uns einst zu Berlin eine niüfsige Abendstunde vertreiben helfen.
Um mich darauf zu brin-
gen , darfst Du n u r eines gewissen r o t h e n Thurms u n d einer kleinen Prinzessin erw ä h n e n , die Jettchen hiefs. — „Doch erzähle E r nur w e i t e r , Herr Kammerdiener. W a s ging denn sonst noch mit mir v o r ? " — „ E t w a s sehr E r w ü n s c h t e s !
Die letz-
ten Tropfen mufsten mit Mohnsaft versetzt seyn , denn Sie schliefen unter dem Reden ein und in Einem fort bis den Abend.
Herr Sabathier besuchte Sie in-
zwischen dreimal, ohne dafs Sie ihn hörten; aber Ihr Puls und Ihr
hochrothes
Gesicht wollten ihm keinmal gefallen. — „Es ist noch nicht der Schlaf,
den ich
w ü n s c h e , " sagte er zu mir im Weggehen, ,,und ich f ü r c h t e sehr f ü r den neunten Tag." —
Ach er hatte nur zu wahr ge-
sprochen ; denn mit dem Eintritte desselben ward I h r Zustand immer furchtbarer, bis zum zwölften. Ihr unbekannter Wohlthäter verliefe Sie so wenig als Herr Passerino diese Zeit über einen Augenblick, und hatte sich ein Feldbette neben dem Ihrigen aufschlagen lassen.
Sie fielen aus
einer Phantasie in die andere. —
Wenn
Sie sprachen, w a r Ihre Stimme laut, feierlich und erhaben.
Ihre Reden an Gott,
an die N a t u r , u n d an Sich selbst hätten verdient aufgeschrieben zu w e r d e n ,
und
kein Regent w ü r d e die Strafpredigten, die Sie als Hofkapellan an einen der Deutschen Fürsten zu richten schienen, ohne Erschütterung angehört haben. —
Diefc
33 waren —
nicht Bemerkungen
wie Sie w o h l
denken
von
können,
mir,
sondern
die U r t h e i l e Ihres Arztes u n d des f r e m d e n Herrn,
die sich o f t beide über die h o -
h e n W a h r h e i t e n w u n d e r t e n , die in I h r e n Schwärmereien
lagen.
Sobald
Sie
Sich
aber zu den arinen M ö n c h e n u n d in sere Kirchen
verirrten,
da w a r d
un-
einem
n i c h t w o h l zu M u t h e in I h r e r N ä h e .
Ich
h a b e o f t G o t t gebeten , I h n e n die Schmäh u n g e n n i c h t z u z u r e c h n e n , die Sie in der Heftigkeit Ihres W a h n s i n n s gegen u n s e r e geheiligte Religion ausstiei'sen. —
Einmal
schrien
Papsts!
Sie:
,,0
seine g l ü h e n d e n
des g o t t l o s e n Schlüssel
leuchten
vor auf dem W e g e z u r H o l l e . " —
mir Dann
u n d w a n n h a t t e n Sie es m i t den Buhlerinnen
zu thun.
meiniglich
die
schluchzten Stirn.
Hände vor das schlugen
Sie erschreckten
ordentlich, Passerino, fh. W.
und
D a n n h i e l t e n Sie gesich
Gesicht, vor
die
u n s o f t aufser-
b e s o n d e r s einmal den a r m e n der sich einfallen l i e f s ,
V. T h .
Ihre ^
feurigen Augen zu kopiren — Studien,
w i e er sagte.
so ge-chwind
nach
zu seinen
S i e f u h r e n ihm
der G u r g e l ,
dafs er
kaum Zeit h a t t e , sich zu retten. —
„Elen-
des Schlachtvieh ! " riefen S i e mit durchdringender
Stimme,
, , b ü c k e dich nieder,
ich dich an dem Altare
damit
erwürge.
Stümper
aller
Neptuns
Stümper,
wie
k o n n t e s t du die G i ö f s e der N a t u r so verkleinern?—
D a s t o b e n d e Meer liegt vor
deinen A u g e n , und du i r a l s t einen S u m p f . Dein
Mond
ist ein
Äther grobfädig dein S t a a t s r o c k .
Irrwisch,
und
und dein
verschossen
wie
G e d e n k s t d u mich a u c h ,
w i e u n s r e a r m e A n g o l a , in dem G e s t a n k e deiner F a r b e n z u e r s t i c k e n ? mich malen? Herr!"
Du?" —
willst
s e u f z t e P a s s e r i n o , „Avelcher be-
jammernswürdige Zustand! streitig
Du
,,/Ych, der a r m e
der
stärkste
ganzen K r a n k h e i t .
D a s w a r un-
Paroxisinus
seiner
A m b e s t e n , ich schlei-
che mich w e g , d a m i t er m e i n e r nicht gew a h r wird.
Lassen
Sie mir
es
sa£»en.
35 wenn
er w i e d e r
Er g i n g u n d
bei V e r s t ä n d e i s t . " —
kam
eher w i e d e r . —
auch
wirklich
nicht
Ein andermal - - - Doch
w i e mag ich mich d a b e i a u f h a l t e n ? w a r e n ja n i c h t bei Sich. —
m i t Einem W o r t e alles g e s a g t ? " — nein, los.
Bastian,
damit kommst
W a s meintest
du?" —
dermal also b e k a m e n
Sie
Ist das n i c h t „Nein,
du
nicht
i , E i n an-
Sie einen h e f t i g e n
A n f a l l ü b e r eine K l e i n i g k e i t , die w i r vergessen über
hatten
bei
Seite zu
die Klingel n e b e n
,,Gott L o b , "
sagten
schaffen —
I h r e m Bette. —
S i e , „ d a f s ich
die
Q u a s t e h a b e ! J e t z t w i l l ich schellen, dafs m a n es in D o m i n g o h ö r e n s o l l . " —
Der
W i r t h k a m gelaufen u n d i n a c h t e Vorstellungen
dagegen.
übrig,
um
Es
blieb
uns
nichts
I h n e n den E i n f a l l a u s
dem
K o p f e z u b r i n g e n , als dafs i c h aui'sen am Bette in die H ö h e stieg u n d die vom Drathzuge abschnitt.
Schnur
So p h a n t a s i r -
t e n Sie a u c h viel von S p a r t a , A t h e n u n d von d e m F o n t u s E u x i n u s . "
56 Nun halt ein, Bastian, ich möchte noch gern einige vernünftige W o r t e mit meinem Eduard allein sprechen, Bogen zu Ende geht.
ehe mein
Das soll mir lieb
seyn, höre ich Dich sagen: denn was in aller Welt soll ich mit deinem Fiebergeschwätz anfangen? — 0 , hättest Du n u r mein Tagebuch gelesen.
Das liegt n u n
freilich ganz in der Asche; indefs ist wenigstens durch dieses Blatt das Register davon gerettet.
Meine Phantasien sind,
als abgerissene Fäden aus dem des Lebens,
mir immer noch
Gewebe wichtig,
und können mir zum Leitfaden dienen, wenn Du
einst neugierig auf den Stoff
werden solltest,
den ich in der Fremde
verarbeitet habe — den Nutzen ungerechnet ,
den diese Nachlese f ü r mich hat.
Keine moralische Betrachtung hat
mich
je so aufmerksam auf die I r r t h ü m e r meines gesunden Gehirns g e m a c h t , als die Schwärmerei meines k r a n k e n , u n d kein Auszug aus den Schriften der Weltweisfin
37 hat mir mehr Anlafs
zum
Nachdenken
gegeben, als Bastians Auszug aus meinem hitzigen Fieber.
Wenn ich einmal, die-
sen Bogen in der Hand, neben Dir sitzen und Dir meine wahnsinnigen Reden kommentiren werde; so wirst Du so gut einsehen als i c h , warum unter den Gespenstern,
die mein von Angstschweifs trie-
fendes Heiz bis in den Abgrund des Grabes zu verfolgen
schienen,
freundliche 'Erscheinung
die einzige
der guten Mar-
got mein Blut besänftigte,
und kühlen-
den Balsam in meine Wunden gofs.
Ach!
wie wurde nicht meine Einbildungskraft durch jeden Tritt gefoltert, den ich mir erlaubt hatte neben
dem geraden Wege
zu t h u n ! Und doch hatten mich — wie Dir mein Kommentar zeigen wird — nur Zufall und Leichtsinn nicht weiter verl o c k t , als bis an den bedeckten Schmutzgang des kasuistischen Lehrgebäudes; und die Flecken lassen sich allenfalls in einem reinen Brunnen noch abwaschen, die irh
38 davon trug.
W i e aber mufs erst einem
Herzen in dem A u g e n b l i c k e ,
w o es bre-
chen w i l l , zu Muthe s e y n , d a s , ails einem schlüpfrigen Irrwege in den andern verf ü h r t , mit immer b e r a u s c h t e m
Sinnen,
bis in das Innere der Freistätte drungen i s t ,
vorge-
die in jener unseligen Sit-
tenlehre den scheußlichsten
Verbrechen
offen s t e h t !
In welchem Vorgefühl der
Verdammnifs
mufs sich nicht eine Seele
vor ihrem Hinüberschweben in die E w i g keit herumtreiben, wenn der annähernde Todesengel init seinen Schwingen die Nebel religiöser T ä u s c h u n g und die Wolken des Weihrauchs zertheilt, die ihr Bewufstseyn umzogen!
W i e gewaltig mufs der
Stroin des Lichts den seiner Binde entledigten Geist e r g r e i f e n , wenn nun die Gegenstände
seines
Glaubens
hinter
schillernden Schleier hervor t r e t e n ,
dem der
ihre Häfslichkeit so lange v e r b a r g ! Welch eine Ubersicht der schrecklichsten Wahrheiten !
Blutqualm
steigt ihm
von den
59 Altären entgegen, be,
auf denen Aberglau«
Religionshafs und Priesterstolz ihre
Schlachtopfer
erwürgten.
—
Falsche
durch vorset/lichcn Selbstbetrug gerechtfertigte Eide zerreiben ihm das Ohr. .— Manche dein Hohngelächter der Wollust preis gegebene und nach den gotteslästerlichen llegeln dete
der Entsündigung ermor-
Unschuld wimmert zu seinen Füfsen,
und abgetriebene Kinder faulen unter dein Lanijienscheine des Götzenbildes, das ihm auf Hein dunkeln Hingänge in das Unabsehliche voileuchten soll. — In profundis Bette
des
W i r d das
des M ö n c h s , der vor dem Kranken
Weihwasser,
kniet —
wird
das
das über seine heifse Stirn
flielst — wird die letzte Ö l u n g , die seine Schläfe salbet — die Schreckensbilder verscheuchen k ö n n e n , Wird
der
die ihn u m g a u k e l n ?
ganze l'lunder
der
geheilig-
ten Spiel werke, die jene g e w i s s e n l o s e n Schwärmer
als Hülfsinittel zur Seligkeit
ihren Anhängern feil bieten, die Beän?-
/,o stigung eines Sterbenden zu l i n d e m verm ö g e n , der die reinen Gefühle der Natur gegen so
heillose Grundsätze
h a t , die, wie Opium,
vertauscht
den Verstand
Träumereien voll süfsen G i f t s ,
in
das Herz
in tödtlichen S c h l a f v e r w i c k e l n ? —
Doch
es ist eine glückliche Galgenfrist für die Herren , die damit w u c h e r n , gewiesenen
Gränzen meines Bogens
Stillstand gebieten. es r ä t h l i c h ,
dals die anmir
Auch selbst mir ist
dafs ich die Feder weglege ;
denn der Verdrufs , den es mir verursacht, dafs ich nur
die W a a r e n ihres Schleich-
handels beschauen, und mich in gedankenloser Verwegenheit ihren schädlichen Dünsten nähern m o c h t e , nach dem Kopfe.
t r e i b t mir das B l u t
T r ä t e j e t z t mein Arzt
herein, er würde es nur zu gewifs an meinem Pulse m e r k e n ,
w i e nahe ich daran
w a r , den V e r t r a g zu verletzen, der unter uns beiden besteht.
Den 17. Februar,
O
dafs sich miv
in diesem Augenblicke,
da ich mich h i n s e t z e , um Dir den ersten Festtag meiner Freilassung der fromme
zu
Unbekannte darstellte,
ich die R ü c k k e h r in das Lehen Ach
warum
schildern,
zögert
er? —
dem
verdanke!
Ich
bin
}a
w i e d e r stark g e n u g z u erhabenen F m p f i n dungen , und habe h e u t e davon die vollständigste P r o b e gegeben. mich
mein
Arzt
W e n n es, w i e
vermuthen
läfst,
ein
edler Mann v o n hohem menschlichen Gef ü h l i s t , den ein G e l ü b d e bindet, Kranken beizustehn , Nothleidenden zu helfen , so sollte er ja wissen, w i e lästig einem guten Herzen W o h l t h a t e n w e i d e n ,
die sich un-
berin Händedrucke , unsern U m a r m u n g e n entziehen. — E r k o m m e , er k o m m e ! Und w e n n es ein M ö n c h w ä r e , ich w o l l t e ihm f ü r das verdienstliche W e r k , das er an mir Armen verrichtet hat, z u F ü f s e n fallen und seine Kutte mit E h r f u r c h t berühren.
—
TVIeiii trefflicher Arzt besuchte mich diesen Morgen eine Stunde f r ü h e r als gew ö h n l i c h , w a r , w i e es s c h i e n , init meinem P u l s e und meinen Augen zufrieden, und nachdem er auch in meiner gestrigen Schreiberei nichts
zu
tadeln
fand,
sprach er mir mit der Stimme eines Engels z u :
„ I h r Erntetag ist
lieber Freund.
gekommen,
Geniefsen Sie von nun an
der F r ü c h t e , die in den schwülen Stunden Ihrer Krankheit gereift sind — aber geniefsen Sie solche mit der Behutsamkeit eines vernünftigen Wesens.
Dieser R .th
gehört so gut zu meiner Gerichtsbarkeit, als Körper und Seele zu dem Gebäude gehören, das unsere beschränkte Kunst in Bau und Besserung e r h a l t e n , vor feindseligen
Erschütterungen
schützen,
und
vor seinem zu f r ü h e n Einstürze b e w a h ren soll. —
Folgen S i e , um der milsli-
chen Hülfe der Kunst zu entbehren —
nur den mütterlichen Anweisungen der Natur." —
„ D a s , " fiel ich ihm in die
R e d e , ,,hat mir schon ein anderer grofser Arzt
gerathen,
der Jerom h e i f s t . "
—
„Aber wohl zu m e r k e n , "
f u h r er fort,
„ d e r schönen N a t u r . " —
„ D i e s e n Bei-
satz r " erwiederte i c h , „ h a t Jerom vergessen." —
„Desto s c h l i m m e r , " antwor-
tete der brave M a n n ;
„ ohne diesen ist
der ganze Rath nicht viel w e r t h ,
und
giebt in unbewachten Stunden zu grofsen Miisdeutungen Anlafs. —
Doch ich bin
ja nicht hergekommen, um Ihre vorigen Arzte zu m u s t e r n ,
sondern Ihnen noch
eine Arznei zu verschreiben, deren erste W i r k u n g ich noch abwarten w i l l , ehe ich Sie ganz entlasse." —
„ W a s f ü r eine? "
fragte ich erschrocken.
Aber kaum ant-
w o r t e t e er : „Die frische stärkende L u f t " — so lag ich mit Freudenthränen an sein e m Halse — so flog ich von ihm nach dem F e n s t e r ,
nach meinem H u t e ,
nach
meinem Mantel — so w i n k t e ich Bastia-
neu,
mir
meine
Latwergenbüchsen
Pulverschachteln fen —
so w a r i c h in e i n e r M i n u t e g e k l e i -
det u n d f e r t i g , folgen. meines —
und
aus den A u g e n z u s c h a f -
um
meinem Befreier
zu
E r s c h i e n s e l b s t v o n dem S t r u d e l Entzückens
„Kommen
ergriffen zu
werden.
S i e , " r i e f er m i r z u , , „ w i r
w o l l e n den reinen Ä t h e r z u W a s s e r ,
zu
Lande —
er
und überall
aufsuchen,
wo
sein S p i e l h a t . " H e u t e a l s o , den 1 7 . F e b r u a r M o r g e n s d r e i Viertel an
dem
auf
neun U h r ,
Arme
des
war es,
besten
und
wo
ich
edelsten
a l l e r A r z t e , n e u g e b o r e n an L e i b u n d Seele,
ineine
Marterkammer
verliefs.
Alle
m e i n e N e r v e n b e b t e n w i e die S a i t e n e i n e r Ä o l s h a r f e , als i c h i n d e n W a g e n A p o l l o stieg. —
Aber
in
meines
welcher
Har-
m o n i e s t i m m t e n s i e n i c h t erst z u s a m m e n , als w i r i n d e i n H a f e n a u s s t i e g e n ! S o u n g l a u b l i c h grol's h a t t e i c h m i r den G e w i n n meiner er
jetzt
Krankheit
nicht vorgestellt,
meinen offenen
neu
als
geschärften
45 Sinnen zuströmte. — blick
in
das F r e i e
Mein erster setzte
mich
in
Hindas
w o l l ü s t i g e E r s t a u n e n eiftes B l i n d g e b o r n e n , der u n t e r
der B e l e u c h t u n g
der M o r g e n -
s o n n e , u m g e b e n v o n dem Kreise b l ü h e n der M ä d c h e n ,
in dem
ersten
Erwachen
des J ü n g l i n g s a l t e r s , den G e b r a u c h seines Gesichts e r l a n g t .
Alle diese glücklichen
U m s t ä n d e m ü s s e n b e i i h m z u s a m m e n treff e n , w e n n ich m i c h h e r a b l a s s e n s o l l , den U m f a n g m e i n e r E m p f i n d u n g e n m i t den seinigen zu vergleichen. Begreife es, E d u a r d , •wenn D u k a n n s t . rend meiner
Der W i n t e r w a r w ä h -
Gefangenschaft, ohne
dafs
i c h seinen A b z u g n u r von w e i t e m geahndet
hatte,
in
übergegangen,
den
schönsten
Frühling
der m i c h j e t z t in seinem
ganzen Schmuck
empfing —
die d a m a l s
k a h l e n G e s t r ä u c h e der s t ü r m i s c h e n K ü s t e zogen
sich
SpröLslingen
jetzt,
wie
geflochten,
ein um
Kranz das
von sanft
glänzende Meer h e r u m — m a n c h e r Baum, den ich bei m e i n e m letzten F r ü h s t ü c k e ,
46 das Passerino mir vorsetzte, als das Gelipp eines erfrornen U n b e k a n n t e n , meiner Blicke nicht wertli h i e l t , begriifste mich jetzt w i e einen alten F r e u n d , als Palme — Lorber — Cytisus
oder Sumack
—
die vergilbten runzligen Hügel hatten sich die Zeit ü b e r , wo ich dem Verdorren so nahe w a r , mit frischem Rasen bekleidet, u n d seihst der Felsen der Madonna spielte ins Grünliche. —
Nur an den widi igen
Bastiden bemerkte ich nicht die kleinste Veränderung j sie blickten aus ihrer hohen Ferne noch immer so a l b e r n , so vornehm, so versteinert h e r u n t e r , wie vormals. jedem kleinen
Matrosengärtchen
In
hinge-
g e n , über dessen Schilfzaun ich wegsehen konnte, jagten schon halb nackende Kinder unter blühenden Mandelbäumen nach Schmetterlingen und Käfern — und das Gedränge der Blumen
aus
der lockern
E r d e , und das Zwitschern der Vögel um und neben m i r , und der
Wiederschein
des azurnen Gezeltes, das so viele Freu-
47 den b e d e c k t e — w i e f ü h l b a r m a c h t e m i r nicht dieses herrliche Ganze das s c h w e r e r r u n g e n e Bewufstseyn eines n e u angehenden Lehens.
Ich g l a u b t e n i c h t e h e r , dafs
n o c h e t u a s die siif.se Behaglichkeit meines
Gefühls vermehren
mich
die
könnte,
freundliche G o n d e l
als
da
aufnahm,
in w elcher Sabuthier ein p a a r P l ä t z e f ü r uns besprochen hatte.
Eine L u f t , kaum
s t a r k g e n u g u m einen S c h m e i l e n b a c h z u kreiseln , spielte ü b e r die schillernde Fläche des M e e r s ; die Inseln P o m e g u e a u f der einen S e i t e , d e r n , in
R a t o n n e a u auf der an-
der M i t t e
das Sehlofs I f ,
•Welches w i r z u s t e u e r t e n ,
auf
Ligen d u f t e n d
v o r u n s , w i e auf einem G e m ä l d e von Zeemann.
Dieses lachende Ziel u n s e r e r Spa-
z i e r f a h r t zog so sehr meine Blicke an sich, dals ich b e i n a h e einen U n g l ü c k l i c h e n ü b e r sehen
hätte,
der z u
einer g a n z
andern
B e s t i m m u n g , u n t e r der B e w a c h u n g ger S o l d a t e n , Boot stieg.
mit
mir zugleich in
einidas
4« Es w a r der S o h n eines reichen K a u f m a n n s —
ein j u n g e r W ü s t l i n g ,
den vielleicht
auch ein hitziges F i e b e r z u r r e c h t e n S t u n de dein
Sturm
entrissen h ä t t e ,
der i h n
jetzt aus den F e s t t a g e n des F r ü h l i n g s i n die schreckliche Stille eines iiden T h u r i n e s verschlug. W i e verschieden w i r k t e n n i c h t hier
die Reize der N a t u r
auf z w e i ver-
b r ü d e r t e W e s e n ! W ä h r e n d ich mit f r e u n d lichen Augen die spielenden W e l l e n verf o l g t e , die das Schiffchen ¿ a n f t h o b e n u n d senkten , w ä h r e n d ich m i c h in den süfsesten T r ä u m e r e i e n
wiegte,
safs der
von
seinein Gewissen gefolterte J ü n g l i n g , m ü r r i s c h u n d m e n s c h e n s c h e u , in d e r f e i n s t e n Ecke der B a r k e ,
warf
dann
und wann
einen f i n s t e r n Blick auf das p l ä t s c h e r n d e Ruder,
das i h n mit j e d e r M i n u t e seiner
Bestrafung näher b r a c h t e ,
n a h m keinen
A n t h e i l an u n s e r n G e s p r ä c h e n , u n d schien, w e n n er m i c h a n s a h , selbst dem Mitleiden zu f l u c h e n , das und wann
mit
sich f ü r i h n dann
meinem Frohsinne
vri-
49 mischte. Ach er schien nur in dein Verlust seiner Freiheit den Verlust ihres Mifsbrauchs zu fühlen, und nur an die bunten Karten, an die feilen Dirnen und an die wilden Gelage zu denken, denen er einen ganzen lustigen Sommer hindurch entsagen sollte. Seine glückliche Bildung w a r durch Ausschweifungen entstellt, und noch zeigte sich keine Spur von Reue, Trost, oder männlichem Entschlüsse zur Tugend in seinen funkelnden lilicken. O möchte er doch, durch R u h e , Einsamkeit, m'äfsige Kost und durch bittere Erfahrung geläutert, mit gesunderm Blute und bessern Neigungen in einen weiseren ö
D
Wirkungskreis zurücktreten, als er heute zu verlassen gezwungen wird. Mit diesem stillen bänglichen Wunsch begleiteten meine Augen den armen Verzweifelten bis an den Eingang seiner düstern Behausung, wohin ihn seine Wache sogleich abführte, als w i r angelandet waren. Diese Absonderung von dem Lebendi:'h, W .
V. Th.
4
5o gen — diese V e r s e t z u n g eines m e i n e r Mitgeschöpfe,
a u s den S i n n l i c h k e i t e n
einer
b l ü h e n d e n H a n d e l s s t a d t in die F e l s e n b u r g , in die V e r g e s s e n h e i t , in die Nebel eines s t ü r m i s c h e n F.ilandes — diese t r a g i s c h e n B i l d e r , die sich mir h i e r , als Atigenzeugen, in i h r e r ganzen f ü r c h t e r l i c h e n W a h r heit
darstellten,
alle
frohen
w ü r d e n n u r zu gewifs
F.mpfindungen
aus
meiner
Seele v e r s c h e u c h t h a b e n , w ä r e n i c h t der glücklichste Z u f a l l ,
der m i r n u r begeg-
nen k o n n t e , dazwischen Aus
dem
Trupp
getreten.
einiger
Officiere,
die
s i c h von der F e s t u n g h e r der Barke näh e r t e n , d r ä n g t e sich einer u n t e r w i e d e r h o l t e m A u s r u f meines N a m e n s auf zu,
u n d ich lag in s e i n e n
Armen,
mich ehe
i c h n o c h b e g r e i f e n k o n n t e , w e r es w o h l seyn
möchte. —
ich D i r m e i n kannte !
Aber wie
Glück ,
als
ich
beschreib' ihn
er-
Es w a r einer der s c h ä t z b a r s t e n
Menscheil, die ich je geliebt h a b e — der M a r q u i s von
Saint - Sauveur,
der
voi
5i n e u n J a h r e n z u Berlin alle Zirkel belebte , in die er e i n t r a t .
Damals w a r er auf
Reisen.
J e t z t s t e h t er als Brigadier u n -
ter
Regimente ,
dem
das z u
Marseille
l i e g t , u n d w ü r d e m i r keinen A u g e n b l i c k f r e m d vorgekommen s e y n , w e n n ich m i r ihn
unter
einer U n i f o r m gedacht h ä t t e .
W i e schnell verlosch das T r a u e r b i l d des Gefangenen vor scheinung! gnügens und
seiner
himmlischen Er-
Die G e w a l t des r e i n s t e n Ver-
b e m ä c h t i g t e sich m e i n e r
der
auffallende
Beweis,
h i e r ein J u g e n d f r e u n d Zeit noch zerstört trauen
gab,
K r a n k h e i t die
hatte,
Seele,
den
mir
dafs w e d e r
Physiognomie
die m i r z u e r s t sein Z u -
erwarb ,
setzte
Selbstzufriedenheit,
mich
in
eine
die ich diesen Mor-
gen v o r m e i n e m Spiegel n i m m e r m e h r erwarten
konnte.
E s ist
mir
noch
ein
R ä t h s e l , u n d w ä r e m i r viel b e g r e i f l i c h e r g e w e s e n , w e n n er m i c h f ü r einen a n d e r n genommen, Figur,
wenn
ihn
meine
skeletirte
m e i n A n l a n d e n a n diese Insel der
Bufse, und die verdächtige Bangigkeit irre gefühl t h ä t t e n , der ich mich niemals der Nahe kann.
eines
Zuchthauses
in
erwehren
Am wenigsten konnte ich es in
diesem Augenblicke, wo ich ein Officiercorps auf mich zukommen-und einen aus ihrem Kreise heraus stürzen sah, der mich umarmte. Dieser plötzliche Übergang von Erschrecken zum Entzücken konnte nicht wohl ohne E r s c h ü t t e r u n g des Herzens abgehen.
Ich f ü h l t e , dafs ich der glücklich-
ste Mensch sei,
den dieser Felsen w o h l
seit seiner Erschaffung getragen; aber ich w a r nicht vermögend, es auszudrücken — ich konnte aus beiden Sprachen nur Ausrufungen der Freude zusammen bringen, •
meine Zunge s t r ä u b t e andere W o r t .
sich gegen jedes
So w a n k t e ich an dem
Arme meines F r e u n d e s auf und ab an dem Gestade, bis uns der Bootsmann zurief, dafs alles zur A b f a h r t bereit sei.
Der
muntere, s c h w a t z h a f t e freundliche Mann gehölte mir bis zum Austritte auf
dei
•53 Gondel allein zu. jeden
L a u t von
vernahm;
sah
I c h w a r neidisch auf ihm,
den
niemanden
ein
anderer
als i h n ,
und
würde ihm a u f dem F u f s e gefolgt seyn, hätte auch seine gastfreie Einladung mich und
meinen
berechtigt.
Aufseher
n i c h t schon dazu
Das prächtigste Haus a u f dem
schönsten Platze der S t a d t , empfing uns in dem reizendsten Zimmer.
Hier legten
sich endlich meine innern W e l l e n — hier in diesem
kleinen
Zirkel w a r d
i c h mir
erst selbst und meinem F r e u n d e verstand» l i e h , und hier nahm ich an seiner
Seite
und unter den Augen meines trefflichen Arztes ein Mittagsmahl eiii, das auch den Unzufriedensten m i t dem Gange der W e l t versöhnt
haben
würde.
Doch
ehe
ich
weiter e r z ä h l e , mufs ich Dich w o h l den Mann genauer kennen l e h r e n , den ich m i t allem
meinem
Verstände
in
der w e i t e n
Welt
n i c h t besser h ä t t e auftreiben
kön-
nen , um das F e s t meiner Wiedergenesung zu feiern.
Ich würde meine unvollkonn
54 mene Schilderung nen,
wenn Du
Umganges
freilich
ersparen kön-
nur vier W o c h e n seines
froh geworden
wärest;
aber
Gier nach Kenntnissen des A u s l a n d e s , die ihn Dich
nach
Deutschland
um
dieselbe Z e i t
verschlug, nach
hatte
Frankreich
g e t r i e b e n , und D u kamst mit dein erbeuteten Honig
aus seiner Heimath z u r ü c k ,
als er mit dem Salze aus der unsern wieder abzog.
So trifft es sich oft in dem
geistigen Tauschhandel
w i e in dem bür-
gerlichen , dafs z u f ä l l i g die vornehmsten Händler en gros
einander aus dem W e g e
f a h r e n , und darüber den kleinen Krämern gut
Spiel geben.
Ich g e w a n n
durch Deine A b w e s e n h e i t .
offenbar
Da D u fehltest,
mufste er sich w o h l mit meines Gleichen begnügen.
E r kam v o n u n g e f ä h r mit mir
unter E i n e m D a c h e z u w o h n e n . nahe N a c h b a r s c h a f t
ging
Unsre
geschwind
in
eine G e m e i n s c h a f t unsrer V e r g n ü g u n g e n , unsrer S t u d i e n , und zuletzt in eine gegenseitige A n h ä n g l i c h k e i t ü b e r , die zehn Mo-
05 nate n a c h h e r , als w i r uns trennten, eine Traurigkeit bei mir zurück l i e f s , die mich selbst in der ersten Zeit zu Deinem Umgänge verstimmte.
Erinnere Dich dieses
U i n s t a n d e s , lieber E d u a r d !
Ich kann Dir
keinen stärkern Beweis von dem W e r t h e dieses damals
so liebenswürdigen J ü n g -
lings geben , der jetzt als der gebildetste Mann
über
viele meiner F r e u n d e ,
und
als der glücklichste über sie alle hervorragt. nis,
Heisen, Menschen - und Weltkenntund die L e i c h t i g k e i t ,
bei
seinem
gi olsen Vermögen jeden Wunsch der Sinnlichkeit zu befriedigen, und durch täglich wiedeiholte Versuche
die
Hungerquelle
des Vergnügens zu e r s c h ö p f e n ,
würden
ihn so gut als die ineisten in seiner f ü r s t lichen Lage zu dem s p ä t e m Genüsse des Lebens
abgestumpft
und
verdorben
ha-
b e n , wäre sein origineller Verstand und sein richtiges Gefühl nicht in Zeiten diesen
gemeinen
Folgen
eines
Wohlstandes zuvorgekommen.
zu
frühen
Doch D a
56 sollst ihn selbst hierüber m i t mir sprechen hören. Wie viel, sagte e r , h a t man nicht Lehrgebäude
zur
Beförderung
menschlicher
Glückseligkeit a u f g e f ü h r t , besonders deinem
sinnreichen
Wilhelm !
Vaterlande,
Sie können im
in
lieber
Allgemeinen
recht gut seyn; aber es gehören manchmal verdammt subtile W e n d u n g e n dazu, um sie uns anzupassen.
Jedermann sollte
nach seiner individuellen Lage und Empfindung
sein
eigenes
f ü r sich haben.
Ich habe mir eins e r d a c h t , das mir recht wohl bekommt,
w o v o n ich aber
wenig brauchen k ö n n t e ,
sehr
wenn ich zum
Beispiele in einem Bergwerke
arbeiten,
und' die Ausbeute erst zu Tage fördern m ü f s t e , die ich ungesucht und schon von meiner G e b u r t an besitze.
Mein Reich-
t h u m , zu grofs f ü r das gewöhnliche Leb e n , wäre m i r , wie a n d e r n , zur Last geworden , hätte ich ihm nicht einen Ausweg verschafft,
den ich einzig
meiner
•>7
Eigenheit
angemessen fand,
die,
lieber
Wilhelm, besonders darin besteht,
dafs
mir
will,
nichts in der Welt
behagen
was den Reiz der Neuheit bei mir verloren hat.
Die ganze Masse der morali-
schen und sinnlicheil
Freuden lag
vor
mir; aber bei keiner konnte ich den enthusiastischen Eindruck wieder erringen, durch den ihre erste Bekanntschaft ineine Organe so unendlich beseligt hatte. dem stolzen Nil phen
admirari
In
der Philoso-
entdeckte ich einen hohlen widri-
gen Schall, aber nichts weniger als einen Ersatz.
Mein Leben mufste immer ab-
schmeckender werden, je länger es dauerte. W i e sollte ich den Nachtheil der Erfahrung von ihm entfernen? Wodurch sollte ich das störende
Gefühl,
das
jedem Genufs in den W e g t r a t , ben ?
Das waren
die ich mir
mir
bei
vertrei-
die schweren Fragen,
unaufhörlich vorlegte.
Ich
versuchte alle Hülfsmittel, die mir Kunst und Natur anboten, durchkroch alle Sy-
58 steme.
Endlich
blieb ich bei einem ste-
h e n , das m i r n o c h ain b e s t e n zuschlug — bei d e m ,
w i e ich
der Ü b e r r a s c h u n g .
es benaine«
möchte,
Hier f i n d e t sich gleich
eine g u t e G e l e g e n h e i t ,
es dir in seinen
G r u n d t h e i l e n zu e n t w i c k e l n .
Dieser Tel-
ler mit P f i r s i c h e n , den man eben a u f s e t z t , diese u n e r w a r t e t e E r s c h e i n u n g in der jetzigen J a h r s z e i t , die u n s e r n Augen auf das freundlichste z u w i n k t , sind , drängt,
dennoch
den
u n d , so satt w i r
Mund
voll
soll h o f f e n t l i c h meiner
Wasser Demon-
s t r a t i o n leichten E i n g a n g bei dir verschaffen.
Wie
mein
Koch
angewiesen
ist,
lieber W i l h e l m , n i c h t n u r die g e w ö h n l i chen G e r i c h t e f ü r den H u n g e r d u r c h neue Blühen
zu e r h ö h e n , sondern jeden
tag u n t e r
meinen
Schüsseln
Mit-
wenigstens
Eine e i n z u r e i c h e n , die f ü r die S i n n e v o n gleichem W e i t h ist als diese, o h n e sie mir erst d u r c h e i n e n
Küchenzettel anzukün-
digen — so ist j e d e s , dein ein G e s c h ä f t in
meiner
Haushaltung
obliegt,
dahin
v e r p f l i c h t e t , seinen
Herrn
vor dein An-
blicke des e w i g e n Einerleis zu s c h ü t z e n , und
die E r m ü d u n g
gegen
zu
die in der E i n f ö r m i g k e i t liegt. zum
Verwundern,
arbeiten, Es ist o f t
w i e g u t es
meinen
I ' r o v i u s a l e n in i h r e m W e t t s t r e i t e gelingt, mir
durch
immer
veränderte Decoratio-
n e n das Spiel des Lebens n i c h t n u r erträglich ,
sondern
machen.
Die
auch
angenehm
Abwechselung ,
die
zu sie
m i r v e r s c h a f f e n , w i r k t auf i h r e n Diefcst selbst z u r ü c k , dem seine Z w a n g l o s i g k e i t alles M e c h a n i s c h e nimmt. zen
u n d U n t e r w ü r f i g e be-
Sie dienen m i r m i t einem stol-
glücklichen B e w u l s t s e y n ; d e n n
halten
sich
nicht
für
Maschinen,
sie son-
d e r n f ü r E r f i n d e r , u n d sie h a b e n R e c h t . Freylich
e r f o r d e r t diese E i n r i c h t u n g be-
triebsamere Federn, Uhrwerk im des
Schwungräder,
als die g e w ö h n l i c h
Gange Tags,
eines
gespanntere das r o s t i g e
kleinen Deutschen
Hofs
e r h a l t e n — das j e d e r S t u n d e jedem
T a g e des J a h r s
die-
6o selbe
L a n g e w e i l e in d e m s e l b e n
An-
stände vorzeichnet, w i e sie h u n d e r t J a h r e hinter einander
dem A h n h e r r n u n d dem
E n k e l in d e r s e l b e n die o f t den
Minute vortrat —
armen F ü r s t e n ,
gierungsperiode
sich
dessen Re-
eben a b w i n d e t ,
in
einen solchen e k e l n , erschlafften u n d u n geduldigen Z u s t a n d v e r s e t z t , dafs er seinen S t a n d u n d sein Daseyn v e r f l u c h t , u n d l i e b e r , w i e N e r o , seine Residenz a n z ü n drti iAöchte,
u m n u r e t w a s Neues zu se-
h e n , e t w a s a n d e r s z u f ü h l e n , als ihm das F u r i e r b u c h f ü r den g e g e n w ä r t i g e n Augenblick v o r s c h r e i b t .
I c h h a b e es den R o -
i n a n s c h r e i b e r n a b g e l e r n t , welcher Z a u b e r in dem U n e r w a r t e t e n l i e g t ,
und
welche
w i d r i g e W i r k u n g die E p i s o d e n t h u n , m a n viele B l ä t t e r
voraus
sieht.
die
Wird
n i c h t o f t der k l e i n s t e G a r t e n d u r c h eine v e r s t ä n d i g e B e n u t z u n g seiner g e r i n g e n F l ä che u n e n d l i c h e r w e i t e r t , u n d d u r c h schlängelnde
Nebenwege
nach
verschiedenen
Aussichten so in die L ä n g e g e z o g e n , dafs
öl ^ich eine so süfse E r m ü d u n g darin erholen l ä f s t , als in den grölsten A n l a g e n ? W a r u m sollten w i r denn nicht auf gleiche Art M a n n i g f a l t i g k e i t in unser beschränktes Leben
zu
bringen,
und
die kurze
Dauer d e s s e l b e n , ohne Z u t h u n der Langenweile, gem seyn?
durch
Genufs
zu
einen desto r e i c h h a l t i verlängern
vermögend
Du findest mein Zimmer hoffent-
lich s c h ö n , Ich auch.
behaglich
und
freundlich?
Und w a r u m ? W e i l es uns bei-
den gleich neu ist. Ich b e f i n d e mich w o h l d a r i n , w e i l ich es gestern nicht sah und morgen nicht sehen w e r d e .
Es stofsen ih-
rer fünfzehn an e i n a n d e r , davon ich jedes n u r einen Tag h i n w ä r t s , einen Tag herw ä r t s , auf einem monatlichen Durchzug bewohne.
Keines w i r d eher ö geöffnet,' als
bis die Reihe daran k o m m t ,
und jedes,
das ich aiif diese W e i s e z w e y i n a l gesehen h a b e , e r w a r t e t mich in dem folgenden Monat unter einer andern Bekleidung. So w i r d dein U b e r d r u s s e keine Zeit gelas-
62
sen, sich bei m i r e i n z u n i s t e n . G o t t sei D a n k ,
mein
eigen,
N i c h t s ist, als
mein
R e i c h t h u m , dein i c h , d u r c h die A u s d e h n u n g , die ich i h m m i t m e i n e n G e h ü l f e n zu geben w e i f s , alles das Lästige u n d Klebende benehme, b u n d e n ist.
das s o n s t mit i h m ver-
So h a b e ich keine B i b l i o t h e k ;
a b e r einen g e l e h r t e n u n d geschmackvollen B i b l i o t h e k a r , der das G o l d , das er in dem K o t h e der Schriftsteller f i n d e t , f ü r m i c h bei Seite l e g t ,
und
w o n i c h t ein B u c h
ganz gelesen zu w e r d e n v e r d i e n t , — u n d w i e w e n i g sind deren ! m i r blofs die Stellen a n s t r e i c h t , die sich a u s z e i c h n e n . durch
Hier-
sind ineine S t u d i e n m i r erst lieb
und nützlich geworden;
u n d da ich so-
n a c h das S c h l e c h t e u n d Mittelm'äfsige in der L i t t e r a t u r
gar
nicht kennen
lerne,
bleibt m i r die W a h l n u r u n t e r dem N e u e n , Guten
und
V o r t r e f f l i c h e n , ulid ich b i n
sicher m e i n G e d ä c h t n i l s n i c h t z u überladen.
E b e n so w e n i g k o m m t ineine E i n b i l -
d u n g s k r a f t , die n u r ü b e r f r i s c h d u f t e n d e
63 Blumen g l e i t e t , in Gefahr d u r c h abgestorbene , w e l k e oder f a u l e Blätter in ihrem S c h w ü n g e gehemmt zu w e i d e n . W a s noch das beste dabei i s t , Brustschmerzen,
so trage ich w e d e r
Kopf - und
oder üble Launen
aus der
Augenweh, moralischen
W e l t in meine physische ü b e r ;
und
da
ich in dieser w i e ein Seefisch in immer frischem W a s s e r auf dem Ocean der Zeit s c h w i m m e , und mich, kraft meiner Richt u n g , keine W e l l e b e r ü h r t , die der vorhergehenden g l e i c h t ,
so siehst du w o h l
e i n , lieber W i l h e l m , dafs vielleicht kein philosophisches Lehrgebäude dem Gefühl, das die Natur in mich l e g t e , den V e i h ä l t n i s s e n ; in die mich der Zufall versetzte, und der geistigen und körperlichen Gesundheit angemessener seyn k a n n , als das meinige.
Keines schmiegt und biegt sich
mit minderm Z w a n g e nach der Veränderlichkeit unserer Natur, nach der W a n d e l barkeit menschlicher Freuden und Güter, von denen nichts u n t e r der Sonne selbst-
64 ständig ist und alle Reize der Neuheit beh ä l t , als die Tugend —
n i c h t s an G e h a l t
und Seltenheit z u n i m m t , j e ä l t e r es w i l d , als die F r e u n d s c h a f t . —
Aber dafs a u c h
selbst diese n o c h durch mein System gew i n n t , h a t mich h e u t e dein ü b e r r a s c h e n der A n b l i c k
gelehrt.
Wie
geschmückt
und bevölkert schien m i r in dem Augenblicke Felsen,
unserer Umarmung
der
nackende
der uns nach einer langen T r e n -
nung wieder v e r e i n i g t e ! —
Wie
erwei-
t e r t e sich selbst vor meinen umfassenden Augen
das M e e r ,
welch
ein
das uns u m g a b ,
Freudenfest
ist
aus
und
meinem
Mittage g e w o r d e n , durch die S o n d e r b a r k e i t , dafs du — mein G a s t b i s t ! O bleibe
nur so l a n g e ,
als du m i r
neu und
lieb seyn w i r s t — fechte in meinein ewigen Krieg gegen die L a n g e w e i l e an meiner S e i t e , und lerne von mir die mancherlei Schwenkungen
und W e n d u n g e n , —
um
als Militär zu sprechen — durch die ich meinen
Feind
irre mache
und
in
die
Flucht jage.
Welchen Abbruch thust d u
ihm schon durch
deine
Gegenwart! —
Jedes V e r g n ü g e n , das sich in diesem Lande aufstören läl'st, h ä t t e ich es auch noch so oft g e n o s s e n ,
wird mir
durch deine
Theilu.iliine neu werden : denn die Uberraschung,
die es bei mir v e r l o r ,
werde
ich in d e r w i e d e r f i n d e n , die es dir verursacht. "
—
Hier
unterbrach
ihn ein
Glas M a d e r a w e i n , der dreimal die L i n i e piissirt,
und nur
seit gestern in seinem
Keller gelandet w a r , rung
des
nach der Versiche-
Mundschenken,
der
es
ihm
brachte. Ich benutze
geschwind
den
Augenblick,
den seine s c h w a t z h a f t e Z u n g e der meinigen frei lieis. —
„ 0 F r e u n d , " rief ich,
„ b e i allen den fein gesponnenen
Netzen,
die du überall
u m die
ausgestellt h a s t ,
flüchtigen Lebensfreuden einzufangen, b e i aller der K u n s t , mit der du ihre Schmetterlingsflügel
zu fassen v e r s t e h s t ,
ohne
dafs sich ein buntes Stäubchen davon verTh. W
V. T h .
5
66 l i e r e , glaube i c h d o c h f ü r i h r e n h ö c h s t e n Genufs ein M i t t e l e n t d e c k t zu h a b e n , das w e i t ü b e r die d e i n i g e n g e h t —
das dein
erschlafftesten G e f ü h l seine S c h n e l l k r a f t , den a b g e n u t z t e s t e n
Befriedigungen ihren
ersten F i r n i f s w i e d e r g i e b t , alles v e r j ü n g t , erneuert
und
•verschönert,
was
unsere
S i n n e u m f a s s e n , u n d gleich einein Talism a n ü b e r die gleichgültigsten D i n g e ein magisches L i c h t verbreitet. — Sie l a c h e n , lieber S a b a t h i e r , als h ö r t e n Sie ein p a a r C h a i l a t a n s , deren j e d e r den V o r z u g seines A r k a n u m s streicht;
gegen» den a n d e r n h e r a u s
a b e r ich
hoffe,
sie sollen als
u n p a r t e i i s c h e r R i c h t e r dem meinigen den Preis zuerkennen. — Erschrick nur nicht, lieber S a i n t - S a u v e u r , w e n n i c h es n e n n e . mit
Einem
hitzige Fieber.
Wie
—
Es heifst
geistigen F e d e r n g e s p a n n t , Schwungräder
meiner
Worte: hat
das
es m e i n e
u n d die f ü n f
Sinne
geschärft!
Von dem Bissen t r o c k e n e n Brodes an bis z u deinen h e r r l i c h e n P f i r s i c h e n , ist mir
67 alles, was über meine Zunge g e h t , willkommen
und
schmackhaft.
Die
Welt
scheint mir so frischfarbig und kräftig, als feierte sie heute ihren ersten Schöpfungstag.
Was ineine Blicke berühren,
schwimmt in einem ätherischen
Schim-
m e r , und jedes W o r t , das mein O h r err e i c h t , jedes, das über meine Lippen rieselt, — wäre es auch noch so albern — kommt m i r , als ein Beweis, dafs ich lebe, überaus
wohlklingend
und witzig vor.
Du weilst e s , theuerster S a i n t - S a u v e u r , wie
lange
ich
dich liebe;
aber selbst
meine Freundschaft seit ihrer E n t s t e h u n g r e i c h t nicht an das dem warmen Herzen entströmende G e f ü h l , das mich jetzt an dich fesselt. heit!
W i e segne ich meine Krank-
Sie hat das
staubige
Triebwerk
meiner Seele gereinigt , meine Adern mit Rosenöl ausgespritzt und meine N e r v e n " - „Lassen Sie uns a u f s t e h e n , Herr von Saint - Sauveur , " fiel mir hier der Arzt in meine wohlklingende R e d e , indem er
m i r das G l a s , das ich zu leeren im Iiegrifl w a r , u n t e r dem V o r w a n d e , ü b e r d r n ich mir n o c h
eine E r k l ä r u n g
von i h m aus-
b i t t e n m ö c h t e , aus der Hand n a h m : „ D e r Wein würde Gift werden, viertenmal
die
wenn erzürn
Linie passiite.
—
Ich
d ä c h t e , " f u h r er f o r t u n d sah nach der U h r , „ w i r b e s u c h t e n den H.ifen. halben Stunde wild pel g e l a s s e n ; jedes a n d e r e , dem
ein Schiff vom Sta-
ein S c h a u s p i e l ,
Berliner F r e u n d e
ihn
ist
als
wird,
als
der
Sein inedicinischer Vor-
schlag w u r d e so g e s c h w i n d als a u s g e f ü h r t :
Ihrem
zu einem gesun-
Schlafe vorbereiten
Tri - Madera." —
daf
seltener w o h l
und
In einer
denn
angenommen
in diesem
Hause
b r a u c h t m a n n i c h t a u f das A n s p a n n e n des Wagens zu warten. Möchte und
doch
mein
der T r a u m meines L e b e n s
neues
T a eö e b u c h
nie
andere
S t u n d e n e n t h a l t e n , als m i r h e u t e zu T h e i l wurden!
Welch
ein h e r z e r h e b e n d e r An-
blick f ü r einen , der k a u m a u s seinein ein-
samen , sonnenlosen Kerker getreten w a r , als w i r in dem Hafen ankamen — als meine heitern Augen über den gedrängten Zirkel f r ö h l i c h - m ü f s i g e r Zuschauer hinb l i c k t e n , der jene fleifsigen Männer umg a b , die in voller Anstrengung ihrer Riesenkiäfte das stolze Gebäude aus seinein S c h w e i p u n k t e von dem Boden zu heben suchten,
auf dein es errichtet w a r ,
um
es auf kreischenden Walzen in das Meer zu r o l l e n ! aus. —
Bei dein W e r f t stiegen w i r
Indem w i r uns dem neu erbau-
ten Schiffe n ä h e r t e n , inachte mich S a i n t S a u v e u r besonders auf das Y e ' d e c k a u f m e r k s a m , das mit
einer Menge Neugie-
riger besetzt w a r , die schon Stunden l a n g auf
den
Augenblick
lauerten,
Masse in einen blitzschnellen
der die Schwung
setzen und einem andern Elemente übergeben w ü r d e . — „ D o r t , " sagte er lächelnd, „ i s t eine E m p f i n d u n g zu h o l e n , die dir noch fremd und auf das sonderbarste angenehm i s t ,
w i e das schon die Menge
7
schliefsen l ä f s t , die Geld und Zeit dafür hingiebt." —
Ich
sah mich
nach meinem Arzte um. —
ungewifs
,,0sagte
dieser, „ i c h habe gar nichts dawider.
Es
ist der unschuldigste mechanische Versuch mit sich s e l b s t , den ich k e n n e , und zugleich ein stärkendes L u f t b a d . E i n Blutkügelchen , stockt, wird, ein ,
mit
Wenn nur
das in Ihrer L u n g e
dem Schiffe zugleich
so trägt
als dem E i g e n t h ü m e r ,
China schickt.
flott
es Ihnen vielleicht mehr der es nach
Gehen Sie.
E h e es dahin
s e g e l t , wollen w i r Sie schon wieder abgeholt h a b e j i . " Ich that mir h e u t e ,
wie
ein lebhaftes
K i n d , dem man das Gängelband abnimmt, so viel auf die kleinste B e w e g u n g zu gute, dafs ich z w a r
herzhaft
die
Strickleiter
ergriff, aber nach dem ersten Tritte auf dieser
schwankenden
Stiege
alle
h a t t e , mich bei Muth zu erhalten.
Mühe Steigst
du d o c h , s a g t e ich spöttisch zu m i r , s o scheu und zitternd deiner Neugier nach,
7i wie ein unerfahrnes Mädchen in das Brautbette.' Zufällig kam ich auf dem Verdeck lieben einem zu
stehen,
das jung und
reizend genug w a r , um meinen unbedeutenden Einfall erst gefährlich zu machen. Still vor sich hin blickte sie über das Gel ä n d e r , als ich zu ihr trat. —
,, Ist es
auch das e r s t e m a l ? " redete ich sie nachbailich an. —
>>Ja/' drehte sie ihr Köpf-
chen nach mir; „ a u c h erwarte ich schon lange den Schwung mit U n g e d u l d ,
von
dem die Leute so viel Wesens machen. Meine Biust ist mir unbeschreiblich beklommen." —
i,Mir geht es auch s o , "
erwiederte i c h , „ u n d wenn es erlaubt ist, eine Kleinigkeit philosophisch zu betracht e n , so schwebt das Herz auch h i e r , wie bei jedem Uber gange zu einer unbekannten E r f a h r u n g , zwischen — wie soll ich sagen
" —
,, Wach meiner Empfin-
d u n g , " fiel sie mir ins W o r t , „ s c h w e b t es zwischen einer süfsen Angst und einem ungestümen V e r l a n g e n , " —
„ Flichtig,
m e i n schönes Kind ! " f u h r ich f o r t : „ a b e i dcfshalb f ü r c h t e ich a u c h , daf.s der kritische f l ü c h t i g e M o m e n t der B e l e h r u n g der angenehmen Herzen k a u m
Unruhe unserer
pochenden
w e r t h seyn w i r d ;
u n d in
dieser R ü c k s i c h t t h u t es m i r b e i n a h e leid, dafs w i r —
oder w e n i g s t e n s ,
dals
Sie.
h i e r sind." —
Sie w a r f ein P a a r grofse
f r a g e n d e Augen
auf m i c h . —
,, W e i l "
a n t w o r t e t e ich, „ I h n e n n u n k ü n f t i g n i c h t s A h n l i c h e s m e h r vorfallen k a n n , w.is n i c h t d u r c h das G e g e n w ä r t i g e
e t w a s von dem
Reiz seiner N e u h e i t verlor. jetzt
Sie n e h m e n
eine E r f a h r u n g v o r a u s ,
zu einer a n d e r n Z e i t - -
die I h n e n
D e n k e n Sie an
m i c h , ob i c h n i c h t w a h r r e d e . " —
„Das
w i l l ich t h u n , " e r w i e d e r t e sie l ä c h e l n d ; „denn
jetzt
verstehe
ich 'Sie n i c h t . " —
U n d das w a r kein W u n d e r , E d u a r d ; vers t a n d i c h m i c h d o c h selbst n i c h t . b a r h a t t e die T h e o r i e die mir
von h e u t e
dem Sinne s c h w e b t e ,
Offen-
meines F r e u n d e s ,
Mittag
h e r n o c h in
S c h u l d an diesem
G e s c h w ä t z e m i t dem M ä d c h e n .
Ich h a t t e
sie selbst n o c h n i c h t ganz begriffen, u n d s u c h t e sie doch schon einem K i n d e r k o p f e v e r s t ä n d l i c h zu m a c h e n —
ganz im Ge-
schmack unsers p h i l o s o p h i s c h e n Zeitalters. Meine E i n b i l d u n g s k r a f t ,
s a h ich
wohl,
w a r leichter- in B e w e g u n g zu setzen als das F r a c h t s c h i f f .
Dieses lag n o c h eine
W e i l e n a c h h e r , als jene sich s c h o n w a n n geflogen h a t t e , u n e r s c h ü t t e r l i c h auf dem Weifte.
E n d l i c h , als o b es einen k u r z e n
heroischen
Entschlufs fafste,
f i n g es —
das M ä d c h e n k l a m m e r t e sich fest an m i c h —
zu
rollen
die H ö h ,
und
schwebte
es
an,
schlug
Flammen
einen P u l s s c h l a g auf
dem
in
nachher
wogigen
Meere.
F r ö h l i c h e s G e t ö s e auf dem Verdecke begleitete e s ,
J u b e l g e s c h r e i vom
Ufer her
w i r b e l t e i h m n a c h , u n d die j u n g e , seufzende,
zitternde
Schöne —
Gott
segne
i h r e f ü h l b a r e n N e r v e n — wul'ste j e t z t w i e ihr w a r ,
u n d liefs m e i n e n A r m f a h r e n .
A c h , ich h ä t t e i h r i h n gern n o c h länger
74 geliehen, u n d , w i e man dem P r o b e g a n g einer ausgebesserten U h r nachspürt, gern noch länger verfolgt,
jene
die
leisen
der D r u c k
Schwingungen von
ein
Paar
weiblichen Händen auf meine F i b e r n erregte.
A b e r j e t z t bekümmerte sich weiter
keine Seele um die andere.
W a s die Neu-
gier vereinigt h a t t e , trennte die Befriedigving.
Die Gesellschaft flog nun auf die
vielen sich
kleinen
Boote
zu ihrer
S a i n t - Sauveur seinigen. —
aus e i n a n d e r ,
Aufnahme n ä h e r t e n , erwartete
mich
in
die und dem
„ I c h komme r e c h t sehr zu-
f r i e d e n , " r i e f ich ihm e n t g e g e n ,
als ich
einstieg, „von dem Versuche mit mir selbst zurück , und deine T h e o r i e e n t h ä l t mehr W a h r e s als i c h gedacht h a b e . " —
Indem
ruderte das B o o t , a u f dem sich meine neue Bekannte b e f a n d , über.
b e i dem unsrigen vor-
I c h h ä t t e w o h l gewünscht mit ihr
zugleich an das U f e r zu s t e i g e n ; aber ich landete einige Augenblicke — an denen vielleicht ein ganzer R o m a n h i n g — zu spät an.
75 Auf dem Hingange nach unserm Wagen kamen wir bei
der Wohnung des ehrli-
chen Passerino
vorbei.
Die
schwarze
Tafel über der Hausthüre, sein Sortiment menschlicher Gebrechen, mein Frühstück bei ihm, und die martervollen T a g e , die gleich darauf folgten — alles trat in Einem Blicke mir jetzt vor die Seele.
Mit feuch-
ten Augen theilte ich meinen Begleitern die Empfindung, die mir anflog, und zugleich die Nachricht mit, die ihnen freilich wenig verschlagen konnte, dafs in diesem Hause der brave Mann w o h n e ,
der mein
Lehrmeister in der Baukunst gewesen sei. Um meine ehemaligen ihn,
Spöttereien
über
zu denen ich alleweile kein
Herz
h a t t e , wieder gut zu machen,
und um
seiner Kundschaft nicht Abbruch zu thun, lobte ich ihn als einen zweiten Vitruv. — „ I c h habe ihm vieles zu d a n k e n s a g t e ich. —
,,Besonders a u c h , " f i e l - m i r Sa-
bathier in das W o r t , „als Krankenwärter. Man las es in seinem verstörten Gesichte,
76 w i e sehr ihm Ihr A u f k o m m e n ain Herzen lag." —
„Das kann ich um so viel leich-
ter g l a u b e n , " a n t w o r t e t e i c h , meinem Leben
„ a l s an
die E r f ü l l u n g eines Ver-
sprechens, eine S p a z i e r f a h r t h i n g , zu der schon der W a g e n angespannt ich m i c h legen m u l s t e ,
war,
als
u n d auf der er
nichts geringeres zu holen g e d e n k t ,
als
sein zeitliches Glück und seine Unsterblichkeit.
Diese w i c h t i g e S c h u l d hoffe ich
morgendes Tages a b z u t r a g e n . " —
„Mor-
gi'ii ? " fragte Saint - Sauveur v e r w u n d e r t . „Einen W e g
zur Unsterblichkeit —
der Nähe von Marseille ? e t w a s ganz Neues.
,, C o t i g n a c , "
und erregte
lautes Gelächter. —
in mir
W i e heifst denn die-
ses Ziel der G l o r i e ? " — antwortete ich,
Das ist
d a m i t ein
„ N e i n , " rief Saba-
t h i e r , „ d a s k ö n n t e meinem g u t e n Kufe schaden,
w e n n ich es z u g ä b e " — und
— „ N e i n r i e f der M a r q u i s , „ d e n n von morgen an, Freund, lege ich f ü r die ganze W o c h e Beschlag auf dich und deine Talente.
77 Ich kann dir davon zu deiner Spazierfahrt keinen T a g
frei g e b e n ,
als den letzten,
w o ich das angenehme Geschäft über inir h a b e , den Flügelmann meines Regiments armeil
zum T o d e zu führen — und den
Sünder in dein Augenblicke, der ihm drei Kugeln durch das Herz jagen s o l l , durch ein harmonisches schen." —
Pardon
,, Und w o m i t , "
zu
überra-
fragte
ich
h a s t i g , „ h a t denn der Unglückliche vers c h u l d e t , dais er deinem System zum Experimente dienen s o l l ? " — „ N a c h seinem Verbrechen,"
a n t w o r t e t e Saint - Sauveur
r ä t h s e l l i a f t , „ d a r f ein Berliner nicht fragen.
Bei euch w i r d defslialb kein Flügel-
mann der T o d e s a n g s t a u s g e s e t z t . " —
Was
w o l l t e der M a r q u i s damit s a g e n , E d u a r d ? und was wollte
er vorhin mit
meinen
Talenten ? Ich begreife eins so wenig als das andere. Wochen
U b e r meine Z e i t , die er auf
in Beschlag n i m m t ,
mich auch
noch
mufs ich
mit ihm verständigen.
Ich habe deren nicht viele mehr in diesem
70
Lande zu verlieren, wenn ich anders mein Geiippe in Sicherheit haben w i l l , ehe die Sonne noch glühender wird. Und doch kann ich an unsere baldige Trennung ohne Schaudern nicht denken. W i e kam es mir nicht schon so schwer a n , dafs ich die wenigen Stunden, die mir von heute noch übrig blieben , ohne ihn hinbringen sollte! — Aber mein strenger Arzt ril's mich unbarmherzig von seiner Seite, und verwiefs m i c h , aus Furcht vor der Abendluft, in meine einsame Her„Wenn Ihnen, " tröstete er bergt:. — mich, „ I h r e heutigen Lebensversuche wohl bekommen und zu einer guten Nacht verhelfen, so öffne ich Ihnen morgen die weite W e l t , und überlasse Sie Ihrem Freunde — zur Nachkur." — Möge er es zur guten Stunde gesagt haben.
1\>
Den ijj. l ' e l n m r .
S o hätte ich denn seit z w e i S t a n d e n das Lenkseil meiner s e l b s t , Rennbahn
des
das mir auf der
Lebens
aus
den
Händen
g e s c h l ü p f t w a r , w i e d e r in meiner G e w a l t ! Sabathier
hat
es
mir so
feierlich,
w e n n es ein D o k t o r h u t w ä r e , K a u m w a r ich Runzeln
mit einem G e s i c h t e
aus meinem
gestiegen,
als
überreicht. ohne
Bette ohne F a l t e n
und lächelte in dem frohsten
Vorgeschmäcke
meinem
das man herein t r u g ,
Frühstücke
als mir sein
zu, Mor-
gengrufs so süfs entgegen t ö n t e , w i e eine Gelsnerische S c h ä f e r f l ö t e in meinem f ü n f zehnten Jahre.
W i e reichhaltig kam mir
nicht sein freundliches Gespräch v o r ! E s w ü r z t e meinen
guten
Kaffee n o c h mehr.
E s belehrte mich ohne mir w e h z u thun, u n d rührte mich durch die genauere E n t wickelung sung.
des
Wunders
meiner
Gene-
ÜO
D u w e i f s t , E d u a r d , ich h a b e m i c h Immer f ü r ein Kind des G l ü c k s , f ü r einen Liebling des Zufalls g e h a l t e n ,
und
finde
so
w e n i g Anmafsliches in dieser V o r s t e l l u n g , dafs ich keinen G e s i c h t s p u n k t ' k e n n e , a u s weichein
sich der Mensch gelassener be-
trachten
könnte,
Eigenliebe,
als aus diesem.
die dabei eine R o l l e spielen
•wollte, miil'ste stockblind
seyn.
Daher
ich es a u c h i m m e r f ü r den b e s t e n
habe Zug
Die
meines Herzens g e h a l t e n ,
keinen B e w e i s , führen kann,
der m i c h übersehe,
dat's ich
darauf zurück und nicht,
wie
a n d e r e , mir jeden z u f r i e d e n e n A u g e n b l i c k als Folge m e i n e r k l u g e n E i n r i c h t u n g anrechne.
In
m e i n e r jetzigen
glücklichen
Lage w ä r e es vollends u n v e r z e i h l i c h . meinem Schuld
hitzigen seyn,
nesung.
mag
ich
wohl
aber nicht
an m e i n e r Ge-
Diese lag w e i t
a u f s e r meinem
Gesichtskreise, derbarsten
Fieber
An
u n d es mul'sten die son-
Umstände
zusammen
u m sie m ö g l i c h zu m a c h e n .
treffen,
Das seltenste
öl Ungefähr entrifs mich nicht nur den Klauen des Marktschreiers, sondern a u c h , w i e Du gleich hören w i r s t , den harten Fäusten der hiesigen Arzte — die, da sie nur selten feinere Maschinen zu behandeln haben als Matrosen und Kaufleute, jeder andern, die nicht eben so derb zusammen gesetzt i s t , fast so gefährlich sind, als die ausgemachtesten Stümper. Welche Proben der Angst würde mein armer Körper nicht noch vor seiner gänzlichen Auflösung haben ausstehen müssen, wenn nach dein Marktschreier auch noch so ein Praktikus über ihn hergefallen w ä r e ! Sabathier, mufst Du wissen, gehört nicht zu dieser Zunft, ist Mitglied der preiswürdigen Fakultät zu Montpell i e r , und gegenwärtig auf einer wissenschaftlichen Reise begriffen, die er über Holland nach Edinburg thun w i l l . Mein anonymer W o h l t l i ä t e r , — Gott segne ihn — der einen natürlichen Hals gegen alle Charlatane h a t , w i e die PharaosTh. w . V. Tli.
6
82 Ratze *) gegen die K r o k o d i l l e , u n d stieg dem
nomadischen
bis vor m e i n Bette n a c h , den G e i e r ,
und
nach Hülfe f ü r
schlich
Medikaster verscheuchte
s a h sich eben ä n g s t l i c h das g e r u p f t e
Täubchen
u m , das zappelnd da l a g , als — der g u t e S a b a t h i e r vor stieg,
und
dem
der
heiligen
Geiste aus-
Schall seines b e r ü h m t e n
N a m e n s an alle W ä n d e des G a s t h o f s anU n v e r z ü g l i c h t r a t i h m der Un-
schlug.
b e k a n n t e in den W e g , erzählte i h m s c h o n auf der T r e p p e m e i n e v e r z w e i f e l t e Lage, liefs i h m k a u m
Zeit sich
umzukleiden,
u n d , n a c h d e m er sein M i t l e i d e n auf das s t ä r k s t e erregt h a t t e , mein B e t t e ,
f ü h r t e er i h n v o r
und nahm ihm,
u n t e r mei-
nen s c h o n g e b r o c h e n e n A u g e n , das E h r e n •yvort a b , seine Reise a u f z u s c h i e b e n , u n d den k r a n k e n
Deutschen
n i c h t zu verlas-
sen , b i s n i c h t sein Schicksal e n t s c h i e d e n sei.
Der
sprach *)
es,
Vivena
m e n s c h e n f r e u n d l i c h e A r z t verund hat ic/tneumoii.
es g e h a l t e n . Liu>>
Mein
83 bösartiges Fieber f a n d in ihm einen Bes c h w ö r e r , w i e es einen bedurfte. die kleinen Nebenverhältnisse,
Selbst
in die er
sich mit mir gesetzt f a n d , so u n w i c h t i g sie auch schienen, waren hier nichts weniger als gleichgültig. stand mit
Schon der Um-
einer gemeinschaftlichen Herberge ihin imiiste mir den gröfsten Vor-
theil gewähren. möglich,
D a d u r c h w a r d es ihm
mich zu allen S t u n d e n zu be-
obachten,
und meine Narrheiten
abzu-
warten , als ob ich der vornehmste Herr und
er
mein
Leibinedikus wäre.
Ich
b r a u c h t e nicht mit zehn andern Elenden zu kämpfen, um einen Theil seiner Zeit, ein W o r t von seiner ermatteten Zunge, e i n R e cept aus seinem /erstreuten Gehirne zu erhaschen.
Auch hatte seine H a n d , ehe sie
die meinige berührte, nicht w i e die F a u s t , die Dir einst Dein Andenkens
entgegen
gens z w ö l f
Kindern
Äskulap streckte,
prahlenden des Mor-
die Blattern
einge-
impft , des N a c h m i t t a g s eine K o m ö d i a n t i n
04 e n t b u n d e n , u n d des A b e n d s einen Neapolitaner
zergliedert,
und
seine
Perücke
schüttelte keine in der C h a r i t é angesteckte L u f t t h e i l c h e n in meine A t m o s p h ä r e . W e n n ich s t a r b , w a r ich s i c h e r , dal's es an meiner eigenen K r a n k h e i t lich ist
w o h l jeder
geschah.
zu
Glück-
nennen,
der in
dem N e b e l , den das u n z ä h l b a r e Heer von Seuchen dränge ter,
um
ihn
herzieht,
in
dem Ge-
so vieler s c h w a n k e n d e n
die dieser D u f t bildet
und
Irrlichnährt,
u n d die sich i h m bei seiner W a n d e r s c h a f t über
das
allgemeine
Leichengefilde
als
W e g w e i s e r a n b i e t e n , auf den Genius eines K a p p , G r i i n i n , Meckel o d e r Tissot t r i f f t , der ihm
vorleuchtet.
Ist
sein
Gewebe
n u n vollends s c h o n v o n der N a t u r l o c k e r g e s p o n n e n , d u r c h die H ä n d e seiner Erzieher v e r w o r r e n , u n d von allen den Modefarben ,
in
die es g e t a u c h t
wurde,
m ü r b e g e b e i t z t , als das i n e i n i g e ,
so
u n d es
f i n d e t s i c h , eben da d e r L e b e n s f a d e n zerreifsen w i l l , ein solcher K u n s t w e b e r
al.'
Sabuthier zu i h m ,
der an der l a u f e n d e n
Spule die F a s e r n n o c h zu e r w i s c h e n
und
so geschickt
dafs
auch nicht
anzuknüpfen versteht, der kleinste
Knoten
zurück
b l e i b t , der das F l i c k w e r k v e r r a t h e n k ö n n te : so weifs ich nicht w i e grol's das Verdienst des Kranken seyn mül'ste,
das die-
sem seinein G l ü c k e gleich k o m m e n sollte. Diese B e t r a c h t u n g e n recht schwer,
mich
m a c h t e n m i r es
v o n dem M a n n e zu
t r e n n e n , der sie v e r a n l a f s t e , u n d der — ohne
dafs ich d a m i t
andern Ärzten
nahe t r e t e n w i l l — einzig in seiner ist. —
zu Art
D e n n w o h a t w o h l einer vor i h m
einen solchen Abschied von seinem Krank e n - g e n o m i n e n , als E r von m i r ? E r fal'ste m i c h mit ernstem A n s t ä n d e bei der H a n d , setzte sich neben mir a u f den Sopha , u n d ehe ich m i c h des Textes v e r s a h , ü b e r d e n er seine B e r e d s a m k e i t menschliche
spannte,
lag das
Herz so m e i s t e r h a f t zerglie-
d e r t v o r m i r , als w e n n L o c k e u n d Boerh a v e in i h m z u s a m m e n g e t r e t e n
wären,
uin mir zu d e m o n s t r i r e n , wie wenig ich, moralisch und physisch , w e r t h sei.
Ich
inufste bei jedem F e t z e n , den er mit seiner Sonde in die Höhe h o b ,
heimlich
gestehen, dafs es ein Theil von inir war. In jeder Beule, die er öffnete, ich mein eigenes G e s c h w ü r ,
erkannte
und fühlte
in meinem Innern jeden S c h n i t t , den er doch nichts weniger als in meinem Kadaver zu t h u n schien. Einem W o r t e ,
Es ward m i r , mit
immer klärer,
dafs die
Kasuisten zu Avignon und der getaufte Jude so vielen Antheil an meinem hitzigen Fieber h a t t e n , als Klürchen und der Seefisch — dal's ich meiner Gesundheit nie weiter aus dem Wege gekommen sei, als in der Z e i t , da ich sie suchte — u n d dafs S a b a t h i e r ,
d e r , gleich dem grofsen
Arzte des L a z a r u s , Stehe
meine Heilung
mit
a u f angefangen hatte, jetzt auch,
wie e r , sie mit keinem bessern Rathe zu beschliefsen wisse, gemeinten G e h e
als mit einem wohlheim.
07 J a , j a , Eduard, unstreitig ist es das klügs t e , was ich tliun kann.
Ich brauche
wahllich keine Erfahrungen mehr zu dem bewiesenen Satze zu sammeln, dafs meiner Diät und meiner Tugend auf Reisen noch weniger zu trauen i s t , ner Heiinath.
als in mei-
Das Uberraschungs-System
meines Freundes sóli mich nicht aufhalten.
Gott weifs, was ich mir damit über
den Hals ziehen konnte, wenn ich es so gründlich
studiren wollte,
als manches
andere, das mich irre geführt hat. Als Sabathier
ain Ende
seines lehrrei-
chen Gesprächs nach dem Hute griff, verstand ich das Zeichen, flog in die Kammer vor meinen Schreibtisch, und — indem ich geschwind berechnete dais, wenn ich die Summe meines baren Reisegeldes gerade mit ihm theilte, ich in Verhältnifs meiner vorigen täglichen Ausgaben immer noch durch mein hitziges Fieber gewönne — packte ich zwei Rollen zusammen, die einen ziemlich starken Beweis enthielten,
80 w i e hoch ich mein Leben schätzte, trat damit
n e n , der dem Apollo ten Hahn o p f e r t , Arzt.
und
in der Demuth eines Genesenur einen schlech-
vor meinen trefflichen
Aber dieser, als schwebe er in der
Glorie jenes Gottes , erhob sich in demselben Augenblicke über alle gemeine Mitgesellen seiner Kunst. — lieber F r e u n d , "
>,Sie vergessen,
sagte e r ,
„ w i e theuer
S i e Ihr Leben schon bei dem Quacksalber gelöst h a b e n , den ich vertrieb. belohnt g e n u g , kam,
Ich bin
dals ich nicht zu
spat
um seine R e c h n u n g und sein Ver-
gehn gegen Sie ins Gleiche zu bringen, und durch meine Anzeige die Polizei aufz u f o r d e r n , ihm das H a n d w e r k , w o nicht ganz zu l e g e n , doch solchem eine zweckmäl'sigere R i c h t u n g f ü r das gemeine Beste zu g e b e n . " — Mann,"
,,Edler,
sagte ich,
grofsmüthigei
legte meine Geldrol-
len aus der H a n d , und trocknete mir die Augen. —
„Und
was ist d e n n , "
fuhr
ich kleinlaut f o r t , „ a u s dem Q u a c k s a l b e r
(\9
g e w o r d e n ? " — „Man liefs i h m , " antwortete Sabathier, „die W a h l , sich nach seinen Verdiensten entweder bestrafen, oder belohnen zu lassen — entweder mit einem Wahrzeichen an der Stirn das Reich zu r ä u m e n , oder in demselben — Mause zu fangen. Er entschlols sich zu letzterm, unter der Bedingung, die man ihm gern zugestand, dafs er den Doktortitel fortführen d ü r i e , den er in Erfurt gekauft habe. Er ist bei den hiesigen Hanf - und Taumagazinen angestellt, w o er gewifs von Nutzen seyn wird. " — Ich läugne nicht, E d u a r d , diese Nachricht machte mir Freude. Nicht, als ob ich gerade sehr stolz darauf gewesen w ä r e , durch meine unschuldige Vermittlung einen solchen Landsmann in Königlich Französische Dienste gebracht z u h a b e n ; sondern weil es m i r , bei meiner ewigen Spekulation über die Bestimmung des Menschen, wohl t h u t , wenn ich einmal auf einen treffe, dem das Schicksal die seinige so
9o
deutlich a n w e i s t als diesem. —
Übrigens
mufste es mir w o h l auf alle W e i s e lieber seyn, dafs der Z u f a l l , neben vieler meiner Mitmenschen
Erhaltung,
n u r den
Tod
der Mäuse mit meiner Genesung verkettet h a t t e , als u m g e k e h r t — w i e das bei vornehmern Kranken als ich bin w o h l manchmal der F a l l seyn mag. „ S e h e n S i e , " f u h r Subathier f o r t , „so ist alles in seiner Ordnung. —
Der Verzug
meiner Reise ist mir hinlänglich durch das S t u d i u m Ihrer Krankheit b e z a h l t :
denn
schwerlich werde ich in Edinburg eine versäumt h a b e n , die aus m e h r e i n F e h l e m gegen die Diätetik zusammen g e s e t z t , a u s so bösartigem Stoff e n t w i c k e l t , den Nachforschungen eines Arztes w ü r d i g e r
und
mir belehrender gewesen w ä r e , als diese. Auch soll sie m i r bei meiner A u f n a h m e in die dortige Akademie zu einein sonorischen Perioden verhelfen. " —
in meiner Antrittsrede Ich machte — einfältig
genug — meinem medicinischen Freunde
91
f ü r dieses L o b m e i n e r K r a n k h e i t eine tiefe V e r b e u g u n g , als ob er mir eine Schmeichelei gesagt h ä t t e , erschrak ü b e r diesen neuen
Mifsgriff m e i n e r E i g e n l i e b e ,
s t o t t e r t e n u n voller V e r l e g e n h e i t : — Rechnung
iin
doch -
—
Wort,
Gasthofe werden
und „Ihre
Sie mir
„ D i e s e , " fiel er inir ins
, , i s t d u r c h den braven M a n n be-
richtigt w o r d e n , Verbindung
der m i c h m i t I h n e n i n
gesetzt
hat. " —
,, L i e b e r
S a b a t h i e r , " d r ä n g t e i c h m i c h jetzt n ä h e r an i h n , ,,Sie d ü r f e n m i c h n i c h t verlassen, ohne mir
den
Schutzengel
genannt
zu
h a b e n ,'
bei dem ich in einer so ogrofsen S c h u l d s t e h e , u n d die ich d u r c h a u s ab-
tragen
mufs,
soll." —
wenn
ich
,, Ich w ü r d e
ruhig
weiden
es gprn
thun,"
versetzte e r , „ h ä t t e seine u n e i g e n n ü t z i g e T u g e n d m i r n i c h t Stillschweigen geboten. Wir wollen
dein w a c k e r n M a n n e seinen
eigenen G a n g l a s s e n , u n d u n s im Stillen b e g n ü g e n , eine Seele zu b e w u n d e r n ,
die
sich ü b e r das G e r ä u s c h m e n s c h l i c h e r Bei-
92 falls - Äufserungen
des Danks
und
den
Schimmer ihrer eigenen Seltenheit erhaben f ü h l t . " —
„ 0
mein F r e u n d , " er-
wiederte ich voller Betrübnil's, „ w i e gern mochte ich dieser übermenschlichen T u gend huldigen ! — wahrlich
Aber
ich kann
ich kann nicht.
—
E i n e so hel-
denmiithige Verleugnung der allen Herzen angebornen Schwachheiten erweckt - - - — ich hielt inne. — denn?" dacht, gern
,, W a s
fragte Sabathier. —
erweckt
sie
„ D e n Ver-
von dein ich meinen Wohlthäter
frei sprechen m ö c h t e ,
mässigen
Stolzes,
der seine
desto künstlicher versteckt,
eines überBlöise
nur
je lebhafter
sein geheimer W u n s c h i s t , dafs die Neugier sie enthülle. dere Menschen nicht
nach
E i n e G r ö l s e , die anso sehr
meinem
Gleichgültigkeit
verkleinert,
Geschmacke.
ist Die
des Unbekannten gegen
meinen Dank ist sehr deinüthigend , und ich fühle es wahrlich auf das schmerzhafteste,
wie viel
Unbarmherzigkeit
in
seiner G r o l s m u t h l i e g t . " —
„Uder
wie
viel S c h o n u n g , " sagte S a b a t h i e r lächelnd, u m a r m t e m i c h n o c h einmal z u m Abschiede ,
bat
sich
ein
Empfehlungsschreiben
n a c h L e y d e n an Jeroin aus — u n d u n t e r t a u s e n d S e g n u n g e n , die meiner s t a m m e l n den Z u n g e e n t s t r ö m t e n , Zimmer
eilte er in sein
d e n A n s t a l t e n seiner n a h e n Ab-
reise zu. K a u m w a r er f o r t ,
so s t ü t z t e ich ineinen
Kopf auf den A r m . —
„Schonung?"
w i e d e r h o l t e i c h , „ w a s w i l l er mit diesem räthselhaften
Worte?"
t i g t e mein K a c h d e n k e n Stunde.
und
es beschäf-
bei einer halben
Ich w o l l t e lange n i c h t
daran,
die E r k l ä r u n g als w a h r a n z u n e h m e n , sich
mir aufdrang; aber,
die
so w e n i g sie
a u c h S c h m e i c h e l h a f t e s f ü r mich e n t h ä l t , so bleibt mir d o c h keine a n d r e übritr. Der Unbekannte,
stelle ich m i r v o r ,
mochte
es w o h l n a c h seiner E i g e n h e i t eben so sehr für Pflicht halten,
so lauge ich
krank
lag;, mir beizustehen,
als
mir
aus dem
Wege zu g e h e n , sobald ich gesund w a r d . Die Beichte meines hitzigen F i e b e r s ob
das
nicht
wohl
Ohrenbeichten mag? —
hat
weniger flölst,
bei
andern
der F a l l
seyn
ihm wahrscheinlich nichts
als Neigung und
auch
manchmal
—
gegen
mich einge-
in dieser R ü c k s i c h t verräth
seine stillschweigende E n t f e r n u n g unstreitig eine seltene Schonung.
E i n eifriger
K a t h o l i k , — mein G o t t , — kann j a unmöglich einen Menschen l i e b e n , schätzen und seiner F r e u n d s c h a f t der die heilige mit ihren
Klara
werth
von
drei lilasensteinen
den Papst Alexander
halten,
Montefalcone verspottete,
zur Hölle
verwies,
und selbst bei dein Anblicke der drohenden E w i g k e i t keine R e u e fühlte , Strumpfband
vertauscht
Mariens
zu haben.
Ich
darf froh s e y n , dafs der gute Mann meiner R e t t u n g schon den S c h w u n g gegeben h a t t e , ehe er e r f u h r , w i e w e n i g ich ihrer w e r t h sei.
M i r t h u t es z w a r w e h , dafs
zwei H e r z e n , die b e r e i t s e i n a n d e r so nahe waren,
durch
solche W i n d s t ö f s e w i e d e r
g e t i e n n t w e r d e n m u f s t c n ; aber w a s k a n n ich d a f ü r ? ITin jedoch den D r u c k m e i n e r D a n k b a r k e i t los zu werdpn , w i l l ich z u m E r s a t z meiner S c h u l d ein G e s c h e n k in das Hospital s c h i c k e n , u n d es als eine N o t h h ü l f e , die ich gegen den s o n d e r b a r e n Heiligen n e h me,
der Versteckens m i t m i r s p i e l t ,
dem W o c h e n b l a t t e anzeigen lassen.
in Das,
h o f f e i c h , w i r d n a c h seinem S i n n e seyn. — Edler Sabathier! — Jerom!
Dächten
Liebenswürdiger
alle M e n s c h e n w i e ihr
u n d i c h , w i e leicht w ü r d e es w e r d e n , die drei R e l i g i o n e n ,
denen
wir
anhängen,
•unter E i n e n H u t zu b r i n g e n ! W i e g e e h r t f ü h l e ich mich in diesem Augenblicke, w o i c h d u r c h einen
Z u g meiner F e d e r e u r e
b e i d e n v e r w a n d t e n Seelen vereinigen s o l l ! — D o c h da k o m m t m i r ein Briefchen von Saint - Sauveur dazwischen, lesen mufs. —
das ich erst
pG
D a s w a r ein t h ä t i g e r r e i c h h a l t i g e r Morgen ! Meine d r i n g e n d e n G e s c h ä f t e auf der vorigen Seite sind n u n alle b e s o r g t , u n d ich w e n d e meine A u g e n , die u n t e r blendenden T h r ä n e n den g u t e n S a b a t h i e r abfahren
sahen,
wieder
nach D i r ,
mein
E d u a r d , der mir sie von j e h e r i m m e r am g e s c h w i n d e s t e n getrocknet h a t . — z w e i Uhr.
Es ist
N u r n o c h einige Zeilen, u n d
i c h u n t e r w e r f e mich s o d a n n ganz sorgeng e d a n k e n - u n d w i l l e n l o s der L e i t u n g des r e i c h e n r o m a n h a f t e n M a i i j n i s , dein meine K a c h k u r ü b e r t r a g e n ist. wartet mich; vor mir.
Geht
Sein W a g e n er-
seine h e u t i g e O r d r e
liegt
er a u c h so ziemlich m i t
mir u m w i e m i t einer S a c h e , — ich lasse m i r alles g e f a l l e n , ob m i r
gleich
nicht
alles g e f ä l l t ; so k i r r e h a t m i c h leider das Mif'strauen g e m a c h t , gegen die
das m i r
Sabathier
eigene A u f s i c h t m e i n e r selbst
in den Kopf g e s e t z t h a t .
Da w i l l er, zum
Beispiel, dal's ich h e u t e n a c h Tische eine
97 fmstreise mit ihm antrete , die eine Hälfte des Weges im W a g e n , die andere zu Fufse, nach seiner Bastide, die drei Stunden von hier und auf der Strafse nach T o u l o n zu liegt, wohin ich ihn morgen früh begleiten soll.- Mit diesem Herumstreifeil würden, wie er mir vorrechnet, die nächsteil vier Tage bis auf den bewuisten Sonnabend verstreichen, den ei mir schon gestern zu meiner W a l l f a h r t nach Cotignac freigab.
Diese Eintheilung meiner W o c h e
ist mir nur halb r e c h t , E d u a r d ;
Alzire
w i r d h e u t e , morgen w i r d Mahomet aufgeführt , , und ich s o l l , s t a t t dieser trefflichen S c h a u s p i e l e , Dinge nachgehen,
einem so
widrigen
als mir eine
Bastide
ist , um dort meinen Wettlauf nach Gesundheit anzufangen.
Der
gute
Mann
bedenkt n i c h t , dai's ich kaum von einem hitzigen Fieber genesen bin. — darauf nach T o u l o n !
Den T a g
Festungen sind mir
aber fast so sehr zuwider als Bastiden. Lieber S a i n t - Sauveur ! ich hätte mir von Th. W .
V. Th.
7
93 deinem Überraschungs - System etwas besseres versprochen,
und ich z w e i f l e ,
ob
Sabathier dergleichen llecepte zu meiner Nachkur billigen würde.
Dieses
rechnet, hätte ich gar nichts auf einige
Zeit aus meinem
abge-
dawider, häuslichen
Zirkel heraus zu t r e t e n , der mich mechanisch in die Tage zurück zaubert, die ich doch gern
vergessen möchte.
überflüssigste Theil desselben,
die
Der bei-
den Puppenspieler, haben durch ihr Verplaudern
meiner Historie mit
Klärchen
vollends ihr Büschen Kredit bei mir verloren ; und doch scheinen sie gar nicht zu a h n d e n , wie unerträglich sie mir sind. Da unterbrachen sie mich erst vorhin mit dein possenhaftesten Anstände in meiner Schreiberei, um mich über einen Einfall zu Rathe zu z i e h e n , der ihnen eine f r o h e Zukunft v e r s p r ä c h e . — der F r o l o g u s an — fuhr ich sie a n ,
„Elektra,"—hub
„ G e h t zum H e n k e r , "
„ m i t eurer E l e k t r a , und
putzt dafür meine
Schuhe!" —
Auch
99 Bastian,
der gute Kerl,
macht keinen
Eindruck mehr auf mich mit dem Gesichte seiner Schwester; dafür erinnert er mich aber desto lebhafter an die ekeln Chinapulver,
die
eingerührt hat.
er mir
dutzendweise
Es ist mir immer,
so
oft ich ihn ansehe, als ob ich einnehmen müfste.
So wunderlich es von mir wäre,
ihm dieses zum Vorwurfe zu machen, so bin ich doch froh, dafs er mir einige Tage aus den Augen seyn wird.
Er kann un-
terdessen hier mit dem Wirthe zusammen rechnen; und sich mit den Anstalten zu meinem Aufbruche beschäftigen, den ich zu Anfange künftiger Woche festgesetzt habe.
Die Freundschaft Saint-Sauveurs
würde mich in jedem andern Lande zurückhalten ;
aber das hiesige Klima ver-
stattet mir keine Weile, und drängt und treibt mich wie einen Storch nach meinem
Deutschen
Schattenneste ;
ach
es
würde meine spröden Knochen vollends zu
Pulver
zerreiben ,
wenn
ich
hier
100 bliebe.
Dafs ich
auf dem ich werde,
nicht denselben
herkam ,
kannst D u
zurück
wohl —
Weg,
nehmen
ohne
selbst
mein T a g e b u c h betrübten Andenkens gelesen zu haben ;— b e i einem neugierigen Reisenden
voraus s e t z e n ,
ob D i r gleich
jenes n o c h ganz andere A u f s c h l ü s s e darüber
vertrauen
denke über
Holland
liebtes L e y d e n Avignon,
würde.
ich
ge-
und über mein ge-
heim
zu
gehen,
ohne
und
Bruchsal
nur
in Gedanken z u berühren.
In drei
Wo-
chen — seyn,
ach
Gott!
und s e l b s t ,
langsam sogar
Stralsburg
Nein!
als
i c h mir
fortreist,
kann ich bei Jerom wenn
Sabathier
als er a n f i n g ,
er und mein Brief. an den F i n g e r n
ich ihn schrieb ,
so eher
Das h a b e
abgezählt,
als
u n d sie mir vor Freu-
den v e r b r a n n t , als ich ihn zusiegelte.
So
gar viel. P a p i e r w e r d e ich nun w o h l nicht mehr verthun.
E i n halbes B u c h ,
denke
i c h , soll h i n r e i c h e n , bis ich D i r in Berlin meine schreibselige Feder z u F ü f s e n lege.
101
D a s in h a l b d u n k e l n Tinten trefflich gemalte Z i m m e r ,
in welchem m i c h Saint-
S a u v e u r diesen Mittag a u f n a h m , w a r g a n z der rührenden S t i m m u n g angemessen, die ich m i t b r a c h t e ,
und
in der er mich —
Gott w e i f s w i e er das a n f i n g ! — S t u n d e n , bis w i r ins Freie k a m e n , e i h a l t e n verstand.
drei zu
Es gehört ein W i r t h
d a z u , w i e Er w a r , d a m i t ein G a s t , w i e ich b i n ,
nicht bei Tische den
eines dritten bemerkt.
Abgang
Die hellen W a h r -
h e i t e n , die zarten Berührungen der Seele, die
menschenfreundlichen
Aufserungen,
die in sanften Adagiotönen seinen Lippen e n t f l o s s e n , und die G u t m ü t h i g k e i t ,
die
aus seinen liebenden Augen wiederschien, e r q u i c k t e n mein schmachtendes Herz mit dem eines,
so
lang'
entbehrten
deutung des W o r t s , ters.
Vollgenusse
in der edelsten und w e i t e s t e n Beguten
Er ü b e r r a s c h t e
Gesellschaf-
mich an
dem
102 heutigen
Mittage
u m vieles angenehmer
noch als an dem gestrigen — nicht d u r c h die neu ersonnenen G e r i c h t e , vorsetzte,
die er m i r
sondern durch die Menge
fei-
ner u n d erhabener E m p f i n d u n g e n , denen er in meiner Seele mit Soldatischer E n t bindungskunst
L u f t machte.
Sie schie-
nen m i r , w i e V e r t r i e b e n e , die sich unter einer
tyrannischen
Regierung
versteckt
h i e l t e n , von w e i t e m h e r z u k o m m e n ,
ein-
ander z u ihrer E r h a l t u n g G l ü c k z u w ü n schen , und das Fest ihrer Wiederkehr in der alten
Hütte z u
feiern,
aus
sich so lange verdrängt sahen.
der sie So sehr
ich auch j e t z t hinterher mich gerecht genug f ü h l e ,
das U b e r g e w i c h t seines Gei-
stes in dem w a r m e n G e s p r ä c h e , das sich unter
uns
wufste
er
entspann,
Schwerpunkt dafs es
anzuerkennen,
doch während
desselben
so den
so geschickt z u vertheilen,
mir v o r k a m ,
der v o l l k o m m e n
w i r hielten einan-
die W a g e .
Sein
Herz
s c h i e n , schmeichelhaft f ü r mich , voraus-
zusetzen, es werde von dem meinigen verstanden. Die Blitze, die sein W i t z von sich w a r f , spalteten sich so leicht an dem Prisma des ineinigen, mit welchem ich sie auffing, dafs ich nur meiner Kunst den schönen farbigen Strahlenkreis zu.schrieb, den es hervorbrachte. Ich horte ihm so lange' mit dem lautersten Vergnügen z u , als mir noch seine Unterhaltung Veranlassung g;ab, mir eine Verbeugung über meine tiefen Einsichten und mein zartes Gefühl zu machen. Auf einmal aber trieb mich eine Kleinigkeit von dem erhabenen Standpunkte heru n t e r , auf den mich meine Eigenliebe gestellt hatte. W i r sprachen eben von dein Hange zweier gleich gestimmter Herzen , d i e , indem sie w i e Magnete einander anziehen, a u c h , w i e diese, alles Ungleichartige von sich abstofsen, und ungenutzt ihre Kraft in sich verzehren, wenn sie auf keinen Gegenstand treffen, der in ihren Wirkungskreis taugt: Ich gefiel
11>4
m i r aufserordentlich in diesen zugespitzten E i n f ä l l e n , die ich v o r b r a c h t e , gerieth
darüber
so in
Feuer,
und
dafs
ich
nicht g e w a h r w a r d , w a s n e b e n mir vorging — n i c h t eher s a h ,
dal's der M u n d -
schenk eine F l a s c h e C h a m p a g n e r l ü f t e t e , bis der
Schall
des
heraus
getriebenen
Korks — bis der N a m e Sylleri — bis das schäumende
Glas,
das er m i r
vorhielt,
sich m e i n e r
E i n b i l d u n g s k r a f t schon
be-
m e i s t e r t , u n d mich sechs W o c h e n z u r ü c k in das Bacchanal versetzt h a t t e n , (las ich am achten feierte,
Januar
mit jenem
Gesindel
das leider n u r allzu i n a g n e t a r t i g
auf mich g e w i r k t h a t .
Heftiger k a n n in
einer belagerten S t a d t ein spielendes Kind n i c h t erschreckt u n d aus der W i e g e g e w o r fen w e r d e n , in die
w e n n das f e i n d l i c h e Signal
H ö h e steigt
Sturmlärm Augenblicke
und
nachfolgt,
der
allgemeine
als ich in diesem
der w i d r i g s t e n
Erinnerung.
Mag Dir diese V e r g l e i c h u n g n o c h so poetisch v o r k o m m e n ,
sie ist
darum
nicht
io") weniger treffend und wahr. Ich fühlte mich von dem unglücklichen Bilde, in welchem ich mich wie in dein niedrigsten Stücke von Teniers abgemalt sah, so gef i e l s t , dafs mir die Lippen bebten, und mein Auge in Thränen stand, noch ehe der Schaum im Glase zerronnen war. Armer W e i n , seufzte ich im Stillen, der auf demselben Berge gewonnen , vielleicht auf demselben Stocke mit jenem gereift ist, der mir das häfsliche Herz einer Heuchlerin enthüllte! Ware mir dort dein Aufbrausen nicht ekel, dein Name nicht zum Mifslaute geworden, wie süfs würdest du hier an der Seite eines edeln Freundes , mir schmecken, und mit weichein Feuer würdest du meine Lobrede auf die gesellige Tugend beleben! Saint - S a u v c u r , ob er gleich meine innere Bewegung gar nicht zu bemerken schien, kam ihr doch auf das thätigste zu Hülfe; denn er unterbrach mein angreifendes Selbstgespräch, indem er den
io 6 Stuhl rückte und aufstand.
Es ist die
leichteste Art, der Seele eine andre Richtung zu geben,
indem man dem Körper
eine andre anweist.
Der Unterschied, ob
mich der Wind von der oder jener Seite anbläst, ob ich rechter oder linker Hand an meinem Schreibetische sitze, in einen Garten
ob ich
oder in einen Kirchhof
b l i c k e , bewirkt bei m i r , wo nicht eine gänzliche Umschaffung meiner Denkungsart,
doch eine merkbare Verschiedenheit
der Begriffe. mal.
So ging es mir auch diefs-
Der Zauber, der mich_ nach Avi-
gnon versetzte, schien nur innerhalb dSs Zirkels meines Stuhls zu liegen.
Sobald
ich über ihn hinaus in das Fenster getreten w a r ,
will ich zwar nicht geradezu
behaupten, dafs ich mich meiner reüvollen Empfindungen schämte, aber ich bekam doch
Fassung
genug,
den ganzen
Auftritt für einen seltsamen Beweis der Nervenschwäche auszugeben, die mir noch von meiner Krankheit anhing, und mein
i7
Freund war auch so gut, es für bekannt anzunehmen. — „Wenn dich nur," sagte er scherzhaft,
indem er zugleich befahl,
dafs sein Pliaeton vorrücken sollte, ,,der Lärm" nicht zu sehr erschüttert, den jetzt die schlagenden Nachtigallen in dein Birkenwalde treiben , wohin ich dich führen will." —
Das brachte mich auf einmal
aus meiner weinerlichen
in eine bitter
spafshafte Stimmung. —
,, Birkenwald ?
Nachtigallen ? " fing ich mit spottendem Tone seine Worte a u f , „das klingt ungefähr in diesem Lande so hohl, als wenn man in Novazembla von Schmetterlingen uud Orangen spräche." Ich habe gewifs schon in meinem Leben witzigere Einfälle gehabt, und beifsendere
Antworten
war,
ohne mich ihrer zu rühmen;
sonders
ausgetheilt,
als diese be-
seitdem ich bemerkt hatte, dafs
ein Bonmot Dienstags eine ganze Gesellschaft belustigen konnte, welches Mittewochs ,
wenn es der Erfinder als be-
IOÖ w a h r t in
andere Häuser h e r u m t r u g oder
in seine S c h r i f t e n a u f n a h m ,
gleichgültig
a n g e h ö r t u n d gelesen w u r d e .
Der s c h a r f -
sinnige Herr m o c h t e n o c h so g e n a u Zeit, Gelegenheit
und Umstände
seines' E p i -
g r a m m s angeben, keine Seele b e k ü m m e r t e sich u m den kleinen B a l g , sobald er ü b e r die G e b u r t s s t u n d e h i n a u s w a r .
So w ü r d e
ich also a u c h diefsinal meine spitzige Gegenrede gar n i c h t e r w ä h n t h a b e n , h ä t t e sich n i c h t ihr schlaffer Stachel eine S t u n d e n a c h h e r gegen m i c h selbst g e k e h r t , mir eine Beule z u g e z o g e n ,
und
die ich n i c h t
anders zu heilen w u l ' s t e , als dafs i c h sie, u n t e r grofsen Schmerzen, a u f s t a c h .
Gott
b e w a h r e d o c h j e d e r m a n n vor w i t z i g - ü b l e n Launen ! I c h k o n n t e m e h r Herr w e r d e n .
der ineinigen
nicht
So abschmeckend sie
Anfangs w a r , e i n e so l a u g e n h a f t e S c h ä l f e n a h m sie an , als w i r b e i dem Schauspielhause u n d
der' bunten
die dahin s t r ö m t e ,
Menschenmenge,
vorbei f u h r e n ; u n d
sie w a r d n o c h b e i f s e n d e r ,
als w i r u n t e r
109
die F r a c h t wagen a u f der s t a u b i g e n Chaussee g e r i c t h e n :
denn , s t a t t es lieber ge-
r a d e h e r a u s zu s a g e n , h e u t e die S t a d t
wie
ungern
ich
u n d Alziren uin die Be-
k a n n t s c h a f t einer Bastide v e r t a u s c h t e , g a b ich es d u r c h mein Bezeigen auf eine viel auffallendere
Weise
schmiegte mich
zu e r k e n n e n .
(juer ü b e r
Ich
in die Ecke
des W a g e n s , d r ü c k t e m e i n e n r u n d e n H u t in die A u g e n , u n d bei j e d e r S t a u b w o l k e , die a u f s t i e g , hielt ich
Mund
u n d Nase
so geziert z u , als ob die S a n d s t r a f s e n uin Berlin mit T e p p i c h e n belegt w ä r e n .
Jeder
S o n n e n s t i c h schien ein E p i g r a m m in m i r zu entwickeln,
und
mir zu einer sinn-
r e i c h e n A n s p i e l u n g zu v e r h e l f e n , die den k o n t r a s t i r e n d e n U n t e r s c h i e d meines f r u c h t baren
Vaterlandes
mit
der d ü r r e n
Pro-
vence auf die u n g e s u c h t e s t e A r t , w i e ich g l a u b t e , in das L i c h t setzte.
Indem ich
m i c h mit meinem H a n d s c h u h f ä c h e l t e und m i r den Hals l ü f t e t e , sprach ich der v o n d e n s c h a t t i g e n A l l e e n ,
entwe-
die n a c h
H O
Charlottenburg führen, oder erinnerte meinen Freund an unsere kleinen Soupers in den Lauben zu Sanssouci. Ich w a r wie ausgetauscht, Eduard , fühlte in meiner Ungezogenheit weder den scharfen Verweis, der in dem Stillschweigen des Marquis l a g , noch liefs ich mich durch den Gedanken, w i e er doch nicht mehr, als sein Land erlaube, zu meinem Zeitvertreibe gewähren könne, so wenig irre machen, dafs ich endlich sogar Hagedorn und Kleist zu Hülfe nahm, um die grofse Wahrheit zu bestätigen, dafs nichts in der Natur an Reiz über den Eintritt des Frühlings in Deutschlund und unsern Maimonat ginge. Das Blut trat mir bei dieser vaterländischen Erinnerung in das Gesicht. — Ich blickte w i l d meinem Freund in die Augen. Er fafste mich bei der Hand u n d : „ W a s ist d i r , lieber W i l h e l m ? " fragte er verwundert. — „O der herrlichen Dichter! " antwortete ich mit beschwerter Stimme. ,,Sie haben das Bild
des Mais mit
einer solchen
Gewalt in
mir rege gemacht, dafs ich dich bei Gott versichern
kann ,
lieber Saint - Sauveur,
ich glaubte in diesem Augenblicke jenen Monat erreicht zu haben, unsre Frühlingsvögel zu h ö r e n , und den balsamischen D u f t unsrer jungen Biiken zu
athmen.
Eine lebhafte Einbildungskraft ist doch eins der wichtigsten Geschenke Sie
weifs
dem Betrug
Gottes.
die Gestalt der
W a h r h e i t zu geben , u n d unsre W ü n s c h e in wirklichen Genufs zu verwandeln." — „ S o wie s i e , " fiel mir
Saint-Sauveur
in das W o r t , „ die auffallendste Wahrheit zu Betrug h e r a b w ü r d i g e n k a n n . " — Dieser E i n w u r f meines Freundes w a r so paradox,
dafs ich ihn unmöglich unge-
r ü g t hingehen lassen konnte. — ganz neuer S a t z , "
sagte ich
i>Ein
höhnisch:
„ a b e r w o ist der Beweis dazu, lieber Marquis ? Willst du ihn führen ? " —
„ Ja,"
w a r seine bestimmte A n t w o r t ; und wahrlich , E d u a r d , er f ü h r t e ihn , und wie ?
1 12 G a n z nach seinem gestrigen System : denn nie hat mich ein p h i l o s o p h i s c h e r durch
Beweis
eine a n g e n e h m e r e E v i d e n z
über-
r a s c h t als dieser. Die W e n d u n g ,
deren
er sich dabei b e d i e n t e — sehr verschieden von
den
S u b t i l i t ä t e n der S c h o l a s t i k
—
k a m aus seiner u n d seines K u t s c h e r s H a n d , an dessen A r m die S c h n u r b e f e s t i g t w a r , die er anzog.
E i n Griff in den Z ü g e l , ein
Hieb m i t der P e i t s c h e , u n d seine Behaupt u n g — ich h ä t t e
vor
Scham
vergeben
m ö g e n — w a r v o l l s t ä n d i g erwiesen.
Was
ich eine M i n u t e vorher f ü r Magie der Einbildungskraft Ich
hielt,
war
h ö r t e die N a c h t i g a l l e n
Wirklichkeit. mit
meinen
k ö r p e r l i c h e n O h r e n , u n d zog die b e s u n gene d e u t s c h e
M a i l u f t m i t beiden L u n -
g e n f l ü g e l n in m i c h — d e n n — h i e r siehst Du die B e u l e , die ich a u f s t e c h e n m u l s — w i r b e f a n d e n u n s , w i e d u r c h e i n e n Zäub e r s t a b , in eine lange Allee von h u n d e r t jährigen Birken versetzt. Ich k o n n t e in der F ü l l e meines E r s t a u n e n s
nicht zu W o r t e kommen, so gewaltig sie sich auch bis zu meinen Lippen vordrängten,
war lange verloren in meinem Ge-
fühl , ehe meine scheuen Blicke sich an ineinen Freund wagten, und um Vergebung des Unsinns der vergangenen Stunde anflehten.
Er verstand sie: aber er be-
strafte mich nicht durch Gegenspott, sehr
ich
ihn auch
durch Güte. —
verdiente,
so
sondern
„ R e i s e n d e , " sagte .er mit
freundlicher S t i m m e , „sollten nie absprechende
Urtheile über
fallen,
bis sie nicht alle seine Winkel
ein fremdes Land
durchkrochen haben.
Könnte
doch, lieber W i l h e l m ,
von allen deinen
ich dich
kleinen Vorurtheilen so glücklich heilen, als es mir bei diesen gelang!
denn s i e
hauptsächlich sind es, deren Kur mir Sabathier überlassen hat. dafs ich dich
W i e froh bin ich,
bis jetzt ruhig in deiner
trotzigen Lage exhalten konnte! Ein einziger Blick deiner Augen neben der Querlinie, auf der sie hinstarrten, würde dir Th. W .
V. Th.
j;
u4 schon von weitem das Ziel der Belehrung, die ich dir a u f h o b ,
entdeckt,
und ihre
gute W i r k u n g und deine Epigramme ges c h w ä c h t haben.
Jetzt blicke n u r , o h n e
dich weiter zu schämen, an diese h o h e n Birken h i n a u f . lottenburg
Giebt es w o h l in Char-
ihres gleichen ?
Siehe,
welcher P r a c h t unsere immer Eiche sich hier ausbreitet.
mit
grünende Wie
reich
w ü r d e sich euer König d ü n k e n , w e n n ein solcher Fremdling
seinen Park verschö-
nerte ! Sättige dein Auge an unserem Besenreisig, an dem gelb blühenden Geniste, das als eine Seltenheit in euern Gewächshäusern gepflegt w i r d , bade dich in dem Aushauche unserer
w ü r z h a f t e n Kräuter,
und gestehe, — ich verlange keine andere G e n u g t h u u n g — dafs euer W o n n e m o n a t nicht reizender seyn kann als unser Hornung." —
Es h ä t t e mir die hartnäckig-
ste Vorliebe meiner Heimath so fest in dem Herzen sitzen müssen als einein Lappländ e r , wenn ich n u r ein W o r t gegen die
n 5 offenen Beweise und die billige Forder u n g meines Freundes h ä t t e vorbringen wollen.
Seitdem ich Athem schöpfe, h a t
mich von allen den Maitagen, die ich in Deutschland erlebte,
keiner in ein sol-
ches Wohlbehagen versetzt, als die gegenwärtige Stunde. Wahrheit
sagen.
Das konnte ich ihm mit Es
w a r seit meiner
Krankheit der erste Ausflug ins Grüne, und die Sinnlichkeit h a t t e ein desto leichteres Spiel, da die Saiten , die sie r ü h r t e , frisch aufgezogen und zur Freude gestimmt waren.
In dem sultanischen Gefühle eines
mühelosen Genusses lag ich in dem schaukelnden P h a e t o n , freute mich der wohlriechenden Bogengewölbe über mir und des begleitenden Gesangs der Vögel, wovon ich bei dem gehemmten Trabe der P f e r d e keine Note verlor. voller J ü n g l i n g ,
W i e ein kraft-
dem ein langes frohes
Leben vorliegt, sich ani Ausgange desselben seinen
nebligen Grabhügel als eine
Ruhebank d e n k t ,
die seiner F..rinüduiig
wartet, laden
so" blickte auch ich a u f den ge-
breiten W e g h i n ,
den unabsehlichen mir an stide
dessen E n d e
meines
dachte
die enge heifse B a -
Freundes,
einen L u s t o r t ,
der sich durch
W a l d zog — zwar
nicht
als
aber als eine S c h l a f s t ä t e ,
die mir desto erträglicher v o r k a m , j e später ich sie zu erreichen hoffte.
W a r es
also n i c h t S c h a d e , dafs-dieses wollüstige Hingeben meiner s e l b s t , dieSe auf Genufs und Zeitgewinn gezogene fröhliche Rechn u n g , durch eine Grille des Marquis gestört wurde,
zu der ich inir n o c h dazu
vorwerfen inul'ste,
ihin die erste Veran-
lassung gegeben zu haben ? Er
befahl
seinem
Kutscher
zu
halten,
blickte m i r in meine s a n f t hinsterbenden Augen,
und
nöthigte
mich
doch
unter
folgendein Gespräche aus dein W a g e n . — „ G u t e r W i l h e l m ! w e n n ich dich so über der N a t u r b r ü t e n s e h e , sollte es mir beinahe leid thun , dich von deinem behaglichen Neste a u f z u s c h e u c h e n . " —
„Wie
i 17 so, lieber M a r q u i s ? " —
„ J a n u n , hier
müssen wir uns auf die Fül'se machen und einen andern Weg s u c h e n . " —
„Einen
andern Weg ? W o h i n denn ? " — meiner Bastide.
Du denkst doch
„Nach wohl
n i c h t , dafs sie am Ende der grofscn Allee liegt?
Das wäre der Rede noch einmal
w e r t h . " — „Das — bester Mann — habe ich wirklich geglaubt." —
„ N u n so hat-
test du dich wieder einmal in dein Vaterland verflogen.
Ein Schlag von Sommer-
häusern wie die u n s e r n , und eine prächtige Deutsche Allee zum Zugange w ü r d e gut p a s s e n . " —
„Aber,
ums Himmels
w i l l e n , wie kommt man denn zu deiner Bastide?" —
„ E i g e n t l i c h , lieber Freund,
auf der Chaussee, die wir halben Weges verlassen h a b e n ; kürzer aber um vieles, wenn w i r uns hier s e i t w ä r t s , so gut es gehen w i l l ,
durch das Gebüsch helfen.
Es kommt auf eine böse Viertelstunde an, so treffen w i r auf einen verlassenen Steinb r u c h , hinter welchem meine kleine Be-
.ig sitzung liegt. zu gekauft, lassen,
Ich habe ihn kürzlich daihn vollends
durchbrechen
und mir dadurch einen w e i t nä-
hern Eingang verschafft,
der n u r einige
aufsere Verzierung b e d a r f , um als e t w a s Rechtes in die Augen zu fallen. mir nun eine
Menge P l a n e
Kopf g e g a n g e n ,
den
ohne dafs ich noch mit
mir einig geworden mir w i e gerufen. entscheiden.
Da sind
durch
bin. —
Du kamst
Dein Ausspruch
Das beschlols ich
soll
gestern
vor dem Hause des Italienischen Baumeis t e r s , bei dem du in der Lehre gewesen b i s t , legte defswegen Beschlag auf dich und deine T a l e n t e , deine V e r g e b u n g ,
und
rechnete
auf
wenn
i c h dich
mit
dieser S p a z i e r f a h r t ü b e r l i s t e t e , trotz der Alzire,
die dich beinahe mir a b w e n d i g
gemacht hätte.
Du s i e h s t , dafs ich meine
eigennützigen Absichten gar nicht beschönigen w i l l .
W i e leicht könnte ich sie
sonst h i n t e r deine N a c h k u r
verstecken!
In Rücksicht dieser müfstest du mir noch
a„ d a n k e n , dafs ich dein welkes Gesicht an die Sonne gebracht h a b e . " —
„Hol der
Henker seine kahlen Entschuldigungen," murmelte ich in den B a r t ; „die machen weder seinen Antrag noch den Gang besser.
Meine Talente? Das ist eine triftige
Ursache! Ihretwegen konnten w i r sitzen bleiben."
Und so stieg ich aus.
Es ist doch irt W a h r h e i t eine Verlegenheit wie es' n u r eine g i e b t , wenn man durch unverdientes Z u t r a u e n anderer zu unoern bessern Einsichten sich mit seiner Ignoranz aus einem schönen auf einen
so holprigen,
gebahnten
verwachsenen
Weg gedrängt sieht, als der w a r , den w i r jetzt einschlugen — um am Ende eines ermüdenden
Gangs
oder
einer
verlornen
Lehrstunde seinem Gönner darzuthun, dafs er sich in der W a h l unser geirrt habe. Mit h u n d e r t Dingen in der Welt bin ich in dergleichen Gedränge gekommen; aber mit der Baukunst w i d e r f u h r es mir h e u t e zum erstenmal. Bei allem dem fehlte es mir
120
am Entschlüsse,
meiner falschen
herzhaft entgegen zu
treten,
Scham
mich
Maul zu s c h l a g e n , und inir durch
aufs ehrli-
chen W i d e r r u f einen A u s w e g z u bahnen. Das w ä r e u n s t r e i t i g das klügste g e w e s e n : aber
es f i e l mir nicht b e i ,
viel w e n i g e r ,
und
uin so
als mich schon jede uner-
w a r t e t e A u f f o r d e r u n g so aus der F a s s u n g b r i n g t , dafs ich mich imtner auf das verkehrteste etwas so
dabei benehme.
ähnliches
besteht
W e n n ich ja
von Jean Jacques habe,
es darin.
Fragt
man
do,ch
w o h l bei mir zehnmal umsonst nach Dingen,
die
schweige
ich bei
voraussetzt.
im
die man
ge-
gütigst
G e h t jemand z u m Beispiel in
der Gesellschaft — das n i c h t ! —
Schubsack t r a g e ,
solchen,
u n d w i e o f t geschieht
auf m i c h l o s :
mir d o c h , mein Herr —
„ S a g e n Sie
S i e , als ein Lit-
t e r a t o r , als ein D i c h t e r , als ein Hofmaun, müssen ja das am besten w i s s e n - - - " weifs ich es g e w i f s n i c h t , das Einmal E i n s
wäre
so
und w e n n es
12 l So b e t r o f f e n , dals ich mich nicht besinnen k o n n t e ,
schlich ich denn auch hier
dein Marquis n a c h , ritzte mich in allerlei Dornen, lernte alle Gattungen von Kletten und Nesseln
der Provence
kennen,
und nach manchen F e h l t r i t t e n , die mich a u f h i e l t e n , sah ich denn endlich auch an dem unförmlichen Mitte "einer
Steinbruche,
Gebirgkette
der die
einnahm,
die
nach allen Seiten hin die Gegend sperrte, jene schwere A u f g a b e liegen, lösen beschieden meinst
du?"
war. —
die ich zu
„Nun,
was
fragte der M a r q u i s ,
und
blickte mir forschend in die A u g e n ,
die
ich geschwind in Ordnung gebracht hatte, und dann den Felsen
so 1 listig
nachden-
kend a n s t a r r t e , wie dieser und jener eine Skizze von Raphael.
D a stand ich nun
wie atn P r a n g e r , und brachte nach einer ängstlichen Weile doch nur ein paar abgebrochene W o r t e hervor. — wirklich die A u s r o t t u n g
Ob
ich
des nahen Ge-
sträuchs zur G e w i n n u n g eines Vorplatzes
122 und die E r w e i t e r u n g
des
Berggangs
in
Vorschlag b r a c h t e , lasse ich dahin gestellt seyn;
es w a r w e n i g s t e n s der S i n n ,
den
Saint - Sauveur meiner v e r w o r r e n e n R e d e unterschob und m i t seinem Beifall beehrte. E r hätte mir jede andere Meinung andichten k ö n n e n , i c h w ü r d e sie in der Verleg e n h e i t f ü r die ineinige erkannt haben.
—
„ W e n n diese n o t h w e n d i g e V o r k e h r u n g , " f u h r ich nun schon
mit festerer Stimme
f o r t , „ g e t r o f f e n i s t , w ü r d e ich das P o r t a l mit z w e i Toskanischen oder lieber
noch
Korinthischen Säulen verzieren, und oben darüber eine Marmortafel mit einer passenden I n s c h r i f t aus dem V i r g i l oder Horaz setzen lasseft:
O rus,
quando te adspiciam, gleichen." —
„Das
sagte mein F r e u n d ; bitten,
lieber
z u m Beispiel,
oder so e t w a s derläfst sich h ö r e n , " „ n u r w i l l ich dich
Wilhelm,
wenn
wir
ins
Haus k o m m e n , mir deine Idee d u r c h eine kleine Handzeichnung
deutlicher z u ma-
chen: denn a u f r i c h t i g z u gestehen , w e i f s
123
ich nicht einmal, sche schen
wie sich die Toskani-
Säulenordnung
von
unterscheidet."
—
der KorinthiUnter
uns,
E d u a r d , war das eben auch m e i n F a l l ! — „Ich b i n , "
fiel ich ihm ins Wort,
,, in architektonischen
Zeichnungen seit
feinigen Jahren ganz aus der Ü b u n g . " — „ N u n g u t , " erwiederte e r , „ s o thue mir nur den Gefallen, Lehrmeister
deinem Italienischen
den Rils anzugeben,
wenn
wir wieder in die Stadt kommen.
Einst-
weilen lafs uns auf jenem bemoosten Stein ausruhen, und uns über dieses Gebirge hinweg in dein prächtiges Sanssouci zaubern.
Ich sitze oft Stunden lang in mei-
nem beschränkten Gärtchen v und weifs mir es in Gedanken durch die
maleri-
schen Aussichten zu erweitern, die mir vor neun Jahren dein Vaterland öffnete." Der gute Saint - Sauveur! Er hätte mir zur Erholung von meinen Baugeschäften nichts dienlicheres bieten können.
Ich
ward Dir auf einmal so beredt und an-
124 mafslich, als ich mich kurz vorher verlegen und gedemüthigt g e f ü h l t h a t t e ,
und
auch Er — ohne de.s Schaustücks seiner Birkenallee w e i t e r zu e r w ä h n e n — irrte •
g u t m ü t h i g und heiter mit mir durch alle die niedlichen S a n d g ä n g e , thisch
unsere
die
Berlinischen
labyrin-
Lustgärten
d u r c h s c h l ä n g e l n , die sanfte L u f t , die uns u m w e h t e , w a r ihm nur ein Vehikel jener aromatischen D ü f t e , diu unser Thiergarten seinen jungern W a n g e n zuspielte, und die er damals nicht sinnlicher in sich ziehen k o n n t e ,
als er sie jetzt durch die
Organe der E r i n n e r u n g
einsog.
Ach,
w ä r e s i e nicht, diese g u t m ü t h i g e B e g l e i t e rin auf unsern W a n d e r s c h a f t e n , so w ü r d e das längst® L e b e n , w e n n es einmal hinter uns l i e g t , n u r ein verlornes Geschenk, und nicht viel besser als das Leben einer Mücke — eingeschränkt auf einen einzigen Tag seyn. — Gedanke!"
M ^ 1 1 schöner w a h r e r
sagte der M a r q u i s ,
ihm solchen m i t t h e i l t e .
als ich
„ E r soll uns.
w i e der Faden der Ariadne, durch den dunkeln Irrgang meines Vorgebirges leiten. Folge mir nur beherzt, lieber Wilh e l m , und werde nicht mifslaunig über die hundert bösen Schritte, die du etwa •noch bis zu meinem Sopha zu thun hast." Ich ergriff geschwind den Rockzipfel mei* nes Führers, um seine Spur nicht zu verlieren, und tappte ihm n u n , unsicher w i e in der Nacht, durch die kühle Bergkluft nach, die so im Finstern fortlief, dals ich den Ausgang für noch sehr entfernt h i e l t , als auf einmal — Gott im Himmel! w i e ward mir zu M u t h e ! — eine Thür vor mir aufsprang, und mir — welch ein Ubergang von Blindheit zum L i c h t ! — ein -Thal — ein unübersehbares und so entzückendes Thal .öffnete, dafs mein äufserer Mensch durch die heftige B e w e g u n g , in die mein innerer bei diesem unnennbaren ü b e r r a s c h e n d e n Anblicke verfiel, w i e gelähmt davor stand,
12 6 und mein Puls einige Sekunden
stockte,
ehe sich meine gen Himmel strebenden Hände erheben, und ein Strom von empfindsamen Thiänen dem geprefsten Herzen L u f t machen konntfe.
Ich habe dich
o f t , f r e u n d l i c h , schön und grofs gesehen,mannigfaltige N a t u r , habe dich in der P r a c h t deines Schmuckes bewundert , deu dir deine F r e u n d e , u n d aus dem Flitterstaate gehoben, den deine Feinde dir anlegten;
aber noch nie hattest du* dich
mir
in deiner höchsten
Herrlichkeit —
nie
zur Anbetung deines unerinefslichen
Schöpfers in so unwiderstehlich anlockenden
Reizen
offenbart,
als
an
diesem
glücklichen Abende! AVas faselte ich vorhin vpn Nachschmack des Vergangenen, von der E r i n n e r u n g eines Lebens,
das
hinter uns liegt!
die
Mein Vaterland,
Stadt meiner G e b u r t sammt den jugendlichen
Freuden , die ich jemals genofs
— alles w a r jetzt aus meinem Bewufstseyn verschwunden.
Ich f ü h l t e n u r das
Gegenwartige , und war ausscliliei'send glücklich in ihm. Bin ich denn der erste Reisende, der hierher kam ? da ich mich keines erinnere, der dieses Elysiums der Provence gedacht hat. Sollte sich denn nie einer diesen Anblick, w i e ich ihn genol's, erkauft, erstohlen, oder erschlichen haben, um ihn mit Farben oder mit Worten zu malen ? Nein, Eduard, der Glückliche allein vermag es, der i h n , w i e i c h , als ein Geschenk aus der Hand der erfindungsreichen Freundschaft und als ihre geheimste höchste Gunstbezeigung erhält, — wenn anders die Verzweiflung über die Unzulänglichkeit menschlicher Sprache, die auch in meinen Adern kocht, ihm erlaubt diesen reinen Abdruck des Himmels zu schildern. Nur ein Mann , der aus der Fülle der Natur ihre rührendsten Stunden zu heben, und aus ihren flüchtig hinduftenden Tageszeiten die Balsamtheile aufzufassen versteht, die am wirk-
samsten sind die Quetschungen der Seelt; zu lindern — nur ein W e i s e r , der die. Sehnen und Fasern des menschlichen Herzens oft und init Glück entwickelt, und die Einbildungskraft bis in ihre feinsten Blutgänge zergliedert hat — nur der edle Saint - Sauveur, der diesen Solitair von Felsen sein nennt, hat zu dem dahinter liegenden Heiligthum allein den Schlüssel. Man muls sein Freund seyn, uin auf den Standpunkt dieses magischen Lichtes zu gelangen, in welchem, von allen Bewohnern dieses herrlichen T h a l s , er allein nur es zu zeigen im Stande ist. Kein menschliches Auge , es schweife und schwebe w o und über was es w i l l , kann mehr Heize auf einmal umfassen, als das meine in dem Augenblicke, da ich, wie von der Erde in den Himmel gehoben , aus dem Felsen trat. Die Scheibe der Sonne, als wäre sie allein für dieses Thal geschaffen, hing , zu ihrem Untergange geneigt, gerade vor mir
liin breiter, schäumender, in die Tiefe stürzender Wasserfall schien ihr anzuhängen , und die letzten Goldinassen ihrer heutigen Spende zu übernehmen, um sie in flimmernden Körnern über das Abendbrod dieser glücklichen Thalbewohner zu streuen. Die Spitzen der hohen Berge, Träger des blauen Baldachins, der über der Königin schwebte, rötheten sich in ihrem Abglanz , und der Schimmer ihres Heimgangs flog zitternd über die unzähligen Gärten und L u s t h ä u s e r , die sich von allen Seiten in den sanftesten Abhang hinunter zogen. Der mit ihrem wallenden Lichte überschwemmte Teppich grünender Triften, der sich, s o w e i t der Blick reichen konnte, in dem Grunde verbreitete, w a r f , mit den Gruppen ruhender Herden , in seiner unglaublich sanften Verschmelzung einen Wiederschein in die Höhe, der selbst ein sterbendes Auge noch würde erquickt haben. Die meinigen — ach! w i e soll ich Th. W .
V. Tli.
O
13°
Dir das Wohlbehagen versinnlichen, in dein sie schwammen! — Alle bessere Empfindungen meiner Seele schienen sich gegen meine Sehnerven zu drängen, und aus ihnen Dank gegen Gott, Freude des Lebens und Zufriedenheit mit der W e l t zu saugen. W i e l i e b t , w i e ehrt man sein Selbst in solcher Stimmung! W i e gereinigt fühlt sich das Herz von allen verächtlichen W ü n s c h e n , die es in so seligen Augenblicken nicht einmal zu begreifen vermag! 0 könnte ich den rauhen schmalen Eingang dieses Berges für mehrere Seelen zu einer so edeln Absicht benutzen, als mein trefflicher Freund durch ihn bei mir einzelnem Kranken erreicht h a t ! Ich w ü r d e seine dahinter ruhenden Geheimnisse durch ein vorgezognes Tuch so ganz versperren, w i e sie es mir bis auf diesen Augenblick waren, und würde euch, meine Freunde und Bekannten, an einem Festtage auf einem Kreis von Rasenbänken um rlas Ainphi-
theater
dieser
e u c h , die
Steinmasse
ihr
Stunden
versammeln,
lang
in
euern
Schauspielhäusern auf Breteru s i t z t , u n d dem Zeichen entgegen lauscht,
das den
Vorhang heben soll,
angähnt.
den
ihr
Ach wie wollte ich e u c h , indem ich den meinigen a u f z ö g e , durch den Hinblick in diese heiligen Hallen der verklärten N a t u r erschüttern,
und w e n n ich mich
durch
i h n , stärker als es kein Bufsprediger, kein Dichter vermag, eurer Herzen bemeistert hätte,
euch auf demselben
Wege,
den
das meinige n a h m , zurück in euch selbst, in die Gegenden f ü h r e n , die ihr so wenig besucht h a b t als diese — in die Tiefen, w o noch manches Grofse', Gute und Edle ungeweckt schlummert!
Mit welchem Er-
staunen w ü r d e t ihr bemerken,
w i e die
beiden euch unbekannten Gebiete der natürlichen Zufriedenheit und des sittlichen G e f ü h l s , die ihr durch Künsteleien getrennt h a b t ,
zu einem und
Reiche g e h ö r e n !
demselben
Ihr w ü r d e t innigst ge-
r ü h r t mein grofses Schauspiel verlassen, würdet nur Ekel an
dem P r u n k
eurer
Opern, vorzüglich aber ein reines Herz, durchdrungen
von
der W a h r h e i t ,
nach Hause n e h m e n ,
mit
die w i r zwar alle
eingestehen, in dem tollen Beginnen unseres U b e r m u t h s aber täglich und stündlich vergessen —
dafs der Mensch
mit
allen Pfauenfedern seines Stolzes und seiner Talente n u r
ein armseliger Stümper
in seinen Nachahmungen und Schilderungen der unerreichbaren Natur, und ein undankbarer Schwächling gegen jenen fühlbaren und doch unbekannten Werkmeister sei, der die Sonne in seiner Gewalt hat, und die Kräfte des Universums leitet wohin er will.
Doch ist es nicht
eine strafbare T h o v h e i t , d a s
schon
Staubkorn
gegen den Unermefslichen zu w ä g e n ,
das
e r , ohne zu achten wohin es f l o g , von dem Saume seines Kleides abblies — seines mit jenen F ü t t e r n ,
die w i r Sonnen-
systeme, Sterne und leuchtende Welten
nennen , besetzten , ernsten, ewigen Kleides? — Mein F r e u n d , durch das Mitgefühl meines Entzückens, dessen Schöpfer er w a r , auf das innigste g e r ü h r t , reichte mir stillschweigend die Hand,
um mich an dem
Lande der eingebrochenen Abendröthe, die wie ein Brautgürtel dieses Thal der Freude umschlang, in seine W o h n u n g zu führen. Ich sah mich noch einmal nach dein Felsen u m , und fand hier am rechten Orte den Plan der Verzierung, mit der ich die Gegenseite zu verkrüppeln gedachte,
ein-
facher und edler a u s g e f ü h r t , als ich ihn entwarf.
Hier war der aus einem dun-
keln Haine hervortretende Theil des Gebirges mit einein Portale bekleidet,
das
an den Janusteinpel erinnerte, d e r , von Numa e r b a u t , n u r in einein Durchgange bestand.
Seine P f o r t e , die von
dieser
Friedensseite nie geöffnet w i r d , schliefst sich n u r von innen armen Flüchtlingen a u f , die, von äufsern oder innern Stür-
i54 men aufgeschreckt, Wildnlfs und Einsamkeit suchen. Von dem Ungefähr und ihrem Mifsmuth bis vor diesen Felsen getrieben, zittern sie scheu und gescheucht durch die Dunkelheit dieses Schlupfwinkels , und fallen — statt in einen Abgrund , den sie in ihrem Ingrimm w ü n schen und fürchten — fallen sie — ach w i e sanft! — in die umschlingenden Arme der liebenden und tröstenden N a t u r ! In diesem Sinne hat Saint - Sauveur, schon vor m i r , manchen durch das Gaukelspiel der Welt verdrehten Kopf, manches kranke Herz, das seiner Besserung werth war, hierher verlockt, und durch einen Blick in diefs Thal und diefs Sonnenbad geheilt. Nie ist w o h l eine romantische Anlage glücklicher ausgeführt und zu einem edlern Zwecke benutzt w o r d e n , als diese. Mein Freund hatte nicht n ö t h i g , und seine Gutmüthigkeit liefs es auch nicht z u , mich an meine Korinthischen oder Toskanischen Säulen zu erinnern : ich
»35 schämte mich schon
selbst genug alles
dessen, was ich seit gestern und heute Unwahres und Anmafsliches über Talente und Lehrmeister , Bastiden und Baukunst vorgebracht, und besonders der Kennermiene, mit der ich, im Widerspruch meines Bewufstseyns,
gegen
den Marquis
grofs gethan hatte.
In dem Schlage jeder
Nachtigall, auf jedem Schritte, den ich t h a t , fand ich meine verdiente Bestrafung. Unter hohen Akazienbäumen, die in diesem mit Bergen umzäunten T h a l e , wie in einem Treibhause, schon Schatten gaben und blühten, gelangten wir in die Wohnung meines lieben Begleiters, und traten in einen S a a l , der selbst in seinen reichen Verzierungen das v/arme Herz des Besitzers und seinen unverdorbenen Geschmack verrieth.
Rührende Gemälde der gröfs-
ten Meister sprachen hier zum Auge; mich zog aber noch zu sehr das mit meiner Seele verschmolzene Bild der Natur von allem a b , was Menschenwerk war.
Ein
Blick bald durch dieses, bald durch jenes Fenster, suchte noch einen Reiz von ihr hinter dem Florkleide zu erhaschen, das der Abend über sie herwarf, bis die verdickte Dämmerung sie ganz meinen Augen entzog,
die Vorhänge an den
Fenstern
herab fielen, ein duftendes Mahl meinen Hunger weckte,
und mich
überzeugte,
dal's ich noch nicht so ganz zu den ätherischen
Geistern gehöre,
als mir mein
beseligtes Herz gern weiis gemacht hätte. „Ifs nicht so hastig — trink mit Bedacht von diesem Wein — er reift auf jenen vergoldeten Bergen , " mein Freund mehrm'alen.
wiederholte Ich sah ihn
lächelnd a n , glaubte ihm zu folgen, aber Schwärmerei trat immer meinem Vorsatz in den Weg. Verliebter, alles,
Ich als und trank wie ein und antwortete verkehrt auf
was nicht Bezug auf das Wunder
h a t t e , das mir vorschwebte. — sehe w o h l , "
„ Ich
sagte endlich der Marquis,
„ich bewirthe dich n i c h t ,
wie es dein
1^7 Taumel verlangt.
So lafs uns denn von
i h r sprechen, die sich durch einen Blick aller deiner Kräfte bemeistert hat.
O du
kennst die Göttliche noch nicht in ihrer gröfsten Schönheit.
Morgen — ist der
Mensch nicht glücklich, der das zu einem andern Sterblichen sagen k a n n ? —
mor-
gen will ich dir ein Schauspiel geben, das einen Gottesläugner bekehren würde. — Du hast w o h l , als ein w a h r e r Berlin e r , gar nicht daran gedacht, dafs die Sonne auch a u f g e h t ? " — »>Ja» F r e u n d , " rief i c h , und klatschte in die Hände, „das Schauspiel sollst du inir geben." —
„Ehe
w i r nach Toulon a u f b r e c h e n , " f u h r er fort - - - — lon!"
„Ach das abscheuliche Tou-
fiel ich ihm in die Rede;
sehe ich an seinen Bastionen,
„was
Galeeren
und seinem Arsenal? Ich bitte d i c h , lafs mich hier, lieber S a i n t - S a u v e u r . " — »»Ich g l a u b e , " sagte der Marquis lächelnd, „die Bewunderung der N a t u r könnte d i c h , wie das Gebet einen M ö n c h , bis zur Unthä-
i38 tigkeit entzücken.
Sie thut es schon jetzt.
Du schwärmst von ihr und vernachlässigst sie , denkst nicht daran , sie in ihrem Nachtputze zu überfallen, und ihrem Busen noch einen Liebeskufs aufzudrücken, ehe sie einschläft." —
Ungeachtet mei-
ner dichterischen Stimmung verstand ich den Marquis nicht ganz,
bis der W i n k
eines Bedienten ihn von seinem Stuhl aufj a g t e , der Vorhang aufflog, und er mich in der schauerlich festlichen Minute an das Fenster stellte,
wo der volle Mond
in dem reinsten Ergüsse seines Schimmers zwischen zwei Bergen herauf stieg. Wie vorhängend in dem dunkelblauen Gewölbe, gleich einer aus Topas geschliffenen Lampe, blickte nicht dieser glänzende Körper, als ob er in der heutigen Wacht jede andere neben
ihm spielende
Welt von seiner Umarmung
ausschlösse,
auf seine kleine freundliche Thalschöne herunter, die, wie abgesondert von dem übrigen Erdballe, zitternd ihre versteck-
i59 testen Reize seinem liebkosenden Lichte zu enthüllen schien! — Das Säuseln des Abendwindes in den jungen Spröfslingen, Blattern und Blüthen, das dem Geräusch der Küsse, dem Lispeln der Liebe glich, und der Einklang des Wasserfalls in der Ferne — alles was ich s a h , h ö r t e ahndete, meinem
und
traf einen Berührungspunkt in der
Natur
geheiligten
Herzen.
Mit gefalteten Händen blickte ich in dieses nächtliche Fest.
Ich konnte mich un-
g e s t ö r t e n Betrachtungen versenken; denn mein F r e u n d , der neben mir stand, schonte schweigend meine zarten Empfindungen. Der Mond h a t t e schon viele Meilengrade seines Bogens durchlaufen — noch stand ich d a , und sah ihm n a c h , und mafs ihn, und lächelte ihm zu. Endlich rifs ich mich los. —
,, Was f ü r ein glücklicher Mann
bist d u ! " wendete ich mich gegen meinen F r e u n d mit schwacher Stimme,
drückte
ihm die H a n d , und folgte der Kerze, die mir in mein
Schlafzimmer leuchtete.
140
Ich war- so vertieft in meine Mondsscene, dafs ich den jungen Menschen, der mich bediente, nicht eher gewahr ward, als bis er mir ineine Halbstiefeln auszog, die zwar von dem D o r n e n w e g e ,
durch
den sie mir heute h a l f e n , hier und da zerkratzt,
übrigens
aber so wenig be-
schmutzt w a r e n , dafs selbst unser reinlicher Freund Jean P a u l keiner noch so weifsen Chemise w ü r d e sich ihnen zu nähern.
gewehrt haben Ehe ich den Be-
dienten entliefs, bat ich i h n , mich morgen ja vor Aufgang der Sonne zu wecken. — „ D a f ü r sorgen Sie n i c h t , " antwortete er; „unser ganzes Haus ist alsdann m u n t e r vom Gröfsten bis zuin Kleinsten.
So o f t
wir in diefs Thal k o m m e n , versäumt gewifs keiner von uns f ü n f e n , die stets um den Herrn s i n d , blick.
W i r waren
diesen rührenden Anarmselige Menschen,
ehe wir in seine Dienste traten — Trunkenbolde und Spieler, besonders der Kutscher, der ein Thüringer ist.
Einer nach
dem andern wurde von seiner Untugend geheilt. Ich w a r — ich gestehe es zu meiner Schande — ein verlorner Wollüstl i n g ; aber kaum drei Tage hatte ich in diesem Paradiese gelebt, dreimal nur die Sonne aufgehen sehen, als mir die Schuppen von den Augen fielen, ohne dafs ich sonst etwas dagegen gebraucht h ä t t e . " — Ich schob meine Nachtmütze etwas ungläubig zurechte. — „Trauen Sie meiner E r f a h r u n g , " erwiederte er m i r , nahm meine Halbstiefeln unter den Arm und wünschte mir eine ruhige Nacht. W ä r e es möglich, dachte ich zuletzt noch im B e t t e , dafs diese solarische Kur bei Märchen anschlüge? Vielleicht! Sobald nur kein Domherr mit ihr an das Fenster tritt.
T
o
u
l
o
n
In der N a c h t , den 19. F e b r u a r .
I c h h ö r t e Saint - Sauveurs Stimme schon im Saale b e i meinem E r w a c h e n ,
sprang
gestärkt v o n meinem Lager auf und eilte z u ihm. als ich
Die N a c h t w a r eintrat.
a u f mich e i n , te,
im
Scheiden,
Eine kühle L u f t drang als ich das Fenster öffne-
und verstärkte den S c h a u e r , den der
M e n s c h , w i e die unbelebte N a t u r , in der Nähe
der B e g l ü c k u n g empfindet.
Desto
willkoinmner w a r mir das w a r m e Getränk, das man
mir reichte.
N o c h dauerte es
einige P u l s s c h l ä g e , ehe die ersten V o r l ä u fer des T a g s den Himmel begrülsten. zelne V ö g e l z w i t s c h e r t e n ihnen
Ein-
entgegen
— Als aber der Saum des Horizonts sich mit einem Bande u m z o g ,
das m i t Rubi-
nen — armselige V e r g l e i c h u n g ! —
gestickt
i43 schien, bereiteten sich schon tausend singende Stimmen j blökende Kehlen, seufzende und betende Herzen, zu dem Einklänge in den grofsen Choral, zur Zustimmung in den allgemeinen Dank vor; und als der erste kleine Bogen des Zirkels über den silbernen Wasserfall b l i n k t e , und als er schon so feufige Strahlen ausspie , um dein geblendeten Auge für die folgenden Hinblicke bange zu machen , in denen er h ö h e r , immer brennender höher t r a t , und als sich nun zwischen dem Einschnitte des Gebirgs die ganze grofse flammende Rundung unaufhaltsam in das blaue Weltmeer des Äthers stürzte — da erwachte alles, da dankten, jauchzten, bebten ihr alle Organe der Schöpfung entgegen. Ein Kind weint bei einein heftigen Schalle — Erstaunen läfst seine Augen trocken. Der Mann von Gefühl staunt, empfindet und weint. Keine andere Sprache hatten w i r jetzt, ich und mein Freu,nd.
'44 Die Vergoldung des Thals w a r vollendet — vollendet in seiner ganzen Pracht. surgrün umzitterte Blätter und ihre Schäfte w a r e n
Gold,
La-
Bäume,
die Dächer
sprühten F u n k e n , die Fenster flimmerten , das Gewölbe "über ihnen allen glühte , und meine Brust h o b sich unter den Schlägen des überwältigten Herzens. Jetzt drangen von den Hügeln die Schalmeien der Hirten in mein Ohr.
Die Melodie
ihres Baskischen Gesangs,
die Andacht
ihrer Morgenlieder ergriff m i c h , und ich theilte nun den Reichthum
meiner von
den inyriadenfältigen Schönheiten
über-
schwängerten Blicke, und w a r f , so viele ich deren von den Gegenständen meiner Bewunderung loszureifsen vermochte, auf das freundschaftliche Wesen in m i r , das jeden T h a u t r o p f e n der äul'sern Sinne mit dürstendem
Verlangen a u f f i n g ,
und zu
einer Schnur f ü r die Ewigkeit an einander reihte.
Seines edeln Geschäftes bewufst,
würde es jeden unächtcn Blendling, (lcv
ihm zugeflossen wäre, erkannt und verachtend weit von sich geworfen haben — den Stolz mit allen seinen Kronen und Zeptern,
den Neid,
und die Rachsucht. —
den
Menschenhais
Die Schmeiche-
leien der Wollust glitten von ihm a b , wie Fliegen
von
einer polirten
Stahlfläche.
Ohne Gehör für die Stimme der Sirenen, ohne Augen für ihre Reize, ohne Gefühl für den Druck ihrer Hände, beantwortete es ihre zugeworfenen Küsse mit Ekel.
Zu
reich für das Almosen verrufener Münze, zu giols fü» gemeine Freuden, schwamm es in reinem Schwanengefieder weit von der schlammigen E r d e , leicht, vertrauend und f r o h , dem Throne des Unerforschlichen zu.
Seine Empfindungen waren Ge-
bete , und der Drang seiner Wünsche war, sich mitzutheilen und wohlzuthuu. 0
du holder Vertrauter meines heutigen
Entzückens, schöner, schlanker, süfs träumender Genius, den der Zufall mit einer Th. W .
V. Th.
10
146 irdischen Hülle bekleidet h a t ,
die seiner
nicht werth i s t , könntest du erscheinen, wie ich dich a h n d e , sterblichkeit
und
einst die Un-
dich ausmalen und aufstel-
len w i r d ; der T y r a n n w ü r d e abstehen, sein Schwert,
die V e r l e u m d u n g ,
den D o l c h
ihrer Z u n g e gegen dich z u w e t z e n — der Geiz und
würde der
dir seine Schätze
Fürstenstolz
Hoheit sich bücken.
selbst
anbieten,
vor
deiner
Möge nie ein stin-
kender Nebel aus den Sümpfen der W e l t mir die W ü r d e deiner Schönheit verstekken , nie ein unreiner Hauch deine himmlische Kluiheit verdunkeln, und jede Perle, die du
in
dem Oceane
der verflossenen
Stunde geschöpft hast, sich in dem Hauptschmucke deiner E w i g k e i t Wenn
Schwärmerei
wiederfinden!
Vergebung
ver-
d i e n t , so ist es die f ü r die T u g e n d , und an einem so heilig romantischen Morgen, als mein heutiger w a r .
A c h das häl'sliche
Toulon !
meines
Der
Wagen
Freundes
147
hielt am Ende seines Parks.
Seine Rosse
schnauften und stampften und wieherten im Gefühl ihres Muths.
Und ich mufste
dich verlassen, Thal der Unschuld und F r e u d e , dich, Sonne über i h m ? — Ach mir w a r , als könnte n u r Finsternifs hinter den Bergen liegen.
Ich blickte noch
einmal w o n n e t r u n k e n in ihr heiliges Antlitz, und breitete meine Arme a u s , als wollte ich den ganzen Weltkreis an mein liebendes Herz drücken —
ich
blickte
noch einmal zu ihr h i n a u f , u n d unwillkührlich
entschyvebte
der
harmonische
Ausruf meinen Lippen: Staut, d e r z u
Gott empor
A m F u f s t r i t t seines T h r o n e s
gedrungen, glimmt!
und so bot ich meinem freundlichen Geleiter die Hand, stieg hastigen Schritts aus seinem Tempel, durch den P a r k , in den P h a e t o n .
Hier fafste er stillschwei-
gend die Zügel, überliefs mich ungestört
14B d e r obern R e g i o n , u n d sorgte n u r , w i r in der u n t e r n
dafs
n i c h t aus dem Gleise
kämen. I n d e m w i r ü b e r den S t e i n w e g flog e n , ergriff ich meine H a r f e , u n d s t i m m t e mit allen Saiten in den P s a l m e i n , der seit den zwei N o t e n , m i t denen ich anschlug, in m i r f o r t t ö n t e . — w e i s e meiner
J e t z t w a r e n die Be-
G e n e s u n g vollständig;
die
N a t u r h a t t e den letzten b e i g e b r a c h t , d e n n sie h a t t e m e i n Dichtergefiihl w i e d e r erweckt.
Mein Herz s c h w o l l , meine dun-
keln E m p f i n d u n g e n bildeten sich zu harm o n i s c h e n W o r t e n , ätherisches F e u e r erhellte den B l i c k ,
den ich
d a n k e n d gen
Himmel schlug, eine singende Lerche stieg und
funkelte mit
i h m zugleich D
in
Höhe, und mein Lied begann.
S t a u b , der , zu G o t t e m p o r gedrungen , A m Fufslritt seines T h r o n e s g l i m m t , Ziel meines P s a l m s ,
i m Clior gesungen
Das jubelnd , dich umschlungen , In deinem Äther s c h w i m m t '
dir
i/>9 Seit d u , der leeren Nacht entsunken, Dein stolzes Licht von Ihm geholt, Sah es in dem Gewühl der F u n k e n , Die durch den L u f t r a u m prunken, Schon manchen St^rn verkohlt.
Nur deinem Urgestirn veraltet Kein R e i z ! Mit gleicher Kraft b e f l a m m t , Treibt es sein grofses Rad , entfaltet Die Zeiten , und verwaltet, W i e sonst, sein Mittleramt.
Und lenken allei* Erden Psalmen Gleich nicht den Ansflufs deines Strahls, Doch überkleidest du die Palmen Des Athos, wie die Halmen Des rauhsten Schweizerthals !
Hat nicht ein Geist, aus dir geboren, Der Liebe Freudenquell g e w ü r z t , Der aus den Urnen aller Holen , Vertheilt — doch unverloren , In alle Wesen stürzt?
Jinvel in des ErschafFers K r a n z e , U n d erstes W u n d e r seines Hauchs , Du l e i t e s t , s c h m ü c k s t , vereinst das Ganze Eins fehlt n u r d e i n e m G l ä n z e — Bcwnfstseyn
des
Gebrauchs.
S o v i e l dir K r a f t w a r d ,
doch entquellen
D i r T r i e b e nie , die , w a r m u n d r e i n , Die B r u s t des edeln Mannes s c h w e l l e n , Freund
seiner
Mitgescllen
A m Bau der W e l t zu seyn.
Du stehst i m g r ü ß t e n W i r k u n g s k r e i s e A l s S k l a v e , der i m J o c h e prangt — Beherrscher seiner k u r z e n
Heise
D u r c h s L e b e n , d r i n g t der W e i s e , W o h i n sein Herz v e r l a n g t .
Er w ä g t sein Daseyn n u r nach T h a t c n , Nach P f u n d e n , die sein Geist e r r i n g t , F r o h , w e n n der HolFnung seiner Saaten A u c h n u r ein K e i m g e r a t h e n , Der in die Z u k u n f t d r i n g t .
i5t Sei gröl'ser noch! U m deine W ü r d e Vertauscht, selbst auf dem W e g ' ins G r a b , Der Staubbcwohner einer Hürde Wicht seines Lebens B ü r d e , Nicht seinen Wanderstab.
Denn bald zu höhern Geistesproben Entrückt den Prüfungen der Zeit, Schwingt ihn die H a n d , die dich erhoben, Von diesem niedern Globen In die Unsterblichkeit.
Durch diesen heitern Blick ins Frei« Verliert i m Nebel meiner Bahn Sich keine Stunde m i r — ich weihe Dein Ausgang s i e , und reihe Sie meiner Zukunft an j
Dafs, wenn ich einst zu höhern Sphären A u f deinem Lichtweg übergeh , Der Fruchtslaub vieler guter Ähren Noch in dem Thal der Zähren U m meinen Hügel weh.
A l s meine Harfe verklungen w a r , und mein begeisterter Blick aus seiner Höhe zurück auf die Erde f i e l , hätte ich gern meine abgestimmten Saiten aufs neue gespannt, wäre ich nicht zu erschöpft gewesen , um mich mit Hülfe ihrer Harmonie eben so vogelleicht über den rauhen Weg zu schwingen , der in einem Zusammenhange von Felsenstücken und Bergklüften vor mir l a g , als sie mich unvermerkt über seine erste Hälfte gebracht hatte. Es ärgerte mich, dafs mein Führer das stolze Gefühl meiner Schwungkraft durch eine Bemerkung zu necken suchte , die ziemlich spöttisch heraus kam. — ,, Ich sehe dir ' a n , " sagte er, „dafs du. mit deinem Ausfluge in das Reich der Ideen nicht übel zufrieden bist. Ich wünsche dir Glück dazu: nur dünkt m i r , du hättest besser g e t h a n , ihn auf den schicklichem Zeitpunkt aufzuschie-
*53 ben,
in den w i r jetzt eintreten.
Erst
h i e r , w o leider der W e g äufserst schlecht zu werden a n f ä n g t , h ä t t e auch deine Verzückung
anheben sollen.
Hier
du so viel dabei g e w i n n e n ,
würdest
als du
auf
dein eben zurück gelegten dadurch verloren
hast.
Ich
kann
dir,
da ich
jetzt nicht störe , w o h l s a g e n ,
dich
dal's es
einer der angenehmsten ist, den ich kenne, nicht nur die ungleich bessere Hälfte des Ganzen,
sondern
an
romantischen Aus-
sichten und lachenden Gegenständen fast so r e i c h ,
als
das Thal
meiner Bastide.
Alle diese freundlichen Winke tur sind d i r ,
der Na-
während deiner Unterhal-
tung mit der S o n n e , entschlüpft. — ist,"
Es
f u h r er mit einein philosophischen
Seitenblicke f o r t ,
„ n u r zu
oft der Fall
bei euch sublimen Leuten , dafs ihr eure geistigen
und
leiblichen
haushälterisch genug
Gi'lüste
gegeji einander
nicht ab-
zuwägen und nach dem jedesmaligen Stundenbedürfnisse zu vertheilen versteht. Ein
i54 gen
Himmel
geschlagenes
offenbar
eine
fröhliche
Kinder,
Auge
nimmt
Richtung,
wenn
farbige Blumen
unter
falsche
ihm spielen und s p r o s s e n , liches E l e n d um Blick bettelt.
oder mensch-
seinen theilnehmenden
So lange M i l t o n noch se-
hen k o n n t e , überliefs er sich allen sinnlichen F r e u d e n seiner daran,
des irdischen
Heimath, sich
und
eins zu dichten
Verlust zu b e s i n g e n , Blindheit liefs.
dachte
Paradieses nicht eher und seinen
als bis ihm
seine
keinen andern Zeitvertreib zu-
Auch euer K l e i s t ,
F r e u n d e erzählt h a b e n ,
w i e mir seine
sog m i t
schem W o h l b e h a g e n jeden des F r ü h l i n g s
ein,
thieri-
Balsamtropfen
so lange er dauerte.
E r s t in^ den rauhen W i n t e r t a g e n wiederkäute und malte er ihn.
Die Dichtkunst,
wie jede S c h w e l g e r e i des Geistes , sollte dein W e l t b ü r g e r zur
Zeit
zu keiner a n d e r n ,
der. Entbehrung,
unter
als dem
Drucke des Müfsiggangs, oder wenn sonst irgend ein Zufall seine äufsern Sinne ge-
i/j 5 lahmt h a t , zur Krücke dienen." — meiner dichterischen E r h i t z u n g , noch im Blute lag,
Bei
die mir
inufste mich ein so
kalter gemeiner Ausdruck nothwendig verschnupfen:
doch
fehlte mir in
diesem
Augenblicke die Stimme, n u r ein W o r t dagegen vorzubringen; so sehr w u r d e ich durch einen
jähen Abgrund
erschreckt,
an dem w i r nahe vorbei schwebten.
Ich
.schmiegte m i c h , so lange dieser f u r c h t bare Anblick
dauerte,
mit
klopfendem
Herzen an den Marquis, u n d erst als w i r hinter Aubogne in einen Hohlweg lenkten ,
kam ich wieder zur Sprache.
—
,,Du hast mich mit deiner vorigen Äufser u n g , " wendete ich mich
n u n zu ihm,
„ganz in Erstaunen gesetzt, lieber SaintSauveur,
weil ich sie dir am wenigsten
zutraute.
Ich habe immer die Entwicke-
lung grofser Gedanken durch Philosophie oder D i c h t k u n s t ,
jenes Nachspüren un-
serer feinen E m p f i n d u n g e n , jenes Brüten über uns selbst, und alles, was du Krücke«
»56 des Müfsiggangs zu n e n n e n b e l i e b s t , f ü r die
nützlichste
Beschäftigung,
für
die
edelste B e s t i m m u n g des Menschen gehalt e n ; u n d ich k a n n m e i n e w i c h t i g e n Z w e i fel gegen
deine B e h a u p t u n g
- - -" —
„ W i c h t l e i c h t , " fiel inir der M a r q u i s in das W o r t , „ u n t e r einem s t ä r k e r n W i d e r s p r u c h von U m s t ä n d e n v o r t r a g e n , als so kurz nach
dem S c h r e c k e n ,
h a b t hast.
Müfsig u n d
den du ge-
dem Schicksale
ü b e r l a s s e n , w i e d u neben inir da sitzest u n d z i t t e r s t , was k ö n n t e ich dir besseres f ü r deine B e r u h i g u n g e m p f e h l e n , als eben die
Krücke,
Wege
die
d i r ganz
auf jenem
gebahnten
entbehrlich w a r ?
hinderlich h i n g e g e n
Wie
inüfste sie n i c h t ei-
nem in T h ä t i g k e i t gesetzten M a n n e werd e n , d e r , w i e ich z u m Beispiele, unvern ü n f t i g e G e s c h ö p f e vor s i c h , seil in
Händen,
auszuweichen,
Menge G e f a h r e n
mit Einem W o r t e ,
in dem E i n p y r e o , hat!" —
einer
i h r Lenkstatt
auf der E r d e zu t h u n
„ D u h a s t vollkommen R e c h t , "
1.57 a n t w o r t e t e ich u n t e r Z i t t e r n und Beben j denn
in
der
Hitze
des Streits
—
wie
dankte ich G o t t , dafs er in einein Hohlwege v o r f i e l ! — h o b und schwenkte mein Opponent ein
seine Peitsche.
Luftstreich,
Es
eine von
war
den
nur
unwill-
k ü r l i c h e n Bewegungen , die w o h l einem Redner entwischen können , der E i n d r u c k zu
inachen
sucht:
scharfsinnigsten schwerlich stützung Beweis den
Vorbedachte
seines Satzes aufzutreiben, denn
verstanden
ter
würde zur
einen
seine vier
und w o l l t e n
besänftigen lassen.
m i t dem er
Unter-
kräftigern
als diesen Hieb in
diese
r e c h t , bäumten s i c h , Stränge,
selbst
vermocht h a b e n ,
Wind;
füchse
aber
Schweifs-
Redefigur
un-
schlugen über die sich lange
nicht
Ich verlangte es wei-
n i c h t bewiesen zu h a b e n ,
dafs P h i -
losophen so gut wie D i c h t e r bedenkliche Führer, Lebens
und in Vorfällen n i c h t halb
so
viel
als ein besonnener Mann.
des täglichen werth
sind,
Aber — mein
«sä Gott — dachte ich so vor mich hin — warum fährt doch der liebe Marquis selber, und Iäfst seinen Kutscher hintenauf stehen, der doch sicherlich den Müfsiggang nicht zu benutzen w e i f s , den er ihm lälst ? Unter diesem Selbstgespräche, das ich so oft wiederholte, als der Wagen schief g i n g , erkletterten w i r endlich die Höhe eines steilen Bei ges, von der sogleich unser leichtes Fuhrwerk über Stock und Stein in den Kessel einer rufsigen Stadt rollte, die man Ollioules nennt. Hier, wo w i r einige Stunden anhielten , nahm ich die Gelegenheit w a h r , mich heimlich von dem Marquis v/eg in den Stall zu meinem Landsmanne zu stehlen — nicht so wohl um sein Deutsch, als seine Meinung über die Statthaftigkeit meiner Besorgnifs an der Seite meines vornehmen Führers zu hören. Nachdem er ineine freundliche Ansprache höflich beantwortet, mir seine Pferde von den Zähnen
159
an bis zum S c h w e i f e , wortreich wie ein Rofstäuscher, g e r ü h m t , u n d mir im VerfolgÖ seiner Dienstgeschäfte alle die W a D gen nach ihren verschiedenen Benennungen an den Fingern hergezählt hatte , die aufser dem l'haeton noch unter seinem Hauptschlüssel s t ä n d e n ,
dachte i c h ,
müfste mich doch auch zeigen.
ich
Ich fing
also damit a n , meinem Schulfreunde Ovid die Trauergesch'ichte des jungen Waghalses, der unserm heutigen F u h r w e r k e den Namen gegeben , sehr gelehrt nachzuerzählen , und so kam ich denn ganz natürlich, wie Du selbst siehst, auf den Hauptknoten. —
,,Ich bin zwar nicht f u r c h t s a m , "
sagte i c h , ,,doch mufs ich gestehen, dafs ich mich sehr ungern von jemanden fahren lasse, dessen Beruf es nicht ist.
Es
bleibt i m m e r , zumal bei schlechtem Wege, ein W a g s t ü c k . " — „Das läfst Sie Gott red e n , " versetzte der Thüringer und klopfte mich auf die Achsel.
„ W a s deines Amts
nicht i s t , sagt das S p r i c h w o r t , lafs deinen
i6o Vorwitz. W e r denkt, dafs ich Gefallen an so einer Fahrerei habe, betrügt sich. Es geht einem ehrlichen Kutscher, der das Seiaige gelernt h a t , bitter ein, wenn er von hinten her zusehen soll, w i e vorn alles der Kveuz und der Quere geht. Die Regierungskunst — in dem Sinne, w i e ichs nehme — fliegt niemanden a n , er mag so vornehm seyn als er will. Er muls sie aus dem Fundamente gelernt, mufs den Blick frei, Ehre im Leibe, Augen im Kopfe haben, und ein handfester Kerl seyn. Ich sage immer: Der Stein weicht nicht a u s , du mufst ihm ausweichen, und wer sich in die Gefahr begiebt, der kommt darin um. Mit meinem gnädigen Herrn w a g t man zwar weniger als mit andern seines Gleichen. Er versteht sich so ziemlich auf die Pferde, u n d , sehen Sie, ich spanne ihm keius vor, das nicht auf den W i n k gehorcht; und so geht es denn toll genug, so lange er nur nicht mit der Peitsche v a g i r t , w i e vorhin; denn
x61
das
können
nicht leiden.
nun
einmal' meine
Da war ich aber, noch als
ein junger Kerl, in F r a n k e n , —
Füchse
bei einem
Gott vergebe mir die Sünde! — fürst-
lichen Marstall angestellt.
Die Gespanne
waren gut und b r a v , das mufs ich sagen, und der K u t s c h e r — doch Eigenlob stinkt. Mein damaliger Herr aber glaubte in seinein Dünkel, das Handwerk, das mir manchen sauern Schweil'stropfen gekostet hätte , wäre ihm angeboren,
und verstand
doch, wenn ich hinten auf der verteufelten Perutsche stand, nicht einmal meinen Zuruf.
Es war zum Wälzen.
Nicht zehn
Schritte konnte er fahren, so waren auch schon' die Zügel verwickelt. er den Kopf —
Nun verlor
nun legte er sie,
mir das W o r t zu gönnen,
statt
in die Hände
seiner Frau Gemahlin, die ihm nie von der Seite wich.
Die wirrte sie n u n , das
Gott erbarm, so aus einander, dal's mir grün und gehl vor den Augen w a r d ; denn nun wufste gewifs weder das Handpferd Th.
w. v.
Th.
11
noch das S a t t e l p f e r d , welchen S t r a n g es anziehen s o l l t e ,
und
doch
sollte
unser
eins Acht g e b e n , dafs die Räder im Gleise blieben.
Der
Teufel
und ich n i c h t !
hätte
Wenn
lenkten sie wüste.
das g e k o n n t
ich h o t t e schrie,
R i e f i c h : Vorgesehen
I h r e D u r c h l a u c h t , es k o m m t ein G r a b e n ! so waren
die Yorderpferde
denn es ging r a s c h , Blieben
schon
drin;
müssen Sie wissen.
nun die gnädigsten Herrschaften
m i t der Axe hängen oder kippten u m , so gaben sie es n i c h t keit,
ihrer
init allem Respekt
sondern
lieber
Pferden S c h u l d , diesen an
Ungeschicklichgesprochen
dem Kutscher
und
— den
zogen j e n e m an L o h n ,
Hafer ab ,
weil
der
eine
zu
d u m m , die andern zu muthig w ä r e n . W i e das ewige U m w e r f e n endlich dein W a g e n bekam,
das
Alles ward
können morsch,
Sie S i c h vorstellen. brach,
und zerrifs.
Nun trommelte man S a t t l e r Und W a g n e r , die nicht bezahlt w u r d e n , z u s a m m e n , um das Zerbrochene zu flicken und das Ge-
i63
flickte zu lakiren. Defswegen hielt es nicht eine Minute länger, als W u r m und Rost wollten. Um es kurz zu inachen, da das hohe Ehepaar, trotz der täglichen Erfahrung, sich weder rathen noch warnen liefs, und ich mich vor den fremden Kutschern , die von dieser Stallwirthschaft hörten, und davon einige mit mir zugleich in der Lehre gestanden h a t t e n , zu schämen, a n f i n g , legte ich. eines, schönen Morgens meine Striegel und Peitsche vor das Schlofsthor , machte mich mit meinem Schnurrbart'aus dem Staube, und, so viel ich weil's, liegt Perutsche. und Staatswagen noch heutiges Tages in der Reparatur. W i e es mir nachher erging, ist auch drollig. — Das lassen Sie Sich noch erzählen - — „Auf ein a n d e r m a l , " unterbrach ich u n g e r n den treuherzigen Schwätzer; aber ich durfte mich doch länger nicht vor meinem Freunde versteckt halten, der schon ein paarmal nach mir gerufen hatte.
i6/ t
—•—
E r e r w a r t e t e m i c h an einer r u n d e n T a f e l , die,
mit einem Schinken z w i s c h e n z w e i
Weingläsern b e s e t z t , w i e ein S t i l l - l e b e n von de Herem aussah. indeis
Der Hunger würzte
die mäfsige K o s t ,
u n d ich setzte
m i c h eine S t u n d e n a c h h e r g e s ä t t i g t u m vieles b e r u h i g t e r zu meinein in d e « P h a e t o n .
und
Führer
Der K u t s c h e r w a r mein
F r e u n d g e w o r d e n , die P f e r d e w a r e n erf r i s c h t , u n d gegen den W e g w a r n i c h t s einzuwenden.
S o b a l d w i r auf die H ö h e
k a m e n , sah ich T o u l o n m i t seinen T h ü r men u n d W ä l l e n h i n t e r einem Haine von Ölbäumen hervorschimmern. zog s i c h ,
Die Strafse
w i e der G a n g in einem Engli-
schen G a r t e n , tung h i n d u r c h ,
s a n f t d u r c h i h r e Beschatd i e S t r a h l e n der S o n n e
b r a c h e n sich an i h r e n Z w e i g e n , u n d die schönen Aussichten faltigkeit , w i e m e i n
n a h m e n an
Mannig-
Herz an F r o h s i n n ,
z u , je n ä h e r w i r der S t a d t k a m e n .
Desto
mehr b e f r e m d e t e m i c h die Stille des Marq u i s , u n d der E r n s t , den ich auf seinem
sonst so heitern Gesichte bemerkte, und ich weifs mir es auch jetzt noch durch nichts zu erklären, als durch die mir unbekannten Geschäfte , die ihn nöthigten, sein schönes Thal
diesen Morgen,
und
diesen Abend seinen Freund init dem Riikken anzusehen; denn sobald wir in dem silbernen Anker abgestiegen waren , kleidete er sich nur u m , übergab mich dem W i r t h e , und liefs mich in einer grofsen Stube allein. Ob wohl, dachte ich, indem er sich eiligst mit dem Wunsche einer guten Nacht von mir entfernte, die Langeweile, in der er dich da in
einein fremden Hause sitzen
läfst, auch zu deiner Nachkur soll?
und that durch den
gehören
Sinn
dieser
Frage wohl niemanden mehr Unrecht als mir selbst. Bin ich denn nicht Philosoph? bin ich nicht Dichter? höchsten Grade, schafter
genug ?
empfindsam im
und mir selbst GesellDas
kann
vielleicht
wahr, diese Hiilfsmittel können auch vor-
i66
trefflich seyn, davon ist die Rede n i c h t ; nur kann man sie, wie ich das heute schon einmal erfahren h a b e , meistens nicht so geschwind herbei schaffen, als man ihrer benöthigt ist.
Was aber ein Deutscher
zu allen Zeiten bei der Hand h a t , ist die f r u c h t b a r e Mutter so vieler Raritäten u n d Sammlungen, ist die Neigung der Seele, die man L i e b h a b e r e i er diese
nennt.
Wenn
zu befriedigen Gelegenheit fin-
d e t , ist er an jedem Orte geborgen.
Sie
macht in unserm National-Charakter unstreitig einen Hauptzug a u s , d e r , ob er schon
den
kultivirten
Klassen
anderer
Völker nicht ganz f e h l t , doch bei ihnen ungleich oberflächlicher, und lange nicht so ausgebreitet ist als bei uns.
Wer kann
die Spur dieses Naturtriebes
in
unsern
Kabinetten u n d Bibliotheken verkennen? Ohne blofs bei
dem ersten
Endzwecke
der A n h ä u f u n g litterarischer und artistischer Schätze stehen zu bleiben, hat der Deutsche gewifs immer noch ein
Lieb-
167
lingsfach nebenbei. Hier ist das gemeine Nützliche oft den unbrauchbarsten Dingen untergeordnet, sobald sie nur ein Zeichen des idealischen Werths an sich tragen, den ihnen der Sammler beilegt. Daher sucht der eine vorzüglich alte Drukke, der andere nicht sowohl Meisterstücke des Grabstichels, als Blätter, die sich manchmal nur dadurch rar gemacht haben , weil sie bei ihrer ersten Erscheinung nicht geachtet oder zu Pfefferdüten verbraucht wurden. Wird nicht oft das Bildnifs eines Feldherrn, Arztes und Fürsten, das sich-aus angeführter Ursache verlor, theurer bezahlt, als sein ganzer Nachruhm werth ist, nicht des schönen Stichs, sondern der Vollständigkeit der Sammlung wegen, in der es eine Lücke ausfüllen soll? Nur ein Deutscher kann auf den Einfall kommen, Bibliothecam Donquichobtianam anzulegen, und mit der mühseligsten und kostbarsten Beharrlichkeil di e Bücher, die der Autor des Romans
i60 d e m M u s e o seines R i t t e r s a n d i c h t e t e , w i r k lich in ein Kabinet z u v e r e i n i g e n . *) die F e s t i g k e i t , Deutschen
Geduld
konnte
und
Zeit
hinreichen,
Nur eines
den
um-
f a s s e n d e n P l a n a u s z u f ü h r e n , n i c h t allein ein
grundgelehrtes
neun
Bände
starkes
W e r k e i g e n h ä n d i g zu s c h r e i b a n , u n d i h m zu G e f a l l e n eine eigene Druckerei i n seinem H a u s e zu e r r i c h t e n , s o n d e r n , uin es sogleich
zu
dem
s e l t e n s t e n aller B ü c h e l
u n d D r u c k s c h r i f t e n z u erheben , der Zeit durch
den l i s t i g e n A u s w e g
men ,
d a v o n a b z i e h e n liefs. * * ) • *)
zuvorzukom-
dafs er n u r ein e i n z i g e s
Exemplar
Ich w i l l z w a r
Nach einem Auszug aus Bcrnoulli's Reisen im
Jahr 1777. ister Theil pag. 78. E n d l i c h sind i n dieser Bibliothek ( d e s
Generals
v o n E o r k e zu
Stargardt)
eine Menge B ü c h e r , die n u r ihrer Seltenheit wegen m e r k w ü r d i g sind u. s. w . als zum Beispiel die Bibliothek des Don Quichotte , nämlich alle Romane, w e l che nach der allgemein bekannten Geschichte dieses irrenden R i t t e r s ,
den B ü c h e r v o r r a t h desselben aus-
machten '*)
Calendarium
Romano
- Gcrmanicum
ntcd'n
nicht l ä u g n e n , dafs dieser schöne heimische » A u f b e w a h r u n g s - und trieb,
Erhaltungs-
wenn er nicht auf ein festes Ge-
hirn t r i f f t , leicht in die fixe Idee eines Wahnsinnigen ausarten kann ; aber genug, er mag sich zeigen wie er w i l l ,
dafs er
da i s t , das Herz seines Besitzers füllt und e r w ä r m t , und i h n , wie die T u g e n d , a u f allen seinen Wegen begleitet. chen ist so .klein, einen
Spiefsbürger
Kein Städt-
das nicht
mehr
einschliefst,
als
der mit
dem Scharfblick einer S p i n n e a u f B e u t e l a u e r t , die in das G e w e b e seiner Liebhaberei t a u g t ; und Du w i r s t selten ein Putzsimmer
wohlhabender Handwerker
ohne
einen G l a s - und Raritätenschrank antreff e n , auf dem P l a t z e , w o in andern Ländern ein Schlafstuhl oder s o n s t ein brauchbares Möbel steht. ae.vi
etc.
plar
unictim
manu, lenburgi
Ad.onia.vit , partim
successive 1761.
Anton prelo
impressum
W e r an Münz - MuVlric
abJLralh
suijcctum, etc.
in iX.
—
partim Xomos.
ExemUbera, JDil-
17°
schel - und Steinkabinetten keine Freude f i n d e t , setzt an ihre Stelle Sammlungen von Pfeifenköpfen,
Siegeln,
lets, oder Reliquien.
Yisitenbil-
Ich will keiner —
sie mag bestehen aus was
sie will —
ihren Nutzen absprechen; aber Du kennst die meinige, l i d u a r d , und ich frage Dich auf
Dein Gewissen,
giebt,
ob es w o h l viele
die ihr an Merkwürdigkeit gleich
kommen ? Jedes einzelne Stück derselben ist ein Exemplar •phum,
ein
Autogrä•
und um so viel mehr der Aufbe-
wahrung werth, omuia
unicum,
eines
weil es oft die Opera
berühmten
Mannes,
oder
doch eine momentane E m p f i n d u n g desselben , authentisch und diplomatisch darlegt, und zuweilen selbst wichtige historische Zweifel auflöst.
Dafs inir eine
solche Kollektion am Herzen liegt,
ist'
mir wohl nicht zu verdenken. Als ich in Berlin zum Thore heraus fuhr, schwebte m i r , G o t t weifs, kein anderes Bild lebhafter vor der Seele als s i e , und
i7i von allen den seltenen Gegenständen, mit denen ich h o f f t e , auf meiner Reise bekannt zu werden, waren es die b e s c h r i e b e n e n F e n s t e r s c h e i b e n , die inir am meisten in die Augen blinkten. Auch D u, mein guter Eduard — um es n u r ehrlich zu bekennen — würdest nicht so leichtes Spiel gehabt h a b e n , mich aus meiner hypochondrischen Lage zu b r i n g e n ,
wenn
nicht ins geheim meine Liebhaberei Deine beredten Vorstellungen unterstützt hätte. So wenig ein junger Botanist ohne die Ahnung,
unbekannte Pflanzen mit nach
Hause zu b r i n g e n , sich in Wildnisse wagen w ü r d e , die oft kein menschlicherFufs noch betreten h a t , so wenig w ü r d e auch i c h , ohne die höchste Wahrscheinlichkeit, ineine Sammlung sehr ansehnlich zu bereichern , von der Stelle gewichen seyn. Jetzt kann ichs sagen,
da meine heimli-
chen Wünsche über alle E r w a r t u n g gelungen sind. Um nur bei meinem heutigen glücklichen
172
F u n d stellen zu bleiben , so w a r ich noch keine zwei Minuten allein in der Stube, als meine spionirenden Blicke ihren Gang, und die Urkunden der Fensterscheiben in Untersuchung nahinen.
Ich mufste erst
eine Menge unbedeutender Maximen, elender oder schmutziger und mit einem Demant
in das Glas
eingegrabener
Verse
durchlaufen , ehe ich in dem wehmüthigen Eheu J-jigaces,
Postume,
Postume
des
Horaz auf Worte t r a f , die mich fest hielten.
Was mir aber die Scheibe erst lieb
und meiner
Sammlung würdig
w a r die Unterschrift.
machte,
Sie erregte alle
meine Empfänglichkeit, zauberte mich in vergangene glückliche Zeiten und in den Zirkel meiner würdigsten Freunde.
Jo-
hann George Sulzer, stand darunter, Toulon den 3 1 . Oktober 1 7 7 5 . —
Meine Au-
gen feuchteten sich a n , als sie diesen geliebten Namen, diese bekannte Handschrift eines verlornen Freundes erblickten, und ihnen, mit d£r Ubersicht des bemerkten
*73 J a h r e s und T a g e s , zugleich die folgenden wenigen v o r s c h w e b t e n , die , w i e ein kleiner
ermüdeter
Nachtrupp,
hinter
den
schnell voraus gelaufenen herschlichen. — „ G u t e r Mensch ! "
stand ich vor diesem
zerbrechlichen M o n u m e n t e ,
drückte
mir
gerührt meine eigenen Hände, und s e u f z t e : „Ach
du g l a u b t e s t
damals noch
nicht
deine Forderungen an das Leben schon so w e i t abgetragen
und den Abschlufs
deiner Rechnung so n a h e ; m i t dem bangen Vorgefühl
ob du gleich eines
Zwie-
f a l t e n , d e r , durch die A n n ä h e r u n g seiner Auflösung gedrückt,
noch einmal seine
schlaffen verschossenen Flügel in den Sonnenstrahlen auszudehnen v e r s u c h t ,
dem
w a r m e n Äther dieses Landes zuschwebtest. —
Aber w e l c h e L u f t ist balsamisch
g e n u g , den d u r c h den W u r m des Todes benagten
Lebenskeim w i e d e r in S a f t zu
setzen! —
O w e r hätte dir nicht gern
noch l ä n g e r den Genul's des königlichen Geschenks deiner kleinen Spreeinsel
ge-
g ö n n t , in deren duftendem Bezirke dii deine und der N a t u r Freunde
so will-
kommen w a r e n , u n d wo du — meine frohe Erinnerung
indem
seine freundli-
chen Anlagen durchstrich — unter den Gesträuchen des Auslandes n u r nicht den G i f t b a u m hättest aufnehmen sollen, sich ü b e r Gebühr
ausbreitete,
der
u n d so
•weit um sich w u r z e l t e , dafs deine geheime Sorge vor Unglück mit jedem Frühlinge z u n a h m !
Ich sehe dich noch,
welcher ängstlichen
mit
Güte du die uner-
fahrnen Kleinen abwehrtest, wenn sie unter dem Schatten seiner glänzenden Blätter ihren Spielplatz suchten.
Aber du,
ehrlicher Schweitzer, h a t t e s t ihn in der Unbefangenheit eines N a t u r f o r s c h e r s ,
in
der Herzenseinfalt gepflanzt, mit welcher der g u t m ü t h i g e Träumer Lafontaine seine schlüpfrigen E r z ä h l u n g e n ,
und —
wie
weit können uns nicht unsre zufälligen Gedanken verschlagen! — und ich noch im vergangenen Monate mein Tagebuch
175
schrieb.
Gott sei Dank, dafs die gefähr-
lichen Auswüchse desselben in der Asche liegen!
Doch ich mufs mich von dir los
reifsen, liebe Scheibe, die Zeit verschwatze,
damit ich
nicht
die mir zum Auf-
trocknen einer bessern Lebenspflanze in meinem heutigen Tage für das vivum
Herbarium
meines Eduards nöthig ist — und
damit du auch nicht mich zu einer so moralischen
Betrachtung
verleitest,
als
die von Swift über einen Besenstiel." — Ich rufte jetzt nur noch den W i r t h herein , und fragte i h n , ob er sich wohl des Mannes noch erinnere,
der
jenen
dieses Zimmer bewohnt habe. — ten Sie einen A u g e n b l i c k , " mein Kontobuch diesem
flüchtigen
nicht viel sagen.
ich darf nur
nachschlagen. —
habe ich das Blatt.
Tag
„WarHier
Ach mein Herr! von Passagier
läfst
sich
Es ist nicht der Mühe
w e r t h , was er in den paar Stunden verzehrt h a t ,
die er hier war.
Ich habe
von seinem Gekritzel auf meiner Glastafel
i7>Der
letzte Unsinn einer schwachköpfigen, sterbenden S c h w ä r m e r i n , " init Bitterkeit seine
beantwortete ich
gehäuften
duinmen
F r a g e n , „ d i e niemanden darüber zu Käthe zieht als einen D o m i n i k a n e r , kann weder Kraft bei ihren E r b e n , vor Gerichte h a b e n . " —
noch Gültigkeit ,, Um Verge-
b u n g , " wendete der W i r t h dagegen ein, „ F r a u von S a i n t a i g n a n war nichts weniger als Th. W .
eine s c h w a c h k ö p f i g e , V. Th.
war viel17
¿58 mehr eine sehr k l u g e , rechtschaffene und empfindsame D a m e ,
und das Vermögen,
über das sie Verfügung t r a f , kam von ihr her.
Ich sehe auch bei G o t t nichts un-
kluges und nicht halb so viel unbilliges in so einem T e s t a m e n t e ,
als bei einem
M a j o r a t e ; denn jenes erhält die F a m i l i e nicht allein auf Erden , sondern auch im Himmel bei A n s t h n . " —
„ Gehen Sie,
Herr W i r t h , " unterbrach ich i h n ,
„Sie
haben vorhin sehr richtig über Ihren Beruf geurtheilt: Philosophie liegt wirklich ganz aufser Ihrer Sphäre.
Gehen Sie und
schaffen Sie mir ein Glas L i m o n a d e . " — E r g i n g ; doch ehe ich mich noch im geringsten
von meinem
Schrecken
erholt
h a t t e , stand er mit seiner Bouteille und seinem
Geschwätze wieder
„ D a Sie d o c h , " sagte e r ,
vor mir.
—
indem er mir
einschenkte, „ e i n e Flasche Limonade nöthig h a b e n , um über das Schicksal Fräulein Klärchens Ihr Blut zu beruhigen, w i e viel werden
Sie nicht b r a u c h e n ,
wenn
Sie erst die Geschichte des Bruders erf a h r e n ! " — » I c h mag sie gar nicht wissen, Herr W i r t h .
Was so eine Seele an-
g e h t , ist mir ganz gleichgültig." —
„Das
w i l d es Ihnen nicht bleiben; lassen Sie mich nur erst erzählen. von Saintaignan
Dafs Fräulein
den Schleier annimmt,
gereicht keinem Menschen zum Nachtheile , so wenig als ihr selbst.
Ihr Herz ist
noch nicht vergeben, u n d das Kloster befreit sie von allen Nachstellungen.
Wenn
einem Manne a b e r , wie dem jungen Marq u i s , des Heilands wegen eine Braut untreu w i r d , so ist diefs w o h l ein seltneres Unglück, und unserm jungen Herrn mufs es noch viel schmerzhafter fallen,
weil
sein Schwesterchen vielleicht noch mehr Antheil daran hat als der Heiland." — Jetzt erst schenkte ich seiner Erzählung meine ganze Aufmerksamkeit. —
,>Di e
junge schöne Prinzessin von M o n t b a s s o n , " f u h r er f o r t , „ w u r d e hier unter der Aufsicht
meiner
Schwägerin
mit
Fräulein
aöo Klärchen zugleich erzogen.
Erstere war
von jeher dem Bruder bestimmt; ungeachtet gewannen
dessen
die beiden jungen
Leute einander lieb , die Zeit verging, der Tag ihrer Vermählung war schon festgesetzt,
und der Bräutigam wurde
stens
von der Armee erwartet.
nächDieser
Zwischenraum, so kurz er war, warf alles über den Haufen.
Die Freundschaft zur
Schwester stritt schon lange in dem Herzen der Prinzessin
mit der Liebe
zuin
Bruder, und, was wohl noch nie erhört i s t , sie siegte.
Die schöne Verlobte ent-
schlofs sich kurz, schrieb ihrem Bräutigam einen bethränten Abschiedsbrief, flüchtete , ehe sich meine Schwägerin dessen versah , in das Kloster,
das ihre Gespielin
gewählt hat, und erwartet dort nun schon seit acht Wochen die baldige Wiedervereinigung mit
ihr
auf Leben und Tod.
Dergleichen heldenmüthige Entschliefsungen, mein Herr, dergleichen Freundschaft, Treue und Hingebung ist nur in unserer
2 37, ihn,
dafs sein Gebet erhört
d o c h mit dem Z u s ä t z e ,
Zum Beweise,
Täuschung w ä r e ,
dafs sein G e s i c h t
z e i g t e sie s i c h dem B r u d e r
¿0 , w i e sie auf dem o b g e d a c h t c n iit.
neun davon
U. L . F . der G n a d e n i n der P r o v e n c e
h a l t e n lassen.
Der König
und
wäre,
dafs die K ö n i g i n i h r d r e i m a l
n e u n f e i e r l i c h e Messen u n d z w a r Kirche
Gott u m F r u c h t , D i e heilige Jung-
Gemälde
i n der sollte keine Fiacre
vorgestellt
die K ö n i g i n s c h i c k t e n
diesen
M ö n c h , n a c h d e m sie die N a c h r i c h t v o n j e n e r Erschein u n g aiis seinem e i g e n e n M u n d e i n die P r o v e n c e ,
um
zu
vernommen
hatten,
s e h e n , ob die heilige Jung-
f r a u w i r k l i c h daselbst so abgemalt w ä r e , w i e sie ihm, .-einem Vorgeben n a c h ,
erschienen w a r .
Z u g l e i c h er-
hielt er den A u f t r a g , w e n n es s i c h so v e r h i e l t e , n e u n
375 ist,
wie ein reicher
Gutsbesitzer unter
seinen FrÖhnern, ein überaus glücklicher Messen i n der obgedachten K i r c h e lesen z u lassen.
Es
t r a f alles m i t der B e s c h r e i b u n g , die der B r u d e r F i a c r e v o n seinem G c s i c h t c g c m a c h t h a t t e , stete,
überein,
er lei-
was i h m aufgetragen -war — u n d die K ö n i g i n
k a m am 5. September 1638 m i t L u d e w i g dem V i e r z e h n ten n i e d e r .
Sie liefs es i h r e erste Sorge seyn , der hei-
ligen J u n g f r a u
ihre D a n k b a r k e i t
zu
bezeigen,
und
s c h i c k t e den B r u d e r F i a c r e m i t einem Gemälde n a c h der K i r c l i c
17. L . F .
zur Gnade,
auf welchem
der
j u n g e P r i n z v o r der IVIutter Gottes k n i e e n d vorgestellt ist.
I n der F o l g e
m a c h t e sie eine S t i f t u n g z u sechs
M e s s e n , w e l c h e auf ewige Zeiten i n dieser K i r c h e gelesen w e r d e n
sollten.
Z u l e t z t w a l l f a h r t e sie i m J a h r
1660 m i t i h r e n beiden P r i n z e n
z u dieser K i r c h e ,
und
Ludewig
der V i e r z e h n t e w e i h e t e b e i dieser Gelegen-
heit
heiligen Jungfrau
der
sein blaues
w e l c h e s n o c h j e t z t sorgfältig
Ordensband,
dort aufgehoben wird,
so w i e er i h r a u c h i n der F o l g e seinen H c i r a t h s t r a k t a t m i t der I n f a n t i n M a r i a Theresia u n d den p y r e n ä i s c h c n Friedenssclilufs u . s. w .
prächtig
eingebunden
M a n vergleiche
damit
überschickte
n o c h die
Stellen,
die der Verfasser
des T a g e b u c h s aus dem L e b e n
heiligen
ausgezogen
führt
Fiacres
hat.
und
weiter hin
de* ange-
37
Den
W e n n D u aus
2>. F e b r u a r
der Konstellation
meines
gestrigen B l a t t e s zu bestimmen vermagst, in
welcher Gegend mein Stern
leucljtet,
so sind wir geschiedene L e u t e ; denn t r o t z Deiner S e h k r a f t konnte es unmöglich mit rechten Dingen zugehen.
Kaum bin ich
mir selbst glaubwürdig g e n u g , um meinen Standpunkt und die Ereignisse des abgelaufenen Tages l'iir w a h r zu h a l t e n ,
den
ich Dir j e d o c h so t r e u , als alle vorhergegangenen, zu entwickeln verspreche; h a b e n u r , das b i t t ' ich D i c h , Geduld m i t meiner F e d e r !
Du kennst ihre W e i s e .
Sie
rückt g e w ö h n l i c h nur mit dem Zeiger der Uhr fort, meinem schlagen,
aber vorzüglich heute d a i f in Tagelehrten u n d Kanzclrcdner.
467 Als F r a n k ' s Episteln
vordem,
trotz
ihrer
klugen
Besteller, Den W e g von T r a n k e b a r aus z u m dritten H i m m e l verkürzt. So setzt die Kost der N a t u r die Prachlgericht ? in den S c h a t t e n , U n d unsre A u g e n auch hier d u r c h gleiche W u n d e r in Draml. Zieht nicht des Vaters Geschenk Bis diesen Abend auf
Sand
Des Meers in Felsen g e z w ä n g t , zieht jener Hügel von DaUen Nicht dunkel über
den Tisch
wie Nonnen
über
ein L a n d ? Beim Dnseyn ohne G e f ü h l , ohn' alleu frohen V e r b a n d Mit Mond u n d S o n n e , m i t F r e u n d e n u n d G a l t e n , Bleibt zwar diefs a r m e G e w ü r m
in seines Lebens
Ermatten Gleich der verschleierten Schaar m i t m e i n e m Mitleid verwandt. Doch
diefsmal
kam
es zu gut d e m D r a n g
des
Hungers zu S t a t t e n , Als dafs es leibliche R u h ' in unsrer Nachbarschaft f a n d .
4ö8 Geschickt
wie
Söhne
des M a r s ,
wenn ihre f r e -
velnde Haud Novizen - Z e l l e n
erbricht,
«'brachen
und W i r bald die
Scheuen
suchten
hatten
erreicht, den
wir,
und
keine
über
Rand
Des Munds g e s c h w e n k e t , die nicht die letzte Probe bestand. W a s gleicht d e m Meer w i e
die W e l t !
lebenden
In j e d e m
Tropfen
D e r Austern schien so v e r g n ü g t , als sie die G u r g e l verschlang , .Ein Herz *),
ein weibliches
Herz,
das m i t
der
Schale noch r a n g , Statt sich zu sperren,
der Hand sogleich entgegen zu klopfen,
D e r , i m Gedränge d a r n a c h , die K u n s t des Vorgriffs gelang. *) In der herrlichen Sammlung anatomischer Präparate des Hrn. CruÜLshaiik z u L o n d o n befindet sich eine wohlgerathene injicirte A u s t e r , Herz dieses Tlücres z u sehen ist. istes Gändchen S. 243.
i n welcher das
S. Schillers Briefe
4