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German Pages 272 [276] Year 1994
Linguistische Arbeiten
315
Herausgegeben von Hans Altmann, Peter Blumenthal, Herbert E. Brekle, Gerhard Heibig, Jürgen Heringer, Heinz Vater und Richard Wiese
Zur Satzwertigkeit von Infinitiven und Small Clauses Herausgegeben von Anita Steube und Gerhild Zybatow
Max Niemeyer Verlag Tübingen 1994
Dem 70. Geburtstag von Rudolf Rüz&ika gewidmet.
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Zur Satzwertigkclt von Infinitiven und Small clauses / hrsg. von Anita Steube und Gerhild Zybatow. -Tübingen: Niemeyer,1994 (Linguistische Arbeiten; 315) NE: Steube, Anita [Hrsg.]; GT ISBN 3-484-30315-8
ISSN 0344-6727
© Max Niemeyer Verlag GmbH & Co. KG, Tübingen 1994 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschlitzt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere fUr Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Druck: Weihert-Druck GmbH, Darmstadt Einband: Hugo Nadele, Nehren
Inhalt
Anita Steube, GerhildZybatow
Vorwort
Rudolf Ruzicka
Gegen die Aufgabe von PRO
13
Peter Suchsland
„Äußere " und „ innere " Aspekle von Infiniteinbettungen im Deutschen
19
Günther Grewendorf
Kohärente Infinitive und Inkorporation
31
Werner Abraham
Infinitivergänzungen
51
Hubert Haider
Fakultativ kohärente Infinitivkonstruktionen im Deutschen
75
Uwe Junghanns
5
Satz und doch nicht Satz: über die (doppelte) Einbettung finaler Infinitive des Russischen
107
Infinitive, kleine und große Pros und (in)kohärente Konstruktionen im Russischen
141
Wann man angeblich soll das finite Verb voranstellen müssen
755
Claudia Maria Schmidt
Verbinversion als kurze Verbbewegung
173
Chris Wilder
Small Clauses im Englischen und in der GB-Theorie
279
Anita Steube
Syntaktische und semantische Eigenschaften sekundärer Prädikationen
243
Das Für und Wider der Satzartigkeit fragmentarischer Ausdrücke
265
Gerhild Zybatow Brigitta Hafika
Kerstin Schwabe
Die Einreichung der Manuskripte bei den Herausgebern erfolgte im Jahre 1991.
Vorwort Die Beiträge dieses Sammelbandes sind aus Vorträgen auf einer Arbeitstagung entstanden, die am 10. und 11. Januar 1991 anläßlich des 70. Geburtstages von Rudolf Ruziika in Leipzig veranstaltet wurde und den Titel „Für oder wider die Satzwertigkeit von Infinitiven, Partizipialkonstruktionen, Gerundien und Small Clauses" trug. Der Band enthält nur die Artikel zur Infinitivproblematik und zu Small Clauses sowie einen Beitrag, der diskutiert, ob fragmentarische Ausdrücke überhaupt im Rahmen einer Satzgrammatik beschrieben werden sollen. Über die Satzwertigkeit von Konstruktionen ist sinnvoll nur im Rahmen einer Theorie zu diskutieren oderim Vergleich des Herangehens unterschiedlicher Theorien. Ein Problem, mitdemsich alle heute relevanten Grammatiktheorien auseinandersetzen müssen, ist das Verhältnis von explizit versus nur implizit ausgedrückter Inhalte: Bei Infinitiven z.B. wird mitverstanden, was das „Subjekt" des Infinitivs ist, es gibt aber oft keine Kategorie mit overter Repräsentation in dieser Funktion. Der theoretische Rahmen dieses Bandes ist die Rektions-Bindungs-Theorie, wie von Noam Chomsky und seinen Anhängern in den Etappen seit „Lectures on Government and Binding" 1981, ,3aniers" 1986 und „Some Notes on Economy of Derivation and Representation" 1989 mit noch anhaltender Diskussion entwickelt worden ist. Der Redaktionsschluß für den Band lag im Frühjahr 1992. Diese generative Transformationsgrammatik arbeitet mit unterschiedlichen Typen leerer Kategorien für in Sätzen nur implizit ausgedrückte Inhalte. Der Band spiegelt das Für und Wider solcher leerer Kategorien im Rahmen der Konsistenz der Theorie und folgt der Entwicklung des theoretischen Denkens, das die Existenz leerer Kategorien universalgrammatischen Bedingungen unterwirft und die Derivationen so ökonomisch wie möglich gestalten will. Er sucht im Anschluß an die empirischen Befunden von Hubert Haider 1986 nach weiteren Kriterien dafür, was in einer Sprache wie Deutsch oder Russisch ein Satz (CP), eine Clause (IP) oder ein Verbalkomplex ist und findet im Rahmen der Theorie neue Erklärungswege für Infinitive und Small Clauses, die zunehmend auch die Funktion morphologischer Kategorien für das Wirken syntaktischer Regeln einbeziehen. Rudolf Ruzidka demonstriert, daß die Annahme leerer Kategorien in der Grammatiktheorie sorgfältiger innertheoretischer syntaktischer Legitimation bedarf. N. Chomsky arbeitet mit vier solcher leeren Kategorien, von denen sich R. Rüziöka mit dem am meisten hinterfragten PRO (ausgezeichnet durch die Merkmale [+pronominal], [+anaphorisch]) beschäftigt. Semantisch sind diese Kategorien durch mitverstandene referentielle Beziehungen zwischen den Denotaten, die in komplexen Sätzen oder Satzfolgen ausgedrückt werden, durchaus „sichtbar". Da aber andere formalisierte Syntaxen (fast) ohne leere Kategorien auskommen, muß deren Annahme syntaktisch erklärende Evidenz haben. R. Rüzic'ka findet sie im Zusammenspiel von PRO und Hebungsspur, PRO und pro in den sog. Nullsubjekt-und/oder Nullobjektsprachen wie Russisch,inPROals Binderfür anaphorische Reflexivpronomen und in den Gleichheits-/Verschiedenheitsvoraussetzungen für die kontrollierende Nominalphrase und das von ihr kontrollierte leere PRO, die von Matrixverben unterschiedlicher Kontrollkonstruktionen verlangt werden. Der Aufeinanderbezug der leeren Kategorien macht deutlich, daß der mit ihnen verbundene technische Aufwand durch beträchtlich erhöhte Generalisierbarkeit syntaktischer Beziehungen mehr als ausgeglichen wird (vgl. auch G. Zybatow, in diesem Band). Für Peter Suchsland sind „Infinitive, was sie nicht scheinen: Sätze mit einer bestimmten Art des (leeren oder akkusativischen - A. St.) Subjekts". Damit schließt er sich den klassischen Aussagen von N. Chomsky und Anhängern 1981 und 1986 an. In der Beschränkung auf Infinitiveinbettungen mit Komplementstatus erfolgt die bekannte Einteilung der Matrixverben in Kontroll-, Hebungs- undECM (exceptional case marking)-Verben, die im abhängigen Infinitiv die Subjektfunktion durch PRO, Spur oder durch eine mit Akkusativ ausgezeichnete NP haben.
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Anita Steube, Gerhild Zybatow
P. Suchsland zählt zu den „äußeren Aspekten" von Infinitivkomplementen, daß Kontrollverben im Perfekt auftreten können, Hebungsverben nicht - auch dann nicht, wenn ein Verb auf beide Arten konstruiert werden kann: Die Schwiegermutter hat gedroht uns zu besuchen (Kontrolle) *Die Schwiegermutter hat gedroht uns zu besuchen (Hebung). Das läßt sich auf die Verwendungsvarianten von Modalverben ausdehnen. P. Suchsland führt diese Beobachtung auf das ECP zurück: das Partizip II verliert die Fähigkeit, in die Subjektposition des Infinitivs hineinzuregieren und Kasus zuzuweisen - eine Analogie zur Passivbehandlung bei Chomsky 1986 (Vgl. auch die Beiträge von W. Abraham, H. Haider in diesem Band.). Wie P. Suchsland jedoch in den anschließend erörterten „inneren Aspekten" von Infinitivkomplementen ausführt, die in Abhängigkeit vom Matrixverb entweder perfekt- oder passivfähig sind oder nicht, so sind auch die „äußeren" Aspekte hinsichtlich der Semantik des Matrixverbs weiter unter die Lupe zu nehmen: die Kontrollverben drohen, versprechen sind Verben des Sagens mit Sprechmomentsbezug des Sagens und futurischem Bezug des intendierten Sachverhalts. Die Hebungsverben drohen,versprechen haben nur den futurischen Bezug des vermeintlich eintretenden Sachverhalts. Diese Sätze gibt es bei futurischer Verbform nur mit hypothetischer Einstellung, und eine Negation nicht mehr (?Es droht nicht mehr zu regnen) mit Sprechmomentsbezug von drohen ist ebenfalls fraglich, was weitere semantische Untersuchungen dazu nötig macht. Es bleibt aber die Feststellung des Autors, daß die zahlreichen Studien zu Infinitivkonstruktionen Fragen offen gelassen haben. Günther Grewendorf zieht auch eine grammatische Analyse vor, die den unterschiedlichen Infinitivkonstruktionen nicht unterschiedliche Strukturen zuweist (inkohärente z.B. als CPs, kohärente als IPs oder auch monosententiell analysiert), sondern eine gemeinsame zugrundeliegende Struktur annimmt und die Unterschiede aus unabhängigen Prinzipien ableitet. Die in diesem Band von ihm angenommene zugrundeliegende Struktur ist eine CP nach dem Muster von Pollock 1989 und Chomsky 1989 sowie Ouhalla 1990 (vgl. auch C.M. Schmidt, in diesem Band). Die Zuweisung des strukturellen Kasus an das Subjekt der AcI-Konstruktion erfolgt in der Spec-AGR-O-Phrase unter Spec-Kopf-Kongruenz. Zur Beseitigung der CP-Bamere wandert das eingebettete Verb über die funktionalen Köpfein Cund wird dann in das Matrixverb inkorporiert. Damit ist die Verbkomplexbildung erreicht. Diese Strukturanalyse trägt sowohl den Reihenfolgebeziehungen in AcI-Sätzen als auch den w-Extraktions- und Topikalisierungsdaten Rechnung. Werner Abraham versucht, Theorien Kosters, den Besten/Rüttens u.a. über das Niederländische auf die Lösung der Probleme mit deutschen Infinitiven anzuwenden. Er schließt sich weder der Position an, alle Infinitvergänzungen als bisententiell zu betrachten, noch will er lexikalisch induzierte Verbkomplexe in der Basis generieren, wobei dort dann auf Verbanhebungs- und Ableitungsmechanismen verzichtet werden kann. Für Abraham sind manche nm...zM-Infinitive CPs: Sie hat alles für ihn getan [cp um singen zu können] weil COMP einer syntaktischen Einheit die Kasusfähigkeit und damit die Position links vom Verb nimmt. (Um kann aber auch als Präposition auftreten.) Zu-lose Infinitive erscheinen in kanonischen Kasuspositionen (links vom Verb) und werden als NPs kategoriesiert. Die eigentlichen Problemfälle für W. Abraham sind die satzartigen zw-Infinitive. Die Funktion von zu
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wird darin gesehen, abstrakten Kasus am Verb zu markieren: den Nominativ beim intransitiven und den Akkusativ beim transitiven Verb. Da zu AGENS ausdrückt, muß seine Lexikalisierung blockiert sein (vgl. auch C.M. Schmidt in diesem Band). Zu-Infinitive bei Hebungs- und Kontrollverben haben IP-Status. daß er. t. hofft [v PRO. sie besuchen zu können]^ Die Infinitivergänzung ist extraponiert. Die Spur wird vom Kontrollverb linksregiert. Daß Hebungsverben unter ähnlichen Bedingungen falsche Sätze erzeugen, liegt nach W. Abraham daran, daß diese Verben die Spur zwar regieren aber nicht -selegieren. *daßer t scheintflpt sie zu besuchen]. Eine Voranstellung von NP aus der Infinitivergänzung erfolgt durch scrambling: daßer Peter, versucht [PRO t das Buch zu geben]. W. Abraham verteidigt diesen Lösungsweg gegen H. Haider 1986. Hubert Haider befaßt sich mit fakultativ kohärenten Infinitivkonstruktionen im Deutschen. Nur die Kontrollverben lassen kohärente neben inkohärenten Infinitiven zu. Da in der kohärenten Konstruktion der Infinitiv das direkte Objekt vertritt, sind es die Subjektkontrollverben, die keine satzwertigen Infinitivkomplemente haben. Und die kohärenten Konstruktionen sind es, die Kasuskonversion aufweisen (vgl. langes Passiv): ?Zu reparieren versucht wurde der Wagen schon lange. Kasuskonversion kommt aber auch im einfachen Satz mit ergativem Prädikat vor. ?Zu entziffern gelungen ist mir der Brief auf Anhieb. Der Akkusativ ist in beiden Fällen völlig unakzeptabel. Diese neu entdeckten Fakten machen H. Haider im Gegensatz zu G. Grewendorf sicher, daß eine derivationelle Beziehung zwischen kohärenten und inkohärenten Konstruktionen kein geeigneter Lösungsvorschlag ist. Sein Fazit: Immer, wenn Akkusativzuweisung mangels externem Argument ausgeschlossen ist, tritt Kasuskonversion ein. Beim langen Passiv erfolgt eine Externalisierung des internen Arguments der vereinigten Argumentstruktur. H. Haider will die Vereinigung der Argumentstruktur nicht durch einen lexikalistischen Prozeß erreichen. Voraussetzung für die syntaktische Lösung ist die Annahme einer komplexen Projektionsbasis, mit der Voraussetzung, daß die Projektion nicht vom lexikalischen Element, sondern von ihrem Kopf bestimmt wird. Die Unifizierung der Argumentstruktur geschieht durch funktionale Komposition (vgl. auch A. Steube und G. Zybatow in diesem Band). Die Lösung entspricht dem Projektionsprinzip, dem -Kriterium, ist deskriptiv und explanativ adäquat, und es wird auch die derivationell ökonomischere Struktur projiziert. Uwe Junghanns beschäftigt sich mit dem Problem der Satzwertigkeitrussischer finaler Infinitive. Satzwertig sind für ihn CPs im Sinne von N. Chomsky 1986. Dafür spricht vor allem, daß sich diese Strukturen durch satzmodifizierende Adverbiale modifizieren lassen, durch die Konjunktion ttoby eingeleitet sein können und daß, wenn die Konjunktion (als Kasuszuweiser) präsent ist, das sonst leere (PRO-)Subjekt auch durch eine dativische DP vertreten sein kann.
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Anita Steube, Gerhild Zybatow
Weil sich die finalen Infinitive aber auch mit finalen finiten Sätzen und mit PP koordinieren lassen, und weil Extraktion aus dem finalen Infinitiv heraus möglich ist, ist über den CP-Status des eingebetteten infinitivischen Satzes weiter nachzudenken. U. Junghanns findet die folgende Lösung: Finale russische Infinitive sind PP der Struktur [ 0[ [
i ]]]]].
Der lizensierende P-Kopf ist immer leer, das empty category principle gestattet aber, das Merkmal [+ Ziel] am overten oder nicht-overten C zu realisieren, wodurch die CP L-markiert ist, ihren BarrierenStatus verliert und eine Extraktion nur über eine (modifizierende) PP-Grenze hinweg erfolgen muß. Wenn der gefüllte/leere C-Kopf allerdings nur merkmallos als Nebensatzrelator auftritt, istdieCP nicht L-markiert, was CP als Barriere erhält und Extraktion aus dem infiniten Satz heraus verbietet. Infinite russische Finalsätze wären dann CPs als Teile von Präpositional-/Adverbialphrasen, mit denen sie ja auch koordiniert werden können. Es wird ausführlich argumentiert, warum der finale Infinitiv nicht VP oder IP sein kann und wann nichtfinale Infinitive die Satzwertigkeit verlieren. Gerhild Zybatow beschäftigt sich mit den in russischen Grammatiken bis heute konträr analysierten Infinitiven in Abhängigkeit 1. von wertenden Adjektiven Nizko pol'sovat'sja slabost'ju starogo öeloveka bzw. 2. von Modalprädikativen: Tom mozno bylo kurit'. Im ersten Fall handelt es sich um Subjektsätze, unabhängig von deren Wortstellung. Bei Extraposition tritt das Expletivum e'to ein oder argumentales/7ro. Das Subjekt des Infinitivs ist kontrolliertes PRO, das das Merkmal [+menschlich] haben muß. Erlaubt das wertende Adjektiv ein internes Argument als Dativ-NP, ist sie der Kontrolleur, sonst tritt arbiträre Kontrolle ein. Es spricht also alles dafür, daß diese Infinitive CPs sind, während von Modalprädikativen abhängige Infinitive von G. Zybatow mit folgender Begründung als kohärent klassifiziert werden müssen: - die Präterital-/Futurbildung der Modalprädikative durch die Kopula ist enklitisch und schwachtonig: *Tam bylo mozno kurit'. - Expletives e'to kann nicht eingesetzt werden. - die Negation hat Skopus über den ganzen Satz. Während in der Semantischen Form der Konstruktionen des Typs l der Infinitivsatz das externe Argument des weitenden Adjektivs mittels Lambdakonversion ersetzt, werden in Konstruktionen des Typs 2 die Thetarrollen des eingebetteten Verbs per funktionale Komposition dem Modalprädikativ vererbt (vgl. H. Haider, in diesem Band). Es ist also auch im Russischen - unter Berücksichtigung aller Besonderheiten - ratsam, die Satzwertigkeit der Infinitive zu hinterfragen.
Vorwort
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Brigitte Haftka untersucht die Stellung des finiten Verbs und der in der D-Struktur schrittweise nach links regierten infiniten Verben in deutschen Verbprojektionen ohne zu. Wenn also bei P. Suchsland (in diesem Band) finites soll unter die Kontrollverben gerechnet wird, was bedeutet, daß es einen Satz (CP) einbettet, so weist B. Haftka durch die Bildung von kohärenten Verbkomplexen V° jede Möglichkeit für satzartige Komplemente zurück. D-Struktur:
daß [w man [yl das finite Verb [VO[VO[VO voranstellen] [„, müssen]]^ soll]]]] Das Subjekt wild bei Haftka im Spec-VP basisgeneriert, um in die Topikposition Spec-IP bewegt werden zu können. Für die Verschiebung des finiten Verbs gilt die Head Movement Constraint: X° ist nurineine lexikalisch leere Y°-Position zu bewegen,diedie head-Position X° streng regiert. Ein solches lexikalisch leeres Y° ist in VP nicht vorhanden. B. Haftka findet in ihrem Beitrag die Lösung, das finite Verb am Ort stehen zu lassen, das infinite V°-Komplement aber rechts an das finite V° zu adjungieren: S-Struktur daß man das finite Verb wird voranstellen müssen. wobei die Spur des infiniten Verbkomplexes antezedensregiert wird. Innerhalb des infiniten Verbkomplexes regiert weiterhin jeder Infinitiv sein Komplement (nach links). Enhält der V°-Komplex haben und den Ersatzinfinitiv, S-Struktur: daß man das finite Verb wird haben voranstellen müssen wird der V-Komplex [yo voranstellen müssen] durch eine zweite Rechtsadjunktion an die antezedensregierbare V°-Position adjungiert. Bei Umstellungen wie S-Struktun
daßman[vi [^ wird] [^ [v, das fin. Verb [^ [yo voranstellen] [^ müssen]]]]] haben wir dagegen keinen kohärenten V-Komplex vor uns, sondern ein infinites Verbalphrasenkomplement im Sinne der X-Theorie. Es wird vorgeschlagen, diese maximalen V-Projektionen aus Rektionsgründenrechts an V1 zu adjungieren, wofürauch Intonationsunterschiede zu rechtsadjungierten Infinitivphrasen mit zu als Begründung angeführt werden können. Claudia Maria Schmidt schreibt ihren Beitrag in direkter Auseinandersetzung mit einer Lösung durch S-strukturelle Verbkomplexbildung und Extraposition wie bei B. Haftka. Sie möchte nicht unterschiedliche Erklärungsweisen bemühen in Abhängiggkeit davon, ob dem invertierten finiten Verb nichtverbale Elemente folgen können oder nicht. Die VP-Hebung widerspreche außerdem dem Principle of Unambiguous Binding (nach Müller/Sternefeld 1990 und 1992). C.M. Schmidt sucht ihre Erklärung in der kurzen Verbbewegung: Sie splittet INFL wie bei Pollock 1989 und Chomsky 1989 in drei funktionale Köpfe (vgl. auch G. Grewendorf, in diesem Band). Wenn sich die Subjektsnominalphrase in Spec-AGR-S, die Objektsnominalphrase in Spec-AGR-O bewegt, entsteht genau die richtige Reihenfolge:
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Anita Steube, Gerhild Zybatow
daß er das Buch nicht hat lesen können Die kurze Verbbewegung ist dem parametrisierbaren D-strukturellen Gehalt der einschlägigen funktionalen Köpfe, dem ECP und dem Ökonomieprinzip verpflichtet. C.M. Schmidt führt zuerst vor, wie in dieser Theorie die Verbzweitstellung des Deutschen erreicht wird: das Verb muß in der S-Struktur den höchsten INFL-Kopf (AGR-S) erreichen und auf LF in ein affixales C inkorporiert werden (weil C im Deutschen TENSE-Merkmale hat), wobei die Spur von AGR-S tilgbar ist. Die kurze Verbbewegung ist nach C.M. Schmidts Beobachtungen an die Bedingungen des infinitivischen Verbs, des 1. Status und des Vorhandenseins der übergeordneten Verben haben, werden und z.T. der Modalverben gebunden. Status wird von funktionalen Kategorien zugewiesen: Zuweiser für Status l ist T. Wenn die reguläre Statuszuweisung unter Rektion an die D-strukturelle Position nicht möglich ist, tritt u.a. die kurze Verbbewegung als Ausgleich ein: Die Zuweisung in situ ist nicht möglich bei Verben im 1. Status, die selbst l. Status zuweisen. Genau für diese ist die kurze Verbbewegung überhaupt möglich. Weitere spezifizierende Zusätze wurden ausgeführt. Besonders wichtig ist, daß die Parametrisierung in den funktionalen Köpfen das unterschiedliche Bewegungsverhalten in den Sprachen erklärbar macht. Chris Wilder und Anita Steube hefern die beiden Beiträge zu Small Clauses, zum einen für das Englische, zum anderen für das Deutsche. Für Chris Wilder haben Small Clauses propositionalen Charakter, ohne CPs zu sein. Sie enthalten auf jeden Fall eine Subjektposition, sowohl in Komplement- als auch in Adjunktfunktion. Dafür sprechen nach C. Wilder: Die Bindung von Reflexivpronomen innerhalb der SC durch das Element in Subjektsposition und die Bindung der NP-Spuren durch Antezedenten in Ä-Postion (eine Forderung, die das SC-Subjekt als Spezifizierer der Prädikativ-XP auf jeden Fall erfüllt). Um die Schwierigkeiten in bezug auf die -Theorie zu beseitigen, schlägt C. Wilder vor, die Prädikations- und die -Relation völlig zu trennen und die -Theorie so strikt wie in N. Chomsky 1981 beizubehalten. Für Sätze wie John met her angry sieht das wie folgt aus: Prädikationsrelation John [met her] [ ^ -Zuweisg.
PRO
[Aangry]]
-Zuweisg.
Die ganze AP prädiziert sekundär über das - in dem Falle - Objektsargument und dient letztlich nur der Kontrolle des leeren SC-Subjekts PRO. Diese Prädikatsbeziehung unterzieht C. Wilder einer Lokalitätsbedingung: „Eine NP kann als Subjekt einer Prädikatsphrase XP fungieren, falls die erste maximale Projektion, die NP inkludiert, XP nicht inkludiert." Die Konsequenzen für Small ClauseAnalysen werden an ihren Strukturen im Unterschied zu NP- und VP-Adjunkten getestet. Vom Strukturschema her, dem Small Clauses genügen, erfährt der Begriff also eine Einengung seiner landläufig etwas unpräzisen Verwendung. Über die Zuordnung der von C. Wilder genauer unter die Lupe genommenen Resultativ- und Existentialsätze des Englischen zu diesem Strukturschema gibt schon das Abstrakt hinlänglich Auskunft. Auf eine unterschiedliche Verwendung der Bezeichnung „sekundäres Prädikat" in den Beiträgen von A. Steube und C. Wilder soll noch hingewiesen werden: Bei A. Steube, die im Gegensatz zu C. Wilder auch SC-Verbalkomplexe zuläßt, ist „sekundäres Prädikat" die Benennung dieser nicht-
Vorwort
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clause-artigen Teilkonstruktionen. C. Wilder versteht unter sekundärem Prädikat - in Abgrenzung vom konfigurationell eingeschränkteren Small Clauses-Begriff- Adjunkte an VP und rechte Adjunkte an NP. Ergebnis des Beitrages von Anita Steube ist auch, daß Small Clauses im Deutschen keine Sätze im Sinne von CP sind. Das ergeben die von H. Haider 1986 erprobten Tests. Small Clauses z.B. nach Einstellungsverben wie wähnen, glauben, haltenfür..." sind jedoch D?: Zwei Satzadverbien (temporale, kausale) oder zwei Einstellungsadverbien bilden nicht wie in Simplexsätzen notwendig Modifikationsketten voneinander, sondern beziehen sich auf unterschiedliche Satzteile (Matrixsatz und Small Clause). Konstruktionen mit Small Clause-Charakter wieXP unreifessen.XP krankschreiben etc. sind dagegen Verbalkomplexe, einige davon sind sogar zu einem Wort verschmolzen: XP totschlagen, sich bereiterklären. Die meisten der deutschen Matrixverben, die eine Small Clause erlauben, sind transitiv. Für die wenigen intransitiven Verben mit SC stellt eine Lexikonregel beide Vorkommensweisen zueinander in Beziehung, so daß z.B. für XP schwindlig reden in der Syntax keine Zusatzregel entsteht: die SC ist subkategorisiert wie nach transitiven Verben. Sowohl für subkategorisierte wie für die den Matrixsatz modifizierenden Small Clauses werden syntaktische und semantische Beschreibungen vorgeführt. Es ist der Vorteil einer modular abgestimmten syntaktisch-semantischen Beschreibung, daß das Matrixverb in seiner semantischen Form eine Leerstelle aufweist, in die die Semantische Form des sekundären Prädikats eingefügt werden kann, womit gleichzeitig die Vorschrift ausgedrückt ist, über welches Argument dieses Prädikat zu prädizieren hat (vgl. auch H. Haider und G. Zybatow, in diesem Band). Die Semantische Form löst somit in Ergänzung der syntaktischen Beschreibung genau die Aufgaben, die E.S. Williams 1980 durch seinen Indexierungssmechanismus der Syntax zusätzlich aufbürden wollte. K. Schwabe beschränkt sich auf Sätze, die nicht nur durch grammatische Regeln, sondern mit Bezug auf den Kontext interpretierbar sind, wobei jedoch semantische Unbestimmtheit bleibt:
Schnell ein Glas Wasser! Die Bedeutungsstruktur dieser fragmentarischen Ausdrücke basiert auf grammatisch induzierter Strukturbildung einerseits und andererseits auf grammatischen Regeln, die auf den sprachlichen und außersprachlichen Kontext Bezug nehmen. K. Schwabe begründet, daß fragmentarische Ausdrücke trotzdem Sätze sind und zwar CP: Es müssen z.B. die Kasus- und Bindungstheorie gelten, wh-Bewegungen in Spec-CP erfolgen, die Intonation läßt den Satzmodus rekonstruieren und auf die C°-Besetzung schließen. Es dürfen aber nur so viel leere Kategorien angenommen werden, als sprachlich induziert sind. Wenn das auch auf das Startsymbol der Grammatik angewandt wird, kann ein fragmentarischer Ausdruck mit entsprechend semantischer Unbestimmtheit allerdings auch z.B. eine VP sein. In jedem Fall ist eine gesonderte Ellipsengrammatik nicht nur entbehrlich, sondern weniger erklärungsadäquat. Es ist eines der wichtigsten Ziele dieses Sammelbandes, die Argumente für die unterschiedlichen D-Strukturen von vergleichbaren Infinitivkonstruktionen und/oder ihre unterschiedlichen Derivationsvorschläge nebeneinander zu stellen. Die Autoren und Herausgeber haben Wert darauf gelegt, jeweils die Kriterien für oder gegen eine Entscheidung über Satzwertigkeit offenzulegen. Damit ist eine Grundlage gegeben für weitergehende Diskussionen auch im Rahmen der nach 1991 weiterentwickelten Theorie. Das Erscheinen des Sammelbandes hat sich verzögert. Es brauchen nur die oben erwähnten Jahreszahlen in den Blick genommen zu werden, und man wird wissen, daß diese
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Anita Sieube, Gerhild Zybatow
Zeit neben Lehre und Forschung ein Höchstmaß an Engagement für die Hochschulemeuerung erfordert hat. Deshalb unser Dank an die Geduld der Autoren, an die verständnisvollen Herausgeber der Reihe und in besonderer Weise an diejenigen, die die technische Herstellung des Druckmanuskriptes übernommen haben, insbesondere Uta Schubert und die Kolleginnen und Kollegen des Leipziger Universitätsverlages. Anita Steube
1990 hat Anita Steube in Linguistische Studien, Reihe A, Arbeitsberichte Nr. 206, Berlin das diesem Band thematisch ähnliche Konferenzmaterial „Syntaktische Repräsentationen mit leeren Kategorien oder Proformen und ihre semantischen Interpretationen" herausgegeben. Nach dem Erscheinen wurde ihr von Gereon Müller angezeigt, daß große Teile des Aufsatzes „*[that-trace]-Effekte und die formale Lizensierung von pro-Subjekten im Russischen (Zur Analyse leerer Subjekte in der RektionsBindungs-Theorie)", den Peter Kosta beigetragen hatte, teilweise wörtlich und teil weise in zusammenfassender Form auf die Hausarbeit von Gereon Müller (zum Seminar von Dr. Peter Kosta, „Transformationstypen des Russischen", Wintersemester 1987/88) zurückgehen, wovon sie sich überzeugt hat. Das konnte vom Herausgeber beim damaligen Informationsstand über die deutsche Hochschullandschaft kaum vermieden werden, wird aber sehr bedauert. Gleichzeitig entschuldigt sich Peter Kosta mit folgender, am 19.11.92 abgegebenen Erklärung: Der Artikel „that-trace-Effekte und die formale Lizensierung von pro-Subjekten im Russischen (Zur Analyse. ..)",derunterdem Verfasser Peter Kosta erschienen ist, wurde in vielen Teilen in theoretischer Hinsicht von der Seminararbeit von Herrn Gereon Müller, M. A., beeinflußt. Der ursprüngliche Plan, diesen Artikel unter dem Namen beider Autoren zu verfassen, mußte aus verschiedenen Gründen fallengelassen werden. Der Autor Peter Kosta bedauert, den Namen von Herrn Gereon Müller damals nicht in einer zusätzlichen Anmerkung erwähnt zu haben und entschuldigt sich in aller Öffentlichkeit bei Herrn Gereon Müller für diese Unachtsamkeit. Er beabsichtigte keineswegs, den Anteil von Herrn Müller zu verschweigen, was aus der Tatsache resultiert, daß die Seminararbeit von Herrn Müller „Zur Analyse subjektloser Konstruktionen in der Rektions-Bindungs-Theorie: That-t-Effekte uznd proLizensierung im Russischen" (Mskr. Universität Frankfurt am Main 1988) an mehreren Stellen des Artikels und in der Literatur (S. 47) erscheint.
Rudolf RüäCka Gegen die Aufgabe von PRO
In this article I try to argue in favour of the necessary postulation and syntactic representation of the type of empty category which is usually symbolized PRO. The strength of the arguments is thought to result from showing the dependence of rather uncontroversial and well-known syntactic assumptions and operations on the syntactic appearance andvisibility of PRO. Control, Raising, -Binding, LongDistance-Binding and Reciprocity are the syntactic notions I rely on. 1. Der leichte Griff zu nicht overten Kategorien, zu syntaktisch aber nicht phonetisch anwesenden, wederhör- noch sichtbaren Elementen, die in den Repräsentationen der drei syntaktischen Ebenen, der D-, S-, und LF-Struktur auftauchen, wenn auch nicht in mechanischen Abbildungen aufeinander, diese hypothetische Entscheidung lädt der theoretischen Grammatik schwere Verantwortung auf. Solche Anwesenheit, die als syntaktische Repräsentation postuliert aber nicht unmittelbar evident gemacht werden kann, muß sorgfältig legitimiert werden. Die leere Kategorie, um deren theoretische Existenz es hier geht, wird mit dem Symbol PRO in der modernen Grammatikdiskussion in der Nachfolge von „Government and Binding" symbolisch geführt. Im Rahmen derKontrolltheorieistPROdaskontrollierteSubjekt eines nichtfiniten Komplementoder Adjunktsatzes. Der,.Kontrolleur" kann nicht ein Glied oder Element derselben Kette sein. PRO ist „chain-breaking" bezüglich seines Kontrolleurs (Antezedens). Das Problem der Postulierung von PRO ist in der Semantik weniger kritisch als in der Syntax. Auf der semantischen Ebene geht es im besonderen um die Interpretation bestimmter überwiegend prädikativer Konstituenten, die kein offenes Subjekt-(argument) haben und von denen man deshalb annehmen kann, daß sie propositional aber auch attributiv sein könnten. Im letzteren Falle, hält man sie also für Ausdrücke von Eigenschaften, haben sie kein Subjekt, keine freie Variable. Hält man sie aber für propositional, dann haben sie ein „mitverstandenes" Subjekt, sind also propositionale Funktionen mit einer freien Subjekt-Variablen. Higginbotham (1985:485) betrachtet zwar diese Alternative der theoretischen Interpretation für eine radikale Vereinfachung komplexerer Probleme der Semantik von Verben und Satz-Konstituenten, doch scheint die folgende Argumentation kaum der Gefahr einer Vereinfachung ausgesetzt. 2. Die Annahme leerer Kategorien ist essentiell für Chomskys Theorieverständnis (vgl. Chomsky 1981:55 ff.). Sie folgt aus seinem .Projektionsprinzip", dem einfachen, nicht erst aus dem erweiterten, dem „aristotelischen", und dem Theta-Kriterium. Leere NP-Kategorien sind in Chomskys Theorie ohne Frage ein konzeptuelles wie formales Kernstück, und sie sind mit den möglichen WerteKombinationen der beiden Merkmale „anaphorisch" und „pronominal" (vgl. Chomsky 1982:78) so einfach wie möglich charakterisiert worden: Vier leere NP-Kategorien durch die vier möglichen Werte-Kombinationen. Besondere Angriffsflächen hat die Konjunktion der beiden positiven Werte [+pronominal] [+anaphorisch] geboten, mit der das in Großbuchstaben gehaltene PRO erfaßt werden will. Bouchard (1985:471) weicht von dieser Position ab und nimmt an, daß „... PRO is either a pronominal or an anaphor, but never both at the same time." Der Harmonisierung des PRO-Status mit der Bindungstheorie, die Chomsky erreichen wollte, indem er PRO dem PRO-Theorem „PRO is ungoverned" und
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Rudolf R&itka
dem „possibly stronger principle that PRO lacks a governing category" (Chomsky 1981:60; 221) unterwarf, hat Kayne (1991:679) den Vorschlag entgegengesetzt „AU controlled PROs are governed at some level of representation". Er konnte dies allerdings nur mit Hilfe der von Chomsky (1986:170 ff.) selbst leicht revidierten Bindungstheorie erreichen. Der theoretisch nicht völlig geklärte Charakter der leeren Kategorie PRO soll nicht die Antwort auf die Frage beeinflussen, um die es hier geht: Soll das infinitivische Komplement von Kontrollverben wie versprechen, versuchen, überzeugen etc. prepositional verstanden und syntaktisch mit einem PRO-Subjekt in der S-Struktur repräsentiert werden oder kann auf PRO verzichtet werden. Letzteres könnte die Konsequenz haben, daß PRO überhaupt aus dem Begriffsinventar der theoretischen Grammatik verschwindet. 3. Mein erstes Plädoyer zugunsten der Erhaltung von PRO setzt die Gültigkeit und allgemeine Akzeptanz der grammatischen Operation der Hebung (Raising) voraus sowie die damit verbundene Annahme der leeren NP-Kategorie, die als anaphorische Spur gilt, d.h. als Spur, die aus einer A-Position gebunden ist und mit ihr eine Kette bildet. Wenn nun die Hebungsoperation in bestimmten Klassen von Kontexten nur anwendbar und wirksam wird, wenn auch PRO postuliert wird, dann kann die Annahme von PRO als notwendige Bedingung der Möglichkeit der Hebung auch formal zwingend sein. Die theoretische Stichhaltigkeit der Hebung als NP- Verschiebung 'movement of ' in die unmittelbar übergeordnete Subjekt(argument)position begründe ich nicht besonders. Man vergl. z.B. Higginbotham (1989:491). In welchen Kontexten kann es dazu kommen, daß Instanzen der Hebungsoperation, durchaus Standardfälle der Hebung, von der Postulierung des nicht overten Subjekts PRO abhängig sind? Nehmen wir zunächst ein ganz einfaches Beispiel von Kontrolle:
(1) John, tries ([PRO] .to be nice) PRO ist hier als koindiziertes kontrolliertes Element mit Antezedens John eingesetzt. Jetzt stellen wir ein Hebungsbeispiel daneben: (2) John seems to be nice. (2)' e (seems (John to be nice)) (2)' kann als D-Struktur gelten, die wiederum in diesem Fall die LF-Struktur von (2) spiegelt. Das Resultat der Hebung ist die vereinfachte S-Struktur (3):
(3) John seems (t. to be nice) Die Sätze (1) und (2) lassen sich natürlich leicht zusammensetzen:
(4) John tries to seem to be nice. (Beispiel von P. Jacobson) Kombinieren wir nun die entsprechenden stark vereinfachten S-Strukturen erhalten wir (5):
(5) John, tries (PRO. to seem (ti to be nice))
Gegen die Aitfgabe von PRO
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Wenn das Hebungswon seem die Hebung in der Derivation von (5) ebenso induziert wie in (2)', wogegen kaum etwas sprechen kann, dann muß das NP-Element, das sich als externes Argument (zu (be) nice) in Subjektposition befindet, in die dethematisierte nächsthöhere Subjektposition rücken. Dort kannes keinen anderen Status als PRO haben. Die Hebung hinterläßt eine anaphorisch gebundene Spur, die mit PRO eine Kette bildet. Da das kontroverse PRO mit der nicht strittigen Spur, die es mit der Hebung hinterläßt, eine Kette bildet, läßt sich die Notwendigkeit seiner syntaktischen Existenz bekräftigen. Vor der Hebung, genauer, wenn die optionale Hebung nicht gewählt wird, ist die nichtthematische Position des höheren Subjekts (von seem...) pleonastisch oder - in Null-SubjektSprachen - durch ein leeres Expletivum besetzt:
(6) It seems that John tries to be nice. Die Situation, z.B. im Russischen, ist ganz analog. (7) ist die Übersetzung von (5):
(7) Ivani stremitsja (PRO. kazat'sja (tt privetliv(ym))) Ivan bemüht sich zu scheinen freundlich (zu sein) Ein besonderes Problem, auf das ich hier nur hinweisen kann, entsteht für PRO in (5), (7), wenn es als Kopf der Kette (mit r.) Anspruch auf eine Theta-Rollenzuweisung erhält aber sich in einer NichtthetaPosition befindet (Vgl. dazu RüziCka im Druck). 4. Weniger zwingend für die Postulierung von PRO erscheint sein Wechselspiel mit einer anderen leeren Kategorie, die als pro in Kleinbuchstaben symbolisiert und mit der Merkmalkombination t+pronominal], [-anaphorisch] in dem erwähnten System Chomskys definiert wird. Das Aufkommen von pro, das hier zur Rede steht, ist parametrisiert wie „pro-drop" und wird Null-Objekt-Sprachen zugeschrieben (Rizzi 1986). Russisch ist eine solche Sprache, die ein leeres direktes Objekt auf weist, das syntaktisch „aktiv" ist und repräsentiert wird. Der Unterschied z.B. zum Englischen, das über kein syntaktisch „sichtbares" Nullobjekt verfügt (Rizzi 1986: 503), wird empirisch greifbar an der Unfähigkeit eines solchen natürlich auch nicht (strukturell) kasusmarkierten Objekts, Kontrolle auszuüben. Eine Kontrollrelation wie in (8) ist im Englischen ausgeschlossen:
(8) On uze ugovoril proi (PROi otdat' Rodju er schon (hatte) überredet ihn/sie zu schicken Rodja v korpus, aLaru v gimnaziju.) in das (Kadetten)Korps und Lara ins Gymnasium. pro in (8) ist mit phi((p-)-Merkmalen und strukturellem Kasus Akkusativ zu versehen [+Person, +Genus, +Numerus]. Es referiert auf(eine) Person(en) im Diskurs. Aus zwei Gründen kann pro die Postulierung von PRO bestärken: Erstens würde das Fehlen von PRO die Chance vergeben, die Kontrollrelation als anaphorische Bindung zu interpretieren, die Koindizierung von PRO mit pro, von dem es regiert wird. Zweitens besteht kein Grund, dem konzeptuellen Verständnis und Gewicht der grammatischen Postulierung leerer Kategorien bei pro aber nicht auch bei PRO Geltung zu verschaffen, selbst dann, wenn die Kontrollbeziehung nicht als Bindungsrelation interpretiert wird, 5. Aber die Bindungstheorie, insbesondere Prinzip A, liefert allerdings ein starkes Argument
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Rudolf Rilzitka
zugunsten der Unumstößlichkeit des theoretischen Begriffs PRO. Schauen wir uns zunächst eine einfache Bindung des reflexiven Pronomens im Russischen an: (9) Oni ugovorili ego^PRO. sie überredeten/überzeugten ihn obuzdaf sebjai v prenijach.) zumäßigen sich in der Diskussion. Wenn der Komplementsatz als Rektionskategorie oder, in Chomskys Termen (1986:169), als „Complete Functional Complex" betrachtet wird, muß das Reflexivpronomen von PRO gebunden sein, was syntaktisches Erscheinen von PRO voraussetzt. Manche Sprachen wie z.B. Chinesisch, slavische und skandinavische Sprachen erlauben mit bestimmten Präferenzen lokale wie auch nichtlokale Bindung anaphorischer Reflexiva und nehmen damit auch ambige Strukturen in Kauf, die sich nur durch Bindung auf kurze und längere Distanz unterscheiden. Solche Ambiguität liegt z.B. in folgendem russischen Satz vor: (10) Komandir. prikazal a Der Kommandeur befahl (seinem) Adjutanten (PRO soedinit' sebja^ s medsanbatom) (s. Ruziöka 1973). zu verbinden sich/ ihn. mit der Sanitätsabteilung. Der Kommandeur befahl seinem Adjutanten sich/ihn (den Kommandeur) mit der Sanitätsabteilung zu verbinden. Das Reflexivum sebja, direktes Objekt im Infinitivkomplex, kann mit dem Matrixsubjekt referentiell identisch sein, ebenso - der unmarkierte Fall - mit PRO, das vom obliquen Objekt kontrolliert wird. Die Setzung von PRO erlaubt eine entsprechende Koindizierung sowohl in der eingebetteten Rektionskategorie für Bindung nach dem A -Prinzip wie auch die Koindizierung des Reflexivums mit dem Matrixsubjekt, deren Lizensierung besonderer Erklärung bedarf (Vgl. Cole, Hermon, Li-May Sung 1990). Daß der postulierte Infinitivsatz eine Rektionskategorie oder einen vollständigen funktionalen Komplex bildet, geht leicht daraus hervor, daß in Kontrollinstanzen mit der reziproken Anapher each other die Infinitiveinbettung als Satz, also mit PRO ausgestattet sein sollte, wenn eine angemessene LF-Repräsentation, z.B. von (12) erzielt werden soll. (12) ist ein Beispiel von Heim, Lasnik, May (1991:99): (12) They wanted to visit each other. Als LF-Repräsentation nehmen die Autoren ( 1 3) an, deren schlüssige Begründung, im besonderen die Aufschlüsselung von each other, Anwesenheit von PRO verlangt.
Gegen die Aufgabe von PRO
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(13) (theyteach2) wanted PRO2 to visit (e2 other)3 Wollte man den diskursbezogen möglichen Wechsel der Kontrolleure komandir und ad"jutantu in (10) unter den Wechsel von Subjekt- und Objektkontrolle subsumieren, würde dieser Gegensatz, soweit er überhaupt in der Behandlung von Kontrolle Sinn macht, völlig verwässert werden. 6. Die Verwendung von PRO scheint schließlich für die Beschreibung von Wohlgeformtheitsbedingungen in beträchtlichen Bereichen der Komplementkontrolle unerläßlich. Dies gilt insbesondere, wenn solche Bedingungen in den Termen von Relationen zwischen Theta-Spezifizierungen des potentiellen Kontrolleurs und des PRO-Elements formuliert werden müssen. Die Anwesenheit von PRO zur Aufnahme solcher Charakterisierungen ist dann ebenso erforderlich wie die Präsenz der kontrollierenden NP. Vgl. (14) mit (15): (14) Er bat ihni (PRO. Hans am Gewinn zu beteiligen). (15) Er. bat ihn (PRO. am Gewinn beteiligt zu werden). PRO in (15) erhält eine thematische Spezifizierung, die der des Pro in (14) entgegensteht. Die Hypothese, daß dieser Kontrast für den Kontrollwechsel verantwortlich ist, habe ich (RuäCka 1983) begründet. 7. Die Argumente, die zugunsten der syntaktischen Repräsentation von PRO vorgebracht werden können, sind mit dieser Auswahl nicht erschöpft. Alle Argumente setzen natürlich bestimmte theoretische Annahmen voraus. So hat Kayne (1991:647 ff.) eine ingeniöse syntaktische Analyse mit dem Ergebnis vorgenommen, daß kontrollierte PRO „... is always governed... if this is correct, we will have found evidence... for the presence of an element PRO in syntactic representations."
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Rudolf R&itka
Literatur Bach, E. (1979): Control in Montague Grammar. - In: Linguistic Inquiriy 10,533-581. Bouchard, D. (1985): PRO, Pronominal or Anaphor. - In: Linguistic Inquiry 16,471-477. Chomsky, N. (1981): Lectures on Government and Binding. Dordrecht: Foris —, (1982): Some Concepts and Consequences of the Theory of Government and Binding. - Cambridge/Mass.: MIT Press. Cole, P., Hermon, G., Li-May Sung (1990): Principles and Parameters of Long- Distance Reflexives. - In: Linguistic Inquiry 21, Nr. 1,1-22. Heim, L, Lasnik, H., May, R. (1991): Reciprocity and Plurality. - In: Linguistic Inquiry 22,63-101. Higginbotham, J. (1989): Elucidations of Meaning. - In: Linguistics and Philosophy 12,465- 517. Jacobson, P. (1990): Raising as Function Composition. - In: Linguistics and Philosophy 13.423-475. Kayne, R.S. (1991): Romance Clitics, Verb Movement, and PRO. - In: Linguistic Inquiry 22,647-686. Rizzi, L. (1986): Null Objects in Italian and the Theory of pro. - In: Linguistic Inquiry 17,501-557. RuziCka, R. (1973): Reflexive versus Nonreflexive Pronominalization in Modem Russian and other Slavic Languages. - In: F. Kiefer, N. Ruwet (eds.): Generative Grammar in Europe. (Dordrecht: Reidel). —, (1983): Remarks on Control. - In: Linguistic Inquiry 14,309-324. —, (1987): Leere Kategorien des Russischen zwischen Lexikon und Syntax. - In: Slavistische Beiträge, Band 212, Slavistische Linguistik 1986. Referate des XII. Konstanzer Slavistischen Arbeitstreffens Frankfurt am Main/ Riezlem 16.-19.9.1986. (München: Sagner) 373-382. —, (1991): Slavic and Italian Impersonal Constructions with Reflexive Clitics.- In: A. Strigin, I. Zimmermann (Hrsg.): Studia Grammatica 34 (Berlin: Akademie-Verlag). —, (im Druck): A Cross-linguistic Study of Control.
Peter Suchsland
„Äußere" und „innere" Aspekte von Infiniteinbettungen im Deutschen Infinitivkonstruktionen werden im folgenden als Sätze analysiert. Sie werden je nach Repräsentationsebene unterschiedlich klassifiziert. Syntaktisch relevant ist vor allem die Klassifikation auf der S-Strukturebene. Kontroll- und Hebungsstrukturen scheinen sich in der Möglichkeit der Perfektbildung des Matrixverbs voneinander abzuheben. Das wird auch deutlich an Matrixverben, die alternativ Hebungs- und Kontrollstrukturen einbetten. Subklassen von Kontrollverben ergeben sich aus (semantisch begründeten) Selektionsbeschränkungen im Hinblick auf Passiv und/oder Perfekt in der infiniten Einbettung.
1. Allgemeine Voraussetzungen Wenn Verben interne Argumente in Form von Sätzen fordern oder zulassen, legen sie fest, ob die eingebetteten Sätze (a) finit oder infinit, (b) nur finit oder (c) nur infinit sein dürfen, vgl. die Beispielverben unter (1) bis (3):
(1) versprechen, scheinen, wollen... (2) sagen, festellen, mitteilen... (3) beginnen, pflegen, können... Die Verben in (l) erlauben finite wie nichtfinite Einbettungen, die in (2) erlauben nur finite, die in (3) erlauben nur infinite Einbettungen. Diese Eigenschaften scheinen lexikalischer Natur zu sein, d.h., die einzelnen Verben müssen entweder mit der Eigenschaf t [+Finit-Einbettung] oder mit der Eigenschaft [-Finit-Einbettung] gekennzeichnet sein. Wenn die Alternative zwischen beiden Einbettungen besteht, braucht im Lexikoneintrag kein Merkmal eingetragen zu werden (die Eintragung [IFinit-Einbettung] für solche Fälle wäre redundant). Daß infinite Einbettungen Sätze seien, ist in der kanonischen Theorie der Generativen Grammatik, also in der in Chomskys „Lectures on Government and Binding" von 1981 und in seinen „Barriers" von 1986, ein allgemeiner „Glaubenssatz". Dieser Glaubenssatz wird von Vertretern anderer Versionen der Generativen Grammatik, also etwa von Anhängern der Lexical Functional Grammar oder der Generalized Phrase Structure Grammar nicht unbedingt geteilt, und auch unter den Chomskyanern gibt es in diesem Punkte „Häretiker", so etwa Hubert Haider in seiner Habilitationsschrift „Deutsche Syntax - generativ" von 1986 und Manfred Bierwisch in mehreren Papieren, unter anderem in einem Vortrag „Über die Alternation finiter und infiniter Komplemente" vom November 1990. Im Handout zu diesem Vortrag heißt es apodiktisch: „Infinitivkonstruktionen sind, was sie scheinen: Subjektlose Verbprojektionen" (Bierwisch 1990: 2). Ich gehöre in diesem wie in anderen Punkten eher zu den konservativen Generativisten; ich will also gegen Manfred Bierwisch die These setzen: Infinitivkonstruktionen sind, was sie nicht scheinen: Sätze mit einer besonderen Art des Subjekts, nämlich mit leerem oder akkusativischem Subjekt. Diese These sei hier in Kürze begründet. Entsprechend den
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Peter Suchsland
Vorstellungen, die in Chomsky (1986b: 86ff.) entwickelt worden sind, gehe ich davon aus, daß das interne Argument von Verben wie in (1) bis (3) von eben diesen Verben die -Rolle Proposition zugewiesen bekommt. Typischerweise wird diese -Rolle kategorial durch Sätze realisiert. Sätze will ich, wie in Chomsky (1986a), als eine Hierarchie von V-, I- und C-Projektionen verstehen, vgl. (4): (4) [cp [cl C° [IP [,, 1° [vp [v, V0]]]]]] SpecC ist ein Landeplatz für maximale Projektionen, Specl die Position des Subjekts, ModV die Position für freie Adverbiale und ComplV die Position für notwendige Ergänzungen (Komplemente), also die Position, in der auch die eingebetteten nichtfmiten Sätze in der Tiefenstruktur erscheinen. Allerdings müssen Sätze, gerade auch infinite, keineswegs immer diese Dreiköpfigkeit aufweisen. Ihnen kann die C-Projektion fehlen, kaum aber die V- und die I-Projektion. Wie Hubert Haider hält auch Ilse Zimmermann (1991:114, Anm. 1) eine „IP-Etage zwischen C und VP... für entbehrlich". Ich halte es hingegen für sinnvoll, die in Chomsky (1986a) vorgeschlagene und in Chomsky (1988) noch erweiterte Hierarchie auch für das Deutsche und seine infi niten Komplemente zugrunde zu legen, weil sie - so denke ich - eine gute Komparationsmöglichkeit mit anderen Sprachen erlaubt und nicht vorzeitig einen Verlust an Generalisierung bewirkt. Selbstverständlich ist dies eher ein extrinsisches denn ein intrinsisches Argument für die Theorie, ich halte es aber durchaus für ein zulässiges Argument. Natürlich müssen die Probleme, die sich in den Unterschieden zwischen kohärenten und inkohärenten Infinitivkonstruktionen offenbaren, auf geeignete Weise in der Theorie gelöst werden. Diese Unterschiede sind zuerst in Bech (21983) beschrieben worden und sowohl von Haider (1986) als auch von Stechow/ Stemefeld (1988) anhand bestimmter Kriterien überprüft worden. Die Unterscheidung muß aber nicht unbedingt an die von sentential und nichtsentential, oder, wenn man übergeordnete und untergeordnete Struktur gemeinsam betrachtet, an die von bisentential und monosentential geknüpft werden. Haider (1986:364) räumt selbst ein, „daß nicht-sentential mcht gleichgesetzt werden kann mit monosentential", was sich besonders deutlich bei den AcI-Konstruktionen zeigt, und auch Zimmerman n (1991:124ff.) konzidiert immerhin soetwas wie „Satzartigkeit" bei infiniten Einbettungen. Im folgenden werde ich mich auf Infmiteinbettungen mit Argument- und insbesondere mit Komplementstatus beschränken, also adverbiale Infinitive wie in (5) Manfred fährt nach Südtirol, um sich zu erholen nicht thematisieren.
2. Klassifikationsmöglichkeiten Infiniteinbettungen lassen sich unterschiedlich klassifizieren.
2. l. Nach Gesichtspunkten der Phonetischen Form (PF) erhalten wir drei Typen: a) Infiniteinbettungen mit phonetisch leerem (oder, anders gesagt, mit lexikalisch nicht besetztem)
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Subjekt und mit Infinitiv plus zu, vgl. Beispiel (6):
(6) Hans beabsichtigt [in die Stadt zu gehen] b) Infiniteinbettungen mit leerem Subjekt und mit Infinitiv ohne zu, vgl. Beispiel (7):
(7) Hans möchte [in die Stadt gehen] c) Infiniteinbettungen mit lexikalisch besetztem Subjekt und mit Infinitiv ohne zu, Beispiel (8):
(8) ich sehe [Hans in die Stadt gehen] 2.2. Nach Gesichtspunkten der syntaktischen Oberflächenstruktur oder S-Struktur (SS) erhalten wir ebenfalls drei Typen: a) Das leere Subjekt ist (unlegiertes) PRO, der Infinitiv hat zu oder nicht (letzteres, also Infinitiv ohne zu, gilt für Modalverben). PRO ist eine Leerstelle, die eine eigene -Rolle haben kann. Betrachten wir Beispiel (9):
(9) Hans beabsichtigt lcpPRO in die Stadt zu gehen], so ist die -Rolle, die das Verb beabsichtigen an das Subjekt Hans vergibt, zwar nicht unbedingt unterschieden von der -Rolle, die das Verb gehen an das Subjekt PRO vergibt, obwohl es sich möglicherweise um verschiedene Arten von Agentivität handelt, wesentlich aber ist, daß die beiden Subjekte ihre -Rollen aus verschiedenen Quellen beziehen. Entsprechendes gilt für Beispiel (10):
(10) Hans will [CPPRO in die Stadt gehen] b) Das leere Subjekt ist eine (regierte) Spur t, der Infinitiv hat zu oder nicht (letzteres, also Infinitiv ohne zM,giltwiederum für einen Teil der Modalverben). In solchen Fällen hat dasSubjekt des übergeordneten Satzes bekanntlich keine eigene -Rolle, vielmehr bilden das Subjekt des eingebetteten Satzes, das in die Subjektposition des übergeordneten Satzes gehoben worden ist, und die von ihm zurückgelassene Spur eine sogenannte Kette, die eine einzige -Rolle hat. Man vergleiche das Beispiel (11):
(11) Hans scheint [lp t in die Stadt zu gehen], wo sofort klar wird, daß das Verb scheinen der NP Hans keine -Rolle zuweist Entsprechendes gilt für Beispiel (12):
(12) Die Mauer soll [IP t eingestürzt sein] c) Das lexikalisch besetzte Subjekt steht im Akkusativ, der Infinitiv hat kein zu. Es handelt sich hier um die sogenannten AcI-Verben. Ich will hier, im Gegensatz zu anderen Linguisten, etwa jüngst auch zu Anita Mittwoch (1990), annehmen, daß ein Beispiel wie
(l3a) Klaus sieht [lp ihn die Straße überqueren]
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Peter Suchsland
das Äquivalent zu einem Beispiel wie (l 3b) Klaus sieht, daß/wie er die Straße überquert ist (zu den Unterschieden zwischen den beiden subordinierenden Konjunktionen daß und wie vgl. Zimmermann (1991), wichtig scheint mir dabei ihr Hinweis, daß „die AcI-Konstruktion ... bei Wahmehmungsverben dem vw'e-Satz semantisch näher [steht] als dem do/?-Satz", 119, Anm. 10). Mindestens dürfte unstrittig sein, daß sich in (13)(a) ihn zu überqueren in der gleichen Weise als Subjekt verhält wie in dem finiten Komplementsatz (l 3b) er zu überquert. Was diese Fälle von den unter den Punkten (a) und (b) dieses Abschnitts behandelten unterscheidet, ist, daß sie ein lexikalisch besetztes Subjekt, in unserem Beispiel also ihn, haben, ein Subjekt, das ungewöhnlicherweise im Akkusativ steht. Es handelt sich umdie sogenannten ECM-Verben (für engl. ExceptionalCase Marking). 2.3. Die PF-Klassifzierung verdeckt Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Verbgruppen, die erst in der SS-Klassifizierung zum Vorschein kommen. Das Fazit unserer Überlegungen ist: Die Matrixverben, die infinite Satzeinbettungen zulassen oder fordern, gliedern sich in die drei bekannten Gruppen: (a) Kontrollverben, (b) Hebungsverben und (c) ECM-Verben.
3. „Äußere" Aspekte von Infiniteinbettungen: Perfektbildung beim Matrixverb 3.1. Kontrollverben und Hebungsverben unterscheiden sich nicht nur in der Art der leeren Kategorien der Subjekte ihrer Infiniteinbettungen, also PRO vs. t, sondern auch in der Möglichkeit der Perfektbildung. Kontrollverben können Perfektformen bilden, Hebungsverben hingegen nicht, vgl. die Beispiele unter (14) und (15): (14a) daß Helga in die Stadt zu gehen beabsichtigt hat (14b) daß Helga beabsichtigt hat, in die Stadt zu gehen (15a) *daß Helga in die Stadt zu gehen geschienen hat (15b) *daß Helga geschienen hat, in die Stadt zu gehen 3.2. Ich werde auf die Perfektbildung bei Kontroll- und Hebungsverben noch ausführlicher eingehen. Betrachten wir die Perfektbildung zunächst aber noch bei den ECM-Verben. Zu den ECM-Verben gehören, wie bereits vorgeführt, (a) die klassischen Acl-Verben, vgl. (8), aber auch (b) Verben, die einen verblosen „Satz" einbetten, vgl. Beispiel (16): (16) Klaus nannte [seinen Kollegen einen Idioten] (Die mit Fällen wie (16) zusammenhängenden Fragen, insbesondere das Problem, ob wir es hier mit small clauses zu tun haben oder nicht, muß ich an dieser Stelle unerörtert lassen.) Acl-Verben bilden das Perfekt mit dem sog. Ersatzinfinitiv, die anderen ECM-Verben scheinen kein Perfekt zu bilden, vgl. die Beispiele (17) und (18): (17) Er hat [ihn über die Straße gehen] sehen
Äußere und innere Aspekte von Infinitiven
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(18) ?Er hat [seinen Freund in Berlin] geglaubt/*glauben
(Möglicherweise wird die Beurteilung von (18) nicht generell geteilt, mir jedenfalls scheint das Beispiel nicht in vollem Maße grammatisch zu sein.) 3.3. Eine besondere Rolle spielt das Verb lassen, vgl. das Beispielpaar (19): (19a) Der Kommissar ließ [e den Täter festnehmen] (19b) Der Kommissar ließ (den Täter mitgehen]
In (19a) könnte e als PRO^ interpretiert werden. In diesem Falle würde lassen als Kontrollverb erscheinen. In (19a) kann abereine Agens-PP eingefügt werden. Dann muß die eingebettete Infinitstruktur als passivisch aufgefaßt werden: Dire Subjektposition kann nicht mehr als eine von PRO besetzte Position verstanden werden, sondern schlicht aiseine leere Subjektposition, die weder PRO noch toder pro ist (und von der ich auch, entgegen Haider (1986, 21 Off.) annehme, daß sie in den sog. „subjektlosen" Passivsätzen vorkommt, vgl.die Beispiele (19c) und (d): (19c) Der Kommissar ließ [e den Täter durch seine Beamten festnehmen] (19d) daß [lpe gestern getanzt wurde]
In (19b) dagegen verhält sich lassen offenbar wie ein Acl-Verb. Klarerweise erhält den Täter seine Rolle von mitgehen, und es ist „Subjekt" der eingebetteten Konstruktion. In bezug auf den Wechsel zwischen Kontroll-, Hebungs- und Kontrollverben scheint lassen ein singulärer Fall zu sein. Im Hinblick auf die Perfektbildung verhält sich lassen in beiden Versionen wie ein Acl-Verb: Es bildet das Perfekt mit dem Ersatzinfinitiv, vgl. (19a') und (b'): (19a') Der Kommissar hat den Täter festnehmen lassen/* gelassen (19b') Der Kommissar hat den Täter mitgehen lassen/*gelassen 3.4. Ich komme nun auf die Perfektbildung bei Kontroll- und Hebungsverben zurück. Zahlreiche Verben können alternativ als Kontroll- oder als Hebungsverb auftreten, vgl. (20a) und (21a): (20a) daß Hans mir [PRO das Buch mitzubringen] versprach (21 a) daß das Wetter [t freundlicher zu werden] versprach
Bei (20a) ist Perfektbildung möglich, bei (21)(a) nicht. Sätze mit solchen Verben können mehrdeutig sein: (22) Die Schwiegermutter drohte uns zu besuchen Wird von (22) das Perfekt gebildet, kann der Satz nur als Kontrollstruktur interpretiert werden: (23a) daß die Schwiegermutter [PRO uns zu besuchen] gedroht hat (23b) daß die Schwiegermutter gedroht hat, l PRO uns zu besuchen]
Betrachten wir nun die Beispiele (20b) und (21 b):
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Peter Suchsland
(20b) daß Hans mir [PRO das Buch mitzubringen] versprochen hat (21b) *daß das Wetter 11 freundlicher zu werden] versprochen hat Mir scheint evident, daß (21b) deutlich schlechter ist als (20b). Der Grammatikalitätsunterschied zwischen (20b) und (21 b) könnte mit dem Empty Category Principle (ECP) zusammenhängen. Es läßt sich die Vermutung anstellen, daß das Partizip 2 versprochen die Fähigkeit verloren hat, in die Subjektposition seiner Infiniteinbettung hineinzuregieren und dem Subjekt einen Kasus zuzuweisen, ganz entsprechend wie beim Passiv. Dafür spricht, daß bei Acl-Verben statt des Partizips 2 der Infinitiv beim Perfekt steht. Dafür spricht auch, daß bei anderen ECM-Verben das Perfekt dubios ist, da hier offensichtlich kein Ersatzinfinitiv auftritt, vgl. die Beispiele (22): (22a) *daß wir [ihn in Berlin] wähnen haben (22b) ?daß wir [ihn in Berlin] gewähnt haben Wahrscheinlich sind Perfektpartizipien von Akti werbformen nicht in der Lage, einen Kasus über eine Satzgrenze hinweg an eine NP zu vergeben, wiewohl sie das innerhalb ihrer eignen maximalen Projektion durchaus können, und dies im Gegensatz zu den Passivpartizipformen, wiewohl sich ja beide morphologisch nicht voneinander unterscheiden (der relevante Unterschied könnte dann am passivischen Auxiliarverb werden festgemacht werden bzw. an der Kombination von Partizip + werden, im Gegensatz zur Kombination von Infinitiv + werden bei futurischen Verbformen). 3.5. Ein weiterer, ebenfalls nicht ganz durchsichtiger Befund ist folgender: „Reine" Hebungsverben (Verben, die ausschließlich als solche verwendet werden) wie scheinen, bilden Perfektformen weder mit extraponierter noch mit nichtextraponierter Infiniteinbettung. In (23)(a) ist nach Jena zu kommen nicht extraponiert, in (23)(b) dagegen ist dies der Fall:
(23a) *Hans hat nach Jena zu kommen geschienen (23b) *Hans hat geschienen nach Jena zu kommen Bei Verben mit beiden Optionen scheinen in der Hebungsversion nichtextraponierte Infiniteinbettungen besser zu sein, in der Kontrollverbversion hingegen eher extraponierte, vgl. die Beispiele unter (24) und (25): (24a) ?daß die Mauer [t einzustürzen] gedroht hat (24b) *daß die Mauer gedroht hat [t einzustürzen] (25a) ?daß die Schwiegermutter [PRO uns zu besuchen] gedroht hat (25b) daß die Schwiegermutter gedroht hat, [PRO uns zu besuchen] Die Frage nach den Gründen für die Verteilung dieser Grammatikalitätsbewertungen muß ich im Augenblick offenlassen. 3.6. Auch Modalverben sind alternativ als Hebungs- und als Kontrollverben verwendbar. In diesem Punkte unterscheidet sich meine Auffassung von der in Öhlschläger (1989:105ff.) vertretenen. Öhlschläger nimmt an, daß Modalverben generell, vielleicht mit der Ausnahme von möchte und wollen, als Hebungsverben fungieren (wie Öhlschläger nehme ich die finite Form möchte als Grundform, da man zwar Bedenken haben muß, einen Infinitiv möchten anzusetzen, zugleich aber einräumen kann,
Äußere und innere Aspekte von Infinitiven
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daß die Modalverbverwendung von möchte kaum noch etwas mit dem Modalverb mögen zu tun hat). Für die nicht-epistemische Verwendung solcher als Hebungsverben aufgefaßter Modalverben (in meinem Verständnis ist dies Kontrollverbverwendung) vertritt Öhlschläger(1989:132ff.)die Ansicht, daß, da Hebungsverben der Position ihres externen Arguments keine -Rolle zuweisen können, in der Semantik eine Wahrheitsbedingung zurGeltung kommt, die auf eine Quelle bezug nimmt Öhlschläger demonstriert dies zunächst für müssen, und zwar folgendermaßen: (26) „Eine mit einem Satz der Form e muß IP ausgedrückte Proposition ist dann und genau dann wahr, wenn die Quelle Q es notwendig macht, daß der mit der IP bezeichnete Sachverhalt eintritt." (Öhlschläger 1989: 144 [seine Ziffer (33)]) Mir scheint für solche Fälle die Annahme, daß das Verb als Kontrollverb fungiert und der Position seines externen Argumentsdocheine, möglicherweise nicht besonders scharf umrissene, -Rolle zuweist, die Möglichkeit zu bieten, die unterschiedlichen Verwendungsweisen von Modalverben innerhalbder Syntax dingfest zu machen. Für die Alternation von Hebung und Kontrolle vgl. das Beispiel (27): (27) Hans soll kommen (27) kann wie in (27a) oder (b) verstanden werden: (27a) daß Hans [PRO kommen] soll (27b) daß Hans [i kommen] soll (27'a) hat die Lesart, daß Hans die Verpflichtung hat, zu kommen (in diesem Falle würde das Modalverb sollen an das Matrixsatzsubjekt eine -Rolle vergeben), (b) dagegen die, daß vermutet wird, daß Hans kommt (hier wäre die Subjektposition des Modalverbs sollen eine leere Nicht-6-Position). Wiederum kann nur von (a) das Perfekt gebildet werden, bzw. im Perfekt wird das Verb nur als Kontrollverb interpretiert, vgl. (27c): (27c) daß H ans [PRO kommen] ?gesollt/sollen hat Nach Herstellung einer kohärenten Konstruktion entsteht (27d). (27d) daß Hans hat kommen sollen. Die Vorstufe von (27d) ist - mit der entsprechenden Klammerung - (27f): (27f) [daß [Hans [[kommen sollen] hat]]] Auf der Grundlage von (270 mit der Zusammenfassung von kommen und sollen zum komplexen Verb kommen sollen kann dann auch die Umstellung des temporalen, perfektbildenden Hilfsverbs hat vonstatten gehen. Wenn Modalverben (außer wollen und möchte) generell nur als Hebungsverben behandelt werden, ergibt sich folgendes Problem: Falls Sätze, die ein Modalverb mit einem Infinitkomplement enthalten, ihrerseits als Komplemente von Kontrollverben eingebettet werden, kann das Subjekt des infiniten
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Komplements des Modalverbs nichtin die Subjektpositiondes Modalverbs gehoben weiden, obwohl, wenn Modalverben Hebungsverben sind, diese Subjektposition leer sein sollte, vgl. die Beispiele unter (28): (28a) Hans glaubt [e [er die Prüfung bestehen] zu müssen] (28b) *Hans glaubt [er [t die Prüfung bestehen] zu müssen] Dagegen ergibt die Annahme, daß zwei ineinander verschachtelte Kontrollstrukturen vorliegen, das korrekte Resultat: (29) Hans, glaubt [PRO. [PRO. die Prüfung bestehen] zu müssen] Die Erklärung ergibt sich aus der -Theorie. In (28a) ist die Subjektstelle, die mit e besetzt ist, eine Position, die ihre Rolle vom Verb müssen erhält, das Personalpronomen er hat aber ebenfalls eine Rolle, die es vom Verb bestehen bekommt. Würde nun die NP er in die Subjektposition von müssen gehoben, so wäre eine Argumentposition mit zwei -Rollen belegt. In (29), wo keine Bewegung stattfinden muß, hat jedes der beiden PRO-Subjekte eine und nur eine -Rolle, und das -Kriterium ist nicht verletzt. Dementsprechend lassen sich Fälle, die klar als Hebungsstrukturen gelten müssen, nämlich Sätze mit Modalverben, die ihrerseits Sätze mit Perfektformen einbetten, überhaupt nicht als Komplemente von Kontrollverben verwenden, vgl. die Beispiele unter (30): (30a) Hans glaubt [e [e kommen] zu sollen] (3Gb) *Hans glaubt [e [e gekommen sein] zu sollen] In (30a) sind die beiden leeren Kategorien e als PROs zu interpretieren, in (b) hingegen müßte das erste e ein PRO und das zweite eine Spur t von Hans sein. Genau dies gibt den Konflikt, der zur Ungrammatikalität führt: Hans befindet sich in der Tiefenstruktur in der Subjektposition des Verbs glauben und erhält von daher seine -Rolle. Wäre Hans überdies aus der Subjektposition von gekommen sein über PRO hinweg in die Subjektposition des Verbs glauben bewegt worden, so wäre dies wieder ein Verstoß gegen das -Kriterium. Aber dieser Verstoß würde schon auftreten, wenn die NP Hans als Zwischenlandeposition die leere Position des Subjekts von müssen benutzt hätte.
4. „Innere" Aspekte von Infmiteinbettungen: Perfekt und Passiv der Einbettung 4.1. Ein weiteres Problembündel ergibt sich aus der Frage, inwieweit das Matrixverb von Infiniteinbettungen über die bisher skizzierten Phänomene hinaus die interne Struktur des Infinitkomplements, speziell im Hinblick auf die Merkmale [±Pass] und [iPerf] bestimmt. Als Annahme soll zunächst einmal gelten, daß der propositionale Gehalt, der mit den Matrixverben verbunden ist, auf die Syntax der Infiniteinbettungen durchschlägt. Dies soll in aller Kürze und Unvollständigkeit an KonüOllverben illustriert werden. Kontrollverben zeichnen sich dadurch aus, daß der Kontrolleur, den sie bereitstellen, also entweder ihr Subjekt oder ihr (indirektes) Objekt auf der Ebene der semantischen Form (SF) das Prädikat ^[BELEBT x] aufweisen muß und daß das kontrollierte leere PRO-Subjekt der Infiniteinbettung genau dieses Prädikat haben muß.
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4.2. Kontrollverben, die komrnissiv (Typ versprechen), direktiv (Typ befehlen), resolutiv (Typ beschließen), limitativ (Typ beginnen) oder kapazitiv (Typ können) sind, erlauben kein eingebettetes Passiv und ein eingebettetes Perfekt nur in Kombination mit einer limitativen Temporalangabe, vgl. die Beispiele unter (31) und (32):
(31 a) Ich verspreche dir, dich morgen abzuholen (3 Ib) ?Ich verspreche dir, morgen abgeholt zu werden (32a) ?Ich verspreche dir, dich abgeholt zu haben (32b) Ich verspreche dir, dich bis 15 Uhr abgeholt zu haben In (31) und (32) spielen zwei Bedingungen des propositionalen Gehalts eine Rolle: Erstens, das Subjekt des Infinitsatzes muß eine agentive -Rolle haben, mindestens dann, wenn auch das Matrixverb im Aktiv steht. Das hängt mit Rüzi£kas thematischer Kontrollbedingung zusammen, vgl. RuziCka (1983). Diese Bedingung besagt etwa, daß bei Subjektkontrolle eine hinreichende Ähnlichkeit der den Subjekten zugeordneten -Rollen vorhanden sein muß. Zweitens, der mit der Infiniteinbettung denotierte Sachverhalt muß zeitlich nach dem mit dem Matrixssatz denotierten Sachverhalt liegen. (31 b) verstößt gegen die erste Bedingung (und gegen die thematische Kontrollbedingung), (32a) gegen die zweite Bedingung, da der eingebettete Satz ohne die limitative Adverbialbestimmung zunächst so interpretiert wird, als läge der von ihr denotierte Sachverhalt vor dem mit dem Matrixsatz denotierten Sachverhalt. 4.3. Kontrollverben, die affirmativ (Typ behaupten) oder epistemisch (Typ glauben) sind, scheinen diese Beschränkungen nicht aufzuweisen:
(33) (a) Klaus behauptet, erkannt worden zu sein (b) Klaus behauptet, ihn erkannt zu haben 4.4. Voluntative Kontrollverben (Typ wünschen) unterscheiden sich von den affirmativen und den epistemischen darin, daß sie das Perfekt wie die kommissiven, deklarativen usw. nur zusammen mit limitativen Adverbialen dulden, vgl. die Beispiele unter (34):
(34) (a) Klaus wünscht ihn abzuholen (b) Klaus wünscht abgeholt zu werden (c) ?Klaus wünscht ihn abgeholt zu haben (d) Klaus wünscht ihn bis 15 Uhr abgeholt zu haben (e) ?Klaus wünscht abgeholt worden zu sein (f) Klaus wünscht bis 15 Uhr abgeholt worden zu sein Die Beispiele (c) und (f) machen, in meinem Sprachgebrauch jedenfalls, einen abweichenden Eindruck, und der scheint durch die Abwesenheit der limitativen Temporalangabe zustandezukommen.
5. Schlußbemerkung Damit sind keineswegs alle mit Infiniteinbettungen zusammenhängenden Fragen angeschnitten, und
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Peter Suchsland
die angeschnittenen sind keineswegs erschöpfend behandelt. Es mag aber deutlich geworden sein, daß der thematisierte Gegenstand trotz zahlreicher Studien in den letzten Jahren noch immer ein lohnendes und vor allem interessantes Forschungsgebiet darstellt, das keineswegs, wie die letzten Erörterungen belegt haben mögen, nur einen syntaktischen, sondern vielmehr auch einen semantischen Aspekt hat.
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Günther Grewendorf
Kohärente Infinitive und Inkorporation1 Der Aufsatz stellt eine Analyse der Ad-Konstruktionen im Deutschen vor, die es zum einen gestattet, konzeptuelle Nachteile undlnkonsistenzen traditioneller Analysen zu vermeiden, undzum anderen die Erklärung einer Reihe von grammatischen Phänomenen unter Verzicht auf bisher notwendige Zusatzannahmen ermöglicht. Unter Zugrundelegung von Bakers Inkorporationstheorie (1988) und Ouhallas Theorie der lexikalischen Parametrisierung (1989) bestehen die zentralen Hypothesen in den Annahmen, daß in deutschen Ad-Konstruktionen zum einen CPs (und nicht IPs) eingebettet sind, zum zweiten Verbkomplexbildung durch Inkorporation stattfindet und zum dritten die Bewegung des AcI-Subjekts in die Spezifikatorposition einer abstrakten Objekt-Agr-Phrase des Matrixsatzes aus kasustheoretischen Gründen erfolgt.
1. Einleitung Nach Bech (1955)lassen sich im Deutsc hen zwei Typen von Infinitiv-Konstruktionen unterscheiden. Bechs inkohärente Infinitive verhalten sich wie gewöhnliche CPs, da sie Barrieren für satzgebundene Prozesse darstellen und sich extraponieren oder topikalisieren lassen. Kohärente Infinitive sind möglich bei bestimmten Subjektkontrollverben, die keine Objektkomplemente aufweisen, sowie mit Acl- und Raising-Verben. Man nimmt im allgemeinen an, daß kohärente Kontrollinfinitive die folgenden Eigenschaften aufweisen (cf. z. B. Haider 1986,1986a, Kroch/Santorini 1987, Fanselow 1989): (l) (la) (l b) (Ic) (Id) (l e) (l f)
1 2
Eigenschaften kohärenter Kontrollinfinitive Sie erlauben langes Scrambling, also Scrambling aus dem eingebetteten in den Matrixsatz. Sie erlauben keine Extraposition. Sie können selbst nicht gescrambelt werden. Skopustragenden Elemente im Infinitiv können Skopus über den Matrixsatz haben. Die Folge Infiniti werb+Matrixverb verhält sich wie eine Konstituente; sie kann z. B. topikalisiert werden. Sie erlauben sogenanntes .fempassiv", das heißt, bei Passivierung des Matrixverbs kann das eingebettete Objekt zum Subjekt des Matrixsatzes werden.2
Für anregende Diskussionen und hilfreiche Kommentare danke ich Manfred Bierwisch, Damir Cavar, Hubert Haider, Joachim Säbel, Jamal Ouhalla und Chris Wilder. In den folgenden Beispielen ist lange Passivierung möglich, obwohl das Subjektkontrollverb des Matrixsatzes ein Objektkomplement besitzt, cf. (i) weil uns der Erfolg nicht auszukosten erlaubt wurde (ii) weil ihm der Schnaps nicht zu probieren erlaubt wurde
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Acls weisen auf den ersten Blick ähnliche Eigenschaften auf wie kohärente Kontrollinfinitive. So können sie ebenfalls nicht exttaponiert oder gescrambelt wenden; skopustragende Elemente im Infinitiv können Skopus über den Matrixsatz besitzen; der Verbkomplex aus eingebettetem und Matrixverb kann topikalisiert werden etc... Allerdings weisen Acls auch Eigenschaften auf, die sie von kohärenten Kontrollinfinitiven deutlich unterscheiden. So ist die Möglichkeitlangen Scramblings bei Acls restriktiver als bei Kontrollinfinitiven. Dies illustrieren die folgenden Daten:
(2) (3) (4)
weil den Schüler, der Lehrer [t. das Gedicht vortragen] ließ ?weil den Computer, die Maria [den Studenten t. reparieren] läßt ??weil der Schülerin, der Lehrer [die Studenten /. helfen] ließ
(5a) *weil [das Auto reparieren] der Lehrer den Mechaniker ließ (5b) *\veil reparieren der Lehrer den Mechaniker das Auto ließ (5c) *weil den Mechaniker das Auto reparieren der Lehrer ließ Diese Daten legen die folgenden Generalisierungen nahe:
(6)
Scrambling bei Acls
AcI-Subjekte sowie direkte AcI-Objekte können lang gescrambelt werden3 (mit geringfügigem Akzeptabilitätsverlust bei letzteren), cf. (2), (3). (6b) Indirekte AcI-Objekte können nicht lang gescrambelt werden4, cf. (4). (6c) Konstituenten, die das Infinitiwerb enthalten, können nicht lang gescrambelt werden, cf. (5a-c). (6a)
Man beachte, daß die den Beispielen in (5a-c) entsprechenden Topikalisierungen durchweg grammatisch sind,cf.
(7a) das Auto reparieren ließ der Lehrer den Mechaniker schon oft (7b) reparieren ließ der Lehrer den Mechaniker das Auto schon oft (7c) den Mechaniker das Auto reparieren ließ der Lehrer schon oft Ein weiterer Unterschied zwischen kohärenten Kontrollinfinitiven und Acls betrifft die sogenannte lange Passivierung.Zwarkann imDeutschenein AcI-Subjektbestimmterintransitiver Verben (cf. Höhle 1978) passiviert werden; lange Passivierung eines AcI-Objekts ist jedoch generell unmöglich, cf.
(8a) daß der Schüler, [t. schlafen] gelassen wurde (8b) *daß der Schüler, [t. das Gedicht vorlesen] gelassen wurde (9) *daß der Computer, [den Studenten r reparieren] gelassen wurde
3
Man vergleiche das folgende Beispiel aus Stechow/Sternefeld (1988), demzufolge AcI-Subjekt und AcI-Objekt gleichzeitig gescrambelt werden können: (i) weil eSj ihnt die Mutter [t. t. machen] ließ
4
Man vergleiche jedoch Bierwisch (1963:125), wo mildem folgenden Beispiel illustriert wird, daßauch indirekte AcIObjekte lang gescrambelt werden können (i) Man ließ der Feuerwehr am nächsten Tag die Polizei helfen
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Schließlich sind Acls mit einem thematischen Subjekt für Bindung selegierter Kategorien opak. (lOa) daß der Lehrer, [den Schuler. sich^Jihn^ waschen] läßt (lOb) daß der Lehrer, [den Schüler, für sich.,, arbeiten] läßt Bei kohärenten Kontrollinfinitiven kann diese Eigenschaft nicht getestet werden, da hier generell Subjektkontrolle vorliegt, und da lange Bindung keine Objekt-Antezedentia zuläßt. Aufgrund dieser Unterschiede wurden in Grewendorf (1987) für kohärente Kontrolünfinitive und Acls unterschiedliche Analysen vorgeschlagen. Im Anschluß an Rizzi (1982) wurden kohärente Kontrollinfinitive mithilfe einer Theorie der Restrukturierung analysiert, während für Acls - im Gegensatz zu Evers (1975) - „Verb-Raising" ohne „clause-union" angenommen wurde. Diese Analysen sind den folgenden Einwänden ausgesetzt. Zum einen bringt die Restrukturierungsanalyse eine Verletzung des Projektionsprinzips mit sich; zum anderen - darauf wird in Haider (1986,1986a) hingewiesen - ist die Bewegung des zw-losen Infinitivs in einem Acl ein syntaktischer Prozeß, der der unabhängigen Motivation bedarf. Haider (1986,1986a) schlägt daher alternative Analysen vor, die von der Beobachtung ausgehen, daß Infinitive im Deutschen nicht nur Prozessen unterliegen, die zum einen CP-Konstiruenten, zum anderen IP-Domänen betreffen, sondern sich auch auf satzgebundene Eigenschaften beziehen, wie sie für monosententiale Strukturen charakteristisch sind. Haider schließt daher, daß für die verschiedenen Typen deutscher Infinitivkonstruktionen unterschiedliche Strukturen anzunehmen sind Inkohärente Infinitive werden als CPs, kohärente Infinitive entweder als IPs (Acls) oder als monosententiale Strukturen (kohärente Kontrollinfinitive) analysiert. Die IP-Analyse soll sowohl der Opazität als auch der Verbkomplexbildung in Acls Rechnung tragen. Sie wird daher wie in Grewendorf (1987) mit einem Prozeß der Verbanhebung verbunden, der bei Haider jedoch durch ein auf Evers (1984) zurückgehendes Prinzip motiviert wird, demzufolge jedes Verb INFL-markiert sein muß. Unter der Annahme, daß Infinitive ohne zu kein INFL enthalten, läßt sich die Anhebung des eingebetteten Verbs dadurch motivieren, daß INFL-Markierung durch das Matrixverb möglich wird. Die Analyse kohärenter Kontrollinfinitive als basisgenerierte monosententiale Strukturen resultiert aus einem lexikalischen Prozeßder Verbkomplexbildung, der durch die Unifikation von Thetastrukturen ermöglicht wird. Dieser Prozeß wird in Analogie zur Verbkomplexbildung bei Auxiliar- und Hauptverb gesehen. Er kann daher als ein Prozeß der „Auxiliarisierung" kohärenter Infinitiwerben bezeichnet werden, der der folgenden Beschränkung für die Unifikation von Thetastrukturen unterliegt: die resultierenden Argumentstrukturen müssen mögliche Thetastrukturen morphologischer Simplex-Verben darstellen. Es ist klar, daß eine Analyse von Infinitivkonstruktionen, die eine gemeinsame zugrundeliegende Struktur annimmt und die jeweiligen Unterschiede aus unabhängigen Prinzipien ableitet, einem Ansatz vorzuziehen ist, der von drei verschiedenen Basisstrukturen ausgeht. Unabhängig von diesem explanatorischen Gesichtspunkt ist insbesondere zu Haiders Unifikationshypothese zu bemerken, daß sie nicht nur Bakers (1988) Hypothese der uniformen Thetazuweisung (UTAH) widerspricht, derzufolge identische thematische Relationen auf der Ebene der D-Struktur durch identische strukturelle Relationen repräsentiert sind, sondern daß sie überdies, wie Fanselow (1989) gezeigt hat, in
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einer Verletzung von Bakers (1988) „Case-Frame-Preservation-Principle" resultiert. Diesem Prinzip zufolge kann ein komplexes Verb nur genau die Kasus vergeben, die auch Simplex-Verben der betreffenden Sprache (potentiell) vergeben können. Nun zeigen die folgenden Beispiele (cf. Fanselow 1989, Olsen 1981), daß eine durch Unifikation bedingte Verbkomplexbildung zur Zuweisung von zwei Dativen bzw. einem Dativ und einem Genitiv führen würde, einem Kasusrahmen also, der von deutschen Simplex-Verben nicht lizensiert wird: (l l a) daß der Helden mir niemand zu gedenken schien (l Ib) weil sie mir dem Hans untreu zu werden scheint (l Ic) weil mir dem Hans die Sache über den Kopf zu wachsen scheint Ein weiteres Argument gegen eine monosententiale Struktur deutscher Raising-Infinitive besteht in der Beobachtung (cf. Fanselow 1989), daß das abgeleitete Subjekt das Dativkomplement eines Raising-Verbs nicht binden kann, cf. (12a) daß diese Politiker ihr korrupt zu sein scheinen (12b) *daß diese Politiker, einander]sich, korrupt zu sein scheinen Rizzis (1982) Erklärung des analogen Phänomens aus dem Italienischen, cf. (13) *Gianni.sii sembra t.essere intelligente G. sich scheint zu sein intelligent rekurriert wesentlich auf eine durch NP-Bewegung erzeugte Spur.5 In einer monosententialen Repräsentation wäre für eine derartige Spur jedoch keine Position verfügbar. Fanselows eigene Analyse versucht, die Möglichkeit langen Scramblings auf der Basis der folgenden Annahmen zu erklären. Kohärente Infinitive werden als IPs angesehen, da im Gegensatz zu CPs an IPs adjungiert werden kann. Der Tatsache, daß ein kohärenter Infinitiv selbst nicht gescrambelt werden kann, wird mit der Stipulation begegnet, daß IPs weder an IP noch an VP adjungiert werden können. Um langes Scrambling aus einer Komplement-CP zu verhindern, wird schließlich eine Lokalitätsbeschränkung für Scrambling angenommen, derzufolge für Ketten, die in einer adjungierten Position enden, jede maximale Projektion eine Barriere darstellt. Gegen eine IP-Analyse kohärenter Infinitive lassen sich die folgenden Einwände vorbringen. Zunächst ist klar, daß sie für kohärente Kontrollinfinitive Rektion von PRO impliziert und damit den Kontrast zwischen den verschiedenen Typen kohärenter Infinitive verwischt. Eine IP-Analyse impliziert desweiteren, daß W-Extraktion aus einem kohärenten Infinitiv zur Vermeidung einer Subjazenzverletzung über einen Adjunktions-Zwischenschritt erfolgen muß: (14) [t. anzurufen] hat t. Peter den Studenten. nicht t. versucht
s
Vgl. zu dieser Eiklärung auch Belletti/Rizzi (1988).
Kohärente Infinitive und Inkorporation
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Eine derartige Adjunktion an die Matrix-IP kann jedoch nicht generell zugelassen werden, wie das folgende Beispiel zeigt: (15) *weil /r anzurufen] Peter den Studenten, versucht hat Eine Analyse, derzufolge kohärente Infinitive CPs sind, kann Topikalisierungen wie in (14) ohne Adjunktion an IP analysieren, da die CP-Spec-Position für zyklische W-Extraktion zur Verfügung steht Schließlich wäre eine Analyse vorzuziehen, derzufolge der Kontrast zwischen (16) und (17), cf. (16) *weil [t. zu fragen] der Student den Professor, nicht wagte (17) weil [den Professor zu fragen] der Student nicht wagte nicht dadurch erklärt wird, daß man für (16) Adjunktion einer IP, für (17) jedoch Adjunktion einer CP annimmt. Wünschenswert wäre vielmehr eine Analyse, derzufolge dieser Kontrast auf der Basis einer uniformen Struktur mithilfe unabhängiger Scrambling-Restriktionen erklärt wird.
2. Bakers Theorie morphologischer Kausative Die Überlegungen des vorhergehenden Abschnitts zeigen, daß eine deskriptiv und explanativ adäquate Theorie deutscher Infinitivkonstruktionen noch aussteht. Im folgenden soll gezeigt weiden, daß Bakers (1988) Theorie der Verbinkorporation bei Kausativkonstruktionen einen theoretischen Rahmen bereitstellt, auf dessen Grundlage sich eine einheitliche und möglicherweise erklärungsadäquate Theorie kohärenter Infinitivkonstruktionen konzipieren läßt. Baker zufolge ist Verbinkorporation ausgelöst durch Lasniks Filter und restringiert durch das ECP. In Sprachen, deren Kausativkonstruktionen Verbinkorporation aufweisen, entsteht dadurch scheinbar ein Dilemma: Einerseits verlangt das Kausativmorphem einen lexikalischen Träger, andererseits ist das dafür in Frage kommende eingebettete Verb durch Barrieren von dem Matrixverb getrennt Um also sowohl Lasniks Filter als auch dem ECP Genüge zu tun, muß das eingebettete Verb innerhalb des eingebetteten Satzes in eine Position gelangen, von der aus Inkorporation in das Matrixverb ohne ECPVerletzung möglich ist. Nach Bakers Theorie der Barriere umfaßt der Barrierenbegriff inhärente Barrieren und Minimalitätsbarrieren. Nicht-selegierte maximale Projektionen sind inhärente Barrieren. Sie können überwunden werden, wenn man an sie adjungieren kann. Minimalitätsbarrieren sind wie folgt definiert: (18) Bakers Begriff der Minimalitätsbamere In der Struktur[xp...a...[Yp...ß...]] stellt YP eine Minimalitätsbarriere zwischen und dar, wenn (i) der Kopf Y° distinkt ist vom Kopf X°, und (ii) von Y° selegiert wird, oder von einer von Y° selegierten ZP inkludiert wird. Darausfolgt, daß zwischendem Matrixverb undder eingebetteten Verbposition die Minimalitätsbarrieren
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VP, IP und CPintervenieren. Die durch das ECP beschränkte X°-Bewegung, die zur Inkorporation von eingebettetem Verb und kausativem Verb führt, kann nun nach Baker (1988) auf zwei strukturellen Wegen realisiert werden, die zugleich die zwei möglichen Typen kausativer Strukturen repräsentieren. Die eine besteht in der Bewegungder eingebetteten VPin die eingebettete CP-Spec (von jetzt an: TOP) Position; die andere in der (Kopf-) Bewegung des eingebetteten Verbs in die eingebettete C-Position: (19) VP-Bewegung nach TOP (VP-zu-TOP) (am Beispiel SVO)
(20) Verbbewegung über C (V-zu-C) (am Beispiel von SVO) ___ CP __ I _VP_ __
-
(NP...)
VP-zu-TOP-Bewegung kreuzt den -Knoten. Dieser ist zwar keine inhärente Barriere, da von C selegiert, aber eine Minimalitätsbarriere. Um zu garantieren, daß die VP-Spur streng regiert ist, bieten sich die folgenden Erklärungsmöglichkeiten an: Entweder man nimmt an, daß I streng regiert, oder man nimmt an, daß durch LF-Inkorporation von I nach C die IP-Barriere geöffnet wird (cf. Baker 1988:459 Anm. 16; Grewendorf/Sabel 1991). Die V°-Bewegung erfolgt über I nach C und erfüllt somit das ECP. Zwischen C und dem Matrixverb interveniert ebenfalls weder eine inhärente Barriere (CP ist selegiert) noch eine Minimalitätsbarriere (Nichtdistinktheit der Köpfe). Welche der strukturellen Möglichkeiten (19) und (20) eine Sprache realisiert, hängt von Faktoren der Kasuszuweisung ab. Entscheidend sind dabei die folgenden Annahmen: (2 1 ) Restriktionen der Kasuszuweisung (2 1 a) Bei Inkorporation lexikalischer Kategorien in lexikalische Kategorien wird struktureller Kasus von dem Inkorporationsprodukt zugewiesen. (21 b) Für die Zuweisung struktureller Kasus gilt eine Adjazenzrestriktion. (21c) Das komplexe Inkorporationsprodukt kann nur soviele strukturelle Kasus zuweisen, wie in der jeweiligen Sprache von Simplexverben zugewiesen werden können.
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In einer Kausativkonstruktion mit einem eingebetteten transitiven Verb braucht man für zwei NPs einen Kasus: das eingebettete Subjekt und das eingebettete Objekt. Wie dies in einer Sprache gewährleistet werden kann, deren Verben zwei strukturelle Kasus zuweisen können, läßt sich wie folgt illustrieren (Baker 1988:Kap.4). Sprachen, in denen diese Situation vorliegt, sind z. B. Kinyarwanda für den SVO-Typ und Japanisch für den SOV-Typ. Es ist klar, daß in Sprachen dieses Kasustyps Adjazenz keine Rolle spielt, da auch bei Simplexverben offenkundig ein struktureller Kasus ohne Adjazenz zuweisbar ist. Unter kasustheoretischem Aspekt können dann beide Strukturen (19) und (20) realisiert sein, wobei für die VP-zu-TOP-Lösung eine Zusatzbedingung zu erfüllen ist: Da derC-Kopf CP zur Minimalitätsbarriere zwischen Matrixverb und Kausativsubjekt macht, kann die VP-zu-TOPStruktur in einer solchen Sprache nur dann realisiert sein, wenn das kausative Verb die nach Baker typische ECM-Eigenschaft der C-Tilgung aufweist. Im Gegensatz zum Kinyarwanda, in dem beide Kausativstrukturen anzutreffen sind, weist das Japanische diese Eigenschaft nicht auf, so daß hier nur der V-zu-C-Typ realisiert ist. Nun gibt es aber neben der strukturellen Kasuszuweisung noch andere Möglichkeiten, NPs durch Ausstattung mit einem Kasus „sichtbar" zu machen: (22) Formen der Kasuszuweisung (22a) Struktureller Kasus (22b) Inhärenter Kasus (22c) Markiertes Kasusverfahren (z. B. „Dativisierung" in romanischen Sprachen) (22d) Inkorporation Eine Sprache, die nur einen strukturellen Kasus zuweist, aber dafür auch über das Kasusverfahren (22b) verfügt, ist z. B. Chimwiini. Berücksichtigt man, daß der inhärente Kasus wegen seiner Gebundenheit an eine thematische Rolle immer nur einem Objekt auf der Ebene der D-Struktur zugewiesen werden kann, dann sieht man an der folgenden Struktur, daß die Adjazenzrestriktion für die Zuweisung des strukturellen Kasus prognostiziert, daß die VP-zu-TOP-Variante in einer SVOSprache dieses Kasustyps selbst dann nicht vorliegen kann, wenn C-Tilgung gegeben wäre, da die Subjekt-NP* für die strukturelle Kasuszuweisung durch das Matrixverb dann nicht adjazent ist6
Die beiden Typen kausativer Konstruktionen haben unterschiedliche Implikationen bezüglich unabhängiger syntaktischer Eigenschaften. So läßt sich zeigen, daß lange Reflexivierung und lange 6
Entsprechend kann eine SOV-Sprache dieses Typs (wie z. B. Eskimo)die V-zu-C-Struktur nicht realisieren (cf. Baker 1988:185).
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Passivierung nur bei einer VP-zu-TOP-Struktur möglich ist, während Passivierung des eingebetteten Verbs bei einer VP-zu-TOP-Struktur nicht möglich erscheint. Um einzusehen, daß lange Reflexivierung nur in der VP-zu-TOP-Struktur möglich ist, betrachte man die Struktur (19). Es zeigt sich, daß eine subjektorientierte Anapher in der eingebetteten VP (in CPSpec) vom eingebetteten Subjekt nicht mehr c-kommandiert ist, so daß dieses nicht mehr als Antezedens fungieren kann. Eine solche Anapher ist vielmehr vom Matrixverbkomplex regiert, so daß der Matrixsatz als lokaler Bindungsbereich fungiert. Die Prognose lautetdamit, daß in der VP-zu-TOPStruktur bisententiale Bindungseffekte verschwinden, und das Matrixsubjekt als Antezedens einer Anapher in der eingebetteten VP fungiert. Eine Bestätigung dieser Prognose liefert die Sprache Malayalam, die eine VP-zu-TOP-Kausativ-Struktur aufweist, und in der nur das Matrixsubjekt, nicht aber das eingebettete Subjekt als Antezedens eines eingebetteten Objekt-Reflexivums fungieren kann (Baker 1988:213). Dasselbe Phänomen zeigt sich nach Baker (1988:214) im Eskimo, einer SOVSprache mit einer VP-zu-TOP-Kausativstruktur.7 Lange Passivierung, d. h. Passivierung des Matrixverbs mit NP-Bewegung des eingebetteten Objekts in die Matrixsubjektposition, wie man sie auch in deutschen kohärenten Kontrollinfinitiven findet, ist deshalb nur bei einer VP-zu-TOP-Struktur möglich, weil bei der alternativen Struktur aufgrund des intervenierenden eingebetteten Subjekts eine Verletzung von Bindungsprinzip A vorliegen würde.* Daß Passivierung des eingebetteten Verbs bei VP-zu-TOP-Strukturen nicht möglich ist, folgt nach Baker aus neueren Passivtheorien (Jaeggli 1986, Baker 1988, Baker/Johnson/Roberts 1989), denenzufolge das Passivmorphem als affixales (externes) Argument in INFL repräsentiert wird, wo es eine thematische Rolle und Kasus erhält. Eine VP-zu-TOP-Struktur ist nach Baker (1988:418) nicht mit der Tatsache zu vereinbaren, daß das eingebettete Verb das Passivmorphem in INFL aufnehmen muß: Entweder das Passivmorphem strandet in INFL und Lasniks Filter ist verletzt, oder das Verb wird nach INFL angehoben, was dazu führt, daß es seine Spur in der in TOP befindlichen VP nicht regiert, und daß es darüber hinaus nicht in das affixale Matrixverb inkorporieren kann.9 Baker sieht die Prognose über die Passivierung des eingebetteten Verbs bei VP-zu-TOP durch Sprachen wie das Italienische bestätigt, cf. (24) *Pierofa essereletti quei brani da Giovanni P. läßt gelesen werden diese Abschnitte von G. Die Tatsache, daß in V-zu-C-Kausativstrukturcn Passivierung im eingebetteten Satz möglich ist (cf. Baker 1988:408ff.), kann als Evidenz gegen eine lexikalische Analyse von Kausativstrukturen, wie sie z. B. in Zubizarreta (1985) für romanische Sprachen vorgeschlagen wird, angesehen werden.
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Für Sprachen dieses Typs, bei denen oblique Phrasen (adverbiale PPs) nur das eingebettete Subjekt als Antezedens erlauben, muß angenommen werden, daß diese die VP-Bewegung nicht mitmachen, da sie außerhalb von VP generiert sind. Es ist klar, daß die Möglichkeit langer Passivierung mit Restrukturierung der bewegten VP interagieren kann. Bei Baker bleibt allerdings unklar, warum die X°-Kategorie V+PASS nicht unabhängig von erfolgtem VP-zu-TOP über die C-Position in das Matrixverb inkorporieren kann.
Kohärente Infinitive und Inkorporation
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Man könnte nun annehmen, bei Kausativkonstruktionen mit eingebetteten intransitiven Verben mache es keinen Unterschied, ob die VP-zu-TOP- oder die V-zu-C-Altemative selegiert wird, da sich in beiden Strukturen das eingebettete Subjekt wie ein Objekt verhält. Es läßt sich jedoch zeigen, daß bei intransitiven Verben in den jeweiligen Sprachen genau dieselbe Kausativstruktur vorliegt wie bei transitiven (cf. Baker 1988:416).
3. VP-zu-TOP und kohärente Kontrollinfinitive Unter Rekurs auf Bakers Idee, eine eingebettete infinitivische VP in die TOP-Position zu bewegen, hat Sternefeld (1990) eine Infinitivanalyse vorgeschlagen, derzufolge kohärente Kontrollinfinitive im Deutschen obligatorisch VP-zu-TOP-Bewegung aufweisen. Im Gegensatz zu inkohärenten Konstruktionen, bei denen Stemefeld zufolge das Matrixverb einen leeren Complementizer C-selegiert, über den das - im Sinne von Bech (1955) statusregierende - Matrixverb dem eingebetteten Verb „verbalen Kasus" verleiht, wird für Verben, die kohärente Konstruktionen zulassen, angenommen, daß kein leerer Complementizer C-selegiert wird. Obligatorische VP-zu-TOP-Bewegung ergibt sich dann aus der Notwendigkeit, daß für die Zuweisung von verbalem Kasus nun das eingebettete Verb selbst inden Rektionsbereich des Matrixverbs gelangen, und d. h. insbesondere, die Minimalitätsbarriere neutralisieren muß.10 Ein Satz wie
(25) weil Peter den Computer zu reparieren versucht hat demnach die folgende Ableitung: (26)
CP_
CP_^ V'_ TOP jC'
V VP" IP versuchden Computer NP zu reparieren rdnungerhälLUnd(48c)schließlichstelltwohlgarkeinensomonosententiellen Verbkomplex dar, wie Bayer/Komfilt sehen wollen. Man vergleiche (48c"), was nur so zu erklären ist, daß keine integrierte Verbgruppe vorliegt. 8
Ich habe im Moment keine unabhängigen Nachweise dafür, daß thematische Valenz oberflächlich rektionsrichtungsgebunden sein sollte, syntaktische, subkategoriale Valenz dagegen unabhängig davon S-stnikturelle Verschiebungen erlaubt Ein indirekter Hinweis für die Gültigkeit dieser Annahme wäre allenfalls, daß sich Ellipsen thematisch rekonstruieren lassen.
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Werner Abraham
(48) c" *[das Auto zu reparieren vergessen} hat der Hans nicht c "' [das Auto zu reparieren] hat der Hans nicht vergessen Wenn [DO + Inf. + InfJ keine Konstituente ist, liegt wohl auch keine Anhebung vor. Daß (48b') im Gegensatz zu (48b) akzeptabel ist, führe ich auf die durch Klammerung angedeutete Inkorporation zurück.
(48) b'
daß [das [Auto (zu) reparieren]} vergessen wurde
Die zweite Serie von Erörterungen gilt einigen feinen Beobachtungen und deren eingehenden Diskussion bei Haider (1988a). Vgl. (49a,b).
(49) a b
*weil es (ihr) der Max versprach pünktlich abzugeben weil (ihr) der Max versprach es pünktlich abzugeben
(49a) sollte nach unseren Annahmen erst Extraposition der gesamten Infinitivergänzung und nachfolgende Linksversetzung des enklitischen es sein, ist es aber im Gegensatz zu (49b) nicht Haider (1988a:75f.) schließt daraus, daß von einem sententiellen, also CP-Infinitiv auszugehen ist, derja nach unserer Annahme „basis-extraponiert" erscheint, also die skizzierte Ableitung nicht erlaubt. Die zweite Erörterung gilt Haider (l 988a; später mit Erweiterungen zum Beobachtungsbereich auch Haider 1988c:35ff.), der das enklitische es im unakzeptablen (50a) als Nachweis dafür sieht, daß eine interne Satzgrenze, also ein CP-Knoten existiert.
(50) a b
*weil es (ihr) Max versprach pünktlich abzugeben weil (ihr) der Max versprach es pünktlich abzugeben
Würde nämlich, so Haider (1988a:75), keine Satzgrenze vorliegen, dann sollte (50a) grammatisch sein - was es nicht ist Wir müßten also, um Haider zu folgen, Satzgrenze, also Infinitivsententialität und Expraposition, fordern, um (50b) zu erreichen, etwa im Sinne von (50c).
(50) c
weil der Max [^ PRO es ihr pünktlich abzugeben] versprach
Dies widerspricht jedoch der Transparenzannahme, die wir oben im Sinne Kosters getroffen haben und wonach IP-Status, also gerade kein Satzstatus für das Infinitivkomplement angesetzt wurde. Wie ist diese letztere Annahme nun aber mit (50a) vereinbar? D.h. wieso ist das Klitikum in der Wackernagelposition nicht möglich? Das enklitische es sollte nun die Ungrammatikalität in dieser Position mit jeder anderen NP teilen. Würde sich dagegen herausstellen, daß nines wackernagelstellungsempfindlich ist, dann wäre Haiders Argumentation nicht mehr stichhaltig. Man vgl. nun (51a-d).
(51) a b c d
* weil ihr das Paket Max versprach pünktlich abzugeben *lweil ihr Max das Paket versprach pünktlich abzugeben weil ihr Max das Paket pünktlich {versprach abzugeben] weil ihr Max pünktlich Idas Paket versprach abzugeben]
WennpiMr/jcAals Adverb außerhalbvonVPsteht,ist das Objekt des Komplementinfinitivs, «ÄwPote/,
Infinitivergänzungen
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in (54c,d) frei nach links verstellt („scrambling"). D.h. aus (50b) kann sehr wohl - gegen Haiders Annahme - herausversetzt werden! Der es-Fall hat dann offenbar eigene Ursachen, zwingt aber nicht zur Annahme einer CP-Barriere; nur diese spräche für Intransparenz und gegen Extraposition (da ja - völlig unplausibel - mit Extraposition der kategoriale Status des Infinitivkomplements wechseln würde). Wir können also auch angesichts des Haiderschen Befunds für Beispiele wie (50) bei der verfochtenen IP-Analyse bleiben (ohne zugegebenermaßen die ungrammatische ^-Erscheinung in (50a) erklären zu können). Alle CP-Annahmen Haiders liefern im Prinzip dieselben Schwierigkeiten für die hier verfochtene Analyse, da nur IPs in linksregierten Kasuspositionen stehen dürfen. CP-Strukturen verbieten sich im Mittelfeld. Betrachten wir dazu die Satzumstellung in (52), die nach Haider (1988a:75f.; sein (7a,b)) für Satzwertigkeit des Infinitivkomplements spricht. (52) a b
weil [es pünktlich aufzugeben], ihr Max t. versprach * weil {pünktlich tk aufzugeben]. esk ihr Max t versprach
es steht in (52a) in kanonischer Linksrektion ebenso wie ihr, allerdings regiert durch jeweils verschiedene Verben. Die Verschiebungswege sind durch Spuren angedeutet. In (52b) hat zuerst die kVerschiebung, dann die j-Verschiebung stattgefunden, also eine Verschiebung mehr als in (52a). Bei zweifacher Verschiebung können „freezing"-Effekte auftreten; und tatsächlich ist es aus einer bereits linksversetzten Konstituente, j, erneut rechtsversetzt worden, was nach allgemeinen Beobachtungen zu Identifikationsschwierigkeiten führt. Auch hier also ist die es-Stellung anders zu erklären und kann nicht für den Schluß auf Satzwertigkeit verwendet werden. Im besonderen kann der,.Festfriereffekt" auch für Elementstellungen geltend gemacht werden, wo Haider (1988a:76) unveränderbar eine Verbalkonstituente sieht (Haiders (8a,b)). (53) a b c
*weil esi ihr Max [t pünktlich abzugeben] feierlich t. versprach weil ihr Max [es pünktlich abzugeben], feierlich t versprach *weil's er ihr pünktlich abzugeben feierlich versprach
Auch in (53a) hegt, wie die Spurenchronologie zeigt (j natürlich vor i), zweifache Versetzung vor, so daß das enklitische es - auch wenn es wirklich enklitisch vorliegt wie in (53c) - aus t nicht mehr verschiebbar ist. Der letzte Erscheinungstyp betrifft das sog. „lange Passiv". Die Argumentation Haiders (1988a:78; seine Beispiele unter (13)) geht hier so: Da das Objekt, welches die Subjektmarkierung erhält, verbregiert sein muß, kann nicht über eine Satzgrenze hinaus passiviert werden. Die entscheidenden Beispiele sind (54a-d). (54) a b c d e
Er wurde den Wagen zu reparieren gebeten *Der Wagen wurde ihn zu reparieren gebeten Der Wagen wurde zu reparieren versprochen *Der Wagen wurde versprochen schleunigst zu reparieren *Der Wagen wurde von ihm zu reparieren versprochen
Wenn bestimmte Verben - natürlich nicht alle, die Infinitive regieren - Passivierung aus dem Komplement heraus erlauben, sollte sich eine satzwertige Variante von einer nichtsatzwertigen deutlich scheiden lassen - was Haider durch den Unterschied zwischen (54c) gegen (54d) bestätigt
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Werner Abraham
sieht Dieser Schluß steht und fällt mit der Grammatikalität von (54c) - den ich nicht akzeptiere: Seine Lesart ist fraglich bis völlig undurchsichtig. Und er dürfte nach bereits oben geführten Erklärwegen auch gar nicht grammatisch sein; denn die agentive Passivlesart sollte über echte Rektion, d.h., cKommandierung verfügbar sein, was aber in (54c) nicht vorliegt. Man vgl. (54e), wo das AG-PP ebenso wie in (54c) nur implizit, nicht jedoch über die benötigte c-Kommandierrelation erreicht werden kann (meine Grammatikalitätsbeurteilung; W.A.).9 (54) e
*Der Wagen wurde von ihm zu reparieren versprochen
Die Diskussion der Haiderschen Beispiele sollte zeigen, daß zu der seit Bech (1955) honorierten Position (so auch bei Stechow/Sternefeld 1988), daß aufgrund bestimmter strukturellerundlexikalischer Bedingungen bei bestimmten Infinitivkomplementen von Fakultativität zwischen Satzwertigkeit und Nichtsatzwertigkeit auszugehen ist, möglicherweise das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Es konnte weiter gezeigt werden, daß die Zurückweisung dieses Befunds auf einem allgemein und unabhängig entwickelten theoretischen Boden steht.
8. Schluß und Folgerung Aus all diesem läßt sich mit geringfügigen Ergänzungen eine wesentliche Schlußfolgerung ziehen, die die modulare Organisation der Grammatik schlechthin betrifft. Man beachte zuerst (55). (55) a b
X believed Mary to be president Mary was believed [t to be president]
Koster (1990:199) sieht in dem Umstand, daß das Subjekt in (55b) im eingebetteten Satz infolge der eigentlichen thematischen Bindung rekonstruierbar bleibt, einen Nachweis für die Vermutung Chomskys (1973) und gegen die Anhebungsanalyse (und damit Reanalyse der Verbgruppe) Postals (1974), daß Passivierung eine rein formale Operation ist, nämlich ungeachtet der thematischen Verbeigenschaften bloß Subjektvorstufung des direkten Objekts umfaßt. Bei ACI-Verben besteht ja keine semantische Beziehung zwischen einbettendem Verb und dem akkusativischen eingebetteten Infinitivsubjekt. Keine Analyseebene weist dieses NP als Argument des einbettenden Verbs believe aus. Passivierung und die ACI-Bildung im Englischen seien dann zentrale und autonome Operationen der Kerngrammatik, die sich unbeschadet der Verbargumentstrukturen auf der Grundlage der XProjektionstheorie (X-quer-Theorie) und darauf gründenden Begriffen der Prominenz (wie cKommandierung) und der Lokalität bestimmen (Koster 1990:199). Dieser Gedanke läßt sich nun auch bei unseren Infinitivergänzungen verfolgen und zwar bei Reflexiven kausativer ACI-Konstruktionen. Wieder wählen wir solche Beziehungen, die über einen Satz- und Verbrektionsbereich hinausreichen.
9
Entscheidungen wie die letzte, nämlich die Grammatikaliiät eines einzigen Beispiels in Frage zu stellen und weitreichende Schlüsse der hier vorgeführten Art daran zu knüpfen, können nicht befriedigen. Möglicherweise habe ich mich hierbei auf meine „eigene Grammatikentscheidung" zurückzuziehen - was die methodische Aporie nicht bessert.
Infinitivergänzungen
(56) a b c d
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Er ließ [sich (selbst) befördern] Sie sprach [namens ihrer selbst] Die Klagenfuner Autoren lasen [die Bücher voneinander] He believes [himself to be a genius]
Das Reflexiv in (56d) kann ganz deutlich nicht auf die thematische Struktur von believe rekurrieren, da das einbettende Verb einfach nie ausschließlich einen einfachen Personakkusativ regiert (X believes him *(to-Infinitiv)). Dasselbe Argument trifft die deutschen Beispiele: lassen+DO hat eine andere, nämlich nichtkausative, Bedeutung als in (56a). D.h., auch die Reflexivierungsbeispiele lassen sich als Argumente dafür ins Treffen führen, daß Reflexivierung nicht, wie (nach Jespersen (1933)) erneut durch Reinhart/Reuland (1990) angenommen, über Koargumentstatus von Antezedens und Reflexiv unter ein und demselben Prädikat zu erklären ist - was ja den Bereich der thematischen Reichweite des Prädikats erfaßt. Man beachte, daß (56b) und (56c) aus anderen, unabhängigen Gründen gegen thematische Domänenbindung spricht - sie und ihrer selbst können ja mit ihrem Adjunktstatus nicht Koargumente unter einem einzigen Prädikat sein (worauf schon Koster (1985) hingewiesen hat, und was ihn dazu führte, den syntaktischen Domänenbegriff in die Grammatikdiskussion einzuführen, der sich ja nicht aus dem Koargumentbegriff unter ein und demselben Prädikat definiert).
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Werner Abraham
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Hubert Haider Fakultativ kohärente Infinitkonstruktionen im Deutschen
1. Überblick Die Syntax der infiniten Komplemente des Deutschen (und anderer westgermanischer SOVSprachen) birgt eine Reihe von Besonderheiten, die sich mit Rekurs auf die an der Analyse des von SVO-Sprachen (namentlich Englisch, sowie einigen romanischen und skandinavischen Sprachen) gewonnenen Einsichten und Techniken nicht einsichtig erklären lassen, wofür die in Abschnitt 3 zu besprechenden Ansätze Zeugnis ablegen. Sie gehen alle davon aus, daß ein Infinitiv-Komplement ursprünglich satzwertig sein müsse, und die kohärente Konstruktion eine Ableitungsvariante der inkohärenten bilde. Es gibt aber eine Reihe von Fakten, unbemerkt gebliebene, nicht verstandene, oder bisher nicht ausreichend gewürdigte, an denen die momentan kursierenden derivationellen Theorien erfolglos enden. Einige dieser Daten werden in Abschnitt 2 präsentiert. In Abschnitt 4 wird ein prinzipiell anderer, weil nicht-derivationeller, syntaktischer Zugang skizziert, der mit diesen Fakten zu Rande kommen soll: Die kohärente Konstruktion wird als basisgenerierte Konstruktion mit komplexer Projektionsbasis (Verbalkomplex) erklärt. Der Nachweis dafür wird in Abschnitts geliefert. 2. Zur Faktenlage Die Aufmerksamkeit, die der kohärenten Infinitkonstruktion in jüngerer Zeit zuteil wurde, galt mehr den technischen Problemen der grammatischen Analyse denn der Absicherung der empirischen Grundlage. Diese birgt, wie im folgenden zu zeigen ist, einige noch nicht adäquat gewürdigte Eigenheiten der Konstruktion, die mit den bisherigen Analysevorschlägen (siehe Abschnitt 3) nicht im Einklang stehen. Zu den unkontroversen Charakteristika der fakultativ kohärenten Infinitkonstruktionen, die sich in der Auseinandersetzung mit der Evers'schen Pionierleistung (Evers 1975) im Rahmen der generativen Grammatik und der Rezeption von Bech (1955/57, Reprint 1983) herauskristallisierten, zählen folgende grammatische Eigenschaften. Kohärenzeigenschaften1, deskriptiv2: 1
Kohärent sollen im weiteren jene Konstruktionen heißen, dieden genannten Eigenschaften entsprechen. Darunter ist, anders als bei Bech, kein topologisches Kriterium angesprochen. Ein infinitivisches Komplement im Mittelfeld kann kohärent oder inkohärent konstruiert sein. 2 Die folgende Auflistung ist nicht exhaustiv, sondern charakterisierend. Es gibt Bereiche, die noch der Untersuchung harren. Als Beispiel sei das Bindungssystem genannt. Die Lokalitätsdomänen der Bindungsprinzipien sind durch den Kohärenzfaktor beeinflußt: (i) Max hat ihr nicht erlaubt, sich, zu schminken (ii) *Zu schminken erlaubt hat ihr. sich. Max nicht (iii) ?Zu schminken erlaubt hat ihr sie Max nicht Der Kontrast zwischen (ii) und (iii) wird durch das Reflexivum ausgelöst, das ein geeignetes Antezedens vermißt.
76 (la) (lb) (lc)
Hüben Header Verbalkomplex „monosententiales" Mittelfeld beschränkt auf eine Teilmenge der Kontrollverben
Aus (la) ergeben sich z.B. folgende Eigenschaften: (2a) (2b) (2c) (2d) (2e)
vorfeldfähige Verbkette Skopus eines skopustragenden Elements umfaßt alle Verben nicht aufspaltbare Verbkette Finitumstellung mit Ersatzinfinitiv vor das eingebettete Verb (marginal) „langes" Passiv
(Ib) bedingt z.B. diese Eigenschaften:3 (3a) (3b) (3c) (3d)
Wackernagelumstellung vor Matrixsubjekt keine Satzumstellung im Mittelfeld4 lange Extraposition keine separaten Negationsdomänen
Diese Phänomene werden in Haider (1987), Stechow/ Stemefeld (1988), Jacobs (1990, 1991) und anderen einschlägigen Untersuchungen diskutiert. Je ein Beispiel in der Reihenfolge der Aufzählung möge die Erinnerung auffrischen. Die Beispiele in (4) und (6) illustrieren die Charakteristika in (2) bzw. (3).
(4a) (4b) (4c) (4d) (4e)
[zu traktleren verstanden] hätte er die Mägde schon5 daß er das rocht zu behalten vermochte (uA.: nicht vermochte, das zu behalten) *daß sichMax [ei zu konzentrieren] kaum vermochte daß er sie nicht erst hat zu überreden versuchen müssen (?)zu reparieren versucht wurde der Wagen bis jetzt noch nicht
3
Es gibt noch manche andere Indikatoren für die Clause-Union-Eigenschaft der kohärenten Konstruktion, wie etwa die Pronominalserialisierung an der Spitze des Mittelfeldes. Gehören die Pronomina alle demselben Satz an, ist ihre Serialisierung festgelegt auf NOM > ACC > DAT: (i) daß er ihn ihr vorstellte (ii) daß erihr [ihn(i) zu vergessen] empfohlen hat (iii) ??Zu vergessen empfehlen müßte er ihr ihn nicht (iv) Tu vergessen empfehlen müßte er ihn ihr nicht (v) *Zu vergessen empfehlen müßte er ihni ihr nicht In (ii) ergibt sich die zulässige, abweichende Serialisierung dadurch, daß die Pronomina zwei unterschiedlichen Sätzen angehören. Die Topikalisierung in (iii) aber bedingt die Normalserialisierung für Pronomina und verhindert Koreferenz. Beide Eigenschaften sind erwartet, wenn Kohärenz mit monosententialer Struktur einhergeht 4 Diese Restriktion ist am einfachsten bei obligat kohärenten Konstruktionen zu erkennen. In diesem Fall führt Umstellung zu Ungrammatikalität. (i) *daß ihn zu kennen Fritz nicht scheint 1 Bech (1983:121)
Fakultativ kohärente Infinitive
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Tritt, wie in (4c), ein Adverb zwischen Infinitivkomplement und Matrixverb, dann kann nur mehr ein satzwertiges Komplement vorliegen, und dieses bildet die lokale Domäne für die Pronominalvoranstellung. Eine wohlgeformte Variante von (4c) ergibt sich durch Plazierung des Adverbials vor den Infinitiv (siehe 5a). Das Bemerkenswerte an (4e) ist die relative Akzeptabilität im Vergleich zur unakzeptablen Variante (5b) mit Akkusativ statt Nominativ. (5a) (5b)
daß sick Max kaum [ei zu konzentrieren] vermochte *z« reparieren versucht wurde den Wagen bis jetzt noch nicht
(6a) (6b) (6c) (6d)
daß sich Max zu wundern vergaß ? daß [sich nie zu entschuldigen] Max vergißt daß [er [die Tür ej zu öffnen zu versuchen wagte] [die zur Gruft führt]. *Folge zu leisten versucht hat niemand seinen A nordnungen nicht
Die Marginalität von (6b) rührt daher, daß das Adverbial sich nur auf den Infinitiv beziehen kann, was wiederum durch die Voranstellung des Komplements verursacht wird. Die Umstellung ist nur mit satzwertigen Infinitiven möglich. Nur nicht-umgestellte Infinitive können kohärent sein. Daraus erklärt sich der Kontrast zu (7a). Hier hat das Adverbial Skopus über das Matrixverb, obwohl es in das Komplement eingebettet zu sein scheint. Dies ist nur unter Kohärenz möglich. Der Verlust dieser Bezugsmöglichkeit bei Umstellung ist Evidenz für das Fehlen der KohärenzOption. Extraposition, d.h. die Adjunktion eines Satzes an eine Matrixkonstituente, ist eine lokal beschränkte Konstruktion, wie (7b) illustriert. Die Zielposition der Extraposition ist die Adjunktionsposition des Matrixsatzes. Da in (7b) das Infinitivkomplement umgestellt ist, muß es sentential sein und daher die lokale Domäne für die Extraposition bilden. Extraposition an das Ende des Gesamtsatzes verletzt die Lokalitätsbedingung. Eine grammatische Variante zu (7b) liegt in (7c) vor. (7a) (7b) (7c)
daß Max sich nie zu entschuldigen vergißt *daß [die Tür [e. zu öffnen] niemand je zu versuchen wagte [die zur Gruft führt]. daß [[die Tür zu öffnen] die zur Gruft führt] niemand je zu versuchen wagte
Negation eignet sich insofern als Kohärenzindikator, als pro Teilsatz nur ein Negationselement in der Funktion der Satznegation zulässig ist. In der inkohärenten Konstruktion liegen zwei Teilsätze vor, somit gibt es auch zwei Negationsdomänen. Die kohärente Konstruktion aber ist eine singuläre Domäne. (8a) (8b) (8c) (8d)
daß das kein vernünftiger Mensch leugnen kann daß das ein vernünftiger Mensch nicht leugnen kann ? ?daß das kein vernünftiger Mensch nicht leugnen kann6 daß niemand [seinen Anordnungen nicht Folge zu leisten] versucht hat
* Dieser Salz kann nur mit sich aufhebender Negation interpretiert werden, d.h. in der Lesart „Es gibt keinen vernünftigen Menschen, der das nicht leugnen kann". Diese Variante istaber wohl deshalb marginal, weil sich der Sachverhalt auch ohne Negation ausdrücken laßt und Mehrfachnegationen besondere Verarbeitungserschwemisse bilden.
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Hubert Haider
Wenn, wie in (8c), zwei Negationselemente auftreten, muß, wie der Vergleich mit (8d) veranschaulicht, ein satzwertiges Komplement vorhanden sein, das das zweite Negationselement beherbergt. Damit ist aber die für die kohärente Konstruktion typische Voranstellbarkeit des Verbalkomplexes, bestehend aus Matrixverb und Infinitiv (zusammen mit dessen nicht separierbaren Bestandteilen), ausgeschlossen, wie (6d) illustriert. Was schließlich (Ic) - die Frage nach der Charakterisierung der kohärenzfähigen Matrixverben anlangt, so herrscht Einigkeit darüber, daß die kohärente Konstruktion als fakultative Variante an Stelle der satzwertigen Komplementation nur bei Kontrollverben zu finden ist. Nicht-Kontrollverben mit zuInfinitiv als Komplement sind obligat kohärent konstruiert.7 Umstellung und Extraposition sind ausgeschlossen. Die Verben sind unmittelbar benachbart. (9a) (9b) (9c)
daß er behauptete!*schien, sie nicht zu kennen daß über das Wasser zu wandeln nur einer vermochte/*'schien daß er über das Wasser zu wandeln erst gar nicht versuchte l*schien
Unklar ist allerdings noch, wie die Teilmenge der Kontrollverben zu bestimmen ist, die anstelle des satzwertigen Infinitivs die kohärente Konstruktion zulassen. Bech charakterisiert die Klasse der Verben mit alternativer Komplementstruktur des Infinitivs wie folgt:8 Es sind Verben, die mit Subjektkontrolle einhergehen und keine eigenen nominalen Objekte besitzen. Diese Qualifikation ist bei genauerer empirischer Sondierung weder eine der notwendigen noch der hinreichenden Eigenschaften. Einerseits gibt es Verben, die den Anforderungen genügen und keine kohärente Konstruktion erlauben, andererseits gibt es kohärente Konstruktion mit Objektkontrollverben. ,·
(l Oa) *daß sich Max dieser Anrede nicht zu bedienen Abstand nahm (lOb) *daß sich Max nicht darum zu kümmern fortfuhr (l Oc) *daß mich Max nicht wiederzusehen verzichtete Die Beispiele in (10) involvieren Subjekt-Kontrollverben mit einem einzigen Komplement Doch ist neben der unzulässigen Voranstellung des Pronomens an die Wackernagelposition der Matrix auch der mangelnde Matrixskopus der Negation ein deutliches Indiz für das Fehlen der kohärenten Konstruktion.
(11 a) (?)daß ihn uns niemand auszukosten erlaubte (d.h. den Erfolg/ (lib) (?)daß ihn mir jemand zu konsultieren geraten hat (l Ic) (?)daß es ihr jemand zu lesen versprochen hat Die Akzeptabilität der Beispiele in (l 1) ist deutlich besser, als es zu erwarten wäre, wenn die oben genannte Restriktion wirksam wäre. Auch scheint das Kontrollverhalten nicht von Belang zu sein, denn in (11 a) und (lib) liegt Objektkontrolle vor, während in (11 c) das S ubjekt den Kontrollor abgibt. 7
Es sind dies beispielsweise die Veiten scheinen, pflegen sowie die Veiten versprechen, drohen in der inchoativen Lesart Das Verb anfangen scheint allerdings Extraposition zuzulassen, worauf mich H. Vater hinwies. (i) daß es plötzlich anfingt* schien, in Strömen zu regnen (ii) daß ihm anfing, angst und bang zu werden • Bech (1983: § 88, § 125) 9 Das Beispiel - Der Erfolg wurde uns nicht auszukosten erlaubt - brachte mir Tilman Höhle zur Kenntnis.
Fakultativ kohärente infinitive
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Es gibt einen Kontext, der die kohärente Konstruktion verbietet, nämlich das Vorhandensein eines nominalen direkten Objekts. Ausgehend von der Beobachtung, daß in den wohlgeformten Beispielen stets das Infinitivkomplement den Vertreter des direkten Objekts bildet, läßt sich eine notwendige Bedingung für die kohärente Konstruktion gewinnen: (12)
In der kohärenten Konstruktion vertritt der Infinitiv das direkte Objekt10
Damit sind die Verben in (10) ausgeschlossen, denn deren Komplement ist oblique, da es ein Präpositionalobjekt vertritt. Die Verben in (l 1) hingegen sind Verben mit propositionalem direkten Objekt. Daß (12) aber nicht ausreicht, zeigt das vielzitierte Verb bedauern, das sich nicht einwandfrei kohärent konstruieren läßt.
(13a) ? ?/*geheiratet zu haben bedauert hat sie Max noch nie (13b) ? ?/*daß mich Max nicht geohrfeigt zu haben bedauerte (13c) ? ?l*daß Max mich nicht hätte geohrfeigt zu haben bedauern müssen Dervorangehenden, knappen Rekapitulation der bekannten Eigenschaften kohärenter Konstruktionen folgt nun die Erörterung zweier bisher unbeachtet gebliebener Eigenschaften, deren Analyse zu direkten Konsequenzen für die Bewertung der momentan aktuellen Hypothesen führt. (14a) (14b)
Kohärentkonstruierte Subjektkontrollverben haben keine satzwertigenInfinitiv-Komplemente Die kohärente Konstruktion fuhrt zu Kasuskonversion
2.1. Einbettung in die Infinitkonstruktion Die kohärente Konstruktion ist eine fakultative Variante der satzwertigen Infinitkomplemente. Betrachten wir eine Struktur mit zwei eingebetteten satzwertigen Infinitiven:
Nach den gängigen Annahmen über kohärente Konstruktionen ist zu erwarten, daß (15) drei Varianten besitzen müsse, da jeweils ein Teilsatz kohärent konstruiert sein könnte, und die kohärente Variante eine fakultative Option bildet:
Varianten (16a) l: Kohärenz zwischen VI und V2 (16b) 2: Kohärenz zwischen V2 und V3 (16c) 3: Kohärenz zwischen V l und V2 und V3
Allgemeiner formuliert: Es ist das interne Argument ohne Kasusrestriktion.
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Hubert Haider
Die empirische Überprüfung ergibt aber, daß Variante 2 von mangelhafter Akzeptabilität ist. Es scheint, daß ein kohärent konstruiertes Infinitkomplement mit Subjektkontrolle kein inkohärentes, d.h., satzwertiges, lizenzieren kann. Die kohärente Konstruktion von Subjekt-Kontrollverben ist geschlossen, d.h., jede Infinitkonstruktion mit zw-Infinitiv, die von einer kohärent konstruierten Matrix abhängt, ist selbst kohärent konstruiert (vgl. (17)).
(17a) (17b) (17c) (17d) (17e) (17f)
daß er [[eine Lösung zu finden] wohl schon zu hoffen] gewagt hat ??/*Zu hoffen gewagt hat er [eine Lösung zu finden] wohl schon daß sie [[ihn anzurufen] zu versuchen] nicht vergessen hat ? ?l*Zu versuchen vergessen hat sie [ihn anzurufen] nicht daß er [[mit ihr zu flirten] zu beginnen] nicht vermocht hat ??/*zu beginnen vermocht hat er [mit ihr zu flirten] nicht
Objektkontrollverben, die mit ihrem Matrixverb eine kohärente Konstruktion eingehen, zeigen die erwähnte Restriktion nicht, was darauf hinweist, daß die Ursache der Akzeptabilitätsminderung in der Kontrollbeziehung zu suchen ist. (18a) (18b) (18c) (18d)
Zu zwingen versucht hat er mich sie zu heiraten nicht *Zu versuchen gezwungen hater mich sie zu heiraten nicht Aufzufordern versucht hat man mich sie zu heiraten nicht *Zu versuchen aufgefordert hat man mich sie zu heiraten nicht
Die Ursache der Ungrammatikalität von (18b) und (18d) ist die bekannte: Das Komplement des Matrixverbs ist kein direktes Objekt und daher kann das Verb mit seinem Komplement keine kohärente Konstruktion eingehen. Wenn, wie (18a) und (18c) illustrieren, das Objektkontrollverb selbst eingebettet ist und mit seiner Matrix eine kohärente Konstruktion eingeht, muß das zutiefst eingebettete Infinitivkomplement inkohärent konstruiert sein. Es liegt dann eine kohärente Konstruktion vor, die eine inkohärente als Komplement enthält, also Variante 2 in (16b). Ein Vergleich mit finiten Komplementsätzen bestätigt femer, daß es keine allgemeine Restriktion für sententiale Komplemente kohärenter Konstruktionen gibt. Ein kohärent konstruierter Infinitiv kann einen finiten Komplementsatz lizensieren.
(19a) Zu hoffen gewagt hat er wohl schon, [daß sich eine Lösung finden werde] (19b) Mitzuteilen vergessen hat sie aber nicht, [daß sie mittellos sei] Es steht zu erwarten, daß sich diese Restriktion auch bei Verben mit obligat kohärentem Komplement finde, wie beispielsweise bei den Verben scheinen, pflegen oder unpersönlichem drohen. Da scheinen nur finit auftritt, kann man die Topikalisierungsvariante bloß bei den anderen Verben prüfen. Indirekte Evidenz läßt sich aber auch für scheinen finden. (20c) muß ein inkohärentes Komplement aufweisen, da die Verbkette unterbrochen ist
(20a) *Anzudrohen gepflegt hat sie mir nur anfangs die Polizei zu rufen (20b) *Zu versuchen gedroht hat der Bär die Ketten zu sprengen noch nicht (20c) ? 71*daß seine. Frau, den Kaffee vergiftet zu haben nicht zu bedauern schien Merkwürdigerweise ist diese Restriktion bei Extraposition abgeschwächt wirksam. Wie oben er-
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wähnt, erweitert die kohärente Konstruktion die Domäne der Extraposition um einen Zyklus. Scheinen oder pflegen lassen (vgl. Olsen 1981), da sie obligatorisch kohärent konstruieren, die Extraposition ihres Komplements nicht zu, da es nicht satzwertig ist (vgl. (21a) und (21d)). Wenn nun aber das Komplement ein Kontrollverb enthält, das wiederum ein Infinitkomplement aufweist, so sollte dieses problemlos extraponierbar sein, wenn die inkohärente Konstruktion vorliegt: (21 a) (21 b) (21 c) (21 d) (21 e) (210
*wenn er nicht scheint, dazu in der Lage zu sein wenn er nicht geglaubt hat, dazu in der Lage zu sein ?wenn er nicht geglaubt zu haben scheint, dazu in der Lage zu sein *wenn er mitunter pflegt, sie mit Drohungen gefügig zu machen wenn er mitunter versucht, sie mit Drohungen gefügig zu machen ?wenn er mitunter zu versuchen pflegt, sie mit Drohungen gefügig zu machen
Der Kontrast zwischen (21 b) und (21 c), sowie (21 e) und (21 f) ist nicht so deutlich, daß man aufgrund der Datenlage die für Kontrollverben zutreffende Restriktion unbesehen auf die Anhebungsverben übertragen dürfte. Fassen wir zusammen: Die kohärente Konstruktion ist für ein Kontrollverb dann obligatorisch, wenn sein Matrixverb selbst in kohärenter Konstruktion zu einem Kontrollverb steht. Die dafür verantwortliche Bedingung ist im Kontrollmechanismus zu lokalisieren. Anhebungsverben bedürfen noch der genaueren empirischen Abklärung.
2.2. Kasuskonversion in der kohärenten Konstruktion Als Kuriosum der kohärenten Konstruktion gilt, seit Höhle (1978) darauf aufmerksam gemacht hat, das sogenannte „lange" Passiv, wie es in (22) illustriert ist. (22a) (22b)
?Zu reparieren versucht wurde der Wagen/*den Wagen schon dreimal ?Rechtzeitig einzuwerfen vergessen wurde er/*ihn nicht, der Brieff*den Brief
Erstaunlich ist an diesen Sätzen nicht sosehr die (marginale) Akzeptabilität der Konstruktion mit der Nominativ-Konversion, als vielmehr die Unakzeptabilität der Variante unter Beibehaltung des Akkusativs. Erstaunlich ist dies deswegen, da die NP das Objekt des eingebetteten Verbs vertritt. Passivierung des Matrixverbes sollte keinerlei Einfluß auf die Komplemente des eingebetteten Verbs ausüben, was bei inkohärenter Konstruktion auch der Fall ist. (23a) daß schon dreimal versucht wurde, den Wagenl*der Wagen zu reparieren (23b) daß nicht vergessen wurde, ihnl*er rechtzeitig einzuwerfen, den Briefl*der Brief Es wäre jedoch verfehlt, wie ich zeigen will, die Ursache der kuriosen Kasuskonversion in der Passivkonstruktion selbst zu suchen. Nicht Passivierung ist die direkte Ursache, sondern der Umstand, daß durch Passivierung das direkte Objekt des passivierten Verbs externalisiert wird, mit dem Effekt, daß Nominativ statt Akkusativ eintritt. Dies entspricht dem Regelfall im einfachen Satz mit einem
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ergativen Prädikat. Das interne, für strukturellen Kasus spezifizierte Argument wird externalisiert. Dies hat zur Folge, daß im finiten Satz nicht der Akkusativ, sondern der Nominativ erscheint. Wenn man annimmt, daß in der kohärenten Konstruktion eine Vereinigung der Argumentstrukturen der beteiligten Verben zu einer einzigen Argumentstruktur für den Verbalkomplex vorliegt, dann entspricht das lange Passiv dem Regelfall: Unter den syntaktisch aktiven Argumenten gibt es ein internes, strukturelles.Dieses wird genau dann externalisiert, wenn das primäre externe Argument inaktiv ist, wie dies im Passiv der Fall ist. Wenn nun, wie ich behaupte, die Kasuskonversion Folge der Extemalisierung des internen Arguments der vereinigten Argumentstniktur ist, dann ergibt sich zwangsläufig folgende Vorhersage: Die kohärente Konstruktion eines ergativen Matrixverbs muß ebenfalls mit Kasuskonversion einhergehen. Diese Konsequenz wurde meines Wissens bisher nicht beachtet. Die Faktenlage bestätigt die Erwartung. Die Beispiele unter (24) illustrieren den systematischen Kontrast zwischen marginaler Akzeptabilität mit Nominativ und Unakzeptabilität mit Akkusativ, der typisch ist für das „lange" Passiv: (24a) (24b)
?Zu entziffern gelungen ist mir der Brief/*den Brief auf Anhieb ?Zu entziffern schwergefallen ist er/*ihn mir nicht, der Brief l*den Brief
Wiederum bestätigt sich, daß die Kasuskonversion an die kohärente Konstruktion geknüpft ist. Sie tritt bei Extraposition, also der nicht-kohärenten Konstruktion, nicht auf: (25a) (25b)
*daß ihm auf Anhieb gelang, den Briefl*der Brief zu entziffern *daß ihm nicht schwerfiel, den Briefl*der Brief zu entziffern
Schließlich bestätigen diese Beispiele auch die Generalisierung (12), da der Subjektsaktant ergativer Verben in der Argumentstruktur dem direkten Objekt entspricht. Sententiale Subjekte nichtergativer Verben ertauben die kohärente Konstruktion nicht. Daher findet sich auch keine Kasuskonversion (vgl. (26a) und (26c)). Dazu kommt die theoretische Vorhersage, die sich ebenfalls empirisch bestätigen läßt, daß die kohärente Konstruktion für ergative Prädikate stets dann ausgeschlossen ist, wenn der Infinitiv ein Reflexivum als direktes Argument regiert." Dieses findet kein Antezedens (26d), (26e) und verletzt somit das Bindungsprinzip für Anaphern. (26a) (26b) (26c) (26d) (26e)
Den Brief zuzustellen hätte nicht genügt *Zuzustellen genügt hätte den Brief nicht *Zuzustellen genügt hätte der Brief nicht *Zu befreien gelungen ist sich Max nicht *Zu informieren vergessen wurde sich rechtzeitig
Fazit dieser Beobachtungen ist, daß die Akkusativzuweisung in der kohärenten Konstruktion denselben Bedingungen unterliegt wie im einfachen finiten Satz: 11
Auf die Konsequenz für Reflexive wurde ich von Winfried Lechner aufmerksam gemacht, wofür ich ihm danke.
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Akkusativzuweisung setzt das Vorhandensein eines externen Arguments voraus. Die Relevanz der in (24) illustrierten Phänomene liegt in der Systematik des Kontrasts. Wesentlich dabei ist, daß dieses Phänomen Evidenz dafür ist, daß die Konversion beim sogenannten „langen" Passiv die reguläre Konversion ist, die sich stets dann findet, wenn Akkusativzuweisung mangels externen Arguments ausgeschlossen ist. Die Daten in (23) belegen nicht sosehreine Kuriosität der Passivkonstruktion als vielmehr eine Eigenschaft der kohärenten Konstruktion mit ergativen Matrixprädikaten. Passivierung spielt nur insofern eine Rolle, als dadurch ein transitives Prädikat zu einem ergativen wird Die Konversion selbst aber ist einzig durch die kohärente Konstruktion bedingt. Für die angemessene Analyse der kohärenten Konstruktion ist dieser Befund grundlegend. Er ist nämlich nicht vereinbar mit Analysen, die in der kohärenten Konstruktion lediglich eintdistributionelle Variante der inkohärenten sehen und die kohärente mittels Verschiebungsoperationen von der inkohärenten abzuleiten trachten. Im folgenden Abschnitt werden die derzeit kursierenden konkurrierenden Analysevorschläge im Rahmen der Generativen Grammatik knapp skizziert und mit den bisher erörterten Eigenschaften der Konstruktion konfrontiert. Sie erweisen sich als empirisch inadäquat.
3.Theoretischer status quo - kein Erfolgsbericht Für die Strategie, die kohärente Konstruktion als derivierte Variante der inkohärenten zu analysieren, bieten sich mehrere Arten der (möglichst) theoriekonformen, technischen Durchführung an, die alle ihre Sponsoren fanden: Analysevorschläge (27a) Verb-Anhebung (Inkorporation und Scrambling) (27b) Evakuierung (lokales und nicht-lokales Scrambling) (27c) Reanalyse (und Scrambling; mit/ohne multiple(r) Repräsentation) Die Verbanhebungsanalyse12 sieht in der kohärenten Konstruktion einen Fall von Kopf-zu-KopfVerschiebung. Die Evakuierungshypothese13 sucht die Antwort in der Annahme, daß das Infinitkomplement geleert wird, indem die darin enthaltenen Subkonstitutenten mithilfe eines Verschiebungsverfahrens (Adjunktion an Matrixkonstituenten) entfernt werden. Beide Verfahren sind als theoretisch zulässige Verfahren unabhängig motiviert. Dies gilt für Reanalyse nur bedingt Reanalyse ist ein nicht-strukturbewahrendes Verfahren und daher im Widerspruch zu einem Grundprinzip der Theorie - dem Projektionsprinzip. Dieses gewährleistet, daß lexikalisch determinierte syntaktische Erfordernisse, wie z.B. Subkategorisierungseigenschaften, auf jeder Ebene der Repräsentation erfüllt sind. Dies gilt aber nicht für die durch Reanalyse erzeugte Struktur.
12 13
Vgl. Rosengren (1990), Stemefeld( 1989) Vgl. Fanselow (1990)
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Im Fall der kohärenten Konstruktion wird nämlich eine Struktur mit Satzkomplement in eine monosententiale Struktur abgebildet.14 Die reanalysierte Struktur erfüllt die Subkategorisierungsbedingung für das Matrixverb nicht, da kein eingebetteter Satz vorhanden ist. Die unterschiedlichen Herangehensweisen sollen am folgenden Beispiel erläutert werden. [zu traktieren verstanden] hätte er die Mägde schon15
(28)
Als Oberflächenstruktur der nicht-kohärenten Konstruktionen wird üblicherweise die in (29) skizzierte Struktur angenommen: (29)
(daß) er. schon [VP1CIPRO. die Mägde zu traktieren] verstanden] hätte
Diese Struktur muß nun in eine Repräsentation überführt werden, in der die beiden Verben sich in einer Konstituente wiederfinden.diedas Objekt des Infinitiv nichtenthäl t, sodaß die Topikalisierungsvariante in (28) ermöglicht wird. Nach (27a), der Verbanhebungsanalyse, wird das mit zu markierte Verb aus derCPextrahiertund an das Matrixverb adjungiert - Kopf-an-Kopf-Adjunktion. DaKopfverschiebungen lokal beschränkt sind, also keine dazwischenliegende Kopfposition überspungen werden darf, muß, wie Stemefeld nach Baker (1988:171) darlegt, zuerst die VP intern topikalisiert werden (30a), auf daß dann der verbale Kopf extrahiert werden könne (30b). (30a) (30b)
[vp^ptypiÄe Mägde zu traktieren}. ffPROle.]] verstanden] hätte [^.pl^lie Mägde ej. [[PRO]e ]] zu traktieren^ + verstanden] hätte
Um schließlich zu (28) zu gelangen, muß die CP noch aus der Matrix-VP entfernt werden, damit die so geleerte VP topikalisiert werden kann. Dies geschieht durch Adjunktion an die Matrix-VP. Versehen mit den relevanten Details hätte (28) somit die Struktur (31). (31)
[ype zu traktieren verstanden], hätte er [[cpdie Mägde...]. [schon e.]]16
Die Evakuierungsanalyse (27b) geht folgendermaßen vor: Die in der CP enthaltenen Konstituenten werden an die Matrix-VP adjungiert, so daß sie auf diese Weise soweit entleert wird, bis sie an lexikalischem Material nur mehr das Verb enthält. Die resultierende Struktur (32a) ist die EingabeStruktur für die Topikalisierung (32b). 14
Vgl. v.Stechow u. Stemefeld (1988, Kap. 12) Bech (1983:121) 16 Es gibt eine Reihe weiterer Indizien, die gegen Kopf-Anhcbung sprechen. So wäre etwa zu erwarten, daß die Köpfe, die in Kohärenz-Konstruktionen angehoben werden, dieselben sind, die auch bei Verb-Zweit angehoben werden. Man erwartet daher, daß trennbare Verben bei Infinitiv-Anhebung ebenso wie bei V-2 das trennbare Präfix in der Grundposition zurücklassen. Dies bestätigt zum Beispiel das Niederländische 15
(i) (ii)
dal Jan de bocken mee-ei had moeten brengen. *dqß Hans die Bücher mit-ei hätte bringen müssen
Im Deutschen sind die entsprechenden Konstruktionen ungrammatisch. Ein Beispiel für die gesuchte Konstruktion mit fakultativ kohärentem Infinitiv wäre (iii). (iii) *daß man das Verb an-ei besser nicht zu heben{ versuchen sollte
Unter der Anhebungsanalyse sollte (iii) eine mögliche Abfolge bilden.
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(32a) (32b)
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[yjjdie Mägde] [^ schon [^pPRO. e zu traktieren] verstanden]]] hätte [yp^pPRO. c. zu traktieren] verstanden\ hätte er [^lie Mägde, [^chon ej
Die Reanalyse-Methode (27c) pace v.Stechow und Stemefeld (1988:448) besteht darin, die Oberflächenstruktur des sententialen Infinitivs (33a) mittels Tilgung der CP- und IP-Grenzen auf ein VP-Komplement (33b) zu reduzieren. Die minimale VP der Reanalysestruktur wird evakuiert (33c), so daß die für die VP-Topikalisierung benötigte Konstituente entsteht. (33a) (33b) (33c)
(daß) er. schon [ypI^^RO. [^jdie Mägde zu traktieren}}} verstanden} hätte (daß) er. schon [^[^ die Mägde zu traktieren} verstanden} hätte (daß) er. [^die Mägde, [schon [^1^ zu traktieren] verstanden]]] hätte
Die Tilgungen führen zu einer Struktur, die das Projektionsprinzip verletzt. Das Verb verstehen verlangt ein sententiales Komplement, findet aber in der reanalysierten Struktur keines vor. Im übrigen ist die Annahme von Reanalyse kontraproduktiv: Sie läßt genau die Teile der Struktur verschwinden, deren Vorhandensein die beobachteten Phänomene verhindern würde, ohne daß es eine unabhängig motivierte Theorie für Reanalyseprozesse gäbe, aus der die Eigenschaften herleitbar wären. Reanalyse stünde auch im Widerspruch zu Ökonomieprinzipien wie Chomskys (1989) „Economy of Derivation", wonach jedem Ausdruck die minimale vollständige Derivation zuzuweisen ist. Da kein Prinzip Reanalyse erzwingt, und diese aber auf einer wohlgeformten Oberflächenstruktur operieren müßte, ist Reanalyse stets eine nicht-minimale und daher unzulässige Derivation. Keines der hier vorgestellten Analyseverfahren liefert unmittelbare Einsichten in die empirischen Zusammenhänge, die im Abschnitt l erörtert wurden. Die Generalisierung ( 1 2) in Abschnitt 2, wonach kohärente Konstruktionen auf direkte Objekte beschränkt sind, folgt aus keiner der Analysen ohne spezifische Zusatzannahmen. Betrachten wir dazu folgendes Beispiel: (34a) (34b)
daß Max mich [sie rechtzeitig zu verständigen] veranlaßt hat *Zu verständigen veranlaßt hat Max mich sie rechtzeitig
Die ungrammatische kohärente Variante (34b) sollte problemlosdurch V-AnhebungoderEvakuierung herleitbar sein, ist der Infinitiv doch das verbnächste Komplement, wie die Probe mit multiplen WElementen in (35) zeigt. Das Auftreten von zwei Akkusativen kann nicht das störende Moment sein, sonst sollten Konstruktionen wie (36) ebenfalls von diesem Makel behaftet sein. (35a) (35b) (36)
wer hat wen wozu veranlaßt? *Wer hat wozu wen veranlaßt Verständigen lassen hat Max mich sie nicht rechtzeitig
Der Versuchung, (34b) über die Annahme einerversteckten Präpositionalstniktur zu eliminieren, muß man widerstehen. Sie führt bloß zu neuen Problemen. Angenommen, (34a) hätte nicht ein einfaches Infinitiv-Komplement sondern eine Struktur, die (37b) entspräche: (37a) daß Max mich dazu veranlaßt hat, [sie rechtzeitig zu verständigen]. (37b) daß Max mich [(dazu) [sie rechtzeitig zu verständigen]] veranlaßt hat
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In (37b) befindet sich der Komplementsatz in einer Adjunktposition zum PP-Komplement. Adjunkte sind extraktionsfeindliche Domänen. Deshalb ist zu erwarten, daß Kopf-Extraktion beziehungsweise Evakuierungs-Scrambling blockiert ist, genauso wie W-Extraktion in (38a) unzulässig ist. Doch (38b) zeigt, daß bei fehlendem Korrelat keine Adjunktqualität gegeben ist, denn Extraktion ist möglich. (38a) *Wen hat dich Max dazu veranlaßt, rechtzeitig zu benachrichtigen? (38b) Wen hat dich Max veranlaßt, rechtzeitig zu benachrichtigen? Alle drei Analysen basieren auf fakultativen Operationen über der S-Struktur. Sie geben daher keine Auskunft über die Abschlußeigenschaft der kohärenten Konstruktion.17 In jeder Version findet die Variante eines komplexen Satzes, in der der zutiefst eingebettete Satz der Kohärenzbildung entgeht, eine perfekte Ableitung. Es ist nicht möglich, dem Vorhandensein eines eingebetteten Infinitivkomplements anstelle eines beliebigen anderen Komplements Steuerfunktion über V-Anhebung, Evakuierung oder Reanalyse zuzuschreiben. Gleiches gilt für die in Abschnitt 5 erörterten Konstruktionen.
V-Anhebung läßt die Verhältnisse auf der Oberflächenstruktur intakt18, Evakuierung ebenfalls, und Reanalyse gerät in technische Nöte, wenn Kasuszuweisung auf der Reanalysestruktur zu operieren hätte. Die Reanalysestruktur böte allerdings, wenn Kasuszuweisung auf dieser operierte, eine Handhabe für die Konversion: Akkusativ könnte in Ermangelung eines externen Arguments nicht zugewiesen werden. Es ist jedoch nicht sinnvoll, anzunehmen, daß Kasuszuweisung generell erst nach Reanalyse stattfände: Reanalyse ist eine fakultative Operation. Appliziert sie nicht, muß Kasus trotzdem zugewiesen werden, da sonst die inkohärente Konstruktion nicht zustande käme. Die Konsequenzwäre.daß Kasuszuweisung auf der jeweils letzten syntaktischen Repräsentationsebene angesiedelt sein müßte, was einen kuriosen, weil singulären, Fall von extrinsischer Regelordnung ergäbe. Grundsätzlich bilden alle Eigenschaften der kohärenten Konstruktion, die nicht auf die Eigenschaften der inkohärenten Konstruktion oder der Derivation reduzierbar sind, Gegenevidenz für die derivationellen Analysen. Dazu gehört auch die Restriktion gegen mehrfaches Vorkommen von Satznegation19. Da die derivationellen Analysen mit Ausnahme der Derivation mittels Reanalyse die Komplementstruktur intakt belassen, sollte die kohärente Konstruktion genauso wie die inkohärente Negation in jedem Komplement zulassen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Unter den derivationellen Ansätzen bietet nur die Reanalyse eine unmittelbare Erklärung an. Da nach Reanalyse vom Infinitkomplement lediglich die VP zurückbleibt, ergeben sich bezüglich Negation dieselben Verhältnisse wie im einfachen Satz. Als Zwischenresümee sei festgehalten, daß keiner der derivationellen Ansätze eine befriedigende Erfassung der für die kohärente Konstruktion typischen grammatischen Eigenheiten verspricht. Das Raffinement ihrer technischen Durchführung ist kein Ersatz für den Mangel an prinzipieller Einsicht in das Zustandekommen der spezifischen Konstellation grammatischer Eigenschaften. Im nächsten Abschnitt werden die Voraussetzungen für eine repräsentationeile Analyse diskutiert. Von der ist dann in Abschnitt 5 zu zeigen, daß sie dem eben erwähnten Desiderat näher kommt, als die bisher diskutierten Vorschläge. 17
Siebe dazu Abschnitt 4. " Vgl. Bakers (1988:64) Government Transparency Corollary. 19 Vgl. Abschnitt 2. (3d).
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4. Auf ein Neues: Komplexe Projektionsbasis Das Erfolgskriterium für die grammatiktheoretische Erfassung der kohärenten Konstruktion ist einerseits die deskriptiv adäquate Herleitung der in Abschnitt 2 erläuterten Eigenschaften und andererseits die Klärung der Bedingung der Möglichkeit der Konstruktion im Deutschen (und anderen germanischen OV-Sprachen). Die genannten Eigenschaften sind allesamt Eigenschaften, die kennzeichnend sind für eine einfache Satzstruktur, also eine ohne sententiales Komplement. In Sonderheit läßt die in Abschnitt 2.2. diskutierte Eigenschaft der Relationsänderung in kohärenten Kontraktionen jede derivationelle Analyse inadäquat erscheinen. Was die explanative Adäquatheit der in Abschnitt 3 diskutierten Vorschläge anlangt, so mangelt es allen an einer prinzipiellen Einsicht in das grammatische Kausalitätsgefüge der Konstruktion. Die Frage, weshalb es neben der senten tialen Variante noch eine davon den vierte Variante geben dürfe oder müsse, bleibt unbeantwortet. Weder gelingt es, den auslösenden Faktor zu identifizieren, noch wird versucht, die Vereinbarkeit mit Prinzipien wie Chomkys (1989) Prinzip der „economy of derivation" zu gewährleisten.20 Dieses Prinzip garantiert, daß über eine gegebene Kette stets die derivationell ökonomischere Struktur projiziert wird. Danach erhielte ein Satz wie (39) die angedeutete Struktur. (39)
daß man [cp diesen Satz auf keine andere Weise zu analysieren] vermocht hätte
Die normale Interpretation dieses Satzes entspricht aber der kohärenten Konstruktion, denn nur in dieser ist es möglich, den Skopus der Negation über das Matrixverb auszudehnen, so daß (39) als Paraphrase von (40) gelten kann. (40)
daß man nicht vermocht hätte, den Satz auf eine andere Weise zu analysieren
(39) sollte demnach nicht ambig sein. Unter dem Gesichtspunkt der Derivationsökonomie ließe sich die kohärente Konstruktion allerdings dann verstehen, wenn sie eine von zwei alternativ zu Verfügung stehenden und daher gleichermaßen ökonomischen Strukturzuweisungen bildete. Die eine Struktur beinhaltet die Projektion eines sententialen Komplements, die andere Strukturzuweisung ist die eines einfachen Satzes mit komplexer verbaler Projektionsbasis. In diesem Fall ist keine der beiden Strukturen von der anderen ableitbar und daher stellt sich das Problem, welche Derivation ökonomischer sei, erst gar nicht.
4.1. Die komplexe Projektionsbasis - keine lexikalistische Losung Die angepeilte Lösung muß zumindest den unter (41) aufgelisteten Anforderungen genügen. Die in Abschnitt 3 diskutierten Hypothesen versuchen zwar, das Projektionsprinzip und das THETA -
20
Der Fall des Niederländischen mit obligatorischer Kohärenz im Mittelfeld ließe noch auf ein deterministisches Prinzip hoffen, das die Derivation in Gang setzt, doch Deutsch /erstört diese Hoffnung, weil hier die kohärente Konstruktion eine fakultative Option bildet.
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Kriterium zu wahren, scheitern aber an der mangelnden deskriptiven und explanativen Adäquatheit Weder reflektieren sie die zu erfassenden Generalisierungen, noch bieten sie eine Erklärung dafür an, was die notwendigen Eigenschaften des Systems sind, das die kohärente Konstruktion bedingt Vielmehr übergeneralisieren sie, sowohl was die Einschränkungen im Deutschen anlangt als auch die übereinzelsprachlichen Bedingungen. Nach diesen Ansätzen könnte jedes Kontrollverb in eine kohärente Konstruktion eintreten, und Englisch könnte ebensogut eine kohärente Konstruktion aufweisen wie Deutsch. Anforderungen (41 a) Projektionsprinzip (41 b) THETA -Kriterium (41c) deskriptiv adäquat (41d) explanativ adäquat Das Projektionsprinzip regelt die Schnittstelle zwischen Argumentstruktur und syntaktischer Struktur. Die weitverbreitete Annahme ist, daß die Argumentstruktur im Lexikoneintrag eines Elements determiniert wird, und daß diese die syntaktische Projektion der Phrase steuert, deren Kopf das betreffende Element bildet Im Zusammenwirken mit den Prinzipien der X'-Theorie wird so die Phrasenstruktur determiniert. Diese Redeweise ist aber in einem entscheidenden Sinn unpräzis. Nicht das lexikalische Element bestimmt die Projektion, sondern der Kopf der Projektion. Zwar fallen diese zwei Bestimmungen häufig zusammen, doch ist dies nicht notwendigerweise so. Dies läßt sich gut am Beispiel von komplexen Wörtern illustrieren: (42a) (42b)
man [[vernachlässig]*] diesen Umstand allzu häufig die allzu häufige [[Vernachlässig]ung] dieses Umstandes
Sowohl in (42a) als auch in (42b) tritt dasselbe Verbum vernachlässigen auf, was sich unter anderem an derselben thematischen Beziehung zum Objekt ablesen läßt. In (42a) bildet das Verb den Kopf einer Projektion, nicht aber in (42b). Hier ist der Kopf ein deriviertes Nomen. Dieses komplexe Nomen bildet die Projektionsbasis der Nominalphrase. Den neueren Theorien der Wortbildung nach ist der Kopf des derivierten Nomens das Suffix, ein gebundenenes lexikalisches Element. Die Argumentstruktur ererbt dieser Kopf aber von seinem Komplement, dem Verb.21 In (42b) wird das Projektionsprinzip natürlich nicht auf das verbale Element angewendet, weil es keine Projektionsbasis bildet Es kommt daher auch zu keiner Verletzung des Prinzips, obwohl das designierte Argument des Verbums nicht projiziert wird, denn projiziert wird die Argumentstruktur der Projektionsbasis. Aufgrund der Gesetzmäßigkeiten der Nominalisierung wird das designierte Argument nicht vererbt und gehört somit nicht zur Argumentstruktur der Projektionsbasis. Es mag naheliegen, zu versuchen, dieses Verhältnis direkt auf die anstehende Problematik zu übertragen und eine lexikalistische Lösung22 anzustreben, wobei der Verbalkomplex in der kohärenten
21 22
Cf. Toman (1983), diScullio u. Williams (1987) Cf. Wunderlich (1989)
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Konstruktion als verbales Kompositum behandelt wird. Daß dies nicht der Fall sein kann, zeigt eine einfache Überlegung, die sich an den folgenden Sätzen veranschaulichen läßt: (43a) (43b) (43c)
daß die Inschrift niemand {zu lesen vermochte] *das [Lesevermögen] der Inschrift das Lesen der Inschrift
In (43a) liegt die kohärente Konstruktion vor. Danach müßten die zwei Verben einen Komplex bilden, wobei dieser Komplex die Objektsthetarolle des Infinitivs ererbt. Diese wird dem Objekt in (43a) zugeordnet. Bei Nominalisierungen wird das Objekt als Genitiv realisiert (vgl. 43c). (43b) zeigt aber, daß der Genitiv nicht als Objekt des Kompositurns interpretiert werden kann. Das Kompositum kann folglich die Argumentstelle des Objekts gar nicht ererbt haben. Es müßte dieses aber ererbt haben, wenn in (43a) ein lexikalischer Verbkomplex vorläge. Was die deskriptive und explanative Adäquatheit anlangt, so sollte eine befriedigende Theorie zumindest die bei der empirischen Sichtung gewonnenen Generalisierungen einsichtig herleiten können und eine Antwort nahelegen, welche Faktoren der Grammatik dafür verantwortlich sind, ob in der Grammatik einer Einzelsprache der gegebene Konstruktionstyp möglich ist oder nicht Technische ad-hoc-Lösungen stiften zwar den Reiz perplexen Staunens vor den scheinbaren Absonderlichkeiten grammatischer Verwicklungen, verbergen aber das Problem.
4.2. Die komplexe Projektionsbasis - eine syntaktische Lösung Gemeinhin wird angenommen, daß es ein Grundprinzip der X'-Theorie sei, daß jede Phrase als Projektion eines Kopfelements zu gelten habe, wobei dieses lexikalisch oder funktional sein könne. Lexikalisches Kopfelement wird gleichgesetzt mit lexikalischer X°-Kategorie. Diese Annahme vermengt allerdings Strukturprinzipien mit ihrer Instanzierung. In einer modularen Konzeption sollte dies vermieden werden. Die X'-Theorie restringiert mögliche Phrasen lediglich dahingehend, daß sie endozentrisch zu sein haben, und daß ihr Aufbau die Anlagerungen von Komplementen und Adjunkten vorsieht, wobei Komplement und Adjunkt als strukturelle Begriffe zu gelten haben und zu unterscheiden sind von dem THETA-theoretischen Konzept eines Arguments, das als Komplement fungieren mag. Sehen wir vonderlnstanzierung ab, so verlangt die X' -Theorie, daßjede Projektion eine Projektionsbasis haben müsse. Die Frage, ob diese elementar sein müsse oder komplex sein dürfe, wurde meines Wissens nicht systematisch diskutiert. Mit der Gleichsetzung von Kopf und Klasse seiner möglichen Instanzierungen war die stillschweigende Annahme verbunden, Projektionsbasen seien elementar, weil sie durch lexikalische Kategorien repräsentiert werden. Dies mag zwar in vielen Fällen zutreffen, doch folgt es nicht schon aus der X'-Theorie, es sei denn, man erhebt es zum Axiom, daß die Projektionsbasis syntaktisch elementar sein müsse. Die hier vorzustellende Analyse will zeigen, daß dies verfehlt wäre. Es genügt die allgemeinste Einschränkung auf eine eindeutige Projektionsbasis. Ob diese komplex oder elementar sein dürfe, bedarf keiner zusätzlichen prinzipiellen Regelung als der, daß sie in den relevanten Projektionseigenschaften einer elementaren Basis äquivalent sein muß, und daß ihre Struktur aus allgemeinen
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Hubert Haider
Prinzipien herleitbar sein soll. Die folgenden Überlegungen sollen zeigen, daß die Annahme, die kohärente Konstruktion sei eine verbale Projektion mit komplexer Projektionsbasis, sowohl im Einklang steht mit der X '-Theorie, dem Projektionsprinzip, als auch mit dem THETA -Kriterium und den empirischen Eigenschaften der Konstruktion.
4.3. Die komplexe Projektionsbasis - segmentiert Adjunktionen gehen einher mit Strukturen, die mehr als einen Knoten desselben Projektionsniveaus aufweisen.Chomsky(1986:6f)entwickelte zu deren CharakterisierungdasKonzepteinessegmentierten Knotens: Projektionen desselben Projektionsniveaus sind Segmente, wenn sie Projektionen desselben Kopfes sind. Segmentierung findet sich sowohl als derivationelles Resultat in Adjunktionsstrukturen als auch basisgeneriert bei Adjunkten. Im Fall der VP treten diese sowohl an die maximale Projektion als auch an Teilprojektionen heran. (44)
daß hier wer wem was [deutlich [vor Augen führen will[]
Das Modaladverb befindet sich in (44) zwischen dem Verb und dem Objekt. Das Objekt befindet sich in seiner Grundposition, denn es ist ein Indefinitpronomen der W-Klasse, und diese sind ortsfest, d.h. sie nehmen nicht an den Wortstellungsvariationen teil. Die übliche, aber nicht haltbare Deutung für diese Fälle ist daher auszuschließen, wonach Adverbiale stets vor die gesamte VP träten und alle übrigen Stellungsvarianten als Umstellung der nichtadverbialen Elemente gedeutet werden. Es ist daher nicht auszuschließen, daß auch nicht-maximale Projektionen segmentiert sein können23. Konsequenterweise ist zu erwarten, daß Segmentierung vor Projektionsbasen nicht halt macht. Das Problem dabei ist allerdings, daß die Projektionsbasis Steuerinformation enthält, die mit lexikalischen Elementen assoziiert ist. Segmentierung bedeutet, daß mehr als ein lexikalisches Element in der Projektionsbasis auftritt. Segmentierungkanndahernur dann vorkommen, wenn die Steuerfunktion der auftretenden lexikalischen Elemente gewährleistet ist. Betrachten wir zuerst den einfachsten Fall. Es gibt nur ein einziges Verb mit projektionssteuemder Information, d.h. nur ein Verb mit spezifizierter Argumentstruktur: (45a) (45b)
bemerkt haben wird bemerkt worden sein wird
Da die Auxiliare in (45a) nur funktionale Information beisteuern, gibt es keine Interferenz mit der Argumentstruktur des Hauptverbs. In (45b) filtert das Auxiliar sein das designierte Argument aus, woraus der Passiveffekt herrührt. Hat das Verb eine eigene Argumentstruktur, kommt es zu Interferenzen mit der Argumentstruktur des eingebetteten Verbs, was sich am Beispiel des Passiveffekts in der Kausativkonstruktion studieren läßt. (46a) (46b)
23
Er läßt mich diesen Satz buchstabieren Er läßt diesen Satz (von mir) buchstabieren
Vgl. Fukui & Speas (1986), Fanselow (1991:71).
Fakultativ kohärente lenitive
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(46c) *daß ihn Max den Prüfling buchstabieren läßt (46d) daß ihn Max (vom Prüfling) buchstabieren läßt Das Verb lassen besitzt und projiziert ein (designiertes) Argument. Jedes Verb kann nur ein designiertes Argument besitzen. Bildet lassen eine komplexe Projektionsbasis mit einem nichtergativen Verb, also einem Verb mit designiertem Argument, stünden der Projektionsbasis zwei designierte Argumente zur Verfugung. Ehe Beispiele in (46b) und (46d) zeigen, daß in diesem Fall das designierte Argument des eingebetteten Verbs nicht projiziert wird. Es bleibt implizit, woraus sich der Passiveffekt (46b) ergibt, ebenso wie die Umstellbarkeit des Pronomens (46c) vs. (46d). Es verhält sich in (46d), wie man es in einem einfachen Satz erwartet. Werden hingegen beide designierte Argumente projiziert (46a), dann kann keine einfache Projektionsbasis vorliegen, und man findet Lokalitätsbeschränkungen, die, vgl. (46c), auf eine Komplementstruktur hindeuten.24 Betrachten wir nun die Infinitivkonstmktion im Bech' sehen 2. Status, d.h. mit zu. Hier finden wir ebenfalls Matrixverben mit und ohne interferierende(r) Argumentstruktur, nämlich Kontroll- bzw. „Anhebungs"-Verben. (47a) (47b) (47c) (47d)
Er scheint diesen Satz zu buchstabieren Er versucht diesen Satz zu buchstabieren Dieser Satz scheint buchstabiert zu werden *Dieser Satz versucht buchstabiert zu werden
Das Verb scheinen in (47a) und (47c) weist keine eigenen Argumentstellen auf, die in der Projektion mit den Argumenten des Infinitivs in Konflikt geraten könnten. Ein Kontrollverb wie versuchen besitzt allerdings eine Argumentstelle, die projiziert werden muß, vgl. (47d). Im Unterschied zur lassenKonstruktion wird aber in zw-Komplementen von Kontrollverben das Subjekt des Infinitivs nicht lexikalisch realisiert. Es wird interpretiert, und zwar nach Standardannahme über ein Leerelement, nämlich PRO. In Anhebungskonstruktionen wird es als Subjekt des Matrixverbs realisiert (47a). Anhebungsverben sind obligatorisch kohärent konstruiert. Wenn man nun die fakultativ-kohärente Konstruktion eines Kontrollverbs ebenso behandeln möchte, gerät man in einen Konflikt. Das Subjekt des Infinitivs kann nun nicht als Subjekt des Matrixverbs realisiert werden, da dieses im Unterschied zu Anhebungsverben ein eigenes besitzt. Man könnte nun erwarten, daß in Analogie zur /ojic/i-Konstruktion (46b) das nicht prqjizierbare Argument implizit bliebe. Dies ist aber nicht der Fall. (48a) (48b) (48c) (48d)
Er läßt das Wort [von mir] buchstabieren *Er läßt das Wort von mir buchstabiert werden daß er. [PRO. (von Fritz) begrüßt zu werden] erwartete *daß er. [PRO. (von Fritz) zu begrüßen] erwartete
Während in der Kausativkonstruktion das designierte Argument des Infinitivs implizit bleibt (48a), und explizite Passivierung ungrammatisch ist (48b), tritt dieser Effekt weder in der kohärenten noch in der inkohärenten Kontrollkonstruktion auf. Soll das potentielle Subjektsargument des infiniten Verbs implizit bleiben, muß zu expliziter Passivierung gegriffen werden (48c) vs. (48d). Die grammatische Ursache dieses Unterschiedes liegt in der Funktion der Infinitivmarkierung zu. Wie die folgenden
24
Cf. Grewendorf (198 , Haider (1989)
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Hubert Haider
Kontraste zeigen, inaktiviert zu das potentiell externe Argument. Es hat die Funktion eines Operators über der Argumentstruktur, vgl. Haider (1984). (49a) (49b)
ein sicherlich zu würdigender Unterschied ein den Unterschied sicherlich würdigender Grammatiker
Diese Funktion ist wesentlich für das Verständnis der kohärenten Konstruktion. Wenn, wie angenommen, die kohärente Konstruktion monosentential ist, also kein eingebettetes satzartiges Komplement aufweist, muß es ein Äquivalent für die Kontroll-Regel im inkohärenten Infinitiv geben. Betrachten wir unter diesem Gesichtspunkt nochmals das in Abschnitt 2.2. diskutierte Faktum: (50a) (50b) (50c)
?Zu entziffern gelungen ist er mir nicht *Zu entziffern gelungen ist ihn mir nicht [ihn zu entziffern] ist mir nicht gelungen
Die Kasuskonversion in der kohärenten Konstruktion (50a) ist Indiz dafür, daß es kein anderes externes Argument gibt, also auch kein Leerelement PRO. Anderenfalls wäre (50b) nicht ungrammatisch. Nichtsdestoweniger ist (50a) durch (50c) paraphrasierbar. In (50c) gilt das indirekte Objekt des Matrixverbs als Kontrollor des zu interpretierenden Subjekts des Infinitivkomplements. Wenn es in (50a) kein PRO-Subjekt gibt, die Interpretation aber dieselbe ist wie unter Kontrolle, muß es ein Äquivalent des Kontrollverhältnisses geben. Dieses Äquivalent bildet die Verwaltung des durch zu inaktivierten Arguments in der komplexen Projektionsbasis. Hier liegt auch der Unterschied zur kohärenten Konstruktion mit zu-losem Infinitiv, siehe (46). Der zweite Status, d.h. der zw-markierte Infinitiv, tritt in zwei Umgebungen auf. Entweder bildet er das Matrixverb in der inkohärenten Konstruktion, vgl. (50c) oder das abhängige Kopfelement im Verbalkomplex derkohärenten Konstruktion. Im letzteren Fall ist er abhängig von einem lexikalischen Kopfelement, im ersteren hängt er von einem funktionalen Kopfelement ab, dem I-Element als Kopf der Satzprojektion. Hier zeigt sich sein Operator-Status deutlich. Die inkohärente Konstruktion ist ungrammatisch, wenn der Operator keine Argumentvariable findet. Dies ergibt sich aus der allgemeinen Restriktion gegen freie Operatoren. Die Datenlage ist bekannt, siehe Haider (l 990) und wird unter (51) illustriert. (51 a) [daß darüber nicht diskutiert wird] ist nicht möglich (51 b) *[darüber nicht diskutiert zu werden] ist nicht möglich (5 Ic) [dabei mißverstanden zu werden] ist nicht möglich (51b) ist ungrammatisch, weil es kein potentielles externes Argument gibt, mit dem zu in Beziehung treten könnte. Es ist keine Restriktion gegen infinitivisches Passiv im allgemeinen, denn (51c) ist grammatisch. Anders liegt der Fall bei kohärenten Konstruktionen. (52a) (52b) (52c)
daß darüber nicht mehr diskutiert zu werden scheint/pflegt *dqß man darüber nicht mehr diskutiert zu werden glaubte *daß darüber nicht mehr diskutiert zu werden geglaubt wurde
Obwohl die syntaktisch aktive Argumentstruktur eines passivierten Kontrollverbs wie glauben
Fakultativ kohärente Infinitive
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dieselbe zu sein scheint wie die eines Anhebungsverbs - beide lassen fakultativ ein indirektes Argument zu und haben eine Argumentstelle für ein propositionales direktes Objekt - verhalten sie sich keineswegs gleich, wie (52) nachzuprüfen erlaubt. Das Kontrollverb erlaubt in keinem Fall ein unpersönliches Prädikat als Komplement Wie es scheint, hängt es vom Matrixverb ab, ob zu mit einer syntaktisch aktiven -Stelle assoziiert sein muß. Im Fall der Anhebungsverben kann zu auch mit einem Verbohne syntaktisch aktives externes Argument auftreten, nicht aberim Fall von Kontrollverben. Die deskriptiv adäquate Generalisierung ist in (53) formuliert: (53)
Die
-Stelle, mit der zu assoziiert ist, wird mit einer -Stelle des Matrixverbs unifiziert
Unifikation meint, daß in der -Struktur des Verbalkomplexes eine -Stelle mit je einer A-S teile der beteiligten Verben so verknüpft ist, daß der Ausdruck, der diese -Stelle besetzt, an den beiden verknüpften -Stellen interpretiert wird. Um diese Vorstellung zu präzisieren, ist es nötig, die Beschaffenheit der -Struktur zu erläutern. Mit Bierwisch (1988) gehe ich davon aus, daß die -Struktur die semantische Form eines Lexikoneintrags mit seiner syntaktischen in Beziehung setzt: Argumentstruktur
(54) [...x...y...z...]
Semantische Form:
Syntaktische Form:
F.
F.
Fk
-Grid
Die semantische Form ist ein prädikatenlogischer Ausdruck (Lambda-Kalkül), in dem LambdaOperatoren Variablen eines komplexen Prädikats binden. Das komplexe Prädikat repräsentiert die konzeptuelle Struktur eines Ausdrucks. Die syntaktische Form spezifiziert die mit jedem LambdaOperator eindeutig verknüpfte syntaktische Information, die die Projektion steuert (Subkategorisierung, Kasuswahl, etc.). Eine Argumentstelle in der Argumentstruktur ist daher ein Tupel aus LambdaOperator und syntaktischer Information. Die syntaktische Information dient zur Identifikation25 desjenigen syntaktischen Ausdrucks, der die Lambda-gebundene Variable erfüllt. Die Rekonstruktion des Konzepts »Argument eines Kopfes" als Tupel von Operator und syntaktischem Merkmal bietet eine empirisch willkommene Eigenschaft: Operatoren können mehr als eine Variable binden. Genau diese Eigenschaft wird benötigt, wenn in der kohärenten Konstruktion zwei Argumentstellen unifiziert werden. Die -Struktur der beiden beteiligten Verben wird zu einer Gesamt-AStruktur der komplexen Projektionsbasis zusammengefügt. Auf diese Weise gelingt es, eine Nominalphrase mehr als einer Variablen der konzeptuellen Repräsentation zuzuordnen, ohne das THETA -Kriterium zu verletzen.
25
Vgl. visibility-condition; Chomsky (1981)
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Huber t Haider
Die Nominalphrase ist der syntaktische Repräsentant genau einer Argumentsstelle. Diese aber bindet mehr als eine Variable in der konzeptuellen Struktur. Betrachten wir folgendes, vereinfachtes Beispiel. Um Objekt- und Metasprache nicht zu verwirren, benütze ich zur Notation der konzeptuellen Repräsentationen der Einfachheit halber englische Ausdrücke. Mit (s) ist das Merkmal für strukturellen Kasus notiert, das, je nach Realisierungsumgebung, als Nominativ oder Akkusativ realisiert wird. (55a) (55b)
[CAUSE [BECOME [OPEN y]]] (= öffnen) [TRY (z,p)] (= versuchen)
Jedes der beiden Verben hat zwei syntaktisch aktive Argumentstellen. Jede ist mit einem strukturellen Kasusmerkmal assoziiert, wobei durch Unterstreichung das designierte Argument kenntlich gemacht ist. Wenn ein Verbalkomplex vorliegt, dann wird die Argumentstruktur der komplexen Projektionsbasis durch Inkorporation der Argumentstruktur des Komplement-Verbs ermittelt (siehe Abschnitt 4.4): Die -Stelle für das Komplement wird ersetzt durch die -Struktur des Komplements. Es ergibt sich ein Ausdruck, dessen -Struktur eine Funktion der -Strukturen der beteiligten Elemente ist. Beschränken wir uns für den Augenblick auf den SF-Teil der Argumentstrukturen in (55). Wenn man die propositionale Variable „p" in (55b) durch den SF-Teil von (55a) ersetzt, ergibt sich (56a). Diese SF-Repräsentation entspricht der SF-Repräsentation der sematischen Form des Verbalkomplexes „[[zu öffnen] versuchen]". (56a)
[TRY (z,[CAUSE
[BECOME [OPEN y]H)l
Welche aktiven Argumente hat dieser A usdruck in seiner syntaktischen Form? Die Objektsargumentstelle des Verbs versuchen ist durch Ersetzung eliminiert. Somit verbleibt die Subjektsargumentstelle. Das eingebettete Prädikat besitzt zwei Argumentstellen. Die Stelle des Objektsarguments ist aktiv. Wir wissen aber, daß die Subjektargumentstelle nicht aktiv sein kann, weil das Verb im zweiten Status vorliegt. Die Stelle des designierten Arguments ist durch zu inaktiviert und an die Interpretation des Arguments des übergeordneten Verbs gekoppelt, das im Falle einer satzwertigen Einbettung das kontrollierende Argument bildet. Formal läßt sich dies so erfassen, daß jener Operator der in (56a) die Variable „z" bindet, auch die Variable „x" binden muß, daß also eine Umbenennung dieser Variablen stattfinden muß. Dies ist das Kontrolläquivalent im Verbalkomplex. Eine diesen Anforderungen genügende Argumentstruktur der kohärenten Konstruktion von zu öffnen versuchen ist in (56b) angegeben. (56b) (56c)
[TRY (z,[[CAUSE z [BECOME[OPEN y]]]])l r/M][cp t/ [IP PRO. [r I [^ pogovorif t. ]]]]]] (b) [cp Ctok [„, [Ip Mna privela rnuza. Ucp tk ' [1P PRO. [,. I [^ posmotret' ij]]]]] (c) [„ [Zaeto\ [„, [„, muz. dal iene.j den'gi\[cf tk * f,p PROj (58) (a) *[CP Cro. [„, [„, Anton, prines nozik\[cf t ' f,P PROi [,. I („otkryf t. }}}}}} (b) *[CP Ö»A [„, [vMaSa dala Antony iöetku}^^ [IP PRO (c) *[CP [S kem}.[v [v on. PriSel\\Cf t ' [c ^ [rl^pogovorifr]]}]]]] (d) *[cp Ctot [„, [„, Mala{ dala Antony Stetku}\„ tk ' [c [c dtoby][w PRO. [r I [^ poäslit' t, JUH1] Eine Kategorisierung des finalen Adjunktes als CP bietet keine Grundlage, die ungrammatischen Derivationen zu erklären. Die Erörterungen in 3.3. ergeben, daß Grammatikalität vs. Ungrammatikalität der Extraktion von Komplementen des infinitivischen Verbs (vgl. (38H42) nicht aus den unten aufgelisteten Annahmen hergeleitet werden kann: (i) Bestimmte finale Infinitive adjungieren an IP und lassen V-Komplement-Extraktion zu, andere adjungieren an VP, wodurch die Derivation blockiert (43a,b).
Finale Infinitive im Russischen
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(ii) In den Konstruktionen, die Bewegung des V- Komplementes erlauben, liegt ein Verbkomplex vor ((44), (45)). (iii) Einige Infinitive stellen Relativsätze, nicht aber finale Adjunkte dar. Die Subjazenz- Be dingung wird verletzt ((46)-(50)). (iv) Die Infinitiveinbettung ist eine VP ((51H53)). (v) Die Infinitiveinbettung ist eine IP ((54H55)). (vi) Die Infinitiveinbettung ist eine CP ((56H58)). Da eine ECP- Verletzung nicht Ursache für die Ungrammatikalität von V-Komplement-Extraktion sein kann, muß in den relevanten Beispielen eine Subjazenz- Verletzung vorliegen. Hieraus folgt, daß (mindestens) zwei maximale Projektionen - potentielle Barrieren - anzunehmen sind. Eine dieser maximalen Projektionen, dafür spricht die Diskussion zur Satzwertigkeit der Einbettung in 2., ist CP. Eine weitere maximale Projektion bettet die CP ein. Der finale Infinitiv erscheint mithin doppelt eingebettet - als CP in XP und mit der XP in der Matrix. (59)M-[ X P XCP1 Diese Struktur bieteteineGrundlagefür die Erklärung der Extraktionsdaten (38)-(42). Die Derivation blockiert, wenn CP und XP Barrieren-Status haben. Extraktion ist möglich, wenn nur eine der maximalen Projektionen als Barriere fungiert. Die Daten in 3.2. lassen vermuten, daß XP in (59) als PP zu spezifizieren ist, also:
Das hieße, finale Angaben stellen im Grunde Präpositionalphrasen dar. 4. Russische finale Infinitive als PP Konstatiert wurde, daß bestimmte Eigenschaften russischer finaler Infinitive Satzwertigkeit der Einbettung implizieren, andere PP-Status. Eine Analyse der doppelten Einbettung des finalen Infinitivs trägt der einen Folgerung Rechnung, ohne die andere aufzugeben. Was rechtfertigt die Annahme der Struktur (61)(=(60))?
4. I.Adverbiale als PP Bei der Beschreibung adverbialer Angaben wird in der Literatur häufig von deren kategoriellem Status als Präpositionalphrasen ausgegangen. Been (1955/1957: 312ff.) erörtert supinische Konstruktionen , .Präposition - 2. Status" im Deutschen. Für Steinitz(1969: 64) ist jedes Adverbial eine ??.[„, P S]Strukturen nimmt Faraci (1974: 48-66) für englische finale Infinitiveinbettungen an, was er mit „significant parallels in syntactic and semantic properties between non-clausal /or-phrases and rationale, objective, and purpose clauses" (ibid .: 64) begründet. Als eine Option der Verzweigung von P' erscheint bei Jackendoff (1977: 79) P'-» P -(S) für subordinierende Konjunktionen mit SKomplement. Koster/May (1982: 1 34) verweisen auf präpositional eingeleitete Infinitive im Holländischen. Manzini (1983: 427) kategorisiert „modifier sentences" als PP mit der internen Struktur [pp P S']. Emonds (1985: 248/249, 281) schreibt finiten und infinitivischen Sätzen, die durch
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Uwe Junghans
subordinierende Konjunktionen mit intrinsischem semantischen Gehalt eingeleitet werden, die Struktur pp [P - S] zu. Entsprechend seinem Empty Head Principle (ibid.: 308) kann P unter bestimmten Voraussetzungen leer bleiben. Larson (1990) analysiert englische adverbiale PP, deren Kopf eine CP selegiert („clausally complemented PPs"). Wie die Beispiele (62) zeigen, ist eine Kategorisierung adverbialer Angaben als PP naheliegend. (62) (a) (b) (c) (d)
Anna lief zum Brunnen [pp [p um][Wasser zu schöpfen]] Wir bleiben zusammen [^ [pbis]^ daß der Tod uns scheidet]]22 Helene schrieb einen Brief [pp [pnach]^ [^dem]^ Herbert gegangen war]]] Vimcaso[pp [fpara][tu me mostrares o teu vestido novo]] v-inf-Ps (e) Vim cd so [pp [ppara][cp [c [cque]tume mostrasses o teu vestido novo]]] v-fin-konj 'Ich bin nur gekommen, daß du mir dein neues Kleid zeigst.' (Bsp. (d), (e) aus Hundertmark-Santos Martins: 275; Klammerung und Kategorisierung von mir)
(f) Otidoch^ [pfzaj]^ ^ [