Zivilprozeßordnung und Gerichtsverfassungsgesetz [Reprint 2020 ed.] 9783112410721, 9783112410714

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Zivilprozeßordnung und Gerichtsverfassungsgesetz [Reprint 2020 ed.]
 9783112410721, 9783112410714

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Diesem Bande liegt bei ein

Nachweis wichtiger Gesetzesausgaben, in dem

die meisten Bände der jetzt

über 280 Nummern umfassenden

Guttentagschen Sammlung Deutscher Reichs- und Preußischer Gesetze sowie größere und kleinere Kommen-

tare, Lehrbücher, Sammelwerke, Ent­ scheidungssammlungen und Zeitschriften verzeichnet sind.

de Grugtersche Sammlung Deutscher Gesetze. Handkommentare.

Zivilprozeßordnung und

Gerichtsverfassungsgesetz nebst

Anhang, enthaltend Entlastungsgesetze und Kriegsrecht Handkommentar unter besonderer Berücksichtigung der Entscheidungen oberster Gerichte. Begonnen von

Dr. R. ©yöoto. Weiterbearbeitet von

Dr. L. Busch, weil. Neichsgerichtsrat.

Fortgeführt von

Dr. Waller Krantz, «nd Franz Triebel, Senatspräsident beim Kammergericht

Senatspräsi dent beim Reichsgericht a. D.

ZweiundzwanzigsLe Auflage.

Berlin 1941.

Waller ö e Grugter & E o. vormals G. I. Göschen'sche Verlagshandlung — I. Guttentag, Verlags­ buchhandlung — Georg Reimer — Karl I. Trübner — Veit 8$ Comp.

IV

Von den Auflagen des Werkes sind herausgcgeben wordendie 1. (1877) bis 7. (1896) von R. Sgdow, die 8. (1898) und 9.

(1901)

von

£. Busch

unter Mitwirkung von

2\. Sgdow,

die 10. (1905) bis 13. (1910) von £. Busch, die 14. (1913) von £. Busch und 21. Busch, die 15. (1919) bis 20. (1930) von £. Busch und W. kranh, die 21. (1935) von W. kranh und F. Triebel.

Bei der Herausgabe der 8. Auslage erschien das Werk in größerer Buch­ form.

Seit Herausgabe der 15. Auflage ist wegen des großen Umfangs der

Erläuterungen die Buchform weiter vergrößert worden.

Archiv-Nr.: 21 3 003.

Vorworte. Zur 21. Auflage. Oie Auflage bringt die Zivilprozeßordnung und den zugehörigen Teil des

Gerichtsverfaffungsgefehes in der feit dem 1. Januar 1935 geltenden Fassung unter Berücksichtigung der Änderungen bis 1. April 1933 erfolgten Änderungen des Gesehestextes

sind

1935.

Oie seit Anfang

durch Fettdruck

kenntlich

gemacht. Oie wichtigen neuen Bestimmungen der Novelle vom 27. Oktober 1933 (I. Wahrheitspflicht, II. Maßnahmen zur strafferen Zusammenfassung des Streitstoffs, III. Anmittelbarkeit der Beweisaufnahme, IV. Änderung des Eidesrechte, insbesondere Beweis durch Parteivernehmung, V. Revision, VI. Wiederaufnahme des Verfahrens, VII. Sicherheitsleistung für die Prozeß­

kosten und Armenrecht, VIII. Änderung von Vorschriften über die Zwangs­ vollstreckung und das Arrestverfahren, IX. Änderungen von Vorschriften über das schiedsgerichtliche Verfahren) und die Gesetze und Verordnungen über das Zwangsvollstreckungs-Rotrecht und den Bollstreckungsschuh sind erläutert. Auch

Hinweise auf das Schrifttum und die in der ,Deutschen Justiz" veröffentlichten

Verwaltungsbestimmungen und Rechtsprechung sind angeführt. Oie Rechtsprechung ist bis Ende 1934 berücksichtigt. Veraltete Entschei­ dungen und solche von

weniger

grundsätzlicher Bedeutung

sind

weiter

aus­

geschieden, in der Regel zu jedem Rechtesah nur eine oder einige Entscheidungen,

und zwar die neuesten, darunter auch nicht veröffentlichte Entscheidungen des Reichsgerichts, angeführt. Entsprechend dem bisherigen Charakter und dem Zweck des Werkes, dem Praktiker bei der Anwendung der Verfahrenevor» schriften den Weg zu weisen und insbesondere ihm die schnelle Anterrichtung

über den Stand der Rechtsprechung zu

ermöglichen, ist Wert darauf gelegt

worden, wie bisher die Rechtsprechung möglichst erschöpfend darZustellen.

Dabei

sollte aber seder Benutzer sich darüber im klaren sein, daß einerseits die Ver­ öffentlichung von Entscheidungen, auch des höchsten Gerichtshofs, nicht erfolgt,

um ihm die eigene Rechtsfindung abzunehmen, sondern nur, um ihm dabei einen Anhalt zu geben und im Interesse der Wahrung der Einheitlichkeit der Recht­

sprechung ihn dazu anzuregen, nicht ohne triftigen Grund von der wohlerwoge­

nen höchstrichterlichen Rechtsprechung abzuweichen, und daß andererseits die in

einem Erläuterungswerk nur in gekürzter Form mögliche Wiedergabe der Ent­

scheidungen Veranlassung geben sollte, sorgfältig zu prüfen, ob der in der Ent­ scheidung enthaltene Rechtssah auch wirklich auf den zu entscheidenden Fall zu­

trifft.

Ganz allgemein sollte niemals außer acht gelassen werden, daß bei der

Anwendung der Verfahrensvorschriften dersenige Richter seiner Aufgabe am

besten gerecht wird, dem diese Vorschriften keine Fesseln, sondern das Mittel

sind, der Wahrheit und dem materiellen Recht zum Siege zu verhelfen und dem

VI

Vorworte.

Rechkenot leidenden Volksgenossen schnellen und wirksamen Rechtsschutz zu ver­ schaffen. In diesem Zusammenhänge sei auf die programmatischen Erklärungen der Reichsregierung in der Einleitung zur Rovelle vom 27. Oktober 1933, die wegen ihrer großen Bedeutung dem Werke vorangestellt sind (abgedruckt auf Seite XXVII), besonders hingewiesen. O i e Herausgeber. Rordhausen/Leipzig, März 1935.

Zur 22. Auflage. Oie Auflage erscheint in durchgängig neuer Bearbeitung mit den Gesetz esänderungen bis Ende Oktober 1940 (Rachträge bis Ende 1940). Oie neue LohnpfändungsB. 1940 v. 30./10. 40 kam heraus, als die Auflage im Druck abgeschlossen vorlag. Sie ist mit Erläuterungen im Anhang zum neuen § 850 ZPO. eingefügt worden. Hinweise in anderen Anmerkungen auf die durch sie aufgehobenen §§ 850 bis 850h a. 5-, die nicht mehr berichtigt werden konnten, sind als überholt anzusehen. Oie Änderungen der ZPO. durch Art. 5 der 230. z. Durchs, des Ges. über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken v. 21.Dezember 1940 (RGBl. 1 1609) konnten nur noch in den Nachträgen unterRr.II abgedruckt werden (Seite XIXff.). Oie Rechtsprechung ist bis etwa 1. Oktober 1940 berücksichtigt. In weiterem Umfang als bisher ist in den Erläuterungen die im führenden Schrifttum vertretene Auffassung wiedergegeben worden. Am die Rechtserneuerung äußerlich kenntlich zu machen, ist der Fett­ druck der seit Anfang 1933 erfolgten Änderungen des Gefehestertes beibehalten worden. Bei den Erläuterungen ist Rberholtes ausgeschieden und vorwiegend die neuere Rechtsprechung angeführt worden. Oie Herausgeber glauben, die Er­ läuterungen mit dem Geiste der Rechteerneuerung, wie er besonders aus der Ein­ leitung zur Rovelle vom 27./10. 33 (abgedruckt auf Seite XXVII) und den neueren Vorschriften hervorgeht, in Einklang gebracht zu haben. In der Einleitung vor § 1 ZPO. sind unter Rr. II die für das Verfahrens­ recht in Betracht kommenden zwischenstaatlichen Verträge, unter Rr. III die AV. des Reichsministers der Justiz vom 11. Rovember 1 935 über Beschleunigung und Unmittelbarkeit des Rechtegangs (OJ. 1654), die für die Handhabung der Verfahrensvorsthristen von der gleichen richtung­ weisenden Bedeutung ist wie die Einleitung zur Rovelle vom 27. Oktober 1933, abgedruckt. Verschiedene Reuerungen sollen die Benutzung des Werkes erleichtern: Oie Erläuterungen sind mehr als bisher in Rnterabschnitte gegliedert worden. Den wichtigeren Einzelabschnitten sind in erweitertem Umfang Rberblicke in Vor­ bemerkungen vorangestettt. Einzelne umfangreiche Gebiete sind in alphabetischen Merflchten geordnet (z. B. Wert des Streitgegenstandes in Anm. 3 zu § 3 ZPO., Erstattung von Prozeßkosten in Anm. 3 zu § 91 ZPO., Zulässigkeit des Rechts­ wegs in Anm. 2 III zu § 13 GVG.). Jm Anhang zum 8. Buch der ZPO. sind sog. Vollstreckungeverzeichnisse, nach Gläubigern, Schuldnern, Drittschuldnern, Vollstreckungsgegenständen geordnet, eingefügt, die bei der Zwangsvollstreckung

Vorworte.

VII

das Aufflnden der in Betracht kommenden Gesetzesbestimmungen und Erläute­ rungen erleichtern sollen. Das Sachregister ist berichtigt und erheblich ergänzt worden. Auf das in den wiedergewonnenen Gebietsteilen des Großdeutschen Reichs geltende Berfahrenerecht ist in der Einleitung vor § 1 ZPO. unter Rr. IV in einem zusammenfassenden Aberblick, bei einzelnen Gesehesstellen in Bemerkungen hingewiesen, z. B. in Vordem. II bis VI vor § 606 ZPO. Oie VO. zur einheitlichen Regelung der Vollstreckung von Titeln in den verschiedenen Rechtsgebieten des Großdeutschen Reichs vom 16./1.40 ist im Anhang zu §§ 722 f. ZPO. abgedruckt und erläutert. Oie während des Krieges erlassenen kriegsvorschristen stnd im Abschnitt IV des Anhangs hinter dem GVG. als kriegsrecht abgedruckt. Hier hat auch die ZustVO. vom 9./10. 40 zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Zustellungsrechts mit den neuen §§ 187, 195a und 212b ZPO. Ausnahme ge­ funden. In der ZPO. und im GVG. ist bei den in Frage kommenden Stellen auf das kriegsrecht hingewiesen. Einem von verschiedenen Seiten geäußerten Wunsche entsprechend läßt der Verlag das Werk wieder in einem Bande erscheinen. Oie Herausgeber Verlin/Leipzig/Dezember 1940.

Inhalt.

VIII

Inhalt. A.

Zivilprozeß. Seite

I. Gesetz, betreffend Edicinführung der Zivilprozeßordnung Vom 30. Januar 1877. §§ 1 bis 24.................................................

1—6

11. Zivilprozeßordnung. 8. November 1933

Vom 30. Januar 1877 i. d. Fass, vom ................................................................................

Einleitung. I. Inhalt und Geltungsbereich der Zivilprozeß­ ordnung ..................................................................................... II. Ausländer, zwischenstaatliche Verträge................. 1. Abkommen über den Zivilprozeß. Vom 17. Juli 1905 . . 2. Gesetz zur Ausführung des Abkommens über den Zivil­ prozeß vom 17. Juli 1905. Vom 5. April 1909 . . . . 3. Abkommen zwischen dem Deutschen Reich und der Schweize­ rischen Eidgenossenschaft über die gegenseitige Anerken­ nung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen. Vom 2. November 1929 ................................................... 4. Verordnung zur Ausführung des deutsch-schweizerischen Abkommens vom 2. November 1929. Vom 23. August 1930 5. Genfer Protokoll über die Schiedsklauseln im Handels­ verkehr. Vom 24. September 1923 .................................. 6. Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schieds­ sprüche. Vom 26. September 1927 .................................. 7. Haager Abkommen über die Entmündigung und gleich­ artige Fürsorgemaßregeln. Vom 17. Juli 1905 .... 8. Deutsch-italienisches Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Vom 9. März 1936.................................. 9. Verordnung zur Ausführung des deutsch-italienischen Ab­ kommens vom 9. März 1936. Vom 18. Mai 1937 . . 10. Abkommen zwischen dem DeutschenReich und der TschechoSlowakischen Republik über die Überleitung der Rechts­ pflege, Art. 21 u. 22. Vom 19. Dezember 1938 ....

III. Allgemeine Verfügung des Reichsjustizministers vom 11. November 1935 über Beschleunigung und Unmittelbarkeit des Rechtsgangs..................... IV. Ostmark, sudetendeutsche Gebiete, Memelland, Danzig, Ostgebiete, Eupen, Malmedp, Moresnet A. Ostmark................................................................................. B. Die sudelendeutschen Gebiete, Protektorat Böhmen und Mähren................................................................................. C. Memelland............................................................................. D. Danzig..................................................................................... E. Ostgebiete............................................................................. F. Eupen, Malmedv, Moresnet..........................................

7

8—9

9 9—16

16—19

19—21 21—22

22—23 24—26

26—29

29—32 32—34

34

34—40

40— 42 42—44 43—44 44 44 44

Inhalt. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen. Erster Abschnitt. Gerichte. Erster Titel. Sachliche Zuständigkeit der Gerichte. §§ 1 bis 11 Zweiter Titel. Gerichtsstand. §§ 12 bis 37 Dritter Titel. Vereinbarung über die Zuständigkeit der Gerichte. §§38 bis 40 Vierter Titel. Ausschließung und Ablehnung der Gerichts­ personen. §§ 41 bis 49 . . . . Zweiter Abschnitt. Parteien. Erster Titel. Parteifähigkeit. Prozeßfähigkeit. §§ 50 bis 58 Zweiter Titel. Streitgenossenschaft. §§ 59 bis 63 Dritter Titel. Beteiligung Dritter am Rechtsstreite. §§ 64 bis 77 Vierter Titel. Prozeßbevollmächtigte und Beistände. §§ 78 bis 90 Fünfter Titel. Prozeßkosten. §§ 91 bis 107 Sechster Titel. Sicherheitsleistung. §§ 108 bis 113 Siebenter Titel. Armenrecht. §§ 114 bis 127 Dritter Abschnitt. Verfahren. Erster Titel. Mündliche Verhandlung. §§ 128 bis 165 . . . Zweiter Titel. Zustellungen I. Zustellungen auf Betreiben der Parteien. §§ 166 bis 207 II. Zustellungen von Amts wegen. §§ 208 bis 213 .... Dritter Titel. Ladungen, Termine und Fristen. §§ 214 bis 229 Vierter Titel. Folgen der Versäumung. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. §§ 230 bis 238 Fünfter Titel. Unterbrechung und Aussetzung des Verfahrens. §§ 239 bis 252

Zweites Buch. Verfahren in erster Instanz. Erster Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten. Erster Titel. Verfahren bis zum Urteil. §§ 253 bis 299. . Zweiter Titel. Urteil. §§ 300 bis 329 Dritter Titel. Versäumnisurteil. §§ 330 bis 347 Vierter Titel. Verfahren vor. dem Einzelrichter. §§ 348 bis 350 (§§ 351 bis 354 gestrichen) Fünfter Titel. Allgemeine Bestimmungen über die Beweisauf­ nahme. §§ 355 bis 370 Sechster Titel. Beweis durch Augenschein. §§ 371, 372 . . Siebenter Titel. Zeugenbeweis. §§ 373 bis 401 Achter Titel. Beweis durch. Sachverständige. §§ 402 bis 414 Neunter Titel. Beweis durch Urkunden. §§ 415 bis 444 . . Zehnter Titel. Beweis durch Parteivernehmung. §§ 445 bis 475 (§§ 456 bis 477 gestrichen) Elfter Titel. Verfahren bei der Abnahme von Eiden. §§ 478 bis 484 Zwölfter Titel. Sicherung des Beweises. §§ 485 bis 494 . Zweiter Abschnitt. Verfahren vor den Amtsgerichten. §§ 495 bis 510 e Trittes Buch. Rechtsmittel. Erster Abschnitt. Berufung. §§ 511 bis 544 Zweiter Abschnitt. Revision. §§ 545 bis 566a Dritter Abschnitt. Beschwerde. §§ 567 bis 577

IX

Seite

45—73 73—107 107—111 111—117

117—133 133—139 139—158 158—174 174—216 216—226 226—250

251—289 289—291 291—323 323—326 327—336 336—351 351—374

375—483 483—558 558—573

573—579 579—588 588—590 590—618 619—629 629—647 647—654

654—656 656—661 661—679

679—739 739—787 787—803

Inhalt.

X

Viertes Buch. Wiederaufnahme des Verfahrens.

§8 578 bis 591

Seite

803—819 Fünftes Buch. Urkunden- und Wechselprozeß.

819—833

592 bis 605 a,

Sechstes Buch. Ehesachen. Feststellung des Rechtsverhältnisses zwischen Eltern und Kindern. Entmündigungssachen.

Erster Abschnitt. Verfahren in Ehesachen. 88 606 bis 639 . . Zweiter Abschnitt. Verfahren in Rechtsstreitigkeiten, welche die Feststellung des Rechtsverhältnisses zwischen Eltern und Kindern zum Gegenstände haben. §§ 640 bis 644 Dritter Abschnitt. Verfahren in Entmündigungssachen. 88 6 45 bis 687

833—875

876—882 883—907

Siebentes Buch. Mahnverfahren.

907—921

88 688 bis 703

Achtes Buch.

Zwangsvollstreckung. Vorbemerkungen Anhang: ZV.-Notrecht und Vollstreckungsschutz. A. VO. über Maßnahmen auf dem Gebiete der ZV. vom 26. Mai 1933 i. d. Fass. v. 24. Oktober 1934. §§ 18—19c . B. Ges. zur Verhütung mißbräuchlicher Ausnutzung von Voll­ streckungsmöglichkeilen vom 13. Dezember 1934 C. Landwirtschaftlicher Bollstreckungsschutz (außer Zwangsver­ steigerung von Grundstücken). I. Bei Landwirten, die nicht Erbhofbesitzer sind. 1. Zweites Ges. über den landwirtschaftlichen Voll­ streckungsschuh vom 27. Dezember 1933 2. RGes. zur Regelung der landwirtschaftlichen Schuld­ verhältnisse vom 1. Juni 1933 (§§ 11, 80 bis 82, 91) II. Bei Bauern (Erbhofbesihern). 1. Reichserbhofges. vom 29. September 1933 (§§ 38, 39, 59) 2. Erbhofrechtsverordnung vom 21. Dezember 1936 und 26. April 1939 (§§ 37, 38) D. Vollstreckungsschutz für die Binnenschiffahrt . .* E. Pfändungsschutz für Urlaubskarten, Urlaubsmarken und Ur­ laubsgeld im Baugewerbe und in den Baunebengewerben. VO. vom 31. August 1936 F. Vollstreckungsschutz für Beamte, die entschuldet werden . G. Vorläufiger Vollstreckungsschutz und einstweilige Anordnungen anderen Inhalts bei der Bereinigung alter Schulden. Ges. vom 17. August 1938 (jetzt Ges. vom 3. September 1940) . H. Vollstreckungsschutz zugunsten von Pensionspelztierzucht­ betrieben J. Vollstreckungsschutz zugunsten eines in der Handwerksrolle gelöschten Handwerkers K. Vorübergehender Vollstreckungsschutz in der landwirtschaft­ lichen Siedlung L. Vollstreckungsschutz im Kriegsrecht

922—930

930—936

936—939

939—940 940—941

941—943 943 943

943—944 944

944

945 945

945 945

XI

Inhalt.

Erster Abschnitt. Allgemeine Bestimmungen. §§ 704 bis 802 Anhang zu §§ 722 f.: Verordnung zur einheitlichen Regelung der Vollstreckung von Titeln in den verschiedenen Rechts­ gebieten des Großdeutschen Reichs vom 16. Januar 1940

Seite 945—1088

974—978

Zweiter Abschnitt. Zwangsvollstreckung wegen Geldforde­ rungen. Erster Titel. Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen. I. Allgemeine Bestimmungen. §§ 803 bis 807 .... 1088—1099 II. Zwangsvollstreckung in körperliche Sachen. §§ 808 bis 827 1099—1130 III. Zwangsvollstreckung in Forderungen und andere Ver­ mögensrechte. §§ 828 bis 863 1130—1201 Anhang zu § 850: Verordnung zur einheitlichen Regelung des Pfändungsschutzes für Arbeitseinkommen (LohnpfändungsV. 1164—1182 1940) vom 30. Oktober 1940 Zweiter Titel. Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Ver­ mögen. §§ 864 bis 871 1201—1214 Dritter Titel. Verteilungsverfahren. §§ 872 bis 882 . . . 1214—1223

Dritter Abschnitt. Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen und zur Erwirkung von Handlungen oder Unterlassungen. §§ 883 bis 898 Vierter Abschnitt. Offenbarungseid und Haft. §§ 899bis915 Fünfter Abschnitt. Arrest und einstweilige Verfügung. §§916 bis 945 Anhang zum 8. Buch: Vollstreckungsverzeichnisse. I. Gläubiger II. Schuldner III. Drittschuldner IV. Vollstreckungsgegenstände. A. Körperliche Sachen B. Ansprüche und Rechte

1223—1249 1249—1266

1266—1319 1320 1320—1322 1322

1322— 1323 1323— 1325

Neuntes Buch. Aufgebotsverfahren. §§ 946 bis 1024

1326—1357

Zehntes Buch. Schiedsrichterliches Verfahren. §§ 1025 bis 1048

1358—1416

B. Gerichtsverfassung. I. Einführungsgesetz zum GerichtSverfassuugSgesetze. Vom 27. Januar 1877. §§ 1 bis 22 II. GerichtSverfassungSgefetz. Vom 27. Januar 1877 i. d. Fass. v. 22. März 1924 Erster Titel. Richteramt. §§ 1 bis 11 Zweiter Titel. Gerichtsbarkeit. §§ 12 bis 21 Dritter Titel. Amtsgerichte. §§ 22 bis 27

1417—1419

. .

Vierter Titel. Schöffengerichte. §§ 28 bis 58................... Fünfter Titel. Landgerichte. §§ 59 bis 78 Sechster Titel. Schwurgerichte. §§ 79 bis 92................... Siebenter Titel. Kammern für Handelssachen. §§ 93 bis 114

1420—1425 1425—1451 1451—1457 1457 1457—1469 1469 1469—1481

Inhalt.

XII

Achter Titel. Oberlandesgerichte. §§ 115 bis 122 . . . . Neunter Titel. Reichsgericht. §§ 123 bis 140 Zehnter Titel. Staatsanwaltschaft. §§ 141 bis 152 . . . . Elfter Titel. Geschäftsstelle. § 153 Zwölfter Titel. Zustellungs- und Vollstreckungsbeamte. §§ 154, 155 Dreizehnter Titel. Rechtshilfe. §§ 156 bis 168 Vierzehnter Titel. Öffentlichkeit und Sitzungspolizei. §§ 169 bis 183 Fünfzehnter Titel. Gerichtssprache. §§ 184 bis 191 . . . Sechzehnter Titel. Beratung und Abstimmung. §§ 192 bis 198 \ . . Siebzehnter Titel. Gerichtsferien. tztz 199 bis 202 (aufgehoben)

Seite 1481—1484 1484—1490 1491—1494 1494—1496 1496—1498 1498—1511 1512—1522 1522—1524 1524—1527 1527

Anhang. 1528—1545

I. Bekanntmachung zur Entlastung der Gerichte. Vom 9. September 1915 i.d.Fass. v. 13. Mai 1924. §§ 1 bis 21

1545—1548

II. Gesetz zur Entlastung der Gerichte. Vom 11.März 1921. Art. VI und VIT

III. Preußische Allgemeine Entlastungsverfügung. Vom 1. März 1928.

IV. Kriegsrecht

1 bis 16

...................

1. Verordnung über Maßnahmen auf dem Gebiete des bürgerlichen Streitverfahrens, der Zwangsvoll­ streckung, des Konkurses und des bürgerlichenRechts (BerfV O.). Vom 1. September 1939 (RGBl. I 1656) . . Anhang: I. Verordnung über weitere Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung (LockerungsVO.) vom 31. Ok­ tober 1939 11. Verordnung über die Vertragshilfe des Richters aus Anlaß des Krieges (Vertragshilfe BO.) vom 30. No­ vember 1939 (tztz 32 bis 36) 2. Verordnung über Maßnahmen auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung und der Rechtspflege (VereinfV O.). Vom 1. September 1939 (RGBl. I 1658) 3. Verordnung über Pfändung und Verpfändung be­

4.

5. 6. 7.

1548—1553 1553—1580

wirtschafteter landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Vom 25. September 1939 ................................................................. Zweite Verordnung zur Durchführung der Ver­ ordnung über Maßnahmen auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung und der Rechtspflege. Vom4. Ok­ tober 1939 Verordnung über die Bewilligung von Zahlungs­ fristen in Rechtsstreitigkeitcn. Vom 7. Oktober 1939 Verordnung über die Behandlung feindlichen Ver­ mögens. Vom 15. Januar 1940 Verordnungen über das Verfahren beiZustellungen A. an Angehörige der Wehrmacht (WehrmZustV.) vom 13. März 1940

1553—1557

1557— 1558

1558— 1559

1559— 1563

1564

1564—1566

1566-1567

1568—1571

1572—1573

Inhalt. Verzeichnis wörtlich abgedruckter Nebengesetze.

XIII

Seite

B. an Angehörige des Neichsarbeitsdienstes (RADZustV.) vom 5. Juli 1940 .............................................................. C. an Kriegsgefangene und in Kriegsgefangenenlagern inter­ nierte Personen (KriegsgefZustB.) vom 23. August 1940 8. Verordnung zur Änderung der Vereinfachungs­ verordnung (2. VereinfVO.). Vom 18. September 1940

1573 1573 1574—1575

9. Verordnung zur Vereinfachung und Vereinheit­ lichung des Zustellungsrechts (ZustVO.). Vom 9. Ok­ tober 1940. Erster Abschnitt. Vereinfachung des Zustellungsrechts im Geltungsbereich der Reichszivilprozeßordnung

(88187, 195 a, 212 b) Zweiter Abschnitt. Vereinheitlichung des Zustellungs­ rechts (betr. die in den Reichsgauen der Ostmark und im Reichsgau Sudetenland geltende ZPO. v. 1. 8. 95) Dritter Abschnitt. Übergangs- und Schlußvorschriften

Sachregister

1575— 1576

1576— 1580 1580

1581—1656

Verzeichnis wörtlich abgedruckter Vebengesetze. Anfechtung der Ehelichkeit: §8 Abs. 2 Ges. v. 12./4. 38 in Anm. 1 zu §642 ZPO. ArbGerGes. v. 10./4. 34: §§ 2—5 (Zuständigkeit) in Anm. 10 zu § 14 GBG. Im übrigen sind die von den Vorschriften der ZPO. und des GBG. abweichenden Bestimmungen in Anliquaschrift den Anmerkungen zu den in Frage kommenden Paragraphen vorangestellt.

Armenanwaltsgebühren: Ges. v. 20./12. 28 in Anm. 6 zu § 115 ZPO.

Beschleunigung und Unmittelbarkeit: AB. v. ll./ll. 35 in Einl. III vor §1 ZPO. Deutsches Beamtengesetz v. 26./1. 37: §§ 8 u. 9 in Anm. 1 zu § 376 ZPO.

Devisengesetz v. 12./12. 38: §§ 65, 68 in Vordem. 10 vor § 704 ZPO.; Richtlinien z. DevGes. v. 22./12. 38 §§ 12—14, 16 in Vordem. 10 vor § 704 ZPO.

Entlastungsbestimmungen: Anhang I—III, vgl. Inhaltsverzeichnis hinter „Gerichtsverfassungsgesetz". Feststellung der Abstammung (Pflicht zur erb- und rassekundlichen Untersuchung): § 9 Ges. v. 12./4. 38 in Anm. 1 zu § 371, Vordem. 1 vor § 640 ZPO. Gerichtskoftengesetz v. 5./7. 27 i. d. Fass. v. 20./7. 33 usw.: § 9 Abs. 2 in Anm. 2 zu § 4 ZPO., § 10 Ads. 1 in Anm. 4 zu § 8 ZPO., § 10 Abs. 2—4 in Anm. 6 zu § 9 ZPO. Gerichtsverfassung, BO.zur einheitlichen Regelung der Gerichtsverfassung v. 20./3. 35: § 1 in Vordem. 4 vor § 22 GBG., § 4 in Anm. 2 zu § 22 GBG., § 6 in Anm. 4 zu § 22 GVG., §8 in Vordem. 4 vor § 115 GBG., § 10 in Anm. 1 B zu § 22 GVG., §§ 13—18 in Vordem. 3 vor § 12 GVG. Geschäftsverteilung: Ges. über die G. bei den Gerichten v. 24./11. 37 in Vorbem. 4 vor § 12 GVG. Heimarbeiter, Ges. über die Heimarbeit i. d. Fass.v. 30./10. 39: § 33 in Anm. 3 zu § 11 LohnpfündungsB. (s. unten).

Inhalt. Verzeichnis wörtlich abgedruckter Nebengesetze.

XIII

Seite

B. an Angehörige des Neichsarbeitsdienstes (RADZustV.) vom 5. Juli 1940 .............................................................. C. an Kriegsgefangene und in Kriegsgefangenenlagern inter­ nierte Personen (KriegsgefZustB.) vom 23. August 1940 8. Verordnung zur Änderung der Vereinfachungs­ verordnung (2. VereinfVO.). Vom 18. September 1940

1573 1573 1574—1575

9. Verordnung zur Vereinfachung und Vereinheit­ lichung des Zustellungsrechts (ZustVO.). Vom 9. Ok­ tober 1940. Erster Abschnitt. Vereinfachung des Zustellungsrechts im Geltungsbereich der Reichszivilprozeßordnung

(88187, 195 a, 212 b) Zweiter Abschnitt. Vereinheitlichung des Zustellungs­ rechts (betr. die in den Reichsgauen der Ostmark und im Reichsgau Sudetenland geltende ZPO. v. 1. 8. 95) Dritter Abschnitt. Übergangs- und Schlußvorschriften

Sachregister

1575— 1576

1576— 1580 1580

1581—1656

Verzeichnis wörtlich abgedruckter Vebengesetze. Anfechtung der Ehelichkeit: §8 Abs. 2 Ges. v. 12./4. 38 in Anm. 1 zu §642 ZPO. ArbGerGes. v. 10./4. 34: §§ 2—5 (Zuständigkeit) in Anm. 10 zu § 14 GBG. Im übrigen sind die von den Vorschriften der ZPO. und des GBG. abweichenden Bestimmungen in Anliquaschrift den Anmerkungen zu den in Frage kommenden Paragraphen vorangestellt.

Armenanwaltsgebühren: Ges. v. 20./12. 28 in Anm. 6 zu § 115 ZPO.

Beschleunigung und Unmittelbarkeit: AB. v. ll./ll. 35 in Einl. III vor §1 ZPO. Deutsches Beamtengesetz v. 26./1. 37: §§ 8 u. 9 in Anm. 1 zu § 376 ZPO.

Devisengesetz v. 12./12. 38: §§ 65, 68 in Vordem. 10 vor § 704 ZPO.; Richtlinien z. DevGes. v. 22./12. 38 §§ 12—14, 16 in Vordem. 10 vor § 704 ZPO.

Entlastungsbestimmungen: Anhang I—III, vgl. Inhaltsverzeichnis hinter „Gerichtsverfassungsgesetz". Feststellung der Abstammung (Pflicht zur erb- und rassekundlichen Untersuchung): § 9 Ges. v. 12./4. 38 in Anm. 1 zu § 371, Vordem. 1 vor § 640 ZPO. Gerichtskoftengesetz v. 5./7. 27 i. d. Fass. v. 20./7. 33 usw.: § 9 Abs. 2 in Anm. 2 zu § 4 ZPO., § 10 Ads. 1 in Anm. 4 zu § 8 ZPO., § 10 Abs. 2—4 in Anm. 6 zu § 9 ZPO. Gerichtsverfassung, BO.zur einheitlichen Regelung der Gerichtsverfassung v. 20./3. 35: § 1 in Vordem. 4 vor § 22 GBG., § 4 in Anm. 2 zu § 22 GBG., § 6 in Anm. 4 zu § 22 GVG., §8 in Vordem. 4 vor § 115 GBG., § 10 in Anm. 1 B zu § 22 GVG., §§ 13—18 in Vordem. 3 vor § 12 GVG. Geschäftsverteilung: Ges. über die G. bei den Gerichten v. 24./11. 37 in Vorbem. 4 vor § 12 GVG. Heimarbeiter, Ges. über die Heimarbeit i. d. Fass.v. 30./10. 39: § 33 in Anm. 3 zu § 11 LohnpfündungsB. (s. unten).

XIV

Verzeichnis wörtlich abgedruckter Nebengesetze.

Kriegsrecht: Anhang IV, vgl. Inhaltsverzeichnis hinter „Gerichtsverfassungsgesetz".

LohnpfändungsB. 1940: VO. zur einheitlichen Regelung des Pfändungsschutzes für Arbeitseinkommen v. 30./10. 40 in Anh. zu § 850 ZPO. Mindestgebot: VO. über das M. bei der Versteigerung gepfändeter Sachen v. 8./10.14 in Anm. 1 A zu §817 ZPO.

Offenbarungseidsverfahren: V O.zur Ergänzung der Vorschriften über das O.v. 11./5.38 vor Anm. 1 zu § 900 ZPO. Vgl. auch unten „Zwangsvollstreckungsnotrecht und Vollstreckungsschutz" Nr. 1.

Patentanwälte (Beiordnung): Ges. v. 5./2. 38 in Anm. 8 zu § 115.

Patentstreitsachen (Beteiligung eines Vertreters des Reichspatentamis an den Ver­ handlungen): § 52 Patentges. v. 5./5. 36 in Vordem. 4 vor § 128 ZPO. Reichserbhofgesetz v. 29./9. 33 (§§38, 39, 59), Erbhofrechtsverordnung v. 21./12. 36, 26./4*. 39 (§§ 37 t) in Vorbem. Anh. C II1 u. 2 vor § 704 ZPO.

Reichsgericht (Befreiung von Bindungen an alte Urteile): Art. 2 Ges. v. 28./6. 35 in Vorbem. vor § 136 GVG. Revision (Beschränkung der R. in Ehesachen): Erster Teil Kap. II Art. 1 Abs. 2 BO. v. 14./6. 32 i. d. Fass. v. 27./7. 38 in Anm. 1 zu § 549 ZPO.

Scheidung (einer deutschen Staatsangehörigen, für deren Scheidungsklage ein inländischer Gerichtsstand nicht begründet ist): Art. 2 Ges. v. 24./1. 35 in Anm. 6 zu § 606.

Schweine (Pfändung): BO. zur Ergänzung der Vorschriften über den Pfändungsschutz bei der Fahrnisvollstreckung v. 17./7. 39 in Anm. 1 zu § 811 ZPO.

Vollstreckung von Titeln des Großdeutschen Reichs: VO.v. 16./1. 40 in Anh. zu §§ 722 f. ZPO.

Wertbeständige Schuldtitel: Art. I 2. DurchfVO. v. 27./6. 24 in Anm. 6 zu § 9 EntlVO. (Anh. I). Zwangsvollstreckungsnotrecht und Bollstreckungsschutz: 1. VO. über Maßnahmen auf dem Gebiete der ZV. v. 26./5. 33 i. d. Fass. v. 24./10. 34, §§ 18—19c in Vorbem. W&. A vor § 704 ZPO., § 19d (Offenbarungseid) in Vorbem. 3 vor § 899 ZPO. 2. Ges. zur Verhütung mißbräuchlicher Ausnutzung von Vollstreckungsmöglichkeiten v. 3./12. 34 in Vorbem. Anh.L vor § 704 ZPO. Im übrigenvgl. Inhaltsverzeichnis unter „Achtes Buch. Zwangsvollstreckung" Vorbemerkungen Anhangs, E, G. Zwischenstaatliche Verträge: Einleitung II vor § 1 ZPO., vgl. Inhaltsverzeichnis unter „Zivilprozeßordnung" vor „Erstes Buch".

Abkürzungen.

XV

AbNrzungm. bedeutet Aktiengesetz v. 30./1. 37. AktGes. „ Aktenordnung v. 28./11. 34,26./10. 37, 23./9. 38. AHO. „ Amtsgericht. AG. AG. vor BGB., „ Ausführungsgesetz zum BGB., GVG. GVG. allgemeine Meinung. allg. M. anderer Meinung. a. M. „ Reichsgeseh, betr. die Anfechtung von Rechtshandlungen eines AnfG. Schuldners außerhalb des Konkursverfahrens, vom 20./5. 98. AngVersG. „ Angestelltenversicherungsgesetz vom 28./5. 24, 24./11., 7./12. 33 u. 5./7. 34. „ Anmerkung. Anm. „ Arbeitsgerichtsgesetz vom 10./4. 34. ArbGG. „ Aufwertungsgesetz vom 16./7. 25. AufwG. „ Allgemeine Verfügung des Reichsministers d. I. AB. „ Baumbach, Zivilprozeßordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz, Baumb. Kurzkommenlar, 14./15. Ausl. 1939. „ Begründung zum Gesetzentwurf. Begr. „ Bürgerliches Gesetzbuch. BGB. „ Deutsches Beamtengesetz v. 26./1. 37. DBG. „ Gesetz über die Devisenbewirtschaftung v. 12./12. 38. DevGes. „ Deutsche Justiz. Dgl. auch RAG. u. RG. vor DJ. DJ. „ Deutsches Recht, vereinigt mit Deutsche Rechtspflege, Aus­ DRM. gabe B (Monatsausgabe). Vgl. auch RAG. u. RG. vor DRM. „ Deutsches Recht, vereinigt mit Juristische Wochenschrift, Aus­ DRW. gabe A (Wochenausgabe). Vgl. auch RAG. u. RG. vor DRW. „ Einführungsgesetz. EG. „ Reichsgesetz zur Entlastung der Gerichte vom 11./3. 21. EntlG. „ Bekanntmachung zur Entlastung der Gerichte v.13./5. 24. EntlVO. „ Grundbuchordnung v. 5./8. 35. GBO. Gebührenordnung für Gerichtsvollzieher. GebOGV. GebORA. Deutsche Gebührenordnung für Rechtsanwälte. GebO.Z. u. S. „ Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige. GeschAnw. f. G Vollz. „ Preußische Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher. „ Gewerbeordnung für das Deutsche Reich vom- 26./7. 00. GewO. GKG. Deutsches Gerichtskostengesetz. Gr. Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts, begründet von Gruchot (bis Bd. 70). Großer Senat für Zivilsachen beim Reichsgericht. GrZS. GS. „ Preußische Gesetz-Sammlung. GVBl. .. Gesetz- und Verordnungs-Blatt. GVG. „ Gerichtsverfassungsgesetz. Hellwig-Oe. „ Hellwig-Oertmann, System des deutschen Zivilprozeßrechts. HGB. Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich. Hinter! O. „ Hinterlegungsordnung v. 10./3. 37. h. M. „ herrschende Meinung.

XVI HRR.

JFG.

IMBl. Jonas

IW.

KB. KfH. KGJ. KO. KonsGerG. KostO. LArbG. LG. MBl. i. V.

Mot. OHG. OLG.

RAbgO. RAG.

Abkürzungen. bedeutet Höchstrichterliche Rechtsprechung, Ergänzungsblatt zur „Deut­ schen Justiz" und zur Amtlichen Sammlung der Reichsgerichts­ entscheidungen, früher (bisJahrgang 1935Heft 18) Beilagezur „Juristischen Rundschau" (JR.). Vgl. auch RAG. u. RG. vor HRR. Jahrbuch für Entscheidungen in Angelegenheiten der frei­ willigen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechts. „ Preußisches Justiz-Ministerial-Blatt. „ Jonas, Die Zivilprozeßordnung, 16. Aufl. des von Gaupp begründeten Kommentars, neu bearbeitet unter Mitwirkung von Pohle, 1838/39. Juristische Wochenschrift (bis Jahrgang 1939 Heft 12, dann vereinigt mit „Deutsches Recht", s. DRW.). Aus den Jahr­ gängen bis 1914 sind nur Entscheidungen des Reichsgerichts, von 1915 ab solche des Reichsgerichts (mit gehobener kleiner Zahl, z. B. 15, 542-?) und anderer Gerichte (ohne gehobene Zahl, z. B. IW. 15, 273) angeführt. Bericht der Kommission des Reichstags zum Gesetzentwurf. „ Kammer für Handelssachen. Jahrbuch der Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Johow-Ring). „ Konkursordnung. „ Reichsgesetz für die Konsulargerichtsbarkeit v. 7./4. 00. Kostenordnung v. 25./11. 35. Landesarb eitsgericht. Landgericht. „ Ministerialblatt für die gesamte innere Verwaltung in den Preußischen Staaten. Motive zum Gesetzentwurf. „ Offene Handelsgesellschaft. „ Oberlandesgericht; auch die Rechtsprechung der Oberlandes­ gerichte (Mugdan-Falkmann) (bis Bd. 46). „ R eichsab gab enordnung. „ Reichsarbeitsgericht; auch Entscheidungen desReichsarbeitsgerichts, herausgegeben von den Mitgliedern des Gerichts­ hofes.

RAG. vor DJ., DRM., DRW., HRR. RAO. RFGG. RG. RG. vor DJ., DRM., DRW., HRR. RG. RGBl. Richtl. RIA.

ScheckG. StGB. StPO, str.

Entscheidung desReichsarbeitsgerichts in DJ., DRM., DRW., HRR. Rechtsanwaltsordnung v. 21./2. 36. Reichsgesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Ge­ richtsbarkeit. Reichsgericht; auch Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivil­ sachen, herausgegeben von den Mitgliedern des Gerichtshofes, Entscheidung des Reichsgerichts in DJ., DRM., DRW., HRR: Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen, heraus­ gegeben von den Mitgliedern des Gerichtshofes. Reichs-Gesetzblatt. Richtlinien für die Devisenbewirtschaftung v. 22./12. 38. Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichts­ barkeit und in Grundbuchsachen, zusammengestellt im Reichs­ justizami. Scheckgesetz v. 14./8. 33, 28./3. 34. Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich. Strafprozeßordnung. streitig.

Abkürzungen.

st.Rspr. UrkB. VglO. BO. W. WGes. ZBl. ZPO. ZBG.

XVII

bedeutet ständige Rechtsprechung. „ Urkundsbeamter der Geschäftsstelle. „ Neichsgesetz über den Vergleich zur Abwendung des Kon­ kurses v. 26./2. 35. „ Verordnung. „ Warneyer, „Rechtsprechung des Reichsgerichts". Wechselgesetz v. 21./6. 33, 5./7. 34. Zentralblatt für das Deutsche Reich. Zivilprozeßordnung. Reichsgesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangs­ verwaltung.

Die Entscheidungen sind nach Band oder Jahrgang (große Zahl) und Seite (kleine Zahl) angeführt. Bei W. (Warneyer) und HRR. (Höchstrichterliche Rechtsprechung) be­ deutet jedoch die kleine Zahl wie bei IW. (Juristische Wochenschrift) die gehobene Zahl die Nummer des Urteils. Sind Entscheidungen des Reichsgerichts in der Sammlung RG. (RG.) ab gedruckt, so ist nur diese angegeben. Entscheidungen, die in DNM., DRW., Gr.r HRR., IW. und W. mehrmals ab gedruckt sind, sind zur Vermeidung von Überfülle an Nachweisen in der Regel nur aus einer Sammlung angeführt. Wo ausnahmsweise eine Aufnahme aus mehreren Sammlungen zweckmäßig erschien, sind solche Entscheidungen dadurch kenntlich gemacht, daß eine Sammlung ohne Klammern, die anderen in Klammern angegeben sind.

XVIII

Nachträge.

Nachträge. I. Einzelheiten. 1. Seite 42: In Abschn. A a. E. hinzufügen: „Änderungen der in den Neichsgauen der Ostmark und der im Reichsgau Sudetenland gellenden ZPO. v. 1./8. 95 (RGBl. Nr. 113) enthält der 2. Abschn. der VO. z. Vereins, u. Vereinheitl. des Zustellungsrechts v. 9./10. 40, abgedr. in Anh. IV 9 hinter GVG."

2. Seite 43: Bei Abschn.B a. E. hinzufügen: wie Nr. 1. 3. Seite 43: Im vorletzten Absatz von Abschn. B anfügen:

„Uber verfahrensrechtliche Vorschriften, die von den deutschen Gerichten im Protektorat Böhmen und Mähren in bürgerlichen Rechtssachen anzuwenden sind, ist die AV. v. 15./10. 40 (DJ. 1192) ergangen." 4. Seite 296: Zu „172 (158)" * als Fußnote unten einfügen: „Kriegsrecht: Uber das Verfahren bei Zustellungen an Angehörige der Wehrmacht, an Angehörige des Reichsarbeitsdienstes, an Kriegsgefangene und in Kriegsgefangenenlagern internierte Personen vgl. VO. v. 13./3., 5./7. u. 23./8.40, abgedr. in Anh. IV 7 hinter GVG., und AV. v. 13./3. u. 19./4. 40 (DJ. 365, 481)." 5. Seite 308: Zu „187." ♦ als Fußnote unten einsügen: ..Kriegsrecht: Neue Fassung des 8 187 in § 1 (Heilung von Zustellungs­ mängeln) BO. v. 9./10. 40, abgedr. in Anh. IV 9 hinter GVG."

6. Seite 314: Hinter § 195 einfügen:

„Kriegsrecht: Uber Einfügung des § 195a (Niederlegung wegen Unbestellbarkeit) vgl. § 2 VO. v. 9./10. 40, abgedr. in Anh. IV 9 hinter GVG." 7. Seite 326: Hinter § 212a einfügen:

„Kriegsrecht: Uber Einfügung des § 212b (Aushändigung an der Amts­ stelle) vgl. § 3 VO. v. 9./10. 40, abgedr. in Anh. IV 9 hinter GVG."

8. Seite 556: In § 328 Anm. 9 a. E. anfügen:

„Nach § 9 VO. v. 3./9. 40 (RGBl. I 1222) werden Urteile, die von den für die Gebiete von Eupen, Malmedy u. Moresnet früher zuständigen belgischen Gerichten erlassen sind, anerkannt, wenn sie vor dem 18./5. 40 erlassen sind. Die Anerkennung ist ausgeschlossen, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen nach § 10 Abs. 2 VO. die Vollstreckbarkeit des Urteils zu versagen ist." 9. Seite 683: Zu „511a" * als Fußnote unten einfügen: „Kriegsrecht: Nach § 4 der 2. VereinsVO. v. 18./9. 40, abgedr. in Anh. IV 8 hinter GVG., kann der Reichsmin. d. I. durch VO. die Wertgrenze ändern." 10. Seite 706: Zu Zeile 27 v. unten hinter W. 30, 227: . aufgegeben in RG. 164, 316. Danach ist, sowohl wenn das Armenrecht nur für einen Teil des Streitgegenstandes (für diesen aber ganz) bewilligt wird, wie bei der Teilbewilligung des Armenrechts nach § 115 Abs. 2 (zu einem Bruchteil der Gebühren) eine neue Fristbestimmung notwendig, gleichviel ob ein Nachweis innerhalb der ursprünglichen Frist noch möglich ist oder nicht."

Nachträge.

XIX

11. Seite 740: Zu „546 Abs. 1" * Fußnote wie in Nr. 9.

12. Seite 788: Zu „567 Abs. 2" * Fußnote wie in Nr. 9. 13. Seite 907: In der Vordem, in Abs. 2 hinter „... geändert." einfügen: „über Bewilligung einer Zahlungsfrist im Mahnverfahren vgl. AB. v. 30./3. 40 (DJ. 396), Anh. IV 5 hinter GVG."

14. Seite 944: Zu G.:

„Das Ges. über eine Bereinigung alter Schulden ist in neuer Fassung v. 3./9. 40 (RGBl. I 1209) bekanntgemacht. An die Stelle des bisherigen § 10 Ges. v. 17./8. 38 sind die §§ 16 u. 17 der neuen Fassung getreten, u. zw. sind § 10 Abs. 1 u. 2 a. ft. -- tz 16 Abs. 1 u. 2 n. F. (Zusatz in Abs. 2 „Die Aus­ schließungsgründe des § 5 gelten auch hier"), § 10 Abs. 3 a. ft. -- H 17 Abs. 1 n. F., § 10 Abs. 4a. F. -- §16 Abs. 3, § 17 Abs. 2 n. F., § 10 Abs. 5 et. ft. = § 16 Abs. 4, § 17 Abs. 2 n. ft."

15. Seite 978: Im zweiten Absatz von oben (Abschn. II Bb) Zeile 4 von oben hinter zu erwirkenden vollstreckbaren Ausfertigung des Titels" einfügen: „(der Vollstreckungsklausel bedarf es auch dann, wenn eine solche bei Voll­ streckung im Geltungsbereich der ZPO. entbehrlich sein würde: AV. v. 3./7. 40, DJ. 825)".

16. Seite 978: Im Abschn. V a. E. anfügen: „In den besetzten polnischen Gebieten (Generalgouvernement! kann aus einem Titel, der von einem reichsdeutschen Gericht erlassen oder vor einem reichs­ deutschen Notar errichtet ist, in gleicher Weise wie im Altreich vollstreckt werden: AV. v. 30./4. 40 (DJ. 513)." 17. Seite 978: Hinter Anh. zu §§ 722f. einfügen: „VI. über Zwangsvollstreckung aus belgischen Vollstreckungstiteln aus den Gebieten Eupen, Malmedy u. Moresnet vgl. §§ 10f. VO. v. 3./9. 40 (RGBl. I 1222)."

18.Seite 1099: Zu „808 (712)" * als Fußnote unten einfügen: „Kriegsrecht: über die Pfändung öffentlich bewirtschafteter, insbesondere beschlagnahmter lebenswichtiger Bedarfsgüter vgl. BO. v. 4./3. 40 (RGBl. I 551) u. AB. v. 19./7. 40 (DJ. 849) u. v. 16./12. 40 (DJ. 1432). Dazu Sebode, „Einfluß öffentl. Wirtschaftsmaßnahmen auf die ZB. in bewegliche Sachen", in DRW. 40, 1258.

19. Seite 1116: In der Fußnote * „Kriegsrecht: über Verwertung ..." anfügen: „über Verwertung sonstiger öffentlich bewirtschafteter, insbesondere beschlag­ nahmter lebenswichtiger Bedarfsgüter vgl. Abschn. III B. v. 19./7. 40 (DJ. 849)."

20. Seite 1119: In der Fußnote „* Kriegsrecht: Das Verbot..." anfügen: „Auch bei der Verwertung in der ZV. sind die aus der PreisstopVO. all­ gemein und aus den Fest- und Höchstpreisbestimmungen für einzelne Waren sich ergebenden Höchst- oder Festpreise zu beachten: Abschn. V AB. v. 19./7. 40 (vgl. Fußnote zu § 814)." 21. Seite 1202: Zu § 864 (neue Fass. s. Nachtr. II) Anm. 3: „über im Schiffsregister (Schiffsbauregister) eingetragene Schiffe u. Schiffs­ bauwerke vgl. Ges. v. 15./11. 40 (RGBl. I 1499), Schiffsregisterordnung v. 19./12. 40 (RGBl. I 1591)."

22. Seite 1204: Zu § 865 (neue Fass. s. Nachtr. II) Anm. 4: „Vgl. jetzt §§ 31t, §§ 79f. Ges. v. 15./11. 40 (RGBl. I 1499)." 23. Seite 1326: Vordem. 1 a. E.: „über Aufgebot des Eigentümers eines Schiffs oder Schiffsbauwerks vgl. §6 Ges. v. 15./11. 40 (RGBl. I 1499), 981a ZPO. (Nachtr. II)."

XX

Nachträge.

24. Seite 1339: Zu § 988 (neue Fass. s. Nachtr. II) Anm. 2: „Vgl. jetzt §§ 13, 77 Ges. v. 15.11. 40 (RGBl. I 1499)."

25. Seite 1344: Zu § 1002 Anm. 1: „Uber Ausschließung des Gläubiger einer Schiffshypothek vgl. §§ 66f., 77 Ges. v. 15./11. 40 (RGBl. I 1499)."

26. Seite 1498: In Vorbemerkung 1 zu § 156 im ersten Absatz Zeile 5 von unten nach „Merten in DJ. 1940, 199" anfügen: „Uber die Vereinheitlichung des Zustellungswesens im ganzen Reichs­ gebiet vgl. BO. v. 9./10. 40, abgedr. in Anh. IV 9 hinter GVG." 27. Seite 1502: In Vordem. 2 a. E. anfügen:

„Uber Rechtshilfeverkehr mit den besetzten niederländischen Gebieten vgl. AB. v. ll./ll. 40 (DJ. 1268), über Rechtshilfeverkehr mit dem Elsaß, mit Lothringen und mit Luxemburg vgl. AB. v. 12./12.40 (DJ. 1393).“

28. Seite 1535: In tz 9 Anm. 6 zu Art. I le u. 2 hinzufügen: „Vgl. § 1 BO. über wertbeständige Rechte v. 16./11. 40 (RGBl. I 1521), wonach (Abs. 1), wenn eine Hypothek in der Weise bestellt ist, daß die Höhe des aus dem Grundstück zu zahlenden Geldbetrags durch den amtlichen Preis einer bestimmten Menge Feingold bestimmt wird (§ 1 Ges. über wertbeständige Hypo­ theken v. 23./6. 23), der nach § 14 Abs. 2 des Ges. über die Deutsche Reichsbank v. 15./6. 39 für die Reichsbank geltende Preis des Feingolds maßgebend ist. Ferner gilt (Abs. 2), wenn bei der Begründung einer sonstigen in Reichswährung zu erfüllende Geldschuld der geschuldete Geldbetrag durch Bezugnahme auf den Preis des Feingolds bestimmt ist, der Geldbetrag als geschuldet, der sich unter Zugrundelegung des in Abs. 1 vorgesehenen Feingoldpreises ergibt. Entgegen­ gesetzte Vereinbarungen sind unwirksam."

II. BO. zur Durchführung des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und SchisfSbauwerken.

Vom 21. Dezember 1940 (RGBl. I 1609). Die VO. ist nach Art. 25 mit dem Ges. v. 15./11. 40 im gesamten Reichsgebiet einschließlich der eingegliederten Ostgebiete am l./l. 41 in Kraft getreten.

Erster Abschnitt. AnpaffungSvorfchriflen. Artikel 5. Änderung der Zivilprozeßordnung.

Die Zivilprozeßordnung wird wie folgt geändert: 1. § 58 erhält folgenden Abs. 2: „Abs. 1 gilt entsprechend, wenn im Wege der Klage ein Recht an einem eingetragenen Schiff oder Schiffsbauwerk geltend gemacht werden soll, das von dem bisherigen Eigentümer nach § 7 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken vom 15. November 1940 (Reichsgesetzbl. I S. 1499) aufgegeben und von dem Aneignungsberechtigten noch nicht erworben worden ist." 2. Dem § 266 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

„Entsprechendes gilt für einen Rechtsstreit über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Verpflichtung, die auf einem eingetragenen Schiff oder Schiffsbauwerk ruhen soll."

Nachträge.

XXI

3. § 325 erhält folgenden Abs. 4: „Betrifft das Urteil einen Anspruch aus einer eingetragenen Schiffshypothek, so gilt Abs. 3 Satz 1 entsprechend."

4. § 592 Satz 2, § 688 Abs. 1 Satz 2, § 794 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 erhalten folgende Fassung: „Als ein Anspruch, welcher die Zahlung einer Geldsumme zum Gegenstand hat, gilt auch der Anspruch aus einer Hypothek, einer Grundschuld, einer Nentenschuld oder einer Schiffshypothek."

5. § 787 erhält folgenden Abs. 2: „Abs. 1 gilt entsprechend, wenn durch die Zwangsvollstreckung ein Recht an einem eingetragenen Schiff oder Schiffsbauwerk geltend gemacht werden soll, das von dem bisherigen Eigentümer nach § 7 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken vom 15. November 1940 (Reichsgesetzbl. I S. 1499) aufgegeben und von dem Aneignungsberechtigten noch nicht erworben worden ist."

S. Hinter § 800 wird folgender § 800a eingefügt: „§ 800a. Die Vorschriften der §§ 799, 800 gelten für eingetragene Schiffe und Schiffsbauwerke, die mit einer Schiffshypothek belastet sind, entsprechend. Ist die sofortige Zwangsvollstreckung gegen den jeweiligen Eigen­ tümer zulässig, so ist für die im § 797 Abs. 5 bezeichneten Klagen das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Register für das Schiff oder das Schiffsbauwerk geführt wird."

7. Hinter § 830 wird folgender § 830a eingefügt: „§ 830a. Zur Pfändung einer Forderung, für die eine Schiffshypothek besteht, ist die Eintragung der Pfändung in das Schiffsregister oder in das Schiffsbauregister erforderlich; die Eintragung erfolgt auf Grund des Pfändungsbeschlusses. Wird der Pfändungsbeschluß vor der Eintragung der Pfändung dem Drittschuldner zugestellt, so gilt die Pfändung diesem gegen­ über mit der Zustellung als bewirkt. Diese Vorschriften find nicht anzuwenden, soweit es sich um die Pfändung der Ansprüche auf die im § 53 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken vom 15. No­ vember 1940 (Reichsgesetzbl. I S. 1499) bezeichneten Leistungen handelt. Das gleiche gilt, wenn bei einer Schiffshypothek für eine Forderung aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber, aus einem Wechsel oder aus einem anderen durch Indossament über­ tragbaren Papier die Hauptforderung gepfändet wird."

XXII

Nachträge.

8. Hinter § 837 wird folgender § 837a eingefügt:

v.

10*

„8 837a. Zur Überweisung einer gepfändeten Forderung, für die eine Schiffshypothek besteht, genügt, wenn die Forderung zur Ein­ ziehung überwiesen wird, die Aushändigung des Überweisungs­ beschlusses an den Gläubiger. Zur Überweisung an Zahlungs Statt ist die Eintragung der Überweisung in das Schiffsregisteroder in das Schiffsbauregister erforderlich; die Eintragung erfolgt auf Grund des Überweisungsbeschlusses. Diese Vorschriften sind nicht anzuwenden, soweit es sich um die Überweisung der Ansprüche auf die im § 53 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken vom 15. November 1940 (Ncichsgesetzbl. I S. 1499) bezeichneten Leistungen handelt. Das gleiche gilt, wenn bei einer Schiffs­ hypothek für eine Forderung aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber, aus einem Wechsel oder aus einem anderen durch Indossament übertragbaren Papier die Hauptforderung überwiesen wird. Bei einer Schiffshypothek für einen Höchstbetrag (§ 75 des im Abs. 2 genannten Gesetzes) gilt § 837 Abs. 3 entsprechend." Hinter § 847 wird folgender § 847 a eingefügt: „§ 847a. Bei der Pfändung eines Anspruchs, der ein eingetragenes Schiff betrifft, ist anzuordnen, daß das Schiff an einen vom Vollstreckungs­ gericht zu bestellenden Treuhänder herauszugeben ist. Ist der Anspruch auf Übertragung des Eigentums gerichtet, so vertritt der Treuhänder den Schuldner bei der Übertragung des Eigentums. Mit dem Übergang des Eigentums auf den Schuldner erlangt der Gläubiger eine Schiffshypothek für seine Forderung. Der Treuhänder hat die Eintragung der Schiffshypothek in das Schiffsregister zu bewilligen. Die Zwangsvollstreckung in das Schiff wird nach den für die Zwangsvollstreckung in unbewegliche Sachen geltenden Vor­ schriften bewirkt. Die vorstehenden Vorschriften gelten entsprechend, wenn der Anspruch ein Schiffsbauwerk betrifft, das im Schiffsbauregister eingetragen ist oder in dieses Register eingetragen werden kann." Hinter § 855 wird folgender § 855 a eingefügt: „§ 855a. Betrifft der Anspruch ein eingetragenes Schiff, so ist der Dritt­ schuldner berechtigt und auf Verlangen eines Gläubigers, dem der Anspruch überwiesen wurde, verpflichtet, das Schiff unter Anzeige der Sachlage und unter Aushändigung der Beschlüsse dem Treu­ händer herauszugeben, der in den ihm zuerst zugestellten Beschluß bestellt ist.

Nachträge.

XXIII

Abs. 1 gilt sinngemäß, wenn der Anspruch ein Schiffsbauwerk betrifft, das im Schiffsbauregister eingetragen ist oder in dieses Register eingetragen werden kann." 11. § 858 erhält folgende Fassung :

„z 858. Für die Zwangsvollstreckung in die Schiffspart (§§ 489ff. des Handelsgesetzbuchs) gilt § 857 mit folgenden Abweichungen: Als Vollstreckungsgericht ist das Amtsgericht zuständig, bei dem das Register für das Schiff geführt wird. Die Pfändung bedarf der Eintragung in das Schiffsregister; die Eintragung erfolgt auf Grund des Pfändungsbeschlusses. Der Pfändungsbeschluß soll dem Korrespondentreeder zugestellt werden; wird der Beschluß diesem vor der Eintragung zugestellt, so gilt die Pfändung ihm gegenüber mit der Zustellung als bewirkt. Verwertet wird die gepfändete Schiffspart im Wege der Ver­ äußerung. Dem Antrag auf Anordnung der Veräußerung ist ein Auszug aus dem Schiffsregister beizufügen, der alle das Schiff und die Schiffspart betreffenden Eintragungen enthält; der Auszug darf nicht älter als eine Woche sein. Ergibt der Auszug aus dem Schiffsregister, daß die Schiffspart mit einem Pfandrecht belastet ist, das einem andern als dem be­ treibenden Gläubiger zusteht, so ist die Hinterlegung des Erlöses anzuordnen. Der Erlös wird in diesem Fall nach den Bestimmungen der §§ 873 bis 882 verteilt; Forderungen, für die ein Pfandrecht an der Schiffspart eingetragen ist, find nach dem Inhalt des Schiffsregisters in den Teilungsplan aufzunehmen."

12. § 864 erhält folgende Fassung: „§ 864. Der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unter­ liegen außer den Grundstücken die Berechtigungen, für welche die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften gelten, die im Schiffs­ register eingetragenen Schiffe und die Schiffsbauwerke, die im Schiffsbauregister eingetragen sind oder in dieses Register ein­ getragen werden können. Die Zwangsvollstreckung in den Bruchteil eines Grundstücks, einer Berechtigung der im Abs. 1 bezeichneten Art oder eines Schiffs oder Schiffsbauwerks ist nur zulässig, wenn der Bruchteil in dem Anteil eines Miteigentümers besteht oder wenn sich der Anspruch des Gläubigers auf ein Recht richtet, mit dem der Bruch­ teil als solcher belastet ist."

13. Im § 865 Abs. 1 treten an die Stelle der Worte „bei Schiffen das eingetragene Pfandrecht" die Worte „bei Schiffen oder Schiffsbau­ werken die Schiffshypothek". 14. § 870 Abs. 2 wird gestrichen.

XXIV

Nachträge.

15. Hinter § 870 wird folgender § 870a eingefügt: „§ 870a. Die Zwangsvollstreckung in ein eingetragenes Schiff oder in ein Schiffsbauwerk, das im Schiffsbauregister eingetragen ist oder in dieses Register eingetragen werden kann, erfolgt durch Eintragung einer Schiffshypothek für die Forderung oder durch Zwangs­ versteigerung. § 866 Abs. 2, 3, § 867 gelten entsprechend. Wird durch eine vollstreckbare Entscheidung die zu vollstreckende Entscheidung oder ihre vorläufige Vollstreckbarkeit aufgehoben oder die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt oder deren Ein­ stellung angeordnet, so erlischt die Schiffshypothek; § 57 Abs. 3 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffs­ bauwerken vom 15. November 1940 (Reichsgesetzbl. I S. 1499) findet Anwendung. Das gleiche gilt, wenn durch eine gerichtliche Entscheidung die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung und zugleich die Aufhebung der erfolgten Vollstreckungsmaßregeln angeordnet wird oder wenn die zur Abwendung der Vollstreckung nachgelassene Sicherheitsleistung oder Hinterlegung erfolgt."

16. Im § 885 treten an die Stelle der Worte „ein bewohntes Schiff" die Worte „ein eingetragenes Schiff oder Schiffsbauwerk".

17. § 895 erhält folgende Fassung: „§ 895. Ist durch ein vorläufig vollstreckbares Urteil der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, auf Grund deren eine Eintragung in das Grundbuch, das Schiffsregister oder das Schiffs­ bauregister erfolgen soll, so gilt die Eintragung einer Vormerkung oder eines Widerspruchs als bewilligt. Die Vormerkung oder der Widerspruch erlischt, wenn das Urteil durch eine vollstreckbare Ent­ scheidung aufgehoben wird."

18. § 931 erhält folgende Fassung: „§931. Die Vollziehung des Arrestes in ein eingetragenes Schiff oder Schiffsbauwerk wird durch Pfändung nach den Vorschriften über die Pfändung beweglicher Sachen mit folgenden Abweichungen bewirkt: Die Pfändung begründet ein Pfandrecht an dem gepfändeten Schiff oder Schiffsbauwerk; das Pfandrecht gewährt dem Gläubiger im Verhältnis zu anderen Rechten dieselben Rechte wie eine Schiffshypothek. Die Pfändung wird auf Antrag des Gläubigers vom Arrest­ gericht als Vollstreckungsgericht angeordnet; das Gericht hat zu­ gleich das Registergericht um die Eintragung einer Vormerkung

Nachträge.

XXV

zur Sicherung des Arrestpfandrechts in das Schiffsregister oder Schiffsbauregister zu ersuchen; die Vormerkung erlischt, wenn die Vollziehung des Arrestes unstatthaft wird. Der Gerichtsvollzieher hat bei der Vornahme der Pfändung das Schiff oder Schiffsbauwerk in Bewachung und Verwahrung zu nehmen. Ist zur Zeit der Arrestvollziehung die Zwangsversteigerung des Schiffs oder Schiffsbauwerks eingeleitet, so gilt die in diesem Ver­ fahren erfolgte Beschlagnahme des Schiffs oder Schiffsbauwerks als erste Pfändung im Sinne des § 826; die Abschrift des Pfän­ dungsprotokolls ist dem Vollstreckungsgericht einzureichen. Das Arrestpfandrecht wird auf Antrag des Gläubigers in das Schiffsregister oder Schiffsbauregister eingetragen; der nach § 923 festgestellte Geldbetrag ist als der Höchstbetrag zu bezeichnen, für den das Schiff oder Schiffsbauwerk haftet. Im übrigen gelten die §§ 867, 870a Abs. 3 entsprechend, soweit nicht vorstehend etwas anderes bestimmt ist."

IS. Im § 938 Abs. 2 werden hinter das Wort „Grundstück" die Worte „oder eines eingetragenen Schiffs oder Schiffsbauwerks" eingefügt.

20. Im § 941 treten an die Stelle der Worte „in das Grundbuch oder das Schiffsregister" die Worte „in das Grundbuch, das Schiffs­ register oder das Schifsfbauregister".

21. § 942 Abs. 2 Satz 1 erhält folgende Fassung: „Die einstweilige Verfügung, auf Grund deren eine Vormerkung oder ein Widerspruch gegen die Nichtigkeit des Grundbuchs, des Schiffsregisters oder des Schiffsbauregisters eingetragen werden soll, kann von dem Amtsgericht erlassen werden, in dessen Bezirk das Grundstück belegen ist oder der Heimathafen oder der Heimat­ ort des Schiffs oder der Bauort des Schiffsbauwerks sich befindet, auch wenn der Fall nicht für dringlich erachtet wird; liegt der Heimathafen des Schiffs nicht im Deutschen Reich, so kann die einstweilige Verfügung vom Amtsgericht in Hamburg erlassen werden."

22. Hinter § 981 wird als § 981a folgende Vorschrift eingefügt: „§ 981a. Für das Aufgebotsverfahren zum Zweck der Ausschließung des Eigentümers eines eingetragenen Schiffs oder Schiffsbauwerks nach § 6 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken vom 15.November 1940 (Reichsgesetzbl.I S. 1499) gelten die §§ 979 bis 981 entsprechend. Zuständig ist das Gericht, bei dem das Register für das Schiff oder Schiffsbauwerk geführt wird."

XXVI

Nachträge.

23. Hinter § 987 wird folgender § 987 a eingefügt: „§ 987a. Für das Aufgebotsverfahren zum Zweck der Ausschließung eines Schiffshypothekengläubigers auf Grund der §§ 66, 67 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schisfen und Schiffsbauwerken vom 15. November 1940 (Neichsgesetzbl. I S. 1499) gelten die §§ 984 bis 987 entsprechend; an die Stelle der §§ 1170, 1171, 1179 des Bürgerlichen Gesetzbuchs treten die §§ 66, 67, 58 des genannten Gesetzes. Zuständig ist das Gericht, bei dem das Register für das Schiff oder Schiffsbauwerk geführt wird."

24. § 988 erhält folgende Fassung: „§ 988. Die Vorschriften der §§ 983, 984 Abs. 1, §§ 985, 986 Abs. 1 bis 4 und §§ 987, 987 a gelten entsprechend für das Aufgebortsverfahren zum Zweck der in den §§ 887, 1104, 1112 des Bürgerlichen Gesetz­ buchs, § 13 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schifssbauwerken vom 15. November 1940 (Neichsgesetzbl. T S. 1499) für die Vormerkung, das Vorkaufsrecht und die Reallast bestimmten Ausschließung des Berechtigten. Antragsberechtigt ist auch, wer auf Grund eines im Range gleich- oder nachstehenden Rechts Befriedigung aus dem Grundstück oder dem Schiff oder Schiffsbauwerk verlangen kann, sofern er für seinen Anspruch einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat. Das Aufgebot ist dem Eigentümer des Grundstücks oder des Schiffs oder Schiffsbauwerks von Amts wegen mitzuteilen." Zweiter Abschnitt.

Übergangsvorschriften. Artikel 17.

Zwangsversteigerung. (1) Ist vor dem Inkrafttreten des Gesetzes die Zwangsversteige­ rung des Schiffs angeordnet worden, so bleiben für das Verfahren die bisherigen Vorschriften maßgebend. (2) Ist ein Schiffsbauwerk vor dem Inkrafttreten des Gesetzes gepfändet worden, so richtet sich das weitere Verfahren nach den bis­ herigen Vorschriften.

Dritter Abschnitt.

Sondervorschriften für die ReichSgaue der Ostmark und denReichSgau Sndetenland. Exekutionsrechtliche Vorschriften enthält Art. 22, Ergänzungsvorschriften über das Aufgebotsverfahren Art. 24 § 2.

Einleitung zum RGes. zur Änderung des Verfahrens in bürgerlichen Rechtsftreitigkiten. Vom 27. Oktober 1933 (RGBl. I 780). Line volkstümliche Rechtspflege ist nur in einem Verfahren möglich, das dem Volke verständlich ist und einen ebenso stcher wie schleunig wirkenden Rechtsschutz verbürgt. Oie Parteien und ihre Vertreter müssen sich bewußt sein, daß die Rechtspflege nicht nur ihnen, sondern zugleich und vornehmlich der Rechtssicherheit des Volksganzen dient. Keiner Partei kann gestattet werden, das Gericht durch Anwahrheiten irrczuführen oder seine Arbeitskraft durch böswillige oder nachlässige Prozeßver­ schleppung zu mißbrauchen. Oem Rechtsschutz, auf den seder Anrecht hat, ent­ spricht die Pflicht, durch redliche und sorgfältige Prozeßführung dem Richter die Findung des Rechte zu erleichtern. Aufgabe des Richters ist es, durch straffe Leitung des Verfahrens und in enger Fühlung mit den Parteien dahin zu wirken, daß scde Streitsache nach gründlicher Vorbereitung möglichst in einer einzigen Verhandlung aufgeklärt und entschieden wird. Er hat Vertagungen, die nicht sachlich dringend geboten sind, zu vermeiden und zu verhindern, daß ein Verfahren durch verspätetes Vor­ bringen verschleppt wird. Rur so gelangt man zu einem lebendigen Verfahren mit voller Mündlich­ keit und Anmittelbarkeit, das dem Richter eine sichere Findung der Wahrheit ermöglicht und dessen Verlauf die Parteien mit Verständnis und Vertrauen folgen können. Am die zur Erreichung dieser Ziele vorhandenen gesetzlichen Mittel zu ver­ stärken und zugleich noch andere notwendige Verbesserungen des Verfahrens herbeizuführen, hat die Reichsregierung das nachstehende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird.

A. Zivilprozeß. i.

Gesetz, betreffen-ie Einführung der Zivilprozeßordnung. Dom 30. Januar 1877 (RGBl, von 1877, Nr. 6, S. 244-260). In Kraft getreten am 1. Oktober 1879. Eingeführt in Helgoland seit 1./4. 91: Art. I Nr. VIII, 2 der Der. v. 22./3. 91 (RGBl. 22).

Abgeündert durch das Einführungsgesetz zu dem Gesetze, betr. Abänderungen der Zivilprozeßordnung, vom 17. Mai 1898 (RGBl. 332), in Kraft vom 1. Januar 1900, durch das Gesetz, betr. die Zuständigkeit des Reichsgerichts, vom 22. Mat 1910 (RGBl. 767), in Kraft vom 1. Juni 1910, und durch das Gesetz, betr. die bei einem obersten Landesgericht einzulegenden Revisionen, vom 20. Februar 1911 (RGBl. 59). 1. Die Zivilprozeßordnung tritt im ganzen Umfange des Reichs gleichzeitig mit dem Gerichtsverfassungsgesetz in Krafts § 1 EG. z. GVG.

2. Das Kostenwesen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten wird für ganzen Umfang des Reichs Hurch eine Gebührenordnung geregelt.*

den

1 Gerichtskostenges, v. 18./6. 78; Gebührenordnung für Gerichtsvollzieher v. 24./6. 78; Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige v. 30./6. 78; Ge­ bührenordnung für Rechtsanwälte v. 7./7. 79. Nach mehrfachen Änderungen im Laufe der Jahre sind die jetzt geltenden, aber inzwischen wieder geänderten Fasiungen: GKG. v 5./7. 27; GebOGVollz. v. 14./12. 22; ZeugGebO. v. 21./12. 25; GebORA. v. 5 /7. 27, G., betr. d. Erstattung von Rechtsanwalsgebühren in Armensachen usw. v. 20./12. 28 mit Änderung. — Hierzu treten die DO. über die Kosten in Ange­ legenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und der Zwangsvollstreckung in das un­ bewegliche Vermögen (Kostenordnung) v. 25./11. 35 (RGBl. I 1371), die DurchfDerf. zu den Kostengesetzen (Kostenversügung) v. 13./3.37 (DJ. 433) und für das arbeit-, gerichtl. Verfahren § 12 ArbGG.

Geltungsbereich der ZPO.

3. (i) Die Zivilprozeßordnung findet auf alle bürgerlichen Rechtsstreitig-

keiten' Anwendung, welche vor die ordentlichen Gerichte gehörend (2) Insoweit die Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, für welche besondere Gerichte* zugelassen find, durch die Landesgesetzgebung den ordentlichen Gerichten übertragen nrirb,4 kann dieselbe ein abweichendes Ver­ fahren gestattend 1 § 18 GVG. » § 12 GVG. 3 12, 14 GVG. < § 3 EG. z. GVG. 6 Macht die Landesgesetzgebung von der Befugnis keinen Gebrauch, so ist das Verfahren nach der ZPO. in ihrer jeweiligen Fassung maßgebend, W. 13, 264. Zivilprozeßordnung. 22. Aufl.

1

A. I. Gesetz, betr. die Einführung der Zivilprozeßordnung.

2

Zulässigkeit des Rechtswegs.

4. Für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, für welche nach dem Gegenstand oder der Art des Anspruchs der Rechtsweg zulässig ist,1 darf auS dem Grunde, weil als Partei der Fiskus, eine Gemeinde oder eine andere öffent­ liche Korporation beteiligt ist, der Rechtsweg durch die Landesgesetzgebung nicht ausgeschlossen werdend 1 Ob hiernach der Rechtsweg zulässig ist, bestimmen die Reichs- und Landesgesetze, Aum. 1 § 13 GVG. 2 Beschränkung oder Erschwerung des Rechtswegs ist statthaft, RG. 16, 326. Deshalb sind die Vorschriften, wonach vor der Klage gegen den Fiskus der Ver­ waltungsweg beschritten werden muh (z. B. Preuß. Ges., betr. die Erweiterung des Rechtsweges, v. 24./6. 61 fGS. 241]), in Kraft geblieben, RG. 17, 416, vgl. 106, 40, soweit sie nicht durch die neuere Gesetzgebung (z. B. §§ 142 ff. des Deutschen Beamten9es. v. 26./1.37, RGBl. I 39) aufgehoben sind. Vgl. aber RG. 106, 40, 407, wonach die Übertragung der Entscheidung einer Vorfrage der Ausschließung des Rechtswegs dann gleichsteht, wenn diese Entscheidung den Anspruch völlig erledigt.

5, H, 7, 8

gegenstandslos.

Bestimmung des zuständigen Gerichts.

9. Die Bestimmung des zuständigen Gerichts1 erfolgt, falls es sich um die Zuständigkeit solcher Gerichte handelt, welche verschiedenen Bundesstaaten^ angehören und nicht im Bezirk eines gemeinschaftlichen Oberlandesgerichts ihren Sitz haben, durch das Reichsgericht auch dann, wenn in einem dieser Bundesstaaten3 ein oberstes Landesgericht für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten errichtet ist4

1 § 36 ZPO. s Ein oberstes

2 Jetzt gemäß Art. 2 RDerf. v. 11./8. 19: deutsche Länder, Landesgericht bestand nur für Bayern in München (Art. 42 G. v. 23./2. 79, GDBl. 27 d). Es ist aufgehoben durch VO. v. 19./3.35 (RGBl. I 383). 4 S. aber auch Art.V G.v. 22./5.10 (RGBl. 767), Preuß. AllgVerf. V.18./6.1O (JMBl. 214) und DO. v. 19./3. 35 (RGBl. I 383). Danach ist in Preußen das Kammergericht zuständig, in Bayern das Oberlandesgericht München (RG. 147, 185).

10

gegenstandslos.

Ausgedotsverfahren.

11. Die Landesgesetze können bei Aufgeboten/ deren Zulässigkeit auf landesgesetzlichen Vorschriften beruht, die Anwendung der Bestimmungen der Zivilprozeßordnung über das Ausgebotsverfahren ausschlieben oder diese Bestimmungen durch andere Vorschriften3 ersetzen3

1 2

Vgl. Vorbem. zu Buch IX ZPO. u. Art. 102 EG. z. BGB. Auch andere Gerichte als die Amtsgerichte für zuständig erklären: Anm. 17 § 23 GVG., § 3 Abs. 3 EG. z. GVG. • Vgl. Preußen: §§ 7—11 AG. z. ZPO. v. 24./3. 79 (GS. 281) in d. Fast. v. 6./10. 99 (GS. 388) und 17./12. 24 (GS. 759). Vgl. auch § 12 EG. z. ZVG. v. 24./3. 97 in d. Fast. v. 20./6. 98 (RGBl. 750) und dazu Art. 14 AG. z. ZBG. v. 23./9. 99 (GS. 291).

Gesetz.

12. Gesetz im Sinne der Zivilprozeßordnung und dieses Gesetzes ist jede Rechtsnorm.1 1 Über den Begriff Rechtsnorm vgl. Anm. 1 § 550 ZPO.

88 4-14.

3

Verhältnis der ZPO. zu Reichsgesetzen.

13.

(i) Die prozeßrechtlichenl Vorschriften der Reichsgesetze werden durch die Zivilprozeßordnung nicht berührt? (2) Aufgehoben werden: 1. § 2 des Gesetzes, betreffend die Aufhebung der Schuldhaft, vom 29. Mai 1868;

2. Artikel 34-36, 37 Satz 2, 39, 77, 78, 79 Abs. 2, 488, 494, 889 des Handelsgesetzbuchs; 3. § 6 des Gesetzes, betreffend die Verbindlichkeit zum Schadensersätze für die bei dem Betriebe von Eisenbahnen, Bergwerken usw. herbei­ geführten Tötungen und Körperverletzungen, vom 7. Juni 1871; 4. § 14 des Gesetzes über das Postwesen des Deutschen Reichs vom 28. Oktober 1871, insoweit diese Vorschrift die Unterbrechung der Verjährung an die Anmeldung der Klage knüpft;

5. § 144 Abs. 4 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältniffe der Reichs­ beamten, vom 31. März 1873;

6. § 78 Abs. 3 des Gesetzes über Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar 1875. (Die folgenden Absätze 3 und 4 sind bedeutungslos geworden.)

1 Ebenso selbstverständlich die materiellrechtlichen Vorschriften, RG. 1,446. 2 So z. B. die prozeßrechtlichen Vorschriften der Reichsgesetze: Gewerbeordnung in d. Fast. v. 26./7. 00 §§ 81a Nr. 4, 86, 91 ff., 92b; Haftpflichtgesetz v. 7./6. 71 § 7, abgeänd. durch Art. 42 EG. z. BGB.; Postgesetz v. 28./10. 71 §§ 7, 8, 13, 20, 47. — Don den nach der ZPO. erlaßenen Retchsgesetzen enthalten prozeßrechtliche Vor­ schriften z. B.: das Anfechtungsgesetz v. 20./5. 98; §§ 46, 59 RGes., betr. das Ur» heberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst, v. 19./6. 01; tz 49 RGes. über das Verlagsrecht v. 19./6. 01; das Patentgefetz v. 5./5. 36 §§ 16, 23, 42, 46, 51; Gebrauchsmustergesetz v. 6./5. 36 §§ 18,20; Warenzeichengefetz v. 5./5. 36 §§ 11, 14, 32, 35; Ges., betr. die Erwerbs« und Wirtschaftsgenossenschaften, v. 20./5. 98 §§ 39, 51, 98—118,140; die ReichSversicherungSordnung v. 15./12. 24, 9./1. 26; das Berficherungsgefetz für Angestellte v. 28./5. 24, Ges. z. Ordnung der nat. Arbeit v. 20./1. 34 (RGBl.I 45) §§ 56 ff.; das Arbeitsgerichtsgesetz v. 10./4.34. — Hinsichtlich prozeßrechtlicher Bestimmungen der Staatsverträge f. RG. 24,12, 26,128, auch 71, 296. Verhältnis der ZPO. zu Landesgesetzen.

14.

(1) Die prozeßrechtlichen* Vorschriften der Landesgesetze treten für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, deren Entscheidung in Gemäßheit des § 3 nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung zu erfolgen hat, außer Kraft, soweit nicht in der Zivilprozeßordnung auf sie verwiesen? oder soweit nicht bestimmt ist, daß sie nicht berührt werden? (2) Außer Kraft treten insbesondere:

1. die Vorschriften über die bindmde Kraft des strafgerichtlichen Urteils für den Zivilrichter;4

Vorschriften, welche in Ansehung gewisser Rechtsverhältnisse einzelne Arten von Beweismitteln ausschließen oder nur unter Be­ schränkungen zulassen;6

2. die

3. die Vorschriften, nach welchen unter bestimmten Voraussetzungen eine Tatsache als mehr oder minder wahrscheinlich anzunehmen ist*6

4

A. I. Gesetz, betr. die Einführung der Zivilprozeßordnung.

4. die Vorschriften über die Bewilligung von Moratorien, über die Urteilsfristen und über die Befugnisse des Gerichts, dem Schuldner bei der Verurteilung Zahlungsfristen zu gewähren; 5. die Vorschriften, nach welchen eine Nebenforderung als aberkannt gilt, wenn über dieselbe nicht entschieden ist7 i Nicht auch die materiellrechtlichen. Vgl. hierüber RG. 43, 384, 386, IW. 99, 43«»», 193«, 11, 782" u. Art. 55 EG. z. BGB. * Vgl. §§ 418, 680, 801, 871, 1006, 1009, 1023, 1024 ZPO. a S- die §§ 15—17. < Der Zivilrichter entscheidet nach freier Überzeugung, ob die vom Strafrichter festgestellten Tatsachen für wahr zu erachten seien. § 286 ZPO. Begr. 218, Pr. 643—646. Die zivilrechtliche Entscheidung kann also mit der des Strafgerichts (z. B. hinsichtlich des Verschuldens eines Unfalls) in Widerspruch treten, RG. 62, 344. Dagegen sind die materiellrechtlichen Bestimmungen, die an die strafgerichtliche Ver­ urteilung gewisie Folgen knüpfen, nicht berührt, RG. 13, 19s. Vgl. 8 903 RVOv. 15./12. 24 (strafgerichtliche Feststellung, daß Unternehmer usw. einen Unfall vor­ sätzlich oder fahrlässig herbeigeführt haben, für das Zivilgericht bindend), dazu RG104, 111 (amtsgerichtlicher Strafbefehl in dieser Hinsicht einem Urteil nicht gleich­ stehend). — Ausnahme v. Nr. 1: § 581 ZPO. (Wiederaufn. d. Verf.) 5 Vorschriften ausländischer Gesetze (z. B. tz 136 sowjetruss ZGB.), wonach bei Rechtsgeschäften über einen gewissen Betrag der Zeugenbeweis nicht zugelasien wird, sind nicht als prozessuale, sondern als bürgerlich-rechtliche Vorschriften, die auf Be­ obachtung der schriftlichen Form abzielen, anzusehen und deshalb auch für das deutsche Gericht, das über ein Rechtsgeschäft nach dem ausländischen Recht zu ent­ scheiden hat, bindend, IW. 29 , 448. • Gesetzliche BeweiSregrln, sog. praesumtiones facti. Begr. 208. — Vgl. da­ gegen § 16 Nr. 1. 7 § 821 Abs. 1 ZPO. (Ergänzung des Urteils durch nachträgliche Entscheidung). Dgl. Gr. 33, 878. — Abs. 2 Nr. 5 betrifft nicht die Frage, ob die nicht miteingeklagten Verzugs- oder Prozeßzinsen nach Zusprechung der Hauptsumme noch für sich allein eingeklagt werden können, RG. 42, 122.

15. Unberührt bleiben:* 1. die landesgesetzlichen Vorschriften über die Einstellung des Verfahrens für dm Fall, daß ein Kompetenzkonflikt zwischen dm Gerichtm und den Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten entsteht;3 2. die landesgesetzlichen Vorschriften über das Verfahrm bei Streitig­ keiten, welche die Zwangsenteignung und die Entschädigung wegm derselben betreffen;3 3. die landesgesetzlichen Vorschriften über die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen gegen den Fiskus, eine Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechts oder eine unter der Verwaltung einer öffentlichen Behörde stehende Körperschaft oder Stiftung, soweit nicht dingliche Rechte verfolgt werdens 4. die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen auf die Zwangsvoll­ streckung gegen einen Rechtsnachfolger des Schuldners, soweit sie in das zu einem Lehen, mit Einschluß eines allodifizierten Lehens, zu einem Stammgute, Familimfideikommiß oder Anerbengute gehörende Vermögen stattfinden soll, die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung gegen einen Erben des Schuldners entsprechende Anwmdung findend 1 Sowohl die bestehenden als die noch zu erlassenden landeSrechllichen Vorschriften, RG. 104, i38.

88 15, 16

5

s Nr. 1. — Das Beschwerdeverfahren gegen den Einstellungsbeschlutz bzw. der Aus­ schluß der Beschwerde unterliegt ebenfalls landesgesetzlicher Bestimmung, RG. 26, 416 über die Bedeutung der Entscheidung im Kompetenzkonflikt vgl. RG. 11, 392. Die von der Landesgesetzgebung zur Entscheidung der Kompetenzkonflikte bestellten Behörden sind zum Eingreifen in die Rechtsprechung des Reichsgerichts nicht befugt, RG. 44, 4, 377. Vgl. Anm. 2, 3 § 17 GVG. — Preußen: §§ 7 ff. VO. v. 1./8. 79 (GS. 573) u. Ges. v. 22./5. 02 (GS. 145). 8 Nr. 2. — Danach sollten die bestehenden Landesgesetze über Zwangsenteignung aufrecht erhalten werden und neue Landesgesetze unbeschränkt zulässig sein, RG. 104, iss; Anm. 1. Nun ist durch Art. 7 Nr. 12 RDerf. v. 11./8.19 die Gesetzgebung über das Enteignungsrecht dem Reich zugewiesen worden. Ein allgemeines Reichsgesetz hierüber ist aber bisher nicht erlassen. Daher bleiben die bestehenden Landesgesetze in Kraft, RG. 104,138. Jedoch ist wegen der Höhe der Entschädigung nach Art. 153 Abs. 2 Satz 3 RDerf. im Streitfälle der Rechtsweg (vgl. hierüber Anm. 1 § 17 GDG.) bet den ordent­ lichen Gerichten offen zu halten, soweit Reichsgesetze nicht anderes bestimmen. Da­ durch find die Landesgesetze, die den Rechtsweg nicht offen hielten, insoweit beseitigt, RG. 104, 138. — Preußen: §§ 15—43 Ges. v. 11./6.74 (GS. 224). Auch über die Kosten­ verteilung in Enteignungsprozessen, § 30 das., RG. 34, 194, und die Tragung der Prozeßkosten, IW. 94, 684**, ferner über den Gerichtsstand, RG. 3, 303, über die Rechts­ mittel, RG. 7, 39s, über Zuweisung von Entschüdigungsstreitigkeiten an eine Ver­ waltungsbehörde, RG. 75, 432 (vgl. Anm. 3 § 18 GBG.). Jedoch handelt es sich nur um vereinzelte Gesetzesbestimmungen, die unberührt geblieben sind; im übrigen wird das Verfahren hauptsächlich von den Vorschriften des deutschen Prozeßrechts beherrscht, RG. 93, 3U. Untersagung der Benutzung von Privatschlachtanstalten ist keine Zwangsenteignung' ein Entschädigungsanspruch dieserhalb ist daher nach den Borschriften der ZPO. im ordentlichen Verfahren geltend zu machen, IW. 97, 446». * Nr. 3. — Vgl. Art. 91 EG. z. BGB. — Neben den politischen Verbänden fallen insbesondere auch die kirchlichen Gemeinden, Verbände und Anstalten sowie die dem öffentlichen Rechte angehörenden oder unter der Verwaltung einer öffentlichen Be­ hörde stehenden Sttstungen unter die Vorschrift. Mot. 207. — Preußen: G. v. 11./12. 34 (GS. 457), DurchfVO. v. 20./3. 35 (MBliD. 385), DO. v. 30./1. 37 (RAnz. Nr. 97); § 54 GefchAnw. f. GV. i. d. Faff. v. 23./5. 35 (DJ. 805). — Über Zwangs­ vollstreckung gegen den FiSkus und gegen Gemeinden vgl. Vordem. 1 vor § 704. 6 Nr. 4. — Durch diese Dorschttst soll der Landesgesetzgebung die Befugnis zur Regelung dieser Vollstreckungsfälle insoweit gewähtt werden, als es fich um die Voll­ streckung der in der Person des BorbefitzerS entstandenen Verbindlichkeiten gegen den Rechtsnachfolger im Besitze des Grundstücks handelt, und zwar mit Rücksicht darauf, daß die betteffenden Sukzesstonsfälle sich zwar als Jndividualsukzesstonen darstelleu, aber doch einer Erbfolge mit Beschränkung der Haftung auf eine bestimmte Dermögensmaffe ähnlich find (vgl. § 419 BGB., tzZ 727, 780, 781,785 ZPO., Art. 59 EG.z. BGB., tz 2 EG. z. ZVG.). KB. 228. Die in Nr. 4 genannten gebundenen Güter sind spätestens am 1./1.39 freie Vermögen geworden (G. v. 6./7. 38, RGBl. I 825). Das Anerbenrecht ist im wesentlichen reichsgefetzlich geregelt durch RErbhG. v. 29./9. 33 (RGBl. I 685) u. ErbhRVO. v. 21./12. 36 (RGBl. I 1069), vgl. Vordem. Anh. C II 1 u. 2 vor § 704.

16. Unberührt bleiben:1 1. die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Beweiskraft der Beurkundung des bürgerlichen Standes in Ansehung der Erklärungen, welche über Geburten und Sterbefälle von den zur Anzeige gesetzlich verpflichteten Personen abgegeben werdens 2. die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Verpflichtung zur Leistung des Offenbarungseides;3 3. die Borschriften des bürgerlichen Rechts, nach welchen in bestimmten Fällen einstweUige Verfügungen erlassen werden sönnen.4 1 Weitere Vorschriften sind durch die Nov. v. 17./5. 98 beseitigt.

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A. I. Gesetz, betr. die Einführung der Zivilprozeßordnung.

2 Nr. 1. — § 16 RGes. über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschlietzung, v. 6./2. 76 (RGBl. 23), jetzt § 60 Personenstandsges. v. 3./11.37 (RGBl.I 1146); §§ 1, 11, 12 BGes., betr. die Eheschließung und die Beurkundung des Personenstandes von Bundesangehörigen im Auslande, v. 4./5. 70 (BGBl. 599) (abgeänd. durch Art. 40 EG. z. BGB. und durch Ges. v. 11./6. 20 sRGBl. 1209], 20./12. 34 (RGBl. 1 1260.1, Art 2 G. v. 14./5.36 sRGBl. I 447]); auch § 418 Abs. 3 ZPO. (Beweiskraft von Beurkundungen tatsächlicher Vorgänge, die nicht auf eigenen Wahrnehmungen der Urkundsperson beruhen). — Vgl. über diese Beweiskraft RG. 60, 231, RG. 68, 60. 8 Nr. 2. — Verpflichtung zur Leistung des OffenbarungSeides besteht nach BGB. §§ 269 (zur Rechnungslegung Verpflichteter), 260 (zur Herausgabe eines Inbegriffs Ver­ pflichteter), 666 (Beauftragter), 681 (Geschäftsführer ohne Auftrag), 713 (geschäftsführen­ der Gesellschafter), 1421, 1646 (Ehemann), 1681 (Inhaber der elterlichen Gewalt), 1890, 1915 (Bormund, Pfleger), 1978, 2006 (Erbe), 2028, 2057 (Miterbe). — Ferner in Preußen: § 21 VO., betr. das BerwaltungSzwangSverfahren wegen Beitreibung von Geldbeträgen, v. 15./11. 99 (GS. 545). — Die Erzwingung des durch Urteil auf­ erlegten Offenbarungseides erfolgt nach § 888 ZPO. (§ 889). 4 Nr. 3. — Vgl. § 25 ZVG. (Gefährdung des unter Zwangsversteigerung stehenden Grundstücks durch den Schuldner); § 25 RGes. v. 7./6. 09 (RGBl. 499) (zum Schutze gegen unlauteren Wettbewerb), dazu IW. 98, 60631, 01, BGB. § 489 (Ver­ steigerung des Tieres bei Viehmängel), § 885 (Vormerkung zum Schutze persönlicher Ansprüche aus Einräumung oder Aufhebung eines dinglichen Rechtes), § 899 (Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs), §§ 1134, 1135 (Verschlechterung des hypothekarisch verpfändeten Grundstücks, s. auch § 17 Hypothekenbankges. v. 13./7.99 sRGBl. 376]), dazu RG. 52, 40, § 1179 (Vormerkung gegen Eigentümerhypothek), § 1263 (Widerspruch gegen die Richtigkeit des Schiffsregisters), § 1716 (vor der Geburt eines unehelichen Kindes wegen Unterhalts- und Entbindungskosten).

17. (1) Die Beweiskraft eines Schuldscheins oder einer Quittung ist an den Ablauf einer Zeitfrist nicht gebunden^ (2) Abweichende Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die zur Ein­ tragung in das Grund- oder Hypothekenbuch bestimmten Schuldurkunden bleiben unberührt, soweit sie die Verfolgung des dinglichen Rechts betreffen3 1 Vgl. die gleichlautende Vorschrift des Art. 296 des alten HGB., die in das neue HGB.v. 10./6.97 nicht mit ausgenommen ist, u.§ 368 BGB. 8 Vgl. § 1139 BGB. Übergangsbestimmungen.

18 bis 23

gegenstandslos geworden.

Bergeltungsrecht.

24. Unter Zustimmung des Bundesrats kann durch Anordnung des Reichskanzlers1 bestimmt werden, dah gegen einen ausländischen Staat sowie dessen Angehörige und ihre Rechtsnachfolger ein Vergeltungsrecht zur Anwendung gebracht wird 3 1Jetzt nach §§ 3, 6 Übergangsges. v. 4./3. 19 (RGBl. 285), Art. 66, 179 RBerf. v. 11./8. 19, nachdem der Reichsrat aufgehoben (G. v. 14./2. 34, RGBl. I 89), durch Anordnung des Reichsministers der Justiz. 8 Vgl. § 6 Abs. 2 KO., Art. 31 EG. z. BGB. — Die Vorschrift ist nament­ lich mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 328 Abs. 2 ZPO. gegeben, wonach die Anerkennung ausländischer Urteile unter Umständen nickt an die Verbürgung der Gegenseitigkeit gebunden ist. Mot. 208. — Ist von der Befugnis kein Gebrauch ge­ macht, so stehen Ausländer den Inländern gleich (z. B. hinsichtlich der Kostenerstat­ tungspflicht), soweit nicht in der ZPO. (s. §§ 110, 111, 114, 328, 722, 723) Aus­ nahmen bestimmt sind, IW. 27, 532.

II.

Zivilprozeßordnung. Dom 30. Januar 1877. (RGBl, von 1877, Nr. 6, S. 83—243.)

In Kraft getreten am 1. Oktober 1879 (§ 1 EG. z. ZPO. und § 1 EG. z. GVG.) Eingeführt in Helgoland seit 1./4. 91: Art. I Nr. VIII, 2 der VO. v. 22./3. 91 (RGBl. 22). Abgeändert durch das Gesetz vom 30. April 1886 (RGBl. 130); sodann durch die Gesetze, betreffend Änderungen der Zivilprozeßordnung, vom 17. Mai 1898 (RGBl. 266), in Kraft vom 1. Januar 1900, und vom 6. Juni 1905 (RGBl. 536), sowie durch das Gesetz, betr. Änderungen des Gerichtsverfaffungsgesetzes, der Zivil­ prozeßordnung, des Gertchtskostengesetzes und der Gebührenordnung für Rechts­ anwälte, vom 1. Juni 1909 (RGBl. 475), in Kraft vom 1. April 1910, durch das Gesetz, betr. die Zuständigkeit des Reichsgerichts, vom 22. Mai 1910 (RGBl. 767), in Kraft vom 1. Juni 1910, durch das Gesetz, betr. Änderung der Zivilprozeß­ ordnung (§ 850), vom 24. Juni 1914 (RGBl. 233), in Kraft vom 14. Juli 1914, durch das Gesetz zur Ergänzung des § 323 der Zivilprozeßordnung vom 13. August 1919 (RGBl. 1448), in Kraft vom 22. August 1919, ferner (§§ 380, 390, 409) durch § 14 RGes. betr. Aufhebung der Militärgerichtsbarkeit vom 17. August 1920 (RGBl. 1579), in Kraft vom 6. September 1920, und (§ 850) durch § 46 Reichswehrgesetz vom 23. März 1921 (RGBl. 329), in Kraft vom 14. April 1921. Weitere Änderungen enthalten: das Gesetz zur weiteren Entlastung der Gerichte vom 8. Juli 1922 (RGBl. I 569); das Gesetz Über die Zulaffung der Frauen zu den Ämtern und Berufen der Rechts­ pflege vom 11. Juli 1922 (RGBl. 573); das Gesetz zur Änderung des Gerichts­ kostengesetzes vom 21. Dezember 1922 (RGBl. 1928 I 1); das Reichs-Geldstrafen­ gesetz vom 27. April 1923 (RGBl. I 254); das Gesetz über die Gebühren der Rechtsanwälte und die Gerichtskosten vom 18. August 1928 (RGBl. I 813); die Verordnung zur Beschleunigung des Verfahrens in bürgerlichen Rechtsstreitigketten vom 22. Dezember 1923 (RGBl. I 1239). Durch die Verordnung über das Ver­ fahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vom 13. Februar 1924 (RGBl. I 135), in Kraft vom 1. Juni 1924, ist die ZPO. in größerem Umfange geändert worden. Auf Grund Art. VIII dieser Verordnung ist dann der Text der Zivilprozeßordnung mit weiteren Änderungen in der vom 1. Juni 1924 ab geltenden Fassung am 13. Mai 1924 (RGBl. I 437) neu bekannt gemacht. Diese ist geändert durch VO. v 12. Dezember 1924 (RGBl. I 775). Ferner hinsichtlich der Bezeichnungen „Gerichtsschreiberei", „Gerichtsschreiber" und „Gerichtsdiener" durch Gesetz vom 9. Juli 1927 (RGBl. 1175) und AusfVO. vom 30. November 1927 (RGBl. I 334). Weiterhin durch VO. v. 30. November 1927 (RGBl. I 334), Art. II G. v. 27. Februar 1928 (RGBl. I 45), § 27 IV G. v. 27. März 1930 (RGBl. 196), G. v. 25. Juli 1930 (RGBl I 361), 6. Teil Kap. I VO. v. 6. Oktober 1931 (RGBl. I 537), DO. v. 14. Juni 1932, 3 Teil (RGBl. I 285), VO. v. 17 Juni 1933 (RGBl. I 394), Art. 3 G. v. 20. Juli 1933 (RGBl. I 522), G. v. 26. Mai 1933 (RGBl. I 298), hierzu BO. v. 26. Mai 1933 (RGBl. I 302), Kap. XI VO. v. 18. März 1933 (RGBl. I 109), G. v. 27. Oktober 1933 (RGBl I 780). Auf Grund des Art. 10 des letzteren ist der Text neu gefaßt durch Bek. v. 8. November 1933 (RGBl. I 821). Dieser ist abgeändert (§§ 811, 850 bis 850h) durch Ges. vom 24. Oktober 1934 (RGBl. I 1070).

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A. II. Zivilprozeßordnung.

Einleitung.

I. Inhalt «nd Geltungsbereich der Zivilprozeßordnung. Die ZPO. regelt das für die deutschen Gerichte mit Ausnahme Österreichs, des Sudetenlandes und der Ostgebiete, wo zum großen Teil noch die bisherigen Gesetze gelten (s. unten bei IV), maßgebende Verfahren in bürgerlichen Rechts­ streitigkeiten (§ 3 Abs. 1 EGZPO.). Diese Regelung ist aber keine vollständige. Sie wird ergänzt durch Vorschriften anderer Gesetze, z. B. des GVG., des ZVG. und der KO. Die ZPO. findet auch nur Anwendung auf diejenigen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die vor die ordentlichen Gerichte gehören (§ 3 Abs. 1 EGZPO.). Ordentliche Gerichte sind, vom Volksgerichtshof abgesehen, die Amtsgerichte, die Landgerichte, die Öberlandesgerichte und das Reichsgericht (§ 12 GVG.). Daneben bestand früher auf Grund des § 8 EGGVG. ein Oberstes Landesgericht für Bayern in München, das in gewissem Umfang ebenfalls bürgerliche Rechts­ streitigkeiten zu entscheiden hatte. Es ist aufgehoben durch VO. v. 19. März 1935 (RGBl. I 383). Die ZPO. findet danach keine Anwendung, soweit sie nicht be­ sonders für anwendbar erklärt ist, auf solche bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die nicht vor die ordentlichen Gerichte gehören, sei es, daß die Entscheidung darüber durch besondere Gerichte (reichsgesetzlich bestellte oder zugelassene, § 13 Anm. 6, § 14 GVG.) oder durch Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichte (§ 13 Anm. 3, 4 GVG.) zu erfolgen hat. Es ist daher in jedem Fall zu prüfen, ob im Sinne des § 3 Abs. 1 EGZPO. eine Rechtsstreitigkeit vorliegt, ob sie eine bürger­ liche ist und ob sie vor die ordentlichen Gerichte gehört. Die letztere Frage be­ zeichnet man als eine solche der Zulässigkeit des Rechtsweges. — Dem Wortsinn nach ist eine Rechtsstreitigkeit ein Streit zweier oder mehrerer Personen darüber, was Rechtens ist. § 3 Abs. 1 EGZPO. verbindet aber damit einen weiteren Be­ griff, indem hier darunter auch andere Angelegenheiten verstanden werden, bei denen ein eigentlicher Streit zwischen mehreren Personen nicht besteht oder doch nicht zu bestehen braucht, wie die Ehesachen, das Entmündigungs- und das Aufgebotsverfahren und das Verfahren zur Sicherung des Beweises. In diesem weiteren Sinne spricht auch § 2 EGGVG. von streitiger Gerichtsbarkeit als von der Tätigkeit der ordentlichen Gerichte in den ihnen zugewiesenen bürger­ lichen Rechtsstreitigkeiten (und Strafsachen) im Gegensatz zu der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Andererseits hat der Richter der freiwilligen Gerichtsbarkeit in dem dafür bestimmten besonderen Verfahren auch über Rechtsstreitigkeiten zu entscheiden, z. B. über einen Streit zwischen Eheleuten wegen Beschränkung oder Aushebung der Schlüsselgewalt der Frau (§ 1357 Abs. 2 BGB., § 35 FGG.). Es müssen daher für die Abgrenzung der Rechtsstreitigkeiten, die dem Verfahren der ZPO. unterliegen, weniger theoretische Erwägungen als die tatsächliche ge­ setzliche Unterordnung maßgebend sein. Wann eine Rechtsstreitigkeit eine bürger­ liche ist, sagt das Gesetz nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Reichsgerichts ist dafür nicht die Person der sich gegenüberstehenden Parteien entscheidend, auch nicht, ob ein vermögensrechtlicher Anspruch erhoben wird, sondern maß­ gebend ist die Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der erhobene Anspruch abgeleitet wird. Ist das Rechtsverhältnis ein bürgerlich-rechtliches, so liegt eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit vor, ist es öffentlich-rechtlich, so ist dies nicht der Fall, RG. 103, 52. Öffentlich-rechtlich aber ist das Rechtsverhältnis, das den Beziehungen entspringt, in die der Einzelne kraft seiner Unterwerfung unter die

Einleitung. — 1. Abkommen über den Zivil Prozeß.

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Staatsgewalt gestellt ist, im Gegensatz zu den Beziehungen der Personen zu­ einander, die der durch die Privatrechtsordnung geregelte Verkehr mit sich bringt. Damit hat man freilich nur einen allgemeinen Anhalt; im Einzelfall kann die Zuordnung zu der einen oder zu der anderen Gruppe sehr zweifelhaft sein, zumal sich die Auffassungen über die Scheidung von öffentlichem und Privartecht im Laufe der Zeit geändert haben. Es fragt sich, ob für diese Beurteilung die jetzigen Anschauungen oder die zur Zeit des Erlasses des Gesetzes maßgebend sind. Das Reichsgericht nimmt in ständiger Rechtsprechung zutreffend letzteres an (RG. 92, 314; a. M. Jonas vor § 1 N. 16). Im übrigen s. über die Frage, wann eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit vorliegt, wann für eine solche der Rechtsweg er­ öffnet ist und welche Grundsätze bei der Prüfung dieser Fragen zu befolgen sind, die Erl. zu §§ 13 bis 17 GVG.

II. Ausländer, zwischenstaatliche Verträge. Aus völkerrechtlichen Gründen erstreckt sich die inländische Gerichtsbarkeit auf gewisse Personen nicht (§§ 18 bis 21 GVG.). Abgesehen davon können Ausländer in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vor den ordentlichen Gerichten in jeder Parteirolle auftreten, wenn die deutschen Gerichte für die Entscheidung zuständig sind. Das Verfahren richtet sich auch in diesem Falle nach den Vor­ schriften der ZPO., die, von wenigen Ausnahmen (§§ 15, 110, 114, 606, § 24 EGZPO.) abgesehen, in gleicher Weise anwendbar sind, wenn die Prozeß­ beteiligten Deutsche oder Ausländer sind. In einzelnen Beziehungen sind die Rechtsstellung der Ausländer, die Wirkung gerichtlicher Entscheidungen und schiedsgerichtlicher Vereinbarungen im Ausland und die Mitwirkung ausländischer Behörden bei der Ausübung der Gerichtsbarkeit durch zwischenstaatliche Ver­ träge geregelt, die als Sonderrecht den Vorschriften der ZPO. vorgehen. Die wichtigsten dieser Verträge sind in ihren wesentlichen Teilen nachstehend ab­ gedruckt. 1. Abkommen über den Zivilprozetz vom 17. Juli 1905 (RGBl. 1999 S. 410). I. Mitteilung gerichtlicher und außergerichtlicher Urkunden.

Artikel 1. (1) In Zivil- oder Handelssachen erfolgt die Zustellung von Schriftstücken, die für eine im Auslande befindliche Person bestimmt sind, innerhalb der Ber­ tragsstaaten auf einen Antrag, der vom Konsul des ersuchenden Staates an die von dem ersuchten Staate zu bezeichnende Behörde gerichtet wird. Der Antrag hat die Behörde, von der das übermittelte Schriftstück ausgeht, den Namen und die Stellung der Parteien, die Adresse des Empfängers sowie die Art des in Rede stehenden Schriftstücks anzugeben und muß in der Sprache der ersuchten Behörde abgefaßt sein. Diese Behörde hat dem Konsul die Urkunde zu über­ senden, welche die Zustellung nachweist oder den die Zustellung hindernden Umstand ergibt. (2) Alle Schwierigkeiten, die etwa aus Anlaß des Antrags des Konsuls entstehen, werden auf diplomatischem Wege geregelt. (3) Jeder Vertragsstaat kann in einer an die anderen Vertragsstaaten ge­ richteten Mitteilung das Verlangen ausdrücken, daß der Antrag auf eine in seinem Gebiete zu bewirkende Zustellung, der die im Abs. 1 bezeichneten Angaben zu enthalten hat, auf diplomatischem Wege an ihn gerichtet werde. (4) Die vorstehenden Bestimmungen hindern nicht, daß sich zwei Vertrags­ staaten über die Zulassung des unmittelbaren Verkehrs zwischen ihren beider­ seitigen Behörden verständigen.

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A. II. Zivilprozeßordnung.

Artikel 2 Für die Zustellung hat die zuständige Behörde des ersuchten Staates Sorge zu tragen. Diese Behörde kann sich, abgesehen von den im Artikel 3 vorgesehenen Fällen, darauf beschränken, die Zustellung durch Übergabe des Schriftstücks an den Empfänger zu bewirken, sofern er zur Annahme bereit ist.

Artikel 3. (1) Ist das zuzustellende Schriftstück in der Sprache der ersuchten Behörde oder in der zwischen den beiden beteiligten Staaten vereinbarten Sprache ab­ gefaßt oder ist es von einer Übersetzung in eine dieser Sprachen begleitet, so läßt die ersuchte Behörde, falls in dem Antrag ein dahingehender Wunsch ausgesprochen ist, das Schriftstück in der durch ihre innere Gesetzgebung für die Bewirkung gleich­ artiger Zustellungen vorgeschriebenen Form oder in einer besonderen Form, so­ fern diese ihrer Gesetzgebung nicht zuwidcrläust, zustellen. Ist ein solcher Wunsch nicht ausgesprochen, so wird die ersuchte Behörde zunächst die Übergabe nach den Vorschriften des Artikel 2 zu bewirken suchen. (2) Vorbehaltlich anderweitiger Übereinkunft ist die im vorstehenden Absätze vorgesehene Übersetzung von dem diplomatischen oder konsularischen Vertreter des ersuchenden Staates oder von einem beeidigten Dolmetscher des ersuchten Staates zu beglaubigen. Artikel 4. Die Ausführung der in den Artikeln 1, 2, 3 vorgesehenen Zustellung kann nur abgelehnt werden, wenn der Staat, in dessen Gebiet sie erfolgen soll, sie für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden.

Artikel 5. (1) Der Nachweis der Zustellung erfolgt entweder durch ein mit Datum versehenes und beglaubigtes Empfangsbekenntnis des Empfängers oder durch ein Zeugnis der Behörde des ersuchten Staates, aus dem sich die Tatsache, die Form und die Zeit der Zustellung ergibt. (2) Ist das zuzustellende Schriftstück in zwei gleichen Stücken übermittelt worden, so ist das Empfangsbekenntnis oder das Zeugnis auf eins der beiden Stücke zu setzen oder damit zu verbinden.

Artikel 6. (1) Die Bestimmungen der vorstehenden Artikel lassen unberührt: 1. die Befugnis, den im Ausland befindlichen Beteiligten Schriftstücke un­ mittelbar auf dem Postwege zuzusenden; 2. die Befugnis der Beteiligten, die Zustellungen unmittelbar durch die zu­ ständigen Vollziehungsbeamten oder sonst zuständigen Beamten des Be­ stimmungslandes bewirken zu lassen; 3. die Befugnis des Staates, Zustellungen an die im Auslande befindlichen Personen unmittelbar durch seine diplomatischen oder konsularischen Ver­ treter bewirken zu lassen. (2) In jedem dieser Fälle besteht die vorgesehene Befugnis nur dann, wenn Abkommen zwischen den beteiligten Staaten sie einräumen oder wenn in Er­ mangelung von Abkommen der Staat, in dessen Gebiete die Zustellung zu er­ folgen hat, nicht widerspricht. Dieser Staat kann nicht widersprechen, wenn im Falle des Abs. 1 Nr. 3 das Schriftstück ohne Anwendung von Zwang einem An­ gehörigen des ersuchenden Staates zugestellt werden soll.

Einleitung. — 1. Abkommen über den Zivilprozeß.

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Artikel 7. (1) Für Zustellungen dürfen Gebühren und Auslagen irgendwelcher Art nicht erhoben werden. (2) Jedoch ist, vorbehaltlich anderweitiger Übereinkunft, der ersuchte Staat berechtigt, von dem ersuchenden Staate die Erstattung der Auslagen zu ver­ langen, die durch die Mitwirkung eines Vollziehungsbeamten oder durch die Anwendung einer besonderen Form in den Fällen des Artikel 3 entstanden sind.

II. Ersuchungsschreiben. Artikel 8. In Zivil- oder Handelssachen kann sich die Gerichtsbehörde eines Vertrags­ staats gemäß den Vorschriften ihrer Gesetzgebung mittels Ersuchens an die zu­ ständige Behörde eines anderen Vertragsstaats wenden, um die Vornahme einer Prozeßhandlung oder anderer gerichtlicher Handlungen innerhalb des Geschäfts­ kreises dieser Behörde nachzusuchen.

Artikel 9. (1) Die Ersuchungsschreiben werden durch den Konsul des ersuchenden Staates der von dem ersuchten Staate zu bezeichnenden Behörde übermittelt. Diese Behörde hat dem Konsul die Urkunde zu übersenden, aus der sich die Er­ ledigung des Ersuchens oder der die Erledigung hindernde Umstand ergibt. (2) Alle Schwierigkeiten, die etwa aus Anlaß dieser Übermittelung ent­ stehen, werden auf diplomatischem Wege geregelt. (3) Jeder Vertragsstaat kann in einer an die anderen Vertragsstaaten ge­ richteten Mitteilung das Verlangen ausdrücken, daß ihm die in seinem Gebiete zu erledigenden Ersuchungsschreiben auf diplomatischem Wege übermittelt werden. (4) Die vorstehenden Bestimmungen schließen nicht aus, daß sich zwei Ver­ tragsstaaten über die Zulassung der unmittelbaren Übermittelung von Ersuchungs­ schreiben zwischen ihren beiderseitigen Behörden verständigen. Artikel 10. Vorbehaltlich anderweitiger Übereinkunft muß das Ersuchungsschreiben in der Sprache der ersuchten Behörde oder in der zwischen den beiden beteiligten Staaten vereinbarten Sprache abgefaßt oder doch von einer Übersetzung in eine dieser Sprachen begleitet sein, die durch einen diplomatischen oder konsularischen Vertreter des ersuchenden Staates oder einen beeidigten Dolmetscher des er­ suchten Staates beglaubigt ist. Artikel 11. (1) Die Gerichtsbehörde, an die das Ersuchen gerichtet wird, ist verpflichtet, ihm zu entsprechen und dabei dieselben Zwangsmittel anzuwenden, wie bei der Erledigung eines Ersuchens der Behörden des ersuchten Staates oder eines zum gleichen Zwecke gestellten Antrags einer beteiligten Partei. Diese Zwangs­ mittel brauchen nicht angewendet zu werden, wenn es sich um das persönliche Erscheinen streitender Parteien handelt. (2) Die ersuchende Behörde ist auf ihr Verlangen von der Zeit und dem Orte der auf das Ersuchen vorzunehmenden Handlung zu benachrichtigen, damit die beteiligte Partei ihr beizuwohnen in der Lage ist. (3) Die Erledigung des Ersuchens kann nur abgelehnt werden: 1. wenn die Echtheit der Urkunde nicht feststeht; 2. wenn in dem ersuchten Staate die Erledigung des Ersuchens nicht in den Bereich der Gerichtsgewalt fällt; 3. wenn der Staat, in dessen Gebiete die Erledigung stattfinden soll, sie für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden.

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A. II. Zivilprozeßordnung.

Artikel 12. Im Falle der Unzuständigkeit der ersuchten Behörde ist das Ersuchen von Amts wegen an die zuständige Gerichtsbehörde desselben Staates nach den von dessen Gesetzgebung aufgestellten Regeln abzugeben. Artikel 13. In allen Fällen, in denen das Ersuchen von der ersuchten Behörde nicht er­ ledigt wird, hat diese die ersuchende Behörde hiervon unverzüglich zu benach­ richtigen, und zwar im Falle des Artikel 11 unter Angabe der Gründe, aus denen die Erledigung des Ersuchens abgelehnt worden ist, und im Falle des Artikel 12 unter Bezeichnung der Behörde, an die das Ersuchen abgegeben wird.

Artikel 14. (1) Die Gerichtsbehörde, die zur Erledigung eines Ersuchens schreitet, hat in Ansehung der zu beobachtenden Formen die Gesetze ihres Landes anzuwenden. (2) Jedoch ist dem Anträge der ersuchenden Behörde, daß nach einer be­ sonderen Form verfahren werde, zu entsprechen, sofern diese Form der Gesetz­ gebung des ersuchten Staates nicht zuwiderläuft. Artikel 15. Nicht ausgeschlossen wird durch die Bestimmungen des vorstehenden Artikel die Befugnis jedes Staates, die Ersuchen unmittelbar durch seine diplomatischen oder konsularischen Vertreter erledigen zu lassen, wenn Abkommen zwischen den beteiligten Staaten dies zulassen oder wenn der Staat, in dessen Gebiete das Er­ suchen erledigt werden soll, nicht widerspricht. Artikel 16. (1) Für die Erledigung von Ersuchen dürfen Gebühren oder Auslagen irgendwelcher Art nicht erhoben werden. (2) Jedoch ist, vorbehaltlich anderweitiger Übereinkunft, der ersuchte Staat berechtigt, von dem ersuchenden Staate die Erstattung der an Zeugen oder Sach­ verständige gezahlten Entschädigungen sowie der Auslagen zu verlangen, welche für die wegen Nichterscheinens der Zeugen erforderlich gewordene Mitwirkung eines Vollziehungsbeamten oder durch die etwaige Anwendung des Artikel 14 Abs. 2 entstanden sind.

III. Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten.

Artikel 17. (1) Keine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung, unter welcher Benennung es auch sei, darf den Angehörigen eines der Vertragsstaaten, die in einem dieser Staaten ihren Wohnsitz haben und vor den Gerichten eines anderen dieser Staaten als Kläger oder Intervenienten auftreten, wegen ihrer Eigenschaft als Aus­ länder oder wegen Mangels eines inländischen Wohnsitzes oder Aufenthalts auferlegt werden. (2) Die gleiche Regel findet Anwendung auf die Vorauszahlung, die von den Klägern oder Intervenienten zur Deckung der Gerichtskosten einzufordern wäre. (3) Die Abkommen, wodurch etwa Vertragsstaaten für ihre Angehörigen ohne Rücksicht auf den Wohnsitz Befreiung von der Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten oder von der Vorauszahlung der Gerichtskosten vereinbart haben, finden auch weiter Anwendung.

Einleitung. — 1. Abkommen über den Zivilprozeß.

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Artikel 18. (1) Ergeht in einem der Bertragsstaaten eine Verurteilung in die Prozeß­ kosten gegen einen Kläger oder Intervenienten, der von Sicherheitsleistung, Hinterlegung oder Vorauszahlung auf Grund des Artikel 17 Abs. 1, 2 oder eines im Staate der Klageerhebung geltenden Gesetzes befreit ist, so ist diese Ver­ urteilung gemäß einem auf diplomatischem Wege zu stellenden Antrag in jedem der anderen Vertragsstaaten durch die zuständige Behörde kostenfrei für voll­ streckbar zu erklären. (2) Die gleiche Regel findet Anwendung auf gerichtliche Entscheidungen, durch die der Betrag der Kosten des Prozesses später festgesetzt wird. (3) Die vorhergehenden Bestimmungen hindern nicht, daß sich zwei Ver­ tragsstaaten dahin verständigen, auch die Stellung eines Antrags aus Vollstreck­ barkeitserklärung unmittelbar durch die beteiligte Partei zu gestatten. Artikel 19. (1) Die Kostenentscheidungen werden ohne Anhörung der Parteien, jedoch unbeschadet eines späteren Rekurses der verurteilten Partei, gemäß der Gesetz­ gebung des Landes, wo die Vollstreckung betrieben wird, für vollstreckbar erklärt. (2) Die für die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung zuständige Behörde hat ihre Prüfung darauf zu beschränken: 1. ob nach dem Gesetze des Landes, wo die Verurteilung ausgesprochen ist, die Ausfertigung der Entscheidung die für ihre Beweiskraft erforderlichen Bedingungen erfüllt; 2. ob nach demselben Gesetze die Entscheidung die Rechtskraft erlangt hat; 3. ob der entscheidende Teil der Entscheidung in der Sprache der ersuchten Behörde oder in der zwischen den beiden beteiligten Staaten verein­ barten Sprache abgefaßt ist oder doch von einer Übersetzung in eine dieser Sprachen begleitet wird, die vorbehaltlich anderweitiger Überein­ kunft durch einen diplomatischen oder konsularischen Vertreter des er­ suchenden Staates oder einen beeidigten Dolmetscher des ersuchten Staates beglaubigt ist. (3) Den Erfordernissen des Abs. 2 Nr. 1, 2 wird genügt durch eine Er­ klärung der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates, daß die Entscheidung die Rechtskraft erlangt hat. Die Zuständigkeit dieser Behörde ist, vorbehaltlich anderweitiger Übereinkunft, durch den höchsten Justizverwaltungsbeamten des ersuchenden Staates zu bescheinigen. Die Erklärung und die Bescheinigung, die soeben erwähnt sind, müssen nach Maßgabe des Abs. 2 Nr. 3 abgefaßt oder übersetzt sein. IV. Armenrecht. Artikel 20. Die Angehörigen eines jeden der Vertragsstaaten werden zur Wohltat des Armenrechts in allen anderen Vertragsstaaten ebenso wie die eigenen Staats­ angehörigen zugelassen, sofern sie sich nach der Gesetzgebung des Staates richten, wo das Armenrecht nachgesucht wird. Artikel 21. (1) In allen Fällen muß die Bescheinigung oder die Erklärung des Un­ vermögens von den Behörden des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Ausländers oder, in Ermangelung eines solchen, von den Behörden seines derzeitigen Aufent­ haltsorts ausgestellt oder entgegengenommen sein. Gehören diese Behörden keinem Vertragsstaat an und werden von ihnen solche Bescheinigungen oder Erklärungen nicht ausgestellt oder entgegengenommen, so genügt die Ausstellung

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A. II. Zivilprozeßordnung.

oder Entgegennahme der Bescheinigung oder der Erklärung durch einen diplo­ matischen oder konsularischen Vertreter des Landes, dem der Ausländer an­ gehört. (2) Hält der Antragsteller sich nicht in dem Lande aus, wo das Armenrecht nachgesucht wird, so ist die Bescheinigung oder die Erklärung des Unvermögens kostenfrei von einem diplomatischen oder konsularischen Vertreter des Landes, wo die Urkunde vorgelegt werden soll, zu beglaubigen.

Artikel 22. (1) Die zur Ausstellung der Bescheinigung oder zur Entgegennahme der Erklärung über das Unvermögen zuständige Behörde kann bei den Behörden der anderen Vertragsstaaten Auskünfte über die Vermögenslage des Antrag­ stellers einziehen. (2) Die Behörde, die über den Antrag auf Bewilligung des Armenrechts zu entscheiden hat, behält in den Grenzen ihrer Amtsbefugnisse das Recht, die ihr vorgelegten Bescheinigungen, Erklärungen und Auskünfte einer Nachprüfung zu unterziehen. Artikel 23. (1) Ist die Wohltat des Armenrechts dem Angehörigen eines der Vertrags­ staaten bewilligt worden, so werden für Zustellungen, die sich aus denselben Prozeß beziehen und die in einem anderen dieser Staaten zu bewirken sind, von dem ersuchenden Staate dem ersuchten Staate nur die Auslagen erstattet, die durch die Anwendung einer besonderen Form auf Grund des Art. 3 ent­ standen sind. (2) In demselben Falle werden für die Erledigung von Ersuchen dem er­ suchten Staate von dem ersuchenden Staate nur die an Zeugen oder Sach­ verständige gezahlten Entschädigungen sowie die durch die etwaige Anwendung des Art. 14 Abs. 2 erforderlich gewordenen Auslagen erstattet. V. Personalhaft. Artikel 24. In Zivil- oder Handelssachen darf die Personalhaft sowohl als Mittel der Zwangsvollstreckung wie auch lediglich als Sicherungsmaßregel gegen die einem der Vertragsstaaten angehörenden Ausländer nur in den Fällen angewendet werden, in denen sie auch gegen Landesangehörige anwendbar sein würde. Eine Tatsache, auf Grund deren ein im Jnlande wohnhafter Inländer die Auf­ hebung der Personalhaft beantragen kann, soll zugunsten des Angehörigen eines Vertragsstaats die gleiche Wirkung auch dann haben, wenn sich diese Tatsache im Ausland ereignet hat.

VI. Schlußbestimmungen. Artikel 25. (1) Dieses Abkommen soll ratifiziert und die Ratifikationsurkunden sollen im Haag hinterlegt werden, sobald sechs der Hohen Vertragsparteien hierzu in der Lage sind. (2) Uber jede Hinterlegung von Ratifikationsurkunden soll ein Protokoll ausgenommen werden; von diesem soll eine beglaubigte Abschrift einem jeden der Vertragsstaaten auf diplomatischem Wege mitgeteilt werden. Artikel 26. (1) Dieses Abkommen findet auf die europäischen Gebiete der Vertrags­ staaten ohne weiteres Anwendung.

Einleitung. — 1. Abkommen über den Zivilprozeß.

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(2) Wünscht ein Vertragsstaat die Inkraftsetzung des Abkommens in seinen außereuropäischen Gebieten, Besitzungen oder Kolonien oder in seinen Konsular­ gerichtsbezirken, so hat er seine hierauf gerichtete Absicht in einer Urkunde kund­ zugeben, die im Archive der Regierung der Niederlande hinterlegt wird. Diese wird eine beglaubigte Abschrift davon einem jeden der Vertragsstaaten auf diplo­ matischem Wege übersenden. Das Abkommen tritt in Kraft für die Beziehungen zwischen den Staaten, die auf diese Kundgebung mit einer zustimmenden Er­ klärung antworten, und den außereuropäischen Gebieten, Besitzungen oder Kolo­ nien sowie den Konsulargerichtsbezirken, für welche die Kundgebung erfolgt ist. Die zustimmende Erklärung wird gleichfalls im Archive der Regierung der Nieder­ lande hinterlegt, die eine beglaubigte Abschrift davon einem jeden der Vertrags­ staaten auf diplomatischem Wege übersenden wird.

Artikel 27. (1) Die Staaten, die auf der vierten Konferenz über internationales Privat­ recht vertreten waren, werden zur Zeichnung dieses Abkommens bis zu der im Artikel 25 Abs. 1 vorgesehenen Hinterlegung der Ratifikationsurkunden zuge­ lassen. (2) Nach dieser Hinterlegung soll ihnen der vorbehaltlose Beitritt zu dem Ab­ kommen stets freistehen. Der Staat, der beizutreten wünscht, gibt seine Absicht in einer Urkunde kund, die im Archive der Regierung der Niederlande hinter­ legt wird. Diese wird eine beglaubigte Abschrift davon einem jeden der Ber­ tragsstaaten auf diplomatischem Wege übersenden.

Artikel 28. (1) Dieses Abkommen tritt an die Stelle des Abkommens über internatio­ nales Privatrecht vom 14. November 1896 und des Zusatzprotokolls vom 22. Mai 1897. (2) Es tritt in Kraft am sechzigsten Tage nach dem Zeitpunkte, wo alle Staaten, die das Abkommen vom 14. November 1896 gezeichnet haben oder ihm beigetreten sind, ihre Ratifikationsurkunden zu dem vorliegenden Abkommen hinterlegt haben werden, spätestens aber am 27. April 1909. (3) Im Falle des Artikel 26 Abs. 2 tritt es vier Monate nach dem Zeit­ punkte der zustimmenden Erklärung und im Falle des Artikel 27 Abs. 2 am sechzigsten Tage nach dem Zeitpunkte der Kundgebung des Beitritts in Kraft. (4) Es versteht sich, daß die im Artikel 26 Abs. 2 vorgesehenen Kundgebungen erst erfolgen können, nachdem dieses Abkommen gemäß Abs. 2 des vorliegenden Artikels in Kraft gesetzt worden ist. Artikel 29. (1) Dieses Abkommen gilt für die Dauer von fünf Jahren, gerechnet von dem im Artikel 28 Abs. 2 angegebenen Zeitpunkte seiner Inkraftsetzung. (2) Mit demselben Zeitpunkte beginnt der Lauf dieser Frist auch für die Staaten, welche die Hinterlegung erst nach dem Zeitpunkte bewirken oder erst nachträglich beitreten, und ebenso in Ansehung der auf Grund des Artikel 26 Abs. 2 abgegebenen zustimmenden Erklärungen. (3) In Ermangelung einer Kündigung gilt das Abkommen als stillschweigend von fünf zu fünf Jahren erneuert. (4) Die Kündigung muß wenigstens sechs Monate vor dem Ablaufe der in Abs. 2, 3 bezeichneten Frist der Regierung der Niederlande erklärt werden, die hiervon allen anderen Staaten Kenntnis geben wird.

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(5) Die Kündigung kann auf die außereuropäischen Gebiete, Besitzungen oder Kolonien, oder auch auf die Konsulargerichtsbezirke beschränkt werden, die in einer aus Grund des Artikel 26 Abs. 2 erfolgten Kundgebung aufgesührt sind. (6) Die Kündigung soll nur in Ansehung des Staates wirksam sein, der sie erklärt hat. Für die übrigen Vertragsstaaten bleibt das Abkommen in Kraft.

2. Gesetz zur Ausführung des Abkommens über den Zivilprozetz vom 17. Juli 1905. '



Bom 5. April 1909 (RGBl. 430).

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden , was folgt:

, verordnen im Namen des Reichs,

I. Mitteilung gerichtlicher und außergerichtlicher Urkunden

(Artikel 1 bis 7 des Abkommens). § 1.*) (1) Innerhalb des Reichs ist für die Entgegennahme des im Artikel 1 Abs. 1 des Abkommens vorgesehenen Zustellungsantrags eines ausländischen Konsuls der Präsident des Landgerichts zuständig, in dessen Bezirke die Zustellung erfolgen soll. (2) Für die Besorgung der gemäß Artikel 2, 3 zu bewirkenden Zustellungen ist innerhalb des Reichs die Geschäftsstelle des Amtsgerichts zuständig, in dessen Bezirke die Zustellung zu bewirken ist. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auch das im Artikel 5 bezeichnete Empfangsbekenntnis mit einem Beglaubigungs ­ vermerk zu versehen und das dort erwähnte Zustellungszeugnis auszustellen; ebenso hat er die im Artikel 1 Abs. 1 vorgesehene Urkunde aufzunehmen, welche den die Zustellung hindernden Umstand ergibt. § 2.**) (1) Für eine Zustellung im Auslande, die von dem darum ersuchten Konsul des Reichs auf dem im Artikel 1 Abs. 1 des Abkommens vorgesehenen Wege bewirkt wird, beträgt die Gebühr 2,— Reichsmark. (2) Die gleiche Gebühr wird für eine vom Konsul gemäß Artikel 6 Abs. 1 Nr. 3 unmittelbar bewirkte Zustellung erhoben; diese Vorschrift findet keine Anwendung in den Konsularbezirken, in denen die Zustellungen der Regel nach auf einem der im Artikel 1 Abs. 3, 4 vorgesehenen Wege zu erfolgen haben.

II. Ersuchungsschreiben. (Artikel 8 bis 16 des Abkommens). § 3. (1) Innerhalb des Reichs ist für die Erledigung der im Artikel 8 des Abkommens vorgesehenen Ersuchen ausländischer Gerichtsbehörden das Amts­ gericht zuständig, in dessen Bezirke die Amtshandlung vorgenommen werden soll. (2) Für die Entgegennahme der gemäß Artikel 9 Abs. 1 durch einen aus­ ländischen Konsul übermittelten Ersuchungsschreiben ist innerhalb des Reichs der Präsident des Landgerichts zuständig, in dessen Bezirke die Erledigung des Er­ suchens erfolgen soll. § 4.f) Für die dem Konsul des Reichs gemäß Artikel 9 Abs. 1 des Abkommens in Ansehung eines Ersuchungsschreibens obliegenden Verrichtungen beträgt die Gebühr 2,— Reichsmark; die Gebühr wird nicht erhoben, wenn das Ersuchen keine Erledigung findet.

*) § 1 Abs. 2 in der Fassung des Art. 1 BO. v. 30./11. 27 (RGBl. I 334). **) § 2 Abs. 1 in der Fassung des § 13 G. v. 8./3. 36 (RGBl. I 137). t) §4 in der Fassung des § 13 G. v. 8./3. 36 (RGBl. I 137).

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Einleitung. — 2. AusfGes. zum Zivilprozeßabkommen.

III. Sicherheitsleistung für die Prozeß kost en.

(Artikel 17 bis 19 des Abkommens).

§ 5* (1) Die Vollstreckbarkeitserklärung für die im Artikel 18 des Abkom­ mens bezeichneten Kostenentscheidungen ausländischer Gerichte erfolgt durch Beschluß des Amtsgerichts. (2) Zuständig ist das Amtsgericht, bei dem der Kostenschuldner seinen all­ gemeinen Gerichtsstand hat, und in Ermangelung eines solchen das Amtsgericht, bei welchem in Gemäßheit des § 23 der Zivilprozeßordnung gegen den Schuldner Klage erhoben werden kann. Fehlt es auch an diesem Gerichtsstände, so ist, sofern der Kostenschuldner einem Bundesstaat angehört, das Amtsgericht für die Hauptstadt seines Heimatstaates, sofern er keinem Bundesstaat angehört, das Amtsgericht für die Stadt Berlin zuständig; soweit diese Orte in mehrere Amts­ gerichtsbezirke geteilt sind, ist das Amtsgericht für den durch allgemeine Anord­ nung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2, 3 der Zivilprozeßordnung bestimmten Bezirk zuständig. Z6. (1) Ist der Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung auf diplomatischem Wege gestellt, so hat das Amtsgericht eine von Amts wegen zu erteilende Aus­ fertigung seines Beschlusses der Landesjustizverwaltung einzureichen; die Aus­ fertigung ist, sofern dem Anträge stattgegeben wird, mit der Vollstreckungsklausel zu versehen. (2) Im Falle des Artikel 18 Abs. 3 des Abkommens ist der Beschluß beiden Teilen von Amts wegen zuzustellen. § 7. (1) Gegen Beschlüsse, durch die der Antrag auf Vollstreckbarkeitserklä­ rung abgelehnt wird, findet die Beschwerde nach Maßgabe der §§ 568 bis 571, 573 bis 575 der Zivilprozeßordnung statt. Die Beschwerde steht, sofern der An­ trag auf diplomatischem Wege gestellt ist, dem Staatsanwalt, im Falle des Ar­ tikel 18 Abs. 3 des Abkommens dem Antragsteller zu. (2) Gegen Beschlüsse, durch die dem Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung stattgegeben wird, steht dem Kostenschuldner die sofortige Beschwerde nach Maß­ gabe der §§ 568 bis 575, 577 der Zivilprozeßordnung zu. 8 8. Aus den für vollstreckbar erklärten Kostenentscheidungen findet die Zwangsvollstreckung gemäß den Vorschriften der Zivilprozeßordnung statt; die Vorschrift des § 798 findet entsprechende Anwendung. 8 9.*) (1) Für die gerichtlichen Entscheidungen, die über den Betrag der Gerichtskosten nach Artikel 18 Abs. 2 des Abkommens zur Herbeiführung der Vollstreckbarkeitserklärung im Auslande zu erlassen find, ist das Gericht der In­ stanz zuständig; die Entscheidungen ergehen auf Antrag der für die Beitreibung der Gerichtskosten zuständigen Behörde. (2) Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde nach Maßgabe des $ 567 Abs. 2 und der §§ 568 bis 575, 577 der Zivilprozeßordnung statt. Die Einlegung kann durch Erklärung zum Protokoll der Geschäftsstelle oder schrift­ lich ohne Mitwirkung eines Anwalts erfolgen.

IV. Schlußbestimmung.

8 10. Dieses Gesetz tritt gleichzeitig mit dem Abkommen über den Zivil­ prozeß in Kraft. Das Haager Abkommen über den Zivilprozeß galt zunächst in Deutschland, Öster­ reich, Ungarn, Belgien, Dänemark, Spanien, Frankreich, Italien, Norwegen, den Nieder­ landen, Portugal, Rumänien, Rußland, Schweden und der Schweiz. Infolge des Welt-

*) § 9 Abs. 2 in der Fassung des Art. 1 Nr. I des G. v. 30./11. 27 (RGBl. I 334). Zivilprozeßordnung. 22. Aufl.

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A. II. Zivilprozeßordnung.

krieges trat es im Verhältnis zwischen Deutschland und den Feindesstnaten außer Kraft, wurde aber durch den Versailler Vertrag (Art. 287) gegenüber der Mehrzahl von ihnen wieder in Kraft geseht. Lediglich gegenüber Frankreich, Portugal und Rumänien sollte es auch ferner ohne Wirksamkeit bleiben. Bon diesen Ländern haben aber später Portugal und Rumänien mit Deutschland die Geltung der Art. 1 bis 24 des Abkommens vereinbart. Im Verhältnis zu Frankreich gilt es auch heute nicht; mit ihm ist aber, wie mit anderen Ländern auch, ein besonderer Vertrag geschlossen worden ((. unten). Neben dem Haager Abkommen bestehen, es ergänzend, mit einigen Staaten noch andere Verträge. Hiernach gilt das Abkommen zurZeit im Verhältnis zwischen Deutschland und folgend en Staaten: 1. Belgien (Art. 287 BersB.); 2. Dänemark. Mit ihm bestehen ferner die Verträge v. 1./6. 10 (RGBl. 871), geändert 6./1. 32 (1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Erhebung der Klage/ in der Berufungs- und Revisionsinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels/ entscheidend; Früchte, Nutzungen, Zinsen3 und Kosten bleiben unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen 3 geltend gemacht werdend (2) Bei Ansprüchen aus Wechseln im Sinne des Wechselgesetzes find Zinsen, Kosten und Provision, welche außer der Wechselsumme gefordert werden, als Nebenforderungen anzusehen.3 1 Erhebung der Klage: Durch Zustellung: tzü 253, 498 (Klage), 496, 499 e (Güteverfahren), 693,696 Abs. 3 (Zahlungsbefehl); durch mündlichen Bortrag in einem Verhandlungstermin: §§ 268, 280, 281 (Klagerweiterung, Widerklage, Inzidentfest­ stellungsklage, vgl. IW. 88, 208'), §§ 500, 500a (Klaganbringung vor dem Amts­ gericht). Für das Güteverfahren gilt der Güteantrag als Klageschrift nach § 499e Abs. 1 Satz 2, Jonas I (a. M. Baumb. 2). Wird das Verfahren nicht durch Klag­ erhebungeingeleitet, wie z. B. im Zwangsvollstreckungs-, Entmündigungs-, Aufgebots verfahren, so ist der Zeitpunkt der Antragstellung maßgebend. Vgl. IW. 23, 696. — Eine im Laufe des Rechtsstreites eintretende Veränderung des Streitgegenstandes (z.B. Erweiterung oder Ermäßigung des Anspruchs, Aufhören des Bestehens des ur­ sprünglich verlangten Gegenstandes oder zeitlich begrenzten Rechtes, für den Rechts­ streit wesentliche Veränderung auf dem Grundstücke, gegen das ein Legalservitut geltend gemacht wird) wirkt nur für den späteren Prozeßteil (z. B. für die höhere Instanz, wenn inzwischen die Veränderung eingetreten ist), RG. 67, 82, und zwar nur unter der Voraussetzung, daß der Klagantrag entsprechend geändert wird, IW. 05, 3721». Jedoch bewirkt eine Berichtigung des Klageantrags wegen Versehens (vgl. § 253 Anm. 5) eine entsprechende Änderung des Streitwerts, IW. 37, 246. Eine Änderung lediglich des gemeinen Wertes der streitigen Sache ist überhaupt einflußlos, RG 67,82, so auch eine Änderung des Kurswerts für Geldforderungen in ausländischer Währung, OLG. 41, 238 (s. unten). Desgl., wenn das Jnteresie der Parteien an dem Ausfälle des Rechtsstreits sich geändert hat, OLG. 27,10. Auch eine Veränderung der tatsächlichen Umstände kann nur bet Änderung des KlagantrageS berücksichtigt werden, IW. 08, 16». Jedoch wird dabei vorausgesetzt, daß es sich um denselben Gegenstand handelt, bert, die Klage betraf. Dies ist nicht der Fall, wenn die Forderung, um deren Sicherung es sich handelt, im Laufe des Verfahrens geringer geworden, auch wenn die Sicherungsmaßregel dieselbe geblieben ist, IW. 98, 6572. Hat der Verkäufer auf Zahlung des Kaufpreises

Erster Abschnitt. Gerichte. Erster Titel. Sachliche Zuständigkeit. § 4.

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geklagt, so bleibt der Betrag des letzteren der Streitwert, auch wenn zufolge Verein­ barung der Parteien der Kaufgegenstand veräußert wird und der Erlös ein geringerer ist, IW. 05, 3442°. — Bei Forderungen, die den Grund des Wachsens in sich tragen (wie Lagergelder, Futterkosten), ändert sich dagegen der Streitwert fortgesetzt, IW. 98, 353» — Bei Klagen auf Feststellung des Nichtbestehens eines NechtS (z. B. Patentrechts) ist der Inhalt des Rechts allgemetnhin, nicht der tatsächliche Zustand zur Zeit der Klag­ erhebung maßgebend, IW. 96, so1. — Über den für die Umrechnung maßgebenden Zeitpunkt bei Klagen auf Zahlung in ausländischer Valuta vgl. § 3 Anm. 3 bei „Valuta". s Die Worte „in der Berufungs- und Revisionsinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels" sind eingefügt durch das Gesetz z. weiteren Entlastung der Gerichte v. 8./7.22. Zweck: Berücksichtigung etwaiger Veränderungen des Streit­ werts seit Erhebung der Klage. Danach bestimmt sich der Wert des Streitgegenstandes in der Rechtsmittelinstanz nicht mehr, wie früher (auch im Falle der zwischenzeitlichen Wert­ steigerung, RG. 98, 87, W. 20, 24), nach den Wertverhältnissen zur Zeit der Klag­ erhebung (s.Anm. 1), sondern nach d. zur Zeit der Rechtsmitteleinlegung. Dies gilt auch für den Wert des Gegenstandes der Berufungs- (§ 511a) und der Revisionsbeschwerde, W. 25, 43, § 546 Anm. 4. Vgl. aber wegen der Rückstände aus der Zeit zwischen Klagerhebung und Rechtsmitteleinlegung bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen Anm. 2 § 9. — Wird das Rechtsmittel uneingeschränkt eingelegt, so ist die angefochtene Entscheidung in vollem Umfang angegriffen. Diese Wirkung wird für die Vergangen­ heit nicht dadurch beseitigt daß später ein eingeschränkter Antrag gestellt wird, RGHRR. 36, 1250. — Bei der Aufhebung eines Urteils durch die höhere Instanz und Zurück­ verweisung der Sache in die Vorinstanz (§§ 538, 539, 565) wird keine neue Instanz eröffnet und tritt eine Änderung des für die Vorinstanz ursprünglich (nach dem Zeit­ punkt der Klagerhebung in der ersten, nach dem Zeitpunkt der Einlegung der Berufung in der zweiten Instanz) maßgeblichen Streitwerts nicht ein, IW. 23, 24. — Für die Berechnung der Gebühren aber ist neben 8 4 zu beachten § 9 Abs. 2 GKG., welcher lautet:

Ist der Wert des Streitgegenstandes bei dem Erlasse des Urteils oder der anderweitigen Beendigung der Instanz höher als im Zeitpunkt der Erhebung der Klage oder der Einlegung des Rechtsmittels, so ist den in der Instanz entstandenen Gebühren der höhere Wert zugrunde zu legen. In der Zwangs­ vollstreckung ist für die Wertberechnung der Zeitpunkt der die Zwangs­ vollstreckung einleitenden Prozesshandlung entscheidend. s Nebenforderungen. — Solche sind nur die in Abs. 1 aufgeführten, nicht z. B. solche Ansprüche, die betreffen: Zubehör (§§ 97 ff. BGB.), die Nebenleistungen der §§507, 1158 BGB. (Vorkaufsrecht, Umfang der Hypothek). — „Früchte": § 99 BGB. — „Nutzungen": § 100 BGB., auch Aktien-Dividendenscheine, IW. 93, 5351. — „Zinsen", sowohl die vertragsmäßigen wie die gesetzlichen und die Verzugszinsen. Sie find bei der Berechnung d. Streitwerts nur zu berücksichtigen, wenn sie entweder trotz ihrer Eigenschaft als Zinsensorderung nicht den Charakter einer Nebenforderung tragen (s. Anm. 4), oder, gleichviel ob sie als Nebenforderung geltend gemacht werden oder nicht, prozessual als „Schäden" zu behandeln sind (s. unten). Zinsen, die zum Ausgleich eines Schadens gefordert werden, verlieren aber allein dieses Zweckes und ihres Entstehungsgrundes wegen nicht die Rechtsnatur von Zinsen, auch wenn sie den gesetzlichen Zinssatz übersteigen, RG. 158, 350. Deshalb ist ein neben der Hauptforde­ rung geltend gemachter Anspruch auf höhere als die gesetzlichen Zinsen, die der Kläger beansprucht, weil wegen des Zahlungsverzugs des Beklagten die Zinsbeträge ihm ent­ gangen seien oder für in Anspruch genommenen Bankkredit von ihm hätten gezahlt werden müßen, bei der Berechnung des Streitw. unberücksichtigt zu lassen, IW. 27, 13081, 212928 (a. M. IW. 26, 1612, 2480). — „Kosten" sind die vor der Klagerhebung zur Begründung des Anspruches gemachten Aufwendungen (z. B. Gebühren für die zur Information zugezogenen Sachverständigen), IW. 98, 452. Ferner die Kosten eines vorangegangenen Schiedsgerichtsverfahrens, IW. 25, 20051. — Der Begriff der „Nebensorderung" setzt voraus, daß die betreffende Forderung in einem AbhängigkeitSverhältniffe zu der Hauptforderung steht und nicht allein und losgelöst von der Hauptforderung, sondern mit dieser geltend gemacht wird, RG. 55, 82, IW. 09, 6912», W. 09, 163 Dies ist nicht der Fall, wenn sie von einer anderen Partei zum Gegenstand des Rechts­ streits gemacht wird als von der, die den Hauptanspruch erhebt, IW. 37, 2779. — Wird

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A. II. Zivilprozeßordnung.

Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

der Kostenanspruch mit der Hauptforderung geltend gemacht, so steht es nicht im Be­ lieben der klagenden Partei, ihn dadurch zum Hauptanspruch zu machen, daß sie ihn getrennt berechnet und im Klagantrag besonders verlangt, W. 35, 188; sondern eine Geltendmachung z. B. von Kosten als Hauptansprnch liegt nur vor, wenn sie in einem besonderen Verfahren, unabhängig vom Hauptanspruch gefordert werden, oder wenn ein aus Haupt- und Nebenforderung bestehender Anspruch durch Nechtsgeschäft in einen neuen einheitlichen Anspruch umgewandelt und nur dieser neue Anspruch ein­ geklagt wird, IW. 25, 20051. Nebenforderungen find z. B.: Zinsen einer fälligen Entschädigungsforderung (z. B. im Enteignungsverfahren), RG 32, 210, IW. 09, 6912», auch wenn sie im Klagan­ trage mit dem Kapital zusammengerechnet sind, RG. 32, 210, W. 09, 163; ein zur Klar stellung von Nebenforderungen erhobener Anspruch auf Nechnungslegung, RG. 29, 395; Ansprüche auf Rechnungslegung und Ausantwortung der Nutzungen neben dem Anspruch auf Anerkennung des Eigentums einer Sache, IW. 02, 391 >; ein Anspruch auf Herausgäbe des GewinnanteilfcheinS neben dem Anspruch auf Herausgabe der Aktien, OLG. 35, 22. — Ferner sind bei Berechnung der Befchwerdesumme gemäß § 567 Abs. 2 ZPO. (sofortige Beschwerde im Falle des § 99 Abs. 3) die Kosten der Entscheidung über die Prozetzkosten sowie die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen, sondern nur diesenigen Kosten kommen in Betracht, über die von der ersten Instanz entschieden ist, IW. 01, 329'o. Im Falle der Anfechtung eines Kostenfestsetzungsbeschlusses (§ 105) sind die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten deS KostenfestsetzungSversahrenS als Nebenforderungen nicht mit in Ansatz zu bringen, IW. 02, 1811. Keine Nebenforderungen sind z. B. Ansprüche auf: im Regreßwege vom Zesstonar gegen den Zedenten geltend gemachte Kosten eines vom Zessionar gegen den Schuldner geführten Prozesies, RG.8,365, ähnlich: RG 12, 259; Gestattung der Zwangsvollstreckung wegen der neben der Hauptforderung zuerkannien Zinsen, RG. 26, 413, IW. 96, 2011: Rückzahlung von Zinsen neben dem Anspruch auf Rückzahlung des bezahlten Betrages der Hauptiorderung bei der Klage aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB ), IW. 09, 691«; Zinsen die durch ausdrückliche Vereinbarung zum Kapital geschlagen sind, RG. 32,877, insbesondere beim Kontokorrent (nicht aber bei einem bloß gegenseitigen Rechnungs­ verhältnis, sog. uneigentlichen Kontokorrent), W. 09, 163 ; rückständige Zinsen einer be­ zahlten Schuld neben dem Anspruch auf den Kapitalrest, Gr. 31, 1141; rückständige Bezüge neben einem Anspruch auf Zuerkennung des Rechtes auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen, RG. (VZS.) 19, 416, IW. 87, 432»; das Bezugsrecht aus neue Aktien neben dem Anspruch auf Herausgabe von Aktien, OLG. 35, 22. — Fälle, in denen Hauptforderung und Neben firderung auf verschiedenen RechtSgründen beruhen, s. IW. 98 219-, 09, 69121, jedoch 93, 469'2. Über Schadensersatzforderungen aus §§ 302 Abs. 4, 600 Abs. 2, 717 Abs. 2 ZPO. (wegen Vollstreckung eines Urteils unter Vorbehalt der Aufrechnung, eines Vorbehaltsurteils im Urkundenprozeß, eines vorläufig vollstreckbaren Urteils), wenn sie in dem anhängigen Hauptprozefie geltend gemacht werden, vgl. § 5 Anm. 2. 4 Als Nebensordcrung geltend gemacht. — Ohne Unterschied, ob Leistung, Fest­ stellung, Sicherung (Arrest) oder ein Vorzugsrecht verlangt wird, RG. 26, 412 (a. M. IW. 30, 644), und ob die Forderung zahlenmäßig ausgerechnet oder mit dem Hauptbetrage zu einer Summe zustimmcngcfaßt ist, W. 35, 188. — Nicht Nebeuforderung sind Zinsen eines nicht cingeklaften Teils einer Forderung neben einem eingeklagten an­ deren Forderungsteil, IW. 30, 174. Bei Ansechtungsprozessen außerhalb des Konkurses gelten die Hauptforderung, wegen der angefochten wird, und Zinsen und Kosten als einheitliche Forderung, so daß die letzteren bei Berechnung des Streitwerts zu berücksichtigen sind, RG. 26, 413, IW. 10, iw«, 34, 899, auch dann, wenn die Klage aus § 7 AnfG. auf Wertcrsatz gerichtet ist, RG. 15./1. 37, VII 324. 36; anders im An sechtungsprozeß des Konkursverwalters, IW. 29, 844-. — Ferner bleiben bei WiderspruchSklagen gegen eine Zwangsvollstreckung (tztz 767, 771 ZPO.) die Zinsen der Forderung, wegen der die Zwangsvollstreckung ausgebracht wird, außer Anschlag, RG. 10, 393, W. 38,109 (n. M. IW. 35, 2911, 3242). Vgl. auch § 6 Anm. 5. Dies gilt auch, wenn der Konkursverwalter eine Pfändung anftcht, IW 10, 114". Ferner finden Zinsen und Kosten keine Berücksichtigung: bet Arresten, HRR. 38, 417 (a. M. IW. 33, 1271, 2227); bei Streitigkeiten über die vorzugsweise Befriedigung aus

Erster Abschnitt. Gerichte. Erster Titel. Sachliche Zuständigkeit.

§ 4»

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dem Erlöse von Psandstücken, RG. 18, 373; bei Borrechtsstreitigkeiten in der Zwangsvollstreckungsinstanz, IW. 00, 292»; bei Klagen oder Anträgen auf Erklärung der Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einem ausländischen Urteil (§ 722) oder aus einem Schiedsspruch (§ 1042), OLG. 40, 312. Keine Nebenforderung sind bei einer Klage auf Einwilligung einer hinterlegten Streitmasse die bis zur Klagezuftellung aufgelaufenen Hinlerlegungszinsen. — Bei Bemessung des Streitwertes für Zwangs­ vollstreckungsakte werden mit betzutreibende Kosten eines vorausgegangenen Rechts­ streits oder bei Pfändung auf Grund eines Arrestbefehls das mitgesicherte Kosten­ pauschquantum milberechnet, dagegen nicht die Kasten der betreffenden Vollstr.-Maßn. selbst. Vgl IW. 28. 738, OLG. 29, 11. Vgl. auch § 866 Abs. 3 ZPO. (wonach die Zwangshypothek 300 RM. übersteigen muß und zur Erreichung der Mindestsumme als Nebenforderung geltend gemachte Zinsen nickt hinzuzurecknen stnd). Bezüglich d. Zinsen bet der Gebüqrenberechnung s. aber § 15 Abs. 2 GKG. (ZwDAkte). — Werden Nebensorderungen neben einer Hauptforderung mit einem Rechtsmittel verfolgt, so bleiben sie bei Berechnung der Befchwerdesumme (§§ 511a, 546 ZPO.) außer Betracht, Anm 4 § 546. Macht der Beklagte, der sich der Berufung nur wegen der Kosten ar. geschlossen halte, mit der Revision Beschwerung in der Hauptsache geltend, so sinkt die Kostensrage der Anschlußberufung wieder zur Nebensordcrung herab, RG. 133, 288. — Ist der Hauptanfpruch durch rechtskräftiges Urteil oder in anderer Weise (z. B. durch Zurücknahute, Verzicht, Anerkenntnis) vollständig zur Erledigung gebracht, so er­ langt der Anspruch auf Nebenforderungen, insbesondere Zinsen, für die Dauer des weiteren Prozeßes den Charakter einer selbständigen Forderung, RG. 60,114. Anders wenn neben einem Rest des eingeklagten Kapitals noch Zinsen dieses Ges «mlkapitals gefordert werden, RG^R. 32, 2195. Auch die Befchwerdesumme (§§ 511a, 546 ZPO.) berechnet sich in diesem Falle nach dem Betrage der Nebenforderungen, so daß das Rechts­ mittel zulässig ist, wenn die Nebenforderungen die Beschwerdesumme erreichen, RG. 60, 112, IW. 27,21302*, W. 25, 8. Wird ein Rechtsmittel (Berufung, Revision) vor der münd­ lichen Verhandlung in der Rechtsmittelinstanz auf die in erster Instanz als Nebenforde­ rungen geltend gemachten Zinsen beschränkt, so verlieren diese den Charakter als Neben­ forderungen, IW. 03, i74». Ebenso, wenn von mehreren selbständigen Ansprüchen ein Anspruch sich erledigt, die Zinsen dieses Anspruchs, IW. 27, 2130-8. Wenn aber nur ss. 27, 126. — Dagegen ist eine Entscheidung in der Hauptsache ergangen, daher die Beschwerde wegen des Kostenpunktes unzulässig und nur die Berufung bzw. die Revision gegen das Urteil zur Haupt­ sache (und im Kostenpunkt) gegeben (Abs. 1), wenn die eine Partei beanttagt hat, die Sache für erledigt zu erklären, während die andere Partei einen Anttag zur Sache gestellt hat, und sodann über diese widersprechenden Anträge und über den Kostenpunkt entschieden ist, RG. 114, 232. — Ist tatsächlich aber eine Entscheidung nur über die Kosten erlassen worben, wiewohl nach dem Parteivorbringen die Hauptsache in Wirklichkeit nicht erledigt war, z. B. der Beklagte Klagabweisung beanttagt hatte, so ist die Beschwerde nach Abs. 3 gegeben, OLG. 29, 45. Ergeben jedoch die Urteilsgründe, daß das Gericht durch die Beschränkung der Formel auf den Kostenpunkt den Sachantrag einer Partei hat abschlägig bescheiden wollen, so steht der Partei lediglich die Berufung (oder die Revision) zu Gebote, OLG. 39, 98. — Ist eine Entscheidung nicht bloß über den Kostenpunkt, sondern auch in der Hauptsache ergangen, wenn auch nach Bezahlung der Hauptforderung nur über Zinsen, IW. 31, 1O3612, so ist die Beschwerde über die erstere Entscheidung allein auch dann ausgeschlossen, wenn beide Entscheidungen in be­ sonderen Urteilen (z. B. Teilurteil und Schlußurteil, Endurteil und Ergänzungsurteil> erlaßen sind, RG. 46, 393, IW. 35,1708, auch Anm. 2. — Ist der Rechtsstreit zum Teil (z. B. durch Zurücknahme oder Vergleich) erledigt, zum Teil über ihn konttadiktorisch entschieden, und sind dabei den Parteien Quoten der Gesamtkosten auferlegt worden, oder ist sonst über die Gesamtkosten derart entschieden, daß die durch das Sachurteil ent­ standenen Kosten von den auf den erledigten Teil bezüglichen Kosten sich nicht trennen lasten, so ist, wegen der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung, nicht diese hinsichtlich des erledigten Teils allein mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar, RG. 55, 395, 59, 429. Mit der Berufung (Revision) kann zwar in solchem Falle die Kostenentscheidung, auch soweit sie sich auf den erledigten Teil bezieht, zugleich mit der Sachentscheidung an­ gegriffen werden, aber nur, soweit das Rechtsmittel gegen die Sachentscheidung zu­ lässig ist und die Rechtsmittelsumme ohne Hinzurechnung der auf den erledigten Teil entfallenden Kosten erreicht wird, W. 38,24 (RGHRR. 38,251). Weder mit der sofortigen Beschwerde noch nach dem in Anm. 7 Gesagten mit der Berufung kann ein Kostenendurteil angegriffen werden, das über die gesamten Kosten des in der Hauptsache zum Teil erledigten, zum Teil durch Anerkenntnisteilurteil entschiedenen Rechtsstreits einheitlich entscheidet (a. M. IW. 36, 951 f., HRR. 36, 429, wo die Berufung zugelasten wird, wenn für den anerkannten Teil allein die Berufung zulässig ist). Dagegen ist die sofortige Beschwerde zulässig, wenn die Nachprüfung der Kostenent­ scheidung hinsichtlich des erledigten Teils ein Eingehen auf den übrigen Streitgegen­ stand nicht voraussetzt, IW. 28,1162, HRR. 38,106I. — Wird der Klaganspruch durch Zwtschenurteil dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt (§ 304) und ergeht dann daS Endurteil nur über die Kosten, so ist die soforttge Beschwerde unzulässig, weil eine Entscheidung in der Hauptsache ergangen ist, OLG. 29, 48. — Dagegen ist eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergangen, die sofortige Beschwerde also zu­ lässig, wenn lediglich über die Verpflichtung des mitbeklagten Ehemanns, die Zwangs« Vollstreckung wegen der Kosten in das eingebrachte Gut der Frau zu dulden, ent­ schieden ist, OLG. 37,102. — Wenn der Rechtsstreit vor Zustellung der Klage erledigt ist und der Kläger nur noch Verurteilung zu den ihm bisher entstandenen Kosten ver­ folgt, findet Abs. 8 keine Anwendung, da die Kosten dann die Hauptsache bilden, Anm. 3, W. 29, 20 (a. M. IW. 23, 56). S. hierzu Vordem, vor § 91. — Sind aber Kosten einer einstweiligen Anordnung (z. B. gemäß § 771 Abs. 3)

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in die Klage ausgenommen und wird dann wegen Erledigung der Hauptsache im übrigen nur über diese und die sonstigen Kosten des Rechtsstreits erkannt, so findet sofortige Beschwerde gemäß Abs. 3 statt, RG. 50, 357. — Abs. 3 findet auch Im Falle des § 89 Abs.1 Anwendung. Sinnt. 8 § 89. — Ferner greift Abs. 3 Platz, wenn der Beklagte, nachdem der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, in Konkurs gerät und dann (nach Auf­ nahme des Rechtsstreits, § 240 ZPO., § 146 Abs. 3 KO.) gegenüber dem Konkurs­ verwalter über die Kostenpflicht entschieden wird, OLG. 23, 117. — Aber gegen ein nur über die Kosten ergangenes Versäumnisurteil ist allein Einspruch zulässig. Anm. 2. Gegen ein den Einspruch wegen der Kosten als unzulässig verwerfendes Urteil findet nur die Berufung, nicht die sofortige Beschwerde nach Abs. 3 statt. Anm. 2. Auch ist gegen ein Urteil, das ein Bersäumnisurteil als unzulässig (z. B. wegen Unterbrechung des Verfahrens) aufhebt und einer Partei die Kosten des Versäumnisurteils auferlegt, nur die Berufung zulässig, OLG. 33, 41, d. h. beim Vorhandensein der Berufungs­ summe (§ 511a). Ebenso ist nur Berufung zulässig, wenn der Anspruch wegen der Kosten zur Hauptsache geworden und darüber erkannt ist, W. 29, 20 (s. Vordem, vor § 91). Abs. 3 betrifft überhaupt nur Entscheidungen über die verfahrensrechtliche, nicht den Fall der Entscheidung über sachlich-rechtliche Kostenpflicht, IW. 30, 2990 (s. Vordem, vor § 91). ® Mündliche Verhandlung ist nicht erforderlich. Es genügt schriftliche Anhörung, IW. 01, 326». — § 539 findet entsprechende Anwendung, OLG. 27, 50. — über Erforder­ nis der Beschwerdesumme s. Anm. 8. Eine weitere Beschwerde über die vom Landgericht in der Beschwerdeinstanz über den Kostenpunkt erlassene Entscheidung an das Oberlandes­ gericht ist gemäß § 568 Abs. 3 nicht gegeben, und eine Beschwerde an das Reichs­ gericht ist gemäß § 567 Abs. 3 überhaupt nicht zulässig. — Eine Anschlietzung an die sofortige Beschwerde ist unzulässig, OLG. 27. 47 (str., s. Anm. 7 § 567). — Gebühren: des Gerichts (volle Gebühr) § 38 GKG., des Anwalts (3/10) § 41 Nr. 1 GebORA.

Mehrere Unterliegende.

100 (95). (1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen/ so hasten dieselben für die Kostenerstattung? nach Kopfteilen.3 (2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreite kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab ge­ nommen werdend (3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungs­ mittel geltend gemacht, so sind die übrigen Streitgenossen für die durch dasselbe veranlaßten Kosten nicht verhaftet? (4) 6 Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Abs. 3, als Ge­ samtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Abs. 3 bezeichneten Kosten erstreckt? bleiben unberührt. 1 Mehrere Unterliegende. — Das sind Streitgenoffen nach §§ 59 ff. oder zufolge Verbindung nach § 147, die sämtlich zu den Kosten verurteilt sind. Über Unterliegen nur einiger, Obsiegen anderer s. Anm. 3. 2 Haftung für die Kostenerstattung. — D. i. dem Gegner gegenüber. Über das

Verhältnis der Unterliegenden untereinander s. Anm. 3 a. E. Für die Gerichtskostenzahlung der Staatskasse gegenüber haften die mehreren Personen, aus denen die unter­ liegende Partei besteht, nach § 87 GKG. in Ermangelung einer gerichtlichen Ent­ scheidung über die Kostenverteilung als Gesamtschuldner. Eine Entscheidung über die Kostenverteilung liegt nicht vor bei Verurteilung der unterlegenen Streitgenoffen zur Kostentragung schlechthin. RG. 131, 339. Gesamthaftung tritt nach § 87 auch ein bei Verschiedenheit der für oder gegen die Streitgenoffen geltend gemachten Ansprüche, RG. 131, 339. 3 Haftung nach Kopsteilen. — Sie gilt auch dann: wenn es im Urteil nicht ausdrücklich ausgesprochen ist, IW. 86, 314»; wenn die Klagen mehrerer Personen der.

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§ 100»

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bunden find (§ 147), die Kläger dann unterliegen und im Urteil nichts anderes bestimmt ist, Gr. 41, H58. — Siegen alle Streitgenofien, so sind sie Gläubiger nach Kopfteilen, dagegen Gesamtgläubiger, wenn ihnen die Hauptsache als Gesamtgläubigern zugesprochen ist, Baumb. 6 (a. M. Jonas IV). Jedem Streilgenoffen sind seine Kosten zu erstatten. Unterliegen alle Streitgenoffen, ohne daß sie als Gesamtschuldner ver­ urteilt sind (Abs. 4), so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen. Die Kostenteilung im Festsetzungsbeschluffe ziffernmäßig zu bestimmen, ist nicht erforderlich, da sie mangels Angabe einer anderen Haftung nach Abs. 1 ohne weiteres stattfindet, IW. 25, 1019 (a. M. OLG. 31, 29). — Siegt nur einer der Streitgenoffen ob, während der andere unterliegt, so sind die Kosten korrekterweise nach Quoten zu verteilen, und zwar bei gleicher Beteiligung zweckmäßig dahin, daß der Kläger und der unterlegene Beklagte die Gerichtskosten je zur Hälfte und von den außer­ gerichtlichen Kosten der Kläger die des 2. Beklagten ganz und der 1. Beklagte 72 der dem Kläger erwachsenen zu tragen hat, Jonas IV, Baumb. 6. Nicht ist dahin zu entscheiden, daß die Kosten, soweit sie durch das Verfahren bezüglich des einen Streitgenoffen entstanden seien, von diesem, im übrigen von dem Gegner "zu tragen seien, noch dahin, daß die durch das Verfahren gegen den unterliegenden Streitgenoffeu entstandenen besonderen Kosten dieser zu tragen habe, RG. 41, 399, Gr. 52, 1022. Ist aber eine solche unsachgemäße Entscheidung ergangen und sind die Streitgenossen durch denselben Anwalt vertreten, so kann im Zweifel, also wenn aus dem Urteil etwas anderes mit Bestimmtheit nicht zu entnehmen ist, der obsiegende Streitgenoffe nur den auf ihn entfallenden Kopfteil der Gebühren des Anwalts vom Gegner erstattet verlangen, RG. 41, 399, IW. 00, 650« (a.M. IW. 22,499); jedoch haben bei wesentlicher Verschiedenheit der gegen die einzelnen Streitgenossen vorgenom­ menen Prozeßhandlungen die hinsichtlich des unterliegenden entstandenen Mehr­ kosten bei Festsetzung der Kosten des obsiegenden Streitgenoffen außer Betracht zu bleiben, IW. 00, 65o8. — Dies gilt auch, wenn die Streitgenoffen Eheleute sind, IW. 38, 3311, insbesondere für die Leistungsklage gegen die Frau und die damit verbundene Klage auf Duldung gegen den Mann, IW. 37, 247. — Nur in Ausnahme­ fällen übersteigt das Erstattungsrecht den Kopfteil, z. B. wenn der Anwalt für den Obsiegenden eine besondere Tätigkeit (wie kontradiktorische Verhandlung, Beweis­ aufnahme) entwickelt hat, IW. 97 , 342*; unter Umständen kann es die ganzen Kosten des Anwalts umfassen, z. B. wenn der andere Streitgenoffe unfähig ist, seinen Kopfteil an den Anwalt zu zahlen, IW. 98,122, 28, 2789, oder wenn der obsiegende die ganzen Anwaltskosten bezahlt h^t, wobei nicht zu prüfen ist, aus welchem Grunde dies geschah, IW. 37,1662, 38,1186. Gleiches gilt für die Erstattung der von dem obsiegenden Sireitgenoffen gezahlten Gerichtskosten, IW. 37,1662. Über die Ausgleichung im Falle vergleichSweifer Kostenübernahme durch einen Streitgenoffen vgl. OLG. 20, 309. Wenn die Klage gegen einen Streitgenossen abgewiesen, gegen den andern aber zugesprochen ist und die Kosten lediglich zwischen dem Kläger und dem verurteilten (beklagten) Streit­ genossen verteilt sind, ist anzunehmen, daß der nicht verurteilte Streitgenoffe keine Kosten zu tragen hat und seine außergerichtlichen Kosten ihm vom Kläger (ganz, nicht bloß zum Teil) zu erstatten sind, OLG. 17, 315. Ist von mehreren Streitgenoffen einer durch Vergleich mit dem Gegner aus dem Prozeß ausgeschieden, so ist das Prozeß­ gericht nicht in der Lage, in dem Urteil über die auf diesen Streitgenoffen entfallenden Kosten eine Entscheidung zu treffen, also auch nicht die Quoten zu bestimmen, mit denen die Streitgenoffen bis zum Ausscheiden des einen für die durch ihre gemeinschaftliche Prozeßführung entstandenen Kosten haftbar geworden sind, Gr. 43, 1221. Desgleichen nicht bei Zurücknahme der Klage gegen einen Streitgenossen, solange die Klage noch gegen den andern Streitgenoffen anhängig ist, IW. 28, 740. — über die Ersatzansprüche der Streitgenoffen untereinander ist im Urteil nichts zu be­ stimmen, auch findet deswegen eine Kostenfestsetzung nicht statt, IW. 95, 38319, sei denn, daß eine Ausgleichung unter den Streitgenofien bereits stattgefunden hat, IW. 38,1186. Sie bestimmen sich nach bürgerlichem Recht gemäß dem unter den Streitgenofien bestehenden Rechtsverhältnis (wie Bevollmächtigung, Geschäftsführung, Bereicherung). — Die Erstattungsansprüche einerseits des Klägers gegen den unter­ legenen Streitgenossen und andererseits des obsiegenden Streitgenofien gegen den Kläger dürfen nicht vermengt werden, sondern es müffen zwei getrennte Festsetzungen

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erfolgen, IW. 37, 1662. — Die Grundsätze der §§ 92, 100 sind auch anwendbar, wenn ein Streitgenosie obsiegt und mehrere Strti'genosfcn unterliegen. * Erhebliche Verschiedenheit der Beteiligung. Sie richtet flc6 nach dem Umfang der Be­ teiligung am Streitgegenstand und an der Prozeßführung, DRW. 39,325. Dgl OLG. 21,8b über Nachholung der Verteilung in der Berufungsinstanz gegen einen Mitkläger, der nicht Berufung eingelegt hat, und IW. 99, 702*’ über die Art der Verteilung der Kosten unter mehrere beklagte Vertreter, sowie IW. 27, 14W darüber, daß die Verteilung auf das Rechtsmittel eines einzelnen Streitgenosien nicht abgeändert werden kann. — Ausspruch nur im Urteil, IW. 96, «87«. — Die Frage, ob das Gericht von feinem Ermessen den rechten Gebrauch gemacht hat, kann in der Revisionsinstanz nicht nachgeprüft werden, W. 26, 47. » Besonderes Angriffs« oder BerteidigungSmittel. — Anm. 1, 2 § 96, Anm. 1 § 278. Zwingende Vorschrift. Über die betreffenden Kosten ist im Urteil gesondert zu entscheiden. — Beteiligt sich ein notwendiger Streitgenosie nickt an dem Rechts­ mittel des anderen Streitgenosien, so ist er nicht Rechtsmittelpartei. Die Kosten deS erfolglosen Rechtsmittels treffen nur den Streitgenosien, der es eingelegt hat, RGHRR. 38, 687. « Mehrere Beklagte als Gesamtkostenschuldner. — Nicht notwendig in der UrteilSformel, nicht notwendig mit diesen Worten, falls nur die Gründe gesamtsch. Haftung ergeben (z. B. als Mitbürgen, Mittäter), IW. 33, 1896. Durch die Vorschriften des Abs. 4 (Nov. v. 17./5. 98) soll, in Übereinstimmung mit der früheren Rechtsprechung des RG. (30, 341), klargestellt werden, daß, wenn mehrere Beklagte aus Grund einer Vorschrift des bürgerlichen Rechts zur Hauptsache als Gesamtschuldner (§ 421 BGB.) verurteilt (vgl. OLG. 16,165) sind, sie auch für die Kostenerstattung ohne weiteres als Gesamtschuldner haften, ausgenommen die Kosten, die ausschließlich durch daS Verhalten eines der Beklagten entstanden sind (Abs. 3), sofern nicht nach Vorschriften deS bürgerlichen Rechts sich die Haftung auch auf diese Kosten erstreckt, Mot 89, OLG 23,164. Dies gilt auch (und zwar hinsichtlich der Ausnahme wegen der besonderen Kosten ebenfalls), wenn der eine Beklagte durch Teilurteil, der andere Beklagte durch Schluß­ urteil (als Gesamtschuldner zur Hauptsache) verurteilt ist, IW. 15, 58. Ergibt sich auS dem bürgerlichen Recht eine gesamtschuldnerische Haftung, sei es für die Haupt­ schuld, sei es auch nur für die Kosten (z. B. wenn die Ehefrau zur Leistung, der Ehe­ mann zur Duldung der Zwangsvollstreckung in das eingebrachte Gut gemäß § 739 verurteilt wird), so ist schon im Urteil die gesamtschuldnerische Haftung für die Kosten nach § 308 auch ohne besonderen Antrag des Gegners) auSzusprrchen, OLG. 22,14. — Vgl. über die Kostenhaftung des auf Duldung mitbeklagten Ehemannes, wenn neben den Eheleuten noch andere verklagt sind, OLG. 29, 49. — Hat aber eine Trennung deS Verfahrens stattgefunden (z. B. wenn gegen einen Streitgenosien Dersäumntsurteil erlassen ist), so findet Abs. 4, ebenso wie auch Abs. 1, selbstverständlich nur auf die Kosten vor der Trennung Anwendung, OLG. 19, so. — Im Kostenfestsetzungsbeschluß wird zwar auch die Gesamthastung zweckmäßigerweise hervorzuheben sein, jedoch notwendig ist dies nicht, da der Beschluß nur eine Er­ gänzung deS Urteils ist (vgl. § 105), OLG. 19, 81 (a. M. IW. 33, 1897). 7 Dies ist z. B. bei der Bürgschaft (§ 767 Abs. 2 BGB.) der Fall. Ferner nach BGB. §§ 1387 Nr. 1,1388 (Ehemann), 1654 (Inhaber der elterlichen Gewalt).

Nebeninterventionskosten.

101 (96). (1) Die durch eine gicbcnmieroctttiott1 verursachten Kosten* find

dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit derselbe nach den Be­ stimmungen der §§ 91 bis 98 die Kosten deS Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.* (2) Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§ 69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.* 1 Durch eine Nebeninlerveution (§ 66). — Und durch eine Streitverkündung im Falle des Beitritts, §74 Abs. I. — Nicht ober gehören dazu Kosten eines Zwischenstreits einer oder beider Hauptparteien mit dem Nebenintervenienten über die Zulässigkeit

Zweiter Abschnitt. Parteien. Fünfter Titel. Prozeßkosten.

§ 101.

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-er Nebenintervention. Diese Kosten sind (ohne Rücksicht auf den Ausgang des Hauptstreits) nach § 91 dem in dem Zwischenstreit unterliegenden Beteiligten auf? zuerlegen, OLG. 23, 124, § 71 Anm. 4.

2 Verursachte Kosten.— Dem Nebenintervenienten, der einen anderen Anwalt bestellt hat alS die unterstützte Partei, sind deffen Kosten von dem erstattungspflichtigen Gegner ungekürzt zu ersetzen, RG. 13, 433.

3 Kostenpflicht deS unterlegenen Gegners der Hauptpartei, sonst deS Nebeninter­ venienten. — Nimmt der Klüger die Klage zurück (§ 271), so hat er ohne weiteres auch die Kosten des Nebenintervenienten deS Beklagten zu tragen, IW. 04, 492'», OLG. 35, 45. Nimmt der Kläger, dem der Nebenintervenient beigetreten ist, die Klage oder die Be­ rufung zurück, so trägt der Nebenintervenient die Kosten der Nebenintervention, auch wenn die Rücknahme auf einem außergerichtlichen Vergleich der Parteien beruht, HRR. 35,1543. Nimmt der Nebenintervenient die Nebenintervention zurück, so hat er entsprechend § 271 Abs 3 im Verhältnisse zur gegnerischen Partei, die durch die zurückgenommene Nebenintervention entstandenen Kosten sofort und ohne Rücksicht auf den Ausfall des Rechtsstreits zu ttagen, RG. 61,289, ohne daß es eines Antrags bedarf, IW. 37, 1996». — Auf das Verhältnis der Hauptparteien findet § 101 keine Anwendung und ebenso­ wenig aus daS des Nebenintervenienten zu der von ihm unterstützten Hauptpartei, IW. 89, 5001. Dgl. jedoch über die Person des Kostenpflichtigen im Verhältnis zwischen den letzteren im Falle des Unterliegens deS Nebenintervenienten mit einem Rechtsmittel § 67 Anm. 2. Bei Erfolglosigkeit des von der Hauptpartei und ihrem Streiigehilfen eingelegten Rechtsmittels hat erstere auch die Kosten des Rechtsmittels des letzteren zu tragen, während diesem nur die durch die Nebenintervention entstandenen besonderen Kosten zur Last fallen, IW. 30, 3627". Über die Ersatzansprüche des Nebenintervenienten und der unterstützten Partei gegeneinander ist im Urteil nicht zu entscheiden, RG. 56,113. Um dies klarzustellen, insbesondere, daß der Nebenintervenient an sich seine Kosten selbst zu ttagen hat und diese nur dann dem Gegner der Hauptpartei zur Last zu legen find, wenn und insoweit ihm die übrigen Kosten deS Rechtsstreits auferlegt werden, sowie um darauf hinzuweisen, daß in dem Urteil in jedem Fall auch über die Kosten der Nebenintervention Entscheidung zu treffen ist (vgl. RG. 15, 41s, IW. 89, 5oo*), ist durch die Nov. v 17./5. 98 die Vorschrift des Abs. 1 an die Stelle der früheren Vorschrift gesetzt worden KB. 40. Es genügt jedoch, wenn aus den Gründen -erhellt, daß die Kostenentscheidung in der Urteilsformel auch die Kosten der Nebensntervention umfaßt, IW. 01, 573«. Kann dies aber aus dem Urteil nicht ent­ nommen werden, so liegt hinsichtlich der Kosten der Nebenintervention kein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel vor, RG. 15, 419, IW 01, 573«. — Haben die Hauptparteien sich verglichen, ohne über die Kosten der Nebentntervention eine besondere Festsetzung zu treffen, so kann der Nebenintervenient eine Entscheidung über die Kosten der Nebenintervention verlangen, und zwar nicht auf Grund matetteller Sachuntersuchung, sondern lediglich nach Maßgabe des Vergleichs, RG. 56, 113, IW. 10, «211». Auch kann der Ncbenintervenient Urtetlsergänzung nach § 321 beantragen, wenn über die Kosten der Nebenintervention keine Entscheidung getroffen ist. Vgl. § 308 A. 4. Hat eine Partei die Gerichtskosten übernommen, während die außer­ gerichtlichen Kosten gegeneinander aufgehoben find, so hat nach §§ 98, 101 jene Partei die Kosten des dem Gegner beigetretenen Nebenintervenienten, soweit sie gerichtliche sind, ganz, soweit sie außergerichtliche sind, zur Hälfte zu ttagen, während die letzteren Kosten im übrigen dem Nebenintervenienten zur L.rst fallen, W. 38, 52. Trifft aber nach dem Vergleiche die Kostenlast die vom Nebeninter­ venienten unterstützte Partei, so sind die Kosten der Nebenintervention nach Abs. 1 Halbs. 2 vom Nebenintervenienten zu ttagen, IW. 34. 1188. Hat nach dem Inhalte des Vergleichs die unterstützte Partei die Kosten des Nebenintervenienten zu tragen, so kann dieser die Erstittung seiner Kosten nicht in dem durch Vergleich er­ ledigten Rechtsstreit, sondern nur mit einer besonderen Klage verlangen, IW. 23, «96. — Über Unzulässigkeit der Anfechtung der Kostenentscheidung allein seitens des

Nebenintervenienten, wenn auch eine Entscheidung in der Hauptsache ergangen ist, vgl. § 99 Anm. 8. — Über die Kosten eines vom Nebenintervenienten eingelegten RechtSMittelS f. § 67 Anm. 2. — Über den Streitwert der Nebenintervention f. §3 Anm. 3.

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4 In diesem Falle hinsichtlich sämtlicher Kosten der unterstützten Partei und des Nebenintervenienten, nicht bloß des letzteren. Vgl. hierüber § 69 Anm. 3.

Auferlegung von Kosten an Dritte.

103 (97). (1) Urkundsbeamte der Geschäftsstelle, gesetzliche Vertreter, Rechtsanwälte und andere Bevollmächtigte sowie Gerichtsvollzieher können durch das Prozeßgericht auch von Amts wegen zur Tragung derjenigen Kosten verurteilt werden, welche sie durch grobes Verschulden veranlaßt haben? (2) Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung erfolgen? Vor der Entscheidung ist der Beteiligte zu hören? (3) Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde* statt. 1 Von Nichtparteien gröblich verschuldete Kosten. — Sie können nur den be­ zeichneten, nickt auch anderen Personen (wie Richter, Zeugen, Sachverständige, Nebenintervenienten) auferlegt werden. — Urkundsbeamten aber nicht, wenn sie richter« liche Geschäfte (z.B. nach § 104 oder als Rechtspfleger) vornehmen, Jonas I 2, Baumb. 2. — Dem Rechtsanwalt kann es, auch wenn er einem Verlangen seines Auftraggebers entspricht, als Verschulden dem Gericht gegenüber angerechnet werden, wenn er eine Prozeßhandlung vornimmt, obwohl er davon überzeugt ist, daß sie nicht zum Ziele führen könne, IW. 27,11531«, 35,1702. Er wird auch dadurch nicht entschuldigt, daß er die Partei auf die Ausfichtslostgkeit aufmerksam gemacht hat, und kann sich nicht auf Parteiauftrag Be­ rufen, da es auf ein Verschulden der Partei gegenüber nicht ankommt. Einzelne Fälle in dieser Hinsicht: IW. 00, 646*, 893', 01, 354', 835", 02,392«, 04,118"», Gr. 45,1094, 46,1052, W. 09, 243 und unten. Wenn das Versehen nicht von dem Anwalt selbst begangen ist, sondern als persönliches Versehen seinem allgemeinen Stellvertreter (§ 29 RAO.) zur Last fällt, können ersterem die durch das Versehen verursachten Kosten nicht auferlegt werden, Jonas I 2, Baumb. 2 (a. M. HRR. 35, 282, IW. 00, 64U). — Über einzelne Fälle der Auferlegung von Kosten an einen Anwalt: zufolge Einlegung eines wegen Formmangels, Fristversäumnis, Fehlens der Beschwerdesumme oder aus anderen Gründen unzulässigen Rechtsmittels s. IW. 03,122', 04, ii8lv, 26,16691, 28,705«, W. 08,667, auch wenn der Anwalt der Partei von der Einlegung des Rechtsmittels abgeraten hat (er muß den Auftrag ablehnen), W. 27, 63; wegen Erhebung eines gänzlich unsub­ stantiierten Anspruchs, W. 08, 426 (dagegen OLG. 29, 50: nicht wegen Einklagung eines unbegründeten Anspruchs); wegen Nichtunterzeichnung einer Beschwerdeschrift, OLG. 21, 77; wegen Übersehens eines von den Parteien geschlossenen Vergleichs, OLG. 23, 126. Ist ein Schriftsatz innerhalb der Frist des § 132 Abs. 1 zugestellt, so sind, auch wenn wegen Kürze der Zeit und des Umfangs des Schriftsatzes eine Ver­ tagung behufs Gegenerklärung erfolgt, doch Kosten wegen Verschuldens nicht aufzuerlegen, IW. 95, 381“. 2 Entscheidung des Prozetzgerichts. — Auch des Einzelrichters im Rahmen des § 349, nicht des Urkundsbeamten, auch nicht als Rechtspflegers. — Durch Beschluß, der, wenn er ohne mündliche Verhandlung ergeht, dem Verurteilten von Amts wegen zu­ zustellen ist (§ 329 Abs. 3). Zuständig ist dasjenige Jnstanzgericht, bei dem der Rechts­ streit anhängig ist; auch noch nach Zustellung eines Urteils bis zur Einlegung eines Rechtsmittels, W. 08, 426. In der Zwangsvollstreckungsinstanz das Vollstreckungs­ gericht (§ 764). Vollstreckbarkeit des Beschlusses: § 794 Nr. 3. — Sonst nicht mehr nach Rechtskraft der Entscheidung über die Hauptsache; es fehlt dann an einem zu­ ständigen Prozeßgericht, Baumb. 3 (a. M HRR. 36, 1194). — Eine Verurteilung zur Tragung der Kosten nach § 102 ändert nichts an der Verpflichtung der unterliegen­ den Partei selbst, die Kosten nach §§91 ff. zu tragen. Die nach § 102 verurteilten Personen haften nur neben der Partei der Staatskasse und der Gegenpartei als Gesamt­ schuldner, W. 08, 426, IW. 28, 7052. Die Partei kann aber von dem nach § 102 Verurteilten Erstattung der betreffenden von ihr gezahlten Kosten verlangen, IW. 28,. 7052. — Gebühren: des Gerichts: § 1 GKG. (gebührenfrei, da keine Gebühr vorgesehen); des Anwalts (3/10) § 23 Nr. 9 GebORA., vgl. jedoch auch § 29 Nr. 6 GebORA. (durch Hauptgebüyren mitabgegolten). • Schriftlich oder mündlich.

Zweiter Abschnitt. Parteien. Fünfter Titel. Prozeßkosten.

88 102, 1V3.

207

< § 577. — Die Beschwerde unterliegt dem Anwaltszwange, Gr. 50, ioeo, W.36,i9L Jedoch gemäß § 569 Abs. 2 dann nicht, wenn zwar die Kosten, die auferlegt werden, durch eine Beschwerde an das Landgericht entstanden sind, aber der Rechtsstreit bei einem Amtsgericht anhängig war, IW. 01, 535*. — Unzulässigkeit der Beschwerde, wenn die Entscheidung von einem Oberlandesgericht erlassen ist: § 567 Abs. 3, auch wenn wesentliche Prozeßgrundsätze verletzt, RG. 144, 86. § 568 Abs. 3 (keine weitere Beschwerde gegen Entscheidungen der Landgerichte in betreff der Prozeßkosten) findet nicht Anwendung, da es sich nicht um Entscheidungen über die Prozeßkosten im Sinne dieser Vorschrift handelt, RG. (VZS.) 64, 377, W. 08, 426. Beschwerdesumme (§ 567 Abs. 2) nicht erforderlich, IW. 35,1040. — Über Nichtanwendbarkeit des § 99 s. dort Anm. 1. — Den Parteien steht bei Freisprechung des Beamten usw. ein Beschwerde­ recht nicht zu, IW. 97, 459< Festsetzung der erstattungSsähigen Kosten.

Voraussetzungen.

Gesuch.

103 (104) (98). (1) Der Anspruch auf Erstattung der Prozeßkosten kann nur auf Grund eines zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titels? geltend gemacht werden. (2) Das Gesuch um Festsetzung des zu erstattenden Betrags ist bei der Geschäftsstelle des Gerichts erster Instanz? anzubringen> Die Kosten­ berechnung,^ die zur Mitteilung an den Gegner bestimmte Abschrift der­ selben und die zur Rechtfertigung der einzelnen Ansätze dienenden Belege sind beizufügen.b

Arbeitsgerichtliches Verfahren: Der Betrag der Kosten ist, soweit er sofort ermittelt werden kann, im ersten Rechtszug im Urteil festzustellen; die Entscheidung ist endgültig, soweit nicht die ihr zugrunde liegende Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits abgeändert wird. § 61 Abs. 1 S. 1 ArbGG. 1 Anspruch auf Erstattung der Prozeßkosten. S. Vordem, vor § 91. — Der Anspruch entsteht schon mit der Rechtshängigkeit, er ist aufschiebend bedingt durch den Erlaß eines die Gegenpartei in die Kosten verurteilenden Urteils und verwandelt sich mit dem Erlaß eines solchen Urteils in einen auflösend bedingten, mit der Rechts­ kraft des Urteils in einen unbedingten Anspruch, RG. 145, 15 (a. M. RAG. 18,226). Fällig wird er nicht erst mit der Festsetzung, sondern schon mit der Bollstreckbarkeit des Urteils, IW. 01, 4235 sofern darin über die Kosten entschieden ist, RGJR. 29,1206. — Über den Kostenerstattungsanspruch des Miterben einer Partei, der allein das aus­ gesetzte Verfahren ausgenommen hat, vgl. § 91 Anm. 2 a. E. — Eine Aufrechnung mit dem Anspruch auf Erstattung von Kosten oder gegen den Kostenerstattungsan­ spruch im Rechtsstreite selbst, also vor Erlaffung des die Kostenpflicht erst regelnden Urteils, ist unwirksam, OLG. 29,188, HRR. 38, 31. — Das Kostenfestsetzungsverfahren entbehrt der selbständigen Natur und ist nur dazu bestimmt, das Urteil in betreff der Entscheidung über die Kosten zu ergänzen und zu vervollständigen, IW. 34, 495. Daher ist im Festsetzungsverfahren nur zu erörtern, ob die berechneten Kosten erwachsen sind, ob fie unter das Urteil fallen und ob sie als notwendig im Sinne des § 91 anzusehen sind, RG. 13, 360. Daraus folgt, daß z. B. eine Einrede des Vergleichs, der Aufrechnung, der Stundung, der Verjährung im Festsetzungsverfahren nicht geltend gemacht werden kann; steift vielmehr nur durch eine besondere Klage gemäß §§767, 794, 795 zur Geltung zu bringen, RG. 124, 2, IW. 37, 5i (wegen Einrede der Zahlung s. jedoch unten). Das gleiche gilt auch von dem Einwande der unter­ liegenden Ehefrau im Festsetzungsverfahren, daß der obsiegende Ehemann während Bestehens der Ehe die Kosten nicht von ihr erstattet verlangen dürfe, IW. 97, 207* (vgl. aber wegen der vom Manne vorgeschoffenen Kosten OLG. 17, 127, 128; und wegen Ausgleichung unter den Eheleuten, wenn in einem Scheidungsprozeß beide zu Kosten verurteilt sind, OLG. 20, 309). — Ebensowenig findet im Kostenfestsetzungsverfahren eine Nachprüfung der Zulässigkeit von Maßnahmen des Vollstreckungsgerichts, z. B. des durchgeführten Offenbarungseidverfahrens, statt, IW. 38,244. — Auch darf dabei die Kostenentscheidung, wenn sie unklar ist, wohl ausgelegt, aber nicht inhaltlich verändert

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A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

werden, IW. 36, 200. — Dagegen ist die Einrede, daß die Prozeßkosten oder eine bestimmte Art davon dem Gegner in der liquidierten Höhe bereit- erstattet worden seien (z. B. entrichtete Gerichtslosten durch Rückzahlung seitens der Gerichtskafse), zu­ lässig; sie kann auch mittel- Erinnerung (und Beschwerde) erhoben werden, selbst wenn die Tatsache der Erstattung erst nach dem Festsetzungsbeschluß eingetreten ist, OLG. 6, 389, 390 (f. dagegen jedoch RG. 62, 190). — Über die Geltendmachung von Einwen«

buiigtn, die schon vor dem grundlegenden Kostenurteil entstanden waren, vgl. § 797 Anm. 1. — Ist auf Grund eine- BerttageS der Beklagte zur Hauptsache und in die Kosten verurteilt, demnächst der Kläger vom Berttage zurückgetreten, so kann der Beklagte die Bollstreckungsgegenklage (§ 767j zwar gegen die Hauptsache auf Erklärung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung erheben, nicht aber auch gegen den erlassenen Kostenfestsetzungsbeschluß; dieser bleibt vielmehr bestehen, RG. 75, 201. — Über den Einfluß des Konkurses und des Zwang-vergleich- auf bte Kostenfestsetzung vgl. OLG. 25, 79. — Kosten der Zwangsvollstreckung sind, soweit sie nicht beigetrieben werden können (8 788), vom UrkundSbeamten de- Prozeßgerichts, nicht etwa des Vollstreckungs­ gerichts, festzusetzen. Nur wenn das Vollstreckungsgericht gleich dem Prozeßrichter einen besonderen Streit zu entscheiden hat (vgl. §§ 766, 769 Abs. 2, 899 ff.), ist der Urknndsbeamte des Vollstreckungsgerichts zur Festsetzung der Kosten der Entscheidung befugt. Vgl. hierüber § 788 Anm. 3, vgl. auch OLG. 23, 102 (Kosten der öffentlichen Bekanntmachung eines Urteils, betr. unlauteren Wettbewerb). — Kosten der Anordnung eines Arreste- oder einer einstweiligen Bersügung gehören nur dann zu den Kosten des Hauptprozesses, wenn auf Antrag über sie im Haupturteil ausdrücklich Entscheidung getroffen worden ist, IW. 99, 695«, auch Anm. 3 hier, § 922 Anm. 1. Es kann jedoch aus den Umständen geschloffen werden, daß das Gericht in seiner Kostenentscheidung auch über die Arrestkosten hat entscheiden wollen, IW. 27, 855. — Darüber, ob die Jnkassogebühr de- Anwalt- (§ 87 GebORA.) im Kostenfestsctzungsversahren berücksichtigt werden kann, vgl. §91 Anm. 2. — Kosten, die auf Grund vorläufig vollstreckbaren Urteil- festgesetzt und bezahlt worden sind, können nicht im Festsetzung-verfahren, sondern nur gemäß §717 Abs. 2, 3 zurückgefordert werden, IW. 36, 2413. Jedoch fällt der srühere Festsetzungsbeschluß mit dem Urteil, dessen Ergänzung er nur bildet, auch wenn er rechtskräftig geworden ist, IW. 90, 4i*. — Kostenerstattung ohne Festsetzung: §§ 692, 699, 788 (Zahlungsbefehl, Vollstreckungsbefehl, Kosten der Zwangsvollstreckung). — Über Festsetzung der Kosten eine- Schiedsgericht- vgl. § 1040, Anm 3 § 1042 Anm. 3. — Über Festsitzung der dem Armenanwalt au- der Staatskasse zu erstattenden Ge­

bühren s. § 115 Anm 6. 2 BollstreckungStitel. — Vergleich aus § 118a, HRR. 35, 283. Ferner §§704, 708 bis 710,713, 794 (auf Grund einer Uikunde nach 794 Abs. 1 Nr 5, IW. 27,407), 800, 801. Nicht erforderlich ist, daß der Titel in der Hauptsache zur Zwangsvollstreckung geeignet ist. Daher genügen z. B auch abweisende, rechtsgestaltende, Feftstellungsurteile. Vollstreckbare Ausfertigung ist nicht erforderlich, ausgenommen in den Fällen der §§ 727ff. (Rechtsnachfolge usw ). — Eine Teilkostenentscheidung vor Erledigung des gesamten Rechtsstreits ist in der Regel keine geeignete Grundlage für die Kosten« festsetzung, DRM 39, 389. — Ein Bovstreckung-befrhl ist ein geeigneter Titel für die Festsetzung der nach seinem El laß entstandenen ZwangsvollstrKosten l§ 794 Nr. 4), mcht für die früheren (vgl. §§ 692, 699). IW. 36, 2009. — Die Kostenfest­ setzung auf Grund eines nur vorläufig vollstreckbaren Urteils wird mit der Aufhebung oder Abänderung dieses Urteils gegenstandslos, IW. 36, 3074. Mit der einstw. Ein« stellung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil entfällt die Eignung des Titels für die Kosten ^eststzung, DRM. 39, 389. — Ist das Urteil nur gegen Sicherheits­ leistung vollstreckbar (§§ 710, 713), so ist auch nur ein gegen Sicherheitsleistung voll­ streckbarer Festsetzung-beschluß zu erlassen, IW. 90, 41». Die Höhe der Sicherheit hat dem Betrag der festgesetzten Kosten zu entsprechen, Jonas II 1. Gleiches gilt, wenn Vollstreckungsnachläß gewährt. — Durch einen Vergleich nach Erlaß eines vor« läufig vollstreckbaren Urteil- wird die Festsetzung nicht unzulässig. Der Erstattungs­ pflichtige muß den Vergleich gemäß § 767 gegenüber der Vollstreckung des Be­ schlusses geltend machen, OLG. 19, 81, s. Anm. 1. — Das (nach § 99 Abs 3 mit der sofortigen Beschwerde anfechtbare) reine Kostenurteil ist ein zur Vollstreckung ge­ eigneter Titel (§ 794 Nr. 3), auch wenn es nicht rechtskräfttg oder für vorläufig voll-

Zweiter Abschnitt. Parteien. Fünfter Titel. Prozeßkvsten. § 108.

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streckbar erklärt worden ist, OLG. 40, 359. — Dagegen nicht: ein Beschluß, durch den der vom Kläger unrichtig bezeichnete gesetzliche Vertreter des Beklagten (wegen Fehlens der Bertretungsbefugnis) zurückgewiesen und die durch seine Teilnahme am Rechtsstreite verursachten Kosten dem Kläger auferlegt worden sind, OLG. 40, wo; die Festsetzung der dem Armenanwalt von der Staatskasse zu ersetzenden Gebühren und Auslagen durch den Urkundsbeamten (§ 4 Ges. v.20 /12.28, Anm. 6 § 115), IW. 25,1899. — Für die Festsetzung der notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung (§ 788 Anm. 3) bildet das Urteil selbst den VollstreckungStitel, IW. 98, 658% auch Anm. 1. — Im Falle der Zurücknähme der Klage bedarf es eines Ausspruchs über die Kostenpflicht durch Urteil nach § 271 Abs. 3 Satz 2, IW. 30, 3030. Für den Anspruch auf Erstattung der Kosten der Vollziehung eines Arrestes (einer einstweiligen Verfügung) ist der Arrestbesehl (der einstweiligen Verfügung) der vollstreckbare Titel, auch wenn das Verfahren über den Arrest nicht von dem über die Hauptsache getrennt war und eine Kostenentscheidung in dem Arrestbesehl nicht gegeben ist, Gr. 44, 202, IW. 28, 2153. Dieser gesetzliche Titel ist völlig unabhängig von der durch den Ausspruch des Richters im Hauptverfahren für dieses geordneten Kostenpfiicht. Auch wenn dem Kläger im Hauptverfahren die Kosten auferlegt sind, kann er doch die Kosten der Vollziehung des Arrestes vom Gegner erstattet verlangen, IW. 99, 488«. Sie können aber auch auf Grund des Urteils im Hauptverfahren gleichzeitig mit den Kosten der Anordnung des Arrestes festgesetzt werden, wenn die Kostenentscheidung des Urteils diese Kosten milumfaßt (Anm. 1 hier), § 922 Anm. 1. Dagegen enthält der Arrestbefehl (die einstweilige Verfügung), wenn darin eine Kostenentscheidung nicht gegeben ist, nicht einen vollstreckbaren Titel für die Kosten der Anordnung deS Arrestes (der einstweiligen Verfügung), IW. 99, 483«. Wohl aber ist die in einem Arrestbefehl (einer einstweiligen Verfügung) enthaltene Kostenentscheidung (Anm. 1 § 922) ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel im Sinne deS § 103 auch hinsichtlich der Kosten der Anordnung des Arrestes (der einstweiligen Verfügung), IW. 24, . — Dgl. auch Anm. 1 § 124 a. E. (keine Vorschußleistung deS an fich zur Kostenvorauszahlung verpflichteten Gegners der armen Partei an deren Anwalt).

Entziehung des ArmenrechtS

Das Armenrecht kann zu jeder Zeit entzogen werdens wenn stch ergibt, daß eine Voraussetzung der BewMgung nicht vorhanden war oder nicht mehr vorhanden ist2 121 (112).

i Auf Gesuch deS Gegner-, des beigeordneten Armenanwalts oder von Amt- wegent Dem Anwalt steht aber die Beschwerde nicht zu, wenn das Gericht auf feine Dor. stellung die Entziehung des Armenrechts abgelehnt hat, RG. 20, 418, IW. 00, 129’. Ebensowenig dem Gegner, IW. 88, 164* Vgl. Anm. 2 § 127. — Rach Beendigung der Instanz, für die das Armenrecht erteilt war, ist die Entziehung unstatthaft: viel­ mehr kann dann lediglich von dem Gericht, das das Armenrecht erteilt hatte, ein Beschluß erwirtt werden, worin eine Verpflichtung zur Nachzahlung angeordnet wird (§§ 125, 126), IW. 27, 842», OLG. 40, 365. — Das Wort „kann" soll dem Gericht bei seiner pflichtgemäßen Prüfung einen weiteren Spielraum als bei der Bewilligung gewähren, Jonas I. s Die Entziehung darf aber nicht lediglich deshalb erfolgen, weil das Gericht auf Grund einer vorläufigen Würdigung der Beweisaufnahme die Behauptungen der armen Partei für nicht bewiesen oder widerlegt hält: vielmehr muß nun die Rechts­ verfolgung oder Rechtsverteidigung mutwillig erscheinen oder keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten, IW. 27, 401, Im Falle des § 119 Abs. 2 Satz 2 (Armenrecht für den Rechtsmittelbeklagten) kann das Armenrecht nicht entzogen werden, auch wenn die Sachlage stch inzwischen geändert hat und nunmehr das der armen Partei günstige Urteil der unteren Instanz nicht gerechtfertigt erscheint, RG. 65,285. Das Armenrecht ist auch nicht zu entziehen wegen Abttetung der Klageforderung an eine vermögende Person, OLG. 29, 62 (a. M. ebendort Anm. 1, und Jonas I), zumal bet Abtretung sicherungshalber, HRR. 35, 1688. — Die Entziehung des Armenrechts erfolgt durch Beschluß desjenigen Gericht-, bei dem der Prozeß zur Zeit der Entziehung anhängig ist. Erfolgt sie, weil die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nachträglich nicht mehr hinreichende Aussicht auf Erfolg biete, so wirkt sie nur für die Zukunft und hat nicht zur Folge, daß die arme Partei zur Nachzahlung derjenigen Beträge, von deren Berichtigung sie einstweilen befreit war, verpflichtet ist; jedoch ist ein Vorschuß für das weitere Verfahren zu zahlen, bei teilweiser Entziehung für den vom Armenrecht nicht mehr gedickten Teil der Anträge, IW. 33, 549 (str.); auch erwächst die Prozetzgebühr durch jede einzelne nach der Entziehung erfolgte Prozetzhandlung, IW 35, 1508. Erfolgt die Entziehung dagegen deswegen, weil stch während Schwebens des Prozesses ergeben hat, daß die Partei in Wahrhelt gar nicht arm war, oder, daß sie nachträglich vermögend geworden ist, so ist sie zur Nachzahlung verpflichtet, und zwar ohne daß es eines besonderen Beschlusses nach 4 125 bedarf, RG. 125,106 (str., a. M. IW. 28, 1520). Die Rückwirkung ist ausdrücklich auszusprechen. Erlöschen durch Tod.

122 (113). Das Armenrecht erlischt mit dem Tode der Person, welcher eS bewilligt ist1 1 Die Rechtsnachfolger find, wenn sie vermögend sind, zur Nachzahlung der Kosten verpflichtet, IW. 96, 203*», OLG. 29, 90. Bei Konkin- über den Nachlaß der armen

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A. II.

Zivilprozeßordnung.

Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

Partei kann Nachzahlung auS dem Nachlaß gefordert werden, IW. 30.1521. Bei ange­ ordneter Nachlaßverwaltung Prüfung, ob die Kosten aus dem Nachlaß aufgebracht werden können. Hierbei müssen die sonstigen Nachlaßverbindlichkeiten, selbst bet Überschuldung, außer Betracht bleiben, IW. 38, 2149. — Fortdauer der Vollmacht deS Armenanwalts: §§ 86, 87.

Gerichtskosteneinziehung vom Gegner.

123 (114). (1) Die Gerichtskosten, von deren Berichtigung die arme Partei einstweilen befreit ist, sönnen von dem in die Prozeßkosten verurteilten' Gegner nach Maßgabe der für die Beitreibung rückständiger Gerichtskosten geltenden

Vorschriften8 eingezogen werden. (2) Die Gerichtskosten, von deren Berichtigung der Gegner der armen Partei einstweilen befreit ist,8 find von demselben einzuziehen, soweit er in die Prozeßkosten verurteilt oder der Rechtsstreit ohne Urteil über die Kosten be­

endigt^ ist.

1 Rechtskräftig. Ist der vermögende Gegner der armen Partei zwar in die Prozeßkosten verurteilt, aber das Urteil noch nicht rechtskräftig, so findet weder Abs. 1 noch Abs 2 Halbs 1 Anwendung. RG. RO, 351. 2 S. §9 KostenDerf. v. 13./3. 37 (DI. 433). • § 120. < Z. B. durch Vergleich, IW 15, 603, auch wenn die arme Partei die Kosten deS Vergleichs übernommen hat, solange nicht gegen sie ein Beschluß nach § 125 ergangen ist, IW. 37, 578. — Auch wenn die Parteien den Prozeß dauernd liegen lasten; die Vorschrift hat gerade den Zweck, die Einforderung von dem vermögenden Gegner der armen Partei zu ermöglichen, wenn durch Kollusion der Parteien der Prozeß liegen bleibt, RG. 80, 352. Vgl. aber jetzt § 251 n. F. Beitreibung d. Anwalts- u. Gerichtsvollzieher-Gebühren vom Gegner.

z 124 (115). (1) Die für die arme Partei bestellten Gerichtsvollzieher und Rechtsanwälte find berechtigt, ihre Gebühren und Auslagen von dem in die Prozeßkosten verurteilten Gegner beizutreiben.' (2) Eine Einrede aus der Person der armen Partei ist nur insoweit zulässtg,

als

die Aufrechnung von Kosten verlangt wird, welche nach der in dem­

selben Rechtsstreit

über die Kosten erlassenen Entscheidung von der armen

Partei zu erstatten find 8 1 Gebühren- und Auslagen-eitreibung des Anwalts und des Gerichtsvollziehers nicht Auslagen der Partei, für die § 104 gilt, IW. 37,2799) vom Gegner. — Nach Maß­ gabe des § 91, also nur soweit die arme Partei selbst vom Gegner Erstattung fordern könnte, RG. 15, 393, IW. 98, 45*. Nicht erstattet z. B. werden Mehrkosten des Rechts­ anwalts, die dadurch entstehen, daß er seinen Wohnsitz nicht am Orte des Gerichts hat, an welchem er zugelassen ist, § 42 RAO. Hat der Armenanwalt mehrere Streitgenossen vertteten und siegen nur einzelne von ihnen ob, so kann der Anwalt nur den auf diese Streitgenossen entfallenden Anteil seiner Gebühren und Auslagen vom Gegner erstattet verlangen, IW. 38,1193 (a. M. HRR. 37,975). S. auch § 100 Anm. 3. War der Anwalt für die Partei schon vor ferner Beiordnung tätig, so kann er als eigenen Anspruch nur die seitdem entstandenen Gebühren- und Auslagenforderungen beitreiben (str). OLG. 29, 64 (s. aber OLG. 29, 65), s. auch Anm. 5aa» (Erstattung des Staates). — Das selbständige Vollstreckungsrecht (das einem gesetzlichen Pfandrecht an dem Erstattungsanspruche der obsiegenden armen Partei gleichzuerachten ist [flr)) des Anwalts und des Gerichts­ vollziehers setzt nicht die Rechtskraft des den Gegner zur Tragung der Prozeßkosten ver­ pflichtenden Urteils voraus, IW 21, 473. Wird aber demnächst das Urteil zugunsten des Gegners aufgehoben, so tritt gegen den Beitreibenden § 717 Abs 2, 3 (Rückleistung, Schadensersatz) ein. Vergleich mit Kostenübernahme steht einem rechtskräftigen Urteil gleich. — Der Gerichtsvollzieher darf Gebühren vom beigetriebenen Betrage nicht

Zweiter Abschnitt. Parteien. Siebenter Titel. Armenrecht.

§§ 123,124.

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abziehen, IW. 93,461, OLG. 1,197. Er erhält seine Auslagen eventuell aus der StaatSkaffe ersetzt. § 24 GebOGD. (Preußen: § 59 Nr. 5, 7 GerichtsvOrdn. v. 23 /3. 14 sJMBl. 289], dazu Berf. v. 31./7. 16 sJMBl. 219]). Wegen Erstattung der Gebühren und Auslagen des Armenanwalts aus der Staatskasse vgl. § 115 Anm. 6. — Bor Rechts­ kraft des Urteils kann zwar die arme Partei den Kostenerstaltungsanspruch des Anwalts durch Vergleich oder Klagezurücknahme wirksam beeinflussen; sie kann ihn aber nicht durch Verfügung, insbes. Abtretung ihres Kostenerstattungsanspruchs vereiteln, da dies gegen den Zweck des § 124 verstieße, IW. 36, laos, 2165. — Dem Anwalt steht auch (neben dem Recht der Partei selbst, Gr. 45,652, IW. 18,742, dieser mit Zustimmung des Anwalts, nach dem Tode des Anwalts nur mit Zustimmung der Erben, OLG. 35, 48, und nur solange eine Festsetzung für den Anwalt nicht erfolgt ist, IW. 32,3647, aber ohne zuvorige Zahlung der Kosten an den Anwalt, IW. 35, 3055), das Recht zu, in eigenem Namen die Festsetzung seiner Gebühren und Auslagen zu beantragen, Gr. 45, 652. Der Antrag muß eindeutig und ausdrücklich das Verlangen auf Kostenfestsetzung im eigenen Namen zum Ausdruck bringen, IW. 36, 56. Dabei muß sich der Anwalt die ihm aus der Reichs­ kasse erstatteten Beträge, soweit er sie nicht wegen irriger Berechnung zurückzuzahlen hat, voll anrechnen lassen, IW. 36, 3325. Betreibt bet Anwaltswechsel der später bestellte Armenanwalt die Kostenfestsetzung seiner Gebühren und Auslagen, so ist stets auch die Notwendigkeit des Anwaltswechsels (§ 91 Abs. 2 Satz 2) zu prüfen, IW. 35, 2587, 2588. Die Festsetzung der Kosten kann der Armenanwalt auch nach rechtskräftig erfolgter Fest­ setzung auf den Namen der Partei in eignem Namen betreiben, sofern die auf den Namen der Partei lautende vollstreckbare Ausfertigung des Festsetzungsbeschlusses zurückgegeben und auf die Rechte aus ihm verzichtet wird, vorausgesetzt, daß nicht inzwischen der gut­ gläubige Erstattungsschuldner gegenüber der armen Partei den Anspruch durch Zahlung, Aufrechnung oder dgl. getilgt hat, IW. 36, 3586, oder von dritter Seite (z. B. Pfändung durch einen Gläubiger der armen Partei) darüber verfügt worden ist, IW. 38, 3259. Betreibt der Anwalt das Festsetzungsverfahren in eignem Namen, so gilt er als Partei, so daß er z. B. Erinnerung (§ 104 Abs. 3) gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluß zu erheben berechtigt ist, RG. 9, 390, IW. 96, 57’, vgl. § 104 Anm. 9. Zustellungen haben nur an den Armenanwalt oder den von ihm Beauftragten und an die Gegenseite oder deren Prozeßbevollmächtigten zu erfolgen. Dies selbst dann, wenn auch die arme Partei durch ihren Anwalt 1. Instanz die Festsetzung betreibt, IW. 38, 54. Ferner kann der Armenanwalt den bereits für die Partei erlassenen Kostenfestsetzungsbeschluß, soweit dieser sich auf seine eigenen Gebühren und Auslagen bezieht, auf seinen Namen um­ schreiben lassen, IW. 96,1466 (a. M. OLG. 16, 297), und zwar nicht bloß bis zur Rechts­ kraft des Beschlusses, sondern auch noch nach Eintritt der Rechtskraft, OLG. 23, 135 (a. M. 11, 68) und trotz Pfändung des Erstattungsanspruchs durch einen Gläubiger der Partei, IW. 32,1588. Zu berücksichtigen ist aber, daß die Gegenpartei von der Zustellung des auf den Namen der Partei lautenden Festsetzungsbeschlusses an sie berechtigt ist, die Kostenerstattungsforderung zu tilgen, IW. 36, 56. Wird Tilgung eingewendet, so kann Umschreibung auf den Armenanwalt nicht erfolgen, weil der Urkundsbeamte die Tilgung prüfen müßte, wozu er nicht berufen ist, IW. 36, 56. Ferner kann Pfändung von dritter Seite die Umschreibung unzulässig machen, IW. 38, 3259. Auch sonst kann die Umschreibung nicht zweckdienlich und daher unzulässig sein, IW. 36, 56, 135, z. B. wenn sie zur Verwirrung und Unklarheit führen würde, IW. 38,3259. Hat aber der Anwalt aus sein Recht aus § 124 Abs. 1 verzichtet, so kann er weder Festsetzung der Kosten für sich noch die genannte Umschreibung verlangen, OLG. 23,135. — Ein solcher Verzicht ist jedoch nicht, wenigstens nicht allgemein, darin zu finden, daß der Anwalt die Festsetzung der Kosten für die arme Partei beantragt hat (str.), IW. 35, 797 (a. M. IW. 35,551). Der Streit über die Zulässigkeit der Umschreibung ist ein solcher im Kostenfestsetzungsverfahren, nicht darüber, ob Rechtsnachfolge eingetreten ist. Deshalb ist die Beschwerde eine solche nach § 104 Abs. 3, nicht nach § 732, IW. 36,56; daher auch das Erfordernis der Beschwerde­ summe gemäß § 567 Abs. 2, IW. 37, 247. — Eine Berichtigung des Kostenfestsetzungs­ beschlusses statt der Umschreibung ist nur zulässig, wenn der Beschluß versehentlich auf den Namen der Partei selbst ergangen ist, trotzdem der Armenanwalt ausdrücklich in eignem Namen einen Antrag aus § 124 gestellt hatte, IW. 37, 567. Rechtsbehelf: § 104, IW. 37,247. — Ist die Kostenforderung der armen Partei getilgt, so kann weder einem neuen Festsetzungsantrag des Anwalts in eignem Namen noch einem Antrag

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auf Berichtigung, daß die Festsetzung auf Grund des § 124 erfolgt sei, Folge gegeben werden, IW. 37, 567. — In keinem Falle braucht der Gegner der armen Partei deren Armenanwalt gegenüber die ihm sonst obliegende Vorschußleistung (insbesondere von seilen des Ehemanns bei Prozessen der Eheleute gegeneinander) zu bewirken; ein An­ trag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zwecks Anordnung einer solchen Borschuß­ leistung ist unbegründet, IW. 96, 20521. Beauftragt der Armenanwalt zum Zwecke der Beitreibung seiner Kosten auf Grund eines auf den Namen der armen Partei lautenden Kostenfestsetzungsbeschlusses den Gerichtsvollzieher, den Schuldner zur Herbeiführung der Leistung des Offenbarungseides zu verhaften, so braucht er den Verpflegungskoftenvorschuß (§ 911) nicht zu zahlen, IW. 20, 919, auch Anm. 2 § 115. — Das Beitreibungs­ recht umfaßt auch das Recht zur Geltendmachung des der armen Partei zustehenden Pfandrechts an einer Sicherheitsleistung, RG. 126,178. 2 Aufrechnungseinrede aus der Person der armen Partei. — Andere Einreden, als die im Abs. 2 bezeichnete (Aufrechnung ^richtiger Verrechnung z. B. im Falle des § 106, OLG. 13, 114] mit einem Kostenerstattungsanspruch des Gegners an die arme Partei), aus der Person der armen Partei sind unzulässig. So die Einrede der Zahlung an die arme Partei, der Aufrechnung mit einer Gegenforderung gegen die arme Partei. Insbesondere kann der Gegner auch nicht mit anderen Forderungen gegen die arme Partei gegenüber dem Kostenanspruch des Anwalts aufrechnen, IW. 96,146«, 04, 14517. Ein Verzicht der armen Partei auf ihren Erstattungsanspruch berührt das Recht des Anwalts aus § 124 nicht, OLG. 27, 56. Auch nicht die Festsetzung derselben Gebühren für einen von der armen Partei nach Beiordnung des Armenanwatts bestellten Wahl­ anwalt, IW. 30, 183. — Dagegen kann eingewendet werden, daß die arme Partei einen Teil der Kosten übernommen habe, und ein Streit darüber ist im Kostenfestsetzungs­ verfahren, nicht nach § 767, zu entscheiden, IW. 36, 3587. Ebenso kann geltend gemacht werden, daß die arme Partei den Anwalt (Gerichtsvollzieher) befriedigt habe. Ferner sind Einreden aus der Person des Gerichtsvollziehers oder Anwalts (z. B. Zahlung an sie) unbeschränkt zulässig. Die zulässigen Einreden sind gemäß §§ 767, 794, 795 gellend zu machen. § 103 Anm. 2. Nachzahlungspflicht.

125 (116). (1) Die zum Armenrechte zugelassene Partei ist zur Nach, zahlung der Beträge, von deren Berichtigung sie einstweilen befreit war,1 verpflichtet, sobald sie ohne Beeinträchtigung des für fie und ihre Familie notwendigen Unterhalts? dazu imstande ist? (2) Dasselbe gilt in betreff derjenigen Beträge, von deren Berichtigung der Gegner einstweilen befreit war/ soweit die arme Partei in die Prozeß­ kosten verurteilt ist? 1 Nachzahlung dieser Beträge (§ 115 Nr. 1, 3) an die Gerichtskasse, den beigeord­ neten Anwalt und den Gerichtsvollzieher. — Dazu gehören auch die nach Ges. v. 20./12.28 dem Armenanwalt des Kostenschuldners, nicht auch der Gegenpartei, IW. 38,1125, von der Reichskasse ersetzten Gebühren und Auslagen (§115 Anm. 6), OLG. 40, 449, IW. 28, 1521. 8 Betrifft nur die Nachzahlungspflicht der armen Partei, nicht das Zugriffsrecht der StaatSkaffe gegen den vermögenden Gegner, RG. 23, 866. 8 Imstande ist. — Set es, daß sich öte wirtschaftliche Lage der Partei gebeflert hat, sei es, daß sie schon bei Bewilligung des Armenrechts nicht arm war, IW. 36, 2168. Es ist zulässig, bei der Anordnung der Nachzahlung der gestundeten Beträge nach § 125 dem Kostenschuldner Teilzahlungen zu gestatten oder die Nachzahlung nur bezüglich bestimmter Posten (z. B. nur der Gerichtskosten, nicht auch der Anwalts­ gebühren, s. Anm. 1) anzuordnen, wenn er nach feiner Vermögenslage nicht imstande ist, die gestundeten Kosten auf einmal zu bezahlen, IW. 36, 739 (a. M. IW. 31,1830). < § 120. — Bezüglich der Erben s. § 122 Anm. 1. 6 Die Entscheidung (durch Beschluß, auch wenn mündliche Verhandlung [§ 126] stattfindet) steht nach Beendigung des Rechtsstreits dem Gericht erster Instanz zu, auch wenn eS das Armenrecht nicht bewilligt hatte, RG. 12, 417, W. 08, 90

Zweiter Abschnitt. Parteien. Siebenter Titel. Armenrecht. §§ 125—127.

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IW. 30,1521. Bor Nachzahlungsanordnung keine Inanspruchnahme des Kosten­ schuldners, IW. 36, 2813. Die Ablehnung der Nachzahlungsanordnung ist unanfecht­ bar: § 127 Anm. 1. Armen rechts verfahren.

126 (117). (1) Über das Gesuch um Bewilligung des Armenrechts,' über die Entziehung desselben? und über die Verpflichtung zur Nachzahlung der Beträge,? von deren Berichtigung die zum Armenrechte zugelassene Partei oder der Gegner einstweilen befreit ist, kann ohne vorgängige mündliche Ver­ handlung entschieden werdend (2) Dem Beschluß, durch den daSArmenrecht verweigert oder ent­ zogen wird, soll, sofern dies nicht nach Lage deS Falles entbehr­ lich oder unzweckmäßig erscheint, eine kurze Begründung beigefügt werden, auS der die für die Entscheidung maßgebenden rechtlichen oder tatsächlichen Gründe ersichtlich sind? 1 § 118. 2 § 121. » § 125. Wegen der Beschwerde über die ergehende Entscheidung in diesem Falle vgl. § 127 Anm. 5. * Entscheidung. — Durch Beschluß, auch wenn etwa mündliche Verhandlung angeordnet ist und stattgefunden hat. In diesem Falle Verkündung (§ 329 Abs. 1). Andernfalls formlose Mitteilung (§ 329 Abs. 3), IW. 38, 2043, und zwar bei Bewilli­ gung und Entziehung des Armenrechts an den Antragsteller und (wegen § 120) auch an den Gegner (sowie Bekanntgabe an die Beigeordneten; IW 00,436), bei Ablehnung des Armenrechts und bei Nachzahlungsbeschluß nur an die arme Partei. Förmliche Au­ fteilung an die arme Partei, wo mit Bekanntgabe die Fristen der 234 oder 519 Abs. 6, 554 Abs. 7 in Lauf ges'tzt werden, RG. 147, 156, RGHRR. 36, 697. — Keine Aussetzung der Beschlußfassung entsprechend §§ 148,149, HRR. 37, 836; da­ gegen kann das Ergebnis einer Beweisaufnahme abgewartet werden, HRR. 32, 1166, ebenso M Armenrecht für Beruf.(Rev.) Bekl.. ob Berufung (Revision) zulässig, IW. 32. 2917. — Ist der Rechtsstreit beim Reichsgericht anhängig, so ist dieses für die Nachzahlungsanordnung zuständig, IW. 37, 35». — Preußen: Verfügung über Mit­ teilung der Entscheidungen über Armenrechtsgesuche an den Gegner des GesuchstellerS vom 22./6. 29 (JMBl. 201). — Gebühren: des Gerichts nach § 1 GKG. gebührenfrei, da eine Gebühr nicht vorgesehen; des Anwalts (8/io) § 23 Nr. 6, vgl. jedoch auch § 29 Nr. 6 (durch Hauptgebühren mitabgegolten) und hinsichtlich evtl. ErÜattungsfähigkeit, IW. 92, 58«, Anm. 2 § 91. Aber Verpflichtung zur Erstattung der Auslagen des Ge­ richts (z. B. Sachverständigengebühren tz 72 GKG ), IW. 31, 2383. » Abs. 2 ist durch Ges. v. 27 /10. 33 (RGBl. I 780) angefügt worden. Die bisher übliche Begründung bei Ablehnung eines Armenrechtsgesuchs, daß die beabsichtigte RechtsVerfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete, genügt der neuen Vorschrift nicht. Es sind, wenn auch in gedrängter Kürze, die maßgebenden rechtlichen oder tatsächlichen Gründe ersichtlich zu machen. Auch dies kann unterbleiben, wenn es nach Lage des Falles entbehrlich oder unzweckmäßig erscheint. Rechtsmittel.

127 (118). Der Beschluß, durch den das Armenrecht bewilligt wird,^ ist unanfechtbar. Gegen den Beschluß, durch den das Armenrecht verweigert oder entzogen^ oder die Nachzahlung* von Kosten angeordnet wird, findet die Beschwerde^ statt; dieS gilt nicht, wenn daS Berufungsgericht den Beschluß erlassen hat? Eine weitere Beschwerde ist ausgeschlossen.* 1 Ober durch den die Entziehung des Armenrechts (§ 121) oder die Anordnung der Nachzahlung von Kosten (8125) abgelehnt wird, RG. 20,418, IW. 38,2234, HRR. 39,1049.

2 Zulässig ist auch nicht die weitere Beschwerde gegen die erst auf Beschwerde erfolgte Bewilligung deS Armenrechts, RG. 51, ue. — Auch der Gegner hat ein Beschwerderecht nicht; deSgl. nicht der beigeordnete Anwalt, IW. 00,129-, 37,2800; vgl. § 121 Anm. 1. Jedoch steht geg. die Verfügung, welche die Auswahl des Rechtsanwalts trifft (vgl. § 115 Anm. 9),

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sowohl der Partei, als auch dem ausgewählten Anwalt die Beschwerde zu, § 41 Abs. 3 RAO. Eine solche Beschwerde des Anwalts kann nicht darauf gestützt werden, daß der Beschwerdeführer außer der Reihe ausgewählt worden sei; die Aufstellung einer bestimmten Reihenfolge, nach der die Auswahl zu erfolgen pflegt, ist eine innere Angelegenheit deS Gerichts, auf ihre Innehaltung hat der Anwalt keinen Anspmch, OLG- 40, «62. Dagegen kann z. B. arglistiges oder unanständiges Verhalten der Partei gegen den Anwalt besten Antrag auf Aufhebung seiner Bestellung rechtfertigen, OLG. 23, 133/4. Aber nicht allein der Umstand, daß der vor seiner Beiordnung als Armenanwalt von der Partei bestellte Anwalt den Auftrag wegen Nichtzahlung des GebührensorschuffeS gekündigt hatte, OLG. 25, 83 (a. M. OLG. 35, 48: wenn die Partei, als der Anwalt, der sie schon vor der Bestellung zum Armenanwalt vertrat, Vorschuß verlangte, ohne Rücksprache mit ihm daS Armenrecht nachsuchte). — Kein Beschwerderecht des Anwalts, besten Antrag, ihn beizuordnen, abgelehnt wurde, HNR. 38, 331. Dagegen Beschwerde des beigeordneten Anwalts gemäß § 41 Abs. 3 RAO. wegen unzuläistger Einschränkung seiner Rechte durch den Vorsitzenden sa. M. IW. 37,3319). — Erteilt die arme Partei dem ihr im Anwaltsprozeß beigeordneten Anwalt nicht (wie erforderlich ist, Anm. 2 § 80) Vollmacht oder widerruft ste diese aus Gründen, die von dem Prozeßgericht und im Falle der Anrufung des Beschwerdegerichts (§ 41 Abs. 3 RAO.) auch von diesem nicht für gerechtfertigt erachtet werden, so setzt ste stch der Gefahr aus, als säumig behandelt zu werden, RG. 87, 899. Einen Anspruch auf Zuordnung eines anderen Armen­ anwalts hat ste nicht, RG. 87, 299, IW. 04, 368". Wenn aber der ihr bestellte Anwalt, rechtlich oder tatsächlich nicht mehr in der Lage ist, ste zu vertreten, entsteht für ste der Anspruch auf Zuordnung eines anderen Anwalts als natürliche Folge der fortwtrkenden Armenrechtsbewtlltgung immer wieder von neuem. Solange das Gericht, nachdem ihm das Vertretungshindernis bekannt geworden ist, den Anspruch nicht befriedigt har, ist eine prozessuale SäumniS der Partei und daher ein Versäumnis­ urteil gegen ste auSgeschlosten, mag sie auch einen besonderen neuen Beiordnungs­ antrag nicht gestellt haben, RG. 87, 298. • Verweigerung oder Entziehung (§ 121) deS Armenrechts. — Auch die Entziehung einer einzelnen m dem bewilligten Armenrechi liegenden Befugnis (z. B. die Ablehnung eines angeblich nach tz 115 Nr. 1 zu gewährenden Vorschusses, vgl. § 115 Anm. 2) berechtigt zu der Beschwerde, RG. 63, 409. — Wird einer Ehefrau daS Armenrecht entzogen, weil der Ehemann imstande sei, ihr einen Kostenvorschub zu gewähren (§ 114 Anm 3), so steht dem Ehemanne das Beschwerderecht gegen den Beschluß nicht zu, und zwar auch dann nicht, wenn er Gegenpartei (z B im Ehescheidungsprozeß) ist, OLG. 39, 63. — Über Beschwerde gegen Enthebung deS beigeordneten Anwalts von seinem Amte und gegen Weigerung der Beiordnung eines neuen Anwalts vgl. § 115 Anm. 9. Nach der auf Ges. v 27./10. 33 (RGBl. I 780) beruhenden Fassung ist, wie schon nach DO. v. 1./12 30 (RGBl J 517) 9. Teil § 5, die Beschwerde ausgeschiosten, wenn das Berufungsgericht den Beschluß erlassen hat.

< § 125 (z. B. bei nachträglichem Vermögenserwerb). 6 Beschwerde: tz 567. — Kein Anwaltszwang. Schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle, tz 569 Abs. 2. — Vollstreckbarkeit: § 794 Nr. 3. — Werden von dem Gegner der armen Partei Kosten erfordert, von denen er gemäß §§ 120, 115 Nr. 1 einstweilen befreit ist, so steht ihm die Beschwerde nach Maßgabe deS $ 127 zu, RG 55, 268. — Satz 2 Halbs. 2 ist entsprechend anzuwenden auf eine Beschwerde gegen eine Entscheidung des Landsgerichts über ein für die Besckwerdeinstonz im Sostenfestsetzungsverfahren nachgesuchies Armenrecht; auch sie ist unzulässig, IW. 36,3073. Die Beschwerde wird nickt gegenstandslos, wenn vor Entscheidung darüber Instanz­ urteil ergeht; sie kann auch danach noch zulässig erhoben werden, IW. 35, 1706 (a. M. HRR 34, 1254). 6 Weitere Beschwerde ist seit VO. v. 6./10. 31 (RGBl. 1 537) 6. Teil Kap. I § 11 Abs. 5 ausgeschlossen. Das Landgericht, das das Armenrecht für eine bet ihm zu erhebende Restituttonsklage versagt, entscheidet nach § 591 alS BerufGertcht, wenn es das anzufechtende Urteil als BerufGericht erlaffen hat, HRR. 36, 43«o.

Dritter Abschnitt. Verfahren. Erster Titel. Mündliche Verhandlung.

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Dritter KöschnUt. verfahren. Erster Titel. Mündliche Kerhandlung. Vorbemerkungen.

1 Öffentlichkeit: §§ 169—175 GDG. — Gerichtssprache: §§ 184 btS 191 GBG.— Beratung und Abstimmung: §§ 192—197 GDG. • BerhandlungSgrundsatz. — Gemäß dem das Verfahren nach der ZPO. grundsätzlich beherrschenden BerhandlungSgrundsatz dürfen vom erkennenden Richter nur diejenigen RechtSbehelfe berücksichtigt werden, die von den Parteien geltend gemacht worden sind; nicht andere, auch wenn sie sich aus den vorgebrachten Tatsachen, aus Betakten, vorgelegten Urkunden oder erhobenen Be­ weisen ohne weiteres ergeben (z. B. nicht zu berücksichtigen: eine nicht eingewendete Schenkungsabsicht, auch wenn für sie nach der Sachlage die Vermutung spricht; die nicht geltend gemachte Unwirksamkeit eines Vertrages wegen Unbestimmtheit oder wegen des Fehlens der vereinbarten Schriftform; ein von dem Gegner nicht behauptetes Verschulden einer Partei; eine nicht behauptete nachträgliche Abänderung eines Ver­ trages ; eine nicht behauptete Bestätigung eines nichtigen Vertrages; ein nicht geltend gemachtes Zurückbehaltungsrecht, auch wenn eine Aufrechnungseinrede vorgeschützt worden Ist), RG 41, 293, FW 11, 941«; vgl. auch § 308 Anm. 1 (unzulässige Zu­ erkennung von nicht Geltendgemachtem». Ferner kann nur der von den Parteien in der betreffenden Instanz vorgebrachte tatsächliche Streitstoff die Grundlage der Entscheidung bilden; das Gett vt darf nlcht sein etwaiges Privatwissen wie überhaupt keine Tatsachen be­ rücksichtigen. die nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, RG 103, 96; auch Tatsachen, die in 1. Instanz vorgetragen worden sind (z. B. solche, aus denen sich die Richtigkeit eines Vertrages wegen Verstoßes gegen die guten Sitten ergibt), dürfen in 2. Instanz nicht herangezogen werden, wenn die Parteien nun übereinstimmend erklären, daß diese Tatsachen nicht vorgebracht würden, W. 11, 286, IW. 13, 885«, und auch nicht eine erstinstanzliche, vom Gegner bestrittene Behauptung, die in 2. Instanz von der behauptenden Partei zurückgezogen worden ist, W. 14, 234 (vgl. dagegen über Verwertung früherer Behauptungen einer Partei allein zu ihren Ungunsten § 2S8 Anm. 6); es sei denn, daß es sich um eine allgemein bekannte Tatsache der Lebenserfahrung handelt, deren Kenntnis auf fetten deS Gerichts die Parteien vor­ aussetzen können und müssen und deren Darlegung durch sie deshalb nicht erst notwendig ist, Gr. 64,121. Der Eindruck, den ein Zeuge auf den Einzelrichter gemacht hat. darf nicht berücksichitgt werden, wenn das Vernehmungsprotokoll keinen Vermerk darüber enthält, RG. 29 /5. 33 IV 81 33. Anderseits hat daS Gericht alles zu berücksichttgen, was mündltch vorgetragen werden ist, auch wenn es vorher nicht in vorberettenden Schriftsätzen angekündigt worden ist. IW. 22, 2839. Gehen beide Parteien davon aus, daß ein Vertrag gemäß tz 138 Abs. 1 BGB. wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig sei, so hat auch dem Gericht die Richttgkeit deS Vertrages als Grundlage für die Entscheidung zu dienen, selbst wenn Bedenken gegen die Richtigkeit bestehen, IW. 12 ,285«. Auch hinsichtlich der Verwendung offenkundiger Tatsachen ist das Gericht an das tatsächliche Vorbringen der Parteien gebunden. Anm. 2 § 291. Weiter dürfen Beiakten und sonstige vor­ gelegte Urkunden nur so weit berücksichtigt werden, als ihr Inhalt von den Parteien vorgetragen worden ist, RG. 8, 825, ID. 12, 398«. (Dgl. jedoch § 137 Abs. 3 Satz 1 (Bezugnahme auf Schriftstücke zulässig!) — Dagegen ist das Gericht an die rechtlichen Ausführungen der Partei nicht gebunden, vielmehr hat es zu prüfen, ob die angeführten Tatsachen den gestellten Antrag auS irgendeinem rechtlichen Ge­ sichtspunkt rechtfertigen, ohne daß eine Verpflichtung besteht, die Parteien auf die Möglichkeit eines anderen rechtlichen Gestchtspunttes aufmerksam zu machen, IW. 01, 838«. Daher ist z. B., wenn die vom Kläger seinem Ansprüche gegebene rechtliche Begründung unzutreffend ist, aber aus einem anderen rechtlichen Gesichtspunkte sich die Rechtferttgung des Klaganspruchs ergibt, dieser Gesichtspunkt bei der Entscheidung vom Gerichte zu berücksichttgen, RG. 84, 253, IW. 28, i489i, z. B. der GestchtSpuntt

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Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

der unerlaubten Handlung bei einem nur auf das KrastfGes. gestützten Anspruch, IW. 37, 2361". Rechtlich geprüft dürfen aber nur die Tatsachen werden, auf die sich der Kläger zur Begründung seines Antrags bemft. An deren Stelle darf das Gericht nicht andere irgendwie in der Verhandlung aufgetauchte Tatsachen setzen, RG. 151,97. Ferner ist das Gericht in der tatsächlichen Würdigung de- von den Parteien Borgedrachten und der Beweismittel gemäß 8 286 frei; es darf daher auch aus dem vorgebrachten Tatsachenstoffe und den vorgetragenen Beweisergebniffen Schlüffe ziehen, die keine der Parteien gezogen hat, RG. 103 96, W. 21 5i; auch im Urkundenprozeß, RG. 95,72 (eS fei denn, daß unter den Parteien Einverständnis darüber herrscht, daß die Tat­ sache nicht wahr ist, die das Gericht auf Grund der Beweisaufnahme als erwiesen anzu­ sehen geneigt wäre, W. 21, 51). Das Gericht ist daher auch namentlich nicht gehindert, sondern vielmehr verpflichtet, zu prüfen, ob ein Vertrag nichtig ist, etwa weil er gegen die guten Sitten (§ 138 Abs. 1 BGB.) oder gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB.) verstößt, und es hat im Falle der Bejahung der Nichtigkeit der auf den Vertrag gestützten Klage den Rechtsschutz zu versagen, Gr. 70, 646. — Was insbesondere die Verteidigung der mit einem Leisiungsanspruch verfolgten Partei betrifft, so ist zwischen Einrede und Einwand zu unterscheiden. Eine wirkliche Einrede, wie z. B. die Berufung auf Verjährung, ist nur zu berückflchtigen, wenn der RechtSbehelf als solcher von der Partei wirklich geltend gemacht worden ist. Ein rechtsvernichtender Einwand aber, tote z. B. der der Zahlung, des Wegfalls der Bereicherung (§818 Abs. 3 BGB.), ist auch zu berücksichtigen, wenn er sich nur überhaupt aus den Vorträgen der Parteien ergibt, RG. 83, ieo. — Ausgeschlossen ist dieser Derhandlungsgrundsatz, wo erhebliche öffentliche Jntereffen Berücksichtigung erheischen, z. B hinsichtlich der meisten Prozetzvoraussetzungen (wie Partei-, Prozehfähigkeit, Legitimation der Vertretung, Zulässtgkert deS Rechtswegs), Zulässigkeit der Rechtsmittel. Hier ftndet Prüfung von Amts wegen statt (vgl. z. B. §§ 56, 519b, 554a). Ferner gilt, ebenfalls wegen Wahrnehmung öffentlicher Interessen, in gewiffem Umfang der zum Verhandlungs­ grundsatz in Gegensatz stehende Lffizialgrundfatz in den besonderen Verfahrens arten betr. Ehesachen (§§ 606 ff ), Kindschaftssachen (§§ 640 ff ), Entmündigungssachen (§§ 645 ff.), Aufgebot (§§ 946ff). 3 Prozeßhandlung ist im allgemeinen jede Handlung (Willensvetätigung), sowohl der Parteien als des Gerichts, die zur Begründung, Führung und Erledigung deS Rechtsstreits dient und vom Prozeßgesetz in ihren Voraussetzungen und Wirkungen geregelt ist. Daß mit ihr eigentliche „prozeßgestaltende" Akte betätigt werden, ist nicht erforderlich (z. B. auch ein Gesuch um Bewilligung des Armenrechts im Hin­ blick auf die Unterbrechung der Verjährung nach § 211 Abs. 2 BGB), RG. 77, 329. Vgl. jedoch § 54 Anm. 1, § 81 Anm. 3 (Ermächtigung, Vollmacht zu Prozeß­ handlungen). — Auf prozessuale Willenserklärungen (z. B. Rechtsmittelzurücknahme, Zuständtgkeitsvereinbarung) finden die Bestimmungen des BGB., insbesondere über Anfechtung privatrechtlicher Willenserklärungen wegen eines WillenSmangelS (z. B. Irrtums), keine Anwendung, RG. 120,246, IW. 32, 2868". Daher ist z. B. der Kläger, der den unrichtig bezifferten Klagantrag ermäßigen will, insoweit auf den Behelf der Klagerücknahme (§ 271) angewiesen, gleichviel, ob der Grund hierfür geänderte Sach­ lage oder befferes Besinnen oder auch Erkenntnis eines Irrtums ist, OLG. 41, 239. Indessen ist eS im allgemeinen zulässig, eine offenbare, auf einem Verschreiben oder einem ähnlichen Versehen beruhende Unrichtigkeit in der Erklärung nachträglich richtigzustellen, RG. 105, »ii, 856. Jedoch gilt dies für sog. empsangSbedürftige Willenserklärungen (z. B. Zurücknahme eines Rechtsmittels), infolge deren mit der Zustellung an den Gegner ohne weiteres kraft Gesetzes eine prozeffuale Rechtswirkung (z. B. Verlust deS Rechtsmittels) eintrttt, nur dann, wenn dem Empfänger der Erklärung die hierbei untergelaufene Unrichtigkeit irgendwie erkenn­ bar ist, RG. 105, 812, 366. — Soll der Widerruf eines Prozeßvergleichs, etwa durch Anzeige zu den Akten erfolgen, so ist er nicht nur eine bürgerltck-rechtliche Erklärung, sondern zugleich eine Prozeßhandlung. Seine Form und Wirksamkeit bestimmen sich dann nicht nach bürgerlichem Reckt (§§ 349, 130 BGB ), son­ dern nack verfahrensreckilichen Grundsätzen, RG. 25./11. 32, III 163 32. — Die zur Einleitung des Verfahrens in den Fällen der fakultativen mündlichen Verhandlung (s. ß 128 Anm. 3) erforderlichen Gesuche (z. B. Gesuch um BewetSflcherung, Beschwerde.

Dritter Abschnitt. Verfahren. Erster Titel. Mündliche Verhandlung. § 128.

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Arrestgesuch) müssen, da sie nicht vorbereitender Natur find und stch unmittelbar an daS Gericht richten, die eigenhändige Unterschrift des Antragstellers oder Anwalts tragen (so daß ste z. B. in einem nur in Abschrift dem Gericht eingereichten vor­ bereitenden Schriftsatz nicht gestellt werden können), RG. 66, 368, IW. 11, 286«, vgl. § 486 Anm. 1, § 569 Anm. 2.

4 Patentstreitsachen. Für solche (Begriff: § 51 PatG.) ist eine Beteiligung eines Vertreters des Reichspatentamts an den Verhandlungen vorgesehen. § 52 PatG. v. 5./5. 36 bestimmt: „(1) In Patentstreitsachen haben die Gerichte dem Präsidenten des Reichspatent­ amts Abschriften von allen Schriftsätzen, Protokollen, Verfügungen und Ent­ scheidungen zu übersenden. Die Parteien haben dem Gericht die erforderlichen Abschriften ihrer Schriftsätze einzureichen. (2) Der Präsident kann aus Mitgliedern und Hilfsmitgliedern des Reichspatent­ amts, die besondere Sachkunde auf dem vom Rechtsstreit betroffenen engerem Ge­ biet der Technik besitzen, einen Vertreter bestellen, der befugt ist, dem Gericht schriftliche Erklärungen abzugeben, den Terminen beizuwohnen, in ihnen Aus­ führungen zu machen, und Fragen an Parteien, Zeugen und Sachverständige zu richten. Schriftliche Erklärungen sind den Parteien durch das Gericht mitzuteilen. (3) Das Gericht kann auf Antrag oder von Amts wegen den Präsidenten des Reichspatentamts ersuchen, einen Vertreter mit den im Abe. 2 bezeichneten Eigen­ schaften in die mündliche Verhandlung zu entsenden, wenn es annimmt, daß der Vertreter durch nähere Mitteilungen über den Gang des Erteilungsverfahrens zur besseren Beurteilung des technischen Sachverhalts oder zu seiner richtigen recht­ lichen Würdigung beitragen kann. In dem Ersuchen sind die Punkte anzugeben, die dem Gericht aufklärungsbedürftig erscheinen. Ist der Präsident der Auf­ fassung, daß keine der als Vertreter in Betracht kommenden Personen in der Lage ist, Mitteilungen über den Gang des Erteilungsverfahrens aus eigener Wissenschaft zu machen, so kann er, statt einen Vertreter zu entsenden, zu dem Ersuchen schriftlich Stellung nehmen. (4) Das Gericht kann den vom Präsidenten des Reichspatentamts bestimmten Vertreter zur Beratung zuziehen. (5) Der Reichsminister der Justiz wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Stellvertreter des Führers für den Beweis durch Sachverständige besondere An­ ordnungen zu treffen.“ 5 AB. v. 11/11. 1935 (DJ. 1654) über Beschleunigung und Unmittelbarkeit des Rechtsgangs. Abgedruckt Einl. III. Mündlichkeitsprinzip. 128 (119). iDie Verhandlung der Parteien über den Rechtsstreit vor

dem erkennenden Gerichte* ist eine mündliche? 1 Uber den nach der ZPO. grundsätzlich herrschenden Berhandlungsgrundsah und den nur in Ausnahmefällen geltenden Osfizialgrundsatz vgl. Vordem. 2; über Prozeß­ handlungen und prozessuale Willenserklärungen vgl. Vordem. 3. 8 Verhandlung der Parteien vor dem erkennenden Gericht. — Verhandlung im allgemeinen liegt vor, wenn eine Partei in einem Termin eine den Rechtsstreit betreffende Erklärung abgibt. Kontradiktorisch ist die Verhandlung, wenn die beiden Parteien (im Anwaltsprozeß ihre Anwälte, im Parteiprozetz [§§ 459 ff.] sie selbst oder ihre Vertreter) einander widersprechende sachliche oder prozessuale Anträge stellen. Verhandlung zur Hauptsache, welcher die ZPO. in einer Reihe von Fällen (§§39, 271, 274, 345, 504, 506, 528) gewisse ausschließende Wirkungen beilegt, ist eine die Streitsache selbst im Gegensatz zu prozessualen Fragen betreffende Verhandlung (s. Anm. 1 § 274). — Für die Urteilsfindung des erkennenden Gerichts (auch des Einzelrichters [§ 349 Abs. 3]) ist die dem Urteil unmittelbar vorausgegangene mündliche Verhandlung maßgebend, RG. 14, 344. In ihr muß, auch wenn mehrere mündliche Verhandlungen vorher stattgefunden haben und die Gerichtsbesetzung un­ verändert ist, der gesamte Streitstoff vorgetragen werden, soweit er nicht durch Zwi­ schen- oder Teilurteile für die Instanz erledigt ist. Jedoch ist bei gleicher Gerichtsbe­ setzung Bezugnahme der Parteien auf ihr Vorbringen in früherer mündlicher Ver­ handlung statthaft, wenn es dem Gericht noch erinnerlich ist. § 137 Anm. 2. 3 Mündlichkeitsgrundsatz. — Der Berhandlungsgrundsatz (Anm. 1), der Mündlichkeitsgrundsatz und der Grundsatz der Unmittelbarkeit des Verfahrens (Anm. 2), die in engem Zusammenhang miteinander stehen, sind die großen Grundsätze, von denen die ZPO. beherrscht wird. Jedoch ist im § 128 der Mündlichkeitsgrundsatz nur

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A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

ausgestellt für die Verhandlung der Parteien untereinander, die den Rechts­ streit betrifft und vor dem erkennenden Gericht stattfindet. Zwischenstreitigkeiten einer Partei oder beider Parteien mit dritten Personen, Prozeßakte vor dem Vor­ sitzenden, einem beauftragten oder ersuchten Richter, Prozeßhandlungen zur Herbei­ führung von Entscheidungen und Anordnungen, die das Gericht nicht als über den Rechtsstreit erkennendes Gericht zu treffen hat, wie z. B. solche, die sich auf die Fort­ führung des Verfahrens, die Prozeßleitung beziehen, fallen grundsätzlich nicht darunter. Jedoch ist ausnahmsweise in einzelnen Fällen, welche Zwischenstreitigkeiten mit Dritten betreffen oder in denen es sich doch nicht um die Entscheidung des Rechts­ streits handelt, die mündliche Verhandlung ebenfalls für obligatorisch er­ klärt, nämlich in ersterer Hinsicht bezüglich Zulassung eines Nebenintervenienten (§ 71), Urkundenrückgabe seitens eines Anwalts (§ 135), Verweigerung des Zeugnisses oderGutachtens (§§ 37 8ff., 402), und in letzterer Hinsicht in den Fällen der §§ 320 (Berichtigung des Tatbestandes), 321 (Ergänzung des Urteils), 710—714, 716 (vorläufige Boll­ streckbarkeit des Urteils gegen oder ohne Sicherheitsleistung), 924, 925, 927, 936 (Widerspruch gegen einen Arrest oder eine einstweilige Verfügung, deren Auf­ hebung), RG. 40, 374, IW. 97, 233n. Auch im Falle des § 148 (Aussetzung der Ver­ handlung bis zur Erledigung eines anderen Rechtsstreits) ist mündliche Verhandlung notwendig, RG. 40, 373 (dagegen soll dies nach RG. 29, 383 nicht für den FaN der Aussetzung gemäß g 149 sbis zur Erledigung eines Strafverfahrens) gelten; vgl. hierüber § 149 Anm. 4).— Die Bedeutung des Erfordernisses der mündlichen Verhandlung ist, daß weder auf einseitigen Antrag einer Partei ohne Verhandlung mit der anderen, noch ohne Antrag und ohne Verhandlung beider Parteien entschieden werden kann, RG. 40, 374, und daß allein das in der mündlichen Verhandlung dem Gerichte von den Parteien an Behauptungen und Bestreitungen Vorgebrachte bei der Entscheidung berücksichtigt werden darf; in letzterer Hinsicht deckt sich der Mündlichkeitsgrundsatz zum Teil mit dem Berhandlungsgrundsatz (Vordem.2). Daher können nach Schluß der Ver­ handlung eingehende Schriftsätze oder beigezogene Akten, W. 37, uo, nicht mehr berücksichtigt werden. Wenn aber das Gericht zur Aufklärung des Sachverhalts Fragen stellt, die nicht sofort beantwortet werden können, so darf die Verhandlung nicht vor Auf­ klärung geschlossen werden, IW.31,1968.—Jedoch hat anderseits der Mündlichkeits­ grundsatz bezüglich der Entscheidung über den Rechtsstreit durch das erkennende Gericht eine wesentliche Abschwächung erfahren durch die von der BO. v. 13./2. 24 eingefüg­ ten §§ 251a, 331a betr. eine Entscheidung nach Lage der Akten, wonach unter den dortigen Voraussetzungen eine Entscheidung des erkennenden Gerichts ergehen kann, ohne daß eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, und ein Urteil über den Rechtsstreit auf Grundlage der in den Akten enthaltenen Schriftsätze, Protokolle und sonstigen Urkunden, wie wenn sie von den Parteien dem erkennenden Gerichte mündlich vorgetragen worden wären, erlassen werden kann. Ferner ist im § 7 der Entlast.-Bek. v. 13./5. 24 für die Dauer ihrer Geltung bestimmt, daß das Gericht mit Einverständnis der Parteien eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen kann. S. hierüber Anhang I Anm. zu § 7. Weiter sind als Abschwächungen des Mündlichkeitsprinzips anzuziehen die Vorschriften der §§ 137 Abs. 3 (Zulassung der Bezugnahme auf Schriftstücke, wenn keine Partei widerspricht), 272a (schriftliche Nachbringung von Parteierklä­ rungen nach gerichtlicher Fristsetzung). — In einer Reihe von Fällen läßt die ZPO. ausdrücklich Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zu, so z. B. in den Fällen der §§ 37 (Bestimmung des zuständigen Gerichts), 46, 49 (Ablehnung), 102 (Verurteilung Dritter in die Kosten), 109, 715 (Rückgabe der Sicherheit), 126 (Armenrecht), 174, 177 (Zustellungsbevollmächtigter), 204 (öffentliche Zustellung), 225, 226, 227 (Änderung von Fristen), 248 (Aussetzung deS Verfahrens), 319 (Urteils­ berichtigung), 339 (Bestimmung der Einspruchsfrist), 279a, 356, 431 (Fristsetzungen für Nachweise), 490 (Beweissicherung), 519b, 554 a, 573 (Berufung, Revision, Be­ schwerde), 921, 926, 934, 937, 942 (Arrest und einstweilige Verfügung), 947, 1020 (Aufgebot), 1045 (schiedsgerichtliches Verfahren) sowie oft in der Zwangsvollstrecku ngsinstanz. Ob das Gericht in derartigen Fällen die sog. fakultative mündliche Ver­ handlung für erforderlich erachtet, ehe es über das Gesuch befindet, ist lediglich i« das Ermessen deS Gerichts gestellt; Beschwerde findet dagegen nicht statt, MG.

Dritter Abschnitt. Verfahren. Erster Titel. Mündliche Verhandlung. § 129.

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54, 848, IW. 99, 257». Ordnet das Gericht in diesen Fällen mündliche Verhandlung nicht an, so entscheidet es auf Grund der Men; es kann die Beteiligten -u schrift­ lichen Äußerungen auffordern (in den Fällen der §§ 102, 225, 844, 891, 1045 ist An­ hörung der Beteiligten vorgeschrieben). Findet auf Anordnung mündliche Verhand­ lung statt, so greift in der Regel das Berhandlungs- und das Mündlichkeitsprinzip, ins­ besondere nach der Richtung, daß allein das von den Beteiligten Borgetragene der Entscheidung zugrunde zu legen ist, nicht Platz; die mündliche Verhandlung hat nur informatorische Bedeutung und den Zweck der Ergänzung des schriftlichen Akten­ inhalts, das Gericht hat auch nicht vorgetragenes Tatsachenmaterial, selbst wenn es den Beteiligten nicht bekannt ist, zu berücksichtigen. Ein Säumnisverfahren findet nicht statt, gleichviel, ob mündliche Verhandlung angeordnet ist oder nicht; auch im ersteren Fall ist bei Ausbleiben einer oder beider Parteien in dem (von Amts wegen zu bestimmenden und dem Gesuchsteller durch Zustellung bekannt zu gebenden) Termin (zu dem der Gesuchsteller den Gegner zu laden hat [§ 214]) eine Sachentschei­ dung zu erlassen. Die Entscheidung, nötigenfalls nach Beweisaufnahme, die den all­ gemeinen Regeln folgt, ergeht stets in der Form des Beschlusses, der bei mündlicher Verhandlung zu verkünden (§ 329 Abs. 1), sonst nach Maßgabe des §329 Abs. 3 entweder formlos mitzuteilen oder von Amts wegen zuzustellen ist. Ausnahmsweise hat, wenn auf ein Gesuch um Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung mündliche Verhandlung angeordnet wird, die Entscheidung durch Endurteil zu erfolgen (§§922, 936f.). In diesen Fällen findet nach der herrschenden Meinung auch der Berhandlungs. und der Mündlichkeitsgrundsatz Anwendung. — Erklärung der Richtigkeit des Vortrags eines Richters über den Sachverhalt ist keine mündliche Verhandlung, RG. 54, 7.— Früher konnten die Parteien auf die Vorschriften über die obligatorische mündliche Verhandlung nicht verzichten, und gehörten die Vorschriften zu den im § 295 Abs. 2 bezeichneten, deren Verletzung nicht nach § 295 Abs. 1 geheilt werden kann (RG. 54, 7, 57,416, 90,357). Da aber nun durch die von der BO. v. 13./2. 24 eingefügten Vorschriften der §§ 251a, 331a, 272 a über die Entscheidung nach Aktenlage und über die Berücksichtigung gewisser, nur in einem Schriftsatz mitgeteilter Parteierklärungen (s. oben) sowie durch §7 EntlBO. v. 13./5. 24 der Mündlichkeitsgrundsatz durchbrochen und dieser Grundsatz nicht mehr als schlechthin zwingend zu erachten ist, ist ein Verzicht auf die Rüge der Verletzung des Grundsatzes nach § 295 Abs. 1 nicht mehr ausgeschlossen, RG. 115, 222. 1. Vorbereitung der Verhandlung.

Schriftsätze. 129 (120). (1) In Anwaltsprozefsenl wird die mündliche Verhandlung durch Schriftsätze vorbereitet.».»

(2) In anderen Prozessen können vorbereitende Schriftsätze gewechselt

werden. 1 § 78 Abs. 1. 2 Vorbereitende Schriftsätze. — Sie haben nur die Be­ deutung der Ankündigung des späteren maßgebenden Vorbringens in der mündlichen Verhandlung und dienen insofern der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung, die nicht nur den Richtern, insbesondere dem Vorsitzenden (vgl. § 272b), sondern auch den Parteien obliegt. S. AB. v. ll./ll. 35 (DJ. 1654), insbes. I Abs. 8, Einleitung III. Ihr Inhalt entspricht vielfach nicht den Anforderungen, die an sie mit Rücksicht auf eine geordnete und schleunige Rechtspflege gestellt werden müssen. Alles Wesentliche (Tat­ sachen, Beweismittel) muß darin gesagt werden. Alles Nebensächliche ist nur kurz zu berühren, alles überflüssige fottzulassen. Für persönliche Auseinandersetzungen der An­ wälteist darin kein Raum. Wiederholungen sind möglichst zu vermeiden. Sie verbessern die Aussichten der Partei nicht, nehmen die Zeit der Richter bei der ihnen obliegenden Vor­ bereitung übermäßig in Anspruch und wirken dadurch einer schleunigen Erledigung anderer Sachen entgegen. Den Gegensatz zu den vorbereitenden Schriftsätzen bilden die sog. bestimmenden Schriftsätze, die mit ihrer Zustellung sofort bestimmte Rechtswirkungen erzeugen, wie Klage-, Einspruchs-, Rechtsmittelschrift, Rechtsmittelbegründungsschrift. — Ein Schriftsatz kann aber auch Erklärungen enthalten, die rechtsgeschäftlicher Natur sind und durch welche unmittelbar eine rechtliche Wirkung herbeigesühtt werden soll

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(z. B. Aufrechnung, Anfechtung wegen Irrtums oder Arglist, Verzicht auf eine Einrede). Ob eine solche rechtsgefchäftliche Erklärung gewollt, ist Auslegungsfrage, RG. 63, 411, IW. 04, 658, auch Anm. 3 §81, insbesondere auch, ob eine solche Erklärung (z. B. der Anfechtung) in dem Schriftsatz bereits abgegeben oder nur angekündigt ist, RG. 63,4ii. Derartige Willenserklärungen können materiell sofort wirksam fein, auch wenn sie prozessual erst durch die mündliche Verhandlung wirksam werden. Ihre bürgerlich-recht­ lichen Wirkungen, die mit dem Zugehen an den Gegner oder dessen Prozeßbevollmächtigten vollendet sind, sind an sich unabhängig von ihrem weiteren Schicksal im Prozeß und von dem Ausgange des Prozesses. Sie wirken grundsätzlich für und gegen die Par­ teien auch außerhalb des Rechtsstreites, so daß selbst in einem anderen Rechtsstreite die betreffende Partei sich darauf berufen kann, RG. 63, 4ii. 3 Der frühere zweite Halbsatz „Die Nichtbeachtung dieser Vorschrift hat Rechts­ nachteile in der Sache selbst nicht zur Folge" ist durch das Gesetz v. 27./10. 33 beseitigt. Das Fehlen vorbereitender Schriftsätze kann Zurückweisung von Vorbringen, z. B. nach § 279 Abs. 2, rechtfertigen. Sonstige Nachteile: Kosten der Terminsverlegung: § 95; Unzulässigkeit des Bersäumnisurteils gegen den Beklagten: § 335 Nr. 3; Strafgebühr: § 39 GKG., OLG. 39, 102. Inhalt.

130 (121). Die vorbereitenden Schriftsätze sollen* enthalten: 1. die Bezeichnung der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertreter r nach Namen, Stand oder Gewerbe, Wohnort und Parteiftellung; die Bezeichnung des Gerichts und des Streitgegenstandes; die Zahl der Anlagen; 2. die Anträge, welche die Partei in der Gerichtssitzung zu stellen beab­ sichtigt ;8 3. die Angabe der zur Begründung der Anträge dienenden tatsächlichen Verhältnisse;* 4. die Erklärung über die tatsächlichen Behauptungen deS Gegners; 5. die Bezeichnung der Beweismittels welcher sich die Partei zum Nach­ weis oder zur Widerlegung tatsächlicher Behauptungen bedienen will, sowie die Erklärung über die von dem Gegner bezeichneten Beweismittel; 6. in Anwaltsprozessen die Unterschrift t)e66 Anwalts, in anderen Prozessen die Unterschrift der Partei selbst oder desjenigm, welcher für dieselbe als Bevollmächtigter? oder als Geschäftsführer ohne Auftrag handelt 1 Nur Ordnungsvorschrift. § 70 Anm. 2, RG. 6, 349. Ihre Nichtbefolgung hat daher bei vorbereitenden Schriftsätzen keine anderen Folgen wie die Unterlassung solcher Schriftsätze überhaupt (§ 129 Anm. 3). Sie gilt aber für alle Arten von Schrift­ sätzen. S. jedoch Anm. 6. 2 Dgl. § 253 Anm. 3. 3 § 297 Abs. 1, 4 (Verlesung der Anträge oder Bezugnahme auf die in den Schriftsätzen enthaltenen Anträge). Vgl. § 253 Anm. 5. 4 Nur die wesentlichen Tatsachen in gedrängter Kürze, keine Rechtserörterungen. Begr. 19, 129. 5 §§ 282, 371 bis 455. 6 Die Unterschrift des Anwalts bzw. der Partei oder ihres Vertreters ist wesent­ lich bei den sog. bestimmenden Schriftsätzen (s. Anm. 2 § 129), z. B. Klage, Einspruchs­ schrift, Rechtsmittelfchriften (Berufung, Revision, Beschwerde), Rechtsmittelbegrün­ dungsschrift (§§ 519, 554), Klagezurücknahme, RG. (GrZS.) 151, 82. Gleiches gilt für die Anlagen solcher Schriftsätze, sofern sie wesentliche Bestandteile von ihnen ent­ halten, IW. 36, 33i3*o. Dem Ausdruck „sollen" (Anm. 1) ist kein entscheidendes Gewicht beizulegen; denn, wo die ZPO. die Unterschrift fordert, bezweckt fie, für das Gericht jeden Zweifel auszuschließen, daß es sich um eine prozessuale Erklärung, nicht nur um einen Entwurf, handelt, daß die Unterschrift von dem Unterzeichner herrührt und daß dieser die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftstücks übernimmt, RG. a. a. O. Die Unterschrift muß daher eigenhändig und handschriftlich erfolgen; sie kann nicht

Dritter Abschnitt. Verfahren. Erster Titel. Mündl. Verhandlung.

§§180—182.

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durch ein Faksimile (Stempelaufdruck) ersetzt werden, RG. (GrZS.) 151, 82. Unter­ zeichnung solcher Schriftsätze durch den bevollmächtigten Vertreter des Anwalts mit dem Namen des Vertretenen genügt nicht, RG. 46, 375, W. 29, 21, es sei denn, daß der Unterzeichner zum Vertreter nach § 29 RAO. bestellt ist, W. 29, 21. Des Nachweises der Bertretungsmacht des unterzeichneten Anwalts bedarf es aber nicht, IW. 15, 36«. Die Unterschrift muß soweit leserlich sein, daß der Wille des Anwalts, den Schriftsatz abzuschließen, in freier Beweiswürdigung (§ 286) daraus entnommen werden kann, IW. 29,1658". Die fehlende Unterschrift kann nicht dadurch ersetzt werden, daß der An­ walt den bestimmenden Schriftsatz persönlich der Geschäftsstelle übergibt, W. 37, 122. Dagegen genügt statt der Urschrift eines bestimmenden Schriftsatzes die beglaubigte Ab­ schrift, falls der Beglaubigungsvermerk von dem dazu berufenen Prozeßbevollmächtigten eigenhändig und handschriftlich vollzogen ist, RG. 119, 63, und zwar auch dann, wenn die Abschrift nur der Geschäftsstelle zur Weiterleitung an den Gegner übergeben und nicht Bestandteil der Akten geworden ist, W. 38,132. — Bei der in der Rechtsprechung zuge­ lassenen Rechtsmitteleinlegung durch Telegramm muß das Aufgabeschriftstück handschrift­ lich unterzeichnet sein, RG. 140, 72, Baumb. § 129 Anm. 1 (a.M. RG. 139, 45, sGrZS.) 151,86). 7 §79.

8 §89. Ibrkundenbeifügung.

131(122). (1) Dem vorbereitenden Schriftsätze find die in den Händen der Partei befindlichen Urkunden, auf welche in dem Schriftsätze Bezug genommen wird, in Urschrift oder in Abschrift beizufügen? (2) Kommen nur einzelne Teile einer Urkunde in Betracht, so genügt die Bei­ fügung eines Auszugs, welcher den Eingang, die zur Sache' gehörende Stelle, den Schluß, das Datum und die Unterschrift enthält? (3) Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder von bedeutendem Umfangs so genügt die genaue Bezeichnung derselben mit dem Erbieten, Einficht zu gewährend * Antretung des UrkundenbeweiseS: § 420. 2 Handelsbücher sind vollständig vorzulegen, abet, soweit ste nicht den Streitpunkt betreffen, nur dem Richter, s. § 422 Anm. 1. ■ Diese Vorschrift findet auch Anwendung, wenn mehrere, im einzelnen nicht umfangreiche Urkunden erst durch ihre Gesamtheit einen bedeuteüden Umfang haben, IW. 98, 476». 4 Vgl. aber § 593 Abs. 2 (tat Urkundenprozeß müssen die Urkunden der Klage oder einem vorbereitenden Schriftsatz beigefügt werden).

Zwischenfrist für neues Vorbringen.

132 (123). (1) Der vorbereitende Schriftsatz, welcher neue Tatsachen oder ein anderes neues Vorbringen enthält? ist utindestens eine Woche? wenn er einen Zwischenstreit^ betrifft, mindestens drei Tage oor( der mündlichen Ver­ handlung zuzustellen? (2) Der vorbereitende Schriftsatz, welcher eine Gegenerklärung auf neues Vorbringen enthält, ist mindestens drei Tage* vor der mündlichen Verhandlung zuzustellen? Die Zustellung einer schriftlichen Gegenerklärung ist nicht erforder­ lich, wenn es stch um einen Zwischenstreit» handelt? 1 Auch neue Beweismittel sowie Ergänzung oder Erweitermig des KlagantragS, RG. 15, 892. 8 Besondere Fristen (mindestens zwei Wochen) für: Klage: § 262; süteantrag § 499; Restitut.' u. Nichtigkeitsklage: § 685; Lyechfelprozeßklage: § 604. BerufungdegründungSschrift: § 520; RevifionSbegründnngSschrift: § 555. 8 Zwischenstreit: § 303 Anm. 2. Zivilprozeßordnung. 22. Anfi.

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4 Die Tage der Zustellung des Schriftsatzes und der Verhandlung werden nicht mitgerechnet; die vorgeschrtebenen Zeiträume müsien zwischen diesen beiden Tagen liegen. § 222 Abs. 1 ZPO., §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 1, 2 BGB. 8 Frist für Beantwortung der Klage: § 272, der Berufungsbegründungsschrift § 523. — Ladungsfristen: § 217. — Abkürzung der Fristen: § 226 Abs. 1, 2. 6 Sind die Fristen des § 132 eingehalten, so können, auch wenn wegen Kürze der Zeit und des Umfangs des Schriftsatzes behufs Gegenerklärung eine Vertagung erfolgt, weder dem Anwalt gemäß § 102 ZPO. Kosten wegen Verschuldens, noch der Partei gemäß § 39 GKG. BerzögerungSstrafgebühren auferlegt werden, RG. 31,888, IW. 95, sein. — Sind die Fristen nicht eingehalten, so bei Vertagung nachteilige Folgen nach §§ 95, 102; GKG. § 39. Ferner kann der Gegner eine Erklärung auf die in dem betreffenden Schriftsatz enthaltenen Behauptungen ohne nachteilige Folgen ablehnen. Jedoch ein unbedingtes Recht auf Vertagung hat er nicht, vielmehr steht es nach § 227 im Ermessen des Gerichts, ob es einem Vertagungsantrage stattgeben will, RGJR. 28, 1854. Die Vertagung wäre auch nur erforderlich, wenn nach Verhandlung das Gericht die Behauptungen für die Entscheidung des Rechts­ streits als erheblich erachten würde, OLG. 23, 136. — Die Vorschriften des § 132 gelten nur für den Anwaltsprozeß. Neben ihnen gilt für dielen Prozeß 272 (Gegner Möglichkeit dkr Erkundigung). Nach § 272 a kann das Gericht auf Antrag der Partei, die auf eine nicht rechtzeitig vor dem Termine (vgl. § 272) mttgeteilte Behauptung des Gegners eine Erklärung nicht abgeben kann, eine Frist zur Nach­ bringung der Erklärung mit den dort bezeichneten Wirkungen bestimmen.

Abschrifteinreichung.

133 (124). (1) Die Parteien haben eine für das Prozeßgericht bestimmte Abschrift ihrer vorbereitenden Schriftsätze und der Anlagen* auf der Geschäfts­ stelle niederzulegen.* (2) Diese Niederlegung erfolgt zugleich mit der Überreichung der Urschrift,

wenn eine Terminsbestimmungb oder wenn die Zustellung unter Vermittlung der Geschäftsstelle* erwirkt werden soll,

andernfalls sofort nach erfolgter

Zustellung^ des Schriftsatzes.*

1 Und Urschrift der Vollmacht: § 80 Abs. 1. In Patentstreitsachen auch die für das Retchspatentamt bestimmten Abschriften der Schriftsätze, § 52 PatG., abgedruckt. Vordem. 4 vor § 128. 2 § 133 gilt nur für den Anwaltsprozeß. Der Vorsitzende muß zwecks sach­ gemäßer Leitung der Verhandlung die Schriftsätze lesen. Beratung des Gerichts darüber vor mündlicher Verhandlung, wo so'che stattzufinden hat, widerspricht in der Regel dem Grundsatz der Mündlichkeit, Jonas I, Baumb. 1 Folgen der Nichtnieder­ legung : Vertagung von Amts wegen, Kostennachteile nach §§ 95, 102, GKG. tz 39. — Einen nach Schluß der mündlichen Verhandlung etngereichten Schriftsatz kann das Ge­ richt zurückweisen, OLG. 37, 134, und wird ihn, um Irrtümer zu vermeiden, zweckmäßig zurückgeben, es sei denn, daß er eine Tatbestandsbertchngung oder ähnliches betrifft 3 §§ 216, 497, 520, 555. — Über die Frage, ob die zu den Gerichtsakten überreichte Abschrift einer Klagabschrift als beweiserhebliche Privaturkunde angesehen werden kann, vgl RG. 59,13. 4 § 166 Abs. 2. 5 § 170. 6 Die Urschriften werden im Anwaltsprozeß zurückgegeben, im Parteiprozeß bleiben sie bei den Akten (§ 496 Abs. 2).

Urkund ennie Verlegung.

134 (125). (i) Die Partei ist, wenn sie rechtzeitig aufgefordert rotrb,1 ver­ pflichtet, die in ihren Händen befindlichen Urkunden? auf welche fie in einem vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen hat, vor der mündlichen Ver­

handlung^ auf der Geschäftsstelle niederzulegen und den Gegner von der

Niederlegung zu benachrichtigen.*

Dritter Abschnitt. Verfahren. Erster Titel. Mündl. Verhandlung. §§ 133—186*

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(2) Der Gegner hat zur Einsicht der Urkunden eine Frist von drei Tagen. Die Frist kann auf Antrag von dem Dorfitzenden8 verlängert oder abgekürzt werden. 1 Das Gericht kann von Amts wegen Niederlegung fordern. § 142. Nach § 272 b

Abs. 1 Nr. 1 kann der Borfitzende oder ein von ihm zu bestimmendes Mitglied des Prozeßgertaus schon vor der mündlichen Verhandlung die Vorlegung von Urkunden usw. ausgeben. Vgl. auch § 499 b Abs. 3 (Vorbereitung der Güteverhandlung vor dem Amtsgericht). — Folge der Nichtbefolgung der Aufforderung kann Vertagung der Verhandlung und Kostenpflicht (§ 95) sein. S. aber § 434. 2 Auch die Prozeßvollmacht (§ 80). 3 Sie kann die Urkunde schon mit Abschrift des vorbereitenden Schriftsatzes niederlegen. § 133 Abs. 1. 4 Formlos. § 166 Anm. 3. — § 134 gilt sowohl für den Anwalts- wie für den Parteivrozeß. Versendung auf Antrag nach auswärts kann zweckmäßig sein; ein Recht darauf besieht nicht, Jonas (a. M. Baumb. 1). 5 Auch durch Vereinbarung kann die Frist abgekürzt (nicht dagegen verlängert) werden. § 224 Abs. 1. Urkundenmitteilung an Anwälte.

135 (126). (1) Den Rechtsanwälten steht es frei, die Mitteilung von Ur­ kunden von Hand zu Hand gegen Empfangsbescheinigung* zu bewirkend (2) Gibt ein Rechtsanwalt die ihm eingehändigte Urkunde nicht binnen der bestimmten Friste zurück, so ist er auf Antrag nach vorgängiger mündlicher Verhandlung zur unverzüglichen Zurückgabe zu verurteilend (3) Gegen das Zwischenurteil findet sofortige Beschwerde statt8 1 § 198 Abs. 2 (Form des Empfangsbekenntnisses). 2 Gilt auch im Parteiprozeß, wenn beide Parteien durch Anwälte vertreten sind. 3 D. i. binnen der gesetzlichen zur Einsichtnahme bestimmten (nicht der vom aushändigenden Anwalt bestimmten) Frist des § 134 Abs. 2 (str.) seit Empfang der Urkunde. 4 Ladung deS Anwalts durch die Gegenpartei. Ein Versäumnisverfahren findet nicht statt. — Gebühren: des Gerichts nach §§ 1, 22 GKG. gebührenfrei (das Zwischenurteil gemäß § 135 gilt nicht als Urteil im Sinne des § 20 Nr. 3 sUrteilsgebühr»: des Anwalts (8/l0) tz 23 Nr. 11 GebORA., vgl. jedoch auch § 29 Nr. 6 (durch Hauptgebühren mitabgegolten). 5 §§ 303, 577. — Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. Vollstreck­ barkeit: § 794 Nr. 3. Zwangsvollstreckung nach § 883. — Über Zustellung des Urteils, Beginn der Frist für die sofortige Beschwerde und die Zulässigkeit einer weiteren Beschwerde s. RG. 42, 402 und Anm. 4, 5 § 71. 2. Mündliche Verhandlung. Sachleitung.

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(127). (1) Der Vorsitzende eröffnet8 und leitet die mündliche Verhandlung. (2) Er erteilt das Wort und kann es demjenigen, welcher seinen Anord­ nungen nicht Folge leistet, entziehen.8 (3) Er hat Sorge zu tragen, daß die Sache erschöpfende Erörterung finde8 und die Verhandlung ohne Unterbrechung zu Ende geführt werde; erforder­ lichenfalls hat er die Sitzung zur Fortsetzung der Verhandlung sofort zu bestimmen. (4) Er schließt die Verhandlung,8 wenn nach Anstcht des Gerichts die Sache vollständig erörtert ist, und verkündet die Urteile und Beschlüsse des Gerichts.8 1 Im Parteiprozeß (§§ 495ff.) der Amtsrichter, im einzelrichterlichen Verfahren (§§ 348ff.) der Einzelrichter. Die Leitung der mündlichen Verhandlung ist eine der

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A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen,

wichtigsten Aufgaben des Vorsitzenden. S. dazu AB. v. 11./11.35 (DJ. 1654), insbes. unter III, abgedruckt Einl. III. Dort ist besonders die Notwendigkeit einer straffen Leitung betont, die unnötige Weitschweifigkeiten verhindert und den Vortrag der Parteien auf die allein erheblichen Punkte hinlenkt. Das Erfordernis erschöpfender Erörterung ergibt sich aus § 136 Abs. 3. Dazu tritt die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen, die oft Schwierigkeiten eigner Art bietet. Die richtige Handhabung setzt eine gründliche Kenntnis des Inhalts der Akten und der verfahrensrechtlichen Vor­ schriften voraus. Sie erfordert auch Geschick und Takt, besonders in technischen Ange­ legenheiten, bei denen der Vorsitzende die Erheblichkeit von Erörterungen vielfach von vornherein nicht zu beurteilen vermag. Es muß unbedingt der Eindruck vermieden werden, daß das Gericht die Parteien nicht hören wolle. Von Wichtigkeit in höheren Rechtszügen ist auch, daß den des Akteninhalts nicht kundigen Richtern der Sach- und Streitstand richtig und nicht entstellt vorgetragen wird. 2 Beginn des Termins: § 220 Abs. 1. 8 Auch einem Anwalt. — Dann gilt die Partei, soweit sie noch nicht verhandelt hat, als säumig: §§ 330, 331, 333. Dgl. jedoch H 140 (Beanstandung der Sach­ leitung). — Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung: tz§ 176—183 GVG. < Dgl. § 139. ® Wirkungen des (ausdrücklichen oder stillschweigenden) Schluffes: §§ 220 Abs. 2, 231 Abs 2, 278 Abs. 1, 283 Abs. 1. Wiedereröffnung: § 156. 6 Ein auf Grund mündlicher Verhandlung erlaffenes Urteil kann nicht durch Zustellung verlautbart werden, RG. 133, 217; ebensowenig rin von der Vollkammer beschloffenes durch den Einzelrtchter und umgekehrt, RG. 135, 118. Art der Parteivorträge. 137 (128). (1) Die mündliche Verhandlung wird dadurch eingeleitet, daß die Parteien' ihre Anträge stellen.8 (2) Die Vorträge der Parteien* find in freier Rede zu halten,- ste haben das Streitverhältnis in tatsächlicher und rechtlicher Beziehung zu umfassend

(3) Eine Bezugnahme auf Schriftstücke ist zulässtg, soweit keine der Parteien widerspricht und das Gericht ste für angemessen hält.8 Die Vor­

lesung von Schriftstücken findet nur insoweit statt, als es auf den wört­ lichen Inhalt derselben emfonttttt.5 (4) In Anwaltsprozessen8 ist neben dem Anwalt auch der Partei

7 selbst

auf Antrag das Wort zu gestatten. 1 Unter den Begriff „Partei" fällt auch der Nebenintervenient, IW. 20, 790*. 8 Im Anwaltsprozeß (§ 78 Abs. 1) durch Verlesung oder Bezugnahme auf die in vor­ bereitenden Schriftsätzen enthaltenen Anträge: §297 Abs. 1,4, sonst mündlich: § 507. über Beginn des Verhandelns überhaupt vgl. § 334 Anm 3, und über „Beginn der Verhandlung zur Hauptsache" vgl. § 274 Anm. 3. - Ohne daß, ein Antrag zur Sache gestellt wird, kann auch über eine Dorfrage (z. B. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Zulässigkeit des Rechtsmittels) nicht verhandelt werden, IW 25, 256« — Im Falle einer Fortsetzung der Verhandlung vor denselben Richtern ist eine ausdrückliche Wiederholung der früheren Anträge entbehrlich, RG. 31, 424, IW. 04, 295». — Was aber im Termine zur mündlichen Verhandlung zwischen dem Gericht und den erschienenen Parteien vor­ genommen wird, ist immer „mündliche Verhandlung", auch wenn die Anträge zur Sache selbst noch nicht gestellt sind (so z. B. die Erörterung über einen Antrag auf Ver­ tagung der Verhandlung [§ 227] vor Stellung der Sachanträge), RG. 62, 209. — Mündliches Verhandeln zur Sache kann schon durch Verlesung der Anträge be­ gründet seht, z. B. bei stillschweigender Bezugnahme auf ftüher Vorgetragenes, IW. 30,141«. — Werden widersprechende Anträge gestellt, so liegt für die Gebührenbrrechnung eine streitige Verhandlung gemäß tz 20 Nr. 3 GKG, §§ 13 Nr. 2, 16, 17 GebORA. vor, auch wenn die Parteien zur Begründung ihrer verlesenen Anträge irgendwelche Anführungen nicht gemacht haben, W. 12, 864, auch OLG. 21, 72.

Dritter Abschnitt. Verfahren. Erster Titel. Mündl. Verhandlung.

§§137,188»

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• Der den Parteien obliegende Vorttag deS Sachverhalts kann durch den Vor­ trag eines GerichtsmttgliedeS nicht ersetzt werden, RG. 54, ?, W. 15, 3is. Dgl. jedoch $ 261a (Entscheidung nach Lage der Akten beim Ausbleiben beider Patteien) und § 7 EntlDO. in d. F. v. 13./5. 24 (s. Anhang; Entscheidung ohne mündliche Ver­ handlung bet Einverständnis der Parteien). — Bei unzulässigem Vortrag Entziehung deS Wortes: § 136 Abs. 2. < Zur Zulässigkeit der Bezugnahme statt Dorttags bedarf es eine- aus­ drücklichen Einverständniffes beider Parteien nicht; es genügt, daß keine Partei widerspttcht und die Bezugnahme auf die Schriftstücke (z. B. wenn sie den Be­ teiligten bekannt sind) vom Gericht gestattet wird. Zu den Schttststücken im Sinne dieser Vorschrift gehören auch Schttstsätze der Parteien, Beweisprotokolle, die seither ergangenen Urteile aller Instanzen. Widerspricht aber auch nur eine der Patteien, so mutz der mündliche Dottrag der Schriftstücke erfolgen (vgl. bezüglich der Urteile IW. 01, eis*). Bezüglich der Anträge s. jedoch § 297 Abs. 4 (Bezugnahme auf die sie enthaltenden Schriftsätze, soweit das Gettcht es für ausreichend erachtet). 6 Insbesondere ist die Vorlesung von Jnstrukttonsschreiben der Pattei an ihren Anwalt unzulässig. Ist jedoch die Vorlesung zugelaffen, so müssen auch die in dem verlesenen Schriftstück enthaltenen tatsächlichen Angaben in dem Urteil berücksichtigt werden IW. 99, 424«. — Gutachten müssen (sofern nicht Abs. 3 Satz 1 zutrtfft) wenigsten- insoweit vorgettagen werden, als sie nicht blotz eine technische Begründung enthalten, AW. 93, 344'. Es darf jedoch ein Kalkulaturbettcht berücksichtigt werden, sofern er nur das rechnerische Ergebnis auS den vom Gettcht bezeichneten Tat­ sachen enthält, Gr. 29, wes. • § 78 Abs. 1. Am Parteiprozeß: § 79. ? Oder ihrem gesetzlichen Vertreter. Nicht aber einem rechtsgeschäftlichen Der« tteter (z. B. Prokuristen); dieser muß gegebenenfalls als Zeuge vernommen werden, RG. 102, 831. In Rechtsstreitig leiten, in denen ein Anspruch aus einem der im Patentgesetz, im Ges. betr. den Schutz von Gebrauchsmustern und im Ges. zum Schutz der Warenbezeichnungen geregelte Rechtsverhältnisie geltend gemacht werden, ist auf Antrag einer Pariei ihrem Patentanwalt das Wort zu gestatten, ebenso im Bernfungsverfabren vor dem Reichsgericht § 9 Abs. 3 Patentanwaltsges. v. 28./9. 33 (RGBl. I 669). — Die beantragte Anhörung der Partei selbst darf nicht abgelehnt werden, IW. 03, 397*. Entscheidung des Gerichts: § 140. Eine Verletzung der Dorschtttt kann mittels der Revision gerügt werden, IW 07, mt». Sachwtdrige Aus­ führungen der Partei können aber zurückgewiesen werden, Gr. 62, 142. — Dgl auch § 85 Anm. 5 (Widerspruch zwischen den Erklärungen des Anwalts und denen der Partei) und 8 187 GVG. (taube Pattei). — Die Anhörung der Partei nach Abs. 4 ist nicht mit der förmlichen Parteivernehmung (§8 445 ff.) zu verwechseln. Bet der Anhörung abg-gebene Patteterklärungen dürfen nicht als Partetaussagen gewürdigt werden, W 38 128. Sie bedürfen auch keiner Aufnahme in die Sitzungsniederschrist, RG. 149, 63. Vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 3, § 161.

Parteipflicht zur Erklärung.

138 (120). (1) Die Parteien Haven ihre Erklärungen über tatsäch­ liche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß avzugeveru* (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen*

zu erklärend (3) Tatsachen, welche nicht ausdrücklich bestritten werben, find als zu­

gestanden anzuseben,* wenn nicht die Absicht, sie bestatten zu wollen, aus

den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht ° (4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, welche

weder eigene Handlungen der Partei: noch Gegenstand ihrer eigenen Wahr­ nehmung gewesen sind 1 Abs. 1. Wahrheitspflicht. — Abs. 1 beruht auf dem Ges. v. 27./10. 33 (RGBl. I 780). Er will der für das bisherige Verfahren nicht selten geäußerten Auffassung entgegen* treten, daß die Patteien das Recht zur Lüge hätten und daß es dem Gegner überlassen

262

A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Mlgemeine Besttmmungen.

bleiben müsse, die Lüge zu bekämpfen, und stellt deshalb den Grundsatz der Wahrheits­ pflicht der Parteien als Rechtsvorschrift auf (Begründung). Für die Auslegung der Vor­ schrift kommt neben der Begründung die Einleitung des Gesetzes in Betracht, in der es heißt: „Keiner Partei kann gestattet werden, das Gericht durch Unwahrheiten irrezu­ führen oder seine Arbeitskraft durch böswillige oder nachlässige Prozeßverschleppung zu mißbrauchen. Dem Rechtsschutz, auf den jeder Anrecht hat, entspricht die Pflicht, durch redliche und sorgfältige Prozeßführung dem Richter die Findung des Rechts zu erreichtem." Danach besteht für jede Partei eine Wahrheitspflicht in dem Sinne, daß sie bewußt keine unwahren Tatsachen Vorträgen darf. Das bedeutet nicht, daß sie zur Nachprüfung der ihr bekannten Tatsachen auf ihre Richtigkeit verpflichtet wäre, bevor sie sie im Prozeß geltend machen dürfte; denn dazu fehlt vielfach die Möglichkeit, und gerade erst der Rechtsstreit kann und muß oft dazu dienen, einen Sachverhalt klarzu­ stellen. Aber was die Partei als unwahr erkannt hat, darf sie nicht gellend machen. Auf bloße Vermutungen hin ohne tatsächliche Anhaltspunkte darf sie nichts behaupten. Der Beweisantritt für eine solche Behauptung darf übergangen werden, IW. 36, 222s18, RAG. 17, 289. Dabei macht es grundsätzlich keinen Unterschied, ob die unwahre Tat­ sache zu Gunsten oder zu Ungunsten der Partei sprechen würde (a. M. Jonas I), ob die Erklämng ausdrücklich oder stillschweigend erfolgt, ob sie sich als Aufstellung einer Behauptung oder als bloßes Bestreiten darstellt. Eine Erklärung mit Nichtwissen ist zwar nach Abs. 4 im Rahmen dieser Vorschrift zulässig, aber auch in dieser Weise darf sich die Partei nicht erklären, wenn die Erklärung Tatsachen betrifft, die sie kennt, ob­ gleich sie weder ihre eigenen Handlungen noch Gegenstand ihrer eigenen Wahmehmung gewesen sind. Die Erklämngen müssen ferner vollständig sein, weil an sich richtige, aber unvollständige Tatsachen ein für die rechtliche Beurteilung falsches Bild der Sachlage ergeben können. Deshalb ist insbesondere der Schriftwechsel vollständig vorzulegen, wenn darüber gestritten wird, ob auf diesem Wege ein Vertrag zustandegekommen ist. Dies empfiehlt sich auch hinsichtlich solcher Teile, die von der Partei und ihrem Anwalt als unerheblich angesehen werden, weil eine abweichende Beurteilung durch den Gegner und das Gericht kaum jemals ganz ausgeschlossen ist und Nichtvorlegung die Partei als unwahrhaftig erscheinen lassen kann. Wahrheitsgemäß und vollständig braucht sich nur der zu erklären, für den eine Erklärungspflicht besteht und soweit sie besteht. Für den Kläger besteht sie zunächst nur soweit, als er diejenigen Tatsachen behaupten muß, die nach sachlichem Recht zur Begründung des Klageanspmchs erforderlich sind. Er muß also z. B., wenn er auf Ehescheidung aus § 49 Eh ege s. klagt, einen Sachverhalt behaupten, der geeignet ist darzutun, daß die Beklagte ihre durch die Ehe begründeten Pflichten schwer verletzt und dadurch die Ehe schuldhaft so tief zerrüttet hat, daß die Wiederher­ stellung einer ihrem Wesen entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht erwartet werden kann. Diese Tatsachen muß er wahrheitsgemäß und vollständig angeben. Aber er ist nicht verpflichtet, Angaben über seine eigenen Eheverfehlungen zu machen, auch dann nicht, wenn sie derart gewesen sind, daß wegen des Zusammenhangs der Verfehlungen der beiden Ehegatten das Scheidungsbegehren nicht gerechtfertigt wäre. Er braucht mit der Klage nichts vorzubringen, was der Beklagten die Grundlagen für die Erhebung einer Widerklage oder für einen Antrag auf Mitschuldigerklärung verschaffen könnte, RG. 156 , 269. Wenn dann aber die Beklagte zu ihrer Verteidigung oder angriffsweise solche Behauptungen vorträgt, so muß sich der Kläger darauf wahrheitsgemäß und voll­ ständig erklären. Die Frage aber, ob dies uneingeschränkt zu gelten hat, ist in der Recht­ sprechung noch nicht geklärt (vgl. RG. 153, 65, W. 37 , 32, 152). Eine Ausnahme wird dann anzuerkennen sein, wenn die wahrheitsgemäße Erklärung dem Kläger zur Unehre gereichen oder ihn einer strafbaren Handlung, z. B. eines Ehebruchs, bezichtigen würde. In einem solchen Fall kann er, ohne die Wahrheitspflicht des § 138 Abs. 1 zu verletzen, bestreiten, HRR. 37,1462. Ob noch in anderen Fällen ein wider besseres Wissen erfolgtes Bestreiten gerechtfertigt sein kann, z. B. das Bestreiten einer bezahlten Schuld, um Zeit zur Beschaffung der abhanden gekommenen Quittung zu gewinnen, ist nicht unzweifelhaft, aber doch wohl zu verneinen, weil das dem Zweck des Gesetzes, der Ver­ hütung der Prozeßverschleppung, widersprechen würde, mag es auch menschlich verzeih­ lich sein. Es bleibt nur der Weg der Restitutionsklage (§ 580 Nr. 7b) offen, wenn die Quittung später aufgefunden wird. Mehrere Behauptungen in Wahlform dürfen auf­ gestellt werden, aber nur, soweit sie nicht bewußt unwahr oder ohne jeden Anhaltspunkt

Dritter Abschnitt. Verfahren. Erster Titel. Mündliche Verhandlung.

§ 138.

263

aufgestellt sind,' denn nur diese letzteren sind durch Abs. 1 ausgeschlossen. Ebenso dürfen lich die an sich zulässigen Hilfsanttäge auf bewußt unwahre Behauptungen nicht stützen. Die Rechtsfolgen einer Verletzung der Wahrheitspflicht bestimmt das Gesetz nicht aus­ drücklich. Hat eine Partei mit einer Behauptung oder einem Bestreiten die Wahrheits­ pflicht verletzt, so darf das Gericht die behauptete unwahre Tatsache seiner Entscheidung nicht zu Grunde legen und kann sie unberücksichtigt lassen. Dies setzt freilich voraus, daß es die Unrichtigkeit der Tatsache erkannt hat, und das wird meist erst nach einer weisaufnahme möglich sein. Aber auch andere Fälle sind denkbar, z. B. wenn eine Be­ hauptung aller Lebenserfahrung widerspricht oder wenn die Echtheit einer allem Anschein nach echten öffentlichen Urkunde bestritten wird. Aber hier ist große Vorsicht am Platze und wird regelmäßig die Ausübung der Fragepflicht geboten sein, bevor Verletzung der Wahr­ heitspflicht angenommen werden kann. Eine wider besseres Wissen behauptete unwahre Tatsache darf nicht als zugestanden angenommen werden und kann daher auch nicht zum Erlaß eines Versäumnisutteils gegen den Beklagten führen (§ 331). Soweit aber die Partei über den Streitgegenftand zu verfügen befugt ist, kann sie auch der wahren Rechts­ sage zuwider anerkennen, verzichten, zugestehen. Hat eine Partei sich in einem Punkt der Prozeßlüge schuldig gemacht, so kann sie auch in anderen Beziehungen unglaub­ würdig sein. Das kann für die Erhebung des Beweises durch Pärteivernehmung be­ deutsam werden (§§ 445ff., 448), insbesondere für die Frage, ob die Partei zu beeidigen ist (§ 452 Anm. 1; RG. 144, 321; 145, 271). Jedoch kann eine Pattei, die im Rechts­ streit eine unwahre Darstellung des Sachverhalts gegeben hat, nicht ohne Sachprüfung nur wegen dieser Verletzung der Wahrheitspflicht an dem unwahren Vorbringen fest­ gehalten und mit einer Berichtigung ausgeschlossen werden, W; 39, 37. — über die An­ wendung des Grundsatzes der Wahrheitspflicht bei Anträgen auf Bestimmung des zu­ ständigen Gettchts s. § 37 Anm. 3. — Verletzung der Wahrheitspflicht kann unerlaubte Handlung sein und zum Schadensersatz verpflichten, RG. 95,313. Vgl. § 767 Anm. 1. — Bon besonderer Bedeutung ist die Rechtsvorschrift des Abs. 1 für das Verhältnis des Prozeßbevollmächtigten zur Partei: „Der Anwalt darf sich unwahre Behauptungen des Auftraggebers nicht zu eigen machen; ein Verstoß gegen diesen Grundsatz würde standesrechtlich geahndet werden können. Umgekehrt würde das Nichtvorbringen tat­ sächlicher Behauptungen, von deren Unwahrheit der Anwalt überzeugt ist, niemals für ihn eine Haftung begründen können" (Begründung). Der Anwalt verletzt die Wahr­ heitspflicht auch dann, wenn er Behauptungen des Gegners bestreitet, deren Richtigkeit ihm bekannt ist, mag dies auch auf ausdrückliche Anweisung seiner Partei geschehen. Dagegen trifft es nicht zu, daß der Anwalt im Sinne einer gegenteiligen Behauptung nur bestreiten dürfe, wenn er von der Unrichtigkeit überzeugt sei (so Baumb. 1 A o. E.). Er darf sich auch nicht nur bestreitend verhalten, wenn er nicht unterrichtet ist, sondern muß Erklärungsfrist beantragen (§ 272a). Das berührt aber nicht die Wahrheitspflicht des Abs. 1. S. auch RG. 70, 82 über die Pflicht der Prozeßbevollmächtigten, unwahre eidliche Zeugenaussagen ohne Rücksicht auf die Belange ihrer Patteien zu verhindern. 2 Auch über Urkunden, § 439. 3 Das Gebot der Erklärung ist nicht erzwingbar. Unterlassung der Erklärung (bis zum Schlüsse der Verhandlung) hat die Folge des Abs. 3. 4 Jedoch liegt ein Geständnis im Sinne de- § 290 nicht vor, Anm. 3 dott (a. M. Jonas II2). Vielmehr können diese Tattachen späterhin bis zum Schluffe der Verhandlungen, auch noch in zweiter Instanz (§§ 278, 531) ohne weiteres nach­ träglich besttttten werden, Gr. 45, 635. — Nur Tatsachen, nicht auch unbesttttten gebliebene Schlußfolgerungen aus Tatsachen gelten al- zugestanden, IW. 06, 553". 5 Es steht also dem Gettcht die Befugnis zu, mangels ausdrücklichen Bestreitens einer Behauptung und trotz einer allgemeinen Erklärung, bestreiten zu wollen, den Geständniswtllen der Partei aus der Gesamtheit ihrer übrigen Erklärungen festzustellen, W. 36, 163. Jedoch ist auch in dieser Beziehung zunächst durch Ausübung des Fragerechts (tz 139) möglichst Aufklärung zu verschaffen, IW. 12, 199«. Wird eine aus verschiedenen Rechnungsposten sich zusammensetzende Klage­ forderung so allgemein und unbestimmt besttttten, daß trotz Ausübung des Fragerechtes nicht ersichtlich ist, welche Posten besttttten werden sollen und welche nicht, so sind alle Klagebehauptungen nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit besttttten wor­ den, daher alS zugestanden anzusehen, IW. 11, 184», Gr. 56, 63i. — Wenn ein nicht

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A. IL Zivilprozeßo rdnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen,

erschimener Streitgenosie nur hinfichtlich eine- Teils de» Streitgegenstände» als von den anderen Streitgenossen vertreten zu erachten ist, indem allein dieser Teil allen Strettgenoffen gegenüber nur einheitlich festgestellt werden kann (§ 62), so kommt Abs. 2 auf den anderen Teil in der Weise zur Anwendung, daß nicht ein DersLumnisurtetl gemäß S 331, sondern ein kontradiktorisches Urteil zu erlassen ist, IW. 98, 259t. — Ausnahmen: §§ 597 Abs. 2, 617, 670, 679, 684, 686 (Urkundenprozeß, Ehesachen, Entmündigungssachen).

Fragepflicht des Vorsitzenden zur Aufklärung.

189 (130). (1) *Der Vorsitzende hat dahin zu wirken, daß die Parteien über alle erheblichen Tatsachen sich vollständig erklären und die sachdienlichen An­ träge stellen, insbesondere auch ungenügende Angaben der gellend gemachten Latsachm ergänzen und die Beweismittel bezeichnen. Er hat zu diesem Zwecke,

soweit erforderlich, das Sach- und Streitverhältnis mit den Parteien nach

der tatsächlichen und der rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen.1 (2) Der Vorsitzende hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, welche in Ansehung der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punktes obwaltm.

(8) Er hat jedem Mitglied des Gerichts auf Verlangen zu gestatten, Fragen

zu stellen. „ 1 Aufklärun-S-slicht. — Die jetzige Fassung beruht auf der VO. v. 13./2. 24, durch die die Aufklärungs- und Fragepflicht des Vorsitzenden erweitert worden ist. Die frühere Rechtsprechung ist daher auch heute noch von Bedeutung. Danach erstreckt sich die Fragepflicht darauf, daß den Parteien Gelegenheit gegeben wird, die zur Schlüssigkeit ihre- Vorbringens ersorderlichen tatsächlichen Behauptungen, soweit möglich, geltend zu machen, RG. 145,324, Unklarheiten ihres Vorbringens zu beheben, RG. 148,163, W. 38, 143, oder die gestellten Anträge, wenn sie unklar sind, rtchttgzustellen aber auch fie sachgemäß |u ändern, RG. 94, ssi, W. 37, 71, oder einen HilfSantrag zu stellen, IW. 37,io59’, auch, wenn die Anträge zu allgemein oder zu unbestimmt (vgl. § 253 Nr. 2) gehalten sind, auf ihre Ergänzung oder Einschränkung hinzuwirken, IW 12, 591", unter Umständen ferner klarzustellen, ob ein HilfSantrag noch aufrechterhalten werde, W.36,23. Ist auf Erteilung der Auskunft über die Mengen eines herauszugebenden Inbegriffs und auf Lieferung der auS der Auskunft sich ergebenden Mengen geklagt, so ist, wenn die Verpflichtung zur Auskunfterteilung verneint wird, nicht die ganze Klage, auch die auf Lieferung, ohne weiteres abzuweisen, sondern durch Ausübung des Fragerechts auf eine dem Wegfall der AuSkunftspflicht entsprechende Änderung des KlagantragS zunächst hiuzuwtrken, RG. 102, 887. DaS Fragerecht muß auch (besonders in Ehesachen mit Rücksicht auf § 616) ausgeübt werden, wenn ein in einem Schriftsatz enthaltene» Vorbringen in der Schlußverhandlung erster oder zweiter Instanz oder ein in den Tatbestand de» erstinstanz« lichen Urteils aufgenommenes Vorbringen in zweiter Instanz nicht wiederholt wird, IW. 04, 387", und es ist llarzustellen, ob nicht etwa die Wiederholung deS früheren Vorbringens infolge Unachtsamkeit deS Prozeßbevollmächtigten unterblieben ist, W. 17, 156. Im Ehescheidungsprozeß ist, wenn die Klagetatsachen nicht für ausreichend erachtet werden, die Partei im einzelnen darauf htnzuweisen. Die Frage, ob zur Begründung der Klage noch weitere Angaben gemacht werden können, genügt nicht, IW. 95, 504*. Eine Abweisung angebrachtermaßen wegen mangelnder tatsächlicher Substanziterung der Klage ist unstatthaft, RG. 10, 175, 405. Ins­ besondere ist bei Schadensersatzansprüchen aus die etwa fehlende Substanziierung durch Ausübung des Fragerechtes hinzuwirken, RG. 63, ess. Ebenso bei Feststellungs­ klagen auf die etwa fehlende nähere Darlegung des rechtlichen Interesse» an der alsbaldigen Feststellung (§ 256), AW. 21, 5A". Wegen der Fragepfltcht im Falle de» § 265 vgl. Anm. 5 dort. Eine Tatsache darf ferner ohne Ausübung de» Frage­ recht» nicht um deswillen unberücksichtigt gelassen werden, weil sie nicht unter Beweis gestellt ist, sofern sich Anhaltspunkte dafür ergeben, daß der Beweispflichtige Beweis­ mittel vorbringen kann und will, IW. 06, 115". Auch muß, wenn in erster Instanz auf einen Zeugen für die Instanz verzichtet war, gefragt werden, ob die Partei auch

Dritter Abschnitt. Verfahren. Erster Titel. Mündl. Verhandlung.

§ 189*

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in zweiter Instanz die Vernehmung nicht verlange, IW. 96, 888». Der Vorsitzende hat aber weiter auch allgemein auf vollständige Erklärung der Parteien über alle erheblichen Tatsachen und auf die Bezeickung der Beweismittel für streitige Behaup­ tungen hinzuwirken. Z. B. hat er im Verfahren über den Grund eine- Anspruch(§ 304 A 4) zur näheren Darlegung einer zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung aufzufordern, RGJR. 30, 1763. Bei Klagen wegen Unfaüfchäden ist klarzustellen, ob der Verletzte von einem öffentl. VerflcherungSttäger eine Rente erhält, IW. 31, 866“ Un­ klarheit darüber, ob etwas bestritten werde, ist durch Befragen zu beseitigen, W. 36,163. Ferner hat er, soweit es nach dem vorliegenden Prozehstoff erforderlich ist und dadurch nicht der BerhandlungSgrundsatz (Vordem. 2 vor § 128) verletzt wird, mit den Parteien da- Sach« und Streitverhältnis nicht nur nach der tatsächlichen, sondern auch nach der rechtlichen Seite zu erörtern, damit die Parteien Klarheit darüber gewinnen, nach welchen Richtungen ihr Vorbringen zur Erzielung eines Erfolges, insbesondere auch mit Rücksicht auf die kundgegebene Rechtsausfaffung des Gerichts, etwa zu ergänzen sei, und er muß nicht nur auf Erläuterung unklarer gestellter Anträge, sondern auch auf Stellung neuer Anträge, soweit sie der Sachlage entsprechen, htnwirken (anders nach der früheren Faffung: RG. 109, 70). Insbesondere kann es geboten sein, die Parteien zu befragen und ihnen Gelegenheit zur Äußerung und Stellung geänderter Anträge zu geben, wenn das Gericht nach erfolgter Beweisaufnahme von seiner bisher erkennbar ver­ tretenen Rechtsauftassung abaehen und so entscheiden will, wie eS schon ohne Be­ weisaufnahme hätte entscheiden können, HRR. 38, H34. Der befragten Partei muß eine angemeffene Zeit zur Beantwortung gewährt werden. Fall- die Partei fich zur Zeit über die gestellte Frage nicht erklären kann, ist die Verhandlung zu vertagen oder die geschloffene Verhandlung wieder aufzunehmen, W. 15,83. Das Frage­ recht ist auch so auSzuüben, daß über die Bedeutung und den Zweck der Frage kein Mißverständnis obwalten kann, IW. 11, 328», und daß der Zweck genügender Er­ gänzung erreicht wird, W. 09, 621, sowie daß, wenn bet den Parteien über den Grund der Frage Unklarheit herrschen und zugleich diese Unsicherheit auf die richtige Beant­ wortung der Frage Einstuß haben kann, der Grund der Frage mitgeteilt wird, Gr. 60, 877. — Da- alles gilt ebenfalls auch jetzt. — Dagegen dient daS Fragerecht nicht dazu, eine Partei zu veranlaffen, ihr günstige neue Behauptungen aufzustellen, auf die sie ihre Ansprüche und Einwendungen stützen könnte, bte sie aber bisher ersichtlich nicht an­ geführt hat, RGHRR.31, 86S, IW. 37, 35», 2220«; eine Beratungspflicht liegt dem Gericht nicht ob, IW. 37, 35». Auch ist daS Gericht nicht verpflichtet, nach Beweis­ erhebung unter Bekanntgabe seiner BewetSwürdigung zur Antretung neuer Beweise aufzufordern, RGHRR. 35, 285. Zwecks Erforschung der Bedeutung ausländischen Rechtes (§ 293) aber ist für die Anwendung deS § 139 kein Raum, da es lediglich Sache deS pfltchtmäßigen ErmeffenS .des erkennenden Gerichts ist, darüber zu befinden, in welcher Weife es sich die Kenntnis von dem Inhalt und der Bedeutung des aus­ ländischen Rechtes verschaffen will, RG. 80, 267. Doch kann eine Verletzung deS § 139 oorltegen, wenn das Gericht in einer von ihm selbst für beachtlich gehaltenen Frage de« irrevtsiblen Rechts das Parteivorbringen nicht hinreichend aufgeklärt hat, RG. 159, 52. 2 Bon Amts wegen zu berückfichttgende Punkte: Dgl. §§ 40 Avs. 2, 56 Abf. 1, 88 Abf. 2, 335 Nr. 1, 56«, 589, 607 Abf. 2, 622 Abf. 1, 653, 663 Abf. 2, 680 Abf. 3. — Unter diesen Punkten find solche zu verstehen, die wie die Zuläsfigkeit deS Rechtsweges IW. 99, i6i« oder die Statthaftigkeit deS «kchtSbehelf» (§§ 335 Nr. 1, 519b,554a, 566, 589, IW. 94, ey) oder das Dorliegen eines ausschließlichen Gerichts­ stände- (§ 40 Abs. 2) oder der Mangel der Partei, oder Prozeßfähigkeit, der Legittmation deS gesetzlichen BertteterS (§ 56 Abs. 1) oder der Mangel der Vollmacht (§ 88 Abs. 2), vom Gericht,, abweichend von der VerhandlungSmaxtme (Vordem. 2 vor § 128), auch ohne Anregung der Parteien berückfichttgt werden müffen. Bei Klagen, deren Zuläsfigkeit nach gesetzlicher Vorschrift von der Erfüllung gewißer Pflichten abhängt (z. B. het der Klage einer Berufsgenoffenschaft auf Ersatz der auf Grund der ReichSversicherungsordnung gemachten Aufwendungen [§ 903 RVO-j davon» daß das in § 906 RVO. vorgesthriebene Verfahren beobachtet worden ist), gehört dazu die von Amts wegen zu prüfende Frage, ob der betreffenden Vorschrift genügt worden ist, RG. 62, 4LS, IW. 20, 29QW. . . .

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A. IL Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

• Eine Rüge der Verletzung der Fragepflickt kann nur Erfolg haben, wenn an­ gegeben wird, waS bei Ausübung des FragerechtS vorgebracht worden wäre, IW. 31, 1796 ? Anm. Beanstandung von Sachleitung oder Fragen. 140 (131). Wird eine auf die Sachleitung l bezügliche Anordnung des Vorsitzenden oder eine von dem Vorsitzenden oder einem Gerichtsmitgliede gestellte Fraget von einer bei der Verhandlung beteiligten Person als unzu­ lässig beanstandet? so entscheidet4 das Gericht.

i 136—139. - § 139 Abs. 1, 3. • Beanstandung. — Nur in der mündlichen Verhandlung, nur von daran Be­ teiligten (Hauvt- oder Nebenparteien, gesetzlichen Vertretern, Bevollmächtigten, auch Zeugen oder Sachverständigen), nicht von mitwirkenden Richtern, nur wegen (recht­ licher) Unzuläsfigkett, nicht wegen Unzweckmäßigkeit. • Entscheidung. — Durch verkündeten (§ 329) Beschluß, der nicht nach § 567, sondern nur nach §§ 512, 548 (zugleich mit dem Endurteil) anfechtbar ist, Gr. 54, 666. Ist aber ein Antrag auf Entscheidung durch das Gericht nicht gestellt und daher ein Gerichtsbeschluß nicht ergangen, so kann die Revision nicht auf Unzulässigkeit der Sach­ leitungsanordnung usw. gestützt werden, IW. 10, iw».

3. Prozeßleitung durch das Gericht. Die Befugnisie der §§ 141—157 übt das Gericht von Amts wegen aus. Anordnung persönlichen Erscheinens der Parteien. 141 (132). (1) Das Gericht* kann das persönliche Erscheinen einer Partei8 zur Aufklärung des Sachverhalts anordnen;8 von der Anordnung soll ab­ gesehen werden, wenn der Partei wegen weiter Entfernung ihres Aufent­ haltsorts vom Gerichtssitz oder aus sonstigen wichtigen Gründen die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zugemutet werden sonn.4 (2) Wird das Erscheinen angeordnet, so ist die Partei von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist der Partei8 selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozetzbevollmächtigten bestellt hat? der Zustellung Vedarf die Ladung nicht. (3) Bleibt die Partei8 im Termin aus, so können gegm sie die gleichm Strafen wie gegen einen im Bernehmungstermine nicht erschienenen Zeugen jedoch mit Ausnahme der Haftstrafe, verhängt werden. Dies gilt nicht, wenn die Partei8 zur Verhandlung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem VergleichSabschlusse, ermächtigt ist. Die Partei ist auf die Folgen ihres Ausbleibens in der Ladung hinzuweisen?

Arbeitsgericht liebes Verfahren: Der Vorsitzende des Arb Gerichts kann das persönliche Erscheinen der Parteien in jeder Lage des Rechtsstreits anordnen. Im übrigen finden die Vorschriften der Abs. 2 u. 3 des § 141 ZPO. entsprechende An­ wendung. — Der Vorsitzende kann die Zulassung eines Prozeßbevollmächtigten ablehnen, wenn die Partei trotz Anordnung ihres persönlichen Erscheinens unbe­ gründet ausgeblieben ist und hierdurch der Zweck der Anordnung vereitelt wird. Abs. 3 S. 2 des § 141 ZPO. findet entsprechende Anwendung. § 51 ArbGG. Die Sätze 1 u. 2 gelten entsprechend im Berufungsverfahren. § 64 Abs. 3 ArbGG. 1 Pro,eßgnicht. — Richt ein ersuchter oder ein beauftragter Richter. Auch daS Prozetzgertcht kann das persönliche Erscheinen, sofern nicht einer der Ausnahmefälle der §§ 296, 619, 640 vorliegt, nur vor sich selbst, nicht vor einem beauftragten oder ersuchten Richter anordnen, Gr. 62, 663 (str., ob in Anbetracht des § 272 b dies jetzt noch zutrifft). Nach § 272 b Abs. 2 Nr. 3 jedoch kann der Vorsitzende oder ein von ihm zu bestimmendes Mitglied des Prozeßgerichts das persönliche Er-

Dritter Abschnitt. Verfahren. Erster Titel. Mündl. Verhandlung. §§140,141»

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scheinen schon vor der mündlichen Verhandlung anordnen, und nach $ 349 ist in dem Verfahren vor dem Einzelrichter dieser ebenso wie daS Prozeßgericht selbst zu der Anordnung persönlichen Erscheinens zur Aufklärung des Sachverhalts befugt. » Persönliches Erscheinen einer Partei. — Oder ihres gesetzlichen Vertreters; nicht auch ihres Prozeßbevollmächtigten, nicht des gewöhnlichen Nebenintervenienten (str.). 3 Anordnung zur Aufklärung des Sachverhalts. — Durch bloße Anhörung der Partei, nicht förmliche Parteivernehmung. Daher Wiedergabe ihrer Erklärungen tn der Sitzungsnieder'chrlft oder im Urieil nicht erforderlich. RG. 149, 63. Auch handelt es stch, falls kein HeweiSbeschluß erlassen, um keine Beweisaufnahme im Sinne der Kostengesetze, IW 35,1041. Durch verkündeten (8 329 Abs 1) Beschluß tn einer münd­ lichen Verhandlung (§§ 218, 329». Dies gilt jedoch nicht für bte Verfahren, in denen eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (Fälle der fakultativen mündlichen Verhandlung) nach dem Gesetz zulässig ist (f. Sinnt 3 § 128). Hier ohne mündliche Ver­ handlung durch formlos mttzuteilenden (§ 329 Abs 3) Beschluß. Vgl. auch § 272b Abs. 2 Nr. 3 (Anordnung persönlichen Erscheinens schon vor der mündlichen Verhandlung), § 499 b Abs. 3 (Anordnung zur Vorbereitung der Güteverhandlung). In diesen Fällen Anordnung durch Verfügung. — Auch die Untersuchung einer Partei durch einen Sach­ verständigen kann angeordnet werden. Im Falle der Weigerung sind zwar, abgesehen von § 623 und von familienrecktlichen Streitigkeiten, soweit dies aur Fesist llung der Abstammung eines Kindes erforderlich ist, § 9 G. v. 12./4. 38 (RGBl. 1 380) 5 s. Vordem vor § 640, keine Zwangsmaßregeln statthaft; es ist aber aus eine solche Weigerung bei Würdigung des Beweises gemäß § 286 Rücksicht zu nehmen. Dabei kann, wenn die Weigerung ohne Grund geschehen ist und dem Gegner dadurch der Beweis unmöglich gemacht wird, die Behauptung des Gegners sogar ohne weiteres für wahr angenommen werden, IW. 97,628-, auch Sinnt. 1 § 371. — Unvollständige Vernehmung nur zur Schonung der Partei (z. B. in Ehesachen, s. § 619) ist unzulässig, IW. 10, 25«. — Vgl. auch Sinnt. 5 § 85 (Widerspruch zwischen den Erklärungen des Anwalt» und denen der Partei). < Halbs. 2 ist durch die VO. v. 13./2. 24 dem Abs. 1 hinzugefügt. Wichtige Gründe können z. B. Krankheit, Unabkömmlichkeit im Beruf sein. 6 Ladung der Partei selbst. — Die Partei muß, gleichviel ob nach der Anord­ nung des persönlichen Erscheinens sogleich im Verhandlungstermin der weitere Termin verkündet oder die Terminsbestimmung nachträglich besonders erfolgt ist, unter Mittellung deS das perönltche Erscheinen anordnenden Beschlußes stets von Amts wegen persönlich besonders geladen werden, ohne daß die Ladung der Zustellung bedarf, auch wenn ste durch einen Prozeßbevollmächttgten vertreten ist. Letzterem wird (neben der persönlichen Ladung der Partei) die Terminsbestimmung als solche nur dann zu­ gestellt, wenn ste nicht verkündet ist. Der Beschluß, wenn er nickt verkündet ist (s. die Fälle in Sinnt. 3), ist ihm formlos mitzmeilen (§§ 329 Abs. 3, 176). Nach KB. 38 hat zwar die Kommission einstimmig unter Zustimmung eines Regierungs­ vertreters den Abs. 2 dahin ausgelegt, daß unter allen Umständen auch der Prozeß­ bevollmächtigte von der durch das Gericht getroffenen Anordnung zu benachrickrtgen sei. Dies entspricht aber nicht dem Gesetz. — Abs. 2 findet auck im Falle des § 619 (persönliche Vernehmung in Ehesachen) Anwendung. Begr. 28. Dgl. auch § 296 Abs. 2 lSühneversuch). — Unterlassung kann Schadensersatzpflicht des Urkundsbeamten nach § 839 BGB begründen. W. 30, 193. — Reiseentschädigung (AD v. 12./8. 35, DJ. 1171, § 72 Nr. 7 GKG.) kann der armen Partei auch nachträglich bewilligt werden, IW. 37, 2240. 6 Ausbleiben der Partei: Entsendung eines BertteterS. — Die Nicktbefolgung der Anordnung ist mit Strafe bedroht, die auch gegen eine jurist. Person veihöngt werden kann, IW. 38, 1607, worauf die Partei in der Ladung hinzuweisen ist (widrigenfalls eine Strafe für Ausbleiben nicht verhängt werden kann). Die „gleichen Strafen wie die gegen einen nicht erschienenen Zeugen", die mit Ausnahme der Haft beim Ausbleiben verhängt werden können, sind nach § 380 Ordnungsstrafen in Geld (d. i. nach Art. II DO. über Bermögensstrafen und Bußen v. 6./2.24 fRGBl I 44] mindestens eine und höchstens tausend Goldmark, jetzt auf die im Falle wiederholten Aus­ bleibens noch einmal erkannt werden kann. Unter „Strafen" ist nicht mitzuver­ stehen die zwangsweise Vorführung, die gegen einen wiederholt ausgebliebenen

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A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

Zeugen nach § 380 Abs. 2 angeordnet werden kann (vgl. die andere auch die Vorführung mitbegretfende Fassung des § 619 Abs. 3), auch nicht die durch das Ausbleiben verursachten Kosten (§ 380 Abs. 1). Jedoch hat die Partei, wenn durch ihr unentschuldigtes Ausbleiben die Verlegung des Termins oder die Vertagung der Verhandlung veranlaßt wird, nach § 95 die dadurch verursachten Kosten zu tragen. Auch ist die Bedeutung des Ausbleibens für die Streitsache nach § 286 frei zu würdigen. — Während die Anordnung des persönlichen Erscheinens selbst unanfecht­ bar ist, findet gegen die Verhängung einer Strafe wegen Ausbleibens Beschwerde statt (§ 380 Abs. 3), mit aufschiebender Wirkung (§ 572). Ist das Ausbleiben genügend entschuldigt, so unterbleibt die Verhängung einer Strafe, und erfolgt nachträglich genügende Entschuldigung, so wird die Strafverhängung wieder aufge­ hoben (8 381). — Ferner ist nach Abs. 3 Satz 2 eine Strafe trotz Ausbleibens der Partei nicht zu verhängen, wenn die Partei zur Verhandlung einen Vertreter der dort bezeichneten Art entsendet. Unter einem solchen Vertreter ist eine im Geschäfts­ betriebe der Partei tätige Person (z. B. Geschäftsleiter, Angestellter) zu versieben, die aus eigener Wahrnehmung zur Aufklärung des Tatbestandes ebenso oder noch mehr wie die Partei selbst imstande ist. Sie muß von der Partei zur Abgabe der nach der Sachlage gebotenen Erklärungen, insbesondere auch für den Fall, daß ein Vergleich angeregt oder vom Gericht ein Sühneversuch vorgenommen wird, zum Ab­ schluß eines Vergleichs ermächtigt sein. Der Prozeßbevollmächtigte kommt als ein solcher Vertreter nicht in Betracht, weil er in der Regel nur die Informationen der Partei wiederzugeben vermag und, wenn er ausnahmsweise durch eigene Wahr­ nehmung Kenntnis von dem Sachverhalt erlangt hat, diese Kenntnis bei der Ver­ handlung dem Gericht mitteilen kann, ohne daß es der Anordnung persönlichen Erscheinens der Partei bedarf. — Erscheint ein zulässigerweise beauflragter Vertreter nicht, so keine Bestrafung der Partei, wenn Ausbleiben des Vertreters genügend entschuldigt, IW 30, 3864. Erscheint die Partei, aber nicht ihr Prozeßbevollmächtigter, so im Anwaltsprozeß Versäumnisverfahren, nicht jedoch Anwendung des Abs. 3. Anordnung

der Urkundenvorlegung.

142

(133). (1) Das Gericht kann anortmen,1 daß eine Partei die in ihren Händen befindlichen2 Urkunden, auf welche ste sich bezogen hat, sowie Stammbäume, Pläne, Risse und sonstige Zeichnungen3 vorlege.* (2) Das Gericht kann anordnen, daß die vorgelegten Schriftstücke während einer von ihm zu bestimmenden Zeit auf der Geschäftsstelle verbleiben.3 (3) Das Gericht kann anordnen, daß von den in fremder Sprache abgefaßten Urkunden eine durch einen beeidigten Dolmetscher angefertigte Übersetzung* beigebracht werde.

1 Wie: § 140 Anm. 4, § 141 Anm. 3. Vgl. jedoch § 272b Abs. 2 Nr. 1 Anordnung der Vorlegung von Urkunden allgemein und, ohne daß sich eine Partei darauf bezogen hat, schon vor der mündlichen Verhandlung; hier durch Verfügung). Ein Rechtsbehelf gegen die Anordnung ist nicht gegeben. Sie ist auch nicht erzwtngbar. Gegen Ablehnung des Antrags auf Anordnung Beschwerde (§ 567). 2 Auch, daß das nicht in den Händen der Parteien befindliche Mäklertagebuch vorgelegt werde. § 102 HGB. — Bezüglich der Handelsbücher vgl. §§ 45, 47 HGB. 3 Diese (Stammbäume usw.), auch wenn sich die Partei nicht darauf bezogen hat und sie erst beschaffen müßte In § 272b Abs. 2 Nr. 1 (s. Anm. 1) ist für alle Urkunden das Erfordernis der Bezugnahme darauf nicht ausgestellt. 4 Prüfung der Echtheit öffentlicher Urkunden von Amts wegen: § 437 Abs. 2. — Nicht können vorgelegte Urkunden (z. B. Wechsel) ohne besonderen rechtfertigenden Grund vom Gericht auf unbestimmte Zeit zurückbehalten werden, IW. 05, 438”. — Im Falle der Nichtbefolgung der Anordnung kein Zwang, aber freie Würdigung dieses Umstandes, OLG- 3, 438. 5 Preußen: Nr. 26, 27 ZusatzBest, z. AktO. v.; 28M- 34 (DJ. Nr. 6). Die Schriftstücke werderz nicht Aktenbestandteile,, OLG. 37, i&ä, Über Haftbarkeit des Fiskus im Falle des Verlustes vgs. RG. 51, 21s.

Dritter Abschnitt. Verfahren. Erster Titel. Mündl. Verhandlung.

Zg 142—145.

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« §§ 185 vis 191 GVG. Wird die Anordnung nicht befolgt, so freie Würdigung. Das Gericht kann aber auch die Übersetzung anferttgen lassen. Vgl. tz 593 Anm. 2 (im Urkundenprozeß braucht nicht sogleich eine deutsche Übersetzung der Klage beigefügt zu werden). Anordnung der Aktenvorlegung.

143 (134). Das Gericht kann anordnen,* daß die Parteien die in ihrem Besitze befindlichen Akten vorlegen,2 soweit dieselben aus Schriftstücken bestehen, welche die Verhandlung und Entscheidung der Sache betreffen. 1 Wie: § 140 Anm. 4, § 141 Anm. 3. 2 Insbesondere Handakien der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und Prozeß­ bevollmächtigten. Dgl. §£ 299, 432 (Einficht, Beweisantretung). Nicht Schriftstücke, die nur die Vorbereitung des Prozesses betreffen, Jonas I. Bezugnahme einer Partei aus die Akten nicht erforderlich. Anordnung

deS

Augenscheins,

der

Begutachtung.

144 (135). (1) Das Gericht kann die Einnahme des Augenscheins sowie die Begutachtung durch Sachverständige* anordnen 1

(2) Das Verfahren richtet sich nach den Vorschriften, welche eine auf Antrag

angeordnete Einnahme deS Augenscheins8 oder Begutachtung durch Sach­ verständige^ zum Gegenstände haben.

1 Auch wenn die Pattet gemäß §§ 379, 402 mit der von ihr beanttagten Ver­ nehmung eines Sachverständigen wegen unterlassener Hinterlegung des erforderten Vorschusses ausgeschlossen ist, RG. 109, 68 Es muß dann geprüft werden, ob nicht die Ladung ohne Einfordern eines Vorschusses von Amts wegen anzuordnen ist, RG. 155, 37. 2 Wie: § 140 Anm. 4, § 141 Anm. 3. Vgl. auch § 272 b Abs. 2 Nr. 5 (vor der mündlichen Verhandlung durch Verfügung). 3 §§ 371, 372. 4 §6 402 ff. - § 379 l Dorschußpflicht) ist unanwendbar, RG. 109, 67. Ebenso § 84 GKG. (anders §§ 77, 79 daselbst), IW. 37, 265. Richterliche Prozeßtrennung.

145 (136). (1) DaS Gericht kann tmorbnctt,1 daß mehrere in einer Klage erhobene Ansprüche* in getrennten Prozessen8 verhandelt werden. (2) Dasselbe gilt, wenn der Beklagte eine Widerklage erhoben hat und der

Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruchs nicht in rechtlichem Zusammenhänge* steht.8

(3) Macht der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend

welche mit der in der Klage geltend gemachten Forderung nicht in recht­ lichem Zusammenhänge4 steht, so kann das Gericht anordnen, daß über die Klage und über die Aufrechnung getrennt verhandelt werdet die Vorschriften

des § 3026 finden Anwendung.* 1 Trennungsanordnung. — Sie dient der Herbeiführung größerer Übersichtlichkeit and zur Vermeidung von Prozeßverfchleppung. Sie erfolgt (abgesehen von der schriftlichen Verfügung nach §7 EntlBO sAnhang Isund von der Entscheidung nach Lage der Akten bei Säumnis gemäß §§ 251 a, 331a) auf Grund mündlicher Verhandlung durch (§329 Abs. 1) verkündeten Beschluß, der nicht mit der Beschwerde (§ 567), sondern nur zu­ gleich mit dem Endurteil (§§ 512, 548) anfechtbar ist, RG. 24, 425, vgl. Anm. 5, 7. Anordnung nach freiem Ermeffen, auch von Amts wegen. Wird, entgegen der An­ regung einer Partei, von der Befugnis kein Gebrauch gemacht, so bedarf eS nicht eines besonderen Beschluffes, IW. 09, 316». — Wenn der eine von mehreren Klagansprüchen zur Entscheidung reif ist, ist ohne Anordnung der Trennung Teilurteil (§ 301) zu er­ lassen. Die Trennung ist unzulässig bei'Berweisung nach § 276 od-r § 506. — Eine abweichende Regelung s. in § 15 Abs. 3 MieterSchutzSes. v. 17./2.28. Vgl. auch Anm. 7. — Wtederaufhebung der Trennung: § 150.

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A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

8 Mehrere Ansprüche. — Unter „Anspruch" ist hier ebenso wie in den §§ 260, 301, 306, 307, 321, 322, 529 Abs. 4 daö Klagebegehren zu verstehen, auch daS auf Feststellung (£§ 256, 606, 640), Scheidung oder Aushebung einer Ehr (§ 606) gerichtete. Mehrere insbesondere in den Fällen der §5 59, 60 (subjektive Klagen­ häufung), 260 iobjektive). Rechtshängigkeit ist vorausgesetzt. Daher nicht im Güteund Mahnverfahren, Baumb. 2 (a. M. für d. Güteverfahren Jonas I).

3 Trennungswirkung. — Die Trennung hat zur Folge, daß über die mehreren Klagansprüche nicht nur, wie im Falle deS § 146, gesondert zu verhandeln, sondern auch über jeden Anspruch eine besondere Entscheidung in getrennten Einzelprozessen zu erlaffen ist. — Unzulässig ist es daher, mehrere Ansprüche, die in derselben münd­ lichen Verhandlung erörtert worden sind, demnächst lediglich zum Zwecke der geson­ derten UrteilSsällung zu trennen, RG. 49, 401. — Fernere Folge: Die Zusammen­ rechnung hinsichtlich des Streitwertes (§ 5) hört aus. Daher kann die Revision oder Berufung bezüglich der einzelnen Ansprüche wegen Fehlens der Rechtsmittelsumme (§8 546, 511a) unzulässig werden, RG. 6, 418. Die Trennung hat aber keine rückwirkende Kraft: die Rechtshängigkeit (§ 263), die Wirkung von bisherigen Prozeß­ handlungen (z. B. Geständnissen) bleibt für alle Prozesse bestehen. < Rechtlicher Zusammenhang deS Widerklaganspruch». — Er liegt vor, wenn An­ spruch und Gegenanspruch auf ein gemeinsames Rechtsverhältnis zurückzuführen sind oder

in einem Bedingungsverhältnis zueinander stehen, ohne daß gerade völlige Identität des unmittelbaren Rechtsgrundes vorhanden sein muß oder die Ansprüche im Verhältnis von Leistung und Gegenleistung zu stehen brauchen, IW. 99, su, 03, 66«, auch Anm. 4 § 33. So z. B. bei Zug um Zug zu erfüllenden Ansprüchen und Gegen­ ansprüchen auS demselben Rechtsgeschäft, Gr. 40, iei, IW. 03, 65*. — Vgl. IW. 10, 238« (kein rechtlicher Zusammenhang angenommen zwischen Darlehnsforderung des Klägers und schriftstellerischer Honorarforderung des Beklagten). — Bei der Zwischen­ widerklage besteht der rechtliche Zusammenhang stets. 6 Widerklagabtrennung. — Wird gemäß der Vorschrift deS Abs. 2 (Fast. d. Nov. v. 17./5. 93) durch die Anordnung der Trennung die Verbindung zwischen der Klage und der nicht in rechtlichem Zusammenhänge stehenden Widerklage aufgehoben, so ist ebenso zu verfahren, wie wenn der Beklagte wegen seiner Gegenforderung Klage erhoben hätte; die demnächst in den getrennten Einzelprozeffen ergehenden Entscheidungen sind daher voneinander völlig unabhängig (vgl. IW. 88, 177*). Mot. 92. — Die Widerklage mutz gemätz § 33 zulässig sein. Sie muß also, wennschon nicht mit dem Klaganspruch, doch mit den vorgebrachten BerteidigungSmitteln in rechtlichem Zusammen­ hang stehen oder es muß die Rüge deS Mangels des rechtlichen Zusammenhanges vom Gegner unterlaffen sein; sonst ist sie als unzulässig abzuweisen, Gr. 32, 1170, Anm. 4, 5 § 33. Dgl. § 595 Abs. 1 (Widerklage im Urkundenprozeß unzulässig). — Besteht ein rechtlicher Zusammenhang (Anm. 4), so ist die Trennung unzulässig. — Ist die Trennung unzulässigerweise erfolgt, so kann sie mit dem Rechtsmittel gegen die Entscheidung auf die Klage (§§ 512, 548) angefochten werden, Gr. 32, 1170, auch Anm. 1, 7. — Die Unterbrechung des Verfahrens über die Widerklage ist auf daS Verfahren über die Hauptklage, auch wenn die mit der Widerklage geltendgemachte Gegenforderung und der Klaganspruch in rechtlichem Zusammenhänge stehen, nur auSzudehnen, wenn die materiellen Rechtsbehauptungen der Klage und der Widerklage identisch sind, IW. 15, 126510. 6 Trennung bei Aufrechnung. — Hier hat, anders wie im Falle der Widerklage (s. Anm. 5), tue Trennung lediglich die Bedeutung, daß über die Klage und über die Einrede innerhalb deS anhängigen Rechtsstreits gesondert zu verhandeln ist und daß folgeweise das Urteil, das die Klageforderung zuerkennt, ebenso wie im Falle des § 302, den Rechtsstreit nicht endgültig erledigt, vielmehr, wenn die Einrede alS be­ gründet befunden wird, wieder anftuheben ist. In dieser Weise wurde bereits die frühere Vorschrift des Abs. 2 vom Reichsgericht (RG. 31, i ff.) ausgelegt. Durch die von der Nov. v. 17./5. 98 eingeführte Vorschrift des Abs. 3 ist diese Auffasiung nur be­ stimmter zum Ausdruck gebracht. Mot. 92. — Bei rechtlichem Zusammenhang der Gegen­ forderung mit der Klageforderung (s. Anm. 4) ist nur die Trennung der Verhandlung gemätz § 146 zulässig (Beschränkung der Verhandlung auf die Klageforderung); nicht gemäß § 302 Erlassung eines Endurteils über die Forderung unter Vorbehalt der

Dritter Abschnitt. Verfahren. Erster Titel. Mündliche Verhandlung.

§ 146.

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Entscheidung über die Gegenforderung, Gr. 40, 161, IW. 12,137*. Eine unzulässiger­ weise erfolgte Trennung im Sinne des § 145 (s. Anm. 3) ist nicht selbständig, wohl aber mit dem Rechtsmittel gegen das auf die Klageforderung ergehende Endurteil (§6 512, 548) anzufechten, RG. 24, Die Post vermittelt die Zustellung, ist nicht selbst Zustellungsbevollmächtigter wie in § 175. Ersuchen darum nicht durch die Partei unmittelbar, sondern nur durch einen Gerichtsvollzieher (§ 194) oder die Geschäftsstelle (§§ 196, 211). — Die Partei oder der Gerichtsvollzieher und die Geschäftsstelle haben die Wahl zwischen dieser Zustellungsart und der nach §§ 166 ff. S. jedoch § 197. Ist der Zustellungsauftrag als ein eiliger bezeichnet, der bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erledigt sein müsse, und bleibt bis zum Ablauf der Frist nur noch eine kurze Zeit, so i'st der Gerichtsvollzieher dem Auftraggeber gegenüber verpflichtet, die Zustellung nicht durch die Post (§§ 194, 195) zu bewirken, sondern selbst gemäß § 170 vorzu­ nehmen, RG. 91, 181. Ausführung durch Gerichtsvollzieher.

194 (177). (1) Wird durch die Post zugestellt, so hat der Gerichtsvollzieher die zuzustellende Ausfertigung oder die beglaubigte Abschrift' deS zuzustellenden Schriftstücks verschlossen2 der Post mit dem Ersuchen zu übergeben? die Zustellung einem Ponbediensteten des Bestimmungsorts auf­ zutragen. Die Sendung muß mit der Anschrift der Person, an die zugestellt werden soll, sowie mit der Bezeichnung deS absendenden Gerichtsvollziehers und einer Geschastsnummer versehen seht.4 (2) Der Gerichtsvollzieher hat auf dem bei der Zustellung zu übergebenden Schriftstück zu vermerken, für welche Person er dasselbe der Post übergibt, und auf der Urschrift des zuzustellenden Schriftstücks oder auf einem mit derselben zu verbindenden Bogen zu bezeugen, daß die Übergabe in der im Abs. 1 bezeichneten Art und für wen sie geschehen ist6 1 Dgl. § 170 Anm. 1. 2 Verschlossen. Art des Berschlufles nicht vorgesckrieben. Dienstsiegel unnötig. 3 Übergabe formlos, Zeit gleichgültig. Der Gerichtsvollzieher darf sie keinem andern überlassen, RGJR. 34, 44. Schadensersatzpflicht des Reichs bei Verschulden des GerVollz., RGHRR. 35, 734. * Die Fast, des Abs. 1 beruht auf der DO. v. 17 /6. 33 (RGBl. I 394). Fehlt ein Erfordernis des Abs. 1, so ist die Zustellung unwirksam. Anders bei Abs. 2; s. Anm. 5. 5 Abs. 2 dient dem Zweck, die Person, für die zugestellt wird, dem Zustellung--

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empfünger erkennbar zu machen, Mot. 98, Nov. 17./5. 98. Jedoch macht Fehle« der Bezeichnung die Zustellung nicht unwirksam, RG. 52, u. Übertragung deS Vermerks auf die Abschrift ist nicht notwendig, IW. 96, 697*. Das Übergabezeugnis ist Hand« schriftlich zu vollziehen. Der Gebrauch eines Stempels für die Unterschrift macht die Zustellung unwirksam, OLG. 29, 76; jedoch genügt es, wenn Aushändigung der zuzustellenden Urkunde an den Empfänger anderweit nachgewiesen wird, IW. 32, 1157. — Vgl. § 38 Pr. GeschAnw. f. GVollz. v. 24./3. 14 (JMBl. 343). — Dgl. § 211 Abs. 3 (auf Zust. v. Amts wegen findet Abs. 2 keine Anwendung). Zustellung durch Postbediensteten.

195 (178). (l)1 Die Zustellung durch den Postbediensteten8 erfolgt in Gemäßheit der Bestimmungen der §§ 180 bis 186. (2) Über die Zustellung ist von dem Postvediensteten eine Urkunde aufzu­ nehmen, welche den Bestimmungen be8 § 191 Nr. !, 3 bis 5, 78 entsprechen und die Übergabe der ihrer Anschrift und ihrer GeschSftSnummer nach bezeichneten Sendung luroie der Abschrift derZustellungs urkunde bezeugen muß. (3) Die Urkunde ist von vem Postbediensteten der Postanstalt und von dieser dem Gerichtsvollzieher zu überliefern, welcher mit derselben in Gemäßheit der Bestimmung des § 190 Abs-4 zu verfahren* hat.

1 Die Fassung der Abt. 1 und 2 beruht aus der VO. v. 17 /6. 33 (RGBl. I 394). 2 Der Postbedienstete tritt hier als Urkundsperson (§ 47 PostG.) an die Stelle des Gerichtsvollziehers. Jedoch finden § 155 GVG. und § 49 ZPO. (Ausschließung) auf chn keine Anwendung, da seine etwaigen Beziehungen zu den Beteiligten für seinen Zustellungsakt bedeutungslos sind. Die Vorschriften über die Ausführung der Zu­ stellung (§§ 180 bis 186) gelten auch hier. Eine Postvollmacht ermächtigt nicht zur Ab» weichung von der Reihenfolge der Ersatzzustellungen, Jonas I, Baumb. 1. Bei Post­ sperre ist Zustellung durch die Post nicht ausführbar, Jonas I. 3 Beim Fehlen dieser Erfordernisse ist Zustellung unwirksam, IW. 84, 267. Be« Zeichnung des die Zust. Betreibenden (§ 191 Nr. 2) ist nicht erforderlich, RG. 15, 412. Vgl. OLG. 9,93 (Zust. durch Postagenten). * Der Gerichtsvollzieher ist zu unverzüglicher Übergabe der Zustellungsurkunde an den Auftraggeber verpflichtet, RG. 91, i«3, § 37 Nr. 4, § 38 Nr. 13 Preutz. GeschAnw. f. Gerichtsv. v. 24./3. 14. Die Kehrseite und Ergänzung dieser Obliegenheit ist die Pflicht, die rechtzeitige Erledigung des Zustellungsauftrags durch die Post zu kontrollieren und, im Falle eines von ihm nicht zu hebenden Anstandes bei der Zustellung durch die Post, sofort fich mit dem Auftraggeber ins Benehmen zu setzen, RG. 91,183. Ausführung durch Geschäftsstelle.

196 (179). Insoweit eine Zustellung unter Vermittlung der Geschäfts» stelle zulässig ist,» samt3 dieselbe unmittelbar die Post um Bewirkung der Zustellung ersuchen.3 In diesem Falle finden die Vorschriften der §§ 194, 195 auf die Geschäftsstelle entsprechende Anwendung: die erforderliche Be­ glaubigung* erfolgt durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle. 1 §§ 166 Abs. 2, 508, 699 Abs. 1. 2 Einschränkung: Preußen (nur bei Gefahr im Verzüge): Nr. 43 Ziff. 8 PrZusatzBest. z. JustizaktenO. v. 28./11. 34 (DJ. Nr. 6). — Vgl. auch § 166 Anm. 6 über die Rechtsstellung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zur Partei und über sein Wahl­ recht hinsichtlich der Zustellungsart. 3 Auch durch einen Unterbeamten. — Gebühr: vgl. Vorbem. 1 vor § 166. < Vgl. jedoch § 170 Anm. 9 (Beglaubigung durch Anwalt).

Mehrkosten der Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher.

197 (180). Ist eine Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher bewirkt, obgleich sie durch die Post hätte erfolgen könnm, so hat die zur Erstattung der Prozeßkosten verurteilte Partei die Mehrkosten nicht zu tragend

Dritter Abschnitt. Verfahren. Zweiter Titel. Zustellungen.

§§ 195—198.

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* Anders bezüglich der Zustellung durch den Gerichtsvollzieher statt von Anwalt zu Anwatt: § 198 Anm. 1. 8. von Anwalt zu Anwalt.

198 (181). (1) Sind die Parteien durch Anwälte vertreten, so form1 die Zustellung von Anwalt zu Anwalt erfolgend (2) Zum Nachweise der Zustellung genügt das mit Datum und Unterschrift versehene schriftliche Empfangsbekenntnis des Anwalts/ welchem zugestellt wordm ist? Der Anwalt, welcher zustellt, hat dem anderen Anwalt auf Verlangen eine Bescheinigung über die Zustellung zu erteilen?

1 Kann erfolgen. — Nicht nur im Anwaltsprozeß, sondern auch im Partei­ prozeß, wenn beide Parteien durch Anwälte vertreten sind. — Die Zustellung von Anwalt zu Anwalt ist nur fakultativ. Sie kann ohne Einwilligung und Mitwirkung deS anderen Anwalts nicht zur Ausführung gelangen. Daher können die Kosten der Zustellung durch den Gerichtsvollzieher von der unterliegenden Partei auch dann erstattet verlangt werden, wenn eine Zustellung von Anwalt zu Anwalt angängig war, RG.40,410. Gebühr des Gerichtsvollzieher-: § 2 GebOGV. in d. F. d. Bek. v. 14.12. 22 u. d. DO. v. 13./12. 23. Die Gebühr ist von dem unterliegenden Gegner zu erstatten, es sei denn, daß der Auftraggeber oder in Ermangelung eines bestimmten Auftrages der GerichtSvollzieher nach eigenem Ermessen die förmliche Zustellung gewählt hat, um die Kosten zu vermehren, oder die höheren Gebühren zu gewinnen, oder, weil diese Zustellungs­ art ihm bequemer war. DaS Vorliegen solcher Ausnahmefälle aber mutz die er­ stattungspflichtige Partei besonders dartun, RG. 40, 410. 8 Wohl auch brieflich: dann kommt aber die Post nicht als Zustellungsorgan (§§ 193 ff.), sondern nur alS Beförderungsanstalt in Bettacht. Dgl. Anm. 5.— Während im Falle der Zustellung durch den Gettchtsvollzieher (§§ 166 ff.) oder vermittelst der Post (§§ 193 ff.) sich die Zustellung unter den Voraussetzungen der §§ lbl, 182, 183 Abs. 2 (Ersatzzustellungen bei Nichtantreffen) ohne den Willen deS Zustellungs« empfängers, unter den Voraussetzungen des § 186 (Verweigerung der Annahme ohne gesetzlichen Grund) sogar wider seinen Willen vollziehen kann (s. Vordem. 4 vor tz 166, § 181 Anm. 5, § 183 Anm. 6) vollzieht sich die Zustellung von Anwalt zu Anwalt gemäß § 19b nicht eher, alS bis der Anwalt, dem zugesteül werden soll, nach der ihm überlassenen freien Entschließung den Willen geäußert hat, das betreffende ihm zu­ gegangene Schriftstück, das ihm angeboten ist, um eS als ein im Wege der Zustellung von Anwalt zu Anwalt zugestelltes zu empfangen, diesem Angebot entsprechend anzunehmen, RG. 109, 843, RGHRR. 36,433. Jedoch genügt auch stillschweigende Annahme, IW. 19, 461«. Letztere ist z. B. anzunehmen, wenn die zuzusieüende Ausfertigung in daS Fach des Anwalts auf dem Gericht gelegt und dem Rechtsanwalt davon Mitteilung gemacht ist, RGHRR 36,1255, IW. 37, 3045«». Ferner gilt die Zustellung auch dann als bewirkt, wenn der Anwalt das Empfangsbekenntnis achtlos unterzeichnet, ohne sich die in seinem Büro abgegebene Ausfertigung des zu gestellten Schriftstücks vorzeigen zu lassen, IW 24,962«. Hat der Anwalt die Annahme des ihm zugegangenen Schriftstücks zunächst

abgelehnt, aber später (z. B. nachdem er den Irrtum, in dem er befangen war, daß er nicht mehr Prozeßbevollmächtigter und daher zur Entgegennahme der Zustellung nicht befugt sei, erkannt hatte) den Entschluß gefaßt, das Angebot der Zustellung anzu­ nehmen, und nunmehr daS Empfangsbekenntnis (Abs. 2) auf das Schriftstück gesetzt, so kommt erst hiermit eine wirksame Zustellung von Anwalt zu Anwalt zustande, RG. 98, 243. — Verbindung der Zustellung-urkunde mit der Urschrift (§ 190 Abs. 2) ist bei dieser Zustellung nicht erforderlich. RG. 46,867. — Ein Anwaltszwang besteht für daS Zustellungsverfahren nicht. Daher kann der prozeßbevollmächttgte Anwalt auch einen beim Prozeßgericht nicht zugelafienen Anwalt mit der Zustellung beauftragen, § 78 Anm. 5. — Wird der Prozeßbevollmächtigte der Partei, der zugestellt werden soll, von einem anderen Anwalt gemäß § 29 RAO. vertreten (vgl. hierüber § 176 Anm. 5), so braucht daS Empfangsbekenntnis deS Bertteters mit seinem Namen nicht die Angabe seiner Derttetereigenschast zu enthalten, IW. 18, 736« Auch die Zustellung an einen nicht nach § 29 RAO. zum Vertreter bestellten Anwalt ist wirksam wenn dieser bei dem

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A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen,

gleichen Gericht wie der Prozeßbevollmüchtigte zugelassen ist (vgl. § 29 Abs. 2 RAO.) und der ProzeßbevoLmächtigte ihn (sei es auch nur durch schlüssige Handlungen) allgemein ermächtigt hat, in seiner Abwesenheit für ihn Zustellungen entgegenzu­ nehmen und Empfangsbekenntnisse nach § 198 für ihn zu unterzeichnen, W. 29, 85, RGHRR 35. 41 (a. M. IW. 17, 819>). 3 Zum Zustellungsnachweise genügt. — Damit soll ausgedrückt werden, daß es einer Beurkundung durch eine amtliche Urkundsperson nicht bedarf, nicht aber, daß die Ausstellung des Empfangsbekenntnisses unwesentlich sei. Vielmehr ist damit erst die für die Gültigkeit jeder Zustellung unerläßliche Beurkundung erfüllt, RG. 124, 22, RGHRR. 36,433 (a. M. Baumb. 2). Aber es ist nicht erforderlich, daß das Empfangs­ bekenntnis dem zustellenden Anwalt ausgehändigt wird; vielmehr genügt es, wenn der bescheinigende Anwalt es zur bestimmungsmäßigen Benutzung (z. B. an den Verkehrs­ anwalt der Gegenpartei) herausgibt, OLG. 39,54. Auch kann, wenn es verlorengegangen ist, der Beweis anderweil geführt werden. 4 Empfangsbekenntnis des Anwalts. —Oder seines Zustellungsbevollmächtigten, § 20 Abs. 4 RAO., IW. 99, 403", oder seines gemäß § 34 RAO. bestellten Vertreters, RG. 16./9. 36, IV 238. 36. Vgl. auch Anm. 2 (Vertreter). Eine Ersatzzustellung (§§ 181 bis 186) läßt aber § 198 nicht zu, IW. 24, 9G24. — Fehlt Datum oder Unter­ schrift, so genügt das Empfangsbekenntnis nicht, RG. 124, 27. Jedoch macht Nichtüber­ einstimmung des Datums mit dem wahren die Zustellung nicht unwirksam; der wirk­ liche Tag der Übergabe kann anderweit nachgewiesen werden, RG. 51, 163, IW. 25, 1490". Der wahre Zeitpunkt der Zustellung (Anm. 1), nicht das Datum des Empfangs­ bekenntnisses, ist auch maßgebend für die Frage, ob dem Anwalt vor der Zustellung eine Widerrufserklärung zugegangen ist, z. B. ob die Zurücknahme der Berufung wirksam vor der Zustellung widerrufen ist, RG. 150, 392. — Auch ist unrichtige Bezeichnung des zustellenden Anwalts unschädlich, RG. 41, 360, es sei denn, daß dadurch Zweifel über die Identität des übergebenen Schriftstücks hervorgerufen werden, RG. 4./3. 35, IV B 16. 35. * Das dem zustellenden Anwalt ausgehändigte Empfangsbekenntnis beweist auch zugunsten der Partei, der zugestellt ist, RG. 17, 337, Gr. 28,740. Gegenbeweis, daß die Zustellung nicht, oder an einem andern Tage erfolgt fei, ist zuläfstg, RG. 79, iss, IW. 39, 364. — Zum Nachweise der erfolgten Zustellung genügt unter Umständen eine auf dem zugesiellten Schriftstücke befindliche Zustellungserklärung des zustellenden An­ walts, RG. 14,349, IW. 27,1310-. — Dgl. auch OLG. 39,53 (briefliches Empfangs­ bekenntnis). Unrichtige Empfangsbescheinigung ersetzt nicht die erforderliche Übergabe des zuzustellenden Schriftstücks, IW. 32, 1103. ® Satz 2 ist hinzugefügt durch Nov. v. 17./5. 98, um demjenigen, dem zugestellt wird, den Nachweis der Zustellung zu ermöglichen, Mot. 98 u. Anm. 5. — Die von dem zustellenden Anwalt zu erteilende Bescheinigung ist frei zu würdigen. Sie genügt regelmäßig, doch ist Gegenbeweis, namentlich durch das Empfangsbekenntnis nach Satz 1, zulässig, RGHRR. 35,1691, ohne daß die Zustellung wegen unrichtigen Datums in der Bescheinigung ihre Gültigkeit verliert, RG. a. a. O.

B. Im Auslande (§§ 199—202). Ersuchen um Zustellung.

199 (182). Eine im Auslande zu bewirkende Zustellung* erfolgt mittels Ersuchens der zuständigen Behörde des fremden Staates oder des in diesem Staate residierenden Konsuls? oder Gesandten des Reichs?

1 Zustellungen im Auslande zu bewirken. — Sie sind unnötig in den Fällen der §§ 841 (Streitverkündung an den Schuldner bei Einklagung einer überwiesenen Forderung), 844 (Anhörung des Gegners bei anderer Verwertung einer gepfändeten Forderung als durch Überweisung), 875 (Ladung zum Berteilungstermin). Güte- und Mahnverfahren sind unzulässig, wenn Zustellung im Ausland nötig (§§ 495a Nr. 5, 688). — Zustellung im Auslande kann nur gemäß §§ 199 bis 202 bewirkt werden. Die Zu­ stellung durch Aufgabe zur Poft ist stets eine Zustellung im Inland, s. § 175 Anm. 2, §§ 174 Abs. 2, 175 Abs. 1 (Nichtbenennung eines Zustellungsbevollmächtigten), 829 Abs. 2, 835 Abs. 3 (Zustellung der Pfändung, der Überweisung einer Geldforderung

Dritter Abschnitt. Verfahren. Zweiter Titel. ZusteNungen. §§ 199—291.

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an den Schuldner). Abgesehen hiervon ist aber Zustellung durch einen Gerichtsvoll­ zieher mittels Einschreibebriefs rechtsungültig, RG. 117, 289. — Eine Zustellung gemäß § 199 wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Zustellung auch auf andere Weise, ins­ besondere durch Aufgabe zur Post, erfolgen könnte, IW. 00,13U, OLG. 15, 264. — Vgl. auch § 203 Abs. 2 (öffentliche Zustellung, falls Zustellung im Auslande unausführbar). — Die §§ 199, 202 gellen nicht für Zustellungen, die außerhalb eines Rechtsstreites er­ folgen sollen (z. B. für die Zustellung einer Anfechtungserklärung gemäß § 4 Ans Ges.), auf solche findet vielmehr § 132 BGB. Anwendung, IW. 17, 8211. 2 § 28 Konsulargerichtsbarkeitsges. v. 7./4.00 (RGBl. 213). Verzeichnis der Konsuln: AB. v. 27./1. u. 22./5. 39 (DJ. 178, 917). 3 Neben den §§ 199—202 kommen in Betracht das in § 110 Anm. 6 genannte Haager Abkommen über den Zivilprozeß zwischen dem Deutschen Reich und mehreren Staaten, nebst AusfGes. abgedruckt Einl. II 1, 2 (dort auch Angaben über den Geltungsbereich), sowie die dort ebenfalls genannten Einzelstaatsverträge mit anderen Staaten zur Vereinfachung des Rechtsverkehrs. Danach ist für Zustellungs­ ersuchen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten der unmittelbare Geschäftsverkehr zulässig zwischen den deutschen Gerichten und den gerichtlichen Behörden in: Dänemark, Danzig Litauen (Vertr. v. 30./10. 28, 27./4. 29 fRGBl. II 205, 379]), Luxemburg, Memel-' gebiet, Niederlanden, Polen, Schweiz, Tschechoslowakei. Vgl. Verzeichnis der schweize­ rischen Behörden in Bek. v. 17./3. 06 (RGBl. 514) und 7./4. 23 (RMBl. 287). So­ weit mit Vertragsstaaten unmittelbarer Geschäftsverkehr nicht stattfindet, ist das Er­ suchen um Zustellung an den deutschen Konsul zu richten, aber nur, wenn er selbst zur Vornahme der Zustellung berechtigt ist (was meistens nur der Fall ist, wenn der Adressat der Zustellung Deutscher ist, vgl. Art. 6 des Haager Abkommens, oder der Konsul mit Konsulargerichtsbarkeit [f. Anm. 2] ausgestattet ist) oder wenn er die Zustellung bei der zuständigen ausländischen Behörde vermitteln kann (vgl. Art. 1 Haager Abkommen): andernfalls ist das Ersuchen an den Gesandten des Reiches zu richten (diplomatischer Weg). Vgl. auch die PrRechthilfeordnung für Zivilsachen in Vordem. 5 vor § 156 GVG., sowie preuß. JMErl. v. 31./7. 26 (in IW. 28, 3091) (von einer Weiterleitung von Er­ suchen um Zustellung deutscher Zahlungs- und Leistungsverbote im Ausland ist abzu­ sehen). Zustellung an Exterritoriale und Reichskonsuln.

200 (183). (i)1 Zustellungen an Deutsche, welche das Recht der Exterri­ torialität genießen,? erfolgen, wenn dieselben zur Mission des Reichs gehören, mittels Ersuchens des Reichsministers des Auswärtigen; wenn dieselben zur Misston eines deutschen Landes' gehören, mittels Ersuchens des Ministers

der auswärtigen Angelegenheiten dieses Landest (2) Zustellungen an die Vorsteher der Reichskonsulate* erfolgen mittels Ersuchens des Reichsministers des Auswärtigen.

1 Fassung nach der Text-Bek. v. 13./5. 24. 8 Vgl. über exterritoriale Deutsche § 15 Anm. 1. — Auf Zustellungen an exterri­ toriale Ausländer findet § 200 keine Anwendung. Sie können nur gemäß §§ 199, 202 erfolgen. S. darüber preußische Verfügung über den Geschäftsverkehr der Justizbehörden mit exterritorialen Personen v. 4./12. 28 (JMBl. 454). 3 Abs. 1 galt bisher sowohl für die im Auslande beglaubigten Missionen des Reichs (solange sie sich in dem ausländischen Staat aufhalten) wie für die Gesandten der deutschen Länder bei den anderen deutschen Ländern ihrer Beglaubigung und ferner (in Preußen) für Mitglieder des Reichsrats (§ 18 Abs. 2 GVG.). Die Hoheitsrechte der Länder sind auf das Reich übergegangen (Ges. v. 30./1. 34, RGBl. I 75), der Reichsrat ist aufgehoben (Ges. v. 14./2. 34, RGBl. I 89). 4 § 2 BGes. v. 18./11. 67 (BGBl. 137). — Im Deutschen Reich angesteNte Konsuln auswärtiger Mächte: § 21 GBG.

Truppenteile im Ausland oder mobil.

201

(184). Zustellungen an Personen, welche zu einem im Ausland befindlichen oder zu einem mobilen Truppenteil oder zur Besatzung eines

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A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen,

in Dienst gestellten KriegSfahrzeugS gehören, können mittels Ersuchens der vorgesetzten Kommandobehörde erfolgen?

1 Nicht nur der zunächst vorgesetzten wie in § 172. — Vgl. PrBerf. v. 22./2.11 (JMBl. 115), betr. Zustellungen an Personen der Besatzung eines Kriegsfahrzeuges, und Nr. I Abs. 2 Berf. v. 2./9.14 (JMBl. 701). Bgl. auch § 172 und W. 16, 97. — Wahl mit jeder andern nach den Umständen möglichen Zustellungsart.

Ausführung der Zustellung im Ausland.

202 (185). (1) Die erforderlichen Ersuchungsschreiben* werdm von dem Dorfitzenden des ProzeßgerichtS* erlassen? (2) Die Zustellung wird durch daS schriftliche Zeugnis der ersuchten Be­

hörden oder Beamten, dah die Zustellung erfolgt sei, nachgewiesen?

1 Bgl. § 199 Anm. 3. — Im Parteibetrieb auf Gesuch der Partei, die im An­ waltsprozeß dem Anwaltszwang unterliegt (§ 78 Abs. 1), im Amtsbetrieb von Amts wegen (vgl. § 209). 2 Vorsitzender: auch der Einzelrichter (§§ 348 ff.); im amts gerichtlich en Verfahren der Amtsrichter; im Vollstreckungsverfahren der Bollstreckungsrichter (§ 764). — Unter „ Prozeßgericht" ist in weiterem Sinne auch das Gericht, bei dem eine Klage anhängig gemacht werden soll oder bei dem eine Klage wegen des Anspruchs erhoben werden kann, zu verstehen, IW. 16, 446». Bgl. jedoch IW. 17, 82V (Zu­ stellung von Anfechtungsankündigungen außerhalb eines Rechtsstreits). 3 Telegraphische Übermittelung: RG. 14, 337. — Nicht in der Form einer be­ glaubigten Abschttft der richterlichen Verfügung, OLG. 34, 268. 4 Abs. 2 enthält eine gesetzliche Beweisregel. Gegenbeweis ist zulässig nach § 418 Abs. 2 (a. M. OLG. 42, 8 Anm.); aber keine Prüfung, ob die Ausführung der Zustellung den Dienstvorschriften gemäß erfolgte, Jonas III. — Vgl.: Art. 5 des Haager Abkommens über den Zivilprozeß v. 17./7. 05 (RGBl. 09 S. 410), ab gedruckt Einl. II 1; s. § 110 Anm. 6, § 199 Anm. 3. — Wird die Annahme verweigertes öffentliche Zustellung (§ 203). Vgl. OLG. 13,126. c. Öffentliche Zustellung (§§ 203—206). Zulässigkeit.

203 (186). (1) Ist der Aufenthalt einer Partei unbekannt? so kann die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen? (2) Die öffentliche Zustellung ist auch dann zuläsfig, wenn bei einer im

Ausland zu bewirkenden Zustellung die Befolgung der für diese bestehenden

Vorschriften unausführbar ist oder keinen Erfolg verspricht? (3) Das gleiche gilt, wenn die Zustellung aus dem Grunde nicht bewirkt

werden kann, weil die Wohnung einer nach den §§ 18, 19 des Gerichts­

verfassungsgesetzes der Gerichtsbarkeit nicht unterworfenen Person der Ort der Zustellung ist? 1 über den Begriff des unbekannten Aufenthalts einer Partei vgl. Gr. 45,1025. Der Aufenthaltsort muß nicht nur dem Antragsteller, sondern überhaupt unbekannt sein, RG. 59, 263. Der Antragsteller muß dies (z. B. durch obrigkeitliche Bescheini­ gungen, beglaubigte Versicherungen unverdächtiger Privatpersonen, auch durch eigene Bekundung bei persönlicher Vernehmung) nachweisen, RG. 59, 263. Es ist aber nicht erforderlich, daß überhaupt niemand den Aufenthaltsort kennt; es genügt, daß er mit allen zu Gebote stehenden Mitteln nicht festzustellen ist, IW. 16, 612®. 2 Öffentliche Zustellung ist: unzulässig im Güteverfahren 0 495 a Nr. 5), im Mahnverfahren (§688 Abs. 2); unnötig in den Fällen der §§ 763, 8*1, 844, 875 (s. § 199 Anm. 1). Voraussetzung ist, daß die Zustellung an die Pattei selbst erfolgen muß; hat die Partei einen gesetzlichen Vertreter oder einen ProzetzbevoUmächttgten oder einen Zustellungsbevollmächtigten, der dem Gesuchsteller bekannt ist, so findet

Dritter Abschnitt. Verfahren. Zweiter Titel. ZusteNungen.

§§ 202—204.

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öffentliche Zustellung an die Pattei (deren Aufenthalt unbekannt ist) nicht statt, SeuffA. 53, 188. 8 Abs. 2 gilt ebenso wie Abs. 1 nur für Parteien, wozu auch Stteitverkündete und Nebenintervenienten zählen (nicht z. B. für Zeugen). Unanwendbar ist Abs. 2 für die Zustellung des Pfänd ungsbeschluffes (§ 829 Abs. 2) an den ausländischen Dritt­ schuldner, da dieser nicht Partei ist, RG. 22, 404. 4 Die Vorschrift des Abs. 3 (Nov. v. 17./5. 98) hat ihren Grund dattn, daß nach völkerrechtlichen Grundsätzen ohne Zustimmung des Extertttottalen dessen Wohnung zum Zwecke der Zustellung nicht betreten werden darf und daher unter Umständen die Zustellung an die dort befindliche, der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegende Person unmöglich werden kann. Hinsichtlich der Zustellung an die der deutschen Gerichtsbarkeit nicht unterworfenen Personen aber werden die darüber geltenden Grundsätze durch diese Borschttft nicht berührt. Mot. 99. Vgl. in letzterer Hinsicht § 200 Anm. 2. Ausführung der öffentlichen Zustellung.

204 (187). (i) Die öffentliche Zustellung wird, nachdem sie auf ein (Mud)1 der Partei vom Prozeßgerichte3 bcrotötdl3 ist, durch die Geschäftsstelle von Amts wegen

besorgt4

Die Entscheidung über das Gesuch kann ohne vor­

gängige mündliche Verhandlung erlassen werden? (2) Die öffentliche Zustellung erfolgt durch Anheftung4 der zuzustellenden

Ausfertigung oder

stücktz?

einer beglaubigten Abschrift des zuzustellenden Schrift-

an die Gerichtstafel.

außerdem3

die

Enthält das Schriftstück

eine Ladung, so ist

einmalige Einrückung eines Auszugs des Schriftstücks in

den Deutschen Reichsanzeiger3 erforderlich?3 (3) Das Prozeßgericht kann anordnen, daß der Auszug noch in andere Blätter und zu mehreren Malen eingerückt werbe.11

1 Das Gesuch unterliegt im Anwaltsprozeß dem Anwaltszwang (§ 78 Abs. 1), RG. 91,114, eS sei denn, daß für die betreffende Prozeßhandlung Anwaltszwang nicht besteht; handelt es fldfr z. B. um östentlicke Zustellung eines Arrestbefehls an den seinem Aufenthalte nach unbekannten Schuldner, so ist das Gesuch, weil es sich alS ein mit dem nach § 920 Abs. 3, § 78 Abs. 2 vom Anwaltszwange befreiten Arrestanttag im Zusammenhänge stehender Nebenanttag darstellt, vom Anwalts­ zwange befreit, RG. 91, ii4. — Darüber, daß bei öffentlicher Zustellung von Amts wegen überhaupt ein Gesuch um Bewilligung der öffentlichen Zustellung nicht er­ forderlich ist, vgl. § 208 Anm. 2. 2 Prozeßgericht. — Nicht allein der Vorsitzende (wie in § 202), wohl aber der Einzelttchter (§§ 348 ff.). — Es ist, nachdem die Sache anhängig geworden ist, das Gericht der bettestenden Instanz, vorher aber daS Gericht, dem die Klage behufs Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung und mit dem Antrag auf Bewilligung der öffentlichen Zustellung eingereicht ist. Das Gericht hat bet der Entscheidung über den Anttag seine öttliche Zuständigkeit für den Rechtsstreit nicht zu prüfen. Hierüber ist gegebenenfalls demnächst durch Utteil zu entscheiden, RG. 46, 891. — Handelt eS sich um Einlegung eines Rechtsmittels, so ist für die Entscheidung über den Anttag auf öffentliche Zustellung des Urteils das Jnstanzgettcht, nicht daS zur Entscheidung über das Rechtsmtttel berufene höhere Gettcht zuständig, RG. (DZS.) 41, 426, auch RG. (VZS.) 68, 253. Die öffentliche Zustellung der Rechtsmittelschrift ist vom Rechtsmittelgericht von Amts wegen zu veranlaffen. — Für die Bewilligung der öffentlichen Zustellung einer vollstreckbaren notattellen Uttunde ist daS im § 797 Abs. 3 erwähnte Amtsgettcht zuständig, OLG 37, 112. 3 Ist die öffentliche Zustellung eines Urteils gemäß §§ 203, 204, 208 bewilligt oder angeordnet und ordnungsmäßig ausgeführt, so kann die Rechtmäßigkeit dieser Zu­ stellung nicht nach Ablauf der Rechtsmittelfrist von der Pattei, deren Aufenthalt als unbekannt angenommen war, im Jnstanzenzuge mit dem Nachweise angefochten werden, daß in Wirklichkeit ihr Aufenthalt nicht unbekannt, daß er insbesondere dem Gegner selbst bekannt gewesen sei, RG.61,S6S. Bei Erschleichung: § 826 BGB. — Noch weniger

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A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen,

kann die öffentliche Zustellung von einem Dritten beanstandet werden. So z. B. kann bei dem Streite zweier Gläubiger über ihr Borrecht auf eine BerteilungSmaffe zwar geltend gemacht werden, daß mangels einer ordnungsmäßigen Zustellung, also auch im Falle einer öffentlichen Zustellung an den Vollstreckungsschuldner wegen Ordnungswidrtgkeit dieser Zustellung, die von einem Teile auSgebrachte Pfändung ihm Rechte nicht ver­ liehen habe. Aber die Rechtmäßigkeit des die öffentliche Zustellung anordnenden Ge. ttchtSbefchluffeS kann von dem andern Teil in dem VetteilungSverfahren nicht (z. B. wegen formalen Mangels des Gesuchs um Bewilligung der öffentlichen Zustellung) in Zweifel gezogen werden, da der Beschluß kein Teil der Zustellung selbst ist, RG. 91, ne. 4 Von der Geschäftsstelle besorgt. — Preußen: Nr. 44 Pr. ZusBest. z. JustAktenO. v. 28./11. 34 (DJ. Nr. 6). 5 Entscheidung über daS Gesuch. — Durch Beschluß, der nach etwaiger mündlicher Verhandlung verkündet (§ 329 Abs. 1), sonst von Amts wegen beiden Parteien zugestellt oder formlos mitgeteilt wird (§ 329 Abs. 3). — Die öffentliche Zustellung kann immer nur für einen schon den Gegenstand eines Anttages bildenden Fall, nicht für mögliche künftige Fälle bewilligt werden, RG. 64, 47. Daher muß z. B. auch dann, wenn für die Klage die öffentliche Zustellung bewilligt war, nach Erlaffung eines BersäumniSurteilS gegen den Beklagten nochmals die öffentliche Zustellung des Urteils (vgl. § 339 Abs. 2) durch Gerichtsbeschluß bewilligt werden und müffen in diesem Zeitpuntte die Voraus­ setzungen für die öffentliche Zustellung vorliegen, RG. 64, 44. Das Gericht kann auch die Beantragte Anordnung einer nochmaligen öffentlichen Zustellung deS näm­ lichen Schriftstücks (z. B. eines VersäumniSutteils) nicht deshalb ablehnen, weil schon die frühere (nach Meinung des Antragstellers zweifelhafte) Zustellung wirksam gewesen sei, OLG. 23, ui. — Gegen den ablehnenden Beschluß Beschwerde (§ 567). — Im Falle des § 339 Abs. 2 umfaßt die Bewilligung der öffentl. Zustellung des Der säumntsurteils auch die der öffentl. Zustellung des nachträglich die Einspruchsfrist bestimmenden Beschluffes, RG. 63, 82. v Anheftung. — Nicht notwendig durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle persönlich. Vgl. die in Anm. 4 zit. ZusBest. z. JustAktenO. (mit Hilfe deS GertchtswachtmeisterS). — Die Zeit der Anheftung ist wegen § 206 zu beurkunden; jedoch kann der Beweis der erfolgten Anheftung auf jedem nach § 286 zulässigen Wege geführt werden, RG. 32, 403, und ist die Beurkundung kein wesentliches FormerforderniS. — Auch der Bewilligungsbeschlutz ist anzuheften. 7 Durch Zusatz „der zuzustellenden Ausferttgung oder" (Nov. v. 17./5. 98) ist auch für die öffentliche Zustellung entsprechend § 170 Abs. 1 die Unterscheidung zwischen der (ausnahmSweisen, s. Anm. 1 § 170) Zustellung einer Ausfertigung und der Zustellung in den übrigen Fällen gemacht. Mot. 99. — Beglaubigung der Abschttst durch den Anwalt (§ 170), sonst durch die Geschäftsstelle. 8 Vgl. § 948 (öffentliche Bekanntmachung eines Aufgebots). 9 In Konsularsachen nicht erforderlich: § 29 RGes. v. 7./4. 00 (RGBl. 213). 10 Bei Einlegung des Einspruchs, der Berufung, der Revision genügt, da Ladung nicht mehr erforderlich (vgl. § 340 Nr. 3, § 518 Nr. 3, § 553 Abs. 1 a. F.), für die öffentliche Zustellung der Terminsbestimmung die Erfüllung von Abs. 2 Satz 1 (An­ heftung an die Gerichtstafel). — Entsprechende Anwendung der für eine Ladung gegebenen Vorschrift auf Termtnsbekanntmachung, Jonas III 2, Baumb. 2 11 Abs. 8 bezieht sich nur auf Ladungen, OLG. 13,128. S. aber auch Anm. 10.

Inhalt der Ladungsbekanntmachung.

205 (188).

die Parteien,l

In dem Auszug des Schriftstücks müffen das Prozeßgericht, der Gegenstand des Prozesses, der Antrags der Zweck der

Ladung und die Zeit, zu welcher der Geladene erscheinen soll, bezeichnet werden. 1 Die Erfordernisse sind wesentlich. Angabe eines falschen (z. B. eines bereits verstorbenen) gesetzlichen Vertreters der Pattei, der zugestellt werden soll, ist bet der öffentlichen Zustellung an eine juttstische Person unschädlich, OLG. 37, 136. 8 Bezieht sich nur auf solche Ladungsschriftsätze, die einen Antrag enthalten müffen (z. B. Klageschrift). Fehlt es in diesen Fällen an einem Anträge, so kann die nach-

Dritter Abschnitt. Verfahren. Zweiter Titel. Zustellungen.

§§ 205—207.

321

gesuchte öffentliche Zustellung zurückgewiesen werden. Braucht aber der LadungSschristsatz einen Anttag nicht zu enthalten (wie z. B. die Berufungsschrift, § 518), so ist, wenn er einen solchen Antrag nicht enthätt, auch in den Auszug ein Antrag nicht aufzunehmen, RG. 40, 329.

Zeitpunkt der erfolgten öffentlichen Zustellung.

206 (189). (1) Das eine Ladung enthaltende Schriftstück gilt als an dem Tage zugestellt, an welchem seit der letzten Einrückung des Auszugs in die

öffentlichen Slotter1 ein Monat- verstrichen ist.

DaS Prozeßgericht kann bei

Bewilligung der öffentlichen Zustellung den Ablauf einer längeren- Frist für erforderlich erklären.

(2) Enthält das Schriftstück keine Ladung, so ist dasselbe als zugestellt anzusehen, wenn seit der Anheftung deS Schriftstücks an die Gerichtstafel zwei

Wochen- verstrichen sind. (3) Auf die Gültigkeit der Zustellung hat es feinen Einfluß, wenn daS anzu­

heftende Schriftstück von dem Orte der Anheftung zu früh entfernt wird.* 1 § 204 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3. 2 tz 222 Anm. 1. — Die Fristen sind keine eigentlichen Prozeßfristen (f. § 221 Anm. 1). 3 § 224 Abs. 2. 4 § 949 (ebenso beim Aufgebot). — DaS angehestete Schriftstück ist nicht an den fich meldenden Zustellungsempfänger auszuhändigen, auch nicht an die die Zu­ stellung betteibende Partei, da sonst der einen oder der anderen Partei die Möglichkeit entzogen werden könnte, den Zeitpunkt und die Ordnungsmäßigkeit der Zustellung zu prüfen, OLG. 23, 141. D. Rückwirkung von Zustellungen.

207 (190). (1) Wird auf ein Gesuch,1 welches dieZustellung eines demselben beigefügten Schriftstücks mittels Ersuchens- anderer Behörden oder Beamten oder mittels öffentlicher Bekanntmachung- betrifft, die Zustellung demnächst* bewirkt, so treten, insoweit durch die Zustellung eine Frist gewahrt- und der Lauf der Verjährung* oder einer Frist unterbrochen? wird,- die Wirkungen der Zustellung bereits mit der Überreichung des Gesuchs ein. (2) «Wird ein Schriftsatz, dessen Zustellung unter Vermittelung der Ge-

schästsstelle1- erfolgen soll, innerhalb einer Frist von zwei Wochen" nach der Einreichung

bei

der Geschäftsstelle1-

zugestellt, so

tritt,

sofern

durch die

Zustellung eine Notfrist- gewahrt wird, die Wirkung der Zustellung bereits

mit der Einreichung ein. 1 »Aus ein Gesuch", aber nicht nur „auf Grund des Gesuches". Vielmehr genügt eS, daß, sei eS infolge des Gesuchs, sei es, während daS Gesuch in der Schwebe, d. h. noch unerledigt und nicht zurückgenommen oder sonst fallen gelaffen ist, irgendeine rechtsgültige Zustellung erfolgt, RG. 70, 291, auch 106, 427. Ist z. B. das Gesuch, obwohl seine Voraussetzungen bei der Einreichung vorlagen, wegen veränderter Umstände nachträglich nicht zu erledigen und erfolgt dann, falls die Zustellung trotz der veränderten Umstände noch im Auslande zu bewirken ist, gemäß §§ 203 Abs. 2, 204 auf erneute- Gesuch öffentliche Zustellung, so sind die Wirkungen dieser auf den Tag der Einreichung deS ersten Gesuches zurückzubeziehen. RG. 70, 294. Gleiches gilt auch dann, wmn nach Einreichung des Gesuchs der Zustellungsempfänger einen bekannten Aufenthalt im Jnlande genommen hat und hier die regelmäßige Zustellung an ihn erfolgt, RG. 70, 294. 8 199-202. 3 § 203. 4 Mit dem Ausdrucke „demnächst" ist dem pfiichtmäßtgen Ermessen deS Gerichts die Entscheidung darüber überlassen, ob bei mehrmaligen Zustellungsversuchen eine Zustellung noch unter § 207 Abs. 1 fällt, so, wenn vor Erledigung des Zustellungsersuchens sich Gelegenheit zu einer anderen Zivilprozeßordnung. 22.Muss.

21

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A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen,

rechtsgültigen Zustellung unter einer von der des Ersuchens abweichenden Adresse bietet und erfolgreich benutzt wird, RG. 105, 427, vgl. Sinnt. 1 hier, sowie § 496 Sinnt. 7. 5 Eine Frist gewahrt. — Prozessuale und bürgerlich-rechtliche Fristen. Erstere z. B. §§ 234—236, 320, 586, 926,929 Abs. 3 (Wiedereinsetzung, Urtetlsberichtigung, Wiederaufnahme, Arrestzustellung an den Gläubiger). So wird auch die in §§ 929 Abs. 2, 936 für die Vollziehung eines Arrestbefehls oder einer einstweiligen Verfügung bestimmte einmonatige Frist gewahrt, wenn nur daS Gesuch um Bewirkung der (demnächst erfolgten) Zustellung innerhalb der Frist angebracht worden ist, RG. 117, 293. Ferner bürgerlich-rechtliche Fristen z. B.: BGB. §§ 124, 532, 1594; Eheges. §§ 40, 57 f. « Vgl. BGB. tz§ 209 ff. 7 Eine Frist unterbrochen. — Vgl. z. B. BGB. §§ 941, 937 Abs. 1. 8 Insoweit. — In sonstigen Beziehungen (Rechtshängigkeit, Zuständigkeit deS Gerichts usw.) ist der Zeitpunkt der bewirkten Zustellung maßgebend, RG. 1, 487. 8 Durch die von der Nov. v. 17./5. 98 eingefügte Vorschrift deS Abs. 2 ist die Partei in AnwaltSprozeffen (§ 78 Abs. 1, vgl. § 166 Abs. 2) in die Lage versetzt, stch gegm die Versäumung einer Notfrist (§ 223 Abs. 3) durch Einreichung des Schriftsatzes bei der Geschäftsstelle zur TermtnSbestimmung innerhalb der Frist zu schützen. Mot. 95. Sie hat aber nur noch Bedeutung für die Fälle der §§ 586 (Nichtig­ keit-- oder RestitutionSklage) — nicht für die 5jährige Frist des § 586 Abs. 2 Satz 2, da sie keine Notftist (a. M. IW. 33, 536) —, 958 (Anfechtungsklage gegen Ausschlußurteil), 1043 f. (Klage auf Aufhebung eines Schiedsspruchs.) — Eine weiter­ gehende Vergünstigung als eine Verlängerung der ZuftellungSfrtst gewährt Abs. 2 nicht, insbesondere nicht für den Fall, daß die bei der Geschäftsstelle eingereichten Schriftsätze oder deren Anlagen mangelhaft stnd, IW. 00, 654». — Für daS amtSgerichtliche Verfahren gilt die Vorschrift nicht mehr, da nach der Nov. v. 1./6. 09 alle Zustellungen von Amts wegen erfolgen (§ 496 Abs. 1). Vgl. die entsprechende Vorschrift im § 496 Abs. 3 und .für das Mahnverfahren im § 693 Abs. 2. 10 Zustellung unter Vermittlung der Geschäftsstelle: §§ 166 Abs. 2 Satz 2, 168. — Enthält daS eingereichte Schriftstück den Vermerk, daß die Partei die Zustellung selbst bewirken wolle (vgl. § 168), so wird durch die Einreichung die Frist nicht gewahrt, OLG. 5, 63. 11 Beschränkende Frist von 2 Wochen. — Sie ist gesetzt, um zu verhindern, daß die Partei durch Weisungen an den durch Vermittlung der Geschäftsstelle beauftragten Gerichtsvollzieher (§ 168) die Ausführung der Zustellung beliebig hinzieht. Mot. 95.—Der Beginn der Frist ergibt stch für den Gegner aus dem gemäß § 169 Abs. 2 von der Geschäfts­ stelle auf daS Schriftstück zu setzenden Vermerk über den Zeitpunkt der Übergabe. Mot. 95. — Die Frist ist als Erweiterung der ursprünglichen Notftist selbst eine Notfrist. RG. 63, 414. Anderseits findet gegen ihre Versäumung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand statt (§§ 233 ff.). KB. 76 (str.). — Durch die Dorschttst soll den Parteien auch genügend Zeit gelaffen werden, um Berbefferungen etwaiger Verstöße im Wege rechtzeitiger Wiederholung der Zustellung zu gestatten. Mot. 95. Daher ist bei Inanspruchnahme der Zuftellungstätigleit der Geschäftsstelle die zu wahrende Notfrist, ohne Rückficht auf anfängliche erfolglose Zustellungsversuche, im Sinne des § 207 Abs. 2 immer dann als gewahtt anzusehen, wenn zwar nach deren Ablauf, aber innerhalb der vorgesehenen zweiwöchigen Frist überhaupt ein ordnungs­ mäßiger, vom Gesetze anerkannter Zustellungsakt erfolgt, RG. 105, 426. Ist also z. B. die Einreichung deS Schriftsatzes bei der Geschäftsstelle rechtzeitig erfolgt, so bleibt, auch wenn von dieser innerhalb der zwei Wochen die Zustellung nicht rechtSwirksam (z. B. ohne Beglaubigung der TerminSnottz, s. § 170 Sinnt. 9) bewirkt oder daS Schriftstück dem Anwalt zurückgegeben wird, die Zustellung doch rechtzeitig, wen« sie avderweittg sz. B. von Anwalt zu Anwalt oder durch den Gerichtsvollzieher in unmittelbarem Austrage deS Prozetzbevollmächtigten der Partei) innerhalb der zwei Wochen ordnungsmäßig bewirkt wird, sei es auch erst nach Ablauf der Notfrist, RG. 46, 390, IW. 04, 863”. 18 Wirkung bereits mit der Einreichung. — Gleich steht die Überreichung an

den Richter und die Einreichung einer Ladung zum Zwecke der TerminSbesttmmung (im amtsgerichtlichen Verfahren auch die Anbringung zu Protokoll gemäß § 496

Dritter Abschnitt. Verfahren. Zweiter Titel. Zustellungen.

§§ 208, 200.

323

Abs. 2). KB. 75. Auch Übergabe an einen zur Entgegennahme befugten Beamten außerhalb der Diensträume und der Dienststunden ist wirksam, wenn der Beamte daS Schriftstück nicht zurückweist und es in amtliche Verwahrung nimmt, IW. 04, 211” (a. M. OLG. 17, 140). S. über die Beweiskraft der Empfangsquittung des Urkunds­ beamten in einem solchen Falle IW. 28, 21291°. Nicht genügt, weil Annahme des Schriftsatzes durch einen zuständigen, zur Ausstellung des Eingangsvermerks befugten Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erforderlich ist (RG. 76, 129, IW. 10 480"): Niederlegung in der Geschäftsstelle, OLG. 35, 51; Übergabe an den Hauswart, OLG. 17,139; Einwurf in den Gerichtsbriefkaften, insbesondere nach Schluß der Dienst­ stunden, RG. 76, 127, IW. 31, 2020«. Der Einwurf in den Gerichtsbriefkasten würde regelmäßig nur dann genügen, wenn Verwaltungsanordnungen getroffen wären, die erkennen ließen, daß die Behörde die Eingänge bereits mit dem Einwurf als in den Ge­ wahrsam der zuständigen Stelle gelangt ansehen wolle, W. 36, 95. Läßt das Gericht seine Briefe von der Post abholen, so genügt Eingang beim Postamt, Jonas IV 2, Baumb. 3.

II. Zustellungen von Amts wegenDurch die Vorschriften der §§ 208—213 (Nov. v. 17./5. 98) ist die Zustellung von Amts wegen vereinfacht worden, s. Vorbemerkung vor S 166. Hierzu Instruktionen: Preußen: Allg. Verf. v. 15./12. 30 (JMBl. 359), geändert durch Allg. Verf. v. 12./7. 33 (JMBl. 227), Nr. 43 Ziff. 4 PrZufBest. z. JustizattenO. v. 28./11. 34 (DJ. Nr. 6). Grundsätzliche VorschriftenanWendung.

208. Auf die von Amts wegen* zu bewirkenden Zustellungen finden die Vorschriften über die Zustellungen auf Betreiben der Parteien ent­ sprechende Anwendung? soweit nicht aus den nachfolgenden Bestimmungen stch Abweichungen ergeben? 1 Bon Amts wegen hat die Zustellung zu erfolgen in den Fällen der §§ 104 (Kostenfestsetzungsbeschluß), 141, 296 (Anordnung des persönlichen Erscheinens, Sühneversuch), 329 Abs. 3 (nicht verkündete Beschlüsse und Verfügungen), 340, 519 a, 553 a, 555 (Ein­ spruchs-, Berufungsschrift, Berufungsbegründung, Revistonsschrift, Revistonsbegründung, Terminsbekanntmachung), 377,402 (Ladung der Zeugen u. Sachverständigen), 496 (amts­ gerichtliches Verfahren), 625 (Urteile auf Scheidung, Aufhebung od.Ntchtigkett einer Ehe), 659, 678, 683, 685 (Beschlüsse auf Entmündigung und deren Wiederaufhebung), 693 (Zahlungsbefehl). * Auch hier wird in der Regel (s. § 170 Anm. 1) nicht eine Ausfertigung, sondern eine beglaubigte Abschrift zugestellt, IW. 00, 689. Die Urschrift des zuzustellenden Schriftstücks gelangt hier zu den Gerichtsakten. — Sind mehrere ZustellungSarten zuläsfig (z. B. durch Aufgabe zur Post [§ 175] oder durch Ersuchen einer ausländischen Behörde [§ 199]), so find die Parteien auch bei Zustellung von AmtS wegen berechttgt, Anttäge aus Anwendung einer bestimmten Zustellungsart (z. B. mit Rückstcht auf geringere Kosten) zu stellen, und das Gericht (die Geschäftsstelle) muß stch der Prüfung derartiger Anträge unterziehen, sofern nicht schon mit Ausführung einer anderen Zustellung begonnen ist, IW. 00, 13» (s. jedoch § 166 Anm. 6). — § 204 findet mit der Maßgabe Anwendung, daß das Gericht die öffentliche Zustellung ohne Parteigesuch anzuordnen hat. — Als weitere Art der Zustellung ist in § 212a (VO. v. 13./2. 24) die an den Anwalt der Partei mittels dessen Empfangsbekenntnisses zugelassen. • Eine Zustellung, die auf Betteiben einer Partei zu erfolgen hat, ist unwirksam wenn fie unter den Formen der Zustellung von Amt» wegen geschehen ist, IW. 02,182«.

Bewirkende Amtsstelle.

209.

Für die Bewirkung Sorge zu tragen?

der

Zustellung hat

die Geschäftsstelle*

1 Die Tätigkeit deS Gerichtsvollziehers kommt somtt bei den Zustellungen von Amts wegen vollständig in Wegfall. Mot. 99.

324

A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

2 Die Geschäftsstelle hat auch die neben ihm tätig werdenden Zustellungs­ organe in geeigneter Weise zu überwachen, damit die Durchführung der Zustellung erfolgt, RG. 105, 423, IW. 36,2709». Preußen: § 7 AB. v 15 /12 30 (JMBl. 359) mit Nr. 43 Ziff. 4 PrZusBest. z. JustizAktenO. v. 28./11. 34 (DJ. Nr. 6).

Abschriftenbeglaubtgung.

210. Die Seßlaubtoung1 der bei der Zustellung zu übergebenden Abschrift geschieht durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle-* 1 Dgl. § 170 Anm. 6, 8. 2 Im AmtSgerichtSprozetz auch der Klage, des Einspruchs usw. (§ 496 Abs. 1); § 170 Abs. 2 ist nicht anwendbar, da er nur Zustellungen auf Betreiben der Parteien betrifft: jedoch genügt auch Beglaubigung durch den (etwaigen) Anwalt des Klägers, IW. 16, 921*.

Zustellung einer Rechtsmittelschrift.

210 a.1 (1) Ein Schriftsatz, durch welchen ein Rechtsmittel eingelegt2 wird, ist dem Prozeßbevollmächtigten2 derjenigen Instanz, deren Entscheidung angefochten wird, in Ermangelung eines solchen dem Prozeßbevollmächtigten2 erster Instanz* zuzustellen. Ist von der Partei bereits ein Prozeßbevollmächtigter für die höhere, zur Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel zuständige Instanz2 bestellt,2 so tarnt7 die Zustellung auch an diesen Prozeßbevollmächtigten erfolgen. (2) Ist ein Prozeßbevollmächtigter, welchem nach Maßgabe des Abs. 1 zu­ gestellt werden kann, nicht vorhanden,2 oder ist sein Aufenthalt unbekannt,2 so erfolgt die Zustellung an den von der Partei, wenngleich nur für die erste Instanz bestellten Zustellungsbevollmächtigten,2 in Ermangelung eines solchen an die Partei selbst,12 und zwar an diese durch Aufgabe zur Post, wenn fie einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen hatte, die Bestellung aber unterlassen hat. 1 Seit den Nov. v. 5./6. 05 und v. 1./6. 09 werden die Rechtsmittelschriften von Amts wegen zugestellt (§§ 519a, 553a). Deshalb ist als Ersatz deS durch die letztere Novelle gestrichenen § 179 der tz 210a unter die Vorschriften über Zustellung von Amts wegen eingestellt. Er gibt die Vorschriften des § 179 im wesentlichen unverändert wieder. 2 Rechtsmittel eingelegt. - §§ 518, 519 a, 553, 553 a, 569 Abs. 2. — Die Be. stimmungen des§ 210a sind aber sinngemäß auch auf die nach Zustellung der Rechtsmittel­ schrift in der höheren Instanz erforderlichen Zustellungen, auch soweit ste von den Parteien zu betreiben sind, anzuwenden. Vgl. tz 176 Anm. 5. Daher ist z. B. in der Revisions­ instanz der eine Ausnahmeerklärung oder eine Anzeige im Sinne des § 250 enthaltende Schriftsatz, wenn der Gegner für die Revisionsinstanz einen Prozeßbevollmächtigten noch nicht bestellt hat, an seinen Prozeßbevollmächtigten der Berufungsinstanz zuzustellen, eine Zustellung an den Anwalt erster Instanz ist wirkungslos, W. 11, 478, § 250 Anm. 1. Dagegen ist das Urteil dem Anwalt der betreffenden, nicht der höheren Instanz zuzustellen, § 176 Anm. 4. 3 Prozeßbevollmächtigten — oder dessen Zustellungsbevollmächtigten (§ 20 Abs. 4 RAO.), IW. 99, 30413. Nicht dem Substituten, RG. 22, 397, IW. 85,138. — Wenn ein beim Rechtsmittelgericht zugelassener Anwalt selbst Partei ist, erfolgt die Zustellung an ihn (§ 78 Abs. 3), IW. 03,17612. — Ist (in Ehe- und Entmündigungssachen) die Stcratsanwaltschaft Partei, so geschieht die Zustellung an die Staatsanwaltschaft bei der höheren Instanz, RG. 36, 345. — Im Falle einer Berweisung (§§ 276, 506) ist der für das amts­ gerichtliche Verfahren bestellte Prozeßbevollmächtigte für die erste Instanz bestellt, auch wenn er vor dem Landgericht nicht auftreten konnte, solange nicht hier ein anderer Pro­ zeßbevollmächtigter bestellt ist, Jonas II 1. 4 In Ermangelung zweitinstanzlichen dem erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten. — Hiernach ist die Revistonsschrift dem Anwalt erster Instanz zuzustellen, wenn der Anwalt

Dritter Abschnitt. Verfahren. Zweiter Titel.

Zustellungen.

§§ 210—212.

325

-weiter Instanz nach Zustellung deS BerufungSurteilS gelöscht wird oder stirbt. Denn eine Unterbrechung (§244) findet in diesem Falle nicht statt, § 244 Anm. 5, RG. 13, 3io, Gr. 28,1130. 6 Mehrere gleichzeitig anhängige Rechtsmittel (z. B. Rechtsmittel zunächst von der einen Partei und dann, aber noch während desien Anhängigkeit, Rechtsmittel von der andern Partei) gegen dasselbe Urtetl gehören zu derselben Rechtsmittel­ instanz, RG. 120, 187, § 178 Anm. 1, so daß hinsichtlich aller anhängigen Rechts­ mittel Zustellungen während der Instanz (z. B. Terminsbestimmungen nach §§ 520, 555) an die Prozetzbevollmächtigten dieser Instanz, die sowohl für das Rechtsmittel ihrer Partei wie für das Gegenrechtsmittel als bestellt gelten, erfolgen dürfen, RG. 120, 187. Ander-, wenn das eine Rechtsmittel bei Einlegung deS anderen bereits erledigt ist oder wenn verschiedene Rechtsmittel gegen verschiedene Urteile der Vottnstanz eingelegt werden, RG. 27, 853, IW. 93, 161". 6 Prozeßbevollmächtigter für die höhere Instanz bereits bestellt. — Z. B. wenn das Rechtsmittel der Gegenpartei schon in Aussicht stand. — Die Bestellung kann auch schon während der ersten Instanz (als eventuelle) erfolgen, RG. 18, 395, Gr. 35, 161. — Das Gericht hat eine Bestellung zu beachten, wenn sie ihm angezeigt ist (vgl. IW. 87, 432). 7 Kann an den Prozeßbevollmächtigten der höheren Instanz erfolgen. — Ausnahme von § 176. Vgl. Anm. 3 dort. 8 Aufenthalt deS Prozeßbevollmächtigten unbekannt. — Der Fall des Abs. 2 liegt auch vor, wenn der Prozeßbev. nach Zustellung deS Urteils gestorben, RG. 13, sii, oder der prozeßbev. Anwalt in der Zulassungsliste gelöscht ist, OLG. 5, so. Dgl. Anm. 4. » §§ 174, 175. 10 Dgl. § 175 Anm. 1, 2. Ausführung der Zustellung.

211. (1)1 Die Geschäftsstelle hat das zu übergebende Schriftstück einem GerichtSwachtmeister oder der Post zur Zustellung auszuhändigen.2 Die Sen­ dung muß verschlossen sein; sie muß mit der Anschrift der Person, an die zugestellt werden soll, sowie mit der Bezeichnung der adsendenden Stelle und einer Gefchästsnummer versehen sein. Sie muß den Vermerk „Vereinfachte Zustellung" ° tragend (2) Die Vorschrift des § 194 Abs. 26 findet keine Anwendung. 1 Die Fassung des Abs. 1 beruht auf der BO. v. 17./6. 33 (RGBl. I 394). 8 Aushändigung formlos. Einwerfen in einen Postbriefkasten genügt. Preußen: § 5 Nr. 2 AV. v. 15 /12. 30 (JMBl. 359), I 4 AV. v. 12./7. 33 (JMBl. 227). • Außerdem: wenn die genaue Angabe der Zeit der Zustellung erforderlich ist (z. B. wenn durch die Zustellung eine nach Stunden berechnete Fttst in Lauf gesetzt wird), mit dem Vermerk „Mit Zeitangabe zustellen"; wenn die Unzulässigkeit einer Ersatzzustellung (§ 185) bekannt ist, mit einem die Zustellung an den beteiligten Ersatz­ empfänger ausschließenden Vermerke. Preußen: 4 Nr. 1 AV. v. 15./12. 30 (JMBl. 359). * Fehlt dieser Vermerk, so ist die Zustellung wirkungslos, OLG. 2, 422 (dahin­ gestellt in W. 39, 78). 6 Abs. 2. Vermerk über die Person des Zustellers also nicht erforderlich. Beurkundung der Zustellung.

212. (1)1 Die Beurkundung der Zustellung durch den GerichtSwacht­ meister oder den Poftbediensteten erfolgt nach den Vorschriften des § 195 Abs. 22 mit der Maßgabe, daß eine Abschrift der ZustellungSurkunde nicht zu übergeben, der Tag der Zustellung jedoch auf der Sendung zu vermerker? ist. (2) Die Zustellungsurkunde ist der Geschäftsstelle zu überliefern. 1 Die Fassung des Abs. 1 beruht auf der VO. v. 17 /6. 33 (RGBl. I 394).

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A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

8 Val. Preußen: § 8ff. AB. v. 15./12. 30 (JMBl. 359), I 5 ff. AD. v. 12 /7. 33 (JMBl 227). 3 Dieser Tag entscheidet, OLG. 2, 86. Wo nötig, ist auch die Stunde anzugeben. Das Unterlassen des Vermerkes macht aber die Zustellung nicht unwirksam, weil der Vermerk nur die beglaubigte Abschrift der Zustellungsurkunde (§190 Abs. 3) ersetzt, IW. 31, 2366 (a. M. OLG. 6, 394). — Der Rechtsanwalt muß den Umschlag bei den Handakten aufbewahren, RG. 120, 248.

Zustellung an einen Anwalt.

212 a.1 Bei der Zustellung an einen Anwalt, Notar oder Gerichtsvoll­ zieher oder eine Behörde oder Körperschaft des öffentlichen Rechts genügt zum Nachweis der Zustellung das mit Datum und Unterschrift versehene schrift­ liche Empfangsbekenntnis des Anwalts oder eines gemäsr § 19 der Rechts­ anwallsordnung bestellten Zustellungsbevollmäcbtigten, des Notars oder Gerichtsvollziehers oder der Behörde oder Körperschaft? 1 Die Fassung beruht auf der VO. v. 17./6. 33 (RGBl. I 394). An die Stelle des § 19 RAO. älterer Fassung ist § 20 Abs. 4 RAO. v. 21./2. 36 getreten. 2 Die §§ 211, 212 finden bei Wahl dieser Zustellungsart keine Anwendung. — Hat die Geschäftsstelle das zuzustellende Schriftstück dem Anwalt usw. gegen seine schrift­ liche Empfangsbescheinigung übergeben, so gilt die Zustellung (z. B. eines Arrestbefehls gemäß § 929 Abs. 2, eines Urteils gemäß § 7 EntlBO.) auch dann als bewirkt, wenn der Anwalt erklärt hat, er verzichte auf Zustellung; die Erklärung besagt nur, daß der Anwalt auf förmliche Zustellung durch den Gerichtsvollzieher verzichtet, RGHRR. 36, 432. Das Empfangsbekenntnis kann wirksam nur die Person ausstellen, an die die Zu­ stellung gerichtet ist, RGHRR.32,1596; aber auch der nach § 34 RAO. bestellte Vertreter, RG. 16./9. 36, IV 238. 36. — Preußen: § 4 Nr. 3 AB. v. 15./12. 30 (JMBl. 359) i. d. Fass. d. AB. v. 12./7. 33 (JMBl. 227). Gelangt das Schriftstück hiernach oder sonst zwar in den Gewahrsam des Anwalts, aber ohne sein Wissen, so ist die Zustellung erst dann vollzogen, wenn er Kenntnis davon erhält; auf diesen Zeitpunkt ist das Empfangs­ bekenntnis abzustellen, RG. 109, 342. Gegenbeweis ist dahin zulässig, daß die Zustellung zu einer anderen als der bescheinigten Zeit, insbesondere daß sie früher erfolgt sei, RG­ HRR. 36, 1255. — Vgl. im übrigen § 198 Anm. 1—5, die entsprechend auch hier gelten. Der Anwalt ist zwar beruflich, aber nicht prozessual verpflichtet, bei der Zustellung nach § 212a mitzuwirken, IW. 36, 2174. Eine Gegenbescheinigung (§198 Abs. 2 Satz 2) kann hier nicht verlangt werden. — Nach Zustellung kann nicht rechtswirksam vereinbart werden, daß die Zustellung als nicht geschehen betrachtet werden solle, IW. 31, 3544».

Zustellung durch Aufgabe zur Post.

2IS. Ist die Zustellung durch Aufgabe zur Post (§ 175) erfolgt, so hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle in den Akten zu vermerken, zu welcher Seit1 und unter welcher Adresse die Aufgabe geschehen ist. Der Aufnahme einer Zustellungsurkunde bedarf eS nicht? 1 Daher hat in diesem Falle der UrkundSbeamte in der Regel selbst daS Schrift­ stück am Postschalter einzuliesern oder es in einen Briefkasten zu legen. Bedient er sich der Hilfe eines GerichtSwachtmeisterS, so hat er die Ausführung zu überwachen und den Vermerk auf Grund seiner Angaben auszustellen. Preußen: § 5 Nr. 2 AB. v. 15./12. 30 (JMBl. 359), I 4 AB. v. 12./7. 33 (JMBl. 227). — Ob die Post­ sendung mit „Einschreiben" zu versehen ist (§ 175 Abs. 2), steht nach den obwaltenden Umständen im Ermessen der Geschäftsstelle. 8 Danach ist für die von Amts wegen erfolgende Zustellung durch Aufgabe zur Post daS im § 192 vorgesehene Zustellungszeugnis entbehrlich. — Die Zustellung entbehrt, wenn der Gerichtswachtmeister oder der Postbedtenstete unterlassen hat, denTag der Zustellung aus dem Umschlag zu vermerken, nicht deshalb der Gültigkeit, W. 19, ??.

Dritter Abschnitt. Verfahren. Dritter Titel. Ladungen. §§ 212 a—216*

327

Dritter Titel. Ladungen, Termine und Kristen. 3

7

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1. Ladungen.

Parteiladung.

214 (191). (1) Die Ladung zu einem Termin" erfolgt durch die Partei," welche über die Hauptsache oder über einen Zwischenstreit" mündlich ver­ handeln nriH* (2) Ist mit der Ladung zugleich eine Klageschrift" oder ein anderer Schrift­ satz zuzustellen, so ist die Ladung in den Schriftsatz aufzunehmen. i Ladung erfolgt. — Durch deren Zustellung nach Maßgabe deS vorigen Titels. — Ist auf einen Antrag nach dessen Zustellung an den Gegner vom Gericht münd­ liche Verhandlung angeordnet, so kann auch der Gegner dazu laden (z. B. im Falle des § 890), RG. 39, 423. > Durch die Partei. — Gegensatz von Amts wegen. Fälle dieser Ladung: §§ 141, 296 (Anordnung deS persönlichen Erscheinens, Sühneversuch), 329 Abs. 3 (nicht verkündete Beschlüsse mit Ladungsanordnung), 377, 389 Abs. 2, 402 (Ladung der Zeugen und Sachverständigen), 497 (amtsgerichtliches Verfahren), 520, 555 (Termin auf Berufung, Revision), 653,680 (Entmündigungsverfahren), 873—875 (Verteilungs­ verfahren), f. auch § 218 Anm. 1. — Die ladende Partei ladet sich selbst, Jonas IV. 8 Zwischenstreit: § 303 Anm. 2. < Ladung zu einem Termin. — Sie ist Aufforderung an den Gegner, in dem gerichtlich bestimmten Termine zu erscheinen, und fetzt vorherige Terminsbestimmung voraus. Daher muß die Ladung eine beglaubigte Abschrift der TerminSbrstimmung und eine Aufforderung zum Erscheinen im Termin enthalten. Fehlt auch nur eines von beiden, so liegt eine wirksame Ladung nicht vor, RG. 55, 22. Jedoch ist Gebrauch der Gesetzesworte nicht zwingend, RG. 60, 273 Auch wird bei unrichtiger TerminSangabe der Mangel durch Verzicht (§ 295) geheilt, OLG. 9, 94. — über daS Recht einer Partei, die Stteitgenosien des Gegners, die dieser nicht gemäß § 63 hinzuladet, ihrerseits zu laden, s. § 63 Anm. 2 5 Vgl. § 253, auch § 585 (Richtigkeits- oder RestitutionSklage). S. jedoch § 497 Abs. 1 für das amtSgertchtliche Verfahren. In Anwaltsprozessen.

215 (192). In Anwaltsprozessen* mutz" die Ladung zur mündlichen Verhandlung, sofern die Zustellung nicht an einen Rechtsanwalt erfolgt, die Aufforderung an den Gegner" enthalten, einen bei dem Prozeßgerichte zu­ gelassenen Anwalt zu bestellend 1 §78 Abs. 1. s Zwingende Vorschrift. — Vgl. §§ 335 Nr. 2, 95 (sonst nicht Versäumnisurteil oder Entscheidung nach Lage der Akten, Kosten der Terminsverlegung). s Gleichviel, ob er als Partei selbst oder als deren gesetzlicher Vertreter oder gewillkürter Prozetzvertreter geladen wird. 4 Wenn die Ladung selbst zwar die Aufforderung nicht enthält, aber gleichzeitig mit ihr ein die Aufforderung in sich schließender weiterer Schriftsatz zugestellt wird, ist der Vorschrift genügt, mag auch der Schriftsatz eine Klageschrift (die bisher nicht zugestellt worden ist) mit einer Ladung zu einem bereits verfloffenen Termin sein, IW. 21, 124321. Terminsbestimmung.

216 (193). (1) Die Ladung ist zum Zwecke der Terminsbestimmung bei der Geschäftsstelle einzureichen^ (2) Die Bestimmung der Termine" erfolgt" binnen vierundzwanzig Stunden" durch den Vorsitzenden." (3) Auf Sonntage und allgemeine Feiertage" find Termine nur in Not­ fällen anzuberaumen.

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A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

i Ladung zur Terminsbestimmung einzureichen. — Terminsbestimmung erfolgt ausnahmsweise von Amts wegen ohne Einreichung einer Ladung: ZPO. §§ 136 Abs, 3, 370 Adf 2, 227 (Termin zur Fortsetzung der Verhandlung, Verlegung des Termins), 251a Abs. 2 (neuer Termin beim Ausbleiben beider Parteien), 251a Abs. 1, 310 (Verkündungstermin), 348 (Termin im Verfahren vor dem Einzelrichter), 361, 362, 366, 368, 370 (Termin im Beweisverfahren), 340 a, 520, 555 (nach Ein­ legung deS Einspruchs, der Berufung und Reviston); ferner allgemein im amtSgerichtlichen Verfahren (§ 497), vgl. auch § 102 GVG. (Verweisung von der Zivilkammer an die Handelskammer oder umgekehrt). » Bei Bestimmung von Terminen, zu denen die Ladung einer oder beider Parteien erforderlich ist, stnd (s. § 335 Abs. 1 Nr. 2) die Ladungs- (§ 217) und die Einlassungsfrist (§ 262) zu beachten. — Mündliche Verhandlung ohne TerminSbestimmung: § 500 (zur Güteverhandlung vor dem Amtsgericht statthaft). 3 Erfolgt. — Ohne materielle Prüfung des Gesuchs. Begr. 158. Vgl. RG. 33,244. Ausnahme: § 499b (Zurückweisung des Güteantrags, wenn der Anspruch von vorn­ herein aussichtslos erscheint), § 609 (in Ehesachen wegen Sühneversuchs). — Die Termins­ bestimmung kann aber wegen offenbarer wesentlicher unheilbarer Mängel der Ladung (z. B. Fehlen der Unterschrift) abgelehnt werden. Desgl. bei Ladung zur Verhandlung über ein Gesuch, dessen Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erfolgen darf, Ionas II 1. Ferner wenn die Prozeßakten abhanden gekommen oder vernichtet worden sind, vor deren Wiederherstellung, da die ZPO. die Herstellung von Prozeßakten voraussetzt und ohne solche ein ihr entsprechendes, ordnungsgemäßes Verfahren undenkbar ist, IW. 20, 1042. Weiterhin, wenn in der Instanz eine mündliche Verhandlung nicht mehr zu­ lässig ist, Jonas I11. Ist bereits durch einen gerichtlichen Vergleich der Prozeß beendigt, so kann trotzdem auf eine Ladung, welche die Fortsetzung des Rechtsstreites verfolgt, die Anberaumung eines Termins nicht abgelehnt werden, wenn behauptet wird, daß der Vergleich zufolge Anfechtung wegen Betruges oder Irrtums oder aus sonst einem Grunde nichtig sei, IW. 07, 311" (str.; anders IW. 05, 53521), vgl. § 794 Anm. 7. — Darüber, ob das Fehlen einer Prozeßvoraussetzung Ablehnung der Terminsbestimmung recht­ fertigen kann, herrscht Meinungsverschiedenheit. Meist wird das verneint, weil solche Mängel meist heilbar seien und es sich nur um Voraussetzungen des Sachurteils handle (so Jonas II 2, 3, der aber den Mangel der Gerichtsbarkeit ausnimmt, und Baumb. 2 ohne diese Ausnahme). Indessen läßt sich die Frage kaum einheitlich entscheiden. Jedenfalls gibt es Fälle, in denen wegen solcher Mängel die Terminsbestimmung abgelehnt werden kann. So z. B. wenn der Kläger gerichtskundig prozeßunfähig ist, OLG. 25,132, oder bei Einreichung einer Klage beim Oberlandesgericht (so auch Jonas II 1). — Bei Ablehnung der Terminsbestimmung Beschwerde (§ 567). — Gebühren; des Gerichts: nach § 1 GKG. gebührenfrei, da keine besondere Gebühr bestimmt; des Anwalts: (3/10) § 23 Nr. 5 GebORA., vgl. jedoch §29 Nr. 6 (durch Hauptgebühren mitabgegolten). 4 Gemäß §§74 Abs. 2f. GKG. beginnt die Frist von 24 Stunden bei Klage usw. erst mit dem Nachweis der Gebührenzahlung zu laufen, wenn keiner der Aus­ nahmefälle vorliegt. — Ist nach der Ausnahmevorschrift des Abs. 4 der Termin ohne vorgängige Gebührenzahlung anberaumt, so kann doch die Entgegennahme und die Anberaumung weiterer Termine noch von der Gebührenzahlung abhängig gemacht werden, sofern nicht dem Kläger das Armenrecht bewilligt ist, IW. 28, 2154. 6 Durch den Vorsitzenden. — Im amtsgerichtltchen Verfahren durch den Amts­ richter, im Einzelrichterverfahren (§§ 348 ff.) durch den Einzelrtchter. Ferner durch den beauftragten oder ersuchten Richter (§ 229). — Auswahl und Bestimmung der Termine der Sache entsprechend ist eine wichtige Aufgabe des Richters, die er, auch nicht teilweise, der Geschäftsstelle überlasten darf. Verzögerungen stnd dabei möglichst zu vermeiden. Die Terminsstunden sind zweckmäßig zu verteilen. Näheres AD. v. ll./ll. 35 (DF. 1654) I Abs. 1 bis 5, abgedruckt Einl. III. « § 188 Anm. 2.

Ladungsfrist.

217 (194). Die Frist, welche in einer anhängigen Sachet 5 zwischen der Zustellung der Ladung und dem Terminstag liegen soll (Ladungsfrist),* be­ trägt in AnrvaltSprozessen° mindestens* eine Woche, in anderen Prozessen

Dritter Abschnitt. Verfahren. Dritter Titel. Ladungen, Termine. §§ 217, 218.

mindestens drei lagt,5

in Meß»

und Marktsachen°

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mindestens vierund­

zwanzig Stunden.'

Arbeitsgerichtliches Verfahren: Wohnt die beklagte Partei am Sitze des Arb Gerichts, so muß die Ladung mindestens am zweiten Tage vor dem Termin zugestellt werden. § 47 Abs. 3 ArbGG. i Dagegen EinlasiungSfttst für die ein Verfahren einleitenden Ladungen (§§ 262,499, 520, 555, 604). ß Der Tag der Zustellung und der TerminStag werden in die Frist nicht eingerechnet. § 222 Anm. 1. — Ist die Frist nicht eingehalten: §§ 335 Nr. 2, 227, 95 (nicht Verfäumnisurteil oder Entscheidung nach Lage der Akten, Vertagung auch von Amts wegen, Kosten der Terminsverlegung). Wer jedoch seinen Gegner ohne Ein­ haltung der Frist geladen hat, kann gegenüber dem gleichwohl erschienenen und zur Verhandlung bereiten Gegner nicht den Einwand erheben, daß er selbst nicht rechtzeitig geladen sei, RG. 111, 289. Dieser Unterschied zwischen ladender und geladener Partei besteht auch für die Einlegung der Rechtsmittel (Berufung, Revision) und des Ein­ spruchs, wiewohl hierbei nicht eine Ladung im Parteibetriebe, sondern (§§ 340a, 520,555) eine Bekanntmachung des Termins von Amts wegen stattfindet, RG. 86, ui. — Be­ stimmung der Ladungsfrist durch den Vorsttzenden: § 239 Abs. 3 (Aufnahme deS Verfahren- nach Unterbrechung). — Die Frist bezieht fich nicht allein auf Partei­ ladungen, sondern ist auch dann anzuwenden, wenn gemäß § 370 Abs. 2 nach Beendi­ gung der Beweisaufnahme ein Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung von AmtS wegen bestimmt und den Patteien bekanntgemacht wird, RG. 81, 823. Dagegen findet die Frist keine Anwendung, wenn eS fich nur um Benachrichtigung von der Änderung der TerminSstunde handelt, IW. 95, 879». » § 78 Abs. 1. * Abkürzung: § 226. 6 Mangels einer Sonderbestimmung (wie früher im § 696 Abs. 2 a. F.) gemäß § 696 Abs. 3 auch für die Ladung zur Streilverhandlung nach erhobenem Wider­ spruch gegen einen Zahlungsbefehl, da dann die Stteitsache schon als mit Zustellung des Zahlungsbefehls rechtshängig geworden gilt, es fich also um Ladung „in einer llllhÜNgigkN Sache" im Sinne des § 217 handelt. « § 30. 7 Ladungsfrist in Wechselsachen: § 604.

Verkündete Termine.

Zu Terminen, welche in verkündeten Entscheidungen bestimmt find,* ist eine Ladung der Parteien? unbeschadet der Vorschriften des § 141 218 (195).

Abs 2S nicht erforderlich.* 1 An verkündeten Entscheidungen bestimmte Termine. — § 218 setzt voraus, daß die Parteien zu dem Termin, in dem die Entscheidung verkündet wurde, ordnungs­ mäßig geladen waren. — Zu Terminen, die in nichtverkündeten Entscheidungen be­ stimmt find, ergeht die Ladung von Amts wegen mit der Mitteilung der Entscheidung. § 329 Anm. 4. 2 Auch wenn sie nicht bei der Verkündung anwesend waren. Begr. 158, auch §§ 312, 329 Abs. 1, 2 (Wirksamkeit der Verkündung von der Anwesenheit nicht ab­ hängig). Es braucht also diejenige Pattei, die zugegen ist, nicht die andere (aus­ gebliebene) Pattei zu dem verkündeten Termine zu laden, RG. 41, 356, Gr. 55, io84. • Die Motte „unbeschadet der Vorschttften des § 141 Abs. 2" (Nov. v. 1./6. 09) sollen klarstellen, daß die Partei, deren persönliches Erscheinen angeordnet ist, gemäß § 141 Abs. 2 auch dann besonders von Amts wegen zu laden ist, wenn der Termin in einer verkündeten Entscheidung bestimmt ist. Vgl. § 141 Anm. 5. 4 Ladung nicht erforderlich. — Auch nicht im AmtSgettchtSprozeß; § 497 Abs. 1 Satz 3 steht nicht entgegen. — Ausnahmsweise ist die Ladung der nicht erschienenen Partei zu dem neuen Termin ttotz dessen Verkündung erforderlich: §§ 251a Abs. 1 (Verkündungstermin für Entscheidung nach Lage der Akten der ausgebliebenen Partei bekanntzumachen), 335 Abs. 2, 337 (Vertagung auf den Antrag auf Erlassung eines Versäumnisurteils oder einer Entscheidung nach Lage der Akten), 618 Abs. 3, 670, 684, 686 (Ladung der nicht erschienenen Partei in Ehe­ sachen, in Entmündigungssachen). — Die Ausnahme deS § 835 Abs. 2 findet aber nur dann Anwendung, wenn das Gericht den Anttag auf Erlasiung eines

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A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

Dersäumnisurteils (oder einer Entscheidung nach Lage der Akten) zurückgewiesen hat und dann aus Antrag der erschienenen Partei die Verhandlung vertagt worden ist, und die Ausnahme des § 337 nur dann, wenn das Gericht die Verhandlung über den Antrag auf Erlaffung des Dersäumnisurteils (oder einer Entscheidung nach Lage der Akten) von AmtS wegen vertagt hat, RG. 41, 355. Wird dagegen die Ver­ handlung von vornherein auf Antrag der erschienenen Partei vertagt, ohne daß diese ein Versäumnisurteil (oder eine Entscheidung nach Lage der Atten) beantragt hatte, so bedarf es keiner Ladung der nicht erschienenen Partei zu dem neuen Termine, RG. 41, »55, W. 25, 139.

8. Termine.* 1 Gesetzliche Zeit: RGes., betr. die Einführung einer einheitlichen Zeitbestimmung, v. 12./3. 93 (RGBl. 93). Terminsort.

219 (196). (1) Die Termine werden an der Gerichtsstelle abgehalten, sofern nicht die Einnahme eines Augenscheins an Ort und Stelle,' die Verhandlung mit einer am Erscheinen vor Gericht verhinderten Person oder eine sonstige Handlung erforderlich8 ist, welche an der Gerichtsstelle nicht vorgenommen werden sonn.8 (2) Der Reichspräsident* ist nicht verpflichtet, persönlich an der Gerichts­ stelle zu erscheinen. 1 Gerichtsstelle ist auch der Ort eines Gerichtstages. Wegen der Gerichtstage s. auch AB. v. 28./3. 35 (DJ. 550). — Augenschein: §372. 2 „Erforderlich" ist dasjenige, was das Gericht nach seinem pflichtgemäßen Er­ messen zur Herbeiführung einer gerechten Entscheidung der Streitsache für nützlich hält, RG. 56, 359 (Krankheit einer gemäß § 141 anzuhörenden Partei), anders OLG. 6, 392. 3 Vgl. RG. 39, 349 (Beweisaufnahme im schwurgerichtlichen Verfahren außerhalb der Gerichtsstelle). — Der Termin darf nicht aus Rücksichten der Kostenersparnis oder aus sonstigen nicht im Rahmen des § 219 liegenden Zweckmäßigkeitserwägungen außer­ halb der Gerichtsstelle abgehalten werden. Von der Innehaltung der Vorschrift vermag grundsätzlich auch das Einverständnis der Parteien nicht zu entbinden: AB. v. 25./1. 38 (DJ. 171). — Uber Ortstermine im fremden Gerichtsbezirk s. § 166 GVG. < Das Amt ist mit dem des Reichskanzlers vereinigt, RGes. v. 1./8. 34 (RGBl. I 747). Terminsbeginn.

220 (197). (1) Der Termin beginnt mit dem Aufruf der Sachet (2) Der Termin ist von einer Partei versäumt, wenn ste bis zum Schluffe desselben8 nicht verhandelt? 1 Der den Beginn des Termins herbeiführende Aufruf der Sache ist (z. B. für die Frage der Säumnis) nicht Aufruf durch den Gerichtswachtmeister vor der Tür, sondern Aufruf durch den Vorsitzenden oder einen Beauftragten im Sitzungszimmertstr.). — Nach Eintritt der Terminsstunde Aufruf der Sache jederzeit zulässig, IW. 07, 392". Schon vor Eintritt in die Verhandlung aber und gegebenenfalls vor Zu­ lassung der allein erschienenen Partei zu dem Anträge auf Erlaffung des Versäumnis­ urteils (oder einer Entscheidung nach Lage der Akten) ist vom Richter zu prüfen, ob der Aufruf der Sache nach Eintritt der Terminsstunde erfolgt war, W. 14, 82. — Ist der Aufruf der Sache nicht erfolgt und deshalb eine Partei, die auf den Aufruf wartete, nicht zur Verhandlung (z. B. einer Beweisaufnahme) in das Terminszimmer eingetreten, so ist es so anzusehen, als ob die Partei nicht geladen war, RG. 76, 102. » Schluß des Termins: § 136 Abs. 4, § 231 Abs. 2 (Schließung der Verhand­ lung durch den Vorsitzenden, Nachholung von Prozeßhandlungen bis zum Schluß). • Versäumt ist der Termin nicht: wenn die Partei zwar erst nach Aufruf der Sache, aber vor dem Terminsschluß erscheint und verhandelt; wenn die Partei zwar vor Termiusschluß sich entfernt, aber erst nachdem ste verhandelt hat. — Vgl. § 334 Arvrr. I (Begriff des „Verhandelns").

Dritt.Abschn. Verfahren. Dritt. Titel. Ladung., Termine, Fristen. §§ 219—221. 331

8. Fristen? 1 Die §§ 221 ff. beziehen sich nur aus prozessualische Fristen, RG. 68,55.

Zu unterscheiden ist zwischen sog. eigentlichen und uneigentlichen Fristen. Eigentliche Fristen sind die für die prozessuale Tätigkeit der Parteien oder Dritter gesetzten Zeiträume. Im Gegensatz dazu stehen die sog. uneigentlichen Fristen, die den Normen über Fristen nicht unterstehen. Zu ihnen gehören die Zeiträume, innerhalb deren die Gerichtspersonen (Gericht, Geschäftsstelle, Gerichtsvollzieher) gewisse Geschäfte zu erledigen haben (z. B. §§ 216, 251a, 310, 315, 544, 566, 571, 816, 875, 913, 915), ferner die Zeiträume nach §§ 206 (Eintritt der Zustellungs­ wirkung), 875 (Niederlegung des TeilungSplans) und im Aufgebotsverfahren die In §§ 950, 965, 966, 994, 1001, 1002, 1010 ff., 1015, 1024 bestimmten Zeiträume, weiter die Zeiträume, während deren eine Frist gehemmt oder das Verfahren aus­ gesetzt ist (§§ 246, 620, 621), sowie die Jahresfristen der §§ 234 (Wiedereinsetzung), 586 (Wiederaufnahme des Verfahrens), 958 (Anfechtung des Ausschlußurteils), 1043 f. (Aufhebung eines Schiedsspruches), denen gleichzustellen sind die Dreimonatsfrist des § 320 (Berichtigung des Tatbestands) und die Fünfmonatsfrist der §§ 516, 552 (Einlegung der Berufung, der Revision). Auf diese uneigentlichen Fristen finden insbesondere die Vorschriften über Hemmung, Unterbrechung und Ruhen der Fristen (§§ 223, 249, 251) keine Anwendung (RG. 122, 54). — Die eigentlichen Fristen scheiden sich in richterliche und gesetzliche. § 221 Anm. 1. Einzelne Arten der letzteren Fristen sind u. a. (s. § 221 Anm. 1): Einlafsungsfristen: § 262; Ladungsfristen: § 217; Fristen für Zustellung vorbereitender Schriftsätze: § 132; Notfristen: § 223 Abs. 3. Befristete Prozetzhandlungen können im allgemeinen auch vor Beginn der Frist vorgenommen werden, RG. 57, so, IW. 09, 870». Beginn der Fristen. 221 (198). (1) Der Lauf einer richterlichen Frist' beginnt, sofern nicht bei Festsetzung derselben ein anderes bestimmt wird, mit der Zustellung des Schriftstücks,» in welchem die Frist festgesetzt ist, und, wenn es einer solchen

Zustellung nicht bedarf,« mit der Verkündung der Frist. (2) Der Lauf einer gesetzlichen oder richterlichen Friste beten Beginn von

einer Zustellung abhängig* ist, beginnt« mit dieser auch

gegen diejenige

Partei, welche die Zustellung hat bewirken lassen.« 1 Richterliche und gesetzliche Fristen. — Über die verschiedenen Arten der Fristen s. Vordem. — Richterliche Fristen werden vom Richter gegeben. Z. B. §§ 56,89 (Beseiti­ gung des Legitimations-, des Vollmacktsmangels), 109, 113, 715 (Sicherheitsleistung und deren Rückgabe), 142, 428, 431 (Vorlegung von Urkunden), 239, 244 (Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens), 262 Abs. 2, 339 Abs. 2 (Einlassungssrist, Einspruchs­ frist bet Zustellung im Auslande), 272a (Nachbringung einer Erklärung auf eine Behauptung des Gegners), 279 a (Erklärung über aufklärungsbedürftige Punkte), 356 (Beseitigung der einer Beweisaufnahme entgegenstehenden Hindernisse), 364 (Beibringung einer ausländischen Beweisurkunde), 379 (Zahlung eines Zeugengebührenvorschufses), 519 Abs. 6, 554 Abs. 7 (Nachweis der Zahlung der für die Berufungs- bzw. die Revistonsinstanz erforderten Prozeßgebühr), 769, 771 805, (Beibringung der Entscheidung des Prozeßgerichts gegenüber Einstellungsanordnung deS Vollstreckungsgerichts), 926 (Erhebung der Hauptklage hinsichtlich des ArrestanspruchS),942 (Ladung vor das Gericht der Hauptsache zur Verhandlung über die Recht­ mäßigkeit der vom Amtsgericht erlassenen einstweiligen Verfügung), 1042 6 (Widerspruch gegen die Bollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs). — Gebühren für Fristbestimmung: des Gerichts: nach tz 1 GKG. allgemein gebührenfrei, da keine besondere Gebühr vor­ gesehen (durch Prozeßgebühr s8 20 Nr. 1] abgegolten); des Anwalts: (8/io) § 23 Nr. 5, vgl. jedoch § 29 Nr. 6, aber auch § 30 Nr. 3 GebORA. (durch Hauptgebühren mitabgegolten, ausgenommen in dem Falle des § 109 ZPO.), sowie § 24 (a/10 in den Fällen der §§ 706, 715 ZPO.). — Gesetzliche Fristen knüpfen sich kraft Gesetzes an ein bestimmtes prozeffuales Ereignis. Man unterscheidet Handlungs­ fristen (zur Vornahme einer Parieihandlung) und Zwischenfristen (zur Vor­ bereitung der Partei auf einen Termin). Die letzteren sind: EinlasiungS- und

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A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

Ladungsfristen (§§ 262, 217), Fristen für die Zustellung der vorbereitenden Schrift­ sätze (§ 132), Notfristen (s. Vordem.). Zu den ersteren gehören z. B. §§ 106 (Ein­ reichung der Kostenberechnung), 234, 235 (Wiedereinsetzung), 320, 321 (Berichtigung des Tatbestandes, Ergänzung des Urteils), 664, 684 (Entmündigungsanfechtung), 692 (Widerspruch gegen Zahlungsbefehl) u. a. m. — Hauptunterschied: §§224 Abs. 2, 226 (Abkürzung der gesetzlichen Fristen auf Antrag nur in den besonders besttmmten Fällen). » §§ 170, 206, 207. — Von Amts wegen oder auf Betreiben der Partei, je nachdem, welche Zustellungsart tot einzelnen Falle erforderlich ist. 8 §§ 312, 329 (verkündete Entscheidungen). — Die Frist läuft auch gegen die Sei der Verkündung nicht anwesende Partei. Begr. 162, 312, auch § 218 Anm. 2. 4 Vgl. §§ 104, 339, 508, 516,552, 577 (Erinnerung--, Einspruchs-, Berufung--, Revistons-, (sofortiges Beschwerdefrist). 8 Beginn bei öffentlicher Zustellung: § 206. • Die Zustellung bewirkt also in diesen Fällen (Anm. 4) den Fristbeginn stets einheitlich gegen beide Parteien. — Abs. 2 gilt aber nicht bei Zustellungen von Amts wegen (§§ 208 ff.; s. Anm. 1 § 208, z. B. im Falle des § 625: Urteil auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigkeit einer Ehe). Bei ihnen wird die Frist für jede Partei besonders durch die an fte erfolgte Zustellung in Lauf gesetzt, W. 17,39.

Berechnung der Fristen.

222 (200). (1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs? (2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag oder allgemeinen Feier­ tag? so endigt die Frist mit Ablauf des nächstfolgenden Werktags? (3) Bei der Berechnung einer Frist, welche nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage und allgemeine Feiertage* nicht mitgerechnet? 1 88 187 bis 192 BGB. Gemäß § 187 Abs. 1 BGB. ist in die Zwischensristen (s. § 221 Anm. 1) sowie in die fünfjährige Frist des § 37 Abs. 3 Patentges. der Tag der Bekanntmachung nicht einzurechnen. Vgl RG 125, 287. Desgleichen nicht der erste Tag der in der Vorbemerkung vor 8 221 genannten Jahres-, Dreimonats-, Fünfmonatsftisten. Vgl. RG. 125, 61. — Gemäß § 188 Abs. 1 BGB. ist bei Zwischenfristen (s. § 221 Anm 1) das Ende der Frist der letzte Tag vor dem Termin. 2 Begriff: § 188 Anm. 2. • Das BGB. gibt tot § 193 eine entsprechende Vorschrift nur für die Fälle, in denen es sich um eine Willenserklärung oder Leistung handelt. Mot. 100. Es besteht also Abf. 2 § 222 ZPO. als Ausnahme von der Regel des Abs. 1 für die Fristen der ZPO. neben der Vorschrift des § 193 BGB , RG. 105, 125. Er gilt auch für die nach Tagen besttmmten gesetzlichen oder richterlichen Fristen, RG. 62, ui. Daher ist z. B., wenn das Ende der im § 798 für den Beginn der Zwangsvollstreckung vorgeschriebenen einwöchigen Frist auf einen Sonntag fällt, eine am folgenden Montag vom Gerichtsvollzieher vorgenommene Pfänduttg noch verfrüht und somit unwirksam, RG. 83, 338. — Abs. 2 findet auch auf Ausschlußfristen für die Beschreitung des Rechtswegs Anwendung, RG. 105, 125, auch 100, 22. Dagegen nicht auf die sechs­ monatige Anfechtungsfrist in 8 33 KO., RG. 17, 329. Auch nicht auf den Fall der Verlängerung einer Frist über einen Sonn- oder Feiertag hinaus, RG. 131, 337. Ferner nicht bei Hemmung der an einem solchen Tage an sich ablaufenden Frist, z. B. durch ein Armenrechtsgesuch (§ 519 Abs. 6), RG. 131, los. —Für den Fristbeginn ist Abs. 2 (Fallen auf einen Sonntag usw.) ohne Bedeutung. Anders Abs. 3 (s. Anm. 4). Der Sonn- oder Feiertag ist einzuberechnen, wenn das Ende der Frist nicht auf ihn fällt, W. 35, 88. 4 Nach Stunden bestimmte Fristen (vgl. §§ 217, 262, 499, 604 (Einlassungs­ und Ladungsfrist in Meß- und Marttsachen, in Wechselsachenj) werden stets natürlich berechnet. Fällt ihr Beginn auf einen Sonntag usw. (z. B. infolge Zustellung mit richterlicher Erlaubnis oder durch Aufgabe zur Post [§ 188 Abs. 11), so beginnt die Frist erst mit dem Anfang des darauffolgenden Werktags. Fällt ihr Beginn auf den Vortag des Sonn- oder Feiertags, so endet sie zur entsprechenden Stunde des nächsten Werktags.

Dritt. Abschn. Verfahren. Dritt. Titel. Ladung., Termine, Fristen.

§§ 222—224.

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Hemmung des Laufs.

223 (201). (1) Der Lauf einer Frist wird durch die ®crid)tsfericn1 ge­ hemmt. Der noch übrige Teil der Frist beginnt mit dem Ende der Ferien zu laufen. Fällt der Anfang der Frist in die Ferien, so beginnt der Lauf der Frist mit dem Ende derselben. (2) Die vorstehendm Bestimmungen finden auf Notfristen? und Fristen in gertcnfad)cn1 keine Anwendung. (3) Notfristenfind nur diejenigen Fristen, welche in diesem Gesetzt als solche bezeichnet werden. 1 Die Gerichtsferien sind durch G. v. 7./3. 35 (RGBl. I 352) unter Aufhebung der §§ 199 bis 202 GBG. beseitigt. Damit sind die Abs. 1 und 2 gegenstandslos geworden. 2 Notfristen sind in der ZPO. gesetzt für: Erinnerung gegen Kostenfestsetzungs­ beschluß, § 104, und Abänderungsbeschluß, § 107; Einspruch, §§ 339, 508, 700; Be­ rufung, § 516; Revision, § 552; sofortige Beschwerde, § 577; Restitutions- und Nichtig­ keitsklage, § 586; Anfechtungsklagen gegen Ausschlußurteil, § 958; Widerspruch gegen Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs, § 1042 d, Klage auf Aufhebung eines Schieds­ spruchs, §§ 1043 f. Ferner hat die in § 207 Abs. 2 für die Zustellung des bei der Ge­ schäftsstelle eingereichten Schriftsatzes bestimmte zweiwöchige Frist die Natur einer Not­ frist. RG. 63, 413, auch §207 Anm. 8. Besonderheiten für Notfristen: §§ 166, 168, 207 (Wahrung durch Zustellung im Anwaltsprozeß durch Vermittlung der Geschäfts­ stelle mit Rückwirkung), 224 (keine Verlängerung oder Verkürzung), 233, 235 (Wieder­ einsetzung), 251 (Anordnung des Ruhens des Verfahrens keinen Einfluß). — Die in §§ 341, 519b, 554a, 589 vorgeschriebene Prüfung von Amts wegen ist keine Besonder­ heit der Notfristen. 3 Auch in §§ 358 (413, 705) RVersO., §§ 111,114 GenossGes. Abkürzung und Verlängerung der Fristen.

224 (202). (1) Durch Vereinbarung der Parteien können Fristen, mit Ausnahme der Notfristen,* abgekürzt2 werden. (2) Auf Antrag können richterliche und gesetzliche Fristen2 abgekürzt oder verlängert werden, wenn erhebliche Gründe glaubhaft gemacht find,6 gesetz­ liche Fristen jedoch nur in den besonders bestimmten Fällen.2 (3) Im Falle der Verlängerung wird die neue Frist von dem Ablauf der vorigen Frist an berechnet, wenn nicht im einzelnen Falle ein anderes bestimmt ist.6 1 § 223 Anm. 2 (Begriff und Arten). — Auch ausgenommen AuSfchlußfristen und die in Vordem, vor § 221 genannten uneigentlichen Fristen, auf die der 3. Titel überhaupt keine Anwendung findet. r Abgekürzt, aber nicht verlängert. Ausgenommen sind auch außerprozeffuale Fristen, z. B. die vereinbarte Frist zum Widerruf eines Vergleichs. Eine solche kann durch die Parteien frei vereinbart und verlängert werden, IW. 30,28oi. 1 Richterliche und gesetzliche Fristen: tz 221 Anm. 1 (Begriff und Arten). < § 294 » Für gesetzliche Fristen bestimmte Fälle: §§ 134 Abs. 2 (Verlängerung oder Ab­ kürzung der Frist zur Urkundeneinsicht), 206 Abs. 1 (Verlängerung der Zustellungsfrist bei öffentlicher Ladung), 226 Abs. 1 (Abkürzung der Einlaffungs- und Ladungsfristen sowie Fristen für vorbereitende Schriftsätze), 519 Abs. 2, 554 Abs 2 (Verlängerung der Berufungs-, Revisionsbegründungsfrist-. Keine Abänderung der gesetzlichen Fristen durch das Gericht z. B. in den Fällen der §§ 206 Abs. 2 (öffentliche Zustellung eines keine Ladung enchaltenden Schriftstücks), 234 (Antrag auf Wiedereinsetzung), 878 (Widerspruchs­ klage im DerteilungSstreit. s. § 878 Anm. 1), 903, 914 (nochmaliger Offenborungseid). 6 Die nicht verkündete Fristverlängerungsverfügung bedarf, um wirksam zu werden, trotz § 329 Abs. 3 nicht stets förmlicher Zustellung. Es genügt vielmehr bei Verzicht darauf jede auf anderem Wege vor Ablauf der zu verlängernden Frist erfolgende zuverlässige Bekanntgabe, z. B. mündlich durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle an den Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers persönlich oder durch den Gerichts-

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A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

Vorsitzenden an einen beauftragten Angestellten dieses Anwalts, RG. 150, 357. Ein Verzicht auf förmliche Zustellung kann sich, zumal in Eilsällen, aus den Umständen ohne weiteres ergeben. Vgl. dazu RG. 150, 357. Gesuch und Entscheidung über Fristenänderung.

225 (203). (1) Über das Gesuch* um Abkürzung oder Verlängerung einer Frist kann ohne vorgängige mündliche Verhandlung5 entschieden werden? (2) Die Abkürzung oder wiederholte Verlängerung darf nur nach vor­ gängigem Gehöre des Gegners* bewilligt werden. (3) Eine Anfechtung des Beschlusses, durch welchen das Gesuch um Ver­ längerung einer Frist zurückgewiesen ist, findet nicht statt.5 1 Gesuch. — Mündlich oder schriftlich; im Anwaltsprozeß Anwaltszwang. 2 Alsdann wird die Entscheidung den Parteien von Amts wegm zugestellt oder formlos mitgeteilt, § 329 Abs. 3. 2 Entscheidung. — Durch Beschluß des Gerichts (nicht des Vorsitzenden, aber auch des Einzelrichters [§§ 348ft.]), auch bei etwaiger mündlicher Verhandlung. — Gebühren: des Gerichts: nach § 1 GKG. gebührenfrei, da eine besondere Gebühr nicht vorgesehen (durch Prozeßgebühr [§ 20 Nr. 1] abgegolten); des Anwalts: (8/10) § 28 Nr. 5 GebORA., vgl. jedoch auch § 29 Nr. 6 (durch Hauptgebühren mitabgegolten). 4 Abs. 2. Gehör des Gegners. — Mündlich oder schriftlich. — Ausnahme (ohne Gehör): § 226 Abs. 3 (Abkürzung der dortigen Fristen durch den Vorsitzenden); wiederholte Verlängerung der Reviftonsbegründungsfrtst durch den Vorsitzenden, da nach Sinn und Zweck des § 654 Abs. 2 hierauf § 225 Abs. 2 unanwendbar ist, IW. 17,107« (a.M. Baumb. 2). Letzteres hat nach § 519 Abs. 2 Satz 2 auch von der wiederholten Ver­ längerung der Berufungsbegründungsfrist zu gelten. — Der Gegner braucht ferner nicht gehört zu werden bei Ablehnung: der Abkürzung oder der ersten und der wieder­ holten Verlängerung, bei Bewilligung: der ersten Verlängerung. — Verstoß gegen Abs. 2 bewirkt nicht Unwirksamkeit der Verfügung, RG. 150, sei. 5 Vgl. RG. 51,145 (gegen Ablehnung des Antrags auf Fristverlängerung im Falle des § 109 Abs. 1 keine Beschwerde). — Dagegen ist die Zurückweisung des Antrags auf Abkürzung mit der Beschwerde anfechtbar, da insoweit eine Ausnahme von § 567 Abs. 1 („ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen") nicht gilt. Wiederum nicht mit der Beschwerde anfechtbar sind die Bewilligung der Ber> längerung und die Bewilligung der Abkürzung, da die Voraussetzungen des § 567 Abs. 1 nicht vorliegen, OLG. 23, 230, jedoch sind sie zugleich mit dem Urteil nach §9 512, 548 anfechtbar (vgl. Gr. 30, ii49). Änderung von Zwischenfristen.

226 (204). (1) Einlafsungsfristen,* Ladungsfristen? sowie diejenigen Fristen, welche für die Zustellung vorbereitender Schriftsätze bestimmt find,5 können auf Antrag abgekürzt werdend (2) Die Abkürzung der Einlassungs- und der Ladungsfristen wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß infolge der Abkürzung die mündliche Verhandlung durch Schriftsätze nicht vorbereitet werden kann. (3) Der Vorsitzende kann bei Bestimmung des Termins5 die Abkürzung ohne vorgängiges Gehör8 des Gegners und des sonst Beteiligten verfügen; diese Verfügung ist dem Beteiligten abschriftlich mitzuteilen.* 1 §§ 262 (Landgertchtsprozeß), 499 (Amtsgerichtsprozeß), 604 (Wechselprozeß). 2 §§ 217, 604 (letzterer Wechselprozeß) ■ § 132. * Gegen Zurückweisung des Antrags Beschwerde (567), während die Bewilligung nur mit dem Rechtsmittel gegen das Endurteil angefochten werden kann (§§ 512, 548). 6 § 216. — Nach der Terminsbesttmmung beschließt daS Gericht (nicht der Vorsitzende, aber auch der Einzelrichter |§§ 348ft.]). 6 Ausnahme von § 225 Abs. 2, s. dort Sinnt. 4. 7 Formlos, ohne Beurkundung. § 166 Sinnt. 3.

dritt.Abschn. Verfahren. Dritt.Titel. Ladung., Termine, Fristen.

§§ 225—227.

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3. TerminSverlegung.

227 (205). (1) *Das Gericht kann aus erheblichen Gründen8 auf llntrag oder von Amts wegen einen Termin aufheben. Beschlüsse hierüber können ohne mündliche Verhandlung ergehend (2) Der Beschluß über die Aushebung eines Termins ist, falls er ohne nündliche Verhandlung ergeht, mit Gründen zu versehen? Auch die Zurückveisung eines Antrags auf Aufhebung eines Termins ist unanfechtbar? (3) * Die Vorschriften der Abs. 1, 2 gelten auch für die Verlegung eines Termins und für die Vertagung einer Verhandlung?-8 1 Die Parteien können die Aufhebung eines Termins (so daß der Termin ohne veiteres wegfällt) nicht vereinbaren, vielmehr hat hierüber sowie über Verlegung ünes Termins und über Vertagung einer Verhandlung allein das Gericht zu befinden. Vgl. auch für den Fall des Parteiausbleibens § 251 a. 2 DaS Gericht. — Auch der Vorsitzende allein, Jonas II, Baumb. 1 (str.), ebenso m Einzelrichterverfahren (§§ 348 ff.) der Einzelrichter, sowie (nach § 229) der beauf­ tragte oder ersuchte Richter, 3 Erhebliche Gründe find solche, welche die Terminsaufhebung zur sachgemäßen Erledigung des Rechtsstreits als geboten erscheinen (affen (z. B. schwebende Vergleichs­ oerhandlung, Abwarten der Entscheidung gleichartiger weiter gediehener Prozesse, Verhinderung eines Zeugen, des Prozeßbevollmächtigten, Beseitigung eines der not­ wendigen Jnformationserteilung entgegenstehenden Hinderniffes). — Im Zwangs­ oersteigerungsverfahren müssen wegen der durch die Verzögerung den Beteiligten drohenden Nachteile die Gründe (z. B für Vertagung des Versteigerungstermins, des Termins zur Verkündung des Zuschlagsbeschlusses) besonders zwingender Natur sein, RG. 125, 804 nebst Zitat. 4 Werden die Beschlüsse nach mündlicher Verhandlung erlassen, so find fie zu verkünden (§ 329 Abs. 1), andernfalls find sie von Amts wegen zuzusteüen oder formlos mitzuteilen (§ 329 Abs. 3). Im Falle der Verlegung eines Termins erfolgt zugleich auch die Ladung zu dem neuen Termin von Amts wegen. 5 Durch die vorgeschriebene Begründung der ohne zuvorige mündliche Verhand­ lung über die Aufhebung oder Verlegung eines Termins oder die Vertagung einer Verhandlung (s. Anm. 7) erlassenen Beschlüsse soll gewährleistet werden, daß den Entscheidungen eine gehörige Prüfung der Sachlage vorausgegangen ist. 6 Wird einem Antrag auf Aufhebung oder auf Verlegung eines Termins oder auf Vertagung einer Verhandlung stattgegeben, so findet eine Beschwerde dagegen nicht statt, da nicht im Sinne des § 567 Abs. 1 „ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen ist", RG. 15, 422, IW. 99, 164“, nur anfechtbar zugleich mit dem Urteil nach §§ 612, 548. Jedoch, wenn die Verlegung eines Termins oder die Vertagung einer Verhandlung eine derartige ist, daß sie in ihrer praktischen Wirkung einer Aussetzung der Verhandlung (§§ 148f. oder § 246) gleichkommt, ist nach § 252 die Beschwerde dagegen zulässig, IW. 97, 562*. — Abs. 2 Satz 2 bestätigt durch das Wort „Auch" das Erstere und schließt ferner in Verbin­ dung mit Abs. 3 die Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Antrages auf Auf­ hebung oder auf Verlegung eines Termins oder auf Vertagung einer Verhandlung ebenfalls aus. Jedoch kann in der Ablehnung eines Vertagungsantrages nach der Sachlage, z. B. weil den Parteien nicht genügend Zeit zur Prüfung einer umfang­ reichen Beweisaufnahme bleibt, eine Verletzung des die ZPO. beherrschenden Grund­ satzes der Gewährung erschöpfenden rechtlichen Gehörs liegen, und, wenn dies der Fall ist, enthält die Ablehnung der Vertagung einen wesentlichen Mangel des Verfahrens (wegen des z. B. daS Berufungsgericht die Sache gemäß § 539 an die erste Instanz

* Kriegsrecht: Uber Anordnung des Ruhens des Verfahrens oder der Vertagung einer Verhandlung, wenn die Erledigung der Sache nicht als dringlich oder eine Partei als durch die besonderen politischen Verhältnisse verhindert anzusehen ist, vgl. Art. 3 Nr. 2 u. 3 BO. über Maßnahmen auf dem Gebiete des bürgerlichen Streitversahrens usw. v. 1./9. 39, abgedr. im Anh. IV 1 hinter GVG.

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zurückverweisen kann), RG. 81, 324, RGHRR. 36, 218, vgl. § 548 Anm. 2. Aber die Auffassung, daß den Parteien nach schriftlicher Ntederlegung der Zeugenaussagen stets erst wieder Gelegenheit gegeben werden müsse, schriftlich dazu Stellung zu nehmen, widerspricht den dem Verfahrensrecht zugrunde liegenden Gedanken der Be­ schleunigung und Unmittelbarkeit der Beweiserhebung und Beweiswürdigung, IW. 37, 2222«. S. auch Anm. 8. 7 Die Berlegung des Termins erfolgt vor seinem Beginne d. i. nach § 220 Abs. 1 vor dem Aufrufe der Sache, die Vertagung der Verhandlung in dem Termine nach Aufruf (§ 220 Abs. 2) behufs neuer Verhandlung, beide unter Bestimmung eines neuen Termins, RG. 62,208, während Aufhebung eines Termins lediglich Absetzung (Beseitigung) des Termins vor seinem Beginn ist. — Da Absatz 3 allgemein von „Verlegung eines Termins" spricht und auf die Bestimmungen über Verlängerung einer Frist nicht verwiesen ist, ist nach Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 auch die Ablehnung eines Antrags auf Terminvorverlegung nicht mit der Beschwerde anfechtbar (str.). Jedoch wenn Etnlassungs- oder Ladungssrist (§§ 217, 262) schon läuft, enthält die Vorverlegung deren Verkürzung und ist daher nach § 225 Abs. 2, § 226 Anhörung des Gegners er­ forderlich. — Vgl. §§ 272 a (Fristbestimmung für Nachbringung einer Erklärung nebst Anberaumung eines Verkündungstermins), 337 (Vertagung der Verhandlung über den Antrag auf Erlassung des Versäumnisurteils oder einer Entscheidung nach Lage der Akten). — Eine Vertagung von Amts wegen nach Abs. 1 findet nicht statt, wenn eine Partei in dem anstehenden Termin nicht erschienen ist und sich an ihre Säumnis Folgen zugunsten des Gegners knüpfen (Ausnahme § 337), RG. 111, 290. 8 Allgemeine Richtlinien darüber, wie § 227 im Sinn der neuen Verfahrens­ vorschriften zweckmäßig zu handhaben ist, enthält Abschn. II der AB. v. ll./ll. 35 (DJ. 1654), abgedruckt Einl. III. Insbesondere ist dort auf die Schädlichkeit unnötiger Ver­ tagungen hingewiesen und betont, daß § 227 eine Vertagung nur aus erheblichen Grün­ den zulasse, daß dazu weder neues Borbringen stets nötige (vgl. §§ 272a, 279, 279a, 283, 529) noch Säumnis der Parteien (§§ 251a, 331a). Hervorgehoben wird dort ferner, daß bei einer Vertagung gleichzeitig die zu dessen Förderung gebotenen Maß­ nahmen (§§ 272b, 279a) getroffen werden müßten, daß Aufhebung und Verlegung eines Termins häufig so ungünstig wirkten wie eine Vertagung und daß die zur Verfügung stehenden Kostenmaßnahmen, insbes. §§ 278 Abs. 2 und 97 Abs. 2 ZPO., im allge­ meinen zu wenig beachtet würden.

228 (206).

Durch VO. v. 13./2. 24 gestrichen.

4. Termine und Fristen des beauftragten oder ersuchten Richters.

229 (207). Die in diesem Titel dem Gericht und dem Vorsitzenden bei­ gelegten Befugnisse stehen dem beauftragten oder ersuchten 9tid)icr1 in bezug auf die von diesen zu bestimmenden Termine und Fristen zu. 1 Änderung seiner Entscheidung: § 576 Abs. 1.

Vierter Titel.

Folgen der Dersllumung. Wiedereinsetzung in den vorigen Htand. 1. Folgen der Versäumung. Allgemeine Folgen.

230 (208). Die Versäumung einer Prozeßhandlung hat zur allgemeinen Folget daß die Partei mit der vorzunehmenden Prozeßbandlung ausgeschlossen8 roirb.8 1 Allgemeine Folge der Säumnis. — Sie tritt ein gleichviel, ob die Partei die Versäumung verschuldet bat oder nicht, IW. 27, 792«; s. aber $8 232 Abs. 2, 233. — Besondere Folgen: §§ 85 (nicht sofortiger Widerruf der Erklärungen deS Prozeßbevollmächtigten), 138 Abs. 2 (Nichtbestreiten von Tatsachen), 175 (Nicht­ benennung eines Zustellungsbevollmächtigten), 239 Abs. 4, 242, 244 Abs. 2 (Auf­ nahme deS Rechtsstreits bei Nichterscheinen oder Verzögerung), 269 (stillschweigende

Dritter Abschn. Verfahren. Vierter Titel. Folgen d. Versäumung.

§§ 228—232.

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Einwilligung in Klagänderung). 330, 331 Abs. 1, 542 Abs. 2, 881 (Versäumung eines Verha ndlungstermtns), 427, 439 Abs. 3, 441 Avs. 3 (Nichtvorlegung, Nicht­ erklärung über Echtheit, Nichtbeibringung von Schrtftvergleichung für Echtheit einer Urkunde). * Ausnahmen: §§618 Abs. 2 (Ehesachen), 670, 679, 684, 686 (Entmündigungs­ sachen). — Nachholung versäumter Prozeßhandlungen gestatten ausnahmsweise: §§ 44 Abs. 4 (Ablehnung eines Richters), 274 Abs. 3, 528 (prozeßhindernde Einreden in erster, in zweiter Instanz), 364 Abs. 3 (Beibringung einer ausländischen BeweiSurkunde), 367 Abs. 2 (nachträgliche Beweisaufnahme nach Nichterscheinen einer Partei), 529 Abs. 5 (Aufrechnung einer Gegenforderung in zweiter Instanz). 8 Bezüglich der ganzen mündlichen Verhandlung (im Falle des Ausbleibens oder Nichtverhandelns in einem Termin, §§ 330 ff., 349 Abs. 1 Nr. 4, 542, 557) oder bezüglich einzelner Prozeßhandlungen innerhalb (vgl. § 334) oder außerhalb der mündlichen Verhandlung. — Dgl. auch §§ 95 (Kosten wegen Verschuldens bei Ver­ tagung usw.), 97 Abs. 2 (Kosten der Berufungsinstanz bei Obstegen auf Grund neuen Vorbringens), 238 Abs. 3 (Kosten der Wiedereinsetzung), 278 Abs. 2, 279, 2*19a, 283 Abs. 2, 529 Abs. 2 (Kosten an Obstegenden wegen nachträglichen Vorbringens von Angriffs-, Verteidigungs-, Beweismitteln, Zurückweisung verspäteter AngriffSoder Verteidigungsmittel oder Erklärungen über aufklärungsbedürftige Punkte), 344 (Kosten des Versäumnisverfahrens), 529 Abs. 3 (Zurückweisung eines in der Berufungs­ begründung nicht mitgeteilten neuen Vorbringens). Antrag auf Säumnisfolgen.

231 (209). (1) Einer Androhung der gesetzlichen Folgen der Versäumung bedarf es nicht,- dieselben treten von selbst ein, sofern nicht dieses Gesetz einen auf Verwirklichung deS Rechtsnachteils gerichteten Antrag erfordert? (2) Im letzteren Falle kann, solange nicht der Antrag gestellt und die münd­ liche Verhandlung über denselben geschlossen ist,2 die versäumte Prozeßhandlung nachgeholt werden.2 1 Ausnahmen: Androhung: §§ 498 Abs. 1 (Güteantrag), 692 (Zahlungsbefehl), 947 Nr. 3, 1008 (Rechtsnachteile der Ntchtanmeldung tm Aufgebotsverfahren); Anttag: §§ 109, 113 (Sicherheitsleistung und deren Rückgabe), 158 (Verhandeln gegen eine zur Aufrechterhaltung der Ordnung entfernte Person), 239 Abs. 4, 246 Abs. 2 (Rechts­ nachfolge nach Unterbrechung deS Verfahrens als zugestanden anzunehmen), 330, 331, 349 Abs. 1 Nr. 4, 542, 557, 600 Abs. 3, 881 (Versäumnisurteil), 331a (Entscheidung nach Lage der Akten bei Ausbleiben einer Partei), 926 Abs. 2 (Aufhebung des Arrestes wegen Ntchterhebung der Klage in der Hauptsache), 952 (Ausschlußurteil). 8 § 136 Abs. 4 (durch den Vorsitzenden). — In den Fällen §§ 109, 113 (,♦ Anm. 1), ist die Nachholung bis zum Erlaß der Entscheidung zuläsiig. 8 Nachholung der Prozeßhandlung. — Die auf Grund der §§ 1028, 1029 vorzunehmenden Akte (Ernennung von Schiedsrichtern) sind nicht Prozeßhandlungen, insbesondere nicht Teile des schiedsgerichtlichen Verfahrens, sondern in Erfüllung der zivilrechtlichen Verpflichtung aus dem Schiedsvertrage vorgenommene Handlungen, durch die das nach der Bildung des Schiedsgerichts beginnende schiedsgerichtliche Verfahren vorbereitet wird. Auf sie findet daher Abs. 2 keine Anwendung, RG. 45, 882, auch § 1029 Anm. 4. Versäumung durch Vertreterverschulden.

232 (210). (1) Auf Grund der den Minderjährigen und den ihnen gleich­ gestellten Personen l als solchen zuftehenden Rechte findet die Aufhebung der Folgen einer Versäumung nicht statt? (2) Insofern die Aufhebung der Folgen einer unverschuldeten Versäumung zulässig ist,8 wird eine Versäumung, welche in der Verschuldung eines Ver­ treters^ ihren Grund hat, als eine unverschuldete nicht angesehen. 1 FiskuS, Gemeinden und andere juristische Personen öffentlichen Rechts. Zivilprozeßordnung. ss.Aufl.

22

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A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

8 Wie auch materiellrechtlich das BGB. eine Wiedereinsetzung wegen Minder­ jährigkeit nicht kennt. 3 Vgl. 233 Abs. 1 (Wiedereinsetzung gegen Fristversäumung wegen unabwend­ baren Zufalls) und Abs. 2 (Wiedereinsetzung gegen Versäumung der Einspruchsfrist), 274 Abs. 3, 528 (Nachholung prozeßhindernder Einreden), 367 Abs. 2 (Ausbleiben der Partei im Beweistermin), 529 Abs. 5 (Aufrechnung einer Gegenforderung erst in zweiter Instanz). 4 Vertreter umfaßt gesetzliche Vertreter (§§ 51, 53), Bevollmächtigte (§§ 78, 79, gültige Vollmacht vorausgesetzt, RG. 115, 73), Anwallsassessoren, W. 39,51 (§ 13 RAO.; s. aber auch unten) und auftraglose Vertreter (§ 89), sowie Zustellungsbevollmächtigte (§ 174), insbesondere die gemäß § 20 Abs. 4 RAO. bestellten, IW. 35, 2430*. Auch eine Person, der eine Partei die Führung des Verkehrs mit dem Prozeßbevollmächtigten übertragen hat, mag sie ein Anwalt oder ein Nichtanwall sein, RG. 115, 71, 156,211. Nicht aber im Anwallsbüro tätige Assessoren, über deren Antrag auf Übernahme in den anwaltlichen Probedienst noch nicht entschieden ist, RGDJ. 37, 288, die Zustellungs­ beamten, die bei der Zustellung mitwirkenden Postbeamten, RG. 67, 188, W. 18,101. Auch ein nur zur Übersendung oder Öffnung und Mitteilung des Inhalts eingehender Briefschaften Beauftragter ist nicht (rechtsgeschäftlicher) Vertreter, W. 28, 94. Der Armenanwalt nicht durch die Beiordnung allein, RG. 94, 342, RGJR. 31, 870; vgl. Anm. 9 § 115. — Ferner muß es sich um eigenes Verschulden des Vertreters handeln. S. § 233 Anm. 2. Der § 278 BGB. über Haftung für fremdes Verschulden findet hier keine Anwendung, IW. 23, 148. Das Verschulden eines nicht in Vertreter-Stellung befindlichen Angestellten oder Beauftragten der Partei steht dem eigenen Verschulden der Partei nicht gleich. Ihr ist ein Verschulden des Angestellten oder Beauftragten nicht zuzurechnen, wenn sie zu seiner Unterweisung und Beaufsichtigung das getan hat, was vernünftigerweise von ihr verlangt werden kann, RGHRR. 36,1332. — Ein Verschulden des prozeßbevollmächtigten Rechtsanwalts im Sinne des § 232 Abs. 2 ist nicht schon deswegen allein gegeben, wenn seinen Angestellten (Bürovorsteher, Schreiber) ein Ver­ schulden trifft, W. 16, 207, IW. 26, 2432® (anders bei dem bei einem anderen Anwalt beschäftigten Rechtsanwalt; s. unten). Jedoch ist es Pflicht des Rechtsanwalts, dafür Sorge zu tragen, daß seine Angestellten, insbesondere der Bürovorsteher, über die Vor­ gänge und die Beurkundungsformen einer Zustellung unterrichtet sind, und daß in Fällen der Urteilszustellung die Zustellungsurkunden bei den Schriftstücken, zu denen sie gehören, belassen werden; ihn trifft, wenn er die Erfüllung dieser Pflicht außer acht läßt, ein eigenes Verschulden, IW. 14, 77117. Er hat ferner Anordnungen und Ein­ richtungen zu treffen, die die leichte übersehbarkeit und Überwachung von Fristsachen ermöglichen und geeignet sind, die Parteien, soweit das in menschlichen Kräften steht, vor den Gefahren einer Fristversäumung zu schützen; er darf jedoch zweckmäßig die Füh­ rung des Fristenkalenders erprobten und gewissenhaften Angestellten überlassen: eine versehentliche Irreführung des Anwalts über einen Fristablauf durch sein Büropersonal stellt daher für den Anwalt in der Regel einen unabwendbaren Zufall dar, IW. 35, 7761®. Er muß sich aber von Zeit zu Zeit durch Revisionen oder Vornahme von Stichproben davon überzeugen, daß der Angestellte seine Pflicht erfüllt, die Fristeinträge sachgemäß vornimmt und sachgemäß überwacht, IW. 28, 130221, und nicht vorzeitig löscht, RG. 18./12. 34, III B 15. 34. — Im Einzelsall können besondere Umstände eine besondere Aufmerksamkeit des Rechtsanwalts erfordern, z. B. die Prüfung der ihm aus anderem Anlaß vorgelegten Handakten geringeren Umfangs auf die Innehaltung von Fristen, RG. 158,195, RGHRR. 38,1194, W. 36, 62, 38, 79. Bei Rechtsmittelsachen muß ferner die alsbaldige Erledigung der die Einlegung von Rechtsmitteln betreffenden Verfügungen sichergestellt und einer besonderen Kontrolle im Büro unterworfen sein, IW. 23, 14”. Jedoch braucht der Anwalt auch diese Kontrolle nicht persönlich auszuüben, sondern kann sie dem als zuverlässig und gewissenhaft erprobten Personal überlassen, IW. 28, 406e (s. aber IW. 26, 26833). Ferner braucht er die Unterzeichnung von Schriftstücken und die Absendung unterzeichneter Schriftstücke weder selbst zu überwachen noch durch andere überwachen zu lassen, es sei denn, daß in dieser Beziehung bereits Unregelmäßigkeiten vorgekommen sind oder Anlaß besteht, in die Zuverlässigkeit der Angestellten Zweifel zu setzen, IW. 27, 213281. Wenn jedoch ein Rechtsanwalt die selbständige Bearbeitung einer Sache (unter Vorbehalt der Unterzeichnung) einem anderen bei ihm beschäftigten

Dritter Abschnitt. Verfahren. Vierter Titel. Folgen der Versäumung. § 288.

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Rechtsanwalt überläßt, so muß er sich dessen Versehen als eigenes Verschulden anrechnen lassen, das wiederum zu Lasten seiner Partei geht, W. 36,164. Entsprechend dem Grund­ satz des § 85, daß die Handlungen und Unterlassungen des Vertreters als solche der Pattei selbst gelten, findet diese Vorschrift auf die Vettreter und Bevollmächtigten aller Parteien, nicht bloß Minderjähriger oder diesen gleichgestellter Personen (Fiskus, Ge­ meinden, Körperschaften), Anwendung, IW. 98, 35011. 2. Wiedereinsetzung in den vottgen Stand. Zulässigkeit. 233 (211). (1) Einer Partei, welche' durch Naturereignisse oder andere unabwendbare Zufälle8 verhindert worden ist,8 eine Notfrist* oder die Frist zur Begründung der Berufung oder der Revision oder die ihr gemäb § 519 Abs. 6, § 554 Abs. 7 gesetzte Frist8 einzuhalten, ist aus Antrag8 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erteilen. (2) Hat eine Partei die Einspruchsfrist7 versäumt, so ist ihr die Wieder­ einsetzung auch dann zu erteilen, wenn sie von der Zustellung des Versaumnitzurteils ohne ihr Verschulden keine Kenntnis8 erlangt bot9'10

1 Partei. — Haupt- oder Nevenpattei. Selbst oder deren Vertreter. § 85, RG. 3, 421, 439 — S. über die Pflichten des prozeßbevollmächtigten Anwalts hinfichtlich Überwachung seiner Angestellten § 232 Anm 4. 2 ..Unabwendbarer Zufall" ist ein Ereignis, das unter den gegebenen, nach der Besonderheit des Falles zu berücksichtigenden Umständen auch durch die äußerste diesen Umständen angemessene und vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt weder abzu­ wehren noch in seinen schädlichen Folgen zu vermeiden ist (z. B. Verlust des Ersuchungs­ schreibens wegen Einsendung der Prozeßakten, Verzögerung der Briefbeförderung durch die Post), RG. (BZS.) 48, 409, 98, 196. Bei der Prüfung der Frage, ob ein unabwend­ barer Zufall vorliegt, sind aber in erster Linie die persönlichen Verhältnisse und An­ schauungen der säumigen Pattei in Betracht zu ziehen (z. B. Geschäfisunerfahrenheil; weite Entfernung vom Sitze des Gerichts und Unfähigkeit zu schriftlicher Information). Danach ist ein unabwendbarer Zufall ein solcher, dessen Eintritt oder Folgen von dem­ jenigen, dem die Vornahme der Prozeßhandlung oblag und der sie versäumt hat, bei Anwendung der gerade ihm nach Lage des Falles gerechterweise zuzumutenden Sorg­ falt nicht abgewendet werden konnten, RG. 96, 323, IW. 23, 836". So kann schwere Ettrankung der Pattei oder eines nahen Angehörigen, die die Fristversäumung zur Folge gehabt hat, ein unabwendbarer Zufall sein, W. 38, 16O. Ebenso seelische Auf­ regung wegen bevorstehender schwerer Operation, IW. 35, 2557°. Eine im Sinne des § 114 arme Partei (unter Umständen genügt es, daß sich die Pattei für arm halten durfte, ohne, objektiv betrachtet, arm zu sein, W. 37,171, bei einer Ehefrau, daß sie trotz gewissenhafter Prüfung annehmen durfte, der vorschußpflichtige Ehemann werde nicht zahlen, IW. 35, 227913) ist zunächst durch einen unabwendbaren Zufall an der Ein­ legung eines Rechtsmittels verhindert, RG. 117, 305. Dies gilt aber nicht auf unabseh­ bare Zeit; die Pattei muß das Armenrecht so frühzeitig vor dem Ablauf der Rechtsmittelfrift nachsuchen, daß bei Bewilligung des Armenrechts der bestellte Armenanwalt noch rechtzeitig das Rechtsmittel einlegen kann und daß bei Versagung des Armenrechts ihr noch die Möglichkeit bleibt, für die Einlegung des Rechtsmittels durch Aufstellung eines Prozeßbevollmächtigten zu sorgen, RG. 149, 381. Im allgemeinen genügt Ein­ reichung des Gesuchs am sechsten Tage vor Fristablauf, RGDJ. 36, 1658 (W. 36, 130), selbst wenn ein Feiertag dazwischen liegt, RGHRR. 35, 1691. Dem Gesuch sind die Unterlagen beizufügen, insbesondere das Armutszeugnis. Bei späterer Einreichung ist ein Wiedereinsetzungsgrund nur gegeben, wenn die verspätete Einreichung auf einem unabwendbaren Zufall beruht; die Tatsachen, aus denen sich dies ergibt, und die Mittel für ihre Glaubhaftmachung müssen dann in der Frist des § 234 angegeben werden, IW. 37, 1061®. Ist der Antrag auf Bewilligung des Armenrechts rechtzeitig gestellt, so darf die arme Partei mit der Einlegung deS Rechtsmittels solange warten, bis ihr die Entscheidung über den Antrag bekanntgegeben wird, RG. 149, 381. Bis dahin braucht sie keine vorsorglichen Maßnahmen für den Fall der Ablehnung ihres Gesuchs

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-zu treffen, RGHRR. 28, 68; auch liegt ihr keine Erkundigungspflicht ob,Gr. 70, 288. Seit dieser Bekanntgabe bildet die Fortdauer der Armut als solche keinen Wiedereinsetzungs­ grund mehr und läuft grundsätzlich die zweiwöchige Frist des § 234 zur Stellung des Antrags auf Wiedereinsetzung und Nachholung der versäumten Rechtsmitteleinlegung, RG. 149, 381. Die neuere Rechtsprechung billigt indessen der armen Partei, der das Armenrecht versagt worden ist, noch eine kurze angemessene Frist zur Beschafsung der nötigen Geldmittel und zum Aufsuchen eines Anwalts zu. Dann läuft vom Ablauf dieser Frist an die Frist des § 234, RG. 149, 381. Durch ein zweites unbegründetes Armenrechtsgesnch kann der Ablauf der Rechtsmittelfrist nicht hinausgeschoben werden, RG. 149, 382. Ebenso findet keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen den inzwischen erfolgten Ablauf der Rechtsmittelfrist statt, wenn auf Grund neuer in einem zweiten Armenrechtsgesuch vorgebrachter Tatsachen, mögen sie der Partei auch bisher ohne ihr Verschulden unbekannt geblieben sein, der erste das Armenrecht versagende Beschluß aufgehoben und das Armenrecht nachträglich bewilligt wird, RG. 149, 882 (a. M. W. 35, 44). Wenn dagegen das Armenrecht nicht auf Grund neuer Tatsachen, sondern deshalb nachträglich bewilligt wird, weil sich das Gericht bei unveränderter Sachlage davon überzeugt hat, daß es den Sachverhalt im ersten Beschluß unrichtig beurteilt hatte, so ist die auf falscher Beurteilung durch das Gericht beruhende anfäng­ liche Ablehnung als unabwendbarer Zufall im Sinne des § 233 anzusehen, RG. 149, 382. Ferner ist ein unabwendbarer Zufall z. B. die verspätete Gewährung des rechtzeitig für die Rechtsmiltelinstanz nachgesuchten Armenrechts, wenn sie unverschuldet (z. B. das Armenrecht zufolge der Geschäftsverteilung oder wegen Ausfalls einer regelmäßigen Sitzung des Gerichts oder erst auf Beschwerde verspätet erteilt ist) und für die Ver­ säumung der Rechtsmittelfrist kausal ist, RG. 87, 55, W. 28, 50. Hat eine arme Partei ein gehörig begründetes und belegtes Gesuch um Bewilligung des Armenrechts behufs Einlegung eines Rechtsmittels so zeitig vor Ablaus der Rechtsmittelfrist eingereicht, daß bei ordnungsmäßigem Geschäftsgänge bis zum Ablauf der Frist die Bewilligung des Armenrechts, die Bekanntmachung (s. § 115 Anm. 9) des Beschlusses an den bei­ geordneten Anwalt und die Einlegung des Rechtsmittels durch diesen erfolgen konnten und zu erwarten waren, so ist es für die Partei ein unabwendbarer Zufall, wenn nach rechtzeitiger Bewilligung des Armenrechts die Einlegung des Rechtsmittels durch den beigeordneten Anwalt lediglich deswegen erst nach Ablauf der Frist erfolgt, weil die Bekanntmachung des Beschlusses an den Anwalt (nicht durch den Gerichtswachtmeister oder telephonisch, sondern) durch förmliche Zustellung bewirkt worden ist und dabei eine ungewöhnliche Verzögerung im Postbetriebe stattgefunden hat, W. 18, ioi. Auch dann, wenn eine arme Partei das Gesuch um Bewilligung des Armenrechts zur Ein­ legung des zulässigen Rechtsmittels gegen ein Urteil so rechtzeitig angebracht hat, daß bei ordnungsmäßigem Geschäftsgänge die Zustellung des Beschlusses über das Gesuch und selbst im Falle der Verweigerung des Armenrechts die selbständige Einlegung des Rechtsmittels durch einen von der Partei unmittelbar beauftragten Prozeßbevollmächtigten innerhalb der Rechtsmittelfrist möglich sind, stellt sich die Verzögerung der Beschlußzustellung über die Rechtsmittelfrist hinaus für die Partei als unabwendbarer Zufall dar, RG. 138, 257. Dies gilt sowohl dann, wenn ihr das Armenrecht mangels Armut versagt ist, sie sich aber bei Anwendung der größtmöglichen ihr zuzumutenden Sorgfalt für arm halten konnte, wie auch, wenn sie wirklich arm war und ihr daher das Armenrecht zu Unrecht versagt ist, RG. 19./7. 35, VII 22. 35. In solchen Fällen muß der Beschluß über die Bewilligung des Armenrechts und die Verfügung über die Bei­ ordnung eines Armenanwalts wegen der Frist des § 234 der armen Partei zugestellt werden, IW. 35, 2814«. Jedoch hört, ohne daß dies von förmlicher Zustellung abhinge, das Hindernis der Armut schon auf, sobald dieser Beschluß und diese Verfügung der armen Partei bekannt geworden sind; denn dann kann sie ohne Geldaufwendung den ihr bei­ geordneten Rechtsanwalt bestellen und das Rechtsmittel einlegen, RG. 157, 171. Die Frage, ob das Armenrechtsgesuch sachlich gegründet war und das verspätet eingelegte Rechtsmittel Erfolg haben werde, hat bei der Entscheidung über das Wiedereinsetzungs­ gesuch außer Betracht zu bleiben, Gr. 55, 121 (anders jedoch, wenn bei solcher Sachlage das Unvermögen zur Bestreitung der Prozeßkosten nicht nachgewiesen oder die beabsich­ tigte Rechtsverfolgung mutwillig oder das ArmenrechtSgesuch unverständlich war, IW. 07, öi7®o, Gr. 55,12s). Sin unabwendbarer Zufall kann darin liegen, daß ein ungenau

Dritter Abschnitt. Verfahren. Vierter Titel. Folgen der Versäumung. § 233.

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gefaßtes gerichtliches Formblatt mißverstanden wurde, RG. 145, 250, W. 37, 26. Ferner kann eine unklare, verwickelte und für Laien schwer zu übersehende Rechtslage sich als unabwendbarer Zufall darstellen, W. 36, 113, 37, 57, Rechtsirrtum eines Rechtsanwalts jedoch nur dann, wenn er auch bei äußerster den Umständen angemessener Sorgfalt des Anwalts nicht zu vermeiden war, W. 37,120. Ferner die durch eine undeutlich geschrie­ bene Zahl in einer Zustellungsurkunde verursachte falsche Berechnung der Rechtsmittel­ frist, IW. 35, 2431«. Weiterhin, wenn die Partei vom Gegner arglistig an der recht­ zeitigen Einlegung des Rechtsmittels verhindert wurde, besonders im Ehescheidungs­ prozeß, W. 38,110. Ein unabwendbarer Zufall kann unter Umständen auch darin liegen, daß die Geschäftsstelle die Protokollierung des Armenrechtsgesuchs (z. B. weil der Antragsteller, der für die abwesende arme Partei das Gesuch anbringen wollte, keine Vollmacht vorlegen könne) ablehnt, RG. 129, i?3. Ferner in der schuldhaften Ver­ zögerung oder Unterlassung der Gerichtskasse hinsichtlich der üblichen Benachrichtigung des Prozeßgerichts von der Einzahlung der Prozeßgebühr gemäß §§ 519 Abs. 6, 554 Abs. 7, IW. 27, 1692". — Ferner ist es ein unabwendbarer Zufall, wenn eine Partei von der eine Notfrist in Lauf setzenden, gemäß § 181 Abs. 2 an den Hauswirt erfolgten Ersatzznstellung ohne ihr Verschulden erst nach Ablauf der Notfrist Kenntnis erhält, IW. 19, 699. — Ferner kann es ein unabwendbarer Zufall sein, wenn die Partei oder ihr Prozeßbevollmächtigter, ohne die nach Lage der Umstände gebotene äußerste Sorg­ falt zu verletzen, infolge irriger Rechtsansicht ein Rechtsmittel nicht gegen das richtige Urteil eingelegt hat, IW. 24,1987". — Fehlendes Verschulden der Partei (oder ihres Vertreters, s. unten aber genügt nicht, außer im Falle des Abs. 2, es muß das nach Lage des Falles vernünftigerweise zu erwartende größtmögliche Maß von Vorsicht und Sorgfalt von der Partei betätigt sein, RG. 94, 343. Deshalb genügt auch nicht allein der Verlust des auf Einlegung des Rechtsmittels gerichteten Auftragschreibens der Partei an ihren Anwalt, IW. 97, 1337. Auch die Betrauung eines zuverlässigen Anwalts mit der Einzahlung der Prozeßgebübr und der Führung des Zahlungsnachweises gemäß § 519 Abs. 6 wird (wohl zu weitgehend) in IW. 39, 172M nicht für ausreichend angesehen. — Verschulden hat die negative Bedeutung, daß die Wiedereinsetzung stets nicht zu erteilen ist, wenn das Verschulden, sei es auch nur ein ganz geringes, die Frist­ versäumung mitverursacht hat, RG. 73, 57, RGHRR. 35, 619. Die Partei (ebenso ihr Anwalt) darf daher das, was sie zur Wahrung der Frist zu tun hat, nicht bis zur letzten Stunde verschieben und muß, wenn sie es doch tut, alle nach Lage der Sache vernünftiger­ weise aufzuwendende Sorgfalt behufs Einhaltung der Frist angewendet, insbesondere ihre Tätigkeit so eingerichtet haben, daß die Frist auch bei möglichen Unregelmäßigkeiten und Zwischenfällen noch gewahrt werden kann, W.36,44,62, 37, 40. Nur ausnahmsweise bei besonderen Vorsichtsmaßnahmen kann in einem solchen Fall ein unabwendbarer Zufall angenommen werden, IW. 32, 6481». Läßt die Partei es auf den letzten Tag ankommen, so ist es kein Wiedereinsetzungsgrund, wenn das Gericht nicht sofort die er­ forderliche Verfügung trifft. Dies gilt insbesondere auch bei den Anträgen auf Be­ willigung des Armenrechts behufs Einlegung eines Rechtsmittels oder Einspruchs, RGHRR. 32,376, W. 17,283. Die Nichtbewilligung des Armenrechts bildet in keinem Falle dann einen Hinderungsgrund, wenn es, wie z. B. in den Fällen des § 569 Abs. 2 (Be­ schwerde zum Protokoll der Geschäftsstelle), der Vertretung durch einen Rechtsanwalt zur Einhalung der Notfrist nicht bedurfte, IW. 99,176®, auch dann nicht, wenn die Partei erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist einen zu ihrer Vertretung bereiten Anwalt hat finden können, RG. 139, 1. Will der Bernfungs-(Revisions-)Kläger die für die Berufungs-(Revisions--Instanz von ihm erforderte Prozeßgebühr (§§ 519 Abs. 6, 554 Abs. 7) erst unmittelbar vor Ablauf der vom Vorsitzenden bestimmten Frist zahlen, so muß er sich vorher durch sorgfältige Erkundigungen über die von ihm für die Wahrung der Frist erforderten Maßnahmen unterrichten und sein Verhalten danach einrichten, IW. 25, 769**. Vgl. ferner für den Fall der Ablehnung eines Armenrechtsgesuchs Anm. 5. — Verschulden eines Vertreters (s. § 232 Anm. 4), für das die Partei auf­ kommt (§ 232 Abs. 2), insbesondere des Prozeßbev. sowie des Verkehrsvertreters der Partei, mag er Anwalt oder Nichtanwalt sein, schließt die Wiedereinsetzung aus, RG. 115, 71; (vgl. jedoch RG. 115, 411, W. 29, 19: Wiedereinsetzungsgrund, wenn Partei in der Strafanstalt sich befunden und keine Möglichkeit zur Überwachung ihres Armen­ anwalts gehabt hat). Fehlendes Verschulden des Vertreters genügt zur Annahme eines

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unabwendbaren Zufalls nicht, W. 17, 283; auch (s. oben bezüglich der Partei) der Ver­ treter muß das nach Lage des Falles vernünftigerweise zu vertretende größtmögliche Maß von Vorsicht und Sorgfalt betätigt haben, RG. 48, 411, W. 16, 207. An solchem Maß von Sorgfalt fehlt es z. B.: wenn der Anwalt, der eine Berufung einlegt, sich nicht selbst darum bekümmert, wann das Urteil zugestellt ist, obwohl ihm darüber keine oder verschiedene Angaben gemacht wurden, RGHRR. 35, 286, 36, 567; wenn der Prozeß­ bevollmächtigte einer Ehefrau es unterläßt, diese auf die Notwendigkeit eines Versuchs hinzuweisen, den Ehemann zur Vorschußzahlung zu bestimmen, RGHRR. 35, 1427; wenn ein Rechtsanwalt, der für eine Partei aus Gefälligkeit Berufung einlegt, es unterläßt, der Partei gegenüber unzweideutig zum Ausdruck zu bringen, daß er damit seine Tätigkeit als beendet ansehe, es insbesondere ablehne, die Einhaltung der Be­ rufungsbegründungsfrist zu überwachen oder auch nur einen Antrag auf Verlängerung dieser Frist zu stellen, IW. 35, 2287“; wenn der Rechtsanwalt seine Partei über das Ende der Berufungsfrist unterrichtet und sich dabei auf den Urteilseingangsvermerk seines Büros verläßt, ohne sich durch Herbeiziehung der urkundlichen Unterlagen über den Zeitpunkt des Fristablaufs zu vergewissern, IW. 37, 22912; wenn es der Anwalt bei längerer Abwesenheit unterläßt, für Wahrung von Fristen geeignete Vorsorge zu treffen, RGHRR. 39, 175; wenn der Prozeßbevollmächtigte der unteren Instanz eine Zustellungskarle über Zustellung des Urteils unterzeichnet, ohne sich die Urteilsabschrift und die Handakten vorlegen zu lassen oder darauf hinzuwirken, daß das zur Wahrung der Berufungsfrist zunächst Erforderliche geschehe, Gr. 66, 583, oder wenn er den Auftrag zur Einlegung eines Rechtsmittels dem bet dem übergeordneten Gerichte zugelastenen Rechtsanwalts mit einfachem Brief oder Paket zusendet, RG. 99, 273, IW. 20, sm», (vgl. jedoch RG. 105, 10), oder wenn er, obwohl thm weder die An­ nahme des Auftrags angezeigt noch auch das mitgesendete Urteil zurückgeschickt wird, es unterläßt, vor Ablauf der Rechtsmiltelfrist bei dem Anwalt des übergeordneten Gerichts sich zu erkundigen, ob sein Auftrag eingegangen ist, und, wenn dies nicht der Fall ist, den Auftrag zu wiederholen, IW. 21, 466« (vgl. jedoch RG. 105, 12), oder wenn er es Unterlasten hat, seinen Büroangestrllten Anordnungen zu geben zur Wahrung von Rechtsmittelfristen, W. 26, 21s, sowie über die gewistenhafte Ablieferung der empfangenen Schriftstücke, insbesondere im Falle einer etwaigen Ersatzzustellung nach $ 183, oder einer Zustellung von Amts wegen (§§ 211, 212), und die Beobachtung der Anordnungen gehörig zu überwachen, W. 29 190, RG. 120, 187, 248, § 232 Anm. 4. Der Umstand ferner, daß das RechtsMittelgericht es unterlasten hat, in dem das Armenrecht für die Rechtsmittel­ instanz bewilligenden Beschluß auf den kurz bevorstehenden Ablauf der Rechts­ mittelfrist hinzuweisen, entschuldigt, wenn auch ein solcher Hinweis durch einen entsprechenden Vermerk auf dem Beschluß angezeigt sein mag, nicht die SäumniS des beigeordneten Armenanwalts, der eS unterläßt, sich über den Ablauf der Rechtsmittelftist aus den Prozeßakten zu vergewlstern oder hierüber beschleunigt (telephonisch, telegraphisch oder durch Eilbrief) beim Prozeßbevollmächtigten der unteren Instanz anzufragen, und daher das Rechtsmittel nicht rechtzeitig einlegt, RG. 94, 344, IW. 28, 14891. (Vgl. aber über den Beginn der Vertremngsmacht des Armenanwalts § 80 Anm 2). Danach ist es kein Verschulden, wenn der beigeordnete Armenanwalt mit der Einlegung des Rechtsmittels bis zur Erteilung der Vollmacht wartet, IW 25, 13701. Er mutz aber die rechtsunkundige Partei zu einer Entschließung über die RechtSmitteleinlegung veranlasten und bet drohendem Fristablauf schon vor Ein­ gang des Auftrags tätig werden, RG 115, 62 Unterzeichnet der Anwalt ein vom Büro falsch ausgefülltes Formular, so liegt ein die Annahme eines unabwend­ baren Zufalls ausschließendes eigenes Versehen des Anwalts vor, wofür die Verant­ wortung ihm durch das Büroversehen nicht abgenommen wird (z. B bei Ausfüllung des Berufungsschriftsatzes mit einem falschen Datum und demzufolge Versäuwung der Begründungsfrist), IW. 25, 362". Tritt dagegen nachträglich, aber vor Ablauf der Frist, ein unabwendbarer Zufall ein, der die Beseitigung des Versehens des Vertreters verhindert, so ist das Versehen für die Fristversäumung nicht mehr ursächlich und steht der Wiedereinsetzung nicht im Wege, IW. 25, 1370* — Dagegen sind Büroangestellte deS prozeßbevollmächtigten Rechtsanwalts weder besten Vertreter noch solche der Partei; ihr Verschulden hat nicht als eigenes Verschulden der Partei zu gelten; daher kann,

Dritter Abschnitt. Verfahren. Vierter Titel. Folgen der Versäumung. § 233.

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wenn ste sonst zuverlässig gewesen und gehörig unterwiesen sind (s. oben), eine durch ihr Versehen (z. B. bet Führung des Fristenkalenders, bet unrichtiger Mitteilung über den Fristablauf, bei Unterlassung der Absendung eines unterzeichneten Schrift­ stücks) herbeigeführte Fristversäumung sich für die Partei als. Folge eines unabwend­ baren Zufalls darstellen, RG 105, n, W. 26,124, § 232 Anm. 4 (s. jedoch oben wegen der Überwachungspfficht des Anwalts). Diese Grundsätze sind entsprechend auf Büroangestellte in Fabriken. Industrieunternehmen und anderen nach den Regeln der Arbeits­ teilung eingerichteten umfänglichen Betrieben anzuwenden, RG. 126, 260 (f. jedoch die Einschränkungen in W. 29, 24: Überwachung solcher Fristen mutz etwas häufig Vorkommendes und dafür geschultes und erprobtes Personal vorhanden sein). Ferner sind die Zustellungsorgane, insbesondere der Gerichtsvollzieher als Zustellungs­ beamter, nicht Vertreter, sondern handeln nur als Boten, RG. (VZS.) 48, 413. Daher liegt ein unabwendbarer Zufall vor, wenn der mit der Zustellung gemäß § 166 Abs. 2 Satz 2 beauftragte Gerichtsvollzieher die Beglaubigung der Terminsbestimmung auf der Abschrift des zuzustellenden Schriftstücks unterlassen hat, RG. (VZS.) 48, 409, W. 08, 565 (vgl. jedoch W. 09, 167). — Die Partei hat bet der Übermittelung

von Schriftstücken an eine Behörde mit den bei dieser hinsichtlich der Postsendungen bestehenden Einrichtungen (z. B. Abholung von der Post nur zu bestimmten Zeitpuntten) zu rechnen und handelt, wenn sie der Post, zumal am letzten Tage der Frist, Schrift­ stücke zur Beförderung an die Behörde übergibt, auf eigene Gefahr, W. 09, 168. Ebenso bei Einlegung eines Rechtsmittelschriftsayes in den Briefkasten deS Gerichts, IW. 10, 480“. Ferner ist es kein unabwendbarer Zufall, wenn eine Partei am letzten Tage einer Frist einen Schriftsatz nach Schluß der Geschäftsstunden einzureichen versucht, ohne fich rechtzeitig erkundigt zu haben, ob und welche Einrichtungen bestanden, die die Einreichung noch nach Schluß der Geschäftsstunden ermöglichten, und die Annahme deshalb ohne Verstoß gegen die Dienstanweisung abgelehnt wird, IW. 25, 812. — Befindet fich die Partei einen großen Teil deS Jahres auf Reisen, so muß fte dafür sorgen, daß Briefe und gerichtliche Zustellungen sie erreichen, W. 08,554. — Die auf Beschwerde erfolgte Aufhebung eines BerichtigungSbeschlusteS begründet nickt Wiedereinsetzung gegen Versäumung der Rechtsmittelfrist für das berichtigte Urteil. IW. 09, 462M. Hat eine Partei, der öffentlich zugestellt ist, von der öffentlichen Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erhalten, so kann sie Wiedereinsetzung beanspruchen, IW. 06, 470". Eigenes Verschulden wird insoweit nur ausnahmsweise angenommen werden können (a. M. IW. 06, 567", OLG. 33, 52; abweichend auch Jonas II1, Baumb. 4). — Legt der Berufungs-(Revisions-)Beklagte nach Ablauf der Rechtsmittelfrist Anschluß­ berufung (-Revision) ein, so ist die Zurücknahme der Berufung (Revision), wodurch das Anschlußrechtsmittel wirkungslos wird (§§ 522, 556 Abs. 2), kein Wiedereinsetzungs­ grund für den Rechtsmittelbeklagten gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des selbständigen Rechtsmittels, IW. 25, 137410. — Kein Wiedereinsetzungsgrund ist es auch, wenn eine Partei die Berufungsfrist (§516) deswegen versäumt hat, weil sie trotz Erinnerung vor Ablauf der Frist eine vollständige Ausfertigung (§317 Abs. 2) des anzufechtenden Urteils vom Gericht nicht hat erlangen können, da dieser Umstand sie nicht an Einlegung der Berufung verhinderte, RG. 121, 121. 8 Durch Naturereignis usw. verhindert. — Das Naturereignis usw. muß für die Fristversäumung ursächlich gewesen sein: daß überhaupt ein dadurch veranlaßteHindernis für die Einhaltung der Frist bestand, genügt nicht, wenn ohne ein hinzutretendes Verschulden der Partei oder ihres Vertreters das Naturereignis usw. seine der Fristetnhaltung ungünstige Folge nicht hätte zeitigen können, RGJR. 28, 1368. * Begriff und Fälle der Notfrist: § 223 Abs. 2 u. Anm. 2 dazu. Zu § 111 GenG, s. IW. 30, 140017. 5 Fristen für Rechtsmittelbegründung u. f. d. Nachweis d. Zahlung der Prozeß­ gebühr. — Gegen die Versäumung der Fristen zur Begründung der Berufung und der Revision und der gemäß § 519 Abs. 6, § 554 Abs. 7 gesetzten Fristen, ist wie bei einer Notfrist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässig. Jedoch muß der Prozeßbevollmächtigte, der mit Rücksicht auf ein laufendes Armenrechtsgesuch seiner Pattei die Berufung (Revision) nicht innerhalb der gesetzlichen Frist begründen will, rechtzeitig Fristverlängerung beantragen, widrigenfalls die Versäumung der Frist nicht auf einem unabwendbaren Zufall beruht, RG. 145, 228. Entsprechendes gilt für den

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A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

Antrag auf Verlängerung der Nachweisfrist, W. 37, 139. Auch gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Anschlußrevision (§556 Abs. 1) findet Wiedereinsetzung statt, obgleich sie in § 233 nicht erwähnt wird, RG. 156, 156. Der Revisionsbeklagte kann Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist beantragen, RG. 156, 156, und muß dies tun, wenn er sein Recht, Wiedereinsetzung zu verlangen, nicht verlieren will. — Uber Gewährung der Wiedereinsetzung, wenn die Verfügung über Ablehnung der recht­ zeitig nachgesuchten Verlängerung der Frist zum Nachweis der Zahlung der Prozeß­ gebühr erst nach Ablauf der Frist zugestellt wird, vgl. RG. 116, ioo. über den erforder­ lichen Inhalt des Gesuchs um Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Frist vgl. §236 Sinnt. 5. Unmöglichkeit, die zu zahlende Prozeßgebühr rechtzeitig zu beschaffen, ist kein unabwendbarer Zufall, also kein Wiedereinsetzungsgrund, W. 29, 54. Es besteht auch kein Anrecht auf Fristverlängerung, bis die Bemühungen um Geldbeschaffung Erfolg haben, IW. 35, 2814°. Beauftragt die Partei eine nicht in Vertreterstellung befindliche Person mit der Einzahlung der Prozeßgebühr, so muß sie sich regelmäßig von der ord­ nungsmäßigen Erledigung des Auftrags überzeugen, W. 36, 95. — Wird ein rechtzeitig angebrachtes Gesuch um Bewilligung des Armenrechts wegen Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung ab gelehnt, will aber die Partei das Rechtsmittel einlegen, so bleibt ihr nichts anderes übrig, als unter Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts die für die Einlegung und Durchführung des Rechtsmittels erforderlichen Geldbeträge auf­ zubringen und durch einen Anwalt das Rechtsmittel innerhalb der Rechtsmittelfrist ein­ zulegen, RG. 117, 305. Wird ihr der das Armenrecht ablehnende Beschluß erst nach Ablauf der Rechtsmiltelfrist zugestellt, so erwächst ihr aus diesem Umstand (nicht wegen Fortdauer der Armut, die es nur rechtfertigte, daß sie nicht schon vor Erledigung des Armenrechtsgesuchs das Rechtsmittel einlegte) an sich ein Wiedereinsetzungsgrund, RG. 117, 305. Sie muß aber den Wiedereinsetzungsantrag innerhalb der von der Zustellung ab laufenden zweiwöchigen Frist des § 234 stellen, RG. 117, 306. — Wiedereinsetzung ist nur möglich gegen Versäumung der Begründungsfrist. Zur Nachholung von Fehlen­ dem und Heilung der Unvollständigkeit der rechtzeitig eingereichten Begründungsschrift findet die Wiedereinsetzung nicht statt, RG. 121, 6; ebensowenig zur Nachholung des versäumten Fristverlängerungsantrags, NG. 28./5. 36, IV B 29. 36. — über Wieder­ einsetzung gegen Versäumung von Fristen gegenüber dem Patentamt s. § 43 PatG. 6 Der Antrag (§ 236) hemmt nicht die Vollstreckung; jedoch kann Einstellung der Zwangsvollstreckung angeordnet werden (§ 707). 7 §§ 339, 508 Abs. 2 (Einspruchsfristen). s Weder die Partei noch deren Vertreter (s. § 232 Anm. 4) darf ein Verschulde« für die Unkenntnis treffen, daß eine Zustellung des Urteils stattgefunden hat, RG. 78, 123. — Der Antragsteller muß sowohl seine Nichtkenntnis als auch, daß diese auf keinem Verschulden von seiner Seite beruht, glaubhaft machen, IW. 99, 300», auch RG. 78, 124. — Ein Verschulden liegt auf feiten der Partei z. B. vor, wenn sie nach Kündigung des Auftrags seitens des alten Vertreters nicht einen neuen Vertreter bestellt, IW. 95, 199«. — Die Kenntnis im Sinne des Abs. 2 ist aber nur dann vor­ handen, wenn ste so genau und eingehend ist, daß sie die sofortige Einlegung deS Einspruchs, die nach § 236 Abs. 1 Nr. 3 mit dem Anträge verbunden werden muß, ermöglicht, RG. 78, 123. 9 Für den Fall deS Abs. 2 gilt auch Abs. 1. Wenn die Partei daher von der Zustellung des Versäumnisurteils zwar schuldlos nichts erfahren hat, aber ste durch sonstiges Verschulden in die Lage gekommen ist, daß sie die Einspruchsfrist versäumt hat, ist ihr die Wiedereinsetzung zu versagen, RG. 73, 55. So z. B. wenn jemand trotz eines ihm drohenden Rechtsstreits von seinem Wohnorte sich entfernt, ohne Vor­ sichtsmaßregeln zu ergreifen, daß er von Zustellungen erreicht werden kann, OLG. 33, 52. — Die Ausnahmebestimmung des Abs. 2 ist auf die in Ehesachen nach nicht kontradiktorischer Verhandlung ergehenden Urteile, die keine Dersäumnisurteile sind (§ 618 Abs 5), nickt entsprechend anwendbar, IW. 06, 667“. 10 Einer Partei, die einen Termin oder eine befristete Prozeßhandlung versäumt, ist auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch die auf Grund der 5. BO. z. RBürgG. v. 27./9. 38 (RGBl. I 1403) getroffenen Maß­ nahmen (Ausschluß der Juden von der Rechtsanwaltschaft) am rechtzeitigen Erscheinen zu dem Termin oder an der rechtzeitigen Vornahme der Prozeßhandlung verhindert

Dritter Abschnitt. Verfahren.

Vierter Titel. Folgen der Versäumung.

§ 284. 345

worden ist. — über Wiedereinsetzung in den sudetendeutschen Gebieten s. § 12 BO. v. 2./12. 38 (RGBl. I 1758). Wiedereinsetzungsfrist.

234 (212). (1) Die Wiedereinsetzung mufc1 innerhalb einer zweiwöchigen Friste beantragt werden. (2) Die Frist beginnt mit dem Tage, an welchem das Hindernis6 ge­ hoben^ ist6 (3) Nach Ablauf eines Jahres,6 von dem Ende der versäumten Frist

an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. 1 Zwingende Vorschrift. 2 § 222 Anm. 1 (Berechnung der Frist). — Sie ist keine Notfrist (§ 223 Anm. 2). Daher: findet § 207 Abs. 2 (Wahrung der Frist durch Einreichung eines von der Partei zuzustellenden Schriftsatzes bei der Geschäftsstelle) auf fie keine Anwendung, und findet eine Wiedereinsetzung gegen ihre Versäumung nicht statt, IW. 93, 382°. • Darunter ist der nach § 233 maßgebende Grund zur Wiedereinsetzung zu ver­ stehen (vgl. § 233 Anm. 2). 4 Die Frist beginnt, sobald das Hindernis, das nach § 233 den Anspruch auf Wieder­ einsetzung begründen soll, tatsächlich gehoben ist (vor oder nach Ablauf der Frist, RGHRR. 29, 254), also die Partei imstande ist, die Handlung vorzunehmen, und der bis­ herige hindernde Umstand keine Hinderungswirkung hinsichtlich der Wahrung der Not­ frist (oder der anderen Fristen, auf die § 233 Abs. 1 anzuwenden ist) mehr ausübt. Nicht schon mit dem Zeitpunkt, wo das Hindernis gehoben sein konnte (z. B. nicht von dem Zeitpunkt, in dem bei zeitiger Beschwerde gegen einen das Armenrecht verweigernden Beschluß die Bewilligung des Armenrechts hätte herbeigeführt werden können), RG. 65, 193, W. 10, 44, vgl. jedoch auch RG. 47, 377. Besteht das Hindernis in der Armut der Partei, so ist es behoben, sobald ihr der Beschluß über Bewilligung des Armenrechts und, soweit Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich ist, die Verfügung über die Beiordnung eines solchen bekanntgemacht ist. Wird ihr das Armenrecht versagt, so ver­ liert mit der Bekanntgabe dieses Beschlusses an die Partei die Armut die Eigenschaft eines Fristwahrungshindernisses im Sinne des § 233. Der Beschluß über Bewilligung oder Versagung des Armenrechts bedarf förmlicher Zustellung, da damit die Frist des § 234 in Lauf gesetzt wird; formlose Mitteilung genügt nicht (§ 329 Abs. 3), RG. 147,154. Bei Bewilligung des Armenrechts genügt zur Hebung des Hindernisses regelmäßig auch nicht die Zustellung an den beigeordneten Anwalt, weil dieser mit der Beiordnung noch nicht Vertreter der Partei wird (s. § 80 Anm. 2, § 115 Anm. 9) (a. M. Baumb. 2 unter Berufung auf RG. 115, 62, weil der beigeordnete Anwalt schon vor seiner Bevollmächti­ gung für die Partei handeln müsse. Aber eine Vernachlässigung dieser Pflicht, soweit sie anzuerkennen ist, kann wohl eine Schadensersatzpflicht des Anwalts begründen, aber nicht dazu führen, daß das Hindernis der Armut für die Partei mit der bloßen Beiordnung behoben wäre). Die Umstände können aber die Bevollmächtigung des beigeordneten Anwalts durch die arme Partei zur Entgegennahme der Entscheidung ergeben. So, wenn die Partei gerade um Beiordnung dieses Anwalts gebeten und dieser für sie das Armen­ rechtsgesuch eingereicht hatte. Dann beginnt die Frist des § 234 bereits mit der Zustellung des Beschlusses an diesen Anwalt, IW. 37, 5407. Auch ohne Zustellung an Partei und Anwalt kann das Hindernis behoben sein, z. B. wenn der von seiner Beiordnung form­ los benachrichtigte Anwalt die versäumte Prozeßhandlung für die Partei nachholt, W. 37, 82. Ebenso ist das Hindernis behoben und beginnt der Lauf der Frist des § 234, wenn der dem beigeordneten Anwalt zugestellte Beschluß der armen Partei formlos bekannt­ gegeben ist; denn dann kann diese ohne Aufwendung von Geldmitteln die Anwalts­ bestellung und die versäumte Prozeßhandlung vornehmen, RG. 157, 171. — Bei Ver­ sagung des Armenrechts beginnt der Lauf der Frist des § 234 regelmäßig noch nicht mit der Zustellung des Beschlusses an die arme Partei; dieser muß vielmehr noch eine kurze, angemessene, sich in engen Grenzen haltende Frist zur Beschaffung der nötigen Geld­ mittel und zum Aufsuchen eines Anwalts gelassen werden, RG. 149, 381, RGHRR. 36, 135. Erst danach beginnt die Frist des § 234 zu laufen. Ihr Lauf wird durch ein neues wiederum unbegründetes Armenrechtsgesuch nicht beeinflußt, RG. 149, 882.

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A. II. Zivilprozeßordnung. Erste- Buch. Allgemeine Bestimmungen.

Wird dagegen der das Armenrecht versagende Beschluß durch das Beschwerdegericht ausgehoben, so ist die anfängliche auf falscher Beurteilung beruhende Ablehnung als unabwendbarer Zufall im Sinne des § 233 anzusehen, RG. 149, 382. Ebenso ist der Fall zu beurteilen, daß nicht das Beschwerdegericht, sondern das mit dem Armenrechts­ gesuch zunächst angegangene Gericht auf Gegenvorstellung der armen Partei, nicht auf Grund neuen tatsächlichen Vorbringens, seinen ersten Beschluß aufgehoben und das Armenrecht bewilligt hat, weil der unveränderte Sachverhalt im ersten Beschluß unrichtig beurteilt worden war, RG. 149, 382. Wo die Partei keiner Zeit zur Beschaffung von Geldmitteln und zur Aufsuchung eines Anwalts bedarf, ist ihr dafür auch keine Frist zu gewähren, läuft vielmehr die Frist des § 234 schon von der Zustellung des das Armen­ recht versagenden Beschlusses an. Wenn sich daher z. B. die arme Partei im Armen­ rechtsverfahren vor dem Berufungsgericht durch einen bei diesem zugelassenen Anwalt hat vertreten lassen, so muß sie zur Begründung des Antrags auf Wiedereinsetzung im einzelnen darlegen, weshalb sie trotzdem die Berufung nicht rechtzeitig einlegen konnte, widrigenfalls die Frist des § 234 schon von der Zustellung des Armenrechtsbeschlusses zu rechnen ist, RGHRR. 36,1254. Ebenso ist für die Zubilligung einer kurzen angemesse­ nen Frist zur Beschaffung von Geldmitteln kein Raum, wenn einer Partei eine Nach­ weisfrist aus § 519 Abs. 6 erst gesetzt worden ist, nachdem ihr der das Armenrecht wegen Aussichtslosigkeit versagende Beschluß zugestellt war, IW. 37,2222". Besteht das Hinder­ nis insbesondere in einer Unkenntnis der Partei oder ihres Vertreters (z. B. vom Tage der Urteilszustellung), so ist das Hindernis gehoben, sobald die Unkenntnis aufhört, un­ entschuldigt zu sein, RG. 67, 186, IW. 28, 1489*. Wenn ein eingelegtes Rechtsmittel wegen eines von dem Gerichtsvollzieher verschuldeten Mangels der Zustellung der Rechtsmittelschrift ungültig ist und deshalb die Rechtsmittelfrist versäumt wurde, beginnt die Frist nicht erst mit dem Tage, an dem der Prozeßbevollmächtigte der zustellenden Partei von dem Zustellungsmangel Kenntnis erlangte, sondern bereits mit dem Zeitpunkte, von dem an seine Unkenntnis dieses Mangels aufhörte, unverschuldet zu sein, da der unabwendbare Zufall in der unverschuldeten Unkenntnis des Zustellungsmangels be­ stand und das Hindernis in dem Zeitpunkte gehoben war, in dem die Unkenntnis aufhörte, unverschuldet zu sein, RG. 67,186, IW. 24, 415. Ferner beginnt, wenn ein von der Partei oder dem Prozeßbevollmächtigten der unteren Instanz übersandter Auftrag zur Einlegung eines Rechtsmittels dem bei dem übergeordneten Gerichte zugelassenen Rechtsanwälte nicht zugeht und deshalb die rechtzeitige Einlegung des Rechtsmittels unterbleibt, die Frist mit dem Zeitpunkt, in dem die Partei oder der Prozeßbevollmäch­ tigte bei Anwendung gehöriger Sorgfalt durch Anfrage den Sachverhalt in Erfahrung gebracht hätte, RG. 99, 273, IW. 21, 2747. — Im Falle des Abs. 2 § 233 beginnt die Frist, sobald die Partei Kenntnis von der Zustellung des Bersäumnisurteils erlangt oder ihre Unkenntnis auf Verschulden zu beruhen angefangen hat, RG. 78,123. Dieser Zeitpunkt ist von dem Antragsteller glaubhaft zu machen, IW. 99, 300*, auch RG. 78,124, § 233 Anm. 8. — Der Tag, an dem das Hindernis gehoben wird, ist in die Frist nicht einzurechnen; § 187 Abs. 2 BGB. (s. § 222 Anm. 1) findet auf diese Frist keine An­ wendung, OLG. 6, 395. 6 Durch Vereinbarung der Parteien kann die Frist nicht verlängert werden, IW. 30, 1100 (f. § 224 Anm 2). • Unetgentliche Friß: Vordem, vor § 221. Wiedereinsetzung wegen Säumnis von Zustellungsbeamten.

285 (213). (1) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung einer Notfrist ist der Partei auf Antrag auch dann zu erteilen? wenn spätestens am dritten Tage vor Ablauf der Notfrist8 das zur Wahrung derselben zuzustellende Schriftstück dem Gerichtsvollzieher oder, sofern die Zu­ stellung unter Vermittelung der Geschäftsstelle erfolgen soll, der Geschäftsstelle zum Zwecke der Zustellung übergeben ist8 (2) 8 Die Wiedereinsetzung mub innerhalb einer einmonatigen Frist8 nach

Ablauf der versäumten Notfrist8 beantragt werden.8 1 Auch dann zu erteilen. — In diesem besonderen Falle soll da- negattve Erforder­ nis jeder Wiedereinsetzung, der Mangel jeden Parteiverschuldens, alS erwiesen gesetzlich

Dritter Abschn. Verfahren. Vierter Titel. Folgen d. Versäumung.

§§ 235, 236.

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fesigestellt werden, RG. (DZS.) 48, 4is. Die Erteilung erfolgt, gleichviel: ob die gu« ftellung überhaupt unterblieben oder nur nicht rrchtSwirkfam geschehen ist. RG. 1 1,376, Gr. 33, 1144; ob die Unterlassung auf einem Verschulden des Zustellungsbeamten beruht oder nicht, RG. (BZS.) 48, 413. Auch ist In diesem Falle nicht Bedingung der Wieder­ einsetzung, daß das Versäumte nicht innerhalb der Notfrist bemerkt und nachgeholt werden konnte, RG. 1 1, 876. — Ein Widerspruch der Dorschrttt mit § 207 Abs. 2 besteht nicht, da hier die Wiedereinsetzung ohne Rücksicht aus die Zeit der Zustellung gewährt ist, während § 207 Abs. 2 nur Anwendung findet, wenn der Schriftsatz innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der Einreichung bei der Geschäftsstelle zugestellt wird, KB. 78. — Liegen die Voraussetzungen des § 235 vor, so ist die Wiedereinsetzung auch dann zu erteilen, wenn das Wiedereinsetzungsgesuch nicht aus­ drücklich auf § 235 genützt ist (sondern auf tz 233, besten Voraussetzungen nicht gegeben sind), IW. 11, 329«. — Die Vorschrift ist, da die Einlegung deS Einspruchs, der Berufung und der Revision fetzt nach §§ 340, 518, 553 in d. Fast. d. Nov. v. 5./6.05 u 1./6. 09 hurrb Einreichung eine- Schriftsatzes erfolgt, wie § 207 Abs. 2 (Anm 9 daselvu-, nur noch für die Falle der Nichtigkeit»-, Restitution»., Anfechtung»« und AufhebungSklagen (§§ 586, 958, 1043, 1044) von Bedeutung. Dgl. auch Anm. 3, 4. » Am dritten Tage vor Ablauf der Notfrist. — D. i. dem drittletzten Tage der Notfrist, so daß zwei volle Tage innerhalb der Notfrist außer dem Tage des Empfang» deS zuzustellenden Schriftstücks für die Bewirkung der Zustellung durch den Zu­ stellungsbeamten frei bleiben, MG. 7, 317. IW 82, 35. 8 Schriftstück dem Zustellungsbeamten übergeben. — Durch die Vorschrift soll die Partei nur gegen ein Verschulden der ZustellungSbeamten (Gerichtsvollziehers, Ur­ kundebeamten der Geschäftsstelle), nicht gegen ihr eigenes oder ein Verschulden threS Vertreters geschützt werden. Sie setzt also voraus, datz die Partei oder deren Ver­ treter bei Erteilung des Zustellungsauftrages alle» ihnen Obliegende getan haben, um die ordnungsmäßige Ausführung der Zustellung zu sichern, RG. 16, 364. Ist dies nicht der Fall (ist z. B. diejenige Person, der zugestellt werden soll, nicht nach Namen oder Wohnung gehörig bezeichnet und hat dies Anlaß dazu gegeben, daß die Zustellung nicht rechtzeitig erfolgt ist), so findet Wiedereinsetzung nicht statt, RG. 16, 364, IW. 04, 412". — tz 235 gilt nur für Zustellung auf Parteibetrieb im Anwaltsprozeß (nicht für Zustellung von Amis wegen). Auch auf andere als die beiden im Abs. 1 genannten Arten der Zustellung, namentlich auf öffentliche Zustellung (§§ 203 ff.) und Zustellung im Ausland (§§ 200 ff.), ist § 235 nicht anwendbar. * Die Fassung deS Abs. 2 beruht auf der Nov. v. 1./6. 09. » In einmonatiger Frist nach Ablauf der Notfrist. — Zwingende Vorschrift; vgl. aber auch § 236 Abs. 2. — Berechnung der Frist: § 222 Anm. 1. Keine Notfrist (Anm. 2 § 223); daher keine Wiedereinsetzung gegen Versäumung. Beginn: nicht erst von Hebung deS Hinderniffes, wie im Falle des § 234. Zu der Notfrist, deren Ablauf für den Beginn maßgebend ist, kann die zweiwöchige Frist deS § 207 «bf. 2, obgleich diese auch alS eine Notfrist zu gelten hat (s. § 207 Anm. 11), nicht hinzugerechnet werden, W. 09, 1S7. * Kosten: §§ 238 Abs. 3 (dem Antragsteller auch bet Wiedereinsetzung), 102 den Zustellungsbeamten bei grobem Verschulden). Wiedereinsetzungsantrag.

236 (214). (1) Die Form deS Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, welche für die versäumte Prozetzhandlung geltend Der Antrag muß enthalten:3 1 die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen;3 2. die Angabe der Mittel für deren Glaubhaftmachung;* 3. die Nachholung der versäumten Prozebhandlung oder, wenn diese bereits nachgeholt ist, die Bezugnahme hierauf.5 (2) Im Falle* des § 235 Abs 1 kann die Wiedereinsetzung auch in dem für die mündliche Verhandlung bestimmten Termine ohne vorgängige Zustellung

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A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

eines Schriftsatzes beantragt werden/ wenn die Zustellung der Ladung zu dem Termin innerhalb der einmonatigen Frist nach Ablauf der /versäumten Notfrist erfolgt ist. 1 Form des Antrags. — Die Fassung des Abs. 1 beruht auf der Nov. v. 1./6. 09. In den Fällen der Berufung, der Revision und des Einspruchs, die durch Ein­ reichung des bett. Schriftsatzes eingelegt werden (§§ 340, 518, 553), ist auch der Wiedereinsetzungsantrag bei demGericht einzureichen, das für die versäumte Prozeß­ handlung zuständig war (Ausnahme Abs. 2), und dann nach §§ 340a, 519a, 553a der Gegenpartei von Amts wegen zuzustellen, RG. 84,42. Ersteres (Antragseinreichung) gilt ferner auch für die sofortige Beschwerde (§§ 569, 577 Abs. 2) sowie in den Fällen der §§ 104 Abs. 3,107 Abs. 3, 574 Abs. 2. Soweit dagegen eine Notfrist noch durch Zustellung eines Schriftstücks zu wahren ist, also in den Fällen der §§ 586, 958, 1043, 1044 (Nichtigkeits-, Reftitutions-, Anfechtungs-, Aufhebungsklagen vgl. § 207 Anm. 9), verbleibt es bei der Beantragung durch Zustellung eines Schriftsatzes (an die Partei, an welche der die versäumte Prozeßhandlung nachholende Schriftsatz zuzustellen ist). Im am ts gerichtlich en Verfahren geschieht diese Zustellung von Amts wegen: § 496. Anwaltszwang besteht für den Schriftsatz insoweit, als er für die nachzuholende Prozeß­ handlung geboten ist. — Ist in den Fällen, in denen der Wedereinsetzungsantrag bei Gericht einzureichen und dann von Amts wegen zuzustellen ist, der vom Prozeßbevollmächtigten der betreffenden Partei unterschriebene Antrag bei dem Gericht eingereicht, so schadet es seiner Wirksamkeit nicht, daß demnächst die Zustellung vorschriftswidrig nicht von Amts wegen, sondern im Parteibetriebe bewirkt wird, RG. 84, 43; die Folge der fehlerhaften Zustellung ist nur, daß der Gegner die Ladung zur Verhandlung über die Wiedereinsetzung nicht als eine ordnungsmäßige gellen zu lassen braucht und Ver­ tagung beantragen kann und gegen ihn bei seinem Ausbleiben nicht (§ 335 Abs. 1 Nr. 2) Versäumnisurteil (oder eine Entscheidung nach Lage der Akten, § 331a) zu erlassen ist, RG. 84, 44. — Obige Grundsätze hinsichtlich der Art der Zustellung gelten ohne Unter­ schied, ob die versäumte Prozeßhandlung noch nachzuholen ist oder die Nachholung bereits vor der Stellung des Wiedereinsetzungsantrags ftattgefunden hat, RG. 84, 42. 2 Muß enthalten. — Zwingende Vorschrift, deren Befolgung von Amts wegen zu prüfen ist, RG. 131, 262. — Der Mangel eines der Erfordernisse Nr. 1—3 macht daher den Antrag zu einem unzulässigen, RG. 16, 368, IW. 21, 467'. Ein in dem Wiedereinsetzungsgesuch nicht angegebener oder nicht durch Bezeichnung der Mittel für die Glaubhaftmachung unterstützter Wiedereinsetzungsgrund darf nachträglich, d. i. (s. unten) nach Ablauf der im § 234 bestimmten Frist (auch in der Berufungs­ instanz) nicht gellend gemacht werden, RG. 119, 89, IW. 38, 17281®, desgleichen nicht eine Ergänzung des bisherigen Wiedereinsetzungsgrundes in wesentlicher Beziehung, W. 21, 21, sofern nicht die Tatsachen aus den Akten oder sonst dem Gericht bekannt und von Amts wegen zu berücksichtigen sind, RG. 38, 387, IW. 37, loei8. Jedoch ist eine Nachholung der (jedes) im Abs. 1 bestimmten Erfordernisse nur in dem Sinne ausge­ schlossen, daß ein nach Ablauf der Frist des § 234 nachgeschobenes Vorbringen nicht mehr beachtet werden kann; eine während des Laufs der Frist nachgebrachte Ergänzung des Antrags ist zulässig, RG. 119, 86, IW. 39, 17234. — Der Antrag braucht aber nicht die ausdrückliche Erklärung, daß Wiedereinsetzung begehrt werde, zu enthalten; es genügt, wenn das Gesuch in irgendwelcher Weise zum Ausdruck bringt, es solle die versäumte Prozeßhandlung trotz ihrer Verspätung noch zugelassen werden, IW. 35, 2777. — Der den Antrag enthaltende Schriftsatz ist ein bestimmender. S. § 129 Anm. 2, § 130 Anm. 6. — Wird auf einen den Erfordernissen des § 236 nicht entsprechenden Antrag die Wiedereinsetzung gewährt, so wird gleichwohl die Fristversäumung geheilt und kann das Gericht nicht mehr nachträglich seiner Entscheidung mit rückwirkender Kraft die Rechtswirksamkeit absprechen, IW. 22, 1392®. 3 Wiedereinsetzung begründende Tatsachen (§§ 233, 235). — Dazu gehört auch die Angabe derjenigen Tatsachen: wodurch ein mitwirkendes Verschulden des Antrag­ stellers oder seines Vertreters ausgeschlossen werden soll, IW. 37,230», bei einem Büroversehen auch die Darstellung der dem Büro gegebenen Anweisungen, IW. 31, 1798»; welche die Einhaltung der für die Rechtzeitigkeit des Antrags maßgebenden Fristen (§ 234 Abs. 1, 2, § 235 Abs. 2) ergeben, RG. 100, 269, IW. 35, 3308“ und,

Dritter Abschnitt. Verfahren. Vierter Titel. Folgen der Versäumung. § 237.

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falls der Antrag erst nach Ablauf dieser Fristen gestellt wird, die Angabe, daß und wann das der Einhaltung der Notfrist entgegenstehende Hindernis (z. B. Nichtkenntnis von dem einem eingelegten Rechtsmittel anhaftenden Mangel als Hindernis für die ordnungs­ mäßige Einlegung eines neuen Rechtsmittels) nach Ablauf der Fristen gehoben worden ist (§ 234 Abs. 2), RG. 41, 367, und daß das Hindernis sich nicht früher beseitigen ließ, IW. 02, 604*; diese Aufgabe braucht aber nicht mit ausdrücklichen Worten gemacht zu sein, W. 08,555. Es genügt, wenn sich die Tatsachen aus den Akten des Gerichts ergeben und darauf Bezug genommen wird, RG. 131, 263. — Andere als die geltend gemachten Tatsachen sind nicht zu berücksichtigen; nach solchen ist auch nicht zu forschen, W. 37,143. 4 Mittel der Glaubhaftmachung (§ 294). — Vollständiger Beweis nicht nötig, IW. 35, 776". — Eine Angabe mit ausdrücklichen Worten ist nicht erforderlich, sondern es genügt, wenn der Inhalt des Gesuchs, sei es auch erst im Wege der Auslegung, erkennen läßt, was als Mittel der Glaubhaftmachung dienen soll, IW. 24, 1986". Vorlegung der Mittel der Glaubhaftmachung ist erst im Termin zur mündlichen Verhandlung erforder­ lich, RGHRR. 37,193. Besteht die glaubhaft zu machende Tatsache in der Nichtkenntnis von einem Ereignis, so ist nur glaubhaft zu machen, daß nach allgemeiner Erfahrung ein Anhalt für die Kenntnis nicht besteht, W. 08, 555. 5 Nachholung der versäumten Prozeßhandlung. — Also in den Fällen, in denen die Notfttst durch Zustellung eines Schriftsatzes zu wahren war (s. Anm. 1), Zu­ stellung eines solchen Schriftsatzes, der im Anwaltsprozeß mit Ladung zur mündlichen Verhandlung zu verbinden ist. — Ist die Beglaubigung der Terminsnote auf dem Schriftstück, durch das die versäumte Prozeßhandlung (z. B. Nichtigkeits-, Restitutions­ klage) nachgeholt wird, von dem Gerichtsvollzieher unterlassen (vgl. Anm. 2 § 233), so muß der Gegner entweder zu dem bereits angesetzten ersten Verhandlungstermin oder, wenn dieser schon erledigt war, zu einem neuen Termin geladen werden, IW. 01, 750\ — Als „Bezugnahme" genügt die Angabe des Aktenzeichens der Berufungsinstanz, RG. 4./1. 32, B IV 42. 31. Ist die Frist zum Nachweis der Zahlung der Prozeß­ gebühr nach § 519 Abs. 6 oder § 554 Abs. 7 versäumt, so muß in dem WiedereinsetzungSgesuch die nachttägliche Zahlung der Gebühr nachgewiesen werden. Jedoch wird dieser Nachweis durch einen mit dem Gesuch verbundenen Antrag auf Bewilli­ gung des Armenrechts ersetzt, RG. 116, ioo, 147, 93, vorausgesetzt, daß es ernstlich, W. 34, 193, und daß es ein erstes Armenrechtsgesuch ist, W. 36, 25. Das Gesuch, nach­ ttäglich nochmals eine Frist zu setzen oder Teilzahlungen zu bewilligen, ersetzt den Nach­ weis nicht, W. 36,83. Ist die Berufungsbegründungsfrist versäumt, so ist die Berufungs­ begründung nachzuholen; der Antrag auf Verlängerung der Begründungsfrist genügt nicht, IW. 36,2802". L Der frühere Abs. 2, der den Fall der Versäumung der Notfrist des § 466 betraf, ist mit diesem durch das Ges. v. 27./IO. 33 beseitigt worden. 7 Im Falle des § 235 Abs. 1 genügt also mündlicher Vortrag im Termin, wenn die Ladung zu dem Termin innerhalb der einmonatigen Frist des § 235 Abs. 2 zugestellt ist (Zweck der Vorschrift: Abhilfe für den Fall, daß der Partei die Versäumung erst im Termin bekannt geworden ist). — Dieser Termin muß jedoch der erste zufolge der Ladung sein. Die Antragstellung in einem späteren (vertagten) Termin ist un­ wirksam, IW. 04, 388". Zur Entscheidung zuständiges Gericht. 237 (215). Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet das Ge­ richt, welchem die Entscheidung über die nachgeholte Prozeßhandlung zusteht

1 Das Gericht, das über den Einspruch (§ 338), die Berufung (§ 525), die Revision (§ 559) usw. zu entscheiden hat. — Ist eine sofortige Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdefrist als unzulässig verworfen, so ist zur Entscheidung über das Gesuch um Wiedereinsetzung das Gericht, das den VerwerfungSbeschluß erlaßen hat, nicht das für eine weitere Beschwerde zuständige höhere Gericht zuständig. Wird dem Gesuch stattgegeben, so kommt der erlaßene Beschluß in Wegfall und ist über die Beschwerde anderweitig zu entscheiden, RG. 42, 367. — Über die Frage, ob das Revisions­ gericht die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist erteilen und die Berufung für zulässig erklären kann, vgl. § 565 Anm. 8.

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A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

Verfahren über den Wiedereinsetzungsantrag.

238 (216). (1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozetzhandlung zu verbindend Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränkend (2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die An­

fechtung der Entscheidung finden die Vorschriften Anwendung, welche in diesen

Beziehungen für die nachgeholte Prozetzhandlung gelten?

Der Partei, welche

den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu?

(3) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, so­

weit üe nicht

durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners ent­

standen sind?,« 1 Verfahren und Entscheidung. — In der Regel obligatorisch mündliche Ver­ handlung; nicht z. B. bei Versäumung eines Rechtsmittels. Da das Verfahren sich nach den Vorschriften richtet, die für die versäumte Prozetzhandlung gelten (Abs. 2), hat, wenn über diese durch Urteil zu entscheiden ist, im Falle der Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages die Entscheidung durch Endurteil, im Falle der Bewilli­ gung entweder durch Zwischenurteil (§ 303), das nicht selbständig anfechtbar ist (vgl. Anm.4), oder bei Verbindung nach Abs.1 Satz 1 durch Ausnahme in die Entscheidung über die nachgeholte Prozetzhandlung zu erfolgen, RG. 12,373, IW. 99, 90i*. Einer ausdrücklichen Ausnahme der Entscheidung in die Urteilsformel bedarf es nicht, RG. 67, 190, IW. 25, 1022. Im Fall der Versäumung der Einspruchsfrist ist also auf Grund mündl. Verhandlung durch Urteil zu entscheiden, und zwar nach Feststellung der Zustellung des Versäumnisurteils, RG. 131, 266. In den andern Fällen, in denen ohne mündliche Verhandlung oder doch nach nur fakultativ zugelassener münd­ licher Verhandlung entschieden wird (§§ 104 Abs. 3, 107 Abs. 3, 519b, 554a, 577), ergeht die Entscheidung durch Beschluß. Dies gilt insbesondere von Gewährung ober Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages nach Versäumung der Berufungs­ oder der Revtsionsfrist gemätz §§ 519 b Abs. 2, 554 a Abs. 2, RGJR. 28, 1359 (der Gewährungsbeschluß enthält hier die Entscheidung über das Rechtsmittel und zugleich die über den Wiedereinsetzungsantrag, RG. 125, 70). Desgleichen von der Entscheidung über einen Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Ver­ säumung der Begründungsfrist oder der Frist zur Erbringung des Nachweises über die Zahlung der Prozeßgebühr für die Berufungsinstanz oder die Revisionsinstanz (88 2 33 Abs. 1, 519 Abs. 6, 554 Abs. 7). Die Entscheidung kann vor, mit oder nach dem das Rechtsmittel verwerfenden Beschluß (88 519b, 554a) ergehen, RGJR. 28, 1938. Im letzteren Falle verliert der Berwerfungsbeschlutz bei Bewilligung der Wiedereinsetzung seine Grundlage und wird von selbst hinfällig, RG. 127, 287. — Durch die Gewährung der Wiedereinsetzung wird die Fristversäumung auch dann ge­ heilt, wenn das Verfahren und die Form der Entscheidung (z. B. Beschluß statt Urteil) den Vorschriften des § 238 nicht entsprach; das Gericht kann nicht nachträglich und mit rückwirkender Kraft seine Entscheidung wieder beseitigen, W. 35,92. — Im Güteverfahren ergeht keine Entscheidung über Wiedereinsetzung, Jonas I. — llber Wiedereinsetzung in Patentsachen s. 8 43 PatG. 2 Wird der Antrag zurückgewiesen, so kann, auch im Falle der Beschränkung der Verhandlung zunächst auf den Antrag, durch Endurteil zugleich in der Haupt­ sache erkannt werden, IW. 95, 200 ®. 3 Zulässigkeit des Antrags und Anfechtung der Entscheidung. — Die Zu­ lässigkeit ist (wie nach 88 341, 519 b, 554a, 574, 589) von Amts wegen zu prüfen. — Erfolgt die Entscheidung über einen Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Ver­ säumung einer Rechtsmittelfrist, so ist sie mit dem Rechtsmittel gegen die Entscheidung über das (erste) Rechtsmittel anfechtbar, IW. 99, 9ow. So findet gegen einen Be­ schluß, biurd) den der Antrag auf Wiedereinsetzung gegen Versäumung der Berufungsoder Ver:ufungsbegründungsfrist oder der Frist zum Nachweis der Prozeßgebührzahlung füir d'ie Berufungsinstanz -urückgewiesen ist (s. Anm. 1), die sofortige Beschwerde nach

Dritter Abschn. Verfahren. Fünfter Titel. Unterbrechung d. Verfahrens.

§ 238. 361

§ 567 Abs. 3 ebenso und unter den gleichen Voraussetzungen statt wie gegen einen ge­ mäß § 519b die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluß, RG. 108, 347, 384, IW. 35, 2955", und zwar nur die selbständige Anfechtung durch sofortige Beschwerde, sofern die Frage der Zulässigkeit der Wiedereinsetzung zur Entscheidung des Beschwerde­ gerichts gebracht werden soll, RGHRR. 35,1249. Daher nicht gegen einen solchen Beschluß des Landesgerichts, weil gegen seine Urteile die Revision nicht zulässig ist (§ 519 d Abs. 2), HRR. 35,1698, oder gegen einen Beschluß des Oberlandesgerichts, wenn gegen sein Urteil die Revision nicht zulässig wäre, RGHRR. 33,536. Ferner nicht gegen einen Beschluß, der die Wiedereinsetzung bewilligt, da das Gesetz gegen ihn kein Rechtsmittel gewährt; er kann auch nicht noch mit dem in der Sache selbst ergehenden Urteil angefochten werden, IW. 33, 165810. Die zweiwöchige Frist für die Einlegung der Beschwerde gilt auch dann, wenn der die Wiedereinsetzung verweigernde Beschluß vor der Verwerfung der Berufung ergeht, W. 34,194. Ist Wiedereinsetzung durch Beschluß bewilligt, so kann nicht demnächst in anderer Beurteilung das Rechtsmittel durchEndurteil als unzulässig verworfen werden, da hier der Beschluß einem Zwischenurteil aus § 318 gleichzustellen ist, RG. 125,71. Anders, wenn die Wiedereinsetzung statt, wie erforderlich (Anm. 1) durch Urteil, durch Beschluß bewilligt ist, da keine Bindung an den Beschluß,IW. 30,1512.—Ist für die nachgeholte Prozeßhandlung kein Raum mehr, z. B. für die Berufungsbegründung nach wirksamer Berufungszurück­ nahme, so entfällt die Wiedereinsetzung schlechthin, RGHRR. 36, 433. — In Ehesachen ist gegen einen Beschluß, der die Berufung unter Versagung der Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist als unzulässig verwirft, die sofortige Beschwerde nur gegeben, wenn sie in dem Beschluß zugelassen ist, RG. 5./3. 36, IV B 13. 36. 4 ftein Einspruch des Antragstellers. — Aber die Berufung (§ 513 Abs. 2) und die Revision (§ 566). — Die Entscheidung, durch die in der Berufungsinstanz dem Antrag auf Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Einspruchsfrist erster In­ stanz stattgegeben wird, ist ein Zwischenurteil und als solches durch selbständige Rechts­ mittel nicht anfechtbar, RG. 12, 373. Erscheint der BerufKläger, der gegen die Versäumung der BerufFrist Wiedereinsetzung beantragt hat, im Termin zur münd­ lichen Verhandlung nicht, so ist sein Antrag durch Versäumnisutteil abzuweisen und die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Gegen das Versäumnisurteil ist der Einspruch nicht statthaft und die Revision nur zulässig, wenn sie darauf gestützt wird, daß rechtsirrig der Fall der Versäumung angenommen worden sei, RG. 140, 77. Ver­ säumt bei notwendiger mündlicher Verhandlung der Gegner des Antragstellers den Termin zur Verhandlung über den Wiedereinsetzungsantrag, so ist bei nicht begründetem Antrag durch unechtes Versäumnisutteil abzuweisen und bei begründetem Antrag gegen den säumigen Gegner Versäumnisutteil zu erlassen oder Entscheidung nach Akten­ lage zu fällen, Jonas III. 5 ctoften der Wiedereinsetzung. — Sie trägt (entsprechend dem § 344) der Antragsteller, auch wenn er in der Hauptsache obsiegt. — Gebühren: des Gerichts: nach § 20 Nr. 3 GKG. (volle Gebühr für Endurteil oder Zwischenurteil, wenn auf Grund streitiger Verhandlung erlassen; vgl. jedoch § 25 Abs. 1 ^dieselbe Gebühr in der Instanz nur einmal»; des Anwalts: volle Gebühren nach § 13 (jedoch § 29 Abs. 1 (durch Gebühren für die Hauptsache mitabgegoltenj). 6 Der frühere Abs. 4, der die Wiederems yung gegen die Notfttst deS § 466 betraf, ist mit diesem durch daS Ges. v. 27./10. 33 beseitigt worden.

Fünfter Titel. Unterbrechung und Aussetzung de» Verfahren». Vorbemerkung.* Unterbrechung (§§ 239—245) tritt mit dem Ereignis von selbst ein: Aussetzung, deren Fälle nicht nur im 5. Titel (§§ 246 ff.), sondern auch an verschiedenen anderen Stellen (§§ 65, 148, 149, 151—154, 572, 620), geregelt sind, wird vom Gettcht teil- auf Antrag teils von Amts wegen angeordnet. Weiter ist im 5. Titel (§§ 251,

* Kriegsrecht: über Unterbrechung und Aussetzung von Prozessen, wenn eine Partei durch die besonderen Verhältnisse betroffen ist, die sich aus der politischen Lage ergeben, vgl. Art. 1 BO. über Maßnahmen auf dem Gebiete des bürgerlichen Streitverfahrens vom 1./9. 39, abgedr. in Anh. IV 1 hinter GVG.

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A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

251a) das Ruhen des Verfahrens (d. i. Stillstand eines anhängigen Rechtsstreitzufolge gerichtlicher Anordnung) behandelt. — Dieser Titel findet auf alle Arten des Verfahrens entsprechende Anwendung, RG. 30, 409, IW. 00,124‘, OLG. 23,142; auch auf das Güteverfahren (§§ 495a ff.) sowie auf Verfahren, die eine mündliche Verhandlung nicht erfordern, wie z. B. Kostenfestsetzungsverfahren, Beschwerde­ verfahren, Mahnverfahren, RG. 30, 4io, IW. 92, 204>, Gr. 44, iisss, OLG. 23,142. Dagegen nicht auf das fchiedsrichterliche Verfahren (z. B. nicht Unterbrechung im Falle des Konkurses eines Vertragschließenden), RG. 62, 24. Auch nicht auf daBeweissicherungsverfahren. § 492 Anm. 1. — Wie und mit welchen Mitteln das Borliegen von Unterbrech ungs- oder Aussetzungsgründen nachzuweisen sei, ist nicht bestimmt; daher ist gemäß § 286 nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob die in dieser Hinsicht vorgebrachten tatsächlichen Behauptungen wahr sind, RG. 50, 96. — über die Aussetzung kann ohne mündl Verhandlung beschlossen werden (§ 248); bei Streit, ob Unterbrechung eingetreten ist, ist darüber auf Grund mündlicher Ver­ handlung durch Urteil (Zwischenurteil) zu entscheiden, JR. 30, 2107. Vgl. auch § 13 Anfechtungsges. v. 21./7. 79 (20./5. 98) und über weitere AuS» setzungsfälle § 148 Anm. 1, 4. — Nach § 15 der 5. BO. z. RBÜrgG. v. 27./9.38 (RGBl. I 1403) tritt Unterbrechung des Verfahrens ein, wenn der Rechtsanwalt einer Partei nach dieser BO. (weil er Jude ist) zur Fortführung der Vertretung unfähig wird, auch soweit eine Vertretung durch Anwälte nicht geboten ist, es sei denn, daß der Anwalt gleichzeitig als jüdischer Konsulent zugelassen wird und als solcher seinen Auftraggeber auch weiterhin vertreten darf. Vgl. ferner: § 15 Nr. 1 EG., § 17 Anm. 2 GBG. (Kompetenzkonflikt). 1. Unterbrechung des Verfahrens. Durch Tod einer Partei.

239 (217). (1) Im Falle des Todes einer Partei* tritt eine Unterbrechung deS Verfahrens bis zu dessen Aufnahme' durch die Rechtsnachfolger' ein.4 (2) Wird die Aufnahme verzögert,' so können die Rechtsnachfolger zur Aufnahme und zugleich zur Verhandlung der Hauptsache geladen werden.4 (3) Der die Ladung enthaltende Schriftsatz ist den Rechtsnachfolgern selbst7 zuzustellen. Die Ladungsfrist wird von dem Vorsitzenden bestimmt? (4) Erscheinen die Rechtsnachfolger in dem Termine nicht, so ist auf Antrag die behauptete Rechtsnachfolge als zugestanden anzunehmen und zur Hauptsache zu verhandeln? (5) 10 Der Erbe ist vor der Annahme der Erbschaft zur Fortsetzung des Rechtsstreits nicht verpflichtet." 1 Tod oder Todeserklärung einer Partei.—Partei ist auch der streitgenössische Streitgehilfe (§69), nicht der gewöhnliche. Eine Partei, die nicht mit einem Prozeß­ bevollmächtigten versehen ist, § 246. — Die eine physische Person ist. Jedoch steht dem Tode einer solchen die Auflösung einer juristischen Person dann gleich, wenn diese Auflösung eine Gesamtrechtsnachfolge zur Folge hat (z. B. bei Verschmelzung von Aktiengesell­ schaften, Kommanditges. auf Aktien, G. m. b.H., bergrechtl. Gewerkschaften gemäß §§ 233ff. AktGes., Verstaatlichung von Gesellschaften nach § 253 a. a. O., bei ttmwandlung von Kapitalgesellschaften nach G. v. 5./7. 34 sRGBl. I 569], RGHRR. 37, «84, bei Eingliederung eines Meiereiverbandes in den Reichsnährstand nach § 7 BO. v. 8./12. 33 (RGBl. I 1060], RGHRR. 36, 1195, oder wenn eine Gemeinde in eine andere einverleibt wird), RG. 56, 331. Bei Auflösung einer offenen Handelsgesellschaft kann der Prozeß mit den Gesellschaftern (ohne daß eine Unterbrechung eintritt) fort­ gesetzt werden, RG. 34, 362, IW. 01, 2268, auch § 50 Anm. 2, § 241 Anm. 4. — Eine in der Person eines Streitgenossen eintretende Unterbrechung des Verfahrens wirkt im Falle der notwendigen Streitgenossenschaft (§ 62) in Ansehung aller Streitgenossen, IW. 98, 2801*, im Falle der nicht notwendigen nur in Ansehung des betreffenden Streit­ genossen, RG. 106,142 (in § 247 Anm. 2). Aber auch im ersteren Falle wirkt die Auf-

Dritter Abschn. Verfahren. Fünfter Titel. Unterbrechung d. Verfahrens. § 239.

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nähme des Rechtsstreites durch einzelne Streitgenofsen nicht für oder gegen die übrigen nicht aufnehmenden Streitgenossen, OLG. 27, 28. — Uber die Wirkung der von einem Streitgenossen erwirkten Aussetzung vgl. § 62 Anm. 4. — Beim Tod einer Partei kraft Amtes (Testamentsvollstrecker usw., s. § 51 Anm. 2) findet § 239 entsprechende An­ wendung, wenn damit nicht nur ein Personenwechsel eintritt, sondern das Verwaltungs­ recht selbst fortfällt, RG. 155, 350. Uber Anwendung des § 241 s. dort Anm. 1. 2 Bis zur Aufnahme des Verfahrens. — Gemäß § 250 durch Zustellung eines Schrift« satzes, mit der die Unterbrechung aufhört. — Der Rechtsnachfolger kann zugleich mit dieser Zustellung oder nachher zur mündlichen Verhandlung über die Hauptsache laden. Ist aber bereits ein Urteil erlassen, das den Rechtsvorgänger beschwert, so mutz die Aufnahme der Einlegung des Einspruchs oder Rechtsmittels in einem besonderen Akte (§ 250) vorausgehen, da Einspruch und Rechtsmittel nach tz§ 340, 518, 553 durch Einreichung des betr. Schriftsatzes eingelegt werden, RG. (VZS.) 68, 265, 78, 344, § 249 Anm. 4. Erscheint in dem Termin der Gegner nicht, so ist auf Antrag die Rechtsnachfolge als zugestanden anzusehen und sofort Versäumnisurteil zur Sache gemätz tztz 330, 331 zu er­ lassen (oder es ist auch auf Antrag eine Entscheidung nach Lage der Akten gemütz § 331a zu erlassen, wobei aber die Fiktion des Zugeständnisses nicht Platz greift). — Erscheint der ausnehmende Rechtsnachfolger nicht, so kann der Gegner, wenn er die Rechtsnachfolge anerkennt, Dersäummsurteil zur Sache (oder eine Entscheidung nach Lage der Akten gemätz § 331 a) beantragen, anderenfalls: Abweisung des Anspruchs des angeblichen Rechtsnach­ folgers auf Fortsetzung des Rechtsstreits im Wege des Bersäumnisendurteils. — Ist nach Einlegung der Berufung, aber vor Eingang der Berufungsbegründung der Rechts­ streit durch Tod des BerufBekl. unterbrochen, weil dieser noch keinen Anwalt für die Berufungsinstanz bestellt hatte, und bleiben dessen Rechtsnachfolger trotz Ladung im Termin aus, so ist, da eine wirksame Berufungsbegründung noch nicht vorliegt, Verhand­ lung und Entscheidung über die Berufung selbst nicht möglich. Es kann nur das Verfahren durch Versäumniszwischenurteil für ausgenommen erklärt werden. Entsprechendes gilt für die Revision, IW. 38, 325534. — Erscheinen beide Teile, so muß die Rechtsnachfolge, falls der Gegner sie bestreitet, nachgewiesen werden. Diesen Nachweis können int Falle des Todes die Eiben nicht blotz durch Erbschein (§2353 BGB.), sondern auch auf andere Weise (z. B. durch Testament) erbringen, Gr. 45, 1034. Wird der Nachweis geführt, so erfolgt die hierauf bezügliche Feststellung entweder durch Zwischenurteil (§ 303), das nur mit dem Urteil in der Hauptsache anfechtbar ist, RG. 54, 120, oder in den Gründen des Endurteils zur Hauptsache. Wird der Beweis nicht geführt, so ist der Rechtsnachfolger mit seinem Anspruch auf Fortsetzung des Rechtsstreits ab­ zuweisen, und zwar durch ein selbständig mit Rechtsmitteln anfechtbares Endurteil, RG. 45, 362. Im Zwischenurteil des ersten Falles ist über die Kosten Entscheidung nicht zu treffen, RG. 40, 869. — Die Aufnahme, wenn unstreitig oder durch Urteil festgestellt, hat rückwirkende Kraft; der unterliegende Aufnehmende hat die ganzen Kosten des Rechtsstreits zu tragen, IR. 30, 1057. • Durch den Rechtsnachfolger. — Auch hier ist, wie im § 265 (f. dort Anm. 6), der Begriff des Rechtsnachfolgers mit Rücksicht darauf, datz die unnütze, mit Kotzen und Zeit­ verlust verbundene Vervielfältigung von Rechtsstreitigkeiten vermieden werden soll, im weitesten Sinne zu nehmen - er ist nicht derselbe wie der des materiellen Rechts, vielmehr umfatzt er jede Person, die infolge des Todes, W. 39,23, der bisherigen Partei in deren Rechtsstellung eintritt, gleichviel wie sie thrRecht erlangt hat, insbesondere obste es auf dem Wege der Ableitung aus dem Rechte des Vorgängers oder in originärer Weise erworben hat, RG. 109, 48. Es sind daher unter Rechtsnachfolger nicht nur GesamtrechtSnachsolger (und zwar nicht nur die Erbengemeinschaft, sondern auch jeder einzelne Mit­ erbe, RG. 13/10 38, IV 243. 37) zu verstehen, sondern auch solche Sonderrechts­ nachfolger, die von Todes wegen in das Recht und die Pflicht des Vorgängers ein« treten (z. B. Ehefrau im Falle des § 1380 BGB. nach dem Tode des Mannes), RG. 109, 48 — Für einen Rechtsstreit, der mit Wirkung für und gegen das Gesamtgut geführt wird, stnd Rechtsnachfolger der verstorbenen Ehefrau der überlebende Ehe­ mann und die an der fortgesetzten Gütergemeinschaft beteiligten Abkömmlinge, RG. 148, 245. — Richt aber stnd Rechtsnachfolger Zessionare (§§ 398 ff. BGB.), Bermächt« niSnehmer (§§ 2147 ff. BGB.), ErbschaftSkäufer (§§ 2371 ff. BGB ). Auch nicht, wer einen zum Nachlatz des verstorbenen Klägers erhobenen Anspruch vor besten Tod -eZivilprozeßordnung. 22. Aust.

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Erstes Buch. Mlgemeine Bestimmungen,

pfändet und fich bat überweisen lasten, HRR 38,1558. Auch derjenige, zu besten Gunsten ein Verflcherungsvertrag abgeschloffen, ist nicht Rechtsnachfolger des Brrficherten. Stirbt dieser im Laufe des Rechtsstreits (in dem er z. B. auf Anerkennung deS Bestehens deS Vertrages geklagt hat), so kann nicht der Dritte in den Rechtsstreit eintreten, sondern die Erben müssen den Rechtsstreit weiterführen, RG. 54, 94, IW. 03, 177«. Ferner ist nicht Rechtsnachfolger im Sinne des § 239 derjenige, der von dem mit der Pfandtlage belangten Ausrüster eines zur Binnenschiffahrt verwendeten Schiffes dieses alS Schiffseigner erwirbt, RG. 118, 184. < Tod nach Beginn der Zwangsvollstreckung: § 779, OLG. 4, 153. — Wird festgestellt, daß die (z. B. durch einen Abwesenhettsvormund bisher vertretene) Partei schon vor der Klagerhebung verstorben ist, so findet eine Unterbrechung weder nach § 239 noch nach § 241 statt, IW. 95, 823«, OLG. 3, 136. 6 Die Aufnahme wird verzögert, wenn der Rechtsnachfolger, obgleich ihm der Eintritt der Rechtsnachfolge und die Anhängigkeit deS Rechtsstreits bekannt ist, ohne gesetzlichen Entschuldigungsgrund den Rechtsstreit nicht aufnimmt, IW. 95, 1541. 6 Ladung der Rechtsnachfolger zur Aufnahme. — Die Unterbrechung hört in diesem Falle (Anm. 6; s. dagegen Anm. 2) erst mit der Anerkennung oder rechtskräftigen Feststellung der Aufnahmeverpstichtung auf. — Erfolgt die Unterbrechung nach der Verkündung, aber vor wirksamer Zustellung des Endurteils, so ist vor das Jnstanzgericht zu laden, und zwar ledig­ lich zur Aufnahme, RG. 27, 358, auch (VZS.) 68, 251. Das gleiche hat jetzt zu gelten, wenn die Unterbrechung zwar nach der Zustellung des UrteUS, aber vor Einlegung eine- Rechtsmittels einttitt (anders früher: RG. 58, 202). Denn die Aufnahme und die Einlegung des Rechtsmittels können jetzt (nach den Nov. v. 5./6.05 und 1./6. 09) nicht mehr gleichzetttg erfolgen (Anm. 2), die Ladung zur Aufnahme muß vielmehr vorausgehen; Prozetzhandlungrn, die nach der Zustellung deS Urteils und vor Einlegung deS Rechtsmittels vorzunehmen sind, hat aber in der Regel das untere Gericht zu erledigen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Gegner der durch daS Urteil Beschwerte ist (er also ein Rechtsmittel einlegen will) oder ob er der obsiegende Teil ist (also die Einlegung eines Rechtsmittels nur seitens der Rechts­ nachfolger der anderen Partei in Frage kommen kann), Dgl. RG. (BZS.l 68, 282. DaS dann ergehende Urteil über die Aufnahme, das als ein Zwischenurterl (303) anzusehen ist, ergänzt die Entscheidung deS zur Hauptsache ergangenen Urteils nach der Richtung, gegen wen die letztere Entscheidung von nun an alS erlasten zu gelten hat. RG. (DZS.) 68, 256 (anders OLG. 21, 77). Das gleiche gilt ferner, wenn die Unterbrechung vor der Verkündung eingetreten, aber gleichwohl ein Urteil erlasten worden ist «vgl. § 249 Anm 4), IW. 24,1987«. Da das Aufnahmeurteil Bestandteil der sachlichen Entscheidung ohne selbständigen Charakter wird, ist das Rechtsmittel auch gegen diese einzulegen, IW. 24, 1987«, § 517 findet darauf keine Anwendung, RG. 140, 353. — Im amtSgerichtlichen Verfahren erfolgt die Ladung gemäß § 497 von Anus wegen. Der Gegner hat also in dem beim Gericht behuts Zustellung (§ 496 Ads. 2) einzureichenden Schrift­ satz nur anzugeben, wer Rechtsnachfolger geworden ist. 7 Zustellung an den Rechtsnachfolger selbst. — Oder an seinen gesetzlichen Vertreter (S 171). Ersatzzustellung (§§ 181—187) und öffentliche Zustellung (§ 203) ist nicht ausgeschlossen. Wohl aber Zustellung an einen Prozeßbevollmüchtigten oder ZustellungSbevoümächttgten. — Entsprechende Anwendung, wenn der Termin, zu dem die Rechts­ nachfolger zur Aufnahme geladen find, verlegt wird, RG. 13./10. 38, IV 243. 37. 8 Die Bestimmung der LadungSsrist (§ 217) ist den Beteiligten mitzuteilen. Ist sie unterblieben, so ist die Ladung nicht ordnungsmäßig. Folge: kein Dersäumnisurteil (§ 335 Nr. 2). 8 Erscheinen beide Teile, so kann, wenn der alS Rechtsnachfolger Geladene die Aufnahmeverpstichtung anerkennt, sofort zur Haupt­ sache verhandelt werden. Wird die Rechtsnachfolge und die Aufnahmepflicht bestritten, so ist, wenn daS Gericht die Rechtsnachfolge verneint, der Antrag auf Aufnahme (nicht die Klage, wenn eS sich um die Rechtsnachfolge deS Beklagten handelt, OLG. 35, 53) abzuweisen, und zwar durch ein mit der Berufung oder Revision anfechtbares End­ urteil, RG. 45, 862. Wird die Rechtsnachfolge vom Gericht bejaht, so kann dies durch ein nicht selbständig anfechtbares Zwischenurteil (§ 303), RG. 54, 120, oder in den Gründen deS Endurteils ausgesprochen werden, RG. 86, 238. — Erscheint der alS Rechtsnachfolger Geladene nicht, so ist auf Antrag die Rechtsnachfolge alS zugestanden

Dritter Abschn. Verfahren. Fünfter Titel. Unterbrechung d. Verfahrens. § 240.

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anzusehen (Abs. 4) und auf dieser Grundlage zugleich Versäumnisurteil in der Haupt­ sache gemäß §§ 330, 331 zu erlaßen (oder eS ist auch auf Antrag eine Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 331 a zu erlassen, wobei jedoch die Bestimmung, daß die Rechtsnachfolge als zugestanden anzusehen sei, keine Anwendung finden kann, da fie nur eine Fiktion für die Erlafiung emes Beriäumnisurterls enthält). Das frühere besondere Versäumntszwischenurteil über die Aufnahme ist durch die Novelle v. 17. 5.98 beseitigt. Der ausgebliebene Rechtsnachfolger kann^m Wege des Einspruchs gegen daS Versäumnisurteil in der Hauptsache auch seinen Widerspruch gegen die Rechtsnachfolge geltend machen. Mot. 101. Handelt es sich aber um Aufnahme (des auf Antrag aus­ gesetzten Verfahrens) in der Zwischenzeit zwischen Verkündung des erstinstanzlichen Urteils und der Einlegung der Berufung oder nach Einlegung der Berufung oder der Revision, aber vor Einreichung der Berufungs- oder der Revistonsbegründung während des Laufs der Begründungsfrist (§§ 519, 554) und ist daher eine Ladung zugleich zur Verhand­ lung über die Hauptsache ausgeschlosien, so ist, wenn die gesetzmäßig zur Aufnahme geladenen Personen die Aufnahme trotzdem nicht bewirken und in dem Termine nicht erscheinen, auf Antrag die Aufnahme durch ein Dersäumniszwischenurteil für bewirkt zu erklären, RG. 68, 3S1, W 16, i. — Erscheint der ladende Gegner nicht, so ist, wenn der Rechtsnachfolger die Aufnahme erklärt, auf seinen Antrag Versäumnis­ urteil zur Sache zu erlaßen (oder auch eine Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 331 a), im Falle des Bestreitens der Rechtsnachfolge aber der Antrag des Gegners auf Aufnahme durch Versäumnisurteil abzuwetsen. — Vgl. IW. 04, 410», OLG. 7,278 (Aufnahme durch einzelne Rechtsnachfolger). 10 Der Abs. 5 (Nov. v. 17./5. 98) entspricht der Bestimmung des § 1958 BGB., daß vor der Annahme der Erbschaft (§§ 1943 ff. BGB.) ein Anspruch, der sich gegen den Nachlaß richtet, nicht gegen den Erben gerichtlich geltend gemacht werden kann. Mot. 101. Nach der Annahme kein Weigerungsrecht, auch wenn dem Erben die auf­ schiebende Einrede aus 2014, 2015 BGB. zusteht. Dgl. jedoch §§ 305 (Urteil unter Vorbehalt beschr. Haft.), 782 (beschr. Zwangsvollstr.). 11 Gebühren, falls sich die Verhandlung auf die Aufnahme beschränkt hat (s. Anm. 5, 9): des Gerichts §20 Nr. 3 GKG. (volle Gebühr für Endurteil oder Zwischenurteil, vgl jedoch § 26 Abs. 1 (dieselbe Gebühr in der Instanz nur einmal!); deS Anwalts volle Gebühren nach § 13, (jedoch § 29 Abs. 1 sdurch Gebühren für die Hauptsache mitabgegoltenj). Unterbrechung durch Konkurs.

240 (218). Im Falle der (Eröffnung1 des Konkurses? über das Vermögen einer Partei6 wird das Verfahrens wenn es die Konkursmasse betrifft6 unter­ brochen,6 bis dasselbe nach den für den Konkurs geltenden Bestimmungen ausgenommen^ ober das Konkursverfahren auf gehoben6 wird. i Durch die Aufhebung des Konkurses findet eine Unterbrechung des Verfahrens nicht statt, RG. 58, 369, auch Anm. 8. s Nicht auch des Vergleichsverfahrens. Vgl. § 49 VerglO. Bei ausländischem Kon­ kurs Unterbrechung des im Fnland anhängigen Rechtsstreits nicht, RG. 16, 337. » über daS Vermögen einer Partei. — Des Erben beim NacvlaßkonkurS OLG. 1, 446. — Auch der Konkurs über das Vermögen einer beklagten Handelsgesellschaft (§§ 209 ff. KO.) bewirkt Unterbrechung des Verfahrens betreffs deS Gesellschafts­ vermögens, RG. 51, 94, auch § 239 Anm. 1. Dagegen hat der über das Privat­ vermögen eines HandelsgesellschatterS eröffnete Konkurs keine Unterbrechung des Ver­ fahrens in Ansehung deS GesellschaftSprozeffes zur Folge, RG. 34, 363. — Konkurs über das Vermögen eines Streitgrnossen unterbrictt gegen die anderen Streitgenoffen nur bei notwendiger Streitgenoffenschaft, HRR. 35, io?5. Durch den Konkurs über das Vermögen des Nebenintervenienten wird das Verfahren nicht unterbrochen, OLG. 40, i52. — Über Unterbrechung des AnfechtungSprozeffeS durch Eröffnung des Kon­ kurses über daS Vermögen deS Schuldners f. § 13 AnfGes.

< DaS Verfahren. — Auch ein Güte-. Mahnverfahren sowie ein Kostenfestsetzungs­ verfahren (FW 92, 204, 00 124t), nickt ein schiedsrichterliches. S. Vordem, vor § 239 — Pr-reßhandlungen deS SemeinschuldnerS behalten insoweit Wirksamkett, alS eS sich nicht 83»

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A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

um die Befriedigung des Gegners aus der Konkursmasse handelt, RG. 25,17, vgl. auch RG. 29,73, Sinnt. 5. 6 Wenn eS die Konkursmasse betrifft. — Die Unterbrechung deS Verfahrens tritt also nicht unbeschränkt em, sondern nur dann, wenn der anhängige Prozeß die KonkurSmaffe, d. i. das der Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen des Gemeinschuldners (tz 1 KO.), betrifft, also, falls der Prozeß für den Gemeinschuldner anhängig ist, der geltens gemachte Anspruch in die Konkursmasse fällt, und, falls der Prozeß gegen den Gemeinschuldner anhängig ist, der Gläubiger Befriedigung auS der Maffe sucht, IW. 96, 373». Dies ist z. B nicht der Fall: wenn der Gläubiger den Prozeß gegen den Gemein­ schuldner mit der Erklärung fortsetzt, daß er aus der KonkurSmaffe keine Befriedigung be­ gehre, IW 94,1727; wenn es sich um einen nicht vermögensrechtl. Anspruch handelt (wie z. B. bei Ehe- u. Familienstandsachen) ob. wenn der in Anspruch genommene Vermögens­ gegenstand nicht zur KonkurSmaffe gehört (wie z.B. bei Klagen in bezug auf Firmenrecht), IW. 96,373». Wohl aber wird bet einer Klage des Pflichtteilsberechtigten gegen den Erben auf Jnventarerrichtung und Leistung des Offenbarungseids (§§ 2314, 260 BGB ) der Rechtsstreit durch die Eröffnung des Nachloßkonkurses unterbrochen, weil der Klag­ anspruch, wenngleich er nur der Vorbereitung des die Erbmasse betreffenden Pfltchtteilsanspruchs dient, doch mittelbar die Konkursmasse betrifft OLG. 41,238. Ferner wird in einem Rechtsstreit über den Anspruch auf Unterlassung im Sinne des § 4 (jeyt § 6) PalGes. durch den Konkurs über das Vermögen des Beklagten das Verfahren unterbrochen, wenn die Zuerkennung Bestand oder Verwertbarkeit der Konkursmasse beeinflussen würbe, z. B. wenn nach der Klagebegründung der abzuwehrende Eingriff zwar in Ausübung eines Lizenzrechts erfolgt, aber eines Lizenzrechts an einem jüngeren, von dem Patent des Klägers abhängigen Patent, RG. 89, ih; ferner, wenn die ver­ klagte Partei dem Kläger einen Schadensersatzanspruch angekündigt hat wegen un­ berechtigter Erwirkung einer einstw. Verfügung auf Unterlassung oder wenn sie Ein­ richtungen oder Waren vorrätig h «t, deren Verwertung durch die Verurteilung zur Unterlassung vereitelt wurde, RG. 132, 362. Ausnahme des Verfahrens nach 5 11 KO. (a M. FW. 32,880": nach § 10 KO u. dagegen dort in Anm Jaeger). Die Eröffnung deS Konkurses über das Vermögen des PatentRichtigkeitSklägerS unterbricht das Ver§ fahren mindestens dann, wenn er Gewerbetreibender ist und die Klage mit Rücksicht auf den Gewerbebetrieb erhoben hat, RG. 141, 427 (a. M. IW. 93, 351“). — Eine Aktiengesellschaft besteht nach der Konkurseröffnung als in der Auflösung begriffene GeselUcha't weiter und wird in Angelegenheiten, die nickt zur Konkursmasse aeuören oder konk'irsfrei sind, von ihren bisherigen Organen weiter vertreten, RG. 127, 200. 6 Wird unterbrochen. — Auch wenn die Partei: einen Prozetzbevollmächtigten hatte, § 246 findet keine Anwendung, RG 118, lßi, die Vollmacht des Gemeinschuldners erlischt kraft Gesetzes, y87Anm 1; ihren Anspruch gegen den Gemeinschuldner nach Rechtshängigkeit abgetreten hat, RG. 66, is2. — Die Wirkung der Unterbrechung (§ 249) tritt, insbesondere auch htnfichtltch der Zulässtgteit der Einlegung eines Rechts­ mittels seitens des Gegners des Gemeinschuldners, ohne Rücksicht aus die Kenntnis deS Gegners von der Konkurseröffnung ein, Gr. 60, 513. Die Unterbrechung hindert aber nicht den Ablauf des Fünfmonat-Zetrraumes der §§ 516, 552, RG 122, 54, 25./9. 31, II 177. 31. Die Tatsache der Unterbrechung durch Konkurseröffnung ist von Amt­ wegen, auch in der RevifionSinstanz (§ 559), zu berücksichtigen, IW. 07 51“. Hat daS untere Gericht in Unkenntnis von der Konkurseröffnung ein Urteil gegen den beklagten Semeinschuldner erlassen, so ist dieser befugt, diese Entscheidung mit dem gesetzlichen Rechtsmittel anzufechten, damit durch Zurückverweisung an die untere Instanz der gesetzmäßige Zustand wiederhergestellt wird, RG. 64, 361, IW. 37, io62®. — Die Unter­ brechung wird beendet durch: Aufnahme des Verfahrens (s. Anm. 7), Aufhebung und Einstellung des Konkursverfahrens (s. Anm 8). 7 Ausnahme deS verfahrens nach den Konkursbestimmungen. a) Ist der Rechts streit für den Semeinschuldner anhängig (Aktivprozeß), so kann er gemäß § 10 KO. zunächst nur von dem Konkursverwalter ausgenommen werden, IW. 08, 305“. — In der Regel ist in den Fällen des § 10 KO. der Gemeinschuldner, für den der Rechtsstreit anhängig ist, Kläger (oder Widerkläger, IW. 08, boö“). Jedoch ist die Parteirolle nicht ausschließlich maßgebend; es kommt nur darauf an, ob der Gemeinschuldner in dem Rechtsstreit einen zur Vermehrung der TetlungSmasse dien-

Dritter Abschn. Verfahren. Fünfter Titel. Unterbrechung d. Verfahrens. § 240.

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lichen Anspruch verfolgt, RG. 73, 277, W. 35, 75. So ist z. B. der Rechtsstreit im Sinne des § 10 KO. auch dann für den Gemeinschuldner anhängig: wenn in einem gegen den Gemeinschuldner geführten Rechtsstreit das auf Grund vorläufig vollstreckbaren Urteils Gezahlte gemäß §717 Abs. 2 für die Konkursmasse zurückverlangt wird, RG. 86, 396; wenn auf Grund eines vorläufig vollstreckbaren Urteils gegen den Gemeinschuldner vor der Konkurseröfinung eine Pfändung vorgenommen ist, die der Konkursverwalter durch Aufnahme des Rechtsstreits und Einlegung der Berufung gegen das Urteil beseittgen will, Gr. 60, 163; wenn gegen eine auf die Wider­ klage des Gemeinschuldners den Kläger zur Leistung verurteilende Entscheidung von dem Kläger ein Rechtsmittel eingelegt ist, RG. 63, 864; wenn der klagende Gemein­ schuldner seinen Klaganspruch nach der Rechtshängigkeit, aber vor der Konkurseröffnung an einen anderen abgetreten hat, RG. 66, isi; wenn der Gemeinschuldner als Be­ klagter in einem gegen ihn aus Unterlaffung einer Handlung angestrengten Rechtsstreit ein Recht zu dieser Handlung geltend macht, RG. 45, 874; wenn ein Pfändungsgläubiger, der eine Forderung seines Schuldners hat pfänden laffen, auf Anerkennung der Unwirk« samkeit der an den Gemeinschuldner erfolgten Abtretung der Forderung geklagt hat, RG. 73, 276. Dagegen ist ein vom Gemeinschuldner durch negative Feststellungskloge anhängig gemachter Rechtsstreit kein Aktivprozetz im Sinne des tz 10 KO.; die Aufnahme kann in diesem Falle nur vom Gegner nach Maßgabe der §§ 146 Abs. 3, 144 Abs. 2 KO. bewirkt werden, RG. 70, 871. — Wird die Ausnahme verzögert so kommt § 239 Abs. 2—4 zur entsprechenden Anwendung (§ l0 Abs. 1 Satz 2 KO.). — Lehnt der Konkursverwalter die Aufnahme des Aktivprozeffes ab, so kann der Gegner den Prozeß gegen den Gemeinschuldner aufnehmen, RG. 127, 200. Bezüglich der Form der Auf­ nahme und der Art der Entscheidung hierüber vgl. Anm. 2, 5, 9 zu § 239. Ein vom Konkursverwalter mit dem Gegner geschlossener außergerichtlicher Vergleich ist der Aufnahme des Verfahrens nicht gleichzusetzen (z. B. werden daher die Gerichtskosten nicht zur Maffeschuld), IW. 29, 518. b) Ist der Rechtsstreit gegen den Gemeinschuldner anhängig (Passtvprozeß), so bat der Konkursgläubiger seine Forderung zur Konkursmaffe anzumelden, §§ 12, 139 KO. Wird die Forderung im Prüfungstermin bestritten, so erfolgt die Aufnahme gemäß §§ 144, 146 Abs.3,6 KO.: durch den Gläubiger gegen den Konkursverwalter und den etwaigen anderen Bestreitenden (auch den Gemeinschuldner selbst) oder auch gegen ersteren allein, selbst tut Falle notwendiger Srreitgenoffenschaft (§ 62) der mehreren Bestrei­ tenden, RG. 96, 251, sowie gegen den bei vollstreckbarem Titel (5 146 Abs 6 KO.) Widersprechenden, RG. 34, 409, IW. 08, 3051«; oder durch den Bestreitenden bzw. Widersprechenden gegen den Gläubiger, RG. 86, 237. Der Konkursverwalter aber ist im Falle des $ 146 Abs. 3 KO. (als Bestreitender) nicht zur Aufnahme befugt, auch nicht wegen des Anspruchs auf Kostenersatz, RG. 86, 396. Liegt für die Forde­ rung schon ein Enduneil — ein Urteil aus § 304 Abs. 2 ist kein solches, IW. 31, 21041a — oder sonst ein vollstreckbarer Schuldtitel vor, so hat in erster Linie der widersprechende Konkursverwalter die Aufnahme zu bewirken (§ 146 Abs. 6 KO.): jedoch ist auch der Gläubiger berechtigt, die Feststellung der Forderung gegen den Konkurs­ verwalter gemäß § 146 Abs. I, 3 KO. zu betreiben, RG. 86, 237. — Wird die Auf­ nahme verzögert, so kommt nicht § 239, sondern nur § 250 zur Anwendung, RG. 39,8. — Im Anwaltsprozeß hat die Aufnahme nicht gegenüber dem Prozeßbevollmächtigten des Gemein schuldners, dessen Vollmacht erloschen ist (§ 23 Abs. 2 KO.), sondern gegen­ über dem Konkursverwalter zu erfolgen, HRR. 39, H3. — Ist der Prozeß wegen eines nicht in einer Geldforderung bestehenden Anspruchs (z. B. Wandlungsanspruch) an­ hängig, so bedarf bei der Ausnahme der Klagantrag einer dem § 69 KO. Rechnung tragenden Umwandlung in einen Geldanspruch, die nach §268 Nr. 3 auch zulässig ist, RG. 65, 133. c) Hat der gegen den Gemeinschuldner anhängige Rechtsstreit einen Anspruch auf Aussonderung aus der Konkursmasse (§ 43 KO.) oder auf abgesonderte Befriedigung (§ 4 Abs. 2 KO.) zum Gegenstand oder betrifft er eine Maffeschuld (§ 59 KO.), so kann sofort nach Eintritt der Unterbrechung sowohl vom Konkursverwalter als auch vom Gegner die Aufnahme erfolgen (tz 11 KO.). — Erkennt der Konkursverwalter den Klag­ anspruch für begründet an, so hat er den Kläger klaglos zu stellen, widrigenfalls er,

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auch wenn er die Aufnahme ablehnt, zu verurteilen und ihm auch die Kosten (§ 11 Abf. 2 KO. findet keine Anwendung) zur Last zu legen find, IW. 07, los1*. 8 Aufhebung des Konkursverfahrens. — H6. 163, 190 KO. oder (IW. 29, Sv«) Einstellung: ?§ 202-206 KO. Ferner, wenn der Eröffnungsbeschluß im Beschwerde­ wege aufgehoben wird ($ 109 KO ). IW. 29, 99*. — Rach Aufhebung (Einstellung)

des Konkurses kann jede der bisherigen Parteien ohne Aufnahmeerklärung den Prozeß fortfetzen, RG. 79, 29. Der Gemetnschuldner insbesondere tritt ohne weiteres als nunmehr Verfügungsberechtigter in den Rechtsstreit ein, RG. 79, 29, IW. 27, 849", auch 8 241 Anm. 3 Dies gilt auch von einer durch Eröffnung des Konkurses aufgelösten Handelsgesellschaft, wenn sie nach Abschluß eines Zwangsvergleichs von den Gesellschaftern fortgesetzt wird, W. 12,176. Der vom Konkursverwalter bestellte Prozeß bevollmächtigte

bleibt zur Vertretung des Gemetnschuldners berechtigt. § 86 Anm. 3. — Einer Auf­ hebung des Konkurses ist in diesen Beziehungen, wenn der Prozeß für den Gemein­ schuldner anhängig ist (Aktivprozeß), gleichzustellen die Erklärung deS klagenden Konkurs­ verwalters gegenüber dem Gemeinschuldner, RG. 94, 56, IW 29. 99*. daß er den geltend gemachten Anspruch oder den Gegenstand, auf den sich der Rechtsstreit bezieht, aus der Konkursmaffe freigebe: der Gemeinschuldner tritt mit Abgabe dieser Erklärung (für die keine Form vorgeschrieben ist, RG. 122,56, und die nicht ausdrücklich abgegeben zu werden braucht sz. B. in der Erklärung des Konkursverwalters, daß er die Aufnahme deS Rechtsstreits ablehne, mitenthalten ist], IW. 29, 99*) ohne weiteres an Stelle deS Verwalters in den Rechtsstreit als Partei ein, RG. 122, 55. Jedoch folgt daraus nicht ohne weiteres stets die materielle Klageberechtigung des Gemetnschuldners, RG. 70, s?o.

Verlust der Prozeßsähigkeit, Wegfall des gesetzlichen Vertreters.

241 (2)9). (1) Verliert eine Partei l die Prozeßfäbigkeit' oder stirbt der gesetzliche Vertreter' einer Partei oder hört die Vertretungsbefugnis4 deSselben auf, ohne daß die Partei prozeßfähig geworden ist', so wird das Ver­ fahren unterbrochen, bis der gesetzliche Vertreter oder der neue gesetzliche

Vertreter von seiner Bestellung dem Gegner Anzeige macht, oder bis der

Gegner seine Absicht,

daS Verfahren fortzusetzen, dem Vertreter anzeigt.'

(2) Diese Vorschrift findet entsprechende Anwendung, wenn eine Nachlaßverwaltung angeordnet wird? i Eine Partei. — Die nicht durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten ist. § 246. — Vgl § 239 Anm. 1 (Begriff der Partei). § 241 ist entsprechend anzuwenden, wenn eine Partei, der (wie einem Testamentsvollstrecker usw., f. §51 Anm. 2) kraft Amtes Partei­ stellung mit der Befugnis zur Prozeßführung auS eigenem Rechte, wenn schon in fremdem Jntereffe, zukommt, stirbt, prozeßuniähia wird oder das Amt verliert und insolaedeffen ein Personenwechsel eintritt. RG. 155, 353, und zwar dahin, daß die eingetretene Unterbrechung so lange dauert, bis der Nachfolger im Amte (z. B. der neue Testamentsvollstrecker) von seiner Bestellung dem Gegner Anzeige macht oder der Gegner seine Absicht, das Verfahren fortzusetzen, dem Nachfolger im Amte anzeigt, Gr. 59, 497. S. auch § 239 Anm. 2. War der Weggefaüene ein Anwalt und ver­ trat er gemäß § 78 Abs. 3 sich selbst, so findet zugleich § 244 Anwendung (Unterbrechung so lange, bis der von dem Nachfolger im Amte bestellte Anwalt dem Gegner von seiner Bestellung Anzeige macht) Vgl. Gr. 59, 497. Nicht dagegen ist in diesem Falle § 246 (nicht Unterbrechung, sondern Aussetzung des Versahrcns auf Antrag bei Vorhanden­ sein eines Prozeßbevollmächtigten) anwendbar, da der sich selbst vertretende Anwalt nicht zum Prozeßdevollmächiigten wird (§ 78 Anm. 10) und 8 246 Verschiedenheit der Personen der Partei und des Prozeßbevollmächtigten voraussetzt, IW. 13, 876-». 8 Verlust der Prozeßsähigkeit. — Vgl. § 52 Anm. 2. — Zufolge Bestellung eines (z. B Abwesenheits-) PstegerS für eine Partei wird der Rechtsstreit erst dann unter­

brochen, wenn der Pfleger an Stelle der Partei in den Rechtsstreit etntritt, da bis dahin die Partei prozeßfäbig bleibt, § 53 Anm. 1, RG. 52, 223 • Tod deS gesetzlichen Vertreters. — Vgl. § 51 Anm. 2. — Besteht der gesetzliche Vertreter aus mehreren Personen (z. B. Ktrchenvorstand), so tritt durch den Tod einer von diesen keine Unterbrechung ein, vielmehr sind die Verbleibenden allein zur Vertretung

Dritter Abschn. Verfahren. Fünfter Titel. Unterbrech, d. Verfahr. §§ 241, 242.

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befugt, es sei denn, daß sie dann keine ausreichende Bertretungsmacht mehr habe», IW. 98, 880M. — Im Falle Erlöschen- deS Konkursverwalteramtes (3. B. wegen Aushebung deS Konkursverfahrens zufolge ZwangSvergletchs) findet § 241 keine An­ wendung, da der Verwalter amtliches Organ für Durchführung des KonkurSzweckS, nicht Vertreter ist, IW. 03, 47, auch § 240 Anm. 8. < Aufhören der BertretungSbefugniS. — Oder der Prozeßfähigkeit. — Dgl. § 86 Anm. 2, 3 (Fälle des AufhSrens). — Die Auflösung der offenen Handelsgesellschaft unter­ bricht das Verfahren nicht, sofern nicht auch eine Änderung in der Vertretung eintritt, RG. 34, 362. Ebensowenig in einem gegen eine offene Handelsgesellschaft in Liquidation anhängigen Rechtsstreit der Tod eines Teilhaber-, der nicht Liquidator ist, RG. 45, 840. Nach Beendigung der Liquidatton oder, wenn eine solche nicht erfolgt, sogleich treten die Gesellschafter alS notwendige Stteitgenoffen in den Rechtsstreit ein, RG. 34, 862, IW. 01, 226*, auch § 50 Anm. 2, § 239 Anm. 1. 8 Wenn die Partei -rozetzsähig geworden ist, setzt fie den Rechtsstreit ohne weiteres fort, OLG. 17, sie. So geht, wenn ein Pfleger für die unbekannten Erben bestellt ist (§ 1960 Abs. 2 BGB ), mit der Aufhebung der Pflegschaft (nicht schon mit der Ermittlung von Erben) der von dem Pfleger für die nach § 53 einer nicht prozeßfähigen Partei gletchstehenden Erben eingeleitete Rechtsstreit unmittelbar auf die Erben über, OLG. 41, ai. 6 Form der Anzeigen: § 250 und Anm. 1 dort. Für die Anzeige deS Gegners von der Abficht der Verfahrensfortsetzung genügt Ladung zur Aufnahme des Rechtsstteits, W. 15, 34. 7 Abs. 2. — Im Falle der Anordnung einer Nachlaßverwaltung greift die Vorschrift des Abs. 1 an sich nicht Platz. Die Nachlaßverwaltung bezweckt die Befriedigung der Nachlaßgläubiger, der Erbe verliert demgemäß die Befugnis, den Nachlaß zu. verwalten fowie über ihn zu verfügen, und wird in dieser Hinficht vollständig durch den Nach­ laßverwalter vertreten (§ 1984 BGB ). Dabei hat aber der letztere nicht die Stellung eines gesetzlichen Vertreters, sondern die eines Pflegers (§ 1975 BGB.), und der Erbe verliert daher gemäß § 53 die Prozeßfähigkeit in Ansehung des Nachlasses nur, soweit der Nachlaßverwalter eitlen Prozeß bereits führt. Er könnte deshalb an fich einen bereits anhängigen Prozeß weiter betteiben. Da dies jedoch den Interessen der Gläubiger widersprechen würde, so ist dem Erben durch die Bestimmung deS Abs. 2 (Nov. v. 17. 5. 98) jene Möglichkeit entzogen. Mot. 101. Dgl. jedoch §§ 1994 Abs. 1 Satz 2, 2006 Abs. 3, 2013 BGB. (persönliche Haftung deS Erben für Nachlaß­ verbindlichkeiten trotz Nachlaßverwaltung; hier keine Unterbrechung). Bet Aufhebung der Nachlaßverwaltung treten die Erben ohne weiteres in den Rechtsstreit ein. Sie müssen die Prozeßhandlungen des bisherigen Nachlaßverwalters gegen fich gelten lassen; Nachweisfristbestimmung aus § 519 Abs 6 kann Hinsort nickt mebr dem Nachlaß­ verwalter gegenüber erfolgen, W. 30, 118. War der Rechtsstreit bereits bet Anordnung der Nacklaßverwaltung unterbrochen, so setzt fich die Unterbrechung fort; Aufnahme nach § 241, nicht nach § 239, JonaS I 3, Baumb. 1. —- Der Nachlaßpfleger, der für die Erben eines nach Zustellung eines Ehescheidung-urteils verstorbenen Ehegatten bestellt worden ist, ist zur Aufnahme deS unterbrochenen Verfahrens gemäß § 250 berechtigt, jedoch nicht in Ansehung der Hauptsache, die gemäß § 628 erledigt ist, sondern nur wegen der Kosten, IW. 06, 8ii« Unterbrechung durch Nacherbfolge.

242.1 Tritt während deS Rechtsstreits zwischen einem Vorerben und einem Dritten über einen der Nacherbfolge unterliegenden Gegenstand3 der Fall der Nacherbfolge ein, so finden, sofern der Dorerbe Bchiflt3 war, ohne

Zustimmung des Nacherben über den Gegenstand zu verfügen, hinstchtlich

der Unterbrechung und der Aufnahme deS Verfahrens die Vorschriften des § 239 entsprechende Anwendung 1 Der Nacherbe (§ 2100 BGB.) ist nicht Rechtsnachfolger des Dorerben, viel­ mehr leitet er fein Recht unmittelbar vom Erblasser ab; daher ist an fich der (Sin* tritt deS Nacherben in den vom Dorerben geführten Rechtsstreit ausgeschlossen. Da jedoch mit dem Einttitt deS Falles der Nacherbfolge der Dorerbe aufhört, Erbe zu sein (§ 2139 BGB ), und damit sowohl die DerfügungSmacht als auch die Prozeß-

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Legitimation verliert und der Nacherve infolge Anfalls der Erbschaft nunmehr deren alleiniger und unbeschränkt verfügungsberechtigter Inhaber geworden ist, ist durch die Vorschrift des § 242 (Nov. v. 17.'5. 98) bestimmt, daß der Nacherbe insoweit, alS nach § 326 Abs. 2 ein gegen den Vorerben ergehendes Urteil auch gegen ihn wirken würde, er also der Nächstbeteiligte ist, ausnahmsweise wie ein Rechtsnachfolger des Vorerben behandelt werden soll, Mot. 101, RG. 75, 864. 2 Unter einem „her Nacherbfolge unterliegenden Gegenstand" sind nicht bloß einzelne zur Erbschaft gehörende Sachen oder Rechte, also Aktivposten der Erbschaft, zu verstehen, sondern auch ein Streitgegenstand, der den Umfang der Erbschaft des Borerben betrifft, RG. 75, 366. Daher sind z. B. im Falle eines Streites mit Mit­ erben über die Frage, ob der Vorerbe auf seinen Erbteil Borempfänge stch anrechnen lasten muß, ob eine Schuld des Vorerben an den Nachlaß besteht und wie es bei Gelegenheit der Auseinandersetzung mit der Tilgung der Schuld gehalten werden soll, beim Eintritt der Nacherbfolge (z. B. zufolge Todes des Vorerben) die Nacherben (im Falle des Todes des Vorerben nicht seine Erben als solche oder ein, weil die gesetz­ lichen Erben die Erbschaft ausgeschlagen haben, bestellter Nachlaßpfleger) zur Aufnahme des Rechtsstreits berechtigt und verpflichtet, RG. 75, 883. — Handelt eS stch um eine Nachlaßverbindlichkeit, für die der Vorerbe gemäß § 2145 BGB. haftet, so kann der Rechtsstreit gegen diesen oder seine Erben fortgesetzt werden. • Zur Verfügung befugt. — Vgl. §§ 2112, 2120, 2136 BGB. Oder bet Ver­ fügung mit Zustimmung des Nacherden, Ionas I. — Er ist nicht befugt tn den Fällen der §§ 2113—2115 BGB., sofern er nicht die stetere Stellung nach Maßgabe der §S 2136, 2137 BGB. hat. Dann ist er wegen mangelnder Aktivtegitimation abzu­ weisen. — Auch im ersteren Falle tritt eine Unterbrechung nicht ein, wenn der Vorerbe einen Prozeßbevollmächtigten hat (tz 246 Abs. 1). Beim Tod ein er Partei Nachlaßpflegschaft, Testamentsvollstreckung.

243 (220). Wird im Falle der Unterbrechung des Verfahrens durch den Tod einer Partei ein Nachlabpfleger bestellt oder ist ein zur Führung hes Rechtsstreits berechtigter Testamentsvollstrecker vorhanden,* so kommen die Vorschriften des 8 241? und, wenn über den Nachlaß der Konkurs eröffnet wirt),3 die Vorschriften des § 240 in betreff der Aufnahme* des Verfahrens zur Anwendung.

1 BGB. §§ 1960 st. (Nachlaßpfleger), 2212,2213 (Testamentsvollstrecker). Mot.102. Entsprechend anwendbar auf den Fall des Eintritts der Nacherbfolge. 2 D. i., wenn eine Partei stirbt, ohne daß ein Prozeßbevollmächtigter für fie bestellt ist (§ 246), also gemäß § 239 Abs. 1 Unterbrechung des Verfahrens etntritt, so kann ttn Falle der demnächstigen Bestellung eines Nachlaßpflegers oder des Vor­ handenseins eines Testamentsvollstreckers die Beendigung der Unterbrechung nur da­ durch herbeigeführt werden, daß entweder der Nachlaßpfleger (Testamentsvollstrecker) von seiner Bestellung dem Gegner Anzeige macht (§ 241 Anm. 6) oder der Gegner seine Absicht, das Verfahren fortzusetzen, dem Pfleger (Testamentsvollstrecker) anzeigt, IW. 04, 238". » §§ 1975 ff. BGB., §§ 214 ff. KO. (Nachlaßkonkurs). — Wenn also außer der Unterbrechung gemäß § 239 Abs. 1 auch noch eine solche gemäß § 240 (f. dort Anm. 5) eintritt. < Vgl. § 240 Anm. 7 (Aufnahme des Verfahrens nach den Vorschriften der KO.). Unterbrechung durch Wegfall des Anwalts.

244 (221). (1) Stirbt in Anwaltsprozessen1 der Anwalt? einer Partei3 oder wird derselbe unfähig,* die Vertretung der Partei fortzuführen, so tritt eine Unterbrechung3 des Verfahrens ein, bis der bestellte neue Anwalt von seiner Bestellung dem Gegner Anzeige macht.3 (2) Wird diese Anzeige verzögert,' so kann die Partei selbst zur Verhandlung der Hauptsache geladen3 oder zur Bestellung eines neuen Anwalts binnen

Dritter Abschn. Verfahren. Fünfter Titel. Unterbrech, d. Verfahr. §§ 243, 244.

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einer von dem Vorsitzenden zu bestimmenden Frist aufgefordert werben.9 Wird dieser Aufforderung nicht Folge geleistet, so ist das Verfahren als aus­ genommen anzusehen. Bis zur nachträglichen Anzeige der Bestellung eines neuen Anwalts" können alle Zustellungen an die zur Anzeige verpflichtete Partei, sofern diese weder am Orte des Prozetzgerichts noch innerhalb des Amtsgerichtsbezirkes wohnt, in welchem daS Prozeßgericht seinen Sitz hat, durch Aufgabe zur Post (§ 175) erfolgen. 1 § 78 Abs. 1. — Im Parteiprozeß bewirkt der Wegfall des Prozeßbevollmächtigten nicht die Unterbrechung des Verfahrens. 2 D. i. der Anwalt der betreffenden Instanz, RG. 71, 159, nach Einlegung der Beschwerde der Beschwerde-, nicht der unteren Instanz, RGM. 33, 636. — Dgl. § 81 Anrn. 7 (der prozehbevollmächtigte Anwalt, nicht besten Vertreter). War für den Anwalt ein Vertreter gemäß § 29 RAO bestellt, so tritt Unterbrechung (nicht schon mit dem Tode, sondern) erst mit der Löschung des Anwalts ein, § 30 RAO. 8 Vgl. § 239 Anrn. 1 (Veqriff der Partei). * In den Fällen der §§ 28, 96, 104 RAO., §§ 31, 33 StGB. oder wenn er prozeßunfähig wird (§ 52 Anrn. 2, tz 80 Anrn. 1, § 86 Anrn. 2). Auch bei Ver­ tretungsverbot (§ 96 RAO., früher § 91b) tritt Unterbrechung ein, RG. 141, 167 (a. M. Baumb. 1). 8 Unterbrechung deS Verfahrens. — Die Tatsache des Todes, deS Eintritts der Unfähigkeit ist maßgebend, nicht daß der Gegner davon Kenntnis erlangt, RG. 19, sss, Gr. 33, 1145. Bei freiwilligem Verzicht auf die Rechtsanwaltschaft tritt die Unfähig­ keit mit der Löschung in der Liste ein, RG. 19, 399, IW. 05, 178«. — Unter­ brechung tritt auch ein, wenn der Anwalt zwischen Verkündung und Zustellung des Urteils stirbt oder die Vertretungsfähigkeit (z. B. durch Aufgabe der Zulastung beim Prozeß­ gericht) verliert, RG. 19, 397, OLG. 25,87. Dagegen nicht, wenn er nach Zustellung des Urteils und vor Einlegung des Rechtsmittels stirbt oder die Dertretungsfähigkeit verliert, da durch § 210a dafür gesorgt ist, daß der Prozeß seinen Fortgang nehmen kann, ohne daß die betreffende Partei genötigt ist, überflüssigerweise einen neuen Anwalt für diese Instanz zu bestellen, RG. 13, 311, W. 08, 129, Gr. 59, 1070, wonach aus RG. (DZS.) 68, 247 (Tod der Partei in dem fraglichen Zeitpunkt betreffend, s. § 246 Anm. 5) nicht etwas Gegenteiliges zu entnehmen ist. — Die Kündigung des Dollmachtsvertrags (§ 87) oder vorübergehende Verhinderung (§§ 29, 34 RAO.) hat die Unterbrechung nicht zur Folge. — Die Partei kann, auch wenn wegen Unfähigkeit ihres Anwalts eine Unterbrechung des Verfahrens stattfindet, während der Dauer der Unterbrechung Zustellungen rechtswirksam nicht selbst vor­ nehmen, Gr. 41, H72, auch § 166 Anm. 4. Stirbt der Anwalt nach Einreichung eines Schriftsatzes (nicht Rechtsmittelschriflsatzes) bei der Geschäftsstelle, so ist die dem­ nächst durch Vermittelung der Geschäftsstelle erfolgende Zustellung unwirksam, IW. 04, 863«. — über den Zeitpunkt der Unterbrechung, wenn für den Anwalt ein Ver­ treter gemäß § 29 RAO. bestellt war, s. Anm 2. 6 Die Anzeige des bestellten neuen Anwalts muß gemäß § 250 durch Zustellung eines Schriftsatzes erfolgen, RG. 78, 344 Dies gilt auch, wenn der Anwalt des Revifionsklägers nach Einlegung der Revision stirbt, RG. 78, 844, W. 11, 478. Nach § 210a hat die Zustellung des Schriftsatzes an den Gegner, solange von diesem noch kein Prozehbevollmächtigter für die Revistonsinstanz bestellt ist, an seinen Anwalt der Berusungsinstanz zu erfolgen; Zustellung an den Anwalt erster Instanz ist wirkungslos, W. 11, 478. Eine von dem neu bestellten Anwalt in der gemäß § 519 Abs. 2 oder § 554 Abs. 2 eingereichten Begründungsschrift abgegebene Erklärung, daß das Ber« fahren ausgenommen werde, genügt nicht; vielmehr bleibt das Verfahren mit den Wirkungen des § 249 unterbrochen, so daß die Berusungs- oder die Revistonsbegründung unwirksam ist. Die Anzeige muh in einem besonderen Akt (einem zuzustellenden Schrift­ satz) der Einreichung der Begründung vorausgehen, RG. 78, 844, W. 11, 478. Jedoch wird der in einem solchen Falle vorliegende Mangel des Verfahrens auch bei rechtzeittger Rüge des Gegners geheilt, wenn der neue Anwalt in der mündlichen Verhandlung die Aufnahme erklärt und damit zugleich dem Gegner die Anzeige von seiner Bestellung

A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen,

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macht, RG. 78, 844. Auch kann überhaupt die Anzeige durch Erklärung in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem anwesenden Gegner ohne zuvorige Zustellung eines Schrift­ satzes wirksam erfolgen, W. 15, 34, § 250 Anm. 1. Die Anzeige braucht nicht gerade mit den Worten erklärt zu werden, eS werde die Bestellung zum Anwalt (Prozeß­ bevollmächtigten) angezeigt, vielmehr genügt jede Erklärung, auS der die Anzeige von der Bestellung entnommen werden kann, Gr. 59, 498.

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Verzögerung der Anzeige. — Dgl. § 239 Anm. 5. Ladung brr Partei selbst. — Abs 2 Satz 1 enthält eine Ausnahme von dem all­ gemeinen Grundsatz (§ 176), daß Zustellungen beim Vorhandensein eines Prozehbevoll­ mächtigten an diesen und nicht an die Partei persönlich zu bewirken sind, RG. 103, 887. Diese Ausnahme gilt gleichviel, ob der Wegfall deS Prozeßbevollmächtigten in der unteren oder einer höheren Instanz geschehen ist. Daher ist die Zustellung im Falle des Wegfalls des PrBev. der höheren Instanz auch beim Vorhanden« sein eine- für die untere Instanz bestellten Prozehbeoollmächtigten (vgl § 176 Anm. 5) nur wirksam, wenn fte an die Partei persönlich erfolgt, RG. 103, 887. Das gilt aber nur für die Zustellung der im Satz 1 bezeichneten Ladung oder Aufforderung zur Bestellung eines neuen Prozeßbevollmächtigten, wodurch die Aufnahme des Verfahrens betrieben wird: nicht auch für die folgenden in dem aufgenommenen Verfahren zu bewirkenden Zustellungen, für die es bei dem vor­ bezeichneten allgemeinen Grundsatz verbleibt, RG. 103, 837. — Die Vorschriften der §§ 174 Abs. 2, 175, wonach bei dem Mangel eines im Bezirk deS ProzeßgerichtS wohnhaften Zustellungsbevollmächtigten alle an eine im Ausland wohnende Partei zu bewirkenden Zustellungen durch Aufgabe zur Poft geschehen können, kommen gegen­ über der Sondernorscvrift des Abs. 2 Satz 1 nicht zur Anwendung, so daß die Zu­ stellung einer gemäß dieser Vorschrift ergangenen Ladung, auch wenn die Partei im Auslande wohnt, an sie selbst erfolgen muß, RG. 103, 839. — Die Ladung erfolgt gemäß § 215 (mit Aufforderung zur Bestellung eine- Anwalts). IW. 05, r?8>. — Mit der Zustellung ist der Rechtsstreit ausgenommen. — Erscheint im Termin ein Anwalt für die geladene Partei nicht, so kann auf Antrag sofort Versäumnisurteil zur Hauptsache gemäß §§ 330, 331 oder eine Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 311 a) erlassen werden. Dgl. IW. 05, i?8». • Aufforderung zur Anwaltsbestellung. — Indem ein nur die Aufforderung (vgl. § 231 Abs. 1) enthaltender Schriftsatz, wie im Falle der Terminsbestimmung gemäß § 216, zur Bestimmung der Frist durch den Vorsitzenden der Geschäftsstelle etngereicht wird. Folge der Nichtberückflchtlgung der Aufforderung: Abs. 2 Satz 2 (das Verfahren gilt als ausgenommen). io D. i. (nur im Falle 2 (Anm. 9], RG. 103, 837) in der Zeit von dem Ablauf der Frist bis zu der Anzeige.

Stillstand der Rechtspflege.

245 (222). Hört infolge eines Krieges oder eines anderen Ereignisses die Tätigkeit des Gerichts auf,1 so wird für die Dauer dieses ZustanoeS das Verfahren unterbrochen? 1 2

Vgl. § 36 Nr. 1 (Bestimmung eines anderen Gerichts). Einer besonderen Aufnahme deS Verfahrens, wie sie § 250 Vorsicht, bedarf eS nicht, vielmehr kann nach Aufhören des im § 245 bezeichneten Zustandes ohne weiteres wieder verhandelt werden, IW. 23, ivo. 2. Aussetzung deS Verfahrens. In Fällen des Todesusw. Vertretung durch Prozeßbevollmächtigten.

246 (223)'. (1) Fand in den Fällen des Todes, des Verlustes der Prozeß­ fähigkeit? des Wegfalls deS gesetzlichen Vertreters? der Anordnung einer Nacklaßverwaltung oder des Eintritts der Nacherbfolge* (§§ 239, 241, 242)< eine Vertretung durch einen Prozeßbevollmächtigtenb statt, so tritt eine Unter­ brechung des Verfahrens nicht ein;s,s das Prozeßgericht hat jedoch auf An-

Dritter Abschn. Verfahren. Fünfter Titel. Unterbrech, d. Verfahr.

g§ 245,246»

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trag7 des Bevollmächtigten,» in den Fällen deS Todes» und der Nacherbfolge» auch auf Antrag des Gegners10 die Aussetzung des Verfahrens" anzuordnen.7» (2) Die Dauer der Aussetzung und die Aufnahme des Verfahrens richten

sich nach den Vorschriften der §§ 239, 241 bis 243; in den Fällen des TodeS

und der Nacherbfolge» ist der die Ladung enthaltende Schriftsatz auch dem Bevollmächtigten zuzustellen.7» i Fassung v. 17./5. 98. — Entsprechend anzuwenden im Güteverfohren. 8 TodeS: § 239 Anm. 1, auch Anm 9 hier; Verlustes der Prozetzfähigkeit: § 241 Anm. 2. — Fehlte die Prozetzfähigkeit von Anfang an, so tritt eine Aus­ setzung des Verfahrens nicht ein, RG. 18, 384. Vgl. § 56. — Rachlatzverwaltung: § 241 Anm. 7. — Racherbfolge: § 242 Anm 1. — Über den Fall des Wechsels in der Person einer Person kraft Amts f § 241 Anm. 1, über den Wegfall deS VerwaltungSrech's einer solchen s. e 239 Anm. 1. « Wegfall deS gesetzlichen Vertreters: § 241 Anm. 3, 4 (Vertretung durch eine Mehrheit von Personen. Vertretung bei einer offenen Handelsgesellschaft). 4 Also nicht im Falle des tz 240 (Konkurseröffnung). Anm. 6 dort. 6 Vertretung durch Prozetzbevollmächtigten. — tztz 78, 79. — Der Mangel einer wirksamen Prozetzvollmacht (z. B. wegen Geschäftsunfähigkeit des Vollmacht­ gebers) steht, solange die Unwirksamkeit nicht rechtskräftig festgestellt ist, der An­ wendung des § 246 nicht entgegen, FW. 17, sw«. — Es ist eine für die Instanz, in deren Lauf der Tod eintritt, bestellte Derttetung gemeint, RG. (BZS ) 71, 156. Letztere währt aber nicht nur biS zur Verkündung, auch nicht nur biS zur erfolgten Zustellung des Endurteils der Instanz, sondern auch noch darüber hinaus bis zur (etwa nachfolgenden [§§ 516, 552 n. g.]) Einlegung deS Rechtsmittels, weil das untere Gericht für Entscheidungen, die in der Zwischen­ zeit notwendig werden, insbesondere tat Falle der c§ 239, 246, zuständig ist (Anm. 6 § 239, 2 § 248). Wenn die Partei daher in der Zwischenzeit von der Verkündung oder der Zustellung deS Urteils biS zur Einlegung des Rechtsmittels stirbt, tritt keine Unterbrechung nach 8 239 ein auch wenn ein Prozetzbevollmächtigter für die RechtSmittelinstanz noch nicht bestellt ist, RG. (DZS.) 68, 247, 266, (anders RG. 44, 368). DteS ändert sich aber, wenn der Rechtsstreit infolge Rechtsmitteleinlegung des Geg­ ners in die höhere Fnstanz gelangt, in der die Partei durch einen Prozetzbevollmächlioten nicht vertreten ist. Dann tritt Unterbrechung des Verfahrens ein, RG 155, 224. Auch die Frist zum Nachweis der Zahlung der zu entrichtenden Prozetzgebiihr (§ 619 Abs. 6, § 654 Abs 7) wird durch den Tod des durch einen Prozetzbevollmächtigten vertretenen Rechtsmittelklägers nicht unterbrochen, RG. 120, 188. — Stirbt dagegen nach Einlegung des Rechtsmittels eine Partei (ins­ besondere der Rechtsmtttelbeklagte), ohne datz sie durch einen für die Rechtsmittel­ instanz bestellten Prozetzbevollmächtigten vertreten ist, so tritt Unterbrechung des Verfahrens auch dann ein, wenn die Partei in der unteren Instanz durch einen Prozetzbevollmächtigten vertreten war, RG. (VZS.) 71, 155, 109, 48. — vertritt eine Partei (als welche auch eine Person mit Parieistellung kraft AmteS, z. B. ein Testamentsvollstrecker, anzusehen ist (s. § 51 Anm. 2, § 241 Anm. I), welche Anwalt ist, im Anwaltsprozeffe fich selbst gemätz $ 78 Abs. 3, so findet (tat Falle des TodeS der Partei, Wechsels in der Person des Testamentsvoll­ streckers) 8 246 keine Anwendung, da der sich selbst vertretende Anwalt nicht alS Prozetzbevollmächtigter anzusehen ist (s. § 78 Anm 10) und § 246 vorauSsetzt, datz derjenige, in deffen Person der Unterbrechungsgrund eintritt, und der Prozetzbevollmächtigte verschiedene Personen sind, W. 13, 330. • Zufolge der Vorschrift des § 86 keine Unterbrechung. 7 Antrag auf Aussetzung. — Der Antrag ist auch nach Schlutz der mündlichen Verhandlung und nach Verkündung eines Urteils und überhaupt solange zulässig, biS daS Verfahren durch rechtskräftiges Urteil seinen Abschluh gefunden hat, IW. 00, 841». — Wird im Falle deS TodeS einer Partei von keiner Seite Aussetzung deS verfahrens beantragt, so kann in die Verhandlung über die von der Gegenpartei bestrittene Legitimatton des auftretenden Rechtsnachfolgers eingetreten werden, RG. 50, 862.

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A. II. Zivilprozeßordnung. Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen.

Überhaupt setzt sich, wenn im Falle des Todes einer Partei (oder der Auslösung der

juristischen Person, welche Partei ist, s. § 239 Anm. 1) kein Aussetzungsantrag gestellt wird, der Rechtsstreit fort und ist Prozetzpartei der Rechtsnachfolger, selbst wenn der Prozeßbevollmächtigte der verstorbenen (oder untergegangenen) Partei auf deren Namen den Rechtsstreit fortführt. Die prozeßrechtlichen Handlungen und Erllärungen des Prozeßbevollmächtigten (z. B. auch die Einlegung eines Rechtsmittels) haben Wirkung für und gegen den Rechtsnachfolger; ebenso auch die ergehenden gerichtlichen Entscheidungen, auch wenn dem Gericht der Eintritt der Rechtsnachfolge nicht bekannt war und daher in den Entscheidungen der Verstorbene (oder die untergegangene juristische Person) als Partei bezeichnet wurde, IW. 29,1398». Zeigt demnächst der Prozeßbevollmächtigte den Eintritt des Todes (oder des Untergangs der juristischen Person) und den Namen des Rechtsnachfolgers dem Gericht an, so hat dies nur die Be­ deutung einer Richtigstellung der Parteibezeichnung, W. 11, 886. — Darüber, welches Gericht nach Erlassung eines Urteils zur Entscheidung über den Antrag und für einen Aufnahmestreit zuständig ist, vgl. § 248 Anm. 2. s Der Bevollmächtigte Antragsteller. — Er geht im Falle des Todes der Partei der Berechtigung zur Antragstellung nicht dadurch verlustig, daß er den Prozeß trotz der stattgehabten Veränderung zunächst fortgeführt hat, und auch nicht dadurch, daß er für die neue Partei aufgetreten ist, RG. 46, 879. — Beim Wegfälle des gesetz­ lichen Vertreters ist die durch den Wegfall betroffene Partei selbst nicht berechtigt, die Aussetzung zu beantragen, W. 11,88. Ebensowenig ihr Nebenintervenient, W. 11,88, § 67 Anm. 2. 9 Tod. — Der Partei selbst, nicht auch des gesetzlichen Vertreters, RG. 14, 436. 10 Der Gegner Antragsteller. — Er hat auch dann das Recht auf Aussetzung, wenn die Erben der verstorbenen Partei den Prozeß aufnehmen zu wollen erklären, RG. 36, 403, IW. 02, 420». Vgl. jedoch IW. 96, 31*, wo der Antrag des Gegners auf Aussetzung für unzulässtg erachtet ist, weil vorher die Rechtsnachfolger sich legi­ timiert und die Aufnahme erklärt hatten. n Aussetzung der „Verhandlung": §§ 148, 149. 12 Anordnung der Aussetzung. — Durch Beschluß, gegen den Beschwerde gemäß § 252 stattfindet. — Wird von keiner Seite ein Aussetzungsantrag gestellt, so hat das Gericht, auch im Falle des Todes des Beklagten, diese ihm angezeigte Tatsache selbst dann nicht zu berücksichtigen, wenn die Anzeige in der Berufungsinstanz erfolgt und danach der Beklagte bereits vor dem Schluffe der mündlichen Verhandlung erster Instanz gestorben sein soll. Wollte der Kläger den Rechtsstreit gegen den Rechts­ nachfolger des Beklagten weiter führen, so mußte er die Rechtsnachfolge und die Personen der Rechtsnachfolger nachweisen, IW. 07, iso». Vgl. Anm 7. 12 Zustellung der Ladung. — Nicht bloß dem Rechtsnachfolger bzw. dem Nacherben. — Die Ladung muß dem Bevollmächtigten der betreffenden Instanz zugestellt werden. Zustellung an den Prozeßbevollmächtigten einer unteren Instanz genügt nicht, RG. 71, iso. — Ein nach der Aussetzung des Verfahrens gegen den nicht erschienenen Rechtsnachfolger der verstorbenen Partei im Falle der Aufnahme durch den Gegner ergehendes Versäumnisurteil (s. tz 239 Anm. 9) ist dem Prozeßbevollmächtigten der verstorbenen Partei, besten Vollmacht durch die Aussetzung nicht außer Wirk­ samkeit getreten ist, nicht den Rechtsnachfolgern persönlich zuzustellen, Baumb. 2 (a. M. IW. 01, 8367). S. auch § 86 Anm. 4. Kriegszeiten und Hindernisse des Verkehrs.

247 (224). Befindet sich eine Partei zu Kriegszeiten im Militärdienst, oder hält fich eine Partei an einem Orte auf, welcher durch obrigkeitliche An­ ordnung oder durch Krieg oder durch andere Zufälle von dem Verkehre mit dem Prozetzgericht abgeschnitten ist, so kann dasselbe auch von Amts wegen1 die Aussetzung des Verfahrens bis zur Beseitigung des Hindernisses anordnen.» 1 Auch wenn die Partei durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten ist. — Die Aussetzung setzt aber voraus, daß einer der Aussetzungsgründe des § 247 bei einer Partei selbst vorliegt, daß also die Partei eine natürliche Person ist. Eine ent­ sprechende Anwendung der Vorschrift auf den gesetzlichen Vertreter einer juristischen

Dritter Abschn. Verfahren. Fünfter Titel. Unterbrech, d. Verfahr. §§ 247—249. 365 Person ist unzulässig, IW. 15, 54. — Die Aussetzung endet mit formloser Bekannt­ gabe des Aufhebungsbeschlusies. Keine Aufnahme. 2 Liegt eine der Voraussetzungen des § 247 auch nur bei einem von mehreren Streitgenosien vor, so ist, wenn überhaupt die Aussetzung von Amts wegen angeordnet wird, sie auf alle Streitgenossen zu erstrecken, wenn notwendige Streitgenosfenschaft (§ 62) unter ihnen besteht, RG. 106, 142, W. 16, 58. Aus besonderen Zweckmäßigkeitsgründen kann aber auch im Falle nicht notwendiger Streitgenosfenschaft die Aussetzung des Verfahrens bezüglich der anderen Streitgenossen gemäß § 148 angeordnet werden, W 16, 58. Vgl auch für den Fall, daß eine der Voraussetzungen des § 247 nur bei einem Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft vorliegt, RG. 106, 141. — Der § 247 erstreckt sich nicht auf die Zwangsvollstreckung, OLG. 31, 83 Anm.

Verfahren auf Aussetzung.

248 (225). (1) Das Gesuch * um Aussetzung des Verfahrens ist bei dem Prozebgericht anzubringen;a es kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt« werden. (2) Die Entscheidung kann ohne vorgängige mündliche Verhandlung * er­ folgen.«

1 Das Gesuch. — Über Zulässigkeit des Gesuchs bis zum Abschluß des Verfahrens durch rechtskräftiges Urteil s. § 246 Anm. 7. 2 Anbringung beim Prozeßgericht. — D. i. das Gericht, bei dem das aus­ zusetzende Venahren anhängig ist (zeitliche Grenze: Anm. 1). Auch nach Erlaffung eines die Sache erledigenden Endurteils ist nicht nur bis zur Zustellung des Urteils, sondern auch darüber hinaus bis zur (etwa nach­ folgenden O§ 516, 552 n. g.]) Einlegung eines Rechtsmittels das betreffende Instanz­ gericht noch das für die Entscheidung über das Gesuch sowie das für einen Streit über die Aufnahme des ausgesetzten Prozesses zuständige Prozeßgericht, RG. (BZS.) 68, 247. — Dies gilt auch für Beschlüsse, gegen die die Beschwerde statt­ findet (über entsprechende Anwendung des 5. Titels auf das Beschwerdeverfahren s. Vordem, vor § 239); es hat also das den Beschluß erlaßende Gericht auch nach Zustellung des Beschlusses bis zur Einlegung der Beschwerde Über die beantragte Aussetzung zu entscheiden, OLG. 23, U2. Wirkung für die höhere Instanz hat der Aussetzungsbkschluß der unteren aber nur, wenn er vor Einlegung des Rechts­ mittels zugestellt ist, RG. 13), 330. ■ Erklärung zu Protokoll. — Daher kein Anwaltszwang. § 78 Abs. 2 und Anm. 8 dort. — Gilt auch für den Fall des § 149, IW. 92, 217«. — Der Antrag kann auch von jedwedem Prozeßbevollmäcktlgten, so z. B. in der höheren Instanz von dem Prozeßbevollmächtigten der unteren Instanz, gestellt werden, RG. 71, 157. — Dagegen mutz die Beschwerde über die Ablehnung des Antrages, wenn nicht ein Ausnahmefall gemäß § 569 Abs. 2 vorliegt, also das Amts­ gericht Prozeßgericht ist, von einem zugelaffenen Anwalt unterzeichnet sein, Gr. 38, 1209. < Entscheidung. — Durch Beschluß, der im Falle münducher Verhandlung zu verkünden (§ 329 Abs 1), andernfalls bei Ablehnung den Parteien von Amts wegen zuzustellen ist 252, 329 Abs. 3); bet Anordnung der Aussetzung genügt formlose Mitteilung (§ 329 Abs. 3) — In den Fällen der Aussetzung nach §§ 148, 151—154 ist Abs. 2 nicht anwendbar (mündliche Verhandlung erforderlich). § 148 Anm. 5, § 151 Anm. 5. müssen aus den vorbereitenden Schriftsätzen * verlesen werden. (2) Soweit vorbereitende Schriftsätze nicht mitgeteilt oder die Anträge in solchen nicht enthalten sind, muß die Verlesung aus einem dem Protokoll als Anlage beizufügenden Schriftsatz erfolgen? (3) Dasselbe gilt von Anträgen, welche von früher verlesenen in wesent­ lichen Punkten abweichen? (4) Die Verlesung kann durch eine Bezugnahme auf die die Anträge ent­ haltenden Schriftsätze ersetzt werden, soweit das Gericht es für ausreichend erachtet? (5) Die Nichtbeachtung dieser Vorschriften hat die Nichtberückfichtigung der Anträge zur Folge? 1 Anträge. — Nämlich diejenigen, welche die Angabe der in einem Haupt- oder Zwischenstreit (z. B. §§ 253 Abs. 2 Nr. 2, 280, 321, 519 Abs. 3 Nr. 1, 525, 536, 554 Abs. 3 Nr. 1, 556, 559) begehrten Sachentscheidung enthalten. Auf Prozeßanträge, wie betr. Verweisung, Vertagung, Erlaß eines Versäumnis-, Anerkenntnisurteils, Ent­ scheidung nach Lage der Akten, RG. 159, 360, sowie auf Abweisungs- und Zurück­ weisungsanträge des Gegners findet § 297 keine Anwendung. Er gilt auch nur für den Anwaltsprozeß.(Anm. 3). Im schiedsgerichtlichen Verfahren können die Anträge in der Regel auch stillschweigend gestellt werden, RG. 149, 45. 2 § 130 Nr. 2. 3 Anders im amtsgerichtlichen Verfahren: § 507. < Abweichung von früheren Anträgen. — Abs. 3 tnfft auch zu, wenn von einem umfaßenden Anspruch nur noch ein erheblich geringerer Teil geltend gemacht wird, IW. 28, 1492». Wird aber der früher verlesene Antrag nur in unwesentlichen Punkten geändert, so bedarf cs keiner erneuten Verlesung (oder Bezugnahme nach Abs. 4), sondern genügt ein mündlicher Abänderungszusatz, IW. 28, 1491*. 6 Abs. 4 ist durch die Nov. v. 1./6. 09 eingefügt. Danach ist hier der Grund­ satz der Mündlichkeit durchbrochen. Namentlich wird betreffs der in den Anträgen der Schriftsätze enthaltenen Verzeichniffe von größerem Umfange eine mündliche Be­ zugnahme auf die Schriftsätze vom Gerichte zuzulaffen sein. KB. 34. Durch den durch die VO. v. 13./2. 24 eingestellten § 137 Abs. 3 Satz 1 ist, unter weiterer

Erster Abschn. Vers. v. d. Landger. Erster Titel. Vers, bis z. Urteil. §§ 297—299»

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Durchbrechung des Mündlichkeitsgrundsatzes, eine allgemeine Bezugnahme auf Schrift­ stücke, sofern die dortigen Voraussetzungen gegeben sind, zugelafsen. — Die schriftliche Festlegung der Anträge im SitzungSprotokoll genügt aber nicht, IW. 28, 1491®. 6 Folge der Nichtbeachtung. — Nichtberückstchngung des Antrags. Andernfalls Verletzung des § 308, die Revision begründet RGHRR. 36, 388. Auch wenn die Stellung des Antrages beabsichtigt, diese Absicht aber nicht zum Ausdruck gekommen ist, Gr. 29,1089. — Ist ein in die Klageschrift aufgenommener (eventueller) Antrag in der mündlichen Verhandlung erster Instanz nach dem Urteilstatbestande nicht gestellt, so liegt, wenn der Antrag in der Berufungsinstanz gestellt wird, ein neuer Anspruch vor, dessen Geltendmachung bisher nach § 529 Abs. 4 unstatthaft war (RG. 59, 397), jetzt aber entweder unter Abs 2 oder unter Abs. 3 des § 529 der Fassung der Nov. 33 fällt. — Über Nachweis erfolgter Antragsverlesung auf andere Weise als durch das Protokoll, insbesondere durch den Urteilstatbestand, vgl. § 160 Anm. 1. — Die Abs. 1 bis 3 sind als Mußvorschriften für die mündliche Verhandlung gegeben; daher kann, wo diese notwendig ist, auch nicht auf ihre Befolgung nach § 295 Abs. 1 wirksam verzichtet werden, RG. 136, 373, NGHRR. 36, 388 (a. M. Ionas IV, Baumb. 3). Bei einer Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 251 a Abs. 1 (beim Ausbleiben beider Parteien) aber findet, wie überhaupt eine mündliche Verhandlung, auch ein Vor­ lesen der Anträge nicht statt. Ebenso im Verfahren nach § 7 EntlVO.

Wesentliche Erklärungen.

298 (270). (1) Soweit es sich nicht um Anträge (§ 297) handelt, find wesentliche Erklärungen, welche in vorbereitenden Schriftsätzen nicht enthalten find, oder wesentliche Abweichungen von dem Inhalt solcher Schriftsätze, mögen die Abweichungen in Zusätzen, Weglassungen oder sonstigen Ab­ änderungen bestehen, auf Antrag durch Schriftsätze, welche dem Protokoll als Anlage beizufügen find, festzustellen? (2) In gleicher Weise sind auf Antrag auch Geständnisse sowie Er­ klärungen über Anträge auf Parteivernehmung festzusteüen? 1 Feststellung von Erklärungen durch Anlagefchriftsatz aus Antrag. — Nicht von Amts wegen. Zur Feststellung ist nicht Verlesung und Genehmigung des dem Protokoll beizufügenden Schriftsatzes erforderlich, es genügt Feststellung der Übereinstimmung durch den Vorsitzenden, Gr. 28, 1155. Der Antrag kann sowohl vom Erklärenden wie vom Gegner gestellt werden. Seine Nichtbefolgung hat keine sachlichen Nachteile zur Folge (nur mangelt dann der aus der Feststellung sich ergebende Nachweis für die Abgabe der Erklärungen). 2 Feststellung von Geständnissen und Erklärungen über Anträge auf Parteivernehmung auf Antrag. — Nach Abs. 1 erfolgt die Feststellung auch hier nicht durch das Protokoll selbst, sondern durch einen Schriftsatz, der ihm als Anlage beizufügen ist. Gemäß §§ 160 Nr. 2, 162 ist die Feststellung eines Geständnisse- dann vorzulesen oder zur Durchsicht vorzulegen und im Protokolle zu bemerken, daß dies geschehen und die Genehmigung erfolgt sei, Gr. 56, 990. 3 § 298 gilt nur für den Anwaltsprozeß. Anders im amtsgerichtlichen Ver­ fahren: § 510 a.

VIII. Einsicht der Prozeßakten.

299 (271). (1) Die Parteien * können von den Prozeßakten? Einsicht nehmen^ und sich aus denselben durch die Geschäftsstelle Ausfertigungen, Aus­ züge und Abschriften erteilen lassen? (2) Dritten Personen kann der Vorstand des Gerichts* ohne Einwilligung der Parteien die Einsicht der Akten ° nur gestatten, wenn ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht6 wird. (3) Die Entwürfe zu Urteilen, Beschlüssen und Verfügungen, die zur Vorbereitung derselben gelieferten Arbeiten sowie die Schriftstücke, welche Ab­ stimmungen oder Strafverfügungen betreffen, werden weder vorgelegt noch abschriftlich mitgeteilt? Zivilprozeßordnung. 22. Ausl.

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A. II. Zivilprozeßordnung. Zweites Buch. Verfahren in erster Instanz.

1 Die Parteien (können Einsicht nehmen usw.). — Auch im Anwaltsprozeß per­ sönlich. Ihr Anwalt bedarf im Anwaltsprozeß nicht Vorlegung der Vollmacht, OLG. 2, 293 (a. M. 1,414). — Durch G. v. 30./9. 36 (RGBl. I 853) ist der Reichsminister der Justiz ermächtigt worden, durch Verwaltungsanordnung die Einsichtnahme in gerichtliche Akten und zu diesen eingereichte Schriftstücke allgemein oder im Einzelfall zu versagen oder zu beschränken, auch soweit ein gesetzliches Recht auf Einsicht besteht. Dies gilt auch für die Erteilung von Abschriften aus den Büchern. — Besondere Vorschriften enthalten §§ 915 (schwarze Liste), 996, 1001, 1016, 1022 f. (Aufgebotsverfahren). 2 Prozeßakten. — über den Umfang des Begriffs „ Prozeßakten" s. IW. 95, 1837, OLG. 25, 96. Auch Beiakten gehören dazu, so daß auch aus ihnen Abschriften zu erteilen find, Gr. 39,1180, IW. 03, 64°, s. jedoch auch IW. 04, 67a° (keine Befugnis zur Einsicht in Akten, die zur Erledigung von Beweisbeschlüssen herangezogen sind). Dies ist jeden­ falls für andere Prozeßakten anzunehmen, während bei Akten anderer Behörden deren Zustimmung einzuholen oder beizubringen ist, HRR. 36, 568 (weitergehend Jonas I). Es müssen aber bestimmt bezeichnete Schriftstücke solcher Hilfsakten in Frage kommen, auf die in den eigentlichen Prozeßakten Bezug genommen ist und die insoweit einen Teil des Prozeß- und Beweismaterials bilden, IW. 01, 35’. Die von einem Zeugen über­ reichten Handakten sind solche Hilfsakten nicht, OLG. 9,103. Ob aus beigefügten Straf­ akten Abschriften zu erteilen sind, hat zunächst die Staatsanwaltschaft zu befinden, IW. 01, 839". — Die von den Parteien vorgelegten Urkunden (z. B. Wechsel) werden nicht Bestandteil der Gerichtsakten, auch dann nicht, wenn sie zum Zwecke der Verwahrung zu den Akten genommen werden, IW. 05,438", vgl. § 142 Anm. 4. Das Armutszeugnis wird Bestandteil, IW. 18, 273. — über Aussonderung und Vernichtung von Akten s. AB. v. 26./4. 37 (DJ. 643) und für Preußen: Verfügung über die Aussonderung und Vernichtung von Akten vom 31./12. 27 (JMBl. 28 S. 2) nebst Änderungen. s Erteilung von Ausfertigungen. Auszügen und Abschriften. — Auf die Erteilung besteht für die Parteien ein gesetzlicher Anspruch, RG. H4, U3. Der Antrag darauf ist bei der Geschäftsstelle zu stellen. Gegen ihre Entscheidung Nachsucbung der Ent­ scheidung des Prozeßgerichts (§ 576). — Einfache und beglaubigte Abschriften von Verfügungen, Beschlüssen, Urteilen sowie Ausfertigungen von letzteren können sich die Parteien im allgemeinen in beliebiger Zahl erteilen lasten. Jedoch wird dadurch die Prüfung, ob die Erteilung mehrerer Abschriften im einzelnen Falle sachdienlich sei, nicht ausgeschlossen, IW. 27, i3ii«, wie überhaupt die Prüfung, ob nicht mißbräuchlich, ohne eigenes Jntereste, nur zur Belästigung der Gerichtsbeamten Abschriften usw. verlangt werden, IW. 27 I3ii53«, 32, 1967; vgl. § 256 Anm. 5 (Voraussetzungen für Zulässigkeit der Feststellungsklage in solchen Fällen). Vgl. über Änderung eines Vergleichs (Abs. 4) über Schadensersatz wegen Körperverletzung zufolge eines späteren Unfalls, RG. 119, 204. Ebenso ist bei Klagen auf Gewährung von Unterhalt (z. B. nach §§ 1601 ff. BGB.), wenn zu übersehen ist, daß und wann in den Erwerbs­ und Vermögensverhältnissen der Beteiligten eine wesentliche Änderung eintreten wird, es unzulässig, die uneingeschränkte Verurteilung auszusprechen und den Verurteilten auf den Weg des § 323 zu verweisen, IW. 19,503». Das Urteil muß ersehen lassen, auf welche Zeitabschnitte die einzelnen Rentenbeträge abgestellt sind, IW. 32, 2154». —

Erster Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten. Zweiter Titel. Urteil.

§ 323-

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Danach kann gegenüber der Festsetzung einer Rente für Erwerbsminderung als Folge eines Unfalls die nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge regelmäßig (z. V. infolge Alters) eintretende Minderung der Erwerbsfähigkeit, weil sie im Zeitpunkte der Zu­ erkennung der Rente schon vorauszusehen war, nicht als eine im Sinne des § 323 wesentliche Änderung der Verhältniffe angesehen werden, RG. 86, 382. Ferner hat das Gericht im Falle einer als Ersatz für den gesamten Schaden zuer­ kannten Rente, da diese ein einheitliches, ziffermähig und quantitativ nicht teilbares Ganze ist, bei der Klage auf Rentenänderung die Gesamtheit der inzwischen etwa geänderten Verhältnisse nachzuprüfen und, falls nur wegen eines der ursprünglichen Schadensfaktoren Herabminderung der Rente begehrt wird, die Herabminderung ab­ zulehnen, wenn zufolge inzwischen eingetretener Erhöhung anderer Faktoren doch die zuge­ sprochene Rente erreicht wird, RG. 74, izi, W. 23,76. Jedoch ist, wenn dem durch einen Unfall Verletzten wegen Erwerbsausfalls eine Rente bis zu einem bestimmten (z. B. 70.) Lebensalter zugesprochen worden ist, eine auf die Behauptung, daß der Verletzte ohne den Unfall über das betreffende Lebensjahr hinaus erwerbsfähig geblieben wäre, ge­ gründete Klage aus § 323 auf Weiterzahlung der Rente nach Ablauf dieses Jahres zulässig, und zwar ohne daß erfordert werden kann, daß der Anspruch schon im Vor­ prozeß erhoben gewesen oder gar aberkannt sein müßte, RG. 86, 382. Ferner liegt eine wesentliche Änderung vor, wenn die Erwerbsfähigkeit des durch Unfall Verletzten

sich zufolge einer nicht voraussehbaren Entwicklung des Körperzusiandes über das Lebensalter hinaus erstreckt, das bei der Zuerkennung einer Rente als Grenze der Erwerbsfähigkeit angenommen wurde. W. 19, 79. — Unter „Verhältnissen" sind zwar dem Wortlaute nach allerdings zunächst Verhältnisse zu verstehen, die für den er­ kennenden Richter im Vorprozesie maßgebend waren. Damit wird indesien nicht auch die Berücksichtigung solcher Verhältniffe ausgeschlossen, die für die Partei bei Bemeffung der von ihr zu erhebenden oder zu bewilligenden Ansprüche maßgebend waren, gleich­ viel ob der Richter im Dorprozeß davon insoweit, als keine Leistung verlangt wurde, überhaupt Kenntnis erlangt hat oder nicht, RG 86, 384. In Betracht kommen jedoch nur diejenigen geänderten Verhältniffe, die in ursächlicher Verbindung mit dem Unfälle stehen. So kann z. B. einem Gewerbetreibenden wegen des Steigens der Geschäfts­ kosten oder der Reinerträgniffe in seinem Gewerbe eine Erhöhung seiner Rente nur bewilligt werden, wenn feststeht, daß er ohne den Unfall diese Kosten nicht hätte auf­ zuwenden brauchen oder an dem wachsenden Gewinne teilgenommcn hätte, also nicht, wenn er den Gewerbebetrieb aus Gründen, die mit dem Unfälle nicht Zusammenhängen, aufgegeden hat, IW 18, 22110. Gegenüber einer Klage auf Erhöhung einer zuge­ sprochenen Unfallrente wegen veränderter Wirtschaftsverhältnisse ist der Einwand, die Unfallkolgen seien abgeklungen, was an Krankheitszustand noch vorhanden sei, habe seine Ursache in einem andern Leiden, erheblich, auch dann, wenn der Keim dieses Leidens schon zur Zeit des früheren Urteils vorhanden, damals aber hinsichtlich seiner Wirkungen nicht erkennbar gewesen ist, RGHRR. 30, 1968. — Änderung der Ver­ hältniffe liegt anderseits auch vor, wenn bet Schadensersatzrenten eine an sich mögliche nachträgliche, nicht vorhergesehene Minderung des Schadens (z. B. Minderung der Ein­ buße an Erwerbsfähigkeit) nur durch das eigene Verschulden des Beschädigten (z. B. Trunksucht) verhindert worden ist, RG. 68, 362. Ist ein Schadensersatz in Form von Rentenzahlungen zu leisten, so kommt es hierbei auf die Ursächlichkeit für jeden einzelnen Zeitabschnitt an, RG. 68, 353, IW. 12, 594». Tritt daher nach einem Unfall und unabhängig von ihm ein Umstand (z. B. ein neuer Unfall) ein, der, auch wenn der (frühere) Unfall sich nicht ereignet hätte, eingetreten wäre und denselben Schaden ganz oder teilweise verursacht haben würde, so fällt insoweit die Schadensersatzforderung aus dem (früheren) Unfall in der Regel vom Zeitpunkte des Eintritts des Umstandes weg, IW. 12, 594». — Ferner ist eine wesentliche Änderung im Sinne des § 323 gegeben: wenn durch neue Gesetze die Erhöhung eines Gehalts angeordnet ist, die der durch einen Unfall verletzte Beamte erlangt haben würde, IW. 06, 768", auch W. 21, 149; wenn ein neues Gesetz der Tatsache der Familien­ zugehörigkeit, zufolge deren Alimente zugesprochen worden sind, die Kraft entzieht, Quelle für die Erzeugung von Unterhaltsansprüchen zu sein, RG. 46, «5, auch W. 21, 149. — Unter Umständen können auch bei einem über Unterhallsansprüche aus einem Vertrag ergangenen Urteil veränderte Verhältniffe zu berücksichtigen sein, Gr. 68, 336. — Über

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A. II. Zivilprozeßordnung. Zweites Buch. Verfahren in erster Instanz,

die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Herabsetzung einer wegen Unfallzugesprochenen Rente deswegen verlangt werden kann, weil die Berechtigte sich in« zwischen verheiratet habe, vgl. W. 17, 153, und über die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Herabsetzung der einer geschiedenen Frau gegen ihren früheren Ehemann zugesprochene Unterhalt-rente deswegen verlangt werden kann, weil der verpflichtete Mann sich inzwischen wieder verheiratet hat, vgl. W. 18, ui — Ob die Verhältnisse mit Recht al- matzgebend erachtet find, ist nicht nachzuprüfen, IW. 09, 194M. — Über Borliegen eines wichtigen Grundes zu einer endgültigen, spätere Klagen au- § 323 ZPO. auSfchlietzenden Kapitalabfindung nach § 843 Abs. 3 BGB-, wenn der Verletzte durch die sonst nach § 323 ZPO. bestehende Ungewißheit über den Fortbezug einer Rente krankhaft beeinflußt wird, vgl. RG. 73, 418. — Ist ein Ehemann zur Zahlung einer Unterhalt-rente an seine von ihm getrennt lebende Ehefrau nach §§ 1360, 1361 BGB. verurteilt worden, so stehen nach der Scheidung der Ehe dem Manne gegen die Vollstreckungsversuche der Frau auf Grund des früheren Urteils die Rechtsbehelfe der Vollstreckungsgegenklage (§ 767) und der Feststellungsklage (§ 256), dagegen nicht derjenige aus tz 323 zu. Sinnt. 1 a. E. * Zm Wege der Klage verlangen. — Erforderlich ist eine förmliche Klage; auch wenn der Schuldner Herabsetzung der Leistung verlangt, IW. 07, 520-». Der Prozeßbevollmächtigte des Vorprozesses bedarf einer neuen Vollmacht. Die Klage ist eine Gestaltungsklage (f. Vordem, vor § 253), indem sie darauf gerichtet ist, dem zuerkannten Anspruch einen andern Inhalt zu geben. — Zuständig ist das nach den allgemeinen Vorschriften der ZPO. und des GVG. fachlich und örtlich zuständige Ge« richt (nicht das des früheren Prozefles als solches [§ 767 Abs. 1]), und zwar gleich­ viel, ob durch die Klage der verurteilte Schuldner oder ob der Gläubiger eine Änderung des früheren Urteils herbeiführen will, IW. 11, 548**, RG 52 247. Ist das frühere Urteil von einem Sondergericht erlaflen, so ist auch nur dieses, nicht das ordentliche Gericht für die Änderungsklage zuständig, OLG 5, 20. — Das im Vorprozeß ergangene Urteil muß zur Zeit der Erlaffung des Urteils in dem neuen Prozeß rechtskräftig geworden sein; fönst steht der neuen Klage die Einrede der Rechtshängigkeit entgegen, RG. 47, 405 (a. M. Jonas II 2, 4, Baumb. 2). — Über

Erlaß einer einstweiligen Verfügung auf Einbehaltung fälliger Leistungen bis zur Ent­ scheidung auf die Klage s. § 940 Sinnt. 2 B. - Einstw. Einstellung der Zwangsvollstreckung wegen der während des Prozesses fällig werdenden Leistungen ist entsprechend § 769 zulässig, HRR. 38,614, Baumb. 3, Jonas V 3 (a. M. RGHRR. 32,1509). — Der § 323 enthält eine weitere Ausdehnung des § 7 Abs. 2 des Reichshastpflichtgesetzes v. 7./6. 71, wodurch dieser in Wegfall gekommen und die Möglichkeit, auf die Abänderung früherer rechtskräftiger Urteile zu klagen (Umwandlungsklage), für den Fall der Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen allgemein gegeben ist, und zwar im Unterschiede von § 767 für beide Parteien, RG. 63, H9, s. Sinnt 3 q. 81. — Der Anderungsanspruch verfährt nach allgemeinen Regeln, RG. 86, 384, 108, 39 (a. M. Jonas III: unversährbar). — Ein Schadensersatzanspruch nach § 717 Abs. 2 besteht nicht, soweit daS Urteil rechtskräftig war. 6 Abf. 2. Erforderlicher Zeitpunkt der Entstehung der Änderungögründe. — Abs. 2 über­ einstimmend mit § 767 Abf. 2. War also die gegenüber der Lage zur Zeit der Erhebung der Klage im Borprozeß eingetretene wesentliche Änderung der Berhältniffe (z. B. die Verschlimmerung des Krankheitszustandes des eine Erhöhung des ihm im Vorprozeß Zuerkannten begehrenden Verletzten) schon vor der letzten mündlichen Verhandlung eingetreten oder auch nur vorauSzusehen, so daß sie int Dorprozeß hätte geltend gemacht werden können, so ist die Klage aus § 323 unzulässig, RG. 86, tS3, s. hierüber auch Sinnt. 3 (vgl. jedoch hier [Sinnt. 5] a. E. RG. 104. 230 über die Unanwendbarkeit des § 258), auch dann, wenn die vor der letzten mündlichen Verhandlung eingetretenen Umstände der Partei erst später bekannt geworden sind, IW. 25, 381. — Anderseits hat das Gericht bei Prüfung der Frage, ob sich eine Abänderung der früheren Ver­ urteilung als nötig erweist, nicht blotz diejenigen Berhältnifle, die zu der Abänderung Anlaß geben sollen, sondern die Gesamtheit der Faktoren nachzuprüfen, die für die frühere Beurteilung maßgebend waren, RG. 75, 25, W. 18,141. — Daher kann auch der Beklagte, ohne daß die Rechtskraft des im Vorprozeß ergangenen Urteils entgegen­ steht, die nach besten Erlaß entstandenen Einwendungen, die sich aus einer inzwischen zu

Erster Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten.

Zweiter Titel. Urteil. § 323.

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seinen Gunsten etngetretenen wesentlichen Änderung der Verhältnisse ergeben, geltend machen, mögen sie die Höhe oder den Bestand seiner Letstungspflicht betreffen; eine förm­ liche Widerklage ist nur erforderlich, wenn der Beklagte die Herabsetzung oder den Fortfall der wiederkehrenden Leistungen erreichen will, IW. 23, ßoou, s. auch RG. 124, 152. — Was die weitere Voraussetzung für die Zulässigkeit der Abänderungsklage betrifft, daß die Gründe, auf welche sie gestützt wird, nicht mehr durch Einspruch geltend gemacht werden können, darüber s. § 767 Anm. 11. Während jedoch im Falle des § 767 Abs. 2 nur die Möglichkeit eines Einspruchs seitens des Schuldners in Frage kommt, steht ein Abänderungs-(Erweiterungs)anspruch aus § 323 auch dem Kläger zu, und deshalb kann er einen solchen Anspruch nicht mehr geltend machen, wenn er ihn noch im Einspruchs­ verfahren, mag dies auch vom Beklagten veranlaßt sein, verfolgen konnte. RG. 104, 229. Hat der Beklagte gegen das ihn verurteilende Versäumnisurteil Einspruch eingelegt, aber dann den Einspruch im Einverständnis des Klägers zurückgenommen, so kann danach der Kläger mit einem Anspruch auf Erweiterung des Zuerkannten, die stch auf den Zeitraum bis zur Zurücknahme des Einspruchs bezieht, nicht durch­ dringen. weil er bis zur Zurücknahme des Einspruchs und der dadurch eintretenden Rechtskraft des Versäumnisurteils nach §§ 342, 278, 268 Nr. 2 insoweit schon damals zu einer Erweiterung des Klaganspruchs berechtigt gewesen wäre, RG. 104, 280. Einer Erweiterungsklage für diesen Zeitraum stände überdies die Vorschrift des § 323 Abs. 3 entgegen, wonach die Abänderung des Urteils nur für die Zeit nach Erhebung der Klage erfolgen darf, RG. 104, 230. Zulässig ist aber eine nach Zurück­ nahme des Einspruchs erhobene Erweiterungsklage, die stch auf den Zeitraum nach Erhebung der Klage bezieht. Ihr kann nicht entgegengehalten werden, daß der Kläger einen solchen Anspruch bereits im Einspruchsverfahren als einen Anspruch für die Zukunft nach Maßgabe des § 258 hätte geltend machen können. Denn der § 323 setzt voraus, daß die Änderung der Derhältniffe bereits im Zeitpuntt der Klagerhebung besteht; für die Anwendung des § 258 ist daher in diesem Falle kein Raum, RG. 104, 230. — Um einen Abänderungsanspruch nach § 323 handelt eS sich überhaupt nicht, wenn durch Klage oder Widerklage geltend gemacht wird, daS Urteil im Vorprozeß sei durch unlautere Machenschaften deS Gegners erschlichen, der dort zuerkannte Anspruch habe in Wirklichkeit niemals bestanden: vielmehr kommen in solchem Falle die Grundsätze über Schadensansprüche aus § 826 BGB. wegen Erschleichung eines Urteils (vgl. § 767 Anm. 5 D) zur Anwendung, W. 22, 45. 6 Abs. 3. Urteilsabänderung nur für dieZeit nach der Klagerhebung. — Nach Erhebung der auf die Abänderung gerichteten Klage. Die Zeit nach Erhebung dieser ist ge­ wählt, weil meist schwierig zu ermitteln ist, wann dte Änderung eingetreten ist, Mot. 108, IW. 06, 768««. Es ist daher z. B. der Anspruch auf Weiterzahlung einer im Vorprozeß wegen Erwerbsausfalls bis zu einem bestimmten Lebensjahr des Ver­ letzten zuerkannten Rente für dte Zeit von Ablauf deS Lebensjahrs bis zur Er« Hebung der Abänderungsklage unbegründet, RG. 86, 384. Ebenso ausgeschloffen ist Rückforderung deS bis dahin Gezahlten. — Dagegen kann für die Zeit nach Er­ hebung der Abänderungsklage auf Grund neu gestalteter Derhältniffe das ftühere Urteil in seinem ganzen Umfange adgeändert und über Höhe und Dauer der wieder­ kehrenden Leistungen unbeschränkt anderweit erkannt, z. B. eine zugesprochene Rente auch völlig in Wegfall gestellt werden, RG. 75, 24. In dieser Hinsicht ist der (jetzige) Kläger berechtigt, den ursprünglichen Klagantrag (z. B. auf Grund des Ergebniffes neuer Beweiserhebungen) durch höhere Bezifferung des abzusetzenden Betrages oder auch durch das Begehren nach völligem Wegfalle der Rente zu erweitern, RG. 75, 24. — Anderseits ist es, wenn die zur Abänderung des früheren Urteils Anlaß gebenden Umstände nur vorübergehender Natur sind, nicht unzulässig, die Abänderung nur für einen gewiffen Zeitraum auszusprechen, W. 18, 141. — Falls die Klage nicht wegen Fehlens einer Prozeßvoraussetzung oder als unbegründet abgewiesen wird, ist das frühere Urteil wegen etwaiger Zwangsvollstreckung zweckmäßigerweise aufzuheben und den geänderten Verhältniffen entsprechend anderweit zu erkennen. 7 Abs. 4. Schuldtitel deS § 794 Nr. 1 und 5 auf zukünftige wiederkehrende Leistungen. — Abs. 4 ist angefügt durch Art. 1 Ges. v. 13. 8. 19 (RGBl. 1448) und geändert durch die BO. v. 13./2. 24. — Die Abänderbarkeit des Vergleichsinhalts, insbesondere solcher Vergleiche, welche die Gewährung von Renten zum Gegenstand haben, ist nach

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A. II. Zivilprozeßordnung. Zweites Buch. Verfahren in erster Instanz.

den BertragS-rundsätzen deS sachlichen NechtS zu beurteilen; Abs. 4 stellt nur klar, daß die Eigenschaft eines Vergleichs als eines gerichtlichen oder die eines Vertrages als eines vollstreckbaren der Abänderbarkeit aus sachlich-rechtlichen Gründen nicht entgegensteht, W. 36, 24. In welchem Verfahren der Vergleich zustande ge­ kommen ist, ist unerheblich. Z. B. betrifft Abs. 4 auch einen im Verfahren betr. den Erlaß einer einstweiligen Verfügung geschlossenen Vergleich, IW. 37, 2784. Er ist entsprechend anwendbar auf schiedsrichterliche Vergleiche (§ 1044 a), Jonas IV 1. — Die Novelle ergreift auch die vor ihrem Inkrafttreten errichteten Schuldtitel von ihrem Inkrafttreten ab für die fernere Dauer der Wirksamkeit der Schuldtitel, dagegen nicht auch die vorher errichteten und schon völlig erledigten Schuldtitel, OLG. 40, 376«, vgl. W. 23, 36. — Ob und inwieweit ein anderer als geeicht, licher (privatschriftlicher oder sonst außergerichtlicher) Vergleich wegen einer späteren wesentlichen Veränderung der Verhältniße der Abänderung unterliegt, richtet sich nach seinem Inhalt und ist unter Umstünden durch Deriragöauslegung zu ermitteln, RG. 106, 234. Es kann daher Erhöhung der in einem privatschriftlichen Ver­ gleich festgesetzten Unterhaltsrente, die (mag sie auch in einer Schadensersatzpflicht ihre rechtliche Grundlage haben) nach dem anzunehmenden (stillschweigenden) Partei­ willen bezweckt, dem Rentenempfänger die Möglichkeit zu gewähren, sich aus den Rentenbeträgen ein bestimmtes, dem Geldwert entsprechendes Maß des zum Lebens­ unterhalt Erforderlichen zu verschaffen, verlangt werden, wenn sich nachträglich der Geldwert derart ändert, daß es dem Rentenempfänger auch nicht annähernd mehr möglich ist, aus der festgesetzten Rentensumme sich das bestimmte Maß des zum Unterhalt Notwendigen anzusckaffen, RG. 110, 101. Gleiches gilt aber auch von den in Abf. 4 bezeichneten Vergleichen solcher Art (z. V. von einem gericht­ lichen Prozeßvergleich zwischen geschiedenen Eheleuten, in dem der Mann sich zur Zahlung einer fortdauernden Unterhaltsrente an die Frau verpflichtet hat), Gr. 65, 492, RG. 110, loo (s. jedoch Anm. 8). Ein Vergleich zwischen einem Unterhalts­ berechtigten und einem Unterhaltspflichtigen, der einen Verzicht auf künftige Unter­ haltsgewährung enthält oder eine Minderung des künftig gesetzlich zustehenden Unter­ halts zur Folge hat, steht, da er nach § 1614 Abs. 1 BGB. unwirksam ist, in keinem Fall einem Anspruch auf Erhöhung der Unterhallsrente wegen erhöhter Bedürfntsse entgegen, W. 19, 68 (vgl. jedoch W. 19, 69). Abs. 2 kommt bei den Schuldtiteln des Abs. 4 nicht in Betracht, ebensowenig gift hier (wie bet den außergerichtlichen Ver­ gleichen) die Beschränkung des Abs. 3, IW. 37, 2784, Baumb. 5. Über die Be­ deutung und Wirkung eines Vergleichs, m dem jede Partei sich vertraglich vor­ behalten hat, eine Änderung einer festgesetzten Unterhaltsrente wegen wesentlicher Veränderung der Verhältnisse zu verlangen, vgl. W. 12, 331. 8 Nicht abänderungsfähige Vergleiche. — Auf Vergleiche über einmalige Ab« findungen für Unterhaltsansprüche (z. B. unehelicher Kinder, § 1714 BGB.), welche erfüllt worden sind, findet Abs. 4 keine Anwendung, insbesondere kann nicht wegen nachträglich eingetretener Geldentwertung Erhöhung der berichtigten Abfindungen verlangt werden, RG. 140, 200 (a. M. IW. 23, 950, Baumb. 1, 5). Auch ist bei Prüfung der Frage, ob ein Vergleich im Sinne des Abs. 4 der Abänderung auf Grund des § 323 zugänglich ist, der ihm zugrunde liegende Wille der Parteien in Betracht zu ziehen. Ist aus dem Vergleich als Wille der Parteien zu entnehmen, daß eine noch so erhebliche Änderung bestimmter Berhältniffe (z. V. nachträglich ein­ tretende Geldentwertung bei übernommener Entrichtung einer Unterhaltsrente, siehe Anm. 7, nachträgl. Erkrankung infolge eines Unfalls bet endgültig für die Unfall­ folgen festgesetzter Rente) keinen Einfluß auf die Höhe der übernommenen Leistung haben sollte, so kann wegen nachträglicher Änderung solcher Verhältnisse eine Ände­ rung des Vergleichs nicht beansprucht werden, W. 28, 66. Jedoch ist die Erhebung neuer Ansprüche nicht ausgeschlossen, wenn besondere Umstände eine ergänzende Ver­ tragsauslegung zulassen, welche den erklärten Verzicht auf alle künftigen Ansprüche in seiner Tragweite begrenzt, RG. 131, 281. Vgl. IW. 23, 600» über Ablehnung der Erhöhung einer vereinbarten Unterhaltsrente, die von dem Vater nicht an die unterhaltsberechtigten Kinder, sondern an die Mutter zu zahlen ist als Entgelt für die von dieser übernommenen Verpflichtung, den Kindern den erforderlichen Unterhalt in Natur zuzuführen.

Erster Abschn. Verf. vor den Landgerichten. Zweiter Titel. Urteil. §§ 324,325*

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Nach Urteilsrechtskraft Sicherheit wegen Vermögensverschlechterung.

324. *Jst bei einer nach den §§ 843 bis 845 oder nach den §§ 1578 bis 1582 des Bürgerlichen Gesetzbuchs erfolgten Verurteilung zur Entrichtung einer Geldrentenicht auf Sicherheitsleistung8 erkannt, so kann der Berechtigte gleichwohl Sicherheitsleistung verlangen, wenn sich die Vermögensverhält­ nisse des Verpflichteten erheblich verschlechtert haben; unter der gleichen Voraussetzung kann er eine Erhöhung der in dem Urteil bestimmten Sicher­ heit verlangen * 1 § 324 ist durch die Nov. v. 17./5. 98 eingefügt. Die §§ 1578 bis 1582 BGB. sind durch § 84 Eheges. aufgehoben worden. Übergangsvorschrift § 96 das. Die Unterhaltspflicht geschiedener Eheleute regeln jetzt §§ 66 ff. Eheges., die Zahlung einer Rente und die Stcherheltsletstung § 70 das. 2 Bei der Verurteilung zur Entrichtung einer Geldrente in Fällen der Körper­ verletzung oder Tötung, §§ 618 Abs. 3, 843 bis 845 BGB., oder der Ehescheidung, § 70 Eheges., hat das Gericht nach den Umständen zu entscheiden, ob, in welcher Art und für welchen Betrag der Ersatzpflichtige dem Berechtigten Sicherheit zu leisten hat. Ist auf letzteres nicht erkannt, so findet § 324 Anwendung, entsprechend dem den § 7 Abs. 3 Haftpflichtgesetzes v. 7./6. 71 ersetzenden Art. 42 EG. z. BGB. Mot. 109. » Dgl. BGB. §§ 843 Abs. 2, auch 618, 844, 845, § 70 Eheges., § 62 Abs. 3 HGB. 4 Verlangen d. Berechtigten. — Im Wege der Klage wie im Falle d. § 323. S. dort Anm. 4. — Dem Verpflichteten steht hier nach d. klaren Wortlaut nicht d. Kl. auf Befreiung v. auferlegter Sicherheitsleist., etwa wegen Befferung seiner Vermögensverhältniffe, zu (tu M. Baumb. 1). Subjektiver Umfang der Rechtskraft (§§ 325—327). a) Bei Rechtsnachfolge.

325. (i)1 Das rechtskräftige Urteil wirkt für und gegen die Parteien' und diejenigen Personen, welche nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit' Rechts­

nachfolger^ der Parteien gewordm find oder den Besttz der in Streit be­ fangenen Sache in solcher Weise erlangt haben, daß eine der Parteien oder ihr Rechtsnachfolger mittelbarer Befitzer6 geworden ist.' (2) Die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zugunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten,' finden entsprechende Anwendung.' (3) Betrifft das Urteil einen Anspruch aus einer eingetragenen Reallast, Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, so wirkt es im Falle einer Ver­ äußerung des belasteten Grundstücks in Ansehung des Grundstücks gegen den Rechtsnachfolger auch dann, wenn dieser die Rechtshängigkeit nicht ge­ kannt hat.* Gegen den Ersteher eines im Wege der Zwangsversteigerung veräußerten Grundstücks wirkt das Urteil nur dann, wenn die Rechtshängig­ keit spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten angemeldet worden ist8 1 § 325 ist durch die Nov. v. 17./5. 98 eingefügt. 2 Rechtskrastwirkung für und gegen die Parteien. — Sonstige Vorschriften über UrteilSwirkung hinsichtlich des PersonenkreiseS: §§68,74,76,636 a, 643, 856, 997 ff., KO. § 147, BGB §§ 425, 429, 1380, 1400, 1418, 1425, 1431, 1435, 1470, 1496, 1542, 1548, HGB. § 696, AktGes. §§ 200, 201, 216 Abs. 4, 219, GenoffGes. §§ 51, 111, 113, 114,129. — Grundsatz ist, daß ein Urteil nur zwischen den Parteien Recht schafft, zwischen denen es ergangen ist, soweit nicht die im Gesetze besonders vorgesehenen oder aus der besonderen rechtlichen Natur des Urteils sich ergebenden Ausnahmen Platz greifen, RG. 80, 322. Ausnahmefälle in ersterer Hinsicht, in denen zufolge ausdrücklicher Bestimmung ein Urteil auch für und gegen andere Personen als die Prozeßparteien wirkt: §§ 68, 76 Abs. 4, 326, 327, 643, 644, 856 Abs. 4, 5, 976 Abs. 3 (f. ferner unten). Ausnahmen in zweiter Zivilprozeßordnung. 22. Ausl.

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A. II. Zivilprozeßordnung. Zweites Büch. Verfahren in erster Instanz.

Hinsicht bilden die sog. konstitutiven oder rechtsgestaltenden Urteile (s. Vordem. 2 vor § 300), die einen rechtserzeugenden oder rechtsvernichtenden Richterakt enthalten und denen wegen ihres rechtsändernden Charakters Wirksamkeit für und gegen jedermann veizumesien ist, RG. 80,323, RG. 59, 20. Dagegen hat ein sog. deklarierendes oder fest-

stellendeS Urteil (z. B. ein solches, das ausspricht, es sei ein Rechtsgeschäft zufolge An­ fechtung durch einen Beteiligten nichtig) nur zwischen den Parteien Rechtskraftwirkung, RG. 80,324, RG. 59,20; deshalb hat z.B., wenn ein Vertragsteil gegen mehrere DertragSgegner auf Grund Anfechtung des Vertrags wegen arglistiger Täuschung auf Fest­ stellung der Nichtigkeit deS Vertrags geklagt hat und gegenüber einem Vertragsgegner diese Nichtigkeit durch rechtskräftiges Urteil ausgesprochen ist, das Urteil nicht Rechtskraftwirkung zugleich auch gegenüber dem anderen Vertragsgegner, RG. 91, «3. Die rechtskräftige Verurteilung des Hauptschuldners ferner bewirkt nicht Rechtskraft gegenüber dem Bürgen, RG.66,334, IW. 09, 419 °. Auch wirkt das von einem Mit­ erben erstrittene Urteil auf Leistung an oder Hinterlegung für alle Erben (§ 2039 BGB.) nur für und gegen ihn, nicht auch die anderen Miterben, RG. 93, 129, IW. 28, ios". Gleiches gilt für die Klage eines Nachlaßgläubigers gegen einen Miterben auf Feststellung, daß ihm eine Forderung gegen den Nachlaß zustehe und für die Klage eines Miterben auf Feststellung des Nicht bestehens einer Forderung gegen den Nach­ laß, IW. 29, 1654" Anm. Weiter bewirkt Abweisung der Klage des Verletzten gegen einen der alS Gesamtschuldner auf Schadensersatz Belangten nicht Rechtskraft gegenüber dem auS 88 426, 830, 840 BGB von den anderen Gesamtschuldnern erhobenen AuSgleichungSanspruche, RG. 146 101. Ein Urteil, das der Mietzinsen pfändende Gläubiger eines Grundstückseigentümers gegen Mieter auf Zahlung der Mietzinsen als jenem Eigen­ tümer gehöriger erstritten hat, wirkt nicht gegen den Nießbraucher am Grundstück, der die Mietzinsen für sich in Anspruch nimmt, W. 13,421. — Ist aber eine offene HandelSgesellschäft rechtskräftig verurteilt, so können die wegen derselben Gesellschaftsschuld be­ langten einzelnen Teilhaber nicht mehr gegen das Bestehen der Schuld Einwendungen erheben, sondern nur solche Einwendungen, die ihre persönliche Haftung betreffen, RG. 49, 340- Überhaupt hat ein Urteil, das in einem mit einer offenen Handelsgesell­

schaft geführten Prozeffe Über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Gesellschaftsschuld ergeht, insoweit, als es sich um die Feststellung einer Gesellschaftsschuld handelt, auch Rechtskraftwirkung für und gegen die einzelnen Gesellschafter, RG. 49, 341, W. 14,129; werden sie nach Auflösung der rechtskräftig verurteilten Gesellschaft wegen der Geseüschaftsfchuld verklagt, so können sie gegen daS Bestehen der Gesellschafts­ schuld nur noch solche Einwendungen geltend machen, die nach dem Schluffe der letzten mündlichen Verhandlung des Dorprozeffes entstanden sind, RG. 124, 152. Um­ gekehrt ist ein Urteil, das in einem Prozeffe mit mehreren Personen, welche Teil­ haber einer offenen Handelsgesellschaft sind, über daS Nichtbestehen eines das Ver­ mögen der Gesellschaft betreffenden Vertrags ergeht, für und gegen die Gesellschaft wirksam, W. 14, 129. — Für und gegen Bevollmächtigte oder gesetzt. Verirrter der Parteien persönlich wirkt das Urt. nicht. Wer aber einen andern ermächtigt, für ihn über sein Recht (des Ermächtigenden) einen Prozeß in eigenem Namen und auf eigene Ge­ fahr und Kosten zu führen, muß auch ein ungünstiges Urteil gegen sich gelten lassen, RG. 73, 209. Desgleichen wirkt ein Urteil für und gegen den eigentlichen Berechtigten in den Fällen, in denen deffen Recht von einem andern kraft eigenen RechtS (z. B. Ehemann hinsichtlich Gesamtguts oder Eingebrachten) oder kraft Amtes (z. B. Konkurs­ verwalter) im Prozeßwege geltend gemocht wird. Auch sonst ist, wie schon nach aus­ drücklichen Gesetzesbestimmungen Ausnahmen von der Regel des § 325 gelten, daß die Rechtskraft des Urteils nur unter den Parteien und deren Rechtsnachfolgern wirkt (vgl. oben für die ZPO., 8 1380 BGB.), es nicht ausgeschloffen, auch eine im Gesetz nicht aus­ drücklich ausgesprochene Erstreckung der Rechtskraft auf Dritte, die nicht Rechtsnachfolger find, dann anzunehmen, wenn sie sich aus der Natur des in Betracht kommenden RechtsverhältniffeS ergibt. In Weiterentwicklung der Grundgedanken der §§ 265, 325 ist ferner angenommen worden, daß, wenn ein vorläufig vollstreckbares und vollstrecktes Urteil aufgehoben und der Kläger zum Schadensersatz verurteilt worden ist, diese Entscheidung auch gegen den Zessionar wirkt, dem der Klaganspruch nach Eintritt der Rechtshängigkeit abgetreten worden ist, RG. 148, 166. — Vgl. 8 822 Anm. 5 über Rechtskraftwirkung im Verhältnis zu einem Zefstonar, Pfandgläubiger, Rieß-

Erster Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten.

Zweiter Titel. Urteil. § 325.

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brauch». Darüber, inwieweit ein in dem Rechtsstreit eines Ehegatten ergangenes Urteil für und gegen den anderen Ehegatten wirkt, vgl. § 52 Anm. 3. Über Rechtskraftwirkung eineS Urteils, betreffend Feststellung der rechtlichen Stellung eines ehelichen Kindes, vgl. § 643 u. Anm. 1 dort, sowie § 322 Anm. 4 a. E. — Der Kläger der Widerspruchsklage aus § 878 mutz die rechtskräftige Feststellung der Forderung des Gegners gegenüber deffen Schuldner, obwohl die zwischen diesen beiden ergangene Entscheidung für ihn keine Rechts­ kraft schafft, als Beweistatsache für die unter diesen Parteien bewirkte Feststellung der Rechtslage gegen fich gelten lassen, OLG. 33,124. — Ein den Streit zwischen Erbbeteiligten über einen Anfall oder deffen Höhe entscheidendes rechtskräftiges Urteil ist auch gegenüber dem FiSkuS hinsichtlich der Erhebung der Erbfchaftsteuer matzgebend, RG. 69, 321, W. 15, 297. — Über den Umfang der Rechtskraft der im PatentnichtigkeitSverfahren er­

gangenen Entscheidungen, insbesondere wenn der Anttag auf Nichtigerklärung des Patentes abgewiefen ist, vgl. § 322 Anm. 5. Ist ein Unterlaffungsanspruch des Patent­ inhabers gegen eine Person festgestellt, die die patentierte Vorrichtung rechtswidrig her­ stellt, und bringt die letztere die zur Herstellung dienenden Werkzeuge und Maschinen in eine GmbH, ein, die die Vorrichtung nun ihrerseits rechtswidrig herstellt, so ist die GmbH, nicht Rechtsnachfolgerin des ersten Verletzers, RG. 153, 210. Das gegen den Patentinhaber ergangene Urteil wirkt zwar gegen den einfachen, aber nicht gegen den ausschlietzlichen Lizenznehmer, HRR. 35, 603. — Ein strafgerichtliches Urteil hat, soweit eS eine Buhe zuspricht, nur Wirkung unter den Parteien; Entschädigungsansprüche des Verletzten gegen Dritte, die am Strafverfahren nicht beteiligt waren und nicht auch (als Mittäter) verurteilt sind, werden dadurch nicht berührt, RG. 79, 150. 8 Nach Eintritt der Rechtshängigkeit. — § 263. — Gleichviel, ob die Rechts­ nachfolge im Laufe des Rechtsstreits oder ob sie erst nach deffen Beendigung einge­ treten ist, Gr. 43, 610, OLG. 9, ise, auch § 265 Anm. 5. — Dagegen wirkt das Urteil für u. gegen den Rechtsnachfolger nicht, wenn die Rechtsnachfolge bereits vor der Klagerhebung eingetreten ist, RG. 62, 374, Gr. 55, 385. Vgl. aber tz 407 BGB., § 372 HGB. und dazu Gr. 55, 386, auch § 11 Abs. 3 WarenzeichGes. Vgl. ferner § 322 Anm. 5 über die Einrede oder die Replik der rechtskräftig entschiedenen Sache in den Fällen, in denen eine überttagung nur zur Einziehung stattgefunden hat und der alte und der neue Gläubiger nacheinander den Anspruch geltend machen. — Bei einem Rückgewähranspruch nach § 717 Abf. 2 entscheidet der Eintr. der Rechtshängigkeit des ursprüngl. Klaganspruchs, nicht des Rückgew.-Anspruchs (z. B. findet daher § 325 auch dann An­ wendung, wenn die Rechtsnachfolge vor der snach § 717 Abs. 2 Satz 2 die Rechts­ hängigkeit des Rückgew.-Anspruchs begründenden! Erfüllung, aber nach der Rechts­ hängigkeit des urspr. Kl.AnspruchS eingetreten ist), IW. 26, 1039. — Wegen der Kosten vgl. OLG. 13, iö4. 4 Für u. gegen Rechtsnachfolger. — Nach dem früheren § 236 Abf. 3 (vor Nov. v. 17./5. 98) war die Entscheidung nur gegen den Rechtsnachfolger wirksam und vollstreckbar. Jetzt wirkt sie auch für den Rechtsnachfolger. — Gesamt- oder Sondernachfolger in das den Gegenstand des Rechtsstreits bildende Rechtsverhältnis. Begriff des letzteren Rechtsnachfolgers: § 265 Anm. 6, § 727 Anm. 2. Da unter der Rechtsnachfolge nicht blotz der volle Rechtsübergang, sondern auch die Über­ tragung oder der Erwerb eines minderen Rechtes zu verstehen ist (a a.O.), ist hin­ sichtlich eines in Streit befangen gewesenen Grundstücks derjenige, der auf Grund Auflaffung des Beklagten als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen und in den Besitz des Grundstücks gesetzt worden ist, selbst dann, wenn die Auf­ laffung (z. B. wegen Geisteskrankheit des Beklagten) nichttg, er also nicht Eigen­ tümer geworden ist, zufolge seines EigenbefitzeS Rechtsnachfolger, RG. 82, 38. Als Rechtsnachfolger im Sinne des § 325 ist auch derjenige anzusehen, an den eine Forderung zu einer Zeit abgetreten ist, als ein Prozeh des Schuldners gegen den bis­ herigen Gläubiger auf Feststellung des Nichtbestehens der Forderung schwebte. Vgl. W. 12, 392, Anm. 6. Rechtsnachfolger ist ferner derjenige, an den eine Forderung im Wege des Vertrags zugunsten Dritter übertragen ist, RG. 124, 138. — Das Urteil wirkt auch gegen denjenigen, der durch Überweisung den im Stteite befangenen Anspruch zur Einziehung erworben hat, RG. 20, 420, IW. 00,418«, auch § 265 Anm. 4. Er ist, wenn er das den Beklagten verurteilende vorläufig vollstreckbare Urteil hat vollstrecken lassen, bei demnächstiger Aufhebung des Urteils dem Beklagten zur Rückzahlung des 35*

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A. II. Zivilprozeßordnung. Zweites Buch. Verfahren in erster Instanz.

Beigetriebenen gemäß § 717 Abs. 2 auch persönlich verpflichtet, haftet ihm auch für Ersatz des Schadens, IW. 98, 218». — Dagegen wird durch Mitschuldübernahme kein Rechtsnachfolgeverhältnis begründet, z. B. wirkt ein wegen eines Pflichtteils­ anspruchs gegen einen Miterben ergangenes Urteil nicht gegen den Käufer des Mit­ erbenanteils, RGHRR. 30, 2021. Ebensowenig durch die befreiende Schuldübernahme Jonas III3 (a. M. Baumb. 2). — Zwischen Hauptschuldner u. Bürgen besteht kein Rechts­ nachfolgeverhältnis. S. d. Nachw. in Sinnt. 2 dazu. Über die (zu verneinende) Frage, ob ein Prozeß des Pfändungspfandgläubigers gegen den Drittschuldner Rechtskraft für und gegen den Pfändungsschuldner schafft, sowie ob, wenn der Pfändungspfand­ gläubiger auf die Rechte aus der Überweisung verzichtet (§ 843), eine Rechtsnachfolge des Pfändungsschuldners eintritt, vgl. RG. 83, 118, auch § 322 Sinnt. 5 a. E. — Ist die Rechtsnachfolge im Laufe des Rechtsstreits des Klägers gegen den Rechts­ vorgänger als Beklagten eingetreten (hat z. B. der Beklagte die Gegenstände, die der Kläger auf Grund seines Eigentums herausverlangt hat, an einen anderen veräußert und übergeben) und hat dann der Kläger ein rechtskräftiges Urteil gegen den Rechtsvorgänger erstritten, so kann er nicht nochmals auf das Nämliche gegen den Rechtsnachfolger klagen, denn es fehlt ibm für eine solche Klage ein berechtigtes, schutz­ würdiges Interesse (s. Vordem, vor § 300), da er, wenn er im Besitz einer die Nach­ folge erweisenden öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde ist, sich nach § 727 BollstreckungSklausel erteilen lassen, andernfalls aus dem Urteil Klage gegen den Rechts­ nachfolger gemäß § 731 auf Erteilung der Vollstreckungsklausel erheben kann, RG. 88, 267, W. 25, 74, § 322 Sinnt. 5. — Keine Rechtskr. schafft das Urteil zwischen der Partei und ihrem Rechtsnachfolger. 5 Besitz an streitbefangener Sache so erlangt, daß Borgänger mittelbarer Besitzer geworden. — Mittelbarer Besitzer: z. B. Nießbraucher (IW. 15, 733), Pfand­ gläubiger, Pächter, Mieter, Verwahrer (§ 868 BGB.). Unter „Besitz" im Halbs. 2 ist also der dem mittelbaren Besitz gegenüberstehende unmittelbare Besitz (abgeleiteter Besitz) zu verstehen. Der Eigenbesitz fällt unter die Rechtsnachfolge des Halbs. 1, RG. 82, 38, Sinnt. 4. — über „in Streit befangene Sache" vgl. § 265 Sinin. 2. Wer nach Rechtshängigkeit eines Anfechtungsanspruchs den zurückzugewährenden Gegenstand (§ 9 AnfG.) vom Beklagten erwirbt, ist nicht Erwerber einer in Streit be­ fangenen Sache, RG. 103, 121. 6 Anwendung der Vorschriften zugunsten des Erwerbs vom Nichtberechtigten. — Solche Vorschriften z. B.: §§ 892, 893, 932ff., 1032, 1138, 1155, 1157, 1207, 1208, 1242, 1244, 2366 BGB.; §§ 364, 366, 367, 696 HGB. Soweit hiernach der gutgläubige (bei beweglichen Sachen nicht grob fahrlässig falschgläubige) Er­ werber (oder sonstige Rechtsnachfolger im Sinne des § 325) gegen einen Mangel im Rechte seines Vorgängers nach bürgerlichem Recht geschützt ist, braucht er auch das Urteil nicht gegen sich gelten zu lassen, Mot. 109, RG. 108, 354. — Die ent­ sprechende Anwendung der betreffenden Vorschriften des bürgerlichen Rechts besteht aber nicht darin, daß in bezug auf die Urteilswirkung nur die Kenntnis von der Rechts­ hängigkeit (oder, wo das bürgerliche Recht die auf grober Fahrlässigkeit beruhende Unkenntnis der Kenntnis gleichstellt, auch eine solche Unkenntnis von der Rechts­ hängigkeit) maßgebend ist (vgl. Abs. 3 Satz 1), sondern darin, daß in bezug auf die Urteilswirkung die Kenntnis von der Rechtshängigkeit der Kenntnis von dem Rechts­ mangel gleichsteht. Daher wirkt das rechtskräftige Urteil gegen den Rechtsnachfolger der unterliegenden Partei nur dann nicht, wenn der Rechtsnachfolger zur Zeit seines Erwerbes weder den Rechtsmangel noch die Rechtshängigkeit kannte (oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte), RG. 88, 268, IW. 36,47". Hat der Kläger die Hypo­ thek, aus der er gegen den Grundstückseigentümer klagt, zu einer Zeit erworben, als ein Prozeß des Grundstückseigentümers gegen den früheren Hvpothekenglaubiger auf Feststellung des Nichtbestehens der Hypothekenforderung schwebte, und ist dem Kläger dieser Prozeß zur Zeit des Erwerbes bekannt gewesen, so muß er, wenn der Prozeß zugunsten des Grundstückseigentümers rechtskräftig entschieden ist, das Urteil nach § 325 Abs. 1, 2 gegen sich gelten lassen und kann sich nicht auf seinen angeb­ lichen guten Glauben bezüglich des Bestehens der Forderung (§§ 892, 1138 BGB.) berufen, IW. 36, 47". — Für den Rechtsnachfolger wirkt das Urteil stets, gleichviel ob er gut- oder böswillig ist.

Erster Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten. Zweiter Titel. Urteil.

§ 326.

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7 Urteil betrifft Anspruch aus eingetragenem hypothekarischem Recht. — Im Interesse des Gläubigers ist hier, abweichend von Abs. 2, selbst dem gutgläubigen Erwerber kein Schutz gewährt. Dem § 44 des Preuß. EigErwGes. v. 5./5. 72 nach­ gebildet. 8 Gegen den Erst eher eines zwangsversteigerten Grundstücks. — Abweichung von Satz 1, um den Ersteher vor Täuschung zu sichern. Kenntnis des Erstehers von der Rechtshängigkeit der zwischen den Parteien (z. B. über das Bestehen oder Nicht­ bestehen einer Hypothek usw.) schwebenden Rechtsstreites genügt nicht, um die Rechtskraft des Urteils auch gegen ihn zu begründen; es muß die Rechtshängigkeit im Bersteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten angemeldet sein, RG. 122, 158. — Der Ersteher gilt also als Rechtsnachfolger des früheren Eigen­ tümers, OLG. 19,192. — Vgl. § 54 des ZVG. (Kündigung einer Grund- oder Renten­ schuld). b) Bei Nacherbfolge.

326. (1) *Ein Urteil, das zwischen einem Vorerben und einem Dritten über einen gegen den Vorerben als Erben gerichteten Anspruchs oder über einen der Nacherbfolge unterliegenden Gegenstand2 ergeht, wirkt, sofern es vor dem Eintritt der Nacherbfolge rechtskräftig wirb,2 für den Nacherben.2,4 (2) Ein Urteil, das zwischen einem Vorerben und einem Dritten über einen der Nacherbfolge unterliegenden Gegenstand2 ergeht, wirkt auch gegen den Nacherben, sofern der Vorerbe befugt* ist, ohne Zustimmung des Nach­ erben über den Gegenstand zu verfügen? 1 § 326 ist durch die Nov. v. 17./5. 98 eingefügt. — Durch Abs. 1 ist § 325 Abs. 1, der an sich nicht Anwendung finden könnte, weil der Nacherbe nicht Rechts­ nachfolger des Borerben, sondern des Erblassers ist (§§ 2100, 2139 BGB.), auf diesen Fall zugunsten des Nacherben ausgedehnt, Mot. 110. 2 Gegen den Borerben als Erben gerichteter Anspruch. — D. i. Anspruch aus einer Nachlaßverbindlich leit (§§ 1967 bis 1969 BGB.). Ein vor Eintritt der Nacherbfolge (§ 2139 BGB.) rechtskräftig gewordenes Urteil hierüber wirkt also für den Nacherben (nicht auch gegen ihn). S. Anm. 3. Ein erst nachher rechts­ kräftig gewordenes Urteil läßt den Nacherben überhaupt unberührt, sofern er nicht während der Rechtshängigkeit an Stelle des Borerben in den Prozeß eingetreten ist. 8 über den Begriff „einen der Nacherbfolge unterliegenden Gegenstand" vgl. § 242 Anm. 2. — Er betrifft nicht, insbesondere auch nicht im Abs. 2, einen obli­ gatorischen Anspruch. Bon Ansprüchen dieser Art handelt lediglich Abs. 1 Halbs. 1 (»gegen den Vorerben als Erben gerichteten Anspruch"), und zwar dahin, daß, wenn die Klage des Dritten abgewiesen wird, dies, vorausgesetzt, daß das Urteil vor Ein­ tritt der Nacherbfolge rechtskräftig wird (s. Anm. 2), auch zugunsten des Nacherben wirkt, Gr. 62, 630. Daraus folgt, daß, wenn der Dritte hinsichtlich des obligatorischen Anspruchs obsiegt, das Urteil regelmäßig keine Wirksamkeit gegen den Nacherben erlangt, Gr. 62, 630. 4 Borerbe befugt zur Verfügung ohne Zustimmung des Nacherben. — Vgl. § 2112 BGB. — Handelt es sich im Rechtsstreit um einen der Nacherbfolge unter­ liegenden Gegenstand und wird das Urteil vor Eintritt der Nacherbsolge rechtskräftig, so wirkt nach Abs. 1 das Urteil zugunsten des Nacherben, gleichviel, ob der Vorerbe zur Verfügung befugt war oder nicht. Zuungunsten des Nacherben aber wirkt nach Abs. 2 das Urteil nur, wenn der Borerbe ohne Zustimmung des Nacherben über den Gegenstand verfügen durfte. Der Vorerbe ist dazu nicht befugt in den Fällen der §§ 2113 bis 2115 BGB., sofern er nicht die freiere Stellung nach Maßgabe der §§ 2136, 2137 BGB. hat. Betrifft das Urteil einen Gegenstand, der zwar der Nach­ erbfolge unterliegt, über den aber zu verfügen der Borerbe ohne Zustimmung des Nacherben nicht befugt ist, so wirkt das Urteil nicht gegen den Nacherben, RG. 75, 364. — Auch wenn die Verfügungsbeschränkung des Borerben einen solchen Umfang hat, daß ihm nur Verwaltung und Nießbrauch zusteht, ist weder aus dem BGB., nach dem eine solche Beschränkung nicht mit der Rechtsstellung eines Borerben unvereinbar

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ist, noch aus § 326, der sich nur über die Wirksamkeit eines zwischen einem Borerben und einem Dritten ergangenen Urteils hinsichtlich des Nacherben verhält, zu folgern, daß ein solcher Borerbe zur Klage bezüglich eines der Nacherbfolge unterliegenden Gegenstandes nicht passivlegitimiert wäre, Gr. 62, 628. 5 Vgl. die ähnliche Bestimmung in § 1380 BGB., wonach, wenn der Mann ein zum eingebrachten Gute der Frau gehörendes Recht im eigenen Namen gellend macht, das Urteil insoweit auch gegen die Frau wirkt, als der Mann befugt ist, über das Recht ohne Zustimmung der Frau zu verfügen. c) Bei Testamentsvollstreckung.

327. (i)1 Ein Urteil, das zwischen einem Testamentsvollstrecker und einem Dritten über ein der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegendes Recht8 ergeht, wirkt für und gegen den Erben? (2) Das gleiche gilt von einem Urteil, welches zwischen einem Testaments­ vollstrecker und einem Dritten über einen gegen den Nachlaß gerichteten Anspruchs ergeht, wenn der Testamentsvollstrecker zur Führung des Rechts­ streits berechtigt ist? 1 tz 327 ist durch die Nov. v. 17./5. 98 eingefügt. Er soll klarstellen, ob und in­ wieweit die Prozeßführung des Testamentsvollstreckers kraft seines Amts für und gegen den Erben wirkt, der nicht Rechtsnachfolger des Testamentsvollstreckers ist. 2 Ein der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegendes Recht. — Vgl. §§ 2205, 2208, 2212 BGB. — Abs. 1 betrifft Aktivprozesse des Testaments­ vollstreckers, zu deren Führung er allein befugt ist (§ 2212 BGB.). Daher wirkt das ergehende Urteil für und gegen den Erben. — Dagegen wirkt ein Urteil, das zwischen dem Testamentsvollstrecker und dem gesetzlichen Erben in einem Rechts­ streite darüber ergeht, ob der Testamentsvollstrecker das Recht hat, das Testament zur Ausführung zu bringen, hinsichtlich der Gültigkeit des Testaments nur zwischen den Parteien, nicht auch zwischen dem gesetzlichen Erben und dem im Testa­ mente Bedachten, IW. 19, 725". — Ein zwischen dem Erben und einem Dritten ergehendes Urteil schafft nicht Rechtskraft gegen den Testamentsvollstrecker, da der Erbe nicht (wie in der Regel) oder doch nicht allein zur Prozeßführung befugt ist (vgl. § 748, BGB. §§ 2212, 2213). Für den Testamentsvollstrecker wirkt das Urteil, wenn der Erbe prozeßführungsberechtigt ist (§ 2213 BGB.). 3 Ein gegen den Nachlaß gerichteter Anspruch, über den einen Rechtsstreit zu führen der Testamentsvollstrecker berechtigt ist. — Abs. 2 betrifft Passivprozesse des Testamentsvollstreckers. Sein Prozeßführungsrecht ergibt sich aus § 2213 BGB., §§ 728 Abs. 2, 748, 780 Abs. 2 ZPO. Ohne die ausdrückliche Bestimmung des Abs. 2 würde die Wirksamkeit gegenüber dem Erben nicht eintreten, weil die betreffenden Befugnisse dem Testamentsvollstrecker aus eigenem Recht zustehen und er nicht, wie der Nachlaßpfleger, Vertreter des Erben ist. Mot. 111.

9. Anerkennung ausländischer Urteile.

328. (l)1 Die Anerkennung des Urteils eines ausländischen8 Gerichts ist ausgeschlossen:8 1 wenn die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig flnb;4 2. wenn der unterlegene Beklagte ein Deutscher ist und sich auf den Prozeß nicht eingelassen hat, sofern die den Prozeß einleitende Ladung oder Verfügung ihm weder in dem Staate des Prozeßgerichts in Person noch durch Gewährung deutscher Rechtshilfe zugestellt ist;5 3. wenn in dem Urteil zum Nachteil einer deutschen Partei von den Vorschriften des Artikels 13 Abs. 1, 3 oder der Artikel 17, 18, 22 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch oder von der Vor-

Erster Abschn. Verf. vor den Landgerichten. Zweiter Titel. Urteil. §§ 327,328»

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schrift deS auf den Artikel 13 Abs. 1 bezüglichen Teiles deS Arttkels 27 desselben Gesetzes oder im Falle des Artikels 9 Abs. 3 zum Nachteil der Ehefrau eines für tot erklärten Ausländers von der Vorschrift

des Artikels 13 Abs. 2 abgewichen ist;*

4. wenn die Anerkennung des Urteils gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen mürbe;7

5. wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist.*'9 (2) Die Vorschrift der Nr. 5 steht der Anerkennung des Urteils nicht ent­

gegen, wenn das Urteil einen nicht vermögensrechtlichen Anspruchs betrifft und nach den deutschen Gesetzen ein Gerichtsstand im Inland nicht begründet" war."

1 Geltungsbereich des 8 328 im allgemeinen. — über Österreich, die sudeten­ deutschen Gebiete, das Memelland und Danzig s. Anm. 9 a. E. — Der durch die Nov. v. 17./5. 98 eingefügte § 328 schließt sich an die das internationale Privatrecht betreffenden Bestimmungen der Art. 7 ff. EGBGB. an. Er enthält Vorschriften über die Anerkennung der von ausländischen (s. OLG. 13, 154) Gerichten (nicht Verwaltungsbehörden, RG. 81, 376) erlassenen Urteile (s. RG. 49, 340) allgemeinhin, nicht bloß, wie der dadurch in der Hauptsache ersetzte frühere § 661, für die Zwangsvollstreckung. — Wenn in dem an die Stelle des früheren § 660 getretenen § 722 bestimmt ist, daß aus dem Urteil eines ausländischen Gerichts die Zwangsvollstreckung nur dann stattfindet, wenn ihre Zulässigkeit durch ein Bollstreckungsurteil ausgesprochen ist, so bedeutet das nur, daß ein Bollstreckungsurteil erforderlich ist, falls aus dem Urteil eine Zwangsvollstreckung im engeren Sinne vorgenommen werden soll. Abgesehen hiervon aber können, wenn die Voraussetzungen des § 328 (also keine Ausschlußgründe) vorliegen, auf Grund des rechtskräftigen ausländischen Urteils sonstige staatliche Handlungen, die einen Zwang gegen den Schuldner nicht enthalten (z. B. Eintragungen in öffentliche Bücher, wie eines Randvermerks im Heiratsregister auf Grund ausländischen Scheidungsurteils) im Jnlande vollzogen werden, ohne daß es eines Bollstreckungsurteils bedarf, RG. 88, 248 (a.M. OLG. 6,18). Vgl. § 722 Anm. 2. — Die Vorschriften des § 328 gelten nur insoweit, als nicht in Staatsverträgen des Reiches oder in den vor 1879 geschlossenen Staatsverträgen der früheren Bundesstaaten (jetzt deutschen Länder) oder in sonstigen zwischenstaat­ lichen Vereinbarungen (IW. 28,1234) abweichende Bestimmungen enthalten sind. Ein umfassendes Übereinkommen über gegenseitige Anerkennung rechtskräftiger Urteile ist durch Abk. v. 2./11. 29 (RGBl. 30 II 1065, 1270) mit der Schweiz und durch Abk. v. 9./3. 36 (RGBl. II145) mit Italien getroffen. Die Abk. nebst AusfVO. sind Einl.II 3, 4, 8, 9 vor § 1 abgedruckt. Ferner kommen für Entscheidungen bestimmter Art die Internat. Übereinkommen über den Eisenbahnfracht-, -Personen» u. Gepäckverkehr v. 23./11. 33 (RGBl. 1935 II 521, 523, 1938 II101) in Betracht. Das Haager Ehescheidungs­ abkommen v. 12./6.02 ist vom Deutschen Reich mit Wirkung ab 1./6.34 gekündigt worden, Bek. v. 26./1.34 (RGBl. II 26), doch werden in Deutschland früher erlassene Urteile eines Bertragsstaates auch fernerhin anerkannt, DJ. 36, 1895. Die auf Grund des BersBertrages errichteten gemischten Schiedsgerichtshöfe waren deutsche Sondergerichte. — Eine im Ausland erhobene Klage unterbricht eine nach deutschem Recht zu beurteilende Verjährung nur, wenn alle Voraussetzungen des § 328 erfüllt sind, insbes. die Gegenseitigkeit verbürgt ist, RG. 129, 389. — Die Beweislast trifft den, der sich auf das ausländische Urteil beruft. 8 Ausländisches Urteil. — Gemeint ist eine nach den Gesetzen des betreffenden Staats rechtskräftig gewordene Entscheidung eines Gerichts (s. Anm. 1) in einer bürger­ lichen Rechtsstreitigkeit (§ 3 EGZPO.) über die Sache selbst (nicht Prozeßurteil), mag sie auch nicht als Urteil bezeichnet sein (s. Nachw.in Anm. 1). Urteile besonderer Gerichte (Arbeils-, Gewerbe-, Börsenschiedsgerichte) sind nicht ausgeschlossen, wenn diese nur eine vom Staat verliehene Gerichtsbarkeit ausüben, Jonas III 2, ebensowenig kirchliche Gerichte, Baumb. 1B. Für die Frage, ob ein Urteil ein ausländisches ist, ist beim Wechsel der Staatszugehörigkeit des Gebietsteils, in dem das Gericht seinen Sitz hat, der Zeit­ punkt der Verkündung des Urteils, nicht der Zeitpunkt, in dem die Vollstreckung begehrt wird, maßgebend, IW. 21, 5411. — Urteile der früheren Schutzgebietsgerichte sind nicht

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ausländische Urteile im Sinne des § 328, RG. 84, 261. Ebensowenig die der deutschen Konsulargerichte. — Uber Österreich, die sudetendeutschen Gebiete, das Memelland, Danzig und die Ostgebiete s. Anm. 9 a. E. 3 Anerkennung ausgeschlossen. — Liegt keiner der fünf Ausschluß gründe vor und stehen auch nicht Staatsvertrage oder sonstige zwischenstaatliche Vereinbarungen (s. Anm. 1) entgegen, so ist das Vollstreckungsurteil, das zur Zwangsvollstreckung notwendig ist (s. aber Anm. 1), ohne weitere Nachprüfung zu erlassen. — Ob aber einer der fünf Fälle vorliegt, in denen die Anerkennung des Urteils ausgeschlossen ist, muß von Amts wegen geprüft werden, RG. 75, 148. Die Beweislast trifft den, der sich auf das ausländische Urteil beruft. Dabei sind jedoch die in dem Urteil als feststehend angenommenen Tatsachen als richtige tatsächliche Grund­ lage zu behandeln, RG. 75, 150, W. 28, 109, und zwar auch dann, wenn das Urteil ein Versäumnisurteil ist und die Tatsachen nur zufolge der Säumnis des Beklagten als stillschweigend zugestanden angesehen sind, RG. 75, 150. — Bei Beurteilung der Geschästssähigkeit eines Ausländers hat der inländische Richter eine durch ein ausländisches Gericht ausgesprochene Entmündigung (z. B. wegen Verschwendung), wenn sie durch das zuständige Gericht ordnungsmäßig angeordnet worden ist, zu berücksichtigen, ohne die Rechtmäßigkeit der Anordnung einer Nach­ prüfung zu unterziehen, RG. 80, 262. 4 Nr. 1. Ausländisches Gericht nach deutschen Gesetzen nicht zuständig. — Staat im Sinne der Nr. 1 sind nicht die Vereinigten Staaten von Nordamerika, sondern deren Gliedstaaten, IW. 32, 3822. — Es ist zu prüfen, ob das ausländische Gericht zur Erlasiung des Urteils zuständig gewesen wäre, wenn es die deutschen ZuständigkeitSvorschriften auf diejenigen Verhältniffe angewendet hätte, die den für die Zuständigkeit maßgebenden deutschen Verhältnissen entsprechen, RG. 65, 330, W. 21, 35, ohne daß es darauf ankommt, ob nach ausländischem Rechte die Zuständigkeit des ausländischen Gerichts begründet ist, JFG. 2, 148, so z. B. auch im Falle des Urteils eines aus­ ländischen Gerichts über eine Ehescheidungsklage, ob nach § 606 Abs. 4 die Zuständigkeit dieses Gerichts gegeben sei, W. 21, 85. Dem ausländischen Urteil ist daher die An­ erkennung nicht zu versagen: wenn zwar die Parteien hinsichtlich des in Betracht kommenden Schuldverhältntsses sich durch Vereinbarung dem ausländischen Recht unterworfen haben, so daß für die Frage, wo der Erfüllungsort für die aus dem SchuldverhältniS sich ergebende Verpflichtung ist, das ausländische Recht zur Anwendung zu bringen ist, und dieses einen Gerichtsstand deS Erfüllungsortes nicht kennt aber das betreffende ausländische Gericht bei Zugrundelegung der Vorschriften des deutschen Rechts, falls diese im Auslande gelten würden, zuständig ist, Gr. 45, 1123, W. 13, 302; wenn zwar der von dem ausländischen Gerichte zugelaflene Gerichtsstand (z. B. des Wohnsitzes, des Erfüllungsortes) dem deutschen Gesetze nicht entspricht, wenn aber die Zuständigkeit des Spruchgerichts nach deutschem Gesetze sich anderweit (z. B. als Gerichtsstand des Vermögens, § 23) begründen läßt, RG. 75,148, oder über­ haupt auch nur irgendein anderes Gericht des ausländischen Staates nach deutschem Gesetze zuständig wäre, RG. 107, 309 (anders RG. 27, 410). — Für die Prüfung gilt auch der Grundsatz, daß, wenn die klagebegründenden mit den die Zuständigkeit begründenden Behauptungen zusammenfallen, diese nicht des Beweises bedürfen (s. Vordem, vor § 12), RG. 75, 148, (in W. 13, 302 wird dieser Grundsatz für bedenklich erklärt, jedoch darüber nicht entschieden; vgl. auch darüber, daß, wenn der Beklagte die Einrede der Rechtshängigkeit wegen einer schon vorher vor einem ausländischen Gericht bezüglich des nämlichen Anspruchs erhobenen Klage erhebt, er die die Zu­ ständigkeit des ausländischen Gerichts für diese Klage begründenden Tatsachen be­ haupten und beweisen muß, § 263 Anm. 4). Deshalb kommt es, wenn gemäß diesen Behauptungen das ausländische Gericht nach deutschen Gesetzen zuständig war, nicht weiter darauf an, ob demnächst bei der sachlichen Entscheidung des aus­ ländischen Gerichts diese Behauptungen als richtig oder unrichtig festgestellt sind, RG. 61, 69. Hat aber nach dem ausländischen Gesetze das ausländische Gericht nicht nur daS Recht, zu untersuchen, ob es im gegebenen Falle zuständig, d. i. örtlich zuständig, gewesen sei, sondern soll es auch die sachliche Zuständigkeit einer Erörterung unterziehen dürfen, was nur nach ausländischen Normen geschehen kann, so handelt es sich hierbei nicht lediglich um die Prüfung der ZnständigkeitSsrage im

Erster Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten. Zweiter Titel. Urteil. § 328.

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Sinne des § 328 Nr. 1, sondern um eine dem deutschen Gericht fremde Prüfung der Rechtmüßigkeit der Entscheidung, RG. 70, 436. — Hat das ausländische Gericht die Behauptungen des Klägers, wodurch die Zuständigkeit des Gerichts (z. B. der Gerichtsstand des Vermögens [§ 23] oder der des Erfüllungsortes [§ 29]) begründet wird, als richtig festgestellt, so ist das inländische Gericht hieran gebunden, RG. 75, 147, Anm. 3. Dies gilt auch dann, wenn das Urteil ein BersäumniSurteil ist und die Behauptungen nur zufolge der Säumnis deS Beklagten alS stillschweigend zugestanden angesehen find, RG. 75, 147, Anm. 3. — Unzuständig ist das aus­ ländische Gericht stets dann, wenn nach deutschem Recht (wie z. B. für Ehesachen nach §606) ein ausschließlicher Gerichtsstand in Deutschland begründet ist, IW. 06, i6718. Daher ist z. B. ein von der Ehefrau in Amerika erwirktes EcheidungSurteil, wenn der Ehemann in Deutschland wohnt, nach § 606 Abs. 1 unwirksam, so daß die Ehe trotz des amerikanischen Scheidungsurteils nach deutschem Recht als fortbestehend zu gelten hat, W. 15, 144. — Durch eine zwischen einem Inländer und einem Ausländer in einem Vertrage getroffene Vereinbarung, daß für beide TeUe Erfüllungsort im Sinne des § 29 der Ort eines inländischen Gerichts sein solle, wird aber für sich allein nicht ein ausschließ­ licher Gerichtsstand begründet (s. § 38 Anm. 2) und also die sonst gegebene Zuständigkeit des ausländ. Gerichts nicht ausgeschloffen, FW. 12,79M. — Eine stillschweigende Verein, barung über die Zuständigkeit des ausländ. Gerichts gemäß § 39 ist nicht anzunehmen, wenn nach dem ausländ. Recht das betreffende ausländ. Gericht zuständig ist, RG. 37, 371, Auch ist eine solche stillschweigende Vereinbarung nach deutschem Rechte nicht darin zu finden, daß nach Abschluß eines Kaufvertrages der deutsche Käufer die mit dem Vermerke „zahlbar und klagbar in . . ." versehene Faktura des ausländischen Verkäufers entgegennimmt, ohne sie zu beanstanden, sei es auch, daß nach aus­ ländischem Prozeßgesetze daraus eine derartige Vereinbarung zu entnehmen ist, RG. 65, 331. — D. Zulässig!, d. Rechtswegs ist v. inländ. Gericht nicht zu prüfen, da dies Sacke d. ausländ. Gerichts ist (str.). 2 Nr. 2. Ein unterlegener beklagter Deutscher, der sich aus den Prozeß nicht eingelassen hat. — Betrifft hauptsächlich ausländische Versäumnis urteile gegen einen deutschen Beklagten. — Deutscher (nach §§ 1, 3 ff., 33ff. RStaatsAngG. v. 22./7. 13) zu der Zeit, als die den Prozeß einleitende Ladung oder Verfügung des ausländischen Gerichts erging; eine spätere Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit ist ohne Bedeutung, W. 28, 109. Wo der Wohnsitz des Schuldners war, ist gleich­ gültig, NG. 16, 429. — Vorschützen prozeßhindernder Einreden, insbesondere der Einrede der Unzuständigkeit, ist hier auch Einlassung, IW. 91,272». — Zustellung im Staate des Prozeßgerichts (nach dessen Recht) an Beklagten in Person oder an Generalbevollmächtigten, Prokuristen (vgl. § 173) oder gesetzlichen Vertreter (nicht an einen vom Prozeßgericht bestellten Vertreter, OLG. 17, 324). Nicht genügt: Ersatzzustellung (§§ 181ff.), RG. 41, 425; öffentliche Zustellung (§§ 203ff.), RG. 26, 130; Übersendung einer beglaubigten Abschrift der Klage an das deutsche Konsulat im Ausland, wenn auch in Verbindung mit öffentlicher Zustellung, W. 36,132. Welche Anforderungen im übrigen an die „Zustellung" zu stellen sind, richtet sich mangels ge­ setzlicher Vorschriften danach, ob dem Beklagten dadurch ausreichende Möglichkeit ge­ geben ist, sich auf die Klage einzulassen und zu verteidigen, IW. 36, 3334. — Für die Zustellung durch deutsche Rechtshilfe macht es keinen Unterschied, ob die Gewährung der Rechtshilfe im Inland oder Auslande, namentlich in einem deutschen Konsulargerichtsbezirk, und ob sie an den Beklagten in Person erfolgt ist. Mot. 111, IW. 26,1999. Vgl. hierüber sowie über Nachweis der den Prozeß einleitenden Ladung IW. 99, 883. — Heilung nach § 295 ist möglich. — Nr. 2 ist nicht anwendbar in den Fällen des Art. 55 § 1 Intern, übereink. über d. Eisenbahnfracht-, -Personen- und -gepäckverkehr. 6 Nr. 3. Ehe- und Kindschaftssachen. — Von den hier angezogenen Art. des EGBGB. sind geändert: Art. 17 durch BO. v. 27./7. 38 (RGBl. I 923), Art. 18 durch G. v. 12./4. 38 (RGBl. I 380). Diese in dem früheren § 661 nicht enthaltene (neue) Bestimmung bezieht sich auf Ehesachen, Streitigkeiten über die eheliche Abstammung eines Kindes, Legitimation eines unehelichen Kindes, Adoption, sowie auf Schutz der Ehefrau eines im Jnlande für tot erklärten Ausländers, die nicht mehr Deutsche ist, es aber bis zu ihrer Verheiratung war, sofern von dem ausländischen Urteil die Eingehung der Ehe nicht nach den deutschen Gesetzen beurteilt worden ist. Ausländischen Urteilen

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in diesen Sachen soll die Anerkennung versagt sein, wenn sie zum Nachteil einer deutschen Partei von den durch die in Nr. 3 aufgeführten Vorschriften für maßgebend erklärten Grundsätzen des internationalen Privatrechts abweichen, wenn also bei Anwendung der genannten Vorschriften die deutsche Partei hätte obsiegen müssen. Mot. 112. Vgl. hinsichtlich eines Scheidungsurteils eines von der russischen Sowjetregierung einge­ setzten Bolksgerichts W. 20,134. 7 Nr. 4. Verstoß gegen die guten Sitten oder den Zweck eines deutschen Gesetzes. — Ähnlich Art. 30 EGBGB., § 158 GBG. — Entscheidend ist nicht der Inhalt des aus­ ländischen Gesetzes, sondern dessen Anwendung auf den einzelnen Fall, RG. 150, 285. — Verstoß gegen: die guten Sitten: RG. 72, 124; den Zweck eines deutschen Gesetzes: OLG. 19, 108, vgl. (zu Art. 30 EGBGB.) RG..73, 368 und (zu § 16 des öster­ reichischen Urheberrechtsgesetzes) IW. 15, 1264». Letzterer Verstoß ist nur gegeben, wenn der Unterschied zwischen den staatspolitischen und den sozialen Anschauungen, auf denen das im konkreten Falle maßgebende Recht des Auslandes und das davon abweichende Recht des Inlandes beruhen, so erheblich ist, daß die Anwendung des ausländischen Rechts die Grundlagen des deutschen staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens angreifen würde, RG. 81, 377, W. 23, 21. Weder gegen die guten Sitten noch gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstößt z. B. die Anerkennung: eines Scheidungsurteils, das die Parteien durch Vortäuschung eines Scheidungsgrundes erlangt haben, sofern der festgestellte Sachverhalt auch nach deutschem Recht die Scheidung hätte begründen können, IW. 28, 3046"; das Urteil eines österreich. Gerichts über die Ungültigkeit einer sog. Dispensehe, RG. 145, 74; einer Entscheidung, durch die das ausländische Prozeßgericht die Kosten auf einen Betrag festgesetzt hat, der nach deutschen Begriffen unverhältnis­ mäßig hoch ist, RG. 82, 29. Dagegen verstößt die Anerkennung eines ausländischen Urteils, das einer vor dem Weltkrieg in deutscher Währung begründeten Hypotheken­ forderung die Aufwertung versagt, sowohl gegen die guten Sitten wie gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes, RG. 114, 171. Wegen Ehescheidungsurieile in der SowjetRepublik Rußland vgl. RG. 121, 24, 136,142. — Die tatsächlichen Feststellungen sind nicht nachzuprüfen, RG. 72,124, W. 23, 21, s. Änm. 3. Auch nicht im Falle des Bersäumnisurteils gegen den Beklagten die auf Grund der Säumnis als feststehend gelten­ den Tatsachen, RG. 72, 124, s. Anm. 3. 8 Nr. 5. Gegenseitigkeitnicht verbürgt.—Für die Anwendung des § 606 Abs. 4 ZPO. kommt es auf die Verbürgung nicht an, RG. 149,232. Im übrigen muß die Verbürgung, wenn das Urteil anerkannt werden soll, zur Zeit der Erlassung des Urteils des deutschen Gerichts, insbesondere des Vollstreckungsutteils (§ 723), vorhanden sein (nicht genügend: zur Zeit der Erlassung des ausländischen Urteils), RG. 41, 424, W. 28,109. — Zu An­ ordnungen behufs Nachprüfung und zwecks Ermittlung, ob die Gegenseitigkeit ver­ bürgt ist, ist nach § 293 auch das Revisionsgericht befugt, RG. 145, 78, s. § 561 Anm. 4. — Für die Gegenseitigkeitsfrage kommt nicht der Staat in Betracht, dem der Kläger angehött, sondern der Staat, dessen Gericht das Urteil erlassen hat. Ob der Kläger, der das Urteil erwirkt hat, Staatsangehöriger des rechtsprechenden Staates ist oder nicht, ist ohne jede Bedeutung, W. 21, 34. — Gegenseitigkeit wird verbürgt nicht nnr durch Gesetze, Staatsverträge und Deklarationen, sondern auch durch ständige Übung der Gerichte, Pr. 447, 448, Gr. 51, 140. (Ist durch Staatsvettrag die Anerkennung des Utteils des betreffenden ausländischen Staats gewährleistet, so kommt daneben die Gegenseitigkeit nicht in Betracht [f. Anm. 1 j). Erforderlich, aber auch genügend ist, daß die Bedingungen für die Erlassung des Bollstreckungsurteils im ausländischen Staat im wesentlichen dieselben, insbesondere nicht erheblich schwerer sind, RG. 82, 30. Namentlich kommt es darauf an, ob nach ausländischem Recht überhaupt eine Anfech­ tung der Gesetzmäßigkeit deutscher Urteile aus anderen Gründen als Nr. 1 Vis 4 zuge­ lassen wird, RG. 70, 437. So ist die Gegenseitigkeit nicht verbürgt, wenn sich der ausl. Staat die Nachprüfung der tatsächl. Feststellungen oder des Verfahrens oder der An­ wendung des Rechts auf den festgestellten Sachverhalt Vorbehalten hat, RG. 7, 409, IW. 30, 1877. Ist die Rechtskraftwirkung ausländischer Urteile derart wesentlich ab­ geschwächt, daß sie nicht lediglich durch Restitutionsgründe im Sinne des deutschen Prozeßrechtes (§580) beseitigt werden können, sind die Urteile vielmehr Angriffen ausgesetzt, die ihrer Natur nach viel weiter gehen und von jenen Restitutionsgründen verschieden sind, so ist die Gegenseitigkeit nicht verbürgt, RG. 70, 437. Ferner ist zur

Erster Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten. Zweiter Titel. Urteil. 8328.

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Gegenseitigkeit erforderlich, daß die deutschen Urteile im Ausland in wesentlich dem­ selben Umfange als bindend anerkannt werden, wie dies bezüglich der ausländischen Urteile im Deutschen Reiche der Fall ist. Dies ist nicht gegeben, wenn das ausländische Gericht in die Lage kommen kann, einem deutschen Urteil auf Grund sachlicher, gegen den Rechtsbestand des Urteils gerichteter Einwendungen die Anerkennung zu versagen, RG. 70, 437. Verbürgt ist auch gegenüber einem ausländischen Gesetze, das an sich die Vollstreckung ausländischer Urteile zu sichern bestimmt ist, die Gegenseitigkeit dann nicht, wenn die Anwendung des sie scheinbar aussprechenden Gesetzes derart zweifel­ haft ist, daß immer noch mit der Möglichkeit einer Erörterung des durch das Urteil er­ ledigten Rechtsstreits über den Rahmen des § 723 Abs. 1 hinaus gerechnet werden muß, RG. 70,438. Ist Gegenseitigkeit nicht verbürgt, so ist die Vereinbarung der Zuständig­ keit des ausländischen Gerichts unwirksam, IW. 30, 652. 9 Nachstehende alphabetisch geordnete Übersicht soll darüber Auskunft geben, ob und inwieweit die Gegenseitigkeit im Verhältnis zu den fremden Staaten verbürgt ist. Das Haager Abkommen über den Zivilprozeß v. 17./7. 05 (RGBl. 09, 409) (HZPrA.) regelt nur die Vollstreckbarkeit gewisser Kostenentscheidungen im Verhältnis der Vertragsstaaten zueinander. S. Art. 18, 19 daselbst und §§ 5 ff. AusfG. v. 5./4. 09 (RGBl. 430), abgedruckt Einl. I11, 2 vor § 1, und § 110 Anm. 6, Einl. I11, 2 sind auch die Vertragsstaaten genannt. Bei einigen von ihnen ist die Gegenseitigkeit nur im Umfange des HZPrA. verbürgt, bei den übrigen auf Grund besonderer Verträge oder tatsächlicher Übung weitergehend. Bei den anderen Staaten ist die Verbürgung oft zweifelhaft, soweit die Anerkennung der Urteile nicht vertraglich geregelt ist. Ägypten ja (PrJMBl. 25, 430); Afghanistan nein; Albanien nein; Algier nein; Andorra nein; Argentinien nein; Australien nein; Belgien nur nach HZPrA.; Boli­ vien nein; Brasilien nein; Bulgarien nur für Kostenentscheidungen nach Art. 2 ff. Abk. v. 22./12. 26 (RGBl. 27 II 416, 514), Art. 2ff. AusfVO. v. 16./8. 27 (RGBl. 27 II 521); Canada nein; Chile nein (RG. 49, 340); China nur für Ehesachen (Jonas VIII E 11); Columbien nein; Costarica nein; Cuba nein; Dänemark nach HZPrA. und allgemein (Jonas VIII D 1, IW. 26, 618), für nach dem 1./7. 38 ergehende Urteile im Umfang der Anordnung v. 13./4. 38 (Bek. v. 25./6. 38, DJ. 1013), entsprechende Anwendung des § 328 auf eine dänische königl. Scheidungs­ bewilligung (DRR. 39, 327); Dominikanische Republik nein; Ecuador nein; England s. Großbritannien; Estland nur nach HZPrA., in Ehesachen und für gewisse Entscheidungen in Nachlaßsachen (Art. XVIII § 15 Vertr. v. 13./3. 25, RGBl. II 327, W. 28, 109, Jonas VIII E 17); Finnland nach HZPrA. und in Ehesachen (Jonas VIII E 18); Frankreich nein (RG. 36, 387, 150, 379, IW. 25, 63, 492); Griechenland nein (B. v. 7./4. 22, PrJMBl. 119); Grönland wie Dänemark; Großbritannien nein (RG. 7, 4io, OLG. 17, 157); Guatemala nein; Haiti nein; Honduras nein; Indien (brit.) nein; Irak nein; Iran (Persien) nein; Irland nein; Island wie Dänemark; Italien ja nach HZPrA. und Abk. v. 9./3. 36 (RGBl. II 145), mit AusfVO. v. 18./5. 37 (RGBl. II 147, abgedruckt Einl. II 8, 9 vor § 1); Japan nein; Jugoslawien nur nach HZPrA. und in Handelssachen (Art. 3 Schlußprot. Vertr. v. 1./5. 34, und BO. v. 17./5. 34, RGBl. II 301, s. auch W. 38,125); Kamerun nein; Kolumbien s. Columbien; Kongo­ kolonie nein; Kyrenaika nein; Lettland nur nach HZPrA. und in Ehesachen (Jonas VIII E 28 [a. M. IW. 37, 3044]); Liberia nein; Liechtenstein nein; Litauen nur für Kostenentscheidungen und in Ehesachen (Art. 2f. Abk. v. 30./10. 28, RGBl. II 205, nebst AusfVO. v. 26./6. 29, RGBl. II 504, Jonas VIII E 31, Baumb. Anh. z. § 328); Luxemburg nur nach HZPrA.; Madagaskar nein; Marokko (franz.) nein; Marokko (span.) nein; Mexiko nein; Monako nein; Neuguinea nein; Neuseeland nein; Nica­ ragua nein; Niederlande nur nach HZPrA. und für Entscheidungen Große Haverei und Bergelohn betreffend (Jonas VIII E 37); Norwegen nur nach HZPrA.; Ostindien (niederl.) nein; Palästina nein; Panama nein; Paraguay nein; Persien s. Iran; Peru nein; Polen nur für Kostenentscheidungen nach Art. 3f. Vertr. v. 5./3. 24 (RGBl. II 139, BO. v. 28./4. 26, RGBl. II 237), s. auch AB. v. 2./2. 38 (DJ. 251) und IW. 39, 344; Portugal nur nach HZPrA.; Nuanda-Urundi nein; Rumänien nur nach HZPrA. und für Ehesachen in Altrumänien (Jonas VIII E 44); Rußland (Union der Sozialist. Sowjetrepubliken sUdSSR.], wozu die Russische Sozialist. Föderative Sowjet­ republik und die Sowjetrepubliken Ukraine, Weißrußland, Transkaukasien ^Armenien,

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A. II. Zivilprozeßordnung. Zweites Buch. Verfahren in erster Instanz.

Aserbaidschan, Georgien, Turkmenistan, Usbekistans gehören) nur für Kostenentschei­ dungen nach Art. 13f. Bertr. v. 12./10. 25 (RGBl. 26, 1), Bek. v. 11. 2.26 (RGBl. II 138), Jonas VIII E 50); San Domingo nein; San Salvador nein; Schottland nein; Schweden nur nach HZPrA.; Schweiz nach HZPrA. und allgemein nach Abk. v. 2./11. 29 (RGBl. 30 II 1065, 1270) u. AusfBO. v. 23./8. 30 (RGBl. 30 II 1209), abgedruckt Einl.II 3, 4 vor § 1; Siam nein; Spanien nach HZPrA. und allgemein nach Art. 951 ff. span. ZPO. v. 3./2. 81 (RG. 82, so); Südafrikanische Union nein; Südseeinseln (Karo­ linen, Mariannen, Marschallinseln) nein; Südwestasrika nein; Surinam und Curayao nein; Syrien nein; Tanganyika nein; Togo, Mandat Frankreichs, nein; Westtogo, Mandat Großbritanniens, nein; Tschechoslowakei ja mit Ausnahme von Urteilen über den Personenstand nach Bek. v. 25./6. 24 (RGBl. II 133, RG. 109, 384, IW. 31, 2786, tschechosl. Gesetzs. 131/24), für Urteile aus den sudetendeutschen Gebieten s. Art. 21,22 Abk. v. 19./12.38 (RGBl. II 22), abgedruckt Einl. I110; Tunis nein; Türkei nur für Kostenent­ scheidungen nach Art. 4 Bertr.v. 28./5.29 (RGBl. 30 II 6, 31II539), Art. 2ff.AusfBO. v. 26./8. 31 (RGBl. II 537) und für gewisse Entscheidungen über Nachlaßstreitigkeiten nach §§ 8,15 NachlAbk. Anl. zu Art. 20 Konsularvertr. v. 28./5. 29 (RGBl. 30 II 747, 31 II 538); Ungarn nur nach HZPrA.; Uruguay nein: Venezuela nein: BereinigteStaaten von Amerika nein (RG. 70, 434, Jonas VIII E 53, weitergehend für Scheidungsurteile in Illinois Baumb. Anh. zu § 328, bejaht für Illinois IW. 35, 2750); Westsamoa nein. Österreich, die sudetendeutschen Gebiete, das Memelland, Danzig und die eingeglie­ derten Ostgebiete (Reichsgaue Danzig-Westpreußen u. Posen) sind jetzt Bestandteile des Deutschen Reichs. Urteile, die von den Gerichten dort nach der Wiedervereinigung erlassen sind, sind Urteile deutscher Gerichte. Für vorher im Memelland erlassene Urteile ist die Gegenseitigkeit als verbürgt anzusehen (PrJMBl. 21, 593). Für solche in Österreich er­ lassenen Urteile gilt dies nur nach Maßgabe der Art. 24 f. des Vertrages v. 6./3. 24 (RGBl. II 55, 91, 25 II 156), AusfBO. v. 26./4. 24 (RGBl. II 91), Jonas V 2 vor § 300. Für in den sudetendeutschen Gebieten vorher erlassene Urteile ist die Gegenseitigkeit verbürgt mit Ausnahme von Urteilen über den Personenstand. S. oben „Tschechoslowakei". Für im Gebiet von Danzig erlassene Urteile ist die Gegenseitigkeit nach HZPrA. und allgemein verbürgt (Erkl. v. 7./9. 21, PrJMBl. 464, ObG. Danzig, IW. 26, 1998, RG. 132, 193, für die in den Ostgebieten erlassenen Urteile nur für Kostenentscheidungen (s. oben „Polen"). Vgl. hierzu auch § 723 Anm. 3. 10 Einschließlich der Entscheidung über den Kostenpunkt, RG. 109, 387. Uber nicht vermögensrechtliche Ansprüche s. § 546 Anm. 1. Namentlich gehören hierher (ausländische) Ehescheidungsurteile. 11 Im Inland ein Gerichtsstand nicht begründet.— Ist z. B. ein ausländisches Urteil auf Scheidung der Ehe von ausländischen Eheleuten, von denen der Ehemann seinen Wohnsitz im Jnlande hat, erlassen und läßt das ausländische Recht die lex domicilii gelten, verweist es also auf das deutsche Recht zurück, so ist für den Scheidungs­ prozeß der deutsche Gerichtsstand des § 606 Abs. 1 gegeben und findet daher Abs. 2 des § 328 keine Anwendung. Ist aber nach den Gesetzen des Staates, dem der Ehe­ mann angehört, ein Gerichtsstand im Inland für den Scheidungsprozeß nicht be­ gründet (wie z. B. nach russischem Recht), so daß nach § 606 Abs. 4 eine Scheidungs­ klage im Inland nicht erhoben werden könnte, so ist zur Anerkennung des ausländi­ schen Scheidungsurteils nach Abs. 2 nicht erforderlich, daß die Gegenseitigkeit ver­ bürgt ist, W. 28, 109. 12 Sofern in einem ausländischen Staate zum Nachteile der deutschen Interessen anders verfahren werden sollte, kann das im § 24 EGZPO. vorgesehene Bergeltungsrecht zur Anwendung gebracht werden. Soweit durch Staatsvertrag die Frage der Anerkennung der Urteile anderweit geregelt ist, behält es hierbei sein Be­ wenden. Mot. 112. über den Gerichtsstand für die Scheidungsklage einer deutschen Frau beim Mangel eines inländ. Gerichtsstandes und die Anerkennung eines ausländi­ schen Urteils s. Art. 2 G. v. 24./1. 35 (RGBl. I 48), abgedruckt bei § 606 Anm. 6. 10. Verkündung und Zustellung der Beschlüsse und Verfügungen.

329 (294). (1) Die auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergehenden Beschlüsse l des Gerichts müssen verkündet werdend

Erster Abschnitt. Verfahren vor den Landgerichten. Zweiter Titel. Urteil. § 329.

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(2) Die Vorschriften der 88 309,310 finden auf Beschlüsse des Gerichts, die Vorschriften des § 312 und des § 317 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 auf Beschlüsse des Gerichts und auf Verfügungen des Dorfitzenden sowie eines beauftragten oder ersuchten Richters entsprechende Anwendung.^ (3) Nicht verkündete Beschlüsse des Gerichts und nicht verkündete Ver­ fügungen des Vorsitzenden oder eines beauftragten oder ersuchten Richters find den Parteien von Amts wegen zuzustellen. ES genügt jedoch, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, formlose Mitteilung, wenn die Ent­ scheidung weder der sofortigen Beschwerde oder der befristeten Er­ innerung gemäß § 577 Abs. 4 unterliegt noch einen BollstreüungStitel gegen die Partei bildet, eine Terminsbestimmung enthält oder eine Frist in Lauf fetzt.

Arb ei ts gerichtliches Verfahren: Die nicht auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergehenden Beschlüsse und Verfügungen erläßt, soweit nichts anderes bestimmt ist (z. B. im § 49 Abs. 1 ArbGG., vgl. § 45 ZPO.), der Vorsitzende allein. Dies gilt auch im Berufungs- und im Revisionsverfahren. §§ 53 Abs. 1, 64 Abs. 3, 72 Abs. 3 ArbGG. Zustellung wie nach der ZPO. 1 Beschlüsse.— über Einteilung der Entscheidungen in Verfügungen, Beschlüsse und Urteile s. Vordem. 1 vor § 300. Bei Beschlüssen steht es im Ermessen des Gerichts, inwieweit es das Parteivorbringen in den Gründen erörtern will, RG. 30, 338, OLG. 39, 65. Auch ist es nicht unbedingtes Erfordernis, daß Beschlüsse überhaupt mit Gründen versehen werden, IW. 00, 5o13, OÜG. 39, 65, außer, wegen Ermöglichung der Nachprüfung, wenn der Beschluß einem Rechtsmittel unterliegt, und abgesehen vom Fall des § 126 Abs. 2; aber Begründung ist meist anzuraten. 2 Verkündung nach mündlicher Verhandlung und ebenso bei Entscheidung nach Aktenlage (§ 251a). — Erst mit ihr treten Beschlüsse nach außen in Wirksamkeit, IW. 82, 94. Bis dahin können sie uneingeschränkt geändert werden. An die Stelle der Ver­ kündung tritt im Verfahren nach § 7 EntlVO. schriftliche Mitteilung. Beobachtung der Form des § 311 ist für die Verkündung nicht nötig (s. Abs. 2). 3 Anwendung von Vorschriften sttr Urteile. — § 309: Erlassung des Beschlusses nur durch die Richter, die der Verhandlung beigewohnt haben; § 310: Verkündung in dem Termin selbst oder in einem sofort anzuberaumenden Verkündüngstermine; § 312: Wirksamkeit der Verkündung von der Anwesenheit der Parteien nicht abhängig; § 317 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3: Zustellung auf Betreiben der Parteien, vor Ver­ kündung keine Ausfertigungen usw., Herstellung der Ausfertigungen. — § 315 findet auf Beschlüsse keine Anwendung; es genügt Unterzeichnung durch zwei Richter. S. die Nachweise in § 315 Anm. 1. Auch § 318 ist insofern nicht anwendbar, als das Gericht regelmäßig seine Beschlüsse, solange es noch mit der Sache befaßt ist, abändern darf, RG. 37, 383. Ausnahmen davon bilden die Fälle eines die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 233) bewilligenden Beschlusses (soweit ein solcher zulässig [statt Urteil: §§ 519b, 554a]), RG. 125, 71, der sofortigen Beschwerde (§ 577 Abs. 3), der Entmündigungsbeschlüsse (§§ 659, 663, 664) und der Berweisungsbe­ schlüsse nach §§ 276, 506. Nicht anwendbar ist ferner § 320 (Tatbestandsberichtigung). Wohl aber ist anwendbar: § 308 (Bindung an Parteianträge), über die Kosten ist von Amts wegen zu entscheiden, soweit der Beschluß nicht Bestandteil eines anhängigen Verfahrens ist, Jonas I 1; § 319 (Berichtigung von Schreibfehlern), § 319 Anm. 2; auch § 321 (Ergänzung), IW. 25, 1808, Jonas II 2 (a. M. IW. 98, 5015), ferner § 322 (Rechtskraftwirkung), s. dort Anm. 1, und § 328 (ausländ. Beschlüsse), s. dort Anm. 2. 4 Nicht verkündete Beschlüsse und Verfügungen, Zustellung von Amts wegen.— Die Fassung des Abs. 3 beruht auf VO. v. 17./6. 33 (RGBl. I 394). Danach sind nicht verkündete Beschlüsse des Gerichts und nicht verkündete Verfügungen des Vor­ sitzenden oder eines beauftragten oder ersuchten Richters den Parteien grundsätzlich von Amts wegen zuzustellen. Ausnahmsweise genügt aber formlose Mitteilung, soweit das Gesetz nicht im Einzelfall Zustellung vorschreibt (z. B. §§ 104 Abs. 1 Satz 3, 519 a, 553 a Abs. 2, 554 Abs. 5), wenn die Entscheidung weder der sofortigen Beschwerde oder der befristeten Erinnerung gemäß § 577 Abs. 4 unterliegt, noch einen Voll-

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A. II. Zivilprozeßordnung. Zweites Buch. Verfahren in erster Instanz,

streckungstitel gegen die Partei bildet (§ 794), noch eine Terminsbestimmung enthält, noch eine Frist in Lauf setzt. Wo hiernach Zustellung vorgeschrieben ist, genügt formlose Mitteilung einer einfachen Abschrift oder fernmündliche Nachricht nicht, insbes. nicht, um eine Frist in Lauf zu setzen, RG. 137, 270. Einen Vollstreckungstitel bildet und der förmlichen Zustellung bedarf daher z. B. der Beschluß, durch den die Berufung auf Kosten des BerufKlägers als unzulässig verworfen wird, RAG. 15, 65. Der Beschluß, durch den das Armenrecht für die Berufungsinstanz nach Ablauf der Berufungsfrist bewilligt wird, bedarf förmlicher Zustellung, da damit die Frist des § 234 Abs. 1 in Lauf gesetzt wird, RG. 147, 154. Bei bloß formloser Mitteilung gilt der Beschluß als nicht erlassen, RG. 147,156, W. 37, 82. Dasselbe gilt für die Bewilli­ gung des Armenrechts für die Restitutionsklage nach Ablauf der Frist des § 586, IW. 37,142982. Dagegen wird durch die Verfügung, durch die die Berufungs- oder Revisions­ begründungsfrist verlängert wird (§§ 519 Abs. 2, 554 Abs. 2) keine Frist in Lauf ge­ setzt, da der Beginn der neuen Frist gesetzlich durch § 224 Abs. 3 bestimmt ist. Diese Verfügung bedarf daher nicht der Zustellung, RG. 156, 385. Grundsätzlich (aber zahl­ reiche Ausnahmen) hat Zustellung oder Mitteilung an beide Parteien zu erfolgen. So z. B. bei Kostenfestsetzungsbeschlüssen, § 104 Abs. 1. Beschlüsse, durch die gemäß § 36 vom höheren Gericht das zuständige Gericht bestimmt wird, sind von dem bestimmenden Gericht nur dem Antragsteller zuzustellen, da der Gegner (Schuldner) an diesem ein­ seitigen Verfahren nicht (als Partei) beteiligt ist, RG. 125, 311. Bei abweisenden Be­ schlüssen genügt Zustellung oder Mitteilung an den Antragsteller allein, RG. 11, 404. — Wenn das Gericht nicht verkündete Beschlüsse nach ordnungsmäßiger Vollziehung zu den Akten und mit diesen zur Geschäftsstelle gelangen läßt, gibt es zu erkennen, daß die Entscheidung mitteilungsreif sei, und gibt zugleich die Anweisung, daß sie mitzuteilen sei; die Mitteilung selbst erfolgt durch die Geschäftsstelle, und zwar durch Zustellung (§ 209), RG. 90,297, oder formlos. — Eine erforderliche Ladung ist gleichzeitig von Amts wegen zu erlassen. Begr. 159, Pr. 125. — Zustellung von Partei wegen ist unwirk­ sam, insbesondere wird durch sie eine Frist für die Anfechtung des Beschlusses nicht in Lauf gesetzt, RG. 3, 376, IW. 00, 1623. — Die Zustellung wird durch Übergabe einer beglaubigten Abschrift (nicht einer Ausfertigung) des Beschlusses bewirkt, Gr. 45,1122, auch § 170 Anm. 1. — Ausnahmen (Zustellung auf Betreiben der antragstellenden Partei): §§ 491 (Beschluß zur Sicherung des Beweises), 829 Abs. 2 (Forderungs-, Pfändungsbeschluß), 922 Abs. 2, 936 (Arrestbefehl, einstweilige Verfügung). — Ander­ seits werden auch verkündete Beschlüsse von Amts wegen zugestellt in den Fällen der §§ 659, 678, 683, 685 (Beschlüsse in Entmündigungssachen), ferner im Konkurs­ verfahren: § 73 Abs. 2 KO. Vgl. auch §§ 141 Abs. 2 (Ladung der Partei von Amts wegen bei Anordnung persönlichen Erscheinens), 251a Abs. 1, 2 (Bekanntgabe eines Verkündungstermins oder eines neuen Verhandlungstermins beim Ausbleiben beider Parteien). — Nicht verkündete Beschlüsse oder Verfügungen erhalten erst mit der Zustellung oder, soweit sie zugelassen ist, formlosen Mitteilung Bestand und Geltung nach außen; bis dahin können sie zurückgenommen, abgeändert, vernichtet werden, RG. 96, 351. Gleiches gilt von Verfügungen des Vorsitzenden, RG. 96, 351, Gr. 65, 247. Die formlose Mitteilung wird aber nicht erst dann wirksam, wenn sie der Empfänger erhält, sondern bereits in dem Zeitpunkt, in dem sie von dem zuständigen Beamten der Geschäftsstelle zur Mitteilung an den Empfänger in den Ausgang ge­ geben wird, RG. 156, 390. — Ein in der mündlichen Verhandlung über die Hauptsache verkündeter Beschluß auf Ablehnung des Armenrechts, nachdem darüber verhandelt, bedarf nicht der Zustellung, OLG. 29, 135. Ein Beschluß bedarf auch dann nicht der Zustellung, wenn er mangels einer voraufgegangenen mündlichen Verhandlung un­ zulässigerweise verkündet worden ist, IW. 25, 819.

Dritter Titel. VrrsAumnt,urteil. Vorbemerkung. Ein -egen eine auSbleibende oder nicht verhandelnde (§ 333) Partei ergehendes Urteil ist in der Regel ein Versäumnisurteil, RG. 35, 345. Dies auch dann: wenn der im Verhandlungstermine nicht erschienene RechtSmittelkläger, der das Rechtsmittel zurückgenommen hat, des Rechtsmittels für verlustig erklärt wird,

Erster Abschn. Verfahren vor den Landgerichten. Dritter Titel. Versäummsurteil.

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RG. 6, 364, oder sein Rechtsmittel für unzulässig erachtet und daher verworfen wird, da die Verwerfung eines Rechtsmittels als unzulässig (nicht nur durch kontradiktorisches Urteil, sondern) auch durch Versäumnisurteil erfolgen kann und gegebenenfalls er­ folgen mutz, RG. 50, 386, Gr. 61, 826, s. unten; wenn beim Ausbleiben deS Beklagten und Berufungsbeklagten unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung nach dem Klagantrage erkannt wird, RG. 10, 403; wenn die Klage deS ausgebliebenen Klägers wegen mangelnder Sicherheitsleistung abgewiesen wird, RG. 24, 433; wenn in Ehesachen in der höheren Instanz gegen den ausgevliebenen RechtSmittelkläger (sei er der Kläger oder der Beklagte) oder gegen den ausgebliebenen Kläger oder Wtderkläger und Rechtsmittelbeklagten ein Urteil ergeht, RG. 28, 394, 35, 34b. Aus­ nahmen : § 618 Abs. 5 (in Ehesachen kein VersäumntSurteil gegen den Beklagten), Anm. 6 dort. Vgl. ferner § 331 Anm. 5 (kontradiktorisches Urteil gegen den Kläger trotz Ausbleibens des Beklagten). Nach § 331a kann die allein erschienene Partei statt eines Versäumntsurtetls eine Entscheidung nach Lage der Akten beantragen. — Über die Anfechtung eines Urteils, das als Versäumnisurteil statt als kontradikto­ risches Urteil hätte ergehen müssen und umgekehrt, s. Vordem, vor § 511. — Ein Versäumnisurreil kann nicht nur über die materielle Sachlage, sondern auch über ’eine prozessuale Tatsache ergehen (z. B. auf Verwerfung eines Rechtsmittels wegen Unzulässigkeit, wenn das Rechtsmittel unstatthaft oder nicht frist- oder form­ gerecht eingelegt ist), RG. 50, 386, Gr 61, 826, s. oben. Autzer dem 3. Titel enthalten Bestimmungen über das Bersäumnisurteil: §§ 158 (Entfernung aus der Sitzung, Untersagung des Vortrags: gleich Versäumung), 233 Abs. 2 (Unkenntnis des Bersäumnisurteils Wiedereinsetzungsgrund), 238 Abs. 2 (Unzulässigkeit des Einspruchs seitens der die Wiedereinsetzung beantragenden Partei), 239 Abs. 4 (Nichterscheinen der Rechtsnachfolger nach Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens), 311 (Verkündung), 313 Abs. 3, 317 Abs. 4 (abgekürzte Urteilsform und deren Ausfertigung), 349 Nr. 4 (Erlaß durch den Einzelrichter), 508 Abs. 1 (Zu­ stellung im amtsgerichtlichen Verfahren), 513 Abs. 2 (Berufung gegen ein zweites Bersäumnisurteil), 542, 566 (Versäumnisverfahren in der Berufungs-, Revisions­ instanz), 600 Abs. 3 (Urkundenprozetz-Nachverfahren), 618 Abs. 2, 5 (Versäumnis­ urteil gegen den Beklagten in Ehesachen unzulässig), 635 (Bersäumnisurteil gegen den Kläger bei einer Ehenichtigkeitsklage), 670, 679, 684, 686 (kein Bersäumnisurteil gegen den Beklagten in Entmündigungssachen), 700 (Einspruch gegen einen Boll­ streckungsbefehl), 708 Nr. 3 (Versäumnisurteile sind ohne Antrag für vorläufig voll­ streckbar zu erNären), 881 (Nichterscheinen des widersprechenden Gläubigers im Ber­ teilungsverfahren). — Vgl. § 127 Anm. 2 darüber, datz der Erlaß eines Bersäumnis­ urteils gegen eine arme Partei, der im Anwaltsprozeß ein Anwalt beigeordnet ist, dann ausgeschlossen ist, wenn der bestellte Anwalt an der Vertretung der Partei rechtlich oder tatsächlich verhindert und ein neuer Anwalt noch nicht beigeordnet ist. — Weitere Vorschriften über Säumnis s. § 251a (Entsch. nach Aktenlage), § 272 a (nachgereichte Schriftsätze). Gebühren: des Gerichts nach §§ 1, 20 Nr. 3 GKG. gebührenfrei, da nicht auf Grund streitiger Verhandlung ergangen (durch Prozeßgebühr [§ 20 Nr. 1) ab­ gegolten); des Anwalts §§ 13 Nr. 1, 16, 27 GebORA. (volle Prozeßgebühr, 6/10 der Berhandlungsgebühr). 1. Voraussetzungen und Erlaß. Allgemeine Voraussetzungen für Erlaß eines Bersäumnisurteils sind: ein zur mündlichen Verhandlung bestimmter Termin (im Falle der Beweis­ aufnahme vor dem Prozeßgericht beginnt die Verhandlung erst nach deren Beendi­ gung); Nichterscheinen oder Nichtverhandeln (§§ 333,158) bis zum Schlüsse der münd­ lichen Verhandlung (§ 220 Abs. 2); die ausgebliebene Partei muß ordnungsmäßig zum Termin geladen sein (§ 335 Abs. 1 Nr. 2) oder selbst geladen haben (§ 335 Anm. 4) oder es muß der Termin ordnungsmäßig verkündet sein; die Prozeßvoraussetzungen (Vordem, vor § 253), die von Amts wegen zu prüfen sind (§ 274 Anm. 1), müssen vorhanden sein; es mutz vom Gegner ein Antrag auf Bersäumnisurteil gestellt werden (§§ 330, 331). Verschulden ist zum Eintritt der Säumnisfolgen nicht Voraussetzung. — über Erfordernisse der totalen Säumnis und der Merkmale für die Unter­ scheidung des Bersäumnisurteils vom kontradiktorischen Urteil s. Vordem./

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A. II. Zivilprozeßordnung. Zweites Buch. Verfahren in erster Instanz.

a) Versäumnisurteil gegen den Kläger.

330 (295). Erscheint der Kläger im Termin zur mündlichen Ver­ handlung nicht, so ist auf Antrag1 das Bersäumnisurteil dahin zu erlassen, daß der Kläger mit der Klage adzuweisen fei3 1 Ohne Antrag kein Versäumnisurteil, 91$. 28, 398, IW. 03, 65e. — Auch An­ trag nur bezüglich eines Teiles oder der Kosten zulässig, IW. 85, 6. — Vgl. § 335 Anm. 3 (NachWeisung der Klagezustellung). — Werden vom Beklagten keine Anträge zur Sache gestellt, so greift § 251a Platz. Auf Vertagung besteht kein Recht (§ 227). 2 Wirkung: Der eingeklagte Anspruch gilt als aberkannt, RG. 7, 397. Denn das klagabweisende BersUrteil ist eine der materiellen Rechtskraft fähige Sachentscheidung, und zwar auch dann, wenn es unter Verstoß gegen das Prozeßgeseh erlassen ist, z. B. gegen § 62 Abs. 1, RG. 132, 349. — Wenn das Fehlen von Prozeßvoraussetznngen (s. Vordem.), die von Amts wegen zu prüfen sind (z. B. nach § 56, vgl. RG. 1, 438), feststeht, kontradiktorisches Urteil (sog. unechtes Versäumnisurteil, Jonas II 3; a. M. RG. 50, 386, RAG. 14,16, Baumb. 1 B: echtes Versäumnisurteil) auf Klagabweisung. So, wenn ein Mangel der Legitimation des gesetzlichen Vertreters des Klägers vom Beginne des Prozesses an vorhanden gewesen und auch nicht zu beheben ist und im Verhandlungstermine der vermeintlich gesetzliche Vertreter oder sein Prozeß­ vertreter nicht erscheint, OLG. 26, 285 (hinsichtlich der Parteibezeichnung und der Kosten vgl. § 56 Anm. 6). Ist der Mangel behebbar oder fehlen die Voraussetzungen des Versäumnisverfahrens, so Zurückweisung des Antrags nach § 335. Ob Sach- oder Prozeß­ abweisung erfolgt, muß wegen der Rechtskraftwirkung klar ersichtlich fein. Der Beklagte kann auch nach § 506 Verweisung beantragen. — Über Versäumnisurteil auch bei Zurück­ nahme oder Unzulässigkeit eines Rechtsmittels s. Vordem. b)

Versäumnisurteil gegen den Beklagten.

331 (296).* (1) Beantragt * der Kläger gegen den im Termin zur münd­ lichen Verhandlung nicht erschienenen3 Beklagten das Versäumnisurteil, so ist das tatsächliche mündliche Vorbringen des Klägers als zugestanden an­ zunehmend (2) Soweit dasselbe den Klageantrag rechtfertigt, ist nach dem Antrag zu erkennens soweit dies nicht der Fall, ist die Klage abzuweisen.^ 1 Ohne Antrag ist Erlaß eines Versäumnisurteils unzulässig, RG. 28, 398, IW. 03, 65». Vgl. jedoch Vordem, vor § 330 (auf totaler Versäumnis beruhendes Urteil ist Bersäumnisurteil, auch wenn ein Antrag auf Erlaß eines solchen nicht gestellt war). — Beantragt der Kläger weder Versäumnisurteil noch Entscheidung nach Lage der Akten (§ 331a), so greift § 251a Platz. Ein Recht auf Vertagung besteht nicht (§ 227). — Bei nicht notwendigen Streitgenossen kann das Ergebnis ein verschiedenes sein, indem gegen einzelne von ihnen Versäumnisurteil ergeht, gegen andere ein kontradiktorisches, IW. 33, 1771«. 2 Beklagter nicht erschienen. — Es muß totale Versäumung vorliegen; sonst ist § 331 nicht anwendbar. Vordem, vor § 330. — Es kann aber (nach Ermessen des Gerichts [§ 301]) auch über einen quantitativen Teil des Klaganspruchs Versäumnis« urteil erlassen werden, wenn sich die Versäumnis (das Nichtverhandeln) nur auf diesen Teil bezieht, RG. 55, 3io, auch IW. 14, 938"; vgl. hierzu § 336 Anm. 1 (Unzulässig­ keit der Beschwerde gegen Ablehnung). 3 Das tatsächliche Vorbringen als zugestanden anzunehmen. — Diese Fiktion des Zugeständnisses greift nicht Platz hinsichtlich Rechtsfragen, von Amts wegen zu prüfender Prozetzvoraussetzungen (s. Vorbem. vor § 253); auch nicht bei Entgegen­ stehen offenkundiger Tatsachen (§ 291 Anm. 2). Ebenso nicht bei Behauptungen, die das Gericht für bewußt unwahr hält (§ 138 Abs. 1), IW. 38,1385*. Es gilt jedoch die Fiktion * Kriegsrecht: Uber Bewilligung von Zahlungsfristen aus Antrag des Beklagten auch im Versäumnisverfahren vgl. § 1 Abs. 2 Sah 2 VO. v. 7./10. 39, abgedruckt in Anh. IV 5 hinter GVG.

Erster Abschn. Vers. v.d. Landger. Dritter Titel. Versäumnisurt.' AA 33V—331a«

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auch für die zur Begründung der sachlichen oder örtlichen Zuständigkeit vorgebrachten Tatsachen, soweit nicht ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist. Vgl. aber § 38 Anm. 4 (keine stillschweigende Vereinbarung des Gerichtsstandes bei Ausbleibendes Be­ nagten). Vorausgesetzt ist rechtzeitig milgeteiltes tatsächliches Vorbringen (§ 335 Nr. 3). 4 Bersäumnisurteil nach Klagantrag. — Vorausgesetzt, daß nicht unverzicht­ bare Prozeßvoraussetzungen fehlen und dem Mangel nicht abgeholfen werden kann; sonst Abweisung durch Prozeßurteil (unechtes Versäumnisurteil) oder Zurückweisung des Antrages auf Bersäumnisurteil (§ 335 Nr. 1); in Fällen der §§ 276, 506 auf An­ trag Verweisung an das zuständige Gericht. — Eine inzwischen (§ 332) erfolgte Be­ weisaufnahme bleibt unberücksichtigt. § 332 Anm, 3. Kosten: § 344 und § 93 Anm. 3. — Bersäumniszwischenurteile sind nur zulässig, wenn es sich um einen Zwischen­ streit in den Fällen der §§ 347 Abs. 2, 239 Abs. 4 handelt, RG. 36,428, OLG. 21, 86. Ein Bersäumnisurteil dahin, daß ein Anspruch (nur) dem Grunde nach für gerecht­ fertigt erklärt werde (8 304), ist unzulässig, RG. 36, 428, vgl. § 542 Anm. 5 (auch in der Berufungsinstanz unzulässig). — Nach § 708 Nr. 3 sind Bersäumnisurteile auch ohne Antrag in allen Fällen ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreck­ bar zu erklären. 5 Klagabweisung trotz Säumnis des BeNagten. — Sog. einseitig kontradikto­ risches Urteil oder unechtes Bersäumnisurteil, gegen das dem Kläger (BerufungsNäger) nicht der Einspruch, sondern nur die Berufung (Revision) -usteht, RG. 78,400. Wenn also in 2. Instanz trotz Ausbleibens des Berufungsbeklagten die Berufung zurück­ gewiesen wird, steht dem BerufungsNäger gegen das Urteil die Revision zu (sofern die sonstigen Voraussetzungen für die Revision gegeben sind), RG. 78, 4oo. — Ist in 2. Instanz Bersäumnisurteil gegen den Kläger, aber auf Verurteilung des Beklagten ergangen, so kann BeNagter dagegen Revision einlegen und, wenn Kläger seinerseits Einspruch eingelegt hat und das Bersäumnisurteil aufrechterhalten ist, Revision auch gegen dieses Urteil einlegen. Für daS Revisionsgericht kommt nur das letztere UrteU in Betracht, IW. 03, 15410.

c) Entscheidung nach Aktenlage.

331a.1 Beim Ausbleiben- einer Partei im Termin zur mündlichen Verhandlung kann der Gegner statt eines Versäumnisurteils eine Ent­ scheidung nach Lage der Akten beantragen;* dem Antrag ist zu entsprechen/ wenn der Sachverhalt für eine derartige Entscheidung hinreichend geklärt erscheint* Die Vorschriften des § 251a Abs. 1 Satz 2 bis 4 finden ent­ sprechende Anwendung? 1 Durch die VO. v. 13./2. 24 ist § 331a eingefügt, wonach die allein erschienene Partei statt eines Versäumnisurteils Entscheidung nach Lage der Akten beantragen kann. Der Antrag bedarf als Prozeßbitte (nicht Sachantrag) keiner Verlesung, RG. 159, 360. — Nach § 336 Abs. 2 ist die Ablehnung dieses Antrags unanfechtbar. — Es müssen, wie beim Bersäumnisurteil (Vorbem. vor § 330), die Prozeßvoraussetzungen vorliegen; sonst wie § 330 Anm. 2, § 331 Anm. 4. 8 Ms ansgeblieben kann eine Partei nur gelten, wenn sie nicht erschienen ist, wiewohl sie ordnungsmäßig -um Termin geladen war oder sie selbst geladen hatte oder der Termin verkündet (§ 332), also nach § 218 ihre Ladung nicht erforderlich war. S. Vordem, vor § 330. — Dem Ausbleiben steht ein Nichtverhandeln im Termine gleich (§ 333). 3 Wenn dem Antrag auf Entscheidung nach Lage der Akten nicht stattgegeben wird, kann die allein erschienene Partei nunmehr Erlaß eines Versäumnisurteils beantragen. Es können aber auch beide Anträge in der Weise miteinander verbunden werden, daß in erster Linie Entscheidung nach Lage der Akten, Hilfsweise Erlaß eines Versäumnisurteils beantragt wird. Ersterer Antrag ist allgemein auf Ent­ scheidung nach Lage der Akten zu stellen; unzulässig sind Einschränkungen und Be­ dingungen, wie etwa auf Erlaß eines Beweisschlusses oder eines dem Antrag­ steller günstigen Urteils. — Wird keiner von beiden Anträgen gestellt, so greift § 251a Platz. Zivilprozeßordnung.

22. Aufl.

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A. II. Zivilprozeßordnung. Zweites Buch. Verfahren in erster Instanz.

4 Dem Antrag ist zu entsprechen. — Während nach § 251a Abs. 1 es im freien Ermessen des Gerichts steht, ob eine Entscheidung nach Lage der Akten zu erlassen ist oder nicht, muß hier dem Antrag entsprochen werden, wenn der Sachverhalt für eine derartige Entscheidung hinreichend geklärt erscheint. Die Partei hat zu erwägen, ob es zweckmäßig ist, den Antrag zu stellen. Der Antrag ist zurückzuweisen, wenn es an einer Voraussetzung dafür fehlt (§ 335). 5 Wenn hinreichend geklärt für eine derartige Entscheidung. — Dadurch soll eine sichere Grundlage für die Beantwortung der Frage gegeben werden, ob sich der Streitstoff 'zum Erlaß eines die Instanz endgültig abschließenden Urteils eignet, RG. 132, 335. — Die Entscheidung braucht nicht ein Urteil zu sein. Sie kann auch zuungunsten des Antragstellers ergehen, Anm. 6. — Z. B. ist der Sachverhalt dann nicht hinreichend geklärt und daher eine Entscheidung nach Lage abzulehnen, wenn auf ein erhebliches, in einem Schriftsatz enthaltenes Vorbringen der erschienenen Partei von dem ausgebliebenen Gegner noch keine Erklärung in einem Schriftsatz abgegeben ist. Die Fiktion des Zugeständnisses der Behauptungen der erschienenen Partei, wie beim Versäumnisurteil (§ 331 Abs. 1), greift auch hier, wie im Falle des § 251a Abs. 1 (s. dort Anm. 5), nicht Platz. K Anwendung des § 251» Abs. 1 Satz 2—4. — Nicht auch des § 251 a Abs. 2 (neuer Termin oder Ruhen des Verfahrens, wenn nicht Aktenlageentscheidung ergeht). Daher kann das Gericht, wenn es Aktenlageentscheidung ablehnt, nicht Ruhen des Verfahrens anordnen. Ist auch nicht Hilfsweise Versäumnisurteil beantragt, so hat es nach allgemeinen Prozeßleitungsgrundsätzen neuen Termin zu bestimmen. — Die Entscheidung nach Lage der Akten kann z. B. ein Bcweisbeschluß oder ein Urteil sein. Über die auf letzteres entsprechend anzuwendenden Sätze 2—4 des § 251a Abs. 1 (Voraussetzung streitige Verhandlung in einem früheren Termin; Bekannt­ gabe eines Verkündungstermins an die ausgebliebene Partei; Unterbleiben der Verkündung, wenn die ausgebliebene Partei dies vor dem Verkündungstermin be­ antragt und ihr schuldloses Ausbleiben glaubhaft macht) sowie darüber, inwieweit bei der Entscheidung die Schriftsätze der Parteien und etwaige Beweisergebnisse zu berücksichtigen und welche Wirkungen damit verbunden sind, vgl.§ 251a Anm. 5 bis8.— Die Vorschrift des § 331a gilt auch in der Berufungs- und der Revisionsinstanz (§§ 542 Abs. 1, 557). Soll in höherer Instanz ein Urteil nach Lage der Akten erlassen werden, so muß in einem früheren Termin der nämlichen Instanz der Streitstoff zum Vortrag gebracht worden sein, damit dem Gericht eine sichere Grundlage für die Beantwortung der Frage geboten ist, ob sich die Sache nunmehr ohne nochmalige Verhandlung zum Erlaß eines die Instanz endgültig beendigenden Urteils eigne, eine (streitige) mündliche Verhandlung in einer früheren Instanz genügt nicht, W. 24, 194. — Die Vorschrift des Satzes 2 paßt aber nicht und ist nicht anwendbar in Fällen, in denen es einer mündlichen Verhandlung nicht bedarf, z. B. wenn das Beruf.- oder RevisGericht es gemäß §§ 519b, 554a für angezeigt hält, ohne solche zu entscheiden, RG. 159,361. — über den Fall, daß der in 1. Instanz abgewiesene Kläger in der Schluß­ verhandlung 2. Instanz einen erweiterten Klagantrag verliest, dann aber erklärt, nicht mehr aufzutreten, vgl. IW. 30, ui«. - Gebühren: des Gerichts § 21 GKG. (volle Urteilsgebühr [§ 20 Nr. 3]); des Anwalts §16 GebORA. und § 13 Nr. 1, 2 (volle Prozeß- und Verhandlungsgebühr für den Anwalt der die Entscheidung nach Lage der Akten beantragenden Partei). Begriff des Säumnisverhandlungstermins.

83*3 (297). Als Verhandlungstermine im Sinne der vorstehenden Para­ graphen find aurt) diejenigen Termine anzuseben, auf welche die mündliche Verhandlung vertagt ist,1 oder welche zur Fortsetzung? derselben vor oder nach dem Erlaß eines Beweisbeschlusses bestimmt find? 1 §§ 227, 335, 337. 2 §§ 136, 370. 3 § 332 bezieht sich nur auf das Versäumnisverfahren nach §§ 330, 331 und findet nur auf echte Versäumnisurieile gegen die säumige Partei Anwendung. Es kann nicht auf die Fortsetzung der Verhandlung seitens einer erschienenen Partei allein eine kontra­ diktorische Entscheidung erfolgen, auch wenn die Partei dies beantragt, IW. 03, 65*.

Erster Abschn. Verf. v. d. Landger. Dritter Titel. Versäumnisurteil. ZA 332—334.

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Jedoch kann auf Antrag der erschienenen Partei eine Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 331a erlassen werden. — Eine inzwischen erfolgte Beweisaufnahme bleibt nach dem Grundsatz der Einheit der Verhandlung bei Erlaß eines Versäumnisurteils unberücksichtigt, IW. 03, 65«, desgleichen Geständnisse, Eidesleistungen; nur Urteile bleiben nach § 318 wirksam (jedoch gegen den säumigen Kläger nach Erlaß eines Zwischen­ urteils gemäß § 304 volles Versäumnisurteil, § 304 Anm. 7). Dagegen sind sie bei Er­ laß einer Entscheidung nach Lage der Akten zu berücksichtigen (s. § 251a Anm. 5, § 331a Anm. 6). Die frühere Verhandlung zur Hauptsache behält auch ihre Bedeutung für die Begründung der Zuständigkeit (§ 39), die Heilung von Mängeln der Klage (§ 253 Anm. 1) und für den Verlust prozeßhindernder Einreden (§ 274). — Ist ein Termin zur Beweis­ aufnahme vor dem Prozeßgericht und zugleich zur Fortsetzung der mündlichen Verhand­ lung anberaumt, so kann ein Versäumnisurteil nur ergehen, nachdem die Beweisauf­ nahme stattgefunden hat (§ 367); ist aber der Termin auf den Einspruch der säumigen Partei gegen ein sie betreffendes Versäumnisurteil anberaumt worden, so ist Versäumnis­ urteil auf Verwerfung des Einspruchs (§ 345) ohne zuvorige Aufnahme des beschlossenen Beweises zulässig, IW. 14, 938".

Nichtverhandeln gleich Säumnis.

333 (298). Als nicht erschienen ist auch diejenige Partei anzusehen, welche in dem Termin zwar erscheint, aber nicht verhandelt-' 1 Als nicht verhandelnd ist auch die Partei anzusehen, die gemäß § 158 entfernt worden ist; ferner die, die wegen Nichtzahlung des Ausländer-Vorschusses nach § 85 GKG. nicht verhandeln darf, IW. 90,256*. Gleiches gilt von Nichtzahlung der Prozeßgebühr (§20 Nr. 1) nach § 74 Abs. 1, 2 GKG. (vgl. für die Berufungs- u. die Revisionsinstanz §§519 Abs. 6,554 Abs. 7), IW. 27,2471 (a. M. IW. 33,2713). — Vgl. § 334 Anm. 1 über Begriff des Verhandelns. Daraus ergibt sich, daß im § 333 völliges Nichtverhandeln gemeint ist. Auch diejenige Partei aber, die nur einen Sachantrag verliest, ohne ihn zu begründen, verhandelt nicht, OLG. 37, u2. Andererseits ist daraus allein, daß eine Partei keine Anträge stellt, nicht zu folgern, daß sie nicht verhandelt; vielmehr ist es Tatfrage, ob in dem Vorbringen einer Partei ein „Verhandeln" zu sehen ist, z. B. enthält das Vorbringen, daß sich die Parteien verglichen hätten, eine sachliche Einlastung und ist daher als ein Verhandeln anzusehen, OLG. 39, 55. Die Anwendung des § 333 kann sich auch auf einen Teil eines Anspruchs oder auf einen von mehreren Ansprüchen beschränken, wenn nur darüber nicht verhandelt ist. — Erklärt eine Partei nach streitiger Ver­ handlung, nicht weiter verhandeln zu wollen, so findet § 333 keine Anwendung, OLG. 39, 56. — Statt eines Versäumnisurteils kann bei Nichtverhandeln einer Partei der Gegner Entscheidung nach Lage der Akten beantragen. § 331a Anm. 2. — Verhandeln beide Teile nicht: § 251 a (Entscheidung nach Lage der Akten oder Anberaumung eines neuen Termins oder Anordnung des Rubens des Verfahrens). — Wird Versäumnisurteil beantragt, obwohl Säumnis nicht vorliegt, so ist der Antrag durch Beschluß nach § 336 zurückzuweisen oder bei Entscheidungsreife durch kontradiktorisches Urteil zu erkennen, wozu der Antrag auf Versäumnisurteil genügt, Jonas II, Baumb. 2. Wird umgekehrt kontradiktorisches Urteil beantragt, obwohl volle Säumnis vorliegt, so kann mangels Antrags darauf kein Versäumnisurteil ergehen, vielmehr ist der gestellte Antrag durch unanfechtbaren (§ 567) Beschluß zurückzuweisen, Baumb. 2 (a. M. Jonas II: nach § 251a zu verfahren).

Unvollständiges Verhandeln nicht gleich Säumnis.

334 (299). Wenn eine Partei in dem Termin verhandelt,' sich jedoch über Tatsachen,Urkunden^ oder Anträge aus Parteivernehmung" nicht erklärt, so finden die Vorschriften dieses Titels keine Anwendung." i § 137 Abs. 1. — Die Stellung der Anträge kann schon für sich allein ein Verhandeln zur Sache darstellen, sofern darin eine, wenn auch unvollständige Er­ widerung auf die sachlichen Auslastungen des Gegners enthalten ist, RG. 10, 392. In der Regel aber verhandelt eine Partei zur Sache noch nicht, wenn sie lediglich Sachanträge stellt, ohne sie zu begründen, § 333 Anm. 1. Wenn daher der RechtsuntteMäger nach dem Verlesen der Parteianträge sogleich die Vertagung beantragt 36*

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Ä. 11. Zivilprozeßordnung. Zweites Buch. Verfahren in erster Instanz.

und nach der Ablehnung dieses Antrags nicht weiter verhandelt, so hat eine Ver­ handlung des Rechtsmittelklägers zur Sacke noch nicht stattgefunden und kann des­ halb gegen ihn ein Versäumnisurteil nach § 333 erlassen werden, RG. 10, 386, IW. 94, 673< (vgl. aber auch RG. 85,o 87), oder eine Entscheidung nach Lage der Atten gemäß § 331 a (f. dort Anm. 2). Überhaupt ist, ob eine Partei verhandelt hat, nach dem Inhalt der von ihr abgegebenen Erklärungen und den sonstigen Umständen des einzelnen Falls zu beurteilen, RG. 31, 423, OLG. 27, ns, auch § 333 Anm. 1. Bet fortgesetzter Verhandlung vor denselben Richtern ist zur Annahme, daß ein Verhandeln im Sinne des § 334 stattgefunden hat, nicht die Wiederholung der Anträge erforderlich, RG. 31, 424. — Über Beginn der Verhandlung zur Haupt­ sache vgl. § 271 Anm. 2, § 274 Anm. 3. Über den Begriff streitige (kontradik­ torische) Verhandlung für die Gebührenberechnung vgl. § 137 Anm. 2. * § 138. • §§ 439, 510. 4 452, 455. 6 Die Folgen der unterbliebenen Erklärungen (vgl. §§ 138, 427, 439, 446, 510) sind in dem kontradiktorischen Urteil zu berücksichtigen. 2. Versagung des versUrt. u. d. Aktenlage-Entsch.

Fälle der Versagungspflicht.

335 (300). (1) 4 Der Antrag auf Erlassung eines Versäumnisurteils oder einer Entscheidung nach Lage der Akten ist zurückzuweisen:2 1. wenn die erschienene Partei die vom Gerichte wegen eines von Amts wegen zu berücksichtigenden Umstandes erforderte Nachweisung nicht zu beschaffen vermag;2 2. wenn die nicht erschienene Partei nicht ordnungsmäßig, insbesondere nicht rechtzeitig geladen nmr;4 3. wenn der nicht erschienenen Partei ein tatsächliches mündliches Vor­ bringen oder ein Antrag nicht rechtzeitig mittels Schriftsatzes mit­ geteilt war.2 (2) Wird die Verhandlung vertagt, so ist die nicht erschienene Partei zu dem neuen Termin zu laden.4 i Fassung nach VO. v. 13./2. 24. Ebenso wie ein Antrag auf Erlassung eines Versäumnisurteils ist, wenn die Partei statt eines VersäumnisurteilS Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 331 a beantragt, dieser Antrag bei Bor­ liegen einer der Gründe der Nr. 1—3 des Abs. 1 zurückzuweisen. Ferner ist das frühere Recht der erschienenen Partei, Vertagung und Anberaumung eines neuen Termins zu verlangen, beseitigt. Beantragt die erschienene Partei, nachdem ein von ihr gestellter Vertagungsantrag vom Gericht abgelehnt worden ist, weder Erlaß eines Versäumnisurteils noch Erlaß einer Entscheidung nach Lage der Akten, so steht es nach § 251a im Ermessen des Gerichts, eine Entscheidung nach Lage der Akten zu erlaßen oder einen neuen Verhandlungstermin anzuberaumen oder das Ruhen des Verfahrens anzuordnen. Vgl. auch § 337 (Vertagung von Amts wegen in den dort bezeichneten Fällen). 8 Zurückzuweifen. — Der Richter ist verpflichtet, schon vor Eintritt in die Verhandlung und vor Zulassung der erschienenen Partei zu dem Anträge auf Erlaß des Versäumnisurteils (oder einer Entscheidung nach Lage der Akten) zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Versäumuisverfahren überhaupt erfüllt sind, z. B. auch nach § 220, ob der Aufruf der Sache nach Eintritt der Terminsstunde erfolgt ist, W. 14, 82, auch 26, 139. — Die Zurückweisung erfolgt durch Beschluß (§ 336), der zu verkünden ist (§ 329 Abs. 1). Rechtsmittel dagegen sofortige Be­ schwerde, außer gegen Ablehn. d. Antr. auf AktenlEntsch. (§ 336). ® Rr. 1. Nachweisung e. v. Amts wegen zu berückstchttgenden Umstandes nicht beschaffbar. — Umstände dieser Art: §§ 56, 88 Abs. 2 (Parteifähigkeit, Prozeßfähtgkett, Legitimation eines gesetzlichen Vertreters, sowie Vollmacht deS Prozeßbevollmächttgten im Parteiprozeß), 341, 519b, 566, 589, 597 (Unzulässigkeit deS Einspruchs,

Erster Abschn. Vers, vor d. Landgerichten. Dritter Titel. Versäumnisurteil. § 335.

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der Berufung, Revision, Wtederaufnahmeklage, des Urkundenprozesies). — Dazu ge­ hört, auch beim Ausbleiben des Klägers, der Nachweis, daß die Klage zugesteüt ist, RG. 21, 876. Dieser Nachweis kann aber durch andere Beweismittel als durch die Zustellungsurkunde geführt werden, RG. 31, 433, IW. 98, 640. Im Amts­ gerichtsprozeß ist nach §§ 496 Abs. 1, 497 Abs. 1, 498 Abs. 1 der Nachweis aus den Akten zu entnehmen. Den Nachweis hat ohne Rücksicht auf Beweislast die Partei zu erbringen, die das Urteil begehrt, Jonas I 1, Baumb. 1 B (a. M. RG. 12, 364). — Vorausgesetzt wird im § 335 Nr. 1, daß noch die Mögliche, d. Beibringung d. fehlenden Nachweisung besteht. Ist d. Mangel unbehebbar, so ist nicht d. Antr. auf DersUrt. zurückzuweisen, sondern d. Klage durch einseitig kontradiktor. Urt. (unechtes Versäumnisurteil) abzuweisen (s. § 330 Anm. 2, § 331 Anm. 4). Ist AktenlEntsch. beantragt, so kann sogleich Beweis über d. fehlende Nachweisung erhoben werden. < Nr. 2. Säumige Partei nicht ordnungsmäßig geladen. — D. i. nicht nach Maß­ gabe der §§ 217, 262, 499, 520, 555, 604 Abs. 2, 3 (Ladungs- und Einlasiungsfristen im: Landgerichts-, Amtsgerichts-, Wechselprozeß). — Jedoch kann die Partei, die den Gegner ohne Einhaltung der Ladungsfrist (8 217) geladen hat, gegenüber dem gleich­ wohl erschienenen und zur Verhandlung bereiten Gegner nicht den Einwand erheben, daß sie selbst nicht rechtzeitig geladen sei, RG. 86, 140. Dieser Unterschied zwischen ladender und geladener Partei ist für die Einlegung der Rechtsmittel (Berufung, Revision) und des Einspruchs nicht dadurch beseitigt, daß nach den Nov. v. 5./6. 05 und v. 1./6. 09 (88 340 a, 520 Abs. 1, 555 Abs. 1) bei dieser Einlegung nicht mehr eine Ladung im Parteibetriebe, sondern eine Bekanntmachung des Termins vom Amts wegen stattfindet. Daher ist gegenüber derjenigen Partei, welche Einspruch gegen ein Versäumnisurteil eingelegt hat, Erlaß eines Versäumnisurteils (auf Verwerfung des Einspruchs, 8 345) auf Antrag des erschienenen Gegners auch dann zulässig, wenn zwischen dem Termin und besten Bekanntmachung von Amts wegen die Ladungsfrist nicht eingehalten ist, RG. 86, 139. Gleiches gilt im (erstinstanzlichen) Amtsgerichtsprozeß (vgl. 8 497 Abs. 1) hinsichtlich des Erlasses eines Versäumnisurteils (oder einer Entscheidung nach Lage der Akten) gegenüber dem ausgebliebenen Kläger. — War eine Ladung nicht erforderlich, wie nach § 218 (in e. früheren Termin, zu dem ordnungsm. geladen war, verkündeter Termin), so findet Nr. 2 keine Anwendung. 6 Nr. 3. Tatsächliches Vorbringen oder Antrag nicht rechtzeitig mitgeteilt. — Gilt nur bei Säumnis d. Beklagten, Einspruchs- oder NechtsmittBekl., da es dem Klüger, Einspr.-, Rechtsm.-Kl. gegenüber eines tatsächl. Vorbringens oder Sachantrags z. Er­ langung e. VerMrt. nicht bedarf. Ferner nur, wenn es sich um Vorbringen handelt, das für Erlast, d. VersUrt. wesentlich ist. — Rechtzeitig: §§ 132, 262, 272, RG. 88, 67. Jedoch § 262 nicht bei schon rechtshängigen Sachen, RG. 15, 392. über Rechtzeitigkeit der Mitteilung im Falle des Erlöstes eines Urteils nach Lage der Akten s. unten. — Der Antrag auf Erlaß des Versäumnisurteils (oder einer Ent­ scheidung nach Lage der Akten) braucht natürlich nicht vorher mttgeteilt zu sein, RG. 31, 404. Wohl aber der Antrag des Rechtsmittelklägers; der nur die Rechtsmitteleinlegung, nicht auch einen Antrag enthaltende Schriftsatz genügt nicht, RG. 88, 67. Der Mittei­ lung eines Antrags auf Vollstreckbarkeitserklärung bedarf es nicht (wie früher), da (nun) nach § 708 Nr. 3 alle Versäumnisurteile auch ohne Antrag für vorläufig vollstreck­ bar zu erklären sind und im Falle des Erlasses eines Urteils nach Lage der Akten dieses ohne Antrag entweder gemäß § 708 oder § 709 ohne Sicherheitsleistung oder gemäß §710 S. 1 gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären ist. — Über die notwendige Form eines zugestellten Klagenachtrages vgl. OLG. 19, 108. — Die Mitteilung mittels Schriftsatzes ist nicht erforderlich, wenn der Gegner von dem Vorbringen bereits in einer früheren Verhandlung Kenntnis erlangt hat und dies aus dem Sitzungsprotokoll ersichtlich oder dem Gericht sonstwie erinnerlich ist, OLG. 27, 95. — § 335 Nr. 3 findet auch in Ehesachen zugunsten desjenigen Ehegatten, welcher als Beklagter oder in der Berufungs. instanz als Beklagter und zugleich Berufungsbeklagter im Verhandlungstermin nicht erschienen ist, entsprechende Anwendung, wiewohl nach § 618 Abs. 5 ein Versäumnis­ urteil gegen den nichterschienenen Beklagten nicht erlassen werden darf. Die ent­ sprechende Anwendung führt dahin, daß, wenn dem Beklagten (und Berufungs-

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beklagten) ein tatsächliches mündliches Vorbringen oder ein Antrag nicht rechtzeitig (s. oben) mitgeteilt war, auch ein sog. einseitig kontradiktorisches Urteil (unechtes Ver« säumniSurteU) gegen den ausgebliebenen Beklagten nicht zu erlassen ist, RG. 88, gg. — Im Falle des Erlasses eines Urteils nach Lage der Akten ist eine schriftsützliche Mit­ teilung neuen Vorbringens der erschienenen Partei, falls darauf bereits eine Gegen­ erklärung von der ausgebliebenen Partei in einem Schriftsatz abgegeben worden ist, auch dann als rechtzeitig im Sinne des § 335 Nr. 3 zu erachten, wenn die Fristen des $ 132 nicht gewahrt sind. Liegt aber eine Gegenerklärung noch nicht vor und ist das Vorbringen für die zu erlasiende Entscheidung erheblich, so kann ein Urteil nach Lage der Akten nicht erlassen werden (f. § 331a Anm. 5), auch nicht gegen den Kläger. 6 Vertagung, Ladung der säumigen Partei. — Vertagung nach Ermessen d. Gerichts, aber nur aus erheblichen Gründen (§ 227 Abs. 1, 3). Das Erfordernis der Ladung ist Ausnahme von §§ 218, 312 Abs. 1 (zu verkündeten Terminen Ladung der Parteien nicht erforderlich). — Diese Ausnahme und die gleiche im § 337 Satz 2 find auf andere Fälle nicht auszudehnen. Insbesondere findet Abs. 2 § 335 nur dann Anwendung, wenn das Gericht den Antrag auf Erlaß eines Versäumnis­ urteils (oder einer Entscheidung nach Lage der Akten) gemäß Abs. 1 § 335 zurück­ gewiesen hat und sodann auf Antrag der erschienenen Partei oder von Amts wegen (s. oben) vertagt worden ist (s. Anm. 1 darüber, daß die Partei kein Recht auf Ver­ tagung hat). In diesem Falle muß die erschienene Partei (im Parteiprozeß die Ge­ schäftsstelle, § 497 Abs. 1) die nicht erschienene zu dem neuen Termine laden; andern­ falls kann sie in diesem Termin ein Versäumnisurteil (oder eine Entscheidung nach Lage der Akten) nicht beantragen, RG'. 41, 355 (vgl. jedoch 23, 369). Desgleichen ist der Ausnahmefall des § 337 Satz 2 nur dann gegeben, wenn das Gericht aus den im § 337 angegebenen Gründen die Verhandlung über den Antrag auf Erlaß des Versäumnisurteils (oder einer Entscheidung nach Lage der Akten) von Amts wegen vertagt, RG. 41, 355. Wenn dagegen lediglich einem Antrag der erschienenen Partei auf Vertagung des Termins stattgegeben oder v. Amts wegen vertagt wird, ohne daß die Voraussetzungen des § 335 oder des § 337 vorliegen und ohne daß überhaupt ein Antrag auf Erlaß des Versäumnisurteils (oder einer Entscheidung nach Lage der Akten) gestellt ist (s. Anm. 1 a. E.), so ist eine Ladung zu dem ver­ kündeten neuen Termin nicht erforderlich, vielmehr kann in diesem Termin auch ohne Ladung von der früher erschienenen Partei gegen den wiederum nicht erschienenen Gegner Versäumnisurteil (oder eine Entscheidung nach Lage der Akten) beantragt werden, RG. 41, 355, W. 25, 139, auch § 218 Anm. 4. Anfechtung der Versagung.

336 (301). (1) Gegen den Beschluß, durch welchen der Antrag auf Erlassung des Versäumnisurteils zurückgewiesen wird/ findet sofortige Be­ schwerde statt2 Wird der Beschluß aufgehoben, so ist die nicht erschienene Partei zu dem neuen Termin nicht zu laden.2 (2) Die Ablehnung eines Antrags auf Entscheidung nach Lage der Akten ist unanfechtbar6 1 Gegen znrückweifenden Beschluß. — Gleichviel, ob er ergeht auf Grund des § 335 oder aus anderen Gründen (z. B. weil der nach Unterbrechung das Verfahren Aufnehmende, der gegen den Gegner Dersäumnisurteil beantragt, zur Aufnahme nicht legitimiert sei), RG. 63, 365. Auch Vertagung trotz Antrags auf Bersäumnisurteil ist Zurückweisung des Antrags, IW. 30, 2069. — Die Beschwerde wegen Nichterlaß eines Versäumnisurteils hinsichtlich eines quantitativen Teils des Klagansprucks ist nach § 567 Abs. 1 unzulässig, da das Gericht über die Angemessenheit eines solchen nur auf Grund mündlicher Verhandlung entscheiden kann, RG. 55, 310. Dagegen ist Beschwerde zulässig und begründet, wenn Erlaß eines Versäumnisurteils gegen einen nicht er­ schienenen der mehreren Beklagten, die nicht in notwendiger Streitgenossenschaft stehen, abgelehnt worden ist, RG. 55, aio8 Sofortige Beschwerde (§ 677). - Fristbeginn: § 577 Abs. 2. Dgl. IW 00, 470 (Beschwerde gegen Vertagung von Amts wegen, wenn die Voraussetzungen des § 335

Erster Abschn. Berf. vor d. Landger. Dritter Titel. Versäumnisurt. §§336—338*

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nicht vorliegen). — Beschwerde auch, wenn für die Entscheidung unrichtig die Form deS Urteils gewählt ist, oder wenn die bezüglich eines Teils der Klageforderung ein Ver­ säumnisurteil ablehnende Entscheidung in das im übrigen dem Klagantrage stattgebende Dersäumnisurteil mit ausgenommen war, RG. 15, zsi, OLG. 37, i5i. Ist jedoch wegen eines Mangels der im § 335 Nr. 1 bezeichneten Art (nicht der Antrag auf Versäumnisurteil, sondern) die Klage durch Urteil abgewiesen (f. tz 335 Anm. 3), so kann dieses nicht mit Beschwerde, sondern nur mit Berufung angefochten werden, OLG. 23, 177 Anm. 8 Aufhebung d. ZurückweisungSbeschlnfses. — D. VersUrt. wird v. Beschwerde­ gericht nicht erlassen, sondem v. d. Vorinstanz in d. anzuberaumenden Termin, der nur der erschienen gewesenen Partei bekanntzumachen ist. Auch wenn dann die früher säumige Partei erscheint, ist sie nicht zuzulassen, es sei denn, daß d. Gegner mit d. Zulass, einverstanden ist. — In dem Beschwerdeverfahren wird die säumige Partei nicht gehört. Sie kann Rechtsbehelfe erst gegen das etwa auf Anweisung deS Beschwerdegerichts erlassene Versäumnisurteil geltend macken, RG. 37, rrs8. 4 Der Abs. 2 ist durch die VO. v. 13./2. 24 mit Rücksicht auf den durch die nämliche VO. eingestellten § 331 a hinzugefügt. Nach der danach unanfechtbaren Ab­ lehnung des Antrags auf Entscheidung nach Lage der Akten kann die allein erschienene Partei nunmehr Erlaß des Dersäumnisurteils noch beantragen, falls sie nicht schon im voraus Hilfsweise dies beantragt hat (s. § 331a Anm. 3). Stellt sie den Antrag nicht, so ist nach § 251a Abs. 2 zu verfahren, also entweder neuer Verhandlungstermin anzuberaumen (mit etwaigen Maßnahmen nach § 272 b oder § 279a, s § 251 a Anm. 9) oder das Ruhen des Verfahrens anzuordnen (s. § 251a Anm. 10).

Vertagung statt Versagung'

337

(302). Das Gericht kann von Amts wegen die Verhandlung über den Antrag auf Erlassung des Versäumnisurteils oder einer Entscheidung nach Lage der Elften1 vertagen, wenn es dafür halt, daß die von dem Vor­ sitzenden bestimmte Einlaffungs- oder Ladungsfrist' zu kurz bemessen, oder daß die Partei durch Naturereignisse oder durch andere unabwendbare Zufälle' am Erscheinen verhindert worden sei.' Die nicht erschienene Partei ist zu dem neuen Termin zu laden8 1 Fassung nach VO. v. 13./2. 24. Durch die Vertagung der Verhandlung über den Antrag auf Erlaß einer Entscheidung nach Lage der Akten wird dem vorgebeugt, daß nach Anberaumung eines Termins zur Verkündung eines Urteils nach Lage der Akten die ausgebliebene Partei gemäß § 251 a Abs. 1 Satz 4 (f. § 331 a Anm. 6) ihr Ausbleiben aus den im § 337 bezeichneten Gründen genügend entschuldigt und damit die Verkündung deS Urteils verhindert. — Freies Ermessen des Gerichts darüber, ob die Voraussetzungen des § 337 vorliegen. Liegen sie vor, so muß vertagt werden, Jonas I 2. s §§ 226 Abs. 3 (Abkürzung der Fristen), 239 Abs. 3 (Ladung von Rechts­ nachfolgern), 262 Abs. 2, 499 Abs. 2 (Zustellungen im Ausland). — Ist die Frist nicht vom Vorsitzenden bestimmt, sondern die gesetzliche, so ist § 337 nicht anwendbar, OLG. 23, 177. 8 § 233 Abs. 1. < Aus anderen Grün den (z. B. weil die Akten nickt zur Stelle sind oder weil der Beklagte ein Gesuch um Bewilligung des Armenrechts und Beiordnung eines Anwalts gestellt hat) darf die Vertagung nicht erfolgen. Wird trotz Antrags auf Ver­ säumnisurteil vertagt, so findet dagegen sofortige Beschwerde (§ 336) statt, gleichviel aus welchem Grunde vertagt wird, da darin immer die Ablehnung des Antrags liegt, Baumb. 1 (a. M. Jonas I 2). S. auch § 336 Anm. 1. 6 Trotz Verkündung des neuen Termins. Ausnahme von § 218. Vgl. hierüber § 335 Anm. 6. 3. Einspruch.

Zulässigkeit.

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(303). Der Partei, gegen welche ein Versäumnisurteil erlassen ist/ steht gegen dasselbe- der Einspruch' zu '

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Zweites Buch. Verfahren in erster Instanz.

1 Nicht dem abgewiesenen Kläger im Falle des § 331 Abs. 2 (einseitig kontradiktor. oder unechtes VersUrt.). S. auch § 330 Anm. 2. — Gegen AktenlUrt. die ge­ wöhnt. Rechtsmittel. Auch nur diese stehen der Partei, d. d. VersUrt. beantragt hat, zu. * Auch wenn es vom erkennenden Gericht irrtümlich für ein kontradiktorisches Urteil erklärt ist, RG. 35, 345 u. Vordem, vor § 330. — Auch lediglich der Koste« wegen. § 99 Anm. 2. 8 Ausnahmen: §§ 238 Abs. 2, 345 (kein Einspruch, wenn gegen die die Wieder­ einsetzung beantragende oder gegen die Einspruch einlegende Partei ein Versäumnis­ urteil ergeht). — Nicht Berufung: § 513 Abs. 1, Gr. 36, 887. Berufung gegen Versäumntsurteil: § 513 Abs. 2. — Einspruch gegen Vollstreckungsbefehl: § 700. 4 Der Einspruch hemmt den Eintritt der Rechtskraft, nicht die angeordnete Bollftreckung; jedoch Einstellung der Zwangsvollstreckung zulässig. §§ 705, 707, 719. — Einspruchsfrist: § 339; Einlegung: § 340; Wirkung: § 342.

Einspruchsfrist.

339 (304). (1) Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen;1 sie ist eine Not­ und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils? (2) Muß die Zustellung im Ausland4 oder durch öffentliche Bekannt­ machungb erfolgen, so hat das Gericht die Einspruchsfrist im Versäumnis­ urteil oder nachträglich durch besonderen Beschluß, welcher ohne vorgängige mündliche Verhandlung erlassen werden kann,« zu bestimmen? frist

1 Berechnung der Frist: § 222 Anm. 1. — Im amtsgerichtlichen Verfahren und gegen einen Bollstreckungsbefehl eine Woche: §§ 508 Abs. 2, 700. — Im arbeitsgerichtlichen Verfahren drei Tage: §§ 59, 64 Abs. 3 AGG. 2 Notfrist: § 223 Abs. 3. — Wiedereinsetzung: § 233 Abs. 2. 3 Die Einlegung ist schon vor der Zustellung zulässig, RG. 40, 392. — Früher war nach §§ 516 Abs. 2, 552 Abs. 2 Einlegung der Berufung, der Revision vor Zu­ stellung des Urteils unzulässig. Durch die BO. v. 13./2. 24 sind diese Vorschriften gestrichen, so daß nun auch die Einlegung dieser Rechtsmittel vor Zustellung des Urteils zulässig ist. — Aber ein schon vor Verkündung des Urteils eingelegter Einspruch (oder Rechtsmittel) ist unwirksam, RG. 110, 169. — Von der Verkündung läuft nicht, wie bei den Rechtsmitteln (§§ 516, 552), eine besondere Frist. 4 §§ 199ff., 207. — Zustellung im Ausland ist, da der im Auslande befindliche Säumige zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten verpflichtet ist (§ 174 Abs. 2), nur dann erforderlich, wenn der Gegner bei Unterbleiben der Benennung nicht von der Befugnis zur Zustellung durch Aufgabe zur Post (§ 175) Gebrauch machen will. S. hierüber Anm. 7. 5 § 203. 6 Der Beschluß ist im Falle mündlicher Verhandlung zu verkünden (§ 329 Abs. 1), andernfalls im Anwaltsprozeß dem Antragsteller formlos mitzuteilen (§ 329 Abs. 3), welcher ihn dem Säumigen zustellt, OLG. 13,155, während er im Amtsgerichtsprozeß auch dem Säumigen von Amts wegen zuzustellen ist (§ 496 Abs. 1) (str.). — Der Beschluß, der, falls die Bestimmung einer Einspruchsfrist im Urteil übersehen ist oder sich die Not­ wendigkeit der öffentlichen Zustellung erst nach Erlassung des Urteils ergibt, von Amts wegen zu erlassen ist, stellt sich als eine Ergänzung des Urteils dar. Ordnungs­ mäßig ist dieser Beschluß mit dem Beschlusse zu verbinden, durch den eine öffentliche Zustellung bewilligt wird, RG. 63, 84. 7 Bewilligt das Gericht die öffentliche Zustellung des Bersäumnisurteils (§ 204), ohne daß in dem Urteil oder in dem Beschlusse eine Einspruchsfrist bestimmt ist, so läuft die Einspruchsfrist, wenn sie nachträglich durch Beschluß (ohne mündliche Ver­ handlung, s. Anm. 6) bestimmt wird, erst von der Zustellung dieses Beschlusses ab, RG. 63, 82. — Die Fristbestimmung ist nicht anfechtbar, insbesondere ist sie, auch wenn sie in das Urteil ausgenommen ist, der Berufung nicht zugänglich, IW. 99, ?68', auch RG. 98, uo. — Hat der gemäß § 199 im Auslande geladene säumige Be­ klagte weder gemäß §§ 174,175 einen Zustellungsbevollmächtigten benannt (s. Anm. 4), noch einen Prozeßbevollmächtigten bestellt, so kann die Zustellung des Versäumnis­ urteils gemäß § 175 durch Aufgabe zur Post erfolgen. Diese Zustellung gllt als im

Erster Abschn. Vers. v. d. Landger. Dritter Titel. Bersäumnisurteil. §§ 339,349.

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Jnlande vollzogen. Deshalb wird durch sie die zweiwöchige Frist des § 339 Abs. 1 in Lauf gesetzt und ist für die Erstreckung der Frist nach Abs. 2 kein Raum, RG. 98, 139. Wenn aber in solchem Falle oder sonst trotz Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Abs. 2 (irrtümlich) eine Frist im Bersäumnisurteil bestimmt wird, so ist doch, da jede Fristbestimmung bedeutet, daß ein Urteil erlassen ist, dessen Rechtskraft nicht nach Ablauf der gesetzlichen Einspruchsfrist von zwei Wochen, sondern nach Ablauf der vom Gericht gesetzten Frist eintrete, das Versäumnisurteil bis zur etwaigen Zurücknahme der Anordnung als ein solches anzusehen, für das nicht die gesetzliche, sondern die besonders festgesetzte Einspruchsfrist gilt; es ist daher der Ein­ spruch nicht verspätet, wenn er zwar nach Ablauf der gesetzlichen Einspruchsfrist, aber innerhalb der in dem Urteile bestimmten Frist eingelegt ist, RG. 98,139.— Die Frist­ bestimmung gilt auch, wenn demnächst doch im Jnlande zugestellt wird, OLG. 31, 54.

Einspru chseinlegung.

340 (305). (1) Die Einlegung des Einspruchs erfolgt durch Einreichung der Einspruchsschrift bei dem Prozeßgerichte-' (2) Die Einspruchsschrift* mu($3 enthalten: 1. die Bezeichnung des Urteils, gegen welches der Einspruch gerichtet wird2. die Erklärung, daß gegen dieses Urteil Einspruchs eingelegt werdet (3) Die Einspruchsschrift* soll zugleich dasjenige enthalten, was zur Vor. bereitung der Verhandlung über die Hauptsache« erforderlich ist-

Ar b ei ts gerichtliches Verfahren: Der Einspruch wird beim Arb Gericht (LAG.) schriftlich oder durch Abgabe einer Erklärung zur Niederschrift der Geschäfts­ stelle eingelegt. Hierauf ist die Partei zugleich mit der Zustellung des Urteils schrift­ lich hinzuweisen. § 59 Satz 2, 3, § 64 Abs. 3 ArbGG. 1 Die Art der Einlegung durch Einreichung eines Schriftsatzes entspricht der durch die Nov. v.'1./6. 09 für alle Rechtsmittel (§§ 518, 553, 569) einheitlich gestalteten Rechtsmitteleinlegung. Die Einspruchsschrift nebst Terminsbestimmung wird nach § 340a dem Gegner von Amts wegen zugestellt. — Im amtsgerichtlichen Verfahren kann der Einspruch nach § 496 Abs. 2 auch mündlich zu Protokoll der Ge­ schäftsstelle eingelegt werden. KB. 49. — Die Schrift ist bei der Geschäftsstelle oder der für die Annahme von Eingängen bestimmten Stelle einzureichen; die Ein­ reichung beim Vorsitzenden des Prozeßgerichts genügt nicht, OLG. 31, 55. — Hat das Revisionsgericht ein streitiges Urteil des Berufungsgerichts dahin abgeändert, daß durch Bersäumnisurteil entschieden wird, so ist der Einspruch gegen dieses Urteil beim Berufungsgericht (nicht beim Revisionsgericht) einzulegen, OLG. 42, 14. 2 Die Einspruchsschrift muß, da bestimmender Schriftsatz, im Anwaltsprozeß vom Anwalt unterzeichnet sein, § 130 Anm. 6.

3 Zwingende Vorschrift. Beim Mangel eines der unter Nr. 1, 2 aufgeführten Erfordernisse ist gemäß § 341 der Einspruch von Amts wegen zu verwerfen, IW. 87, 271. 4 Der Gebrauch des Wortes „Einspruch" ist nicht erforderlich; es genügt jede sprachliche Wendung, durch welche der Wille einer Erneuerung des Verfahrens in demselben Rechtszuge mit dem Ziel, eine nochmalige mündl. Verhandlung und eine sachliche Nachprüfung des Versäumnisurtells herbeizuführen, unzweideutig zum Aus­ druck kommt, RG. 141,147. — Eine den Einspruch einschränkende Erklärung berührt weder die Zulässigkeit noch die Wirkung des Einspruchs, die darin besteht, daß kraft Gesetzes der Rechtsstreit in vollem Umfange in die Lage vor dem Eintritte der Ver­ säumnis zurückversetzt wird; einer den Umfang einschränkenden Erklärung kommt nur die Bedeutung einer Ankündigung des von der Partei beabsichtigten Antrags zu (Abs. 3), IW. 16, 1122». 5 Die Terminsbestimmung und -bekanntmachung erfolgen nach § 340a von Amts wegen. 6 Abs. 3 nur Ordnungsvorschrift. — Vgl. §§ 129, 272. Nachteile: § 129 Anm. 3.

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A. II. Zivilprozeßordnung. Zweites Buch. Verfahren in erster Instanz.

Termin auf den Einspruch.

340a, ^er Termin zur mündlichen Verhandlung über den ^Einspruch und die Hauptsache ist von Amts wegen zu bestimmen und den Parteien bekanntzumachen.- Mit der Bekanntmachung ist der Gegenpartei die Ein­ spruchsschrift von Amts wegen zuzustellen. Die erforderliche Zahl von beglaubigten Abschriften soll die Partei mit der Einspruchsschrift einreichen1 § 340a ist durch die Nov. v. 1./6. 09 eingefügt. Vgl. § 340 Anm. 1. 2 Die Terminsbeftimmung, bei der die Zulässigkeit des Einspruchs nicht geprüft wird, hat so zu erfolgen, daß gegenüber (nicht notwendig dem Einspruchseinleger, RG. 86, 140 [a. M. Jonas II, Baumb. 1], wohl aber) dem Gegner die Ladungsfrist (§ 217) gewahrt ist. — Der Termin gilt, wenn nicht ein anderes bestimmt ist, für Verhandlungen nicht nur über den Einspruch, sondern auch über die Hauptsache (s. § 340 Anm. 5). — Die Terminsbekanntmachung erfolgt durch Zustellung von Amts wegen (§§ 208ff.), im Amtsgerichtsprozeß auch durch Mitteilung gemäß § 497 Abs. 2. 3 Beglaubigte Abschriften. — Nur Sollvorschrift. Werden die Abschriften nicht eingereicht, so hat dies nur die Erhebung von Schreibgebühren für ihre Anfertigung durch die Geschäftsstelle, die auch die (im Anwaltsprozeß sonst dem Anwalt obliegende) Beglaubigung bewirkt, zur Folge. § 71 Abs. 1 GKG. Prüfung der Einspruchszulässigkeit.

341 (306). Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen,1 ob der Ein­ spruch an sich statthaft? und ob er in der gesetzlichen Form und Friste ein­ gelegt sei. Fehlt es an einem dieser Erfordernisse, so ist der Einspruch als unzulässig zu verwerfend 1 Prüfung. — Auch bei Nichterscheinen des Gegners. — Die Verhandlung kann auf den Einspruch beschränkt werden (§ 146). Bei Streit über seine Zulässigkeit kann Zwischenurteil darüber nach § 303 erlassen werden (vgl. RG. 110, 169); sonst Entscheidung im Endurteil. Der Einsprechende hat zu behaupten und zu beweisen, daß der Einspruch statthaft und in gesetzlicher Form und Frist eingelegt ist. Behauptet aber der Gegner eine frühere Urteilszustellung, die den Einspruch als verspätet erweisen würde, so hat er sie nachzuweisen, HRR. 38, 761 (a. M. Jonas I). 2 Vgl. §§ 338, 345. 3 Vgl. §§ 339, 340. 4 Verwerfung. — Durch Urteil nach mündlicher Verhandlung. §§ 300 Abs. 1, 538 Nr. 1. Auch durch Einzelrichter, Jonas I c 3. Ein Beschlußverfahren, wie bei den Rechtsmitteln (§§ 519b Abs. 2, 554a Abs. 2), ist hier nicht zugelassen. Erscheint der Gegner des Einspruchseinlegers nicht, so ist (wegen der Unzulässigkeit) der Einspruch trotzdem durch Endurteil, das hier ein sog. einseitig kontradiktorisches (unechtes Versäum­ nisurteil; a. M. Baumb. 2) ist, zu verwerfen. Ist der Einspruchseinleger wiederum säumig: § 345. Der Gegner hat die Voraussetzungen des § 341 darzutun. — Ein neuer Einspruch, falls er noch zulässig ist, wird durch die Verwerfung nicht ausgeschlossen. — Vgl. §§ 508 Abs. 3, 700 (Zuständigkeit für die Entscheidung bei einer Verweisung des Rechtsstreits an ein anderes Gericht im amtsgerichtlichen und Mahnverfahren). — Ge­ bühren: des Gerichts nach § 20 Nr. 3 GKG. n. F. bei streitiger Verhandlung volle Ur­ teilsgebühr; des Anwalts volle Verhandlungsgebühr gemäß § 13 Nr. 2.

Einspruchs Wirkung.

342 (307). Ist der Einspruch zuläsfig, so wird der Prozeß in die Lage zurückversetzt, in welcher er sich vor Eintritt der Versäumnis befand.* 1 Der Kläger kann daher, wenn das Versäumnisurteil gegen den Beklagten er­ gangen ist, die Klage über die Grenzen des Versäumnisurteils hinaus erweitern und als Berufungsbeklagter sich noch der Berufung anfchließen. — Zwifchenurteile und Beweiserhebungen treten wieder in Geltung, RG. 14, 343. Desgleichen Anerkennt­ nisse, Einreden, auch verzichtbare Prozeßrügen (z. B. gegen Klagänderung). Die Zwangsvollstreckung wird nicht betroffen, kann aber eingestellt werden. — Des Aus-

Erster Abschn. Vers. v.d. Landger. Dritter Titel. Versäumnisurt.

§§ 340a—344.

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spruchs der Zulässigkeit des Einspruchs durch Zwischenurteil bedarf es zu dieser Zu­ rückversetzung nicht, IW. 09, 4192* (abw. OLG. 2, 210). Deshalb kann auch schon vor dem Termin zur Verhandlung über den Einspruch eine vor Erlaß des Versäumnis­ urteils (z. B. nach § 379 wegen Nichtzahlung des Vorschusses) unterbliebene, jetzt zu­ lässig gewordene Beweisaufnahme nachgeholt werden, W. 09, 468. Sachentscheidung nach Einspruch.

343 (308). Insoweit die Entscheidung, welche auf Grund der neuen Scrbanblung1 zu erlassen ist, mit der in dem Dersäumnisurteil enthaltenen Entscheidung übereinstimmt, ist auszusprechen, daß diese Entscheidung aufrecht­ zuerhalten fei.2 Insoweit diese Voraussetzung nicht zutrifft, wird das Ver­ säumnisurteil in dem neuen Urteil aufgehoben? 1 D. i. auf Grund der bei Zulässigkeit des Einspruchs stattfindenden Ver­ handlung zur Hauptsache. 2 Falls inzwischen verhandelt worden ist, kann dies auch durch ein zweites Bersäumnisurteil geschehen. Anm. 2 § 345. 3 § 717 Abs. 2 (dann Ersatz des dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils entstandenen Schadens). — Die Aufhebung des Versäumnisurteils erfolgt erst, wenn eine anderweite Endentscheidung ergeht, se^ es durch gewöhnliches End­ urteil oder durch Vorbehaltsuri eil (§§ 302, 599) oder durch Zwischenurteil nach §§ 275, 304, die dem Endurteil gleichstehen. Ist aber durch das Versäumnisurteil dem Be­ trage nach verurteilt, so ist bei Erlassung eines Zwischenurteils nach § 304 (über den Grund) das Dersäumnisurteil noch nicht aufzuheben. Zwischenurteile nach § 303 sowie Verweisungen nach §§ 276, 506 lassen (zunächst wenigstens) das Versäumnis­ urteil unberührt. — Die vorläufige Vollstreckbarkeit bestimmt sich nach der neuen Entscheidung. Dies gilt aber nicht nur für den Fall des Satzes 2 (Aufhebung des Ver­ säumnisurteils), sondern auch für den Fall des Satzes 1 (Aufrechterhaltung des Versäum­ nisurteils), so daß in letzterem Fall, wenn für die neue Entscheidung andere Voll­ streckungsvorschriften gelten, gegebenenfalls die Vollstreckbarkeit des (im übrigen auf* rechtzuerhaltenden) Versäumnisurteils (§ 708 Nr. 3) nun anders zu bestimmen ist (str.). — Kostenentscheidung: § 344. Säumniskosten.

344 (309). Ist das Dersäumnisurteil in gesetzlicher Weisc1 ergangen, so find die durch die Versäumnis veranlaßten Kostens soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden find, der säumigen Partei auch dann aufzuerlegen, wenn infolge des Einspruchs eine abändernde Entscheidung erlassen wird? 1 Gesetzlich ergangen. — Die säumige Partei hat die durch die Versäumnis veranlaßten Kosten auch dann zu tragen, wenn bei Erlaß des Versäumnisurteils der Klaganspruch schon erledigt war, es sei denn, daß die Parteien vereinbart hätten (s. Anm. 3), daß in dem anberaumten Termin nicht verhandelt oder Versäumnisurteil zur Hauptsache nicht beantragt werden sollte, und die Gegenpartei trotzdem Ver­ säumnisurteil beantragt hätte, OLG. 25,106. — Ist das Bersäumnisurteil ungesetz­ lich ergangen, sind z. B. die Vorschriften des § 335 verletzt, so müssen gemäß § 91 auch die Kosten der Versäumnis der unterliegenden Partei (auch wenn Gegner der säumigen) auf erlegt werden, W. 24,179. Auch wenn eine Partei Vertagung der Ver­ handlung beantragt und nach Ablehnung des Antrags gegen sich hat Versäumnis­ urteil ergehen lassen, kann sie nach Einlegung des Einspruchs wegen der Kosten geltend machen, daß zufolge ungerechtfertigter Ablehnung der Vertagung (gegen die eine Beschwerde nicht zulässig ist, s. § 227 Anm. 6) das Versäumnisurteil nicht in gesetz­ licher Weise ergangen sei, IW. 06,118-. Ein Bersäumnisurteil gegen den Beklagten ist auch dann ungesetzlich ergangen und die Kosten sind dem Kläger aufzuerlegen, wenn sein Vorbringen dem § 331 Abs. 2 nicht entsprochen hatte und daher die Klage hätte abgewiesen werden müssen, RG. 115, 310. 8 Durch Säumnis veranlaßte Kosten. — Nicht auch die der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil, OLG. 17, 159. — Durch die Versäumnis veranlaßte Gebühren: des

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Zweites Buch. Verfahren in erster Instanz.

Gerichts für Versäumnisurteil nach § 20 Nr. 3 GKG. n. F. keine Urteils gebühr, da nicht auf Grund streitiger Verhandlung ergangen (durch Prozeßgebühr [§ 20 9h. 1] abgegolten); des Anwalts (5/10 der Verhandlungsgebühr [§ 13 Nr. 2]) §§ 16, 27 Abs. 2 GebORA., vgl. RG. 44, 400. 3 Abändernde Entscheidung. — Nicht im Falle der nach Erlaß eines Versäumnis­ urteils gegen den Benagten erfolgten Klagerücknahme des Klägers, OLG. 35, es (a. M. IW. 87,312, OLG. 23,176). S. § 271 Anm. 7. — Wird das Bersäumnisurteli aufrechterhalten, so ist auszusprechen, daß die säumig gewesene Partei auch die weiteren Kosten des Rechtsstreites zu tragen habe. — § 344 ist nicht zwingenden Rechts und kann im Verhältnis der Parteien zueinander durch Vereinbarung abgeändert werden; er ist auch nicht anwendbar (vielmehr nur § 98), wenn in dem über die Hauptsache geschlossenen außergerichtlichen Vergleich über die Kosten nichts abgemacht ist, OLG. 31, 55.

Kein weiterer Einspruch.

345 (310). Einer Partei, die den Einspruch eingelegt hat, aber in der zur mündlichen Verhandlung bestimmten (Sttung1 oder in derjenigen Sitzung, auf welche die Verhandlung vertagt ist, nicht erscheint oder nicht zur Haupt­ sache verhandelt,2 steht gegen das Dersäumnisurteil, durch welches der Ein­ spruch verworfen wird? ein weiterer Einspruchs nicht zu. 1 D. i. Termin (§ 340a), W. 25,139. — Auch, wenn nach Einlegung des Ein­ spruchs gegen ein Versäumnisurteil das Amtsgericht wegen Unzuständigeit ohne münd­ liche Verhandlung den Rechtsstreit an das Landgericht verwiesen hat (§ 276) und dort in der ersten mündlichen Verhandlung gegen dieselbe Partei ein Dersäumnisurteil ergeht, IW. 20, 498. 2 Gegensatz: Verhandeln über den Einspruch. Auch Geltendmachung prozessualer Einreden ist hier schon Verhandeln zur Hauptsache. 3 Wohl aber gegen andere in derselben Instanz nach inzwischen erfolgter kontra­ diktorischer Verhandlung ergehende Bersäumnisurteile, Gr. 47,1165. Diese haben nicht dahin zu lauten, daß der Einspruch verworfen, sondern dahin, daß das frühere Versäumnisurteil aufrechterhalten wird (§ 343). Eine streitige Verhandlung im vorgenannten Sinne ist es aber nicht, wenn nur die Zulässigkeit des Einspruchs fest­ gestellt und die Anträge verlesen werden, OLG. 37, 142. — Ist der Einspruch nicht zulässig, was zunächst zu prüfen ist, so ist er gemäß § 341 als unzulässig zu verwerfen. — Ist der Einspruch gegen das erste Versäumnisurteil zulässig, erscheint aber die den Einspruch einlegende Partei nicht, so hat das Urteil nach § 345 dahin zu lauten, daß der Einspruch verworfen wird. Wird gegen ein solches zweites Dersäumnisurteil der Einspruch eingelegt, so ist er nach §§ 345, 341 als unzulässig zu verwerfen. Dies gilt auch im Falle des Einspruchs gegen ein zweites Dersäumnisurteil, das, anstatt den Einspruch zu verwerfen, die Entscheidung des ersten wiederholt, OLG. 37, 142. — Gebühren für Verwerfung des Einspruchs nach streitiger Verhandlung wie in § 341 Anm. 4.— Erscheint nach zulässigem Einspruch der Gegner der säumig gewesenen Partei nicht, so ist gegen ihn auf Antrag ein das erste Versäumnisurteil aufhebendes Dersäumnisurteil zu erlassen. 4 Nur die Berufung gemäß § 513 Abs. 2, Gr. 55, 1054, IW. 98, 70". Rücknahme des Einspruchs.

346 (311). In betreff des Verzichts auf den Einspruch und der Zurück­ nahme desselben finden die Vorschriften über den Verzicht auf die Berufimg und über die Zurücknahme derselben* entsprechende Anwendung.2 1 §§ 514, 515. — Ist der Einspruch nicht ordnungsmäßig eingelegt, so hat seine Zurücknahme nicht die Wirkung des Verzichts, wenn sie unter Vorbehalt eines neuen Einspruchs geschieht, RG. 9, 420. Jedoch wird sonst durch Zurücknahme des Einspruchs der Zurücknehmende des Einspruchs verlustig und das Dersäumnisurteil rechts­ kräftig, selbst wenn der Einspruch vor Zustellung des Urteils eingelegt war, RG. 61, 420. — Im übrigen gilt für Verzicht und Berzichtsvertrag das in § 514 Anm. 1 und für Zurücknahme das in § 515 Anm. 1 Bemerkte entsprechend. 3 Gebühren entsprechend wie § 271 Anm. 4, 8 (Zurücknahme der Klage).

Erster Abschn. Vers, vor d. Landger. Vierter Titel. Einzelrichter. §§ 345—347.

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4. Besondere Arten des Versäumnisverfahrens. 347 (312). (1) Die Vorschriften dieses Titels1 finden auf das Verfahren, welches eine Widerklage' oder die Beftinnnung deS Betrags eines dem Grunde nach bereits festgestellten Anspruchs' zum Gegenstände hat, ent­ sprechende Anwendung. (2) War ein Termin lediglich zur Verhandlung über einen Zwischenstreit bestimmt, so beschränkt fich das Versäumnisverfahren und das Versäumnis­ urteil auf die Erledigung dieses Zwischenstreits.* Die Vorschriften dieses Titels finden entsprechende Anwendung. i Auch die des § 331a (nebst den darauf bezüglichen Änderungen der §§ 335, 336, 337), wonach die allein erschienene Partei statt des Versäumnisurteils Ent­ scheidung nach Lage der Akten beantragen kann und diesem Anträge zu entsprechen ist, wenn der Sachverhalt für eine derartige Entscheidung hinreichend geklärt erscheint. 8 §33 Anm. 1,2. — Es kann also Versäumnisurtetl ergehen: beim Nicht­ erscheinen des Beklagten auf Verurteilung nach dem Klagantrag und zugleich auf Ab­ weisung der Widerklage; beim Nichterscheinen des Klägers auf Abweisung der Klage und zugleich Verurteilung nach dem Widerklagantrage. Im letzteren Falle muß aber die Widerklage dem Kläger gemäß § 335 Nr. 3 rechtzeitig mitgeteilt sein. — Auf An­ trag statt Versäumnisurteils Entscheidung nach Lage der Akten, Anm. 1. • § 304. — Erscheint in der Verhandlung über den Betrag der Beklagte nicht, so kann Versäumnisurteil gemäß § 331 Abs. 2 über d. Betrag erlassen werden; erscheint der Kläger nicht, so kann gegen ihn Dersäumnisurteil auf Abweisung ergehen, auch wenn sein Anspruch durch das Zwtschenurteil (§ 304) dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt ist, RG. 66, 12. — Auf Antrag statt Versäumnisurteils Entscheidung nach Lage der Alten. Anm. 1. — Ein Versäumnisurteil lediglich über den Grund des Anspruchs kann beim Ausbleiben oder Nichtverhandeln einer Partei nicht erlassen werden, sondern nur ein Versäumnisurteil nach § 330 oder § 331, § 331 Anm. 4. 4 Bezieht sich nur auf Zwischenstreite unter den Parteien (s. § 303 Anm. 2, § 331 Anm. 4), nicht auf solche zwischen den Parteien und Dritten (f. § 303 Anm. 2). Ferner ist Voraussetzung abgesonderte Verhandlung über den Zwischenstreit. — Das BersäumniSzwischenurteil ergeht auf Abweisung des Zwischenstreitantrages bzw. auf Entscheidung zugunsten des Antragstellers.

Vierter Titel.

Verfahren vor dem Einjelrichter. Vorbemerkungen.

1 Die §§ 348—350 beruhen auf der Verordnung v. 13./2» 24. Danach ist in der Regel der Rechtsstreit im Landgerichtsprozeß zunächst, wie im Amtsgerichtsprozeß, vor dem Einzelrichter (§ 350 Abs. 1) zu verhandeln (§ 348). Er hat die unstreitigen Sachen durch Zurücknahme., Verzicht., Anerkenntnis, oder Dersäumnisurteil zu erledigen (§ 349 Abs. 1 Nr. 3, 4), beim Ausbleiben beider Parteien in geeignet erscheinenden Fällen eine Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 251a zu erlassen (§ 349 Abs. 1 Nr. 5), über gewisse -rozeßhindernde Einreden und Verweisungen zu entscheiden (§ 349 Abs. 1 Nr. 1, 2) und im übrigen, wenn ein Versuch gütlicher Beilegung des Rechts­ streits erfolglos gewesen ist (§ 349 Abs. 1 Satz 1), für eine erschöpfende Erörterung deS gesamten Sach, und Streitverhältnisses derart zu sorgen, daß die Sache tunlichst durch eine Verhandlung vor dem Prozeßgericht (Kollegium) erledigt wird (§ 349 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1). Er kann auch Beweise erheben (§ 349 Abs. 2 Satz z) und bet vermögens­ rechtlichen Streitigkeiten im Einverständnis beider Parteien an Stelle des ProzetzgerichtS entscheiden (§ 349 Abs. 3). Für die Anfechtung seiner Entscheidungen gelten dieselben Vorschriften wie für die Anfechtung entsprechender Entscheidungen des Prozeßgerichts (§ 350 Abs. 2). Der Einzelrichter ist zu Entscheidungen berufen, die im Ein­ verständnis der Parteien erfolgen (§ 349 Abs. 3) oder ein besonderes Einverständnis der Parteien entbehrlich machen (§ 349 Abs. 1 Nr. 1, 3) oder prozeßhtndernde Einreden

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betreffen (§ 349 Abs. 1 Nr. 2) ober sich aus dem Nichterscheinen einer oder beider Parteien als Folge ergeben (§ 349 Abs. 1 Nr. 4 und 5), FW. 30, 1091. Damit ist aber nicht gesagt, daß er auf solche Entscheidungen beschränkt ist. S darüber § 349 Anm. 3. Beschlüsse, die er außerhalb des Rahmens seiner Zuständigkeit erlassen hat, sind verbindlich, solange sie nicht durch die zuständige Stelle aufgehoben sind, IW. 26, 2466. So begründet auch ein Armenrechtsbeschluß des Eirnelrtchters den Erstattungsanspruch des Armenanwalts gegenüber der Staatskasse, JR. 33,1786. — Darüber, ob der Vorsitzende oder ein Beisitzer als Einzelrichter ein von der Kammer gefälltes Urteil verkünden kann, vgl. § 310 Anm. 1. — Diese Vorschriften gelten, mit Ausnahme des § 349 Abs. 3 (Entscheidung an Stelle des Prozeßgerichts bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten und Einverständnis beider Parteien), auch im Be­ rufungsverfahren (§§ 523, 523 a), dagegen nicht im Revisionsverfahren (§ 557 a). — Das Verfahren vor dem Einzelrichter ist besonders zweckmäßig und fördernd tu den Fällen, in denen sich der Streit auf viele Einzelheiten bezieht, sog. Punktensachen, und eine Klarstellung der Streitpunkte zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung und Ent­ scheidung nötig ist. Sie darf aber nicht zu einer Verzettelung des Verfahrens in einer Reihe von Terminen führen (AB. v. ll./ll. 35, DJ. 1654, abgedruckt Einl. III, bei I Abs. 7). 2 Jrn ardeitSgerichtlichen Verfahren finden die Vorschriften über d. Verf. vor d. Einzelrichter keine Anwendung: ein Verfahren v. d. ArbGer. nicht, weil hier d. Vorschr. d. ZPO. über d. amtsgerichtl. Verf. entsprechend gelten (§ 46 Satz 1 AGG.); im Verf. vor d. LAG. nicht gemäß § 64 Abs 2 Satz 2 AGG. u. im Verf. vor d. RAG. nicht gemäß § 72 Abs. 2 AGG., § 557a ZPO. Sache zunächst vor Einzelrichter.

348. Zur Vorbereitung der Entscheidung des Prozeßgerichts ist jede (Sad)e13iinäd)ft2 vor dem Einzelrichter2zu verhandeln/ der auch den Termin hierzu bestimmt? Es kann jedoch nach Bestimmung des Vorsitzenden hier­ von abgesehen werden, wenn eine Vorbereitung nach den Umständen nicht erforderlich erscheint? 1 Auch die vor die Kammer für Handelssachen gehörigen Sachen (§ 95 GVG.). Ferner: nicht vermögensrechtliche Streitigkeiten (Ehe-, Kindschasts-, Entmündigungs­ sachen). — Ausnahme: § 348 Satz 2 (wenn dem Vorsitzenden eine Vorbereitung nicht erforderlich erscheint). 2 In der Regel muß jeder Rechtsstreit zunächst mit der Verhandlung vor dem Einzelrichter beginnen. Die etwa getroffene Bestimmung, daß hiervon abzusehen sei, kann der Vorsitzende wieder zurücknehmen (z. B. wenn er zufolge später ein­ gegangener Schriftsätze zu der Ansicht gelangt, daß eine Vorbereitung doch erforderlich sei), so daß dann nachträglich die Verhandlung vor dem Etnzelrichter stattfindet. Auch kann das Prozeßgericht, wenn der Vorsitzende von der Zuweisung an den Einzelrichrer abgesehen hat, durch Beschluß anordtten, daß die Vorbereitung durch den Einzel­ richter stattzusinden habe (z. B. wenn diese sich nach Ergebnrs der Verhandlung als zweckmäßig herausgestellt hat), IW. 38, 2767" Anderseits kann der Vorsitzende die Sache, nachdem er sie dem Etnzelrichter zugewiesen hat, nicht diesem wieder entziehen dadurch, daß er nachträglich bestimmt, daß von der Vorbereitung durch den Einzel­ richter abzusehen sei; denn die Prozeßleitung geht auf ihn erst dann wieder über, wenn der Einzelrichter die Sache als zur Verhandlung vor dem Prozeßgerichte reif erklärt (§ 349 Abs. 2 Satz 3). 8 Der Vorsitzende oder ein von ihm zu bestimmendes Mitglied der Zivilkammer, nicht auch der Kammer für Handelssachen (§ 350 Abs. 1). — Der Einzelrichter ist nicht beauftragter Richter im Sinne der ZPO., der nur die ihm vom Prozeßgericht übertragene Beweisaufnahme zu erledigen hat (§ 361); vielmehr ist er, solange die Sache vor ihm verhandelt wird, selbst Prozeßgericht. * Die Verhandlung vor dem Einzelrichter steht gleich der mündlichen Verhandlung vor dem Prozeßgericht, RG. 151, 67. Auf sie findet der ganze erste Titel des 3. Ab­ schnitts des 1. Buchs „Mündliche Verhandlung" (§§ 128—165) Anwendung. Auch find

Erster Tlbschn. Vers. v. d. Landger. Vierter Titel. Vers. v.d. Einzelricht. §§ 348,349.

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mit ihr die gleichen prozessualen Wirkungen verbunden wie mit dem mündlichen Verhandeln vor dem Prozeßgericht, z. B. die nach §§ 39 (Zuständigkeit), 76 (Benennung des mittelbaren Besitzers), 269 (Klagänderung), 271 (Zurücknahme der Klage), 274 Abs. 3 (prozetzhindernde Einreden), 288 (gerichtliches Geständnis), 295 (Verlust der Rüge eines Verfahrensmangels). Für die Verhandlung besteht ferner Anwaltszwang; $ 78 Abs. 2 ist nicht anwendbar (s. Anm. 3). » Der Vorsitzende hat, wenn er nicht ausnahmsweise bestimmt, daß von der Vorbereitung durch den Einzelrichter abzusehen sei, und er nicht selbst der Einzel­ richter sein will, diesen zu bestimmen (s. Anm. 3) und ihm die Klageschrift vorzu­ legen. Jedoch erst, nachdem d. erfordert. Prozeßgebühr gezahlt ist. § 74 Abs. 2 GKG., § 216 Anm. 4. Der Einzelrichter seyt dann, wie sonst der Vorsitzende, die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung binnen 24 Stunden auf die Klageschrift (§216 Abs. 2) unter Berücksichtigung der Emlassungsfrtst (tz§ 261 Abs. 2, 262). Darauf bewirkt der Kläger die Zustellung der Klageschrift mit der Terminsbestim­ mung (§ 261 Abs. 3), womit die Rechtshängigkeit der Streitsache etntritt (§ 263). Nicht ist zugleich ein Termin zur Verhandlung vor dem Kollegium durch den Vor­ sitzenden zu bestimmen, da nach § 349 Abs. 2 Satz 3 erst, wenn der Einzelrichter die Sache zur Verhandlung vor dem Prozeßgertchte reif erachtet, Termin hierzu von Amts wegen anberaumt wird. 6 Die Bestimmung, daß von der Dorbereitung durch den Einzelrichter abzusehen fei, wird vom Vorsitzenden besonders auch bet Urkunden- und Wechselprozessen zu treffen sein. — Auf Prozesse betreffend Arreste und einstweilige Verfügungen sind, auch soweit dabei mündliche Verhandlungen stattfinden (§§ 921, 925, 927), die §tz 348 ff. überhaupt unanwendbar, da mit Rücksicht auf das Erfordernis sofortiger Glaubhaft­ machung der Vorbringen der Parteien (§ 920 Anm. 4, § 925 Anm. 2, § 927 Anm. 3) eine Vorbereitung der Sache nicht in Frage kommen kann. — Ob d. Vor­ sitzende d. Bestimm, trifft, ist e. in seinem Ermessen stehende innere Angelegenheit d. Gerichts; daher findet gegen d. Zurückweisung e. Antr. auf sofortige Verhandl. vor d. Kollegium e. Beschwerde nicht statt, IW. 26, 16og. Einzelrtchters Rechte u. Pflichten.

349. (i) Der Einzelrichter hat zunächst die gütliche Beilegung des Rechtsstreits zu oerfudjcn.1 Kommt ein Vergleich nicht zustande, so hat der Einzelrickter für eine erschöpfende Erörterung des gesamten Sach- und Streitverhältnisses zu sorgen? Er hat zu entscheidend 1. über Verweisungen in den Fällen der §§ 97,98 des Gerichtsverfassungsgesetzes;* 2. über prozeßhindernde Einreden der im § 274 Abs. 2 Nr. 1, 4 bis 7 bezeichneten Art, soweit über sie besonders verhandelt und entschieden wird;b 3. bei Zurücknahme der Klage? Verzicht auf den geltend gemachten Anspruchs oder Anerkenntnis des Anspruchs;* 4. bei Versäumnis einer Partei? In diesem Falle kann der Einzelrichter auch eine Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 331a erlassen;" 5. in den Fällen des § 251a, soweit der Einzelrichter hier die Ent­ scheidung nach Lage der Akten für angezeigt hält." (2) Im übrigen hat der Einzelrichter die Sache so weit zu fördern, daß sie tunlichst durch eine Verhandlung vor dem Prozeßgericht erledigt werden kann? Er kann zu diesem Zwecke auch einzelne Beweise er­

heben; dies soll nur insoweit geschehen, als es zur Vereinfachung der Verhandlung vor dem Prozeßgericht wünschenswert und von vornherein anzunehmen ist, daß das Prozeßgericht das BeweiSergebniS auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der

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Beweisaufnahme fachgemäß zu würdigen vermag." Ist die Sache zur Verhandlung vor dem Prozeßgericht reif,18 so wird der Termin hierzu von Amts wegen anberaumt. Bestehl über die BerhandlnngSreife zwischen dem Einzelrichter und dem Borfitzenden MeinungSverfchiedenheil, fo entscheidet daS Prozeßgericht. (3) Im Einverständnisse beider Parteien" kann der Einzelrichter bei Streitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche" an Stelle des Prozeß­ gerichts entscheiden." 1 Der Sühneversuch durch den Einzelrichter vor Beginn der Verhandlung ist also obligatorisch. Zu diesem Zwecke kann der Einzelrichter, da er als Prozeßgericht anzusehen ist (s. Anm. 3 § 348), auch schon vor dem Termin daS persönliche Er­ scheinen der Parteien anordnen gemäß § 296 (nicht nach § 141; die Anordnung persönlichen Erscheinens einer Partei zur Aufklärung des Sachverhalts, die allerdings nach § 272 b Abs. 2 Nr. 3 dem Einzelrichter auch zusteht [f. Anm. 2], ist eine andere). — Im Amtsgerichtsprozeß vorgängiges obligatorisches Güteverfahren: § 495 a. 8 Die Verhandlung wird an sich durch Schriftsätze der Anwälte vorbereitet. Jedoch hat der Einzelrichter nach § 272 b schon vor dem Termin alle Anordnungen zu treffen, die angebracht erscheinen, damit der Rechtsstreit tunlichst in einer münd­ lichen Verhandlung erledigt wird, insbesondere kann er zu diesem Zwecke die im Abs. 2 deS § 272 b bezeichneten Maßnahmen treffen, darunter nach der Nr. 3 die Anordnung persönlichen Erscheinens einer Partei zur Aufklärung des Sachverhalts gemäß § 141 (s. § 272 b Anm. 5). Im Termin hat er durch Ausübung des Fragerechts (§ 139) auf er» schöpfende Erklärungen der Parteien über den Sach- und Streitstand und möglichste Klar­ stellung des Streitstoffes sowie auf die etwa fehlende Angabe von Beweismitteln hinzu­ wirken. Er kann auch gemäß §§ 279 a, 283 Abs. 2 eine Frist bestimmen zur Erklärung über bestimmte aufklärungsbedürftige Punkte und zum Vorbringen von Beweis­ mitteln und Beweiseinreden. Durch dies alles hat er die Streitsache so zu fördern, daß sie tunlichst durch eine Verhandlung vor dem Kollegium erledigt werden kann. — Eine Protokollierung ist nicht vorgeschrieben. Es finden daher lediglich die Vorschriften der §§ 159 ff. über das Sitzungsprotokoll Anwendung. Jedoch wird der Einzelrichter die Parteien anzuhalten haben, daß sie die Erklärungen, die etwa von dem Inhalt ihrer Schriftsätze abweichen oder diesen ergänzen, sogleich in Schriftsätzen niederlegen. 3 Entscheidung durch den Einzelrichter. — Die Aufzählung in Abs. 1 Nr. 1 bis 5 ist nicht erschöpfend. Wäre sie es, so würde die Einrichtung des Einzel­ richters im wesentlichen ihren Zweck verfehlen. Die Abgrenzung aber ist im ein­ zelnen schwierig und sehr bestritten. Im allgemeinen läßt sich nur sagen, daß der Einzelrichter alle Entscheidungen treffen kann, die gegenüber den in Nr. 1 bis 5 genannten von geringerer Bedeutung und erforderlich sind, um den Tatbestand soweit zu klären, daß die Sachentscheidung in einer Verhandlung durch das Prozeß­ gericht (Ausnahme: Abs. 3) erfolgen kann. Im einzelnen ist zu sagen: über Auf­ erlegung von Kosten wegen schuldhafter Nachbringung verzögerlicher Angriffs- oder Berteidigungsmittel oder Beweismittel oder Beweiseinreden (§§ 278 Abs. 2, 283 Abs. 2) und über die Zurückweisung solcher Rechtsbehelfe (§§ 279, 283 Abs. 2) sowie über die Nichtberücksichtigung der erst nach Ablauf der gesetzten Frist nachgeholten, zur Aufklärung erforderten Erklärungen (§§ 279a Satz 2, 283 Abs. 2) hat der Einzelrichter in der Regel nicht zu entscheiden; die Entscheidung hierüber (auch die nach § 364 Abs. 4 Satz 2) ist regelmäßig dem Prozeßgericht vorzubehalten. Aber eine Verzögerungsgebühr nach 8 39 GKG, welche die Streitsache selbst nicht berührt, kann er auferlegen, IW. 26, 865. Auch kann der Einzelrichter diejenigen Rechtsbehelfe, hinsichtlich deren er die Voraussetzungen für die Zurückweisung als gegeben erachtet, bei der weiteren Fest­ stellung des Sach- und Streitstandes unberücksichtigt lassen. Wenn aber der Einzel­ richter ein Urteil gemäß § 331 a (bei Versäumnis einer Partei, § 349 Abs. 1 Nr. 4) oder gemäß § 251a (beim Ausbleiben beider Parteien, § 349 Abs. 1 Nr. 5) oder im Einverständnisse beider Parteien bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten an Stelle deS Prozeßgerichts (§ 349 Abs. 3) erläßt, ist er auch zu den genannten Entscheidungen befugt. Letzteres gilt jedoch nicht in d. BerufJnst., da hier nach § 523 a d. Abs. 3

Erster Abschn. Vers. v. d. Landger. Vierter Titel. Berf. v. d. Einzelrichter.

§ 849.

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§ 349 keine Anwendung findet. Vgl. RG. 123, i3v. — Der Einzelrichter kann auch, da er als Prozeßgericht anzusehen ist (f. Anm. 3 § 348) und es sich um Mittel zur Vorbereitung und Förderung der Streitsache handelt, die Anordnungen nach §8145 (Verweisung mehrerer Ansprüche zu getrennten Prozeffen), 146 (Beschränkung der Verhandlung auf einzelne von mehreren Angriffs- oder Verteidigungsmitteln), 147 (Verbindung mehrerer Prozesse) treffen, sowie Aussetzung der Verhandlung nach 8 148 oder § 149 anordnen, RGJR 33, 1702 (flr., a. M. RG FR. 28, 374, weil der Einzelrichter die schnelle Erledigung des Rechtsstreits fördern solle). Ferner ist der Einzelrichter zuständig für die Entscheidung über Zwischenstreitigkeiten zwischen den Parteien (§ 303) und gegen Dritte (§§ 71, 135, 387), Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen Versäumung einer Frist, Streitwertfestsetzung, HRR. 32, 1711 (a. M. HRR. 31, 991), einstw. Anordnungen nach §§ 707, 719, 769, 771, IW. 28, 1878 (a. M. 26,1038), Sicherung des Beweises, Berichtigung und Ergänzung der von ihm erlassenen Entscheidungen, Borabentscheidung über Vollstreckbarkeit nach § 718, Zulassung einer Klagänderung, Entlassung aus dem Rechtsstreit (§ 75), Entbindung von der Klage (§§ 76t), Urteile nach Zurücknahme der Berufung oder des Einspruchs und Verzicht darauf. Dagegen ist der Einzelrichter nicht zuständig für die Bewilligung des Armen­ rechts, IW. 27, 862, Jonas V vor § 348 (a. M. Baumb. 2 C), Erlaß von Arresten und einstw. Verfügungen durch Beschluß, auch dann nicht, wenn die Hauptsache bei ihm schwebt, Jonas V vor § 348 (a. M. Baumb. 2 C), Entscheidungen über Zulässigkeit von Rechtsmitteln, BollstreckLarerklärung von Schiedssprüchen und schiedsrichterl. Ver­ gleichen, das Kostenfestsetzungsverfahren. S. auch die folgenden Anm. 4 Verweisungen von der Zivilkammer an die Kammer für Handelssachen und um­ gekehrt. 5 Die prozeßhindernden Einreden, über die der Einzelrichter zu entscheiden hat, sind nach § 274 Abs. 2 Nr. 1, 4 bis 7: die Einreden der Unzuständigkeit, der Rechtshängigkeit, der mangelnden Sicherheit für die Prozeßkosten, der mangelnden Erstattung der früheren Kosten des Verfahrens, des Mangels der Parteifähigkeit, der Prozeßfähigkeit, des gesetz­ lichen Vertreters (s. 8 274 Anm. 5, 8 bis 11). Jedoch darf der Einzelrichter über diese Einreden nur dann entscheiden, wenn über sie besonders verhandelt wird; andernfalls ist die Entscheidung dem Prozeßgericht vorzubehalten. Ob aber über die Einreden auf Antrag oder von Amts wegen abgesonderte Verhandlung anzuordnen ist, hat nach 8 276 Abs. 1 der Einzelrichter selbst nach freiem Ermessen zu entscheiden (s. § 275 Anm. 3). Die Entscheidung ergeht, wenn die Einreden verworfen werden, durch Zwischenurteil gemäß § 275 Abs. 2, andernfalls durch Endurteil, in der Regel auf Abweisung der Klage (Ausnahme bei der Einrede der mangelnden Sicherheit für die Prozeßkosten, s. 8 275 Anm. 5). Sie ist nach § 318 für das Prozeßgericht bindend und kann für stch allein in Rechtskraft übergehen. — Über die prozeßhindernden Ein­ reden der Nr. 2, 3 des § 274 Abs. 2 (Unzulässigkeit des Rechtswegs, Entscheidung des Rechtsstreits durch Schiedsrichter) hat der Einzelrichter nicht zu entscheiden, auch wenn er über sie abgesonderte Verhandlung angeordnet hat. — Aber auf ProzeßvorauSsetzungen, deren Vorhandensein in erster Linie erforderlich ist, wie ordnungs­ mäßige Klagerhebung, Vollmacht (s. 8 274 Anm. 1), Prozeß- und Parteisähigkeit, wird nach d. v. Gesetz verfolgten Zweck, prozessuale Streitpunkte, die dem Eingehen auf d. Streitsache selbst entgegenstehen, von vornherein durch d. EinzR. zur Erledi­ gung zu bringen, Abs. 2 Nr. 2 entsprechend anzuwenden sein, so daß d. EinzR. bet ihrem Fehlen Prozeßurt. auf Abweisung d. Kl. erlassen darf (ohne d. Einverständn. nach Abs. 3 zu bedürfen). • Entscheidung über die Auferlegung der Kosten an den Kläger durch Urteil gemäß § 271 Abs. 3, wenn der Kläger mit Einwilligung des Beklagten oder vor Beginn der Verhandlung zur Hauptsache vor dem Einzelrichter (s. 8 348 Anm. 4) die Klage zurücknimmt (s. dazu 8 271 Anm. 1, 2, 7). Dagegen nicht die Kosten« entscheidung nach Erledigung der Hauptsache. Jonas VI 6. 7 Abweisung der Klage auf Grund Verzicht-: 8 306. 8 Verurteilung einer Partei gemäß ihrem Anerkenntnis: 8 307. 9 Verfäumnisurteil auf Verurteilung deS Beklagten nach dem Klagantrage (8 331 Abs. 2) oder auf Abweisung der Klage deS ausgebliebenen Klägers (3 330). Der Einzelrichter hat aber auch, wenn er die Klage für nicht schlüssig erachtet, trotz Zivilprozeßordnung. 22. Aufl.

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A. II. Zivilprozeßordnung. Zweites Buch. Verfahren in erster Instanz.

Ausbleibens des Beklagten die Klage durch sog. einseitig kontradiktorisches Urteil (unechtes Versäumnisurteil) (s. § 331 Anm. 5) abzuweisen. Ebenso kann er einen Einspruch verwerfen (§ 341). 10 Beantragt die allein erschienene Partei statt des Versäumnisurteils Ent­ scheidung nach Lage der Akten gemäß § 331a, so hat der Einzelrichter dem Antrag zu entsprechen, wenn der Sachverhalt für eine derartige Entscheidung hinreichend geklärt erscheint (vgl. hierüber die Anm. zu § 331a), aber nicht in nichtvermögensrechtl. Streitigkeiten (s. Abs. 3), IW. 30, 2802 (str.). Erläßt er einen Beweisbeschluß, so kann er nach § 349 Abs. 2 Satz 2 die Beweise selbst erheben. Ein Urteil darf er aber nach §§ 331a Satz 2, 251a Abs. 1 Satz 2 nur dann erlassen, wenn die Parteien bereits in einem früheren Termin streitig verhandelt haben (s. § 251a Anm. 6). Jedoch ist hier unter mündlicher Verhandlung in einem früheren Termin eine solche vor dem Einzelrichter zu verstehen (s. § 348 Anm. 4) sowie eine etwa vorhergegangene (s. § 348 Anm. 2) vor dem Prozeßgericht (der betreffenden Jnüanz, nicht im Falle des Berufungsverfahrens |§§ 523, 523 a] der Dorinstanz, f. § 331 a Anm. 6). 11 Sind beide Parteien ausgeblieben oder stellt die allein erschienene Partei keine Anträge zur Sache (s. § 251 a Anm. 3), so kann der Einzelrichter, soweit er es hier für angezeigt hält, eine Entscheidung nach Lage der Akten erlassen. Hinsichtlich der Erlassung eines Beweisbeschluffes oder eines Urteils gilt das in Anm. 10 Bemerkte. 18 Der Einzelrichter ist bereits nach § 272 b Abs. 2 Nr. 1, 2, 4, 5 befugt, auch schon vor dem Verhandlungstermin Vorlegung von Urkunden aufzugeben, Behörden oder Beamte um Mitteilung von Urkunden oder um Erteilung einer amtlichen Aus­ kunft zu ersuchen, von Zeugen nach Maßgabe der Vorschriften des § 377 Abs. 3, 4 schriftliche Auskünfte einzuholen und die Einnahme des Augenscheins sowie die Be­ gutachtung durch Sachverständige anzuordnen und auszuführen. Nach § 349 Abs. 2 Satz 2 steht es ferner in seinem Ermeffen, Beweisaufnahmen jeder Art, wie Ver­ nehmung von Zeugen und Sachverständigen, Einnahme des Augenscheins. Eides­ abnahme, Vorlegung von Bewetsurkunden, durch Beweisbeschluß anzuordnen und selbst zu erheben oder gemäß § 362 durch ersuchten Richter, soweit nicht § 355 Abs. 1 Satz 2, § 357a, § 375 entgegenstehen, oder gemäß § 363 (im Ausland) erheben zu laffen. Dies soll jedoch nach Nov. 33 nur insoweit geschehen, als es zur Vereinfachung der Verhandlung vor dem Prozehgericht wünschenswert und von vornherein anzunehmen ist, daß das Prozeßgericht das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme zu würdigen vermag. Eidliche Vernehmungen und Parteiverneh­ mungen werden nur ausnahmsweise vorzunehmen sein. S. auch AB. v. 11./11.35 (DJ. 1654), abgedruckt Einl. III, bei IV Abs. 6, wonach die Beweisaufnahme durch den Einzel­ richter eine ganz seltene Ausnahme sein soll. — Erhebt der Einzelrichter Beweise, so sind damit die gleichen Wirkungen für die Entscheidung des Prozeßgerichts gegeben, wie wenn dieses selbst die Beweise erhoben hätte. Der persönliche Eindruck eines Zeugen auf den Einzelrichter kann von dem Prozeßgericht nur verwertet werden, wenn er in die Niederschrift ausgenommen und vorgetragen ist. — Da der Einzelrichter bei der von ihm angeordneten Beweisaufnahme als Prozeßgericht anzusehen ist (s. § 348 Anm. 3), hat er auch über die bei und aus der Beweisaufnahme sich ergebenden Streitpunkte die Entscheidungen, die dem Prozeßgericht obliegen, an dessen Stelle zu treffen, so z. B. über die Rechtmäßigkeit einer Zeugnisverweigerung nach § 387 Abs. 1 oder § 389 (s. § 387 Anm. 1, § 389 Anm. 1). 13 Ob die Sache zur Verhandlung vor dem Prozeßgericht reif ist, hat zunächst der Einzelrichter zu entscheiden, nicht der Vorsitzende, dem die Akten behufs Anberaumung des Verhandlungstermins vor dem Prozeßgericht vorzulegen sind (vgl. § 348 Anm. 2). Sind aber Einzelrichter und Vorsitzender über die Derhandlungsreife verschtedencr Meinung, so hat nach Nov. 33 das Prozeßgericht zu entscheiden. Für Parteianträge ist in dieser Hinsicht kein Raum; die Parteien brauchen nicht gehört zu werden, haben auch kein Beschwerderecht, RGHRR. 32, 792, vgl. § 348 Anm. 6. — Vor dem Prozeßgericht ist neues Vorbringen zulässig. Jedoch werden neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, Beweismittel und Beweiseinreden in der Regel als schuldhaft nachträglich vorgebrachte verzögerliche zu erachten und auf sie die Bestimmungen der §§ 278, 283 Abs. 2 über die Kostenfolge und der §§ 279, 283 Abs. 2 über die Zurückweisungsbefugnis zur An­ wendung zu bringen sein. Ferner unterliegen die vom Einzelrichter unter Frist-

Erster Äbschn. Vers, vor d. Landgerichten. Fünfter Titel. Beweisaufnahme. § 350.

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Bestimmung gemäß §§ 279 a Satz 1, 283 Abs. 2 erforderten Erklärungen, die erst vor dem Prozeßgericht nachgeholt werden, der Befugnis der Nichtberücksichiigung nach §§ 279a Satz 2, 283 Abs. 2. Vgl. auch Anm. 3. 14 Bei Streitgenossen wirkt die Einverständniserklärung nur für den Erklärenden. Von dem Streitgehilsen kann sie nicht für die Partei abgegeben werden, Jonas § 67 II1 (a. M. Baumb. 4). Sie ist in der mündl. Verhandl. abzugeben und kann bis zur Erlassung der Entscheidung wirksam widerrufen werden, so daß diese dann nicht stattfinden darf, Jonas VII (a. M. Baumb. 4). Auch bei EinvErkl. steht es im Ermessen d. EinzR., ob er an Stelle des Prozeßger. entscheiden will. 15 Über nicht vermögensrechtliche Streitigkeiten, über die der Einzelrickter auch bei Einverständnis beider Parteien nicht an Stelle des Prozeßgerichts entscheiden darf, vgl. § 546 Anm. 1. 1« D. EinzR. kann unter d. Voraussetzungen d. § 18 EntlVO. (f. Anhang) auch e. SchiedSurt. erlaßen, IW. 26, si3". — Abf. 3 gilt nicht in d. BerufungS' instanz — § 523 a. Einzelrichterbegriff, Entscheidungsan fecht un g.

Einzelrichter im Sinne der §§ 348, 349 ist in Sachen der Zivilkammern der Vorsitzende oder ein von ihm zu bestimmendes Mitglied der Kammer,1 in Sachen der Kammern für Handelssachen der Vorsitzende2 (2) Für die Anfechtung von Entscheidungen des Einzelrichters gelten dieselben Vorschriften wie für die Anfechtung entsprechender Entscheidungen des Prozehgerichts.b 350. (1)

1 In der BerufJnst. beim OLG.: Zivilsenat. Abänderung ist nicht zulässig, nur Bestimmung eines anderen Einzelrichters nach Fortfall (Versetzung, Ablehnung) des Erst­ ernannten. 2 Nicht ein Handelsrichter. 2 Gegen Bersäumnisurteile Einspruch, gegen andere Urteile Berufung, gegen Be­ schlüsse Beschwerde unter denselben Voraussetzungen wie gegen gleichartige Entscheidun­ gen des Prozeßgerichts. — § 576 Abs. 1 (Entscheidung des Prozeßgerichts, wenn die Änderung einer Entscheidung des beauftragten oder ersuchten Richters verlangt wird) findet nicht Anwendung, auch nicht auf solche Entscheidungen des Einzelrichters, die er aus dem Wesen der Vorbereitung heraus als Prozeßgehilfe des Kollegiums trifft (z. B. kann die vom Einzelrichter nach § 148 oder § 149 angeordnete Aussetzung der Verhand­ lung ss. § 349 Anm. 3] oder Ablehnung der Terminsbestimmung nicht durch Nachsuchung der Entscheidung des Kollegiums, sondern nur durch Beschwerde nach § 252 bzw. § 567 angefochten werden), IW. 26, 845. Zurückverweisungen ergehen an die Kammer (den Senat), deren Vorsitzender dann zu bestimmen hat, ob ein weiteres Einzel­ richterverfahren einzutreten hat, Jonas II. . überschreitet der Einzelrichter seine Zu­ ständigkeit, so ist das ein Verfahrensmangel (§§ 539, 551, 579), Jonas III, Baumb. 2. 351—354 durch die VO. v. 13./2. 24 gestrichen.

Fünfter Titel.

Allgemeine Bestimmungen Uber die Beweisaufnahme. Vorbemerkungen. 1 Materielle Vorschriften über den Beweis: §§ 282 bis 294. 2 Beweislast: § 282 Anm. 1. 3 Gebühren: des Gerichts (1, bei Vergleich 0) § 20 Nr. 2, § 23 GKG.- deS An­ walts (1 bzw. 11/. oder H/9) § 13 Nr. 4, § 17 GebORA. 4 Grundsätzliches. Für die Beweisaufnahme gelten die Grundsätze der Unmittelbar­ keit und Einheitlichkeit. Nach ersterem sollen die erkennenden Richter möglichst durch unmittelbare Beweisaufnahme aus eigener Anschauung und persönlichem Eindruck die Grundlage ihrer Überzeugung gewinnen und in unmittelbarem Anschluß an die Beweis­ aufnahme verhandeln und entscheiden. Nach letzterem soll die Beweisaufnahme möglichst

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nicht stückweise und wiederholt, sondern auf Grund einer einzigen Entschließung des Gerichts in einem Zug einheitlich durchgeführt werden. Die Ausnahmen, die das Gesetz für die Beweisaufnahme durch einen beauftragten, ersuchten oder Einzelrichter gestattet (s. § 355), sind auf notwendige Fälle zu beschränken. S. dazu AB. v. ll./ll. 35 (DJ. 1654), abgedruckt Einl. III, unter IV. Bevor das Gericht einen Beweis beschließt, muß es zunächst die Behauptungs- und Beweislast prüfen und auf dieser Grundlage, nötigen­ falls nach Ausübung des Fragerechts (§ 139), sich darüber schlüssig werden, ob und in welchem Umfang es einer Beweisaufnahme bedarf, um über die gestellten Anträge ent­ scheiden zu können. Beweise, die dazu nicht erforderlich sind, sind nicht zu erheben.

Allgemeine Grundsätze der Beweiserhebung ($§ 355—357 a). Beweisaufnehmer.

355 (320). (1) Die Beweisaufnahme erfolgt vor dem Prozeßgerichte.l Sie ist nur in den durch dieses Gesetz bestimmten Fällen2 einem Mitglieds des Prozeßgerichts oder einem anderen Gerichte2 zu übertragen4. (2) Eine Anfechtung des Beschlusses, durch welchen die eine oder die andere Art der Beweisaufnahme angeordnet wird, findet nicht statt.6 1 §3 284, 370 Abs. 1. Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme. S. Vorbemerkung. Oder vor dem Einzelrichter: § 349 Abs. 2 Satz 2 (s. Anm. 21 dort). 2 §§ 372, 375, 382, 402, 405, 434, 479. 8 § 157 GBG. — Gemeint sind andere deutsche Gerichte, RG. 2, 872. Im Auslande: §§ 363, 364, 369. < Der betreffenden Anordnung braucht eine mündliche Verhandlung nicht vorher­ zugehen, RG. 34, 369, IW 01, 304», auch § 479 Anm. 1. 5 Abs. 2 ist trotz der Nov. 33 unverändert in Geltung geblieben, RG. 149, 290 (a. M. anscheinend IW. 37, 2361", Baumb. § 375 Anm. 1 für den Zeugenbeweis). Daher keine Nachprüfung durch das Rechtsmittelgericht. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, auch, wenn die Beweisaufnahme ungesetzlicherweise einem Mitgliede des Prozeßgerichts (beauftragter Richter) oder einem anderen Gerichte (ersuchter Richter) übertragen ist, RG. 149, 290. Doch muß sich dann die Beweiswürdigung besonders streng im Rahmen des § 286 halten und die Einhaltung dieser Grenzen in der Begründung deutlich ersicht­ lich sein, RG. 159, 242. Andererseits unterliegt auch die Zurückweisung des Antrags auf Übertragung nicht der Anfechtung, IW. 93, 1256 (a. M. IW. 32, 2894). Ebensowenig die Ablehnung des Antrags, die Beweisaufnahme nicht zu übertragen, sondern vor dem Prozeßgericht stattfinden zu lassen, RG. 54, 60. — Es macht auch keinen Unterschied, ob nach dem Beschluß die Beweisaufnahme im Jnlande oder ob sie im Auslande vorzu­ nehmen ist, RG. 46, 367. — Nämliches gilt nach § 350 Abs. 2 hinsichtlich gleicher Ent­ scheidungen des Einzelrichters. Beweisaufnahmehind ernis.

356 (321). Steht der Aufnahme des Beweises1 ein Hindernis von un­ gewisser Dauer entgegen, so ist2 eine Frist zu bestimmen,2 nach deren frucht­ losem Ablaufe das Beweismittel nur benutzt4 werden kann, wenn dadurch das Verfahren nicht verzögert wird.6 Die Bestimmung der Frist kann ohne mündliche Verbandlung erfolgen 2 Arbeitsgerichtliches Verfahren: Soweit die BewAufnahme am Sitze des Arb Gerichts (LAG.) möglich ist, erfolgt sie vor der Kammer (dem LAG.). Erfolgt sie nicht am Sitze, aber im Bezirke des Arb Gerichts (LAG.), so kann sie dem Vor­ sitzenden übertragen werden. Muß sie außerhalb des Bezirks des Arb Gerichts (LAG.) stattfinden, so kann sie dem Vorsitzenden desjenigen Arb Gerichts oder, falls dies aus Gründen der örtlichen Lage zweckmäßiger ist, demjenigen Amtsgericht übertragen werden, in dessen Bezirk die BewAufnahme erfolgen soll. §§58 Abs. 1, 64 Abs. 3 ArbGG. 1 Der Beweisaufnahme Hindernis entgegen. — D. i. der vom Prozetzgericht für erforderlich erachteten Art der Beweisaufnahme (z. B. der Vernehmung eines im AuSlande wohnenden Zeugen im Jnlande vor dem beauftragten Richter zwecks Gegen-

Erster Abschn. Berf.v.d. Landger. Fünfter Tit. Beweisaufnahme.

§§855—357.

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Überstellung mit anderen Zeugen), IW. 11, 221« Gleiches gilt von der vom Einzelrichter angeordneten Art der Beweisaufnahme (s. § 349 Anm. 12). — § 356 gilt für jede Art von Beweismitteln, auch für Parteivernehmung, ausgenommen den Be­ weis durch Sachverständige, in deren Auswahl das Gericht nicht beschränkt ist, und den Beweis durch Urkunden, der in § 431 besonders geregelt ist, Jonas I. 2 Ist e. Frist zu bestimmen. — Fassung nach BO. v. 13 /2. 24. Danach hat das Prozetzgericht oder der Einzelrichter (§ 349 Abs. 2 S. 2), wenn der von ihnen angeordneten Beweisaufnahme (f. Anm. 1) ein Hindernis von unbestimmter Dauer entgegensteht, von Amts wegen eine Frist zur Behebung des Hindernisses zu bestimmen; die Friftbestimmung kann ohne mündliche Verhandlung erfolgen. Wenn ein Antrag auf Friftbestimmung abgelehnt wird, ist gemäß § 567 Abs. 1 Beschwerde dagegen zulässig, da im Satz 2 unter „Bestimmung d. Frist", die ohne mündl. Verhandl. erfolgen sann, nicht bloß die iatsächl. erfolgende Fristbestimmung, sondern d. ganze darauf gerichtete Verfahren zu verstehen ist (anders frühere Ausl.). Gegen die erfolgte Bestimmung d. Frist dagegen findet eine Beschwerde nicht statt, IW. 35, 3322.— Vgl. § 431 (Bestim­ mung einer Frist zur Vorlegung einer Urkunde ohne mündliche Verhandlung). • Frist. — Die Bestimmung einer Frist von unbestimmter Dauer (z. B. bis zwei Monate nach Beendigung des Kriegszustandes) ist unzulässig, OLG. 33, 68 (a. M. 31,56). — Es kann nach Ablauf der Frist eine Verlängerung mit Rücksicht auf §.$ 230, 231 nicht mehr beantragt, wohl aber eine vor Fristablauf beantragte Verlängerung vom Gericht gemäß § 224 Abs. 2, wenn erhebliche Gründe glaubhaft gemacht sind, ver­ fügt werden, OLG. 31, 56. — Hinsichtlich Zeugen s. § 379. < Nach Fristablauf nur benutzbar, wenn. — Ohne Rücksicht, ob ein Verschulden der Partei vorliegt, RG. 7, 391, und ob ein etwaiger Antrag auf Bestimmung einer Frist von dem Gegner des Beweisführers oder von diesem selbst gestellt ist, IW. 90, 237. Auf Rüge d. Versäumung d. Frist kann nicht nach § 295 Abs. 1 wirksam verzichtet werden, da nach § 224 Abs. 1 eine Verlängerung d. Frist durch Parteiveretnbarung ausgeschlossen ist. Jedoch Nachholung in 2. Inst. § 529 Abs. 1. — Sonstige Zurückweisung v. Beweismitteln: § 283 Abs. 2. 6 Verfahren nicht verzögert. — Z. B. nicht, wenn d. Zeuge zum Termin nun gestellt, d. nicht auffindbar gewesene Urkunde vorgelegt wird. — Hat der Beweisführer nach Ablauf der (z. B. behufs Angabe des Wohnorts eines Zeugen) bestimmten Frist das Hindernis behoben (z. B. den Wohnort des Zeugen angegeben), ist aber wegen Verzögerung (z. B. Notwendigkeit der Vertagung) die Beweisaufnahme abgelehnt worden, so ist, wenn darauf der Bewersführer BersäumniSurtril gegen sich hat ergehen lasten, nach erhobenem Einspruch von neuem zu prüfen, ob durch die Beweiserhebung nach nunmehriger Prozeßlage eine Verzögerung des Verfahrens ein­ treten würde, und darf nur im letzteren Falle die Beweiserhebung abgelehnt werden, IW. 01, 804». Anwesenheit der Parteien.

357 (322). (1) Den Parteien* ist gestattet, der Beweisaufnahme beizu­ wohnen? (2) Wird die Beweisaufnahme einem Mitgliede deS ProzeßgerichtS oder einem anderen Gericht übertragen, so ist die TerminSvestimmung den Parteien ohne besondere Form mitzuteilen, sofern nicht daS Gericht die Zustellung anordnet. Bei Übersendung durch die Post gilt die Mitteilung, wenn die Wohnung der Partei im Bereiche deS OrtsbestellverkehrS liegt, an dem folgenden, im übrigen an dem zweiten Werktage nach der Ausgabe zur Post alS bewirkt, sofern nicht die Partei glaubhaft macht, daß ihr die Mitteilung nicht oder erst in einem späteren Zeitpunkte zugegangen ist3 1 Den Parteien ist gestattet. — § 397 (Fragestellung an Zeugen). — Cljnc Vertretung durch Anwälte im Falle des § 78 Abs. 2, sonst mit Anwälten, § 137 Abs. 4. — Eine prozeßunfähige Partei (z. B. im Verfahren auf die Entmündigungs-

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anfechtung) hat kein Recht auf Zulassung, Gr. 29, 1094. — Auf die Beteiligten in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit findet § 357 keine Anwendung; die Zu­ ziehung der Beteiligten zur Beweisaufnahme siebt hier lediglich im Ermessen des Gerichts, RG. 63, 278. — Ern Verstoß gegen § 357 führt in der RevJnstanz nur dann zur Aufhebung des Urteils, wenn die Entscheidung dadurch beeinflußt worden ist, RGHRR. 31, 983. 2 Beiwohnen der Beweisaufnahme gestattet. — Es handelt sich um ein wich­ tiges und für das Ergebnis der Beweisaufnahme oft fehr wesentliches Recht der Parteien und Streitgehrlfen. Daher darf die Beweisaufnahme, sofern nicht der Beweistermin verkündet ist, nur erfolgen, wenn die Parteien von dem Termine so rechtzeitig benachrichttgt find, daß ihnen die Wahrnehmung des Termins möglich ist, RG. 100, 174, vgl. aber auch IW. 10, 713-». Die trotz nicht rechtzeitiger Benachrichtigung erfolgte Beweisaufnahme ist ungültig, RG. 136, 300, W. 39, 12 (vgl. jedoch § 397 Anm. 1 darüber, daß die Wiederholung der Zeugenvernehmung unter Umständen versagt werden kann). Dgl. ferner §§ 364, 493 (Ausnahmen bei Beweis­ aufnahmen im Ausland und zur Sicherung des Beweises), 295 (Verzicht auf die Rüge des Mangels, s. IW. 94, 589»). — Abzulehnen ist die Ansicht, daß das Gericht im Befchwerdeverfahren, wenn es die Vernehmung eines Zeugen anordnet, die Parteien von dem Beweistermin nicht in Kenntnis zu setzen brauche, IW. 98, 352», OLG. 33, 86. — Der von einem Sachverständigen zu seiner Information und zur Vor­ bereitung des Gutachtens anberaumte Termin ist nicht ein Termin zur Beweisaufnahme im Sinne des § 357, dem beizuwohnen die Partei ein Recht hätte, IW. 03, 66», W. 12, 376. » Abs. 2, etngefügt durch VO. v. 17./6. 33 (RGBl. 1 394), dient der Vereinfachung des Verfahrens.

Sofortige Beweiserhebung.

357 a. 'Beschließt das Gericht eine Beweiserhebung, so soll die Auf. nähme des Beweises, soweit dies tunlich ist, sofort erfolgen, insbesondere sollen Zeugen und Sachverständige, falls sie zur Stelle fint)2 oder ihre unverzügliche Gestellung möglich ist, sofort vernommen Werbern3 1 Etngefügt durch die VO. v. 13./2. 24.

2 Nach § 272 b Abs. 2 Nr. 4, 5 hat der Vorsitzende (oder der Einzelrichter, wenn er selbst Beweis erheben will, s. § 349 Anm. 12) dafür zu sorgen, daß die Zeugen und Sachverständigen, deren Vernehmung erforderlich erscheint, zur Stelle sind. 8 Satz 2, beseitigt durch Ges v 27 /10 33 betraf die Abnahme des ParteieideS. — Die Nichteinhaltung der Fristen des § 132 bei Zustellung des die Zeugen­ benennung enthaltenden Schriftsatzes steht der sofortigen Vernehmung nicht ohne weiteres entgegen, RGHRR. 28, 1854, § 132 Anm. 6. Von einer sofortigen Zeugen­ vernehmung im unmittelbaren Anschluß an den Erlaß des Beweisbeschlusses wird aber z. B. abzusehen sein, wenn nach den besonderen Umständen des Falles es gerechtfertigt erscheint, einer Partei erst Gelegenheit zu geben, über einen vom Gegner gestellten Zeugen Erkundigungen einzuziehen. Vgl. IW. 11, 19. Beweisbeschluß (§§ 358—360). Bet besonderem Beweisverfahren.

358 (323). Erfordert die Beweisaufnahme ein besonderes Verfahren,' so ist dasselbe durch Beweisbeschluß anzuordnen.2 1 Besonderes Beweisversahren erforderlich. — D. h. ein anderer Termin, RG. 10, 371. Vgl. jedoch hinsichtlich der Bewetsgebühr des Anwalts (§§ 13 Nr. 4, 17 GebORA.), RG. 36, 386. — Im Falle sofortiger Beweiserhebung erübrigt sich ein förml. Beweis­ beschluß, HRR. 36, 703. 2 Beweisanordnung. — Nach mündlicher Verhandlung. — Verkündung: § 329 Abs. 1. — Nach § 272 b Abs. 2 Nr. 1, 2, 4, 5 können Anordnungen zur Vorbereitung der Beweisaufnahme schon vor der mündlichen Verhandlung getroffen werden Vgl. auch § 357a (Beweisaufnahme soll tunlichst sofort erfolgen). —t Nachträgliche Ände­ rung deS Beweiöbeschluffes: tz 360. Wenn es bei nachträglicher Änderung des Streit-

Erster Abschn. Vers. v. d.Landger. Fünfter Tir. Beweisaufnahme. 883572—360.

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starr des auf die unter Beweis gestellten Tatsachen für die Entscheidung nicht mehr ankommt, kann der Beweisbeschluß aufgehoben und können geladene Zeugen abbestellt werden. Aussagen bereits vernommener Zeugen brauchen dann nicht kundgemacht zu werden, RG. 28./2. 36, VII 131. 35. Inhalt deS BeweiSbeschlusseS.

859 (324). Der Beweisbeschlub enthält? 1. die Bezeichnung der streitigen Tatsachen, über die der Beweis zu erheben ist;2 2. die Bezeichnung der Beweismittel unter Benennung der zu vernehmenden Zeugen und Sachverständigen2 oder der zu vernehmendenParlei; 3. die Bezeichnung der Partei, die sich auf das Beweismittel berufen hat.4 1 Vgl. §§ 355, 361, 370 (sonstiger Inhalt des Beweisbeschluffes). — Da­ ersuchte Gericht kann nach § 158 Abs. 2 GVG. das Ersuchen um Vernehmung eineZeugen ablehnen, wenn der Beweisbeschlub nicht den Vorschriften des § 359 entspricht, IW. 99, 826i, § 158 Anm. 2 GVG. — Bis zur Erledigung d. BewBeschl. hat auSschl. d. Gericht d. Leitung d. Verfahrens. Daher führt Unterlassen von Maßnahmen der Parteien, die (wie z. B. Angabe von Zeugenadreffen, Behebung von Hindernissen im Sinne des § 356) der Durchführung eines erlassenen Beweisbeschluffes dienen, nicht zu einem die Unterbrechung der Verjährung beseitigenden Stillstand des Prozesses, RG. 97, 126. 2 Nr. 1. — Die Ladung des Zeugen braucht aber nicht genau diese Tatsachen zu ent­ halten, sondern nur im allgmeinen den Gegenstand der Vernehmung, §377 Anm. 4. — Die Mitaufnahme von solchen streitigen Tatsachen, die erst eventuell, d.h. bei einem bestimmten Ergebnis der Beweisaufnahme, erheblich sind, ist nicht unbedenklich, da über das Ergebnis einer Beweisaufnahme nur das Prozeßgericht auf Grund mündlicher Verhandlung zu befinden hat. Auch kann § 360 helfen. In Ausnahmefällen kann aber ein solches Ver­ fahren zulässig und zweckmäßig sein, z. B. wenn eine Beweisaufnahme für den Fall beschlossen wird, daß ein Zeuge eine bestimmte Tatsache bekunden sollte. • Nr. 2. — Ausnahme: 372, 405 (beauftragter oder ersuchter Richter zur Er­ nennung des Sachverständigen ermächtigt). 4 Nr. 3. — Die Bezeichnung des BeweiSführerS ist vor allem wegen § 399 von Bedeutung. Die frühere Nr. 4, die die Eidesnorm eines Parteieides betraf, ist durch die Nov. v. 27./10. 33 beseitigt worden. Änderung des Beweisbeschlusses.

360 (325). *Dor der Erledigung des Beweisbeschlusses kann keine Partei dessen Änderung2 auf Grund der früheren Verhandlungen verlangen. Das Gericht2 sann4 jedoch auf Antrag einer Partei2 oder von Amts wegen den Beweisbeschlub auch ohne erneute mündliche Verhandlung2 insoweit ändern/ als der Gegner zustimmt2 oder es sich nur um die Berichtigung oder Ergänzung der im Beschluß angegebenen Beweistatsachen2 oder um die Vernehmung anderer als der im Beschluß angegebenen Zeugen oder Sachverständigen handelt?2 Die gleiche Befugnis hat der beauftragte oder ersuchte Richter." Die Parteien find tunlichst vorher zu hören" und in jedem Falle von der Änderung unverzüglich zu benachrichtigen." 1 Fassung nach VO. v. 13./2. 24. 8 Eine Änderung seines Inhalts, RG. 3, 369, IW. 05, 116«. Die Rüge der Verletzung von Vorschriften des »erfahrens bei Erlaß des Beschlusses ist zulässig, RG. 3, 369. 3 Auch der Elnzelrichter, wenn er den Beweisbeschluß gemäß § 349 Abs. 2 Satz 2 erlassen hat (s. § 348 Anm. 3). Wegen des beauftragten und ersuchten Richters. § 391 Anm. 1. 4 Auch wenn die Änderung von einer Partei beantragt wird, steht sie im Ermessen des Gerichts.

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s DeS BeweiSführerS oder des Gegners. 6 Handelt eS sich nicht um Berichtigung oder Ergänzung der BeweiStatfachen noch um Vernehmung anderer Zeugen oder Sachverständigen und stimmt der Gegner deS etwaigen Antragstellers nicht zu (f. Anm. 8, 9, 10), so darf die Änderung nur nach erneuter mündlicher Verhandlung erfolgen. 7 Eine sachliche Änderung des BeweiSbeschlusseS steht nicht in Frage, wenn es fich nur um die Art und Weife feiner Erledigung handelt. Eine anderweite Anordnung nach dieser Richtung kann daher ohne mündliche Verhandlung erlafien werden. Dgl. IW. 15, 1278. Ferner kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung den Vollzug einer angeordneten Beweisaufnahme auSsetzen. Dgl.JW.10,ivi". Auch kann eS von Amts wegen jederzeit von einer angeordneten Beweisaufnahme Abstand nehmen, z. B. wenn ein Grund vorliegt, aus dem ein Beweisantrag abgelehnt werden darf (vgl. §§ 279, 283 Abs. 2]) oder wenn es für die Entscheidung auf den Beweis nicht mehr ankommt. S. § 358 Anm. 2. Vgl. IW. 16, isi". Dies kann auch stillschweigend, z. B. durch Vertagung zur Urteilsverkündung, geschehen. 8 Zustimmung deS Gegners kommt nur in Frage, wenn von der anderen Partei (f. Anm. 5) ein Antrag auf Änderung des BeweiSbeschluffeS gestellt ist. Sind beide Parteien einverstanden, so kann der Beweisbeschluß nach jeder Richtung ohne münd­ liche Verhandlung geändert werden. • Nur Berichtigung oder Ergänzung der Beweistatsachen ist zulässig. Nicht dürfen neue tatsächliche Streitpunkte ohne mündliche Verhandlung (s. Anm. 6) in den BeweiSbeschluß eingestellt werden. 10 Dies enthält eine besonders wesentliche Änderung deS früheren Rechts­ zustandes, wonach eine Änderung des BeweiSbeschluffeS hinsichtlich der Vernehmung anderer Zeugen oder Sachverständigen, ohne Zustimmung der Parteien, nicht ohne nochmalige mündliche Verhandlung erfolgen durfte (vgl. IW. 95, 638*). 11 § 41 Anm. 11. — Liegen die Voraussetzungen und Fälle deS Satz 2 nicht vor, so kann nur das Prozeßgertcht die Änderung des BeweiSbeschluffeS anordnen, und zwar nach mündlicher Verhandlung (s. Anm. 6). Vgl. § 366 (Zwtschenstreit über die Beweisaufnahme vor dem beauftragten oder ersuchten Richter). 12 Die zuvorige Anhörung der Parteien kann unterbleiben, wenn wegen Kürze der Zeit sie schwer durchführbar ist. Die Partei, die etwa die Änderung beantragt hat, braucht überhaupt nicht gehört zu werden. Mangelheilung: § 295. 18 Eine Form für die Benachrichtigung ist nicht vorgeschrieben. ES genügt einfaches Schreiben. Dgl. § 365 Anm. 3. Mangelheilung: § 295.

Beweisaufnahme durch den beauftragten oder ersuchten Richter (§§ 361, 362). Beauftragter Richter.

361 (326). (1) Soll die Beweisaufnahme durch ein Mitglied des Prozeß­ gerichts erfolgen, so wird bei der Verkündung des BeweiSbeschluffeS durch den Vorsitzenden der beauftragte Richter bezeichnet und der Termin zur Be­ weisaufnahme l bestimmt (2) Ist die Terminsbestimmung unterblieben, so erfolgt sie durch den be­ auftragten Richter;* wird derselbe verhindert, den Auftrag zu vollziehen, so ernennt der Vorfitzende ein anderes Mitglied. 1 Daneben zugleich der Termin zur mündlichen Verhandlung. § 370 Abs. 2. 2 Dieser veranlaßt die Ladung der Zeugen und Sachverständigen von AmtS wegen. §§ 377, 402. — Die Parteien sind von Amts wegen zu benachrichtigen (§ 329 Abs. 3), RG. 6,351. — Fällt der beauftragte Richter fort, so tritt mangels anderweiter Bestimmung durch den Vorsitzenden sein Vertreter oder Nachfolger im Amt an seine Stelle, über Beweisaufnahme durch ^beauftragten Richter im allgemeinen s. Vorbem. vor § 355 und die dort angezogene AB. v. ll./ll. 35. Ersuchter Richter.

362 (327). (1) Soll die Beweisaufnahme durch ein anderes Gericht* er­ folgen, so ist das Ersuchungsschreiben von dem Vorsitzenden* zu erlassen.

Erster Abschn. Vers. v. d. Landger. Fünfter Titel. Beweisaufnahme. §§ 361—364.

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(2) Die auf die Beweisaufnahme sich beziehenden Verhandlungen werden in Urschrift von dem ersuchten Richter der Geschäftsstelle des Prozeßgerichts übersendet, welche die Parteien von dem Eingang benachrichtigt?

1 §§ 156, 158 GBG. (Ersuchen eines inländischen Gerichts), §§ 363, 364, 369 (Beweisaufnahme im Ausland), über Beweisaufnahme durch ersuchtes Gericht im all­ gemeinen s. Vordem, vor § 355 und die dort angezogene AB. v. 11./11. 35. — Der Inhalt des Ersuchungsschreibens muß klar und hinreichend ausführlich sein. Beifügung der Akten nicht zweckmäßig, wenn mehrere Gerichte ersucht werden, da diese, wie regel­ mäßig zu erstreben ist, gleichzeitig tätig werden sollen. 8 Oder von dem Einzelrichter, wenn er die Beweisaufnahme anordnet (§ 349 Anm. 12). 8 Benachrichtigung formlos. Beweisaufnahme im Auslande (§§ 363, 364). Im Allgemeinen.

363 (328). (1) Soll die Beweisaufnahme im Ausland erfolgen, so hat der Vorsitzende1 die zuständige Behörde * um Aufnahme des Beweises zu ersuchen? (2) Kann die Beweisaufnahme durch einen Reichskonsul* erfolgen, so ist das Ersuchen an diesen zu richten.

1 Oder der Einzelrichter, wenn er die Beweisaufnahme anordnet (§ 349 Anm. 12). 2 D. i. diejenige, die nach der Gerichtsverfassung des fremden Staats Ersuchungs­ schreiben dieser Art entweder selbst zu erledigen oder deren Erledigung zu veranlassen hat. Begr. 246. — Wegen des unmittelbaren Verkehrs mit ausländischen Gerichts­ behörden vgl. § 199 Anm. 3. 3 Wenn nicht Abs. 2 Platz greift. S. Anm. 4. — Wegen der Form der Er­ suchungsschreiben s. die Vers, in Vordem. 5 vor § 156 GVG. — Das Gericht darf dem Beweisführer nicht aufgeben, bei Verlust des Beweismittels einen ausländischen Zeugen im Inlands zu stellen, IW. 05, 28". — Die ausländische Behörde braucht nur ihre eignen Verfahrensvorschriften einzuhalten (s. aber § 369); über die Folgen einer Zeugnis- oder Eidesverweigerung entscheidet das erkennende Gericht nach freiem Ermessen, IW. 29, 1883“. < Ersuchen d. Reichskonsuls ist d. Regel, sofern er d. Beweisaufn. selbst vor­ nehmen kann. Dies ist d. Fall, wenn d. Konsul mit Konsulargerichtsbarkeit aus­ gestattet ist u, d. zu vernehmende Person ihm untersteht, oder, wenn d. Konsul zur Abhörung v. Zeugen und z. Abnahme v. Eiden ermächtigt ist, § 20 BGes. v. 8./11. 67 (BGBl. 137), § 7 RGes. über die Konsulargerichtsbarkeit, v. 7./4. 00 (RGBl. 213). Andernfalls nach Abs. 1 Ersuchen d. zuständ. ausl. Behörde, u. zwar unmittelbar, soweit unmittelbarer Geschäftsverkehr gestattet ist (s. Anm. 1), sonst Übermittlung durch d. deutschen Konsul an die Behörde oder, wenn d. diplomatische Weg verlangt wird, durch d. deutschen Gesandten. In d. Vertragsstaaten d. Haager Zivilprozeßabkommens (f. Einl. II 1, 2) ist d. Ersuchen, soweit nicht unmittelbarer Geschäftsverkehr besieht, an d. deutschen Konsul zur Übermittlung zu richten, aus­ genommen Belgien, Finnland u. Italien, wo diplomatischer Weg verlangt wird. Übermittlung durch d. Konsul auch in Bulgarien (Vertr. v. 22./12. 26 jRGBl. 27 II 416]), England (Vertr. v. 20./3. 28), Frankreich (Erkl. v. 6./10. 27 jRGBl. II 892, 1103]), Rußland (Vertr. v. 12./10. 25 fRGBl. 26 II 1]). — Es genügt zur Erlassung des Ersuchens, wenn die Partei den Zeugen als Angehörigen oder Schutzbefohlenen des Reichs bezeichnet, IW. 87, 67.

Besondere Anordnungen.

364 (329). (1) Wird eine ausländische Behörde ersucht, den Beweis auf­ zunehmen, so kann das Gericht anordnen, daß der Beweitzführer das Ersuchungsschreiben zu besorgen und die Erledigung des Ersuchens zu be­ treiben habe.

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A. II. Zivilprozeßordnung. Zweites Buch. Verfahren in erster Instanz.

(2) Das Gericht kann sich auf die Anordnung beschränken, daß der Beweisführer eine den Gesetzen des fremden Staates entsprechende öffent­ liche Urkunde über die Beweisaufnahme beizubringen habe. (3) In beiden Fällen ist in dem Beweisbeschlusse eine Frist zu bestimmen, binnen welcher von dem Beweisführer die Urkunde auf der Geschäftsstelle niederzulegen ist. Nach fruchtlosem Ablaufe dieser Frist kann die Urkunde nur benutzt werden, wenn dadurch das Verfahren nicht verzögert wird? (4) Der Beweisführer hat den Gegner, wenn möglich, von dem Orte und der Zeit der Beweisaufnahme so zeitig in Kenntnis zu setzens daß derselbe seine Rechte in geeigneter Weise wahrzunehmen vermag. Ist die Benach­ richtigung unterblieben, so hat das Gericht* zu ermessen, ob und inwieweit der Beweisführer zur Benutzung der Beweisverhandlung berechtigt sei? 1 Von den Befugnissen des § 364 wird das Gericht oder der Einzelrichter, wenn er die Beweisaufnahme anordnet, § 349 Anm. 12, im allgemeinen keinen Gebrauch zu machen haben, wo das Verfahren nach § 363 besser und schneller zum Ziele führt. 2 Vgl. §356. 3 Formlos, ohne Beurkundung. §166 Anm. 3. Heilung des Mangels: §295. 4 Hinsichtlich des Einzelrichters vgl. tz 349 Anm. 3, 12. 5 Hierbei ist auch zu berücksichtigen, daß eine Beweisaufnahme im Auslande, die den ausländischen Gesetzen entspricht, auch dann als wirksam zu gelten hat, wenn sie nach den inländischen Prozeßgesetzen mangelhaft ist, RG. 2, 374, auch OLG. 13, 158, § 369 Anm. 1.

Weiteres Ersuchen b. deauftr. oder ersuchten Richters.

365 (330). Der beauftragte oder ersuchte Richter 1 ist ermächtigt, falls sich später Gründe ergeben, welche die Beweisaufnahme durch ein anderes Gericht sachgemäß erscheinen lassen, dieses Gericht um die Aufnahme des Beweises zu ersuchend Die Parteien find von dieser Verfügung in Kenntnis zu setzen^. 1 § 41 Anm. 10. 2 Ersuchen nur an anderes inländisches Gericht, nicht ausländisches. — Über die Ermächtigung zur Änderung des Beweisbeschlufses in bestimmten Fällen vgl. § 360. 3 Formlos, ohne Beurkundung. § 166 Anm. 3, § 360 Anm. 13.

Zwischenstreit vor beauftr. oder ersuchtem Richter.

366 (331). (1) Erhebt sich bei der Beweisaufnahme vor einem beauftragten oder ersuchten Richter ein Streit, von dessen Erledigung die Fortsetzung der Beweisaufnahme abhängig und zu dessen Entscheidung der Richter nicht be­ rechtigt ist,1 so erfolgt die Erledigung durch das Prozeßgericht? (2) Der Termin zur mündlichen Verhandlung über den Zwischenstreit ist von Amts wegen zu bestimmen und den Parteien bekanntzumachen? 1 Streit zwischen den Parteien oder zwischen ihnen und d. Richter, Zeugen oder Sachverst. Auf bloße Vorhaltungen bezieht sich § 366 aber nicht, RG. 13, 400. — Der Richter ist zur Entscheidung eines Zwischenstreits berechtigt: in den Fällen der §§ 229, 360, 365, 372, 400, 406, GVG. § 180, auch darüber, ob die Beweisaufnahme erledigt oder noch weiter zu führen ist, IW. 96, 171»; nicht berechtigt u. a. in den Fällen der §§ 387, 393, 434, 479 (Zeugnisverweigerung, Zeugenbeeidigung. Vor­ legung von Urkunden. Eidesabnahme), s. auch § 397 (Fragen d. Parteien an Zeugen). — Über die Berechtigung zur Änderung des Beweisbeschlusies in bestimmten Fällen vgl. § 360. 2 Dgl. § 576 (Änderung einer Entscheidung des beauftragten oder ersuchten Richters). — Oder durch den Einzelrichter bezüglich eines Zwischenstreits vor einem von ihm ersuchten Richter (§ 348 Anm. 3, § 349 Anm. 12).

Erster Abschn. Vers. v.d. Landger. Fünfter Titel. Beweisaufnahme. §§365—368.

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• Die Verfügung ist den Parteien von Amts wegen zuzustellen. § 329 Abs. 3. — Zeugen u. Sachverst., die am Streit beteiligt sind, werden zu d. Termin v. Amts wegen geladen. — D. Entsch. über d. Streit ergeht auf Grund mündl. Verhandl. durch Zwischenurt. (§ 303). Ausbleiben d. Partei im Beweistermin.

367 (332). (1) Erscheint eine Partei oder erscheinen beide Parteien in dem Termine zur Beweisaufnahme nicht, so ist die Beweisaufnahme gleichwohl insoweit zu bewirken,' als dies nach Lage der Sache geschehen kann(2) Eine nachträgliche 2 Beweisaufnahme oder eine Vervollständigung der Beweisaufnahme ist bis zum Schluss^ derjenigen mündlichen Verhandlung, auf welche das Urteil ergeht, auf Antrag anzuordnen/ wenn das Verfahren dadurch nicht verzögert wird* oder wenn die Partei glaubhaft macht/ daß fie ohne ihr Verschulden* außerstande gewesen sei, in dem früheren Termin zu erscheinen, und im Falle des Antrags auf Vervollständigung, daß durch ihr Nichterscheinen eine wesentliche Unvollständigkeit der Beweisaufnahme ver­ anlaßt sei. 1 Nicht bloß vor dem beauftragten oder ersuchten Richter, sondern auch vor dem Prozeßgericht (oder dem Einzelrichter, § 349 Anm. 12), Pr. 125, RG. 1, 238. — Bor« auSsetzung ist, datz die ausgebliebene Partei vom Termine benachrichtigt ist, RG. 6, 353. Im Falle der Vernehmung eines Zeugen in seiner Wohnung ist ferner Voraussetzung, daß die Vernehmung nicht erst eine so geraume Zeit nach der festgesetzten Termins­ stunde erfolgt, daß die Entfernung der zur Terminsstunde erschienenen Partei nach angemesienem Warten nicht unberechtigt erscheint, IW. 07, 392«. — Bor Erledigung der Beweisaufnahme kann vom Prozeßgericht (oder dem Einzelrichter, § 349 Anm. 9, 12) ein BersäumniSurteil gegen die ausgebliebene Partei (oder eine Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 331 a) nicht erlassen werden. Wohl aber nachher, wenn d. Termin auch z. Fortsetzung d. mündl. Verhandl. bestimmt ist, wie gemäß § 370, RG. 1, 238, OLG. 3, 329, § 332 Anm. 3. — Im Falle des § 272b darf beim Aus­ bleiben der Parteien, abgesehen von Augenscheinseinnahme, keine Beweisaufnahme stattfinden, außer wenn ein Beschluß nach Aktenlage (§ 251a) ergeht und die Parteien von der Ladung benachrichtigt waren, Jonas I. — Verstoß gegen § 367 ist ein Ver­ fahrensmangel, der die Revision begründen kann. 2 Vgl. § 278 Anm. 5 (Begriff von „nachträglich") sowie §§ 279, 283 (nachträg­ liche: Angriffs- oder Verteidigungsmittel, Beweismittel, Beweiseinreden). 3 § 136 .Anm. 5. 4 Anordnung auf Grund mündl. Verhandl. durch Beweisbeschl. Zurückweisung des Antrags durch Zwischenurteil (§ 303) oder im Endurteil. Der Antrag muß bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung beim Prozeßgericht gestellt werden. Ausnahme: §400. 5 Verzögerung z. B., wenn neue Vernehmung eines Zeugen vor dem ersuchten Richter erfolgen müßte. 6 § 294. 7 Verschulden des Prozeßbevollmächtigten fällt der Partei als eigenes zur Last (§ 232). 8 Veranlassung wesentlicher Unvollständigkeit durch das Nichterscheinen muß dar­ gelegt werden. Neuer Beweiötermin.

368 (333). Wird ein neuer Termin zur Beweisaufnahme oder zur Fort­ setzung derselben erforderlich, so ist dieser Termin, auch wenn der Beweis­ führer oder beide Parteien in dem früheren Termin nicht erschienen waren, von Amts wegen zu bestimmend 1 Verkündung d. Termins wirkt auch gegen d. ausgebliebene Partei, wenn sie z. früheren Termin ordnungsm. geladen war (§ 312). Nicht verkündete Terminsbestimm. ist den Parteien v. Amts wegen zuzustellen (§ 329 Abs. 3).

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A. II. Zivilprozeßordnung. Zweites Buch. Verfahren in erster Instanz.

Mangelhafte ausländische Beweisaufnahme.

369 (334). Entspricht die von einer ausländischen Behörde vorgenommene Beweisaufnahme den für das Prozeßgericht geltenden Gesetzen, so kann daraus, daß ste nach den ausländischen Gesetzen mangelhaft ist, kein Einwand ent­ nommen werdend i Vgl. ZPO. § 55 (prozeßunfähiger Ausländer), Art. 92 WechsGes. — Umgekehrt genügt es, wenn die Beweisaufnahme den ausländischen Gesehen entspricht, mag ste auch nach dem inländischen Rechte mangelhaft sein (z. B. ein unbeeidigtes Gut­ achten, wenn der Sachverständige nach ausländischem Rechte die Beeidigung ablehnen durfte), RG. 2, 873, IW. 03, Lb", auch § 364 Anm. 5. Mängelheilung: § 295. Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung.

370 (335). (1) Erfolgt die Beweisaufnahme vor dem Prozeßgerichte/ so ist der Termin, in welchem die Beweisaufnahme stattfindet, zugleich zur Fort­ setzung der mündlichen Verhandlung bestimmt? (2) In dem Beweisbeschlusse, welcher anordnet, daß die Beweisaufnahme vor einem beauftragten oder ersuchten Richter erfolgen solle, kann zugleich der Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung vor dem Prozeß­ gerichte 1 bestimmt werden. Ist dies nicht geschehen, so wird nach Beendigung der Beweisaufnahme dieser Termin von Amts wegen bestimmt und den Parteien bekanntgemacht? Ar bei ts gerichtliches Verfahren: Zu Abs. 2. Kann die Beweisaufnahme nicht sofort stattfinden, so ist der weitere Termin sofort zu verkünden. § 57 Abs. 1 ArbGG. 1 Oder vor dem Einzelrichter, wenn er die Beweisaufnahme angeordnet hat (§ 348 Anm. 3, 4, § 349 Anm. 12). — Der Grundsatz des § 370 ist von wesentlicher Be­ deutung für die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme. S. Vordem, vor § 355 und die dort angezogene AB. v. 11./11. 35 (DJ. 1654). 2 Zwingende Vorschrift. Auch ohne ausdr. Hervorhebung in d. Terminsbestimm. ist d. Beweistermin auch z. Forts, d. mündl. Derhandl. bestimmt. — Versäumntsurt. bei Ausbleiben e. Partei kann erst nach Erledigung d. Bewetsauftl. erlassen werden, § 367 Anm. 1. Vgl. § 367 Anm. 1 (in dem Termin ist zunächst die Beweisaufnahme zu erledigen). • Bei der Bekanntmachung des Termins ist die Ladungsfrist des § 217 ein­ zuhalten, RG. 81, 322. — In dem den Parteien bekanntgemachten Termine kann bei Ausbleiben einer Partei BersäumniSurteil (oder eine Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 331a) ohne zuvorige Parteiladung ergehen, OLG. 15,134.

Sechster Titel. Beweis durch Augenschein. Von Amts wegen: §§ 3, 144. Durch den Vorsitzenden (oder den Einzelrichter, § 349 Anm. 12) schon vor der mündlichen Verhandlung: § 272 b Abs. 2 Nr. 5. — Kostenvorschuß: §§ 72 Nr. 5, 84 GKG. Beweisantretung.

371 (336). Die Antretung des Beweises durch Augenschein1 erfolgt durch die Bezeichnung des Gegenstandes des Augenscheins und durch die Angabe der zu beweisenden Tatsachen? 1 Eine Augenscheinseinnahme kann auch in Ansehung eines im Beptze des Gegners befindlichen Gegenstandes angeordnet werden, wenngleich ZwangSmaßregeln nicht ge­ stattet sind, eine Weigerung des Gegners also nur gemäß § 286 gewürdigt werden kann, IW. 97,1664, OLG. 19,244. — Auch der Körper einer Partei kann Gegenstand einer Augenscheinsetnnahme und der damit verbundenen Untersuchung sein. Jedoch kann die Dul» düng der Untersuchung im allgemeinen nicht erzwungen werden, RG. 63,4io, Gr. 62,653.

Erster Abschn. Vers. v. d. Landger. Sechster Tit. Bew. d. Augenschein. §§ 369—372. 589

Eine Ausnahme besteht lediglich für familienrechtl. Streitigkeiten (wozu auch der Streit über Feststellung der außerehelichen Vaterschaft gehört, HRR. 39,1258) zur Fest­ stellung der Abstammung, und sie erstreckt sich nicht nur auf Parteien, sondern auch auf Zeugen. 8 9 G. v. 12./4.38 (RGBl. I 380) bestimmt nämlich: (1) In familienrechtlichen Streitigkeiten haben sich Parteien und Zeugen, so­ weit dies zur Feststellung der Abstammung eines Kindes erforderlich ist, erb- und rassenkundlichen Untersuchungen zu unterwerfen, insbesondere die Entnahme von Blutproben zum Zwecke der Blutgruppenuntersuchung zu dulden. (2) Weigert sich eine Partei oder ein Zeuge ohne triftigen Grund, so kann unmittelbarer Zwang angewendet, insbesondere die zwangsweise Vorführung zum Zwecke der Untersuchung angeordnet werden. Über die Rechtmäßigkeit der Weigerung entscheidet das Gericht durch Beschluß. Gegen den Beschluß, durch den die Weigerung für unbegründet erklärt wird, steht dem zu Untersuchenden, gegen den Beschluß, der der Weigerung stattgibt, den Parteien die sofortige Beschwerde zu.

S. auch über Untersuchung auf Blutgruppenzugehörigkeit AB. v. 9./9. 35 (DJ. 1480), über Beweiswert der Blutgruppenbestimmung AB. v. 10./8. 36 (DJ. 1221), 20./1. 39 (DI. 349) und W. 38, 92, über Beweiswert der Bestimmung der Untertypen Ax und A2 der Blutgruppe A RGDJ. 38, 669 und die Richtlinien für die Ausführung der Blutgruppenuntersuchung in AB. v. 26./5. 37 (DJ. 1134, RMBliB. 887), über Beweiswert der erbbiologischen Untersuchung RGDRW. 39, 775. — Ein Ersuchen um Rechtshilfe in einem Eheschetdungsprozeste kann nicht darauf gerichtet werden, daß der ersuchte Richter einen Sachverständigen über den Geisteszustand des be­ klagten Ehegatten vernehmen und diesen zum Termin behufs Untersuchung vor­ führen laste; aus § 619 Abs. 1, 2 folgt nichts anderes, Gr. 62, 649. Die Ausnahme­ vorschrift des § 654 (persönliche Vernehmung des zu Entmündigenden unter Zu­ ziehung eines Sachverständigen) ist einer entsprechenden Anwendung nicht fähig, Gr. 62, 653. — Wenn aber auch, von der erwähnten Ausnahme zur Feststellung der Abstammung abgesehen, keine Partei verpflichtet ist, sich, um der Gegenpartei einen Beweis zu erleichtern, als Beweisobjekt benutzen zu lasten, so ist es doch nicht ausgeschlosten, daß aus der Weigerung unter Umständen ein Beweisgrund zugunsten der Gegenpartei entnommen wird, RG. 63, 410, W. 26, 90. Jedoch wird dies in der Regel nur dann berechtigt sein, wenn die Partei in Ansehung der erforderlichen Auslagen sich gedeckt fühlen konnte, und namentlich bei einer armen Partei wird kaum jemals Anlaß zu einer ihr nachteiligen Schlußfolgerung sein, solange sie nicht von der beweiSpflichtigen Gegenpartei mit einem angemestenen Vorschüsse (z. B. wegen der Reisekosten) versehen worden ist, RG. 63, 411. In Ehesachen kann überhaupt die Weigerung einer Partei, sich körperlich untersuchen zu lasten, für sich allein nicht dahin beurteilt werden, daß der Beweis für die betreffende Behauptung des Gegners als erbracht zu gelten habe, W. 12,136. — Beruft sich eine Partei zum Beweise dafür, daß gewisse Versuche ein bestinrmtes Ergebnis haben würden, auf das Gutachten des gerichtlichen Sachver­ ständigen, so liegt darin ein Beweisantritt zur Vornahme des richterlichen Augenscheins, RG. 18./9. 37, I 245. 36. Der Antrag auf Einnahme des richterlichen Augenscheins, nach Versagen der Blutgruppenuntersuchung kann als ein solcher auf Vornahme erbimb rassekundlicher Untersuchungen gemeint sein, W. 37,165. 2 Die von einer Partei gemäß § 371 beantragte Einnahme des Augenscheins steht nicht (wie die Augenscheinseinnahme nach § 144) im freien Ermessen des Gerichts. Wird dem Anträge nicht entsprochen, so sind die Gründe dafür gemäß § 286 im Urteil anzugeben, W. 11, 296. Ungenügende Würdigung kann als Verfahrensmangel die Revision begründen, W. 35,184, 37,156. Beweisaufnahme 372 (337). (1) Das Prozehgericht* kann anordnen, daß bei der Ein­ nahme des Augenscheins ein oder mehrere Sachverständige zuzuziehen feien 8

(2) Es kann einem Mitglied des ProzeßgerichtS oder einem anderen Ge­

richte8 die Einnahme des Augenscheins übertragens auch die Ernennung der zuzuziehenden Sachverständigen überlassen.8 1 Oder der Einzelrichter, wenn er die Augenscheinseinnahme anordnet (§348 Anm. 3, § 349 Anm. 12).

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A. 11. Zivilprozeßordnung.

Zweites Buch. Verfahren in erster Instanz.

2 §§ 404, 405. Der Sachverständige kann zur Unterstützung des Richters bei dessen Wahrnehmungen zugezogen werden oder zur Vorbereitung seines Gutachtens. Wo der Richter den Augenschein nicht selbst einnehmen kann, wie bei manchen körperlichen Untersuchungen von Frauen, wird der Richter durch den Sachverständigen vertreten, wenn es einer besonderen Sachkunde bedarf, sonst durch eine andere geeignete Mittels­ person, die dann über den Befund entsprechend den Vorschriften über den Zeugenbeweis zu vernehmen ist, Jonas II vor § 371, Baumb. 1. Selbständige Ermittelungen durch Befragung von Zeugen und Sachverständigen darf der Sachverständige aber nicht vor­ nehmen, W. 37, 49. 3 § 157 GVG. — § 355 Anm. 3, 4. 4 Das ganze Gericht kann sich an Ort und Stelle begeben und dort verhandeln: § 219 Abs. 1. 5 Protokollierung: § 160 Nr. 4. — Die Einnahme des Augenscheins ist zu wieder­ holen, wenn vor einem anders besetzten Prozeßgerichte verhandelt wird, es sei denn, daß das Ergebnis des früheren Augenscheins zu Protokoll festgestellt ist oder der betreffende Beweisantritt nicht mehr wiederholt wird, IW. 96, 14813. — Zu Abs. 2 vgl. für das arbeitsgerichtl. Verfahren § 356.

Siebenter Titel. Zeugenbewei». Vorbemerkungen. 1 Eine Person ist immer dann zulässiger Zeuge, wenn und solange sie nicht Prozeß­ partei geworden ist, sei es auch, daß ihre Zuziehung zum Prozeß als Partei notwendig war, IW. 04, 69". Nicht zulässige Zeugen sind aber die Prozeßpartei, selbst wenn sie nicht prozeßfühig ist, RG. 17, 366 (in letzterem Punkt a. M. Ionas I 1 vor § 373, Baumb. 3 B für prozeßunfähige Parteien, die als solche nach § 455 Abs. 2 nicht ver­ nommen werden können), und der gesetzliche Vertreter einer nicht prozeßfähigen Partei (z. B. Vater, Vormund, Vorsteher einer Aktiengesellschaft oder eingetragenen Genoßenschaft, Geschäftsführer einer Gesellschaft m. b. H., Gemeindevorsteher, Vorstand eines rechtsfähigen oder eines nach § 50 Abs. 2, als Beklagter, einem rechtsfähigen Verein gleichstehenden nicht rechtsfähigen Vereins), RG. 46, 318, Gr. 58,1088, W. 19,185. Wo Streitgenosfen die Partei bllden, ist jeder Streitgenosse nicht nur der Gegenpartei, son­ dern auch den Mitgenosien gegenüber Partei; deshalb kann ein Streitgenosse auch dann nicht als Zeuge vernommen werden, wenn die beweisbedürftige Tatsache nur das Recht des anderen Streitgenosien angeht, RG 91,38 (a. M Jonas I 1 vor § 373, Baumb. 3 B). Desgleichen kann ein Strettgenosie selbst dann nicht als Zeuge vernommen werden, wenn: der geltend gemachte Anspruch gegen ihn durch rechtskräftig gewordenes Zwischenurteil gemäß § 304 dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt worden ist, da er noch an dem Verfahren über den Betrag beteiligt bleibt, RG. 91 38; er durch Urkundenprozeß-Vorbehaltöurt. (§ 599) verurteilt, aber d. Vorbehalt für ihn noch nicht endgültig erledigt ist, W 28,112; rechtskräftig ein Endurteil (Teilurteil) gegen ihn erlaßen ist, er aber wegen der Kosten am Rechtsstreit beteiligt bleibt, RG. 91,38; das Verfahren gegen ihn (z. B. zufolge Unterbrechung) in erster Instanz ruht (§§249, 251) und, nach­ dem bezüglich des anderen Streitgenossen ein Urteil ergangen ist, seine Vernehmung in der Berufungsinstanz erfolgen soll, RG. 91,37 (anders jedoch IW. 97, 546i Neuer selbständiger Beschwerdegrund. — Ihn enthält die Entscheidung des Be­ schwerdegerichts nur dann, wenn der Beschwerdegmnd, insbesondere die Verletzung einer Rechtsnorm, noch nicht in der dieser Entscheidung vorangegangenen Ent­ scheidung enthalten war, also neu ist, und er alleiy die Anfechtung der Entscheidung des Beschwerdegerichts begründet, also selbständig ist, RG. 42, 852. Daher ist ein Be­ schwerdegrund nicht neu, wenn er bereits in einer der früheren Instanzen gegeben war, RG. 4, 363, IW. 91,248». Dagegen ist ein neuer und selbständiger Beschwerdegmnd z. B. gegeben: wenn das Beschwerdegericht durch seine Entscheidung eine dem Beschwerde­ führer ungünstigere RechtSwirkung herbeigeführt hat, als die Vortnstanz, RG. 34, 878, IW 99, not«; wenn das Beschwerdegericht die auS materiellen Gründen ablehnende an­ gefochtene Entscheidung um deswillen aufrechterhalten hat, weil die Vorinstanz »nzuständig gewesen sei, RG. 35, 37k, oder wenn umgekehrt die 1. Instanz sich für unzuständig erklärt oder sonst auS formellen Gründen den Antrag verworfen, daS Be­ schwerdegericht aber den Antrag auS fachlichen Gründen zurückgewiefen hat, RG. 21, 334, IW. 96, 74»; wenn es einen Antrag als überhaupt unbegründet abgewiesen hat, während die angegriffene Entscheidung ihn nur bis zur Beibringung gewiffer Nachweise abgelehnt hat (z. B. Ablehnung einer einstweiligen Verfügung in 1. Inst, wegen nicht genügmder Glaubhaftmachung, in 2. Inst., weil Antrag überhaupt unbegründet), RG. 32, 57, IW. 02, 13287; wenn die Beschwerde wegen Unrulässtgkeit (wenn auch dem Wortlaut nach als unbegründet, RG. 30, 335) verworfen ist, RG. 46, 37«; wenn das Beschwerde, gericht aus einem anderen Gmnde die materielle Prüfung der neuen Rechtsbehelfe abgelehnt hat, RG. 17, 372; wenn es umgekehrt über die Beschwerde fachlich entschieden hat, obwohl sie wegen Unzulässigkeit hätte verworfen werden müssen, IW. 28, 1519; wenn wesentliche Vorschriften über das Verfahren vom Beschwerdegericht verletzt sind, RG. 60, 407, so wenn das Beschwerdegericht die von der Partei angeführten neuen Tatsachen nicht berücksichtigt hat, RG. 42, 352, W. 09, 562 (ein Mangel des Verfahrens liegt jedoch noch nicht deshalb vor, weil das Beschwerdegericht nicht alle Gesichts­ punkte, auf die die Beschwerde hingewiesen hat, im einzelnen erörtert, OLG. 39, 65, oder die angebotenen Beweise ohne Begründung dafür nicht erschöpft hat, HRR. 36, 1075); oder wenn es einen Schriftsatz nicht berücksichtigt, der eingeht, nachdem auf die Beschwerde eine Entscheidung beschlossen, aber noch nicht abgegangen ist, ZW. 23, 848, oder einen Angriff der Partei gegen den beschwerenden Beschluß übersehen, RG. 60, 407, oder zufolge Mißverstehens des Beschwerdevortrags oder auS einem anderen Gmnde das rechtliche Gehör versagt hat, IW. 03,12511. Letzteres kann aber nicht lediglich deshalb angenommen werden, weil der Angriff in den Gründen deS Be­ schwerdebescheides nicht ausdrücklich erörtert ist, RG. 30, 339, IW. 00, 71«, oder die Zurückweisung einer Einwendung mangelhaft begründet ist, RG. 60, 407, oder weil daS Gericht über eine Beschwerde entschieden hat, ohne die vorbehaltene Begründung abzu­ warten, IW. 03, 12511. — Besteht nur eine Difformität in den Gründen der Vor­ entscheidungen, so findet nicht weitere Beschwerde statt, RG. 17, 373, IW. 99, 436", HRR. 38,1365. Desgleichen nicht, wenn bei Übereinstimmung der Gründe nur die Beschluß, formeln voneinander abweichen, IW. 16, 1220. — Ferner liegt kein neuer selbständiger Beschwerdegmnd vor, wenn das Gesuch um Anordnung eines Arrestes oder einer einst­ weiligen Verfügung vom ersten Richter auS tatsächlichen, vom zweiten Richter auS recht­ lichen Gründen zurückgewiesen ist, da der Beschwerdeführer durch letztere Entscheidung nicht gehindert wird, ein neues Gesuch zu stellen, er also durch die Beschwerdeentscheidung nicht schlechter gestellt worden ist, IW. 01, 597. — Wird der Beschwerdeführer durch die Entscheidung des Beschwerdegerichts zum Teil schlechter gestellt als durch den an­ gefochtenen Beschluß, so ist seine weitere Beschwerde nur im Umfang der Schlechter­ stellung zulässig, HRR. 38,1065. 4 Eine weitere Beschwerde ist unter den Voraussetzungen deS Abs. 2 auch in den Fällen zulässig, in denen auf eine gegen ein Zwischenurteil (f. § 567 Anm. 1) eingelegte sofortige Beschwerde eine abändemde Entscheidung ergangen ist, RG. 20, 379, IW. 99, 39«i. — über die eine weitere Beschwerde ausschließende formelle Rechts­ kraft von Beschlüssen s. § 705 Anm. 1. — Hat ein Zeuge, der in der Beschwerdeinstanz auf Antrag einer Partei vemommen werden sollte (s. § 573 Anm. 1) und sein Zeugnis verweigert hat, gegen die sein Zeugnisverweigemngsrecht ablehnende Entscheidung Be-

Dritter Abschnitt. Beschwerde. § 568.

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schwerde eingelegt, so handelt es sich nicht um eine weitere, sondern um eine erste Beschwerde, RG. 125, 272. 5 Unzulässig ist auch die weitere Beschwerde, wenn die in der Beschwerdeinstanz ergangene Entscheidung, sofern sie in 1. Inst, ergangen wäre, nach Art und Inhalt gemäß § 567 Abs. 1 einem Rechtsmittel nicht unterliegen würde, RG. 35, 420, IW. 01, 184«, auch § 567 Anm. 5, so z. B. wenn in der Beschwerdeinstanz stattgegeben ist dem Gesuch um Erteilung: einer weiteren vollstreckbaren UrteilSanSfertigung (§ 733), IW. 00, eob«, eines RechtSkraftattesteS (§ 706), IW. 01, 39". Dieser Grundsatz greift jedoch nicht Platz, sobald nach der Absicht des Gesetzes lediglich der betreffende Be­ schluß der 1. Inst, hat für unanfechtbar erklärt werden sollen, § 319 Anm. 7. — Weitere Beschwerde ist ausgeschloffen im Falle des § 189 KO. (Bestätigung des Zwangsvergleichs). Über sonstige Zulässigkeit der weiteren Beschwerde im Konkursverfahren wegen Ver­ letzung wesentlicher zivilprozetzrechtlicher Vorschriften s. IW. 96,857»«, 03, ibo«. — Über

Anwendung des § 60 Abs. 2 BGB. (sofortige Beschwerde nach ZPO.) und daher auch deS § 568 Abs. 2 ZPO. in den Fällen, in denen die Anmeldung eines Vereins zur Eintragung in das Vereinsregister wegen deS wirtschaftlichen Zweckes des Vereins zurückgewiesen wird, vgl. RG. 84, i58. 6 Landgerichtliche Entscheidungen in betreff der Prozeßkosten. — Fassung nach Ges. z. weiteren Entlastung d. Gerichte v. 8./7. 22. Danach ist die weitere Beschwerde gegen Entscheidungen der Landgerichte in betreff der Prozeßkosten ausgeschloffen, auch bei Verwerfung der Beschwerde aus prozeffualen Gründen, z. B. wegen Fehlens der Beschwerdesumme (§ 567 Abs. 2), HRN. 39 , 238. — Die Bestimmung des § 568 Abs. 3 ist nicht auf die Fälle der §§ 99 Abs. 3, 104 Abs. 3, 107 Abs. 3 zu beschränken, RG. 49, 386. Sie findet z. B. auch Anwendung: auf Entscheidungen über die Haftbarkeit für Gerichtskosten gegenüber der Staatskaffe (§ 88 GKG.) (z. B. über die Erinnerung des Ehemannes, der für die von seiner Frau ge­ schuldeten Gerichtskosten haftbar gemacht worden ist), IW. 16, 513; wenn in einem EhescheidungS-rozeß wegen der Kosten Beschwerde (die nach § 99 Abs. 3 allein in Frage kommen kann, nicht Rechtsmittel in der Hauptsache) erhoben wird, nachdem nach Zu­ stellung eines Urteils die Hauptsache gemäß § 628 durch den Tod eines der Ehegatten erledigt ist, IW. 06, 311«; wenn es sich darum handelt, ob ein Kostenfestsetzungsbeschluß, auf Grund beffen die Zwangsvollstreckung betrieben wird, mit Recht für vollstreckbar erklärt ist, RG. 49, 386; wenn über einen Beschluß, durch den ein Urteil nur wegen der Kosten berichtigt worden ist, Beschwerde geführt wird, RG. 47, 36i; im Falle der Beschwerde des Proz.-Bevollm. gegen einen Beschluß, durch den ihm wegen Nichtbeibringung einer Vollmacht Kosten gemäß § 89 auferlegt sind, RG. 51,100 (fit.); wenn ein früherer Armen­ anwalt den Antrag stellt, seiner Partei gemäß §§ 125, 126 die Nachzahlung seiner Ge­ bühren aufzuerlegen, RG. 64, ia, § 127 Anm. 5; auf Entscheidungen, welche ZwangsvollstreckungSkosten betreffen, OLG. 31, 65, auch IW. 21, 278 (sofortige Beschwerde [§ 793] gegen die Entscheidung über eine Erinnerung gemäß § 766 Abs. 2 wegen der Weigerung des Gerichtsvollziehers, die Zwangsvollstreckungskosten gemäß § 788 mitbei­ zutreiben) ; auf Entscheidungen über die Gebühr des Zwangs- (Konkurs-) Ver­ walters, IW. 34,1059; wenn ein Zeuge oder Sachverständiger über die Festsetzung seiner Gebühren Beschwerde führt (§ 20 GebO. f. Z. u. S.), RG. 63, 244. Ferner gilt

die Bestimmung auch für Beschwerden des Zahlungspflichtigen über Entscheidungen bezüg­ lich der Gerichtskosten gemäß § 4 GKG., IW. 16,513, OLG. 27,171, bezüglich der GerichtSvollziehergebühren gemäß § 25 GebOGV., OLG. 25, 145, sowie für Beschwerden über die Festsetzung deS Streitwertes (§ 18 GKG.), auch im Falle der Beschwerde seitens des AnwattS gemäß § 12 GebORA., RG. 61, 417, W. 09, 255, und für Beschwerden des

Armenanwalts über die Festsetzung der ihm aus der StaatSkasie zn ersetzenden Ge­ bühren und Auslagen (§ 115 Anm. 6), IW. 33, 1083 (a. M. IW. 21, 1090); weiter über die Vergütung deS Zwangsverwalters oder des Zustellungsvertreters, IW. 35, 227. — Dagegen gehören zu den Entscheidungen in betreff der Prozeßkosten nicht die Entscheidungen, durch die: das Gericht kraft der in § 102 ihm erteilten Ermächtigung vermeidliche Kosten, die durch grobes Versehen einer nicht an der Sache, aber am Betriebe deS Rechtsstreits beteiligten Person erwachsen sind, dieser zur Last legt, RG. (VZS.) 64, 877, § 102 Anm. 4; einer armen Partei die durch Bewilligung des Armenrechts gewährten Befugniffe ganz oder zum Teil gemäß §§ 121, 126 entzogen sind, sei es

794

A. II. Zivilprozeßordnung. Drittes Buch. Rechtsmittel.

auch, daß es sich um Ablehnung der Gewährung eines Vorschusses handelt, auf dm die Partei nach § 115 Nr. 1 Anspruch zu haben behauptet, RG. 63, 40v, § 127 Anm. 3. — Abs. 3 ist auch anwendbar, wenn das Landgericht die erste Beschwerde als zulässig verworfen hat, HRR. 38,1499.

un­

3. Einlegung der Beschwerde.

569 (532). (i)1 Die Beschwerde wird bei dem Gericht eingelegt, von welchem oder von dessen Vorsitzenden die angefochtene Entscheidung erlassen ist; sie kann in dringenden Fällen auch bei dem Beschwerdegericht eingelegt werden? (2) Die Einlegung erfolgt durch Einreichung einer Beschwerdeschrist? Die Einlegung kann auch durch Erklärung zum Protokoll der Geschäfts­ stelle erfolgens wenn der Rechtsstreit bei einem Amtsgericht anhängig ist oder anhängig roar,4 wenn die Beschwerde das Armenrecht betrifft6 oder von einem Zeugen oder Sachverständigen6 erhoben wird.

1 Fassung nach Nov. v. 22./5.10. Beschwerden an das Reichsgericht (mit alleiniger jetziger Ausnahme des Falles § 519b Abs. 2 in d. F. d. BO. v. 13./2. 24) sind nicht zulässig. 2 Beschwerdeeinlegung durch Einreichung einer Befchwerdeschrist beim beschwerenden Gericht, in dringenden Fällen auch beim Beschwerdegericht. — Für Einlegung der weiteren Beschwerde gilt gleiches. — Die Beschwerdeschrift muß bei dem Gericht eingereicht werden, Abs. 1. Diesem Erfordernis wird auch durch eine in den Räumen der Geschäftsstelle an einen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ftattstndende Überreichung entsprochen; nicht aber durch Überreichung außerhalb der Geschüftslokale an einen Beamten des Gerichts, IW. 05, 52-». — Die Beschwerdeschrist unterliegt in der Regel (s. unten) dem AnwaltSzwange. § 78 Abs. 1. Sie muß, wenn sie bei dem Jnstanzgericht eingereicht wird, von einem bei diesem Gerichte zugelasienen Anwalt, wenn sie bei dem Beschwerdegericht eingereicht wird, von einem bei dem Beschwerdegerichte zugelassenen Anwalt unterzeichnet sein, RG. 31, 375, IW. 35,10271«, auch § 78 Anm. 1. Ist die Beschwerde an das Reichsgericht gerichtet, aber beim Berufungsgericht eingereicht, so ist dieses das Einreichungsgericht, RGDRM. 39 , 327. Wird die beim Beschwerde­ gerichte von einem Anwälte, der bei diesem Gerichte nicht zugelasien ist, eingelegte Beschwerde, die also an sich nicht formgerecht eingelegt ist, an die erste Instanz, bei der der Anwalt zugelasien ist, abgegeben, so wird sie wirksam und wird durch sie im Falle der sofortigen Beschwerde auch die Beschwerdefrist gewahrt, wenn sie innerhalb der Frist bei der ersten Instanz eingeht, W. 35,139. Ein von einem zugelasienen Anwalt zu einer von einem nicht zugelassenen eingelegten Beschwerde erklärter Beitritt gllt als neue Beschwerde; diese heilt den Formmangel der alten Beschwerde nicht und ist im Falle der sofortigen Beschwerde unzulässig, wenn sie erst nach Ablauf der Beschwerdeftist bei Gericht eingegangen ist, IW. 04, ns». — Anwaltszwang findet jedoch, auch wenn die Beschwerde durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt wird, in allen Instanzen nicht statt, wenn einer der Ausnahmefälle des § 569 Ms. 2 vorltegt (f. Anm. 4, 5, 6), wonach die Einlegung der Beschwerde auch durch Erllärung zum Protokolle der Geschäftsstelle erfolgen kann (§ 78 Abs. 2), RG. 36, 362, und wenn die Sache in erster Instanz bei einem Gericht anhängig ist oder gewesen ist, vor dem eine Ver­ tretung durch Anwälte nicht geboten ist, RG. 50, 347. — Anderseits ist in den Be­ schwerdeverfahren, in denen eine Vertretung durch Anwälte nicht geboten ist, der Mangel der Vollmacht eines die Beschwerde einlegenden Anwalts gemäß § 80 von Amts wegen zu prüfen, W. 36, 99. Im Falle einer sofortigen Beschwerde braucht jedoch der Nachweis der Bevollmächtigung nicht innerhalb der Beschwerdefrist geführt zu werden; erforderlich ist aber, daß zur Zeit der Beschwerdeeinlegung die Vollmacht (wenigstens mündlich) von der Partei erteilt war, IW. 25, 2342 (a. M. OLG. 19, 126). — Wird ein An­ walt auf Grund des § 102 in die Kosten einer Beschwerde verurteilt, so unterliegt seine Beschwerde hierüber gemäß den vorgenannten §§ 569 Abs. 2, 78 Abs. 2 nicht dem Anwalts­ zwangs, wenn der Rechtsstreit bei einem Amtsgericht anhängig war, IW. 01, 885«. Vgl. ferner Anm. 4. — Liegt aber einer der Ausnahmefälle nicht vor, so muß die Beschwerde selbst dann von einem Anwalt unterzeichnet sein, wenn für die 1. Instanz (wie z. B. im Kosten-

Dritter Abschnitt. Beschwerde. § 569
(2) Die Beschwerde^ findet gegen die Entscheidung des Prozeßgerichts statt.

800

A. II. Zivilprozeßordnung. Drittes Buch. Rechtsmittel.

(3) Die Bestimmung des ersten Absatzes gilt auch für das Reichsgericht und die Oberlandesgerichte. 1 Auch im arbeitsgerichtl. Verfahren anwendbar, RAG. 6, 96. 2 Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters (§41 Anm. 11). — Fälle solcher Entscheidungen: §§ 229, 361, 362 (Bestimmung von Terminen und Fristen), 365 (Ersuchen an ein anderes Gericht um die Aufnahme des Beweises), 400 (Anord­ nungen im Falle des Nichterscheinens oder der Zeugnisverweigerung eines Zeugen). — Vgl. § 398 Abs. 2 (Anordnung der nachträglichen Vernehmung eines Zeugen über ein­ zelne weitere Fragen seitens des Prozeßgerichts).— Auf Entscheidungen des Einzelrichter­ in dem Verfahren nach §§ 348 bis 350 findet § 576 keine Anwendung, da der Einzel­ richter nicht beauftragter Richter im Sinne der ZPO., sondern, solange die Streit­ sache vor ihm verhandelt wird, selbst Prozeßgericht ist (§ 348 Anm. 3). 8 Entscheidungen des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle z. B.: Verweigerung der Erteilung : des Rechtskraftattestes (§ 706), RG. 108, 349, des Notfristattestes (§706), RG. 25, 387, der vollstreckbaren Ausfertigung (§§ 724, 730), RG. 31, 4io, IW. 97, 84", einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung (§ 733), RG. 31, 4io, IW. 00, 605«. Vgl. § 577 Anm. 12 und § 793 Anm. 1. Ferner Entscheidung in den auf Grund des § 1 Entlastungsgesetzes (s. Anhang) den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zur Er­ ledigung übertragenen Angelegenheiten. — Ist dem Gesuche von der Geschäftsstelle stattgegeben, so kann auch der Gegner die Entscheidung des Prozeßgerichts nachsuchen. — Gegen den von der Geschäftsstelle erlasienen Kostenfestfetzung-defchluß findet nicht die gewöhnliche Erinnerung gemäß § 576, sondern eine befristete Erinnerung statt (§ 104 Abs. 3). Über die Form dieser Erinnerung vgl. § 104 Anm. 5. Gegen einen Zahlungsbefehl findet Widerspruch statt (§ 694), gegen einen Bollstreckungsbefehl Ein­ spruch (§ 700). Die Erinnerung gegen den Ansatz von Gebühren und Auslagen regeln §§ 4 GKG., 13 Abs. 2 KostO. 4 Entscheidung deS ProzetzgerichtS nachzusuchen. — Im Falle des ersuchten Richters ist Prozeßgericht dasjenige Gericht, das ersucht hat, beim Urkundsbeamten das Gettcht, dem er angehört. — Ist das Prozetzgericht ein ausländische- Gericht (z. B. wenn ein solches um Vernehmung eines Zeugen ersucht und der inländische Richter den aus­ gebliebenen Zeugen gemäß §§ 380, 400 ZPO., § 11 Haager Abkommen- v. 1905 in Strafe genommen hat, s. unten RG. 68, 66), so ist die Sonderbestimmun- de§ 576 (Anrufung des Prozeßgerichts vor Beschwerde) unanwendbar und gilt die all­ gemeine Regel des § 568 Abs. 1 (sogleich Beschwerde an übergeordnetes Gericht), IW. 11, 167. — In allen nicht der sofortigen Beschwerde (§ 577 Abs. 4) unter­ liegenden Fällen kann der Anttag in beliebiger Form gestellt werden, z. B. auch vor dem beauftragten oder ersuchten Richter oder vor dem Urkundsbeamten selbst. Anwalt-, zwang besteht in diesen Fällen auch dann nicht, wenn der Anttag unmittelbar beim Prozeß­ gerichte, das nicht ein Amtsgericht ist, gestellt wird, RG. 66, 203, vgl. § 569 Anm. 4. — Bet Entscheidungen des ersuchten Richters ist es gleichgülttg, ob sie von ihm selbständig oder auf Ersuchen des Prozeßgerichts erlaßen sind, RG. 68, 67. Daher steht dem Prozeßgericht auch dann die Entscheidung über eine beanttagte Änderung zu, wenn der ersuchte Mchter einen ausgebliebenen Zeugen gemäß § 380 zu Sttafe und Kosten verurteilt hat, RG. 68,66. — Dagegen findet auf die Beschwerde über Festsetzung von Zeugen- oderEachverständigengebühren (§ 20 Abs. 2 GebO. Z. u. S.) durch den beaufttagten oder er­ suchten Richter § 576 ausnahmsweise nicht Anwendung, RG. 68, 67. In diesem Falle geht die Beschwerde über den ersuchten Richter nicht an das Prozeßgericht oder das diesem übergeordnete Gericht, sondern gemäß § 568 Abs. 1 an die dem ersuchten Richter vorgesetzte Instanz, also an das dem ersuchten Amtsgericht übergeordnete Landgericht, Gr. 38,174, IW. 88, 167“, und ist gegen die Entscheidung des beaufttagten Richters ebenfalls nicht die des Prozeßgerichts nachzusuchen, sondern geht die Beschwerde, da der beaufttagte Mchter an Stelle des Prozeßgerichts entscheidet, sogleich an die dem Prozeßgericht übergeordnete Instanz, RG. 17, 352, IW. 00, 495«. Deshalb ist in diesem Falle, wenn es sich um einen beauftragten Mchter des OberlandeSgerichtS handelt, eine Beschwerde gemäß § 567 Abs. 3 nicht zulässig. Dgl. IW. 01, 720U, OLG. 33, 196. — Fernere Ausnahme: §§ 180, 181 Abs. 3 GDG. (Be­ schwerden über Anordnungen des beauftragten oder ersuchten Richters in Ausübung

Dritter Abschnitt. Beschwerde.

§ 577
/10) § 23 Nr. 2, tz 30 Nr. 2, vgl. jedoch auch § 29 Nr. 4 GebORA. (durch Hauptgebühren mitabgegolten). — Im Falle der Abweisung der Klage, nachdem die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung eingestellt worden war, haftet der Kläger und seine geleistete Sicherheit (anders als in den Fällen §§ 302 Abs. 4, 600 Abs. 2, 717 Abs. 2, 945) für die inzwischen eingetretene Entwertung des Pfändungsobjektes oder für sonstigen Schaden des Vollstreckungs­ gläubigers nur dann, wenn ihm ein Verschulden zur Last füllt, IW. 06, 89n, Anm. 4. Vgl. im übrigen über die Höhe und den Umfang der Haftung der Sicherheitsleistung im Falle der zeitweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung und tut Falle der Auf­ hebung der Vollstreckungsmaßregeln 8 769 Annt. 4, 5. Die Haftung erstreckt sich hier aber nicht auf die Forderung des Gläubigers als solche, sondern tritt immer nur insoweit ein, als der Gläubiger aus dem Pfandgegenstand Befriedigung erlangt hätte, RG. 141, 198. — Der Gerichtsvollzieher hat einen bei der Pfändung erhobenen Widerspruch im Protokolle zu beurkunden, aber die Pfändung ohne Rücksicht auf den Widerspruch durchzuführen, sofern ihm nicht ein Eittstellungsbeschluß vorgelegt wird, RG. 79, 243, auch 90,196, §§ 63, 61 Abs. 1 Pr.GeschAnw. f. GVollz. Dgl. jedoch § 815 Abs. 2 (gepfändetes Geld bei Glaubhaftmachung eines die Veräußerung hindernden Rechts zu hinterlegen). 10 Aufhebung von Vollstreckungsmatzregeln ohne Sicherheitsleistung. — Abweichung von §§ 707 Abs. 1, 769 Abs. 1. Auch die Aufhebung erfolgt nur aus Anordnung des Gerichts. Sie wird nur erfolgen dürfen, wenn die Unzulässigkeit unzweifelhaft ist.

b) Auf Grund eines Veräußerungsverbots.

772.

Solange ein Veräußerungsverbot der in den §§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Slrt1 besteht, soll der Gegenstand, auf welchen es sich bezieht, wegen eines persönlichen Anspruchs? oder auf Grund eines infolge des Verbots unwirksamen3 Rechtes nicht im Wege der Zwangs­ vollstreckung veräußert oder überwiesen werdend Auf Grund des Veräußerungs­ verbots kann nach Maßgabe des § 771 Widerspruch erhoben werdend 1 Veräußerungsverbot. — Gesetzliches (§ 135 BGB.) oder von einem Gericht oder

1046

A. II. Zivilprozeßordnung. Achtes Buch. Zwangsvollstreckung.

einer anderen zuständigen Behörde (§ 136 BGB.) erlassenes. Z. B. § 938 ZPO., § 23 Abs. 1ZVG., §§ 284, 433 StPO., § 106 KO., §§ 58,59, 62 bis 64 VglO. Vormerkung und Widerspruch (§§ 883, 894 BGB.) gehören nicht dazu, h. M. Nach Eröffnung des Konkurses, des Vergleichsverfahrens, des Sicherungsverfahrens ist ZV. zugunsten be­ teiligter Gläubiger schlechthin unzulässig (§ 14 KO., § 47 VglO., § 8 SichVO. v. 17./II. 31). Weitere besondere Regelungen für Versügungsverbote: §§ 803, 826 (Pfändung von bew. Sachen), §8 829,853,857 (Pfändung von Rechten und Forderungen), §§ 20, 23, 27, 158 ZVG. (Zw angsversteigerung und Zwangsverwaltung). — Nur zum Schutz bestimmter Personen dienende (relative) Veräußerungsverbote kommen in Be­ tracht, nicht die absolut wirkenden Veräußerungsverbote, § 134 BGB., IW. 35, 369. So kann, wenn dem Schuldner die Verfügung über sein Vermögen überhaupt entzogen ist (z. B. durch Vermögensbeschlagnahme, § 290 StPO.), eine ZV. nur auf Grund eines gegen den bestellten Güterpfleger erlangten Schuldtitels betrieben werden, OLG. 20, 332. 2 Wegen eines persönlichen Anspruchs: § 241 BGB. 3 (Auf Grund eines infolge des Verbots) unwirksamen Rechts. — Wirksam ist das Recht, das bereits vor dem Beräußerungsverbot entstanden oder zwar nachher, aber in gutem Glauben erworben ist. Z. B. kann derjenige, für den auf ein Grundstück ein Beräußerungsverbot eingetragen ist, gegen die von dem Gläubiger eines dinglichen Rechts am Grundstück betriebene Zwangsversteigerung Widerspruch nicht erheben, wenn das Recht vor dem Veräußerungsverbot eingetragen worden ist, W. 10, 484. 4 Soll nicht im Wege der Zwangsvollstreckung veräußert oder überwiesen werden. — Weil der Erwerber an dem Gegenstände nach § 135 Satz 1 BGB. nur ein unsicheres Recht bei der Versteigerung bzw. Überweisung erlangen und daher ein angemessenes, die Interessen des Schuldners wahrendes Gebot nicht zu erzielen sein würde, Mot. 157. — Jedoch handelt es sich nur um eine Ordnungsvorschrift („soll"). Sie ist zwar vom Gerichtsvollzieher und vom Vollstreckungsgericht von Amts wegen zu beachten. Die entgegen der Vorschrift erfolgte Veräußerung oder Überweisung ist aber nicht nichtig, sondern nur dem Geschützten gegenüber unwirksam. Der Gläubiger erwirbt zwar durch die Pfändung, auch wenn er in gutem Glauben ist, das Pfandrecht nur belastet mit dem Beräußerungsverbot, da die Vorschrift des § 135 Abs. 2 BGB. über den Schutz des guten Glaubens nur beim rechtsgeschäftlichen Erwerb gilt, RG. 90, 335, Ionas II, Baumb. 2, RGR. Komm. § 135 BGB. Anm. 4. Vgl. §804 Anm. 2. Wird die ge­ pfändete Sache aber versteigert, so erwirbt der Ersteher durch den staatlichen Hoheitsakt ohne Rücksicht auf das Recht des Geschützten Eigentum, § 817 Anm. 1, Jonas II Abs. 2. Die Pfändung wird ferner durch die Zustimmung des Geschützten wirksam. Das Verbot gilt endlich nicht, wenn auf Grund eines trotz des Verbots wirksamen Rechts veräußert wird (Anm. 3). — Unbeschränkt kann die Pfändung, die Eintragung einer Sicherungs­ hypothek erfolgen, die Anordnung der Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung, KGJ. 27, A133, und darf nicht abgelehnt werden, weil der Geschützte das Verbot nicht geltend zu machen braucht, Jonas III, Baumb. 2. 6 WiderspruchSklage nach § 771. — Nämlich von dem Geschützten, um eine der Vorschrift des Satzes 1 zuwiderlaufende Veräußerung oder Überweisung zu verhindern, Mot. 157. Gegen die zulässigen Maßnahmen, wie Pfändung (Anm. 4 a. E.), kann aber Widerspruch nicht erhoben werden, KGJ. 27, a 133. Der Geschädigte kann auch eine Erinnerung nach § 766 erheben. Auch der Schuldner hat das Recht der Erinnerung, Baumb. 2 (a. M. Jonas IV; aber die Erinnerung ist nicht auf das Recht des Dritten, sondern auf Verfahrensverstoß gestützt). Der Gläubiger kann bei Ablehnung durch den Gerichtsvollzieher nach § 766, bei Ablehnung durch das Vollstreckungsgericht nach § 793 vorgehen.

c) Des Nacherben.

773. Ein Gegenstand, der zu einer Vorerbschaft gehört, soll nicht im Wege der Zwangsvollstreckung veräußert oder überwiesen werdens wenn die Veräußerung oder die Überweisung im Falle des Eintritts der Nacherbfolge

nach §2115 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem Nacherben gegenüber unwirksam? ist. Der Nacherbe kann nach Maßgabe des § 771 Widerspruch erhebend

Erster Abschnitt. Allgemeine Bestimmungen.

§§ 773, 774
. Die Mitteilung kann von jeder Partei aus­ gehen. Sie muß folgenden Inhalt haben: a) Bezeichnung des eigenen Schieds­ richters, u.zw. so genau, daß der Gegner imstande ist, sich über ihn zu unterrichten, IW. 33, 2960. Ob der Bezeichnete zur Übernahme des Amtes bereit ist oder es schon über­ nommen hat, ist unwesentlich, OLG. 40, 439. Die Anzeige von der Ernennung des eigenen Schiedsrichters ist nicht Voraussetzung der Wirksamkeit der Ernennung selbst, § 1028 Anm. 2. Dagegen kann die betreibende Partei vor der schriftlichen Benennung des eigenen Schiedsrichters dem Gegner nicht rechtswirksam eine Frist zur Benennung seines Schiedsrichters setzen, HRR. 28,474. — b) Die Aufforderung, binnen einer Woche ebenfalls einen Schiedsrichter zu bezeichnen, muß unzweideutig zu erkennen geben, daß die Bildung des Schiedsgerichts erfolgen soll, IW. 33, 2960. Zustellung der Auf­ forderung ist nicht erforderlich, aber zweckmäßig. — Ist die Aufforderung an einen Bertteter des Gegners erfolgt, dem in Wirklichkeit die Berttetungsbefugnis (z. B. wegen rechtsunwirksamer richterlicher Ernennung) nicht zusteht, so ist die Ernennung des Schieds­ richters durch das Gericht (Abs. 2) für den Gegner rechtsunwirksam und unterliegt der unter dessen Mitwirkung erlassene Schiedsspruch nach § 1041 Nr. 1 der Aufhebung, Gr. 63, 646. — c) Die betreibende Partei hat ihren Anttag wenigstens soweit zu be­ gründen, daß ihr Gegner daraus ersehen kann, welchen Schiedsvertrag sie auszuführen beabsichtigt, und welche Rechtsstreitigkeiten im besonderen in Frage steht, OLG. 33,139, Jonas I, Baumb. 1 Ab. 4 Binnen einer einwöchigen Frist. — Über die Berechnung der Frist s. § 222 Anm. 1. Die betreibende Partei kann eine längere als eine einwöchige Frist gewähren. Anch kann die Frist durch Vereinbarung verlängert oder abgekürzt werden, da es sich

1374

A. II. Zivilprozeßordnung. Zehntes Buch. Schiedsrichterliches Verfahren.

nicht um eine prozessualische Frist handelt (f. Vordem. 1 vor § 221). Keine Wieder­ einsetzung. — Die Frist wird nur gewahrt, wenn die Ernennungsmitteilung dem Auf­ fordernden innerhalb der Frist zugeht. Da diese Mitteilung des Schiedsrichters nicht eine Prozeßhandlung im Sinne des § 231 Abs. 2 ist, kann, wenn innerhalb der Frist die Mitteilung nicht erfolgt oder der Gegner eine dem Vertrage nicht entsprechende Person ernennt, nach Ablauf der Frist die Mitteilung nicht nachgeholt werden, bis die mündliche Verhandlung über den Antrag geschlossen ist; vielmehr geht die säumige Partei mit dem Ablauf der Frist ihres Ernennungsrechts verlustig und erlangt die betreibende Partei einen Anspruch auf Ernennung des Schiedsrichters durch das Gericht, § 231 Anm. 3, RG. 45, 382, Jonas II 3, Baumb. 1B. Auch wenn der demnächst auf Betreiben des Gegners ernannte Schiedsrichter das Amt nicht übernimmt oder niederlegt, lebt das Ernennungsrecht der ersteren Partei nicht wieder auf, OLG. 19,174. Jedoch wird da­ durch nicht ausgeschlossen, daß das Gericht seinerseits die von der Partei nachträglich benannte Person als Schiedsrichter ernennt, OLG. 17, 213, IW. 21, 768. Die Frist ist auch versäumt und das Ernennungsrecht verloren, wenn der Gegner eine zum Schieds­ richteramt unfähige (§ 1025 Anm. 3) oder nach dem Schiedsvertrag ausgeschlossene Person benennt, Jonas II (Baumb. 1B: auch eines Wettbewerbers des Betreibenden; jedoch insoweit nur Ablehnungsrecht nach § 1032). — Uber die Wirksamkeit einer Er­ nennung wird bei Streit darüber (z. B. wenn Verspätung der Ernennung wegen Frist­ ablaufs behauptet wird) im Beschlußverfahren nach § 1045 entschieden, RG. 47, 40ir OLG. 33,147, Jonas V, Baumb. 2 (a. M.: durch Urteil auf Klage). 5 Abs. 2. Ernennung durch das Gericht. — Die Ersahbestellung des Schieds­ richters kann im Schiedsvertrage dem Betreibenden oder einem Dritten übertragen werden, OLG. 33, 147, eine solche Abrede kann aber wegen sittenwidriger Benachtei­ ligung des Gegners nichtig sein, Jonas II1. Die Ernennung durch das Gericht erfolgt durch Beschluß nach Anhörung des Gegners. Mündliche Verhandlung ist zulässig, aber nicht notwendig, § 1045 Abs. 2. Eine Anzeige von der Ernennung des Schiedsrichters an die andere Partei ist nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit der Ernennung, IW. 29,10815. — Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen: die allgemeinen Prozeßvoraus­ setzungen (Vordem, vor § 253), die Voraussetzungen des Abs. 2 und ferner, falls nicht nach dem Schiedsvertrag die Entscheidung über die Rechtswirksamkeit des Schieds­ vertrags dem Schiedsgericht vorbehalten ist, auch diese, IW. 02,17132,32,2176, Jonas II3, Baumb. 2. Das Gericht hat ferner zu prüfen, ob der Schiedsvertrag sich auf den be­ haupteten Streitfall bezieht, OLG. 23, 251, 33,139. Die Prüfung hat sich jedoch nicht darauf zu erstrecken, ob wirklich ein Streitfall des vorgetragenen Inhalts vorliegt und ob der Anspruch, den der Antragsteller geltend machen will, rechtlich und tatsächlich begründet ist, OLG. 33,140, IW. 32,1157. Auch über den Einwand der rechtskräftig entschiedenen Sache ist nicht in dem Verfahren aus § 1029 Abs. 2, sondern in dem neuen schiedsrichter­ lichen Verfahren zu entscheiden, OLG. 23,250, 33,140. — Auswahl des zu Ernennenden nach freiem Ermessen ohne Bindung an Vorschläge. — Die Rechtskraft des Beschlusses steht Einwendungen gegen die Ernennung des Schiedsrichters im Verfahren nach §§ 1041s. entgegen, Jonas II 3, Baumb. 2, erstreckt sich aber nicht auf die Rechtswirk­ samkeit des Schiedsvertrags, wenn die Entscheidung darüber dem Schiedsgericht über­ tragen ist (s. oben), IW. 14, 773", andernfalls zwar auf die Rechtswirksamkeit des Schieds­ abkommens, dagegen nicht auf die Rechtswirksamkeit des Hauptvertrags (z. B. bei Streit über den Eintritt einer Partei in den die Schiedsklausel enthaltenden Vertrag), RG. 145, 274, Baumb. § 1045 Anm. lAa(a. M. Jonas § 322 N. 9, § 1029 N. 12: Rechts­ kraft der Entscheidung über Bestehen des Schiedsvertrags überhaupt verneint). Gegen den Beschluß, auch wegen der Auswahl des Schiedsrichters, findet nach § 1045 Abs. 3 die sofortige Beschwerde statt. — Sollen nach dem Schiedsvertrage die Schiedsrichter einen Obmann wählen, können sie sich hierüber aber nicht einigen, so kann dieser Mangel nicht dadurch ersetzt werden, daß das Gericht den Obmann ernennt, OLG. 29, 383. — Fällt der vom Gericht ernannte Schiedsrichter weg, so findet nicht § 1031 Anwendung, sondern hat das Gericht einen anderen zu ernennen, § 1031 Anm. 4, Baumb. 1B. — Gebühren: des Gerichts: (y2, wird bei Rücknahme des Antrags vor einer gerichtlichen Verfügung nicht erhoben) § 33 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 GKG.; des Anwalts: (5/io) § 22 GebORA.

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1375 Bindung an die Ernennung.

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(856). Eine Partei ist an die durch sie erfolgte Ernennung eines Schiedsrichters dem Gegner gegenüber gebunden, sobald derselbe die An­ zeige von der Ernennung erhalten hat? 1 Sie kann dem Schiedsrichter nicht einseitig aufkündigen; vielmehr bleibt dieser trotz der Kündigung zur Ausübung des Amtes befugt, IW. 9-\ 479". Wenn aber der Schiedsrichter die Ausführung des Amtes verweigert und darauf an seiner Stelle ein anderer ernannt wird (§ 1031), findet § 1030 hinsichtlich des zuerst bestellten Schieds­ richters keine Anwendung, OLG. 40, 439. Für die Wirksamkeit der Ernennung ist die Anzeige an den Gegner nicht wesentlich: § 1028 Anm. 2. — Der Widerruf der Er­ nennung ist nur wirksam, wenn er dem Gegner vor oder gleichzeitig mit der Anzeige der Ernennung zugeht (§ 130 Abs. 1 Satz 2 BGB.), Jonas I, Baumb. 1. Wegfall eines nicht im Schiedsvertrag ernannten Schiedsrichters. Amtsverweigerung.

1031 (857). Wenn ein nicht in dem Schiedsvertrag ernannter Schiedsrichter* stirbt oder aus einem anderen Grunde wegfällt? oder die Übernahme oder die Ausführung des Schiedsrichteramts verweigert", so hat die Partei, welche ihn ernannt hat/ auf Aufforderung des Gegners binnen einer ein­ wöchigen Friste einen anderen Schiedsrichter zu bestellen? Nach fruchtlosem Ablauf der Friste wird auf Antrag der betreibenden Partei der Schieds­ richter von dem zuständigen Gericht ernannt?

Arbeitsgericht lieh es Verfahren: Der Ersatz eines nachträglich weg­ gefallenen Schiedsrichters erfolgt entsprechend den Vorschriften des § 92 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 ArbGG. Vgl. Vorbem. zu § 1029. 1 Ein nicht im Schiedsvertrag ernannter Schiedsrichter. — Also ein nach §§ 1028, 1029 Abs. 1 durch eine Partei ernannter. Nicht anzuwenden auf den durch einen Dritten odet nach § 1029 Abs. 2 durch das Gericht ernannten Schiedsrichter, Anm. 4. Ist der Schiedsrichter in dem Vertrage ernannt: § 1033 u. Anm. 2 dort. — Haben aber die Parteien zunächst nur allgemein schiedsrichterliche Entscheidung vereinbart und erst nachträglich sich über die Person des Sck)iedsrichters geeinigt und fällt alsdann dieser gemeinsam ernannte Schiedsrichter weg, so findet § 1031 Anwendung, § 1029 Anm. 2. 2 Wegfall eines Schiedsrichters. — Einem solchen ist es gleichzustellen, wenn ein Schiedsrichter (z. B. durch Kriegsdienst oder durch andauernde Erkrankung) auf unabfehbare Zeit an der Ausübung der schiedsrichterlichen Tätigkeit behindert ist, OLG. 30, 361, 31, 378, Jonas 11, Baumb. la, vgl. § 1033 Anm. 3. Ebenso, wenn der von einer Partei ernannte Schiedsrichter von der Gegenpartei abgelehnt wird und zurücktritt oder durch Gerichtsbeschluß rechtskräftig feststeht, daß die Ablehnung begründet ist, IW. 03, 3822. — Mit dem Wegfall der durch die Parteien ernannten Schiedsrichter ist nicht auch das Amt des von diesen Schiedsrichtern gewählten Obmanns als erledigt zu betrachten, RGHRR. 33, 544. 3 Verweigerung der Übernahme oder der Ausführung des Schiedsrichteramts. Rücktritt des Schiedsrichters. — Ob die Weigerung berechtigt ist, ist unerheblich, Jonas I 2, Baumb. lb. Sie liegt auch vor, wenn der Schiedsrichter die Ausführung des Amtes von Bedingungen abhängig macht, die er nach dem Schiedsrichtervertrag (§ 1025 Anm. 1B) zu stellen nicht berechtigt ist, Jonas, Baumb. a. a. O. Es genügt, wenn der Schiedsrichter sich nur einer Partei gegenüber weigert, falls nicht der Schiedsvertrag vorsieht, daß die Parteien ihn gemeinsam anzugehen haben, Jonas a. a. O. Im Falle eines Verttages mit dem Schiedsrichter kann jede Partei, auch die, die ihn nicht ernannt hat, gegen ihn bei Weigerung auch auf Erfüllung seiner Verpflichtung klagen, § 1025 Anm. 1B (anders in den Fällen des § 1033 [im Schiedsvertrage er­ nannter Schiedsrichters). Die Partei braucht jedoch nicht den Klageweg zu beschreiten, sondern kann, auch wenn die Weigerung des Schiedsrichters unbegründet ist, sogleich nach § 1031 vorgehen. Dagegen gibt ungebührliche Verzögerung der Erfüllung seiner

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A- II- Zivilprozeßordnung. Zehntes Buch. Schiedsrichterliches Verfahren.

Pflichten njn: das Ablehnungsrecht nach § 1032 Abs. 2, es sei denn, daß die Verzögerung einer Weigerung aleichkommt (dann findet § 1031 Anwendung), Baumb. 1b. — Der Schiedsrichter ist ferner, wenngleich er mit der Übernahme des Amtes verbunden ist, den Streit den Parteien durch seinen Spruch zu entscheiden, und er seine Zusage nicht willkürlich zurüchrehmen darf (§ 1025 Anm. 1B), bei dem eigenartigen Charakter des Schiedsrichtervertxag? (s. § 1025 Anm. 1A), für den nicht allein die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über den Rücktritt von Verträgen in Betracht kommen, doch aus wichtigen Gründen zr;m Rücktritt vom Schiedsrichteramt berechtigt, § 1025 Anm. 1, RG. 101,393, RGHRR, 32,2218, Jonas vor § 1025 III, Baumb. § 1028 Anh. Anm. 4 d. So z. B.: wenn den Umständen nach aus überwiegenden persönlichen Gründen ihm die Fortführung seiner schiedsrichterlichen Tätigkeit nach Treu und Glauben nicht zu­ gemutet werden kann, Gr. 65,498; wenn ihm von der Partei schwer verletzende Borwürfe gemacht werden, W. 27,148; wenn er von der Entscheidung des Rechtsstreits zugunsten oder zuungunsten der einen oder der anderen Partei selbst Nachteile zu besorgen hätte und er sich einem Konflikt zwischen der Pflicht zur unparteiischen Ausübung des Richteramts und der Wahrnehmung seiner persönlichen Interessen aussetzen müßte, RG. 101,393; wenn der Schiedsrichter ein Staatsbeamter ist und von der ihm vorgesetzten Dienstbehörde die ihm zunächst erteilte Genehmigung zur Übernahme des Schiedsrichteramtes wider­ rufen wird, W. 13, 76; u. U. Konkurs des Schiedsrichters (a. M. Baumb. a. a. O. Anm. 4 d). Dagegen bildet der Umstand, daß der Schiedsrichter sachlich mit seinen Vorschlägen und seiner Meinung gegenüber seinen Mitschiedsrichtern nicht durch­ gedrungen ist, keinen wichtigen Grund zum Rücktritte, Gr. 65, 498, IW. 24, 1178, des­ gleichen nicht, daß sich für den Schiedsrichter Anlaß ergibt, an der Unparteilichkeit eines zum Zusammenwirken mit ihm berufenen Schiedsrichters zu zweifeln (Sache der be­ troffenen Partei, ihr Ablehnungsrecht [§ 1032] auszuüben), RG. 126, 382, IW. 27,1656 (a. M. IW. 24,1178). Auch kann der Schiedsrichter, wenn er an der Fällung des Schieds­ spruchs mitgewirkt hat, den Kündigungsgrund nicht mehr geltend machen und darf sich der Unterzeichnung, Zustellung und Niederlegung des Spruchs nicht entziehen, IW. 24, 1178, 27, 1656. Ist ein Teilschiedsspruch oder ein Schiedsspruch über den Grund des Anspruchs erlassen, aber noch nicht vollzogen und kündigt dann der Schiedsrichter, so kann er zur Unterzeichnung des Schiedsspruchs und zur Mitwirkung an dessen Zu­ stellung und Niederlegung verpflichtet sein, RG. 101, 392. — Der Rücktritt vom »Ver­ trage (die Amtsniederlegung) ist anderseits nicht unwiderruflich, IW. 17, 46". Hat daher der Schiedsrichter z. B. erklärt, daß er sein Amt niederlege, und die Unterschrift unter dem erlassenen Schiedsspruch verweigert, demnächst aber doch den Schiedsspruch unterschrieben, so liegt hierin ein wirksamer Widerruf der Amtsniederlegung, W. 16, 297. 4 Die Partei, die ihn ernannt hat. — § 1029 Abs. 1. — Nicht anzuwenden auf den nach § 1029 Abs. 2 durch das Gericht ernannten Schiedsrichter, da mit Ablauf der nach § 1029 Abs. 1 gesetzten Frist der Gegner das Ernennungsrecht endgültig verliert (§ 1029 Anm. 4); in diesem Falle hat ohne weiteres, also ohne die Voraussetzungen des § 1031 Satz 2, wiederum das Gericht einen Ersatzschiedsrichter zu ernennen, allg. M., OLG. 35, 160. über den Fall des Wegfalls des durch einen Dritten ernannten Schiedsrichters s. § 1033 Anm. 2. Dagegen ist § 1031 anzuwenden auf den Fall, daß ein im Schiedsvertrage ernannter Schiedsrichter fortsällt, im Vertrage aber bestimmt ist, daß dann ein Schiedsrichter durch die Partei ernannt werden soll, und diese sich weigert, die Ernennung vorzunehmen, OLG. 23, 258. 5 Binnen einer einwöchigen Frist. — Berechnung: § 222 Anm. 1. 6 Hat auf Aufforderung des Gegners einen anderen Schiedsrichter zu bestellen. — Falls sie nicht etwa selbst arglistig den Schiedsrichter zur Weigerung der Ausführung des Schiedsrichteramts veranlaßt hat; dann entfällt ihr Ernennungsrecht und ist nach Satz 2 zu verfahren, IW. 99, 165", Jonas I 2, Baumb. 2. Andernfalls kann sie auch den Ersatzmann ernennen, ohne die Aufforderung des Gegners abzuwarten, IW. 28, 1496", DRW. 39, 2179. 7 Nach fruchtlosem Ablauf der Frist. — Vgl. § 1029 Anm. 4. 8 Ernennung durch das Gericht. — Vgl. § 1029 Anm. 5. — über den Fall, daß nach dem Schiedsvertrage da- Schiedsgericht im Auslande seinen Sitz haben soll, s. § 1029 Anm. 2. — Gebühren: vgl. § 1029 Anm. 5.

§ 1032

1377 Ablehnung von Schiedsrichtern.

1032 (858). (1) Ein Schiedsrichter kann aus denselben Gründen und unter denselben Voraussetzungen abgelehnt werden, welche zur Ablehnung eines Richters berechtigen? (2) Die Ablehnung kann außerdem erfolgen, wenn ein nicht in dem Schieds­ vertrag ernannter Schiedsrichter - die Erfüllung seiner Pflichten ungebührlich verzögert? (3) Minderjährige, Taube, Stumme und Personen, welchen die bürger­ lichen Ehrenrechte aberkannt sind, können abgelehnt werden. Abgelehnt

werden können ferner Nichtarier im Sinne deS Gesetzes zur Wieder­ herstellung deS BerufSbeamtentumS vom 7. April 1933 (ReichSgesetzbl. I S. 175) und der dazu ergangenen Durchführungsverord­ nungen.^ Arbeitsgerichtliches Verfahren: Zu Abs. 2. zögerung s. § 1033.

Über den Fall der Ver­

1 Abs. 1. A. Aus denselben Gründen und unter denselben Voraussetzungen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen. — Uber Auswahl der Schiedsrichter vgl. § 1025 Anm. 3. Das Ablehnungsrecht sichert gegenüber der freien Auswahl der Schieds­ richter die Unparteilichkeit der schiedsgerichtlichen Rechtsprechung und ist daher hinsicht­ lich der Voreingenommenheit der Schiedsrichter nach strengeren Gesichtspunkten zu handhaben, Jonas II1 Nr. 5, Baumb. 2 A a bb. Auch ein Schiedsrichter oder Obmann, der nicht von den Parteien ernannt ist (§ 1028 Anm. 1, § 1029 Abs. 2), kann unter den Voraussetzungen des § 1032 abgelehnt werden, dagegen nid)t Schiedsgutachter (Vor­ dem. 3 vor § 1025), Baumb. 1. — Ablehnung: nach Maßgabe der §§ 41 (Ausschließungs­ gründe), 42 (Ablehnungsgründe), RG. 53, 389, sowie des § 44 Abs. 2 (Glaubhaft­ machung des Ablehnungsgrundes), Baumb. 3 A (a. M. ansch. Jonas III 4) u. der §§ 43, 44 Abs. 4 (keine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit, wenn die Partei vor dem Schiedsrichter in eine Verhandlung sich eingelassen oder Anträge gestellt hat, sofern nicht glaubhaft gemacht wird, daß der Ablehnungsgrund erst später entstanden oder der Partei bekanntgeworden sei), IW. 18, 572, § 43 Anm. 2, 3, Baumb. 3 (a. M. ansch. Jonas III 4: auch § 44 Abs. 4 unanwendbar). Die Verwirkung des Ablehnungs­ rechts nach §§ 43, 44 Abs. 4 gilt aber nicht für die Ablehnungsgründe der Absätze 2 u. 3, da hier die Ablehnung nicht an die Voraussetzungen der Ablehnung eines Richters ge­ knüpft ist, Jonas hinter II 4. Die Ablehnung muß aber im Schiedsgerichtsverfahren bis zur Zustellung des Schiedsspruchs erNärt werden, § 1041 Anm. 3 D, Baumb. 3 (bis zur Niederlegung), andernfalls verzichtet der Ablehnungsberechtigte stillschweigend auf die Ablehnung, ähnlick) Jonas III 1 (bis zum Erlaß des Schiedsspruck)s). Die im § 41 auf­ geführten Gründe haben in betreff eines Schiedsrichters nicht die Bedeutung von gesetz­ lichen Ausschließungsgründen, wohl aber können sie als Ablehnungsgründe geltend gemacht werden, IW. 28, locio. Ablehnungsgründe, die erst nach Fällung des Schieds­ spruchs entstanden oder der Partei bekanntgeworden sind, können nid)t mehr geltend gemack)t werden, and) nicht als Aufhebungsgrund nach § 1041 Abs. 1 Nr. 1, RG. 145,171, Jonas III 2, Baumb. 3 A. Ist einer Partei hinsid)tlich der Ablehnung ein Übergewicht gegenüber der andern Partei eingeräumt, so kommt die Unwirksamkeit des Schieds­ vertrags nach § 1025 Abs. 2 in Frage. Vgl. Anm. 5 dort. — Auch ohne ausdrückliche Ablehnung darf niemand in eigener Sache Schiedsrichter sein, § 1025 Anm. 3. Z. B. ist, wenn eine juristisd)e Person in einer Streitsadie Partei ist, eine jede zu ihrer gesetz­ lichen Vertretung berufene Einzelperson von Ausübung sd)iedsrichterlicher Tätigkeit in der Streitsadie ausgesd)lossen, selbst dann, wenn das Vertretungsorgan aus mehreren Personen besteht, RG. 93, 288, IW. 32, 287G24. In diesem Falle kann der Schiedsrid)ter jederzeit abgelehnt werden, ohne daß die Partei, die bei ihm sich auf eine Verhandlung eingelassen oder einen Antrag gestellt hat, dadurd) ihres Ablehnungsred)ts verlustig ge­ gangen ist, IW. 29,1667. Unterbleibt aber die Rüge im Schiedsverfahren, so kann nachträglid) im Aufhebungsverfahren (§ 1041) die Unzulässigkeit des Schiedsverfahrens unter Berufung darauf, daß das Schiedsgericht in dieser Besetzung nicht habe entscheiden Zivilprozeßordnung. 22.Aufl.

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A. II. Zivilprozeßordnung. Zehntes Buch. Schiedsrichterliches Verfahren.

können, nicht mehr geltend gemacht werden, W. 14, 69, RGHRR. 28,1855, s. a. E. Der Ausschluß eines Schiedsrichters in eigener Sache gilt auch nur dann, wenn der Schieds­ richter am Rechtsstreit unmittelbar beteiligt ist, was z. B. nicht der Fall ist: bei Mit­ gliedern eines Vereins, wenn es sich um die Zahlung einer Geldbuße an den Verein handelt, § 1025 Anm. 3; wenn der Schiedsrichter als Mäkler das streitige Rechts­ geschäft zwischen den Parteien vermittelt hat, ohne daß er das Recht des Selbsteintritts hatte, OLG. 32, 101.— Vgl. über Ablehnungsgründe: IW. 04,495", 18, 572 (Ab­ lehnung eines Anwalts, der regelmäßig oder in einer gleichliegenden Sache Rechtsbeistand der Partei ist oder gewesen ist), RG. 51, 392 (Ablehnung begründet wegen tadelnder Äußerungen, nicht aber, weil Schiedsrichter ebenfalls Bereinsmitglied), OLG. 31, 16 (Ablehnung begründet, wenn der Schiedsrichter in einseitiger Besprechung der Gegen­ partei seine Meinung zu ihren Gunsten erkennbar gemacht hat), OLG. 15, 298 (Ab­ lehnung begründet, wenn ein Schiedsrichter auf Antrag einer Partei mit dieser allein eine örtliche Besichtigung vorgenommen hat). Die bloße Tatsache, daß eine Partei mit dem Schiedsrichter über die Annahme des Schiedsrichteramts einen Vertrag geschlossen und darin ihm eine bestimmte Vergütung versprochen hat, ist nicht geeignet, Mißtrauen in die Unparteilichkeit des 'Schiedsrichters zu rechtfertigen, es sei denn, daß besondere Umstände für einen solchen Verdacht, wie eine übermäßig hohe Entschädigung, Ver­ sprechen eines der Partei günstigen Spruchs, vorgebracht werden, OLG. 33,142. — Das Ablehnungsrecht füllt fort, wenn die Schiedsrichter im Vertrage ernannt sind und das Vorhandensein des Ablehnungsgrundes den Parteien bereits bei der Ernennung be­ kannt war, IW. 09, 452*, Jonas II 1, Baumb. 2 Ab. — Ist ein Schiedsspruch gemäß § 1041 aufgehoben, demnächst aber von den Parteien über dieselbe Streitigkeit ein neuer Schiedsvertrag (sei es auch stillschweigend) vereinbart, so kann ein Schiedsrichter nicht allein deswegen abgelehnt werden, weil er Mitglied des ersten Schiedsgerichts gewesen ist (§ 41 Nr. 6 ist also nicht entsprechend anwendbar), OLG. 13, 248, auch 15, boo. B. Geltendmachung: Die Ablehnung kann vor dem Zusammentritt des Schieds­ gerichts sowohl gegenüber der anderen Partei als auch gegenüber dem Schiedsrichter, nach dem Zusammentritt nur gegenüber der anderen Partei erfolgen, IW. 28, iO6*o. Im Wege der Beschwerde gegen die Ernennung eines Schiedsrichters (§ 1029 Abs. 2) kann die Ablehnung nicht geltend gemacht werden, OLG. 17, 215. — Durch die Ablehnung allein wird der Schiedsrichter noch nicht beseitigt: es gibt dann verschiedene Möglich­ keiten: der abgelehnte Schiedsrichter kann sein Amt niederlegen, die andere Partei kann die Ablehnung als begründet anerkennen und einen neuen Schiedsrichter ernennen (anders, wenn der Schiedsrichter im Schiedsvertrag ernannt ist: § 1033 Nr. 1): es kann (und zwar von jeder Partei) die Entscheidung des ordentlichen Gerichts über die Ab­ lehnung nach § 1045 angerufen werden, falls das Schiedsgericht bis zu dieser Entscheidung das Verfahren aussetzt (s. unten „Verfahren"): es kann auch das Schiedsgericht nach § 1037 ohne Rücksicht auf die Ablehnung das Verfahren fortsetzen, den Schiedsspruch fällen und es der ablehnenden Partei überlassen, ihre Ablehnung durch die Klage aus Aufhebung des Schiedsspruchs wegen Unzulässigkeit des Verfahrens (§ 1041 Nr. 1) oder nach § 1042a Abs. 2 weiter zu verfolgen, IW. 28, iO6i°, W. 08,269, § 1037 Anm. 5. Mit Erlaß des Schiedsspruchs entfällt die Entscheidung im Beschlußverfahren, die Ab­ lehnung ist dann als Aufhebungsgrund nach § 1041 Abs. 1 Nr. 1 durch Aufhebungsklage oder nach § 1042 Abs. 2 im Bollstreckbarerklärungsverfahren geltend zu machen, ins­ besondere wenn der Ablehnungsberechtigte nicht mehr in der Lage war, das Beschluß­ gericht anzurufen, Jonas III 4, vgl. § 1045 Anm. 1. Nach RG. 145,171,148,1, Baumb. 3 A dagegen darf das Prozeßgericht nicht über die Ablehnung entscheiden, sondern muß die Entscheidung im Beschlußverfahren abwarten. Gegen diese Ansicht mit Recht Jonas in IW. 35, 426, 2051, 37, 401. Die Aufspaltung des Verfahrens in zwei gerichtliche Ver­ fahren nach Beendigung des Schiedsverfahrens ist um so weniger gerechtfertigt, als nach §§ 1045, 1046 in der Regel (mangels Bestimmung im Schiedsvertrag) für das Beschluß­ verfahren nach § 1045 wie für die Bollstreckbarerklärung und die Aufhebungsklage die­ selben Gerichte zuständig sind. Zweckmäßig setzt das Schiedsgericht das Verfahren aus, um das Beschlußverfahren zu ermöglichen. Die das Verfahren betreffenden Vorschriften der §§ 44 Abs. 1 u. 3, 45, 46 finden auf die Ablehnung im schiedsrichterlichen Verfahren keine Anwendung, RG. 13, 350, Jonas III 4. Uber Anwendbarkeit der §§ 43, 44 Abs. 4 aber s. oben A. — Solange der abgelehnte Schiedsrichter oder der Schiedsspruch nicht

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auf einem der angegebenen Wege beseitigt ist, kann die ablehnende Partei die Ablehnung widerrufen, IW. 28, loe™. — Stellt die Ablehnung sich als eine mißbräuchliche Aus­ übung des Ablehnungsrechts dar, so kann das Schiedsgericht, ebenso wie das ordent­ liche Gericht in einem Rechtsstreit (§ 45 Anm. 3), darüber als unbeachtlich hinweggehen, RG. 92, 230, W. 16, 154. Auch wenn das Schiedsgericht sich nicht ausdrücklich darüber ausgesprochen hat, daß es eine erfolgte Ablehnung als eine mißbräuchliche außer acht lasse, ist es Sache des ordentlichen Gerichts, nachzuprüfen, ob überhaupt eine zu beachtende Ablehnung vorgelegen hat, RG. 92, 231, vgl. § 1037 Anm. 5, § 1041 Anm. 4. — Durch die erfolgreiche Ablehnung werden die vor der Ablehnung vorgenommenen Amtshand­ lungen des Schiedsrichters nicht hinterher unwirksam, RGHRR. 33, 544. — über Un­ zulässigkeit der Anfechtung des Schiedsspruchs auf Grund nachträglicher Ablehnung s. § 1041 Anm. 3 D. Hat aber das Schiedsgericht, nachdem das Ablehnungsgesuch durch gerichtlichen Beschluß (§ 1045) rechtskräftig zurückgewiesen war, den Schiedsspruch erlassen, so kann dieser nicht noch wegen angeblich begründeter Ablehnung mit der Klage aus § 1041 angefochten werden, RGHRR. 28, 1855. — über die Voraussetzungen für die Ernennung eines anderen Schiedsrichters zufolge Ablehnung s. § 1031 Anm. 2. — Unzulässigkeit der Übertragung der Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch auf einen Dritten: vgl. § 1045 Anm. 3. — Die Bestimmungen über die Ablehnung von Schieds­ richtern finden keine entsprechende Anwendung auf Personen, die nach dem Schiedsvertrage nur zur Ernennung von Schiedsrichtern berufen sind (§ 1028 Anm. 1), W. 16, 118. 2 Abs. 2. Ein nicht im Schiedsvertrag ernannter Schiedsrichter. — Sondern gemäß § 1029. — Ist der säumige Schiedsrichter im Schiedsvertrage ernannt: § 1033 Nr. 1. 3 Die Erfüllung seiner Pflichten ungebührlich verzögert. — Ohne Rücksicht auf ein Verschulden des Schiedsrichters, Jonas II 2, Baumb. 2B. Entscheidend ist, ob den Parteien ein längeres Zuwarten zuzumuten ist, OLG. 17, 209. Kommt die (schuldhafte) Verzögerung einer Weigerung gleich, so findet § 1031 Anwendung: Anm. 3 dort. Ist der Schiedsrichter im Schiedsvertrag ernannt, so gilt § 1033 Ziff. 1. 4 Abs. 3. — Minderjährige: nicht auch andere in der Geschäftsfähigkeit nach § 114 BGB. beschränkte Personen (a. M. Baumb. 2 Ca), ihre Ablehnung ist nur nach Abs. 1 möglich. — Bei Personen mit anderen Gebrechen als Taubheit und Stummheit kommt nur Ablehnung wegen ungebührlicher Verzögerung in Frage, allg. M. — Satz 2 ist durch das Ges. v. 20./7. 33 (RGBl. I 522) angefügt. DurchfVO. v. 11./4., 6./5. 33 (RGBl. I 195, 245): Nicht arisch ist, wer von nichtarischen, insbesondere jüdischen Eltern oder Großeltern abstammt, wenn auch nur ein Teil nichtarisch ist; gilt auch bei unehelicher Abstammung. Ein Ausländer kann wegen Nichtariereigenschaft nicht abgelehnt werden, Erl. d. RJMin., DJ. 34, 110. Es macht keinen Unterschied, ob der nichtarische Schieds­ richter von einem Arier oder einem Nichtarier benannt ist, HRR. 34, 431. 3. Außerkrafttreten des Schiedsvertrags.

Der Schiedsvertrag tritt außer Kraft, sofern nicht für den betreffenden Fall durch eine Vereinbarung der Parteien Vorsorge ge­ troffen ist:1 1. wenn bestimmte Personen in dem Vertrage zu Schiedsrichtern er­ nannt find2 und ein Schiedsrichter stirbt oder aus einem anderen Grunde wegfällt oder die Übernahme des Schiedsrichteramts ver­ weigert oder von dem mit ihm geschloffenen Vertrage zurücktritt* oder die Erfüllung seiner Pflichten ungebührlich verzögert^ 2. wenn die Schiedsrichter 6 den Parteien anzeigen, daß unter ihnen Stimmengleichheit sich ergeben habe?

1033 (859).

Arbeitsgericht liebes Verfahren: Wenn das nach der Schiedsklausel gebildete Schiedsgericht (gleichviel, wer die Schiedsrichter ernannt hat) die Durch­ führung des Verfahrens (wenn auch nicht ungebührlich und gleichviel, aus welchem Grunde) verzögert und die ihm auf Antrag des Klägers von dem Vorsitzenden des Arbeitsgerichts gesetzte Frist zur Durchführung des Verfahrens fruchtlos ver­ strichen ist, desgleichen wenn das Schiedsgericht den Parteien des streitigen Rechts87*

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Verhältnisses anzeigt, daß die Abgabe eines Schiedsspruchs wegen Stimmengleich­ heit unmöglich ist, ist eine schiedsgerichtliche Entscheidung des Rechtsstreits aus­ geschlossen und entfällt die prozeßhindernde Einrede (s. § 274); der Schiedsvertrag selbst bleibt unberührt. § 92 Abs. 2 Nr. 3, 4, Abs. 3 u. 4 ArbGG. Über Wegfall eines Schiedsrichters s. § 1031. 1 Der Schiedsvertrag tritt außer Kraft. — Schlechthin aus den allgemeinen Bertragsaufhebungsgründen (§ 1025 Anm. lf Nr. 1 bis 4) oder durch Erledigung des Streites (z. B. durch Vergleich), dagegen nach dem Nebensatz („sofern nicht...") aus den Gründen des § 1033 nur mangels anderweiter Vereinbarung der Parteien im Schieds­ vertrag oder vor Eintritt des Grundes, weil dann anzunehmen ist, daß die Parteien eine schiedsrichterliche Entscheidung nur durch die im Schiedsvertrag ernannten Personen (Anm. 2) wünschen. — Nicht durch Tod einer Partei. — über Aufhebung durch Fällung des Schiedsspruchs, insbesondere wenn dieser unwirksam, vgl. § 1041 Anm. 1. — über den Fall der Konkurseröffnung über das Vermögen einer Partei vgl. Dorbem. vor § 1025 Anm. 4 a. E. 2 Wenn bestimmte Personen im Vertrage zu Schiedsrichtern ernannt sind. — Auch wenn nur ein Schiedsrichter ernannt ist, IW. 88, 17“, oder wenn vereinbart ist, daß die Parteien nur einem bestimmten Kreise angehörende Personen ernennen dürfen, bei diesen sämtlich aber einer der Umstände der Nr. 1 eintritt, OLG. 23, 243, Jonas \ N. 3, Baumb. 2. — Dagegen findet § 1033 nicht ohne weiteres Anwendung, wenn nach dem Schiedsvertrage der Schiedsrichter oder Obmann von einem Dritten zu ernennen, die Ernennung auch erfolgt ist, der Schiedsrichter (Obmann) aber die Übernahme des Amtes ablehnt oder wegfällt; vielmehr ist dann der Dritte um Ernennung eines Ersatz­ richters zu ersuchen, falls nicht aus dem Schiedsvertrag und den Umständen zu entnehmen ist, daß die Parteien bei Eintritt dieses Falles nicht weiter an den Schiedsvertrag gebunden sein wollten, oder dieser wegen Unausführbarkeit als hinfällig anzusehen ist, IW. 97,4oo4, OLG. 17, 212. Wohl aber ist § 1033 entsprechend anzuwenden, so daß der Schiedsvertrag unwirksam wird, wenn der Dritte (z. B. eine Behörde) die Mitwirkung bei der Ernennung eines Schiedsrichters oder des Obmanns versagt oder wegfällt, RG. 108, 246, 138, 341, Jonas I, Baumb. 2 (a. M. OLG. 17, 212, wonach § 1029 entsprechend anzuwenden sein soll). — Falls der Schiedsrichter nicht im Vertrage (von beiden Parteien) ernannt ist, sondern.einseitig von einer Partei, wenn auch sogleich im Anschluß an den Vertrag (§§ 1028s.), kommt, wenn einer der Hinderungsgründe des § 1033 Nr. 1 eintritt, § 1031 zur Anwendung, RG. 114, 62, Jonas I N. 2, Baumb. 2. So auch, wenn die Parteien zunächst allgemein schiedsrichterliche Entscheidung vereinbart und sich später über einen bestimmten Schiedsrichter geeinigt haben, dieser aber dann wegfällt, § 1029 Anm. 2, § 1031 Anm. 1. — Ist eine Partei, wenn Schiedsrichter im Vertrage nicht ernannt sind, mit der Ernennung säumig, so tritt nicht der Vertrag außer Kraft, sondern ist nach § 1029 zu verfahren, OLG. 19, 174. 3 Wenn ein Schiedsrichter wegfällt. — Vgl. § 1032 Anm. 1 (Ablehnung). Wenn der im Schiedsvertrage benannte Schiedsrichter, sei er auch nur als höhere Instanz be­ rufen, nicht existiert, ist der Schiedsvertrag von vornherein unwirksam und ungültig, OLG. 33, 142. — Ein Schiedsrichter ist schon dann „weggefallen", wenn ihm die Aus­ übung der schiedsrichterlichen Tätigkeit aus irgendeiner Ursache für eine nicht absehbare Zeit unmöglich geworden ist (z. B. wegen einer voraussichtlich längere Zeit andauernden, in ihrem Ende nicht absehbaren Krankheit, wegen der nach Kriegsausbruch erfolgten Einziehung zum Heere, welche die Befürchtung einer der betroffenen Partei nicht zu­ zumutenden Verzögerung der Entscheidung begründet), RG. 88, 297, OLG. 35, ioo, § 1031 Anm. 2. — Einigen sich die Parteien nach Wegfall des im Vertrage ernannten Schiedsrichters über einen anderen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß bei dessen Weg­ fall nach § 1031 verfahren werden soll, Jonas I, vgl. § 1031 Anm. 1. Dagegen greift wiederum § 1033 ein, wenn die im Berttage vorgesehene Einigung mißlingt, Baumb. 2. 4 Wenn der Schiedsrichter Übernahme verweigert oder zurücktritt. — Gleich­ viel, ob die Weigerung oder der Rückttitt aus berechtigtem Grunde oder grundlos er­ folgt, RG. 37, 412, Jonas I, Baumb. 2. Der Rücktritt ist an keine zeitliche Grenze ge­ bunden. Der Schiedsrichter kann bis zur Zustellung oder Hinterlegung des Schieds­ spruchs zurücktreten, RG. 18, 369, 37, 412. In der Verweigerung der Unterzeichnung des Schiedsspruchs liegt der Rückttitt, IW. 26, 2585, Jonas I, Baumb. 2. Vgl. auch über

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Rücktritt § 1031 Anm. 3. Der Schiedsrichter ist aber, wenn sein Verhalten arglistig ist, den Parteien schadensersatzpflichtig, RG. 37, 412. Dagegen ist eine Klage ans Abgabe eines Schiedsspruches gegen den Schiedsrichter ausgeschlossen, da eben der Schiedsvertrag außer Kraft treten soll, RG. 59, 247 (anders in den Fällen des § 1031 [im Schiedsvertrage nicht ernannter Schiedsrichters, s. dort Anm. 3). — Der Verwei­ gerung steht es gleich, wenn das Schiedsgericht (z. B. ein Börsenschiedsgericht) die Entscheidung wegen Unzuständigkeit ablehnt, h. M., OLG. 33, 143. 5 Wenn er die Erfüllung seiner Pflichten ungebührlich verzögert. — S. 8 1032 Anm. 3. 6 Die Schiedsrichter. — Gleichviel, ob sie im Vertrage oder gemäß §§ 1029,1031 ernannt sind. 7 Anzeige der Stimmengleichheit. — Oder der Nichterreichung einer absoluten Mehrheit (§ 1038), falls nicht nach dem Vertrage die relative Mehrheit genügt, Jonas II, Baumb. 3. Es genügt, wenn ein Schiedsrichter im Auftrage aller die Anzeige erstattet. — Die Zuziehung eines Obmanns ist in diesem Falle nur zulässig, wenn die Parteien es vereinbart haben oder auf die Anzeige hin vereinbaren. Vgl. § 1028 Anm. 1 B, § 1029 Anm. 5 a. E. — Uber den Fall der Nnzuständigkeitserklärung des Schiedsgerichts s. 8 1025 Anm. 1A d. 4. Verfahren vor dem Schiedsgericht (88 1034—1037). Allgemeines.

1034 (860). (1) Die Schiedsrichter haben vor Erlassung des Schiedsspruchs die Parteien zu hörend und das dem Streite zugrunde liegende Sach­ verhältnis zu ermitteln, soweit sie die Ermittlung für erforderlich galten.2

Rechtsanwälte dürfen als Prozeßbevollmächtigte nicht zurückge­ wiesen werden; entgegenstehende Vereinbarungen sind unwirksam. Personen, die nach § 157 von dem mündlichen Verhandeln vor Gericht ausgeschlossen sind, dürfen zurückgewiesen werdend (2) Im übrigen wird daS Verfahren, soweit nicht die Parteien eine Vereinbarung getroffen habens von den Schiedsrichtern nach freiem Ermessen bestimmt. Arbeitsgerichtliches Verfahren : S. 88 94—98 ArbGG. Die Anwendung der 88 1025ff. ZPO., auch nur zur Ergänzung der 88 92ff. ArbGG., ist ausgeschlossen, HRR. 37, 1346. Ebenso eine eidliche Parteivernehmung, 8 96 Abs. 3 ArbGG. 1 Anhörung der Parteien. — Zwingend geboten. Bei nicht ausreichender An­ hörung unterliegt der Schiedsspruch der Aufhebung (8 1041 Nr. 4) und ist die Vollstreck­ barerklärung abzulehnen. S. darüber 8 1041 Anm. 7, 10. — Soll nach dem Schieds­ vertrage bei Uneinigkeit der beiden zunächst berufenen Schiedsrichter ein Obmann allein und endgültig entscheiden, so wird vor diesem Obmann nicht ein neues Verfahren eröffnet, das zur nochmaligen Gewährung des rechtlichen Gehörs verpflichtet, Gr. 58,490. Das gleiche gilt, wenn wegen Uneinigkeit der zunächst bestellten Schiedsrichter nachträg­ lich ein Obmann Hinzutritt, IW. 19, 46". 2 Ermittlung des zugrunde liegenden Sachverhältnisses. — Sie erfolgt nach dem pflichtmäßigen Ermessen des Schiedsgerichts, das an den Beweisantritt der Parteien nicht gebunden ist und sich aller Beweismittel mit Ausnahme der eidlichen Vernehmung von Parteien, Zeugen und Sachverständigen (8 1035 Abs. 2) bedienen kann, auch frei darüber befindet, in welcher Form Beweise zu erheben sind, W. 35,12. Vgl. 8§ 1035s. Eine Pflicht zur Aufnahme von Beweisen besteht nur insoweit, als das Schiedsgericht sie zur Ermittlung des Sachverhältnisses für erforderlich erachtet; es kann auch nicht be­ eidigte Zeugenaussagen als eine genügende Beweisgrundlage ansehen, RGHRR. 35, 304. Durchführung der Beweiserhebung: 88 1035 f. Wird eine im Besitz eines Dritten befind­ liche Urkunde nicht freiwillig herausgegeben, so muß die Beschaffung, notfalls im Klage­ wege, den Parteien aufgegeben werden, Jonas II 2b, Baumb. 3. Die Anstellung der Ermittlungen kann einem Mitgliede des Schiedsgerichts übertragen werden,Jonas II 2 b N. 37, Baumb. 3. Die Unterlassung von Ermittlungen bildet keinen Aufhebungsgrund nach 8 1041 Nr. 1, RGHRR. 35, 304, Jonas, Baumb. a. a. O.

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A. II. Zivilprozeßordnung. Zehntes Buch. Schiedsrichterliches Verfahren.

3 Bevollmächtigte, Beistände. — Satz 2 und 3 hinzugefügt durch Ges. v. 20./7. 33 (RGBl. I 522). Vollmacht ist nachzuweisen, kann aber auch mündlich vor dem Schieds­ gericht erteilt werden. Rechtsanwälte dürfen weder im schriftlichen noch im mündlichen Verfahren zurückgewiesen werden, auch wenn die Parteien ihre Ausschließung vereinbart haben. Ein Verstoß hiergegen bildet einen Aufhebungsgrund nach § 1041 Nr. 1, Jonas II 2 d, Baumb. 4. Personen, die nach § 157 vom mündlichen Verhandeln ausgeschlossen sind, kann das Schiedsgericht sowohl vom schriftlichen Verfahren wie von der mündlichen Verhandlung zurückweisen, gleichviel was die Parteien darüber vereinbart haben, Jonas, Baumb. a. a. O. 4 Vereinbarung der Parteien über das Verfahren. — Ist Entscheidung durch ein ständiges Schiedsgericht vereinbart, so gilt auch dessen Versahrensordnung als ver­ einbart. Die Vereinbarung über das Verfahren bindet die Schiedsrichter, ihre Verletzung bildet einen Aufhebungsgrund nach §§ 1041 Nr. 1, 1042 Abs. 2, 1042a Abs. 2. — Ins­ besondere kann ein Jnstanzenzug im schiedsrichterlichen Verfahren vereinbart werden, RG. 74, 307, IW. 10, 71423, Jonas II la, Baumb. 6. Für das Verfahren vor dem Ober­ schiedsgericht gelten die gleichen Grundsätze wie für den ersten Rechtszug. Schiedssprüche 1. Instanz dürfen nicht für vollstreckbar erklärt werden, da erst der Schiedsspruch zweiter Instanz ein solcher i. S. der §§ 1039 ff. ist, RG. 114,168, Jonas a. a. O. (a. M. RG. 29, 390). — Im übrigen ist eine Vereinbarung nur insoweit unzulässig, als zwingende Vorschriften der ZPO. oder des öffentlichen Rechts entgegenstehen, RG. 29, 389 (über die Wahl des Obmanns), Gr. 37, 756 (über die Art und Weise der Zustellungen), IW. 95, 505® (Verzicht auf Geltendmachung von Verfahrensmängeln). Unzulässig aber ist ein Schiedsvertrag mit Vorbehalt des Rechtsweges, § 1025 Anm. 1 Aa, § 1041 Anm. 1. 5 Bestimmung des Verfahrens durch das Schiedsgericht. Bindung an das matt« rielle Recht. — A. Verfahren: Nur insoweit enthält die ZPO. Vorschriften in be­ schränktem Umfang. Danach ist das Schiedsgericht, soweit nicht die §§ 1035 ff. zwingende Vorschriften enthalten, in der Handhabung des gewählten Verfahrens völlig frei­ gestellt; es ist in jedem Augenblick auch ohne Verständigung der Parteien befugt, das Verfahren zu ändern, soweit dadurch der Anspruch der Parteien auf ein in Aussicht gestelltes rechtliches Gehör nicht verkürzt wird, RG. 74, 324, IW. 28, 213520, Jonas II 2 a Baumb. 5c. Das Schiedsgericht kann insbesondere zwischen schriftlichem und münd­ lichem Verfahren wählen und von einem in das andere übergehen. Protokollierung ist nicht erforderlich (s. aber wegen des Vergleichs § 1044 a Satz 2), jedoch anzuratem Das Schiedsgericht ist nicht einmal an die gesetzlichen Regeln der ZPO. (§§ 1025ff.) gebunden, IW. 21,124827; grundlegendeBerfahrensgrundsätze gelten aber auch hier,z.B. der Grundsatz des § 551 Nr. 3, RG. 159, 98, die Grundsätze der Prozeßvoraussetzungen (Vordem, vor § 253), Baumb. 1, der Wahrheitspflicht (§ 138 Abs. 1), Baumb. 6. Das Schiedsgericht darf auch nicht ohne sachliche Stellungnahme zu einzelnen Angriffs- oder Berteidigungsmitteln einen Anspruch endgültig zusprechen oder abweisen, widrigenfalls der Schiedsspruch der Aufhebung nach § 1041 Nr. 1 unterliegt, RG. 119, 32, § 1041 Anm. 1. über die Gewährung rechtlichen Gehörs vgl. Anm. 1 u. § 1041 Anm. 7. — Anderseits ist es ihm nicht verwehrt, sich an die gesetzlichen Vorschriften anzulehnen. Teilschiedssprüche können erlassen werden, IW. 24, 9061, § 1039 Anm. 1A. Ferner sind Zwischenentscheidungen im Sinne der §§ 303, 304 sowie sonstige Vorentschei­ dungen vor der Endentscheidung nicht ausgeschlossen, IW. 24, 9061, OLG. 37, 208. So kann das Schiedsgericht im Rahmen seiner Zuständigkeit eine das Klagbegehren nicht erschöpfende Entscheidung treffen, die eine Zwischenlösung enthält, und für den Fall des erneuten Streitausbruchs sich die anderweite Entscheidung vorbehalten, IW. 28, 1496". Sind die Parteien zum Erscheinen im Termin aufgefordert, so kommt es nicht darauf an, ob sie erschienen sind, RG. 23, 434, IW. 25, 2364. Der Erlaß eines Schieds­ spruchs in Gestalt eines Bersäumnisurteils nach § 331 (unter Zugrundelegung der Ge­ ständnisfiktion) ist aber unzulässig, IW. 30, 3364, 32, 2902, Jonas II 3, Baumb. 6. Ein durch Parteieid bedingter Schiedsspruch (mit Festsetzung der in einem weiteren sLäuterungs-) Schiedsspruch auszusprechenden Folgen der Leistung oder der Nichtleistung des Eides) kommt nicht in Frage, weil die ZPO. seit der Nov. v. 27./10.33 den „gestabten" Eid nicht mehr kennt und das Gericht einen solchen Eid nicht abnehmen dürfte (vgl. § 1035 Abs. 2), Baumb. § 1040 Anm. 1. Das Ersuchen um Eidesabnahme in ein Er­ suchen um eidliche Parteivernehmung umzudeuten (so Jonas § 1035 II), geht nicht an.

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Wohl aber kann das Schiedsgericht (mit der Wirkung der Abschneidung weiterer Partei­ anführungen) durch eine Zwischenentscheidung den Schiedsspruch von der Beeidigung einer schon vorliegenden oder noch herbeizuführenden Parteiaussage abhängig machen; danach Endschiedsspruch erforderlich. Auch kann der Schiedsspruch eine bedingte Lei­ stungspflicht aussprechen, IW. 37,1252. — Die Klagerhebung unterliegt keinem Form­ zwang. Die Klage kann im Rahmen des Schiedsvertrags frei geändert werden, Baumb. 6. Die Wirkungen der Rechtshängigkeit i. S. des § 263 treten auch hier ein (a. M. Jonas III, Baumb. 6). Die Klaganträge können in der Regel auch stillschweigend gestellt, auch aus der Gesamtheit des dem Schiedsgericht unterbreiteten Streitstoffs entnommen werden. Insoweit kann das Schiedsgericht auch über die besonders abgefaßten Anträge der Parteien hinausgehen. Dagegen kann es nicht über Streitpunkte entscheiden, die nicht Gegenstand des Parteivorbringens gewesen sind (§ 308 Abs. 1), RG. 149, 45. Die Klage kann jederzeit ohne Zustimmung des Beklagten zurückgenommen werden, falls nicht der Schiedsvertrag entgegensteht (a. M. Baumb. 6: nur mit Einwilligung des Bekl.), der Bekl. kann aber einen Kostenschiedsspruch verlangen. Neben dem münd­ lichen Borbringen der Parteien ist auch der Inhalt ihrer Schriftsätze zu beachten, IW. 27, 115216. Bei Auslegung des Parteibegehrens dürfen die Schiedsrichter davon aus­ gehen, daß die Parteien von ihnen eine wirtschaftlich zweckmäßige und praktische Er­ ledigung des Streites verlangen, RG. 149, 45. — Uber Prüfung der Zuständigkeit s. § 1025 Anm. 1 Ad. — Haupt- und Nebenintervention kommen ohne Zustimmung der Parteien nicht in Frage, Baumb. 6. Eine Streitverkündung hat nicht die Wirkungen der §§ 68, 74 Abs. 3, RG. 55, 14, Jonas III, Baumb. 6. — Auch findet die Vorschrift daß prozeßhindernde Einreden vor Beginn der Verhandlung zur Hauptsache vorzu­ bringen sind (§§ 274, 504), keine Anwendung; in der Verhandlung zur Hauptsache ohne Erhebung der Unzuftändigkeitseinrede kann aber der Abschluß eines Schieds­ vertrags liegen, RG. 116, 89, Baumb. 6. — Uber die Zulässigkeit der Widerklage vgl. IW. 20, 7041. Die Vorschriften über Unterbrechung u. Aussetzung des Verfahrens (88 239 ff.) finden nicht Anwendung (z. B. sind die Schiedsrichter durch die Konkurs­ eröffnung über das Vermögen einer Partei nicht behindert, das Verfahren fortzusetzen), RG. 62, 24, Baumb. 6. — An seine eigenen Entscheidungen ist das Schiedsgericht ge­ bunden (8 318), soweit sie Rechtskraftwirkung unter den Parteien erlangt haben (§ 1040 Anm.), es kann also diese in der Schlußentscheidung nicht wieder abändern (a. M. HRR. 37, 1346), wohl aber Zwischenentscheidungen ohne Rechtskraftwirkung. — Zur Anord­ nung eines Arrestes oder Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist das Schiedsgericht nicht zuständig, allg. M., § 943 Anm. 3. — An die Formel des Schiedsspruchs dürfen nicht die gleichen Anforderungen gestellt werden wie an Urteile der Staatsgerichte, der Spruch darf aber der erforderlichen Bestimmtheit nicht entbehren, RG. 149, 45. — Das Schiedsgericht hat auch über die Kosten des Schiedsgerichtsverfahrens zu entscheiden, § 1040 Anm. 2. Es kann auch in einem Beweisbeschlusse die Hinterlegung eines Kosten­ vorschusses durch die Parteien anordnen, IW. 16, 5807, § 1035 Anm. 1. Die Fetzsetzung der Vergütung kann den Schiedsrichtern übertragen werden, darf aber nicht ohne recht­ liches Gehör der Parteien erfolgen, IW. 36, 2711°, § 1040 Anm. 3. Desgleichen nicht die Feststellung des Wertes des Streitgegenstandes, IW. 06, 477"», Baumb. § 1040 Anm. 1B. Vgl. W. 27, 148 über Streitwertfestsetzung auf Grund rechtsgeschäftlicher Vereinbarung der Parteien, W. 27, 39 über die dem Schiedsgericht durch Vereinbarung der Parteien überlassene Feststellung des Streitwerts nach billigem Ermessen und W. 26, 142 über Feststellung des Streitwerts durch das Schiedsgericht nach freiem Ermessen, das nur nicht willkürlich geschehen und nicht eine Unrichtigkeit enthalten darf, die sich einem sachverständigen Beurteiler sofort aufdrängt. — Bestimmung der Art und Weise der Wahl des Obmanns: § 1028 Anm. 1 B. — Beratung und Abstimmung« § 1038 Anm. 1. B. Uber die sehr umstrittene Frage, ob das Schiedsgericht an das materielle Recht gebunden ist oder nach Billigkeit entscheiden kann, enthält die ZPO. keine Bestimmung. Grundsätzlich ist auch in dieser Beziehung die Vereinbarung der Parteien maßgebend, soweit nicht unverzichtbare Vorschriften des materiellen Rechts entgegenstehen (vgl. § 1041 Abs. 1 Nr. 2), allg. M. Insoweit können die Parteien der freien Rechtsfindung mehr oder weniger Raum geben, RGHRR. 30,460. Enthält der Schiedsvertrag darüber nichts und läßt sich der Wille der Parteien, daß nach Billigkeit entschieden werden soll,

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A. II. Zivilprozeßordnung. Zehntes Buch. Schiedsrichterliches Verfahren,

auch nicht im Wege der Auslegung des Schiedsvertrags (z. B. aus der Ernennung be­ stimmter Arten von Schiedsrichtern) feststellen, so wird davon auszugehen sein, daß nur das schiedsgerichtliche Verfahren an Stelle des ordentlichen Verfahrens, nicht auch die Befreiung des Schiedsgerichts von der Bindung an das materielle Recht vereinbart ist. Ähnlich Baumb. 1 (Parteien wünschen Rechtsentscheidung, keine Billigkeitsentscheidung) (a. M. Jonas I: im Zweifel Freiheit der „schiedlichen" Entscheidung als übertragen anzunehmen).

Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen.

1035 (861). (1) Die Schiedsrichter können Zeugen und Sachverständige vernehmen, welche freiwillig vor ihnen erscheinen ' (2) Zur Beeidigung eines Zeugen oder eines Sachverständigen oder einer Partei find die Schiedsrichter nicht befugt.?

Arbeitsgerichtliches Verfahren: Die Vorschriften des § 96 ArbGG. ent­ sprechen denen des § 1035. Eidesstattliche Versicherungen dürfen nicht verlangt und nicht entgegengenommen werden. 1 Vernehmung freiwillig erschienener Zeugen und Sachverständigen. — Das Schiedsgericht kann keine Zwangsmittel anwenden, um Erscheinen und Aussage zu er­ zwingen. Zweckmäßig gibt es den Parteien anheim, die Auskunftspersonen zum Termin zu gestellen, falls es nicht eine schriftliche Auskunft für ausreichend hält, die ihm über­ reicht wird oder die es (ohne eidesstattliche Bekräftigung nach § 377 Abs. 2, s. Anm. 2) erfordern kann. Es können auch einzelne Schiedsrichter mit der Vernehmung beauf­ tragt werden. Hierbei sind die Schiedsrichter an eine bestimmte Form der Beweis­ erhebung nicht gebunden, OLG. 15, 301. — Die Schiedsrichter sind befugt, die Bernehmung der Zeugen und Sachverständigen von einem von der beweispflichtigen Partei zu leistenden Kostenvorschuß abhängig zu machen, IW. 16, 5807, § 1034 Anm. 5 A; sie brauchen dies aber nicht zu tun, es sei denn, daß darüber in dem Vertrage mit den Schieds­ richtern bindende Vorschriften gegeben sind, RG. 74, 234. — Zur Zahlung einer Ent­ schädigung für die von den Schiedsrichtern vernommenen Zeugen und Sachverständigen sind nicht die Schiedsrichter, sondern die von diesen bei dem Bertragsschluß mit den Zeugen und Sachverständigen als vertreten anzusehenden Schiedsparteien verpflichtet, und zwar als Gesamtschuldner, gleichviel auf wessen Vorschlag die Vernehmung statt­ gefunden hat, RG. 74, 321, OLG. 21,122, Jonas I, Baumb. 1. Die Festsetzung der Ent­ schädigung erfolgt nicht durch das Schiedsgericht, RG. 74, 324, OLG. 21,122. Die Höhe der Entschädigung richtet sich, wenn darüber nichts in dem Vertrage mit dem Zeugen oder Sachverständigen bestimmt ist, nicht ohne weiteres nach der Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige, OLG. 21, 122. — Im Falle des Nichterscheinens muß das Gericht ersucht werden (§ 1036). 2 Die Schiedsrichter sind zur Beeidigung nicht befugt. — Um die Beeidigung ist daher das Gericht zu ersuchen (§ 1036). — Beeidigung eines Zeugen: §§ 391,392, einer Partei: § 452. Die „Abnahme eines Parteieides" (so die frühere Fassung) im Sinne des „gestabten" Eides kommt nicht mehr in Frage, da dieser durch die Nov. v. 27./10. 33 beseitigt ist, daher auch nicht die Zulassung eines eidbedingten Schiedsspruchs, § 1034 Anm. 5 A. Das Schiedsgericht kann die (uneidliche) Vernehmung des erschienenen Zeugen oder der erschienenen Partei selbst bewirken (Abs. 1) und dann die Beeidigung durch das Gericht anordnen oder auch unter Abstandnahme von der uneidlichen Ver­ nehmung die eidliche Vernehmung durch das Gericht beschließen. Vgl. § 1036 Abs. 2. — Eidesstattliche Versicherungen von Zeugen oder Parteien kann das Schiedsgericht nicht anvrdnen, IW. 26, 2220 (a. M. HRR. 28, 2322), aber entgegennehmen und frei würdigen, HRR. 28, 2322, Baumb. 2 (a. M. Jonas II: auch bei Bereitschaft der Partei oder der Auskunftsperson Abnahme unzulässig); dabei ist jedoch zu beachten, daß die falsche Abgabe solcher Versicherungen die Straffolgen der §§ 156f. StGB, nicht nach sich zieht. — Ein Verstoß gegen die Vorschrift des Abs. 2, auf deren Innehaltung wirksam nicht verzichtet werden kann, bildet einen Aufhebungsgrund nach § 1041 Nr. 1, wenn das Schiedsgericht ersichtlich auf die Bekräftigung durch Eid (eidesstattliche Versicherung) Gewicht gelegt hat, als uneidliche kann die Aussage (Versicherung) verwertet werden, IW. 26, 2221, Jonas I, Baumb. 2.

§§ 1035,1036

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Hilfsbeweisaufnahme durch das Gericht.

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(862). (1) Eine von den Schiedsrichtern für erforderlich erachtete richterliche Handlung, zu deren Vornahme dieselben nicht befugt find/ ist auf Antrag einer Partei/ sofern der Antrag für zuläsfig erachtet wird, von dem zuständigen Gerichte vorzunehmen? (2) Dem Gerichte, welches die Vernehmung oder Beeidigung eines Zeugen oder eines Sachverständigen angeordnet hat, stehen auch die Entscheidungen zu, welche im Falle der Verweigerung des Zeugnisses oder des Gutachtens erforderlich werden?

Arbeitsgerichtliches Verfahren: Das Schiedsgericht ersucht selbst (nicht die Partei) um die Vornahme der Beweiserhebung den Vorsitzenden desjenigen Arbeitsgerichts oder, falls dies aus Gründen der örtlichen Lage zweckmäßiger ist, das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Beweisaufnahme erfolgen soll. § 96 Abs. 2 ArbGG. 1 Richterliche Handlungen, zu deren Bornahme die Schiedsrichter nicht befugt find. — Richterliche, also solche, die nach der ZPO. dem Richter obliegen, nid)t Handlungen des UrkBeamten d. G. oder des Gerichtsvollziehers. Z. B.: Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen im Falle ihrer Weigerung, vor dem Sä)iedsgericht zu erscheinen (§ 1035 Abs. 1); Beeidigung von Zeugen oder Sachverständigen oder einer Partei (§ 1035 Abs. 2); Einholung der Genehmigung zur Vernehmung von Beamten (§376) (a. M. Baumb. 1 a : das SchGer. könne die Genehmigung selbst einholen; es ist aber nicht Prozeß­ gericht i. S. des § 376, seine Befugnisse sind auf die Vernehmungen nach § 1035 Abs. 1 beschränkt). Ersuchen einer Behörde oder eines Beamten um Mitteilung einer Urkunde (§432) oder um amtliche Auskunft, Baumb. lb; Veranlassung der Rechtshilfe eines auswärtigen Gerichts, OLG. 27, 196; Ersuchen um Zustellung im Auslande (§§ 199ff.), OLG. 25, 244; öffentliche Zustellung (§ 204). — Besondere Regelung in Art. 11 deutsch« ritff. Schiedsgerichtsabk. (§ 1027 Anm. 1). 2 Auf Antrag einer Partei. — Nicht Antrag beider Parteien erforderlich. Nicht auf Ersuchen des Schiedsgerichts oder des Obmanns, die aber von den Parteien er­ mächtigt werden können, soweit nicht Anwaltszwang besteht, und im Zweifel als er­ mächtigt gelten, Ionas I, Baumb. 2 A. — Wenn die eidliche Vernehmung von Zeugen beantragt wird, müssen diese vom Schiedsgericht namentlid) genannt worden sein, und genügt es nicht, wenn das Sd)iedsgericht ihre Bezeichnung den Parteien überlassen hat, OLG. 23 , 252. 3 Bom zuständigen Gericht vorzunehmen. — Zuständigkeit: § 1045. — A. Die Vornahme der gerichtlid;en Handlung ist vom Gericht anzuordnen, auch wo der Vor­ sitzende ausführt (z. B. §§ 202, 362), vgl. Abs. 2 („angeordnet hat"). Der ergehende Beschluß ist den Parteien förmlid) (wegen § 1045 Abs. 3) zuzustellen (§ 329 Abs. 2). Das Gericht hat hierbei zu prüfen: ob die allgem. Prozeßvoraussetzungen (Vordem, vor § 253) vorliegen; ob der (milzuteilende) Schiedsvertrag wirksam ist, HRR. 35, 1553, Jonas II, Baumb. 2 Ab (a. M. OLG. 23, 25iß); ob das Schiedsgericht die Beweiserhebung an­ geordnet hat; ob die Handlung (z. B. die nicht eidliche Vernehmung von Zeugen, die freiwillig vor dem Schiedsgericht erscheinen, § 1035) von dem Schiedsgerichte nicht selbst vorgenommen werden kann, und ob die richterliche Handlung nach der ZPO. zu­ lässig ist (z. B. unzulässig eidliche Vernehmung beider Parteien [§ 452], eidl. Vernehmung eines Zeugen u. einer Partei über denselben Gegenstand [§§ 445 Abs. 2, 450 Abs. 2]), OLG. 23, 251, 27,196, IW. 37 , 2236. Es genügt, wenn nach den Umständen des Falles mit einem freiwilligen Erscheinen der Zeugen von vornherein nicht zu rechnen ist, OLG. 27, 196. Zur Nachprüfung der Erheblichkeit oder Sachdienlichkeit der angeordneten Handlung ist das Gericht weder verpflichtet nod) befugt, Jonas II, Baumb. 2 As, vgl. § 1034 Anm. 2. Hat das Schiedsgericht eidliche Vernehmung beschlossen, so darf das Gericht weder die Beeidigung ablehnen, weil sie nicht erforderlid) sei oder weil das Schieds­ gericht nach § 391 erst nach der Vernehmung sid) über die Beeidigung schlüssig machen könne, Jonas II (a. M. IW. 37 , 2236) (vgl. § 391 Anm. 1 bzgl. des beauftr. oder ers. Richters), nod) die Vernehmung ablehnen, weil der Zeuge zum Erscheinen vor dem Schiedsgericht bereit sei (§ 1035 Abs. 1), Jonas a. a. O. — B. Die Erledigung der An­ ordnung zu A erfolgt nach den Vorschriften der ZPO. Gemäß §379 kann das Gericht

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die Vernehmung von Zeugen von der Zahlung eines Kostenvorschusses abhängig machen, OLG. 23,178. Es kann auch die beantragte Beweisaufnahme nach §§ 372 Abs. 2, 375, 402, 479 einem Mitglieds des Gerichts übertragen oder nach §§ 156ff/ GBG. ein anderes Gericht ersuchen. Den Parteien ist zu gestalten, der Beweisaufnahme beizu­ wohnen (§357 Abs. 1) und an Zeugen u. Sachverst. Fragen zu stellen (§397), auch den Schiedsrichtern als Bevollmächtigten zur Ermittlung des Sachverhalts, Jonas III, Baumb. 2B. Benachrichtigung des Schiedsgerichts vom Termin ist aber nicht erforder­ lich, da es nicht unmittelbar beteiligt ist. Die Niederschriften bleiben beim Gericht; die Parteien erhalten Abschriften und müssen sie dem Schiedsgericht vorlegen, Jonas, Baumb. a. a. O. Mängel des gerichtlichen Verfahrens bilden keinen Aufhebungsgrund nach § 1041 Nr. 1, Jonas IV, Baumb. 2B. — Gebühren: des Gerichts: (%, wird bei Rücknahme des Antrags vor einer gerichtlichen Verfügung nicht erhoben) § 33 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 GKG., aber gebührenfrei nach § 1 GKG. (da keine besondere Gebühr vorgesehen), wenn es sich um eine Entscheidung über die Prozeß- und Sachleitung (z. B. die An­ ordnung, eine ausländische Behörde um die Bewirkung der Zustellung des Schiedsspruchs zu ersuchen) handelt, OLG. 25, 244; wegen der Gebühren des Anwalts vgl. § 91 Abs. 2 GebORA. 4 Entscheidung im Falle der Verweigerung des Zeugnisses oder des Gutachtens: §§ 383 bis 390, 407 bis 409.

Einwand der Unzulässigkeit des Verfahrens.

1037 (863). Die Schiedsrichter können das Verfahren fortsetzen und den Schiedsspruch erlassen? auch wenn die Unzulässigkeit des schiedsrichter­ lichen Verfahrens behauptet? insbesondere wenn geltend gemacht wird, dah ein rechtsgültiger Schiedsvertrag nicht bestehe? daß der Schiedsvertrag sich auf den zu entscheidenden Streit nicht beziehe* oder dab ein Schiedsrichter zu den schiedsrichterlichen Verrichtungen nicht befugt sei? 1 Die Schiedsrichter können das Verfahren fortsetzen. — Damit es nicht durch unbegründete Einwendungen verschleppt wird. Sie können aber auch ihre Entscheidung bis zur gerichtlichen Feststellung dieser Streitpunkte (§ 1046) ausfetzen, Gr. 39, 1173, da über die Zulässigkeit des Verfahrens nur das Staatsgericht zu entscheiden hat, § 1025 Anm. 1A d, § 1041 Anm. 3, und dieses an die Auffassung des Schiedsgerichts nicht ge­ bunden ist, Jonas I. Ist die Zulässigkeit des Verfahrens auch nur zweifelhaft, so ist Aus­ setzung angebracht. Durch einstweilige Verfügung des staatlichen Gerichts aber kann das Schiedsgericht weder zur Fortsetzung des Verfahrens noch zur Aussetzung gezwungen werden, Jonas I, Baumb. 1. 2 Wenn die Unzulässigkeit des Verfahrens behauptet wird. — U. zw. des Ver­ fahrens im ganzen, nicht nur einzelner Maßnahmen, Jonas II. Vgl. § 1041 Anm. 3. — Auch wenn eine Partei schon vor Einleitung des Schiedsverfahrens die Zuständigkeit des Schiedsgerichts bestreitet, darf dessenungeachtet das Schiedsverfahren eingeleitet werden, Baumb. 1 (a. M. OLG. 30, 319). Uber Feststellungsklage in diesem Falle s. § 1025 Anm. 1A d. 3 Wenn geltend gemacht wird, daß ein rechtsgültiger Schiedsvertrag nicht be­ stehe. — Vgl. § 1025 Anm. 1A c, §§ 1027, 1033. 4 Daß der Schiedsvertrag sich auf den zu entscheidenden Streit nicht beziehe. — Vgl. § 1026, § 1025 Anm. 2. 5 Daß ein Schiedsrichter zu den schiedsrichterlichen Verrichtungen nicht befugt fei. — Weil er nicht ordnungsmäßig ernannt (§§ 1028 bis 1031) oder weil er abgelehnt sei. Im letzteren Falle braucht also das Schiedsgericht die Entscheidung des staatlichen Gerichts über die Ablehnung (§ 1045) nicht abzuwarten, § 1032 Anm. 1B, IW. 14,10333. Wird vor Erlassung der gerichtlichen Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch ein Schiedsspruch erlassen, so wird das Beschlußverfahren nach § 1045 gegenstandslos und kann der Ablehnungsgrund nur noch im Vollstreckbarerklärungsverfahren oder durch Aufhebungsklage nach § 1'041 geltend gemacht werden, § 1032 Anm. 1B. Es ist also in einem solchen Falle, gleichviel ob die Schiedsrichter ihrerseits über das Ablehnungs­ gesuch eine Entscheidung getroffen haben oder nicht, in dem Verfahren nach § 1041 oder

88 1037—1039.

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nach 8 1042 vom Gericht zu prüfen, ob das Ablehnungsgesuch begründet war oder nicht, IW. 09, 55-», W. 16, 154, § 1032 Anm. 1B, § 1041 Anm. 3. 5. Schiedsspruch (§§ 1038 bis 1040). Abstimmung.

1038 (864). Ist der Schiedsspruch von mehreren Schiedsrichtern zu erlassen, so ist die absolute Mehrheit der Stimmen entscheidend, sofern nicht der Schiedsvertrag ein anderes bestimmt^ Arbeitsgericht!]ches Verfahren: Der Schiedsspruch ergeht mit einfacher Mehrheit der Stimmen der Mitglieder des Schiedsgerichts, falls die Schiedsklausel nichts anderes besagt. § 98 Abs. 1 ArbGG. 1 Absolute Stimmenmehrheit entscheidet. — Also mehr als die Hälfte der Schieds­ richter muß dafür stimmen, falls nicht der Schiedsvertrag ein anderes Stimmenverhältnis vorschreibt. § 196 Abs. 2 GBG. gilt entsprechend, Jonas I, Baumb. 1. Beratung und Abstimmung richten sich nach dem Schiedsvertrag und, wenn dieser nichts darüber be­ stimmt, nach der Bestimmung des Schiedsgerichts. Die Bestimmungen des GBG. (§§ 192ft) finden keine Anwendung, IW. 21, 124827, 28, 735. Schriftliche Beratung und Abstimmung sind daher zulässig, OLG. 27, 197. Die Schiedsrichter sind auch nicht gehindert, eine rechtskundige Person als Berater zuzuziehen und durch diese den Schieds­ spruch abfassen zu lassen, wenn nicht anzunehmen ist, daß das Einverständnis der Parteien fehlt, IW. 21, 124827, 35, 59, Baumb. 1 (a. M. HRR. 34,140: nur wenn dafür eine aus­ reichende Grundlage im Schiedsvertrag vorhanden; Jonas § 1039 II 1: Abfassung einem Dritten vollends zu überlassen, unzulässig). — Auf Schiedsgutachten findet § 1038 keine Anwendung, Vordem. 3 vor § 1025. — Stimmengleichheit: § 1033 Nr. 2. — Mangels anderer Vereinbarung der Parteien gilt das Beratungsgeheimnis (§ 198 GBG.^Schieds­ richter dürfen daher über die Vorgänge bei der Beratung nicht als Zeugen vernommen werden, RG. 129,17, Baumb. 1. Die Verletzung des Beratungsgeheimnisses kann zur Aufhebung des Schiedsspruchs führen, wenn er dadurch beeinflußt worden ist, IW. 32, 2877“. — Wegen Mängel der Abstimmung kann ein Schiedsspruch, der von allen Schiedsrichtern unterschrieben ist, nicht angefochten werden, RG. 38, 4io. Abfassung, Zustellung und Niederlegung.

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(865). Der Schiedsspruch' ist unter Angabe des Tages der Ab­ fassung von den Schiedsrichtern zu unterschreibens den Parteien3 in einer von den Schiedsrichtern unterschriebenen Ausfertigung * zuzustellen6 und unter Beifügung der Beurkundung der Zustellung auf der Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts niederzulegen.?

Arbeitsgericht lieh es Verfahren: Der Schiedsspruch ist unter Angabe des Tages seiner Fällung von den Mitgliedern des Schiedsgerichts zu unterschreiben und muß schriftlich begründet werden, soweit die Parteien nicht auf schriftliche Begründung ausdrücklich (mündlich oder schriftlich) verzichten. Die Begründung braucht (wie das arbeitsgerichtliche Urteil, s. § 315) nur vom Vorsitzenden unter­ schrieben zu werden. Fehlen der Gründe, auf die nicht verzichtet ist, begründet die Aufhebungsklage nach § 100 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG. Eine (nur) vom Verhandlungs­ leiter unterschriebene Ausfertigung des Schiedsspruchs ist jeder Streitpartei zuzu­ stellen; die Zustellung kann durch eingeschriebenen Brief erfolgen. Eine vom Ver­ handlungsleiter unterschriebene Ausfertigung des Schiedsspruchs soll bei dem Arbeits­ gerichte, das für die Geltendmachung des Anspruchs zuständig wäre, niedergelegt werden; die Vorschrift über die Niederlegung bezieht sich nicht auf die Zustellungs­ urkunden, ihre Nichtbeachtung hat Rechtsnachteile nicht zur Folge. Die Akten des Schiedsgerichts oder Teile der Akten können ebenfalls dort niedergelegt werden. § 98 Abs. 2 u. 3 ArbGG. 1 Der Schiedsspruch. — Mit Gründen: § 1041 Nr. 5. Auch ein die sachliche Ent­ scheidung wegen Unzuständigkeit ablehnender Spruch, da er eine rechtskräftige Ent­ scheidung über die Zulässigkeit des Schiedsverfahrens darftellt (§ 1040), Baumb. 1 (a. M. RG. 52, 284, Jonas 11). — Eine nachträgliche Änderung des Schiedsspruchs durck) die Schiedsrichter ist zulässig, solange die Zustellung nicht erfolgt ist, mit dieser tritt die

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A. II. Zivilprozeßordnung. Zehntes Buch. Schiedsrichterliches Verfahren.

Bindung gegenüber den Parteien ein, IW. 38, 3309, Jonas I 2, Baumb. 5 (a. M. W. 12, 140, RG. 101, 395: Änderung bis zur Niederlegung zulässig). Nach der Unterzeichnung durch die Schiedsrichter, mit der sie sich untereinander binden, kann die Änderung von ihnen nur noch einstimmig beschlossen werden, Jonas a. a. O. Nach der Zustellung des Spruchs ist nur noch eine Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten i. S. des § 319 Äbs. 1 zulässig, mit der Maßgabe, daß den Staatsgerichten die Nachprüfung obliegt nach der Richtung, ob hinsichtlich der Berichtigung ein unzulässiges Verfahren im Sinne des § 1041 Abs. 1 Nr. 1 stattgefunden hat, IW. 35, 2050, Jonas I 3, Baumb. 6. Letzteres ist z. B. der Fall: wenn der ordnungsmäßig zugestellte und niedergelegte Spruch nicht mit Gründen versehen war (§ 1041 Nr. 5) und nachträglich ein neues Exemplar des Spruchs unter Beibehaltung des entscheidenden Teils und des Datums mit einer Be­ gründung hergestellt, von neuem zugestellt und niedergelegt wird, OLG. 41, 271; wenn das Schiedsgericht seiner früheren Entscheidung einen anderen Inhalt gegeben hat, als damals beabsichtigt war, IW. 35 , 2050. Auch eine Ergänzung des Schiedsspruchs (§321) ist zulässig, wenn ein Anspruch übergangen ist, auch hinsichtlich der Kosten. Der Berichtigungs- und der Ergänzungsanspruch ist wie der Schiedsspruch nach § 1039 zu behandeln. S. § 1040 Anm. 3. — Auch eine Zerlegung der schiedsgerichtlichen Aufgabe in ver­ schiedene Teile durch Teilschiedssprüche ist zulässig, auf die § 1039 Anwendung findet, IW. 10, 70'-», OLG. 2, 95, § 1034 Anm. 5. Ferner sind Zwischenentscheidungen zu­ lässig und ebenfalls zuzustellen und niederzulegen, falls sie mit der Endentscheidung ein zusammenhängendes Ganzes bilden oder in dieser auf sie Bezug genommen ist, und zwar selbständig oder gleichzeitig mit dem Endschiedsspruch, auch Entscheidungen über den Grund des Anspruchs, IW. 35,1O89U, Jonas I 1, Baumb. 1. Dagegen genügt bei Ver­ einbarung eines schiedsgerichtlichen Jnstanzenzuges (§ 1034 Anm. 4), falls innerhalb der vorgesehenen Frist Berufung eingelegt wird, die Zustellung und Niederlegung des Spruchs des Berufungsschiedsgerichts, da nur er die Wirkungen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils hat, RG. 114,168, Baumb. 1, der Spruch des ersten Schiedsgerichts dagegen ist zuzustellen und niederzulegen, wenn er innerhalb der Rechtsmittelfrist unan­ gefochten bleibt, oder spätestens zusammen mit dem Spruch des Oberschiedsgerichts, wenn dieser ohne den Schiedsspruch erster Instanz unvollständig ist, Jonas I 1, Baumb. st. a. O. - Unter Angabe des Tages der Abfassung zu unterschreiben. — D. i. des Tages der Unterzeichnung, Baumb. 2 (str., a. M.: der Beschlußfassung; Jonas II 1: es genügt ein in die Zeit von der letzten Verhandlung bis zur letzten Unterzeichnung fallendes Datum). „Beschlußfassung" wäre gleich „Fällung" wie im ArbGG. Unerheblich ist, ob die Datierung über oder unter dem Schiedsspruch steht sowie ob in der Datierung der richtige Tag der Abfassung angegeben ist, da die Tagesangabe nur zur Kennzeichnung des Schiedsspruchs dient, IW. 08, i?22, OLG. 29, 286, Ionas II 1, Baumb. 2. Es genügt auch, wenn im Schiedssprüche lediglich angegeben ist, er sei „auf Grund der Verhandlung vom usw." erlassen, OLG. 23 , 253. Sämtliche Schiedsrichter einschließlich des Obmannes müssen unterschreiben, auch die überstimmten, HRR. 36, 1374. Weigert ein Schiedsrichter die Unterschrift oder stirbt er vorher, so ist ein gültiger Schiedsspruch nicht zustande gekommen und es findet § 1031 oder § 1033 Nr. 1 An­ wendung (§ 315 über Ersatzunterschrift ist nicht anwendbar, IW. 08, io17, 26, 2470, Jonas II 1, Baumb. 2), IW. 17,4617. Die in der Verweigerung der Unterschrift liegende Amtsniederlegung (Rücktritt, § 1033 Anm. 4) kann aber vom Schiedsrichter widerrufen werden (§ 1031 Anm. 3); ein solcher Widerruf ist gegeben, wenn der Schiedsrichternachträglich doch den Schiedsspruch unterschreibt, und es wird dann der Schiedsspruch wirksam, IW. 17, 4G17. Darüber, daß ein Schiedsrichter im Klagewege zur unterschriftlichen Vollziehung eines von der Mehrheit der Schiedsrichter gefaßten Schiedsspruchs von den Parteien angehalten werden kann, vgl. § 1025 Anm. 1B. Der Schiedsspruch ist „unterschrieben", wenn er von den Schiedsrichtern mit Namensunterschrift versehen ist. Ein überstimmter Schiedsrichter darf seine abweichende Ansicht nicht hinzufügen, da er damit das Beratungsgeheimnis (vgl. § 1038 Anm. 1) verletzen würde, Baumb. 2. Daß die Schiedsrichter die Gründe des Spruchs verfaßt haben, ist nicht erforderlich, sie können einen anderen damit beauftragen, § 1038 Anm. 1, W. 10 , 258, RGHRR. 35, 306 (m. Nachw.), Baumb. 2 (a.M. Jonas II I). Wenn der schriftlich abgefaßte Schieds­ spruch von den Schiedsrichtern mit Namensunterschrift versehen ist, ist unanfechtbar

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dargetan, daß der über der Unterschrift stehende Text ihrer zusammenwirkenden Willens­ meinung entspricht und der Schiedsspruch gesetz- und ordnungsmäßig zustande ge­ kommen ist, IW. 11, 9892°. — Es genügt jedoch nicht, wenn ein Schiedsrichter im Aus­ trage der übrigen unterschrieben hat, IW. 08,15”, OLG. 29, 289 (s. dagegen hinsichtlich der Zustellung und Niederlegung Anm. 7). 3 Den Parteien (zuzustellen). — Oder ihren Prozeßbevollmächtigten, RG. 13, 431, Gr. 37, 765. Die Vorschrift des § 176 jedoch gilt für das Schiedsgerichtsverfahren nicht, falls nicht Verfahren nach der ZPO. ausdrücklich vereinbart ist. Die Zustellung kann ebensowohl an die Partei selbst wie an den Bevollmächtigten rechtswirksam erfolgen, Gr. 37 , 765, OLG. 19, 172, Jonas II 2, Baumb. 3 B (Zust. an den Bev. genügt). 4 In einer von den Schiedsrichtern unterschriebenen Ausfertigung. — Einfache oder beglaubigte Abschrift genügt nicht, IW. 09, 73234, Jonas II 2, es sei denn, daß der Beglaubigungsvermerk von allen Schiedsrichtern unterschrieben ist, Baumb. 3A, vgl. RG. 119,63. Ein erheblicher Mangel aber ist es nicht, wenn die den Parteien zu­ gestellte, von den Schiedsrichtern unterschriebene Urkunde (falls ihre Übereinstimmung mit der Urschrift feststeht) nicht ausdrücklich als Ausfertigung bezeichnet ist, IW. 08, 49027, OLG. 37 , 205. Eine zweite Urschrift genügt, allg. M. Die Unterschrift unter der Ausfertigung muß von allen Schiedsrichtern vollzogen sein, die Unterzeichnung durch nur einen Schiedsrichter genügt nicht, selbst wenn er die Unterzeichnung für die übrigen Schiedsrichter in deren Auftrage mit vollzogen hat, IW. 08, 1517, OLG. 29, 289 (s. da­ gegen über Zustellung und Niederlegung Anm. 7). 5 Zustellung. — Sie erfolgt auf Betreiben der Schiedsrichter, nicht der Parteien oder einer Partei, RG. 5, 401, Jonas II 2, Baumb. 3 B. Die Schiedsrichter können einen Schiedsrichter, z. B. den Obmann, beauftragen; die Vermutung spricht für den Auftrag, wenn einer die Zustellung bewirkt, Baumb. a. a. O. Die Zustellung muß gemäß den für Zustellungen allgemein geltenden Vorschriften der §§ 166ff. erfolgen, insbesondere in der Regel durch einen Gerichtsvollzieher, IW. 09, 73234. Vgl. jedoch Anm. 3 (§ 176 nicht anwendbar). Im übrigen vgl. Anm. 7. über Zustellung im Aus­ land s. § 1036 Anm. 1. Hat die im Ausland wohnende Partei keinen Zustellungsbevollmächtigten bestellt, so kann ihr nach §§ 174 Abs. 2, 175 durch Aufgabe zur Post zugestellt werden, Jonas, Baumb. a. a. O. Bor der Zustellung ist der Stempel zu verwenden, Dgl. Anm. 7 a. E. 6 Auf der Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts. — Die Zuständigkeit des Gerichts bestimmt sich nach den §§ 1045, 1047, RG. 68, 184. Sind mehrere Gerichte zuständig, so hat das Schiedsgericht die Wahl. — Ist die Niederlegung bei einem un­ zuständigen Gericht erfolgt, so ist sie wirkungslos, RG. 68, 184, Jonas II 3 (a. M. Baumb. 4). Es genügt aber die Übersendung vom unzuständigen an das zuständige Gericht unter Benachrichtigung der Schiedsrichter, wenn diese nicht widersprechen, Jonas a. a. O. Geht aber dabei der Schiedsspruch verloren, so ist die Niederlegung im Sinne des § 1039 nicht erfolgt, selbst wenn die Übersendung auf Ersuchen der Schieds­ richter erfolgte, OLG. 40, 440 Anm. 7 Niederlegung. — Sie erfordert die Übersendung zum Zwecke der Verwahrung an die Geschäftsstelle, die Übersendung lediglich zu Prozeßzwecken genügt nicht, IW. 21, 345". Sie kann auch nach Erhebung der Aufhebungsklage (§ 1041), IW. 27, 265", oder nach Einleitung des Verfahrens auf Bollstreckbarerklärung erfolgen. — Die Zustellung und die Niederlegung sowohl des Schiedsspruchs als auch der über die Zustellung lautenden Urkunden auf der Geschäftsstelle sind wesentliche Erfordernisse eines Schiedsspruchs, RG. 68,184, IW. 16, 965", auch Anm. 2. Sie entfallen auch nicht dadurch, daß die Zustellung oder die Niederlegung (z. B. wegen Vernichtung des Schieds­ spruchs) unmöglich wird, IW. 21,345". Sie müssen auf Betreiben aller Schiedsrichter erfolgen, IW. 08, 15". — Diese Vorschriften sind zwingendes Recht, die Parteien können auf ihre Befolgung nicht verzichten, IW. 16, 965^, RGJR. 29, 857. Ihre Beob­ achtung ist von dem Gerichte von Amts wegen zu prüfen und eventuell der Antrag auf Vollstreckbarkeitserklärung (§ 1042) abzuweisen, RG. 77, 316, W. 10, 81. — Ist die Zustellung oder Niederlegung unterblieben oder nur von einzelnen der Schieds­ richter (z. B. weil ein Schiedsrichter inzwischen verstorben ist oder die Vollziehung ver­ weigert) betrieben worden, so ist der Schiedsspruch unwirksam, RG. 77, 316, IW. 21, 345". Desgleichen, wenn anstatt einer von den Schiedsrichtern unterschriebenen

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A. II. Zivilprozeßordnung. Zehntes Buch. Schiedsrichterliches Verfahren.

Ausfertigung eine beglaubigte Abschrift zugestellt oder die Niederlegung bei einem unzuständigen Gericht bewirkt ist, h. M., RGHRR. 29, 857. Die Schiedsrichter können dann (z. B. auf neue Einwendungen einer Partei gegen den zugestellten [aber noch nicht niedergelegten) Schiedsspruch) einen anderweiten Schiedsspruch erlassen, RG. 77, 315. — Jedoch kann ein Schiedsrichter allein sowohl die Zustellung als auch die Niederlegung (nicht die Unterzeichnung, s. Anm. 2, 4) bewirken, wenn er von den übrigen ausdrück­ lich oder stillschweigend dazu beauftragt ist, RG. 37, 413, IW. 08,1517, Jonas II 3 (a. M. anfch. Baumb. 4). Eine Vermutung für die Ermächtigung ist aber aus der Tatsache der Unterzeichnung des Schiedsspruchs durch die anderen Schiedsrichter allein nicht zu entnehmen, da die Unterschrift nicht erkennen läßt und nicht dafür spricht, daß eine Ent­ schließung über die Niederlegung überhaupt erfolgt ist (a. M. RG. 37, 413, IW. 28,106": Vermutung kann daraus hergeleitet werden, soweit nicht die Umstände für das Gegenteil sprechen), wohl aber aus der Niederlegung durch einen Schiedsrichter, Baumb. 4. Ferner kann durch einen von allen Schiedsrichtern beauftragten Dritten (z. B. einen Gerichts­ vollzieher) die Niederlegung bewirkt werden, IW. 87, 206, mag dieser auch der Vertreter einer der Parteien sein, OLG. 27,199. Auch kann die nicht oder nur mangelhaft erfolgte Zustellung oder Niederlegung des Spruchs noch nach Stellung des Antrags auf Voll­ streckbarerklärung (§ 1042) nachgeholt werden, allg. M., RG. 13,430, Gr. 39,157. Weiter kann der Inhalt der Zustellungsbeurkundung, die dem niedergelegten Schiedsspruch bei­ gefügt worden ist, im Falle ihrer Unrichtigkeit durch die den Parteien ausgelieferten Zustellungsurkunden richtiggestellt werden, Gr. 57,1096. — Die Zustellung und Nieder­ legung des Spruchs schließt seine nachträgliche Berichtigung gemäß § 319 Abs. 1 (§ 319 Anm. 2) nicht aus, Anm. 1. — Darüber, ob das schiedsrichterliche Verfahren durch den Schiedsspruch beendigt wird, auch wenn er wegen Fehlens der Erfordernisse des § 1039 formell nicht gültig ist, vgl. § 1041 Anm. 1. Nach der Bollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs können aber die Parteien Mängel der Niederlegung nicht mehr mit der Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Spruchs gellend machen, RGHRR. 37, 1347. Verzicht der Parteien auf Zustellung und Niederlegung hat nur die Wirkung, dast der Inhalt des Schiedsspruchs als außergerichtliche Vereinbarung gilt, W. 16, 209, Baumb. 5. — Gebühren des Gerichts: (x/4, jedoch höchstens 300 JUl, fällig mit der Niederlegung des Schiedsspruchs, Schuldner derjenige, auf dessen Betreiben das schieds­ richterliche Verfahren eingeleitet worden ist) §§ 30 a, 74b, 77 GKG. —Urkundensteuer: § 41 UrkSIGef. v. 5./5. 36.

Wirkung des Schiedsspruchs.

1040 (866). Der Schiedsspruch* hat unter den Parteien- die Wirkungen eines rechtskräftigen- gerichtlichen Urteils.4

Arbeitsgerichtliches Verfahren: S. die entsprechende Vorschrift in § 98 Abs. 4 ArbGG. Der Schiedsspruch ist stempelfrei. 1 Der Schiedsspruch. — A. Er ist die abschließende Entscheidung des Schieds­ gerichts über den ihm unterbreiteten Rechtsstreit. — Sein Inhalt ergibt sich insofern aus § 1041 Nr. 5, als er außer der genauen Entscheidung (Formel) die Entscheidungs­ gründe enthalten muß (§ 1041 Anm. 8), die aber nicht voneinander getrennt zu sein brauchen, Baumb. 1A, und aus § 1039, ber die Angabe des Tages der Abfassung und die Unterzeichnung durch die Schiedsrichter vorschreibt. Zu seiner Vollständigkeit gehört ferner, daß die Parteien bezeichnet und wegen der Zustellung (§ 1039 Anm. 3) ihre Bevollmächtigten angegeben werden. — Auch einem Teilschiedsspruch kommt Rechtskraftwirkung zu; dagegen nicht einem den Anspruch dem Grunde nach feststellenden Schiedsspruch, Zwischenentscheidungen im Sinne des § 303 oder solchen über einzelne Angriffs- oder Verteidigungsmittel. Ist aber in einem Schiedsgerichtsabkommen be­ stimmt, daß die ordentlichen Gerichte ausschließlich über die Höhe der sich aus dem zu fällenden Schiedsspruch ergebenden Geldforderungen entscheiden, für alle übrigen Streitfragen das Schiedsgericht zuständig sein solle, so ist, soweit das Schiedsgericht die Ansprüche für berechtigt erklärt, der Schiedsspruch nicht einem Zwischenurteil nach § 304 gleichzuachten, sondern (was z. B. für die Verjährung von Bedeutung ist) einem Feststellungsurteil nach § 256, RG. 100, 118, IW. 35, iO89n, Jonas II1, Baumb. 3 A. Auch Schiedssprüche über bedingte Leistungen haben Rechtskraftwirkung. Über eidbeding-

§1040

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ten Schiedsspruch vgl. § 1034 Sinnt. 5A.— B. Der Schiedsspruch hat auch über die Kosten­ pflicht zu entscheiden, IW. 94, 5436, auch wenn das Schiedsgericht sich für unzuständig erklärt, also eine Sachentscheidung ablehnt, da ein solcher Schiedsspruch einem klage­ beweisenden Urteil gleichsteht, vgl. § 1039 Anrn. 1 (a. M. HNR. 36,1251, Jonas § 1033 II). Dabei ist das Schiedsgericht frei und an die §§ 91 ff. nicht gebunden, Jonas § 1042 VIII, Baumb. 1B. Fehlt die Kostenentscheidung, so kann bei dem Schiedsgericht die Ergänzung beantragt werden, RG. 59, 149, IW. 94, 543°, Jonas § 1042 VIII, Baumb. 1 B. Auch der Betrag der Kosten ist vom Schiedsgericht entweder sogleich im Schiedsspruch oder durch ergänzenden Spruch festzusetzen; der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des ordentlichen Gerichts ist für die Festsetzung nicht zuständig, Jonas § 1042 VIII 3, Baumb. 1B. Kann ein ergänzender Spruch vom Schiedsgerichte nicht mehr erlangt werden (z. B. weil es seine Tätigkeit verweigert oder ein Schiedsrichter gestorben ist oder sich erhebliche Schwierigkeiten hierbei ergeben), so ist der Kostenerstattungsanspruch im Wege der ordentlichen Klage oder als Nebenanspruch im Vollstreckbarerklärungs­ verfahren nach § 1042, das beim Bestreiten des Anspruchs durch den Gegner entweder nach § 1042a oder § 1042 c Abs. 2 Satz 1 ebenfalls zur mündlichen Verhandlung und Urteilsentscheidung über den Anspruch führt, geltend zu machen, IW. 32, 3635, Jonas § 1042 VIII 3, Baumb. 1 Bb u. c. Der Schiedsspruch, der den Betrag der Kosten festsetzt, muß denselben Erfordernissen wie jeder andere Schiedsspruch genügen; daher ist z. B. vor der Festsetzung die Gegenpartei zu hören und der Beschluß mit Gründen zu versehen (§ 1041 Nr. 4 u. 5), OLG. 25, 243. Wird der Schiedsspruch aufgehoben, so entfällt damit auch die in ihm enthaltene oder selbständige Kostenentscheidung und -festsetzung. Wegen Festsetzung des Streitwertes s. § 1034 Sinnt. 5 A. Daß die Schieds­ richter befugt sein sollen, auch die ihnen selbst zu zahlenden Beträge festzusetzen, wird in der Regel nicht der Absicht der bei dem Schiedsvertrage Beteiligten entsprechen. Danach ist die Befugnis zu verneinen, sofern sich nicht aus dem Schiedsvertrage etwas anderes ergibt; die Schiedsrichter müssen mangels gütlicher Einigung mit den Parteien klagen, OLG. 29, 286, 33, 142, Ionas § 1042 VIII 1, Baumb. 1 C. Im Falle der Zu­ lässigkeit der Festsetzung durch den Schiedsspruch ist dieser insoweit nicht für vollstreckbar zu erklären, § 1042 Sinnt. 1. 2 Unter den Parteien. — Hinsichtlich der Wirkung gegenüber Dritten greift § 325 nicht Platz; jedoch ist nach allgemeinen Grundsätzen die Wirkung auf Dritte insoweit zu erstrecken, als der Schiedsvertrag gegenüber Dritten wirkt, mithin zunächst auf all­ gemeine Rechtsnachfolger, aber mit Begrenzung auch auf Sondernachfolger der Parteien sowie auf Übernehmer der Schuld des im Schiedsspruch Verurteilten, h. M., OLG. 15, 301, Jonas II 3, Baumb. 3B, und auf Pfändungsgläubiger, OLG. 39, 96. 3 Eines rechtskräftigen (Urteils). — Formell (§705) tritt die Wirkung mit der Erfüllung sämtlicher Erfordernisse des § 1039 ein; ist ein Jnstanzenzug vereinbart (§ 1034 Sinnt. 4), erst mit der Zustellung und Niederlegung des Schiedsspruchs des übergeordneten Schiedsgerichts oder mit Ablauf der vereinbarten Rechtsmittelfrist. — Materiell wird durch den Schiedsspruch die Einrede der rechtskräftig entschiedenen Sache gemäß § 322 begründet, und zwar ohne daß es einer Bollstreckbarerklärung (§ 1042) bedars, jedoch muß den Erfordernissen des § 1039 (s. Sinnt. 2, 7 dort) genügt sein, RG. 38, 395, IW. 21,345". Dies gilt auch, wenn es sich nicht um einen Leistungs-, sondern um einen Bewirkungs- oder einen Feststellungsspruch handelt, W. 14, 70. Solange allerdings eine Vollstteckbarerklärung (§ 1042) nicht erfolgt ist, hat der Schiedsspruch, auch wenn er lediglich eine Feststellungsentscheidung enthält, nicht volle Wirksamkeit; jedoch nur insofern nicht, als er bis zum Erlaß der Vollstreckbarerklärung noch keinen Vollstreckungs­ titel bildet (Sinnt. 3 hier, § 1042 Sinnt. 2) und er nicht gegen die Geltendmachung von Aufhebungsgründen (§§ 1041,1043) gesichert ist; materiell-rechtlich aber wirtt er auch schon vor und ohne Bollstreckbarerklärung wie ein rechtskräftiges Urteil, W. 14, ?o, HRR. 33,1710. Deshalb kann auf einen Schiedsspruch, der einen Anspruch als bestehend feststellt, die Leistungsklage schon vor Erlaß der Vollstteckbarerklärung gegründet werden, über die Frage, ob gegen eine solche Klage einredeweise Aufhebungsgründe geltend gemacht werden können, vgl. § 1041 Sinnt. 2. — Umfang der Rechtskraft: Wie ein Urteil (§ 322 Abs. 1) erwächst auch ein Schiedsspruch nur insoweit in Rechtskraft, als über den durch Klage und Widerklage erhobenen Anspruch entschieden und die Ent­ scheidung in dem verfügenden Teil des Schiedsspruchs enthalten ist, RAG HRR. 33, 925.

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A. II. Zivilprozeßordnung. Zehntes Buch. Schiedsrichterliches Verfahren.

Sinn und Umfang des Schiedsspruchs sind nötigenfalls im Wege der Auslegung festzustellen, RG. 110, 51. Der Umfang der Rechtskraft eines ausländischen Schieds­ spruchs (§ 1044) bestimmt sich nach dem ausländischen Recht, Jonas III, Baumb. 3. Uber Einwendungen gegen ihre Geltendmachung gilt das in § 1044 Anm. 4 Bemerkte entsprechend. — Die Erhebung des Einwandes der rechtskräftig entschiedenen Sache kann jedoch jede Partei unterlassen, von Amts wegen ist die Rechtskraft nicht zu beachten, RG. 146, 267, Jonas II 3, Vaumb. 3B. Die Parteien können auch ausdrücklich oder stillschweigend vereinbaren, daß der ergangene Spruch hinsichtlich eines oder mehrerer der entschiedenen Streitpunkte unter ihnen nicht gelten, der Einwand der rechtskräftig entschiedenen Sache also ausgeschlossen sein und ein neues Schiedsgerichtsverfahren stattfinden soll, IW. 20, 7041, RG. 146, 268. — Uber Ungültigkeit von Schiedsverträgeu aber, die dem Grundsätze des § 1040 widersprechen, vgl. IW. 07, 74822 in § 1025 Anm. 1. Ist der Schiedsspruch unter Verstoß gegen die guten Sitten erwirkt worden, so kann wie gegenüber einem rechtskräftigen Urteil (§ 767 Anm. 5 Df) von der unterlegenen Partei ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB. erhoben werden, RGHRR. 28, 1946, Jonas II 4. — Vgl. § 1025 Anm. 1 darüber, daß zwischen ordentlichen Gerichten und Schiedsgerichten Kompetenzkonslikte hinsichtlich der Frage der Zuständigkeit nicht ent­ stehen können. 4 Eines (rechtskräftigen) gerichtlichen Urteils. — Die Zwangsvollstreckung aus dem Schiedsspruch findet aber nur aus Grund einer Bollstreckbarerklärung gemäß § 1042 statt. Hinsichtlich der Erfordernisse der Schiedsspruchsentscheidung als Voraus­ setzung für die Erlassung eines Vollstreckungsbeschlusses vgl. § 1042 Anm. 1, 3. — Auf Schiedssprüche findet, auch wenn eine Bollstreckbarerklärung nach § 1042 nicht hinzu­ gekommen ist, § 767 Anwendung, insbesondere Abs. 2 bezüglich der Beschränkung der Einwendungen, die mit der Bollstreckungsgegenklage gegen den durch den Schiedsspruch festgestellten Anspruch erhoben werden können, IW. 37, 223ow, RG. 148, 270, § 767 Anm. 2. Dies gilt auch nach der Bollstreckbarerklärung, solange der Widerspruch nicht eingelegt ist, die Klage wird durch die Möglichkeit, Widerspruch zu erheben, nicht un­ zulässig; nach dem Widerspruchsverfahren ist sie wegen neu entstandener sachlich-recht­ licher Einwendungen wieder statthaft, RG. 148, 270. — Der Schiedsspruch unterliegt nicht der freien Prüfung des Revifionsgerichts, vielmehr ist das letztere an die Auslegung des Schiedsspruchs seitens des Jnstanzgerichts gebunden, RG. 40, 120, IW. 96, 2717. 6. Aufhebung des Schiedsspruchs.

1041 (867). (1) Die Aufhebung des Schiedsspruchs1 kann beantragt wer den: 2 1. wenn dem Schiedsspruch ein gültiger Schiedsvertrag nicht zugrunde liegt oder der Schiedsspruch sonst auf einem unzulässigen Verfahren beruht;8 2. wenn die Anerkennung des Schiedsspruchs gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen würdet 3. wenn die Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war,8 sofern sie nicht die Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;« 4. wenn der Partei in dem Verfahren das rechtliche Gehör nicht ge­ währt roor;7 5. wenn der Schiedsspruch nicht mit Gründen versehen ist8; 6. wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter welchen in den Fällen der Nr. 1 bis 6 des § 580 die Restitutionsklage stattfindet? (2) Die Aufhebung des Schiedsspruchs findet aus dem unter Nr. 5 er­ wähnten Grunde10 nicht statt, wenn die Parteien ein anderes vereinbart haben." Arbeitsgerichtliches Verfahren: Auf Aufhebung des Schiedsspruchs kann beim Arbeitsgericht geklagt werden, 1. wenn das schiedsgerichtliche Verfahren unzulässig war, 2. wenn der Schiedsspruch gegen zwingende gesetzliche Vorschriften

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verstößt, 3. unter den Voraussetzungen des § 580 Nr. 2 bis 5 ZPO. für die Resti­ tutionsklage. Die Klage ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen (Berechnung s. § 100 Abs. 3 ArbGG.) zu erheben. Gegen das Urteil findet kein Rechtsmittel statt. § 100 ArbGG. — Zu Nr. 5: Wegen Fehlens der Gründe s. § 1039. 1 Aufhebung des Schiedsspruchs. — Gegen ausländische Schiedssprüche ist die Aufhebungsklage nicht zulässig, RG. 116, 193, IW. 28, 1223", auch nicht gegen öster­ reichische Schiedssprüche trotz des Staatsvertrags über Rechtsschutz und Rechtshilfe vom 21./6. 23, Gr. 70, 289, IW. 29, 3521. Nach § 1044 Abs. 2, 3 kommt nur der Antrag auf Feststellung, daß der Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen sei, in Frage. Vgl. hierüber § 1044 Anm. 1, 4. — Uber die sonst gegen einen Schiedsspruch zulässigen Rechtsbehelfe vgl. Anm. 2. Ein gerichtlicher Rechtsmittelzug gegenüber einem Schieds­ spruch kann auch nicht durch Vereinbarung der Parteien begründet werden, RG. 17, 435, IW. 94, 56’. Zulässig ist dagegen Vereinbarung eines schiedsrichterlichen Instanzen­ zuges, § 1034 Anm. 4. Hat in einem solchen Falle die im Schiedsverfahren unter­ legene Partei die Anrufung der höheren Schiedsinstanz unterlassen, so ist ihr dadurch nicht allgemein das Recht genommen, Mängel des Schiedsverfahrens im Wege der §§ 1041, 1042 Abs. 2 geltend zu machen, RG. 159, 96. — A. Voraussetzungen der Aufhebungsklage: a) daß ein Schiedsspruch vorliegt, der gemäß § 1040 die Wirkungen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils hat, daher (s. § 1039 Anm. 1), daß das schieds­ richterliche Verfahren in formeller Beziehung gemäß § 1039, insbesondere durch Zustellung und Niederlegung eines von den Schiedsrichtern unterzeichneten Schieds­ spruchs, abgeschlossen ist, RG. 49, 409, W. 16, 150; b) daß der Schiedsspruch nicht noch (z. B. weil noch ein Oberschiedsgericht zu entscheiden hat) im schiedsrichterlichen Verfahren selbst der Aufhebung oder Abänderung unterliegt, RG. 114,168. Ist ersteres nicht mehr möglich (z. B. weil ein Schiedsrichter vor der Unterzeichnung des Schiedsspruchs ge­ storben ist), so ist die Aufhebungsklage unzulässig, IW. 26, 2470. Ist die Zustellung und Niederlegung noch nicht geschehen und daher für eine Aufhebungsklage noch kein Raum (s. unten W. 08, 271), so ist eine auf Erklärung der Nichtigkeit des ergangenen Schieds­ spruchs gerichtete Feststellungsklage zulässig, wenn die im § 256 vorgesehenen Erforder­ nisse einer Feststellungsklage vorliegen, W. 16,150, RGHRR. 31, 793. — Eine den Rechts­ streit nicht erledigende, sich als ein Zwischenurteil im Sinne des § 303 darstellende schiedsgerichtliche Entscheidung kann nicht selbständig mit der Mage aus § 1041 ange­ fochten werden, RG. 69,53. Unzulässig und anfechtbar ist aber ein Verfahren, wonach ein Anspruch endgültig zugesprochen oder abgewiesen, dagegen eine sachliche Stellungnahme zu einzelnen Angriffs- oder Berteidigungsmitteln abgelehnt wird,RG. 119,32. — B. Liegt ein formell ordnungsmäßiger Schiedsspruch vor, so ist dieser nicht schlechthin deshalb nichtig, weil seine Aufhebung (z.B.: wegen Nichtgewährung rechtlichen Gehörs oder weil die Schiedsrichter mit Recht wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt sind) im Wege der Aufhebungsklage verlangt werden kann. Die Schiedsrichter sind daher zur Fällung eines neuen Schiedsspruchs nicht zuständig, IW. 04, 4311, W. 11, 143. Dies auch dann nicht, wenn der Schiedsspruch zufolge Klage auf Grund § 1041 tatsächlich zur Aufhebung gelangt ist, IW. 96, 659", W. 11, 143. Vielmehr unterliegt nunmehr der Streit der Parteien allein der richterlichen Entscheidung, allg. M., RG. 108, 379, IW. 28, 4O7u, RGHRR. 29, 857, Ionas II, Baumb. 2 0. Dies gilt aber nicht, wenn der Schiedsspruch aufgehoben wird, weil er nicht der im Schiedsvertrag vereinbarte ist, z. B. weil er nicht zwischen den Parteien des Schiedsvertrags ergangen ist oder diese nicht ordnungsmäßig vertreten waren oder weil nicht die int Schiedsvertrag vereinbarten Schiedsrichter ent­ schieden haben oder weil das Schiedsgericht über den betreffenden Anspruch nicht ent­ scheiden durfte, Jonas II, Baumb. 2 C. Wird das Urteil eines Berufungsschiedsgerichts (s. § 1034 Anm. 4) aufgehoben, so wird der Schiedsvertrag nicht nur bezüglich des Be­ rufungsverfahrens, sondern im ganzen unwirksam, IW. 16, 1594. Die neue Klage in der Sache selbst kann mit der Aufhebungsklage aus § 1041 verbunden werden, wenn dasselbe Gericht zuständig ist (§260), h. M. Jedoch können die Parteien einen neuen Schiedsvertrag vereinbaren und auch die früheren Schiedsrichter wieder ernennen, OLG. 15, 3oo, auch IW. 20, 704*. Ist ein formell gültiger Schiedsspruch nicht zustande gekommen, z. B. weil ein Schiedsrichter seine Unterschrift verweigert hat oder sonst eines der Erfordernisse des § 1039 fehlt, so ist, auch wenn auf Klage der Schiedsspruch gemäß § 1041 aufgehoben ist (was unnötig ist und nur die Bedeutung einer Feststellung der Zivilprozeßordnung. 22. Aufl.

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Unwirksamkeit des Schiedsspruches hat), der Schiedsvertrag in Kraft geblieben und so zu verfahren, wie wenn der Schiedsspruch nicht erlassen worden wäre, RGHRR. 29, 857 (anders IW. 08,1517, wonach, wenn ein Schiedsspruch nicht auch von einem in­ zwischen verstorbenen Schiedsrichter zugestellt und hinterlegt ist, er also nach § 1039 nicht formell gültig ist, zufolge Aufhebungsurteils gemäß § 1041 Nr. 1 die Entscheidung des Rechtsstreites nunmehr den Gerichten unterliegen soll). — Schließen die Parteien einen Vergleich, so ist die Erneuerung des Schiedsverfahrens über die durch den Vergleich erledigten Punkte und über den Vergleich zulässig, wenn in dem Vergleich oder sonst irgendwie der Wille der Parteien zum Ausdruck gekommen ist, daß über einen die Gültig­ keit oder den Inhalt des Vergleichs betreffenden Streit das Schiedsgericht entscheiden solle, OLG. 27, 195, oder wenn der Vergleich durch Parieivereinbarung aufgehoben wird oder wegen Formmangels nichtig ist oder wenn eine Partei aus anderen Gründen seine Rechtsverbindlichkeit angreift, RG. 119, 30, § 1044a Anm. 6. 2 Kann beantragt werden. — Nur aus den Gründen des § 1041. Jedoch auch wegen Widersinnigkeit des Schiedsspruchs, RG. 38,412, IW. 01, i6i". — Die Geltend­ machung eines Aufhebungsgrundes erfolgt im Wege der Klage bei dem nach den §§ 1045, 1046 zuständigen Gericht oder im Wege der Einwendung im Verfahren über Bollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs (§§ 1042 Abs. 2, 1042a Abs. 2, 1042c Abs. 2); dagegen nicht im Wege der Replik gegenüber der Einrede der Rechtskraft gegen eine Klage aus dem materiellen Rechtsverhältnis, da der Schiedsspruch bis zur Aufhebung wirksam ist und die Zuständigkeit für die Aufhebungsklage nach § 1046 bei Bezeichnung im Schiedsvertrag mit der Zuständigkeit für jene Klage nicht immer übereinstimmt, aus ersterem Grunde ebenso Baumb. 1 (a. M. W. 14, 70, RGHRR. 31,1489, Jonas IV). Nach rechtskräftiger Bollstreckbarerklärung ist die Klage nur noch aus dem in Nr. 6 bezeichneten Grunde unter beschränkenden Voraussetzungen zulässig: § 1043. Eine Klage auf Feststellung der Wirksamkeit des Schiedsspruchs ist unzulässig, da hierüber im Bollstreckbarerklärungsverfahren zu entscheiden ist, RG. 99, 131, Baumb. 1 (a. M. Jonas § 1042 V), wie ebenso eine Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit, da für diese Feststellung die Aufhebungsklage gegeben ist, im Ergebnis ebenso Jonas IV, vgl. aber Anm. 1. — Die Klage ist eine Rechtsgestaltungsklage, die den Schiedsspruch mit rückwirkender Kraft beseitigt, Jonas 11, Baumb. 2 A. Die anfechtende Partei hat die Tatsachen, aus denen sich der Aufhebungsgrund (z. B. Unzulässigkeit des Verfahrens wegen Unzuständigkeit, Nr. 1) ergibt, einzeln anzugeben und nötigenfalls zu beweisen, RGHRR. 28, 781. Die Klage ist an keine Frist gebunden. Bei Anfechtung durch Klage enthält die nachträgliche Geltendmachung eines anderen als des der Klage zugrunde liegenden Aufhebungsgrundes (im Gegens. z. neuem tatsächlichem Vorbringen zu dem­ selben Klagegrunde) eine unzulässige Änderung des Klagegrundes, RG. 23 , 432, Jonas I 3, Baumb. 2 B. Es kann aber nach Abweisung der Aufhebungsklage aus einem anderen Grunde von neuem auf Aufhebung geklagt werden, allg. M. Vgl. jedoch § 1044. Eine Abänderung des Schiedsspruchs durch das Staatsgericht ist unzulässig, Jonas 14, Baumb. 2B. Verhält sich der Schiedsspruch über mehrere Ansprüche oder über einen quantitativ teilbaren Anspruch, so ist, wenn ein Aufhebungsgrund nur bezüglich eines Anspruchs oder Teils vorliegt, nur der betreffende Teil des Schiedsspruchs aufzuheben, IW. 28, 40711, RGHRR. 36, 301. — Zu einer Prüfung der sachlichen Richtigkeit des Schiedsspruchs ist das Gericht nicht befugt, RG. 47, 424, Baumb. 2B. In dem Falle der Nr. 1 jedoch, daß im Schiedsverfahren die Zuständigkeit des Schiedsgerichts bestritten worden ist, weil der die Schiedsklausel enthaltende Vertrag nichtig sei, ist das Staats­ gericht befugt und verpflichtet, die Entscheidung nachzuprüfen, RG. 108, 140. Gleiches gilt für den Fall der Nr. 2 (Verstoß des Schiedsspruchs gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung), RG. 108, uo. — Werden die Aufhebungsgründe im Verfahren nach 88 1042 ff. geltend gemacht, so ist für eine Aufhebungsklage mangels Rechtsschutz­ interesses kein Raum, eine erhobene Klage kann nach § 148 ausgesetzt werden. Auf­ hebung des Spruchs nach § 1042 Abs. 2 oder rechtskräftige Bollstreckbarerklärung (jedoch "diese nur, soweit nicht die Voraussetzungen des § 1043 vorliegen) erledigt die Aufhebungs­ ilage, Jonas I 3, Baumb. 2 B, Aufhebung auf Klage erledigt das Verfahren auf Voll­ streckbarerklärung, Baumb. 2 B. — Streitwert: W. 30, 178. — Gebühren bei Klage: des Gerichts: da keine Sondergebühr vorgesehen, § 20 GKG.; des Anwalls: § 13 GebORA.

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3 Nr. 1 (Ungültigkeit des Schiedsvertrags, Unzulässigkeit des Verfahrens). — Früher lautete Nr. 1: „wenn das Verfahren unzulässig war". Die Änderung beruht auf dem Gesetz zur Änderung einiger Vorschriften der ZPO. über das schiedsrichterliche Verfahren vom 25./7. 30 (RGBl. I 361). Dadurch ist, zugleich zwecks Anpassung der Vorschriften an Art. 1 Abs. 2a des Genfer Abkommens zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 26./9. 27, in Anlehnung an den überwiegenden Standpunkt der Rechtsprechung, insbesondere des Reichsgerichts klargestellt, daß unter Unzulässigkeit des schiedsrichter­ lichen Verfahrens nicht nur der Fall zu verstehen ist, daß das schiedsrichterliche Verfahren im ganzen unzulässig ist, ein solches Verfahren überhaupt nicht stattfinden durfte (z. B. wegen Unwirksamkeit des Schiedsvertrags nach § 1025 Abs. 2), sondern daß ein Fall der Nr. 1 auch vorliegt, wenn das vom Schiedsgericht eingeschlagene Verfahren an wesentlichen, feine Grundlage angehenden Mängeln leidet, insbesondere eine von den Parteien vereinbarte oder gesetzliche wesentliche Verfahrensvorschrist verletzt ist, Begr. A. Erster Fall der Nr. 1: Dem Schiedsspruch liegt ein gültiger Schiedsvertrag nicht zugrunde, wenn ein Schiedsvertrag überhaupt nicht geschlossen oder wenn der geschlossene ungültig (z. B. nach §§ 1025 Abs. 1 u. 2, 1027) oder durch Vereinbarung oder aus anderen Gründen (z. B. wegen Zeitablaufs oder nach § 1033) außer Kraft getreten ist, ferner, wenn der Schiedsspruch sich nicht im Rahmen des Schiedsvertrages hält (s. unten C). Uber die Voraussetzungen der Gültigkeit des Schiedsvertrags s. § 1025 Anm. 1, 2, 4, 5, RG. 105, 386, IW. 20, 649", W. 10, 80. Das Gericht ist an die Auffassung des Schiedsgerichts über die Gültigkeit des Schiedsvertrages nicht gebunden, RGHRR. 30,1547. Die örtliche Unzuständigkeit eines ständigen Schiedsgerichts berührt nicht die Gültigkeit des Schiedsvertrags und kann daher nur im Schiedsverfahren ge­ prüft werden, HRR. 37 , 876. Sie macht auch das Verfahren nicht unzulässig (FallB). B. Zweiter Fall der Nr. 1: Der Schiedsspruch beruht sonst auf einem unzulässigen Verfahren, wenn der Schiedsspruch sich auf ein Verfahren, sei es im ganzen oder in einzelnen Maßnahmen, gründet, das gegenüber den vertraglichen oder den ergänzend anzuwendenden gesetzlichen Vorschriften sich als wesentlicher Mangel darstellt und dessen Vornahme daher eine wesentliche Verletzung der Befugnisse des Schiedsgerichts enthielt, RG. 119, 31 (m. Nachw.), RGHRR. 35, 304. Wenn nur ein Verstoß gegen einzelne Ver­ fahrensgrundsätze vorliegt, ist Voraussetzung, daß der Schiedsspruch auf dem Verstoß beruht, RGHRR. 32, 2219. Wenn aber einzelne Berfahrensverstöße für sich keinen Grund zur Aufhebung bieten, so können sie es auch nicht in ihrer Gesamtheit, RG. 28./9.34, VII 29. 34. Wesentliche Mängel sind z.B.: Fehlen der Partei- oder der Prozeß­ fähigkeit einer Partei bei Abschluß des Schiedsvertrags, IW. 37, 555, fehlerhafte Be­ setzung des Schiedsgerichts (§§ 1028 bis 1031); Mitwirkung eines mit Recht ab gelehnten Schiedsrichters (vgl. Anm. 3D), RG. 159, 98; die Verletzung des § 1035 Abs. 2 (Eides­ abnahme durch das Schiedsgericht), Anm. 2 dort; die Ablehnung einer sachlichen StÄlungnahme zu einzelnen Angriffs- oder Verteidigungsmitteln, RG. 119,32; die unbegründete Verneinung seiner Zuständigkeit zur Entscheidung über einen Streitpunkt durch das Schiedsgericht, RG. 119,32; oder wenn das Schiedsgericht eine reine Billigkeitsentschei* düng erlassen hat, obwohl es nach dem Schiedsvertrag an das geltende Recht gebunden war (§ 1034 Anm. 4B), Jonas III b ß. über Unzulässigkeit der Anfechtung nach Nr. 1 wegen Verletzung der Vorschrift des § 1034 Abs. 1 (rechtliches Gehör der Parteien), wenn die Parteien eine Einschränkung des rechtlichen Gehörs im Schiedsvertrage ver­ einbart haben, s. Anm. 11. Sind beide Parteien über die Streitsache gehört, so enthält ein weiteres Verhandeln des Schiedsgerichts mit nur einer Partei nicht die Verletzung einer wesentlichen Verfahrensvorschrift, es sei denn, daß von der Partei Tatsachen gellend gemacht sind, die dem Gegner unbekannt geblieben und auf die Entscheidung von Ein­ fluß gewesen sind, IW. 11, 989". Zuziehung eines Dritten als Ratgeber in einzelnen Fragen bei der Beratung des Schiedsgerichts ist nicht unzulässig, § 1038 Anm. 1. — Ber­ fahrensverstöße des Schiedsgerichts müssen in den Talsacheninstanzen gellend gemacht werden, erst in der Revisionsinstanz .vorgebrachte Verstöße können nicht mehr, zur Aufhebung des Schiedsspruchs führen, RGHRR. 35 , 307. C. Ferner gehört unter Nr. 1 der FaU, daß das Schiedsgericht über Streitpunkte ent­ schieden hat, auf die sich der Schiedsvertrag nicht erstreckte, Gr. 49,1077, IW. 28, 4O7u (s. oben zu Fall 1 der Nr. 1), oder die Gegenstand des Parteibegehrens nicht gewesen sind, Gr. 51,1086, IW. 20, 7041. Das ordentliche Gericht ist im Falle der Aufhebung-,

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klage berechtigt und verpflichtet, diese Streitpunkte und somit auch den Schiedsspruch selbst, soweit er sich damit befaßt, nachzuprüfen, W. 28, 159, RGHRR. 29, 1174. D. Jedoch kann in allen diesen Fällen die Unzulässigkeit des Verfahrens von der im Schiedsgerichtsverfahren beklagten Partei nicht geltend gemacht werden, wenn sie sich in Kenntnis des Mangels vorbehaltlos und ohne wenigstens allgemeine Rüge des Mangels vor dem Schiedsgericht eingelassen hat, da hierin ein Verzicht auf die Geltend­ machung des Mangels oder ggbfalls eine Erweiterung des Schiedsvertrags liegt, RG. 105, 386, 137 , 253, IW. 31,1803" (m. Nachw.), Jonas III la (aus dem letzten Grunde), Baumb. 3 C (aus dem ersten Grunde). Auch die Partei, die in der Rolle des Klägers das Schiedsgericht angerufen hat, kann, selbst wenn der Beklagte die Zuständigkeit des Schiedsgerichts bemängelt hat, die Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens nicht mehr gellend machen, weil ihm insoweit die Einrede der Arglist entgegenstände, IW. 31, 1803". Hierbei ist es ohne Bedeutung, ob die Unverbindlichkeit des Schieds­ vertrags auf einem Verstoß gegen die guten Sitten oder auf einem anderen Versehen beruht, IW. 33, 381, RG. 137 , 253, es sei denn, daß der Schiedsspruch nach Nr. 2 der Aufhebung unterliegt. Rügen, die bis zur Zustellung des Schiedsspruchs nicht mehr geltend gemacht werden konnten, bleiben erhalten (vgl. über die Bedeutung der Zu­ stellung § 1039 Anm. 1), ähnlich Baumb. 3 C: maßgebend der Zeitpunkt, in dem das letzte rechtl. Gehör unmöglich wurde (a. M. Jonas III la: maßgebend Zeitpunkt des Erlasses des Schiedsspruchs). Ist vor dem Schiedsgericht zwar die Ungültigkeit des Vertrags, der eine Schiedsgerichtsklausel enthält, gellend gemacht worden, aber nur zur Verteidigung gegen den Klaganspruch in sachlicher Hinsicht, nicht um die Zuständig­ keit des angerufenen Schiedsgerichts zur Sachentscheidung in Abrede zu stellen, so ist ein nachträgliches gültiges Schiedsabkommen als vorliegend zu erachten und kommt daher eine Unzulässigkeit des schiedsgerichtlichen Verfahrens im Sinne von Nr. 1 (Fall 1) nicht in Frage, RG. 105, 386. — Uber die Ablehnung eines Schiedsrichters ist in dem Aufhebungsprozeß nur zu befinden, wenn die Ablehnung vor dem Schiedsgericht geltend gemacht war, das Schiedsgericht aber vor Erlaß des Beschlusses im Verfahren nach § 1045 den Spruch gefällt hat (§ 1037): § 1032 Anm. 1A u. B. Ist im schiedsrichterlichen Verfahren die Ablehnung unterblieben, so kann die Anfechtung des Schiedsspruchs (nach Nr. 1 Fall 2) nicht deswegen erfolgen, weil ein Schiedsrichter hätte abgelehnt werden können, RG. 44, 391, IW. 17, 46", auch § 43 Anm. 3, § 1032 Anm. 1A (Schiedsspruch nach rechtskräftiger Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs nicht mit Klage aus § 1041 an­ fechtbar), oder weil er kraft Gesetzes oder Bertragsbestimmung das Amt des Schieds­ richters nicht hätte ausüben dürfen, § 1032 Anm. 1. Das gilt auch bezüglich einzelner von­ einander verschiedener, nicht gellend gemachter Gründe für die Ablehnung, RGHRR. 31, 1798. Dabei ist es unerheblich, ob die zur Ablehnung berechtigte Partei mit oder ohne Kenntnis des Ablehnungsgrundes vor dem Schiedsgericht verhandelt hat, OLG. 27, 200, RGHRR. 31, 1798, Jonas III d a. Dies gilt auch von der unterbliebenen Ablehnung eines Sachverständigen, IW. 99, 7261. — Ist eine frühere im ordentlichen Verfahren erhobene Klage auf Grund der Einrede des Beklagten, daß der Rechtsstreit von einem Schiedsgericht zu entscheiden sei, ab gewiesen, so kann der Beklagte gegenüber dem darauf ergangenen Schiedssprüche die Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens wegen Nichtbestehens eines Schiedsvertrages (nach Nr. 1 Fall 1) nicht mehr geltend machen, RG. 40, 401, IW. 30, 656. Desgleichen nicht, wenn der Kläger die im ordentlichen Ver­ fahren erhobene Klage auf die Ankündigung des Beklagten, daß er die Einrede der Zu­ ständigkeit des Schiedsgerichts (§ 274 Abs. 2 Nr. 3) erheben werde, zurückgenommen hatte, IW. 13, 655". 4 Nr. 2 (Verstoß gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung). — Früher lautete Nr. 2: „wenn der Schiedsspruch eine Pattei zu einer Handlung verurteilt, deren Vornahme verboten ist." Die Änderung durch das Gesetz vom 25./7. 30 (Anm. 3) bezweckt, den Tatbestand der früheren Nr. 2 und den Tatbestand des früheren § 1042 Abs. 2 (s. Anm. 3 dort) zu einer einheitlichen, entsprechend weitergefaßten Vorschrift zusammenzufassen, Begr. z. Nov. Vgl. § 328 Nr. 4. Die jetzige Fassung der Nr. 2 um­ faßt hiernach auch den Fall der früheren Nr. 2 (Verurteilung zu einer verbotenen Hand­ lung) und die Fälle des früheren § 1042 Abs. 2 (wenn sich der Spruch über unverzicht­ bare gesetzliche Vorschriften hinweggesetzt hat). Ein Verstoß im Sinne der Nr. 2 ist nur gegeben, wenn er im entscheidenden Teil des Schiedsspruchs selbst liegt oder wenn sich

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der Schiedsspruch auf einem in seinen Grundlagen sittenwidrigen oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßenden Verfahren dergestalt aufbaut, daß deshalb die Anerkennung des Spruchs den guten Sitten oder der öffentlichen Ordnung wider­ sprechen würde, RG. 159, 98. Verboten sind nicht nur Handlungen, die gegen ein aus­ drückliches Berbotsgesetz verstoßen, sondern auch solche, deren Berbotswidrigkeit sich mittelbar aus den Grenzen der Zulässigkeit und Wirksamkeit einer Rechtsordnung ergibt, RG. 57 , 334, 131, 179, ferner nicht erzwingbare Handlungen, RG. 26, 376. Auch wenn die Handlung erst nach Erlaß des Schiedsspruchs infolge Änderung der Gesetzgebung eine verbotene geworden ist, sindet die Nr. 2 Anwendung, RG. 108,140. Ein unter Nr. 2 fallender Verstoß gegen unverzichtbare gesetzliche Vorschriften liegt z. B. vor: bei wissent­ licher Verletzung (vgl. IW. 25, 824, 2346, 29, 866) der Vorschriften über die Nichtigkeit von Rechtsgeschäften wegen Formmangels, Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (z. B. des Differenzgeschäfts, des Mietwuchers nach § 49u MSchGes.), IW. 27, 2151; wenn und soweit der Schiedsspruch zu Leistungen verurteilt, die auf einer gegen die Preisstop-VO. verstoßenden Vereinbarung beruhen, RGHRR. 40,1086. Jedoch kann ein Fall der Nr.2 (Verstoß gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung) auch dann als gegeben zu erachten sein, wenn das Schiedsgericht sich der Verletzung zwingender Vorschriften nicht bewußt gewesen ist; es ist nicht (wie nach der Fassg. von 1924) er­ forderlich, daß das Schiedsgericht sich über die Vorschriften „hinweggesetzt" hat, Jonas III 2b. Insofern enthält Nr. 2 eine Erweiterung gegenüber dem früheren § 1042 Abs. 2. Dagegen gehören dazu nicht Verstöße: gegen die Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB., IW. 29 , 866; gegen § 344 BGB., wenn dem Schiedsgericht die Entscheidung über die Gültigkeit des Vertrags übertragen ist und es den Vertrag rechtlich einwandfrei gewürdigt u. für nicht sittenwidrig erklärt hat, W. 35,12, überhaupt gegen das materielle Recht, insbesondere das Vertragsrecht, RGHRR. 36, 911, DRW. 39, 2157; gegen die Vorschriften einer Schiedsgerichtsordnung, deren Maßgeblichkeit auf freier Vereinbarung der Parteien (nicht auf Gesetz) beruht, IW. 25, 837. — Gegen die öffentliche Ordnung (Vordre public) verstößt die Anerkennung des Schiedsspruchs, wenn dadurch die Grund­ lagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens angegriffen würden, Jonas III 2, Baumb. 4b, nicht schon, wenn der Schiedsspruch sich als eine Fehlentscheidung darstellt, die auf einer einseitigen Einstellung des Schiedsgerichts beruht, oder wenn ein besonders schwerer Verstoß gegen allgemein anerkannte Sätze des materiellen oder Verfahrens­ rechts vorliegt, der das Vertrauen weiter Kreise auf die allgemeine Rechtssicherheit und die Zuverlässigkeit des schiedsgerichtlichen Verfahrens zu erschüttern geeignet ist, IW. 35, 59. — Bei der Prüfung des Schiedsspruchs unter dem Gesichtspunkt der Nr. 2 hat das Gericht nicht die für gerichtliche Entscheidungen geltenden Grundsätze zugrunde zu legen, sondern festzustellen, ob ein Vertrag gleichen Inhalts wegen Verstoßes gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung rechtsunwirksam sein würde, HRR. 36,139, Jonas III 2. Dabei ist es an die tatsächlichen Feststellungen des Schiedsgerichts sowie an die Auslegung des Inhalts u. der Tragweite der Vertragsbestimmungen und der sich daraus ergebenden Rechtsfolgen gebunden, RGHRR. 36, 911. 5 Nr. 3 (Partei nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten). — Vgl. §§ 551 Nr. 5, 579» Nr. 4. — Die Partei muß nach den allgemeinen, für die Vertretung im bürgerlichen Recht gegebenen Vorschriften (§§ 166ff. BGB.) vertreten gewesen sein, nicht aber nach den Vorschriften der ZPO. über Prozeßvollmacht (z. B. § 80), die auf das schiedsrichiterliche Verfahren keine Anwendung finden, allg. M., W. 10,482. Durch die ordnungs­ mäßige Vertretung im Bollstreckbarerklärungsverfahren nach §§ 1042 ff. wird der Mangel nicht geheilt, IW. 37, 555, Jonas III 3. über Fehlen der Partei- oder der Prozeßfähigkeit vgl. Anm. 3B. 6 Genehmigung der Prozeßführung. — Vgl. § 89 Abs. 2. 7 Nr. 4 (Nichtgewährung des rechtlichen Gehörs). — Sonderfall der Nr. 1 Fall 2, RG. 35, 422. Voraussetzung der Aufhebungsklage ist, daß die Versagung des Gehörs die Partei benachteiligt haben kann, Jonas III 4 (Baumb. 6: Benachteiligung der Par tei). Im übrigen ist das Erfordernis des rechtlichen Gehörs weniger streng zu nehmen als im ordentlichen Prozeßverfahren, W. 16, i8i. Es genügt Gewährung des recht­ lichen Gehörs in irgendeiner Weise, sei es auch nur schriftlich, RG. 47, 424, W. 10, 482, muß aber in einem Zeitpunkt geschehen, in dem eine Einflußnahme auf die Entscheidung des Schiedsgerichts noch möglich ist, RGHRR. 35 , 304. Dies gilt auch dann, wenn nach

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der dem Verfahren zugrunde liegenden Schiedsordnung die Verhandlungen „in der Regel" mündlich sind und das Schiedsgericht die Parteien zur mündlichen Verhandlung geladen hatte, IW. 25, 2344. Nur darauf kommt es an, daß den Parteien Gelegenheit geboten war, alles ihnen erforderlich Scheinende dem Schiedsgericht vorzutragen, RG. 47, 424, RGHRR. 36, 920. Eine Änderung des vom Schiedsgericht in Aussicht ge­ stellten Verfahrens kann unter Umständen eine Versagung des rechtlichen Gehörs dar­ stellen; die Änderung kommt aber für Einwendungen der Partei nur in Betracht, wenn sie dadurch in ihren Rechten verkürzt wurde oder verkürzt werden konnte, OLG. 35,161 Anm., 37,206, § 1034 Anm. 5. Letzteres ist z. B. der Fall, wenn das Schiedsgericht dem Beklagten zugesagt hatte, es werde über die Klage nach ihrer bisherigen Begründung ent­ schieden werden, dann aber die Entscheidung auf Grund einer der Klage nachträglich ge­ gebenen anderen Begründung getroffen hat, ohne daß der Beklagte darüber gehört worden ist, RG. 123, 355. Nicht erforderlich ist: daß zu einem (besonders nachträglichen) Vor­ bringen der Gegenpartei, das für das Schiedsgericht nicht erheblich ist, Gehör gewährt wird, RGHRR. 31,1799, 32, iso (m. Nachw.); daß über jede einzelne von den Schieds­ richtern ermittelte oder ihnen von vornherein bekannte Tatsache den Parteien Mitteilung behufs Äußerung gemacht wird; vielmehr ist es Sache der Parteien, in den Erklärungen, zu denen ihnen Gelegenheit gegeben wird, bereits das gesamte Sach- und Rechtsverhältnis zu berücksichtigen und auch auf Eventualitäten einzugehen, IW. 10, ?o25, 25, 809, so z. B. auf die nachträgliche Erhöhung eines Anspruchs, über den der Gegner unterrichtet war, W. 27, 83. Auch wenn in dem Schiedsvertrage bestimmt ist, daß die Verhandlungen mündlich sind, können die Parteien nur ein einmaliges mündliches Gehör verlangen, OLG. 37, 208. Es genügt auch, wenn nur einzelne Schiedsrichter im Auftrage der übrigen die Parteien hören, Gr. 48,1162, IW. 09, 421«, oder wenn das Parteivorbringen nur vor einem Teile der Schiedsrichter erklärt, aber zur Kenntnis der anderen Schieds­ richter gebracht ist, Gr. 58, 493, OLG. 27, 200, und so ist auch, wenn nach dem Schiedsvertrage bei Uneinigkeit der beiden zunächst berufenen Schiedsrichter ein Obmann allein und endgültig entscheiden soll, der Obmann zur nochmaligen Gewährung des rechtlichen Gehörs nicht verpflichtet, Gr. 58,490. Ferner besteht nicht ein Anspruch der Parteien auf Mitteilung des Ergebnisses einer vom Schiedsgericht angeordneten Beweisauf­ nahme, insbesondere eines Gutachtens, W. 11, 142, OLG. 35, 161, oder des Inhalts herbeigezogener Akten, deren Einforderung den Parteien bekanntgegeben war und die sie einsehen konnten, W. 14, 70, es liegt vielmehr im Ermessen des Schiedsgerichts, wie es den Parteien das Ergebnis der Beweisaufnahme mitteilen will, RGHRR. 36, 920, es sei denn, daß durch die Beweisaufnahme neues" Material oder ein neuer Gesichtspunkt hervorgetreten ist, IW. 00, 803®, RG. 112, 316, oder daß das Schiedsgericht den Parteien ein nochmaliges Gehör nach einer Beweisaufnahme in bindender Weise zugesprochen hat, OLG. 35, 161, IW. 25, 809 (a. M. HRR. 32, 1615: Zuziehung der Parteien zur Beweisaufnahme oder ihre Anhörung nach einer solchen erforderlich). Nicht genügt es aber, wenn die Schiedsrichter sich lediglich aus Akten Information geholt haben, ohne den Parteien selbst Gelegenheit zur Äußerung über die Sachlage gegeben zu haben, W. 16, 181. — Der Kläger ist für den Einfluß der Versagung des rechtlichen Gehörs auf den Schiedsspruch beweispflichtig und hat insbesondere darzutun, was er noch Wesentliches vorgebracht haben würde, wenn ihm rechtzeitig Gehör gewährt worden wäre. Die Ver­ pflichtung der Beweisführung verschiebt sich aber, wenn der Beklagte ihm die Beweis­ führung vereitelt, z. B. durch Borenthaltung von Akten, RGHRR. 32,181. — Uber die Unabdingbarkeit des Anrechts auf Gehör vgl. Anm. 10. Uber den Anspruch der Zwi­ schenglieder auf Gehör im Falle der „Durcharbitrage" vgl. OLG. 43,171. 8 Nr. 5 (Schiedsspruch nicht mit Gründen versehen). — Vgl. § 551 Nr. 7. Dabei darf aber nicht mit den Maßstäben gemessen werden, die an die Urteile ordentlicher Gerichte anzulegen sind, RGHRR. 36, 911. — Es wird nur erfordert, daß eine sachliche Begründung gegeben ist, mag sie auch nicht vollständig, erschöpfend und sachgemäß sein, RG. 47 , 424, W. 14, 70, OLG. 27, 198,199. Auch die Übergehung rechtserheblichen Vorbringens in der Begründung ist unschädlich; ob den Ausführungen des Spruchs wegen Dürftigkeit oder widersinnigen Inhalts die Eigenschaft einer Begründung abzu­ sprechen ist, ist nach den Umständen des einzelnen Falls zu entscheiden, RGHRR. 36, 911. Der Inhalt muß aber jedenfalls eine Rechtfertigung der Entscheidung sein, sonst sind die Ausführungen keine „Gründe", ähnl. Jonas III 5, Baumb. 7. — Der Schieds-

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richter kann sich bei der Abfassung der Begründung der Hilfe eines Rechtsverständigen be­ dienen und braucht überhaupt die Gründe nicht selbst zu verfassen; es genügt, wenn er die von einem anderen verfaßten Gründe genehmigt und unterschreibt, § 1038 Anm. 1, § 1039 Anm. 2. — Eine Bezugnahme auf einen in derselben Angelegenheit vorangegan­ genen, eine Begründung enthaltenden Schiedsspruch genügt, auch wenn dieser den Par­ teien zwar mitgeteilt, aber noch nicht ordnungsmäßig zugestellt ist, RG. 68, 184, IW. 32 , 2902. — Es ist nicht erforderlich, daß ein in den Gründen als unbegründet erklärter Teil eines Anspruchs ausdrücklich im Tenor abgewiesen wird, IW. 12, 1062». — Uber Ver­ zicht auf Begründung des Schiedsspruchs s. Abs. 2 u. Anm. 11, über die Unzulässigkeit der nachträglichen Hinzufügung einer Begründung s. § 1039 Anm. 1. 0 Nr. 6 (Vorliegen der Voraussetzungen für die Nestitutionsklage). — Außer den Voraussetzungen des § 580 für die Rest itutions klage muß in den Fällen der Nr. 1 bis 5 § 580 auch die fernere Voraussetzung des § 581 (rechtskräftige Verurteilung wegen der Straftat oder Nichtdurchführbarkeit des Strafverfahrens) vorliegen, IW. 01, 72iia. — Die Aufhebungsklage ist nicht gegeben in den Fällen der Nr. 7 (Auffinden eines neuen Urteils oder einer neuen Urkunde), weil hier die Aufhebung eine materielle Beurteilung der Sache durch das staatliche Gericht erfordern würde, RG. 41, 256. — Die Gründe der Nichtigkeitsklage (§ 579) kommen, abgesehen von Nr. 4 dort (Nr. 3 hier) nur in­ soweit in Betracht, als sie unter Nr. 1 fallen (s. Anm. 3B). 10 Abs. 2. Aus dem unter Nr. 5 erwähnten Grunde. — Früher: „aus den unter Nr. 4, 5 erwähnten Gründen". Die Beseitigung der Nr. 4 aus Abs. 2 durch das Ges. v. 25./7. 30 (Anm. 3) bezweckt, die innerstaatliche Regelung der zwischenstaatlichen in dem Genfer Abkommen vom 26./9.27 (Anm. 3) anzupassen, das einen Verzicht der Parteien auf das rechtliche Gehör mit der Wirkung, daß aus der Versagung ein Aufhebungsgrund hernach nicht hergeleitet werden kann, nicht vorsieht (vgl. Art. 2 lit. b daselbst). Danach ist nunmehr das Anrecht auf Gehör unabdingbar. Diese Regelung bezieht sich jedoch nur auf Schiedssprüche; bei Schiedsgutachten (Vordem. 3 vor § 1025), z. B. bei der Feststellung von Schäden, Warenmängeln u. dgl., ändert sich nichts hinsichtlich der Be­ fugnis der Parteien, sich dem Spruch der Sachverständigen auch mit der Maßgabe zu unterwerfen, daß die Feststellungen ohne Zuziehung der Parteien getroffen werden können, Begr. z. Nov. v. 25./7. 30. 11 Abs. 2. Vereinbarung über Ausschließung der Anfechtung des Schiedsspruchs wegen fehlender Gründe. — Ob die allgemeine Ausschließung gerichtlicher Entscheidung auch den Verzicht auf die Anfechtung wegen Fehlens der Begründung des Spruchs enthält, ist Auslegungsfrage, ähnl. Jonas III 5 (a. M. RG. 35,426, Gr. 40,844, Baumb. 7: die Vereinbarung habe die Bedeutung der Ausschließung des Aufhebungsgrundes zu 5). Wohl aber liegt der Verzicht in der Vereinbarung, daß jede gerichtliche Entscheidung ausgeschlossen sein soll, OLG. 23, 256, 29, 290, Baumb. a. a. O. Ein Verzicht auf den Anfechtungsgrund der Nr. 5 ist ferner anzunehmen, wenn die Parteien sich einem Schieds­ verfahren (z. B. einem ausländischen) unterwerfen, in welchem die Schiedssprüche nicht mit Gründen versehen zu werden brauchen, RG. 30, 371, OLG. 35,161.

7. Bollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs (§§ 1042 bis 1044). Vorbemerkungen. 1 Durch das Ges. v. 25./7.30 (§ 1041 Anm. 3) ist, namentlich wegen der Schwierig­ keiten, die bei der Behandlung ausländischer Schiedssprüche entstanden sind, und zur An­ passung an die Vorschriften des Genfer Abkommens zur Vollstreckung solcher Schieds­ sprüche v. 26./9. 27, abgedr. in Einl. II 6 vor § 1 ZPO., die durch die Nov. v. 13./2. 24 geschaffene Spaltung des Verfahrens in ein solches mit dem ausschließlichen Zwecke der Be­ schaffung des Vollstreckungstitels und ein solches zur Entscheidung über die Rechtsgültig­ keil des Schiedsspruchs in der Weise wieder beseitigt worden, daß die über die Vollstreckbar­ keit ergehende Entscheidung sich, wie vor der Novelle von 1924, auch über die Rechtsgültigkeit des Schiedsspruchs auszusprechen hat. Das Beschlußverfahren ist insofern beibehalten worden, als in glatt liegenden Fällen die Entscheidung über den Antrag auf Boll­ streckbarerklärung ohne mündliche Verhandlung nach Anhörung des Gegners durch Be­ schluß erfolgen kann (§ 1042a Abs. 1). Dagegen ist über Einwendungen des Gegners gegen die Rechtsgültigkeit des Schiedsspruchs, sei es, daß sie bei der eben erwähnten Anhörung geltend gemacht werden und nicht ohne weiteres zur Ablehnung der Boll-

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streckbarerklärung führen (§ 1042a Abs. 2), oder daß der Gegner gegen den die Bollstreckbarerklärung aussprechenden Beschluß Widerspruch erhebt (§ 1042c Abs. 2), auf Grund mündlicher Verhandlung durch Endurteil zu entscheiden. Begr. z. N^v. v. 1930. Übergangsvorschrift in Art. IV Abs. 2 Ges. v. 25./7. 30. 2 Nach § 67 Dev.Ges. darf ein Schiedsspruch auf Bewirkung einer genehmigungs­ bedürftigen Leistung erst nach Erteilung der Genehmigung für vollstreckbar erklärt werden. Der Schiedsspruch selbst kann ergehen, ohne daß vorher eine Genehmigung der Devisen­ stelle beizubringen ist, zweckmäßig wird er unter Vorbehalt der Genehmigung erlassen, IW. 37, 1251.

Bollstreckbarerklärung Voraussetzung der Zwangsvollstreckung.

1042 (868). (i) Aus dem Schiedsspruch1 findet die Zwangsvollstreckung nur statt, wenn er für vollstreckbar erklärt ist2 (2) Der Antrag ist unter Aushebung des Schiedsspruchs abmlehnen, wenn einer der im § 1041 bezeichneten Aufhebungsgründe vorliegt? 1 Aus dem Schiedsspruch.— Bollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche: § 1044. — Voraussetzung für die Vollstreckbarerklärung ist, a) daß ein Schiedsspruch vor­ liegt, der gemäß § 1040 die Wirkungen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils hat, daher, daß er nicht noch im schiedsrichterlichen Verfahren selbst (z. B. weil noch ein Oberschiedsgericht zu entscheiden har, § 1034 Anm. 4) der Aufhebung oder Abänderung unterliegt, RG. 114, 168 (dagegen Bollstreckbarerklärung zulässig, wenn das Rechts­ mittel bestimmungsgemäß die Vollstreckung nicht aufschieben soll, RG. 29, 290), sowie b) daß ein sämtlichen Erfordernissen des § 1039 (Unterschrift, Zustellung, Niederlegung) in formeller Hinsicht genügender Schiedsspruch, der das schiedsrichterliche Verfahren abschließt und einen Anspruch zuerkennt, vorliegt, RG. 51, 406, IW.21, 345". Fehlende Erfordernisse können aber bis zur Entscheidung nachgeholt werden, Jonas II 1, Baumb. 2 A. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist ebenso wie das Vorliegen der allgemeinen Prozeßvoraussetzungen (Vordem, vor § 253) und die Ordnungsmäßigkeit des Schieds­ spruchs selbst von Amts wegen zu prüfen. Haben sich die Schiedsrichter als zur Ent­ scheidung nicht zuständig erklärt (z. B. weil in einem früheren Schiedsgerichtsverfahren die Sache durch Vergleich erledigt sei), so liegt kein durch Bollstreckbarerklärung gemäß § 1042 staatlich anerkennungsfähiger Schiedsspruch vor, RG. 108, 379 (vgl. für diesen Fall Vordem. 4 vor § 1025, § 1025 Anm. 1A d). Hat das Schiedsgericht mehrere Sprüche erlassen, so hat das ordentliche Gericht zu prüfen, ob das Verfahren zur Zeit der Erlassung des Spruchs, dessen Vollstreckbarerklärung beantragt wird, nicht schon durch einen vorausgegangenen Spruch abgeschlossen und seine Fortsetzung daher unzulässig war, IW. 24, 9061. Ferner kann zu einer schiedsrichterlichen Entscheidung, die den Charakter einer Zwischenentscheidung im Sinne des 8 303 trägt, eine Vollstreckbarerklärung nicht er­ lassen werden, RG. 85, 393, IW. 24, 9061. Dagegen zu einem Schiedsspruch, der sich als Teilurteil im Sinne des § 301 darstellt (vgl. § 1034 Anm. 5, § 1039 Anm. 1), RG. 99,129, IW. 24, 9O71, HRR. 33,1275, oder lediglich wegen der Kosten des schiedsgericht­ lichen Verfahrens, IW. 05, 25»«, oder auch nur eines Teils davon, sofern der Betrag im Schiedsspruch festgesetzt ist, OLG. 9, 88. Dagegen kann der Schiedsspruch hinsicht­ lich der darin festgesetzten Schiedsrichtervergütung (auf Antrag eines Schiedsrichters) nicht für vollstreckbar erklärt werden, IW. 26, 1599. Ferner kann eine Vollstreckbar­ erklärung zwar nicht für einen solchen Schiedsspruch erlassen werden, der eine unter alternativen Bedingungen erlassene Endentscheidung, welcher noch eine abschließende unbedingte Entscheidung zu folgen hätte, enthält, wohl aber für einen Schiedsspruch, der als eine endgültige unbedingte Entscheidung über eine bedingte Leistungspflicht (z. B. über bedingte Wandelungsvollziehung) aufzufassen ist, § 1034 Anm. 5 A, RG. 85, 391. 2 Wenn er für vollstreckbar erklärt ist. — Schon vor der Novelle von 1924 diente die durch Urteil auszusprechende Vollstreckbarerklärung nicht lediglich dazu, den Titel für eine etwaige Vollstreckung des Schiedsspruchs zu geben, sondern sie hatte noch den weiteren Zweck, durch einen Ausspruch des ordentlichen Richters die volle Rechts­ wirksamkeit und Unanfechtbarkeit des Schiedsspruchs sicherzustellen, RG. 99, 129, Vordem. 1. Daher konnte die Vollstreckbarerklärung auch bei solchen Schiedssprüchen

§ 1042.

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erwirkt werden, die zu Zwangsvollstreckungen keinen Anlaß geben (z. B. bei einem Schiedsspruch: auf Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung; auf Feststellung einer Verpflichtung), RG. 99, 129. Dies war während der Geltung der Vorschriften der Novelle von 1924 (Bollstreckbarerklärung nur im formellen Beschlußverfahren, Fort­ fall des § 1043) streitig, hat aber seit der Änderung durch das Ges. v. 25./7. 30 wieder zu gelten, weil die Vollstreckbarerklärung jetzt wieder zugleich einen Ausspruch über die Rechtsgültigkeit des Schiedsspruchs enthält (Vordem. 1), RG. 149, 51 (m. Nachw.(Schiedsspruch mit Feststellungsinhalt, auf bedingte oder betagte Leistung). — Steht der Bollstreckbarerklärung ein nicht zu beseitigendes Hindernis entgegen, wie z. B. Nicht­ erfüllbarkeit der Voraussetzungen des § 1039, so kann Klage auf Erfüllung des Schieds­ spruchs erhoben werden, RG. 117, 387. Ebenso, wenn die Formel des Schiedsspruchs die Vollstreckung nicht ermöglicht, Jonas V (der im übrigen zuweit geht, wenn er die Klage auch wegen Bedenken des Klägers gegen die Rechtswirksamkeit des Schiedsspruchs oder wegen der Erwartung erfolgreicher Geltendmachung von Aufhebungsgründen zu­ läßt; denn hierüber ist im Bollstreckbarerklärungsverfahren zu entscheiden, und der Lei­ stungsklage steht die Rechtskraftwirkung des Schiedsspruchs nach § 1040 entgegen). Sonst aber ist eine solche Klage, wodurch die Möglichkeit der Erlangung eines doppelten vollstreckbaren Titels gegeben würde, unzulässig, zumal ein Rechtsschutzbedürfnis für sie fehlt, RG. 117, 388, Baumb. 1. — Für und gegen Rechtsnachfolger kann der schon für vollstreckbar erklärte Schiedsspruch im Verfahren nach §§ 727, 731 umgeschrieben werden. Tritt die Rechtsnachfolge vor der Vollstreckbarerklärung ein, so kann der Spruch unmittel­ bar für und gegen den Rechtsnachfolger für vollstreckbar erklärt werden, W. 11, 419, wobei die §§ 727, 731 entsprechend anzuwenden sind, also im Falle des § 731 (Rechts­ nachfolge mit Urkunden nicht nachweisbar) Klage auf Bollstreckbarerklärung für und gegen den Rechtsnachfolger zuzulassen ist, ähnlich Jonas VI, Baumb. 3 A (jedoch im Falle des § 731 nach Jonas Anordnung der mündl. Verhandlung durch das Gericht auf den Vollstreckbarerklärungsantrag, nach Baumb. Leistungsklage ohne Sachprüfung). Bei Anwendung des § 727 ist, wo es auf den Zeitpunkt der Rechtskraft des Urteils (§§ 729, 738, 744) oder der Rechtshängigkeit (§742) ankommt, der Zeitpunkt der Erfüllung sämtlicher Erfordernisse des § 1039 maßgebend, Jonas VI, Baumb. 3 A. — Ebenso ist anderseits eine Klage aus Feststellung, daß ein Schiedsspruch nicht für vollstreckbar erklärt werden könne, unzulässig, weil die Entscheidung hierüber in das Verfahren nach §§ 1042ff- verwiesen ist, RGHRR. 28, 2056. — Formel der Bollstreckbarerklärung: § 1042a Anm. 1. — Hat der Schiedsspruch nur eine Feststellung getroffen, so muß der Kläger, wenn er seinen Anspruch auf Leistung verwirklichen will, auf Grund des Schieds­ spruchs die Leiftungsklage erheben, gleichviel ob eine Bollstreckbarerklärung gemäß § 1042 erfolgt ist (s. oben) oder nicht, OLG. 29, 291. Vgl. § 1040 Anm. 3. — Uber das Verfahren s. §§ 1042a f. 3 Abf. 2. Ablehnung des Antrags wegen Borliegens eines Aufhebungsgrundes unter Aufhebung des Schiedsspruchs. — Nach der jetzigen Fassung durch das Ges. v. 25./7. 30 soll, wie vor der Novelle von 1924, die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung gleichzeitig den Ausspruch über die Rechtsgültigkeit des Schieds­ spruchs enthalten. Deshalb soll die Ablehnung des Antrags „unter Aufhebung des Schiedsspruchs" erfolgen. S. Begr. z. Nov., Vordem. 1, Anm. 2 hier. Wegen der Streichung des früheren Abs. 2 s. § 1041 Anm. 4. — Bon den Aufhebungsgründen des § 1041 ist die Nr. 2 (Verstoß des Schiedsspruchs gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung) und die Nr. 1 (Unzulässigkeit des Verfahrens) insoweit, als es sich um einen Verstoß gegen eine der Parteiverfügung entzogene Rechtsnorm, insbesondere um einen Verstoß gegen § 1025 Abs. 2 (§ 1041 Anm. 3 Abs. 1) oder um das Fehlen der Parteifähigkeit, IW. 37, 556, handelt, von Amts wegen zu berücksichtigen, die Nr. 1 im übrigen und die Nr. 3 bis 6 sind dagegen nur auf Einrede zu beachten, Begr. z. Nov. v. 25./7. 30, Jonas II 2 (a. M. Baumb. 3 Ao: von Amts wegen zu beachten; aber nachträglicher Verzicht möglich). — Im übrigen hat das Gericht die materielle Richtigkeit des Schiedsspruchs nicht zu prüfen, RG. 105,386, IW. 97,632", vgl. § 1041 Anm. 1 a. E. Insbesondere sind die materiellen, nicht unter § 1041 fallenden Einwendungen gegen den durch den Schiedsspruch festgestellten Anspruch, die vor dem Schiedsgericht hätten geltend gemacht werden können, aber nicht geltend gemacht worden sind, nicht zu be­ rücksichtigen, IW. 17, 45", § 1040, Anm. 4. Einwendungen solcher Art aber, die nach

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dem Schiedssprüche entstanden sind (z. B. des Zurückbehaltungsrechtes, der Aufrechnung, des Vergleichs, des nachträglichen Erlöschens des Erfüllungsanspruchs des Klägers wegen Leistungsverzugs gemäß § 326 BGB.) und sonst nach § 767 (über /die Anwend­ barkeit des § 767 auf Schiedssprüche vgl. § 1040 Anm. 4) verfolgt werden müßten, sind zulässig und schon in diesem Verfahren zu berücksichtigen, IW. 20, 4911, RGHRR. 35, 300, Jonas VII 1, Baumb. 3 B c, auch eine Veränderung von Umständen, die für die Bemessung der Höhe des zuerkannten Anspruchs mitbestimmend waren (§323), da sie ebenso wie die anderen neu entstandenen Einwendungen zu einer Umgestaltung des im Schiedsspruch festgestellten Anspruchs führt und nach § 1042a Abs. 2 darüber ebenso wie -bei Geltendmachung durch Widerspruch nach § 1042 c Abs. 2 auf Grund mündl. Verhandlung zu entscheiden ist, Jonas VII 2 (a. M. RGHRR. 35 , 303, IW. 35,1707, Baum. 3 Bc). Hat das Schiedsgericht die Entscheidung über die Aufrechnung ab­ gelehnt (z. B. weil der Schiedsvertrag sich nicht auf die Gegenforderung erstrecke, s. § 1025 Anm. 2), so ist die Aufrechnung hier ohne Einschränkung zulässig. — Ist ein Schiedsspruch vor gerichtlicher Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch (§ 1045) erlassen, so ist zu prüfen, ob das Ablehnungsgesuch begründet ist, da, wenn dies der Fall ist, ein gültiger Schiedsspruch (s. Anm. 1) nicht vorliegt, § 1032 Anm. 1 B, § 1037 Anm. 5. — Ist die Ver­ wirklichung des Spruchs nach dem Abschluß des Schiedsverfahrens unmöglich geworden, so hat zwar das ordentliche Gericht zunächst die Rechtsbeständigkeit und damit die Voll­ streckbarkeit des Schiedsspruchs festzustellen (s. Anm. 1), dann aber auch auf Antrag des Berechtigten die Folgen festzustellen, die sich aus der nach Erlassung des Spruchs veränderten Rechtslage ergeben; beide Feststellungen können einheitlich in derselben Entscheidung ausgesprochen werden (vgl. § 260), IW. 20, 49". — Verhält sich der Schiedsspruch über mehrere Ansprüche, so ist, wenn ein Aushebungsgrund nur bezüglich eines Anspruchs mit Erfolg geltend gemacht worden ist (s. oben), nur hin­ sichtlich dieses die Vollstreckbarerklärung zu versagen und der Schiedsspruch aufzugeben, RG. 46, 419. — Die Aushebung des Schiedsspruchs im Falle der Ablehnung des An­ trags erfolgt von Amts wegen, aber nur beim Borliegen eines Aufhebungsgrundes und (in entspr. Anwendung des Abs. 2) bei erfolgreicher Geltendmachung von Einwendungen gegen den Anspruch selbst, nicht bei Ablehnung des Antrags wegen Fehlens der sonstigen Voraussetzungen (Anm. 1), Jonas IV 2 (jedoch a. M. bei Sachabweisung wegen Durch­ greifens materieller Einwendungen). — Liegt zwar ein Aufhebungsgrund nicht vor, enthält aber der Schiedsspruch Unrichtigkeiten oder bedarf er der Erläuterung, so kann er im Verfahren nach §§ 1042ff. geändert oder ergänzt werden, RGHRR. 30,1269. Entscheidung über den Antrag,

1042 a. (i) Über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung kann ohne vor­ gängige mündliche Verhandlung durch Beschluß1 entschieden werden; vor der Entscheidung ist der Gegner zu hören. Im Falle einer vorgängigen münd­ lichen Verhandlung wird durch Endurteil2 entschieden. (2) Wird ein Aufhebungsgrund geltend gemacht, so ist, sofern nicht die alsbaldige Ablehnung des Antrags gerechtfertigt erscheint^ mündliche Ver­ handlung anzuordnen? Arbeitsgericht lieh es Verfahren : Die Vollstreckbarerklärung erfolgt durch den Vorsitzenden des Arbeitsgerichts. Seine Entscheidung ergeht nach Anhörung des Gegners ohne mündliche Verhandlung, ist den Streitparteien zuzustellen und unanfechtbar. Wird nachgewiesen, daß auf Aufhebung des Schiedsspruchs geklagt ist, so ist die Entscheidung bis zur Erledigung dieses Rechtsstreits auszusetzen. In den Fällen der Widerrufs klage gelten die Vorschriften des § 63 ArbGG. (vgl. Anm. zu § 724 ZPO.) mit der Maßgabe entsprechend, daß die dreitägige Frist des § 57 Ges. z. Ordn. d. nat. Arbeit von der Zustellung der Vollstreckbarerklärung an läuft. §99 ArbGG. 1 Entscheidung über den Antrag kann ohne vorgängige mündliche Verhandlung durch Beschluß erfolgen. — Uber den Antrag, der von der Partei, nicht vom Schieds­ gericht zu stellen ist, s. § 1042b Anm. 1. — Ob mündliche Verhandlung stattfindet, steht an sich im freien Ermessen des Gerichts. Die Anordnung oder Ablehnung der mündlichen Verhandlung steht nur dem Gericht, nicht dem Vorsitzenden, zu. Sie ist unan-

§ 1042a

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fechtbar, Jonas II. Soll ohne mündl. Verhandlung entschieden werden, so ist, falls nicht der Antrag ohne weiteres (z. B. wegen fehlender Antragsbefugnis [f. § 1042 b Anm. 2]) zurückgewiesen wird, zuvor der Gegner schriftlich zu hören, um ihn vor Überraschungen zu sichern. Dies entspricht der Regelung im § 1045 Abs. 2. Begr. z. Ges. v. 25./7. 30. Macht nunmehr der Gegner einen Aufhebungsgrund nach § 1041 geltend, so ist, wenn der Grund zweifelsfrei vorliegt, der Antrag auf Bollstreckbarerklärung unter Aufhebung des Schiedsspruchs durch Beschluß abzulehnen, § 1042 Abs. 2, Abs. 2 hier, Jonas IV1,2, Baumb. 2. Läßt sich der Aufhebungsgrund nicht ohne weiteres feststellen, so ist münd­ liche Verhandlung anzuordnen. Geht schon aus dem Antrag ein von Amts wegen zu berücksichtigender Aufhebungsgrund (§ 1042 Anm. 3) hervor oder läßt er erkennen, daß die Geltendmachung von Aufhebungsgründen zu gewärtigen ist, so kann das Gericht ohne zuvorige Anhörung des Gegners im ersteren Falle den Antrag auf Vollstreckbar­ erklärung unter Aufhebung des Schiedsspruchs ablehnen (§ 1042 Abs. 2), im letzteren Falle mündliche Verhandlung anordnen. Begr. z. Ges. v. 25./7. 30. Über die An­ ordnung der mündlichen Verhandlung s. § 1042b Abs. 2. — Danach ergeben sich folgende Entscheidungen: a) Ablehnung des Antrags ohne Aufhebung des Schiedsspruchs wegen eines förmlichen Mangels, b) Ablehnung des Antrags unter Aufhebung des Schieds­ spruchs wegen eines von Amts wegen zu berücksichtigenden Aufhebungsgrundes; c) An­ ordnung der mündlichen Verhandlung (Anm. 2), d) Bollstreckbarerklärung durch Be­ schluß. — Wird dem Antrag auf Bollstreckbarerklärung stattgegeben, so ist in die Formel der Entscheidung der Inhalt des Schiedsspruchs aufzunehmen, weil andernfalls zur ZV. außer der Ausfertigung der Entscheidung die Beifügung einer begl. Abschrift des Schieds­ spruchs erforderlich wäre, Jonas § 1042 IV 1, Baumb. 1B. Eine neue Verurteilung darf sie nicht aussprechen, OLG. 27,194, aber die Formel des Schiedsspruchs erläutern, W. 08, 570. — Der Beschluß ist bei Ablehnung wegen der Anfechtbarkeit (s. unten) und des Umfangs der Rechtskraft zu begründen, bei Bollstreckbarerklärung ist dies nicht er­ forderlich (a. M. Baumb. 1 C). Er ist nach § 329 Abs. 3 beiden Parteien von Amts wegen mitzuteilen, wenn der Gegner gehört ist, bei Ablehnung des Antrags ohne An­ hörung im Falle a) oben nur dem Antragsteller, im Falle b) wegen der Aufhebung des Schiedsspruchs auch dem Antragsgegner. Bei Ablehnung ist er dem Antragsteller, bei Bollstreckbarerklärung dem Gegner förmlich zuzustellen (als Vollstreckungstitel und wegen der Fristen der §§ 1042 c Abs. 3, 1042 d Abs. 1 Satz 1), im übrigen formlos mitzuteilen. Zustellung an den Prozeßbevollmächtigten, § 176, Baumb. 1042 c Anm. 1. — Vor­ läufige Vollstreckbarkeit des dem Antrag stattgebenden Beschlusses: § 1042 c Abs. 1. Der ablehnende Beschluß ist ohne besondere Anordnung vorläufig vollstreckbar, §§ 1042 c Abs. 3, 794 Nr. 3. — Bestimmung der Widerspruchsfrist, falls Zustellung im Ausland oder durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen muß: § 1042 d Anm. 3. — Die voll­ streckbare Ausfertigung des Beschlusses kann vor seiner Zustellung an den Schuldner erteilt werden, IW. 29,1065. — Rechtsbehelse gegen den Beschluß: bei Ablehnung des Antrags die sofortige Beschwerde (8 577), § 1042c Abs. 3; bei Bollstreckbarerklärung der Widerspruch, § 1042 c Abs. 2. —Gebühren: des Gerichts (volle Gebühren des § 20, jedoch Anrechnung der Niederlegungsgebühr [§ 1039 Anm. 7] auf die Prozeßgebühr, Fortfall der Gebühr bei Rücknahme des Antrags vor Anhörung des Gegners oder vor Bestimmung eines Verhandlungstermins) § 30a GKG.; des Anwalts (volle Gebühren) § 40a GebORA. — Die Kosten des Beschlusses sind bei Ablehnung dem Antragsteller, bei Bollstreckbarerklärung dem Gegner aufzuerlegen. Die Kosten des schiedsrichterlichen Verfahrens bilden keinen Teil der Kosten des Verfahrens zur Bollstreckbarerklärung, IW. 94, 5436, OLG. 21, 121, s. § 1040 Anm. 1B. Die ersteren Kosten werden vom Schiedsgericht festgesetzt (s. § 1040 Anm. 1B). Diese Festsetzung ist auch vollstreckbar, wenn die Zulässigkeit der Vollstreckung gemäß § 1042 ausgesprochen worden ist, IW. 05, 2530. Das ordentliche Gericht oder der Urkundsbeamte seiner Geschäftsstelle hat über den Betrag der Kosten des schiedsgerichtlichen Verfahrens, wenn er nicht schon in dem Schiedssprüche festgesetzt ist, keine Entscheidung zu treffen. Vgl. § 1040 Anm. 1B. 2 Entscheidung durch End urteil. — Muß erfolgen, wenn mündliche Verhandlung angeordnet ist. über die Ladung zur mündlichen Verhandlung s. § 1042b Abs. 2. Der Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils richtet sich nach den §§ 708ff.; er bewirkt Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs (§ 794 Abs. 1 Nr. 4a). Hinsichtlich der Anordnung mündlicher Verhandlung in der Beschwerdeinstanz (nach Beschwerde gegen

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den die Vollstreckbarerklärung ablehnenden Beschluß, s. § 1042 c Abs. 3, HRR. 33, 1275) und der Anfechtung des Urteils lediglich mit der Berufung, gleichviel ob es den Antrag zurückweist oder die Vollstreckbarkeit ausspricht, gilt das in § 922 Anm. 3 B Bemerkte entsprechend. Im Bersäumnisverfahren finden die §§ 330f. Anwendung, also: bei Säumnis des Antragstellers Abweisung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung durch Bersäumnisurteil; bei Säumnis des Antragsgegners Vollstreckbarerklärung des Schieds­ spruchs, jedoch sind auch in diesem Falle die von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte (§ 1042 Anm. 1, 3) zu prüfen, insoweit gilt § 331 nicht, Jonas § 1042b III 3. Revision gegen das Urteil des Berufungsgerichts ist nach den allgemeinen Grundsätzen (§§ 546ff.) zulässig. — Gebühren: wie im gewöhnlichen Streilverfahren. Begr. z. Ges. v. 25./7. 30. Antragstellung.

Verfahren bei mündlicher Verhandlung.

1042 b»

(1) Dem Antrag * soll die für die Zustellung erforderliche Zahl von Abschriften deigefügt werdend (2) Wird die mündliche Verhandlung ungeordnet, so ist der Termin den Parteien von Amts wegen bekanntzumachen? Im Verfahren vor den Land­ gerichten soll die Bekanntmachung die Aufforderung gemäß § 215 enthalten? 1 Antrag. Rechtsnachfolge. Widerklage. — Der Antrag ist bei dem nach § 1045 zuständigen Gericht zu stellen: § 1046. Im landgerichtlichen Verfahren Anwaltszwang. — Der Antrag kann für und gegen Rechtsnachfolger gestellt werden: § 1042 Anm. 2. Auch der PfändungsPfandgläubiger, dem die Forderung zur Einziehung überwiesen worden ist, kann den Antrag stellen, OLG. 39, 95. Unzulässig dagegen ist die Bollstreckbar­ erklärung gegen den mit den Befugnissen der §§ 2205, 2207 BGB. versehenen Testa­ mentsvollstrecker, wenn der Schiedsspruch nur gegen den Erben erlassen ist, RG. 56, 327. Der Antrag kann auf einen Teil des Schiedsspruchs oder auf die Kosten beschränkt werden, Jonas § 1042a I, Baumb. 1. — Inhalt des Antrags: Bezeichnung der Parteien, der Bevollmächtigten, des Schiedsspruchs, des Gerichts der Niederlegung (§ 1039) mit Aktenzeichen, Antrag auf Bollstreckbarerklärung und ihres Umfangs. — Früher konnte auch in dem gerichtlichen Verfahren auf die Klage aus § 1042 (s. Vordem. 1 vor § 1042) eine Widerklage erhoben werden, wenn die Voraussetzungen des § 33 gegeben waren, W. 10, 471. Ferner war in diesem gerichtlichen Verfahren (anders im Schiedsgerichts­ verfahren, s. § 1034 Anm. 3) auch Streitverkündung mit den Wirkungen der §§ 68, 74 Abs. 3 zulässig, RG. 55,14. Dies gilt seit dem Ges. v. 25./7. 30 wieder, wenn mündliche Verhandlung über den Antrag stattfindet, Jonas III 1 (Widerklage). Bersäumnis­ verfahren: vgl. § 1042a Anm. 2. — Entscheidung über den Antrag, Anfechtung: § 1042a Anm. 1, 2. 2 Beifügung von Abschriften des Antrags. — Zur Zustellung an den oder die Gegner zum Zwecke der Anhörung (§ 1042a Abs. 1 Satz l) oder bei der Bekanntmachung des Verhandlungstermins (Abs. 2). Nur Ordnungsvorschrift. Bei Unterlassen der Bei­ fügung Anfertigung durch die Geschäftsstelle gegen Kostenerstattung (§§71 Abs. 1, 84 GKG.). Vgl. die entsprechenden Bestimmungen im amtsgerichtlichen Verfahren (§§ 496 Abs. 2 Satz 2, 498 Abs. 1 Satz 1). 3 Bekanntmachung des Verhandlungstermins. — Uber Anordnung der münd­ lichen Verhandlung s. § 1042a Anm. 1. Mit der Bekanntmachung ist der Antrag zu­ zustellen (Anm. 2). Ladungsfrist: § 217. Eine Parteiladung findet (anders als beim Arrest, § 922 Anm. 2) auch im landgerichtlichen Verfahren nicht statt. Zustellung an den Prozeßbevollmächtigten, § 176, Baumb. § 1042a Anm. 1 A. Von einer Gebühren­ zahlung darf die Terminsbestimmung nicht abhängig gemacht werden, da dies in § 74 Abs. 2 GKG. nicht vorgesehen ist, Jonas § 1042 III 1, Baumb. 2. 4 Aufforderung gemäß § 215. — Zur Bestellung eines beim Prozeßgericht zu­ gelassenen Anwalts. Nur Sollvorschrift, daher Nichtbeachtung unschädlich und einem Bersäumnisurteil gegen den Gegner nicht hinderlich. Vorläufige Vollstreckbarkeit des Beschlusses.

1042c.

Widerspruch.

(1) Der Beschluß, durch den der Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt wird, ist für vorläufig vollstreckbar zu erklärend

88 1042b—1042 d

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(2) Gegen den Beschluß findet Widerspruch statt Wird Widerspruch erhoben, so ist über die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs durch End­ urteil zu entscheidend Die Vorschriften der §§ 707, 717 finden entsprechende Anwendungb (3) Der Beschluß, durch den der Antrag auf Vollstreckbarerklärung abgelehnt wird, unterliegt der sofortigen Beschwerde.* 1 Abs. 1. Vorläufige Vollstreckbarkeit des Bollstreckungsbeschlusses. — Wenn keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat. Sie wird stets ohne Sicherheitsleistung von Amts wegen angeordnet, weil der Gegner bei der Anhörung (§ 1042a Abs. 1 Satz 1) Aufhebungsgründe nicht geltend gemacht hat. Begr. Zur Zwangsvollstreckung ist Er­ teilung der Vollstreckungsklausel erforderlich, allg. M. 2 Widerspruch. Entscheidung durch Endurteil. — Vgl. die für das Arrestver­ fahren geltenden §§ 924 Abs. 1, 925 Abs. 1 und das in § 924 Anm. 1 Bemerkte, das hier entsprechend gilt. — Verfahren: § 1042 d. —Inhalt der Entscheidung: Bestätigung oder Aufhebung des Vollstreckbarkeilsbeschlusses, bei Aufhebung außerdem Zurückweisung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung und im Falle der Zurückweisung wegen eines sachlichen Aufhebungsgrundes nach § 1042 Abs. 2 gleichzeitig Aufhebung des Schieds­ spruchs, Jonas III 1, Baumb. 2. — Anfechtung: § 1042a Anm. 2. — Gebühren: § 1042a Anm. 2. 3 Anwendung der §§ 707, 717. — § 707: Wird gegen den für vorläufig vollstreck­ bar erklärten Beschluß Widerspruch erhoben, so können die im § 707 vorgesehenen An­ ordnungen, insbesondere die der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung, getroffen werden. — § 717: Wird der Beschluß auf den Widerspruch aufgehoben, so tritt seine vorläufige Vollstreckbarkeit (Abs. 1) außer Kraft und ist der Antragsteller dem Antragsgegner zum Schadensersatz verpflichtet. 4 Sofortige Beschwerde gegen Ablehnung des Antrags (s. § 1042 Anm. 3, § 1042a Anm. 1): § 577. — Ordnet das Beschwerdegericht mündliche Verhandlung an, so ist nach § 1042a Abs. 1 Satz 2 durch Endurteil zu entscheiden. Dies ist notwendig, wenn der Gegner einen Aufhebungsgrund gellend macht, § 1042a Abs. 2, Baumb. 3. Wird die Beschwerde durch Beschluß zurückgewiesen, so findet weitere Beschwerde mit den aus §§ 567 Abs. 3, 568 Abs. 2 sich ergebenden Beschränkungen statt. Spricht das Be­ schwerdegericht die Vollstreckbarkeit durch Beschluß aus, so steht dem Gegner nach § 1042 c Abs. 2 der Widerspruch zu und zwar beim unteren Gericht: § 1042 d Anm. 2. Gegen das Endurteil des Beschwerdegerichts findet, gleichviel ob es die Beschwerde zurückweist oder ihr stattgibt, weder weitere Beschwerde noch Berufung auf Widerspruch statt, sondern ggbfalls nur Revision, vgl. § 1022 Anm. 3 B, Jonas III. Widerspruchsverfahren.

1042 d*1 (1) Der Widerspruch ist innerhalb einer mit der Zustellung be­ ginnenden Notfrist von zwei Wochen durch Einreichung einer Widerspruchs­ schrift einzulegen? 8 339 Abs- 2 gilt entsprechend^ Die Widerspruchsschrist soll zugleich dasjenige enthalten, was zur Vorbereitung der mündlichen Ver­ handlung erforderlich ist. (2) Der Termin zur mündlichen Verhandlung ist den Parteien von Amts wegen bekanntzumachen. Mit der Bekanntmachung ist der Gegenpartei die Widerspruchsschrist von Amis wegen zuzustellen. Die erforderliche Zahl von Abschriften soll die Partei mit der Widerspruchsschrist einreichen.*

1 8§ 339

Die Vorschriften sind den für den Einspruch gegen ein Bersäumnisutteil geltenden bis 340a nachgebildet. Das in den Anmerkungen zu diesen Bemerkte gilt hier entsprechend. 2 Einlegung des Widerspruchs. — Durch den Antragsgegner, einen Streitgehilfen, einen Rechtsnachfolger. Binnen einer Notfrist von 2 Wochen, auch in Amtsgerichts­ fachen (anders § 508 Abs. 2), die mit der Zustellung des Bollstreckbarkeitsbeschlusses beginnt. — Einlegung: durch Einreichung einer Widerspruchsschrift, beim Amtsgericht

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auch durch Erklärung zum Protokoll der Geschäftsstelle, § 496 Abs. 2, Jonas II 3, Baumb. 1. Beim Landgericht Anwaltszwang. — Die Schrift muß den angefochtenen Beschluß bezeichnen und irgendwie, wenn auch nicht wörtlich, zum Ausdruck bringen, daß Widerspruch eingelegt werde, auch unterschrieben sein. Andernfalls ist durch Urteil nach mündlicher Verhandlung die Vollstreckbarerklärung aufrechtzuerhalten (§ 341 gilt nicht). Außerdem soll (nicht „nuife") die Schrift dasjenige enthalten, was zur Vorberei­ tung der mündlichen Verhandlung notwendig ist (Abs. 1 Satz 3), also insbesondere eine Begründung des Widerspruchs und die Bezeichnung der Beweismittel (vgl. § 130 Nr. 2 bis 5). Bei Verstoß hiergegen: vgl. § 129 Anm. 3. — Ist der die Vollstreckbarkeit aussprechende Beschluß nach § 1042 c Abs. 3 (s. dort Anm. 4) vom Beschwerdegericht erlassen, so ist (wie beim Arrest, § 924 Anm. 3) der Widerspruch bei dem Gericht 1.Instanz einzulegen, Begr. z. Ges. v. 25./7.30, Jonas II 2 (a.M. Baumb. § 1042 c Anm. 2: beim Beschwerdegericht). — Die mündliche Verhandlung richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften: §§ 128ff. In Bersäumnisverfahren gilt das in § 1042a Anm. 2 Bemerkte entsprechend. Sowohl beim Ausbleiben des Antragstellers wie des Antragsgegners ist aber zunächst von Amts wegen zu prüfen, ob der Widerspruch statthaft und rechtzeitig ist; verneindenfalls ist der Widerspruch durch (unechtes) Versäumnisurteil zu verwerfen, Jonas III 4. Ist der Widerspruch in Ordnung, so findet bei Säumnis des Antrags­ gegners nicht etwa § 345 Anwendung, sondern ist nach § 331 zu verfahren.

3 § 339 Abs. 2 gilt entsprechend. — Danach hat das Gericht, wenn der die Voll­ streckbarkeit aussprechende Beschluß im Ausland oder durch öffentliche Bekanntmachung zugestellt werden muß, in dem Beschluß oder nachträglich durch besonderen Beschluß die Widerspruchsfrist zu bestimmen.

4 Abs. 2. — Terminsbekanntmachung auch im Landgerichtsprozeß von Amts wegen, vgl. § 1042b Anm. 3. Ladungsfrist für beide Parteien: § 217. Die Widerspruchsschrift ist mitzuzustellen, sonst ist die Ladung nicht wirksam und kann Versäumnisurteil nicht ergehen, Baumb. 2. Die erforderliche Zahl von Abschriften hat der widersprechende Gegner miteinzureichen (Abs. 2 Satz 2), andernfalls: vgl. § 1042b Anm.

Aufhebungsklage gegen den rechtskräftig für vollstreckbar erklärten Schiedsspruch.

1043 (869). (1) Ist der Schiedsspruch rechtskräftig für vollstreckbar er­ klärt^ so kann seine Aufhebung nur aus den im § 1041 Nr. 6 bezeichneten Gründen2 und nur dann beantragt werden, wenn glaubhaft gemacht wird, daß die Partei ohne ihr Verschulden außerstande gewesen ist, den Aufhebungs­ grund in dem früheren Verfahren geltend zu machen? (2) Die Klage ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat zu erheben? Die Frist beginnt mit dem Tage, an welchem die Partei von dem Aufhebungs­ grunde Kenntnis erhalten hat, jedoch nicht vor eingetretener Rechtskraft der Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung? Nach Ablauf von zehn Jahren, von dem Tage der Rechtskraft der Entscheidung an gerechnet, ist die Klage unstatthaft? (3) Wird der Schiedsspruch aufgehoben, so ist zugleich die Vollstreckbar­ erklärung aufzuheben? 1 Schiedsspruch rechtskräftig für vollstreckbar erklärt. — S. § 1042a Abs. 1 und Anm. 1, 2 dort über Anfechtung der Vollstreckbarerklärung. — Die- Rechtskraft der Vollstreckbarerklärung tritt, falls sie durch Beschluß erfolgt ist (§ 1042a Anm. 1), mit Ablauf der Widerspruchsfrist (§§ 1042c Abs. 2, 1042 d Abs. 1), falls sie durch Urteil erfolgt ist (§ 1042a Anm. 2) oder gegen den Beschluß Widerspruch erhoben ist, mit der Rechtskraft des die Vollstreckbarerklärung aussprechenden Urteils ein. Rechtskraft­ wirkung: Mängel des Spruchs oder des Verfahrens (z. B. nicht ordnungsmäßige Nieder­ legung, § 1039) können nicht mehr geltend gemacht werden, RGHRR. 37, 1347. Aus­ nahme nur die Aufhebungsklage nach § 1043.

88 1043,1044

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2 Aufhebungsklage nur noch aus den im § 1041 Nr. 6 bezeichneten Gründen. — Also unter den Voraussetzungen der §§ 580 Nr. 1 bis 6 (nicht auch 7), 581 für die Resti­ tutionsklage, § 1041 Anm. 9. — Die anderen Aufhebungsgründe des § 1041 müssen in dem Vollstreckbarerklärungsverfahren (§ 1042a) vorgebracht werden, widrigenfalls sie endgültig verloren gehen, Jonas I. Sind sie in einer besonderen Aufhebungsklage geltend gemacht, so kann auf diese der Schiedsspruch nicht mehr aufgehoben werden, wenn inzwischen die den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärende Entscheidung ergangen und rechtskräftig geworden ist, OLG. 23, 255, Baumb. 1. Auch die Klage auf Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens (§§ 1037,1046, § 1025 Anm. 1A d) kann nach rechtskräftiger Bollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs nicht mehr erhoben oder fortgeführt werden, OLG. 23, 255, Jonas I, Baumb. 1. Dagegen können Ein­ wendungen gegen den im Schiedsspruch festgestellten Anspruch im Wege der Vollstreckungs­ gegenklage nach § 767 geltend gemacht werden (§ 1040 Anm. 4). — Das Wiederauf­ nahmeverfahren gegen die Bollstreckbarerklärung, gleichviel ob sie durch Urteil oder durch Beschluß erfolgt ist, richtet sich nach den §§ 578ff., Jonas II, Baumb. 1. 3 Die Aufhebungsklage. — Setzt außer einem Restitutionsgrund (Anm. 2) voraus, daß der Kläger glaubhaft macht (§ 294), daß er ohne Verschulden den Grund in dem früheren Verfahren (auf Vollstreckbarerklärung) nicht gellend machen konnte, vgl. Anm. 2. Diese Klage ist der einzige Rechtsbehelf, z. B. kann der Aufhebungsgrund im Wege der Einrede gegen die Rechtskraft der Entscheidung des Schiedsspruchs (§ 1040) nicht geltend gemacht werden, Jonas I. Bereicherungs- oder Schadensersatzanspruch nur nach materiell­ rechtlichen Vorschriften, nicht nach §§ 717, 945, da nicht vorgesehen, Jonas I (a. M. Baumb. 2: Ersatz nach § 717 zu gewähren), Verbindung dieser mit der Aufhebungsklage zulässig. 4 Abs. 2. Aufhebungsklage innerhalb einer Notfrist von einem Monat, einer Ausschlußfrist von zehn Jahren. — Notfrist: § 223. Beginn mit Kenntnis des Auf­ hebungsgrundes, jedoch frühestens mit Rechtskraft der Vollstreckbarerklärung. Berech­ nung der Frist: § 222 Anm. 1. Wiedereinsetzung bei Fristversäumnis: § 233. — Aus­ schlußfrist: Zehn Jahre, auch bei Nichtkenntnis vom Aufhebungsgrund, vgl. § 586 Abs. 2 (Anm. 6 dort), beginnend mit Rechtskraft der Bollstreckbarerklärung. 5 Abs. 3. Aufhebung zugleich der Bollstreckbarerklärung. — S. die entsprechende Bestimmung des § 1042 Abs. 2. Auch ohne sie tritt die Vollstreckbarkeit des Schieds­ spruchs mit der Rechtskraft des Aufhebungsurteils außer Kraft, Baumb. 1. Geltend zu machen durch Gegenklage nach § 767. Ausländische Schiedssprüche.

1044? (1) Ein ausländischer Schiedsspruchs der nach dem für ihn matz' gebenden Rechte verbindlich geworden ist, wird, soweit nicht Staatsverträge ein anderes bestimmen, in dem für inländische Schiedssprüche vorgeschriebenen Verfahren für vollstreckbar erklärt. § 1039 findet keine Anwendung? (2) Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist abzulehnen:4 1. wenn der Schiedsspruch rechtsunwirksam ist; für die Rechtswirksam­ keit des Schiedsspruchs ist soweit nicht Staatsverträge ein anderes bestimmen, das für das Schiedsverfahren geltende Recht maßgebend? 2. wenn die Anerkennung des Schiedsspruchs gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen würde, insbesondere wenn der Spruch eine Partei zu einer Handlung verurteilt, deren Vornahme nach den deutschen Gesetzen verboten ist;6 3. wenn die Partei nicht ordnungsmäßig vertreten war, sofern sie nicht die Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat? 4. wenn der Partei in dem Verfahren das rechtliche Gehör nicht gewährt war? (3) An die Stelle der Aufhebung des Schiedsspruchs tritt die Feststellung, daß er im Inland nicht anzuerkennen ist4

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(4) Wird der Schiedsspruch, nachdem er sür vollstreckbar erklärt worden ist, im Ausland aufgehoben, so kann im Wege der Klage die Aufhebung der Vollstreckbarerklärung beantragt werden. Auf die Klage finden die Vorschirften des § 1043 Abs. 2, 3 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dab die Notfrist mit der Kenntnis der Partei von der rechtskräftigen Auf­ hebung des Schiedsspruchs beginnt? 1 Der jetzige § 1044 ist durch das Ges. v. 25./7. 30 (Vordem, vor § 1042) eingefügt worden. Bis dahin war es seit der Nov. v. 13./2. 24 streitig, ob ein ausländischer Schieds­ spruch in dem für inländische Schiedssprüche geltenden Verfahren für vollstreckbar erklärt werden konnte oder ob die im ausländischen Schiedsverfahren siegreiche Partei auf die Erfüllungsklage nach Maßgabe des Schiedsspruchs angewiesen war. Die letztere war jeden­ falls statthaft, führte aber nur zu einer Entscheidung darüber, ob nach dem maßgebenden ausländischen Recht ein wirksames Schiedsverfahren und ein wirksamer Schiedsspruch vorliegt, während die gegnerischen Sacheinwendungen durch die Rechtskraftwirkung des Schiedsspruchs abgeschnitten waren (RG. 116, 77). Unzulässig war und ist dagegen nach zwischenstaatlichen Grundsätzen und wegen der Grenzen der inländischen Gerichts­ barkeit bei konstitutiven Rechtsakten gegenüber dem Auslande die Aushebungsklage nach § 1041 gegen einen ausländischen Schiedsspruch; für die Aufhebung eines solchen kommt vielmehr nur das Recht desjenigen Staates in Betracht, in dessen territorialer Gebietshoheit er erlassen ist, HRR. 33, i7ii, § 1041 Anm. 1. Die Regelung durch den neuen § 1044 ist erfolgt, um die bestehenden Zweifel vor dem Beitritt Deutschlands zu bem Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche v. 2G./9. 27, abgedr. in Einl. II 6 vor § 1 ZPO., auszuräumen und das inländische Recht diesem Abkommen anzupassen, Begr. z. Ges. v. 25./7. 30. Das Abkommen ergänzt das Genfer Protokoll über die Schiedsklauseln im Handelsverkehr v. 24./9. 23, abgedr. in Einl. II 5 vor § 1 ZPO. über den Geltungsbereich des Genfer Protokolls und des Genfer Ab­ kommens s. Einl. vor § 1 ZPO. auf Seite 26f. — § 1044 gilt nur, wenn ein Staats­ vertrag oder das Genfer Abkommen nicht entgegenstehen, jedoch kann nach Art. 5 Abk. ein Deutscher von einem Schiedsspruch nach Maßgabe des § 1044 Gebrauch machen, wenn es für ihn vorteilhafter ist. Das Abk. und das Verfahren nach § 1044 enthalten übrigens keine wesentlichen Unterschiede. — Staatsverträge: Art. 8 des deutsch-ita­ lienischen Abk. über die Anerk. u. Bollstr. ger. Entsch. v. 9./3. 36, Art. 7 AusfBO. v. 18./3. 37, abgedr. in Einl. II 8 u. 9 vor § 1; Art. 9 des deutsch-schweizerischen Abk. v. 2./11. 29, abgedr. in Einl. II 3 vor §1; deutsch-russisches Abk. über Handelsschiedsgerichte v. 12./10. 25 (RGBl. 1926 II 41, 58, 138). 2 Ausländischer Schiedsspruch. — Ein solcher liegt vor, wenn gemäß der Partei­ vereinbarung der Schiedsspruch von einer ausländischen Einrichtung (z. B. einem aus­ ländischen Börsenschiedsgericht) erlassen ist oder das schiedsgerichtliche Verfahren dem ausländischen Recht unterworfen war, RG. 116,194; z. B. ist ein „schiedsrichter!. Urteil" des Schiedsgerichts der Handels-, Industrie- u. Gewerbekammer in Agram (Zagreb) ein Schiedsspruch i. S. des § 1044, RG. 2./11. 37, VII110. 37. Nach welchem Recht die Sachentscheidung getroffen ist, ist unwesentlich, Baumb. 2 A. Ob ein Schiedsspruch i. S. des § 1044 oder ein Urteil i. S. des § 722 oder ein Zwischengebilde vorliegt, bestimmt sich hinsichtlich der Voraussetzungen nach deutschem Recht, hinsichtlich des Vorhandenseins der von ihm aufgestellten Merkmale nach dem ausländischen Recht. S. darüber § 722 Anm. 1. 3 vollstreckbarerklärung. — Sie erfolgt, soweit nicht Staatsverträge etwas anderes bestimmen, in dem Verfahren nach §§ 1042 a bis 1042 d. Die Klage aus dem sachlich­ rechtlichen Rechtsverhältnis, gestützt auf den Schiedsspruch, ist daneben nur zulässig, wenn besondere Umstände das Rechtsschutzinteresse an einer solchen begründen, HRR. 33, 1711, Baumb. 1, vgl. § 1042 Anm. 2 (a. M. Jonas VII I: allgemein zuzulassen). Verbürgung der Gegenseitigkeit ist für die Bollstreckbarerklärung nicht erforderlich, Jonas I, Baumb. 1. Voraussetzung nach Abs. 2 Nr. 1: a) daß der Schiedsspruch nach dem für ihn maßgebenden ausländischen Rechte (vgl. Anm. 1) verbindlich geworden ist, d. h. daß er einmal nach Maßgabe dieses Rechtes seinem Inhalte nach als Schiedsspruch (nicht etwa nur als Schiedsgutachten) und in den gesetzlich vorgeschriebenen Formen existent

§1044

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geworden ist. § 1039, wonach hierzu für inländische Schiedssprüche Zustellung und Niederlegung erforderlich sind, findet, wie Abs. 1 Satz 2 zur Klarstellung ausdrücklich be­ stimmt, keine Anwendung; b) daß der Schiedsspruch weiter im Ausland weder einem Rechtszug an eine höhere schiedsrichterliche Instanz noch einem Rechtsmittel oder rechts­ mittelartigen Behelf an ein staatliches Gericht (f. Anm. 2) unterliegt, Begr. z. Ges. v. 5./7. 30. Ist der Schiedsspruch durch die ausländische Entscheidung, fei es auch nur mit vorläufiger Wirksamkeit, aufgehoben, so ist die Entscheidung für das deutsche Gericht bindend und kann der Schiedsspruch nicht für vollstreckbar erklärt werden, ohne daß die Voraussetzungen des § 328 für die Anerkennung ausländischer Urteile vorzuliegen brauchen, Jonas IIIA 1, Baumb. 2 B c. Welches Recht bei der Prüfung der Zulässig­ keit des schiedsgerichtlichen Verfahrens und der Wirksamkeit des Schiedsspruchs maß­ gebend ist, richtet sich bei institutionellen Schiedsgerichten (z. B. Börsenschiedsgerichten) nach dem Recht des Staates, dem sie angehören, im übrigen (bei Gelegenheitsschiedsgerichten) nach der (nötigenfalls durch Auslegung des Schiedsvertrags zu ermittelnden) Parteivereinbarung, Jonas II, Baumb. 2 A. Anhaltspunkte sind z. B. aus der Staats­ zugehörigkeit der Parteien, dem Wohnsitz der Schiedsrichter, dem Tagungsort des Schiedsgerichts, RG. 30, 371, dem für das sachliche Streitverhältnis maßgebenden Recht zu entnehmen. Sollen die Schiedsrichter einen Obmann aus einem neutralen Lande zuziehen und das Schiedsgericht an dessen Wohnsitz zusammentreten, so spricht dies dafür, daß das dort geltende Recht maßgebend sein soll, Jonas I 2b, Baumb. 2 A. 4 Abs. 2, 3. Der Antrag auf Bollstreckbarerklärung ist abzulehnen. — Vgl. die für deutsche Schiedssprüche geltende Vorschrift des § 1042 Abs. 2. — An Stelle der (im inländischen Verfahren unzulässigen sAnm. 1]) Aufhebung des Schiedsspruchs ist nach Abs. 3 mit der Ablehnung des Antrags die (endgültige, der Rechtskraft fähige) Feststellung zu verbinden, daß der Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen sei. Das Gericht hat von Amts wegen zunächst zu prüfen, ob die in Nr. 1 genannten Voraussetzungen erfüllt sind (vgl. Anm. 3). Sodann sind die unter Nr. 2 bis 4 aufgeführten Versagungsgründe vom Standpunkte des deutschen Rechts zu prüfen, sie greifen also auch dann Platz, wenn sich Verstöße dieser Art nach dem ausländischen Recht als Aufhebungsgründe nicht darstellen, IW. 27, 13125, und zwar ist der Versagungsgrund Nr. 2 von Amts wegen zu beachten, vgl. § 1042 Anm. 3, Jonas III 2 (Baumb. 3: auch Nr. 4 von Amts wegen zu beachten, aber nicht von Amts wegen zu erforschen). Die Aufhebungsgründe nach § 1041 Nr. 6 sind, entsprechend der Regelung im Genfer Abkommen (Anm. 1), nicht besonders aus­ genommen; sie sind entweder Aufhebungsgründe nach dem ausländischen Recht oder jedenfalls Versagungsgründe nach Nr. 2, Begr. Vgl. auch Anm. 9. Auch sonstige nach dem maßgeblichen ausländischen Recht gegebene Aufhebungsgründe (Anm. 5) und zulässige Einwendungen können gegen den Schiedsspruch geltend gemacht werden, Jonas IIIB. — Rechtsbehelfe: wie in § 1042 c Anm. 4. — Eine Klage des im Schieds­ verfahren Unterlegenen auf Feststellung der Unwirksamkeit des Schiedsspruchs im Inland ist zuzulassen, solange dieser nicht für vollstreckbar erklärt ist, da eine Aufhebungs­ klage im Inland nicht möglich ist (Anm. 1), Jonas VII 2, Baumb. 5. 5 Nr. 1 (Rechtsunwirksamkeit des Schiedsspruchs). — S. Anm. 3. Hiernach können vor dem um die BollstreckbarerNärung angegangenen deutschen Gericht die Aufhebungs­ gründe vorgebracht werden, die das maßgebliche ausländische Recht vorsieht. 6 Nr. 2 (Verstoß gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung, Verurteilung zu einer verbotenen Handlung). — S. 8 1041 Abs. 1 Nr. 2 und Anm. 4 dort. — Die Vorschrift entspricht der Bestimmung in Art. 1 Abs. 2 lit. e Genf. Abk. (Anm. 1). 7 Nr. 3 (Partei nicht ordnungsmäßig vertreten). — S. 8 1041 Abs. 1 Nr. 3 und Anm. 5, 6 dort. Maßgebend ist auch hierfür das deutsche Recht (Anm. 4); auch wenn die Partei nach dem ausländischen Recht, nach dem die Wirksamkeit des Schiedsspruchs zu beurteilen ist (Anm. 3), ordnungsmäßig vertreten war, ist die Bollstreckbarerklärung abzulehnen, Jonas III 2b, Baumb. 3c. 8 Nr. 4 (Versagung des rechtlichen Gehörs). — S. 8 1041 Abs. 1 Nr. 4 und Anm. 7, 10 dort. Auch hier kommt es nicht darauf an, ob nach dem für die Wirksamkeit des Schieds­ spruchs maßgebenden ausländischen Recht der Partei in ausreichender Weise Gehör gewährt ist, Jonas III 2 c, vgl. Anm. 7. 9 Abs. 4. Klage auf Aufhebung der BollstreckbarerNärung. — Die Aufhebung des Schiedsspruchs kann nur nach ausländischem Recht und im ausländischen BerZivilprozeßordnung. 22. Aust.

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fahren erfolgen (Anm. 1). Geschieht sie, so kann in dem der nachträglichen Auf­ hebungsklage (§ 1043) entsprechenden Verfahren nach Abs. 4 die Aufhebung der vorher erfolgten BoUstreckbarerklärnng verlangt werden. § 1043 Abs. 1 findet keine Anwen­ dung, Begr. Verstöße der im 6 1041 Nr. 6 bezeichneten Art können auch ohne vorheriges ausländisches Aufhebungsverfahren geltend gemacht werden (Anm. 4). Erlangt aber der im schiedsrichterlichen Verfahren unterlegene Teil erst nach der Vollstreckbarerklärung von dem Verstoß Kenntnis, so ist im Einklang mit der Regelung des Genfer Abkommens (Anm. 1) ein der nachträglichen Aufhebungsklage (§ 1043) entsprechender Behelf nicht vorgesehen; die nachträgliche Geltendmachung von Aufhebungsgründen ist dem im Aus­ land zu betreibenden Verfahren vorbehalten, Begr. Nach Aufhebung des Schiedsspruchs im Ausland Aufhebungsklage nach Abs. 4. — Notfrist für die Aufhebungsklage: 1 Monat seit Kenntnis der Partei von der Aufhebung des Schiedsspruchs, jedoch frühestens ab Rechtskraft. Ausschlußfrist: 10 Jahre ab Rechtskraft. Aus welchem Grunde das aus­ ländische Gericht aufgehoben hat, mag es auch ein vom deutschen Gericht im Vollstreckbar­ erklärungsverfahren geprüfter und nicht für durchschlagend erachteter sein, ist gleichgültig, Jonas IV la, Baumb. 5. — Das der Klage stattgebende Urteil lautet auf Aufhebung der Vollstreckbarerklärung, nicht nochmal des Schiedsspruchs. 7. Schiedsrichterlicher Vergleich.

1044 a? (1) Hat sich der Schuldner in einem schiedsrichterlichen Ver­ gleichs der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen? so findet die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich statt, wenn er für vollstreckbar er­ klärt ist? Der Vergleich darf nur für vollstreckbar erklärt werden? wenn er unter Angabe des Tages seines Zustandekommens von den Schieds­ richtern und den Parteien unterschriebe)? und auf der Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts niedergelegt° ist. (2) Die Vollstreckbarerklärung ist abzulehnen, wenn der Vergleich der Rechtswirksamkeit cnt6d)ri6 oder seine Anerkennung gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen würde? (3) Die Vorschriften der §§ 1042 a bis 1042 d finden entsprechende An­ wendung;* die Geltendmachung der Rechtsunwirksamkeit des Vergleichs steht der Geltendmachung von Aufhebungsgründen gegen einen Schieds­ spruch gleich? Arbeitsgerichtliches Verfahren: Ein vor dem Schiedsgericht geschlos­ sener Vergleich ist, auch ohne eine Unterwerfung des Schuldners unter die sofortige Zwangsvollstreckung zu enthalten, ein Vollstreckungstitel, falls er unter Angabe des Tages seines Zustandekommens von den Streitparteien und den Mitgliedern des Schiedsgerichts unterschrieben und (wie ein Schiedsspruch, s. § 1042 a) vom Vorsitzenden des Arbeitsgerichts für vollstreckbar erklärt ist. Der Zustellung und der Niederlegung des Vergleichs beim Arbeitsgericht (vgl. § 1039) bedarf es nicht. §§ 97, 99 ArbGG. 1 Der durch die VO. v. 13./2. 24 eingefügte § 1044a gibt für einen vor dem Schiedsgericht geschlossenen, mit der Klausel der Unterwerfung unter die sofortige Zwangs­ vollstreckung versehenen Vergleich Vorschriften über die Vollstreckbarerklärung, die for­ mellen Voraussetzungen hierfür und die Versagung der Vollstreckbarerklärung. Durch das Ges. v. 25./7. 30 (Vordem, vor § 1042) ist er ergänzt und das Bottstreckbarerklärungs­ verfahren dem Verfahren nach §§ 1042a bis 1042 d (durch Beschluß oder Urteil) an­ gepaßt worden (Abs. 3). — Nach § 27a Abs. 4 UWG. l d. Fass, der BO. v. 9./3. 32 (RGBl. I 121) Teil 2 Art. I stehen Vergleiche, die vor den Einigungsämtern der In­ dustrie- und Handelskammern in Wettbewerbssachen (Zugabesachen, Ges. v. 12./5. 33, Rabattsachen, Ges. v. 25./11. 33) geschlossen werden, dem schiedsgerichtlichen Vergleiche gleich. — Bedarf die im Vergleich zugesagte Leistung der Genehmigung der Devisenstelle, so darf nach § 67 DevGes. die Vollstreckbarerklärung erst nach Erteilung der Genehmigung erfolgen.

§ 1045 a.

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2 Schiedsrichterlicher Vergleich. — Durch die Beseitigung der früheren Worte „von dem Schiedsgerichte vermittelten" (s.Anm. 1) ist klargestellt, daß eine Vermittlungs­ tätigkeit der Schiedsrichter beim Zustandekommen des Vergleichs nicht erforderlich ist, daß der Vergleich auch nicht vor dem Schiedsgericht abgeschlossen sein muß. Es genügt, ist aber auch erforderlich, daß die Vergleichsurkunde von den Parteien unter Angabe des Tages des Zustandekommens eigenhändig unterzeichnet und von den Schieds­ richtern mindestens entgegengenommen und mitunterzeichnet ist (Satz 2), wodurch diese die Billigung des Vergleichsinhalts zum Ausdruck bringen, Jonas I 2, Baumb. I öd. Ein Anspruch auf Milunterzeichnung des ohne ihr Zutun zustande gekommenen Ver­ gleichs besteht aber nicht. — Angabe des Tages des Zustandekommens: d. i. des Tages der letzten Unterzeichnung durch die Parteien, § 1039 Anm. 2, Baumb. 1B d. — Uber den sachlichen Inhalt des Vergleichs bestimmt § 1044a nichts, er muß jedenfalls einer Vollstreckung mindestens i. w. Sinne (Vordem. 4 vor § 704) fähig sein, Vergleich über Abgabe einer Willenserklärung oder Feststellung genügt, vgl. § 1042 Anm. 2, Jonas 11. Hinsichtlich der Ersetzung der Formvorschristen des bürgerlichen Rechts durch den dem § 1044a genügenden Vergleich gilt nicht schlechthin das in § 794 Anm. 6 B a in Beziehung auf Prozeßvergleiche Bemerkte, RGHRR. 37, 785 (a. M. Baumb. 1A), wohl aber ersetzt der schiedsrichterliche Vergleich die Schriftform, auch wenn er (ohne Unter­ schrift der Parteien) nur in der Form eines Prozeßvergleichs abgeschlossen ist, RG. a. a. O. Auch dritte Personen, die am Schiedsgerichtsverfahren nicht beteiligt waten, können mit Einverständnis der Parteien im Schiedsvergleich Verpflichtungen übernehmen und sich durch Erklärung und Mitunterschrift der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwerfen, IW. 32,115. — Auf ausländische Vergleiche findet § 1044a Anwendung, wenn sie den Erfordernissen des § 1044a entsprechen, insbesondere die Unterwerfungsklausel enthalten und auf der Geschäftsstelle eines zuständigen deutschen Gerichts niedergelegt sind; andern­ falls nur Klage aus dem Vergleich, Jonas VII11, Baumb. 1 C. Wegen italienischer Vergleiche s. Art. 8 Abs. 3 Abk. v. 9./3. 36, Art. 7 AusfVO. v. 18./5. 37, wegen schweize­ rischer Vergleiche s. Art. 9 Abs. 3 Abk. v. 2./11. 29 (§ 1044 Anm. 1). 3 Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung. — Der Ausdruck „so­ fortigen Zwangsvollstreckung" bedeutet, daß der Schuldner die Vergleichsurkunde wie ein auf Grund des Vergleichs ergangenes Urteil gegen sich gelten lassen will. Fehlt das Wort „sofortigen", so ist Vollstreckbarerklärung gleichwohl möglich, Baumb. IBe (a. M. anscheinend Jonas I 3). 4 Bollstreckbarerklärung. — Erfolgt nach Abs. 3 im Verfahren nach §§ 1042a bis 1042 d (durch Beschluß oder Urteil). S. die Bemerkungen hierzu. Ist die Urkunde anstatt von den Parteien (s. Anm. 2) von Vertretern unterzeichnet, so ist deren Vollmacht fest­ zustellen. Die allgemeinen Prozeßvoraussetzungen (Vordem, vor § 253), die formellen Voraussetzungen (Anm. 2) und im Umfang des Abs. 2 der sachliche Inhalt sind von Amts wegen zu prüfen, vgl. Anm. 6. Deshalb muß der Gegner gehört, bei Zweifel mündliche Verhandlung anberaumt werden, § 1042a Anm. 1. — Hat der Schuldner die Ber­ gleichssumme in Teilbeträgen zu entrichten, so ist der Vergleich nicht jeweils nur für die einzelnen Teilbeträge im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, sondern durch einmalige Entscheidung in seinem ganzen Umfang für vollstreckbar zu erklären, IW. 25, 2347. — Zuständigkeit: § 1046. — Gebühren: § 1042a Anm. 2. 5 Niederlegung auf der Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts. — Vgl. § 1039 und wegen der Zuständigkeit Anm. 6 dort. Die Niederlegung kann auch durch die Par­ teien oder eine von ihnen erfolgen, Jonas 14. — Gebühren: § 1039 Anm. 7. — Ur­ kundensteuer: § 19 UrkSIGes. v. 5./5. 36. 6 Vollstreckbarerklärung abzulehnen. Anfechtung des Vergleichs. — Wegen a) formeller Mängel, z. B. Fehlens der Voraussetzungen des Abs. 1 oder eines zur Voll­ streckung geeigneten Inhalts des Vergleichs, oder b) sachlicher Mängel, z. B. wegen Fehlens der Sachbefugnis, wegen Geschäftsunfähigkeit einer Partei oder wegen Willens­ mängel, sei es, daß sie sich aus dem Inhalt der Urkunde ergeben oder vom Gegner im Vollstreckbarerklärungsverfahren (§ 1042a) geltend gemacht werden (z. B. Anfechtung wegen Irrtums, Drohung, Täuschung) oder wegen Verstoßes gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung (Anm. 7). In den Fällen zu a kann nach Behebung des Mangels (wozu das Schiedsgericht durch Klage angehalten werden kann) der Antrag auf Bollstreckbarerklärung wiederholt werden. Über die sachlich-rechtliche Wirksamkeit

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wird durch die Ablehnung der Vollstreckbarerklärung nicht entschieden; darüber ist der Streit vor dem staatlichen Gericht auszutragen, falls nicht eine neue Schiedsabrede ge­ troffen wird. In den Fällen zu b wird durch die Ablehnung festgestellt, daß der Vergleich das schiedsgerichtliche Verfahren nicht beendet hat. Daher hat nunmehr das Schieds­ gericht das Verfahren fortzusetzen. Ist es weggefallen oder lehnt es wegen Unzuständig­ keit die Entscheidung ab, so ist die Klage vor dem staatlichen Gericht geboten, Jonas IV 2b. Außerhalb des BoUstreckbarerklärungsverfahrens kann, sofern nicht nach dem Schieds­ vertrag das Schiedsgericht auch darüber zu entscheiden hat oder durch neue Vereinbarung berufen wird, die Rechtsunwirksamkeit des Vergleichs durch negative Feststellungsklage vor dem Staatsgericht nach § 1046 lAnm. 6 dort) geltend gemacht werden; hat diese Erfolg, so ist über den Sachstreit im schiedsrichterlichen Verfahren zu entscheiden, JonasV2, Baumb. 2 (a.M. RG. 119,30: Schiedsgericht z. Entsch. über die Rechtsunwirksamkeit zu­ ständig; hält es den Vergleich für nicht rechtsverbindlich, so hat es den Rechtsstreit sachlich zu entscheiden; hält es ihn für verbindlich, so hat es den erneut gestellten Klagantrag abzuweisen). Wird das Schiedsgericht unmittelbar angegangen, ohne daß die Parteien über die Rechtsunwirksamkeit des Vergleichs einig sind, und entscheidet es unter Fest­ stellung der Unwirksamkeit sachlich, so kann der Schiedsspruch mit der Begründung, daß wegen Wirksamkeit des Vergleichs die Sachentscheidung unzulässig gewesen sei, im Wege der Aufhebungsklage nach § 1041 Abs. 1 Nr. 1 angefochten werden, solange nicht der Schiedsspruch rechtskräftig für vollstreckbar erklärt ist (§ 1043 Anm. 3). — Mit rechts­ kräftiger Bollstreckbarerklärung steht die materielle Rechtswirksamkeit des Vergleichs fest und kommt eine Entscheidung des Schiedsgerichts nicht mehr in Frage. 7 Verstoß gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung. — S. § 1041 Anm. 4, § 1044 Anm. 6. 8 Geltendmachung der Rechtsunwirksamkeit steht der Geltendmachung von Auf­ hebungsgründen gegen einen Schiedsspruch gleich. — Es ist also nach § 1042a Abs. 2 mündliche Verhandlung über den Antrag auf Bollstreckbarerklärung anzuordnen, falls nicht die alsbaldige Ablehnung des Antrags gerechtfertigt erscheint. Uber die Geltend­ machung der Rechtsunwirksamkeit im Wege der Klage s. Anm. 6.

8. Zuständigkeit für gerichtliche Entscheidungen (§§ 1045 bis 1047).

1045 (871).1 (1) Für die gerichtlichen Entscheidungen über die Ernennung* oder die Ablehnung^ eines Schiedsrichters oder über das Erlöschen eines Schiedsvertrags* oder über die Anordnung der von den Schiedsrichtern für erforderlich erachteten richterlichen Handlungen6 ist das Amtsgericht oder das Landgericht zuständig, welches in dem Schiedsverlrag« als solches be­ zeichnet ist, und in Ermangelung einer derartigen Bezeichnung das Amts­ gericht oder das Landgericht, welches für die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs? zuständig sein würde? (2) Die Entscheidung* kann ohne vorgängige mündliche Verhandlung er­ folgen? Vor der Entscheidung ist der Gegner zu t)örett10 (3) Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde statt11 Arbeitsgerichtliches Verfahren: Eine dem § 1045 entsprechende Be­ stimmung fehlt. Über die Ablehnung entscheidet die Kammer des Arbeitsgerichts, das für die Geltendmachung des Anspruchs zuständig wäre. Über das Verfahren s. § 93 Abs. 4 ArbGG. — Wegen der Zuständigkeit für Beweiserhebungen, die das Schiedsgericht nicht vornehmen kann, s. § 1036. 1 Der § 1045 bestimmt nur die Zuständigkeit für die in ihm erwähnten richter­ lichen Handlungen, verleiht aber nicht dem Gerichte die Zuständigkeit zur Entschei­ dung aller sich in einem Schiedsgerichtsverfahren ergebenden Streitigkeiten. Die Frage, welche Entscheidungen das Gericht zu treffen befugt ist, entscheidet sich vielmehr ausschließ­ lich nach den sonstigen gesetzlichen Vorschriften, OLG. 23,258. Daher keine Befugnis des Gerichts, eine Partei zur Unterzeichnung einer Eingabe anzuhalten, durch die die Ernennung der Schiedsrichter herbeigeführt werden soll. Vgl. § 1029 Anm. 2. Aus den §§ 1045 ff., insbesondere § 1047, ist aber zu folgern, daß das im § 1045 bezeichnete Gericht auch

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für die Niederlegung des Schiedsspruchs nach §§ 1039, 1044a (§ 1039 Anm. 6) und für die Bewilligung der öffentlichen Zustellung und die Zustellung im Ausland (§ 1036 Anm. 1) zuständig ist, Jonas I. — über Berechnung des Wertes des Streitgegenstandes vgl. § 3 Anm. 1, § 1034 Anm. 5 A. — Gebühren: des Gerichts: (6/i0 für das Verfahren bei Ernennung oder Ablehnung eines Schiedsrichters, bei Erlöschen eines Schiedsvertrags oder bei Anordnung der von den Schiedsrichtern für erforderlich erachteten richterlichen Handlungen; wird bei Rücknahme des Antrags vor einer gerichtlichen Verfügung nicht erhoben) § 33 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2, § 35 Abs. 1 GKG.; des Anwalts: (5/io> § 22 GebORA., wenn die Tätigkeit des Anwalts eine gerichtliche Entscheidung über die Ernennung oder Ablehnung eines Schiedsrichters, das Erlöschen eines Schiedsvertrags oder die Anord­ nung der vom Schiedsgerichte für erforderlich erachteten richterlichen Handlungen be­ trifft. — Über Festsetzung der Kosten des Schiedsgerichtsverfahrens durch das Schieds­ gericht vgl. § 1040 Anm. 4, § 1042 Anm. 1. 2 Über die Ernennung eines Schiedsrichters. — §§ 1028, 1029, 1031. Vgl. § 1029 Anm. 5. — Ist die Ernennung des Schiedsrichters durch eine Partei oder einen Dritten erfolgt, so ist im Beschlußverfahren bei Streit über das Ernennungsrecht, OLG. 33, 147, oder darüber, ob die Ernennung dem Schiedsvertrag entspricht, zu entscheiden, Jonas III1. Auch über den Einwand, der Ernannte habe nicht die im Schiedsvertrag ausbedungenen Eigenschaften, RG. 47, 401. — In dem Verfahren über die Ernennung eines Schiedsrichters ist der Einwand zulässig, daß ein Schieds­ vertrag überhaupt nicht bestehe, IW. 03, 4337. Über die Rechtskrastwirkung eines solchen Beschlusses vgl. § 1029 Anm. 5. — Zulässigkeit der Übertragung der Ernennung an einen Dritten: § 1028 Anm. 1. 3 Über die Ablehnung eines Schiedsrichters. — Ablehnungsgründe und Voraus­ setzungen für die Ablehnung: § 1032 und Anm. 1 A dort. — Einem Dritten (z. B. dem Vorsitzenden eines Vereins von Firmen) kann die Entscheidung über die Ablehnung nach jetziger Rechtsauffassung nicht übertragen werden, es ist vielmehr nur das ordent­ liche Gericht im Verfahren nach § 1045 zur Entscheidung berufen, RG. 152, 375, IW. 39, 654, Baumb. § 1032 Anm. 3A (a. M. RG. 53, 387, W. 16, 154, IW. 32, 2876-», Jonas § 1032 III 5). — Die ablehnende Partei kann auch schon vor Beginn des schieds­ richterlichen Verfahrens in Gemäßheit des § 1045 vorgehen, wenn der Streitstoff zur Beurteilung, ob Befangenheit des Schiedsrichters vorliegt, schon genügend geklärt ist und der Rechtsstreit in bestimmter Aussicht steht, IW. 03, 401". — Vgl. andrerseits § 1032 Anm. 1 B, § 1041 Anm. 3 D (Geltendmachung der Ablehnung noch in dem Verfahren aus die Aushebungs klage), § 1037 Anm. 5, § 1042 Anm. 3 (Nachholung der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Ablehnung im Verfahren über die Bollstreckungsklausel). 4 über das Erlöschen eines Schiedsvertrags. — § 1025 Anm. lAf u. § 1033. Die Entscheidung hierüber kann im Schiedsvertrag auch einer anderen Stelle als dem ordentlichen Gericht übertragen werden, IW. 29, 871. — Die Feststellung des Bestehens oder des Erlöschens des Schiedsvertrags, die im Beschlußverfahren bei Streit über das Erlöschen des Schiedsvertrags getroffen wird, hat, da sie die Zulässigkeit des schieds­ richterlichen Verfahrens betrifft, hinsichtlich der geltend gemachten Gründe des Er­ löschens Rechtskrastwirkung gegenüber jedem anderen Verfahren, auch gegenüber Klagen nach § 1046, Jonas III 3, Baumb. 1A c. Insbesondere kann im Bollstreckbarerklärungsversahren (§ 1042) nicht erneut der Einwand des Erlöschens des Schieds­ vertrages erhoben werden, IW. 09, 396". — Wird im ordentlichen Prozeß einredeweise oder replizierend (z. B. gegenüber der prozeßhindernden Einrede des Schiedsvertrages aus § 274 Nr. 3) das Erlöschen des Schiedsvertrages geltend gemacht, so ist der Prozeß­ richter darüber zu entscheiden zuständig, IW. 01, 40421, Jonas IV 5, Baumb. 1 Ac. 5 über Anordnung der vom Schiedsgericht für erforderlich erachteten richter­ lichen Handlungen: § 1036. 6 In dem Schiedsvertrag. — Oder in einem nachträglichen während des Schieds­ verfahrens getroffenen Abkommen bezüglich des zuständigen Gerichts; Jonas II1, Baumb. 1 B, OLG. 17, 216. Jedes Amtsgericht oder Landgericht kann ohne Rücksicht auf örtliche oder sachliche Zuständigkeit bei gerichtlicher Klage als zuständig vereinbart werden, auch bei ausschließlichem Gerichtsstand, aber nicht eine bestimmte Abteilung oder bei Nichthandelssachen die KfH., Jonas, Vaumb. a. a. O. Das Formersordernis

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der Schriftlichkeit gilt, soweit Schiedsverträge nach § 1027 Abs. 1 der Schriftform bedürfen, Jonas a. a. O., dagegen genügt in den Fällen des § 1027 Abs. 2 ein Abschluß durch Briefwechsel, in Kommissionsnoten oder Bestätigungsschreiben. 7 Für die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs. — D. i. des Anspruchs, der den Gegenstand des Schiedsspruches bildet oder bilden soll, RG. 30, 354. Ist der Schiedsspruch bereits niedergelegt (§ 1039), so sind spätere, die Zuständigkeit ver­ ändernde Tatsachen (z. B. Änderung des Streitwerts) ohne Einfluß, RG. 30, 355, auch 68,185. — Handelt es sich um eine Streitigkeit, die vor das Arbeitsgericht gehört, so ist dieses zur Entscheidung zuständig und ist eine Vereinbarung der Zuständigkeit der ordent­ lichen Gerichte unwirksam, W. 27, 84, Baumb. 1 B b. 8 Das Gericht, das zuständig sein würde. — D. i. örtlich und sachlich. Auch aus­ schließliche Zuständigkeit gilt hier, Baumb. iBb. Für die sachliche Zuständigkeit ent­ scheidet der Streitwert des schiedsgerichtlichen Verfahrens, RG. 30, 354, Jonas II 2, Baumb. IBb. Gegebenenfalls hat die Bestimmung nach § 36 durch dasGericht höherer Instanz zu erfolgen. Auch die Kammer für Handelssachen kann zuständig sein, Jonas II 2, Baumb. IBb. — Uber Zuständigkeit mehrerer Gerichte (z. B. des Gerichts des all­ gemeinen Gerichtsstandes und des Gerichts des Erfüllungsorts, IW. 26, 13251) s. § 1047. — Auch eine durch Parteivereinbarung über den Gerichtsstand für die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs oder über den Erfüllungsort (§29) begründete Zuständig­ keit kommt in Betracht, IW. 26, 13251, 27 , 2636. 9 Abs. 2. Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung erfolgen. — Dann ist sie den Parteien von Amts wegen (förmlich wegen der sof. Beschwerde, Anm. 11) zu­ zustellen, § 329 Abs. 3. Notwendig ist aber die vorherige Anhörung des Gegners (Abs. 2 Satz 2), falls nicht das Gesuch von vornherein als unbegründet zurückzuweisen ist, Jonas IV 1. Das Verfahren richtet sich im übrigen (namentlich hinsichtlich der Beweisauf­ nahme) nach den allgemeinen Bestimmungen des 1. Buchs. Beim Landgericht gilt Anwaltszwang. Der Beschluß hat auch über die Kosten nach §§ 91 f. zu entscheiden. Er ist ohne weiteres vollstreckbar (§ 794 Abs. 1 Nr. 3). 10 Bor der Entscheidung ist der Gegner zu hören. — S. aber Anm. 9. — Die Ver­ letzung der Vorschrift hat im Falle der Beschwerde des nicht gehörten Gegners die Auf­ hebung der Entscheidung zur Folge, es sei denn, daß der Gegner durch die Nichtanhvrung sachlich nicht beschwert ist, IW. 21, 768. 11 Abs. 3. Sofortige Beschwerde. — § 577. — Die Frist beginnt mit der von Amts wegen (Anm. 9) oder (bei verkündeten Beschlüssen) auf Betreiben der Partei erfolgten Zustellung. — Ist das schiedsrichterliche Verfahren beendigt, so kommt eine Entschei­ dung im Beschlußverfahren nicht mehr in Frage, ein anhängiges Verfahren wird gegen­ standslos' es kommt dann nur noch die Aufhebungsklage nach §§ 1041, 1043 oder die Geltendmachung im Vollstreckbarerklärungsverfahren nach §§ 1042 ff. in Frage, Jonas IV 3, vgl. § 1032 Anm. 1B, § 1037 Anm. 5. Das gilt auch, wenn der nach § 1037 erlassene Schiedsspruch noch nicht zugestellt oder niedergelegt ist, Jonas a. a. O. (a. M. W. 10, 184). Fortsetzung.

1046 (871). Das im § 1045 Abs. 1 bezeichnete Gericht ist auch für die Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen1 und schiedsrichterlichen Ver­ gleichen * sowie für Klagen zuständig, welche die Unzulässigkeit des schieds­ richterlichen Verfahrens,die Aufhebung eines Schiedsspruchs* oder der Vollstreckbarerklärung eines solchen6 oder die Rechtsunwirksarnkeit eines schiedsrichterlichen Vergleichs 6 zum Gegenstände haben? 1 Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen: §§ 1042 bis 1044. Die Zuständigkeit für das Bollstreckbarerklärungsverfahren kann auch stillschweigend, insbes. auch im schrift­ lichen Beschlußverfahren, vereinbart werden, HRR. 33, 1275. 2 Bon schiedsrichterlichen Vergleichen: § 1044a. 3 Klagen, welche die Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens zum Gegen­ stände haben. — §§ 1025 bis 1027,1037, § 1041 Anm. 1. — Ergeht während des Feststellnngsstreits der Schiedsspruch, so kann die Klage in die Aufhebungsklage abgeändert

§§ 1046-1048

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werden, Jonas II. Liegt der Spruch schon vor, so fehlt für die Feststellungsklage das Rechtsschutzinteresse, da die Unzulässigkeit im Vollstreckbarerklärungsverfahren geltend gemacht werden kann, Baumb. 1. Wird durch Feststellungsurteil die »Unzulässigkeit des schiedsgerichtlichen Verfahrens oder im Beschlußverfahren nach § 1045 das Er­ löschen des Schiedsvertrags rechtskräftig festgestellt, so ist ein gleichwohl danach er­ gehender Schiedsspruch infolge der Rechtskraftwirkung der Feststellung ohne weiteres unwirksam und darf nicht für vollstreckbar erklärt werden, Jonas II, Baumb. 1, vgl. § 1045 Anm. 4. Nach Bollstreckbarerklärung Geltendmachung durch Widerspruch nach § 1042 c Abs. 2 (a. M. Jonas II: Aufhebung durch Beschluß oder Aufhebungsklage). Ist der Bollstreckbarkeitsbeschluß rechtskräftig (vgl. § 1043 Anm. 1), so kommt eine Auf­ hebungsklage gegen den Schiedsspruch nur noch unter den Voraussetzungen des § 1043 in Frage, vgl. § 1041 Anm. 2. — Auch für die Klage auf Feststellung, daß über den Anspruch durch ein Schiedsgericht zu entscheiden sei (§ 1025 Anm. 1 Ad), gilt die Zu­ ständigkeitsbestimmung des § 1046, RG. 23, 426, Baumb. lb. 4 Klage auf Aufhebung eines Schiedsspruchs: §§ 1041, 1043. 5 Klage auf Aufhebung der Bollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs: § 1044 Abs. 4 und Wiederaufnahmeklagen gegen die Vollstreckbarerklärung. 6 über Rechtsunwirksamkeit eines schiedsrichterlichen Vergleichs: § 1044a Anm. 6. 7 Fernere Zuständigkeit nach § 1046 für Klagen: auf Erteilung der Vollstreckungs­ klausel, § 731; auf Feststellung der Unwirksamkeit eines ausländischen Schiedsspruchs oder Schiedsvergleichs, Baumb. 1. —Gebühren: § 1042a Anm. 2, § 1044a Anm. 4, § 1041 Anm. 2, im übrigen für Gericht und Anwalt die vollen Gebühren.

Zuständigkeit mehrerer Gerichte.

1047

(871). Unter mehreren nach den §§ 1045, 1046 zuständigen Ge­ richten ist und bleibt dasjenige Gericht zuständig, an welches sich zuerst eine Partei oder das Schiedsgericht (§ 1039) gewendet hat-* 1 Das zuerst angegangene Gericht ist und bleibt zuständig. — Also das Gericht, bei dem eine Partei ein Verfahren nach §§ 1045, 1046 anhängig gemacht oder das Gericht den Schiedsspruch niedergelegt hat, sofern es nach §§ 1045, 1046 von vornherein zuständig war oder durch Vereinbarung (s. § 1045 Anm. 6) nachträglich zuständig ge­ worden ist. In Frage kommt in der Regel nur die örtliche Zuständigkeit, weil fachlich nicht mehrere Gerichte zuständig sein können, sofern nicht der Schiedsvertrag anderes bestimmt, RG. 30, 354, IW. 32, 2902, Jonas I, Baumb. 1, ferner nur die Zuständigkeit mehrerer deutscher Gerichte, nicht auch eines ausländischen (bei dem z. B. der Schieds­ spruch niedergelegt ist), IW. 26,1609, Jonas a. a. O. — Die fortwirkende Zuständigkeit gilt auch für etwa später erhobene, andere Klagen gemäß §§ 1045, 1046, Jonas II (a. M. Baumb. 1: auch für spätere Klagen, die nicht unter §§ 1045s. fallen; § 1047 handelt aber nur von Verfahren nach §§ 1045s.), ferner auch für die spätere Nieder­ legung des Spruchs oder Schiedsvergleichs, da auch hierfür die Zuständigkeit sich nach § 1045 richtet (vgl. dort Anm. 1), Baumb. 1 (a. M. Jonas II). Sie ist aber nicht im Sinne des § 40 Abs. 2 eine ausschließliche derart, daß Vereinbarung der Zuständigkeit eines anderen Gerichts unzulässig wäre, Jonas II, Baumb. 1. 9. Nichtvertragliche Schiedsgerichte.

1048

(872). Auf Schiedsgerichte, welche in gesetzlich statthafter Weise durch letztwillige oder andere nicht auf Vereinbarung beruhende Verfügungen angeordnet werdens finden die Bestimmungen dieses Buches entsprechende Anwendung.? 1 Nicht auf Vereinbarung (Vertrag) beruhende Schiedsgerichte: z.B.in Stiftungs­ urkunden, Familienfideikommissen, ferner in Satzungen von Gesellschaften, Genossen­ schaften und Gewerkschaften, sofern nach materiellem Recht Privatautonomie auf dem betreffenden Gebiet besteht, IW. 30, 3490, in der Satzung eines Vereins, jedoch nicht wenn die Zuständigkeit und Zusammensetzung des Schiedsgerichts nicht in der Satzung elbst, sondern in vorbehaltenen Ausführungsbestimmungen geregelt ist, RG. 88, 401.

1416

A. II. Zivilprozeßordnung. Zehntes Buch. Schiedsrichterliches Verfahren.

Der Geschäftsführer eines Vereins ist mangels vertraglicher Vereinbarung der in der Satzung eines Verbandes, dessen Korporationsmitglied der Verein ist, enthaltenen Schiedsgerichtsklausel nur als Organ des Vereins, nicht auch für seine persönlichen An­ gelegenheiten unterworfen, RGDRW. 39, 1338. Auch durch behördliche Anordnung auf Grund gesetzlicher Ermächtigung kann die Unterwerfung unter ein schiedsrichterliches Verfahren erfolgen, z. B. die Unterwerfung einer Firma unter ein Satzungsschieds­ gericht bei Anschließung an ein Zwangskartell durch Anordnung des RWirtschMinisters auf Grund des Zwangskartellges. v. 15./6. 33, RG. 156, ioi. Dagegen sind „ Schieds­ gerichte", deren Einsetzung auf Gesetz oder einer diesem gleichstehenden Rechtsnorm be­ ruht, nicht Schiedsgerichte i. S. des § 1048, Vordem. 2 vor § 1025, z. B. Markschieds­ gerichte i. S. der BO. v. 26./2. 35 (RGBl. I 293), RG. 157, ioe, sie sind öffentl. Sonder­ gerichte, durch die der Rechtsweg vor den ordentl. Gerichten ausgeschlossen ist, RG. (GrZS.) 156, 279, während die sog. Lieferschiedsgerichte, die nach der Anordnung des Reichsbauernführers betr. SchG Ordnung f. d. Sch Gerichte b. Reichsnährstand f. Liefer­ streitigkeiten v. 18./7. 35 gebildet sind, echte Schiedsgerichte i. S. der §§ 1025 ff. sind, da ihre sachliche Zuständigkeit nach § 2 Anordn, durch Vereinbarung der Parteien ge­ bildet wird, RG. 157, in, Jonas III 2. — Zulässig ist auch die Bestellung eines Schieds­ richters durch letztwillige Verfügung zur Entscheidung von Streitigkeiten, die sich bei der Auseinandersetzung des Nachlasses zwischen den Beteiligten ergeben sollten, und zwar auch die Bestellung des Testamentsvollstreckers, unbeschadet dessen, daß, soweit seine Testamentsvollstreckertätigkeit in Betracht kommt, er nicht Richter in eigener Sache sein kann oder doch das Ablehnungsrecht nach § 1032 gegen ihn gegeben ist, RG. 100, 76. Die letztwillige Anordnung eines Schiedsgerichts, das an Stelle des Nachlaßgerichts zur Entscheidung darüber zuständig sein soll, ob der Erbe berechtigt ist, nach § 2227 BGB. einen Antrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers zu stellen, ist unstatthaft, RG. 133,128. — Für Kartellschiedsgerichte, die durch Vereinssatzung eingesetzt sind, gilt die Formvorschrift des § 1027 nicht, Anm. 1 Ba dort. — Die Bestimmungen der §§ 1025ff. sind gemäß der preußischen Rennordnung v. 20./4. 20 auch auf die preußischen Schieds­ gerichte in Rennangelegenheiten entsprechend anwendbar, RG. 108, 378. — Die Über­ gangsvorschrift des Art. 9 III Nr. 5 Ges. v. 27./10. 33 (§ 1025 Anm. 5) findet auf die im § 1048 bezeichneten Verfügungen keine Anwendung, RG. 144, 96. 2 Entsprechende Anwendung der Bestimmungen des 10. Buchs — also nur, soweit sie nicht einen Schiedsvertrag voraussetzen, daher nicht die §§ 1025 Abs. 2 u. 1027 Abs. 1, RG. 144, 99, Jonas II, Baumb. 1B. Wohl aber ist bei satzungsmäßig vorgesehenen Schiedsgerichten zu prüfen, ob die Schiedsklausel gegen die guten Sitten verstößt und nichtig ist, wobei der Gedanke des § 1025 Abs. 2 zu berücksichtigen ist, Jonas, Baumb. a. a. O., z. B. bei der Unterwerfung von Vereinsmitgliedern unter ein Vereinsschieds­ gericht. Anwendbar find dagegen alle Vorschriften über Ernennung der Schiedsrichter und das Verfahren, soweit nicht die Satzung oder die sonstige das Schiedsgericht an­ ordnende Verfügung darüber Bestimmungen enthält.

E. Gerichtsverfassungsgesetz. I. Einführungsgesetz.

§§ 1—3