A. M. von Thümmel’s Sämmtliche Werke: Band 5 [Reprint 2020 ed.] 9783111601014, 9783111225913


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A. M. von Thümmel’s Sämmtliche Werke: Band 5 [Reprint 2020 ed.]
 9783111601014, 9783111225913

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j f c HT y.

M.

A.

VON

THÜMMELS

SÄMMTLICHE WERKE

F Ü N F T E R

L E I P Z I G ,

BEI

G.

J.

B A N ! )

G Ö S C H E N

l g l S .

R in die

E

I

E

mittäglichen von

V. Th.

Provinzen

Frankreich.

V i e r t e r

Th. W .

S

Theil.

3

M a r s e i l l e .

Den 12, Februar.

Ich

k o m m e heute w e d e r

zu C o t i g n a c ,

wie

Du

Zeile glauben m u f s t e s t ,

von der Maria

nach

der

letzten

die i c h schrieb,

noch von sonst einem andern christlichen oder

heidnischen

Götzenbilde,

sondern

viel w e i t e r h e r , und z u D i r z u r ü c k , mein unschätzbarer Freund.

E i n neues reines

Bla tt liegt vor m i r , mit dem ich heute ein frisches T a g e b u c h anfange. — kann

ich

das ältere n i c h t ,

Fortsetzen denn es ist

a u f meiner beschwerlichen Reise verräumt worden. Eduard,

Seit w i r sind

W o c h e n die

uns kennen ,

die letztvergangenen

ersten,

in

mein vier

denen i c h keine

Stunde an D i c h gedacht habe.

D a f ü r bist

D u mir aber auch j e t z t lieber als jemals. —

I c h k o m m e aus den dunkelhellen Ge-

•i

filden zurück , die an die Finsternisse des Todes glänzen, hörte schon in der Nähe den Strom rauschen, der alle Geschlechter der Erde f o r t s c h w e m m t , und sah die Dämme von Schlamm weit unter m i r , die wir in

der

Selbstgenügsamkeit

unseres

Stolzes gegen den Zuflufs reiner Quellen um unsre Fioschgräben ziehen, und die uns jede Aussicht in das Freie versperren. Die Zeit schien schrecklich vor mir vorüber zu fliegen.

Jede laufende

Minute

hing ihr ein Sterbcglöckchen mehr an. Von unzählig eilenden Pulsschlägen schüttert,

er-

tönten sie in ein fürchterli-

ches Geläute zusammen,

gegen welches

das Geklimper auf unsern Kirchhöfen Harmonie ist.

Ich floh dem Tode mit heis-

ser Begierde entgegen,

um aus diesem

Gesause der einstürzenden W e l t und aus ihrem Staube zu k o m m e n ; und doch trieb mich der Schauer

der Ewigkeit

immer

wieder aus seinen ausgestreckten Armen zurück.

So flatterte mein Geist in jener

5 unbekannten W i l d n i i s , die an den Zaun unsres Lebens a n s t ö f s t , ungewifs umher, ohne dal's ihm ein Mondschiinmer

vor-

leuchtete, oder ein freundlicher Stern begegnete.

So hob sich meine Seele, leicht

wie ein D u n s t , Gefäfse. —

aus ihrem zerbrochenen

Hinüber — hinüber w a r der

einzige seufzende L a u t , den ihr die Angst der Verzweiflung abdrang.

Sie h a t t e nur

noch einen Schwung zu thun , um da zu seyn, wo sie h i n s t i e b t e , als eine unsichtbare Gewalt sie aufhii lt, und eine freundschaftliche Stimme ihr z u r i e f :

,, Kehre

u i n , meine Schwester ! Es giebt viel schönere Eingänge in dieses Thal —

kehre

in das Leben z u r ü c k , uin sie zu suchen." U n J was fand sie, als sie, aus ihrer Höhe herab gewirbelt,

wieder auf den Stand-

p u n k t k a m , von welchem sie aufstieg — als statt der P h a n t o m e ,

die sie umgau-

kelten , sie wieder Menschengestalten erblickte, und fragen k o n n t e : „ W o ist die schwesterliche Seele, die mich in das Le=

6 b e n zurück z o g ? "

A c h ! sie f r a g t e u m -

s o n s t ; aber sie f a n d ein H e r z , das in der Hitze eines schrecklichen F i e b e r s , Prasseln,

Toben

und

Angst

unter

zergangen,

gleich einem edeln E r z von seinen Schlakken g e r e i n i g t , n u n a b g e k ü h l t auf den Boden g e s u n k e n , w i e ein f u n k e l n d e s Goldk ö r n c h e n da lag.

Die r a u h e S c h a a l e ,

es s o n s t u m g a b ,

ist v e r s c h w u n d e n ; was

es aber

an u n n ü t z e m

Gewichte

die

verlor,

h a t es an W e r t h g e w o n n e n — denn die Mühe

der B e a r b e i t u n g ,

sten sind ü b e r w u n d e n ,

die

Schmelzko-

u n d sein

wahrer

G e h a l t ist d u r c h das F e u e r bestätigt. 0 k o n n t e ich diesen G o l d t r o p f e n so glänzend zu Dir h i n r o l l e n , als er j e t z t aus der G l ü h p f a n n e des Herzens geflossen i s t , dam i t Du Dich in seiner O b e r f l ä c h e spiegeln könntest,

ehe er i n dem Umlauf u n t e r

den Menschen sich w i e d e r v e r d u n k e l t u n d anläuft!

Möchte

er i m m e r n u r von den

Blicken derer b e s t r a h l t zu schätzen v e r s t e h n !

werden,

die i h n

Möge ein gutes

7 Schicksal ewig alle schmutzige Hände von ihm a b h a l t e n , und ihn b e w a h r e n , damit er

nicht

in

dem T u m u l t e

der W e l t

in

eine E c k e geworfen oder in Koth getreten weidiM

Fliegen ihm j a Sonnenstäubchen

an —

wie

bald

bläst

schaftlicher Hauch Ich h a b e

diese ein freund-

hinweg!

meine U h r ,

t r i t t e meines L e b e n s

die mir die F e h l zu bezeichnen auf-

h ö r t e , als mein überirdischer T r a u m anhob,

und

die während

m i t der

Ewigkeit

meinem

Kopf küssen

meines

Kampfs

stillschweigend hing —

über

heute zum

erstenmal wieder in Gang gesetzt, und — G o t t , mit welcher E m p f i n d u n g ! J e d e Sek u n d e , die den Zeiger j e t z t weiter rückt, jeder L a u t , den sie an die Vergangenheit, G e g e n w a r t und Zukunft a n s c h l ä g t , halbe

Note

und jeder

auf der T o n l e i t e r Schwung

jede

der Zeit,

derselben,

der den

T o d t e n t a n z unserer Stunden entwickelt — durchzittert

die

feinsten

Fasern

meines

Herzens , und verstärkt den Nachhall mei-

8 nes bittern Bewufstseyns. meinen Arzt,

Doch ich Lore

der unter mir w o h n t , die

Treppe herauf steigen. —

Sein sterbli-

cher Name ist Sabathier. — nie als mit

dankbarer

Er fliefse

Ehrfurcht über

meine Lippen! —

Eben ist der menschenfreundliche Mann von mir gegangen. —

Aber,

welch ein

schweres Verbot liefs er mir nicht zurück! — „ W a s schreiben Sie? " — fragte e r , nahm mir das Blatt unter den Händen weg und las.

Es ist das erstemal,

dafs ein strenges Auge in mein Tagebuch blickt. —

„ N e i n , " rief er, „in diesem

Tone dürfen Sie nicht fortfahren.

Sie

müssen Sich durchaus des Gebrauchs Ihrer Feder noch einige Tage enthalten. es mir

auch nicht

Ihr Puls

Wenn

verriethe,

diese Zeilen würden es thun, dais Sie noch krank sind.

Iin ganzen Ernste, lie-

ber Freund, mufs ich Ihnen unter der

gewissen

Bedrohung

einer noch, l a n g e m

Einkerkerung a u f l e g e n , Ihren überspannten V o r s t e l l u n g e n ,

Ihren kostbaren Aus-

drücken im

Reden und

Möglichkeit

entgegen

Schreiben

zu

nach

arbeiten."



„ U n d durch w a s , lieber D o k t o r ? " fragte ich. —

„Durch

ein

Loth

Fiebejrinde,

ehe Sie Ihren Spargel e s s e n , " er m i r , . „ u n d

antwortete

durch ein Glas

nach T i s c h e . " —

Limonade

U n d so ging er. —

Was

w i l l der Mann m i t diesem R e c e p t e ? dächte,

Ich

i c h hätte nie hellere Vorstellun-

gen g e h a b t , und s i e , seitdem ich schreiben k a n n , nie so deutlich und natürlich entwickelt,

als diesen

Morgen.

Doch,

ich w i l l nicht mit i h m streiten.

Meine

erste T u g e n d soll s e y n ,

einem

Kinde — Gehorsam — Gehorsam.

wie der

bei

pünktlichste

D e n n ehe ich den Blick

ins

Freie und den Balsam der L u f t noch länger entbehren m ö c h t e , d u r c h einen E i d V e r r i e b t thun.

w o l l t e ich lieber

e w i g auf

meine

Feder

HO

Den 15. Februar.

Z w e i Tage und eilf Stunden bin ich armer Entkräfteter mehr u n t e r fremder als eigener Sorge f ü r die E r h a l t u n g meines schwankenden Daseyns

nun weiter

ge-

r ü c k t , u n d ein stärkender Schlaf der vergangenen Nacht h a t mir viel Gutes geth^n. Er h a t meinen Kopf so b e f e s t i g t ,

dafs

ich ihn nicht mehr zu stützen brauche, und h a t m i r , Gott sei D a n k , die E i l a u b nifs meines Arztes verschafft, Dir w i e d e r schreiben zu dürfen.

Aber sieh nur, w i e

g e n a u er es m i t mir nimmt.

Hat er mich

n i c h t , w i e einen A n f ä n g e r , in die Glänzen einer einzigen Blattseite die i c h ,

eingezäunt,

bei Verlust meiner F r e i l a s s u n g ,

nicht überschreiten

darf?

D a f ü r ist er

aber auch so g ü t i g g e w e s e n , der Zeit,

den R a u m

den er mir zu diesem süfsen

Geschäfte f r e i l ä f s t , desto w e i t e r auszudehnen , und m i r den ganzen vorliegenden langen T a g dazu auszusetzen.

Sollte

man aus dieser Einrichtung nicht schliefsen, der gute Mann habe es nur darauf angelegt, Dir zu etwas recht scharf gedachtein und geistreichem zu verhelfen? Nichts weniger!

Gerade dagegen hat er

die ernstlichsten

Vorstellungen gemacht.

Er will durchaus,

dafs ich mein Papier

mehr mit Worten als mit Gedanken füllen, und wenn wider Verlioffen mit etwas in die Quere käme,

das diesen Namen

verdiente, ich geschwind aufspringen und einen

Kamm

möchte. —

durch

mein

Haar ziehen

Hast Du je gehört, Eduard,

dafs man bei uns s o eine Diät vorschreibt, oder haben unsere Arzte bfei ihren Patienten von dieser Seite nichts zu besorgen ? Zu einem Zwischenzeitvertreib Doktor Bastianen aufgegeben,

hat der mich mit

meiner Krankengeschichte zu unterhalten. Da sich meine Erinnerungskraft ganz verkrochen h a t ,

so ist es mir in der That

l i e b , von einem so nahen Zuschauer den Gang eines Drama's zu erfahren, in wel-

chem ich die erste Rolle s p i e l t e , o h n e es selbst zu wissen.

E r h ä t t e , sagt er, gleich

beim ersten A u f z u g e sich n i c h t s

kluges

von derselben v e r s p r o c h e n ; d e n n er h a b e , als er in meine Kammer getreten s e i , u m mich zu meiner malerischen Reise zu w e k k e n , m i c h im Hemde an dem offenen Fenster g e f u n d e n . —

,»Ich verbarg mein E r -

s t a u n e n , " f u h r Bastian f o r t , „ u n d fragte, o b Sie Sich n i c h t ankleiden wollten ? — I n der heftigsten Bewegung Sie:

„Geh!

k a u f e mir

antworteten

einen Rock von

Schnee g e w e b t u n d eine Mütze von E i s ! " —

Es w a r die erste

unpassende

Rede,

die ich n o c h von I h n e n g e h ö l t h a t t e — denjten S i e , w i e sie m i c h e r s c h r e c k t e ! — Herr P a s s e r i n o ,

f i n g ich m i t z i t t e r n d e r

Stimme a n , w a r t e t schon seit einer S t u n d e in dem V o r s a a l , u n d die P o s t p f e r d e - - „ W a s ? " fielen Sie m i r in das W o r t , u n d Ihre Augen f l a m m t e n , „ d e r Kerl ist aus Spandau e n t s p r u n g e n ?

Leg i h m

gleich

die Fesseln an u n d ü b e r a i e b i h n der W a -

»3 che. " —

J e t z t s ä u m t e ich n i c h t länger.

— Ich rief Haus,

n a c h Hülfe d u r c h das ganze

stellte den

Maler

an die T r e p p e ,

um allen L ä r m a b z u h a l t e n ,

schickte den

H a u s k n e c h t n a c h dem ersten A r z t e , er a u f t r e i b e n k ö n n t e ,

Ii eis I h r e n

den

Reise-

w a g e n a b s p a n n e n , u n d l a u e r t e endlich in der g r ö l s t e n Angst an der H a u s t h ü r e auf die A n k u n f t des M a r k t s c h r e i e r s — ist

kein

Schimpfwort

eigentlicher C h a r a k t e r ,



Diefs

es w a r

sein

w i e es sich erst

a u s w i e s , als es b e i n a h e z u spät w a r .

Er

bezeigte eine h e r z l i c h e F r e u d e Sie w i e d e r z u sehen. —

>»Den H e r r n , " sagte er m i r

gleich bei seinem E i n t r i t t e , „ h a b e ich schon v o r einigen M o n a t e n zu Bruchsal in der K u r gehabt. —

Mit seiner jetzigen K r a n k h e i t

h o f f e ich e b e n so bald fertig zu w e r d e n als d a m a l s . " —

W i e f r o h w a r ich ü b e r

den glücklichen Z u f a l l , der diesen M a n n hierher brachte!

Auch Sie schienen Sich

seiner zu e r i n n e r n , u n d ich m u f s t e glauben,

dafs er in keinem geringen Ansehn

bei Ihnen stände;

denn Sie folgten ihm

auf den Wink. —

Er befahl I h n e n , das

Fenster zuzumachen zu legen.

und Sich zu Bette

Sie gehorchten ohne Wider-

rede. — Jetzt flog er zur T h ü r hinaus um selbst die Arznei zu h o l e n ,

brachte

sie, gab mir eine gedruckte Anweisung zu ihrem Gebrauche, davon.

und

flog wieder

Er entschuldigte seine Eil mit

öffentlichen Geschäften , die ihm oblägen, rieb sich die S t i r n , sprach von Aufopferung und Versäumnifs, und als ich darauf erwiederte,

dafs er sicher auf ein

schönes Gratial rechnen könnte — ,,Ach, ich weifs es, ich weifs e s , "

antwortete

er, liefs sich aber dennoch vor Abends nicht wieder sehen.

Auf diese Art setzte

er seine Kur in G a n g , und brachte Sie, trotz seiner seltenen Besuche, mit jeder Stunde einen Schritt näher zum Grabe, Ich fürchtete Alles, und doch beruhigte mich sein Geschwätz,

und das

Glück,

auf das er sich immer bezog, Sie schon

einmal v o m T o d e gerettet z u haben. ist alles in seiner O r d n u n g , er a u f meine bedenklichsten Er

war

jedem

über

neuen

nichts

antwortete Mienen.

verlegen,

Symptom

auch

Es —

hatte zu schon

ein

El'a.srhchen in der T a s c h e , und so schien es am siebenten

Morgen

ganz

auch

in

seiner O r d n u n g z u seyn , dafs er den Kopf schüttelte, Stottern

die Achseln

anfing,

AVenn

zuckte, ich

und z u

ihn

fragte.

Jetzt e r w a c h t e mein Mifstrauen in seiner ganzen G ' ö l s e ,

und

eben

w o l l t e ich in

der V e r z w e i f l u n g meines Herzens den elenden Keil zur T h ü r e hinaus

stofsen,

al6

sie sich ö f f n e t e , und ein Mann von dem edelsten Ansehn herein —

vor Schrecken

aber w i e d e r zurück t r a t , sobald er Ihrer ansichtig ward.

Zugleich fal'ste er auch

den A r z t in das A u g e , und trat auf ihn zu. —

,, Ist das n i c h t , " fragte e r ,

„der

Schreier von dem Pferdemarkte ? — Freund, w i e kommt Er h i e r h e r ? " —

„Man

mich rufen lassen," antwortete

hat

der Un-

i6 verschämte," aber zu spät. gens

ein guter

Ich bin übri-

Bekannter

von

diesem

Herrn — habe ihm schon in Deutschland von einer schweren Krankheit geholfen — leider sind aber diefsinal seine Umstände zu gefährlich und ganz hoffnungslos, das inuls ich sagen." —

,, Das soll ein Arzt

beurthcilen, der es

verstehtversetzte

der F r e m d e , „ u n d

im äufsersten Falle

auch die Polizei. —

Dem Kranken keine

Arzneien weiter bis ich zurück k o m m e , " wendete

er sich gegen mich und

eilte

davon. — „ O , meine M i t t e l , " setzte nun der

trotzige

Kerl

gegen mich f o r t ,

seine

Rechtfertigung

„werden

schaden noch helfen. —

jetzt

Den

weder

Wunder-

mann möchte ich s e h e n , der Seinen Herrn zu retten vermöchte. Die Krankheit selbst hätte eigentlich nichts zu bedeuten.

Ich

habe den Prinzen von Rohan von einer dergleichen befreit, die noch heftiger w a r . aber bei einem Protestanten ist ihr nicht beizukommen : denn sein hitziges Fieber

*7

ist nur die F o l g e seines bösen Gewissens. W ä r e Sein Herr von unserer R e l i g i o n , so hätte dieser Umstand gerade am wenigsten zu sagen.

Der erste beste Mönch

w ü r d e die Sache in geschlichtet h a b e n ;

einer Viertelstunde aber eine Seele mit

Verbrechen b e l a d e n , auf die kein Weihw a s s e r , keine Monstranz , keine M a d o n n a w i r k t , entschlüpft o f t dem geschicktesten Arzte unter den Händen, und f ä h r t zum T e u f e l , wenn auch der Körper längst wieder in Ordnung gebracht ist — und das ist hier der F a l l . " — „ U n m ö g l i c h , " antwortete ich : ,, Thorheiten kann der arme Herr begangen h a b e n , das will ich zugeben ; aber Verbrechen gewil's nicht.

Ich

bin seit dem Neujahrstage in seinen Diensten und tagtäglich uin i h n , doch a u c h ,

und

w a s Sünden s i n d ;

müfste es l ü g e n ,

weifs

aber ich

wenn ich ihm die ge-

ringste nachsagen w o l l t e . " —

,,Mir darf

Sein Herr so etwas nicht weifs m a c h e n , " versetzte der Z a h n a r z t ; ,,ein hitziges FieTh. W .

V. T h .

2

¿8 ber ist gar ein plauderhaftes Ding,

und

zum Glücke verstehe ich die beiden Sprachen , in denen Sein Herr wechselweise irre redet.

A c h , ich könnte Ihin das Ver-

ständnifs wohl öffnen, lieber Mann; aber was geht es mich a n ?

Ich bin heilfroh,

dafs ich hier aus dem Spiel komme. Die Polizei?

das ist zum L a c h e n !

ich mich denn aufgedrungen?



Habe

Hat mich

denn mein alter Freund nicht rufen lassen ?

Ohnehin breche ich morgen mein

Theater a b , und ziehe weiter. — E r j a auch bei Zeiten Kammerdiener,

und

für S i c h ,

leb* E r

Sorge Herr

wohl!



Meine Rechnung will ich jetzt gleich mit dem Wirthe abmachen." — F ü r die sollte der Esel von Hausknecht h a f t e n , der ihn geholt hat! riei ich ihm n a c h , und schlug die Thüre hinter ihm zu. Nicht lange nachher führte der Fremde den Arzt herein, der Sie mit Gottes Hülfe bis hierher gebracht hat.

E r fing seine

Kur freilich auch damit a n ,

womit der

'9

erste die seinige

endigte —

mit Kopf-

schiitteln; aber es dauerte nicht lange, so setzte er Ihren ganzen Haushalt in Beweg u n g , und schickte zu gleicher Zeit in vier Apotheken, damit kein Rettungsmittel über die Zubereitung des andern zu spät käme.

Ich mufste ei|ien Chinatrank,

der Prologus Spanische F l i e g e n , der EpiIogus ein Klystier, Elutigel holen. Fremde - -

und Herr Passerino

Unterdessen schrieb der „ A b e r w e r ist denn der

M a n n , " unterbrach ich hier meinen Bastian, „ d e r sich meiner so freundschaftlich annahm ? "



,, D a s , "

antwortete

e r , „ hübe ich nicht herausbringen kö.1111 e 11, weder von ihm selbst noch von dein Herrn Sabathier. " —

„ E r schrieb also , "

f u h r der Erzähler f o r t , „ e i n Briefchen an den Kommendanten,

das er durch den

W i r t h selbst abschickte, und welches die gute F o l g e hatte, dafs die Gasse mit Saud b e s t r e u t , f ü r die Wagen gesperrt, und der erschütternde Lärm von aufsen gedämpft

20

wurde.

Nun setzte er sich init trauriger

Miene an Ihr Bette, und befahl, die Ermüdetsten von uns sollten sich schlafen legen, damit wir Tag und Nacht im Dienste abwechseln k ö n n t e n . " — Weifst Du w o h l , E d u a r d , wen sich meine Einbildungskraft bis hierher unter diesem f ü r mich so besorgten Manne'vorstellte? D i c h , Theuerster,

oder meinen

Jerom.

Konnte mir der Teufel, dachte ich, einen so abscheulichen Bekannten als den Zahnbrecher nachschicken, uin mich in die Hölle zu treiben — w a r u m sollte es nicht meinem guteii Genius eben so möglich gewesen s e y n , mir einen Freund zu meiner Rettung herbei zu f ü h r e n ? Freilich w a r ' er beinahe zu spät gekommen; aber reist das Verderben nicht immer geschwinder als die Hülfe? Die Folge der Erzählung meines Bastian benahm mir diese schöne Hoffnung auf einmal; denn, wie er mir sagte, that der Fremde Fragen an ihn, die allein schon zeigen, wie unbekannt

21

ich ihm seyn müsse. spiel,

Ich f u h r , zum Bei-

bald nach seiner Erscheinung mit

der Hand

nach der S t i r n e ,

vermuthlich

weil die Blasenpflaster zu ziehen anfingen,

und rief ängstlich d a b e i : , , 0

got,

meine liebe M a r g o t , binde mir ge-

Mar-

schwind dein warmes Halstuch u m "



und da glaubte der gute M a n n , ich wäre verheirathet, und f r a g t e , in der N ä h e s e i ? —

ob meine F r a u

„Ach

nein,"

ant-

wortete Bastian w e i n e n d , „ e s ist meine Schwester, die ihm im Sinne l i e g t ; w o l l t e doch G o t t , sie w ä r e h i e r ! " — E i n e Weile nachher schrie i c h : Falkenstein!" —

,, Heilige Klara von

„ I c h h ö r e , " sagte dar-

auf der Unbekannte, unsers Glaubens ist. —

„ dafs der Kranke Wie kommt es,

dafs ihm noch kein Mönch das Viatikum anbeut? " —

Ich rief heftig dazwischen,

als ob ich ihm das Gegentheil beweisen wollte: — scheuliches

>>Weg —

weg von m i r , ab-

Geschöpf mit

deinen hölli-

schen Geistern und deinen K r e u z e n ! " —

22 Hier sah sich der Herr noch einmal nach uns u i n , sagte Bastian. — nicht

zu

antworten,

nahm das W o r t .

Ich traute mir

aber

der Epilogus

„ A c h G o t t , " sagte die-

s e r , „ d a s ist eine gar lange Geschichte. — Die K l a r a , v o n der unser Kranker spricht, ist ein w u n d e r s c h ö n e s Mädchen zu A v i gnon.



Kennen

Diicliquet ? "



Sie e t w a „ Ich

den

habe

E h r e , " a n t w o r t e t e der Fremde. — so

wird

es s c h w e r

Herrn

nicht

werden,"

die

„Nun

f u h r der

E p i l o g u s f o r t , „ I h n e n die Sache verständl i c h z u inachen.

So viel kann ich Ihnen

sagen , dafs dieses Mädchen die Steine der h e i l i g e n Dreifaltigkeit in sich tragen soll, die Zeit

der

katholischen

abhanden

Kirche

gekommen

seit

sind.

langer —

Ob

sie mein Herr bei ihr gesucht h a t , w e i f s ich n i c h t gewil's, aber ich glaube - - - "



„ W i e l a n g e , " unterbrach ihn der Unbekannte , ,, ist er bei dem Herrn in Diensten?" —

„ S e i t dem achten vorigen Mo-

n a t s , " a n t w o r t e t e der unleidliche S c h w ä t -

zer.

„Vorher w a r ich ein Puppenspieler»

nachher Grenadier unter der Päpstlichen Garde,

werde aber jetzt im Hause der

Epilogus g e n a n n t , mein B r u d e r . " —

und der Prologus ist ,, Ich dächte,

mein

F r e u n d , " versetzte der Fremde ernsthaft, ,,er ginge schlafen.

Er scheint es mir

nöthiger zu-haben als ein anderer."

Der

Kerl liefs es sich nicht zweimal sagen, und ich, E d u a r d , bin recht f r o h , dafs er fort ist. sich mein

Um Gottes w i l l e n , was mufs unbekannter W o h l t h ä t e r

für

einen Kegriff von meiner W i r t h s c h a f t gemacht haben ! Es ist ihin wahrlich nicht zu verdenken, dai'.s er sich jetzt nicht weiter um mich bekümmert. —

Aber mein

Blatt ist leider zu F.nde. Pünktlicher kann man w o h l seinem Arzte nicht gehorchen» d e n n , wenn Du Dir nicht selbst Gedanken bei meiner Geschichte m a c h s t , mir liegen gewifs keine darin.

von

24 Den 16. F e b r i u i .

„ D a haben Sie R e c h t ! " lächelte mich der herzensgute Sabathier diesen Morgen an, nachdem er mein gestriges Blatt bis auf die letzte Zeile durchgelesen h a t t e , „ d a s h a t Ihnen den K o p f schwerlich angegriffen.

W e n n Sie mir versprechen so fort-

zufahren , und daran Spafs f i n d e n , so erlaube

ich

Ihnen

heute ohne

einige Seiten m e h r . " So w i l l

ich

Bedenken



mich denn an meinen eige-

nen Anekdoten auch recht satt schreiben. W e n n diese nicht acht a u s f i e l e n , so iniifste keinen in der seyn,

Welt

mehr zu trauen

da hier die g e w i f s

stände zusammen

treffen,

seltenen Umdafs der Held

der Geschichte sie aus dem Munde eines Augenzeugen nachschreibt. — logusnahm

„ D e r P10-

Bastian den Faden seines

gestrigen Berichts a u f , „ t r a t jetzt an die Stelle seines zu Bette geschickten Bruders, and

der fremde Herr

hielt

seine

erste

Nachtwache an dem Ihrigen — ganz besonders glücklich

f ü r Sie:

denn gegen

drei U h r stiegen Ihre P h a n t a s i e n ,

die

ohnehin räthselhaft genug waren, so hoch, dafs Sie aus Ihrem Französischen Jargon in den Deutschen fielen, den, aufser Ihrem vornehmen W ä c h t e r , verstand.

niemand von un;>

W i e hätten wir mit Ihrer Un-

geduld zurecht kommen w o l l e n ? So forderten Sie einmal etwas mit der ängstlichsten Heftigkeit.

W ä h r e n d wir n u n aus

gleichem Mifsverständnisse, ich nach Limonade und der Prologus nach dem Fliegenwedel liefen, h a t t e Ihnen der Fremde schon gebracht, was Sie verlangten." — „ U n d was w a r es denn , Bastian ? " fragte ich. —

„ A l s o erinnern Sie Sich wohl

gar nicht einmal, ben?"—

was Sie zerrissen ha-

„Ich weifs kein W o r t davon."

— „ N u n so will ich nur w ü n s c h e n , dafs es Sie hinterher nicht noch gereue.

Es

waren die vielen Hefte, die Sie gewöhnlich alle Abende um einen oder zwpi Bo-

2(5

gen verstärkten, u n d die auf I h r e m Schreibetische noch a u f g e h ä u f t beisammen gen."—

la-

„Mein T a g e b u c h , B a s t i a n ? das

h ä t t e ich z e r r i s s e n ? " — ,,Ja w o h l , mein lieber H e r r , in tausend kleine S t ü c k c h e n . Die A r b e i t schien I h n e n eine r e c h t e F r e u d e zu m a c h e n .

Der F r e m d e

einen H e f t nach

mufste

Ihnen

dem a n d e r n zureichen.

S o n d e r b a r w a r e s , dafs Sie die A n z a h l davon auf

das genaueste im Kopfe h a t -

ten , u n g e a c h t e t seiner grofsen S c h w ä c h e . Sie f o r d e r t e n

den e r s t e n ,

den

zweiten,

u n d so f o r t , nnd w u r d e n n i c h t eher ganz r u h i g , bis auch der letzte v e r n i c h t e t w a r , das Arabische M a n u s c r i p t

ausgenommen,

das Herr l ' a s s e r i n o n e b s t seiner A b s c h r i f t bei mir niedergelegt h a t .

Ich safs m i t t -

lerweile ganz still n e b e n der N a c h t l a m p e , u n d dachte w c h m ü t h i s den vielen schönen S t u n d e n n a c h , die ich Sie an diesen unglücklichen P a p i e r e n m i t einem E r n s t hatte verschreiben

sehen,

als w e n n Sie

f ü r d i e E w i g k e i t schrieben,

Sie a b e r w e n -

deten Sich, wie die Sache geschehen war, mit dem heitersten Gesichte und in Französischer Sprache zu dem Fremden: ,, Jetzt, Herr P r o k u r a t o r , t h u n Sic mir den Gefallen und befreien mich von diesem Plunder. —

Tragen Sie ihn dort ins Kamin

— der Prologus soll ihn anstecken." die Flamme aufloderte und die

Als

dunkle

Stube bis an die Decke erleuchtete, riefen Sie ein Bravo über das andere, u n d : „Sehen Sie n i c h t , Herr P r o k u r a t o r , " sagten Sie halb leise zu dem H e r r n , ..wie lustig die heiligen Engel den brennenden Scheiterhaufen umflattern ? " —

Wohl

gut,

dal's der Quacksalber der Exekution Ihres Tagebuchs nicht mit b e i w o h n t e : er h ä t t e sicher Ihr strenges Urtlieil f ü r eine Selbsthülfe Ihres bösen Gewissens erklärt.

Für

eine wohlthätige Krise hielten wir es indefs alle; denn Sie fielen gleich darauf, zum erstenmale seit acht Tagen, in Schlaf, und athmeten so f r e i , als ob Ihnen eine drückende Last von dem Herzen genom-

28 inen sei.

A u c h ich. begab mich n u n zur

Ruhe —

Passerino löste mich ab. —

aber der T a g a n b r a c h ,

kam

Als

ich so neu

gestärkt wieder auf meinen P o s t e n , dafs der fremde Herr kein Bedenken f a n d , mir seinen Stuhl an Ihrem Bette einzuräumen, und sich auf einige Stunden z u entfernen. Sie schliefen noch ein g u t e W e i l e ununterbrochen fort.

A b e r ach ! w i e rührten

Sie mich durch

Ihre freundlichen Phan-

tasien,

als Sie a u f w a c h t e n !

mich f ü r meine Schwester. Margot,"

wendeten

abgebrochener freut mich

Sie hielten „Meine gute

Sie S i c h in sanfter

Stimme

nach m i r ,

„wie

dein lieber B e s u c h !

O wie

übel ist es mir die vielen Jahre her ergangen,

seit i c h v o n deinem Bette w e g

bin! —

Lebt denn mein treuer

noch? —

Johann

N u n das h ö r e ich gern.

viel habt i h r K i n d e r ? —

Wie

Deine Mädchen

sind w o h l sehr s c h ö n ? Nimm sie um Gottes willen v o r

den D o m h e r r e n ,

Pröpsten

vor

und

den —

vor den

Mönchen

in

29 Acht — das — bitte ich dich. — sie weder schreiben lernen,

Lafs

.noch lesen ;

denn sonst stänkern sie in allen Legenden.

Sprich nie mit ihnen von Tugend,

damit sie gar Laster giebt;

nicht erfahren ,

dafs es

sondern erziehe sie häus-

l i c h , reinlich, fröhlich uyd ganz so wie du w ä r e s t ,

als ich dir deinen Strohhut

aufsetzte. —

Das versprich mir.

Was

aus deinem Bruder geworden i s t , Gott wissen.

mag

Hiefs er nicht Bastian? Ich

höre und sehe nichts von ihm.

E r hat

mir etwas mitgenommen, das mir sehr w e r t h war — dein liebes Gesichtchen. — G o t t verzeihe es i h m ! — Aber was ist dir denn begegnet, Margot? w a r u m weinst du?

Hier,

nimm mein Schnupftuch —

trockne deine Thränen damit ab.

Ich

habe es nicht n ö t h i g , denn in meine brennenden Augen ist seit J a h r und Tag keine gekommen." — —

Zu meinem Glücke

verfielen Sie hier in Ihren vorigen Schlummer, und ich bekam Zeit mich zu erholpn;

den» jedes W o r t Ihres Selbstgesprächs zerrifs inir das Herz. — Ob wohl meine gute Schwester es empfunden haben m a g , wie gegenwärtig sie Ihnen w a r ? Das möchte ich wissen. volle S t u n d e ,

Nun

verging

wieder

eine

ehe Sie a u f w a c h t e n ,

und

es war eben Z e i t , dafs Sie einnehmen sollten.

Ich reichte Ihnen die Tasse.

sahen mich bedächtig an. — du es,

Bastian?"

Sie

„ A c h , bist

sagten Sie

endlich.

„ G u t ! Ziehe geschwind deine Livree a n ; ich mufs dich nach Hofe schicken. weifst d o c h , wo die F r a u

Du

Oberhofmei-

sterin w o h n t ? Mache ihr meine Empfehl u n g , und sage ihr in meinem Nainen — doch liefs' ich um Verschwiegenheit bitten — dafs ihre so w o h l erzogene, schöne, junge Prinzessin - - - "

Aber auf einmal

sprachen Sie wieder D e u t s c h ,

u n d Ihr

Auftrag ging f ü r mich verloren. ~ t h u t mir l e i d , Bastian.

Verstandest du

denn gar nichts d a v o n ? " — als zwei W o r t e ,

„Das

„Nichts

die Sie einigemal wip

ZU derholten: Kabinet und Kapelle."

Mehr

brauchte ich nicht zu wissen , um auch dieser Phantasie meines kranken Gehirns auf die Spur zu kommen.

Es war der

Dunst einer Anekdote, der mir aus der Asche meines veibrannten Tagebuchs zu Kopfe stieg.

Ich hatte sie D i r , kurz vor

meiner F l u c h t

aus

Avignon,

in einem

nicht minder fieberhaften Zustande einem peiwonirten

Kammerherrn

nacherzählt.

Sie ist drollig g e n u g , und kann uns einst zu Berlin eine niüfsige Abendstunde vertreiben helfen.

Um mich darauf zu brin-

gen , darfst Du n u r eines gewissen r o t h e n Thurms u n d einer kleinen Prinzessin erw ä h n e n , die Jettchen hiefs. — „Doch erzähle E r nur w e i t e r , Herr Kammerdiener. W a s ging denn sonst noch mit mir v o r ? " — „ E t w a s sehr E r w ü n s c h t e s !

Die letz-

ten Tropfen mufsten mit Mohnsaft versetzt seyn , denn Sie schliefen unter dem Reden ein und in Einem fort bis den Abend.

Herr Sabathier besuchte Sie in-

zwischen dreimal, ohne dafs Sie ihn hörten; aber Ihr Puls und Ihr

hochrothes

Gesicht wollten ihm keinmal gefallen. — „Es ist noch nicht der Schlaf,

den ich

w ü n s c h e , " sagte er zu mir im Weggehen, ,,und ich f ü r c h t e sehr f ü r den neunten Tag." —

Ach er hatte nur zu wahr ge-

sprochen ; denn mit dem Eintritte desselben ward I h r Zustand immer furchtbarer, bis zum zwölften. Ihr unbekannter Wohlthäter verliefe Sie so wenig als Herr Passerino diese Zeit über einen Augenblick, und hatte sich ein Feldbette neben dem Ihrigen aufschlagen lassen.

Sie fielen aus

einer Phantasie in die andere. —

Wenn

Sie sprachen, w a r Ihre Stimme laut, feierlich und erhaben.

Ihre Reden an Gott,

an die N a t u r , u n d an Sich selbst hätten verdient aufgeschrieben zu w e r d e n ,

und

kein Regent w ü r d e die Strafpredigten, die Sie als Hofkapellan an einen der Deutschen Fürsten zu richten schienen, ohne Erschütterung angehört haben. —

Diefc

33 waren —

nicht Bemerkungen

wie Sie w o h l

denken

von

können,

mir,

sondern

die U r t h e i l e Ihres Arztes u n d des f r e m d e n Herrn,

die sich o f t beide über die h o -

h e n W a h r h e i t e n w u n d e r t e n , die in I h r e n Schwärmereien

lagen.

Sobald

Sie

Sich

aber zu den arinen M ö n c h e n u n d in sere Kirchen

verirrten,

da w a r d

un-

einem

n i c h t w o h l zu M u t h e in I h r e r N ä h e .

Ich

h a b e o f t G o t t gebeten , I h n e n die Schmäh u n g e n n i c h t z u z u r e c h n e n , die Sie in der Heftigkeit Ihres W a h n s i n n s gegen u n s e r e geheiligte Religion ausstiei'sen. —

Einmal

schrien

Papsts!

Sie:

,,0

seine g l ü h e n d e n

des g o t t l o s e n Schlüssel

leuchten

vor auf dem W e g e z u r H o l l e . " —

mir Dann

u n d w a n n h a t t e n Sie es m i t den Buhlerinnen

zu thun.

meiniglich

die

schluchzten Stirn.

Hände vor das schlugen

Sie erschreckten

ordentlich, Passerino, fh. W.

und

D a n n h i e l t e n Sie gesich

Gesicht, vor

die

u n s o f t aufser-

b e s o n d e r s einmal den a r m e n der sich einfallen l i e f s ,

V. T h .

Ihre ^

feurigen Augen zu kopiren — Studien,

w i e er sagte.

so ge-chwind

nach

zu seinen

S i e f u h r e n ihm

der G u r g e l ,

dafs er

kaum Zeit h a t t e , sich zu retten. —

„Elen-

des Schlachtvieh ! " riefen S i e mit durchdringender

Stimme,

, , b ü c k e dich nieder,

ich dich an dem Altare

damit

erwürge.

Stümper

aller

Neptuns

Stümper,

wie

k o n n t e s t du die G i ö f s e der N a t u r so verkleinern?—

D a s t o b e n d e Meer liegt vor

deinen A u g e n , und du i r a l s t einen S u m p f . Dein

Mond

ist ein

Äther grobfädig dein S t a a t s r o c k .

Irrwisch,

und

und dein

verschossen

wie

G e d e n k s t d u mich a u c h ,

w i e u n s r e a r m e A n g o l a , in dem G e s t a n k e deiner F a r b e n z u e r s t i c k e n ? mich malen? Herr!"

Du?" —

willst

s e u f z t e P a s s e r i n o , „Avelcher be-

jammernswürdige Zustand! streitig

Du

,,/Ych, der a r m e

der

stärkste

ganzen K r a n k h e i t .

D a s w a r un-

Paroxisinus

seiner

A m b e s t e n , ich schlei-

che mich w e g , d a m i t er m e i n e r nicht gew a h r wird.

Lassen

Sie mir

es

sa£»en.

35 wenn

er w i e d e r

Er g i n g u n d

bei V e r s t ä n d e i s t . " —

kam

eher w i e d e r . —

auch

wirklich

nicht

Ein andermal - - - Doch

w i e mag ich mich d a b e i a u f h a l t e n ? w a r e n ja n i c h t bei Sich. —

m i t Einem W o r t e alles g e s a g t ? " — nein, los.

Bastian,

damit kommst

W a s meintest

du?" —

dermal also b e k a m e n

Sie

Ist das n i c h t „Nein,

du

nicht

i , E i n an-

Sie einen h e f t i g e n

A n f a l l ü b e r eine K l e i n i g k e i t , die w i r vergessen über

hatten

bei

Seite zu

die Klingel n e b e n

,,Gott L o b , "

sagten

schaffen —

I h r e m Bette. —

S i e , „ d a f s ich

die

Q u a s t e h a b e ! J e t z t w i l l ich schellen, dafs m a n es in D o m i n g o h ö r e n s o l l . " —

Der

W i r t h k a m gelaufen u n d i n a c h t e Vorstellungen

dagegen.

übrig,

um

Es

blieb

uns

nichts

I h n e n den E i n f a l l a u s

dem

K o p f e z u b r i n g e n , als dafs i c h aui'sen am Bette in die H ö h e stieg u n d die vom Drathzuge abschnitt.

Schnur

So p h a n t a s i r -

t e n Sie a u c h viel von S p a r t a , A t h e n u n d von d e m F o n t u s E u x i n u s . "

56 Nun halt ein, Bastian, ich möchte noch gern einige vernünftige W o r t e mit meinem Eduard allein sprechen, Bogen zu Ende geht.

ehe mein

Das soll mir lieb

seyn, höre ich Dich sagen: denn was in aller Welt soll ich mit deinem Fiebergeschwätz anfangen? — 0 , hättest Du n u r mein Tagebuch gelesen.

Das liegt n u n

freilich ganz in der Asche; indefs ist wenigstens durch dieses Blatt das Register davon gerettet.

Meine Phantasien sind,

als abgerissene Fäden aus dem des Lebens,

mir immer noch

Gewebe wichtig,

und können mir zum Leitfaden dienen, wenn Du

einst neugierig auf den Stoff

werden solltest,

den ich in der Fremde

verarbeitet habe — den Nutzen ungerechnet ,

den diese Nachlese f ü r mich hat.

Keine moralische Betrachtung hat

mich

je so aufmerksam auf die I r r t h ü m e r meines gesunden Gehirns g e m a c h t , als die Schwärmerei meines k r a n k e n , u n d kein Auszug aus den Schriften der Weltweisfin

37 hat mir mehr Anlafs

zum

Nachdenken

gegeben, als Bastians Auszug aus meinem hitzigen Fieber.

Wenn ich einmal, die-

sen Bogen in der Hand, neben Dir sitzen und Dir meine wahnsinnigen Reden kommentiren werde; so wirst Du so gut einsehen als i c h , warum unter den Gespenstern,

die mein von Angstschweifs trie-

fendes Heiz bis in den Abgrund des Grabes zu verfolgen

schienen,

freundliche 'Erscheinung

die einzige

der guten Mar-

got mein Blut besänftigte,

und kühlen-

den Balsam in meine Wunden gofs.

Ach!

wie wurde nicht meine Einbildungskraft durch jeden Tritt gefoltert, den ich mir erlaubt hatte neben

dem geraden Wege

zu t h u n ! Und doch hatten mich — wie Dir mein Kommentar zeigen wird — nur Zufall und Leichtsinn nicht weiter verl o c k t , als bis an den bedeckten Schmutzgang des kasuistischen Lehrgebäudes; und die Flecken lassen sich allenfalls in einem reinen Brunnen noch abwaschen, die irh

38 davon trug.

W i e aber mufs erst einem

Herzen in dem A u g e n b l i c k e ,

w o es bre-

chen w i l l , zu Muthe s e y n , d a s , ails einem schlüpfrigen Irrwege in den andern verf ü h r t , mit immer b e r a u s c h t e m

Sinnen,

bis in das Innere der Freistätte drungen i s t ,

vorge-

die in jener unseligen Sit-

tenlehre den scheußlichsten

Verbrechen

offen s t e h t !

In welchem Vorgefühl der

Verdammnifs

mufs sich nicht eine Seele

vor ihrem Hinüberschweben in die E w i g keit herumtreiben, wenn der annähernde Todesengel init seinen Schwingen die Nebel religiöser T ä u s c h u n g und die Wolken des Weihrauchs zertheilt, die ihr Bewufstseyn umzogen!

W i e gewaltig mufs der

Stroin des Lichts den seiner Binde entledigten Geist e r g r e i f e n , wenn nun die Gegenstände

seines

Glaubens

hinter

schillernden Schleier hervor t r e t e n ,

dem der

ihre Häfslichkeit so lange v e r b a r g ! Welch eine Ubersicht der schrecklichsten Wahrheiten !

Blutqualm

steigt ihm

von den

59 Altären entgegen, be,

auf denen Aberglau«

Religionshafs und Priesterstolz ihre

Schlachtopfer

erwürgten.



Falsche

durch vorset/lichcn Selbstbetrug gerechtfertigte Eide zerreiben ihm das Ohr. .— Manche dein Hohngelächter der Wollust preis gegebene und nach den gotteslästerlichen llegeln dete

der Entsündigung ermor-

Unschuld wimmert zu seinen Füfsen,

und abgetriebene Kinder faulen unter dein Lanijienscheine des Götzenbildes, das ihm auf Hein dunkeln Hingänge in das Unabsehliche voileuchten soll. — In profundis Bette

des

W i r d das

des M ö n c h s , der vor dem Kranken

Weihwasser,

kniet —

wird

das

das über seine heifse Stirn

flielst — wird die letzte Ö l u n g , die seine Schläfe salbet — die Schreckensbilder verscheuchen k ö n n e n , Wird

der

die ihn u m g a u k e l n ?

ganze l'lunder

der

geheilig-

ten Spiel werke, die jene g e w i s s e n l o s e n Schwärmer

als Hülfsinittel zur Seligkeit

ihren Anhängern feil bieten, die Beän?-

/,o stigung eines Sterbenden zu l i n d e m verm ö g e n , der die reinen Gefühle der Natur gegen so

heillose Grundsätze

h a t , die, wie Opium,

vertauscht

den Verstand

Träumereien voll süfsen G i f t s ,

in

das Herz

in tödtlichen S c h l a f v e r w i c k e l n ? —

Doch

es ist eine glückliche Galgenfrist für die Herren , die damit w u c h e r n , gewiesenen

Gränzen meines Bogens

Stillstand gebieten. es r ä t h l i c h ,

dals die anmir

Auch selbst mir ist

dafs ich die Feder weglege ;

denn der Verdrufs , den es mir verursacht, dafs ich nur

die W a a r e n ihres Schleich-

handels beschauen, und mich in gedankenloser Verwegenheit ihren schädlichen Dünsten nähern m o c h t e , nach dem Kopfe.

t r e i b t mir das B l u t

T r ä t e j e t z t mein Arzt

herein, er würde es nur zu gewifs an meinem Pulse m e r k e n ,

w i e nahe ich daran

w a r , den V e r t r a g zu verletzen, der unter uns beiden besteht.

Den 17. Februar,

O

dafs sich miv

in diesem Augenblicke,

da ich mich h i n s e t z e , um Dir den ersten Festtag meiner Freilassung der fromme

zu

Unbekannte darstellte,

ich die R ü c k k e h r in das Lehen Ach

warum

schildern,

zögert

er? —

dem

verdanke!

Ich

bin

}a

w i e d e r stark g e n u g z u erhabenen F m p f i n dungen , und habe h e u t e davon die vollständigste P r o b e gegeben. mich

mein

Arzt

W e n n es, w i e

vermuthen

läfst,

ein

edler Mann v o n hohem menschlichen Gef ü h l i s t , den ein G e l ü b d e bindet, Kranken beizustehn , Nothleidenden zu helfen , so sollte er ja wissen, w i e lästig einem guten Herzen W o h l t h a t e n w e i d e n ,

die sich un-

berin Händedrucke , unsern U m a r m u n g e n entziehen. — E r k o m m e , er k o m m e ! Und w e n n es ein M ö n c h w ä r e , ich w o l l t e ihm f ü r das verdienstliche W e r k , das er an mir Armen verrichtet hat, z u F ü f s e n fallen und seine Kutte mit E h r f u r c h t berühren.



TVIeiii trefflicher Arzt besuchte mich diesen Morgen eine Stunde f r ü h e r als gew ö h n l i c h , w a r , w i e es s c h i e n , init meinem P u l s e und meinen Augen zufrieden, und nachdem er auch in meiner gestrigen Schreiberei nichts

zu

tadeln

fand,

sprach er mir mit der Stimme eines Engels z u :

„ I h r Erntetag ist

lieber Freund.

gekommen,

Geniefsen Sie von nun an

der F r ü c h t e , die in den schwülen Stunden Ihrer Krankheit gereift sind — aber geniefsen Sie solche mit der Behutsamkeit eines vernünftigen Wesens.

Dieser R .th

gehört so gut zu meiner Gerichtsbarkeit, als Körper und Seele zu dem Gebäude gehören, das unsere beschränkte Kunst in Bau und Besserung e r h a l t e n , vor feindseligen

Erschütterungen

schützen,

und

vor seinem zu f r ü h e n Einstürze b e w a h ren soll. —

Folgen S i e , um der milsli-

chen Hülfe der Kunst zu entbehren —

nur den mütterlichen Anweisungen der Natur." —

„ D a s , " fiel ich ihm in die

R e d e , ,,hat mir schon ein anderer grofser Arzt

gerathen,

der Jerom h e i f s t . "



„Aber wohl zu m e r k e n , "

f u h r er fort,

„ d e r schönen N a t u r . " —

„ D i e s e n Bei-

satz r " erwiederte i c h , „ h a t Jerom vergessen." —

„Desto s c h l i m m e r , " antwor-

tete der brave M a n n ;

„ ohne diesen ist

der ganze Rath nicht viel w e r t h ,

und

giebt in unbewachten Stunden zu grofsen Miisdeutungen Anlafs. —

Doch ich bin

ja nicht hergekommen, um Ihre vorigen Arzte zu m u s t e r n ,

sondern Ihnen noch

eine Arznei zu verschreiben, deren erste W i r k u n g ich noch abwarten w i l l , ehe ich Sie ganz entlasse." —

„ W a s f ü r eine? "

fragte ich erschrocken.

Aber kaum ant-

w o r t e t e er : „Die frische stärkende L u f t " — so lag ich mit Freudenthränen an sein e m Halse — so flog ich von ihm nach dem F e n s t e r ,

nach meinem H u t e ,

nach

meinem Mantel — so w i n k t e ich Bastia-

neu,

mir

meine

Latwergenbüchsen

Pulverschachteln fen —

so w a r i c h in e i n e r M i n u t e g e k l e i -

det u n d f e r t i g , folgen. meines —

und

aus den A u g e n z u s c h a f -

um

meinem Befreier

zu

E r s c h i e n s e l b s t v o n dem S t r u d e l Entzückens

„Kommen

ergriffen zu

werden.

S i e , " r i e f er m i r z u , , „ w i r

w o l l e n den reinen Ä t h e r z u W a s s e r ,

zu

Lande —

er

und überall

aufsuchen,

wo

sein S p i e l h a t . " H e u t e a l s o , den 1 7 . F e b r u a r M o r g e n s d r e i Viertel an

dem

auf

neun U h r ,

Arme

des

war es,

besten

und

wo

ich

edelsten

a l l e r A r z t e , n e u g e b o r e n an L e i b u n d Seele,

ineine

Marterkammer

verliefs.

Alle

m e i n e N e r v e n b e b t e n w i e die S a i t e n e i n e r Ä o l s h a r f e , als i c h i n d e n W a g e n A p o l l o stieg. —

Aber

in

meines

welcher

Har-

m o n i e s t i m m t e n s i e n i c h t erst z u s a m m e n , als w i r i n d e i n H a f e n a u s s t i e g e n ! S o u n g l a u b l i c h grol's h a t t e i c h m i r den G e w i n n meiner er

jetzt

Krankheit

nicht vorgestellt,

meinen offenen

neu

als

geschärften

45 Sinnen zuströmte. — blick

in

das F r e i e

Mein erster setzte

mich

in

Hindas

w o l l ü s t i g e E r s t a u n e n eiftes B l i n d g e b o r n e n , der u n t e r

der B e l e u c h t u n g

der M o r g e n -

s o n n e , u m g e b e n v o n dem Kreise b l ü h e n der M ä d c h e n ,

in dem

ersten

Erwachen

des J ü n g l i n g s a l t e r s , den G e b r a u c h seines Gesichts e r l a n g t .

Alle diese glücklichen

U m s t ä n d e m ü s s e n b e i i h m z u s a m m e n treff e n , w e n n ich m i c h h e r a b l a s s e n s o l l , den U m f a n g m e i n e r E m p f i n d u n g e n m i t den seinigen zu vergleichen. Begreife es, E d u a r d , •wenn D u k a n n s t . rend meiner

Der W i n t e r w a r w ä h -

Gefangenschaft, ohne

dafs

i c h seinen A b z u g n u r von w e i t e m geahndet

hatte,

in

übergegangen,

den

schönsten

Frühling

der m i c h j e t z t in seinem

ganzen Schmuck

empfing —

die d a m a l s

k a h l e n G e s t r ä u c h e der s t ü r m i s c h e n K ü s t e zogen

sich

SpröLslingen

jetzt,

wie

geflochten,

ein um

Kranz das

von sanft

glänzende Meer h e r u m — m a n c h e r Baum, den ich bei m e i n e m letzten F r ü h s t ü c k e ,

46 das Passerino mir vorsetzte, als das Gelipp eines erfrornen U n b e k a n n t e n , meiner Blicke nicht wertli h i e l t , begriifste mich jetzt w i e einen alten F r e u n d , als Palme — Lorber — Cytisus

oder Sumack



die vergilbten runzligen Hügel hatten sich die Zeit ü b e r , wo ich dem Verdorren so nahe w a r , mit frischem Rasen bekleidet, u n d seihst der Felsen der Madonna spielte ins Grünliche. —

Nur an den widi igen

Bastiden bemerkte ich nicht die kleinste Veränderung j sie blickten aus ihrer hohen Ferne noch immer so a l b e r n , so vornehm, so versteinert h e r u n t e r , wie vormals. jedem kleinen

Matrosengärtchen

In

hinge-

g e n , über dessen Schilfzaun ich wegsehen konnte, jagten schon halb nackende Kinder unter blühenden Mandelbäumen nach Schmetterlingen und Käfern — und das Gedränge der Blumen

aus

der lockern

E r d e , und das Zwitschern der Vögel um und neben m i r , und der

Wiederschein

des azurnen Gezeltes, das so viele Freu-

47 den b e d e c k t e — w i e f ü h l b a r m a c h t e m i r nicht dieses herrliche Ganze das s c h w e r e r r u n g e n e Bewufstseyn eines n e u angehenden Lehens.

Ich g l a u b t e n i c h t e h e r , dafs

n o c h e t u a s die siif.se Behaglichkeit meines

Gefühls vermehren

mich

die

könnte,

freundliche G o n d e l

als

da

aufnahm,

in w elcher Sabuthier ein p a a r P l ä t z e f ü r uns besprochen hatte.

Eine L u f t , kaum

s t a r k g e n u g u m einen S c h m e i l e n b a c h z u kreiseln , spielte ü b e r die schillernde Fläche des M e e r s ; die Inseln P o m e g u e a u f der einen S e i t e , d e r n , in

R a t o n n e a u auf der an-

der M i t t e

das Sehlofs I f ,

•Welches w i r z u s t e u e r t e n ,

auf

Ligen d u f t e n d

v o r u n s , w i e auf einem G e m ä l d e von Zeemann.

Dieses lachende Ziel u n s e r e r Spa-

z i e r f a h r t zog so sehr meine Blicke an sich, dals ich b e i n a h e einen U n g l ü c k l i c h e n ü b e r sehen

hätte,

der z u

einer g a n z

andern

B e s t i m m u n g , u n t e r der B e w a c h u n g ger S o l d a t e n , Boot stieg.

mit

mir zugleich in

einidas

4« Es w a r der S o h n eines reichen K a u f m a n n s —

ein j u n g e r W ü s t l i n g ,

den vielleicht

auch ein hitziges F i e b e r z u r r e c h t e n S t u n de dein

Sturm

entrissen h ä t t e ,

der i h n

jetzt aus den F e s t t a g e n des F r ü h l i n g s i n die schreckliche Stille eines iiden T h u r i n e s verschlug. W i e verschieden w i r k t e n n i c h t hier

die Reize der N a t u r

auf z w e i ver-

b r ü d e r t e W e s e n ! W ä h r e n d ich mit f r e u n d lichen Augen die spielenden W e l l e n verf o l g t e , die das Schiffchen ¿ a n f t h o b e n u n d senkten , w ä h r e n d ich m i c h in den süfsesten T r ä u m e r e i e n

wiegte,

safs der

von

seinein Gewissen gefolterte J ü n g l i n g , m ü r r i s c h u n d m e n s c h e n s c h e u , in d e r f e i n s t e n Ecke der B a r k e ,

warf

dann

und wann

einen f i n s t e r n Blick auf das p l ä t s c h e r n d e Ruder,

das i h n mit j e d e r M i n u t e seiner

Bestrafung näher b r a c h t e ,

n a h m keinen

A n t h e i l an u n s e r n G e s p r ä c h e n , u n d schien, w e n n er m i c h a n s a h , selbst dem Mitleiden zu f l u c h e n , das und wann

mit

sich f ü r i h n dann

meinem Frohsinne

vri-

49 mischte. Ach er schien nur in dein Verlust seiner Freiheit den Verlust ihres Mifsbrauchs zu fühlen, und nur an die bunten Karten, an die feilen Dirnen und an die wilden Gelage zu denken, denen er einen ganzen lustigen Sommer hindurch entsagen sollte. Seine glückliche Bildung w a r durch Ausschweifungen entstellt, und noch zeigte sich keine Spur von Reue, Trost, oder männlichem Entschlüsse zur Tugend in seinen funkelnden lilicken. O möchte er doch, durch R u h e , Einsamkeit, m'äfsige Kost und durch bittere Erfahrung geläutert, mit gesunderm Blute und bessern Neigungen in einen weiseren ö

D

Wirkungskreis zurücktreten, als er heute zu verlassen gezwungen wird. Mit diesem stillen bänglichen Wunsch begleiteten meine Augen den armen Verzweifelten bis an den Eingang seiner düstern Behausung, wohin ihn seine Wache sogleich abführte, als w i r angelandet waren. Diese Absonderung von dem Lebendi:'h, W .

V. Th.

4

5o gen — diese V e r s e t z u n g eines m e i n e r Mitgeschöpfe,

a u s den S i n n l i c h k e i t e n

einer

b l ü h e n d e n H a n d e l s s t a d t in die F e l s e n b u r g , in die V e r g e s s e n h e i t , in die Nebel eines s t ü r m i s c h e n F.ilandes — diese t r a g i s c h e n B i l d e r , die sich mir h i e r , als Atigenzeugen, in i h r e r ganzen f ü r c h t e r l i c h e n W a h r heit

darstellten,

alle

frohen

w ü r d e n n u r zu gewifs

F.mpfindungen

aus

meiner

Seele v e r s c h e u c h t h a b e n , w ä r e n i c h t der glücklichste Z u f a l l ,

der m i r n u r begeg-

nen k o n n t e , dazwischen Aus

dem

Trupp

getreten.

einiger

Officiere,

die

s i c h von der F e s t u n g h e r der Barke näh e r t e n , d r ä n g t e sich einer u n t e r w i e d e r h o l t e m A u s r u f meines N a m e n s auf zu,

u n d ich lag in s e i n e n

Armen,

mich ehe

i c h n o c h b e g r e i f e n k o n n t e , w e r es w o h l seyn

möchte. —

ich D i r m e i n kannte !

Aber wie

Glück ,

als

ich

beschreib' ihn

er-

Es w a r einer der s c h ä t z b a r s t e n

Menscheil, die ich je geliebt h a b e — der M a r q u i s von

Saint - Sauveur,

der

voi

5i n e u n J a h r e n z u Berlin alle Zirkel belebte , in die er e i n t r a t .

Damals w a r er auf

Reisen.

J e t z t s t e h t er als Brigadier u n -

ter

Regimente ,

dem

das z u

Marseille

l i e g t , u n d w ü r d e m i r keinen A u g e n b l i c k f r e m d vorgekommen s e y n , w e n n ich m i r ihn

unter

einer U n i f o r m gedacht h ä t t e .

W i e schnell verlosch das T r a u e r b i l d des Gefangenen vor scheinung! gnügens und

seiner

himmlischen Er-

Die G e w a l t des r e i n s t e n Ver-

b e m ä c h t i g t e sich m e i n e r

der

auffallende

Beweis,

h i e r ein J u g e n d f r e u n d Zeit noch zerstört trauen

gab,

K r a n k h e i t die

hatte,

Seele,

den

mir

dafs w e d e r

Physiognomie

die m i r z u e r s t sein Z u -

erwarb ,

setzte

Selbstzufriedenheit,

mich

in

eine

die ich diesen Mor-

gen v o r m e i n e m Spiegel n i m m e r m e h r erwarten

konnte.

E s ist

mir

noch

ein

R ä t h s e l , u n d w ä r e m i r viel b e g r e i f l i c h e r g e w e s e n , w e n n er m i c h f ü r einen a n d e r n genommen, Figur,

wenn

ihn

meine

skeletirte

m e i n A n l a n d e n a n diese Insel der

Bufse, und die verdächtige Bangigkeit irre gefühl t h ä t t e n , der ich mich niemals der Nahe kann.

eines

Zuchthauses

in

erwehren

Am wenigsten konnte ich es in

diesem Augenblicke, wo ich ein Officiercorps auf mich zukommen-und einen aus ihrem Kreise heraus stürzen sah, der mich umarmte. Dieser plötzliche Übergang von Erschrecken zum Entzücken konnte nicht wohl ohne E r s c h ü t t e r u n g des Herzens abgehen.

Ich f ü h l t e , dafs ich der glücklich-

ste Mensch sei,

den dieser Felsen w o h l

seit seiner Erschaffung getragen; aber ich w a r nicht vermögend, es auszudrücken — ich konnte aus beiden Sprachen nur Ausrufungen der Freude zusammen bringen, •

meine Zunge s t r ä u b t e andere W o r t .

sich gegen jedes

So w a n k t e ich an dem

Arme meines F r e u n d e s auf und ab an dem Gestade, bis uns der Bootsmann zurief, dafs alles zur A b f a h r t bereit sei.

Der

muntere, s c h w a t z h a f t e freundliche Mann gehölte mir bis zum Austritte auf

dei

•53 Gondel allein zu. jeden

L a u t von

vernahm;

sah

I c h w a r neidisch auf ihm,

den

niemanden

ein

anderer

als i h n ,

und

würde ihm a u f dem F u f s e gefolgt seyn, hätte auch seine gastfreie Einladung mich und

meinen

berechtigt.

Aufseher

n i c h t schon dazu

Das prächtigste Haus a u f dem

schönsten Platze der S t a d t , empfing uns in dem reizendsten Zimmer.

Hier legten

sich endlich meine innern W e l l e n — hier in diesem

kleinen

Zirkel w a r d

i c h mir

erst selbst und meinem F r e u n d e verstand» l i e h , und hier nahm ich an seiner

Seite

und unter den Augen meines trefflichen Arztes ein Mittagsmahl eiii, das auch den Unzufriedensten m i t dem Gange der W e l t versöhnt

haben

würde.

Doch

ehe

ich

weiter e r z ä h l e , mufs ich Dich w o h l den Mann genauer kennen l e h r e n , den ich m i t allem

meinem

Verstände

in

der w e i t e n

Welt

n i c h t besser h ä t t e auftreiben

kön-

nen , um das F e s t meiner Wiedergenesung zu feiern.

Ich würde meine unvollkonn

54 mene Schilderung nen,

wenn Du

Umganges

freilich

ersparen kön-

nur vier W o c h e n seines

froh geworden

wärest;

aber

Gier nach Kenntnissen des A u s l a n d e s , die ihn Dich

nach

Deutschland

um

dieselbe Z e i t

verschlug, nach

hatte

Frankreich

g e t r i e b e n , und D u kamst mit dein erbeuteten Honig

aus seiner Heimath z u r ü c k ,

als er mit dem Salze aus der unsern wieder abzog.

So trifft es sich oft in dem

geistigen Tauschhandel

w i e in dem bür-

gerlichen , dafs z u f ä l l i g die vornehmsten Händler en gros

einander aus dem W e g e

f a h r e n , und darüber den kleinen Krämern gut

Spiel geben.

Ich g e w a n n

durch Deine A b w e s e n h e i t .

offenbar

Da D u fehltest,

mufste er sich w o h l mit meines Gleichen begnügen.

E r kam v o n u n g e f ä h r mit mir

unter E i n e m D a c h e z u w o h n e n . nahe N a c h b a r s c h a f t

ging

Unsre

geschwind

in

eine G e m e i n s c h a f t unsrer V e r g n ü g u n g e n , unsrer S t u d i e n , und zuletzt in eine gegenseitige A n h ä n g l i c h k e i t ü b e r , die zehn Mo-

05 nate n a c h h e r , als w i r uns trennten, eine Traurigkeit bei mir zurück l i e f s , die mich selbst in der ersten Zeit zu Deinem Umgänge verstimmte.

Erinnere Dich dieses

U i n s t a n d e s , lieber E d u a r d !

Ich kann Dir

keinen stärkern Beweis von dem W e r t h e dieses damals

so liebenswürdigen J ü n g -

lings geben , der jetzt als der gebildetste Mann

über

viele meiner F r e u n d e ,

und

als der glücklichste über sie alle hervorragt. nis,

Heisen, Menschen - und Weltkenntund die L e i c h t i g k e i t ,

bei

seinem

gi olsen Vermögen jeden Wunsch der Sinnlichkeit zu befriedigen, und durch täglich wiedeiholte Versuche

die

Hungerquelle

des Vergnügens zu e r s c h ö p f e n ,

würden

ihn so gut als die ineisten in seiner f ü r s t lichen Lage zu dem s p ä t e m Genüsse des Lebens

abgestumpft

und

verdorben

ha-

b e n , wäre sein origineller Verstand und sein richtiges Gefühl nicht in Zeiten diesen

gemeinen

Folgen

eines

Wohlstandes zuvorgekommen.

zu

frühen

Doch D a

56 sollst ihn selbst hierüber m i t mir sprechen hören. Wie viel, sagte e r , h a t man nicht Lehrgebäude

zur

Beförderung

menschlicher

Glückseligkeit a u f g e f ü h r t , besonders deinem

sinnreichen

Wilhelm !

Vaterlande,

Sie können im

in

lieber

Allgemeinen

recht gut seyn; aber es gehören manchmal verdammt subtile W e n d u n g e n dazu, um sie uns anzupassen.

Jedermann sollte

nach seiner individuellen Lage und Empfindung

sein

eigenes

f ü r sich haben.

Ich habe mir eins e r d a c h t , das mir recht wohl bekommt,

w o v o n ich aber

wenig brauchen k ö n n t e ,

sehr

wenn ich zum

Beispiele in einem Bergwerke

arbeiten,

und' die Ausbeute erst zu Tage fördern m ü f s t e , die ich ungesucht und schon von meiner G e b u r t an besitze.

Mein Reich-

t h u m , zu grofs f ü r das gewöhnliche Leb e n , wäre m i r , wie a n d e r n , zur Last geworden , hätte ich ihm nicht einen Ausweg verschafft,

den ich einzig

meiner

•>7

Eigenheit

angemessen fand,

die,

lieber

Wilhelm, besonders darin besteht,

dafs

mir

will,

nichts in der Welt

behagen

was den Reiz der Neuheit bei mir verloren hat.

Die ganze Masse der morali-

schen und sinnlicheil

Freuden lag

vor

mir; aber bei keiner konnte ich den enthusiastischen Eindruck wieder erringen, durch den ihre erste Bekanntschaft ineine Organe so unendlich beseligt hatte. dem stolzen Nil phen

admirari

In

der Philoso-

entdeckte ich einen hohlen widri-

gen Schall, aber nichts weniger als einen Ersatz.

Mein Leben mufste immer ab-

schmeckender werden, je länger es dauerte. W i e sollte ich den Nachtheil der Erfahrung von ihm entfernen? Wodurch sollte ich das störende

Gefühl,

das

jedem Genufs in den W e g t r a t , ben ?

Das waren

die ich mir

mir

bei

vertrei-

die schweren Fragen,

unaufhörlich vorlegte.

Ich

versuchte alle Hülfsmittel, die mir Kunst und Natur anboten, durchkroch alle Sy-

58 steme.

Endlich

blieb ich bei einem ste-

h e n , das m i r n o c h ain b e s t e n zuschlug — bei d e m ,

w i e ich

der Ü b e r r a s c h u n g .

es benaine«

möchte,

Hier f i n d e t sich gleich

eine g u t e G e l e g e n h e i t ,

es dir in seinen

G r u n d t h e i l e n zu e n t w i c k e l n .

Dieser Tel-

ler mit P f i r s i c h e n , den man eben a u f s e t z t , diese u n e r w a r t e t e E r s c h e i n u n g in der jetzigen J a h r s z e i t , die u n s e r n Augen auf das freundlichste z u w i n k t , sind , drängt,

dennoch

den

u n d , so satt w i r

Mund

voll

soll h o f f e n t l i c h meiner

Wasser Demon-

s t r a t i o n leichten E i n g a n g bei dir verschaffen.

Wie

mein

Koch

angewiesen

ist,

lieber W i l h e l m , n i c h t n u r die g e w ö h n l i chen G e r i c h t e f ü r den H u n g e r d u r c h neue Blühen

zu e r h ö h e n , sondern jeden

tag u n t e r

meinen

Schüsseln

Mit-

wenigstens

Eine e i n z u r e i c h e n , die f ü r die S i n n e v o n gleichem W e i t h ist als diese, o h n e sie mir erst d u r c h e i n e n

Küchenzettel anzukün-

digen — so ist j e d e s , dein ein G e s c h ä f t in

meiner

Haushaltung

obliegt,

dahin

v e r p f l i c h t e t , seinen

Herrn

vor dein An-

blicke des e w i g e n Einerleis zu s c h ü t z e n , und

die E r m ü d u n g

gegen

zu

die in der E i n f ö r m i g k e i t liegt. zum

Verwundern,

arbeiten, Es ist o f t

w i e g u t es

meinen

I ' r o v i u s a l e n in i h r e m W e t t s t r e i t e gelingt, mir

durch

immer

veränderte Decoratio-

n e n das Spiel des Lebens n i c h t n u r erträglich ,

sondern

machen.

Die

auch

angenehm

Abwechselung ,

die

zu sie

m i r v e r s c h a f f e n , w i r k t auf i h r e n Diefcst selbst z u r ü c k , dem seine Z w a n g l o s i g k e i t alles M e c h a n i s c h e nimmt. zen

u n d U n t e r w ü r f i g e be-

Sie dienen m i r m i t einem stol-

glücklichen B e w u l s t s e y n ; d e n n

halten

sich

nicht

für

Maschinen,

sie son-

d e r n f ü r E r f i n d e r , u n d sie h a b e n R e c h t . Freylich

e r f o r d e r t diese E i n r i c h t u n g be-

triebsamere Federn, Uhrwerk im des

Schwungräder,

als die g e w ö h n l i c h

Gange Tags,

eines

gespanntere das r o s t i g e

kleinen Deutschen

Hofs

e r h a l t e n — das j e d e r S t u n d e jedem

T a g e des J a h r s

die-

6o selbe

L a n g e w e i l e in d e m s e l b e n

An-

stände vorzeichnet, w i e sie h u n d e r t J a h r e hinter einander

dem A h n h e r r n u n d dem

E n k e l in d e r s e l b e n die o f t den

Minute vortrat —

armen F ü r s t e n ,

gierungsperiode

sich

dessen Re-

eben a b w i n d e t ,

in

einen solchen e k e l n , erschlafften u n d u n geduldigen Z u s t a n d v e r s e t z t , dafs er seinen S t a n d u n d sein Daseyn v e r f l u c h t , u n d l i e b e r , w i e N e r o , seine Residenz a n z ü n drti iAöchte,

u m n u r e t w a s Neues zu se-

h e n , e t w a s a n d e r s z u f ü h l e n , als ihm das F u r i e r b u c h f ü r den g e g e n w ä r t i g e n Augenblick v o r s c h r e i b t .

I c h h a b e es den R o -

i n a n s c h r e i b e r n a b g e l e r n t , welcher Z a u b e r in dem U n e r w a r t e t e n l i e g t ,

und

welche

w i d r i g e W i r k u n g die E p i s o d e n t h u n , m a n viele B l ä t t e r

voraus

sieht.

die

Wird

n i c h t o f t der k l e i n s t e G a r t e n d u r c h eine v e r s t ä n d i g e B e n u t z u n g seiner g e r i n g e n F l ä che u n e n d l i c h e r w e i t e r t , u n d d u r c h schlängelnde

Nebenwege

nach

verschiedenen

Aussichten so in die L ä n g e g e z o g e n , dafs

öl ^ich eine so süfse E r m ü d u n g darin erholen l ä f s t , als in den grölsten A n l a g e n ? W a r u m sollten w i r denn nicht auf gleiche Art M a n n i g f a l t i g k e i t in unser beschränktes Leben

zu

bringen,

und

die kurze

Dauer d e s s e l b e n , ohne Z u t h u n der Langenweile, gem seyn?

durch

Genufs

zu

einen desto r e i c h h a l t i verlängern

vermögend

Du findest mein Zimmer hoffent-

lich s c h ö n , Ich auch.

behaglich

und

freundlich?

Und w a r u m ? W e i l es uns bei-

den gleich neu ist. Ich b e f i n d e mich w o h l d a r i n , w e i l ich es gestern nicht sah und morgen nicht sehen w e r d e .

Es stofsen ih-

rer fünfzehn an e i n a n d e r , davon ich jedes n u r einen Tag h i n w ä r t s , einen Tag herw ä r t s , auf einem monatlichen Durchzug bewohne.

Keines w i r d eher ö geöffnet,' als

bis die Reihe daran k o m m t ,

und jedes,

das ich aiif diese W e i s e z w e y i n a l gesehen h a b e , e r w a r t e t mich in dem folgenden Monat unter einer andern Bekleidung. So w i r d dein U b e r d r u s s e keine Zeit gelas-

62

sen, sich bei m i r e i n z u n i s t e n . G o t t sei D a n k ,

mein

eigen,

N i c h t s ist, als

mein

R e i c h t h u m , dein i c h , d u r c h die A u s d e h n u n g , die ich i h m m i t m e i n e n G e h ü l f e n zu geben w e i f s , alles das Lästige u n d Klebende benehme, b u n d e n ist.

das s o n s t mit i h m ver-

So h a b e ich keine B i b l i o t h e k ;

a b e r einen g e l e h r t e n u n d geschmackvollen B i b l i o t h e k a r , der das G o l d , das er in dem K o t h e der Schriftsteller f i n d e t , f ü r m i c h bei Seite l e g t ,

und

w o n i c h t ein B u c h

ganz gelesen zu w e r d e n v e r d i e n t , — u n d w i e w e n i g sind deren ! m i r blofs die Stellen a n s t r e i c h t , die sich a u s z e i c h n e n . durch

Hier-

sind ineine S t u d i e n m i r erst lieb

und nützlich geworden;

u n d da ich so-

n a c h das S c h l e c h t e u n d Mittelm'äfsige in der L i t t e r a t u r

gar

nicht kennen

lerne,

bleibt m i r die W a h l n u r u n t e r dem N e u e n , Guten

und

V o r t r e f f l i c h e n , ulid ich b i n

sicher m e i n G e d ä c h t n i l s n i c h t z u überladen.

E b e n so w e n i g k o m m t ineine E i n b i l -

d u n g s k r a f t , die n u r ü b e r f r i s c h d u f t e n d e

63 Blumen g l e i t e t , in Gefahr d u r c h abgestorbene , w e l k e oder f a u l e Blätter in ihrem S c h w ü n g e gehemmt zu w e i d e n . W a s noch das beste dabei i s t , Brustschmerzen,

so trage ich w e d e r

Kopf - und

oder üble Launen

aus der

Augenweh, moralischen

W e l t in meine physische ü b e r ;

und

da

ich in dieser w i e ein Seefisch in immer frischem W a s s e r auf dem Ocean der Zeit s c h w i m m e , und mich, kraft meiner Richt u n g , keine W e l l e b e r ü h r t , die der vorhergehenden g l e i c h t ,

so siehst du w o h l

e i n , lieber W i l h e l m , dafs vielleicht kein philosophisches Lehrgebäude dem Gefühl, das die Natur in mich l e g t e , den V e i h ä l t n i s s e n ; in die mich der Zufall versetzte, und der geistigen und körperlichen Gesundheit angemessener seyn k a n n , als das meinige.

Keines schmiegt und biegt sich

mit minderm Z w a n g e nach der Veränderlichkeit unserer Natur, nach der W a n d e l barkeit menschlicher Freuden und Güter, von denen nichts u n t e r der Sonne selbst-

64 ständig ist und alle Reize der Neuheit beh ä l t , als die Tugend —

n i c h t s an G e h a l t

und Seltenheit z u n i m m t , j e ä l t e r es w i l d , als die F r e u n d s c h a f t . —

Aber dafs a u c h

selbst diese n o c h durch mein System gew i n n t , h a t mich h e u t e dein ü b e r r a s c h e n der A n b l i c k

gelehrt.

Wie

geschmückt

und bevölkert schien m i r in dem Augenblicke Felsen,

unserer Umarmung

der

nackende

der uns nach einer langen T r e n -

nung wieder v e r e i n i g t e ! —

Wie

erwei-

t e r t e sich selbst vor meinen umfassenden Augen

das M e e r ,

welch

ein

das uns u m g a b ,

Freudenfest

ist

aus

und

meinem

Mittage g e w o r d e n , durch die S o n d e r b a r k e i t , dafs du — mein G a s t b i s t ! O bleibe

nur so l a n g e ,

als du m i r

neu und

lieb seyn w i r s t — fechte in meinein ewigen Krieg gegen die L a n g e w e i l e an meiner S e i t e , und lerne von mir die mancherlei Schwenkungen

und W e n d u n g e n , —

um

als Militär zu sprechen — durch die ich meinen

Feind

irre mache

und

in

die

Flucht jage.

Welchen Abbruch thust d u

ihm schon durch

deine

Gegenwart! —

Jedes V e r g n ü g e n , das sich in diesem Lande aufstören läl'st, h ä t t e ich es auch noch so oft g e n o s s e n ,

wird mir

durch deine

Theilu.iliine neu werden : denn die Uberraschung,

die es bei mir v e r l o r ,

werde

ich in d e r w i e d e r f i n d e n , die es dir verursacht. "



Hier

unterbrach

ihn ein

Glas M a d e r a w e i n , der dreimal die L i n i e piissirt,

und nur

seit gestern in seinem

Keller gelandet w a r , rung

des

nach der Versiche-

Mundschenken,

der

es

ihm

brachte. Ich benutze

geschwind

den

Augenblick,

den seine s c h w a t z h a f t e Z u n g e der meinigen frei lieis. —

„ 0 F r e u n d , " rief ich,

„ b e i allen den fein gesponnenen

Netzen,

die du überall

u m die

ausgestellt h a s t ,

flüchtigen Lebensfreuden einzufangen, b e i aller der K u n s t , mit der du ihre Schmetterlingsflügel

zu fassen v e r s t e h s t ,

ohne

dafs sich ein buntes Stäubchen davon verTh. W

V. T h .

5

66 l i e r e , glaube i c h d o c h f ü r i h r e n h ö c h s t e n Genufs ein M i t t e l e n t d e c k t zu h a b e n , das w e i t ü b e r die d e i n i g e n g e h t —

das dein

erschlafftesten G e f ü h l seine S c h n e l l k r a f t , den a b g e n u t z t e s t e n

Befriedigungen ihren

ersten F i r n i f s w i e d e r g i e b t , alles v e r j ü n g t , erneuert

und

•verschönert,

was

unsere

S i n n e u m f a s s e n , u n d gleich einein Talism a n ü b e r die gleichgültigsten D i n g e ein magisches L i c h t verbreitet. — Sie l a c h e n , lieber S a b a t h i e r , als h ö r t e n Sie ein p a a r C h a i l a t a n s , deren j e d e r den V o r z u g seines A r k a n u m s streicht;

gegen» den a n d e r n h e r a u s

a b e r ich

hoffe,

sie sollen als

u n p a r t e i i s c h e r R i c h t e r dem meinigen den Preis zuerkennen. — Erschrick nur nicht, lieber S a i n t - S a u v e u r , w e n n i c h es n e n n e . mit

Einem

hitzige Fieber.

Wie



Es heifst

geistigen F e d e r n g e s p a n n t , Schwungräder

meiner

Worte: hat

das

es m e i n e

u n d die f ü n f

Sinne

geschärft!

Von dem Bissen t r o c k e n e n Brodes an bis z u deinen h e r r l i c h e n P f i r s i c h e n , ist mir

67 alles, was über meine Zunge g e h t , willkommen

und

schmackhaft.

Die

Welt

scheint mir so frischfarbig und kräftig, als feierte sie heute ihren ersten Schöpfungstag.

Was ineine Blicke berühren,

schwimmt in einem ätherischen

Schim-

m e r , und jedes W o r t , das mein O h r err e i c h t , jedes, das über meine Lippen rieselt, — wäre es auch noch so albern — kommt m i r , als ein Beweis, dafs ich lebe, überaus

wohlklingend

und witzig vor.

Du weilst e s , theuerster S a i n t - S a u v e u r , wie

lange

ich

dich liebe;

aber selbst

meine Freundschaft seit ihrer E n t s t e h u n g r e i c h t nicht an das dem warmen Herzen entströmende G e f ü h l , das mich jetzt an dich fesselt. heit!

W i e segne ich meine Krank-

Sie hat das

staubige

Triebwerk

meiner Seele gereinigt , meine Adern mit Rosenöl ausgespritzt und meine N e r v e n " - „Lassen Sie uns a u f s t e h e n , Herr von Saint - Sauveur , " fiel mir hier der Arzt in meine wohlklingende R e d e , indem er

m i r das G l a s , das ich zu leeren im Iiegrifl w a r , u n t e r dem V o r w a n d e , ü b e r d r n ich mir n o c h

eine E r k l ä r u n g

von i h m aus-

b i t t e n m ö c h t e , aus der Hand n a h m : „ D e r Wein würde Gift werden, viertenmal

die

wenn erzürn

Linie passiite.



Ich

d ä c h t e , " f u h r er f o r t u n d sah nach der U h r , „ w i r b e s u c h t e n den H.ifen. halben Stunde wild pel g e l a s s e n ; jedes a n d e r e , dem

ein Schiff vom Sta-

ein S c h a u s p i e l ,

Berliner F r e u n d e

ihn

ist

als

wird,

als

der

Sein inedicinischer Vor-

schlag w u r d e so g e s c h w i n d als a u s g e f ü h r t :

Ihrem

zu einem gesun-

Schlafe vorbereiten

Tri - Madera." —

daf

seltener w o h l

und

In einer

denn

angenommen

in diesem

Hause

b r a u c h t m a n n i c h t a u f das A n s p a n n e n des Wagens zu warten. Möchte und

doch

mein

der T r a u m meines L e b e n s

neues

T a eö e b u c h

nie

andere

S t u n d e n e n t h a l t e n , als m i r h e u t e zu T h e i l wurden!

Welch

ein h e r z e r h e b e n d e r An-

blick f ü r einen , der k a u m a u s seinein ein-

samen , sonnenlosen Kerker getreten w a r , als w i r in dem Hafen ankamen — als meine heitern Augen über den gedrängten Zirkel f r ö h l i c h - m ü f s i g e r Zuschauer hinb l i c k t e n , der jene fleifsigen Männer umg a b , die in voller Anstrengung ihrer Riesenkiäfte das stolze Gebäude aus seinein S c h w e i p u n k t e von dem Boden zu heben suchten,

auf dein es errichtet w a r ,

um

es auf kreischenden Walzen in das Meer zu r o l l e n ! aus. —

Bei dein W e r f t stiegen w i r

Indem w i r uns dem neu erbau-

ten Schiffe n ä h e r t e n , inachte mich S a i n t S a u v e u r besonders auf das Y e ' d e c k a u f m e r k s a m , das mit

einer Menge Neugie-

riger besetzt w a r , die schon Stunden l a n g auf

den

Augenblick

lauerten,

Masse in einen blitzschnellen

der die Schwung

setzen und einem andern Elemente übergeben w ü r d e . — „ D o r t , " sagte er lächelnd, „ i s t eine E m p f i n d u n g zu h o l e n , die dir noch fremd und auf das sonderbarste angenehm i s t ,

w i e das schon die Menge

7

schliefsen l ä f s t , die Geld und Zeit dafür hingiebt." —

Ich

sah mich

nach meinem Arzte um. —

ungewifs

,,0sagte

dieser, „ i c h habe gar nichts dawider.

Es

ist der unschuldigste mechanische Versuch mit sich s e l b s t , den ich k e n n e , und zugleich ein stärkendes L u f t b a d . E i n Blutkügelchen , stockt, wird, ein ,

mit

Wenn nur

das in Ihrer L u n g e

dem Schiffe zugleich

so trägt

als dem E i g e n t h ü m e r ,

China schickt.

flott

es Ihnen vielleicht mehr der es nach

Gehen Sie.

E h e es dahin

s e g e l t , wollen w i r Sie schon wieder abgeholt h a b e j i . " Ich that mir h e u t e ,

wie

ein lebhaftes

K i n d , dem man das Gängelband abnimmt, so viel auf die kleinste B e w e g u n g zu gute, dafs ich z w a r

herzhaft

die

Strickleiter

ergriff, aber nach dem ersten Tritte auf dieser

schwankenden

Stiege

alle

h a t t e , mich bei Muth zu erhalten.

Mühe Steigst

du d o c h , s a g t e ich spöttisch zu m i r , s o scheu und zitternd deiner Neugier nach,

7i wie ein unerfahrnes Mädchen in das Brautbette.' Zufällig kam ich auf dem Verdeck lieben einem zu

stehen,

das jung und

reizend genug w a r , um meinen unbedeutenden Einfall erst gefährlich zu machen. Still vor sich hin blickte sie über das Gel ä n d e r , als ich zu ihr trat. —

,, Ist es

auch das e r s t e m a l ? " redete ich sie nachbailich an. —

>>Ja/' drehte sie ihr Köpf-

chen nach mir; „ a u c h erwarte ich schon lange den Schwung mit U n g e d u l d ,

von

dem die Leute so viel Wesens machen. Meine Biust ist mir unbeschreiblich beklommen." —

i,Mir geht es auch s o , "

erwiederte i c h , „ u n d wenn es erlaubt ist, eine Kleinigkeit philosophisch zu betracht e n , so schwebt das Herz auch h i e r , wie bei jedem Uber gange zu einer unbekannten E r f a h r u n g , zwischen — wie soll ich sagen

" —

,, Wach meiner Empfin-

d u n g , " fiel sie mir ins W o r t , „ s c h w e b t es zwischen einer süfsen Angst und einem ungestümen V e r l a n g e n , " —

„ Flichtig,

m e i n schönes Kind ! " f u h r ich f o r t : „ a b e i dcfshalb f ü r c h t e ich a u c h , daf.s der kritische f l ü c h t i g e M o m e n t der B e l e h r u n g der angenehmen Herzen k a u m

Unruhe unserer

pochenden

w e r t h seyn w i r d ;

u n d in

dieser R ü c k s i c h t t h u t es m i r b e i n a h e leid, dafs w i r —

oder w e n i g s t e n s ,

dals

Sie.

h i e r sind." —

Sie w a r f ein P a a r grofse

f r a g e n d e Augen

auf m i c h . —

,, W e i l "

a n t w o r t e t e ich, „ I h n e n n u n k ü n f t i g n i c h t s A h n l i c h e s m e h r vorfallen k a n n , w.is n i c h t d u r c h das G e g e n w ä r t i g e

e t w a s von dem

Reiz seiner N e u h e i t verlor. jetzt

Sie n e h m e n

eine E r f a h r u n g v o r a u s ,

zu einer a n d e r n Z e i t - -

die I h n e n

D e n k e n Sie an

m i c h , ob i c h n i c h t w a h r r e d e . " —

„Das

w i l l ich t h u n , " e r w i e d e r t e sie l ä c h e l n d ; „denn

jetzt

verstehe

ich 'Sie n i c h t . " —

U n d das w a r kein W u n d e r , E d u a r d ; vers t a n d i c h m i c h d o c h selbst n i c h t . b a r h a t t e die T h e o r i e die mir

von h e u t e

dem Sinne s c h w e b t e ,

Offen-

meines F r e u n d e s ,

Mittag

h e r n o c h in

S c h u l d an diesem

G e s c h w ä t z e m i t dem M ä d c h e n .

Ich h a t t e

sie selbst n o c h n i c h t ganz begriffen, u n d s u c h t e sie doch schon einem K i n d e r k o p f e v e r s t ä n d l i c h zu m a c h e n —

ganz im Ge-

schmack unsers p h i l o s o p h i s c h e n Zeitalters. Meine E i n b i l d u n g s k r a f t ,

s a h ich

wohl,

w a r leichter- in B e w e g u n g zu setzen als das F r a c h t s c h i f f .

Dieses lag n o c h eine

W e i l e n a c h h e r , als jene sich s c h o n w a n n geflogen h a t t e , u n e r s c h ü t t e r l i c h auf dem Weifte.

E n d l i c h , als o b es einen k u r z e n

heroischen

Entschlufs fafste,

f i n g es —

das M ä d c h e n k l a m m e r t e sich fest an m i c h —

zu

rollen

die H ö h ,

und

schwebte

es

an,

schlug

Flammen

einen P u l s s c h l a g auf

dem

in

nachher

wogigen

Meere.

F r ö h l i c h e s G e t ö s e auf dem Verdecke begleitete e s ,

J u b e l g e s c h r e i vom

Ufer her

w i r b e l t e i h m n a c h , u n d die j u n g e , seufzende,

zitternde

Schöne —

Gott

segne

i h r e f ü h l b a r e n N e r v e n — wul'ste j e t z t w i e ihr w a r ,

u n d liefs m e i n e n A r m f a h r e n .

A c h , ich h ä t t e i h r i h n gern n o c h länger

74 geliehen, u n d , w i e man dem P r o b e g a n g einer ausgebesserten U h r nachspürt, gern noch länger verfolgt,

jene

die

leisen

der D r u c k

Schwingungen von

ein

Paar

weiblichen Händen auf meine F i b e r n erregte.

A b e r j e t z t bekümmerte sich weiter

keine Seele um die andere.

W a s die Neu-

gier vereinigt h a t t e , trennte die Befriedigving.

Die Gesellschaft flog nun auf die

vielen sich

kleinen

Boote

zu ihrer

S a i n t - Sauveur seinigen. —

aus e i n a n d e r ,

Aufnahme n ä h e r t e n , erwartete

mich

in

die und dem

„ I c h komme r e c h t sehr zu-

f r i e d e n , " r i e f ich ihm e n t g e g e n ,

als ich

einstieg, „von dem Versuche mit mir selbst zurück , und deine T h e o r i e e n t h ä l t mehr W a h r e s als i c h gedacht h a b e . " —

Indem

ruderte das B o o t , a u f dem sich meine neue Bekannte b e f a n d , über.

b e i dem unsrigen vor-

I c h h ä t t e w o h l gewünscht mit ihr

zugleich an das U f e r zu s t e i g e n ; aber ich landete einige Augenblicke — an denen vielleicht ein ganzer R o m a n h i n g — zu spät an.

75 Auf dem Hingange nach unserm Wagen kamen wir bei

der Wohnung des ehrli-

chen Passerino

vorbei.

Die

schwarze

Tafel über der Hausthüre, sein Sortiment menschlicher Gebrechen, mein Frühstück bei ihm, und die martervollen T a g e , die gleich darauf folgten — alles trat in Einem Blicke mir jetzt vor die Seele.

Mit feuch-

ten Augen theilte ich meinen Begleitern die Empfindung, die mir anflog, und zugleich die Nachricht mit, die ihnen freilich wenig verschlagen konnte, dafs in diesem Hause der brave Mann w o h n e ,

der mein

Lehrmeister in der Baukunst gewesen sei. Um meine ehemaligen ihn,

Spöttereien

über

zu denen ich alleweile kein

Herz

h a t t e , wieder gut zu machen,

und um

seiner Kundschaft nicht Abbruch zu thun, lobte ich ihn als einen zweiten Vitruv. — „ I c h habe ihm vieles zu d a n k e n s a g t e ich. —

,,Besonders a u c h , " f i e l - m i r Sa-

bathier in das W o r t , „als Krankenwärter. Man las es in seinem verstörten Gesichte,

76 w i e sehr ihm Ihr A u f k o m m e n ain Herzen lag." —

„Das kann ich um so viel leich-

ter g l a u b e n , " a n t w o r t e t e i c h , meinem Leben

„ a l s an

die E r f ü l l u n g eines Ver-

sprechens, eine S p a z i e r f a h r t h i n g , zu der schon der W a g e n angespannt ich m i c h legen m u l s t e ,

war,

als

u n d auf der er

nichts geringeres zu holen g e d e n k t ,

als

sein zeitliches Glück und seine Unsterblichkeit.

Diese w i c h t i g e S c h u l d hoffe ich

morgendes Tages a b z u t r a g e n . " —

„Mor-

gi'ii ? " fragte Saint - Sauveur v e r w u n d e r t . „Einen W e g

zur Unsterblichkeit —

der Nähe von Marseille ? e t w a s ganz Neues.

,, C o t i g n a c , "

und erregte

lautes Gelächter. —

in mir

W i e heifst denn die-

ses Ziel der G l o r i e ? " — antwortete ich,

Das ist

d a m i t ein

„ N e i n , " rief Saba-

t h i e r , „ d a s k ö n n t e meinem g u t e n Kufe schaden,

w e n n ich es z u g ä b e " — und

— „ N e i n r i e f der M a r q u i s , „ d e n n von morgen an, Freund, lege ich f ü r die ganze W o c h e Beschlag auf dich und deine Talente.

77 Ich kann dir davon zu deiner Spazierfahrt keinen T a g

frei g e b e n ,

als den letzten,

w o ich das angenehme Geschäft über inir h a b e , den Flügelmann meines Regiments armeil

zum T o d e zu führen — und den

Sünder in dein Augenblicke, der ihm drei Kugeln durch das Herz jagen s o l l , durch ein harmonisches schen." —

Pardon

,, Und w o m i t , "

zu

überra-

fragte

ich

h a s t i g , „ h a t denn der Unglückliche vers c h u l d e t , dais er deinem System zum Experimente dienen s o l l ? " — „ N a c h seinem Verbrechen,"

a n t w o r t e t e Saint - Sauveur

r ä t h s e l l i a f t , „ d a r f ein Berliner nicht fragen.

Bei euch w i r d defslialb kein Flügel-

mann der T o d e s a n g s t a u s g e s e t z t . " —

Was

w o l l t e der M a r q u i s damit s a g e n , E d u a r d ? und was wollte

er vorhin mit

meinen

Talenten ? Ich begreife eins so wenig als das andere. Wochen

U b e r meine Z e i t , die er auf

in Beschlag n i m m t ,

mich auch

noch

mufs ich

mit ihm verständigen.

Ich habe deren nicht viele mehr in diesem

70

Lande zu verlieren, wenn ich anders mein Geiippe in Sicherheit haben w i l l , ehe die Sonne noch glühender wird. Und doch kann ich an unsere baldige Trennung ohne Schaudern nicht denken. W i e kam es mir nicht schon so schwer a n , dafs ich die wenigen Stunden, die mir von heute noch übrig blieben , ohne ihn hinbringen sollte! — Aber mein strenger Arzt ril's mich unbarmherzig von seiner Seite, und verwiefs m i c h , aus Furcht vor der Abendluft, in meine einsame Her„Wenn Ihnen, " tröstete er bergt:. — mich, „ I h r e heutigen Lebensversuche wohl bekommen und zu einer guten Nacht verhelfen, so öffne ich Ihnen morgen die weite W e l t , und überlasse Sie Ihrem Freunde — zur Nachkur." — Möge er es zur guten Stunde gesagt haben.

1\>

Den ijj. l ' e l n m r .

S o hätte ich denn seit z w e i S t a n d e n das Lenkseil meiner s e l b s t , Rennbahn

des

das mir auf der

Lebens

aus

den

Händen

g e s c h l ü p f t w a r , w i e d e r in meiner G e w a l t ! Sabathier

hat

es

mir so

feierlich,

w e n n es ein D o k t o r h u t w ä r e , K a u m w a r ich Runzeln

mit einem G e s i c h t e

aus meinem

gestiegen,

als

überreicht. ohne

Bette ohne F a l t e n

und lächelte in dem frohsten

Vorgeschmäcke

meinem

das man herein t r u g ,

Frühstücke

als mir sein

zu, Mor-

gengrufs so süfs entgegen t ö n t e , w i e eine Gelsnerische S c h ä f e r f l ö t e in meinem f ü n f zehnten Jahre.

W i e reichhaltig kam mir

nicht sein freundliches Gespräch v o r ! E s w ü r z t e meinen

guten

Kaffee n o c h mehr.

E s belehrte mich ohne mir w e h z u thun, u n d rührte mich durch die genauere E n t wickelung sung.

des

Wunders

meiner

Gene-

ÜO

D u w e i f s t , E d u a r d , ich h a b e m i c h Immer f ü r ein Kind des G l ü c k s , f ü r einen Liebling des Zufalls g e h a l t e n ,

und

finde

so

w e n i g Anmafsliches in dieser V o r s t e l l u n g , dafs ich keinen G e s i c h t s p u n k t ' k e n n e , a u s weichein

sich der Mensch gelassener be-

trachten

könnte,

Eigenliebe,

als aus diesem.

die dabei eine R o l l e spielen

•wollte, miil'ste stockblind

seyn.

Daher

ich es a u c h i m m e r f ü r den b e s t e n

habe Zug

Die

meines Herzens g e h a l t e n ,

keinen B e w e i s , führen kann,

der m i c h übersehe,

dat's ich

darauf zurück und nicht,

wie

a n d e r e , mir jeden z u f r i e d e n e n A u g e n b l i c k als Folge m e i n e r k l u g e n E i n r i c h t u n g anrechne.

In

m e i n e r jetzigen

glücklichen

Lage w ä r e es vollends u n v e r z e i h l i c h . meinem Schuld

hitzigen seyn,

nesung.

mag

ich

wohl

aber nicht

an m e i n e r Ge-

Diese lag w e i t

a u f s e r meinem

Gesichtskreise, derbarsten

Fieber

An

u n d es mul'sten die son-

Umstände

zusammen

u m sie m ö g l i c h zu m a c h e n .

treffen,

Das seltenste

öl Ungefähr entrifs mich nicht nur den Klauen des Marktschreiers, sondern a u c h , w i e Du gleich hören w i r s t , den harten Fäusten der hiesigen Arzte — die, da sie nur selten feinere Maschinen zu behandeln haben als Matrosen und Kaufleute, jeder andern, die nicht eben so derb zusammen gesetzt i s t , fast so gefährlich sind, als die ausgemachtesten Stümper. Welche Proben der Angst würde mein armer Körper nicht noch vor seiner gänzlichen Auflösung haben ausstehen müssen, wenn nach dein Marktschreier auch noch so ein Praktikus über ihn hergefallen w ä r e ! Sabathier, mufst Du wissen, gehört nicht zu dieser Zunft, ist Mitglied der preiswürdigen Fakultät zu Montpell i e r , und gegenwärtig auf einer wissenschaftlichen Reise begriffen, die er über Holland nach Edinburg thun w i l l . Mein anonymer W o h l t l i ä t e r , — Gott segne ihn — der einen natürlichen Hals gegen alle Charlatane h a t , w i e die PharaosTh. w . V. Tli.

6

82 Ratze *) gegen die K r o k o d i l l e , u n d stieg dem

nomadischen

bis vor m e i n Bette n a c h , den G e i e r ,

und

nach Hülfe f ü r

schlich

Medikaster verscheuchte

s a h sich eben ä n g s t l i c h das g e r u p f t e

Täubchen

u m , das zappelnd da l a g , als — der g u t e S a b a t h i e r vor stieg,

und

dem

der

heiligen

Geiste aus-

Schall seines b e r ü h m t e n

N a m e n s an alle W ä n d e des G a s t h o f s anU n v e r z ü g l i c h t r a t i h m der Un-

schlug.

b e k a n n t e in den W e g , erzählte i h m s c h o n auf der T r e p p e m e i n e v e r z w e i f e l t e Lage, liefs i h m k a u m

Zeit sich

umzukleiden,

u n d , n a c h d e m er sein M i t l e i d e n auf das s t ä r k s t e erregt h a t t e , mein B e t t e ,

f ü h r t e er i h n v o r

und nahm ihm,

u n t e r mei-

nen s c h o n g e b r o c h e n e n A u g e n , das E h r e n •yvort a b , seine Reise a u f z u s c h i e b e n , u n d den k r a n k e n

Deutschen

n i c h t zu verlas-

sen , b i s n i c h t sein Schicksal e n t s c h i e d e n sei.

Der

sprach *)

es,

Vivena

m e n s c h e n f r e u n d l i c h e A r z t verund hat ic/tneumoii.

es g e h a l t e n . Liu>>

Mein

83 bösartiges Fieber f a n d in ihm einen Bes c h w ö r e r , w i e es einen bedurfte. die kleinen Nebenverhältnisse,

Selbst

in die er

sich mit mir gesetzt f a n d , so u n w i c h t i g sie auch schienen, waren hier nichts weniger als gleichgültig. stand mit

Schon der Um-

einer gemeinschaftlichen Herberge ihin imiiste mir den gröfsten Vor-

theil gewähren. möglich,

D a d u r c h w a r d es ihm

mich zu allen S t u n d e n zu be-

obachten,

und meine Narrheiten

abzu-

warten , als ob ich der vornehmste Herr und

er

mein

Leibinedikus wäre.

Ich

b r a u c h t e nicht mit zehn andern Elenden zu kämpfen, um einen Theil seiner Zeit, ein W o r t von seiner ermatteten Zunge, e i n R e cept aus seinem /erstreuten Gehirne zu erhaschen.

Auch hatte seine H a n d , ehe sie

die meinige berührte, nicht w i e die F a u s t , die Dir einst Dein Andenkens

entgegen

gens z w ö l f

Kindern

Äskulap streckte,

prahlenden des Mor-

die Blattern

einge-

impft , des N a c h m i t t a g s eine K o m ö d i a n t i n

04 e n t b u n d e n , u n d des A b e n d s einen Neapolitaner

zergliedert,

und

seine

Perücke

schüttelte keine in der C h a r i t é angesteckte L u f t t h e i l c h e n in meine A t m o s p h ä r e . W e n n ich s t a r b , w a r ich s i c h e r , dal's es an meiner eigenen K r a n k h e i t lich ist

w o h l jeder

geschah.

zu

Glück-

nennen,

der in

dem N e b e l , den das u n z ä h l b a r e Heer von Seuchen dränge ter,

um

ihn

herzieht,

in

dem Ge-

so vieler s c h w a n k e n d e n

die dieser D u f t bildet

und

Irrlichnährt,

u n d die sich i h m bei seiner W a n d e r s c h a f t über

das

allgemeine

Leichengefilde

als

W e g w e i s e r a n b i e t e n , auf den Genius eines K a p p , G r i i n i n , Meckel o d e r Tissot t r i f f t , der ihm

vorleuchtet.

Ist

sein

Gewebe

n u n vollends s c h o n v o n der N a t u r l o c k e r g e s p o n n e n , d u r c h die H ä n d e seiner Erzieher v e r w o r r e n , u n d von allen den Modefarben ,

in

die es g e t a u c h t

wurde,

m ü r b e g e b e i t z t , als das i n e i n i g e ,

so

u n d es

f i n d e t s i c h , eben da d e r L e b e n s f a d e n zerreifsen w i l l , ein solcher K u n s t w e b e r

al.'

Sabuthier zu i h m ,

der an der l a u f e n d e n

Spule die F a s e r n n o c h zu e r w i s c h e n

und

so geschickt

dafs

auch nicht

anzuknüpfen versteht, der kleinste

Knoten

zurück

b l e i b t , der das F l i c k w e r k v e r r a t h e n k ö n n te : so weifs ich nicht w i e grol's das Verdienst des Kranken seyn mül'ste,

das die-

sem seinein G l ü c k e gleich k o m m e n sollte. Diese B e t r a c h t u n g e n recht schwer,

mich

m a c h t e n m i r es

v o n dem M a n n e zu

t r e n n e n , der sie v e r a n l a f s t e , u n d der — ohne

dafs ich d a m i t

andern Ärzten

nahe t r e t e n w i l l — einzig in seiner ist. —

zu Art

D e n n w o h a t w o h l einer vor i h m

einen solchen Abschied von seinem Krank e n - g e n o m i n e n , als E r von m i r ? E r fal'ste m i c h mit ernstem A n s t ä n d e bei der H a n d , setzte sich neben mir a u f den Sopha , u n d ehe ich m i c h des Textes v e r s a h , ü b e r d e n er seine B e r e d s a m k e i t menschliche

spannte,

lag das

Herz so m e i s t e r h a f t zerglie-

d e r t v o r m i r , als w e n n L o c k e u n d Boerh a v e in i h m z u s a m m e n g e t r e t e n

wären,

uin mir zu d e m o n s t r i r e n , wie wenig ich, moralisch und physisch , w e r t h sei.

Ich

inufste bei jedem F e t z e n , den er mit seiner Sonde in die Höhe h o b ,

heimlich

gestehen, dafs es ein Theil von inir war. In jeder Beule, die er öffnete, ich mein eigenes G e s c h w ü r ,

erkannte

und fühlte

in meinem Innern jeden S c h n i t t , den er doch nichts weniger als in meinem Kadaver zu t h u n schien. Einem W o r t e ,

Es ward m i r , mit

immer klärer,

dafs die

Kasuisten zu Avignon und der getaufte Jude so vielen Antheil an meinem hitzigen Fieber h a t t e n , als Klürchen und der Seefisch — dal's ich meiner Gesundheit nie weiter aus dem Wege gekommen sei, als in der Z e i t , da ich sie suchte — u n d dafs S a b a t h i e r ,

d e r , gleich dem grofsen

Arzte des L a z a r u s , Stehe

meine Heilung

mit

a u f angefangen hatte, jetzt auch,

wie e r , sie mit keinem bessern Rathe zu beschliefsen wisse, gemeinten G e h e

als mit einem wohlheim.

07 J a , j a , Eduard, unstreitig ist es das klügs t e , was ich tliun kann.

Ich brauche

wahllich keine Erfahrungen mehr zu dem bewiesenen Satze zu sammeln, dafs meiner Diät und meiner Tugend auf Reisen noch weniger zu trauen i s t , ner Heiinath.

als in mei-

Das Uberraschungs-System

meines Freundes sóli mich nicht aufhalten.

Gott weifs, was ich mir damit über

den Hals ziehen konnte, wenn ich es so gründlich

studiren wollte,

als manches

andere, das mich irre geführt hat. Als Sabathier

ain Ende

seines lehrrei-

chen Gesprächs nach dem Hute griff, verstand ich das Zeichen, flog in die Kammer vor meinen Schreibtisch, und — indem ich geschwind berechnete dais, wenn ich die Summe meines baren Reisegeldes gerade mit ihm theilte, ich in Verhältnifs meiner vorigen täglichen Ausgaben immer noch durch mein hitziges Fieber gewönne — packte ich zwei Rollen zusammen, die einen ziemlich starken Beweis enthielten,

80 w i e hoch ich mein Leben schätzte, trat damit

n e n , der dem Apollo ten Hahn o p f e r t , Arzt.

und

in der Demuth eines Genesenur einen schlech-

vor meinen trefflichen

Aber dieser, als schwebe er in der

Glorie jenes Gottes , erhob sich in demselben Augenblicke über alle gemeine Mitgesellen seiner Kunst. — lieber F r e u n d , "

>,Sie vergessen,

sagte e r ,

„ w i e theuer

S i e Ihr Leben schon bei dem Quacksalber gelöst h a b e n , den ich vertrieb. belohnt g e n u g , kam,

Ich bin

dals ich nicht zu

spat

um seine R e c h n u n g und sein Ver-

gehn gegen Sie ins Gleiche zu bringen, und durch meine Anzeige die Polizei aufz u f o r d e r n , ihm das H a n d w e r k , w o nicht ganz zu l e g e n , doch solchem eine zweckmäl'sigere R i c h t u n g f ü r das gemeine Beste zu g e b e n . " — Mann,"

,,Edler,

sagte ich,

grofsmüthigei

legte meine Geldrol-

len aus der H a n d , und trocknete mir die Augen. —

„Und

was ist d e n n , "

fuhr

ich kleinlaut f o r t , „ a u s dem Q u a c k s a l b e r

(\9

g e w o r d e n ? " — „Man liefs i h m , " antwortete Sabathier, „die W a h l , sich nach seinen Verdiensten entweder bestrafen, oder belohnen zu lassen — entweder mit einem Wahrzeichen an der Stirn das Reich zu r ä u m e n , oder in demselben — Mause zu fangen. Er entschlols sich zu letzterm, unter der Bedingung, die man ihm gern zugestand, dafs er den Doktortitel fortführen d ü r i e , den er in Erfurt gekauft habe. Er ist bei den hiesigen Hanf - und Taumagazinen angestellt, w o er gewifs von Nutzen seyn wird. " — Ich läugne nicht, E d u a r d , diese Nachricht machte mir Freude. Nicht, als ob ich gerade sehr stolz darauf gewesen w ä r e , durch meine unschuldige Vermittlung einen solchen Landsmann in Königlich Französische Dienste gebracht z u h a b e n ; sondern weil es m i r , bei meiner ewigen Spekulation über die Bestimmung des Menschen, wohl t h u t , wenn ich einmal auf einen treffe, dem das Schicksal die seinige so

9o

deutlich a n w e i s t als diesem. —

Übrigens

mufste es mir w o h l auf alle W e i s e lieber seyn, dafs der Z u f a l l , neben vieler meiner Mitmenschen

Erhaltung,

n u r den

Tod

der Mäuse mit meiner Genesung verkettet h a t t e , als u m g e k e h r t — w i e das bei vornehmern Kranken als ich bin w o h l manchmal der F a l l seyn mag. „ S e h e n S i e , " f u h r Subathier f o r t , „so ist alles in seiner Ordnung. —

Der Verzug

meiner Reise ist mir hinlänglich durch das S t u d i u m Ihrer Krankheit b e z a h l t :

denn

schwerlich werde ich in Edinburg eine versäumt h a b e n , die aus m e h r e i n F e h l e m gegen die Diätetik zusammen g e s e t z t , a u s so bösartigem Stoff e n t w i c k e l t , den Nachforschungen eines Arztes w ü r d i g e r

und

mir belehrender gewesen w ä r e , als diese. Auch soll sie m i r bei meiner A u f n a h m e in die dortige Akademie zu einein sonorischen Perioden verhelfen. " —

in meiner Antrittsrede Ich machte — einfältig

genug — meinem medicinischen Freunde

91

f ü r dieses L o b m e i n e r K r a n k h e i t eine tiefe V e r b e u g u n g , als ob er mir eine Schmeichelei gesagt h ä t t e , erschrak ü b e r diesen neuen

Mifsgriff m e i n e r E i g e n l i e b e ,

s t o t t e r t e n u n voller V e r l e g e n h e i t : — Rechnung

iin

doch -



Wort,

Gasthofe werden

und „Ihre

Sie mir

„ D i e s e , " fiel er inir ins

, , i s t d u r c h den braven M a n n be-

richtigt w o r d e n , Verbindung

der m i c h m i t I h n e n i n

gesetzt

hat. " —

,, L i e b e r

S a b a t h i e r , " d r ä n g t e i c h m i c h jetzt n ä h e r an i h n , ,,Sie d ü r f e n m i c h n i c h t verlassen, ohne mir

den

Schutzengel

genannt

zu

h a b e n ,'

bei dem ich in einer so ogrofsen S c h u l d s t e h e , u n d die ich d u r c h a u s ab-

tragen

mufs,

soll." —

wenn

ich

,, Ich w ü r d e

ruhig

weiden

es gprn

thun,"

versetzte e r , „ h ä t t e seine u n e i g e n n ü t z i g e T u g e n d m i r n i c h t Stillschweigen geboten. Wir wollen

dein w a c k e r n M a n n e seinen

eigenen G a n g l a s s e n , u n d u n s im Stillen b e g n ü g e n , eine Seele zu b e w u n d e r n ,

die

sich ü b e r das G e r ä u s c h m e n s c h l i c h e r Bei-

92 falls - Äufserungen

des Danks

und

den

Schimmer ihrer eigenen Seltenheit erhaben f ü h l t . " —

„ 0

mein F r e u n d , " er-

wiederte ich voller Betrübnil's, „ w i e gern mochte ich dieser übermenschlichen T u gend huldigen ! — wahrlich

Aber

ich kann

ich kann nicht.



E i n e so hel-

denmiithige Verleugnung der allen Herzen angebornen Schwachheiten erweckt - - - — ich hielt inne. — denn?" dacht, gern

,, W a s

fragte Sabathier. —

erweckt

sie

„ D e n Ver-

von dein ich meinen Wohlthäter

frei sprechen m ö c h t e ,

mässigen

Stolzes,

der seine

desto künstlicher versteckt,

eines überBlöise

nur

je lebhafter

sein geheimer W u n s c h i s t , dafs die Neugier sie enthülle. dere Menschen nicht

nach

E i n e G r ö l s e , die anso sehr

meinem

Gleichgültigkeit

verkleinert,

Geschmacke.

ist Die

des Unbekannten gegen

meinen Dank ist sehr deinüthigend , und ich fühle es wahrlich auf das schmerzhafteste,

wie viel

Unbarmherzigkeit

in

seiner G r o l s m u t h l i e g t . " —

„Uder

wie

viel S c h o n u n g , " sagte S a b a t h i e r lächelnd, u m a r m t e m i c h n o c h einmal z u m Abschiede ,

bat

sich

ein

Empfehlungsschreiben

n a c h L e y d e n an Jeroin aus — u n d u n t e r t a u s e n d S e g n u n g e n , die meiner s t a m m e l n den Z u n g e e n t s t r ö m t e n , Zimmer

eilte er in sein

d e n A n s t a l t e n seiner n a h e n Ab-

reise zu. K a u m w a r er f o r t ,

so s t ü t z t e ich ineinen

Kopf auf den A r m . —

„Schonung?"

w i e d e r h o l t e i c h , „ w a s w i l l er mit diesem räthselhaften

Worte?"

t i g t e mein K a c h d e n k e n Stunde.

und

es beschäf-

bei einer halben

Ich w o l l t e lange n i c h t

daran,

die E r k l ä r u n g als w a h r a n z u n e h m e n , sich

mir aufdrang; aber,

die

so w e n i g sie

a u c h S c h m e i c h e l h a f t e s f ü r mich e n t h ä l t , so bleibt mir d o c h keine a n d r e übritr. Der Unbekannte,

stelle ich m i r v o r ,

mochte

es w o h l n a c h seiner E i g e n h e i t eben so sehr für Pflicht halten,

so lauge ich

krank

lag;, mir beizustehen,

als

mir

aus dem

Wege zu g e h e n , sobald ich gesund w a r d . Die Beichte meines hitzigen F i e b e r s ob

das

nicht

wohl

Ohrenbeichten mag? —

hat

weniger flölst,

bei

andern

der F a l l

seyn

ihm wahrscheinlich nichts

als Neigung und

auch

manchmal



gegen

mich einge-

in dieser R ü c k s i c h t verräth

seine stillschweigende E n t f e r n u n g unstreitig eine seltene Schonung.

E i n eifriger

K a t h o l i k , — mein G o t t , — kann j a unmöglich einen Menschen l i e b e n , schätzen und seiner F r e u n d s c h a f t der die heilige mit ihren

Klara

werth

von

drei lilasensteinen

den Papst Alexander

halten,

Montefalcone verspottete,

zur Hölle

verwies,

und selbst bei dein Anblicke der drohenden E w i g k e i t keine R e u e fühlte , Strumpfband

vertauscht

Mariens

zu haben.

Ich

darf froh s e y n , dafs der gute Mann meiner R e t t u n g schon den S c h w u n g gegeben h a t t e , ehe er e r f u h r , w i e w e n i g ich ihrer w e r t h sei.

M i r t h u t es z w a r w e h , dafs

zwei H e r z e n , die b e r e i t s e i n a n d e r so nahe waren,

durch

solche W i n d s t ö f s e w i e d e r

g e t i e n n t w e r d e n m u f s t c n ; aber w a s k a n n ich d a f ü r ? ITin jedoch den D r u c k m e i n e r D a n k b a r k e i t los zu werdpn , w i l l ich z u m E r s a t z meiner S c h u l d ein G e s c h e n k in das Hospital s c h i c k e n , u n d es als eine N o t h h ü l f e , die ich gegen den s o n d e r b a r e n Heiligen n e h me,

der Versteckens m i t m i r s p i e l t ,

dem W o c h e n b l a t t e anzeigen lassen.

in Das,

h o f f e i c h , w i r d n a c h seinem S i n n e seyn. — Edler Sabathier! — Jerom!

Dächten

Liebenswürdiger

alle M e n s c h e n w i e ihr

u n d i c h , w i e leicht w ü r d e es w e r d e n , die drei R e l i g i o n e n ,

denen

wir

anhängen,

•unter E i n e n H u t zu b r i n g e n ! W i e g e e h r t f ü h l e ich mich in diesem Augenblicke, w o i c h d u r c h einen

Z u g meiner F e d e r e u r e

b e i d e n v e r w a n d t e n Seelen vereinigen s o l l ! — D o c h da k o m m t m i r ein Briefchen von Saint - Sauveur dazwischen, lesen mufs. —

das ich erst

pG

D a s w a r ein t h ä t i g e r r e i c h h a l t i g e r Morgen ! Meine d r i n g e n d e n G e s c h ä f t e auf der vorigen Seite sind n u n alle b e s o r g t , u n d ich w e n d e meine A u g e n , die u n t e r blendenden T h r ä n e n den g u t e n S a b a t h i e r abfahren

sahen,

wieder

nach D i r ,

mein

E d u a r d , der mir sie von j e h e r i m m e r am g e s c h w i n d e s t e n getrocknet h a t . — z w e i Uhr.

Es ist

N u r n o c h einige Zeilen, u n d

i c h u n t e r w e r f e mich s o d a n n ganz sorgeng e d a n k e n - u n d w i l l e n l o s der L e i t u n g des r e i c h e n r o m a n h a f t e n M a i i j n i s , dein meine K a c h k u r ü b e r t r a g e n ist. wartet mich; vor mir.

Geht

Sein W a g e n er-

seine h e u t i g e O r d r e

liegt

er a u c h so ziemlich m i t

mir u m w i e m i t einer S a c h e , — ich lasse m i r alles g e f a l l e n , ob m i r

gleich

nicht

alles g e f ä l l t ; so k i r r e h a t m i c h leider das Mif'strauen g e m a c h t , gegen die

das m i r

Sabathier

eigene A u f s i c h t m e i n e r selbst

in den Kopf g e s e t z t h a t .

Da w i l l er, zum

Beispiel, dal's ich h e u t e n a c h Tische eine

97 fmstreise mit ihm antrete , die eine Hälfte des Weges im W a g e n , die andere zu Fufse, nach seiner Bastide, die drei Stunden von hier und auf der Strafse nach T o u l o n zu liegt, wohin ich ihn morgen früh begleiten soll.- Mit diesem Herumstreifeil würden, wie er mir vorrechnet, die nächsteil vier Tage bis auf den bewuisten Sonnabend verstreichen, den ei mir schon gestern zu meiner W a l l f a h r t nach Cotignac freigab.

Diese Eintheilung meiner W o c h e

ist mir nur halb r e c h t , E d u a r d ;

Alzire

w i r d h e u t e , morgen w i r d Mahomet aufgeführt , , und ich s o l l , s t a t t dieser trefflichen S c h a u s p i e l e , Dinge nachgehen,

einem so

widrigen

als mir eine

Bastide

ist , um dort meinen Wettlauf nach Gesundheit anzufangen.

Der

gute

Mann

bedenkt n i c h t , dai's ich kaum von einem hitzigen Fieber genesen bin. — darauf nach T o u l o n !

Den T a g

Festungen sind mir

aber fast so sehr zuwider als Bastiden. Lieber S a i n t - Sauveur ! ich hätte mir von Th. W .

V. Th.

7

93 deinem Überraschungs - System etwas besseres versprochen,

und ich z w e i f l e ,

ob

Sabathier dergleichen llecepte zu meiner Nachkur billigen würde.

Dieses

rechnet, hätte ich gar nichts auf einige

Zeit aus meinem

abge-

dawider, häuslichen

Zirkel heraus zu t r e t e n , der mich mechanisch in die Tage zurück zaubert, die ich doch gern

vergessen möchte.

überflüssigste Theil desselben,

die

Der bei-

den Puppenspieler, haben durch ihr Verplaudern

meiner Historie mit

Klärchen

vollends ihr Büschen Kredit bei mir verloren ; und doch scheinen sie gar nicht zu a h n d e n , wie unerträglich sie mir sind. Da unterbrachen sie mich erst vorhin mit dein possenhaftesten Anstände in meiner Schreiberei, um mich über einen Einfall zu Rathe zu z i e h e n , der ihnen eine f r o h e Zukunft v e r s p r ä c h e . — der F r o l o g u s an — fuhr ich sie a n ,

„Elektra,"—hub

„ G e h t zum H e n k e r , "

„ m i t eurer E l e k t r a , und

putzt dafür meine

Schuhe!" —

Auch

99 Bastian,

der gute Kerl,

macht keinen

Eindruck mehr auf mich mit dem Gesichte seiner Schwester; dafür erinnert er mich aber desto lebhafter an die ekeln Chinapulver,

die

eingerührt hat.

er mir

dutzendweise

Es ist mir immer,

so

oft ich ihn ansehe, als ob ich einnehmen müfste.

So wunderlich es von mir wäre,

ihm dieses zum Vorwurfe zu machen, so bin ich doch froh, dafs er mir einige Tage aus den Augen seyn wird.

Er kann un-

terdessen hier mit dem Wirthe zusammen rechnen; und sich mit den Anstalten zu meinem Aufbruche beschäftigen, den ich zu Anfange künftiger Woche festgesetzt habe.

Die Freundschaft Saint-Sauveurs

würde mich in jedem andern Lande zurückhalten ;

aber das hiesige Klima ver-

stattet mir keine Weile, und drängt und treibt mich wie einen Storch nach meinem

Deutschen

Schattenneste ;

ach

es

würde meine spröden Knochen vollends zu

Pulver

zerreiben ,

wenn

ich

hier

100 bliebe.

Dafs ich

auf dem ich werde,

nicht denselben

herkam ,

kannst D u

zurück

wohl —

Weg,

nehmen

ohne

selbst

mein T a g e b u c h betrübten Andenkens gelesen zu haben ;— b e i einem neugierigen Reisenden

voraus s e t z e n ,

ob D i r gleich

jenes n o c h ganz andere A u f s c h l ü s s e darüber

vertrauen

denke über

Holland

liebtes L e y d e n Avignon,

würde.

ich

ge-

und über mein ge-

heim

zu

gehen,

ohne

und

Bruchsal

nur

in Gedanken z u berühren.

In drei

Wo-

chen — seyn,

ach

Gott!

und s e l b s t ,

langsam sogar

Stralsburg

Nein!

als

i c h mir

fortreist,

kann ich bei Jerom wenn

Sabathier

als er a n f i n g ,

er und mein Brief. an den F i n g e r n

ich ihn schrieb ,

so eher

Das h a b e

abgezählt,

als

u n d sie mir vor Freu-

den v e r b r a n n t , als ich ihn zusiegelte.

So

gar viel. P a p i e r w e r d e ich nun w o h l nicht mehr verthun.

E i n halbes B u c h ,

denke

i c h , soll h i n r e i c h e n , bis ich D i r in Berlin meine schreibselige Feder z u F ü f s e n lege.

101

D a s in h a l b d u n k e l n Tinten trefflich gemalte Z i m m e r ,

in welchem m i c h Saint-

S a u v e u r diesen Mittag a u f n a h m , w a r g a n z der rührenden S t i m m u n g angemessen, die ich m i t b r a c h t e ,

und

in der er mich —

Gott w e i f s w i e er das a n f i n g ! — S t u n d e n , bis w i r ins Freie k a m e n , e i h a l t e n verstand.

drei zu

Es gehört ein W i r t h

d a z u , w i e Er w a r , d a m i t ein G a s t , w i e ich b i n ,

nicht bei Tische den

eines dritten bemerkt.

Abgang

Die hellen W a h r -

h e i t e n , die zarten Berührungen der Seele, die

menschenfreundlichen

Aufserungen,

die in sanften Adagiotönen seinen Lippen e n t f l o s s e n , und die G u t m ü t h i g k e i t ,

die

aus seinen liebenden Augen wiederschien, e r q u i c k t e n mein schmachtendes Herz mit dem eines,

so

lang'

entbehrten

deutung des W o r t s , ters.

Vollgenusse

in der edelsten und w e i t e s t e n Beguten

Er ü b e r r a s c h t e

Gesellschaf-

mich an

dem

102 heutigen

Mittage

u m vieles angenehmer

noch als an dem gestrigen — nicht d u r c h die neu ersonnenen G e r i c h t e , vorsetzte,

die er m i r

sondern durch die Menge

fei-

ner u n d erhabener E m p f i n d u n g e n , denen er in meiner Seele mit Soldatischer E n t bindungskunst

L u f t machte.

Sie schie-

nen m i r , w i e V e r t r i e b e n e , die sich unter einer

tyrannischen

Regierung

versteckt

h i e l t e n , von w e i t e m h e r z u k o m m e n ,

ein-

ander z u ihrer E r h a l t u n g G l ü c k z u w ü n schen , und das Fest ihrer Wiederkehr in der alten

Hütte z u

feiern,

aus

sich so lange verdrängt sahen.

der sie So sehr

ich auch j e t z t hinterher mich gerecht genug f ü h l e ,

das U b e r g e w i c h t seines Gei-

stes in dem w a r m e n G e s p r ä c h e , das sich unter

uns

wufste

er

entspann,

Schwerpunkt dafs es

anzuerkennen,

doch während

desselben

so den

so geschickt z u vertheilen,

mir v o r k a m ,

der v o l l k o m m e n

w i r hielten einan-

die W a g e .

Sein

Herz

s c h i e n , schmeichelhaft f ü r mich , voraus-

zusetzen, es werde von dem meinigen verstanden. Die Blitze, die sein W i t z von sich w a r f , spalteten sich so leicht an dem Prisma des ineinigen, mit welchem ich sie auffing, dafs ich nur meiner Kunst den schönen farbigen Strahlenkreis zu.schrieb, den es hervorbrachte. Ich horte ihm so lange' mit dem lautersten Vergnügen z u , als mir noch seine Unterhaltung Veranlassung g;ab, mir eine Verbeugung über meine tiefen Einsichten und mein zartes Gefühl zu machen. Auf einmal aber trieb mich eine Kleinigkeit von dem erhabenen Standpunkte heru n t e r , auf den mich meine Eigenliebe gestellt hatte. W i r sprachen eben von dein Hange zweier gleich gestimmter Herzen , d i e , indem sie w i e Magnete einander anziehen, a u c h , w i e diese, alles Ungleichartige von sich abstofsen, und ungenutzt ihre Kraft in sich verzehren, wenn sie auf keinen Gegenstand treffen, der in ihren Wirkungskreis taugt: Ich gefiel

11>4

m i r aufserordentlich in diesen zugespitzten E i n f ä l l e n , die ich v o r b r a c h t e , gerieth

darüber

so in

Feuer,

und

dafs

ich

nicht g e w a h r w a r d , w a s n e b e n mir vorging — n i c h t eher s a h ,

dal's der M u n d -

schenk eine F l a s c h e C h a m p a g n e r l ü f t e t e , bis der

Schall

des

heraus

getriebenen

Korks — bis der N a m e Sylleri — bis das schäumende

Glas,

das er m i r

vorhielt,

sich m e i n e r

E i n b i l d u n g s k r a f t schon

be-

m e i s t e r t , u n d mich sechs W o c h e n z u r ü c k in das Bacchanal versetzt h a t t e n , (las ich am achten feierte,

Januar

mit jenem

Gesindel

das leider n u r allzu i n a g n e t a r t i g

auf mich g e w i r k t h a t .

Heftiger k a n n in

einer belagerten S t a d t ein spielendes Kind n i c h t erschreckt u n d aus der W i e g e g e w o r fen w e r d e n , in die

w e n n das f e i n d l i c h e Signal

H ö h e steigt

Sturmlärm Augenblicke

und

nachfolgt,

der

allgemeine

als ich in diesem

der w i d r i g s t e n

Erinnerung.

Mag Dir diese V e r g l e i c h u n g n o c h so poetisch v o r k o m m e n ,

sie ist

darum

nicht

io") weniger treffend und wahr. Ich fühlte mich von dem unglücklichen Bilde, in welchem ich mich wie in dein niedrigsten Stücke von Teniers abgemalt sah, so gef i e l s t , dafs mir die Lippen bebten, und mein Auge in Thränen stand, noch ehe der Schaum im Glase zerronnen war. Armer W e i n , seufzte ich im Stillen, der auf demselben Berge gewonnen , vielleicht auf demselben Stocke mit jenem gereift ist, der mir das häfsliche Herz einer Heuchlerin enthüllte! Ware mir dort dein Aufbrausen nicht ekel, dein Name nicht zum Mifslaute geworden, wie süfs würdest du hier an der Seite eines edeln Freundes , mir schmecken, und mit weichein Feuer würdest du meine Lobrede auf die gesellige Tugend beleben! Saint - S a u v c u r , ob er gleich meine innere Bewegung gar nicht zu bemerken schien, kam ihr doch auf das thätigste zu Hülfe; denn er unterbrach mein angreifendes Selbstgespräch, indem er den

io 6 Stuhl rückte und aufstand.

Es ist die

leichteste Art, der Seele eine andre Richtung zu geben,

indem man dem Körper

eine andre anweist.

Der Unterschied, ob

mich der Wind von der oder jener Seite anbläst, ob ich rechter oder linker Hand an meinem Schreibetische sitze, in einen Garten

ob ich

oder in einen Kirchhof

b l i c k e , bewirkt bei m i r , wo nicht eine gänzliche Umschaffung meiner Denkungsart,

doch eine merkbare Verschiedenheit

der Begriffe. mal.

So ging es mir auch diefs-

Der Zauber, der mich_ nach Avi-

gnon versetzte, schien nur innerhalb dSs Zirkels meines Stuhls zu liegen.

Sobald

ich über ihn hinaus in das Fenster getreten w a r ,

will ich zwar nicht geradezu

behaupten, dafs ich mich meiner reüvollen Empfindungen schämte, aber ich bekam doch

Fassung

genug,

den ganzen

Auftritt für einen seltsamen Beweis der Nervenschwäche auszugeben, die mir noch von meiner Krankheit anhing, und mein

i7

Freund war auch so gut, es für bekannt anzunehmen. — „Wenn dich nur," sagte er scherzhaft,

indem er zugleich befahl,

dafs sein Pliaeton vorrücken sollte, ,,der Lärm" nicht zu sehr erschüttert, den jetzt die schlagenden Nachtigallen in dein Birkenwalde treiben , wohin ich dich führen will." —

Das brachte mich auf einmal

aus meiner weinerlichen

in eine bitter

spafshafte Stimmung. —

,, Birkenwald ?

Nachtigallen ? " fing ich mit spottendem Tone seine Worte a u f , „das klingt ungefähr in diesem Lande so hohl, als wenn man in Novazembla von Schmetterlingen uud Orangen spräche." Ich habe gewifs schon in meinem Leben witzigere Einfälle gehabt, und beifsendere

Antworten

war,

ohne mich ihrer zu rühmen;

sonders

ausgetheilt,

als diese be-

seitdem ich bemerkt hatte, dafs

ein Bonmot Dienstags eine ganze Gesellschaft belustigen konnte, welches Mittewochs ,

wenn es der Erfinder als be-

IOÖ w a h r t in

andere Häuser h e r u m t r u g oder

in seine S c h r i f t e n a u f n a h m ,

gleichgültig

a n g e h ö r t u n d gelesen w u r d e .

Der s c h a r f -

sinnige Herr m o c h t e n o c h so g e n a u Zeit, Gelegenheit

und Umstände

seines' E p i -

g r a m m s angeben, keine Seele b e k ü m m e r t e sich u m den kleinen B a l g , sobald er ü b e r die G e b u r t s s t u n d e h i n a u s w a r .

So w ü r d e

ich also a u c h diefsinal meine spitzige Gegenrede gar n i c h t e r w ä h n t h a b e n , h ä t t e sich n i c h t ihr schlaffer Stachel eine S t u n d e n a c h h e r gegen m i c h selbst g e k e h r t , mir eine Beule z u g e z o g e n ,

und

die ich n i c h t

anders zu heilen w u l ' s t e , als dafs i c h sie, u n t e r grofsen Schmerzen, a u f s t a c h .

Gott

b e w a h r e d o c h j e d e r m a n n vor w i t z i g - ü b l e n Launen ! I c h k o n n t e m e h r Herr w e r d e n .

der ineinigen

nicht

So abschmeckend sie

Anfangs w a r , e i n e so l a u g e n h a f t e S c h ä l f e n a h m sie an , als w i r b e i dem Schauspielhause u n d

der' bunten

die dahin s t r ö m t e ,

Menschenmenge,

vorbei f u h r e n ; u n d

sie w a r d n o c h b e i f s e n d e r ,

als w i r u n t e r

109

die F r a c h t wagen a u f der s t a u b i g e n Chaussee g e r i c t h e n :

denn , s t a t t es lieber ge-

r a d e h e r a u s zu s a g e n , h e u t e die S t a d t

wie

ungern

ich

u n d Alziren uin die Be-

k a n n t s c h a f t einer Bastide v e r t a u s c h t e , g a b ich es d u r c h mein Bezeigen auf eine viel auffallendere

Weise

schmiegte mich

zu e r k e n n e n .

(juer ü b e r

Ich

in die Ecke

des W a g e n s , d r ü c k t e m e i n e n r u n d e n H u t in die A u g e n , u n d bei j e d e r S t a u b w o l k e , die a u f s t i e g , hielt ich

Mund

u n d Nase

so geziert z u , als ob die S a n d s t r a f s e n uin Berlin mit T e p p i c h e n belegt w ä r e n .

Jeder

S o n n e n s t i c h schien ein E p i g r a m m in m i r zu entwickeln,

und

mir zu einer sinn-

r e i c h e n A n s p i e l u n g zu v e r h e l f e n , die den k o n t r a s t i r e n d e n U n t e r s c h i e d meines f r u c h t baren

Vaterlandes

mit

der d ü r r e n

Pro-

vence auf die u n g e s u c h t e s t e A r t , w i e ich g l a u b t e , in das L i c h t setzte.

Indem ich

m i c h mit meinem H a n d s c h u h f ä c h e l t e und m i r den Hals l ü f t e t e , sprach ich der v o n d e n s c h a t t i g e n A l l e e n ,

entwe-

die n a c h

H O

Charlottenburg führen, oder erinnerte meinen Freund an unsere kleinen Soupers in den Lauben zu Sanssouci. Ich w a r wie ausgetauscht, Eduard , fühlte in meiner Ungezogenheit weder den scharfen Verweis, der in dem Stillschweigen des Marquis l a g , noch liefs ich mich durch den Gedanken, w i e er doch nicht mehr, als sein Land erlaube, zu meinem Zeitvertreibe gewähren könne, so wenig irre machen, dafs ich endlich sogar Hagedorn und Kleist zu Hülfe nahm, um die grofse Wahrheit zu bestätigen, dafs nichts in der Natur an Reiz über den Eintritt des Frühlings in Deutschlund und unsern Maimonat ginge. Das Blut trat mir bei dieser vaterländischen Erinnerung in das Gesicht. — Ich blickte w i l d meinem Freund in die Augen. Er fafste mich bei der Hand u n d : „ W a s ist d i r , lieber W i l h e l m ? " fragte er verwundert. — „O der herrlichen Dichter! " antwortete ich mit beschwerter Stimme. ,,Sie haben das Bild

des Mais mit

einer solchen

Gewalt in

mir rege gemacht, dafs ich dich bei Gott versichern

kann ,

lieber Saint - Sauveur,

ich glaubte in diesem Augenblicke jenen Monat erreicht zu haben, unsre Frühlingsvögel zu h ö r e n , und den balsamischen D u f t unsrer jungen Biiken zu

athmen.

Eine lebhafte Einbildungskraft ist doch eins der wichtigsten Geschenke Sie

weifs

dem Betrug

Gottes.

die Gestalt der

W a h r h e i t zu geben , u n d unsre W ü n s c h e in wirklichen Genufs zu verwandeln." — „ S o wie s i e , " fiel mir

Saint-Sauveur

in das W o r t , „ die auffallendste Wahrheit zu Betrug h e r a b w ü r d i g e n k a n n . " — Dieser E i n w u r f meines Freundes w a r so paradox,

dafs ich ihn unmöglich unge-

r ü g t hingehen lassen konnte. — ganz neuer S a t z , "

sagte ich

i>Ein

höhnisch:

„ a b e r w o ist der Beweis dazu, lieber Marquis ? Willst du ihn führen ? " —

„ Ja,"

w a r seine bestimmte A n t w o r t ; und wahrlich , E d u a r d , er f ü h r t e ihn , und wie ?

1 12 G a n z nach seinem gestrigen System : denn nie hat mich ein p h i l o s o p h i s c h e r durch

Beweis

eine a n g e n e h m e r e E v i d e n z

über-

r a s c h t als dieser. Die W e n d u n g ,

deren

er sich dabei b e d i e n t e — sehr verschieden von

den

S u b t i l i t ä t e n der S c h o l a s t i k



k a m aus seiner u n d seines K u t s c h e r s H a n d , an dessen A r m die S c h n u r b e f e s t i g t w a r , die er anzog.

E i n Griff in den Z ü g e l , ein

Hieb m i t der P e i t s c h e , u n d seine Behaupt u n g — ich h ä t t e

vor

Scham

vergeben

m ö g e n — w a r v o l l s t ä n d i g erwiesen.

Was

ich eine M i n u t e vorher f ü r Magie der Einbildungskraft Ich

hielt,

war

h ö r t e die N a c h t i g a l l e n

Wirklichkeit. mit

meinen

k ö r p e r l i c h e n O h r e n , u n d zog die b e s u n gene d e u t s c h e

M a i l u f t m i t beiden L u n -

g e n f l ü g e l n in m i c h — d e n n — h i e r siehst Du die B e u l e , die ich a u f s t e c h e n m u l s — w i r b e f a n d e n u n s , w i e d u r c h e i n e n Zäub e r s t a b , in eine lange Allee von h u n d e r t jährigen Birken versetzt. Ich k o n n t e in der F ü l l e meines E r s t a u n e n s

nicht zu W o r t e kommen, so gewaltig sie sich auch bis zu meinen Lippen vordrängten,

war lange verloren in meinem Ge-

fühl , ehe meine scheuen Blicke sich an ineinen Freund wagten, und um Vergebung des Unsinns der vergangenen Stunde anflehten.

Er verstand sie: aber er be-

strafte mich nicht durch Gegenspott, sehr

ich

ihn auch

durch Güte. —

verdiente,

so

sondern

„ R e i s e n d e , " sagte .er mit

freundlicher S t i m m e , „sollten nie absprechende

Urtheile über

fallen,

bis sie nicht alle seine Winkel

ein fremdes Land

durchkrochen haben.

Könnte

doch, lieber W i l h e l m ,

von allen deinen

ich dich

kleinen Vorurtheilen so glücklich heilen, als es mir bei diesen gelang!

denn s i e

hauptsächlich sind es, deren Kur mir Sabathier überlassen hat. dafs ich dich

W i e froh bin ich,

bis jetzt ruhig in deiner

trotzigen Lage exhalten konnte! Ein einziger Blick deiner Augen neben der Querlinie, auf der sie hinstarrten, würde dir Th. W .

V. Th.

j;

u4 schon von weitem das Ziel der Belehrung, die ich dir a u f h o b ,

entdeckt,

und ihre

gute W i r k u n g und deine Epigramme ges c h w ä c h t haben.

Jetzt blicke n u r , o h n e

dich weiter zu schämen, an diese h o h e n Birken h i n a u f . lottenburg

Giebt es w o h l in Char-

ihres gleichen ?

Siehe,

welcher P r a c h t unsere immer Eiche sich hier ausbreitet.

mit

grünende Wie

reich

w ü r d e sich euer König d ü n k e n , w e n n ein solcher Fremdling

seinen Park verschö-

nerte ! Sättige dein Auge an unserem Besenreisig, an dem gelb blühenden Geniste, das als eine Seltenheit in euern Gewächshäusern gepflegt w i r d , bade dich in dem Aushauche unserer

w ü r z h a f t e n Kräuter,

und gestehe, — ich verlange keine andere G e n u g t h u u n g — dafs euer W o n n e m o n a t nicht reizender seyn kann als unser Hornung." —

Es h ä t t e mir die hartnäckig-

ste Vorliebe meiner Heimath so fest in dem Herzen sitzen müssen als einein Lappländ e r , wenn ich n u r ein W o r t gegen die

n 5 offenen Beweise und die billige Forder u n g meines Freundes h ä t t e vorbringen wollen.

Seitdem ich Athem schöpfe, h a t

mich von allen den Maitagen, die ich in Deutschland erlebte,

keiner in ein sol-

ches Wohlbehagen versetzt, als die gegenwärtige Stunde. Wahrheit

sagen.

Das konnte ich ihm mit Es

w a r seit meiner

Krankheit der erste Ausflug ins Grüne, und die Sinnlichkeit h a t t e ein desto leichteres Spiel, da die Saiten , die sie r ü h r t e , frisch aufgezogen und zur Freude gestimmt waren.

In dem sultanischen Gefühle eines

mühelosen Genusses lag ich in dem schaukelnden P h a e t o n , freute mich der wohlriechenden Bogengewölbe über mir und des begleitenden Gesangs der Vögel, wovon ich bei dem gehemmten Trabe der P f e r d e keine Note verlor. voller J ü n g l i n g ,

W i e ein kraft-

dem ein langes frohes

Leben vorliegt, sich ani Ausgange desselben seinen

nebligen Grabhügel als eine

Ruhebank d e n k t ,

die seiner F..rinüduiig

wartet, laden

so" blickte auch ich a u f den ge-

breiten W e g h i n ,

den unabsehlichen mir an stide

dessen E n d e

meines

dachte

die enge heifse B a -

Freundes,

einen L u s t o r t ,

der sich durch

W a l d zog — zwar

nicht

als

aber als eine S c h l a f s t ä t e ,

die mir desto erträglicher v o r k a m , j e später ich sie zu erreichen hoffte.

W a r es

also n i c h t S c h a d e , dafs-dieses wollüstige Hingeben meiner s e l b s t , dieSe auf Genufs und Zeitgewinn gezogene fröhliche Rechn u n g , durch eine Grille des Marquis gestört wurde,

zu der ich inir n o c h dazu

vorwerfen inul'ste,

ihin die erste Veran-

lassung gegeben zu haben ? Er

befahl

seinem

Kutscher

zu

halten,

blickte m i r in meine s a n f t hinsterbenden Augen,

und

nöthigte

mich

doch

unter

folgendein Gespräche aus dein W a g e n . — „ G u t e r W i l h e l m ! w e n n ich dich so über der N a t u r b r ü t e n s e h e , sollte es mir beinahe leid thun , dich von deinem behaglichen Neste a u f z u s c h e u c h e n . " —

„Wie

i 17 so, lieber M a r q u i s ? " —

„ J a n u n , hier

müssen wir uns auf die Fül'se machen und einen andern Weg s u c h e n . " —

„Einen

andern Weg ? W o h i n denn ? " — meiner Bastide.

Du denkst doch

„Nach wohl

n i c h t , dafs sie am Ende der grofscn Allee liegt?

Das wäre der Rede noch einmal

w e r t h . " — „Das — bester Mann — habe ich wirklich geglaubt." —

„ N u n so hat-

test du dich wieder einmal in dein Vaterland verflogen.

Ein Schlag von Sommer-

häusern wie die u n s e r n , und eine prächtige Deutsche Allee zum Zugange w ü r d e gut p a s s e n . " —

„Aber,

ums Himmels

w i l l e n , wie kommt man denn zu deiner Bastide?" —

„ E i g e n t l i c h , lieber Freund,

auf der Chaussee, die wir halben Weges verlassen h a b e n ; kürzer aber um vieles, wenn w i r uns hier s e i t w ä r t s , so gut es gehen w i l l ,

durch das Gebüsch helfen.

Es kommt auf eine böse Viertelstunde an, so treffen w i r auf einen verlassenen Steinb r u c h , hinter welchem meine kleine Be-

.ig sitzung liegt. zu gekauft, lassen,

Ich habe ihn kürzlich daihn vollends

durchbrechen

und mir dadurch einen w e i t nä-

hern Eingang verschafft,

der n u r einige

aufsere Verzierung b e d a r f , um als e t w a s Rechtes in die Augen zu fallen. mir nun eine

Menge P l a n e

Kopf g e g a n g e n ,

den

ohne dafs ich noch mit

mir einig geworden mir w i e gerufen. entscheiden.

Da sind

durch

bin. —

Du kamst

Dein Ausspruch

Das beschlols ich

soll

gestern

vor dem Hause des Italienischen Baumeis t e r s , bei dem du in der Lehre gewesen b i s t , legte defswegen Beschlag auf dich und deine T a l e n t e , deine V e r g e b u n g ,

und

rechnete

auf

wenn

i c h dich

mit

dieser S p a z i e r f a h r t ü b e r l i s t e t e , trotz der Alzire,

die dich beinahe mir a b w e n d i g

gemacht hätte.

Du s i e h s t , dafs ich meine

eigennützigen Absichten gar nicht beschönigen w i l l .

W i e leicht könnte ich sie

sonst h i n t e r deine N a c h k u r

verstecken!

In Rücksicht dieser müfstest du mir noch

a„ d a n k e n , dafs ich dein welkes Gesicht an die Sonne gebracht h a b e . " —

„Hol der

Henker seine kahlen Entschuldigungen," murmelte ich in den B a r t ; „die machen weder seinen Antrag noch den Gang besser.

Meine Talente? Das ist eine triftige

Ursache! Ihretwegen konnten w i r sitzen bleiben."

Und so stieg ich aus.

Es ist doch irt W a h r h e i t eine Verlegenheit wie es' n u r eine g i e b t , wenn man durch unverdientes Z u t r a u e n anderer zu unoern bessern Einsichten sich mit seiner Ignoranz aus einem schönen auf einen

so holprigen,

gebahnten

verwachsenen

Weg gedrängt sieht, als der w a r , den w i r jetzt einschlugen — um am Ende eines ermüdenden

Gangs

oder

einer

verlornen

Lehrstunde seinem Gönner darzuthun, dafs er sich in der W a h l unser geirrt habe. Mit h u n d e r t Dingen in der Welt bin ich in dergleichen Gedränge gekommen; aber mit der Baukunst w i d e r f u h r es mir h e u t e zum erstenmal. Bei allem dem fehlte es mir

120

am Entschlüsse,

meiner falschen

herzhaft entgegen zu

treten,

Scham

mich

Maul zu s c h l a g e n , und inir durch

aufs ehrli-

chen W i d e r r u f einen A u s w e g z u bahnen. Das w ä r e u n s t r e i t i g das klügste g e w e s e n : aber

es f i e l mir nicht b e i ,

viel w e n i g e r ,

und

uin so

als mich schon jede uner-

w a r t e t e A u f f o r d e r u n g so aus der F a s s u n g b r i n g t , dafs ich mich imtner auf das verkehrteste etwas so

dabei benehme.

ähnliches

besteht

W e n n ich ja

von Jean Jacques habe,

es darin.

Fragt

man

do,ch

w o h l bei mir zehnmal umsonst nach Dingen,

die

schweige

ich bei

voraussetzt.

im

die man

ge-

gütigst

G e h t jemand z u m Beispiel in

der Gesellschaft — das n i c h t ! —

Schubsack t r a g e ,

solchen,

u n d w i e o f t geschieht

auf m i c h l o s :

mir d o c h , mein Herr —

„ S a g e n Sie

S i e , als ein Lit-

t e r a t o r , als ein D i c h t e r , als ein Hofmaun, müssen ja das am besten w i s s e n - - - " weifs ich es g e w i f s n i c h t , das Einmal E i n s

wäre

so

und w e n n es

12 l So b e t r o f f e n , dals ich mich nicht besinnen k o n n t e ,

schlich ich denn auch hier

dein Marquis n a c h , ritzte mich in allerlei Dornen, lernte alle Gattungen von Kletten und Nesseln

der Provence

kennen,

und nach manchen F e h l t r i t t e n , die mich a u f h i e l t e n , sah ich denn endlich auch an dem unförmlichen Mitte "einer

Steinbruche,

Gebirgkette

der die

einnahm,

die

nach allen Seiten hin die Gegend sperrte, jene schwere A u f g a b e liegen, lösen beschieden meinst

du?"

war. —

die ich zu

„Nun,

was

fragte der M a r q u i s ,

und

blickte mir forschend in die A u g e n ,

die

ich geschwind in Ordnung gebracht hatte, und dann den Felsen

so 1 listig

nachden-

kend a n s t a r r t e , wie dieser und jener eine Skizze von Raphael.

D a stand ich nun

wie atn P r a n g e r , und brachte nach einer ängstlichen Weile doch nur ein paar abgebrochene W o r t e hervor. — wirklich die A u s r o t t u n g

Ob

ich

des nahen Ge-

sträuchs zur G e w i n n u n g eines Vorplatzes

122 und die E r w e i t e r u n g

des

Berggangs

in

Vorschlag b r a c h t e , lasse ich dahin gestellt seyn;

es w a r w e n i g s t e n s der S i n n ,

den

Saint - Sauveur meiner v e r w o r r e n e n R e d e unterschob und m i t seinem Beifall beehrte. E r hätte mir jede andere Meinung andichten k ö n n e n , i c h w ü r d e sie in der Verleg e n h e i t f ü r die ineinige erkannt haben.



„ W e n n diese n o t h w e n d i g e V o r k e h r u n g , " f u h r ich nun schon

mit festerer Stimme

f o r t , „ g e t r o f f e n i s t , w ü r d e ich das P o r t a l mit z w e i Toskanischen oder lieber

noch

Korinthischen Säulen verzieren, und oben darüber eine Marmortafel mit einer passenden I n s c h r i f t aus dem V i r g i l oder Horaz setzen lasseft:

O rus,

quando te adspiciam, gleichen." —

„Das

sagte mein F r e u n d ; bitten,

lieber

z u m Beispiel,

oder so e t w a s derläfst sich h ö r e n , " „ n u r w i l l ich dich

Wilhelm,

wenn

wir

ins

Haus k o m m e n , mir deine Idee d u r c h eine kleine Handzeichnung

deutlicher z u ma-

chen: denn a u f r i c h t i g z u gestehen , w e i f s

123

ich nicht einmal, sche schen

wie sich die Toskani-

Säulenordnung

von

unterscheidet."



der KorinthiUnter

uns,

E d u a r d , war das eben auch m e i n F a l l ! — „Ich b i n , "

fiel ich ihm ins Wort,

,, in architektonischen

Zeichnungen seit

feinigen Jahren ganz aus der Ü b u n g . " — „ N u n g u t , " erwiederte e r , „ s o thue mir nur den Gefallen, Lehrmeister

deinem Italienischen

den Rils anzugeben,

wenn

wir wieder in die Stadt kommen.

Einst-

weilen lafs uns auf jenem bemoosten Stein ausruhen, und uns über dieses Gebirge hinweg in dein prächtiges Sanssouci zaubern.

Ich sitze oft Stunden lang in mei-

nem beschränkten Gärtchen v und weifs mir es in Gedanken durch die

maleri-

schen Aussichten zu erweitern, die mir vor neun Jahren dein Vaterland öffnete." Der gute Saint - Sauveur! Er hätte mir zur Erholung von meinen Baugeschäften nichts dienlicheres bieten können.

Ich

ward Dir auf einmal so beredt und an-

124 mafslich, als ich mich kurz vorher verlegen und gedemüthigt g e f ü h l t h a t t e ,

und

auch Er — ohne de.s Schaustücks seiner Birkenallee w e i t e r zu e r w ä h n e n — irrte •

g u t m ü t h i g und heiter mit mir durch alle die niedlichen S a n d g ä n g e , thisch

unsere

die

Berlinischen

labyrin-

Lustgärten

d u r c h s c h l ä n g e l n , die sanfte L u f t , die uns u m w e h t e , w a r ihm nur ein Vehikel jener aromatischen D ü f t e , diu unser Thiergarten seinen jungern W a n g e n zuspielte, und die er damals nicht sinnlicher in sich ziehen k o n n t e ,

als er sie jetzt durch die

Organe der E r i n n e r u n g

einsog.

Ach,

w ä r e s i e nicht, diese g u t m ü t h i g e B e g l e i t e rin auf unsern W a n d e r s c h a f t e n , so w ü r d e das längst® L e b e n , w e n n es einmal hinter uns l i e g t , n u r ein verlornes Geschenk, und nicht viel besser als das Leben einer Mücke — eingeschränkt auf einen einzigen Tag seyn. — Gedanke!"

M ^ 1 1 schöner w a h r e r

sagte der M a r q u i s ,

ihm solchen m i t t h e i l t e .

als ich

„ E r soll uns.

w i e der Faden der Ariadne, durch den dunkeln Irrgang meines Vorgebirges leiten. Folge mir nur beherzt, lieber Wilh e l m , und werde nicht mifslaunig über die hundert bösen Schritte, die du etwa •noch bis zu meinem Sopha zu thun hast." Ich ergriff geschwind den Rockzipfel mei* nes Führers, um seine Spur nicht zu verlieren, und tappte ihm n u n , unsicher w i e in der Nacht, durch die kühle Bergkluft nach, die so im Finstern fortlief, dals ich den Ausgang für noch sehr entfernt h i e l t , als auf einmal — Gott im Himmel! w i e ward mir zu M u t h e ! — eine Thür vor mir aufsprang, und mir — welch ein Ubergang von Blindheit zum L i c h t ! — ein -Thal — ein unübersehbares und so entzückendes Thal .öffnete, dafs mein äufserer Mensch durch die heftige B e w e g u n g , in die mein innerer bei diesem unnennbaren ü b e r r a s c h e n d e n Anblicke verfiel, w i e gelähmt davor stand,

12 6 und mein Puls einige Sekunden

stockte,

ehe sich meine gen Himmel strebenden Hände erheben, und ein Strom von empfindsamen Thiänen dem geprefsten Herzen L u f t machen konntfe.

Ich habe dich

o f t , f r e u n d l i c h , schön und grofs gesehen,mannigfaltige N a t u r , habe dich in der P r a c h t deines Schmuckes bewundert , deu dir deine F r e u n d e , u n d aus dem Flitterstaate gehoben, den deine Feinde dir anlegten;

aber noch nie hattest du* dich

mir

in deiner höchsten

Herrlichkeit —

nie

zur Anbetung deines unerinefslichen

Schöpfers in so unwiderstehlich anlockenden

Reizen

offenbart,

als

an

diesem

glücklichen Abende! AVas faselte ich vorhin vpn Nachschmack des Vergangenen, von der E r i n n e r u n g eines Lebens,

das

hinter uns liegt!

die

Mein Vaterland,

Stadt meiner G e b u r t sammt den jugendlichen

Freuden , die ich jemals genofs

— alles w a r jetzt aus meinem Bewufstseyn verschwunden.

Ich f ü h l t e n u r das

Gegenwartige , und war ausscliliei'send glücklich in ihm. Bin ich denn der erste Reisende, der hierher kam ? da ich mich keines erinnere, der dieses Elysiums der Provence gedacht hat. Sollte sich denn nie einer diesen Anblick, w i e ich ihn genol's, erkauft, erstohlen, oder erschlichen haben, um ihn mit Farben oder mit Worten zu malen ? Nein, Eduard, der Glückliche allein vermag es, der i h n , w i e i c h , als ein Geschenk aus der Hand der erfindungsreichen Freundschaft und als ihre geheimste höchste Gunstbezeigung erhält, — wenn anders die Verzweiflung über die Unzulänglichkeit menschlicher Sprache, die auch in meinen Adern kocht, ihm erlaubt diesen reinen Abdruck des Himmels zu schildern. Nur ein Mann , der aus der Fülle der Natur ihre rührendsten Stunden zu heben, und aus ihren flüchtig hinduftenden Tageszeiten die Balsamtheile aufzufassen versteht, die am wirk-

samsten sind die Quetschungen der Seelt; zu lindern — nur ein W e i s e r , der die. Sehnen und Fasern des menschlichen Herzens oft und init Glück entwickelt, und die Einbildungskraft bis in ihre feinsten Blutgänge zergliedert hat — nur der edle Saint - Sauveur, der diesen Solitair von Felsen sein nennt, hat zu dem dahinter liegenden Heiligthum allein den Schlüssel. Man muls sein Freund seyn, uin auf den Standpunkt dieses magischen Lichtes zu gelangen, in welchem, von allen Bewohnern dieses herrlichen T h a l s , er allein nur es zu zeigen im Stande ist. Kein menschliches Auge , es schweife und schwebe w o und über was es w i l l , kann mehr Heize auf einmal umfassen, als das meine in dem Augenblicke, da ich, wie von der Erde in den Himmel gehoben , aus dem Felsen trat. Die Scheibe der Sonne, als wäre sie allein für dieses Thal geschaffen, hing , zu ihrem Untergange geneigt, gerade vor mir

liin breiter, schäumender, in die Tiefe stürzender Wasserfall schien ihr anzuhängen , und die letzten Goldinassen ihrer heutigen Spende zu übernehmen, um sie in flimmernden Körnern über das Abendbrod dieser glücklichen Thalbewohner zu streuen. Die Spitzen der hohen Berge, Träger des blauen Baldachins, der über der Königin schwebte, rötheten sich in ihrem Abglanz , und der Schimmer ihres Heimgangs flog zitternd über die unzähligen Gärten und L u s t h ä u s e r , die sich von allen Seiten in den sanftesten Abhang hinunter zogen. Der mit ihrem wallenden Lichte überschwemmte Teppich grünender Triften, der sich, s o w e i t der Blick reichen konnte, in dem Grunde verbreitete, w a r f , mit den Gruppen ruhender Herden , in seiner unglaublich sanften Verschmelzung einen Wiederschein in die Höhe, der selbst ein sterbendes Auge noch würde erquickt haben. Die meinigen — ach! w i e soll ich Th. W .

V. Tli.

O

13°

Dir das Wohlbehagen versinnlichen, in dein sie schwammen! — Alle bessere Empfindungen meiner Seele schienen sich gegen meine Sehnerven zu drängen, und aus ihnen Dank gegen Gott, Freude des Lebens und Zufriedenheit mit der W e l t zu saugen. W i e l i e b t , w i e ehrt man sein Selbst in solcher Stimmung! W i e gereinigt fühlt sich das Herz von allen verächtlichen W ü n s c h e n , die es in so seligen Augenblicken nicht einmal zu begreifen vermag! 0 könnte ich den rauhen schmalen Eingang dieses Berges für mehrere Seelen zu einer so edeln Absicht benutzen, als mein trefflicher Freund durch ihn bei mir einzelnem Kranken erreicht h a t ! Ich w ü r d e seine dahinter ruhenden Geheimnisse durch ein vorgezognes Tuch so ganz versperren, w i e sie es mir bis auf diesen Augenblick waren, und würde euch, meine Freunde und Bekannten, an einem Festtage auf einem Kreis von Rasenbänken um rlas Ainphi-

theater

dieser

e u c h , die

Steinmasse

ihr

Stunden

versammeln,

lang

in

euern

Schauspielhäusern auf Breteru s i t z t , u n d dem Zeichen entgegen lauscht,

das den

Vorhang heben soll,

angähnt.

den

ihr

Ach wie wollte ich e u c h , indem ich den meinigen a u f z ö g e , durch den Hinblick in diese heiligen Hallen der verklärten N a t u r erschüttern,

und w e n n ich mich

durch

i h n , stärker als es kein Bufsprediger, kein Dichter vermag, eurer Herzen bemeistert hätte,

euch auf demselben

Wege,

den

das meinige n a h m , zurück in euch selbst, in die Gegenden f ü h r e n , die ihr so wenig besucht h a b t als diese — in die Tiefen, w o noch manches Grofse', Gute und Edle ungeweckt schlummert!

Mit welchem Er-

staunen w ü r d e t ihr bemerken,

w i e die

beiden euch unbekannten Gebiete der natürlichen Zufriedenheit und des sittlichen G e f ü h l s , die ihr durch Künsteleien getrennt h a b t ,

zu einem und

Reiche g e h ö r e n !

demselben

Ihr w ü r d e t innigst ge-

r ü h r t mein grofses Schauspiel verlassen, würdet nur Ekel an

dem P r u n k

eurer

Opern, vorzüglich aber ein reines Herz, durchdrungen

von

der W a h r h e i t ,

nach Hause n e h m e n ,

mit

die w i r zwar alle

eingestehen, in dem tollen Beginnen unseres U b e r m u t h s aber täglich und stündlich vergessen —

dafs der Mensch

mit

allen Pfauenfedern seines Stolzes und seiner Talente n u r

ein armseliger Stümper

in seinen Nachahmungen und Schilderungen der unerreichbaren Natur, und ein undankbarer Schwächling gegen jenen fühlbaren und doch unbekannten Werkmeister sei, der die Sonne in seiner Gewalt hat, und die Kräfte des Universums leitet wohin er will.

Doch ist es nicht

eine strafbare T h o v h e i t , d a s

schon

Staubkorn

gegen den Unermefslichen zu w ä g e n ,

das

e r , ohne zu achten wohin es f l o g , von dem Saume seines Kleides abblies — seines mit jenen F ü t t e r n ,

die w i r Sonnen-

systeme, Sterne und leuchtende Welten

nennen , besetzten , ernsten, ewigen Kleides? — Mein F r e u n d , durch das Mitgefühl meines Entzückens, dessen Schöpfer er w a r , auf das innigste g e r ü h r t , reichte mir stillschweigend die Hand,

um mich an dem

Lande der eingebrochenen Abendröthe, die wie ein Brautgürtel dieses Thal der Freude umschlang, in seine W o h n u n g zu führen. Ich sah mich noch einmal nach dein Felsen u m , und fand hier am rechten Orte den Plan der Verzierung, mit der ich die Gegenseite zu verkrüppeln gedachte,

ein-

facher und edler a u s g e f ü h r t , als ich ihn entwarf.

Hier war der aus einem dun-

keln Haine hervortretende Theil des Gebirges mit einein Portale bekleidet,

das

an den Janusteinpel erinnerte, d e r , von Numa e r b a u t , n u r in einein Durchgange bestand.

Seine P f o r t e , die von

dieser

Friedensseite nie geöffnet w i r d , schliefst sich n u r von innen armen Flüchtlingen a u f , die, von äufsern oder innern Stür-

i54 men aufgeschreckt, Wildnlfs und Einsamkeit suchen. Von dem Ungefähr und ihrem Mifsmuth bis vor diesen Felsen getrieben, zittern sie scheu und gescheucht durch die Dunkelheit dieses Schlupfwinkels , und fallen — statt in einen Abgrund , den sie in ihrem Ingrimm w ü n schen und fürchten — fallen sie — ach w i e sanft! — in die umschlingenden Arme der liebenden und tröstenden N a t u r ! In diesem Sinne hat Saint - Sauveur, schon vor m i r , manchen durch das Gaukelspiel der Welt verdrehten Kopf, manches kranke Herz, das seiner Besserung werth war, hierher verlockt, und durch einen Blick in diefs Thal und diefs Sonnenbad geheilt. Nie ist w o h l eine romantische Anlage glücklicher ausgeführt und zu einem edlern Zwecke benutzt w o r d e n , als diese. Mein Freund hatte nicht n ö t h i g , und seine Gutmüthigkeit liefs es auch nicht z u , mich an meine Korinthischen oder Toskanischen Säulen zu erinnern : ich

»35 schämte mich schon

selbst genug alles

dessen, was ich seit gestern und heute Unwahres und Anmafsliches über Talente und Lehrmeister , Bastiden und Baukunst vorgebracht, und besonders der Kennermiene, mit der ich, im Widerspruch meines Bewufstseyns,

gegen

den Marquis

grofs gethan hatte.

In dem Schlage jeder

Nachtigall, auf jedem Schritte, den ich t h a t , fand ich meine verdiente Bestrafung. Unter hohen Akazienbäumen, die in diesem mit Bergen umzäunten T h a l e , wie in einem Treibhause, schon Schatten gaben und blühten, gelangten wir in die Wohnung meines lieben Begleiters, und traten in einen S a a l , der selbst in seinen reichen Verzierungen das v/arme Herz des Besitzers und seinen unverdorbenen Geschmack verrieth.

Rührende Gemälde der gröfs-

ten Meister sprachen hier zum Auge; mich zog aber noch zu sehr das mit meiner Seele verschmolzene Bild der Natur von allem a b , was Menschenwerk war.

Ein

Blick bald durch dieses, bald durch jenes Fenster, suchte noch einen Reiz von ihr hinter dem Florkleide zu erhaschen, das der Abend über sie herwarf, bis die verdickte Dämmerung sie ganz meinen Augen entzog,

die Vorhänge an den

Fenstern

herab fielen, ein duftendes Mahl meinen Hunger weckte,

und mich

überzeugte,

dal's ich noch nicht so ganz zu den ätherischen

Geistern gehöre,

als mir mein

beseligtes Herz gern weiis gemacht hätte. „Ifs nicht so hastig — trink mit Bedacht von diesem Wein — er reift auf jenen vergoldeten Bergen , " mein Freund mehrm'alen.

wiederholte Ich sah ihn

lächelnd a n , glaubte ihm zu folgen, aber Schwärmerei trat immer meinem Vorsatz in den Weg. Verliebter, alles,

Ich als und trank wie ein und antwortete verkehrt auf

was nicht Bezug auf das Wunder

h a t t e , das mir vorschwebte. — sehe w o h l , "

„ Ich

sagte endlich der Marquis,

„ich bewirthe dich n i c h t ,

wie es dein

1^7 Taumel verlangt.

So lafs uns denn von

i h r sprechen, die sich durch einen Blick aller deiner Kräfte bemeistert hat.

O du

kennst die Göttliche noch nicht in ihrer gröfsten Schönheit.

Morgen — ist der

Mensch nicht glücklich, der das zu einem andern Sterblichen sagen k a n n ? —

mor-

gen will ich dir ein Schauspiel geben, das einen Gottesläugner bekehren würde. — Du hast w o h l , als ein w a h r e r Berlin e r , gar nicht daran gedacht, dafs die Sonne auch a u f g e h t ? " — »>Ja» F r e u n d , " rief i c h , und klatschte in die Hände, „das Schauspiel sollst du inir geben." —

„Ehe

w i r nach Toulon a u f b r e c h e n , " f u h r er fort - - - — lon!"

„Ach das abscheuliche Tou-

fiel ich ihm in die Rede;

sehe ich an seinen Bastionen,

„was

Galeeren

und seinem Arsenal? Ich bitte d i c h , lafs mich hier, lieber S a i n t - S a u v e u r . " — »»Ich g l a u b e , " sagte der Marquis lächelnd, „die Bewunderung der N a t u r könnte d i c h , wie das Gebet einen M ö n c h , bis zur Unthä-

i38 tigkeit entzücken.

Sie thut es schon jetzt.

Du schwärmst von ihr und vernachlässigst sie , denkst nicht daran , sie in ihrem Nachtputze zu überfallen, und ihrem Busen noch einen Liebeskufs aufzudrücken, ehe sie einschläft." —

Ungeachtet mei-

ner dichterischen Stimmung verstand ich den Marquis nicht ganz,

bis der W i n k

eines Bedienten ihn von seinem Stuhl aufj a g t e , der Vorhang aufflog, und er mich in der schauerlich festlichen Minute an das Fenster stellte,

wo der volle Mond

in dem reinsten Ergüsse seines Schimmers zwischen zwei Bergen herauf stieg. Wie vorhängend in dem dunkelblauen Gewölbe, gleich einer aus Topas geschliffenen Lampe, blickte nicht dieser glänzende Körper, als ob er in der heutigen Wacht jede andere neben

ihm spielende

Welt von seiner Umarmung

ausschlösse,

auf seine kleine freundliche Thalschöne herunter, die, wie abgesondert von dem übrigen Erdballe, zitternd ihre versteck-

i59 testen Reize seinem liebkosenden Lichte zu enthüllen schien! — Das Säuseln des Abendwindes in den jungen Spröfslingen, Blattern und Blüthen, das dem Geräusch der Küsse, dem Lispeln der Liebe glich, und der Einklang des Wasserfalls in der Ferne — alles was ich s a h , h ö r t e ahndete, meinem

und

traf einen Berührungspunkt in der

Natur

geheiligten

Herzen.

Mit gefalteten Händen blickte ich in dieses nächtliche Fest.

Ich konnte mich un-

g e s t ö r t e n Betrachtungen versenken; denn mein F r e u n d , der neben mir stand, schonte schweigend meine zarten Empfindungen. Der Mond h a t t e schon viele Meilengrade seines Bogens durchlaufen — noch stand ich d a , und sah ihm n a c h , und mafs ihn, und lächelte ihm zu. Endlich rifs ich mich los. —

,, Was f ü r ein glücklicher Mann

bist d u ! " wendete ich mich gegen meinen F r e u n d mit schwacher Stimme,

drückte

ihm die H a n d , und folgte der Kerze, die mir in mein

Schlafzimmer leuchtete.

140

Ich war- so vertieft in meine Mondsscene, dafs ich den jungen Menschen, der mich bediente, nicht eher gewahr ward, als bis er mir ineine Halbstiefeln auszog, die zwar von dem D o r n e n w e g e ,

durch

den sie mir heute h a l f e n , hier und da zerkratzt,

übrigens

aber so wenig be-

schmutzt w a r e n , dafs selbst unser reinlicher Freund Jean P a u l keiner noch so weifsen Chemise w ü r d e sich ihnen zu nähern.

gewehrt haben Ehe ich den Be-

dienten entliefs, bat ich i h n , mich morgen ja vor Aufgang der Sonne zu wecken. — „ D a f ü r sorgen Sie n i c h t , " antwortete er; „unser ganzes Haus ist alsdann m u n t e r vom Gröfsten bis zuin Kleinsten.

So o f t

wir in diefs Thal k o m m e n , versäumt gewifs keiner von uns f ü n f e n , die stets um den Herrn s i n d , blick.

W i r waren

diesen rührenden Anarmselige Menschen,

ehe wir in seine Dienste traten — Trunkenbolde und Spieler, besonders der Kutscher, der ein Thüringer ist.

Einer nach

dem andern wurde von seiner Untugend geheilt. Ich w a r — ich gestehe es zu meiner Schande — ein verlorner Wollüstl i n g ; aber kaum drei Tage hatte ich in diesem Paradiese gelebt, dreimal nur die Sonne aufgehen sehen, als mir die Schuppen von den Augen fielen, ohne dafs ich sonst etwas dagegen gebraucht h ä t t e . " — Ich schob meine Nachtmütze etwas ungläubig zurechte. — „Trauen Sie meiner E r f a h r u n g , " erwiederte er m i r , nahm meine Halbstiefeln unter den Arm und wünschte mir eine ruhige Nacht. W ä r e es möglich, dachte ich zuletzt noch im B e t t e , dafs diese solarische Kur bei Märchen anschlüge? Vielleicht! Sobald nur kein Domherr mit ihr an das Fenster tritt.

T

o

u

l

o

n

In der N a c h t , den 19. F e b r u a r .

I c h h ö r t e Saint - Sauveurs Stimme schon im Saale b e i meinem E r w a c h e n ,

sprang

gestärkt v o n meinem Lager auf und eilte z u ihm. als ich

Die N a c h t w a r eintrat.

a u f mich e i n , te,

im

Scheiden,

Eine kühle L u f t drang als ich das Fenster öffne-

und verstärkte den S c h a u e r , den der

M e n s c h , w i e die unbelebte N a t u r , in der Nähe

der B e g l ü c k u n g empfindet.

Desto

willkoinmner w a r mir das w a r m e Getränk, das man

mir reichte.

N o c h dauerte es

einige P u l s s c h l ä g e , ehe die ersten V o r l ä u fer des T a g s den Himmel begrülsten. zelne V ö g e l z w i t s c h e r t e n ihnen

Ein-

entgegen

— Als aber der Saum des Horizonts sich mit einem Bande u m z o g ,

das m i t Rubi-

nen — armselige V e r g l e i c h u n g ! —

gestickt

i43 schien, bereiteten sich schon tausend singende Stimmen j blökende Kehlen, seufzende und betende Herzen, zu dem Einklänge in den grofsen Choral, zur Zustimmung in den allgemeinen Dank vor; und als der erste kleine Bogen des Zirkels über den silbernen Wasserfall b l i n k t e , und als er schon so feufige Strahlen ausspie , um dein geblendeten Auge für die folgenden Hinblicke bange zu machen , in denen er h ö h e r , immer brennender höher t r a t , und als sich nun zwischen dem Einschnitte des Gebirgs die ganze grofse flammende Rundung unaufhaltsam in das blaue Weltmeer des Äthers stürzte — da erwachte alles, da dankten, jauchzten, bebten ihr alle Organe der Schöpfung entgegen. Ein Kind weint bei einein heftigen Schalle — Erstaunen läfst seine Augen trocken. Der Mann von Gefühl staunt, empfindet und weint. Keine andere Sprache hatten w i r jetzt, ich und mein Freu,nd.

'44 Die Vergoldung des Thals w a r vollendet — vollendet in seiner ganzen Pracht. surgrün umzitterte Blätter und ihre Schäfte w a r e n

Gold,

La-

Bäume,

die Dächer

sprühten F u n k e n , die Fenster flimmerten , das Gewölbe "über ihnen allen glühte , und meine Brust h o b sich unter den Schlägen des überwältigten Herzens. Jetzt drangen von den Hügeln die Schalmeien der Hirten in mein Ohr.

Die Melodie

ihres Baskischen Gesangs,

die Andacht

ihrer Morgenlieder ergriff m i c h , und ich theilte nun den Reichthum

meiner von

den inyriadenfältigen Schönheiten

über-

schwängerten Blicke, und w a r f , so viele ich deren von den Gegenständen meiner Bewunderung loszureifsen vermochte, auf das freundschaftliche Wesen in m i r , das jeden T h a u t r o p f e n der äul'sern Sinne mit dürstendem

Verlangen a u f f i n g ,

und zu

einer Schnur f ü r die Ewigkeit an einander reihte.

Seines edeln Geschäftes bewufst,

würde es jeden unächtcn Blendling, (lcv

ihm zugeflossen wäre, erkannt und verachtend weit von sich geworfen haben — den Stolz mit allen seinen Kronen und Zeptern,

den Neid,

und die Rachsucht. —

den

Menschenhais

Die Schmeiche-

leien der Wollust glitten von ihm a b , wie Fliegen

von

einer polirten

Stahlfläche.

Ohne Gehör für die Stimme der Sirenen, ohne Augen für ihre Reize, ohne Gefühl für den Druck ihrer Hände, beantwortete es ihre zugeworfenen Küsse mit Ekel.

Zu

reich für das Almosen verrufener Münze, zu giols fü» gemeine Freuden, schwamm es in reinem Schwanengefieder weit von der schlammigen E r d e , leicht, vertrauend und f r o h , dem Throne des Unerforschlichen zu.

Seine Empfindungen waren Ge-

bete , und der Drang seiner Wünsche war, sich mitzutheilen und wohlzuthuu. 0

du holder Vertrauter meines heutigen

Entzückens, schöner, schlanker, süfs träumender Genius, den der Zufall mit einer Th. W .

V. Th.

10

146 irdischen Hülle bekleidet h a t ,

die seiner

nicht werth i s t , könntest du erscheinen, wie ich dich a h n d e , sterblichkeit

und

einst die Un-

dich ausmalen und aufstel-

len w i r d ; der T y r a n n w ü r d e abstehen, sein Schwert,

die V e r l e u m d u n g ,

den D o l c h

ihrer Z u n g e gegen dich z u w e t z e n — der Geiz und

würde der

dir seine Schätze

Fürstenstolz

Hoheit sich bücken.

selbst

anbieten,

vor

deiner

Möge nie ein stin-

kender Nebel aus den Sümpfen der W e l t mir die W ü r d e deiner Schönheit verstekken , nie ein unreiner Hauch deine himmlische Kluiheit verdunkeln, und jede Perle, die du

in

dem Oceane

der verflossenen

Stunde geschöpft hast, sich in dem Hauptschmucke deiner E w i g k e i t Wenn

Schwärmerei

wiederfinden!

Vergebung

ver-

d i e n t , so ist es die f ü r die T u g e n d , und an einem so heilig romantischen Morgen, als mein heutiger w a r .

A c h das häl'sliche

Toulon !

meines

Der

Wagen

Freundes

147

hielt am Ende seines Parks.

Seine Rosse

schnauften und stampften und wieherten im Gefühl ihres Muths.

Und ich mufste

dich verlassen, Thal der Unschuld und F r e u d e , dich, Sonne über i h m ? — Ach mir w a r , als könnte n u r Finsternifs hinter den Bergen liegen.

Ich blickte noch

einmal w o n n e t r u n k e n in ihr heiliges Antlitz, und breitete meine Arme a u s , als wollte ich den ganzen Weltkreis an mein liebendes Herz drücken —

ich

blickte

noch einmal zu ihr h i n a u f , u n d unwillkührlich

entschyvebte

der

harmonische

Ausruf meinen Lippen: Staut, d e r z u

Gott empor

A m F u f s t r i t t seines T h r o n e s

gedrungen, glimmt!

und so bot ich meinem freundlichen Geleiter die Hand, stieg hastigen Schritts aus seinem Tempel, durch den P a r k , in den P h a e t o n .

Hier fafste er stillschwei-

gend die Zügel, überliefs mich ungestört

14B d e r obern R e g i o n , u n d sorgte n u r , w i r in der u n t e r n

dafs

n i c h t aus dem Gleise

kämen. I n d e m w i r ü b e r den S t e i n w e g flog e n , ergriff ich meine H a r f e , u n d s t i m m t e mit allen Saiten in den P s a l m e i n , der seit den zwei N o t e n , m i t denen ich anschlug, in m i r f o r t t ö n t e . — w e i s e meiner

J e t z t w a r e n die Be-

G e n e s u n g vollständig;

die

N a t u r h a t t e den letzten b e i g e b r a c h t , d e n n sie h a t t e m e i n Dichtergefiihl w i e d e r erweckt.

Mein Herz s c h w o l l , meine dun-

keln E m p f i n d u n g e n bildeten sich zu harm o n i s c h e n W o r t e n , ätherisches F e u e r erhellte den B l i c k ,

den ich

d a n k e n d gen

Himmel schlug, eine singende Lerche stieg und

funkelte mit

i h m zugleich D

in

Höhe, und mein Lied begann.

S t a u b , der , zu G o t t e m p o r gedrungen , A m Fufslritt seines T h r o n e s g l i m m t , Ziel meines P s a l m s ,

i m Clior gesungen

Das jubelnd , dich umschlungen , In deinem Äther s c h w i m m t '

dir

i/>9 Seit d u , der leeren Nacht entsunken, Dein stolzes Licht von Ihm geholt, Sah es in dem Gewühl der F u n k e n , Die durch den L u f t r a u m prunken, Schon manchen St^rn verkohlt.

Nur deinem Urgestirn veraltet Kein R e i z ! Mit gleicher Kraft b e f l a m m t , Treibt es sein grofses Rad , entfaltet Die Zeiten , und verwaltet, W i e sonst, sein Mittleramt.

Und lenken allei* Erden Psalmen Gleich nicht den Ansflufs deines Strahls, Doch überkleidest du die Palmen Des Athos, wie die Halmen Des rauhsten Schweizerthals !

Hat nicht ein Geist, aus dir geboren, Der Liebe Freudenquell g e w ü r z t , Der aus den Urnen aller Holen , Vertheilt — doch unverloren , In alle Wesen stürzt?

Jinvel in des ErschafFers K r a n z e , U n d erstes W u n d e r seines Hauchs , Du l e i t e s t , s c h m ü c k s t , vereinst das Ganze Eins fehlt n u r d e i n e m G l ä n z e — Bcwnfstseyn

des

Gebrauchs.

S o v i e l dir K r a f t w a r d ,

doch entquellen

D i r T r i e b e nie , die , w a r m u n d r e i n , Die B r u s t des edeln Mannes s c h w e l l e n , Freund

seiner

Mitgescllen

A m Bau der W e l t zu seyn.

Du stehst i m g r ü ß t e n W i r k u n g s k r e i s e A l s S k l a v e , der i m J o c h e prangt — Beherrscher seiner k u r z e n

Heise

D u r c h s L e b e n , d r i n g t der W e i s e , W o h i n sein Herz v e r l a n g t .

Er w ä g t sein Daseyn n u r nach T h a t c n , Nach P f u n d e n , die sein Geist e r r i n g t , F r o h , w e n n der HolFnung seiner Saaten A u c h n u r ein K e i m g e r a t h e n , Der in die Z u k u n f t d r i n g t .

i5t Sei gröl'ser noch! U m deine W ü r d e Vertauscht, selbst auf dem W e g ' ins G r a b , Der Staubbcwohner einer Hürde Wicht seines Lebens B ü r d e , Nicht seinen Wanderstab.

Denn bald zu höhern Geistesproben Entrückt den Prüfungen der Zeit, Schwingt ihn die H a n d , die dich erhoben, Von diesem niedern Globen In die Unsterblichkeit.

Durch diesen heitern Blick ins Frei« Verliert i m Nebel meiner Bahn Sich keine Stunde m i r — ich weihe Dein Ausgang s i e , und reihe Sie meiner Zukunft an j

Dafs, wenn ich einst zu höhern Sphären A u f deinem Lichtweg übergeh , Der Fruchtslaub vieler guter Ähren Noch in dem Thal der Zähren U m meinen Hügel weh.

A l s meine Harfe verklungen w a r , und mein begeisterter Blick aus seiner Höhe zurück auf die Erde f i e l , hätte ich gern meine abgestimmten Saiten aufs neue gespannt, wäre ich nicht zu erschöpft gewesen , um mich mit Hülfe ihrer Harmonie eben so vogelleicht über den rauhen Weg zu schwingen , der in einem Zusammenhange von Felsenstücken und Bergklüften vor mir l a g , als sie mich unvermerkt über seine erste Hälfte gebracht hatte. Es ärgerte mich, dafs mein Führer das stolze Gefühl meiner Schwungkraft durch eine Bemerkung zu necken suchte , die ziemlich spöttisch heraus kam. — ,, Ich sehe dir ' a n , " sagte er, „dafs du. mit deinem Ausfluge in das Reich der Ideen nicht übel zufrieden bist. Ich wünsche dir Glück dazu: nur dünkt m i r , du hättest besser g e t h a n , ihn auf den schicklichem Zeitpunkt aufzuschie-

*53 ben,

in den w i r jetzt eintreten.

Erst

h i e r , w o leider der W e g äufserst schlecht zu werden a n f ä n g t , h ä t t e auch deine Verzückung

anheben sollen.

Hier

du so viel dabei g e w i n n e n ,

würdest

als du

auf

dein eben zurück gelegten dadurch verloren

hast.

Ich

kann

dir,

da ich

jetzt nicht störe , w o h l s a g e n ,

dich

dal's es

einer der angenehmsten ist, den ich kenne, nicht nur die ungleich bessere Hälfte des Ganzen,

sondern

an

romantischen Aus-

sichten und lachenden Gegenständen fast so r e i c h ,

als

das Thal

meiner Bastide.

Alle diese freundlichen Winke tur sind d i r ,

der Na-

während deiner Unterhal-

tung mit der S o n n e , entschlüpft. — ist,"

Es

f u h r er mit einein philosophischen

Seitenblicke f o r t ,

„ n u r zu

oft der Fall

bei euch sublimen Leuten , dafs ihr eure geistigen

und

leiblichen

haushälterisch genug

Gi'lüste

gegeji einander

nicht ab-

zuwägen und nach dem jedesmaligen Stundenbedürfnisse zu vertheilen versteht. Ein

i54 gen

Himmel

geschlagenes

offenbar

eine

fröhliche

Kinder,

Auge

nimmt

Richtung,

wenn

farbige Blumen

unter

falsche

ihm spielen und s p r o s s e n , liches E l e n d um Blick bettelt.

oder mensch-

seinen theilnehmenden

So lange M i l t o n noch se-

hen k o n n t e , überliefs er sich allen sinnlichen F r e u d e n seiner daran,

des irdischen

Heimath, sich

und

eins zu dichten

Verlust zu b e s i n g e n , Blindheit liefs.

dachte

Paradieses nicht eher und seinen

als bis ihm

seine

keinen andern Zeitvertreib zu-

Auch euer K l e i s t ,

F r e u n d e erzählt h a b e n ,

w i e mir seine

sog m i t

schem W o h l b e h a g e n jeden des F r ü h l i n g s

ein,

thieri-

Balsamtropfen

so lange er dauerte.

E r s t in^ den rauhen W i n t e r t a g e n wiederkäute und malte er ihn.

Die Dichtkunst,

wie jede S c h w e l g e r e i des Geistes , sollte dein W e l t b ü r g e r zur

Zeit

zu keiner a n d e r n ,

der. Entbehrung,

unter

als dem

Drucke des Müfsiggangs, oder wenn sonst irgend ein Zufall seine äufsern Sinne ge-

i/j 5 lahmt h a t , zur Krücke dienen." — meiner dichterischen E r h i t z u n g , noch im Blute lag,

Bei

die mir

inufste mich ein so

kalter gemeiner Ausdruck nothwendig verschnupfen:

doch

fehlte mir in

diesem

Augenblicke die Stimme, n u r ein W o r t dagegen vorzubringen; so sehr w u r d e ich durch einen

jähen Abgrund

erschreckt,

an dem w i r nahe vorbei schwebten.

Ich

.schmiegte m i c h , so lange dieser f u r c h t bare Anblick

dauerte,

mit

klopfendem

Herzen an den Marquis, u n d erst als w i r hinter Aubogne in einen Hohlweg lenkten ,

kam ich wieder zur Sprache.



,,Du hast mich mit deiner vorigen Äufser u n g , " wendete ich mich

n u n zu ihm,

„ganz in Erstaunen gesetzt, lieber SaintSauveur,

weil ich sie dir am wenigsten

zutraute.

Ich habe immer die Entwicke-

lung grofser Gedanken durch Philosophie oder D i c h t k u n s t ,

jenes Nachspüren un-

serer feinen E m p f i n d u n g e n , jenes Brüten über uns selbst, und alles, was du Krücke«

»56 des Müfsiggangs zu n e n n e n b e l i e b s t , f ü r die

nützlichste

Beschäftigung,

für

die

edelste B e s t i m m u n g des Menschen gehalt e n ; u n d ich k a n n m e i n e w i c h t i g e n Z w e i fel gegen

deine B e h a u p t u n g

- - -" —

„ W i c h t l e i c h t , " fiel inir der M a r q u i s in das W o r t , „ u n t e r einem s t ä r k e r n W i d e r s p r u c h von U m s t ä n d e n v o r t r a g e n , als so kurz nach

dem S c h r e c k e n ,

h a b t hast.

Müfsig u n d

den du ge-

dem Schicksale

ü b e r l a s s e n , w i e d u neben inir da sitzest u n d z i t t e r s t , was k ö n n t e ich dir besseres f ü r deine B e r u h i g u n g e m p f e h l e n , als eben die

Krücke,

Wege

die

d i r ganz

auf jenem

gebahnten

entbehrlich w a r ?

hinderlich h i n g e g e n

Wie

inüfste sie n i c h t ei-

nem in T h ä t i g k e i t gesetzten M a n n e werd e n , d e r , w i e ich z u m Beispiele, unvern ü n f t i g e G e s c h ö p f e vor s i c h , seil in

Händen,

auszuweichen,

Menge G e f a h r e n

mit Einem W o r t e ,

in dem E i n p y r e o , hat!" —

einer

i h r Lenkstatt

auf der E r d e zu t h u n

„ D u h a s t vollkommen R e c h t , "

1.57 a n t w o r t e t e ich u n t e r Z i t t e r n und Beben j denn

in

der

Hitze

des Streits



wie

dankte ich G o t t , dafs er in einein Hohlwege v o r f i e l ! — h o b und schwenkte mein Opponent ein

seine Peitsche.

Luftstreich,

Es

eine von

war

den

nur

unwill-

k ü r l i c h e n Bewegungen , die w o h l einem Redner entwischen können , der E i n d r u c k zu

inachen

sucht:

scharfsinnigsten schwerlich stützung Beweis den

Vorbedachte

seines Satzes aufzutreiben, denn

verstanden

ter

würde zur

einen

seine vier

und w o l l t e n

besänftigen lassen.

m i t dem er

Unter-

kräftigern

als diesen Hieb in

diese

r e c h t , bäumten s i c h , Stränge,

selbst

vermocht h a b e n ,

Wind;

füchse

aber

Schweifs-

Redefigur

un-

schlugen über die sich lange

nicht

Ich verlangte es wei-

n i c h t bewiesen zu h a b e n ,

dafs P h i -

losophen so gut wie D i c h t e r bedenkliche Führer, Lebens

und in Vorfällen n i c h t halb

so

viel

als ein besonnener Mann.

des täglichen werth

sind,

Aber — mein

«sä Gott — dachte ich so vor mich hin — warum fährt doch der liebe Marquis selber, und Iäfst seinen Kutscher hintenauf stehen, der doch sicherlich den Müfsiggang nicht zu benutzen w e i f s , den er ihm lälst ? Unter diesem Selbstgespräche, das ich so oft wiederholte, als der Wagen schief g i n g , erkletterten w i r endlich die Höhe eines steilen Bei ges, von der sogleich unser leichtes Fuhrwerk über Stock und Stein in den Kessel einer rufsigen Stadt rollte, die man Ollioules nennt. Hier, wo w i r einige Stunden anhielten , nahm ich die Gelegenheit w a h r , mich heimlich von dem Marquis v/eg in den Stall zu meinem Landsmanne zu stehlen — nicht so wohl um sein Deutsch, als seine Meinung über die Statthaftigkeit meiner Besorgnifs an der Seite meines vornehmen Führers zu hören. Nachdem er ineine freundliche Ansprache höflich beantwortet, mir seine Pferde von den Zähnen

159

an bis zum S c h w e i f e , wortreich wie ein Rofstäuscher, g e r ü h m t , u n d mir im VerfolgÖ seiner Dienstgeschäfte alle die W a D gen nach ihren verschiedenen Benennungen an den Fingern hergezählt hatte , die aufser dem l'haeton noch unter seinem Hauptschlüssel s t ä n d e n ,

dachte i c h ,

müfste mich doch auch zeigen.

ich

Ich fing

also damit a n , meinem Schulfreunde Ovid die Trauergesch'ichte des jungen Waghalses, der unserm heutigen F u h r w e r k e den Namen gegeben , sehr gelehrt nachzuerzählen , und so kam ich denn ganz natürlich, wie Du selbst siehst, auf den Hauptknoten. —

,,Ich bin zwar nicht f u r c h t s a m , "

sagte i c h , ,,doch mufs ich gestehen, dafs ich mich sehr ungern von jemanden fahren lasse, dessen Beruf es nicht ist.

Es

bleibt i m m e r , zumal bei schlechtem Wege, ein W a g s t ü c k . " — „Das läfst Sie Gott red e n , " versetzte der Thüringer und klopfte mich auf die Achsel.

„ W a s deines Amts

nicht i s t , sagt das S p r i c h w o r t , lafs deinen

i6o Vorwitz. W e r denkt, dafs ich Gefallen an so einer Fahrerei habe, betrügt sich. Es geht einem ehrlichen Kutscher, der das Seiaige gelernt h a t , bitter ein, wenn er von hinten her zusehen soll, w i e vorn alles der Kveuz und der Quere geht. Die Regierungskunst — in dem Sinne, w i e ichs nehme — fliegt niemanden a n , er mag so vornehm seyn als er will. Er muls sie aus dem Fundamente gelernt, mufs den Blick frei, Ehre im Leibe, Augen im Kopfe haben, und ein handfester Kerl seyn. Ich sage immer: Der Stein weicht nicht a u s , du mufst ihm ausweichen, und wer sich in die Gefahr begiebt, der kommt darin um. Mit meinem gnädigen Herrn w a g t man zwar weniger als mit andern seines Gleichen. Er versteht sich so ziemlich auf die Pferde, u n d , sehen Sie, ich spanne ihm keius vor, das nicht auf den W i n k gehorcht; und so geht es denn toll genug, so lange er nur nicht mit der Peitsche v a g i r t , w i e vorhin; denn

x61

das

können

nicht leiden.

nun

einmal' meine

Da war ich aber, noch als

ein junger Kerl, in F r a n k e n , —

Füchse

bei einem

Gott vergebe mir die Sünde! — fürst-

lichen Marstall angestellt.

Die Gespanne

waren gut und b r a v , das mufs ich sagen, und der K u t s c h e r — doch Eigenlob stinkt. Mein damaliger Herr aber glaubte in seinein Dünkel, das Handwerk, das mir manchen sauern Schweil'stropfen gekostet hätte , wäre ihm angeboren,

und verstand

doch, wenn ich hinten auf der verteufelten Perutsche stand, nicht einmal meinen Zuruf.

Es war zum Wälzen.

Nicht zehn

Schritte konnte er fahren, so waren auch schon' die Zügel verwickelt. er den Kopf —

Nun verlor

nun legte er sie,

mir das W o r t zu gönnen,

statt

in die Hände

seiner Frau Gemahlin, die ihm nie von der Seite wich.

Die wirrte sie n u n , das

Gott erbarm, so aus einander, dal's mir grün und gehl vor den Augen w a r d ; denn nun wufste gewifs weder das Handpferd Th.

w. v.

Th.

11

noch das S a t t e l p f e r d , welchen S t r a n g es anziehen s o l l t e ,

und

doch

sollte

unser

eins Acht g e b e n , dafs die Räder im Gleise blieben.

Der

Teufel

und ich n i c h t !

hätte

Wenn

lenkten sie wüste.

das g e k o n n t

ich h o t t e schrie,

R i e f i c h : Vorgesehen

I h r e D u r c h l a u c h t , es k o m m t ein G r a b e n ! so waren

die Yorderpferde

denn es ging r a s c h , Blieben

schon

drin;

müssen Sie wissen.

nun die gnädigsten Herrschaften

m i t der Axe hängen oder kippten u m , so gaben sie es n i c h t keit,

ihrer

init allem Respekt

sondern

lieber

Pferden S c h u l d , diesen an

Ungeschicklichgesprochen

dem Kutscher

und

— den

zogen j e n e m an L o h n ,

Hafer ab ,

weil

der

eine

zu

d u m m , die andern zu muthig w ä r e n . W i e das ewige U m w e r f e n endlich dein W a g e n bekam,

das

Alles ward

können morsch,

Sie S i c h vorstellen. brach,

und zerrifs.

Nun trommelte man S a t t l e r Und W a g n e r , die nicht bezahlt w u r d e n , z u s a m m e n , um das Zerbrochene zu flicken und das Ge-

i63

flickte zu lakiren. Defswegen hielt es nicht eine Minute länger, als W u r m und Rost wollten. Um es kurz zu inachen, da das hohe Ehepaar, trotz der täglichen Erfahrung, sich weder rathen noch warnen liefs, und ich mich vor den fremden Kutschern , die von dieser Stallwirthschaft hörten, und davon einige mit mir zugleich in der Lehre gestanden h a t t e n , zu schämen, a n f i n g , legte ich. eines, schönen Morgens meine Striegel und Peitsche vor das Schlofsthor , machte mich mit meinem Schnurrbart'aus dem Staube, und, so viel ich weil's, liegt Perutsche. und Staatswagen noch heutiges Tages in der Reparatur. W i e es mir nachher erging, ist auch drollig. — Das lassen Sie Sich noch erzählen - — „Auf ein a n d e r m a l , " unterbrach ich u n g e r n den treuherzigen Schwätzer; aber ich durfte mich doch länger nicht vor meinem Freunde versteckt halten, der schon ein paarmal nach mir gerufen hatte.

i6/ t

—•—

E r e r w a r t e t e m i c h an einer r u n d e n T a f e l , die,

mit einem Schinken z w i s c h e n z w e i

Weingläsern b e s e t z t , w i e ein S t i l l - l e b e n von de Herem aussah. indeis

Der Hunger würzte

die mäfsige K o s t ,

u n d ich setzte

m i c h eine S t u n d e n a c h h e r g e s ä t t i g t u m vieles b e r u h i g t e r zu meinein in d e « P h a e t o n .

und

Führer

Der K u t s c h e r w a r mein

F r e u n d g e w o r d e n , die P f e r d e w a r e n erf r i s c h t , u n d gegen den W e g w a r n i c h t s einzuwenden.

S o b a l d w i r auf die H ö h e

k a m e n , sah ich T o u l o n m i t seinen T h ü r men u n d W ä l l e n h i n t e r einem Haine von Ölbäumen hervorschimmern. zog s i c h ,

Die Strafse

w i e der G a n g in einem Engli-

schen G a r t e n , tung h i n d u r c h ,

s a n f t d u r c h i h r e Beschatd i e S t r a h l e n der S o n n e

b r a c h e n sich an i h r e n Z w e i g e n , u n d die schönen Aussichten faltigkeit , w i e m e i n

n a h m e n an

Mannig-

Herz an F r o h s i n n ,

z u , je n ä h e r w i r der S t a d t k a m e n .

Desto

mehr b e f r e m d e t e m i c h die Stille des Marq u i s , u n d der E r n s t , den ich auf seinem

sonst so heitern Gesichte bemerkte, und ich weifs mir es auch jetzt noch durch nichts zu erklären, als durch die mir unbekannten Geschäfte , die ihn nöthigten, sein schönes Thal

diesen Morgen,

und

diesen Abend seinen Freund init dem Riikken anzusehen; denn sobald wir in dem silbernen Anker abgestiegen waren , kleidete er sich nur u m , übergab mich dem W i r t h e , und liefs mich in einer grofsen Stube allein. Ob wohl, dachte ich, indem er sich eiligst mit dem Wunsche einer guten Nacht von mir entfernte, die Langeweile, in der er dich da in

einein fremden Hause sitzen

läfst, auch zu deiner Nachkur soll?

und that durch den

gehören

Sinn

dieser

Frage wohl niemanden mehr Unrecht als mir selbst. Bin ich denn nicht Philosoph? bin ich nicht Dichter? höchsten Grade, schafter

genug ?

empfindsam im

und mir selbst GesellDas

kann

vielleicht

wahr, diese Hiilfsmittel können auch vor-

i66

trefflich seyn, davon ist die Rede n i c h t ; nur kann man sie, wie ich das heute schon einmal erfahren h a b e , meistens nicht so geschwind herbei schaffen, als man ihrer benöthigt ist.

Was aber ein Deutscher

zu allen Zeiten bei der Hand h a t , ist die f r u c h t b a r e Mutter so vieler Raritäten u n d Sammlungen, ist die Neigung der Seele, die man L i e b h a b e r e i er diese

nennt.

Wenn

zu befriedigen Gelegenheit fin-

d e t , ist er an jedem Orte geborgen.

Sie

macht in unserm National-Charakter unstreitig einen Hauptzug a u s , d e r , ob er schon

den

kultivirten

Klassen

anderer

Völker nicht ganz f e h l t , doch bei ihnen ungleich oberflächlicher, und lange nicht so ausgebreitet ist als bei uns.

Wer kann

die Spur dieses Naturtriebes

in

unsern

Kabinetten u n d Bibliotheken verkennen? Ohne blofs bei

dem ersten

Endzwecke

der A n h ä u f u n g litterarischer und artistischer Schätze stehen zu bleiben, hat der Deutsche gewifs immer noch ein

Lieb-

167

lingsfach nebenbei. Hier ist das gemeine Nützliche oft den unbrauchbarsten Dingen untergeordnet, sobald sie nur ein Zeichen des idealischen Werths an sich tragen, den ihnen der Sammler beilegt. Daher sucht der eine vorzüglich alte Drukke, der andere nicht sowohl Meisterstücke des Grabstichels, als Blätter, die sich manchmal nur dadurch rar gemacht haben , weil sie bei ihrer ersten Erscheinung nicht geachtet oder zu Pfefferdüten verbraucht wurden. Wird nicht oft das Bildnifs eines Feldherrn, Arztes und Fürsten, das sich-aus angeführter Ursache verlor, theurer bezahlt, als sein ganzer Nachruhm werth ist, nicht des schönen Stichs, sondern der Vollständigkeit der Sammlung wegen, in der es eine Lücke ausfüllen soll? Nur ein Deutscher kann auf den Einfall kommen, Bibliothecam Donquichobtianam anzulegen, und mit der mühseligsten und kostbarsten Beharrlichkeil di e Bücher, die der Autor des Romans

i60 d e m M u s e o seines R i t t e r s a n d i c h t e t e , w i r k lich in ein Kabinet z u v e r e i n i g e n . *) die F e s t i g k e i t , Deutschen

Geduld

konnte

und

Zeit

hinreichen,

Nur eines

den

um-

f a s s e n d e n P l a n a u s z u f ü h r e n , n i c h t allein ein

grundgelehrtes

neun

Bände

starkes

W e r k e i g e n h ä n d i g zu s c h r e i b a n , u n d i h m zu G e f a l l e n eine eigene Druckerei i n seinem H a u s e zu e r r i c h t e n , s o n d e r n , uin es sogleich

zu

dem

s e l t e n s t e n aller B ü c h e l

u n d D r u c k s c h r i f t e n z u erheben , der Zeit durch

den l i s t i g e n A u s w e g

men ,

d a v o n a b z i e h e n liefs. * * ) • *)

zuvorzukom-

dafs er n u r ein e i n z i g e s

Exemplar

Ich w i l l z w a r

Nach einem Auszug aus Bcrnoulli's Reisen im

Jahr 1777. ister Theil pag. 78. E n d l i c h sind i n dieser Bibliothek ( d e s

Generals

v o n E o r k e zu

Stargardt)

eine Menge B ü c h e r , die n u r ihrer Seltenheit wegen m e r k w ü r d i g sind u. s. w . als zum Beispiel die Bibliothek des Don Quichotte , nämlich alle Romane, w e l che nach der allgemein bekannten Geschichte dieses irrenden R i t t e r s ,

den B ü c h e r v o r r a t h desselben aus-

machten '*)

Calendarium

Romano

- Gcrmanicum

ntcd'n

nicht l ä u g n e n , dafs dieser schöne heimische » A u f b e w a h r u n g s - und trieb,

Erhaltungs-

wenn er nicht auf ein festes Ge-

hirn t r i f f t , leicht in die fixe Idee eines Wahnsinnigen ausarten kann ; aber genug, er mag sich zeigen wie er w i l l ,

dafs er

da i s t , das Herz seines Besitzers füllt und e r w ä r m t , und i h n , wie die T u g e n d , a u f allen seinen Wegen begleitet. chen ist so .klein, einen

Spiefsbürger

Kein Städt-

das nicht

mehr

einschliefst,

als

der mit

dem Scharfblick einer S p i n n e a u f B e u t e l a u e r t , die in das G e w e b e seiner Liebhaberei t a u g t ; und Du w i r s t selten ein Putzsimmer

wohlhabender Handwerker

ohne

einen G l a s - und Raritätenschrank antreff e n , auf dem P l a t z e , w o in andern Ländern ein Schlafstuhl oder s o n s t ein brauchbares Möbel steht. ae.vi

etc.

plar

unictim

manu, lenburgi

Ad.onia.vit , partim

successive 1761.

Anton prelo

impressum

W e r an Münz - MuVlric

abJLralh

suijcctum, etc.

in iX.



partim Xomos.

ExemUbera, JDil-

17°

schel - und Steinkabinetten keine Freude f i n d e t , setzt an ihre Stelle Sammlungen von Pfeifenköpfen,

Siegeln,

lets, oder Reliquien.

Yisitenbil-

Ich will keiner —

sie mag bestehen aus was

sie will —

ihren Nutzen absprechen; aber Du kennst die meinige, l i d u a r d , und ich frage Dich auf

Dein Gewissen,

giebt,

ob es w o h l viele

die ihr an Merkwürdigkeit gleich

kommen ? Jedes einzelne Stück derselben ist ein Exemplar •phum,

ein

Autogrä•

und um so viel mehr der Aufbe-

wahrung werth, omuia

unicum,

eines

weil es oft die Opera

berühmten

Mannes,

oder

doch eine momentane E m p f i n d u n g desselben , authentisch und diplomatisch darlegt, und zuweilen selbst wichtige historische Zweifel auflöst.

Dafs inir eine

solche Kollektion am Herzen liegt,

ist'

mir wohl nicht zu verdenken. Als ich in Berlin zum Thore heraus fuhr, schwebte m i r , G o t t weifs, kein anderes Bild lebhafter vor der Seele als s i e , und

i7i von allen den seltenen Gegenständen, mit denen ich h o f f t e , auf meiner Reise bekannt zu werden, waren es die b e s c h r i e b e n e n F e n s t e r s c h e i b e n , die inir am meisten in die Augen blinkten. Auch D u, mein guter Eduard — um es n u r ehrlich zu bekennen — würdest nicht so leichtes Spiel gehabt h a b e n , mich aus meiner hypochondrischen Lage zu b r i n g e n ,

wenn

nicht ins geheim meine Liebhaberei Deine beredten Vorstellungen unterstützt hätte. So wenig ein junger Botanist ohne die Ahnung,

unbekannte Pflanzen mit nach

Hause zu b r i n g e n , sich in Wildnisse wagen w ü r d e , die oft kein menschlicherFufs noch betreten h a t , so wenig w ü r d e auch i c h , ohne die höchste Wahrscheinlichkeit, ineine Sammlung sehr ansehnlich zu bereichern , von der Stelle gewichen seyn. Jetzt kann ichs sagen,

da meine heimli-

chen Wünsche über alle E r w a r t u n g gelungen sind. Um nur bei meinem heutigen glücklichen

172

F u n d stellen zu bleiben , so w a r ich noch keine zwei Minuten allein in der Stube, als meine spionirenden Blicke ihren Gang, und die Urkunden der Fensterscheiben in Untersuchung nahinen.

Ich mufste erst

eine Menge unbedeutender Maximen, elender oder schmutziger und mit einem Demant

in das Glas

eingegrabener

Verse

durchlaufen , ehe ich in dem wehmüthigen Eheu J-jigaces,

Postume,

Postume

des

Horaz auf Worte t r a f , die mich fest hielten.

Was mir aber die Scheibe erst lieb

und meiner

Sammlung würdig

w a r die Unterschrift.

machte,

Sie erregte alle

meine Empfänglichkeit, zauberte mich in vergangene glückliche Zeiten und in den Zirkel meiner würdigsten Freunde.

Jo-

hann George Sulzer, stand darunter, Toulon den 3 1 . Oktober 1 7 7 5 . —

Meine Au-

gen feuchteten sich a n , als sie diesen geliebten Namen, diese bekannte Handschrift eines verlornen Freundes erblickten, und ihnen, mit d£r Ubersicht des bemerkten

*73 J a h r e s und T a g e s , zugleich die folgenden wenigen v o r s c h w e b t e n , die , w i e ein kleiner

ermüdeter

Nachtrupp,

hinter

den

schnell voraus gelaufenen herschlichen. — „ G u t e r Mensch ! "

stand ich vor diesem

zerbrechlichen M o n u m e n t e ,

drückte

mir

gerührt meine eigenen Hände, und s e u f z t e : „Ach

du g l a u b t e s t

damals noch

nicht

deine Forderungen an das Leben schon so w e i t abgetragen

und den Abschlufs

deiner Rechnung so n a h e ; m i t dem bangen Vorgefühl

ob du gleich eines

Zwie-

f a l t e n , d e r , durch die A n n ä h e r u n g seiner Auflösung gedrückt,

noch einmal seine

schlaffen verschossenen Flügel in den Sonnenstrahlen auszudehnen v e r s u c h t ,

dem

w a r m e n Äther dieses Landes zuschwebtest. —

Aber w e l c h e L u f t ist balsamisch

g e n u g , den d u r c h den W u r m des Todes benagten

Lebenskeim w i e d e r in S a f t zu

setzen! —

O w e r hätte dir nicht gern

noch l ä n g e r den Genul's des königlichen Geschenks deiner kleinen Spreeinsel

ge-

g ö n n t , in deren duftendem Bezirke dii deine und der N a t u r Freunde

so will-

kommen w a r e n , u n d wo du — meine frohe Erinnerung

indem

seine freundli-

chen Anlagen durchstrich — unter den Gesträuchen des Auslandes n u r nicht den G i f t b a u m hättest aufnehmen sollen, sich ü b e r Gebühr

ausbreitete,

der

u n d so

•weit um sich w u r z e l t e , dafs deine geheime Sorge vor Unglück mit jedem Frühlinge z u n a h m !

Ich sehe dich noch,

welcher ängstlichen

mit

Güte du die uner-

fahrnen Kleinen abwehrtest, wenn sie unter dem Schatten seiner glänzenden Blätter ihren Spielplatz suchten.

Aber du,

ehrlicher Schweitzer, h a t t e s t ihn in der Unbefangenheit eines N a t u r f o r s c h e r s ,

in

der Herzenseinfalt gepflanzt, mit welcher der g u t m ü t h i g e Träumer Lafontaine seine schlüpfrigen E r z ä h l u n g e n ,

und —

wie

weit können uns nicht unsre zufälligen Gedanken verschlagen! — und ich noch im vergangenen Monate mein Tagebuch

175

schrieb.

Gott sei Dank, dafs die gefähr-

lichen Auswüchse desselben in der Asche liegen!

Doch ich mufs mich von dir los

reifsen, liebe Scheibe, die Zeit verschwatze,

damit ich

nicht

die mir zum Auf-

trocknen einer bessern Lebenspflanze in meinem heutigen Tage für das vivum

Herbarium

meines Eduards nöthig ist — und

damit du auch nicht mich zu einer so moralischen

Betrachtung

verleitest,

als

die von Swift über einen Besenstiel." — Ich rufte jetzt nur noch den W i r t h herein , und fragte i h n , ob er sich wohl des Mannes noch erinnere,

der

jenen

dieses Zimmer bewohnt habe. — ten Sie einen A u g e n b l i c k , " mein Kontobuch diesem

flüchtigen

nicht viel sagen.

ich darf nur

nachschlagen. —

habe ich das Blatt.

Tag

„WarHier

Ach mein Herr! von Passagier

läfst

sich

Es ist nicht der Mühe

w e r t h , was er in den paar Stunden verzehrt h a t ,

die er hier war.

Ich habe

von seinem Gekritzel auf meiner Glastafel

i7>Der

letzte Unsinn einer schwachköpfigen, sterbenden S c h w ä r m e r i n , " init Bitterkeit seine

beantwortete ich

gehäuften

duinmen

F r a g e n , „ d i e niemanden darüber zu Käthe zieht als einen D o m i n i k a n e r , kann weder Kraft bei ihren E r b e n , vor Gerichte h a b e n . " —

noch Gültigkeit ,, Um Verge-

b u n g , " wendete der W i r t h dagegen ein, „ F r a u von S a i n t a i g n a n war nichts weniger als Th. W .

eine s c h w a c h k ö p f i g e , V. Th.

war viel17

¿58 mehr eine sehr k l u g e , rechtschaffene und empfindsame D a m e ,

und das Vermögen,

über das sie Verfügung t r a f , kam von ihr her.

Ich sehe auch bei G o t t nichts un-

kluges und nicht halb so viel unbilliges in so einem T e s t a m e n t e ,

als bei einem

M a j o r a t e ; denn jenes erhält die F a m i l i e nicht allein auf Erden , sondern auch im Himmel bei A n s t h n . " —

„ Gehen Sie,

Herr W i r t h , " unterbrach ich i h n ,

„Sie

haben vorhin sehr richtig über Ihren Beruf geurtheilt: Philosophie liegt wirklich ganz aufser Ihrer Sphäre.

Gehen Sie und

schaffen Sie mir ein Glas L i m o n a d e . " — E r g i n g ; doch ehe ich mich noch im geringsten

von meinem

Schrecken

erholt

h a t t e , stand er mit seiner Bouteille und seinem

Geschwätze wieder

„ D a Sie d o c h , " sagte e r ,

vor mir.



indem er mir

einschenkte, „ e i n e Flasche Limonade nöthig h a b e n , um über das Schicksal Fräulein Klärchens Ihr Blut zu beruhigen, w i e viel werden

Sie nicht b r a u c h e n ,

wenn

Sie erst die Geschichte des Bruders erf a h r e n ! " — » I c h mag sie gar nicht wissen, Herr W i r t h .

Was so eine Seele an-

g e h t , ist mir ganz gleichgültig." —

„Das

w i l d es Ihnen nicht bleiben; lassen Sie mich nur erst erzählen. von Saintaignan

Dafs Fräulein

den Schleier annimmt,

gereicht keinem Menschen zum Nachtheile , so wenig als ihr selbst.

Ihr Herz ist

noch nicht vergeben, u n d das Kloster befreit sie von allen Nachstellungen.

Wenn

einem Manne a b e r , wie dem jungen Marq u i s , des Heilands wegen eine Braut untreu w i r d , so ist diefs w o h l ein seltneres Unglück, und unserm jungen Herrn mufs es noch viel schmerzhafter fallen,

weil

sein Schwesterchen vielleicht noch mehr Antheil daran hat als der Heiland." — Jetzt erst schenkte ich seiner Erzählung meine ganze Aufmerksamkeit. —

,>Di e

junge schöne Prinzessin von M o n t b a s s o n , " f u h r er f o r t , „ w u r d e hier unter der Aufsicht

meiner

Schwägerin

mit

Fräulein

aöo Klärchen zugleich erzogen.

Erstere war

von jeher dem Bruder bestimmt; ungeachtet gewannen

dessen

die beiden jungen

Leute einander lieb , die Zeit verging, der Tag ihrer Vermählung war schon festgesetzt,

und der Bräutigam wurde

stens

von der Armee erwartet.

nächDieser

Zwischenraum, so kurz er war, warf alles über den Haufen.

Die Freundschaft zur

Schwester stritt schon lange in dem Herzen der Prinzessin

mit der Liebe

zuin

Bruder, und, was wohl noch nie erhört i s t , sie siegte.

Die schöne Verlobte ent-

schlofs sich kurz, schrieb ihrem Bräutigam einen bethränten Abschiedsbrief, flüchtete , ehe sich meine Schwägerin dessen versah , in das Kloster,

das ihre Gespielin

gewählt hat, und erwartet dort nun schon seit acht Wochen die baldige Wiedervereinigung mit

ihr

auf Leben und Tod.

Dergleichen heldenmüthige Entschliefsungen, mein Herr, dergleichen Freundschaft, Treue und Hingebung ist nur in unserer

2 37, ihn,

dafs sein Gebet erhört

d o c h mit dem Z u s ä t z e ,

Zum Beweise,

Täuschung w ä r e ,

dafs sein G e s i c h t

z e i g t e sie s i c h dem B r u d e r

¿0 , w i e sie auf dem o b g e d a c h t c n iit.

neun davon

U. L . F . der G n a d e n i n der P r o v e n c e

h a l t e n lassen.

Der König

und

wäre,

dafs die K ö n i g i n i h r d r e i m a l

n e u n f e i e r l i c h e Messen u n d z w a r Kirche

Gott u m F r u c h t , D i e heilige Jung-

Gemälde

i n der sollte keine Fiacre

vorgestellt

die K ö n i g i n s c h i c k t e n

diesen

M ö n c h , n a c h d e m sie die N a c h r i c h t v o n j e n e r Erschein u n g aiis seinem e i g e n e n M u n d e i n die P r o v e n c e ,

um

zu

vernommen

hatten,

s e h e n , ob die heilige Jung-

f r a u w i r k l i c h daselbst so abgemalt w ä r e , w i e sie ihm, .-einem Vorgeben n a c h ,

erschienen w a r .

Z u g l e i c h er-

hielt er den A u f t r a g , w e n n es s i c h so v e r h i e l t e , n e u n

375 ist,

wie ein reicher

Gutsbesitzer unter

seinen FrÖhnern, ein überaus glücklicher Messen i n der obgedachten K i r c h e lesen z u lassen.

Es

t r a f alles m i t der B e s c h r e i b u n g , die der B r u d e r F i a c r e v o n seinem G c s i c h t c g c m a c h t h a t t e , stete,

überein,

er lei-

was i h m aufgetragen -war — u n d die K ö n i g i n

k a m am 5. September 1638 m i t L u d e w i g dem V i e r z e h n ten n i e d e r .

Sie liefs es i h r e erste Sorge seyn , der hei-

ligen J u n g f r a u

ihre D a n k b a r k e i t

zu

bezeigen,

und

s c h i c k t e den B r u d e r F i a c r e m i t einem Gemälde n a c h der K i r c l i c

17. L . F .

zur Gnade,

auf welchem

der

j u n g e P r i n z v o r der IVIutter Gottes k n i e e n d vorgestellt ist.

I n der F o l g e

m a c h t e sie eine S t i f t u n g z u sechs

M e s s e n , w e l c h e auf ewige Zeiten i n dieser K i r c h e gelesen w e r d e n

sollten.

Z u l e t z t w a l l f a h r t e sie i m J a h r

1660 m i t i h r e n beiden P r i n z e n

z u dieser K i r c h e ,

und

Ludewig

der V i e r z e h n t e w e i h e t e b e i dieser Gelegen-

heit

heiligen Jungfrau

der

sein blaues

w e l c h e s n o c h j e t z t sorgfältig

Ordensband,

dort aufgehoben wird,

so w i e er i h r a u c h i n der F o l g e seinen H c i r a t h s t r a k t a t m i t der I n f a n t i n M a r i a Theresia u n d den p y r e n ä i s c h c n Friedenssclilufs u . s. w .

prächtig

eingebunden

M a n vergleiche

damit

überschickte

n o c h die

Stellen,

die der Verfasser

des T a g e b u c h s aus dem L e b e n

heiligen

ausgezogen

führt

Fiacres

hat.

und

weiter hin

de* ange-

37

Den

W e n n D u aus

2>. F e b r u a r

der Konstellation

meines

gestrigen B l a t t e s zu bestimmen vermagst, in

welcher Gegend mein Stern

leucljtet,

so sind wir geschiedene L e u t e ; denn t r o t z Deiner S e h k r a f t konnte es unmöglich mit rechten Dingen zugehen.

Kaum bin ich

mir selbst glaubwürdig g e n u g , um meinen Standpunkt und die Ereignisse des abgelaufenen Tages l'iir w a h r zu h a l t e n ,

den

ich Dir j e d o c h so t r e u , als alle vorhergegangenen, zu entwickeln verspreche; h a b e n u r , das b i t t ' ich D i c h , Geduld m i t meiner F e d e r !

Du kennst ihre W e i s e .

Sie

rückt g e w ö h n l i c h nur mit dem Zeiger der Uhr fort, meinem schlagen,

aber vorzüglich heute d a i f in Tagelehrten u n d Kanzclrcdner.

467 Als F r a n k ' s Episteln

vordem,

trotz

ihrer

klugen

Besteller, Den W e g von T r a n k e b a r aus z u m dritten H i m m e l verkürzt. So setzt die Kost der N a t u r die Prachlgericht ? in den S c h a t t e n , U n d unsre A u g e n auch hier d u r c h gleiche W u n d e r in Draml. Zieht nicht des Vaters Geschenk Bis diesen Abend auf

Sand

Des Meers in Felsen g e z w ä n g t , zieht jener Hügel von DaUen Nicht dunkel über

den Tisch

wie Nonnen

über

ein L a n d ? Beim Dnseyn ohne G e f ü h l , ohn' alleu frohen V e r b a n d Mit Mond u n d S o n n e , m i t F r e u n d e n u n d G a l t e n , Bleibt zwar diefs a r m e G e w ü r m

in seines Lebens

Ermatten Gleich der verschleierten Schaar m i t m e i n e m Mitleid verwandt. Doch

diefsmal

kam

es zu gut d e m D r a n g

des

Hungers zu S t a t t e n , Als dafs es leibliche R u h ' in unsrer Nachbarschaft f a n d .

4ö8 Geschickt

wie

Söhne

des M a r s ,

wenn ihre f r e -

velnde Haud Novizen - Z e l l e n

erbricht,

«'brachen

und W i r bald die

Scheuen

suchten

hatten

erreicht, den

wir,

und

keine

über

Rand

Des Munds g e s c h w e n k e t , die nicht die letzte Probe bestand. W a s gleicht d e m Meer w i e

die W e l t !

lebenden

In j e d e m

Tropfen

D e r Austern schien so v e r g n ü g t , als sie die G u r g e l verschlang , .Ein Herz *),

ein weibliches

Herz,

das m i t

der

Schale noch r a n g , Statt sich zu sperren,

der Hand sogleich entgegen zu klopfen,

D e r , i m Gedränge d a r n a c h , die K u n s t des Vorgriffs gelang. *) In der herrlichen Sammlung anatomischer Präparate des Hrn. CruÜLshaiik z u L o n d o n befindet sich eine wohlgerathene injicirte A u s t e r , Herz dieses Tlücres z u sehen ist. istes Gändchen S. 243.

i n welcher das

S. Schillers Briefe

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