Zeitung [2nd rev. Edition] 9783110938036, 9783484371026

The volume provides an introduction to themes and problems central to the phenomenon of newspaper communication. It cons

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German Pages 106 [112] Year 1998

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Table of contents :
1. Begriff und Titel
2. Auf dem Weg zu einer Theorie
3. Klassifizierung
3.1. Formen
3.2. Typen
4. Aufgaben und Leistungen
4.1. Information und Öffentlichkeitsarbeit
4.2. Kontrolle und Kritik
4.3. Bildung und Erziehung
4.4. Werbung
4.5. Dokumentation
4.6. Fazit
5. Gestalterische Mittel
5.1. Formale Gestaltung
5.2. Sprachliche Gestaltung
6. Redakteure und Journalisten
7. Verbreitung
8. Leser
9. Forschung
10. Kritik
11. Geschichte
Literaturverzeichnis
Namenregister
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Zeitung [2nd rev. Edition]
 9783110938036, 9783484371026

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G r u n d l a g e n der M e d i e n k o m m u n i k a t i o n Herausgegeben von Erich Straßner

Band 2

Erich Straßner

Zeitung

Niemeyer

© für die Titelillustration: Wolfgang Sischke. „Zeitungsschiffchen", in: DIE ZEIT, 11.7.1997. Wir danken Herrn Sischke und der ZEIT für die freundliche Genehmigung des Wiederabdrucks.

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Straßner, Erich: Zeitung / Erich Straßner. - 2., veränd. Aufl. - Tübingen : Niemeyer, 1999 (Grundlagen der Medienkommunikation ; 2) ISBN 3-484-37102-1

ISSN 1434-0461

© Max Niemeyer Verlag GmbH, Tübingen 1999 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Satz: Anne Schweinlin, Tübingen Druck: Guide-Druck GmbH, Tübingen Einband: Hugo Nadele, Nehren

Inhaltsverzeichnis 1. 2. 3.

Begriff und Titel Auf dem Weg zu einer Theorie Klassifizierung 3.1. Formen 3.2. Typen 4. Aufgaben und Leistungen 4.1. Information und Öffentlichkeitsarbeit 4.2. Kontrolle und Kritik 4.3. Bildung und Erziehung 4.4. Werbung 4.5. Dokumentation 4.6. Fazit 5. Gestalterische Mittel 5.1. Formale Gestaltung 5.2. Sprachliche Gestaltung 6. Redakteure und Journalisten 7. Verbreitung 8. Leser 9. Forschung 10. Kritik 11. Geschichte Literaturverzeichnis Namenregister

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1.

Begriff und Titel

Der Begriff ,Zeitung' taucht um 1300 im Kölner Raum auf als ,zidung' und ist zurückzuführen auf mittelniederdeutsch-niederländisch ,tidinge'= Botschaft, Nachricht. Was sich zu einer bestimmten Zeit zugetragen hat, wird als Zeitung „vermeldet", wird als Ereignismitteilung überbracht. Seit 1502 ist die feste Kombination ,Neue Zeitung' als Gattungsbezeichnung für Flugblätter bzw. Flugschriften mit Informationsanspruch üblich, parallel zu Kombinationen wie .Erschreckliche', .Erbärmliche' oder .Glückliche Zeitung'. Der Begriff ,Zeitung' tritt dann zunehmend in Konkurrenz zu den .Relationen' und .Avisen', die seit 1583 periodisch, etwa zu Messeterminen erscheinen und eine thematische Vielfalt an Nachrichten aufweisen. Seit 1587 gibt es Hinweise auf das Bestehen monatlicher Nachrichtenzusammenfassungen in Nürnberg, Straßburg, Wien und Prag. Die einzige Uberlieferte Monatsschrift stammt aus Rorschach (Schweiz), wobei das Jahrestitelblatt für die zwölf,Relationen' vom Augsburger Nachrichtensammler Samuel Dilbaum den Titel , Annus Christi, 1597' erhielt. Ab 1609 sind dann wöchentliche .Avisen' und .Relationen' erhalten. In ihnen findet sich der Begriff .Zeitung' in den Überschriften für Korrespondenzen, die in einem bestimmten Ort zusammengestellt werden. Ab 1620 verselbständigt sich dann der Begriff zum Titel, auch in Kombinationen wie Post- oder Reichszeitung. Parallel erscheinen Periodika mit Titeln wie Anzeiger, Bericht, Blätlein, Casseta, Couranten, Curier, Diarium, Discursus, Fama, Fasciculus, Gazette, Händel, Historische Erzehlung, Journal, Journaux, Mercurius, Nachricht(en), Novellen, Nouvelles, Particular, Posthorn, Postillion, Postreuter, Progressen, Raporten, Remarques, Stafetta, Weltspiegel, aber auch Kombinationen wie Avisa Relation, Mercurii Relation, Relations-Courier. Bald gibt es auch .Extracte' aus den Zeitungen. Die erste Begriffserklärung gibt 1695 Kaspar Stieler: „Das Wort: Zeitungen kommt von der Zeit / darinnen man lebet / her und kan beschrieben werden / daß sie Benachrichtigungen seyn / von den Händeln / welche zu unserer gegenwärtigen Zeit in der Welt vorgehen / dahero sie auch Avisen / als gleichsam Anweisungen genannet werden. Denn das Wort Avisen bedeutet anweisen / anzeigen / oder berichten / was bey uns oder anderswo sich begibt", und „daß sie seyn Gedruckte Erzehlungen derer hin und wieder warhaftig / oder vermeintlich vorgegangenen Dinge / ohne gewisse Ordnung und Beurteilung; zu ersättigung der Lesenden Neugirigkeit und Benachrichtigung der Welt-Händel erfunden".

2

Begriff u n d Titel

Damit hebt Stieler sechs Merkmale hervor: den Druck, die Wahrhaftigkeit der Berichterstattung, die thematische Unordnung der frühen Presse, die Unkommentiertheit, die Befriedigung der Neugierde der Leser und die Universalität der Berichterstattung. Die Aktualität wird an anderer Stelle angesprochen: „Neue Sachen sind und bleiben angenehm: was aber bey voriger Welt Vorgängen / gehöret ins alte Eisen / und ersättiget das Lüsterne Gemüt keines weges". Um 1720 taucht der Name ,Intelligenzblatt' auf für Anzeigenblätter mit Insertionszwang, oft auch .Frag- und Anzeigungs-Nachrichten' u.ä. genannt. Intelligenz bedeutet .Einsichtnahme', womit ursprünglich die Möglichkeit gemeint ist, Kauf- und Verkaufswünsche in einer im Intelligenz-, d.h. Anzeigenbüro aufliegenden Liste einzusehen. Diese Listen werden dann gedruckt und bilden die Grundlage des neu entstehenden Zeitungstyps. Seit 1848 traten .Amtsblätter' an ihre Stelle. Die Bewunderung der französischen Aufklärung und die Revolution führten dazu, daß in Deutschland französische Zeitungen erschienen, zuerst die ,Gazette de Cologne' (1734). Eigenwillig sind die Titel ,Franckfurter Staats-Ristretto' (1772) und .Ellwangisch Neues Ristretto' (1774), die , Kern'-Aussagen der angefallenen Informationen weitergeben wollen. Folgen der Revolution sind Zeitungstitel wie .Volksfreund' und .Wahrheitsfreund'. Ausdruck des Nationalbewußtseins sind Namen wie .Der Deutsche' (Magdeburg 1771 74) oder .Nationalzeitung der Deutschen' (Gotha 1796). Die von Cotta 1798 gegründete ,Neueste Weltkunde' wurde noch im gleichen Jahr umbenannt in .Allgemeine Zeitung', was offensichtlich werbewirksamer war. Für den Übergang zur Massenpresse werden wichtig die .Generalanzeiger'. Der Begriff .Anzeiger' ist gängig seit dem 17.Jahrhundert. Wurden dort ursprünglich politische Nachrichten angeboten, so hatten sich im Laufe der Zeit auch Angebote zum Kauf von zuerst meist Presseerzeugnissen angehängt. Solche .Advertisements' konnten an den politischen Teil angefügt oder als eigene Seite eingefügt werden. Erst im Zuge der Spezialisierung des Begriffs .Anzeige' im Sinne des bezahlten Inserats, der hauptsächlich Privatinteressen dienenden Annonce, wandelte sich der Titel zum Synonym für ,Annoncenblatt'. Die ,reinen' Anzeigenblätter finanzierten sich nicht über den Zeitungspreis, sondern über die Anzeigeneinnahmen. Die Generalanzeiger wurden als .Zeitung für alle' Grundlage für die Bildung von Großverlagen und Pressekonzernen. Gegen ihre Neutralität gerichtet sind Titel wie .Die Tribüne. Württembergische Zeitung für Verfassung und Volkserziehung zur Freiheit' (Stuttgart 1829), ,Die Freie Presse' (Nürnberg 1827 31) oder ,Der Scharfschütz' (Würzburg 1829 33). ,Der Volkstribun' (Würzburg 1831/32) beanspruchte, öffentlich die Rechte der Bürger zu verteidigen (Hillenbrand 1963, 80). Als in Baden die Pressefreiheit 1832 gewährt wurde, entstanden Titel wie ,Der Freisinnige' (Freiburg), ,Der Zeitgeist'

Begriff u n d Titel

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(Karlsruhe), ,Der Wächter am Rhein' (Mannheim) oder ,Der ächte Schwarzwälder' (Freiburg). Zwischen 1820 und 1850 wird der Name ,Beobachter' üblich. Er wird übernommen von den Titeln .Spectator' und .Guardian', beides englische moral weeklies, ist also eine Übertragung von der Zeitschrift auf die Zeitung. Auch der , Aachener Zuschauer' wird hier anzuschließen sein. Angenähert sind Titel wie ,Der geheime Ausrufer' (Bremen 1708), ,Der Verkünder' (Köln um 1800), ,Der Argus' (Dorsten/Westfalen 1809), ,Der Sprecher' (Hamm 1831), ,Der Mithelfer' (Aachen 1821), alle benannt nach personifizierten Gestalten, die die Zielrichtung der Zeitung charakterisieren sollen. Hochachtung vor den technischen Entdekkungen zeigen Titel wie ,Der Telegraph', ,Das Dampfboot', ,Dampfschiff', ,Der Dampfwagen' oder ,Die Presse', wobei dieser Titel bald gleichbedeutend mit Zeitung wird. Die deutsche Revolution von 1848 bewirkt nicht nur ein Gründungsfieber auf dem Zeitungsmarkt, sondern auch eine Erfindungsflut an Titeln. Radikal-revolutionäre Blätter wählen Namen wie ,Der Galgen', ,Der Radikale', ,Satan', ,Vorwärts', ,Barrikade' oder ähnlich. ,Der Demokrat', ,Die Republik', ,Die deutsche Reform', ,Der Staatsbürger', ,Die Konstitution', ,Der Patriot' sind Titel, die die Stoßrichtung der Redaktionen anzeigen wollen. Witz- und Karrikaturenblätter erhalten Namen wie ,Der Struwwelpeter', ,Die ewige Leuchte', ,Die ewige Fackel', ,Satyr', ,Finessen-Sepperl' (München), ,Reisender Teufel', ,Leuchtkugeln', ,Juchheirasa die Preußen sind da!', ,Der Ohnehose' (Wien), ,Der politische Esel', ,Halt, wer da?'. In den sechziger Jahren taucht der Titel,Fremdenblatt' häufig auf, nachdem vorher edierte ,Fremdenlisten' zu Zeitungen aufgewertet wurden. Kirchliche Organe gaben sich gängige Namen wie ,Blatt' oder ,Blätter', ,Bote', ,-freund'. Nur das Zentrum latinisierte in ,Germania' (Berlin), ,Tremonie' (Dortmund) oder ,Mosella' (Berncastel-Cues). Heimatblätter suchten durch vertraute Namen ihre Leser an sich zu binden. Beispiele dafür sind ,Der Hohenstaufen', ,Der Älbler', ,Aus den Tannen', , Hoch Wächter aus dem Schwarzwald', .Trompeter von Säckingen', ,Der Seegeist'. Gängig waren Titel wie ,Chronik', .Gallerie', ,Herold', ,Inspicient', ,Landbote', .Laterne', ,Neuigkeiten', ,Stimme', ,Tagblatt', .Vaterland', .Wegweiser', .Wochenblatt, .Zeitgeist'. Innovativ war der Titel .Der Tag', den August Scherl für die 1900 gegründete .Moderne illustrierte Zeitung' wählte. Mit ihm konnte sowohl eine Morgen- wie eine Abendausgabe aufgelegt werden. Anzuschließen ist die im Haus Ullstein 1904 beheimatete ,Β.Ζ. am Mittag', die damit den einzigen noch freien Erscheinungstermin besetzte. Die Abkürzung eignete sich besonders für den Straßenverkauf, speziell für das hämmernde Rufen der Zeitungsjungen, die von allen Seiten her das .Bezett' ertönen ließen. Die Revolution von 1918 ließ Zeitungen entstehen mit Titeln wie .Die Rote Fahne' (Kommunisten), ,Der Kommunist' (Spartakisten in Bremen), ,Der

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Begriff u n d Titel

Kämpfer' (USPD in Chemnitz), ,Der Kampf' (USPD in München), ,Das freie Volk' (USPD in Danzig), , Volksrecht' (USPD in Frankfurt a.M.), ,Die Internationale' (Linkssozialisten in Berlin). In den folgenden Jahren führten Blätter der Kommunistischen Partei Titel wie ,Rote Wacht', .Freiheit', ,Rote Tribüne', ,Das rote Echo', Sozialistische Republik' oder , Arbeiterstimme'. Die Sozialdemokraten blieben bei den gängigen Namen und verbanden sie meist mit dem Begriff ,Volk': ,Volksblatt', , Volksstimme', ,Volkstribüne', ,Volkswacht',, Volkswille', etc. Die Nationalsozialisten wählten Titel wie .Völkischer Beobachter', .Völkischer Kurier', ,Der Völkische Kämpfer', .Die Flamme', ,Der Sturm', ,Der Stürmer', ,Der Anmarsch', ,Der Angriff', ,Der Führer', .Der Freiheitskampf', ,Die Volksgemeinschaft', ,Hakenkreuzbanner', ,Der Wille', ,Die Getreuen', ,Die Volksparole', ,Hessenhammer' und ,Schwabensturm'. Dagegen blieben die Zeitungen der übrigen Parteien farblos in ihren Titeleien. Für die Benennung der Lizenzzeitungen nach dem 2. Weltkrieg kamen die Titel der nationalsozialistischen Presse nicht in Frage. Deshalb wurden die schon leicht angestaubten Namen wie .Zeitung', ,Kurier', ,Post', ,Echo', ,Rundschau', .Nachrichten' wieder aktiviert. Neu waren Titel wie .TagesspiegeP, .Die Welt', .Allgemeine', ohne den Begriff Zeitung, aber mit einem lokalen oder regionalen Kennwort (.Westdeutsche Allgemeine'). Isoliert sind Titel wie .Fortuna' (Glückstadt), ,Die Glocke' (Gütersloh), ,Die Harke' (Nienburg), ,Nachtdepesche' (Berlin), ,Rund um Hermeskeil'. In der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) wurde das ,Neue Deutschland' kreiert, außerdem Titel wie .Freiheit', .Freie Erde', ,Der Freie Bauer', ,Freies Wort', J u n g e Welt', ,Neuer Tag', ,Das Volk', ,Volkswacht', ,Volksstimme'.

2.

A u f d e m W e g zu einer Theorie

Das Entstehen der Zeitung als einem neuen Medium zu Beginn des 17. Jahrhunderts ist nicht nur Ausdruck und Folge einer sich verändernden Lebensform; es gewinnt auch selbst entscheidenden Einfluß auf die Entwicklung der gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse. Im Unterschied zu allen früheren oder konkurrierenden Informationsmedien wie den geschriebenen Zeitungen, Neuen Zeitungen oder Meßrelationen vereinen die ersten Wochenzeitungen (1609) die gattungsbestimmenden typischen Eigenschaften: Periodizität, Aktualität, Universalität und Publizität. Die Periodizität der Berichterstattung gilt als das ,Kardinalkriterium' der Zeitung. Gemeint ist damit das Erscheinen zu einem genau bestimmten Zeitpunkt, zuerst einmal in der Woche, dann zwei- oder dreimal, schließlich seit 1650 täglich, seit Ende des 19. Jahrhunderts auch mehrmals täglich, mit dem Wiederentstehen von Wochenzeitungen. Vor allem hat eine pünktliche Nachrichtenzulieferung dafür zu sorgen, daß die Berichterstattung kontinuierlich und regelmäßig erfolgen kann. Die Aktualität entwickelt sich von einer unbestimmten zuerst auf eine halboder vierteljährliche, folgend den Messeterminen, dann auf eine monatliche, wöchentliche, halb- oder viertelwöchentliche zur täglichen, in der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts z.T. auch zu einer halb- oder vierteltäglichen (Mittag-, Abend- oder Nachtausgaben). Während die Neuen Zeitungen sich in der Regel auf Einzelereignisse bezogen, weisen die Avisen, Relationen usw. eine inhaltliche Vielfalt auf, die sie meist schon in ihren Titeln markieren. Die Universalität zeigt sich in einem möglichst breiten Spektrum der Berichterstattung, die sich historisch vom möglichst Fernen zum Nahen, zum Regionalen und Örtlichen, von Staats- und Regierungsdingen zu solchen des Alltags bewegt. Tobias Peucer gibt 1690 einen Katalog beachtenswerter Ereignisse: „Zu dieser Klasse gehören erstens Wunderzeichen, Ungeheuerlichkeiten, wunderbare und ungewöhnliche Werke oder Erzeugnisse von Natur oder Kunst, Überschwemmungen oder furchtbare Gewitter, Erdbeben, Himmelserscheinungen, neue Erfindungen oder Entdeckungen, an denen dieses Jahrhundert besonders fruchtbar war. Zweitens die verschiedenen Arten der Staaten, Änderungen, Regierungswechsel, Kriegs- und Friedensunternehmungen, Kriegsursachen und Kriegsabsichten, Schlachten, Niederlagen, Feldherrenpläne, neue Gesetze, Ur-

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A u f dem W e g zu einer Theorie

teilssprüche, Beamte, Würden, Geburten und Todesfälle von Fürsten, Thronfolgen, Ernennungen und ähnliches öffentliches Zeremoniell, das entweder neu eingerichtet, abgeändert oder abgeschafft wird, der Tod berühmter Männer, das Ende Gottloser und anderes. Schließlich kirchliche und wissenschaftliche Dinge, z.B. der Ursprung dieser und jener Religion, ihre Stifter, die Fortschritte, neue Sekten, Beschlüsse der Lehre, die Riten, die Glaubensspaltungen, Verfolgung, religiöse Synoden, deren Beschlüsse, bedeutende Schriften von Gelehrten, wissenschaftliche Streitfragen, neue Werke Gebildeter, Unternehmungen, Unglücksund Todesfälle und tausend andere Dinge, die sich auf Natur, Bürger-, Kirchenoder Gelehrtengeschichte beziehen ..." (Kurth 1944, 97f.). Im Verlauf der Entwicklung wächst die Zahl an Einzelinformationen bei gleichzeitiger Verkürzung der Texteinheiten. Außerdem werden die Sparten und Themenbereiche umgeschichtet, was einen qualitativen Wandel bedeutet. Der bislang privat bestehende Nachrichtenaustausch wird öffentlich. Die Kommerzialisierung bedeutet den Drang zu immer größer werdenden Reichweiten, damit eine Verfügbarkeit an Information jedweder Art für möglichst alle Interessenten und Konsumenten. Der Weg der Zeitung hin zum erfolgreichsten Informationsmedium im Pressebereich liegt in der Bündelung der vier Definitionskriterien. Zuerst ist es der hohe Adel, der informiert, informieren läßt und informiert werden will. Allenfalls Geistliche, Bürgermeister und Stadträte im Einzugsbereich eines Fürsten werden in die Informationsgesellschaft einbezogen. Erst zunehmend löst im 17. Jahrhundert das Bürgertum den Adel als Gesellschafts- und Kulturträger ab, entsteht eine Art Verbürgerlichung' des Geisteslebens, zumindest eine gewisse Gleichheit der geistigen Interessen. Gelesen oder vorgelesen wird im Familienkreis, mehr noch in der Lesegesellschaft. Vorgelesen wird an den Universitäten (Zeitungs-Collegii), aber auch in den Kirchen, sogar von der Kanzel herab. Die Lektüre der Zeitung erfordert neben der Fähigkeit zu lesen ein gewisses Maß an Kenntnissen aus den Bereichen Geographie, Geschichte und Politik. Dem entgegen stand der Ausbildungsgrad der meisten Menschen im 17. und teilweise noch im 18. Jahrhundert, nicht aber das wache Interesse der Bevölkerung für das Zeitgeschehen. Die Zeitung wurde deshalb in bestimmtem Umfang zu einem Bildungsinstrument. Nach französischem und englischem Vorbild erschienen seit 1720 die sog. Intelligenzblätter. Sie enthielten Anzeigen und obrigkeitliche Verlautbarungen. Der Staat wird Herausgeber, schafft sich eine wichtige Einnahmequelle und kann zusätzlich Handel und Wirtschaft überwachen. Um die Verbreitung dieser neuen Pressegattung zu fördern, wurde der Zwangsbezug eingeführt und erst 1848 wieder beseitigt. Die Konkurrenz zu den Zeitungen führte dazu, Informationen aktueller und allgemeiner Art aufzunehmen. Schnell traten dann argumentative Beiträge hinzu, außerdem literarisch-publizistische.

Auf dem Weg zu einer Theorie

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Die Etablierung der Generalanzeiger-Presse auf privat-kommerzieller Basis seit 1845 bedingt eine Intensivierung und Beschleunigung der Informationsweitergabe. Es kommt zu einer starken Ausweitung der Einzelinformationen, speziell solcher aus dem Nahbereich und dem Unterhaltungssektor. Dafür werden die Texte einfacher, kürzer und für die Massen verständlich. Die publizierten Themenbereiche passen sich dem Massengeschmack an, was einen qualitativen Wandel in der Berichterstattung bedeutet. Höhere Auflagen führen der Zeitung neue Leserschaften zu. 1784 träumt in Berlin der Gymnasialprofessor und Redakteur der Vossischen Zeitung, Karl Philipp Moritz, vom , Ideal einer gedruckten vollkommenen Zeitung'. Es sollte ein Blatt für das Volk sein und „eben dadurch den ausgebreitetsten Nutzen stiften". Die Journalisten müßten „das Elend und die Armut in den verborgenen Winkeln" aufdecken. Aufklärung habe durch die Zeitung zu geschehen. Sie müssen das aus der Flut der Begebenheiten herausheben, „was die Menschheit interessirt". Die Aufmerksamkeit sei auf den einzelnen Menschen zu lenken, denn nur bei ihm sei die „wahre Quelle der großen Begebenheiten zu suchen, nicht in Kriegsheeren und Flotten". Bisher habe die Presse stets einen „Schwall von Kriegsrüstungen, Fürstenreisen und politischen Unterhandlungen" berichtet. Jetzt solle sie sich um „den wirklich großen Mann auch im Kittel und hinter dem Pfluge" kümmern (Böning 1992). Seine Ideen konnten aber erst seit den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts verwirklicht werden. Zukunftsweisend ist auch die Sicht von Joseph Görres, der 1814 fordert, die Zeitungen müßten das aussprechen, was alle Menschen berührt. 1835 heißt es im .Berliner politischen Wochenblatt', daß das Zeitungswesen in Deutschland in den letzten zwanzig Jahren eine große Veränderung erlitt. Sei vordem die Zeitung „nichts weiter als eine kurze Mittheilung des Thatsächlichen und Geschehenen an das Publikum" gewesen, so sei sie heute „nach dem Vorgange der Engländer und Franzosen, in den mannichfachsten Formen, sey es als leitender Artikel, sey es als Correspondenz, an das Factum, das Raisonnement und die Doctrin geknüpft." Entscheidender war die Ausweitung der Themenbereiche auf internationaler Ebene. Als Folge der technischen Errungenschaften und der fortschreitenden Organisation des Nachrichtenverkehrs konnten immer mehr Ereignisse und Meinungen gesammelt und veröffentlicht werden. Die Beschleunigung wurde einmal erreicht durch die Erfindung des elektrischen Telegraphen, der ab 1849 von den Presseorganen genutzt wurde, vor allem auch durch seit der Jahrhundertmitte übliche Korrespondenzen, mit denen gezielt Material in die Redaktionen geschleust wurde, sowie die entstehenden Nachrichtenbüros und -agenturen. D e r Franzose Charles Havas, der Deutsche Bernhard Wolff (1849 Wölfisches Telegraphenbüro), der Engländer Paul Julius Reuter und die amerikanische ,Associates Press' erschlossen die Welt seit der Mitte des 19.Jahrhunderts nachrichtenmäßig (Bassse 1991; He 1996). Das Massenangebot an Information

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Auf dem W e g zu einer Theorie

zwang nun zu einer immer stärker werdenden journalistischen Selektion. Diese führte zu Entscheidungsnormen und -regeln in den Redaktionen, nach denen unter dem immer drängender werdenden Zeitdruck die Auswahl erfolgte und die Komplexität des Angebots verringert wurden. Während die Publikumszeitungen auf das Informieren und Vermitteln ausgerichtet sind, gelten die Parteizeitungen als das „beste und wirksamste Agitations- und Kampfmittel" (Haller Parteitag der Sozialdemokratischen Partei Oktober 1890), um die Parteimitglieder aufzuklären und zum Parteibewußtsein zu erziehen. Für die Nationalsozialisten war es klar, die gesamte Presse in den Dienst ihrer Propaganda zu stellen. Man entrüstete sich über die „immer frecher werdende Tonart der Jüdischen Journaille". 1933 erklärte Hitler vor Vertretern der NS-Presse: „An die Stelle des Prinzips der unverantwortlichen Sensationsmache und der Popularitätshascherei, die ja leider heute noch einen großen Teil der Presse in Deutschland beherrschen, müsse in Zukunft die deutsche Presse zu einem wörtlichen Ausdruck und zu einem getreuen Spiegelbild des deutschen Wesens und deutschen Geistes werden." Im .Völkischen Beobachter' wurde die Parole ausgegeben: „Die Presse hat sich der Ethik des neuen Staates zu fügen, oder sie hat zu verschwinden." Die Zeitung wurde betrachtet als „publizistisches Gewissen der Nation, bestimmt, das Wirken des Staates zu fördern, statt zu lahmen". Während des Krieges kam zur normalen Berichterstattung die Sonderberichterstattung über Kriegsereignisse hinzu. Sie gliederte sich auf in die Kriegsberichte der Propagandakompanien, die offiziellen Wehrmachtsberichte, sowie die Wehrmachtskommentare. Erstere, verfaßt von zur Wehrmacht eingezogenen Journalisten, sollten den Lesern in der Heimat ein anschauliches, aber schöngefärbtes Bild von der Front vermitteln. Im Fortschreiten des Krieges wurde aus den Berichten ein Medium der Durchhaltepropaganda, indem statt Schilderungen von der Front gefühlsbetonte Durchhalteappelle verbreitet wurden. Die amtlichen Wehrmachtsberichte wurden vom Oberkommando der Wehrmacht herausgegeben. Sie waren mit der Eingangsformel gekennzeichnet: „Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt". Später gab es Zusätze: „Aus dem Führer-Hauptquartier", bzw. in den letzten Kriegstagen „Aus dem Hauptquartier des Großadmirals". Nach offizieller Ansicht waren die Berichte „ein Führungsmittel nach innen, eine Waffe im Angriff und Abwehr nach außen". Wichtig war es, die Information auf eine möglichst knappe Form zu bringen, wobei die Gefahr bestand, daß allzu große Knappheit bei den Lesern den Verdacht der Verfälschung auslöste. Mit verspäteten Erklärungen wie die über die Schlacht von Stalingrad 1943, die deutschen Truppen stünden „seit Wochen in heldenmütigem Abwehrkampf gegen den von allen Seiten angreifenden Feind" (16.1.1943), verloren die Wehrmachtsberichte ihre Glaubwürdigkeit bei der Bevölkerung.

A u f dem W e g zu einer Theorie

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Die Befürchtung, der totalitäre Gedanke des Nationalsozialismus habe in den zwölf Jahren seiner Herrschaft alle Kreise infiziert, veranlaßte die Alliierten, den Wiederaufbau der deutschen Presse im Rahmen eines eng begrenzten Lizenzierungssystems vorzunehmen. Ein beabsichtigtes einheitliches Vorgehen der Besatzungsmächte scheiterte an den widersprüchlichen Demokratiebegriffen und Interessen (Hüffer 1995). Ab dem Frühjahr 1949 wurde in den westlichen Besatzungszonen das System der Reglementierung von Zeitungen oder die mehr oder weniger strenge Überwachung gelockert. Am 21. September 1949 verkündete die Alliierte Hochkommission ein Gesetz, das vor allem den Altverlegern die Neugründung ermöglichte. Zwischen ihnen und den Lizenzverlegern entwickelte sich 1949/50 ein harter Konkurrenzkampf. Ihm folgte eine Konzentrationsbewegung, die bis heute nicht ganz abgeschlossen ist. Fünf Jahre nach Gründung der Bundesrepublik erreichte der Verkauf an Tageszeitungen mit 13,4 Millionen Exemplaren etwa die Hälfte der Auflage, wie sie am Ende der Weimarer Republik Bestand hatte. Allerdings war das Vertriebsgebiet wesentlich verkleinert. Die Zahl der Zeitungstitel belief sich auf etwa 1000, wobei sich die Hälfte davon auf Ausgaben oder auf Kopfblätter anderer Zeitungen bezog, während eine große Anzahl weiterer Ausgaben nur unter dem Namen der Hauptzeitung erschien. Die Zahl von etwa 540 selbständigen Organen galt gegenüber anderen vergleichbaren Ländern als groß, weshalb die erwünschte Meinungsvielfalt garantiert schien. Die Konzentrationsbewegung bewirkte, daß zwischen 1954 und 1980 fast die Hälfte der Herausgeber-Verlage verschwand (Röper/Pätzold 1993). Mehr als ein Drittel aller Bundesbürger hat deshalb nur die Möglichkeit, in seinem Bereich eine Monopolzeitung zu beziehen, die ausreichend über die lokalen und regionalen Ereignisse berichtet. Da sich nach 1945 keine nationale oder Hauptstadtpresse ausbilden konnte, begnügten sich die Blätter, die sich nationalen und internationalen Themen in Politik, Kultur und Wirtschaft auf anspruchsvollem Niveau und breitem Raum widmeten, mit dem Anspruch, .überregional' orientiert zu sein. Die Pressekonzentration brachte eine Reduzierung des Wettbewerbs, damit auch eine Einschränkung der Presse als der .vierten Macht' im Staate. Der Auftrag, nicht nur ein Publikum zu informieren, zu bilden und zu unterhalten, sondern auch alle Träger öffentlicher Gewalt im Prozeß ihrer Entscheidungen und Aktionen durch Information, Kritik und Kontrolle zu ständiger Diskussion und damit Reflexion zu zwingen, wurde eingeengt. Selbständige Meinung, Ausdruck eines regional oder lokal verwurzelten Lebensgefühls, eines föderalistischen Geistes läßt sich in Zentralredaktionen weniger verwirklichen, wenn gleichzeitig Blättchen mit vorwiegend christlich-demokratischer oder mit sozialdemokratischer Leserschaft bedient werden oder deren flächenmäßige Streuung groß ist. Aus vielen kleinen, aber selbständigen Stimmen sind eher farblose, aber weitreichende geworden.

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Auf dem W e g zu einer Theorie

Im soziokulturellen Bereich ist die Presse wesentlich an den Sozialisationsund Enkulturationsprozessen beteiligt, durch die das gesellschaftliche Normenund Wertesystem gesteuert wird. In einer Welt des beschleunigten sozialen Wandels, wachsender Komplexität und steigender Vernetzung der gesellschaftlichen Systeme prägen diese Prozesse das Wirklichkeitsbild von sozialen Gruppen und Individuen. Das Weltgeschehen erhält durch sie thematische und normative Strukturen, ohne die eine individuelle Orientierung oder kollektive Verständigung über aktuelle und künftige Zustände unmöglich wäre. Zusammen mit den übrigen Massenmedien beeinflußt die Presse das Entstehen neuer Bedürfnislagen und Interessenausrichtungen. Daneben befriedigt sie den Wunsch nach notwendigen Informationen, die wiederum direkte Kommunikation und die Teilnahme am öffentlichen Leben beeinflussen. Außerdem stellt die Presse einen sich weit ausdehnenden und expansiven Wirtschaftszweig dar. Information ist Ware. Die Informationsmittler sind Kommerzunternehmen mit dem Drang, sich zu Medienmultis zu formieren. Für den Bestand und die Fortentwicklung moderner Demokratien sind die Massenmedien wichtig. Sie sollen der Transmissionsriemen zwischen dem Volk als Souverän und den auf Zeit berufenen Mandatsträgern in Legislative und Exekutive sein. Sie artikulieren die pluralen gesellschaftlichen Bedürfnisse und Interessenlagen und fördern den Prozeß des Interessenausgleichs und der Interessenaggregation in den Arenen der politischen Meinungs- und Willensbildung wenn auch nicht immer lehrbuchmäßig. Die dabei beteiligten Institutionen und Personen sind in ihren Zielen nicht immer gleich ausgerichtet, weshalb Konflikte leicht entstehen können. Deshalb sind medienpolitische Interventionen vielfaltig erforderlich, die sich jedoch nicht immer an den Grundbedürfnissen und der rationalen Entscheidung orientieren, sondern von den stärkeren politischen Kräften nach deren Willen durchgesetzt werden. Da die Presse privatwirtschaftlich ausgerichtet, deshalb gewinnorientiert ist, steht das Verkaufen im Vordergrund, richten sich Inhalt und Form der Erzeugnisse nach dem bestmöglichen Absatz. Die ,Abstimmung am Kiosk' oder das Ziel, Auflagen zu steigern, immer neue Produkte auf den Markt zu werfen, begünstigt die Ausrichtung hin auf den ,Massengeschmack'. Attraktivitätsgesichtspunkte drängen die für eine Meinungs- und Willensbildung des Bürgers notwendige Absicherung der Inhalte wie eine breite Informationsvielfalt zurück. Prononcierte Gesichtspunkte verhindern die Ansprache aller möglichen Konsumenten, weshalb eher der Kotau nach allen Richtungen hin üblich ist. Der Trend zur Konzentration verhindert Neugründungen, die neue gesellschaftliche Interessen, neue soziale Anstöße einbringen könnten. Neue Öffentlichkeitschancen werden durch die Privilegierten verhindert. Die etablierten Medien Schotten zudem den Zugang zu den Informationsquellen weitestgehend ab, benützen .Exklusivquellen' und schränken damit die Offenheit des Massenkommunikationsprozesses ein.

Auf dem Weg zu einer Theorie

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Da die Presseerzeugnisse als Potential zur Beeinflussung von Einstellungen und Verhaltensmustern betrachtet werden, versuchen ihre Besitzer und Handhaber, sie für ihre Interessen einzusetzen. Sie unternehmen alles, um für ihre Produkte und Dienste zu werben, ihr ,Image' aufzubessern, öffentliche Kritik oder Kontrolle zu mindern. Sie sind andererseits zugänglich für Einflüsse politischer und staatlicher Institutionen, vor allem der Parteien, um deren Interessen zu wahren und deren Vorstellungen und Ziele zu verbreiten. Auch Kapitalunternehmen gelingt es, ihre Produkte nicht nur über Anzeigen an die Kunden heranzubringen, sondern auch über das ,Productplacement' innerhalb redaktioneller Beiträge (nach Schatz 1989). Im Kontrast zu den etablierten Presseerzeugnissen suchen die der Alternativen Szene ein Forum der Gegenöffentlichkeit zu schaffen, indem sie Themen und Probleme aufgreifen, die sonst gar nicht behandelt werden oder zu knapp, entstellt oder lediglich aus der Sicht der Herrschenden. Vorrangig schreiben Betroffene für Betroffene, berichten ,die da unten' etwa über die Aktivitäten von Bürgerinitiativen, Frauengruppen, Stadtteilkomitees, Selbsthilfeorganisationen. Unabhängig und ohne Rücksichtnahme auf Anzeigenkunden, Amtsstellen, Honoratioren, Parteien und Verbände wird die Meinung und Kritik frei geäußert, was zu Konflikten mit den genannten führen kann. Unverständnis bei den Angesprochenen, Schulden und nachlassendes Engagement führen dazu, daß die Alternativpresse meist kurzlebig ist, wenn eingegangenen Blättern auch immer wieder neue nachfolgen (Weichler 1987; Stamm 1988). Der Trend zur Alternativzeitung ist aber längst gestoppt. Die SED charakterisierte 1951 die Zeitungen als ,Presse neuen Typs'. Damit war ihre Aufgabe festgeschrieben, sozialistisches Bewußtsein' systematisch zu verbreiten. Sie wurde neben Rundfunk und Fernsehen als , Tribüne der sozialistischen Demokratie' und ,wichtiges Mittel der Agitation' betrachtet, die zur Aktion führen sollte, „indem sie die Massen organisiert und mobilisiert mit dem vordringlichen Ziel, die entwickelte sozialistische Gesellschaft in der DDR weiter zu gestalten und damit grundlegende Voraussetzungen für den allmählichen Übergang zum Kommunismus zu schaffen" (Kleines Politisches Wörterbuch. Berlin (DDR) '1978, 18). Eine Pressefreiheit war verfassungsmäßig garantiert, jedoch mit Einschränkungen. Jede Redaktion war verpflichtet, einen .Perspektivplan' zu erarbeiten, der bestimmend war für die Monats-, Wochen- und Tagespläne der im Kollektiv arbeitenden Redakteure. Was veröffentlicht wurde, bestimmte die Abteilung ,Agitation und Propaganda' beim Zentralkomitee der SED. Diese erließ Weisungen, die langfristig oder aktuell galten. Sie enthielten ,Argumentationsrichtlinien' und Pflichtmeldungen, aber auch Verbote, über bestimmte Vorgänge zu schreiben (Bürger 1990). Außerdem fand täglich eine Redaktionskonferenz statt, um die Parteilinie auch mündlich zu deuten. Als sich 1956 zeigte, daß in mehreren Zeitschriften der DDR erhebliche Liberalisierungstendenzen und eine ungewöhnliche Weltoffenheit auftauchten, die

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auch auf die Tageszeitungen überzugreifen schienen, schlugen Staat und SED unerbittlich zu. Die Redaktionen wurden von revisionistischen' Elementen gesäubert, Redakteure verhaftet und verurteilt. Vor allem die Zeitungen wurden uniformiert, thematisch wie sprachlich. Ab 1960, als die Presse wegen der verbreiteten .Langeweile' verantwortlich gemacht wurde für die zunehmende Flucht der Intelligenz in den Westen, lokkerte sich der Druck etwas und die Zeitungen wurden leserfreundlicher. Das ,Neue Deutschland' erhielt ab 1963 zum Wochenende eine Witz- und Satireseite. Auf der ersten Seite erschienen unpolitische Artikel, was als Konzession an den Publikumsgeschmack ausgegeben wurde. Seit Ende 1989 setzt sich die Pressekonzentrationsbewegung der Bundesrepublik in den neuen Bundesländern fort. In einer Phase des beschleunigten technischen Wandels muß sich die Zeitung vor allem behaupten gegenüber der gewachsenen Konkurrenz der elektronischen Medien und ihren technischen Weiterentwicklungen, aber auch der Anzeigenblätter, Lokalradios und des Ballungsraum-Fernsehens, die vor allem Jugendliche, niedrig Gebildete und Einkommensschwache locken. Der Medienwettbewerb wird auf den Informations- wie auf den Werbemärkten ausgetragen und zwingt die Zeitungsverlage zu enormen Investitionen in Technologie und Logistik, ein Vorgang, der die bisher üblichen wirtschaftlichen Dimensionen weit in den Schatten stellt. Darüber hinaus stehen die Verlage vor der Herausforderung eines sich rasch ändernden Lese- und Nutzungsverhaltens von Zeitungen durch ihr Publikum. Vor allem wachsen den Verlagen nicht von selbst ihre Leser nach, d. h. Jugendliche müssen durch aufwendige Aktionen, vor allem zusammen mit den Schulen, für die Zeitung interessiert werden. Und Jugendliche bevorzugen andere Inhalte als etwa Senioren, ebenso wie Frauen andere als Männer (Rager/ Müller-Gerbes/Haage 1994). Schließlich interessieren Städter andere Themen als Dorfbewohner, Ostdeutsche andere als Westdeutsche. Je stärker differenziert die Gesellschaft ist, desto differenzierter muß der Inhalt der Zeitung sein, um so mehr bedarf es der Erklärung der Ereignisse und der Interpretation der Meinungen, der Orientierung der Leser. Die Visualisierung mittels Grafiken und Bildern muß wesentlich verbessert werden, vor allem auch die Zuwendung zur Farbe. Im optischen Erscheinungsbild dürfen nicht nur kosmetische Korrekturen vorgenommen; es muß fast durchgehend modernisiert werden. Das tägliche Informationsaufgebot ist besser aufzubereiten, damit es leichter und unterhaltsamer konsumiert werden kann. Aber auch eine stärkere Selektion, bessere Analysen und Kommentierung sind wichtig (Blum/Bucher 1998). Zeitungen müssen weg vom Image der Pflichtlektüre. Sie sollten ein solches der Freizeitlektüre gewinnen und statt auf die Aktivitäten der Konkurrenzmedien zu reagieren, selbst Trends setzen. Sie sollen noch stärker Forum, Möglichkeiten des Meinungsaustausches und der Leserartikulation werden. Dringende Aufgabe der Verlage ist es weiter, elektronische Zusatzangebote zur gedruckten Zeitung zu entwickeln. Zu denken ist an Audiotex- und Fax-

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Dienste, über die Informationen aufgerufen werden können, etwa Partnerschaftsanzeigen, Sportergebnisse, Fernseh-, Radio- oder Kinoprogramme. OnlineDienste ermöglichen es Computernutzern, sich ähnlicher Angebote zu bedienen. Präsenz im Internet ermöglicht den Zugang zu jeweils aktualisierten Nachrichten, international, national, regional und lokal. Die Zeitung soll ausgebaut werden zu einem Infosystem (w & ν 46/14.11.1997, 168-235).

3.

Klassifizierung

3.1. Formen Die frühen gedruckten Zeitungen sind weitestgehend einheitlich. Sie erscheinen im Quartformat, so daß sie als Jahrgänge in Buchform gebunden werden konnten, haben vier bis acht Seiten. Die erste ist meist reserviert für den Titel. Es folgen Textblöcke mit sechs bis acht Korrespondenzen, deren Herkunftsort und Absendedatum in der Überschrift erscheint. Innerhalb der Korrespondenzen sind die Beiträge heterogen, nur geordnet in der Reihenfolge ihres Eingehens beim Korrespondenten. In jedem Beitrag wird über ein bestimmtes Ereignis oder Thema berichtet. Die textuelle und druckgraphische Gliederung macht deutlich, daß jeder Beitrag eine eigenständige Einheit ist, wobei übergreifende Aspekte wie identische Personen, gleicher Ort und Zeitpunkt jedoch Zusammenhänge zu anderen Beiträgen herstellen können. Werden solche Zusammenhänge thematisiert, so entsteht eine Verknüpfung von Beiträgen. Behandelt werden zentrale politische und militärische Vorgänge von großem zeitgenössischen Interesse. Prototyp ist der ,Hamburgische unpartheyische Correspondent', der mit 30000 Exemplaren je Erscheinungstag um 1800 zur auflagenstärksten Zeitung Europas wird. Das Blatt bezog seine Nachrichten ausschließlich von eigenen Korrespondenten und lehnte es strikt ab, durch Kommentierung , vorzudenken' oder die Gedanken der Leser zu beeinflussen (Tolkemitt 1995). Eine Ausnahme bildet der ,Nordische Mercurius', der von 1664 bis 1730 erscheint. Hier sind die Korrespondenzen nach Herkunftsländern geordnet. Die Aufmachung ist großzügig und modern gegenüber allen anderen Zeitungen der Zeit. Auch Regional- und Lokalberichterstattung ist üblich. Das Spektrum der Darstellungsmöglichkeiten wird stärker genutzt. So werden Ereignisse häufig erläutert, in einigen Fällen regelrecht kommentiert (Gieseler/Kühnle-Xemaire 1995). In der ,Relation aus dem Parnasso' führt der Redakteur Daniel Hartnack ab 1687 den politischen Leitartikel' ein, der als Textsorte jedoch so avantgardistisch ist, daß er sich noch nicht durchsetzen kann. Dieses Blatt brachte auch Lesestoffe, die sonst eher in barocken Prosasammlungen erschienen, eine Mischung aus anekdotischen und didaktischen Stücken, so daß man von einem Vorläufer des Feuilletons sprechen könnte (Weber 1993).

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Im ,Aviso oder der Hollsteinische Unpartheyische Correspondent' erschien ab 1 7 0 2 eine Abteilung ,Das Neueste in Kunst- Natur- und gelehrten Sachen' mit Buchbesprechungen und feuilletonistischen Stücken. 1715 folgte in Leipzig die , N e u e Zeitung von gelehrten Sachen' mit einem Angebot wissenschaftlicher Neuigkeiten neben den politischen Geschehnissen. Im Laufe des 17. Jahrhunderts veränderte sich das äußere Bild der Zeitung nur langsam. Blätter ohne Titel verschwanden. Allmählich bildete sich ein immer ausgeprägterer Kopf heraus. Die Vignetten wurden größer, die Schrift trat stärker hervor. Einen wichtigen Schritt hin zu einer Ausweitung des Inhalts der bisher überwiegend Nachrichten enthaltenden Zeitungen ist die Einführung der .Gelehrten Artikel', die gängige Bezeichnung für den unterhaltenden und belehrenden Teil (Tolkemitt 1995). Dieser wurde entweder als Beiblatt geliefert oder im Rahmen einer eigenen Rubrik. Dafür wurden zum Teil Gelehrte verpflichtet, die in den betreffenden Erscheinungsorten Beiträge liefern mußten. Sonst wurden Beiträge auch schlicht aus Zeitschriften, vor allem aus den .Moralischen Wochenschriften' übernommen. Gegen Ende des Jahrhunderts wurde der gelehrte Bereich ausgeweitet. Er enthielt nun Rezensionen belletristischer Werke, Theaterkritiken, Anekdoten, Biographien, Rätsel, Reiseschilderungen, Berichte über Kunst- und sonstige Ausstellungen. In Heinrich von Kleists .Berliner Abendblättern' (1810) drängte, ausgelöst durch Zensurmaßnahmen, der literarische den Nachrichtenteil über Gebühr in den Hintergrund, weshalb die Zeitung schnell die Gunst der Leser verlor (Schulz 1990). Im Äußeren blieben die deutschen Zeitungen traditionell. Während die franz ö s i s c h e Presse während der Revolution zum Folio-Format überging und andere Länder folgten, dauerte es in Deutschland bis zum deutsch-französischen Krieg 1870/71, bis das Großformat für Extrablätter üblich wurde. Endgültig durchsetzen konnte es sich erst zum Beginn des 1. Weltkrieges. Die Gliederung des Stoffes nach Sparten ist eine Errungenschaft des späten 19. Jahrhunderts. Mit der Aufteilung in Ressorts und der Zuweisung bestimmter Seiten an diese wird die Zeitung nun inhaltlich strukturiert. Gängig ist die Aufteilung in den politischen Teil mit Außen- und Innenpolitik, den Wirtschafts(Ruß-Mohl/Stuckmann 1991) und Kulturteil mit d e m Feuilleton (Heß 1992), den Lokal- (Füth 1995), Sport- (Hackforth/Fischer 1994) und Anzeigenteil. Hinzu k o m m e n Sondersparten wie Gesundheit, Mode, Umwelt

(Glatz/Kronberger

1991), Kirche, Recht, Reise (Aigner 1992), Motor oder Wissenschaft, die ihre eigenen Problematik haben. Zugleich hat die Gliederung die Aufgabe, eine redaktionell zugewiesene Rangordnung der Themen und Inhalte herzustellen. Ausschlaggebend wird das Prinzip der journalistischen Gewichtung, einmal beim Aufbau der einzelnen Seite, dann bei dem der einzelnen Artikel, die durch die Gestaltung der Überschrift (Schneider/Esslinger 1993; Oberhauser 1993), den

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Klassifizierung

Textanfang und die Bebilderung signalisieren, welcher Wert ihnen zugeschrieben wird. Illustrationen sind zunächst selten. Sie erscheinen als Karten und als Strichätzungen. Den Durchbruch bringen die Illustrierten Zeitungen, die bald Millionenauflagen erreichen. Zentrale journalistische bzw. redaktionelle Form der Zeitung ist der Artikel, der sich auf ein bestimmtes Ereignis oder Thema bezieht und als Bericht, Nachricht, Feature, Reportage, Interview, Kommentar, Glosse oder als Mischform eine funktionale Einheit bildet. Jeder Artikel hat als obligatorisches Gestaltungselement eine Überschrift, in der der Inhalt angekündigt wird. Im Bericht werden die Sachverhalte dargestellt und die Hintergründe dazu beleuchtet. Ursprünglich beruhte der Bericht auf der Augenzeugenschaft. Dann genügte das Sammeln, Ordnen und Darstellen selbst erarbeiteter oder kritisch übernommener Einzelheiten, die zu einem Ganzen zusammengesetzt werden. Berichte haben sachlich zu sein, bündig, klar, lückenlos, objektiv und glaubwürdig. Alle möglichen und notwendigen Gesichtspunkte sollten berücksichtigt werden, wobei parteiliche Stellungnahme ausscheidet. Es gilt die Prämisse: relata refero. Während am Anfang der Berichterstattung das über das Geschehen in der Ferne steht, gebührt heute der lokalen Berichterstattung ein breiter Raum (Jonscher 1991; Herrmann 1993; Füth 1995). Politische und Wirtschaftsberichte stehen in Intelligenzblättern neben Anzeigen und öffentlichen Bekanntmachungen. Reise- und Kriegsberichte interessierten die Menschen schon lange. Die Sportberichterstattung kam erst Ende des 19. Jahrhunderts richtig in Schwung. Weitere Bereiche sind die Justiz, Kirche, Kultur, Bildung und Wissenschaft, Kunst, Technik, Verkehr, Natur, Umwelt, Beruf, Jugend, Frauen, Mode. Nachrichten sind komprimierte Berichte. Sie sollen Antwort geben auf die berühmten W-Fragen: Wer hat etwas getan oder gesagt; wann hat jemand etwas getan, gesagt oder hat ein Ereignis stattgefunden; wo fand der Vorgang statt; was ereignete sich; weshalb hat es sich ereignet; was war die Ursache und welche Folgen werden sich daraus ergeben. Wird versucht, mit Informationen auch zu unterhalten, Aufschluß zu geben über deren Hintergründe, sollen Interpretations- und Orientierungshilfen geleistet werden, eignet sich dafür besonders das Feature. Es soll zeigen, wohin eine Information führt, welchen Bedeutungskontext sie besitzt und welche Perspektiven sie eröffnet. Eingesetzt wird diese journalistische Darstellungsform vor allem im Hörfunk und in Zeitschriften, immer häufiger aber auch in Zeitungen, speziell in Wochenzeitungen. Die Darstellung der objektiven Realität als erfahrene und erfahrbare Tatsache mit allen wichtigen Details ist das Hauptmittel der Reportage. Der Autor muß also diese Realität selbst erleben, genau beobachten, gegebenenfalls erforschen. Das Recherchieren dafür nimmt einen breiten Raum ein, denn nur die authentische Erfahrung garantiert die Glaubwürdigkeit. Wichtig ist besonders das Vorbereiten der Recherche, damit die Beobachtungen gezielt, die Erfahrungen

Formen

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und Erfragungen präzise durchgeführt werden können. Je umfassender und intensiver ein Gegenstand erforscht und analysiert wurde, desto sachkundiger kann die Reportage ausfallen und desto wirksamer wird sie beim Lesen, ermöglicht Erkenntnis der Bewegungszusammenhänge und Motive, der versteckten Ursachen oder weitreichenden Implikationen. Dazu bedient sie sich aller sprachlichen und rhetorischen Überzeugungsmittel, besonders der auf Sinnfälligkeit und exemplarische Klarheit zielenden. Möglichkeiten der Montage, der assoziativen oder zufälligen Zusammenfügung an sich heterogener thematischer und sprachlicher Elemente sowie Verfremdungseffekte dienen der literarischkünstlerischen Qualität (Haller 1987). Interviews haben die Aufgabe, authentische, direkte und evtl. persönliche Stellungnahmen zu aktuellen Problemen zu erhalten. Gezielt gefragt werden Politiker, Funktionäre von Institutionen, Experten oder Stars so, daß sich in ihren Antworten ihre Persönlichkeit spiegeln kann. Hartnäckigkeit bei der Festlegung der Befragten auf die angezielte Thematik und beharrliches Nachfragen sind notwendig. Kommentare sind Meinungsbeiträge der Redakteure, meist privilegierter, besonders wenn die Kommentare als Leitartikel dienen. Es wird Stellung genommen zu Gegenständen, die in Berichten mitgeteilt werden (Eggs 1996). Selten werden die Leser mit den Thematiken erst im Kommentar vertraut gemacht. Diese sollen Interpretationshilfe erhalten, Unterstützung, bestimmte Sachverhalte zu begreifen, sie einzuordnen in die Geschehenswelt wie in ihr Weltbild. Ein Urteil des Lesers kann vorbereitet, seine Wertung unterstützt werden. Weiter soll er evtl. zu eigenständigem Handeln hingeführt und angeleitet werden. In den Kommentaren kann eine Sache betrachtet, eine Rück- oder Vorschau ausgebreitet, eine Begründung oder Stellungnahme gegeben oder für eine Überzeugung gekämpft werden. Durch den moralischen Rang des Kommentierenden kann der Leitartikel zum publizistischen Kampfmittel, zur politischen Tat werden. Die Glosse führt ein Stück weiter. Ihr Ziel ist, Willensbildung oder tätige Stellungnahme beim Leser dadurch zu erreichen, daß eine Kommentierung überspitzt wird, daß eine Meinung ironisch oder kritisch-satirisch angegriffen wird. In manchen Fällen macht sie eine Person oder eine Sache lächerlich. Der Glossierende greift meist beiläufig erscheinende Vorfälle auf, die er als Symptome tiefer greifender Wandlungen ausdeutet. Leserbriefe dienen der Leseranbindung wie der Diskussion zwischen Lesern und Redaktion bzw. der Leser untereinander. Im Feuilleton treten zu den kulturellen Berichten und Nachrichten noch hinzu die Kritiken (Theater, Film, Buch, Kunst, Musik) als unmittelbare Reaktionen auf das kulturelle Leben, sowie die Formen der literarischen und schöpferischen Gestaltung (Essay, Kurzgeschichte, Lyrik etc.), außerdem Unterhaltungsbeiträge wie Roman, Rätsel, Comics etc. (Heß 1992; Petersen 1992; Reus 1995).

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Klassifizierung

In den nicht-redaktionellen Teil gehören die Anzeigen. Sie bieten Bekanntmachungen privater und geschäftlicher Art, die für einen Kreis besonders Interessierter oder für die Allgemeinheit bestimmt sind (Baumgart 1992; Sowinski 1998). In der Zeitung wird überwiegend nicht direkt, sondern nach dem Weitergabeprinzip informiert. Die meisten Dinge, die in die Zeitung kommen, erleben die Berichtenden nicht selbst, sondern die Redaktionen erhalten Texte von den Presseagenturen (Zschunke 1994), von Öffentlichkeitsstellen aller amtlichen, institutionellen sowie lobbyistischen Einrichtungen, von Gewährsleuten und Zuträgern (Nachrichtenfluß). Es ist meist schwieriger, Unterlagen abzuwehren als zu beschaffen, so daß Redaktionen zuweilen in der Materialflut unterzugehen drohen. Die Agenturen selbst übernehmen vor allem aus anderen Medien, von anderen Agenturen, vor allem den ausländischen oder spezialisierten. Große Zeitungen können sich mehr Agenturen leisten als kleine, weshalb diese oft angewiesen sind, dies durch Hinweise auf Eigenberichte, eigene Korrespondenten selbst wenn diese Angestellte der Agenturen sind, die man sich leistet oder durch das Verschweigen der Quellen zu kaschieren. Die wichtigsten internationalen Agenturen sind die amerikanischen Associated Press (AP) und United Press International (UPI), die französische Agence France Presse (AFP), die britische Reuter (rtr), die alle ein großes Korrespondentennetz weltweit unterhalten. Früher wurde auch die ehemalige sowjetische ,TASS' hinzugezählt, seit 1992 ,JTAR-TASS' mit noch unklarer Bedeutung. Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) und der Deutsche Depeschen Dienst (ddp) sind nationale Agenturen. Darüber hinaus gibt es Spezialagenturen, etwa für die Bereiche Wirtschaft (vwd = Vereinigte Wirtschaftsdienste), Sport (sid = Sport-Informations-Dienst), Dritte Welt (Inter Press Service) oder für die Anliegen der Kirchen (epd = Evangelischer Pressedienst; KNA = Katholische Nachrichten-Agentur) (Wilke 1993; Wilke/Rosenberger 1991). Das selbständige Sammeln von Information, das Recherchieren der Journalisten, tritt durch das große Informationsangebot immer weiter in den Hintergrund.

3.2. Typen Im 20. Jahrhundert sind als wichtigste Typen herauszustellen einmal die Tageszeitungen, die meist aber nur sechsmal in der Woche erscheinen. Sie gliedern sich auf in Abonnementzeitungen, die einen Anteil von 97 Prozent besitzen, und Kaufzeitungen, die täglich um den Absatz am Kiosk oder anderen Verkaufsstellen zu kämpfen haben. Daraus ergeben sich Unterschiede in Aufmachung und Inhalt, einmal um aufzufallen (fette Schlagzeilen, viele Fotos) und um schnell gelesen zu werden (Sensationen politischer, gesellschaftlicher oder kri-

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minalistischer Natur). Eine weitere Unterscheidung signalisiert die Verbreitung der Titel: Lokal- und Regionalzeitungen befassen sich überwiegend mit lokalen und regionalen Themen. Ist das Verbreitungsgebiet klein, wird auch von standortgebundenen Zeitungen oder von Heimatpresse gesprochen. Als überregionale Zeitungen gelten in Deutschland die .Frankfurter Allgemeine Zeitung' (F.A.Z.), ,Die Welt' (Hamburg), die .Süddeutsche Zeitung' (München), die .Frankfurter Rundschau', die ,taz' (Berlin) und das .Handelsblatt' (Düsseldorf), das nur börsen-täglich erscheint und vor allem Wirtschaftsthemen bietet. Zur Überregionalität gesellt sich häufig die Qualifizierung als .meinungsbildend', sowie die Ausrichtung auf eine soziologisch vergleichsweise hoch angesiedelte Leserschaft (Akademiker). Kauf- oder Boulevardzeitungen werden vor allem am Kiosk erworben, aus Stellkästen entnommen oder von Straßenhändlern angeboten. Am wichtigsten ist die .BILD-Zeitung'. Es folgen der Kölner .Express', die Münchner A b e n d zeitung' und die Berliner ,BZ'. Der Absatz der Boulevardpresse ist rückläufig. Als weiterer Typus gelten die Wochen- und Sonntagszeitungen, bei denen ebenfalls zu unterscheiden ist zwischen Abonnement- und Kaufzeitungen. Nationale Wochen-Abonnementzeitungen sind ,Die Zeit', der .Rheinische Merkur', .Die Woche', der .Bayernkurier', die eher Hintergründe und ausführliche Kommentare für das in der vergangenen Woche aktuelle Tagesgeschehen bieten. Nationale Sonntagszeitungen sind die .Welt am Sonntag', die eher den Charakter einer nationalen Wochen-Abonnementzeitung hat, und .Bild am Sonntag', die den Kauf- oder Boulevardzeitungen ähnelt. ,Sonntag Aktuell' ist die siebte Ausgabe von 34 Tageszeitungen in Baden-Württemberg und der Pfalz. Eine weitere siebte Ausgabe bietet die .F.A.Z.' mit der .Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung' sowie die .Hessisch-Niedersächsische Allgemeine' (Kassel) mit der ,HNA/MA Sonntagszeitung'. Zum eigenständigen Typus haben sich die Anzeigenblätter entwickelt. Sie haben meist keinen oder einen nur sehr geringen Redaktionsanteil, werden kostenlos verteilt und bieten zusätzliche Insertionsmöglichkeiten. Soweit sie nicht von den traditionellen Zeitungsunternehmen herausgegeben werden, stellen sie für diese eine starke Konkurrenz dar (Kopper 1991). Supplements sind einer Zeitung beigelegte Tiefdruck-Objekte, meist mehrseitig. Sie enthalten überwiegend Fernseh- und Radioprogrammvorschauen, stellen damit eine massive Konkurrenz für die Programmzeitschriften dar. Die den überregionalen Tageszeitungen ,F.A.Z.' und .Süddeutsche Zeitung' beiliegenden Supplements bringen keine Programme, sondern Kunst- und Kulturberichte, Hintergrundinformationen sowie Spezialwissen und Unterhaltung.

4.

Aufgaben und Leistungen

4.1. Information und Öffentlichkeitsarbeit Zentralste Aufgabe ist in den frühen Zeitungen das Informieren der Leser. Der Berichterstatter teilt diesen beispielsweise mit, daß ein bestimmtes Ereignis stattgefunden hat, wer daran beteiligt war, wie es verlief, welche Ursachen und Folgen es hatte, woher die Nachricht stammt, wie zuverlässig die Information ist. Beim reinen Faktenbericht geht es um Aspekte eines Ereignisses, die sich auf die klassischen W-Fragen beziehen: Mitgeteilt wird, wer was wann wo gemacht hat bzw. wem was wann und wo geschehen ist. Peucer nennt 1690 sechs Fakten, die in jeder Meldung zu berücksichtigen seien: „Person, Sache, Ursache, Art und Weise, Ort und Zeit" (Kurth 1944, 102). Zentral ist die Personalisierung nach dem Motto: Namen sind Nachrichten (Gyger 1991). Eine hintergrundorientierte Berichterstattung stellt demgegenüber Aspekte in den Vordergrund, die sich auf die Einordnung eines Ereignisses in komplexere Zusammenhänge beziehen. Gegenstand der Mitteilung sind Ereigniszusammenhänge, Ursachen und Folgen. Reflexive Mitteilungen geben dagegen an, woher die Information stammt, welche widersprüchlichen Aussagen und Einordnungen es gibt, oder wie die Nachrichtenlage überhaupt einzuschätzen ist. Diese drei wesentlichen Möglichkeiten treten nebeneinander auf, unsortiert und unabgegrenzt voneinander. Es gibt Kombinationen, sowie vereinzelt auch Ansätze zur expliziten Wertung und Kommentierung der Aussagen. Als deren Basis sind zu unterscheiden: Kommentierung durch den Berichtenden, Wiedergabe einer Kommentierung durch Betroffene oder Beteiligte, sowie solche, bei denen auf eine allgemeine Stimmung oder auf die Meinung der Zeitgenossen verwiesen wird. Funktional sind auch die Prognosen und Erläuterungen, etwa das Ausdrücken von Hoffnung, in einem bestimmten Konflikt möge es zur Einigung kommen. Verurteilt werden Aufruhr und ungesetzliche Übergriffe. Bei kriegsvorbereitenden Maßnahmen werden die aufziehenden Gefahren betont. Dominierend ist in der frühen Presse die Grundform der ereignisbezogenen, faktenorientierten Nachricht. Andere Kurzformen wie Ankündigung, Wiederaufnahmemeldungen etc. lassen sich von den Faktenmeldungen abgrenzen. In Berichten erlaubt der größere Umfang zusätzliche Hinweise zur Einordnung, Wertung oder Kommentierung.

Information und Öffentlichkeitsarbeit

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Sonderformen sind Ereignisdarstellungen, Dokumentenwiedergaben, reine Kommentare und reflexive Meldungen. Im .Nordischen Mercurius' tauchen auch Anzeigen, Wettermeldungen, Tabellen, Gedichte und sogar eine englische ^ t o ry', „Isle of Pines", in Übersetzung (Gieseler/Kühnle-Xemaire 1995), auf. Das Spektrum von Funktionstypen ist eng begrenzt. Es fehlen alle elaborierten Typen, die sich durch ein besonderes Maß an journalistischer Bearbeitung, etwa durch Recherche, und sprachlicher Gestaltung auszeichnen würden. Ansätze für eine .räsonierende' Berichterstattung finden sich bereits im späten 17.Jahrhundert (.Relation aus dem Parnasso', Hamburg). Es dauert aber noch ein ganzes Jahrhundert, bis das Räsonnement zum redaktionellen Prinzip erhoben wird (Weber 1993, 140ff.). Zwischenzeitlich finden sich in einzelnen Korrespondenzen Wertungen und Urteile. Außerdem konnte durch Auswahl und Anordnung der Meldungen oder durch kurze erläuternde Einschübe Partei bezogen werden. Die Tendenz zur Politisierung der Zeitung ist unverkennbar, zum Willen, das Lesepublikum informativ so auszustatten, daß es sich an den Staatsgeschäften und an der Gestaltung der Gesellschaft beteiligen kann. Einfallstor der Politisierung ist der ,gelehrte Artikel', der in immer mehr Zeitungen erscheint, und der die wissensgestützte und kompetente Kommentierung von politischen Meldungen übernimmt. Immer mächtiger wird der Einfluß, den Zeitungen auf die Nation ausüben. Die Zeitung wird im Laufe des 18. Jahrhunderts zum bedeutendsten Lesestoff. In den renommierten Zeitungen wird rasch die eingreifende Hand des Redakteurs erkennbar, der die eingehenden Korrespondenzen redigiert und die Berichte nach ihrer Bedeutung ordnet. Erste Aufgabe ist es, der Chronistenpflicht zu genügen und das Geschehen gewissenhaft zu verzeichnen. Dann werden Hilfen gegeben, die Weltereignisse zu systematisieren, sie zu vergleichen und ein eigenes Urteil zu entwickeln. Mit der Französischen Revolution beschleunigt sich der Prozeß der Politisierung. Das bürgerliche Interesse an den aktuellen Geschehnissen steigert sich enorm. Man findet in den Gazetten den Stoff, an dem man die Probleme des Gemeinwesens diskutieren kann. Die Maßregelungen der napoleonischen Militärverwaltung 1792 bis 1814 verändern das Gesicht der deutschen Zeitungen. Sie müssen Auflagennachrichten aus dem amtlichen französischen .Moniteur' übernehmen, werden reglementiert und zensiert. Nach der Julirevolution von 1830 bahnt sich eine enge Verbindung zwischen parteipolitischen Gruppierungen und der Zeitung an. Ab 1848 entsteht dann eine eigentliche Parteipresse, wobei eine Aufgliederung in parteigebunden und parteiverbunden (Parteirichtungspresse) möglich ist. Berichtet wird im Sinne einer ideologischen Überzeugung, im Sinne einer privilegierten Information durch die Parteiorgane, der treuen Verfolgung der Parteilinie. Zwischen 1850 und 1860 dominiert in Deutschland die konservativ ausgerichtete Presse, zwi-

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Aufgaben und Leistungen

sehen 1860 und 1870 die liberal orientierte, zwischen 1870 und 1880 die Zentrumspresse. Die folgenden Jahre bringen den Aufschwung der sozialistischen Presse (Fischer 1981). Die Aufhebung der Zensur 1848 führt zu vielen Zeitungsneugründungen und dem Versuch, ein neues Profil der Berichterstattung zu gewinnen. Nun gab es für kurze Zeit die Gelegenheit, Nachrichten nicht nur tendenziell einzusetzen, sondern auch zu kommentieren. Allerdings wird der politische Elan durch eine verschärfte Zensur wieder eingeschränkt. Das führt dazu, Zeitungen vom , Sprechsaal '-Typ zu installieren, in denen möglichst alle Standpunkte zu einem Ereignis oder einer Sache dargelegt werden bei gleichzeitiger Distanz zu den Interessengruppen. Für den Übergang zur Massenpresse ist wichtig die Entwicklung, die die Generalanzeiger nehmen. Gegründet werden sie als Annoncenblätter. Die Haltung der Politik gegenüber ist neutral. Man konzentriert sich auf den Lokal- wie auf den Unterhaltungsteil. Generalanzeiger werden ,Zeitungen für alle'. In ihnen gilt das pragmatische Prinzip, das dem Publikum gibt, was es interessiert, nicht was es interessieren sollte. Mit dem Beginn der Massenzeitung bilden sich Ressorts heraus, die zentrale Themenbereiche bearbeiten. Die wichtigsten sind das Politische Ressort, das sein Wissen aus den Nachrichten der Presseagenturen erhält und diese redigiert. Hinzu kommen die Berichte der Korrespondenten. Aus der Vielfalt des zuströmenden Materials wird eine straffe Auswahl getroffen und dem Leser in möglichst verständlicher Form dargeboten. Das Wirtschafts-Ressort versucht die oft verwickelten und in ihren Konsequenzen häufig unüberschaubaren Geschehnisse des wirtschaftlichen Lebens in einer möglichst auch Laien zugänglichen Form zu präsentieren. Das Sport-Ressort unterrichtet über ein vor allem unterhaltendes Geschehen, das seit der Jahrhundertwende immer mehr das Interesse breiter Bevölkerungskreise fand. Als elitäres Ressort gilt meist das Feuilleton, das aus den Bereichen des geistigen Lebens, der Kultur sowie des Theaters und der Literatur berichtet. Auch über das Geschehen in anderen Medien (Fernsehen, Hörfunk) informieren die Redakteure. Das Lokal-Ressort bestimmt bei regionalen oder lokalen Abonnementsblättern im wesentlichen die Leser-Blatt-Bindung durch eine möglichst intensive Berichterstattung über das lokale und regionale Geschehen. Bei überregionalen Tages- oder Wochenzeitungen treten die lokalen und regionalen Geschehnisse zurück oder sie werden in speziellen Lokalbeilagen untergebracht. Nach heutigem deutschen Presserecht haben die Zeitungen die öffentliche Aufgabe zu informieren. Sie sollen durch ein umfassendes Informationsangebot die Voraussetzungen dafür schaffen, daß jeder Staatsbürger die in der Gesellschaft wirkenden Kräfte erkennen und selbst am Prozeß der politischen Meinungs- und Willensbildung teilnehmen kann (Herstellung von Öffentlichkeit). Informieren bedeutet dabei ,in Kenntnis setzen, Auskunft geben, berichten, orientieren'. Gegenstände des Informierens werden also hauptsächlich menschliche Hand-

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lungen sein. Außerdem kann in Verbindung mit Menschen auch orientiert werden über deren Einstellungen, Gefühle, Denkweisen etc. Vorgänge in der Natur werden für die Zeitung seltener Gegenstand sein als Ereignisse, die durch menschliches Handeln ausgelöst werden. Selbst Erdbeben oder Vulkanausbrüche werden unter Aspekten beschrieben, in denen menschliche Handlungen eine große Rolle spielen (Wie werden Menschen durch die Naturereignisse betroffen? Wie erleben sie die Katastrophen? Was tun die Betroffenen? Wer hilft ihnen? etc.). Die deutsche Zeitungslandschaft war überwiegend lokal und regional ausgerichtet, bis die nationalsozialistische Diktatur die Vereinheitlichung erzwang. Auch nach 1945 sollte der Föderalismus in der Bundesrepublik durch regionale und lokale Zeitungen und Verlage unterstützt werden. Die Amerikaner setzten als Besatzungsmacht und Lizenzgeber nach 1945 auf eine überparteiliche und unabhängige Presse, die Briten mehr auf ,Parteirichtungszeitungen'. Diese hatten den Standpunkt einer Partei zu vertreten, von dieser aber unabhängig zu sein. Die Franzosen verfuhren zum Teil nach den amerikanischen, zum Teil nach britischen Vorstellungen. Insgesamt behinderte das Lizensierungs- und Kontrollsystem der Alliierten die Gründung wie die Verbreitung von Zeitungen, beschränkte die Pressefreiheit und bescherte der deutschen Bevölkerung eine Informierung, Orientierung und Beeinflussung im Sinne der Besatzungsmächte. Die 1954 einsetzende Pressekonzentration untergrub diese Entwicklung wie die Vorstellungen der Lizenzgeber. Sie brachte eine Reduzierung des Wettbewerbs. In der Demokratie können die verschiedenen Ebenen des Gesellschaftssystems nur mittels eines übergreifenden Instrumentes, wie es die Medien allgemein und die Zeitung im besonderen darstellen, verknüpft werden. Erst durch eine Aufarbeitung' des Gesamtgeschehens kann dem Leser die ,Welt-Lage' wie die in seiner näheren Umgebung faßbar gemacht werden. Familie und Schule sind die ersten Sozialisationsinstanzen, die das Individuum durchlaufen muß, um ein Mitglied der Gesellschaft zu werden. Die Massenmedien als sekundäre Instanzen leisten die Integration in die Gesamtgesellschaft. Durch ihre ständige Präsenz und die immer aktuelle Dokumentation des sozialen Wandels sorgen sie allein dafür, daß der Prozeß der politischen Sozialisation nicht abbricht und damit soziale Erosion und Desintegration verhindert werden. Das gesamte Geschehen ihrer Umwelt erschließt sich den Bürgern über die Tageszeitung. Ihre interpersonale, die Gruppenkommunikation, die Nutzung anderer Medien, alles wird von der Lektüre der Zeitung beeinflußt. Ohne die erhaltene Information gingen die Menschen weniger in Kinos oder Theater, sie änderten ihre Konsumgewohnheiten, kauften anders oder weniger ein. Der Umgang mit Nachbarn, Berufskollegen, Freunden und Bekannten sähe anders aus, erhielte andere kommunikative Formen. Der Integrationsgrad in die Gemeinde, die Kommune könnte nicht oder weniger gut erfolgen. Das eigene wie das kommunale Leben wären eher stillgelegt. Das Fehlen des Stimulus Zeitung ließe die Kommunikation wie das aktive Leben insgesamt erlahmen. Gäbe es keinen The-

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Aufgaben und Leistungen

men-Input über die Zeitung, würde über das Neue, neu Hinzukommende nicht geredet werden. Die Gespräche könnten sich nur auf Altbekanntes beziehen, was zu ihrer Aufgabe führte. Wenn keine Zeitung erscheint, .geschieht' nichts.

4.2. Kontrolle und Kritik Der Anspruch der Zeitung, die bevollmächtigte Wortführerin der öffentlichen Meinung zu sein und damit eine Kritikfunktion gegenüber den Regierenden und Mächtigen zu haben, erklärt sich aus der Zeit, in der die Presse ein wichtiges Organ des allgemeinen Befreiungskampfes der Völker wurde. Früher als in den Parlamenten hat sich die große Masse der Beherrschten tatsächlich in den Zeitungen Möglichkeiten geschaffen, in denen sie ihre Stimme erheben konnte. Es lag in der Natur der Sache, daß gerade diese Funktion als eine unberechtigte Anmaßung, als Eingriff in wohlgefügte göttliche und menschliche Ordnungen erschien. So findet sich der Grundsatz, ein quasi öffentliches Mandat der Zeitungsschreiber und -Verleger unter keinen Umständen anzuerkennen, sondern die Kritik der Presse stets als sträflichen Übermut einzelner unruhiger Köpfe abzutun. Das Mandat zur Kritik entstand nicht aus einer Rechtsschöpfung oder einem Privileg, es entwickelte sich langsam, aber stetig, blieb zum Teil archaisch und konfus. Im historischen Werden der Zeitung entstand aber ein imposantes Werkzeug von hohem Wert, mit dem ungeschriebenen Recht der Bürger, ihre Meinung gegenüber der Obrigkeit auszudrücken. Besonders reformerische und revolutionär gestimmte Kräfte, Einzelpersonen und Gruppen, nutzten die Möglichkeit, sich zu artikulieren und für ihre Rechte zu argumentieren. Besonders Minderheiten suchten unter den Journalisten Wortführer zu gewinnen, die ihre Ansichten ins Blatt brachten und für sie kämpften. Im Kaiserreich strebten die Repräsentanten der großen Meinungszeitungen, meist die Chefredakteure, nach Einfluß auf Politik und Zeitgeschehen. Rudolf Mosse zahlte dem Chefredakteur seines .Berliner Tagblatts' das gleiche Gehalt, das der preußische Ministerpräsident bezog, um Anspruch auf Gehör und Mitwirkung zu erheben. Die von der Verfassung gewährleistete Pressefreiheit sichert das Recht auf Kritik uneingeschränkt, soweit nicht die durch das Zivilrecht (Persönlichkeitsschutz) und durch das Strafrecht (Ehrverletzung) gesetzten Grenzen überschritten werden. Sachlich begründete Kritik ist erlaubt an gesellschaftlichen Mißständen, an Einrichtungen und Personen des öffentlichen Lebens. In eigenen kritischen Beiträgen ist es den Journalisten gestattet, ihre persönliche Meinung zu äußern. Damit sollen die Leser provoziert werden, über Fragen von allgemeinem Interesse einen öffentlichen Meinungsaustausch zu beginnen, selbst in irgendeiner Richtung auf die praktische Lösung eines die Öffentlichkeit beschäftigenden Problems hinzuwirken, über die Staatsverwaltung und insbesondere

Bildung und Erziehung

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über die Verwendung öffentlicher Gelder Aufschluß zu verlangen und allfällige Mißbräuche im Gemeinwesen aufzudecken helfen. Die Grenzen der zulässigen Kritik gegenüber Politikern und öffentlichen Personen sind grundsätzlich weiter gezogen als bei Privatpersonen, da die Politiker, weil sie sich freiwillig einer aufmerksamen Kontrolle durch Öffentlichkeit und Presse aussetzen, in der politischen Diskussion wesentlich mehr einstecken müssen als andere - so die Stellung des Europäischen Gerichtshofs. Dabei kann auch das journalistische Interesse wie das der Öffentlichkeit an Tatsachen aus dem Privatleben wichtiger Persönlichkeiten, vor allem von Politikern, sogenannten absoluten Personen der Zeitgeschichte, höher bewertet werden als deren Interesse am Schutz ihrer Privatsphäre. Ein ,Recht auf Vergessen oder Verschweigen' bei Korruption, Verrat oder ähnlichen Delikten von Politikern gibt es nicht. Bei sogenannten relativen Personen der Zeitgeschichte, solchen, die durch ein bestimmtes, meist einmaliges Ereignis das Interesse der Öffentlichkeit auf sich ziehen, ist eine sorgfältige Interessenabwägung vorzunehmen. Ein Gegendarstellungsrecht gegenüber kritischen Zeitungsbeiträgen gibt es nur, wenn Tatsachendarstellungen falsch sind. Ausgeschlossen ist es bei Werturteilen, Kommentaren, Meinungsbeiträgen. Ausgeschlossen sind Gegendarstellungen auch, wenn über öffentliche Verhandlungen einer Behörde berichtet wird und die Person, die sich angegriffen fühlt, an der Verhandlung teilgenommen hat. Bei Gegendarstellungen selbst darf die Zeitungsredaktion eine Erklärung anhängen, in der sie an ihrer Tatsachenbehauptung festhält oder offenlegt, auf welche Quellen sie sich stützt. Eine eigene Richtigstellung einer Redaktion schließt das Recht auf Gegendarstellung nicht aus. Meist steht die Presse in stetem Kampf gegen staatliche oder behördliche Geheimniskrämerei. Hier ist das Recht auf Zugang zu den notwendigen Informationen gesichert, auch das der Akteneinsicht, sofern Akten offiziell erhältlich und nicht geheim sind. Das Recht zur Kritik schließt auch Kommentare ein, deckt aber nicht die Äußerungen, die aus anderen Quellen als der öffentlichen Debatte stammen. Problematisch bleibt dabei die Deklaration als geheim, weil geheim nur sein kann, was materiell geheimniswürdig ist und durch klare Normen oder kompetenzgemäßen Beschluß abgesichert ist.

4.3. Bildung und Erziehung „Die Zeitungen sind der Grund/ die Anweisung und Richtschnur aller Klugheit." Mit dieser Aussage weist Kaspar Stieler 1695 auf die wichtige Rolle der Zeitung im menschlichen Zusammenleben hin. Denn um in Politik, im Handel oder überhaupt im Leben richtige Entscheidungen treffen zu können, braucht der Mensch aktuelles Wissen. Zeitungslesen aber alleine genügt nicht, denn Urteilsvermögen und Verstand sind nötig, um die Informationen einordnen und beurteilen zu

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Aufgaben und Leistungen

können. Vorher hatte schon Christian Weise, Professor für Politik, Rhetorik und Poesie an der Weißenfelsschen Ritterakademie, auf den Wert der Zeitungen für den Unterricht verwiesen. Zudem seien sie ein Fortbildungsmittel für jeden Menschen und ein Studienobjekt für Gelehrte. Die Zeitungen werden als .erstes Fundament' der Geschichtsschreibung betrachtet. Deshalb kann man aus ihnen lernen, sich Kenntnisse aneignen. Umgekehrt wird gefordert, beim Zeitungslesen allzeit Landkarten, Stammbäume, Reisebeschreibungen, Schiffartverzeichnisse und vor allem gute Wörterbücher in allerhand Sprache zur Hand zu haben (Stieler). Das verweist auch schon auf die Tatsache, daß bald Zeitungslexika entstanden, die Vorläufer unserer Konversationslexika. Wichtig ist, daß Zeitungen vor allem Aktuelles übermittelten. Darin wird nicht nur ein Nutzen für Fürsten, Politiker und Kaufleute gesehen, sondern auch für Gelehrte, da sie einen neueren Wissensstand vermittelt bekämen als aus Büchern. Lesen befriedigt ein grundsätzliches Kulturbedürfnis. Es ist ein kultureller Akt, der die Lesenden als geistige Wesen auszeichnet. Lesen verschafft auch Sozialprestige und ist Merkmal des gebildeten Menschen. Er wünscht Aufklärung über politische und gesellschaftliche Zusammenhänge. Er will verstehen, was sich in der Nah- und Fernwelt ereignet, will der Gemeinschaft zugehören, die sich über die Geschehnisse austauscht. Mitmenschen werden oft beurteilt, ob sie Zeitung lesen, mehr aber, welche Zeitung sie lesen. An der Art der Lektüre wird erkannt, ob sich ein , kluger Kopf' damit beschäftigt, oder einer, der nur überfliegen will, um bei Sensationellem oder Trivialem hängen zu bleiben. Vermutlich ist die Zeitung auch ein Mittel, sich zurückzuziehen, sich in die Lektüre zu vertiefen, um abzuschalten. Man versteckt sich hinter der Zeitung, um sozialen Ansprüchen zu entgehen. Man schafft sich eine Privatheit, in die andere möglichst nicht eindringen sollen. Die Aufgabe zu bilden, Einkehr und Besinnung zu vermitteln, wird im allgemeinen dem Feuilleton zugewiesen. Es ist traditionell Umschlagplatz für kritische Belehrung, für Berichte aus dem Gesamtbereich der Kunst, des Reisens, für Betrachtungen als aktuellem oder überzeitlichen Anlaß, Reflexionen über das Zeitgeschehen, über die Politik, die Gesellschaft, die Menschen und Menschengruppen, für Kritik im Bereich Literatur und Theater, für viele Kleinformen in Prosa wie für Lyrik. Bis 1933 wurde das Feuilleton gemäß einer aus Paris und Wien kommenden Gewohnheit über sämtliche Zeitungsseiten verteilt, abgetrennt von den jeweiligen Sparten durch einen Trennstrich, und damit verbannt in die untere Seitenhälfte, meist jedoch sinnvoll verbunden mit dem, was über dem Strich stand. Entweder gab das zu Berichtende in Außen- und Innenpolitik, in Wirtschaft oder im Lokalen Anlaß für die kommentierenden, glossierenden, reflektierenden oder diskutierenden Texte, oder es wurde der Versuch unter-

Werbung

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nommen, zurückzugreifen und Einfluß zu nehmen auf das Tagesgeschehen (Todorow 1996). Während des Dritten Reiches war das Feuilleton wegen seiner kritischen, intellektualistischen und individualistischen Beiträge unerwünscht. Das Wort wurde mehrmals durch Sprachregelungen verboten. Erlaubt waren kunstbetrachtende oder unterhaltende Beiträge, die weltanschaulich eindeutig orientiert waren (Oelze 1990). Nach 1945 blieb von der Sparte ,unter dem Strich' nur der Zeitungsroman übrig. Sonst wurde auf ganzseitiges Feuilleton umgestellt, dessen wesentliche Beiträge kulturelle Nachrichten und Berichte sind, Kritiken und schöpferische Unterhaltung. Ergänzt wird durch künstlerische Graphik, Fotos, Karikaturen und Witze. In der regionalen Presse erfolgt oft eine Auslagerung des Feuilletons in Wochenendbeilagen, oder es gibt solche zusätzlich. Die Medien gelten in diktatorisch regierten Staaten als Instrumente der Erziehung des Menschen. In der D D R sollten die Zeitungen das Denken beeinflussen und Aktionen der sozialistischen Umgestaltung auslösen. Sie sollten zugleich den neuen sozialistischen Menschen formen, für den die Arbeit für die Gesellschaft zum ersten Lebensbedürfnis wird. Über der Erziehungsaufgabe durfte die der Unterhaltung vernachlässigt werden, bzw. es sollte bildend unterhalten und unterhaltend gebildet werden. Übergeordnete journalistische Aufgabe war es, den Menschen gestalten zu helfen, der durch schöpferische Arbeit sein eigenes Dasein revolutionär wandelt, der ständig lernt und sich vervollkommnet. Den Bürgern sollten tiefe Einsichten in die gesellschaftlichen und ökonomischen Zusammenhänge vermittelt werden, ihr wirtschaftliches Denken und Handeln in der täglichen Nutzung des ökonomischen Systems des Sozialismus waren zu fördern, Wissenschaft und Technik populär darzustellen.

4.4. Werbung D i e ersten Anzeigen waren solche für andere Druckerzeugnisse der Zeitungsverleger oder -drucken Es folgen Vorlesungsanzeigen, solche für Heilmittel und Toilettenartikel. Das ,Intelligenzwesen' widmete sich zuerst den Stellungssuchenden und -bietern. Dann folgen Handelsinserate für Bier, Wein, Leder und Tuche, Porzellan, Pfeifen, Seidenraupen und Maulbeerbäume. Todesanzeigen erscheinen seit 1783, Geburtsanzeigen seit 1793 und Heiratsanzeigen seit 1794. Im späten 18. Jahrhundert beginnt der Abdruck von Einladungen zu Bällen und Soireen. Zuerst werden mit den Anzeigen Textlücken in den Zeitungen ausgefüllt. Dann erscheinen die Annoncen oder Inserate zwischen den informierenden Texten, manchmal eingegrenzt durch eine schmale Trennlinie. Später werden Umrandungen verwendet, um die Aufmerksamkeit der Leser zu wecken. Dann

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Aufgaben und Leistungen

tauchen andere Schriften oder Schriftgrade auf, die ebenfalls Signalcharakter erhalten. Seit 1827 sind illustrierte Anzeigen bekannt. In der Zeit des frühen Hochkapitalismus wird die Anzeige zur .Königin der Werbemittel', einmal für die Inserierenden, wesentlich wichtiger aber für die Verleger, da sie einen Teil ihrer Gewinne aus der Werbung erwirtschaften. Als der Anzeigenteil Ende des 19. Jahrhunderts wirtschaftlich eine so innige Verbindung mit dem redaktionell-geistigen Teil der Zeitung einging, konnte der Zeitungswissenschaftler Karl Bücher die Zeitung als „eine Unternehmung, welche Anzeigenraum als Ware produziert, die nur durch einen redaktionellen Teil absetzbar ist", definieren. Prototyp der Anzeigen-Zeitung wurde der Generalanzeiger. Er löste weitgehend die Intelligenzblätter nach der Aufhebung des Intelligenz-Zwangs ab, wobei manche als reine Anzeigenblätter ein Geschehen am Rande des publizistischen und werblichen Geschehens weiterführten, bis sie in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Renaissance erfuhren. Vor allem die entstehenden Markenartikel bedurften einer breiten Werbung, eben um sie als .Marken' zu etablieren und den Markennamen einem breiten Publikum einzuhämmern. Frühe bekannte Markenartikel, für die auf Plakaten und in Zeitungsanzeigen vehement Reklame gemacht wurde, waren ,Kathreiners Malzkaffe', ,Kaffee Hag', ,Dr. Oetkers Backpulver',,Kupferberg Sekt', ,Odol' und ,Persil'. Seit die Anzeige wichtiger Bestandteil der Tagespresse wurde, bekämpften sie die Anhänger der .unabhängigen Presse'. Nach einem Rückgang des Anzeigengeschäftes im 1. Weltkrieg um zwischen 30 und 50 Prozent und einer zeitweisen Rationierung des Anzeigenraumes, ging in der Weimarer Zeit die Aufstiegskurve der Zeitungswerbung wieder nach oben, unterbrochen von Einschnitten in der Rezessions- und Inflationszeit. Nach 1933 wurden durch das , Gesetz über Wirtschafts Werbung' die Formen, Möglichkeiten und Bedingungen des Werbens reglementiert. Die gesamte Werbebranche wurde in den Dienst des NS-Staates gestellt. Die Werbung mußte deutsch sein, mußte Stolz auf die eigene Leistung zeigen sowie die Höherwertigkeit der eigenen Rasse herausstellen. Die in der Weimarer Zeit übliche ,Fremdländelei' wurde verboten, damit auch alteingeführte Produkt- und Firmenbezeichnungen, ausländische Fachbegriffe und Artikelnamen. Nach dem fast völligen Erliegen wurde nach 1945 durch Selbstbeschränkung und Selbstdisziplin das Werbewesen geordnet. Die Anzeigenwerbung entwickelte sich stets aufwärts, bekam allerdings starke Konkurrenz durch die Medien Funk und Fernsehen, blieb jedoch unangefochten Werbeträger Nummer eins. Sie dient dem Bemühen, Menschen so zu beeinflussen, daß sie im Interessen der Werbenden handeln. Sie will Aufmerksamkeit erwecken für die angepriesenen Produkte oder Leistungen, das Interesse für bestimmte Werbebotschaften wecken, dieses Interesse schließlich zum Wunsch verdichten, im Sinne der Werbenden zu agieren und schließlich den Wunsch aktiv zu realisieren. Die Anzeige bietet dafür die Möglichkeiten,

Werbung

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Leser gezielt zu erreichen, diesen die Werbebotschaft zur wiederholten Informationsaufnahme anzubieten, die Aufnahmemöglichkeiten individuell zu regulieren, das Gedruckte zu speichern, d.h. sich Markennamen einzuprägen. Die Information wird mit der Tageszeitung frei Haus geliefert, ist bequem zu konsumieren, kann ausgeschnitten und zum Kauf mitgenommen werden. Für den Werbenden bietet sich die kurzfristige Anmietung von Werbefläche an, anders als bei Funk und Fernsehen, w o langfristig geordnet werden muß, die selektive Streuung bei überregionalem, regionalem und lokalem Einsatz, ein fest umgrenztes Publikum, meist Abonnenten, sowie das Vertrauen, das Leser in ihre Zeitung setzen. D i e Verlage, die mit fest einkalkulierten Einnahmen rechnen, haben ihre Marketingaktivitäten 1997 in der ZMG (Zeitungs Marketing Gesellschaft) gebündelt. Bedenken haben die Verleger vor der Internet-Werbung, die den Gebrauchs-Werbe-Nutzen der Zeitung nach und nach ersetzen könnte. So bieten etwa Kommunen elektronische Stadtzeitungen mit Stellenanzeigen, aber auch Wirtschaftsinfos und Wetterkarten. Aufgliedern lassen sich Anzeigen in solche für den Einzelhandel, für das Handwerk und Gewerbe. Dann folgen Markenartikel-Anzeigen, solche für Investitionsgüter der Industrie, solche für Dienstleistungen (Banken, Versicherungen, Fluggesellschaften etc.), Familienanzeigen, Vergnügungsanzeigen,

Fremden-

verkehrsanzeigen, amtliche, politische und vermischte Anzeigen, Eigenwerbung der Verlage. Unterschieden werden noch Farbanzeigen von Schwarz-WeißAnzeigen. Wichtig sind auch den Zeitungen beigelegte Inseratblätter oder Prospekte. Über die Werbeaktivitäten und -entwicklungen unterrichten w & v. werben und verkaufen (Europa Fachpresse-Verlag, München) und Horizont. Zeitung für Marketing, Werbung und Medien (Deutscher Fachverlag, Frankfurt a.M.). In der D D R hatte die Werbung die Aufgabe, die Planrealisierung zu fördern und Mängel der Planung auszugleichen, Märkte zu erschließen, zu erweitern und zu erhalten, Bedürfnisse zu wecken und den Bedarf zu lenken, Produktion und Absatz zu realisieren und den wissenschaftlich-technischen Fortschritt zu stimulieren. Wichtig war es, eine Information über das Beworbene zu geben, die sachlich und wahrheitsgetreu sein sollte. Damit wurde die Werbung bewußt als sozialistische von der kapitalistischen abgegrenzt. Sozialistische Werbung soll Wünsche erwecken nach Waren, die für den Konsumenten objektiv notwendig und erlangbar sind. Es werden deshalb warenbezogene Eigenschaften herausgestellt und Erläuterungen über Gebrauchseigenschaften und Nutzen gegeben. Letzterer ist orientiert an der sozialistischen Ideologie, gibt Hinweise und Appelle zur sozialistischen Lebensführung. Man soll gesund leben, sich z w e c k mäßig kleiden, seine Freizeit sinnvoll gestalten, die Hausarbeit reduzieren, um mehr Arbeitskraft für die sozialistische Produktion und mehr Lebensfreude zu gewinnen.

Aufgaben und Leistungen

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4.5. Dokumentation Die Dokumentationsaufgabe ist in demokratischen wie totalitären Staaten identisch. Mit dem Bestreben, den Lesern eine möglichst umfassende Information über das aktuelle Geschehen zu geben, verbindet sich, vor allem beim Archivieren von Zeitungen und Zeitungsjahrgängen, der Anspruch nach einer Objektivität der Zeitungsinhalte, womit sich Kriterien wie Richtigkeit, Sachlichkeit, Ausgewogenheit, Transparenz oder Vielfalt verbinden. Wird unparteilich und sachlich dargestellt, was der Fall ist, so hat das Berichtete Gültigkeit über den Zeitpunkt der Wieder- und Weitergabe hinaus. Es erhält dokumentarischen Wert. Zeitungsinhalte sind bzw. enthalten damit dokumentarisches Material, dienen als Quelle für das Studium der Zeitgeschichte. Zeitungsarchive sind dann historische Quellensammlungen, was die Historiker aber lange nicht erkannten oder erkennen wollten. Vor allem die Wiedergabe der Originaläußerungen von Zeitzeugen, das Abdrucken von Reden, Parlamentsdebatten, Expertendiskussionen etc. zeigt die Dokumentationsfunktion deutlich auf.

4.6. Fazit Zusammengefaßt ergeben sich nach Heinrich 1994, 199f. folgende Produkteigenschaften der Zeitung: Räumliche Mobilität: Die Zeitung kann ohne große Transportkosten vom Leser an den jeweils gewünschten Konsumort gebracht werden. Damit kann die Zeitung mehrfach genutzt werden und wird typischerweise auch an mehreren Orten zu Hause, auf dem Weg zur Arbeit, bei der Arbeit gelesen. Sachliche Mobilität (Wahlfreiheit): Der Leser kann entscheiden, welche Teile der Zeitung er nutzt. Diese Auswahl wird dadurch erleichtert, daß die Zeitung klare Gliederungsmerkmale hat Seiten, Ressorts, Rubriken, Überschriften die es dem Leser erleichtern, die Informationen nach seinen Präferenzen zu ordnen. Zeitliche Mobilität: Der Leser kann entscheiden, wann und in welchem zeitlichen Umfang er die Zeitung nutzt, weil die Informationen zeitlich einfach gespeichert werden können. Allerdings ist der ökonomische Informationsgehalt, nämlich der Aktualitätswert einer Information, nicht lagerfähig („Nichts ist so alt und so wertlos wie die Zeitung von Gestern."). Zeitliche Intensität: Lesen erlaubt eine schnellere Informationsaufnahme als Hören oder Sehen, daher bietet die Zeitung pro Rezeptionszeit mehr Informationen als elektronische Medien.

Fazit

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Regionalisierbarkeit: Die Zeitung kann relativ kostengünstig auf regional definierte Zielgruppen (Kreis, Stadt, Stadtteil) zugeschnitten werden. -

Variierbarkeit: Die Zeitung kann in ihrer Größe (Seitenzahl) von Tag zu Tag verändert werden.

Diese objektiven Merkmale werden zum Teil auch in den Inhalten der Zeitung sichtbar. Die klassische Abonnementzeitung ist primär ein regionales oder lokales Medium. Sie ist das bei weitem bedeutendste Medium für die Lokalberichterstattung. Anzeigenblatt und Lokalfunk treten noch dahinter zurück. Die Zeitung ist ein argumentatives Medium, sie bietet (bisweilen) ausführliche Informationen zu Hintergründen und Zusammenhängen von Ereignissen. Die Akzeptanz der Medien wird traditionell durch die Dimension „Objektivität" (prozentuale Zustimmung zum Statement „berichtet wahrheitsgetreu"), „relative Glaubwürdigkeit" (Alternativentscheidung zwischen den Medien) und die „Bindung" (es würden sehr vermissen bzw. es würden sich entscheiden für) erfaßt. Hier ist der Befund für die Tageszeitung in den Dimensionen Objektivität und relative Glaubwürdigkeit im Mediavergleich betrüblich. Nur 19 Prozent der Befragten meinen, daß die Tageszeitung wahrheitsgetreu berichtet und nur 22 Prozent würden sich alternativ für die Tageszeitung entscheiden. Der Befund zur Bindung erscheint eher widersprüchlich: 63 Prozent der Befragten würden die Tageszeitung sehr vermissen, aber nur 20 Prozent würden sich für die Tageszeitung entscheiden.

5.

Gestalterische Mittel

5.1. Formale Gestaltung Für die Zeitungen des 17. Jahrhunderts verwendeten die Drucker die für den Buchdruck üblichen Maschinen und Geräte. Nötig waren die Lettern, aus denen der Satz erstellt wurde, Farbe und Papier. Solange die Zeitungen am zweispaltigen Quartformat festhielten und die Jahrgänge jeweils durchgängig paginierten, signalisierten sie, gebunden und dem Buch gleich behandelt zu werden. Die von König 1814 erfundene Zylinder-Flachform-Presse förderte einen schnelleren Druck. Rotationsdruckmaschinen ermöglichten ab 1860 höhere Auflagen. Die Linotype-Setzmaschine von Mergenthaler sorgte ab 1884 für einen schnelleren Satz. Diese Neuerungen benötigten mehr Energie als vorher. Die Apparaturen waren wenig anfällig für Abnützung. Das Satz- und Druckmaterial konnte eingeschmolzen und erneut verwendet werden. Hochdruck und Bleisatz waren perfekt und geeignet für die Etablierung der Massenpresse im 19. Jahrhundert. Der Informationsflut des 20. Jahrhunderts war das Gutenbergsche System nicht mehr gewachsen. Chemigraphie, Offsetdruck, Fotosatz, Lichtsatz, Ganzseitenumbruch am Bildschirm und Plattenbelichtung ermöglichten sowohl eine Rationalisierung der Textübermittlung und -bearbeitung wie eine solche der Druckformherstellung. In der sog. On-line-Übertragung und -produktion werden Texte ohne zwischengeschaltete Rematerialisierung des Wortes auf Papier auch über mehrere Stationen transportiert, dabei bearbeitet und gleichzeitig archiviert. Von der alten Technik blieb nur das Papier, auf dem die Zeitung ausgedruckt wird. Heute arbeiten Zeitungsredakteure ganz überwiegend am Bildschirmterminal. Agenturmaterial erscheint dort direkt, von der Redaktion erarbeitete Beiträge werden eingegeben oder eingelesen, werden hier gesichtet und bearbeitet. Bereits quellenseitig .relevant' formulierte Texte, d.h. solche von den Agenturen, von Korrespondenten oder festen bzw. freien Mitarbeitern bedürfen meist keines Redigierens. Mit Arbeitsbefehlen versehen geht der Text on-line an den Satzrechner, wo er durch vorgegebene Kommandos auf die gewünschte Spaltenzahl und -breite gebracht wird. Anschließend wird der Text belichtet und entwickelt. In der Montage wird der Text in die vorgesehene Seite auf der Grundlage eines Layout- oder Seitenspiegels integriert. Die fertigen Seiten werden fotographiert und sind damit bereit für den Offsetdruck.

Formale Gestaltung

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Eine Verkürzung des Verfahrens bietet die weitere Elektronisierung, indem Texte durch Scannen auf dem Bildschirm zu Zeitungsseiten zusammengesetzt werden. Im technischen Bereich ist dann nur noch eine Materialstufe erforderlich, die Belichtung und Entwicklung. Dieses Verfahren erlaubt die Verwendung der Zeitungsseite für die medienübergreifende Übertragung als Bildschirm- oder Videotext. Die meisten Zeitungen haben ein standardisiertes Format, durch das sie sich ebenso als möglichst unverwechselbar auszeichnen wollen wie durch ihr Layout. Für dieses sind folgende Komponenten maßgeblich: die Menge an Text im Vergleich zur Menge an Bebilderung; die typographische Gestaltung, d.h. die Wahl von Schriftgraden und Schriftschnitten oder die Verwendung von Farbe oder anderen typographischen Elementen; die Plazierung von Texten und Bildern auf der Seite; die Bestimmung, auf welcher Seite welche Texte bzw. Bilder piaziert werden. Seit der Entstehung der Richtungs- oder Gesinnungspresse charakterisiert das Layout die jeweilige Zeitung. Dieses hat als wichtigste Aufgabe, den Leser durch die Seite bzw. Seiten zu führen, auf bestimmte Beiträge hinzuweisen, Informations-, Unterhaltungs- oder Kaufreize beim Leser auszulösen. Bei den einzelnen Texten ist auf eine gute Gliederung zu achten. Von einigen Genres wie Kommentar, Leitartikel, Glosse oder Kolumne abgesehen, besteht jeder Beitrag aus Überschrift, Anlauf, Vorspann (Head) und Fließtext (Textkörper). Bei den Überschriften gilt, daß sämtliche auf einer Seite bzw. in einer Zeitung erscheinenden miteinander in Konkurrenz stehen. Wird jede individuell oder besonders marktschreierisch gestaltet, so empfindet das der Leser als Chaos. Überschriften können mehrzellig sein, wobei sich Haupt- und Unterüberschriften in der Länge unterscheiden dürfen. Der Anlauf enthält Ortsmarken, Hinweise auf die Quelle (Agentur, Korrespondenten etc.) und Datumsangaben, bei Kurzmeldungen auch Spitzmarken (kurz & bündig etc.). Im Vorspann wird der Inhalt des folgenden Beitrags so konzentriert zusammengefaßt, daß entweder ein Anreiz zum Lesen gegeben wird oder man sich mit dieser Kurzinformation begnügen kann. Der Fließtext wird in Abschnitte unterteilt, die Sinn- oder Gedankeneinheiten zusammenfassen. Eine durchschnittliche Länge von 15 Zeilen wird für Abschnitte empfohlen, da sonst der Text optisch massiv wirkt und somit für den Leser schwer überschaubar wird. Zu kurze Abschnitte können dagegen den Lesefluß stören. Längere Textpassagen werden durch Zwischentitel aufgelockert. Während bis 1990 die Ansicht galt, daß in seriösen Zeitungen, anders als in Kioskblättern, das Bild nur der Illustration und inhaltlichen Ergänzung diene, weisen neuere Untersuchungen nach, daß der Leser stets über ein Bild in eine Seite einsteigt, sofern ein solches vorhanden ist. Außerdem findet nichts in der Zeitung soviel Aufmerksamkeit wie Fotos und Grafiken (Knieper 1995). Nach den Bildern werden die Bildunterschriften konsumiert. Es folgen Schlagzeilen bzw. Überschriften, Vorspänne und Zwischentitel.

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Gestalterische Mittel

Die weitere Erkenntnis geht dahin, daß Farbfotos und Farbgrafiken natürlich die Aufmerksamkeit noch stärker anregen als solche in schwarz-weiß. Sind keine Fotos greifbar, so werden traditionell Pressezeichnungen eingesetzt. Sie tauchen am meisten in Gerichtsberichten auf, weil dort keine Aufnahmen zugelassen sind. Wichtiges Element der Illustration sind auch Karikaturen. Sie werden meist als Kommentar zu aktuellen Vorgängen gesehen und entsprechend prominent piaziert. Witzzeichnungen, Cartoons und Comic-Strips sind seit dem Entstehen der , Yellow Press' nicht mehr wegzudenken. Bei den Boulevard-Blättern werden die erste und letzte Seite mit besonderen ,eye-catchern' (Aufmerksamkeitssignalen) ausgestattet. Die Sparten- oder Ressortgliederung wird durchbrochen, da alles auf Blickfang ausgerichtet ist. Insgesamt ist Deutschland ein Entwicklungsland in Sachen Zeitungsdesign (Blum/Bucher 1998). Stagnierende Auflagen und Reichweitenverluste vor allem bei jungen Lesern machen Relaunch-Anstrengungen notwendig.

5.2. Sprachliche Gestaltung Der historische Grundbaustein der Zeitung ist die Einzelmeldung. Sie berichtet über ein Ereignis, kann ausgebaut werden durch Angaben zur Zeit, zur Dauer des Ereignisses, des Ortes, der Richtung, durch Angabe näherer Umstände, durch Verknüpfung von elementaren Meldungen zu komplexen mit den sprachlichen Mitteln der Weiterführung. Die sprachlichen Mittel, mit denen elementare Meldungen realisiert werden, sind nicht zeitungsspezifisch, sondern auch die traditionellen Grundbausteine vieler Erzähl- und Berichtstexte handschriftlicher Art, in der Chronistik wie in Rechts- und Geschäftspapieren. Zu den wichtigsten funktionalen Bestandteilen, die den Textaufbau früher Meldungen kennzeichnen, gehören Quellenangaben. Querverweise wurden aus der Kanzleitradition übernommen und weisen darauf hin, daß die Zeitungskorrespondenten vertraut waren mit der lateinischen und deutschen Geschäftssprache, mit den chronikalischen Textsorten und mit den Zeitungssprachen anderer Länder. Der in den Zeitungen häufige Bestand an Verknüpfungs-Ausdrücken hat seine Tradition ebenfalls in Rechtstexten wie in der chronikalischen Berichterstattung. Da die Zeitungen auch noch nicht abgeschlossene Ereignisse vermelden oder Neuigkeiten erst andeuten bzw. ankündigen, bedarf es der Hinweise zur Informationslage und zur Folgeberichterstattung. Die Verwendung sprachlicher Mittel ist in hohem Maße abhängig von der Thematik der vermittelten Information. Die thematischen Wortschätze der frühen Wochenzeitungen (17. Jahrhundert) sind zu beträchtlichen Teilen identisch mit den Fachwortschätzen der Sachgebiete, über die berichtet wird (Politik, Ver-

Sprachliche Gestaltung

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waltung, Militär, Seefahrt etc.). Das gilt für den eigensprachlichen Wortschatz wie für Fremdwörter. Seitens der Berichterstatter werden in den frühen Zeitungen keine besonderen Anstrengungen gemacht, die Texte verständlich und leserfreundlich zu gestalten. Allenfalls die gewisse Stereotypie bei der Verwendung sprachlicher Muster kann als Plus für den Abonnenten gesehen werden. Insgesamt war von den Lesern der Zeitungen des 17. Jahrhunderts viel gefordert. Sie mußten die Zusammenhänge in der Berichterstattung selbst herstellen. Die Syntax war zwar überwiegend einfach, soweit es sich um eine berichtende handelte, aber die zahlreichen Abdrucke diplomatischer, rechtlicher, verwaltungsmäßiger Texte sowie der Fach- und Fremdwortschatz erschwerten die Aufnahme der veröffentlichten Information. So konnten den größtmöglichen Nutzen diejenigen ziehen, die selbst im Gewerbe tätig waren, Juristen, Diplomanten, Verwaltungsleute, Kaufleute und Gelehrte (Fritz/Straßner 1996; Schröder 1995). Da gegen die Jahrhundertwende Frankreich politisch und kulturell als höherwertig angesehen wird, überflügelt das Französische zunehmend das Deutsche. Die Sprache der Zeitungen war deshalb im beginnenden 18. Jahrhundert häufig noch durchsetzt mit französischen, italienischen oder lateinischen Sprachbrocken oder mit halbeingedeutschten modischen, d. h. galanten Ausdrücken, die nicht der üblichen Verkehrssprache entstammten und ein flüssiges Verstehen der Texte erschwerten. Deshalb mußten die Leser sogenannte Zeitungslexika heranziehen, die einmal die Begriffe erklärten, ihrerseits jedoch wieder auf die Schreiber zurückwirkten und einen Standard an Begriffen und kulturellen Symbolen schufen, damit die Bedeutung der überregionalen Kommunikationsebene gegenüber den traditionalen Regionalkulturen und ihren Sprachformen. In den frühen Anzeigen überwiegen die einfachen Sätze, gefolgt von Satzgefügen, Satzverbindungen und Satzperioden. Kennzeichnend ist, daß viele Einfachsätze unvollständig bleiben, ihnen das Subjekt fehlt oder Subjekt und Prädikat zugleich. Von Beginn an wird also syntaktische Kürze bevorzugt. Die Einfachsätze dienen hauptsächlich der Darstellung von Verkaufsmodalitäten (Preis, Verkaufsort etc.), während die Beschreibung der angebotenen Ware oder Dienstleistung in der Regel in Satzgefügen erfolgt, die allerdings eine hohe Komplexität und Länge aufweisen können. Auffallend ist die Häufung passiver Konstruktionen, vor allem in den Verlautbarungen öffentlicher Institutionen, die die Amts- oder Kanzleisprache somit in den Werbebereich tragen. Die Erweiterung der nominalen Gruppe durch Attribute ist gängig, weil damit Produkt oder Produzent bzw. Verkäufer markiert werden. Im lexikalischen Bereich sind die Anzeigen sowohl bei der substantivischen wie bei der adjektivischen Wortbildung gekennzeichnet durch eine große Vielfalt von Kompositionsformen und Derivationstypen. Zahlreiche Neubildungen suchen die angebotenen Dinge zu differenzieren von anderen, ähnlichen. Fach- und Fremdwörter dienen der glei-

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Gestalterische Mittel

chen Aufgabe. Insgesamt bilden sich Textmuster heraus, die standardisiert und nur im Hinblick auf Produkt und Verkäufer variiert werden. Das auch heute zentrale Ziel der Werbung, mit der ausgesendeten Botschaft möglichst rasch und ohne Verluste die Konsumenten zu erreichen, bedingt die Knappheit der Aussage, führt zwangsläufig zu komprimierenden Komposita, zu Satzverkürzungen und -brüchen, zu asyndetischen Satzverbindungen, d. h. Reihungen ohne Konjunktionen. Die sprachliche Form setzt, wie die typographische, auf Abweichungen von der Normalsprache, auf schnelle Aufnahme und Verständlichkeit, auf Redundanz und Penetration. Der Name oder das Logo eines Produkts oder einer Firma sollen sich einprägen, der Slogan soll für möglichst lange Zeit im Gedächtnis bleiben und abrufbar sein, wo immer man dem Produkt oder der Dienstleistung begegnet. Im Slogan verdichtet sich die Quintessenz dessen, was der Käufer wissen muß. Er hat die Funktion eines Schlagwortes oder eines Schlachtrufes im Kampf um den Käufer (Sowinski 1998). Im 18. Jahrhundert ist eine langsame, aber stetig zunehmende Abstrahierungstendenz zu verzeichnen, die sich sprachlich-stilistisch zeigt in einer Zunahme der Nominalisierungen: „Der Hof zu Magdeburg hat am Sonntage als den 31 sten Januar die Trauer, wegen des Absterbens der Russischen Kayserlichen Majestät, auf vier Wochen angelegt" (Berlinische privilegirte Zeitung vom 2. Februar 1782). Hier werden Nominal- und Präpositionalkonstruktionen zusätzlich mit Genitivkonstruktionen gekoppelt, was die Komplexität des Satzes extrem erhöht. Diese Komprimierung im Versuch, alle wesentlichen Aussagen, vor allem die Antworten auf die journalistischen W-Fragen, wer, was, wann, wo, wie und warum getan oder gesagt hat, unterzubringen, ergibt sich aus der Zweckgebundenheit und Zweckgerichtetheit vor allem der Tagespresse. Die Abwendung vom Verbalstil dient der Verknappung der Aussage, ist ein sprachökonomisches Mittel, Information gedrängt, aber mit allen wesentlichen Details weiterzuvermitteln. Der Komprimierung dienen auch Abkürzungen, wie sie heute in Zeitungen nicht mehr üblich sind, z.B. Fr. für Frau, Hr. für Herr, Excell. für Excellenz, Maj. für Majestät, königl. für königlich, kayserl. für kaiserlich, glückl. für glücklich, heil, für heilig, 8ten für achten, 9=tägig für neuntägig. Eher redaktionelle Routine sind sogenannte traktierte Texte, d.h. solche, bei denen nur bestimmte Elemente in eine vorgefertigte Textschablone eingesetzt werden müssen: „Bey dem Queistischen Infanterieregimente ist der Capitain, Herr von Plötz, Major geworden, der Stabscapitain, Herr von Wrangel, hat eine vacante Compagnie erhalten, der Premierlieutenant, Herr von Kalkreuth, ist zum Stabscapitain, der Secondlieutenant, Herr von Münchow, zum Premierlieutenant, die Fähnrichs, Herren von Grävenitz und von Puttlitz, sind zu Secondlieutenants, und die gefreyten Corporals, Herren von Morgenstern und von Grumbkow, zu Fähnrichs avancirt." (Berlinische privilegirte Zeitung vom 2. Februar 1762). In diesen Trend der Standardisierung der Informationsvermittlung greift auch die technische Entwicklung ein. Seit j e war es das Hauptproblem für Herausge-

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ber und Schreiber, die Quellen und Korrespondenzen zu überprüfen, und viele Falschmeldungen und Ungenauigkeiten hatten den Zeitungen den Vorwurf eingebracht, schlecht oder unrichtig zu informieren. Eine Abhilfe brachte die Erfindung des Telegraphen und die Einrichtung von Telegraphenlinien, die für den privaten Depeschenverkehr freigegeben werden. Diese ermöglichten es, Telegraphische Correspondenzbureaus zu gründen, in Deutschland zuerst 1849. Diese schaffen sich ein Korrespondentennetz, das sie kontrollieren können. Die Zentralredaktion übernimmt das Redigieren der eintreffenden Telegramme und der etwa ausländischen Blättern entnommenen Mitteilungen, mit der Auswahl des Materials zugleich auch dessen sprachliche Bearbeitung. Wegen rasch steigender Telegraphengebühren macht sich in den Agenturen in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts ein komprimierter Nachrichtenstil breit, der zunehmend auch zu Mißdeutungen bei den Abnehmern führt. Ein Redakteur einer Zeitung mußte z.B. die Depesche: „Gegenüberoffiziosdementi bestätigen Nationalvoß Neupreßmeldung Ostkaiserbegegnung" auflösen in: „Gegenüber dem Dementi der offiziösen Blätter bestätigen die .National- und Vossische Zeitung' das von der ,Neuen Freien Presse' gemeldete Gerücht, daß eine Begegnung der Kaiser von Österreich und Rußland stattfinden werde". Erst die Nutzung der Funktechnik für die Übertragung der Agenturinformation und die Einführung des Fernschreibnetzes ab 1933 gaben den Zeitungsredaktionen wieder ausformulierte Texte vor, die sie übernehmen oder bearbeiten konnten. Abweichungen von der eher spartanischen Art der Berichterstattung zeigen sich vor allem im Bereich der Meldungen vom Hofe, vor allem, wenn dieser sich im gleichen Ort befand. So schwingt sich die .Berlinische privilegirte Zeitung' für den Privilegiengewährer Friedrich den Großen von Preußen schon zu folgenden Zeilen auf: „Gestern als an dem höchsterfreulichen Geburtstage Sr. Majestät, unseres grossen und geliebtesten Königs, da Allerhöchst Dieselben das 5Iste Jahr Dero beglückten Alters, unter den inbrünstigsten Segenswünschen aller getreuen Unterthanen angetreten, war bey Hofe zahlreiche Cour" (Nr. 14 vom 2. Februar 1762). Andere Abweichungen verraten die Individualität der Textgestalter, etwa am Anfang von Cottas .Allgemeiner Zeitung', damals noch ,Neueste Weltkunde' genannt. Der Redakteur Ernst Ludwig Posselt, Gymnasiallehrer für Geschichte und Eloquenz, befleißigt sich einer rhetorisch ausgefeilten Sprache, eines emphatischen Stils und einer Orientierung an antiken, humanistischen Idealen. Ähnlich solitär sind die Beiträge von Joseph Görres im .Rheinischen Merkur', den Jean Paul wegen seiner hymnischen Sprache einen .Milliardär in Bildern' nannte. Die Aufhebung der Zensur bzw. die Gewährung der .Preßfreiheit' 1848 gibt auch anderen Journalisten die Möglichkeit, eine individuellere Sprache zu nutzen bzw. unterschiedlichste Sprach- und Stilmuster und -mittel einzusetzen. Viele fallen aber in den folgenden Jahren wieder zurück in Texte der vorrevolutionären Zeit.

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Eine extreme Ausbildung erhält der Nominalstil im Rahmen der Schlagzeilenbildung im Laufe des 19. Jahrhunderts im Nominalsatzsystem, das vor allem in Überschriften ausgebaut wird (Sandig 1971). Waren die Korrespondenzen ursprünglich nur gegliedert durch Überschriften, die den Herkunftsort und das Absendedatum der Meldungen enthielten, später die Korrespondenzländer mit Absendeort und -datum („Italien: Rom Mailand Venedig"), so finden sich vereinzelt auch schon Überschriften, die Hinweise auf den Inhalt der Meldungen geben: „Triumphierlicher Auff vnd Einzug der Kaiserlichen Polnischen Braut vnnd Königin von Polen / namens Caeciliae Renatae In die Königl. Haupt: vnd Residentz Statt Warschaw / geschehen den 12. Septemb. 1637". Im 18. Jahrhundert wurden solche thematischen Hinführungen meist stark verkürzt. Im 19. Jahrhundert tauchen vereinzelt verbfreie Schlagzeilen auf wie „Eroberung von Algier" (Kölnische Zeitungen 1830), „Censurfrei" (Augsburger Abendzeitung 1848). Sie werden erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts häufiger, wobei der 1. Weltkrieg den Durchbruch bringt. Da sie meist ohne konkrete Information sind wie bei „Die Haltung Rumäniens" (Augsburger Postzeitung 1914) oder „Vom .Prinzen Eitel Friedrich'" (Neue Preußische Zeitung 1915), treten Verbsätze an ihre Stelle: „Der österreichische Thronfolger und seine Gattin ermordet" (Vossische Zeitung 1914). Ab 1918 läßt sich eine Erweiterung der syntaktischen Muster zum Vollsatz feststellen: „Ebert wird Reichskanzler" (B.Z. am Mittag 1918). Ab 1925 finden sich folgende Überschrift-Muster: „Vor entscheidenden Reichstagskämpfen" (Volkszeitung Heidelberg 1925), „Um die Biersteuer" (ebd.), „Schwetzingen Eppelheim 2:3" (ebd.). Nach der Analyse der Überschriften von Berichten und Nachrichten zahlreicher Tageszeitungen kommt Oberhauser (1993) zu dem Ergebnis, daß nur wenige Sprachhandlungs- bzw. Textmuster verwendet werden. Zusammenfassende neutrale Informationen über den folgenden Textinhalt („MBB angeblich an Raketen-Projekt im Irak beteiligt"), Zitate aus dem folgenden Text, besonders häufig bei Wiedergabe von wörtlicher Rede („Ein riesiger Schritt in Richtung Frieden"), Ankündigungen („Reaktor in Hamm wird stillgelegt"), Prognostizierungen („Mainzer Ministerpräsidentenwahl offenbar noch in diesem Jahr"), Erinnerungen („Kieler Affäre überschattet Parteitag"), Bewertungen, positiv („Hoher Sieg in Kiel") oder negativ („Steuerhinterzieher steuern FDP"), Emotionalisierungen („Aufregung über ein Wort des Kanzlers"), Polarisierungen („Triumpf für Engholm - Debakel der CDU"), Personalisierungen („CDU muß für Barschel büßen") sind die gängigsten. Andere relevante Muster wie auswählen oder hervorheben werden selten verwendet, während solche wie Kontakt herstellen, aufmerksam machen, Erwartungen aufbauen, neugierig machen allgemein als reizstimulierend eingeschätzt werden. Mit der Entwicklung der Zeitung zum Massenmedium, in Deutschland vor allem in Form der Generalanzeiger-Presse, erfolgte eine Veränderung in der Be-

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arbeitung der Texte. Die fortschreitende Standardisierung der journalistischen Ausdrucksformen ist Folge der industriellen Herstellungsweise. Sie vollzieht sich nach den Prinzipien der Sprachökonomie, was Einsparung auf allen Sprach- und Stilebenen bedeutet. Dabei geht es weniger um eine Ökonomisierung der Verhältnisse der Informationsmenge, die ständig ansteigt, zur Länge des Schriftsatzes, die ständig verkürzt wird, sondern vielmehr um die Vermittlung des Anscheins eines komprimierten Nachrichtenangebots, die vermeintliche Herstellung einer Entsprechung zwischen wachsender Nachrichtenfülle, ja Nachrichtenflut, und einer allgemein empfundenen ,Hast der Zeit'. So bedeutet Sprachökonomie in der Zeitung einmal eine bloße Abkürzung des sprachlichen Ausdrucks, zum anderen deutet sie auf eine .Verkürzung des Denkens' (Ludwig Marcuse) hin. Indem ein Journalist sich festlegen läßt auf die Anlage eines Artikels, sei es eine aktuelle Meldung, ein Ereignisbericht, ein Kommentar, indem er Textmuster nach sprachökonomischen Prinzipien akzeptiert und internalisiert, d.h. jeweils unbewußt anwendet, begibt er sich der Notwendigkeit und Fähigkeit, seine Stoffe zu prüfen, kritisch sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Mit ihm gewöhnt sich aber auch der Leser an die Zubereitung der Realität nach vereinheitlichenden und festgelegten Mustern, was die Aufnahme des Gelesenen oberflächlich erleichtert, in Wirklichkeit aber nur die Stereotypisierung der erfahrenen Welt vertieft. Die Standardisierung läßt sich gut an Nachricht und Bericht aufzeigen. Das zu berichtende Ereignis bzw. die weiterzugebende Äußerung oder Meinung wird aufgegliedert in eine Schlagzeile, die als visueller Anreiz für den Leser in GroßType herausgestellt wird. Dann folgt ein Lead-Satz, d.h. der Versuch, alle notwendigen informativen Aussagen im Eröffnungssatz zusammenzufassen, ebenfalls herausgestellt durch eine größere Type gegenüber den folgenden Aussagen, die nach dem Prinzip , Vom Wichtigen zum weniger Wichtigen' angeordnet werden. Redaktionell bedeutet das, daß bei Platzmangel vom Artikelschluß her soweit gekürzt werden kann, bis dieser passend ins Blatt zu bringen ist. Nach außen hin signalisiert also die Typen-Größe die Wichtigkeit der vermittelten Information. Damit wird tatsächlich für den Leser eine Orientierungshilfe angeboten, denn er kann entscheiden, ob er sich die gebotene Information zuführen will, bzw. er kann jederzeit die Lektüre abbrechen. Zugleich bewertet aber der bearbeitende Redakteur, gibt vor, was ihm wichtig scheint, womit er der Zielrichtung des Textmusters .Nachricht' bzw. ,Bericht' zuwiderhandelt. Auch die gliedernde oder hinweisende Explikation der Textillokution durch textgliedernde Zwischenüberschriften schafft eine Negativ-Definition für die Absicht, so objektiv wie möglich zu informieren. Beispiel: Ein neuer Heimatsieg (Dicke Balkenüberschrift) Der deutsche Tagesbericht (Schlagzeile mittel) Russische Stellungen vor Dünaburg gestürmt

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Der Serwetsch-Abschnitt erreicht (Lead) Scheitern eines englischen Angriffs Oestlicher Kriegsschauplatz. Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls v. Hindenburg (Zwischenüberschrift) Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern (Zwischenüberschrift) usw. durch alle Kriegsschauplätze (Frankfurter Zeitung v. 25.9.1915) Beispiel: Triumphaler Einzug des Führers in Wien (Dicke Balkenüberschrift) Der herrlichste Empfang, der j e einem Volksführer bereitet wurde Adolf Hitler: Ein Volk von Königsberg bis Köln, von Hamburg bis Wien (Überschriften) A d o l f H i t l e r , der Führer des Großdeutschen Reiches hat am Montagnachmittag, kurz nach 17 Uhr, von Linz kommend, die Stadtgrenze W i e n s überschritten. Die Millionen Volksgenossen der südlichen Metropole bereiteten dem Führer und Reichskanzler einen triumphalen Empfang, dessen Kundgebungen sich steigerten von der Bannmeile bis ins Zentrum der glücklichen Stadt. (Lead) Soweit Worte schildern können, sollen sie diese Stunde, die großen Eindrücke dieser Stunden zu schildern versuchen. Der Aufmarsch der Massen, der kurz vor Mittag begann, steigerte sich zwischen ... (Bericht, bei dem nach dem Prinzip der abnehmenden Wichtigkeit operiert wird) (Völkischer Beobachter v. 15.3.1938).

Neben den Textmustern wird auch die Textauswahl weitgehend standardisiert. Bis zum Ende des 1. Weltkrieges sind die meisten überegionalen Nachrichten Hof- und Staatsnachrichten. In ihnen übernehmen Journalisten begierig die Vorgaben der Mächtigen, der Kaiser und Fürsten während der Monarchie, des Führers und seiner Paladine während des Dritten Reiches. Sie folgen in ihrer Wortwahl den amtlichen, den offiziellen oder offiziösen Sprachmustern. Mit dieser Wirklichkeitsvermittlung über Standardisierungen und Stereotypen wird Bewußtseinssteuerung der Leser betrieben. Für den Jahrgang 1892 des .Reutlinger Generalanzeigers' läßt sich nachweisen, daß Stereotypen vor allem in den Bereichen Nation, Heimat und Sozialdemokratie zu finden waren. Von den Nationen findet nur die deutsche Anerkennung, wie die weiße Rasse die einzig akzeptable ist. Diskriminiert werden die Chinesen („Das Kinderstehlen ist bekanntlich ein häufig vorkommendes Verbrechen in China") und die romanischen Völker („In Rom hat man wieder einmal eine jener Demonstrationen erlebt, deren die ewige Stadt, wie es scheint, von Zeit zu Zeit mit einer gewissen Naturnotwendigkeit bedarf"; „Der französische Soldat neigt, wie der Soldat aller lateinischer Rassen, zur Disziplinlosigkeit"). Die Geborgenheit des Reutlingers in der kleinstädtischen Heimat wird verdeutlicht durch Attribute, die großstädtische Verhältnisse charakterisieren: „Öde Langeweile", „Spekulation", „nerven-

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erschütterndes Getöse", „Nervenheilanstalten", „Selbstmörder". Über die Sozialdemokraten wurde mit den Sozialistengesetzen das Verdikt der Heimatlosigkeit verhängt. Für den ,Reutlinger Generalanzeiger' sind sie „Aufwiegler", „großmäulige Hetzer", „gewerbsmäßige sozialdemokratische Hetzer", geprägt durch den „Geist des Hasses und des reinsten Materialismus". Diese Stereotypen setzen sich fort bis in die Anzeigen, wonach bei einer Besprechung der zur diesjährigen Übung einzuladenden Landwehrmänner Sozialdemokraten keinen Zutritt haben. Die Nominalisierungen, verbunden mit dem Gebrauch von Stereotypen und Klischees, von Schlag-, Mode-, Jargonwörtern, mit syntaktischen und stilistischen Verstößen gegen die schreibsprachliche Norm, weiter Pathos, schlechte Bilder, Gewundenheiten und Verdrehtheiten des Ausdrucks, all dies hat der Massenpresse seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Tadel eingetragen. Mit der Bezeichnung der Zeitungen als „Sprachwerkzeuge der Stunde" (Jean Paul) wird aber der Hinweis gegeben, daß die Zeitungen im wesentlichen den unmittelbaren Sprachzustand ihrer Zeit spiegeln, wenn auch noch zudem Hast und Unaufmerksamkeit bei der Produktion die Dinge verschlimmern. Diese Zeitspiegelung wird besonders deutlich in Zeiten der Zensur, wie im 1. Weltkrieg und denen der Sprachlenkung wie im Dritten Reich. Die Sprache macht dann keinen Hehl mehr aus ihrer Parteilichkeit und Ideologisierung. Sie wird vollständig in den Dienst der Propaganda und Agitation gestellt, indem alle Andersdenkenden und deren Meinungen radikal abgelehnt, ja verfolgt werden. Über die Zeitungstexte wird versucht, Emotionen zu wecken und Gefühle anzusprechen, Gefolgschaft gefordert im Sinne eines blinden Glaubens an die Vorgaben der Partei und ihrer Führer. Denken und Sprache werden bewußt manipuliert und vereinheitlicht, sie werden gleichgeschaltet'. Alle sprachlichen Äußerungen werden ideologisch verbrämt, so daß in der Presse ein Kollektivstil entsteht, der unterschiedliche Auffassungen und Wertungen nicht mehr zuläßt. Alle Aussagen werden verabsolutiert. Es finden sich keine Kennzeichen sprachlicher Relativierung mehr. Von der Totalität dieser Einvernahme der Journalisten zeugen die Parteiblätter wie ,Der Völkische Beobachter' (1920 1945), ,Der Angriff' (1927 1945), ,Das schwarze Korps, Organ der Reichsführung SS' (1935 1945), während etwa ,Das Reich' (1940 1945) Unabhängigkeit und Liberalität nur vortäuschte. Die Sprachlenkungsmaßnahmen der Nationalsozialisten hatten die Sprache der Presse im Großdeutschen Reich uniform gemacht (Abel 1968; Sündermann 1973; Toepser-Ziegert 1984 87; Kohlmann-Viand 1991). Bei Neubeginn 1945 war es möglich, zumindest in den Westzonen Sprache und Stil wieder nach funktionalen Kriterien zu gebrauchen. Das bedeutete für die ersten Zeitungen, die unterschiedlichsten Inhalte wieder in eine für sie adäquate Form zu bringen. Die Differenzierung nach überindividuellen Sprach- und Stilformen im Politik-, Wirtschafts-, Sport-, Feuilleton-, Lokal- oder Anzeigen-Bereich kann nochmals

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streuen, je nach dem Erscheinen der Beiträge in lokalen, regionalen oder überregionalen Blättern, in Tages- oder Wochenzeitungen. Das .Zeitungsdeutsch' der Anfangszeit griff zurück auf Vorbilder der Weimarer Zeit, weil die Lizenzträger und ihre Mitarbeiter vor allem aus dem verbliebenen Fundus antifaschistischer Zeitungsmacher stammten. Allerdings mußten sich einige von ihnen bald den Vorwurf gefallen lassen, nazistische Ausdrücke zu verwenden, wie überhaupt die alte „Ansicht von der schlechten Sprache der Zeitung" rasch erneut bestätigt wurde. Hans Eich, der Verfasser einer zeitungswissenschaftlichen Dissertation zu , Sprache und Stil der deutschen Presse, besonders nach 1945 und ihre Beurteilung' beklagt eine „Vermassung der Sprache", die gekennzeichnet sei durch „ständige Zurückdrängung des organischen Sprachgutes bäuerlich-regionaler Herkunft und durch fortschreitenden Ersatz der anschaulichen Sprache durch eine papieren-abstrakte, ... durch Vergröberung des Sprachempfindens und eine erschreckende Abstumpfung gegenüber den Gesetzen der Muttersprache und zugleich der Logik". Zentral ist ihm das Eindringen des,Slangs', die Häufigkeit „linguistischer Klischees in selbst seriösen Zeitungen". Eich sieht mit vielen Zitierautoritäten einen „Sprachverfall..., ohne jedoch seine angeblich unbedingte und gesetzmäßige Notwendigkeit anzuerkennen". Eich beschuldigt aber weniger die Presse, sondern die Hauptlieferanten der Thematik, Politiker, die mit ihrem politischen Jargon' dazu beitrügen, die Sprache zu verderben, Behörden und Finnen, die ihre Berichte an die Presse so verfassen, daß man nur schwer ihren Inhalt enthüllen könne, und sogar die Leserbriefschreiber, die falsche sprachliche Bilder verwendeten. Der Lokalteil sei voll von „amtsdeutschen Ausdrükken", im Sportteil sei die Herkunft der Fachsprache „von der Gasse" nicht zu leugnen. Nur die Feuilletonisten sind für ihre Übertreibungen, schwülstigen Sätze, durcheinandergeratenen sprachlichen Bilder und üblen Fremdwörter selbst verantwortlich. Als positive Beispiele im deutschen Blätterwald für sprachliche Sorgfalt werden herausgestellt die .Süddeutsche Zeitung', die ,Rhein-NeckarZeitung', die Mainzer , Allgemeine Zeitung' und die Wochenzeitung ,Christ und Welt'. Kritisiert wird bei Eich beiläufig die Sprache der Presseagenturen, etwa wenn er die f r a n k f u r t e r Hefte' zitiert: „Das einst verachtete Zeitungsdeutsch wirkt klassisch, gemessen an dem Deutsch von Dena und dpd". Für DENA-Redakteure galt die Devise: „Der deutsche Stil muß grammatisch einwandfrei sein ... Stets und ständig denke man an das Ausmerzen von Nazi-Ausdrücken; die Entnazifizierung des Wortschatzes gehört zu den Hauptaufgaben eines jeden, der Nachrichten schreibt... Den Mitgliedern der Redaktion wird nahegelegt, sich der zur Verfügung stehenden amerikanischen Zeitungen zu bedienen und aus ihnen zu lernen, was amerikanischer Stil der Nachrichtengebung ist" (Matthäus 1963; Schmitz 1988). Die von den Amerikanern als Besatzungsmacht verfügte Aufgabe, durch Sauberkeit der Sprache, Klarheit des Denkens, Überlegung bei der Wortwahl, Vermeiden ^diffuser Ausdrücke, wie z.B. ,Masse', mit denen der

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Mensch zu einem Stück Materie erniedrigt wird, zu einer Verbesserung der Deutschen, zu deren moralischer Aufrüstung beizutragen, blieb unerfüllt. Durchgesetzt hatte sich nur die Tendenz, Anglizismen und Amerikanismen gehäuft in die deutschen Texte einfließen zu lassen, womit sich für Sprachkritik und sprachpflegerische Bemühungen ein breites Betätigungsfeld ergab (z.B. Pfitzner 1978; Seidel 1982; Yang 1990; Schelper 1997). Der Einfluß der Agenturen auf die Sprache der von ihnen weitestgehend abhängigen Zeitungen hat die Entwicklung der Zeitungssprache auch sonst maßgeblich beeinflußt. Vor allem seit die dpa Hauptlieferant, bei kleineren Redaktionen einziger Lieferant der Information im überlokalen Bereich geworden ist, zeigen wesentliche Teile der Zeitung, der Ressorts der Nachrichten, Politik, Wirtschaft und Sport vor allem, aber auch der Beilagen, einen sprachlich-stilistischen Einheitscharakter, weil die erscheinenden Texte nicht mehr in der Redaktion entstehen, sondern mehr oder weniger bearbeitete Übernahmen des Agenturangebots sind. Seit der Elektronisierung der Textübermittlung und der Möglichkeit einer Kontrolle am Bildschirm, sinkt die Lust der Redakteure, die einkommende Textflut zu redigieren, zumindest sprachlich und stilistisch zu überarbeiten, die durch Übermittlungs-, Übersetzungs-, durch Zeitprobleme und menschliche Unzulänglichkeiten bedingten Fehler und Schwächen zu beseitigen. Hinzu kommt eine Unsicherheit der Redakteure, vor allem der jungen, im Hinblick auf ihre sprachliche und textuelle Kompetenz wie in der Beurteilung der Sprach- und Textkenntnisse sowie der Anforderungen ihrer Leserschaft. Texte wie „Vertreter der evangelischen und katholischen Kirche haben anläßlich des bevorstehenden 50. Jahrestages der nationalsozialistischen Novemberpogrome kritisch zur damaligen Haltung der christlichen Kirche zur Judenverfolgung Stellung bezogen", gehen deshalb unredigiert in das Blatt. In dem folgenden Artikel sind die ersten drei Sätze einfache Reihungen mit gleicher Struktur: „Der Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland sagte ... Der Bischof von Berlin, Joachim Kardinal Meisner rief auf ... Der Kardinal forderte ..." Anschließend folgt ein Satz mit der typischen Nachrichten-Struktur: „Nach Ansicht des Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde in Ostberlin, Peter Kirchner, sind in der DDR die Voraussetzungen dafür, aus der Judenverfolgung unter den Nationalsozialisten Konsequenzen zu ziehen, günstiger als in der Bundesrepublik." Dann geht es weiter: „Kirchner sagte ...". Und in dieser Anordnung und Struktur quält sich der Text Uber zwei Spalten hinweg. Das Lead-Prinzip sowie das stereotype Abhaken der sog. journalistischen WFragen wird nahezu stets mit nominalen Wendungen einzuhalten versucht, wobei die Nominalisierung über die Funktionsverb-Gefüge auch noch auf den Verbalbereich übergreift (z.B. .einen Gang machen' für ,gehen'). Das, was normalerweise in Nebensätzen mitgeteilt wird, etwa Begründungen, Folgerungen, rückt mittels der Präpositionalkonstruktionen in den eindimensionalen Satz. Die Folge ist eine Komplexität der Texte, die zugleich den Anschein vermittelt, die

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Verhältnisse und Ereignisse seien selbst wirklich so verdichtet wie der Text. Dem Journalisten erspart das simple Vorgehen nach den W-Fragen die Notwendigkeit, sich mit seinem Stoff, seiner Thematik auseinanderzusetzen und sie seinem Leser so darzubieten, daß dieser den größtmöglichen Nutzen daraus zu ziehen vermag. In den Bereichen, in denen der Journalist sich nicht anonym hinter dem Agenturkürzel oder dem des oft fälschlich behaupteten Eigenberichts (eb) verstecken kann oder muß, oder in denen es weniger um die Darstellung eines Sachverhalts, sondern um seine Kommentierung, Glossierung, Persiflierung geht, zeigt sich ein Abweichen von dem allgemeinen Trend zur Standardisierung und Nominalisierung. Dann kann sich schon die Schlagzeile ändern, der Auftaktsatz die zentralen Aussagen in den Verben ausdrücken: „Wenn er sich ärgert. Von X. Y. Wenn Gerhard Stoltenberg im politischen Geschäft Ärger überkommt, geht er in die Offensive; dann gewinnt er an Überzeugungskraft und wird alsbald mit ehrlichem Beifall belohnt." Der Erfolg, den die ,Bild'-Zeitung und die ihr folgenden Blätter mit der Zersetzung und Auflösung tradierter publizistischer Textmuster beim Massenpublikum errang, hat auf die seriöse Tagespresse wenig abgefärbt. Mit der Wandlung vom reinen Bild- zum bebilderten Textblatt begann man, Schlagzeilen als , Augenfänger* einzusetzen, den Umbruch zu dynamisieren im Hinblick auf maximale Reizeffekte für den schnellen Leser. Dieser bekam Sensationen und Exklusivitäten schreiend angekündigt, mußte sich aber dann auf einer der nächsten Seiten mit Banalitäten und Alltäglichkeiten abspeisen lassen. Das Mehr an Text führte zu einer stärkeren Politisierung, zu einer deutlichen Stellungnahme und zum Versuch, bewußt politisch zu beeinflussen. Der Text wurde nicht dem der gängigen Tageszeitungen angepaßt. Da das Nachdenken nicht erwünscht war, der Leser nur rasch überfliegen sollte, wurden ihm Häppchen von Interessantheiten, von Unglaublichem, noch nie Gelesenem geboten und mit dem Verzehr schon wieder Appetit auf den nächsten Happen gemacht. Der Häppchen-Konsum war am einfachsten zu befriedigen über eine geraffte Sprache und einen Häcksel-Stil. „Es herrschte starkes Schneetreiben. Der Wind heulte bei minus 4 Grad. Plötzlich sahen wir ein Auto. Es stand. Drinnen eine Frau und ein Kind mit blaugefrorener Nase. Der Mann zeigte unter die Kühlerhaube. Die Benzinpumpe tat es nicht mehr." Über Sprache wird bei ,Bild' der Leser gegängelt. Der simple wie komprimierte Sprachbau erleichtert diesem das Denken radikal. Starke Überredungskraft gewinnt die Sprache durch aufrüttelnde, meinungslenkende, gehäufte rhetorische Fragen („Kommt Elisabeth endlich?") wie durch geballte, Unwillen oder Ablehnung aufrührende Entscheidungsfragen („Wer hat recht? Wird der Osten harmloser oder gefährlicher?"). Die logischen Beziehungen in den Texten sind eher verwischt („Die Zuschauer reagierten mit Schiebung und Pfuirufen"). Kausalitäten aufzuzeigen ist unerwünscht; prickelnde Un-

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gewißheit reizt den Leser mehr als die Aufklärung über Zusammenhänge. Vielgestaltige Handlungssätze richten sich auf Gewalt, auf Härte, auf Stärke. Adjektivisch wird vor allem auf Emotionen, auf scharfe Urteile, auf Willensbildung gezielt („Die Engländer sind hell empört"; „Die frenetisch aufgepeitschten Fußballsoldaten"). Über Anreden wird dem Leser eine Ersatzkommunikation mit der Redaktion selbst („Alles lassen wir uns nicht gefallen!"; „Feiert ohne Reue"), mit Politikern, politischen Institutionen, vor allem aber mit den Lieblingen der Redakteure, den Film-, Show-, Theater- und Sportstars suggeriert (Pseudo-Dialogizität): „Majestät, es ist nur ein Blechschaden!"; „Gebt der kleinen Tschechin noch eine Chance." In der Zeichensetzung gibt sich die ,Bild'-Zeitung autonom, weicht ab von der Norm. Angestrebt wird damit die Vereinfachung der Sprache, die Beschleunigung des Satzrhythmus, die Erzeugung von Spannung. Erreicht wird ein Verwischen von Haupt- und Nebensächlichem. Durch die Häufung von Fragezeichen versuchen die Texte den Eindruck zu erwecken, als hätten ihre Verfasser eingehend recherchiert, nachhaltig gebohrt. Durch Ausrufe („Endlich! Die Königin kommt!") oder ihre Bündelung mit Fragen entstehen leidenschaftliche Kundgaben und beschwörende Appelle („Riesenwirbel um den deutschen Eislauf-Star! Singt Marika Kilius ihren Schlager selbst?") (Mittelberg 1967, 3 Iff.). Beim Wortschatz dominiert der, der Begleitgefühle eher wirksam werden läßt als die normale Begrifflichkeit. Emotionsbefrachtete Wörter untermauern die drastischen Bilder („In ganz Kanada herrscht Hochspannung und Erregung"), die Darstellung erregter, furchtbarer, grausiger und ergreifender Zustände („Nacht der langen Messer"; „... der seine Stieftochter, G.H., grausam verstümmelte"). Die ,Bild'-Zeitung gibt sich superlativ-freudig („So wurde der größte Torero aller Zeiten besiegt"; „Das Super-Super-Flugzeug"), affektisch („Mir summen die Zähne"), pathetisch („Zwei Gräber liegen einsam am Fuße des Hindukusch-Massivs"), teilweise vulgär, verfremdend, verzerrend („Erhard springt der SPD ins Gesicht"), dramatisierend („Seine Eltern waren bettelarm"), plump vertraulich. Elemente der Jugend- („Deutscher Quark ist alter Käse"), der Gauner(„Die Oma stand Schmiere"; „Die Männer pfiffen vor Bewunderung. Einer allerdings verpfiff sie"), der Soldaten- („,Heldenklau' in der Bundeswehr") und der Sportsprache werden besonders gern benützt. Modewörter und -Wendungen entfalten sich in Metaphern, in suggestiven, oft polemischen Schablonen, in Stilblüten, entstanden aus dem Streben nach drastischem Ausdruck und schnoddrigen Formulierungen („... daß der aus dem letzten Loch pfeifenden Zonenwirtschaft eine kräftige Spritze verpaßt wird"; „Die Bundesregierung hat die Proteste von vier Millionen Telefonbesitzern vom Tisch gefegt"). ,Bild' zeigt alle Elemente repressiver Sprache, da die Texte Informativität nur suggerieren, ihrer mangelnden Inhalte und ihrer ungewöhnlichen und unzureichenden Gestaltung wegen nur schlecht durchschaubar, auswertbar sind und für die Interpretation keine Hilfestellung gewähren. Die Diffusität dominiert

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über die ebenfalls stark vorhandenen stereotypen Bestandteile. Zwar erleichtern die letzteren die Wahrnehmungsabläufe durch das Aktualisieren der von den Lesern gespeicherten Vorstellungsbilder. Da der Text aber in sich nicht konsistent ist und die unterhaltenden und überraschenden, gaghaften Bauteile dem Informellen stets hindernd im Wege stehen, bleiben die Sprach-Torsi, als nicht Überlebens- und erinnerungsfähig, nur Wegwerfprodukte. Der Erfolg von ,Bild' lag „in einer ausgeklügelten Vermarktung psychischer Grundbedürfnisse und in der Zerstörung jeglicher Bedürfnisse nach Rationalität, dargeboten in einem Stil, der geistige Strapazen weder verrät noch dem Leser abverlangt" (Duderstadt 1975, 369). Seit 1989 ist die Redaktion, nachdem sich ganze Lesergruppen, vor allem zunehmend junge Leute gegen die Suggestivkraft der Texte und Bilder immunisieren, auf der Suche nach „neuer politischer Richtung, neuem journalistischen Stil". Aber der ist kaum zu finden, und auch die neuesten ,Bild'-Exemplare zeigen keine Anzeichen einer Sprach- und Stiländerung; alles bleibt oberflächlich, kurzatmig, zerrissen. Ab 1983 vermochte es der Verlag aber, durch Ableger die Sprach- und TextMasche von ,Bild' zu multiplizieren. Dies geschieht in ,Bild der Frau' völlig, in ,Auto'-, ,Sport Bild' und .Computer Bild' zum Teil, und bringt dem Verlag großen Erfolg bei Leserinnen und Leser. Der große Reinfall, den der Verlag 1987 mit dem bunten Dienstagsblatt ,Ja. DIE ZEITUNGSILLUSTRIERTE' erlebte, kann vielleicht damit erklärt werden, daß die Textgestaltung auffällig von der gewohnten der , Bild'-Familie abwich. Dagegen hat die ,Bild'-übliche Textzersetzung z.T. auch in den seriösen Blättern des Verlags Eingang gefunden. ,DIE WELT' und ,HÖR ZU' liefern Beispiele: „Anwalt und Arzt. ,Mann' und ,Pfitze'. Klar: Wir schreiben Uber zwei Kerle von echtem Schrot und (Doppel)-Korn. Die kernigen Knuddelbären vom Kreuzberger Kiez. Wir sehen sie jede Woche auf dem Bildschirm. Den Pfitzmann als Brockmann in seiner Praxis unterm Bülowbogen. Den Krug als Liebling in seiner Kanzlei am Mariannenplatz ..." Andere Kiosk- und Straßenzeitungen wie ,Express' oder die östereichische ,Kronen Zeitung' (Weber 1995) arbeiten wie die ,Bild'-Familie ebenfalls mit rigoroser Vereinfachung von Texten und einer starken Simplifizierung der Inhalte. Dem ,Express' wurde 1980 in einem Urteil des Kölner Oberlandesgerichts bestätigt, die Realität zuspitzen zu dürfen, zu verdichten, zu raffen bis hin zur Verfälschung. Auf das 1979 angetretene Sponti-Blatt ,Tageszeitung' (taz) richtete sich die Hoffnung, die allgemein beachtete Erstarrung und Verkrustung der deutschen Zeitungssprache überwinden zu helfen. Zwar wird eine alternative Themenwahl angeboten, eine andere Gewichtung, eine konträre Sicht- und Beschreibungsweise, die wegstrebt vom Ideal der Objektivität, hin zur eindeutigen Parteilichkeit, aber nach kurzen Anläufen der Kreativität erscheint die Redaktion ange-

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paßt, was eines ihrer früheren Mitglieder dazu brachte, sie zur erfolgreichsten Journalistenschule' der Bundesrepublik zu erklären. Die ,taz' nimmt verbal eindeutig Stellung. Bei ihr erübrigt es sich, zwischen den Zeilen lesen zu müssen. Antagonistische Interessen werden klar ausgedrückt. Der Verzicht auf verbale .Objektivität', die aus Texten Bündelungen von Stereotypen und Klischees macht, wird aufgesprengt, aber eben nur vereinzelt und nicht konsequent. Gearbeitet wird mit Anspielungen, Neubildungen etc.: „Das alte Paar und das Meer"; „Ihr guter Stern in allen Ohren"; „Frech, krumm, ölig, high"; „Frauager" statt .Manager'; „Geschichtsentsorgung"; „Hirnhardware" etc. Zur weiteren Alternativpresse liegen noch keine ausreichenden Untersuchungen vor. Äußerungen von Insidern gehen dahin, daß in der Anfangsphase „Szenen- und Politjargon, Subsprachen und Originalton" prägend waren. „Schriftsprache und Umgangston wurden identisch; das Wort nahmen sich die Betroffenen. Aus der Kritik an der distanzierten ,Kopfsprache' der systemkonformen Medien wurde der Anspruch der ,Körpersprache' abgeleitet: Sinnlich, emotional und selbstbezogen. Sprengung von sprachlichen Regelsystemen, praktizierter Anti-Perfektionismus und die .Entfesselung subkultureller Sprachen' sorgten für die ungefilterte Übertragung des täglich Erfahrenen. Während Stadtzeitungen, Szenen- und Initiativblätter Unverblümtheit und Umständlichkeit von Betroffenensprache und Info-Deutsch gleichermaßen kultivierten, entstand mit dem Aufkommen der Stadtmagazine eine bunte sprachliche Symbiose: Ein sprachlich/stilistisches Tutti-Frutti, welches Szenenjargon, gesellschafts- und kulturkritischen Small Talk und journalistische Unerfahrenheit mit den bereits verinnerlichten Sprachmarotten der großen Magazine und deren professioneller Kaltschnäuzigkeit vermischte. Je größer der Verkaufserfolg, desto höhere stilistische Qualifizierung und lesergerechte Aufbereitung, einhergehend mit einer Schwerpunktverlagerung auf das ,Blow up' von zugkräftigen Themen". Szenenschreibem wird attestiert, viele Wortschöpfungen hervorzubringen: „justizpolitisches Porzellan", „multikoalitionäres Streichorchester", „industrieschielender Sehfehler", „volkspädagogische Schreibe", „militärisch-zivile Janusköpfigkeit", „supersubjektivistischer Meinungshorror". Saloppe, rotzfreche und zynische Formulierungen versuchen alternative Pressetexte aufzulockern: „Tz-tz Herr Stadtrat! Womöglich müssen wir Ihnen bald wieder eine reinsemmeln?". „Am 9. August gab sich Hamburgs Camorra der Absahnierer in Ottensen ein Stelldichein. Auszumachen waren u. a. so ziemlich der gesamte SAGA-Vorstand nebst einigen stadtteilbekannten Abteilungsleitern und dem zerknitterten Pressesprecher, einige abgehalfterte pöstchenversorgte Bausenatoren, Reisesporthallenarchitekt und Fünfprozenthürdenläufer Martin K."; „In der bewegten Nacht vom 19. auf den 20. Dezember fand eine chemische Verwandlung eines Autos durch einen Brandsatz statt. Der Inhaber des Schrottautos ist Sachbearbeiter bei der Senatsbauverwaltung, die für die

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.Baum ab'-Kampagne des Tegeler Forstes zwecks Autobahnbau verantwortlich ist" (Präkelt 1983). In der DDR zog die Journalistikwissenschaft Erkenntnisse der Sprachwissenschaft heran, um die Öffentlichkeitswirksamkeit von Texten zu ergründen. Herausgestellt wurden der ,Stil der Publizistik' und dessen sprachliche Charakteristika: wertende lexikalische Mittel, lexikalische Expressivität und Emotionalität, Einstellungslexik, womit lexikalische Einheiten gemeint sind, die beim Empfänger eine rationale oder emotionale Einstellung zur Mitteilung hervorrufen, Mittel mit der Bedeutung der Selbstverständlichkeit, etwa ,es ist selbstverständlich', ,es ist offenkundig' und eine Auswahl von Phraseologismen. Wo der ,Stil der Publizistik' nicht als selbständiger Funktionsstil anerkannt wurde, wurden die zentralen journalistischen Genres wie Nachricht, Bericht, Leitartikel, Kommentar dem Direktivstil zugeordnet. Er hatte die Funktion der Verhaltenssteuerung, womit die Meinungsbildung impliziert war. Durchgeführte Analysen journalistischer Texte bestätigten die Erfüllung der Zielvorgaben. Erkannt wurde ein Vorherrschen des Nominalstils im informierenden Bereich der Texte, der von der Wirkung her die Abstraktion begünstige und ein sprachökonomisches Vorgehen erlaube. Nachteilig wirke er sich dadurch aus, daß die Nachricht leicht ,starr und trocken' gerate und das Verständnis erschwere. Bei den Substantiven ergab sich ein hoher Grad an Redundanz, der sich vor allem auf ideologietragende Begriffe bezog. Vollverben wurden vor allem gebraucht, wenn sie aussageschwach waren, die Textaussage eher verschwommen machten oder minderten (arbeiten, beraten, liefern, stattfinden, teilnehmen etc.). Auch bei Adjektiven wurde stereotyper Gebrauch registriert (bedeutend, brüderlich, gemeinsam, groß, wesentlich etc.). Dadurch seien die beschriebenen Gegenstände oder Vorgänge nicht konkret bildhaft dargestellt oder überzeugend gewertet worden. Formeln und stereotype Wendungen wie .beiderseitige, gegenseitige, brüderliche etc. Beziehungen vertiefen', ,enge, brüderliche, weitere Zusammenarbeit entwickeln, festigen, vertiefen', .effektive, planmäßige Produktion ermöglichen, erhöhen' seien beliebig eingesetzt worden und hatten die Funktion von .Sprachschablonen' erfüllt. Bezogen auf die Klarheit, die Fähigkeit, Dinge und Erscheinungen gedanklich adäquat, eindeutig, nicht verzerrt, verworren oder verschwommen abzubilden, erwiesen sich die Zeitungstexte als Aneinanderreihungen überlanger Sätze (Durchschnittslänge bei 22 Wörtern/Satz), als hochkomplex und kompliziert in der syntaktischen Struktur. Der prädikative Rahmen sei zu häufig gesprengt, überdehnt: „Das Protokoll sieht eine Zusammenarbeit bei der Prognose und der langfristigen Planung von Maßnahmen des Umweltschutzes, die gemeinsame Ausarbeitung von Standards und Normativen zum Schutz der Biosphäre sowie die weitere Entwicklung der wissenschaftlich-technischen Zusammenarbeit insbesondere zur Ausarbeitung von Methoden und Technologien für die Rein-

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haltung der Luft und der Gewässer und zum Schutze des Bodens vor." (Neues Deutschland, 19.11.1972). Der Einschub von Parenthesen, Relativsätzen oder von Appositionen mit den Titulaturen genannter Persönlichkeiten blähen die Sätze auf: „Die Premierengäste, unter ihnen Werner Krolikowski, Mitglied des Politbüros des ZK der SED und 1. Sekretär der Bezirksleitung Dresden, Lothar Stammitz, 2. Sekretär der Bezirksleitung Dresden der SED, Oswin Forker, Sekretär der Bezirksleitung der SED, Manfred Scheler, Mitglied des Sekretariats der Bezirksleitung der SED und Vorsitzender des Rates des Bezirkes, Hans Schubert, Mitglied des Sekretariats der Bezirksleitung und 1. Sekretär der Stadtleitung Dresden der SED, der sowjetische Dramatiker Alexej Arbusow, Werktätige aus Dresdner Betrieben, Vertreter des gesellschaftlichen Lebens und Kultur- und Geistesschaffende, nahmen das neue lebensbejahende sowjetische Bühnenwerk, die Aufführung oft durch spontanen Szenenapplaus unterbrechend, mit selten erlebtem begeisterten Beifall a u f (Sächsische Zeitung, 20.11.1972). Nominalkonstruktionen mit Präpositions- und Genitiv-Anhäufungen werden zahlreich registriert und getadelt: „Über die Aufgaben der Journalisten bei der weiteren Vertiefung des engen brüderlichen Bündnisses DDR-UdSSR in Vorbereitung des 50. Jahrestages der Gründung der Sowjetunion beriet am Freitag in Berlin der Zentralvorstand des Verbandes der Journalisten der DDR auf seiner zweiten Tagung" (Sächsische Zeitung, 4.11.1972). Lexikalische Elemente, die durch einen hohen Abstraktionsgrad bestimmt sind, im sozialistischen Sprachgebrauch vorrangig wichtige politische, ideologische und ökonomische Sachverhalten bezeichnen, ließen in ihrer Häufigkeit des Auftretens die Pressesprache der DDR als eine ,Schlagwort-Sprache' bzw. eine .Sprache der Sterotypen' erscheinen, so das Fazit der Doktoranden Detlef Natusch und Uta Weber 1975. Die , hoch verallgemeinernden Begriffe' oder .aggregierten Symbole' häuften sich z.T. so sehr auf engstem Raum „Das Buch zeige den aufopferungsvollen Kampf der KPdSU für den Aufbau des Kommunismus in der UdSSR, für die Festigung des sozialistischen Weltsystems, für die Entwicklung des internationalen revolutionären Prozesses und für die Festigung des Friedens in der ganzen Welt. Viel Raum werde in dem Buch der Entwicklung der Leninschen Lehre über die führende Rolle der Kommunistischen Partei sowie den Fragen des Parteiaufbaus eingeräumt" (Neues Deutschland, 20.11.1972), daß die Entsprechungen in der objektiven Realität von den Lesern nicht mehr erkennbar waren. An die Praktiker erging die Forderung der Wissenschaftler, in Kurztexten auf solche Begriffe zu verzichten, sie in Langtexten grundsätzlich durch konkrete Tatsachen zu belegen. Die Gefahr des Abstumpfens der Leserschaft bei ständiger Konfrontation mit diesen Stereotypen ist groß, weshalb es Aufgabe der Journalisten sei, sie ihm nahezubringen, zu erklären und die Inhalte zu festigen (Natusch/Weber 1975). In der Pressesprache der DDR wird dann die auffallend häufige Verwendung von Abkürzungen registriert. Eine Auszählung von Natusch/Weber ergab im

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,Neuen Deutschland' einen Durchschnitt von 86 Abkürzungen pro Seite. Dabei zeigten Leserbefragungen, daß diesen die Abkürzung häufig unbekannt waren, sie mit den Textinhalten nichts anfangen konnten. Zu den Abkürzungen kommt die hohe Zahl nichtallgemeinverständlicher Fremd- und Fachwörter. Hier wird vor allem der Nachrichtenagentur ADN der Vorwurf gemacht, in ihren Basistexten großzügig Spezialwortschatz zu verwenden, der eigentlich nur in Fachzeitungen, aber nicht in Allgemeinzeitungen verwendet werden dürfe. Der Anteil an Anglizismen im Fremdwortschatz war bis zur Veröffentlichung der Dissertation von Kristensson eher geleugnet worden, der im ,Neuen Deutschland' eine Gebrauchsfrequenz von etwa zwei Anglizismen je Seite nachwies. Untersuchungen westdeutscher Wissenschaftler zur Zeitungssprache der DDR stellten vor allem eine größere Gleichförmigkeit der Texte heraus (MartenFinnis 1994; Groot 1992). Sie beruhte auf der Abhängigkeit der Redaktionen von den zentralen Gremien des Staates, der Einheitspartei und vor allem des ADN. Von ihnen wurden definitorische Bedeutungsfestsetzungen (Normfestlegungen) in ideologierelevanten Bereich vorgenommen, bestimmte Benennungen bewußt unterdrückt oder tabuisiert, bestimmte Begriffe mit emotionaler Wertungskomponente zu Leitwörtern gemacht. Die Presse fungierte in der DDR als Transportmittel nicht nur der festgelegten Thematiken und ihrer Wertungen, sondern auch der festgelegten Sprache der Herrschenden. Je nach Aufgabe funktionierte sie als .Rasensprenger' im allgemeinen Informationsbereich, als .Durchlauferhitzer' im Meinungsteil. Die Lizenzpresse diente den Alliierten nicht nur dazu, die ihnen genehme Information an die deutsche Bevölkerung weiterzugeben. Zumindest die Amerikaner und Briten versuchten auch, das Ethos der Konsumenten zielbewußt zu verändern, vor allem indem sie die deutsche Pressesprache umzugestalten versuchten. Am 21. September 1945 hieß es im .Manchester Guardian', „wenn die deutschen Zeitungen zu ihrem hergebrachten Stil zurückkehrten, würden ihre Leser auch wieder in ihre alten nationalsozialistischen Gedankengänge verfallen". Der erste Chefredakteur der DENA, der von der amerikanischen Militärregierung 1945 ins Leben gerufene Nachrichtenagentur, setzte nicht nur konsequent auf Trennung zwischen Fakten und Meinung, zwischen Nachricht und Kommentar. Eugene Jolas führte mit der amerikanischen Nachrichtenform auch den amerikanischen Nachrichtenstil ein. In kontinentaleuropäischen Nachrichten wurden die Ereignisse chronologisch abgeschildert, was bei einem strengen Einhalten der Zeitfolge bedeutete, daß das Wichtigste an den Schluß geriet: „Sarajewo, 28. Juni 1914 (Telegramm unseres Korrespondenten). Als der Erzherzog-Thronfolger Franz Ferdinand und seine Gattin, die Herzogin von Hohenberg, sich heute Vormittag zum Empfange in das hiesige Rathaus begaben, wurde gegen das erzherzogliche Automobil eine Bombe geschleudert, die jedoch explodierte, als das Automobil des Thronfolgers die Stelle bereits passiert hatte. In dem darauffolgenden Wagen wurde der Major Graf Boos-Waldeck

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von der Militärkanzlei des Thronfolgers und Oberstleutnant Merizzi, der Personaladjudant des Landeshauptmanns von Bosnien, erheblich verwundet. Sechs Personen aus dem Publikum wurden schwer verletzt. Die Bombe war von einem Typographen namens Cabrinowitsch geschleudert worden. Der Täter wurde sofort verhaftet. Nach dem festlichen Empfang im Rathaus setzte das Thronfolgerpaar die Rundfahrt durch die Straßen der Stadt fort. Unweit des Regierungsgebäudes schoß ein Gymnasiast der achten Klasse (Primaner) namens Prinzip aus Grabow aus einem Browning mehrere Schüsse gegen das Thronfolgerpaar ab. Der Erzherzog wurde im Gesicht, die Herzogin im Unterleib getroffen. Beide verschieden, kurz nachdem sie in den Regierungskontrakt gebracht worden waren, an den erlittenen Wunden. Auch der zweite Attentäter wurde verhaftet, die erbitterte Menge hat die beiden Attentäter nahezu gelyncht." Dieses Prinzip, das bis 1945 üblich war, wurde radikal geändert durch die , Lead'-Technik, mit der das Wichtigste, die Antworten auf die zentralen W-Fragen in die Spitze des Artikels rückten. Nun konnte durch das redaktionsübliche Wegstreichen vom Schluß des Beitrags her nicht mehr das Wichtigste wegfallen, was auch zur Manipulation benutzt worden war, vor allem im Dritten Reich. Das mit Angaben und Tatsachen befrachtete Lead bot kaum Möglichkeiten, Meinung einzubringen. Obwohl die Zeitungsredakteure zuerst gegen den Zwang der DENA opponierten, akzeptierten sie, als diese verzichtete, den ersten Satz mit dem Lead gleichzusetzen. Üblich wurde ein Artikelaufbau, der das Wichtigste in einem kurzen Absatz voranstellte, dann die Abschilderung enthielt. Damit entfielen die Zwänge einer extremen Verdichtung in einem Aufmachersatz, die oft zu grammatischen Verstößen und zur Unverständlichkeit beim Leser geführt hatten. Der heutige Standard-Bericht in der Tageszeitung lautet etwa so: KABINETTSUMBILDUNG / FDP im Visier CSU GIBT NICHT NACH Bundeskanzler Helmut Kohl hat die Debatte um eine Kabinettsumbildung zwar für „völlig überflüssig" erklärt. Dennoch wird in der Union der Ruf nach Änderungen lauter. BONN. Nach Finanzminister Theo Waigel und dem bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber erklärte auch der stellvertretende CSU-Generalsekretär Joachim Herrmann, in der Koalition müsse sowohl über die Aufgabenverteilung in der Regierung als auch über die personelle Besetzung der Ministerien neu nachgedacht werden. Herrmann erklärte, eine Kabinettsumbildung müsse spätestens bis zum Jahreswechsel geschehen. Auch in der Bundestagsfraktion der Union gebe es „eine ganze Reihe von Stimmen, die ein personelles Aufbruchssignal vor der Wahl für richtig halten". Herrmann betonte auch, daß die CSU keinen personellen Ausgleich fordere, wenn Ende dieses Jahres das Postministerium unter Leitung des Ressortchefs Wolfgang Bötsch (CSU) aufgelöst wird. Der politische Einfluß der C S U dürfe aber keinesfalls geringer werden. Eine Verschlankung des Kabinetts sei allerdings zu begrüßen. Kritik an dem Waigel-Vorstoß kam vom Haushaltsexperten der Unions-Fraktion, Peter Jacobi: Sein Vorgehen zeige nicht gerade ein Höchstmaß an Professionalität. Aber auch

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Gestalterische Mittel er sprach sich grundsätzlich dafür aus, über eine Kabinettsumbildung noch vor der Wahl nachzudenken. Dies gelte vor allem für die Wirtschafts- und Strukturpolitik, w o sich die Liberalen bewegen müßten. Damit meinte er vor allem das von Günter Rexrodt geleitete Wirtschaftsministerium. A P / dpa Südwestpresse 185 / Mittwoch, 13. August 1997 (1. Seite)

Maßgeblich ist das Pyramidenprinzip oder das Prinzip .climax first', bei dem die Überschrift das Ereignis in komprimierter Form enthält, das Lead schon Antwort gibt auf die wichtigsten W-Fragen, der Body oder Hauptteil die Details liefert. Der Leser kann bei diesem Textaufbau entscheiden, wie weit er sich informieren will. Reicht ihm die Überschrift, reicht ihm das Lead, oder interessieren ihn auch die Einzelheiten. Seit jedoch neue Zeitungen auf dem deutschen Markt erschienen wie die ,Woche', oder die in dieser aufgegangene ,Wochenpost', entwickeln sich neue Berichtsformen. Komplexe Formen werden durch segmentierte Formen abgelöst. Aus dem Langtext wird ein Cluster aus verschiedenen visuellen und textlichen Darstellungsformen. Aufgegliedert werden z.B. Schwerpunktthemen wie etwa das fünfzigjährige Gedenken an die Unabhängigkeit Indiens in der Südwestpresse Nr. 184 vom 12. August 1997: Das ,Thema des Tages' lautet: ,Geburt einer Weltmacht'. Im themaankündigenden Kasten wird darauf verwiesen, daß die Redaktion eine ganze Seite mit Informationen über dieses Ereignis anbietet. Der Hauptbeitrag .Gandhis Erben im Kapitalismus. Die Modernisierung des Subkontinents und der Niedergang der Congress-Bewegung' liefert die Kerninformationen. Ein Photo im Hauptartikel verweist auf eine Ausstellung in Bombay, die dem legendären Führer des gewaltlosen Widerstandes gegen die Briten, Mahatma Gandhi, aus Anlaß des 50. Jahrestages der indischen Unabhängigkeit gewidmet ist. Eine neben dem Artikel stehende Informationsgraphik zeigt die Aufgliederung der Nachfolgestaaten des einstigen britischen Kolonialreiches auf dem indischen Subkontinent. Weitere Artikel bieten Informationen zu Gandhi, zur Wirtschaft Indiens, zur gesellschaftlichen Struktur des Landes und deren langsame Veränderung. Ein Artikel gilt dem Nachbarland Pakistan. Das ,Stichwort' versucht in aller Kürze die historische Entwicklung seit 1947 nachzuzeichnen. Eine zweite Form der Clusterbildung besteht im Auslagern bestimmter Bestandteile aus dem Grundtext wie im nächsten Beispiel aus der Südwestpresse Nr. 176 vom 2. August 1997: Zentral ist der Artikel ,Der Schatz aus dem Pfarrhaus. Lotte Reinigers Nachlaß unter Tübinger Dach und auch Fach?'. Er wird ergänzt durch den Kasten , Lotte Reinigers Profile „Väter des Films'" sowie durch ein Photo, das den Verfasser des Kastentextes inmitten des Reiniger-Nachlasses zeigt.

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Die Zerlegung eines Themenkomplexes und die Auslagerung von Beitragselementen in ein Cluster aus verschiedenen Darstellungsformen haben zwei Vorteile: Erstens bietet ein Ensemble aus verschiedenen Beiträgen auch verschiedene Einstiegsmöglichkeiten für den Leser und verschiedene Nutzungsmöglichkeiten. Dieser erhält ein Selektionsangebot, erhält kurze Texte geboten ohne Informationsverlust. Die Segmentierung zerlegt einmal nach thematischen Aspekten, ist funktional, weil jeweils der Blick auf bestimmte Besonderheiten gerichtet wird, gibt die Möglichkeit, unter bestimmten Blickwinkeln und Perspektiven zu werten, einzuordnen, weiterzuleiten. Entscheidend für den Leser bleibt, daß die Dekomposition der Thematik durch Kompositionshilfen wieder integrierbar gemacht wird. Kohärenzstiftende Maßnahmen sind nötig, aus den Einzelheiten wieder ein Ganzes werden zu lassen. Reflexive Möglichkeiten der Kohärenzsicherung sind etwa die deutliche Fixierung des Themas in den zentralen Überschriften, ein integrierender Vorspann, der den funktionalen und thematischen Aufbau eines Clusters erläutert, die Hierarchisierung der Cluster-Elemente durch die weiteren Überschriften, die Plazierung der Einzelartikel und der visuellen Elemente. Als Auslagerungsteile aus einem Großtext bieten sich an etwa biographische Daten, Zeittafeln, Zitate, Interviews, geographische Beschreibungen in Form von Landkarten, Informationsgraphiken. Solche Auslagerungen lassen sich auch standardisieren und über die Seiten hinweg einbringen. Bei der Anordnung der Seiten sollte Rücksicht genommen werden auf die Ergebnisse von Rezeptionsanalysen, etwa durch Blickaufzeichnungsgeräte. Der Einstieg in eine Seite erfolgt stets über ein Bild, wobei Farbbilder natürlich einen größeren Reiz erregen als Schwarz-Weiß-Bilder. Dann wandert der Blick zur Bildzeile und zu den größeren Überschriften (Hartmann 1995). Es ist deshalb sinnvoll, Bildunterschriften nicht nur in bezug auf das Bild zu formulieren, sondern auch auf den Beitrag, zu dem das Bild gehört. Bildzeilen sind gewissermaßen die Brücke zwischen Bild und Beitrag. Eine Bildzeile muß so gestaltet werden, daß sie den Leser anlockt, den umgebenden oder nebenstehenden Text auch zu konsumieren. Bildzeilen sind wie Überschriften und Leads als Brückenelemente zu betrachten, durch die ein Berichterstattungs-Cluster zusammengehalten wird. Die Clusterung in unseren Zeitungen wird begleitet durch einen verstärkten Einsatz von Bildern, z.T. in Farbe und mit größerem Format. Hinzu kommen Informationsgraphiken, die Sachverhalte visualisieren, außerdem Farbleitsysteme, die das Blatt ordnen, Logos, farbunterlegte Kästen, etwa für Kommentare, neue und größere Schrifttypen sowie großzügigere Formen des Seiten- bzw. Zeitungs-Layouts. Zeitungen werden zunehmend gestaltet in einer für eine Computer-Generation angemessenen Präsentation. Angestrebt wird, dem Lesepublikum einen schnelleren Zugriff auf die Informationen zu ermöglichen. Pressekritiker warnen angesichts der neuen Buntheit und der vielen weißbelassenen Flächen vor einem Designer- oder Lego-Journalismus. Es werde le-

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diglich die Verpackung, nicht der Inhalt verändert. Vertreter des traditionellen Journalismus sehen derzeit für die Zeitungen eine ähnliche Verflachungswelle heranrollen, wie sie Hörfunk und Fernsehen bereits überrollt habe. Es sei deshalb überlegenswert, die Berichterstattung in den Printmedien umzuwandeln, weg vom Informations- und hin zum Bedeutungsjournalismus. Das bedeutet, die reine Faktenvermittlung den schnelleren Medien zu überlassen, die Einordnung, Kommentierung und perspektivische Aufbereitung der Information dagegen als genuine Aufgabe herauszustellen. Die Zeitung böte dann eine Komplementärleistung zu Rundfunk und Fernsehen. Andere befürworten eine Umorientierung der Zeitung zum Nebenmedium, vergleichend dem Hörfunk, wobei Zeitungen nicht mehr durchgelesen werden sollen, sondern nur noch angelesen oder selektiv genutzt. Vergessen wird dabei, daß es möglich ist, investigativen Journalismus und modernes Textdesign zu kombinieren, wie es etwa die ,Woche' beweist. Vor allem haben Bilder und Graphiken in einer zunehmend der Visualisierung zuneigenden Welt ihre Berechtigung, wie sie auch beitragen, traditionelle Bleiwüsten zu beleben (Blum/Bucher 1998). Neuere sprachwissenschaftliche Untersuchungen zu Zeitungstexten liegen vor für die Bereiche Politik (Dabrowska 1998; Qiu 1997; Huhnke 1996; Predelli 1995; Fehr-Buchter 1994; Ohde 1994; Groot 1992), Krieg (Beham 1995; Liedke 1994; Dirks 1991), Gesundheit (Bock/Zafirov/Prießhäuser 1992), Reise (Schmitz-Forte 1995), Sport (Loosen 1998; Fingerhut 1991; Honauer 1990; Schäfer 1989), Wirtschaft (Drobeck 1998; Kraft/Dreyer 1997; Becker 1995), Feuilleton (Stegert 1998), Wissenschaft (Graefen 1997; Kiese 1997) sowie zu den Textsorten Nachrichten (Haß-Zumkehr 1998; Weber 1995; Wilking 1990), Bericht (Baeriswyl 1989; Zhu 1994), Reportage (Müller 1989), Kommentar (Eggs 1996; Schoenke 1996; Skog-Södersved 1993) und Leserbriefe (Fix 1993; Vogt 1989). Für die Tageszeitungen sind immer wieder sprachliche Verfallserscheinungen' konstatiert worden. Sie fand man besonders in der Sportberichterstattung, wo Banalität, Trivialität, Militarismus oder Schludrigkeit die zentralen Vorwürfe darstellen (Amstad 1978; Kroppach 1970; Schneider 1974), während etwa im Feuilleton die Hochgestochenheit, der überflüssige Zierrat, der Bilder- und Metaphernreichtum den Anlaß für die Kritik gaben. Weniger aufmerksam gemacht wurde bisher auf die Tatsache, daß die zunehmende Elektronisierung der Redaktionen die Gefahr in sich birgt, eine sprachliche Einförmigkeit hervorzubringen, da die Agenturvorlagen unredigiert übernommen werden. Wie sich in den Zeitungen der DDR die ADN-Sprache und die hinter ihr stehende Funktionärssprache multipliziert hatten, so scheint sich im wiedervereinigten Deutschland die dpa-Sprache zuerst in den Zeitungen durchzusetzen, die von dieser Agentur völlig abhängig sind. Zunehmend könnte sich das auch ausweiten, wenn die Redakteure sich eher dem ökonomischen Prinzip verpflichtet fühlen, in der Agentur ,relevant formulierte Texte', ein Ausdruck, den viele Redakteure

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gebrauchen, nicht mehr zu verändern. Dann hilft auch ein noch so großes Angebot an Parallelformulierungen anderer Agenturen oder eigener Korrespondenten nicht. Die Spielfreude, die in Redaktionen jeweils bei der Umstellung auf das Redigieren am Bildschirm zu beobachten ist, die Freude am Experimentieren, am Umformulieren, läßt offensichtlich schnell nach. Ohne unken zu wollen, soll doch die Gefahr zumindest gesehen werden, daß weite Teile der neudeutschen Pressesprache zur dpa-Sprache degenerieren könnten.

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Der Drucker und Buchhändler Johann Carolus richtet im Dezember 1605 an den Rat der Stadt Straßburg das erste bekannte Gesuch um ein Privileg für gedruckte Zeitungen. Er habe die wöchentlich eintreffenden Nachrichtenbriefe käuflich erworben, handschriftlich kopiert und gegen Bezahlung an einen begrenzten Abonnentenkreis weitergeleitet. Weil das Abschreiben aber zu viel Zeit beanspruche, habe er eine Druckerei gekauft und wolle nun die Zeitungen dort vervielfältigen (Weber 1992). In den frühen Zeitungen werden die Meldungen in Nachrichtenblöcken abgedruckt. Die Reihung der Blöcke spiegelt den Posteingang zwischen den Druckterminen. Kommentierung ist unüblich. Die Beschränkung auf einfache typographische Reproduktion der Korrespondenzen erübrigte Anforderungen an professionelle journalistische Qualifikation oder akademische Bildung, weshalb das Zeitungsmachen lange Zeit Sache des sub- und nichtakademischen Dienstleistungsgewerbes blieb. Die Zeitungsmacher hatten deshalb auch keinen besonders guten Ruf. So heißt es in Hönns ,Kurz eingerichtetem Betrugslexikon' von 1720: „Zeitungs-Schreiber betrügen ... wenn sie eine Begebenheit, welche sich an einem Orte zugetragen haben soll, ohne Not vielfältig wiederholen, und damit nur die Blätter voll werden mögen, von vielen Orten konfirmieren ... wenn sie aus Mangel dessen, was sie schreiben sollen, Dinge berichten, an deren Wissenschaft der Welt doch nichts gelegen ... wenn sie bei Ermangelung der Materie, die Blätter vollzumachen, alte Histörchen in die Zeitungen mit ein drucken lassen, und solche für neue, und als ob sie kürzlich passieret wären, ausgeben." Die hohen Gewinnmöglichkeiten, die regelmäßigen und gut kalkulierbaren Auslastungen der Druckkapazitäten sind ursächlich für die erbitterte Konkurrenz unter den Verlegern. Das Zeitalter der Aufklärung bringt es mit sich, daß alle an der Produktion Beteiligten sich zunehmend auch als Aufklärer begreifen, in die Diskussion der Zeit eingreifen und Information bzw. Diskussionsstoff bereitstellen, um die Leser zu eigenem Urteil zu bringen und beizutragen zu einer größeren , Vollkommenheit' der gesellschaftlichen Verhältnisse. Über die Zeitungen vermitteln ihre Macher die Gedanken der Aufklärung im ganzen Land und popularisieren sie zugleich. 1797 richtete der Verleger Cotta für seine .Neueste Weltkunde' die erste hauptamtliche Redaktion für eine deutsche Zeitung ein. Er zahlte hohe Honorare

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nicht nur den drei Redakteuren, sondern auch den Korrespondenten, die er überwiegend selbst gewann. 1784 beschreibt Karl Philipp Moritz den Journalisten der Zukunft: „Wer eine solche Zeitung schreiben will, muß selbst, soviel er kann, mit eigenen Augen beobachten, und wo er das nicht kann, muß er sich an die Männer halten, die eigentlich unter das Volk, und in die verborgensten Winkel kommen, wo das Edelste und Vortrefflichste sowohl, als auch das Häßlichste und Verabscheuungswiirdigste, sehr oft versteckt zu sein pflegt." Moritz fordert einen „unbescholtenen Charakter, denn nur das berechtigt, mit einer edlen Freimütigkeit öffentlich vor dem Volke zu reden und zu schreiben". 1791 schlägt ein anonymer Verfasser im ,Journal von und für Deutschland' vor, die Einrichtung eines „vom Staate angenommenen Zeitungsschreibers" zu schaffen. Vor allem die Journalisten bedeutender Zeitungen betrachteten sich „dank ihrer Ausbildung und der dadurch begründeten Maßstäbe und Ziele, dank ihrer Selbsteinschätzung und dank der Zusammensetzung der Ansprüche ihrer Auftraggeber und Leser im 19. Jahrhundert auch in ihrem politischen Beruf vorwiegend als Gelehrte. Sie neigten dazu, eine wissenschaftliche Auffassung und Methode auch in ihrer journalistischen und redaktionellen Arbeit zur Geltung zu bringen. Noch in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts gebrauchte man in Deutschland die Bezeichnung Zeitungsschreiber und Doktor als Synonym" (Engelsing 1976, 406). Dagegen warf Ferdinand Lassalle 1863 den Zeitungsschreibern vor, sie seien halbgebildet, verlernten innerhalb kurzer Berufstätigkeit auch das wenige noch, richteten sich geistig und sittlich zugrunde und würden zu blasierten, ernstlosen, an nicht Großes mehr glaubende Menschen, die nur noch die Macht erstrebten. Mit dem Übergang zur Massenpresse drängten sich neue Schichten in immer zahlreicher werdende journalistische und Redakteurstellen die Zahl der Redakteure bei der , Vossischen Zeitung' vermehrte sich zwischen 1850 und 1900 von vier auf fünfhundert , die häufig unzureichende Voraussetzungen mitbrachten. Zudem versuchten Studienabbrecher Erwerbsmöglichkeiten bei den Zeitungen zu finden, wodurch sich rasch der öffentliche Eindruck zu Unprofessionalität und Unzulänglichkeit einstellte (Requate 1995). 1888 äußerte der Journalist Dr.Eduard Reich in der .Deutschen Presse': „Die Zeitungsschreiberei, welche der edelste und heiligste Beruf und hochgeachtet sein sollte, ist durch das Drängen erwerbssüchtiger Geschäftsleute und die Jämmerlichkeit der Scribenten zu dem profansten Berufe geworden, dessen gewöhnliche handwerksmäßige Ausübung das Volk auf das Empfindlichste in seiner ganzen leiblichen und sittlichen Gesundheit schädigt." Entsprechend dem Auseinanderdriften unterschied man im kaiserlichen Deutschland zwischen ,priesterlich' stilisierten ,Publizisten' mit zumeist akademischer Ausbildung und den ,bloßen' Journalisten, die öfters durch Kaiser Wilhelm II und Bismarck diskredidiert wurden. Das

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Streben nach einer berufsqualifizierenden Journalistenschulung wurde deshalb immer stärker, zugleich mit dem Ruf nach der Einrichtung zeitungswissenschaftlicher Institute an den Universitäten. Die Professionalisierungstendenzen setzten sich trotz des Widerstands weiter Kreise etablierter Journalisten während der Weimarer Zeit zögernd fort. Sie endeten in der „staatlichen Anerkennung des zeitungswissenschaftlichen Studiums für die journalistische Ausbildung" durch die Nationalsozialisten. Die im , Reichs verband der Deutschen Presse' organisierten Journalisten vollzogen am 30. April 1933 ihre Anpassung an das NS-Regime. Zu ihrem Vorsitzenden wählten die Delegierten einstimmig den NS-Reichspressechef Otto Dietrich. Juden und Marxisten wurden aus dem Verband ausgeschlossen. Ab Oktober 1933 regelte das Schriftleitergesetz die Zulassung zum bisher freien Journalistenberuf. Es entband die Redakteure vom politischen Weisungsrecht ihrer Verleger und nahm sie in die Pflicht des Staates. Die Überwachung der Journalisten erfolgte durch die Reichspressekammer, einer Untergliederung der als Körperschaft des öffentlichen Rechts errichteten Reichskulturkammer. Durch die Pflicht zur Eintragung in eine sogenannte Berufsliste für ,Schriftleiter' wurden im Laufe des Jahres 1934 etwa 1300 Zeitungsleute ,berufsenthoben'. Von 1935 bis 1939 betrieb die Reichspressekammer in Berlin die Reichspresseschule, in der der Nachwuchs an Tageszeitungsjournalisten ausgebildet wurde (Müsse, 1995). Die Gängelung der Journalisten erfolgte weiter über die Etablierung spezieller Berufsgerichte. Über die tägliche Reichspressekonferenz in Berlin erhielten die Redakteure nicht nur Informationen, sondern vor allem Instruktionen, wie die Regierung über Ereignisse denke und in welcher Weise sie erwartete, diese Meinung unters Volk zu bringen. Tag für Tag erteilten Vertreter der Regierung in der Pressekonferenz den ausgewählten Redakteuren und Korrespondenten Anweisungen, welche Themen akzeptabel waren und wie sie behandelt werden mußten. Dabei wurde manches als Anregung formuliert, anderes verbindlich gemacht bis hin zur Sprachregelung (Anweisung vom 20.11.1937: „Über Greta Garbo darf freundlich berichtet werden"; Anweisung vom 11.8.1936: „Die Formulierungen .katholisches Volk', ,Kirchenvolk', .evangelisches Volk' sind unbedingt zu vermeiden. Es gibt nur ein deutsches Volk, und die Zeitungen haben unter allen Umständen zu vermeiden, Artikel und Berichte anzufangen mit dem Hinweis: „Wir Katholiken ..." ... Alle Zeitungen, die dagegen verstoßen, werden belangt"; Anweisung vom 16.3.1939: „Die Verwendung des Begriffs ,Großdeutsches Weltreich' ist unerwünscht. Letzteres Wort ist für spätere Gelegenheiten vorbehalten"; Anweisung vom 6.10.1941: „Es soll nicht mehr von sowjetischen oder sowjetrussischen Soldaten gesprochen werden, sondern höchstens von ,Sowjetarmisten' oder schlechthin von Bolschewisten, Bestien oder Tieren"). Das durch die Verschmelzung des ,Wölfischen Telegraphen-Büros' und der ,Telegraphen-Union' geschaffene staatliche .Deutsche Nachrichtenbüro' (DNB)

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verbreitete sogenannte Auflagen-Nachrichten, die unverändert in den Zeitungen weiterzugeben waren. Diese Vorgaben sowie die Unsicherheit der einzelnen noch tätigen Journalisten führte dazu, daß schon 1934 über die ,Eintönigkeit' der deutschen Zeitungen geklagt wurde. Nach Goebbels sollte die Presse „monoform im Willen und polyform in der Ausgestaltung des Willens sein". Journalistisch tätig werden konnte ab 1936 nur, wer für sich und seinen Ehegatten den Nachweis der Abstammung von Vorfahren „deutschen oder artverwandten Blutes" bis zum Jahre 1800 erbringen konnte. Die .Schriftleiter' wurden verpflichtet, aus den Zeitungen alles fernzuhalten, was geeignet sei, „die Kraft des Deutschen Reiches nach außen oder im Innern, den Gemeinschaftswillen des deutschen Volkes, die deutsche Wehrhaftigkeit, Kultur oder Wirtschaft zu schwächen" (Schriftleitergesetz vom 4.10.1933). Die Praxis der Presseanweisungen wurde auch von der DDR übernommen: „Allwöchentlich donnerstags nach der Sitzung des Politbüros und nach der Sitzung des ZK-Sekretariats (mittwochs) versammelten sich die Chefredakteure der in Berlin ansässigen Zeitungen der SED und der Massenorganisationen, aber auch der Leiter des Presseamtes der Regierung in der Abteilung Agitation zur politischen Tränke. Dort wurden die politischen Sprachregelungen ausgegeben für die Propagierung der Parteibeschlüsse, für die aktuelle innen- und außenpolitische Berichterstattung und Kommentierung. Am selben Tag, unmittelbar nach dem ,Linie'-Empfang im ZS rief der Leiter des Presseamtes die Chefs der Blockzeitungen zu sich und verabreichte ihnen nicht minder autoritativ die Richtlinien, die durch ihn zu Regierungsempfehlungen geworden waren. Die Redaktionen der Bezirkszeitungen wurden per Fernschreiben von den Agitations-Dekreten in Kenntnis gesetzt. Über den , Ticker' wurden auch täglich aktuelle Hinweise, Gebote und Verbote, an die Redaktionen übermittelt. Die in Berlin zu Hause waren, wurden noch bis unmittelbar vor Redaktionsschluß telefonisch von Mitarbeitern der ZK-Abteilung auf Nachrichten aufmerksam gemacht, die nicht unter den Tisch fallen durften oder je nach taktischem Ermessen besonders groß auf Seite 1 oder unauffällig auf den Innenseiten zu placieren waren" (Schabrowski 1991, 91). Journalisten sind als soziale Individuen durch ihre komplexe Voraussetzungssituation bestimmt. Diese enthält spezifische Bedingungen, Bestimmungen und auch Beschränkungen, so etwa sozio-ökonomische (Rolle, Status, wirtschaftliche Lage), sozio-kulturelle und kognitiv-intellektuelle (Bildung, Erfahrung, Weltkenntnis, Kenntnisse über kommunikative Prozesse, Textkenntnisse), biographisch-psychische (persönliche Kompetenzen und Dispositionen, aktuelle biographische Situationen, Absichten etc.). Journalisten beteiligen sich an der Produktion öffentlicher Aussagen, sind schöpferisch gestaltend, auswählend oder kontrollierend tätig, indem sie sich ein Bild, eine Vorstellung machen von den Gegenständen, mit denen sie es zu tun haben, aber auch von den Adressaten ihrer Botschaften. Vorgegeben sind ihnen Regeln und Muster, wie innerhalb der

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Gesellschaft bestimmte Inhalte und damit verbundene Absichten einzukleiden sind in bestimmte Kommunikations- oder Texttypen. Öffentliche Aufgabe der Journalisten ist in der Demokratie, die permanente gesellschaftliche Diskussion, den vielstimmigen Dialog anzuregen, zu artikulieren und die öffentliche Debatte über alle Angelegenheiten des Staates, des Volkes und der Gesellschaft zu ermöglichen. Es stehen ihm dabei nicht mehr Rechte zu als allen anderen Bürgern. Eine zu hohe Selbsteinschätzung als engagierte Demokraten, als Erzieher zur Demokratie kann zu Mißverständnissen führen über die journalistische Aufgabe, zu Fehleinschätzung, zur bevorzugten Wahl falscher Thematiken, zum Verschweigen relevanter Bereiche. Falsches Rollenverständnis kann als publizistische Ideologie' zu Einseitigkeit und Unverständlichkeit führen. Probleme bringen im Produktionsbereich vor allem die ständige und chronische Zeitknappheit, weiter die Ressortgliederung, die inhalts- und textspezifisches Arbeiten erfordert, die Abhängigkeit vom Agenturangebot, die journalismusinternen Entscheidungsprämissen, die meist oder oft unbewußt gehandhabt werden, das Zerlegen ganzheitlicher Vorgänge in einzelne Aspekte und Sichtweisen, die stark schematisierende Aufbereitung der Information, wie die Unkenntnis darüber, was beim ,dispersen' Publikum vorausgesetzt werden kann, welche Erwartungen es der Presse überhaupt und den einzelnen Beispielen gegenüber hat. 1982 stellte Wolfgang Donsbach vier ,Grundtypen' eines journalistischen Rollenverständnisses heraus. Einmal sei der Journalist .Pfadfinder' für neue Themen und Ideen, weiter sei er Pädagoge, dann Interessenvertreter und zuletzt Vermittler. Die Vermittlerfunktion wird eher als passiv angesehen. Ihr stehe die aktive, politisch und gesellschaftlich innovative Funktion entgegen, die Entscheidung, welche Ideen und Themen aus der avantgardistischen Saat' ausgewählt werden (Donsbach 1982, 56f.). Die pädagogische Aufgabe leite sich ab von der .Presse als Schule der Erwachsenen'. Interessenvertreter sei der Journalist in zweifacher Hinsicht, einmal als Anwalt der Leser, zum anderen als Glied in der Institution, für die er Loyalität zu zeigen hat. Eine andere Möglichkeit sei es, Informationsjournalismus zu trennen von Meinungs-, Anwaltschaftlichem-, Investigativem oder Präzisions-Journalismus. Der erste gehe von der Prämisse aus, daß nur eine möglichst wenig gestaltete, ungewichtete, weitgehend unveränderte und vollständige Weitergabe von Fakten faire Voraussetzungen für den Leser biete, damit dieser selbst urteilen und interpretieren kann. Soll Meinung transportiert werden, dann ist diese vom Bericht oder der Nachricht getrennt in einem Kommentar anzubieten. Die dabei drohende Gefahr sei, daß diese Art von Journalismus in einen Gefälligkeits-, Verlautbarungs- oder Hofberichterstattungsjournalismus abgleite, vor allem dann, wenn sich Journalisten unkritisch der Agentur- oder PR-orientierten Information aussetzen.

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Dieser Festlegung widersprechen Klaus Schönbach, Dieter Stürzebecher und Beate Schneider aufgrund einer 1992 und 1993 durchgeführten Befragung von Journalisten. Danach betrachtet sich die überwältigende Mehrheit als Vermittler. Nur wenige, meist ältere Journalisten empfinden sich als .Missionare', fühlen sich pädagogischen Aufgaben verpflichtet (Schönbach/Stürzebecher/Schneider 1995). Die redaktionelle Kybernetisierung erweitert die journalistische Aufgabe hin auf eine solche der Produktion. Der PC ist nicht nur elektronische Schreib- oder Redigiermaschine, „sondern Ausdruck der rundum rationalisierten Herstellungsweise des Produkts Zeitung" (Hienzsch 1990, 17). Der Redakteur steuert den Ganzseitenumbruch, d.h. er kreiert fertige Seiten. Andererseits bedeutet die Elektronisierung eine stärkere Bindung an das Gerät, wodurch Rechercheverluste entstehen. Weiter wird die Redaktionsarbeit,entsprachlicht', d.h. die Anzahl der mit Kollegen geführten Gespräche sinkt, womit auch gewisse gegenseitige Kontrollen außer Kraft gesetzt werden. Betroffen sind vor allem Redakteure, weniger Ressortleiter und Chefredakteure, die einen höheren Kommunikationsbedarf haben und wahrnehmen. In der DDR war der Journalist Erzieher und Organisator des sozialistischen Menschen, er war Erzieher zum technischen Fortschritt und Erzieher zum ökonomischen Denken (Reck 1996; Pannen 1992).

7.

Verbreitung

Handschriftliche Zeitungen wurden für ca. 15 bis 20 Abonnenten kopiert. Die gedruckten wöchentlichen Zeitungen des 17. Jahrhunderts erreichten eine durchschnittliche Auflage von 350 bis 400 Exemplaren. Einzelne, wie die Hamburger .Wöchentliche Zeitung auß mehrerley örther' kamen auf 1500 Exemplare. In einer Zeitungswerkstatt arbeiteten nach einem Neujahrsflugblatt von 1632 neben dem Nachrichtensortierer, dem Schreiber, Stecher, Setzer und Drucker auch Boten, Zeitungsträger und Zeitungskrämer. Da die Post für ihre Zeitungen ein eigenes Vertriebssystem besaß, wie natürlich auch für die Nachrichtenbeschaffung, begann diese zunehmend mit Zwangsmaßnahmen gegenüber den privaten Verlegern, indem sie deren Zeitungen von der Beförderung ausschloß. Deshalb mußte der Transport über eigene Botendienste geschehen. In den größeren Städten entstanden Zeitungs- oder Avisenbuden, bei denen man abonnierte Blätter abholen oder andere kaufen konnte. Auch Direktabholung in den Druckwerkstätten oder in den Buchhandlungen war üblich. Bei Gemeinschaftsabonnements wurden Zeitungen zu festgelegten Stunden von einem Leser zum anderen transportiert. Im 19. Jahrhundert wurde das Recht des Postbezugs staatlich geregelt, zum Teil auch festgelegt, daß Zeitungen nur durch die Post befördert werden durften. Allerdings ergaben sich erhebliche Verzögerungen, da manche Zeitungen nur im Abstand von zwei bis drei Wochen als Pakete an bestimmte Bezugsorte geschickt wurden. Im Laufe des Jahrhunderts kam es zu immer weiteren Verbesserungen der Zulieferung, wobei das Abonnement die vorherrschende Bezugsart war. Die Preise differierten, je nachdem Abholung bei der Expedition, Zustellung ins Haus durch Boten oder durch die Post gewünscht war. Maßgeblich ist die Stempelsteuer, die pro Zeitungsexemplar und pro Bezugszeitraum berechnet wurde. Nur über Kolporteure vertrieben wurden die seit den dreißiger Jahren überall erscheinenden .Pfennig Blätter', die zu Vorläufern der Massenpresse wurden. Heute wird unterschieden zwischen Abonnement- und Kaufzeitungen. Wenn in den Statistiken angegeben wird, daß 97 Prozent der Zeitungen im Abonnement abgesetzt werden, dann gilt dies nur für den größten Teil der Auflage. Von der Abonnement-Zeitung ,Hamburger Abendblatt' werden z.B. 74 Prozent im Abonnement, 26 Prozent im Einzelverkauf abgesetzt, während die Kaufzeitung .Abendzeitung' (München) 26 Prozent im Abonnement gebunden hat. ,Bild' wird nur direkt vertrieben (Stahmer 1995).

8.

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Richteten sich geschriebene Zeitungen an die politisch-gesellschaftliche Elite, die Hofkreise, Staatsbeamten, Militärs, Geistlichen und Gelehrten, so gewinnt die gedruckte Zeitung im 17. Jahrhundert rasch ihre Leser im Bürgertum. Christian Weise nennt 1676 auch Ärzte, Ingenieure, Dichter, Kaufleute, Soldaten und Seeleute als Adressaten. Da der Preis für Jahres-Abonnements hoch war, im Durchschnitt dem Wocheneinkommen eines Handwerksgesellen entsprach, gründete man Lesegesellschaften, in denen sich eine häufig zweistellige Mitgliederzahl in die gemeinsame Lektüre teilte. Damit konnten regelmäßig ca. 200000 Interessenten erreicht werden, was etwa 20 bis 25 Prozent aller Lesefähigen entspräche. Die erste Beschreibung eines solchen Lesezirkels findet sich in der Zeitschrift ,Der Verkleidete Götter-Both Mercurius' 1675 für die Stadt Köln (Weber 1994, 56f.). Die in anderen zeitgenössischen Medien bereits verfügbaren Möglichkeiten expliziter Verständnissicherung (thematische Überschriften, Marginalien, Worterklärungen, Glossare etc.) wurden in den Zeitungen nicht verwendet, weshalb der Zugang zur Information erschwert ist. Dennoch ist der Drang zur Lektüre groß. Frühe Zeitungstheoretiker argumentieren mit dem beruflichen Nutzen, den die Zeitungslektüre bietet. Weiter wird verwiesen auf den Wert der Wissenserweiterung und den der Unterhaltung. Andere, wie der Superintendent Johann Ludwig Hartmann ereifern sich gegen das Laster der Zeitungssucht. Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts sind es etwa drei bis vier Millionen deutsche Männer, die den Lesestoff von etwa 200 Zeitungen konsumieren. Das ist ein gutes Drittel der erwachsenen männlichen Deutschen, die das Lesen und Diskutieren überwiegend als Gemeinschaftserlebnis genießen. In den Städten geschieht dies in Wirts- und Kaffeehäusern, auf dem Lande in Schenken, Wacht- und Spinnstuben. 1771 meldet „Der redende Stumme" in Leipzig: „Alles, was lesen kann, beschäftigt sich vom Vornehmen bis auf den Geringen den ganzen Tag mit Zeitungsblättern". Die oft dilletantische Aufnahme des Zeitungsstoffs bot Gelegenheit für Satiren und Spott, aber auch für Komödien, deren bekannteste Ludwig Hilbergs ,Der politische Kannegießer' (1729) war. Anders ist es bei den gebildeten Schichten. Hier lernen die Kinder die Zeitung in der Schule als gerne angenommenes Lehrmittel im Geographie- und Geschichtsunterricht kennen. An den Universitäten erschließen ,Zeitungskollegs' den Studierenden den Stoff in seiner Bedeutung für die Zeitgeschichte. In den Haushalten kommen auch Frauen in den Genuß des neuen Bildungsmittels.

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Die Entstehung des Leserbriefs ist der , Zeitung für Städte, Flecken und Dörfer, insbesonderheit die lieben Landleute alt und jung', zu verdanken, die der Landpfarrer H.W.D.Bräß in Wolfenbüttel 1786 gründete. Das Blatt ist volksaufklärerisch orientiert, setzt beim Leser keinerlei Vorkenntnisse voraus, benutzt eine dem ,gemeinen Mann' verständliche Sprache. 1792 resümiert der Weimarer Verleger Friedrich Justin Bertuch, daß die Zeitung „vom Regenten und Minister an bis zum Holzspalter auf der Straße und dem Bauern in der Dorfschenke ein fast tyrannisches Monopol" über alle anderen Lektüreformen ausgeübt habe. Und im gleichen Jahr heißt es im Journal von und für Deutschland': „Unleugbar sind die Zeitungen die allgemeinste Leetüre. Wenn man Bibel und Catechismus bey Seite gelegt hat, und man will und kann dann noch lesen, so lieset man Zeitungen". In ähnlicher Weise äußern sich Johann W. von Archenholz, Schiller, Jean Paul, Georg Ch. Lichtenberg, Georg W. F. Hegel, Johann H. Voß und andere. Von den Frauen heißt es im gleichen Jahr im Journal des Luxus und der Moden': „Eine Dame von Ton muß wenigstens die neuesten Blätter vom Moniteur, vom Journal de Paris oder der Gazette de Leide gelesen haben, ehe sie in die Thee Gesellschaft geht und mit der Societät der Herren, die dieser GemeinGeist nur fleißiger um den Thee-Tisch versammelt, die Neuigkeiten der Chronique de mois, des London Chronicle, der Morning Post, oder der beyden Hamburger, Frankfurter oder Bayreuther Zeitungen austauscht." Während der französischen Besetzung Deutschlands ging die Zahl der Leser wegen der gesunkenen Auflagen stark zurück. Anschließend erschließen sich die Zeitungen neue Leserschichten, die stärker auf ein Unterhaltungsbedürfnis ausgerichtet sind. Zunehmend werden in diesen Blättern die Leser als Ausgangspartner betrachtet. Sie geben Anregungen für den Inhalt und die Gestaltung der Beiträge, können sich auch selbst am Zeitgespräch beteiligen (Schönhagen 1995). An die wichtigste Lektüre in der Zeit um 1830 erinnert der Schriftsteller Heinrich Laube, wenn er an die , Augsburger Allgemeine Zeitung' des Verlegers Cotta denkt: „So fühlte man sich denn stets in wichtigster Gesellschaft, welche vor ganz Europa und darüber hinaus die deutsche Kultur vertrat" (Ittler 1990). Das Blatt galt als ,die' Zeitung schlechthin für die gebildeten Stände. 1873 veröffentlicht die liberale Wiener ,Neue Freie Presse' anläßlich einer Ausstellung eine Übersicht über ihre Abonnenten. Dabei fielen auf Gastwirte und Gesellschaften 6 Prozent, auf Landwirte, Handwerker und Kaufleute 17 Prozent, auf Beamte und Juristen 12 Prozent, auf Soldaten 5 Prozent, auf Ingenieure 2 Prozent, auf Ärzte, Lehrer und Geistliche ca. 1 Prozent. Über die Verteilung des Rests schweigt die Quelle. Den Übergang zur Massenpresse erreicht die Zeitung durch eine weitgehend inhaltliche Änderung, die zunehmende Abkehr von der Politik. Aus dem politisch räsonierenden Publikum wird ein kulturkonsumierendes. Stark aufgelocker-

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ter Umbruch und vielfältige Illustrationen versuchen die Lektüre zu erleichtern. Außerdem verändert sich der Anteil der politischen oder politisch relevanten Nachrichten: menschliche Schicksale stehen vor Staatsaffären, Unglücksfälle, Verbrechen sowie alles Lokale interessieren mehr als politische Entscheidungen und Ereignisse. Zunehmend erhalten Nachrichten Formen der Einleitung, werden vom Format bis ins stilistische Detail einer Erzählung angeglichen, treten die zentralen Kerne der Nachricht zurück in der breiteren Schilderung des Berichtes oder der Reportage. Der Übergang von der agrarischen Gesellschaft, die weitgehend bildungsund damit lesefeindlich eingestellt ist, weil Lernende und Lesende sich der Arbeit entziehen, in die Industriegesellschaft begünstigt die Gründung und Entwicklung von Zeitungen. Schulpflicht, die langsame Freisetzung der Arbeitszeit für die Ausbildung und zunehmende Freizeit sind Komponenten dieser Entwicklung. Die Presse konnte das neue Bildungsniveau mitgestalten, weil sie es Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat, Vierteljahr für Vierteljahr selbst verkörperte. Die Arbeiterfrage wurde etwa eine Sache der Parteipolitik, seit die Arbeiterschaft zu lesen begann. Bildung machte aus der Dürftigkeit eine Entrechtung, seit in der Bildung ein Anspruch auf Gleichberechtigkeit steckte. Die Presse nahm die Thematik auf, bildete ein Gefäß des Neids, des Hasses, der Furcht, des Anspruchs und der Unzufriedenheit, die die gesellschaftliche Entwicklung antrieben. Die Presse machte Wissen zunehmend allgemeinverständlich, so, daß Allgemeinverständlichkeit in der Gesellschaft zum Kriterium des Wissens wurde. Die Presse machte ein Angebot, servierte vielfältige Thematiken, Meinungen, richtete sich auf die Totalität des menschlichen Interesses aus. Dabei war es gleichgültig, ob das Angebot voll angenommen wurde, oder ob es in bestimmten Bereichen und Teilen überhaupt angenommen werden konnte. Der Zeitungsleser wurde zum Fanatiker der Lektüre, der sich mit dem Angebot beschäftigt, evtl. immer wieder beschäftigt, d. h. solange liest oder zu entziffern versucht, bis er hinter den Inhalt des ihm schwarz-auf-weiß-Angebotenen kommt oder dies zumindest vermeint. Der Zusammenhang zwischen Leser und Zeitung wurde immer enger. Erst durch die Zeitung konnte der Mensch den Zusammenhang zwischen sich und der Gesellschaft erkennen, sah sich selbst als Glied und Repräsentant zugleich. Wichtige Hinweise auf diese Tatsache geben Untersuchungen von Arbeitslosen, die mit dem Verlust der Arbeit auch das Interesse an der Zeitung verlieren. Wen die Gesellschaft aus einem ihrer Teilbereiche entläßt, den verstößt sie offensichtlich auch aus anderen Bereichen. Da die Presse gleitende Deutungen hat und nahezu alles, Rechtes und Schlechtes in Auswahl aufnimmt, um es für den alltäglichen Gebrauch zu verarbeiten, dient sie der Kontinuität in der Gesellschaft. Während die Zeitung sich den Launen der Leser anzupassen scheint, paßt sie sich im tieferen Sinne die gesellschaftlichen Gruppen an. Der einzelne Leser kann zwar das Abonnement wechseln, kann eine Zeitung nicht mehr kaufen, wenn sie ihm in ihrer Tendenz mißfällt.

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Er bekommt aber beim Wechsel wieder eine Zeitung, die ihn im Sinne einer gesellschaftlichen Gruppe zu beeinflussen versucht, ihn vermutlich auch beeinflußt. Er wird unmerklich angepaßt. Wichtig ist die kontinuierliche Lektüre. Für diese bietet sich die Massenpresse besonders gut an. Man kann in der Zeitung vorne, hinten oder in der Mitte zu lesen beginnen. Man kann stunden- oder minutenlang lesen, in Pausen oder durchgängig, teilweise oder ganz in einer Ausgabe oder in verschiedenen. Man kann mit der Zeitungslektüre eine freie Minute oder freie Tage ausfüllen. Sie ist leicht und schnell zur Hand und ebenso wieder aus der Hand gelegt, billig erworben, sorglos vernichtet, stets zur Anknüpfung bereit und schnell zu vergessen. Da sie überwiegend täglich ins Haus geliefert wird, ist sie ein geheimes Zucht- und Zwangsmittel, eine Dauerdroge. Stimulierend und anregend wirkt sie jeweils durch den Inhalt, durch die Neuigkeit, die Aktualität, ist zugleich allgemein und spezialisiert, schmiegt sich den Gruppeninteressen und der Gruppensprache an und entspricht damit der Gliederung in der Gesellschaft. Sie ist das älteste Massenmedium, das sich glorreich gegen alle folgenden behaupten konnte. In Deutschland suchen rund 31,4 Millionen Zeitungsexemplare ihre Leser, Dabei gingen die Abonnementszahlen kontinuierlich zurück, während sich der Anteil am Einzelverkauf leicht erhöhte, was darauf zurückgeführt wird, daß sich Menschen offensichtlich zunehmend weniger langfristig an ein bestimmtes Produkt binden wollen. Über 80 Prozent der Erwachsenen lesen täglich mindestens eine Tageszeitung, ca. 72 Prozent ihre regionale Abonnementzeitung. Damit sind die Deutschen in Europa die eifrigsten Zeitungsleser. Die Nutzer entsprechen weitgehend der Bevölkerungsstruktur, während die der überregionalen Abonnementzeitungen eher männlich, jung, sehr gut gebildet, berufstätig sind und höhere bis hohe Einkommen haben. Den gleichen Hintergrund haben die Leser von Wochenzeitungen. Kaufzeitungen dagegen lesen am meisten Großstadtbewohner, Berufstätige, vor allem auf dem Weg zur Arbeit und in den Arbeitspausen. Die durchschnittliche Nutzungsdauer ist in den letzten Jahren rückläufig und liegt täglich bei 30 Minuten. Sie schwankt allerdings nach Alter, Berufstätigkeit und Haushaltsgröße. Gelesen werden etwa 75 Prozent des Angebots, meist zu Hause beim Frühstück oder Essen oder an einem ungestörten Platz. Als interessierend werden bei Umfragen vor allem die Vorgänge im lokalen und regionalen Bereich, dann erst die im nationalen und internationalen bezeichnet. Je näher die Ereignisse, über die berichtet wird, beim Leser liegen, desto größer ist dessen Leseintention. Mit zunehmender Entfernung der Ereignisregion gehen die Leserzahlen zurück. Was aus dem Ausland Aufmerksamkeit erregt, richtet sich allerdings weniger nach der rein geographischen als nach der politischen und psychologischen Distanz. Die Zeitung eignet sich besonders, im Fernsehen flüchtig Gesehenes oder im Radio Gehörtes nachzuvollziehen und Einordnungshilfe zu erhalten. Die Nutzung der Zeitung ist insgesamt selektiv. Besonders die

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thematische Breite des Lokalteils läßt hier einen großen Spielraum. Bei Straßenverkaufszeitungen spielt die Unterhaltung eine größere Rolle als bei Abonnementzeitungen (Bruck/Stocker 1996). Schwierigkeiten bei der Aufnahme des in den Zeitungen Angebotenen ergeben sich aus der Tatsache, daß Journalisten oft eine andere Priorität bei der Auswahl von Themen setzen als dies der Erwartungshaltung der Leser entspricht. Eine kommunikative Kompetenz analog der bei den Journalisten ist nicht bei allen Konsumenten vorhanden, weshalb oft Unwissenheit vorherrscht über den Kommunikationsfluß, den Weg der Berichterstattung von Ereignisort bis in die Zeitung, über die Mitteilungsabsicht der sich oft anonym an die Leser wendenden oder unbekannt bleibenden Schreiber. Jeder den Konsumenten angebotene Text erfüllt drei kommunikative Funktionen: Er konstituiert oder repräsentiert einen Gegenstandsbereich (Darstellungsfunktion); er sagt etwas aus über den Textproduzenten (Ausdrucksfunktion); er appelliert an den Leser, bestimmte kognitive Operationen oder Handlungen zu vollziehen (Instruktionsfunktion). Ein Text stellt eine semantische Struktur dar, die ein Autor durch Schreiben nach außen verlagert hat. Diese Struktur kann als Netzwerk von semantischen Konzepten und sie verknüpfenden Relationen oder als Liste miteinander verbundener Informationsmengen (Propositionen) abgebildet werden. Der im Text aufgenommenen und konservierten semantischen Struktur tritt ein Leser mit bestimmten Voraussetzungen entgegen, mit Vorwissen, Interessen, Zielsetzungen. Für die letzteren werden mehr oder weniger adäquate Lesetaktiken eingesetzt. Lesen bereitet Handlungen vor, die leicht erkennbar werden, wenn sie aktuell sind und leserbezogen. Sie dienen generell dem Aufbau von symbolischen Umwelten, von Interpretationssystemen über Natur, Mensch, Geschichte und Gesellschaft, mit deren Hilfe ein Leser seine psychosoziale Identität bestimmt, und aufgrund derer er wiederum handelt. Lesen bedeutet eine fortlaufende aktive Konstruktions- und Integrationsleistung. Jeder Text läßt Informationen unbestimmt, mehrdeutig, da selbstverständliche Sinnvoraussetzungen sprachlicher Ausdrücke nicht immer vorhanden, nicht immer geordnet sind oder eindeutig erkennbar werden. Die dadurch beim Lesen entstehenden Lücken oder Leerstellen wirken als Aufforderung an den Leser, sie durch Folgerungen zu erschließen. Solche Schlußfolgerungen können richtig oder falsch sein. Im allgemeinen neigt man dazu, so zu ergänzen, daß das eigene Bild von der Welt und den in ihr passierenden Ereignissen stimmig ist, was oft zu Differenzen mit der Wirklichkeit führt. Von hier aus ergeht an jeden Autor die Forderung, Lücken im Informationssystem Text nicht entstehen zu lassen und alle möglichen und sinnvollen verständnisfördernden Maßnahmen zu nutzen. Wie Zeitungstexte gelesen, verstanden und beurteilt werden, ist noch nicht ausreichend untersucht. Für informatorische Artikel (Korrespondentenberichte zu politischen Themen) wurden folgende Textmerkmale als effektiv herausgestellt:

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a) Grafische Strukturierung: Aufgliederung in Abschnitten; Verwendung unterschiedlicher Schrifttypen; Unterstreichungen, Farbe; unterschiedliche Zeilenabstände; Randbalken; Markierungen; b) Wortfrequenz: Anzahl der Varianten bei der Wortwahl; c) Verb: Substantiv-Verhältnis; d) Satzlänge; e) Satzverschachtelung; Anzahl und Stufen der logischen Satzebenen in Hauptund Gliedsätzen; f) Satzrhythmus: Variation der Satzkonstruktion hinsichtlich der Reihenfolge von Subjekt und Prädikat (Satzmonotonie); g) Vertrautheit des Vokabulars. D i e s e formalen Textelemente erlauben es dem Leser neben dem Inhaltlichen oder dem Vorwissen (über den Autor z.B.) für den angebotenen Text eine Kosten-Nutzen-Erwägung anzustellen. Fängt er an zu lesen, so werden ihn die bei der Lektüre fortschreitend neu gewonnenen Eindrücke veranlassen, seinen ersten Eindruck zu bestätigen oder zu revidieren. Verändert sich die Erwartung in positiver Richtung, dann erhöht sich gleichzeitig der vom Rest der Lektüre noch zu erwartende ,Nutzen'. Steigt dieser, so akzeptiert der Leser auch höhere .Kosten', d.h. er wendet mehr Energie auf bei der Lektüre. Damit nimmt die Tiefe der inhaltlichen Informationsverarbeitung zu, und der Nutzeffekt der Informationsmittlung steigt (vgl. auch S.53). Leser mit guten Vorkenntnissen, hoher Intelligenz und hohem Ausbildungsstand reagieren empfindlicher als andere auf ausgeprägte stilistisch-ästhetische Faktoren. Leser mit geringeren Voraussetzungen und kleinerem Informationspotential werden dagegen viel stärker durch Texteigenschaften beeinflußt, die das Verstehen unmittelbar erschweren (Satzlänge, Satzverschachtelung). Den stärksten Einfluß auf das Verstehen wie auf das Bewerten von informativen Zeitungstexten hat die Wortwahl. Ist diese ungewohnt, bedarf es des Nachschlagens im Lexikon, dann geht die Kosten-Nutzen-Erwägung zu Lasten des Textes. Leser geben dann leicht auf. Sie reagieren mehr oder weniger abrupt, wie sie das auch tun, wenn ihnen insgesamt der Verdacht kommt, mit der Sprache werde etwas zu verbergen, zu verschleiern versucht; man wolle sie manipulieren, ihnen hintergründig etwas beibringen, von dem sie nicht überzeugt sind, daß es ihren Erwartungen und ihrem Nutzen entspricht.

9.

Forschung

Die Zeitungen entstanden ohne öffentliches, speziell ohne wissenschaftliches Aufsehen. Erst als sie im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts zu einem ernstzunehmenden Faktor im öffentlichen Leben wurden, setzte eine Diskussion über sie ein. In dieser ,Zeitungsdebatte' kann der Beginn der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem neuen Medium gesehen werden. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung zwischen Kritikern und Befürwortern der Presse steht ihre Wirkung, die je nach Standpunkt des Autors als Gefahr oder als Nutzen aufgefaßt wird. Am bekanntesten sind die Arbeiten von Ahasver Fritsch (Discursus de Novellarum quas vocant Neue Zeitunge hodiernu usu et abusu, 1676), Christian Weise (Schediasma curiosum de Lectione Novellarum, 1676), Daniel Hartnack (Erachten von Einrichtung Der Alten Teutschen und neuen Europäischen Historien, 1688), Tobias Peucer (De Relationibus Novellis, 1690), Kaspar Stieler (Zeitungs Lust und Nutz, 1695), Johann Peter Ludewig (Von Gebrauch und Mißbrauch Der Zeitungen / Bey Eröffnung eines Collegii geführet, 1700) und Paul Jacob Marperger (Anleitung Zum rechten Verstand und nutzbarer Lesung ... Ordentlicher und Außerordentlicher Zeitungen oder Avisen / Wie auch der sogenannten Journale, 1726). Die im gleichen Jahr erscheinenden Schriften von Fritsch und Weise vertreten völlig unterschiedliche Positionen. Fritsch lehnt die Zeitungen mit Hinweis auf die schreckliche Neugier der Leser und die falsche Berichterstattung ab. Weise versucht ausführlich, den Nutzen der Gazetten zu belegen. Hartnack bezeichnet die Neugier der Leser, die Unwahrheit und die Irrelevanz des Berichteten als die wichtigsten Einwände gegen das neue Medium. Stieler fordert, die Zeitungen sollen allgemein zugänglich, wahrhaftig, kommentarlos, aktuell und universal sein. Er nennt damit die wichtigsten theoretischen Grundlagen. Ludewig warnt vor Manipulationsmöglichkeiten, die der Obrigkeit durch die Zeitungen ermöglicht werden. In der ersten zeitungswissenschaftlichen Dissertation von 1690 nennt Peucer die Neugier der Leser als Grund für das Entstehen der Zeitungen. Um sie zu befriedigen, sei es erlaubt, gegen wesentliche Prinzipien guter Berichterstattung zu verstoßen. Im Gegensatz zu den Geschichtsbüchern und Chroniken könnten Zeitungen auch irrelevante und ungewisse Nachrichten veröffentlichen. Hauptsache sei, der Leser werde satt.

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Zwei Jahrhunderte später, um die Mitte des 19. Jahrhunderts, beginnt erneut eine intensive Auseinandersetzung mit dem Medium, das nun zum Massenmedium wird (eine Vorstufe stellt Joachim von Schwarzkopf dar, der mehrere detaillierte Beschreibungen des Pressewesens deutscher Territorien verfaßte, z . B . Über politische Zeitungen und Intelligenzblätter in Sachsen, Thüringen, Hessen und einigen angränzenden Gebieten, Gotha 1802). Erste Versuche einer pressehistorischen Gesamtdarstellung werden von Robert E.Prutz 1845, Julius Otto Opel 1879 und Ludwig Salomon 1900 - 1 9 0 6 unternommen. S i e sind als Sprachwissenschaftler, Schulmann und ehemaliger Redakteur eher akademische Außenseiter. Mit Martin Spahns programmatischer Abhandlung ,Die Presse als Quelle der neuesten Geschichte und ihre gegenwärtigen Benutzungsmöglichkeiten' von 1908 werden Zeitungen als historische Quellen entdeckt. Hjalmar Schacht legte

1898 die erste ,Statistische Untersuchung über die Presse

Deutschlands' vor. 1910 folgte Paul Stoklossa mit einer quantitativen Inhaltsanalyse. Gegen Ende des 1. Weltkrieges setzte eine systematische Erforschung der Zeitung in neugeschaffenen Institutionen an den Universitäten ein, wurde der Grundstein einer akademischen Journalistenausbildung gelegt. Die ,Zeitungskunde' begann sich zu entfalten. 1916 wurde das erste Institut von der sächsischen Regierung in Leipzig für den früheren Redakteur der Frankfurter Zeitung und Nationalökonomen Karl Bücher eingerichtet. Er unterschied die vormals einflußreiche, aber immer mehr zurückgedrängte ,Kulturpresse' von der sich unaufhaltsam durchsetzenden .Geschäftspresse' und kritisierte schärfstens den Zeitungsbetrieb seiner Zeit. Er entwarf Gesetze und zahlreiche Vorschläge für eine Reform der Presse. Sie sollte Kulturträger, breitenwirksamer Vermittler politischer Bildung und Instrument gezielter Kulturpolitik sein. Zentrales zeitungswissenschaftliches Institut wurde das 1924 gegründete .Deutsche Institut für Zeitungskunde' in Berlin, das organisatorisch unabhängig war von der Universität. Es bekam die Aufgabe zugewiesen, die , hochwertigen wissenschaftlichen Erfolge' der übrigen deutschen Institute z u s a m m e n z u f a s s e n und zentral zu vertiefen'. Es erhielt eine reiche Ausstattung, u.a. ein Archiv, in dem tagesaktuell Informationen über Presse und öffentliche Meinung ausgewertet und öffentlich zugänglich gemacht wurden. Nationale und internationale Bedeutung erhielten die Handbücher und Bibliographien des Instituts (Bibliographisches Handbuch der Zeitungswissenschaft, 1929; Internationale Bibliographie des Zeitungswesens, 1932; Handbuch der Weltpresse, 1931; Handbuch der deutschen Tagespresse, 1932) und vor allem die Schriften des dort lehrenden Emil Dovifat, d e m es auch im Dritten Reich gelang, die totale Ausrichtung auf den Nationalsozialismus zu verhindern. Wichtig wird die Gründung der Monatsschrift L e i t u n g s w i s s e n s c h a f t ' 1926 durch Karl d'Ester und Walther Heide, die den Anspruch des Fachs, Wissenschaft zu sein, nach außen vertritt.

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Neben der Aufarbeitung historischer Daten und der statistischen Übersicht über das Zeitungswesen gilt die Zielrichtung der zeitungswissenschaftlichen Forschung der Weimarer Zeit der Frage nach der .Zeitung als Ausdruck des gesellschaftlichen Bewußtseins'. Zu erforschen sei, wie ein möglichst vollkommener .Ausdruck' zu erreichen ist, was ihn befördere oder behindere. Die wesentlichste Voraussetzung dafür sei die Pressefreiheit, denn Zensur, Lenkung oder freiwillige Unterwerfung führten zur Erstarrung, zur Stagnation in der Öffentlichkeit. In anderen Ansätzen wird die Zeitung als Kristallisation geistiger Fäden zwischen irgendwie in größerer Zahl sozial verbundenen Menschen oder als Ausdrucksmittel des anonymen öffentlichen geistigen Zwischenverkehrs der Menschen untersucht. Im nationalsozialistischen Einflußbereich erhielt die Zeitungswissenschaft den Auftrag, die als publizistische Führungsmittel betrachteten Medien Zeitung, Rundfunk und Film auf ihr politisches Wirkungspotential hin zu überprüfen. Die Zeitung wurde betrachtet als „das publizistische Gewissen der Nation, bestimmt, das Wirken des Staates zu fördern, statt es zu lähmen" (Dietrich 1938, 8). Dabei übernahm das Leipziger Institut den Part der Leserschaftsforschung, während sich die übrigen Seminare eher inhaltlichen und gestalterischen Fragen zuwendeten. Nach 1945 „lastete die tiefgreifende ideologische Verstrickung der Zeitungswissenschaft in das Konzept nationalsozialistischer Propaganda als kollektives schlechtes Gewissen auf der Disziplin" (Hachmeister 1987, 154). Der Neuansatz im Westen stand unter dem Aspekt, reine Legitimationswissenschaft zu sein für die allmähliche Restaurierung des privatkapitalistischen Pressemarktes. Erst 1956 wurde wieder ein zentrales Publikationsorgan, die ,Publizistik', gegründet. In ihm wurde die Zeitung als ein Medium neben den übrigen behandelt, ebenso wie in dem 1968/69 von Emil Dovifat herausgegebenem , Handbuch der Publizistik'. Wichtig war, daß die nun Publizistikwissenschaft genannte Disziplin begierig Methoden anderer Wissenschaften, vor allem der Sozialwissenschaften, besonders wenn sie im Ausland entwickelt waren, aufnahm und weiterentwickelte. Dem dabei entstehenden Manko, an den Universitäten nur noch gegenwartsbezogen zu forschen, begegnete man mit der Gründung wissenschaftlicher Einrichtungen, die, wenn überhaupt, dann nur ein lockeres Verhältnis zu den Hochschulen hatten: die .Deutsche Presseforschung' in Bremen und das ,Institut für Zeitungsforschung der Stadt Dortmund'. Als Ableger des Bremer Instituts darf das ,Deutsche Pressemuseum' in Meersburg am Bodensee gesehen werden. Für die Produzenten sind die Leser-, Markt-, Konsumenten Verhaltens-, wie die Werbewirkungsforschung wichtig, wie sie meist von Großverlagen oder privaten Instituten betrieben werden (Siegert 1993). Zeitungsreichweiten- und nutzungserkenntnisse wie der Opus-Test (Kundenproblemanalyse) oder der Copy-Test helfen den Blattmachern und den Kunden, Entscheidungen über ihr Marktverhalten wie über ihre Anzeigensteuerung zu finden. Ob neue Ergebnisse

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zu den Reichweiten einzelner Zeitungsteile, wie sie in den USA jüngst gewonnen wurden, für deutsche Mediadirektoren und Planungsleiter nützlich sind, ist umstritten (w & ν 9, 27.2.1998, 144-147). Auch in der Hochschul-Medienforschung beginnt die Hinwendung zur Praxis (Böhme-Dürr/Graf 1997).

10.

Kritik

Die Auseinandersetzung beginnt kurz nach der Etablierung der Zeitungen als Periodika. Schon 1620 rechtfertigt die ,Fama Mundi' die „Avisen und neuen relationen" als moralische Exempel zur „Betrachtung der Weltregierung des Himmelkönigs ..., daraus zu lernen / was Gott mit ihren Vorfahren gehandelt habe / was jnen zuthun wol anstehe / was die Leufft jener zeit gewesen / was an jetzo für Leufft sein / welches billich ein jeder Mensch wissen solle / damit er nicht alle sein Lebzeit für ein Kindt und unerfahren gehalten werde" (nach Weber 1994, lf.). 1643 erhebt ein Anonymus, der sich später als Christoph Schorer aus Memmingen, damals Student in Straßburg, festlegen läßt, in ,Der Vnartig Teutscher Sprachverderber' heftige Vorwürfe gegen die in den Zeitungen übliche Sprache. Die Zeitungsschreiber leuchten unter den Sprachverderbern am allermeisten hervor, vor allem, weil sie Fremdwörter dort gebrauchen, wo es auch deutsche Begriffe gäbe. Schorer ist eingebunden in die erhitzten nationalen Gefühle der deutschen Patrioten, die es in der schweren Zeit und Not des Vaterlandes im langsam zu Ende gehenden dreißigjährigen Krieg als eine ihrer heiligsten Aufgaben ansahen, die Muttersprache zu pflegen und sie vor allem Fremden zu schützen. Im Sinne seines Landesfürsten und in dessen Auftrag kritisiert Ahasver Fritsch 1675 in seinem , Discursus de Novellarum, quas vocant Neue Zeitunge' den Mißbrauch der damaligen Presse. Für Falschmeldungen empfahl er Prügel, Gefängnis oder Verbannung, sogar den Tod, wenn eine Nachricht dem Feind nütze. Die Lektüre der Zeitungen sei überhaupt den Staatspersonen vorbehalten, denn nur sie seien in der Lage, der Gefahr erdichteter und falscher Nachrichten zu begegnen. Zustimmung fand Fritsch bei Johann Ludwig Hartmann, der 1679 vor der ,Unzeitige Neue Zeitungs-Sucht Und Vorwitziger Kriegs-Discoursen Flucht' warnte. Zeitungen schienen ihm als Anlaß für verderbliches und weltliches Räsonieren. Ihm tritt Christian Weise im gleichen Jahr mit dem lateinischen ,Schediasma Curiosum de Lectione Novellarum' entgegen. Er will die Zeitungen trotz ihrer Mängel außer den Staatsmännern auch Gebildeten, Gelehrten und Kaufleuten zur kritischen Lektüre zubilligen. Weiter geht Tobias Peucer in seiner Leipziger Dissertation von 1690, der den Verfassern von Zeitungsartikeln vorwirft, sie würden „so ziemlich alles dessen entbehren, was für eine richtige Geschichtsschreibung notwendig ist: wie Ge-

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schichtskenntnisse, Klugheit, geschulte Urteilskraft, Belege, die aus ganz unverdächtigen Archiven geholt sind, und schließlich die angemessene Ausdrucksfähigkeit und der Stil der Geschichtsdarstellung". Er postuliert die Beachtung der „sechs bekannten Umstände, auf die man bei einer Handlung immer sein Augenmerk richten muß: Person, Sache, Ursache, Art und Weise, Ort und Zeit" und fordert eine verständlich, klare, knappe Sprache. Noch stärker in die Einzelheiten geht Kaspar Stieler, der 1695 unter seinem Dichternamen ,Der Spate' einen Leitfaden, eine Art Handbuch der Zeitungskunde veröffentlicht. In ihm trennt er die journalistische Sprache von der poetischen, fordert einen deutschen Wortschatz und pure Information. Weicht ein Zeitungsautor von der allseits getadelten Fremdwörterei ab, so erhält er öffentliches Lob. 1735 wird Peter Reichard Cramer, der „vor einigen Jahren zu Frankfurt die Verfertigung der kayserl. Reichs=Postzeitung, unter dem Titel des Frankfurter Mercurii, übernommen" so gerühmt: „Er hat sich dabey die Mühe gegeben, seinen ganzen Vortrag in reinen deutschen Worten abzufassen, und den in dieser Gattung Schriften sonst gewöhnlichen, ja gar vor anständig, oder wenigstens unvermeidlich gehaltenen Mischmasch von fremden ausländischen Wörtern und Redensarten auf das sorgfältigste zu vermeiden". Cramer muß viel Anklang gefunden haben, man habe „aus dem gedachten Mercurio, in den Zeitungen zu Wien, Augspurg, Nürnberg, Hanau, Cölln, Hamburg, Hildesheim, Erfurt, Leipzig, Coburg, Schafhausen, und in andern mehr, öfters ganze Artickel unverändert entlehnet". 1774 kritisiert Christian Friedrich Daniel Schubart im Vorwort zu seiner .Deutschen Chronik': „Beynahe scheint's in Deutschland, nach der itzigen Verfassung unmöglich zu seyn, eine gute politische Zeitung zu schreiben. Bey jedem kühnen Gedanken, der dem Novellisten entwischt, muß er einen Seitenblick auf öffentliche Ahndungen werfen; dann wird er furchtsam und kalt. Daher der schläfrige Thon der meisten Zeitungsverfasser, der in schwülen Tagen so manchen Politiker im Großvaterstuhl in Schlummer wiegt." 1802 monierte Joachim von Schwarzkopf in der Schrift ,Über politische und gelehrte Zeitungen, Meßrelationen, Intelligenzblätter und über Flugschriften' die unzeitige Bekanntgabe im öffentlichen Interesse geheimzuhaltender Nachrichten, die Veröffentlichung unverbürgter Gerüchte und unglaubhafter Meldungen. Von ehrverletzenden Berichten oder Meldungen bleibe immer etwas an den Geschmähten hängen. Privilegien für die Herausgabe von Zeitungen solle es nur auf Dauer geben. Verleger und Redakteure seien staatlich zu beaufsichtigen. Gelehrte Zeitungen und Volkszeitungen seien zu trennen, wobei die letzteren ihre Adressaten so beeinflussen sollten, daß in den Massen ein Abscheu gegen Revolutionen erzeugt würde. In der Argumentation vertritt Schwarzkopf die Interessen des Staates vor dem des Journalismus und der Leser. Die Beseitigung der napoleonischen Herrschaft erweckte große Hoffnungen auf Pressefreiheit und die Sicherstellung der Rechte der Verleger und Zeitungs-

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Schreiber. Im , Rheinischen Merkur' schrieb Josef Görres, Deutschland habe endlich wieder eine Geschichte gewonnen, sei zu einem Volk gekommen, zu einem Willen und zur öffentlichen Meinung. Das Volk solle seine Zeitungen als ,Stimmführer' achten. Georg Christoph Lichtenberg spottet über die Zeitung: „Ich habe mir die Zeitungen vom vorigen Jahr binden lassen, es ist unbeschreiblich, was für eine Lektüre dieses ist. 50 Teile falsche Hoffnung, 47 Teile falsche Prophezeiung und 3 Teile Wahrheit. Diese Lektüre hat bei mir die Zeitungen von diesem Jahre sehr herabgesetzt, denn ich denke: was diese sind, das waren jene auch." Vehementer in seiner Kritik wird Arthur Schopenhauer, der die Journalisten mit besonderer Härte attackierte. Er maß der Presse den größten und gefährlichsten Einfluß auf die Sprache der Mehrheit des Volkes bei. Die Masse neige in ihrer Einfalt dazu, die Eigenmächtigkeiten und Sprachverhunzungen für Kürze des Ausdrucks, elegante Leichtigkeit und scharfsinnige Sprachverbesserung zu halten. Die Zeitungsschreiber seien aber eifrig beflissen, die deutsche Sprache zu zerfetzen und zu zerstückeln. Als Ideal nennt er den Journalisten die Sprache der Klassiker, denen sie folgen sollten. Friedrich Nietzsche Schloß sich Schopenhauer an und wähnte sich im Zeitalter des Zeitungsdeutschen. Er verurteilt das ,tutti unisono, mit welchem ... in jeden neu gefundenen Sprachschnitzer sofort eingestimmt' werde. Seine Polemik gegen den ,Wort-Spülicht' der Presse gipfelte in der Bezeichnung S c h w e i n e Deutsch! Verzeihung! Zeitungsdeutsch!'. Nietzsche tadelt an der Zeitungssprache die ausdrucksschwache Gleichförmigkeit verbrauchter Alltagswendungen. Ebenso verurteilt er die entgegengesetzte Erscheinung, den Hang zu sprachlicher Willkür, zu .frechen Korruptionen an der Sprache', zu Übertreibungen und Effekthascherei, durch die der Zeitungsschreiber der Monotonie zu entgehen suche. Nietzsche betrachtete die Zeitung als Inbegriff all jener Tendenzen, derentwegen er die kulturelle Entwicklung seiner Epoche verachtete. Sein Zorn richtete sich besonders gegen Einflüsse der Presse auf das zeitgenössische Bildungswesen. 1863 warf Ferdinand Lassalle den Zeitungsschreibern liberaler Provenienz vor, „mit hunderttausend Stimmen täglich ihre stupide Unwissenheit, ihre Gewissenlosigkeit, ihren Eunuchenhaß gegen alles Wahre und Große in Politik, Kunst und Wissenschaft dem Volks" einzuhauchen. Der lukrative Anzeigengewinn habe den Verlegern die Möglichkeiten gegeben, „ein geistiges Proletariat, ein stehendes Heer von Zeitungsschreibern zu unterhalten, durch welches sie konkurrierend ihren Betrieb zu vergrößern und ihre Annoncen-Einnahmen zu vermehren streben". Die mitmachenden Journalisten leisteten „Prostitution des Geistes". Der Wiener Feuilletonist Ferdinand Kürnberger glaubte, seine Zunft habe den ,kollosalsten und überwiegendsten Sprachgebrauch an sich gerissen'. Der Journalismus habe die Sprache ,um und um revolutioniert'. Er dringe ,wie der

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Sauerstoff in der Luft, zerstörend, zersetzend, auflösend und freilich auch neubildend auf das feste Gebilde der Büchersprache ein'. Er setze in Orthographie, Syntax, Wortbildung und auch in ganzen Redensarten Neuerungen in einem Ausmaß durch, das der gesaraten Buchliteratur versagt sei. Trotzdem hoffte er auf eine Wendung zum Guten. Für den nachhaltig wirkenden Gustav Wustmann ist die Zeitung die Brutstätte der Sprach Verwilderung. Ihr Papierdeutsch' zersetze die Umgangssprache, werde von den Massen als vermeintlicher Inbegriff der gebildeten Sprache nachgeahmt. 1883 gibt der Wiener Raimund Halatschka eine Beispielsammlung typischer Fehler im Zeitungsdeutsch' heraus. Er sieht in der Presse die Ursache für eine , Sprach Verwüstung'. Als Nachlese zu Halatschka ist das Buch ,Ueber Verrottung und Errettung der deutschen Sprache' des Hans von Wolzogen gedacht. Die Zeitungssprache sei „bereits undeutsch gewordene (französirte und judaisirte) deutsche Journalsprache", welche „aber zum Mindesten gereinigt werden müsse durch die Anwendung strenger Logik" (Vgl. auch Sabin 1893; Rossi 1920; Becker 1928; Kiener 1937; Rodens 1938; Barton 1985). Gegen das Zeitungsdeutsch ist auch die Arbeit des 1885 gegründeten Allgemeinen Deutschen Sprachvereins ausgerichtet. Vor allem wird die , Fremdwörterei' der Presse verurteilt. „Deutsch denken, deutsch sprechen, deutsch schreiben ist durch eine leider unter uns verbreitete Nachlässigkeit und Gedankenlosigkeit gefährdet, dazu durch das Heer der Tagschreiber, die in hastiger Zeilenarbeit aus französischen und englischen Zeitungen, Romanen und Dramen massenhaften Lesestoff täglich in Haus und Hütte auswerfen, der fremde und schlechte Wörter, grammatische Fehler, krüppelhafte Nachbildungen Bacillen in die Flüsse und Bäche des deutschen Lebens verbreitet" meint Vereinsmitglied Karl Weinhold 1893 in seiner Antrittsrede als Universitätsrektor in Berlin. Dagegen verteidigte Eduard Engel die Presse und ihre Sprache. Man könne sie nicht für alle Sünden verantwortlich machen. Der Zeitungsstil sei unvergleichlich klarer als der wissenschaftliche und auf jeden guten wissenschaftlichen Schreiber kämen zehn gute Zeitungsschreiber. Wie kein anderer Autor machte Karl Kraus die kontinuierliche Kritik an der Presse und ihrer Sprache zu einem Hauptanliegen seines Lebenswerkes. Es wachse eine Generation von Analphabeten heran, die nicht mehr imstande sei, Zeitungen zu lesen, sondern nur noch, für sie zu schreiben. „Keinen Gedanken haben und ihn ausdrücken zu können das macht den Journalisten". Die Zeitung sei eine verhängnisvolle Autorität, gebe sich als Ort der Offenbarungen, suggeriere Unfehlbarkeit, sei letztlich jedoch nur ein Feld ethischer wie sprachlicher Korruption. Am schlimmsten sei die Phrase in der Pressesprache. Entscheidende Tendenzen der von seinen Vorgängern geäußerten Kritik werden bei Kraus im Sinne einer radikalen Abrechnung zusammengefaßt und zugespitzt, wobei das Neuartige seines Vorgehens insbesondere darin liegt, daß er die vor-

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zugsweise satirisch angelegte Stilkritik konkreter Textbeispiele mit einer Kritik der journalistischen Inhalte und Wirkungen verband. Kraus sprach der Presse jedes Recht zur Vertretung geistiger, moralischer, kultureller oder politischer Ziele ab. Als bedenklich bewertete er bereits die mit der Periodizität gegebenen Voraussetzungen, infolge derer sich der Zwang zum Schreiben über das unmittelbar Wissenswerte hinaus, als äußerst begründete Prinzip, verselbständigen konnte. Weiterhin sah Kraus die journalistische Arbeit von Grund auf korrumpiert durch die kapitalistische Einbindung des Zeitungswesens, die nach seiner Ansicht die Ideen der Pressefreiheit und journalistischen Verantwortung grundsätzlich als Illusion oder Heuchelei bestimmte. Doch auch der Vorstellung eines von kommerziellen und kapitalistischen Zwängen befreiten Journalismus konnte er keine Hoffnung abgewinnen, da er unabhängig von diesen materiellen Voraussetzungen dem Meinungsjournalismus nur nachteilige Wirkungen zuschrieb. So lehnte er Einwände, die seine Pressekritik von sozialistischer Warte relativieren wollten, mit dem Argument ab, „daß die journalistische Form auch die sozialistische Welt korrumpieren" könne. Kraus forderte eine Beschränkung der Presse auf rein mitteilende Funktionen, d. h. den Verzicht auf journalistische Meinungsäußerungen. Walter Benjamin kritisierte das mit den Worten: „Niemand, und Kraus am wenigsten, kann der Utopie einer sachlichen' Zeitung, dem Hirngespinnst einer .unparteiischen Nachrichtenübermittlung' sich überlassen". Kraus gab der Presse die Schuld am Ersten Weltkrieg und dem Aufkommen des Nationalsozialismus. Er wollte nicht wahrhaben, daß die Zeitung ein zunächst wertneutrales und erst im Falle des Machtmißbrauchs unheilvolles Medium ist, oder wie es ihm Walter Benjamin entgegenhielt: „Die Zeitung ist ein Instrument der Macht. Sie kann ihren Wert nur von dem Charakter der Macht haben, die sie bedient!" Dagegen bekämpfte Kraus in monologischer Fixierung auf sein Feindbild die Presse als vermeintlich ärgste Bedrohung der Menschheit. „Meine Arbeit war es, die Presse als die ereignisschaffende, todbringende Organisation der moralischen und geistigen Unverantwortlichkeit erkennen zu lassen, als jenes größte Übel der menschlichen Gesellschaft, welches durch die Faszination, die vom gedruckten Wort ausgeht, von der Gefahr abzulenken weiß, die es bedeutet: als die selbstmörderische Waffe, von welcher sämtliche Kulturgüter dahingerafft werden, die sie zu hüten vorgibt." Fritz Mauthner akzeptiert in der Zeitung den „ehrenhaften Nachrichtendienst", qualifiziert aber alles, was über ihn hinausgeht, als „Worthandel" und „gedrucktes Geschwätz", das schlimmer sei als das „gesprochene Geschwätz der dummen Leute". Journalistisches Sprachhandeln ist ihm „Schwatzvergnügen". 1940 sieht der Journalist W.E.Süskind die von Zeitung ausgehende Gefahr in der Überkonzentration. Eine solche liege vor, „wo dem Zusammensetzungsvermögen unserer Sprache zuviel zugemutet wird". Zeitungen verbinden ihren Schlagzeilen zuliebe, „grad und krumm zu neuen Wörtern ..., daß es ein wahrer

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Graus ist". Trotzdem verteidigt Süskind die Zeitungssprache: „Auch heute noch möchte ich behaupten, daß der sprachliche Stand der deutschen Presse höher ist als in den gerühmten kaiserlichen und Weimarer Zeiten." 1969 veröffentlichen die Zeitungswissenschaftler Peter Glotz und Wolfgang R. Langenbucher ihre Kritik an der deutschen Presse unter dem Titel ,Der mißachtete Leser'. Den Zeitungen werden an Beispielen .Außenpolitische Informationsdefizite' vorgehalten, außerdem Journalistische Fehlanzeigen' im Bereich der Wirtschaftsberichterstattung und des Feuilletons. Aus der in Umfragen erzielten Gewißheit, daß die Leser zu ca. 84 Prozent speziell an der Lokal- und dann an der Regionalberichterstattung interessiert seien, leiten sie die Forderung ab, die Zeitung lokal zu verankern. Sie müsse bringen, „was das lokale Publikum beschäftigt und interessiert". Versagen sogar in der Lokalberichterstattung durch mangelnde Stellungnahme, mangelnde Kommentierung der Ereignisse, lasse die Existenzberechtigung der Zeitung bezweifeln. Die Zeitung müsse Forum sein, um das politische und gesellschaftliche Funktionieren der Demokratie auch in den Einheiten unterhalb der staatlichen Ebene zu garantieren. „Die Tageszeitungen verlieren Leser, befriedigen längst nicht mehr alle Interessen, vernachlässigen ganze Zielgruppen (die beliebten Beispiele J u g e n d ' und ,Frauen' sind nur die Spitze des Eisberges), sie haben ihre Regionen und ihr Publikum nicht (mehr) im Griff. Das wird sich journalistisch und finanziell rächen. Entschieden wird diese Schlacht in der Region, mithin im Regionalteil". Mit diesem Fazit einer Analyse der Süddeutschen und der Schwäbischen Zeitung, wobei andere Blätter stets im Blickfeld sind, schließt sich der Journalist Rudi Holzberger der Kritik von Glotz und Langenbucher an. Die eigentliche Aufgabe, die Interessen ihrer Leser offensiv zu vertreten, werde nicht wahrgenommen. Dazu sei notwendig, die Sache der Betroffenen zur eigenen zu machen. Weiter fordert Holzberger die Öffnung der Ressortgrenzen, da relevante Themen solche meist übergreifen, mehr Themen-Demokratie und eine wilde Mischung im Blatt. Weiter: „Mehr Chaos in den Journalismus: thematisch, formal, in der Darstellung um so lebensnäher wird der Journalismus werden." (Holzberger 1991).

11. Geschichte Die erste Nachricht von gedruckten periodischen Zeitungen stammt aus Straßburg, wo 1605 der Drucker Johann Carolus den Rat der Stadt um ein Privileg ersucht (Weber 1992). Aus dem Jahr 1609 sind die vollständigen Jahrgänge des Wolfenbüttler ,Aviso' und der Straßburger .Relation' überliefert. 1617 gründet Johann von den Birghden in Frankfurt die erste Postzeitung. Die ab 1622 in Wien erscheinenden ,Ordentliche Post Zeitungen' gelten als die ersten vollgültigen Lokalzeitungen, während alle sonstigen Zeitungen vor allem Geschehnisse aus der Ferne mitteilen. Bis zum Jahrhundertende wächst die Zahl der Avisen auf ca. 80 an. Ab 1624 beginnt man, diese zwei- oder dreimal in der Woche erscheinen zu lassen. Seit 1650 gibt es dann täglich erscheinende Ausgaben. Um 1720 tauchen Anzeigen- oder Intelligenzblätter zum Teil mit staatlichem Monopolcharakter auf, die auch amtliche Verlautbarungen enthielten. Bis zum Jahrhundertende gibt es diese Zeitungsgattung in mindestens 220 Städten weitgestreut im gesamten Reich. Sie entwickeln sich zunehmend zu Nachrichtenblättern und weiter im Rahmen der Aufklärungsbewegung zum Spiegel und Hilfsmittel des gesamten bürgerlichen Lebens', indem im .gelehrten Artikel' neben ökonomischen vor allem sittlich-moralische Probleme behandelt werden. Im Jahre 1792 erhält die gemeinnützige' Ausrichtung einen doppelten Sinn. Einmal wird der in Gotha erscheinende ,Reichs-Anzeiger' zum ö f f e n t l i c h e n deutschen Reichs-Anzeiger' erhoben und stellt jedem Mitglied der Deutschen Nation frei, Beiträge zur Belehrung des Publikums unentgeltlich einzurücken. Zum anderen beginnt in einigen Intelligenzblättern ein Ablösungsvorgang aus der allgemeinen, populären Zeitung hin zum Fachblatt. Es entstehen sog. ,Zwischenblätter', speziell solche wirtschaftlicher Ausrichtung. Unter Napoleon wird der Forumcharakter der Anzeigen-Blätter verfremdet in eine zwangsweise zugewiesene Tribunalfunktion, d. h. sie werden zu Organen der Zuchttribunale und Kriminalgerichte. 1811 werden der Intelligenzzwang wie auch der Zwangsbezug aufgehoben, weil inzwischen andere Zeitungen dazu übergegangen waren, ihren Ausgaben einen ,Intelligenz-Zettel' beizufügen, die die Keimzelle zu einem systematisch gestalteten Anzeigenteil machte. Später übernehmen Amtsblätter die Aufgaben der Intelligenz-Zeitungen. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts taucht immer häufiger in den Titeln das Attribut .privilegiert' auf. Die namhafteste Vertreterin dieses Pressetyps ist die 1722 gegründete .Königlich privilegirte Berlinische Zeitung', aus einer Wo-

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chenzeitung von 1704 hervorgegangen und nach ihren späteren Besitzern die ,Vossische' genannt. Sie erhielt wenige Monate nach der Thronbesteigung Friedrichs des Großen die königliche Order, die den Zeitungsschreibern erlaubte, Freiheit mit mehr Überlegung und Behutsamkeit zu traktieren, ein Beweis dafür, daß der König sich nicht an die zuvor zugesicherte Festlegung hielt, „daß die Gazetten, wenn sie interessant sein sollten, nicht genieret (= eingeschränkt) werden müßten". U m 1730 etablierte sich mit der Erlanger ,Real-Zeitung' des Professors Johann Gottfried Groß eine Zeitungsgattung, die nicht nur informieren, sondern auch unterhalten wollte. Wichtig für den weiteren Aufschwung ist der Siebenjährige Krieg (1756 1763), der wie kein anderes Ereignis zuvor die Deutschen interessierte. Die Berichterstattung über die ,Staatsumwälzung' in Frankreich (Revolution von 1789) können etwa drei bis vier Millionen Menschen in nahezu 200 Zeitungen mit einer Gesamtauflage von ca. 3 0 0 0 0 0 Exemplaren genießen. Seit 1786 erscheinen Popularzeitungen, herausgegeben von ,Volkslehrern' für das agrarisch bestimmte Volk. Sie setzen keinerlei Vorkenntnisse voraus, verwenden die einfachst mögliche Sprache und erklären konsequent jeden erstmals gebrauchten politischen und geographischen Begriff. Dazu liefern sie einfache Landkarten und Holzschnitt-Illustrationen. Der Abdruck von Leserbriefen dient der Leseranbindung. Der Obrigkeit war diese Volksaufklärung, die den gebildeten Bauern' als Ideal sah, aber suspekt, weshalb sie die Herausgeber sogenannter .Bauernfreunde' oder ,Volkszeitungen' förderte, die von den Regierungen im aufklärungsfreundlichen Sinne beeinflußt wurden. 1793 bringt die Hannoversche Regierung eine eigene politische Zeitung heraus, die .Hannoverschen politischen Nachrichten': „Die allgemeine Absicht der Zeitung wäre, zu einer besseren Stimmung des Geistes des Zeitalters und zu einer Verminderung der Schwärmerei von Revolution, Freiheit und Demokratie nun beizutragen". Internationales Ansehen gewinnt die 1797 von Cotta gegründete .Allgemeine Zeitung' (nacheinander in Tübingen, Stuttgart, Ulm, Augsburg, München), die den Sprechsaal-Typ vertritt. In ihm werden möglichst alle Standpunkte zu einem Ereignis dargelegt bei gleichzeitiger Distanzierung von möglichen Interessengruppen (Breil 1996). Die Pressepolitik der napoleonischen Militärverwaltung 1792 bis 1814 veränderte mit ihren Maßregelungen von Verlegern und Publizisten, mit der Anweisung, Auflagennachrichten aus dem amtlichen französischen ,Moniteur' zu übernehmen, mit Zwangsgründungen und Verboten das Gesicht der deutschen Zeitung. Kurzlebig sind die ,Berliner Abendblätter', die Heinrich von Kleist von 1810 bis 1811 herausgab. Mit nationalen Hoffnungen erschienen der ,Rheinische Merkur', herausgegeben von Joseph Görres ab 1814, dessen Leitartikel zuweilen eine ganze Aus-

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gäbe umfaßten, oder das ,Oppositions-Blatt' in Weimar (1815 1819), die durch die Karlsruher Beschlüsse aber wieder unterdrückt wurden. In der 1819 eingeführten , Allgemeine Preußische Staats=Zeitung\ erläuterte die Regierung ihre innen- und außenpolitischen Aktivitäten und warb für sich (Struckmann 1981). In München kam von 1831 bis 1832 die .Deutsche Tribüne' heraus, die mit Nebenblättern die Zensur zu unterlaufen versuchte. Nach deren Aufhebung durch Bundesbeschluß vom 3. März 1848 gewannen bestehende Zeitungen neues Profil, zudem entfaltete sich eine Meinungs- und Parteipresse. Um die Konzessionierung zu umgehen, wurde die .Rheinische Zeitung für Politik, Handel und Gewerbe' 1842 von einer Kommanditgesellschaft auf Aktien herausgebracht. Als Chefredakteur gab ihr Karl Marx bald den Ruf, die wichtigste politische Zeitung Deutschlands zu sein. In ihrer geschlossenen Form und kritischen Haltung wurde sie zum Muster für die gesamte zeitgenössische Presse. Die ,Kölnische Zeitung' gewinnt um die Jahrhundertmitte durch sorgfältige Gestaltung der Nachrichten und dem Ausbau des Feuilletons sowie durch kulturelle Beilagen eine große Leserresonanz vor allem in Norddeutschland und wird dadurch Konkurrentin der Augsburger .Allgemeinen Zeitung'. Kurzlebig ist die im Bannkreis von Marx 1848 erscheinende .Frauen-Zeitung', herausgegeben von Mathilde Franziska Anneke (Henkel/Taubert 1976), ebenso wie die gleichnamige von Louise Otto 1849 (Gerhardt 1980). Mit der ,Norddeutschen Allgemeinen Zeitung' etablierte sich 1861 die offiziöse Zeitung, die vom preußischen Staat eine hohe Subvention, ein attraktives Großformat sowie eine gewisse Bewegungsfreiheit erhielt, die sie auch nutzte. Bis 1871 kam sie auf ca. 11000 Abonnements. 1918 wurde sie in ,Deutsche Allgemeine Zeitung' umbenannt und geriet in den Besitz des Industriellen Stinnes, dessen Pressepolitik sie vertrat. 1924 kaufte sie die preußische Regierung, die sie 1929 wieder an ein Konsortium Industrieller weitergab. Die Redaktion folgte jeweils den Vorgaben ihrer Besitzer. Seit den dreißiger Jahren erscheinen überall die .Pfennig Blätter', Zeitungen unterhaltenden Genres. Sie wurden durch Kolporteure vertrieben, enthielten kaum Nachrichten und schlossen räsonierende Formen weitgehend aus. Aus ihnen entwickeln sich die .Illustrierten Zeitungen', in denen der Text zunehmend durch die Bebilderung zurückgedrängt wird. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts erfolgt der Übergang zur Massenpresse, herausgegeben von Mehrzeitungsverlagen oder Pressegruppen. Für diesen werden vor allem die General-Anzeiger (der erste erschien 1845 in Leipzig) wichtig, Zeitungen, die über die Anzeigeneinnahmen finanziert wurden. Besonders breit angelegt wurden die Lokal- und Unterhaltungsteile. Die überlokalen Inhalte wurden den Agenturen entnommen. Wegen ihrer politisch .neutralen' Haltung nannte man sie Geschäftszeitungen im Gegensatz zu den älteren Gesinnungs- oder Nachrichtenzeitungen im Gegensatz zu den Mei-

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nungszeitungen. G e g e n die Generalanzeiger wehrten sich die etablierten Z e i tungen, indem sie lokale Annoncen und Meldungen in separaten Organen unter der B e z e i c h n u n g , S t a d t - A n z e i g e r ' , ,Stadtblatt' o . ä . veröffentlichten. O b w o h l im L a u f e des 2 0 . Jahrhunderts die nach 1 8 8 0 so verbreitete B e n e n n u n g G e n e ralanzeiger' v e h e m e n t zurückging, hinterließ der Gattungstyp seine Spuren in der Presse a l l g e m e i n über seine Initialwirkung a u f die Popularisierung und Publizitätssteigerung. D i e meisten heutigen Regionalzeitungen sind Nachfolger dieses Pressetyps. M i t der Gründung des .Berliner Tageblatts' legte R u d o l f M o s s e den Grundstein für den ersten Zeitungskonzern. Seine beiden ersten Chefredakteure Artur L e v y son und T h e o d o r W o l f f (Sösemann 1 9 9 3 ) hielten das Blatt in der Mitte zwischen G e s c h ä f t s - und Meinungszeitung. B e i d e schrieben glänzende Leitartikel, die dem links-liberalen Produkt bald weite Anerkennung und eine hohe Auflage sicherten. E i n niedriger Abonnentenpreis und Gratisbeilagen mit unterhaltenden Beiträgen sicherte den Absatz. Zu den Titeln , U l k ' ( 1 8 7 2 ) , ,Sonntagsblatt' ( 1 8 7 3 ) , . D e u t s c h e L e s e h a l l e ' ( 1 8 8 1 ) , , H a n d e l s z e i t u n g ' ( 1 8 8 6 ) , , Z e i t g e i s t ' ( 1 8 8 8 ) , . B e r l i n e r M o r g e n Zeitung' ( 1 8 8 9 ) , . T e c h n i s c h e Rundschau'

(1895),

,Haus, H o f , G a r t e n ' ( 1 8 9 9 ) und .Weltspiegel' ( 1 9 0 2 ) k a m e n zahlreiche F a c h zeitschriften. Als M o s s e den Scherl-Verlag übernehmen wollte, konnte Alfred Hugenberg dies mit H i l f e der Regierung vereiteln (Holzbach 1 9 8 1 ) . Leopold Ullstein erwarb 1877 das .Neue B e r l i n e r Tageblatt' und nannte es um in . D e u t s c h e U n i o n ' . 1878 übernahm er die . B e r l i n e r Zeitung', gründete 1 8 8 7 die . B e r l i n e r Abendpost', 1 8 9 8 die . B e r l i n e r M o r g e n p o s t ' , 1 9 0 4 die , B Z am M i t t a g ' und übernahm 1913 die ,Vossische Z e i t u n g ' . Damit hatte auch er einen gewaltigen Konzern aufgebaut. Ü b e r den , D e u t s c h e n Verlagsverein', in dem Hugenberg die Hauptrolle spielte, gelangen die Scherl-Blätter .Berliner-Abendzeitung', . D e r T a g ' , N e u e ste Berliner Handels- und Börsennachrichten' an diesen und bildeten den Grundstock zu e i n e m weiteren Konzern, der den K o n k u r r e n z k a m p f in Berlin besonders hart machte. D e r S i e g über Frankreich und die Gründung des Deutschen R e i c h e s ermöglichten 1 8 7 4 die Verabschiedung des Reichspressegesetzes, das an die Stelle von 2 7 Landesgesetzen trat. E s garantierte die Zensurfreiheit und beseitigte Sondersteuern sowie Kautionen für die Zulassung zum Pressegewerbe. D a s hinderte j e d o c h nicht, staatlicherseits immer wieder gegen Zeitungen und Journalisten vorzugehen. A m schlimmsten traf es die Sozialdemokraten, deren Blätter 1878 durch das , G e s e t z gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der S o z i a l d e m o kratie' verboten wurden. Als Ersatz diente das in Zürich, später in London redigierte zentrale Organ .Sozialdemokrat', dessen 1 2 0 0 0 E x e m p l a r e zum Teil nach Deutschland geschmuggelt wurden (Bartel 1 9 7 5 ) . 1 8 9 7 wurden nach der Wiederzulassung 9 0 sozialdemokratische Zeitungen mit einer Auflage von 1,5 Millionen E x e m p l a r e n gedruckt.

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Ab 1904 versuchten Boulevardzeitungen, die erste ist die Berliner ,BZ am Mittag', Käufer im Straßenhandel zu finden. Sie setzen speziell auf hohe Reizwerte, auf Sensationen, , Knüller' oder Ereignisse, die man dazu aufbauschen konnte. Dicke Schlagzeilen als Augenfänger, in die Intimsphäre eindringende Geschichten und reiche Illustration wurden zum bevorzugten Mittel der Gestaltung. Die kriegswirtschaftlichen Maßnahmen im 1. Weltkrieg veränderten das Gesicht der deutschen Zeitungen wie der Zeitungslandschaft nicht entscheidend. Da die meisten Zeitungen zu Kriegsbeginn obrigkeitshörig waren, fiel es nicht schwer, den bald erlassenen Zensurbestimmungen zu folgen. Das Kriegspresseamt, das der obersten Heeresleitung unterstand, unterwarf die Zeitungen einer Vorzensur, wurde zu einem Instrument propagandistischer Verfälschung. Angesichts zunehmender Opposition gegen die verhängten Maßnahmen wurde Ende 1916 die Erörterung der deutschen Kriegsziele freigegeben. Es entbrannte ein heftiger Kampf um die Frage von Annexionen und einen Verständigungsfrieden. Ab 1917 legte die Regierung die Grundlagen für einen Anweisungsjournalismus, der vor allem über das ,Wölfische Telegraphenbüro' gesteuert wurde. Die Zeitungen druckten die Agenturberichte und die mitgelieferten Kommentare klaglos ab. Da ab 1917 fast ein Drittel der gesamten Presse sich in sogenannten Maternverlagen Zusammenschloß, beherrschte bald durchgehend eine einhellige Berichterstattung wie Meinungsgebung den deutschen Blätterwald. In der Weimarer Republik schufen sich die radikalen Parteien in Berlin wie im Reich ihre Kampfblätter. Ab 1918 erschien ,Die Rote Fahne', gegründet von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht (Brauneck 1973). Dem Kommunisten Willi Münzenberg gelang die Gründung eines Konzerns, der nach kapitalistischen Grundsätzen arbeitete (Surmann 1983). Für die Nationalsozialisten schuf Joseph Goebbels 1927 den ,Angriff' (Lemmons 1994). Gegen alle hatten Zeitungen wie ,Das Andere Deutschland' (1925 1933), die für Demokratie und gegen Aufrüstung kämpften, einen schweren Stand. Als neue Typen kamen Mittagsblätter, illustrierte Abendzeitungen und für die bislang überwiegend zeitungsfreien Montage die Montagsblätter dazu. Nach 1933 fielen den Stillegungs- und Konzentrationsmaßnahmen der nationalsozialistischen Regierung rund 300 Zeitungen zum Opfer, darunter die gesamte sozialdemokratische und kommunistische Presse (Stroech 1979) und vor allem katholisch orientierte Zeitungen. Die Verlage Mosse und Ullstein gingen in den Besitz der N S D A P über, ebenso zahlreiche General-Anzeiger, die in nationalsozialistische Gauzeitungen umgewandelt wurden (Stein 1987). Der .Völkische Beobachter', seit 1920 in Besitz der NSDAP, wurde zum inoffiziellen Regierungsorgan (Noller 1956). In der 1939 gegründeten Wochenzeitung ,Das Reich' sollte das Bedürfnis der deutschen Funktionseliten nach Kulturinformation befriedigt und dem Ausland eine niveauvolle Lebendigkeit des deutschen Geistes vorgegaukelt werden (Martens 1972). Goebbels schrieb

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regelmäßig Leitartikel. Für das Ausland zugelassen waren die .Frankfurter Zeitung', die .Kölnische Zeitung', die .Germania', das .Hamburger Fremdenblatt' und die .Deutsche Allgemeine Zeitung', die zeitweise sogar fremdsprachige Beilagen enthielten. Eine Form .inneren Widerstands' entwickelte die .Frankfurter Zeitung'. Da ihr politischer Teil besonders beobachtet und untersucht wurde, wich sie in das Feuilleton aus. Bevorzugte Formen unterschwelliger Information und Beeinflussung der Leser wurden Fabeln und Gedichte. 1943 wurde die Zeitung verboten (Gillessen 1986). Im 2. Weltkrieg kam es zu weiteren Stillegungen und Fusionen. Mit der Verordnung ,Zum Schutz von Volk und Staat' im Februar 1933 wurden Meinungs- und Pressefreiheit außer Kraft gesetzt (Kohlmann-Viand 1991). Im Ausland kämpfte die Exilpresse gegen die Nationalsozialisten, häufig getragen von den verbotenen Parteien und Organisationen, die zugleich in den Gastländern aufklären wollte über die Geschehnisse im Großdeutschen Reich. Der Wiederaufbau der Presse nach 1945 ging in drei Stufen vor sich. Zunächst gaben örtliche Militärverwaltungen Nachrichtenblätter heraus (Matz 1970). Dann folgten in allen Zonen zentral gefertigte Tageszeitungen der Besatzungsbehörden: in der amerikanischen Zone die .Neue Zeitung' (München ab 18.8.1945) (Kim 1954), in der britischen Zone .Die Welt' (Hamburg 2.4.1945) (Harenberg 1976), in der französischen Zone die zweisprachigen .Nouvelles de France' (Baden-Baden 15.9.1945) und in der sowjetischen Zone die .Tägliche Rundschau' (Berlin, 15.5.1945). Gleichzeitig gaben die Militärverwaltungen Lizenzen für Zeitungen und Zeitschriften. Zu den Blättern der ersten Stunde gehörten die .Aachener Nachrichten', die .Frankfurter Rundschau', die ,Braunschweiger Zeitung' und der Berliner ,Tagesspiegel'. Eine Parteipresse entstand nur in der britischen und in der sowjetischen Besatzungszone, während in der amerikanischen und französischen das Konzept der unparteiischen oder überparteilichen Tagespresse galt. Nach der Währungsreform von 1948 wurde das Lizensierungssystem in den Westzonen gelockert. Es entstand das für die Bundesrepublik charakteristische Bild einer vielfältigen Tagespresse mit kleinen Lokalund mittleren Regionalzeitungen, die weitgehend die föderalistische Struktur der Bundesrepublik spiegeln. Mit dem Jahr 1954 beginnt in der Bundesrepublik die Zeit der Pressekonzentration. Wirtschaftliche Gründe, vor allem allgemeine Kostensteigerungen bei Personal- und Investitionsausgaben und medienspezifische bei der Herstellung und im Vertrieb, lassen die Zahl der Zeitungsverlage von 501 (1954) auf 345 (1969) zurückgehen. Vor allem im Bereich der Heimatpresse kam es zu Zusammenschlüssen bzw. zu ,der redaktionellen Zusammenarbeit dienenden Gemeinschaften', meist mit einem zentral erstellten allgemeinen Mantel und Lokalteilen der örtlichen Redaktionen. Der wirtschaftliche Vorteil solcher Gemeinschaften ist, daß zehn, zwanzig oder mehr Verleger das Geld für die politische Redaktion, die Wirtschafts- und Feuilletonredaktion, die Nachrichtenagenturen, die

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Pressedienste und einen Teil des technischen Apparates aufbringen. Die Nachteile sind vor allem im politischen Bereich zu suchen. Die klare Profilierung wird aufgegeben zugunsten einer möglichst farblosen politischen Berichterstattung, die publizistische Meinungsvielfalt weitgehend aufgehoben. Die überregionale Presse ist etwa gegenüber der Zeit vor dem 1. Weltkrieg und der Weimarer Zeit auf wenige Titel beschränkt. Im allgemeinen werden nur die frankfurter Allgemeine Zeitung', ,Die Welt' und die 1979 hinzugekommene .Tageszeitung' (taz) (Flieger 1992; Tolmein/Dinkel 1989) dazu gezählt. Vom publizistischen Inhalt und von der Verbreitung auch außerhalb ihrer Herkunftsregion stehen den .überregionalen' Organen nahe die .Süddeutsche Zeitung', die .Stuttgarter Zeitung' und die frankfurter Rundschau'. ,Die Welt', ,FAZ' und .Süddeutsche Zeitung' erheben den Anspruch, unabhängig und überparteilich zu sein. Tatsächlich haben Analysen der politischen Kommentare dieser Zeitungen jedoch ergeben, daß sie eindeutig parteiliche Tendenzen aufweisen. Für Österreich sind zu nennen ,Die Presse' und seit 1988 ,Der Standard' sowie die .Salzburger Nachrichten', für die Schweiz die ,Neue Zürcher Zeitung' und der ,Tagesanzeiger'. Die 1952 von Springer im Direktverkauf herausgebrachte ,Bild'-Zeitung wendete sich an den „optischen Menschen", der nicht nachdenken wollte. Allerdings wurde dieser kaum erreicht, weil die Auflage klein blieb. Deshalb wurde aus dem fast reinen Bild-Blatt zunehmend ein mit Bildern angereichertes Text-Blatt. Die Leserschaft repräsentiert im wesentlichen Schichten und Berufsgruppen sowie Alters- und Einkommensstruktur der Bevölkerung. Sie wird vor allem von Volksschul-Abgängern konsumiert. Rund ein Drittel der Leser bezieht seine Information und Weltsicht ausschließlich von ,Bild'. Größter Konkurrent ist das 1964 in Köln gegründete Straßenblatt ,Express', das ebenfalls antrat, den Leser kurz, aber optimal zu informieren. Diese und andere Kioskblätter, wie die ,Morgenpost' in Hamburg, Chemnitz und Dresden, die , Abendzeitung' und ,tz' in München, die ,Β.Ζ.' und der ,Kurier' in Berlin, bieten überwiegend aber journalistische Kuriosa, Extremstories, Horror und Fast-foodLiteratur. Dem kontinuierlichen Rückgang zugunsten der privaten Fernsehsender wollen die Boulevardblätter mit Fitnesskuren und mehr Service („Bild kämpft für Sie") begegnen. Der Erfolg, der .Bild' in den frühen achtziger Jahren bis zu einer Auflagenhöhe von 5,5 Millionen Exemplaren anwachsen ließ, führte zu einer ganzen ,Bild'-Familie. 1983 kam ,Bilder der Frau' hinzu, 1986 .Auto Bild', 1988 ,Sport Bild', 1996 .Computer Bild'. In Österreich führen .Täglich alles', von Sigrid Löffler (1997) „Videoclip-Tageszeitung" genannt, die .Neue Kronen-Zeitung' (Dichand 1977; Kemptner 1975; Ivan/Lang/Pürer 1983; Bruck 1991) und der .Kurier', in der Schweiz der ,Blick' (Bürgi 1984; Lüönd 1979). Ein neuer Zeitungstyp entstand in Deutschland in der Nachkriegszeit mit den Wochenzeitungen nach dem Vorbild des englischen .Observer'. Blättern wie .DIE ZEIT', .Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt', jetzt .Das Sonntagsblatt DS', .Publik' und .Rheinischer Merkur / Christ und Welt' kommt es im Gegen-

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satz zur Tagespresse weniger auf die Veröffentlichung von Nachrichten als auf ausführliche Analysen und Kommentare an, auf die Einordnung tagesaktueller Ereignisse in größere Zusammenhänge. Hinzu kommen Dossiers zu speziellen Themen, viel aus Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft und Freizeit. Obwohl zum Teil journalistisch hervorragend gemacht, erwiesen sich die Wochenzeitungen als Verlustgeschäft, das entweder vom Verleger bzw. von Institutionen wie den Kirchen getragen oder durch farbige Beilagen wie ,Zeitmagazin' kompensiert werden mußte. Inzwischen bringen auch die Supplemente finanzielle Defizite. In der Schweiz begleiten die ,Weltwoche', die .Sonntags Zeitung' und die wirtschaftlich orientierten ,Bilanz' und ,Cash' das Wochengeschehen. Verglichen mit der ersten deutschen Demokratie war die parteieigene Presse in der Bundesrepublik eher von geringer Bedeutung. Nur die Wochenzeitung ,Bayernkurier' der Christlich Sozialen Union konnten sich auf dem Markt behaupten. Der .Vorwärts' der Sozialdemokraten ging in dem kostenlos an die Mitglieder verteilten , Vorwärts Sozialdemokratisches Magazin' auf. Eine Sonderstellung besitzt die Wochenzeitung ,Das Parlament'. Sie wird von der Bundeszentrale für politische Bildung in Bonn herausgegeben und dokumentiert politische Vorgänge, vor allem Bundestagsdebatten. Dem rechten politisch-ideologischen Spektrum zuzurechnen sind die d e u t sche National-Zeitung', der halbjährlich die Blätter .Deutsche Nation' und .Deutsche Soldatenzeitung' kostenlos beigefügt werden (Wenzel 1981), die .Deutsche Stimme. Nationaldemokratische Zeitung', die .Deutsche Wochenzeitung. Deutsche Nachrichten. Ost-West Kurier', .Deutscher Standpunkt. Monatszeitung. Sozial, freiheitlich, rechtsstaatlich-deutsch. Zeitung für Deutschland' und .Junge Freiheit' (Lange 1993; Jäger 1988). Einen großen Aufschwung erzielten vor allem in den letzten Jahren die Anzeigenblätter, die entweder einen eigenen Textteil enthalten oder eben auf diesen verzichten zugunsten des Platzangebots für die Werbung. Offertenblätter sind Anzeigenblätter, die verkauft werden, wobei die Anzeigen kostenlos geschaltet werden können. Die sog. Alternativ-Presse läßt sich aufgliedern in überregionale, regionale, lokale und Stadtteil-Blätter. Inhaltlich lassen sich politische von literarischen und künstlerisch orientierten Zeitungen unterscheiden, diese wiederum von spirituellen, ökologischen, feministischen oder comix- und science-fictions orientierten. Anfangs verstand sich ein großer Teil der alternativen Zeitungen als .Forum der Gegenöffentlichkeit', schrieben .Betroffene für Betroffene'. Kommerzieller und professioneller arbeiten die Stadtmagazine. Sie bieten einen breiten Überblick über die Veranstaltungen in der Stadt, lokale Informationen und Berichte aus Kultur und Subkultur (Weichler 1987; Stamm 1988). Als Konkurrenz für die Kommerzpresse, die ihr den lokalen Anzeigenmarkt streitig macht, fungieren vor allem die Amtsblätter der öffentlichen Verwaltung. Sie öffnen sich nur spärlich der Diskussion mit den Bürgern.

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Eine Sonderform sind die Schüler-Zeitungen, deren älteste, der .Insulaner', in Ratzeburg seit 65 Jahren besteht. Die sowjetische Besatzungsmacht verteilte im Gegensatz zu den westlichen Alliierten Lizenzen nicht an Einzelpersonen, sondern an Parteien und gesellschaftliche Gruppen, etwa Gewerkschaften. Sozialdemokratische und bürgerlich orientierte Blätter wurden gegenüber kommunistischen jedoch deutlich benachteiligt. Nach der .Täglichen Rundschau', die seit Mai 1945 als „Blatt der Roten Armee" erschien, ließen die Sowjets im Juni 1945 die ,Deutsche Volkszeitung' für die Kommunistische Partei zu. Im Juli folgte das SPD-Organ ,Das Volk'. Beide Blätter wurden nach der Gründung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) im April 1946 zum ,Neuen Deutschland' vereinigt (Otto 1978). Es blieb das Zentralorgan der SED bis zu deren Auflösung und wurde nach der Wende die Parteizeitung der PDS (Marten-Finnis 1994). Für die CDU in der sowjetischen Besatzungszone wurde die ,Neue Zeit' zugelassen. Die Liberal-Demokratische Partei konnte den ,Morgen' herausgeben. Neben dem Zentralorgan verbreitete die SED die ,Berliner Zeitung', die ,BZ am Abend' sowie 14 Bezirkszeitungen mit Lokalteilen für 218 Kreise, an jedem Werktag mehr als 6,5 Millionen Exemplare. Die weiteren 23 Zeitungen der DDR, davon 19 Organe der vier sog. bürgerlichen Parteien, erhöhten diese Zahl auf 9,5 Millionen Exemplare. Dazu kamen 662 Betriebszeitungen mit einer Auflage von rund 2 Millionen. Die ,National-Zeitung', Hauptorgan der Nationaldemokratischen Partei Deutschland wurde bereits vor Gründung dieser Partei 1948 geschaffen, um ehemalige Mitglieder der N S D A P und frühere Berufssoldaten für die kommunistischen Ziele zu gewinnen. Das Zentralorgan der Demokratischen Bauernpartei Deutschlands, das ,Bauern-Echo', hatte den Auftrag, der Landbevölkerung die Sozialisierung der Betriebe schmackhaft zu machen. Die beiden Massenorganisationen Freie Deutsche Jugend und Freier Deutscher Gewerkschaftsbund besaßen die Tageszeitungen J u n g e Welt' und ,Tribüne'. Für die Intellektuellen war die Wochenzeitung des Kulturbundes, der .Sonntag', wichtige Lektüre. Außerdem erschienen 30 weitere Wochenzeitungen, von denen der .Horizont' außenpolitische, ,Die Wirtschaft' innen- und außenwirtschaftliche, die .Volksarmee' wehrpolitische, ,Für Dich' Frauen und die .Wochenpost' Familien betreffende Themen behandelten. .Die Trommel' wendete sich an die .Jungen Pioniere'. Für Studenten galt das .Forum' der FDJ als gutgemacht und interessant, das jedoch 1983 eingestellt wurde. Eingestellt wurden nach 1989 ebenfalls die .Tribüne', Organ des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes und der ,Morgen', Organ der Liberaldemokratischen Partei Deutschlands. Enorme Auflagenverluste erlitten die .Junge Welt', Zentralorgan der Freien Deutschen Jugend, und die ,Neue Zeit', Organ der OstCDU. Unbenannt wurde der .Sonntag' in .Freitag' und mit der westdeutschen .Volkszeitung' vereint (Kapitza 1997). Als Wochenzeitung findet sie zwei Drittel ihrer Leser in den neuen Bundesländern.

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Nach der Wende begannen westdeutsche Zeitungsverlage ihre Erzeugnisse in die neuen Bundesländer zu liefern. Dann begannen Unternehmen im grenznahen Bereich und in Partnerstädten mit der Herausgabe lokaler Nebenausgaben westdeutscher Blätter. Später griffen Westverlage in die neuen Bundesländer aus und gründeten neue Zeitungen oder sie kooperierten mit bestehenden Häusern. Andere verkauften ihre Blätter auch in den neuen Bundesländern, mit unterschiedlichem Erfolg. Gut gelang dies ,Bild\ der .Süddeutschen Zeitung' und der f r a n k f u r t e r Allgemeinen Zeitung'. Eine wichtige Aufgabe in der Wendezeit übernahmen die Zeitungen der Bürgerbewegung und anderer politischer Gruppierungen, die in der DDR zum Teil eine Gegenöffentlichkeit hergestellt hatten. Fehlende Professionalität und Kapitalmangel ließen die meisten Gründungen aber schnell wieder verschwinden. Als Konkurrenz zu ,Bild' und der Hoffnung, über eine Neugründung in den neuen Bundesländern in den Westmarkt einzudringen, war die ,Super-Zeitung' konzipiert. Sie geriet schnell in die Kritik, die ihr vorwarf, ihren Erfolg durch einen Gefühlsjournalismus, durch Volksverhetzung, durch Schüren von Aggressionen gegen Westdeutschland zu erreichen. Dadurch kam das Anzeigenaufkommen nicht auf die notwendige Größe, so daß das mit hohen Erwartungen gestartete Blatt wieder eingestellt wurde. Ebenfalls Schwierigkeiten hatte die neukonzipierte ostdeutsche Wochenzeitung ,Wochenpost', sich im Westen zu etablieren. Sie wurde eingestellt, ihre Abonnenten an die 1993 gegründete ,Die Woche' verkauft, die wegen ihrer grafisch modernsten Zeitungsform als , World's Best-Designed Newspaper' ausgezeichnet wurde (Schulte-Holtey 1997). In den Bezirken wurde die SED-Presse erhalten, allerdings kaschiert durch eine Umbenennung der Titel. So erscheint in Halle die alte ,Freiheit' als Mitteldeutsche Zeitung', in Potsdam die .Märkische Volksstimme' als ,Märkische Allgemeine'. Meist wird mit westdeutschen Partnern operiert, die von der Treuhandanstalt zugeteilt wurden. Es sind überwiegend Großverlage wie Springer, Burda, Madsack, Heinrich Bauer, Gruner + Jahr. In Berlin kämpfen zehn Tageszeitungen um 1,3 Millionen Käufer. Führend ist die .Berliner Zeitung', das einstige SED-Blatt. Die Neugründung .Zeitung zum Sonntag' in Freiburg/Breisgau (1998) gibt sich als Anzeigenblatt, bietet aber einen breiten redaktionellen Teil sowie eine optische Anlehnung an die ,Woche'. Es bleibt zu erwarten, daß ähnliche kostenlose Wochenblätter auf dem Markt erscheinen. Am innovativsten auf dem Zeitungsmarkt ist das .Handelsblatt', das nicht nur als vollständiges elektronisches Archiv existiert, das man als tägliche Ausgabe schon am frühen Morgen in seiner elektronischen Form mit Hilfe einer Datenbank-Software lesen kann.

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Kleist, Heinrich v. 15, 80 Kraus, Karl 76 Kürnberger, Ferdinand 75 Langenbucher, Wolfgang R. 78 Lassalle, Ferdinand 59, 75 Laube, Heinrich 64 Levyson, Artur 82 Lichtenberg, Georg Ch. 64, 75 Liebknecht, Karl 83 Löffler, Sigrid 85 Ludewig, Johann P. 69 Luxemburg, Rosa 83 Marcuse, Ludwig 39 Marperger, Paul J. 69 Marx, Karl 81 Mauthner, Fritz 77 Moritz, Karl P. 7, 57 Mosse, Rudolf 25, 82, 83 Münzenberg, Willi 83 Napoleon I. (Kaiser) 80 Nietzsche, Friedrich 75 Opel, Julius O. 70 Otto, Louise 81 Paul, Jean (Richter) 37, 41, 64 Peucer, Tobias 5, 20, 69, 73 Posselt, Ernst L. 37 Prutz, Robert E. 70 Reich, Eduard 57 Reuter, Paul J. 7 Salomon, Ludwig 70 Schacht, Hjalmar 70 Scherl, August 3, 82 Schiller, Friedrich v. 64 Schopenhauer, Arthur 75 Schorer, Christoph 73

Namenregister

106 Schubart, Christian F. D. 74 Schwarzkopf, Joachim v. 70, 74 Spahn, Martin 70 Springer, Axel C. 85 Stieler, Kaspar 1, 2, 25, 69, 74 Stinnes, Hugo 81 Stocklossa, Paul 70 Süskind, W.E. 77 Ullstein, Leopold 3, 82, 83

Voß, Johann H. 64 Weinhold, Karl 76 Weise, Christian 26, 63, 69, 73 Wilhelm II. (Kaiser) 57 Wolff, Bernhard 7 Wolff, Theodor 82 Wolzogen Hans v. 76 Wustmann, Gustav 76