Zahlung und Zahlungssicherung im Außenhandel [8th rev. ed.] 9783899496789, 9783899494679

The new edition of this standard work on payment and payment securities in international trade is equally appealing to t

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German Pages 648 Year 2009

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Table of contents :
Frontmatter
Inhalt
Erster Abschnitt Rechtsquellen
Zweiter Abschnitt Dokumentenakkreditiv
Dritter Abschnitt Dokumenteninkasso
Vierter Abschnitt Bezahlung gegen offene Rechnung (clean payment)
Fünfter Abschnitt Sicht- und Zieltratten im Dokumentengeschäft
Sechster Abschnitt Weitere Finanzierungsformen im Außenhandel im Überblick
Siebenter Abschnitt Gegenakkreditiv (Back-to-Back Credit)
Achter Abschnitt Anglo-Amerikanische Rechtsformen dokumentärer Geschäfte
Neunter Abschnitt Bankgarantie
Backmatter
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Zahlung und Zahlungssicherung im Außenhandel [8th rev. ed.]
 9783899496789, 9783899494679

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Zahn/Ehrlich/Haas Zahlung und Zahlungssicherung im Außenhandel de Gruyter Handbuch

Zahn/Ehrlich/Haas

Zahlung und Zahlungssicherung im Außenhandel

8., neubearbeitete Auflage von Dietmar Ehrlich und Gregor Haas

De Gruyter Recht  Berlin  2010

Professor Dr. iur. utr. Dietmar Ehrlich, Rechtsanwalt in Stuttgart Dr. iur. Gregor Haas, Rechtsanwalt in Mannheim

¥ Gedruckt auf säurefreiem Papier, ¡ das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

ISBN 978-3-89949-467-9

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.  Copyright 2009 by De Gruyter Rechtswissenschaften Verlags-GmbH, D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Datenkonvertierung/Satz: Reemers Publishing Services GmbH, Krefeld Druck und Bindung: Hubert & Co., Göttingen

Vorwort zur ersten Auflage 1957 In der vorliegenden Abhandlung sollen die Zahlungsabwicklung und die Zahlungssicherung im Außenhandel im Zusammenhang unter gleichmäßiger Verteilung des Gewichtes auf wirtschaftliche, bankgeschäftliche und juristische Gesichtspunkte dargestellt werden. Für diesen Plan waren folgende Überlegungen maßgebend: Die erhebliche Ausweitung des Außenhandels nach dem Krieg hat naturgemäß auch die Zahlungsseite entsprechend anschwellen lassen, da dem Güterstrom auf der Warenseite grundsätzlich ein gleich großer Geldstrom auf der Zahlungsseite gegenübersteht. Die Beschränkungen der Devisenbewirtschaftung werden immer mehr abgebaut, so daß die deutsche Praxis sich auf dem Gebiete des Zahlungsverkehrs mit dem Ausland allmählich wieder einem Zustand nähert, der nicht mehr primär von devisenrechtlichen Gedankengängen beherrscht wird, sondern bei dem wieder echte geschäftliche Gedanken im Vordergrund stehen. Da uns die Zwangsjacke der Devisenbewirtschaftung jetzt fast 25 Jahre angelegt war und die kurzen Jahre devisenrechtlicher Freiheit Ende der 20er Jahre auch keinen Normalzustand darstellten, muß die deutsche Praxis des Zahlungsverkehrs mit dem Ausland im Grunde an die Zeit vor 1914 anknüpfen. Seit dieser Zeit haben sich auf dem Gebiete des zwischenstaatlichen Zahlungsverkehrs ganz grundlegende Wandlungen vollzogen, und zwar auf allen drei hier angesprochenen Gebieten. Die geschäftliche Dynamik und die geschäftlichen Überlegungen sind heute ganz anders als in der damaligen Generation. Die Banktechnik hat sich erheblich entwickelt, und auch auf rechtlichem Gebiet ist manches neu gestaltet worden; eine größere Zahl grundlegender höchstrichterlicher Entscheidungen ist ergangen, und vor allem hat die Internationale Handelskammer die „Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive“ und in allerjüngster Zeit die „Einheitlichen Richtlinien für das Inkasso von Handelspapieren“ geschaffen. An den „Einheitlichen Richtlinien“ wird fortlaufend von einem Ausschuß weitergearbeitet, in dem die Bundesrepublik durch eine Reihe hervorragender Sachkenner vertreten ist. Außerdem sind im Ausland einige bedeutende Veröffentlichungen erfolgt, an deren Spitze das inhaltlich hervorragende und brillant geschriebene, von Maurice Megrah gänzlich neu bearbeitete Buch „The Law of Bankers‘ Commercial Credits“ von H. C. Gutteridge und Maurice Megrah steht. Mit der Entwicklung des Inkasso- und Akkreditivgeschäftes in der Theorie und der Praxis des In- und Auslandes hat die deutsche banktechnische und juristische Literatur nicht voll Schritt gehalten. In den Gesamtdarstellungen über Bank- und Börsenrecht, wie z.B. in dem kürzlich erschienenen guten Buch von Herold,

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Vorwort zur ersten Auflage 1957

konnte diesem Gebiet proportional naturgemäß nur ein geringer Raum zugemessen werden, während sich die Darsteller eine Vertiefung in Einzelheiten bewußt versagen mußten, um nicht den Rahmen einer Gesamtdarstellung zu verlassen. Die ergiebigste Darstellung findet sich immer noch im Staubschen Kommentar zum HGB (Verfasser Koenige, Senatspräsident am Reichsgericht). Diese erstklassige Darstellung beschränkt sich aber in ihrer Zielsetzung auf die juristische Seite des Gebietes und ist heute in manchen Dingen durch abgewandelte Auffassungen und neugewonnene Erkenntnisse überholt. Der Bundesgerichtshof hat sich mit unserem Gebiet nach dem Kriege nur in sehr wenigen Entscheidungen befaßt, die ausgesprochene Spezialprobleme behandeln. In der übrigen neueren Literatur ist das Schwergewicht teils zu sehr auf die banktechnische, teils zu sehr auf die juristische Darstellung (zahlreiche Dissertationen) verlegt. Es ist unter diesen Umständen ein Ruhmesblatt für die Praktiker in den Finanzabteilungen und den Rechtsabteilungen unserer Außenhandelsfirmen und Kreditinstitute, daß ungeachtet aller Schwierigkeiten täglich Tausende von Fällen ohne Störungen in einer Weise bearbeitet werden, die den Vergleich mit dem Ausland durchaus aushält. Wenn ich in der folgenden Abhandlung den Versuch unternehme, auf diesem Gebiet ein möglichst vollständiges Studienmaterial zusammenzustellen, so bin ich mir klar, daß sich nicht alle Probleme des zwischenstaatlichen Zahlungsverkehrs auf Anhieb erschöpfend lösen lassen. Es sind zu viele kaufmännische, banktechnische und juristische Momente, die sich zusammendrängen. Und noch etwas anderes kommt hinzu: Das Akkreditiv- und Inkassogeschäft tritt im Außenhandel fast niemals isoliert auf. In der überwiegenden Anzahl der praktischen Fälle ist es mit Kreditgeschäften verknüpft. Infolgedessen ergeben sich für die Abwicklung der Geschäfte Gesichtspunkte, die nicht aus dem Inkasso oder Akkreditiv als solchem, sondern aus dem damit verbundenen Kreditgeschäft herrühren, sich aber gleichwohl in der ganzen Anlage des dokumentären Zahlungsgeschäftes auswirken. Ich habe daher versucht, in der Darstellung der Zahlungssicherung auch die aus den Kreditengagements der Exporteure und Importeure resultierenden Fragen der Finanzierung zu berücksichtigen. Meine Absicht war dabei, hinreichend deutlich zu machen, wie sehr die Bedürfnisse des Kreditgeschäftes schon bei der Formulierung von Akkreditivaufträgen, noch viel mehr aber bei der späteren Abwicklung, von Bedeutung sind. Dazu gehört dann schließlich auch die Überleitung eines Dokumentengeschäftes in die sogenannte Anschlußfinanzierung. Wenn nach alledem schon die Fülle des Stoffes die Vollständigkeit und Verbindlichkeit der Darstellung erschwert, so kommt noch hinzu, daß auf unserem Gebiet eine ganze Anzahl grundsätzlicher Fragen nach juristischer Kennzeichnung von Gestaltungsformen in der Diskussion noch nicht ausgetragen sind. Auch die „Einheitlichen Richtlinien“ haben sich von einer juristisch-theoretischen Fundierung meist ferngehalten und sich auf Vorschriften praktischer Natur beschränkt. Infolgedessen fand ich mich in zahlreichen Fällen vor offenen Fragen, die mangels einer gesetzlichen Fixierung der Materie vielfach nicht durch eine Festlegung in

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Vorwort zur ersten Auflage 1957

der einen oder anderen Richtung zu beantworten sind, sondern sich eher im Wege einer einheitlichen Anerkennung durch die beteiligten Kreise lösen lassen. Es würde mich aber freuen, wenn die von mir gebotenen Lösungsversuche eine weitere grundsätzliche Diskussion anregen und damit einen weiteren Beitrag zur endgültigen Vereinheitlichung der Regeln und Auffassungen im zwischenstaatlichen Zahlungsverkehr leisten würden. Bei der vorliegenden Abhandlung bin ich den Berufskollegen der Auslandsabteilung und der Kreditabteilung meiner Düsseldorfer Firma, insbesondere Herrn Bankabteilungsdirektor G. Moje sowie Herrn Bankabteilungsdirektor F. Stoffel, wegen vieler Anregungen und freudiger Unterstützung zu besonderer Anerkennung verpflichtet. Wertvolle Hinweise verdanke ich dem Bearbeiter des Bankgeschäftlichen Formularbuches, Herrn Rechtsanwalt Dr. W. Schütz, Berlin, einem unserer anerkanntesten und erfahrensten Bankjuristen. Bei der Zusammenstellung dieses Buches sowie bei der Bearbeitung vieler Einzelfragen hat sich mein Assistent, Herr Dr. jur. K. Götte, durch sorgfältige Arbeit und vorzügliche Kenntnisse, insbesondere auch auf dem Gebiet des internationalen und ausländischen Privatrechts, besondere Verdienste erworben. Allen Genannten gilt mein herzlicher Dank. Düsseldorf, den 1. Juli 1957

Johannes Zahn

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Vorwort Seit dem Erscheinen der siebten Auflage dieses Buches sind acht Jahre vergangen. In dieser Zeit hat der Welthandel stark zugenommen. Nach statistischen Angaben der World Trade Organisation (WTO) ist die Warenausfuhr seit Anfang des 21. Jahrhunderts um durchschnittlich 5,5 % pro Jahr gestiegen und hat im Jahr 2007 ein Volumen von USD 13.950 Milliarden erreicht. Die enorme Ausweitung des Außenhandels hat zwangsläufig zu einer fortschreitenden Standardisierung der Geschäftsabläufe geführt, wovon auch die dokumentäre Abwicklung der Zahlungsseite der Außenhandelsgeschäfte durch die Banken in besonderer Weise erfasst wurde. Vor diesem Hintergrund ist zum Beispiel die seit dem 1.7.2007 zur Anwendung empfohlene, den Entwicklungen im Bank-, Transport- und Versicherungswesen Rechnung tragende Neufassung der Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive (ICC-Publ.Nr. 600) zu erwähnen, die umfassend in die hiermit vorgelegte Neuauflage dieses Buches eingearbeitet wurde. Gleiches gilt für die seit dem Erscheinen der Vorauflage ergangene Rechtsprechung sowie die in der Fachliteratur erschienen Werke und Beiträge zu den hier interessierenden Bereichen. Der sich im Zeichen der Globalisierung fortentwickelnde Handels- und Bankenverkehr wird dazu führen, dass auch das Dokumentengeschäft einen stetigen Anpassungsprozess durchläuft. Der Anwender wird daher trotz der wiederholten Revisionen der Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, der Einheitlichen Richtlinien für Inkassi und anderer Regelwerke immer wieder mit Auslegungsproblemen und neuen Fragestellungen konfrontiert werden, die gelöst werden müssen. Mit der Neuauflage dieses Buches haben sich die Verfasser das Ziel gesetzt, dem Zweck und dem Ruf dieses Werkes gerecht zu werden, indem auch weiterhin dem mit dem Dokumentengeschäft befassten Sachbearbeiter eine praxisnahe Arbeitshilfe geboten und dem juristisch Interessierten ein Nachschlagewerk zur Verfügung gestellt wird. Die Verfasser sind all jenen, die die Arbeiten zu der Neuauflage dieses Buches mit gutem Rat, wertvollen Anregungen und Hinweisen unterstützt haben, zu besonderem Dank verpflichtet. Im Dezember 2009

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Dietmar Ehrlich Gregor Haas

Inhalt Vorwort

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Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXIII Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXIX Erster Abschnitt Rechtsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Innerstaatliches Recht, Handelsbräuche und Sondervereinbarungen A. Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Historie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Entwicklung bis zu den ERA 600 . . . . . . . . . . . . . b) ERA 600 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Charakterisierung der Entwicklungstendenzen . . . . . . d) Weltweite Inkraftsetzung der ERA . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtliche Qualifikation der Einheitlichen Richtlinien . . . . a) Vertretene Ansichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erörterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. ICC – Auslegungshilfe und Schiedsgericht . . . . . . . . . . B. Standardformulare für Dokumentenakkreditive . . . . . . . . . C. Einheitliche Richtlinien für Inkassi . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entwicklungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. International Standby Practices – ISP98 . . . . . . . . . . . . . . E. INCOTERMS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute . . . . . . G. Besondere Bedingungen der Kreditinstitute für die Abwicklung von Außenhandelsgeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Internationales Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Grundbegriffe des Internationalen Privatrechts . . . . . 1. Maßgeblichkeit der vertragstypischen Leistung . . . 2. Ausländisches Recht als Risikofaktor . . . . . . . . . B. Rechtsverhältnis Akkreditivauftraggeber/Akkreditivbank C. Rechtsverhältnis Akkreditivbank/Begünstigter . . . . . . 1. Direkteröffnung/Avisierung . . . . . . . . . . . . . . 2. Einschaltung einer Zahlstelle . . . . . . . . . . . . . 3. Bestätigende Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

4. Folgerungen für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Rechtsverhältnis Akkreditivbank/Zweitbank . . . . . . . . . . .

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III. Die öffentliche Hand als Partner in grenzüberschreitenden dokumentären Geschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Zweiter Abschnitt Dokumentenakkreditiv

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I. Grundformen und Rechtsnatur des Akkreditivs . . . . . . . . . . . A. Erscheinungsformen und wirtschaftliche Bedeutung . . . . . . 1. Barakkreditiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Dokumentenakkreditiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Entwicklung vom Barakkreditiv zum Dokumentenakkreditiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wirtschaftliche Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Funktion und Wesen des Dokumentenakkreditivs . . . . 3. Letter of Credit (L/C) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Standby Letter of Credit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Ausgestaltung von Dokumentenakkreditiven und Grundbegriffe 1. Grundsätzliche Struktur eines Dokumentenakkreditivs und Erweiterungsformen bei Einschaltung anderer Banken . . . 2. Widerrufliche und unwiderrufliche Akkreditive . . . . . . . 3. Bestätigte und unbestätigte Akkreditive . . . . . . . . . . . 4. Übertragbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Einzelakkreditiv – revolvierendes Akkreditiv . . . . . . . . . C. Rechtsnatur des Dokumentenakkreditivs als Ganzes . . . . . . .

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II. Akkreditivklausel im Kaufvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Grundverhältnis mit Zahlungsbedingung „Dokumentenakkreditiv“ – Akkreditivklausel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Inhalt der Akkreditivklausel; Pflichten der Vertragsparteien und Rechtsfolgen bei Nichterfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Pflichten des Käufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Leistung erfüllungshalber . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bedeutung für die Ausgestaltung des Akkreditivs . . . . c) Rechtsfolgen bei Nichterfüllung . . . . . . . . . . . . . . 2. Pflichten des Verkäufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einreichung der vorgeschriebenen Dokumente . . . . . . b) Bedeutung des § 321 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . .

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III. Akkreditivauftrag des Käufers an die Bank . . . . . A. Rechtsnatur des Akkreditivauftrags . . . . . . . . 1. Anwendbares Recht nach IPR . . . . . . . . . 2. Rechtsnatur und Inhalt des Akkreditivauftrags B. Verbindlichkeit und Form des Akkreditivauftrags 1. Willenserklärung und Vertretung . . . . . . . 2. Formerfordernis . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

3. Standardformulare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Beratungspflicht der Akkreditivbanken bei der Erteilung des Akkreditivauftrags? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Abtretungsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Inhalt der Weisungen für die Akkreditiveröffnung . . . . . . . . 1. Allgemeine Grundsätze: Auftragsstrenge; Vollständigkeit und Genauigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Inhalt des Akkreditivauftrags . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Benennung des Begünstigten . . . . . . . . . . . . . . . b) Angaben über Art, Menge und Beschaffenheit der Ware . c) Bestimmung der Akkreditivsumme und der Währung; Währungsrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Akkreditivsumme . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Währungsrisiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Benennung der Dokumente . . . . . . . . . . . . . . . . e) Angaben über den Warentransport . . . . . . . . . . . . aa) Transportart und -weg . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Umladeverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Teilverladungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Sukzessivlieferungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . f) Gültigkeitsdauer des Akkreditivs und Ort der Dokumentenvorlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Verladefrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Dokumentenvorlagefrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Angaben über Unwiderruflichkeit oder Widerruflichkeit des Akkreditivs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . j) Angaben über die Einschaltung anderer Banken . . . . . aa) Bestätigtes Akkreditiv . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unbestätigtes Akkreditiv . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zahlbarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . k) Angaben bezüglich der Übertragbarkeit des Akkreditivs . l) Angaben bezüglich des Übermittlungswegs für Akkreditiveröffnung und Dokumente . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Übermittlungsweg für Akkreditiveröffnung . . . . bb) Übermittlungsweg für Dokumente . . . . . . . . . m) Angaben über Zeit und Form der Zahlung; Akkreditiv mit hinausgeschobener Zahlung (deferred payment credit) . . aa) Alternativität der Abwicklungsformen . . . . . . . bb) Zahlungsakkreditive . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Akzeptakkreditive . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Negoziierungsakkreditive . . . . . . . . . . . . . . ee) Zahlungsakkreditive mit hinausgeschobener Fälligkeit (deferred payment) . . . . . . . . . . . . . . . n) Besondere Angaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

IV. Behandlung des Akkreditivauftrags bei der Bank . . . . . . . . . . A. Formelle und sachliche Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prüfung im Interesse des Akkreditivauftraggebers (Käufers) . 2. Prüfung im eigenen Interesse der Bank . . . . . . . . . . . . a) Generalia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtmäßigkeit des Grundgeschäfts . . . . . . . . . . . . 3. Prüfung unter Krediterwägungen . . . . . . . . . . . . . . . B. Änderungen des Akkreditivauftrags . . . . . . . . . . . . . . . 1. Praktische Handhabung bei Änderungen . . . . . . . . . . . 2. Verbindlichkeit der Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . 3. Keine Bezugnahme auf ein früher eröffnetes Akkreditiv (gleiches Akkreditiv) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Abschluss des Akkreditivvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Verpflichtungen und Obliegenheiten des Akkreditivauftraggebers; Buchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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V. Eröffnung des Akkreditivs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Akkreditivverpflichtung der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsnatur der Akkreditivverpflichtung . . . . . . . . . . . 2. Deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ausländische Rechtsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Eröffnung durch ausländische Zweigniederlassungen . . . . B. Unwiderrufliches und widerrufliches Akkreditiv . . . . . . . . . 1. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Innen- und Außenverhältnis beim widerruflichen Akkreditiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Widerruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Akkreditivstellung mit Einschaltung einer weiteren Bank . . . . 1. Rechtliche Stellung der Zweitbank im Verhältnis zur Akkreditivbank (Innenverhältnis) . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsverhältnis der Akkreditivbank zu Avisbank, Bestätigungsbank und Zahlstelle . . . . . . . . . . . . . b) Remboursbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) ICC Uniform Rules for Bank-to-Bank Reimbursements (Einheitliche Richtlinien für Rembourse zwischen Banken unter Dokumenten-Akkreditiven (ERR 725) . . . . . . . 2. Verhältnis zwischen Akkreditivauftraggeber und Zweitbank a) Rechtsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Haftung der Akkreditivbank . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtliche Stellung der Zweitbank im Verhältnis zum Begünstigten (Außenverhältnis) . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unbestätigtes Akkreditiv, benutzbar bei Akkreditivbank . b) Unbestätigtes Akkreditiv, benutzbar bei Zweitbank . . . c) Bestätigtes Akkreditiv, benutzbar bei Akkreditivbank . . d) Bestätigtes Akkreditiv, benutzbar bei Zweitbank . . . . . e) Bestätigtes Akkreditiv, benutzbar bei einer dritten Bank .

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Inhalt

D. Übertragbares Akkreditiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Wirtschaftliche Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Durchführung der Übertragung . . . . . . . . . . . . . . . . a) Voraussetzungen für die Übertragung eines Akkreditivs . b) Zwingende Angabe der Übertragungsbank im Akkreditiv c) Übertragung eines Akkreditivs zu den Originalbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Recht des Erstbegünstigten auf Rechnungs- und Trattentausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Grundsatz der Einmalübertragung . . . . . . . . . . . . f) Recht des Erstbegünstigten auf Verlegung der Abwicklungsstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Zustimmungserfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsnatur der Übertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Weiterleitung von Änderungsmitteilungen an den Zweitbegünstigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Übertragung bei Einschaltung einer Zweitbank . . . . . . . 6. Übertragbares widerrufliches Akkreditiv . . . . . . . . . . . 7. Abgrenzung zum Gegenakkreditiv (back-to-back credit) . . . E. Abtretung des Zahlungsanspruchs des Begünstigten aus nicht übertragbarem Akkreditiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Verpfändung des Zahlungsanspruchs des Begünstigten . . . . . VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten . . . . . . . A. Einreichung der Dokumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einreichung durch den Begünstigten oder durch einen Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Geschlossene Einreichung und Einreichung in Einzelsendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bank, bei der die Einreichung erfolgt . . . . . . . . . . . . 4. Gültigkeitsdauer des Akkreditivs; Verladefrist; Dokumentenabsendungsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verfalldatum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verladedatum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Dokumentenabsendungsfrist . . . . . . . . . . . . . . d) Möglichkeiten der Fristverlängerung . . . . . . . . . . e) Einreichung der Dokumente bei einer Filiale der Akkreditivbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Berechtigung zur Zurückweisung . . . . . . . . . . . . g) Vorlagefrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Grundsätze der Dokumentenaufnahme . . . . . . . . . . . . . 1. Aufnahme oder Zurückweisung der Dokumente . . . . . . a) Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Abweichung der Akkreditivbank von einer Weisung des Auftraggebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Prüfungskriterien und Prüfungsmaßstab . . . . . . . .

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Inhalt

2. Kriterien der Dokumentenprüfung im einzelnen . . . . . . . a) Vollständigkeit der Dokumente . . . . . . . . . . . . . . b) Äußerliche Ordnungsmäßigkeit der Dokumente . . . . . c) Übereinstimmung nach Art und Inhalt – Ausschluss von Widersprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis der Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ermessen und Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anforderungen durch Massengeschäftscharakter . . . . . b) Auslegung von Akkreditivbedingungen und ihre Grenzen c) Ermessensentscheidungen nach den ERA . . . . . . . . . 4. Begriff des „Originals“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Prüfung der einzelnen Dokumente . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechnung (Faktura) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beschreibung von Ware und Leistung . . . . . . . . . . . c) Warenmenge und Akkreditivsumme . . . . . . . . . . . aa) Handelsrechnung höher als Akkreditivsumme . . . bb) Handelsrechnung niedriger als Akkreditivsumme . 2. Transportdokumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Systematik der ERA 600: Eigenständige Sonderregelungen für Transportdokumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Allgemeine Anforderungen für alle Transportdokumente aa) Zwingende Ausstellung durch einen Frachtführer . bb) Unzulässigkeit von Speditionspapieren . . . . . . . cc) Transparenzgebot – Formalitäten für Zeichnung durch Frachtführer/Vertreter . . . . . . . . . . . . dd) Allgemeine Anforderungen an Transportmodalitäten (Art. 26, 27 ERA) . . . . . . . . . . . . . . . . c) Seekonnossement (marine bill of lading) . . . . . . . . . aa) Art des Konnossements . . . . . . . . . . . . . . . bb) Anwendungsbereich des Art. 20 ERA . . . . . . . . cc) Formvorschriften für Zeichnung durch Frachtführer/Vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Unterschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) An-Bord-Vermerk . . . . . . . . . . . . . . . dd) Transportweg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Voller Satz Konnossemente . . . . . . . . . . . . . ff) Verladefrist; stale documents . . . . . . . . . . . . gg) Indossament . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . hh) Warenbezeichnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . ii) Reines Konnossement (clean bill of lading) . . . . . jj) Vorgedruckte Klauseln . . . . . . . . . . . . . . . . kk) Umladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ll) Teilverladung (part shipment) . . . . . . . . . . . . mm) Frachtvermerke in Transportdokumenten . . . . .

XIV

173 173 173 176 176 177 177 178 179 181 182 182 182 183 185 186 189 190 190 191 191 192 193 194 194 195 195 196 196 197 198 198 200 201 202 203 205 207 207 210

Inhalt

d) Nicht begebbarer Seefrachtbrief . . . . . . . . . . . . . . e) Charterpartie-Konnossement . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Anwendung und Bedeutung . . . . . . . . . . . . . bb) Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Multimodales Transportdokument . . . . . . . . . . . . aa) Entwicklung und wirtschaftliche Bedeutung . . . . bb) Regelung des Art. 19 ERA . . . . . . . . . . . . . . cc) Abgrenzung zwischen Seetransporten mit Vor-/Nachreise (Art. 20 ERA) zu Dokumenten des kombinierten Transportes (Art. 19 ERA) . . . . . . . . . . . . . . dd) Durchkonnossemente als Dokumente des kombinierten Transportes? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Containerverladung . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Lufttransportdokument . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bedeutung und Anwendungsbereich . . . . . . . . bb) Formalien der Zeichnung durch Aussteller/Vertreter cc) Ausweis der Übernahme der Luftfracht oder tatsächliches Abflugdatum . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zulässigkeit und Ausschluss der Umladung . . . . . ee) Vorlage des Originals/voller Satz . . . . . . . . . . . h) Dokumente des Straßen-, Eisenbahn- oder Binnenschiffstransports . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Formalitäten der Zeichnung/Stempelung durch Frachtführer und Agenten . . . . . . . . . . . . . . cc) Transportmodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Voller Satz/Vorlage von Originalen . . . . . . . . . ee) Umladung/Umladungsverbote . . . . . . . . . . . . i) Kurierempfangsbestätigung und Posteinlieferungsschein 3. Versicherungsdokumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Voraussetzungen für die formelle Akkreditivfähigkeit eines Versicherungsdokuments . . . . . . . . . . . . . . b) Übertragbarkeit/voller Satz . . . . . . . . . . . . . . . . c) Versicherungsbetrag und In-Kraft-Treten . . . . . . . . . d) Art und Umfang der Versicherungsdeckung . . . . . . . . 4. Andere Dokumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Prüfungszeitraum für die Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Behandlung mangelhafter Dokumente . . . . . . . . . . . . . . 1. Zurückweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ersatzlösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bankgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zahlung unter Vorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Einzug des Dokumentengegenwerts durch Inkasso . . . . d) Rückfragen beim Käufer . . . . . . . . . . . . . . . . . .

212 214 214 215 216 216 217

218 219 221 222 222 222 223 223 224 224 224 225 225 225 226 226 227 227 228 228 230 233 234 237 237 241 241 243 246 247

XV

Inhalt

F. Auszahlung des Akkreditivbetrags; Leistung bzw. Einholung des versprochenen Akzepts; Aufrechnung . . . . . . . . . . . . . . 1. Leistung der Akkreditivsumme durch Honorieren, d.h. Sichtzahlung, hinausgeschobene Zahlung, Akzeptleistung oder durch Negoziierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aufrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Einwendungen der Bank gegen den Zahlungsanspruch des Begünstigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . H. Anfechtung der Dokumentenaufnahme; Rückforderung irrtümlich gezahlter Akkreditivbeträge . . . . . . . . . . . . . . I. Möglichkeiten des Käufers, die Auszahlung des Akkreditivbetrages an den Begünstigten zu verhindern; gerichtliche Eilmaßnahmen 1. Fehler beim Zustandekommen des Akkreditivs . . . . . . . 2. Nichtigkeit des Kaufvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kaufvertragsprobleme (Schadensersatz, Rückabwicklung) . . 4. Unzulässige Rechtsausübung; Rechtsmissbrauch . . . . . . . 5. Gerichtliche Eilmaßnahmen wegen Ansprüchen aus anderem Rechtsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Prozessuale Seite der gerichtlichen Eilmaßnahmen . . . . . a) Einstweilige Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Arrest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . J. Verlust der Dokumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verlust beim Begünstigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verlust auf dem Weg vom Begünstigten zur Bank . . . . . . 3. Verlust bei den am Akkreditiv beteiligten Banken oder im Verkehr unter diesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verlust auf dem Weg von der Akkreditivbank zum Käufer . . VII. Abwicklung des Geschäftsbesorgungsvertrags zwischen Akkreditivauftraggeber und Akkreditivbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Akkreditiv gegen Deckung in Geld . . . . . . . . . . . . . . . . B. Akkreditiv in Verbindung mit einem Kreditgeschäft . . . . . . . 1. Kredit während der Laufzeit des Akkreditivs . . . . . . . . . 2. Anschlussfinanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verwendung von Traditionspapieren . . . . . . . . . . . aa) Einlagerung der Ware bei Dritten . . . . . . . . . . bb) Einlagerung der Ware beim Akkreditivauftraggeber cc) Umladung der Ware durch Spediteur . . . . . . . . b) Verwendung von Frachtdokumenten, die nicht Traditionspapiere sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Versicherung der Ware bis zur Übereignung an Unterabnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Inkasso abgetretener Forderungen gegen Unterabnehmer durch die Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Abnahme der Dokumente durch den Akkreditivauftraggeber . . .

XVI

248

248 254 256 261 264 265 266 267 270 274 275 277 278 279 279 280 281 283 284 284 287 287 287 291 292 293 295 295 296 296 297

Inhalt

VIII. Zwangsvollstreckung und Insolvenz im Zusammenhang mit Akkreditiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Pfändung durch Gläubiger des Käufers . . . . . . . . . . . . a) Anspruch des Käufers gegen die Bank auf Rückzahlung des zur Deckung des Akkreditivs eingeschossenen Betrags . . b) Anspruch des Käufers gegen die Bank auf Herausgabe der von dieser aufgenommenen Dokumente . . . . . . . . . c) Ansprüche des Käufers gegen den Verkäufer aus dem Kaufvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Pfändung durch Gläubiger des Verkäufers . . . . . . . . . . a) Recht des Verkäufers auf Vorlegung der Dokumente und sein dadurch bedingter Zahlungsanspruch gegen die Bank b) Der „reine“ Zahlungsanspruch des Verkäufers gegen die Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ansprüche des Verkäufers gegen den Käufer aus dem Kaufvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Insolvenz des Käufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Auswirkungen der Käuferinsolvenz auf den Kaufvertrag . b) Auswirkungen des Insolvenzverfahrens des Käufers auf den Geschäftsbesorgungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Insolvenzverfahrenseröffnung vor Avisierung bzw. Bestätigung und Zahlung . . . . . . . . . . . . . . bb) Insolvenzverfahrenseröffnung nach Eröffnung bzw. Bestätigung eines Akkreditivs . . . . . . . . . . . . 2. Insolvenz des Verkäufers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor Dokumentenaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Insolvenzverfahrenseröffnung nach Dokumentenaufnahme, aber vor Zahlung . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kreditsituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Insolvenz der Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Insolvenzverfahrenseröffnung vor Akkreditiveröffnung . b) Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach Akkreditiveröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

298 298 299 299 300 301 304 304 305 306 307 307 307 307 308 309 309 312 312 313 313 314 314 315

Dritter Abschnitt Dokumenteninkasso . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

317

I. Wirtschaftliche Einordnung des Dokumenteninkasso . . . . . . . .

317

II. Rechtliche Grundregeln für das Dokumenteninkasso und Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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XVII

Inhalt

III. Rechtsbeziehungen der Inkassobeteiligten . . . . . . . . . . . . . A. Verhältnis Auftraggeber/Einreicherbank . . . . . . . . . . . . . B. Verhältnis Einreicherbank/Drittbank (Inkassobank oder vorlegende Bank) . . . . . . . . . . . . . . .

321 321

IV. Praktische Durchführung des Dokumenteninkasso . . . . . . . . A. Prüfung der Dokumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Vorlage der Dokumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zahlungsmodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Barzahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Akzeptleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Trust Receipt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Teilzahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zinsen und Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Spezielle Pflichten der am Dokumenteninkasso beteiligten Banken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Verbleib der Ware bei gescheitertem Dokumenteninkasso . . .

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325 325 326 327 327 329 331 333 333

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334 335

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337 337 338 338

VI. Insolvenzrechtliche Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

340

V. Rechte am Inkassoerlös . . . . . . . . . . . . . A. Anspruchslegitimation . . . . . . . . . . . B. Anspruch auf Herausgabe des Inkassoerlöses C. Pfändung des Inkassoerlöses . . . . . . . .

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Vierter Abschnitt Bezahlung gegen offene Rechnung (clean payment)

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323

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343

Fünfter Abschnitt Sicht- und Zieltratten im Dokumentengeschäft . . . . . . . . . . .

345

I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

345

II. Vorfinanzierung mit Akzepten (Akzeptkredite) . . . . . . . . . . .

346

III. Rembourskredit . . . . . . . . A. Rembours ohne Akkreditiv 1. Tratte des Verkäufers . 2. Tratte des Käufers . . . B. Rembours mit Akkreditiv . IV. Bankers Acceptances

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351

V. Wechselmäßige Haftung/Ausstellerhaftung und Girantenhaftung . A. Regresse aus dem Dokumentengeschäft . . . . . . . . . . . . .

352 354

XVIII

Inhalt

Sechster Abschnitt Weitere Finanzierungsformen im Außenhandel im Überblick

. .

357

I. Fremdwährungskredite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

357

II. Eurokredite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

359

III. Einsatz von Finanzinstrumenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

360

Siebenter Abschnitt Gegenakkreditiv (Back-to-Back Credit)

. . . . . . . . . . . . . . . .

363

I. Wirtschaftliche Funktion des Gegenakkreditivs . . . . . . . . . . .

363

II. Überlegungen der eingeschalteten Banken

. . . . . . . . . . . . .

365

Achter Abschnitt Anglo-Amerikanische Rechtsformen dokumentärer Geschäfte . .

369

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

369

II. Standby Letter of Credit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Begriff und Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Gerichtliche Eilmaßnahmen beim Standby Letter of Credit in der US-amerikanischen Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtslage nach den Regelungen des U.C.C. in der bis 1995 geltenden Fassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtslage des U.C.C. in der geltenden Fassung von 1995 . . C. Anwendungsbereich der ERA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. International Standby Practices ISP98 . . . . . . . . . . . . . . . 1. Entstehung der ISP98 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Begriff und Verwendbarkeit des Standby Letter of Credit . . 3. Struktur der ISP98 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Rechtsnatur und Geltungsgrund der ISP98 . . . . . . . . . . 5. Rechtsgeschäftliche Einbeziehung der ISP98 . . . . . . . . . 6. Zustandekommen eines Standby Letter of Credit-Vertrages . 7. Abwicklungsformen und Einschaltung Dritter . . . . . . . . 8. Ordnungsgemäße Inanspruchnahme eines Standby Letter of Credit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Resümee und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. United Nations Convention on Independant Guarantees and Standby Letters of Credit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

I. Letter of Credit

371 371

372 374 375 377 377 378 378 379 379 380 380

III. Negoziierungskredit (drawing authorisation) . . . . . . . . . . . .

384

IV. Packing Credit (anticipatory credit)

388

. . . . . . . . . . . . . . . . .

372

380 382 383

XIX

Inhalt

Neunter Abschnitt Bankgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

391

I. Wirtschaftliche Einordnung der Bankgarantie . . . . . . . . . . . .

391

II. Rechtsnatur der Bankgarantie . . . . . . . A. Bankgarantie als Vertragstyp eigener Art B. Abgrenzung zur Bürgschaft . . . . . . . C. Verwandtschaft zum Akkreditiv . . . . . III. Typische Elemente der Bankgarantie . A. Präambel . . . . . . . . . . . . . . . B. Zahlungsklausel . . . . . . . . . . . 1. Zahlung auf erstes Anfordern . . 2. Zusatzbedingungen . . . . . . . 3. Dokumentäre Nachweise . . . . 4. Effektivklauseln . . . . . . . . . 5. Garantiebetrag und Währung . . 6. Ermäßigung des Garantiebetrages 7. Erhöhung des Garantiebetrages . C. Befristung . . . . . . . . . . . . . . D. Anwendbares Recht . . . . . . . . . E. Sonstige Klauseln und Absprachen .

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IV. Arten der Bankgarantie . . . . . . . . . A. Garantien im Auftrag des Verkäufers 1. Bietungsgarantie . . . . . . . . . 2. Anzahlungsgarantie . . . . . . . 3. Erfüllungsgarantie . . . . . . . . a) Liefergarantie . . . . . . . . . b) Leistungsgarantie . . . . . . . 4. Gewährleistungsgarantie . . . . 5. Kombinierte Garantieformen . . B. Garantien im Auftrag des Käufers . . 1. Zahlungsgarantie . . . . . . . . 2. Konnossementsgarantie . . . . . C. Rückgarantie . . . . . . . . . . . . . D. Sonderformen der Garantie . . . . .

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394 394 397 400

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402 402 403 403 405 406 408 409 410 411 412 415 417

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V. Garantieverschaffungsklausel im Exportvertrag . . . . . . . . . . .

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VI. Rechtsverhältnis zwischen Garantieauftraggeber und Garantiebank A. Geschäftsbesorgungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Rechte und Pflichten der Garantiebank . . . . . . . . . . . . . . 1. Weisungsgebundenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beratung des Garantieauftraggebers . . . . . . . . . . . . . 3. Behandlung des Garantiefalles . . . . . . . . . . . . . . . . C. Rechte und Pflichten des Garantieauftraggebers . . . . . . . . .

436 436 438 438 440 443 445

XX

Inhalt

VII. Rechtliche Besonderheiten bei Einschaltung einer Zweitbank . . . A. Formen der Einschaltung einer Zweitbank . . . . . . . . . . . . B. Rechtsbeziehungen zwischen Garantieauftraggeber und erstbeauftragter Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Rechtsverhältnis zwischen erstbeauftragter Bank und Zweitbank D. Rechtsbeziehungen zwischen Zweitbank und Begünstigtem . . VIII. Rechtsverhältnis zwischen Garantiebank und Begünstigtem . . . A. Garantievertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Inanspruchnahme der Garantiebank . . . . . . . . . . . . . . C. Prüfungspflicht der Garantiebank und Prüfungsumfang . . . D. Zahlungspflicht der Garantiebank und Zahlungsverweigerung E. Rückforderungsanspruch der Garantiebank . . . . . . . . . . F. Abtretung des Zahlungsanspruchs aus dem Garantievertrag . .

448 450 452 454 457

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457 457 459 462 467 474 478

IX. Gerichtliche Eilmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Einstweilige Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Arrest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

479 481 486

X. Uniform Rules for Demand Guarantees (Einheitliche Richtlinien für auf Anfordern zahlbare Garantien) der Internationalen Handelskammer (ICC – Publikation Nr. 458) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Behandlung von Direktgarantien . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Garantieauftragsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. autokorr typ=ersetzenIn-Kraft-Treten/autokorr und Übertragbarkeit der Garantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Inanspruchnahme der Garantie . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verlängerungsverlangen („Extend or pay“) . . . . . . . . . . 5. Verfallregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Erstellung von indirekten Garantien . . . . . . . . . . . . . . . 1. Garantieauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Inanspruchnahme der Garantie . . . . . . . . . . . . . . . .

490 491 492 492 493 493 494

XI. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

494

Anhang I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

497

Anhang II

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

537

Anhang III . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

555

Anhang IV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

563

Anhang V

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

573

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

577

Sachregister

488 488 489 489

XXI

Abkürzungsverzeichnis (2 d) (3 d) a.A. a.a.O. abgedr. abl. Abs. Abschn. abw. AcP AD a.E. a.F. AG AGB AGBG/AGB-Gesetz allgem. allg.M. a.M. Amtl. Begr. ÄndG Anh. Anl. a.o. Ariz.J.Int’l & Com.L. Art. Aufl. ausf. AWD Az.

Second Series Third Series anderer Ansicht am angegebenen Ort abgedruckt ablehnend Absatz Abschnitt abweichend Archiv für die civilistische Praxis Appeal Division am Ende alte Fassung Die Aktiengesellschaft Allgemeine Geschäftsbedingungen Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen allgemein allgemeine Meinung anderer Meinung amtliche Begründung Gesetz zur Änderung (von) Anhang Anlage außerordentlich Arizona Journal of International and Comparative Law Artikel Auflage ausführlich Außenwirtschaftsdienst des Betriebsberaters Aktenzeichen

Bank.L.R. BAnz BB Bd., Bde. Begr., begr. B.F.L R. Bek. Bem. ber. bes. betr. BGB BGBl. BGH BGHZ BKR B.L.J.

Banking Law Reports Bundesanzeiger Betriebsberater Band, Bände Begründung, begründet Banking & Finance Law Review Bekanntmachung Bemerkung berichtigt besonders, besondere(r, s) betreffend Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Banking Law Journal

XXIII

Abkürzungsverzeichnis B.L.R. BR-Drucks. Bsp. BT-Drucks. BuB bzgl. bzw.

Banking Law Report Bundesrats-Drucksache Beispiel Bundestags-Drucksache Bankrecht und Bankpraxis bezüglich beziehungsweise

DB ders. dgl. d.h. dies. D.P.C.I. Drucks. dtsch. DZWIR

Der Betrieb derselbe dergleichen das heißt dieselben Droit Pratique du Commerce International Drucksache deutsch Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht

E ebd. ECU ed(s) Einf. Einl. engl. entspr. Entw. ERA

EuZW EWiR

Entwurf ebenda European Currency Unit editor(s) Einführung Einleitung englisch entsprechend Entwurf Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive Ergänzungsband Einheitliche Richtlinien für Inkassi Erläuterung(en) Einheitliche Richtlinien für Rembourse zwischen Banken unter Dokumenten-Akkreditiven Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht

f., ff. Fn. FS

folgend, folgende Fußnote Festschrift für

GBl. geänd. gem. Ges. ggf. gl.A. Großkomm grds. GS GV GVBl.

Gesetzblatt geändert gemäß Gesetz gegebenenfalls gleicher Ansicht Großkommentar grundsätzlich Gedächtnisschrift Gemeinsame Verfügung (mehrerer Ministerien) Gesetz- und Verordnungsblatt

Halbs. Hdb. HGB h.L. h.M.

Halbsatz Handbuch Handelsgesetzbuch herrschende Lehre herrschende Meinung

ErgBd. ERI Erl. ERR

XXIV

Abkürzungsverzeichnis Hrsg., hrsg.

Herausgeber, herausgegeben

I.C.L.Q. ICC ICC-Publ. i.d.F. i.d.R. i.d.S. i.Erg. i.e.S. IHK IHR im Allg. insbes. insges. i.S.(d.) InsO IPRax i.S.(v.) i.V.m. IWB i.w.S. i.Zw.

The International and Comparative Law Quarterly International Chamber of Commerce Veröffentlichung der International Chamber of Commerce in der Fassung in der Regel in diesem Sinne im Ergebnis im engeren Sinne Internationale Handelskammer Zeitschrift für das Recht des internationalen Warenkaufs und -vertriebs im Allgemeinen insbesondere insgesamt im Sinne (des) Insolvenzordnung Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts im Sinne (von) in Verbindung mit Internationale Wirtschaftsbriefe in weiterem Sinne im Zweifel

J.B.L. J.C.P.éd.C.I.

The Journal of Business Law Juris Clausseur Périodique, édition Commerce et Industrie

Kap. KO Komm. krit. KWG

Kapitel Konkursordnung Kommentar kritisch Kreditwesengesetz

lfd. LS lt. LV

laufend Leitsatz laut Literaturverzeichnis, Schrifttumsverzeichnis

MDR m. krit. Anm. m. zust. Anm. m.a.W. m.w.N. m.w.Bsp. m.Anm.

Monatsschrift für Deutsches Recht mit kritischer Anmerkung (von) mit zustimmender Anmerkung (von) mit anderen Worten mit weiteren Nachweisen mit weiteren Beispiel(en) mit Anmerkung

Nachw. nF NJW NJW-RR Nov. Nr.

Nachweis(e) neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungs-Report Novelle Nummer

o. O o.ä. o.J.

oben Ordnung oder ähnlich ohne Jahr

XXV

Abkürzungsverzeichnis o.V. ÖBA

ohne Verfasser Österreichisches Bank-Archiv

p.h.G. Prot.

persönlich haftender Gesellschafter Protokoll

RA RabelsZ RAussch RdErl Rdn. Rdschr. Reg RG RGZ Ri RIW Rspr.

Rechtsanwalt Rabelszeitschrift Rechtsausschuss Runderlass Randnummer (-ziffer) Rundschreiben Regierung Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgericht in Zivilsachen Richtlinie Recht der internationalen Wirtschaft Rechtsprechung

S. s. s.a. ScheckG SchwAG SJZ s.o. s.u. Slg. sog. str. st.Rspr. SWIFT

Seite, Satz siehe siehe auch Scheckgesetz Schweizer Aktiengesellschaft Schweizer Juristen-Zeitung siehe oben siehe unten Sammlung sogenannt(e) strittig, streitig ständige Rechtsprechung Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication

TransportR Tz

Transportrecht Textziffer

u. u.a. u.a.m. u.ä. Überbl. Übk. UCC ü.M. UCP UNCITRAL unstr. unv. u.U.

unten unter anderem, und andere und anderes mehr und ähnliche Überblick Übereinkommen Uniform Commercial Code überwiegende Meinung Uniform Customs and Practice for Documentary Credits United Nations Commission on International Trade Law unstrittig unveröffentlicht unter Umständen

v. Vers. VersR VersW vgl. (a.) Voraufl. Vorbem.

vom, versus Versicherung Versicherungsrecht Versicherungswirtschaft vergleiche (auch) Vorauflage Vorbemerkung

XXVI

Abkürzungsverzeichnis WG WM WuB WVB

Wechselgesetz Wertpapiermitteilungen Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht Geschäftsbedingungen des Waren-Vereins der Hamburger Börse e.V.

z.B. ZBB ZfgK ZHR Ziff. ZIP zit. ZSchwR z.T. zust. zutr. ZvglRWiss

zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis zitiert Zeitschrift für Schweizerisches Recht zum Teil zustimmend zutreffend Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft

XXVII

Literaturverzeichnis Achterberg/Lanz Aden ders. Albert Andrle Angersbach Arnold/Bransilver Assmann Auhagen Avancini Avancini/Iro/Koziol Avidon Axmann ders. Backus/Harfield Bandomir von Bar ders. Barnes Barthels-Kolatacz Basedow ders. Bassem Baumbach/Hefermehl/ Casper

Enzyklopädisches Lexikon für das Geld-, Bank- und Börsenwesen, 3. Auflage, Frankfurt 1967/1968. Der Arrest in den Auszahlungsanspruch des Akkreditivbegünstigten durch den Akkreditivauftraggeber, RIW/AWD 1976, 678. Der Arrest in den Auszahlungsanspruch des Garantiebegünstigten durch den Garantie-Auftraggeber, RIW/AWD 1981, 439. Arrestverfahren gegen ausländische staatliche Unternehmen am Vermögensgerichtsstand, IPRax 1983, 55. Exluding Articles: a troublesome trend, DCInsight, 2008, Vol. 14, No. 1, S. 4 Beiträge zum Institut des Dokumenten-Akkreditives, Diss. Würzburg 1965. The Standby Letter of Credit – The Controversy Continues, Uniform Commercial Code Law Journal 1978, 272. Aufrechnung der Garantiebank mit Gegenforderungen bei Inanspruchnahme einer Zahlungsgarantie auf erstes Anfordern, IPRax 1986, 142. Die Garantie einer Bank, auf „erstes Anfordern“ zu zahlen, Freiburg 1966. Urteilsanmerkung, ÖBA 1996, 66. Österreichisches Bankvertragsrecht, Band II, Wien 1993 (zitiert: Verfasser in: Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn). Letters of Credit – New UCP 500 to Take Effect January 1, 1994, B. L.J. 1994, 83. Die Finanzierung im Anlagenexport und ihre rechtliche Gestaltung, AWD 1971, 437. Preisfaktoren, Zahlungsbedingungen und Zahlungssicherung im Außenhandel, DB 1973, Beilage Nr. 8. Custom und Letters of Credit: The Dixon, Irmaos Case, Columbia Law Review 1952, 589. Risikoaspekte bei Akkreditivbestätigungen, Bank-Betrieb 1967, 169. Kollisionsrechtliche Aspekte der Vereinbarung und Inanspruchnahme von Dokumentenakkreditiven, ZHR 152 (1988) 38. Rechtsfragen und Praxis der indirekten Garantien im Außenwirtschaftsverkehr, ZIP 1982, 405. UCP 600 and bank responsibility for fraud, DCInsight, 2007, Vol. 13, No. 1, S. 5 Die Bankgarantie im Außenhandelsgeschäft, 5. Auflage, Stuttgart 2000. Die Incoterms und der Container oder wie man kodifizierte Usancen reformiert, RabelsZ 43 (1979), 116. Der Transportvertrag, Tübingen 1987. Die Mareva-Injunction in Großbritannien und ihre neuere Entwicklung, RIW 1984, 688. Wechselgesetz und Scheckgesetz mit Nebengesetzen und einer Einführung in das Wertpapierrecht, 23. Auflage, München 2008.

XXIX

Literaturverzeichnis Baumbach/Hopt Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann Baumhöfener Beckmann Berger ders. ders.

Bernstein Bernstorff ders. ders. ders. ders. ders. ders. ders. ders. ders. ders. (Hrsg.) Bertrams Beyer/Knauer dies. Birk Bitter Blau ders. ders. Blech Blesch/Lange Blomeyer Bodmer

XXX

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Literaturverzeichnis Bögl Bontoux ders. ders. ders. ders. ders. ders. Borggrefe Boudinot ders. Brändel

Bredow/Seiffert Brüggemann Bühler Bunte del Busto ders. ders. ders. Bydlinski ders. Byrne Byrne (ed.) von Caemmerer ders. Canaris

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XXXI

Literaturverzeichnis ders. ders. ders. Caprioli ders. ders. Carl Cartano Celestine Chen Chorley/Holden Claussen Coing Collyer ders. Czerwenka

Dach ders. ders. Dallèves Daumke Davis Derleder/Knops/ Bamberger Dilger Diwok Dohm ders. ders.

XXXII

Bankvertragsrecht, in: Großkommentar HGB, 4. Auflage, Berlin/ New York 1988. Einwendungsausschluß und Einwendungsdurchgriff bei Dokumentenakkreditiven und Außenhandelsgarantien, ÖBA 1987, 769. Die Bedeutung des „materiellen“ Garantiefalles für den Rückforderungsanspruch bei der Garantie „auf erstes Anfordern“, ZIP 1998, 493. Le crédit documentaire: évolution et perspectives, Paris 1992. Les nouvelles règles et usances relatives aux crédits documentaires de la CCI (révision 1993 – RUU 500), Cahiers juridiques et fiscaux de l’exposition 1993, 1097. La loi applicable aux contrats de crédits documentaires, Rev.dr.aff.int. 1991, 905. Arrest und Sicherung von Beweismaterial im englischen Recht (zur Entwicklung von Mareva-Injunction“ und „Anton Piller-Order“) IPRax 1983, 141. Sicherungsübereignung, in: BuB Rdn 4/300, Stand: 10/2008. Die Garantie auf erstes Anfordern in der französischen Gerichtspraxis, RIW 1989, 81. Die indirekte Bankgarantie im Außenwirtschaftsverkahr, München 1993. Law of Banking, 6. Auflage, London 1974. Bank- und Börsenrecht, Handbuch für Lehre und Praxis, 3. Auflage, München 2003. Probleme der internationalen Bankgarantie, ZHR 147 (1983), 125. Opinions of the ICC Banking Commission, 1995–1996, ICC-Publikation Nr. 565 E. Exclusions, interpretations and the future of UCP, DCInsight, 2008, Vol. 14, No. 2, S. 3. Problematik internationaler Gesetzgebung – Das UNCITRALÜbereinkommen über unabhängige Garantien und Standby Letters of Credit, in: FS für Henning Piper, München 1996, S. 811 (zitiert: Czerwenka in: FS Piper, S.). Anm. zu OLG Karlsruhe, Urt. v. 21.7.1992 (18a U 39/92), WuB I K 3. – 1.93. Anm. zu OLG Köln, Urt. v. 25.5.1994 (2 U 143/93), WuB I H 2. – 1.95. Anm. zu OLG Frankfurt, Urt. v. 19.12.1994 (4 U 29/94), WuB I H 2. – 2.96. Exécution forcée dans les opérations d’accreditif, SchwAG 1985, 14. Rechtsprobleme der Telefaxübermittlung, ZIP 1995, 722. The Law Relating to Commercial Letters of Credit, 3. Auflage, London 1965. Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Auflage Berlin, Heidelberg 2009. Die Einschränkung des Grundsatzes der Dokumentenstrenge beim Akkreditiv durch das schweizerische Bundesgericht, RIW 1990, 324. Kondition der Akkreditivzahlung bei Dokumentenfälschung unter besonderer Berücksichtigung der UCP 500, ÖBA 2001, 360. Anmerkung zur Entscheidung des Cour de justice de Genève vom 24.6.1983, SchwAG 1984, 177. Bankgarantien im internationalen Handel, Bern 1985. Contre-garantie et injunction de ne pas payer, in: Droit et pratique du commerce international, 1980, 262.

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XXXIII

Literaturverzeichnis dies. Eisele Eisemann ders. ders. ders.

ders. Eisemann/Eberth Eisemann/Boutoux/ Rowe Eistert Ellinger ders. ders. Erman

Eschmann ders.

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XLIX

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L

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Erster Abschnitt Rechtsquellen I.

Innerstaatliches Recht, Handelsbräuche und Sondervereinbarungen

In diesem Buch soll der Außenhandel nur unter privatrechtlichen Aspekten 1/1 behandelt werden. Natürlich hat der Themenkreis „Außenhandel“ auch eine öffentlich-rechtliche Seite. Oft haben es Staaten für notwendig gehalten, durch öffentlich-rechtliche Maßnahmen in den Waren- und Zahlungsverkehr ihres Landes mit dem Ausland einzugreifen. Besonders in Zeiten politischer Labilität oder wirtschaftlicher Krisen werden staatliche Maßnahmen ergriffen, um den Außenhandel zu „lenken“. Erinnert sei hier an die umfangreiche deutsche Devisen- und Außenwirtschaftsgesetzgebung, die in den politischen und wirtschaftlichen Notund Krisenzeiten zwischen 1920 und 1950 zu beobachten war. Entsprechend der Zweckgebundenheit solcher staatlichen Bemühungen um die Lenkung des Außenhandels unterliegen die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen einem steten Wandel. Eine Abhandlung, die sich mit dieser öffentlich-rechtlichen Seite des Außenhandels befassen würde, könnte immer nur vorübergehenden Wert haben. Die hier vorgelegte Darstellung der Zahlungsseite des Außenhandels beschränkt sich daher in juristischer Hinsicht auf die privatrechtlichen Aspekte; außerdem sind die Banktechnik des Außenhandels und kreditwirtschaftliche Überlegungen einbezogen. Das Außenwirtschaftsgesetz der Bundesrepublik Deutschland vom 28.4.19611 und die Verordnung zur Durchführung des Außenwirtschaftsgesetzes vom 18.12.19862, die heute in der Fassung vom 5.6.2008 gilt,3 sind im wesentlichen außer Betracht gelassen. In die innerstaatliche Gesetzgebung der einzelnen Länder haben Akkreditiv, 1/2 Inkasso und die Bankgarantie kaum Eingang gefunden.4 Auch Deutschland hat keine gesetzliche Regelung vorgenommen. Die Enthaltsamkeit der Gesetzgebung findet ihren Grund vor allem darin, dass das Akkreditiv zu großer wirtschaftlicher

1 BGBl. 1961 I S. 481. Das (nicht unter akkreditivrechtlichen Aspekten erlassene) Außenwirtschaftsgesetz nebst Durchführungsbestimmungen ist aber wegen der Genehmigungsbzw. Meldepflicht für die konkreten Geschäftsvorfälle zu beachten. 2 BGBl. 1986 I S. 2671. 3 BAnz 2008, Nr. 66, 1547. 4 Vgl. Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 3 ff.; Ehrlich Dokumentenakkreditiv HIW Rdn. 254; Zur USA insbes. Raith Recht des Dokumentenakkreditivs, S. 27 ff.; Shingleton/Wilmer RIW 1991, 793 ff.

1

Erster Abschnitt

Rechtsquellen

Bedeutung erst gelangt ist, als die umfassenden Kodifikationen des Zivil- und Handelsrechts – z.B. das BGB und das HGB – bereits geschaffen waren. Außerdem hätte sich das Akkreditiv in den vergangenen Jahrzehnten, in denen es sich in der Praxis des Handelsverkehrs zu seiner jetzigen Form entwickelt hat, nicht als Materie für die Gesetzgebung geeignet; es wäre durch gesetzliche Fixierung vorzeitig in Formen gefasst worden, die den oft raschen Veränderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse nicht hätten gerecht werden können. Hinzu kommen die besonderen Schwierigkeiten, denen sich ein nationaler Gesetzgeber gegenübersieht, wenn er es unternimmt, Materien zu regeln, die nahezu ausschließlich internationale Bedeutung haben. Eine nationale gesetzliche Regelung des Akkreditivs als eines spezifischen Instruments für die Abwicklung des Zahlungsverkehrs im Außenhandel hätte in besonderem Maße auf diese Internationalität Rücksicht zu nehmen, um die Brauchbarkeit des Akkreditivs nicht zu schmälern. Zwar gibt es auch Akkreditive im innerstaatlichen Handelsverkehr; diese sind aber praktisch von geringer Bedeutung. 1/3 In der neuesten Entwicklung lässt sich eine zusätzliche Tendenz erkennen. Das

ungeheure Anwachsen des Außenhandels in der ganzen Welt macht es immer weniger möglich, jedes Akkreditiv von hochqualifizierten Kräften gewissermaßen als Juwelierarbeit bis ins letzte Detail individuell auszufeilen und dann später in der Abwicklung in jedem Einzelfall dem auf die individuelle Situation zugeschnittenen Ermessen der Banken größeren Spielraum zu lassen (frühere englische Tendenz). Heute heißt es dagegen: Weg von individueller Gestaltung! Hin zur Standardisierung! Vermeidung individueller Entscheidungsnotwendigkeiten! Verwendung von Formularen! Einsatz moderner Telekommunikationsmittel! Diesen Forderungen hat die Entwicklung Rechnung getragen und sich in flexibler Weise den neuen Gegebenheiten angepasst. Bei der Betrachtung der neuesten Fassung der Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive (ERA) und der Einheitlichen Richtlinien für Inkassi (ERI) ist darauf noch zurückzukommen (Rdn. 1/9 und 1/21). 1/4 In Deutschland bilden die Rechtsgrundlagen für Akkreditiv, Dokumenteninkasso

und Bankgarantie die allgemeinen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts. Wichtiger noch ist eine Reihe nichtgesetzlicher Regelungen, insbesondere internationaler Natur, die getroffen worden sind, um im Außenhandel dem Bedürfnis nach einer Vereinheitlichung des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs Rechnung zu tragen. Diese internationalen Regelungen beschränken sich eng auf die Zahlungswege, mit denen sie sich befassen, so dass Fragen, die zwar im Zuge der Abwicklung eines dokumentären Geschäfts auftauchen, aber sich nicht direkt aus diesem Dokumentengeschäft herleiten (z.B. Vertretungsmacht, Nichtigkeit, Anfechtung, Insolvenz- und Zwangsvollstreckungsprobleme, rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme eines Akkreditivs usw.), nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht zu beurteilen sind. Dort, wo die internationalen Regeln (ERA und ERI) anwendbar sind, gehen sie, soweit sich ihre Reichweite erstreckt, dem jeweiligen nationalen Recht vor.

2

I. Innerstaatliches Recht, Handelsbräuche und Sondervereinbarungen

A.

Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive

1.

Historie

a)

Entwicklung bis zu den ERA 600

Erster Abschnitt

An erster Stelle sind hier die speziell auf das Akkreditiv zugeschnittenen Einheitli- 1/5 chen Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive (ERA) zu nennen.5 Sie haben ihre Vorläufer in Bankenvereinbarungen auf nationaler Ebene, von denen für Deutschland das „Regulativ des Akkreditivgeschäfts der Berliner Stempelvereinigung“ in der ursprünglichen Fassung vom 1.1.19236 und in der revidierten Form vom 1.1.1931 zu nennen ist. Dieses Regulativ wurde in Deutschland von fast allen Banken angewendet. Die „Einheitlichen Richtlinien“, als erste internationale Vereinbarung, sind ein Ergebnis des 7. Kongresses der Internationalen Handelskammer (ICC) 1933 in Wien.7 Sie wurden zunächst nur in Belgien, Deutschland, Frankreich, Holland, Italien, Rumänien und der Schweiz und ab 15.3.1934 auch in den USA von den Bankenverbänden der genannten Länder angenommen und von den Banken eingeführt, d.h. in der Praxis zur Grundlage und zum Vertragsinhalt der Akkreditivverträge gemacht.8 Nach langwierigen Vorbereitungen, die der Verfeinerung des Systems galten, wurden die Einheitlichen Richtlinien auf dem 13. Kongress der ICC abgeändert und als „Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive (Revision 1951)“9 angenommen und den Banken der angeschlossenen Staaten zur Anwendung empfohlen. Dieser Empfehlung der ICC waren laut Mitteilung der Deutschen Gruppe der Internationalen Handelskammer von 1963 in fast 80 Ländern sämtliche Bankenverbände derselben gefolgt. Bedeutsam war, dass England und einige Mitglieder des Commonwealth die ERA zunächst überhaupt nicht angenommen hatten und sie nur von denjenigen ihrer Bankfilialen anwenden ließen, die ihren Sitz in Ländern hatten, in denen die ERA galten. Die Zurückhaltung Englands lag in erster Linie daran, dass der in den ERA aufgestellte Rahmen für die Ermessensfreiheit der Banken sich nicht ganz mit der diesbezüglichen Auffassung der englischen Banken und dem englischen case law in Einklang bringen zu lassen schien. Die englischen Banken wollten sich im Interesse ihrer Kunden eine größere Handlungsfreiheit bewahren, um im Einzelfall die am geeignetsten erscheinende Form der Geschäftsabwicklung

5 Jetzt gültig ERA (Revision 600, 2007), seit 1. Juli 2007 (ICC-Publ. Nr. 600), zum Vergleich zur Revision 1994 (ICC-Publ. Nr. 500) s. ICC-Publ. Nr. 680 (Commentary on UCP 600). 6 Abgedr. in: BankArch 1922/23, 108 f., hierzu Ebertsheim JW 1923, 915 f. In Frankreich galt das Pariser Regulativ vom 14.1.1924: „Clauses et modalités applicables aux ouvertures de crédit documentaire“, hierzu Stoufflet Le crédit documentaire, S. 101. 7 ICC-Publ. Nr. 82; s. hierzu und zur Entwicklung der ERA auch: Taylor How the UCP evolved, DCInsight, Vol. 14, No. 2 S. 8. 8 Wiele Das Dokumenten-Akkreditiv, S. 22 f. 9 ICC-Publ. Nr. 151.

3

Erster Abschnitt

Rechtsquellen

wählen zu können.10 Echte sachliche Differenzen zwischen der englischen Auffassung vom Akkreditiv (Letter of Credit) und den Regeln der ERA bestanden nur in geringem Umfang.11 1/6 Nach abermals langen Vorbereitungen wurden im Jahre 1962 die ERA wiederum

revidiert. Die ERA (Revision 1962), von der ICC zur Einführung in die Praxis in den ihr angeschlossenen Ländern ab 1.7.1963 empfohlen, stellten die bis 1975 gültige Fassung der ERA dar.12 Diesmal konnte auch mit England und den übrigen Commonwealth-Ländern volle Übereinstimmung erzielt werden. Laut Mitteilung der ICC waren am 1.4.1966 in fast allen Staaten entweder die Bankenverbände insgesamt oder aber einzelne Banken der Empfehlung der ICC zur Annahme der ERA (Revision 1962) gefolgt. Infolge der somit erzielten weltweiten Geltung der ERA spielte sich nunmehr fast der gesamte Welthandel nach Maßgabe der ERA ab, während vor 1963 nur etwa 60% des Handels auf die angeschlossenen Länder entfielen. Offizieller und damit für die Auslegung maßgebender Text der ERA ist seit 1962 der englische; früher war im Streitfall die französische Fassung maßgebend. Nach einem weiteren Jahrzehnt wurden die ERA erneut einer Revision unterzogen, aus der die ERA (Revision 1974), gültig vom 1.10.1974 bis 30.9.1984, hervorgingen (ICC-Publ. Nr. 290).13 Die Revision 1974 hatte konsequent das Ziel verfolgt, nach und nach alle noch bestehenden Unklarheiten und die etwa in den Ländern noch vorhandenen Abweichungen zu beseitigen und in Fällen, die bisher noch dem Ermessen der eröffnenden Banken einen wesentlichen Spielraum boten, den Bereich der Unsicherheit dadurch einzuengen, dass feste Regeln für den Fall aufgestellt werden, dass „. . . nicht ausdrücklich anderweitige Vereinbarungen getroffen worden sind“ (lit. a, Allgemeine Regeln und Begriffsbestimmungen ERA, Revision 1974). Dadurch sollten die Beteiligten veranlasst werden, möglichst viele Ungewissheiten von vornherein durch klare und vollständige Akkreditivformulierung auszuräumen, was natürlich verlangt, dass sie sich schon im Vorhinein eine klare Vorstellung von dem praktischen Ablauf des Akkreditivgeschäfts einschließlich der jeweiligen Kreditsicherungsbedürfnisse machen. Unterlassen die Beteiligten es, klare detaillierte Akkreditivbedingungen vorzuschreiben, können sie sich nachher nicht beklagen, wenn ergänzend die Regeln der ERA angewendet werden. 1/7 Die nächste, als Publikation der ICC Nr. 400 veröffentlichte Revision der „ERA“

wurde 1983 vorgenommen und ab 1.10.1984 für anwendbar erklärt.14 Doch schon

10 Megrah/Gilbert Lectures on Banking 1951, 3 ff.; Megrah/Gilbert Lectures on Banking 1958, 40; Stapel Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, S. 15 m.w.N.; Sarna Letters of Credit, S. 2–24. 11 Grader van der Maas Handbuch der Dokumenten-Akkreditive, S. 296 ff. 12 ICC-Publ. Nr. 222. Zur Neufassung von 1962: Eisemann AWD 1963, 139 ff.; Regling Bank-Betrieb 1962, 142 ff.; Schinnerer ZfRV 1963, 207 ff.; Wheble J. Inst. of Bankers 1963, 27 ff. 13 Eberth RIW 1975, 365 ff.; Eisemann in: FS Bärmann, S. 265 ff.; Schinnerer ÖBA 1977, 77 ff.; Wheble J. Inst. of Bankers 1975, 266 ff. 14 Eberth WM-Sonderbeilage 4/1984; Nielsen ZIP 1984, 230 ff.; Schinnerer ÖBA 1984, 231 ff.; Wheble ICC-Publ. Nr. 411, 1984; Taylor How the UCP evolved, DCInsight, Vol. 14, No. 2 S. 9.

4

I. Innerstaatliches Recht, Handelsbräuche und Sondervereinbarungen

Erster Abschnitt

bald zeigte sich auch hier, dass aufgrund der rasanten Entwicklungen in den Bereichen Technologie und Kommunikation eine erneute Revision der ERA 400 erforderlich wurde. Bereits im November 1989 beschloss die Kommission für Banktechnik und -praxis der Internationalen Handelskammer die Revision der Einheitlichen Richtlinien für Gebräuche für Dokumentenakkreditive, Publikation 400. Untersuchungen hatten ergeben, das etwa 50% der unter Dokumentenakkreditiven vorgelegten Dokumente aufgrund von tatsächlichen oder vermeintlichen Unstimmigkeiten bei der ersten Vorlage zurückgewiesen wurden.15 Besorgniserregend war zudem die Zunahme gerichtlicher Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit Dokumentenakkreditiven. Die vorletzte, als Publikation der ICC Nr. 50016 veröffentlichte Revision der „Ein- 1/8 heitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive“ wurde 1993 vorgenommen und ab 1.1.1994 für anwendbar erklärt. Ziel der Revision der ERA 500 war es,17 – die Bestimmungen der ERA 400 zu vereinfachen, – die Weiterentwicklung der internationalen Bankpraxis einzubeziehen und die neu entwickelten Praktiken zu vereinfachen und zu vereinheitlichen, – die Integrität und Zuverlässigkeit des Dokumenten-Akkreditiv-Geschäfts zu erhöhen, indem die Unwiderruflichkeit des Akkreditivs unterstellt und die Ersthaftung der eröffnenden und der bestätigenden Bank klargestellt werden, – sich mit den Problemen der nicht dokumentären Bedingungen zu befassen und – für jede Kategorie von Transportdokumenten in detaillierter Weise die Aufnahmekriterien anzugeben.18 Trotz des oben genannten Ziels der Vereinfachung der Bestimmung durch diese Revision traten schon bald neue Zweifelsfragen auf, die die ICC bereits 1994 veranlasste, vier so genannte „Positionspapiere“19 zur Erläuterung der ERA 500 herauszugeben, die nach Ansicht der ICC-Kommision für Banktechnik und -praxis („Bankenkommission“) unrichtige Auslegungen in der Bankpraxis beseitigen sollten20. Weiterhin wurden in der Folge die „International Standard Banking

15 Graffe/Weichbrodt/Xueref Dokumenten-Akkreditive, S. 7. 16 Vgl. hierzu Avidon B. L. J. 1994, 83 ff.; del Busto ICC-Publ. Nr. 511, 1993; Nielsen Richtlinien für Dokumenten-Akkreditive; ders. WM-Sonderbeilage 2/1994; ders. WM-Sonderbeilage 3/1993; Vorpeil RIW 1993, 12–15; Graffe/Weichbrodt/Xueref Erläuterungen zu den wichtigsten Änderungen der „Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive (Revision 1993)“; Stapel Die Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive der Internationalen Handelskammer in der Fassung von 1993; von Westphalen RIW 1994, 453 ff.; Ellinger J. B. L. 1994, 28; Jack Documentary Credits, 1993. 17 Vgl. Nielsen Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 14; ders. WM-Beilage 3/93 S. 4 ff.; ders. WM-Beilage 2/94 S. 15 ff.; Graffe/Weichbrodt/Xueref Dokumenten-Akkreditive, S. 5 ff. 18 ICC-Publ. Nr. 500, Einl, S. 9. 19 In: del Busto Case Studies, Position Paper No. 1, 2, 3, 4. 20 Vgl. Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 9.

5

Erster Abschnitt

Rechtsquellen

Practice (ISBP)“ als Orientierungshilfe für die Auslegung der ERA bei der Dokumentenprüfung von der ICC herausgegeben.21

b)

ERA 600

1/9 Bereits 1999 hatte die Bankenkommission der ICC eine Arbeitsgruppe („Task For-

ce“) mit der Prüfung beauftragt, ob eine Revision der ERA 500 geboten sei. Obgleich das Ergebnis dieser Prüfung negativ ausfiel, regte die Task Force im Jahre 2002 unter Verweis auf die zunehmende Zahl der „Opinions“ der Bankenkommission einen baldigen Revisionsbeginn der ERA an.22 Im Mai 2003 beschloss die Bankenkommission die Einsetzung einer Arbeitsgruppe („Drafting Group“) die mit Unterstützung einer Beratungsgruppe („Consulting Group“) Vorschläge zur Revision der ERA unterbreiten sollte. Im November 2005 wurde der erste Gesamtentwurf der ERA 600 vorgestellt, die nach weiteren Beratungen und Abstimmungen im November 2006 von der Bankenkommission einstimmig verabschiedet und zur Anwendung ab dem 1. Juli 2007 empfohlen wurde.23 Ziel der Arbeitsgruppe war es, durch eine bessere Strukturierung, die Vermeidung von Wiederholungen sowie eine sprachliche Vereinfachung die Regelungen der ERA 500 ihrem Sinn und Zweck nach, soweit als möglich, aufrechtzuerhalten, und das Akkreditiv als Zahlungs- und Zahlungssicherungsinstrument attraktiver zu machen.24 Demgemäß treten bei Betrachtung der Neufassung der ERA zunächst formale Aspekte hervor, die in einer neuen sprachlichen Fassung und Gliederung begründet liegen. So wurde die Zahl der Artikel von 49 auf 39 verkürzt; einige frühere Artikel wurden als überflüssig gestrichen. Soweit die verbliebenen Artikel eine Neufassung erhalten haben, liegt hierin nicht zwingend eine materielle Änderung. Der Aufbau der ERA 600 ist dahingehend geändert, dass die Rechte und Pflichten der eröffnenden, bestätigenden, benannten bzw. avisierenden Bank und Dokumentenprüfung, -aufnahme, Honorierung, Negoziierung sowie Mängelrüge systematischer ausgeführt werden als vor der Revision. Es wird klargestellt, dass die ERA nur eine Auffanglinie darstellen, wenn sich aus dem Akkreditiv selbst nichts Abweichendes bzw. Spezielleres ergibt (Art. 1 Satz 2 ERA 600). Art. 2 und 3 ERA 600 enthalten zahlreiche Definitionen und Auslegungsregeln, die zwar teilweise bereits in den ERA 500 enthalten, aber über verschiedene Artikel verstreut waren. Zudem gibt es auch materielle Ergänzungen, Verfeinerungen und Streichungen, die für die Beteiligten von Bedeutung sind. Zu den wichtigsten Änderungen zählen:

21 ICC-Publ. Nr. 645, numehr angepasst an die ERA 600 ICC-Publ. Nr. 681. 22 Vgl. zum Verlauf der Revision: Holzwarth IHR 2007, 136 ff. 23 Vgl. Commentary on UCP 600, Introduction. 24 Vgl. Holzwarth IHR 2007, 137; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 9a; Nielsen, Bankrechts-Handbuch § 120 Rdn. 14.

6

I. Innerstaatliches Recht, Handelsbräuche und Sondervereinbarungen

Erster Abschnitt

– Die Dauer der Bearbeitungszeit für die Dokumentenprüfung wird von sieben auf fünf Bankarbeitstage verkürzt (Art. 16d ERA 600). – Das Prüfungskriterium „on its face“ ist nur noch in Art. 14 ERA 600 enthalten, nicht mehr verstreut auf mehrere Artikel. – Das Kriterium der Widersprüchlichkeit von Dokumenten untereinander (Art. 13a Satz 3 ERA 500) wurde entschärft. Angaben in den Dokumenten müssen nicht mehr hundertprozentig identisch sein, dürfen jedoch nicht mit dem Inhalt von anderen Dokumenten oder dem Akkreditiv in Widerspruch stehen („when read in context . . . need not be identical to, but must not conflict with . . .“ Art. 14d ERA 600). – Ermächtigung der benannten Bank zur Bevorschussung von Akzeptakkreditiven und (jedenfalls dem Wortlaut nach) Deferred-Payment-Akkreditiven (Art. 12b ERA 600).25 – Neue Definition des Negoziierungsbegriffs (Art. 2 ERA 600)26 Ergänzt werden die ERA 600 durch einen Anhang über die Durchführung des Akkreditivgeschäfts, insbesondere der Vorlage von Dokumenten auf elektronischem Wege, kurz eUCP genannt. Zudem wurden die ISBP an den Inhalt der ERA 600 angepasst.27 Auch wenn verschiedene Nationalkomitees der ICC Übersetzungen der ERA 600 in der jeweiligen Landessprache veröffentlicht haben bzw. werden, ist allein die englische Fassung des von der ICC veröffentlichten Textes maßgeblich.

c)

Charakterisierung der Entwicklungstendenzen

In den Vorworten der jeweiligen Fassungen der ERA finden sich von der ICC Kom- 1/10 mission für Banktechnik und -praxis verfasste kurze Charakterisierungen der Entwicklungstendenzen, die im Zuge der verschiedenen Fassungen hervorgetreten sind. Danach waren bis 1962 die Richtlinien hauptsächlich darauf ausgerichtet, die Banken abzusichern, wenn sie in Zweifelsfällen – insbesondere falls der Auftraggeber es versäumt hatte, klare Anweisungen zu erteilen – nach bestem Wissen und Gewissen handelten. Ab 1962 wurde der Schwerpunkt in erster Linie darauf gelegt, die „Zweifelsfälle“ zu minimieren und die Akkreditivsteller durch sanften Druck zu veranlassen, genaue und vollständige Weisungen zu erteilen und dadurch die Möglichkeit von Zweifelsfällen drastisch zu reduzieren. Die Verwendung von Formularen, die vollständig auszufüllen sind, hat sich für diesen Zweck als sehr nützlich erwiesen. Die Revision 1983 war maßgebend von der Entwicklung bestimmt, welche die Transporttechnik (Container, kombinierter Transport) genommen hat. Dazu kamen neue Dokumente und neue Methoden der Dokumentenherstellung, außerdem die

25 26 27

Vgl. hierzu: Rdn. 2/385 ff. Vgl. hierzu: Rdn. 2/122. ICC-Publ. Nr. 681.

7

Erster Abschnitt

Rechtsquellen

automatische oder elektronische Datenverarbeitung sowie neue Methoden der Nachrichtenübermittlung. Schließlich waren auch neue Arten von Dokumentenakkreditiven, insbesondere Akkreditive mit hinausgeschobener Zahlung (deferred payment credits) und Standby Letters of Credit neu zu berücksichtigen.28 Die Revision 1993 bezweckte neben der Vereinfachung bestehender Regelungen sowie der Integration internationaler Bankpraxis insbesondere die Integrität und Zuverlässigkeit des Dokumentenakkreditivgeschäfts zu erhöhen, indem die Unwiderruflichkeit des Akkreditivs unterstellt wurde, Probleme der nichtdokumentären Bedingungen zu regeln sowie für jede Kategorie von Transportdokumenten detailliert die Aufnahmekriterien anzugeben.29 Der Arbeitsgruppe der Bankenkommission ging es bei der Neufassung der ERA, die zu den nun vorliegenden ERA 600 führte, vornehmlich darum, wiederum den neueren Entwicklungen im Bank-, Transport- und Versicherungswesen Rechnung zu tragen. Ferner wurde ein Bedarf erkannt, Sprache und Ausdrucksweise der ERA zu überarbeiten, um unterschiedliche Anwendungen und Auslegungen zu vermeiden. Dies geschah vor dem Hintergrund, dass nach verschiedenen Untersuchungen ca. 70% der unter Akkreditiven vorgelegten Dokumente wegen Unstimmigkeiten zurückgewiesen wurden. Dieser Tendenz sollte entgegengesteuert und daraus entstehenden negativen Einflüssen auf das Akkreditiv als Zahlungsinstrument entgegengewirkt werden, so dass der Marktanteil des Akkreditivs als anerkanntem Zahlungsinstrument im internationalen Handel erhalten oder gar ausgeweitet werden könnte.30 Ziel der Revision war folglich weniger eine materielle Änderung als eine sprachliche Klarstellung der bestehenden Regelungen und die Reduzierung von Ansätzen für eine zu formale Anwendung des Grundsatzes der Dokumentenstrenge, so dass es nicht überrascht, dass im Ergebnis auch nicht allzu viele materiell erhebliche Änderungen der bestehenden Regelungen vorgenommen wurden.31

d)

Weltweite Inkraftsetzung der ERA

1/11 Die weltweite Inkraftsetzung der ERA erfolgt in der Praxis dadurch, dass der von der

ICC im Rahmen ihrer Ausschüsse ausgearbeitete und verabschiedete Text von den

28 Eingehend zu der Fassung der ERA 1983 Döll Bank 1984, 431; Eberth WM 1984 Sonderbeilage Nr. 4; Holtij „Revision 1983“ der ERA, BI 8/1983, 17; Nielsen ZIP 1984, 230; Schinnerer ÖBA 1984, 231; Gutzwiller SchwAG 1985, 24; Boudinot Banque 1983, 609 und 997; Eberth/Ellinger International Banking Law, Jan. 1984, 90; Puech Banque 1984, 581; Rowe International Financial Law Review, Jan. 1983, 17; Schmitthoff Journal of Business Law 1983, 193; Nielsen Grundlagen des Akkreditiv-Geschäfts – Revision 1983, 1985. 29 ICC-Publ. Nr. 500, Einl. S. 9. 30 ICC-Publ. Nr. 600, Einl. S. 11. 31 Vgl. hierzu: Holzwarth IHR 2007, 137 f.; Nielsen Richtlinien, Einleitung Rdn. 3; im Ergebnis auch der Kommentar der Drafting Group: „UCP 600, whilst not containing many substantial changes in practice, does have a new style and structure.“ Commentary on UCP 600 S. 8; kritisch zur Frage der Notwendigkeit der Neufassung, Nielsen Uniform Customs, TranspR 2008, 269.

8

I. Innerstaatliches Recht, Handelsbräuche und Sondervereinbarungen

Erster Abschnitt

Bankenverbänden der einzelnen Länder ihren Mitgliedsinstituten zur Annahme empfohlen wird. In Staaten ohne eigentliche Bankenverbände erfolgt die Annahme mehr oder weniger formlos durch die Institute selber. Solche Annahmen sind für die bisherigen Fassungen der ERA in allen westlichen und blockfreien Ländern, aber auch in einigen Ländern des ursprünglichen Ostblocks erfolgt. Bei den wenigen Kleinstaaten, in denen eine offizielle Annahme durch keine Stelle erklärt wurde, kann man davon ausgehen, dass dies nicht auf Ablehnung in der Sache, sondern lediglich auf dem Fehlen eines geeigneten formellen Weges beruht Wenn erwähnt wurde, dass die ERA in den einzelnen Ländern „eingeführt“ oder 1/12 „angenommen“ worden sind, ist das nicht im Sinne einer Übernahme der Richtlinien in das innerstaatliche Recht durch Gesetz zu verstehen.32 Rechtlich sind die ERA vielmehr Formulierungen, die von den Bankenverbänden der einzelnen Länder im Rahmen der ICC abgesprochen worden sind. Die ICC geht dabei davon aus, dass die ERA als Empfehlungen an die Bankenvereinigungen zu sehen sein sollen und aufgrund vertraglicher Einbeziehung gelten.33 Welchen rechtlichen Charakter diese Absprachen der Bankenverbände haben, gab schon früher Anlass zu Zweifeln. Mittlerweile hat die ICC ihre bisherige Praxis, jeweils so genannte „Länderlisten“ (adherence lists) mit Angabe der Bankenverbände zu veröffentlichen, die sich für die von ihnen vertretenen Banken den ERA unterworfen haben, aufgegeben. Gründe hierfür lagen in der fehlenden Verlässlichkeit der früheren Länderlisten und der Unsicherheit, inwieweit die nationalen Bankenverbände rechtlich in der Lage waren, die Banken ihres Landes wirksam zu vertreten und den ERA zu unterwerfen34. Mehr denn je ist es daher von entscheidender Bedeutung, dass ein Hinweis auf die Geltung der ERA im Text des Akkreditivs aufgenommen wird.

2.

Rechtliche Qualifikation der Einheitlichen Richtlinien

a)

Vertretene Ansichten35

Der Rechtscharakter der ERA ist seit Anbeginn umstritten. Einigkeit herrscht 1/13 lediglich darüber, dass sie kein objektives innerstaatliches Gesetzesrecht sind.36 Im Übrigen werden die verschiedensten rechtlichen Qualifikationen herangezo-

32 Schönle NJW 1968, 726, 727; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/497; Lenz EuZW 1991, 297, 298; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 925; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 11; Hasse WM 1993, 1985, 1986; Kozolchyk in: Encyclopedia of Comparative Law, IX, S. 5–20 ff.; Wassermann Die Verwertung von Ansprüchen aus Dokumentenakkreditiven, S. 21. 33 Vgl. Wortlaut des Art. 1 S. 1 ERA. Ferner Eberth in: FS Neumayer, S. 199, 200 f.; Nielsen Richtlinien, Rdn. 1 ff. 34 Nielsen Richtlinien, Rdn. 2. 35 Vgl. zum Meinungsstand Eberth in: FS Neumayer, S. 199 ff.; Stapel Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, S. 21 ff.; von Westphalen RIW 1994, 453 ff; Fontane Höhere Gewalt im Dokumentenakkreditivgeschäft, S. 113 36 Vgl. Schütze Dokumentenakkreditiv Rdn. 11; Nielsen Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 16.

9

Erster Abschnitt

Rechtsquellen

gen. Es wird die Ansicht vertreten, dass die ERA als AGB anzusehen seien. Andere betonen, dass die ERA Handelsbrauch darstellen. Es findet sich auch als Kombination beider Ansichten die Auffassung, dass es sich bei einzelnen Bestimmungen der ERA um AGB, bei anderen aber um Handelsbrauch handele.37 Schließlich hält man die ERA auch, von allen vorerwähnten Ansichten abweichend, als einem besonderen System rechtlicher Vorschriften zugehörige Regeln, die einer international einheitlichen Auslegung und Anwendung unterliegen;38 hierbei sollen die ERA entweder der lex mercatoria39 zuzuordnen oder als Rechtsordnung sui generis40 zu charakterisieren sein. Auch eine Anerkennung wie Gewohnheitsrecht wird erwogen.41 Der BGH hat sich bislang nicht abschließend und eindeutig geäußert.42

b)

Erörterung

1/14 Der Ansicht, die ERA einer lex mercatoria oder einem supranationalem Handels-

recht zuzuordnen, kann nicht gefolgt werden.43 Denn die ERA stellen – wie noch

37 AGB nehmen an: Petersen WM 1962, 622; BGH WM 1960, 38; Gautschi SchwJZ 1964, 33 und 49 (50); BGE 87 II, 137; 100 II 149; 111 II 78 f. AGB-Schrifttum: Wolf/Lindacher/Pfeiffer AGBRecht, § 307 BGB Rdn. 208; Ulmer/Brandner/Hansen AGB-Recht, § 310 BGB Rdn. 300; Lorenz in: FS Steindorff, S. 405, 407; Reithmann/Martiny Internationales Vertragsrecht, Rdn. 1225; Stapel Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, S. 29 ff. 37 Für die Auffassung, dass die ERA Allgemeine Geschäftsbedingungen sind, die auch Handelsbrauch enthalten, haben sich ausgesprochen: Liesecke WM 1960, 210; ders. WM 1966, 458; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. zu § 365 Rdn. 148; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 926; Baumbach/Hopt HGB, Bankgeschäfte (mit Börsenrecht) ERA (11), Einl. Rdn. 2; Staudinger/Horn BGB, Vorbem. zu §§ 765 ff. Rdn. 381; MüKo-Martiny EGBGB Art. 28 Rdn. 355; Peters WM 1978, 1030, 1032; Borggrefe S. 29 ff.; Schinnerer ÖBA 1984, 231, 239; Ulrich Rechtsprobleme des Dokumentenakkreditvs, S. 43 f.; von Westphalen WM 1980, 178; ders. RIW 1994, 453 ff.; Heymann/Horn HGB, Anh. § 372 Rdn. VI/24; Avancini/Iro/Koziol Österr. Bankvertragsrecht II, Rdn 4/18; Einsele Bank- und Kapitalmarktrecht, § 5 Rdn. 8. 37 Überwiegend Handelsbrauch: von Bernstorff Rechtsprobleme, S. 219 f.; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/498; Wälzholz WM 1994, 1497 ff.; BGH WM 1958, 456; Derleder/Knops/Bamberger Handbuch, § 62 Rdn. 13; wohl auch Holzwarth, IHR 2007, 149 f. 38 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 19 f.; Eschmann Der einstweilige Rechtsschutz des Akkreditivauftraggebers in Deutschland, England und der Schweiz, S. 33 ff. Für die Schweiz Bühler Sicherungsmittel im Zahlungsverkehr, S. 25. Für Lex mercatoria: Schinnerer ÖBA 1975, 278, 284; Schmitthoff RabelsZ 1964 47, 61, 64; Grundmann Jahrbuch Junger Zivilrechtswissenschaftler 1991 S. 43 ff.; Lorenz in: FS Neumayer, S. 407 ff. Baumbach/Hopt HGB (11) ERA Einl, Rdn. 8 Für Gewohnheitsrecht: Herold/Lippisch S. 51; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/500; OLG Frankfurt WM 1997, 610. 39 Grundmann Jahrbuch junger Zivilrechtswissenschaftler 1991 S. 43 ff. 40 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 19; in diesem Sinne auch Nielsen in: BuB, Rdn. 5/2e. 41 Ingelmann/Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 272 f. 42 BGH WM 1958, 456, 459 (Handelsbrauch); BGH AWD 1958, 576; BGH WM 1960, 38, 40 (AGB) = AWD 1960, 17; WM 1984, 1443 (ausdrücklich offengelassen); BGH WM 1989, 1713 (inzident AGB) = ZIP 1989, 1451. 43 von Bar ZHR 152 (1988), 38, 45; Nielsen Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 16 f.; Stapel Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, S. 23 f.

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I. Innerstaatliches Recht, Handelsbräuche und Sondervereinbarungen

Erster Abschnitt

zu zeigen sein wird – keine vollständige Regelung sämtlicher Rechtsfragen im Zusammenhang mit Dokumentenakkreditiven dar. Vielmehr bedarf es des Rückgriffs auf die kollisionsrechtlich zur Anwendung berufene nationale Rechtsordnung. Auch die Rechtsnatur als Gewohnheitsrecht anzusehen, wäre verfehlt.44 Unter Gewohnheitsrecht versteht man allgemein das Recht, das durch eine länger andauernde, im ganzen gleichförmige Übung und durch den Rechtsgeltungswillen der beteiligten Kreise anerkannt wird. Im Hinblick auf die ständig vorgenommenen Reformen und Überarbeitungen der ERA bestehen nicht zuletzt im Hinblick auf das Merkmal der lang andauernden Übung Zweifel an einer Einordnung der ERA als Gewohnheitsrecht. Des weiteren bestehen auch gegen die Einordnung der ERA als Normengefüge eigener Art Bedenken. Unklar bleibt hierbei, welchen Rechtsnormcharakter die ERA letztlich aufweisen und aufgrund welches Umstands die ERA für ein Vertragsverhältnis maßgebliche Richtlinien darstellen. Auch das Erfordernis, der internationalen Eigenart der ERA Rechnung zu tragen, kann die Einordnung als Normengefüge sui generis nicht rechtfertigen, zumal – wie zu zeigen sein wird – durch die Qualifizierung als Handelsbrauch der Geltungsgrund angemessen geklärt wird. Die Frage, ob die ERA als AGB oder Handelsbrauch oder gar als besonderes System 1/15 rechtlicher Vorschriften zu betrachten sind, ist durchaus nicht nur theoretischer Natur. AGB werden erst durch Vereinbarung zum Vertragsinhalt, während Handelsbrauch auch ohne Vereinbarung Anerkennung findet. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob und wie die ERA der richterlichen Inhaltskontrolle unterliegen. Die Ansicht, die ERA seien ausschließlich AGB, wird dem Wesen der Richtlinien nicht gerecht. AGB bezwecken die nähere Ausgestaltung eines Vertragsverhältnisses, dessen rechtliche Struktur primär durch gesetzliche Vorschriften bereits geregelt ist. Mit der Aufstellung der ERA hat man es jedoch unternommen, über die Landesgrenzen hinaus die Auffassungen der Kaufmannschaft über ein seit langem weltweit bekanntes und angewendetes, gesetzlich nicht geregeltes Rechtsinstitut durch Definitionen, Klärung der Terminologie, Abgrenzung der Rechte und Pflichten der Beteiligten und Verfahrensvorschriften für den Geschäftsablauf anzugleichen und zu fixieren, um somit international eine Vereinheitlichung der Akkreditivhandhabung zu erreichen. Die Bemühung, ein Rechtsinstitut generell zu regeln, ist den AGB wesensfremd, da dies zwingend eine den Interessen aller Beteiligten möglichst gerecht werdende Regelung voraussetzt, die zudem international möglichst einheitlich anzuwenden ist.45

44 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 926; Eberth in: FS Neumayer, S. 199, 205; Schönle NJW 1968, 726, 727; Wassermann Die Verwertung von Ansprüchen aus Dokumentenakkreditiven, S. 22; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 227; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 14. 45 Eschmann Der einstweilige Rechtsschutz des Akkreditivauftraggebers in Deutschland, England und der Schweiz, S. 25 ff.; ferner Nielsen WM 1999, 2005, 2011; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 17 f., der davon ausgeht, dass es an einem „Verwender“ im Sinne des § 305 BGB fehlt.

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Erster Abschnitt

Rechtsquellen

Zunächst bestechend ist die Meinung, die ERA enthielten teils Handelsbrauch, teils AGB, wobei die Teile der ERA, die Handelsbrauch darstellen, dann keiner Inhaltskontrolle unterliegen sollen.46 Hingewiesen wird dabei in der Regel auf solche Bestimmungen der ERA, die – fälschlich – als Freizeichnungsklauseln zugunsten der Banken ausgelegt werden, z.B. Art. 13–17 ERA 500 (nunmehr in Art. 14, 16, 35, 36 ERA 600). In der Tat sind Freizeichnungsklauseln – wenn es sich tatsächlich um solche handeln würde – typisch für AGB. In Wahrheit ist, wenn man eine rechtliche Einordnung der einzelnen Artikel der ERA vornehmen will, der Hinweis auf folgenden Gesichtspunkt angebracht: Ein Teil der Artikel will den tatsächlichen Umfang der Akkreditivgeschäfte, insbesondere den Bereich der Bankenfunktionen, umreißen. Was gehört dazu? Was gehört nicht dazu? Wo sind die Grenzen? Zu den Fixierungen dieser Art gehören z.B. die oben erwähnten Art. 13–17 ERA. Sie umgrenzen die Tätigkeit der Banken bei der Akkreditivabwicklung und sind nicht als „Freizeichnungsklauseln“ im Sinne unserer innerdeutschen Terminologie anzusehen. 1/16 Eine Charakterisierung der ERA oder Teile derselben als AGB kommt nicht in

Betracht. Sie wollen international eine generelle Vereinheitlichung der Akkreditivbehandlung erreichen. Definition der Aufgaben aller Beteiligten, Klärung der Terminologie und Verfahrensvorschriften für den Geschäftsablauf stehen bei den ERA im Vordergrund. Eine Interpretation der ERA als AGB würde eine kaum tragbare Unsicherheit hervorrufen. Die Praxis kann eine solche Unsicherheit nicht gebrauchen; sie kann aber auch nicht mit einer Teils-Teils-Lösung leben. Sie muss jeden Tag Tausende von Fällen entscheiden, und zwar schnell und sicher. Haarspaltereien dürfen und können den Praktikern bei dem heutigen Massengeschäft nicht zugemutet werden; sie wären zudem schädlich für die Funktion des Akkreditivs (Rdn. 2/4 ff.). Der als Hauptbegründung für den AGB-Charakter der ERA angeführte Hinweis, dass Regeln der hier in Rede stehenden Art doch nicht gegen zwingendes nationales Recht verstoßen dürften47 – Beispiel: Haftung für Vorsatz kann nicht ausgeschlossen werden – greift ins Leere, weil ein solcher Ausschluss gar nicht gewollt ist. Da am Zustandekommen internationaler Regeln viele Länder und alle beteiligten Wirtschaftssparten mitwirken, kann es nicht geschehen, dass Klauseln aufgenommen werden, die gegen zwingendes Recht eines der mitwirkenden Länder verstoßen; die Vertreter dieses Landes hätten das verhindert. Die Anwendbarkeit der AGB-Regelungen des BGB auf die ERA oder die Teils-TeilsInterpretation würde bedeuten, dass ein nationales Gesetz plötzlich Maßstab für eine internationale Regelung, wie sie die ERA und ERI darstellen, sein soll.48 So wären die ERA dann z.B. nach § 307 BGB unter dem Gesichtspunkt einer möglicher-

46 So z.B. Baumbach/Hopt HGB, ERA (11), Einl. Rdn 7. 47 So Schönle NJW 1968, 726. 48 Vgl. dazu von Westphalen WM 1980, 178; Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Recht, Anh. § 310 BGB Rdn. 300. S.a. BGH WM 1989, 1713 m. Anm. Nielsen WuB I. H2–1.90 zur Frage der Wirksamkeit von Freizeichnungsklauseln für Fälschungen.

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I. Innerstaatliches Recht, Handelsbräuche und Sondervereinbarungen

Erster Abschnitt

weise „unangemessenen Benachteiligung“ einer Vertragsseite der Inhaltskontrolle unterzogen. Einer derartigen Annahme und damit Kontrolle der ERA (oder ERI) steht jedoch bereits die Tatsache entgegen, dass nicht angenommen werden kann, nahezu die ganze Welt unter Beteiligung von Banken, Exporteuren, Importeuren, Spediteuren usw. werde gewillt sein, unangemessene Klauseln zu akzeptieren49 und in diesem Zusammenhang unser Recht für die Auslegung und Anwendung der ERA anzuwenden. Dabei darf nicht verkannt werden, dass Akkreditive häufig im Ausland oder im Inland im Auftrag einer ausländischen Bank eröffnet werden. Hier müssen alle Beteiligten schon wegen der erforderlichen Rechtssicherheit von der wirksamen Einbeziehung der ERA und deren Wirksamkeit ausgehen können. Zutreffend erscheint demnach die Ansicht, dass die ERA in ihrer Gesamtheit Han- 1/17 delsbrauch darstellen. Die Regeln der ERA sind in der ganzen Welt anerkannt. Sie werden ständig angewendet und beherrschen die Praxis des Akkreditivgeschäfts. Typisch für einen Handelsbrauch ist die Anerkennung einer bestimmten Geschäftshandhabung durch alle fachmännischen Kreise, die sich auf dem betreffenden Gebiet betätigen.50 Diese Anerkennung der ERA ist unbestritten vorhanden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zur Annahme eines Handelsbrauchs das Kriterium der zeitlichen Lebensdauer seines Inhalts keine allzu große Bedeutung hat.51 Handelsbräuche sind wegen ihres natürlichen Zusammenhangs mit der Praxis entwicklungsfähig und unterliegen entsprechenden Wandlungen, die jeweils als natürlich gewachsene Veränderungen im lebendigen Zusammenhang mit dem Gesamtgebäude des betreffenden Bereichs Geltung haben.52 Im Übrigen können sich Allgemeine Geschäftsbedingungen zum Handelsbrauch entwickeln.53 Man kann jetzt sagen: Es ist Handelsbrauch, dass Akkreditive nach den ERA der ICC in ihrer jeweils geltenden Fassung abgewickelt werden. Damit ist dann auch hinreichend geklärt, dass beschlossene Neuerungen oder besondere Umstände – natürlich vorbehaltlich etwa ausdrücklich getroffener Übergangsregelungen – jeweils ab sofort Gültigkeit besitzen. Die bedeutsamste praktische Konsequenz aus der Annahme eines Handelsbrauchs 1/18 besteht darin, dass die ERA auch ohne Kenntnis und ohne Unterwerfungswillen der Beteiligten unmittelbar zwischen den Beteiligten Geltung haben. Einer vorherigen

49 A.A. von Westphalen WM 1980, 178, der es zu Unrecht für zulässig hält, die ERA in jedem Land nochmals einer Wirksamkeitskontrolle nach den dort jeweils gültigen Maßstäben zu unterziehen. 50 Zum Handelsbrauch allg: Baumbach/Hopt HGB, § 346 Rdn. 1 ff., wo zutreffend darauf hingewiesen wird, dass ein Handelsbrauch nicht nur unter Kaufleuten, sondern auch im Verkehr mit Nichtkaufleuten gelten kann. 51 A.A. Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 16; Kümpel Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 7.117. 52 Schinnerer ZfRV 1968, 185, 205, danach sind die ERA „festgestellter Handelsbrauch“. 53 Schlegelberger/Hefermehl HGB, § 346 Rdn. 6; krit. Baumbach/Hopt HGB, § 346 Rdn. 12, für einzelne Klauseln, nicht jedoch für AGB insgesamt (Rdn. 2).

13

Erster Abschnitt

Rechtsquellen

Vereinbarung bedarf es nicht.54 Bei der Unklarheit, die früher hinsichtlich des Charakters der ERA bestand, hatte sich als Routine eingebürgert, die Anwendung der ERA bei jedem einzelnen Akkreditivgeschäft – meist formularmäßig – zu erwähnen. Im Gegensatz zu Art. 1 ERA 400, verlangt Art. 1 ERA 600 (wie schon Art. 1 ERA 500) keinen ausdrücklichen Hinweis mehr darauf, in jedem Akkreditiv (und damit natürlich auch in jedem Auftrag zur Eröffnung eines Akkreditivs), „dass das Akkreditiv gemäß den Einheitlichen Richtlinien und Gebräuchen für Dokumenten-Akkreditive, Revision 2007, ICC-Publikation Nr. 600 eröffnet worden ist.“ Ausreichend – aber auch erforderlich – ist vielmehr, dass die ERA in den Akkreditivtext einbezogen sind. In der Praxis wird diese Einbeziehung der ERA zwar durch einen entsprechenden ausdrücklichen Hinweis im Akkreditivtext oder Auftrag zur Akkreditiveröffnung sichergestellt. Die Bezugnahme auf die ERA kann z.B. dadurch erfolgen, dass das Akkreditiv „gemäß den Einheitlichen Richtlinien und Gebräuchen für DokumentenAkkreditive in ihrer derzeit geltenden Fassung“ eröffnet wird. Mit dieser Formulierung wird an das Vorhandensein der ERA erinnert und jeder Zweifel an ihrer Anwendbarkeit ausgeschlossen. Die ERA gelten jedoch auch ohne einen derartigen Hinweis kraft Handelsbrauch.55 Der Hinweis erfolgt aus Gründen der Klarheit und Rechtssicherheit und kann daher nicht als Argument für eine Charakterisierung der ERA als AGB verwendet werden.56 Werden Dokumentenakkreditive durch S.W.I.F.T.57 eröffnet, so unterliegen sie automatisch den ERA.58 Bei Standby Letters of Credit ist allerdings der Einbeziehungshinweis unbedingt notwendig, da hier die ERA nur soweit gelten, als die Regelungen anwendbar sind.

3.

ICC – Auslegungshilfe und Schiedsgericht

1/19 Die ERA sind nach ihrer Zielsetzung aus sich selbst heraus ohne Rückgriff auf

nationale Gesetze auszulegen. Regelungslücken sind vorrangig aus den ERA zu schließen; die nationale Rechtsordnung ist ergänzend heranzuziehen.59 Daher erhält die ICC schon seit vielen Jahren zahlreiche Anfragen zur Auslegung der ERA und zu einschlägigen Detailfragen.60 Die Bankenkommission der ICC hat

54 Wohl a. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/502. Kraft Handelsbrauchs ist die Einbeziehung der ERA konkludent gewollt, OLG München WM 1996, 2336; LG Frankfurt WM 1996, 153; Nielsen WuB I H.2; Baumbach/Hopt HGB, ERA Art. 1 Rdn. 1. A.A. Hoeren/Florian Rdn. 26; Graffe/Weichbrodt/Xueref Dokumenten-Akkreditive, S. 9. Für England Eschmann Der einstweilige Rechtsschutz des Akkreditivauftraggebers in Deutschland, England und der Schweiz, S. 32 m.w.N.; Encyclopaedia of Banking Law, Letters of Credit, F (202). 55 LG Frankfurt WM 1996, 153; s. ferner Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 928. 56 So auch Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 31. 57 Bei S.W.I.F.T. (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication) handelt es sich um ein weltumspannendes Netz der Bank-zu-Bank Telekommunikation. 58 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 31. 59 Steindorff in: FS von Caemmerer, S. 765; Baumbach/Hopt HGB, (11) ERA, Einl. Rdn. 8; Kümpel Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 7.119; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/501; a.A. Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 930. 60 Vgl. hierzu Holzwarth in: FS Nielsen, S. 49 ff.

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I. Innerstaatliches Recht, Handelsbräuche und Sondervereinbarungen

Erster Abschnitt

die Aufgabe übernommen, solche – abstrakten – Anfragen zu beantworten; selbstverständlich werden nicht konkrete Streitfälle entschieden. Die Bankenkommission der ICC übernimmt also nicht etwa die Aufgabe eines Schiedsgerichts.61 Sie beantwortet aber in allgemeiner Form gestellte theoretische Fragen aus dem Gebiet der dokumentären Außenhandelsgeschäfte. Die Stellungnahmen der Bankenkommission sind zunächst als „Decisions (1975–1979) of the ICC Banking Commission“ (ICC-Publ. Nr. 371) und – in richtiger Kennzeichnung ihrer Rechtsnatur umbenannt – als „Opinions (1980–1981) of the ICC Banking Commission“ (ICC-Publ. Nr. 399) veröffentlicht worden. Soweit angebracht und erforderlich, wurden die bis 1983 abgegebenen Stellungnahmen der ICC Banking Commission in den Text der Revision 1983 der ERA eingearbeitet. Doch auch nach der Revision kamen bald wieder Anfragen aus aller Welt zur Interpretation und Anwendung der ERA. Die Opinions of the ICC Banking Commission 1984–1986 (ICC-Publ. Nr. 434), 1987–1988 (ICC-Publ. Nr. 469), 1989–1991 (ICC-Publ. Nr. 494) und 1995–1996 (ICC-Publ. Nr. 565) enthalten die entsprechenden Stellungnahmen der ICC-Kommission aus den Jahren 1984–1996. Daneben gibt es einen neuen Band von „Case Studies on Documentary Credits“ als Fortsetzung des ersten Bandes von 1984 (ICC-Publ. Nr. 459) mit dem Titel „More Case Studies on Documentary Credits“ (ICC-Publ. Nr. 489) mit 124 von internationalen Experten bearbeiteten Problemfällen. Die in den vorstehenden Publikationen geäußerten Meinungen wurden zudem durch folgende Veröffentlichungen zusammengefasst und ergänzt und daher in ihrer Bedeutung verdrängt durch: – ICC Banking Commission Collected Opinions 1995–2001 on UCP 500, UCP 400, URC 522 & URDG 458,62 – ICC Banking Commission Unpublished Opinions 1995–2004 on UCP 500, e-UCP, URR 525, ISBP, UCP 400, URC 522 and 322 & URDG 458,63 – ICC Banking Commission International Standard Banking Practice (ISBP),64 die für die Auslegung der ERA 500 eine wesentliche Richtlinie waren.65 Die Revision 1993 hatte zwar versucht, all die zuvor aufgetretenen Problemfälle mitzubehandeln mit dem Ziel, dadurch noch praxisgerechtere Regelungen zu schaffen. Doch es zeigte sich schon bald, dass dies nur teilweise gelungen war. Aufgrund nach In-Kraft-Treten der ERA 500 aufgekommener Zweifelsfragen musste

61 Auch wenn die ICC weltweit für ihre Schiedsgerichtsbarkeit bekannt ist, schließt die Bezugnahme auf die ERA noch keine Schiedsklausel ein, vgl. Empfehlung am Ende der ICCPubl Nr. 500 für Schiedsklausel. 62 ICC-Publ. Nr. 632. 63 ICC-Publ. Nr. 660, eine Sammlung von bis dahin unveröffentlichten Entscheidungen. 64 ICC-Publ. Nr. 645, ein von der ICC Banking Commission gebilligter Leitfaden für die Anwendung der ERA 500 in der Praxis, mittlerweile an die ERA 600 angepasst: ICC-Publ. Nr. 681. 65 Vgl. Nielsen Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 20.

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Erster Abschnitt

Rechtsquellen

die ICC vier Positionspapiere zu den ERA 500 veröffentlichen, um von der ICC Banking Commission als Fehlentwicklungen kritisierten Praktiken entgegenzuwirken. Im einzelnen ging es dabei um Wirksamwerden von Akkreditivänderungen bei Schweigen des Begünstigten (Positionspapier No. 1 zu ERA 500 Artikel 9 (d) (iii)), Erklärung des Begriffs „negotiation“ in Artikel 10 (b) (ii) der ERA (Positionspapier No. 2), Untersagen der Aufnahmen von nicht durch Dokumente nachzuweisenden Bedingungen (Positionspapier Nr. 3) und Unklarheiten im Zusammenhang mit Dokumenten (Positionspapier Nr. 4). Die Stellungnahmen der ICC Banking Commission folgen der international hervorgetretenen Auffassung der Exporteure, Importeure und Banken und genießen bei allen Beteiligten hohes Ansehen und Anerkennung. Die vier vorgenannten Positionspapiere sind allerdings auf die ERA 600 nicht mehr anwendbar, da sie sich inhaltlich ausdrücklich auf die ERA 500 bezogen.66 Daneben gibt es noch ein besonderes Beschlussverfahren für Fragestellungen, die die ERA und die ERR betreffen: das sog. DOCDEX-Verfahren (Documentary Credit Dispute Expertise), das die ICC in den Rules for Documentary Credit Dispute Resolution Expertise geregelt hat.67 Die Parteien müssen sich aber im Hinblick auf die Zulässigkeit dieses Verfahrens verständigen. Zur Spruchpraxis nach den DOCDEX-Rules liegt mittlerweile ebenfalls eine Entscheidungssammlung vor (ICC-Publ. Nr. 665).68 Hinzuweisen ist ferner auf die von der ICC herausgegebene Fachzeitschrift „Documentary Credits INSight“, die Gutachten der ICC Banking Commission veröffentlicht und über Entwicklungen des Akkreditivrechts und der Akkreditivpraxis informiert. Seit dem Jahr 2002 kürzt sie sich selbst als „DCInsight“ ab, ohne dass inhaltlich damit eine Veränderung einhergegangen wäre. Zu den ERA 600 liegt bereits ein von der ICC herausgegebener Kommentar der Mitglieder der Drafting Group vor.69 Dieser Kommentar ist aber von der Banking Commission der ICC nicht formell anerkannt, so dass er keinen offiziellen oder bindenden Charakter haben kann. Aus diesem Grunde können künftige opinions auch von den Erläuterung des Kommentars abweichen. Dennoch darf nicht verkannt werden, dass die Autoren des Kommentars als Mitglieder der Drafting Group dem Sinn und Zweck der von ihnen niedergelegten Regelungen der ERA 600 naturgemäß sehr nahe stehen, so dass dieser Kommentar in Fragen der Auslegung der ERA 600 erste und wichtigste Quelle sein wird, auch wenn dessen Inhalt weniger wissenschaftlichen, denn erzählenden Charakter hat. Zudem wurden – wie bereits erläutert – die ISBP den ERA 600 angepasst.70

66 67 68 69 70

16

ICC-Publ. Nr. 600 S. 13. ICC-Publ. Nr. 811. Vgl. Vorpeil RIW 2003, 370. Commentary on UCP 600, ICC-Publ. Nr. 680. ICC-Publ. Nr. 681.

I. Innerstaatliches Recht, Handelsbräuche und Sondervereinbarungen

B.

Erster Abschnitt

Standardformulare für Dokumentenakkreditive

Neben den ERA kommt in der Praxis den Standardformularen für die Eröffnung 1/20 von Dokumentenakkreditiven besondere Bedeutung zu. Die erste Fassung dieser Formulare war von der ICC zugleich mit den ERA (Revision 1951) als Muster für die entsprechenden Formulare der Banken abgefasst und zur Anwendung empfohlen worden. Bis zur Revision 1962 der ERA hatten die Formulare jedoch lediglich in einzelnen Ländern – darunter Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien – Annahme gefunden, so dass nur in diesen Ländern die Bankenformulare einheitlich danach ausgerichtet waren. Durch die Revision 1962 der ERA wurden die Formulare, die noch auf der Revision 1951 fußten, zum Teil überholt. Die Diskrepanz zwischen den ERA 1962 und den Standardformularen wurde in der Folgezeit beseitigt: Im November 1970 beschloss die ICC neue Standardformulare, die sie zur Einführung in die Bankenpraxis empfahl; später wurden diese Formulare verbessert.71 Anlässlich der Revision 1983 der ERA passte die ICC die Formulare erneut den veränderten Bedingungen an. Auch die Revision 1993 führte wiederum zu einer Anpassung der Standardformulare.72 Für die ERA 600 wurden bislang keine angepassten Standardformulare veröffentlicht und es ist nach telefonischer Auskunft der ICC Deutschland und der ICC Paris (derzeit) auch keine Veröffentlichung geplant. Dies lässt sich womöglich durch eine fehlende Nachfrage erklären, denn die meisten Banken werden eigene Formulare oder solcher ihrer Dachverbände nutzen.

C.

Einheitliche Richtlinien für Inkassi

1.

Entwicklungsgeschichte

Für das Inkassogeschäft gab es bis 1957 keine einheitlichen internationalen 1/21 Regeln. Nachdem sich jedoch die ERA im Akkreditivgeschäft außerordentlich gut bewährt hatten, arbeitete die ICC auch entsprechende „Einheitliche Richtlinien für das Inkasso von Handelspapieren“ aus und empfahl sie ihren Mitgliedsstaaten zur Einführung in die Bankpraxis ab 1.1.1958 (ICC-Publ. Nr. 192). Diese Richtlinien für das Inkasso fanden jedoch 1958 weit weniger Akzeptanz als zur selben Zeit die Richtlinien für Dokumentenakkreditive. Gleichwohl zeigte die Praxis, dass auch beim Inkasso gelegentlich Auslegungszweifel in Bezug auf die Rechte und Pflichten der einzelnen Beteiligten auftraten, die im Interesse der Sicherheit des Außenhandels nicht von Land zu Land unterschiedlich beurteilt werden durften, sondern – unter Zurückstellung der Besonderheiten der jeweiligen nationalen Rechtsordnungen – grenzüberschreitend ein-

71 72

ICC-Publ. Nr. 268, später Nr. 323. ICC-Publ. Nr. 516.

17

Erster Abschnitt

Rechtsquellen

heitlich entschieden werden sollten. Zudem war zu berücksichtigen, dass eine große Zahl von Tatbeständen und Problemen beim Akkreditiv und beim Inkasso parallel liegen, so dass sich anbot, diese beiden nah verwandten Regelwerke des internationalen Handels aus dem gleichen Geiste heraus aufeinander abgestimmt zu ordnen. Nach zehn Jahren unterzog die ICC die Inkasso-Richtlinien von 1957 einer Revision, beschloss eine Neufassung und empfahl diese zur Annahme ab 1.1.1968 (ICCPubl. Nr. 254). Eine weitere Revision wurde 1978 vollzogen und ab 1.1.1979 in Kraft gesetzt.73 Dabei erhielten die Richtlinien als neuen Namen die Bezeichnung „Einheitliche Richtlinien für Inkassi“, abgekürzt ERI. In der Revision von 1995 gilt seit dem 1.1.1996 eine neue Fassung der ERI (ICC-Publ. Nr. 522; der englische Text ist die Originalfassung), die allerdings gegenüber den bis dahin praktizierten Richtlinien keine wesentlichen materiellen Neuerungen ausweist, sondern überwiegend dem Einsatz veränderter technischer Hilfsmittel Rechnung trägt. Zusätzlich hat die ICC den Leitfaden „ICC Guide to Collection Operations for the URC 522“, ICC-Publ. Nr. 561, herausgegeben, der die Praxis bei der Anwendung der seit dem 1.1.1996 geltenden ERI unterstützen soll. Die ERI sind inzwischen von den Bankenverbänden oder von Einzelbanken der wichtigsten Industrieländer angenommen worden.74

2.

Rechtsnatur

1/22 Die Rechtsnatur der ERI ist umstritten. Die wohl überwiegende Meinung sieht die

ERI – teilweise Handelsbräuche zusammenfassend – insgesamt als Allgemeine Geschäftsbedingungen an.75 Diese Einordnung trägt jedoch den Gegebenheiten nicht hinreichend Rechnung. Zwar wurden die ERI im Vergleich zu den ERA zunächst nur von einer geringeren Anzahl von Ländern anerkannt. In der Zwischenzeit haben die ERI jedoch – wie auch die aktuelle Adherence List der ICC, Paris, zeigt76 – eine weitreichende Akzeptanz erfahren, so dass es gerechtfertigt ist, dieses Regelwerk neben einer abgrenzenden Beschreibung des Inkassogeschäfts inhaltlich nunmehr als festgeschriebenen Handelsbrauch zu begreifen.77

73 Wheble Uniform Rules for Collections, Journal of the Institute of Bankers 1979, 31. 74 Der aktuelle Stand ist aus der jeweiligen Länderliste der ICC, Paris, ersichtlich, die auch im INTERNET über die Seite „www.icc.wbo.org/Comm/html/banking.htm“ abgerufen werden kann. 75 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1089; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 207; Avancini in: Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 5/7; vgl. a. Schönle Bank- und Börsenrecht, § 29 II 2; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 119 Rdn. 4 m.w.N. 76 S. den Hinweis in Fn. 74. 77 So bereits OLG Hamburg MDR 1970, 335; BGH WM 1976, 292; vgl. a. von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 163.

18

I. Innerstaatliches Recht, Handelsbräuche und Sondervereinbarungen

Erster Abschnitt

Für die Qualifizierung der ERI als Handelsbrauch spricht, dass Banken, Expor- 1/23 teure, Importeure und Spediteure die ERI wie auch die ERA gleichermaßen allgemein anwenden, sofern im Einzelfall nicht etwas anderes vereinbart ist. Diese Übung im Außenhandel beruht nicht auf dem einseitigen Einbeziehungsverlangen einer Partei, sondern wird regelmäßig von dem Interesse und dem Willen aller an dem Dokumenteninkasso Beteiligten getragen.78 Dem Auftraggeber des Dokumenteninkassos bringt die Einbeziehung der ERI in den Auftrag den Vorteil, dass das Inkasso unabhängig von etwaigen Besonderheiten nationaler Rechtsordnungen nach grenzüberschreitend einheitlichen Regeln durchgeführt wird. Andernfalls müssten die Einzelheiten des Inkassoauftrags zwischen den Beteiligten in jedem Einzelfall gesondert ausgehandelt werden, wodurch eine zügige Erledigung der dokumentären Zahlungsabwicklung in Frage gestellt würde.79 Eine Überprüfung der ERI anhand nationaler Vorschriften, insbesondere der Bestimmungen der AGB-Regelungen des BGB, erscheint daher aus denselben Gründen wie bei den ERA (Rdn. 1/13 ff.) als nicht zulässig.

D.

International Standby Practices – ISP98

Am 1.1.1999 sind die Richtlinien der ICC für Standby Letters of Credit in Kraft 1/24 getreten.80 Diese Richtlinien wurden durch die Banking Commission im April 1998 verabschiedet. Bei diesen Regeln handelt es sich um primär auf Initiative der amerikanischen Banken ausgearbeitete Vorschriften ähnlich den ERA 600, die für Standby Letters of Credit Anwendung finden können. Charakterisierend ist der starke Einfluss des US-amerikanischen Rechts. Zukünftig stellt sich die Frage, welche Regelungen auf Standby Letters of Credit Verwendung finden sollen. Es entsteht insofern ein Konkurrenzverhältnis zwischen den Regelungen der ERA, den URDG und den ISP98.81 Die Ansichten über die Notwendigkeit und Richtigkeit der Regelungen der ISP98 sind geteilt; vor diesem Hintergrund sind die Regelungen der ISP98 vom deutschen Bankenverband bislang nicht angenommen worden. In Deutschland existiert demzufolge noch keine verbindliche Übersetzung der ISP98 ins Deutsche. Die Einbeziehung der ISP98 oder Teile derselben kann derzeit eher im US-amerikanischen Markt festgestellt werden, während in Europa im Hinblick auf bereits bestehende und bewährte Regelungen der ICC eine Notwendigkeit, die ISP98 zu verwenden, eher nicht gesehen wird.82

78 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/746; Wälzholz WM 1994, 1457, 1463. 79 Nielsen Anm. zu LG Frankfurt am Main, Urt. v. 21.10.1998, EWiR Art. 14a ERI 1/99, 67. 80 S. hierzu The Official Commentary on the International Standby Practices by Professor James E. Byrne; ferner krit. Nielsen WM 1999, 2005 ff., 2049 ff. 81 Hierzu Nielsen Richtlinien, Rdn. 4 ff. 82 Zu problematischen Regelungen der ISP98 s. Rdn. 8/11 ff.

19

Erster Abschnitt

E.

Rechtsquellen

INCOTERMS

1/25 Hier sind auch die erstmals im Jahr 1936 von der ICC veröffentlichten so genann-

ten INCOTERMS (International Commercial Terms) anzuführen, in denen die international handelsübliche Auslegung von Vertragsformeln für das Auslandsgeschäft zusammengefasst wurde. Diese Zusammenstellung überarbeitete man 1953.83 Nach mehreren Ergänzungen erfolgte dann 1980 eine Neufassung84, die durch die ab 1.1.1990 gültige Fassung der INCOTERMS ersetzt wurde.85 Diese Fassung wurde wiederum weiterentwickelt. Seit 1.1.2000 sind die INCOTERMS 2000 gültig.86 Die Überarbeitung war angesichts der weiterentwickelten Transporttechniken und Dokumentationsformen erforderlich geworden. Ferner wird dem steigenden Einsatz des elektronischen Datenaustausches Rechnung getragen.87 Auch für den Handel mit den USA kann jetzt auf die INCOTERMS Bezug genommen werden. Bei den INCOTERMS handelt es sich nicht um Handelsbräuche. Sie sind Allgemeine Geschäftsbedingungen und müssen demnach, um für das einzelne Vertragsverhältnis maßgebend zu sein, ausdrücklich vereinbart werden; die generelle Bezugnahme im einzelnen Vertrag ist erforderlich, aber auch ausreichend.88 In diesem Zusammenhang sind auch die „Schlüsselwörter des internationalen Handels“ zu beachten, welche die ICC nach dem letzten Stand in fünf Sprachen veröffentlicht hat.89 Sie wollen – weder Handelsbrauch noch AGB – lediglich dem Sachbearbeiter im Außenhandel als praktikables Mittel bei der Bearbeitung fremdsprachlicher Texte dienen.

83 ICC-Publ. Nr. 274. 84 ICC-Publ. Nr. 350. 85 S. hierzu ausf. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/38 ff.; Bredow/Seiffert INCOTERMS 2000; Ramberg Guide to INCOTERMS; Schneider RIW 1991, 91 ff.; Encyclopaedia of Banking Law, L (1) Incoterms 2000. 86 ICC-Publ. Nr. 560. Beibehalten wurden die 13 Klauseln, bei drei Klauseln wurden Änderungen vorgenommen (FAS, DEQ, FCA). S. hierzu a. Reynolds reports on how banks are (or are not) responding to the new Incoterms, INsight 2000, 12, sowie Hertl a banker, responds to articles by Frank Reynolds that have previously appeared in this column, INsight 1999, 21; Piltz RIW 1999, 897, 900; ders. RIW 2000, 485 ff. 87 Bredow/Seiffert INCOTERMS 2000 Rdn. 7 ff. Ferner Schneider RIW 1991, 91 ff.; Encyclopaedia of Banking Law, L (1) Incoterms 2000 Rdn. (3). 88 OLG München AWD 1958, 60 = NJW 1958, 426; OLG Hamburg MDR 1964, 601; Liesecke WM 1966, 174; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 54; Liesecke WM 1966, 174; Schneider RIW 1991, 91, 93; Baumbach/Hopt HGB, (6) Incoterms, Einl. Rdn. 7; Hinkelmann Internationale Zahlungen, S. 32. Nach a.A. sind sie als Handelsbräuche zu qualifizieren: Angersbach S. 17; für den Kernbereich der INCOTERMS a. Basedow RabelsZ 43 (1979), 116, 125; s.a. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/41 f, der einzelne Bestimmungen dem Handelsbrauch zuordenbar hält, gleichwohl die Einbeziehung in einen Vertrag nach den Kriterien des (ehemals gültigen) AGB-Gesetzes für notwendig erachtet – hierbei auch auf ICC-Publ. Nr. 460 sub 22 verweisend. Ferner BGH RIW 1975, 578. Ferner Piltz in: Schütze, Münchener Vertragshandbuch, Bd. 4 Wirtschaftsrecht III, IV 1 Rdn. 20 ff. u. Rdn. 99. 89 ICC-Publ. Nr. 417/2 (Sprache engl./franz./dt./span./ital.).

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I. Innerstaatliches Recht, Handelsbräuche und Sondervereinbarungen

F.

Erster Abschnitt

Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute

Die Erstellung von Akkreditiven, die Herauslegung von Bankgarantien und die 1/26 Durchführung von Inkassi bedingen stets die Mitwirkung von Kreditinstituten. Somit bedürfen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Volksbanken und Raiffeisenbanken und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkassen – jeweils in der ab 1.4.2002 geltenden Fassung – besonderer Erwähnung. Auch wenn diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen in der Sache nicht immer, bzw. nicht immer exakt übereinstimmen, wird in diesem Buch der Einfachheit halber stets auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken (AGB) Bezug genommen.90 Die AGB erklären die ERA und die ERI nicht mehr ausdrücklich als für die entsprechenden Geschäfte maßgeblich; gleichwohl gelten diese, wie Nr. 1 Abs. 1 AGB Banken zu entnehmen ist, aufgrund besonderer Vereinbarung im Zusammenhang mit der Kontoeröffnung oder der Auftragserteilung für den Geschäftsverkehr zwischen der Bank und ihren Kunden, gleichgültig, ob es sich um Vollkaufleute, Minderkaufleute oder Privatpersonen handelt.91 Speziell für das Akkreditivgeschäft ergibt sich daraus Folgendes: Im Verhältnis der eröffnenden Bank zum Auftraggeber gelten die AGB in jedem 1/27 Fall. Entweder war der Auftraggeber schon vorher Kunde der Bank oder die Geschäftsverbindung wird durch Erteilung und Annahme des Akkreditivauftrags hergestellt. Dabei ist es belanglos, ob die Bank für den Auftraggeber zur Abwicklung des Geschäftes ein Konto einrichtet – was durchweg der Fall sein wird – oder nicht. Maßgebend für die Begründung des Kundenverhältnisses ist der Abschluss eines Vertrages, welcher für Auftraggeber und Bank wechselseitige bankgeschäftliche Vertragspflichten begründet. Es genügt zur Einbeziehung der AGB, wenn die Bank dem Firmenkunden – Aufträge zur Eröffnung von Akkreditiven dürften nahezu ausschließlich von Kaufleuten erteilt werden – die Möglichkeit gewährt, Kenntnis vom Inhalt der AGB zu nehmen, z.B. durch Aushang in ihren Geschäftsräumen.92 Regelmäßig wird im Text der gedruckten Auftragsformulare für Akkreditive, welche die Kunden von den Banken zur Benutzung erhalten und dann bei ihren Aufträgen verwenden, ausdrücklich auf die Geltung der ERA und der AGB verwiesen. Entsprechendes gilt für die Erteilung von Inkassoaufträgen. Die Einbeziehung der AGB entscheidet sich nach deutschem IPR – vorbehaltlich 1/28 einer ausdrücklichen Rechtswahl – nach dem Recht des Vertragspartners, der die vertragstypische Leistung erbringt. Dies wird in der Regel die eröffnende

90 Zu den Unterschieden der AGB-Sparkassen zu den AGB-Banken vgl. Sonnenhol in: BuB, Rdn. 1/10; Bunte in: Bankrechts-Handbuch, § 4 Rdn. 8 ff. 91 Dazu Sonnenhol in: BuB, Rdn. 1/15 ff. 92 BGH NJW 1971, 2127; WM 1973, 636; OLG Hamm WM 1984, 1602. Zur Möglichkeit des Erhalts des AGB-Textes als zwingende Einbeziehungsvoraussetzung i.S.d. AGB-rechtlichen Vorschriften s. Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht § 305 BGB Rdn. 86 ff.

21

Erster Abschnitt

Rechtsquellen

Bank sein.93 Sofern es sich bei dem Auftraggeber um einen Inländer handelt, ist ein Streit über die Verbindlichkeit der AGB ausgeschlossen. Bei Aufnahme der Geschäftsverbindung durch einen Ausländer richtet sich die wirksame Einbeziehung von AGB danach, ob von dem ausländischen Kunden die Kenntnis der branchenüblichen Verwendung erwartet werden kann.94 Daher wurde die stillschweigende Einbeziehung der AGB der Banken im Verkehr mit Banken anderer EU-Staaten für zulässig erachtet.95 Im Verkehr mit ausländischen Kunden, die nicht selbst Bankgeschäfte betreiben, soll es dagegen grundsätzlich eines besonderen Einbeziehungshinweises bedürfen.96 Hiergegen ist jedoch Folgendes einzuwenden: Dass Banken in allen Ländern stets nur aufgrund von AGB arbeiten, wissen Kaufleute in der ganzen Welt, so dass von ihnen erwartet werden kann, dass sie damit als selbstverständlich rechnen. Natürlich muss einem Ausländer die Möglichkeit gegeben werden, von den AGB der Bank inhaltlich Kenntnis zu nehmen. Dafür ist es ausreichend, wenn die Bank den ausländischen Kunden formularmäßig auf das Vorhandensein von AGB und die Möglichkeit einer für ihn zumutbaren Kenntnisnahme hinweist, wobei es ihm dann überlassen bleibt, ob er den Text, sei es in der Verhandlungssprache oder in einer Weltsprache, anfordert.97 Für die Verbindlichkeit der AGB kommt es nicht darauf an, ob der Kunde tatsächlich Kenntnis von ihrem Inhalt genommen hat, sondern nur darauf, dass die Bank sie klar zur Vertragsgrundlage gemacht und dem Kunden eine reale Möglichkeit zur Kenntnisnahme geboten hat.98 Die AGB der deutschen Banken, deren Text einheitlich ist, liegen auch in englischer, französischer und spanischer Übersetzung vor. Sie werden dem ausländischen Kunden auf dessen Anfordern zusätzlich auch in der Sprache übersandt, in der auch die Korrespondenz mit ihm geführt wird. Die Übersetzungen dienen meist nur der Orientierung für den Kunden, während vertraglich vereinbart wird, dass rechtlich maßgebend der deutsche Text ist, da sich durch Übersetzungen eine restlose Kongruenz der Rechtsbegriffe nicht erzielen lässt.99 1/29 Darüber, ob die nach deutscher Rechtsauffassung geltende Verbindlichkeit der

AGB von ausländischen Gerichten immer anerkannt werden würde, liegen keine abschließenden Erfahrungen vor. Aus diesem Grund ist empfohlen worden, Ausländern bei Aufnahme der Geschäftsverbindung ein Exemplar der AGB zuzusenden und sich eine Empfangsbestätigung oder Einverständniserklärung geben zu

93 S. hierzu BGHZ 108, 362; Baumbach/Hopt HGB, AGB-Banken 2 (8), § 1 Rdn. 5. 94 Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Anh. § 305 BGB Rdn. 19; Wolf/Lindacher/Pfeiffer AGBRecht, IntGV Rdn. 42. 95 BGH NJW 1987, 1825, 1826; BGH NJW 1971, 2126; s.a. Bunte in: Bankrechts-Handbuch, § 5 Rdn. 36. 96 Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Anh. § 305 BGB Rdn. 19; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 2511 f. differenziert zwischen Vertragsabschluss im Inland und Distanzgeschäft. 97 S. hierzu Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, Anh. § 305 BGB Rdn. 19. 98 Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Kunde der deutschen Sprache nicht mächtig ist: OLG Bremen WM 1973, 1228. 99 Vgl. aber a. OLG Stuttgart AWD 1962, 260, das eine Übersendung der AGB in der Korrespondenz-/Vertragssprache verlangt.

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I. Innerstaatliches Recht, Handelsbräuche und Sondervereinbarungen

Erster Abschnitt

lassen. Dieses Verfahren – das bei jeder Änderung oder Ergänzung der AGB wiederholt werden muss – stößt jedoch gerade unter Kreditinstituten häufig auf praktische Schwierigkeiten. So führen eine sichere Kontrolle und der spätere Nachweis über den Versand der Geschäftsbedingungen und den Eingang der Bestätigungsschreiben zu einem erheblichen zusätzlichen Arbeitsaufwand. Einige Banken beschreiten aus Vorsicht gleichwohl diesen Weg, obwohl es das Argument entwertet, dass jeder Kaufmann wissen muss, dass Banken in Deutschland aufgrund ihrer AGB arbeiten und dass er selbst die Initiative zu ergreifen hat, wenn er sich für Details interessiert. In der Praxis bleibt es jedoch zumeist nur bei der Übersendung der AGB. Die AGB gelten, wie zuvor erwähnt, für die Rechtsbeziehungen zwischen der das 1/30 Akkreditiv eröffnenden Bank und ihrem Kunden. Der Begünstigte aus einem Akkreditiv ist jedoch in dieser Eigenschaft nicht „Kunde“ der eröffnenden Bank. Kunde ist lediglich der Akkreditivauftraggeber, auf dessen Veranlassung hin die Bank tätig wird. Infolgedessen können die AGB gegenüber dem Begünstigten, sei dieser nun Inländer oder Ausländer, nicht in gleicher Weise durch das bloße Vorhandensein der Möglichkeit, von den AGB Kenntnis zu nehmen, als vereinbart gelten. Wenn die Bank darauf Wert legt, dass die AGB auch im Verhältnis zum Begünstigten gelten sollen, bedarf dies einer besonderen Vereinbarung. Diese kommt durch formularmäßige Aufnahme eines Hinweises auf die AGB in den Text der Akkreditiveröffnung und widerspruchslose Entgegennahme dieses Hinweises durch den Begünstigten zustande. Eine ausdrückliche Zustimmung oder Empfangsbestätigung seitens des Begünstigten ist nach deutschem Recht nicht erforderlich.100 Vielfach sind mehrere Banken an der Abwicklung eines Akkreditivgeschäfts betei- 1/31 ligt. Naturgemäß ist jede Bank daran interessiert, ihre eigenen AGB den Beziehungen zu den übrigen Akkreditivbeteiligten zugrunde zu legen. Das gilt nicht nur im Verhältnis der Banken zum Akkreditivauftraggeber oder -begünstigten, sondern auch im Verhältnis der – in- und ausländischen – Banken untereinander. Die gedankenlose Verwendung von Formularen, die den Hinweis auf die jeweiligen AGB enthalten, kann zu Schwierigkeiten führen, wenn die AGB inhaltlich voneinander abweichen. In solchen Fällen ist im Zweifel davon auszugehen, dass die AGB beider Vertragsparteien nur zur Anwendung kommen, soweit sie übereinstimmen.101 Alles dies erscheint unbefriedigend. Sinnvoll ist es, unter Kreditinstituten jeweils 1/32 die AGB desjenigen Instituts gelten zu lassen, welches im konkreten Einzelfall sachlich als Bank tätig ist, denn auch bei der Zusammenarbeit zweier Banken ist in der Sache fast immer die eine Bank Kunde der anderen, deren bankgeschäftliche Dienste sie in Anspruch nimmt. Primär – aber widerleglich – ist dies daraus zu

100 Vgl. dazu a. Angersbach Beiträge, S. 51. 101 BGHZ 61, 282; NJW 1985, 1839; 1991, 1606; Palandt/Grüneberg § 305 BGB, Rdn. 55 m. Hinw. zu den für den einfachen Eigentumsvorbehalt geltenden Besonderheiten.

23

Erster Abschnitt

Rechtsquellen

schließen, bei welcher Bank das Konto geführt wird, über das das Geschäft gezogen wird, oder welche Bank der anderen Bank ihre Dienste zur Verfügung stellt.102 Auch der BGH bestätigt diese Auffassung.103 Hiernach kann für den Geltungsbereich des deutschen Rechts zusammengefasst von folgendem ausgegangen werden: – Die AGB gelten im Verkehr der inländischen Banken untereinander; sie gelten auch im Geschäftsverkehr deutscher Banken mit ausländischen Kreditinstituten. – Grundsätzlich gelten die Bedingungen derjenigen Bank, die in der Sache für das andere Institut die banktypischen Leistungen erbringt. – Im Verhältnis zu ausländischen Kreditinstituten finden die deutschen AGB Anwendung, wenn die deutsche Bank für das ausländische Institut als Bank tätig wird, formularmäßig auf die Geltung ihrer AGB hingewiesen und das ausländische Institut dem nicht widersprochen hat. Einer Versendung der AGB und eines ausdrücklichen Einverständnisses der ausländischen Bank mit dem AGB bedarf es aufgrund der branchenüblichen Verwendung in Deutschland nicht. Nach einer neueren Entscheidung des BGH bedarf es nicht einmal der Versendung der AGB, sondern es solle ausreichen, dass eine ausländische (auch nicht europäische) Bank im internationalen Verkehr tätig ist und häufig geschäftliche Kontakte mit deutschen Banken unterhält. Sofern nach den tatsächlichen Umständen erwartet werden kann, dass einer ausländischen Bank die Branchenüblichkeit der Einbeziehung der AGB bekannt ist, gelten diese als stillschweigend vereinbart.104 Die Praxis der deutschen Banken hat sich auf diese höchstrichterlichen Entscheidungen einzustellen, vor allem auch darauf, dass möglicherweise die AGB einer ausländischen Bank gelten, wenn diese als Bank im konkreten Einzelfall für das deutsche Institut tätig wird. Will man die Anwendung der ausländischen AGB in solchen Fällen vermeiden, muss der Anwendung derselben vorher ausdrücklich widersprochen werden. Die deutschen Banken tun gut daran, wenn sie der Geltung der AGB im Einzelfalle ihre Aufmerksamkeit widmen und gegebenenfalls eine ausdrückliche Vereinbarung treffen, um hinterher keine unliebsamen Überraschungen zu erfahren.105 1/33 Das Problem einander widersprechender AGB lässt sich im speziellen Fall des

Akkreditivgeschäfts noch auf andere Weise lösen. Wie noch später im Zusammenhang mit der Erörterung internationalprivatrechtlicher Fragen auszuführen sein wird (Rdn. 1/35 ff.), unterliegen die rechtlichen Beziehungen zwischen den beteiligten Banken einem bestimmten Recht. Das kann sowohl das Recht des Landes 102 Vgl. a. Zahn in: FS Rittershausen, S. 246, 250. 103 BGH WM 1971, 987 = NJW 1971, 2126 m. abl. Anm. Schmidt-Salzer NJW 1971, 2126 und zust. Pleyer/Ungnade NJW 1972, 681; BGH WM 1989, 1756. 104 BGH WM 2004, 1178. 105 Schröter Bank 1978, 85; vgl. a. BGH WM 1973, 1238, 1240.

24

I. Innerstaatliches Recht, Handelsbräuche und Sondervereinbarungen

Erster Abschnitt

sein, in dem die eröffnende Bank ihren Sitz hat, als auch des Landes, in dem die zweite Bank domiziliert. Anknüpfungspunkt für das anwendbare Recht ist bei schuldrechtlichen Beziehungen der Parteiwille. Daraus lässt sich die weitere Folgerung ziehen, dass nach dem Parteiwillen die AGB derjenigen Bank, die ihren Sitz in dem Lande hat, dessen Recht nach den internationalprivatrechtlichen Regeln im Einzelfalle für die Abwicklung des Akkreditivs anwendbar ist, auch für das Rechtsverhältnis zwischen beiden Banken maßgebend sein sollen.106 Dabei wird nicht verkannt, dass die AGB kein „Recht“ im Sinne der Normen des internationalen Privatrechts darstellen, sondern Bestandteil des jeweiligen Einzelvertrages sind. Andererseits ist ihnen als typischen Vertragsbedingungen ein gewisser normativer Charakter eigentümlich, der ihre Gleichstellung mit dem „Recht“ rechtfertigen kann. Diese Überlegungen sind freilich nur dann möglich, wenn die Parteien nichts anderes vereinbart haben und die Frage, wessen AGB gelten sollen, nur deswegen auftaucht, weil die unüberlegte Verwendung von Formularen Verwirrung gestiftet hat.

G.

Besondere Bedingungen der Kreditinstitute für die Abwicklung von Außenhandelsgeschäften

Es hat sich eingebürgert, dass Kreditinstitute neben den AGB für einzelne – die 1/34 Abwicklung von Import- und Exportgeschäften unterstützende – Geschäftsarten zusätzlich zu den ERA und ERI ihren Kunden gegenüber noch besondere Bedingungen zugrunde legen. Solche Bedingungen gelten nur dann, wenn sie ausdrücklich zwischen den Beteiligten vertraglich vereinbart sind.107 Eine derartige Vereinbarung kann auch formularmäßig (z.B. auf der Rückseite der Auftragsformulare für Akkreditiveröffnungen, Inkassi oder Bankgarantien) oder stillschweigend durch lang anhaltende Übung zustande kommen (vgl. Nr. 1 Abs. 1 AGB Banken). Ohne weiteres gelten besondere Bedingungen also nicht. Der Inhalt derartiger zusätzlicher Vereinbarungen betrifft meist technische Dinge, manchmal aber auch materiellrechtliche Absprachen; hier ist insbesondere eine Sicherstellungsklausel, enthaltend etwa die Abtretung von Ansprüchen des Kunden an die Bank (z.B. bei der Akkreditivbedienung, beim Inkasso und – hinsichtlich der Rückforderungsansprüche – bei der Stellung von Bankgarantien), zu erwähnen.

106 BGHZ 108, 362; Baumbach/Hopt HGB; AGB-Banken 2 (8), Nr. 1 Rdn. 5; s.a. Pleyer/Battes DB 1971, 1294; von Westphalen WM 1984, 17 (Schweigen ausländischer Kunden zur Übersendung der AGBs); Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 2516 (Geltung AGB ausländischer Banken). 107 Sonnenhol in: BuB, Rdn. 1/21. Dazu, dass der Hinweis auf die Sonderbedingungen mit der Einräumung der Möglichkeit, sich die Bedingungen aushändigen oder zusenden zu lassen, den Einbeziehungsvoraussetzungen genügt s. Baumbach/Hopt HGB, AGB-Banken 2 (8), Nr. 1 Rdn. 6.

25

Erster Abschnitt

Rechtsquellen

II. Internationales Privatrecht A.

Grundbegriffe des Internationalen Privatrechts

1.

Maßgeblichkeit der vertragstypischen Leistung

1/35 Der internationale Waren- und Zahlungsverkehr bringt es mit sich, dass die Betei-

ligten den Rechtskreisen verschiedener Staaten angehören. Damit erhebt sich für das seiner Natur nach mehrgliedrige Akkreditiv – aber auch im Zusammenhang mit der Ausführung von Inkassoaufträgen oder Bankgarantien – die Frage, welchem Recht die einzelnen Rechtsverhältnisse insoweit, als ihr Inhalt nicht durch die ERA geregelt ist,108 unterliegen; sie wird durch das Internationale Privatrecht beantwortet. Die lange gewohnheitsrechtlich gefestigte Auffassung in Deutschland basiert auf dem Grundsatz der Parteiautonomie.109 Art. 27 EGBGB formuliert nunmehr diesen Grundsatz für das anwendbare Schuldrecht, der auch in Europa weithin verbreitet ist.110 Die Rechtswahlfreiheit ist aber beschränkt durch die Nichtabdingbarkeit zwingender Rechtsnormen, Art. 27 Abs. 3, Art. 34 EGBGB. Dem Warengeschäft zwischen Exporteur und Importeur liegt ein Kaufvertrag zugrunde, in dem in der Regel ein bestimmter Zahlungsweg vereinbart wurde. Im Einzelnen sind beim Akkreditiv voneinander zu trennen die Rechtsverhältnisse, die bestehen zwischen a) den Parteien des Kaufvertrages, b) dem Käufer und den zum Zweck der Zahlungsabwicklung eingeschalteten Banken, c) dem Verkäufer und seinen Banken sowie d) den beteiligten Banken untereinander. Für Dokumenteninkassi und Bankgarantien gilt dies sinngemäß. Alle diese Rechtsbeziehungen sind schuldrechtlicher Natur. Für jede einzelne Rechtsbeziehung ist das anwendbare Recht gesondert festzustellen. Das anwendbare Recht

108 Schefold IPRax 1996, 347, 348. Vgl. aber die Regelung in Art. 22 der UN-Convention on Independent Guarantees and Stand-by Letters of Credit: „Failing a choice of law in accordance with article 21, the undertaking is governed by the law of the State where the guarantor/issuer has the place of business at which the undertaking was issued.“ 109 Palandt/Thorn EGBGB, Art. 27 (IPR) Rdn. 1 ff.; ferner Reithmann/Martiny Internationales Vertragsrecht, Rdn. 54 ff.; Junker IPRax 1993, 1. 110 S. Art. 3 des EG-Übereinkommens vom 19.6.1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht, der durch Art. 27 EGBGB umgesetzt worden ist. Für Verträge, die ab dem 17. Dezember 2009 geschlossen werden, gilt der insofern inhaltlich identische Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), BGBl. Teil 1, L 177/6. Vgl. hierzu ausführlich: Einsele Auswirkungen der Rom I-Verordnung auf Finanzdienstleistungen, WM 2009, 289 ff.; Mankowski Finanzverträge und das neue Internationale Verbrauchervertragsrecht des Art. 6 Rom I-VO.

26

II. Internationales Privatrecht

Erster Abschnitt

bestimmt sich dabei in erster Linie nach dem Willen der vertragschließenden Parteien.111 Eine solche Vereinbarung kann ausdrücklich oder stillschweigend getroffen werden. Die ausdrückliche Vereinbarung geschieht durch die Aufnahme von so genannten Rechtswahlklauseln in die jeweiligen Verträge.112 Es gibt aber auch viele Fälle, in denen sich in den Verträgen keine ausdrückliche 1/36 Vereinbarung über das anzuwendende Recht findet. Das gilt insbesondere für Verträge unter Banken. Ob eine stillschweigende Abrede vorliegt, ist aus den Umständen zu ermitteln.113 Dabei sind alle Tatsachen zu berücksichtigen, die dem Vertrag zugrunde liegen und die einen Schluss auf den Parteiwillen bezüglich der Rechtsanwendung zulassen.114 Dieser Weg versagt allerdings sehr oft, weil die Annahme einer stillschweigenden Vereinbarung voraussetzt, dass sich ein entsprechender realer Parteiwillen mit hinreichender Sicherheit aus den Bestimmungen des Vertrages oder den Umständen des Falles feststellen lässt.115 Als sehr weit gehend ist hierbei eine Entscheidung des OLG Frankfurt am Main116 abzulehnen, wonach bei einem Standby Letter of Credit aus der Gerichtsstandsvereinbarung auf eine stillschweigende Rechtswahl zugunsten des am Gerichtsort geltenden Rechts geschlossen wurde. Lässt sich ein realer Parteiwillen nicht feststellen, hilft man sich mit der Anknüpfung an das Recht des Staates, mit dem der Vertrag die engste Verbindung aufweist.117 Der Begriff der engsten Verbindung ist im Gesetz allerdings nicht näher definiert. Es besteht die gesetzliche Vermutung, dass der Vertrag die engste Verbindung mit dem Staat aufweist, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung zu erbringen hat, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder bei Gesellschaften ihre Hauptverwaltung hat.118 Wurde der Vertrag in Ausübung einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit abgeschlossen, gilt das Recht der Hauptniederlassung oder aber, wenn die Leistung nach dem Vertrag von einer anderen als der Hauptnieder-

111 Art. 27 EGBGB; dazu Palandt/Thorn EGBGB, Art. 27 Rdn. 3 ff.; von Bar ZHR 152 (1988), 38, 51. Für Österreich vgl. Avancini/Iro/Koziol Österr. Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/214 ff. 112 Vgl. hierzu Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn 461. 113 Palandt/Thorn EGBGB, Art. 27 (IPR) Rdn. 6; Reithmann/Martiny Internationales Vertragsrecht, Rdn 83 ff.; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/11b ff. 114 BGHZ 53, 189, 191. 115 Palandt/Thorn EGBGB, Art. 27 Rdn. 5; Reithmann/Martiny Internationales Vertragsrecht, Rdn. 84. Anknüpfungspunkt kann z.B. die Vereinbarung eines inländischen Gerichtsstandes nebst Vertragsabschluss in deutscher Sprache sein (BGH WM 1964, 1023; OLG Hamburg RIW 1986, 462). 116 DZWIR 1997, 423; krit. hierzu Berger Urteilsanmerkung DZWir 1997, 426; Hampe Das auf unwiderrufliche Dokumentenakkreditive anwendbare Recht, S. 75. 117 Art. 28 Abs 1 EGBGB; dazu Palandt/Thorn EGBGB, Art. 28 Rdn. 2; Reithmann/Martiny Internationales Vertragsrecht, Rdn. 112 ff. Der in Art. 28 Abs 1 EGBGB geregelte Grundsatz der engsten Verbindung stellte für das deutsche Recht eine Neuerung dar. Vor der Reform des IPR 1986, durch die wesentliche Teile des Übereinkommens über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19.6.1980 in nationales Recht umgesetzt wurden, bestimmte die Rechtsprechung das Vertragsstatut bei Fehlen einer Rechtswahl nach dem „hypothetischen Parteiwillen“. 118 Art. 28 Abs. 2 EGBGB.

27

Erster Abschnitt

Rechtsquellen

lassung zu erbringen ist, das Recht der die Leistung erbringenden Niederlassung. Die charakteristische Leistung ist dabei die Leistung, die dem jeweiligen Vertragstyp seine Eigenart verleiht. Lässt sich eine derartige charakteristische Leistung feststellen, so gilt die Vermutung, dass dann das Recht des Schuldners dieser Leistung zur Anwendung kommen soll, sofern nicht die Gesamtheit der Umstände ergibt, dass der Vertrag engere Bindungen zu einem anderen Staat aufweist.119

2.

Ausländisches Recht als Risikofaktor

1/37 Nach den vorstehenden Grundsätzen ist jeweils im Einzelfall festzustellen, wel-

ches Recht auf den zwischen Exporteur und Importeur abgeschlossenen Kaufvertrag einerseits und auf das Verhältnis Bank zu ihrem Kunden/Auftraggeber sowie Bank zum Begünstigten eines Akkreditivs oder einer Garantie andererseits anzuwenden ist. Beim Kaufvertrag wird man meist geneigt sein, mangels ausdrücklicher Vereinbarung einen stillschweigenden Parteiwillen der Kaufvertragsparteien anzunehmen, nach dem grundsätzlich das Recht des Verkäufers für den Vertrag maßgeblich sein soll.120 1/38 In der Praxis stellen sich hinsichtlich der Zahlungsabwicklung derartige internatio-

nalprivatrechtliche Probleme im Verhältnis zwischen den Kaufvertragsparteien und ihren Banken sowie den Banken untereinander relativ selten. Mithilfe der ERA und ERI und mit der Entwicklung von Handelsbräuchen ist in rechtlicher und banktechnischer Hinsicht eine fast vollständige internationale Angleichung der Handhabung von Dokumentenakkreditiven und Inkassi erreicht worden. Ist aber der Inhalt von zwei Rechtsordnungen identisch, spielt es keine Rolle, welche von beiden anzuwenden ist. Soweit jedoch im Einzelfall die Auslegung der ERA und ERI durch Praxis und Gerichte in einzelnen Ländern möglicherweise differiert bzw. sich an den einzelnen Handels- und Bankplätzen unterschiedliche zusätzliche Handelsbräuche entwickelt haben, kann die Frage des anwendbaren Rechts gleichwohl von erheblicher Bedeutung sein, wenn es z.B. um die Frage der Vorlage akkreditivkonformer Dokumente oder die Frage, wie gegen einen ggf. vorliegenden Rechtsmissbrauch vorzugehen ist, geht.121 Aus diesem Grund und wegen der außerhalb des Zahlungsbereichs liegenden Gebiete ist es daher wichtig, die Bankposition bei der Abwicklung des Zahlungsverkehrs unter internationalprivatrechtlichen Gesichtspunkten einer genauen Betrachtung zu unterziehen. Es gibt Rechtsfragen, die außerhalb der Reichweite von ERA und ERI liegen und für die deshalb die Frage des anwendbaren Rechts immer noch zu prüfen bleibt (z.B. Nebenpflichten, Vertretungsmacht, Verpfändungsformalien, Nichtigkeit, Anfechtung usw.). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nach Art. 37d ERA der Akkreditivauftraggeber alle Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten übernimmt, die auf ausländischen Gesetzen und Gebräuchen

119 BGHZ 109, 36; Palandt/Thorn EGBGB, Art. 28 Rdn. 3, 4; vgl. a. Art. 28 Abs 5 EGBGB. 120 Palandt/Thorn EGBGB, Art. 28 Rdn. 8; MüKo-Martiny EGBGB, Art. 28 Rdn. 136 ff. 121 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/4a.

28

II. Internationales Privatrecht

Erster Abschnitt

beruhen, und er muss die Banken für alle hieraus resultierenden Folgen schadlos halten.122 In der hier vorgelegten Untersuchung soll jedoch nur der dokumentäre Zahlungsbereich behandelt werden. Eine Erörterung des Problems wird dadurch erleichtert, dass es sich bei der Ban- 1/39 kentätigkeit im Außenhandel im Prinzip um sich ständig wiederholende Vorgänge handelt, die weit gehend typisiert sind und dadurch insbesondere bei in der Regel fehlender ausdrücklicher Vereinbarung über das anzuwendende Recht die Ermittlung des stillschweigenden Parteiwillens vereinfachen und erleichtern. Dabei kann im folgenden naturgemäß nur auf die typischen Geschäftsvorfälle eingegangen werden; abweichende Beurteilungen im Einzelfall sind immer möglich.

B.

Rechtsverhältnis Akkreditivauftraggeber/Akkreditivbank

Beim Akkreditiv unterliegt der Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen dem Akkre- 1/40 ditivauftraggeber und der eröffnenden Bank vorbehaltlich einer ausdrücklichen anderweitigen Vereinbarung dem Recht, das am Sitz der Bank gilt.123 Grundsätzlich legen die Banken Wert darauf, in ihren Rechtsbeziehungen zu ihren Kunden das eigene Recht zur Geltung zu bringen; dies kommt in Nr. 6 AGB (maßgebliches Recht und Gerichtsstand) zum Ausdruck. Falls er nicht schon vorher Kunde der Bank war, tritt der Auftraggeber spätestens mit Erteilung des Akkreditivauftrags (Inkassoauftrags, Garantieauftrags) in eine Geschäftsverbindung mit der eröffnenden Bank (Einreicherbank, Garantiebank), so dass die AGB für den Vertrag zwischen Auftraggeber und Bank maßgeblich sind. Zwischen diesen Parteien ist das Internationale Privatrecht insbesondere von Bedeutung, wenn eröffnende Bank und Akkreditivauftraggeber nicht in ein und demselben Staate domizilieren, weil dann stets ein Fall mit „Auslandsberührung“ vorliegt.124 Auch bei Akkreditiven in fremder Währung liegt immer ein Auslandssachverhalt vor, Art. 3 EGBGB.

C.

Rechtsverhältnis Akkreditivbank/Begünstigter

1.

Direkteröffnung/Avisierung

Auch im Verhältnis zwischen eröffnender Bank und Begünstigtem gilt das am 1/41 Sitz der Bank geltende Recht, sofern das Akkreditiv bei der eröffnenden Bank

122 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn 421 f.; BGH, WM 1998, 1769 (Erstattung der Rechtsabwehrkosten durch den Akkreditivauftraggeber); ferner Nielsen in: FS Schütze, S. 593 ff. 123 MüKo-Martiny EGBGB, Art. 28 Rdn. 356; Reithmann/Martiny Internationales Vertragsrecht, Rdn. 1226; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 463; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 419. 124 Nielsen Grundlagen, S. 34. Weitergehend Schütze WM 1982, 226; ders. Dokumentenakkreditiv, Rdn. 460, 462 f. Es soll zu berücksichtigen sein, dass die Auslandsberührung durch jede Wertbewegung ins Ausland begründet werden kann.

29

Erster Abschnitt

Rechtsquellen

benutzbar ist.125 Bei Akkreditiven, bei denen die zweite Bank nur als Avisbank („Durchleitungsstelle“) fungiert, wo also die eigentliche Benutzung des Akkreditivs bei der eröffnenden Bank erfolgt, gilt ebenfalls – auch für die Dokumentenaufnahme – ausschließlich das Recht der eröffnenden Bank.126 Hieran ändert sich auch dadurch nichts, dass die avisierende Bank im Rahmen von Art. 9 ERA für Fehler bei der Avisierung haftet.127

2.

Einschaltung einer Zahlstelle

1/42 Etwas anderes wird zum Teil angenommen, wenn – wie meist der Fall – in den

Akkreditivvorgang eine andere Bank im Lande des Begünstigten als Zahlstelle eingeschaltet ist.128 Die Zahlstelle hat die Aufgabe, die Dokumente zu prüfen, diese bei Akkreditivkonformität aufzunehmen und Zahlung an den Begünstigten

125 Dazu BGH WM 1955, 765, 766; OLG Frankfurt RIW 1992, 315 m. zust. Anm. Nielsen WuB I H.2. – 1.92; OLG Karlsruhe RIW 1997, 781; von Bar ZHR 152 (1988), 38, 53; Nielsen Grundlagen, S. 35; Reithmann/Martiny Internationales Vertragsrecht, Rdn. 1226; Steindorff in: FS von Caemmerer, S. 761, 762; Schütze WM 1982, 227; ders. Dokumentenakkreditiv Rdn. 464 f.; Schefold IPRax 1990, 20, 21; ders. IPRax 1996, 347, 348 f.; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/507. Zum französischen Recht im gleichen Sinn Caprioli Le crédit documentaire, S. 64; zum österreichischen Recht Avancini/Iro/Koziol a.a.O., Rdn. 4/215; für das US-amerikanische Recht Burton v. McCullough Letters of Credit, 1989, § 2.04 mit Verweis auf die USRechtsprechung; zum schweizerischen Recht Keller/Kren/Kostkiewicz in: Heini u.a., IPRG, Art. 117 Rdn. 68. 126 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 477; ders. WM 1982, 227; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/507; von Caemmerer JZ 1959, 362, 363; Schefold IPRax 1990, 20, 21; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 428 ff.; Hampe Das auf unwiderrufliche Dokumentenakkreditive anwendbare Recht, S. 107. 127 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn 429 f.; a.A. Schütze (für Fehler aus Avisierung) Dokumentenakkreditiv, Rdn. 477. 128 Liesecke WM 1966, 458; LG Frankfurt AG 1976, 47 (Nigeria-Zementfälle) m. zust. Anm. Mertens; OLG Frankfurt RIW 1988, 133 m. zust. Anm. Eberding WuB I H2.–1.88; OLG Köln WM 1994, 1877 = IPRax 1996, 270 (Recht der Zahlstelle ist anwendbar, wenn eine inländische Zahlstelle eingeschaltet ist) m. zust. Anm. Dach WuB I H 2. – 1.95 und abl. Anm. Thorn IPRax 1996, 257; Schefold IPRax 1996, 347. Zum US-amerikanischen Recht Burton v. McCullough Letters of Credit, 1992, § 2.04–2.–20. Zum englischen Recht Offshore International S. A. v. Banco Central S. A. and Hijos de J. Barrera S. A., teilweise wiedergegeben bei Magnus RIW 1977, 165, 168 und Encyclopaedia of Banking Law, International banking operations, F (403). Hierzu a. Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 428 ff. m.w.N. 128 Dagegen Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 466 ff. insbesondere Rdn. 472; ders. WM 1982, 227; ders. Anm. zu OLG Frankfurt, EWiR § 365 HGB 1/88 S. 81; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/508; ders. Grundlagen des Akkreditivgeschäfts, S. 35 f.; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 300 f.; Schefold IPRax 1990, 20 ff.; ders. IPRax 1996, 347, 349; von Caemmerer Urteilsanmerkung, JZ 1959, 362, 363 und von Bar ZHR 152 (1988) 38, 53 (für Funktion der Zweitbank als Zahlstelle); Ingelmann/Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 309; Hampe Das auf unwiderrufliche Dokumentenakkreditive anwendbare Recht, S. 109. Für Österreich OGH IPRax 1996, 345; OGH, ÖBA 1996, 64 m. Anm. Avancini; Avancini/ Iro/Koziol a.a.O., Rdn. 4/215 (für Funktion der Zweitbank als Zahlstelle). Für Frankreich Cour d’appel de Versailles vom 24.5.1991 in Guiness Peat Aviation c. Egyptair et, Union des Banques Arabes et Francaises, R. J. Comm. 1991, 401 ff. note Grua; Caprioli Revue de Droit des Affaires Internationales 1991, 905 ff., 910 ff.; ders. Le crédit documentaire, S. 82 f.

30

II. Internationales Privatrecht

Erster Abschnitt

zu leisten. So wurde in den Nigeria-Zementfällen deutsches Recht angewendet, weil das von der Central Bank of Nigeria eröffnete Akkreditiv bei einer Frankfurter Bank benutzbar war.129 Im Grundsatz kann man jedoch nicht davon ausgehen, dass nach dem Willen der Auslandsbank für das Akkreditiv das Recht am Platze desjenigen Instituts gelten soll, bei dem es zahlbar ist. Zwar soll an diesem Ort das Akkreditivgeschäft im Wesentlichen abgewickelt werden, insbesondere soll dort die Einreichung der Dokumente durch den Begünstigten und die Auszahlung des Akkreditivbetrags erfolgen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die eröffnende Bank deshalb auch das Akkreditiv einem ihr fremden Recht unterstellen will. Ein derartiger Statutenwechsel ist auch nicht im Interesse des Begünstigten oder der Zahlstellenbank erforderlich. Die Funktionen der Zahlstelle begründen keine grundsätzliche Näherbeziehung zum Recht des Zahlungsortes. Der Begünstigte hat keinen Anspruch darauf, dass die eröffnende Bank das Akkreditiv seinem Recht unterstellt, während die Zahlstellenbank bereits durch das mit der Übernahme der Zahlstellenfunktion zustande kommende Auftragsverhältnis zur eröffnenden Bank ausreichend geschützt ist. Dieses Auftragsverhältnis richtet sich nämlich – zumindest nach deutschem internationalen Privatrecht – mangels ausdrücklicher Rechtswahlvereinbarung nach dem Recht des Auftragnehmers, der insoweit die für den Auftrag charakteristische Leistung, nämlich die Auftragsausführung erbringt.130 Deshalb kann die eröffnende Bank der Zahlstelle dann, wenn sie die Dokumente vorbehaltlos aufgenommen und den Akkreditivbetrag bei Fälligkeit bezahlt hat, später auch nicht entgegenhalten, dass die Dokumente – unterstellt diese wären nach dem am Zahlungsort geltenden Recht oder den Usancen akkreditivkonform – nach dem Recht der eröffnenden Bank bzw. den am Sitz der eröffnenden Bank geltenden Usancen als nicht akkreditivkonform anzusehen sind.

3.

Bestätigende Bank

Das für die Beziehungen zwischen Begünstigtem und bestätigender Bank, die ja 1/43 nicht unbedingt gleichzeitig auch Zahlstelle zu sein braucht, geltende Recht ist selbständig anzuknüpfen, da diese durch ihre Bestätigung eine eigenständige Verpflichtung gegenüber dem Begünstigten übernimmt, so dass man hier im Zweifel zur Anwendung des Rechts der bestätigenden Bank kommen wird.131

129 S. hierzu a. Gramlich RabelsZ 45 (1981), 545 ff. 130 OLG Hamm RIW 1994, 515; dies gilt auch für den Geschäftsbesorgungsvertrag, BGH DtZ 1996, 51; Einsele Bank- und Kapitalmarktrecht, § 5 Rdn. 32. 131 Schefold IPRax 1996, 347 ff.; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 476 ff.; Reithmann/ Martiny Internationales Vertragsrecht, Rdn. 1073; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 299, 301; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/509; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 985; Einsele Bank- und Kapitalmarktrecht, § 5 Rdn. 38. 131 Für England: Queen’s Bench Division in Bank of Credit and Commerce Hong Kong Ltd. v. Somali Bank vom 3.8.1994, Credit and Finance Law 1994, 118. Für Österreich Schwimann Grundriss des Internationalen Privatrechts, S. 129; Avancini/Iro/Koziol aaO, Rdn. 4/217;

31

Erster Abschnitt

4.

Rechtsquellen

Folgerungen für die Praxis

1/44 Die mangels ausdrücklicher Rechtswahl vorzunehmende eigenständige Anknüp-

fung an das anwendbare Recht hat teilweise in der Literatur Kritik und damit zu einer Neuentwicklung eines eigenständigen Anknüpfungsansatzes für Akkreditivverhältnisse geführt.132 Danach wird die Anwendung verschiedener Rechte auf eine sozio-ökonomische Situation abgelehnt. Vielmehr seien sämtliche Rechtsverhältnisse innerhalb des Akkreditivverhältnisses akzessorisch133 an das dominante Valutaverhältnis, nämlich den Kaufvertrag als Grundgeschäft, gemäß Art. 28 Abs. 5 EGBGB vorzunehmen. Dieser Ansicht steht entgegen, dass eine akzessorische Anknüpfung enge Voraussetzungen hat. Hierzu gehört insbesondere, dass an den fraglichen Vertragsverhältnissen dieselben Personen beteiligt sind. Diese Anforderung ist bei einem Akkreditivverhältnis regelmäßig nicht erfüllt. Des weiteren ist immer der Grundsatz der charakteristischen Leistung als das maßgebliche Kriterium für die Anknüpfung im Falle des Fehlens einer ausdrücklichen Rechtswahl zu beachten. Die Geltung unterschiedlichen Rechts ist dann gerechtfertigt, wenn die Leistungen verschieden sind. Dies ist im Hinblick auf die Leistungen aus einem Kaufvertrag und aus einem Akkreditiv gegeben. Im Ergebnis sprechen daher entscheidende rechtsdogmatische Gründe gegen diese Theorie der akzessorischen Anknüpfung bei Akkreditivverhältnissen. 1/45 In den Fällen, in denen nicht das Recht der eröffnenden Bank gilt, kann diese in

eine missliche Position geraten. Um dies bei von ausländischen Banken bestätigten Akkreditiven zu vermeiden, kann es sich empfehlen, in das Akkreditiv eine Bestimmung aufzunehmen, die das Akkreditiv ausdrücklich dem Recht am Orte der eröffnenden Bank unterwirft. Hingegen führt die Angabe, dass der Erfüllungsort am Sitz der eröffnenden Bank sein sollte, leicht zu Missverständnissen, weil sich durch die Zahlbarstellung im Ausland der Erfüllungsort der eröffnenden Bank für ihre Verpflichtung aus dem Akkreditiv grundsätzlich nicht ändert, während der Begünstigte möglicherweise irregeführt wird, sofern er Zahlstellenort und Erfüllungsort nicht richtig unterscheidet. Erfüllungsort im juristischen Sinne ist der Sitz der Bank, so dass die Erwähnung des Erfüllungsorts lediglich wiederholt, was ohnehin bestehende Rechtslage ist (§ 269 BGB). Es lohnt sich nach allem durchaus für die ein Akkreditiv eröffnende Bank, sich über das anzuwendende Recht Gedanken zu machen und sich hierüber rechtzeitig zu äußern. 1/46 Auch bei so genannten frei negoziierbar gestellten Akkreditiven muss der Grund-

satz gelten, dass für die Rechtsanwendung der Sitz der eröffnenden Bank maßgebend ist. Die negoziierende Bank ist in einem solchen Fall mit den gleichen Aufgaben betraut wie eine von vornherein namentlich in das Akkreditiv eingeschaltete

für die Schweiz Keller/Kren/Kostkiewicz in: Heini u.a. IPRG, Art. 117 Rdn. 68. Ferner Rdn. 2/186. 132 Hampe Das auf unwiderrufliche Dokumentenakkreditive anwendbare Recht, S. 130 ff. 133 Zur akzessorischen Anknüpfung Reithmann/Martiny Internationales Vertragsrecht, Rdn. 155; MüKo-Martiny BGB, Art. 28 EGBGB Rdn. 95 ff.

32

II. Internationales Privatrecht

Erster Abschnitt

Zahlstelle. Da aber die eröffnende Bank bei Akkreditiveröffnung noch nicht wissen kann, welche Bank die Dokumente negoziieren, d.h. ihre ad incertas personas gerichtete Offerte zum Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrags als Zahlstelle annehmen wird, kann es nicht dem Willen der eröffnenden Bank entsprechen, das Akkreditiv von vornherein dem am Sitz der ihr einstweilen noch unbekannten negoziierenden Bank geltenden Recht zu unterstellen. Das gilt vor allem deshalb, weil der Begünstigte die Dokumente nach seinem freien Willen in seinem oder jedem beliebigen dritten Lande einer Bank zur Negoziierung andienen kann. Maßgebend bleibt in diesen Fällen das für die eröffnende Bank geltende Recht. Es dient der Klarstellung, wenn dies durch Aufnahme in den Akkreditivtext den Beteiligten noch besonders ins Gedächtnis gerufen wird. Bei der Ausgestaltung eines Akkreditivs sollten die Parteien im Übrigen darauf ach- 1/47 ten, dass das Akkreditiv keine Bestimmungen enthält, die als Tatsachen für die Beurteilung des Parteiwillens bezüglich des anzuwendenden Rechts dienen können, aber auf die Vereinbarung verschiedener Rechte hinweisen. Ist beispielsweise ein unbestätigtes Akkreditiv in Frankfurt am Main eröffnet und zahlbar gestellt und durch eine Londoner Bank dem Begünstigten avisiert für ein Geschäft, das erkennbar den Regeln der London Metal Exchange unterworfen ist, kann es mangels einer ausdrücklichen Parteivereinbarung streitig werden, ob mit Rücksicht auf die Börsenregeln englisches oder mit Rücksicht auf die Zahlbarstellung deutsches Recht gilt. Solche Zweifel durch einen klaren Text auszuschließen, kann nur im Interesse aller Beteiligten liegen. Für das Inkasso gelten ganz ähnliche Regeln wie für das Akkreditiv. Der Geschäfts- 1/48 besorgungsvertrag zwischen Inkassoauftraggeber und der von ihm mit dem Inkasso direkt beauftragten Bank (Einreicherbank) wird im Allgemeinen aus den oben erwähnten Gründen dem Recht der Einreicherbank unterliegen. Sind zwei oder mehr Banken an dem Inkassovorgang beteiligt (Rdn. 3/5), gilt mangels anderweitiger Vereinbarung im Verhältnis der Banken untereinander das Recht der beauftragten Bank.

D.

Rechtsverhältnis Akkreditivbank/Zweitbank

Das Verhältnis zwischen der eröffnenden und der bestätigenden, avisierenden 1/49 oder als Zahlstelle fungierenden Bank kann als entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag qualifiziert werden (Rdn. 2/166 ff.). Im Verhältnis der Banken untereinander ist daher das Sitzrecht der Zweitbank für die Ansprüche aus der Geschäftsbesorgung maßgebend (Art. 28 Abs. 2 S. 1 EGBGB).134

134 Reithmann/Martiny Internationales Vertragsrecht, Rdn. 1073; Lorenz in: FS Steindorff, S. 405, 411; MüKo-Martiny EGBGB, Art. 28 Rdn. 242; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 479; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 422; Einsele Bank- und Kapitalmarktrecht, § 5 Rdn. 29; LG Frankfurt am Main NJW 1976, 1044.

33

Erster Abschnitt

Rechtsquellen

III. Die öffentliche Hand als Partner in grenzüberschreitenden dokumentären Geschäften 1/50 In den bisherigen Ausführungen war davon auszugehen, dass alle Beteiligten

(Käufer, Verkäufer, eröffnende Bank, durchleitende Bank) dem privaten Sektor angehören. Besondere rechtliche Gesichtspunkte können sich ergeben, wenn eine der genannten Funktionen nicht von einem privaten Partner, sondern von einem Partner wahrgenommen wird, der dem staatlichen Sektor zuzurechnen ist. Ein Staat (und die dem Staat gleichgestellten Institutionen dieses Staates) können nicht vor ausländischen Gerichten verklagt werden. Dieser Grundsatz der sog. Immunität (sovereign immunity) wurde z.B. in Artikel 27 II der Europäischen Konvention über Staatenimmunität von 1972 geregelt.135 Für die USA gilt sec. 1604 des Foreign Sovereign Immunity Act (FSIA), wonach „foreign states, including their agencies and majority owned corporations“ grundsätzlich nicht der Gerichtsbarkeit der USA unterliegen. In Großbritannien wird dieses Problem in sec. 14 II (a) des State Immunity Act entsprechend behandelt. Der Gedanke der Immunität schließt nicht aus, dass man in einzelnen bilateralen Verträgen auf die Anerkennung der Immunität wieder verzichtet.136 Für die in diesem Buch behandelten Sachgebiete ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ausländische Staaten und die ihnen gleichgestellten Institutionen, falls nicht besondere Verträge dies ausschließen oder einschränken, Immunität genießen. Problematisch ist, wo die Grenzen des Bereichs der Immunität liegen.137 1/51 Die öffentliche Hand tritt im internationalen Akkreditivgeschäft sowohl als

Akkreditivsteller als auch als Akkreditivbegünstigter in Erscheinung: Die öffentliche Hand ist Käufer und somit Akkreditivsteller, wenn ein Staat – etwa das Verteidigungsministerium, das Energieministerium, die Staatliche Postverwaltung oder eine Institution, die dem Staat so nahe steht, dass sie hoheitliche Immunität beanspruchen kann – z.B. Ausrüstungsgegenstände für seine Streitkräfte, Kraftwerke, Baustoffe, Hafenanlagen oder Ähnliches einkauft. Der staatliche Käufer kann die vorgesehenen bzw. erforderlichen Akkreditive über eine inoder ausländische Bank stellen; auf dem dokumentären Sektor gelten dann für das Verhältnis zwischen Bank und Begünstigtem die allgemeinen Regeln. Das Verhältnis ausländischer öffentlich-rechtlicher Käufer zu den Banken ihres Landes richtet sich nach innerstaatlichem Recht; es ist nicht Gegenstand dieser Ausführungen.

135 Art. 27 Nr. 2 der European Convention on State Immunity vom 16.5.1972, abgedr. in: Council of Europe, European Conventions and Agreements, Vol III 1972–1974. Hierzu und zum Folgenden vgl. a. Strebel RabelsZ 44 (1980), 66, 75. 136 So etwa im Vertrag zwischen USA und Iran vom 15.8.1955 (in Kraft getreten am 1.1.1979); vgl. dazu Zahn ZIP 1984, 1303. 137 Ausf. hierzu Fassbender Neue deutsche Rechtsprechung zu Fragen der Staaten- und der diplomatischen Immunität, IPRax 2006, 129 ff.; vgl. für Großbritannien: Vorpeil Neuere Entwicklungen, RIW 2009, 273, 282.

34

III. Öffentliche Hand und grenzüberschreitendes Geschäft

Erster Abschnitt

Probleme haben sich aber in folgenden Fällen ergeben: In manchen Ländern – ins- 1/52 besondere in Entwicklungsländern – übt deren Staatsbank sowohl die hoheitlichen Aufgaben einer Notenbank aus als auch die dem Privatsektor zuzuordnenden Funktionen einer Hausbank für die laufenden Bankgeschäfte ihres Staates und seiner Institutionen, während die meisten Staaten diese Funktion getrennt von mindestens zwei verschiedenen Instituten wahrnehmen lassen. Es ist vorgekommen, dass dann, wenn in einem Staat nur ein Geldinstitut vorhanden ist, das die Funktion sowohl einer Notenbank als auch einer kommerziellen Außenhandelsbank wahrnimmt, diese Institute bei Rechtsstreitigkeiten im Ausland versuchten, sich vor ausländischen Gerichten auch bei dem kommerziellen Bereich zuzuordnenden Fällen auf ihre Immunität als Staatsorgan zu berufen. Die Gerichte der Lieferantenländer haben sich demgegenüber eindeutig auf den Standpunkt gestellt, dass eine Bank – und sei es eine Notenbank –, die sich auf dem Gebiet des kommerziellen Bankgeschäfts betätigt, für diesen Sektor auch den für Geschäftsbanken geltenden Regeln unterliegt. Kommt die eine derartige Doppelfunktion ausübende Bank ihren Verpflichtungen aus im Auftrag ihres Staates bzw. seiner Institutionen gestellten Akkreditiven nicht nach, kann sie sich gegen Klagen und Pfändungen, die diesen Bereich betreffen, nicht auf Immunität berufen; ihre Guthaben können im Ausland nach den normalen Vorschriften gepfändet werden. Die genannten Institute können sich nicht darauf berufen, dass sie als Notenbanken Immunität genießen (die ihnen im Bereich der echten Notenbanktätigkeit durchaus zustünde) oder darauf, dass ihre Guthaben als Deckung für den Banknotenumlauf ihres Landes unantastbar seien. Den in dieser Richtung in Deutschland, in Großbritannien und in den USA ergangenen Urteilen und ihren Begründungen ist in vollem Umfang beizupflichten.138 Es kommt auch vor, dass die öffentliche Hand in Akkreditiven (häufig auch bei 1/53 Bankgarantien und Standby Letters of Credit) als Begünstigter erscheint. In zahlreichen Ausschreibungen, vor allem nahöstlicher Länder, wird verlangt, dass den Angeboten zugleich die Bietungsgarantie einer Bank aus dem Lande der ausschreibenden Behörde beigefügt wird, deren Wortlaut oftmals sogar vorgeschrieben ist. Die garantierende Bank wird dann wiederum durch eine Gegengarantie oder einen Standby Letter of Credit einer Bank aus dem Lande des Bieters und potenziellen späteren Lieferanten rückgedeckt. Ausländische staatliche Stellen sind mithin oft die direkten oder indirekten Begünstigten derartiger Bietungsgarantien usw. Zumeist sind diese Gegengarantien oder Standby Letters of Credit abrufbar „auf erstes Anfordern“ gegen die bloße Erklärung der ausländischen Bank, dass sie an die begünstigte öffentliche Stelle gezahlt habe. Letztere hatte ihrerseits nach dem Wortlaut der Garantie von der Garantin Zahlung verlangen können gegen die bloße Erklärung, dass die zugrunde liegende Verpflichtung vom Partner des Grund-

138 BVerfG WM 1983, 722 = NJW 1983, 2766 m. Anm. Seidl-Hohenveldern RIW 1983, 613; OLG Frankfurt am Main IPRax 1983, 68, 70 m. Anm. Albert IPRax 1983, 55; Gramlich NJW 1981, 2618 m. ausf. N.

35

Erster Abschnitt

Rechtsquellen

geschäfts (z.B. die Verpflichtung zum Abschluss eines dem Angebot entsprechenden Liefervertrags) nicht erfüllt worden sei – ob dies nun zutraf oder nicht.139 1/54 Bei Akkreditiven, in denen die öffentliche Hand als direkt oder indirekt Begüns-

tigte aus einem Akkreditiv (insbesondere aus einem Standby Letter of Credit) erscheint, sind besondere Probleme aufgetreten, wenn ein systemverändernder politischer Umsturz stattfand, der die Kontinuität auf der Käuferseite in Frage stellte oder gar aufhob. In der Folge solcher Entwicklungen kommt es vor, dass die neue Regierung einerseits sich von den Verpflichtungen ihrer Vorgängerin lossagt, willkürlich Kontrakte annulliert usw., auf der anderen Seite aber versucht, formal bestehende Rechte aus der Vergangenheit missbräuchlich auszunutzen – z.B. Standby Letters of Credit und Garantien unberechtigt abzurufen. 1/55 In Fällen derartiger politischer Wandlungen besteht für die Gerichte in den Liefe-

rantenländern eine große Versuchung, den Interessen ihrer Staatsangehörigen besonderen Schutz angedeihen zu lassen. Dies würde in den hier erwähnten Fällen bedeuten, sie durch Urteile oder gegebenenfalls durch einstweilige Verfügungen (injunctions) von dem Zwang zu erlösen, aufgrund dokumentärer Verpflichtungen, deren Voraussetzungen dem Wortlaut nach erfüllt werden, Zahlungen zu leisten, die ihnen nach den kommerziellen Zusammenhängen nicht hätten abverlangt werden dürfen. Die Gerichte (vor allem die US-amerikanischen, die im Zusammenhang mit dem Iran über zahlreiche Fälle dieser Art mit sehr hohen Streitwerten zu entscheiden hatten) haben diesen Weg nicht eingeschlagen; sie haben vielmehr durchweg an der Trennung zwischen Grundgeschäft (Warengeschäft) und Akkreditiv bzw. zwischen Grundgeschäft (Leistung einer Anzahlung gegen Übernahme der Verpflichtung zur Rückzahlung unter gewissen Umständen) und Bankgarantie/Standby Letter of Credit festgehalten und damit allen Bemühungen, die Strenge dokumentärer Verpflichtungen aufzuweichen, widerstanden.140 Eine Bevorzugung der Partei aus dem eigenen Lande war in westlichen Ländern in keinem Fall zu beobachten.141 Den im Zusammenhang mit dem Iran in den USA ergangenen Gerichtsentscheidungen ist eine hohe grundsätzliche Bedeutung beizumessen. Sie sind ein wichtiges Argument gegen alle Versuche, die Strenge dokumentärer Verpflichtungen aufzuweichen, und stärken die für den internationalen Handel unerlässliche strenge Auffassung von der Unerbittlichkeit dokumentärer Verpflichtungen.

139 Nicht zu Unrecht hat man derartige dokumentäre Geschäfte als „suicide credits“ bezeichnet, vgl. z.B. Getz Harvard International Law Journal 1980, 189, 196. 140 Vgl. dazu für US-amerikanisches Recht: American Bell International v. Islamic Republic of Iran, 474 Supp. 420 (S. D. N Y. 1979); Getz 21 Harvard International Law Journal 1980 S. 189 ff. S.a. zur Irak-Krise OLG Köln WM 1991, 1751 ff. 141 Zahn ZIP 1984, 1303, 1306. Vgl. a. 6. Auflage Rdn. 1/49 ff.

36

Zweiter Abschnitt Dokumentenakkreditiv I.

Grundformen und Rechtsnatur des Akkreditivs

A.

Erscheinungsformen und wirtschaftliche Bedeutung

1.

Barakkreditiv

Einfache Akkreditive sind schon sehr frühzeitig benutzt worden.1 Ein Handels- 2/1 haus ersuchte ein befreundetes Korrespondenzhaus in einer anderen Stadt, vornehmlich im Ausland, einer näher bezeichneten Person auf deren Verlangen für Rechnung des Auftraggebers eine bestimmte Geldsumme auszuzahlen. Von dieser Praxis hört man schon in den Reiseberichten aus der Blütezeit hanseatischen Handels. Ähnliche Akkreditive waren – in etwas abgewandelter Form – noch bis vor Kurzem in Benutzung als Reisekreditbriefe, die letztlich durch Reiseschecks wie auch durch normale Bankschecks und Kreditkarten verdrängt wurden.2 Der wesentliche Inhalt eines derart einfachen „Reiseakkreditivs“ besteht darin, dass der Auftraggeber seinen Korrespondenten unter bestimmten Voraussetzungen – das ist zunächst lediglich der Ausweis über die Person des Empfängers – beauftragt, dem Begünstigten für seine Rechnung eine bestimmte Geldsumme auszuzahlen. Diese in der Praxis selten vorkommende Form des Akkreditivs bezeichnet man als Barakkreditiv.3

1 Zur historischen Entwicklung des Akkreditivs u.a. Finkelstein Legal Aspects, S. 1 ff.; Kozolchyk Commercial Letters of Credit, S. 4 ff.; Grader von der Maas Handbuch des DokumentenAkkreditivs, S. 312 ff.; Trimble Harvard Law Review 1947/1948, 981; Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 29 f.; Eisemann/Eberth Das Dokumenten-Akkreditiv, S. 53 ff. 2 Vgl. Achterberg/Lanz Lexikon, S. 1422; Lipfert Zahlungsverkehr, S. 108, 183; Schütze Dokumentenakkreditiv Rdn. 72. 3 Grader von der Maas Handbuch des Dokumenten-Akkreditivs, S. 3; Peters WM 1978, 1030; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 72; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 916; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/470; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 139. Erwähnt seien aber an dieser Stelle gelegentlich verwendete Barakkreditive zu Gunsten von Botschaften oder von Mitarbeitern von Entwicklungshilfeorganisationen wie der GTZ.

37

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

2.

Dokumentenakkreditiv

a)

Entwicklung vom Barakkreditiv zum Dokumentenakkreditiv

2/2 In dem Maß, in dem sich das Akkreditiv zu einem nahezu ausschließlich auf den

internationalen Handel bezogenen Zahlungsinstrument entwickelte, nahm es gleichzeitig auch Elemente des Dokumenteninkasso (Rdn. 3/1 ff.) in sich auf. Als Ergebnis bildete sich das heute im Außenhandel (ganz vereinzelt auch im Binnenhandel) benutzte Dokumentenakkreditiv heraus; seinem wirtschaftlichen Zweck entsprechend wird es mitunter auch als Warenakkreditiv4 bezeichnet. Im Gegensatz zum ursprünglichen Barakkreditiv muss der Begünstigte sich nicht nur legitimieren, sondern zwecks Empfangnahme des Geldes darüber hinaus noch bestimmte Schriftstücke vorlegen. Da das Dokumentenakkreditiv dazu dient, die Geldseite eines Warengeschäfts in ihrer Abwicklung zu sichern, handelt es sich bei diesen Unterlagen regelmäßig um – die Versendung des verkauften Gutes betreffende – dokumentäre Nachweise, die in der Regel zugleich die rechtliche Verfügungsgewalt über den Kaufgegenstand verkörpern.

b)

Wirtschaftliche Bedeutung

2/3 Einerseits kann festgestellt werden, dass die Zunahme des Welthandels etwa zurzeit

der Jahrhundertwende das Bedürfnis nach Finanzierung der getätigten Geschäfte mittels des Dokumentenakkreditivs zunehmen ließ. Andererseits ist nicht außer Acht zu lassen, dass aufgrund des gestiegenen Interesses, Formen der Zahlungsabwicklung im Außenhandel zu entwickeln, die den Sicherheitsbedürfnissen des Verkäufers Rechnung tragen, die Bedeutung des Dokumentenakkreditivs von Zeit zu Zeit schwankte und regional unterschiedlich ist. Obwohl die Zahl der mittels Dokumentenakkreditive abgewickelten Außenhandelsgeschäfte seit dem Zweiten Weltkrieg abgenommen hat, kann daraus gleichwohl nicht geschlossen werden, dass die Bedeutung des Dokumentenakkreditivs gesunken ist.5

c)

Funktion und Wesen des Dokumentenakkreditivs

2/4 Das Wesen des Dokumentenakkreditivs besteht in der vertraglichen – für Rechnung

des Auftraggebers übernommenen – Zusicherung einer Bank,6 unter eigener Haf-

4 Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 140; zum Sprachgebrauch sowie zur begrifflichen Abgrenzung vgl. Schneider Akkreditive, S. 32 ff. 5 Eberth WM-Sonderbeilage 4/1984 S. 3; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 33. 6 Es besteht – ungeachtet Art. 2 ERA, wonach ein Akkreditiv im Sinne der ERA von einer Bank eröffnet sein muss – kein sachlicher Grund, dass nur Banken Akkreditive eröffnen können. Vgl. hierzu auch: Commentary on UCP 600 S. 17 ff. mit Opinion R. 505 zu den ERA 500, die insoweit weiter Geltung beanspruchen kann. In Deutschland kommen aber andere Stellen

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I. Grundformen und Rechtsnatur des Akkreditivs

Zweiter Abschnitt

tung innerhalb eines bestimmten Zeitraumes an einen bestimmten Empfänger unter der Voraussetzung der Einreichung vorgeschriebener Dokumente einen bestimmten Betrag in einer festgelegten Währung zu zahlen. Ihm kommt somit Zahlungs-, Sicherungs- und Kreditfunktion zu.7 Die ERA definieren in ihrem Artikel 2 ein Akkreditiv nunmehr wie folgt: „jede wie auch immer benannte oder bezeichnete Vereinbarung, die unwiderruflich ist und dadurch eine feststehende Verpflichtung der eröffnenden Bank begründet, eine konforme Dokumentenvorlage zu honorieren“. Hierbei ist die eröffnende Bank „die Bank, die ein Akkreditiv im Auftrag des Auftraggebers oder in eigenem Interesse eröffnet“. Der Begriff Honorieren wird definiert als „a) bei Sicht zu zahlen, wenn das Akkreditiv durch Sichtzahlung benutzbar ist, b) ein Verpflichtung zur hinausgeschobenen Zahlung zu übernehmen und bei Fälligkeit zu zahlen, wenn das Akkreditiv durch hinausgeschobene Zahlung benutzbar ist, c) einen vom Begünstigten gezogenen Wechsel („Tratte“) zu akzeptieren und diesen bei Fälligkeit zu zahlen, wenn das Akkreditiv durch Akzeptleistung benutzbar ist“. Als Instrument des bargeldlosen Zahlungsverkehrs ist es insoweit vergleichbar mit einer Banküberweisung oder einem Auftrag zum Einzug von Wechseln und Schecks.8 Das Akkreditiv macht den Verkäufer unabhängig von der Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit des Käufers. Der Verkäufer erhält für seine Kaufpreisforderung eine Sicherung, indem ihm eine Bank ein nur von der ordnungsgemäßen Dokumenteneinreichung abhängiges Zahlungsversprechen gibt, wobei es dann der Bank überlassen bleibt, sich für den Gegenwert bei dem Käufer zu erholen. Der Verkäufer verlangt nun nicht unbedingt nur deshalb ein Akkreditiv, weil er Anlass hätte, dem Käufer mit Misstrauen gegenüberzustehen. Meistens veranlasst einfach die mangelnde Kenntnis der Person und der Vermögensverhältnisse des – meist ausländischen – Käufers den Verkäufer dazu, auf Akkreditivbasis zu verkaufen. Außerdem hat sich in der Praxis vielfach eine Verbindung zwischen dem Akkreditiv und einer Finanzierung des Außenhandelsgeschäfts entwickelt, wobei einerseits das Zahlungsversprechen der Akkreditivbank als wertvolle Grundlage für eine Kreditgewährung an den Exporteur in Betracht kommt und andererseits die bei Abwicklung des Akkreditivs in die Hand der Bank gelangenden Dokumen-

für die Eröffnung von Dokumentenakkreditiven praktisch nicht in Frage, da hierfür kein Bedarf besteht und zudem die Akkreditiveröffnung als Garantiegeschäft erlaubnispflichtiges Geschäft i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 KWG ist. In anderen Ländern, in denen das Banken- und Finanzsystem anders aufgebaut ist als unser Universalbanksystem (z.B. in den USA: zu beachten sind aber die Änderungen durch die Reform des Trennbankensystems aufgrund des Erlasses Gramm-Leach-Bliley-Act (Public Law 106–102 (12.11.1999, hierzu Gruson ZBB 2000, 153 ff.), kann es auch vorkommen, dass andere Stellen Dokumentenakkreditive eröffnen oder Garantien hinauslegen, die denselben Zwecken dienen wie Bankakkreditive und Bankgarantien; es handelt sich dann etwa um Finanzgesellschaften und auch Versicherungen. 7 S. hierzu Nielsen in: BuB, Rdn. 5/471; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 34 ff.; Kümpel Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 7.99 ff.; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 916 ff.; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 225; Häberle in: Handbuch der Akkreditive, S. 9. 8 LG Hamburg WM 1997, 258; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 916; Hadding in: FS Pleyer, S. 17, 32.

39

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

te, welche zumeist das Eigentum an der Ware verkörpern, Grundlage für eine vom Importeur benötigte Kaufpreisfinanzierung sein können (Rdn. 2/448 ff.). Aber auch für den Käufer ist die Abwicklung eines Kaufvertrages durch ein Dokumentenakkreditiv nicht ohne Bedeutung, da Zahlung an den Verkäufer und damit Belastung seines Kontos nur und erst dann erfolgen, wenn die Bank die Ordnungsgemäßheit der vorgelegten Dokumente festgestellt hat. Allerdings kann in der Praxis vermehrt beobachtet werden, dass die Abwicklung von Exportgeschäften auf Akkreditivbasis gerade bei langjährigen Lieferbeziehungen aus Kostengründen selbst außerhalb von Konzernliefergeschäften immer mehr zugunsten von reinen Inkassogeschäften abnimmt. 2/5 Ein einfaches Beispiel soll die Durchführung des Geschäfts erläutern:

Der Käufer (Importeur) schließt mit dem Verkäufer (Exporteur) einen Kaufvertrag über ein bestimmtes Exportgut ab. In diesem Vertrag vereinbaren die Parteien u.a., dass und in welcher Form der Käufer die Bezahlung des Kaufpreises durch Stellung eines Akkreditivs sichern soll (sog. Akkreditivklausel im Kaufvertrag, Rdn. 2/22 ff.). Entsprechend dieser Vereinbarung beauftragt der Käufer eine Bank, das Akkreditiv zugunsten des Verkäufers zu „eröffnen“ oder „hinauszulegen“. Die Akkreditivbank eröffnet das Akkreditiv durch Abgabe ihres Zahlungsversprechens unter den festgelegten Bedingungen und teilt die Eröffnung dem Exporteur entweder direkt oder über eine Bank in dessen – oder einem dritten – Lande mit. Nunmehr sendet der Exporteur die Ware ab und reicht die Versanddokumente usw. der Akkreditivbank oder, falls eine Bank in seinem Land – oder einem dritten Land – eingeschaltet ist, bei dieser Bank ein, u.U. zusammen mit einem auf die eröffnende Bank oder eine andere Bank (benannte, bestätigende oder remboursierende Bank) – dies wird nur bei Negoziierungsakkreditiven auftreten – gezogenen, zahlungshalber hingegebenen Wechsel. Gleichzeitig kehrt die Bank dem Verkäufer den Gegenwert aus, was je nach Lage des Falles vorschussweise oder endgültig geschieht. Die Dokumente gibt sie an die Akkreditivbank weiter, die ihr dafür den Gegenwert anschafft. Die Akkreditivbank ihrerseits erholt sich Zug um Zug gegen Aushändigung der Dokumente bei dem Importeur; dieser ist dann durch den Besitz der Dokumente zur Empfangnahme der Ware ermächtigt. Das Beispiel lässt erkennen, wo sich beim Akkreditiv die oben erwähnten Ansatzpunkte für ein gleichzeitiges Kreditgeschäft finden: Dem Verkäufer dient das zu seinen Gunsten abgegebene Zahlungsversprechen einer Bank als Grundlage dafür, in seinem Lande bei seiner Hausbank einen Kredit zu erlangen, mit dessen Hilfe er die verkaufte Ware beschaffen oder herstellen kann. Das Risiko der Hausbank des Exporteurs beschränkt sich dann im wesentlichen – vom Fall eines Embargos abgesehen – darauf, dass ihr Kreditnehmer die Ware bereitstellt und auch tatsächlich absendet. Dem Käufer erleichtert die Abwicklung eines Außenhandelsgeschäfts über Akkreditiv ebenfalls die Aufnahme eines Kredits, dessen er schon bedarf, wenn die Bank – wie es meist vorkommt – das Akkreditiv ohne Bareinschuss des Käufers eröffnen soll. Ohne Besicherung würde der Kunde den Kredit

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I. Grundformen und Rechtsnatur des Akkreditivs

Zweiter Abschnitt

möglicherweise nicht erhalten. Wird das Geschäft über ein Dokumentenakkreditiv abgewickelt, dienen die von der Akkreditivbank aufzunehmenden Dokumente dieser gleichzeitig als Kreditbesicherung, da sie ja bei Inanspruchnahme des Akkreditivs zwangsläufig in die Hand der Akkreditivbank gelangen. Der Kredit ermöglicht also die Akkreditivstellung und überbrückt außerdem die Reisezeit der Dokumente bzw. der Ware. In der Praxis ist dann Überleitung in einen so genannten Anschlusskredit (Rdn. 2/455 ff. und Rdn. 6/1) leicht möglich, der den Zeitraum überbrückt, den der Importeur zum Weiterverkauf, zur Umladung an den Endabnehmer und zur Hereinholung seines Verkaufspreises (bar oder in Form von Wechseln) benötigt. Allerdings ist auch darauf hinzuweisen, dass ein Akkreditiv einem Kreditgeber 2/6 keineswegs eine unbedingt verlässliche Absicherung für den gewährten Kredit verschafft. So bleibt für die Bank des Exporteurs immer noch das Risiko, dass das Akkreditiv nicht akkreditivkonform in Anspruch genommen wird, weil die Ware z.B. nicht rechtzeitig versandt oder die Dokumente nicht akkreditivkonform sind. Für die Bank des Akkreditivauftraggebers (Käufers) besteht z.B. das Risiko, dass der Käufer die Waren nicht weiterverkaufen kann, weil die Waren vom Akkreditivbegünstigten (Exporteur) nicht vertragsgemäß, sondern mangelhaft geliefert wurden. Die Kreditgewährung sowohl an einen Verkäufer als auch an einen Käufer bleibt deshalb auch dann ein Vertrauensgeschäft in deren Leistungsfähigkeit, wenn ein Akkreditiv vorliegt. Die kreditgewährende Bank muss also jedes Mal in eine sorgfältige Kreditprüfung eintreten, deren Ergebnisse je nach Bonität des Kunden natürlich sehr unterschiedlich ausfallen können. In diesem Zusammenhang ist ferner zu erwähnen, dass es Kredite im Auslandsgeschäft gibt, bei denen die Sicherheit für die Kreditgewährung in erster Linie in der verkauften und versandten Ware selbst gefunden werden muss (Rdn. 2/455 ff.). Solange der Kredit nicht abgedeckt ist, besitzt die kreditgebende Bank entweder die Dokumente, die die Ware verkörpern, oder die Ware selbst oder – anschließend – die abgetretenen Forderungen des Importeurs gegen die Endabnehmer der Waren. Dieses Charakteristikum ist vor allem dann gegeben, wenn es sich bei Exporteur oder Importeur um Händlerfirmen handelt; diese bewegen auf der Basis relativ geringen Eigenkapitals große Warenmengen, deren Substanz – oder ihr Gegenwert – unbedingt zur Abdeckung des Kredits benötigt wird. Man denke etwa an den Import von – relativ leicht verwertbaren – Waren wie Kaffee, Tee, Wolle, Baumwolle oder Erz. Im Hinblick auf die Möglichkeit von Preisschwankungen verlangen kreditgebende Banken oft einen Einschuss des Auftraggebers in Höhe der erfahrungsmäßigen Schwankungsbreite, damit bei einem etwa notwendig werdenden Verkauf durch die Bank ein Erlös mindestens in Höhe des Restdebetsaldos erzielt wird. Es gibt aber auch Akkreditive, bei denen die versendete Ware selbst gar keine iso- 2/7 lierte Verwertbarkeit besitzt, also auch eine Kreditabdeckung aus dem Verkauf der versendeten Ware gar nicht möglich ist. Dies gilt etwa für Kraftwerksanlagen und andere Großobjekte, deren Einzelteile in Teilpartien verladen wurden, die für sich

41

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

überhaupt nicht verwertet werden können, z.B. eine maßgefertigte Turbinenhälfte. In solchen Fällen kann die Sicherheit für den Kredit nicht allein in der verschifften Ware gefunden werden. Trotzdem haben derartige Akkreditive einen Sinn, freilich nicht den der unmittelbaren Kreditbesicherung durch die verladene Ware. Diese Akkreditive geben aber dem Verkäufer und seiner Bank die Gewissheit, dass das Gesamtgeschäft „in Ordnung“ ist, dass alle formalen Dinge, wie Importgenehmigung, Devisenbewilligung, Verlässlichkeit der Endfinanzierung usw. vorliegen und dass die Teillieferungen unter Bankhaftung bezahlt werden.

3.

Letter of Credit (L/C)

2/8 Der Letter of Credit anglo-amerikanischen Ursprungs ist seit der Revision 1974

der ERA nicht mehr als eigenständige Akkreditivform erwähnt.9 Er ist vollständig aufgegangen und identisch mit der Variante des frei negoziierbaren Akkreditivs.10 Bei einem Straight Letter of Credit handelt es sich um ein bei einer Bank benutzbar gestelltes Negoziierungsakkreditiv.11 Die Besonderheit des L/C als angloamerikanischer Form des Dokumentenakkreditivs liegt in der Benutzbarkeit gegen eine Tratte, die der Begünstigte mit den Dokumenten bei einer Bank einreichen muss („bona-fide-holder“-Klausel).12

4.

Standby Letter of Credit

2/9 Beim Standby Letter of Credit handelt es sich der Sache nach um Garantien US-

amerikanischer Banken, die lediglich aus Gründen der inneramerikanischen Bankengesetzgebung in Akkreditivform erstellt werden. US-amerikanischen Banken war früher die Übernahme von Bürgschaften oder Garantien13 nicht gestattet, während ihnen das Akkreditivgeschäft erlaubt war und ist.14 Der Standby Letter of Credit umfasst das von einer Bank gegenüber dem Begünstigten abgegebene Versprechen, Zahlung zu leisten, falls ein Dritter seinen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Begünstigten nicht nachkommt. In der Literatur findet

9 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/490. 10 Angersbach Beiträge, S. 30; Kozolchyk Letters of Credit, S. 5–1 ff.; ders. Commercial Letters of Credit in the Americas, 1966; a.A. Wiele Das Dokumenten-Akkreditiv und der angloamerikanische Letter of Credit, S. 17, 75. 11 Lenz EuZW 1991, 297, 299; Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/2; Jack Documentary Credits, Rdn. 12.10; Horn/Wymeersch S. 16. 12 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 72. 13 Hierzu Schütze Bankgarantien, S. 13 ff.; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 11 ff.; Berger in: FS Schütze, S. 103, 105; Bertrams Bank Guarantees in International Trade, Rdn. 1–3; sowie u. Rdn. 8/5 ff. und Fn. 6. 14 Michel WiB 1994, 522; Shingleton/Wilmer RIW 1991, 793, 796; Heymann/Horn HGB, Anh. § 372 Rdn. VI/87; Nielsen WM-Sonderbeilage 2/1994 S. 3; Eberth ZVglRWiss 80 (1981), 29, 31 ff.

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I. Grundformen und Rechtsnatur des Akkreditivs

Zweiter Abschnitt

sich auch die Umschreibung, dass es sich bei einem Standby Letter of Credit um eine Garantie im Mantel des Dokumentenakkreditivs handele.15 Dokumentenakkreditiv und Standby Letter of Credit unterscheiden sich dadurch, dass ein Akkreditiv die ordnungsgemäße Vertragserfüllung durch Einreichung akkreditivkonformer Dokumente sichert, während ein Standby Letter of Credit ebenso wie eine Garantie dem Begünstigten Schutz vor Nichterfüllung bietet.16 Seit der Revision 1983 gelten gemäß Art. 1 S. 1 ERA die ERA auch für den Standby Letter of Credit. Allerdings ist bei Standby Letters of Credit unklar, in welchem Umfang die ERA letztlich gelten.17 Gleichwohl hat die ICC den garantieähnlich wirkenden Standby Letter of Credit nicht in den Anwendungsbereich der Einheitlichen Richtlinien für „auf Anfordern“ zahlbare Garantien aufgenommen. Wegen diverser Rechtsfragen und wegen des Inkrafttretens der ISP98 ist dem Standby Letter of Credit ein eigener Abschnitt gewidmet (Rdn. 8/11 ff.). Darüber hinaus soll ein kurzer Hinweis auf die Auswirkungen der UN-Konvention über unabhängige Garantien und Standby Letters of Credit auf die Praxis der Standby Letter of Credit gegeben werden.

B.

Ausgestaltung von Dokumentenakkreditiven und Grundbegriffe

Dokumentenakkreditive können vielfältig ausgestaltet werden. An dieser Stelle 2/10 sollen nur einige Grundbegriffe erwähnt werden:

1.

Grundsätzliche Struktur eines Dokumentenakkreditivs und Erweiterungsformen bei Einschaltung anderer Banken

Bei einem Dokumentenakkreditiv, das in der Regel der Bezahlung einer Ware 2/11 dient, sind in seiner Grundform drei Beteiligte vorhanden: der Akkreditivauftraggeber (Käufer/Importeur), die eröffnende Bank/Akkreditivbank (Bank des Käufers/Importeurs) und der Akkreditivbegünstigte (Verkäufer/Exporteur).18 Als vierte Beteiligte tritt in aller Regel eine Bank im Land des begünstigten Verkäufers hinzu. Hierbei sind zunächst einmal zwei unterschiedliche Zielsetzungen der Einschaltung der weiteren Bank zu unterscheiden: Entweder ist sie die Bank, die der Verkäufer (Exporteur) von sich aus einschaltet, um der Akkreditivbank die Dokumente vorzulegen und für ihn die Akkreditivsumme in Empfang zu neh-

15 Berger DZWIR 1997, 426, 427; Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch K/1; BGH WM 1994, 1063; Eschmann RIW 1996, 913; OLG Frankfurt WM 1997, 1893. 16 Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 290; Lenz EuZW 1991, 297, 300. 17 Nielsen Richtlinien für Dokumenten-Akkreditive, 2. Auflage, Rdn. 4 ff.; ders. Uniform Customs TransportR 2008 S. 271 mit Bsp. 18 Vgl. Art. 2 ERA; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn 38; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/476; Eisemann/Eberth Das Dokumentenakkreditiv, S. 56 ff. zu den ERA 400.

43

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

men, wobei der Exporteur sich die eingereichten Dokumente bei deferred payment Akkreditiven bis zur Höhe der Akkreditivsumme von dieser Bank ganz oder teilweise bevorschussen lassen kann (Rdn. 2/227). In diesem Fall ist die Bank im Land des Verkäufers für den Verkäufer – und nur für diesen – tätig, ohne dass auf diese Einschaltung die ERA 600 Anwendung finden. Oder aber die Bank im Land des Verkäufers (Exporteurs) ist im Rahmen der Akkreditiveröffnung und Abwicklung als Beauftragte der Akkreditivbank tätig; hierfür finden sich in den ERA 600 Regelungen.19 2/12 Dabei sind drei mögliche Hauptfunktionen dieser Bank zu unterscheiden:

1. Sie teilt dem Begünstigten die Eröffnung des Akkreditivs durch die Akkreditivbank lediglich mit, sie avisiert ihm die Eröffnung, ohne eine Haftung zu übernehmen oder Zahlstelle zu sein. Sie ist hierbei zur Überprüfung der augenscheinlichen Echtheit der Dokumente verpflichtet, Art. 9 ERA. 2. Sie teilt – ohne Haftungsübernahme – die Akkreditiveröffnung mit und ist Zahlstelle/Nominated Bank20 (für die Akkreditivbank); auch in diesem Fall übernimmt sie keine eigene Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Begünstigten. Die Zahlstelle dient der Abwicklung des Akkreditivs durch Zahlung, hinausgeschobene Zahlung, Akzeptierung oder Negoziierung. 3. Sie bestätigt dem Begünstigten das Akkreditiv. Durch die Bestätigung verpflichtet sie sich selbständig – und zwar zusätzlich – neben der Akkreditivbank, die versprochene Leistung durch die Zahlstelle an den Begünstigten zu zahlen. Die Vorteile für den Begünstigten liegen auf der Hand. So ist er zum einen durch die Haftung zweier Banken doppelt gesichert. Zum anderen erhält er mit der bestätigenden Bank in der Regel eine Schuldnerin im eigenen Lande, die er notfalls in seinem Lande auch gerichtlich nach den ihm vertrauten Voraussetzungen in seiner Sprache in Anspruch nehmen kann (Rdn. 2/88 ff. und 2/187 ff.). In der Regel ist eine bestätigende Bank auch Zahlstelle. Dies muss aber nicht notwendigerweise so sein. Es gibt auch Fälle, in denen eine bestätigende Bank nicht Zahlstelle, also nicht benannte Bank gemäss Art. 6a ERA, ist. Früher geschah dies häufig bei echten Rembourskrediten (Rdn. 5/7 ff.). Zahlstelle war dann die – meist an einem anderen Ort in einem anderen Währungsgebiet liegende – Remboursbank (Kaffeeverkauf von Brasilien nach Deutschland gegen englische Pfunde auf Basis eines Rembourskredits, gewährt von einer Londoner Bank im Auftrag eines deutschen Kreditinstituts, das wiederum von einem deutschen Käufer beauftragt war). Hauptplatz für sol-

19 Vgl. Art. 12a ERA (Ermächtigung einer anderen Bank zur Honorierung oder Negoziierung) Art. 8c ERA (Haftung der bestätigenden Bank). 20 Streng genommen müsste man nicht von „Zahlstelle“, sondern von „Benutzbarkeitsstelle“ sprechen, weil dies die Bank ist, bei der das Akkreditiv „benutzbar“ (available) i.S.d. Art. 6a ERA ist. Traditionell wird hier jedoch von Zahlstelle gesprochen, der Begriff der Benutzbarkeitsstelle hat sich noch nicht eingebürgert. Vgl. Nielsen Richtlinien, Rdn. 49; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 297 f.

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I. Grundformen und Rechtsnatur des Akkreditivs

Zweiter Abschnitt

che Rembourskredite war früher London. Seit längerer Zeit sind die echten Rembourskredite nicht mehr so häufig vorgekommen; sie wurden zum Teil durch Fremdwährungskredite (Rdn. 6/1 ff.) ersetzt. Avisiert die Zweitbank das Akkreditiv lediglich, wird im Gegensatz zur Bestäti- 2/13 gung keine Verbindlichkeit dieser Bank gegenüber dem Begünstigten begründet, und zwar auch dann nicht, wenn sie Zahlstelle ist. Gleichwohl spielt es eine Rolle, ob die Zweitbank lediglich als Durchleitungsstelle für die dem Begünstigten zu machende Mitteilung von der Eröffnung des Akkreditivs und später für die vom Begünstigten der Akkreditivbank einzureichenden Dokumente dient oder ob sie – ohne das Akkreditiv bestätigt zu haben – als Zahlstelle fungieren soll. Dies letztere hat für den Begünstigten den Vorteil, dass er die Dokumente bei der Zahlstellenbank einreichen kann, die sie mit verbindlicher Wirkung für die Akkreditivbank prüft, um dann den Akkreditivbetrag – bei Aufnahme der Dokumente – für Rechnung der Akkreditivbank an den Begünstigten auszuzahlen (Rdn. 2/97 ff.). Durch Übertragung des Akkreditivs oder durch andere Maßnahmen – z.B. durch 2/14 Koppelung einer Remboursfinanzierung mit einem Akkreditivvorgang – kann sich der Kreis der Beteiligten noch erweitern (Rdn. 2/198 f., 2/219 und 5/14 f.). Dessen ungeachtet bleiben essenzielle Beteiligte eines Dokumentenakkreditivs, das im Rahmen der Abwicklung eines Kaufvertrages letztlich als Zahlungsweg für die Bezahlung der Ware dienen soll, immer: der Käufer, die Bank des Käufers, der Verkäufer und in der Regel die Bank im Lande des Verkäufers. Dabei wird die Bank des Käufers für den Käufer – und nur für diesen – tätig, während die Bank im Lande des Verkäufers (als avisierende Bank, als Zahlstelle oder als bestätigende Bank) im Rahmen der Akkreditivabwicklung nur für die Bank des Käufers, nicht aber als Beauftragte des Verkäufers auftritt. Durch das Akkreditiv werden somit nicht alle drei Beteiligten in einem Rechtsverhältnis zusammengefasst; es sind die Rechtsbeziehungen zwischen Akkreditivauftraggeber und Akkreditivbank einerseits und diejenigen zwischen Akkreditivbank und Begünstigtem andererseits zu unterscheiden. Es wird sich noch erweisen, wie wichtig die Beachtung dieses Grundsatzes ist (Rdn. 2/160 und 2/375 ff.),21 etwa bei der Lösung von Streitigkeiten, wenn es z.B. um Sorgfaltspflichten der Akkreditivbank gegenüber dem Akkreditivbegünstigten geht. Hat die Käuferseite (Käufer oder dessen Bank) im Land des Lieferanten eine Bank eingeschaltet, mit welcher der Verkäufer ohnehin in Geschäftsverbindung steht (was aus Zweckmäßigkeitsgründen häufig der Fall sein dürfte), haben alle bankgeschäftlichen Beziehungen zwischen der Zweitbank und dem Begünstigten mit der Akkreditivabwicklung deshalb auch nichts zu tun und ändern an dem vorerwähnten Grundsatz nichts. Insbesondere die Zweitbank hat daher stets darauf zu achten, für wen sie im konkreten Fall tätig ist. Auf die Möglichkeit von Konflikten ist später einzugehen (Rdn. 2/394 ff.).

21 Dieser Grundsatz gilt übrigens entsprechend auch für das Dokumenteninkasso (Rdn. 3/16) und den Letter of Credit (Rdn 8/1 ff.).

45

Zweiter Abschnitt

2.

Dokumentenakkreditiv

Widerrufliche und unwiderrufliche Akkreditive

2/15 In der Regel wurden und werden Akkreditive unwiderruflich eröffnet, d.h. die

Akkreditivbank verpflichtet sich unwiderruflich, dem Begünstigten bei Vorlage der geforderten Dokumente den Akkreditivbetrag auszuzahlen, Art. 7a ERA. Widerrufliche Akkreditive kommen in der Form des revolvierenden Barakkreditivs vor, bei denen die Akkreditivbank ihr Zahlungsversprechen widerrufen kann; dass die Sicherheit des Begünstigten, die Akkreditivsumme zu erhalten, dann sehr viel geringer ist, liegt auf der Hand (Rdn. 2/80 ff. und 2/157 ff.). Aufgrund der für den Begünstigten geringen Sicherheit eines widerruflichen Akkreditivs sind diese in der Praxis eher als Ausnahme zu betrachten. Daher enthalten die ERA 600 konsequenter Weise keine Regelungen zu widerruflichen Akkreditiven mehr. Dies besagt aber nicht, dass es keine widerruflichen Akkreditive mehr gäbe, jedoch müssen die Beteiligten den dann vorliegenden Einzelfall ausführlich regeln.22

3.

Bestätigte und unbestätigte Akkreditive

2/16 Gemäß Art. 8a ERA begründet die Bestätigung eines unwiderruflichen Akkreditivs

eine eigene feststehende Verpflichtung der bestätigenden Bank zur Zahlung, sofern die vorgeschriebenen Dokumente der bestätigenden Bank, wenn sie benannte Bank ist, oder einer anderen benannten Bank vorgelegt werden und die Akkreditivbedingungen erfüllt sind. Diese Verpflichtung tritt neben die Verpflichtung der eröffnenden Bank. Art. 2 ERA definiert als „Bestätigung“ eine „feststehende Verpflichtung der bestätigenden Bank, zusätzlich zu derjenigen der eröffnenden Bank, eine konforme Dokumentenvorlage zu honorieren oder zu negoziieren“.23 Akkreditivbank und Bestätigungsbank haften dem Begünstigten als Gesamtschuldner. Zu beachten ist allerdings, dass die bestätigende Bank nicht zwingend die benannte Bank gemäß Art. 6a ERA, also die Bank sein muss, bei der das Akkreditiv benutzbar gestellt ist. Insofern erfüllt die Gesamtschuldverpflichtung der bestätigenden Bank Garantiefunktion, wenn sie nicht Zahlstelle (benannte Bank) ist.24 Die Eröffnung eines unbestätigten Akkreditivs begründet für den Begünstigten zwar keine zusätzlichen Zahlungsansprüche gegen die Zweitbank. Jedoch hat die Zweitbank, wenn sie zusätzlich oder ausschließlich als sog. „Nominated Bank“ bzw. „benannte Bank“, d.h. als Zahlstelle eingesetzt ist, für Rechnung und in Vertretung der Eröffnungsbank die ihr vorgelegten Dokumente zu überprüfen und – bei vorliegender Deckung – auszuzahlen.25 Mithin wird die gesamte technische Abwicklung des Akkreditivs an den Sitz der Zweitbank verlagert.

22 23 24 25

46

Holzwarth IHR 2007, 136, 140; Schütze Dokkumentenakkreditiv, Rdn. 46. Hervorhebung durch den Verf. Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 154. S. hierzu a. Ingelmann/Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 291 f.

I. Grundformen und Rechtsnatur des Akkreditivs

4.

Zweiter Abschnitt

Übertragbarkeit

Akkreditive sind grundsätzlich unübertragbar, d.h. der Begünstigte kann seine 2/17 durch das Zahlungsversprechen der Bank gesicherte Position nicht auf einen anderen übertragen (Art. 38a ERA); die Möglichkeit zur Abtretung des Auszahlungsanspruchs wird dadurch allerdings nicht berührt (Art. 39 ERA) (Rdn. 2/216 ff.). Akkreditive können aber auch übertragbar eröffnet werden (Art. 38b ERA), was zur Folge hat, dass ein vom Begünstigten zu bestimmender Anderer, ein Zweitbegünstigter, ganz oder teilweise an die Stelle des ursprünglich Begünstigten treten kann (Rdn. 2/108 ff. und 2/198 ff.).

5.

Einzelakkreditiv – revolvierendes Akkreditiv

Das Einzelakkreditiv kann vom Begünstigten bis zu dem darin angegebenen 2/18 Akkreditivbetrag ausgenutzt werden, wobei die Inanspruchnahme jedoch grundsätzlich auch in Teilen möglich ist, Art. 31a ERA. Die Verpflichtung der Bank erlischt nach Maßgabe ihrer Leistungen unter dem Akkreditiv. Nur bei entsprechender Zusage sind Akkreditive wieder ausnutzbar. Das revolvierende Akkreditiv steht hingegen für erneute Inanspruchnahmen in der ursprünglichen Höhe auf einen neuen Termin wieder zur Verfügung.26 In der Praxis findet es jedoch kaum Verwendung.27

C.

Rechtsnatur des Dokumentenakkreditivs als Ganzes

Wie bereits erwähnt, sind an einem Akkreditiv notwendigerweise zumindest drei 2/19 Parteien beteiligt: Akkreditivauftraggeber (Käufer), Akkreditivbank und Begünstigter (Verkäufer). Es hat nicht an Versuchen gefehlt, das diese drei Rechtssubjekte wirtschaftlich verbindende Akkreditivgeschäft, das funktionell der Zahlungssicherung, der Zahlung und häufig auch der Kreditbesicherung dient, in seiner Gesamtheit rechtlich zu qualifizieren. Die meisten der bisher vorgeschlagenen Lösungen können dogmatisch jedoch nicht befriedigen: Die früher anzutreffende Meinung, es handele sich beim Akkreditiv um einen Vertrag zugunsten Dritter,28 wird heute nicht mehr vertreten. Dasselbe gilt für die Annahme eines Treuhandvertrages;29 dabei war allerdings nicht an ein fiduziarisches Rechtsverhältnis gedacht, sondern daran, dass die Bank eine Mittlerstellung zwischen Käufer und Verkäufer einnehmen sollte. Da aber das Herbeiführen der Akkreditiveröffnung

26 Schärrer Rechtsstellung im Dokumenten-Akkreditiv, S. 21 ff.; Grader van der Maas Handbuch des Dokumenten-Akkreditivs, S. 101 ff.; Häberle in: Handbuch der Akkreditive, S. 103 ff. 27 Altmann in: von Bernstorff Zahlungssicherung, S. 21. 28 Wolff JW 1922, 770; w.N. bei Angersbach Beiträge, S. 57 Fn. 241. 29 So Jacobsohn Gruchot 66 (1922) 24, 36.

47

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

eine Leistungspflicht des Käufers gegenüber dem Verkäufer ist, zu deren Durchführung er sich der Akkreditivbank bedient, steht die Bank eindeutig als Beauftragte auf der Seite des Käufers. Sie besorgt sein Geschäft, indem sie für ihn eine Verbindlichkeit gegenüber dem Verkäufer eingeht, die – wenn sie einmal unwiderruflich existent geworden ist – einen objektiv fixierten, vom Akkreditivsteller (Käufer) nachträglich nicht mehr zu beeinflussenden Inhalt hat. Rechte oder Pflichten der Bank als arbiter zwischen Käufer und Verkäufer oder eine wie immer geartete rechtliche Verpflichtung, die Interessen des Verkäufers zu betreuen und auf einen Ausgleich zwischen ihm und dem Käufer hinzuwirken, kommen nicht in Betracht. Die Akkreditivbank, die im Auftrag des Käufers tätig wird, hat für den Akkreditivbegünstigten erkennbar bei der Akkreditiveröffnung streng die ihr vom Auftraggeber erteilten Weisungen zu beachten,30 so dass insoweit kein Raum für eine Wahrung der Interessen des Akkreditivbegünstigten ist. Der Begünstigte ist dann seinerseits gefordert zu prüfen, ob er die Akkreditivbedingungen so akzeptieren kann. Die Akkreditivbank übernimmt deshalb gerade keine generelle Mittlerrolle im Sinne einer gegenseitigen Interessenwahrung zwischen dem Verkäufer und dem Käufer, sondern nur im Rahmen der Zahlungsabwicklung durch die Akkreditivstellung.31 Die Eröffnung des Akkreditivs kann insoweit nicht vom Akkreditivauftragsverhältnis getrennt werden. Nach der Akkreditiveröffnung richten sich die Rechte des Akkreditivbegünstigten dann jedoch allein nach dem Inhalt des zu seinen Gunsten eröffneten Akkreditivs. Unabhängig vom Grundgeschäft kann er von der Akkreditivbank dann Zahlung verlangen, wenn er die Akkreditivbedingungen vollständig erfüllt hat. Aufgrund der unterschiedlichen teils gegenläufigen Interessenlage zwischen Akkreditivbegünstigtem und Akkreditivauftraggeber und der Nichteingebundenheit der Akkreditivbank in das Grundgeschäft ist für Auslegungen oder Wertungen der Akkreditivbedingungen zugunsten einer der Parteien des Grundgeschäfts nach der Akkreditiveröffnung kein Platz. Deshalb schreiben die ERA in Art. 14a auch ausdrücklich vor, dass die Akkreditivbank allein aufgrund der Dokumente zu entscheiden hat, ob diese akkreditivkonform sind oder nicht. Dem steht nicht entgegen, dass die beteiligten Banken im Rahmen ihres Kundendienstes sich alle Mühe geben, den Ablauf der Geschäfte zu fördern, Schwierigkeiten zu beheben und in sachdienlicher Weise behilflich zu sein. 2/20 In der Literatur und in der Rechtsprechung finden sich Stimmen, die den Akkredi-

tivvorgang unter dem Aspekt der bürgerlich-rechtlichen Anweisung (§§ 783 ff. BGB) sehen.32 Es handele sich dabei nicht um eine echte Anweisung,

30 BGH WM 1984, 1443. 31 Missverständlich deshalb BGHZ 28, 129, 139; die vom BGH angesprochene „Unparteilichkeit“ ist auf die Abwicklung des eröffneten Akkreditivs, nicht jedoch auf die Eröffnung zu beziehen; vgl. a. BGH WM 1984, 1443. 32 So Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 920 f; Baumbach/Hopt HGB, (7) Bankgeschäfte Rdn. K 1; MüKo-Habersack BGB, § 783 Rdn. 39 ff., 46; RGZ 106, 304, 307; RGZ 107, 7, 9; RGZ 144, 133, 136; BGH WM 1996, 58; BGHZ 66, 262, 264 = WM 1973, 483, 484 = NJW 1973, 889, 900.

48

I. Grundformen und Rechtsnatur des Akkreditivs

Zweiter Abschnitt

sondern um eine solche im weiteren Sinne, also eine bloße Zahlungsermächtigung des Käufers an die Bank, die durch eine Annahmeerklärung seitens der Bank zu einer Zahlungsverpflichtung der Bank gegenüber dem Begünstigten werde. Diese Auffassung wird dem Charakter des Akkreditivs jedoch nicht gerecht: Die Vorschriften des BGB über die Anweisung passen nicht für das Akkreditiv. Schon die technische Trennung von „Anweisung“ = Akkreditivauftrag und „Annahme der Anweisung“ = Akkreditiveröffnung oder -bestätigung zeigt, dass man den Vorschriften des BGB über die Anweisung nur wenig über das Akkreditiv entnehmen kann. Es findet sich auch keine Bestimmung, die ohne Zwang auf den Akkreditivvorgang angewendet werden könnte. Dies gilt insbesondere für § 784 BGB, weil für das Akkreditiv gerade typisch ist, dass die Akkreditivbank Einwendungen aus dem „Inhalt der Anweisung“ (= Akkreditivauftrag) dem Begünstigten nicht entgegenhalten kann.33 Beim Akkreditiv ist das Zahlungsversprechen der Bank gegenüber dem Begünstigten, das rechtlich als Schuldversprechen (§ 780 BGB) zu qualifizieren ist (Rdn. 2/150),34 von ihrem Auftragsverhältnis zum Käufer streng zu trennen, damit nicht die Sicherheit des Begünstigten dadurch beeinträchtigt wird, dass die Bank sich durch Berufung auf Umstände, die das Auftragsverhältnis betreffen, ihrer Zahlungspflicht gegenüber dem Begünstigten entziehen kann. In Deutschland ist, wie schon früher erwähnt (Rdn. 1/2), das Akkreditiv gesetzlich 2/21 nicht geregelt. Man hat es hier mit einem eigenständigen, aus wirtschaftlichen Notwendigkeiten geborenen Rechtsinstitut zu tun, das sich – schon aufgrund seiner Internationalität – unabhängig von den nationalen Rechten entwickelt hat und bei dem die Abstraktheit vom Grundgeschäft und der hieraus resultierende Einwendungsausschluss konstitutiv sind. Ebenso wie sich Wechsel und Scheck vom Anweisungsrecht des BGB gelöst haben und einer eigenen – vom Gesetzgeber sanktionierten – Gesetzlichkeit gefolgt sind, unterliegt auch das Akkreditiv eigenen Gesetzen, die im kodifizierten deutschen Recht bisher keinen ausdrücklichen Niederschlag gefunden haben. Jeder Versuch einer rechtlichen Qualifikation des Dokumentenakkreditivs führt dahin, dass es sich hier um ein Rechtsinstitut eigener Art handelt.35 Es ist mithin festzustellen, dass ein Dokumentenakkreditiv sich als Zahlungsversprechen einer Bank mit einem durch die Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive und Handelsbrauch typisierten Inhalt darstellt, wobei ergänzend etwaige AGB und die von den Beteiligten ausdrücklich oder stillschweigend gewählte nationale Rechtsordnung heranzuziehen sind.

33 Vgl. jedoch Witte-Wegmann JuS 1975, 137, 140. 34 BGHZ 60, 262; OLG München WM 1996, 2335, 2336; OLG Hamm WM 1997, 609, 610; Palandt/Sprau § 783 Rdn. 17; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 45a; Koller WM 1990, 293, 298; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 924. 35 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/491; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 215; Liesecke WM 1966, 467; Eschmann Der einstweilige Rechtsschutz beim Dokumentenakkreditiv in Deutschland, England und der Schweiz, S. 49 ff.

49

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

II. Akkreditivklausel im Kaufvertrag A.

Grundverhältnis mit Zahlungsbedingung „Dokumentenakkreditiv“ – Akkreditivklausel

2/22 Die in einem schuldrechtlichen Vertrag enthaltene Vereinbarung der Parteien über

die Stellung eines Akkreditivs wird als Akkreditivklausel36 bezeichnet. Fast ausnahmslos handelt es sich um Export- oder Importverträge, die Warenlieferungen, oft auch mit Dienstleistungen kombiniert, zum Gegenstand haben; doch sind auch andere Verträge denkbar.37 Da das Akkreditiv von dem zugrunde liegenden Vertrag rechtlich unabhängig ist, könnte es überflüssig erscheinen, die Akkreditivklausel hier überhaupt zu erörtern. Sie bildet jedoch nicht nur die notwendige Voraussetzung für das Zustandekommen eines Akkreditivs, sondern enthält auch die für seine spätere Ausgestaltung wesentlichen Elemente, weshalb eine nähere Betrachtung geboten erscheint; dies auch deswegen, weil die Bank im Hinblick auf Gesichtspunkte einer zweckmäßigen späteren Abwicklung und möglicherweise auch wegen einer Akkreditivfinanzierung gehalten sein kann, ihrem Kunden – unverbindliche – Anregungen für die Ausgestaltung der Akkreditivklausel zu geben.38

B.

Inhalt der Akkreditivklausel; Pflichten der Vertragsparteien und Rechtsfolgen bei Nichterfüllung

1.

Pflichten des Käufers

a)

Leistung erfüllungshalber

2/23 Aus der Akkreditivklausel resultiert die Verpflichtung des Käufers, zugunsten des

Verkäufers ein Akkreditiv eröffnen zu lassen.39 Die Vereinbarung eines Akkreditivs besagt aber nicht, dass der Käufer bereits mit dessen Eröffnung durch die

36 Ausf. dazu Stötter RIW 1981, 86; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1047 ff.; Schlegelberger/ Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 239; Nielsen Grundlagen, S. 43; Hoeren/Florian Rdn. 28; Baumbach/Hopt HGB, Bankgeschäfte (7) Rdn. K/25; Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/21 ff. 37 Schärrer Rechtsstellung im Dokumenten-Akkreditiv, S. 59; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 223. 38 Eingehend dazu Stötter RIW 1981, 86. Besonderes Augenmerk ist in diesem Zusammenhang jedoch darauf zu richten, dass von der Bank nicht die Grenze zur unerlaubten Rechtsberatung überschritten wird. 39 RGZ 96, 255, 257; RGZ 103, 376, 390; BGH WM 1958, 456, 458; BGH WM 1965, 102, 103; OLG Düsseldorf WM 1971, 168 (bei Benutzbarkeit des Akkreditivs am Ort der Niederlassung des Verkäufers, ist dieser Ort im Zweifel auch Leistungsort für Verkäufer). S.a. OGH ÖBA 1996, 64.

50

II. Akkreditivklausel im Kaufvertrag

Zweiter Abschnitt

Bank seine kaufvertragliche Pflicht zur Zahlung des Kaufpreises erfüllt hat. Das Akkreditiv soll den Kaufpreisanspruch des Verkäufers sichern und den Zahlungsweg fixieren: Die Eröffnung des Akkreditivs – wie auch seine Bestätigung – geschieht erfüllungshalber, also nicht an Erfüllungs statt.40 Daraus ergibt sich, dass der Kaufpreisanspruch des Verkäufers gegen den Käufer erst erlischt, wenn der Verkäufer durch die Bank aufgrund des gestellten Akkreditivs tatsächlich Zahlung erhält. Die Akkreditivklausel begründet eine Pflicht der Parteien, den vorgesehenen Weg der Zahlungsabwicklung über das Akkreditiv auch tatsächlich zu beschreiten. Der Verkäufer muss die Kaufpreiszahlung durch Benutzung des gestellten Akkreditivs erwirken, d.h. er übernimmt die Verpflichtung zur Dokumenteneinreichung (Rdn. 2/33); er darf den Käufer nicht unmittelbar oder auf einem anderen Weg auf Zahlung des Kaufpreises in Anspruch nehmen, solange er nicht den ernsthaften Versuch unternommen hat, aus dem Akkreditiv Zahlung zu erhalten (sog. Akkreditiveinrede).41 Gelingt das dem Verkäufer nicht, haftet ihm der Käufer außerhalb des Akkreditivs aus dem Kaufvertrag unmittelbar auf Zahlung des Kaufpreises. Zur Geltendmachung bedarf es einer vorherigen Klage gegen die Akkreditivbank nicht;42 es genügt der Nachweis, dass ein ernsthafter Versuch, von der Bank gegen ordnungsgemäße Dokumente Zahlung zu erhalten, erfolglos geblieben ist. Der Verkäufer als Begünstigter des Akkreditivs muss sich jedoch auch dann wieder an den Käufer halten können, wenn er unter dem Akkreditiv aus von ihm zu vertretenen Gründen (z.B. Vorlage nicht akkreditivgerechter Dokumente) keine Zahlung erhalten hat.43 Etwaige Gegenansprüche des Käufers, wenn diesem dadurch ein Schaden entstanden sein sollte, sind vom Verkäufer nach den Regeln über die positive Vertragsverletzung zu erstatten.44 Da der Käufer auch jedem Rechtsnachfolger des Verkäufers, dem der Kaufpreisanspruch abgetreten wurde, gemäß § 404 BGB die Akkreditiveinrede entgegenhalten kann,45 ist bei einer Vorfinanzierung der Kaufpreisansprüche darauf zu achten, dass sich die finanzierende Bank neben den Kaufpreisansprüchen ausdrücklich auch die Ansprüche aus einem nach dem Kaufvertrag zu bestellenden Akkreditiv abtreten lässt. Werden die Akkreditivansprüche nämlich an eine andere Bank abgetreten, oder von anderen Gläubigern des Verkäufers gepfändet, oder wird über das Vermögen des Verkäufers ein Insolvenzverfahren eröffnet, läuft die Abtretung der Kaufpreisansprüche endgültig ins Leere, da der Verkäufer dann

40 RGZ 92, 225; BGH WM 1956, 753, 755; BGH WM 1971, 385, 386; Baumbach/Hopt HGB, Bankgeschäfte (7) Rdn. K/26; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1057; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 247, Ehrlich Dokumentenakkreditiv HIW, Rdn. 258. 41 Liesecke WM 1976, 258, 259; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1058. S. a. zum Meinungsstreit Hoeren/Florian Rdn. 30. 42 Liesecke WM 1976, 258, 259; Baumbach/Hopt HGB, Bankgeschäfte (7) Rdn. K/26; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1058 sowie für Österreich OGH ÖBA 1996, 64. 43 Baumbach/Hopt HGB, Bankgeschäfte (7) Rdn. K/26. 44 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1058; Heymann/Horn HGB, Anhang § 372 Rdn. VI/93. 45 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1060.

51

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

nicht mehr in der Lage ist, der finanzierenden Bank die Ansprüche zumindest noch nachträglich abzutreten, während die Kaufpreiszahlung vereinbarungsgemäß über das Akkreditiv erfolgt.46

b)

Bedeutung für die Ausgestaltung des Akkreditivs

2/24 Die Ausgestaltung des Akkreditivs richtet sich nach dem Inhalt der Akkreditivklau-

sel. Deren Abfassung bietet, worauf nicht nachdrücklich genug hingewiesen werden kann, für den Verkäufer die einzige Gelegenheit, auf den Inhalt des Akkreditivs Einfluss zu nehmen;47 denn die Akkreditivstellung selbst geschieht auf Veranlassung des Käufers durch eine Bank, wobei die Bank im Auftrag des Käufers ausschließlich nach dessen Weisungen tätig wird und folglich Weisungen des Verkäufers in Bezug auf den Inhalt des Akkreditivs nicht entgegennimmt. Ist das Akkreditiv dann gestellt, ist der Verkäufer auf die Alternativen beschränkt, das ihm zugehende Akkreditiv entweder in der gestellten Form anzunehmen oder als dem Kaufvertrag nicht entsprechend durch Erklärung gegenüber dem Käufer abzulehnen. Wenn er das Akkreditiv nicht für vertragsgemäß hält und sich mit den Abweichungen auch nicht einverstanden erklären will, muss er den Käufer unverzüglich auffordern, das Akkreditiv durch entsprechende Änderungen (amendments) korrigieren und vertragsgemäß eröffnen zu lassen.48 Aus rein kaufmännischen Gründen (z.B. wegen eines seit Abschluss des Kaufvertrags eingetretenen Preisanstiegs) wird er ein nicht vertragsgemäßes Akkreditiv möglicherweise als willkommenen Anlass benutzen, von dem (ihm inzwischen lästigen) Kaufvertrag, je nachdem mit oder ohne Fristsetzung, zurückzutreten (Rdn. 2/30 f.). Liefert der Verkäufer jedoch in Kenntnis der nicht vertragsgerechten Akkreditiveröffnung, ohne sich etwaige Rücktritts- oder Schadensersatzrechte vorzubehalten, kann darin eine stillschweigende Billigung des Akkreditivs liegen.49 2/25 Der Verkäufer sollte sich bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages

eine klare Vorstellung darüber machen, wie das Akkreditiv im Einzelnen beschaffen sein muss, damit seine Interessen ausreichend gewahrt sind und eine reibungslose Abwicklung des Geschäftes gewährleistet ist. Dazu gehören nicht nur die Erwägungen bezüglich der Art des Akkreditivs, seiner Laufzeit, der Wahl des Transportweges, des Transportmittels, der Art der Transport- und Versicherungsdokumente, der Kostenverteilung usw., sondern oft auch Kreditüberlegungen. Letzteres ist besonders wichtig, weil die Einzelheiten der Bedingungen des Akkreditivs für die Bereitschaft der Banken zur Kreditgewährung im Rahmen der Import- oder Exportfinanzierung wesentliche Bedeutung erlangen können.

46 47 48 49

52

Palandt/Grüneberg BGB, § 404 Rdn. 1 ff. S. hierzu a. Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/22. Vgl. Art. 10, 9 ERA zur Voraussetzung einer wirksamen Akkreditivänderung. Liesecke WM 1966, 458, 460.

II. Akkreditivklausel im Kaufvertrag

Zweiter Abschnitt

In der Wirtschaftspraxis hat sich mit Recht eine mehr oder weniger umfangreiche 2/26 Ausgestaltung der Akkreditivklausel eingebürgert. Ihre Klarheit und Vollständigkeit trägt mit dazu bei, spätere Differenzen zwischen den Vertragsparteien gar nicht erst aufkommen zu lassen.50 Mitunter sind jedoch auch Kurzfassungen der Klausel anzutreffen wie „Bankakkreditiv“, „Kasse gegen Akkreditiv“, „Zahlung gegen Akkreditiv“, „Zahlung durch Akkreditiv“ oder „Akkreditiv gegen Duplikatfrachtbrief“; diese Formulierungen sind oft unzweckmäßig, da sie in ihrer allgemein gehaltenen Textierung dem Käufer einen zu weiten Ermessensspielraum einräumen.51 Solche kurzen, vagen Klauseln genügen allenfalls dann, wenn in der betreffenden Branche insoweit feste Handelsbräuche entstehen (so z.B. bei Produktenbörsen) oder wenn bereits eine ständige Geschäftsverbindung zwischen den Vertragsparteien existiert, aus der sich eine gewohnheitsmäßige Ausgestaltung der einzelnen Akkreditive ergibt. In solchen Fällen kann sogar trotz Fehlens einer Akkreditivklausel im Kaufvertrag eine Verpflichtung des Käufers, ein Akkreditiv eröffnen zu lassen, bestehen. Dringend zu empfehlen ist es, dass die Akkreditivklausel Angaben darüber enthält, ob das Akkreditiv widerruflich oder unwiderruflich, übertragbar oder nicht übertragbar sein soll, ferner eine Abrede über eine eventuelle Bestätigung; auch sollten die gegebenenfalls als Zahlstelle dienende Bank bezeichnet, die geforderten Dokumente aufgeführt sowie das Erstellungs- und Verfalldatum des Akkreditivs genannt werden. Schließlich ist zu empfehlen, schon in der Akkreditivklausel die Geltung der – jeweils gültigen – ERA zu verankern.52 Nicht unbedingt notwendig ist, dass in der Akkreditivklausel des Kaufvertrages 2/27 das Wort „Akkreditiv“ enthalten ist.53 Vielmehr können u.U. auch andere Klauseln, wie z.B. „Banküberweisung gegen Duplikatfrachtbrief“ oder „Zahlung bei Vorlage der Dokumente“, die Auslegung zulassen, dass zwischen den Parteien eine Akkreditivstellung vereinbart worden ist.54 Diese Auffassung darf jedoch nicht zu einer oberflächlichen Textabfassung bei Vertragsschluss führen. Je klarer die Akkreditivklausel den wohlüberlegten, zweckmäßig gestalteten Willen der Vertragsparteien wiedergibt, desto eher ist eine ordnungsgemäße, reibungslose Geschäftsabwicklung gewährleistet. Die Akkreditivklausel im Kaufvertrag beinhaltet einen stillschweigenden Auf- 2/28 rechnungsausschluss.55 Zeitlich gilt der Ausschluss der Aufrechnung auf jeden Fall bis zum Ablauf der vorgesehenen Gültigkeitsdauer des Akkreditivs. Lässt der

50 Nielsen Die Bank 1980, 80, 85. 51 BGHZ 41, 221; Baumbach/Hopt HGB, § 346 Rdn. 40. 52 Stötter RIW 1981, 86; vgl. a. Art. 1 ERA. 53 Nielsen Grundlagen, S. 43; Hoeren/Florian Rdn. 28; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 240; Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/21. 54 RGZ 105, 32, 34; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1047; vgl. a. BGH WM 1955, 765. 55 BGHZ 60, 262, 264 = WM 1973, 483, 484; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1060; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 248; Ehrlich Dokumentenakkreditiv HIW, Rdn. 261; vgl. a. BGH WM 1997, 957, 959 zur „Kasse gegen Dokumente“; Hoeren/Florian Rdn. 32.

53

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

Verkäufer das Akkreditiv verfallen, besteht kein Grund, dem Käufer länger das Aufrechnungsrecht zu versagen, da der Verkäufer jetzt wieder die Forderung aus dem Grundgeschäft geltend machen kann.56 Von einer Aufrechnung durch den Akkreditivauftraggeber zu unterscheiden ist eine Aufrechnung durch die Akkreditivbank (Rdn. 2/391 ff.).

c)

Rechtsfolgen bei Nichterfüllung

2/29 Der Käufer ist dem Verkäufer gegenüber aus dem Kaufvertrag verpflichtet, das

Akkreditiv in allen Einzelheiten entsprechend dem Inhalt der Akkreditivklausel stellen zu lassen. Bei dieser Verpflichtung, die eine vertragliche Erfüllungshandlung des Käufers, nämlich die Sicherung und Abwicklung der Kaufpreiszahlung, betrifft, handelt es sich um eine Hauptpflicht, die eine Vorleistungspflicht des Käufers darstellt.57 Welche Rechte dem Verkäufer erwachsen, wenn der Käufer seiner Pflicht zur ordnungsgemäßen Akkreditivstellung nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt, richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften des jeweils zugrunde liegenden Rechts. Nach deutschem Bürgerlichen Recht und Handelsrecht gilt Folgendes: 2/30 Ist es dem Käufer objektiv unmöglich, das Akkreditiv stellen zu lassen, wird er

von seiner Verpflichtung zur Akkreditivstellung gemäß § 275 BGB frei.58 Objektive Unmöglichkeit liegt z.B. vor, wenn Akkreditivstellungen in der im Kaufvertrag vereinbarten Form etwa aufgrund devisenrechtlicher Bestimmungen unmöglich ist oder an eine Genehmigung geknüpft werden, die der Käufer aus irgendwelchen von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht zu erlangen vermag. Ist kein Akkreditiv gestellt, so entfällt nach § 323 BGB die Verpflichtung des Verkäufers gegenüber dem Käufer aus dem Kaufvertrag, die Ware zu liefern. Der Käufer kann auch nicht verlangen, dass der Verkäufer die Ware gegen Barzahlung liefert; wenn der Verkäufer sich aber angesichts der veränderten Umstände seinerseits zur Lieferung gegen Barzahlung bereit findet, ist der Käufer zur Abnahme der Ware und ihrer Bezahlung verpflichtet. Die auf der Seite des Käufers eingetretene Unmöglichkeit, das Akkreditiv vereinbarungsgemäß stellen zu lassen, befreit den Käufer nur von seiner Vorleistungspflicht bezüglich der Zahlungsabwicklung, nicht aber überhaupt von seiner Verpflichtung, gegen Abnahme der Ware den Kaufpreis zu zahlen.59 Anders sieht es aus, wenn der Käufer aus Gründen, die er zu vertreten hat, nicht in der Lage ist, das Akkreditiv stellen zu lassen, z.B. wenn sich in Anbetracht seiner

56 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1060, a.A. wohl OLG Düsseldorf DB 1972, 1018 und DB 1973, 2294. Anders noch die 6. Auflage, Rdn. 2/20. 57 BGHZ 60, 262; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1050; Schärrer Rechtsstellung im Dokumenten-Akkreditiv, S. 62 f.; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 242; Avancini/ Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/26; Schönle § 8 VIII 2b (1). 58 RGZ 92, 225; für das Schweizer Recht Schärrer Rechtsstellung im Dokumenten-Akkreditiv, S. 73 f.; a.A. Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1054. 59 RGZ 91, 46, 47; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 246; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 278.

54

II. Akkreditivklausel im Kaufvertrag

Zweiter Abschnitt

schlechten Vermögensverhältnisse keine Bank bereit findet, das Akkreditiv für ihn zu eröffnen. Da die Akkreditivstellung eine besondere Art der Zahlungsabwicklung darstellt und die Ursache des Unvermögens des Käufers, das Akkreditiv stellen zu lassen, hier einer fehlenden Zahlungsfähigkeit gleichgesetzt werden muss, ist dieser Fall so zu behandeln, als wenn der Käufer einer Zahlungsverpflichtung nicht nachkommen könnte. Infolgedessen gelten nicht die Vorschriften über die Unmöglichkeit (§ 326 BGB), sondern die über den Verzug (§§ 286 ff., 323 BGB).60 Das bedeutet, dass der Käufer – wenn deutsches Recht anwendbar ist – hinsichtlich der Akkreditivstellung zunächst durch Mahnung in Verzug gesetzt werden muss (§ 286 BGB).61 Der Käufer kann gemäß § 286 Abs. 2 Satz l BGB auch ohne Mahnung in Verzug geraten, wenn sich aus dem Kaufvertrag, insbesondere aus der Akkreditivklausel, ein Zeitpunkt ergibt, bis zu dem das Akkreditiv zu eröffnen war bzw. nach welchem die Akkreditivstellung für den Verkäufer keinen Sinn mehr hat (Verschiffungsfrist oder Laufzeit des Akkreditivs o.ä.). Eine Fristsetzung ist zudem dann nicht erforderlich, wenn der Käufer die Stellung des Akkreditivs definitiv verweigert (§ 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB). Kommt der Käufer in Verzug, muss ihm der Verkäufer normalerweise eine Nachfrist setzen, nach deren ergebnislosem Ablauf er zum Rücktritt vom Vertrag oder zur Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung berechtigt ist.62 Wenn die Erfüllung des Vertrages infolge des Verzugs für den Verkäufer kein Interesse mehr hat, stehen ihm die genannten Rechte gemäß § 323 Abs. 2 BGB auch ohne Nachfristsetzung zu. Dies wird in der Praxis häufig der Fall sein, insbesondere dann, wenn der Käufer erst mit dem Ablauf der Verschiffungsfrist oder der vorgesehenen Laufzeit des Akkreditivs in Verzug gerät. Außer den Rechten aus §§ 323 f. BGB besitzt der Verkäufer möglicherweise auch Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung.63 Das vorstehend geschilderte Verfahren entspricht in der Praxis nicht der Regel. Im 2/31 Außenhandelsgeschäft spielen feste Termine und Fristen eine besondere Rolle.64 Daher wird in den Akkreditivklauseln vielfach ein fester Termin genannt, bis zu welchem die Akkreditivstellung erfolgt sein muss. Häufig ist auch „sofortige Akkreditivstellung“ ausbedungen, oder es ergibt sich aus den Umständen, dass der Käufer unverzüglich oder bis zu einem bestimmten Termin das Akkreditiv

60 Teilweise anders: Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1054. S.a. Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 246; Hoeren/Florian Rdn. 29. 61 Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 243. 62 RGZ 103, 376, 380; OLG Nürnberg NJW 1966, 2272. 63 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1052. Vgl. a. BGH WM 1968, 94, 96: In diesem Fall hat der Käufer den von ihm eingeschalteten Spediteur angewiesen, die für die Einreichung bei der Bank erforderliche Übernahmebescheinigung nur nach einer vertraglich nicht vorgesehenen Qualitätsprüfung auszufertigen. Hierdurch wurde dem Verkäufer die Geltendmachung des Akkreditivbetrages unmöglich gemacht; der BGH billigte ihm die Rechte aufgrund pVV zu. 64 Vgl. BGH WM 1969, 1028; Hoeren/Florian Rdn. 29; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1051.

55

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

stellen zu lassen hat. Dass der Käufer das Akkreditiv sofort eröffnen lassen muss, wird man insbesondere dann annehmen dürfen, wenn in der Akkreditivklausel die Stellung eines Akkreditivs mit kurzer Laufzeit vorgesehen ist: Hier haben die Vertragsparteien erkennbar alsbaldigen Versand der Ware gewollt. In allen diesen Fällen liegt ein Fixgeschäft im Sinne des § 376 HGB vor.65 Der Verkäufer ist, wenn ihm das Akkreditiv nicht sofort oder zu dem festgesetzten Termin gestellt wird, ohne Fristsetzung zum sofortigen Rücktritt vom Vertrag berechtigt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Verzögerung vom Käufer verschuldet ist oder nicht oder ob der Verkäufer die Akkreditiveröffnung angemahnt hat oder nicht.66 Liegt ein Verschulden vor, hat der Verkäufer die Wahl zwischen dem Rücktritt vom Vertrag und dem Verlangen nach Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Wählt er das Letztere, kann er auf Erfüllung des Vertrages nur noch bestehen, wenn er dieses Verlangen dem Käufer sofort nach Fristablauf mitteilt. Hat der Käufer die Verzögerung nicht verschuldet, bleibt dem Verkäufer nur das Recht, vom Vertrag zurückzutreten (§ 376 Abs. 1 S. 1 HGB). Zu beachten ist jedoch, dass der Verkäufer bei einem Fixgeschäft nur dann Erfüllung verlangen kann, wenn er sofort nach Ablauf der Zeit oder der Frist dem Käufer anzeigt, dass er auf Erfüllung besteht (§ 376 Abs. 1 S. 2 HGB). Unabhängig davon, ob ein Fixgeschäft vorliegt oder nicht, muss der Käufer im Verhältnis zum Verkäufer die Verspätung bei der Akkreditivstellung auch dann gegen sich gelten lassen, wenn sie nicht von ihm selbst, sondern von der mit der Akkreditivstellung beauftragten Bank verursacht worden ist. Denn diese Bank ist im Verhältnis zum Verkäufer Erfüllungsgehilfin des Käufers (§ 278 BGB).67 Es genügt also nicht, dass der Käufer seiner Bank rechtzeitig den Akkreditivauftrag erteilt; er ist dem Verkäufer gegenüber auch dafür verantwortlich, dass die Bank – unter Berücksichtigung der notwendigen Arbeitszeit – den Auftrag vor Ablauf der mit dem Verkäufer vereinbarten Frist ausführt.

2.

Pflichten des Verkäufers

a)

Einreichung der vorgeschriebenen Dokumente

2/32 Aber nicht nur für den Käufer, sondern auch für den Verkäufer bringt die Akkredi-

tivklausel gewisse Pflichten mit sich. Dazu gehört zunächst, dass dieser alles tun muss, damit der Käufer das Akkreditiv auch stellen kann. So muss er dem Käufer

65 BGH WM 1958, 456, 458; OLG Nürnberg NJW 1966, 2272; Baumbach/Hopt HGB, § 376 Rdn. 2, 3 sowie Bankgeschäfte (7) Rdn. K/25; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1051; „Sofort“ ist nicht Fixklausel: OLG Hamburg BB 1954, 613. 66 Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 245; Baumbach/Hopt HGB, § 376 Rdn. 10. 67 RGZ 105, 35; BGH WM 1955, 767; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1053; Baumbach/ Hopt HGB, Bankgeschäfte (7) Rdn. K/25; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 278.

56

II. Akkreditivklausel im Kaufvertrag

Zweiter Abschnitt

etwa notwendige Einzelheiten über Art, Beschaffenheit und Formulierung der Dokumente mitteilen, wenn die Vereinbarungen der Parteien im Kaufvertrag insoweit bewusst unvollständig geblieben sind.68 Das kann der Fall sein, wenn bei Abschluss des Kaufvertrages noch Unklarheit z.B. über Art und Weg der Warenversendung und damit über die zu beschaffenden Dokumente bestand. Unterlässt der Verkäufer derartige Mitwirkungshandlungen, gerät er seinerseits in Verzug. Das kann dazu führen, dass der Käufer vom Vertrag zurücktreten oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen kann. Aus der Akkreditivklausel im Kaufvertrag resultiert ferner die Verpflichtung des 2/33 Verkäufers gegenüber dem Käufer (nicht gegenüber der Akkreditivbank), der Akkreditivbank diejenigen Dokumente, gegen die Zahlung geleistet werden soll, vollständig und rechtzeitig einzureichen.69 Ebenso wie die Akkreditivstellung aufseiten des Käufers ist die fristgerechte Dokumenteneinreichung als Hauptverpflichtung des Verkäufers aus dem Kaufvertrag anzusehen.70 Kommt der Verkäufer dieser Pflicht nicht nach, gilt Entsprechendes wie bei einer Pflichtverletzung des Käufers.71 Auf die obigen Ausführungen (Rdn. 2/30 f.) kann insoweit verwiesen werden. Der Auftraggeber ist insbesondere nicht verpflichtet, der Auszahlung des Akkreditivbetrags gegen nicht akkreditivgerechte Dokumente zuzustimmen.72 Die Pflicht zur Dokumenteneinreichung besteht nur gegenüber dem Käufer, nicht aber gegenüber der akkreditivstellenden Bank. Da aber die Bank (z.B. bei Kreditgewährung) ein Interesse daran haben kann, dass der im Akkreditiv begünstigte Verkäufer auch ihr gegenüber zur Dokumenteneinreichung verpflichtet ist, lässt sie sich mitunter von dem Käufer (am besten formularmäßig bei Erteilung des Auftrags zur Akkreditiveröffnung) seine Ansprüche gegen den Verkäufer aus dem Grundgeschäft abtreten (Rdn. 2/42). Dann können Käufer und Verkäufer ohne Einwilligung der Bank keinen anderen Weg der Zahlung vereinbaren, was für die Bank wichtig ist, wenn sie eine Anzahlung finanziert hat. Eine solche Abtretung kann auch im Interesse des Käufers liegen: Im Falle der Abtretung können Gläubiger des Käufers mit gerichtlichen Eilmaßnahmen (z.B. mit einer einstweiligen Verfügung) nicht in die Akkreditivabwicklung eingreifen; dies wäre insbesondere dann zu befürchten, wenn der Lieferungsanspruch des Käufers – etwa infolge einer geleisteten Anzahlung – bereits einen wirtschaftlichen Wert verkörpert.

68 RGZ 103, 376, 379; 105, 32, 34; Liesecke WM 1966, 458, 460. 69 Baumbach/Hopt HGB, Bankgeschäfte (7) Rdn. K/25; Heymann/Horn HGB, Anhang § 372 Rdn. VI/92; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 249; Hoeren/Florian Rdn. 31; Avancini/ Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/29; OGH ÖBA 1996, 64. 70 Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 249; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1049; a.A. noch RGZ 96, 246, 248. 71 OLG Nürnberg NJW 1966, 2272; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1050. 72 Vgl. OGH ÖBA 1996, 64.

57

Zweiter Abschnitt

b)

Dokumentenakkreditiv

Bedeutung des § 321 BGB

2/34 Die Pflicht des Käufers, das Akkreditiv zu stellen, ist eine Vorleistungspflicht.

Sollten sich die Vermögensverhältnisse des Verkäufers nach Vertragsabschluss wesentlich verschlechtern mit der Folge, dass seine Fähigkeit zur Lieferung ernstlich bezweifelt werden muss, kann der Käufer die Akkreditivstellung von der Lieferung der Ware oder Sicherheitsleistung abhängig machen (§ 321 BGB),73 z.B. durch eine Liefer- und Leistungsgarantie einer Bank. Könnte er sich nicht auf § 321 BGB berufen, müsste er trotz einer die Lieferung in Frage stellenden Verschlechterung der Vermögenssituation des Verkäufers das Akkreditiv stellen lassen und abwarten, ob der Verkäufer zu liefern noch in der Lage ist oder nicht. Die Akkreditivstellung und die damit verbundenen Aufwendungen des Käufers wären vergeblich, wenn der Verkäufer später nicht leisten würde; ein Schadensersatzanspruch gegen den Verkäufer ließe sich wegen dessen schlechter Vermögenslage kaum realisieren. Obwohl die Erfüllung des Akkreditivs letztlich auf dem Kaufvertrag basiert, gewinnt das Akkreditivverhältnis zwischen Bank und Begünstigtem ab Akkreditiveröffnung eine rechtliche Unabhängigkeit vom Kaufvertrag; in Art. 4 ERA wird dies ausdrücklich festgestellt. Beide Rechtsverhältnisse – Kaufvertrag und Akkreditiv – bestehen rechtlich nebeneinander. Nicht einmal die Nichtigkeit des Kaufvertrages ergreift ohne weiteres auch das Zahlungsversprechen der Bank aus dem Akkreditiv.74

III. Akkreditivauftrag des Käufers an die Bank A.

Rechtsnatur des Akkreditivauftrags

1.

Anwendbares Recht nach IPR

2/35 Die ERA befassen sich in erster Linie mit dem Verhältnis der Akkreditivbank zum

Begünstigten und klären die Beziehungen zwischen Auftraggeber und Akkreditivbank nur unzureichend.75 Daher ist zu prüfen, welches Recht auf das Verhältnis zwischen Akkreditivauftraggeber und Akkreditivbank anzuwenden ist. Domizilieren Auftraggeber und die Akkreditivbank im selben Lande, ist in Ergänzung der ERA das Recht dieses Landes auf das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien

73 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1049; Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/28. 74 RGZ 97, 144; 106, 304; Grenze: Rechtsmissbrauch; Heymann/Horn HGB, Anh. § 372 Rdn. VI/64 mit Hinweis auf BGH WM 1955, 765. 75 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/503; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 86; Liesecke WM 1966, 458; von Bar ZHR 152 (1988) 38, 49; Hoeren/Florian Rdn. 46. Daher ist unvermeidlich, dass die rechtliche Qualifizierung dieses Rechtsverhältnisses aufgrund der anwendbaren verschiedenen Rechtsordnungen uneinheitlich gehandhabt wird.

58

III. Akkreditivauftrag des Käufers an die Bank

Zweiter Abschnitt

anzuwenden, und zwar unabhängig davon, welches Recht den übrigen Akkreditivbeziehungen zugrunde gelegt werden muss (Rdn. 1/40 f.).76 In den übrigen Fällen ist, da die Parteien in der Praxis nur ausnahmsweise von der Möglichkeit der ausdrücklichen Rechtswahl (z.B. gemäß Art. 27 Abs. 1 EGBGB) Gebrauch machen, das anwendbare Recht nach den Regeln des jeweils anwendbaren Internationalen Privatrechts zu ermitteln.77 Aus deutscher Sicht ist bei fehlender Rechtswahl zu ermitteln, zu welchem Staat der konkrete Vertrag (hier Akkreditivauftrag) die engste Verbindung aufweist (Art. 28 Abs. 1 EGBGB). Das Gesetz vermutet, dass dies der Staat ist, in dem die Vertragspartei ihre Hauptverwaltung oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, welche die für den Vertrag „charakteristische Leistung“ erbringt (Art. 28 Abs. 2 S. 1 EGBGB). Beim Akkreditivauftrag ist dies die Akkreditivbank mit der Übernahme des Akkreditivs, so dass sich das Auftragsverhältnis nach dem für die Akkreditivbank geltenden Recht richtet.78 Das Recht der beauftragten Bank gilt somit als Akkreditivstatut.79 Verfügt die Akkreditivbank über mehrere Niederlassungen, so gilt das Recht des Staates, in dem die „Hauptniederlassung“ oder, wenn das Akkreditiv von einer anderen als der Hauptniederlassung zu erfüllen ist, diese ihren Sitz hat (Art. 28 Abs. 2 S. 2 EGBGB). Für die Praxis bedeutet dies, dass sich der Akkreditivauftrag eines ausländischen Kunden an die deutsche Niederlassung einer internationalen Geschäftsbank zur Eröffnung eines Akkreditivs durch ihre Niederlassung in Moskau nach russischem Recht richten kann. Um dies zu vermeiden, sollte in den Fällen, in denen der Akkreditivauftraggeber nicht im Inland ansässig ist, im Akkreditivauftrag klar geregelt werden, welches Recht dafür gelten soll.

2.

Rechtsnatur und Inhalt des Akkreditivauftrags

Bei dem Rechtsverhältnis zwischen Akkreditivauftraggeber (Käufer) und Akkredi- 2/36 tivbank handelt es sich nach deutschem Recht um einen Geschäftsbesorgungsvertrag, d.h. einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung – hier „eine wirtschaftliche Leistung geistiger Art“ – zum Gegenstand hat (§§ 675, 631 ff. BGB).80

76 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 463; Reithmann/Martiny Internationales Vertragsrecht, Rdn. 1226. 77 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/503; Hoeren/Florian Rdn. 46; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 462 ff. 78 BGH DtZ 1996, 51; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/504; Palandt/Thorn BGB, EGBGB 28 (IPR) Rdn. 22; von Bar ZHR 152 (1988), 38, 53; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 298; Einsele Bank- und Kapitalmarktrecht, § 5 Rdn. 27. 79 Entsprechendes gilt für die Garantie vgl. Rdn. 9/35 ff. 80 RGZ 114, 268, 270; BGH WM 1958, 1542, 1543; BGH WM 1998, 1769, 1770; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn 939; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/505; ders. in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 85; Hoeren/Florian Rdn 47; Raith Das Recht des Dokumentenakkreditivs in den USA und in Deutschland, S. 69; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 87; Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn. K/3. Für Österreich Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/34 – Geschäftsbesorgungsvertrag; s. aber a. Schinnerer/Avancini Bankvertragsrecht III, S. 39 – Werkvertrag; für die Schweiz Bühler Sicherungsmittel im Zahlungsverkehr,

59

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

Inhalt dieses Vertrages ist die Verpflichtung der Bank, gegenüber dem Begünstigten (Verkäufer) ein selbständiges, durch die fristgerechte Einreichung bestimmter vorgeschriebener Dokumente bedingtes abstraktes Schuldversprechen abzugeben, aufgrund dessen der Verkäufer – unabhängig sowohl von seinen Rechtsbeziehungen zum Käufer als auch von dem zwischen dem Käufer und der Bank bestehenden Rechtsverhältnis – Zahlung des Akkreditivbetrages von der Bank verlangen kann, sofern er dieser die vorgeschriebenen Dokumente fristgerecht einreicht. Im Unterschied zum Dokumenteninkasso, das rechtlich als Dienstvertrag (§§ 611 ff. BGB) zu qualifizieren ist (Rdn. 3/9), schuldet die Akkreditivbank dem Auftraggeber nicht nur eine Tätigkeit, sondern einen Erfolg (Akkreditivstellung); gerade das aber kennzeichnet den Werkvertrag. Aus dem Vorgesagten folgt, dass der – in der Praxis so bezeichnete – Akkreditivauftrag des Käufers an die Bank rechtlich als Angebot zum Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrages zu qualifizieren ist. Die Annahme des Angebots geschieht in der Regel durch schlüssige Handlung, indem die Bank dem Kunden eine Kopie ihres an den Begünstigten oder an die (von ihr beauftragte) Zweitbank (Rdn. 2/143) gerichteten Akkreditiveröffnungsschreibens übersendet.81

B.

Verbindlichkeit und Form des Akkreditivauftrags

1.

Willenserklärung und Vertretung

2/37 Der Auftrag zur Akkreditiveröffnung ist eine Willenserklärung, deren Wirksam-

keit auf den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften (§§ 116 ff. BGB) basiert. Wesentlicher Inhalt des Vertragsangebots des Käufers an die Bank ist seine Bitte, die Bank möge sich unter besonders spezifizierten Bedingungen ihrerseits dem Verkäufer gegenüber verpflichten, an diesen Zahlung zu leisten.82 2/38 Ein rechtsverbindlicher Akkreditivauftrag muss von vertretungsberechtigten Per-

sonen erteilt werden. Es kommt vor, dass der Auftraggeber es versäumt, den Auftrag zu unterzeichnen, oder dass der Auftrag die Unterschrift von Personen trägt, die eine rechtsverbindliche Erklärung für den Auftraggeber nicht abgeben können. In beiden Fällen liegt ein verbindliches Vertragsangebot des Auftraggebers nicht vor; derjenige, der den Akkreditivauftrag in dieser Form im Namen des Auftraggebers bei der Bank einreicht, handelt als Vertreter ohne Vertretungsmacht. Entsprechendes gilt bei telefonisch durch nicht alleinvertretungsberechtigte Personen übermittelten Aufträgen. Die Wirksamkeit des Vertrages mit der Bank hängt dann von der Genehmigung des Auftraggebers ab (§ 177 BGB).

S. 32 f.; BGE 78 II 48; BGE 117 III 77 (Anweisungs- und Auftragsverhältnis); von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 219. 81 BGH WM 1983, 1385, 1386, dazu Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 937. 82 Ausführlich zum Akkreditivauftrag: Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 85 ff.; Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/34.

60

III. Akkreditivauftrag des Käufers an die Bank

Zweiter Abschnitt

In allen Fällen, in denen nach Lage der Dinge nicht auszuschließen ist, dass sich aufgrund eines nicht rechtswirksam erteilten Auftrags Schwierigkeiten ergeben können, tut die Bank gut daran, mit der Eröffnung des Akkreditivs zu warten, bis der Auftrag in rechtsverbindlicher Form vorliegt. Bei sofortiger Eröffnung läuft die Bank sonst Gefahr, dass der Käufer der Ausführung des Auftrags nachträglich widerspricht. Dann aber ist es für die Bank zu spät, weil sie sich dem Begünstigten gegenüber bereits gebunden hat. Nur wenn die Bank im Einzelfall sicher ist, dass der Käufer die Ausführung des Auftrags später genehmigen wird, wird sie das Akkreditiv ohne weiteres Abwarten eröffnen. In der widerspruchslosen Entgegennahme der von der Bank dem Käufer übersandten Kopie des Akkreditiveröffnungsschreibens kann die stillschweigende Genehmigung des zunächst von nicht vertretungsberechtigten Personen erteilten Akkreditivauftrags liegen; ist das der Fall, ist nach den allgemeinen Regeln des Vertragsrechts der vorstehend näher beschriebene auf eine Geschäftsbesorgung gerichtete Werkvertrag (Rdn. 2/36) zustande gekommen. Da das Gesetz (§ 177 BGB) jedoch von einer ausdrücklichen Genehmigungserklärung des anderen Teils ausgeht, scheidet die Annahme einer stillschweigenden Genehmigung allerdings immer dann aus, wenn die Bank den Akkreditivauftraggeber ausdrücklich zur Genehmigung aufgefordert hat. Hier sieht § 177 Abs. 2 BGB sogar ausdrücklich vor, dass die Genehmigung in diesem Fall als verweigert gilt, wenn sie nicht innerhalb von zwei Wochen nach Aufforderung erteilt wird. Wenn der Käufer es über einen längeren Zeitraum geduldet hat, dass die Akkreditivaufträge von Sachbearbeitern erteilt werden, die zur rechtsgeschäftlichen Vertretung nicht berechtigt sind, dürfte darin die Erteilung einer Spezialvollmacht oder zumindest eine Duldungs- oder Anscheinsvollmacht zu sehen sein; es liegt dann ein verbindlicher Auftrag vor, und der Käufer kann sich dann nicht auf die Unverbindlichkeit des Akkreditivauftrags berufen.83

2.

Formerfordernis

Für den Akkreditivauftrag ist keine bestimmte Form vorgesehen.84 Der Auftrag 2/39 kann also sowohl mündlich oder fernmündlich – was beides in der Praxis schon aus Sicherheitsgründen eine ganz große Ausnahme ist –85 als auch schriftlich oder fernschriftlich erteilt werden. Eine mündliche Auftragserteilung wird eine Bank jedoch nur gelten lassen, wenn im Ausnahmefall besondere Umstände (etwa eine langjährige Geschäftsbeziehung und auch die Bonität des Kunden) sie dazu

83 Dazu Palandt/Heinrichs BGB, § 172 Rdn. 8 ff., 11 ff. 84 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 89; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 936; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 232. 85 Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/33; Nielsen Grundlagen, S. 45; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 232.

61

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

bewegen.86 Auch die freie Schriftform ist aus der Praxis im Laufe der Zeit fast völlig verdrängt worden. Diese beiden Arten der Auftragserteilung bergen so viele Quellen für Missverständnisse und Unklarheiten in sich, dass sie einen reibungslosen Ablauf des seinem Wesen nach formstrengen Akkreditivgeschäftes nicht gewährleisten. Der Umfang des Akkreditivverkehrs hat deshalb zu einer formularmäßigen Bearbeitung der Akkreditivaufträge der Käufer an die Banken – wie übrigens auch der von den Banken eröffneten Akkreditive87 – geführt. Gewichtige Stimmen in der Literatur gehen daher unter Hinweis auf die Formstrenge des Akkreditivgeschäfts und die Verkehrsüblichkeit der Verwendung von Formularen bereits von einem gewillkürten Erfordernis der Schriftform aus.88 Da ein derartiges Formerfordernis von den Vertragsparteien jederzeit wieder aufgehoben werden kann,89 ist es letztlich müßig, darüber zu streiten. Entscheidend ist die Reaktion der Bank auf einen ihr erteilten Akkreditivauftrag. Nimmt sie einen telefonischen Auftrag an, muss sie sich daran festhalten lassen. Auf eine schriftliche Bestätigung sollte aber in diesem Fall keineswegs verzichtet werden. Die Auftragserteilung per E-Mail oder via Internet dürfte bei entsprechenden Abreden nicht ausgeschlossen sein. Entsprechende Verfahren existieren bereits in der Bankenpraxis, bei denen mit den Auftraggebern im Wege von Rahmenvereinbarungen ausführliche Regelungen hinsichtlich der Abwicklung der Aufträge getroffen werden.

3.

Standardformulare

2/40 Von der ICC wurden Standardformulare als Muster veröffentlicht;90 an diese lehnen

sich die Formulare der Banken an. Die von der ICC zur Anwendung empfohlenen Formulare betreffen Aufträge zur Akkreditiveröffnung; sie enthalten in vorgedruckten Spalten sämtliche Punkte, zu denen Angaben des Akkreditivauftraggebers und Weisungen an die Bank in Betracht kommen. Den Standardformularen für die Akkreditiveröffnung entsprechen die in der Praxis für den Akkreditivauftrag benutzten Formulare.91 Durch deren Verwendung wird erreicht, dass der Auftraggeber veranlasst wird, bereits im Akkreditivauftrag zu allen wesentlichen Punkten

86 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 89. 87 Zur anglo-amerikanischen Praxis des Letters of Credit: Gutteridge/Meghrah The Law of Bankers‘ Commercial Credits, S. 53 ff. 88 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 936; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 232; Nielsen Grundlagen, S. 46; ders. in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 86; Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn. K/3; Hoeren/Florian Rdn. 49. S.a. Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 89. 89 Palandt/Heinrichs BGB, § 125 Rdn. 19. 90 The new standard documentary credit forms for the UCP 500, ICC-Publ Nr. 516, s. insbes. Formblatt „Appendix 1“ für Akkreditivaufträge. 91 Krit. hierzu Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 90, da der „Auftrag“ nur die Offerte des Akkreditivauftragebers enthalte, die von der Akkreditivbank angenommen werden müsse, damit der Vertrag zustande komme. Daher sei die Vertragsform vorzuziehen.

62

III. Akkreditivauftrag des Käufers an die Bank

Zweiter Abschnitt

Angaben zu machen und Weisungen zu erteilen. Die Übereinstimmung beider Formulartypen bietet die Gewähr dafür, dass die Bank die für ein ordnungsgemäßes Akkreditiv erforderlichen Weisungen auch vollständig erhält und dann das Akkreditiv entsprechend den Weisungen des Akkreditivauftraggebers eröffnen kann. Um klarzustellen, dass die ERA in ihrer derzeitigen Fassung maßgebend sind, sollten die Akkreditivauftraggeber mit Blick auf Art. 1 ERA schon in ihren Auftragstext die Worte „Dieses Akkreditiv unterliegt den Einheitlichen Richtlinien und Gebräuchen für Dokumenten-Akkreditive (Revision 2007), Publikation Nr. 600 der Internationalen Handelskammer.“ aufnehmen, die dann in den Text des Akkreditiveröffnungsschreibens und gegebenenfalls in den Text des an eine zwischengeschaltete zweite Bank gerichteten Auftrags übernommen werden. Durch diese Textgestaltung, die zumeist schon formularmäßig berücksichtigt ist, werden die – ohnehin geltenden (Rdn. 1/18) – Regeln der ERA dem Kunden ins Gedächtnis zurückgerufen.

4.

Beratungspflicht der Akkreditivbanken bei der Erteilung des Akkreditivauftrags?

Wenn im weiteren Verlauf einer Akkreditivabwicklung – sinngemäß gilt dies auch 2/41 für andere dokumentäre Geschäfte, wie den Standby Letter of Credit und die Bankgarantie – später Misshelligkeiten auftauchen, wird gelegentlich der Gedanke ausgesprochen, man müsse die Akkreditivbanken mehr als bisher verantwortlich machen, wenn Akkreditive usw. unzweckmäßig oder gar mit völlig unbrauchbarem Inhalt gestellt worden seien. Es wird damit eine Beratungspflicht der Banken zur Diskussion gestellt, die zu einer erweiterten Haftung der Banken für sachgemäße Beratung führen soll. Diesem Gedanken ist entgegenzutreten.92 Der Käufer erteilt seinen Auftrag zur Stellung eines Akkreditivs unter seiner alleinigen Verantwortung. Die Banken sind zwar bereit, ihre Kunden – im Rahmen des Kundendienstes – hinsichtlich der Akkreditivgestaltung zu beraten. Wie aber das Akkreditiv nachher tatsächlich textiert wird, muss der Auftraggeber selbst entscheiden. Bestimmend für den Akkreditivtext sind nämlich nicht allein der Wille des Auftraggebers (und seiner Bank), sondern auch und insbesondere die Forderungen des Vertragspartners – des späteren Begünstigten. Was zwischen den Parteien vereinbart wird, hängt nicht allein von Gesichtspunkten akkreditivrechtlicher Perfektion ab, sondern auch von der jeweiligen Verhandlungsstärke der Beteiligten. Diese kann aber nur der Auftraggeber beurteilen. Er muss entscheiden, welche Wünsche für ihn unver-

92 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 93; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 966; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/523; ders. Grundlagen, S. 55; Heymann/Horn HGB, Anh. § 372 Rdn. VI/34; Hoeren/ Florian Rdn. 50; Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/49.

63

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

zichtbar sind und welche Forderungen der Gegenseite er akzeptieren muss, um das ganze Geschäft nicht in Frage zu stellen. Die Rolle der Bank beschränkt sich auf – grundsätzlich unverbindliche – Beratung; später muss sie für sich entscheiden, ob sie den Akkreditivauftrag annehmen soll oder nicht, wobei dann möglicherweise nicht nur Kreditgesichtspunkte, sondern in Ausnahmefällen auch Unzweckmäßigkeiten der Akkreditivtextierung bei der Bank so große Bedenken hervorrufen können, dass sie sich zur Ablehnung des Auftrags veranlasst sieht. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Bank die materielle Richtigkeit von Akkreditivbedingungen nicht überprüfen kann und soll (Art. 34 ERA).

5.

Abtretungsvereinbarung

2/42 Aus vielerlei Gründen empfiehlt es sich (vgl. hierzu Rdn. 2/5 ff.), dass der Käufer

bereits bei Erteilung des Akkreditivauftrags formularmäßig seine Ansprüche gegen den Verkäufer aus dem Grundgeschäft an die Akkreditivbank abtritt.93 Dadurch werden viele – im Voraus meist gar nicht vollständig zu übersehende – Zusammenhänge juristisch in den Bereich undisputierbarer Klarheit gezogen (z.B. Legitimationsfragen, Eigentumsübergang, Kontinuität dinglicher Sicherheiten, Indossamentsfragen, Zwangsvollstreckung). Auf jeden Fall ist eine solche Abtretung vorzusehen, wenn der Käufer bei der Akkreditivbank Kredit in Anspruch nimmt. Die Bank sollte sich dann nicht auf die möglicherweise schwächere Wirkung der allgemeinen Pfandklausel nach Nr. 14 AGB verlassen.

C.

Inhalt der Weisungen für die Akkreditiveröffnung

1.

Allgemeine Grundsätze: Auftragsstrenge; Vollständigkeit und Genauigkeit

2/43 Die Weisungen des Käufers im Akkreditivauftrag müssen, wie es in Art. 5a ERA

500 hieß, „vollständig und genau“ sein; „zu weit gehende Einzelheiten“ waren zu vermeiden. Obgleich die ERA 600 eine vergleichbare spezielle Regelung für Akkreditivaufträge nicht mehr enthält, besteht das Gebot der vollständigen und genauen Auftragserteilung unverändert fort. Die Regelung, dass Banken jedem Versuch „entgegentreten sollten“, zu weit gehende Einzelheiten in das Akkreditiv aufzunehmen (Art. 5a (i) ERA 500) wurde durch die neu formulierte Regelung in Art. 4b ERA 600 übernommen und dahingehend ausgeweitet, dass die eröffnende Bank „jedem Versuch des Auftraggebers, Kopien des zugrunde liegenden Vertrags, Proforma-Rechnung und Ähnliches als integralen Bestandteil des Akkreditivs aufzunehmen, entgegentreten“ soll.94

93 94

64

S. zur Abtretung a. Rdn. 2/33 und 2/216. Vgl. Commentary on UCP 600 S. 29.

III. Akkreditivauftrag des Käufers an die Bank

Zweiter Abschnitt

Die Bank, welche die Weisungen des Käufers zur Grundlage für ihr eigenes Zahlungsversprechen gegenüber dem Begünstigten macht, steht in keiner direkten Beziehung zu dem Warengeschäft zwischen Käufer und Verkäufer und braucht daher auch keine Kenntnis von Einzelheiten dieses Geschäfts zu haben. „The bank deals in finance, not in goods“95, oder wie es Art. 5 ERA nunmehr formuliert: „Banks deal with documents and not with goods, services or performance to which the documents may relate“. Weisungen, welche die Unabhängigkeit der Akkreditivverpflichtung vom Grundgeschäft auszuhöhlen drohen, können von der Bank abgelehnt werden.96 Der Käufer soll einerseits im Akkreditivauftrag die Bank nicht mit detaillierten 2/44 Vorschriften überlasten, deren Erfüllung für den eigentlichen Akkreditivzweck gar nicht erforderlich ist.97 Es ist z.B. für eine Verschiffung nach Südamerika in der Regel gleichgültig, ob die Ware in Hamburg, Bremen oder Rotterdam aufs Schiff gebracht wird; man sollte also nicht „Hamburg“ verlangen, wenn „Nordseehafen“ genügt. Andererseits muss aber der Akkreditivauftrag alle notwendigen Angaben auch vollständig enthalten.98 Nur dann hat die Bank die Möglichkeit, dem Begünstigten den präzisen Inhalt des Akkreditivs mitzuteilen und ihm genau zu sagen, wie die Dokumente, zu deren Honorierung sie sich verpflichtet, beschaffen sein müssen. Die Gliederung und Vollständigkeit von Akkreditivaufträgen soll den Kunden durch die von den Banken zur Verfügung gestellten Formulare erleichtert werden;99 die Banken können aber mangels Sachkenntnis vom Warengeschäft in den Formularen nicht mehr als einen allgemeinen Rahmen für die einzelnen Bedingungen des Akkreditivs bieten. Die sinnvolle Anpassung des Akkreditivs an das Warengeschäft liegt außerhalb ihrer Kompetenz und Verantwortung; sie ist ausschließlich Sache des Akkreditivauftraggebers. Die Ausfüllung des Vordrucks erfordert daher aufseiten des Käufers Umsicht und Sorgfalt und die Berücksichtigung aller Besonderheiten des Einzelfalles. Je klarer die Weisungen des Auftraggebers sind, umso weniger kommen die Banken in die von ihnen nicht gewünschte Lage, nach (soweit vorhandenem) eigenem Ermessen über die Aufnahme von Dokumenten zu entscheiden und damit eine ihnen nicht genehme und vielfach auch nicht zumutbare Verantwortung übernehmen zu müssen. Vielmehr ist die Tätigkeit der Bank auf die dokumentäre Abwicklung der Transaktion bezogen. Ihr ist grundsätzlich weder auf der

95 Schmitthoff The Export Trade, S. 248. 96 Vgl. BGH BB 1955, 462 (Weisung, nur bei „vereinbarungsgemäßer Lieferung der Ware“ zu zahlen). S.a. Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 109; Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn. K/4; Kümpel Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 7.136 ff. Ferner Banking Commission, Documentary Credits INsight, 2001, Vol. 7, No. 2 S. 41. 97 Vgl. hierzu Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 163 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 109. 98 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 108; Eisemann in: FS Bärmann, S. 265, 268 ff.; Högerl/Neuner Das Dokumentenakkreditiv, S. 20 ff. 99 Brüggemann Banktechnik des Auslandsgeschäfts, S. 133.

65

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

Grundlage von § 665 BGB noch aus einem anderen Gesichtspunkt die Abweichung vom Kundenauftrag gestattet (Rdn. 2/140 f.).100 Unabhängig von einer besonderen Ausgestaltung im Einzelfall sind bei dem Aufbau eines Akkreditivauftrages grundsätzlich folgende Punkte zu berücksichtigen:

2.

Inhalt des Akkreditivauftrags

a)

Benennung des Begünstigten

2/45 Der Auftraggeber kann eine Herauslegung des Akkreditivs gegenüber der richti-

gen Person oder Firma nur dann herbeiführen, wenn er Namen und Anschrift des Begünstigten in seinem Akkreditivauftrag so genau und vollständig angibt, dass Verwechslungen ausgeschlossen sind. Nur dann sieht sich die Bank in der Lage, ihr Zahlungsversprechen gegenüber dem auch tatsächlich vom Auftraggeber gewollten Geschäftspartner abzugeben. Die zutreffende Benennung des Begünstigten ist besonders wichtig, wenn es sich um ein Konzernunternehmen handelt; der Käufer muss dann eindeutig erkennen lassen, welche Firma des Konzerns begünstigt sein soll – ob beispielsweise die Produktionsfirma oder eine ihr konzernmäßig verbundene, aber rechtlich selbständige Vertriebs-, Handels- oder Exportfirma. Letztere tragen oft einen ähnlichen oder fast gleichen Namen und unterscheiden sich vielfach lediglich durch einen geringfügigen Zusatz. Zur korrekten Bezeichnung des Begünstigten gehört auch seine exakte Anschrift.101 2/46 Hat der Auftraggeber der Bank Namen und Anschrift der begünstigten Person

oder Firma unrichtig oder unvollständig angegeben, ist es keinesfalls Sache der Bank, hier die etwa noch notwendigen Erkundigungen einzuziehen. Lediglich bei offensichtlicher Unrichtigkeit oder Ungenauigkeit ist der Bank der Versuch einer Klärung zuzumuten. Im Übrigen liegt das Risiko, dass die Bank aufgrund einer unvollständigen Firmen- oder Adressenangabe das Akkreditiv zugunsten eines falschen Begünstigten eröffnet oder dass sonstige Schwierigkeiten bei der Abwicklung entstehen, bei dem Auftraggeber;102 dieser wird von der Bank ohnehin durch Übersendung einer Durchschrift des Akkreditiveröffnungsschreibens unterrichtet und erhält damit Gelegenheit zur nachträglichen Vervollständigung oder Richtigstellung.

100 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 88; strenger Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 88. 101 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/113; Schinnerer/Avancini Bankvertragsrecht, III. Teil, S. 71; Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/36. 102 S.a. Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 111; Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 42, 71.

66

III. Akkreditivauftrag des Käufers an die Bank

b)

Zweiter Abschnitt

Angaben über Art, Menge und Beschaffenheit der Ware

Hier soll der Auftraggeber sich auf das Notwendige beschränken, dies aber voll- 2/47 ständig und genau sagen.103 Eine noch so ins Einzelne gehende Warenbezeichnung bietet für den Käufer allerdings noch keine absolute Sicherheit dafür, dass tatsächlich die richtige Ware in vereinbarter Qualität versandt wird; auch die Quantität ist nicht unbedingt sichergestellt. Die Bank prüft später bei der Dokumentenaufnahme nicht, ob die versandte Ware die im Akkreditiv geforderte Art und Qualität hat; sie befasst sich, so wie in Art. 5 ERA ausdrücklich geregelt, nur mit Dokumenten und nicht mit Waren, Dienstleistungen oder Leistungen, auf die sich die Dokumente möglicherweise beziehen. Sie prüft also nur, ob die in den Dokumenten – zu Recht oder Unrecht – enthaltenen Angaben mit den Bedingungen des Akkreditivs übereinstimmen (Art. 14 ERA). Darin liegt aber für den Käufer keine absolute Sicherheit, tatsächlich auch die von ihm gekaufte Ware zu erhalten: Die bei Inanspruchnahme des Akkreditivs einzusendende Rechnung stellt lediglich die Behauptung des Verkäufers dar, die dort beschriebene Ware versandt zu haben – mehr nicht, aber auch nicht weniger, was je nach dem Standing des Verkäufers unterschiedlich zu beurteilen ist; in den Versanddokumenten beschränkt sich der Frachtführer daneben durchweg auf Angaben bezüglich des äußerlichen Zustands der Ware und ihrer Verpackung (Rdn. 2/311). Strebt der Käufer danach, mittels der vom Begünstigten einzureichenden Dokumente größtmögliche Gewähr für die vertragsgemäße Art, Menge und Qualität der Ware zu erlangen, kann er, anstatt überhöhte Anforderungen an die Warenbeschreibung auf Rechnung und Versandpapier zu stellen, als Zusatzdokument die Abnahmebescheinigung einer Warenprüfstelle verlangen.104 Hingewiesen sei allerdings darauf, dass solche Dokumente ihren Zweck manchmal nur beschränkt erfüllen, da sie im allgemeinen auf Stichproben beruhen und der Aussteller jede Verbindlichkeit auszuschließen pflegt. In aller Regel wird es genügen, wenn im Akkreditivauftrag für die vom Begünstigten einzureichenden Dokumente (Rechnung und Versanddokumente) eine Warenbezeichnung verlangt wird, die alle wesentlichen Merkmale der Ware klar aufführt; dabei empfiehlt es sich, diejenige Sprache und Bezeichnung zu wählen, in welcher der Verkäufer die Rechnung aller Voraussicht nach ausstellen wird. Im übrigen sollte die Anforderung einer Faktura unterbleiben, da es sich bei dieser lediglich um eine Eigenbestätigung des Begünstigten über die vertragsgemäße Lieferung handelt und infolgedessen hierfür die Maßgabe des Art. 5a (i) ERA 500, „zu weit gehende Einzelheiten“, bzw. nunmehr aus-

103 Hoeren/Florian Rdn. 67; Nielsen Aktuelle Rechtsfragen zum Dokumenten-Akkreditiv, S. 41; Avancini/Iro/Koziol Bankvertragsrecht, Rdn 4/44; Grader van der Maas Handbuch der Dokumenten-Akkreditive, S. 24. 104 Brüggemann Banktechnik des Auslandsgeschäfts, S. 50 f.; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/522; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1049.

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Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

drücklich in Art. 4b ERA 600 „Kopien des zugrunde liegenden Vertrages, Proforma-Rechnungen und Ähnliches als integralen Bestandteil des Akkreditivs“ im Akkreditiv zu vermeiden, besondere Beachtung findet.105 2/48 Technische Einzelheiten sind des Weiteren aus dem Grunde zu vermeiden, weil

oft für technische Daten im Lande des Begünstigten nicht die gleichen Bezeichnungen wie im Lande des Käufers gelten, so dass leicht Missverständnisse und Verzögerungen entstehen. Auch sind die mit der Akkreditivabwicklung befassten Banken oft gar nicht in der Lage zu entscheiden, ob die aus den Dokumenten ersichtlichen technischen Angaben inhaltlich dasselbe besagen wie die in anderen Worten abgefassten Angaben des Käufers.106 Lässt sich die genaue Warenmenge bei Akkreditiveröffnung noch nicht übersehen oder ist nach der Warenart eine exakte Mengenabmessung (z.B. bei Verladung in Ballen o.ä.) nicht möglich, soll der Käufer seine Angaben mit dem Zusatz „ungefähr“ oder „circa“ versehen. Ist dies geschehen oder hat der Käufer einen ähnlichen Ausdruck gebraucht, sind die Banken gemäß Art. 30a ERA berechtigt und verpflichtet, Dokumente zu Lasten des Käufers aufzunehmen, auch wenn sie eine Über- oder Unterschreitung der angegebenen Warenmenge um maximal zehn Prozent ausweisen. Sofern ein Akkreditiv nicht vorschreibt, dass die angegebene Warenmenge nicht über- oder unterschritten werden darf, kann die Akkreditivbank bei der Warenmenge nach Art. 30b ERA lediglich eine Toleranz von bis zu fünf Prozent zulassen, sofern die Menge nicht in einer bestimmten Anzahl von Verpackungseinheiten oder Stücken angegeben ist (Art. 30b 2. Halbsatz ERA). So ist beispielsweise bei einem Akkreditiv, das die Vorlage von Dokumenten über 5000 Sack Zucker verlangt, ein Konnossement über 4997 Sack Zucker nicht aufnahmefähig.107 Art. 30c ERA enthält eine Bestimmung über Minderinanspruchnahme bei verbotener Teilverladung. Erforderlich ist, dass die Lieferung der vorgeschriebenen Warenmenge in vollem Umfang erfolgt und keine Unterschreitung des Preises pro Einheit gegeben ist, sofern das Akkreditiv eine solche Relation vorschreibt.

105 So a. Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 112. 106 Vgl. hierzu J. H. Rayner and Company, Limited v. Hambro’s Bank Limited (1943) 1 K. B. 37: In dem sog Coromandel Case war ein Letter of Credit gestellt worden, benutzbar gegen Versanddokumente über die Verschiffung von „Coromandel groundnuts“. Eingereicht wurden Konnossemente über „machine-shelled groundnut kernels“. Das Gericht bestätigte die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung dieser Konnossemente, obgleich die Faktura die Bezeichnung „Coromandel groundnuts“ enthielt. 107 Vgl. hierzu Moralice (London), Ltd. v. E. D. & F. Man (1954) 2 Lloyd’s Rep. 526. Die sog rule of insignificance (de minimis non curat lex) fand hier keine Anwendung. S.a. Liesecke WM 1976, 258, 261; Jack Documentary Credits, S. 152; Nielsen Grundlagen, S. 49; ders. ZIP 1984, 230, 249.

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III. Akkreditivauftrag des Käufers an die Bank

Zweiter Abschnitt

c)

Bestimmung der Akkreditivsumme und der Währung; Währungsrisiko

aa)

Akkreditivsumme

Damit die Bank durch das Akkreditiv die Forderung des Verkäufers sichern kann, 2/49 muss der Käufer ihr angeben, wie hoch sie ist und in welcher Währung die Forderung fakturiert wird.108 Etwa zuzuschlagende Nebenkosten sind zu spezifizieren, weil die Banken nicht unter allen Umständen verpflichtet sind, Rechnungen mit Nebenkosten zu honorieren, selbst wenn sich der Gesamtbetrag pro Wareneinheit im Rahmen des Akkreditivs hält (Rdn. 2/283). Soll die genaue Höhe des Akkreditivbetrages im Zeitpunkt der Auftragserteilung noch nicht endgültig fixiert werden – etwa weil die zu verschiffende Menge nur „circa“ bestimmt ist –, muss die Angabe des Akkreditivbetrages mit dem Zusatz „circa“ o.ä. versehen werden. Dann darf die Akkreditivsumme bis zu zehn Prozent nach oben oder unten abweichen (Art. 30a ERA). Fehlt der Zusatz, ist die Bank später bei der Bedienung des Akkreditivs berechtigt und ihrem Auftraggeber gegenüber verpflichtet, keine Überschreitung der Akkreditivsumme zuzulassen (Art. 30a ERA).

bb) Währungsrisiko Besondere Aufmerksamkeit ist im Außenhandel dem Währungsrisiko zuzuwen- 2/50 den.109 Fakturiert wird je nach der im Kaufvertrag getroffenen Vereinbarung in der Währung des Exportlandes, derjenigen des Importlandes oder in einer Drittwährung (z.B. US-$ oder £-Stg.).110 Das Kursrisiko liegt im ersten Fall beim Käufer (Importeur), im zweiten Fall beim Verkäufer (Exporteur), während im letzten Fall beide Seiten ein Risiko tragen. Bei kurzfristigen Geschäften lässt sich das Kursrisiko durch ein Devisentermingeschäft eliminieren;111 die Wahl der Währung spielt dann kursmäßig keine große Rolle. Sie kann aber immer noch für den Kaufpreis von Bedeutung sein, da sich manchmal für Abschlüsse in verschiedenen Währungen unterschiedliche Preise entwickeln; im allgemeinen wird die Preisdif108 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 953; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 130; Häberle in: Handbuch der Akkreditive, S. 148 f. 109 Vgl. hierzu Heidemann Die Bank 1980, 463; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/976 allerdings noch mit Ausführungen zum zwischenzeitlich aufgehobenen § 3 Abs. 2 WährG. Ferner Staudinger/ Karsten Schmidt BGB, Vorbem. zu §§ 244 ff. Rdn. F 2 ff. 110 Mangels anderer Vereinbarungen dürften Fremdwährungsschulden grundsätzlich durch Anschaffung im Heimatland der geschuldeten Währung zu begleichen sein. Hierzu Nielsen in: BuB, Rdn 5/947; Schefold in: Bankrechts-Handbuch, § 115 Rdn. 157 ff. 111 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 130; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/1073; Eilenberger Währungsrisiken, Währungsmanagement und Devisenkurssicherung, S. 151 ff. Allgem. zu Devisentermingeschäften Schefold in: Bankrechts-Handbuch, § 116 Rdn. 201 ff. Praxisbezogene Hinweise bei Zahn Banktechnik des Außenhandels, S. 41 f.; Robertz Wertsicherungsund Preisanpassungsklauseln im Außenwirtschaftsverkehr, S. 41 ff.; von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 348 ff.; Högerl/Neuner Das Dokumentenakkreditiv, S. 15.

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Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

ferenz betragsmäßig den Kosten für die Devisentermindeckung entsprechen. Das Kursrisiko lässt sich auch durch Aufnahme eines Fremdwährungskredits ausschließen (Rdn. 2/52). 2/51 Wollen Verkäufer und Käufer bei einem Geschäft, bei welchem sie sich wegen lan-

ger Lieferfristen oder der Einräumung von langen Zahlungszielen nicht mit einem Devisentermingeschäft helfen können, das Kursrisiko unabhängig von der Wahl derjenigen Währung machen, in der fakturiert wird, können sie dies durch eine Kursfixierung tun. Das gleiche gilt, wenn sie in einer Drittwährung fakturieren, also weder in der Währung des Exportlandes noch in der Währung des Importlandes. Durch die Kursfixierung, die primär in den Kaufvertrag und nicht erst in das Akkreditiv gehört, bestimmen die Parteien, welche Währung sie als festen Wertmesser zugrunde legen wollen und welche Währung nachgiebig sein soll. Hier treten häufig Missverständnisse und Schwierigkeiten auf. Es ist z.B. nicht eindeutig, bei einem Export von Belgien nach Deutschland in US-Dollar zu fakturieren und als Kursfixierung hinzuzusetzen: „US-$ 1,– = E 0,35“. Aus dieser Kursfixierung geht nicht eindeutig hervor, welches die feststehende Vertragswährung und welches die bewegliche Bezugswährung sein soll. Eindeutig ist hingegen die folgende Kursfixierung: „US-$ 1,– = z.Z. EUR 0,35“. Hierdurch wird klar ausgedrückt, dass der US-$ fest und der Euro nachgiebig sein soll, also das Risiko der Kursschwankung tragen soll.112 Gleichwohl bleibt festzuhalten, dass Kurssicherungsklauseln wegen ihrer Schwierigkeiten weit gehend unüblich sind.113 2/52 Zur Kurssicherung bei langfristigen Exportforderungen, für die wegen der langen

Laufzeit ein Devisentermingeschäft nicht möglich ist, kommt die Aufnahme eines Fremdwährungskredites in der Währung und mit der Laufzeit der Exportforderung in Betracht.114 Der als Kredit aufgenommene Fremdwährungsbetrag wird sofort in Landeswährung umgewechselt und der Kredit bei Fälligkeit mit der dann auf die Exportforderung eingehenden Valuta zurückgezahlt. Das Risiko der glatten Abwicklung liegt beim Exporteur. Die Kurssicherungskosten sind gleich der Zinsdifferenz zwischen den Währungszinsen für den Fremdwährungskredit und den Habenzinsen für das Euro-Guthaben. Die Zinsen, die der Käufer für die Stundung eventuell zahlt, sind mit einzukalkulieren.

d)

Benennung der Dokumente

2/53 Nach Art. 5b ERA ERA 500 mussten alle Akkreditivaufträge „genau das (die) Doku-

ment(e) angeben, gegen das (die) Zahlung, Akzeptleistung oder Negoziierung vorgenommen

112 Lehmann BankArch 1939, 252, 254. 113 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/516. 114 Kemmer/Rädlinger Technik der Außenhandelsfinanzierung, S. 38; von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 348 ff.; vgl. a. Rdn. 6/1 ff.

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III. Akkreditivauftrag des Käufers an die Bank

Zweiter Abschnitt

werden soll“. Die Rechtslage ist diesbezüglich auch unter den ERA 600 unverändert, auch wenn in diesen keine entsprechende Regelung mehr enthalten ist.115 Daraus folgt, dass die beauftragte Bank die Ausführung eines Akkreditivauftrags verweigern kann, wenn und solange der Auftraggeber die einwandfreie, klare Spezifikation der Dokumente unterlässt.116 Summarische Ausdrücke wie „erstklassig“, „gut bekannt“, „qualifiziert“, „unabhängig“ oder „offiziell“ sollten zur Klassifizierung der Dokumentenaussteller in der Praxis nicht verwendet werden; werden sie dennoch verwendet, so ist nach Art. 3 ERA „jeder Aussteller“ (mit Ausnahme des Begünstigten) zuzulassen. Sinn und Zweck dieser Bestimmung ist es, Streitigkeiten darüber zu vermeiden, ob der Aussteller der Dokumente tatsächlich den beschriebenen Standard eingehalten hat oder nicht.117 Wird entgegen dem Vorgesagten doch einmal ein Akkreditiv unter Verwendung dieser nicht als ausreichend angesehenen Kennzeichnung der Dokumente eröffnet, honorieren die Banken die Dokumente so, wie sie ihnen präsentiert werden. Obgleich diese Vorschrift die Banken entlastet, ist ihr eigentlicher Sinn darin zu sehen, dass sie die Auftraggeber schon im Stadium der Auftragserteilung zur gebotenen Präzision veranlassen soll. Es sollte daher insbesondere auch darauf geachtet werden, dass der Aussteller der Dokumente hinreichend spezifiziert wird,118damit nicht jeder beliebige Dritte in Betracht gezogen werden kann. Die ERA 600 treffen – wie schon die Revision 1993 – Regelungen hinsichtlich Trans- 2/54 portdokumenten, Art. 19 bis 27 ERA (Rdn. 2/288 ff.), Versicherungsdokumenten, Art. 28 ERA (Rdn. 2/357 ff.), Rechnungen (Fakturen), Art. 18 ERA (Rdn. 2/277 ff.) sowie hinsichtlich „anderen Dokumenten“, Art. 14f ERA (Rdn. 2/370 ff.) Für die erstgenannten Dokumente legen die ERA die wesentlichen handelsüblichen Charakteristika fest. Das hat für den Akkreditivauftraggeber den Vorteil, dass er Zusatzangaben bezüglich dieser Dokumente nur zu machen braucht, soweit diese wegen der besonderen Umstände des Einzelfalles Merkmale aufweisen sollen, die nicht im Rahmen der fixierten Handelsüblichkeit liegen.119 Die zweite Gruppe von Dokumenten wurde in Art. 21 und 38 ERA 500 unter der 2/55 Sammelbezeichnung „andere Dokumente“ und wird jetzt nur noch in Art. 14f ERA 600 kurz erwähnt. Es handelt sich hier um – jeweils besonderen Zwecken dienende – Zusatzdokumente wie z.B. Konsulatsfakturen, Ursprungszeugnisse, Qualitäts-, Gewichts- oder Analysenzertifikate. Hinsichtlich dieser Dokumente sollten nach Art. 14f ERA Aussteller und/oder Inhaltsmerkmale im Akkreditiv

115 So auch Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 101. 116 S. hierzu a. Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 953; Nielsen WM-Sonderbeilage 2/1994 S. 5; del Busto ICC-Publ Nr. 511 S. 11; Häberle in: Handbuch der Akkreditive, S. 161 f. 117 Stapel Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, S. 202. 118 In diesem Sinne auch: Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 231. 119 Brüggemann Die Banktechnik des Auslandsgeschäfts, S. 136 ff.; Nielsen ZIP 1984, 230, 240; ders. in: BuB, Rdn. 5/511; ders. in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 101; Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 77 ff.

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Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

festgelegt werden. Mangels besonderer Weisungen werden diese Dokumente von den Banken in der Form aufgenommen, in der sie präsentiert werden, ohne dass auch nur auf die Handelsüblichkeit von Aufmachung und Inhalt geachtet würde.120 Das heißt, dass solche Dokumente auch vom Begünstigten selbst ausgefertigt sein können, falls im Akkreditiv nicht angegeben ist, wer das betreffende Dokument ausstellen soll. Erforderlich ist lediglich, dass die in den Dokumenten erwähnten Inhaltsmerkmale, im Zusammenhang mit dem Akkreditiv, dem Dokument selbst und dem Standard internationaler Bankpraxis gelesen, nicht im Widerspruch zu irgendeinem anderen vorgeschriebenen Dokument oder dem Akkreditiv stehen (Art. 14d ERA). Es genügt bereits die Möglichkeit, dass das Dokument akkreditivkonform ist, um es aufnahmefähig zu machen.121 Auf jeden Fall empfiehlt es sich, dass der Auftraggeber bei Erteilung des Akkreditivauftrags an die Bank für jedes Dokument sorgfältig prüft, ob und welche Anforderungen er stellen will.122 2/56 Hier sei auf einige Punkte hingewiesen, deren Beachtung für den Akkreditivauf-

traggeber bei Abfassung des Akkreditivauftrags besonders wichtig erscheint. Ist die Akkreditiveröffnung (nicht auf Basis eines vollen Bareinschusses des Auftraggebers erfolgt, sondern) mit einer Kreditgewährung der Bank an ihn verbunden (Rdn. 2/135 ff.), nimmt der Auftraggeber die im Hinblick auf die Kreditsicherung erforderlichen Vorschriften, die er im Einvernehmen mit seiner Bank abklärt, in seinen Akkreditivauftrag auf: 2/57 a) Der Auftraggeber soll angeben, wie das Transportdokument aufgemacht sein

soll (z.B. auf den Namen des Auftraggebers oder der Bank ausgestellt oder auf den Namen des Absenders – blanko – indossiert). Dabei ist rechtzeitig zu klären, welche besonderen Erfordernisse sich unter dem Gesichtspunkt der Kreditsicherung ergeben. Oft dienen die Dokumente nämlich der kreditgebenden Bank als Sicherheit für eine Finanzierung des Importgeschäfts. Die insoweit hinsichtlich der Indossierung bestehenden formalen Erfordernisse sind vorausschauend in den Akkreditivauftrag einzuarbeiten.123 2/58 b) Im Seeverkehr hat der Auftraggeber unter den verschiedenen Konnossements-

arten eine klare Wahl zu treffen (Art. 20–22 ERA). Auch muss er sich über die Verladung an Deck (Art. 20 ERA) und die Umladung (Art. 20b–d ERA) eindeutig äußern. Den genannten Bestimmungen der ERA ist gemeinsam, dass sie den Ermessensrahmen der Banken für den Fall unklarer Angaben durch den Käufer eingrenzen. 2/59 c) Nach Art. 27 ERA nehmen die Banken nur „reine“ Verladedokumente (clean

documents) auf. Mitunter besteht in Handelskreisen Uneinigkeit darüber, ob

120 Vgl. dazu i. Einz. Rdn. 2/370 ff. 121 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 226; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/880. 122 Vgl. hierzu Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 230 f.; Nielsen WM-Sonderbeilage 2/1994 S. 14; ders. in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 101. 123 Vgl. dazu Rdn. 2/308.

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III. Akkreditivauftrag des Käufers an die Bank

Zweiter Abschnitt

eine bestimmte Klausel die Dokumente, z.B. ein Konnossement, „unrein“ macht. Kommt ein solcher Fall nach Lage der Verhältnisse in Betracht, stellt der Käufer zweckmäßigerweise im Akkreditivauftrag ausdrücklich klar, ob ein Dokument mit dieser Klausel von der Bank als ordnungsmäßig anerkannt werden soll oder nicht.124 d) Die von der Transportversicherung zu deckenden Risiken soll der Käufer im 2/60 Einzelnen angeben (Art. 28g ERA). Die Bezeichnungen „usual risks“, „customary risks“ oder auch „all risks“ schützen ihn durchaus nicht immer hinreichend, Art. 28g, h ERA (Rdn. 2/366). Besser ist es, die Risiken aufzuzählen und dabei insbesondere die für den einzelnen Warentransport typischen Gefahren zu berücksichtigen. Die früher in Art. 40 ERA 400 enthaltene Ausnahmeregelung, „dass die Versicherung ohne Berücksichtigung eines Prozentsatzes für franchise ausgestellt sein muss“, ist bereits mit der Revision 1993 entfallen. Hat die Bank Kredit gewährt, ist sie selbst in besonderem Maße an einem ausreichenden Versicherungsschutz interessiert. Es nützt der Bank nichts, wenn ihr das Sicherungsgut zwar gehört, aber auf dem Meeresboden ruht. Ist eine den Wünschen der Bank entsprechende Versicherung in den Vereinbarungen zwischen Käufer und Verkäufer nicht zu erreichen, kommt in Betracht, dass die Bank vom Kreditnehmer den Abschluss einer Zusatzversicherung verlangt (Rdn. 2/366 ff.). e) Besondere Sorgfalt sollte der Auftraggeber auf die von ihm aufzustellenden Er- 2/61 fordernisse verwenden, wenn er eines der „anderen Dokumente“ des Art. 14f ERA, wie z.B. Konsulatsfaktura, Ursprungszeugnis, Qualitäts-, Gewichts- oder Analysenzertifikat, verlangt. Ist für diese eine nähere Beschreibung nicht gegeben, werden sie nämlich, wie schon erwähnt, von den Banken wie präsentiert (as presented) angenommen; dies gilt selbst dann, wenn sie – mangels anderer Angaben des Auftraggebers – vom Begünstigten ausgestellt wurden.125

e)

Angaben über den Warentransport

aa)

Transportart und -weg

Die Liefermodalitäten werden regelmäßig durch handelsübliche Klauseln nach 2/62 INCOTERMS126 wie CIF oder FOB festgelegt. Ob die hiernach vorzulegenden Dokumente ordnungsgemäß sind, richtet sich nach den der Bank erteilten Weisungen. Wenn es im Einzelfalle zweckmäßig ist, kann der Käufer besondere Vorschriften bezüglich der Art der Warenverladung machen (An-Deck-Verladung;

124 Vgl. a. Rdn. 2/313 ff. 125 Decisions (1975–1979) of the ICC Banking Commission, R 42 zur früheren Regelung; vgl. a. Rdn. 2/370. 126 Hierzu Rdn. 1/25.

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Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

Verladung unter Charterpartie und dgl.). Das vom Begünstigten vorgelegte Transportdokument hat dann die Einhaltung dieser Weisungen erkennen zu lassen (Rdn. 2/295 ff.). 2/63 Der Akkreditivauftrag muss Angaben darüber enthalten, von welchem Abladeort

auf welchem Transportweg zu welchem Bestimmungsort die Ware vom Begünstigten versandt werden soll. Diese Details sind unerlässlich, weil sonst nicht zu erkennen ist, über welchen Frachtweg sich das Konnossement erstrecken soll (Rdn. 2/301). 2/64 Hinsichtlich der Angaben über den Transport sollten der Käufer und der Begüns-

tigte rechtzeitig Bestimmungen fixieren, die das Nötige klar sagen, aber überflüssige Einengungen vermeiden und später nicht zu Schwierigkeiten führen können.127 An anderer Stelle (Rdn. 2/44) ist bereits erwähnt worden, dass es z.B. für einen Export aus Deutschland nach Übersee gewöhnlich belanglos ist, in welchem von mehreren in Frage kommenden Nordseehäfen die Ware verschifft wird. Schränkt der Käufer in seinem Akkreditivauftrag die Wahlmöglichkeit des Begünstigten zwischen den verschiedenen in Betracht kommenden Häfen unnötig ein, so nimmt er – möglicherweise zu seinem (des Käufers) eigenen Schaden – dem Begünstigten damit die Gelegenheit, einen zeit- und kostengünstigeren Verschiffungsweg zu wählen. Der Käufer muss der Klarheit wegen darauf achten, dass seine Angaben bezüglich des Transportweges sinnvoll zu den von ihm für das Akkreditiv geforderten Dokumenten passen. Bei Anforderung von Dokumenten des kombinierten Transportes beispielsweise ist zusätzlich eine Weisung für den Fall eines Luft-, Land-, Flussund Eisenbahntransports durch Vorgabe von Übernahmeort und endgültigem Bestimmungsort aufzunehmen.128 2/65 Vor allem aber sollte der Akkreditivauftrag nicht einen Bestimmungsort angeben,

der gar nicht erreicht werden kann, weil er nicht über einen Hafen, Bahnhof o.ä. verfügt. Eine Bank ist, wenn die Dokumente einen vom Akkreditiv abweichenden Bestimmungsort ausweisen, nicht verpflichtet und häufig auch nicht in der Lage zu prüfen, ob es sich hierbei um den dem Wohnsitz des Käufers nächstgelegenen und für seinen Güterverkehr zuständigen Bestimmungsort handelt. Es kann daher in der Praxis (insbesondere beim Landtransport) später zur – unnötigen und lästigen – Zurückweisung der Dokumente kommen, wenn in dieser Frage bei Erteilung des Akkreditivauftrags nicht sorgfältig verfahren worden war. Denkbar ist auch die Angabe von zwei Bestimmungsorten, die – bei einer einheitlichen Lieferung – alternativ oder – bei Teillieferungen – kumulativ benutzt werden können.129

127 S. a. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/519. 128 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 104. 129 Vgl. hierzu Decisions (1975–1979) of the ICC Banking Commission, R 63.

74

III. Akkreditivauftrag des Käufers an die Bank

Zweiter Abschnitt

bb) Umladeverbot Ob ein Umladeverbot zweckmäßig und wirksam ist, muss der Auftraggeber für 2/66 die einzelnen Transportarten jeweils gesondert überprüfen. So ist ein Umladeverbot in verschiedenen Fällen unbeachtlich: Seetransporte, bei Verladung in Containern, Anhängern oder „LASH“-Leichtern, Art. 20c (ii) ERA; Lufttransporte, sofern nur die Luftstrecke durch ein und dasselbe Dokument gedeckt ist, Art. 23c ERA; bei Straßen-, Eisenbahn- und Binnenschifffahrtstransporten im Rahmen der gleichartigen Durchfracht, Art. 24d und e ERA. Soll gleichwohl ein striktes Umladeverbot gelten, hat der Auftraggeber die Abbedingung der genannten Vorschriften durchzusetzen. Bei kombinierten Transporten ist ein Umladeverbot allerdings kraft Natur der Sache nicht durchholbar, Art. 19c (ii) ERA.

cc)

Teilverladungen

Des Weiteren muss sich der Käufer bei Erteilung des Akkreditivauftrags darüber 2/67 klar äußern, ob Teilverladungen ausgeschlossen sein sollen oder nicht. Wenn er die Teilverladung verbieten will, muss er eine entsprechende Weisung erteilen (Art. 31a i.V.m. Art. 1 ERA); wurde nichts gesagt, sind Teilverladungen zulässig. Mangels ausdrücklicher Weisung sind auch solche Teilverladungen zulässig, die am letzten Gültigkeitstag des Akkreditivs vorgenommen werden und bei denen demzufolge abzusehen ist, dass die vollständige Lieferung unter dem Akkreditiv nicht mehr erbracht werden kann (Rdn. 2/320).130 Wo Teilverladung ausgeschlossen ist, können nur Dokumente honoriert werden, 2/68 welche die gleichzeitige Verladung der gesamten Warenmenge des Akkreditivs auf ein und demselben Transportmittel, z.B. für dieselbe Reise auf demselben Schiff, ausweisen.131 Die Teilverladung darf sinnvoller Weise dann nicht ausgeschlossen werden, wenn bei einem übertragbaren Akkreditiv (Rdn. 2/108) die Übertragung in Teilbeträgen in Betracht gezogen wird (Art. 38d ERA). Lässt die Warenmenge die geschlossene Verladung auf einem Schiff oder in einem Eisenbahntransport usw. nicht zu, darf die Teilverladung ebenfalls nicht ausgeschlossen werden.

dd) Sukzessivlieferungsvertrag Die Notwendigkeit von Teilverladungen besteht ferner immer dann, wenn es sich 2/69 um einen Sukzessivlieferungsvertrag handelt. Art. 32 ERA findet bei der Abwick-

130 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 139; Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 90; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/595. 131 Zur Bedeutung von Verladefristen bei Teilverladungen Rdn. 2/77.

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Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

lung von Sukzessivlieferungen aufgrund eines einheitlichen Vertrages Anwendung, deren Teillieferungen zu bestimmten Zeiträumen auszuführen sind.132 Bei teilweiser Nichterfüllung dieser Teillieferungen verliert der Begünstigte seine Ansprüche aus dem Akkreditiv.133 Zur Vermeidung dieses Ergebnisses kann beispielsweise erwogen werden, zu vereinbaren, dass jede Teillieferung als Einzelgeschäft zu betrachten sein soll.134 In Fällen, in denen keine festen Liefertermine vereinbart sind, kommt Art. 31b ERA zur Anwendung. Danach kommt es darauf an, dass der Begünstigte die letzte Versandfrist wahrt und die Dokumente fristgerecht präsentiert.

f)

Gültigkeitsdauer des Akkreditivs und Ort der Dokumentenvorlage

2/70 Das – von dem Verladetermin (Rdn. 2/74) streng zu unterscheidende – Verfall-

datum des Akkreditivs ist der letzte Tag, an dem der Begünstigte das Akkreditiv benutzen kann. Das Verfalldatum bezieht sich damit ausschließlich auf die Frist für die Vorlage der Dokumente zwecks Zahlung, Akzeptleistung oder Negoziierung.135 Alle Akkreditive müssen ein Verfalldatum und einen Ort für die Dokumentenvorlage angeben (Art. 6d ERA). Fehlt ein solches Datum und ist dem Begünstigten gleichwohl die Eröffnung des Akkreditivs von der Bank bekanntgegeben worden, hat diese Mitteilung zunächst nur informatorischen Charakter. Ohne Verfalldatum wäre sonst im Prinzip eine unendliche Frist für die Dokumentenvorlage gegeben. Dies ist jedoch mit den Prinzipien des Dokumentenakkreditivs im Grunde nicht vereinbar. Auch dem Begünstigten muss aus Sicht seines objektiven Empfängerhorizonts klar sein, dass hier noch ein wesentlicher Teil fehlt und daher eine derartige Erklärung noch unverbindlichen Charakter trägt. Verbindlich wird das Akkreditiv für die Bank erst, wenn sie die – eventuell auf Befragen – vom Akkreditivauftraggeber nachgereichte Angabe des Verfalldatums dem Begünstigten zur Kenntnis gebracht hat.136 Fehlt das Verfalldatum, machen die

132 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 143, 147; Nielsen Grundlagen, S. 94; ders. Richtlinien, Rdn. 384; ders. in: BuB, Rdn. 5/597; Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 91. S. Rdn. 2/77 f. 133 So im Ergebnis auch: Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 144. 134 Nielsen Grundlagen, S. 94; zur zivilrechtlichen Behandlung von Sukzessivlieferungsverträgen nach dem BGB s. Palandt/Grüneberg BGB, vor § 311 Rdn. 27 ff.; Staudinger/Otto BGB, § 323 Rdn. 131 ff. Im Grundsatz besteht Einigkeit darüber, dass § 323 BGB auf Sukzessivlieferungsverträge anwendbar ist. Str. ist aber der Umfang der Gläubigerrechte. 135 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 115. 136 Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 75; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 207; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 47; Hoeren/Florian Rdn. 58; für Qualifizierung als unter angemessener Frist kündbares Akkreditiv Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/40.

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III. Akkreditivauftrag des Käufers an die Bank

Zweiter Abschnitt

Banken den Begünstigten zweckmäßigerweise auf die Unverbindlichkeit137 aufmerksam, ohne hierzu rechtlich allerdings verpflichtet zu sein.138 Es gibt keinen Handelsbrauch für die maximale Gültigkeitsdauer eines Akkredi- 2/71 tivs. Mangels besonderer Umstände – die insbesondere bei großen Investitionsgüterexporten häufig vorliegen – sollten Akkreditive nicht länger als sechs Monate laufen, da sie sonst ihren Charakter als Instrument zur Abwicklung des Zahlungsverkehrs verlieren und zum Finanzierungsinstrument werden. Auch gibt es (vor allem im Ausland) Banken, die eine Laufzeit von mehr als sechs Monaten grundsätzlich ablehnen, es sei denn, dass es sich um die Ausfuhr von Investitionsgütern handelt, bei denen die Notwendigkeit einer längeren Gültigkeitsdauer schon aus der Natur des Einzelfalles zwingend folgen kann. Gibt die eröffnende Bank an, dass das Akkreditiv „für einen Monat“, „für sechs Monate“ oder ähnlich benutzbar sein soll, aber nicht festlegt, wann diese Frist beginnen soll, so galt unter den ERA 500 die Vermutung, dass das Datum der Akkreditiveröffnung die Frist in Lauf setzte (Art. 42c ERA 500). Diese Vermutung ist nunmehr weggefallen, ohne dass erkennbar wäre, dass hiermit eine Veränderung im Verhältnis zu den ERA 500 bezweckt war. Dies kann – je nach anzuwendender Rechtsordnung – zu unterschiedlichen Betrachtungsweisen führen, wann das Akkreditiv eröffnet wurde und damit die vorgenannte Frist zu laufen beginnt. Nach deutschem Recht kommt es nach allgemeinen Grundsätzen (§§ 130 Abs. 1, 145 BGB) auf den Zugang beim Erklärungsempfänger an, d.h. in der Regel wird hier der Zeitpunkt des Avis entscheidend sein. Neben der Angabe der Gültigkeitsdauer muss das Akkreditiv die Bank angeben, 2/72 bei der es benutzbar ist, oder, ob es bei jeder Bank benutzbar ist (Art. 6a ERA). Der Ort der Bank, bei der das Akkreditiv benutzbar ist, ist der Ort für die Dokumentenvorlage (Art. 6d (ii) ERA). Die Angabe eines besonderen Verfallortes, wie sie nach Art. 42a ERA 500 vorgeschrieben war, ist nicht mehr erforderlich. Die Dokumente können stets dort fristwahrend vorgelegt wo das Dokumentenakkreditiv benutzbar ist.139 Die Vorlage bei der eröffnenden Bank ist immer möglich. Verfalldatum und Verladefrist sind voneinander unabhängig (vgl. Art. 29 ERA); 2/73 ein Hinausschieben des Verfalldatums hat keine entsprechende Verlängerung der

137 Nichtigkeit aus deutscher Sicht annehmend Nielsen Grundlagen, S. 46; ders. in: BuB, Rdn. 5/515; ders. Richtlinien, Rdn. 60; ders. WM-Sonderbeilage 4/1994 S. 16, 20; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 234; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 954, 990; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 127; Ingelmann/Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 351. Nach kanadischem Recht kann hingegen von einer unbeschränkten Gültigkeit, nach US-Recht von einem für einen angemessenen Zeitraum als gültig zu betrachtendem Akkreditiv ausgegangen werden, vgl. Stapel Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, S. 246 f. m.N. 138 A.A. Baumbach/Hopt HGB, BankGesch (7) Rdn. K/13; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 207; Eisemann/Eberth Das Dokumenten-Akkreditiv, S. 92. 139 Nielsen Richtlinien, Rdn. 53 f.; ders. WM-Sonderbeilage 2/1994 S. 20; ders. in: BuB, Rdn. 5/515; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 133.

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Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

Verladefrist zur Folge.140 Die Akkreditivbank muss eine gewollte Fristverlängerung sowohl für das letzte Verschiffungsdatum als auch für die Gültigkeitsdauer des Akkreditivs jeweils gesondert ausdrücklich angeben (Rdn. 2/239).141 Wenn innerhalb der Laufzeit des Akkreditivs Dokumente eingereicht wurden, die nicht akkreditivgerecht sind, ist die Bank keinesfalls berechtigt, dem Begünstigten zwecks Anschaffung akkreditivkonformer Dokumente eine das Verfalldatum des Akkreditivs überschreitende Nachfrist einzuräumen.142

g)

Verladefrist

2/74 Die Verladefrist bestimmt, bis zu welchem Tage die Ware verladen sein muss.

Den Nachweis über die Einhaltung der Frist erbringt die Datierung des Transportdokuments (Art. 19 ff. ERA). Das Verfalldatum des Akkreditivs ist sinnvoll auf die Verladefrist abzustimmen. In der Regel muss die Laufzeit des Akkreditivs etwas länger bemessen werden als die Verladefrist; andernfalls kann der Begünstigte die Verladefrist nicht voll ausnutzen, da er die Dokumente spätestens bis zum Verfalltage des Akkreditivs bei der Bank präsentieren muss und er zwischen Verschiffung/Verladung und Einreichung der Dokumente je nach den technischen Gegebenheiten und Formalitäten sowie nach der Entfernung zwischen Verschiffungshafen und Sitz der Bank eine entsprechende Frist benötigt. Eine Verlängerung der Verladefrist kann und muss unabhängig von einem Hinausschieben des Verfalldatums erfolgen. 2/75 Gibt der Käufer kein Datum für den Ablauf der Verladefrist an, sondern beschränkt

er sich auf Anweisungen wie „prompt“, „unverzüglich“, „baldmöglichst“ o.ä., werden die Banken diese Ausdrücke nicht beachten (Art. 3 ERA). Eine Relativierung der Verladefrist durch Hinzufügung des Ausdrucks „am oder um den“ oder ähnlicher Ausdrücke zum Enddatum ist nach Art. 3 ERA dahin auszulegen, dass die Verladung innerhalb eines zeitlichen Spielraums von fünf Kalendertagen vor oder nach dem angegebenen Datum zu erfolgen hat, wobei der erste und letzte Tag eingeschlossen sind. Weitere Auslegungsbestimmungen für nicht absolut eindeutige Zeitangaben enthalten die nach den vorstehend genannten Interpretationen folgenden Absätze des Art. 3 ERA, auf die hier ausdrücklich verwiesen wird. 2/76 Wichtig ist, dass der Käufer im Akkreditivauftrag den Ablauf von Fristen nicht an

Stelle einer Datumsangabe an den Eintritt von Ereignissen knüpfen darf, die den mit der Akkreditivabwicklung befassten Banken entweder gar nicht bekannt wer-

140 Schinnerer ÖBA 1979, 294, 299; vgl. Art. 29c ERA. 141 Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 74 ff.; Nielsen Richtlinien, Rdn. 368 ff. 142 Nielsen Aktuelle Rechtsfragen zum Dokumenten-Akkreditiv, S. 52.

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III. Akkreditivauftrag des Käufers an die Bank

Zweiter Abschnitt

den oder von ihnen zumindest im Zeitpunkt der Dokumentenaufnahme nicht sicher festgestellt werden können. Zum Beispiel finden sich in Akkreditivaufträgen hin und wieder dem Akkreditivgeschäft wesensfremde Klauseln, welche das Recht des Begünstigten zur Inanspruchnahme des Akkreditivs davon abhängig machen wollen, dass die Ware bis zu einem bestimmten Tage am Bestimmungsort angekommen sein muss. Ein solches Akkreditiv wird eine Bank nicht eröffnen. Dagegen wäre ein Akkreditiv, in welchem die Bank dem Begünstigten Zahlung gegen Vorlage einer Empfangsbestätigung des Akkreditivauftraggebers verspricht, als zulässig anzusehen. Allerdings wird damit das Gebiet der echten Akkreditive schon weit gehend verlassen: Die Trennung zwischen Waren- und Zahlungsgeschäft ist beseitigt; denn der Akkreditivauftraggeber hat die Möglichkeit, die Erteilung der Empfangsbescheinigung und damit die Zahlung an den Begünstigten davon abhängig zu machen, dass er die Ware vorher daraufhin geprüft hat, ob der Begünstigte kontraktgemäß geliefert hat.143 Eine derartige, so genannte joker clause ist aus rechtlicher Sicht zwar zulässig, jedoch sollte sich der Verkäufer aus den vorgenannten Gründen hierauf nicht einlassen. Soll das Akkreditiv der Abwicklung eines Sukzessivlieferungsgeschäftes die- 2/77 nen, ist bezüglich der Fristen für die einzelnen Lieferungen Folgendes zu beachten: Wenn im Akkreditiv nach Maßgabe des Akkreditivauftrags feste Liefertermine genannt sind, bringt eine Fristversäumnis bei der Verladung einer einzelnen Teilpartie das Akkreditiv – sofern darin nichts anderes vorgeschrieben wurde – nicht nur für diesen Teil, sondern auch für die nachfolgenden Teillieferungen zum Erlöschen (Art. 32 ERA). Im Interesse eines reibungslosen Geschäftsablaufs sollte der Akkreditivauftraggeber daher feste Termine für die einzelnen Teillieferungen nur dann verlangen, wenn dies wesentlich ist und wenn zu übersehen ist, dass der Begünstigte die Fristen auch einzuhalten vermag. Der Auftraggeber kann allerdings auch von der Regel des Art. 32 ERA abweichende Weisungen erteilen (Art. 1 Satz 2 ERA), also die Bank etwa anweisen, jede Teillieferung als Einzelgeschäft zu behandeln; in diesem Fall wären bei Fristversäumnis oder selbst bei Ausbleiben einer Teillieferung die Dokumente über nachfolgende termingerechte Teilverladungen wieder aufzunehmen.144 Werden bei Sukzessivlieferungsgeschäften im Akkreditivauftrag überhaupt keine 2/78 Angaben bezüglich der Fristen für die einzelnen Teillieferungen gemacht, enthält folglich auch das Akkreditiv keine Terminvorschriften für die Versendung, und der Begünstigte kann für alle Teillieferungen die gesamte Akkreditivfrist in Anspruch nehmen.145 Aus dem Vorstehenden folgt, dass sich bei Sukzessivlieferungsgeschäften der Käufer bei Abfassung des Akkreditivauftrags sehr genaue Vorstellungen über

143 Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 60 Fn. 151. 144 Nielsen Grundlagen, S. 94; Schlegelberger/Hefermehl HGB, § 365 Anm. 175; Schinnerer/ Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 91. S.a. Rdn. 2/69. 145 Eisemann/Eberth Das Dokumenten-Akkreditiv, S. 97 f.; s. ausf. Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 143 ff.

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Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

die Fristen machen muss, damit die tatsächliche Abwicklung des Geschäfts im Ergebnis seinen Wünschen entspricht.

h)

Dokumentenvorlagefrist

2/79 Außer der Gültigkeitsdauer des Akkreditivs und der Verladefrist ist bei einer Doku-

mentenvorlage, die ein oder mehrere Originaltransportdokumente gemäß Artikeln 19–25 ERA mit einschließt, u.U. noch eine dritte Frist zu beachten. Ist z.B. ein Akkreditiv bis zum 30.9. gültig und ist als letztes Verladedatum der 31.8. angegeben, kann – wenn die Verladung z.B. schon am 25.7. erfolgt – eine Dokumenteneinreichung am 28.8. praktisch viel zu spät sein, weil die Ware längst im Bestimmungshafen angekommen ist, aber dort – wegen Nichtvorhandenseins der Dokumente – nicht in Empfang genommen werden kann. Unter diesem Gesichtspunkt regelt Art. 14c ERA, dass die Dokumentenvorlage (d.h. die Vorlage aller geforderten Dokumente) bei jedem Akkreditiv, das eines der oben genannten Transportdokumente vorschreibt, von oder für den Begünstigten nicht später als 21 Kalendertage nach dem gemäß den Regelungen der ERA bestimmten Verladedatum erfolgen muss. Im Unterschied zu der Revision 1993 ist die Angabe einer Dokumentenvorlagefrist nicht mehr durch die ERA selbst gefordert. Dennoch ist es ratsam auch unter den ERA 600 eine entsprechende Vorlagefrist aufzunehmen, denn die Verfallfrist des Art. 14c ist ggf. mit den Spezifitäten des Einzelgeschäfts nicht vereinbar. Ist eine entsprechende Frist gesetzt, so gilt diese (vgl. Art. 1 Satz 2 ERA) und nicht die Regelung des Art. 14c ERA. Ist eine derartige Frist nicht festgesetzt, weisen die Banken eine Dokumentenvorlage zurück, die ihnen später als 21 Tage nach ihrem Verladedatum vorgelegt werden. Dessen ungeachtet muss die Vorlage natürlich immer innerhalb der Gültigkeitsdauer des Akkreditivs erfolgen; die 21-Tage-Frist verlängert die Gültigkeitsdauer des Akkreditivs nicht (Art. 14c 2. Halbsatz ERA).146 Überschreitet vielmehr die Vorlegungsfrist nach Art. 14c ERA die Gültigkeitsdauer des Akkreditivs, so wird die Vorlegungsfrist auf die Frist des Art. 6d ERA verkürzt.147

i)

Angaben über Unwiderruflichkeit oder Widerruflichkeit des Akkreditivs

2/80 Die ERA 600 schreiben nunmehr in Art. 2 unmissverständlich vor, dass ein Akkredi-

tiv im Sinne dieser Regelungen nur vorliegt, wenn es unwiderruflich ist. Bereits Art. 6 ERA 500 sah vor, dass ein Akkreditiv ohne besonderen Hinweis auf die Wider-

146 S. hierzu a. Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 206 f.; Wheble Documentary credits, UCP 1974/83, Revisions compared and explained, ICC-Publ Nr. 411 S. 75 zu Art. 47 Reasons I: „This was made clear in a decision of the Banking Commission that the provisions of Article 41 should not apply in documentary credits which did not call for presentation of shipping documents‘.“ 147 Eberth WM-Sonderbeilage 4/1984 S. 16.

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III. Akkreditivauftrag des Käufers an die Bank

Zweiter Abschnitt

ruflichkeit als unwiderruflich eröffnet galt. Dies führt aber nicht dazu, dass nicht dennoch auch weiterhin widerrufliche Akkreditiv denkbar sind. Für diese gelten jedoch dann die Regelungen der ERA 600 nicht, so dass von den Beteiligten in einem solchen Fall detaillierte Einzelregelungen zu treffen wären.148 Denkbar wäre auch, eine entsprechende Geltung der ERA 600 zu vereinbaren oder das Akkreditiv unter den Regelungen der ERA 500 zu eröffnen. Im Ergebnis würde Letzteres aber nicht wirklich weiterhelfen, da auch die ERA 500 keine detaillierten Regelungen für den Fall des Widerrufs eines Akkreditivs enthalten. Für die Entscheidung, ob ein widerrufliches oder ein unwiderrufliches Akkreditiv 2/81 gewählt wird, sind wirtschaftliche Überlegungen maßgebend, die der Käufer vor Erteilung des Akkreditivauftrags – meist im Rahmen der Akkreditivklausel des Kaufvertrags – mit dem Verkäufer abstimmt. Ohne an dieser Stelle die rechtliche Erörterung des Unterschiedes zwischen einem widerruflichen und einem unwiderruflichen Akkreditiv vorwegzunehmen (Rdn. 2/157 ff.), kann man feststellen, dass das unwiderrufliche Akkreditiv dem Verkäufer größere Sicherheit bietet als das widerrufliche. Wegen der in ihm liegenden festen Verpflichtung der Bank ist es allerdings auch etwas teurer als das widerrufliche; die Kosten erhöhen sich um die Unwiderruflichkeitsprovision der Bank.149 Der Begünstigte verlangt die größere Sicherheit, die in einem unwiderruflichen Akkreditiv liegt, nicht immer nur aus eigenem Sicherungsbedürfnis. Sein Wunsch nach einem unwiderruflichen Akkreditiv kann auch dadurch hervorgerufen sein, dass er bei seiner Bank zum Einkauf oder zur Herstellung der verkauften Ware Kredit aufgenommen hat oder aufnehmen will, zu dessen Besicherung er das unwiderrufliche Akkreditiv benötigt. Ein widerrufliches Akkreditiv dürfte von den Banken dagegen nur in Ausnahmefällen – streng genommen gar nicht – als Kreditunterlage akzeptiert werden.150 Die enge Nachbarschaft zwischen widerruflichem Akkreditiv und Dokumentenin- 2/82 kasso (Rdn. 3/1 ff.) legt die Frage nahe, wann der Verkäufer, wenn ihm ein unwiderrufliches Akkreditiv unnötig oder nicht erreichbar erscheint, ein widerrufliches Akkreditiv fordert, anstatt sich mit dem Einzug der Forderung auf dem Inkassoweg zu begnügen. Während der Laufzeit eines widerruflichen Akkreditivs ist eine Sicherheit für den Begünstigten ebensowenig vorhanden wie bei einem Inkasso; denn das Widerrufsrecht der Akkreditivbank erlischt erst in dem Augenblick, in dem sie Zahlung leistet (Rdn. 2/163 f.). Natürlich wird die Bank nur dann zahlen, wenn der auftraggebende Käufer ihr den Gegenwert angeschafft hat oder wenn sie bereit ist, dem Käufer den Akkreditivbetrag zu kreditieren. Einen Vorzug gegenüber dem Inkasso bietet das widerrufliche Akkreditiv für den Verkäufer dann, wenn es bei einer Bank im Lande des Begünstigten in Anspruch genommen werden

148 So auch: Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 46; Holzwarth IHR 2007, 140. 149 Eisemann/Eberth Das Dokumenten-Akkreditiv im Internationalen Handelsverkehr, S. 75; Brüggemann Die Banktechnik des Auslandsgeschäfts, S. 113. 150 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 54.

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Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

kann.151 In diesem Fall erlischt das Widerrufsrecht der Akkreditivbank bereits mit der Zahlung, Akzeptleistung oder Negoziierung durch die zweite Bank; das Widerrufsrecht bei einem deferred payment credit erlischt bereits mit Aufnahme der akkreditivgerechten Dokumente (so früher Art. 8b (ii) ERA 500).152 Bei einem Inkasso dagegen bekommt der Begünstigte erst dann Klarheit, ob die Dokumente honoriert werden, wenn sie über die vorlegende Bank dem Käufer präsentiert sind und dieser über ihre Bezahlung entschieden hat. Praktisch besteht demnach der Vorteil des widerruflichen Akkreditivs, das im Lande des Begünstigten in Anspruch genommen werden kann, gegenüber dem Inkasso in einem Zeitgewinn für den Verkäufer: Er erhält im Zweifel sein Geld früher als beim Inkasso.153 2/83 Es liegt daher nahe, widerrufliche Akkreditive so zu gestalten, dass sie im Lande

des Begünstigten (oder eventuell einem dritten Lande) in Anspruch genommen werden können. Geschieht dies nicht, kann mit Rücksicht auf die Kostenersparnis und die Vereinfachung des Geschäftsablaufs von einer Akkreditivstellung überhaupt abgesehen werden – es sei denn, dass die Akkreditivstellung eine nicht im Bereich der dokumentären Zahlungssicherung liegende Bedeutung gewonnen hat (z.B. im Hinblick auf die Devisenbewirtschaftung oder Einfuhrbeschränkungen).

j)

Angaben über die Einschaltung anderer Banken

2/84 Eine Bank kann ein Akkreditiv nicht nur zugunsten eines Begünstigten in ihrem

eigenen Lande, sondern auch zugunsten eines Verkäufers in jedem beliebigen anderen Lande eröffnen. So kann z.B. eine Hamburger Bank ein Akkreditiv direkt zugunsten eines in Mexiko ansässigen Exporteurs eröffnen. Regelmäßig aber wird in einem derartigen Fall zusätzlich noch eine in Mexiko ortsansässige Bank eingeschaltet. Dies bietet erhebliche geschäftlich-praktische und rechtliche Vorteile. Gemäß Art. 6a ERA muss im Akkreditiv bestimmt werden, bei welcher Bank es benutzbar ist. Die Einschaltung der Bank im Lande des Begünstigten kann auf verschiedene Weise erfolgen: 2/85 Avisierung: Die von der Akkreditivbank eingeschaltete Zweitbank teilt, ohne

selbst eine Haftung zu übernehmen, dem Begünstigten lediglich mit (advises, notifies), dass die Akkreditivbank das Akkreditiv eröffnet hat. Darüber hinaus ist sie gemäß Art. 9b ERA verpflichtet, die augenscheinliche Echtheit des Akkreditivs zu prüfen. Die avisierende Bank kann – muss aber nicht – auch Zahlstelle sein, so dass das Akkreditiv bei ihr benutzbar ist. 151 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 54. Damit ist es dem Letter of Credit (Rdn. 8/1 ff.) angenähert. 152 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 70; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 53. 153 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 54.

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III. Akkreditivauftrag des Käufers an die Bank

Zweiter Abschnitt

Bestätigung: Die zweite Bank übernimmt selbst durch Erklärung gegenüber 2/86 dem Begünstigten zugleich mit der vorgenannten Mitteilung neben der Akkreditivbank gesamtschuldnerisch die Haftung für die Erfüllung des in der Akkreditiveröffnung liegenden Schuldversprechens, d.h. sie bestätigt (confirms) das Akkreditiv (Rdn. 2/187 ff.).154 Die Auswahl der Zweitbank geht in sehr vielen Fällen auf eine in den Kaufvertrag 2/87 aufgenommene Anregung des Verkäufers zurück, wenngleich dieser an sich keinen Anspruch darauf hat, die Zweitbank zu bestimmen. Im Zusammenhang mit der Devisenbewirtschaftung und den damit verbundenen zahlreichen Formalitäten hat sich in der Praxis jedoch vielfach die Übung herausgebildet, dass der Begünstigte seine eigene Bankverbindung angibt, damit das Akkreditiv über diese Bank läuft. Diese Praxis ist im Grunde widersprüchlich, weil so die Hausbank des Begünstigten zum Geschäftsbesorger und damit zum verlängerten Arm der Käuferseite wird, was manchmal für diese Bank zu Interessenkollisionen und Ärger mit der Kundschaft führen kann. Gleichwohl sprechen manche Vorteile für diese Handhabung; mit einem Außenhandelsgeschäft sind u.U. umfangreiche und Arbeit verursachende Nebenvorgänge verbunden (z.B. Kurssicherungen, Vertreterprovisionszahlungen, Frachtregulierungen, sonstige Nebenkosten, Exportvergünstigungen, Retouren, Devisenbonus).

aa)

Bestätigtes Akkreditiv

Ist im zugrunde liegenden Kaufvertrag oder in sonstiger Weise die Abwicklung der 2/88 Bezahlung durch bestätigtes Akkreditiv vereinbart worden, muss der Käufer bei Erteilung des Akkreditivauftrags an seine Bank ihr dies ausdrücklich vorschreiben.155 Ohne eine solche ausdrückliche Weisung beauftragt die Akkreditivbank die Zweitbank lediglich, das Akkreditiv dem Begünstigten ohne Übernahme eines eigenen Obligos zu avisieren, unabhängig davon, ob die Zweitbank die Funktion einer Zahlstelle übernimmt oder nicht. Gelegentlich soll laut Kaufvertrag das Akkreditiv nicht durch eine Bank im Lande des Begünstigten, sondern durch eine Bank in einem dritten Lande bestätigt werden. Normalerweise ist dieses dritte Land dann das Land derjenigen Währung, auf die das Akkreditiv lautet. Beispielsweise werden südamerikanische US-$-Akkreditive zugunsten deutscher Begünstigter häufig durch eine New Yorker Bank bestätigt. Eventuell ist mit einer solchen Bestätigung in einem Drittland (z.B. USA) die Finanzierung des Geschäfts durch einen Rembourskredit (Rdn. 5/7 ff.) verbunden.

154 Zu Primär- und Sekundärpflichten von Eröffnungs- und Bestätigungsbank Nielsen Richtlinien, Rdn. 67 ff., 84 ff. 155 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 982 ff.; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 214; Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 67 f.; Hoeren/Florian Rdn. 61; Nielsen Grundlagen, S. 47.

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Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

2/89 Entsprechend der Definition für „Bestätigung“ in Art. 2 ERA und der in Art. 8

ERA verwendeten Ausdrucksweise wird in diesem Buch das Wort „bestätigen“ nur gebraucht, wenn die – bestätigende – Zweitbank sich auch ihrerseits verpflichtet, bei Vorlage der im Akkreditiv geforderten Dokumente nach den Bedingungen des Akkreditivs an den Begünstigten zu leisten.156 Erfreulicherweise kommt es heute nur noch selten vor, dass der Ausdruck „bestätigt“ („confirmed“) im gleichen Sinne wie „unwiderruflich“ („irrevocable“) gebraucht wird und dass beide Ausdrücke sowohl im Verhältnis der Akkreditivbank zum Begünstigten als auch im Verhältnis der Zweitbank zum Begünstigten benutzt werden, was als falsch zu bezeichnen ist.157 Unter den ERA 600 sollten solche missverständlichen Bezeichnungen allerdings gar nicht mehr vorkommen, da alle Akkreditive unter diesen Regelungen unwiderruflich sind. Unabhängig von der Wortwahl muss allerdings in Zweifelsfällen immer genau geprüft werden, ob eine Verpflichtung nur für die Akkreditivbank oder für beide Banken begründet werden soll. Um Missverständnisse auszuschließen, sollten sich die Akkreditivauftraggeber bemühen, eine klare Trennung vorzunehmen und von „unwiderruflich“ nur im Zusammenhang mit der Akkreditivstellung durch die erste Bank zu sprechen, den Ausdruck „bestätigt“ aber nur zu verwenden, wenn die Begründung einer zusätzlichen akkreditivmäßigen Verpflichtung durch die Zweitbank beabsichtigt ist. 2/90 Die in aller Regel auf die Wünsche des Begünstigten zurückgehende Weisung des

Käufers im Akkreditivauftrag, das Akkreditiv von einer Bank im Lande des Verkäufers bestätigen zu lassen, beruht auf dem Bestreben des Exporteurs, die Sicherheit für die Zahlung des Kaufpreises nicht nur im Lande des Käufers bei der Akkreditivbank, sondern auch im eigenen Lande (d.h. in der Regel auch im eigenen Währungsgebiet) zu haben. Nicht selten kennt der Begünstigte die Akkreditivbank im Ausland gar nicht und kann infolgedessen auch nicht übersehen, ob die Abwicklung des Geschäftes mit dieser Bank reibungslos vor sich gehen wird. 2/91 Aber selbst wenn – was meistens der Fall sein wird – der Begünstigte keinen Anlass

zu Misstrauen gegenüber der Akkreditivbank hat, kann ihm doch an einer Bestätigung des Akkreditivs durch eine Bank in seinem Lande gelegen sein: Auf diese Weise erhält er die Gewähr dafür, dass ihm nach Einreichung der Dokumente bei dieser Bank der Akkreditivbetrag ohne weiteren Zeitverlust endgültig ausgezahlt wird, sofern die bestätigende Bank auch Zahlstelle ist. Zusätzliche Bedeutung erlangt die Bestätigung, wenn im Lande des Käufers Transferschwierigkeiten für Zahlungen nach dem Ausland bestehen. In diesem Falle gewinnt der Begünstigte durch die inländische Akkreditivbestätigung die Sicherheit, sofort bei Präsentierung der Dokumente in seinem eigenen Lande unter der Voraussetzung, dass die Bestätigungsbank auch Zahlstelle ist, Zahlung zu erhalten; zwischenzeitlich im

156 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 971; Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 67 f.; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 59. 157 Eisemann/Eberth Das Dokumenten-Akkreditiv, S. 82; Schmitthoff The Export Trade, S. 257.

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III. Akkreditivauftrag des Käufers an die Bank

Zweiter Abschnitt

Lande des Akkreditivauftraggebers aufgetretene Transferschwierigkeiten können ihm nichts anhaben. Durch die Bestätigung hat der Begünstigte demnach den bedeutsamen Vorteil, der Sorge um Währungs- oder politische Schwierigkeiten im Land des Akkreditivauftraggebers enthoben zu sein. Die Bestätigung durch eine Bank im eigenen Land ist für den Begünstigten oftmals noch wichtiger, wenn während der Laufzeit von Akkreditiven ein Krieg ausbricht; die bestätigende Zweitbank muss dann die Akkreditive bedienen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie selbst sich bei der Akkreditivbank erholen kann oder nicht.158 Ferner ist noch zu bedenken, dass eine Bestätigung das Akkreditiv in seiner Eigenschaft als Kreditunterlage verbessern kann, was wichtig für den Fall ist, dass der Begünstigte das bestätigte Akkreditiv als Grundlage für die Aufnahme eines Kredits bei Banken oder Lieferanten verwenden will. Für die Frage, welches Recht auf ein bestätigtes, bei der bestätigenden Bank 2/92 benutzbares Akkreditiv anwendbar ist, ist der herrschenden Meinung zu folgen. Sie vertritt eine selbständige Anknüpfung der Zahlungsansprüche gegen eröffnende und bestätigende Bank.159 Für die eigene Verpflichtung der bestätigenden Bank wird demzufolge zumeist das Recht desjenigen Landes anwendbar sein, in welchem auch der Begünstigte seinen Sitz hat. Die „Bestätigung“ eines Akkreditivs im Auftrag einer anderen – meist auslän- 2/93 dischen – Bank ist in der Sache eine Krediteinräumung der bestätigenden Bank an die Akkreditivbank.160 Der Übernahme eines solchen Auftrags gehen daher bei der bestätigenden Bank die bei einer Kreditgewährung üblichen Überlegungen voraus. Dabei ist nicht nur zu unterscheiden, in welcher Höhe die eine Bank der anderen für Akkreditivbestätigungen eine Kreditlinie einräumen will, sondern – im Zusammenhang mit dem Länderrisiko – auch, wie hoch das Gesamtobligo aller Debitoren in dem betreffenden Land werden darf. Ferner ist zu prüfen, welches Transferrisiko, welche politischen Gesichtspunkte, welche Währungsüberlegungen, welche geschäftlichen Reziprozitäten der Banken untereinander usw. bestehen. Sowohl die Gewährung solcher Kredite als auch deren Inanspruchnahme sind wichtige Entscheidungen der beiderseitigen Banken. Die meisten Banken setzen sich selbst Limite, bis zu welcher Höhe sie in den verschiedenen Ländern und in den verschiedenen Währungen Kredite insgesamt in Anspruch nehmen wollen.

bb) Unbestätigtes Akkreditiv Häufig begnügen sich Käufer und Verkäufer damit, ein unbestätigtes Akkreditiv 2/94 zu vereinbaren. Damit verzichtet der Verkäufer zwar auf einen Teil der Sicherheit, 158 Zum wirtschaftlichen Hintergrund der Bestätigung ausf. Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 69 f. 159 Kessler in: Blesch/Lange Bankgeschäfte, Rdn. 724 ff.; Schütze WM 1982, 226, 227. S. Rdn. 1/43. 160 Zum Rechtsverhältnis s. ferner Rdn. 2/167.

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Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

die ihm ein bestätigtes Akkreditiv gewähren würde; ein unbestätigtes Akkreditiv ist jedoch billiger als ein bestätigtes, weil die Bestätigungsprovision der Zweitbank entfällt. Beim unbestätigten Akkreditiv – und das ist der wichtigste Unterschied zum bestätigten – tritt die Zweitbank, sofern sie als Avisbank oder als Zahlstelle agiert, in keinerlei vertragliche Beziehungen zum Begünstigten. Vielmehr steht sie nur mit der Akkreditivbank in einem Vertragsverhältnis;161 diese erteilt ihr den Auftrag, dem Begünstigten das Akkreditiv lediglich zu avisieren (to advise, to notify), wodurch eine eigene Verbindlichkeit der Zweitbank nicht begründet wird (Art. 9a ERA). Eine wie auch immer geartete Haftung der – hier nur als technische Durchgangsstelle fungierenden (Rdn. 2/180) – Zweitbank gegenüber dem Begünstigten kann aus dem Avis nicht hergeleitet werden,162 und zwar selbst dann nicht, wenn sie die vom Begünstigten eingereichten Dokumente überprüft. Insoweit handelt es sich um eine – für die Akkreditivbank nicht verbindliche – dem Kulanzbereich der durchleitenden Zweitbank zuzuordnende Tätigkeit, die im allseitigen Interesse zweckmäßig ist, da kleine Fehler und Unebenheiten kurzerhand beseitigt werden können und unter Umständen die zeitraubende Hin- und Hersendung der Dokumente vermieden wird.163 Die avisierende Bank ist nach Art. 9b ERA verpflichtet, die augenscheinliche Echtheit des ihr erteilten Auftrags zu prüfen, indem sie sich darüber vergewissert,164 dass der Auftrag von einer tatsächlich existierenden Bank und von für diese vertretungsberechtigten Personen erteilt wurde.165 Ist die Zweitbank Zahlstelle, so ist das Akkreditiv über diese abzuwickeln (Rdn. 2/97 ff.). 2/95 Mitunter legt der Begünstigte Wert darauf, bei einem unbestätigten Akkreditiv von

der avisierenden Zweitbank eine Ankaufszusage zu erhalten. Hierbei handelt es sich um eine vertragliche Verpflichtung der Zweitbank, auf die in dem Akkreditiv näher bezeichneten akkreditivgerechten Dokumente bei termingerechter Vorlage einen bestimmten Betrag zu zahlen. Eine solche Zusage könnte folgenden Wortlaut haben: „Bezugnehmend auf die von uns avisierte Eröffnung des näher bezeichneten Akkreditivs übernehmen wir Ihnen gegenüber zu den nachstehenden Bedingungen die unwiderrufliche Verpflichtung, die unter dem Akkreditiv vorgelegten Dokumente anzukaufen, wenn Sie uns die Akkreditivdokumente rechtzeitig innerhalb der Gültigkeitsdauer des Akkreditivs

161 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 972; Nielsen Grundlagen, S. 65; Kessler in Blesch/ Lange Bankgeschäfte, Rdn. 723. 162 A.A. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/555; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 986; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 310. 163 Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 66. 164 Sprachlich ist dies im Vergleich zur bisherigen Version eine Verstärkung der Pflichten der avisierenden Bank. Sie muss nicht nur „prüfen“, sondern sich „vergewissern“. S.a. Commentary on UCP 600 S. 46; Nielsen Uniform Customs, TransportR 2008, 275. 165 Nielsen ZIP 1984, 230, 234; Ingelmann/Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 280 f.

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III. Akkreditivauftrag des Käufers an die Bank

Zweiter Abschnitt

und ohne Einschaltung eines Dritten einreichen und wir diese Dokumente ohne Vorbehalt aufgenommen haben.“ Der Begünstigte wird durch die Ankaufsvereinbarung so gestellt, als wenn ein bestätigtes Akkreditiv vorläge, man spricht folgerichtig hier zum Teil auch von einer stillen Bestätigung, wobei die Begrifflichkeiten von Bank zu Bank divergieren können und nicht immer klar abgegrenzt sind. Im Verhältnis zwischen ankaufender Zweitbank und Akkreditivbank verbleibt es dagegen beim lediglich avisierten und unbestätigten Akkreditiv. Das Risiko der Honorierung der Dokumente und zwar sowohl das wirtschaftliche und politische Risiko als auch das Dokumentenprüfrisiko wird damit vom Begünstigten auf die Zweitbank verlagert, weshalb sich diese nur in begründeten Ausnahmefällen und nach sorgfältiger Prüfung aller Einzelheiten des Akkreditivs zur Abgabe einer Ankaufszusage entschließen wird.166 Eine andere Möglichkeit, dem Begünstigten auch ohne Bestätigung des Akkreditivs 2/96 ein Mehr an Sicherheit zu geben, besteht in der Abgabe einer Zahlungszusage. Hierbei handelt es sich um eine mit der Ankaufszusage vergleichbare Verpflichtung, wobei sich die Bank nicht zum Ankauf, sondern nur zu einer Zahlung verpflichtet. Teilweise werden derartige Zusagen auch als „Schutzklauseln“ bezeichnet.167 Eine deratige Zusage könnte folgenden Wortlaut haben: „Bezugnehmend auf die von uns avisierte Eröffnung des näher bezeichneten Akkreditivs bestätigen wir, dass wir Ihren Anspruch auf Zahlung des Akkreditivbetrages gemäß den Akkreditivbedingungen gegen Nichterfüllung wegen Vermögensverfall der eröffnenden Bank oder deren Unvermögen zur Zahlung, zur Konvertierung oder zum Transfer des Akkreditivbetrages infolge allgemeiner hoheitlicher Maßnahmen oder kriegerischer Ereignisse bis zu maximal 100% des nicht erhaltenen Akkreditivbetrages durch Zahlung sichern werden, sofern die Bedingungen des Akkreditivs in allen Teilen erfüllt sind und die Vorlage der akkreditivkonformen Dokumente direkt ohne Einschaltung eines Dritten rechtzeitig innerhalb der Gültigkeitsdauer des Akkreditivs bei uns erfolgt ist.“ Der wesentliche Unterschied zur o.g. Ankaufszusage besteht darin, dass die Bank bei dieser Form der Zahlungszusage zwar das wirtschaftliche und politische Risiko, nicht aber das Dokumentenprüfrisiko übernimmt. Wichtig ist bei beiden Formen der zusätzlichen Absicherung, dass dem Begünstigten von der Bank klar erläutert wird, welchen zusätzlichen Komfort er durch diese Erklärungen erhält und welchen eben nicht. Es darf z.B. nicht der Eindruck vermittelt werden, dass der Begünstigte durch eine reine Zahlungszusage eine mit einem bestätigten Akkreditiv absolut vergleichbare Rechtsstellung erwerbe.

166 S. hierzu a. Högerl/Neuner Das Dokumentenakkreditv, S. 16; zur wirtschaftlichen Bedeutung: Schütze Dokumentenakkreditiv. 167 Vgl. Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 59.

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Zweiter Abschnitt

cc)

Dokumentenakkreditiv

Zahlbarstellung

2/97 Wenn neben der Akkreditivbank eine Zweitbank in die Akkreditivabwicklung ein-

geschaltet wird, muss Klarheit geschaffen werden, wo das Akkreditiv zahlbar gestellt sein soll, d.h. bei welcher Bank es „benutzbar“ ist oder ob es bei jeder Bank benutzbar ist (Art. 6a ERA). Bei frei negoziierbaren Akkreditiven ist jede Bank Zahlstelle. Auftraggeber und Akkreditivbank sollten von vornherein darauf achten, dass sowohl der Akkreditivauftrag als auch später das Akkreditiveröffnungsschreiben den Ort nennen, an dem das Akkreditiv für den Begünstigten benutzbar sein soll. Fehlt eine entsprechende Angabe, ist das – nicht bestätigte – Akkreditiv stets nur bei der eröffnenden Bank zahlbar.168 2/98 Zahlstelle169 ist entweder die Akkreditivbank selbst oder diejenige Bank, die als

Beauftragte oder Ermächtigte der Akkreditivbank für diese die Dokumente gegenüber dem Begünstigten prüft und aufnimmt sowie Zug um Zug gegen Aufnahme der Dokumente den Akkreditivbetrag an den Begünstigten auszahlt. Aufgrund der Neufassung von Art. 6a ERA ist wie schon unter der Revision 1993 im Hinblick auf die verwendete Terminologie zu beachten, dass die benannte Bank/Nominated Bank die Zweitbank ist, die von der eröffnenden Bank ermächtigt oder beauftragt ist, das Akkreditiv auszuzahlen. Hingegen wird die eröffnende Bank, bei der ein Akkreditiv selbst benutzbar gestellt werden kann, nicht als Nominated Bank bezeichnet, da sich die Verpflichtung der eröffnenden Bank aus Art. 7a ERA ergibt. Die aus dem Akkreditiv zur Zahlung verpflichtete Bank stellt dem Begünstigten das Geld bei der Zahlstelle zur Verfügung und gibt ihm Gelegenheit, dort die Dokumente einzureichen und dort das Geld in Empfang zu nehmen. Die Zahlstelle ist nicht identisch mit dem Erfüllungs- oder Leistungsort im Rechtssinne, also dem Ort, an dem die Akkreditivbank als Schuldnerin ihre Leistungshandlung vorzunehmen hat.170 Die Zahlstellenangabe macht die Geldschuld der Akkreditivbank nicht zu einer Bringschuld, sondern belässt sie als Schickschuld und bestimmt nur den Überweisungsweg. Erfüllungsort ist, wie immer im Zweifel bei Schickschulden, der Wohnsitz des Schuldners, d.h. hier der Sitz der Akkreditivbank. 2/99 Ist die eingeschaltete Zweitbank Zahlstelle/Nominated Bank/benannte Bank, bringt

dies für den Begünstigten, sofern diese Bank ihren Sitz in seinem Lande hat, viele Vorteile mit sich, selbst wenn die Zweitbank das Akkreditiv nicht bestätigt hat, also keine selbständige Verpflichtung aus dem Akkreditiv gegenüber dem Begünstigten übernimmt.171 Folgende zwei Punkte sind besonders hervorzuheben:

168 Eisemann/Eberth Das Dokumenten-Akkreditiv, S. 79; Eisemann RIW/AWD 1961, 180 ff.; Nielsen Richtlinien, Rdn. 55. 169 Ausf. Schinnerer in: FS Reimer, S. 237 ff.; Schütze RIW/AWD 1988, 343 ff. 170 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/563; ders. Grundlagen, S. 78; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn 299; Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 62; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 971, 979. 171 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/556. Nur für den deferred payment credit (Rdn. 2/123) vertritt Grader van der Maas Revue de la Banque 1964, 286, die Ansicht, dass die Avisbank, die Zahlstelle ist, aber das Akkreditiv nicht bestätigt hat, dem Begünstigten selbständig auf Zahlung

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III. Akkreditivauftrag des Käufers an die Bank

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1. Zur Wahrung der Einreichungsfrist gemäß Art. 6d (ii) ERA für die Dokumente 2/100 genügt es, wenn der Begünstigte die Dokumente vor Ablauf des Akkreditivs bei der Zahlstelle einreicht.172 Gewöhnlich wird dies der Klarheit wegen durch einen ausdrücklichen Hinweis in Akkreditivauftrag und Akkreditiveröffnungsschreiben festgelegt, etwa durch den Zusatz „benutzbar bis . . . bei der (Name der Zweitbank)“. Wann die Dokumente von der Zweitbank an die Akkreditivbank weitergereicht werden, ist im Hinblick auf die Wahrung der Akkreditivfrist unmaßgeblich. Der Vorteil für den Begünstigten ist offensichtlich: Er kann, da die Zweitbank sich normalerweise in seinem Lande befindet, die Laufzeit des Akkreditivs länger ausnutzen, als wenn er die Dokumente so rechtzeitig versenden müsste, dass sie mit Sicherheit vor Verfall bei der Akkreditivbank im Lande des Akkreditivauftraggebers eingehen. Darüber hinaus geht mit Einreichung der Dokumente das Risiko eines Dokumentenverlustes vom Begünstigten auf die Akkreditivbank über (vgl. Art. 35 ERA).173 2. Die als Zahlstelle bestimmte Zweitbank gilt sowohl unter einem bestätigten als 2/101 auch unter einem unbestätigten Akkreditiv als von der Akkreditivbank stillschweigend beauftragt und bevollmächtigt, die Dokumente für sie gegenüber dem Begünstigten verbindlich zu prüfen und im Falle ihrer Ordnungsmäßigkeit sofort den Akkreditivbetrag zu Lasten der Akkreditivbank an den Begünstigten auszuzahlen.174 Dies gilt unverändert, auch wenn Art. 12a ERA klarstellt, dass die (nur) benannte Bank hierzu nicht verpflichtet ist. Der Begünstigte braucht also auf das Geld nicht zu warten, bis die Akkreditivbank selbst die Dokumente erhalten, nach Prüfung über ihre Aufnahme entschieden und dann den Betrag bei der Zweitbank angeschafft hat.175 Die Prüfung durch die Zahlstellenbank ist gegenüber dem Begünstigten – auch mit Wirkung für die Akkreditivbank – verbindlich (Art. 7a ERA). Das besagt aber noch nichts über das Verhältnis zwischen Akkreditivbank und Zahlstellenbank. Zwar ist die eröffnende Bank nach Art. 7c ERA verpflichtet, die benannte Bank, die eine konforme Dokumentenvorlage honoriert oder negoziiert und die Doku-

hafte, wenn sie die Dokumente in ihrer Funktion als Zahlstelle aufgenommen habe. Dem ist aber nicht zu folgen, weil die Avisbank zu keiner Zeit wie eine Bestätigungsbank haftet. Dementsprechend stellt der Art. 9a ERA in Übereinstimmung mit der überwiegenden Rechtsauffassung und Praxis klar, dass sich auch dann keine Haftung der Avisbank ergibt, wenn die Zweitbank vom Begünstigten präsentierte Dokumente nach Prüfung aufnimmt, d.h. für akkreditivgemäß erachtet. 172 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 979; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 312; Hartmann Die Durchsetzbarkeit des Begünstigtenanspruchs im unwiderruflichen Dokumentenakkreditiv, S. 62; Nielsen Grundlagen, S. 78; Lombardini Droit et pratique du crédit documentaire, S. 78. 173 Vgl. Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 137; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 312 Fn. 75. 174 BGH WM 1984, 1214; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/558; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 314. 175 Vgl. dazu Rdn. 2/186, wo auch dargestellt wird, wie zu verfahren ist, wenn die Zweitbank nicht Zahlstelle ist, ferner Rdn. 2/231.

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Dokumentenakkreditiv

mente an die eröffnende Bank versandt hat, zu remboursieren, jedoch besteht immer noch die Möglichkeit, dass die Akkreditivbank dann, wenn die Dokumente wirklich mit einem Mangel behaftet sind (also die Zahlstellenbank einen Fehler gemacht hat), diesen Mangel rügt und die Zahlstellenbank verantwortlich macht.176 Aus diesem Grunde sind Zahlstellenbanken besonders vorsichtig und wählen – wenn auch nur der geringste Zweifel besteht – vorzugsweise einen der in Rdn. 2/379 ff. dargelegten Wege. Schließlich geht aufgrund der fristwahrenden Wirkung der Dokumenteneinreichung bei der Zahlstelle das Risiko des Dokumentenverlustes auf die Akkreditivbank bzw. den Auftraggeber über (Rdn. 2/444). 2/102 In Art. 3c ERA (Revision 1974) war gesagt, dass bei unwiderruflichen Akkreditiven

„Verpflichtungen dieser Art . . . ohne die Zustimmung aller Beteiligten weder geändert noch annulliert werden“ können und dass „die teilweise Annahme von Änderungen . . . ohne die Zustimmung aller Beteiligten unwirksam“ ist. Man musste sich bisher fragen, ob die Benennung als Zahlstelle zu den „Verpflichtungen dieser Art“ gehörte und ob die Zahlstellenbank durch ihre Benennung als Zahlstelle ein eigenes Recht erlangte, Zahlstelle zu sein und es auch zu bleiben, so dass ihr die Funktion als Zahlstelle ohne ihre Zustimmung nicht wieder genommen werden konnte, oder ob es sich bei der Benennung einer Bank als Zahlstelle um ein technisches Detail handelte, das Akkreditivbank und Begünstigter ohne Mitwirkung der Zahlstellenbank einvernehmlich ändern konnten. 2/103 Diese Frage ist durch Art. 10a ERA (wie zuvor schon durch Art. 9d ERA 500) eindeu-

tig in dem Sinne geklärt, dass die Zahlstelle auch gegen ihren Willen diese Funktion wieder verlieren kann, sofern sich Akkreditivbank, Begünstigter und gegebenenfalls Bestätigungsbank hierüber einig sind. Die Aberkennung der Zahlstelleneigenschaft kann sich für die Zahlstellenbank dann nachteilig auswirken, wenn sie dem Begünstigten den Akkreditiverlös ganz oder teilweise bevorschusst hatte.177 2/104 Sind die bislang genannten Auswirkungen der Zahlbarstellung vorteilhaft für den

Begünstigten, so bleibt zum Schluss eine weitere zu erwähnen, die ein Risiko für ihn darstellt: 2/105 Eine Bank, die ihr Akkreditiv bei einer anderen Bank zahlbar stellt, erfüllt ihre

Zahlungsverpflichtung mit schuldbefreiender Wirkung, wenn sie dem Begünstigten den Gegenwert der Dokumente gegen deren Einreichung bei der Zahlstelle zur Verfügung hält.178 Die Zahlstellenvereinbarung ist Teil des Vertrages zwischen der Akkreditivbank und dem Begünstigten. Der Begünstigte kann nicht später einseitig diese Vereinbarung aufheben und von der Akkreditivbank ohne deren Zustimmung Zahlung auf einem anderen Zahlungswege unter Umgehung

176 Vgl. dazu Lorenz in: FS Steindorff, S. 405 ff. 177 Vgl. Rdn. 2/233; Ingelmann/Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 292. 178 A.A. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/563. Anders allerdings beim bestätigten Akkreditiv, sofern nicht die Bestätigungsbank ausdrücklich als Zahlstelle benannt ist.

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Zweiter Abschnitt

der Zahlstelle verlangen.179 Befürchtet oder erkennt also der Begünstigte, dass die Zahlstelle die Gutschrift – etwa zwecks Aufrechnung, sei diese nun verboten oder erlaubt (Rdn. 2/391) – auf einem debitorischen Konto oder einen gepfändeten Konto oder – wegen devisenrechtlicher Vorschriften – auf einem Sperrkonto vornehmen wird, ist er nicht berechtigt, der Akkreditivbank dies entgegenzuhalten und von ihr Zahlung auf anderem Wege zu fordern. Der Begünstigte ist zwar berechtigt, die Dokumente direkt bei der eröffnenden Bank einzureichen. Jedoch kann diese ihn darauf verweisen, dass sie den Akkreditivgegenwert bei der Zahlstelle anschafft. Er läuft in diesem Falle Gefahr, dass dieser Betrag trotz Einreichung ordnungsgemäßer Dokumente aber nicht zu seiner Verfügung steht. Um dies zu vermeiden, muss er entweder sich mit der Akkreditivbank auf eine andere Zahlungsform einigen oder das Akkreditiv unbenutzt lassen („austrocknen“) und mit dem Käufer eine andere Zahlungsabwicklung vereinbaren. Die Akkreditivbank wird – unter dem Gesichtspunkt des Kundendienstes – dem Wunsche des Begünstigten, die Zahlstelle zu ändern, meist nachkommen, wenn nicht der Wille ihres Auftraggebers oder eigene schutzwürdige Interessen der Bank dagegen stehen; eine Rechtspflicht der Bank zur Änderung der Zahlstelle wird man allerdings nur unter besonders gelagerten Umständen annehmen können. Einer Zustimmung der ursprünglich als Zahlstelle eingesetzten Bank zur Änderung des Zahlungsweges bedarf es nicht (Rdn. 2/103). Kann die Auszahlung bei der vorgesehenen Zahlstelle zum Zeitpunkt der Doku- 2/106 menteneinreichung überhaupt nicht erfolgen, etwa weil die Zahlstelle nicht mehr besteht oder weil sie aus anderen Gründen (z.B. infolge Beschlagnahme) verhindert ist, den Akkreditivbetrag auszuzahlen, entfällt die Verpflichtung der Akkreditivbank, dem Begünstigten die Akkreditivsumme bei dieser Zahlstelle zur Verfügung zu halten, wegen von ihr nicht zu vertretender Unmöglichkeit nach § 275 BGB. Gleichwohl bleibt die Zahlungsverpflichtung der Akkreditivbank bestehen. Die Zahlstellenvereinbarung ist, da sie nur der technischen Abwicklung des Geschäftes dient, nicht als so wesentlicher Bestandteil des Geschäftes anzusehen, dass die Unmöglichkeit der Geschäftsabwicklung über eine bestimmte Zahlstelle die Erfüllung der Akkreditivverpflichtung als solcher unmöglich machen und die Bank von ihrer Verpflichtung befreien würde. Die Akkreditivbank muss unter diesen Umständen dem Begünstigten den Gegen- 2/107 wert des Akkreditivs Zug um Zug gegen Einreichung der Dokumente auf anderem Wege zur Verfügung stellen. Dabei ist es im Verhältnis zum Begünstigten unmaßgeblich, ob sie den Akkreditivbetrag – was bei den in normalen Zeiten üblichen Postlauffazilitäten allerdings kaum praktisch wird – bereits vorzeitig bei der Zahlstelle angeschafft hatte und diesen Betrag aufgrund der veränderten Umstände selbst nicht zurückerhalten kann. Die Zahlstelle ist Auszahlungsstelle für die Akkreditivbank und nicht Annahmestelle des Begünstigten. Die Vorausanschaffung des Akkreditivbetrages bei der Zahlstelle geschieht aufgrund einer internen

179 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/564.

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Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

Vereinbarung zwischen den beiden Banken; gegenüber dem Begünstigten steht sie unter dem eigenen Risiko der Akkreditivbank. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Akkreditivauftraggeber, der die Bank veranlasst hat, das Akkreditiv an einem bestimmten Ort zahlbar zu stellen, die mit der Ausführung dieses Auftrags verbundenen notwendigen Auslagen gemäß §§ 675, 670 BGB zu erstatten hat, auch wenn dies wegen besonderer Umstände zu einer Doppelzahlung führt. Abweichendes könnte nur gelten, wenn die Vorausanschaffung nicht auf Erwägungen des Kundendienstes beruhte, sondern aus – hiervon unabhängigen – Gesichtspunkten erfolgte, die allein im Verhältnis der Korrespondenzbanken untereinander begründet sind.180

k)

Angaben bezüglich der Übertragbarkeit des Akkreditivs

2/108 Gemäß Art. 38 ERA hat der Auftraggeber die Möglichkeit, der Akkreditivbank die

Weisung zu erteilen, ein übertragbares Akkreditiv zu eröffnen. Dem Begünstigten soll dadurch die Befugnis eingeräumt werden, seine Rechte aus dem Akkreditiv durch Weisung an die Zahlstelle, aber ohne weitere Mitwirkung des Akkreditivauftraggebers, ganz oder teilweise auf einen von ihm selbst ausgewählten Dritten – oder mehrere Dritte – übertragen zu lassen.181 Bei der Übertragung handelt es sich mithin nicht nur um eine bloße Abtretung der Akkreditivansprüche, sondern vielmehr um die Einräumung eines eigenständigen direkten Zahlungsanspruchs des Zweitbegünstigten gegen die Akkreditivbank. Ein Akkreditiv kann nur übertragen werden, wenn es von der eröffnenden Bank ausdrücklich als „übertragbar“ bezeichnet worden ist. Werden Ausdrücke wie „divisible“, „fractionable“, „assignable“ oder „transmissible“ verwendet, so begründet dies nicht die Übertragbarkeit eines Akkreditivs;182 diese Ausdrücke sind vielmehr nicht zu beachten, auch wenn Art. 38 ERA dies nicht mehr wie Art. 48b ERA 500 ausdrücklich klarstellt. Es wurde versucht, dasselbe Ergebnis durch eine klarere Definition des übertragbaren Akkreditivs zu erzielen.183 Weist der Auftraggeber die Bank ohne weitere Präzisierung an, ein „übertragbares Akkreditiv“ zu eröffnen, ist das Akkreditiv auch teilweise übertragbar, vorausgesetzt, dass Teilinanspruchnahmen oder Teilverladungen zulässig sind (Art. 38d ERA). Um die Teilübertragung zu verhindern, muss der Auftraggeber daher bereits im Akkreditivauftrag entweder die Teilverladung184 oder – was allerdings kaum vorkommt – die Teilübertragung untersagen.

180 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/562. 181 Zur rechtlichen Seite der Übertragung vgl. i. Einz. Rdn. 2/198 ff.; ausf. Wassermann Die Verwertung von Ansprüchen aus Dokumentenakkreditiven, S. 45 ff. 182 Hierzu a. Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 327; Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 92; Lombardini Droit et pratique du crédit documentaire, S. 180; Nielsen Richtlinien, Rdn. 406. 183 Commentary on UCP 600 S. 159. 184 Früher sprach man in diesem Zusammenhang häufig von „Teilbarkeit“ des Akkreditivs. In Anlehnung an den Wortlaut des Art. 38 ERA sollte dieser Ausdruck vermieden werden.

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III. Akkreditivauftrag des Käufers an die Bank

Zweiter Abschnitt

Der Auftraggeber entschließt sich im Allgemeinen nur ungern dazu, ein übertrag- 2/109 bares Akkreditiv stellen zu lassen. Seine Akkreditivbereitschaft beruht weit gehend auf dem Vertrauen in die Vertragstreue seines ihm persönlich oder wenigstens dem Namen nach bekannten Partners; die Bezahlung aus dem Akkreditiv erfolgt, bevor der Auftraggeber die Ware erhalten hat und auf ihren vertragsgemäßen Zustand untersuchen kann. Dieses Vertrauen überträgt sich nicht ohne weiteres auf jeden beliebigen Dritten, auf den der Begünstigte das Akkreditiv übertragen lässt, zumal der Akkreditivauftraggeber diesen Zweitbegünstigten in der Regel nicht kennt. Der Auftraggeber wird sich jedoch hinsichtlich der Übertragbarkeit häufig den praktischen Bedürfnissen des einzelnen Geschäftes oder den Geschäftsgewohnheiten der verschiedenen Branchen anpassen und dem Wunsch des Begünstigten nach Stellung eines übertragbaren Akkreditivs entsprechen müssen. Seinem Sicherungsbedürfnis kommt die Bestimmung des Art. 38d Abs. 2 ERA entgegen, wonach ein Akkreditiv im Auftrag des Zweitbegünstigten nicht an einen „nachfolgenden Begünstigten“ übertragen werden kann. Im Ergebnis kann das Akkreditiv also nur einmal und nicht weiterübertragen werden, es sei denn, im Akkreditiv ist etwas anderes geregelt. Der Akkreditivauftraggeber darf also insoweit beruhigt sein, als das Akkreditiv nur von Personen benutzt werden wird, deren Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit wenigstens sein erstbegünstigter Vertragspartner kennt. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass gemäß Art. 38d Absatz 2, Satz 2 ERA eine Rückübertragung an den Erstbegünstigten keine unzulässige Übertragung darstellt, da der Erstbegünstigte nicht als „nachfolgender Begünstigter“ im Sinne des Art. 38 ERA gilt. Auch für die Banken kann die Übertragbarkeit eines Akkreditivs mit Komplikatio- 2/110 nen verbunden sein, weshalb es letztlich ihrem eigenen Schutz dient, dass ihre doppelte Zustimmung erforderlich ist: Zunächst einmal muss die eröffnende Bank grundsätzlich bereit sein, das Akkreditiv in Übereinstimmung mit Art. 38 ERA übertragbar zu stellen; außerdem braucht diejenige Bank, die später auf Verlangen des Begünstigten nach Art. 38 ERA die Übertragung auf den Zweitbegünstigten vornehmen soll (in der Praxis meist die Zahlstelle, gelegentlich aber auch die eröffnende Bank selbst), den Übertragungsauftrag nur dann auszuführen, wenn sie mit der gewünschten Übertragung, insbesondere mit der Person des Zweitbegünstigten, einverstanden ist.185 Ob allerdings der Akkreditivbank für die Ablehnung des Übertragungsersuchens ein freier Ermessensspielraum zur Verfügung steht oder nicht, ist umstritten.186 Der Wortlaut des Art. 38a ERA

185 Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 234; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 334; Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 92; Peters WM 1978, 1030 ff.; Liesecke WM 1976, 258, 261; lediglich deklaratorische Bedeutung wird der zweiten Zustimmung beigelegt durch Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1035; Nielsen Richtlinien, Rdn. 405. 186 Für uneingeschränkten Anspruch des Begünstigten auf Übertragung s. Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1035; für freien Ermessensspielraum Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 234; für Ablehnung des Übertragungsersuchens nur bei wichtigem Grund Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, 1. Auflage, § 120 Rdn. 353; ders. Richtlinien, Rdn. 405; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 334.

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Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

scheint für die Einräumung eines freien Ermessens zu sprechen. Die Akkreditivbank wird jedoch eine Weigerung in aller Regel nur dann aussprechen, wenn die Person des Zweitbegünstigten oder frühere Erfahrungen mit ihm hierzu Anlass bieten oder wenn die vorgeschlagenen Modalitäten sie in Schwierigkeiten führen könnten. Dabei ist die Bank nicht verpflichtet, für die Verweigerung ihrer Zustimmung zur Übertragung Gründe anzugeben.187 2/111 Dem Begünstigten bietet ein übertragbares Akkreditiv den Vorteil, seine Zulieferan-

ten für ihre Forderungen unmittelbar an dem Zahlungsanspruch aus dem Akkreditiv beteiligen zu können, ohne dass ihm – abgesehen von einer Übertragungsprovision – besondere Kosten entstehen und ohne dass der Akkreditivauftraggeber die Namen der Zulieferanten und deren Preise erfährt. Würde der Begünstigte die Namen seiner Zulieferanten preisgeben und den Auftraggeber veranlassen, besondere Akkreditive zu deren Gunsten stellen zu lassen, liefe er Gefahr, für die Zukunft aus dem Zwischenhandel ausgeschaltet zu werden. Ohne die Übertragungsmöglichkeit müsste der Begünstigte seinen Zulieferanten möglicherweise anderweitige Sicherheiten für ihre Forderungen stellen.188 Hierzu sind die Begünstigten in vielen Fällen finanziell nicht stark genug. Oft handelt es sich bei ihnen, auch wenn sie in der Form eines selbständigen Unternehmens auftreten, wirtschaftlich nur um Vermittler oder Agenten; oder sie sind zwar echte Eigenhändler, aber finanziell bei weitem nicht in der Lage, Mittel oder Sicherheiten, die außerhalb des speziellen Geschäfts liegen, für ihre gesamten Umsätze aufzubringen. Praktisch sind sie vielmehr darauf angewiesen, die Finanzierung oder Sicherheit ihrer Deckungsgeschäfte mit den Zulieferanten in der speziellen Transaktion selbst zu suchen, d.h. in dem ihnen von den ausländischen Käufern gestellten Bankakkreditiv. Dazu bietet sich in erster Linie die Übertragung des zu ihren Gunsten eröffneten Akkreditivs und nur in zweiter Linie die Teilabtretung des Zahlungsanspruchs (Art. 39 ERA, Rdn. 2/216 ff.) oder die Eröffnung eines sog. Gegenakkreditivs (back-to-back credit, Rdn. 7/1 ff.) an.

l)

Angaben bezüglich des Übermittlungswegs für Akkreditiveröffnung und Dokumente

aa)

Übermittlungsweg für Akkreditiveröffnung

2/112 In Ermangelung einer abweichenden Weisung durch den Käufer ist die Bank

berechtigt, die Akkreditiveröffnung im normalen Geschäftsgang durch briefliche Mitteilung an den Begünstigten vorzunehmen.189 Das gilt selbst dann, wenn die Laufzeit für das Akkreditiv sehr kurz bemessen ist und nur eine Akkreditiveröff-

187 So a. Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. zu § 365 Rdn. 234; s. dagegen Geßler in der Besprechung der 4. Aufl. dieses Buches in: AWD 1968, 452, der eine Begründungspflicht gegenüber dem Akkreditivauftraggeber annimmt. 188 Vgl. dazu z.B. Rdn. 7/2. 189 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/513; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 251.

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III. Akkreditivauftrag des Käufers an die Bank

Zweiter Abschnitt

nung durch Telekommunikationsmittel wie Kabel, Telex, Telefax, S.W.I.F.T. oder E-Mail190 (Rdn. 2/148) den reibungslosen Geschäftsablauf gewährleisten würde. Will daher ein Käufer – was der heutigen Praxis entspricht – die Eröffnung in beschleunigter Form durchgeführt haben, muss sein Auftrag eine entsprechende Weisung enthalten. In der Praxis geschieht das dadurch, dass der Käufer auf dem Formular unter mehreren, üblicherweise vorgedruckten Arten der Akkreditiveröffnung (Brief, Telekommunikation) die von ihm gewünschte Art kenntlich macht. Häufig wird die Zwischenschaltung einer weiteren Bank in Auftrag gegeben, die – als Korrespondenzbank der Akkreditivbank – dem Begünstigten die Akkreditiveröffnung avisiert.191 Sollte die Weisung des Auftraggebers offensichtlich unzweckmäßig sein, bietet sich eine telefonische Nachfrage der Bank bei dem Auftraggeber an. Eine dahingehende Rechtspflicht besteht allerdings nicht. Das von der Bank bei Einschaltung einer Zweitbank einzuhaltende Verfahren ist in Art. 11 ERA geregelt. Hierbei kann die Eröffnung des Akkreditivs nur durch authentisierte Telekommunikation erfolgen. Bei dem Kommunikationsmittel kann es sich um Kabel, Telegramm, Fernschreiben, Swift oder E-Mail handeln. Nach Art. 11a ERA gilt die Mitteilung durch authentisierte Telekommunikation als das operative Akkreditiv, eine darauf folgende briefliche Bestätigung wird nicht beachtet. Fraglich ist, ob ein Telefax wegen seines Fälschungs- und Beweisrisikos als geeignetes Kommunikationsmittel angesehen werden sollte. Die ERA nehmen hierzu keine Stellung. Daher wird man es wohl den beteiligten Banken überlassen können, ob eine derartige Übermittlung eine verbindliche Akkreditiveröffnung bzw. Änderungsmitteilung bewirken kann.192 Der Praxis entspricht es, nur ordnungsgemäß verschlüsselte oder mit einem Code versehene Übermittlungen als wirksame Akkreditiveröffnungs- oder -änderungsmitteilung anzuerkennen.193 Dagegen ist nach herrschender Meinung die mündliche oder fernmündliche Eröffnung eines Akkreditivs abzulehnen.194 Die Telekommunikationsmittel gebrauchende Bank muss im Text der Nachricht 2/113 unbedingt klarstellen, ob diese bereits den endgültigen Akkreditivtext, d.h. das operative Akkreditiv, und den bindenden Auftrag zur verpflichtenden Weiterleitung an den Begünstigten enthält oder ob es sich zunächst nur um eine unverbindliche Unterrichtung im Hinblick auf das nachfolgende, noch schriftlich eintreffende

190 Hierzu Ingelmann/Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 295. 191 Zur Bedeutung der Avisierung, Schütze DB 1987, 2189 ff.; ders. Dokumentenakkreditiv, Rdn. 266 ff. 192 Stapel Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, S. 141 f. 193 Ingelmann/Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 295. 194 S. Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 252; Raith Das Recht des Dokumentenakkreditivs in den USA und in Deutschland, S. 123 f.; Schinnerer ÖBA 1977, 47, 48; Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 6; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 985. A.A. Hartmann Die Durchsetzbarkeit des Begünstigtenanspruchs im unwiderruflichen Dokumentenakkreditiv, S. 41; Petersen WM 1961, 1182, 1183; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 199; Lombardini Droit et pratique du crédit documentaire, S. 57; Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/94, die allerdings einräumen, dass die Möglichkeit der formfreien Eröffnung des Akkreditivs eher theoretischer Natur sei.

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Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

endgültige – und dann erst verbindliche – Akkreditiv handelt. Soll das Telekommunikationsmittel nur eine unverbindliche Unterrichtung darstellen, muss es unbedingt die Worte „vollständige Einzelheiten folgen“ (full details to follow) oder eine Angabe ähnlicher Bedeutung enthalten; zum selben Ergebnis führt auch der Hinweis, dass das Akkreditiv erst nach Eingang der schriftlichen Bestätigung wirksam sein soll (Art. 11a Absatz 2 ERA). Die eröffnende Bank muss dann unverzüglich das operative Akkreditiv oder die operative Änderungsmitteilung erstellen mit Bedingungen, die der Telekommunikation nicht widersprechen. Fehlt einer dieser Hinweise, wird die Telekommunikation bereits als bindender Auftrag (operative credit instrument) angesehen; eine briefliche Bestätigung wird als untunlich erklärt (Art. 11a 2. Halbsatz ERA). Um Doppeleröffnungen zu vermeiden, ist auf einem Akkreditiv, das schon durch Telekommunikationsmittel195 vorangekündigt war, deutlich sichtbar der Vermerk „Bestätigung unseres Telex usw. vom. . .“, anzubringen. Nicht zuletzt ist zu bedenken, ob die schriftliche Bestätigung bedeutsam sein könnte. Dies ist u.U. der Fall, wenn die Schreibweise für den materiellen Inhalt der Akkreditivverpflichtung relevant ist oder wenn in dem Land, in dem das Akkreditiv ausgestellt wird, eine Zahlungsverpflichtung nur verbindlich ist, wenn sie schriftlich erfolgt.196 Denn einige Teletransmissionsmittel kennen nur die Kleinschreibung (z.B. Telegramm), andere nur die Großschreibung (z.B. S.W.I.F.T.).197 Der Eingang der schriftlichen Bestätigung der Akkreditivbank bei der Zweitbank ist dann auch der Zeitpunkt, von dem an eine Änderung des Akkreditivs nur noch im Einvernehmen aller Beteiligten möglich ist – also auch des Begünstigten, obgleich dieser die Bestätigung erst später erhält. Nimmt eine Bank zur Avisierung eines Akkreditivs an den Begünstigten die Dienste einer avisierenden Bank in Anspruch, muss sie gemäß Art. 9d ERA sich auch der Dienste dieser Bank für die Avisierung von Änderungen bedienen. 2/114 Bei Zeitknappheit kann eine fernmündliche Mitteilung als (noch unverbindliche)

Vororientierung wertvoll sein, wenngleich eine solche beim heutigen Stand der elektronischen Nachrichtungsübermittlungssysteme wohl nur noch selten erfolgen wird; sie sollte dann aber auch klar als solche bezeichnet und damit lediglich die Zusendung des eigentlichen Akkreditivs angekündigt werden. Allerdings sind nach Art. 11b ERA Voravise über Eröffnung oder Änderung eines Akkreditivs insofern verbindlich, als hierdurch die Verpflichtung begründet wird, das Akkreditiv unverzüglich zu eröffnen oder zu ändern, und zwar zu Bedingungen, die nicht im Widerspruch zum Voravis stehen. Problematisch ist hierbei, dass ein Voravis lediglich Eckdaten des künftigen Akkreditivs enthält und daher eine gerichtliche Durchsetzung der Bindung der Eröffnungsbank mit erheblichen

195 Zu Risiken beim Einsatz moderner Telekommunikationsmittel Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 247, der die Einschaltung weltweit operierender Kurierdienste für vorzugswürdig erachtet. 196 Als Beispiel sei hier Russland genannt. 197 Nielsen ZIP 1984, 230, 235; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 247.

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III. Akkreditivauftrag des Käufers an die Bank

Zweiter Abschnitt

Schwierigkeiten verbunden sein dürfte.198 Somit empfiehlt es sich, von Voravisen nur dann Gebrauch zu machen, wenn die Bank aufgrund der mit dem Auftraggeber getroffenen Vereinbarungen bereit ist, das Akkreditiv unverzüglich zu eröffnen bzw. zu ändern.199

bb) Übermittlungsweg für Dokumente Ebenso wie der Käufer der Akkreditivbank vorschreiben kann, auf welchem Wege 2/115 sie das Akkreditiv eröffnen soll, kann er im Akkreditivauftrag auch den für die Dokumente vorgesehenen Übermittlungsweg bestimmen. In Betracht kommt die Übersendung durch gewöhnliche Post (ordinary mail), die in der Praxis als Ausnahmefall zu bezeichnen ist, und durch Luftpost (air mail) oder auf einem anderen Wege, der jedoch nur dann sinnvoll und akzeptabel erscheint, wenn er schneller ist als der Warentransport. Im innereuropäischen Verkehr spielt der Zeitunterschied meist keine wesentliche Rolle. Für Importe aus Übersee dagegen kann eine Übermittlung mit gewöhnlicher Post bedeuten, dass die Dokumente wochenlang reisen, während sie mit Luftpost bereits in wenigen Tagen bei der Akkreditivbank eintreffen können. Da es für die akkreditivgemäße Einreichung der Dokumente nicht auf deren Absendung, sondern ihren Eingang bei einer im Sinne von Art. 6a ERA benannten Bank ankommt (Rdn. 2/237), bedeutet die Dokumentenversendung durch gewöhnliche Post allerdings, dass der Käufer, wenn das Akkreditiv in seinem Lande zahlbar ist, verständlicherweise den Gegenwert um die Dauer der Übersendung der Dokumente später aufzubringen hat, als wenn die Versendung per Luftpost erfolgt, bei der die Reise nur wenige Tage dauert. In Anbetracht des schnellen Transports der Ware in heutiger Zeit vielfach als Luftfracht oder Roll-on/Roll-off, mit Containerschiffen – um nur einige Transportarten zu nennen – benötigt der Empfänger die Dokumente sehr kurzfristig. Akkreditivauftraggeber und Begünstigter können sich dann z.B. auf ein Akkreditiv mit Dokumentenversendung durch Luftpost, aber später terminierter Auszahlung des Akkreditivbetrages (Rdn. 2/123), z.B. „90 Tage dato Konnossement“ einigen. Bei der Bestimmung des Übermittlungsweges müssen die Beteiligten genau 2/116 darauf achten, auf welchen Ort das Verfalldatum des Akkreditivs bezogen wird. Es ist widersinnig und oft praktisch undurchführbar, in einem Akkreditiv nach Übersee mit kurzer Laufzeit eine Versendung der Dokumente mit gewöhnlicher Post zu verlangen, wenn das Akkreditiv bei der Akkreditivbank zahlbar ist; die Dokumente müssen nämlich innerhalb der Laufzeit des Akkreditivs bei der Akkreditivbank ankommen, was mit gewöhnlicher Post eventuell gar nicht möglich ist. Die Weisungen hinsichtlich des Übermittlungsweges richten sich an den, den es angeht, also an die zur Entgegennahme und Weiterleitung der Dokumente einge-

198 So auch Nielsen Uniform Customs, TransportR 2008, 275. 199 Graffe/Weichbrodt/Xueref Dokumenten-Akkreditive, S. 33; Nielsen WM-Sonderbeilage 2/1994 S. 11; del Busto ICC-Publ Nr. 511 S. 32.

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Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

schaltete Bank oder, falls eine solche Bank nicht beteiligt ist, unmittelbar an den Begünstigten. Sie stellen aber keine Hauptbedingung in dem Sinne dar, dass Akkreditivbank und Akkreditivauftraggeber zur Zurückweisung der Dokumente berechtigt wären, wenn der Begünstigte oder die Zweitbank einen anderen als den vorgeschriebenen – aber praktisch unschädlichen – Übermittlungsweg gewählt hatten; denn dieser hat nichts mit dem materiellen Inhalt des Akkreditivs zu tun, sondern betrifft nur die Technik seiner Abwicklung. 2/117 Die bei der finanziellen Abwicklung von Warengeschäften zwischengeschalteten

Banken tragen der angesprochenen Entwicklung Rechnung, indem sie bereits bei Eröffnung eines Akkreditivs auf Weisung des Auftraggebers die Übersendungsart für die später anzudienenden Dokumente festlegen, d.h. sie schreiben im Akkreditiv beispielsweise vor, dass sämtliche Dokumente in einer Sendung mit Luftpost auszusenden sind, oder ein Satz Originaldokumente durch einen (oftmals namentlich genannten) Kurierdienst übermittelt werden soll und der zweite Satz Originaldokumente durch Luftpost nachzusenden ist. Vereinzelt ist aber auch dem Begünstigten des Akkreditivs besonders daran gelegen, dass der Abnehmer der Ware bzw. dessen Bank, die in seinem Auftrag ein Akkreditiv eröffnet hat, schnell in den Besitz der Dokumente kommt, die der Begünstigte selbst erst sehr spät, z.B. von der Reederei oder über den Spediteur, erhalten hat. In derartigen Fällen bestimmt der Begünstigte alsdann häufig von sich aus, dass die Dokumente auf seine Kosten durch Einsatz eines Kurierdienstes der Akkreditivbank übermittelt werden. Nur wenn das Akkreditiv bei der Zweitbank zahlbar gestellt war, kann diese Bank nach Honorierung der Dokumente ihrerseits durch Luftpost oder Telekommunikationsmittel von der Akkreditivbank sofortige Zahlung verlangen; sie braucht sich nicht bis zur Ankunft der Dokumente bei der Akkreditivbank vertrösten zu lassen, auch wenn die Dokumente versehentlich per Schiff weitergeleitet wurden. Der Zahlung der Akkreditivbank, die ja die Dokumente noch nicht gesehen hat, kann allerdings in einem solchen Fall nicht die Bedeutung einer Genehmigung der aufgenommenen – möglicherweise nicht akkreditivgerechten – Dokumente beigemessen werden; insoweit ist die Akkreditivbank erst nach tatsächlicher Prüfung zu einer verbindlichen Äußerung in der Lage. 2/118 Erreichen die Dokumente infolge eines Versehens bei der Übermittlung überhaupt

nicht mehr vor Verfall des Akkreditivs diejenige Bank, bei der sie honoriert werden sollen (Akkreditivbank oder Zahlstelle), verfällt das Akkreditiv, wenn der Begünstigte bei dem Akkreditivauftraggeber und der Akkreditivbank nicht rechtzeitig die Zustimmung zu einer Verlängerung erwirkt hat (Art. 10a ERA). Dabei wird der Akkreditivauftraggeber seine Zustimmung in der Praxis davon abhängig machen, dass entweder die Dokumente rechtzeitig vor der Ware ankommen, um ihm die alsbaldige Einlösung der Ware zu ermöglichen, oder dass ihm eine Konnossementsgarantie (Rdn. 9/59 ff.) gestellt wird, die er an Stelle der verspäteten Dokumente dem Frachtführer zwecks Empfangnahme der Ware am Bestimmungsort andienen kann.

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III. Akkreditivauftrag des Käufers an die Bank

Zweiter Abschnitt

m)

Angaben über Zeit und Form der Zahlung; Akkreditiv mit hinausgeschobener Zahlung (deferred payment credit)

aa)

Alternativität der Abwicklungsformen

Gemäß Art. 6b ERA müssen alle Akkreditive eindeutig angeben, ob sie durch Sicht- 2/119 zahlung, durch hinausgeschobene Zahlung, durch Akzeptleistung oder durch Negoziierung benutzbar sind. Von den Abwicklungsformen sind somit zu unterscheiden: – Zahlungsakkreditive, – Zahlungsakkreditive mit hinausgeschobener Fälligkeit (deferred payment), – Akzeptakkreditive, – Negoziierungsakkreditive. Aus Gründen der Klarheit und Eindeutigkeit haben sich die Beteiligten für eine Abwicklungsform zu entscheiden; verschiedene Abwicklungsformen dürfen nicht miteinander kombiniert werden.200 Zulässig ist allerdings, ein Akkreditiv durch Sichtzahlung und durch Nachsichtzahlung benutzbar zu stellen, denn ein Akkreditiv mit hinausgeschobener Zahlung ist nur eine Variante des Zahlungsakkreditivs.201

bb) Zahlungsakkreditive Üblicherweise – und der Natur des Akkreditivs entsprechend – erfolgt Zahlung Zug 2/120 um Zug gegen Aufnahme (Rdn. 2/385) der vom Begünstigten eingereichten bzw. über eine Bank präsentierten Dokumente durch Kontoübertrag von Bank zu Bank im bargeldlosen Zahlungsverkehr (Art. 7a (i) ERA).202 In dieser Form wickeln sich die meisten Akkreditive ab, und zwar auch dann, wenn die Akkreditivbank dem Akkreditivauftraggeber zur Einlösung des Akkreditivs einen Kredit gewährt. Dieser Kredit wird außerhalb des Akkreditivs vereinbart und abgewickelt (Rdn. 2/454).

cc)

Akzeptakkreditive

Das Akkreditiv kann auch in der Form eröffnet werden, dass die Akkreditivbank 2/121 (nicht Zahlung verspricht, sondern) sich verpflichtet, vom Begünstigten auf die

200 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 33. 201 Nielsen Grundlagen, S. 23. Zur Begriffsbildung krit. Häberle in: Handbuch der Akkreditive, S. 48, der vorschlägt, den Begriff Zahlungsakkreditiv als Oberbegriff zu verwenden, unter den dann die Begriffe Sichtakkreditiv und Akkreditiv, das durch hinausgeschobene Zahlung benutzbar ist, unterzuordnen sind. 202 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 60. Zu den Vorteilen für den Exporteur (schneller Zahlungserhalt) und den Nachteilen für den Importeur (kein Zahlungsziel) Häberle in: Handbuch der Akkreditive, S. 48 f.

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Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

eröffnende Bank gezogene Tratten zu akzeptieren und sie bei Fälligkeit zu bezahlen (Akzeptleistung durch die eröffnende Bank, Art. 7a (i) 3. Variante ERA) oder vom Begünstigten auf die eröffnende Bank gezogene Tratten zu akzeptieren und bei Fälligkeit zu bezahlen, falls die im Akkreditiv vorgeschriebene bezogene Bank auf sie gezogene Tratten nicht akzeptiert, oder Tratten zu bezahlen, falls diese von der bezogenen Bank akzeptiert, aber bei Fälligkeit nicht bezahlt wurden (Akzeptleistung durch eine andere bezogene Bank, Art. 7a (iv) ERA). Bezogene Bank kann gemäß Art. 9a (iii) ERA also nur die eröffnende oder eine andere Bank sein. Bei den Tratten muss es sich um Nachsichttratten mit einer bestimmten Laufzeit handeln, da Sichttratten sofort zahlbar sind. Nicht mehr vorgesehen ist, dass Tratten auf den Akkreditivauftraggeber gezogen werden können (Art. 6c ERA). Hierdurch sollen sowohl Unklarheiten und eine stärkere Verbreitung von Negoziierungsakkreditiven vermieden,203 als auch verhindert werden, dass der Auftraggeber an der Abwicklung des Akkreditivs beteiligt wird.204 Art. 9a (iv) ERA 500 enthielt zwar bereits dieses Prinzip, beließ es aber bei einer Soll-Regelung. Wenn dennoch auf den Auftraggeber gezogene Tratten vorgesehen waren, wurden diese als „zusätzliche Dokumente“ behandelt. Dies ist nunmehr gestrichen worden, um den Grundsatz zu stärken, dass das Akkreditiv nicht durch eine auf den Auftraggeber gezogene Tratte benutzbar gestellt werden kann.205 Früher erschien es unklar, ob die Akkreditivbank in diesem Fall nur dafür verantwortlich war, dass der Akkreditivauftraggeber das Akzept Zug um Zug gegen die Dokumentenübergabe leistete, oder ob sie auch dafür haftete, dass der Wechsel später Einlösung fand. Diese Frage ist in Art. 7a (iv) ERA dahin gehend geregelt, dass die akkreditiveröffnende (oder die ein Akkreditiv bestätigende Bank – Art. 8a (i) d ERA) auch für die spätere Einlösung des Wechsels haftet.206

dd) Negoziierungsakkreditive 2/122 Sieht das Akkreditiv Negoziierung vor, so sind die eröffnende Bank gemäß Art. 7a

(v) ERA und/oder die bestätigende Bank gemäß Art. 8a (i) e ERA verpflichtet, vom Begünstigten gezogene Tratten und/oder unter dem Akkreditiv vorgelegte Dokumente ohne Rückgriff auf Aussteller und/oder gutgläubige Inhaber zu zahlen bzw., wenn es sich um die bestätigende Bank handelt, zu negoziieren (Art. 8a (ii) ERA). Gemäß Art. 2 ERA bedeutet Negoziierung den Ankauf von Tratten (die auf eine andere Bank als die benannte Bank gezogen sind) und/oder von Dokumenten aus einer konformen Dokumentenvorlage durch die benannte Bank unter Vorleistung oder Übernahme einer Verpflichtung zur Vorleistung von Geldmitteln an den

203 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/480. S.a. Rdn. 8/24 ff. 204 Commentary on UCP 600 S. 34; Nielsen Uniform Customs, TransportR 2008, 274. 205 Commentary on UCP 600 S. 34. 206 Hierzu von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 155. Wegen Haftung der Bank für die Einlösung eines in Ausführung eines Inkassoauftrages eingeholten Akzeptes Rdn. 3/25.

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III. Akkreditivauftrag des Käufers an die Bank

Zweiter Abschnitt

Begünstigten vor oder an dem Bankarbeitstag, an dem der Rembours an die benannte Bank fällig ist. Die alleinige Prüfung der Dokumente ohne Zahlung von Geld stellt dagegen keine Negoziierung dar. Negoziierungs- und Zahlungsakkreditiv unterscheiden sich darin, dass die Bank bei Negoziierung nicht den vollen Dokumentengegenwert zu bezahlen hat, sondern bei Ankauf der Dokumente einen Zinsabschlag geltend macht.207 Der Negoziierungsbegriff der in die ERA 500 neu aufgenommen worden war, ist durch die neue Definition der ERA 600 dahingehend verfeinert worden, dass die Gegenleistung einer benannten Bank für eine konforme Dokumentenvorlage nicht in Zahlung, sondern auch in der Übernahme einer Verpflichtung zur Zahlung gegenüber dem Begünstigten bestehen kann. Danach ist nach wie vor nicht nur mehr der Ankauf von Tratten, sondern auch allein derjenige von Dokumenten zulässig. In letzterem Fall entfällt die Unterscheidung zwischen einem Zahlungsakkreditiv und einem Negoziierungsakkreditiv.208 Zur Auslegung von Art. 10b (ii) ERA 500 hatte die ICC ein Position Paper, das die Formulierung „Zahlung von Geld“ näher erläutern soll, veröffentlicht.209 „Giving of value“ soll danach entweder als „making immediate payment“ oder „undertaking an obligation to make payment“ zu verstehen sein. Dies wurde nun durch die neue Definition und die Einführung des Begriffes Ankauf („purchase“) versucht zu präzisieren.210 Die Eröffnung eines Negoziierungsakkreditivs erweist sich im wesentlichen nur dann als sinnvoll, wenn das Akkreditiv bei einer Zahlstelle benutzbar gestellt oder frei negoziierbar ist.

ee)

Zahlungsakkreditive mit hinausgeschobener Fälligkeit (deferred payment)

Für den Fall, dass der Begünstigte dem Akkreditivauftraggeber ein Zahlungsziel 2/123 einräumen will, haben sich im Akkreditivgeschäft noch andere Formen entwickelt. Bei dem deferred payment credit (Akkreditiv mit hinausgeschobener Zahlung), der trotz gravierender kaufmännischer Bedenken211 in die ERA Eingang gefunden hat (aktuell z.B.: Art. 2, Art. 6b, Art. 7a, Art. 7b, Art. 8a, Art. 8b,

207 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/482. 208 Nielsen WM-Sonderbeilage 2/1994 S. 7; ferner Kümpel Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 7.129; Baumbach/Hopt HGB, ERA, Art. 10 Rdn. 1; Ingelmann/Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 291. S. ferner u. Rdn. 5/1. 209 Position Paper No 2, del Busto ICC-Publ Nr. 535 S. 136; krit. hierzu Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 39. 210 Commentary on UCP 600 S. 22; Holzwarth IHR 2007, 139; kritisch hierzu: Nielsen Richtlinien, Rdn. 19 f. 211 Stauder in: Liber Amicorum Schnitzer, S. 433, 436; Liesecke WM 1976, 258, 260; Zahn in: Banktechnik des Außenhandels, S. 20; ders. in: Fragen des Auslandsgeschäfts, S. 107, 126 f.; von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 231; ferner Lombardini Droit et pratique du crédit documentaire, S. 21 f. Krit. a. Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 63 f. sowie Häberle in: Handbuch der Akkreditive, S. 58 f.

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Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

Art. 12b ERA)212, handelt es sich darum, dass die Akkreditivbank sich nicht wie beim normalen Akkreditiv zur Zahlung Zug um Zug gegen Einreichung der Dokumente verpflichtet, sondern – ohne Akzeptierung eines Wechsels – Zahlung zu einem näher zu bestimmenden Zeitpunkt – oder auch ratenweise für mehrere Termine – nach Einreichung der Dokumente verspricht.213 Die akkreditivmäßige Verpflichtung der Bank soll hier dem Begünstigten gewährleisten, dass er zum vorgesehenen Termin bzw. zu den vorgesehenen Terminen tatsächlich Zahlung erhält, und zwar auch dann, wenn der bereits im Besitz der Ware befindliche Akkreditivauftraggeber etwa Mängelrügen geltend macht. Der Käufer, der die Ware in der Regel vor dem Termin der hinausgeschobenen Zahlung besichtigen kann und an ihr etwas auszusetzen findet, wird danach trachten, die Bank von der Zahlung abzuhalten.214 Gegen die Zulässigkeit des Akkreditivs mit hinausgeschobener Zahlung bestehen keine rechtlichen Bedenken; wegen der Einzelheiten muss auf die einschlägige Literatur verwiesen werden.215 Ungeachtet seiner rechtlichen Zulässigkeit hat sich der deferred payment credit – seine Entstehung ist auf Devisenvorschriften zurückzuführen – in der Wirtschaftspraxis nur zögernd eingeführt. Schiebt man die Zahlung hinaus, ermöglicht man es dem Akkreditivauftraggeber, die Ware vor dem später liegenden Zahlungstermin in Empfang zu nehmen und zu besichtigen. Das verführt ihn dazu, mit echten oder auch nur herbeigeredeten Argumenten Schwierigkeiten zu bereiten und zu versuchen, Streitigkeiten aus dem Warengeschäft in die Akkreditivabwicklung hereinzuziehen, mit einstweiligen Verfügungen sein Heil zu versuchen usw.216 In der Rechtsprechung hat sich als Problemfall insbesondere die vorfristige Zahlung der Zahlstelle an den Begünstigten erwiesen.217 Der BGH vertritt in einem Fall, in dem vereinbart worden war, dass die Zahlstelle die Akkreditive diskontiert, die Auffassung, dass es sich bei der vor Fälligkeit erfolgten Leistung der Zahlstelle an den Begünstigten um keine Erfüllung des Anspruchs aus dem Akkre-

212 Hierzu ausf. Eberth WM-Sonderbeilage 4/1984 S. 6 ff. 213 Vgl. dazu Rdn. 2/115 und Rdn. 2/385. 214 Vgl. Zahn in: Fragen des Auslandsgeschäfts, S. 126. 215 Plagemann RIW/AWD 1987, 27, 948. S.a. die Entscheidung des English Commercial Court in der Rechtssache Banco Santander v. Banque Paribas (and others), besprochen in: Documentary Credits INsight 1999, 14 f, wonach im Fall des Rechtsmissbrauchs durch den Begünstigten die bestätigende Bank, die hiervon Kenntnis hat, das Zahlungsrisiko zu tragen hat. 216 S. hierzu BGH WM 1987, 977 = WuB I H 2. – 2.87 (Eberding); Plagemann RIW/AWD 1987, 27 sowie ders. RIW/AWD 1987, 948; OLG Frankfurt WM 1981, 445. S. zu Deferred-PaymentAkkreditiven in der französischen Rechtsprechung Eberth RIW/AWD 1986, 347 ff.; schweizerisches Bundesgericht BGE 100 II, 145. 217 OLG Frankfurt WM 1981, 445 (Rechtsnatur der vorfristigen Zahlung wird offen gelassen); OLG Frankfurt RIW/AWD 1986, 905; BGH WM 1987, 977. A.A. BGE 100 II, 145 (bei der vorfristigen Zahlung handelt es sich um eine zulässige vorzeitige Befriedigung des befristeten Zahlungsanspruchs des Begünstigten); dem folgend Horn in: Dokumentenakkreditive und Bankgarantien im internationalen Zahlungsverkehr, S. 9, 179.

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III. Akkreditivauftrag des Käufers an die Bank

Zweiter Abschnitt

ditiv handelt, sondern um einen Vorschuss der Zahlstelle an den Begünstigten.218 Infolgedessen unterliegt der Anspruch aus dem Akkreditiv bis zur Fälligkeit der Zwangsvollstreckung; bei Insolvenz des Begünstigten fällt er in die Insolvenzmasse. Zur Problematik einer vorzeitigen Zahlung eines Akkreditivs mit hinausgeschobener Zahlung durch die benannte Bank scheint die Revision 2007 in Gestalt des Art. 12b ERA 600 eine von der Rechtsprechung des BGH abweichende Lösung gefunden zu haben. Allerdings erscheinen diesbezüglich noch viele Fragen, insbesondere, ob Art. 12b insoweit wirklich eine eindeutige Regelung enthält und ob diese bei näherer Betrachtung auch wirksam ist, offen (vgl. Rdn. 2/386 ff.). Angesichts der mit dieser Abwicklungsform verbundenen Risiken empfiehlt es sich, deferred payment credits nur vorsichtig einzusetzen und – wenn eine Finanzierung des Akkreditivauftraggebers über die Lieferung hinaus in Betracht gezogen werden soll – nach Möglichkeit die Übergabe der Dokumente gegen Bankakzept vorzusehen. Der Umstand, dass die Kosten dann geringfügig höher ausfallen können (Akzeptprovision), wiegt weniger schwer als die durch einen deferred payment credit entstehenden Risiken. Folgerichtig haben sich auch ausländische Stimmen gegen die Verwendung des Akkreditivs mit hinausgeschobener Zahlung gewandt.219 Es kommt vor, dass Akkreditive mit deferred payment über eine Zweitbank 2/124 (meist im Lande des Begünstigten) geleitet werden. Hat diese Bank das Akkreditiv bestätigt, haftet sie natürlich auch, wenn sie die Dokumente als akkreditivgerecht akzeptiert hat, zum vorgesehenen Zeitpunkt für die Zahlung. Hat sie jedoch das Akkreditiv nur avisiert (notified), begründet die Erklärung der Zweitbank, dass sie als im Akkreditiv benannte Zahlstelle (und damit als Beauftragte der Akkreditivbank) die Dokumente als akkreditivgerecht akzeptiere, noch keine Haftung der Zweitbank für die hinausgeschobene Zahlung. Zahlungspflichtig zum vorgesehenen Zeitpunkt ist nur die Akkreditivbank. Ein deferred sight credit ist gegeben, wenn der Begünstigte statt der Barzah- 2/125 lung einen Sichtwechsel erhält mit der Auflage, diesen erst eine gewisse Zeit, nachdem der Auftraggeber die Warendokumente erhalten hat, einzureichen. Der über den deferred payment credit und den deferred sight credit noch hinausgehende deferred acceptance credit sieht nach Fristablauf keine Barzahlung, sondern zum vereinbarten späteren Termin die Begebung eines Zielwechsels vor; damit ist man wohl an der äußersten Grenze des im Rahmen eines Akkreditivs noch Vorstellbaren angelangt, wobei von einer derartigen Gestaltung unter Risikogesichtspunkten allerdings dringend abzuraten ist.

218 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 64 f. S.a. Nielsen Grundlagen, S. 86 f.; ders. in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 58, 176; Plagemann RIW 1987, 27 ff. 219 Vgl. z.B. Bontoux Banque 1983, 1285, der auch ausdrücklich auf den Missbrauch von einstweiligen Verfügungen hinweist, zu dem der Käufer geradezu ermutigt wird; Martin Revue de la Banque 1983, 623, 628. Ferner Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 100 f.

103

Zweiter Abschnitt

n)

Dokumentenakkreditiv

Besondere Angaben

2/126 Soweit Akkreditivauftraggeber und Begünstigter für das Akkreditiv im Einzelfall

zusätzliche oder solche Bedingungen vereinbart haben, die von den ERA bzw. den Standardklauseln der Formulare abweichen, muss der Auftraggeber der Bank entsprechende klare Weisungen erteilen. Es können da beispielsweise eine nicht der Norm entsprechende Art der Kostenverteilung zwischen Akkreditivauftraggeber und Begünstigtem, besondere Transportbedingungen oder das Verlangen nicht handelsüblicher Dokumente in Betracht kommen. Eine Aufstellung aller in der Praxis vorkommenden Sonderregelungen zu geben, ist schlechterdings nicht möglich. Hier ist insbesondere folgendes zu beachten: Es gibt im Sinne der ERA zwei Arten von Dokumenten (Rdn. 2/53 ff.), nämlich einmal diejenigen, über welche die Art. 18–28 ERA detaillierte Vorschriften enthalten, und „andere Dokumente“ (Art. 14f ERA). Enthält das Akkreditiv über die erste Kategorie von Dokumenten keine Einzelheiten, sind insoweit die ERA maßgebend, womit eine sachgemäße Standardisierung und Klarheit postuliert ist. Dokumente der zweiten Kategorie werden, sofern nicht Aussteller, Wortlaut oder Inhaltsmerkmale im Akkreditiv bestimmt wurden, einfach so aufgenommen, wie präsentiert (Art. 14f ERA); der Auftraggeber sollte daher bei solchen Dokumenten genau überlegen, ob es nicht sachdienlich ist, im Akkreditivauftrag und folglich auch im Akkreditivtext Einzelheiten vorzuschreiben.220 Ausdrücklich darauf hinzuweisen ist, dass die Akkreditivbank die vom Auftraggeber vorgeschriebenen Sonderbestimmungen so in das Akkreditiv aufnimmt, wie sie im Auftrag angegeben wurden, ohne etwa den Begünstigten zu konsultieren oder auch nur ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen. Der Akkreditivauftraggeber muss daher im eigenen Interesse bei der Formulierung dieser Einzelheiten selbst darauf achten, sachlich nicht von den zwischen ihm und dem Begünstigten getroffenen Vereinbarungen abzuweichen, was erfahrungsgemäß gerade bei Zusatzwünschen leicht der Fall sein kann.

IV. Behandlung des Akkreditivauftrags bei der Bank A.

Formelle und sachliche Prüfung

1.

Prüfung im Interesse des Akkreditivauftraggebers (Käufers)

2/127 Liegt der Bank der Auftrag eines Kunden zur Akkreditiveröffnung vor, unterzieht

sie ihn einer formellen und sachlichen Prüfung. Obwohl die Beweggründe und Gesichtspunkte für diese Prüfung vielfältig und verschiedenartig sein mögen, sind sie doch vor allem im Rahmen des Kunden-

220 S. hierzu Nielsen Richtlinien, Rdn. 159 ff..

104

IV. Behandlung des Akkreditivauftrags bei der Bank

Zweiter Abschnitt

dienstes zu suchen. Die Bank stellt ihre Erfahrungen auf dem Gebiete des Außenhandels dem Kunden bei der Akkreditivabwicklung zur Verfügung. Sie berät ihn oft, wenn ihr eine Akkreditivstellung in der vom Käufer gewünschten Form nach den Besonderheiten des einzelnen Geschäftes nicht zweckentsprechend oder unvollständig zu sein scheint. Es wäre jedoch irrig, aus dieser freiwilligen beratenden Tätigkeit eine Vertragspflicht der – hinsichtlich des zugrunde liegenden Warengeschäfts nicht branchenkundigen – Bank zur Beratung und Betreuung des Kunden bei der Erteilung des Akkreditivauftrags herleiten zu wollen.221 Die Abfassung eines Vertragsangebotes ist Sache dessen, der das Angebot macht, während sich die Überlegungen des Partners primär darauf beschränken, ob er das Angebot in der ihm vorliegenden Form annehmen kann und will. Eine Verpflichtung, auf eine Abänderung des Vertragsangebotes hinzuwirken, besteht jedoch nicht (Rdn. 2/41). Auch aus dem allgemeinen Verhältnis zwischen Kunden und Bank (Bankvertrag) lässt sich eine solche Verpflichtung der Bank zur Kundenberatung bei der Entgegennahme von Akkreditivaufträgen und eine etwa korrespondierende Haftung der Bank nicht herleiten. Beim Akkreditiv wäre eine solche Verpflichtung auch deshalb undenkbar, weil die Bank, der das Vertragsangebot des Käufers für den Akkreditiv-Geschäftsbesorgungsvertrag zugeht, mit dem zugrunde liegenden Warengeschäft nicht näher vertraut ist und infolgedessen die Absichten und die wahren Interessen des Käufers bei der Akkreditivgestaltung und -abwicklung von sich aus nicht beurteilen kann. Vielleicht liegt dem Käufer (z.B. wegen seit Kaufvertragsabschluss gefallener Preise) sogar daran, dass der Verkäufer das Akkreditiv nicht in Anspruch nimmt. Deshalb bezog sich auch Art. 13a ERA 500, der die Bank bei der dokumentären Prüfung zu „angemessener Sorgfalt“ verpflichtet, nicht auf den ihr erteilten Akkreditivauftrag, sondern lediglich auf die Abwicklung des Akkreditivs, d.h. auf die Prüfung derjenigen Dokumente und Schriftstücke, die im Zuge der Durchführung des Auftrags in die Hände der Bank gelangen. Art. 14 ERA 600 stellt nun klar, dass die Banken allein aufgrund der Dokumente entscheiden, ob die Dokumente ihrer äußeren Aufmachung nach eine konforme Dokumentenvorlage zu bilden scheinen. Soweit also die Bank den Inhalt des Akkreditivauftrags im Interesse des Käu- 2/128 fers prüft, liegt diese Tätigkeit im freiwilligen Ermessen der Bank, ohne dass für sie daraus ein Obligo erwächst (Rdn. 2/41). Die Bank kann, wenn sie eine Unstimmigkeit oder Unzweckmäßigkeit im Akkreditivauftrag zu sehen glaubt und als Ursache dafür Unkenntnis des Käufers vermutet, diesen darauf ansprechen. Entgegnet der Käufer der Bank, dass er ihrer Anregung nicht folgen möchte, ist damit die Angelegenheit für die Bank erledigt. Solange es ihre eigene Rechtsstellung gegenüber dem Begünstigten nicht berührt, sind Vernunft und Zweckmäßigkeit im Akkreditivauftrag keine Gesichtspunkte, unter denen die Bank von sich aus die Initiative zu ergreifen hätte.

221 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 966; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 87; Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 32 Fn. 31.

105

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

Erkennt die Bank dagegen, dass der Text des Akkreditivauftrags offensichtliche Fehler, Widersprüche oder Unvollständigkeiten aufweist (z.B. Verschreiben, Verwechseln von Währungen und dergleichen), wird man sie für verpflichtet halten müssen, den Kunden auf den Fehler aufmerksam zu machen. Diese Pflicht würde nicht nur aus § 347 HGB, sondern auch aus dem mit dem Kunden bestehenden Bankvertrag herzuleiten sein.222 Eine erfolgreiche Inanspruchnahme der Bank unter diesem Gesichtspunkt dürfte jedoch im allgemeinen an der Beweisfrage über das tatsächliche Erkennen des Fehlers scheitern, da eine Haftung der Bank dafür, dass sie solche Irrtümer auch tatsächlich bemerkt, nicht besteht.223 2/129 Die Frage, ob die Akkreditivbank den Akkreditivauftraggeber über ihre Kennt-

nisse hinsichtlich Bonität und Vertrauenswürdigkeit des Begünstigten zu unterrichten verpflichtet ist, wird kontrovers beurteilt.224 Erkenntnisse der Akkreditivbank über die Bonität können bei der Prüfung über die Annahme eines Akkreditivauftrags, die regelmäßig im eigenen Interesse der Bank durchgeführt wird, Ausschlag dafür geben, einen solchen letztendlich abzulehnen (vgl. auch Rdn. 2/132); eine Benachrichtigungspflicht gegenüber dem Auftraggeber besteht jedoch nicht, da es allein in seinen Verantwortungsbereich fällt, sich seine Vertragspartner auszusuchen. 2/130 Eine Bank, die einen Auftrag zur Eröffnung eines Akkreditivs erhält, muss entwe-

der unverzüglich dem Verkäufer ihre Nachricht über die Akkreditiveröffnung zuleiten oder ihrem Auftraggeber unverzüglich mitteilen, dass sie den Auftrag zur Akkreditiveröffnung ablehnt.225 Unterlässt sie dies, kann sich die Bank gegenüber dem Auftraggeber gemäß § 663 BGB schadensersatzpflichtig machen bzw. sogar gemäß § 362 HGB so behandelt werden, als wenn sie den Auftrag zur Akkreditiveröffnung in der erteilten Form angenommen hätte. Das Schweigen der Bank wird hier nämlich gemäß § 362 Abs. 1 HGB als Annahme fingiert, wenn die Bank mit dem Antragenden bereits in Geschäftsverbindung steht oder diesen z.B. durch Werbesendungen oder sonstige Ansprache aufgefordert hat, ihr entsprechende Aufträge zu erteilen. Diese gesetzliche Fiktion muss dann aber auch zugunsten der Bank eingreifen, dieser also ebenfalls Rechtssicherheit bieten, wenn sie es unterlassen hat, die Auftragsannahme dem Auftraggeber gegenüber vor Ausführung nochmals zu bestätigen.226

222 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/523. 223 Wegen gewisser Bestrebungen, die Haftung der Banken für eine sachgemäße Akkreditivtextierung zu erweitern, vgl. Rdn. 2/41. 224 Für eine Warnpflicht der Akkreditivbank bei Kenntnis von Tatsachen, die die Bonität und Vertrauenswürdigkeit des Begünstigten in Zweifel stellen, insbesondere bei Kenntnis eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Begünstigten Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 112; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 966a; dagegen Obermüller ZIP 1981, 1045, 1050 f., der der Akkreditivbank jedoch ein Benachrichtigungsrecht einräumt. 225 RGZ 103, 376, 379; 105, 32, 34; Liesecke WM 1966, 458, 460; BGH ZIP 1984, 40; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 90 ff. S.a. von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 232; Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn. K/3. 226 Str. wie hier Baumbach/Hopt HGB, § 362 Rdn. 5.

106

IV. Behandlung des Akkreditivauftrags bei der Bank

Zweiter Abschnitt

Hat die Bank den Auftrag zur Akkreditivstellung angenommen, ergibt sich für sie 2/131 aus dem oben Gesagten als Rechtspflicht das Gebot, dem Käufer in seinem Außenverhältnis zum Verkäufer eine Vertragserfüllung durch Stellung des vereinbarten Akkreditivs zu ermöglichen; sie darf von seinen Weisungen nicht abweichen und hat den Auftrag zur Akkreditiveröffnung ohne Verzögerung zu bearbeiten. Unterlässt sie dies, macht sie sich gegenüber dem Käufer als Auftraggeber schadensersatzpflichtig.227

2.

Prüfung im eigenen Interesse der Bank

a)

Generalia

Anders als die von der Bank im Kundeninteresse anzustellenden Zweckmäßig- 2/132 keitserwägungen ist die Prüfung zu beurteilen, welche die Bank unter dem Gesichtspunkt ihrer eigenen Stellung im Akkreditivgeschäft (mit und auch ohne Kreditengagement) vornimmt. Sie muss prüfen, ob sie in der Lage und willens ist, die Verpflichtungen zu erfüllen, die für sie mit der Übernahme des vom Käufer erteilten konkreten Akkreditivauftrags verbunden sind. Um sich vor Schaden zu bewahren, muss die Bank sichergehen, dass die Bedingungen des Akkreditivs sie selbst in keine untragbare oder auch nur zweifelhafte Rechtslage bringen, insbesondere, dass die Bedingungen nur eine eindeutige Auslegung zulassen. Schwierigkeiten, die der Akkreditivbank für ihr Außenverhältnis zum Begünstig- 2/133 ten oder zur Zweitbank infolge von Unvollständigkeiten oder Unklarheiten erwachsen können, sind durch die formularmäßige Auftragserteilung seltener geworden; die Formulare sind durchweg so gestaltet, dass sie dem Auftraggeber für unvollständige und unklare Anweisungen, die sich zu seinem eigenen Schaden und zum Nachteil der Bank auswirken können, wenig Gelegenheit geben. Eine wirkliche Lücke bilden allerdings nicht ausgefüllte Spalten im Formular. Des weiteren reduzieren im Rahmen der sich ausbreitenden elektronischen Akkreditivauftragserteilung eingesetzte Prüfsystematiken Unklarheiten oder Unvollständigkeiten des erteilten Auftrags. Im Einzelfall können Schwierigkeiten jedoch durch die vom Auftraggeber zu den formularmäßigen Bedingungen des Akkreditivs erteilten Zusatzanweisungen entstehen.

b)

Rechtmäßigkeit des Grundgeschäfts

Zu den Überlegungen, welche die Bank mit Rücksicht auf das Außenverhältnis 2/134 anstellt, kann auch die Frage der Rechts- und Sittenwidrigkeit des Grundgeschäf-

227 Zum Umfang der Schadensersatzpflicht, die bei § 362 HGB auf den Ersatz des Erfüllungsschadens gerichtet ist, während bei § 663 BGB das sog. negative Interesse geschuldet ist: Palandt/Sprau BGB, § 663 Rdn. 1.

107

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

tes hinzutreten. Diese Frage braucht zwar das Akkreditiv nicht zu berühren, weil das Akkreditiv gegenüber dem Grundgeschäft ein selbständiges Rechtsgeschäft ist (Art. 4, 5 ERA). Insbesondere empfiehlt es sich eine Weisung, nur bei „vereinbarungsgemäßer Lieferung der Ware“ zu zahlen, abzulehnen, um die Unabhängigkeit der Akkreditivverpflichtung vom Grundgeschäft zu wahren.228 Wenn der Auftrag des Käufers erkennen lässt, dass das zwischen ihm und dem Begünstigten abgeschlossene Grundgeschäft gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt, wird die Bank in dieser Richtung eine Prüfung anstellen und die Annahme des Akkreditivauftrags ebenfalls ablehnen. Derartige Fälle ereignen sich vor allem in Krisenzeiten, manchmal aber auch zu anderen Zeiten, etwa bei illegaler Kapitalflucht auf der Basis eines nur zum Schein abgeschlossenen Warengeschäftes. Es ist eine Frage des Einzelfalles, ob eine Bank ihre Mithilfe bei der Abwicklung derartiger Geschäfte aus rechtlichen Erwägungen oder schon im Hinblick auf ihr Standing auch ohne Vorliegen einer Rechtspflicht versagen will. Eine Rechtspflicht, sich von der Ordnungsmäßigkeit des Grundgeschäftes zu überzeugen und in dieser Richtung Nachforschungen anzustellen, besteht für die Banken nicht, falls nicht eine solche Pflicht öffentlich-rechtlich (z.B. durch Devisengesetze oder Geldwäschegesetze des eigenen Landes) begründet ist.229 Wenn die Bank von vornherein die Gesetz- und/oder Sittenwidrigkeit des Grundgeschäftes nach den Grundsätzen der für sie geltenden Rechtsordnung positiv kennt (z.B. Drogenhandel), ist sie verpflichtet, die Akkreditiveröffnung abzulehnen, da sie sich andernfalls der Gefahr der Beihilfe zu strafbaren Handlungen aussetzt. Zweifelhaft ist, ob eine Bank bei der Durchführung eines Akkreditivs mitwirken darf, das zwar nach den Devisengesetzen des eigenen Landes erlaubt, aber nach den Vorschriften eines anderen beteiligten Landes verboten ist. Treffen im Einzelfall gesetzwidriges Verhalten des Käufers (Auftraggebers) und ein Verstoß gegen die Devisengesetze des Käuferlandes zusammen, dürfte es sich für die Bank verbieten, die Honorierung von Dokumenten zu versprechen, auch wenn sie formal akkreditivgerecht sind.230 Banken werden es in der Praxis ablehnen, Akkreditive im Einzelfall fremden Recht zu unterwerfen, wenn sie damit in die Lage kommen können, innerhalb dieses Geschäftes selbst gegen das betreffende ausländische Recht (vorwiegend Devisenbestimmungen und Embargolisten) zu verstoßen. Die Grenzen der Sittenwidrigkeit eines Geschäftes sind schwer zu bestimmen. Grundsätzlich neigen aber die Banken dazu, sich mit Grenzfällen möglichst wenig zu befassen, weil diese meist schon in den Bereich jener Geschäfte gehören, deren Durchführung ganz unabhängig von der Frage der Sittenwidrigkeit mit dem guten Ruf der Bank nicht vereinbar ist und letztendlich zu Schwierigkeiten für die Bank führen kann.

228 BGH BB 1955, 462; Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn. K/4. 229 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/525. 230 Vgl. United City Merchants (Investments) Ltd. v. Royal Bank of Canada (1982) 2 W. L. R. 1039; dazu Laidlaw Journal of the Institute of Bankers 1982, 213.

108

IV. Behandlung des Akkreditivauftrags bei der Bank

3.

Zweiter Abschnitt

Prüfung unter Krediterwägungen

Mit der Annahme eines Akkreditivauftrages durch die Bank ist grundsätzlich noch 2/135 keine Kreditgewährung an den Auftraggeber verbunden. Vielmehr kann eine Bank nach § 669 BGB – bei dem Rechtsverhältnis zwischen Käufer und Akkreditivbank handelt es sich, wie oben unter Rdn. 2/36 ausgeführt, um einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat – verlangen, dass der Auftraggeber ihr den Akkreditivbetrag in voller Höhe einschießt, d.h. Vorschuss leistet, ehe sie dem Begünstigten gegenüber ihr Zahlungsversprechen abgibt.231 Rechtlich besteht demnach zwischen Akkreditiv- und Kreditgeschäft keine unmittelbare Verknüpfung.232 Gleichwohl werden beim Akkreditiv häufig die rechtlichen von den wirtschaftlichen Erwägungen überlagert; die Mehrzahl der Akkreditive ist in irgendeiner Form mit einer Kreditgewährung der Bank an den Akkreditivauftraggeber verbunden. Dabei kann sich die Kreditgewährung darauf beschränken, dass die Bank bei Akkreditiveröffnung auf einen eigenen Einschuss des auftraggebenden Kunden ganz oder teilweise verzichtet, von dem Kunden aber dann in dem Augenblick, in welchem sie selbst aus dem Akkreditiv in Anspruch genommen wird, in voller Höhe des Akkreditivbetrages Zahlung verlangt; in diesem Fall leiht sie dem Kunden zwar ihren Kredit, aber noch nicht ihr Geld. In vielen Fällen tritt die Bank bei Fälligkeit des Akkreditivs jedoch zusätzlich mit ihrem Geld in Vorlage, indem sie dem Kunden eine Finanzierung des Postlaufs und eventuell auch noch eine Anschlussfinanzierung ermöglicht, damit er die importierte Ware zunächst absetzen und die Bank anschließend aus dem Verkaufserlös oder mittels der für die Ware eingehenden Wechsel befriedigen kann. Die mit einer Anschlussfinanzierung zusammenhängenden Fragen werden in einem besonderen Abschnitt behandelt (Rdn. 2/455 ff.). Einfach sind die Überlegungen der Bank, wenn der Kunde für den Gegenwert des Akkreditivs ohne weiteres in blanko gut ist oder wenn er den Kredit mit Sicherheiten außerhalb des speziellen Geschäftes einwandfrei besichert, so etwa im Rahmen einer gesicherten Kreditlinie, in die das Akkreditiv einbezogen wird. Ernsthaft zur Diskussion steht das Kreditproblem erst in den Fällen, in denen die 2/136 Bank die Sicherheit für den Kredit ganz oder wenigstens zum Teil im Rahmen des dem Akkreditiv zugrunde liegenden Geschäftes selbst finden muss. In diesem Falle ist die Importware selbst die hauptsächliche Sicherheit für den in Rede stehenden Kredit.233 Damit kann sich die Bank nur bei finanziell starken Importeuren begnügen; diese Sicherheit reicht als solche nicht voll aus, da eine Marge zugunsten der Bank nicht vorhanden ist. Wird nämlich später die Ware vom Kunden nicht aufgenommen, muss die Bank die Ware eventuell selbst verwerten und

231 Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn 187; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 90. 232 Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 36. 233 Nielsen ZIP 1983, 131.

109

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

mit dem Erlös den Kredit abdecken. Im Zweifel wird aber, wenn der Kunde die Ware vertragswidrig nicht aufnimmt oder nicht aufnehmen kann, der mögliche Verkaufserlös unter dem Einkaufspreis liegen. Die Bank gewährt in diesem Falle dem Kunden in Höhe der möglichen Preisschwankung letztlich einen Blankokredit. Sie wird das aber nur tun, wenn sie davon überzeugt ist, dass die finanziellen Verhältnisse des Importeurs ausreichen, um Preisschwankungen aufzufangen. Vielfach lassen sich die Banken vor Herauslegung des Akkreditivs nachweisen, dass die Ware an solvente Abnehmer zu festen Preisen vorverkauft wurde, womit Preisverluste weit gehend ausgeschlossen sind. Wollen die Banken in der Kreditgewährung so weit nicht gehen, verlangen sie vom Kunden einen Einschuss; der Kunde muss dann einen bestimmten, mindestens die denkbaren Preisschwankungen deckenden Prozentsatz des Gegenwertes des Akkreditivs aus eigenen Mitteln einschießen, während die Bank lediglich den Rest kreditiert. Dieser Einschuss wird je nach Kunde, Warenart und Markt- oder Konjunkturlage verschieden zu bemessen sein. 2/137 Wie die Verknüpfung von Kreditgeschäft und Akkreditivgeschäft im einzelnen

durchgeführt wird (Zugriff auf die Transportdokumente, Indossierung der Verladepapiere, Sicherungseigentum bzw. Pfandrecht an der Ware, Zessionen, Hereinnahme der Abnehmerwechsel), ist an anderer Stelle zu erörtern (Rdn. 2/455 ff.). Zu bedenken ist hierbei, dass Waren, über die ein Traditionspapier ausgestellt ist, ohne deren Übergabe übereignet werden können. An dieser Stelle interessiert zunächst nur, dass die Bank, welche die Importware als Sicherheit für den Kredit heranziehen will, von vornherein den ganzen Ablauf des Akkreditivgeschäftes so anlegen muss, dass ihr – auf dem Umweg über die Dokumente – möglichst während der gesamten Dauer des Geschäftsablaufes der Zugriff auf die Ware rechtlich und tatsächlich ununterbrochen erhalten bleibt.234 2/138 Es ist nicht immer einfach, das Sicherheitsstreben der kreditgebenden Bank wirk-

lich restlos zu realisieren, da sich aus technischen Gründen, z.B. bei Umladung der Ware vom Schiff auf die Eisenbahn zwecks Weiterversendung an die Endabnehmer, Zwischenstadien ergeben, in denen sich mitunter eine Unterbrechung im rechtlichen Bestand der dinglichen Sicherheit nicht vermeiden lässt. Derartige Unterbrechungen bei Prüfung des Akkreditivauftrags vorauszusehen und ihnen womöglich durch Änderung des Akkreditivinhalts oder durch Aufnahme anderweitiger Besicherungsvorschriften zu begegnen, ist für die Banken von entscheidender Wichtigkeit. Kann eine Bank im Einzelfall auf die ununterbrochene rechtliche Fortdauer einer dinglichen Sicherheit nicht verzichten – d.h. auch nicht für 48 Stunden zum Zwecke der Umladung –, muss die Ware beispielsweise unter Inkaufnahme der höheren Kosten über einen konzessionierten Lagerhalter (Rdn. 2/463 f.) geleitet werden, damit dieses Ziel erreicht wird.

234 Nielsen ZIP 1983, 131; ders. in: BuB, Rdn. 5/77.

110

IV. Behandlung des Akkreditivauftrags bei der Bank

Zweiter Abschnitt

Auch die Vorschriften über die Versicherung des Importgutes sind mit anderen Augen zu sehen, wenn mit dem Akkreditivgeschäft eine Kreditgewährung verbunden ist (Rdn. 2/368). Bei einer Krediteinräumung verlangt die Bank, dass der Versicherungsschutz alle in Betracht kommenden Risiken einschließt und im Schadensfalle eine ausreichende Versicherungssumme zur Abdeckung des Kredits verfügbar wird. Hält die Bank aufgrund der Prüfung des Akkreditivauftrags die Versicherung nicht für ausreichend, wird sie die Akkreditiveröffnung auf Kreditbasis ablehnen oder davon abhängig machen, dass der Auftraggeber den Mangel durch entsprechende Änderungen der Versicherungsklausel behebt. Notfalls verlangt die Bank eine Zusatzversicherung (Rdn. 2/368).

B.

Änderungen des Akkreditivauftrags

1.

Praktische Handhabung bei Änderungen

Ist die Bank bei der Prüfung des Akkreditivauftrags zu dem Ergebnis gelangt, dass 2/139 gewisse Abänderungen entweder zweckmäßig oder in ihrem eigenen Interesse notwendig sind, verständigt sich in der Praxis normalerweise der zuständige Sachbearbeiter der Bank mit dem Käufer oder dessen Sachbearbeiter; er teilt ihm – zumeist telefonisch – mit, aus welchem Grunde die Bank den Akkreditivauftrag in der vorliegenden Form nicht annehmen kann oder will oder eine Änderung vorschlägt. Kommt eine Einigung über die Abänderung zwischen den Partnern zustande, führt die Bank den Auftrag anschließend in der veränderten Fassung aus. Die Änderung wird üblicherweise schriftlich bestätigt; falls die Mitteilung der Bank über die Änderung von der tatsächlich vereinbarten Änderung abweicht, ist der Auftraggeber nach Nr. 11 Abs. 4 AGB gehalten, die Abweichung unverzüglich zu beanstanden.

2.

Verbindlichkeit der Änderungen

Für die Verbindlichkeit von Abänderungen des Akkreditivauftrags gilt Entspre- 2/140 chendes wie für die Verbindlichkeit des Auftrags selbst (Rdn. 2/37 ff.). Das bezieht sich nicht nur auf die Form der Übermittlung, sondern auch auf den Fall, dass die Änderung aufseiten des Akkreditivauftraggebers durch nicht vertretungsberechtigte Personen in Auftrag gegeben bzw. vereinbart wird. Von den Weisungen des Akkreditivauftraggebers darf die Bank aus eigener Machtvollkommenheit grundsätzlich nicht abweichen.235 Sie ist vielmehr

235 Baumbach/Hopt HGB, (7) Bankgeschäfte Rdn. K 4; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 942; Staudinger/Horn BGB, Vor §§ 765–778 Rdn. 106; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 237 f.; BGH WM 1984, 1214 f.; OLG München RIW 1998, 237.

111

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

gehalten, sich im Bedarfsfall vor Eröffnung eines abgeänderten Akkreditivs mit dem Auftraggeber in Verbindung zu setzen (§§ 675, 665 BGB). 2/141 Nur in besonders gelagerten Fällen, beispielsweise wenn mit dem Aufschub Gefahr

verbunden ist, kann die Bank nach § 665 BGB von den Weisungen des Auftraggebers ohne vorherige Rücksprache abweichen, sofern sie den Umständen nach annehmen durfte, dass der Auftraggeber bei Kenntnis der Sachlage die Abweichung gebilligt hätte.236 Mag diese Ausnahme auch gesetzlich zulässig sein, so muss doch darauf hingewiesen werden, dass eine Abweichung vom Akkreditivauftrag ohne Einvernehmen mit dem Akkreditivauftraggeber für die Bank erhebliche Risiken in sich birgt und auch dem formalen Wesen des Akkreditivgeschäfts, bei dem die Bank insbesondere das zugrunde liegende Warengeschäft in der Regel nicht kennt, widerspricht.237 Nur in seltenen Fällen wird die Bank über die Interessen ihres Kunden so genau unterrichtet sein, dass sie erkennen kann, wo seine konkreten Weisungen seinen wahren Absichten zuwiderlaufen. Aber selbst bei genauer Kenntnis besteht noch die Gefahr, dass die Bank die Situation falsch einschätzt. Weicht sie von den Weisungen des Akkreditivauftrags ab und widerspricht der Auftraggeber, drohen der Bank Schadensersatzansprüche; zudem braucht der Auftraggeber das weisungswidrig ausgeführte Geschäft nicht gegen sich gelten zu lassen, d.h. die Bank verliert ggf. ihren Aufwendungsersatzanspruch.238 Die – abgeänderte – Akkreditiveröffnung ist genehmigt, wenn der Auftraggeber die Kopie der Akkreditiveröffnung erhält, ohne unverzüglich zu widersprechen.

3.

Keine Bezugnahme auf ein früher eröffnetes Akkreditiv (gleiches Akkreditiv)

2/142 Wenn eine Bank angewiesen wird, ein Akkreditiv in der gleichen Weise wie ein frü-

heres Akkreditiv zu eröffnen, zu bestätigen oder zu avisieren (in der Praxis mitunter als Vergleichsakkreditiv bezeichnet), so galt nach der Regel des Art. 13 Satz 1 ERA 400 diese Bezugnahme auf das frühere Akkreditiv für dieses in seiner ursprünglichen Form, also ohne Berücksichtigung späterer Änderungen, die das in Bezug genommene Akkreditiv erfahren hat. Diese Regelung ist mit der Revision 1993 ersatzlos entfallen. Art. 5a (ii) 500 sah dagegen vor, dass Aufträge zur Eröffnung,

236 So wie hier Hoeren/Florian Rdn. 55; Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn. K/4; K/7; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 88; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 994 f., der neben § 665 BGB auch den Rückgriff auf den Grundsatz von Treu und Glauben zulassen will; a.A. Nielsen in: BuB, 5/524; ders. in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 85; Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 49. S.a. BGH WM 1958, 291, 292; NJW 1985, 550, 551; ZIP 1987, 1038, 1039, der ein Abweichen durch die Bank dann für zulässig erachtet, wenn die Bank genau absehen kann, dass es sich um eine unerhebliche und für den Auftraggeber unschädliche Abweichung handelt. Ferner OLG München RIW 1998, 237 sowie Kümpel Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 7.137. 237 S. a. Dach WuB I H 2. – 2.99 zu OLG München RIW 1998, 237. 238 Vgl. zum entsprechenden Problem bei Abweichungen vom Akkreditiv Rdn. 2/246. S. ferner BGH WM 1958, 1542, 1543; Palandt/Sprau BGB, § 665 Rdn. 7.

112

IV. Behandlung des Akkreditivauftrags bei der Bank

Zweiter Abschnitt

Avisierung oder Bestätigung „gleicher Akkreditive“ überhaupt nicht mehr entgegengenommen werden sollen, wenn das in Bezug genommene Akkreditiv Gegenstand von Änderungen war. Sinn dieser Vorschrift war es, Missverständnisse dadurch zu vermeiden, dass eine Verpflichtung zur vollständigen Wiederholung bzw. Wiedergabe des Akkreditivtextes besteht.239 Obgleich diese Regelung nunmehr in den ERA 600 weggefallen ist, gelten die vorstehenden Grundsätze nach hier vertretener Auffassung unverändert weiter.240

C.

Abschluss des Akkreditivvertrags

Bei Eingang des Akkreditivauftrags eines Kunden gegen Guthaben oder – dies 2/143 kommt allerdings selten vor – eines Nichtkunden gegen gleichzeitigen vollen Einschuss muss die Bank unverzüglich erklären, ob sie den Auftrag annehmen – also den Geschäftsbesorgungsvertrag mit dem Auftraggeber abschließen – will oder nicht; sie darf jedoch eine angemessene Frist zur Prüfung des Auftrags für sich in Anspruch nehmen. Erklärt sich die Bank innerhalb dieser Frist nicht, gilt ihr Schweigen nach § 362 HGB als Annahme des Angebots.241 In der Praxis hat es sich eingebürgert, die Annahme des Auftrags nicht ausdrücklich, sondern nur durch konkludente Handlung zu erklären, indem die Bank dem Akkreditivauftraggeber eine Kopie ihres an den ausländischen Begünstigten gerichteten Akkreditiveröffnungsschreibens zuschickt. Unterbleibt die Absendung einer solchen Kopie und gibt die Bank dem Auftraggeber auch sonst keine Nachricht, kann sie sich später zum Beweis dafür, dass sie die Akkreditiveröffnung habe ablehnen wollen, nicht darauf berufen, sie habe dem Auftraggeber keinen Durchschlag zukommen lassen und der Auftraggeber habe daraus auf die Ablehnung schließen müssen. Der Vertrag gilt vielmehr bei Schweigen nach § 362 HGB als zustande gekommen; der Auftraggeber hat gegen die Bank einen Anspruch auf alsbaldige Akkreditiveröffnung entsprechend den erteilten Weisungen oder, falls die Akkreditivstellung infolge Ablaufs einer im Kaufvertrag vereinbarten, der Bank bekannten Frist nicht mehr möglich ist, gegen die Bank einen Schadensersatzanspruch.242 In den meisten Fällen will der Akkreditivauftraggeber im Zusammenhang mit der 2/144 Akkreditiveröffnung Kredit in Anspruch nehmen. Eine Kreditinanspruchnahme liegt nicht nur dann vor, wenn der Auftraggeber die Bank bittet, ihm Geld vorzustrecken; sie ist vielmehr schon dann gegeben, wenn der Auftraggeber von der Bank verlangt, dass sie für ihn ohne Einschuss des vollen Deckungsbetrages eine Haftung (ein Obligo) übernimmt, was durch die Akkreditiveröffnung geschieht

239 ICC-Publ Nr. 511 S. 11. Ferner Nielsen Richtlinien, Rdn. 46, der für den Fall, dass ein Akkreditivauftrag unter Bezugnahme auf ein „gleiches Akkreditiv“ erteilt wird, die Rückfrage beim Auftraggeber empfiehlt. 240 Ebenso: Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 120. 241 BGH WM 1983, 1385; BGH WM 1955, 765; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/526; ders. Aktuelle Rechtsfragen zum Dokumenten-Akkreditiv, S. 45. 242 BGH WM 1983, 1385 = NJW 1984, 866 = ZIP 1984, 40 = DB 1984, 399.

113

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

(Rdn. 2/148). Ist ein solcher Kreditfall gegeben, gilt der die Annahme des Akkreditivauftrags betreffende Grundsatz des § 362 HGB erst dann, wenn die Kreditfrage zwischen Akkreditivauftraggeber und Bank vorher geklärt wurde. Andernfalls kommt der auf Eröffnung des Akkreditivs gerichtete Geschäftsbesorgungsvertrag nur zustande, wenn die Bank ihn ausdrücklich annimmt, d.h. wenn sie Kreditgewährung und Akkreditiveröffnung zusagt. Die beiden Vorgänge sind wirtschaftlich so eng miteinander verknüpft, dass eine Trennung nicht möglich erscheint. Einem Kunden oder Nichtkunden, der eine Bank ohne Geldanschaffung mit einer Akkreditiveröffnung beauftragt, braucht die Bank, wenn sie ihm keinen Kredit gewähren und deshalb das Akkreditiv nicht eröffnen will, eine Antwort zwar nicht zu erteilen;243 im Interesse der Klarstellung wäre ihr aber zu empfehlen, sich der Mühe einer abschlägigen Antwort zu unterziehen.

D.

Verpflichtungen und Obliegenheiten des Akkreditivauftraggebers; Buchungen

2/145 Mit der Annahme des Akkreditivauftrags durch die Bank entstehen Verpflichtun-

gen des Akkreditivauftraggebers. Vorrangig ist er zur Erstattung des Akkreditivbetrages gemäß §§ 670, 675 BGB verpflichtet, für den Fall, dass die Akkreditivbank zur Zahlung des Betrages verpflichtet war (Aufwendungsersatzanspruch).244 Die Bank belastet zur Erfassung des Obligos ein auf den Namen des Auftraggebers lautendes Akkreditiv-Unterkonto seines laufenden Kontos und erkennt dafür ein Sammelkonto, auf dem sie alle für ihre sämtlichen Kunden eingegangenen Akkreditivverpflichtungen erfasst; dieses Konto kann man als Akkreditiv-Verpflichtungs-Konto bezeichnen. Die Obligobuchungen erfolgen in derselben Währung, auf die das Akkreditiv lautet. Wird das Akkreditiv von einer Zweitbank bestätigt, belastet diese in entsprechender Weise ein auf den Namen der Akkreditivbank lautendes Akkreditiv-Debitoren-Konto und erkennt dagegen ein Sammelkonto.245 Die Verfügungsfreiheit des Akkreditivauftraggebers über sein laufendes Konto bleibt hiervon unberührt. Allerdings kann die Bank auf dem laufenden Konto einen internen Vermerk (Sperrvermerk) in Höhe des Akkreditivbetrages anbringen. Der Vermerk hat den Zweck, der Bank die Übersicht über die Verbindlichkeiten des Auftraggebers zu erhalten und ihn bei übermäßiger Inanspruchnahme seines Guthabens oder seines offenen Kredits an seine Verpflichtung aus dem Akkreditivauftrag zu erinnern und gegebenenfalls von ihm unter Berufung auf Nr. 13 Abs. 1 AGB die Stellung von Sicherheiten zu verlangen.

243 A.A. Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 51. 244 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 968; Nielsen Grundlagen, S. 58; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 99; Kümpel Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 7.170. 245 Angemerkt sei hier nur, dass in der Praxis auch andere Kontobezeichnungen vorgefunden werden können.

114

IV. Behandlung des Akkreditivauftrags bei der Bank

Zweiter Abschnitt

Mangels abweichender Abrede, die in der Praxis allerdings die Regel ist, ist der Akkreditivauftraggeber zur Vorschussleistung auf Verlangen der Akkreditivbank verpflichtet, §§ 675, 669 BGB.246 Hat der Auftraggeber bei Akkreditiveröffnung oder während der Laufzeit des Akkreditivs einen Einschuss zu leisten, wird dieser Betrag zu Lasten seines laufenden Kontos einem auf seinen Namen lautenden Akkreditiv-Deckungs-Konto (weiteres Unterkonto des laufenden Kontos) gutgebracht, wo er im Guthaben des Auftraggebers verbleibt, aber im beiderseitigen Einvernehmen als spezielle Sicherheit der Bank nach Nr. 13 Abs. 1 AGB seiner Verfügungsgewalt entzogen und für die Akkreditivabwicklung festgelegt ist. Lautet das Akkreditiv nicht auf Euro, sondern auf eine andere Währung, und hat die Bank für den vom Akkreditivauftraggeber eingeschossenen Betrag die Währung zu dessen Lasten angeschafft, bringt sie diese einem Akkreditiv-WährungsDeckungs-Konto (Unterkonto des laufenden Kontos) gut, für das im übrigen das Gleiche wie für das zuvor erwähnte Akkreditiv-Deckungs-Konto gilt. Kursschwankungen treffen in diesem Falle den Auftraggeber. Wird das Akkreditiv vom Begünstigten bedient, erfolgt die Auszahlung an ihn zu Lasten des laufenden Kontos des Auftraggebers oder des Akkreditiv-Deckungs-Kontos, je nachdem, ob der Auftraggeber den Akkreditivbetrag vorzeitig angeschafft hat oder nicht. Die Buchungen zur Festhaltung des Obligos werden ausgeglichen. Wird das Akkreditiv vom Begünstigten nicht in voller Höhe in Anspruch genommen und verbleibt daher dem Auftraggeber nach Verfall des Akkreditivs ein Guthaben auf dem Akkreditiv-Deckungs-Konto, fällt die Zweckbindung des Betrages fort; er wird von der Bank daher wieder dem für den Auftraggeber geführten laufenden Konto gutgebracht. Gleichzeitig werden in diesem Fall auch die zur Festhaltung des Obligos vorgenommenen Buchungen ausgeglichen. Ferner ist der Akkreditivauftraggeber zur Leistung einer Akkreditivprovision 2/146 und ggf. zur Erstattung einer besonderen Bestätigungsprovision (siehe auch Rdn. 2/448) verpflichtet.247 Der Auftraggeber ist gegenüber der Akkreditivbank auch zum Ersatz der Rechtsverfolgungskosten verpflichtet, wenn die Bank gerichtlich aus dem Akkreditiv in Anspruch genommen wird.248 Zum Ersatz ist der Auftraggeber grundsätzlich sowohl im Fall des Prozesserfolgs als auch -misserfolgs der Bank verpflichtet, da in beiden Fällen die Prozessführung im Interesse des Akkreditivauftraggebers war, es sei denn der Auftraggeber hält den Anspruch des Begünstigten für begründet und das Gericht urteilt in diesem Sinn.

246 Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn. K/3; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 968; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 103; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 90. 247 Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn. K/3; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 968; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 90; Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II. Teil, Rdn. 4/63. 248 BGH WM 1998, 1769; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 101 f.; Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn. K/3; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 90; Avancini/Iro/ Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/67; Nielsen WuB I.- H.2.–2.97; von Westphalen WuB I. H.2–1.98.

115

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

2/147 In der Praxis wird zwischen der Akkreditivbank und dem -auftraggeber ein

pactum de non petendo, dass der Akkreditivauftraggeber die Bank nicht auf Unterlassung der Auszahlung verklagt, geschlossen.249 Den Akkreditivauftraggeber trifft im übrigen die Obliegenheit, die eingelösten Dokumente abzunehmen. Des weiteren ist er verpflichtet, die mangelnde Ordnungsmäßigkeit der Dokumente unverzüglich zu rügen.250

V.

Eröffnung des Akkreditivs

2/148 Liegt der vollständige Akkreditivauftrag vor und hat die Bank diesen angenom-

men, erfolgt die Eröffnung des Akkreditivs. Hierbei ist die Bank im Interesse des Auftraggebers verpflichtet, das Akkreditiv unverzüglich zu eröffnen. Sie muss daher die Eröffnung ohne – auch nur fahrlässige – Verzögerung im Rahmen ihres gewöhnlichen Geschäftsbetriebs vornehmen. Bei der Eröffnung wird sie stets das Wort „Akkreditiv“ verwenden, müsste sich aber unter Umständen auch dann als aus einem Akkreditiv verpflichtet betrachten, wenn diese Bezeichnung in ihrer Erklärung nicht erscheint, letztere aber alle wesentlichen Merkmale eines Akkreditivs enthält. Bleibt der übernommene Auftrag aus von der Bank zu vertretenden Gründen unangemessen lange unausgeführt bei ihr liegen, kann der Auftraggeber die Bank durch Mahnung in Verzug setzen (§ 286 BGB). Unter den Voraussetzungen des § 323 BGB ist er berechtigt, von dem Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Bank zurückzutreten oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen. In Akkreditivaufträgen findet sich häufig die Weisung des Käufers, das Akkreditiv solle „sofort“, „schnellstens“, „telegrafisch“, durch ein anderes Telekommunikationsmittel (Kabel, Telex, Telefax, S. W. I. F. T. usw.) oder bis zu einem datumsmäßig genau bezeichneten Zeitpunkt eröffnet werden. In derartigen Fällen ist der Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen Bank und Auftraggeber als Fixgeschäft im Sinne des § 376 HGB anzusehen.251 Verzögert sich hier die Eröffnung des Akkreditivs, kann der Auftraggeber ohne weiteres vom Vertrag zurücktreten, gleichgültig, ob die Verzögerung auf einem Verschulden der Bank beruht oder nicht. Bei Verschulden der Bank ist der Auftraggeber darüber hinaus berechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen. Die vorbezeichneten Rechte stehen dem Auftraggeber allerdings nur zu, wenn er sich seinerseits vertragsgemäß verhält. Dazu gehört insbesondere, dass er der Bank den vorgesehenen Einschuss leistet oder von ihr verlangte sonstige Sicherheiten stellt, wenn sie die Eröffnung des Akkreditivs davon abhängig gemacht hat.

249 Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn. K/3, K/21; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 105. S.u. Rdn. 2/432. 250 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn 969. 251 Vgl. dazu a. Rdn. 2/31.

116

V. Eröffnung des Akkreditivs

Zweiter Abschnitt

In der Praxis geht der Eröffnung bisweilen – aufgrund zunächst noch unvollstän- 2/149 diger Angaben des Auftraggebers – eine vorläufige Unterrichtung an den Begünstigten voraus. Nach Art. 11b ERA sind Voravise über Eröffnung oder Änderung eines Akkreditivs insofern verbindlich, als sie die Verpflichtung begründen, das Akkreditiv unverzüglich zu eröffnen oder zu ändern, und zwar zu Bedingungen, die nicht im Widerspruch zum Voravis stehen (Rdn. 2/113). Unverbindlich in diesem Sinne ist eine Mitteilung jedoch dann, wenn in ihr begriffsnotwendige Bestandteile des Akkreditivs fehlen oder wenn der Text unvollständig (incomplete) oder unklar (not clear), insbesondere wenn kein Verfalldatum angegeben ist (Art. 6d (i) ERA).

A.

Akkreditivverpflichtung der Bank

1.

Rechtsnatur der Akkreditivverpflichtung

Das Akkreditiv stellt ein abstraktes Schuldversprechen der Bank im Sinne des 2/150 § 780 BGB dar.252 Die Bank verpflichtet sich gegenüber dem Begünstigten zur Zahlung des Akkreditivbetrages, sofern ihr die im Akkreditiv genannten Dokumente fristgerecht vorgelegt werden. Aus dem Wesen dieses Schuldversprechens folgt, dass es rechtlich losgelöst ist sowohl vom Kaufvertrag zwischen Akkreditivauftraggeber und Begünstigtem als auch vom Geschäftsbesorgungsverhältnis zwischen Akkreditivauftraggeber und Akkreditivbank (Art. 4a ERA).253 Dies gilt nicht nur für unwiderrufliche, sondern – wie noch zu zeigen sein wird – auch für widerrufliche Akkreditive (Rdn. 2/160).

2.

Deutsches Recht

Bestimmungen darüber, wann das Akkreditiv tatsächlich als eröffnet betrachtet 2/151 werden kann, sind in den ERA nicht enthalten; insoweit muss das jeweils geltende nationale Recht herangezogen werden.254 Nach deutschem Recht kommt ein abstraktes Schuldversprechen durch einen Vertrag zustande, der das von dem Grundgeschäft losgelöste Leistungsversprechen zum Gegenstand hat.255 Mit Wirksam-

252 H.A.: RGZ 106, 304, 307; 107, 7,9; 144, 133, 136; BGHZ 60, 262, 264 = WM 1973, 483, 484 = BB 1973, 675, 676 = NJW 1973, 899, 900; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 924, 984 m.w.N.; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 198; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/492; ders. Richtlinien, Rdn. 37; vgl. a. Ellinger Documentary Letters of Credit, S. 75; Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn. K/1; Kümpel Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 7.98. 253 Vgl. BGHZ 60, 262; OLG Nürnberg NJW 1966, 2272; OLG Frankfurt WM 1981, 445; Peters WM 1978, 1030, 1035; Liesecke WM 1966, 458, 459; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1012 ff.; Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn. K/1. 254 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 255, 458; Ingelmann/Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 285. 255 Palandt/Sprau BGB, § 780 Rdn. 1a; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 982 ff.

117

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

werden der Akkreditiveröffnung besteht daher zwischen der Akkreditivbank und dem Begünstigten ein Vertragsverhältnis; zur Beurteilung der gegenseitigen Rechte und Pflichten der Parteien finden mithin die (strengeren) Vertragsregeln und nicht nur Deliktsregeln (§§ 823 ff. BGB) Anwendung. Trotz des Vertragscharakters übernimmt der Begünstigte der Bank gegenüber keine vertragliche Verpflichtung zur Einreichung der Dokumente. Das Akkreditiv ist erst dann eröffnet, wenn die dahingehende Mitteilung der Bank als Angebot zum Abschluss eines das Schuldversprechen beinhaltenden Vertrages dem Begünstigten zugegangen ist (§§ 130, 145 BGB).256 Einer ausdrücklichen Annahme dieses Angebots durch den Begünstigten bedarf es nicht, da dies nicht verkehrsüblich ist (§ 151 BGB); der Begünstigte tut seinen Annahmewillen konkludent dadurch kund, dass er der Akkreditiveröffnung nicht widerspricht.257 2/152 Diese Rechtslage hat zur Folge, dass die Bank in der kurzen Zeitspanne zwischen

Absendung des Akkreditivs und dessen Ankunft beim Begünstigten das Akkreditiv noch widerrufen kann und, falls eine dahin gehende Weisung ihres Auftraggebers vorliegt, auch widerrufen muss. Ein Akkreditiv ist dann nicht zur Entstehung gelangt, weil eine empfangsbedürftige Willenserklärung nicht wirksam wird, wenn dem Erklärungsempfänger vor dem Zugang oder gleichzeitig mit dem Zugang der Erklärung über die Akkreditiveröffnung ein Widerruf zugeht (§ 130 Abs. 1 Satz 2 BGB). Entspricht das Akkreditiv den zwischen Käufer und Verkäufer im Kaufvertrag getroffenen Vereinbarungen nicht, kann der Begünstigte der Akkreditiveröffnung gegenüber der Bank widersprechen; rechtlich gesehen lehnt er damit das Vertragsangebot der Bank ab. Er wird das aber nur tun, wenn er einen Weg sucht, von dem ihm möglicherweise unangenehm gewordenen Warengeschäft mit dem Käufer loszukommen. Sofern das Akkreditiv, welches die Bank im Auftrag des Käufers eröffnet hat, nicht der zwischen Käufer und Verkäufer vereinbarten Akkreditivklausel entspricht, ist der Verkäufer u.U. berechtigt, wegen Nichteinhaltung der Akkreditivklausel vom Kaufvertrag zurückzutreten (Rdn. 2/30). Ein Rücktrittsrecht des Verkäufers dürfte allerdings nur gegeben sein, wenn das Akkreditiv in so wesentlichen Punkten von den kaufvertraglichen Vereinbarungen abweicht, dass dem Verkäufer nicht zugemutet werden kann, dieses Akkreditiv zu akzeptieren.

256 Hartmann Die Durchsetzbarkeit des Begünstigtenanspruchs im unwiderruflichen Dokumentenakkreditiv, S. 37 f.; Schlegelberger/Hefermehl HGB, § 365 Rdn. 199; für Österreich Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/94; für die Schweiz Ulrich Rechtsprobleme des Dokumentenakkreditivs, S. 150. 257 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 985, 936 f.; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/553; ders. in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 130; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 253; für die Schweiz Lombardini Droit et pratique du crédit documentaire, S. 57 f.; für Österreich Avancini/ Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/96 (allerdings muss der Begünstigte das Akkreditivangebot ausdrücklich zurückweisen, wenn er das Akkreditivangebot nicht annehmen will).

118

V. Eröffnung des Akkreditivs

Zweiter Abschnitt

Im Regelfall wird der Verkäufer bei Abweichungen des gestellten Akkreditivs vom Kaufvertrag jedoch nicht gegenüber der Bank widersprechen. Denn damit würde er die Sicherheit verlieren, die ihm auch ein im Sinne des Kaufvertrages nicht ganz ordnungsgemäßes Akkreditiv bietet; ein von den getroffenen Regelungen oder mangelhaftes Akkreditiv ist meist immer noch besser als gar keines. Der Verkäufer wird daher dem Käufer gegenüber die Mängel des Akkreditivs unverzüglich rügen und fordern, dass der Käufer das Akkreditiv durch seine Bank vertragsgerecht ändern lässt. Sieht der Verkäufer von der sofortigen Rüge ab; muss er das Akkreditiv so, wie es eröffnet worden ist, gegen sich gelten lassen; dem Käufer gegenüber kann er sich später nicht mehr darauf berufen, dass das – nicht unverzüglich gerügte – Akkreditiv nicht dem Kaufvertrag entspreche.

3.

Ausländische Rechtsordnungen

In ausländischen Rechten werden zu der Frage, wie und wann die Zahlungsver- 2/153 pflichtung der Akkreditivbank entsteht, Ansichten vertreten, die von der deutschen Auffassung abweichen:258 So wird etwa gesagt, die Akkreditivverpflichtung der Bank entstehe bereits in dem Augenblick, in dem diese das an den Begünstigten gerichtete Akkreditiveröffnungsschreiben absende,259 oder: das Akkreditiv sei kein Vertrag zwischen Bank und Begünstigtem, sondern werde durch einseitige Verpflichtungserklärung der Bank wirksam; das Akkreditiveröffnungsschreiben müsse daher dem Begünstigten nur zugehen, bedürfe aber keiner Annahme mehr. Der Zeitpunkt der Entstehung der Zahlungsverpflichtung ist vor allem für die Frage wesentlich, bis wann die Akkreditivbank (oder der Akkreditivauftraggeber über die Akkreditivbank) die Möglichkeit hat, das Akkreditiv noch einseitig zu ändern oder zurückzurufen.

4.

Eröffnung durch ausländische Zweigniederlassungen

Eine besondere rechtliche Situation hat sich durch den häufig vorkommenden Fall 2/154 ergeben, dass Zweigniederlassungen ausländischer Banken ein Akkreditiv eröffnen mit der Maßgabe, dass das Akkreditiv auch am Ort dieser Zweigniederlassung benutzbar sein soll. Nach Art. 3 ERA gelten Filialen einer Bank in unterschiedlichen Ländern als „separate Banken“ (Rdn. 2/165). Da die Zweigniederlassung (jedenfalls nach deutschem Gesellschaftsrecht) kein selbständiges Rechtssubjekt

258 Vgl. z.B. für Frankreich und Belgien die Zusammenstellung bei van der Gucht La saisiearrêt en matière de crédit documentaire irrévocable, Revue de la Banque 1952, 162, 173; Kübler Feststellung und Garantie, S. 184; Cour de Cassation, Urt v. 5.7.1983; Banque 1984, 245; für Österreich Schinnerer ÖBA 1962, 245, 249; für die USA Finkelstein Legal aspects of Commercial Letters of Credit, S. 283; Käser RabelsZ 21 (1956), 73, 84; ders. ZKredW 1961, 1089; für Italien Kübler Feststellung und Garantie, S. 186. 259 Zur mail-box-theory s.a. Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 256. S.a. zu den ISP98 Rdn. 8/16.

119

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

darstellt, ist der Inhaber der im Ausland domizilierenden Hauptniederlassung Träger der Rechte und Pflichten, die aus dem Betrieb der Zweigniederlassung erwachsen.260 Die von der Zweigniederlassung eingegangene Akkreditivverpflichtung ist eine Verpflichtung der Gesamtbank. Wenn daher der Begünstigte bei Einreichung akkreditivgerechter Dokumente aus kommerziellen Gründen keine Zahlung von der Zweigniederlassung erhalten kann, etwa weil diese nicht mit den nötigen finanziellen Mitteln ausgestattet ist, muss die Bank die Dokumente an der Hauptniederlassung einlösen. 2/155 Problematisch wird der Fall, wenn die Zweigniederlassung das Akkreditiv deshalb

nicht einlösen kann, weil zwischen Eröffnung des Akkreditivs und Benutzung desselben durch den Begünstigten infolge hoheitlicher Maßnahmen die Zweigniederlassung an der Auszahlung des Akkreditivbetrages gehindert ist. In Betracht kommen hier hauptsächlich folgende Fälle: Beschlagnahme der Zweigniederlassung, wenn z.B. zwischen dem Staat, in dem diese sich befindet, und dem Staat, in dem der Sitz der Hauptniederlassung liegt, ein Krieg ausbricht; Nationalisierung von Zweigniederlassungen ausländischer Banken; Änderungen der Devisenbewirtschaftung nach Akkreditiveröffnung. Es ist fraglich, ob auch in solchen Fällen das Akkreditiv von der Hauptniederlassung eingelöst werden muss. 2/156 In der Praxis sind bereits derartige Fälle abgewickelt worden:

Bei der Nationalisierung der ausländischen Banken in Tansania haben sich die Mutterhäuser, soweit bekannt, mit den Gläubigern ihrer tansanischen Niederlassungen arrangiert. Zuvor hatte sich Ähnliches in Ägypten zugetragen. In keinem Fall wurde die Rechtslage bis zu Ende ausdiskutiert. Das Reichsgericht hatte sich in Beschlagnahmefällen, die allerdings keine Akkreditive betrafen, auf den Standpunkt gestellt, die Hauptniederlassung müsse grundsätzlich für die Verbindlichkeiten, die in der Zweigniederlassung entstanden sind, einstehen.261 Man war dann jedoch unter Berücksichtigung des Versailler Vertrages, in dem die deutsche Regierung derartige Beschlagnahmen anerkannt hatte, zu dem Ergebnis gelangt, dass die anerkannte Beschlagnahme einer Bankniederlassung im Ausland der Klageerhebung gegen die Hauptniederlassung in Deutschland entgegenstehe. Hinzuweisen ist jedoch, dass die Fiktion der Filiale als andere Bank nur die Anwendung der ERA selbst betrifft, nicht aber Gerichtsstand, Status der Vertragspartei etc. bestimmt.262

260 RGZ 107, 44, 45; 130, 25, 32; Baumbach/Hopt HGB § 13 Rdn. 4. 261 RGZ 107, 44: auf die Londoner Zweigniederlassung einer deutschen Großbank gezogener, in London zahlbarer Wechsel; RGZ 130, 23: beschlagnahmtes Konto, das bei der Zweigniederlassung einer deutschen Bank im Elsaß geführt wurde. 262 Nielsen Richtlinien, Rdn. 27.

120

V. Eröffnung des Akkreditivs

B.

Unwiderrufliches und widerrufliches Akkreditiv

1.

Rechtsnatur

Zweiter Abschnitt

Ein Akkreditiv kann wie bereits weiter oben (Rdn. 2/80) ausgeführt trotz der Rege- 2/157 lung des Art. 2 ERA grundsätzlich unwiderruflich oder widerruflich eröffnet werden. Das Akkreditiv – genauer: die im Akkreditiveröffnungsschreiben der Akkreditivbank an den Begünstigten enthaltene Verpflichtungserklärung der Bank – muss die ausdrückliche Angabe enthalten, dass das Akkreditiv widerruflich ist. Wenn das Akkreditiv den ERA 600 unterstellt ist, ist es stets ein unwiderrufliches Akkreditiv. Das unwiderrufliche Akkreditiv ist, wie oben schon ausgeführt (Rdn. 2/150), ein abstraktes Schuldversprechen im Sinne des § 780 BGB. Durch die Unwiderruflichkeit erlangt der Begünstigte die Gewissheit, dass er – die Bonität der verpflichteten Bank vorausgesetzt – für seine Lieferung nach Erfüllung der Bedingungen des Akkreditivs unter allen Umständen Zahlung erhalten wird, da die Bank ihr Zahlungsversprechen nicht zurückziehen kann. Will die Bank bei einem unwiderruflichen Akkreditiv die Leistung von der Zurverfügungstellung von Mitteln aus einem staatlichen Kreditprogramm abhängig machen, muss dies in dem Akkreditivtext und damit in das Akkreditiveröffnungsschreiben an den Begünstigten ausdrücklich aufgenommen werden. Gegenüber dem Grundsatz der unwiderruflichen Verpflichtung der Akkreditiv- 2/158 bank spielen die – seltenen – Ausnahmefälle, in denen die Bank trotz der Unwiderruflichkeit des Akkreditivs die Zahlung der Akkreditivsumme an den Begünstigten durch Widerruf des Akkreditivs aus wichtigem Grund (Rdn. 2/398) zu verweigern berechtigt ist, praktisch eine untergeordnete Rolle. Dasselbe gilt hinsichtlich der in ganz engen Grenzen bestehenden Möglichkeit für den Käufer, in begründeten Fällen durch Erwirkung gerichtlicher Eilmaßnahmen den Begünstigten an der Benutzung des Akkreditivs zu hindern. In diesen ganz seltenen Sonderfällen, die später in anderem Zusammenhang noch ausführlich erörtert werden (Rdn. 2/409 ff.), beruhen die Gründe, aus denen aus dem Akkreditiv u.U. nicht geleistet wird, fast ausnahmslos auf Umständen, die in der Sphäre des Begünstigten liegen. Festzuhalten ist der fundamentale Grundsatz, dass ein Begünstigter, der seine Verpflichtungen loyal erfüllt, in dem unwiderruflichen Akkreditiv – stets die rechtzeitige Vorlage akkreditivgerechter Dokumente vorausgesetzt – eine uneingeschränkte Sicherheit für seine Kaufpreisforderung erblicken kann. Dies ist deswegen so stark zu betonen, weil den vielfältigen Versuchen, die Strenge der Akkreditivhaftung aufzuweichen, nachdrücklich entgegengewirkt werden muss. Im Zweifel sollte man sich daher stets für die zuverlässige Verbindlichkeit eines Akkreditivs entscheiden. Ebenso wie das unwiderrufliche Akkreditiv beinhaltet auch das – selten vorkom- 2/159 mende – widerrufliche Akkreditiv ein abstraktes Schuldversprechen im Sinne

121

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

des § 780 BGB.263 Seine Besonderheit besteht darin, dass die Bank ihr Zahlungsversprechen unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs abgibt.264 Wie oben (Rdn. 2/70) ausgeführt müssen alle Akkreditive ein Verfalldatum haben, sonst fehlt Ihnen ein wesentlicher Inhalt, was zur Unverbindlichkeit der Erklärung der Bank führte. Dies gilt auch für widerrufliche Akkreditive, denn die Tatsache, dass diese widerruflich sind, bedeutet nicht, dass sie bis zur Ausübung des Widerrufs unverbindlich wären. Beim widerruflichen Akkreditiv heißt es in der Praxis zur Klarstellung üblicherweise „gültig bis . . ., sofern nicht vorher annulliert“. Die Widerruflichkeit wird üblicherweise durch folgende Worte zum Ausdruck gebracht: „Dieses Akkreditiv ist widerruflich und kann jederzeit ohne Nachricht an den Begünstigten abgeändert oder annulliert werden.“ Eine solche Formulierung findet sowohl im Auftrag der eröffnenden Bank an die Bank, bei der das Akkreditiv benutzbar ist, als auch im Text des Akkreditiveröffnungsschreibens an den Begünstigten Verwendung. Solange eine Bank unter einem widerruflichen Akkreditiv von ihrem Widerrufsrecht keinen Gebrauch macht oder sobald sie das Widerrufsrecht verloren hat, gilt für die rechtliche Einordnung des widerruflichen Akkreditivs und für seine Abwicklung dasselbe wie für das unwiderrufliche Akkreditiv.265

2.

Innen- und Außenverhältnis beim widerruflichen Akkreditiv

2/160 Beim widerruflichen Akkreditiv ist zwischen dem Innenverhältnis (Auftraggeber/

Käufer – Bank) und dem Außenverhältnis (Bank – Begünstigter/Verkäufer) zu unterscheiden.266 Der Auftraggeber kann im Innenverhältnis – aus dem mit der Bank bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrag – der Bank die Weisung erteilen, das Akkreditiv zu widerrufen.267 Im Regelfall teilt dann die Bank dem Begünstigten den Widerruf unverzüglich mit. Damit hat das Akkreditiv im Verhältnis zwischen Bank und Begünstigtem aufgehört zu existieren. Da die Widerruflichkeit zwischen Akkreditivbank und Begünstigtem von vornherein vereinbart war, kommen irgendwelche Ansprüche des bisherigen Begünstigten gegen die Bank, insbesondere Regressansprüche, nicht in Betracht. Die Bank ihrerseits braucht sich selbst dann, wenn sie von den vertraglichen Beziehungen zwischen Auftraggeber und

263 RGZ 107, 7, 9; BGHZ 60, 262; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 989; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 204; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 76; ders. in: BuB, Rdn. 5/485; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 50. 264 Vgl. Liesecke WM 1976, 258, 260; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 48; Avancini/Iro/ Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/98; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 989; Ulrich Rechtsprobleme des Dokumentenakkreditivs, S. 27 f. 265 Zur Anfechtbarkeit von Akkreditiveröffnungen s. Rdn. 2/397. 266 Ebenso unterscheidend Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 49. 267 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 52; Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/98.

122

V. Eröffnung des Akkreditivs

Zweiter Abschnitt

Begünstigtem Kenntnis hat, nicht darum zu kümmern, ob der Auftraggeber im Verhältnis zum Begünstigten materiell zum Widerruf berechtigt war. Spricht die Bank trotz rechtzeitiger Weisung des Auftraggebers den Widerruf nicht aus, bleibt sie dem Begünstigten aus dem Akkreditiv verpflichtet; sie verliert allerdings gegenüber dem Auftraggeber wegen Nichtbefolgens der erteilten Widerrufsweisung ihren Erstattungsanspruch. Auch in diesem Fall hat der Auftraggeber nicht die Möglichkeit, das Akkreditiv von sich aus durch seine eigene Erklärung gegenüber dem Begünstigten zu widerrufen; er kann in das Außenverhältnis zwischen Bank und Begünstigtem nicht unmittelbar gestaltend eingreifen.268 Umgekehrt ist die Bank, die ein Akkreditiv eröffnet hat, dem Begünstigten gegen- 2/161 über im Außenverhältnis auch ohne eine entsprechende Weisung des Auftraggebers berechtigt, das Akkreditiv zu widerrufen. Normalerweise hat die Bank hierzu aber keinen Grund und wird deshalb auch ohne Anlass keinen Widerruf aussprechen. Praktisch kommt ein Widerruf gegen den Willen des Auftraggebers nur dann in Betracht, wenn die Bank beabsichtigt, sich gleichzeitig auch von dem Geschäftsbesorgungsvertrag mit dem Auftraggeber zu lösen. Die Tatsache, dass das Akkreditiv dem Begünstigten gegenüber widerruflich ist, besagt jedoch nicht, dass die Bank ihrem Auftraggeber gegenüber jederzeit willkürlich den Geschäftsbesorgungsvertrag kündigen darf; das Innenverhältnis zwischen Auftraggeber und Bank richtet sich – unabhängig von der Widerruflichkeit des Akkreditivs im Außenverhältnis – nach den allgemeinen Grundsätzen des jeweils anwendbaren Rechts. Kommt aber etwa ein Akkreditivauftraggeber der Aufforderung der Bank, den Akkreditivbetrag vereinbarungsgemäß ganz oder teilweise einzuschießen, nicht nach oder liegen nach Nr. 19 AGB die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Geschäftsverbindung mit dem Auftraggeber vor, ist damit ein Grund für eine Kündigung des Geschäftsbesorgungsvertrages seitens der Bank gegeben. Mit der Kündigung ist die Weisungsbefugnis des Auftraggebers im Hinblick auf die Akkreditivausgestaltung beseitigt; die Bank kann dann das Akkreditiv widerrufen, ohne sich dadurch dem Auftraggeber gegenüber schadensersatzpflichtig zu machen. Rein theoretisch ist natürlich auch möglich, dass eine Bank einmal im Außenverhältnis ein Akkreditiv (aus Irrtum, durch Verwechslung usw.) gegenüber dem Begünstigten widerruft, ohne dass entweder eine Weisung des Auftraggebers oder gleichzeitig eine begründete Auflösung des Geschäftsbesorgungsvertrages mit dem Auftraggeber vorliegt. In einem solchen Fall kann es sein, dass die Bank gegenüber ihrem Auftraggeber vertragswidrig handelt und dann diesem (nicht dem Begünstigten) möglicherweise wegen positiver Vertragsverletzung schadensersatzpflichtig wird.269

268 Zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der Auftraggeber dem Begünstigten die Benutzung des Akkreditivs ausnahmsweise durch einstweilige Verfügung verbieten lassen kann, Rdn. 2/409 ff. 269 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 52; Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 41.

123

Zweiter Abschnitt

3.

Dokumentenakkreditiv

Widerruf

2/162 Nach Art. 8a ERA 500 konnte die Bank das widerrufliche Akkreditiv jederzeit ohne

vorherige Nachricht an den Begünstigten abändern oder annullieren. Dies gilt – mangels gegenteiliger Regelung im Akkreditiv selbst – aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen nach hier vertretener Ansicht auch weiterhin. In der Praxis teilt die Bank, wenn sie widerrufen will, dem Begünstigten einen Widerruf regelmäßig unverzüglich mit.270 Unterlässt die Akkreditivbank dies jedoch und wartet mit dem Widerruf, kann der Begünstigte daraus keinerlei Rechte herleiten, und zwar selbst dann nicht, wenn die Möglichkeit frühzeitiger Mitteilung bestanden hatte.271 Der Widerruf der Bank beruht in der Regel auf einer Weisung des Käufers; primär ist es auch dessen Aufgabe, den Verkäufer über den Widerruf zu informieren. Diese Pflicht ergibt sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben, dem der Kaufvertrag unterliegt. Normalerweise erfolgt eine Widerrufsweisung des Käufers nicht ohne Anlass, sondern hat ihren Grund in Unstimmigkeiten zwischen Käufer und Verkäufer im Rahmen des Kaufvertrages. Mit diesem hat die Bank jedoch nichts zu tun; ihre Funktion beschränkt sich auf den Akkreditivvorgang, Art. 4 ERA. 2/163 Entscheidend ist, wann die Widerrufsmöglichkeit für die Bank endet. Ein Wider-

ruf ist nicht mehr möglich, wenn der Akkreditivvorgang zwischen der Bank und dem Begünstigten bereits abgewickelt ist, wenn also die Bank gezahlt, akzeptiert oder negoziiert hat.272 Problematisch bleibt die Frage, wie der exakte Zeitpunkt, an dem das Widerrufsrecht der Bank erlischt, fixiert werden muss. In Betracht kommen folgende Stationen der Akkreditivabwicklung: Versendung der Ware durch den Verkäufer, Einreichung der Dokumente bei der Bank und Aufnahme der Dokumente durch die Bank nach erfolgter Prüfung. Die Versendung der Ware durch den Verkäufer kann den maßgeblichen Endpunkt für die Widerrufsmöglichkeit nicht bestimmen, da sich dieser Vorgang völlig außerhalb der Beziehungen zwischen Bank und Begünstigtem abspielt; er ist auf das Akkreditivverhältnis ohne Einfluss.273 2/164 Mit Einreichung der Dokumente erfüllt der Begünstigte die Bedingung, unter der

das Zahlungsversprechen der Bank steht. Vereinzelt wurde daher die Ansicht vertreten, die Bank verliere ihr Widerrufsrecht zu diesem Zeitpunkt.274 Dem kann

270 Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 54. 271 Etwas anderes kann nur unter ganz besonderen Umständen gelten, etwa wenn der Begünstigte im Vertrauen auf den Fortbestand des Akkreditivs umfangreiche Dispositionen trifft und der Akkreditivbank dies bekannt ist, vgl. Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 205; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 989. 272 RGZ 197, 7; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 989; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 53. 273 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 989; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 206. 274 So Cour de Cassation, Urt v. 12.1.1959, Bulletin des Arrêts, Chambres Civiles, 1959 III Nr. 14; Hahn Die Übertragung von Dokumentenakkreditiven, S. 42.

124

V. Eröffnung des Akkreditivs

Zweiter Abschnitt

aus folgenden Erwägungen nicht zugestimmt werden: Gemäß Art. 8b ERA 500 wurde der Widerruf des Akkreditivs dann, wenn dieses der Akkreditivbank oder einer anderen Bank übermittelt und bei ihr benutzbar gemacht worden ist, erst wirksam, wenn er bei der Akkreditivbank oder der anderen Bank eingegangen ist. Hat die Akkreditivbank oder die andere Bank im Zeitpunkt des Eingangs des Widerrufs das Akkreditiv bereits bedient, verbleibt ihr das Recht, sich für ihre Zahlung, Akzeptleistung oder Negoziierung bei dem Verpflichteten zu erholen. Dieser Bestimmung ist zu entnehmen, dass die Akkreditivbank oder die andere Bank den Widerruf zu beachten hat, selbst wenn die Dokumente bereits bei ihr eingereicht worden sind und von ihr als akkreditivgerecht angesehen werden (aber noch nicht honoriert wurden); beachtet sie den Widerruf nicht, verliert sie das Recht, Rembours zu verlangen. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass es nach den Intentionen der ERA 500 für das Ende der Widerrufsfrist nicht auf die Einreichung der Dokumente bei der Bank ankommt, sondern lediglich darauf, ob die Bank gezahlt, akzeptiert oder negoziiert, also die ihr eingereichten Dokumente tatsächlich als akkreditivkonform aufgenommen hat. Daher lehnte auch die Banking Commission die Einschränkung des Widerrufsrechts ab Dokumentenaufnahme ausdrücklich ab.275 Noch ein weiteres Argument spricht für diese Lösung: Nach Art. 8a ERA 500 war der Widerruf ohne Mitteilung an den Begünstigten wirksam. Im Zeitpunkt der Dokumenteneinreichung kann sich die Bank bereits dafür entschieden haben, die Dokumente nicht zu honorieren. Die Einreichung der Dokumente durch den Begünstigten kann diesen Entschluss der Bank nicht zunichte machen. Die gegenteilige Annahme würde einen Wettlauf zwischen Widerruf und Einreichung in Gang setzen und praktisch der Bank entgegen Art. 8a ERA 500 einen Zwang auferlegen, dem Begünstigten den Widerruf schnellstens mitzuteilen, um das Widerrufsrecht nicht zu verlieren. Nach alledem erlischt das Widerrufsrecht der Bank dem Begünstigten gegenüber erst dann, wenn die Bank die Dokumente nach erfolgter Prüfung aufgenommen und gezahlt, akzeptiert oder negoziiert hat.276 Bei einem deferred payment credit (Rdn. 2/123) bestand unter den ERA 500 jedoch eine Sonderregelung für den Widerruf. Demnach war ein Widerruf bereits mit Aufnahme der Dokumente nicht mehr möglich, Art. 8b (ii) ERA 500.277

275 ICC-Publ. Nr. 511 S. 19. 276 Ebenso Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 53; einschränkend Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 989, der darauf hinweist, dass ein Widerruf in Ausnahmefällen schon vor Erbringung der Leistung durch die Bank nicht mehr erklärt werden kann, wenn diese bei dem Begünstigten den Eindruck erweckt hat, das Akkreditiv widerrufen zu wollen, und der Begünstigte sich hierauf eingestellt hat. In ähnliche Richtung tendierend Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/98. 277 Zu Zweifeln an der Plausibilität dieser unterschiedlichen Behandlungen Nielsen Richtlinien für Dokumenten-Akkreditive, 2. Auflage, Rdn. 43; ders. in: BuB, Rdn. 5/489; ders. in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 70.

125

Zweiter Abschnitt

C.

Dokumentenakkreditiv

Akkreditivstellung mit Einschaltung einer weiteren Bank

2/165 Im Auslandsgeschäft kommt das Akkreditiv zwar in seiner Grundform als Drei-

ecksverhältnis zwischen Auftraggeber (Käufer), Akkreditivbank (Bank des Käufers) und Begünstigtem (Verkäufer) vor (Rdn. 2/4). Oft wird aber aus den schon dargelegten Erwägungen zwischen der Akkreditivbank und dem ausländischen Begünstigten noch eine Bank in dessen Land oder auch eine Bank in einem dritten Land eingeschaltet (Rdn. 2/4 und 2/84 ff.). Art. 3 ERA regelt, dass im Sinne der ERA Filialen einer Bank in unterschiedlichen Ländern als separate Bank gelten. Die Klassifizierung einer Filiale als „separate Bank“ erfolgte zum einen aus Risikoüberlegungen.278 Ferner stellt die Regelung in Art. 3 ERA klar, dass die eröffnende Bank das Akkreditiv von ihren eigenen (rechtlich unselbständigen) ausländischen Filialen avisieren bzw. bestätigen lassen kann.279 Diese Einschaltung einer Zweitbank kann entweder durch die Akkreditivbank erfolgen; dann ist die Zweitbank der Käuferseite zuzurechnen. Es kann aber auch sein, dass die Zweitbank vom Begünstigten eingeschaltet wird, der sich ihrer bedient, um durch sie die Vorlegung der Dokumente bei der Akkreditivbank bewirken zu lassen, was zumeist mit einer Bevorschussung durch die Zweitbank verbunden ist; in diesem Fall ist die Zweitbank der Seite des Begünstigten (Verkäufers) zuzurechnen. Hier wird zunächst der Fall behandelt, dass die Zweitbank von der Akkreditivbank eingeschaltet wird; dies kann in verschiedenen Formen geschehen.

1.

Rechtliche Stellung der Zweitbank im Verhältnis zur Akkreditivbank (Innenverhältnis)

2/166 Zwischen der Akkreditivbank und der von ihr in das Akkreditiv eingeschalteten

Zweitbank kommt – ebenso wie zwischen dem Akkreditivauftraggeber und der Akkreditivbank (Rdn. 2/36) – ein Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 675 BGB zustande.280 Dieser Vertrag bedarf keiner Form. Der Auftrag der Akkreditivbank stellt das Vertragsangebot dar, das nach § 151 BGB nicht ausdrücklich angenommen werden muss. Inhalt des Vertrages zwischen den beiden Banken bildet für die Zweitbank die Verpflichtung, sich weisungsgemäß zwischen Akkreditivbank und Begünstigtem in das Akkreditiv einzuschalten. Diese Geschäftsbesorgung durch die Zweitbank kann in der Übernahme verschiedener Funktionen bestehen:

278 del Busto ICC-Publ Nr. 511 S. 5 f. 279 Graffe/Weichbrodt/Xueref Dokumenten-Akkreditive, S. 17; Ingelmann/Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 274 f. 280 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 972; Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn. K/2; Liesecke WM 1966, 458, 462; Nielsen Grundlagen, S. 65; ders. in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 122; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 271; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 250; zur Schweiz Gutzwiller SchweizJZ 1984, 157 ff.; zu Österreich Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/153 ff.

126

V. Eröffnung des Akkreditivs

Zweiter Abschnitt

a) Entweder leitet die Zweitbank das Akkreditiv nur durch (advising bank), ohne das Akkreditiv zu bestätigen und ohne Zahlstelle zu sein (Zahlstelle bleibt dann die Akkreditivbank), Rdn. 2/180 ff.; b) oder die Zweitbank leitet das Akkreditiv durch, bestätigt dieses nicht, ist aber Zahlstelle, Rdn. 2/183 ff.; c) oder die Zweitbank leitet das Akkreditiv durch und bestätigt dieses, jedoch ohne Zahlstelle zu sein (dieser Fall ist selten), Rdn. 2/186; d) oder die Zweitbank leitet das Akkreditiv durch, bestätigt dieses und ist auch Zahlstelle, Rdn. 2/187 ff. e) Schließlich kann eine weitere Bank als Remboursbank eingeschaltet werden, Rdn. 2/173.

a)

Rechtsverhältnis der Akkreditivbank zu Avisbank, Bestätigungsbank und Zahlstelle

Hat die Zweitbank den ihr angetragenen Auftrag der Akkreditivbank nach Maß- 2/167 gabe eines der Punkte a) bis d) angenommen, ist sie verpflichtet, sich weisungsgemäß zwischen Akkreditivbank und Begünstigtem in die Abwicklung des Akkreditivs einzuschalten. Hierbei ist die Avisbank verpflichtet, die Eröffnung des Akkreditivs dem Begünstigten in ordnungsgemäßer Form anzuzeigen, wobei sie etwaige Weisungen der Akkreditivbank Folge zu leisten hat.281 Die Bestätigungsbank ist verpflichtet, das Akkreditiv in gehöriger Form und Frist und sonstigen Weisungen der Akkreditivbank entsprechend dem Begünstigten gegenüber zu bestätigen.282 Die Zahlstelle ist verpflichtet, die Dokumente zu prüfen, bei Konformität mit dem Akkreditiv aufzunehmen und Zahlung zu leisten.283 Dafür verpflichtet sich die Akkreditivbank, der Zweitbank die bei Ausführung des Auftrags entstehenden Auslagen zu ersetzen284 und ihr die anfallende Provision zu zahlen.285 Ist das Akkreditiv bei der Zweitbank benutzbar – d.h. ist die Zweitbank Zahlstelle – (Art. 6a ERA), muss die Akkreditivbank dieser die zur Aufnahme der Dokumente erforderlichen Mittel rechtzeitig anschaffen. In der Praxis gibt die eröffnende Bank der Zahlstellenbank regelmäßig ihre Informationen über den

281 Zu den Pflichten der Avisbank Schütze DB 1987, 2189, 2190; ders. Dokumentenakkreditiv, Rdn. 271 ff.; Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/155. 282 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 284; Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn. K/2. 283 Nielsen Grundlagen, S. 75; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 303. 284 Vgl. §§ 670, 675 BGB sowie ferner Art. 7c ERA; Nielsen Grundlagen, S. 66 f.; ders. in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 142, 167, 377; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 251 f.; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 273, 286, 309, 321; zum Umfang des Auslagenersatzes Petersen WM 1961, 1182, 1183; Giesecke WM 1966, 462. 285 §§ 631 Abs. 1, 675 BGB sowie Art. 7c ERA; Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/155; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 284 ff.; Nielsen Grundlagen, S. 66.

127

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

technischen Weg der Geldanschaffung per S.W.I.F.T. Oftmals haben Banken bei ihren Korrespondenzbanken Linien für die Aufnahme von Dokumenten; dann kann eine Geldanschaffung oder Kreditvereinbarung u.U. bei jedem einzelnen Vorgang entfallen. Nach Art. 7c ERA ist nicht vorgesehen, dass die Eröffnungsbank hinsichtlich des Aufwendungsersatzes in Vorlage tritt. Daher sind hierzu gesonderte Absprachen zwischen der Akkreditivbank und der eingeschalteten Zweitbank notwendig. Der geschuldete Aufwendungsersatz dient vorrangig dazu, die Akkreditivsumme zu erstatten. Ersatzfähig können auch weitere Beträge sein, sofern die beauftragte Bank deren Aufwendung für notwendig erachten durfte. Darüber hinaus sind ersatzfähig auch so genannte Zufallsschäden, die für die Zweitbank unausweichlich waren. Als Beispiele hierfür seien Prozessabwehrkosten oder Beschlagnahmerisiken genannt.286 Die Akkreditivbank kann entweder direkt den Aufwendungsersatz an die Zweitbank leisten, Art. 7c ERA, oder sich zur Leistung des Aufwendungsersatzes einer Remboursbank (Rdn. 2/173) bedienen, Art. 13 ERA; bei der Einschaltung einer bloßen Avisbank hängt die Vorgehensweise von Währung und Kontoverbindung ab.287 2/168 Es kommt zuweilen vor, dass die Zweitbank den ihr von der Akkreditivbank

erteilten Auftrag nicht annehmen kann oder will. Das kann vielerlei Gründe haben, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll. In solchen Fällen war die Zweitbank nach Auftragsrecht früher verpflichtet, das Akkreditiv unverzüglich an die eröffnende Bank zurückzugeben; sie durfte das Akkreditiv nicht in einer anderen Form herauslegen, als es der ihr erteilte Auftrag beinhaltete, insbesondere also ein Akkreditiv, welches nach dem Auftrag der Akkreditivbank „bestätigt“ werden sollte, nicht als „unbestätigtes“ Akkreditiv übermitteln. Nach der Bestimmung des Art. 8d ERA gilt dies nicht mehr: Die Zweitbank ist – sofern nicht eine gegenteilige Weisung der Akkreditivbank vorliegt – in diesem Fall vielmehr berechtigt, ein ihr zur Bestätigung aufgegebenes Akkreditiv dem Begünstigten lediglich zu avisieren; sie muss die Akkreditivbank hiervon aber unverzüglich unterrichten. Unterbleibt diese unverzügliche Mitteilung, kommt der Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Akkreditivbank und der Bestätigungsbank nicht zustande; die Bestätigungsbank ist jedoch zum Schadensersatz verpflichtet.288 2/169 In Fällen, in denen eine Bank glaubt, dass sie vor Ausführung der in Auftrag gege-

benen Bestätigung eines Akkreditivs von der eröffnenden Bank eine Barsicherheit verlangen will, und diese auch erhält – dies wird praktisch, wenn die auftraggebende Bank von Devisenbewirtschaftung betroffen ist, wenn sie ihre Linien erschöpft hat oder aus anderen Gründen ihre Aufträge nicht mehr ohne Sicherheitsleistung erbringen kann, – ist für das technische Verfahren Folgendes zu beachten: Die Akkreditivbank beauftragt die Zweitbank, ihr Akkreditiv dem

286 Staudinger/Martinek § 670 Rdn. 17 ff.; Soergel/Mühl BGB, § 670 Rdn. 18; vgl. ferner die parallele Rechtslage zum Garantiegeschäft von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 374f. 287 S. in diesem Zusammenhang a. Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 273. 288 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 284.

128

V. Eröffnung des Akkreditivs

Zweiter Abschnitt

Begünstigten mitzuteilen und zu bestätigen. Gleichzeitig schafft sie der bestätigenden Bank den Barbetrag zur Einlösung ihres Zahlungsversprechens aus dem Akkreditiv an. Die bestätigende Bank belastet das laufende Konto der eröffnenden Bank mit dem Akkreditivbetrag. Den angeschafften Barbetrag bringt sie einem internen Konto gut (nicht einem Konto der Akkreditivbank). Das interne Konto dient dann als Besicherung der Aufwandsersatzverpflichtung der Akkreditivbank gegenüber der bestätigenden Bank. Nur so kann erreicht werden, dass der angeschaffte Barbetrag in der Zwischenzeit bis zur Einlösung der Dokumente nicht dem Zugriff etwaiger Gläubiger der Akkreditivbank zugänglich ist. Hat die Zweitbank als Zahlstelle die Dokumente als akkreditivgerecht aufgenom- 2/170 men, sendet sie diese an die Akkreditivbank. Ist Letztere nun der Meinung, die Dokumente seien nicht akkreditivkonform, hätten also nicht aufgenommen werden dürfen, muss sie unter Angabe der Gründe unverzüglich rügen und gleichzeitig mitteilen, welche von den in Art. 16c angeführten Möglichkeiten der Behandlung unstimmiger Dokumente sie wählt (Rdn. 2/375 ff.).289 Gleichzeitig wird sie den Auslagenersatz verweigern oder einen bereits geleisteten Vorschuss zurückfordern;290 ein Stornorecht besitzt sie gegenüber der Zweitbank allerdings nicht, was bedeutet, dass sie nicht ohne weiteres das Konto ihrer Korrespondenzbank in Höhe des von ihr auf die Dokumente schon eingeschossenen Betrages belasten darf.291 Sofern die Akkreditivbank ihre Rüge nicht unverzüglich nach angemessenem Prüfungszeitraum (Art. 14b ERA) ausspricht, ist ihr Rügerecht erloschen.292 Aus der Sicht des Akkreditivauftraggebers bilden die beiden zusammenwirkenden 2/171 Banken sozusagen ein Team; im Verhältnis zueinander sind sie aber Vertragspartner, zwischen denen sich auch gegensätzliche Auffassungen und Interessen ergeben können, insbesondere im Falle einer Kreditgewährung. Das Verhältnis dieser beiden Banken untereinander wird durch Art. 16 ERA geregelt. Die eröffnende Bank muss der bestätigenden Bank bzw. der Zahlstellenbank etwaige Beanstandungen unverzüglich mitteilen; tut sie dies nicht, ist sie auf jeden Fall zur Zahlung an die Zweitbank verpflichtet. Im übrigen kann sie allerdings gemäß Art. 16d ERA die beanstandeten Dokumente jederzeit zurücksenden. Sie darf über die Dokumente und/oder die Ware nicht in irgendeiner Weise verfügen. Sie darf an ihnen auch kein Pfand- oder Zurückbehaltungsrecht wegen anderweitiger Forderungen gegen die Zweitbank oder gegen den Begünstigten geltend machen. Aus Hinweisen der Zweitbank auf etwaige Mängel der Dokumente oder aus Vorbehalten, die diese gegenüber dem Begünstigten ausgesprochen hat, darf sie keine Rechte für sich im Verhältnis der Banken untereinander ableiten.

289 BGH NJW 1985, 550, 551. 290 BGH WM 1984, 1214 m. Bespr. Nielsen WM 1985, 149. 291 So – im Gegensatz zu BGH WM 1984, 1214 – zutr. Nielsen WM 1985, 149, 151; ders. in: BuB, 5/548. 292 Ausf. Nielsen WM 1985, 149, 153.

129

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

2/172 In Fällen, bei denen es angebracht ist, empfiehlt es sich, dass die Akkreditivbank der

Zweitbank vorschreibt, dass die Dokumente direkt bei ihr einzureichen sind. Diese Vorschrift hat den Zweck, zu verhindern, dass die Zweitbank die Dokumente über eine dritte Bank präsentiert; die Einschaltung einer Drittbank könnte die Zweitbank u.U. dann vornehmen wollen, wenn sie vermeiden möchte, dass ihr der Akkreditivbetrag auf ihrem debitorischen Konto bei der Akkreditivbank gutgeschrieben wird. Ein solches Verhalten wäre zwar äußerst illoyal; es wäre aber mangels einer entgegenstehenden Auftragsklausel im oben aufgezeigten Sinne rechtlich nicht unzulässig. Möglicherweise hat die Akkreditivbank der ausgewählten Zweitbank gerade deshalb das konkrete Geschäft zugewiesen, um den – sonst nur schwierig zu erreichenden – Ausgleich des debitorischen Kontos der Zweitbank herbeizuführen.293 Eintreten kann eine solche Situation insbesondere dann, wenn die Zweitbank in einem Land domiziliert, das Schwierigkeiten mit seiner Zahlungsbilanz hat.

b)

Remboursbank

2/173 Der Aufwendungsersatz ist nicht notwendigerweise von der Eröffnungsbank an die

Zweitbank unmittelbar zu leisten. Es kann auch eine Drittbank (Remboursbank) eingeschaltet werden.294 Art. 13 ERA enthält Vorgaben für solche Remboursvereinbarungen und stellt mithin eine Ergänzung der Vorschriften in Art. 7c und Art. 8c ERA dar, die den Aufwendungsersatz bereits regeln. In der Praxis wird eine Remboursbank häufig dann eingebunden, wenn Währungsakkreditive, also solche Akkreditive, die auf eine andere Währung lauten als diejenige des Landes, die für die das Akkreditiv auszahlende Bank relevant ist, abgewickelt werden, oder dann, wenn die Akkreditivbank und die zum Aufwendungsersatz berechtigte Zweitbank über keine unmittelbare Kontoverbindung verfügen.295 Als Remboursstellen kommen nicht nur Banken im eigentlichen Sinne, sondern auch sonstige Stellen wie z.B. die Weltbank oder die Inneramerikanische Entwicklungsbank in Betracht. Für die Remboursbank besteht keine Pflicht zur Dokumentenprüfung, sondern sie erfüllt bloße Zahlstellenfunktion, Art. 13b (ii) ERA. Aufwendungsersatz kann die remboursberechtigte Bank verlangen, wenn sie einfach darlegt, dass sie Leistungen unter dem Akkreditiv erbracht hat.296 Allerdings können Akkreditivbank und Remboursbank auch etwas anderes vereinbaren, da Art. 13b (ii) ERA eine Sollvorschrift ist. Nach Art. 13c ERA wird die eröffnende Bank von ihren Verpflichtungen zur Remboursleistung nicht befreit, wenn die Rembours beanspruchende Bank von der Remboursbank keinen Rembours erhält. Die Remboursbank wird nur erfül-

293 Zum Aufrechnungsverbot Rdn. 2/391. 294 Lorenz in: FS Steindorff, S. 405 ff.; Ingelmann/Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 310 ff.; Taylor Bank-to-Bank Reimbursements under Documentary Credits, 1997. 295 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/540; ders. in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 388; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 315. 296 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 383; Stapel Neue Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, S. 200.

130

V. Eröffnung des Akkreditivs

Zweiter Abschnitt

lungshalber eingebunden. Daher trägt die Eröffnungsbank das Transferrisiko.297 Die Erfüllung ist erst dann abgeschlossen, wenn die in Anspruch nehmende Bank den Rembours auch tatsächlich erhalten hat.

c)

ICC Uniform Rules for Bank-to-Bank Reimbursements (Einheitliche Richtlinien für Rembourse zwischen Banken unter Dokumenten-Akkreditiven (ERR 725)

Mit Wirkung vom 1.10.2008 hat die ICC Einheitliche Richtlinien für Rembourse 2/174 zwischen Banken bei der Abwicklung von Akkreditiven erlassen (ICC-Publ. Nr. 725/ERR 725). Diese Richtlinien sollen bei Eröffnung von Akkreditiven, für welche die ERA 600 gelten, zur Regelung der Rechtsbeziehungen der an der Remboursabwicklung beteiligten Banken angewendet werden, Art. 1 Abs. 1 ERR. Die ERR 725 dienen der Ergänzung des Art. 13 ERA. Art. 13 ERA ist gegenüber den ERR 725 im Zweifel vorrangig anzuwenden.298 Im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte sind die ERR 725 als AGB einzuord- 2/175 nen.299 Zu ihrer Geltung bedarf es daher der ausdrücklichen Einbeziehung, Art. 1 ERR.300 Die ICC nimmt hierbei an, dass die Geltung der ERR 725 bereits bei Akkreditiveröffnung vereinbart wird, Art. 1 Abs. 1 ERR. Zwingend ist dies allerdings nicht. Die Einbeziehung der ERR kann auch mit der Ermächtigung gegenüber der Remboursbank erfolgen.301 Für diesen Fall erweist es sich als problematisch, dass die ERR für die Aufwendungsersatz beanspruchende Zweitbank nicht gelten, sie also an die dort enthaltenen Regelungen, insbesondere Art. 10 ERR (Standards for Reimbursement Claims), nicht gebunden ist. Die Einhaltung der durch die ERR, insbesondere der durch Art. 6 und 10 ERR 2/176 geforderten Formalien, erhöht den Arbeits- und Zeitaufwand der beteiligten Banken. Schwierigkeiten bereitet der erhöhte Formalismus auch hinsichtlich der über S.W.I.F.T. abzuwickelnden Akkreditive, da insofern die S.W.I.F.T.-Masken der entsprechenden Abänderung bedürfen. Aus diesem Grunde sind deutsche Banken gegenüber der Einbeziehung der ERR 725 eher zurückhaltend,302 zumal die Einbeziehung der ERR 725 angesichts der Regelung in Art. 13 ERA nicht zwingend geboten ist und eher die Abwicklung erschweren. Die Zukunft wird erweisen, ob sich die ERR 725 durchsetzen werden. Derzeit kann allenfalls konstatiert werden,

297 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/540. 298 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/737 a. 299 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 389; Ingelmann/Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 370. 300 S. ferner Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 316; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 389; Taylor Bank-to-Bank Reimbursements under Documentary Credits, S. 32 f. 301 ICC Uniform Rules for Bank-to-Bank Reimbursements under Documentary Credits, A Commentary, ICC-Publ Nr. 551 (E), S. 7. 302 Vorsichtig krit. ebenso Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 389.

131

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

dass die ERR 725 – wie schon die Vorgängerregelungen der ERR 525 – nur ausnahmsweise einbezogen werden.303

2.

Verhältnis zwischen Akkreditivauftraggeber und Zweitbank

a)

Rechtsverhältnisse

2/177 Zwischen dem Akkreditivauftraggeber und der Zweitbank entstehen keine unmit-

telbaren rechtlichen Beziehungen; der Akkreditivauftraggeber hat gegenüber der Zweitbank kein eigenes Weisungsrecht.304 Falls dem Akkreditivauftraggeber durch ein pflichtwidriges Verhalten der Zweitbank Schaden erwächst, besteht die Möglichkeit der Schadensliquidation im Drittinteresse seitens der Akkreditivbank oder einem unmittelbaren Schadensersatzpflicht auf der Grundlage einer Schutzpflichtverletzung.305 Zum Ausgleich für die Haftungsbeschränkung zugunsten der Akkreditivbank ist diese verpflichtet, die ihr aus fehlerhafter Akkreditivabwicklung gegen die Zweitbank möglicherweise zustehenden Ansprüche auf Verlangen an den Auftraggeber abzutreten.306

b)

Haftung der Akkreditivbank

2/178 Wenn die Akkreditivbank die Zweitbank von sich aus gewählt hat, haftet sie auf-

grund Art. 37b ERA nicht für von dieser Bank gemachte Fehler. Ob dieser Haftungsausschluss wirksam ist, hängt zumindest im nichtkaufmännischen Bereich davon ab, ob die Zweitbank Erfüllungsgehilfin gemäß § 278 BGB307 oder Unterbeauftragte gemäß § 664 Abs. 1 S. 2 BGB308 der Akkreditivbank ist. Unbestritten ist, dass es sich bei der Bestätigungsbank um eine Unterbeauftragte handelt.309 Aber auch bei der Avisbank und der Zahlstelle handelt es sich um ein Tätigwerden aufgrund einer Unterbeauftragung, da die eingeschalteten Banken jeweils eigenstän-

303 Ingelmann/Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 369. 304 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/542; ders. in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 403. 305 Teilweise übereinstimmend Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 277; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 194; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/542; a.A. für das Rechtsverhältnis Akkreditivauftraggeber/Bestätigungsbank Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 283. 306 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/542; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 977, nimmt – über das hier Gesagte hinausgehend – direkte Schadensersatzansprüche des Käufers gegen die Zweitbank aus Schutzpflichtverletzung an. 307 So Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn. K/2; BGH WM 1958, 1542. 308 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/543 ff.; Ingelmann/Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 308 f. 309 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1095; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 283; Ingelmann/Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 309.

132

V. Eröffnung des Akkreditivs

Zweiter Abschnitt

dig tätig werden.310 Dies schließt eine Kontrolle oder Bevollmächtigung jedoch nicht aus. Allerdings wird man sowohl im nichtkaufmännischen als auch im kaufmännischen Bereich einen völligen Haftungsausschluss kaum halten können. Vielmehr wird man annehmen müssen, dass die Akkreditivbank für sorgfältige Auswahl einzustehen hat.311 Denn die völlige Freizeichnung für Verschulden widerspräche der Rechtsprechung des BGH, wonach sich eine Bank auch im kaufmännischen Verkehr bei Wahrnehmung eigener Pflichten nicht von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit freizeichnen kann.312 Hat jedoch – was häufig vorkommt – der Akkreditivauftraggeber durch eigene Initiative die Auswahl der Zweitbank veranlasst, ist eine Haftung der Akkreditivbank für das Verhalten der Zweitbank ausgeschlossen.

3.

Rechtliche Stellung der Zweitbank im Verhältnis zum Begünstigten (Außenverhältnis)

Die rechtlichen Beziehungen zwischen dem Begünstigten und der Zweitbank 2/179 richten sich danach, welche Funktion dieser Bank im Akkreditivvorgang zugewiesen wurde, insbesondere danach, ob sie das Akkreditiv nur avisiert oder auch bestätigt hat und ob sie Zahlstelle (Rdn. 2/84 ff.) ist oder nicht.

a)

Unbestätigtes Akkreditiv, benutzbar bei Akkreditivbank

Wird die Bank im Lande des Begünstigten beauftragt, dem Begünstigten das von 2/180 der Akkreditivbank eröffnete Akkreditiv nur anzuzeigen (to advise, to notify), ohne dass sie eine eigene Haftung übernimmt (Art. 9 ERA) und ohne dass sie Zahlstelle ist, teilt die Zweitbank dem Begünstigten lediglich mit, dass die Akkreditivbank zu seinen Gunsten ein Akkreditiv eröffnet habe, welches bei der Akkreditivbank benutzbar sei. Dadurch wird keine akkreditivmäßige Haftung der Zweitbank gegenüber dem Begünstigten begründet. Der größeren Klarheit halber weist die Zweitbank üblicherweise hierauf sogar noch ausdrücklich hin („without adding our confirmation“). Alle Mitteilungen der Akkreditivbank, die ihr während der Laufzeit und der späteren Abwicklung des Akkreditivs gemacht werden, leitet sie

310 Zum Streitstand (Unterbeauftragte) Nielsen in: Bankrechts-Handbuch § 120 Rdn. 139, 406 ff.; Stapel Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, S. 195; von Westphalen RIW 1994, 456; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 974 f.; Schütze DB 1987, 2189, 2190; ders. RIW 1988, 343, 344; ders. Dokumentenakkreditiv, Rdn. 283 (Erfüllungsgehilfe). 311 Nielsen Richtlinien, Rdn. 399; ders. in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 404. Vgl. a. Decisions (1975–1979) of the ICC Banking Commission, R 17. 312 BGHZ 20, 164; BGH WM 1969, 561; BGHZ 89, 363, 365 f.; BGH NJW-RR 1989, 953, 955; von Westphalen RIW 1994, 453, 457; Wolf/Lindacher/Pfeiffer § 309 Nr. 7 BGB Rdn. 135; Ulmer/Brandner/Hensen § 309 Nr. 7 BGB Rdn. 35; Ingelmann/Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 308; a.A. Nielsen Grundlagen, S. 70.

133

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

an den Begünstigten weiter. Eine Haftung der avisierenden Zweitbank besteht lediglich insoweit, als sie mit ihrer Anzeige gegenüber dem Begünstigten zu erkennen gibt, dass sie sich der augescheinlichen Echtheit des Akkreditivs oder der Akkreditivänderung vergewissert hat, beispielsweise praktisch die Ordnungsmäßigkeit der Unterschriften der Akkreditivbank oder die Einhaltung von Schlüsselzahlen etc. gutheißt,313 damit also auch bestätigt, dass die Akkreditivbank tatsächlich existiert. Handelt sie hierbei ohne Beachtung angemessener Sorgfalt, haftet die Avisbank auf Ersatz aller Schäden, die dem Begünstigten durch die Avisierung eines unwirksamen Akkreditivs entstehen.314 Resultieren Schäden beim Begünstigten hingegen aufgrund der Nicht-, Falsch- oder Zuspätavisierung eines wirksamen (echten) Akkreditivs, so hat er keinen Schadensersatzanspruch gegen die Avisbank, sondern u.U. gegen den Akkreditivauftraggeber, der ggf. Regress von der Akkreditivbank verlangen kann.315 Das Akkreditiv bleibt mangels anderweitiger Vereinbarung bei der Akkreditivbank zahlbar. Die Zweitbank ist nicht ohne weiteres Zahlstelle, sondern handelt nur als verlängerter Arm der Akkreditivbank; sie wird bei der Akkreditivabwicklung nicht aus eigenem Recht tätig.316 Die Akkreditivbank ist nicht verpflichtet, die Überweisung des Geldes später über die Zweitbank vorzunehmen, wenn das auch praktisch üblich ist, weil im Zweifel die Dokumente über sie vorgelegt werden. Die Zweitbank berücksichtigt dieses, wenn der Begünstigte mit Kreditwünschen an sie herantritt. 2/181 Unter einem solchen unbestätigten, bei der Akkreditivbank zahlbaren

Akkreditiv verlädt der Begünstigte die Ware und reicht dann der Zweitbank – direkt oder über eine dritte Bank – die Dokumente zur Weiterleitung an die Akkreditivbank ein. Dabei genügt es zur Fristwahrung nicht, wenn die Dokumente am letzten Gültigkeitstage des Akkreditivs der Zweitbank präsentiert werden, bei der Akkreditivbank jedoch erst nach Verfall des Akkreditivs eintreffen.317 Denn die Zweitbank ist – weil nicht Zahlstelle – nicht ohne besondere Vereinbarung Stellvertreterin der Akkreditivbank in dem Sinne, dass die ihr gegenüber vorgenommenen Handlungen in Bezug auf die Fristwahrung als der Akkreditivbank gegenüber rechtzeitig vorgenommen gelten. Die Zweitbank hat bei einem solchen Akkreditivgeschäft keinen Anlass, die Dokumente vor der Weiterleitung daraufhin zu prüfen, ob sie akkreditivgerecht sind.

313 Decisions (1975–1979) of the ICC Banking Commission, R 5; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 276; Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/157; Nielsen ZIP 1984, 230, 234; ders. in: BuB, Rdn. 5/550. 314 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 978; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 274, 278; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 127. 315 Schütze DB 1987, 2189, 2191; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 978 nimmt bei einer Falschübermittlung einen Schadensersatzanspruch wegen Schutzpflichtverletzung gemäß § 242 BGB an. 316 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 274 ff.. 317 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/555.

134

V. Eröffnung des Akkreditivs

Zweiter Abschnitt

Auch aus einem bereits anderweitig begründeten Bank-Kunden-Verhältnis zwischen ihr und dem Begünstigten lässt sich eine solche rechtliche Verpflichtung nicht ableiten, was natürlich die Möglichkeit für eine unverbindliche Dokumentenprüfung unter Gesichtspunkten des Kundendienstes nicht ausschließt, die in der Praxis denn auch regelmäßig stattfindet. Die Avisbank ist jedoch gemäß Art. 9b ERA verpflichtet, vor Unterrichtung des Begünstigten mit angemessener Sorgfalt die augenscheinliche Echtheit des zu avisierenden Akkreditivs zu überprüfen. Erfolgt die Avisierung ohne Echtheitsprüfung, so hat die Avisbank den Begünstigten und die auftraggebende Bank entsprechend zu informieren (Art. 9f ERA). Nach Art. 9e ERA hat die Avisbank die auftraggebende Bank zu informieren, wenn sie den Avisierungsauftrag ablehnt. Oft ist mit der Akkreditivabwicklung ein Kreditgeschäft zwischen der durchlei- 2/182 tenden Zweitbank und dem Begünstigten verbunden, wenn etwa diese Bank dem Begünstigten nach Dokumenteneinreichung den Akkreditivbetrag ganz oder teilweise vorschießt, bis die Akkreditivbank den Gegenwert nach Prüfung der Dokumente angeschafft hat. In solchen Fällen prüft die Zweitbank die Dokumente schon aus eigenem Interesse auf ihre Ordnungsmäßigkeit. Die Krediteinräumung hat aber hier wie stets mit dem Akkreditivgeschäft selbst nichts zu tun und bedeutet nicht die widerspruchslose Aufnahme der Dokumente für oder durch die Akkreditivbank. Kommt diese später zu dem Ergebnis, dass die Dokumente nicht akkreditivgerecht sind, und verweigert sie aus diesem Grunde die Honorierung, teilt die Zweitbank dies dem Begünstigten mit und verlangt von ihm gegen Rückgabe der Dokumente den vorschussweise gezahlten Betrag zurück.

b)

Unbestätigtes Akkreditiv, benutzbar bei Zweitbank

Anders ist die Sachlage, wenn ein unbestätigtes Akkreditiv bei der Zweit- 2/183 bank zahlbar gestellt ist. Mit der Zahlbarstellung soll eine Verlagerung der technischen Abwicklung des unbestätigten Akkreditivs auf die Zweitbank erreicht werden.318 Infolgedessen ist dann für die Frage der fristgerechten Einreichung der Dokumente allein maßgebend, ob die Dokumente vor Ablauf des Akkreditivs bei der Zweitbank vorgelegt werden, also dort, wo das Zug-um-Zug-Geschäft „Akkreditivbetrag gegen Dokumente“ vollzogen werden soll. Schließlich ist in der Zahlbarstellung eine Vollmachtserteilung seitens der Akkre- 2/184 ditivbank an die Zweitbank zu erblicken, stellvertretend für sie die Dokumente zu

318 Bei sog. frei negoziierbaren Akkreditiven wird eine bestimmte Zahlstelle nicht genannt. Die negoziierende Bank ist aber mit den gleichen Aufgaben betraut wie eine von vornherein namentlich in das Akkreditiv eingeschaltete Zahlstelle; sie ist wie diese Unterbeauftragte der Akkreditivbank (zu international-privatrechtlichen Fragen in diesem Zusammenhang vgl. Rdn. 1/42).

135

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

prüfen und dem Begünstigten gegenüber für ordnungsmäßig zu erklären, d.h. über ihre Aufnahme zu entscheiden.319 Die Entscheidungsbefugnis der Zahlstellenbank kann dabei natürlich nicht weiter reichen, als eine eigene Entscheidung der Akkreditivbank reichen würde. Die Akkreditivbank hat es im Einverständnis mit den Beteiligten der Zahlstellenbank überlassen, für sie die Feststellung zu treffen, ob der Begünstigte die Bedingungen des Akkreditivs erfüllt hat und ob damit sein Zahlungsanspruch gegen die Akkreditivbank fällig geworden ist. Sie ist aber nicht befugt, mit Wirkung für die Akkreditivbank fehlerhafte Dokumente zu genehmigen, weil sie den Fehler für belanglos hält. Nur für den Bereich, in dem der Bank ein Ermessensspielraum zusteht, ist die Ausübung des Ermessens durch die Zahlstellenbank für die Akkreditivbank bindend. Nimmt sie aber – vielleicht irrtümlich – fehlerhafte Dokumente auf, gelten diese nicht infolge der Aufnahme durch die Zahlstellenbank als von der Akkreditivbank genehmigt. Ist die Akkreditivbank in einem solchen Fall mit der Aufnahme und Honorierung der Dokumente durch die Zweitbank nicht einverstanden, weil die Dokumente in Wahrheit nicht akkreditivgerecht sind, kann sie – unter Angabe der Gründe – ihrerseits die Annahme der Dokumente ablehnen und muss diese dann der Zweitbank zur Verfügung stellen (Art. 16c (iii) c) ERA) oder von einer der anderen Möglichkeiten des Art. 16c (iii) Gebrauch machen. Die Zurückweisung der Dokumente durch die Akkreditivbank führt – wenn sie berechtigt ist – dazu, dass die Zahlstellenbank ihrerseits gegenüber dem Begünstigten die Aufnahme der Dokumente wegen Irrtums anfechten und von diesem den ausgezahlten Akkreditivbetrag Zug um Zug gegen Rückgabe der fehlerhaften Dokumente zurückverlangen kann. Erfolgte eine Zahlung aus dem Akkreditiv irrtümlich gegen mangelhafte Dokumente, stehen der auszahlenden Bank gegen den Begünstigten das Recht auf Anfechtung wegen Irrtums und ein Anspruch auf Rückzahlung des Betrages aus ungerechtfertigter Bereicherung zu.320 Die Lage ist dieselbe, als wenn eine Akkreditivbank nicht akkreditivgerechte Dokumente selbst irrtümlich aufgenommen hätte. Es ist – wie bei der Dokumentenaufnahme durch eine Akkreditivbank – genau zu unterscheiden zwischen kleinen Fehlern, die bei der Dokumentenaufnahme bemerkt und genehmigt werden, und solchen echten Mängeln, die bei der Aufnahme nicht bemerkt, aber später erkannt werden, so dass die Aufnahme der Dokumente nur irrtümlicherweise erfolgt ist. Die Beweisführung dürfte hier oft schwierig werden. 2/185 Hält der Begünstigte seine von der Zahlstellenbank zurückgewiesenen Doku-

mente für akkreditivgerecht, muss er seine Meinungsverschiedenheiten mit der

319 BGH WM 1984, 1214; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 303 ff.; ders. RIW/AWD 1988, 343, 344; Avancini/Iro/Koziol Bankvertragrecht II, Rdn. 4/197; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 974; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/558. 320 Ein solcher Anspruch steht der Zahlstellenbank gegen den Begünstigten erst recht dann zu, wenn die Zahlstellenbank ohne die erforderliche Ermächtigung der Akkreditivbank versehentlich Zahlung an den Begünstigten leistet, vgl. LG Wiesbaden ZIP 1982, 307 und ZIP 1984, 697. S. ferner Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 979; Ingelmann/Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 304.

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V. Eröffnung des Akkreditivs

Zweiter Abschnitt

Akkreditivbank klären. An dieser Auseinandersetzung ist die Zahlstellenbank, deren Stellung sich auf die einer Unterbeauftragten der Akkreditivbank beschränkt, rechtlich nicht beteiligt. Zu beachten ist allerdings, dass – wie schon gesagt – die Entscheidungen der Zweitbank über die Ordnungsmäßigkeit der Dokumente im Rahmen des Ermessensspielraums einer aufnehmenden Bank für die Akkreditivbank bindend sind (Art. 7c i.V.m. 14a ERA). Über diesen Rahmen hinausgehende Entscheidungen der Zweitbank sind dagegen für die Akkreditivbank nicht verbindlich, wenn sie fehlerhaft waren.

c)

Bestätigtes Akkreditiv, benutzbar bei Akkreditivbank

Solche Akkreditive kommen sehr selten und nur dann vor, wenn besondere 2/186 Umstände (z.B. devisenrechtliche Gründe) vorliegen. Die bestätigende Bank braucht erst zu zahlen, wenn akkreditivgerechte Dokumente bei der Akkreditivbank eingegangen sind. Die Verpflichtung der bestätigenden Bank aus der Bestätigung hat hier Garantiefunktion. In diesem Fall gilt auch im Verhältnis zur bestätigenden Bank das Recht am Ort der Akkreditivbank.321

d)

Bestätigtes Akkreditiv, benutzbar bei Zweitbank

Eine selbständige Verpflichtung gegenüber dem Begünstigten hat die Zweitbank 2/187 nur dann übernommen, wenn sie das von ihr dem Begünstigten mitgeteilte Akkreditiv ihrerseits bestätigt hat.322 Das Wesen der Bestätigung liegt darin, dass die Zweitbank selbständig neben der Akkreditivbank gegenüber dem Begünstigten323 die Verpflichtung übernimmt, bei Vorlage akkreditivgerechter Dokumente am Zahlstellenort die versprochene Leistung zu erbringen (Rdn. 2/88 ff.). Welche Leistung zu erbringen ist, richtet sich im Einzelnen danach, ob das Akkreditiv durch Zahlung, Negoziierung oder Akzeptierung benutzbar und bei welcher Bank das Akkreditiv zahlbar gestellt ist. Die Zahlung eines bei der bestätigenden Bank benutzbar gestellten Akkreditivs muss unverzüglich nach Aufnahme der Dokumente erfolgen. Es hängt von der gegenüber dem Begünstigten abgegebenen Bestätigungsklausel ab, ob die Bestätigungsbank die Auszahlung bis zum Eintreffen des

321 OLG Frankfurt RIW 1988, 905; OLG Frankfurt NJW-RR 1988, 683 m. Anm. Schefold IPRax 1990, 20 und m. abl. Anm. Schütze EWiR § 365 HGB 1/88, 81; abl. ebenfalls Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 433. 322 Dies gilt sogar dann, wenn die „Zweitbank“ das Akkreditiv einer Nichtbank bestätigte, vgl. Gutteridge/Megrah The Law of Bankers‘ Commercial Credits, S. 8 f.; Barclays Bank D. C. O. v. Mercantil National Bank, 339 F. Supp. 457 (N. D. Ga. 1972), aff’d 481 F. 2 d 1224 (5th Cir. 1973) = (1973) 2 Lloyd’s Rep., 541. 323 Eine Bestätigung oder eine andere gleichwertige Erklärung, die von der Zweitbank gegenüber der Akkreditivbank abgegeben wird, kann nicht als Bestätigung im Sinne des Art. 9b ERA 500 (jetzt Art. 8 ERA 600) gelten, vgl. Decisions (1975–1979) of the ICC Banking Commission, R 4.

137

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

Rembourses verzögern kann.324 Akkreditivbank und bestätigende Bank sind gegenüber dem Begünstigten Gesamtschuldner.325 Die Bestätigung ist – ebenso wie die Akkreditiveröffnung – ein abstraktes Schuldversprechen im Sinne des § 780 BGB,326 hinsichtlich dessen Entstehung auf das oben zur Akkreditiveröffnung Gesagte verwiesen werden kann (Rdn. 2/150). 2/188 Um Missverständnisse zu vermeiden, sollte jede bestätigende Bank darauf achten,

dass sie dem Begünstigten gegenüber ausdrücklich ihre „Bestätigung“ erklärt. Notwendig ist der Gebrauch dieses Wortes allerdings nicht; aus den Umständen kann sich ergeben, dass trotz Verwendung anderer Vokabeln327 die Zweitbank eine selbständige Verpflichtung übernehmen will.328 Art. 2 ERA definiert eine Bestätigung daher auch als „eine feststehende Verpflichtung der bestätigenden Bank, zusätzlich zu derjenigen der eröffnenden Bank, eine konforme Dokumentenvorlage zu honorieren oder negoziieren“. Keinesfalls kann man aber sagen, die Zweitbank hafte – weil die Sicherungsfunktion des Akkreditivs dies erfordere – im Zweifel stets als Bestätigungsbank, wenn sie nicht ausdrücklich dem Begünstigten mitgeteilt habe, dass sie eine Verpflichtung ihrerseits nicht übernehme.329 Auch hier gilt der allgemeine Grundsatz, dass eine vertragliche Verpflichtung nur dann entsteht, wenn eine entsprechende Willenserklärung abgegeben wird, die von dem Erklärungsempfänger als ausdrückliche Verpflichtung verstanden werden kann. Ein bloßes Schweigen der Zweitbank (d.h. Übermittlung des Akkreditivs ohne ausdrückliche Hinzufügung der Erklärung, sie übernehme keine eigene Haftung) erfüllt diese Voraussetzung für die Entstehung einer Verpflichtung nicht. Art. 2 ERA führt daher auch ausdrücklich aus, dass eine bestätigende Bank diejenige Bank ist, „die einem Akkreditiv. . . ihre Bestätigung hinzufügt“.330 Schwierigkeiten bereitet die Frage nach dem Zeitpunkt, in welchem die Verpflichtung einer bestätigenden Bank wirksam wird. Man wird davon ausgehen können, dass zumindest in Deutschland die Wirksamkeit mit der – ausdrücklich oder stillschweigend erfolgten – Annahme der Bestätigungserklärung durch den Begüns-

324 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/541 a. 325 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 288; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/578; Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 186; von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 223; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 987; Liesecke WM 1976, 258, 260; Ehrlich Dokumentenakkreditiv HIW, Rdn. 268; Raith Das Recht des Dokumentenakkreditivs in den USA, S. 172; auch die h.L. in der schweizerischen Rechtsprechung und Literatur nimmt gesamtschuldnerische Haftung an, vgl. Schärrer Die Rechtsstellung des Begünstigten im Dokumenten-Akkreditiv, S. 117 f.; Ulrich Rechtsprobleme des Dokumentenakkreditivs, S. 167. 326 BGHZ 28, 129; OLG Frankfurt WM 1996, 58; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 984; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/578; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 211. 327 Z.B.: „daß wir Ihre Verfügungen bis zum angegebenen Höchstbetrag entsprechend den Bedingungen des Akkreditivs schützen werden“. 328 Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 212; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 986; Liesecke WM 1966, 458, 462. 329 So aber Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 986. 330 Hervorhebung durch den Verf.

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V. Eröffnung des Akkreditivs

Zweiter Abschnitt

tigten eintritt (§ 151 Satz 1 BGB).331 Dies ist aber nicht gänzlich ohne Risiko. Die Bestätigungsbank bleibt insofern darüber im Ungewissen, ob der Begünstigte Akkreditiv und Bestätigung überhaupt akzeptiert hat oder nicht. Von Relevanz ist das Verhalten des Begünstigten insbesondere dann, wenn nach den Bestimmungen des Akkreditivs der Begünstigte zur Übernahme der Entgelte und Provisionen der Bestätigungsbank verpflichtet ist. Für den Fall, dass der Begünstigte unter einem solchen Akkreditiv Dokumente einreicht, ergeben sich keine weiteren Probleme, da man in der Dokumenteneinreichung das konkludente Einverständnis mit den Bestimmungen des Akkreditivs, also auch mit der die Kostentragung betreffenden Klausel wird sehen können. Reicht der Begünstigte jedoch keine Dokumente ein und verlangt die Bestätigungsbank nach Akkreditivverfall vom Begünstigten Provisionen und Entgelte gemäß der Kostentragungsklausel des Akkreditivs, wird der Begünstigte die Nichtannahme des Akkreditivs bzw. der Bestätigung einwenden. Unter den Voraussetzungen des § 362 HGB gilt im kaufmännischen Verkehr jedoch Schweigen als Annahme, d.h. der Begünstigte ist verpflichtet, das Akkreditiv bzw. die Bestätigung abzulehnen. Allerdings wird auch die Auffassung vertreten, dass es sich bei § 362 HGB um eine Spezialregelung für Geschäftsbesorger wie z.B. Spediteure oder Lagerhalter handelt, die nicht für die typischen Geschäfte eines Exporteurs gelte und auch auf diese nicht analog angewendet werden könne.332 Bestätigt werden können sowohl unwiderrufliche als auch widerrufliche Akkredi- 2/189 tive. Rechtlich begegnet die Bestätigung eines widerruflichen Akkreditivs keinen Bedenken; in der Praxis wird sie kaum vorkommen.333 Da mit der Revision 2007 alle Regelungen hinsichtlich widerruflicher Akkreditive aus den ERA gestrichen wurden, finden sich auch diesbezüglich keine Anhaltspunkte in den ERA mehr. Dies besagt allerdings nicht, dass sie unzulässig sei. Durch die Vereinbarung entsprechender detaillierter Regelungen (vgl. Rdn. 2/80) könnte dies bewerkstelligt werden. Auch bei einer Vereinbarung der Geltung der ERA 500 wären diese in dieser Hinsicht durch Parteivereinbarungen ergänzbar. Lautet der Akkreditivauftrag des Käufers dahin, das Akkreditiv von einer Bank im Lande des Verkäufers – oft auch von einer Bank an einem Firmenplatz in einem dritten Lande, z.B. London oder New York – bestätigen zu lassen, teilt die Akkreditivbank der Zweitbank die Akkreditiveröffnung zur Weiterleitung an den Begünstigten mit und beauftragt sie gleichzeitig, das Akkreditiv ihrerseits zu bestätigen. Alsdann avisiert die Zweitbank, wenn sie zur Übernahme dieses Auftrags bereit ist, dem Begünstigten gegenüber schriftlich das von der ersten Bank eröffnete Akkreditiv und übermittelt zugleich ihre Bestätigung. Hinsichtlich der Bestätigung durch die Zweitbank bestehen zwei Möglichkeiten: 2/190 Die Akkreditivbank kann die Zweitbank beauftragen, dem Begünstigten das

331 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 288. 332 S. Anm. Dach WuB I H 2. – 2.96 zu OLG Frankfurt WM 1996, 58. 333 Wiele S. 31.

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Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

Akkreditiv zu bestätigen; die Akkreditivbank kann die Zweitbank hierzu aber auch lediglich ermächtigen (Art. 8d ERA): 2/191 1. Die Akkreditivbank erteilt expressis verbis den Auftrag zur Bestätigung; dies

ist der am häufigsten vorkommende Fall. Wird ein solcher Auftrag erteilt und angenommen, muss die angesprochene Zweitbank ihn auf Kosten der Akkreditivbank, die letztlich vom Käufer getragen werden, ausführen. Sofern sie die Bestätigung aus Gründen des Risikos oder aus sonstigen Erwägungen nicht abgeben will, muss sie die eröffnende Bank davon unverzüglich unterrichten (Art. 8d ERA). Sie bleibt in diesem Fall zwar nach Art. 8d letzter Halbsatz am Ende ERA berechtigt – sofern das Ersuchen der Akkreditivbank nichts anderes vorschreibt – das Akkreditiv auch ohne Bestätigung zu avisieren. Es kann sein, dass dies – z.B. aus Fristwahrungsgründen – sachlich erforderlich ist. In der Praxis wird sich die angesprochene Bank darum bemühen, von der Akkreditivbank neue Weisungen einzuholen. Es ist zu leicht möglich, dass bei Unterlassen einer ausdrücklichen Weisung für den Fall der Ablehnung die Konsequenzen nicht voll bedacht worden sind. Die Akkreditivbank hat dann die Wahl, entweder das Akkreditiv ohne Bestätigung mitteilen zu lassen; sie kann aber auch das Akkreditiv über eine andere Bank leiten, bei der sie noch eine freie Linie hat, die eine Bestätigung ermöglicht. Ist die eingeschaltete Zweitbank weder bereit, das Akkreditiv zu bestätigen, noch das Akkreditiv zu avisieren, hat die Zweitbank dies der Akkreditivbank unverzüglich mitzuteilen, Art. 8d, 9e ERA. 2/192 2. Es kann auch sein, dass die eröffnende Bank die Zweitbank lediglich ermäch-

tigt (authorises), dem Akkreditiv ihre eigene Bestätigung hinzuzufügen, ohne hierzu einen Auftrag zu erteilen. Ob die Bestätigung tatsächlich erfolgt, hängt zunächst davon ab, ob der Begünstigte eine Bestätigung überhaupt wünscht,334 für die er dann die Kosten trägt. Ferner kommt es darauf an, ob die Zweitbank bereit ist, der ersten – sei es unter Krediterwägungen oder unter Transfergesichtspunkten – eine Linie zur Verfügung zu stellen. Will die Zweitbank trotz Vorliegens einer dahingehenden Ermächtigung die Bestätigung nicht vornehmen, obwohl der Begünstigte dies wünscht, so hat sie hiervon die Eröffnungsbank unverzüglich zu unterrichten (Art. 8d ERA). Obwohl die ERA eine entsprechende Vorschrift nicht vorsehen, ist es gleichwohl ratsam, den Begünstigen vor der Ablehnung in Kenntnis zu setzen.335 Möglich bleibt auch in diesem Fall die unverbindliche Avisierung des Akkreditivs (Art. 8d ERA). Soll auch die Avisierung unterbleiben, muss die Zweitbank die Akkreditivbank hiervon unverzüglich unterrichten, Art. 8d, 9e ERA. Die Ermächtigung der Zweitbank durch die Akkreditivbank hat letztlich, worauf hier nochmals ausdrücklich hingewiesen werden soll, nicht die Bedeutung, die Bestätigung oder Nichtbestätigung in das Belieben der zweiten Bank zu stellen; sie bezweckt vielmehr, es der Zweitbank zu ermöglichen, dass sie die Entschei-

334 Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 67. 335 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/ 571. Ingelmann/Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 287.

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V. Eröffnung des Akkreditivs

Zweiter Abschnitt

dung entsprechend dem Wunsch des Begünstigten trifft, dessen Willensbildung wesentlich durch Kostengesichtspunkte bestimmt werden dürfte; man spricht dann in der Praxis von einer sog. Eventualbestätigung. Gemeinsam ist den Fällen 1 und 2, dass mangels gegenteiliger Vereinbarung die bestätigende Bank die Akkreditivbestätigung auf die mit der Akkreditivbank eventuell vereinbarte Kreditlinie derselben anrechnet. 3. Die eröffnende Bank erteilt der Zweitbank weder einen Auftrag noch eine 2/192 Ermächtigung zur Akkreditivbestätigung, sondern beauftragt die zweite Bank lediglich, das Akkreditiv dem Begünstigten zu avisieren (to advise); dabei setzt sie üblicherweise ausdrücklich – meist formularmäßig – hinzu, dass eine Haftungsübernahme durch die Zweitbank nicht in Auftrag gegeben ist („without adding your confirmation“). Dennoch ist denkbar, dass die Zweitbank und der Begünstigte ohne Unterrichtung der Akkreditivbank eine Bestätigung des Akkreditivs vereinbaren, wobei in diesem Fall die Kosten selbstverständlich zu Lasten des Begünstigten gehen.336 Auf die einzureichenden Dokumente bezogen, spricht man auch von einer Ankaufszusage oder stillen Bestätigung der avisierenden Zweitbank (vgl. Rdn. 2/95 f.). In der Praxis kommen solche Fälle mitunter vor. Sie beruhen im Allgemeinen darauf, dass Käufer und Verkäufer sich über die Kostenfrage nicht haben einigen können oder dass in der Zwischenzeit Umstände eingetreten sind, die es dem Verkäufer geraten erscheinen lassen, sich das ursprünglich als unbestätigt vorgesehene Akkreditiv auf seine Kosten bestätigen zu lassen. Hinzuweisen ist auch darauf, dass aus einigen Ländern (z.B. China) nie Bestätigungsaufträge erteilt werden. Auf das Rechtsverhältnis zwischen Akkreditivbank und Zweitbank ist diese Bestätigung ohne jeden Einfluss.337 Eine Bank, die unter solchen Umständen, d.h. ohne Auftrag der Akkreditivbank 2/193 und ohne Zahlstelle zu sein, eine Akkreditivbestätigung erteilt, muss sich vorher über die damit verbundenen Risiken klar werden.338 Diese liegen darin, dass die Zweitbank, die das Akkreditiv ohne Auftrag oder Ermächtigung der Akkreditivbank bestätigt hat, u.U. über die Aufnahme der Dokumente und die Auszahlung des Gegenwerts entscheiden muss, ohne die in Art. 7c ERA vorgesehene Verpflichtung der Akkreditivbank zu haben. Sie weiß nicht, ob die Akkreditivbank die von ihr getroffenen Maßnahmen akzeptieren wird. Das ist besonders wichtig in den Fällen, in denen das ursprüngliche Akkreditiv bei der eröffnenden Bank zahlbar gestellt war, was zugleich die Entscheidung über die Dokumentenaufnahme – insbesondere in Ermessensfällen – in der Hand dieser Bank lässt. Zu erwähnen ist in

336 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 290; ferner Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/191, die allerdings annehmen, dass in diesem Fall keine Bestätigung, sondern eine „nach ihrer rechtlichen Ausgestaltung eigens zu beurteilende“ Haftung der Zweitbank vorliegt. Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 70. 337 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 290; Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 70; Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn. K/2. Ferner Rdn. 2/95. 338 Die Bestätigung erfolgt dann auf eigenes Risiko der Zweitbank, vgl. Decisions (1975–1979) of the ICC Banking Commission, R 3; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 387. Ferner Fung King-tak Documentary Credits INsight, 2001, Vol. 7, No. 1 S. 10 f.

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Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

diesem Zusammenhang auch das Transferrisiko, das bei einem ohne Auftrag oder Ermächtigung bestätigten Akkreditiv für die Zweitbank erheblich größer sein kann, als wenn sie die Bestätigung unterlassen hätte. 2/194 Unter einem von der Zweitbank bestätigten Akkreditiv, kann sich der Begünstigte

nur nach seiner Wahl an diejenige der beiden Banken halten, deren Inanspruchnahme ihm am zweckmäßigsten erscheint, wenn das Akkreditiv ausnahmsweise bei beiden Banken oder überhaupt bei keiner bestimmten Bank zahlbar gestellt ist. Beide sind ihm aufgrund ihrer jeweils selbständigen Schuldversprechen als Gesamtschuldner zur Zahlung verpflichtet. Ist der Zahlungsverkehr zwischen seinem Lande und dem Lande der bestätigenden Bank abgebrochen, hält er sich an die Akkreditivbank; die Akkreditivbank kann die Zahlung nicht unter Hinweis darauf verweigern, dass sie den Betrag bereits bei der bestätigenden Bank angeschafft habe und ihr dieser dort infolge von Krieg, Besetzung, Insolvenz oder aus anderen Gründen nicht mehr zur freien Verfügung stünde. Eine solche Bereitstellung hat für die Akkreditivbank keine schuldbefreiende Wirkung.339 Umgekehrt gilt das Gleiche: Der Begünstigte kann nach seiner Wahl die bestätigende Bank auf Zahlung in Anspruch nehmen, auch wenn diese Bank keine Möglichkeit mehr hat, sich wegen des von ihr zu zahlenden Betrages bei der Akkreditivbank zu erholen.340 Die bestätigende Bank ist allerdings im letzteren Falle, wenn das Akkreditiv auf die Währung des Importlandes oder eine sonstige Fremdwährung lautet, nicht verpflichtet, unter erhöhten Kosten und – zumeist – unter Verstoß gegen die geänderten Devisenvorschriften die vertragsgemäße Fremdwährung effektiv zu beschaffen. Sie muss in Übereinstimmung mit den inzwischen erlassenen Gesetzen das Akkreditiv so bedienen, wie es für Währungsverpflichtungen der in Betracht kommenden Art dann für sie gesetzlich vorgeschrieben ist, eventuell also auch in Landeswährung (§ 244 BGB). Die Bestimmung einer Währung im Akkreditiv ist insoweit nicht als unabdingbare Akkreditivbedingung aufzufassen; die Unmöglichkeit der effektiven Zahlung in der Akkreditivwährung gibt der verpflichteten Bank nicht die Berechtigung, wegen Unmöglichkeit der Leistung die Bedienung des Akkreditivs abzulehnen. Die Währungsklausel ist insoweit nur als Wertmesser aufzufassen (Rdn. 2/50). Devisengesetze tragen dem häufig dadurch Rechnung, dass sie andere Arten der Zahlung zulassen und vorschreiben. 2/195 In der Praxis hat sich allgemein die Übung entwickelt, bestätigte Akkreditive jeden-

falls auch bei der bestätigenden Bank zahlbar zu stellen. Rein rechtlich wäre es für den Begünstigten natürlich vorteilhafter, wenn es bei jeder Bank benutzbar wäre, so dass dann das Akkreditiv sowohl bei der eröffnenden Bank als auch bei der bestätigenden Bank benutzbar wäre.341 Die Gründe sind leicht einzusehen:

339 Vgl. aber zum unbestätigten Akkreditiv mit Zahlbarstellung bei der Zweitbank und zum bestätigten Akkreditiv mit ausdrücklicher Zahlbarstellung bei der zweiten oder einer dritten Bank Rdn. 2/104 f. 340 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 291; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 158; Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/186; Schinnerer/ Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 67 (insb. Fn. 181).

142

V. Eröffnung des Akkreditivs

Zweiter Abschnitt

Nur wenn jede der beiden Banken selbständige Zahlstelle für ihre eigene Zahlungsverpflichtung ist, hat der Begünstigte ungehindert entsprechend der jeweiligen Zweckmäßigkeit die Möglichkeit, nach seiner freien Wahl die eine oder die andere Bank auf Zahlung in Anspruch zu nehmen, und zwar auf direkte Zahlung an ihn selbst. Ist das Akkreditiv für beide Zahlungsversprechen bei nur einer Bank zahlbar gestellt, heißt das, dass der Gegenwert dem Begünstigten bei dieser Bank zur Verfügung gehalten werden muss, gleichgültig, ob der Begünstigte die Dokumente bei der Akkreditivbank oder bei der bestätigenden Bank präsentiert.342 Kann aber der Begünstigte bei der Zahlstelle aufgrund hoheitlicher Eingriffe oder sonstiger Umstände (z.B. Pfändungen) zwar in einer für diese schuldbefreienden Weise, aber nicht zu seiner eigenen freien Verfügung Zahlung erhalten, ist für ihn auch das Zahlungsversprechen der anderen Bank wertlos, da diese nicht Zahlstelle ist. Denn er kann außer in den bereits erwähnten Ausnahmefällen (Rdn. 2/107) nicht von der Akkreditivbank verlangen, dass sie ihm in Erfüllung ihrer eigenen Verbindlichkeit das Geld anstatt über die Zahlstelle auf andere Weise anschafft, damit er frei darüber verfügen kann. Reicht der Begünstigte die Dokumente bei einer Bank ein, bei der das Akkreditiv nicht zahlbar ist, so ist dies lediglich fristwahrend. Eine Haftung der bestätigenden Bank gegenüber dem Begünstigten für die nicht unverzügliche Mitteilung der Fehlerhaftigkeit der Dokumente gemäß Art. 16c ERA besteht mangels Prüfungs-, Schutz- und Nebenpflichten nicht.343 Der praktisch bedeutsame Vorteil eines bestätigten Akkreditivs ohne besondere Zahlbarstellung gegenüber einem unbestätigten besteht also neben der Tatsache, dass zwei Banken dem Begünstigten auf Zahlung haften, außerdem noch darin, dass jede der beiden Banken – Akkreditivbank und bestätigende Bank – auch Zahlstelle für ihre eigene Verpflichtung ist. Auf diesen Vorteil wird in der Praxis (durch Zahlbarstellung bei der bestätigenden Bank) meistens verzichtet, sofern für die Beteiligten, insbesondere den Begünstigten, nach Lage der Verhältnisse von vornherein feststeht, dass die Dokumenteneinreichung auf alle Fälle doch nur bei der bestätigenden Bank erfolgen wird. Dies ergibt sich oft schon daraus, dass der Begünstigte bei der bestätigenden Bank einen Kredit aufgenommen hat. Bei einem Negoziierungsakkreditiv ist die Bestätigungsbank verpflichtet, Trat- 2/196 ten und/oder Dokumente zu negoziieren, Art. 8a (ii) ERA. Dies setzt die Vorlage der Tratten bzw. der Dokumente voraus. Insofern ist bei Einreichung der Dokumente bzw. Tratten bei der eröffnenden Bank darauf zu achten, dass diese vor Ablauf der Akkreditivfrist an die bestätigende Bank weitergeleitet werden.344

341 Krit. Nielsen Richtlinien für Dokumenten-Akkreditive, Rdn. 53 ff. 342 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 313; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 979; Nielsen Grundlagen, S. 78. 343 LG Frankfurt WM 1994, 944 m. Anm. Nielsen WuB I H 2–1.94. 344 S. Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 173; a.A. noch ICC Positionspapier Nr. 2.

143

Zweiter Abschnitt

e)

Dokumentenakkreditiv

Bestätigtes Akkreditiv, benutzbar bei einer dritten Bank

2/197 Denkbar sind auch Fälle, in denen ein Akkreditiv von einer Bank im Lande des

Importeurs eröffnet, von einer Bank im Lande des Exporteurs bestätigt und in einem dritten Land zahlbar gestellt ist. Praktisch wird das in Fällen, in denen der Kaufvertrag weder in der Währung des Käuferlandes noch in der Währung des Verkäuferlandes, sondern in einer dritten Währung abgeschlossen ist (mexikanischer Verkäufer verkauft Terpentin gegen englische Pfunde an deutschen Käufer – dann kann das Akkreditiv von einer Bank in Deutschland eröffnet, von einer Bank in Mexiko bestätigt und bei einer Bank in London in englischen Pfunden zahlbar sein). Praktisch kam das früher oft in Betracht, wenn das Geschäft über echte Rembourskredite finanziert wurde (Rdn. 5/7).

D.

Übertragbares Akkreditiv

1.

Wirtschaftliche Bedeutung

2/198 Für übertragbare Akkreditive besteht in der Praxis dann Bedarf, wenn der

Exporteur (Verkäufer) nicht selbst der Erzeuger des verkauften Exportgutes ist. Massengüter wie Kaffee, Kakao, Wolle, Baumwolle, Tee und dergleichen oder Güter für Großprojekte wie Stahl oder Eisenerz werden in den Erzeugerländern von Exportfirmen aufgekauft und dann meist in zusammengefassten größeren Partien ins Ausland verkauft. Diese Handelsfirmen sind oft gar nicht in der Lage, aus eigenen Mitteln oder aus aufgenommenen Krediten die Zeit zwischen Anlieferung der Ware durch die Erzeuger und Eingang des Exporterlöses zu finanzieren. Die Kreditbereitschaft der Banken gegenüber diesen Exporthandelsfirmen würde nicht ausreichen, um back-to-back credits345 zu eröffnen. In diesen Fällen wird mit übertragbaren Akkreditiven gearbeitet. Der Exporthändler kann dann, ohne eigene Mittel einzusetzen oder anderweitige Sicherheiten bereitstellen zu müssen, das zu seinen Gunsten eröffnete Akkreditiv durch dessen gänzliche oder teilweise Übertragung als Basis für die Bezahlung seiner Zulieferanten benutzen.346 Ein Vorteil gegenüber dem Gegenakkreditiv liegt darin, dass schädliche Abweichungen zwischen Einkaufs- und Verkaufsakkreditiv nicht eintreten können. Nachteilig ist dagegen, dass der Käufer zwar seinen Vertragspartner kennt, nicht aber dessen Zulieferanten. Er muss sich also auf die gewissenhafte und sorgfältige Auswahl durch den Erstbegünstigten verlassen. Das ist auch der Grund, warum ein übertragbares Akkreditiv, sofern nichts anderes angegeben wird, nur einmal übertragbar ist – der Exporthändler ist dann für die sorgfältige Auswahl seines Zulieferanten verantwortlich. Eine beliebig häufige Weiterübertragung wäre nicht akzeptabel. Übertragbare Akkreditive kommen häufig für Massengüter,

345 Gegenakkreditive vgl. Rdn. 7/1 ff. 346 Vgl. Nielsen Grundlagen, S. 164; Gutteridge/Megrah S. 99; Ehrlich Dokumentenakkreditiv HIW, Rdn. 273.

144

V. Eröffnung des Akkreditivs

Zweiter Abschnitt

wie die oben beispielsweise Angeführten, in Betracht; sie sind nicht risikolos und verlangen besondere Sorgfalt bei der Bearbeitung.

2.

Durchführung der Übertragung

a)

Voraussetzungen für die Übertragung eines Akkreditivs

In Art. 38 ERA ist die Möglichkeit, ein übertragbares Akkreditiv zu eröffnen, 2/199 ausdrücklich vorgesehen. Dies bedeutet, dass das „Akkreditiv im Auftrag des Begünstigten („Erstbegünstigter“) ganz oder teilweise für einen anderen Begünstigten („Zweitbegünstigter“) benutzbar gestellt werden“ kann (Art. 38b ERA). Diese Berechtigung ist nur dann gegeben, wenn nach Art. 38b ERA die eröffnende Bank das Akkreditiv ausdrücklich als „übertragbar“ bezeichnet hat.347 Art. 48b S. 2 500 ERA stellte klar, dass Ausdrücke wie „divisible“, „fractionable“, „assignable“ und „transmissible“ das Akkreditiv nicht übertragbar machen.348 Dies gilt auch unter den ERA 600, ohne dass der Text der ERA dies selbst wiederholt.349 Der Käufer veranlasst durch seine Weisung im Akkreditivauftrag, dass das Akkreditiv als übertragbares Akkreditiv eröffnet wird. Eine Übertragbarstellung ohne eine solche Weisung darf die Bank nicht vornehmen. Dies wäre im Innenverhältnis zum Käufer eine eigenmächtige Maßnahme der Bank, die der Käufer nicht anzuerkennen braucht; die Bank erlangte insoweit keinen Erstattungsanspruch gegen ihn. Folglich würde sie u.U. auf den angedienten Dokumenten bzw. der Ware sitzen bleiben, da sie sich gegenüber dem Begünstigten nicht auf die Abweichung vom Akkreditivauftrag berufen kann,350 und sich möglicherweise dem Käufer gegenüber schadensersatzpflichtig machen. Hat die Bank das Akkreditiv auf ausdrückliche Weisung des Käufers übertragbar eröffnet, endet damit die Einflussmöglichkeit des Käufers; bei der späteren Durchführung der Übertragung wirkt er nicht mehr mit. Die Übertragung kann der Bank in geeigneter Form – etwa durch Aushändigung einer über die Übertragung ausgestellten Urkunde – nachgewiesen werden.351 Dies geschieht in der Praxis heutzutage nur noch dann, wenn hierzu ausdrücklich im Akkreditiv aufgefordert wird. Das übertragbare Akkreditiv ist ein diffiziles – um nicht zu sagen: sensibles – Instrument und hat daher in Art. 38 ERA eine zwar eingehende, aber auch komplizierte, auf den Erfahrungen der Praxis fußende Regelung erhalten.

347 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, 1. Auflage, § 120 Rdn. 346; ders. Richtlinien, Rdn. 406. 348 Vgl. hierzu a Lombardini Droit et pratique du crédit documentaire, S. 180; Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 92; Ingelmann/Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 361. 349 S.a. Nielsen Richtlinien, Rdn. 406. 350 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1034. 351 Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 234.

145

Zweiter Abschnitt

b)

Dokumentenakkreditiv

Zwingende Angabe der Übertragungsbank im Akkreditiv

2/200 Nach Art. 38b ERA ist die übertragende Bank „eine benannte Bank, die das Akkreditiv

überträgt, oder, bei einem bei jeder Bank benutzbaren Akkreditiv, eine Bank, die von der eröffnenden Bank ausdrücklich zur Übertragung ermächtigt ist und das Akkreditiv überträgt“. Auch die eröffnende Bank kann eine übertragende Bank sein.

c)

Übertragung eines Akkreditivs zu den Originalbedingungen

2/201 Nach Art. 38g ERA darf die Übertragungserklärung gegenüber dem Zweitbegüns-

tigten grundsätzlich keine vom Akkreditiv in seiner ursprünglichen Form abweichenden Bedingungen enthalten.352 Das übertragene Akkreditiv muss die Bedingungen des Akkreditivs einschließlich einer möglicherweise vorhandenen Bestätigung „genau widerspiegeln“. Indessen sind mit Rücksicht auf den kommerziellen Zweck des Instruments der Übertragbarkeit – unmittelbare Beteiligung der Zulieferanten des Begünstigten – nach Art. 38g ERA folgende Änderungen zulässig: Es dürfen der Akkreditivbetrag und die Preise pro Wareneinheit ermäßigt werden, um die Gewinnmarge des Erstbegünstigten geheimzuhalten. Die Gültigkeitsdauer des Akkreditivs und die Verladefrist sowie die Vorlagefrist können verkürzt werden.353 Dem Erstbegünstigten steht das Recht zu, die ermäßigte Rechnung (und ggf. Tratten) des Zweitbegünstigten nach Einreichung bei der Bank durch seine eigene (um die Gewinnspanne erhöhte) Rechnung zu ersetzen. Auf diese Weise kassiert er den Unterschiedsbetrag, ohne dass der Käufer den Namen seines Zulieferanten und die Höhe seiner Gewinnspanne erfährt – immer vorausgesetzt, dass das Transportdokument und alle weiteren unter dem Akkreditiv geforderten Dokumente neutral aufgemacht sind. Der Versicherungsschutz kann in der Weise erhöht werden, dass er den im Originalakkreditiv oder in den Richtlinien festgesetzten Deckungsbetrag erreicht. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass nur solche Änderungen der ursprünglichen Akkreditivbedingungen erlaubt sind, die dem Auftraggeber nicht zum Nachteil gereichen können und nicht im Widerspruch zur wirtschaftlichen Funktion der Übertragung stehen.354 2/202 Bei der Übertragung auf den Zweitbegünstigten kann auf Wunsch der Name des

Erstbegünstigten an die Stelle des Akkreditivauftraggebers gesetzt werden, damit – zur Sicherung wettbewerblicher Diskretion – der Zweitbegünstigte den Namen

352 Wann insbesondere eine Änderung der Lieferungsbedingungen (CIF, FOB o.ä.) eine unzulässige Abweichung vom Inhalt des ursprünglichen Akkreditivs bedeutet, ergibt sich aus den Ausführungen unter Rdn. 2/243 ff. 353 Vgl. a. Decisions (1975–1979) of the ICC Banking Commission, R 59. 354 Nielsen Grundlagen, S. 167; ders. Richtlinien, Rdn. 412; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1039.

146

V. Eröffnung des Akkreditivs

Zweiter Abschnitt

des Endabnehmers der Ware nicht erfährt (es sei denn, dass dessen Name nach den Originalbedingungen auf einem anderen Dokument erscheinen müsste, das der Zweitbegünstigte beizubringen hat; hierauf ist von den Beteiligten rechtzeitig zu achten), Art. 38g letzter Absatz ERA.

d)

Recht des Erstbegünstigten auf Rechnungs- und Trattentausch

Kommt der Erstbegünstigte der Aufforderung der übertragenden Bank, seine 2/203 Rechnung (oder Tratten) an die Stelle derjenigen des Zweitbegünstigten zu setzen, nicht rechtzeitig355 nach oder führt die vom Erstbegünstigten vorgelegte Rechnung Unstimmigkeiten herbei, ist die Bank nach Art. 38i ERA berechtigt, die Faktura (oder Tratte) des Zweitbegünstigten ohne weitere Verantwortlichkeit gegenüber dem Erstbegünstigten an die Akkreditivbank weiterzuleiten. Der Erstbegünstigte verliert damit den Schutz der Geheimhaltung seiner Bezugsquellen. Dagegen behält er bis zum Ablauf des Originalakkreditivs das Recht, seine Faktura nachzureichen und den Differenzbetrag zu erheben, Art. 38h ERA, da er insoweit Begünstigter aus dem Akkreditiv bleibt. Den unliebsamen Schwierigkeiten, die beim Fakturenaustausch entstehen können, begegnen die Banken zweckmäßigerweise dadurch, dass sie sich die Faktura des Erstbegünstigten schon vor der Übertragung einreichen lassen.

e)

Grundsatz der Einmalübertragung

Nach der Regel des Art. 38d ERA ist ein übertragbares Akkreditiv grundsätzlich 2/204 sowohl ganz als auch in einzelnen Teilen – an denselben oder an mehrere Zweitbegünstigte – übertragbar.356 Mehrere Teilübertragungen, die natürlich zusammengenommen den Gesamtbetrag des Akkreditivs nicht überschreiten dürfen, gelten als eine einheitliche Übertragung. Der Grundsatz, dass eine Weiterübertragung durch den Zweitbegünstigten unzulässig ist, gilt auch für übertragene Teilakkreditive.357 Bei der Übertragung mehrerer Teile des Akkreditivs an verschiedene Zweitbegünstigte kann jeder von ihnen, unabhängig vom Verhalten der anderen Lieferanten, seinen Anteil am Akkreditivgegenwert beanspruchen, sobald er den von ihm geforderten Lieferanteil erbracht und die darüber ausgestellten Dokumente präsentiert hat. Der Käufer kann die Übertragbarkeit einzelner Teile des Akkreditivs dadurch aus- 2/205 schließen, dass er die Teilverladung untersagt (Art. 38d 1. Absatz, 2. Halbsatz ERA). Der Begünstigte hat in diesem Fall nur die Möglichkeit, das Akkreditiv ein-

355 D.h. auf „erste Anforderung“ (vgl. Art. 38i ERA 600), aber möglicherweise nach Ablauf der in Art. 42a und Art. 43 ERA 500 (vgl. Art. 6d und 14c ERA 600) festgelegten Fristen, vgl. Opinions (1980–1981) of the ICC Banking Commission, R 83. 356 Vgl. hierzu Wassermann Die Verwertung von Ansprüchen aus Dokumentenakkreditiven, S. 47 f. 357 Vgl. Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 331 Fn. 9; Jack Documentary Credits, S. 238.

147

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

mal im ganzen zu übertragen. Auch kann er dann das Akkreditiv nicht zu einem Teil selbst bedienen und zu einem weiteren Teil durch einen anderen bedienen lassen. Die Regel, dass ein übertragbares Akkreditiv nur einmal übertragen werden darf, heißt nur, dass der Zweitbegünstigte nicht eine weitere Übertragung an einen Dritten, einen „nachfolgenden Begünstigten“, vornehmen kann.358 Es dürfte aber nicht auszuschließen sein, dass der Zweitbegünstigte auf das Akkreditiv verzichtet oder es an den Erstbegünstigten zurücküberträgt und dieser dann eine erneute Übertragung vornimmt, für deren Auswahl er sich auch erneut verantwortlich fühlen wird. Weiterhin stellt eine Rückübertragung an den Erstbegünstigten keine unzulässige Übertragung i.S.d. Art. 38 ERA dar,359, denn der Erstbegünstigte gilt nicht als „nachfolgender Begünstigter“ im Sinne dieser Regelungen, Art. 38d 2. Absatz, Satz 2 ERA. Die Bankkosten für die Übertragung hat mangels gegenteiliger Vereinbarung der Erstbegünstigte zu tragen (Art. 38c ERA).

f)

Recht des Erstbegünstigten auf Verlegung der Abwicklungsstelle

2/206 Die ERA erwähnen wie schon in der Revision 1993 nicht mehr – weil selbstver-

ständlich –, dass der Erstbegünstigte verlangen kann, dass das Akkreditiv an einen Zweitbegünstigten in demselben oder in einem anderen Land übertragen wird (vgl. Art. 54g ERA 400). Dies ist gerade der Zweck einer Übertragbarkeit und bedarf daher keiner besonderen Hervorhebung.360 Die Übertragung auf einen Zweitbegünstigten in einem dritten Land ist zulässig, wenn sie nicht im ursprünglichen Akkreditiv (sog. Grundakkreditiv) ausdrücklich ausgeschlossen wurde. Diese Einschränkungsmöglichkeit liegt durchaus im Interesse des Käufers, dem es vielfach nicht gleichgültig ist, aus welchem Land die Ware und damit auch die Dokumente stammen. Bei Übertragungen an einen dritten Ort kann auf Wunsch des Erstbegünstigten eine Verlagerung der Zahlstelle erfolgen. Unbeschadet des Rechts der übertragenden Bank, sich seinem Begehren auf Übertragung überhaupt zu verschließen, kann der Erstbegünstigte bestimmen, ob die Zahlung oder Negoziierung bei der übertragenden Bank oder bei einer Bank an dem Platz vorgenommen werden soll, an den das Akkreditiv übertragen wird. Veranlasst der Erstbegünstigte die Verlagerung der Zahlstelle, kann er gleichzeitig bestimmen, dass die Verladefristen und die Laufzeit des Akkreditivs gegenüber dem Zweitbegünstigten verkürzt wer-

358 Der Auffassung von Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 93, dass eine mehrmalige Übertragung zwar in Art. 46 ERA (Revision 1974) nicht geregelt, dennoch aber außerhalb dieser Bestimmung zulässig sei, kann nicht gefolgt werden; sie könnte dazu führen, dass dem Käufer dann ein ihm nicht genehmer Akkreditivpartner aufgezwungen würde (Rdn. 2/99). 359 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1038; Ingelmann/Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 363. 360 Nielsen Richtlinien, Rdn. 415.

148

V. Eröffnung des Akkreditivs

Zweiter Abschnitt

den. Hat er dem Zweitbegünstigten die volle Laufzeit des Originalakkreditivs eingeräumt, ihm also gestattet, die Dokumente erst am letzten Tag der Gültigkeit des Originalakkreditivs bei der Zahlstelle am eigenen Ort einzureichen, hat er nach Art. 38 j ERA das Recht, seine eigene Rechnung auch noch nach Ablauf der Akkreditivfrist einzureichen; die Einreichung erfolgt bei der übertragenden Bank, d.h. nicht bei der Bank, bei der das übertragene Akkreditiv für den Zweitbegünstigten benutzbar war.361 Das Datum der Rechnung darf dann ohne weiteres dasjenige der nachträglichen Einreichung sein.

g)

Zustimmungserfordernis

Was die eigenen Interessen der eingeschalteten Banken anbelangt, ist für diese 2/207 dadurch Sorge getragen, dass bei übertragbaren Akkreditiven die Zustimmung der Banken zweimal erforderlich ist, Art. 38a, b ERA.362 Zunächst einmal muss die das Akkreditiv eröffnende Bank bereit sein, in dem jeweils konkret vorliegenden Fall überhaupt ein übertragbares Akkreditiv zu eröffnen. Wenn gegen die Zusammenhänge Bedenken bestehen, kann sie die Eröffnung in übertragbarer Form ablehnen. Ein zweites Mal ist die Zustimmung der Bank erforderlich, wenn später der Erstbegünstigte die Übertragung an einen namentlich benannten Zweitbegünstigten in Auftrag gibt. Wenn der Bank die Person des Zweitbegünstigten aus irgendwelchen Gründen nicht genehm ist, kann sie die konkret gewünschte Übertragung wiederum ablehnen.363 Sie wird das immer dann tun, wenn ihre Erfahrungen mit dem ihr aufgegebenen Zweitbegünstigten oder negative Kenntnisse über ihn dies nahelegen. Zur Angabe von Gründen ist die Bank im Falle einer Weigerung nicht verpflichtet.

3.

Rechtsnatur der Übertragung

Hinsichtlich der rechtlichen Natur der Übertragung eines Dokumentenakkreditivs 2/208 hat sich in der einschlägigen Literatur inzwischen die Meinung durchgesetzt, dass

361 Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 94; Nielsen Richtlinien, Rdn. 415; Gutteridge/ Megrah The Law of Banker’s Commercial Credits, S. 101. 362 Die Notwendigkeit einer „doppelten Zustimmung“ entspricht wohl der h.L.: Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 334; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, 1. Auflage, § 120 Rdn. 353; ders. Richtlinien, Rdn. 405; Graffe/Weichbrodt/Xueref Dokumenten-Akkreditive, S. 82; Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn. K/23; Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 92; Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/101; Lombardini Droit et pratique du crédit documentaire, S. 181 f.; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 231, 234. A.A. Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1035. 363 Zur Frage, ob die Zustimmung nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes verweigert werden kann, Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, 1. Auflage, § 120 Rdn. 353 f.; ders. Richtlinien, Rdn. 405; ders. Uniform Customs, TransportR 2008, 289.

149

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

es sich keinesfalls um eine einfache Abtretung handele.364 Art. 38 ERA lässt klar erkennen, dass dem Zweitbegünstigten ein eigenständiger direkter Zahlungsanspruch gegen die Bank verschafft werden soll. Dieser ist nach Durchführung der Übertragung in seinem Bestand von dem Verhalten des Erstbegünstigten unabhängig. Das übertragene Akkreditiv wird so interpretiert, als sei das ursprüngliche Akkreditiv in Höhe des übertragenen Teils von Anfang an zugunsten des Zweitbegünstigten eröffnet worden. Man wird daher die Übertragung rechtlich als ein von der Akkreditivbank – und, falls das Akkreditiv durch eine Zweitbank bestätigt war, von der Bestätigungsbank – zugunsten des Zweitbegünstigten abgegebenes abstraktes Schuldversprechen im Sinne des § 780 BGB qualifizieren.365 Gegen den Zweitbegünstigten können somit Einwendungen der Akkreditivbank bzw. Bestätigungsbank aus dem Verhältnis zwischen ihr und dem Erstbegünstigten nicht erhoben werden.366 Ferner können keine Einwendungen aus dem Grundverhältnis des Erstbegünstigten mit dem Akkreditivauftraggeber geltend gemacht werden. Einwendungen aus dem Verhältnis zwischen Erst- und Zweitbegünstigten können nur entgegengehalten werden, wenn sich das Zahlungsbegehren des Zweitbegünstigten als unzulässige Rechtsausübung darstellt.367 2/209 Nicht die Rechtsnatur, sondern nur das Zustandekommen dieses Schuldverspre-

chens weicht von dem der normalen Akkreditiveröffnung oder -bestätigung ab: Der Käufer verspricht im Kaufvertrag dem Verkäufer, in das Akkreditiv eine Ermächtigung aufnehmen zu lassen, aufgrund derer der Verkäufer im Wege einer von ihm vorzunehmenden Änderung (amendment) das ursprüngliche Akkreditiv so umgestalten können soll, dass es – im Rahmen der Übertragbarkeitsgrenzen – zugunsten des Zweitbegünstigten hinsichtlich der zu übertragenden Summe und zugunsten des Erstbegünstigten hinsichtlich der Differenzsumme aufgespalten wird. Diese Abrede im Kaufvertrag zwischen Käufer und Verkäufer (Erstbegünstigtem) wird durch eine besondere Übertragbarkeitserklärung der Akkreditivbank in das zugunsten des Erstbegünstigten eröffnete Akkreditiv übernommen, so dass die Vereinbarung zwischen Käufer und Verkäufer auch in das Akkreditiv selbst Eingang findet.

364 Hahn Die Übertragung von Dokumentenakkreditiven, S. 53 ff.; Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn. K/23; zum Streitstand: Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 341 ff., sowie Wassermann Die Verwertung von Ansprüchen aus Dokumenten-Akkreditiven, S. 50 f.; Ehrlich Dokumentenakkreditiv HIW, Rdn. 273. 365 So die h.M.: BGH ZIP 1996, 913 = WM 1996, 995 = NJW 1996, 1812 = BB 1996, 1186; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 343; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1036; Nielsen Grundlagen, S. 164; ders. in: BuB, Rdn. 5/685; Raith Das Recht des Dokumentenakkreditivs in den USA und in Deutschland, S. 185; Schlegelberger/Hefermehl HGB, § 365 Anm. 234; Wassermann Die Verwertung von Ansprüchen aus Dokumentenakkreditiven, S. 104 ff.; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 274; Ingelmann/Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 361. 366 Baumbach/Hopt HGB, Bankgesch (7), Rdn. K/23; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1036; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/585. 367 BGH WM 1996, 995 m. Anm. Schütze EWiR § 780 BGB 1/96 S. 647.

150

V. Eröffnung des Akkreditivs

Zweiter Abschnitt

Tritt nun der Begünstigte mit der Bitte um Übertragung des Akkreditivs an die 2/210 eröffnende bzw. bestätigende Bank heran und stimmt die Bank dem zu, kommt es rechtlich zu einer Vereinbarung zwischen Begünstigtem und Bank: Die Bank verpflichtet sich, in Höhe des zu übertragenden Akkreditivs ein selbstschuldnerisches Zahlungsversprechen gegenüber dem Zweitbegünstigten abzugeben. Mit der Abgabe dieses Versprechens erfüllt die Bank nicht nur ihre Verpflichtung aus dieser Vereinbarung mit dem Erstbegünstigten, sondern zugleich auch ihre Verpflichtung aus dem ursprünglichen Akkreditiv, d.h. aus dem zunächst gegenüber dem Erstbegünstigten abgegebenen Zahlungsversprechen. Im Rahmen des Letzteren ist die Übertragung in Höhe des übertragenen Akkreditivs eine im Sinne des § 364 BGB erfolgende Leistung an Erfüllungs statt; sie ist jedoch auflösend bedingt: Nimmt der Zweitbegünstigte das übertragene Akkreditiv nicht innerhalb der für ihn vorgesehenen Zeit in Anspruch und erlischt demzufolge das dem Zweitbegünstigten gegenüber abgegebene Akkreditivversprechen, hat der Erstbegünstigte innerhalb der Gültigkeitsdauer des Originalakkreditivs (Grundakkreditivs) gemäß Art. 38h ERA noch die Möglichkeit, dieses durch Einreichung akkreditivgerechter Dokumente selbst zu benutzen.368 Überträgt die Bank auf Wunsch des Erstbegünstigten einen Teil des Akkreditivs auf 2/211 einen Zweitbegünstigten, vermindert sich ihre Akkreditivverpflichtung gegenüber dem Erstbegünstigten um den übertragenen Teil; dem Erstbegünstigten verbleibt insoweit nur noch der durch Akkreditiv gesicherte Anspruch auf den Zwischenhandelsnutzen. Die Bank nimmt eine Teilung des ursprünglich einheitlichen Schuldverhältnisses in zwei oder mehrere rechtlich voneinander vollkommen unabhängige Schuldverhältnisse mit verschiedenen Gläubigern vor. Ein Akkreditiv kann demnach auch an mehrere Zweitbegünstigte übertragen werden. Art. 38f ERA regelt für diesen Fall, dass eine einheitliche Entscheidung der Zweitbegünstigten, eine Akkreditivänderung anzunehmen oder abzulehnen, nicht getroffen zu werden braucht. Im Verhältnis zum ablehnenden Zweitbegünstigten gilt demnach das Originalakkreditiv, im Verhältnis zum annehmenden Zweitbegünstigten das geänderte Akkreditiv. Diese Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass die Zweitbegünstigten voneinander unabhängige Rechtspositionen erlangen.369

4.

Weiterleitung von Änderungsmitteilungen an den Zweitbegünstigten

Nach Art. 38e ERA muss jeder Übertragungsauftrag angeben, ob und unter wel- 2/212 chen Bedingungen Änderungen dem Zweitbegünstigten avisiert werden können. Das übertragene Akkreditiv muss diese Bedingungen klar ausweisen. Art. 38e

368 Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 95; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/585; ders. Grundlagen, S. 165; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn 343. 369 Nielsen Richtlinien, Rdn. 408; ders. in: Bankrechts-Handbuch, 1. Auflage, § 120 Rdn. 357; Ingelmann/Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 362.

151

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

ERA regelt damit inzident, wessen Zustimmung für eine Akkreditivänderung bei einem übertragbaren Akkreditiv erforderlich ist.370 Ist die übertragende Bank aufgrund der Weisung des Erstbegünstigten nicht befugt, dem Zweitbegünstigten Akkreditivänderungen anzuzeigen, so bedarf es zur Änderung des Akkreditivs nur der Zustimmung des Erstbegünstigten. Diese Änderung gilt dann nach Auffassung der ICC auch im Verhältnis zum Zweitbegünstigten unabhängig von dessen Kenntnis und Zustimmung. Der Zweitbegünstigte hat – so die ICC – auch dann die Änderungen gegen sich gelten zu lassen, wenn dies zu einer Beeinträchtigung seiner Rechtsposition führt. U.U. kann es dem Zweitbegünstigten sonach unmöglich werden, akkreditivkonforme Dokumente einzureichen. Die Auffassung der ICC ist im Hinblick darauf, dass der Zweitbegünstigte durch die Übertragung eine eigene Rechtsposition erhalten soll, nicht ohne jeden Widerspruch. Für die Praxis empfiehlt sich daher für den Fall einer Avisierung einer solchen Übertragung, gegenüber dem Zweitbegünstigten ausdrücklich klarzustellen, dass eine Inanspruchnahme der Akkreditivbank im Rahmen der Übertragung die Erfüllung sämtlicher Akkreditivbedingungen in ihrer jeweiligen Fassung voraussetzt mit der Folge, dass eventuelle Akkreditivänderungen unabhängig von seiner Kenntnis und Zustimmung auch gegen ihn wirksam werden. Zur Vermeidung von Haftungsrisiken empfiehlt sich des weiteren, die Entscheidung, Übertragungsaufträge anzunehmen, bei denen sich der Erstbegünstigte das Recht vorbehält, Änderungen nicht an den Zweitbegünstigten weitergeben zu lassen, sehr sorgfältig abzuwägen.

5.

Übertragung bei Einschaltung einer Zweitbank

2/213 Ist eine zweite (avisierende oder bestätigende) Bank in den Akkreditivvorgang ein-

geschaltet, gilt – unabhängig davon, ob die Zweitbank Zahlstelle für das von der Akkreditivbank übertragbar eröffnete Akkreditiv ist oder nicht371 – Folgendes: Der Erstbegünstigte richtet das Verlangen, das Akkreditiv auf einen Dritten zu übertragen, in der Praxis immer an die zweite (avisierende oder bestätigende) Bank.372 Diese Bank nimmt das Übertragungsverlangen in offener Stellvertretung für die Akkreditivbank entgegen, prüft es und nimmt die Übertragung durch Abgabe einer entsprechenden Erklärung gegenüber dem Zweitbegünstigten vor. Es ist heute unbestritten und entspricht dem Wesen des Geschäftes, dass in dem Auftrag an die Zweitbank, dem Begünstigten ein übertragbares Akkreditiv zu avisieren oder zu bestätigen, die Ermächtigung seitens der Akkreditivbank an die Zweitbank enthalten ist, namens der Akkreditivbank als deren Stellvertreterin die Zustimmung zur Übertragung auf den Zweitbegünstigten gemäß Art. 38a ERA auszusprechen und

370 Del Busto ICC-Publ Nr. 511 S. 126. 371 So auch Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 335; a.A. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/686. 372 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 335. a.A. Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, 1. Auflage, § 120 Rdn. 350.

152

V. Eröffnung des Akkreditivs

Zweiter Abschnitt

die Übertragung vorzunehmen, Art. 38b ERA.373 Durch die Erklärung der Zweitbank erhält der Zweitbegünstigte einen Anspruch aus abstraktem Schuldversprechen gegen die Akkreditivbank (und unter einem bestätigten Akkreditiv auch gegen die bestätigende Bank). Die erfolgte Übertragung – und zwar ohne Nennung des Namens des Zweitbegünstigten374 und des Betrages – kann der Akkreditivbank von der ausführenden Bank umgehend mitgeteilt werden, damit der Erstbegünstigte, wenn die bestätigende Bank nicht alleinige Zahlstelle ist, insoweit nicht mehr seinerseits bei der Akkreditivbank die Dokumente präsentieren kann. Dies geschieht heutzutage in der Praxis allerdings nur noch bei einer entsprechenden Aufforderung im Akkreditiv. Bei Inanspruchnahme wird der dem übertragenen Teil des Akkreditivs entsprechende Teil des Akkreditivbetrags an den Zweitbegünstigten, der anteilige Rest an den Erstbegünstigten ausgezahlt. Hat die Zweitbank einer Übertragung des Akkreditivs nicht zugestimmt, braucht sie einer Bitte des Begünstigten, das Akkreditiv zu übertragen, unter Berufung auf Art. 38c ERA nicht zu entsprechen, ohne dass sie hierfür noch eine zusätzliche Begründung geben müsste.

6.

Übertragbares widerrufliches Akkreditiv

Grundsätzlich ist auch bei widerruflichen Akkreditiven die Ausgestaltung als über- 2/214 tragbares Akkreditiv möglich. Art. 48 ERA 500 unterschied beispielsweise nicht zwischen widerruflichem und unwiderruflichem Akkreditiven. Daraus ist zu schließen, dass Übertragungen auch unter widerruflichen Akkreditiven möglich sind.375 Allerdings wird der ohnehin nicht hohe Sicherungswert eines widerruflichen Akkreditivs durch die Übertragbarkeit weiter geschwächt; der Erstbegünstigte kann unter einem widerruflichen Akkreditiv dem Zweitbegünstigten nur einen durch den Widerruf seitens der Bank auflösend bedingten Anspruch gegen die Akkreditivbank verschaffen. Ein solcher bedingter Anspruch ist als Sicherung für die Kaufpreisforderungen der Zulieferanten gegen den Erstbegünstigten von nur geringem Wert, weshalb eine Übertragung widerruflicher Akkreditive in der Praxis kaum vorkommt. Allerdings ist zu bedenken, dass ein übertragenes widerrufliches Akkreditiv nicht von dem Erstbegünstigten, sondern nur von der Akkreditivbank widerrufen werden kann (so auch Art. 8a ERA 500); allein der Käufer, nicht aber der Erstbegünstigte ist befugt zu einer Anweisung an die Bank, den Widerruf gegenüber dem Zweitbegünstigten auszusprechen (Rdn. 2/162). Wenn der Erstbegünstigte vorhat, seinem Lieferanten durch Akkreditivübertragung eine Sicherheit zu bieten, tut er gut daran, sich unter allen Umständen ein unwiderrufliches

373 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 335; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/686; Canaris Bankvertragsrecht3 Rdn. 1041; Stauder AWD 1968, 46, 48. 374 Wassermann Die Verwertung von Ansprüchen aus Dokumentenakkreditiven, S. 137 f.; Case Studies on Documentary Credits, ICC-Publ Nr. 459 S. 129, Case 154; eine Rechtspflicht zur Unterrichtung verneinend Nielsen in: BuB, Rdn. 6/688. 375 Ausf. hierzu Wassermann Die Verwertung von Ansprüchen aus Dokumentenakkreditiven, S. 140 ff.

153

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

Akkreditiv stellen zu lassen, damit er nicht später die unangenehme Überraschung erlebt, dass sein Zulieferant die Sicherheit in Form der Übertragung eines nur widerruflichen Akkreditivs ablehnt und andere Sicherheiten verlangt oder nicht lieferungsbereit ist.

7.

Abgrenzung zum Gegenakkreditiv (back-to-back credit)

2/215 Sofern ein Akkreditiv nicht als im Sinne von Art. 38 ERA übertragbar bezeichnet

wurde, ist seine Übertragbarkeit ausgeschlossen (Rdn. 2/199). Nun kann sich aber der Begünstigte der Situation gegenübersehen, dass seine Zulieferanten zu einer Lieferung ohne Besicherung ihres Zahlungsanspruchs nicht bereit sind. Er kann dann versuchen, auf die Verwendung von Gegenakkreditiven (back-to-back credits) auszuweichen, die rechtlich einen anderen Charakter und ein anderes Gewicht als übertragbare Akkreditive haben.376 Gegenakkreditive bergen sowohl für den Exporteur als auch für die Banken erheblich höhere Risiken in sich als übertragbare Akkreditive. Ist ein Akkreditiv nicht übertragbar, bleibt es dem Begünstigten unbenommen, den wirtschaftlich einer Übertragung ähnlichen Effekt dadurch zu erreichen, dass er die Bank beauftragt, ein neues Akkreditiv zugunsten des Vorlieferanten zu eröffnen. Wegen der Bedeutung, welche derartige Gegenakkreditive in der Exportwirtschaft erlangt haben, werden sie in einem gesonderten Abschnitt dieses Buches behandelt (Rdn. 7/1 ff.).

E.

Abtretung des Zahlungsanspruchs des Begünstigten aus nicht übertragbarem Akkreditiv

2/216 Ein Akkreditiv wird zugunsten eines bestimmten, genau bezeichneten Begünstig-

ten herausgelegt. Es kann, sofern das Akkreditiv nicht ausdrücklich übertragbar gestellt ist, nur von dem Begünstigten, und von niemand anderem, in Anspruch genommen werden. Schließlich ist ein Akkreditiv immer noch weit gehend Vertrauenssache, so dass es dem Akkreditivauftraggeber nicht gleichgültig sein kann, wer aus dem Akkreditiv berechtigt ist. 2/217 Nun ergibt sich aus kaufmännischen Gründen gelegentlich das Bedürfnis, dass auf-

seiten des Begünstigten nicht dieser selbst, sondern – für ihn – Dritte auftreten. Zunächst einmal kann der Begünstigte einen Dritten widerruflich oder auch unwiderruflich bevollmächtigen, in seinem Namen das Akkreditiv zu bedienen und für ihn die Akkreditivsumme in Empfang zu nehmen.377 Der Begünstigte bleibt dann

376 Zur Abgrenzung von Gegenakkreditiven und Übertragung eingehend Wassermann Die Verwertung von Ansprüchen aus Dokumentenakkreditiven, S. 183 ff.; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 356. 377 Wassermann Die Verwertung von Ansprüchen aus Dokumentenakkreditiven, S. 164 ff.; vgl. auch Eberth/Ellinger Assignment und Presentation of Documents in Commercial Credit Transactions, Arizona Law Review 1982, 277, 298.

154

V. Eröffnung des Akkreditivs

Zweiter Abschnitt

trotz der Einziehungsermächtigung immer noch Vertragspartner; seine Verantwortung und auch seine rechtliche Haftung bestehen unverändert fort. Es kann aber auch der legitime Bedarf gegeben sein, den Anspruch auf Zahlung 2/218 aus dem Akkreditiv – der entsteht, wenn der Begünstigte das Akkreditiv ordnungsgemäß durch Einreichung der vorgeschriebenen Dokumente bedient hat – an einen Dritten abzutreten. Ob dies zulässig ist oder nicht, war lange Zeit umstritten, wird jedoch heute eindeutig bejaht.378 Eine solche Abtretung des „reinen Zahlungsanspruchs“ ist nach Art. 39 ERA rechtlich zulässig; sie beeinträchtigt weder die durchaus schutzwürdigen Interessen des Käufers an der Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit des Begünstigten (Verkäufers)379 noch die der Akkreditivbank. Die Zulässigkeit der Abtretung gilt allerdings nur unter dem Vorbehalt, dass einer solchen Abtretung nicht andere zivilrechtliche Hindernisse entgegenstehen (z.B. § 399 BGB), was aber in der Praxis selten sein dürfte. Ausdrücklich weist Art. 39 ERA darauf hin, dass die Abtretung den Bestimmun- 2/219 gen der anzuwendenden Rechtsordnung unterliegt. Für das deutsche Recht ergeben sich insoweit keine Schwierigkeiten:380 Die Abtretung des Zahlungsanspruchs erfolgt durch einen zwischen Begünstigtem und Abtretungsempfänger abzuschließenden Abtretungsvertrag, der auch ohne Unterrichtung der Akkreditivbank oder der Zahlstelle als Drittschuldnerin und ohne Wahrung sonstiger Formerfordernisse wirksam ist; indessen muss eine Benachrichtigung dringend empfohlen werden, da anderenfalls trotz Abtretung mit für den Verpflichteten (Akkreditivbank oder bestätigende Bank) schuldbefreiender Wirkung an den Begünstigten gezahlt werden kann. Auch die Frage, ob die Benachrichtigung zweckmäßigerweise der Akkreditivbank oder der Zahlstellenbank oder beiden zuzuleiten ist, sollte sorgfältig geprüft werden.381 Die Abtretung von Teilansprüchen an mehrere Zessionare ist zulässig.382 Besonderes Augenmerk ist hierbei auf die Bestimmbarkeit der Teilansprüche zu richten. Im übrigen kann der Anspruch aus dem Akkreditiv schon vor Fälligkeit und Vorlegung akkreditivgerechter Dokumente wirksam abgetreten werden.383

378 Noch durch BGH WM 1959, 970, 972 – hierzu Nielsen DB 1964, 1727 – in Frage gestellt, wurde die Abtretung durch Einführung des Art. 47 ERA (Revision 1974) klar geregelt; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 346; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/683; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1029; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, 1. Auflage, § 120 Rdn. 365; ders. Richtlinien, Rdn. 418; Baumbach/Hopt HGB, Bankgesch (7), Rdn. K/23; LG Frankfurt WM 1976, 515, 519; OLG Karlsruhe IPRax 1982, 102; OLG Frankfurt WM 1997, 609. 379 LG Frankfurt WM 1976, 515, 519; OLG Frankfurt WM 1992, 569 dazu Schütze EWiR § 780 BGB 2/92, 331; Heymann/Horn HGB Anhang § 372 Rdn. VI/67. 380 OLG Karlsruhe IPRax 1982, 102, 103 auch zur Zulässigkeit von Teilansprüchen aus einem Akkreditiv an mehrere Unterlieferanten des Begünstigten. 381 Ausf. hierzu Nielsen in: BuB, Rdn. 5/684. 382 OLG Karlsruhe IPRax 1982, 102; hierzu Nielsen IPRax 1982, 91. 383 Vgl. OLG Karlsruhe RIW 1997, 781.

155

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

Die in der Akkreditivpraxis am häufigsten tangierten ausländischen Rechtsordnungen lassen ebenfalls die Abtretung des Zahlungsanspruches zu,384 stellen aber teilweise erhöhte materiellrechtliche bzw. formale Anforderungen.385 Eine Abtretung des Zahlungsanspruchs wird der Begünstigte in der Regel nur vornehmen, um die Durchführung des dem Akkreditiv zugrunde liegenden Warengeschäfts zu ermöglichen. Der Zessionar muss sich jedoch darüber im klaren sein, dass – im Hinblick auf mögliche Einwendungen der Bank – seine Rechtsstellung wesentlich schwächer ist als bei einer Übertragung des Akkreditivs.386 Insbesondere ist die Fälligkeit der abgetretenen Forderung bedingt durch die rechtzeitige Vorlage der Dokumente, auf die nur der Begünstigte, nicht aber der Zessionar Einfluss hat.387 Schließlich ist der Zessionar nicht davor geschützt, dass Begünstigter und Akkreditivbank nachträgliche Absprachen über eine Akkreditivänderung treffen, die die Zession beeinträchtigen oder sogar gegenstandslos werden lassen.388 2/220 Wenn ein deutscher Exporteur den reinen Zahlungsanspruch aus einem Akkredi-

tiv zur Kreditsicherung an eine Bank oder einen anderen Gläubiger privatschriftlich ohne Beachtung weiterer Formalitäten abgetreten hat, kann es sein, dass sich diese Forderung gegen einen Schuldner richtet, in dessen Land aufgrund der dort geltenden Rechtsordnung für die Gültigkeit einer Zession über das deutsche Recht hinausgehende besondere Erfordernisse vorgeschrieben sind. Bislang geht man in solchen Fällen davon aus, dass eine derartige Zession überhaupt unwirksam sei, weil die betreffende ausländische Rechtsordnung gelte und diese eben die (nach deutschem Recht gültige) Zession wegen Formmangels nicht als wirksam anerkenne.389 Dass es in der Mehrzahl der hier in Betracht kommenden Fälle untunlich wäre, die ausländischen Formerfordernisse immer zu erfüllen, liegt auf der Hand; die Abtretung würde unnötiges Aufsehen erregen. Außerdem sind die Abtretungen im Verhältnis von Exporteur und seinen Gläubigern in AGB oder sonst allgemein geltenden Abmachungen enthalten, welche die Erfüllung ausländischer Formalerfordernisse erschweren. Wünschenswert wäre daher eine Regelung, wonach der deutsche Schuldner (Begünstigter) und sein deutscher Gläubiger die Zession als inter partes gültig betrachten können.

384 Für Frankreich Eisemann/Boutoux/Rowe Le crédit documentaire dans le commerce extérieur, S. 51. Für die Schweiz Lombardini Droit et pratique du crédit documentaire, S. 189 f.; Ulrich Rechtsprobleme des Dokumentenakkreditivs, S. 206 f. Für Österreich Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/135. Für England Jack Documentary Credits, 246; für die USA Raith Das Recht des Dokumentenakkreditivs in den USA und in Deutschland, S. 186. S.a. Welter in: Bankrechts-Handbuch, § 99 Rdn. 1 ff. 385 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 348; von Bernstorff RIW/AWD 1994, 542 ff.; Mezger RIW/AWD 1981, 213 ff.; Ingelmann/Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 365. 386 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 350. 387 Harfield Identity Crisis in Letter of Credit Law, Arizona Law Review 1982, 239, 246; Eberth/Ellinger Tender of Documents by Assignee of Letter of Credit, International Banking Law, Feb 1983, 107. 388 Nielsen Grundlagen, S. 169; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1033. 389 Vgl. z.B.: Gerth WM 1984, 793, 795.

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V. Eröffnung des Akkreditivs

Zweiter Abschnitt

Die Abtretung des reinen Zahlungsanspruchs beeinträchtigt weder die Interessen 2/221 des Käufers noch diejenigen der Akkreditivbank. Die Einreichung der Dokumente bleibt allein Sache des Begünstigten, der also insoweit auch allein die tatsächliche und rechtliche Verantwortung trägt.390 Die Akkreditivsumme wird, soweit eine Abtretung des Zahlungsanspruchs erfolgt ist, an den Zessionar ausgezahlt, nachdem der Begünstigte unter seiner Verantwortung die vorgeschriebenen Dokumente eingereicht hat. Die Akkreditivbank kann, wenn der Begünstigte zufällig bei ihr im Debet steht, dem Zessionar nicht entgegenhalten, ihr stünden gegen den Begünstigten Aufrechnungs- oder Zurückbehaltungsrechte zu, da sie sich auch dem Begünstigten gegenüber nicht auf solche Rechte berufen könnte (Rdn. 2/391). Allerdings kann die Bank dem Anspruch des Zessionars Einreden entgegenhalten, die sie dem Begünstigten als bisherigem Gläubiger gegenüber hat; dies gilt insbesondere für den Rechtsmissbrauchseinwand.391 Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Abtretung des reinen Zahlungs- 2/222 anspruchs ganz wesentlich die Interessen der Hausbank des Begünstigten berühren kann, über die normalerweise die Dokumente bei der Akkreditivbank vorgelegt werden. In der Mehrzahl der Fälle hat sich der Verkäufer (Begünstigte) das Geschäft von seiner Bank – u.U. schon während der Produktionsdauer – vorfinanzieren lassen, wobei die Bank darauf vertraut, dass sie später mit der Vorlegung der Dokumente und der Einziehung des Akkreditivbetrags beauftragt wird und ihr dadurch die Akkreditivsumme automatisch zufließt, mit welcher der dem Verkäufer gewährte Kredit abgedeckt wird. Wurde aber der reine Zahlungsanspruch vor Dokumenteneinreichung – ohne ihr Wissen (was die Vorlage der Dokumente über eine weitere Bank voraussetzt) – an einen Dritten abgetreten, kann eine Kreditrückführung aus der hereingeholten Akkreditivsumme nicht erfolgen. Auch aus diesem Grunde empfiehlt sich der in diesem Buch schon an anderer Stelle gegebene Ratschlag, dass die Bank sich, wenn sie solche Geschäfte bevorschusst, formularmäßig die Ansprüche aus dem Grundgeschäft und die Ansprüche auf die Zahlung aus dem Akkreditiv abtreten lässt (Rdn. 2/42 und 2/137). Sofern die Bank das Akkreditiv bestätigt hat, sollte sie sich die Ansprüche aus der Bestätigung allerdings verpfänden lassen (Rdn. 2/224). Exporteure, d.h. die Begünstigten aus Akkreditiven, sollten Ansprüche auf Auszahlung der Akkreditivsumme nur abtreten, um die Finanzierung des speziellen Warengeschäfts abzuwickeln, um also dazu in Anspruch genommene Bank- oder Lieferantenkredite abzudecken. Es wäre nicht zu vertreten, wenn sich der Exporteur durch Abtretungen nach dritter Seite selbst um die Möglichkeit bringen wür-

390 Dokumente des Begünstigten würden es auch dann sein, wenn man – zu Unrecht, da es sich um einen höchstpersönlichen und daher nicht abtretbaren Anspruch handelt – davon ausgehen wollte, dass der Anspruch auf Vorlage der Dokumente abtretbar sei; so Wassermann Die Verwertung von Ansprüchen aus Dokumentenakkreditiven, S. 161 f.; Nielsen in: BuB, Rdn 5/683; ders. DB 1964, 1727 ff.; Eberth RIW/AWD 1975, 365, 368. A.A. Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1033. 391 LG Frankfurt WM 1996, 153 m. Anm. Nielsen WuB I H 2. – 1.96; BGH WM 1996, 995; OLG Frankfurt WM 1997, 609 m. Anm. Nielsen WuB I H 2. – 3.97; OLG Karlsruhe RIW 1997, 781.

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Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

de, das konkrete Geschäft aus den Eingängen des Akkreditivs korrekt zu Ende zu führen. Kreditgeber, deren Sicherheit in der Abtretung eines solchen „reinen Zahlungsanspruchs“ liegen soll, werden diese Situation wegen der darin liegenden hohen Risiken besonders sorgfältig prüfen. 2/223 Die Akkreditivbank, welcher eine Abtretung des Zahlungsanspruchs vom Begüns-

tigten angezeigt wird, ist nicht verpflichtet, die Wirksamkeit der – vielleicht im Ausland vorgenommenen – Abtretung zu prüfen, also beispielsweise die Frage, ob für die Abtretung des Zahlungsanspruchs aus einem avisierten Akkreditiv das Recht am Sitz der Zahlstelle oder dasjenige am Sitz der ausländischen Akkreditivbank gilt. Es empfiehlt sich, dass die Bank jegliches Risiko für sich vermeidet, indem sie in ihrer Abtretungsbestätigung darauf hinweist, dass die Abtretung dem gemäß Art. 39 ERA anzuwendenden Recht unterliegt und dass sie ihre Haftung für die Wirksamkeit der Abtretung ausschließt.

F.

Verpfändung des Zahlungsanspruchs des Begünstigten

2/224 Was abtretbar ist, kann auch verpfändet werden (argumentum e contrario § 1274

Abs. 2 BGB). Mithin lässt sich der reine Zahlungsanspruch aus einem Akkreditiv durch den Begünstigten verpfänden. Auch hierin liegt für ihn die Möglichkeit, die ihm zustehende Forderung wirtschaftlich zu verwerten, etwa als Sicherheit für gewährten Bankkredit. In der Praxis dürfte die Verpfändung dann eine Rolle spielen, wenn der Zahlungsanspruch für eine aus dem Akkreditiv verpflichtete Bank (Akkreditivbank oder Bestätigungsbank) als Sicherheit dienen soll; die Abtretung würde in diesem Fall wegen Vereinigung von Forderung und Schuld zum Untergang des Auszahlungsanspruchs führen. Das OLG Frankfurt392 erkannte hierbei auf ein Scheingeschäft, das der Regelung des § 405 BGB unterliegt. Sofern es nicht um die Verpfändung von Ansprüchen gegen die finanzierende Bank selbst geht, wäre im übrigen nach deutschem Recht für die Wirksamkeit der Verpfändung auch eine Anzeige an die verpflichtete Bank nötig (§ 1280 BGB), was häufig nicht gewünscht ist.

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten A.

Einreichung der Dokumente

1.

Einreichung durch den Begünstigten oder durch einen Dritten

2/225 Im Regelfall reicht der Begünstigte selbst der (eröffnenden, bestätigenden, avisie-

renden) Bank die Dokumente ein. Er nimmt dabei unter entsprechender Kenn-

392 WM 1992, 569; hierzu Schütze EWiR § 780 BGB, 2/92 S. 339 sowie Nielsen WuB I H 2–1.92.

158

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

zeichnung – wichtig ist insbesondere die Akkreditivnummer – auf das Akkreditiv Bezug und fordert die Bank zur Zahlung des Akkreditivbetrages auf. Verzögerungen und Fehlleitungen, die durch ungenügende oder falsche Kennzeichnung entstehen, hat der Begünstigte sich selbst zuzuschreiben; er allein trägt das Risiko des Dokumentenversands zur akkreditivmäßig vorgesehenen Bank.393 Dagegen, dass der Begünstigte die Dokumente durch einen Bevollmächtigten in 2/226 seinem Namen und für seine Rechnung einreichen lässt, ist nichts einzuwenden.394 Nicht statthaft ist dagegen die Einreichung der Dokumente durch Dritte im eigenen Namen. Es handelt sich hier um eine Obliegenheit des Begünstigten, deren Ausübung dieser nicht auf Dritte übertragen kann.395 Oft wird im Interesse der Zeitersparnis ein Teil der Dokumente im Namen des Begünstigten von Reedern oder Maklern in den Hafenstädten den Banken direkt zugeleitet. Das ist durchaus zulässig, ohne dass die Bank verpflichtet wäre, einen Nachweis der Vollmacht zur Einreichung zu verlangen;396 auf ausreichende Kennzeichnung ist hier jedoch besonderer Wert zu legen. Zweckmäßigerweise avisiert der Begünstigte die Einreichung von dritter Seite der Bank rechtzeitig; erforderlich ist dies jedoch nicht. Die Bank sollte stets den Erhalt der Dokumente datiert quittieren. Die Erteilung einer derartigen Empfangsbestätigung bezieht sich lediglich auf den Erhalt der Dokumente; sie besagt nicht, dass diese auch bereits als akkreditivgerecht akzeptiert worden seien. Die Einreichung von Dokumenten in Vollmacht für einen Dritten durch Nichtbanken berechtigt, auch wenn eine Faktura des Begünstigten beigefügt ist, für sich allein noch nicht zur Entgegennahme des Gegenwertes für den Begünstigten. Trotz Hereingabe der Dokumente durch einen Bevollmächtigten wird die Bank Zahlung nur an den Begünstigten leisten, wenn nicht im Einzelfall eine Zession397 nachgewiesen ist oder die Vollmacht sich ausdrücklich auch auf das Inkasso des Akkreditivbetrages bezieht.398 Nicht selten bedient sich der Begünstigte zur Einreichung der Dokumente bei der 2/227 Akkreditivbank der Mitwirkung einer anderen Bank, die mit dem eigentlichen Akkreditivbereich nichts zu tun hat. Fristgerecht eingereicht sind die Dokumente

393 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 361; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/589. 394 Hartmann Die Durchsetzbarkeit des Begünstigtenanspruchs im unwiderruflichen Dokumentenakkreditiv, S. 78; Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 102; Avancini/Iro/ Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/100. 395 Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/101; Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 102, 140; Liesecke WM 1976, 261; Nielsen DB 1964, 1727 f.; a.A. Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1033. 396 Hartmann Die Durchsetzbarkeit des Begünstigtenanspruchs im unwiderruflichen Dokumentenakkreditiv, S. 79: Die Akkreditivverpflichtung steht unter der aufschiebenden Bedingung der Vorlage akkreditivgerechter Dokumente. Der Eintritt der Bedingung ist damit an einen rein tatsächlichen Akt geknüpft. Eine Vollmacht ist demzufolge nicht erforderlich. Ebenso Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1033 a.E. 397 Vgl. Rdn. 2/216 ff. 398 Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 102.

159

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

jedoch in diesem Fall nur dann, wenn die Dokumente rechtzeitig bei der zu ihrer Aufnahme ermächtigten Bank eintreffen.399 Beispiel: Ein Hamburger Importeur hat zugunsten eines mexikanischen Exporteurs durch eine Hamburger Bank ein Akkreditiv in US-$ eröffnen und von einer New Yorker Bank avisieren und bestätigen lassen. Der mexikanische Exporteur wird nun in der Regel die Einreichung der Dokumente in New York über seine mexikanische Hausbank vornehmen (Rdn. 2/88). Diese handelt dann gegenüber der New Yorker Bank in eigenem Namen als beauftragter Treuhänder des Exporteurs. Als Legitimation genügt bei Banken der Besitz der Dokumente. Es ist Handelsbrauch, dass der Besitz der Dokumente eine Bank (nicht jedoch andere Dritteinreicher) auch ohne weiteres zur Entgegennahme der Akkreditivsumme ermächtigt.400 Noch stärker und – auch gegenüber Dritten – besser legitimiert ist die Stellung der vorlegenden Bank natürlich, wenn sie sich bei Übernahme des Auftrags zur Vorlegung der Dokumente und Hereinholung des Akkreditivbetrages den Zahlungsanspruch des Begünstigten aus dem Akkreditiv hat abtreten lassen. Die New Yorker Bank muss in dem vorstehend geschilderten Fall, wenn die mexikanische Bank Zahlung an sich verlangt, an diese zahlen; eine direkte Zahlung an den Begünstigten, der ja nicht Dokumenteneinreicher ist, unter Umgehung der vorlegenden Bank wäre nicht zulässig. Die Bank in New York würde übrigens damit möglicherweise ein Kreditengagement der mexikanischen Bank gefährden. Die Beachtung des kreditmäßigen Aspekts ist schon deswegen wichtig, weil die vorlegende Bank dem Kunden (Begünstigten) auf die Dokumente häufig einen Vorschuss gewährt hat. 2/228 Daraus ergibt sich Folgendes:401 Läuft eine Dokumentenvorlage über eine Kette von

mehreren Banken, handelt jede Bank in der Bankenkette aus eigenem Recht in eigenem Namen – also nicht als Bevollmächtigte oder Unterbevollmächtigte des Begünstigten (Exporteurs). Der Exporteur hat (bei Bedienung eines Akkreditivs) nur einen Anspruch gegen die erste beauftragte Bank, aber nicht gegen jede einzelne Bank in der Kette. Seit er den Auftrag erteilt und die Dokumente der Bank übergeben hat, kann er selber – schon mangels Besitzes der Dokumente – keinen Anspruch gegen die Akkreditivbank mehr geltend machen. Selbstverständlich muss die Akkreditivsumme an den ursprünglichen Auftraggeber der Einreichung = Begünstigter des Akkreditivs (Exporteur) auf demselben Weg (also eventuell über die ganze Bankenkette) zurückfließen, auf dem die Dokumente vorgelegt wurden.402 Eine Zahlung, die aus der genannten Kette ausbricht, ist nicht zulässig und verpflichtet möglicherweise zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung. In Fällen einer Dokumenteneinreichung über mehrere Banken ist den beteiligten Banken im übrigen zu empfehlen, die Frage einer etwa in Betracht kommenden Gebührenteilung untereinander rechtzeitig zu klären.

399 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 364. 400 BGH WM 1988, 1298; Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/102; Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 102 f. 401 Krit. hierzu Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/102. 402 Vgl. die parallele Situation beim Inkasso Rdn. 3/44.

160

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

2.

Zweiter Abschnitt

Geschlossene Einreichung und Einreichung in Einzelsendungen

Wünschenswert ist es, dass der Begünstigte die Dokumente mit entsprechendem 2/229 Anschreiben geschlossen in einer Sendung vorlegt. Oft lässt sich aber nicht vermeiden, dass der Bank die Dokumente getrennt in verschiedenen Sendungen nacheinander zugehen. Beispielsweise erhält sie die Konnossemente oft direkt vom oder über einen Reeder oder Spediteur und die übrigen Dokumente vom Begünstigten. Auch kommt es vor, dass die Versicherungspapiere von der Versicherung direkt der Bank zugeleitet werden. Nach bestehendem Handelsbrauch müssen die Banken das zulassen. Sie behalten eingehende Dokumente bei sich, bis die Einreichung vollständig ist, und zahlen alsdann den Akkreditivbetrag aus oder weisen die Dokumente zurück. Bis zu diesem Zeitpunkt verwahren sie die Dokumente für den Begünstigten nach den gesetzlichen Vorschriften über die unentgeltliche Verwahrung.403 Soll eine Rücksendung an den Begünstigten erfolgen, ist der Bank anzuraten, bei ihr von dritter Seite eingereichten Dokumenten die Zustimmung des Einreichers zur Aushändigung an den Begünstigten einzuholen oder die Dokumente auf demselben Weg zurückzusenden, auf dem sie gekommen sind, also eventuell an die dritte Seite. Wünschenswert – wenn auch im Hinblick auf den damit verbundenen Mehrauf- 2/230 wand an Zeit in der Praxis nicht immer durchführbar – wäre es, jedes einzelne Dokument schon bei Eingang zu prüfen und festgestellte Mängel unverzüglich zu rügen, damit diese möglicherweise noch rechtzeitig behoben werden können. Verpflichtet ist die Bank zur Rüge zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht; sie kann mit der Prüfung warten, bis sämtliche Dokumente eingereicht worden sind. Liegen vor Ablauf des Akkreditivs nicht alle Dokumente in akkreditivgerechter Form vor, verfällt das Akkreditiv vorbehaltlich einer Verlängerung der Akkreditivfrist gemäß Art. 29 ERA.404 Nur dann, wenn Teileinreichungen sich ausnahmsweise als – durch den sachgemäßen Ablauf des Geschäftes nicht gerechtfertigter – Missbrauch darstellen sollten, kann die Bank die Teileinreichungen zurückweisen und dem Begünstigten die ordnungsgemäße geschlossene Einreichung anheim stellen.

3.

Bank, bei der die Einreichung erfolgt

In der Praxis reicht der Begünstigte dann, wenn ihm das Akkreditiv durch eine 2/231 Bank in seinem oder einem dritten Lande – mit oder ohne deren Bestätigung – übermittelt worden ist, fast immer dieser Bank die Dokumente ein, auch wenn das Akkreditiv dort nicht zahlbar gestellt wurde. Ist das Akkreditiv bei einer drit-

403 Nach Hartmann Die Durchsetzbarkeit des Begünstigtenanspruchs im unwiderruflichen Dokumentenakkreditiv, S. 78, ergibt sich die Verpflichtung zur Verwahrung der Dokumente durch Auslegung der Akkreditiveröffnungserklärung. 404 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 364 ff.; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/588.

161

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

ten Bank zahlbar, kann die Einreichung auch direkt dort erfolgen. Legt der Begünstigte die Dokumente nicht selbst direkt, sondern über eine andere Bank vor, hat nur diese – nicht mehr der Begünstigte – einen Anspruch auf Auskehrung des Akkreditivbetrags (Rdn. 2/225). 2/232 Es kommt vor, dass der Begünstigte bei bestätigten und bei unbestätigten Akkre-

ditiven die Dokumente unter Umgehung der zweiten Bank unmittelbar der Akkreditivbank präsentiert und von dieser aufgrund ihres Zahlungsversprechens Zahlung begehrt.405 In diesem Fall verliert die zweite Bank zwar den Anspruch auf die Dokumentenaufnahmeprovision an die eröffnende Bank; der Begünstigte gewinnt aber dadurch nichts, da für ihn die Spesenbelastung nicht geringer wird. Gegen die Direkteinreichung bei der ersten Bank ist vom rechtlichen Standpunkt aus nichts einzuwenden, weil es keine rechtliche Verpflichtung für den Begünstigten gibt, sich der Durchleitungsfunktion der zweiten Bank zu bedienen oder im Falle eines bestätigten Akkreditivs das Zahlungsversprechen der zweiten Bank statt desjenigen der ersten Bank in Anspruch zu nehmen. Die eröffnende Bank sollte in diesen Fällen bei der benannten Bank (Art. 6a ERA) nachfragen, ob dort bereits Dokumente vorliegen. Praktisch kommt eine Direkteinreichung in normalen Zeiten allerdings kaum vor, da die Einschaltung der Zweitbank dem Begünstigten eine Erleichterung der Geschäftsabwicklung bringt und gewöhnlich sogar auf seine Veranlassung hin vorgenommen wurde. In außergewöhnlichen Zeiten (z.B. Krieg oder Besetzung im Lande der Zweitbank) kann eine direkte Einreichung bei der Akkreditivbank aber durchaus sinnvoll sein. 2/233 Ist die Zweitbank Zahlstelle, stellt die Akkreditivbank auch bei Direkteinrei-

chung den Akkreditivbetrag bei der Zahlstelle zur Verfügung, worauf insbesondere mit Rücksicht auf etwa erfolgte (aber der Akkreditivbank nicht notwendigerweise bekannte) Bevorschussungen und mit diesen verbundene Abtretungen sorgfältig geachtet werden muss. Allerdings ist die Zahlstelle nicht dagegen geschützt, dass Begünstigter und Akkreditivbank ohne ihr Wissen (aber ohne Böswilligkeit aufseiten der Akkreditivbank) sich auf einen anderen Zahlungsweg einigen (Rdn. 2/103 und 2/105). In Fällen, wo dies denkbar erscheint, sollte die Zahlstelle für etwaige Vorschüsse vom Exporteur Sicherheit verlangen. Die bloße Avisbank ist als solche nicht zur Entgegennahme der Dokumente für die Akkreditivbank berechtigt. Werden die Dokumente bei ihr eingereicht, so handelt sie im Rahmen der Weiterleitung der Dokumente an die Akkreditivbank als Bote/Vertreter des Begünstigten.406

405 Darin liegt aber noch keine Umgehung einer etwa vereinbarten Zahlstelle, sofern die Akkreditivbank auch im Fall der Direkteinreichung Zahlung über die Zahlstelle leistet, Rdn. 2/105 und 2/195. Allerdings soll nach der ICC, Publ Nr. 511 S. 24, die Bestätigungsbank von ihrer Haftung befreit werden, wenn ihr die Dokumente nicht innerhalb der Laufzeit des Akkreditivs vorgelegt werden. Abl. ebenso Nielsen Richtlinien, Rdn. 95 ff. (Stichwort: Bypassing). 406 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 363; Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/103. Zu Fragen, wer das Verlustrisiko trägt, s.u. Rdn. 2/437 ff.

162

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

Die Berechtigung des Begünstigten, gegen Einreichung der Dokumente Zahlung 2/234 von der Bestätigungsbank verlangen zu können, wird auch durch eine im Akkreditiv enthaltene Passage, wonach die Akkreditivbank den Gegenwert erst nach Erhalt akkreditivgerechter Dokumente anzuschaffen verpflichtet war, nicht in Frage gestellt. Eine insoweit im Akkreditiv enthaltene Komplikation darf nicht zu Lasten des Begünstigten gehen; der Hinweis auf die Anschaffung des Gegenwertes ist deswegen nur als interne Remboursabrede unter den Banken zu betrachten.

4.

Gültigkeitsdauer des Akkreditivs; Verladefrist; Dokumentenabsendungsfrist

a)

Verfalldatum

Jedes Akkreditiv muss mit einem Verfalldatum – dem letzten Datum für die Prä- 2/235 sentation der Dokumente – versehen sein (Art. 6d (i) ERA). Die Bank – mag es sich um die Akkreditivbank, die bestätigende Bank oder eine dritte, als Zahlstelle eingesetzte Bank handeln – braucht Dokumente nur zu honorieren, wenn sie ihr innerhalb der im Akkreditiv angegebenen Gültigkeitsdauer eingereicht wurden (Rdn. 2/70 ff.), spätestens an dem Tage, mit dessen Ablauf das Akkreditiv verfällt (Art. 6e ERA). Diese Frist verlängert sich nach Art. 29a ERA ausnahmsweise dann bis zum nächsten Bankarbeitstag, wenn der jeweilige letzte Vorlagetermin auf einen Tag, der kein Bankarbeitstag ist, fällt. Im Einzelnen gelten hier die Regelungen des Art. 29b ERA. Danach hat die Bank, der die Dokumente an einem nächstfolgenden Arbeitstag vorgelegt werden, eine Erklärung abzugeben, dass die Dokumente innerhalb der gemäß Art. 29a ERA hinausgeschobenen Fristen vorgelegt wurden. Diesem Erfordernis kann dadurch genügt werden, dass die Bank in der abzugebenden Schedule die Einhaltung aller „terms and conditions“ bestätigt; fehlt eine solche ausdrückliche Bestätigung sollte dies von der eröffnenden Bank angesprochen werden; erhält sie die Bestätigung, dass die Dokumente fristgerecht vorgelegt wurden, so soll dies wiederum den Anforderungen des Art. 29 ERA genügen.407 Sofern im Akkreditiv nichts anderes bestimmt ist, darf das Ausstellungsdatum der Dokumente auch vor dem Datum der Akkreditiveröffnung liegen (Art. 14i ERA). Mit dieser Regelung soll dem praktischen Bedürfnis Rechnung getragen werden, dass sich der Begünstigte bereits nach Abschluss des Kaufvertrages die erforderlichen Dokumente beschafft.408 Dokumente wie etwa Analysezertifikate, die eine unangemessen lange Zeit vor Akkreditiveröffnung ausgestellt sind, können jedoch u.U. als nicht mehr akkreditivgerecht abgelehnt werden können, wenn wegen des frühen Ausstellungsdatum ihre Aussagekraft eingebüßt wurde.

407 S. hierzu ICC Banking Commission, Documentary Credits INsight, 2000, Vol. 6, No. 4 S. 8 (zu Art. 44c ERA 500) 408 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/594; Stapel Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, S. 205.

163

Zweiter Abschnitt

b)

Dokumentenakkreditiv

Verladedatum

2/236 Oft nennt das Akkreditiv ein – vor dem Verfalltag des Akkreditivs liegendes – letz-

tes Verladedatum, (vgl. Art. 46a ERA 500 – ohne direkte Entsprechung in den ERA 600). In diesem Fall muss z.B. das Konnossement ausweisen, dass die Verladung innerhalb der Verladefrist erfolgt ist. Dadurch wird sichergestellt, dass der Begünstigte die Ware nicht erst unmittelbar vor Ablauf des Akkreditivs verlädt.409 Konnossemente, die später datiert sind als am letzten Verladetag, werden nicht angenommen. Art. 29c ERA stellt klar, dass die Frist für das letzte Verladedatum durch die Regelung des Art. 29a ERA nicht hinausgeschoben wird. Die früher für Verladefristen geltenden Auslegungsregelungen sind nunmehr in den allgemeinen Auslegungsregelungen des Art. 3 ERA zu finden.410 Sind außer dem Konnossement noch andere Dokumente vorgeschrieben, dürfen diese auch nach dem letzten Verladetag datiert sein, sofern sie innerhalb der Laufzeit des Akkreditivs ausgestellt sind und beigebracht werden. Die in Art. 44b Satz 2 ERA 500 noch enthaltene Klarstellung, dass Transportdokumente, die ein Verladedatum ausweisen, das zeitlich nach dem Verfalldatum des Akkreditivs liegt, nicht aufnahmefähig sind, ist entfallen, da die Drafting Group diesen Ausschlusstatbestand bereits durch die Art. 6d (i) und 6e ERA umfasst ansah.411 Die unter Art. 47a ERA 500 zur Vermeidung von Kollisionen mit anderslautenden Wechselvorschriften (insbesondere die Begriffe „from“ und „after“) ausschließlich für Verladefristen412 geltenden Auslegungsregeln sind nun in den allgemeinen Auslegungsregelungen des Art. 3 ERA zu finden, ohne dass ein materieller Grund ersichtlich wäre, warum diese allgemein verbindliche Auslegung bedürften.413

c)

Dokumentenabsendungsfrist

2/237 Wenn auf einem Akkreditiv vermerkt ist „gültig bis 17. Januar 2010 in Frankfurt/

Main“, müssen die Dokumente spätestens an diesem Tag vor Beendigung der bekanntgegebenen Schalterstunden bei der Bank eingegangen sein, Art. 33 ERA.414 Einwurf in den Briefkasten der Bank am letzten Gültigkeitstage des Akkreditivs nach Schalterschluss genügt nicht mehr; die Frist ist dann abgelaufen. Bei Einreichung in letzter Minute wird daher empfohlen, sich nicht mit Einwerfen in den Briefkasten kurz vor Schalterschluss zu begnügen, sondern wegen der Wichtigkeit der Fristwahrung eine klare physische Entgegennahme der Dokumente durch quittierte Übergabe an die zuständige Stelle der Bank herbeizufüh-

409 410 411 412 413 414

164

Nielsen Grundlagen, S. 47. Vgl. Commentary on UCP 600 S. 28. Commentary on UCP 600 S. 136. Vgl. ICC-Publ Nr. 511 S. 118: „Date Terms Relative to Shipment Periods Only“. Vgl. Nielsen Richtlinien, Rdn. 33. Hierzu auch Nielsen Richtlinien, Rdn. 385 ff.

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

ren. Die Einreichung der Dokumente muss so rechtzeitig erfolgen, dass die Bank die Entgegennahme noch in banküblicher Weise bewerkstelligen kann. Die Dokumente müssen vollständig sein; es genügt nicht, wenn der Großteil vor Ablauf der Frist eingereicht wird und nur einige wenige Unterlagen nachgereicht werden. Eine etwaige Verspätung durch Verzögerung bei der Post geht eindeutig zu Lasten des Begünstigten (Rdn. 2/225).415 Der Begünstigte trägt auch das Risiko der Fristversäumnis durch Zufall, 2/238 höhere Gewalt oder Verschulden Dritter (z.B. Poststreik, Verkehrsunfall, Geiselnahme), Art. 36 ERA;416 er wird in solchen Fällen den Käufer bitten, eine Verlängerung des Akkreditivs zu veranlassen. Einen Rechtsanspruch auf Verlängerung hat er nicht. Es wäre für den Begünstigten auch nicht ohne Risiko, sich darauf zu verlassen, dass der Käufer einer ersichtlich ohne jeden Missbrauch angebotenen gleichwertigen Ersatzlösung (z.B. Einreichung bei einer anderen erreichbaren Filiale derselben Bank; telegrafische oder telefonische Unterrichtung) zustimmen wird, selbst wenn sie für ihn keinen Nachteil brächte und er möglicherweise im Einzelfall sogar zur Zustimmung verpflichtet wäre. Die Akkreditivbank wird in solchen Fällen die Aufnahme der Dokumente je nach Lage des Falles entweder ablehnen oder sie nur unter Vorbehalt annehmen (möglicherweise zum Inkasso). Zur Kontrolle und Beweissicherung versehen die Banken in der Regel eingehende Korrespondenz dieser Art mit einem Eingangsstempel, der eine Stundenangabe trägt. Ohne Zustimmung des Käufers ist die Bank ihrerseits im Rahmen der Akkreditivabwicklung nicht berechtigt und mit seiner Zustimmung auch nicht verpflichtet, eine wenn auch noch so kurze Fristverlängerung zu gewähren, sei die Entschuldigung des Begünstigten für die Verspätung noch so glaubhaft und plausibel. Die Banken können sich jedoch nicht von ihrer Haftung in Anwendung von Art. 36 ERA freizeichnen, wenn sie infolge höherer Gewalt nach rechtzeitiger Dokumenteneinreichung an einer fristgemäßen Prüfung und Bearbeitung gehindert sind.417

d)

Möglichkeiten der Fristverlängerung

Sowohl das Verfalldatum als auch das Verladedatum sind verlängerungs- 2/239 fähig.418 Eine derartige Verlängerung muss von der Akkreditivbank ausgesprochen werden, die aber insoweit nur im Auftrag ihres Kunden tätig werden darf. Die Verlängerung erfolgt für beide Fristen unabhängig voneinander; die Verlänge-

415 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/589; weniger streng Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 369. 416 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 992. 417 BGH WM 1960, 38; Nielsen Grundlagen, S. 89; ders. Richtlinien, Rdn. 394; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 992; Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/104. 418 Hierzu High Court (Queen’s Bench Division), Urt vom 3.4.1996, Bayerische Vereinsbank AG v. National Bank of Pakistan, RIW 1997, 694 f.; Jack Documentary Credits INSight 1996, Vol. 2, No. 4 S. 5 ff.

165

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

rung der Verladefrist zieht also nicht automatisch eine Verlängerung des Verfalldatums nach sich – und umgekehrt. Bei der Verlängerung der Einreichungsfrist müssen nur die Verladepapiere innerhalb der Verladefrist ausgestellt sein, während die anderen Dokumente ruhig ein späteres – aber innerhalb der verlängerten Gültigkeitsdauer liegendes – Datum tragen dürfen. Diese Regelung gilt auch dann, wenn das festgesetzte Verfalldatum einen Tag betrifft, an dem die Banken aus anderen als den in Art. 36 ERA angeführten Gründen geschlossen sind und demgemäß das Verfalldatum automatisch auf den nächstfolgenden Arbeitstag hinausgeschoben wird (Art. 29c ERA).

e)

Einreichung der Dokumente bei einer Filiale der Akkreditivbank

2/240 Unterhält eine Bank, bei der ein Akkreditiv zahlbar ist, eine Filiale im Lande des

Exporteurs oder hat sie dort einen Agenten bestellt, kann zwar der Exporteur bei dieser Filiale oder dem Agenten die Dokumente einreichen und den Auftrag erteilen, sie an die Akkreditivbank weiterzuleiten. Zur Wahrung der Einreichungsfrist genügt aber eine derartige Vorlage mangels anderweitiger Vereinbarung selbst dann nicht, wenn die Filiale oder der Agent speziell zum Zwecke der Entgegennahme von Dokumenten eingesetzt wurde.419 Banken pflegen Einrichtungen dieser Art nur zu unterhalten, um dem Exporteur eine technische Hilfe bei der Dokumentenvorlage zu geben. Soll die Dokumentenvorlage bei der Filiale oder dem Agenten auch zur Wahrung der Einreichungsfrist genügen, bedarf es dazu schon deshalb einer entsprechenden Bestimmung im Akkreditivtext. Nachträglich kann sie nur mit Zustimmung des Käufers getroffen werden. Der Käufer hat nämlich ein berechtigtes Interesse daran und gegenüber dem Exporteur auch einen Anspruch darauf, dass die Dokumente fristgerecht bei der zahlenden Bank selbst vorliegen, damit diese sie nach Einlösung an ihn weiterreichen kann. Die Weiterleitung würde sich aber verzögern, wenn die Dokumente erst am Verfalltag des Akkreditivs der Filiale oder dem Agenten vorgelegt und erst nach Verfall des Akkreditivs an die zahlende Bank weitergeleitet würden.

f)

Berechtigung zur Zurückweisung

2/241 Ebenso wie eine verspätete Dokumenteneinreichung berechtigt u.U. auch eine ver-

frühte Einreichung die Bank zur Zurückweisung. Verfrüht ist die Einreichung dann, wenn im Akkreditiv entweder ein Termin für die früheste Bedienung des Akkreditivs bestimmt ist und die Dokumente vor diesem Termin präsentiert werden oder wenn ein Termin für die früheste Verladung bestimmt ist und der Begünstigte die Ware

419 Vgl. Art. 3, 5. Auslegungsregelung „Filialen“ ERA. Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 199; Ingelmann/Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 274 f. Ferner Schinnerer/ Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 143; Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/103; OGH ÖBA 1987, 263 zur Garantie.

166

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

vor diesem Termin absendet, um dann das Akkreditiv zu bedienen. Dagegen, dass der Begünstigte Verladedokumente einreicht mit einem Ausstellungsdatum, das vor demjenigen der Akkreditiveröffnung liegt, ist nichts einzuwenden.

g)

Vorlagefrist

Wie vorstehend ausgeführt, müssen sowohl der im Akkreditiv vorgeschriebene 2/242 letzte Verladetermin als auch die Gültigkeitsdauer des Akkreditivs beachtet werden. Außerdem darf aber auch zwischen Verladung der Ware und Einreichung der Dokumente bei der Bank nicht ein unangemessen langer Zeitraum liegen. Früher bezeichnete man Dokumente, wenn der Abstand zwischen Verschiffung und Dokumentenvorlage zeitlich zu lang war, als „stale“ und überließ es den Banken, im Einzelfall festzustellen, ob die Dokumente stale waren oder nicht. Der Grund, warum eine rechtzeitige Einreichung der Versanddokumente so wichtig ist, ist darin zu erblicken, dass unbedingt vermieden werden muss, dass die Dokumente später als die Ware ankommen, weil sonst bei Ankunft der Ware im Bestimmungshafen kein legitimierter Empfänger die Ware in Empfang nehmen kann. Darüber, was unter einer „unangemessen langen Frist“ oder einer „übermäßigen Verzögerung zu verstehen ist und nach welchen Grundsätzen die Banken ihr Ermessen ausüben sollten, bestand früher keine Übereinstimmung. Jetzt bestimmt Art. 14c ERA – wie zuvor schon Art. 43a ERA 500 –, innerhalb welcher Frist ab Ausstellungsdatum der Transportdokumente die Dokumente vorgelegt werden müssen. Entweder muss die Vorlagefrist im Akkreditivtext enthalten sein,420 oder die Frist wird mit 21 Tagen bemessen (Rdn. 2/307).

B.

Grundsätze der Dokumentenaufnahme

1.

Aufnahme oder Zurückweisung der Dokumente

a)

Ausgangslage

Unter Aufnahme der Dokumente ist deren Anerkennung durch die Bank als 2/243 akkreditivgerecht zu verstehen;421 kann die Bank die ihr eingereichten Dokumente nicht als akkreditivgerecht anerkennen, muss sie diese als dem Akkreditiv nicht entsprechend zurückweisen. Bevor die Bank die Entscheidung über Aufnahme oder Zurückweisung trifft, hat sie die vorgelegten Dokumente anhand des Akkreditivtextes sorgfältig zu prüfen. Art. 13 ERA 500 enthielt in soweit den Maßstab, dass die Banken mit „angemessener Sorgfalt“ („reasonable care“) die Doku-

420 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 117; Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 52. 421 In diesem Sinn ist der Begriff der Dokumentenaufnahme in diesem Buch zu verstehen. Zum Rechtscharakter der Dokumentenaufnahme Rdn. 2/404; Nielsen in: FS Werner, S. 574 ff.

167

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

mente zu prüfen hätten. Dieser Begriff entspricht der „Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns“ im Sinne des § 347 HGB. Durch die Regelung des Art. 14a ERA, wonach die Dokumente (nach wie vor) lediglich „ihrer äußeren Aufmachung nach“ („on their face“) zu prüfen sind und zwar dahingehend, ob sie „eine konforme Dokumentenvorlage zu bilden scheinen“, in Verbindung mit der in Art. 3 enthaltenen Definition einer „konformen Dokumentenvorlage“ sollte dieser Maßstab klarer definiert werden, so dass das Erfordernis der „angemessenen Sorgfalt“ der Drafting Group im Ergebnis obsolet erschien.422 Durch den darin enthaltenen Verweis auf den „Standard internationaler Bankenpraxis“, einen Begriff, dessen Inhalt zwar beispielhaft – jedoch nicht abschließend – in der ICC-Publ. Nr. 681 zusammengefasst wird, und der im Übrigen wohl weder abschließend definiert noch bewiesen werden kann,423 wird jedoch nur scheinbar eine größere Klarheit erzielt. Es muss sich in der Praxis erst noch zeigen, ob dem auch tatsächlich so ist. Nach hier vertretener Auffassung tritt durch die neue Terminologie an den bewährten Grundsätzen der Dokumentenprüfung materiell keine Veränderung ein.424 2/244 Die Prüfung der Dokumente durch die Bank wird von dem Grundsatz der Doku-

mentenstrenge beherrscht.425 Dieser besagt: Die Bank hat die formelle Übereinstimmung der vorgelegten Dokumente mit dem Wortlaut der Bedingungen des Akkreditivs genau zu prüfen; sie darf nur gegen solche Dokumente Zahlung leisten, die sich nach dieser Prüfung als akkreditivgerecht erweisen.426 An diesem Grundsatz ändert auch die neue Terminologie des Art. 14a ERA nichts, wonach die Banken prüfen, ob die Dokumente ihrer äußeren Aufmachung nach eine konforme Dokumentenvorlage zu bilden scheinen. Hierin ist eher ein Versuch zu sehen, die Zurückweisung von Dokumenten aufgrund rein buchstabengetreuer Prüfung zu erschweren.427 Dies zeigt auch die Regelung des Art. 14d ERA, wonach „Angaben in einem Dokument, im Zusammenhang mit dem Akkreditiv, dem Dokument selbst und dem Standard internationaler Bankenpraxis gelesen“ nicht identisch sein müssen mit Angaben in diesem Dokument, irgendeinem anderen vorgeschriebenem Dokument oder dem Akkreditiv. Andererseits dürfen sie mit dem Vorgenannten auch nicht „im Widerspruch stehen“. Durch diese Regelungen sollte die

422 Vgl. Commentary on UCP 600 S. 62. 423 Vgl. Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 185. 424 So auch Nielsen Uniform Customs, TransportR 2008, 272. 425 Vgl. dazu Koller WM 1990, 293 ff.; Hartmann Die Durchsetzbarkeit des Begünstigtenanspruchs im unwiderruflichen Dokumentenakkreditiv, S. 90 f.; Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn. K/6; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 372; Kümpel Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 7.177; Ingelmann/Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 297 ff.; Nielsen Uniform Customs, TransportR 2008, 276. 426 Vgl. RGZ 106, 26; 114, 268; BGH WM 1958, 291; WM 1960, 38; WM 1970, 552; WM 1971, 158; ZIP 1984, 1194; ZIP 1989, 1451; OLG München WM 1996, 2335; OGH ÖBA 1992, 169; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 993; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 373; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 239, 243; Liesecke WM 1976, 258, 262; Peters WM 1978, 1030, 1034; Stapel Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, S. 145 ff. 427 In diesem Sinne auch Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 177a.

168

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

missbräuchliche Berufung auf Unstimmigkeiten von Dokumenten untereinander eingeschränkt werden, nicht aber der Grundsatz aufgegeben werden, dass Angaben in Dokumenten mit den akkreditivrelevanten Angaben in anderen Dokumenten nicht in Widerspruch stehen dürfen.428 Noch ein zweiter Grundsatz ist hier zu beachten: Dokumenten- und Warengeschäft haben, von der Akkreditiv-, Bestätigungs- oder Zahlstellenbank her gesehen, nichts miteinander zu tun; die Aufnahme der Dokumente beruht lediglich auf der Prüfung der Dokumente ohne Rücksicht auf das dem Akkreditiv zugrunde liegende Warengeschäft, was auch in den ERA wiederholt zum Ausdruck kommt (Art. 4 und Art. 5).429 Aus diesem letztgenannten Grundsatz folgt, dass sich die Prüfung der Banken nicht darauf erstreckt, ob das zugrunde liegende Warengeschäft ordnungsgemäß oder schlecht oder etwa gar nicht erfüllt wurde. Selbst bei dem Nachweis vollständiger und ordnungsgemäßer Erfüllung des Warengeschäfts darf die Bank nicht akkreditivgerechte Dokumente nicht aufnehmen. Umgekehrt ist es für die Bank auch nicht statthaft, die Aufnahme akkreditivgerechter Dokumente abzulehnen, wenn sie aufgrund ihr zuteil gewordener Informationen die Vermutung hegt, dass in den Dokumenten enthaltene Angaben objektiv nicht zutreffen. Darüber hinaus prüfen die Banken auch nicht, ob die Dokumente (trotz Überein- 2/245 stimmung mit dem Akkreditivtext) formelle und/oder materielle Mängel aufweisen, die sie für eine gute Abwicklung des Warengeschäftes als ungeeignet erscheinen lassen. Vielmehr prüfen die Banken lediglich, ob die Dokumente mit den Bedingungen des Akkreditivs förmlich übereinstimmen. Um akkreditivgerecht zu sein, müssen die Dokumente ein in den hauptsächlichen Punkten im Akkreditiv vorgeschriebenes oder sonst feststehendes äußeres Erscheinungsbild haben, bei dessen Ermittlung im Wesentlichen ihr Wortlaut entscheidet; dies ergibt sich insbesondere aus Art. 14a ERA, wonach sich die Banken zu vergewissern haben, dass die Dokumente der äußeren Aufmachung nach eine konforme Dokumentenvorlage zu bilden scheinen. An diesem Grundsatz ist unbedingt festzuhalten. Die gelegentlichen Versuche in Literatur430 und Rechtsprechung431, das

428 Vgl. Commentary on UCP 600 S. 63 f. 429 S.a. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/598; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 373 f.; Jack Documentary Credits, S. 150. S. die Entscheidung der Banking Commission, Documentary Credits INsight, 2000, Vol. 6, No. 4 S. 6, wonach ein Satz „The goods are not fit for human consumption“ auf einem gemäß Art. 21 ERA 500 unterfallenden Dokument kein Grund zur Zurückweisung der Dokumente darstellt. Zur Betrachtung nach britischem Recht: Vorpeil Neuere Entwicklungen, RIW 2008, 131, 135. 430 So andeutungsweise Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 110; Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/121 ff. 431 RG BankArch 1923/1924, 93, wo die Auffassung vertreten wurde, dass schon die bloßen Bedenken bezüglich der materiellen Ordnungsmäßigkeit der Dokumente die Bank zum Nachprüfen verpflichten würden. S. a Todd Documentary Credits INsight, 2000, Vol. 6, No. 2 S. 7 ff. m. Bsp. u. N. aus der jüngeren Rspr. Zum schweizer Recht BGE 115 II 67; hierzu Dilger RIW 1990, 324 f.

169

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

Prinzip der Dokumentenstrenge aufzulockern und zu fordern, dass die Banken die Dokumente auch unter dem Gesichtspunkt prüfen müssen, ob deren Inhalt mit dem gewünschten Geschäftsablauf übereinstimmt, wie er aus dem Inhalt des Akkreditivs zu ersehen ist, verkennen die Kompetenz der Banken.432 Eine Prüfung in diesem Sinne würde eine Kenntnis sowohl der Branche als auch des speziellen Warengeschäfts voraussetzen, die von den Banken nicht verlangt werden kann und die sie auch gar nicht haben wollen. Darüber hinaus ist davor zu warnen, dass die Auslegungsgrundsätze des deutschen Rechts uneingeschränkt Anwendung finden (Rdn. 2/262 f.).

b)

Abweichung der Akkreditivbank von einer Weisung des Auftraggebers

2/246 Immer wieder stellt sich die Frage, inwieweit die Bank von den Weisungen des

Akkreditivauftrags, die im Akkreditiv ihren Niederschlag gefunden haben, bei Aufnahme der Dokumente abzuweichen berechtigt ist. In diesem Zusammenhang sei § 665 BGB erwähnt, auf dessen Problematik im Akkreditivgeschäft bereits im Rahmen der Untersuchung, inwieweit die Bank vom Akkreditivauftrag bei Eröffnung des Akkreditivs abweichen kann, eingegangen worden ist (Rdn. 2/141). Es muss davor gewarnt werden, dass Banken unter Berufung auf § 665 BGB – ohne die vorherige Zustimmung des Akkreditivauftraggebers – Dokumente unter Abweichung von den Bedingungen des Akkreditivs aufnehmen. Bedauerlicherweise finden sich jedoch in einer Entscheidung des BGH433 folgende Ausführungen: „Geringfügige Abweichungen müssen dem Begünstigten (und ebenso der Bank gegenüber ihrem Auftraggeber) gestattet sein, wenn eine vernünftige Beurteilung der vorgelegten Papiere zu dem sicheren Ergebnis führt, dass der Zweck der Akkreditivbestimmungen erreicht ist“, oder wenn die Bank auch ohne Hinzuziehung von Fachkennern „völlig einwandfrei beurteilen könne, dass die Abweichung nicht erheblich und für den Empfänger der Ware (ihren Auftraggeber) unschädlich sei“. Der BGH hieß es gut, dass eine Bank statt der geforderten zweifachen Ausfertigung eines Dokuments nur eine Ausfertigung als akkreditivgerecht angenommen und honoriert hatte. Derartigen Ansätzen, die Dokumentenstrenge aufzuweichen, muss entschieden entgegengetreten werden.434 Wenn, wie in diesem

432 Krit. hierzu a Nielsen in: BuB, Rdn. 5/603; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 374; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 957; Berger in: FS Schütze, S. 103, 108 ff. S. a. BGH WM 1994, 1063. 433 WM 1960, 38, 39. S. ferner BGH WM 1988, 1298 m. krit. Anm. Eberding WuB I H 2.–3.88; OLG München WM 1998, 554 m. krit. Anm. Dach WuB I H 2.- 2.99. S. a BGH WM 1994, 1063 m. Anm. Schütze WuB I H 2.–2.94. Ferner OGH ÖBA 1992, 169. Umgekehrt soll die Pflicht zur Aufnahme an sich einwandfreier Dokumente entfallen, wenn sich widersprechende urkundliche Erklärungen vorliegen und hierdurch die Auszahlung eines der Bank eröffneten Gegenakkreditivs gefährdet wird, BGH WM 1964, 223. 434 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 382 ff., 390; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/600, 5/603; ders. Richtlinien, Rdn. 129; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 963: Zahlenangaben im Akkreditiv sind nicht auslegungsfähig. Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 181; Liesecke WM 1976, 258, 262.

170

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

Urteil des BGH, die zweifache Ausfertigung verlangt wird, ist kein Raum für eine „vernünftige Beurteilung“ oder für „Zweckmäßigkeitserwägungen“ seitens der Bank. Wird nur eine Ausfertigung angedient, während das Akkreditiv zwei verlangt, sind die Bedingungen des Akkreditivs nicht erfüllt, was zur Zurückweisung der Dokumente führen muss.435 Die Beteiligten hätten sich hier rechtzeitig eine zweckmäßigere Fixierung der Bedingungen des Akkreditivs überlegen sollen. Als Zahlungsinstrument des Außenhandels lebt das Akkreditiv von seiner forma- 2/247 len Strenge. Einerseits müssen alle Beteiligten unbedingt darauf vertrauen können, dass die Bedingungen des Akkreditivs uneingeschränkt voll erfüllt werden. Andererseits darf die Bank auch nicht mehr verlangen, als der Text des Akkreditivs vorschreibt, auch wenn das nach ihrem eigenen Urteil sachgemäß erschiene. Würde den Banken eine Ermessensbefugnis auf der Grundlage von Treu und Glauben im Sinne der erwähnten Entscheidung des BGH eingeräumt, schwände das Vertrauen in die Verlässlichkeit der dokumentären Abwicklung dahin, weil dieses Abweichen von der Formstrenge einen ständigen, den Gebrauch von Akkreditiven wirtschaftlich in Frage stellenden Unsicherheitsfaktor schaffen würde: Der Käufer wüsste nicht mehr, ob er tatsächlich die geforderten Dokumente erhält, der Verkäufer wäre versucht, Dokumente einzureichen, die es nach seiner Ansicht „ebenso gut tun“ wie die im Akkreditiv verlangten, und schließlich würde den Banken ein Ermessensspielraum eingeräumt, den sie gar nicht beanspruchen wollen und den die ERA tendenziell gerade einschränken. Mit einem Aufweichen der Dokumentenstrenge würde man allen Akkreditivbeteiligten einen schlechten Dienst erweisen und durch Zerstörung von Sicherheit und Vertrauen die Finanzierungsmöglichkeiten der Importeure und Exporteure beeinträchtigen. In vollem Umfang ist den Worten Lord Sumners in einer englischen Entscheidung zu folgen: „Im Dokumentengeschäft ist kein Raum für Dokumente, die beinahe dieselben sind oder die es ebenso gut tun.“436 Es wäre verfehlt, die hier vertretene strenge Auffassung etwa als rücksichtslos zu bezeichnen. Man darf nicht vergessen, dass die Beteilig-

435 So a. OGH ÖBA 1992, 169; Griss-Reiterer ÖBA 1999, 175, 176. S. a Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 381 ff., unter Anführung weiterer ähnlicher Entscheidungen ausländischer Gerichte. 436 Equitable Trust Company of New York v. Dawson Partners, Ltd. (1927) 27 Ll.L. Rep., 49: „It is both common ground and common sense that in such a transaction the accepting bank can only claim indemnity if the conditions on which it is authorised to accept are in the matter of the accompanying documents strictly observed. There is no room for documents which are almost the same, or which will do just as well. Business could not proceed securely on any other lines. The bank’s branch abroad, which knows nothing officially of the details of the transaction thus financed, cannot take upon itself to decide what will do well enough and what will not. If it does as it is told, it is safe; if it declines to do anything else, it is safe; if it departs from the conditions laid down, it acts at its own risk. The documents tendered were not exactly the documents which the defendants had promised to take up, and prima facie they were right in refusing to take them.“ Ebenso: English, Scottish and Australian Bank, Ltd. v. Bank of South Africa (1922) 13 Ll.L. Rep. 21; J. H. Rayner and Company Ltd. v. Hambro’s Bank Ltd. (1943) 1 K. B. 37; London & Foreign Trading Corporation v. British & North European Bank (1921) 9 Ll.L. Rep. 116; Michael Doyle & Associates Ltd. v. Bank of Montreal, International Banking Law July 1983, 20.

171

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

ten es selber in der Hand haben, von vornherein – vielleicht auch durch frühzeitige Abstimmung mit der Hausbank – für eine solche Formulierung der Bedingungen des Akkreditivs zu sorgen, welche die reibungslose Durchführbarkeit des Akkreditivs gewährleistet. Auch ist die Zeitspanne zwischen Akkreditiveröffnung und Andienung der Dokumente fast immer lang genug, um es dem Begünstigten zu ermöglichen, über den Käufer für eine Abänderung des Akkreditivs Sorge zu tragen. 2/248 Das hier zum Ausdruck gebrachte harte Bestehen auf Dokumentenstrenge soll

keinesfalls zu einer unflexiblen doktrinären Haltung der Banken führen. Schließlich wollen sie ihren Kunden helfen und nicht aus theoretischen Gründen den Geschäftsablauf erschweren. Infolgedessen halten die Banken in Fällen, bei denen es sich praktisch einrichten lässt, bei ihrem Auftraggeber Rückfrage, ob er bereit ist, einen bestimmten Mangel der Dokumente zu akzeptieren (z.B. eine nicht zulässige Mengenabweichung). Ist der Kunde einverstanden – aber nur dann –, nehmen die Banken auch nicht ganz akkreditivgerechte Dokumente – ggf. unter Vorbehalt – auf. Käufer und Begünstigter haben darauf aber keinen Anspruch.437 Des Weiteren ist ausgeschlossen, dass die Bank auf diese Art und Weise die Prüfung auf den Auftraggeber verlagert.438 2/249 Gegenstand der Dokumentenprüfung sind demnach grundsätzlich nur die doku-

mentären Zahlungsbedingungen eines Akkreditivs. Nach dem erstmals in die Einheitlichen Richtlinien eingeführten Art. 13c ERA 500 und nunmehr Art. 14h ERA betrachten die Banken solche Akkreditivbedingungen, für die das Akkreditiv keinen dokumentären Erfüllungsnachweis vorschreibt, als nicht vorhanden.439 Ob hierdurch die Problematik der Aufnahme von nicht dokumentären Zahlungsbedingungen in ein Akkreditiv tatsächlich entfällt, kann bezweifelt werden.440 Denn Gerichte könnten dennoch weiterhin solchen Abreden als Individualabreden Vorrang vor den Bestimmungen der ERA zuerkennen. Daher empfiehlt es sich für die Praxis, von der Eröffnung, Bestätigung oder Avisierung von Akkreditiven mit nicht-dokumentären Zahlungsbedingungen nach Möglichkeit Abstand zu nehmen.

437 Möglich ist aber, dass das Akkreditiv eine Inspektionsklausel enthält (Auszahlung erst gegen Bestätigungsvorlage), BGH NJW 1983, 631. 438 Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn. K/6. 439 ICC-Publ Nr. 511 S. 42; vgl. Burton v. McCullough, Letters of Credit, § 4.05 (6), S. 470 mit Hinweis auf Entscheidungen amerikanischer Gerichte, die nicht-dokumentäre Zahlungsbedingungen als „surplusage“ behandeln wie z.B. First Nat’l Bank v. Carmouche, 504 So. 2 d. 1153, 4 U. C. C. Rp.Serv. 2 d (Callaghan) 1991, 195 (La.Ct.App. 1987) (letter of credit required beneficiary’s certification „standing that the amount drawn under the credit is owned to you . . . per the written agreement between (beneficiary) and (customer)“). S. hierzu Nielsen Richtlinien, Rdn. 174; ders. in: BuB, Rdn. 5/599. 440 Vgl. Nielsen Richtlinien, Rdn. 177 f.; ders. in: BuB, Rdn. 5/599.

172

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

c)

Zweiter Abschnitt

Prüfungskriterien und Prüfungsmaßstab

Für die Durchführung der Dokumentenprüfung gibt es drei Hauptkriterien: 2/250 Danach haben die Banken die Vollständigkeit der Dokumente, die äußerliche Ordnungsmäßigkeit im Sinne der formellen Übereinstimmung nach den Akkreditivbedingungen und den Ausschluss von Widersprüchen festzustellen. Seit der Revision der ERA 1993 erfolgt die Prüfung der formellen Akkreditivfähigkeit gemäß Art. 13a ERA 500 und nunmehr Art. 14d ERA nach dem Standard internationaler Bankpraxis, wie er sich in diesen Richtlinien widerspiegelt. Dieser Zusatz dient dazu, Besonderheiten des nationalen Rechts oder auch die Anwendung von Ortsusancen auf die Dokumentenprüfung zu eliminieren.441

2.

Kriterien der Dokumentenprüfung im einzelnen

a)

Vollständigkeit der Dokumente

Im Rahmen der Dokumentenprüfung hat die Bank zunächst festzustellen, ob die 2/251 Dokumente vollständig vorliegen. Vollständigkeit ist in diesem Zusammenhang als Vollzähligkeit zu verstehen und bezieht sich nicht auf den Inhalt der Dokumente, der gemäß Art. 34 ERA nicht Prüfungsgegenstand ist.442 Originale und Kopien haben in der Zahl vorzuliegen, wie dies durch die Akkreditivbedingungen bzw. die ERA vorgeschrieben wird.443 Hierbei ist insbesondere auch das Verhältnis von Original(en) zu Kopie(n) zu beachten.

b)

Äußerliche Ordnungsmäßigkeit der Dokumente

Des Weiteren sind die Dokumente auf ihre äußerliche Ordnungsmäßigkeit zu 2/252 überprüfen. Das Problem der äußerlichen Ordnungsmäßigkeit stellt sich zunächst

441 Nielsen WM-Sonderbeilage 2/1994 S. 11; von Westphalen RIW 1994, 453, 456; Ingelmann/ Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 299. Zur abl. Haltung der US-amerikanischen Literatur zu diesem Zweck Stapel Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, S. 155. 442 von Westphalen RIW 1994, 453, 456; BGH WM 1989, 1713; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 381 ff.; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 214; OLG München WM 1996, 2337. 443 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/600. Abzulehnen BGH WM 1960, 38, der es für die Erfüllung der Akkreditivbedingungen als unerheblich ansah, dass der Begünstigte das in den Akkreditivbedingungen vorgeschriebene zweite Exemplar der Eisenbahnempfangsbescheinigung nicht vorgelegt hatte.

173

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

in Fälschungsfällen.444 Die Banken sind verpflichtet, die Dokumente streng innerhalb der Grenzen des ihnen erteilten formalen Auftrags zu prüfen.445 2/253 Nimmt eine Bank mangelhafte Dokumente auf, sind hinsichtlich ihrer Haftung

gegenüber dem Auftraggeber folgende Fälle zu unterscheiden: Ist der Mangel für die Bank aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes der Dokumente trotz sorgfältiger Prüfung nicht erkennbar (z.B. eine gefälschte Unterschrift auf einem Konnossement), besteht gegenüber dem Auftraggeber keine Haftung der Bank für einen Schaden, der diesem durch den Mangel etwa erwächst. Dies folgt aus Art. 34 ERA, welcher das Risiko einer solchen nicht erkennbaren Mangelhaftigkeit dem Auftraggeber anlastet.446 Hätte die Bank dagegen bei Anwendung angemessener Sorgfalt den Mangel erkennen können oder müssen, ließ es jedoch bei der Dokumentenprüfung an der gebotenen Sorgfalt fehlen, muss sie dem Auftraggeber für einen daraus resultierenden Schaden einstehen. Fahrlässiges Verhalten wird durch die in Art. 34 ERA enthaltenen Freizeichnungsklauseln nicht gedeckt.447 Allerdings versuchen die Banken, sich gegen das Fälschungsrisiko regelmäßig durch AGB freizuzeichnen. Entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht448 hat der BGH den Ausschluss der Haftung auch für leichte Fahrlässigkeit bei der Echtheitsprüfung von Dokumenten für zulässig erachtet.449 2/254 Wenn durch diese Bestimmung die Haftung der Bank „für Form, Vollständigkeit,

Genauigkeit, Echtheit, Verfälschung oder Rechtswirksamkeit irgendeines Dokuments oder für die allgemeinen oder besonderen Bedingungen, die in irgendeinem Dokument angegeben oder denselben hinzugefügt sind“, ausgeschlossen wird, geht dies nicht so weit, dass die Bank für formelle und materielle Mängel der Dokumente, die aus deren äußerem Erscheinungsbild ersichtlich sind, überhaupt nicht einzustehen hat. Dem widerspricht schon der nach hier vertretener Ansicht unverändert gültige Maßstab, dass mit „angemessener Sorgfalt“ (vgl. Rdn. 2/243) zu prüfen ist, der sich – konkretisiert – auch in Art. 14a ERA i.V.m. Art. 2 ERA wiederfindet. Die Freizeichnungsklausel soll die Bank vielmehr nur dann schützen, wenn sie trotz sorgsamer Prüfung Dokumente aufnimmt, deren äußere Erscheinung zwar einen korrekten Eindruck macht, die sich später aber formell oder materiell als mangel-

444 BGH WM 1989, 1713. S. ferner Nielsen Grundlagen, S. 101; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 942. 445 BGH WM 1958, 587; BGH WM 1984, 1214, 1215; Ingelmann/Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 298; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 386; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 239, 243. 446 Baumbach/Hopt HGB, Bankgeschäfte (11) ERA, Art. 15 Rdn. 1; BGH WM 1989, 1713. 447 Art. 34 ERA stelle keine Regelung eines Haftungsausschlusses dar, sondern die Konkretisierung einer Leistungsbeschreibung, Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 182; ders. Richtlinien, Rdn. 388. 448 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 965; Schlegelberger/Hefermehl HGB Anh. § 365 Rdn. 184. 449 BGH WM 1989, 1713; hierzu zust. Nielsen WuB I H.2–1.90; Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn. K/6.

174

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

haft erweisen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich keineswegs immer eindeutig entscheiden lässt, ob ein vorgelegtes Konnossement etwa der Form nach ordnungsgemäß ist oder ob eine Klausel in einer Versicherungspolice den Wert der Versicherung so beeinträchtigt, dass die Police nicht mehr als akkreditivgerecht gelten kann. In solchen Fällen ist die Bank gezwungen, nach entsprechender Auslegung des Textes über die Aufnahme der Dokumente zu entscheiden. In diesem Zusammenhang kann zur Illustration ein Sachverhalt, über den der BGH450 zu entscheiden hatte, erwähnt werden: Die Firma A hatte zugunsten der Firma B ein Bankakkreditiv eröffnen lassen, auszahlbar gegen Dokumente über den Versand von 100t Milchpulver und ein Analysen- und ein Prüfungszertifikat, aus denen sich ergeben sollte, dass das Pulver im Sprühverfahren hergestellt war. Der Akkreditivbank wurden die Dokumente und die Zertifikate präsentiert, wobei auf den Zertifikaten diejenigen Worte, die sich auf das Sprühverfahren bei der Herstellung bezogen, in Anführungsstriche gesetzt waren. Die Bank beanstandete die Dokumente nicht und zahlte den Betrag zu Lasten ihres Auftraggebers an den Begünstigten aus. Daraufhin wies der Auftraggeber die Dokumente zurück und verklagte die Bank auf Rückzahlung des Betrages mit der Begründung, dass sie die Anführungsstriche übersehen habe; solche Anführungsstriche aber besagten, dass die von ihnen eingeschlossenen Bemerkungen nur eine fremde Meinung wiedergäben, nicht aber auf einem eigenen Urteil dessen beruhten, der das Zertifikat ausgestellt habe. Der BGH hat die Bank antragsgemäß verurteilt. Die Banken sind verpflichtet, bei der Prüfung der Dokumente offenkundige 2/255 Mängel formeller Art nicht unbeanstandet zu lassen. Hingegen besteht keine Verpflichtung, solche Unstimmigkeiten zu ermitteln, die erst nach einer mit der banktechnischen Handhabung im Rahmen der dokumentären Kontrolle schwer zu vereinbarenden besonderen Untersuchung festgestellt werden können.451 Bei der Auslegung der Dokumente durch die Bank können Fehlentscheidungen 2/256 vorkommen; die Bank kann die Usancen des einzelnen Warengeschäfts oder bestimmter Branchen, die Üblichkeit und Bedeutung von Versicherungsklauseln oder die von Land zu Land verschiedenen Gepflogenheiten bezüglich der Aufmachung von Dokumenten gar nicht im Einzelnen kennen.452 Das Risiko solcher Fehlentscheidungen soll gemäß Art. 34 ERA der Auftraggeber tragen, der es ja weit gehend in der Hand hat, rechtzeitig durch angemessene Präzisierung seines Akkreditivauftrag derartige Ermessensentscheidungen der Bank überflüssig zu machen.

450 WM 1958, 587. 451 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 386; Nielsen Grundlagen, S. 101 f. 452 S. zu dieser Problematik a. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/601.

175

Zweiter Abschnitt

c)

Dokumentenakkreditiv

Übereinstimmung nach Art und Inhalt – Ausschluss von Widersprüchen

2/257 Weniger schwierig gestaltet sich die Prüfung, ob die Dokumente nach Art und

Inhalt mit den Akkreditivbedingungen übereinstimmen.453 Ergeben sich Abweichungen, die mit höheren Kosten verbunden sind, z.B. weil eine andere Lieferbedingungen („ex warehouse“ anstelle von „f.a.s“, was zu zusätzlichen Frachtkosten führt) angegeben ist, besteht keine inhaltliche Übereinstimmung.454 Schwieriger hingegen kann die Frage der Übereinstimmung der Dokumente mit den Akkreditivbedingungen bei Zweifeln inhaltlicher Natur dann zu beantworten sein, wenn kein offenbarer Nachteil für den Akkreditivauftraggeber ersichtlich ist.455 2/258 Vor der Revision von 1974 war in den Einheitlichen Richtlinien nicht ausdrücklich

geregelt, dass die Dokumente untereinander übereinzustimmen haben. Zur Bestätigung der bereits geübten Praxis und zur Vermeidung von Rechtsunsicherheit wurde sodann Art. 13a ERA 500 wie folgt ergänzt: Dokumente, die sich ihrer äußeren Aufmachung nach untereinander widersprechen, werden als ihrer äußeren Aufmachung nach nicht den Akkreditiv-Bedingungen entsprechend angesehen. Erforderlich ist nicht, dass die Dokumente inhaltlich positiv übereinstimmen.456 Es kam und kommt vielmehr darauf an, dass sie sich ihrem Inhalt nach gegenseitig nicht widersprechen, d.h. dass „Angaben in einem Dokument, im Zusammenhang mit dem Akkreditiv, dem Dokument selbst und dem Standard internationaler Bankenpraxis gelesen müssen nicht identisch sein mit Angaben in diesem Dokument, irgendeinem anderen vorgeschriebenen Dokument oder dem Akkreditiv, dürfen damit aber auch nicht im Widerspruch stehen“. So nunmehr die Regelung in Art. 14d ERA 600 wörtlich. Sind die Dokumente untereinander widersprüchlich, hat eine Zurückweisung auch dann zu erfolgen, wenn jedes Dokument für sich selbst und isoliert gesehen akkreditivkonform ist.457

d)

Ergebnis der Prüfung

2/259 Am Ende ihrer Prüfung muss die Bank sich darüber klar werden, ob sie die Doku-

mente aufnimmt oder nicht. Diese Entscheidung ist grundsätzlich nicht in ihr Ermessen gestellt; es gilt vielmehr Folgendes: Kommt die Bank – gegebenenfalls nach Auslegung des nicht eindeutigen Akkreditiveröffnungsschreibens (Rdn. 2/260 ff.) – zu der Überzeugung, dass die Dokumente mit dem Akkreditiveröffnungsschreiben und den sonstigen Erfordernissen übereinstimmen, muss sie die

453 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 391; Stapel Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, S. 153. 454 BGH RIW/AWD 1984, 914. 455 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 393; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 963; BGH WM 1958, 219. 456 Nielsen Richtlinien, Rdn. 155. 457 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/602; ders. in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 221 f.

176

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

Dokumente aufnehmen und durch Auszahlung des Akkreditivbetrages honorieren. Gelangt die Bank dagegen zu der Überzeugung, dass die vorgelegten Dokumente den Anforderungen des – möglicherweise auszulegenden – Akkreditiveröffnungsschreibens und auch den ergänzend heranzuziehenden ERA nicht entsprechen, ist sie dem Begünstigten gegenüber berechtigt und dem Käufer gegenüber mangels anderweitiger Vereinbarung verpflichtet, die Dokumente – welche so lange, als sie noch nicht eingelöst wurden, im Eigentum des Begünstigten verbleiben – zurückzuweisen und zurückzugeben.458 Mit den Fällen, in denen die Bank die Dokumente weder eindeutig aufnehmen noch klar zurückweisen muss, sondern in welchen sie für die Aufnahme oder Nichtaufnahme einen gewissen Ermessens- und/oder Auslegungsspielraum hat, befasst sich der nächste Abschnitt.

3.

Ermessen und Auslegung

a)

Anforderungen durch Massengeschäftscharakter

Bei der Honorierung von Dokumenten, die zur Bedienung von Akkreditiven ein- 2/260 gereicht werden, gibt es einen Bereich, in dem es für die Banken klar ist, ob sie die Dokumente aufnehmen oder zurückweisen müssen. Ihre eigenen Überlegungen und auch ihre eigenen Interessen (z.B. bei Kreditgewährung) bleiben unberücksichtigt. Daneben gibt es eine zweite Sphäre, in der keine klare Pflicht zur Aufnahme oder Ablehnung der Dokumente besteht, sondern in der es den Banken nach pflichtgemäßem Ermessen freisteht, wie sie sich verhalten sollen; sie können also wählen, was sie tun werden. In den letzten Jahrzehnten hat sich das Dokumentengeschäft stark ausgeweitet. Es 2/261 ist inzwischen zu einem echten Massengeschäft geworden. Immer mehr wird die Abwicklung von Akkreditivgeschäften in den Außenhandelsfirmen und den Banken als Routinegeschäft behandelt. Sowohl bei den Export- und Importfirmen als auch bei den Banken werden diese Geschäfte in ihrer Abwicklung nicht mehr im Bereich der Geschäftsleitungen, sondern in Fachabteilungen oder qua Auslagerung von Drittunternehmen bearbeitet, wobei es gar nicht erwünscht ist, dass allzu viele Dinge nach „bestem Wissen und Gewissen“ zu entscheiden sind. Das Geschäft wird erleichtert und vereinfacht, wenn für möglichst weite Bereiche feste Regeln bestehen und konkrete Einzelentscheidungen nicht getroffen werden müssen. Man kann diese Entwicklung an den Revisionen verfolgen, denen der Text der ERA im Laufe der Zeit unterzogen wurde. Für immer zahlreichere Situationen wurde die Formulierung „Die Banken können Dokumente zurückweisen, wenn sie. . .“ durch die Fassung ersetzt „Die Banken weisen Dokumente zurück, wenn sie. . .“. Die Export- und Importfirmen sowie die Banken haben diese Entwicklung begrüßt. Für die Banken wurde im Akkreditivgeschäft der Bereich, in dem sie vor der Notwendigkeit standen, eigene Ermessensentscheidungen zu treffen, immer

458 Zur Prüfungsfrist Rdn. 2/373 f.; zur Zurückweisung der Dokumente Rdn. 2/375 ff.

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Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

kleiner, was die Bearbeitung der Akkreditivgeschäfte vereinfachte. Heute arbeitet praktisch die ganze Welt nach den ERA der ICC, die das Ziel verfolgen, den Ermessensspielraum der Banken stark einzuschränken, indem sie deren Ermessensentscheidung – jedenfalls ihrem Wortlaut nach – weit gehend durch klare und feste Mussvorschriften ersetzen.

b)

Auslegung von Akkreditivbedingungen und ihre Grenzen

2/262 Akkreditivbedingungen sind Gegenstand der Auslegung durch die akkrediti-

veröffnende Bank. Wo die Grenzen der Auslegung verlaufen, hat der BGH in einer Entscheidung aus dem Jahr 1994 zu präzisieren versucht:459 „Ein Standby Letter of Credit ist ebenso wie ein Dokumenten-Akkreditiv einer Auslegung zugänglich, die nicht nur auf den Wortlaut, sondern auch auf den aus der Urkunde erkennbaren Sinn und Zweck der in ihm enthaltenen Bestimmungen abstellt.“ Zur Auslegung dürfen demnach nur Umstände herangezogen werden, die sich aus dem Akkreditiv selbst ergeben, nicht aber aus dem Grundgeschäft. Des Weiteren ist bei der Auslegung der Akkreditivverpflichtung der Grundsatz der Dokumentenstrenge zu beachten.460 Das OLG Frankfurt461 hat in einer späteren Entscheidung zur Auslegung des Akkreditivs auf das Grundgeschäft zurückgegriffen. Um zu vermeiden, dass der Grundsatz der Dokumentenstrenge nicht ausgehöhlt wird, kann jedoch zur Auslegung des Akkreditivs nur dann das Grundgeschäft zulässigerweise herangezogen werden, sofern es in der Akkreditivurkunde erwähnt wird.462 Die Rechtsprechung lässt auch den Rückgriff auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu: So hielt das OLG München463 es für unschädlich, dass die Transportdokumente die Akkreditivbank statt des Auftraggebers als Empfänger auswiesen. Weichen Adresse und Firmenzusatz des Begünstigten in den Dokumenten von den Akkreditivbedingungen ab, so hielt das OLG München in einer anderen Entscheidung464 dies trotz behaupteter Identität mit der äußerlichen Ordnungsmäßigkeit für nicht vereinbar und die Zahlungsverweigerung demzufolge für zulässig. Unter den ERA 600 dürfte eine derartige Entscheidung nicht mehr gefällt werden, da Art. 14j ERA nunmehr ausdrücklich regelt, dass die Adressen des Begünstigten und Auftraggebers, die in einem vorgeschriebenen Dokument enthalten sind,

459 BGH WM 1994, 1063 m. Anm. Schütze WuB I H 2–2.94. Vgl. ferner Eschmann RIW 1996, 913 ff. 460 BGH WM 1958, 1542, 1543; BGHZ 115, 1, 5; BGH WM 1992, 2026, 2028; BGH WM 1993, 759, 760; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/605; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 399. Zum Meinungsstreit in der US-Rechtsprechung, ob einer Auslegung unter Begrenzung auf den Urkundeninhalt „strict compliance“ oder einer sinngemäßen Auslegung „substantial compliance“ zu folgen ist, Nielsen Richtlinien, Rdn. 127 ff., 131. 461 OLG Frankfurt DZWIR 1997, 423 m. Anm. Berger DZWir 1994, 426, 428 und 508 ff. 462 S. hierzu a. Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 400; Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn K/6; Berger in: FS Schütze, S. 103, 112 f.; Nielsen Richtlinien, Rdn. 130. 463 WM 1998, 554 m. zust. Anm. Nielsen EWiR § 675 BGB 2/98 S. 211. 464 WM 1996, 2335 m. Anm. Koller WuB I H.2–1.97.

178

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

nicht den Adressen entsprechen müssen, die im Akkreditv und in einem anderen vorgeschriebenen Dokument angegeben sind. Wünschenswert ist jedoch von diesem Einzelpunkt, der eine Regelung in den ERA erfahren hat, abgesehen, dass sich die Rechtsprechung im Hinblick auf die Auslegung von Akkreditiven auf die Eigentümlichkeit des Zahlungsinstruments, das durch die Grundsätze der Abstraktheit und der Dokumentenstrenge bestimmt wird, besinnt, um so eine schleichende Durchbrechung dieses formalen Zahlungsinstruments und damit verbunden einen Verlust der Effektivität dieses Instruments zu vermeiden. Problematisch in der Praxis ist des Weiteren, ob bei Schreib-, Flüchtigkeits- oder 2/263 Übersetzungsfehlern einschließlich fehlerhafter Zeichensetzung Dokumente wegen Nichtübereinstimmung mit den Akkreditivbedingungen zurückzuweisen sind.465 Die ICC hat zur Frage von Schreibfehlern bislang wie folgt Stellung genommen:466 „As typing errors are often in technical expressions, it is not possible for bank employees to judge the importance of such discrepancy, even if it seems to be a minor one. According to our experience it is therefore advisable to amend the error in order not to risk a rejection of the documents. (. . .)“ Angesichts der im Massengeschäft unvermeidlich auftretenden Schreib- und Flüchtigkeitsfehler erscheint die Ansicht, Dokumente wegen offensichtlicher Schreib- und Flüchtigkeitsfehler zurückweisen zu müssen, ausgesprochen rigide.467 So sind nach Auffassung der ICC offensichtliche Flüchtigkeitsfehler unbeachtlich.468 Allerdings verbleibt hierbei dann der Ermessenspielraum, ob eine offensichtlicher Flüchtigkeitsfehler oder in anderen Fällen eine gravierende Abweichung vorliegt oder nicht.469 Als Leitlinie empfiehlt sich zu prüfen, ob mit einer bestimmten Schreibweise oder Zeichensetzung ein bestimmter Sinn vermittelt werden sollte oder nicht.470

c)

Ermessensentscheidungen nach den ERA

Ermessensentscheidungen sind heute in den ERA nur noch in Art. 18b (Handels- 2/264 rechnungen, welche die Akkreditivsumme übersteigen) und Art. 33 (Annahme von Dokumenten außerhalb der Schalterstunden) ausdrücklich genannt. Sie können sich aber auch sonst noch – nicht zuletzt auch aus den konkreten Weisungen für das einzelne Geschäft – ergeben.471 Außerdem macht im Einzelfall oftmals eine einzelne individuell getroffene Formulierung im Akkreditiveröffnungs-

465 Beispielsweise „Mueller“ statt „Müller“ oder „München“ statt „Munich“. 466 Opinions of the ICC Banking Commission 1984–1985, ICC-Publ Nr. 434 S. 33. 467 Krit. ebenso Nielsen in: BuB, Rdn. 5/606 mit Rechtsprechungsbeispielen; Ingelmann/ Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 299. 468 ISBP, ICC-Publ. Nr. 681, § 25. 469 Nielsen Richtlinien, Rdn. 134. 470 S.a. BGH WM 1958, 587, 588. Ferner Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn K/6. Ferner ICC Expert Panel, Documentary Credits INsight, 2000, Vol. 6, No. 4 S. 20 f: „There is no inconsistency between the word „and“ and „&“. 471 A.A. Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 403.

179

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

schreiben zwecks ihrer Auslegung eine Ermessensentscheidung der Bank erforderlich, was mitunter überhaupt erst bei Einreichung der Dokumente erkennbar wird, so dass niemandem ein Vorwurf gemacht werden kann, nicht für rechtzeitige Klärung gesorgt zu haben. 2/265 Soweit die Entscheidung über die Aufnahme von Dokumenten oder deren Aus-

legung oder sonst ihr Verhalten in das Ermessen der Bank gestellt ist, wird keineswegs Willkür zugelassen; es gibt aber eine Sphäre, in der die starre Regel aufhört und die Bank jeweils von Fall zu Fall pflichtgemäß, und dann auch für den Käufer verbindlich, entscheidet, ob sie die ihr präsentierten Dokumente aufnehmen will oder nicht. In die Entscheidung fließen vielerlei Gesichtspunkte ein, z.B. Branche des Verkäufers und des Käufers, Warenart, Umfang des Geschäftes, beteiligte Länder, weltpolitische Lage usw., vor allem auch das Standing und die Eigenart der Beteiligten; eine einheitliche Linie ist daher schwer zu ziehen. Über den Umfang der Entscheidungsbefugnis der Banken herrschen je nach Ländern und Plätzen, ja sogar nach Bankinstituten, unterschiedliche Traditionen und Ansichten. 2/266 Allgemein dürfte hier folgende grundsätzliche Überlegung anzustellen sein:

Da der Begünstigte das Akkreditiv in der Regel geraume Zeit vor der Inanspruchnahme kennt, hat er fast immer die Möglichkeit, es sorgfältig zu studieren und rechtzeitig über den Käufer Abänderungen (amendments) von Einzelheiten herbeizuführen (Hafen ändern, Teilverschiffung gestatten, Verpackung anders regeln, Analysenvorschrift ändern oder streichen usw.). Auf diese Weise kann rechtzeitig mit Zustimmung von Käufer und Akkreditivbank fast jede Unstimmigkeit beseitigt werden. Macht der Begünstigte von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, hat er die unangenehmen Folgen seiner Saumseligkeit mit Recht selbst zu tragen. In solchen Fällen werden die Banken, sofern die Fälle überhaupt den Bereich des Ermessensgebrauchs tangieren, im Zweifel zu einer strengen, d.h. für den Begünstigten nachteiligen Einstellung neigen. Wie andere Fälle anzusehen sind, wird jeweils bei der Behandlung der einzelnen Dokumente (Rdn. 2/273 ff.) erörtert. 2/267 Festzuhalten ist hier, dass die Bank innerhalb ihrer Ermessensfreiheit, unbeschadet

etwaiger Meinungsverschiedenheiten über deren Reichweite, nach ihrem pflichtgemäßen Sachverstand wirklich frei entscheidet. Dabei sollte die Bank zwar alle technischen und rechtlichen Finessen der bankmäßigen Akkreditivsphäre kennen; sie muss aber nicht mit den Einzelheiten der verschiedenen Warenbranchen vertraut sein. Die pflichtgemäße Entscheidung der Bank in diesem Ermessensrahmen hat der Käufer gegen sich gelten zu lassen; die Ermessensfreiheit der Bank in diesem Zusammenhang ist feststehender Handelsbrauch, auf den oft noch ausdrücklich im Akkreditiv Bezug genommen wird, meist durch Verweisung auf die ERA, die, wie schon erwähnt, in ihrer historischen Entwicklung den Ermessensspielraum der Banken immer mehr einzuschränken bestrebt waren (Rdn. 1/6). 2/268 In der Praxis kamen Ermessensentscheidungen früher gelegentlich auch dann vor,

wenn der Akkreditivauftrag zu allgemein gehalten war (etwa der Auftrag zur Eröffnung eines unwiderruflichen Akkreditivs gegen „handelsübliche Dokumente einer erstklassigen Reederei“ über die Verschiffung einer näher bezeichne-

180

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

ten Ware); derartige Vorgänge sind durch Art. 20a ERA 500 und jetzt die entsprechenden Auslegungsregelungen in Art. 3 ERA (vgl. auch ISBP Ziff. 2), die eine ausreichende Präzisierung der vorzulegenden Dokumente bestimmen, ausgeschlossen worden. Es gibt aber auch Fälle, in denen sich die Angaben im Akkreditiv erst bei Vorkommen der Dokumente als doppeldeutig erweisen. Hier darf und muss die Bank pflichtgemäß ihre Entscheidung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes treffen. Die Art. 3 und insbesondere Art. 14 ERA stellen insoweit eine Reihe von Grundsätzen auf, die jedoch nicht erschöpfend sind und auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Zur Erteilung nachträglicher Weisungen gegen den Willen der Bank ist der Akkre- 2/269 ditivauftraggeber nicht berechtigt. Wenn die technische Möglichkeit gegeben ist und nicht andere Gesichtspunkte, die aus einem etwaigen Kreditverhältnis herrühren, entgegenstehen, wird aber die Bank dem Akkreditivauftraggeber bei Zweifelsfällen freiwillig Gelegenheit bieten, ihr seine Wünsche mitzuteilen, damit der wirtschaftliche Geschäftsablauf nicht aus formalrechtlichen Gründen unnötig gehemmt wird. Zusammenfassend ist festzustellen, dass bei der Abwicklung eines Akkreditivs die 2/270 Banken insoweit an den Wortlaut des Akkreditivauftrags gebunden sind, als dieser einen klaren Willen des Auftraggebers erkennen lässt. Darüber hinaus haben die Banken dem Akkreditivauftraggeber gegenüber nur die pflichtgemäße Handhabung ihres Ermessens, nicht aber das Ergebnis ihrer Entscheidung zu verantworten. Soweit die ERA noch einen Ermessensrahmen einräumen oder ein Auslegungsspielraum besteht, muss sich die Entscheidung der Bank innerhalb dieses Rahmens bewegen. Die Abgrenzung der Verantwortung hat im Laufe der Jahre in Einzelfällen gele- 2/271 gentlich zu Streitigkeiten und Zweifeln geführt. Eine Reihe von wichtigen und in der Praxis vorkommenden Problemen, die eine einwandfreie Abwicklung des Akkreditivs gefährden und deshalb inzwischen auch zumeist in irgendeiner Form in den ERA geregelt wurden, soll bei der Prüfung der verschiedenen Gattungen von Dokumenten behandelt werden. 4.

Begriff des „Originals“

War es früher selbstverständlich, dass Dokumente im „Original“ vorzulegen 2/272 waren, hat die technische Entwicklung zu einer Erweiterung des Begriffs geführt: Nach Art. 3 und Art. 17 ERA werden, sofern das Akkreditiv insoweit keine abweichenden Feststellungen enthält, als Originaldokumente auch solche angesehen, die durch Faksimile-Unterschrift, perforierte Unterschrift, Stempel, Symbol oder durch irgendeine andere mechanische oder elektronische Authentisierungsmethode unterzeichnet zu sein scheinen, es sei denn, das Dokument weist aus, kein Original zu sein. Zur Auslegung der Vorgängerregelung in Art. 20b ERA 500 hat die ICC Banking Commission am 12.7.1999 eine Entscheidung veröffentlicht, wonach Dokumente, die per Hand gezeichnet sind, als „Original“ anerkannt

181

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

werden können.472 Es empfiehlt sich, ggf. in den Akkreditivbedingungen klarzustellen, welche Form der Unterzeichnung zu wählen ist.

C.

Prüfung der einzelnen Dokumente

1.

Rechnung (Faktura)

a)

Ausstellung

2/273 Bei der Rechnung handelt es sich um das die Durchführung eines Kaufvertrages

maßgeblich kennzeichnende Dokument. Sie gehört daher zu dem Kreis derjenigen Dokumente, für welche die ERA konkrete Richtlinien aufstellen (Art. 18 ERA). Vorbehaltlich der Bestimmungen des Art. 38 ERA, muss die Rechnung dem Anschein nach vom Begünstigten ausgestellt sein. Der Hinweis auf Art. 38 ERA bezieht sich auf übertragbare Akkreditive.473 2/274 Weiterhin muss die Rechnung, sofern das Akkreditiv nichts anderes vorschreibt,

an den Auftraggeber des Akkreditivs (Käufer) gerichtet sein. Das ist in der Praxis nicht so einfach, wie es klingt. Konzerne bestehen oft aus vielen Firmen, deren Namen nur ganz geringfügige Abweichungen aufweisen. Die Rechnung darf nicht generell an die Konzerngruppe oder an irgendeine Konzernfirma gerichtet sein. Sie muss als Adressatin exakt die Firma ausweisen, die im Akkreditiv als Auftraggeber genannt ist. Eine Ausnahme gilt wiederum beim übertragbaren Akkreditiv. 2/275 Seit der Revision 1993 müssen Handelsrechnungen nicht mehr unterzeichnet

sein, sofern im Akkreditiv nichts anderes vorgeschrieben ist (Art. 18a (iv) ERA). Allerdings muss aus der Rechnung hervorgehen, z.B.: dadurch, dass der entsprechende Briefkopf verwendet wird,474 dass diese vom Begünstigten selbst ausgestellt ist. Der Begünstigte eines Akkreditivs kann auch Handelsrechnungen vorlegen, die durch reprographische, automatisierte, computerisierte Systeme erstellt sind. Eine herkömmliche Unterschrift ist zwar wie gesagt auf Handelsrechnungen

472 ICC Decision – Determination of an „Original“ Document, Doc no 470/871. S. ferner ICC zur Frage: Are EDI messages proper documents under various ICC rules (UCP sub-Article 20 (b); URC 522 Article 2; ISP98 Rule 1.09A; URDG sub-Article 2 (d)), Documentary Credits INsight, 2000, Vol. 6, No. 2 S. 9 f: „A credit may allow for the presentation of EDI messages but would need to specify the form, content, issuer and manner of signature.“ S. ferner Banking Commission, Documentary Credits INsight, 2000, Vol. 6 No. 4 S. 7 f.; Documentary Credits INsight, 2001, Vol. 7 No. 1 S. 5 f. 473 Hier können die Rechnungen des Zweitbegünstigten vorgelegt werden, wenn der Erstbegünstigte den möglichen Austausch der Handelsrechnungen nicht vorgenommen hat. Aussteller und Begünstigter (Erstbegünstigter) des Akkreditivs sind verschieden, ferner stimmt möglicherweise auch der Adressat der Rechnung nicht mit dem Originalakkreditiv überein, vgl. Holtij S. 223 f. 474 Nielsen Richtlinien, Rdn. 221.

182

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

nicht erforderlich,475 jedoch wird häufig zwecks Festlegung klarer Verantwortlichkeiten die Unterschrift des Ausstellers unter der Rechnung verlangt.476 Art. 3 ERA definiert den Begriff der Unterzeichnung. Es ist nicht mehr nur die traditionelle handschriftliche Unterschrift, sondern auch die Faksimile-Unterschrift, die perforierte Unterschrift oder auch die durch Stempel, durch Symbol oder durch irgendeine andere mechanische oder elektronische Authentisierungsmethode erstellte Unterschrift erfasst.477 Die Banken sind nicht verpflichtet, die Zeichnungsberechtigung der Unterzeichner und/oder die Echtheit der Unterschriften zu prüfen; beide Kriterien betreffen nicht das formale äußere Erscheinungsbild, sondern den materiellen Inhalt der Dokumente, für den die Banken nach Art. 34 ERA keine Haftung übernehmen. Ferner muss die Faktura auf diejenige Währung lauten, die im Akkreditiv ange- 2/276 geben ist.478 Es genügt nicht, wenn eine Rechnung, die in einer anderen Währung als der im Akkreditiv verlangten ausgestellt ist, durch einen auf der Rechnung angebrachten Vermerk ergänzt wird, der besagt, dass nicht der vom Akkreditiv abweichende Währungsbetrag, sondern der zurzeit der Akkreditivstellung geltende Gegenwert in der Akkreditivwährung maßgebend sein soll.479 Andererseits ist es als unschädlich zu betrachten, wenn in der Rechnung der Gegenwert in der lokalen Währung zusätzlich angegeben ist.480

b)

Beschreibung von Ware und Leistung

Für den die Ware bzw. Dienstleistung oder sonstiger Leistung betreffenden Inhalt 2/277 der Rechnung481 gilt Folgendes: Das Mindeste, was man verlangen kann, ist die im Wortlaut der Rechnung liegende klare Bestätigung des Absenders, dass die von ihm in Rechnung gestellte Lieferung bzw. Leistung den Erfordernissen des Akkreditivs entspricht. Hierzu reicht aus, dass er mit dem Akkreditiv übereinstimmende Waren bzw. Leistungen in der Rechnung aufführt, d.h. diese in Rechnung stellt. Behauptet er dies selbst nicht einmal oder bestätigt er sogar in seiner Faktura ausdrücklich, dass die berechnete Ware nicht der im Akkreditiv vorgeschriebenen entspreche, ist die Bank zur sofortigen Zurückweisung der Dokumente berechtigt

475 Graffe/Weichbrodt/Xueref Dokumenten-Akkreditive, S. 71. 476 S. ferner Holtij S. 223. 477 S.a. Stapel Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, S. 234; ferner Rdn. 2/272. 478 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/657; ders. ZIP 1984, 230, 248. 479 Thierbach Bank-Betrieb 1962, 22, weist darauf hin, dass unter einem auf Währung lautenden Akkreditiv eine DM-Faktura auch dann nicht aufgenommen werden kann, wenn sie den Vermerk trägt: „The DM-prices shown in this invoice represent our legal claims. The foreign currency equivalence is given for information only.“ 480 Commentary on UCP 600 S. 78. 481 Nur noch vereinzelt verlangen die Importländer eine sog. Konsulatsfaktura, mit der das Konsulat die Übereinstimmung von Rechnungsbetrag und Handelswert im Ausfuhrland bestätigt, vgl. Brüggemann S. 38; Häberle in: Handbuch der Akkreditive, S. 628.

183

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

und verpflichtet. Bei der in der Rechnung ausgewiesenen Ware muss es sich um die im Akkreditiv genannte Ware handeln, auch wenn im Kaufvertrag (beispielsweise nach Maßgabe allgemeiner Lieferungsbedingungen) die Ersatzlieferung einer anderen Ware (z.B. von einem anderen Hersteller, als im Akkreditiv genannt) vorbehalten war.482 Die ERA 600 stellen nunmehr ausdrücklich klar, dass der Grundsatz der Dokumentenstrenge nicht nur für Waren, sondern auch für Dienstleistungen und (allgemein) für Leistungen („goods, services or performance“) gilt, um auch einem Standby Letter of Credit Rechnung zu tragen.483 2/278 Besonderer Wert ist in der Praxis darauf zu legen, dass die Bezeichnung der Ware

in der Rechnung mit der Beschreibung im Akkreditiv wörtlich und buchstabengetreu übereinstimmt (Art. 18c ERA), zumal schon kleine Abweichungen die Banken vor erhebliche Probleme stellen können.484 In allen anderen Dokumenten kann die Ware in allgemein gehaltenen Ausdrücken, die nicht im Widerspruch zur Warenbeschreibung im Akkreditiv stehen, beschrieben sein, Art. 14e ERA. Auf eine genaue Warenbezeichnung in der Faktura kann hingegen selbst dann nicht verzichtet werden, wenn die Warenbeschreibung in den übrigen Dokumenten (z.B. Analysezertifikat o.ä.) keinen Zweifel daran lässt, dass mit der in der Faktura gewählten Bezeichnung die im Akkreditiv geforderte Ware gemeint ist. Exporteur und Importeur sollten sich daher bei den Vertragsverhandlungen auf eine besondere, übergeordnete Warenbeschreibung für das Akkreditiv einigen.485 Wie viel Sorgfalt die Banken darauf verwenden müssen nachzuprüfen, ob Übereinstimmung in der Faktura mit der im Akkreditiv geforderten Beschreibung besteht, zeigt mit besonderer Deutlichkeit der als „Truck-Case“ bekanntgewordene Rechtsstreit Bank Melli Iran v. Barclays Bank (Dominion, Colonial & Overseas), dem folgender Sachverhalt zugrunde lag:486 Eine englische Firma hatte an einen persischen Abnehmer 100 Lastwagen (trucks) verkauft. Bank Melli hatte daraufhin ein unwiderrufliches, von Barclays Bank bestätigtes Akkreditiv zugunsten des englischen Verkäufers eröffnet. In den Akkreditivbedingungen hieß es, Bezahlung werde gegen

482 BGH WM 1970, 552 = NJW 1970, 992. 483 Vgl. Commentary on UCP 600 S. 78 (wenngleich ohne ausdrückliche Erwähnung des Standby Letter of Credit. 484 Nielsen Richtlinien, Rdn. 224 ff.; ders. in: BuB, Rdn. 5/658 f.; Stapel Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, S. 234 m.w.N.; Holtij S. 225; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 214 ff. S.a. BGH NJW 1970, 992; BGH WM 1987, 612; Baumbach/ Hopt HGB, (11) ERA, Art. 37 Rdn. 1. 485 Nicht aufnahmefähig sind Fakturen, die bestimmte Angaben in Anführungszeichen setzen, weil dann bezweifelt werden könnte, dass es sich um Eigenaussagen des Akkreditivbegünstigten handelt. Vgl. BGH WM 1958, 587, 588; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/658; Gutteridge/ Megrah S. 177. 486 (1951) 2 Ll. L. Rep. 367; (1951) 2 T. L. R. 1057. Auch eine Rechnung, die „secondhand“-goods ausweist, kann nicht als akkreditivgerecht angesehen werden, wenn der Zusatz im Akkreditiv fehlt, vgl. Opinions (1981–1982) of the ICC Banking Commission, R 80. S. ferner International Banking Corporation v. Irving National Bank, 283 Fed. Rep. 103; Soproma S.p.A. v. Marine & Animal By-Products Corporation (1966) 1 Lloyd’s Rep. 367. S.a. Nielsen Richtlinien, Rdn. 227 ff. m. Bsp.

184

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

Einreichung von Versanddokumenten über die Verladung von 100 neuen (new) Lastwagen erfolgen. Eingereicht wurden mehrdeutige Dokumente: Die Rechnung bezeichnete die Lastwagen als „in new condition“; das Regierungszertifikat erwähnte die Lastwagen als „new, good“; die delivery order enthielt die Bezeichnung „new-good“. Barclays Bank honorierte die Dokumente und belastete Bank Melli. Nach Lieferung der Lastwagen stellte sich heraus, dass sie zwar „neu“ (d.h. ungebraucht) waren, aber vor der Lieferung einen Winter über ungeschützt im Freien gestanden hatten, wodurch sie verrosteten und unbrauchbar wurden. Daraufhin wollte die Bank Melli im Auftrag des Importeurs der Belastung ihres Kontos durch Barclays Bank widersprechen. Sie berief sich zu diesem Zweck darauf, Barclays Bank habe Dokumente aufgenommen, die nicht akkreditivgerecht seien. Im Prozess entschied die Kings Bench Division zugunsten Bank Melli. McNair, J., führte in der Urteilsbegründung folgendes aus: „I now proceed to examine the documents tendered. (1) The invoice tendered was in the following terms: To 100 one ton‘ Chevrolet trucks in new condition ex site at Belcèle near Antwerp, Belgium . . . L 40000. I feel no doubt at all that the phrase in new condition‘ is not or may not be synonymous with the term new‘. It is, of course, true that the term new‘ is capable of different meanings in relation to different subject-matters. For example, the term new‘ when applied to wine, as in the phrase putting new wine into old bottles‘, has clearly a different meaning from that it bears when applied to a motor car; but in new condition‘ in relation to a motor vehicle seems to me to be essentially different from new‘.“487

c)

Warenmenge und Akkreditivsumme

Übereinstimmung zwischen Rechnung und Akkreditiv ist auch in den übrigen 2/279 Punkten wie Preis, Menge usw. erforderlich. Falls im Akkreditiv bei Akkreditivbetrag, Warenmenge oder Preis Ausdrücke wie „etwa“ oder„ungefähr“ verwendet wurden, ist nach Art. 30a ERA eine Abweichung von 10 % – jeweils nach oben oder unten – erlaubt. Auch ohne diese Angaben darf die Warenmenge (und nur diese) nach oben oder unten bis zu 5 % abweichen, wenn nicht im Akkreditiv jegliche Abweichung ausgeschlossen oder die Warenmenge mit einer bestimmten Anzahl von Verpackungseinheiten oder Stücken angegeben ist, Art. 30b ERA (Rdn. 2/47 f.). Nach einer Entscheidung der ICC Banking Commission488 soll bei vereinbarter Teillieferung mit der ersten Lieferung der volle im Akkreditiv für Frachtkosten insgesamt vorgesehene Betrag in Rechnung gestellt werden können, auch wenn erkennbar weitere Lieferungen noch ausstehen. Dies soll jedenfalls für den Fall gelten, dass das Akkreditiv nicht klar erkennen lässt, dass die Frachtkosten nur proportional zur Warenmenge in Rechnung gestellt werden können. Für den Fall, dass weitere Lieferungen erfolgen, müsste der Begünstigte zum Zweck der Inrechnungstellung weiterer Frachtkosten eine entsprechende Erweiterung des Akkreditivs erlangen.

487 Weitere Beisp. bei: Nielsen Uniform Customs, TransportR 2008, 279. 488 Documentary Credits INsight, 2000, Vol. 6, No. 4 S. 8.

185

Zweiter Abschnitt

aa)

Dokumentenakkreditiv

Handelsrechnung höher als Akkreditivsumme

2/280 Übersteigt der Rechnungsbetrag die Akkreditivsumme, so können Banken die Rech-

nung entweder aufnehmen oder zurückweisen. Nach Art. 18b ERA kann eine Bank „eine Handelsrechnung akzeptieren, die auf einen die Akkreditivsumme übersteigenden Betrag lautet“. Dabei bindet ihre Entscheidung alle Beteiligten, „vorausgesetzt, die in Frage stehende Bank hat nicht für einen höheren Betrag honoriert oder negoziiert, als im Akkreditiv erlaubt ist“. Die ERA 600 ermutigen dabei die Aufnahme, da der „negative“ Wortlaut der in Art. 37b enthaltenen Vorgängerregelung der ERA 500 „können . . . zurückweisen“ durch die „positive“ Formulierung „kann . . . akzeptieren“ ersetzt wurde.489 Die Regelung in Art. 18b ERA ist die einzig verbliebene ausdrückliche Kann-Vorschrift der ERA. Bei der Frage, ob eine die Akkreditivsumme übersteigende Handelsrechnung akzeptiert werden soll, sind verschiedene Fallgruppen denkbar. Übersteigt der Rechnungsbetrag die Akkreditivsumme, weil der Warenpreis höher ist als im Akkreditiv angegeben, muss die Bank die Honorierung der Dokumente ablehnen;490 tut sie dies, steht es ihr frei, eine der unter Rdn. 2/379 ff. behandelten Ersatzlösungen aufzugreifen. Eine Kombination von Honorierung der Dokumente zum Akkreditivpreis und Inkasso derselben Dokumente wegen des Mehrpreises ist nicht zulässig. Die zur Aufnahme der Dokumente berechtigte Bank ist berechtigt, Rechnungen anzunehmen, die über einen höheren Betrag als der Akkreditivbetrag selbst lauten. Die Bank befindet hierüber im freien, pflichtgemäßen Ermessen.491 Das hierdurch eröffnete Ermessen der Bank beschränkt sich darauf, einen höheren Rechnungsbetrag anzuerkennen, nicht aber eine Abweichung des Warenpreises. Übersteigt der Rechnungsbetrag die Akkreditivsumme, weil die Warenmenge höher ist, als im Akkreditiv genannt oder nach der Toleranzregel des Art. 30 ERA statthaft, bestehen sachlich keine Bedenken, die Einreichung in Höhe des Akkreditivs unter diesem aufzunehmen und wegen der Restmenge einen Inkassoauftrag entgegenzunehmen;492 der Wortlaut des Art. 18b ERA schließt ein derartiges Verfahren nicht aus. Manche Banken lassen sich in diesem Fall zwei getrennte Rechnungen ausstellen. Wegen der Schwierigkeiten, die jedoch bei einer Verbindung von Akkreditiv und Inkasso auftreten können, ergeben sich folgende Überlegungen:

489 Commentary on UCP 600 S. 78. 490 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 218; Nielsen Richtlinien, Rdn. 223. 491 Nielsen Grundlagen, S. 136; ders. Richtlinien, Rdn. 222 f.; Eberth WM-Sonderbeilage 4/1984 S. 15. 492 So a. Scrutton, L. J., in Donald H. Scott and Company Limited v. Barclay’s Bank Limited (1923) 2 K. B. 1: „The only remaining point is a suggestion that a bill was tendered for more than the amount in excess over the letter of credit no bill was drawn against the credit, but there was only a request to collect and the fact that such a request to collect was made did not afford any reason for rejecting the documents drawn against the credit itself.“ ebenso: Nielsen Richtlinien, Rdn. 223; a.A. jedoch Gutteridge/Megrah The Law of Bankers‘ Commercial Credits, S. 133; Stapel Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, S. 237.

186

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

Das Akkreditiv ist ein in sich selbständiges Rechtsverhältnis (Rdn. 2/36), bei 2/281 dem die Einreichung der Dokumente nicht mit der Auflage verbunden werden kann, dass sich die Bank von dem Begünstigten ein neues Rechtsverhältnis in Form des Inkassoauftrages aufdrängen lassen muss. Bei der Bank träte durch die Übernahme des Inkassoauftrages eine Interessenkollision ein, weil sie im Rahmen des Akkreditivs die Interessen des Käufers zu wahren hat, während sie bei dem Inkasso die Belange des Begünstigten vertreten müsste. Daher ist von einer auf denselben Dokumenten beruhenden Kombination Akkreditiv/Inkasso grundsätzlich abzuraten. Es empfiehlt sich vielmehr, das Akkreditiv mit textgerechten Dokumenten bedienen zu lassen und wegen des Mehrbetrages für die überschießende Warenmenge eine gesonderte Faktura zum Inkasso hereinzunehmen,493 was in der Praxis nur erfolgen kann, wenn mindestens zwei Transportdokumente vorhanden sind. Diese hat dann – was in geeigneter Weise klarzustellen ist – mit den Akkreditivdokumenten rechtlich nichts zu tun; bei der Durchführung des Inkasso darf insbesondere die Akkreditivbank an den Versanddokumenten, die aufgrund des Akkreditivs aufgenommen sind, kein Pfandrecht geltend machen, um die Hereinholung des Inkasso-Teilbetrages zu erzwingen. Es ist durchaus denkbar, dass der Rechnungsbetrag die Akkreditivsumme aus 2/282 anderen Gründen als wegen Mehrpreis oder Mehrmenge übersteigt. Beispielsweise kann die Lieferfirma bei einer von ihr zu erbringenden unteilbaren Leistung (z.B. Lokomotive, Brücke, Kraftwerk, Großmaschine) wegen bestehender Preisgleitklauseln oder Gewichtsverschiebungen aus dem Lieferkontrakt einen Anspruch auf einen erhöhten, die Akkreditivsumme übersteigenden Preis haben. Wenn in einem solchen Fall diese Gleitklauseln usw. nicht in das Akkreditiv aufgenommen waren, würde die Kombination von Akkreditiv und Inkasso dem Wesen des Akkreditivs widersprechen; die Bank ist nicht verpflichtet und auch nicht berechtigt, die Dokumente mit dem Akkreditivbetrag zu honorieren und wegen des Restes einen Inkassoauftrag in der Weise entgegenzunehmen, dass die Aushändigung der ganzen Dokumente nur gegen zusätzliche Bezahlung der Inkassobeträge erfolgen darf. Hier ist eine Änderung des Akkreditivs durch den Auftraggeber unvermeidbar. Andernfalls sollte es gegen Auszahlung des niedrigen Akkreditivbetrages bedient werden, während eine Verrechnung der Preisdifferenzen auf nicht dokumentärer Basis außerhalb des Akkreditivs erfolgt. Im übrigen ist zu berücksichtigen, dass bei Großobjekten der genannten Art dem Akkreditiv nur noch beschränkt die Bedeutung einer Kaufpreissicherung durch Zug-um-Zug-Bezahlung der Dokumente zukommt (Rdn. 2/448 ff.); es stellt eher den Rahmen für einen Zahlungsplan unter Bankenhaftung dar. In solchen Fällen gelten für die Akkreditivabwicklung besondere Gesichtspunkte, die nicht allgemein erörtert, sondern nur aus dem individuellen Fall entwickelt werden können. Die bei Handelswaren (commodities) notfalls mögliche Befriedigung der

493 S. hierzu a. Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 217.

187

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

Bank aus der Ware ist bei der Lieferung von Großanlagen, die auch noch in Teilsendungen verschifft werden, nicht möglich. 2/283 Gelegentlich kann die Ordnungsmäßigkeit der Faktura auch zweifelhaft werden,

weil sich zwar der Rechnungsbetrag in der Gesamtsumme im Rahmen des Akkreditivs hält, die einzelnen Rechnungsposten in ihrer Aufteilung aber nicht dem Wortlaut des Akkreditivs entsprechen. Beispiel: Das Akkreditiv lautet auf „US-$ 10.000 für 10 Tonnen Ware, die Tonne zu US-$ 1.000“. Es wird eine Rechnung präsentiert über US-$ 10.000; als Einzelposten sind angegeben: „10 Tonnen Ware zu je US-$ 960 = US-$ 9.600; Lagergeld für 10 Tage je US-$ 40 = US-$ 400.“ Grundsätzlich wird man sagen müssen, dass eine solche Rechnung nicht aufnahmefähig ist. Es könnte beispielsweise Differenzen wegen der Versicherung des Warenwertes geben (Rdn. 2/357 ff.). Auch sonst braucht es dem Käufer durchaus nicht gleichgültig oder angenehm zu sein, wenn vom Verkäufer zwar der Preis pro Wareneinheit einseitig gesenkt wird, dafür aber Lagerkosten oder sonstige Nebenkosten zugeschlagen werden, die im Akkreditiv nicht erwähnt und im Zweifel zwischen Käufer und Verkäufer auch nicht vereinbart wurden. Man braucht nur an den Fall zu denken, dass der Käufer Kommissionär ist, dessen Nutzen nach dem Netto-Warenpreis berechnet wird. Solche und ähnliche Umstände wird der Käufer der Bank nicht angeben. Die Bank hat mithin im Zweifel davon auszugehen, dass sie die Interessenlage des Käufers in dieser Hinsicht nicht zu beurteilen vermag und dass sie daher ohne seine Zustimmung eine Faktura der oben beschriebenen Art nicht aufnehmen darf. Inwieweit von diesem Grundsatz wegen Geringfügigkeit der Abweichungen Ausnahmen in engen Grenzen zulässig sind, muss dann von Fall zu Fall entschieden werden. Denkbar ist schließlich auch, dass dem – mit dem Akkreditiv übereinstimmenden – Rechnungsendbetrag ein in der Rechnung enthaltener Rechenfehler (z.B. in der Multiplikation) zugrunde liegt. Sofern dieser Fehler offensichtlich ist, wird der Bank, die ja an und für sich nur zur Prüfung des äußeren Erscheinungsbildes der ihr vorgelegten Dokumente verpflichtet ist (Rdn. 2/252), dennoch erhöhte Vorsicht anzuraten sein.494 2/284 Alle diejenigen Nebenkosten, die der Verkäufer entsprechend den in das Akkredi-

tiv aufgenommenen Lieferungsbedingungen entrichtet hat, dürfen auf der Faktura erkennbar vom Brutto-Warenpreis abgesetzt werden, auch wenn dies im Akkreditiv nicht noch einmal ausdrücklich betont ist. Lautet also in dem vorigen Beispiel das Akkreditiv auf CIF, kann der Begünstigte ohne weiteres folgende Faktura einreichen: „10 Tonnen Ware = US-$ 10.000; Netto-Warenpreis je Tonne US-$ 900 = US-$ 9.000; Frachtkosten je Tonne US-$ 50 = US-$ 500; Versicherungskosten je Tonne US-$ 50 = US-$ 500“. In diesem Falle ist aus dem Akkreditiv erkennbar, dass die Nebenkosten für Fracht und Versicherung auf CIF-Basis in

494 Decisions (1975–1979) of the ICC Banking Commission, R 40.

188

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

den Kaufpreis einkalkuliert sind;495 damit entfällt das Argument, die Aufteilung des Preises in der Faktura sei nicht vom Wortlaut des Akkreditivs gedeckt und die Faktura aus diesem Grunde nicht aufnahmefähig. Es ist unzweckmäßig, dass die Rechnung – oder auch ein anderes Dokument – 2/285 nicht ausschließlich die vorgeschriebene Ware betrifft, sondern auch noch andere Posten enthält. Eine ausdrückliche Vorschrift, dass alle eingereichten Dokumente sich auf keine anderen als die im Akkreditiv genannten Lieferungen oder Leistungen beziehen dürfen, ist zwar in den ERA nicht enthalten; zur Vermeidung unnötiger Komplikationen sollte aber in der Praxis darauf hingewirkt werden, dass die vorzulegenden Dokumente sich nur auf diejenige Ware beziehen, die Gegenstand des Akkreditivs ist.

bb) Handelsrechnung niedriger als Akkreditivsumme Endlich kann noch die Faktura in ihrer Gesamtsumme den Akkreditivbetrag 2/286 unterschreiten. Handelt es sich in solch einem Falle um eine Teilverladung und entspricht das Verhältnis zwischen Rechnungsbetrag und Teilmenge dem Verhältnis zwischen der gesamten Warenmenge und dem Gesamtpreis, hängt die Ordnungsmäßigkeit der Faktura nur davon ab, dass der Teilversand nach den Akkreditivbedingungen nicht ausgeschlossen ist (vgl. Art. 31a i.V.m. Art. 1 Satz 2 ERA). Beruht aber der ermäßigte Rechnungsbetrag auf einem Preisnachlass, der im Text des Akkreditivs nicht erwähnt war, ist mangels ausdrücklicher Zustimmung des Käufers die Bank verpflichtet, die Dokumente zurückzuweisen.496 Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn im Einzelfall der Grund für die Preisunterschreitung eindeutig als akkreditivunschädlich erkennbar ist; letzteres dürfte aber normalerweise nicht zutreffen, da die Ursache für den Preisnachlass ein Qualitätsmangel der Ware sein könnte und der Käufer selbst auch bei gleichbleibender Qualität möglicherweise kein Interesse an einem Preisnachlass hat, wenn er nur vermittelnd an dem Geschäft beteiligt ist und die Höhe seiner Vergütung sich nach dem tatsächlich erhobenen Warenpreis richtet. Sind im Akkreditivtext dem Akkreditivbetrag dagegen Worte beigefügt, die 2/287 erkennen lassen, dass der genannte Betrag nur die Obergrenze der Inanspruchnahme darstellen soll, z.B. „up to“, wird die Bank auch eine Faktura über einen geringeren als den im Akkreditiv genannten Betrag aufnehmen, sofern das Akkreditiv keine Angaben über Menge und Preis pro Einheit der zu liefernden Ware ent-

495 In der Faktura ist regelmäßig neben der Preisangabe auch der vereinbarte Liefermodus (CIF, FOB etc) aufzunehmen, s. a. Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 220; Nielsen Richtlinien, Rdn. 225, 229. 496 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 219; Nielsen Grundlagen, S. 137 f.; vgl. a. Decisions (1975–1979) of the ICC Banking Commission, R 44.

189

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

hält. Eine Unterschreitung des Akkreditivbetrages ist allerdings dann nicht gegeben, wenn die Differenz im Rahmen der Toleranzgrenzen des Art. 30 ERA liegt.497

2.

Transportdokumente

a)

Systematik der ERA 600: Eigenständige Sonderregelungen für Transportdokumente

2/288 Mit der Revision 1993 hat die ICC den Abschnitt über die Transportdokumente

völlig neu gefasst und sich um die Einführung einer neuen Systematik bemüht, damit die Transportdokumente als Akkreditivdokumente der Entwicklung des modernen Transportwesens angepasst würden.498 Während die Revision 1983 die Regelungen zu vereinfachen suchte, indem die Transportdokumente in drei Hauptgruppen von Transportdokumenten499 eingeteilt wurden,500 führen die ERA 500 eigenständige Regelungen für jedes einzelne Transportdokument ein.501 Diese Systematik haben die ERA 600 grundsätzlich beibehalten, mit der Ausnahme, dass das multimodale Transportdokument nunmehr an die erste Stelle vor das traditionelle Seekonnossement gerückt ist. Materiell erfolgte dadurch aber keine Änderung. Folgende Einzelregelungen gibt es nunmehr: – Transportdokument über mindestens zwei verschiedene Beförderungsarten (Art. 19 ERA) – Konnossement (Art. 20 ERA) – Nichtbegebbarer Seefrachtbrief (Art. 21 ERA) – Charterpartie-Konnossement (Art. 22 ERA) – Lufttransportdokument (Art. 23 ERA) – Dokumente des Straßen-, Eisenbahn- oder Binnenschiffstransports (Art. 24 ERA) – Kurierempfangsbestätigung, Posteinlieferungs-/Postempfangsschein oder Postversandnachweis (Art. 25 ERA).

497 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 219. 498 Graffe/Weichbrodt/Xueref Dokumenten-Akkreditive, S. 46; Nielsen Richtlinien, Rdn. 232; ders. WM-Sonderbeilage 3/1993; ders. in: FS Trinkner, S. 633 ff. 499 Art. 26 ERA 400 (Seekonnossement); Art. 30 ERA 400 (Postdokumente); Art. 25 (andere Frachtdokumente). 500 S. hierzu Nielsen in: BuB, Rdn. 5/612; sowie die 6. Auflage dieses Buches Rdn. 2/242. Nachteil eigenständiger Regelung ist, dass für jedes einzelne Transportdokument die – auch für andere Dokumente geltenden – Aufnahmekriterien eigens aufgeführt werden müssen, Todd Bills of Lading and Bankers‘ Documentary Credits, S. 135. 501 Krit. zur Neugestaltung der Regelung Nielsen Richtlinien, Rdn. 232 ff.; ders. Uniform Customs, TransportR 2008, 279; Baumbach/Hopt HGB, (11) ERA, Art. 23 Rdn. 1; dies offen lassend Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 152.

190

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

Da sich durch die vorgenannte Umgruppierung weder materiell noch – nach hier vertretener Auffassung – von der praktischen Bedeutung der Dokumente gesehen eine Änderung zu den ERA 500 ergeben hat, wird vorliegend jedoch an der Reihenfolge der Bearbeitung der einzelnen Dokumente, wie sie in der Vorauflage enthalten war, festgehalten. Jede Bestimmungen listet die Merkmale vollständig auf, welche die Banken bei Vorliegen der jeweiligen Dokumente zu prüfen haben.502 Die Artikel 19 bis 25 ERA weisen eine weit gehend identische Struktur auf. Einem Absatz, der jeweils die allgemeinen Anforderungen an das betreffende Transportdokument regelt, folgt in den Artikeln 19, 20, 21, 23 und 24 eine Bestimmung des Begriffs Umladung, wie er für die entsprechende Transportart gelten soll.503 Unverändert gilt jedoch, dass die Anforderungen der ERA an die jeweiligen Transportdokumente nicht zwingend sind, sondern hiervon durch ausdrückliche Vereinbarung im Akkreditiv abgewichen werden kann.504

b)

Allgemeine Anforderungen für alle Transportdokumente

Trotz der Einzelregelungen für die Transportdokumente gelten bestimmte Anfor- 2/289 derungen allgemein. Hierzu zählen: – Übernahme der Transportverpflichtung durch einen Frachtführer, – Unzulässigkeit von Speditionspapieren, – Transparenzgebot für Zeichnung durch Aussteller und Vertreter (Kapitäne und/oder Agenten), – Beachtung der im Dokumentenakkreditiv vorgeschriebenen Reiseroute, – Beachtung von Umladeverboten. Für die Aufnahmefähigkeit von Transportdokumenten ist weiterhin ihr Inhalt, nicht aber ihre Bezeichnung entscheidend.505

aa)

Zwingende Ausstellung durch einen Frachtführer

Aufnahmefähige Transportdokumente jeder Art (bis auf die in Art. 22 und 25 ERA 2/290 geregelten Dokumente) sind zwingend von einem Frachtführer (Carrier) oder

502 Graffe/Weichbrodt/Xueref Dokumenten-Akkreditive, S. 46 f. 503 Vgl. Graffe/Weichbrodt/Xueref Dokumenten-Akkreditive, S. 46 f.; Nielsen Richtlinien, Rdn. 232. 504 Vgl. hierzu a. Stapel Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, S. 208. 505 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/612, 5/621; ders. WM-Sonderbeilage 3/1993 S. 10; ders. Richtlinien, Rdn. 241 f.; Rabe Seehandelsrecht, § 643 Rdn. 2.

191

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

einem für ihn handelnden Vertreter (Agent/Master) auszustellen.506 Frachtführer kann dabei jedermann sein. Wer eine eigene uneingeschränkte Transportverpflichtung für die im Akkreditiv vorgeschriebene Reiseroute übernommen hat, ist Frachtführer. Dies entspricht dem modernen Frachtführerbegriff, wie er auch in den INCOTERMS 2000 definiert ist.507 Der Frachtführer muss keine eigenen Transportmittel besitzen.508 Art. 14l ERA stellt diesbezüglich klar, dass ein „Transportdokument kann von jeder anderen Person als dem Frachtführer, Eigentümer, Master oder Charterer ausgestellt sein, vorausgesetzt, das Transportdokument erfüllt die Anforderungen der Artikel 19, 20, 21, 22, 23 oder 24 dieser Regeln“.

bb) Unzulässigkeit von Speditionspapieren 2/291 Da alle Transportdokumente zwingend von einem verantwortlichen Frachtführer

auszustellen sind, folgt hieraus ebenso zwingend, dass Speditionspapiere nicht aufnahmefähig sind.509 Dies regelte für alle Transportarten früher ausdrücklich Art. 30 ERA 500. Auch ohne ausdrückliche Erwähnung in den ERA 600 gilt dies unverändert fort, denn der bereits zitierte Art. 14l ERA stellt klar, dass Transportdokumente nur von Personen ausgestellt werden dürfen, die eine Transportverpflichtung übernehmen. Der Spediteur unterscheidet sich jedoch vom Verfrachter/Frachtführer darin, dass er sich nicht selbst zur Ausführung eines Transports, sondern nur zur Vermittlung der Transportleistung verpflichtet.510 Reine Speditionspapiere, die wegen mangelnder Übernahme einer Transportverpflichtung durch den Aussteller nur als sonstige Dokumente unter Art. 14f ERA aufnahmefähig sind, sind die Spediteurübernahmebescheinigung in Form des FCR (Forwarders Certificate of Receipt), die Spediteurtransportbescheinigung in Form des FCT (Forwarders Certificate of Transport) sowie die Lagerempfangsbescheinigung in Form des FWR (Warehouse Receipt).511 Ein Spediteur kann jedoch die Funktion eines Frachtführers übernehmen, wenn er sich nicht im Sinne von § 407 HGB auf die Vermittlung von Transporten beschränkt, sondern selbst

506 Nielsen Import- und Exportsicherung, S. 21; ders. in: BuB, Rdn. 5/92, 5/613; ders. Richtlinien, Rdn. 235. 507 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/613: Heute kann jedermann Frachtführer sein (Nichtkaufmann, Einzelhandelskaufmann, Handelsgesellschaft, juristische Personen etc), der die verlangte Beförderungsleistung im eigenen Namen verspricht. Vgl. a. Nielsen Richtlinien, Rdn. 235; Rabe Seehandelsrecht, § 642 Rdn. 5 ff., 18 ff. 508 Rabe Seehandelsrecht, § 642 Rdn. 5; Opinions of the ICC Banking Commission 1984–1986, ICC-Publ Nr. 434 S. 121; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 242; ders. TransportR 2000, 196–203. 509 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/90, 5/615; ders. Richtlinien, Rdn. 236; ders. WM-Sonderbeilage Nr. 2/1994 S. 18; ähnlich del Busto ICC-Publ Nr. 511 S. 87. S.a. BGH WM 1970, 158; BGH WM 1977, 171 = RIW/AWD 1977, 106 = NJW 1977, 499. 510 Vgl. § 407 HGB: „Besorgung der Beförderung“ (Frachtgeschäft) und § 454 HGB: „Organisation der Beförderung“ (Speditionsgeschäft). 511 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/97; ders. Import- und Exportsicherung, S. 26.

192

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

als Frachtführer oder Multimodal Transport Operator eine eigene Transportverpflichtung übernimmt. Dies war früher in Art. 30 (i) ERA 500 ausdrücklich geregelt, gilt nach hier vertretener Auffassung trotz Wegfalls einer ausdrücklichen Regelung aber unverändert fort, denn es kommt – wie nachstehend erläutert – für die Einstufung eines Dokuments nicht auf dessen Bezeichnung, sondern auf den Inhalt an. Entscheidend ist daher die Übernahme der Transportverpflichtung. Hauptanwendungsfall eines von Spediteuren ausgestellten Transportpapieres ist das Combined Transport Bill of Lading, bei dem es sich um ein übertragbares Durchkonnossement für den kombinierten Transport handelt.512 Die Bezeichnung eines Dokuments als Transportdokument ist für die Prüfung, ob die Anforderungen der Art. 19–25 ERA erfüllt sind, nicht erforderlich. Gemäß Art. 19a, 20a, 21a, 22a, 23a und 24a ERA werden „ein wie auch immer bezeichnetes“ Dokument aufgenommen. Infolgedessen hat der Akkreditivauftraggeber den Inhalt, insbesondere die Reiseroute, des gewünschten Transportdokuments festzulegen.

cc)

Transparenzgebot – Formalitäten für Zeichnung durch Frachtführer/Vertreter

Schon vor der Revision 1993 war für die Zeichnung von Transportpapieren das 2/292 Transparenzgebot zu beachten. Dieses beinhaltet, dass aus dem Dokument hervorgehen muss, wer als Frachtführer oder dessen Vertreter (Master oder Agent) zeichnete.513 Seit der Revision 1993 hat jeder Unterzeichner eines Transportdokuments seine Funktion ausdrücklich anzugeben, und Vertreter des Frachtführers – mit Ausnahme des Kapitäns – haben ausdrücklich mitzuteilen, für wen sie zeichnen.514 Die ERA 600 haben diese Formvorschriften im Wesentlichen übernommen. Lediglich einige Erleichterungen für die Zeichnung durch Agenten, die nur noch angeben müssen, für wen sie unterzeichnen (Frachtführer oder Master) wurden aufgenommen.515

512 Graffe/Weichbrodt/Xueref Dokumenten-Akkreditive, S. 66; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/617; ders. Import- und Exportsicherung, S. 42 ff.; ders. WM-Beilage 2/1994 S. 18; ders. Richtlinien, Rdn. 236 m. FN 225; Stapel Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, S. 218 f.; in diesem Sinne a. Opinion R 120 der ICC Banking Commission, Opinions of the ICC Banking Commission 1984–1986 S. 39 ff.; ebenso Opinion R 159 der ICC Banking Commission, Opinions of the ICC Banking Commission 1987–1988 S. 32 ff. Ferner ausf. zu Speditionsdokumenten Nielsen in: BuB, Rdn. 5/128 ff.; Baumbach/Hopt HGB, § 452 Rdn. 9; Häberle in: Handbuch der Akkreditive, S. 614 ff. sowie Rdn. 2/340. 513 Opinions of the ICC Banking Commission 1984–1986, ICC-Publ Nr. 434 S. 116. 514 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/619 f.; ders. Richtlinien, Rdn. 237 ff. 515 Commentary on UCP 600 S. 82; Nielsen Richtlinien, Rdn. 238 ff.

193

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

dd) Allgemeine Anforderungen an Transportmodalitäten (Art. 26, 27 ERA) 2/293 Die Art. 26 und 27 ERA regeln einige Transportmodalitäten, die im Grundsatz für

alle Transportdokumente gelten, jedoch insbesondere für den Seetransport relevant werden. Daher sollen diese Bestimmungen im Rahmen der Ausführungen zum Seekonnossement näher erörtert werden.

c)

Seekonnossement (marine bill of lading)

2/294 Das unter einem Akkreditiv am häufigsten vorkommende Transportdokument ist

das Seekonnossement, weil das Akkreditiv nach wie vor seine überragende Bedeutung im Überseegeschäft besitzt.516 Im Konnossement erkennt der die Urkunde ausstellende Verfrachter den Empfang der zu befördernden Güter an und verpflichtet sich, diese im Bestimmungshafen an den als berechtigt ausgewiesenen Inhaber des Konnossements gegen Rückgabe einer quittierten Ausfertigung des Konnossements auszuliefern. Das Konnossement kann als Rekta-, Inhaberoder – was am häufigsten der Fall ist – als Orderkonnossement ausgestellt werden. In der Praxis kommt die Inhaberklausel allerdings nicht vor.517 Das Konnossement muss „richtig“ sein, d.h. es muss der Wahrheit entsprechen. Verantwortlich hierfür ist der Aussteller. Das Ausstellen unrichtiger Dokumente (z.B. mit unrichtigen Verladedatum) ist nach internationaler und nach deutscher Auffassung sittenwidrig und verpflichtet zum Schadensersatz nach § 826 BGB. Ein Revers des Abladers des Inhalts, dass er den Reeder von allen Folgen der Ausstellung des unrichtigen (z.B. vordatierten) oder vorzeitig ausgehändigten Konnossements freistellt, ist nichtig, gleichgültig, ob er vor oder nach der Ausfertigung des Konnossements übergeben wurde. Wer sich auf solche Geschäfte einlässt, soll und muss damit rechnen, dass er den Schaden nicht abwälzen kann.518

516 Liesecke WM 1964, 1282; ders. WM 1976, 258; Nielsen WM-Beilage 3/1993; ders. WM-Beilage 2/1994 S. 15 ff.; Stapel Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, S. 210; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 153. 517 MünchKommHGB-Aktualisierungsbd. TranspR/Puttfarken SeeR Rdn. 54 Fn. 47. 518 BGHZ 60, 102 = WM 1973, 241 = AWD 1973, 405 mit zahlreichen Hinweisen auf inund ausländische Literaturstellen.

194

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

aa)

Zweiter Abschnitt

Art des Konnossements

Wenn im Akkreditiv ein Konnossement verlangt ist, muss auch ein – in allen Teilen 2/295 leserliches –519 Konnossement vorgelegt werden. Spediteurübernahmebescheinigungen genügen grundsätzlich nicht.520 Das Konnossement muss zwar eines der im Akkreditiv genannten Art sein, aber nicht notwendigerweise den Begünstigten als Verlader ausweisen.521 Dagegen darf es keine Waren einschließen, die nicht Gegenstand des Akkreditivs sind.522 Die Art des Konnossements ist im Akkreditiv ausdrücklich vorzugeben.

bb) Anwendungsbereich des Art. 20 ERA Als Folge der Einführung eigenständiger maßgeschneiderter Bestimmungen für 2/296 die einzelnen Transportdokumente beschränkt sich der Anwendungsbereich von Art. 23 ERA auf das reine Seekonnossement, das eine Hafen-zu-Hafen-Verladung sowie die An-Bordnahme der Ware im Abladehafen ausweist. Durchkonnossemente (Rdn. 2/340) der ungleichartigen Durchfracht mit einer Kombination von See-, Land-, Eisenbahn- und Luftstrecken sind seit der Revision 1993 in den ERA nicht mehr erwähnt und sollen nach der Vorstellung der ICC offensichtlich unter die Regelung für Dokumente des multimodalen Transports fallen,523wenngleich sie in der Praxis regelmäßig nicht dem Anforderungskatalog der Regelung des Art. 19 ERA genügen. Aufnahmefähig ist ein Seekonnossement, das den Regelungen des §§ 642 ff. HGB entspricht. Hierzu zählt insbesondere die CONLINEBILL, die von der Baltic and International Maritime Conference veröffentlicht wird.524 Da sich Seekonnossemente – selbst wenn sie die Vor- und/oder Nachreise umfassen – von Dokumenten des kombinierten Transportes im wesentlichen nur in zwei Punkten unterscheiden, nämlich der Notwendigkeit des Ausweises der An-BordVerladung für die Seestrecke und den Ausschluss von Intended-Vermerken, werden zudem Mehrzweckformulare verwendet, die je nach Bedarf sowohl für den reinen Seetransport als auch für den kombinierten Transport benutzt werden kön-

519 BGH WM 1983, 1083, 1085 = NJW 1983, 2772 = ZIP 1983, 1466 m. krit. Stellungnahme Hensen ZIP 1984, 145. 520 BGH WM 1970, 158; BGH WM 1977, 171 = RIW/AWD 1977, 106 = NJW 1977, 499 sowie o. Rdn. 2/291. 521 Decisions (1975–1979) of the ICC Banking Commission, R 64. 522 Decisions (1975–1979) of the ICC Banking Commission, R 65. 523 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 153; krit. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/622; Baumbach/ Hopt HGB, (11) ERA, Art. 23 Rdn. 2. 524 S. hierzu Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 153.

195

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

nen.525 Die Verwendung derartiger Multi-purpose-Formulare ist sowohl bei Reedereien als auch bei Spediteuren üblich, die als Frachtführer auftreten.

cc)

Formvorschriften für Zeichnung durch Frachtführer/Vertreter

aaa) Unterschrift 2/297 Aus einem Konnossement muss klar hervorgehen, ob die Unterzeichner als

Frachtführer, Agenten oder Master handeln; d.h. es muss seiner äußeren Aufmachung nach den Namen des Frachtführers ausweisen und vom – Frachtführer oder von einem namentlich genannten Agenten für den Frachtführer oder vom – Master oder von einem namentlich genannten Agenten für den Master unterzeichnet zu sein scheinen.526 Auch hier gilt die allgemeine Auslegungsregel des Art. 3 ERA, wonach das Dokument auch durch irgendeine andere mechanische oder elektronische Authentisierungsmethode unterzeichnet sein kann. Jede Unterschrift eines Agenten muss angeben, ob er für den Frachtführer oder den Master zeichnet. Der Name des Frachtführers oder des Masters – vorausgesetzt er ist in dem entsprechenden Dokument bereits anderweitig benannt – muss im Vertretungsvermerk des Agenten nicht wiedergegeben werden.527 Es gibt vier zulässige Unterzeichnungsmöglichkeiten.528 Dies entspricht weit gehend deutschem Recht. Nach § 642 Abs. 1 HGB in Verbindung mit § 126 Abs. 1 BGB muss ein Konnossement, um rechtswirksam und damit aufnahmefähig zu sein, vom Aussteller oder seinem Vertreter handschriftlich unterzeichnet sein; dies gilt nach § 445 Abs. 2 HGB übrigens auch für den Ladeschein. 2/298 Vermerke, durch die das Konnossement geändert wird, müssen gesondert datiert

und unterschrieben bzw. gegengezeichnet sein, weil die Abänderung später vorgenommen sein kann und infolgedessen im Zweifel von der ursprünglichen Unterschrift nicht gedeckt ist. Dies gilt auch in den Fällen, in denen die Bank gemäß den besonderen Bedingungen des Einzelakkreditivs sowohl zur Aufnahme des ursprünglichen als auch zur Aufnahme des abgeänderten Konnossements berechtigt wäre. Eine fehlende Unterschrift unter der Abänderung macht das Konnossement äußerlich unvollständig.

525 Case Studies on Documentary Credits, ICC-Publ Nr. 459, Case 93. Nielsen Richtlinien, Rdn. 241. 526 Vgl. hierzu ausf. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/625. 527 Vgl. Commentary on UCP 600 S. 90. 528 Vgl. hierzu Nielsen Richtlinien, Rdn. 265 ff.

196

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

bbb) An-Bord-Vermerk Im Falle eines Seekonnossements ist es obligatorisch, dass ein sog. An-Bord- 2/299 Dokument vorgelegt wird. Darunter ist ein Transportdokument zu verstehen, welches ausdrücklich ausweist, dass sich die Ware An-Bord des genannten Schiffs befindet.529 Der Nachweis der An-Bord-Verladung kann in zweierlei Form erfolgen: – Verwendung eines Konnossements mit vorgedrucktem Wortlaut, wonach „die Ware an dem im Akkreditiv vorgeschriebenen Ort an Bord eines namentlich genannten Schiffes verschifft worden ist“, Art. 20a (ii) 1. Alternative ERA.530 Bei dieser Alternative enthält die Unterschrift des Ausstellers oder seines Vertreters gleichzeitig die im Text enthaltene Bestätigung der An-Bord-Verladung. – In allen anderen Fällen, d.h. insbesondere bei Verwendung von Receipt for Shipment-Formularen, ist die Verladung an Bord eines namentlich genannten Schiffes durch einen Vermerk auf dem Konnossement nachzuweisen. Es ist das Datum anzugeben, an dem die Ware an Bord verladen worden ist, Art. 20a (ii) 2. Alternative ERA.531 Hierdurch wird die Unzulässigkeit des IntendedVermerks (Vorbehalt bezüglich der Auswahl des Schiffes) geheilt. Nach einer unlängst ergangenen Entscheidung der ICC532 wird die Formulierung „or substitute vessel“ in einem Seekonnossement nicht als Vorbehalt im Sinne des Art. 20a (ii) vergleichbar mit dem „intended vessel“- Vorbehalt erachtet. Regelmäßig würde darin lediglich die Ersetzungsmöglichkeit des Frachtführers bestätigt, nicht aber das Risiko der Banken im Falle eines „intended vessel“ erhöht; das im Konnossement benannte Schiff bleibt vorbehaltlich seines Ausfalls das vereinbarte Transportschiff. Im Gegensatz zur früheren Praxis ist der An-Bord-Vermerk seit der Revision 1993 nicht mehr zu unterzeichnen.533 Zwar widerspricht dies den Erfordernissen des deutschen Seerechts.534 Im Hinblick darauf, dass ein Handzeichen in der Praxis nicht als besonders relevant angesehen wurde, erscheint es hinnehmbar, künftig entsprechend den Intentionen der ICC bei einem An-Bord-Vermerk

529 Holtij S. 132; MünchKommHGB-Aktualisierungsbd. TranspR/Puttfarken SeeR Rdn. 44. 530 Ein Seekonnosement, das zwei namentlich benannte Schiffe, aber nur einen Verladehafen enthält, ist nicht aufnahmefähig, ICC, Documentary Credits INSight, 2001, Vol. 7, No. 1 S. 6 f: „In line with the comments given in query TA.312, the bill of lading requires an on board notation stating the name of the vessel.“ 531 S. zur Problematik, dass ein Seekonnossement zwei unterschiedliche Daten, nämlich ein „issue date“ und ein „on board“ Datum trägt Song Documentary Credits INsight, 2000, Vol. 6, No. 4 S. 9 f: Nach der ICC und auch einer koreanischen Gerichtsentscheidung berechtigt diese Diskrepanz zur Zurückweisung der Dokumente. 532 Documentary Credits INsight 2000, Vol. 6. 533 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/629; ICC-Publ Nr. 511 S. 66. Vgl. 6. Auflage dieses Buches Rdn. 2/255. 534 Schlegelberger/Liesecke Seehandelsrecht, § 642 Rdn. 7; a.A. Rabe Seehandelsrecht, § 642 Rdn. 26.

197

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

auf die Unterzeichnung oder Handzeichen des Frachtführers oder seines Agenten zu verzichten.535 2/300 Weist das Konnossement aus, dass der Reeder auch die Vorreise vom Übernahme-

ort zum Verladehafen übernommen hatte, so wurde der anschließend angebrachte An-Bord-Vermerk früher ohne weiteres auf die Verladung der Ware an Bord des im Konnossement genannten Schiffs in dem gleichfalls im Konnossement aufgeführten Verladehafen bezogen. Diese Auslegung gilt nicht mehr.536 Nach Art. 20a (ii) ERA muss der An-Bord-Vermerk außer dem Verladedatum zusätzlich den im Akkreditiv vorgeschriebenen Verladehafen und den Namen des Schiffes enthalten.537

dd) Transportweg 2/301 Die Konnossemente und/oder sonstigen Verladepapiere müssen den im Akkredi-

tiv verlangten Transportweg bis zum angegebenen Bestimmungsort decken. Das Seekonnossement muss die Seestrecke ausweisen, wobei der im Akkreditiv vorgeschriebene Verladehafen und der Löschungshafen zu nennen sind.538 Art. 23a (iii) (a) ERA 500 sah vor, dass es unschädlich ist, wenn das Seekonnossement einen „vom Verladehafen unterschiedlichen Übernahmeort“ ausweist. Art. 23a (iii) ERA 500 ließ in seiner 2. Alternative zu, dass der endgültige Bestimmungsort von dem im Konnossement ausgewiesenen Löschungshafen abweicht. Diese Vorschrift, die eng auszulegen war,539 ist in der Neufassung der ERA weggefallen, ohne jedoch, dass sich in praktischer oder materieller Hinsicht etwas geändert hätte.540

ee)

Voller Satz Konnossemente

2/302 Die eingereichten Konnossemente müssen mangels anderslautender Vorgaben im

Akkreditiv erkennbar den vollen Satz (full set) der ausgefertigten Konnossemente darstellen, Art. 20a (iv) ERA. Zur Honorierung einzelner Ausfertigungen sind die Banken weder verpflichtet noch berechtigt. Davon unberührt bleibt die unten noch zu erörternde Sonderregelung für den Fall, dass ein Teil der Dokumente auf dem Reiseweg verloren geht (Rdn. 2/437 ff.). Unter einem vollen Satz sind sämtliche Originalausfertigungen des über einen Warentransport ausgestellten Konnossements zu verstehen, die die Rechte an der verschifften Ware verkörpern. Damit nachgewiesen werden kann, wie viele Origi-

535 536 537 538 539 540

198

ICC-Publ. Nr. 511 S. 66. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/630. Im Einzelnen aber strittig. Vgl. hierzu Nielsen Richtlinien, Rdn. 262, 268. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/624 a. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/624 c. Nielsen Richtlinien, Rdn. 259.

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

nale ausgefertigt worden sind, muss jede einzelne Konnossementsausfertigung einen Vermerk enthalten, aus dem sich die Stückzahl der Originale ergibt. Unberücksichtigt bleiben beim vollen Satz die Kopien und diejenigen Originale, 2/303 die gelegentlich für den Reeder und den Frachtführer ausgestellt werden, wenn sie als nicht negoziierbar (not negotiable) gekennzeichnet sind, aus ihnen also keine Rechte an der Ware hergeleitet werden können.541 Damit aber die übrigen Originale (nämlich diejenigen, die negoziierbar sind) zusammengenommen einen vollen Satz bilden, muss sich aus ihrem Text ergeben, dass eine Anzahl weiterer Ausfertigungen vorhanden ist, diese aber nicht negoziierbar sind. Werden dagegen z.B. einer Bank drei Ausfertigungen eines Konnossements präsentiert, auf denen lediglich vermerkt ist, dass sich außer diesen drei Ausfertigungen noch zwei weitere in der Hand des Reeders oder des Frachtführers befinden, muss die Bank die Dokumente zurückweisen; es ist nicht zu erkennen, ob die drei Ausfertigungen einen vollen Satz darstellen. Solange nicht der Aussteller erklärt und mit seiner Unterschrift bestätigt hat, dass nur die besagten drei Ausfertigungen negoziierbar sind, besteht die Gefahr, dass auch die zwei weiteren Ausfertigungen negoziierbar sind, Dritte also durch Indossierung (Übertragung) dieser Ausfertigungen Eigentum an der Ware erwerben können. In der Praxis trifft man vereinzelt auf Akkreditive, die nicht gegen den vollen Satz, 2/304 sondern ausdrücklich gegen „2/3-Konnossemente“ (d.h. 2 von 3 Originalausfertigungen) benutzbar sind, während eine negoziierbare Ausfertigung mit der Ware reist. Es handelt sich um Fälle, bei denen wegen der Kürze des Seeweges der Ware angenommen werden kann, dass die über die Banken geleiteten Dokumente später als die Ware am Bestimmungsort eintreffen. Die Erfahrung lehrt, dass solche Akkreditive für alle Beteiligten Unsicherheit schaffen und Schaden anrichten können; die Akkreditivbank kann ein Akkreditiv, unter dem nicht alle negoziierbaren Ausfertigungen des Konnossements in ihre Hände gelangen, nicht als sichere Grundlage für einen Kredit an den Importeur ansehen, was immer dann zu Misshelligkeiten führt, wenn der Importeur außerhalb des speziellen Geschäftes keine vollwertigen Kreditsicherheiten zu bieten hat. Eine weitere Schwierigkeit auf seiner Seite droht, wenn er über die frühzeitig eingetroffene Ware bereits teilweise verfügt hat und erst aus den später eintreffenden Dokumenten (z.B. einem Qualitätszertifikat) gewisse Mängel der Ware ersieht. Auch der Exporteur kann in eine wenig erfreuliche Situation geraten, nämlich dann, wenn die Akkreditivbank ihm die eingereichten Dokumente wegen Fehlerhaftigkeit unbezahlt zurückgibt und er die Ware wieder an sich bringen möchte, aber das dem Kapitän für den Importeur mitgegebene negoziierbare dritte Konnossement nicht zurückrufen kann. Vollends prekär wird die Lage des Exporteurs, wenn in solch einem Falle seine Hausbank das Akkreditiv bevorschusst hatte und den Kredit zurückfordert, weil (wegen später entdeckter Mängel) das Akkreditiv nicht bedient werden konnte.

541 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 276. Zur Begr. s. ICC-Publ Nr. 511 S. 67.

199

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

Als Ergebnis ist festzuhalten, dass Akkreditive stets nur gegen den vorgeschriebenen Satz Konnossemente benutzbar gestellt werden sollten, selbst wenn technische Probleme aufzutreten drohen, weil die Ware schneller als die Dokumente am Bestimmungsort eintreffen wird. Sofern derartige Probleme auftreten, lassen diese sich ggf. entweder über eine Konnossementsgarantie (Rdn. 9/59 ff.) oder durch bestimmte Weisungen an den Kapitän, wie er bis zum Eintreffen der Dokumente am Bestimmungsort für den Verbleib der Ware zu sorgen hat, oder auch durch Einschaltung einer Bank am Bestimmungsort meist einwandfrei lösen.

ff)

Verladefrist; stale documents

2/305 An-Bord-Konnossemente müssen durch Datierung erkennen lassen, dass die Ware

rechtzeitig, d.h. spätestens an dem im Akkreditiv bestimmten letzten Tage der Versandfrist, verschifft worden ist. Im Zweifel gilt das Datum der Ausstellung des Konnossements oder im Falle eines An-Bord-Vermerks nach Art. 20a (ii) ERA das Datum eines solchen Vermerks. Der später angebrachte An-Bord-Vermerk muss nach den unter Rdn. 2/299 gemachten Angaben gestaltet sein; dann ist dessen Datum an Stelle des Ausstellungsdatums maßgebend für die Einhaltung der Versandfrist (Art. 20a (ii) ERA). Verkauft beispielsweise der Exporteur FAS und ist das im Akkreditiv geforderte Längsseits-Konnossement rechtzeitig vor Ablauf der Versandfrist ausgestellt, kann ein später vom Frachtführer angebrachter An-BordVermerk auch nach Ablauf dieser Frist hinzugefügt sein, ohne dass die Aufnahmefähigkeit des Dokuments beeinträchtigt wird. 2/306 Konnossemente dürfen nicht stale sein; andernfalls müssen die Banken sie man-

gels besonderer Vereinbarung mit ihrem Auftraggeber zurückweisen. Stale documents sind solche Dokumente, die zwar innerhalb der Laufzeit des Akkreditivs eingereicht werden, bei denen aber zwischen ihrer Ausstellung und ihrer Einreichung bei der Bank eine unangemessen lange Frist verstrichen ist (Rdn. 2/239). 2/307 Mangels einer besonderen Vorschrift hat die Einreichung gemäß Art. 14c ERA

innerhalb von 21 Tagen nach dem Ausstellungsdatum des Verladedokuments zu geschehen,542 und zwar auch dann, wenn das Akkreditiv als solches noch länger in Kraft ist, sein Verfalldatum also erst später liegt. Der Akkreditivauftraggeber hat es damit selbst in der Hand, durch klare Vorschriften – z.B. „vorzulegen innerhalb von 14 Tagen nach Ausstellung der Verschiffungsdokumente“ – Komplikationen auszuschließen. Die Vorlagefrist verschiebt sich nach Artikel 29 ERA auf den nachfolgenden Arbeitstag, wenn die Vorlagefrist an einem Tag endet, an dem die Bank aus anderen als den in Art. 36 ERA genannten Gründen geschlossen hat.543

542 Zur Fristberechnung vgl. a. Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 105. 543 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/588; ders. WM-Sonderbeilage 2/1994 S. 21; Eberth WM-Sonderbeilage 4/1984 S. 16.

200

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

Wenn im Einzelfall die Ware durch irgendein Missgeschick früher ankommt als die Dokumente, hilft man sich – um die Ware überhaupt ausladen und übergeben zu können – mit Bankgarantien (Rdn. 9/59 ff.).

gg)

Indossament

Das Konnossement ist eine Urkunde, durch die sich der Verfrachter verpflichtet, 2/308 das zur Beförderung über See übernommene Gut an den durch das Konnossement legitimierten Empfänger gegen Zahlung der Fracht und Rückgabe des Konnossements auszuhändigen (§§ 642 ff. HGB). Der Seefrachtführer verpflichtet sich, demjenigen, der ihm das Gut zur Beförderung übergibt – also dem Ablader – ein Konnossement auszuhändigen, welches auf dessen Verlangen an Order zu stellen ist.544 Fehlt die Orderklausel, stellt das Konnossement ein Rektapapier, das in der Praxis selten vorkommt, dar. Im Wortlaut eines Akkreditivs ist fast immer eine genaue Weisung darüber enthal- 2/309 ten, wer aus dem Konnossement berechtigt sein soll. Üblicherweise wird ein Konnossement „an Order – blanko indossiert“ verlangt. Die frühere Regel des Art. 21 ERA (Revision 1962), nach dem die Banken mangels anderweitiger Vorschrift verlangen konnten, dass der Name des Akkreditivbegünstigten auf dem Konnossement als Ablader oder als Indossant erschien, ist schon in den ERA (Revision 1974) ersatzlos weggefallen. Es kann also die Order des Abladers, aber auch die eines Spediteurs oder die eines Dritten gewählt werden. Sofern die Ware als Kreditsicherheit dienen soll (Rdn. 2/458), wird vielfach ein Konnossement gefordert, das an die Order der Akkreditivbank ausgestellt oder an diese indossiert ist. Wenn das Konnossement an Order ausgestellt ist, kann es durch Indossament übertragen werden, § 363 Abs. 1 HGB. Das Indossament auf dem Orderkonnossement, durch das nach § 364 Abs. 1 HGB alle Rechte aus dem indossierten Papier auf den Indossatar übergehen, hat eine vielfältige Wirkung: Es begründet eine Vermutung dafür, dass der Verfrachter das Ladegut so übernommen hat, wie es in dem Konnossement beschrieben ist. Das Indossament legitimiert ferner den Indossatar zur Entgegennahme der Sendung. Es begründet jedoch nicht die – aus einem Indossament auf einem Wechsel oder Scheck sich ergebende – Garantiehaftung der Zwischenindossanten. Das (Rekta- oder Order-)Konnossement ist, ebenso wie der Ladeschein und der 2/310 Orderlagerschein der staatlich konzessionierten Lagerhalter, ein Traditionspapier.545 Dadurch wird es möglich, den Besitz von Waren, die sich auf hoher See befinden, ohne körperliche Übergabe zu übertragen. Die Übergabe des Papiers ersetzt die Übergabe des Gutes; beim Rektakonnossement an den Berechtigten,

544 MünchKommHGB-Aktualisierungsbd. TranspR/Puttfarken SeeR Rdn. 53 f. 545 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/103 f.

201

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

beim Orderkonnossement an den durch Indossament Legitimierten. Für die Pfandbestellung gilt Entsprechendes (§§ 929 BGB; 647 HGB). Der gutgläubige Indossatar eines Konnossements erwirbt den Besitz und folglich auch das Eigentum an den im Konnossement verbrieften Waren auch dann, wenn das Konnossement gestohlen war. War die im Konnossement verbriefte Ware unterschlagen, wird der Indossatar Eigentümer kraft guten Glaubens (§§ 929, 932 BGB). War dagegen das Gut gestohlen, verloren oder abhanden gekommen, erwirbt der Indossatar durch die Übergabe zwar das Eigentum an der Konnossementsurkunde, aber im Hinblick auf § 935 BGB nicht das Eigentum an der Ware. Konnossemente müssen demnach, um zur Aufnahme geeignet zu sein, das im Akkreditiv geforderte Indossament – hinsichtlich der Form des Indossaments verweist § 365 HGB auf das Wechselrecht – tragen. Sie dürfen weder gar nicht, noch blanko indossiert sein, wenn ein bestimmtes Indossament verlangt war, noch an eine bestimmte Order lauten, wenn sie blanko oder gar nicht indossiert sein sollten. Ein Blankoindossament an Stelle einer bestimmten Order würde einem Dritten die Möglichkeit geben, sich durch Einsetzung seines Giros in die Indossamentenkette einzureihen; umgekehrt würde eine bestimmte Order an Stelle eines Blankoindossaments die Legitimation aus dem Dokument auf eine Person übertragen, der sie nach dem Willen der Akkreditivbank und ihres Auftraggebers vielleicht nicht zusteht oder die zumindest aus dem Dokument nicht ersichtlich sein soll. Selbst wenn durch ein vom Akkreditiveröffnungsschreiben abweichendes Indossament zunächst nur der Akkreditivbank Nachteile drohen (im Hinblick auf eine Kreditsicherung), darf sie mit Rücksicht auf den formalen Charakter des Akkreditivs die Dokumente mit nicht akkreditivgerechtem Giro nicht ohne Zustimmung ihres Auftraggebers aufnehmen, weil das im Akkreditiv geforderte Indossament auf dessen Auftrag zurückgeht.

hh) Warenbezeichnung 2/311 Die auf dem Konnossement angegebene Warenbezeichnung braucht keine Detai-

langaben über die Ware zu enthalten. Auch kann die Mengenbezeichnung (kg, t) eine andere sein, sofern nur die Menge selbst dieselbe ist. Es genügt, dass sich die detaillierte vollständige Waren- und Mengenangabe allein aus der Rechnung ergibt, wenn alle Dokumente zusammen dem vollen Wortlaut des Akkreditivs entsprechen.546 Die Zulässigkeit einer mehr allgemein gehaltenen Warenbezeichnung im Konnossement (nicht in der Rechnung) beruht z.T. darauf, dass die Reedereien für die Konnossemente Warentypenbezeichnungen geprägt haben, welche die verladene Ware üblicherweise nicht in allen Einzelheiten bezeichnen, wie dies im Kaufvertrag zwischen Käufer und Begünstigtem geschieht und entsprechend akkreditivgerecht in die Rechnung aufgenommen wird.

546 Liesecke WM 1966, 458, 465; Häberle in: Handbuch der Akkreditive, S. 584.

202

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

Die den Banken aufgebürdete Entscheidung, ob eine auf dem Konnossement 2/312 angeführte Warenbezeichnung mindestens die wesentlichen der im Akkreditiv vorgeschriebenen und auch in der beigefügten Rechnung enthaltenen Wareneigenschaften erkennen lässt, ist nicht immer leicht zu treffen. Den Banken wird aber selbst dann, wenn sich ihre Entscheidung später als objektiv falsch herausstellt, selten der Vorwurf gemacht werden können, sie hätten es an der sorgfältigen Prüfung fehlen lassen, und nur in diesem Falle wäre das Verlangen des Käufers der Bank gegenüber auf Zurückweisung der Dokumente berechtigt.547

ii)

Reines Konnossement (clean bill of lading)

Banken dürfen für ihre Auftraggeber grundsätzlich nur Dokumente aufnehmen, 2/313 die rein (clean) sind.548 Nach Art. 27 ERA, der für alle Transportdokumente gilt, sind solche Dokumente „rein“, die keine Klauseln oder Vermerke enthalten, die ausdrücklich auf einen mangelhaften Zustand der Ware und/oder der Verpackung hinweisen. Das Wort „clean“ muss selbst dann nicht auf dem Transportdokument erscheinen, wenn das Akkreditiv eine Bedingungen enthält, nach der ein Transportdokument „clean on bord“ sein soll (Art. 27 Satz 3 ERA). Die Schwierigkeit dieser Regelung liegt jedoch darin, dass nicht immer leicht beurteilt werden kann, ob eine Angabe auf dem Versanddokument einen Qualitätsmangel an der Ware oder Verpackung erkennen lässt. Einige Anhaltspunkte waren früher in Art. 18 Abs. 3 ERA (Revision 1951) gegeben; dort hieß es, dass Klauseln, die nicht ausdrücklich besagen, dass Ware oder Verpackung unzulänglich sind, sowie Klauseln, denen zufolge der Frachtführer für in der Ware oder Verpackung begründete Risiken nicht haftet, sowie endlich Klauseln, denen zufolge der Frachtführer von Gewicht, Maß, Güte oder technischer Spezifikation der Ware keine Kenntnis hat, die Dokumente noch nicht unrein machen. Schon bei den ERA (Revision 1962) hat man diesen Versuch einer Abgrenzung der unschädlichen von den insoweit schädlichen Klauseln aufgegeben; das war zu begrüßen, da eine so allgemein gehaltene und die praktischen Möglichkeiten nicht erschöpfende Aufzählung der noch zulässigen Grenzfälle die Unsicherheit eher erhöhte als verringerte. Stattdessen hat die ICC zu der Problematik der reinen Konnossemente eine besondere Broschüre549 herausgegeben über die in der Praxis vorkommenden Klauseln, die in irgendeiner Weise den Konnossementsvermerk „shipped in apparent good order“ einschränken, ohne direkt den Zustand der Ware oder der Verpackung als „mangelhaft“ (defective) zu bezeichnen. Damit soll erreicht wer-

547 Sehr weit gehende Anforderungen an die Sorgfaltspflichten der Akkreditivbank stellt das Handelsgericht St. Gallen SchwJZ 1985, 11, auf, das die Individualisierbarkeit der Ware durch das Konnossement verlangt. 548 MünchKommHGB-Aktualisierungsbd. TranspR/Puttfarken SeeR Rdn. 49. Zum Begriff der Reinheit Puttfarken Seehandelsrecht, Rdn. 80 ff.; Nielsen Richtlinien, Rdn. 348; Baumbach/ Hopt HGB, (11) ERA, Art. 32 Rdn. 1. 549 The Problem of Clean Bills of Lading, ICC-Publ Nr. 283/473.

203

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

den, dass Käufer und Verkäufer sich schon bei Vertragsabschluss Gedanken darüber machen, welche dieser Klauseln sie für die spezielle Warengattung als zulässig in das Akkreditiv aufnehmen wollen, um späteren Auslegungsschwierigkeiten bei der Bedienung des Akkreditivs zuvorzukommen. 2/314 Endgültig gelöst ist das Problem clean oder unclean, das in der Praxis und Lite-

ratur immer wieder zu strittigen Abgrenzungsversuchen550 geführt hat, noch nicht. Als Orientierungshilfe für Zweifelsfälle können die Kommentare der ICC Banking Commission dienen.551 Es werden immer Fälle vorkommen, in denen die Akkreditivbanken nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden haben, ob einzelne Vermerke nach Art. 27 ERA noch oder nicht mehr zulässig sind. Dabei darf sich ihre Entscheidung sicherlich nicht allein darauf stützen, ob das Wort „mangelhaft“ in dem Vermerk enthalten ist. Vielmehr wird im Zweifel ein Vermerk unabhängig von der Wortwahl das Dokument immer dann unclean machen, wenn er auf eine die Ware oder ihre Verpackung betreffende Tatsache hinweist, die einen während des Transportes drohenden oder bereits eingetretenen Schaden erkennen lässt.552 Andererseits kann gerade auch ein scheinbar negatives Merkmal die vertragsgemäß geforderte Warenkategorie bestätigen. Ausdrücklich ist darauf hinzuweisen, dass Klauseln, wonach Inhalt, Qualität und Gewicht unbekannt seien (sog. Unbekannt-Klauseln), die Aufnahme von Konnossementen nicht beeinträchtigen, Art. 26b ERA,553 da nur ausdrückliche Mängelvermerke schaden.554 Dasselbe gilt für einen Stempelaufdruck auf der Vorderseite des Konnossements, mit welchem eine auf der Rückseite des Konnossements abgedruckte, die Haftung des Verfrachters einschränkende Frachtbedingung wiederholt wird.555 2/315 Den Banken ist es selbstverständlich unbenommen, im Zweifelsfall unbeschadet

ihres Rechts zur eigenen Ermessensentscheidung die Meinungsäußerung des Käufers beizuziehen und diese zu befolgen, wenn sie (unter Kreditgesichtspunkten) kein eigenes Interesse an dem ordnungsmäßigen Zustand der Dokumente haben. Darüber, ob ein reines oder unreines Konnossement auszustellen ist, kann Streit

550 Vgl. schon National Bank of Egypt v. Hannevig’s Bank, Ltd. (1919) Ll. L. Rep. 69; British Imex Industries Ltd. v. Midland Bank Ltd. (1958) 1 Q. B. 542 = AWD 1958, 59 m. Anm. Eisemann; vgl. auch Decisions (1975–1979) of the ICC Banking Commission R 23, 24 und 25. Ferner Haage S. 96 ff. Nielsen Richtlinien, Rdn. 348 ff. 551 Z.B.: Case Studies on Documentary Credits, ICC-Publ Nr. 459 S. 104, Case 124–126; ICC-Publ Nr. 511 S. 91; Opinions (1980–1981) of the ICC Banking Commission, ICC-Publ Nr. 399 S. 33 Rdn. 79. 552 Rabe Seehandelsrecht, § 646 HGB Rdn. 11. 553 Case Studies on Documentary Credits, ICC-Publ Nr. 459 S. 102; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/648 c; MünchKommHGB-Aktualisierungsbd. TranspR/Puttfarken SeeR Rdn. 67 f.; BGH WM 2004, 1138, 1140. Zur Klausel „said to contain“ Theodoron Documentary Credits INSight, 2001, Vol. 7, No. 1 S. 8 f. 554 Nielsen Richtlinien, Rdn. 348. 555 OLG Frankfurt WM 1978, 886. Zur Abgrenzung von schädlichen und unschädlichen Klauseln s. ferner Nielsen WM-Beilage 3/1993 S. 27 f.

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VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

entstehen, der wegen der Eile nur im Verfahren der einstweiligen Verfügung entschieden wird. Soll das gerichtliche Eilverfahren vermieden werden, kommt auch in Betracht, ein reines Konnossement gegen Revers auszustellen. Der Frachtführer wird bei Ausstellung eines reinen Konnossement durch eine Bankgarantie gegen Ansprüche gesichert.556 Neben den Klauseln, die ein Konnossement unrein machen, berechtigen und ver- 2/316 pflichten auch solche Klauseln die Banken zur Zurückweisung der Dokumente, die eine andere wesentliche Eigenschaft des Konnossements aufheben, einschränken oder ihr widersprechen.557 Nach heute allgemein anerkannter Meinung macht die sog. Caspiana-Klausel ein Konnossement nicht unclean. Sie besagt, dass der Schiffsführer, falls die Löschung der Ware in dem im Konnossement genannten Bestimmungshafen durch höhere Gewalt unmöglich wird, berechtigt ist, die Ware im nächstgelegenen geeignet erscheinenden Hafen zu löschen.558 Zulässig ist auch die sog. multiple bill of lading clause, durch die sich der Aussteller freizeichnet, wenn Konnossemente über Teilmengen einer Containerladung ausgestellt werden, obwohl hierdurch der Herausgabeanspruch des Konnossementsinhabers beschränkt wird.559

jj)

Vorgedruckte Klauseln

Die Banken sind nicht verpflichtet, das ganze Konnossement daraufhin durch- 2/317 zulesen, ob es – insbesondere auf der Rückseite – vorgedruckte Klauseln enthält, welche die Verbindlichkeit des geschriebenen Textes modifizieren, in Frage stellen oder aufheben. Die Banken, die nach Art. 14 ERA zur Prüfung der Dokumente nur hinsichtlich deren äußerer Aufmachung (on their face) verpflichtet sind, haben lediglich zu prüfen, ob die schriftlichen, in das Formular eingesetzten speziellen Angaben über die versandte Ware mit den Erfordernissen des Akkreditivs

556 MünchKommHGB-Aktualisierungsbd. TranspR/Puttfarken SeeR Rdn. 51 f. 557 BGH WM 1960, 1405 = NJW 1961, 665; BGH WM 1961, 320 =AWD 1961, 103 = NJW 1961, 823 (Klausel betreffend den Haftungsausschluss wegen Untergewicht). 558 Entgegen der von Londoner Banken gelegentlich geäußerten Auffassung ist in England gerichtlich entschieden worden, dass es dem berechtigten Interesse der Schiffsführer entspreche und daher auch ohne spezielle Klausel als zulässig erachtet werden müsse, die Ladung an einem anderen als dem vorgesehenen Bestimmungsort zu löschen, wenn die Löschung aus von den Schiffsführern nicht zu vertretenden Umständen am Bestimmungsort unmöglich sei. In ähnlicher Weise äußern sich auch kontinentale Autoren. Dem ist zu folgen, denn auch vom Standpunkt des deutschen Rechts werden durch eine solche Klausel in billigenswerter und zumutbarer Weise die Interessen der Schiffsführer gewahrt. Damit kommt der Caspiana-Klausel nur noch deklaratorische Bedeutung zu; sie ist also im Grunde überflüssig, hindert aber nicht die Aufnahme des Konnossements. Diese dürfte jedoch nicht erfolgen, wenn es eine Klausel enthielte, die es dem freien Ermessen des Schiffsführers überließe, statt des vorgesehenen Bestimmungsorts einen anderen zu wählen. Hierzu auch Nielsen Richtlinien, Rdn. 352. 559 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/648d; Opinions (1980–1981) of the ICC Banking Commission, ICC-Publ Nr. 399 S. 33, R 79.

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Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

übereinstimmen. Sie brauchen nicht damit zu rechnen, dass der gedruckte Text des Konnossements bereits Angaben über den Zustand der Ware und ihrer Verpackung enthält,560 und daher nur Klauseln zu berücksichtigen, die – schriftlich oder durch Stempel – auf dem Konnossement deutlich sichtbar vermerkt wurden. Handelsüblich ist es, Sonderklauseln nur auf der Vorderseite des Konnossements anzubringen; eine im allgemeinen gedruckten Text befindliche Klausel, welche An-Deck-Verladung oder Umladung (transhipment) „vorbehält“, steht, selbst wenn das Akkreditiv die An-Deck-Verladung561 nicht ausdrücklich gestattet oder die Umladung ausdrücklich verbietet, einer Aufnahme nicht entgegen (Art. 26a ERA). Zurückzuweisen sind nach Art. 26a ERA nur solche Konnossemente, aus denen sich konkret ergibt, dass die Ware akkreditivwidrig an Deck verladen wurde oder wird.562 Es kommt somit darauf an, ob ausdrücklich eine tatsächlich erfolgte Deckverladung bescheinigt wird. Infolgedessen bleiben alle Transportdokumente aufnahmefähig, die lediglich allgemeine Klauseln enthalten, welche die Beförderung der Waren an Deck gestatten.563 Schreibt das Akkreditiv ausnahmsweise ausdrücklich vor, dass die Waren unter Deck zu verladen sind, hat das Transportdokument einen entsprechenden Positivvermerk aufzuweisen.564 Um die dokumentäre Geschäftsabwicklung nicht zu stören, sollten überflüssige Angaben über die Verladeart zweckmäßigerweise gar nicht in das Konnossement aufgenommen werden. Reedereien lehnen es deshalb häufig auch ab, derartige Angaben in einem Konnossement zu machen. 2/318 In diesem Zusammenhang sind schließlich die Kurzform-Transportdokumente

(short form bills of lading)565 und die Blanko-Rückseite-Transportdokumente (blank back transport documents) zu erwähnen. Derartige Konnossemente, die nicht den vollen Text der Transportbedingungen in Form auf der Rückseite abgedruckter Klauseln, sondern nur noch einen Hinweis auf die Geltung bestimmter Bedingungen enthalten, deren Wortlaut bei der Reederei eingesehen werden kann, sind nach Art. 20a (v) ERA ausdrücklich zugelassen.

560 Gleichwohl kommen solche Klauseln vor, z.B. die Klausel „on deck at shipper’s risk“; sie wälzt sämtliche aus der An-Deck-Verladung erwachsenen Risiken auf den Ablader ab. Abgesehen davon aber, dass eine Bank diese Klausel, ohne sich haftbar zu machen, übersehen darf, ist sie in der Bundesrepublik unwirksam, BGHZ 6, 127, 135. 561 Krit. zum Verbot der An-Deck-Verladung Nielsen in: BuB, Rdn. 5/637, 5/648 b; ders. Grundlagen, S. 118; ders. Richtlinien für Dokumenten-Akkreditive, Rdn. 342; Stapel Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, S. 221. 562 Commentary on UCP 600 S. 125. 563 Vgl. a. OLG Frankfurt RIW/AWD 1978, 750. 564 Nielsen Grundlagen, S. 119; Gutteridge/Megrah S. 156. 565 S. zu den Überlegungen, ein vereinfachtes Akkreditiv – Kurzakkreditiv benannt –, das insbesondere die geforderten Dokumente vereinfachen soll, a. Häberle in: Handbuch der Akkreditive, S. 132 f.

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VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

kk) Umladung Der Begriff der Umladung bezieht sich bei einem Seekonnossement gemäß 2/319 Art. 20b ERA auf die Umladung der Ware von einem Schiff auf ein anderes Schiff im Verlauf des Seetransports. Soweit nämlich Umladungen von einem Transportmittel auf ein anderes Transportmittel ausgewiesen wären, sind die Anforderungen zu beachten, die an ein Dokument des multimodalen Transports gestellt werden.566 Hierzu sind jedoch die folgenden Einschränkungen zu machen: – Sofern das Seekonnossement eine Vorreise zum Verladehafen ausweist, wird die Umladung vom Transportmittel der Vorreise auf das Schiff durch einen ordnungsgemäßen An-Bord-Vermerk „geheilt“. Eine derartige Umladung stellt nach dem Verständnis des Art. 20b ERA keine Umladung dar. – Sofern das Akkreditiv eine Umladung nicht ausdrücklich ausschließt, darf ein Konnossement den Vorbehalt enthalten, dass „Umladung der Ware stattfinden wird oder kann, sofern nur der gesamte Transport durch ein und dasselbe Konnossement gedeckt ist“ (Art. 20c (i) ERA). – Sofern eine Umladung, wie sie der Art. 20b ERA während der Seereise vorsieht, vorgenommen werden soll, kann ein entsprechendes Konnossement auch trotz eines im Akkreditiv enthaltenen Verbotes der Umladung angenommen werden, wenn sich die Ware in Containern,567 in Anhängern oder LASH-Leichtern befindet (Art. 20c (ii) ERA). Voraussetzung hierfür bleibt jedoch, dass die gesamte Seereise durch ein einziges Seekonnossement gedeckt ist.568 Bei einer vorgesehenen Nachreise mit einem anderen Transportmittel ist es jedoch wahrscheinlicher, dass die Bestimmungen des Art. 19 ERA gelten sollen.569

ll)

Teilverladung (part shipment)

Sollen Teilverladungen ausgeschlossen sein, muss dies im Akkreditiv ausdrück- 2/320 lich gesagt werden (Rdn. 2/67 ff.); ist nach dem Akkreditiv die Teilverladung der Ware nicht ausdrücklich verboten, nehmen die Banken Konnossemente, aus denen sich die Versendung nur eines Teiles der gegen Akkreditiv verkauften Ware ergibt, auf (Art. 31a ERA). Sofern das Akkreditiv Teilverladung gestattet, ergeben sich für die aufnehmende Bank in der Regel keine Probleme.

566 Holtij S. 140. Zum Umladeverbot Nielsen WM-Beilage 3/1993 S. 24 f. 567 Hierbei sind jedoch die Vermerke CY (der Container wurde am Abgangsort als Vollcontainer im Container Yard angeliefert und soll am Bestimmungsort aus dem Container Yard abgeholt werden) und CFS (der Container wurde am Abgangsort in der Container Freight Station gepackt und soll am Bestimmungsort in der Container Freight Station ausgepackt werden) zu beachten. 568 Nielsen Richtlinien, Rdn. 285. 569 Holtij S. 140.

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Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

2/321 Das Zahlungsversprechen der Bank unter einem Akkreditiv ist in Bezug auf die

Warenmenge und den Gesamtpreis grundsätzlich nur nach oben hin begrenzt. Den Begünstigten trifft der Bank gegenüber mithin keine Verpflichtung, das ihm abgegebene Zahlungsversprechen in voller Höhe oder, was nach Art. 31a ERA zulässig ist, auch nur mit einem Teilbetrag in Anspruch zu nehmen. Zwar wird er sich dem Akkreditivauftraggeber gegenüber in vielen Fällen vertragswidrig verhalten, wenn er sich einzelne Teillieferungen bezahlen lässt, um dann die Lieferungen einzustellen und das Akkreditiv in Höhe des Restbetrages verfallen zu lassen; mit dieser den Kaufvertrag betreffenden Auseinandersetzung ist die Bank aber nicht befasst. Sie honoriert bis zur oberen Grenze ihres Zahlungsversprechens alle Dokumente aus Teillieferungen, die ihr vor Ablauf des Akkreditivs präsentiert werden, und prüft nur, ob die einzelnen Dokumente, abgesehen von der Warenmenge und dem Gesamtpreis (der Stückpreis muss stets dem Akkreditiv entsprechen) mit dem Wortlaut des Akkreditivs übereinstimmen. 2/322 Diesen Grundsatz wird man selbst dann anwenden müssen, wenn Gegenstand der

Lieferung eine nur als Ganzes brauchbare Anlage ist, der Begünstigte von dieser Anlage am letzten Tage der Verschiffungsfrist einen Teil verlädt und mit Sicherheit erkennen lässt, dass er den Rest nicht mehr unter dem Akkreditiv versenden kann und will. Würde die Bank in solch einem Falle die Bedienung des Akkreditivs in Höhe des Wertes der fristgemäßen Teilverschiffung verweigern, würde sie dem dokumentären Charakter des Akkreditivs (vgl. Art. 4 und Art. 5 ERA) untreu und übernähme – wenn auch im mutmaßlichen Interesse des Auftraggebers – ein oft aussichtsloses Prozessrisiko, wodurch ihr internationales Ansehen Schaden leiden würde. Denn der Wortlaut des Akkreditivs, unter welchem Teilverschiffungen zugelassen sind, spräche gegen sie, und ob hinsichtlich des Akkreditivs ein auf den Grundsatz von Treu und Glauben gestützter Einwand aus § 242 BGB durchgreifen würde, erscheint sehr zweifelhaft (Rdn. 2/396). Es ist Sache der Kaufvertragsparteien, in derartigen Fällen für eine entsprechende Ausgestaltung des Akkreditivinhalts Sorge zu tragen.570 2/323 Mehrere Verladungen auf ein und demselben Schiff für dieselbe Reise werden

nach Art. 31b ERA auch dann nicht als Teilverschiffungen angesehen, wenn die Transportdokumente unterschiedliche Ausstellungsdaten tragen und/oder Verladungen auf demselben Schiff für dieselbe Reise in verschiedenen Häfen erfolgen. Sie sind also auch zulässig, wenn Teilverschiffungen ausgeschlossen wurden, wobei aber dann das zeitlich zuletzt ausgestellte Transportdokument noch innerhalb der Verladefrist des Art. 14c ERA liegen muss, denn es gilt das Verladedatum der letzten Verladung als das maßgebliche Verladedatum (Art. 31b Satz 2 ERA). 2/324 Wurden Teilverladungen ausdrücklich im Akkreditiv ausgeschlossen, ist beson-

dere Aufmerksamkeit erforderlich. Nach Art. 31b ERA sind zwar auch dann die dort vorgesehenen Möglichkeiten zulässig (an verschiedenen Tagen datierte

570 Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 125.

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VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

Konnossemente; Verladungen auf demselben Schiff in verschiedenen Häfen), weil sie gar nicht als „Teilverladungen“ im Sinne der ERA anzusehen sind. Dies gilt aber nur dann, wenn die Anwendbarkeit dieser Grundsätze nicht durch andere Vorschriften im Akkreditiveröffnungsschreiben unmöglich gemacht wird; z.B. wenn ein bestimmter Abladehafen (oft unnötigerweise) ausdrücklich vorgeschrieben ist. Die Zulässigkeit der Teilverladung hebt die Bestimmung über den Abgangsort der Ware nicht auf und gestattet nicht automatisch die Verladung an verschiedenen Orten. Nur wenn im Akkreditiv kein bestimmter Hafen benannt ist, sondern die diesbezüglichen Angaben allgemein gehalten sind, z.B. „Europäischer Hafen“ oder „Atlantikhafen“, dürfen Banken unter einem Akkreditiv, bei dem Teilverschiffungen verboten sind, ohne weiteres Konnossemente aufnehmen, aus denen hervorgeht, dass die Verladung in verschiedenen Häfen der genannten Art erfolgte. Art. 31b 2. Absatz ERA wurde neu eingeführt und stellt weitere Fälle klar, wann die Vorlage von mehr als einem Satz von Transportdokumenten einen Verstoß gegen das Verbot der Teilverladung darstellt. Die Vorlage von mehr als einem Satz Transportdokumente für sich gesehen, stellt noch keinen Verstoß dar. Weisen die Dokumente jedoch eine Verladung auf mehr als einem Beförderungsmittel aus, stellt dies einen Verstoß dar, selbst wenn die Verladung innerhalb derselben Beförderungsart erfolgt, und selbst wenn die Beförderungsmittel an demselben Tag zu demselben Ziel abgehen. Nach Art. 32 ERA kann, wenn in den Bedingungen des Akkreditivs Inanspruch- 2/325 nahme und/oder Verladungen in Raten innerhalb bestimmter Zeiträume vorgeschrieben sind und eine Rate nicht innerhalb des für sie vorgeschriebenen Zeitraums in Anspruch genommen und/oder verladen worden ist, das Akkreditiv für diese betreffende und jede weitere Rate nicht mehr benutzt werden. Das Vorgesagte gilt auch dann, wenn der Begünstigte die Zeiträume für vorgesehene Teilinanspruchnahmen und/oder Teilverladungen auch nur teilweise ungenutzt verstreichen lässt. Auch hier gilt wiederum, dass im Akkreditiv abweichende Regelungen möglich sind (Art. 1 Satz 2 ERA). Ob die einzelnen Teillieferungen mangels ausdrücklicher Vereinbarung einen gleichen oder annähernd gleichen Anteil der Gesamtwarenmenge ausmachen müssen, ist in den ERA nicht erwähnt und wird sich nur von Fall zu Fall nach den besonderen Umständen entscheiden lassen. Grundsätzlich kann man nur sagen, dass der Begünstigte seiner Verpflichtung zur termingerechten Sukzessivlieferung beispielsweise dann nicht nachkommt, wenn er infolge Warenknappheit zunächst eine minimale, zum selbständigen Weiterverkauf ungeeignete Warenmenge auf den Weg bringt. Da hinsichtlich der Teilverladung in der Praxis noch viele Fragen ungeklärt sind, wird insoweit nachdrücklich eine klare Regelung im Text des einzelnen Akkreditivs empfohlen. Wenn Teilverladung nicht gestattet ist, darf eine Ausladung in verschiedenen 2/326 Häfen, auch wenn sie auf derselben Reise angelaufen werden, nicht erfolgen, da dies als unzulässige Teilverschiffung anzusehen wäre.

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Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

mm) Frachtvermerke in Transportdokumenten 2/327 Während die ERA 500 noch in Art. 33 ERA ausführlich regelten, ob bzw. wie die

Fracht bei Transportdokumenten auszuweisen ist, verzichten die ERA 600 weit gehend auf diesbezügliche Regelungen, weil diese angeblich in der Praxis keine Rolle gespielt haben.571 Die Neufassung beschränkt sich darauf, Transportdokumente mit dem Hinweis auf zusätzlich zur Fracht anfallende Kosten mangels Sonderweisung im Akkreditiv für aufnahmefähig zu erklären. Dies ändert allerdings nichts an dem Umstand, dass Sonderweisungen betreffend Frachtkosten grundsätzlich zulässig sind und in der Praxis auch nach wie vor vorkommen.572 Auch die ISBP enthalten weiterhin entsprechende Regelungen.573 Materiell hat sich nach hier vertretener Auffassung an der bisherigen Lage durch die Neufassung der ERA keine wesentliche Änderung ergeben, so dass auch auf bisherige Stellungnahmen/Entscheidungen der ICC verwiesen werden kann. Der Ausdruck „Fracht“ ist der Oberbegriff für „Fracht- oder Transportkosten“.574 Entscheidend ist, dass die Transportdokumente bezüglich der Regelung der Frachtkosten dem Wortlaut des Akkreditivs oder den im Akkreditiv genannten Lieferungsbedingungen (z.B. CIF, FOB, FAS, CFR) entsprechen.575 Erfolgt die Versendung der Ware unter einem CIF-Kontrakt, müssen die Rechnung die CIF-Klausel und das Konnossement einen Vermerk enthalten, dass die Fracht bezahlt ist. Der Vermerk kann durch Stempel oder auf andere Weise angebracht sein.576 Enthält das Akkreditiv keine Sonderweisungen, nehmen die Banken Transportdokumente auch dann an, wenn sie den Vermerk enthalten, dass die Fracht noch zu zahlen ist. Die Vermerke „Fracht vorauszahlbar“ oder „Fracht im Voraus zu zahlen“ oder Worte ähnlicher Bedeutung genügen als Nachweis erfolgter Frachtzahlung nicht. Dokumente mit einem solchen Vermerk berechtigen und verpflichten die Bank, die insoweit keinen Ermessensspielraum besitzt, zur Zurückweisung. Dasselbe gilt für den Vermerk „Fracht zahlbar in . . .“.577 2/328 Hinsichtlich Rembours-Akkreditiven oder eines gegen Nachsichttratten benutz-

baren Akkreditivs wird empfohlen, eine Vereinbarung zwischen Käufer und Begünstigtem, derzufolge die Frachtkosten bei Schiffsankunft vom Käufer zu zahlen sind, in das Akkreditiveröffnungsschreiben aufzunehmen. In diesen Fällen könnte sich der Käufer sonst weigern, Konnossemente mit dem Vermerk „freight

571 Commentary on UCP 600 S. 126. 572 Nielsen Richtlinien, Rdn. 344. 573 ICC-Publ. Nr. 681, §§ 168/169. 574 Die Unterscheidung zwischen Fracht- oder Transportkosten beruht darauf, dass diese bei kombinierten Transporten gesondert ausgewiesen werden, Nielsen in: BuB, Rdn. 5/648 e. 575 Holtij S. 120; Stapel Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, S. 225; MünchKommHGB-Aktualisierungsbd. TranspR/Puttfarken SeeR Rdn. 40; Nielsen Richtlinien, Rdn. 344. 576 So die frühere Regelung in Art. 33b ERA. Enger Nielsen, der von einer Notwendigkeit einer Stempelung ausgeht, Nielsen Richtlinien, Rdn. 344. 577 Decisions (1975–1979) of the ICC Banking Commission, R 21.

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VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

payable at destination“ aufzunehmen, da der Begünstigte ihm in Höhe des vollen CIF-Preises eine Hinausschiebung der Bezahlung zugestanden hat. Er braucht nicht zu dulden, dass er bei Schiffsankunft in Höhe der Transportkosten vorausbelastet wird, wenn der Wechsel – wie üblich – zu diesem Zeitpunkt noch nicht fällig ist.578 Eine Bank muss ohne anderslautende Weisung des Auftraggebers die Dokumente als nicht akkreditivkonform zurückweisen. Haben Käufer und Verkäufer schon im Kaufvertrag vereinbart, dass die Fracht bei Dampferankunft zu bezahlen ist, sollte dies der Klarheit wegen auch im Akkreditiv stehen und dabei zugleich angegeben werden, in welcher Währung die Frachtzahlung erfolgen soll; das gilt zumindest dann, wenn der eigentliche Akkreditivbetrag nicht in der Währung des Ankunftslandes der Ware zu zahlen ist, wohl aber die Fracht. Eine entsprechende Klausel lautet: „freight payable at destination in the currency of the country of destination“. Hat der Käufer dies bestimmt, ist klar, dass die Frachtkosten in einer anderen Währung als der Akkreditivbetrag gezahlt werden sollen. Das Konnossement muss in diesem Falle die Klausel wiederholen. Es muss als nicht eindeutig zurückgewiesen werden, wenn es nur den Vermerk „freight payable at destination“ ohne Währungsangabe enthält.579 Nach hier vertretener Auffassung gilt auch unter der Neufassung der ERA, dass 2/329 die Banken Verladedokumente annehmen, die durch aufgestempelte oder in anderer Weise angebrachte Vermerke auf zusätzliche, durch Ein- bzw. Ausladen oder ähnliche Vorgänge verursachte Kosten und Auslagen hinweisen, sofern dies nicht ausdrücklich im Akkreditiveröffnungsschreiben ausgeschlossen wurde.580 Natürlich darf die Akkreditivsumme insgesamt nicht überschritten sein; es handelt sich hier nur um eine interne Verschiebung hinsichtlich Warenwert und die Fracht betreffende Nebenkosten. Gelegentlich tragen Dokumente unter einem CIF-Akkreditiv zwar den Bezahlt- 2/330 Vermerk für Fracht und Versicherung und einen „On Board“-Vermerk, lauten aber auf eine andere Lieferungsbedingung (z.B. FAS), nach der die Gefahr des zufälligen Unterganges der Ware früher als unter einem CIF-Kontrakt vom Verkäufer auf den Käufer übergeht. Dies kommt häufig dann vor, wenn der Begünstigte unter anderen Bedingungen eingekauft hat, als er im Export weiterverkauft. Banken dürfen derartige Dokumente mangels Zustimmung des Käufers nicht aufnehmen.581 Selbst bei Vorliegen dieser Zustimmung brauchen die Banken sie

578 Gutteridge/Megrah The Law of Bankers‘ Commercial Credits, S. 119 ff.; sie halten nicht nur unter einem gegen Nachsichttratten benutzbaren Letter of Credit, sondern ganz allgemein unter einem CIF-Akkreditiv nicht bezahlte Frachtdokumente nicht für aufnahmefähig. 579 Vgl. auch Art. 33c ERA 500; ferner Nielsen in: BuB, Rdn. 5/648 f. 580 So früher ausdrücklich Art. 33d ERA 500; vgl. Stapel Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, S. 226 m. Hinweis auf die britische Entscheidung Banque de L’Indochine et de Suez, S. A. v. Rayner (J. H.) (Mincing Lane), Ltd. (1983) 1 Lloyd’s Rep. (C. A.) 228–234 (231). 581 A.A. Nash Journal of the Institute of Bankers 1952, 15, 21; ferner Liesecke WM 1966, 174, 175.

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Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

nicht aufzunehmen, wenn sie selbst aus Gründen der Kreditsicherung ein Interesse an der genauen Einhaltung der Bedingungen des Akkreditivs haben. Dafür ist folgende Überlegung maßgebend: Bei den Verträgen auf FAS-Basis trägt der Käufer das Verladerisiko, während unter einem CIF-Kontrakt der Verkäufer die Ware auf seine Kosten und Gefahr zu verladen hat.582 Da das Verladerisiko durch den Versicherungsschutz nie völlig ausgeschlossen wird und den Banken auch nicht zugemutet werden kann, den Umfang des Versicherungsschutzes im Einzelfall nachzuprüfen, würde die Annahme von FAS-Dokumenten eine Vertragsänderung zum Nachteil des Käufers (und gegebenenfalls der nach Sicherheit verlangenden Bank) bedeuten. Eine solche Änderung kann der Verkäufer dem Käufer und der Bank nicht einseitig aufzwingen. Ein CIF-Vertrag ist also nicht dadurch erfüllt, dass FAS geliefert und zusätzlich der Nachweis über Bezahlung der Frachtund Versicherungskosten erbracht wird. 2/331 Es kommt nicht darauf an, dass die Dokumente im Wortlaut die Lieferungsbedin-

gungen wiedergeben, wie sie im Akkreditiv stehen; maßgebend ist vielmehr, dass Käufer und Akkreditivbank materiell, d.h. in Bezug auf Kosten und Gefahrtragung, nicht schlechter gestellt sind, als sie nach den Lieferungsbedingungen im Akkreditiv gestellt sein müssen. Der Verkäufer kann also CIF verkauft haben und gleichwohl unter dem Akkreditiv direkt oder durch einen Zulieferanten FOB-Dokumente anliefern, die die Vermerke „Fracht bezahlt“ und „on board“ (oder einen entsprechenden Vermerk) tragen und denen eine bezahlte Versicherungspolice beigefügt ist. In diesem Falle entsteht keine Benachteiligung des Käufers oder der Akkreditivbank, weil die Gefahr des zufälligen Unterganges bei FOB-, CFR- und CIF-Kontrakten in gleicher Weise auf den Käufer übergeht, wenn die Ware im Abladehafen die Reeling des Schiffes passiert hat.

d)

Nicht begebbarer Seefrachtbrief

2/332 Sah ein Akkreditiv eine Hafen-zu-Hafen-Verladung vor, ging man allgemein

davon aus, dass einzig aufnahmefähiges Transportdokument ein Konnossement sein könne. Allerdings erweist sich im Zuge der immer schnelleren Umschlagzeiten in den Häfen die Abwicklung der Transportmodalitäten über ein Transportdokument mithin als wenig praktikabel. Bei kurzen Schiffstransporten liegt das Konnossement bisweilen noch nicht im Bestimmungshafen vor. Zusätzlich ergibt sich die Notwendigkeit, die bereits eingetroffene Ware bis zum Eintreffen der Dokumente zu lagern, wodurch zusätzliche Kosten entstehen. Hilfsmittel ist in derartigen Fällen oft nur eine sog. Konnossementsgarantie der Bank des Empfängers, die als Sicherheitsleistung für das (noch) nicht vorgelegte Original-Konnossement dient. Der Empfänger der Ware trägt hierfür in der Regel die zusätzlichen

582 S. Bredow/Seiffert Incoterms 2000 S. 154, 169.

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VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

Kosten.583 Bedarf es der besonderen Sicherungsfunktion des Konnossements nicht, zeigt sich regelmäßig nur eine geringe Bereitschaft, die zusätzlichen Kosten zu tragen.584 Daher verwendet die Praxis Seefrachtbriefe, die im Gegensatz zum Konnossement die Ware nicht repräsentieren und deshalb zwecks Auslieferung der Ware nicht vorgelegt werden müssen. Der hierin liegende Vorteil des Seefrachtbriefs ist gleichzeitig ein rechtlicher Nachteil.585 Nicht negotiable Seefrachtbriefe (auch Liner Bill oder Empfangsbescheinigung genannt) sind keine Repräsentationspapiere und sind rechtlich lediglich wie Duplikatfrachtbriefe des Eisenbahnverkehrs zu qualifizieren.586 Die unter einem Seefrachtbrief verladenen Waren werden demgemäß an den Empfänger ohne Vorlage des Papiers ausgeliefert. Dies ist zwar mit einer erheblichen Vereinfachung der Dokumentenpraxis verbunden.587 Für den Absender stellt jedoch der Seefrachtbrief keine Sicherheit dar. Wegen der fehlenden Repräsentation eines Herausgabeanspruchs auf die Ware kommt daher der Seefrachtbrief im Akkreditivgeschäft kaum vor.588 Lediglich dort, wo kein Sicherungsbedürfnis existiert – etwa bei Käufen und Verkäufen innerhalb eines Konzerns oder bei Seetransporten mit sehr kurzer Laufzeit –589 findet der Seefrachtbrief Verwendung. Allerdings ist die Verwendung und Weiterentwicklung des nicht begebbaren Seefrachtbriefes im Zusammenhang mit der fortschreitenden Entwicklung, den Austausch von Informationen auch in Bezug auf Handelstätigkeiten durch Einsatz von Computersystemen zu vereinfachen und vor allem international zu vereinheitlichen, zu sehen.590 Zu diesem Zweck hat die United Nations Economic Commission for Europe hauptverantwortlich ein Regelwerk für einen internationalen, branchenübergreifenden Standard für den elektronischen Datenaustausch erarbeitet: UN/EDIFACT (United Nations/Electronic Data Interchange for Administration, Commerce and Transport). Zweck dieser Regelungen ist es, die Handelsdokumente sowie die Handelsverfahren zu vereinfachen und zu vereinheitlichen. Des Weiteren sollen Datenelemente und Codes sowie der elektronische Datenaustausch standardisiert werden. Basierend auf EDIFACT sollen die Daten eines

583 Als Garantiebetrag wird üblicherweise je nach Warenart mindestens 150%–200% (oder mehr) des in den Schiffspapieren genannten Warenwertes verlangt. 584 Holtij S. 149; Graffe/Weichbrodt/Xueref Dokumenten-Akkreditive, S. 51. 585 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/631; MünchKommHGB-Aktualisierungsbd. TranspR/Puttfarken SeeR Rdn. 70–72. 586 Herder S. 170; Holtij S. 150. 587 Rabe Seehandelsrecht, vor § 642 Rdn. 10 f. 588 Nielsen Richtlinien, Rdn. 301. 589 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/631; Holtij S. 151. 590 Hierzu Holtij S. 149 f.; Häberle in: Handbuch der Akkreditive, S. 567 ff. Ferner MünchKommHGB-Aktualiserungsbd TranspR/Puttfarken SeeR Rdn. 71, 78; ders. Seehandelsrecht, Rdn. 452. S. ferner zu Entwicklungen – a. im Kontext des sich ausbreitenden E-Commerces – die elektronischen Medien stärker bei der Abwicklung des dokumentären Geschäfts einzubeziehen Godier Documentary Credits INsight, Vol. 6, No. 2, 2000 S. 1 ff.

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Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

Geschäftsvorfalls in EDV-System erfasst und beleglos übertragen und ohne manuelle Eingriffe weiter bearbeitet werden können, anstatt die Papiere und Dokumente eines Vorfalls zu erstellen und körperlich zu versenden. Bei diesen Bestrebungen darf jedoch nicht die Situation des nationalen Rechts außer acht gelassen werden. Hiernach kommt beispielsweise Konnossementen die Legitimationsund Traditionsfunktion aufgrund ihrer verbrieften Wertpapiereigenschaft zu. Durch beleglose elektronische Übertragung der Daten können diese Ziele nicht erreicht werden, es sei denn, handelsrechtliche Vorschriften werden geändert. Für die Aufnahme eines Seefrachtbriefes im Akkreditivgeschäft gelten im vollen Umfang die Anforderungen an ein Seekonnossement. Die Regelungen des Art. 21a bis 21d ERA stimmen mutatis mutandis wörtlich mit den Regelungen für das Seekonnossement überein. Dass die Papiere einen unterschiedlichen Rechtscharakter aufweisen, ist ohne Bedeutung, da dieser nicht Prüfungsgegenstand im Akkreditivgeschäft ist.591

e)

Charterpartie-Konnossement

aa)

Anwendung und Bedeutung

2/333 Im Seetransport kann die Verschiffung von Massengütern mitunter erfordern,

besonders ausgerüstete Schiffe zu chartern. Während bei der Linienschifffahrt, die sich vorrangig mit Stückgut befasst, normalerweise die sog. Haager-Regeln592

591 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/631. 592 Das Haftungsrecht des See-Güterbeförderungsvertrages wird durch das Abkommen von 1924 über „bestimmte Regeln betreffend Konnossemente“ (Convention internationale pour l’unification de certaines règles en matière de connaissement, International Convention for the Unification of Certain Rules of Law Relating to Bills of Lading, Internationales Abkommen zur Vereinheitlichung von Regeln über Konnossemente vom 25. August 1924, RGBl 1939 II S. 1049), geändert 1963/1968 (Protokoll vom 23. Februar 1968 über die Änderung des Internationalen Abkommens zur Vereinheitlichung von Regeln über Konnossemente vom 25. August 1924, GBl DDR 1979 II S. 73; Protokoll zur Änderung des am 25. August 1924 in Brüssel unterzeichneten Internationalen Übereinkommens zur Vereinheitlichung einzelner Regeln über Konnossemente, AS 1977, 1077; konsolidierter Text französisch, englisch und deutsch: Internationales Übereinkommen zur Vereinheitlichung von Regeln über Konnossemente vom 25. August 1924 geändert durch das in Brüssel am 23. Februar 1968 unterzeichnete Protokoll (Haager-Visbyer Regeln), DVIS B/8, 1969) und 1979 (Brüsseler SZR-Protokoll vom 21. Dezember 1979, Protocol to Amend the International Convention for the Unification of Certain Rules of Law Relating to Bills of Lading, 1924, as amended by the Protocol of 1968; mangels deutscher Ratifikation gibt es keine amtlich deutsche Fundstelle) bestimmt. Dieses Abkommen wird ua als Haager-Regeln, aber a Haager-Visbyer Regeln bezeichnet. Die Haager Regeln von 1924 sind in das deutsche HGB infolge des Seefrachtsrechts-Gesetzes vom 10. August 1937 (RGBl 1937 I, S. 891, Bek. vom 22.12.1939, RGBl 1939 II S. 1049; DVO vom 5.12.1939, RGBl 1939 I S. 2501), die Änderungen von Visby 1968 und Brüssel 1979 infolge des Zweiten Seerechts-Änderungsgesetzes vom 25. Juli 1986 (BGBl. 1986 I S. 1120) aufgenommen worden.

214

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

Grundlage für die Bedingungen des Frachtvertrages bilden, werden bei der Charter die Frachtbedingungen einzelvertraglich festgelegt.593 Daher müssen Charterpartie-Konnossemente ausdrücklich in den Kaufverträgen zwischen Käufer und Verkäufer vereinbart werden.594 Infolgedessen werden Charterpartie-Konnossemente, die in aller Regel billiger als Linien-Konnossemente sind, im Akkreditivgeschäft von den Banken nur dann angenommen werden, wenn sie in den Akkreditivbedingungen ausdrücklich verlangt werden bzw. die Vorlage erlaubt wird.595 Das Charterpartie-Konnossement stellt wie das Linienkonnossement ein die Ware repräsentierendes Dokument dar; lediglich der zugrunde liegende Frachtvertrag unterscheidet sich.596

bb) Regelung Das Charterpartie-Konnossement ist in Art. 22 ERA geregelt. Art. 22 ERA findet 2/334 Anwendung, wenn im Akkreditiv ausdrücklich die Vorlage eines CharterpartieKonnossements verlangt oder aber erlaubt ist, Art. 22a i.V.m. Art. 20a (vi) ERA. Die Anforderungen an ein Charter-Partie-Konnossement entsprechen denen des Seekonnossements mit einer wichtigen Ausnahme, die die Form betrifft: Anders als bei einem Seekonnossement bzw. Seefrachtbrief hat bei einem Charter-PartieKonnossement die Zeichnung nicht durch einen Frachtführer bzw. dessen Agenten zu erfolgen, sondern stattdessen durch den Master oder durch einen namentlich genannten Agenten für den Master oder durch den Schiffseigentümer oder durch einen namentlich genannten Agenten für den Schiffseigentümer oder durch den Charterer oder einen namentlich genannten Agenten für den Charterer Art. 22a (i) ERA. Jeder Unterzeichner muss seine Funktion (Master, Eigentümer, Charterer oder Agent) angeben. Ein Agent muss angeben, ob er für den Master, Eigentümer oder Charterer zeichnet. Zeichnet er für den Master, ist dessen Namensangabe entbehrlich; zeichnet er für den Eigentümer oder Charterer ist deren Namensangabe erforderlich. Das Charterpartie-Konnossement ist das klassische Short-Form-Konnossement, weil normalerweise die oftmals sehr umfangreichen Charter-Partie-Verträge nicht den Konnossementen beigefügt sind, sondern im Konnossement jeweils nur ein

593 Holtij S. 168; MünchKommHGB-Aktualisierungsbd. TranspR/Puttfarken SeeR Rdn. 130, 132. 594 Auch die Lieferungsbedingungen nach INCOTERMS schreiben ohne weitere Details jeweils ein sog. Linien-Konnossement vor. S. ferner MünchKommHGB-Aktualisierungsbd. TranspR/Puttfarken SeeR Rdn. 144 f. 595 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/632; ders. Richtlinien, Rdn. 301; Holtij S. 168. Diese restriktive Auffassung steht zumindest nach englischem Recht in Widerspruch zu der Auffassung, wonach bei FOB- oder CIF-Kontrakten Charter Party Bills of Lading ohne weiteres aufnahmefähig sein sollen, vgl. dazu Todd S. 98 Rdn. 4.4.6. 596 S.a. § 557 HGB.

215

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

Hinweis auf deren Existenz enthalten ist.597 Die Banken werden gem. Art. 22b ERA davon befreit, die Einzelheiten eines Charterpartie-Vertrages zu prüfen, selbst wenn die Akkreditivbedingungen vorschreiben, dass der Frachtvertrag den Dokumenten beigefügt sein muss. In diesen Fällen beschränkt sich die Prüfung der Banken darauf, festzustellen, ob ein Dokument, welches seiner äußeren Aufmachung nach der Charterpartie-Vertrag zu sein scheint, vorgelegt wurde.

f)

Multimodales Transportdokument

aa)

Entwicklung und wirtschaftliche Bedeutung

2/335 Export und Import wurden früher vorwiegend von in den Seestädten ansässigen

Export- und Importhändlern durchgeführt. Daher war es fast immer möglich, den Transport vom Absendeort bis zum Bestimmungsort in nur einer Transportart (Straße, Eisenbahn, Binnenschifffahrt, Seefahrt, Luftfahrt) durchzuführen. Die technische Entwicklung der letzten Jahrzehnte – insbesondere der steigende Direktexport der Hersteller – hat jedoch einen immer stärkeren praktischen Bedarf für einen kombinierten Transport (combined transport) – auch multimodaler oder intermodaler Transport genannt –598 bewirkt. Die Absender wollen ihre Ware von einem inländischen Absendeort in einem Arbeitsgang über zwei oder mehrere Transportarten zum ausländischen Bestimmungsort auf den Weg bringen dergestalt, dass sich die verschiedenen Beförderungsarten lückenlos aneinander anschließen. Die Verwendung von Containern und Paletten hat diesen Bedarf noch verstärkt. Zwangsläufig verlangte die Entwicklung eines kombinierten Transports die Schaffung entsprechender Dokumente.599 2/336 Infolgedessen war man schon seit geraumer Zeit intensiv bemüht, ein einheitli-

ches kombiniertes Dokument zu entwickeln, das von einem Combined Transport Operator (CTO) bzw. Multimodal Transport Operator (MTO) ausgestellt wird. Als Ergebnis dieser Bemühungen fand das kombinierte Transportdokument (ebenso wie der Paletten- und Containerverkehr) erstmalig in Art. 23 ERA (Revision 1974) offiziell Erwähnung. Außerdem hat die ICC, um die Entwicklung in der gewünschten Richtung voranzutreiben, inzwischen sog. Einheitliche Richtlinien für ein kombiniertes Transportdokument (ERCT) herausgegeben.600 Diese sind noch nicht – wie die ERA – Handelsbrauch (Rdn. 1/18), sondern nur ein standardi-

597 Holtij S. 173. Vgl. zu den international üblichen Formularen für Charter-Partie-Verträge Pitroff in: Schütze (Hrsg) Münchener Vertragshandbuch, Bd. 4 Wirtschaftsrecht III, VII 1. 598 S. a. BGH NJW 1988, 640; Koller Transportrecht, HGB § 452 Rdn. 1 ff.; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/110. 599 Ausf. hierzu Helm in: FS Hefermehl, S. 57 ff.; Franken S. 158 ff. Zu Bemühungen, internationale Abkommen zu schließen, Nielsen in: BuB, Rdn. 5/116. 600 ICC-Publ. Nr. 298 „Uniform rules for a combined transport document“, überarbeitet in ICC-Publ. Nr. 481.

216

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

siertes Vertragsangebot der Verlader an ihre Auftraggeber, das durch Aufnahme in die abzuschließenden Kontrakte über den kombinierten Transport dann Wirksamkeit erhalten kann. Die ERCT sollen die am kombinierten Transport Beteiligten mithin zu einheitlichen vertraglichen Regelungen im internationalen Verkehr veranlassen. Was den deutschen Rechtskreis anbelangt, war die Anwendung der ERCT mit gewissen Schwierigkeiten verbunden.601 Der multimodale Verkehr ist in den §§ 452–452d HGB geregelt worden.602 Bei der 6. Revision wurde die Regelung zu dem multimodalen Transportdokument an die erste Stelle der Transportdokumente gesetzt, um der – angeblich – gewachsenen Bedeutung dieser Transportform Rechnung zu tragen.603 Materiell ist hierdurch jedoch keine Änderung bewirkt worden. Auch ein durch die Umplatzierung möglicherweise gewünschter Effekt der Förderung der Verbreitung der Dokumente „über mindestens zwei verschiedene Beförderungsarten“, wird alleine durch die neue Reihenfolge der Transportdokumente in den ERA nur schwerlich zu erzielen sein.604

bb) Regelung des Art. 19 ERA Dokumente des sog. kombinierten Transports, wonach ein kombinierter 2/337 Transport mit mindestens zwei verschiedenen Beförderungsarten (z.B. Land und See) vorgesehen ist, behandelt Art. 19 ERA. Bei der Neuformulierung der entsprechenden Regelungen in den ERA 600 wurde die Bezeichnung „Multimodales Transportdokument“ in der Überschrift durch die etwas sperrige Bezeichnung „Transportdokument über mindestens zwei verschiedene Beförderungsarten“ ersetzt, ohne inhaltlich jedoch eine wesentliche Änderung vorzunehmen. Auch im Text des Art. 19a selbst wird weiterhin der bisherige Begriff des Dokuments „für multimodalen oder kombinierten Transport“ ausdrücklich verwendet. In der Folge wird daher an der bisherigen Terminologie festgehalten, die auch in den ISBP weiterhin verwendet wird.605 In den Regelungen des Art. 19 ERA haben die ERCT ihren Niederschlag gefunden.606 Beim kombinierten Transport übernimmt ein Frachtführer die Beförderung des Frachtgutes vom Übernahmeort (Place of receipt) zum Bestimmungs-

601 S. hierzu a. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/117 ff. 602 Baumbach/Hopt HGB, § 452 Rdn. 2; MünchKommHGB-Aktualisierungsbd. TransportR/Bydlinski § 452–§ 452 d; Koller Transportrecht, HGB § 452 Rdn. 1. 603 Commentary on UCP 600 S. 81. 604 So auch: Nielsen Richtlinien, Rdn. 247 f. 605 ICC-Publ. Nr. 681, § 68. 606 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 175; Nielsen Richtlinien, Rdn. 247.

217

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

ort (Place of delivery), wobei er sich aber die Bestimmung der zu verwendenden Transportmittel und des Beförderungsweges sowie die Auswahl der Unterfrachtführer vorbehält.607 Die Grundanforderung an ein Dokument des multimodalen Transports ist demnach, dass mindestens zwei verschiedene Transportmittel in einem einzigen Transportdokument genannt sind und ein einziger Frachtführer für die gesamte Reise haftet. Allerdings gibt es keinen anerkannten Prototyp eines kombinierten Transportformulars.608 Je präziser die Akkreditivbedingungen formuliert sind, desto leichter ist die Frage zu entscheiden, ob Art. 19 ERA oder eine andere Bestimmung der ERA anzuwenden ist. Regelmäßig ist zu vermuten, dass Art. 19 ERA gilt, wenn das Akkreditiv eindeutig vorschreibt, dass zwei verschiedene Transportmittel zu benutzen sind.609 In der Praxis ist bislang die Verwendung von Combined Transport (CT)Dokumenten, das den Aussteller die Reiseroute sowie das Transportmittel frei bestimmen lässt, selten geblieben.610

cc)

Abgrenzung zwischen Seetransporten mit Vor-/Nachreise (Art. 20 ERA) zu Dokumenten des kombinierten Transportes (Art. 19 ERA)

2/338 Die Anwendung des Art. 19 ERA setzt voraus, dass das Akkreditiv ein Transport-

dokument erfordert, das sich auf mindestens zwei verschiedene Transportmittel bezieht. Nicht erfasst von Art. 19 ERA ist somit der Bereich der gleichartigen Durchfracht, bei der nur ein Transportmittel verwendet wird (Kombination Seestrecke/Seestrecke; Luftstrecke/Luftstrecke; Landstrecke/Landstrecke).611 Kompliziert ist die Sachlage auch dann, wenn – wie üblich – die Beteiligten, die sich bezüglich eines kombinierten Transportes einigen wollen, häufig nur Angaben bezüglich der Reiseroute machen. Schließlich gibt es – wie die ICC bestätigt, bzw. wovon auch die Drafting Group ausging (Rdn. 2/337) – kein einheitliches standardisiertes kombiniertes Transportformular.612

607 Baumbach/Hopt HGB § 425 Rdn. 2 f. 608 So früher: ICC-Positionspapier Nr. 4 der ICC zu Art. 26: „Many major multimodal transport operators (MTOs) use a multi-purpose format document, titled, for example: Bill of Lading for Combined Transport Shipment or Port-to-Port Shipment, or Non-Negotiable Sea Waybill for Combined Transport Shipment or Port-to-Port-Shipment. A document with either title above is also acceptable unter Art. 26, provided that the data content on the front of the document satisfies the requirement in the documentary credit for multimodal transport and for a negotiable document or for a non-negotiable document as the case may be.“ Vergleichbar: Commentary on UCP 600 S. 81; Formularbeispiele bei Graffe/Weichbrodt/Xueref Dokumenten-Akkreditive, S. 56. 609 Holtij S. 181. Zu Abgrenzungsfragen s. Rdn. 2/339. 610 Nielsen Richtlinien, Rdn. 250. 611 Nielsen Richtlinien, Rdn. 250. 612 S. hierzu a. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/110 ff.; ders. Uniform Customs, TransportR 2008, 282.

218

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

Soweit ein Akkreditiv tatsächlich ein CT-Dokument im Sinne von Art. 19 ERA 2/339 erfordert, entsprechen die Anforderungen, insbesondere was die Formalien der Zeichnung durch den Aussteller und den Agenten betrifft, den Regelungen für das Seekonnossement. Folgende Unterschiede sind festzuhalten: Im Hinblick auf die Festlegung der Reiseroute ist es gemäß Art. 19a (iii) (a) ERA ausreichend, den Übernahmeort und den Bestimmungsort anzugeben. Der Frachtführer muss die günstigste Reiseroute wählen können.613 Intended-Vermerke oder ähnliche Vorbehalte auf das Schiff und/oder den Verladehafen und/ oder Löschungshafen sind unschädlich, Art. 19a (iii) (b) ERA. Der Ausweis der Verladung an Bord (An-Bord-Vermerk) ist nicht zwingend notwendig, wenn das Dokument stattdessen ausweist, dass die Ware versandt oder übernommen wurde, Art. 19a (ii) ERA. In Artikel 19c ERA wird festgelegt, dass die Banken ein multimodales Transportdokument auch dann aufnehmen, wenn nach den Bedingungen des Akkreditivs eine Umladung verboten ist. Soweit nämlich gemäß den Akkreditivbedingungen für das Transportdokument Art. 19 ERA heranzuziehen ist, wäre eine Akkreditivbedingung unsinnig, die Umladungen verbietet, weil es in der Natur der multimodalen Transporte liegt, dass Umladungen vorgenommen werden.614

dd) Durchkonnossemente als Dokumente des kombinierten Transportes? Das Dokument für den kombinierten Transport wird zuweilen mit dem Durch- 2/340 konnossement (through bill of lading) verwechselt, da beide Dokumente verschiedene Beförderungsarten umfassen müssen (beim kombinierten Transport) oder können (beim Durchkonnossement). Ihr Unterschied liegt jedoch darin, dass letzteres von einem Seeverfrachter ausgestellt sein muss, während dies bei ersterem nicht notwendigerweise der Fall ist.615 Ist ein Dokument des kombinierten Transports von einer Schifffahrtsgesellschaft ausgestellt und ist auch nicht die Umladung der Ware verboten, kann es als akkreditivgerecht betrachtet werden, wenn das Akkreditiv ein Durchkonnossement verlangt.616 Das echte Durchkonnossement ist dadurch gekennzeichnet, dass der ausstel- 2/341 lende Frachtführer die volle Verantwortung für die ganze Reise der zur Beförderung übernommenen Ware trägt. Er hat für den Schaden einzutreten, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit zwischen Annahme des Gutes und Ablieferung an den Empfänger entsteht (§§ 429, 606 HGB). Da beim Durch-

613 Nielsen Richtlinien, Rdn. 254. 614 S. a. Holtij S. 185; Nielsen Richtlinien, Rdn. 258. 615 Decisions (1975–1979) of the ICC Banking Commission, R 31. 616 Decisions (1975–1979) of the ICC Banking Commission, R 32. S. a. Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 183.

219

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

konnossement die Ware naturgemäß umgeladen wird, haftet der Verfrachter damit auch für die Beförderung des Gutes auf dem Teilabschnitt, auf dem er nicht selbst als Beförderer tätig wird. Durchkonnossemente werden nach Art. 19 ERA als multimodale Transportdokumente behandelt.617 Soweit die Reeder im Dokument die Beförderungspflicht für die ganze Strecke einschließlich der Land- und Eisenbahntransporte übernehmen, sind diese Durchkonnossemente tatsächlich Dokumente des kombinierten Transportes.618 2/342 In der Praxis kommen häufig auch sog. unechte Durchkonnossemente vor.

Hierbei handelt es sich um Konnossemente mit sog. Speditionsklauseln, wonach der ausstellende Verfrachter seinerseits lediglich die Beförderung bis zu einem Umladehafen übernimmt, die Weiterbeförderung der Ware durch einen anderen Verfrachter jedoch nur als Spediteur veranlasst. Das besagt, dass er die Verantwortung für Verlust und Beschädigung des Gutes nur für den Abschnitt der Reise trägt, in dem er selbst die Beförderung vornimmt, nicht aber für den restlichen Weg bis zum Bestimmungsort; für diesen Teil übernimmt er lediglich die Spediteurhaftung. Das unechte Durchkonnossement stellt demnach eine Kombination eines „Normalkonnossements“ mit einem nicht aufnahmefähigen Spediteurkonnossement dar, da der Spediteur nicht Frachtführer ist (Rdn. 2/291); es entspricht damit nicht den Anforderungen der ERA. Gleichwohl sind unechte Durchkonnossemente andienungsfähig, wenn sie die Erfordernisse des Art. 19 ERA erfüllen.619 Dies entspricht auch dem praktischen Bedürfnis der Beteiligten. 2/343 Unter Kreditgesichtspunkten birgt die Aufnahme eines unechten Durchkonnosse-

ments für die Banken allerdings gewisse Risiken. Während das echte Durchkonnossement, das der Bank vom Begünstigten angedient wird, dieser den Zugriff auf die Ware am letzten Bestimmungsort gestattet, ist dies beim unechten Durchkonnossement nicht der Fall, da zum Empfang der Ware am Bestimmungsort nur derjenige legitimiert ist, der das Konnossement des zweiten (oder letzten) Verfrachters in Händen hat. Dieses Konnossement erhält die Bank – sofern sie seine Aushändigung überhaupt verlangt – aber erst, nachdem sie bereits gegen das unechte Durchkonnossement gezahlt hat. Sie besitzt daher für ihre Aufwendungen keine kontinuierliche dingliche Sicherheit an der Ware.620 Dieser Gesichtspunkt mag in Einzelfällen dazu führen, dass Banken unechte Durchkonnossemente zurückweisen; unter Akkreditivgesichtspunkten sind sie dabei rechtlich gedeckt. Alle Schwierigkeiten und Unsicherheiten werden jedoch vermieden, wenn die Beteiligten rechtzeitig vor Fixierung der Bedingungen des Akkreditivs den konkreten Ablauf des Geschäftes, einschließlich der technischen Gegebenheiten der

617 Nielsen WM-Beilage 2/1994 S. 15; ders. in: BuB, Rdn. 5/113; Schütze Dokumentenakreditiv, Rdn. 183. 618 S. a. Nielsen Richtlinien Rdn. 250. 619 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 183; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/114 f.; a.A. wohl Nielsen Richtlinien, Rdn. 181. 620 S. zu dieser Problematik ausf. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/122 m.w.N.

220

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

Beförderung, bis zu Ende durchdenken, so dass im Akkreditivauftrag in den Fällen, in denen Durchkonnossemente zu erwarten sind, klar zum Ausdruck gebracht wird, ob unechte Durchkonnossemente aufgenommen werden sollen oder nicht. Dann können sich alle Beteiligten, insbesondere auch die Bank bezüglich ihrer Kreditsicherheiten, auf diese Sachlage einstellen; unangenehme Überraschungen für Verkäufer und Käufer, die durch die Möglichkeit entstehen, dass die Banken derartige Dokumente zurückweisen könnten, werden vermieden.

ee)

Containerverladung

Hauptanwendungsfall des kombinierten Transports ist die Containerverladung. 2/344 Wegen des Inhalts des Containers muss man sich auf die Angaben des Abladers verlassen, wie es auch in anderen Fällen ohne Containerverladung vorkommen kann (vgl. Art. 26 ERA). In Art. 26b ERA wird bestimmt, dass Transportdokumente auch dann aufzunehmen sind, wenn sie eine Klausel wie „shipper’s load and count“ oder „said by shipper to contain“ oder Worte ähnlicher Bedeutung enthalten.621 Die häufige Verwendung dieser Klauseln beseitigt die Beweisvermutung hinsichtlich der Art der Güter. Der Frachtführer bestätigt lediglich die Anzahl und den äußerlich einwandfreien Zustand der übernommenen Container. Besondere Maßnahmen (z.B. Einschaltung einer Kontrollfirma) bleiben für den Einzelfall immer möglich. Ein gewisses Risiko besteht bei der Containerverladung auch für die ein Warengeschäft finanzierenden Banken. Die durch das Konnossement repräsentierte Ware dient ihnen im Regelfall als Sicherheit für einen dem Importeur im Zusammenhang mit einem Akkreditivgeschäft gewährten Kredit; das Konnossement gestattet der Bank zum Zwecke ihrer Befriedigung notfalls den Zugriff auf die Ware (Rdn. 2/461 ff.). Aus den oben genannten Gründen besitzt ein ContainerKonnossement jedoch keine Beweiskraft dafür, dass eine bestimmte Ware in einer bestimmten Menge verladen wurde. Die Bank weiß letztlich nicht, was eigentlich verladen worden ist und ob sie durch den Besitz des Konnossements auch tatsächlich die erwartete Sicherheit erlangt. Letzteres ist u.U. dann nicht der Fall, wenn der Container Waren enthält, die nicht im Eigentum des Verkäufers stehen; die finanzierende Bank sollte daher überwachen, dass ihre Kreditmittel auch tatsächlich zur Bezahlung der zu liefernden Ware verwendet werden. Für fraudulöse Machenschaften zwischen Käufer und Verkäufer zum Schaden der Bank kann sich hier ein weiter Spielraum ergeben, der die Empfehlung nahelegt, Dokumentengeschäfte mit Containerverladung vorsorglich nur mit unbedingt zuverlässigen Kunden abzuwickeln, wenn auch in der Praxis keine erwähnenswerte Erhöhung des Risikos im Containerverkehr festzustellen ist. Im Übrigen ist die Bank gehalten, ihr Augenmerk auch auf die Haftung des Verfrachters zu richten.

621 Rabe Seehandelsrecht, § 656 Rdn. 21; Stapel Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, S. 222. S. Rdn. 2/314, Fn. 542.

221

Zweiter Abschnitt

g)

Lufttransportdokument

aa)

Bedeutung und Anwendungsbereich

Dokumentenakkreditiv

2/345 In den letzten Jahren hat der Transport der Waren mittels Luftfracht ständig an

Bedeutung gewonnen.622 Die erstmals in die ERA Revision 1993 aufgenommene eigenständige Regelung für Luftfrachtbriefe (Art. 27 ERA 500), deren Aufnahme früher unter die Generalvorschrift des Art. 25 ERA 400 fiel, ist dann anwendbar, wenn das Akkreditiv ein „Lufttransportdokument“ verlangt (Art. 23 ERA). Dieses wird in der Praxis üblicherweise Airway Bill of Lading (AWB) genannt.623 Wie bei allen anderen Transportdokumenten braucht diese Bezeichnung jedoch in dem unter dem Akkreditiv vorgelegten Dokument nicht enthalten zu sein, Art. 23a ERA. Entsprechend der Systematik ist Art. 23 ERA aber nur anwendbar, wenn das Akkreditiv ein reines Lufttransportdokument verlangt, das gemäß Art. 23a (iv) ERA einen Lufttransport vom Abflughafen (airport of departure) bis zum Bestimmungsflughafen (airport of destination) ausweist. Art. 23 ERA findet also dann keine Anwendung, wenn die Luftstrecke Teil eines kombinierten Transports ist.

bb) Formalien der Zeichnung durch Aussteller/Vertreter 2/346 Wie jedes andere Transportdokument muss ein Luftfrachtbrief durch einen Fracht-

führer oder einen namentliche genannten Agenten für diesen unter Angabe der jeweiligen Funktion unterzeichnet werden. Wird der von der IATA empfohlene international einheitliche Luftfrachtbrief verwendet, ist die Gesellschaft, deren Name auf dem Formular eingedruckt ist, in der Regel der Frachtführer. Dabei ist jedoch zu beachten, dass in dem Feld des Luftfrachtbriefs „Issuing Carrier’s Agent Name and City“ nicht dieselbe Angabe enthalten sein kann. Da auf diese Weise ein Widerspruch im Dokument selbst entsteht, ist eine derartige Konstellation seitens der Banken nicht annehmbar. Gleiches gilt für die Unterschriftszeile, in der eindeutig kenntlich zu machen ist, in welcher Eigenschaft unterzeichnet wird (als Agent eines namentlich genannten Frachtführers oder als Frachtführer selbst).624 Für die Angabe eines Vertretungsverhältnisses ist die Unterzeichnung als IATA-Agent nicht ausreichend. Ein solcher Vertretervermerk ist nicht eindeutig, weil ein IATA-Agent

622 Hierzu Holtij S. 190. S. a. das Abkommen zur Vereinheitlichung von Regeln über die Beförderung im internationalen Luftverkehr – Warschauer Abkommen in der Fassung von Den Haag vom 28.9.1955 – (BGBl. 1958 II, S. 291) nebst Zusatzabkommen vom 18.11.1961 zur Vereinheitlichung von Regeln über die von einem anderen als dem vertraglichen Luftfrachtführer ausgeführte Beförderung im internationalen Luftverkehr (BGBl. 1963 II, S. 1159). 623 Vgl. für ein Formularmuster Graffe/Weichbrodt/Xueref Dokumenten-Akkreditive, S. 58. 624 Holtij S. 193.

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VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

auch die Funktion des Frachtführers wahrnehmen kann.625 Unzulässig ist auch die Ausübung einer Doppelfunktion sowohl als Frachtführer als auch als Agent.626

cc)

Ausweis der Übernahme der Luftfracht oder tatsächliches Abflugdatum

Der Luftfrachtbrief ist ein reines Übernahmedokument.627 Es muss daher nur 2/347 ausweisen, „dass die Ware zur Beförderung angenommen worden ist“, Art. 23a (ii) ERA. Das Ausstellungsdatum des Luftfrachtbriefs gilt gleichzeitig als Verladedatum, Art. 23a (iii) ERA. Enthält der Luftfrachtbrief jedoch ein tatsächliches Verladedatum („actual date of dispatch“) so gilt dieses als Verladedatum, auch wenn das Akkreditiv gar keine tatsächliches Verladedatum verlangt.628 Schreibt dagegen das Akkreditiv ausnahmsweise ein tatsächliches Abflugdatum vor, so muss das tatsächliche Abflugdatum, das den Abflug bescheinigt, durch einen speziellen Vermerk auf dem Luftfrachtbrief ausgewiesen werden. Nicht ausreichend für den Nachweis des tatsächlichen Abfluges sind Angaben, die in Rubriken mit der Überschrift „for carriers use only“ für Flugnummer und Flugdatum erscheinen, weil in dieser Rubrik regelmäßig nur die flugplanmäßig vorgesehenen, aber nicht die tatsächlichen Abflugzeiten aufgeführt werden.629

dd) Zulässigkeit und Ausschluss der Umladung Da Art. 23 ERA nur noch für den reinen Lufttransport gilt, definiert Art. 23b ERA 2/348 Umladung ausschließlich als „Ausladen aus einem Flugzeug und Wiederverladen auf ein anderes Flugzeug während des Transports vom Abflughafen zum Bestimmungsflughafen“. Wurden früher Flugnummern bzw. Codes für Flughäfen zusätzlich zu den Abgangs- und Bestimmungsflughäfen genannt, wurden diese Dokumente dann nicht akzeptiert, wenn Umladungen nach den Akkreditivbestimmungen verboten waren. Nach Art. 23c ERA werden – wie bereits unter der Revision 1993 – Luftfrachtbriefe mit derartigen Hinweisen angenommen, sofern für die gesamte Reise ein einziger Luftfrachtbrief ausgestellt wurde. Diese Regelung mag im Hinblick auf reine Zubringerdienste von kleineren Flughäfen im Inland bis zu einem großen Überseeflughafen im Luftverkehr angemessen erscheinen.630 Problematisch ist sie jedoch bezüglich etwaiger Umladungen wäh-

625 Case Studies on Documentary Credits, ICC-Publ Nr. 459, Case 82. 626 Case Studies on Documentary Credits, ICC-Publ Nr. 459, Case 79. 627 Nielsen Richtlinien, Rdn. 314. 628 Commentary on UCP 600 S. 111. 629 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/637; ders. Richtlinien, Rdn. 316; Graffe/Weichbrodt/Xueref Dokumenten-Akkreditive, S. 58. 630 ICC-Publ. Nr. 511 S. 81: „For instance, a flight from Madrid, Spain, to Houston, Texas, USA, would more than likely require Iberia Airlines to transport the goods from Madrid to

223

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

rend des Überseefluges selbst.631 Besteht ein entscheidendes Interesse an der Einhaltung des Umladeverbotes, so sollte daher im Akkreditivauftrag die Bestimmung des Art. 23c ERA ausdrücklich ausgeschlossen werden.632

ee)

Vorlage des Originals/voller Satz

2/349 Die Vorlage des für den Absender oder Ablader bestimmten Originals ist gem.

Art. 23a (v) ERA selbst dann ausreichend, wenn das Akkreditiv einen vollen Satz Originale oder Ähnliches vorschreibt. Diese Bestimmung trägt dem Umstand Rechnung, dass es beim Luftfrachtbrief keinen „vollen Satz“ gibt.633

h)

Dokumente des Straßen-, Eisenbahn- oder Binnenschiffstransports

aa)

Anwendungsbereich

2/350 Art. 24 ERA regelt die Aufnahmefähigkeit von Transportpapieren völlig unter-

schiedlicher Rechtsqualität und Funktion.634 In der Praxis dürften danach als Dokumente für Straßentransporte der CMR635-Frachtbrief, für Eisenbahntransporte der CIM636-Frachtbrief und für Binnenschiffstransporte der Flussladeschein637 in Betracht kommen.638 CMR-Frachtbriefe sowie CIM-Frachtbriefe haben Beweis- und Sperrfunktion. Dies bedeutet, dass zur Ausübung der frachtrechtlichen Verfügungsrechte des Absenders, insbesondere für Weisungen zum Anhalten der Beförderung oder zur Auslieferung der Ware an einen anderen Emp-

New York and to tranship to Houston via another carrier. Similarly, a flight from the United States to the Middle East may require a flight from New York to Frankfurt, Germany, and further transport to the Middle East destination, perhaps by Lufthansa Airlines but with transfer to another airplane at Frankfurt.“ 631 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/638: Bei einem Lufttransport empfindlicher Güter von Frankfurt nach Tokio können die Beteiligten durchaus ein Interesse daran haben, dass eine Umladung z.B. in Indien unterbleibt, um Verzögerungen und Temperaturschwankungen zu vermeiden. 632 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/638; ders. Richtlinien, Rdn. 322; ICC-Publ Nr. 511 S. 81; ICC, Documentary Credits INSight, 2001, Vol. 7, No. 1 S. 7 f: „If an issuing bank wishes to issue a credit which does not allow transshipment to occur (ie evidence to appear within the documents of such an event(s)), then a statement that transshipment is prohibited is not sufficient. The issuing bank will need to specifically state (for an air shipment) that sub-Article 27 (c) does not apply“; Commentary on UCP 600 S. 112. 633 Holtij S. 195; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/639; Case Studies on Documentary Credits, ICCPubl Nr. 459, Case 81. 634 Krit. hierzu Nielsen Richtlinien, Rdn. 323. 635 Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr, BGBl. 1961 II, 1119. 636 Internationales Abkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr. 637 Vgl. Graffe/Weichbrodt/Xueref Dokumenten-Akkreditive, S. 61. 638 Schütze Dokumentenakkreditive, Rdn. 188; Nielsen Richtlinien, Rdn. 324.

224

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

fänger, deren Vorlage erforderlich ist.639 Der Flussladeschein für Binnenschifffahrtstransporte hat Konnossementscharakter und unterscheidet sich vom Seekonnossement dadurch, dass der Flussladeschein keinen An-Bord-Vermerk enthält.

bb) Formalitäten der Zeichnung/Stempelung durch Frachtführer und Agenten Auch die Dokumente des Straßen-, Eisenbahn- oder Binnenschiffstransports 2/351 müssen in irgendeiner Form angeben, wer verantwortlicher Frachtführer ist. Alle unter Art. 24 ERA fallenden Dokumente müssen durch den Frachtführer oder einen namentlich genannten Agenten für den Frachtführer unterzeichnet sein. Die Anforderungen an Form und Unterzeichnung von Binnenschiffskonnossementen entsprechen denen von Seekonnossementen. Im Hinblick auf die Techniken der Ausfertigungen bei Land- und Eisenbahnfrachtbriefen werden in Art. 24a (i) ERA gewisse Erleichterungen zugelassen. Diese Frachtbriefe brauchen nur mit dem üblichen Stempel bzw. Buchungseindruck versehen zu sein; einer Unterzeichnung bedarf es nicht.640

cc)

Transportmodalitäten

Die in Art. 24 ERA geregelten Dokumente sind Übernahmepapiere. Die Doku- 2/352 mente müssen ausweisen, dass die Ware zur Verladung, Versendung oder Beförderung an dem im Akkreditiv vorgeschriebenem Ort in Empfang genommen worden ist, Art. 24a (ii) ERA. Bei CMR-Frachtbriefen bzw. CIM-Frachtbriefen wird die Übernahme nicht ausdrücklich bestätigt. Angesichts der Standardisierung und der zugrunde liegenden CMR- bzw. CIM-Abkommen ist dies auch nicht erforderlich, da durch die Frachtbriefe in ausreichender Form nachgewiesen wird, dass der Empfang der Ware zwecks Beförderung und nicht etwa nur zwecks Einlagerung erfolgt.641 Das Verladedatum ist grundsätzlich das Ausstellungsdatum des Transportdokuments. Ist dieses mit einem Empfangsstempel versehen, so gilt dessen Datum als Verladedatum, Art. 24a (ii) ERA.

dd) Voller Satz/Vorlage von Originalen Falls das einzelne Dokument keine Angaben über die Anzahl der ausgestellten Ori- 2/353 ginale enthält, betrachten die Banken die vorgelegte(n) Ausfertigung(en) des Dokuments als „vollen Satz“, Art. 24c ERA. Regelmäßig dient im Straßen-, Eisenbahn-

639 Holtij S. 201 ff.; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/640; ders. Import-Export-Sicherung, S. 52. 640 S. hierzu a Nielsen Richtlinien, Rdn. 327; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 189. 641 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/642.

225

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

und Binnenschiffstransport ein mehrteiliger Satz, von dem der Absender eine Ausfertigung erhält, der Dokumentation des Frachtvertrages.642 In welcher Form dies konkret geschieht, hängt von den Usancen der einzelnen Transportart ab. Folgerichtig unterscheiden die ERA bezüglich der Anforderung, an das vorzulegende Original nach der Transportart. Gemäß Art. 24b (i) ERA reicht bei einem Straßentransportdokument der Anschein aus, dass es ein für den Absender oder Ablader bestimmtes Original zu sein scheint, sofern es keinen Hinweis enthält, für wen die Ausstellung erfolgte. Gemäß Art. 24b (ii) ERA ist bei einem Eisenbahntransportdokument auch ein „Duplikat“ aufnahmefähig. Schließlich regelt Art. 24b (iii) ERA, dass ein Eisenbahn- oder Binnenschiffstransportdokument nicht als Original gekennzeichnet sein muss. Es geht demzufolge um die Vollständigkeit der Dokumente, nicht hingegen um die Kennzeichnung der Dokumente als Original; dies ist Gegenstand der Regelungen in Art. 3 und Art. 17 ERA (Rdn. 2/272).

ee)

Umladung/Umladungsverbote

2/354 Art. 24d ERA enthält einen neuen Umladebegriff, der nunmehr nur noch die

gleichartige Durchfracht, d.h. das Ausladen und Wiederverladen innerhalb derselben Transportart umfasst. Die Revision 1993 verstand unter Umladung noch die ungleichartige Durchfracht.643 Zur Durchsetzung eines Umladungsverbots bei einem Straßen-, Eisenbahn- oder Binnenschiffstransport ist es erforderlich, dass der Akkreditivauftraggeber seiner Bank die Weisung erteilt, in der Import-Akkreditiv-Eröffnung die Bestimmung des Art. 24e ERA auszuschließen. Denn gemäß Art. 24e ERA nehmen die Banken ein Dokument des Straßen-, Eisenbahn- oder Binnenschiffstransports an, das vorsieht, dass Umladung stattfinden wird oder kann, vorausgesetzt, dass der gesamte Transport durch ein und dasselbe Transportdokument gedeckt ist, selbst wenn im Akkreditiv Umladung verboten ist.

i)

Kurierempfangsbestätigung und Posteinlieferungsschein

2/355 Im Akkreditivgeschäft kommt auch heute noch der Versand von Waren mittels

Paketpost vor.644 Seit der Revision 1983 sind die Postdokumente eigenständig geregelt.645 Die in Art. 25a ERA geregelten Kurierdokumente sind aufnahmefähig, wenn sie den Namen des Kurierdienstes ausweisen und „an dem Ort, von dem das Akkreditiv den Versand der Ware vorschreibt, gestempelt oder unterzeichnet“ sind, Art. 25a (i) ERA. Aussteller kann jeder beliebige Kurierdienst sein. Der Auftraggeber muss also im Akkreditiv eine Sonderweisung geben, wenn er die Beförderung durch einen bestimmten Kurierdienst mit ausgewiesener Bonität und Qualität sicherstel-

642 643 644 645

226

Nielsen in: BuB, Rdn. 5/643. Vgl. hierzu ausf. Nielsen Richtlinien, Rdn. 333 ff. Holtij S. 209. Nielsen ZIP 1984, 230, 245; Eberth WM-Beilage 4/1984 S. 19.

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

len will. Als Verlade- oder Versanddatum gilt gemäß Art. 25a (ii) ERA das Abholoder Empfangsdatum des Kurierdienstes. Die erstmalig in der Revision 1993 eingeführte Spesenregelung wurde übernommen. Verlangt das Akkreditiv einen Bezahltoder Vorauszahlungsvermerk, kann dies „durch ein von einem Kurierdienst ausgestelltes Transportdokument erfüllt werden, das ausweist, dass Kurierspesen zu Lasten eines anderen Beteiligten als des Empfängers gehen“, Art. 25b ERA. Die in Art. 25c geregelten Postdokumente sind aufnahmefähig, wenn sie den 2/356 Empfang der Ware ausweisen und „dem Anschein nach an dem Ort, von dem das Akkreditiv den Versand der Ware vorschreibt, gestempelt oder unterzeichnet und datiert“ sind. Eine Unterzeichnung ist daher nicht erforderlich und in der Praxis auch unüblich.646 Das Ausstellungsdatum gilt als Versanddatum.

3.

Versicherungsdokumente

Bei jedem Gütertransport sind die Waren besonderen Gefahren, z.B. der Beschädi- 2/357 gung oder des Verlustes, ausgesetzt. Für derartige Schäden haftet zwar auch der Frachtführer, jedoch unter Umständen vom Betrag oder vom Umfang her eingeschränkt.647 Zu den für die Bedienung eines Akkreditivs im Außenhandelsverkehr erforderlichen Dokumenten gehört daher immer ein dokumentärer Nachweis über die Versicherung der Waren.648 Werden andere Lieferungsbedingungen vereinbart, ist dies nicht mit dem Nichtabschluss einer Transportversicherung gleichzusetzen. Es erfolgt lediglich keine Vorlage des Versicherungsnachweises auf dem Bankweg.649

a)

Voraussetzungen für die formelle Akkreditivfähigkeit eines Versicherungsdokuments

Der Nachweis über die Versicherung muss vom Inhalt her dem Akkreditiv entspre- 2/358 chen und nach Art. 28a ERA von einer Versicherungsgesellschaft, einem Versicherer (underwriter) oder deren Agenten oder deren Bevollmächtigten ausgestellt sein.650 Jede Unterschrift eines Agenten oder Bevollmächtigten muss ausweisen, ob die Vertretung für eine Versicherungsgesellschaft oder einen Versicherer erfolgt. Von Maklern ausgestellte Deckungsbestätigungen (broker’s cover notes) sind nach wie vor nicht aufnahmefähig, Art. 28c ERA, es sei denn, dies ist im Akkreditiv ausdrücklich zugelassen. Als Dokument kommt üblicherweise eine Versicherungspolice, unter Umständen aber auch ein Versicherungszertifikat in Betracht. Art. 28d ERA stellt klar, dass eine Police auch dann akzeptabel ist, wenn das Akkreditiv ein Zertifikat

646 Nielsen Richtlinien, Rdn. 340. 647 Holtij S. 213 f. 648 Vgl. ICC-Publ Nr. 560, Incoterms CIF A. 7. 649 Holtij S. 214. 650 Die frühere Alternative zwischen Ausstellung und/oder Unterzeichnung ist mit der Revision 1993 entfallen, vgl. Nielsen WM-Beilage 2/1994 S. 19.

227

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

oder eine „declaration“ verlangt. Für den umgekehrten Fall gilt dies jedoch nicht. Wird im Akkreditiv eine Police verlangt, so ist ein Zertifikat oder eine „declaration“ unter laufender Police nicht ausreichend.651 In der Praxis wird man auf ein Zertifikat praktisch nur dann ausweichen, wenn im Zuge einer dauernden Geschäftsverbindung mit laufenden Lieferungen die Versicherungsrisiken durch eine Generalpolice abgedeckt sind. Eine möglicherweise aufkommende Divergenz wird auf jeden Fall dann vermieden, wenn das Musterformular des Deutschen Transport-Versicherungs-Verbands e.V. „Certificate (policy) of marine Insurance“ benutzt wird.652 Auf jeden Fall müssen die im Akkreditiv vorgeschriebenen Dokumente mit Rücksicht auf dessen formalen Charakter der Bank selbst dann vorgelegt werden, wenn ausreichender Versicherungsschutz in anderer Weise nachgewiesen wurde. 2/359 Häufig begegnet man Versicherungsdokumenten, die von einer konsortialführen-

den Versicherungsgesellschaft im Namen und für Rechnung eines Konsortiums unterzeichnet sind, wobei sich aus dem Text des Dokuments ergibt, dass die Konsorten nur in Höhe ihrer jeweiligen Quote haften. Die einzelnen Mitglieder des Konsortiums und ihre Quoten werden indessen meist nicht genannt. Auch derartige Versicherungsdokumente sind aufnahmefähig, weil sich im Ernstfall die Namen und Haftungsquoten der Mitversicherer über den Konsortialführer ohne weiteres feststellen lassen.653

b)

Übertragbarkeit/voller Satz

2/360 Versicherungsdokumente sind im Zweifel in negoziierbarer Form auszustellen,

d.h. entweder als Inhaberpapiere oder als Orderpapiere.654 Dies gilt jedenfalls bei CIF-Verträgen, bei denen der Verkäufer eine übertragbare Seeversicherungspolice zu stellen hat. Sonderweisungen sind nach dem Grundsatz der Dokumentenstrenge zu beachten. Wenn das Versicherungsdokument ausweist, dass es in mehr als einem Original ausgestellt ist, sind alle Originale vorzulegen, sofern im Akkreditiv nichts anderes zugelassen wurde, Art. 28b ERA.

c)

Versicherungsbetrag und In-Kraft-Treten

2/361 Die Versicherungsdokumente müssen auf die Akkreditivwährung lauten

(Art. 28f (i) ERA)655 und mindestens den CIF- bzw. CIP-Wert der Waren zuzüglich

651 Zum Hintergrund Nielsen in: BuB, Rdn. 5/652; s.a. Commentary on UCP 600 S. 131. 652 Nielsen ZIP 1984, 230, 247. 653 Vgl. Nielsen Richtlinien, Rdn. 355. 654 Holtij S. 214; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/652. 655 Hierzu Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 211: Eine Divergenz schadet nicht bei freier Kompatibilität der Währung, z.B. innerhalb der EU.

228

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

10 % decken (Art. 28f (ii) ERA), vorausgesetzt, der CIF- oder CIP-Wert kann aufgrund der Dokumente bestimmt werden. Trifft dies nicht zu, nehmen die Banken als Mindestbetrag 110% des Betrages an, in dessen Höhe unter dem Akkreditiv Honorierung oder Negoziierung verlangt wird, oder 110% des Bruttobetrages der Handelsrechnung, je nachdem, welcher Betrag höher ist, Art. 28f (ii) 3. Absatz ERA. Verlangt ein Akkreditiv eine Deckung in Höhe eines Prozentsatzes des Rechnungswertes verlangt, gilt dies als Anforderung eines Mindestbetrages der erforderlichen Versicherungsdeckung, Art. 28f (ii) ERA. Weist das Versicherungsdokument eine höhere Deckungssumme aus, ist dies akzeptabel („There is no limit on the maximum“).656 Der CIF-Wert der Waren ist derjenige Wert, der den Nettowarenpreis (nach Abzug von etwaigem Skonto, Rabatt oder Diskont) und die Kosten für Transport und Versicherung bis zum Bestimmungshafen umfasst. Es ist also der Endpreis auf der Faktura abzüglich bzw. zuzüglich aller etwa auf der Faktura angeführten, nicht mit der Warenpreiskalkulation zusammenhängenden Posten. Dies können etwa sachliche Nebenkosten (z.B. für Konsulatsfaktura) sein, die zur Ermittlung des CIF-Wertes vom Endpreis abzuziehen sind, oder persönliche Vergütungen (z.B. gelegentlich, soweit devisenrechtlich zulässig, als „unechte“ Preisnachlässe verrechnete Vermittlungsprovisionen), die hinzuzusetzen sind. Ob der Endpreis in der Faktura sichtbar in den Netto-Warenpreis und die CIF-Beträge aufgeteilt wurde oder nicht, ist belanglos, da in jedem Falle davon ausgegangen werden kann, dass bei einer CIF-Kalkulation die Kosten für Fracht und Versicherung im endgültig berechneten Warenpreis enthalten sind. Bei dem CIP-Wert der Waren handelt es sich um denjenigen Wert, der neben dem Warennettowert die Frachtund Versicherungskosten bis zum Bestimmungsort einschließt.657 Gelegentlich findet man Akkreditive, in denen ein Versicherungsdokument über 2/362 den „vollen Warenwert“ angefordert wird. Dieser Ausdruck sollte der Klarheit wegen vermieden werden,658 da er nicht erkennen lässt, ob damit der CIF-Wert der Waren, der Bruttowarenwert (unter Einschluss etwa gewährter Preisnachlässe) oder der volle Rechnungsbetrag (CIF-Wert der Waren zuzüglich aller sonstigen fakturierten Kosten) gemeint ist. Im Zweifel wird man davon ausgehen dürfen, dass die Parteien die Mindestversicherungsgrenze auf den vollen Rechnungsbetrag (full invoice) haben festsetzen wollen. Um aber Meinungsverschiedenheiten auszuschließen, empfiehlt es sich, in jedem Falle wörtlich zum Ausdruck zu bringen, ob der „CIF-Wert der Waren“, der „volle Rechnungsbetrag“ oder, was praktisch wohl selten vorkommt, der „Brutto-Warenwert“ als versichert nachgewiesen werden soll. Art. 28j ERA bestimmt, dass Versicherungsdokumente, in denen die Deckung 2/363 einer Franchise oder einer Abzugsfranchise unterworfen ist, aufgenommen wer-

656 Commentary on UCP 600 S. 132. 657 Vgl. Bredow/Seiffert Incoterms 2000 S. 130; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/40. 658 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/653.

229

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

den. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn eine prozentmäßige Begrenzung der Deckung nicht ausdrücklich im Akkreditiv ausgeschlossen wurde. 2/364 Art. 28e ERA bestimmt, dass das Versicherungsdokument nicht nach dem Verlade-

datum datiert sein darf, es sei denn, aus dem Dokument geht hervor, dass die Deckung ab einem Datum, das nicht nach dem Verladedatum liegt, wirksam wird. Ist das Versicherungsdokument folglich ohne einen Hinweis auf ein vor dem Ausstellungsdatum liegendes In-Kraft-Treten nach dem Verladedatum ausgestellt oder weist es gar ausdrücklich ein nach dem Verladedatum liegendes In-Kraft-Treten der Versicherungsdeckung aus, so ist es nicht aufnahmefähig.659

d)

Art und Umfang der Versicherungsdeckung

2/365 Nicht verlangt wird von den Banken eine Nachprüfung, in welchem Land und für

welche Dauer die Versicherung abgeschlossen ist; sie sind jedoch gehalten, die äußere Übereinstimmung des Versicherungsdokumentes mit dem Konnossement dokumentär zu prüfen und dabei insbesondere festzustellen, ob die Versicherung sich über den gesamten Transportweg erstreckt. 2/366 Akkreditive ohne ausdrückliche Vorschriften hinsichtlich der Versicherung sind

die Ausnahme. In der Regel bringt der Käufer im Akkreditivauftrag spezielle Wünsche bezüglich des Versicherungsdokuments zum Ausdruck. Nach diesen hat sich die Bank genau zu richten. Dem entspricht Art. 28g ERA, wonach die zu deckenden Risiken im Akkreditiv ausdrücklich bezeichnet und unscharfe allgemeine Ausdrücke wie „übliche Risiken“ oder „handelsübliche Risiken“ nicht verwendet werden sollten, ihr Gebrauch aber einer Aufnahme der Versicherungsdokumente durch die Banken letztlich nicht entgegensteht.660 Die Banken nehmen Versicherungsdokumente in der vorgelegten Form auch dann auf, wenn im Einzelfall eine solche Spezifizierung unterblieben ist (Art. 28g ERA). Die vermeintliche Deckung „aller Risiken“ führt in der Praxis zu Zweifeln, ob damit auch besondere Risiken gedeckt sind; sollte Letzteres einmal nicht der Fall sein, werden die Banken durch Art. 28h ERA freigestellt, und zwar selbst dann, wenn bestimmte Risiken angabegemäß ausgeschlossen sind.661 2/367 Im Übrigen herrscht über den materiellen Inhalt der Versicherungsdokumente,

d.h. über den Umfang der Risikodeckung, der verlangt werden muss, bei Banken und Kaufleuten stets einige Unklarheit. Dies hat seine Ursache nicht so sehr in der Unfähigkeit der Sachbearbeiter zum Studium der Versicherungsbedingungen – wenngleich die Versicherungsklauseln ihre wirkliche Bedeutung manchmal schwer erkennen lassen –, als vielmehr in der Tatsache, dass der Inhalt gleich lau-

659 Commentary on UCP 600 S. 132. 660 Nielsen Richtlinien, Rdn. 364. 661 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/655; ders. WM-Beilage 2/1994 S. 19; Stapel Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, S. 232.

230

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

tender Klauseln in verschiedenen Ländern zuweilen eine unterschiedliche Bedeutung hat. Freilich erwachsen den Banken bei der Akkreditivabwicklung aus diesem Umstand – wenn kein eigenes Kreditengagement besteht – keine Gefahren, da die Banken für den materiellen Inhalt der Versicherung nicht verantwortlich gemacht werden können.662 Vielmehr sind sie – dem in Art. 14 ERA niedergelegten Grundsatz entsprechend – lediglich verpflichtet nachzuprüfen, ob die vom Käufer im Akkreditivauftrag angegebenen besonderen Versicherungsklauseln in den Versicherungsdokumenten auch tatsächlich erscheinen.663 Mangels anderweitiger Angabe im Akkreditiv weisen die Banken Versicherungsdokumente zurück, die ein späteres Datum tragen als dasjenige, welches im Transportdokument für die Verladung an Bord, die Versendung oder die Übernahme der Waren angegeben ist, es sei denn, dass das Versicherungsdokument die versicherten Risiken ausdrücklich spätestens ab dem zeitlich vor dem Ausstellungsdatum liegenden Verlade-, Versendungs- oder Übernahmezeitpunkt in Deckung nimmt, (Rdn. 2/364). Die Klausel „Warehouse to Warehouse“ wurde bisher allgemein dahin ausgelegt, dass sie in ausreichender Weise den rechtzeitigen Versicherungsbeginn bestätigt.664 Diese Auffassung scheint die Drafting Group der ICC nicht zu teilen, wenn sie ausführt, dass ein Dokumentenprüfer sich nicht mit dem Inhalt der konkreten Versicherungsbedingungen befassen muss, weshalb eine „Transit Clause“ der Institute Cargo Clauses in einem Versicherungsdokument ohne weiteren Hinweis auf den Versicherungsbeginn nicht aufnahmefähig sei.665 Mehr denn je ist daher zu berücksichtigen, dass der Beginn des Versicherungsschutzes in den für den jeweiligen Einzelfall geltenden Versicherungsbedingungen bestimmt wird. Danach kann es auch von anderen bzw. weiteren Faktoren etwa die Zahlung der Versicherungsprämie abhängen, ob rechtzeitiger Versicherungsschutz gegeben ist. Da die Bank nicht zu einer Überprüfung der jeweiligen versicherungsrechtlichen Vereinbarung nicht zuletzt auch aus Gründen der Effektivität und der Zeitknappheit verpflichtet ist, sollte darauf geachtet werden, dass die „Warehouse to Warehouse“-Klausel evtl. durch Aufnahme bestimmter Zusatzerklärungen tatsächlich eindeutig den rechtzeitigen Versicherungsbeginn bestätigt. Immer dann, wenn mit dem Akkreditivgeschäft ein Kreditengagement verbunden 2/368 ist, haben die Banken ein eigenes Interesse daran zu wissen, ob das Versicherungsdokument in der vorgelegten Form wirklich alle diejenigen Risiken deckt, die bei

662 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1000. Zu einer anderen Auffassung scheint die englische Rechtsprechung zu neigen: In dem Urteil Borthwick v. Bank of New Zealand, (1900) Com.Cas. 1, wird festgestellt, die Bank sei dem Käufer gegenüber verpflichtet, unter einem Letter of Credit nur solche Versicherungsdokumente aufzunehmen, die für die betreffende Warenart handelsüblich seien, d.h. die typischen Risiken des betreffenden Warentransports decken. 663 Stapel Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, S. 231; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 211. 664 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/654; ders. Richtlinien, Rdn. 359; ders. Uniform Customs, TransportR 2008, 286; Liesecke WM 1976, 265; a.A. Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 85. 665 Commentary on UCP 600 S. 132.

231

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

der in Frage kommenden Transportart und angesichts der Beschaffenheit der Ware und des Reiseweges eintreten können. In diesem Fall reicht die oben skizzierte formale und auf das Äußere des Dokuments (on their face) beschränkte Prüfung der Versicherungsbedingungen nicht aus. Es wäre daher an dieser Stelle erforderlich, eine umfassende Darstellung über die materielle Seite des Versicherungsschutzes einzufügen. Darauf muss jedoch verzichtet werden, weil eine solche Darstellung den Rahmen dieses Buches überschreiten würde und zudem außerhalb der mit der Akkreditivabwicklung in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Fragen läge. Nur soviel sei gesagt, dass eine Bank, die aus Krediterwägungen selbst an dem materiellen Versicherungsschutz interessiert ist, gut daran tut, sich nie auf die allgemein gehaltenen Versicherungsklauseln, wie „gewöhnliche“, „übliche“ oder „alle“ Risiken zu verlassen;666 sie muss im Einzelfall prüfen, welche Risiken tatsächlich gedeckt sind.667 Die bestechend klingende Klausel „all risks“ z.B. bedeutet keineswegs, dass „alle Risiken“ gedeckt sind.668 Gedeckt sind „alle Transportrisiken, abzüglich der ausgeschlossenen Risiken“. Dem Studium der Ausschlüsse sollte besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Es kommen in der englischen Sachversicherung auch „all risks“-Policen vor, die – trotz der einladenden Überschrift – nur für die ausdrücklich aufgeführten Risiken Deckung gewähren. Ist nach eingehender Prüfung geklärt, welche Risiken gedeckt sind und welche nicht, muss entschieden werden, ob die eingereichten Versicherungsdokumente akkreditivgerecht sind oder nicht, und ob sie unter sicherungsrechtlichen Grundsätzen akzeptiert werden können, woraus sich dann zwangsläufig ergibt, ob die Dokumente insoweit aufgenommen werden können oder zurückgewiesen werden müssen. Ungeachtet dessen sollten die Banken vom Käufer bei der Kreditgewährung schon vor der Akkreditiveröffnung die Aufnahme ausreichender Versicherungsvorschriften in das Akkreditiv verlangen. Wenn dies nicht oder nicht mehr möglich ist, müssen sie unter Kreditgesichtspunkten die zusätzliche ausdrückliche Deckung der ihnen noch deckungsbedürftig erscheinenden Risiken sicherheitshalber fordern (Schutzdeckung). Eine besonders sorgfältige Prüfung der Frage der Transportversicherung ist am Platze, wenn die Versicherung in einem Lande abgeschlossen wird, bei dem sich infolge eines andersartigen Wirtschaftssystems Sondergesichtspunkte ergeben. 2/369 Von besonderer Bedeutung ist für die Banken auch die Frage, ob und in wel-

cher Weise politische Risiken gedeckt sind. Dabei handelt es sich einmal um die Risiken Streik, Aufruhr, innere Unruhen usw. als politische Risiken geringerer Schwere, die auch für Reisen über Land mitversichert werden können, und zum anderen um die Risiken von Krieg, Bürgerkrieg und kriegsähnlichen Ereignissen,

666 Zur Aufnahmefähigkeit Art. 28g ERA; Rdn. 2/366. 667 Die in den verschiedenen Ländern üblichen Versicherungsbedingungen sind keineswegs identisch, befinden sich aber in einem Prozess der Annäherung, wobei natürlich der Entwicklung auf dem Londoner Markt besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird. S. hierzu Ehlers/Luttmer Die Versicherungspraxis 1982, 117 ff., 143 ff. 668 Nielsen Richtlinien, Rdn. 365.

232

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

die international nur während der Dauer des Aufenthalts der Güter in See- oder Luftfahrzeugen (nur ausnahmsweise bei Landaufenthalten zum Zwecke der Weiterbeförderung) versichert sind. Zu einem richtigen Versicherungsschutz gehört deshalb die Dreiteilung in (a) Seegefahren in dem gewählten Bedingungsumfang (z.B. „übliche Risiken“), (b) Streik, Aufruhr, innere Unruhen usw. für die gesamte Dauer des Transports und der damit verbundenen Lagerungen und (c) Krieg, Bürgerkrieg und kriegsähnliche Ereignisse während der Beförderung mit einem Transportmittel zur See oder in der Luft.

4.

Andere Dokumente

Aussteller sowie Inhaltsmerkmale sonstiger Dokumente wie z.B. Qualitätszertifika- 2/370 te, Konsulats- und Zollfakturen, Ursprungszeugnisse, Gewichtsbescheinigungen oder Lagerscheine669 sollen im Akkreditiv genau angegeben werden. Sonst können die Banken diese Dokumente nur unter Prüfung ihrer Widerspruchsfreiheit zu anderen Dokumenten aufnehmen. Fehlen spezielle Angaben im Akkreditiv, nehmen die Banken diese Dokumente ohne Verbindlichkeit so auf, wie sie ihnen präsentiert werden, wenn der Inhalt des Dokuments die Funktion des verlangten Dokuments zu erfüllen scheint und im Übrigen Art. 14d ERA entspricht (Art. 14f ERA). Das zuletzt genannte Erfordernis der Funktionserfüllung ist neu, nichtsdestoweniger allerdings unklar.670 Auch der Kommentar der Drafting Group enthält diesbezüglich keine weiterführenden Hinweise, wenn er darauf verweist, dass das Dokument den geforderten Zweck erfüllen muss.671 Wie der geforderte Zweck ermittelt werden sollte wird hierbei nicht ersichtlich. Inhaltlich wird man davon ausgehen müssen, dass diese Dokumente dem im Akkreditiv verlangten Dokumententypus entsprechen müssen.672 Ein Ursprungszertifikat, welches das Ursprungsland der zu verschiffenden Ware gar nicht nennt oder nur unbestimmt bezeichnet, z.B. „südamerikanisches Land“ oder „osteuropäisches Land“, wäre kein Zeugnis über den „Ursprung“ der Ware; das Zertifikat wäre nicht akkreditivgerecht und daher zurückzuweisen. Wird ein „offizielles Gewichtszertifikat“ verlangt, muss die Bank Gewichtszertifikate, die keinen öffentlichen Bezug haben, ablehnen.673 Die im Akkreditiv vorgesehene Bürgschaft oder Garantie einer anderen Bank braucht die Akkreditivbank weder bonitätsmäßig noch inhaltlich zu überprüfen.

669 Als Orderlagerschein ist es ein Traditionspapier gemäß § 424 HGB. 670 Kritisch hierzu: Kessler in: Blesch/Lange Bankgeschäfte, Rdn. 686 f.; Nielsen Richtlinien, Rdn. 166, 671 “. . . it must be determinable that the document fulfils the intend required.“ Commentary on UCP 600 S. 65. 672 So auch Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 229; Nielsen Richtlinien, Rdn. 166. 673 BGH WM 1958, 588. Zu den Kriterien eines Ursprungszertifikats, das von einer Handelskammer ausgestellt wird, ICC, Documentary Credits INSight, 2001, Vol. 7, No. 1 S. 6.

233

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

2/371 Hatte der Käufer über ihren Inhalt allerdings Angaben in das Akkreditiv aufneh-

men lassen, sind die Banken zu sorgfältiger Beachtung dieser Angaben verpflichtet.674 Dabei ist erforderlich, dass es aufgrund der Inhaltsmerkmale dieser Dokumente möglich ist, die darin genannten Waren bzw. Dienstleistungen auf das Akkreditiv, insbesondere auf eine darin vorgeschriebene Rechnung zu beziehen. Die Bedeutung des Art. 14f ERA liegt darin, dass die Banken bei diesen Dokumenten nicht einmal prüfen müssen, ob sie handelsüblich sind, während sie bei den Standarddokumenten auch ohne besondere Vorschrift wenigstens auf die Handelsüblichkeit achten (Rdn. 2/54 f.).675 Die anderen Dokumente können also auch ersichtlich nicht handelsüblich sein, etwa wenn ein solches Dokument (z.B. ein Qualitäts- oder Ursprungszertifikat) vom Begünstigten selbst ausgefertigt wurde, statt von einer dritten Stelle.676 Allerdings ist bei Verwendung von Pauschalausdrücken im Sinne von Art. 3 ERA – wie etwa „erstklassig“, „unabhängig“ o.ä. – die Ausstellung der sonstigen Dokumenten durch den Begünstigten ausgeschlossen. Falls sonstige Dokumente durch einen neutralen Dritten ausgestellt werden sollen, ist dieser genau zu bezeichnen.677 2/372 Werden Zusatzdokumente im Sinne des Art. 14f ERA bei der Bank eingereicht, ohne

dass sie im Akkreditiv angefordert waren, kann die Bank sie nach Belieben an den Akkreditivauftraggeber weiterreichen oder zurückweisen, Art. 14g ERA.678 Sie selbst muss sich sachlich nicht mit ihnen befassen. Allerdings kann sie nicht auch die übrigen unter dem Akkreditiv geforderten Dokumente zurückweisen und die Bezahlung des Akkreditivs verweigern, weil Zusatzdokumente eingeliefert sind, die sie nicht aufnehmen will; sie kann dem Begünstigten nicht zum Vorwurf machen, dass er mehr getan hat, als von ihm verlangt war, sofern er nur in diesem Rahmen das Verlangte ordnungsgemäß ausgeführt hat. Falls sich allerdings aus dem Wortlaut eines solchen zusätzlichen, unaufgefordert eingereichten Dokumentes Erkenntnisse ergeben, die zu der Annahme führen, dass die anderen Dokumente falsche oder irreführende Angaben enthalten, sind die Banken berechtigt, den ganzen Satz der Dokumente zurückzuweisen. Zur Anforderung weiterer, im Akkreditiv nicht aufgeführter Dokumente sind die Banken nicht berechtigt.679

D.

Prüfungszeitraum für die Bank

2/373 Nach Art. 14b ERA steht der eröffnenden Bank, der etwaigen bestätigenden Bank

oder einer benannten Bank jeweils eine Frist von maximal fünf Bankarbeitstagen

674 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 229 f. 675 Nielsen Grundlagen, S. 140; Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 87 f.; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 228. 676 Nielsen Richtlinien, Rdn. 171; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 228. 677 Vgl. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/662 m. Bsp. 678 A.A. Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 233: Aus dem Prinzip der „strikten Observanz“ bei der Dokumentenprüfung folgt, dass eine solche Aufnahme unzulässig sei. 679 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 233.

234

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

nach dem Tag des Dokumentenerhalts zu, die Dokumente zu prüfen und zu entscheiden, ob sie die Dokumente aufnehmen oder zurückweisen will, und denjenigen entsprechend zu unterrichten, von dem sie die Dokumente erhielt, Art. 16d ERA. Das Gebot der zügigen Dokumentenprüfung gilt mithin gleichermaßen auch für die Bestätigungsbank und/oder Zahlstelle.680 Im Verhältnis zur Revision 1993 wurde die maximale Bearbeitungszeit von sieben auf fünf Bankarbeitstage verkürzt. Dies stellt eine der auffälligsten und wichtigsten Änderungen der ERA durch die Revision 2007 dar. Im Verhältnis zur Vorgängerregelung enthält Art. 14b ERA keine zusätzlich Einschränkung, wonach die Bearbeitung in angemessener Zeit („reasonable time“) zu erfolgen hat. Dennoch ist auch die neue Frist eine Maximalfrist. Die Prüfung hat weiterhin in angemessener Zeit,681die nur im Ausnahmefall bei fünf Bankarbeitstagen liegen kann, zu erfolgen. Trotz der vermeintlich klareren Formulierung, bleibt diese Regelung weiterhin eine Kompromisslösung. Schwäche dieser Regelung ist z.B., dass der Beginn der Fünf-Tage-Frist nicht immer bewiesen werden kann.682 Ferner ist auch eine Unterscheidung zwischen „einfachen“ und „schwierigen“ Fällen kaum nachprüfbar und für einen Außenstehenden weder ersichtlich noch beweisbar, wenn sich eine Bank in einem kürzeren Zeitraum zur Dokumentenaufnahme entschlossen hat. Schreibt ein Akkreditiv, das von einer Bankfiliale eröffnet wird, vor, dass die Dokumente der Zentrale dieser Bank vorzulegen sind, wird die Prüfungsfrist nicht aufgrund der notwendigen Korrespondenz verlängert.683 Wird die Fünf-Tage-Frist überschritten, entfällt die Möglichkeit, die Dokumente zu beanstanden. Zur Klarstellung ist anzumerken, dass zwar der eröffnenden, der bestätigenden sowie einer benannten Bank jeweils fünf Bankarbeitstage zur Prüfung der Dokumente zustehen, das Zeitlimit von fünf Tagen sich aber nicht kumulativ auswirkt.684 Der Begünstigte kann im Falle eines bestätigten Akkreditivs innerhalb von fünf Bankarbeitstagen nach Einreichung akkreditivkonformer Dokumente von der bestätigenden Bank die Erklärung verlangen, ob die Dokumente aufgenommen wurden oder nicht. Gegenüber dem Begünstigten gilt die Frist also nur einmal. Ob sich diese Regelung tatsächlich bewährt, kann kritisch hinterfragt werden. Die ICC hat versucht, den Wegfall des Begriffs der „reasonable time“ dadurch zu kompensieren, dass nach dem neuen Art. 15 ERA die Eröffnungsbank, bestätigende Bank oder eine benannte Zweitbank zur Honorierung verpflichtet sind,

680 Zur Prüfungspflicht der Bestätigungsbank beim Dokumentenakkreditiv nach USamerikanischem Recht, s. Vorpeil RIW 1994, 210. 681 Nielsen Richtlinien, Rdn. 146 f.; Kessler in: Blesch/Lange Bankgeschäfte, Rdn. 675. 682 Graffe/Weichbrodt/Xueref Dokumenten-Akkredititive, S. 36; s. a. Vorpeil RIW 1993, 12, 14 f. 683 Die Fünf-Tage-Frist gilt auch bei einer zweiten Vorlage der Dokumente, ICC, Documentary Credits INsight, 1999, Vol. 5, No. 2 S. 4. Halbe Bankarbeitstage werden bei der Berechnung der Fünf-Tage-Frist als volle Bankarbeitstage gezählt, ICC Documentary Credits INsight, 1999, Vol. 5, No. 2 S. 4. 684 Nielsen Richtlinien, Rdn. 148; del Busto ICC-Publ Nr. 511 S. 41; Baumbach/Hopt HGB, (11) ERA, Art. 13 Rdn. 1.

235

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

wenn sie sich für die Aufnahme der Dokumente entschieden haben.685 Ob dies ausreichen wird, die Banken dazu zu animieren, die Fünf-Tage-Frist nicht stets voll auszuschöpfen, bleibt abzuwarten. Einschränkend ist ferner darauf hinzuweisen, dass nach Art. 16f ERA für eine Zahlstelle, welche das Akkreditiv nicht bestätigt hat, an die Überschreitung der Frist keine Sanktion geknüpft ist, d.h. der Begünstigte kann sich gegenüber einer Bank, die lediglich als Zahlstelle fungiert, nicht darauf berufen, dass die Dokumente nach fünf Bankarbeitstagen als aufgenommen gelten.686 Fraglich ist jedoch, ob sich die Akkreditivbank und/oder die Bestätigungsbank zurechnen lassen müssen, wenn die Zahlstelle die Bearbeitungszeit überschreitet. Wie bereits ausgeführt, ist die Zahlstellenbank Unterbeauftragte der Akkreditivbank und nicht Erfüllungsgehilfin (Rdn. 2/185). Die Akkreditivbank haftet also nur für Auswahlverschulden gemäß § 664 Abs. 1 S. 2 BGB. 2/374 Während des Prüfungszeitraumes besitzen die Banken die Dokumente treuhän-

derisch für den Begünstigten.687 Sie sind nicht berechtigt, Dokumente, die bei ihnen schon frühzeitig vollständig eintreffen, ohne Abgabe einer Stellungnahme bis zum Ablauf des Akkreditivs bei sich liegen zu lassen und erst dann dem Begünstigten ihre Entscheidung über die Aufnahme mitzuteilen: Die dem Begünstigten eingeräumte Frist zur Einreichung der Dokumente darf nicht etwa mit dem Prüfungszeitraum der Bank gleichgesetzt werden. Diese muss sich nach Erhalt der Dokumente ohne schuldhaftes Zögern entscheiden und darf damit nicht bis zum Ende der Laufzeit des Akkreditivs zuwarten. Dadurch erhält der Begünstigte die für ihn bedeutsame Möglichkeit, gerügte Mängel der Dokumente noch vor Ablauf des Akkreditivs abzustellen. Sind Teillieferungen nicht ausgeschlossen, werden eingereichte Dokumente über Teile der Lieferung sofort geprüft; dem Einreicher wird das Ergebnis der Prüfung mitgeteilt. Einer Bestätigung der Bank über die Hereinnahme bestimmter Dokumente wird nur ausnahmsweise die Bedeutung beigemessen werden können, dass die Dokumente als akkreditivgerecht akzeptiert sind und andernfalls die Pflicht bestanden hätte, die Dokumente unverzüglich zu rügen. In einer bloß routinemäßigen Quittung kann allerdings keinesfalls eine Billigung der Dokumente, wohl aber ein Beweis für die Fristwahrung gesehen werden.

685 Commentary on UCP 600 S. 70. 686 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/610; ders. Richtlinien, Rdn. 198; Baumbach/Hopt HGB, ERA, Art. 13 Rdn. 1. 687 Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 214; Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn. K/14; BGHZ 101, 85.

236

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

E.

Behandlung mangelhafter Dokumente

1.

Zurückweisung

Zweiter Abschnitt

Nicht akkreditivgerechte Dokumente sind zurückzuweisen. Dies hat wie schon die 2/375 vorangegangene Bearbeitung ebenfalls unverzüglich zu geschehen, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, auch wenn dies nicht mehr ausdrücklich in Art. 16 ERA erwähnt wird. Während eine derartige Verpflichtung früher nur für die Akkreditivbank gegenüber der eingeschalteten Zweitbank in den ERA fixiert war,688 im Verhältnis zum Begünstigten dagegen nicht bestand und insoweit allenfalls aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleitet werden konnte,689 erlangte nach Art. 14d ERA 500 und hat nunmehr weiterhin nach Art. 16c ERA derjenige, welcher die Dokumente bei der Akkreditivbank eingereicht hat, gegen die Akkreditivbank einen Anspruch auf unverzügliche Unterrichtung über die Zurückweisung der Dokumente. „Einreicher“ in diesem Sinne ist nach Art. 2 ERA ein Begünstigter, eine Bank oder ein Dritter, der eine Dokumentenvorlage tätigt. Die Beanstandungen sind „durch Telekommunikation oder, wenn dies nicht möglich ist, auf anderem schnellen Weg“ an denjenigen zu richten, welcher die Dokumente der Akkreditivbank zugeleitet hat, also an die Zahlstelle, wenn diese die Dokumente vom Begünstigten entgegengenommen und an die Akkreditivbank weitergeleitet hat, andernfalls an den Begünstigten oder einen Dritten, wenn dieser die Dokumente vorgelegt hat, Art. 16d ERA. Die Bestätigungsbank, die selbst nicht Zahlstelle ist, haftet dem Begünstigten allerdings nicht für die unverzügliche Mitteilung der Fehlerhaftigkeit der Dokumente. Denn Art. 16d ERA gilt nur im Verhältnis der Akkreditivbank zur Zahlstelle.690 War man schon früher der Ansicht, dass die Dokumentenrüge bezüglich der aufgeführten Beanstandungen vollständig sein musste, ein Nachschieben von Gründen also nicht für zulässig angesehen wurde,691 ist diese Frage erstmals durch Art. 14d (ii) ERA 500 und nunmehr Art. 16c (ii) ERA eindeutig in dem Sinne geklärt, dass die zur Begründung der Nichtannahme aufgezählten Beanstandungen vollzählig angegeben werden müssen. Außerdem muss die rügende Bank in einer einzigen dementsprechenden Mitteilung mitteilen, in welcher Art sie mit den eingereichten Dokumenten umgehen wird. Art. 16c ERA sieht nunmehr vier Möglichkeiten zur Behandlung von unstimmigen Dokumenten vor: – Art. 16c (iii) (a) ERA, die Bank hält die Dokumente zur Verfügung des Einreichers und erwartet dessen weitere Instruktionen.

688 Vgl. Art. 8e ERA (Revision 1974). 689 Nielsen ZIP 1984, 230, 238. 690 LG Frankfurt WM 1994, 944; OLG Frankfurt WM 1996, 58. 691 Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 128; Eisemann/Eberth Dokumentenakkreditiv, S. 162; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 413; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/669a; BGH WM 1984, 1214.

237

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

– Art. 16c (iii) (b) ERA, die eröffnende Bank hält die Dokumente, bis sie einen Verzicht auf Mängel durch den Auftraggeber erhält und diesem Verzicht zustimmt, vorbehaltlich von anderen Instruktionen des Einreichers. – Art. 16c (iii) (c) ERA, die Bank sendet die Dokumente zurück. – Art. 16c (iii) (d) ERA, die Bank handelt in Übereinstimmung mit vorher von dem Einreicher erhaltenen Weisungen. Eine rechtswirksame und umfassende Rüge nicht akkreditivgerechter Dokumente setzt also in der Praxis seitens der rügenden Bank voraus:692 – die Unverzüglichkeit der Mitteilung an den Einreicher (Zweitbank oder Begünstigten), – den Gebrauch eines schnellen Nachrichtenmittels,693 – Aufzählung sämtlicher zu beanstandender Punkte und – Erklärung über Behandlung der unstimmigen Dokumente. Entscheidet sich eine rügende Bank für eine der Möglichkeiten aus Art. 16c (iii) (a) oder (b), ist sie gemäß Art. 16e ERA694 berechtigt, die Dokumente dem Einreicher jederzeit zurückzusenden. Der Bank sollte so erspart werden können, dass sie (unnötig lange) auf ausbleibende Instruktionen warten muss. Obgleich nicht in der Regelung vorgesehen, geht die Drafting Group davon aus, dass dem Einreicher vor Rücksendung eine kurze Mitteilung gegeben wird.695 2/376 Das Akkreditiv erlischt alleine durch die Zurückweisung von Dokumenten nicht.

Folglich ist die Bank sowohl ihrem Auftraggeber als auch dem Begünstigten gegenüber verpflichtet, die fristgerechte Beseitigung der Dokumentenmängel durch den Begünstigten zuzulassen, damit dieser das Akkreditiv noch vor Verfall ordnungsgemäß bedienen kann.696 Die Bank, von der stets eine loyale Einstellung zur Abwicklung des Akkreditivs erwartet werden kann, muss demnach dem Begünstigten bis zum Ablauf des Akkreditivs die Möglichkeit offenhalten, ordnungsmäßige Dokumente einzureichen, falls sie nicht im Einzelfall aus anderen Gründen als verspätet (undue delay) zurückzuweisen sind; dies ist z.B. dann der

692 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 413; Hoeren/Florian Rdn. 131; Stapel Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, S. 167 ff. 693 Vgl. BGH WM 1984, 1214. S. hierzu a. die Entscheidung des English Court of Appeal aus dem Jahre 1998 in Sachen Seaconsar Far East Ltd. v. Bank Markazi Jomhouri Islami Iran, besprochen in Documentary Credits INsight 2000, 18 f, wonach eine Zurückweisung in mündlicher Form mit Art. 14 d (i) ERA 500 vereinbar ist (Argument: Schnelligkeit und Klarheit über die Rechtslage sowie Standards und Kommunikationstechnik der involvierten Länder). Hierzu a. Vorpeil RIW 1994, 1055, 1056. Nielsen Richtlinien, Rdn. 196. 694 In der ICC-Publ. Nr. 600 ED in der deutschen Version aufgrund eines technischen Fehlers als Art. 16„d“ bezeichnet. 695 Commentary on UCP 600 S. 74. 696 S. hierzu a. ICC, Documentary Credits INsight, 2000, Vol. 6, No. 3 S. 13; Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn. K/14.

238

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

Fall, wenn sie den Fristen nach Art. 14c ERA nicht genügen. Allerdings dürfte sich die Bank dann sofort endgültig vom Akkreditiv lösen, ohne den Ablauf des Akkreditivs abzuwarten, wenn der Begünstigte – was praktisch kaum vorkommt – ausdrücklich erklären würde, seine Einreichung sei endgültig und werde nicht mehr verbessert oder ergänzt.697 Keinesfalls kann die Bank vor Ablauf des Akkreditivs bei Einreichung mangelhafter Dokumente ohne weiteres das Akkreditiv für nicht bedient erklären und nunmehr sogleich an den Dokumenten ein Pfandrecht nach Nr. 14 Abs. 2 AGB wegen etwaiger Forderungen geltend machen, die ihr gegen den Einreicher aus anderen Gründen (z.B. aus fälligen Krediten) zustehen. Zweifelhaft ist dagegen, ob die Bank mangelhafte Dokumente, deren Mängel nicht vor Ablauf des Akkreditivs beseitigt wurden, nunmehr nach Nr. 14 Abs. 2 AGB als Pfand für andere Forderungen gegen den Einreicher betrachten darf. Hier wird man davon ausgehen müssen, dass zwischen Einreicher und Akkreditivbank eine stillschweigende Vereinbarung zustande kommt, wonach die Einreichung der Dokumente bei der Bank treuhänderisch zum Zweck der Prüfung nach Maßgabe des Akkreditivs erfolgt ist.698 Die Bank darf die Dokumente daher auch nur zu diesem Zweck benutzen, muss sie also bei Nichtannahme zunächst einmal dem Einreicher zur Verfügung halten oder an ihn zurückgeben.699 Dem entsprechen auch die Regelungen des Art. 16c und des Art. 16f ERA für das Verhältnis zwischen zwei Banken: Stellt die eröffnende Bank und/oder die etwaige bestätigende Bank Mängel an den ihr übersandten Dokumenten fest, müssen diese dem Einreicher zur Verfügung gehalten, nach dessen Weisungen behandelt oder an ihn zurückgesandt werden. Keinesfalls darf die eröffnende Bank für ihre Zwecke Gebrauch von den Dokumenten machen. Unter den gegebenen Umständen sei den Begünstigten empfohlen, rechtzeitig – d.h. vor Einreichung der Dokumente – in dieser Beziehung Klarheit zu schaffen, damit nicht durch Nr. 14 Abs. 2 AGB Schwierigkeiten mit der Bank entstehen, zumal nach Lage der Sache in solchen Fällen wenig Zeit zur Verfügung steht, um etwaige Differenzen zu klären. Hat die Bank (Akkreditiv- oder eingeschaltete Zweitbank) gegen mangelhafte 2/377 Dokumente den Akkreditivbetrag an den Begünstigten ausgezahlt, kann dies zwei Ursachen haben: Entweder hat die Bank den Mangel bemerkt und nicht als gravierend angesehen. Wenn sie dann trotzdem die Dokumente aufnimmt und honoriert, kann das bedeuten, dass sie die mangelhaften Dokumente als ordnungsmäßig akzeptiert, also auf ihr Rügerecht verzichtet.700 Einen solchen Ver-

697 Zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Bank sich bei einem Betrugsversuch des Begünstigten von ihrem Zahlungsversprechen lösen kann, Rdn. 2/418 ff. 698 Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 214. 699 RGZ 126, 343, 348; BGH WM 1968, 695, wo der Bank das Pfandrecht an einem ihr zur Diskontierung vorgelegten Wechsel, dessen Diskontierung sie ablehnt, abgesprochen wird; vgl. a. BGH WM 1985, 688. 700 Hat bei Teillieferungen die Akkreditiv- und/oder Bestätigungsbank zunächst fehlerhafte Dokumente aufgenommen, werden bei einer weiteren Teillieferung die Mängel gerügt, stellt sich die Frage, wie dieses Verhalten zu beurteilen ist. Im Grundsatz sind die

239

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

zicht – ob dieser nun ausgesprochen wurde oder in einer konkludenten Handlung liegt, die erkennen lässt, dass die Bank den Mangel akzeptiert – kann sie nicht widerrufen. Der Verzicht ist endgültig. Hat sie dagegen den Mangel gar nicht erkannt und die Dokumente aufgenommen, weil sie diese irrtümlich für ordnungsmäßig hielt, wird sie ihre Aufnahmeerklärung wegen Irrtums anfechten und danach trachten, den ausgekehrten Betrag gegen Rückgabe der Dokumente zurückzuerhalten. Ihren Irrtum wird die Bank spätestens dann bemerken, wenn ihr der Käufer bzw. die Akkreditivbank die Abnahme der Dokumente und die Erstattung der Auslagen verweigert. Sie ficht gegenüber dem Begünstigten dann ihre frühere Erklärung, die Dokumente als akkreditivkonform aufnehmen zu wollen, wegen Irrtums nach § 119 BGB an und fordert den ausgekehrten Akkreditivbetrag nach den Grundsätzen über die ungerechtfertigte Bereicherung zurück.701 Eine andere rechtliche Interpretation dieses Vorgangs hält die Anfechtungserklärung für überflüssig mit dem Argument, dass eine aufnehmende Bank nur gegen akkreditivkonforme Dokumente zu zahlen brauche; sei die Zahlung gegen mangelhafte Dokumente erfolgt, habe sie auf eine Nichtschuld gezahlt und könne deshalb ohne weiteres das Gezahlte zurückverlangen.702 Dieser Auffassung wird im Interesse der Rechtssicherheit nicht zu folgen sein, weil sonst nicht erkennbar würde, in welchen Fällen die Bank die Mängel zwar gesehen, aber genehmigt hat, und in welchen Fällen vorhandene Mängel aus Irrtum nicht gesehen wurden, so dass die Voraussetzungen von § 119 BGB vorliegen. 2/378 Die Bank muss schon deswegen danach streben, die Rückzahlung des Akkreditiv-

betrages vom Begünstigten zu erreichen, um nicht in etwaige Auseinandersetzungen zwischen Käufer und Verkäufer aus dem Kaufvertrag (z.B. wegen einer nicht dem Kaufvertrag entsprechenden Fassung des Akkreditivs) hineingezogen zu werden; man darf nicht vergessen, dass in dem hier behandelten Stadium die Mangelhaftigkeit der Dokumente und auch eventuell der Ware noch nicht feststeht, sondern nur von einer Partei behauptet wird. Versagt dieser Weg, kann die Bank mithilfe der in ihrem Besitz befindlichen Dokumente, an denen ihr ein Pfandrecht wegen Forderungen aus diesem konkreten Geschäft zusteht, den Versuch machen, sich – soweit die Verkaufserlöse es zulassen – aus der verschifften Ware zu befriedigen (Nr. 17 AGB); eine etwa noch offene Restforderung müsste sie dann, wie zuvor beschrieben, gegenüber dem Begünstigten gerichtlich geltend machen. Nicht akkreditivgerechte Dokumente, deren Aufnahme die Bank ablehnt, muss sie zur Verfügung halten oder an den Einreicher zurückgeben, bzw. eine der anderen Handlungsmöglichkeiten des Art. 16c ERA wählen. Händigt sie entgegen diesem Grundsatz derartige Dokumente ohne Zustimmung der einreichenden Stelle dem

jeweiligen Entscheidungen unabhängig voneinander zu sehen; eine Ausnahme ist dann anzunehmen, wenn die Bank bei Kenntnis der Mangelhaftigkeit und nach Rücksprache mit dem Auftraggeber auf die Rüge verzichtet, Nielsen Richtlinien, Rdn. 199. 701 Ausf. hierzu Nielsen in: FS Werner, S. 574 ff.; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 996. 702 Liesecke WM 1966, 458, 469.

240

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

Akkreditivauftraggeber treuhänderisch oder zu dessen Verfügung aus, handelt sie gegenüber dem Begünstigten pflichtwidrig und ist dann nach Art. 16f ERA verpflichtet, die im Akkreditiv versprochene Leistung zu erbringen. Die Abrechnung zwischen Auftraggeber und Akkreditivbank richtet sich in diesem Falle nach dem zwischen ihnen bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrag; der Begünstigte ist durch Art. 16f ERA nicht festgelegt.703 Die Bank ist nicht berechtigt, an den zurückgewiesenen Dokumenten wegen Forderungen, die sie aus anderen Rechtsgründen gegen den Begünstigten etwa hat ein Zurückbehaltungsrecht oder ein Pfandrecht nach Nr. 14 Abs. 2 AGB geltend zu machen. Trotz Bestehens solcher Forderungen muss sie die Dokumente, die ihr nur zur Prüfung im Rahmen des Akkreditivgeschäfts überlassen waren, dem Einreicher zurückgeben (Rdn. 2/259).

2.

Ersatzlösungen

In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle entdecken die Banken etwaige Mängel an 2/379 den eingereichten Dokumenten rechtzeitig, bevor sie aus dem Akkreditiv den Gegenwert an den Begünstigten auskehren. Da die Einlösung dem Grundsatz der Dokumentenstrenge unterliegt und die Akkreditivbanken nicht Sachwalter des Begünstigten sind, könnten sie unter diesen Umständen ohne weiteres von ihrem Recht zur Zurückweisung der Dokumente Gebrauch machen. Praktisch tun sie dies aber ungern, weil die Dokumentenmängel kommerziell möglicherweise unbedeutend sind und den reibungslosen Ablauf des Warengeschäftes im Grunde nicht beeinträchtigen, eine Zurückweisung also den wirtschaftlichen Interessen nicht nur des Begünstigten, sondern vielleicht auch des Akkreditivauftraggebers zuwiderlaufen würde. In der Praxis wird sich die Bank, bei der die Dokumente vorgelegt werden, daher zunächst bemühen, über den Begünstigten eine fristgerechte Behebung der Mängel oder aber deren Genehmigung durch den Käufer zu erreichen.704 Hat sie damit keinen Erfolg, bieten sich als Abhilfe Ersatzlösungen an, die im Laufe der Entwicklung der Akkreditivpraxis steigende Bedeutung gewonnen haben:

a)

Bankgarantie

Eine Möglichkeit, von der heute allerdings nicht mehr häufig Gebrauch gemacht 2/380 wird, besteht darin, dass die Bank zum Ausgleich des Dokumentenmangels von dem Begünstigten eine ihr angebotene Bankgarantie entgegennimmt. Art. 14f ERA 500 erwähnte diese Form ausdrücklich.705 Dies ist nunmehr nicht mehr von den

703 Zur Frage der einseitigen Rücknahme einer wirksamen Rüge s.a. Nielsen Richtlinien, Rdn. 194. 704 S.a. Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 358; Hoeren/Florian Rdn. 133. 705 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 419; von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 238; Gutteridge/Megrah The Law of Bankers‘ Commercial Credits, S. 196 ff. (sog payment under reserve or indemnity).

241

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

ERA vorgesehen, kann aber natürlich weiterhin zwischen den Beteiligten vereinbart werden.706 In deratigen Fällen ist die Garantie nicht von den ERA 600 abgedeckt. Die Drafting Group begründete den Wegfall der früheren Regelung mit dem Hinweis, dass derartige Regelungen auf einer Vereinbarung zwischen der benannten Bank und dem Begünstigten beruhen (also letztlich außerhalb des eigentlichen Akkreditivgeschäfts liegen) und zudem kein wesentlicher Teil der ERA waren.707 Die Garantie kann für zwei Fälle in Frage kommen. Die Garantie soll inhaltliche oder formale Mängel der Dokumente dadurch ausgleichen, dass die Garantiebank der den Akkreditivbetrag auszahlenden Bank für sämtliche Schäden einzustehen verspricht, die dieser durch die Aufnahme nicht akkreditivgerechter Dokumente entstehen können. Über die Annahme derartiger Garantien entscheidet die um Zahlung gebetene Bank nach eigenem Ermessen – und im Zweifel ablehnend. Denn die Aufnahme nach Inhalt oder Form mangelhafter Dokumente birgt für sie stets das Risiko, nicht den Interessen des Käufers gemäß zu handeln und in unangenehme Auseinandersetzungen mit diesem verwickelt zu werden.708 Häufig sollen Bankgarantien aber auch fehlende oder infolge Postverzögerung nicht rechtzeitig bei der zahlenden Bank eintreffende Dokumente ersetzen. Gehen sämtliche Dokumente auf dem Wege vom Begünstigten zur Bank verloren, ist allerdings im Allgemeinen kein Raum für eine Bankgarantie;709 der Erhalt der Dokumente ist für den Käufer von größter Wichtigkeit, weil er nur mithilfe der Papiere seinerseits über die Ware verfügen und sich in deren Besitz setzen kann. Eher schon werden Garantien akzeptiert, die lediglich das verspätete Eintreffen der Dokumente infolge einer vom Begünstigten nicht zu vertretenden Verzögerung des Postlaufs decken. Eine Rechtspflicht der zahlenden Bank, sich mit einer derartigen Garantie zu begnügen, besteht aber auch hier nicht, und im Zweifel wird auch in diesem Fall die Bank die Garantie nicht akzeptieren, sofern sie nicht positiv weiß, dass es dem Käufer gleichgültig ist, ob er die Dokumente entsprechend später erhält. Am ehesten werden Garantien noch für den Fall verwendet, dass bei getrennter Versendung der Dokumente – dabei handelt es sich meist um die Versendung der mehreren Ausfertigungen eines Konnossements – eine einzelne Ausfertigung auf dem Wege vom Begünstigten zur Bank verlorengeht.710 Die Bank wird als verpflichtet angesehen, eine akzeptable Bankgarantie, welche die für diesen Fall möglichen Risiken der aufnehmenden Bank abdeckt, anzunehmen.711

706 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 419. 707 Commentary on UCP 600 S. 74. 708 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 420; Nielsen Grundlagen, S. 149; ders. Richtlinien, Rdn. 204; Raith Das Recht des Dokumentenakkreditivs in den USA und in Deutschland, S. 150. 709 Vgl. dazu Rdn. 2/438. 710 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/679. 711 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 994.

242

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

b)

Zweiter Abschnitt

Zahlung unter Vorbehalt

Sind die vom Begünstigten angedienten Dokumente nicht in vollem Umfang 2/381 akkreditivgerecht, hält die Bank die Mängel jedoch für so unbedeutend, dass sie der Überzeugung ist, der Käufer (und die Akkreditivbank, wenn die zahlende Bank eine zweite eingeschaltete Bank ist) werde sie nicht beanstanden, findet sie sich in der Praxis häufig bereit, die Dokumente „unter Vorbehalt“ aufzunehmen und zu bezahlen. Dabei verknüpft sie die Zahlung mit der Bedingung, den ausgezahlten Betrag vom Begünstigten ohne weiteres zurückfordern zu können, wenn der Käufer (und/oder die Akkreditivbank) mit den Dokumenten wider Erwarten nicht einverstanden sein sollte.712 In den ERA 500 waren in Art. 14f entsprechende Regelungen zu einer Vorbehaltszahlung enthalten. Wie bereits zuvor erläutert (Rdn. 2/380), wurde in der Revision 2007 der Inhalt dieser Regelung nicht in die ERA übernommen. Dies ändert allerdings nichts daran, dass Banken auch weiterhin von der Möglichkeit der Zahlung unter Vorbehalt Gebrauch machen können und in der Praxis auch weiterhin tun. Es empfiehlt sich jedoch, den Inhalt der Vorbehaltsvereinbarung zwischen Zweitbank und Begünstigtem genau zu regeln. Zu unterscheiden ist der interne und der externe Vorbehalt. Der interne Vorbehalt betrifft, wenn zwei Banken eingeschaltet sind, allein das Verhältnis zwischen der unter Vorbehalt aufnehmenden Zahlstelle und dem – den Vorbehalt durch Entgegennahme der Zahlung stillschweigend akzeptierenden – Begünstigten; die Akkreditivbank ist in diesem Fall hieran im Verhältnis zum Begünstigten nicht beteiligt. Die eröffnende Bank muss eine Entscheidung treffen. Sie und/oder die Bestätigungsbank müssen aufgrund der von ihnen übernommenen Verpflichtung endgültig und unbedingt über die Aufnahme oder Zurückweisung der Dokumente entscheiden.713 Der Begünstigte hat, da er keine akkreditivgerechten Dokumente einreicht, die Bedingungen des Akkreditivs nicht erfüllt; somit ist die Zahlstellenbank, die eröffnende und/oder bestätigende Bank zur Zahlung an ihn nicht verpflichtet. Wenn sie sich dennoch zur Zahlung unter dem Akkreditiv bereit findet, weil ihr die Mängel der Dokumente als unwesentlich erscheinen, hat sie die Möglichkeit, mit ihrem Auftraggeber (dem Käufer) eine Abänderung des Akkreditivs zu vereinbaren in der Weise, dass die Bedingungen des Akkreditivs so modifiziert werden, dass die eingereichten Dokumente diese modifizierten Bedingungen in vollem Umfang erfüllen. Eine ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung der übrigen Akkreditivbeteiligten führt in rechtlicher Hinsicht zu der Konsequenz, dass die Bank zur Zahlung an den Begünstigten unter dem nunmehr geänderten

712 Vgl. dazu insbes. Eberth WM 1983, 1302 ff.; Slongo Die Zahlung unter Vorbehalt im Akkreditiv-Geschäft; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 422; Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch K/14. Nach Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 994, ergibt sich der Rückgewähranspruch aus § 812 BGB. 713 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/675; Eberth WM 1983, 1302, 1305; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 422.

243

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

Akkreditiv verpflichtet ist, weil der Begünstigte für dieses geänderte Akkreditiv ordnungsgemäße Dokumente eingereicht hat. Ihre Zahlungsverpflichtung hat die Bank bereits durch Auszahlung des Akkreditivbetrages an den Begünstigten erfüllt; der bei der Zahlung ausgesprochene Vorbehalt erledigt sich. Die vereinbarte Akkreditivänderung ist nur wirksam, wenn ihr – außer dem Käufer als Auftraggeber – eröffnende Bank, Begünstigter und gegebenenfalls die bestätigende Bank zustimmen (Art. 10a ERA). Die Zustimmung kann entweder ausdrücklich oder – was in der Praxis häufig vorkommt – stillschweigend714 gegeben werden. Die stillschweigende Zustimmung gilt als erteilt, wenn der Käufer (gegenüber der Akkreditivbank) oder die Akkreditivbank (gegenüber der Zweitbank) die Dokumente nach tatsächlichem Eingang nicht unverzüglich beanstandet und die in Art. 8c ERA niedergelegten Pflichten erfüllt. Will man stillschweigende Zustimmung in der Unterlassung einer unverzüglichen Beanstandung annehmen, ist eine gewisse Vorsicht geboten, weil mit der Möglichkeit eines Verlustes oder einer verspäteten Ankunft der Dokumentensendung gerechnet werden muss; zumindest die Zustimmung des Auftraggebers sollte ausdrücklich erfolgen. Daher empfiehlt es sich, Vorbehalte – insbesondere von zwischengeschalteten Zweitbanken –, auch wenn der Kunde drängt, nicht vorschnell aufzuheben. Es ist sicherer, so lange zuzuwarten, bis die Gewissheit gegeben ist, dass die Dokumente effektiv angekommen und angenommen worden sind und nicht gemäß Art. 16c ERA zurückgewiesen werden. Hat die Akkreditivbank nach effektivem Erhalt der Dokumente vorbehaltlos gezahlt oder nicht unverzüglich ihre Beanstandung geltend gemacht, kann sie nicht später auf einen von der Zweitbank gegenüber dem Begünstigten gemachten Vorbehalt zurückkommen. Denn von diesem hat sie nicht zwingend Kenntnis, da – wie auch der Wortlaut des Art. 14f ERA 500 zeigte –, die Zweitbank nicht verpflichtet ist, die eröffnende und/oder bestätigende Bank auf die Dokumentenmängel hinzuweisen. Es besteht auch keine ungeschriebene Verpflichtung zu einer entsprechenden Information.715 Eine Offenlegung erfolgt jedoch dann, wenn eine förmliche Akkreditivänderung, die letztlich zu einer Zahlungsermächtigung der Zahlstellenbank führt, angestrebt wird (externer Vorbehalt). 2/382 Wenn eine Zahlstellenbank nicht akkreditivgerechte Dokumente unter Vorbehalt

aufgenommen hat, sendet sie diese unter Aufführung der Unstimmigkeiten, sofern von ihr die Abänderung des Akkreditivs angestrebt und daher der Vorbehalt offen gelegt wird, an die Akkreditivbank, worauf diese die oben (Rdn. 2/375 ff.) beschriebenen Möglichkeiten hat. Negoziierende oder durchleitende Banken geben in geeigneten Fällen gegenüber der Akkreditivbank folgenden Hinweis: „Wir bitten Sie, von den Dokumenten nur gegen Zahlung des Gegenwerts Gebrauch zu machen“, wodurch die Dokumentenübersendung den Charakter einer Überlassung zu treuen Händen gewinnt.

714 Slongo Die Zahlung unter Vorbehalt im Akkreditiv-Geschäft, S. 233; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 422. 715 Case Studies on Documentary Credits, ICC-Publ Nr. 459 S. 58, Case 56: Disclosure of discrepancies.

244

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

Wird die Zustimmung zur Änderung des Akkreditivs von einem der übrigen Akkreditivbeteiligten verweigert, bleibt es beim ursprünglichen Akkreditiv. Dessen Bedingungen hat der Begünstigte jedoch nicht erfüllt, so dass er gegen die Bank keinen Zahlungsanspruch besaß. Die „Zahlung unter Vorbehalt“ ist demnach auf eine Nichtschuld erfolgt. Dies löst im Gegensatz zu anderen Fällen keinen Anspruch der Bank gegen den Begünstigten aus ungerechtfertigter Bereicherung aus (Rdn. 2/377), sondern einen vertraglichen Rückzahlungsanspruch: In der Zahlung unter Vorbehalt und deren Annahme liegt nicht nur die Abrede, im Falle des externen Vorbehalts eine Akkreditivänderung anzustreben bzw. im Falle des internen Vorbehalts, die Entscheidung der Akkreditiv- und/oder Bestätigungsbank abzuwarten, sondern zugleich die Vereinbarung, dass der Akkreditivbetrag als Schuld zurückgezahlt werden muss, wenn die Akkreditivänderung von einem der übrigen Beteiligten nicht gutgeheißen wird. Die Dokumente sind dem Begünstigten Zug zum Zug gegen Rückzahlung des Akkreditivbetrages wieder zur Verfügung zu stellen.716 Aus diesen Überlegungen folgt: Der Begünstigte hat gegen die Bank keinen Anspruch auf Zahlung unter Vorbehalt, da die Bank nicht verpflichtet ist, mit dem Begünstigten eine Abänderung des Akkreditivs zu vereinbaren. Umgekehrt ist aber der Begünstigte auch nicht verpflichtet, eine Zahlung unter Vorbehalt anzunehmen; insbesondere kann er sich dann weigern, wenn er die Beanstandungen der Bank für unbegründet erachtet. Er kann auch Klage auf vorbehaltlose Zahlung der Akkreditivsumme erheben.717 Aufgrund des damit verbundenen Zeit- und Kostenaufwandes wird häufig zwischen dem Begünstigten und der Zahlstellenbank eine einvernehmliche Lösung erzielt. Wenn die Bank unter Vorbehalt zahlt, bevorschusst sie die Dokumente, was einer Kreditgewährung an den Begünstigten gleichkommt. Die Bank wird daher diese Art der Zahlung in erster Linie unter Kreditgesichtspunkten betrachten müssen und sie ablehnen, wenn das Standing des Begünstigten eine Kreditgewährung nicht zulässt. Kommt es zur Vorbehaltsvereinbarung wird der Begünstigte regelmäßig verpflichtet werden, den gewährten Vorschuss einschließlich Zinsen und Kosten auf erstes Anfordern zurückzuzahlen, wenn die Dokumente von der eröffnenden und/oder bestätigenden Bank beanstandet werden. Die Zahlung unter Vorbehalt sollte jedoch nur dann genutzt werden, wenn berechtigte Aussicht darauf besteht, dass der Akkreditivauftraggeber trotz der festgestellten Mängel Interesse an der Durchführung des Akkreditivgeschäfts und der diesem zugrunde liegenden Lieferung und/oder Leistung hat.718

716 S. hierzu Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 423 f.; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/676. 717 Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/117; Liesecke WM 1976, 258, 263; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/675; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 423. 718 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/675.

245

Zweiter Abschnitt

c)

Dokumentenakkreditiv

Einzug des Dokumentengegenwerts durch Inkasso

2/383 Die benannte Bank kann schließlich die Aufnahme der Dokumente unter dem

Akkreditiv verweigern, gleichzeitig aber einen Inkassoauftrag vonseiten des Begünstigten übernehmen und dann die Dokumente dem Käufer zum Inkasso vorlegen, für das dann die Einheitlichen Richtlinien für Inkassi (vgl. Rdn. 3/5) gelten. Das Akkreditiv würde sich damit von selbst erledigen und erlöschen. Weder für den Begünstigten noch für die benannte Bank besteht eine Pflicht zu einem Ausweichen auf einen Inkassoauftrag; diese Lösung kommt nur in Betracht, wenn beide Seiten sie von sich aus wünschen.719 Bei dieser Handhabung wird die Bank rechtlich von einem Sachwalter des Käufers zu einem Sachwalter des Verkäufers, was optisch zunächst störend erscheinen mag, aber doch meist den Interessen aller Beteiligten, einschließlich des Käufers, am besten dient und deshalb in der Regel unbedenklich ist. Einen Anspruch auf Zahlung gegen die Bank hat der Begünstigte erst dann, wenn das Inkasso mit Erfolg durchgeführt ist. Die Bank kann jedoch die Inkassopapiere bevorschussen; das ist dann eine durch die Inkassopapiere gesicherte Kreditgewährung. Verweigert der Käufer die Bezahlung, muss sich der Begünstigte selbst mit ihm auseinander setzen; er hat keinen Anspruch auf Zahlung des Inkassobetrages gegen die Bank, denn der Inkassoauftrag ist ein Dienstvertrag nach §§ 611 ff. BGB, der eine Geschäftsbesorgung (§ 675 BGB) zum Inhalt hat und im Rahmen dessen die Bank nur ihre Tätigkeit, nicht aber einen Erfolg schuldet. Die hier unter rechtlichen Gesichtspunkten vorgenommene scharfe Trennung zwischen „Zahlung unter Vorbehalt“ und „Inkasso“ lässt sich in der Praxis zuweilen nicht mit gleicher Präzision durchführen. Beide Ersatzlösungen vermischen sich je nach dem Standpunkt der Beteiligten im Akkreditivvorgang,720 wobei die rechtliche Trennung noch dadurch erschwert wird, dass die Beteiligten insoweit keine besonderen Überlegungen anstellen, sondern unter praktischen Aspekten versuchen, das defekte Akkreditivgeschäft vernünftig abzuwickeln. Reicht z.B. der Begünstigte bei der Zahlstelle mangelhafte Dokumente ein, ist diese eventuell nur bereit, die Einlösung der Dokumente auf dem Wege des Inkasso vorzunehmen, womit der Begünstigte auch einverstanden sein mag. Sie übersendet der Akkreditivbank die Dokumente unter Hinweis auf die festgestellten Mängel, aber nach Möglichkeit nicht ausdrücklich als gesonderten Inkassovorgang, sondern unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Akkreditiv. Die Akkreditivbank ihrerseits schafft der Zahlstellenbank den Akkreditivgegenwert an, nachdem sie sich zuvor der Zustimmung des Käufers vergewissert hat. Umgekehrt mag die Zahlstellenbank unter Vorbehalt auf das Akkreditiv Zahlung leisten, die Akkreditivbank im Hinblick auf die Mängel der Dokumente aber nur bereit sein, dem Käufer die Dokumente als Inkasso vorzulegen. Ausdrückliche Vereinbarungen über diese oder jene Art der Abwicklung fehlen meist völlig, was aber in der Praxis dennoch kaum zu Schwierigkeiten führt: Lehnt der Käufer als letztes Glied der Kette die mangelhaften Doku-

719 BGH WM 1958, 222, 224. 720 Slongo Die Zahlung unter Vorbehalt im Akkreditiv-Geschäft, S. 188.

246

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

mente ab, ergibt sich sowohl beim Inkasso als auch bei der Zahlung unter Vorbehalt, dass der Begünstigte den eventuell an ihn ausgezahlten Betrag, den er in beiden Fällen nur vorschussweise erhalten hat, zurückerstatten muss.

d)

Rückfragen beim Käufer

In der Praxis hält eine eröffnende Bank häufig Rückfrage bei ihrem Auftraggeber, 2/384 ehe sie fehlerhafte oder unvollständige Dokumente zurückweist (Art. 16b ERA).721 Es ist – insbesondere bei geringfügigen Mängeln – durchaus denkbar, dass der Käufer die Dokumente trotz der Mängel unter dem Akkreditiv aufgenommen zu sehen wünscht. Die Bank ist zu einer solchen Rückfrage nicht verpflichtet, auch wenn sie technisch dazu in der Lage wäre. Eine Pflicht, beim Auftraggeber Rücksprache zu nehmen besteht auch dann nicht, wenn bestätigende Bank oder benannte Zweitbank dies verlangen.722 Unter Akkreditivgesichtspunkten bestehen gegen eine solche Rückfrage keine Bedenken. Ob dies auch mit Rücksicht auf ein etwa vorhandenes Kreditengagement gilt, ist von der Bank gesondert zu entscheiden. Hat die Bank eine Rückfrage an den Käufer gerichtet, liegt darin diesem gegenüber von vornherein die Erklärung ihrer Bereitwilligkeit, die Dokumente zu honorieren, wenn der Käufer zustimmt. Hat die Bank aber etwa aus Kreditgesichtspunkten eigene Wünsche in der Angelegenheit, müsste sie dies spätestens bei der Rückfrage dem Käufer gegenüber zum Ausdruck bringen. Der Käufer ist nicht berechtigt, die Bank (z.B. auf Veranlassung des zurückgewiesenen Begünstigten) einseitig im Rahmen seiner vertraglichen Weisungsbefugnis zur Aufnahme fehlerhafter Dokumente anzuweisen. Vielmehr ist die Zustimmung der Bank erforderlich, da dem Auftraggeber eine Weisungsbefugnis nur im Rahmen des bereits bestehenden Vertrages zusteht. Es würde aber eine Änderung des Vertragsinhalts bedeuten, wenn der Käufer die Bank unter Abweichung von dem ursprünglichen Akkreditiv anwiese, Dokumente aufzunehmen, die sich inhaltlich von den ursprünglich geforderten unterscheiden und zu deren Aufnahme sich die Bank infolgedessen nicht verpflichtet hat. Die Aufnahme nicht akkreditivgerechter Dokumente durch die Bank im Einvernehmen sämtlicher Beteiligter stellt immer eine Akkreditivänderung dar, zu deren Wirksamkeit eben auch die Zustimmung der Bank erforderlich ist (Art. 10a ERA). Wenn die Bank keinerlei eigene Interessen an der Ordnungsmäßigkeit der Dokumente hat, d.h. wenn zu Kreditüberlegungen kein Anlass besteht, kann möglicherweise je nach Lage des Einzelfalles ihre Weigerung, der Aufnahme nicht akkreditivgerechter Dokumente zuzustimmen, eine unzulässige Rechtsausübung gegenüber ihrem Auftraggeber darstellen, zu der sie nach § 242 BGB nicht berechtigt ist. Aus der in der Rückfrage beim Käufer liegenden Bereitschaftserklärung der Bank gegenüber diesem kann der Begünstigte noch keine Rechte für sich selbst ableiten;

721 von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 237. 722 Commentary on UCP 600 S. 72; Nielsen Uniform Customs, TransportR 2008, 278.

247

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

ihm gegenüber ist die Bank erst dann zur Aufnahme der nicht ordnungsgemäßen Dokumente verpflichtet, wenn sie ihm (aufgrund der Zustimmung des Käufers) ihre Bereitwilligkeit zur Aufnahme erklärt hat. Diese Entscheidung hat sie in jedem Fall eigenverantwortlich zu treffen.723 Die Prüfzeit von fünf Arbeitstagen gemäß Art. 14b ERA verlängert sich nicht dadurch, dass die eröffnende Bank von der Möglichkeit der Rücksprache beim Auftraggeber Gebrauch macht, Art. 16b Satz 2 ERA).

F.

Auszahlung des Akkreditivbetrags; Leistung bzw. Einholung des versprochenen Akzepts; Aufrechnung

1.

Leistung der Akkreditivsumme durch Honorieren, d.h. Sichtzahlung, hinausgeschobene Zahlung, Akzeptleistung oder durch Negoziierung

2/385 Hält die Bank die Dokumente nach pflichtgemäßer Prüfung für ordnungsgemäß,

muss sie den Akkreditivbetrag an den Begünstigten zahlen oder das in der Akkreditiveröffnung versprochene Wechselakzept leisten bzw. Nachsichttratten auf die im Akkreditiv vorgeschriebene Bank ziehen. Nach Art. 7a (iv) und Art. 8a (i) (d) ERA haftet die eröffnende Bank bzw. die bestätigende Bank auch für die spätere Einlösung des Akzepts; ihre Haftung endet also nicht schon mit der Einholung des Akzepts, sondern erst mit der Einlösung des Wechsels. Durch Hinterlegung kann die Bank sich nicht von ihrer Zahlungspflicht befreien.724 Bei Akkreditiven mit Barzahlung wird im Normalfall unverzüglich nach Aufnahme der Dokumente gezahlt; man kann dann von Sichtakkreditiven sprechen.725 Der Zahlungszeitpunkt kann ausnahmsweise aber auch früher oder später liegen. Zahlt die benannte oder eröffnende Bank, bevor sie die Dokumente aufgenommen hat, handelt es sich um eine Kreditgewährung an den Begünstigten. Erfolgt dagegen die Zahlung der Bank vereinbarungsgemäß erst innerhalb einer gewissen Frist – oder auch in Teilbeträgen zu mehreren Terminen – nach Dokumentenaufnahme liegt ein Akkreditiv mit hinausgeschobener Zahlung (deferred payment credit) vor (Art. 7a (iii) und 8a (i) (c) ERA). In einem derartigen Fall ist die Zahlstelle regelmäßig – jedenfalls nach deutscher Rechtsauffassung – nicht schon vor Fristablauf zur Zahlung berechtigt (vorfristige Zahlung, Rdn. 2/123); es liegt in diesem Fall nach bislang überwiegender Auffassung eine kreditweise erfolgende Bevorschussung des Begünstigten vor.726

723 Nielsen Richtlinien, Rdn. 190 f. 724 OLG Frankfurt NJW-RR 1988, 681, 682. 725 Vgl. z.B. Nielsen Aktuelle Rechtsfragen zum Dokumenten-Akkreditiv, S. 31; ders. in: BuB, Rdn. 5/566. 726 BGH WM 1987, 977 ff.; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rnd. 62 ff. m.w. Hinweisen aus der Rechtsprechung; Kessler in: Blesch/Lange Bankgeschäfte, Rdn. 644 ff.; Nielsen Richtlinien, Rdn. 82 m.w.N.

248

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

Mit Art. 12b ERA liegt nunmehr erstmals eine Regelung vor, die sich mit der 2/386 Bevorschussung eines Akkreditivs mit hinausgeschobener Zahlung und eines Akzeptierungsakkreditivs befasst. Hintergrund der Regelung war, dass zuvor wiederholt die Frage aufgeworfen wurde und von Gerichten beantwortet werden musste, ob die eröffnende Bank bei Fälligkeit Zahlung verweigern konnte, wenn die benannte Bank das Akkreditiv bevorschusst hatte.727 Dies wurde insbesondere dann relevant, wenn zwischen Bevorschussung und Fälligkeit des Akkreditivs Beweismittel auftauchten, die einen offensichtlichen Rechtsmissbrauch belegten. Im Kern ging es folglich um die Frage, ob sich die eröffnende Bank bzw. der Auftraggeber auf eine Zahlungsverweigerung wegen Rechtsmissbrauchs (Rdn. 2/418) berufen kann, wenn die benannte Bank bereits in Vorlage getreten ist; kurz gesagt um die Frage, wer trägt das Risiko des Rechtsmissbrauchs. Der BGH hat wie bereits erläutert diese Frage dahingehend entschieden, dass die benannte Bank bei einer Bevorschussung auf eigenes Risiko handelt.728 Ähnlich sah dies der englische Court of Appeal im Fall Banco Santander SA vs. Banque Paribas, der im Falle der Bevorschussung eines Akkreditivs mit hinausgeschobener Zahlung und einer damit verbundenen Abtretung des Akkreditiverlöses an die bevorschussende Bank entschied, dass die bevorschussende Bank keine bessere Rechtsposition einnehmen könne als der Begünstigte, so dass sie sich den (nachgewiesenen) Betrug entgegenhalten lassen müsse. Die Bevorschussung erfolgte auf ihr eigenes Risiko hin.729 Diese weit beachtete Entscheidung rief in Bankenkreisen große Verunsicherung hervor. Unter anderem vor dem Hintergrund dieser und vergleichbarer Entscheidungen wurde Art. 12b ERA eingeführt.730 In Art. 12b ERA heißt es, dass die eröffnende Bank durch die Benennung einer anderen Bank diese ermächtigt, „ihr Akzept oder ihre eingegangene Verpflichtung zur hinausgeschobenen Zahlung im Voraus zu zahlen oder anzukaufen“. In Art. 7c und Art. 8c ERA wird in diesem Zusammenhang festgehalten, dass die eröffnende Bank erst bei Fälligkeit zahlen muss, und zwar unabhängig davon, ob die benannte Bank das Akkreditiv bevorschusst hat. Es wird zudem geregelt, dass die Verpflichtung der eröffnenden Bank gegenüber der benannten Bank als eine von der gegenüber dem Begünstigten unabhängige Verpflichtung besteht. Ob damit die rechtlichen Fragen, die sich mit der Bevorschussung eines derartigen Akkreditivs unter den ERA 500 ergeben haben, tatsächlich – wie die Drafting Group meint –731 beantwortet wurden, darf bezweifelt werden. Es ist bereits nicht klar, welchen Inhalt die neue Regelung konkret umfasst, bzw. 2/387 was durch diese Regelung genau bezweckt werden sollte. Die neuen Regelungen

727 Commentary on UCP 600 S. 53 f.; Kessler in: Blesch/Lange Bankgeschäfte, Rdn. 645. 728 Vgl. FN 726. 729 Vgl. ICC-Publ. Nr. 658 S.35. 730 Commentary on UCP 600 S. 53 ohne konkrete Nennung der Gerichtsentscheide. 731 Commentary on UCP 600 S. 53 („responds to legal questions raised as to whether UCP 500 or international standard banking practice supports discounting of such obligations.“).

249

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

befassen sich jedenfalls nicht ausdrücklich mit der Risikoverteilung im Falle einer rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme. In den Erläuterung der Drafting Group findet sich ebenfalls kein eindeutiger Hinweis auf das Rechtsmissbrauchsrisiko, andererseits die durchaus nachdenkliche Frage, ob überhaupt eine Mehrheit in der Bankenkommission für die Einführung einer entsprechenden Regelung hinsichtlich einer Bevorschussung bestand.732 Denkbar wäre daher auch, dass durch diese Regelung nur klargestellt werden sollte, dass eine „vorzeitige Erfüllung“ (auf Risiko der benannten Bank) keinen Verstoß gegen die Akkreditivbedingungen eines Akkreditivs mit hinausgeschobener Zahlung bzw. eines Akzeptakkreditivs darstellt, so dass dieser Umstand für sich genommen, nicht den Remboursanspruch gegen die eröffnende Bank gefährdet; eine Frage, die ebenfalls im Umfeld der Banco Santander Entscheidung aufkam. Über das Risiko des Rechtsmissbrauchs wäre hierdurch dann noch keine Aussage getroffen. Die überwiegende Mehrzahl der Stimmen in der Literatur gehen allerdings davon aus, dass durch diese Vorschrift das Rechtsmissbrauchsrisiko geregelt werden sollte, so dass Gerichte im Falle einer Bevorschussung eines Akkreditivs mit hinausgeschobener Zahlung nunmehr anders entscheiden werden, (oder zumindest eine derartige Tendenz sich entwickeln wird).733 Wirklich eindeutig ist dies nach hier vertretener Ansicht jedoch nicht, zumal das Risiko des Rechtsmissbrauchs gerade ein klassisches Beispiel eines Bereichs ist, der von dem jeweiligen nationalen Recht regiert wird (Vgl. Rdn. 1/38) und nicht durch die ERA abschließend geregelt werden kann. Regelungen zum Rechtsmissbrauch finden sich auch im Übrigen nicht in den ERA. 2/388 Folgt man der Auffassung, dass durch die in Rede stehende Regelung das Risko

einer rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme in dem Sinne geregelt werden sollte, dass das diesbezügliche Risiko von der benannten Bank auf die eröffnende Bank, und damit faktisch auf den Auftraggeber, verlagert werden sollte, so ist nach hier vertretener Auffassung höchst fraglich, ob dies nach deutschem Recht überhaupt wirksam in dieser Form geregelt werden kann. Bei der Beziehung zwischen dem Auftraggeber und der eröffnenden Bank handelt es sich um einen Werkvertrag, welcher auf eine Geschäftsbesorgung gerichtet ist.734 Die eröffnende Bank muss sich strikt an den erteilten Auftrag halten, um nicht ihren Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen zu riskieren.735 Der Auftrag zur Eröffnung eines Akkreditivs mit hinausgeschobener Zahlung oder eines Akzeptierungsakkreditivs stellt aus Sicht des Auftraggebers wirtschaftlich eine Stundung des

732 Commentary on UCP 600 S. 7 u. S. 53. 733 Barnes UCP 600 and bank responsibility for fraud, DCInsight, Vol. 13 No. 1 S. 5 ff.; Dolan Negotiation credits under UCP 600, DCInsight, Vol. 13, No. 1 S. 4 f.; Collyer Exclusions, interpretations and the future of the UCP, DCInsight, Vol. 14, No. 2 S. 3; Nielsen Richtlinien, Rdn. 80 ff.; Holzwarth IHR 2007, 136, 141 f.; Kessler in: Blesch/Lange Bankgeschäfte, Rdn. 652 ff. m.w.N. 734 Vgl. Rdn. 2/36 u. Rdn. 2/43. 735 Vgl. BGH WM 1984, 1443; Kessler in: Blesch/Lange Bankgeschäfte, Rdn. 657; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 85 ff.

250

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

Kaufpreises dar. Es kann verschiedene Gründe für den Auftraggeber geben, die Fälligkeit des Kaufpreises so weit wie möglich nach hinten zu schieben. Womöglich will er sich durch ein Hinausschieben der Zahlung bis zu einem Zeitpunkt, an dem er die Ware bereits überprüfen konnte, gerade gegen ein betrügerisches Verhalten seines Vertragspartners absichern und sich Reaktionsmöglichkeiten bewahren. In jedem Falle geht sein Auftrag jedoch dahin, dass eine Zahlung unter dem Akkreditiv erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen soll. An diese Weisung ist die eröffnende Bank nach dem Grundsatz der Auftragsstrenge gebunden. Ob beabsichtigt oder nicht, wird durch die hinausgeschobene Zahlung dem Auftraggeber bzw. der eröffnenden Bank die Möglichkeit gegeben, die Zahlung zu verweigern, wenn zwischen Dokumentenaufnahme und Fälligkeit Beweise für einen offensichtlichen Rechtsmissbrauch auftauchen. Durch den Ausschluss der Möglichkeit, in derartigen Fällen wegen einer rechtsmissbräuchlicher Inanspruchnahme die Zahlung zu verweigern, würde aus Sicht des Auftraggebers ein Nachsichtakkreditiv de facto in ein Sichtakkreditiv umgewandelt, was mit dem Prinzip der Auftragstrenge nicht vereinbar wäre, so dass nach hier vertretener Ansicht von der Unwirksamkeit der vorgenannten Regelungen auszugehen ist.736 Da Art. 12b ERA zudem nur von der Ermächtigung der nominierten Bank spricht, wäre der Auftraggeber letztlich von einer rein im Ermessen der nominierten Bank liegenden Entscheidung, ob diese das Akkreditiv bevorschusst oder nicht, abhängig. Zu dieser unterhält der Auftraggeber allerdings keine Rechtsbeziehung und hat auch im Übrigen keinen Einfluss auf sie. Auch dies wird von seinem Auftrag letztlich nicht gedeckt. Folgt man der Auffassung, dass die ERA als AGB zu klassifizieren sind (Vgl. Rdn. 1/13 ff.), so bestünden aus den genannten Gründen Zweifel, ob die neuen Regeln nicht überraschend i.S.d. § 305c BGB sind und zu einer unangemessenen Benachteiligung i.S.d. § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB führen, und daher unwirksam sind.737 Die vorstehend näher erläuterten rechtlichen Unsicherheiten gelten nach hier vertretener Auffassung nicht nur für Akkreditive mit hinausgeschobener Zahlung, sondern auch für Akzeptierungsakkreditive. Zwar könnte man bei diesen argumentieren, die betreffende Bank habe wegen der wechselrechtlichen Verpflichtung nach Erteilung ihres Akzepts ohnehin keine Möglichkeit mehr, die Zahlung bei Fälligkeit wegen eines zwischenzeitlich nachgewiesenen Rechtsmissbrauchs zu verweigern. Diese Frage richtet sich jedoch nach dem jeweils einschlägigen nationalen Wechselrecht und kann daher nicht allgemein gültig beantwortet werden. Zudem ist die Rechtslage in den – in der Praxis am häufigsten – Fällen, in denen die betreffende Bank ihr eigenes Akzept ankauft, nicht geklärt.738 Als Folge der vermeintlichen Verlagerung des Rechtsmissbrauchsrisikos auf die 2/389 eröffnende Bank bzw. der Unsicherheiten, die die Neuregelung mit sich bringt,

736 So auch Nielsen Richtlinien, Rdn. 81; ders. Uniform Customs, TranspR 2008, 269, 270; ebenfalls kritisch, aber zurückhaltender Holzwarth IHR 2007, 136, 142. 737 In diesem Sinne: Kessler in: Blesch/Lange Bankgeschäfte, Rdn. 661. 738 So auch Nielsen Richtlinien, Rdn. 83.

251

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

sind zahlreiche Banken dazu übergegangen, Art.12b ERA generell auszuschließen oder in den Akkreditivbedingungen eine Bevorschussung ausdrücklich zu untersagen. Dies wird auch in der Literatur durchaus empfohlen.739 Findet man entsprechende Ausschlussklauseln vor, dann ist aber streng genommen auch fraglich, ob – wie vertreten wird –,740 dadurch lediglich die Rechtslage, wie sie unter den ERA 500 bestand, wiederhergestellt wird, d.h. eine Bevorschussung auf eigenes Risiko der benannten Bank, das sich letztlich nur im Falle eines Rechtsmissbrauchs verwirklichen kann, weiterhin zulässig ist. Unter den ERA 500 gab es nämlich keine ausdrückliche Regelung für den Fall einer Bevorschussung. Nunmehr gibt es eine Regelung, die unabhängig von oben erwähnten Unklarheiten zumindest regelt, dass Vorfinanzierungen zulässig sind, folglich keinen Verstoß gegen die Bedingungen des Akkreditivs darstellen. Wird diese ausdrückliche Regelung nun gestrichen, kann darin auch der bewusste Ausschluss dieser Möglichkeit durch die eröffnende Bank gesehen werden. Ein Ausschluss der entsprechenden Regelungen wäre dann ähnlich zu werten, wie eine ausdrückliche Untersagung im Text des Akkreditivs, eine Bevorschussung vorzunehmen. Für die benannte Bank könnte daher hierin der Hinweis der eröffnenden Bank zu sehen sein, dass diese bei Fälligkeit nicht Zahlung leisten wird, wenn trotz des Ausschlusses der entsprechenden Regelungen vorzeitig gezahlt wird, weil dies als ein Verstoß gegen die Akkreditivbedingungen angesehen würde. Auch wenn dies auf den ersten Blick keine zwingende Auslegung zu sein scheint, liegt hierin ein weiteres Potenzial für Unsicherheiten. Es ist daher zu empfehlen, mit dem Auftraggeber die möglichen Rechtsfolgen der neuen Regelungen durchzusprechen, sich diesbezüglich eindeutige Weisungen des Auftraggebers einzuholen und möglichst durch klare Regelungen im Akkreditiv selbst festzulegen, welche Rechtsfolgen bei einer eventuellen Bevorschussung gewünscht sind und welche nicht. 2/390 Kommt man nach den vorstehenden Überlegungen zu dem Ergebnis, dass die Re-

gelung des Art. 12b das Rechtsmissbrauchsrisiko jedenfalls nicht wirksam auf die eröffnende Bank verlagern kann oder dass ein Ausschluss des Art. 12b ERA im Ergebnis den Zustand, wie er unter den ERA 500 vorlag, wiederherstellt, so sind die bisherigen Überlegungen zu einer Bevorschussung eines Akkreditivs mit hinausgeschobener Zahlung, weiterhin gültig. Eine Bevorschussung bleibt – auf eigenes Risiko der benannten Bank – möglich. Die Bevorschussung stellt für die Zweitbank – Zuverlässigkeit und Lieferfähigkeit des Begünstigten vorausgesetzt – dann kein Risiko dar, wenn sie das Akkreditiv bestätigt hat. In diesem Fall

739 Nielsen Richtlinien, Rdn. 83 mit der Alternative der ausdrücklichen Zustimmung des Auftraggebers zu den in Rede stehenden Regelungen; Kessler in: Blesch/Lange Bankgeschäfte, Rdn. 670 mit der Empfehlung, den Auftraggeber auf die Regelungen zur Bevorschussung anzusprechen und ausdrücklich zu fragen, ob ein Ausschluss gewünscht ist. Kritisch zum Ausschluss allgemein: Andrle Excluding articles: a troublesome trend, DCInsight, 2008, Vol. 14, No. 1 S. 4; Kritisch, da sich angeblich nur schwer eine Bank finden wird, die als benannte Bank zu handeln bereit ist: Keller Exclusion Clauses, DCInsight, 2008, Vol. 14, No. 2 S. 6. 740 Collyer Exclusions, interpretations and the future of the UCP, DCInsight, Vol. 14 No. 2 S. 3.

252

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

bevorschusst die Bestätigungsbank ihre eigene Verpflichtung gegenüber dem Begünstigten.741 Die Rückführung des Vorschusses erfolgt bei der Einreichung ordnungsgemäßer Dokumente durch eine Verrechnung mit dem Akkreditivgegenwert. Bei Deferred-Payment-Akkreditiven muss die Bestätigungsbank jedoch in Rechnung stellen, dass eine Verrechnung daran scheitern kann, dass nach der Bevorschussung, aber vor Fälligkeit des Akkreditivs von der Eröffnungsbank bzw. von deren Auftraggeber liquide Beweismittel vorgelegt werden, die den Tatbestand des Rechtsmissbrauchs belegen.742 Die Auszahlung hat ohne Rücksicht auf inzwischen etwa eingetretene Wechselkursänderungen in derjenigen Währung zu erfolgen, in der das Akkreditiv eröffnet war. Auch wenn wegen zwingender Devisengesetze und Zahlungsabkommen die Auszahlung technisch in einer anderen Währung erfolgt, bleibt die Akkreditivwährung im Zeitpunkt der Zahlung der verbindliche Wertmesser; erforderlichenfalls hat die Akkreditivbank den Fehlbetrag nachzuschießen oder den Mehrbetrag einzubehalten. Wenn für derartige Nachschüsse die Devisengenehmigung verweigert wird, wie das in den Nachkriegsjahren sogar in europäischen Staaten mitunter der Fall war, ist dies theoretisch weder kaufmännisch noch wirtschaftlich oder rechtlich zu vertreten; praktisch müssen derartige Devisenbestimmungen aber beachtet werden, so dass je nachdem der Begünstigte oder der Käufer letztlich den Schaden hat. Wird die Auszahlung für die Bank unmöglich, verfällt das Akkreditiv insoweit unbenutzt. Diese Bank steht dem Begünstigten gegenüber nicht mehr im Obligo (Art. 36 ERA). Ob damit auch die andere am Akkreditiv beteiligte Bank ihrer Zahlungsverpflichtung ledig ist, lässt sich nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalles beurteilen. Bei einem Negoziierungsakkreditiv743 bei dem die Negoziierung allein bei Ankauf von Dokumenten ohne Vorlage von Tratten möglich ist (Art. 2 ERA), stellt sich die Frage, in welcher Höhe die negoziierende Bank bei der Negoziierung einen Zinsabschlag geltend machen kann.744 Für den Fall, dass die Dokumente kein Datum enthalten, berechnen die Banken üblicherweise einen Zinsabschlag ab dem Zeitpunkt, zu dem üblicherweise mit den Eintreffen der Akkreditivdeckung gerechnet werden kann. Umstritten ist bei einem unbestätigten Negoziierungsakkreditiv, das bei einer Zahlstelle benutzbar gestellt ist, ob die Zahlstelle verpflichtet ist, eine Negoziierung mit oder ohne Vorbehalt vorzunehmen.745 In der Praxis herrscht die Negoziierung unter Vorbehalt vor. Dies bedeutet für den Begünstigten, dass die Auszahlung eines Negoziierungsakkreditivs nur vorläufigen Charakter hat, da sowohl bei mangelnder Deckungsanschaffung als auch bei Zurückweisung der Dokumente durch die Akkreditivbank die erhaltene Leistung zurückgefordert werden kann.

741 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/682. 742 S. hierzu Rdn. 2/123 und die kontrovers geführte Debatte im Fall Banco Santander v. Banque Paribas, Documentary Credits INsight, 2000, Vol. 6, No. 3 S. 5 ff. 743 S.a. Rdn. 2/122. 744 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/568. 745 S. hierzu Nielsen Richtlinien, Rdn. 89 f. mit Hinweis auf ICC-Publ Nr. 371 S. 18.

253

Zweiter Abschnitt

2.

Dokumentenakkreditiv

Aufrechnung

2/391 Stehen zahlende Bank und Begünstigter außerhalb des Akkreditivverhältnisses

nicht in Geschäftsbeziehungen, ergeben sich hinsichtlich der Auszahlung des Akkreditivbetrages keine weiteren Probleme. Der Akkreditivbetrag wird dem Begünstigten in aller Regel nach seinen Wünschen auf ein Konto seiner Wahl überwiesen. Ist der Begünstigte dagegen Kunde der Bank, erhebt sich die Frage, inwieweit die sonstigen Beziehungen der Beteiligten die Auszahlung des Akkreditivgegenwertes beeinflussen können. In normalen Fällen wird der Betrag dem Kunden mit dessen Einverständnis auf dem laufenden Konto gutgeschrieben, gleichgültig, ob dies debitorisch oder kreditorisch ist. Es kann aber auch sein, dass dem Begünstigten – obwohl er bei der auszahlenden Bank im Debet steht – daran gelegen ist, den Akkreditivbetrag zur freien Verfügung ausgezahlt zu erhalten, etwa weil er seinerseits mithilfe des zu erwartenden Akkreditivbetrages seine Zulieferanten befriedigen muss. Die Frage, ob die Bank hier mit einer ihr gegen den Begünstigten zustehenden anderweitigen Forderung gegen die Forderung des Begünstigten aus dem Akkreditiv aufrechnen kann, dürfte zu verneinen sein;746 dies gilt auch für ihr vom Auftraggeber abgetretene Schadensersatzansprüche gegen den Begünstigten. Das Akkreditivgeschäft ist ein in sich geschlossenes Geschäft. Das Verhältnis zwischen Begünstigtem und Akkreditiv- oder Zahlstellenbank beruht nicht auf dem zwischen ihm und den Banken bestehenden allgemeinen Bankvertrag, aus dem die sonstigen Forderungen der Banken gegen ihn in der Regel resultieren, sondern auf dem Akkreditivauftrag des Käufers. Diesen Auftrag haben die Banken zu erfüllen, nicht aber eigene außerhalb des Akkreditivs liegende Interessen zu verfolgen. Das Akkreditiv soll dem Begünstigten die Gewähr dafür bieten, dass er den Gegenwert für seine Warenlieferung auch tatsächlich in die Hand bekommt. Vielleicht hat er auf das Akkreditiv einen Kredit von dritter Seite (Lieferant oder Bank) erhalten, deren Sicherheit in der Gewissheit besteht, dass der Akkreditivbetrag dem Begünstigten – oder dem Kreditgeber nach Abtretung des Zahlungsanspruches gegen die Akkreditivbank – zur freien Verfügung ausgezahlt werden wird. Dieser Sicherheitseffekt würde aber vereitelt, wenn die auszahlende Bank die Möglichkeit der Aufrechnung hätte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es häufig von Zufällen abhängt und dem Einfluss des Begünstigten entzogen ist, bei wel-

746 So der BGH in: BGHZ 60, 262, 264 = WM 1973, 483, 484, der die Aufrechnung nur für Ansprüche aus abgetretenem Recht des Akkreditivauftraggebers als ausgeschlossen ansieht; Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn. K/20; Angersbach Beiträge zum Institut des Dokumenten-Akkreditivs, S. 150; Schärrer Die Rechtsstellung des Begünstigten im DokumentenAkkreditiv, S. 112 f.; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. zu § 365 Rdn. 223; a.A. Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1009; Nielsen Aktuelle Rechtsfragen zum Dokumenten-Akkreditiv, S. 21; ders in: BuB, Rdn. 5/682; diff. Liesecke WM 1976, 258, 267; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 426; Hoeren/Florian Rdn. 130; Kerschner ÖBA 1989, 254, 265 f.; Heymann/Horn HGB, Anh. § 372 Rdn. VI/63; Ingelmann/Schmitt in: Handbuch der Akkreditive, S. 277, die die Aufrechnung zulassen wollen, wenn die Gegenforderungen liquide nachgewiesen werden können. Zur Garantie Rdn. 9/124.

254

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

cher Bank das Akkreditiv eröffnet und welche Bank von der Akkreditivbank als Zahlstelle ausgewählt wird. Steht der Begünstigte z.B. bei der letztgenannten Bank im Debet, würde diese allein durch den Zufall, dass sie Korrespondenzbank der Akkreditivbank ist, eine Aufrechnungsmöglichkeit gewinnen, die ihr eine günstige Rechtsposition gewährt, während der Begünstigte durch denselben Zufall seine Dispositionen gestört sähe. Im Akkreditivversprechen ist daher ein Aufrechnungsverzicht der Akkreditivbank gegenüber dem Begünstigten bezüglich solcher Forderungen zu sehen, die mit dem Akkreditiv nichts zu tun haben. Die Zahlstellenbank, die den Auftrag hat, den Akkreditivbetrag an den Begünstigten auszuzahlen, fungiert hinsichtlich dieses Betrages nur als Durchleitungsstelle und kann daher gleichfalls mit einer Forderung, die sie zufällig gegen den Begünstigten hat, nicht aufrechnen und die Auszahlung an diesen verweigern. Von selbst versteht sich allerdings, dass die Banken insoweit aufrechnen können, als ihre Forderungen gegen den Begünstigten das Akkreditiv selbst betreffen, z.B. wenn sie einen Vorschuss auf das Akkreditiv gewährt haben.747 Um bei der Auszahlung unliebsame Überraschungen auf beiden Seiten auszuschalten, sollte die Bank auf eine rechtzeitige Klärung des Zahlungsmodus bedacht sein. Bei gutem Willen und vertrauensvoller Zusammenarbeit zwischen Bank und Kunde dürfte sich stets ein Kompromiss finden lassen, der einerseits dem Wunsch der Bank, überfällige Kredite abgedeckt zu sehen, und andererseits dem Bedarf des Begünstigten nach liquiden Mitteln gerecht wird. Bei der Abwicklung des Akkreditivs unter Banken tauchen im Zusammenhang 2/392 mit der Frage der Aufrechnung ebenfalls Probleme auf. In der Praxis ereignet sich hin und wieder folgender Fall: Die (z.B. deutsche) Akkreditivbank eröffnet ein Akkreditiv zugunsten eines ausländischen Begünstigten und stellt es bei einer ihrer Korrespondenzbanken in dessen Lande zahlbar. Gegen diese Bank hat die Akkreditivbank aufgrund anderer Geschäfte eine fällige Forderung. Die Zahlstellenbank nimmt die Dokumente des Begünstigten auf und honoriert sie, schickt die Dokumente jedoch nicht unmittelbar an die Akkreditivbank weiter, sondern lässt sie von einer dritten Bank (z.B. über London) negoziieren. Diese reicht ihrerseits die Dokumente bei der Akkreditivbank ein und verlangt Auszahlung des Akkreditivbetrages. Der Sinn dieser Manipulation der Zahlstellenbank ist folgender: Normalerweise würde die Akkreditivbank der Zahlstellenbank den auf das Akkreditiv verauslagten Betrag auf dem bei ihr geführten – debitorischen – Konto gutschreiben und damit durch Einstellung in das Kontokorrent den Debetsaldo der Korrespondenzbank vermindern oder ausgleichen. Dies wird praktisch dadurch verhindert, dass die eingeschaltete Bank die Dokumente bei der Akkreditivbank einreicht und dies nur unter der Voraussetzung tut, dass ihr der volle Akkreditivgegenwert, den sie ihrerseits schon an die Zahlstellenbank vorschussweise ausgekehrt hat, bezahlt wird. Der Akkreditivbank soll dadurch die Möglich-

747 Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 223 a.E.; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/682.

255

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

keit genommen werden, mit der Akkreditivsumme den fälligen Debetsaldo der Korrespondenzbank auszugleichen. 2/393 Bei diesem – unter Banken wenig kooperativen – Verfahren wird die Frage akut,

ob die Akkreditivbank dem Zahlungsanspruch der einreichenden dritten Bank mit ihrer Altforderung gegen die Zahlstellenbank im Wege der Aufrechnung begegnen kann. Dies scheitert schon aus praktischen Gründen, weil die dritte Bank die Dokumente nur gegen volle Zahlung herzugeben bereit ist. Aber auch rechtlich dürfte hierfür keine Grundlage gegeben sein, da die dritte Bank „bona fide holder“ ist und aufgrund des Akkreditivs und mithilfe der in ihren Händen befindlichen Dokumente, unabhängig von den außerhalb des Akkreditivs liegenden Rechtsverhältnissen zwischen Akkreditiv- und Zahlstellenbank, Zahlung verlangen kann. Auch hier ist – wie im Verhältnis zwischen auszahlender Bank und Begünstigtem – das Akkreditiv von den sonstigen Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten rechtlich scharf zu trennen. Aus der Negoziierung der Dokumente durch eine dritte Bank kann sich eine weitere Gefahr für die Akkreditivbank ergeben. Hat sie nämlich dem Begünstigten im Hinblick auf das Akkreditiv einen Kredit gewährt und weiß die – in voller Höhe – negoziierende dritte Bank davon nichts, entsteht für die Akkreditivbank die missliche Situation, dass sie dieser den vollen Akkreditivbetrag auskehren muss, wenn sie die Dokumente von dieser Bank herausbekommen will. Wie sie den Vorschuss von dem Begünstigten wieder hereinholt, ist dann ihre Sache. Um diese nachteiligen Konsequenzen zu vermeiden, empfiehlt es sich, dass die Akkreditivbank, wenn die Gefahr derartiger unschöner Manipulationen besteht, geeignete Vorkehrungen trifft. Sie kann z.B. im Akkreditiv ausdrücklich vorschreiben, dass die Dokumente von der Zahlstellenbank nur direkt bei ihr eingereicht werden dürfen. Dabei empfiehlt es sich, eine etwa vorgesehene bona-fideholder-Klausel zu streichen. Außerdem sollte sie gegebenenfalls im Akkreditiv erwähnen, dass sie dem Begünstigten eine Anzahlung (Vorschuss) auf das Akkreditiv gewährt hat, um so den guten Glauben einer eventuell eingeschalteten dritten negoziierenden Bank zu zerstören.

G.

Einwendungen der Bank gegen den Zahlungsanspruch des Begünstigten

2/394 Grundsätzlich sind Akkreditive nach ihrem Wortlaut zu bedienen. Nur unter sehr

eng begrenzten Umständen ist die Bank berechtigt, trotz Einreichung akkreditivgerechter Dokumente die Auszahlung des Akkreditivbetrags zu verweigern. Aus der Natur des Akkreditivs als abstraktem Schuldversprechen mit dem Zweck, dem Begünstigten eine möglichst große Sicherheit für die Erlangung des Kaufpreises zu gewährleisten, folgt, dass die Bank dem Begünstigten weder Einwendungen aus dem Kaufvertrag zwischen Käufer und Begünstigtem noch aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen Käufer und Bank oder zwischen den beiden

256

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

Banken entgegenhalten kann.748 Dies entspricht allgemeiner Auffassung und kommt auch deutlich in den ERA zum Ausdruck (Art. 4 und Art. 5 ERA). Zulässig sind hingegen Gültigkeitseinwendungen, inhaltliche und unmittelbare Einwendungen aus dem Rechtsverhältnis zwischen Bank und Begünstigtem.749 Trotz der strengen Trennung von Akkreditivversprechen der Bank einerseits und 2/395 dem Warengeschäft andererseits sind jedoch Fälle denkbar, in denen die Bank berechtigt und verpflichtet ist,750 die Zahlung unter Berufung auf das Grundgeschäft zu verweigern. Ein solcher Fall ist gegeben, wenn sich das Zahlungsbegehren des Verkäufers als arglistig darstellt (Verbot des Rechtsmissbrauchs).751 Wie jeder Forderung kann auch einer Akkreditivforderung der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegengesetzt werden (Rdn. 2/418 ff.). Die ERA enthalten hierzu keine eigene Regelung.752 Im Grundsatz steht es aber außer Frage, dass die Bank bei rechtsmissbräuchlichem Verhalten des Begünstigten nicht zur Zahlung verpflichtet ist. Über die Einzelheiten herrscht allerdings in Rechtsprechung und Literatur nach wie vor Uneinigkeit. Bei der Feststellung, ob rechtsmissbräuchliches Verhalten gegeben ist, sind sehr strenge Maßstäbe anzulegen; Zweifel oder ein bloßer Verdacht seitens der Bank reichen hierfür nicht aus.753 Als einen Fall unzulässiger Rechtsausübung hat es der BGH angesehen,754 wenn der Verkäufer zur Vertragserfüllung offensichtlich ganz ungeeignete Ware geliefert hat; an den „offenbaren Wirtschaftsschädling“ brauche die Akkreditivbank nicht zu leisten. Den Einwand unzulässiger Rechtsausübung kann die Bank dem Verkäufer auch dann entgegensetzen, wenn er Zahlung von ihr verlangt, obwohl das Warengeschäft gesetzwidrig (z.B. unerlaubter Waffenhandel),755 sittenwidrig oder wenn es nur zum Schein abgeschlossen ist (z.B. um eine verbotene Kapitalausfuhr zu tarnen). Die Mithilfe bei der Abwicklung derartiger Geschäfte würde die Bank möglicherweise sogar der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung aussetzen.756

748 BGH WM 1955, 765, 767; BGHZ 28, 129, 130; Baumbach/Hopt HGB, (7) Bankgeschäfte Rdn. K/16 ff.; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 223; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1010, 1012; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 257; Heymann/ Horn HGB, Anh. § 372 Rdn. VI/64; Hoeren/Florian Rdn. 137. 749 Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 215; Hoeren/Florian Rdn. 137. 750 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1015 ff.; Aden RIW/AWD 1976, 678 ff.; Avancini/Iro/ Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/132 ff.; Hartmann Die Durchsetzbarkeit des Begünstigtenanspruchs im unwiderruflichen Dokumentenakkreditiv, S. 162 ff.; Shingleton/Wilmer RIW/AWD 1991, 793, 798; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 427. 751 BGH WM 1955, 765, 768; BGH ZIP 1987, 1038, 1041; Baumbach/Hopt (7) Bankgeschäfte Rdn K 20; Heymann/Horn HGB, Anh. § 372 Rdn. VI/97. Zum österreichischen Recht OGH ÖBA 1996, 64. 752 Krit. hierzu Längerich Documentary Credits INsight, 2000, Vol. 6, No. 3 S. 9. 753 Nielsen Aktuelle Fragen der Zahlungssicherung im Außenhandel, S. 67; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1016; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 428. 754 BGH WM 1955, 765, 768; vgl. a. BGH WM 1964, 223. 755 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1015; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 226. 756 Nielsen Aktuelle Fragen der Zahlungssicherung im Außenhandel, S. 68.

257

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

2/396 Fälle, in denen die Bank mit Erfolg den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung

geltend machen kann, sind praktisch außerordentlich selten. Primär ist davon auszugehen, dass der Bank die Berufung auf das Warengeschäft grundsätzlich versagt ist; eine Aufweichung dieses Grundsatzes würde die Funktionsfähigkeit des Akkreditivs gefährden. Mit Recht hat daher der BGH schon vor geraumer Zeit entschieden, dass die Bank dem Begünstigten im Rahmen des Akkreditivgeschäfts selbst dann keine Einwendungen aus dem Kaufvertrag entgegensetzen kann, wenn ihr der Käufer seine Ansprüche gegen den Begünstigten (Verkäufer) abgetreten hat.757 Bloße Qualitätsmängel oder Unvollständigkeit der Waren reichen für den Einwand des Rechtsmissbrauchs nicht aus.758 Die Bank würde vor unlösbare Bewertungsfragen, die allein das Valutaverhältnis zwischen Käufer und Verkäufer betreffen, gestellt. Demzufolge kann der bloße Verdacht nicht ordnungsgemäßer Erfüllung des Kaufvertrages erst recht nicht den Einwand des Rechtsmissbrauchs begründen.759 Erst eine Anderslieferung begründet den Einwand des Rechtsmissbrauchs.760 Aus dem Grundsatz, dass dem Begünstigten keine Einwendungen aus dem Verhältnis zwischen den beiden Banken entgegengesetzt werden können (Rdn. 2/171), folgt auch, dass sich die Bestätigungsbank nicht darauf berufen kann, sie könne von der Akkreditivbank, z.B. aufgrund von neuerlich erlassenen Devisenvorschriften, keine Deckung erhalten.761 Ferner ist auch eine Bestätigungsbank nicht berechtigt, sich durch Hinterlegung des Akkreditivbetrages gemäß §§ 372, 378 BGB von ihrer Zahlungspflicht zu befreien, wenn der Einwand des Rechtsmissbrauchs möglicherweise gegen die Forderung aus einem Dokumentenakkreditiv in Betracht gezogen werden könnte.762 Der Zweifel, ob unzulässige Rechtsausübung besteht, führt nicht zu unterschiedlichen Gläubigern, sondern zu verschiedenen Verbindlichkeiten der Bank: Anspruch auf Erfüllung der Akkreditivforderung des Begünstigten gemäß § 780 BGB einerseits, Rückforderungsanspruch des Akkreditivauftraggebers gemäß § 667 BGB andererseits. Die Ungewissheit, welche von mehreren Verbindlichkeiten zu Recht besteht, begründet jedoch kein Recht zur Hinterlegung.763 2/397 Der Vollständigkeit halber ist noch zu erwähnen, dass es der Bank bei Vorliegen

entsprechender Voraussetzungen unbenommen ist, ihr Zahlungsversprechen – also die Herauslegung des Akkreditivs – wegen Irrtums anzufechten (§ 119

757 BGHZ 28, 129 = BGH WM 1959, 25; krit. zur Begr. dieses Urteils Erman in: FS Rittershausen, S. 261, 267, der in Fällen des Rechtsmissbrauchs die Einwendungen aus dem abgetretenen Anspruch zum Zuge kommen lässt. 758 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1022; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 284. 759 BGH NJW 1989, 159, 160. 760 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1021; Hoeren/Florian Rdn. 146. 761 Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 226; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1019; Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn. K/20. 762 OLG Frankfurt WM 1988, 214. 763 OLG Frankfurt WM 1988, 214, 215.

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VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

BGB).764 Sie hat auch ein Anfechtungsrecht wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB),765 wenn Käufer und Verkäufer in gegenseitigem Einvernehmen sie durch betrügerische Manipulationen zur Eröffnung des Akkreditivs bewogen haben. Hat dagegen nur der Käufer (d.h. nicht der Begünstigte) die Bank durch Täuschung (z.B. durch Erschleichen eines Kredits) zur Abgabe des Zahlungsversprechens veranlasst, kann die Bank mit Wirkung gegenüber dem Begünstigten nach § 123 Abs. 2 BGB nur dann anfechten, wenn dem Begünstigten die Täuschung bekannt war oder bekannt sein musste, was ihm praktisch nur selten nachzuweisen sein wird.766 Hin und wieder kommt es vor, dass der Begünstigte von ihm selbst oder von 2/398 einem Dritten gefälschte oder betrügerisch ausgestellte Dokumente vorlegt, sich also im Rahmen der eigentlichen Akkreditivabwicklung arglistig verhält. In derartigen Betrugsfällen ist die Akkreditivbank zur Zurückweisung der Dokumente verpflichtet. Selbst wenn der Begünstigte nach erfolglosem Betrugsversuch bei einer zweiten Dokumenteneinreichung ordnungsgemäße Dokumente vorlegt, ist die Bank berechtigt, die Honorierung der akkreditivgerechten Dokumente abzulehnen. Dem Zahlungsanspruch des Begünstigten kann die Bank mit dem Einwand der allgemeinen Arglist begegnen; ihr kann nicht zugemutet werden, sich mit einem Betrüger geschäftlich einzulassen. In einem solchen Fall versuchten Betruges ist die Bank auch berechtigt, sich sofort und endgültig durch einseitige Erklärung gegenüber dem Begünstigten von ihrem Akkreditivversprechen zu lösen. Man kann hier von einem Widerruf der Akkreditivverpflichtung aus wichtigem Grund sprechen. Der Versuch des Begünstigten, im Wege betrügerischer Manipulationen die Auszahlung des Akkreditivbetrages zu erreichen, stellt einen solchen „wichtigen Grund“ dar. Der Betrugsversuch des Begünstigten erschüttert das gegenseitige Vertrauen – Grundlage jedes Akkreditivgeschäfts – so sehr, dass es für die Bank angesichts des Verhaltens des Begünstigten unzumutbar ist, sich ihm gegenüber weiterhin als an ihr Versprechen gebunden zu betrachten. Ist nicht die Akkreditivbank, sondern eine zweite in das Akkreditivgeschäft einge- 2/399 schaltete Bank (Avisbank, Bestätigungsbank, Zahlstelle) von dem Betrugsversuch des Begünstigten betroffen, dürfte diese Bank aufgrund ihrer Sorgfaltspflicht im Rahmen des Geschäftsbesorgungsvertrages verpflichtet sein, der Akkreditivbank umgehend von dem Vorfall zwecks Warnung Kenntnis zu geben, damit der Betrugsversuch nicht bei dieser wiederholt werden kann. Die Bewertung eines arglistigen Verhaltens des Begünstigten braucht nun frei- 2/400 lich nicht bei beiden Banken (Akkreditivbank, Bestätigungsbank) und dem Käufer die gleiche zu sein. Daraus können unter einem bestätigten Akkreditiv, aus wel-

764 Wessely Rdn. 142; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1020. 765 Wessely Rdn. 144. 766 Wessely Rdn. 145; a.A. Schmitthoff The Tender of Ineffective Documents, Export Nov. 1982, 4.

259

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

chem beide Banken dem Begünstigten gegenüber selbständig verpflichtet sind, Divergenzen entstehen. Zum Beispiel kann die bestätigende Bank den Wunsch haben, sofort zurückzutreten, während möglicherweise die Akkreditivbank und der Käufer aus kommerziellen Gründen noch zur Aufnahme ordnungsgemäßer Dokumente bereit sind oder dem Begünstigten noch Gelegenheit zur fristgemäßen Nachreichung ordnungsgemäßer Dokumente geben wollen. Ebenso ist es umgekehrt denkbar, dass die bestätigende Bank zwar die Dokumente zurückweist, aber – etwa aus Krediterwägungen – nicht gleichzeitig ihr Akkreditivversprechen widerruft, während Akkreditivbank und Käufer das Akkreditiv aufgrund der hierzu vorliegenden Berechtigung zu annullieren wünschen. Fraglich erscheint, ob es im Falle derartiger Divergenzen erforderlich ist, dass die beiden Banken sich über den Widerruf der jeweiligen Akkreditivversprechen einigen, ob also die Bestätigungsbank nur mit Zustimmung der Akkreditivbank widerrufen kann und umgekehrt die Akkreditivbank nur im Einvernehmen mit der Bestätigungsbank. Akkreditiv- und Bestätigungsbank haften dem Begünstigten als Gesamtschuldner. Nach § 425 BGB wirkt eine Tatsache, die nur einen der Gesamtschuldner betrifft – hier der nur von einer der beiden Banken ausgesprochene Widerruf aus wichtigem Grund –, grundsätzlich nur für und gegen den betreffenden Gesamtschuldner; das Gesetz erwähnt beispielhaft die dem Widerruf vergleichbare Kündigung. Aus der gesetzlichen Regelung des Gesamtschuldverhältnisses folgt daher, dass jede der beiden Banken sich unabhängig von der anderen von ihrem Zahlungsversprechen dem Begünstigten gegenüber lösen kann. 2/401 Auf das Verhältnis zwischen den beiden Banken findet § 351 BGB, der die Aus-

übung des Rücktrittsrechts bei einer Mehrzahl von Beteiligten als unteilbar statuiert, keine Anwendung. Diese Vorschrift betrifft nur den Fall, dass an einem Vertrag auf einer Seite mehrere beteiligt sind; sie will vermeiden, dass der Rücktritt eines der Beteiligten zum Erlöschen des ganzen Vertragsverhältnisses für die anderen Beteiligten führt.767 Akkreditivbank und Bestätigungsbank sind dem Begünstigten indessen durch zwei selbständige Schuldversprechen verpflichtet. Der Rücktritt einer der beiden Banken führt nicht notwendig zum Erlöschen des Vertragsverhältnisses zwischen der anderen Bank und dem Begünstigten. 2/402 Wenn die Akkreditivbank ihr Zahlungsversprechen gegenüber dem Begünstigten

widerruft, berührt das zwar rechtlich die Verpflichtung der Bestätigungsbank gegenüber dem Begünstigten grundsätzlich nicht. Andererseits kündigt natürlich die Akkreditivbank gleichzeitig den Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Bestätigungsbank. Der wichtige Grund, der dies rechtfertigt, liegt stets in dem Fehlverhalten des Begünstigten. Obgleich die Akkreditivbank die Bestätigungsbank nicht anweisen kann, dass diese ihr Zahlungsversprechen ebenfalls widerruft, wird die Kündigung des Geschäftsbesorgungsvertrages in der Praxis immer auch zu die-

767 Palandt/Grüneberg BGB, § 351 Rdn. 1; RGZ 151, 304, 311 f.

260

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

sem Widerruf führen, weil die Bestätigungsbank das Akkreditiv ohne die Akkreditivbank nicht zu Ende abwickeln kann: Einmal steht sie nicht in Rechtsbeziehungen zum Akkreditivauftraggeber, zum anderen erhielte sie für ihre an den Begünstigten aufgrund ihrer selbständigen Akkreditivverpflichtung erfolgende – spätere – Zahlung keinen Auslagenersatz. Entzieht sich die Bestätigungsbank unberechtigt ihrer aus dem gestellten Akkreditiv gegenüber dem Begünstigten bestehenden Verpflichtung, indem sie grundlos vom Akkreditiv zurücktritt oder unberechtigt die Aufnahme akkreditivgerechter Dokumente verweigert, steht dem Berechtigten gegen die Bank nach deutschem Recht wahlweise entweder die Klage auf Erfüllung oder die Klage auf Ersatz des Verzugsschadens einschließlich Zinsen offen.

H.

Anfechtung der Dokumentenaufnahme; Rückforderung irrtümlich gezahlter Akkreditivbeträge

Manchmal kommt es vor, dass eine Akkreditivbank (oder Zahlstellenbank) vorhan- 2/403 dene Mängel von Dokumenten trotz Prüfung nicht erkennt, folglich also die Dokumente aufnimmt und honoriert. Man muss sich fragen, ob hier Raum ist für eine spätere Korrektur, wenn sich letztendlich herausstellt, dass die Dokumente mangelhaft waren – sei es, dass die Akkreditivbank den Mangel (unter Beachtung von Art. 16c ERA) gegenüber der Zahlstelle, sei es, dass der Auftraggeber ihn gegenüber der Akkreditivbank rügt. Zutreffend wird darauf hingewiesen, dass zur Beantwortung dieser Frage zunächst der Rechtscharakter der Dokumentenaufnahme zu prüfen sei.768 Bei Dokumentenaufnahme und Honorierung soll es sich nicht nur um „eine tatsächliche Handlung . . ., die sich bei nachträglicher Feststellung der Nichtübereinstimmung von Dokumenten und Akkreditivbedingungen formlos jederzeit berichtigen“ ließe, sondern um einen „rechtsgeschäftlichen Vorgang“ handeln. Dem ist zuzustimmen.769 Die Dokumentenaufnahme stellt einen Austausch gegenseitiger rechtsgeschäftlicher Erklärungen dar: Die Einreichung der Dokumente, verbunden mit der Aufforderung zur Akkreditivhonorierung, beinhaltet die stillschweigende Erklärung des Begünstigten, die Dokumente seien akkreditivgerecht; in der ausdrücklichen Billigung der Dokumente (die meist unterbleibt) und/ oder Zahlung des Akkreditivbetrages liegt die Erklärung der aufnehmenden Bank (Akkreditivbank oder Zahlstelle), dass sie die Dokumente als akkreditivkonform anerkenne. Dieselbe Bedeutung einer Billigung der Dokumente kommt dem Verhalten der Bank zu, wenn sie eine im Akkreditiv – statt Zahlung – vorgesehene Akzeptleistung oder Akzeptbeschaffung vornimmt. Auf die Unterschiede der einzelnen möglichen Abwicklungsformen (z.B. deferred payment credit) kommt es 768 Nielsen in: FS Werner, S. 573 ff.; ders. Grundlagen, S. 187 ff. So im Ergebnis auch Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 445. 769 A.A. Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 996; Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/211; Liesecke WM 1966, 458, 469; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Anm. 214; Diwok, ÖBA 2001, 360 ff.

261

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

für den dokumentären Bereich nicht an, eventuell aber für nebenher bestehende zusätzliche abstrakte Verpflichtungen (z.B. Wechselakzeptierungen). 2/404 Folgt man der Beurteilung von Dokumenteneinreichung und Akkreditivhonorie-

rung in dem vorstehend beschriebenen Sinn, ist die Honorierung kein bloß tatsächlicher Vorgang, der ohne weiteres korrigiert werden kann, so dass sich dann ein Rückzahlungsanspruch wegen geleisteter Zahlung auf eine Nichtschuld ergäbe,770 sondern eine rechtsgeschäftliche Erklärung, die – wenn die Voraussetzungen einer solchen Anfechtung vorliegen – wegen Irrtums anfechtbar ist.771 Die Anfechtung muss erklärt und mit Gründen versehen werden; nach deutschem Recht sind die §§ 119 ff. BGB maßgebend. 2/405 Wenn nun der Honorierung einer Dokumenteneinreichung die Bedeutung einer

rechtsgeschäftlichen Erklärung zukommt, dass die aufnehmende Bank die aufgenommenen Dokumente als akkreditivgerecht akzeptiere, ist sie an diese Erklärung hinsichtlich aller Mängel gebunden, die bei banküblicher Prüfung zu erkennen waren bzw. zu erkennen gewesen wären. Der Begünstigte muss davon ausgehen können, dass die Bank auf eine Rüge der erkennbaren Mängel verzichtet, wobei es für ihn gleichgültig ist, ob dies infolge nachlässiger Arbeit oder bewusst (etwa aufgrund einer Abstimmung mit dem Auftraggeber) geschieht. Handelt es sich aber um nicht erkennbare Mängel – d.h. stellt sich erst später heraus, dass die Dokumente im Gegensatz zum äußeren Anschein im Sinne der für das Akkreditiv letztendlich maßgebenden Regeln nicht akkreditivgerecht waren –, hat sich die Bank über verkehrswesentliche Eigenschaften der Dokumente geirrt (§ 119 Abs. 2 BGB); sie kann also ihre – in der Honorierung liegende – Billigungserklärung anfechten und die auf deren Basis erfolgte Zahlung zurückverlangen. Unter dieser Allgemeinregel lassen sich auch die jeweils verschiedenen Abläufe der außer dem Barakkreditiv vorkommenden Abwicklungsformen sowie etwaige Sondersituationen unterbringen (z.B. deferred payment credit; falsche Auslegung der ERA usw.). 2/406 Der Begünstigte muss die Anfechtung hinnehmen, da er ja die von ihm selbst ein-

gereichten Dokumente unbestreitbar gekannt hat (§ 122 Abs. 2 BGB). Es kann nicht gesagt werden, dass die vorstehend gekennzeichnete Auffassung eine unzumutbare Härte für die Banken darstelle, weil sie an einer einmal abgegebenen Erklärung definitiv festgehalten werden. Sie hätten Gelegenheit nehmen können, von vornherein auf eine sachgemäße und klare Formulierung des Akkreditivs zu dringen; sie hätten bei Inanspruchnahme die Möglichkeit gehabt, bei Auftauchen auch nur der geringsten Zweifel eine Dokumentenaufnahme und Honorierung nur unter Vorbehalt vorzunehmen oder die Aufnahme überhaupt abzulehnen bzw. sie bis zum Eingang eingeholter Weisungen hinauszuschieben. Verlässlichkeit im Rechtsverkehr muss hier den Vorrang haben.

770 So Liesecke WM 1966, 458, 466; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 996. 771 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 445; Nielsen Grundlagen, S. 187 ff.; ders. in: FS Werner, S. 573 ff.

262

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

Die vorstehend erläuterten Grundsätze gelten auch, wenn die Einreichung der 2/407 Dokumente nicht direkt bei der Akkreditivbank erfolgt, sondern noch eine Zahlstelle (gleichgültig, ob diese bestätigt hat oder nicht) dazwischengeschaltet ist. Hat die Zahlstellenbank Dokumente mit erkennbaren Mängeln aufgenommen, müssen – allerdings nur im Verhältnis zum Begünstigten – die Akkreditivbank und der Akkreditivauftraggeber dies gegen sich gelten lassen.772 Im Auftragsverhältnis zwischen Akkreditivbank und Zahlstelle freilich kann die Akkreditivbank geltend machen, dass ihr Auftrag nicht sachgemäß ausgeführt sei. Allerdings muss sie Art. 16c ERA berücksichtigen, d.h. sie muss die Mängel unverzüglich rügen und erklären, wie sie mit den Dokumenten verfahren wird.773 Das Rügerecht der Akkreditivbank gegenüber der Zahlstellenbank besteht nach Fristablauf nicht mehr. Da aber Art. 16c ERA in dieser Konstellation nur das Verhältnis unter den Banken betrifft, wird das Anfechtungsrecht der Akkreditivbank gegenüber dem Begünstigten juristisch durch Art. 16c ERA zeitlich nicht berührt. Zeitlicher Spielraum wird dadurch aber kaum gewonnen, denn die Anfechtung gegenüber dem Begünstigten müsste im Sinne von § 121 BGB „ohne schuldhaftes Zögern“ – also auch sofort nach Kenntnisnahme des Mangels – erfolgen. Praktisch wird eine Anfechtung gegenüber dem Begünstigten selten in Betracht kommen, weil die Akkreditivbank ihr Verhalten üblicherweise mit ihrem Auftraggeber abstimmt und Gelegenheit hat, die Dokumente gleich nach Art. 16c ERA zurückzuweisen. Der Klarheit halber sei hinzugefügt, dass bei Akkreditiven, die deferred payment vorsehen, die Zahlungspflicht der Akkreditivbank bei Fälligkeit – da verspätet – nicht durch eine bloße Anfechtungserklärung betreffend die Dokumentenaufnahme beseitigt werden kann. Das als abstrakte Verpflichtung übernommene Zahlungsversprechen muss eingehalten werden; etwas anderes würde nur dann gelten, wenn die Regeln über offensichtlichen Rechtsmissbrauch anwendbar sind (Rdn. 2/418 ff.). Zu untersuchen bleiben noch die Möglichkeiten einer Anfechtung, wenn das 2/408 Akkreditiv nicht durch Zahlung (sofort oder hinausgeschoben) zu honorieren war, sondern wenn gegen Dokumenteneinreichung die Akzeptleistung der Bank oder einer anderen bezogenen Bank vorgeschrieben wurde. Der eigentliche Akkreditivvorgang ist mit der Akzeptleistung und der Übergabe des Akzeptes beendet (bei Akzeptleistung durch eine andere bezogene Bank unter Haftung der Akkreditivbank für die Einlösung). Durch die Akzeptierung des Wechsels hat der Akzeptant eine abstrakte Verpflichtung begründet, die mit einer Anfechtung aus dem dokumentären Bereich nicht beseitigt werden kann. Das führt zu einer Umkehrung der Prozesssituation: Der Akzeptant muss den Wechsel einlösen; danach kann er gegen den Begünstigten auf Rückzahlung des Geldes klagen. Nur der Nachweis offensichtlichen Rechtsmissbrauchs lässt eine andere Beurteilung zu

772 A.A. Nielsen in: FS Werner, S. 573, 578. 773 S.a. BGH WM 1984, 1214 = RIW/AWD 1984, 914 (obiter dictum); ferner Nielsen WM 1985, 149 ff.

263

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

(Rdn. 2/422), aber das auch nur dann, wenn sich der Wechsel noch in der Hand des Missetäters befindet. Mit Recht wird darauf verwiesen,774 dass bei Akkreditiven, die Akzeptleistung vorsehen, nur eröffnende Banken und bestätigende Banken (nicht aber bloße Zahlstellenbanken) innerhalb des Wechselankaufsvertrages zum Ankauf der vorgesehenen Akzepte without recourse (ohne wechselrechtliches Rückgriffsrecht gegen den Aussteller) verpflichtet sind (Rdn. 5/17 ff.), dass aber im Rahmen eines Letter of Credit bzw. eines frei negoziierbaren Akkreditivs die negoziierende Bank nicht verpflichtet ist, die Wechsel without recourse anzukaufen, was sie vorsichtshalber ihren Kunden gegenüber meist von vornherein auch ausspricht. Wechselrechtlicher Regress und dokumentärer Regress bestehen unabhängig voneinander und gehen jeder seinen eigenen Weg. Auch demjenigen, der auf wechselrechtlichen Regress verzichtet hat, verbleibt die Möglichkeit, im dokumentären Bereich die Dokumentenaufnahme unter den oben gekennzeichneten Voraussetzungen anzufechten – freilich auch nur mit Folgen im dokumentären Bereich, nicht aber mit Auswirkungen auf nebenher laufende abstrakte Verpflichtungen.

I.

Möglichkeiten des Käufers, die Auszahlung des Akkreditivbetrages an den Begünstigten zu verhindern; gerichtliche Eilmaßnahmen

2/409 Es kann vorkommen, dass der Begünstigte (Verkäufer) wegen Unregelmäßigkei-

ten beim Zustandekommen des Akkreditivs oder wegen besonderer Umstände, insbesondere wegen seines eigenen Verhaltens, das Akkreditiv materiell gar nicht in Anspruch nehmen dürfte. Weitere Gründe, aus denen der Akkreditivauftraggeber (Käufer) den Wunsch haben kann, in den normalen Ablauf des Geschäftes von sich aus mit Gegenmaßnahmen einzugreifen, sind unter Rdn. 2/411 ff. erörtert. In solchen Fällen wird der Akkreditivauftraggeber zu verhindern suchen, dass der Begünstigte das Akkreditiv in Anspruch nimmt. Gelingt ihm dies nicht, wird er bestrebt sein, auf die Akkreditivsumme Zugriff zu nehmen; der Akkreditivauftraggeber versucht dann, den Anspruch zu pfänden, den der Begünstigte – Zug um Zug gegen Einreichung akkreditivgerechter Dokumente – gegen die Bank auf Auszahlung des von ihm, dem Käufer, bei der Bank für den Begünstigten bereitgestellten Geldes erwirbt. Es gilt zu prüfen, wie diese Korrekturbestrebungen im Hinblick auf den Charakter des Akkreditivs als eines abstrakten Schuldversprechens zu beurteilen sind. Der an sich naheliegende Gedanke, dass der Käufer seine Ansprüche gegen den Verkäufer an die Bank abtritt, um diese dann zu veranlassen, mit der ihr zedierten Forderung gegen den Auszahlungsanspruch des Verkäufers aufzurechnen, scheidet von vornherein wegen des aus der Abstraktheit des Akkreditivs resultierenden Aufrechnungsverbots (Rdn. 2/391) aus.775

774 Nielsen in: FS Werner, S. 573, 589. 775 Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 217; Wessely Rdn. 185.

264

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

Ein Prozess über die Berechtigung der Gegenansprüche des Akkreditivauftrag- 2/410 gebers (Käufers) wird wohl kaum innerhalb der Laufzeit des Akkreditivs zu Ende geführt werden können. Mithin stellt sich die Frage, ob und unter welchen Umständen ausnahmsweise gerichtliche Eilmaßnahmen (einstweilige Verfügung, Arrest) angewendet werden können, obwohl diese im Hinblick auf eine kurze Laufzeit des Akkreditivs wiederum leicht nicht nur zu einer vorläufigen Regelung, für die sie ihrem Wesen nach bestimmt sind, sondern zur endgültigen Blockierung und damit letztendlich zur Zerstörung der Rechte des Begünstigten durch Fristablauf führen, während eine Versagung dieser Maßnahme bewirken würde, dass der Begünstigte sich – unter dem Aspekt des Kaufvertrages vielleicht entgegen der materiellen Rechtslage – zunächst einmal in den Besitz der Akkreditivsumme setzen kann. Eine einstweilige Verfügung (§§ 935 ff. ZPO) – sie dient hier der Sicherung eines Anspruchs auf eine Verzichtsleistung – käme dann in Betracht, wenn der Akkreditivauftraggeber (Käufer) zum Begünstigten (Verkäufer) den Verzicht auf die Rechte aus einem auf Veranlassung des Auftraggebers gestellten (vorgeleisteten) Akkreditiv verlangen will. Der Arrest (§§ 916 ff. ZPO) wird erwogen, wenn dem Käufer gegen den Begünstigten (Verkäufer) ein auf Geld gerichteter Anspruch zusteht, dessen Realisierung ohne den Arrest gefährdet wäre; durch den Arrest wird der Zahlungsanspruch des Begünstigten aus dem Akkreditiv gegen die Bank beschlagnahmt (§§ 928, 930, 829 ZPO, Art. 39 ERA). Der besseren Übersicht wegen sollen hier vom Sachverhalt her folgende Fallgruppen unterschieden werden:

1.

Fehler beim Zustandekommen des Akkreditivs

Wenn die Nichtberechtigung des Begünstigten sich (nicht aus Zusammenhängen 2/411 des Grundgeschäftes, sondern) aus dem Zustandekommen des Akkreditivs selbst ergibt, hat der Akkreditivauftraggeber ein Recht, zu verlangen, dass der Begünstigte das Akkreditiv nicht in Anspruch nimmt.776 Fälle dieser Art sind z.B. gegeben, wenn der Auftraggeber das Akkreditiv irrtümlich für eine falsche Firma (Firma X statt Firma Y) oder über eine falsche Menge (400 t statt 40 t) oder mit einem falschen Preis (EUR 150,50 statt EUR 115,50) oder mit falscher Laufzeit (bis 15.9. statt bis 15.6.) eröffnen ließ. Akkreditivauftrag und Akkreditiveröffnung können dann unter den gesetzlichen Voraussetzungen und mit den gesetzlichen Folgen wegen Irrtums angefochten werden. Die Anfechtung ist zu erklären. Hat sich der Fehler erst bei der Bank eingeschlichen, hat auch diese gegenüber dem Begünstigten ein Anfechtungsrecht und nach erfolgter Anfechtung einen Anspruch auf Nichtbenutzung. In der Praxis gibt es in der Regel keine Schwierigkeiten; die Irrtümer werden

776 Beckmann DB 1988, 1737; Wessely Rdn. 142.

265

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

normalerweise im allseitigen Einvernehmen berichtigt, ohne dass es zu Rechtsstreitigkeiten kommt. 2/412 Ein Anfechtungsrecht ist ebenfalls gegeben, wenn der Begünstigte durch eine

kriminelle Handlung (z.B. Erpressung, Betrug) den Akkreditivauftraggeber zur Stellung des Akkreditivs durch eine Bank veranlasst hat oder wenn das Akkreditiv der Durchführung illegaler oder sittenwidriger Geschäfte (z.B. Drogenhandel) dient; in derartigen Fällen ist eine Mitwirkung für die Bank schlechterdings unzumutbar,777 so dass sie – auch bei Einvernehmen zwischen Käufer und Verkäufer – von sich aus die Einlösung ablehnen kann. Voraussetzung ist allerdings, dass die Gesetzes- bzw. Sittenwidrigkeit von beiden das Akkreditiv berührenden Rechtsordnungen (Rdn. 1/39 f.) als fundamentaler Vorstoß gegen unumstößliche Rechtsprinzipien gewertet wird.778 Eine etwaige Unwirksamkeit des Grundvertrages (z.B. Kaufvertrag über Piraterieware) ergreift das Akkreditiv demnach nur dann, wenn ein Verstoß gegen ein strafbewehrtes Verbot im Sinne von § 134 BGB vorliegt.779 In all diesen Fällen können die Erklärungen über Stellung und Eröffnung des Akkreditivs bzw. über den Auftrag zur Akkreditiveröffnung usw. nach Maßgabe der §§ 119, 123 BGB angefochten werden,780 was dazu führt, dass diese Erklärungen als von Anfang an nichtig zu betrachten sind (§ 142 Abs. 1 BGB). Zum Schadensersatz ist der Anfechtende nicht verpflichtet, da der aus dem Akkreditiv begünstigte Anfechtungsgegner seine Nichtberechtigung kennt oder kennen musste (§ 122 Abs. 2 BGB).

2.

Nichtigkeit des Kaufvertrags

2/413 Der Grund für den Wunsch des Käufers, das Akkreditiv wieder aus der Welt zu

schaffen, kann seine Ursache auch darin haben, dass der Kaufvertrag nichtig oder mit Erfolg angefochten ist. Hier bieten die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung (§§ 812 ff. BGB) eine geeignete Handhabe.781 Dadurch, dass der Käufer durch die Akkreditivbank ein Akkreditiv stellen ließ, hat der Begünstigte das Akkreditivbenutzungsrecht erlangt. Bei der Stellung des Akkreditivs handelt es sich um eine Leistung des Käufers, die bei Nichtigkeit oder Fortfall des Kaufvertrages ohne Rechtsgrund erfolgt ist. Da die Akkreditiveröffnung der Bank zu Lasten des auftraggebenden Käufers geht und dessen Vermögen durch

777 RGZ 106, 304, 307; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1019; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 226, von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 260 f. 778 BGH WM 1996, 995 = ZIP 1996, 913 = NJW 1996, 1812 = BB 1996, 1186 m. Anm. Schütze EWiR § 780 BGB 1/96, 647; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/702 c. 779 BGH WM 1996, 995. 780 Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 220; Heinze S. 191; von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 240. 781 von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 240. A.A. Witte-Wegmann JuS 1975, 137, 140, wonach ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nur dann zuerkannt wird, wenn die Nichtigkeit des Valutaverhältnisses auf das Akkreditiv übergreift.

266

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

die Verpflichtung, der Bank deren Aufwand zu ersetzen, belastet wird, andererseits aber der Verkäufer durch denselben Vorgang zusätzlich einen Anspruch gegen die Bank erlangt hat und damit bei ihm eine Vermögensmehrung eingetreten ist, liegen hier die Voraussetzungen des § 812 BGB vor.782 Der Käufer kann vom Begünstigten die Herausgabe des durch die Akkreditivstellung Erlangten fordern. Die „Herausgabe“ besteht darin, dass der Begünstigte auf sein Akkreditivbenutzungsrecht verzichtet. Dieser Verzicht ist der Bank gegenüber auszusprechen; der Anspruch des Käufers richtet sich also darauf, dass der Begünstigte der Bank gegenüber auf sein Akkreditivbenutzungsrecht verzichtet, was dadurch zum Ausdruck kommt, dass er das Akkreditiv nicht in Anspruch nimmt. Die Durchführung eines dem Käufer (Akkreditivauftraggeber) zustehenden Bereicherungsanspruchs dieser Art kann durch einstweilige Verfügung gegen den Begünstigten (§§ 935, 940 ZPO) vorläufig gesichert werden. Das Gericht wird an den – mit den im Verfahren zur Erlangung einer einstweiligen Verfügung zulässigen Beweismitteln zu erbringenden – Nachweis, dass der Kaufvertrag nichtig oder mit Erfolg angefochten ist, die schärfsten Anforderungen stellen;783 es gelten die unter Rdn. 2/427 gemachten Ausführungen über die Voraussetzungen gerichtlicher Eilmaßnahmen. Haben die Streitigkeiten über Nichtigkeit oder Erfolg der Anfechtung des Grundvertrages den Charakter kommerzieller Auseinandersetzungen, kommen einstweilige Verfügungen oder Arreste nicht in Frage.

3.

Kaufvertragsprobleme (Schadensersatz, Rückabwicklung)

Der Wunsch des Käufers, die Auszahlung des Akkreditivs zu verhindern, kann 2/414 auch andere als die bisher genannten Ursachen haben. So können dem Käufer gegen den Verkäufer aus dem Grundgeschäft Ansprüche auf Schadensersatz zustehen; ferner kann er vom Kaufvertrag zurückgetreten sein oder gewandelt haben (etwa §§ 323, 326 Abs. 5, 437 Nr. 2 BGB), was zu Rückabwicklungsansprüchen führt (§§ 346 ff. BGB). Derartige Fälle kommen in der Außenhandelspraxis zuweilen vor. Ansprüche können – vor Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten – auch dann entstehen, wenn sich mehrere Geschäfte aneinander reihen (Rdn. 2/69) oder wenn das Akkreditiv so gestaltet wurde, dass Zahlung an den Begünstigten erst erfolgen soll, nachdem der Käufer bereits in den Besitz der gelieferten Ware gekommen ist und sie bereits prüfen konnte (deferred payment credit, Rdn. 2/123). Denkbar ist auch, dass der Käufer über Dritte verlässliche Nachrichten über den nicht vertragsgemäßen Zustand der abgesendeten (aber vom Käufer noch nicht besichtigten) Ware erhalten hat.

782 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1071; Eschmann Der einstweilige Rechtsschutz des Akkreditivauftraggebers in Deutschland, England und der Schweiz, S. 90; Beckmann DB 1988, 1737; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 217; Angersbach S. 144 f. 783 S. a. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/702 b.

267

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

In all diesen Fällen ist bei dem Käufer regelmäßig der verständliche Wunsch vorhanden, den Verkäufer daran zu hindern, Zahlungen aus einem ihm zwar formell, aber nicht materiell zustehenden Akkreditiv zu erhalten. Rechtlich handelt es sich hier nicht um Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (Rdn. 2/413), sondern um solche, die ihre Wurzel in dem noch existenten, aber möglicherweise in ein Rückabwicklungsstadium getretenen Kaufvertrag haben. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes, dass das Akkreditiv von dem ihm zugrunde liegenden Warengeschäft scharf zu trennen ist (Art. 4 ERA), erhebt sich die Frage, ob und wie der Käufer mithilfe von Ansprüchen aus der Rückabwicklung des Kaufvertrages die Benutzung des Akkreditivs unterbinden oder die – bereits an den Begünstigten ausgezahlte – Akkreditivsumme wieder zurückholen kann. Durch gerichtliche Eilmaßnahmen gegenüber dem Begünstigten würde, wenn man sie zulassen sollte, diesem die Möglichkeit genommen, das Akkreditiv zu benutzen; die Auszahlung des Akkreditivbetrags wäre zunächst einmal blockiert. 2/415 Grundsätzlich ist in Fällen der hier erörterten Art kein Raum für einstweilige Ver-

fügungen und Arreste. Es wäre höchst unerwünscht und im Interesse der Rechtssicherheit geradezu gefährlich, wollte man es dem Käufer ermöglichen, durch derartige einseitige Maßnahmen den Begünstigten an der Benutzung des Akkreditivs zu hindern. Man würde damit nicht nur in das Verhältnis Käufer/Verkäufer eingreifen, sondern auch vielfältige andere Zusammenhänge (z.B. Kreditbeziehungen) tangieren. Arreste und einstweilige Verfügungen sind auch deshalb bedenklich, weil es zum Erwirken eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung lediglich der „Glaubhaftmachung“ bedarf (§ 920 Abs. 2 ZPO), die in der Praxis häufig durch bloße eidesstattliche Versicherung – meist des Antragstellers – erfolgt; das Gericht prüft die Richtigkeit der Angaben des Antragstellers im Einzelnen nicht nach. Bei schwierigen Fragen, etwa ob die gelieferte Ware mangelhaft ist oder nicht, wird zwar der Käufer die Mängel behaupten und deren Vorliegen an Eides statt versichern: ob sie aber tatsächlich vorliegen und zum Schadensersatz oder Rücktritt berechtigen, kann in der Regel nur durch eingehende Überprüfung festgestellt werden, die im Verfahren des Arrestes und der einstweiligen Verfügung gerade nicht stattfindet. 2/416 Die zutage getretenen Aufweichungsbestrebungen widersprechen dem Wesen

des Akkreditivs: Der Verkäufer soll unabhängig von allen aus dem Kaufvertrag herrührenden Streitigkeiten zwischen ihm und dem Käufer die Sicherheit haben, dass er zunächst einmal für seine in Rede stehende individuelle Lieferung bezahlt wird.784 Gerade deshalb ist die Bank mit ihrer selbständigen, vom Warengeschäft unabhängigen Zahlungsverpflichtung in die Abwicklung eingeschaltet. Fehlende Berechtigung des Verkäufers aus dem Kaufvertrag darf keinesfalls ohne weiteres mit rechtsmissbräuchlicher Inanspruchnahme gegenüber

784 Wessely Rdn. 206; Eschmann Der einstweilige Rechtsschutz des Akkreditivauftraggebers in Deutschland, England und der Schweiz, S. 92 f.; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/702a; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 428; Hoeren/Florian Rdn. 146; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 284; BGH WM 1955, 765, 768; BGH ZIP 1987, 1038, 1041; BGH NJW 1989, 159, 160.

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VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

der Bank gleichgesetzt werden. Nach der Struktur des Akkreditivs soll der Käufer Regressansprüche der hier erörterten Art aus dem Kaufvertrag erst dann gegen den Verkäufer geltend machen können, wenn dieser bereits gegen Einreichung der Dokumente Zahlung von der Bank erhalten hat: „Erst zahlen, dann prozessieren“.785 Wenn der Käufer oder der Verkäufer dies nicht für annehmbar hielten, hätten die Parteien einen anderen Vertrag für das Grundgeschäft abschließen müssen. Mit der Akkreditivabrede ist die Akkreditivstrenge akzeptiert und vereinbart. Die bewährte Konstruktion des Akkreditivgeschäfts, die gewissermaßen die Prozesssituation umkehrt, wäre gefährdet, wenn der Käufer ohne weiteres durch Arrest oder einstweilige Verfügung störend in die Abwicklung des Akkreditivs eingreifen könnte. In konsequenter Fortsetzung der Rechtsprechung des BGH, die Einwendungen aus dem Warengeschäft gegen den Akkreditivanspruch des Begünstigten grundsätzlich nicht zulässt (Rdn. 2/395), kann man daher sagen, dass Ansprüche aus dem Kaufvertrag, auch als Rückabwicklungsansprüche nach erfolgtem Rücktritt, als Grundlage für das Ausbringen eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung prinzipiell nicht geeignet sind. Daher entfällt für den Käufer grundsätzlich die Möglichkeit, mit der Begründung, ihm stünden aus dem Warengeschäft Ansprüche gegen den Begünstigten zu, die Benutzung des Akkreditivs seitens des Begünstigten durch gerichtliche Eilmaßnahmen zu verhindern oder den Akkreditivbetrag im Rahmen der Akkreditivabwicklung anzuhalten. Auch Mängel im Verhältnis zwischen dem Auftraggeber und der Akkreditivbank sind nicht geeignet, die Ansprüche des Begünstigten aus dem Akkreditiv zu beeinträchtigen. Über die rechtssystematische Einordnung der Auffassung, dass sich die grundsätzli- 2/417 che Unzulässigkeit gerichtlicher Eilmaßnahmen schon aus der Natur des Dokumentenakkreditivs ergebe, sind vielfältige rechtliche Erwägungen angestellt worden. Mit guten Gründen wird von einem in der Akkreditivvereinbarung liegenden pactum de non petendo786 (Verpflichtung, keine Gegenansprüche gegen denjenigen zu erheben, der die Rechte aus dem Akkreditiv in Anspruch nimmt) oder auch von einem venire contra factum proprium787 (Vorgehen im Widerspruch zum eigenen Verhalten) gesprochen. Tatsächlich dürfte der Hinweis auf den eigentlichen Charakter der dokumentären Geschäfte genügen (Rdn. 2/4 ff.), um die Möglichkeit eines Eingreifens der hier in Rede stehenden Art für den Regelfall auszuschließen.788 Die Vereinbarung einer dokumentären Zahlungsabwicklung besagt eben, dass sich Verkäufer und Käufer darüber einig sind, die Zahlungsabwicklung vom Grundgeschäft losgelöst vorzunehmen. Dadurch wird, wie schon angedeutet, einvernehmlich die

785 Vgl. BGH WM 1996, 995, 996 für Dokumentenakkreditive; BGHZ 90, 287, 294 = WM 1984, 689, BGHZ 94, 167, 170 = WM 1985, 684 für Bankgarantien; BGH WM 1994, 106, 107 und WM 1996, 193, 195 für Bürgschaften auf erstes Anfordern. S. a. Kümpel Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 7.188 f. 786 Erman in: FS Rittershausen, S. 261, 268. 787 Gautschi N 20a zu Art. 407 OR. 788 S.a. Wessely Rdn. 206 ff.; Kleiner Bankgarantie, S. 223 ff. und 238 ff.

269

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

Prozesssituation bei eventuellen gerichtlichen Auseinandersetzungen umgekehrt; der Verkäufer erhält beim Akkreditiv einen Prozessvorsprung.789

4.

Unzulässige Rechtsausübung; Rechtsmissbrauch

2/418 Eine andere Auffassung kann nur Platz greifen, wenn die Inanspruchnahme des

Akkreditivs sich offensichtlich als eine unzulässige missbräuchliche Rechtsausübung darstellen würde.790 Hier ist vor allem an kriminelles Verhalten des Begünstigten zu denken, z.B. an die betrügerische Versendung einer zur Erfüllung des Kaufvertrags offensichtlich völlig ungeeigneten Ware791 (Kisten mit Steinen statt Maschinenteilen, Säcke mit Eselsmist statt Rosinen) oder eine Scheinverladung; außerdem an Fälle, in denen der Begünstigte zur Erschleichung der Akkreditivsumme gefälschte Dokumente einreicht, unrichtige Dokumente selbst ausstellt oder bewusst benutzt. Eine Ausnahme kann auch dann gelten, wenn der Akkreditivauftraggeber ohne eine gerichtliche Eilmaßnahme rechtlos bleiben würde – etwa bei der Ausnutzung eines Akkreditivs in betrügerischer Absicht durch einen in wirtschaftlicher Hinsicht leistungsunfähigen Gläubiger.792 2/419 Um aber die Funktionsfähigkeit des Dokumentenakkreditivs als internationales

Sicherungsinstrument zu gewährleisten, muss ein sehr strenger Maßstab angelegt werden, so dass der Einwand des Rechtsmissbrauches nur in Ausnahmefällen als zulässig erachtet werden kann.793 Hierüber besteht Einigkeit. Nach wie vor uneinheitlich werden die Anforderungen an den objektiven und subjektiven Miss-

789 Wessely Rdn. 154. 790 RGZ 106, 304, 307; BGH WM 1955, 765, 768; BGHZ 101, 84, 91; LG Limburg WM 1992, 1399, 1403; BGE 100 II 145, 151; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1015; ders. ÖBA 1987, 769, 775 f.; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/699; Eschmann Der einstweilige Rechtsschutz des Akkreditivauftraggebers in Deutschland, England und der Schweiz, S. 97; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 427 ff.; von Bernstorff RIW 1986, 332 (334); ders. Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 241; Kümpel Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 7.191; Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn. K/20; OGH ÖBA 1996, 64; Hartmann Die Durchsetzbarkeit des Begünstigtenanspruchs im unwiderruflichen Dokumentenakkreditiv, S. 162 ff. 791 Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 227; Erman in: FS Rittershausen, S. 261, 262 f.; Liesecke WM 1966, 178, 182; RGZ 106, 304; BGH WM 1955, 765; WM 1964, 223; Raith Das Recht des Dokumentenakkreditivs in den USA und in Deutschland, S. 158; von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 241. Nicht genügt das Liefern qualitativ minderwertiger Ware, LG Aachen WM 1987, 158 (Lieferung einer anderen Sorte von Wodka als vertraglich vereinbart). 792 LG Düsseldorf WM 1975, 67. 793 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1016; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 427 ff.; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 280 f.; Eschmann Der einstweilige Rechtsschutz des Akkreditivauftraggebers in Deutschland, England und der Schweiz, S. 98. Für die Schweiz BGE 115 II 71 und BGE 100 II 151; Bühler Sicherungsmittel im Zahlungsverkehr, S. 57 ff. Für Österreich Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/133; OGH ÖBA 1992, 573. Für Frankreich und Belgien Hoffmann RIW 1996, 389, 391; Horn/Wymeersch S. 37 ff. Für England High Court (Queen’s Bench Division), Urteil vom 20.1.1998, Kvaerner John Brown Ltd. v. Midland Bank Plc., RIW 1999, 210, 211: Einstweiliger Rechtsschutz gegen Inanspruchnahme eines Standby Letter of Credit nur im absoluten

270

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

brauchstatbestand beurteilt. Nach einer Ansicht794 wird die Offenkundigkeit der Unbegründetheit des Zahlungsverlangens in den Mittelpunkt gestellt. Wiederum andere verknüpfen die Frage des Missbrauchstatbestands mit dessen Beweisbarkeit.795 Letzteres taugt nicht, die Kriterien des Missbrauchstatbestands zu bestimmen. Ausgangspunkt der Überlegungen muss der Grundsatz „erst zahlen – dann prozessieren“ sein.796 Denn daraus resultiert der Umstand, dass die Bank nicht verpflichtet ist, in derartigen Fällen von sich aus den Arglisteinwand zu erheben oder gar Nachforschungen anzustellen; sie kann sich stets darauf berufen, das Warengeschäft gehe sie nichts an. Es ist Sache des Käufers, seine Interessen wahrzunehmen. Infolgedessen muss auch dem Käufer die Möglichkeit gegeben sein, aus eigenem Recht mithilfe einer einstweiligen Verfügung die Auszahlung des Akkreditivbetrages zu verhindern, wenn der Begünstigte durch die Benutzung des Akkreditivs seine durch die Akkreditivstellung erworbene Rechtsposition gröblich missbrauchen würde. Nochmals muss aber betont werden, dass hier nur solche Fälle angesprochen sind, in denen die Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten dem Rechtsempfinden aller billig und gerecht Denkenden geradezu ins Gesicht schlagen würde. Nur in solchen klarliegenden Fällen darf der Grundsatz durchbrochen werden, dass das Dokumentengeschäft vom Warengeschäft völlig losgelöst und nach seinem Wortlaut zu erfüllen ist. Keinesfalls darf der Käufer das Akkreditiv durch gerichtliche Eilmaßnahmen schon dann für den Begünstigten unbenutzbar machen können, wenn Meinungsverschiedenheiten nur kommerzieller Natur zwischen den Parteien bestehen oder wenn der Behauptung, die vom Verkäufer verladene Ware sei zur Erfüllung des Kaufvertrages völlig ungeeignet, lediglich ein vom Käufer gehegter Verdacht zugrunde liegt. Daher hat der BGH (bei einer Garantie) auch die reine Existenz einer einstweiligen Verfügung, die im Beschlusswege ohne Anhörung des Antragsgegners erlassen wurde, nicht als liquides Beweismittel für eine rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme zugelassen.797 Ob neben der Offenkundigkeit der Unbegründetheit des Anspruchsbegehrens als 2/420 objektivem Merkmal als subjektives Kriterium ein schuldhaftes Verhalten des Begünstigten erforderlich ist, wird ebenfalls uneinheitlich beurteilt.798 Unbestrit-

Ausnahmefall. Ferner High Court (Queen’s Bench Division), Urteil vom 21.4.1994, Deutsche Rückversicherung AG v. Walbrook Insurance Co. Ltd., RIW 1995, 863. 794 BGHZ 101, 84, 92; BGH WM 1988, 1298, 1300; Heymann/Horn HGB, Anh. § 372 Rdn. VI/98; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1016; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/700. S. a. OGH ÖBA 1996, 64. 795 von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 281; Schärrer S. 131 ff. S. a. Raith Das Recht des Dokumentenakkreditivs in den USA und in Deutschland, S. 158 f. Hiergegen Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 429. 796 Eschmann Der einstweilige Rechtsschutz des Akkreditivauftraggebers in Deutschland, England und der Schweiz, S. 99. S.a. OGH ÖBA 1996, 64. 797 BGH WM 2000, 2334, 2337. 798 Für Erfordernis eines bedingten Schädigungsvorsatzes von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 281; Nielsen ZIP 1982, 253, 259; Beckmann DB 1988, 1737, 1738; Heymann/Horn HGB, Anh. § 372 Rdn. VI/100; BGHZ 60, 262, 264; LG Aachen WM 1987,

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Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

ten verlangt der Einwand des Rechtsmissbrauchs gemäß § 242 BGB kein Verschulden.799 Forderte man ein subjektives Tatbestandsmerkmal, so würden weitere Schwierigkeiten darin bestehen, dass die Feststellung des Verschuldens international unterschiedlich beurteilt wird800 und im Übrigen prozessual kaum der Beweis des schuldhaften Verhaltens geführt werden kann.801 Vor dem Hintergrund, dass der Einwand des Rechtsmissbrauchs auf extreme Ausnahmefälle zu beschränken ist, würde insofern einiges dafür sprechen, auf ein Verschuldenserfordernis zu verzichten. Eine endgültige Stellungnahme des BGH zu dieser Frage liegt derzeit noch nicht vor. Allerdings scheint er in einer jüngeren Entscheidung, in der es um die Belieferung eines Akkreditivs mit sog. Piraterieware ging, zwecks Annahme eines Missbrauchstatbestands dazu zu neigen, eine subjektiv vorwerfbare Einstellung des Begünstigten zu fordern.802 2/421 Meist ist die vorstehend gekennzeichnete Ausnahmesituation eines objektiven

Rechtsmissbrauchs gar nicht gegeben, so dass primär der Grundsatz gilt: In der Regel kann innerhalb der Akkreditivabwicklung gegen Akkreditivbegünstigte weder mit Arresten noch mit einstweiligen Verfügungen vorgegangen werden. Dies ist hier mit allem Nachdruck festzustellen, weil die doch ganz seltenen Ausnahmefälle in der Literatur gemeinhin einen viel zu breiten Raum einnehmen, so dass man fast den Eindruck gewinnt, die Ausnahme sei die Regel und die Regel sei die Ausnahme. Man darf den Gerichten keine für sie unzumutbaren Unterscheidungsaufgaben aufbürden. Alle Beteiligten sollten den Grundsatz beherzigen, dass im Zweifel eine einstweilige Verfügung bzw. ein Arrest nicht zulässig ist. Oft steckt hinter den Bemühungen des Käufers um eine einstweilige Verfügung im Grunde nur das Bestreben, aus kommerziellen, nicht mit dem Akkreditiv zusammenhängenden Gründen (z.B. Preisverfall) aus einem für ihn lästig gewordenen Kontrakt herauszukommen. Keinesfalls kann – wie schon mehrfach betont – hingenommen werden, dass über Streitigkeiten lediglich kaufmännischer Art in gerichtlichen Eilverfahren entschieden werden soll. Praktisch läuft dies somit darauf hinaus, dass der Einwand des Rechtsmissbrauchs regelmäßig nur bei betrügerischen Machenschaften des Begünstigten angenommen werden kann.803

499, 501; Kümpel Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 7.193; dagegen: Eschmann Der einstweilige Rechtsschutz des Akkreditivauftraggebers in Deutschland, England und der Schweiz, S. 101; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 202 f. m.w.N.; Mülbert S. 66 f.; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/700; ders in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 442; Hoeren/Florian Rdn. 144; ferner Avancini ÖBA 1996, 66. 799 BGHZ 64, 5, 9; BGH NJW-RR 1986, 764, 765; Palandt/Heinrichs BGB, § 242 Rdn. 39. 800 Hein S. 97. 801 Mülbert S. 67. 802 BGH WM 1996, 995, 996. Hierdurch dürfte er aber im Gegensatz zu seiner Rechtsprechung zu Banksicherungsverträgen stehen, die bei fehlenden Verwertungsklauseln oder unzureichenden Deckungsgrenzen objektiv für sittenwidrig erklärt wurden, obwohl die Vertragsparteien ohne subjektives Unrechtsbewusstsein handelten, vgl. BGH WM 1998, 227 sowie Nielsen WM 1999, 2005, 2014. 803 So a. in der Schweiz BGE 100 II 151; Bühler Sicherungsmittel im Zahlungsverkehr, S. 61 ff.; für den anglo-amerikanischen Rechtskreis s. Rdn. 8/7 ff.

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VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

Liegt tatsächlich ausnahmsweise einmal ein Fall unzulässiger Rechtsausübung 2/422 vor, dann ist in rechtlicher Hinsicht zu bemerken, dass es in richtig verstandener Würdigung des Wesens einer einstweiligen Verfügung erforderlich ist, dem Gericht die Nichtberechtigung des Begünstigten endgültig liquide nachzuweisen.804 Mit den bloßen, durch eigene eidesstattliche Erklärung erhärteten Behauptungen des Käufers darf man sich nicht begnügen, um ein Akkreditiv praktisch gegenstandslos zu machen.805 In einschränkender, den Bedürfnissen der Praxis und dem eigentlichen Sinn des Gesetzes Rechnung tragender Abänderung von § 920 Abs. 2 ZPO sollte eine nur durch Urkundenbeweis darstellbare liquide Beweisbarkeit verlangt werden.806 Neben diesem als Urkundenbeweis zu erbringenden Nachweis über die Berechtigung des erhobenen Anspruchs ist dann noch die Glaubhaftmachung erforderlich, dass die Realisierung des Anspruchs ohne gerichtliche Eilmaßnahme gefährdet wäre. Diese Auffassung vermeidet es, zwischen „Beweis“ und „Glaubhaftmachung“ eine dem Gesetz nicht bekannte Zwischenstufe der Beweisführung schaffen zu müssen. Es gibt Akkreditive, bei denen die aufgenommenen Dokumente nicht durch Bezah- 2/423 lung honoriert werden, sondern durch Akzeptleistung seitens der Akkreditivbank oder durch Akzeptleistung durch eine andere bezogene Bank. Man hat nun auch versucht, mit einstweiligen Verfügungen die Einlösung des Wechsels untersagen zu lassen. Selbst wenn missbräuchliches Verhalten des Begünstigten vorläge und auch nachgewiesen werden könnte, käme eine einstweilige Verfügung nicht in Betracht. Die Begründung für ihre Ablehnung müsste darauf gestützt werden, dass sich der Begünstigte im Rahmen des Akkreditivverhältnisses zwar rechtsmissbräuchlich verhalten, das Akkreditivverhältnis aber mit Einholung des verlangten Akzepts seine Erledigung gefunden habe und nicht mehr existiere; mithin sei es nicht möglich, einen Rechtsmissbrauch im Rahmen dieses – gar nicht mehr bestehenden – Rechtsverhältnisses anzunehmen.807 Die Wechsel sind also bei Fälligkeit einzulösen. Dagegen ist mit gerichtlichen Eilmaßnahmen nichts auszurichten. Abschließend ist noch festzustellen, dass bei missbräuchlicher Inanspruchnahme 2/424 der Bank aus einem Akkreditiv im Hinblick auf die insoweit unterschiedliche Beur-

804 BGHZ 90, 287, 292 = ZIP 1984, 685, 687 für die parallele Rechtslage im Garantiegeschäft; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1017; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/701; ders in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 443; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 281; Hoeren/Florian Rdn. 144; BGH WM 1996, 995; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 430 f. 805 BGHZ 101, 84, 92; OLG Düsseldorf WM 1978, 359, 360; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 227; Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn. K/20; Zahn in: FS Pleyer, S. 153, 164; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1017, 1065a; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 286; für das österreichische Recht OGH IPRax 1988, 33, 34; Moschner IPRax 1988, 40, 42. 806 von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 286; Coing ZHR 147 (1983), 125, 133 f.; Beckmann DB 1988, 1737, 1739; vgl. a. OLG Köln WM 1988, 21, 22. A.A. Eschmann Der einstweilige Rechtsschutz des Akkreditivauftraggebers in Deutschland, England und der Schweiz, S. 157 ff.; krit. Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 554. 807 Boudinot Banque 1982, 1061.

273

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

teilung derartiger Tatbestände in verschiedenen Rechtskreisen der Bestimmung des internationalprivatrechtlich anwendbaren materiellen Rechts (Rdn. 1/35 ff.) und Verfahrenrechts besondere Bedeutung zukommt.808

5.

Gerichtliche Eilmaßnahmen wegen Ansprüchen aus anderem Rechtsgrund

2/425 Die Ausführungen zu Rdn. 2/411 ff., wonach der Käufer (Akkreditivauftrag-

geber) grundsätzlich keine Möglichkeit hat, unter Berufung auf solche Ansprüche, die ihren Rechtsgrund in dem dem Akkreditiv zugrunde liegenden Geschäft (z.B. Kaufvertrag) haben, durch einstweilige Verfügung oder Arrest in die Abwicklung des Akkreditivs einzugreifen, beruhen auf dem Grundsatz, dass Akkreditiv und Grundgeschäft streng getrennt zu sehen sind. Zu prüfen ist aber die Rechtslage für den Fall, dass die Gegenansprüche des Käufers (Akkreditivauftraggebers) gegen den Lieferanten (Begünstigten) auf anderen Rechtsgründen als dem Grundgeschäft beruhen, sich also z.B. aus früheren Geschäften herleiten. Grundsätzlich muss man davon ausgehen, dass sich in solchen Fällen der Käufer (Akkreditivauftraggeber) gegenüber dem Verkäufer (Begünstigten) in der gleichen Position befindet wie dessen andere Gläubiger auch. Er kann gerichtlich gegen ihn vorgehen (Rdn. 2/486 ff.), auch mit gerichtlichen Eilmaßnahmen. Aber wie und in welchen Grenzen? Aus dem Wesen des Akkreditivs lassen sich keine Gesichtspunkte herleiten, die den Käufer im Hinblick auf andere Rechtsbeziehungen in seiner normalen Rechtsposition gegenüber dem Verkäufer einschränken könnten.809 Das pactum de non petendo (Rdn. 2/417) besagt, dass der Käufer die Abwicklung des Akkreditivs auf keine wie immer geartete Weise behindern darf. Unter diesem Gesichtspunkt darf er z.B. nicht die noch beim Begünstigten befindlichen, zur Einreichung unter dem Akkreditiv bestimmten Dokumente pfänden, deren Pfändung durch einen anderen Gläubiger nichts im Wege stünde. Weiter geht das pactum de non petendo aber nicht. Es darf nicht auf andere Rechtsbeziehungen ausgedehnt werden. Der unter Rdn. 2/418 ff. erörterte Gesichtspunkt der missbräuchlichen Benutzung eines Akkreditivs kann hier in der Regel außer Betracht bleiben; die Benutzung eines Akkreditivs wird nicht schon dadurch missbräuchlich, dass sich der Verkäufer in einem anderen Geschäft missbräuchlich verhalten hat. Einem solchen anderweitigen missbräuchlichen Verhalten könnte man nur dann eine solche Bedeutung beimessen, wenn im Einzelfall das betrügerische Verhalten in einem anderen Geschäft – Lieferung von Kisten mit Steinen statt Maschinenteilen; betrügerische Benutzung 808 Schütze WM 1982, 226; Schefold IPRax 1996, 347 ff.; Eschmann Der einstweilige Rechtsschutz des Akkreditivauftraggebers in Deutschland, England und der Schweiz, 1994. 809 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1060; Beckmann DB 1988, 1737, 1738; Eschmann Der einstweilige Rechtsschutz des Akkreditivauftraggebers in Deutschland, England und der Schweiz, S. 114 f.; Shingleton/Wilmer RIW 1991, 793, 798 f.

274

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

gefälschter oder mit unrichtigem Inhalt selbst angefertigter Dokumente – ausreicht, um den gleichen Missbrauch auch für das laufende Geschäft als bewiesen anzusehen. Dann ist aber wieder ein Missbrauch im Rahmen dieses Akkreditivs bzw. dessen Grundgeschäfts die Basis des Eingreifens. Es darf nicht verkannt werden, dass der Käufer (Akkreditivauftraggeber) möglicherweise erst nach Eröffnung des (neuen) Akkreditivs von dem missbräuchlichen Verhalten des Lieferanten in anderen Fällen erfährt, z.B. wenn die betrügerische Falschbelieferung aus früheren Kontrakten usw. erst nach Eröffnung des in Rede stehenden neuen Akkreditivs dem Käufer zur Kenntnis gelangt ist. Der angenommene Fall liegt also durchaus im Bereich der Möglichkeiten. Generell kann man aber davon ausgehen, dass Rechtsbeziehungen aus anderen Zusammenhängen nicht in das Akkreditivverhältnis hereinreichen und daher keine Basis für gerichtliche Eilmaßnahmen abgeben können. Die hier hervortretende methodische Frage, wie scharf die Trennung zwischen 2/426 dem Akkreditiv und seinem Grundgeschäft einerseits und anderen Geschäften zwischen den Beteiligten andererseits zu ziehen sind, ist praktisch weniger wichtig, als sie scheinen mag, weil der Käufer, ebenso wie andere Gläubiger des Lieferanten, innerhalb des neuen Akkreditivverhältnisses gar keine Zugriffsmöglichkeiten für einen Arrest und keinen eine einstweilige Verfügung rechtfertigenden Anspruch hat.

6.

Prozessuale Seite der gerichtlichen Eilmaßnahmen

Ein Arrest (§§ 916 ff. ZPO) wird bei Vorliegen eines Arrestgrundes erlassen, wenn 2/427 ein Arrestanspruch gegeben ist; ein Gläubiger kann einen Arrest mithin nur gegen seinen Schuldner ausbringen lassen. Eine einstweilige Verfügung (§§ 935 ff. ZPO) wird erlassen, wenn zu besorgen ist, dass die Verwirklichung der Rechte des antragstellenden Gläubigers gegen seinen Schuldner vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Es müssen ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund vorliegen. Ein Gläubiger, der Gegenansprüche zu haben glaubt, kann gerichtliche Eilmaßnahmen nur gegen seinen Schuldner – nicht gegen Dritte – in Gang setzen. Die Inanspruchnahme eines Akkreditivs erfolgt nur selten direkt bei der (häufig 2/428 im Ausland domizilierenden) eröffnenden Bank. Normalerweise übergibt der Begünstigte die Dokumente (direkt oder über seine Hausbank) der zwischengeschalteten avisierenden Bank mit der Bitte, dieselben (wenn sie Zahlstelle ist) selbst zu honorieren, anderenfalls mit dem Auftrag, gegen die Dokumente für ihn bei der Akkreditivbank den Gegenwert einzuziehen. Bei Banken beinhaltet der Besitz der Dokumente ohne weiteres die Ermächtigung sowohl zur Einreichung der Dokumente als auch zur Entgegennahme ihres Gegenwertes. Die hier zu behandelnden gerichtlichen Eilmaßnahmen machen es erforderlich zu klären, wer wessen Schuldner und wer wessen Gläubiger ist.

275

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

Sind zwischen Begünstigtem und Akkreditivbank zwei Banken eingeschaltet, übergibt der Begünstigte die Dokumente seiner Hausbank mit dem Auftrag, das Akkreditiv für seine Rechnung in Anspruch zu nehmen; die Bank nimmt den Auftrag an. Dann hat der Begünstigte gegen die Bank einen Anspruch darauf, dass sie diesen Werkvertrag sachgemäß durchführt und ihm den erlangten Akkreditivbetrag gutbringt. Wenn jetzt die Hausbank als Treuhänderin des Begünstigten die Dokumente an die Zahlstellenbank weiterleitet und Zug um Zug dagegen die Auskehrung des Akkreditivbetrages fordert, hat sie (und nur sie und nicht der Begünstigte) im eigenen Namen einen Anspruch auf Auszahlung des Akkreditivbetrages. Reicht nun die Zahlstellenbank die Dokumente an die Akkreditivbank weiter, handelt sie ihrerseits nicht als Bevollmächtigte der Hausbank, sondern im eigenen Namen in Abwicklung des ihr von der Akkreditivbank erteilten Auftrags, als Zahlstelle zu fungieren; legitimiert durch den Besitz der Dokumente, verlangt sie von der Akkreditivbank Remboursierung. Der Begünstigte hat nach Auftragserteilung und Dokumentenübergabe einen Anspruch nur gegen seine Hausbank, nicht aber gegen die außerdem tätigen übrigen Banken. Jeder Beteiligte gewinnt gegen den nächsten Beteiligten in der Einzugskette einen eigenen Anspruch. Die Banken machen mithin nicht den Anspruch des Begünstigten als dessen Bevollmächtigte geltend. 810

2/429 Beim Einzug von lnkassodokumenten gilt Entsprechendes (Rdn. 3/9).

Der Verkäufer besitzt einen Anspruch nur gegen die erste von ihm mit dem Inkasso beauftragte Einreicherbank. Auch hier hat jeder Beteiligte nur einen Anspruch gegen den nächsten in der Einzugskette Wirkenden.

2/430 Für die Entstehung der hier erörterten Ansprüche in der Vorlegungs- bzw. Inkas-

sokette spielt es mithin keine Rolle, ob der Begünstigte seine Ansprüche aus dem Grundgeschäft und/oder aus dem Akkreditiv an seine Hausbank (entweder durch ausdrückliche Erklärung oder nach Nr. 14 AGB) abgetreten bzw. verpfändet hat oder nicht. Trotzdem empfiehlt es sich, eine ausdrückliche Abtretung des Zahlungsanspruchs aus dem Akkreditiv (bzw. des zum Inkasso in Auftrag gegebenen Anspruchs) formularmäßig in den Text des Auftrags des Begünstigten an seine Bank (collecting bank) aufzunehmen, damit die Möglichkeit einer anderen Auffassung von vornherein ausgeschlossen ist. Logischerweise darf der eingezogene Gegenwert der Dokumente nur auf demselben Weg zurückfließen, auf dem die Dokumente gekommen sind. Nur wenn man sich hierauf verlassen kann, sind die Dokumente als Kreditsicherheit für die vom Begünstigten spätestens bei Absendung der Ware von seiner Hausbank benötigten Kredite bzw. für die von den Banken untereinander eingeräumten Kreditlinien geeignet. 2/431 Nach allem ist bei Anträgen auf Erlass von einstweiligen Verfügungen oder Arres-

ten jeweils genau zu prüfen, ob sie auch gegen den richtigen Schuldner erstrebt werden.

810 Vgl. RGZ 72, 100.

276

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

a)

Zweiter Abschnitt

Einstweilige Verfügung

Die einstweilige Verfügung ist – sofern deutsches Recht zur Anwendung kommt 2/432 –811 grundsätzlich nicht gegen die Bank, sondern gegen den Begünstigten zu richten,812 dem verboten wird, die Akkreditivsumme in Empfang zu nehmen. Dass die Bank nicht Antragsgegnerin einer solchen einstweiligen Verfügung sein kann, ergibt sich schon daraus, dass das Rechtsverhältnis zwischen ihr und dem Antragsteller (Akkreditivauftraggeber) nicht streitig im Sinne des § 940 Abs. 1 ZPO ist – oder, wenn dies der Fall wäre, dass die Rechte des Antragstellers gegenüber der Bank durch die Bedienung des Akkreditivs nicht gefährdet würden (bei einer pflichtwidrigen Auszahlung des Akkreditivbetrages an den Begünstigten ständen der Bank keine Aufwandsersatzansprüche gegen den Auftraggeber zu). Die Zustellung der einstweiligen Verfügung erfolgt an den Begünstigten. Der 2/433 Akkreditivbank wird sie ebenfalls zugestellt, weil diese eine Stellung hat, die derjenigen des Drittschuldners bei Pfändung einer Forderung vergleichbar ist (§ 829 ZPO). Der Verzichtsanspruch (Rdn. 2/418 ff.) ist ein Anspruch des Käufers (nicht der Bank) aus dem Grundgeschäft gegen den Begünstigten. Infolgedessen muss auch der Käufer die einstweilige Verfügung gegen den Begünstigten (nicht gegen die Bank) erwirken. Leider war in der Praxis auch in Deutschland zu beobachten, dass untere Gerichte vereinzelt eine einstweilige Verfügung gegen die Akkreditivbank erließen und ihr verboten, die zur Bedienung des Akkreditivs eingereichten Dokumente einzulösen.813 Dem ist entgegenzutreten. Es ist richtig, die einstweilige Verfügung gegen den Begünstigten zu richten und eine Ausfertigung der Bank zuzustellen. Ist eine Zustellung an die Bank nicht erfolgt, braucht diese die einstweilige Verfügung nicht beachten. Da es nicht der Sinn einer einstweiligen Verfügung ist, dass der Antragsteller durch 2/434 sie eine endgültige Befriedigung seiner – tatsächlichen oder nur behaupteten – Ansprüche erhält, darf sie nicht zur Folge haben, dass der Begünstigte seine akkreditivrechtliche Position vollständig verliert. Wenn man ihm pauschal untersagen wollte, das Akkreditiv zu benutzen, würde mit der einstweiligen Verfügung aber fast

811 Zu der Frage, nach welcher Rechtsordnung sich das Verfahrensrecht richtet, Schütze WM 1982, 226, 230. 812 OLG Düsseldorf WM 1978, 359, 360; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1025; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 229; Liesecke WM 1966, 458, 468; Aden RIW/AWD 1981, 439, 441; Zahn in: FS Pleyer, S. 153 ff.; von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 242; Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch Rdn. K/21; LG Aachen WM 1987, 499, 501; Kümpel Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 7.197; OLG Stuttgart WM 1981, 631 (für den gleichgelagerten Fall der Bankgarantie). A.A. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/710; Eschmann Der einstweilige Rechtsschutz des Akkreditivauftraggebers in Deutschland, England und der Schweiz, S. 169; Heymann/Horn HGB, Anh. § 372 Rdn. VI/103; Beckmann DB 1988, 1737, 1739; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 289. Der Entscheidung BGH WM 1996, 995 war eine einstweilige Verfügung gegen die Bank vorausgegangen. 813 LG Aachen NJW-RR 1987, 1207, 1208 für den Fall, dass der Akkreditivsteller alle Rechtsbehelfe gegen den Begünstigten ausgenutzt hat und sonst rechtlos bliebe, m. Anm. Nielsen WuB I H 2. I.87. Zust. Hoeren/Florian Rdn. 149. S.a. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/714.

277

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

immer bewirkt werden, dass der Begünstigte das Akkreditiv unbenutzt verfallen lassen muss. Das geht unnötig weit;814 bei der regelmäßig kurzen Laufzeit der Akkreditive und dem meist langwierigen Verfahren vor Gericht wird der Begünstigte es selten erreichen, dass die einstweilige Verfügung noch während der Laufzeit des Akkreditivs aufgehoben oder gegenstandlos wird. Es genügt, wenn die einstweilige Verfügung dem Begünstigten die Entgegennahme der Akkreditivsumme untersagt, ohne ihm darüber hinaus auch noch die fristgerechte Einreichung der Dokumente zu verbieten.815 Nach Erlass einer einstweiligen Verfügung in diesem Sinne bleibt die Akkreditivsumme bis auf weiteres bei der Bank, und die Beteiligten haben ohne unnötigen Rechtsverlust Gelegenheit, mit aller gebotenen Sorgfalt über die Berechtigung der vom Antragsteller (Käufer) behaupteten Ansprüche zu prozessieren.

b)

Arrest

2/435 Arreste werden in der Praxis versucht

a) beim Akkreditiv, wenn der Akkreditivauftraggeber selbst das auf seine Veranlassung und für seine Rechnung von der aufnehmenden Bank bereitgehaltene Geld dadurch wieder zurückzuholen sucht, dass er den reinen Zahlungsanspruch pfändet, der für den Begünstigten Zug um Zug gegen Einlieferung der Dokumente entsteht;816 b) beim Inkasso, wenn der Käufer die zwecks Durchführung eines Inkasso eingetroffenen Dokumente bei der vorlegenden Bank zu pfänden wünscht (§ 847 ZPO) oder wenn er das von ihm selbst Zug um Zug gegen Aushändigung der Dokumente an die vorlegende Bank gezahlte Geld dadurch zurückzuholen trachtet, dass er den vermeintlichen Anspruch seines Lieferanten gegen diese Bank pfändet. In beiden Fällen scheitert der Arrest, gegen den die gleichen Argumente vorzubringen sind wie gegen die einstweilige Verfügung, außerdem meist schon an der einfachen Tatsache, dass ein direkter Anspruch des Verkäufers (beim Akkreditiv) gegen die negoziierende Bank bzw. (beim Inkasso) gegen die vorlegende Bank gar nicht besteht.817 Hierfür gibt es zwei Gründe: Einmal hat in den meisten Fällen der Verkäufer seine Rechte aus dem Grundgeschäft und (beim Akkreditiv auch)

814 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1065; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 286; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 542. 815 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/709; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1025; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 541, 543 m. Hinw. auf die Befristungsmöglichkeit des Unterlassungsgebots; Liesecke WM 1976, 258, 268. 816 Vgl. in diesem Zusammenhang für das United Kingdom die sog. Mareva-Injunction, genannt nach der Entscheidung Mareva Compania Naviera S. A. v. International Bulk Carriers S. A. (1975) 2 Lloyd’s Rep. 509. Hierzu ausf. m.N. Eschmann Der einstweilige Rechtsschutz des Akkreditivauftraggebers in Deutschland, England und der Schweiz, S. 207 ff. 817 Ebenso Pleyer WM-Sonderbeilage 2/1973, 24; Borggrefe S. 87 ff.; Liesecke WM 1966, 458, 468; ders. WM 1976, 258, 267 f. A.A. Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 545 f.; Beckmann

278

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

aus der zu seinen Gunsten erfolgten Akkreditiveröffnung an seine Bank durch besonderen Vertrag oder nach Maßgabe der Nr. 14 AGB abgetreten bzw. verpfändet, was freilich im Ausland mitunter zu Beweisschwierigkeiten führt oder mit Zessions- bzw. Verpfändungsvorschriften kollidiert. Außerdem – und das ist noch wichtiger – muss berücksichtigt werden, dass fast nie ein direkter Anspruch des Verkäufers gegen die negoziierende Bank bzw. gegen die Inkassobank besteht, weil in der Regel andere Banken dazwischengeschaltet sind. Gelder des Verkäufers können nur als Guthaben auf seinem Konto bei derjenigen Bank von einer Arrestverpfändung erfasst werden, der er die Dokumente zur Bedienung des Akkreditivs bzw. zur Durchführung des Inkasso gegeben hat, da der Verkäufer selbst nur gegen diese Bank einen Anspruch besitzt. Eine Bank, der eine zu Unrecht gegen sie selbst gerichtete gerichtliche Eilmaß- 2/436 nahme zugestellt wird, ist freilich in einer wenig beneidenswerten Lage. Sie muss die gerichtliche Verfügung, auch wenn sie unberechtigt ist, zunächst einmal beachten; damit kann sie sich keinesfalls regresspflichtig machen. Allerdings hat sie sorgfältig zu prüfen, ob sie nicht verpflichtet ist, in Wahrung der Rechte und Interessen aller am Akkreditiv bzw. Inkasso Beteiligten gegen die gerichtliche Eilmaßnahme Widerspruch nach §§ 924 Abs. 1 und 2, 936 ZPO einzulegen; ein Vorwurf kann ihr, wenn sie dies tut, von keiner Seite gemacht werden, zumal die vollziehende Wirkung von einstweiliger Verfügung und Arrest durch den Widerspruch nicht gehemmt wird (§§ 924 Abs. 3, 936 ZPO). Die ihr durch das Verfahren entstehenden Kosten kann sie im Rahmen ihres Anspruchs auf Aufwendungsersatz gegenüber ihrem Auftraggeber geltend machen (vgl. auch Rdn. 9/91).

J.

Verlust der Dokumente

Auf dem Weg vom Verkäufer zum Käufer machen die Dokumente oft eine lange, 2/437 durch Zwischenstationen unterbrochene Reise. Wenn sie hierbei ganz oder teilweise verloren gehen, führt dies in rechtlicher Hinsicht zu unterschiedlichen Konsequenzen, je nachdem, in welcher Phase des Geschäftsablaufs der Verlust eintritt.

1.

Verlust beim Begünstigten

Gehen die Dokumente verloren, bevor sie den Bereich des Begünstigten verlassen 2/438 haben, also bei ihm selbst oder auf dem Wege von ihm zu seiner Hausbank, bleibt ihm die Möglichkeit, Ersatzdokumente zu beschaffen. Wenn er diese noch rechtzeitig, d.h. innerhalb der Vorlegungsfrist, einreicht, wird man die Bank als zur Aufnahme verpflichtet halten müssen.818 Ist die Vorlegungsfrist bereits abgelau-

DB 1988, 1737, 1740; Shingleton/Wilmer RIW 1991, 793, 801; Hoeren/Florian Rdn. 151; Plagemann RIW 1987, 27 ff. für deferred payment-Akkreditive. 818 So auch Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 365.

279

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

fen, verfällt das Akkreditiv, falls die Frist nicht bis zu einem Zeitpunkt, der dem Begünstigten die Einreichung der Ersatzdokumente ermöglicht, verlängert wurde; die Verlängerung stellt eine nur mit Zustimmung aller Beteiligten mögliche Änderung des Akkreditivs dar (Rdn. 2/118).

2.

Verlust auf dem Weg vom Begünstigten zur Bank

2/439 Gehen die Dokumente oder ein Teil derselben auf dem Weg vom Begünstigten zu

derjenigen Bank verloren, bei der entsprechend den Bedingungen des Akkreditivs die Einreichung erfolgen soll (Akkreditivbank selbst; bestätigende oder sonstige benannte Bank i.S.d. Art. 6a ERA), verfällt das Akkreditiv unbenutzt. Grundsätzlich trägt der Begünstigte bis zum Augenblick der Andienung der Dokumente bei einer zu deren Aufnahme vorgesehenen Bank die Gefahr des zufälligen Untergangs.819 Das gilt auch, wenn er sich einer am Akkreditivvorgang nicht beteiligten Bank zur Weiterleitung der Dokumente bedient, z.B. wenn er seine Hausbank beauftragt, die Dokumente an diejenige Bank zu senden, bei der das Akkreditiv benutzbar ist; die Hausbank ist dann Erfüllungsgehilfin, deren etwaiges Verschulden der Begünstigte sich zurechnen lassen muss (§ 278 BGB). In vielen Fällen wird jedoch auch hier die Möglichkeit bestehen, rechtzeitig vor Ablauf des Akkreditivs Ersatzdokumente zu beschaffen. Dies ist Sache des Begünstigten. 2/440 In diesem Stadium verlorene Dokumente lassen sich grundsätzlich nicht durch

eine Bankgarantie ersetzen.820 Dabei ist es unerheblich, ob den Begünstigten ein Verschulden an dem Verlust trifft oder nicht. Gerät er in Zeitnot, bleibt ihm nichts anderes übrig, als Auftraggeber und beteiligte Banken um ihr Einverständnis zur Akkreditivverlängerung – und damit zu einer Änderung des Akkreditivs – zu bitten, zu der diese aber nicht verpflichtet sind. 2/441 Verfällt das Akkreditiv infolge des Verlustes der Dokumente durch zeitlichen

Ablauf, verbleibt dem Verkäufer die Forderung gegen den Käufer aus dem Kaufvertrag, sofern die Ware rechtzeitig versandt war. Er verliert nur die in den Zahlungsweg über das Akkreditiv verlagerte besondere Sicherheit für seine Forderung. Die Verfügungsmöglichkeit über die Ware wird er sich in den meisten Fällen durch entsprechende Ersatzmaßnahmen erhalten können, da wirklich verlorene Dokumente nicht in die Hand des Käufers oder eines unbefugten Dritten geraten und somit ein Übergang des Eigentums an der noch unbezahlten Ware auf den Käufer oder einen sonstigen Nichtberechtigten kaum stattfinden kann. Gingen die Dokumente dagegen nicht verloren, sind aber durch Diebstahl oder Unterschlagung in unrechte Hände gelangt, gelten allerdings für die Berechtigung des Inhabers der Dokumente die allgemeinen Vorschriften (§ 935 BGB, § 365 HGB, Art. 16, 17 WG).

819 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 200; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 362. 820 Vgl. aber zum Verlust von Konnossementsausfertigungen bei getrennter Versendung Rdn. 2/446 und Rdn. 9/57 ff.

280

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

3.

Zweiter Abschnitt

Verlust bei den am Akkreditiv beteiligten Banken oder im Verkehr unter diesen

Gehen die Dokumente im Geschäftsbetrieb einer der am Akkreditivvorgang betei- 2/442 ligten Banken (Akkreditiv-, Bestätigungs- oder) oder auf der Reise zwischen zwei solchen Banken verloren, gilt Folgendes: Tritt der Verlust der Dokumente bei der Avisbank ein, die nicht Zahlstelle für das Akkreditiv, sondern nur „Durchleitungsstelle“ ist, oder gehen die Dokumente auf dem Wege von dieser Avisbank zur Akkreditivbank verloren, trägt – rechtlich betrachtet – das Risiko des Verlustes noch der Begünstigte.821 Grundsätzlich ist es Sache des Begünstigten, die Dokumente derjenigen Bank einzureichen, bei der das Akkreditiv benutzbar ist. An diesem Grundsatz ändert sich auch nichts dadurch, dass die Akkreditivbank sich zur Mitteilung der Akkreditiveröffnung an den Begünstigten einer zweiten Bank bedient. Die Verpflichtung, den Akkreditivbetrag an den Begünstigten zu zahlen, hat die Akkreditivbank nur unter der Voraussetzung übernommen, dass die Dokumente innerhalb der Laufzeit des Akkreditivs bei ihr oder der Zahlstelle vorkommen; die Einreichung der Dokumente bei der Avisbank löst noch nicht die Zahlungsverpflichtung der Akkreditivbank aus. Eine andere Beurteilung greift jedoch dann Platz, wenn die Akkreditivbank dem 2/443 Begünstigten im Akkreditiv ausdrücklich vorschreibt, dass er die Dokumente bei der Avisbank einreichen solle. Eine solche Weisung kommt in der Praxis hin und wieder vor, z.B. wenn die Avisbank der Akkreditivbank eine Kreditlinie eingeräumt hat und daher ein eigenes Interesse daran hat, die Dokumente in die Hand zu bekommen. In einem solchen Fall muss sich der Begünstigte zur Weiterleitung der Dokumente der Avisbank bedienen, selbst wenn er die Möglichkeit hätte, auf anderem – vielleicht sichererem – Wege die Dokumente unmittelbar bei der Zahlstelle vorzulegen. Wird aber dem Begünstigten der Weg vorgeschrieben, auf dem er die Dokumente vorlegen muss, wäre es unbillig, ihm das Verlustrisiko für diesen Weg aufzubürden. Die Avisbank ist hier eine von der Akkreditivbank ausdrücklich zur Entgegennahme der Dokumente vorgeschriebene Stelle; mit Einreichung bei dieser verlassen daher die Dokumente die Sphäre und den Verantwortungsbereich des Begünstigten; die Gefahr des zufälligen Untergangs geht auf die Akkreditivbank bzw. den Käufer über.822 Eine Weisung an den Begünstigten, sich der Avisbank zur Übermittlung der Dokumente an die Akkreditivbank zu bedienen, ist in rechtlicher Hinsicht nicht schon in der Tatsache zu sehen, dass das Akkreditiv dem Begünstigten überhaupt von einer zweiten Bank avisiert wird. Dennoch steht dieser Fall dem soeben erörterten sehr nahe, weil die Kundschaft – auch ohne rechtliche Ver-

821 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 363; Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/103. 822 Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/103.

281

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

pflichtung – in der Praxis ohnehin davon ausgeht, dass die Einreichung der Dokumente über die avisierende Bank zu erfolgen habe. Es mag daher überspitzt erscheinen, zwischen beiden Fällen einen Unterschied zu machen; immerhin hat die Akkreditivbank durch die Auswahl der Avisbank eine sich praktisch auswirkende, wegleitende Auswahl vorgenommen. Urteile, welchen ein derartiger Sachverhalt zugrunde liegt, sind bisher nicht bekannt geworden. Dies ist wohl daraus zu erklären, dass durch das Zusammenwirken der beiden Banken in der Regel allseitig befriedigende praktische Lösungen gefunden werden. Schließlich ist die Ware ordnungsmäßig versandt worden und häufig sogar schon beim Käufer eingetroffen. 2/444 Hat der Begünstigte die Dokumente bei der Zahlstelle, d.h. der Bank, bei der das

Akkreditiv benutzbar war, fristgerecht eingereicht und die aufnehmende Bank die Dokumente vor dem Verlust geprüft, ist dieser – wie Art. 35 Abs. 2 ERA jetzt ausdrücklich klarstellt823 – frei von jeder Verantwortung und Gefahrtragung im Falle des späteren Verlustes und zwar unabhängig davon, ob die benannte Bank honoriert oder negoziiert hat824 Er kann sich auf das Ergebnis der Dokumentenprüfung berufen, und der Käufer muss sich dieses Ergebnis nicht nur von ihm, sondern auch von der zahlenden Bank entgegenhalten lassen, da sie eine Bank seines Vertrauens ist. Selbst wenn also die Zahlstellenbank nach Zahlung den späteren Verlust der Dokumente verschuldet hat, behält sie ihren Erstattungsanspruch gegen die Akkreditivbank, die ihrerseits den Akkreditivbetrag vom Käufer verlangen kann. Der Bank fallen, wenn sie den Verlust zu vertreten hat, lediglich die Mehrkosten für Ersatzdokumente, für notwendige Garantien usw. zur Last. Sind die Banken infolge höherer Gewalt nach rechtzeitiger Dokumenteneinreichung an einer fristgemäßen Prüfung und Bearbeitung gehindert, kommt nicht Art. 36 ERA zur Anwendung.825 Diese Grundsätze gelten natürlich erst recht für die Akkreditivbank. Wurden die Dokumente von ihr oder der Zahlstelle ordnungsgemäß entgegengenommen, sind sie – auch schon vor der Prüfung – aus dem Herrschaftsbereich des Begünstigten in den Herrschaftsbereich des Käufers, mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen, übergegangen.826 2/445 In allen Fällen ist eine Bank verpflichtet, den durch den Dokumentenverlust dro-

henden Schaden nach besten Kräften abzuwenden. Sie muss also unverzüglich entsprechende Nachrichten hinausgehen lassen und für die reibungslose Abwicklung des irregulär gewordenen Geschäftes zweckentsprechend nach Lage des Einzelfalles sorgen. Diese Verpflichtung stellt einen Teil der Sorgfaltspflicht dar, die der Bank im Rahmen des Geschäftsbesorgungsvertrages mit

823 Hierzu Keller Exclusion Clauses, DCInsight, 2008, Vol. 14, No. 2 S. 6. 824 Abweichend noch die Vorauflage zu der insoweit nicht eindeutigen Regelung des Art. 16 ERA 500. 825 BGH WM 1960, 38; Baumbach/Hopt HGB (11), ERA Art. 17 Rdn. 1. 826 BGH WM 1960, 38.

282

VI. Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten

Zweiter Abschnitt

dem Käufer obliegt. Sie umfasst die Unterstützung bei Durchführung des Aufgebotsverfahrens nach §§ 946 ff. ZPO für die verlorengegangenen Dokumente, die Mithilfe bei der Besorgung von Ersatzdokumenten und nach Lage des Falles die Stellung einer Bankgarantie (Rdn. 2/380), mit deren Hilfe der Käufer Zugang zur Ware erhält, falls diese eher als die Ersatzdokumente am Bestimmungsort eintrifft. Sofern bei Versendung der Dokumente ein Teil der Ausfertigungen sein Ziel nicht 2/446 erreicht und infolgedessen kein „full set“ vorgelegt werden kann, muss die Bank trotzdem die Teileinreichung honorieren, wenn ihr für den fehlenden Rest vom Verkäufer eine akzeptable Bankgarantie beigebracht wird.827 Die Annahme einer solchen Garantie ist in diesem Falle nicht in ihr Belieben gestellt.828 Die getrennte Versendung mehrerer Ausfertigungen wurde im Interesse des Käufers gerade im Hinblick auf die Möglichkeit von Verlusten vorgenommen; es wäre widersinnig, die Honorierung nur deshalb abzulehnen, weil dieser Fall tatsächlich eingetreten ist. Eine einwandfreie Bankgarantie schützt demnach den Begünstigten allgemein auch für den Fall, dass ein Teil der Ausfertigungen schon auf dem Wege von ihm zur zweiten Bank oder von der „Durchleitungsstelle“ zur Zahlstelle verlorengeht, sofern nur ein Satz ordnungsgemäß ankommt. Gegen diese Auffassung könnte man einwenden, dem Käufer müsse die Ablehnung einer Bankgarantie dieser Art wenigstens dann freistehen, wenn er die Ware seinerseits auf dokumentärer Basis weiterverkauft hat und nun ein Akkreditiv, welches zu seinen Gunsten eröffnet ist, nicht bedienen kann. Dieser Einwand erscheint indessen nicht stichhaltig. Da der Nachweis vertragsgemäßen Verhaltens sich jederzeit mithilfe des nicht verlorengegangenen Teiles der Dokumente auch gegenüber dem Dritterwerber der Ware bzw. gegenüber dessen Bank erbringen lässt, kann man gute Gründe dafür anführen, dass eine unter dem Einkaufsakkreditiv anzuerkennende Garantie auch unter dem sich unmittelbar anschließenden Verkaufsakkreditiv nicht zurückgewiesen werden darf.

4.

Verlust auf dem Weg von der Akkreditivbank zum Käufer

Gehen schließlich die Dokumente auf dem Weg von der Akkreditivbank zum Käu- 2/447 fer ohne erkennbares Verschulden eines Beteiligten verloren, haftet wegen des dadurch ausgelösten Schadens nicht die Bank; vielmehr trägt sie, ebenso wie die Bank im Lande des Begünstigten, in dem entsprechenden Falle nur die Beweislast dafür, dass Dokumente eingereicht waren, die dem Akkreditiv entsprachen. Für den Verlust kann sie nach Nr. 3 AGB nicht verantwortlich gemacht werden. Sie ist aber aufgrund des Geschäftsbesorgungsvertrages im Rahmen ihrer Sorgfaltspflicht gehalten, in der oben bereits erörterten Art und Weise dabei mitzuwirken,

827 Vgl. die Ausführungen Rdn. 9/59 ff. 828 A.A. Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 183; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 384; Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/117.

283

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

dass der Schaden des Käufers entweder ganz abgewendet oder zumindest so gering wie möglich gehalten wird. Die dadurch entstehenden Mehrkosten gehen zu Lasten des Käufers.

VII. Abwicklung des Geschäftsbesorgungsvertrags zwischen Akkreditivauftraggeber und Akkreditivbank A.

Akkreditiv gegen Deckung in Geld

2/448 Mit der Entgegennahme der Dokumente und der Auszahlung des Akkreditiv-

betrages an den Begünstigten sowie der Erfüllung im Einzelfall vereinbarter Nebenpflichten hat die Akkreditivverpflichtung der Akkreditivbank gegenüber dem Begünstigten (Rdn. 2/150) nach § 362 BGB ihre Erledigung gefunden. Im Anschluss daran wird der Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen dem Akkreditivauftraggeber und der Akkreditivbank (Rdn. 2/36) abgewickelt. Handelt es sich um ein Akkreditiv, für das der Auftraggeber bereits zum Zeitpunkt der Eröffnung oder auf Anfordern der Bank vor Fälligkeit den Gegenwert angeschafft hatte, händigt die Bank bei Abwicklung des Geschäftsbesorgungsvertrages dem Auftraggeber Zug um Zug gegen Bezahlung der Dokumentenaufnahme-Provision829 sowie etwaiger weiterer noch nicht bezahlter Provisionen, Auslagen und Spesen die Dokumente830 zur freien Verfügung aus. Dabei sind eventuell bestehende formelle Übertragungsvorschriften (z.B. Indossierung des Konnossements) zu beachten. Der Auftraggeber wird dadurch in die Lage versetzt, die Ware in Empfang zu nehmen. 2/449 Falls die Bank aus anderen Zusammenhängen ihrer Geschäftsverbindung dem

Kunden (Akkreditivauftraggeber) gegen diesen fällige Forderungen oder einen Anspruch auf Verstärkung ihrer Sicherheiten besitzt, wird sie möglicherweise unter Berufung auf die allgemeine Pfandklausel der Nr. 14 Abs. 1, 2 AGB ein Pfandrecht an den hereinkommenden Dokumenten geltend machen, die Dokumente daher also nicht ohne weiteres dem Auftraggeber zur freien Verfügung aushändigen. Dieses Pfandrecht wird der Bank in der einschlägigen Literatur überwiegend zuerkannt.831 Dem ist zuzustimmen, da in der Anschaffung des Gegenwertes für ein Akkreditiv bei der Bank keine ausdrückliche oder stillschweigende Parteivereinbarung liegt, aufgrund derer die aufzunehmenden Dokumente von der Haftung

829 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 968; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 225; Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/63; Baumbach/Hopt HGB, (7) BankGesch K/3. 830 Es besteht eine Abnahmepflicht, Schlegelberger/Hefermehl HGB Anh. § 365 Rdn. 188. Hiergegen: Den Akkreditivauftraggeber treffe lediglich die Obliegenheit, die eingelösten Dokumente aufzunehmen, Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 106; Nielsen Grundlagen, S. 59. Ferner Rdn. 2/472. 831 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 970; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 189; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/531; Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 35.

284

VII. Geschäftsbesorgungsvertrag Auftraggeber/Akkreditivbank

Zweiter Abschnitt

für alle außerhalb des Akkreditivs liegenden Verbindlichkeiten des Auftraggebers gegenüber der Bank frei sein sollen. Dazu führen folgende Überlegungen: Wenn ein Kunde mit fälligem Debetsaldo seiner Bank einen Geldbetrag anbietet, 2/450 damit sie mit diesem einen bei ihr zahlbar gestellten Wechsel oder ein auf sie für den Kunden zukommendes Inkasso einlöst, erklärt sich die Bank mit der Annahme des Geldes bereit, den Wechsel bzw. das Inkasso getrennt von ihren übrigen Geschäftsbeziehungen mit dem Kunden zu behandeln und mit dem fraglichen Geldbetrag einzulösen. Sie verzichtet darauf, das Geld statt für diesen Zweck zur Abdeckung eines fälligen Kredites des Kunden zu verwenden.832 Dass sie darüber hinaus beim Inkasso die mit dem Geld des Kunden eingelösten Dokumente nicht als Pfand nach Nr. 14 Abs. 1, 2 AGB behalten darf, sondern sie an den Kunden zur freien Verfügung herausgeben muss, ergibt sich bereits aus dem Verlangen des Exporteurs, von dem der Inkassoauftrag ausgegangen ist (Rdn. 3/1 ff.). Es läge nahe, die Trennung auch des Akkreditivs von den sonstigen Geschäften vor- 2/451 zunehmen, wenn eine Bank von ihrem Auftraggeber die Anschaffung des Gegenwerts für ein von ihr zu eröffnendes Akkreditiv verlangt und der Auftraggeber den Betrag auch einzahlt. Aber mit der Entgegennahme des Gegenwertes für ein Akkreditiv übernimmt die Bank im Verhältnis zum Auftraggeber keineswegs stillschweigend die Verpflichtung, ihm die später vorkommenden Dokumente nach erfolgter Einlösung ohne Rücksicht auf seine sonstigen Verpflichtungen frei auszuhändigen. Die Verpflichtung zur Einlösung der Dokumente hat mit der Geldanschaffung des Auftraggebers nichts zu tun; sie ist vielmehr bereits durch die Akkreditiveröffnung selbständig gegenüber dem Begünstigten übernommen. Im Gegensatz zu der vorerwähnten Wechseleinlösung, muss die Bank die Akkreditivdokumente schon aufgrund der von ihr gegenüber dem Begünstigten eingegangenen Akkreditivverpflichtung einlösen, und zwar unabhängig davon, ob der Auftraggeber den Gegenwert eingezahlt hat oder nicht. Der Zweck einer Anschaffung des Akkreditivbetrages durch den Auftraggeber besteht mithin nicht darin, ihm die Freistellung der Dokumente zu sichern, sondern in einer Sicherung der Bank für ihre selbständige Zahlungsverpflichtung, die sie für Rechnung des Auftraggebers nach außen übernommen hat; die Bank will nicht machtlos dagegen sein, dass sich während der Laufzeit des Akkreditivs ein Debetsaldo des Auftraggebers erhöht oder sein Guthaben verringert und eine Einlösung des Akkreditivs dann nur im Wege einer zwangsläufigen Krediteinräumung an den Auftraggeber möglich wird. Die Umbuchung des Akkreditivbetrages vom laufenden Konto des Auftraggebers auf das Akkreditiv-Deckungs-Konto ist lediglich eine buchhalterische Ordnungsmaßnahme, die es Bank und Auftraggeber ermöglicht, ohne Berücksichtigung des Akkreditivs in ihren Geschäftsbeziehungen sachgemäß zu disponieren; sie hat aber nicht die Bedeutung einer Parteivereinbarung, derzufolge der Akkreditivwert als bezahlt anzusehen ist und gleichzeitig die später hereinkommenden Dokumente von jeder Haftung freigestellt sein sollen.

832 BGH WM 1985, 688, 689.

285

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

2/452 Die Anschaffung des Gegenwertes für ein Akkreditiv und seine Verbuchung

auf dem Akkreditiv-Deckungs-Konto sind daher ohne Einfluss auf die Geltung der allgemeinen Pfandklausel der Nr. 14 Abs. 2 AGB, wonach einer Bank alle in ihre Hand gelangenden Vermögenswerte eines Kunden als Pfand für dessen jeweilige Verpflichtungen dienen.833 Dies entspricht der Billigkeit: Der Akkreditivauftraggeber hat zwar ein berechtigtes Interesse daran, die Transportdokumente ausgehändigt zu bekommen, um den Zugang zur Ware zu erhalten. Aber wenn er seine Vereinbarungen mit der Bank einhält und keinen Kredit überfällig werden lässt, hat die Bank nach Bedienung des Akkreditivs keinen Grund, die Dokumente zurückzuhalten, und ist sogar verpflichtet, sie dem Auftraggeber auszuhändigen. Nur wenn die Bank während der Laufzeit des Akkreditivs aus irgendwelchen Gründen Ansprüche gegen den Auftraggeber erwirbt, die beispielsweise auf die Nichteinhaltung getroffener Kreditvereinbarungen durch den Auftraggeber zurückzuführen sind, darf sie die Dokumente zumindest so lange zurückhalten, bis der Auftraggeber anderweitig ausreichende bankmäßige Sicherheiten stellt. Tut er dies, wird die Bank sich nicht mehr weigern, die Dokumente freizustellen; sie könnte sich in diesem Fall selbst schaden und möglicherweise sogar arglistig handeln, wenn sie gleichwertige Sicherheiten ablehnen und durch die Einhaltung der Dokumente den Auftraggeber in der Fortführung seines Betriebs behindern würde. Die Frage des Pfandrechts der Bank an den Dokumenten wurde in diesem Zusammenhang mehr um der grundsätzlichen Klarstellung als um der praktischen Bedeutung willen so ausführlich erörtert. Bei loyaler Zusammenarbeit zwischen Bank und Auftraggeber werden sich in der Praxis kaum jemals Schwierigkeiten dieser Art ergeben, weil beide Seiten bemüht sind, den berechtigten Interessen des Partners entgegenzukommen. Dies geschieht üblicherweise in der Form, dass die Bank dem Auftraggeber auch bei vertragswidrig entstandenem Debetsaldo den Weiterverkauf der Ware ermöglicht und im Einvernehmen mit ihm den Erlös so aufteilt, dass sie dem Auftraggeber alle zur Durchführung des in Frage stehenden Importgeschäftes notwendigen Mittel – eventuell zuzüglich einer festzusetzenden Marge – belässt und nur den eigentlichen Reingewinn zur Abdeckung seines anderweitig überfälligen Kredites verwendet. Dem Akkreditivauftraggeber sei für derartige Fälle empfohlen, rechtzeitig mit entsprechenden Vorschlägen an die Bank heranzutreten, damit es nicht in dem Augenblick zu unangenehmen Überraschungen für beide Partner kommt, wenn das Akkreditiv bedient ist und die Ware bereits anrollt.

833 S. zum Pfandrecht der Bank am Herausgabeanspruch des Kunden gegen sie selbst im Fall des Dokumenteninkassos BGHZ 95, 149, 154.

286

VII. Geschäftsbesorgungsvertrag Auftraggeber/Akkreditivbank

B.

Zweiter Abschnitt

Akkreditiv in Verbindung mit einem Kreditgeschäft

In der Mehrzahl der Fälle werden Akkreditive eröffnet, ohne dass der Auftrag- 2/453 geber den Gegenwert – sei es ganz oder teilweise – sofort in Geld anschafft.834 Die darin liegende Kreditgewährung an den Auftraggeber wirkt sich je nach dem Inhalt der Vereinbarung unterschiedlich auf die Abwicklung des Geschäfts zwischen ihm und der Bank aus.

1.

Kredit während der Laufzeit des Akkreditivs

Häufig vereinbart die Bank mit dem Auftraggeber, für den sie das Akkreditiv ohne 2/454 Einschuss des Gegenwerts eröffnet, dass dieser zahlt, sobald die Bank aufgrund der Inanspruchnahme des Akkreditivs selbst zur Zahlung verpflichtet ist. Hier stellt die Bank dem Auftraggeber (Käufer) nur ihre eigene Kreditwürdigkeit, nicht aber ihr Geld zu Verfügung. Die Kreditgewährung hat avalen Charakter; man spricht auch von einem Akkreditivkredit oder – etwas allgemeiner – von Kreditleihe.835 Der Anspruch des Auftraggebers auf Aushändigung der Dokumente entsteht – ebenso wie bei einem im Voraus schon bei Auftragserteilung durch Barzahlung abgedeckten Akkreditiv – sofort nach deren Aufnahme, sofern der Auftraggeber unter Einhaltung seiner Vereinbarung mit der Bank den Akkreditivbetrag angeschafft hat. Der vertraglich festgelegte Zahlungszeitpunkt ist unterschiedlich, und zwar je nachdem, ob Postlaufkredit, Einschuss bei Meldung der Versandbereitschaft durch den Begünstigten oder sonstige Einzelheiten vereinbart wurden.

2.

Anschlussfinanzierung

Eine grundlegende Änderung der Akkreditivabwicklung tritt dann ein, wenn der 2/455 Akkreditivauftraggeber eine Finanzierung wünscht, die noch über den Zeitpunkt der Einlösung der Dokumente durch die Bank hinausreicht (Importfinanzierung).836 Er strebt beispielsweise an, die Aus- und Umladung der Ware, den Zeitraum der Weiterlieferung an seine Abnehmer sowie die von diesen in Anspruch genommenen Zahlungsziele durch die Akkreditivbank finanzieren zu lassen. In diesen Fällen stellt die Bank dem Auftraggeber dann nicht nur ihre eigene Kreditwürdigkeit zur Verfügung, sondern tritt außerdem anschließend für ihn auch mit Geld in Vorlage. Man spricht dann von einer Anschlussfinanzierung.

834 Zur regelmäßigen Vereinbarung einer Vorschussleistung und Stellung einer Sicherheit s. RGZ 102, 155; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 968; Nielsen Grundlagen, S. 58; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 103. 835 Schönle Bank- und Börsenrecht, § 12 I. S.a. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/530. 836 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/531.

287

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

Ist der Auftraggeber finanziell so stark, dass er den Kredit auf alle Fälle ohne Rücksicht auf den Ablauf des konkreten vorliegenden Geschäfts abdecken kann – d.h. ist der Auftraggeber ohne weiteres in blanko für den Kreditbetrag gut –, oder lässt sich der Kreditbetrag in einer ohnehin (z.B. durch eine Grundschuld oder Wertpapiere) gesicherten allgemeinen Kreditlinie unterbringen, ohne dass für das betreffende Einzelgeschäft noch besondere Überlegungen anzustellen wären, braucht sich die finanzierende Bank nicht um eine besondere Konstruktion für die Anschlussfinanzierung zu bemühen. Wirklich aktuell wird das Problem der Anschlussfinanzierung, wenn erst die Durchführung des speziellen Geschäfts die Rückzahlung des Kredits ermöglicht, der Akkreditivauftraggeber also auf den Erlös aus dem Weiterverkauf der mittels des Akkreditivs gekauften Ware angewiesen ist, um den Kredit zurückzahlen zu können. Derartige Geschäfte, die sich durch ihre vollständige Durchführung wirtschaftlich von selbst erledigen, bezeichnet man auch als self liquidating.837 2/456 Dieser Art von Anschlussfinanzierungen kommt besondere Bedeutung zu, wenn

der Import nicht von einer großen Produktionsfirma (Hüttenwerk importiert Schrott), sondern von einem Importhändler durchgeführt wird, dessen Eigenmittel im Verhältnis zum Gesamtvolumen der gleichzeitig laufenden Importe und zur Größe der Einzelgeschäfte im allgemeinen relativ klein sind. Hier hängt die Rückzahlung des Kredits oft tatsächlich von der programmgemäßen Durchführung des betreffenden Einzelgeschäfts ab. Bei der Finanzierung von Importen der letztgenannten Art ergeben sich für die finanzierende Bank wirtschaftliche und rechtliche Risiken. Zur Minderung des wirtschaftlichen Risikos (z.B. Preisverfall) verlangen die Banken in der Regel von dem Akkreditivauftraggeber einen Einschuss und – oder wenigstens – den Nachweis, dass die bankseitig finanzierte Importware zu festen Preisen an solvente Abnehmer fest vorverkauft wurde, so dass das Preisrisiko weit gehend ausgeschaltet ist. „Meinungskäufe“838 sollten die Auftraggeber nicht mit fremdem Geld, sondern mit eigenen Mitteln – oder (wenn auf dem Kreditweg) mit reichlichem Einschuss – finanzieren, und das auch nur in einem klug bemessenen Rahmen. Bei der Abwicklung ist Wert darauf zu legen, dass der rechtliche Bestand der der Bank zustehenden dinglichen Sicherheit zu keinem Zeitpunkt des technischen Importablaufs unterbrochen wird, damit der Bank sowohl die dingliche Berechtigung als auch die tatsächliche Zugriffsmöglichkeit auf die als Sicherheit dienende Ware lückenlos erhalten bleibt.839 Für den deutschen Rechtskreis liegen hierin

837 S. hierzu a. Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 100 Rdn. 7 sowie ders. in: BuB, Rdn. 5/78. 838 Die Ware ist hier nicht fest vorverkauft, so dass der Importeur das Risiko der Preisveränderung trägt. Dazu ist er nur bereit, wenn er „meint“, dass die Preisentwicklung für ihn günstig ausfallen würde. 839 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/531; ders. in: Bankrechts-Handbuch, § 100 Rdn. 54 ff.; ders. ZIP 1983, 131; ders. WM 1994, 2221, 2261 ff.; Scholz/Lwowski Recht der Kreditsicherung, Rdn. 522 f.

288

VII. Geschäftsbesorgungsvertrag Auftraggeber/Akkreditivbank

Zweiter Abschnitt

spezielle Probleme, da nach deutschem Recht (§§ 1205, 1206 BGB) ein Pfandrecht ohne Besitz oder Mitbesitz wirksam weder entstehen noch aufrechterhalten werden kann840 und zudem die Technik der Importabwicklung eigentlich fast immer dazu zwingt, dem Schuldner zeitweise (zwecks Umladung usw.) den Besitz der Dokumente bzw. der Ware zu überlassen. Um für die Bank eine kontinuierliche Sicherung aufrechtzuerhalten, müssen die Beteiligten im Geltungsbereich des deutschen Rechts häufig die Rechtsform der Sicherungsübereignung benutzen.841 Erwägungen darüber, wie die Abwicklung des Importgeschäfts bei gleichzeitiger 2/457 Kreditgewährung vor sich gehen soll, sind bereits bei Erteilung des Akkreditivauftrags (d.h. bei Abschluss des Geschäftsbesorgungsvertrages zwischen Auftraggeber und Bank) anzustellen (Rdn. 2/135 f.). Akkreditivauftraggeber und Bank sollten den technischen Ablauf des Imports von Anfang an bis zum Ende klar vor Augen haben. In diesem frühen Stadium bedarf es keiner großen Mühe, die Vereinbarungen den Besonderheiten des einzelnen Geschäfts sinnvoll anzupassen. Vor allem hat dann auch der Auftraggeber die Möglichkeit, die Verträge mit seinen Abnehmern so zu gestalten, dass sie sich in die Vereinbarungen mit seiner Bank mühelos einfügen. Die Finanzierung von Importgeschäften setzt für die Bank stets Vertrauen in den Kunden voraus. Sie muss sich darauf verlassen können, dass kriminelle Handlungen oder vorsätzliche Unredlichkeiten unterbleiben und dass – was technisch fast immer im Bereich des Möglichen liegt – der Kunde sie weder selbst noch über Spediteure usw. in irgendeiner Weise hintergeht. Im Hinblick auf die anzustrebende rechtliche Kontinuität ihrer Sicherheit sollte 2/458 die Bank bei den Abmachungen mit dem Akkreditivauftraggeber unbedingt darauf achten, dass das Eigentum an den Dokumenten und damit – jedenfalls bei Verwendung von Traditionspapieren – auch an der Ware unmittelbar vom Begünstigten auf die finanzierende Bank übergeht.842 Auszuschalten ist der Umweg des Eigentums über das Vermögen des Auftraggebers. Nur auf diese Weise wird sichergestellt, dass – auch wenn ein Auftraggeber ausnahmsweise während der Laufzeit des finanzierten Geschäfts in Zahlungsschwierigkeiten gerät – der Bank die Sicherheit erhalten bleibt, so dass sie die Chance hat, sich in der etwaigen Insolvenz des Auftraggebers als absonderungsberechtigte Gläubigerin zu erholen. Dies kann mit einiger Sicherheit nur dadurch erreicht werden, dass die Bank auf kürzestem Wege, d.h. direkt vom ausländischen Ablader (Indossierung der Konnossemente in blanko oder namentlich an die Bank), das Eigentum an der Ware

840 Es gibt auch fremde Rechte, die ein nur durch Vertrag (also ohne Verschaffung von Besitz oder Mitbesitz) begründetes Pfandrecht an beweglichen Sachen kennen, vgl. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/158. Für diese Rechtskreise gelten andere Überlegungen. 841 Ausf. zu Importsicherungsverträgen Nielsen in: BuB, Rdn. 5/194 ff., ders. ZIP 1983, 131, 135; ders. WM 1994, 2221, 2261 ff.; Scholz/Lwowski Recht der Kreditsicherung, Rdn. 563 ff.; von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 201 ff.; Kümpel Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 7.241 ff. 842 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/77, 5/531. Zur Problematik im Containerverkehr Rdn. 2/344.

289

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

erwirbt und mithilfe der von ihr eingelösten Dokumente bis zur Abdeckung des Kredits die ungehinderte und ununterbrochene Zugriffsmöglichkeit auf die Ware behält. Diesem Zweck dienen die sog. Importsicherungsverträge.843 2/459 Im Zuge der Abwicklung des Importgeschäfts kommt jedoch der Moment, in dem

der Akkreditivauftraggeber die Ware an seine Kunden, die Unterabnehmer, liefern, d.h. weiterübertragen muss (z.B. muss der Kakao-Importeur den fest vorverkauften Kakao nach Ankunft vom Schiff in Empfang nehmen, ihn dann auf die Bahn umladen und an die Schokoladenfabriken weiterleiten). Dies geschieht meist dadurch, dass der Auftraggeber mit Zustimmung der Bank das Eigentum an der Ware auf den Unterabnehmer überträgt. Die Bank kann dem zustimmen, da der Unterabnehmer entweder bar zahlt oder seinerseits die vom Auftraggeber auf ihn gezogenen Wechsel akzeptiert. Mit dem erhaltenen Barbetrag bzw. dem Diskonterlös für die vom Unterabnehmer akzeptierten Wechsel deckt der Akkreditivauftraggeber seinen im Wege der Anschlussfinanzierung bei der Bank aufgenommenen Kredit ab.844 Vor der Diskontierung von Wechseln prüft die Bank natürlich die Bonität des Unterabnehmers. Räumt der Akkreditivauftraggeber dem Unterabnehmer ein offenes Zahlungsziel ein, begibt er also keine Wechsel, wird der Kredit der Bank (statt bisher durch Eigentum an der Ware) durch Abtretung der Forderung gegen den Unterabnehmer gesichert; Auftraggeber und Bank müssen sich entscheiden, ob ihnen die Qualität des Abnehmers genügt. In diesem Zusammenhang ist noch zu erwähnen, dass eine zusätzliche Besicherung der Bank durch Übertragung des vom Auftraggeber vorbehaltenen Eigentums möglich ist, ohne dass allerdings hier auf nähere Einzelheiten eingegangen werden kann.845 Im Verhältnis zur Bank trägt auf jeden Fall der Akkreditivauftraggeber das Risiko einer Kreditgewährung an seinen Unterabnehmer. 2/460 In der Praxis wird es immer wieder Fälle geben, in denen eine kurzfristige Unter-

brechung der dinglichen Sicherstellung der Bank nicht völlig vermieden werden kann. So muss der Akkreditivauftraggeber (Importeur), wenn die Ware ankommt, diese in manchen Fällen unter Benutzung der Dokumente in Empfang nehmen, aufteilen und nach Umladung an seine Drittabnehmer weitersenden. Der Ablauf des Geschäfts wird erleichtert, vereinfacht und verbilligt, wenn die Situation des Auftraggebers so gut ist, dass die Bank keine Bedenken zu haben braucht, ihm zwecks Umladung die Dokumente auf kurze Zeit ohne Sicherheit zu überlassen, den Kredit also vorübergehend blanko zu gewähren. In kürzester Frist treten dann Barzahlungen, Akzepte der Abnehmer oder Zessionen an die Stelle der von der Bank durch die Dokumentenüberlassung aufgegebenen Sicherheit. Kommt nach Lage des Einzelfalles auch eine kurzfristige Aufgabe der Sicherheiten nicht in Betracht, müssen andere Abwicklungsformen angewendet werden, bei denen die dingliche Besicherung der Bank nicht unterbrochen wird:

843 Hierzu Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 100 Rdn. 54 ff. 844 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/200. 845 Hierzu Cartano in: BuB, Rdn. 4/410.

290

VII. Geschäftsbesorgungsvertrag Auftraggeber/Akkreditivbank

a)

Zweiter Abschnitt

Verwendung von Traditionspapieren

Wenn es sich bei den von der Bank aufzunehmenden Dokumenten um Traditi- 2/461 onspapiere – Ladeschein (§ 450 HGB), Konnossement (§ 650 HGB) und indossablen Lagerschein (Orderlagerschein, § 424 HGB) – handelt, gilt Folgendes: Der von der Bank verlangte direkte Erwerb des Eigentums vom Begünstigten setzt eine entsprechende Abrede zwischen Bank und Akkreditivauftraggeber bei der Krediteinräumung voraus. Inhalt dieser normalerweise schriftlichen Abrede ist, dass der Auftraggeber der Bank den Anspruch auf Eigentumsverschaffung gegen den Begünstigten abtritt, was meist in stiller Form geschieht. Ferner muss vereinbart und in den Akkreditivtext aufgenommen werden, dass die Dokumente auf den Namen der Bank ausgestellt oder an sie indossiert oder blanko indossiert und ihr direkt (d.h. nicht über den Kunden) übermittelt werden. Die dingliche Einigung zwischen Bank und Begünstigtem kommt dann im Augenblick der Dokumentenaufnahme zustande, in dem die Bank die Offerte des Begünstigten, die in der Regel als „an den, den es angeht“ gerichtet anzusehen ist, für sich selbst und nicht für den Auftraggeber annimmt. Gegen diese Konstruktion wird gelegentlich eingewendet, der Begünstigte habe, um seiner Verpflichtung aus dem Kaufvertrag zu genügen, nicht den Willen zur Eigentumsübertragung auf die Bank.846 Es kann jedoch dem Begünstigten gleichgültig sein, ob der Auftraggeber seinerseits eine Bank oder einen sonstigen Dritten berechtigt, das Angebot zur Übertragung des Eigentums an Stelle des Auftraggebers für sich selbst anzunehmen. Die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung des Begünstigten wird davon nicht berührt. Der Begünstigte braucht bei einer solchen Vereinbarung zwischen Auftraggeber und Bank einen möglichen Anspruch des Auftraggebers auf nochmalige Lieferung nicht zu befürchten. Bei dieser Sachlage ist es mithin durchaus gerechtfertigt, hier ein Angebot „an den, den es angeht“ anzunehmen.847 Unabhängig davon bleibt es den Banken überlassen, hilfsweise mit dem Auftraggeber zu vereinbaren, dass das Eigentum an der Ware, falls die Ware oder die Dokumente wider Erwarten direkt bei dem Auftraggeber ankommen sollten, im selben Augenblick auf die Bank weiterübertragen wird. Versäumt die Bank es, vor Aufnahme der Dokumente eine eigentumsrechtliche 2/462 Regelung mit dem Akkreditivauftraggeber zu treffen, erwirbt sie im Zeitpunkt der Dokumentenaufnahme nach Nr. 14 Abs. 1 AGB an den Dokumenten lediglich ein Pfandrecht, während sie das Eigentum dem Auftraggeber verschafft. Bei dieser rechtlichen Gestaltung ist die Bank durch ihr Pfandrecht nur so lange gesichert, wie sie die Dokumente in Händen hält. Gibt sie den Besitz an den Dokumenten auf, ist ihr Kredit ungesichert (§ 1253 BGB). Der Kredit wird erst durch besondere Maßnahmen wieder neu unter Deckung gebracht, wenn etwa der Auftraggeber

846 Eisele S. 113; Geßler S. 36. 847 Nielsen WM 1994, 2221, 2261; Liesecke in: FS Fischer, S. 397, 410; vgl. a. BGH WM 1959, 561, 563.

291

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

die ihm aus den Weiterverkäufen gegen seine Unterabnehmer zustehenden Forderungen formgerecht an die Bank abtritt oder die ihm von den Unterabnehmern eingereichten Wechsel von der Bank diskontieren lässt; im letzteren Fall wird normalerweise der Diskonterlös zur Kreditrückführung verwendet werden. Die in diesem Absatz erwähnten Maßnahmen lassen sich bei einer zwischenzeitlich eingetretenen Insolvenz des Akkreditivauftraggebers in der Regel nicht mehr durchführen (Rdn. 2/497). Die Kreditvereinbarungen zwischen der Bank und dem Akkreditivauftraggeber sollten tunlicherweise in jedem Fall eine Regelung darüber einschließen, was nach Ankunft der Ware hinsichtlich der Einlagerung, des Weiterverkaufs, der Weiterversendung usw. zu geschehen hat. Selbstverständlich kommt diesen Vereinbarungen eine besondere Bedeutung zu, wenn die Bank bei Aufnahme der Dokumente nur pfandrechtlich gesichert ist. Aber auch – und gerade – dann, wenn sie in diesem Fall später das Sicherungseigentum an der Ware erworben hat, liegt es in ihrem Interesse, die beherrschende Aufsicht über den weiteren Verbleib des Sicherungsguts zu behalten. Verfügt die Bank die Einlagerung der Ware bereits zu einem Zeitpunkt, in welchem die Ware zwar schon angekommen ist, die Dokumente sich aber noch nicht in ihren Händen befinden, handelt sie als Nichtberechtigte. Der Mangel wird durch die Vorweisung der später angekommenen Dokumente analog § 185 Abs. 2 BGB geheilt.848 Für die Behandlung der Ware nach ihrer Ankunft kommen folgende Möglichkeiten in Betracht:

aa)

Einlagerung der Ware bei Dritten

2/463 Bank und Akkreditivauftraggeber können sich dahin einigen, die Ware zunächst

zur Verfügung der Bank bei einem Dritten – in Betracht kommen für diesen Zweck primär konzessionierte Lagerhalter – einzulagern; die Bank erhält einen blanko oder auf sie indossierten Orderlagerschein und erteilt je nach Eingang der Zessionen aus dem Weiterverkauf Freistellungen auf die eingelagerte Ware oder Teile derselben.849 Unter einer solchen Vereinbarung kann die Bank die Transportdokumente an den Auftraggeber herausgeben, damit dieser für sie die Einlagerung zur Verfügung der Bank besorgt; ihre Rechte werden dadurch nicht beeinträchtigt. Der Bank ist zu empfehlen, die üblicherweise vom Begünstigten blanko an sie indossierten Orderlagerscheine mit ihrem Namen auszufüllen und dem Auftraggeber ein Vollmachtsindossament zu erteilen, damit die Legitimation aus dem Konnossement der wahren Rechtslage entspricht und ein gutgläubiger Eigentumserwerb durch Dritte ausgeschlossen ist. In den seltenen Fällen, in denen die

848 Vgl. BGH WM 1957, 1092 = BB 1957, 802 = NJW 1957, 1553. 849 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 100 Rdn. 30; ferner ders. in: BuB, Rdn. 5/197.

292

VII. Geschäftsbesorgungsvertrag Auftraggeber/Akkreditivbank

Zweiter Abschnitt

Dokumente bei Ankunft auf den Auftraggeber indossiert waren, müsste die Bank, wenn sie einen Missbrauch mit Sicherheit vermeiden will, den Auftraggeber veranlassen, die Dokumente, ehe sie ihm ausgehändigt werden, auf die Bank zu indossieren und ihm dann ihrerseits lediglich ein Vollmachtsindossament zu geben. Oft wird man auf eine derartige Handhabung jedoch verzichten können, weil die Bank darauf vertrauen darf, der Auftraggeber werde den Lagerschein so ausstellen lassen bzw. indossieren, dass die auf dem Konnossement fehlende Legitimation der Bank als Herausgabeberechtigte nunmehr durch den Lagerschein gegeben ist. Hat die Bank mangels rechtzeitig getroffener Sicherungsvereinbarungen an den 2/464 Transportdokumenten nur ein Pfandrecht erworben, erlischt ihre Sicherheit mit der Herausgabe der Dokumente, weil das Pfandrecht an den Besitz geknüpft ist (§ 1253 BGB). Die Bank muss sich in diesem Falle überlegen, ob sie bis zum Eintreffen eines Lagerscheines rechtlich ungesichert bleiben oder zunächst einen Sicherungsübereignungsvertrag mit dem Auftraggeber nachholen, die Dokumente entsprechend vom Auftraggeber auf die Bank indossieren lassen und sie ihm erst dann zur Empfangnahme und Einlagerung der Ware aushändigen will. Sie kann auch noch eine dritte Möglichkeit wählen und selbst die Einlagerung der Ware besorgen, indem sie einem Spediteur die Dokumente aushändigt und ihn beauftragt, die Ware zur Verfügung der Bank bei einem konzessionierten Lagerhalter einzulagern. Der (Order-)Lagerschein kann bei diesem Verfahren auf den Namen der Bank ausgestellt werden; er kann aber auch auf den Akkreditivauftraggeber lauten (und gegebenenfalls von diesem auf die Bank indossiert werden). Die eigentumsrechtlichen Verhältnisse ändern sich dadurch nicht. Eigentümer bleibt, wer im Zeitpunkt der Honorierung der Dokumente bzw. des Eintreffens der Ware Eigentum erworben hat, selbst wenn ein Indossament auf einem Orderlagerschein eine andere Person legitimiert. Hatte z.B. die Bank bei Eintreffen der Dokumente das Eigentum (nicht für sich, sondern) für den Auftraggeber erworben, bleibt dieser mangels einer neuerlichen Vereinbarung auch dann Eigentümer der Ware, wenn er die Ware einlagert und den Orderlagerschein auf die Bank indossiert. Letztere ist dann Pfandgläubigerin, hat also hinsichtlich der Lagerdokumente die gleiche Rechtsstellung wie bei den Transportdokumenten. Damit die Legitimation aus dem Lagerdokument keinen Zweifel an der Rechtsstellung der Beteiligten aufkommen lässt, ist unter allen Umständen darauf zu achten, dass eine klare diesbezügliche Vereinbarung zwischen Bank und Auftraggeber mit der Einlagerung einhergeht.850

bb) Einlagerung der Ware beim Akkreditivauftraggeber Soll die Ware beim Akkreditivauftraggeber selbst eingelagert werden, was ins- 2/465 besondere dann vorkommt, wenn sich das Reiseziel der Ware am eigenen Kai des Auftraggebers oder an dessen eigener Bahnanlage befindet, verliert die Bank

850 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 100 Rdn. 39 f.

293

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

mangels einer vorherigen Vereinbarung mit der Herausgabe der Dokumente jede Deckung. Ihr Pfandrecht an den Dokumenten und damit an der Ware erlischt durch Besitzaufgabe; die Ware steht im lastenfreien Eigentum des Auftraggebers. Es muss mithin eine Regelung getroffen werden, kraft derer die Bank das Sicherungseigentum an der Ware erhält,851 bis der Auftraggeber die Kaufpreisforderungen gegen seine Abnehmer an die Bank abgetreten hat. 2/466 Wurde zwischen Bank und Akkreditivauftraggeber jedoch rechtzeitig, am besten

bereits im Zeitpunkt der Akkreditiveröffnung, vereinbart, dass die Bank mit der Hereinnahme der Dokumente Eigentum an ihnen und der Ware erwerben soll, kann die Bank die Dokumente ohne weiteres herausgeben und damit einen Einlagerungsauftrag an den Akkreditivauftraggeber verbinden. Hierin liegt keine Aufgabe ihres Eigentums; ihre dingliche Sicherheit bleibt mithin unberührt. Die Bank wird in Fällen dieser Art zweckmäßigerweise die absprachegemäße Einlagerung der Ware durch den Auftraggeber überwachen. Dabei sollte man insbesondere darauf achten, dass die der Bank übereignete Ware, sofern – was in der Praxis häufig geschieht – der Auftraggeber sie zusammen mit Waren lagert, die ihm selbst oder Dritten gehören, deutlich gekennzeichnet oder gesondert gelagert wird. Geschieht dies nicht, berührt dies zwar grundsätzlich nicht die dingliche Berechtigung der Bank, führt aber später zu Beweisschwierigkeiten, wenn es darum geht festzustellen, welche der beim Auftraggeber befindlichen Waren der Bank zur Sicherheit übereignet sind und welche nicht.852 Besondere Vorsicht ist bei Massengütern (z.B. Getreide) bezüglich der Vermischung der Ware mit anderen Warenbeständen des Auftraggebers geboten. Lagert der Auftraggeber die Ware in einem Silo ein, in welchem sich auch ihm gehörendes weiteres Getreide befindet, erlangt die Bank an dem Siloinhalt nur Miteigentum nach Bruchteilen. Häufig wird sich diese Art der Einlagerung nicht vermeiden lassen, da geeignete Räumlichkeiten für eine gesonderte Lagerung fehlen; die Bank muss dann besonderen Wert auf die Kenntlichmachung ihres Miteigentums an dem Lagerinhalt legen. Je nach Lage des Einzelfalles wird die Bank entscheiden, ob sie sich durch gelegentliche Kontrollen von der Aufrechterhaltung einer ordnungsmäßigen Lagerung überzeugen will. 2/467 Zug um Zug gegen Einreichung der Zessionen und Rechnungskopien – manch-

mal auch schon für Teilpartien generell im Voraus – erteilt die Bank Freigabeerklärungen für die eingelagerte Ware und gibt damit dem Akkreditivauftraggeber die Möglichkeit, die Ware umzupacken und an die Unterabnehmer zu versenden. Eine effektive Kontrolle, ob der Auftraggeber die freigegebenen Warenmengen wirklich an die Unterabnehmer, für die sie bestimmt sind, weiterleitet, dürfte die Bank praktisch kaum ausüben können. Darin liegt ein gewisses Risiko, weil die

851 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/198: In der Gestattung sog. Eigenlagerung ist noch keine Aufgabe des durch Vertrag erworbenen Sicherungseigentums seitens der Bank zu sehen. 852 Zur Ausgestaltung des Sicherungsübereignungsvertrages bei Warenlagern Cartano in: BuB, Rdn. 4/370 ff.

294

VII. Geschäftsbesorgungsvertrag Auftraggeber/Akkreditivbank

Zweiter Abschnitt

der Bank abgetretenen Forderungen erst im Augenblick der Absendung der Ware an die Unterabnehmer frei von der Einrede des nichterfüllten Vertrages (§ 320 BGB) werden und wertlos bleiben, wenn die Ware nicht tatsächlich an die Drittschuldner zum Versand gelangt.

cc)

Umladung der Ware durch Spediteur

Ist die Abwicklung des Warengeschäfts so weit vorbereitet, dass die Ware unmit- 2/468 telbar vom Bestimmungsort des Importgeschäfts an die Unterabnehmer weitergeleitet werden kann, treffen Bank und Akkreditivauftraggeber häufig eine dementsprechende Abmachung.853 Danach sendet die Bank die Dokumente unmittelbar an einen Spediteur, gleichgültig, ob sie an ihnen Eigentum oder nur ein Pfandrecht hat. Mit der Übersendung verbindet sie den Auftrag an den Spediteur, die Ware umzupacken und in den vorgeschriebenen Mengen und auf dem vorgeschriebenen Wege an die Unterabnehmer weiterzusenden. Voraussetzung für die Sicherstellung der Bank ist dabei, dass sie entweder bereits zu dem Zeitpunkt, in welchem sie die Ware durch den Auftrag an den Spediteur (wirtschaftlich zugunsten des Akkreditivauftraggebers) freistellt, im Besitze der Zessionen- und Rechnungskopien ist oder aber dem Spediteur einen Inkassoauftrag erteilt, demzufolge er die Aushändigung der Ware an den Unterabnehmer nur Zug um Zug gegen Bezahlung oder Akzeptleistung durch diesen vornehmen darf.

b)

Verwendung von Frachtdokumenten, die nicht Traditionspapiere sind

Erfolgt die Versendung der Ware unter einem Versanddokument dieser 2/469 Art (z.B. Frachtbrief, Posteinlieferungsschein, Spediteurübernahmebescheinigung), ist die Stellung der Bank bezüglich ihrer Sicherheit zwar nicht unbedingt rechtlich, aber doch in jedem Fall praktisch schwächer als bei der Verwendung von Traditionspapieren.854 Die Bank hat die Möglichkeit, durch Vereinbarung mit dem Akkreditivauftraggeber das Sicherungseigentum an der Ware zu erwerben, indem sie sich von ihm den Herausgabeanspruch gegen den Spediteur abtreten lässt. Da aber unter einem solchen Dokument versandte Ware unmittelbar an die Adresse des Auftraggebers gerichtet und diesem ausgeliefert wird, hat die Bank nur selten die Möglichkeit, mithilfe des Transportdokuments die Inbesitznahme der Ware durch den Auftraggeber zu verhindern. Sie müsste dazu schon in den ganzen geplanten Geschäftsablauf eingreifen und den Warentransport umleiten, wozu sie aber selbst als Inhaberin des Duplikatfrachtdokuments nicht von sich aus berechtigt ist, sondern der Mitwirkung des Begünstigten als

853 Hierzu a. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/199. 854 Weber S. 78; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/85 für Lieferscheine.

295

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

des Absenders der Ware bedarf. Meist wird sich das angesichts der kurzen Reisedauer der Ware per Bahn, Post, Flugzeug o.ä. gar nicht einrichten lassen, weil die Ware schon am Bestimmungsort angekommen ist, ehe die Bank mithilfe des aufgenommenen Duplikatfrachtdokuments überhaupt eine Umleitung erwirken könnte. Es ist daher in all diesen Fällen für die Bank unerlässlich, rechtzeitig vor dem Transport der Ware Sicherungsvereinbarungen mit dem Akkreditivauftraggeber zu treffen, die der Bank das Sicherungseigentum an der Ware von dem Zeitpunkt an, in welchem das Eigentum auf den Auftraggeber übergehen würde, verschaffen und außerdem festlegen, in welcher Form die Ware beim Auftraggeber unter Wahrung der Rechte der Bank eingelagert oder von ihm an die Unterabnehmer versandt werden soll. Für die Vereinbarung gelten alle Überlegungen, die bereits oben im Zusammenhang mit den Fragen der Einlagerung der Ware beim Auftraggeber angestellt wurden (Rdn. 2/465 ff.). In diesem Zusammenhang kann möglicherweise die Übergabe des Dokuments als Abtretung des Herausgabeanspruchs gedeutet werden.855

c)

Versicherung der Ware bis zur Übereignung an Unterabnehmer

2/470 Damit die Bank bis zur Überleitung ihrer dinglichen Sicherheit an der Ware in

die Sicherheit der zedierten Kaufpreisforderungen gegen die Unterabnehmer auch für den Schadensfall geschützt ist, muss sie darauf achten, dass bis zum Zeitpunkt des Übergangs der Gefahrtragung auf die Unterabnehmer hinreichender Versicherungsschutz besteht. Gewöhnlich begnügt sich die Bank damit, den Akkreditivauftraggeber vor der Kreditgewährung vertraglich zu verpflichten, die Ware während des genannten Zeitraumes ständig auf seine Kosten versichert und die Versicherungspolice zur Verfügung der Bank zu halten. Dabei muss auch der Umladevorgang (vom Schiff auf Kai, vom Kai auf Eisenbahn usw.) mitversichert sein. Es bleibt der Bank unbenommen, die Versicherung auf Kosten des Auftraggebers selbst zu veranlassen, wenn sie dies im Einzelfall für zweckmäßig hält oder sich – im Fall einer zu ihren Gunsten erfolgten Sicherungsübereignung – einen Sicherungsschein856 zu beschaffen.

d)

Inkasso abgetretener Forderungen gegen Unterabnehmer durch die Bank

2/471 Am einfachsten ist die Einziehung der abgetretenen Forderungen des Akkreditiv-

auftraggebers gegen dessen Unterabnehmer für die Bank, wenn der Auftraggeber

855 Franken S. 182 ff. S.a. zur Konstruktion des Direkterwerbs von Sicherungsrechten über die Regeln eines Geschäfts „für den, den es angeht“ Nielsen in: BuB, Rdn. 5/191 f.; krit. Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1079. 856 Näheres bei Cartano in: BuB, Rdn. 4/423.

296

VII. Geschäftsbesorgungsvertrag Auftraggeber/Akkreditivbank

Zweiter Abschnitt

seine Unterabnehmer im Kaufvertrag verpflichtet, die Beträge auf sein Konto bei der kreditgewährenden Bank zu überweisen; die Bank hat dann nur Zahlstellenfunktion.857 Gibt der Auftraggeber als Grund für dieses Verfahren jedoch ausdrücklich die Forderungsabtretung an, haben die Unterabnehmer keine Wahl mehr, auf welchem Zahlungswege sie den Kaufpreis entrichten wollen: Sie kennen die Abtretung und können daher, anders als bei einer stillen Zession nach § 407 BGB, mit schuldbefreiender Wirkung nur noch an die bezeichnete Bank bezahlen. Die Bank kann den Auftraggeber auch von vornherein veranlassen, den Weiterverkauf der Ware wiederum auf dokumentärer Basis durchzuführen, wodurch der Gegenwert ebenfalls zu ihr gelenkt wird. Angewiesen ist die Bank auf dieses Verfahren jedoch nur dann, wenn sie die Versendung der Ware an die Unterabnehmer dem Akkreditivauftraggeber überlässt. Überträgt sie die Weiterversendung einem Spediteur, kann sie damit einen Inkassoauftrag verbinden, indem sie den Spediteur beauftragt, den Unterabnehmern die Waren bzw. die Transportdokumente, die sie zum Empfang der Ware berechtigen, nur gegen Zahlung des Kaufpreises oder Hergabe des Akzeptes auszuhändigen und Barbeträge bzw. Akzept an sie (und nicht an den Auftraggeber) zu leisten. Wenn die Bank den Unterabnehmern die Freistellungsscheine auf den Spediteur ausstellt, mit denen sie von diesem die Herausgabe der eingelagerten Ware verlangen können, ist sie selbst zur Durchführung des Inkasso in der Lage, indem sie den Unterabnehmern die Freistellungsscheine Zug um Zug gegen Bezahlung des Kaufpreises oder Akzeptleistung aushändigt oder durch eine von ihr mit dem Inkasso beauftragte andere Bank aushändigen lässt.

C.

Abnahme der Dokumente durch den Akkreditivauftraggeber

Der Verpflichtung der Bank, die Dokumente an den Akkreditivauftraggeber 2/472 herauszugeben, entspricht aufseiten des Auftraggebers die Abnahmepflicht.858 Allerdings besteht diese Pflicht nur, wenn es sich bei den von der Bank honorierten und an den Auftraggeber weitergeleiteten Dokumenten um akkreditivgerechte Dokumente handelt. Ob das der Fall ist, muss der Auftraggeber prüfen; etwaige Mängel kann er rügen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Bank im Rahmen der ERA noch vereinzelt nach ihrem Ermessen, in der Hauptsache aber nach gewissen Auslegungskriterien entscheiden muss, ob vom Begünstigten vorgelegte Dokumente noch akkreditivkonform sind oder nicht. Insoweit ist der Auftraggeber an die Entscheidung der Bank gebunden. Mithin kann er nur diejenigen Mängel an den Dokumenten oder sonstige Abweichungen der Bank vom Akkreditivauftrag rügen, die außerhalb des Ermessensspielraums der Bank und ihrer Ent857 Vgl. dazu allg. Herget in: BuB, Rdn. 4/711. 858 Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 188. Nach Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 969 stellt die Entgegennahme der Dokumente durch den Käufer nur eine Gläubigerobliegenheit dar. Ebenso Nielsen in: BuB, Rdn. 5/537; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 106.

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Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

scheidungsbefugnis liegen. Sind solche Mängel vorhanden, braucht der Auftraggeber das von der Bank ausgeführte Geschäft nicht gegen sich gelten zu lassen. Er kann Zug um Zug gegen Rückgabe der Dokumente den von ihm der Akkreditivbank angeschafften Akkreditivbetrag zurückverlangen und Ersatz des darüber hinausgehenden Schadens fordern, sofern der Schaden mit der Aufnahme der nicht akkreditivgerechten Dokumente ursächlich zusammenhängt, die Bank schuldhaft gehandelt hat und eine Freizeichnung zugunsten der Bank nicht vorliegt. Diese Rechte stehen dem Auftraggeber jedoch nur dann zu, wenn er die Dokumente unverzüglich nach Empfang gerügt hat. Rügt er nicht innerhalb einer nach Lage der Verhältnisse angemessenen Prüfungsfrist, gelten die Abweichungen der Dokumente vom Akkreditiv als genehmigt. 2/473 Diese Auffassung wird in Literatur859 und Rechtsprechung860 weit gehend geteilt.

Sie entspricht auch dem berechtigten Interesse der Bank, unverzüglich zu erfahren, ob das von ihr abgewickelte Zahlungsgeschäft als endgültig gelten kann, gleichgültig, wie das Warengeschäft weiter verläuft. Die Akkreditivbank muss ja auch nach Art. 16c ERA ihrerseits der am Akkreditiv beteiligten Zweitbank unverzüglich erklären, ob die dort aufgenommenen und häufig bevorschussten Dokumente genehmigt sind oder nicht. Hat der Auftraggeber der Akkreditivbank Geldbeträge mit der ausdrücklichen Abrede angeschafft, dass sie zur Bedienung des Akkreditivs dienen sollen, darf die Bank diese Beträge, wenn das Akkreditiv nicht benützt wird, nicht nach Nr. 14 Abs. 3 AGB zum Ausgleich eines etwa bestehenden Debetsaldos des Auftraggebers verwenden; sie muss dem Käufer die Beträge wieder freigeben.861

VIII. Zwangsvollstreckung und Insolvenz im Zusammenhang mit Akkreditiven A.

Zwangsvollstreckung

2/474 Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der Gläubiger des Käufers (Akkreditiv-

auftraggebers) oder Verkäufers (Begünstigten), die auf die in Kaufvertrag und Akkreditiv wurzelnden Ansprüche ihrer Schuldner zielen, sind in der Praxis sehr selten. Das hat abgesehen davon, dass an Akkreditivgeschäften meist solvente Partner beteiligt sind, verschiedene Ursachen: Wie die bisher angestellten Überlegungen und Erörterungen gezeigt haben, ist die Materie des Akkreditivs außerordentlich kompliziert: ein Bündel von Rechtsbeziehungen zwischen allen Akkre-

859 Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 188; Liesecke WM 1966, 458, 461; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/537. A.A. Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 948, der aber letztlich über die Verwirkung zu einem ähnlichen Ergebnis kommt. 860 BGH WM 1963, 844 unter Aufgabe von RGZ 114, 268. 861 BGH WM 1973, 167; Baumbach/Hopt HGB, (8) AGB-Banken 14 Rdn. 10; Heymann/Horn HGB, Anh. § 372Rdn. II/136.

298

VIII. Zwangsvollstreckung und Insolvenz bei Akkreditiven

Zweiter Abschnitt

ditivbeteiligten, die einerseits rechtlich voneinander unabhängig, andererseits aber doch wirtschaftlich eng miteinander verzahnt sind. Es besteht daher weit gehend Unsicherheit darüber, welche Ansprüche im Einzelnen pfändbar sind und welche Pfändungen Aussicht haben, zur Befriedigung des Gläubigers zu führen. Hierzu kommt die Komplizierung durch die Internationalität des Akkreditivvorgangs; der pfändende Gläubiger muss sein Recht möglicherweise im Ausland verfolgen.862 Trotz der nicht allzu großen praktischen Bedeutung der Zwangsvollstreckung beim Akkreditivgeschäft soll diese Materie in Grundzügen behandelt werden. Dabei soll der Vereinfachung wegen lediglich die Situation bei Akkreditiven unter Benutzung von Traditionspapieren beleuchtet werden, weil diese in der Praxis am häufigsten vorkommen.

1.

Pfändung durch Gläubiger des Käufers

Der Gläubiger des Käufers kann verschiedene Ansprüche als Gegenstand einer 2/475 Pfändung in Betracht ziehen:

a)

Anspruch des Käufers gegen die Bank auf Rückzahlung des zur Deckung des Akkreditivs eingeschossenen Betrags

Hat der Käufer zur Deckung des Akkreditivs einen Betrag eingeschossen, entsteht 2/476 damit ein durch die Nichtbenutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten aufschiebend bedingter Rückzahlungsanspruch des Käufers gegen die Akkreditivbank, der pfändbar ist.863 Solange der Begünstigte zur Ausnutzung des Akkreditivs berechtigt ist, kann der Käufer den Betrag von der Bank nicht zurückfordern, weil dieser vereinbarungsgemäß nach Nr. 14 Abs. 2 AGB als Pfandsicherheit für den Aufwendungsersatzanspruch der Bank gegen den Käufer aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag dient (Rdn. 2/452). Pfändet der Gläubiger in das betreffende Konto, was grundsätzlich zulässig ist, geht seinem Pfändungspfandrecht das Vertragspfandrecht der Bank vor. Wird das Akkreditiv vom Begünstigten in Anspruch genommen, bleibt die Pfändung durch den Gläubiger erfolglos, weil die Bank aufgrund ihres Pfandrechts den eingeschossenen Betrag an sich zieht und zur Befriedigung ihrer Ansprüche wegen Bedienung des Akkreditivs verwendet. Die Pfändung kann indessen zum Erfolg führen, wenn das Akkreditiv vom Verkäu- 2/477 fer nicht oder nur teilweise benutzt wird; dann ist die vorstehend erwähnte Bedingung eingetreten und der Käufer kann die Rückzahlung des nicht ausgenutzten Betrages von der Bank verlangen – nach Abzug von Provision und Spesen, falls diese noch nicht gezahlt sein sollten.864 Aus der allgemeinen Pflicht des Drittschuldners

862 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/718; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1044. 863 Schücking S. 96; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 424. 864 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/719; Lücke S. 238 f.; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 568.

299

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

(Bank), alles zu unterlassen, was dem Pfändungsgläubiger schaden kann, folgt, dass die Bank nach erfolgter Pfändung durch Gläubiger des Käufers die Laufzeit des Akkreditivs nicht verlängern865 und auch den Akkreditivbetrag nicht verändern darf. Letzteres würde eine Beeinträchtigung des Pfändungspfandrechts darstellen, die ohne Zustimmung des Gläubigers diesem gegenüber unwirksam wäre. Zu beachten ist, dass auch das allgemeine Pfandrecht der Bank nach Nr. 14 AGB, das wegen möglicher anderweitiger Ansprüche besteht, dem Pfändungspfandrecht des Gläubigers vorgeht.866 2/478 Ein Rückzahlungsanspruch des Käufers kommt auch zum Zuge, wenn ein widerruf-

lich eröffnetes Akkreditiv widerrufen wird; der Akkreditivauftrag hat damit im Verhältnis zwischen Akkreditivbank und Akkreditivsteller (Käufer) aufgehört zu existieren (Rdn. 2/160). Es erhebt sich hier die Frage, ob der Gläubiger das Widerrufsrecht des Käufers pfänden kann, um durch Ausübung des Widerrufs – den alsdann die Bank gegenüber dem Begünstigten erklärt – die Freigabe des Deckungsbetrages zu erreichen. Dies ist zu verneinen:867 Die Vereinbarung im Kaufvertrag, dass die Kaufpreiszahlung über ein widerrufliches Akkreditiv erfolgen soll, enthält in der Regel zugleich die ausdrückliche oder stillschweigende Abmachung, dass der Käufer von sich aus der Bank die Weisung zum Widerruf entweder überhaupt nicht oder nur bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen, etwa bei illoyalem Verhalten des Verkäufers, erteilen können soll. Meist wird die widerrufliche Form des Akkreditivs nur deswegen gewählt, um die – höheren – Kosten des unwiderruflichen Akkreditivs zu sparen. Gibt der Käufer der Bank, ohne hierzu dem Verkäufer gegenüber materiell berechtigt zu sein, die Anweisung zum Widerruf, kann dem Verkäufer, je nach Lage des Falles, ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung oder positiver Vertragsverletzung oder auch ein Recht zum Rücktritt vom Kaufvertrag erwachsen. Würde der Gläubiger des Käufers aufgrund seiner Pfändung der Bank die Weisung zum Widerruf des Akkreditivs erteilen können, geschähe dies unter der Haftung des Käufers gegenüber dem Verkäufer. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfassen stets nur das Vermögen des Schuldners in seinem derzeitigen Bestand, dürfen aber nicht dazu führen, dass dem Schuldner ein Schaden aufgebürdet wird, der über die mit der einzelnen Maßnahme verbundene direkte Beeinträchtigung des Schuldnervermögens hinausgeht.

b)

Anspruch des Käufers gegen die Bank auf Herausgabe der von dieser aufgenommenen Dokumente

2/479 Hat der Verkäufer das Akkreditiv bereits benutzt, steht dem Käufer gegen die Bank

ein Anspruch auf Herausgabe der von ihr aufgenommenen Dokumente zu. Dieser

865 Geßler Pfändung in Akkreditive, S. 32. 866 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/719. 867 Schütz BB 1964, 332, 334; Schücking Importkreditsicherung, S. 104; a.A. Geßler Pfändung in Akkreditive, S. 28 f.

300

VIII. Zwangsvollstreckung und Insolvenz bei Akkreditiven

Zweiter Abschnitt

Anspruch ist, wenn die Bank durch ein Geschäft „an den, den es angeht“ (Rdn. 2/461) Eigentum an den Dokumenten erworben hat, schuldrechtlicher Natur und beruht dann nach § 667 BGB auf dem zwischen Käufer und Bank bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrag (Rdn. 2/36). Hatte die Bank die Dokumente dagegen für den Käufer hereingenommen, so dass dieser direkt Eigentümer wurde, besitzt er gegen die Bank einen dinglichen Anspruch auf Herausgabe der Dokumente nach § 985 BGB. Beide Herausgabeansprüche sind von Dritten pfändbar mit der Folge, dass die Dokumente von der Bank nach § 847 ZPO an den Gerichtsvollzieher herausgegeben werden müssen. Hat die Bank anderweitige Forderungen gegen den Käufer, geht das ihr nach Nr. 14 AGB zustehende Pfandrecht an den Dokumenten dem Pfändungspfandrecht des Gläubigers vor (Rdn. 2/449).868 Die Bank ist zur Herausgabe der Dokumente an den Gerichtsvollzieher nur gegen Erstattung ihrer Aufwendungen – insbesondere Akkreditivprovision und Deckungsbetrag, falls die Bank die Akkreditivsumme vorgeschossen hat – verpflichtet.869 Im Fall der Pfändung muss der Pfändungsgläubiger gegebenenfalls die entsprechenden Beträge an die Bank zahlen, wozu er allerdings nur dann bereit sein wird, wenn diese niedriger sind als der aus der Verwertung der Ware zu erwartende Erlös. Die mit der Pfändung der Herausgabeansprüche bezweckte zumindest teilweise Befriedigung des Gläubigers setzt daher praktisch voraus, dass der Schuldner den Akkreditivbetrag oder jedenfalls einen wesentlichen Teil desselben schon bei der Bank angeschafft hatte oder dass ein zu erwartender Weiterverkaufsnutzen erheblich ist.

c)

Ansprüche des Käufers gegen den Verkäufer aus dem Kaufvertrag

Hat der Gläubiger die unter Rdn. 2/479 erörterte Pfändung ausgebracht, ist er nicht 2/480 dagegen geschützt, dass der Käufer mit dem Verkäufer eine Geschäftsabwicklung außerhalb des Akkreditivs vereinbart, das Akkreditiv also „austrocknet“ und damit der Pfändung ausweicht. Die Pfändung der Rechte des Käufers aus dem Akkreditiv beeinträchtigt aufgrund der Unabhängigkeit des Akkreditivs vom Warengeschäft (Rdn. 2/36) nicht die Befugnis des Käufers, zusammen mit dem Verkäufer den Kaufvertrag hinsichtlich des Zahlungswegs zu ändern. Wird die Zahlung dann außerhalb des Akkreditivs abgewickelt, geht die Pfändung der Herausgabeansprüche gegen die Bank hinsichtlich der Dokumente ins Leere.870 Der Gläubiger muss sich daher überlegen, ob er die Möglichkeit hat, eine Umgehung des Akkreditivs durch Käufer und Verkäufer zu verhindern oder für sich unschädlich zu machen. In Betracht kommt hier eine – die Pfändung der Herausgabeansprüche gegen die Bank ergänzende – Pfändung der Ansprüche des Käufers gegen den Verkäufer aus dem Kaufvertrag. Dabei ist zwischen zwei Ansprüchen zu unterscheiden:

868 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/720; Dallèves SchwAG 1985, 14, 19. 869 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/720; Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO, § 829 Rdn. 71 ff., 78. 870 Geßler Pfändung in Akkreditive, S. 44 f.

301

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

2/481 aa) Nach § 433 BGB schuldet der Verkäufer die Verschaffung des Eigentums

an der Ware und deren Übergabe. Bei einem Warengeschäft, das sich mithilfe von Traditionspapieren – in Betracht kommt hier insbesondere das Konnossement – abwickeln soll, kann in der Regel als vereinbart gelten, dass der Verkäufer seinen Pflichten genügt, wenn er dem Käufer Eigentum an den die Ware repräsentierenden Dokumenten verschafft und diese Papiere dem Käufer übergibt. Ist im Kaufvertrag vereinbart, dass der Verkäufer die Dokumente einer Bank andienen soll, erfüllt er seine vertraglichen Pflichten, wenn er der Bank die Dokumente übergibt und gleichzeitig eine Einigungsofferte, gerichtet „an den, den es angeht“ (Rdn. 2/461) abgibt. Aus dem Inhalt des dem Akkreditiv zugrunde liegenden Kaufvertrags ergibt sich demnach ein Anspruch des Käufers gegen den Verkäufer auf Übergabe der Dokumente an die Bank und Abgabe einer auf Übertragung des Eigentums gerichteten Einigungserklärung. Ob dieser Anspruch isoliert pfändbar ist, erscheint zweifelhaft.871 Die ZPO regelt die Pfändung eines Anspruchs, gerichtet auf Leistung über einen Dritten, nicht. Die unmittelbare Anwendung der einschlägigen §§ 829, 847 ZPO ist nicht möglich: Beide Vorschriften betreffen nur den Fall, dass der Drittschuldner verpflichtet ist, die Leistung unmittelbar an den Schuldner zu erbringen. Eine entsprechende Anwendung der §§ 829, 847 ZPO, etwa dergestalt, dass dem Verkäufer als Drittschuldner verboten würde, zugunsten des Käufers an die Bank zu leisten, und ihm aufgegeben würde, die Dokumente an den Gerichtsvollzieher herauszugeben, müsste letztlich schon daran scheitern, dass der Verkäufer aus dem Akkreditiv ein Recht (aber keine Pflicht) gegenüber der Bank hat, ihr die Dokumente anzudienen. Die Befugnisse des Gläubigers in der Zwangsvollstreckung gehen aber nicht so weit, dass er in Rechte des Drittschuldners eingreifen darf.872 Im übrigen kann der Pfändungsgläubiger keine weitergehenden Rechte erlangen, als sie der Schuldner zuvor besaß, und ebenso wie der Käufer (Schuldner) vom Verkäufer (Drittschuldner) lediglich die Andienung der Dokumente bei der Bank verlangen durfte, könnte der den Anspruch einziehende Gläubiger nur dasselbe beanspruchen. 2/482 bb) Nach Lage der Verhältnisse kommt es dem Pfändungsgläubiger in dem hier vor-

liegenden Zusammenhang ausschließlich darauf an, die Pfändung der dem Käufer zustehenden Herausgabeansprüche gegen die Bank vor einer einverständlichen Umgehung des Akkreditivs durch Käufer und Verkäufer zu schützen. Zu diesem Erfolg verhilft die Pfändung eines zweiten aus dem Kaufvertrag resultierenden Anspruchs des Käufers gegen den Verkäufer. Früher wurde bereits erwähnt (Rdn. 2/23), dass dem Verkäufer neben seiner erfüllungshalber begründeten Akkreditivforderung gegen die Bank ein Kaufpreisanspruch gegen den Käufer zusteht. Dementsprechend hat auch der Käufer zwei Ansprüche gegen den Verkäufer: den auf Andienung der Dokumente bei der Bank und einen solchen auf Lieferung der Ware. Der letztgenannte Anspruch wird zwar von dem erstgenannten über-

871 Im Ergebnis abl. Geßler Pfändung in Akkreditive, S. 54 ff. 872 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO, § 829 Rdn. 71 ff.; Stein/Jonas/Brehm ZPO, § 829 Rdn. 101 ff.

302

VIII. Zwangsvollstreckung und Insolvenz bei Akkreditiven

Zweiter Abschnitt

lagert; er ist aber von Bedeutung, wenn die Leistung der Dokumente an die Bank unmöglich wird, etwa wenn die Bank die Schalter geschlossen hat. Dieser „überlagerte“ Anspruch ist nach den Regeln der §§ 829, 847 ZPO pfändbar. Seine Pfändung verhindert, dass Käufer und Verkäufer eine Umgehung des Akkreditivs vereinbaren. Träfen sie dennoch eine solche Absprache, wäre diese zwecklos, weil infolge der Pfändung des „überlagerten“ Lieferungsanspruchs dem Verkäufer eine außerhalb des Akkreditivs bezahlte Lieferung unmittelbar an den Käufer verboten ist. Die vorstehend gekennzeichnete Pfändung schützt den Gläubiger auch vor einer einverständlichen Aufhebung des gesamten Kaufvertrags, weil der Käufer (Schuldner des Pfändungsgläubigers) damit entgegen dem Gebot des § 829 ZPO über seinen Lieferungsanspruch verfügen würde; dies wäre dem Pfändungsgläubiger gegenüber unwirksam.873 Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Gläubiger eines Käufers, der nach 2/483 Maßgabe des Kaufvertrags dem Verkäufer ein Akkreditiv gestellt hat, folgende Pfändungsmöglichkeiten besitzt: – Vor Benutzung des Akkreditivs durch den Begünstigten ist pfändbar der Rückzahlungsanspruch des Käufers gegen die Bank hinsichtlich eines zur Akkreditivdeckung eingeschossenen Betrages. Diese Pfändung ist wirtschaftlich nur sinnvoll, wenn das Akkreditiv entweder unbenutzt bleibt oder wenn – ohne Einflussmöglichkeit des pfändenden Gläubigers – ein widerrufliches Akkreditiv widerrufen wird. – Pfändbar sind die Ansprüche des Käufers gegen die Bank auf Herausgabe der Dokumente. – Pfändbar ist schließlich der „überlagerte“ Anspruch des Käufers gegen den Verkäufer auf Lieferung der durch die Dokumente repräsentierten Ware. Diese Pfändung, die theoretisch auch allein möglich wäre, ist nur sinnvoll im Zusammenhang mit der gleichzeitig erfolgenden Pfändung der Herausgabeansprüche des Käufers gegen die Bank wegen der Dokumente. Zweckmäßigerweise pfändet der Gläubiger alle genannten Ansprüche gleichzei- 2/484 tig, da nicht von vornherein feststeht, wie sich Akkreditiv- und Warengeschäft im Einzelnen letztlich abwickeln werden. Nur die Pfändung sämtlicher hier denkbaren Ansprüche gewährt dem Gläubiger die größtmögliche Sicherheit für alle in Betracht kommenden Eventualitäten. Hinsichtlich der drittgenannten Möglichkeit dürfte es für die Praxis genügen, wenn der Pfändungsbeschluss „alle Ansprüche des Käufers gegen den Verkäufer aus dem (näher zu bezeichnenden) Kaufvertrag“ als gepfändet nennt; und dem Verkäufer als Drittschuldner verbietet, unmittelbar an den Käufer zu leisten, zugleich aber ausspricht, dass der Verkäufer nicht gehindert sei, die Dokumente der Bank auf dem im Akkreditiv vorgesehenen Wege anzudienen. Letzteres erscheint wichtig, um klarzustellen, dass nur der „überlagerte“ Lieferungsanspruch gepfändet ist. 873 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO, § 829 Rdn. 66; MüKo-Smid ZPO, § 829 Rdn. 42.

303

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

Ob die ausgebrachten Pfändungen auch zum Erfolg, d.h. letztlich zur Befriedigung des Gläubigers führen, dürfte weit gehend davon abhängen, ob und wieweit der Käufer bereits Zahlungen auf das Warengeschäft geleistet hat (entweder durch Einschuss bei der Akkreditivbank oder als Anzahlung an den Verkäufer). Dem Pfändungspfandrecht des Gläubigers geht das Pfandrecht der Bank an den Dokumenten hinsichtlich aller Ansprüche der Bank gegen den Käufer vor, so dass der Gläubiger nur dann auf die Dokumente Zugriff nehmen kann, wenn er gleichzeitig die Bank wegen ihrer durch die Dokumente gesicherten Ansprüche befriedigt. 2/485 Ähnliches gilt im Verhältnis zum Verkäufer: Der Gläubiger des Käufers kann den

Besitz an den Dokumenten nur erlangen, wenn er den Verkäufer durch Zahlung zu deren Herausgabe veranlasst. Eine Pfändung ist also allein dann sinnvoll, wenn der aus einer Verwertung der Ware im Zwangsvollstreckungsverfahren zu erwartende Erlös den Betrag, den der Gläubiger aufwenden muss, um an die Dokumente und damit an die Ware heranzukommen, erheblich übersteigt. Das ist aber nur der Fall, wenn der Käufer zuvor wenigstens eine nennenswerte Anzahlung auf die Ware geleistet hatte oder wenn die Preise enorm gestiegen sind. Wenn die Anzahlung mit Bankkredit erfolgt ist, muss die Bank darauf achten, dass die mit ihrem Kunden getroffenen Abmachungen es ausschließen, dass bei der späteren Abwicklung des Geschäfts die Zahlungen um sie herumgeleitet werden und ihr Kredit unabgedeckt bleibt. Hat sich – wie hier mehrfach empfohlen – die Bank die Forderung aus dem Grundgeschäft (formularmäßig) abtreten lassen, sind solche Manipulationen weit gehend ausgeschlossen.

2.

Pfändung durch Gläubiger des Verkäufers

2/486 Auch für eine Pfändung durch Gläubiger des Verkäufers stehen mehrere Rechte

und Ansprüche des Verkäufers zur Verfügung:

a)

Recht des Verkäufers auf Vorlegung der Dokumente und sein dadurch bedingter Zahlungsanspruch gegen die Bank

2/487 Aufgrund der zu seinen Gunsten erfolgten Akkreditiveröffnung erlangt der Verkäu-

fer das Recht, die erforderlichen Dokumente bei der Bank vorzulegen, und einen durch die Vorlegung aufschiebend bedingten Zahlungsanspruch gegen die Bank. Bei Behandlung der Frage, ob die Akkreditivbenutzungsberechtigung des Verkäufers pfändbar ist, wurde mitunter zwischen übertragbar gestellten (dann pfändbaren) und nicht übertragbaren (dann nicht pfändbaren) Akkreditiven unterschieden;874 zugrunde liegt hierbei die Vorstellung, dass das, was übertragbar sei, grundsätzlich auch gepfändet werden könne (§ 851 Abs. 1 ZPO). Dieser Grundsatz

874 Geßler Pfändung in Akkreditive, S. 79 ff.; ders. AWD 1968, 293; Schütz BB 1964, 332; Liesecke WM 1966, 458, 464.

304

VIII. Zwangsvollstreckung und Insolvenz bei Akkreditiven

Zweiter Abschnitt

ist hier jedoch nicht anwendbar, weil bei einem übertragbaren Akkreditiv der Verkäufer selbst gar nichts „übertragen“ kann. Ist ein Akkreditiv übertragbar gestellt, dann bedeutet dies, dass es dem Verkäufer gestattet sein soll, eine Änderung des Akkreditivs dadurch herbeizuführen, dass er die Akkreditivbank ersucht, statt des Originalakkreditivs ein oder mehrere andere Akkreditive zugunsten anderer von ihm benannter Begünstigter zu eröffnen (Rdn. 2/199). Die „Übertragung“ besteht demnach in einer Abänderung des Originalakkreditivs, die nicht der Verkäufer, sondern – entgegen dem Grundsatz, dass die Änderung eines Akkreditivs der Zustimmung aller Beteiligten bedarf (Art. 10a ERA) – die Bank auf alleinigen Wunsch des Verkäufers vorzunehmen berechtigt ist. Mithin kommt es allein darauf an, ob der Gläubiger das Recht des Verkäufers pfänden kann, mit der Bank eine Akkreditivänderung vereinbaren zu können. Dagegen spricht die Überlegung, dass es dem Gläubiger in der Zwangsvollstreckung nur gestattet ist, auf ein bestehendes Vertragsverhältnis seines Schuldners zuzugreifen, nicht aber ein solches Verhältnis zu ändern. Denn die hierzu erforderliche Zustimmung des Erstbegünstigten (Art. 38b ERA) ist höchstpersönlich; die übertragende Bank kann nur auf Weisung des Erstbegünstigten handeln. Es folgt daraus, dass die Akkreditivbenutzungsstellung des Verkäufers weder bei einem übertragbaren noch bei einem nicht übertragbaren Akkreditiv pfändbar ist.875 Theoretisch denkbar, aber praktisch nicht vorkommend, ist allenfalls eine Pfändung mit der Wirkung, dass der Pfändungsgläubiger berechtigt ist, seinerseits die Dokumente des Begünstigten einzureichen;876 große praktische Bedeutung dürfte einer derartigen Pfändung nicht beizumessen sein, da der Pfändungsgläubiger Schwierigkeiten haben wird, auf rechtlich einwandfreie Weise den Besitz der Dokumente des Begünstigten zu erlangen.

b)

Der „reine“ Zahlungsanspruch des Verkäufers gegen die Bank

Der „reine“ (oder nackte) Zahlungsanspruch des Verkäufers gegen die Bank ist 2/488 nach Art. 39 ERA abtretbar und daher gemäß § 851 Abs. 1 ZPO auch pfändbar.877 Eine solche isolierte Pfändung hindert indessen nicht, dass der Verkäufer im Einvernehmen mit dem Käufer das Warengeschäft unter Umgehung des Akkreditivs abwickelt. Dann tritt die Bedingung für die Auszahlung des Akkreditivbetrages durch die Bank nicht ein; die Pfändung bleibt erfolglos.878 Aber auch dann, wenn Käufer und Verkäufer sich weiterhin an die Akkreditivklausel im

875 OLG Hamburg BB 1978, 63; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1046; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/722; ders. in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 462; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 237; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 567. 876 Wassermann Die Verwertung von Ansprüchen aus Dokumentenakkreditiven, S. 163. 877 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1044; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/723; ders. in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 463; Geßler Pfändung in Akkreditive, S. 101 ff. Zur Rechtslage bei Pfändungen bei bestätigten Akkreditiven, Bandomir Bank-Betrieb 1967, 169, 174. 878 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/723.

305

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

Kaufvertrag gebunden halten, geht die Pfändung letztlich ins Leere, weil der Pfändungsgläubiger auf die Vorlegung der Dokumente keinen Einfluss nehmen kann und weil natürlich eventuelle Rechte der Bank dem Pfändungspfandrecht vorgehen. Eine Pfändung hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn sie unmittelbar nach Einreichung der Dokumente, aber noch vor Auskehrung des Gegenwertes bewirkt wird. Für Sicht- und Negoziierungsakkreditive kann mithin gefolgert werden, dass es einem Gläubiger praktisch unmöglich sein wird, die Pfändung in dieser relativ kurzen Zeitspanne zu vollziehen.879 2/489 Die Chancen des Gläubigers für eine erfolgreiche Pfändung des Zahlungs-

anspruchs sind hingegen günstiger bei Akkreditiven mit hinausgeschobener Fälligkeit, weil zwischen Einreichung der Dokumente und Auszahlung des Akkreditivs ein üblicherweise mehrmonatiger Zeitraum liegt.880 Bei der Pfändung der Ansprüche aus bestätigten Nachsichtakkreditiven ist darauf zu achten, dass sich die Pfändung gegen die Bank richtet, bei der das Akkreditiv zahlbar ist. Trifft dies nicht zu, so bleibt die Pfändung ohne Wirkung.881

c)

Ansprüche des Verkäufers gegen den Käufer aus dem Kaufvertrag

2/490 Neben dem aus dem Akkreditiv resultierenden bedingten Anspruch gegen die

Bank auf Zahlung des Akkreditivbetrages steht dem Verkäufer aus dem Kaufvertrag der Anspruch auf Kaufpreiszahlung gegen den Käufer zu, der freilich oftmals (meist formularmäßig) an eine kreditgebende Bank abgetreten ist (Rdn. 2/216); das kann die avisierende oder bestätigende Bank bzw. die Zahlstelle oder auch eine später mit der Dokumentenvorlage beauftragte andere Bank sein. Auch dieser Anspruch ist pfändbar. Jedoch ist eine solche Pfändung allein sinnlos, wenn noch das Akkreditiv läuft und wenn es dann letztlich bedient wird; durch die Zahlung der Bank an den Verkäufer aufgrund des Akkreditivs erlischt – trotz Pfändung – die Kaufpreisforderung aus dem Kaufvertrag. Denn die bloße Pfändung des Kaufpreisanspruchs, durch die der Verkäufer nicht gehindert ist, das zahlungshalber gestellte Akkreditiv zu bedienen, erfasst nicht die Rechtsposition des Verkäufers im Verhältnis zur Bank aus der Dokumentenaufnahme. Kaufpreisanspruch gegen den Käufer und Zahlungsanspruch gegen die Bank aus der Dokumentenaufnahme sind auch hier streng zu trennen. Ein für den Pfändungsgläubiger befriedigendes Ergebnis lässt sich nur erreichen, wenn der Gläubiger des Verkäufers bei diesem gleichzeitig sowohl den Zahlungsanspruch gegen die Bank als auch die Kaufpreisforderung gegen den Käufer rechtzeitig pfändet.882 Dadurch wird die Möglichkeit, dass Verkäufer und Käufer das Akkreditiv zum Nachteil des Gläubigers

879 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 463. 880 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 463; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 566. 881 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 464. 882 Geßler AWD 1968, 293, 296.

306

VIII. Zwangsvollstreckung und Insolvenz bei Akkreditiven

Zweiter Abschnitt

umgehen, ausgeschaltet, weil nach § 829 Abs. 1 ZPO der Käufer dann nicht mehr in der Lage ist, mit gegenüber dem Gläubiger schuldbefreiender Wirkung den Kaufpreis an den Verkäufer zu entrichten.883

d)

Ergebnis

Als Ergebnis ist festzuhalten, dass der Gläubiger des Verkäufers zweckmäßiger- 2/491 weise gleichzeitig den Zahlungsanspruch des Verkäufers gegen die Bank aus dem Akkreditiv sowie den Kaufpreisanspruch des Verkäufers gegen den Käufer pfänden sollte, um so Verkäufer und Käufer die Möglichkeit zu nehmen, das Warengeschäft außerhalb des Akkreditivs und damit unter Umgehung der bezüglich des Zahlungsanspruchs gegen die Bank ausgebrachten Pfändung abzuwickeln. Vor Ergreifung solcher Maßnahmen ist sorgfältig die wirtschaftliche Seite zu prüfen. Nur wenn der Käufer große Anzahlungen geleistet hat oder wenn der Warenpreis exorbitant gestiegen ist, sind die genannten Maßnahmen wirtschaftlich attraktiv.

B.

Insolvenz

1.

Insolvenz des Käufers

Bei der Betrachtung der Insolvenz des Käufers (Akkreditivauftraggebers) sind zu 2/492 untersuchen dessen Auswirkungen sowohl auf den Kaufvertrag mit dem Verkäufer (Begünstigten) als auch auf den Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Bank. Für die Bank ist dabei die Sicherung ihrer Ansprüche aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag (Akkreditivstellung) mit dem Käufer von besonderer Wichtigkeit, wenn der Käufer keinen ein Risiko voll deckenden Einschuss geleistet hat, das Akkreditivgeschäft also zumindest teilweise mit einer Krediteinräumung verbunden ist.

a)

Auswirkungen der Käuferinsolvenz auf den Kaufvertrag

Die Insolvenz des Käufers ist für den Verkäufer von geringer Bedeutung, wenn 2/493 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erst stattfindet, nachdem das Akkreditiv durch den Verkäufer benutzt wurde; durch die Benutzung des Akkreditivs und die Auszahlung des Akkreditivbetrags seitens der Bank hat für den Verkäufer die ordnungsgemäße Abwicklung des Warengeschäfts ihre Erledigung gefunden.884

883 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1045; Geßler Pfändung in Akkreditive, S. 109, 112; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/721. 884 Loeffler Der Einfluß des Käufer-Konkurses auf das Dokumenten-Akkreditiv-Geschäft, S. 60 f.

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Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

War bei Eröffnung des Käuferinsolvenzverfahrens das Akkreditiv zwar eröffnet, aber vom Begünstigten noch nicht benutzt, befindet dieser sich ebenfalls in einer günstigen Situation. Unabhängig von der Frage, ob dem Insolvenzverwalter zu diesem Zeitpunkt noch die Wahlmöglichkeit nach § 103 InsO zusteht, die Erfüllung des Kaufvertrages vom Verkäufer zu verlangen oder abzulehnen, kann der Begünstigte aufgrund des Akkreditivs die Dokumente der Bank andienen und von ihr volle Zahlung verlangen. Sofern der Insolvenzverwalter in Ausübung seines Wahlrechts die Erfüllung des Kaufvertrags ablehnt, macht die Zahlung an den Begünstigten die Bank zur einfachen Insolvenzgläubigerin. Das Akkreditiv ist in dieser Situation für den Verkäufer mithin besonders wertvoll, weil er durch die Akkreditivstellung von den Vermögensverhältnissen des Käufers hinsichtlich der Akkreditivsumme unabhängig wird. 2/494 Wenn jedoch das Akkreditiv bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht eröff-

net war, kann dies für den Verkäufer nachteilige Folgen haben. Wählt der Insolvenzverwalter, dem auch in diesem Stadium nach § 103 InsO das Recht zusteht, entweder vom Verkäufer Erfüllung des Kaufvertrages zu verlangen oder diese abzulehnen, die Erfüllung, muss er dem Verkäufer das im Kaufvertrag vereinbarte Akkreditiv durch die Akkreditivbank stellen lassen. Damit ist jedoch der Verkäufer wiederum vom Insolvenzverfahren weit gehend unabhängig; er wird Massegläubiger und erhält nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO Befriedigung vor den normalen Insolvenzgläubigern. Lehnt der Insolvenzverwalter dagegen die Erfüllung ab, wird die Bank ein Akkreditiv zugunsten des Verkäufers nicht mehr eröffnen; dieser ist auf Schadensersatzansprüche gegen die Insolvenzmasse angewiesen (§ 103 Satz 2 KO), wobei der Verkäufer das so genannte positive Vertragsinteresse – sowohl den effektiven Schaden als auch etwa entgangenen Gewinn – geltend machen kann. Natürlich muss der Insolvenzverwalter die Bank von der Insolvenzverfahrenseröffnung unverzüglich benachrichtigen, damit sie nicht in Unkenntnis des Insolvenzverfahrens das Akkreditiv eröffnet; geschieht letzteres, ist die Bank nur durch die in ihrer Hand befindlichen Sicherheiten, zu denen auch die nach Insolvenzverfahrenseröffnung von dem Begünstigten eingereichten Dokumente gehören, gesichert, im Übrigen aber ist sie einfache Insolvenzgläubigerin (§ 38 InsO in Verbindung mit § 674 BGB).

b)

Auswirkungen des Insolvenzverfahrens des Käufers auf den Geschäftsbesorgungsvertrag

2/495 Nach §§ 116, 115 Abs. 1 InsO lässt die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über

das Vermögen des Käufers den zwischen ihm und der Akkreditivbank bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrag erlöschen, und zwar unabhängig davon, ob das Akkreditiv bereits eröffnet war oder nicht.885 Zugunsten der Bank gilt der

885 So für den insoweit identischen § 23 KO BGH WM 1974, 1128; BGH WM 1978, 137; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1075; Kuhn/Uhlenbruck KO, § 23 Rdn. 14a; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/728.

308

VIII. Zwangsvollstreckung und Insolvenz bei Akkreditiven

Zweiter Abschnitt

Geschäftsbesorgungsvertrag allerdings so lange als fortbestehend, bis sie von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Kenntnis erlangt oder erlangt haben muss, §§ 116, 115 Abs. 3 InsO.886 Daraus ergeben sich folgende rechtliche Konsequenzen:

aa)

Insolvenzverfahrenseröffnung vor Avisierung bzw. Bestätigung und Zahlung

Der Geschäftsbesorgungsvertrag erlischt (§§ 116, 115 Abs. 1 InsO). Die Bank hat 2/496 nach § 812 BGB einen ihr vom Käufer eingeschossenen Betrag abzüglich ihrer bereits verdienten Provision und der entstandenen Auslagen an die Insolvenzmasse herauszugeben,887 sofern ihr nicht an dem Betrag wegen anderweitiger Forderungen gegen den Käufer/Akkreditivauftraggeber nach Nr. 14 AGB Banken ein Pfandrecht zusteht, das ihr in der Insolvenz ein Recht auf abgesonderte Befriedigung gewährt (§ 50 InsO). Hat sie vom Käufer keinen Einschuss erhalten, ist sie bezüglich ihrer (Neben-) Ansprüche aus dem Akkreditivgeschäft (Provision, Auslagen) mangels anderer Sicherheiten einfache Insolvenzgläubigerin.

bb) Insolvenzverfahrenseröffnung nach Eröffnung bzw. Bestätigung eines Akkreditivs Auch in diesem Fall erlischt der Geschäftsbesorgungsvertrag. Dessen ungeachtet 2/497 bleibt das bereits eröffnete Akkreditiv gegenüber dem Begünstigten bestehen und kann, wenn es unwiderruflich ist, von der Bank nicht widerrufen werden.888 Handelt es sich ausnahmsweise um ein widerrufliches Akkreditiv (Rdn. 2/80), kann die Bank – notfalls auch gegen den Willen des Insolvenzverwalters – von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen und wird dies verständlicherweise immer tun; die Insolvenzverfahrenseröffnung ist als ausreichender Grund für den Widerruf anzusehen.889 Wegen bereits entstandener Provisions- und Aufwendungsersatzansprüche ist die Bank einfache Insolvenzgläubigerin, sofern sie nicht vor Insolvenzeröffnung wirksame Sicherheiten erlangt hatte, die ihr ein Absonderungsrecht gewähren. Der Insolvenzverwalter kann durchaus ein wirtschaftliches Interesse daran haben, trotz des Konkurses das Warengeschäft mit dem Verkäufer durchzuführen.

886 Zur Frage der fahrlässigen Unkenntnis BGH WM 1989, 616 = WuB VI B. § 55 Nr. 1 KO 1.89 Obermüller. Zu spezifischen Problemen bei dieser Konstellation Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rdn. 4.34 ff. 887 Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 352; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1078. 888 Tintelnot in: Kübler/Prütting, InsO, §§ 115, 116 Rdn. 27; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1076; Häsemeyer Rdn. 20.82; Jaeger/Henckel KO, § 17 Rdn. 18 ff.; Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rdn. 4.40 f.; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/731. 889 Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rdn. 4.39.

309

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

Er hat dann nach § 103 InsO die Möglichkeit, vom Verkäufer Erfüllung zu verlangen und den an sich erloschenen Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Bank neu abzuschließen.890 In diesem Falle werden Kaufvertrag und Akkreditiv normal abgewickelt; die Entscheidung des Insolvenzverwalters für Aufrechterhaltung des Kaufvertrages schließt eine positive Entscheidung für das vorgesehene Akkreditiv mit ein. Die Bank ist hinsichtlich aller ihrer Ansprüche nach Maßgabe des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO Massegläubigerin. Verfährt der Insolvenzverwalter nicht in dieser Weise, sondern distanziert er sich sowohl von dem Kaufvertrag als auch von dem Akkreditiv (Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Bank), bleibt die Bank wegen ihrer bereits entstandenen Ansprüche gegen den Käufer Insolvenzgläubigerin. Sie wickelt nunmehr das Geschäft mit dem Begünstigten nach Maßgabe des für sie verbindlich bleibenden Akkreditivs ab, nimmt die Dokumente auf, honoriert sie und befriedigt sich dann aus der Verwertung der durch die Dokumente repräsentierten Ware. Bringt diese nur einen Mindererlös, ist die Bank wegen des Ausfalls einfache Insolvenzgläubigerin. Ein Mehrerlös dürfte hier praktisch kaum erzielt werden können, weil der Insolvenzverwalter voraussichtlich lukrative Geschäfte für Rechnung der Masse abwickeln würde. Die Dokumente dienen der Bank aufgrund ihres Pfandrechts nach Nr. 14 AGB in jedem Falle als Sicherheit, die auch in der Insolvenz des Akkreditivauftraggebers Bestand hat.891 Die Situation der finanzierenden Bank unterscheidet sich in rechtlicher Hinsicht nicht so sehr von der Lage eines Factors, der die Forderungen seines Kunden angekauft und bevorschusst hat; ihm wird bei einer Kollision mit dem verlängerten Eigentumsvorbehalt des Lieferanten seines Kunden ebenfalls der Vorrang zuerkannt. Man kann daher im Akkreditivgeschäft von dem Grundsatz ausgehen, dass die Akkreditivbank, solange sie die Dokumente in Händen hat, aus der Insolvenz des Käufers ein Schaden letztlich nur insoweit erwachsen dürfte, als ihre Forderungen gegen den Käufer den Erlös aus der Verwertung der durch die Dokumente repräsentierten Ware übersteigen. 2/498 Die Möglichkeit der Bank, die Ware durch die Dokumente an sich zu ziehen und

zu verwerten, kann der Insolvenzverwalter nicht beeinträchtigen.892 Durch den Versuch, nach § 103 InsO vom Begünstigten Erfüllung des Kaufvertrags zu verlangen – ohne zugleich auch den Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Bank zu „erneuern“ – kann er nicht erreichen, dass die Bank zwar ihrerseits das Akkreditiv 890 Loeffler Der Einfluß des Käufer-Konkurses auf das Dokumenten-Akkreditiv-Geschäft, S. 87. 891 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1079. Dem Erwerb eines Pfandrechts könnte jedoch entgegenstehen, dass das Eigentum nicht auf den Akkreditivauftraggeber übergeht und dass im Verkehr mit ausländischen Banken die Vereinbarung der AGB nicht durchholbar sein könnte, s. Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rdn. 4.53. 892 Dabei herrscht in der Lit. Streit weniger über das Ergebnis als über die rechtliche Konstruktion: Liesecke WM 1976, 267; Loeffler Der Einfluß des Käufer-Konkurses auf das Dokumenten-Akkreditivgeschäft, S. 101 ff.; Lücke S. 250 ff.; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/731; ders. ZIP 1983, 131; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1079; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 255; Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rdn. 4.46; Zahn in: FS Rittershausen, S. 254 ff.

310

VIII. Zwangsvollstreckung und Insolvenz bei Akkreditiven

Zweiter Abschnitt

honorieren muss, das Eigentum an den Dokumenten und damit an der Ware aber unmittelbar vom Begünstigten auf die Masse übergeht. Selbst wenn sich Begünstigter und Insolvenzverwalter über den Eigentumsübergang auch ohne die Bank einigen würden, könnten sie ohne deren Mitwirkung keine Übergabe der von der Bank bezahlten Dokumente an die Masse zustande bringen. Der Begünstigte erhält die Akkreditivsumme nur, wenn er die Dokumente der Bank aushändigt. Damit ist eine Übergabe an den Insolvenzverwalter unmöglich. Der Insolvenzverwalter kann auch nicht behaupten, er habe mittelbaren Besitz erworben und könne deshalb ohne Bezahlung aus der Masse die Dokumente verlangen; das würde voraussetzen, dass ein entsprechendes Besitzmittlungsverhältnis zwischen ihm und der Bank bestünde. Dies ist im Akkreditivgeschäft normalerweise der Geschäftsbesorgungsvertrag, der aber gerade hier nicht mehr existiert. Daraus folgt, dass der Insolvenzverwalter Eigentum an den Dokumenten zugunsten der Masse nur erwerben kann, wenn er nicht nur vom Verkäufer die Erfüllung des Kaufvertrags verlangt, sondern zugleich mit der Akkreditivbank ein Besitzmittlungsverhältnis durch Erneuerung des Geschäftsbesorgungsvertrags begründet. Dann ist aber die Bank wegen ihrer Aufwendungen durch den unmittelbaren Besitz an den Dokumenten gesichert. Dass der Insolvenzverwalter nicht gegen den Willen der Bank, die aus dem Akkreditiv gezahlt hat, über diese oder direkt unbelastetes Eigentum an den Dokumenten für die Masse erwerben kann, entspricht auch durchaus der Billigkeit. Der Insolvenzverwalter kann nicht einerseits vom Verkäufer nach § 103 InsO Erfüllung verlangen, andererseits es aber ablehnen, die Aufwendungen der Bank aus dem Akkreditiv zu ersetzen. Dies entspricht auch der Regel, dass der Insolvenzverwalter nur dann die Erfüllung eines zweiseitigen Vertrags verlangen kann, wenn er seinerseits bereit ist, die Gegenleistung aus der Insolvenzmasse zu erbringen (§§ 103, 55 InsO); in diesem Sinne muss man in der Insolvenz Kaufvertrag und Akkreditivstellung als zwar zwei rechtlich voneinander unabhängige Teile eines doch wirtschaftlich einheitlichen Vorgangs sehen. Die komplizierten insolvenz- und eigentumsrechtlichen Überlegungen sind nicht 2/499 erforderlich,893 wenn bei Erteilung des Akkreditivauftrags zwischen Bank und Käufer von vornherein klare Abmachungen bezüglich der Sicherung der Bank getroffen wurden. Die Bank sollte besonders dann auf ihre Sicherheit bedacht sein, wenn sie dem Käufer zwecks Leistung einer Anzahlung auf die Ware einen Kredit gewährt hat. Die Möglichkeiten der Sicherung sind schon ausführlich dargelegt worden (Rdn. 2/453 ff.). Wiederholt sei hier, dass die Bank bemüht sein muss, den Sicherungsvertrag mit dem Käufer so zu gestalten, dass sie – nicht der Käufer – unmittelbar vom Verkäufer Eigentum an Dokumenten und Ware erwirbt. Dies wird dadurch erreicht, dass der Käufer ihr seinen gegen den Verkäufer gerichteten Anspruch auf Verschaffung des Eigentums abtritt. Die rechtliche Klärung ist wesentlich erleichtert, wenn der Käufer bei Erteilung des Akkreditivauftrags der

893 Zum Streitstand s. a. Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rdn. 4.46 ff.

311

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

kreditgewährenden akkreditiveröffnenden Bank sämtliche Ansprüche aus dem Grundgeschäft gegen den Verkäufer zediert hat.

2.

Insolvenz des Verkäufers

2/500 Exporteure können nach Vertragsabschluss, aber vor Lieferung, insolvent werden.

Hier kann die Situation der Verkäuferinsolvenz nur nach Maßgabe des deutschen Rechts behandelt werden. Die Akkreditivbank besitzt keine Ansprüche gegen den Verkäufer und ist daher an seinem Insolvenzverfahren grundsätzlich nicht beteiligt. Dennoch sind verschiedene in der Praxis denkbare Situationen kurz rechtlich zu betrachten.894 Für die Bank stellt sich insbesondere die Frage, ob sie noch Zahlung leisten muss und ob sie die Dokumente für den Akkreditivauftraggeber entgegennehmen darf:

a)

Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor Dokumentenaufnahme

2/501 In der Regel wird die Bank von einem Insolvenzverfahren des Begünstigten unter-

richtet sein; dann scheidet eine schuldbefreiende Zahlung an den Begünstigten (unter Umgehung des Insolvenzverwalters) aus, weil diesem durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Verfügungsbefugnis entzogen wurde, § 80 InsO. Es ist im Einzelfall allerdings möglich, dass die Bank bei Hereingabe der Dokumente durch den Begünstigten die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen ausnahmsweise nicht kannte und daher nach beanstandungsfreier Prüfung an den Begünstigten (statt an den Insolvenzverwalter) zahlt. Die Bank kann dann gegenüber den Insolvenzgläubigern mit befreiender Wirkung geleistet haben, § 82 InsO. In Erwägung gezogen werden muss hierbei jedoch, ob der Akkreditivauftraggeber, der kein Eigentum an den Dokumenten erwerben kann (§§ 81, 91 InsO) und gleichwohl dem Aufwendungsersatzanspruch der Bank ausgesetzt ist, Schadensersatzansprüche gegen die Bank stellen kann. Dies hängt davon ab, inwieweit die Bank bei der Hereinnahme der Dokumente und der Zahlung die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns beachtet hat. Zu ihren Pflichten bei der Hereinnahme der Dokumente zählt nicht nur die Dokumentenprüfung, sondern sie muss sich auch über die Solvenz des Begünstigten vergewissern. Musste die Bank dabei erkennen, dass ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Begünstigten eröffnet war, so haftet sie dem Auftraggeber für seinen Schaden.895 2/502 Der Insolvenzverwalter kann, wenn er sich gegenüber dem Käufer nach § 103 InsO

zur Erfüllung des Kaufvertrages entschließt, von der Bank gegen Vorlage der akkreditivgerechten Dokumente Zahlung zur Masse beanspruchen.896 894 Vertiefte Darstellung bei Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rdn. 4.64 ff. 895 Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rdn. 4.78. Zur Situation im Rahmen der Prüfung eines Akkreditivauftrages s. Rdn. 2/129. 896 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 471.

312

VIII. Zwangsvollstreckung und Insolvenz bei Akkreditiven

b)

Zweiter Abschnitt

Insolvenzverfahrenseröffnung nach Dokumentenaufnahme, aber vor Zahlung

Erhält die Bank Dokumente für Akkreditive mit hinausgeschobener Zahlung 2/503 (deferred payment credit) schon vor Insolvenzeröffnung und wird das Insolvenzverfahren noch vor Zahlung an den Begünstigten eröffnet, hindert dies einen Eigentumserwerb des Akkreditivauftraggebers an den Dokumenten regelmäßig nicht. Wenn es sich bei den Dokumenten um Traditionspapiere handelt, hat die Bank in dem Zeitpunkt, in dem sie die Dokumente als akkreditivgerecht anerkennt, das Eigentum an den Dokumenten in Vertretung des Akkreditivauftraggebers für diesen erworben.897 Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Begünstigten können Zahlungen nur noch an den Insolvenzverwalter mit befreiender Wirkung geleistet werden. Hat die Bank jedoch keine Kenntnis von der Insolvenzverfahrenseröffnung, wird sie auch durch eine Zahlung an den Begünstigten befreit, § 82 InsO.898

c)

Kreditsituation

Ein Insolvenzverfahren des Verkäufers kann für die Bank bedeutsam werden, 2/504 wenn sie dem Verkäufer vor Hereingabe der Dokumente im Hinblick auf das Akkreditiv Kredit gewährt oder etwa – gegen Einreichung nicht ganz ordnungsgemäßer Dokumente – vor Insolvenzeröffnung Zahlung unter Vorbehalt geleistet hat. Scheitert die Abwicklung des Akkreditivs im erstgenannten Falle, weil der Insolvenzverwalter keine Dokumente bei der Bank einreicht, ist die Bank hinsichtlich ihrer Ansprüche gegen den Verkäufer nur einfache Insolvenzgläubigerin. Hat sie bei Zahlung unter Vorbehalt die Dokumente bereits in Händen, besitzt sie daran neben einem Zurückbehaltungsrecht wegen ihrer Zahlung nach Nr. 14 Abs. 1 S. 2 AGB ein Pfandrecht, welches den Rückzahlungsanspruch gegen den Verkäufer sichert und ihr ein Recht auf abgesonderte Befriedigung gewährt. Hat der Verkäufer die Dokumente mit Vorlegungs- bzw. Inkassoauftrag einer Bank (Einreicherbank) übergeben und wird er dann vor Eintreffen des Geldes bei der Einreicherbank insolvent, steht die Akkreditiv- bzw. Inkassosumme der Einreicherbank zur Abdeckung eines eventuellen Debetsaldos des Verkäufers zu. Sie braucht das Geld insoweit nicht an den Insolvenzverwalter herauszugeben.899

897 Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rdn. 4.80. 898 Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rdn. 4.81. 899 OLG Köln WM 1994, 1877. Weitere Einzelheiten Obermüller Insolvenzrecht in der Bankpraxis, Rdn. 4.83 ff.; Zur Frage, ob die Bank den auf dem Kundenkonto gutgeschriebenen Forfaitierungserlös an den Insolvenzverwalter herausgeben muss, wenn der Begünstigte die Ansprüche unter dem Akkreditiv forfaitiert hat: Scheuermann/Göttsche RIW 2005, 894, 898 f.

313

Zweiter Abschnitt

3.

Dokumentenakkreditiv

Insolvenz der Bank

2/505 Ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Bank bringt den Geschäftsbesor-

gungsvertrag mit dem Käufer nicht zum Erlöschen; §§ 115, 116 InsO finden hier keine Anwendung. Wiederum ist die Rechtslage, je nachdem, ob das Akkreditiv im Zeitpunkt der Insolvenzverfahrenseröffnung bereits eröffnet war oder nicht, unterschiedlich zu beurteilen. In der Praxis sind natürlich nicht nur die nachstehend erörterten rechtlichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Bei Insolvenz einer Bank gerät die Kundschaft in Panik. Kein Lieferant wird mehr bereit sein, das Akkreditiv einer insolventen Bank entgegenzunehmen oder gar zu bedienen – ganz gleichgültig, ob der Jurist ihn dahin berät, dass seine Ansprüche volle Befriedigung finden würden. Alle rechtlichen Erörterungen finden unter diesem selbstverständlichen Vorbehalt der geschäftspolitischen Situation statt:

a)

Insolvenzverfahrenseröffnung vor Akkreditiveröffnung

2/506 Vor Eröffnung des Akkreditivs steht dem Käufer die Möglichkeit offen, gemäß

§ 675, 649 BGB den Geschäftsbesorgungsvertrag mit der Bank zu kündigen.900 Ein vor Insolvenzverfahrenseröffnung an die Bank geleisteter Einschuss gewährt dem Käufer nur eine einfache Insolvenzforderung;901 dies gilt auch dann, wenn der Einschuss auf einem besonderen Akkreditiv-Deckungs-Konto verbucht war. Ein Aussonderungsrecht des Käufers besteht nicht, weil das Eigentum des Käufers am eingezahlten Geld durch Vermischung untergeht und sich in eine Forderung gegen die Bank umwandelt. Eine buchmäßige „Aufbewahrung“ von Geld gibt es nicht. Kündigt der Käufer den Vertrag mit der Bank nicht, kann der Insolvenzverwalter der Bank seinerseits entscheiden, ob er von dem Wahlrecht nach § 103 InsO Gebrauch machen will. Dieses Wahlrecht steht ihm zu, da der Geschäftsbesorgungsvertrag ein zweiseitiger und – vor Akkreditiveröffnung – noch von keiner Seite vollständig erfüllter Vertrag ist. Lehnt der Insolvenzverwalter die Erfüllung ab, bleibt dem Begünstigten nur übrig, einen möglichen Schadensersatzanspruch als Insolvenzforderung geltend zu machen (§ 103 Abs. 2 InsO). Entscheidet sich der Insolvenzverwalter dagegen für die Erfüllung, muss er das Akkreditiv eröffnen und aus der Masse voll bedienen. Benutzt der Begünstigte dann das Akkreditiv, ist Zahlung in Höhe des vollen Akkreditivbetrags an ihn zu leisten; der Begünstigte (Verkäufer) wird Massegläubiger nach § 53 InsO. An den hereingenommenen Dokumenten erwirbt je nach Ausgestaltung der Beziehungen zwischen Bank und Käufer entweder der Käufer oder die Bank das Eigentum. Im ersten Fall hat der Käufer ein Aussonderungsrecht hinsichtlich der Dokumente (§ 47

900 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1082; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. zu § 365 Rdn. 259. 901 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 472; Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/228.

314

VIII. Zwangsvollstreckung und Insolvenz bei Akkreditiven

Zweiter Abschnitt

InsO). Im zweiten Fall erwirbt die Bank zwar Eigentum an den Dokumenten; sie ist dem Käufer gegenüber jedoch nach § 667 BGB zur Übertragung des Eigentums und zur Herausgabe verpflichtet – der Käufer ist Massegläubiger nach § 53 InsO.902 Sicherungsrechte der Bank bleiben natürlich unberührt.

b)

Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach Akkreditiveröffnung

Ist das Akkreditiv bei Insolvenzverfahrenseröffnung bereits herausgelegt, hat der 2/507 Käufer kein Kündigungsrecht mehr.903 Nach Akkreditiveröffnung kann er den Geschäftsbesorgungsvertrag, der die Grundlage für die selbständige Akkreditivverpflichtung der Bank gegenüber dem Begünstigten bildet, nicht annullieren. Auch ein Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO im Hinblick auf den Geschäftsbesorgungsvertrag mit dem Käufer ist nicht mehr gegeben.904 Denn mit der Eröffnung des Akkreditivs hat die Bank ihre Hauptpflicht gegenüber dem Käufer aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag erfüllt. An die Akkreditiveröffnung schließen sich zwar einige weitere Tätigkeiten der Bank an, z.B. Entgegennahme und Prüfung der Dokumente, Zahlung an den Begünstigten und Herausgabe der Dokumente an den Käufer. Diese Aktivitäten sind jedoch nur Folge der durch die Eröffnung des Akkreditivs ausgelösten Automatik der Akkreditivabwicklung. Wenn das vorher eröffnete Akkreditiv bei Insolvenzverfahrenseröffnung über das Vermögen der Bank vom Begünstigten noch nicht benutzt ist, wird es in aller Regel unbenutzt verfallen, da der Begünstigte zwar die Dokumente bei der Bank einreichen könnte, sein Zahlungsanspruch jedoch nur eine gewöhnliche Insolvenzforderung wäre,905 es sei denn, dass der Insolvenzverwalter sich für die Durchführung des schwebenden Geschäfts entschließt und sich damit zur uneingeschränkten Honorierung der Dokumente bereit erklärt. Auf die Stellung des Begünstigten als bloßer Insolvenzgläubiger hat es auch keinen Einfluss, wenn die Akkreditivbank mit Sitz im Ausland inländische Geschäftsstellen hat, die über ausreichende Mittel im Inland verfügen. Denn nach der Rechtsprechung des BGH906 hat ein Auslandskonkurs universale Wirkung und erfasst auch das Vermögen des Gemeinschuldners im Inland. Der Begünstigte wird sich bei Insolvenz der Bank wegen seiner Kaufpreisforderung unmittelbar an den Käufer halten, und der Käufer ist auch verpflichtet, Zug um Zug gegen Hergabe der Dokumente Zahlung auf anderem Wege an ihn zu leisten, weil das Akkreditiv nur erfüllungshalber gestellt war und der Verkäufer volle Befriedigung von der Bank nicht erhalten kann. Hatte

902 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/735; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1083. 903 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/736; a.A. Eisele Akkreditiv und Konkurs, S. 127 f. 904 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/736; a.A. Eisele Akkreditiv und Konkurs, S. 128. 905 Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 260; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1084. 906 BGHZ 95, 256; ferner Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 472; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 572. Allerdings verfolgt Art. 102 EGInsO das Prinzip der eingeschränkten Universalität, hierzu ausf. Kemper in: Kübler/Prütting, InsO, Anh. II Art. 102 EGInsO Rdn. 12 ff. S.a. OLG Zweibrücken RIW 1990, 57; OLG Karlsruhe RIW 1991, 243.

315

Zweiter Abschnitt

Dokumentenakkreditiv

der Käufer in diesem Fall bereits einen Einschuss an die Bank geleistet, befindet er sich in einer sehr ungünstigen Lage, weil er den vollen Kaufpreis an den Verkäufer zahlen muss, seinen Einschuss aber nur als einfacher Insolvenzgläubiger von der Bank zurückverlangen kann. Daraus folgt, dass das Risiko der Bankinsolvenz im Verhältnis zwischen Verkäufer und Käufer zu Lasten des Letzteren geht. 2/508 Hatte der Begünstigte bei Insolvenzverfahrenseröffnung das Akkreditiv bereits

benutzt und liegen die Dokumente bei der Bank, ist der Käufer, sofern er Eigentümer der Dokumente wurde, nach § 47 InsO aussonderungsberechtigt,907 wohingegen die Bank wegen ihrer Ansprüche gegen den Käufer an den Dokumenten ein Pfandrecht erworben hat. 2/509 Gleiches gilt, wenn nicht der Käufer, sondern die Bank Eigentümerin der Doku-

mente geworden ist. Der Eigentumserwerb der Bank unmittelbar vom Begünstigten soll verhindern, dass das Eigentum an den Dokumenten den Umweg über das Vermögen des Käufers nimmt, was der Bank im Falle der Käuferinsolvenz schaden kann (Rdn. 2/497 ff.). Das Eigentum der Bank an den Dokumenten hat aber, obwohl es rechtlich Volleigentum ist, nur Sicherungsfunktion, da es lediglich den Aufwendungsersatzanspruch der Bank gegen den Käufer decken soll. Nach seinem materiellen Gehalt steht es einem Pfandrecht gleich. Es ist praktisch ein Sicherungseigentum, obwohl es sich von diesem dadurch unterscheidet, dass die Bank als Sicherungsnehmerin unmittelbare Besitzerin der Dokumente ist, während beim üblichen Sicherungseigentum der Sicherungsnehmer nur mittelbaren Besitz und der Sicherungsgeber unmittelbaren Besitz erlangt. Dieser Unterschied ist aber nur ein konstruktiver, kein begrifflich notwendiger, und es erscheint gerechtfertigt, beide Formen des Eigentums in der Insolvenz des Sicherungsnehmers (Bank) gleichzubehandeln. In der Insolvenz des Sicherungseigentümers setzen sich Rechtsprechung908 und Literatur909 über dessen formales Eigentum hinweg und behandeln dieses als Pfandrecht, indem sie dem Sicherungsgeber – eventuell mit Pfandrechten belastetes – Aussonderungsrecht nach § 47 InsO zugestehen. Dasselbe muss in unserem Falle für das Eigentum der Bank an den Dokumenten gelten, denn materiell besteht zwischen beiden Eigentumsarten kein Unterschied. 2/510 Der Käufer hat mithin bei Insolvenzverfahrenseröffnung nach Benutzung des

Akkreditivs durch den Begünstigten in jedem Falle bezüglich der Dokumente gemäß § 47 InsO ein Aussonderungsrecht. Jedoch ist der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der Sicherungsabrede besitzberechtigt. Der Käufer wird ferner das Aussonderungsrecht nur dann verwirklichen können, wenn er seinerseits dem Insolvenzverwalter der Bank deren Aufwendungen ersetzt. Es ist hierbei möglich, dass diese – z.B. wegen geleisteter Anzahlungen – weit unter dem Wert der durch die Dokumente verkörperten Waren liegen.

907 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/736. 908 RGZ 133, 84; BGH NJW 1954, 190. 909 Eickmann in: HK-InsO, § 47 Rdn. 7; Prütting in: Kübler/Prütting § 47 Rdn. 24; Palandt/ Bassenge BGB, § 930 Rdn. 24.

316

Dritter Abschnitt Dokumenteninkasso I.

Wirtschaftliche Einordnung des Dokumenteninkasso

Im internationalen Handelsverkehr kennen die Vertragsparteien einander oft aus 3/1 langjähriger Geschäftsverbindung als zuverlässig oder haben aus anderen Gründen keinen Zweifel an dem Erfüllungswillen und der Leistungsfähigkeit des Vertragspartners. Der Käufer einer Ware darf darauf vertrauen, dass der Verkäufer vereinbarungsgemäß liefert, und der Verkäufer verlässt sich darauf, dass entsprechend den Vereinbarungen gezahlt wird. Vor diesem Hintergrund können sich die Vertragsparteien darauf einigen, dass die sich aus dem Kontrakt ergebende Zahlungsabwicklung auf der Basis „Kasse gegen Dokumente“ – seltener auch „Dokumente gegen Bankakzept“ oder „Dokumente gegen Akzept des Inkassobezogenen“ – erfolgen soll (Zahlungsklausel).1 Der Verkäufer bringt die Ware zum Versand und lässt dann die Transportdokumente zusammen mit der Rechnung und anderen eventuell vereinbarten Dokumenten durch eine von ihm beauftragte Bank dem Käufer zur Zahlung bzw. Akzeptleistung präsentieren. Welche Dokumente unter dieser Klausel andienungsfähig sind, richtet sich, wenn nicht ausdrücklich etwas Bestimmtes vereinbart wurde, nach den Grundsätzen der Handelsüblichkeit.2 Das dokumentäre Inkassogeschäft wird häufig in der Weise abgewickelt, dass die 3/2 mit dem Inkasso beauftragte Bank des Verkäufers einer Ware die diesem gegen den Käufer zustehende Forderung abkauft, um sie anschließend auf eigene Rechnung einzuziehen. Aus wirtschaftlicher Sicht handelt es sich hierbei letztlich um eine weiterentwickelte Form der Verbindung zwischen Inkasso und Negoziierungskredit (Rdn. 8/24 ff.).3 Mit dem Dokumenteninkasso steht den Vertragsparteien ein kostengünstiges Ver- 3/3 fahren zur Verfügung, das jedoch im Vergleich zum Dokumentenakkreditiv erhöhte Risiken mit sich bringt. Dies gilt insbesondere für den Verkäufer, dessen Risiko darin besteht, dass er zum Zeitpunkt des Warenversands noch keine Gewissheit über die Zahlungsleistung des Käufers hat. Die von dem Verkäufer

1 Schönle Bank- und Börsenrecht, § 29 II 2; Schinnerer/Avancini Bankverträge III. Teil, S. 144 ff.; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 203 ff.; von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 211 ff.; Reithmann/Martiny Internationales Vertragsrecht, 5. Teil A, Rdn. 772; Häberle Handbuch der Außenhandelsfinanzierung, S. 277 ff. 2 Haage Das Abladegeschäft, S. 62 ff.; Lipfert Nationaler und internationaler Zahlungsverkehr, S. 32. 3 Blomeyer Exportfinanzierung, S. 97 ff.; Hakenberg RIW 1998, 906 ff.

317

Dritter Abschnitt

Dokumenteninkasso

mit dem Inkassovorgang beauftragte Bank geht keine eigene Zahlungsverpflichtung ein, sondern übernimmt lediglich „den für sie unverbindlichen Versuch einer Einziehung des Kaufpreises“.4 Für den Käufer besteht das Risiko – wie bei einem Dokumentenakkreditiv – in seiner Vorleistungspflicht. Er muss die Dokumente bezahlen, ehe er die Ware erhalten hat und diese auf ihren vertragsmäßigen Zustand prüfen kann. Dies gilt auch dann, wenn die Ware bereits am Bestimmungsort angelangt ist.5 3/4 Durch die Zahlung werden die Ansprüche des Käufers gegen den Verkäufer aus

dem Kaufvertrag nicht präjudiziert.6 Der Käufer, der im Zeitpunkt des Inkasso aus irgendwelchen Gründen konkrete Zweifel an dem ordnungsgemäßen Zustand der Ware hegt und dennoch zahlt, verzichtet damit nicht auf die spätere Geltendmachung vertraglicher Ansprüche gegen den Verkäufer wegen Schlechterfüllung des Kaufvertrags.7 Ungeachtet dessen führt eine zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Zahlungsklausel in der vorbeschriebenen Form zu einem Verbot des Käufers, mit anderweitigen Forderungen gegen den Verkäufer aufzurechnen oder ein Zurückbehaltungsrecht auszuüben; der Käufer ist vielmehr zur Barzahlung verpflichtet.8 Der Bezogene kann die Aufnahme formal ordnungsgemäßer Dokumente nur in dem äußerst seltenen Ausnahmefall des Rechtsmissbrauchs verweigern. Das arglistige Verhalten des Auftraggebers muss wie bei dem Dokumentenakkreditiv (Rdn. 2/418 ff.) und der Bankgarantie (Rdn. 9/126) liquide nachgewiesen werden. Der aus den Beweisunterlagen ersichtliche Mangel muss so schwerwiegend sein, dass damit das Recht des Käufers der Ware zur Wandlung begründet werden kann.9 Der Verdacht der Lieferung minderwertiger Ware reicht in keinem Fall aus.10

II. Rechtliche Grundregeln für das Dokumenteninkasso und Definitionen 3/5 Den Banken kommt bei der Abwicklung des Dokumenteninkasso eine zentrale

Bedeutung zu. Bei der Ausgestaltung der Rechtsverhältnisse zwischen den Beteiligten werden regelmäßig die „Einheitliche Richtlinien für Inkassi“ (ERI) einbezo-

4 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 119 Rdn. 1; vgl. a. Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1088. 5 So ausdrücklich BGH WM 1964, 507, gegen die Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ 47, 129, 132 f.; 106, 294, 299); vgl. ferner Sieveking Die Geschäftsbedingungen des Waren-Vereins der Hamburger Börse e.V. 1979, § 13 Rdn. 5; Liesecke WM 1966, 174, 181 m.w.N. zur ausländischen Praxis. 6 Sehr früh bereits RGZ 31, 100, 104. 7 Würdinger/Röhricht HGB, Bd. IV, Vorbem. 288 vor § 373. 8 BGH NJW 1985, 550; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 119 Rdn. 12; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1100; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 205. 9 Vgl. im Einzelnen Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 119 Rdn. 17. 10 Baumbach/Hopt HGB, § 346 Rdn. 40.

318

II. Rechtliche Grundregeln für das Dokumenteninkasso/Definitionen

Dritter Abschnitt

gen, die am 1.1.1996 in einer Neufassung der bis dahin geltenden Revision von 1978 in Kraft getreten sind.11 Die am Dokumenteninkasso Beteiligten sind – systematisch getrennt – gemäß Art. 3a ERI: – Der Auftraggeber (principal; Verkäufer) = der Kunde, der seine Bank mit dem Inkassovorgang beauftragt; – die Einreicherbank (remitting bank) = die vom Auftraggeber mit dem Inkassovorgang beauftragte Bank; – die Inkassobank (collecting bank) = jede mit der Durchführung des Inkassoauftrags befasste Bank mit Ausnahme der Einreicherbank; – die vorlegende Bank (presenting bank) = diejenige Inkassobank, die gegenüber dem Bezogenen die Vorlegung vornimmt; sowie nach Art. 3b ERI: – der Bezogene (drawee; Käufer) = derjenige, dem gegenüber gemäß Inkassoauftrag die Vorlegung zu erfolgen hat. In der Praxis sind die Inkassobank und die vorlegende Bank zumeist identisch. Bei den Dokumenten differenzieren die ERI zwischen Zahlungspapieren (Wechsel, Schecks u.ä., Art. 2b (i)) und Handelspapieren (Rechnungen, Transportdokumente, Dispositionspapiere u.ä., Art. 2b (ii)) und definieren hiernach die Vorlage von Zahlungspapieren als einfaches Inkasso (Art. 2c) und die Vorlage von Handelspapieren als dokumentäres Inkasso (Art. 2d), wobei Handelspapiere zusätzlich von Zahlungspapieren begleitet sein können. Der Auftraggeber wird auf die Auswahl einer Bank im Lande des Bezogenen regelmäßig keinen Einfluss nehmen. Es kann jedoch vorkommen, dass der Auftraggeber unmittelbar an eine Bank im Lande des Bezogenen herantritt und dieser unter Verzicht auf die Serviceleistungen einer (inländischen) Einreicherbank12 den Inkassoauftrag erteilt. Zuweilen machen auch Formalitäten der Devisenbewirtschaftung die Einschaltung einer bestimmten Bank erforderlich. Sämtliche mit dem Dokumenteninkasso befassten Banken sind gehalten, sehr 3/6 sorgfältig darauf zu achten, dass bei der Erledigung von Inkassoaufträgen die erteilten Weisungen exakt befolgt werden. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der vorgeschriebenen Versendungswege. In beiden Richtungen darf von den vorgegebenen Wegen nicht abgewichen werden. Laufen die Inkassodokumente auf dem Wege vom Auftraggeber bis zum Bezogenen über eine Kette von mehreren Banken, muss der hereingeholte Inkassoerlös auf demselben Wege in umgekehrter Richtung zurücklaufen. Ein Verlassen dieses Weges birgt die Gefahr in sich,

11 12

Zur Entwicklungsgeschichte und zur Rechtsnatur der ERI s. Rdn. 1/21 ff. Häberle Handbuch der Außenhandelsfinanzierung, S. 323.

319

Dritter Abschnitt

Dokumenteninkasso

Schadensersatzansprüche gegen die beteiligten Banken auszulösen, zumal damit gerechnet werden muss, dass – nicht allen Beteiligten bekannte – Kreditbeziehungen bestehen, für welche die Dokumente oder der Inkassoerlös als Deckung dienen könnten.13 3/7 Gelegentlich entscheidet sich der Verkäufer dafür, die Inkassodokumente nicht

über eine Bank einzuziehen, sondern sie durch den Spediteur vorlegen zu lassen. In diesem Fall wird die Sicherheit, die für ihn in dem Dokumenteninkasso liegt, aufgegeben und die Ware praktisch gegen einfache Rechnung verkauft (clean payment, Rdn. 4/1 ff.). Unter Umständen verstößt eine solche Handhabung auch gegen die Pflichten, die der Verkäufer gegenüber seiner Bank unter kreditmäßigen Gesichtspunkten hat. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, dass das Dokumenteninkasso nicht unerheblich an Bedeutung verloren hat, da – im Gegensatz zu früheren Zeiten – heute oft die Ware vor dem Dokument am Zielort eintrifft. 3/8 Zum Inkasso gegebene Konnossemente werden fast immer an Order ausgestellt

und blanko indossiert.14 Andere Papiere können auch von vornherein auf den Inhaber (bearer) ausgestellt sein (z.B. Versicherungspapiere). Auf Tratten und Akzepten15 wird ein Inkasso-Indossament angebracht. Hat die Einreicherbank den Inkassoauftrag vorfinanziert, veranlasst sie häufig den Auftraggeber, ihr gleichzeitig mit der Erteilung des Inkassoauftrags – eventuell formularmäßig in diesem – seine Ansprüche gegen den Bezogenen aus dem Grundgeschäft ausdrücklich abzutreten. Dies ist auch deshalb zweckmäßig, weil im Ausland die – bei einem Inkassoauftrag in Verbindung mit Kreditgewährung anzunehmende – konkludente Abtretung des Zahlungsanspruchs auf der Grundlage anderer Rechtsordnungen oft Schwierigkeiten bereitet. In vielen Ländern bedarf eine Forderungszession zu ihrer Wirksamkeit der Offenlegung, die teilweise noch an formale Erschwernisse gebunden ist.16 Eine derartige Abtretung kann zudem im Interesse des Auftraggebers liegen, der auf diese Weise vor aggressiven Zwangsvollstreckungsmaßnahmen Dritter, wie etwa einem Arrest oder einer einstweiligen Verfügung,17 besser geschützt wird. In anderen Ländern wird – wie die Erfahrung zeigt – nicht einheitlich anerkannt, dass bei einem Inkassoauftrag, den eine inländische Einreicherbank für einen Auftraggeber über eine ausländische Inkassobank durchführt, der Auftraggeber keinen – möglicherweise pfändbaren – Anspruch gegen die ausländische Inkassobank besitzt. Einen Anspruch gegen die den Inkassoauftrag an Ort und Stelle gegenüber dem Bezogenen ausführende vorlegende Bank hat nur die dieser vorgeschaltete Bank, also entweder die Einreicher-

13 Vgl. BGH WM 1971, 158; WM 1985, 1057, sowie Nr. 15 AGB. 14 Lipfert Nationaler und internationaler Zahlungsverkehr, S. 117. 15 Das deutsche Wechselsteuergesetz ist mit Wirkung zum 1.1.1992 durch das Finanzmarktförderungsgesetz ersatzlos aufgehoben worden; es ist nur noch das ausländische Wechselsteuerrecht zu beachten. 16 Vgl. BGH WM 1985, 1057; Obermüller in: FS Bärmann, S. 708, 712; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1092. 17 S. a. Rdn. 2/409 ff. und 9/137 ff.

320

III. Rechtsbeziehungen der Inkassobeteiligten

Dritter Abschnitt

bank im Lande des Auftraggebers oder eine von der Einreicherbank zwischengeschaltete Inkassobank. Dem Auftraggeber selbst steht kein Anspruch gegen die ausländische vorlegende Bank zu, der etwa von Gläubigern des Auftraggebers gepfändet werden könnte.18 Die Durchführung des Dokumenteninkasso überträgt der Verkäufer in aller Regel seiner Hausbank. Der Auftrag muss wohlüberlegt sein; er sollte für alle vernünftigerweise denkbaren Situationen klare Weisungen enthalten, insbesondere über Dokumentenfreigabe gegen Bezahlung oder Akzept (Art. 7 ERI), über Protesterhebung (Art. 24 ERI) sowie darüber, was mit den Dokumenten und der Ware geschehen soll, wenn der Bezogene die Dokumente nicht einlöst. Auch die Zins-, Gebühren- und Spesenfragen sollten vorweg geregelt werden (Art. 20, 21 ERI). Zudem sollte insbesondere bei Exporten in devisenbewirtschaftete Länder und/oder bei lizenzpflichtigen Waren bereits im Vorfeld des Geschäfts geklärt werden, auf welche Währung die Dokumente lauten dürfen (Rdn. 3/23).

III. Rechtsbeziehungen der Inkassobeteiligten A.

Verhältnis Auftraggeber/Einreicherbank

Das Rechtsverhältnis zwischen dem Verkäufer und der von ihm mit dem Inkasso 3/9 beauftragten Bank (Einreicherbank) ist ein Dienstvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat (§§ 675, 611 ff. BGB).19 Die Einreicherbank übernimmt dem Auftraggeber gegenüber die Verpflichtung, ein Geschäft für ihn zu besorgen, d.h. eine „geistige Leistung wirtschaftlicher Art“ für ihn zu erbringen, indem sie als Inkassotreuhänderin die ihr nach Versand der Ware übergebenen Dokumente im eigenen Namen dem Bezogenen durch die vorlegende Bank präsentieren lässt, den gegen die Dokumente vom Bezogenen gezahlten Betrag entgegennimmt und diesen an ihren Auftraggeber abführt. Zur Entgegennahme einer Aufrechnungserklärung des Bezogenen gegenüber dem Auftraggeber und Aushändigung der Dokumente Zug um Zug gegen eine solche Erklärung ist die Einreicherbank nicht befugt, da – wie dargelegt (Rdn. 3/4) – die zwischen den Parteien des Grundvertrags vereinbarte Zahlungsklausel einen Aufrechnungsverzicht enthält. Der Auftrag des Verkäufers an die Einreicherbank beschränkt sich darauf, für die Präsentation der Dokumente und den Einzug des Dokumentenerlöses Sorge zu

18 Vgl. die in der 6. Aufl. eingehend erörterte Entscheidung des finnischen Obersten Gerichtshofs vom 10.8.1969; Kramberg ÖBA 1960, 434, 437. 19 Einhellige Meinung: vgl. hierzu BGH WM 1958, 222, 224; WM 1985, 1057, 1058; Schönle Bank- und Börsenrecht, § 29 II 2; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 208; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1090; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 119 Rdn. 19. Zum anwendbaren Recht s. Rdn. 1/35, 1/48.

321

Dritter Abschnitt

Dokumenteninkasso

tragen.20 Dabei übernimmt die Einreicherbank – wie bereits erwähnt (Rdn. 3/3) – keine Haftung für die Einlösung der Dokumente durch den Bezogenen. Die Einreicherbank verspricht keine Werkleistung, sondern stellt lediglich eine Dienstleistung zur Verfügung. 3/10 Die Einbeziehung der ERI in das Rechtsverhältnis zwischen dem Auftraggeber

und der Einreicherbank setzt gem. Art. 4a ERI voraus, dass der Inkassoauftrag ausdrücklich auf die ERI verweist. Im Gegensatz zu dem früher geltenden Regelwerk wird in der Soll-Bestimmung des Art. 4b ERI erstmals ein Katalog von Mindestangaben für die Ausgestaltung des Inkassoauftrags vorgegeben. 3/11 Durch Art. 1b ERI wird klarstellend hervorgehoben, dass die am Inkassovorgang

beteiligten Banken nicht verpflichtet sind, ein erhaltenes Inkasso, eine Inkassoweisung oder später sich darauf beziehende Weisungen zu bearbeiten. Wenn sich eine Bank dazu entschließen sollte, das Inkasso oder sich hierauf beziehende Weisungen nicht aufzunehmen, ist sie allerdings verpflichtet, den Erklärenden von dieser Entscheidung durch Telekommunikation oder „auf anderem schnellen Wege“ zu unterrichten (Art. 1c ERI). Die Durchführung des Dokumenteninkasso ist strikt an die Weisungen des Auftraggebers gebunden (Grundsatz der formalen Auftragsstrenge). Die an dem Inkassovorgang beteiligten Banken sind nicht befugt, von dem erteilten Auftrag abzuweichen oder diesen eigenmächtig auszulegen.21 Dies muss schon deshalb gelten, weil die maßgebenden Einzelheiten für die Ausgestaltung des Inkassogeschäfts regelmäßig nur den Parteien des Grundvertrags geläufig sind. Zur Vermeidung von Komplikationen ist dringend zu empfehlen, dass der Inkassoauftrag an die Einreicherbank – und gegebenenfalls ebenso deren Auftrag an die Inkassobank im Lande des Bezogenen – auch klare Weisungen für alle erfahrungsgemäß möglichen Ausnahmesituationen enthält. Dazu gehören etwa Regelungen für das Verhalten der vorlegenden Bank, falls die Dokumente nicht aufgenommen wurden und es sich um verderbliche Ware handelt. In der Praxis werden Formblätter verwendet, die im Interesse der Beteiligten bereits klare und genaue Weisungen vorsehen. 3/12 Nach der Definition des Inkassogeschäfts im Sinne von Art. 2 ERI sind die beteilig-

ten Banken verpflichtet, die im Rahmen des Inkassoauftrags eingereichten Dokumente in Übereinstimmung mit den erhaltenen Weisungen zu bearbeiten und zu prüfen, ob Abweichungen – Fehlen aufgelisteter oder Vorlage anderer Dokumente – bestehen (Art. 12a ERI). Gegebenenfalls muss der Einreicher hierauf hingewiesen werden. Eine weiterreichende Verpflichtung der beteiligten Banken besteht insoweit grundsätzlich nicht. So wird nunmehr in Art. 4a (ii) ERI klarstellend fest-

20 Vgl. BGHZ 14, 61, 62; Haage Das Abladegeschäft, S. 86; Heynen Die Klausel „Kasse gegen Lieferschein“, S. 92. 21 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1090; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 119 Rdn. 21; vgl. a. Art. 4a (i) ERI.

322

III. Rechtsbeziehungen der Inkassobeteiligten

Dritter Abschnitt

gelegt, dass die Banken vorgelegte Dokumente nicht auf darin enthaltene Weisungen prüfen werden. Darüber hinaus hat der BGH bereits vor geraumer Zeit unter Hinweis auf die allgemeine Akzeptanz hervorgehoben, dass bankseitig ohne besonderen hierauf gerichteten Auftrag regelmäßig nicht geprüft zu werden braucht, ob die Aushändigung der Warenpapiere und die damit etwa in Verbindung stehende Kreditgewährung an den Empfänger nach dessen wirtschaftlicher Lage zu verantworten ist oder ob bestimmte ihr aufgetragene Handlungen wie Zahlungen, Überweisungen, Aushändigung von Urkunden usw. zweckmäßig sind.22 Etwas anderes kann ausnahmsweise nur dann gelten, wenn die Bank konkrete Kenntnis davon hat, dass sich der Bezogene in einer wirtschaftlichen Krise befindet.23 Sofern im Rahmen des Inkassoauftrags besondere Weisungen erteilt und von der Einreicherbank akzeptiert werden, sind diese – wie erwähnt (Rdn. 3/6) – für die Abwicklung maßgebend. In der Praxis können Fürsorgepflichten der vorlegenden Bank auch dann entstehen, wenn die Ware etwa im Einverständnis mit dieser Bank an deren Adresse oder zu deren Verfügung versandt worden ist; das folgt im Umkehrschluss aus Art. 10a ERI. In Art. 11c ERI ist festgelegt, dass der Auftraggeber „alle Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten“, die sich aus dem Dokumenteninkassoauftrag ergeben, zu übernehmen hat. Diese bereits aus dem Auftragsrecht (§§ 675, 670 BGB) resultierende Verpflichtung umfasst auch Zufallschäden, die im Hinblick auf den Auslandsbezug des Dokumenteninkasso etwa entstehen.24 Zudem wird in Art. 21d ERI klargestellt, dass die Banken die Zahlung von Gebühren und/oder Auslagen, die im Zusammenhang mit der Durchführung des Auftrags entstehen, auch im Voraus verlangen können.

B.

Verhältnis Einreicherbank/Drittbank (Inkassobank oder vorlegende Bank)

Zur Erfüllung der sich aus dem Inkassoauftrag ergebenden Verpflichtungen wer- 3/13 den regelmäßig eine oder mehrere Banken eingeschaltet. Der Inhalt des zwischen der Einreicherbank und der Inkassobank begründeten Rechtsverhältnisses entspricht dem des Geschäftsbesorgungsvertrags zwischen dem Auftraggeber und der Einreicherbank, stellt also praktisch einen mit der Legitimation für das Inkasso verbundenen weiteren Geschäftsbesorgungsvertrag dar.25 Dabei wird die

22 WM 1960, 1321, 1322; vgl. a. Art. 13 ERI. 23 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 119 Rdn. 21 f., unter Hinweis auf die Rechtslage bei der Ausführung von Überweisungen. 24 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 119 Rdn. 32 m.w.N.; vgl. zur Bankgarantie Rdn. 9/91. 25 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1096; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 119 Rdn. 26.

323

Dritter Abschnitt

Dokumenteninkasso

Inkassobank nach herrschender Meinung nicht als Erfüllungsgehilfin der Einreicherbank, sondern als deren Unterbeauftragte tätig.26 Es ist allgemein anerkannt, dass bei sachgerechter Auslegung des Inkassoauftrags sich die Einreicherbank auf die Weiterleitung des Inkasso beschränken darf, im Verhältnis zum Auftraggeber also grundsätzlich nicht verpflichtet ist, die erforderlichen Maßnahmen selbst und unmittelbar durchzuführen.27 3/14 Im Rahmen der gestatteten Substitution reduziert sich die Haftung der Einrei-

cherbank gemäß § 664 Abs. 1 Satz 2 BGB auf ihr etwaiges Verschulden bei der Auswahl der nach Art. 5d ERI betrauten Inkassobank. Diese Haftung entfällt, sofern der Auftraggeber die Inkassobank selbst bestimmt hat.28 In diesem Zusammenhang ist die in Art. 11 ERI enthaltene umfassende Haftungsfreizeichnung für die an der Durchführung des Dokumenteninkasso beteiligten Banken zu erwähnen, die jedoch – zumindest aus deutschrechtlicher Sicht – dann nicht greifen kann, wenn damit etwa auch ein Ausschluss der Haftung für das in Ermangelung einer Weisung des Auftraggebers regelmäßig im eigenen Namen und in eigener Verantwortung ausgeübte Auswahlverschulden der Einreicherbank belegt werden sollte.29 Gemäß §§ 675, 667 BGB ist die Einreicherbank verpflichtet, dem Auftraggeber, der in keiner unmittelbaren Rechtsbeziehung zu der Inkassobank steht,30 die ihr aufgrund einer fehlerhaften Bearbeitung des Dokumenteninkasso gegen die Inkassobank eventuell zustehenden Ansprüche abzutreten, wenn sie diese nicht selbst geltend machen will. 3/15 Die von der Einreicherbank benannte Inkassobank, die ihrerseits eine weitere

Bank (vorlegende Bank) in die Ausführung des Dokumenteninkasso einbezieht, begründet damit ein von den vorgeschalteten Rechtsbeziehungen zwischen dem Auftraggeber und der Einreicherbank sowie zwischen dieser und der Inkassobank unabhängiges Rechtsverhältnis, das ebenfalls als Geschäftsbesorgungsvertrag zu charakterisieren ist, auf den das Vorgesagte entsprechende Anwendung findet. Ein Recht des Auftraggebers, auf diese in einer Kette hintereinander liegenden Rechtsbeziehungen, bei denen jedes Kettenglied nur gegenüber dem nächsten vertragliche Verpflichtungen zu erfüllen hat, etwa durch Weisungen

26 OLG Frankfurt a.M. WM 2000, 1636 m. Anm. Koller EWiR, § 675 BGB 7/2000, 617, unter Aufhebung LG Frankfurt a.M., Urteil vom 21.10.1998 m. krit. Anm. Nielsen EWiR, ERI Art. 14 a, 1/99, 67; von Gablenz Die Haftung der Banken bei Einschaltung Dritter, S. 261 ff.; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1095 m.w.N.; a.A. Avancini in: Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 5/19. 27 von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, § 214 f.; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1095; Kümpel WM 1996, 1893 ff.; krit. Bitter ZBB 2007, 237, 250 ff. (weitergeleiteter Auftrag). 28 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/759. 29 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1095; Nielsen Das Inkassogeschäft, S. 23, unter Hinweis auf § 11 Nr. 7 und/oder § 9 des früher geltenden AGB-Gesetz. 30 Vgl. OLG Hamburg MDR 1970, 335; vgl. a. Art. 4a (iii) ERI.

324

IV. Praktische Durchführung des Dokumenteninkasso

Dritter Abschnitt

einzuwirken, besteht nicht.31 Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn der Auftraggeber bei Nichtzahlung oder Nichtakzeptierung einen Vertreter als Notadresse benennt (Rdn. 3/39). Aber auch in diesem Fall müssen die Befugnisse dieser Notadresse klar und vollständig formuliert werden. Andernfalls nehmen die an der Durchführung des Dokumenteninkasso beteiligten Banken keine Weisungen entgegen (Art. 25 ERI).

IV. Praktische Durchführung des Dokumenteninkasso Wie bereits dargelegt (Rdn. 3/6; 3/11), folgt aus dem Grundsatz der formalen Auf- 3/16 tragsstrenge, dass sich die am Inkassogeschäft beteiligten Banken strikt an die Weisungen des jeweiligen Auftraggebers halten müssen. Diese Weisungsgebundenheit kommt in Art. 4a (i) ERI zum Ausdruck, wonach die Banken „nur“ berechtigt sind, nach den ihnen im Inkassoauftrag erteilten Weisungen zu handeln. Für eine Ermessensentscheidung, wie dies in Ausnahmefällen nach § 665 BGB angezeigt sein kann, ist kein Raum.32

A.

Prüfung der Dokumente

Bei einem Dokumenteninkasso müssen die beteiligten Banken lediglich prüfen, 3/17 ob die entgegengenommenen Dokumente den im Inkassoauftrag aufgeführten Dokumenten zu entsprechen scheinen (Art. 12a ERI). Eine über diese formale Vollständigkeits- und Identitätsprüfung hinausgehende Prüfungspflicht, die hauptsächlich im Interesse des Bezogenen läge, besteht nicht (Rdn. 3/12). Gleichwohl kommt es in der Praxis häufig vor, dass die im Lande des Bezogenen 3/18 mit der Durchführung des Inkasso beauftragte Bank eine Dokumentenprüfung vornimmt und den Bezogenen berät, was vor allem dann nahe liegt, wenn der Käufer bereits zum Kundenkreis der vorlegenden Bank gehört.33 Diese unverbindliche Serviceleistung der Banken ist unbedenklich, wenn die vorlegende Bank anschließend dem Bezogenen die Dokumente noch selbst vorlegt und ihm Gelegenheit gibt, sich selbst zu entscheiden, ob er die Dokumente bezahlen will oder nicht. Falls eine Zurückweisung der Dokumente in Betracht kommt, holt die vorlegende Bank in der Praxis stets eine ausdrückliche Weisung des Käufers ein.34 Es ist denkbar, dass die vorlegende Bank und der Bezogene aus Gründen der Zeitersparnis ausnahmsweise auf eine effektive Vorlage der Dokumente beim Bezoge-

31 OLG Hamburg MDR 70, 335; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 119 Rdn. 28, 30: von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 213. 32 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/753, mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung. 33 Schücking Importkreditsicherung, S. 46 f. 34 Zur Zurückweisungsbefugnis des Käufers im Verhältnis zum Verkäufer vgl. BGH WM 1964, 476.

325

Dritter Abschnitt

Dokumenteninkasso

nen verzichten und der Bezogene die vorlegende Bank kurzerhand bittet, die Dokumente von sich aus zu prüfen; gleichzeitig weist er die vorlegende Bank an, bei einem positiven Prüfungsergebnis die Dokumente ohne weiteres zu seinen Lasten aufzunehmen. Insoweit handelt die vorlegende Bank als Beauftragte des Bezogenen und übernimmt dadurch ihm gegenüber ein Obligo für die Prüfung der Dokumente. Übersieht sie einen Fehler, der nicht durch diese Freizeichnung gedeckt ist, und wird sie daraufhin von dem Bezogenen mit Erfolg in Anspruch genommen, kann sie ihren Schaden nicht auf die Einreicherbank bzw. auf den Inkassoauftraggeber abwälzen; die von ihr vorgenommene Dokumentenprüfung liegt außerhalb des ihr erteilten Inkassoauftrags und ist deshalb – im Verhältnis zum Auftraggeber – unter eigenem Risiko erfolgt. Im übrigen besteht die Gefahr, dass eine vorlegende Bank, die derartige Prüfungsaufträge vom Bezogenen übernimmt, in eine schwierige Interessenkollision gerät.35 Weist sie nämlich im Auftrag des Bezogenen die Dokumente als nicht ordnungsgemäß zurück, nachdem nur sie selbst und nicht der Bezogene die Prüfung der Dokumente vorgenommen hat, kann u.U. in ihrem Verhalten eine positive Vertragsverletzung gegenüber der Einreicherbank bzw. dem Auftraggeber liegen, deren Interessen sie aufgrund des Geschäftsbesorgungsvertrags wahrzunehmen hat. Da eine Bank bei der Durchführung eines Inkassoauftrags selbst dann nicht zur kollidierenden Interessenwahrnehmung berechtigt ist, wenn der Bezogene zufälligerweise zu ihren Kunden zählt, erscheint es nicht zweckmäßig, dass eine Bank im Lande des Bezogenen in dessen Vertretung von sich aus die Entscheidung über die Ordnungsmäßigkeit der Dokumente und damit über ihre Bezahlung fällt. Die Bank setzt sich nach zwei Seiten der Gefahr von Regressen aus,36 ohne dass für sie nach der jeweils anderen Seite eine Rückgriffsmöglichkeit bestünde. Außerdem kann die vorlegende Bank auch nie wissen, ob der Bezogene sich nicht im Einzelfall trotz eines – möglicherweise nur formalen – Mangels zur Aufnahme der Dokumente bereit gefunden hätte.

B.

Vorlage der Dokumente

3/19 Nach Art. 5c ERI ist die vorlegende Bank verpflichtet, die Dokumente dem Bezo-

genen in der Form vorzulegen, in der sie diese erhalten hat. Hiervon abweichende Handhabungen, etwa die Andienung der Dokumente zu treuen Händen (Rdn. 3/16), sind von dieser Bestimmung nicht gedeckt.37 Eine – im übrigen für sämtliche am Inkassogeschäft beteiligte Banken maßgebende – Ausnahme gilt lediglich insoweit, als etwa notwendige Stempelmarken, Indossamente oder andere Erkennungszeichen und -symbole angebracht werden dürfen, die für die Durchführung des Inkassogeschäfts notwendig sind. Weiter bestimmt Art. 6 ERI,

35 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1098; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/767; Schücking Importkreditsicherung, S. 47, spricht von einer „Zwitterstellung“. 36 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1098. 37 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 119 Rdn. 37.

326

IV. Praktische Durchführung des Dokumenteninkasso

Dritter Abschnitt

dass bei Sicht zahlbare Dokumente unverzüglich zur Zahlung, nicht bei Sicht zahlbare Dokumente bei verlangter Akzeptierung unverzüglich zur Akzeptierung, im Falle verlangter Zahlung nicht später als am Fälligkeitsdatum zur Zahlung vorgelegt werden müssen. In Art. 5a ERI ist vorgeschrieben, dass die vorlegende Bank die Dokumente dem 3/20 Bezogenen weisungsgemäß verfügbar zu machen hat. Diese neu in das Regelwerk aufgenommene Definition der Präsentation wurde im Verlauf der vorangegangenen Beratungen kontrovers diskutiert. Maßgebend ist, dass sich der Begriff der Vorlage der Dokumente an dem das Inkassogeschäft prägenden Grundsatz der Zug-um-Zug Leistung auszurichten hat und nicht durch hiervon abweichende örtliche Besonderheiten in Frage gestellt werden darf. Die in diesem Zusammenhang zu erwähnende Andienung der Dokumente „zu treuen Händen“ ist in keinem Fall durch Art. 5a ERI gedeckt.38

C.

Zahlungsmodalitäten

Hinsichtlich der Freigabe der Dokumente kommen verschiedene Möglichkeiten in Betracht:

1.

Barzahlung

Regelmäßig verlangt der Auftraggeber sofortige Barzahlung bei erster Präsenta- 3/21 tion der Dokumente. In der Praxis wird deshalb der Bezogene von dem Eingang der Dokumente benachrichtigt und gebeten, diese in den Geschäftsräumen der vorlegenden Bank zu prüfen.39 Damit der Bezogene die Dokumente nicht allzu lange vor Ankunft der Ware bezahlen muss, kann der Auftraggeber – entsprechend einer Vereinbarung mit dem Bezogenen im Kaufvertrag – auch die Bezahlung der Dokumente „bei Ankunft des Dampfers“ o.ä. vorschreiben. In diesem Fall präsentiert die vorlegende Bank die Dokumente zur Zahlung erst dann, wenn das Schiff ankommt, so dass der Bezogene den Gegenwert nicht vor diesem Zeitpunkt aufbringen muss. Die vorlegende Bank ist – wie oben erwähnt (Rdn. 3/16) – zur Aushändigung der Dokumente an den Bezogenen vor der Zahlung des Gegenwertes nicht berechtigt, da das Inkasso auch unter diesen Umständen ein Zug-um-Zug Geschäft bleibt. Es entspricht aber einer durchaus zweckmäßigen Übung, den Bezogenen bereits bei Eintreffen der Dokumente vor der Ankunft der Ware zu verständigen. Die vorlegende Bank ist im Verhältnis zum Auftraggeber auch ohne besondere Ermächtigung berechtigt, nach ihrem Ermessen dem Bezogenen schon vor Ankunft des

38 39

Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 119 Rdn. 37. Schinnerer/Avancini Bankverträge III. Teil, S. 160.

327

Dritter Abschnitt

Dokumenteninkasso

Transportmittels in ihren Geschäftsräumen zwecks Prüfung Einsicht in die Dokumente zu gewähren.40 Sie darf ihm diese aber, sofern sie dazu nicht ausdrücklich ermächtigt wurde, nicht etwa zu diesem Zwecke „zu treuen Händen“ zur Verfügung stellen;41 auch bei etwa abweichenden örtlichen Usancen ist für eine treuhänderische Überlassung der Dokumente in rechtlicher Hinsicht kein Raum.42 In der Praxis kommt es allerdings nicht selten vor, dass eine Bank dennoch dem Bezogenen die Dokumente zu treuen Händen übergibt.43 Sie muss sich aber darüber klar sein, dass sie in einem derartigen Fall gegenüber der ihr vorgeschalteten Bank und damit letztlich auch gegenüber dem Auftraggeber das volle Risiko des Verlustes oder der missbräuchlichen Verwendung der Dokumente trägt, wobei man gar nicht einmal an ein vorsätzlich unberechtigtes Verhalten des Bezogenen zu denken braucht. Der Bezogene sollte es weder als rechtliche Beeinträchtigung noch als ihm abträgliche Handhabung ansehen, wenn die vorlegende Bank von einer treuhänderischen Überlassung der Dokumente Abstand nimmt. 3/22 Der Bezogene ist bei Dokumentenüberlassung zu treuen Händen gegenüber der vor-

legenden Bank vertraglich gehalten, die Dokumente nicht aus der Hand zu geben und sie auch nicht zu anderen Zwecken als zu ihrer Prüfung zu benutzen. Insbesondere ist ihm verwehrt, mit ihrer Hilfe zwecks Besichtigung an die Ware zu gelangen, die Ware weiter zu übertragen oder durch ihre Übergabe bei einer anderen Bank eine Kreditgewährung zu erreichen. Auch ist der Bezogene nicht etwa berechtigt, die ihm treuhänderisch angedienten Dokumente zum Einzug des Kaufpreises bei seinem eigenen Abnehmer zu verwenden.44 Die Übersendung zu treuen Händen ist ein besonderer Vertrauensbeweis gegenüber dem Bezogenen, da dieser faktisch die Möglichkeit erhält, mit den Dokumenten abredewidrig zu verfahren. Mit der treuhänderischen Überlassung der Dokumente nimmt die vorlegende Bank keine dingliche Rechtsübertragung zugunsten des Bezogenen vor; ein Übertragungswille ist nicht vorhanden. Der Bezogene erlangt an den ihm zu treuen Händen überlassenen Dokumenten auch kein dingliches Anwartschaftsrecht auf Eigentumserwerb.45 Der Grundsatz der Zug-um-Zug Leistung ist nicht gewahrt, wenn sich der Bezogene bei Aufnahme der Dokumente vorbehält, erst „nach Erhalt und Gutbefund

40 Schinnerer/Avancini Bankverträge III. Teil, S. 160. 41 Liesecke WM 1978, Sonderbeilage Nr. 3, S. 19. 42 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 199 Rdn. 37; Kümpel Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 7, 76 ff. 43 Haage Das Abladegeschäft, S. 103 ff.; Heynen Die Klausel „Kasse gegen Lieferschein“, S. 30, 117 ff.; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/769; in diesem Zusammenhang ist auch Art. 13 Abs. 1 WVB zu erwähnen, wonach der Käufer bei der Vereinbarung der Klausel „Kasse gegen Dokumente“ den vereinbarten Kaufpreis Zug um Zug gegen Übergabe sämtlicher zu beschaffenden Urkunden zu zahlen hat und sich grundsätzlich nicht auf ein Aufrechnungs-, Zurückbehaltungsoder Leistungsverweigerungsrecht berufen kann. Der Käufer kann insbesondere die Zahlung nicht von einer vorherigen Besichtigung der Ware abhängig machen, und zwar auch dann nicht, wenn die Ware schon am Bestimmungsort eingetroffen ist. 44 OLG Hamburg ZIP 1983, 153; Nielsen ZIP 1983, 535. 45 Nielsen ZIP 1983, 535, 538; a.A. Sieveking Die Geschäftsbedingungen des Waren-Vereins der Hamburger Börse e.V. 1979, § 14 Rdn. 5.

328

IV. Praktische Durchführung des Dokumenteninkasso

Dritter Abschnitt

der Ware“ zu zahlen. Wenn die vorlegende Bank in diesem Fall die Dokumente gleichwohl freigibt, ohne zuvor die Ermächtigung der ihr vorgeschalteten Bank zur Vereinbarung eines Zahlungsvorbehalts eingeholt zu haben, handelt sie nicht mehr im Rahmen des ihr erteilten Inkassoauftrags „Kasse gegen Dokumente“, sondern auf eigenes Risiko und verliert hiernach unter anderem das Recht, das bei ihr geführte Konto des Bezogenen mit dem Inkassobetrag zu belasten.46 Im übrigen darf die vorlegende Bank Dokumente, die in der Währung des Zah- 3/23 lungslandes (für den Inkassobezogenen also in inländischer Währung) zahlbar sind, mangels ausdrücklicher anders lautender Weisung nur aushändigen, wenn die Valuta in der im Inkassoauftrag vorgeschriebenen Art sofort verfügbar ist (Art. 17 ERI).47 Dasselbe gilt, wenn der Inkassoauftrag die Zahlung in ausländischer Währung vorschreibt (Art. 18 ERI). In beiden Fällen muss die Valuta frei transferierbar sein. Die Sicherstellung dieser Voraussetzung kann in devisenbewirtschafteten Ländern zu Komplikationen führen, wenn etwa die Erteilung einer Transfererlaubnis von der Zollabfertigung der Ware abhängt und zu diesem Zweck die Dokumente vorgelegt werden müssen. Zur Vermeidung von Schwierigkeiten ist es ratsam, diesbezügliche Besonderheiten bereits bei der Ausgestaltung des Inkassoauftrags zu berücksichtigen.48 Um das Scheitern eines Dokumenteninkasso aus devisenrechtlichen Gründen zu verhindern, kann in besonders gelagerten Fällen die ergänzende Weisung des Auftraggebers, die Dokumente zunächst gegen Zahlung in Inlandswährung auszuhändigen, weiterführen. Dabei wird der Auftraggeber bestrebt sein, von dem leistungswilligen Bezogenen die verbindliche Zusage zu erhalten, dass zusätzlich sämtliche etwaige Nachteile aus der verzögerten Bereitstellung des Inkassobetrags wie etwa Wechselkursverluste und Zinseinbußen ausgeglichen werden.49 Falls der Bezogene die Zahlung verweigert, ist jede Inkassobank nach Art. 26c (iii) ERI verpflichtet, die ihr jeweils vorgeschaltete Bank hiervon unverzüglich zu benachrichtigen.

2.

Akzeptleistung

Andere Überlegungen sind maßgebend, wenn nach Weisung des Inkassoauftrag- 3/24 gebers die Freigabe der Dokumente nicht von der Bezahlung, sondern von der Entgegennahme eines Wechsels abhängig sein soll. Der Grund für diese Art der

46 OLG Schleswig WM 2003, 20 m. Anm. Nielsen WuB I H 1. – 1.03, unter Aufhebung LG Lübeck, Urteil vom 28.8.2001 – 8 O 90/01. 47 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 119 Rdn. 38; für Länder, zwischen denen Clearingvereinbarungen bestehen, vgl. Schinnerer/Avancini Bankverträge III. Teil, S. 165 Fn. 81. 48 Vgl. hierzu beispielhaft Schinnerer/Avancini Bankverträge III. Teil, S. 165 ff.; B. Hoffmann Einheitliche Richtlinien für Inkassi (ERI) – Revision 1995 – , Art. 17 und Art. 18. 49 B. Hoffmann Einheitliche Richtlinien für Inkassi (ERI) – Revision 1995 – S. 35; Häberle Handbuch der Außenhandelsfinanzierung, S. 326 f.

329

Dritter Abschnitt

Dokumenteninkasso

Abwicklung des Inkasso kann etwa darin liegen, dass sich der Inkassoauftraggeber als Verkäufer einer Ware gegenüber dem Käufer verpflichtet hat, die zeitliche Spanne zwischen der Aushändigung der Dokumente und dem Eingang des Erlöses aus dem Weiterverkauf der Ware seitens des Käufers durch die Entgegennahme eines vom Verkäufer gezogenen und vom Käufer akzeptierten Zielwechsels zu überbrücken. 3/25 Der Inkassoauftraggeber erlangt durch das Akzept einen Wechselschuldner, der

den strengen Haftungsgrundsätzen des Wechselrechts keine Einwendungen aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis entgegensetzen kann. Aufgrund der Hergabe der Dokumente ist der Auftraggeber allerdings gegenüber dem clean payment (Rdn. 4/1 ff.) kaum besser gestellt, zumal die Inkassobanken für die Einlösung des im Rahmen des Auftrags entgegengenommenen Wechsels nicht haften.50 Anders liegen die Dinge, wenn anstelle des Käuferakzeptes ein Bankakzept durchgeholt werden kann. Im Übrigen besteht für den Inkassoauftraggeber die Möglichkeit, das Akzept bei seiner Bank diskontieren zu lassen. 3/26 Gemäß Art. 7b ERI ist der Inkassoauftraggeber gehalten zu bestimmen, ob die

Dokumente schon gegen Akzeptierung (D/A) oder erst gegen Zahlung des akzeptierten Wechsels (D/P) freigegeben werden dürfen. Fehlt eine derartige Weisung, darf die vorlegende Bank die Dokumente dem Bezogenen erst bei Einlösung des Akzeptes aushändigen. Diese Regelung ist aus der Sicht der vorlegenden Bank insbesondere dann mit besonderer Sorgfalt zu beachten, wenn etwa die Ware vor Fälligkeit des Wechsels am Bestimmungsort eintrifft51 und der Bezogene hiernach auf Herausgabe der Dokumente drängt. In der Praxis wird bei Liefergeschäften aber regelmäßig die Klausel „payment against acceptance“ verwendet, so dass davon ausgegangen werden kann, dass auch das Dokumenteninkasso entsprechend ausgestaltet wird.52 3/27 Die Pflichten der vorlegenden Bank bei der Einholung des Akzeptes sind in Art. 22

ERI geregelt. Danach ist sie dafür verantwortlich, dass die Form der Akzeptierung eines Wechsels vollständig und richtig erscheint. Insoweit sind regelmäßig die Bestimmungen des jeweiligen Landes, in dem das Akzept geleistet wird, maßgebend.53 Dagegen ist die vorlegende Bank nicht verpflichtet, die Echtheit von Unterschriften oder die Zeichnungsberechtigung irgendeines Unterzeichners des Akzeptes zu prüfen.54

50 Eine derartige Haftung kann lediglich im Zusammenhang mit Akkreditiven begründet werden, vgl. Art. 7a (iv) ERA. 51 Vgl. a. die entsprechenden Ausführungen über die Negoziierungskredite des angloamerikanischen Rechtskreises, Rdn. 8/24 ff. 52 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/777. 53 Vgl. Art. 92 WG. 54 Nach Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1090 a.E., verstößt Art. 15 ERI (Revision 1978), wortgleich mit Art. 22 ERI, nicht gegen den früher geltenden § 9 Abs. 2 AGB-Gesetz; im Ergebnis auch Avancini in: Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 5/37; a.A. Heymann/ Horn HGB, Anh. zu § 372 Rdn. VI/9.

330

IV. Praktische Durchführung des Dokumenteninkasso

Dritter Abschnitt

Nach Art. 24 Abs. 1 ERI soll der Inkassoauftrag eine spezielle Weisung in Bezug auf die Protesterhebung oder die Einleitung eines entsprechenden rechtlichen Verfahrens bei Nichtzahlung oder Nichtakzeptierung eines Wechsels oder anderer Dokumente enthalten. In diesem Fall sind die an der Durchführung des Inkasso beteiligten Banken verpflichtet, die nach dem jeweiligen Sitzland erforderlichen Maßnahmen in die Wege zu leiten. Ohne eine derartige Protestweisung trifft die Inkassobanken keine Verantwortung für die Unterlassung der Protesterhebung.55 In der Praxis erheben die mit dem Inkasso befassten Banken einer allgemeinen Übung entsprechend56 je nach dem für sie geltenden Recht den Protest auch ohne entsprechende Weisung. Sämtliche damit in Zusammenhang stehenden Kosten und Auslagen gehen zu Lasten des jeweiligen Auftraggebers (Art. 24 Abs. 3 ERI), es sei denn, dieser hat insoweit eine Gegenweisung erteilt.57 Im Übrigen ist jede Inkassobank nach Art. 26c (iii) ERI verpflichtet, die ihr jeweils vorgeschaltete Bank von der Nichtakzeptierung eines Wechsels oder anderer Dokumente seitens des Bezogenen zu benachrichtigen.

3.

Trust Receipt

Wenn im Rahmen der praktischen Durchführung des Dokumenteninkasso die 3/28 Erstellung von Dokumenten durch den Bezogenen oder die Inkassobank vorgesehen ist, spielen in der Praxis das Trust Receipt oder ähnliche Verpflichtungserklärungen eine besondere Rolle. Bei dieser Abwicklungsform, die in den ERI nicht geregelt ist, wird die Inkassobank beauftragt, die Dokumente dem Bezogenen gegen Hereingabe eines Trust Receipt oder einer ähnlichen Verpflichtungserklärung auszuhändigen. Im Trust Receipt verpflichtet sich der Bezogene, die durch die Dokumente verkörperten oder in ihnen erwähnten Waren treuhänderisch für den Einreicher der Dokumente entgegenzunehmen. Das Trust Receipt legt ferner die Bedingungen fest, unter denen der Bezogene die Waren für Rechnung des Inkassoauftraggebers (Verkäufer der Ware) weiterverkaufen darf und den Erlös an ihn abzuführen hat. In der Zwischenzeit hält der Bezogene die Ware „in trust“ für den Verkäufer, dessen rechtliche Stellung sich jeweils nach den im Einzelfall anwendbaren Bestimmungen des Schuld- und Sachenrechts sowie des Internationalen Privatrechts richtet.58 Das Trust Receipt ist anglo-amerikanischen Ursprungs und entspricht in wirt- 3/29 schaftlicher Hinsicht der Sicherungsübereignung oder dem Eigentumsvorbehalt nach deutschem Recht. Es enthält die Bestätigung des Bezogenen (trustee), die

55 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1091 a.E., äußert aus der Sicht des früher geltenden § 9 Abs. 2 AGB-Gesetz Bedenken gegen die Wirksamkeit des – mit Art. 24 Abs. 3 ERI identischen – Art. 17 Abs. 2 ERI (Revision 1978). 56 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 119 Rdn. 39. 57 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/779. 58 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/783.

331

Dritter Abschnitt

Dokumenteninkasso

Dokumente und damit einen bestimmten Gegenstand als Treugut erhalten zu haben, verbunden mit der Verpflichtung, mit dem Treugut nach Maßgabe der in dem Trust Receipt niedergelegten Vereinbarungen zu verfahren. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass das Trust Receipt in sachenrechtlicher Hinsicht regelmäßig nicht mit den vorgenannten deutschrechtlichen Sicherungsrechten an der Ware gleichgesetzt werden kann. Dies ergibt sich unter anderem auch daraus, dass der Bezogene beim Trust Receipt im Innen- und Außenverhältnis zum Treugeber nur eine beschränkte Verfügungsgewalt über die Ware erhält, während etwa das Sicherungseigentum deutschen Rechts nach außen eine bedingungslose Vollübertragung darstellt, die nur im Innenverhältnis durch die zwischen dem Treugeber und dem Treuhänder getroffenen Treuabreden eingeschränkt wird.59 3/30 Da es keine international verbindliche Formulierung für das Trust Receipt oder

eine entsprechende Verpflichtungserklärung gibt, ist es erforderlich, dass der Einreicher der Dokumente den maßgebenden Wortlaut im Inkassoauftrag exakt vorschreibt. Wird der Inkassobank kein Text vorgegeben, hat sie lediglich zu prüfen, ob die Bezeichnung der Erklärung des Bezogenen mit der im Inkassoauftrag erwähnten Benennung übereinstimmt. Eine weiterreichende Prüfungspflicht besteht nicht. Die Inkassobank hat insbesondere nicht darüber zu befinden, ob die Erklärung des Bezogenen inhaltlich mit den – ihr oftmals nicht bekannten – Vorstellungen des Einreichers der Dokumente übereinstimmt oder als rechtswirksam angesehen werden kann.60 In diesem Zusammenhang ist die neu in die ERI aufgenommene Bestimmung des Art. 8 ERI zu beachten, die klarstellt, dass die Inkassobank bei fehlender Vorgabe des Wortlauts und der Form der von dem Bezogenen oder von ihr zu erstellenden Dokumente für die Form und den Wortlaut der hiernach gelieferten Dokumente nicht haftbar ist. Dies gilt gemäß Art. 8 ERI auch dann, wenn die Inkassobank – wie in der Praxis durchaus üblich – eigene Formulartexte für den Trust Receipt verwendet. Die aus der Vorauflage insoweit ersichtlichen einschränkenden Hinweise können damit als geklärt angesehen werden. Im Übrigen muss die vorlegende Bank darauf achten, dass das Trust Receipt oder die sonst geforderte Verpflichtungserklärung an den Einreicher der Dokumente (Verkäufer) oder die Einreicherbank gerichtet ist, sofern sich aus dem Inkassoauftrag nicht ausdrücklich etwas anderes ergibt.61 Hierbei kann die offengelegte Abtretung der Rechte und Ansprüche aus der Verpflichtungserklärung von Bedeutung sein.62

59 Vgl. in diesem Sinne Gutteridge/Megrah The Law of Bankers‘ Commercial Credits, 187 ff. (letter of trust); Harfield Bank Credits and Acceptances, S. 89 ff. 60 Schinnerer/Avancini Bankverträge III. Teil, S. 171; a.A. zu der noch früheren Fassung der ERI Avancini in: Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 5/38. 61 Nielsen Das Inkassogeschäft, S. 37; Schinnerer/Avancini Bankverträge III. Teil, S. 171. 62 Avancini in: Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 5/40.

332

IV. Praktische Durchführung des Dokumenteninkasso

4.

Dritter Abschnitt

Teilzahlungen

Die Frage der Zulässigkeit von Teilzahlungen wird in Art. 19 ERI behandelt. 3/31 Danach ist zwischen einfachen und dokumentären Inkassi zu unterscheiden. Während bei einfachen Inkassi – Einzug von Forderungen aus Schecks, Wechseln, Zahlungsquittungen u.ä., vgl. Art. 2b (i) ERI – die Annahme von Teilzahlungen zulässig ist, wenn und soweit Teilzahlungen nach dem am Zahlungsort geltenden Recht gestattet sind (Art. 19a ERI),63 kommen bei dokumentären Inkassi etwaige Teilzahlungen nur in Betracht, wenn der Inkassoauftrag eine ausdrückliche Ermächtigung hierzu enthält (Art. 19b ERI). In beiden Fällen werden jedoch die Dokumente erst nach Erhalt der vollen Zahlung freigegeben. Für etwaige Folgen aus hierauf beruhenden Verzögerungen bei der Aushändigung von Dokumenten hat die vorlegende Bank nicht einzustehen. Teilzahlungen, die nach Maßgabe des Art. 19 ERI angenommen werden, müssen unverzüglich demjenigen Beteiligten zur Verfügung gestellt werden, von dem der Inkassoauftrag ausging (Art. 16 ERI).

5.

Zinsen und Kosten

Für den in der Praxis bedeutsamen Teilaspekt, wie bei der Durchführung des 3/32 Inkasso einerseits Zinsen, andererseits Gebühren und verauslagte Kosten zu behandeln sind, gelten nach den ERI unterschiedliche Regelungen, die teilweise von den früher maßgebenden Bestimmungen abweichen. Nach Art. 20 ERI wird bei dem Einzug der Zinsen nicht mehr differenziert, ob die 3/33 Zinsklausel nur aus dem Inkassoauftrag oder auch aus dem beigefügten Zahlungspapier ersichtlich ist. Gemäß dem Grundsatz des Art. 4a (i) ERI, wonach sämtliche Weisungen im Inkassoauftrag vollständig und genau aufgeführt sein müssen, kommt es allein auf diesen an.64 Sofern der Inkassoauftrag eine gesonderte Instruktion zum Zinseinzug enthält, darf die vorlegende Bank die Dokumente unter Beachtung der übrigen Weisungen des Inkassoauftrags auch ohne den Einzug der Zinsen freigeben (Art. 20a ERI), es sei denn, dass sich aus dem Inkassoauftrag ausdrücklich ein Verbot auf den Zinsverzicht ergibt. In diesem Fall muss die vorlegende Bank neben der Hauptsumme auch den Zinsbetrag einziehen. Werden die Zinsen nicht bezahlt, kommt eine Freigabe der Dokumente nicht in Betracht (Art. 20c ERI). Stattdessen ist die vorlegende Bank verpflichtet, die auftraggebende Bank unverzüglich zu unterrichten. Eine Haftung der vorlegenden Bank für Folgen aus der verzögerten Aushändigung der Dokumente besteht nicht. Hinsichtlich der Gebühren und/oder Auslagen ergeben sich gegenüber der frü- 3/34 her geltenden Regelung keine wesentlichen Abweichungen. Nach Art. 21a ERI

63 64

Vgl. etwa Art. 49 Abs. 2 WG, Art. 34 Abs. 2 ScheckG. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/780.

333

Dritter Abschnitt

Dokumenteninkasso

kann die vorlegende Bank, auch wenn sich der Inkassoauftrag auf die Zahlung von Gebühren und/oder Auslagen durch den Bezogenen erstreckt, bei Verweigerung des Ausgleichs auf den Einzug verzichten und die Dokumente gegen Zahlung der Hauptsumme, der Akzeptierung oder unter anderen im Einzelfall maßgebenden Bedingungen freigeben. Die Gebühren und/oder Auslagen hat hiernach der Beteiligte zu tragen, von dem das Inkasso ausging, wobei eine Verrechnung mit dem Inkassoerlös zulässig ist. Ein Verzicht auf Gebühren und/oder Auslagen ist der vorlegenden Bank nur dann nicht gestattet, wenn diese Möglichkeit im Inkassoauftrag ausdrücklich untersagt wird (Art. 21b ERI). In diesem Fall darf die bezogene Bank bei der Weigerung des Bezogenen, die Gebühren und/oder Kosten zu übernehmen, die Dokumente nicht aushändigen. Wie bei dem Einzug der Zinsen muss die vorgeschaltete Bank von der bezogenen Bank hiervon in schnellster Weise unterrichtet werden. Da ein Inkassoauftrag, welcher den Verzicht auf Gebühren und Auslagen ausdrücklich ablehnt, in der Praxis erfahrungsgemäß zu Komplikationen und Verzögerungen in der Abwicklung führen kann, wird in Art. 21b ERI festgestellt, dass die vorlegende Bank für aus einem derartigen Verbot resultierende Kosten oder Verzögerungen nicht verantwortlich gemacht werden kann. 3/35 Auf die erstmals in die ERI aufgenommene Klarstellung, dass die an der Durchführung

des Inkasso beteiligten Banken den ihnen zustehenden Aufwendungsersatz für Gebühren und/oder Auslagen auch im Voraus verlangen können (Art. 21d ERI), wurde bereits hingewiesen (Rdn. 3/12). Das Recht, einen derartigen Vorschuss zu fordern,65 ist mit der Befugnis verbunden, die Ausführung des Inkassoauftrags bis zum Eingang des verlangten Betrags zurückzustellen. Im Hinblick auf die sich hieraus möglicherweise ergebenden Komplikationen, die auch auf devisenrechtliche Beschränkungen zurückgehen können,66 sollte der Geltendmachung der Rechte aus Art. 21d ERI eine kritische Prüfung aller Umstände des Einzelfalles vorausgehen.67

6.

Spezielle Pflichten der am Dokumenteninkasso beteiligten Banken

3/36 Nach den gesetzlichen Regeln des Auftragsrechts ist der Beauftragte verpflichtet,

dem Auftraggeber auch ohne Verlangen die erforderlichen Informationen über die Abwicklung des Auftrags zu geben (§ 666 BGB). Hierzu gehört auch die Mitteilung von Umständen, die einer ordnungsgemäßen Durchführung des Auftrags entgegenstehen. Die Benachrichtigungspflicht des Beauftragten ist in engem Zusammenhang mit dem Weisungsrecht des Auftraggebers zu sehen. Die ERI enthalten entsprechende Regelungen. Aus Art. 26 ERI sind verschiedene Informationspflichten der Inkassobanken ersichtlich, die dem jeweiligen Auftraggeber einen aktuellen Überblick in Bezug auf die Abwicklung des Inkassoauftrags vermitteln und dadurch eine sachgerechte Abwicklung des Inkasso ermöglichen sollen.

65 66 67

334

Vgl. a. § 669 BGB. B. Hoffmann Einheitliche Richtlinien für Inkassi (ERI) – Revision 1995 – Art. 21. In diesem Sinne auch Nielsen in: BuB, Rdn. 5/781.

IV. Praktische Durchführung des Dokumenteninkasso

Dritter Abschnitt

Sowohl die erfolgreiche Durchführung des Inkassoauftrags als auch dessen Schei- 3/37 tern löst Mitteilungspflichten der beteiligten Inkassobanken aus, die von diesen jeweils unverzüglich wahrgenommen werden müssen. Dabei müssen die Benachrichtigungen der Form und dem Inhalt nach geeignete Einzelheiten enthalten (Art. 26a ERI) und in der von der Einreicherbank vorgeschriebenen Art erfolgen, wobei die Einreicherbank dafür verantwortlich ist, dass der Inkassoauftrag überhaupt Angaben zur Art der Benachrichtigung (z.B. SWIFT) enthält (Art. 26b ERI). Bei Fehlen derartiger Weisungen darf die Inkassobank die Benachrichtigung nach eigener Wahl und auf Kosten der Bank, von der sie den Inkassoauftrag erhalten hat, vornehmen. Sofern das Inkasso erfolgreich abgewickelt werden kann, ist jede Inkassobank gehalten, der jeweils vorgeschalteten Bank eine detaillierte Bezahltmeldung, die auch über abgezogene Gebühren, Aufwendungen und Auslagen Aufschluss geben muss (Art. 26c (i) ERI), oder eine Akzeptmeldung (Art. 26c (ii) ERI) zukommen zu lassen. Bei einem fehlgeschlagenen Inkasso muss die Inkassobank derjenigen Bank, von der ihr der Inkassoauftrag zuging, eine Meldung über die Nichtzahlung oder die Nichtakzeptierung eines Wechsels oder anderer Dokumente seitens des Bezogenen übermitteln. Zudem sollte die bezogene Bank versuchen, die Gründe für das ablehnende Verhalten des Bezogenen festzustellen (Art. 26c (iii) ERI). Sobald die Einreicherbank Kenntnis von der Nichtzahlung oder der Nichtakzeptierung erlangt, muss sie geeignete Weisungen hinsichtlich der weiteren Behandlung der Dokumente erteilen, da andernfalls die bezogene Bank berechtigt ist, die Dokumente nach 60 Tagen, gerechnet von dem Zeitpunkt ihrer Meldung über das gescheiterte Inkasso, an die ihr vorgeschaltete Bank zurückzugeben. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass der Auftraggeber einem etwa geäußerten Wunsch des Bezogenen auf Änderungen der Inkassobedingungen nicht zu entsprechen braucht; er ist vielmehr in der Lage, die Dokumente einem anderen Käufer der Ware andienen zu lassen.

D.

Verbleib der Ware bei gescheitertem Dokumenteninkasso

Wird die Honorierung der Dokumente vom Bezogenen abgelehnt oder unterbleibt 3/38 die Aushändigung der Dokumente an ihn aus anderen Gründen, ohne dass die vorlegende Bank dies zu vertreten hat, ist daraus nicht zu folgern, dass die vorlegende Bank nunmehr eine Fürsorgepflicht hinsichtlich der Ware hätte; sie braucht sich insbesondere nicht um die Rücksendung, Einlagerung oder Versicherung der versandten Ware zu kümmern. Dies ist in Art. 10b ERI ausdrücklich bestimmt und entspricht überdies auch dem Sinn und Zweck des Dokumenteninkasso.68

68 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1091; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. zu § 365 Rdn. 268; Avancini in: Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 5/5.

335

Dritter Abschnitt

Dokumenteninkasso 69

3/39 Entgegen der Empfehlung in Art. 10a ERI

zeigt die Praxis, dass die Ware auch ohne Zustimmung einer Bank direkt an die Adresse oder zur Verfügung oder an die Order dieser Bank versandt wird. In diesem Fall ist diese Bank nicht verpflichtet, die Ware entgegenzunehmen oder geeignete Schutzmaßnahmen hinsichtlich der Ware zu ergreifen. Sofern dies – mit Auftrag oder unbeauftragt – dennoch geschieht, haftet die Bank weder für das Schicksal noch den Zustand der Ware oder für das Verhalten einbezogener Dritter. Die Bank ist allerdings nach Art. 10c ERI verpflichtet, die ihr vorgeschaltete Bank unverzüglich davon zu benachrichtigen, dass der Bezogene nicht gezahlt bzw. nicht akzeptiert habe; zweckmäßigerweise sollte sie hinzufügen, ob und gegebenenfalls was hinsichtlich des weiteren Verbleibs der Ware von ihr veranlasst wurde. Etwas anderes gilt dann, wenn die Ware nach entsprechender Vereinbarung (statt an den Inkassobezogenen) an die Adresse der vorlegenden Bank versandt worden ist. In diesem Fall muss die vorlegende Bank bei Nichteinlösung der Dokumente die Ware bei Vorliegen entsprechender Weisungen seitens der Einreicherbank zurücksenden oder (auf Kosten ihres Auftraggebers) einlagern, wenn der Bezogene Annahme und Bezahlung verweigert (arg. e contrario Art. 10b ERI). Eine besondere Situation kann auftreten, wenn die an die Adresse oder zur Verfügung einer Bank versandte Ware dem Bezogenen überlassen wird, bevor der Inkassoauftrag die bezogene Bank erreicht hat. Diese Handhabung setzt regelmäßig voraus, dass der Bezogene bonitätsmäßig über jeden Zweifel erhaben ist70 und gegenüber der bezogenen Bank die Verpflichtung eingeht, die Dokumente bei Vorlage aufzunehmen und sie von sämtlichen Schäden, die sich aus der vorzeitigen Freigabe der Ware ergeben können, freizustellen. Sofern der Auftraggeber für den Fall der Nichtzahlung oder Nichtakzeptierung eine Notadresse benennt – in der Praxis ist dies häufig ein mit der Ware vertrauter Vertreter des Exporteurs im Heimatland des Importeurs –, sollten die diesbezüglichen Befugnisse klar aus dem Inkassoauftrag hervorgehen, da andernfalls die Banken keinerlei Weisungen der Notadresse entgegennehmen (Art. 25 ERI). Die Legitimation durch ein gesondertes Schreiben des Auftraggebers reicht nicht aus. Die Befugnisse der Notadresse werden an den jeweiligen Besonderheiten des Exportgeschäfts ausgerichtet sein und können insbesondere die Bevollmächtigung zur Einlagerung, Verwertung und zum Rücktransport der Ware umfassen.

3/40 Sind zwischen den Beteiligten keine Absprachen bezüglich der Einlagerung oder

Rückführung der Ware getroffen worden, müssen schon ganz besondere Umstände gegeben sein, die ausnahmsweise eine Verpflichtung der vorlegenden Bank zur Vorsorge für die gelieferte Ware begründen. In diesem Zusammenhang ist eine bereits vor geraumer Zeit ergangene, in der 6. Auflage dieses Buches ausführlich

69 70

336

Vgl. auch Art. 6 Abs. 1 der bis zum 31.12.1995 geltenden Fassung der ERI. Häberle Handbuch der Außenhandelsfinanzierung, S. 349 f.

V. Rechte am Inkassoerlös

Dritter Abschnitt

besprochene71 Entscheidung des BGH zu erwähnen,72 nach der einer mit der dokumentären Abwicklung eines Liefergeschäfts befassten Inkassobank an einem entstandenen Schaden ein Mitverschulden gemäß § 254 BGB zugewiesen wurde. Das Urteil wird dem festgestellten Sachverhalt in vollem Umfang gerecht. Im Hinblick auf den besonders gelagerten Ausnahmefall darf die Entscheidung jedoch nicht – wie in dem veröffentlichten Leitsatz des BGH zu dem Urteil geschehen – unangebracht verallgemeinert werden. Unabhängig davon gilt der Grundsatz, dass es mit den vertraglichen Verpflichtungen der Inkassobank unvereinbar ist, durch ein Tun oder Unterlassen schuldhaft zu einer Schädigung des Auftraggebers beizutragen.73

V.

Rechte am Inkassoerlös

Rechtsprechung und Literatur haben sich wiederholt mit der Frage befasst, zu 3/41 welchem Zeitpunkt der Auftraggeber beim Dokumenteninkasso einen Anspruch auf Herausgabe des Inkassoerlöses erlangt. Hierbei ging es im wesentlichen um die Rechtsstellung des Dokumenteneinreichers gegenüber der Einreicherbank und um die rechtlichen Möglichkeiten seiner Gläubiger, den Inkassoerlös durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu blockieren und an sich zu ziehen.

A.

Anspruchslegitimation

Der Anspruch auf Herausgabe des aus der Durchführung des Dokumenteninkasso 3/42 Erlangten (Barzahlung, Wechselakzept, sonstige Verpflichtungserklärung) steht dem jeweiligen Auftraggeber zu. Eingezogene Beträge sind – gegebenenfalls nach Abzug von Gebühren und/oder Aufwendungen und/oder Auslagen – unverzüglich dem Beteiligten zur Verfügung zu stellen, von dem der Inkassoauftrag ausging (Art. 16a ERI). Daraus folgt, dass dieser Anspruch bei einem mehrgliedrigen Dokumenteninkasso nur jeweils gegenüber der vorgeschalteten Inkassobank begründet ist und etwaige Leistungen mangels abweichender Vereinbarungen mit schuldbefreiender Wirkung ausschließlich in umgekehrter Reihenfolge erbracht werden können. Eine zwischen den Beteiligten nicht abgesprochene unmittelbare Leistung einer Inkassobank an den Einreicher der Dokumente erfüllt diese Voraussetzung nicht74 und kann zudem – wie jede andere Abweichung von der Kette der beteiligten Banken – Schadensersatzansprüche auslösen (Rdn. 3/6).

71 Vgl. dort Rdn. 3/25 ff. 72 WM 1962, 342. 73 Avancini in: Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 5/42, unter Hinweis auf Götte WM 1962, 594. 74 BGH WM 1962, 342; Schinnerer/Avancini Bankverträge III. Teil, S. 164.

337

Dritter Abschnitt

B.

Dokumenteninkasso

Anspruch auf Herausgabe des Inkassoerlöses

3/43 Für die Entstehung des Herausgabeanspruchs ist der Zeitpunkt maßgebend, in

dem der Auftraggeber des Inkasso von seinem in der Einzugskette vorgeschalteten Vertragspartner die buchmäßige Deckung erhält.75 Im Verhältnis zwischen den in die Abwicklung des Dokumenteninkasso einbezogenen Banken hängt die genaue Bestimmung des Zeitpunktes des Deckungseingangs davon ab, ob die den Inkassoerlös beanspruchende Bank mit der in der Einzugskette vorgeschalteten Inkassobank in Kontoverbindung steht und ob das Inkasso auf Inlands- oder eine Auslandswährung lautet.76 In allen Fällen handelt es sich bei der durch die Erteilung der Deckung ausgelösten Kontogutschrift um einen buchungstechnischen Vorgang, der dem bereits entstandenen Herausgabeanspruch nachfolgt.77 3/44 Hinsichtlich des Anspruchs des Einreichers der Dokumente auf Herausgabe des

Inkassoerlöses gegenüber der Einreicherbank gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Im Hinblick darauf, dass die mit der Abwicklung des Dokumenteninkasso befassten Inkassobanken jeweils im eigenen Namen und aus eigenem Recht handeln, erwirbt der Einreicher der Dokumente an dem die Kette mehrerer aneinandergereihter Banken durchlaufenden Inkassoerlös vor dem Eingang bei der Einreicherbank keine Rechte. Der Herausgabeanspruch entsteht vielmehr erst dann, wenn die Einreicherbank die buchmäßige Deckung erhält.78 In der Folge wird dieser Anspruch regelmäßig durch Gutschrift des einzuziehenden Betrags auf dem Konto des Dokumenteneinreichers erfüllt, gleichgültig ob dieses kreditorisch oder debitorisch ist. Bis zu diesem Zeitpunkt kann der Auftrag zur Gutschrift des Inkassoerlöses auf dem Einreicherkonto widerrufen werden. Zudem geht mit dem Eingang der Deckung bei der Einreicherbank das Risiko, dass diese insolvent wird, auf den Dokumenteneinreicher über.79

C.

Pfändung des Inkassoerlöses

3/45 Für einen Gläubiger des Einreichers der Dokumente stellt der Inkassoerlös bzw.

der Anspruch auf Herausgabe des Inkassoerlöses einen Vermögenswert dar, der gepfändet oder mit einem Arrest belegt werden kann. Im Zuge der Abwicklung eines Dokumenteninkasso bietet sich diese Möglichkeit auch für den Bezogenen, der aus dem gerade vorliegenden Geschäft oder aus früheren Lieferungen Ansprüche gegen den Dokumenteneinreicher hat oder zu haben glaubt und versucht, das Geld mit Beschlag zu belegen, das er zuvor bei der Aufnahme der Dokumente an die örtliche Inkassobank bezahlt hat.

75 76 77 78 79

338

Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 119 Rdn. 48. Ausf. hierzu Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 119 Rdn. 45 ff. Menkhaus Kreditsicherung beim Dokumenteninkasso, S. 16. BGH WM 1985, 1057 m. Anm. Obermüller WuB VI B § 15 KO 2.85. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/795 m.w.N.

V. Rechte am Inkassoerlös

Dritter Abschnitt

Die Pfändung des Inkassoerlöses durch den Bezogenen oder durch sonstige Gläu- 3/46 biger des Dokumenteneinreichers setzt voraus, dass dem Einreicher selbst ein Anspruch auf Herausgabe des Inkassoerlöses gegen den jeweiligen Drittschuldner zusteht. Wie bereits dargelegt (Rdn. 3/8), kann der Dokumenteneinreicher einen derartigen Anspruch unter den beschriebenen Voraussetzungen nur gegen die Einreicherbank erwerben, so dass etwaige Einzelvollstreckungsmaßnahmen ausschließlich gegenüber dieser eingeleitet werden müssten. Aus der Sicht des Bezogenen ist das Vorgehen gegen die im Ausland liegende Einreicherbank in der Regel umständlich und schwierig. Zudem fließt der Inkassoerlös in den meisten Fällen auf ein debitorisches Konto des Auftraggebers, da dieser sich normalerweise den Inkassoerlös hat bevorschussen lassen; die Rechte der Einreicherbank gehen aber den Rechten des Pfändungsgläubigers vor (Rdn. 2/409 ff.). Vor diesem Hintergrund wird der Bezogene möglicherweise geneigt sein, Pfändungen und Beschlagnahmen gegen die in seinem Heimatland domizilierende Inkassobank durchzusetzen. Im Hinblick darauf, dass bei dem Dokumenteninkasso keine Rechtsbeziehungen zwischen dem Einreicher der Dokumente und der (den) mit der Abwicklung des Inkassos befassten Inkassobank(en) bestehen, müssen derartige Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen als unwirksam angesehen werden.80 Dieser eindeutigen Rechtslage wird nicht uneingeschränkt Rechnung getragen. In 3/47 diesem Zusammenhang ist die – in der Vorauflage (Rdn. 3/23 f.) ausführlich kommentierte – Entscheidung des Obersten Gerichts von Finnland81 zu erwähnen, mit der die Pfändung des Inkassoerlöses durch den Bezogenen anerkannt wurde, den dieser zuvor selbst zur Auslösung der Dokumente bei der Inkassobank einbezahlt hatte. Diesem Urteil kann nicht gefolgt werden. Da in diesem Fall die Abwicklung des Dokumenteninkasso über mehrere Inkassobanken lief, war kein Vermögenswert vorhanden, der aufgrund eines Anspruchs des Bezogenen gegen den Einreicher der Dokumente als Pfändungsobjekt zur Verfügung stand. Wenn man noch berücksichtigt, dass die Einreicherbank häufig das dem Dokumenteninkasso zugrunde liegende Warengeschäft bevorschusst, wird die nicht hinnehmbare Tragweite dieser Entscheidung offenkundig. Die finanzierende Einreicherbank könnte zur Rückführung ihrer Vorlage nicht auf den einzuziehenden Inkassoerlös abstellen, falls dieser bereits bei der ausländischen Inkassobank dem Zugriff der Gläubiger des Einreichers der Dokumente unterläge. Richtig ist vielmehr, dass der Inkassoerlös bei der ausländischen Inkassobank nicht von einem Gläubiger des Inkassoauftraggebers gepfändet werden kann; andernfalls würde das gesamte Gebäude der internationalen Außenhandelsfinanzierung ins Wanken gebracht. Wenn es sich bei dieser Entscheidung auch um einen Einzelfall handeln mag, muss er doch zur Vorsicht mahnen. Eine Inkassobank, die etwa mit einem ähnlichen Pfändungsbeschluss konfrontiert werden sollte, müsste sofort ihrerseits gegen die Pfändung mit den im jeweiligen Land zur Verfügung stehenden recht-

80 81

Nielsen in: BuB, Rdn. 5/797. Urteil des Korkein Oikeus vom 10.8.1969 (nicht veröffentlicht).

339

Dritter Abschnitt

Dokumenteninkasso

lichen Mitteln vorgehen unter Hinweis darauf, dass die gepfändete Forderung gar nicht existiere. In zweiter Linie käme die Erhebung einer Drittwiderspruchsklage der Einreicherbank in Betracht.82 Erst in letzter Linie sollte eine Hinterlegung des Inkassobetrags durch die Inkassobank wegen Ungewissheit über die Person des Gläubigers nach § 372 BGB ins Auge gefasst werden.83

VI. Insolvenzrechtliche Überlegungen 3/48 Wirtschaftliche Schwierigkeiten, die bei dem Einreicher der Dokumente oder bei

den Bezogenen auftreten, wirken sich auf die Durchführung des Dokumenteninkasso in unterschiedlicher Weise aus. Während die insolvente Situation bei dem Bezogenen oftmals ein Scheitern des Dokumenteninkasso zur Folge hat und anschließend die Einlagerung oder Rücksendung der Ware zu erheblichen Schwierigkeiten führen kann (Rdn. 3/38 ff.), treten bei einer wirtschaftlichen Krise des Dokumenteneinreichers insbesondere dann rechtliche Probleme auf, wenn – häufig vorkommend – die Einreicherbank das Dokumenteninkasso bevorschusst hat und der Inkassoerlös zum Ausgleich der Vorlage herangezogen werden soll. Hier ist eine differenzierende Betrachtungsweise geboten. Sofern die Einreicherbank die ihr im Rahmen des Inkassoauftrags überlassenen Dokumente noch nicht weitergeleitet hat, steht ihr ein Recht auf abgesonderte Befriedigung zu, da die Bevorschussung ein Bargeschäft (§ 142 InsO) darstellt und der Insolvenzverwalter keinen Besitz an den Dokumenten erlangt hat (§§ 166, 173 InsO).84 3/49 Geht der Inkassoerlös vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Ver-

mögen des Dokumenteneinreichers bei der Einreicherbank ein, steht ihr an dem Inkassoerlös ein AGB-Pfandrecht zu und sie kann diesen mit einem debitorischen Saldo aus der Bevorschussung verrechnen.85 Dies gilt auch dann, wenn die Einreicherbank die buchmäßige Deckung erhalten, das Konto des Dokumenteneinreichers aber noch nicht erkannt hat, da der Herausgabeanspruch des Dokumenteneinreichers in Bezug auf den Inkassoerlös bereits zu diesem Zeitpunkt entstanden ist (Rdn. 3/43) und damit das AGB-Pfandrecht der Einreicherbank greift.86 3/50 Auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingegangene Inkassoerlöse

braucht die bevorschussende Einreicherbank nicht herauszugeben, sofern ihr zugleich mit der Erteilung des Inkassoauftrags die Kaufpreisforderung aus dem Grundgeschäft wirksam abgetreten worden ist.87 Dies kann im Rahmen einer zwi-

82 83 84 85 86 87

340

Nielsen in: BuB, Rdn. 5/797. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/797. Obermüller Insolvenzrecht, Rdn. 4.153; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 119 Rdn. 50. Obermüller Insolvenzrecht, Rdn. 4.153 ff. Kümpel Die Bevorschussung von Inkassodokumenten, S. 14; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/798. Obermüller in: FS Bärmann, S. 708, 712.

VI. Insolvenzrechtliche Überlegungen

Dritter Abschnitt

schen dem Auftraggeber und der Einreicherbank gesondert getroffenen Sicherungsvereinbarung oder aufgrund der zwischen diesen geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank geschehen. In diesem Fall gehört nach der für das Dokumenteninkasso grundlegenden Entscheidung des BGH88 die Kaufpreisforderung nicht mehr zur Masse, vielmehr steht der Einreicherbank infolge der Sicherungszession ein Recht auf abgesonderte Befriedigung zu, das durch Einzug und Verrechnung mit der gesicherten Forderung gegen den Dokumenteneinreicher realisiert werden kann.89 Es kann vorkommen, dass die Übertragung der Kaufpreisforderung aus dem 3/51 Grundgeschäft auf die Einreicherbank beweisrechtlich nicht hinreichend dargetan werden kann oder dass die Voraussetzungen der anwendbaren ausländischen Rechtsordnung nicht erfüllt sind.90 Hier versagt der BGH der Einreicherbank ein Recht auf abgesonderte Befriedigung an nach Verfahrenseröffnung eingegangenen Inkassobeträgen. Zur Begründung wird angeführt, dass ein Anspruch des Dokumenteneinreichers auf Herausgabe dieser Erlöse vor Erhalt der buchungsmäßigen Deckung weder bedingt noch betagt entstehe und daher auch ein Pfandrecht zugunsten der Einreicherbank nicht begründet werden könne.91 Diese Argumentation ist in der Literatur nicht unwidersprochen geblieben. Den 3/52 Ausgangspunkt der Überlegungen bildet der Umstand, dass sich die bankseitigen Sicherungsrechte an den Inkassodokumenten mit der Aushändigung an den Bezogenen in sachenrechtlicher Hinsicht nicht an dem Inkassoerlös fortsetzen.92 Wenn es in dem Zeitraum zwischen der Aufnahme der Dokumente durch den Bezogenen und dem Eingang des Inkassoerlöses bei der Einreicherbank zu der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Dokumenteneinreichers kommt, wird von einem Teil der Literatur eine Sicherungslücke gesehen,93 deren Entstehen wegen der Maßgeblichkeit des Eingangs der buchungsmäßigen Deckung bei der Einreicherbank von technischen Vorgängen und Zufälligkeiten abhängig wäre.94 Demgegenüber wird zunehmend darauf hingewiesen, dass mit der Aushändigung der Dokumente ein originärer Anspruch der Inkassobank auf Abführung des Inkassoerlöses entsteht, den sie ohne Rücksicht auf eine sich abzeichnende oder eingetretene Insolvenz des Einreichers der Dokumente geltend machen kann.95 Diese Betrachtungsweise geht zutreffend davon aus, dass bei einem Dokumenten-

88 WM 1985, 1057 m. Anm. Obermüller WuB VI B § 15 KO 2.85. 89 BGH WM 1985, 1057; OLG Köln WM 1994, 1877 m. Anm. Dach WuB I H 2–1.95; Obermüller Insolvenzrecht, Rdn. 4.164 f. 90 Nielsen ZIP 1985, 777 ff.; Schinnerer ÖBA 1982, 437, 445. 91 BGH WM 1985, 1057, 1058. 92 Kümpel Die Bevorschussung von Inkassodokumenten, S. 13. 93 Menkhaus Kreditsicherung beim Dokumenteninkasso, S. 117; Kümpel Die Bevorschussung von Inkassodukumenten, S. 73; vgl. a. Obermüller Insolvenzrecht, Rdn. 4.162 ff. 94 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1094. 95 Heyman/Horn HGB, Anh. § 372 Rdn. VI/15.

341

Dritter Abschnitt

Dokumenteninkasso

inkasso, das über eine Kette hintereinander liegender Banken abgewickelt wird, jede dieser Banken im eigenen Namen und aus eigenem Recht handelt. Der Inkassobetrag muss auf demselben Weg, den die Dokumente bis zur Vorlage bei dem Bezogenen gelaufen sind, in umgekehrter Richtung an die Einreicherbank zurücklaufen (Rdn. 3/6). Daraus folgt, dass – aus der Sicht der Einreicherbank – der Anspruch auf Herausgabe des Inkassoerlöses gegen die vorgeschaltete Inkassobank der Einreicherbank und nicht dem Dokumenteneinreicher zusteht.96 Demgemäß gehört dieser Anspruch in der Insolvenz des Einreichers nicht zur Masse. Das Verbot des Erwerbs von Rechten an massezugehörigen Gegenständen (§§ 81, 91 InsO) kommt insoweit nicht zum Zuge, sodass die Einreicherbank trotz der Verpflichtung, den Anspruch auf Auskehrung des Inkassoerlöses an die Masse abzutreten, an dem hierauf gerichteten Anspruch der Masse „von vornherein, d.h. zumindest vom Augenblick der Einlösung an“ ein AGB-Pfandrecht erlangt.97 Gerichtliche Entscheidungen liegen – soweit ersichtlich – nicht vor. Der BGH hat sich in seinem grundlegenden Urteil zum Dokumenteninkasso98 mit dieser Argumentation nicht befasst. 3/53 Zusätzliche Überlegungen sind maßgebend, wenn die Einreicherbank die Doku-

mente nicht bevorschusst hat, ihr aber Forderungen aus anderen Geschäften gegen den Inkassoauftraggeber zustehen, die sie trotz sich abzeichnender oder bereits eingetretener Insolvenz des Einreichers mit dem eingehenden Inkassoerlös verrechnen will. Insoweit kommt es entscheidend darauf an, ob im Einzelfall die Sicherungsposition der Einreicherbank durch die Insolvenzanfechtung nach Maßgabe der §§ 129 ff. InsO gefährdet werden kann.99 3/54 Bei der weisungsgemäßen Freigabe der Dokumente gegen Akzeptleistung treten

aus der Sicht der Einreicherbank an die Stelle des Anspruchs auf Auskehrung des Inkassoerlöses wechselrechtliche Ansprüche, die sich mit der Unterzeichnung der Tratte oder des Akzeptes durch den Bezogenen konkretisieren. Der für den Erwerb eines Pfandrechts an dem Wechsel erforderliche Besitz an der Urkunde wird dadurch begründet, dass die Inkassobank den ihr weisungsgemäß übermittelten Abschnitt besitzmittelnd für die Einreicherbank hält.100

96 Nielsen WM 1994, 2261, 2269. 97 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1094, noch zu Nr. 19 Abs. 2 AGB (heute Nr. 14 Abs. 1 AGB). 98 WM 1985, 1057 m. Anm. Obermüller WuB VI B § 15 KO 2.85. 99 Vgl. hierzu im einzelnen Obermüller Insolvenzrecht, Rdn. 4.153 ff.; noch zur KO Nielsen ZIP 1985, 777, 781 ff.; Menkhaus ZIP 1985, 1309, 1311 ff.; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1094. 100 Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/803 m.w.N.

342

Vierter Abschnitt Bezahlung gegen offene Rechnung (clean payment) Haben Verkäufer und Käufer weder eine Akkreditivstellung vorgesehen noch 4/1 Bezahlung über ein Dokumenteninkasso abgesprochen, können sie eine Warenlieferung unter Erteilung einer offenen Rechnung vereinbaren (open account). In diesem Fall ist der Vorgang der Zahlung nicht mit einer Sicherheit für den Verkäufer verbunden; man spricht dann von „clean payment“.1 Als Zahlungsbedingungen sind Vorauszahlung (Anzahlung), Zahlung nach Erhalt der Ware und offenes Zahlungsziel denkbar.2 Wird Vorauszahlung vereinbart, kann der – durch Nichtlieferung oder nicht ordnungsgemäße Lieferung bedingte – Anspruch auf Rückzahlung des geleisteten Anzahlungsbetrages durch eine Anzahlungsgarantie gesichert werden (Rdn. 9/48 ff.). Am häufigsten wird zwischen den Parteien im Kaufvertrag vereinbart, dass der Käufer nach Erhalt der Ware zur Zahlung verpflichtet ist. Wenn Käufer und Verkäufer auf der Basis „Bezahlung gegen offene Rechnung“ kontrahiert haben, bringt der Verkäufer die Ware zum Versand und schickt dem Käufer eine Rechnung. Der Käufer begleicht die Kaufpreisschuld nach Erhalt von Ware und Rechnung, indem er den fälligen Betrag – ohne Skonto, falls keine dahin gehende Abrede getroffen wurde3 – in der vereinbarten Währung zum festgelegten Termin an den Verkäufer überweisen lässt oder – seltener – einen Scheck übersendet. Lautet der Rechnungsbetrag auf eine fremde Währung, empfiehlt es sich, dass der Importeur rechtzeitig – d.h. im Zeitpunkt der Bestellung – mit seiner Bank die Frage prüft, ob zur Sicherung der Währungsrelation der Abschluss eines Devisentermingeschäfts angebracht ist. Bei Käufen gegen offene Rechnung trägt der Verkäufer das volle Risiko hinsicht- 4/2 lich der Fähigkeit und Bereitwilligkeit des Käufers, die empfangene Ware zu bezahlen. Ein Verkäufer wird sich zu dieser Zahlungsform folglich nur dann bereit finden, wenn er seinen Kontrahenten für unbedingt zuverlässig sowie die politischen Verhältnisse und die Devisensituation in jenem Lande für stabil hält. Der Käufer besitzt seinerseits das Recht und die Möglichkeit, nach Erhalt der

1 Lipfert Nationaler und internationaler Zahlungsverkehr, S. 18, 115; von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 207; Piltz RIW 1999, 897, 901. 2 Lipfert Nationaler und internationaler Zahlungsverkehr, S. 115; Liesecke WM-Beilage 3/1978, S. 8. 3 Vgl. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/51b.

343

Vierter Abschnitt

Bezahlung gegen offene Rechnung (clean payment)

Ware diese zunächst zu prüfen und, falls sie nicht vertragsgemäß beschaffen ist, den Mangel zu rügen und die Zahlung – gegebenenfalls teilweise – zu verweigern.4 All dies unterliegt dem jeweils anwendbaren Kaufrecht. 4/3 Die Banken werden mit der Abwicklung eines solchen Geschäfts i.d.R. erst dann

befasst, wenn ihnen der Auslandszahlungsauftrag des Käufers zugeht. Welche Zahlungsmodalitäten Käufer und Verkäufer hinsichtlich eines Zahlungszieles, der Gewährung von Ratenzahlungen usw. vereinbart haben, erfahren die Banken nicht. Dort, wo eine diesbezügliche Angabe nicht aus devisenrechtlichen Gründen unumgänglich ist, brauchen die Banken nicht einmal zu wissen, ob der Zahlung überhaupt ein Warengeschäft zugrunde liegt. Hier hat man es also mit einer absoluten Trennung zwischen Warengeschäft und Zahlungsvorgang zu tun, während beim Inkasso und beim Akkreditiv immerhin die Transportdokumente ein gewisses Bindeglied zwischen beiden Geschäften darstellen. Im Rahmen einer Bezahlung gegen offene Rechnung übernehmen die Banken keine andere Verpflichtung, als dies bei jedem normalen Zahlungsauftrag der Fall ist. Die Zahlung kann, wenn sie nicht durch Einlösung eines vom Käufer auf seine Hausbank gezogenen, dem Verkäufer übermittelten Scheck vorgenommen wird, durch Ausführung eines Auslandszahlungsauftrags des Käufers an seine Bank erfolgen.5 Bei Gutschrift aufgrund des Überweisungsauftrags einer ausländischen Bank berechnen die Banken üblicherweise eine Bearbeitungsgebühr. 4/4 Wie beim Akkreditiv und beim Inkasso treten auch beim clean payment die Käufer

gelegentlich mit dem Wunsch nach einer Anschlussfinanzierung, d.h. der kreditweisen Zurverfügungstellung des zu überweisenden Betrages, an die Banken heran. In diesem Augenblick gewinnt die Bank ein Interesse daran, zu erfahren, was für ein Warengeschäft sie finanziert. Die Krediterwägungen einer Bank richten sich in solchen Fällen nach den allgemeinen kreditmäßigen Grundsätzen und stehen mit der Art und Weise der Bezahlung des Importes in keinem Zusammenhang. Da die Transportdokumente gar nicht in die Hände der Bank zu kommen brauchen, wird das Kreditgeschäft kaufmännisch und rechtlich unabhängig von der Importbezahlung neu aufgebaut.

4 Vgl. z.B. von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 181. 5 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/51b. Zur Abwicklung grenzüberschreitender Überweisungsaufträge Hadding/Häuser in: Bankrechts-Handbuch, § 51 Rdn. 10 ff., 23 ff.; Schefold in: Bankrechts-Handbuch, § 116 Rdn. 50 ff.

344

Fünfter Abschnitt Sicht- und Zieltratten im Dokumentengeschäft I.

Allgemeines

Soweit sich der Akkreditivverkehr ausschließlich im Inland abspielt, sind bei den 5/1 einzureichenden Dokumenten keine Tratten vorgesehen. Auch im Zusammenhang mit innerhalb Deutschlands benutzbaren Sichtakkreditiven (Rdn. 2/119) für Importe, die von deutschen Banken zugunsten eines ausländischen Begünstigten eröffnet werden, sowie bei im Inland durchgeführten Inkassi kommt in der Regel die Ziehung von Tratten nicht vor, da deren Verwendung infolge der akkreditivmäßigen Haftung der Banken entbehrlich ist.1 Insbesondere dürfen bei einem Dokumentenakkreditiv, das die Ausstellung von Tratten vorsieht, diese nicht auf den Akkreditivauftraggeber gezogen sein, wie Art. 6c ERA nunmehr ausdrücklich festhält (vgl. auch Rdn. 2/121 f.). Auch das normale Inkasso bezweckt die Barzahlung durch den Käufer, aber keine Akzeptleistung (Rdn. 3/1). Früher hingegen wurde der Solawechsel häufig als Finanzierungsform verwandt, da der im Ausland ausgestellte und auch im Ausland zahlbare Solawechsel nicht der Wechselsteuer unterlag. Mit Ablauf des Jahres 1991 trat das Wechselsteuergesetz außer kraft, womit die Besonderheit der Ersparnis der Wechselsteuer für diese Finanzierungsart entfiel.2 Gelegentlich kommt es vor, Inkassodokumenten Wechsel (Sicht- oder Nachsichttratten) beizufügen, die vom Verkäufer auf den Käufer oder auf dessen Bank gezogen sind (Rdn. 3/24 ff.). Die anglo-amerikanische Praxis sieht häufig vor, dass die zur Benutzung eines Letter of Credit einzureichenden Dokumente von einer Sicht- oder Nachsichttratte begleitet sind3 (Rdn. 8/1); das Gleiche ist bei Negoziierungskrediten (Rdn. 8/24 ff.) zu beobachten. Die Sichttratte wird nicht akzeptiert, sondern bei Vorlage eingelöst, also bezahlt. Sie hat, da sie keine zusätzliche wechselmäßige Haftung begründet, in Wahrheit lediglich die untergeordnete Funktion einer Quittung;4 diese Erkenntnis ist wichtig bei der Behandlung der Ziehungen without recourse (Rdn. 5/18). Nachsichttratten besitzen dagegen auch eine Sicherungs- und Finanzierungsfunktion.5

1 2 3 4 5

Eberth WM-Sonderbeilage 4/1984 S. 10. S. 6. Auflage Rdn. 5/1; von Bernstorff RIW 1986, 665 ff. Schütze, Dokumentenakkreditiv, Rdn. 67. Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 106; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/479. Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 106.

345

Fünfter Abschnitt

Sicht- und Zieltratten im Dokumentengeschäft

5/2 Aber nicht nur der Sicht- oder Nachsichtwechsel, sondern auch der vom Käufer

akzeptierte Zielwechsel (Rdn. 5/12) lässt den dokumentären Ablauf des Inkassogeschäfts grundsätzlich unberührt. Der einzige Unterschied besteht darin, dass die Bank vom Käufer statt der effektiven Inkassosumme das Akzept einholt. Eine Haftung der Bank für die spätere Einlösung des Akzepts besteht beim Inkassogeschäft nicht (Rdn. 3/25); die spätere Wechseleinlösung hat mit dem eigentlichen Dokumentengeschäft nichts mehr zu tun. Die Akkreditivbank haftet dagegen für die spätere Einlösung eines von ihr aufgrund eines Akkreditivs selbst akzeptierten Wechsels oder auch eines auf eine anderen Bank bezogenes Akzept, Art. 7a (i) (a) ERA (Rdn. 2/121 und 2/385); dasselbe gilt für die bestätigende Bank (Art. 8a (i) (a) ERA). In der Praxis dürfte Wert darauf zu legen sein, dass ein durch Akzeptierung benutzbares Akkreditiv stets bei derjenigen Bank benutzbar gestellt wird, auf die nach Maßgabe der Akkreditivbestimmungen auch die Nachsicht- oder Zieltratten zu ziehen sind.6 Will die Bank das Akzept nur einholen, ohne zu haften, muss sie dafür sorgen, dass dies im Akkreditivtext klar zum Ausdruck kommt.

II. Vorfinanzierung mit Akzepten (Akzeptkredite) 5/3 Ohne Einfluss auf das dokumentäre Zahlungsgeschäft ist der vom Verkäufer auf

den Käufer gezogene und von Letzterem akzeptierte Wechsel auch dort, wo er nicht zur Bezahlung des Warengegenwerts, sondern unabhängig vom Akkreditiv oder Inkasso zur Vorfinanzierung des Verkäufers begeben wird. In der Sache ermöglicht der Käufer dem Verkäufer dadurch, dass er ihm seine Haftung zur Verfügung stellt, einen Kredit.7 Das Akzept diskontiert der Verkäufer entweder bei seiner Bank oder lässt es durch Vermittlung des Käufers bei einer Bank in dessen Land diskontieren, um mit dem Erlös den Ankauf oder die Herstellung der Ware ganz oder teilweise zu finanzieren. In solchen Fällen erhält der Verkäufer nur den Rest des Warenwerts auf dokumentärer Basis (Akkreditiv, Inkasso) oder gegen einfache Rechnung. Diese Vorfinanzierungsakzepte stehen zwar mit dem Warengeschäft und somit auch mit dem dokumentären Teil der Zahlungsabwicklung in einem wirtschaftlichen Zusammenhang, sind jedoch in der Begebung, Akzeptierung und Verwertung des Wechsels an keine dokumentären Bedingungen geknüpft. Der Verkäufer erhält das Akzept bereits vor dem Zeitpunkt, in welchem er die Dokumente einreicht. Damit ein solcher Wechsel von unbeteiligten Dritten nicht als Finanzwechsel (anstatt als Warenwechsel, der er ja im Grunde doch ist) betrachtet wird, versehen in manchen Ländern die Verkäufer ihn in der

6 Nielsen Richtlinien, Rdn. 76. 7 Baumbach/Hefermehl/Casper Wechselgesetz und Scheckgesetz, WG Einl. Rdn. 69 ff.; Burghardt in: BuB, Rdn. 6/663; von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 38; ders. RIW 1985, 765, 766; ders. RIW 1987, 889, 890.

346

III. Rembourskredit

Fünfter Abschnitt

linken oberen Ecke mit einem Hinweis auf das zugrunde liegende Warengeschäft (z.B. „against shipment of 100 tons coffee to Britain“). Es handelt sich dabei um eine reine Mitteilung und nicht um eine Bedingung, die den Wechsel nach dem deutschen Wechselrecht (Art. 1 Nr. 2 WG) und dem Wechselrecht der meisten anderen Staaten unwirksam machen würde; ein Vermerk der oben genannten Art auf dem Wechsel ist dagegen rechtlich bedeutungslos.8 Der Akzeptkredit wird zum Teil als Geschäftsbesorgungsvertrag im Sinne der §§ 675, 631 ff. BGB9 und zum Teil als Darlehen im Sinne von § 607 BGB eingeordnet.10 Entscheidend für die Einordnung des Akzeptkredits sind jedoch die Umstände des Einzelfalls.11 Erwähnt sei noch, dass Finanzierungen außerhalb des eigentlichen dokumentären 5/4 Zahlungsgeschäfts auch in Form von so genannten unechten Rembourskrediten mit Bankakzepten denkbar sind. Solche unechten Rembourskredite, bei denen die Remboursbank ihr Akzept gewährt, ohne Zug um Zug dagegen die Dokumente hereinzunehmen, kommen in Deutschland heute kaum mehr vor. Sie waren aber in Zeiten der Währungskrisen und der Stillhaltung häufig. Damals griffen die deutschen Banken zur Befriedigung der Kreditwünsche ihrer Kunden auf die ihnen von ausländischen Banken eingeräumten – im Rahmen der Stillhalteabkommen auch für andere als echte Importfinanzierungen offengehaltenen – Rembourslinien zurück.12

III. Rembourskredit Dem Vordringen des Währungsbarvorschusses entsprach ein Rückgang im 5/7 Volumen der zweiten, früher „klassischen“ Art der Finanzierung von Auslandsgeschäften im Ausland; gemeint ist der Rembourskredit, bei dem es sich um einen Sonderfall des Akzeptkredits handelt.13 Der Rembourskredit stellt ein Standardinstrument der Außenhandelsfinanzierung für kleinere Geschäftsvolumina

8 Vgl. dazu RGZ 119, 422, 424. 9 BGHZ 19, 282, 288; KG WM 1956, 1553, 1554; OLG Hamburg WM 1959, 300, 301; Baumbach/Hefermehl/Casper Wechselgesetz und Scheckgesetz, WG Einl. Rdn. 83; Derleder/ Knops/Bamberger Handbuch, § 22 Rdn. 41. 10 Würdinger BB 1954, 325, 1089; Lehmann BB 1955, 937 ff. 11 BGHZ 19, 288; Baumbach/Hefermehl/Casper Wechselgesetz und Scheckgesetz, WG Einl. Rdn. 83; Canaris Bankvertragsrecht II, Rdn. 1601; Peters in: Bankrechts-Handbuch, § 65 Rdn. 16 ff.; Lwowski/Wunderlich in: Bankrechts-Handbuch, § 75 Rdn. 42. 12 Der insoweit früher einschlägige Handel mit Privatdiskonten durch die PrivatdiskontAktiengesellschaft – s. hierzu 6. Auflage Rdn. 5/5 – wurde mit Ablauf 1991 eingestellt. S. hierzu a. Baumbach/Hefermehl/Casper Wechselgesetz und Scheckgesetz, WG Einl. Rdn. 73 u. Art. 11 Rdn. 29.. 13 Baumbach/Hefermehl/Casper Wechselgesetz und Scheckgesetz, WG Einl. Rdn. 84; Burghardt in: BuB, Rdn. 6/663; im Ergebnis ebenso: von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 39 f.; ders. RIW 1985, 765, 766; ders. RIW 1987, 889, 890. Ferner BGH LM § 675 BGB Nr. 25.

347

Fünfter Abschnitt

Sicht- und Zieltratten im Dokumentengeschäft

dar. Von einem Rembourskredit14 spricht man im Außenhandel, wenn eine Bank (Remboursbank), die meist im Lande der Vertragswährung domiziliert (z.B. London oder New York), für Rechnung der Bank des Käufers oder für Rechnung des Käufers selbst einen auf sie gezogenen Wechsel akzeptiert und dem Verkäufer Zug um Zug gegen Hereinnahme der vorgeschriebenen Transportdokumente das Akzept aushändigt, damit er es bei einer Bank seiner Wahl diskontieren lassen kann. 5/8 Aussteller des Wechsels ist normalerweise der Verkäufer; es kann aber auch der

Käufer sein. In diesem Fall wird die Diskontierung im Auftrag des Käufers von dessen Bank oder von der Remboursbank selbst besorgt; der Verkäufer erhält dann den Gegenwert, ohne mit dem Diskontvorgang befasst zu werden. Die häufigsten Vertragswährungen bei Export-Import-Geschäften sind US-$, Euro, sfrs und £-Stg. Als Remboursbanken fungieren hauptsächlich Londoner, New Yorker und auch deutsche Kreditinstitute. Ihre Akzepte sind zu besonders günstigen Sätzen unterzubringen. Oft besorgen die Remboursbanken selbst die Unterbringung der Akzepte für die Verkäufer und stellen ihnen den Erlös zur Verfügung. Diese Diskontierung ist aber nicht mehr ein Teil des für den Käufer getätigten Remboursgeschäfts, sondern beruht auf einem besonderen Auftrag des Verkäufers und geschieht für diesen. Denn im Unterschied zum Währungsbarkredit (Rdn. 6/1 ff.) gehört beim Rembours zu den Aufgaben der kreditgewährenden Bank (Remboursbank) nicht die Beschaffung der baren Mittel, sondern nur die Akzeptleistung (d.h. Kreditleihe). 5/9 Durch die Diskontierung des Akzeptes erhält der Verkäufer die Möglichkeit,

sofort in den Besitz des Warengegenwerts zu kommen. Der Käufer nimmt (unmittelbar oder über seine Hausbank) bis zur Wechselfälligkeit den Akzeptkredit der Remboursbank in Anspruch, wodurch er die erforderliche Zeit zum Weiterverkauf der Ware erhält. Bei Wechselfälligkeit löst die Remboursbank ihr Akzept mit dem vom Käufer oder dessen Hausbank rechtzeitig anzuschaffenden Gegenwert ein. Werden Rembourskredite zur Finanzierung von Außenhandelsgeschäften verwendet, muss von vornherein abgesprochen werden, wer welche Zinsen und Kosten trägt. Ist nichts vereinbart, trägt der Käufer die Akzeptprovision, und der Verkäufer zahlt – wenn er dann den ihm ausgehändigten Wechsel diskontieren lässt – die Diskontzinsen. Wenn gewollt ist, dass der Käufer, der ja derjenige ist, der den Kredit benötigt, alle Kosten, die Akzeptprovision und auch die Diskontzinsen zahlt, muss das klar vereinbart werden. In der Außenhandelspraxis tritt der Rembours in folgenden Formen auf:

14 Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. § 365 Rdn. 261 ff.; Kümpel Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 7.253; Lwowski/Wunderlich in: Bankrechts-Handbuch, § 75 Rdn. 48 ff.; Derleder/ Knops/Bamberger Handbuch, § 22 Rdn. 42.

348

III. Rembourskredit

A.

Fünfter Abschnitt

Rembours ohne Akkreditiv

Hier sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden:

1.

5/10

Tratte des Verkäufers

Der Verkäufer zieht eine Tratte auf die Remboursbank, die ihrerseits einer Bank im Lande des Käufers eine Rembourslinie eingeräumt hat, bis zu deren Höhe sie bereit ist, nach Maßgabe jeweils erteilter Einzelaufträge für Rechnung der Bank des Käufers Ziehungen von Verkäufern zu akzeptieren. Der Verkäufer sendet die Tratte zusammen mit den Dokumenten an die Remboursbank. Die Remboursbank prüft die Dokumente, akzeptiert die Tratte, sendet die Dokumente an die Bank im Lande des Käufers weiter und händigt dem Verkäufer das Akzept aus oder besorgt in seinem Auftrag selbst die Diskontierung. Bei Fälligkeit des Wechsels zahlt die Remboursbank an den legitimierten Wechselinhaber und erholt sich im Rahmen des Remboursabkommens bei der Bank im Lande des Käufers, deren Rembourslinie bei dem Geschäft in Anspruch genommen worden war, der so genannten Remboursstelle, diese Bank erholt sich in Höhe des Wechselbetrages bei dem Käufer. Dabei ist in der Praxis die zeitliche Reihenfolge umgekehrt, d.h. der Käufer muss an die zwischengeschaltete Bank so rechtzeitig Zahlung leisten, dass diese ihrerseits je nach Vereinbarung mit der Remboursbank dieser den Betrag ein bis zwei Tage vor der Wechselfälligkeit anschaffen kann.15 In diesem Fall besteht zwischen dem Käufer und seiner Bank ein Geschäftsbesor- 5/11 gungsvertrag,16 aufgrund dessen diese Bank dem Käufer eine Rembourslinie zur Benutzung durch den Verkäufer zur Verfügung stellt. Damit verbunden ist ein Kreditvertrag, der entweder einen Blankokredit vorsieht oder festlegt, in welcher Form die Bank aus dem Importgeschäft oder anderweitig eine Sicherheit dafür erhält, dass der Käufer ihr rechtzeitig vor Fälligkeit des Akzepts den Wechselbetrag anschafft; ein Geschäftsbesorgungsvertrag mit Kreditgewährung liegt auch zwischen der Bank des Käufers und der Remboursbank vor. Zwischen der Bank des Käufers und dem Verkäufer ist dagegen ein Vertragsverhältnis nicht gegeben; die Zurverfügungstellung der Rembourslinie gegen Präsentation der Dokumente erfolgt aufgrund des Vertrags mit dem Käufer. Schließlich besteht ein wechselrechtliches Verhältnis zwischen der Remboursbank und dem Verkäufer, im Rahmen dessen der Verkäufer als Wechselaussteller und die Remboursbank als Bezogene und später als Akzeptantin fungieren; schuldrechtliche Beziehungen liegen zwischen Remboursbank und Verkäufer nicht vor.

15 S. hierzu: von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 39; BGH WM 1960, 601 sowie die Besprechung in ZKredW 1960, 856. 16 Lwowski/Wunderlich in: Bankrechts-Handbuch, § 75 Rdn. 49.

349

Fünfter Abschnitt

2.

Sicht- und Zieltratten im Dokumentengeschäft

Tratte des Käufers

5/12 Eine zweite Möglichkeit besteht darin, dass nicht der Verkäufer, sondern der Käu-

fer eine Tratte auf die Remboursbank zieht und diese durch Vermittlung seiner Hausbank gleichzeitig beauftragt, das Akzept oder den Diskonterlös dem Verkäufer Zug um Zug gegen Einreichung der Dokumente auszuhändigen. Er kann auch – über seine Hausbank – mit der Remboursbank vereinbaren, dass diese das Akzept bzw. den Diskonterlös einer Bank seiner Wahl zuleitet, damit diese dann die Abwicklung des Geschäfts mit dem Verkäufer vornimmt. Dieses Geschäft entspricht genau dem vorgenannten mit dem einzigen Unterschied, dass nicht der Verkäufer, sondern der Käufer die Rembourslinie seiner zwischengeschalteten Hausbank bei der Remboursbank durch Wechselziehung in Anspruch nimmt und in die noch zu erörternde Ausstellerhaftung aus dem Wechsel eintritt (Rdn. 5/17 ff.). Die Kreditverhältnisse zwischen Käufer und zwischengeschalteter Bank einerseits und dieser und der Remboursbank andererseits bleiben dabei die gleichen wie oben. 5/13 Es kann aber auch sein, dass die ausländische Remboursbank einem Käufer ohne

Zwischenschaltung einer Bank eine Rembourslinie direkt einräumt. Wird in diesem Falle noch eine Bank im Lande des Verkäufers in das Geschäft eingeschaltet, hat diese aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrages mit dem Verkäufer lediglich die Aufgabe, die Transportdokumente je nach dem ihr erteilten Auftrag der Remboursbank Zug um Zug gegen Hereinnahme des Akzepts oder des Diskonterlöses auszuhändigen, also für den Verkäufer die Abwicklung des Geschäfts zu besorgen. Meist wird auftragsgemäß so verfahren, dass von dem vollen Satz der Dokumente ein Drittel an die Remboursbank und zwei Drittel an den Käufer oder dessen Hausbank versandt werden.

B.

Rembours mit Akkreditiv

5/14 Heute kommt der Rembourskredit – wenn überhaupt – in der Regel nur noch im

Zusammenhang mit einem Akkreditiv vor.17 Der Käufer hat zugunsten des Verkäufers durch seine Bank ein unwiderrufliches Akkreditiv eröffnen lassen, auf dessen Grundlage der Verkäufer bei der benannten Bank zusammen mit den Dokumenten eine auf die Remboursbank gezogene Tratte einreicht und deren Akzept ausgehändigt oder den Gegenwert als Diskonterlös sofort ausgezahlt erhält; die Remboursbank akzeptiert die Tratte im Rahmen der Rembourslinie der Akkreditivbank und lässt sich von dieser den Wechselbetrag kurz vor Fälligkeit zu Lasten des Käufers anschaffen.

17 von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 39; Peters in: Bankrechts-Handbuch, § 65 Rdn. 21 ff.; Derleder/Knops/Bamberger Handbuch, § 22 Rdn. 42.

350

IV. Bankers’ Acceptances

Fünfter Abschnitt

In der Praxis ungewöhnlich, aber denkbar wäre auch, dass der Verkäufer mit der benannten Bank nur die glatte Akkreditivabwicklung bei Sicht durchführt, während die Akkreditivbank (oder der Käufer selbst) im Rahmen der Rembourslinie eine Tratte auf die Remboursbank zieht und von dieser akzeptieren lässt; mittels Verkauf des Akzeptes finanziert die Remboursbank ihre durch Zahlung an den Begünstigten entstandenen Aufwendungen. Die Akkreditivbank fordert den Wechselbetrag rechtzeitig vor Fälligkeit bei dem Käufer an und leitet ihn an die Remboursbank weiter, die damit den ihr bei Fälligkeit präsentierten Rembourswechsel einlöst. Zweckmäßigerweise vermerkt man in beiden Fällen auf dem Wechsel in der linken oberen Ecke, unter welchem Akkreditiv er gezogen ist. Der Vermerk muss aber so angebracht werden, dass deutlich wird, dass er nur der Orientierung dienen und nicht zum Wechselinhalt werden soll; er kann dann auch nicht etwa zur Unwirksamkeit des Wechsels führen.18 Von dem Eröffnungsschreiben des Akkreditivs, zu welchem die Remboursbank 5/15 ihr Akzept zugesagt hat, erhält diese in der Praxis die Remboursermächtigung per S. W. I. F. T., damit sie genau weiß, unter welchen Bedingungen sie ihr Akzept leisten soll. Die Verpflichtung der Remboursbank aus ihrem Akzept lässt die Akkreditivverpflichtung der Akkreditiv- (und eventuell Bestätigungs-) Bank gegenüber dem Verkäufer grundsätzlich unberührt, da das Remboursakzept von der Akkreditivbank nicht an Zahlungs statt, sondern zahlungshalber zur Verfügung gestellt wird. Löst die Remboursbank – etwa wegen Zahlungsunfähigkeit oder Transferschwierigkeiten – den Wechsel bei Fälligkeit nicht ein, kann der vom Wechselinhaber als Aussteller auf Bezahlung des Wechsels in Anspruch genommene Verkäufer seinerseits von der Akkreditiv- (und eventuell Bestätigungs-)Bank Zahlung aus dem Akkreditiv beanspruchen.19

IV. Bankers’ Acceptances Bei Bankers’ Acceptances handelt es sich um eine Finanzierungsform aus dem US- 5/16 amerikanischen Raum.20 Hierbei akzeptiert oder diskontiert eine amerikanische Bank einen Wechsel, dem ein Warengeschäft zugrunde liegt und der von einem

18 BGH WM 1960, 374, hierzu Reinicke DB 1960, 344; allgemein zu Zusätzen, die einen Wechsel nichtig werden lassen: Baumbach/Hefermehl/Casper Wechselgesetz und Scheckgesetz, WG Art. 1 Rdn. 8. 19 Dieser Fall ist trotz Ähnlichkeit des Sachverhalts rechtlich von dem unter Rdn. 2/385 behandelten Tatbestand eines Akkreditivs gegen Akzept zu unterscheiden: Beim Rembours verpflichtet sich die Akkreditivbank zur Zahlung; das Akzept der Remboursbank wird nur zahlungshalber zur Verfügung gestellt. Beim Akkreditiv gegen Akzept verpflichtet die Bank sich nicht zur Zahlung, sondern nur zur Einholung des Akzepts, für dessen spätere Einlösung sie allerdings nach Art. 7a i. a) ERA haftet. 20 von Bernstorff RIW 1985, 765, 766; ders. Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 40 f.; Welter in: Bankrechts-Handbuch, § 66 Rdn. 28.

351

Fünfter Abschnitt

Sicht- und Zieltratten im Dokumentengeschäft

ausstellenden Unternehmen oder einer Bank auf sie gezogen ist. Bewirkt wird hierbei, dass das ausstellende Unternehmen über den Diskonterlös verfügen, die akzeptierende Bank sich durch Weitergabe des Wechsels, dessen Laufzeit auf 180 Tage begrenzt ist, refinanzieren kann. Während für US-Banken angesichts des Sekundärmarkts diese Finanzierungsform recht attraktiv ist, ist diese Form für deutsche Unternehmen nur dann als sinnvoll einzustufen, wenn die Zinssätze für Bankers‘ Acceptances merklich günstiger sind als diejenigen für eine laufzeitgleiche Euromittelfinanzierung.21

V.

Wechselmäßige Haftung/Ausstellerhaftung und Girantenhaftung

5/17 Nach Wechselrecht haftet dem Inhaber neben dem Akzeptanten (Art. 28 WG) auch

der Aussteller auf Zahlung aus dem Wechsel (Art. 9 WG). Bei Rembourskrediten stellt zumeist der Verkäufer den Wechsel aus und reicht ihn zusammen mit den Dokumenten über die Akkreditivbank oder direkt bei der Remboursbank ein. Dies entspricht dem normalen Ablauf bei der Wechselbegebung, da der Wechsel eine Zahlungsanweisung des Gläubigers an den Schuldner ist. Der Käufer fungiert als Aussteller nur, wenn ihm selbst ein Akzeptkredit bei der Remboursbank eingeräumt worden ist und er diesen unmittelbar in Anspruch nehmen will (also ein echter Rembours eigentlich nicht mehr vorliegt)22 oder wenn es der Verkäufer ablehnt, den Wechsel, der im Rahmen der Rembourslinie der Bank des Käufers von der Remboursbank akzeptiert werden soll, selbst auszustellen. Dass eine Bank (praktisch kommt dafür nur eine Akkreditivbank unter einem unwiderruflichen Akkreditiv in Betracht) den Wechsel auf die Remboursbank zieht, ist selten, weil die Zurverfügungstellung der Rembourslinie durch diese Bank noch nicht besagt, dass sie auch als Wechselausstellerin fungieren soll. 5/18 Nun ist es dem Verkäufer verständlicherweise unerwünscht, aus dem Wechsel

noch bis zur endgültigen Bezahlung durch den Bezogenen als Aussteller zu haften; dies gilt insbesondere dann, wenn der Rembours – wie in aller Regel – mit dem Akkreditiv verbunden ist, dessen Sinn ja gerade darin besteht, dem Verkäufer die Gewissheit für die tatsächliche endgültige Bezahlung des Kaufpreises zu verschaffen. Der Verkäufer denkt bei seinem Wunsch, keine Ausstellerhaftung für den Wechsel zu übernehmen, weniger an die Möglichkeit, dass der Wechsel von der bezogenen Bank nicht eingelöst wird, als vielmehr an Schwierigkeiten anderer Art, z.B. Währungsschwankungen, Änderungen der Devisenvorschriften, Embargos oder an ähnliche Ereignisse (möglicherweise auch an Krieg). Mit dem wirtschaftlichen Motiv für ein unwiderrufliches, vielleicht außerdem bestätigtes

21 Hierzu Rdn. 6/6. 22 KG BB 1954, 671 m. Anm. Keutner ZKredW 1955, 418; Würdinger BB 1954, 325. S.a. Kümpel Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 7.256.

352

V. Wechselmäßige Haftung/Ausstellerhaftung und Girantenhaftung

Fünfter Abschnitt

Akkreditiv verträgt es sich schlecht, wenn der Verkäufer, der die Tratte bei Einreichung der Dokumente an die aufnehmende Bank verkauft hat, noch bis zur Wechselfälligkeit der Gefahr eines Wechselrückgriffs (Art. 43 WG) ausgesetzt bliebe. Aus dem genannten Grund haben Verkäufer oft das Bestreben, dass die Bank, welche die von ihnen ausgestellten Wechsel aufnimmt, diese unter Ausschluss der Haftung des Ausstellers für die Zahlung negoziiert. Ist dies – soweit gesetzlich zulässig – vereinbart, wird der Ausschluss der Ausstellerhaftung dadurch formell zum Ausdruck gebracht, dass der Aussteller über seinen Namen die Klausel without recourse (ohne Regress; franz.: sans recours) setzt. Allerdings lehnen zahlreiche Banken, vor allem in New York und London, es regelmäßig ab, Wechsel, welche die Klausel „without recourse“ über dem Namen des Ausstellers enthalten, zu akzeptieren.23 Ferner wird die Verwendung der Klausel „without recourse“ auf dem Wechsel von 5/19 der Internationalen Handelskammer ausdrücklich missbilligt.24 Es empfiehlt sich daher, bei der Diskontierung solcher Wechsel außerhalb des Wechseltextes stets eine vorherige ausdrückliche Vereinbarung über den Ausschluss des Wechselrückgriffs zwischen Verkäufer (Aussteller) und diskontierender Bank zu treffen. In Deutschland gilt nach Art. 9 Abs. 2 WG eine Klausel, welche die Haftung des Wechselausstellers für die Zahlung aus dem Wechsel ausschließt, als nicht geschrieben. Der Aussteller kann nur seine Haftung für die Annahme des Wechsels durch den Bezogenen und – sofern nach Akzeptleistung der Wechsel auf ihn indossiert wird, was aber praktisch kaum vorkommt, weil der Wechsel schon vor Akzeptleistung negoziiert wird – seine Girantenhaftung ausschließen (Art. 15 Abs. 1 WG), nicht aber die Ausstellerhaftung für die Zahlung. Dort, wo sich die Ausstellerhaftung des Verkäufers wechselrechtlich nicht aus- 5/20 schließen lässt, weil die Remboursbank die Akzeptleistung auf einem Wechsel mit „without recourse“-Vermerk verweigert oder der Wechsel in Deutschland oder einem anderen Lande ausgestellt ist, das den Ausschluss der Ausstellerhaftung für die Zahlung nicht zulässt, bemüht man sich, sofern der Rembours mit einem Akkreditiv verbunden ist, dem Verkäufer dadurch zu helfen, dass die Akkreditivbank das Akkreditiv unter Beifügung der Klausel „without recourse“ eröffnet (sog. irrevocable without recourse credit), sich also verpflichtet, von einem Rückgriff auf den Verkäufer als Wechselaussteller abzusehen.25 Es muss hier aus-

23 von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 73. Vgl. ferner aus dem Schreiben einer bekannten New Yorker Remboursbank: „. . . Ass you probably know drafts drawn and/or endorses without recourse are not eligible for rediscount at the Federal Reserve Bank and consequently cannot be sold in the market. Moreover the existence of an acceptance drawn or endorsed without recourse (which always becomes known one way or another) creates, even if it is an exception, a detrimental impression on the standing of the bank who accepted it. For these two reasons we always decline to accept drafts so drawn or so endorsed.“ 24 Opinions (1980–1981) of the ICC Banking Commission, R 66. 25 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/223; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 489.

353

Fünfter Abschnitt

Sicht- und Zieltratten im Dokumentengeschäft

drücklich darauf hingewiesen werden, dass die Internationale Handelskammer die erwähnten Formulierungen mit Recht missbilligt. Stattdessen ist zu empfehlen, dass der Wechselrückgriff einer negoziierenden Bank bei einem durch sie bestätigten Akkreditiv ausgeschlossen wird, bei einem unbestätigten dagegen bestehen bleibt. 5/21 Negoziiert eine der beiden Banken den Wechsel und begründet damit für sich die

Girantenhaftung, wird sich im Fall der Nichteinlösung der Wechselinhaber allerdings praktisch immer an die Bank und nicht an den Verkäufer halten, so dass dessen Ausstellerhaftung keine Rolle mehr spielt, der in Anspruch genommenen Bank ist der weitere Rückgriff auf den Verkäufer wegen der genannten Klausel (zwar nicht wechselrechtlich, aber) aus dem Negoziierungsvertrag versagt. Nimmt der Wechselinhaber aber doch den Aussteller in Anspruch, kann dieser den Ausschluss der Ausstellerhaftung nur dann geltend machen, wenn die Klausel „without recourse“ Bestandteil sämtlicher Negoziierungsverträge bis zum gegenwärtigen Wechselinhaber geworden ist, also auch für diesen die schuldrechtliche – nicht wechselrechtliche – Verpflichtung begründet, den Regress auf den Aussteller zu unterlassen. Im Wechselprozess kann sich der Aussteller darauf nur dann berufen, wenn die Verpflichtung des Wechselinhabers, den Aussteller nicht in Anspruch zu nehmen, entweder unstreitig ist oder durch Urkunden, z.B. Vorlage der Negoziierungsverträge, einwandfrei bewiesen werden kann; sonst bleibt dem Aussteller nur übrig, seine Einwendungen im Nachverfahren – einem normalen Zivilprozess – geltend zu machen (§§ 599 ff. ZPO). 5/22 Ist der Rembours nicht mit einem Akkreditiv verbunden, lässt sich der gleiche

Schutz des Verkäufers dadurch erreichen, dass die ihre Rembourslinie zur Verfügung stellende Bank des Käufers dem Verkäufer in dem Vertrag, in welchem sie ihn zur Ziehung von Tratten ermächtigt, zusagt, dass sie die Tratten without recourse ankaufen werde, und die den Rembours vermittelnde Bank im Lande des Verkäufers sich dem anschließt. Im übrigen stellt sich das hier erörterte Problem der Abbedingung der Ausstellerhaftung bei Ziehungen without recourse praktisch selten, da immer mindestens zwei Banken, die Remboursbank und die diskontierende Bank zwischen dem Wechselinhaber und dem Aussteller stehen; beide Banken sind nach Art. 7a und 8a ERA gehalten, den Wechsel bei Verfall einzulösen. Falls der Verkäufer von dem Wechselinhaber trotzdem aus seiner Ausstellerhaftung in Anspruch genommen werden sollte, kann er von der eröffnenden oder der bestätigenden Bank Freistellung oder Aufwendungsersatz verlangen. A.

Regresse aus dem Dokumentengeschäft

5/23 Sollen die erwähnten rechtlichen oder praktischen Möglichkeiten des Ausschlus-

ses der Ausstellerhaftung einerseits den Verkäufer dagegen schützen, nach Einreichung akkreditivkonformer Dokumente bei Wechselfälligkeit dem Rückgriff des Wechselinhabers ausgesetzt zu sein, können sie andererseits nicht den Zweck ver-

354

V. Wechselmäßige Haftung/Ausstellerhaftung und Girantenhaftung

Fünfter Abschnitt

folgen, den Verkäufer auch dann dem Rückgriff zu entziehen, wenn sich die von ihm eingereichten Dokumente nachträglich als nicht akkreditivgerecht erweisen. Die Klausel „without recourse“ schließt nur den Rückgriff der Akkreditivbank wegen Zahlungsunfähigkeit des Akzeptanten aus, nicht aber den Rückgriff aus anderen Rechtsgründen.26 Der Rembours ist wie das normale Akkreditiv und Inkasso ein Dokumenten- 5/24 geschäft, bei dem nur an die Stelle der Barzahlung die Begebung eines Bankakzepts tritt. Damit stehen dem Käufer und der Bank, die dem Verkäufer Zug um Zug gegen Einreichung der im Akkreditiv geforderten Dokumente ihr Akzept gibt, unbeschadet des Ausschlusses der wechselrechtlichen Ausstellerhaftung Rückforderungsansprüche gegen den Verkäufer zu, falls dieser hinsichtlich der eingereichten Dokumente seine Vertragspflichten nicht erfüllt hat; das Gleiche gilt für eine dritte Bank, die das Akzept diskontiert oder die Tratte vor Akzeptierung negoziiert. Negoziiert also die Bank, welche die Dokumente aufnimmt, die beigefügte Tratte, weil sie die Fehlerhaftigkeit der Dokumente nicht sofort erkannt hat, und weist anschließend der Käufer die Aufnahme der Dokumente unter Hinweis auf tatsächlich bestehende Mängel zurück, kann die Bank den ausgezahlten Diskonterlös vom Verkäufer gemäß § 812 BGB zurückfordern; sie kann ihre Erklärung, die Dokumente als akkreditivgerecht anzunehmen, wegen Irrtums anfechten (Rdn. 2/347). Dabei ist es belanglos, ob die Tratte vom Aussteller mit der Klausel „without recourse“ versehen war oder nicht. Die Bank sendet dem Verkäufer mit ihrer Anfechtungserklärung die Dokumente und die Tratte – sofern sie letztere nach Akzeptleistung durch die Remboursbank in ihr eigenes Portefeuille genommen hat – Zug um Zug gegen Rückzahlung des Diskonterlöses zurück. Kann sie ihm die Tratte nicht geben, weil sie sie selbst weiterverkauft hat, kann die Bank ihn erst dann in Anspruch nehmen, wenn die Remboursbank zu ihren Lasten den Wechsel eingelöst und ihn ihr zur Verfügung gestellt hat oder wenn – was sehr selten sein dürfte – die Remboursbank die Einlösung bei Fälligkeit verweigert und der legitimierte Wechselinhaber im Regressweg auf sie (die indossierende Bank) zurückgreift. Die Bank setzt dann den Rückgriff auf den Verkäufer als Wechselaussteller fort. Der aufgezeigte Zusammenhang des Wechselgeschäfts mit dem Dokumenten- 5/25 geschäft hat die Auswirkung, dass Mängel an den Dokumenten zur Rückforderung der an den Begünstigten ausgekehrten Negoziierungsbeträge führen können. Die Abhängigkeit des Wechsels vom Dokumentengeschäft wird dann durchbrochen, wenn der Verkäufer gegen die Einreichung der Dokumente die akzeptierte Tratte erhält und das Akzept später an eine beliebige andere Bank verkauft. Der Verkäufer ist der den Wechsel negoziierenden Bank, die mit dem Dokumentengeschäft nicht befasst ist, stets wechselrechtlich haftbar, sofern er nicht auf dem Wechsel seine Ausstellerhaftung rechtswirksam ausgeschlossen hat.

26

Nielsen in: FS Werner, S. 574, 587.

355

Sechster Abschnitt Weitere Finanzierungsformen im Außenhandel im Überblick I.

Fremdwährungskredite

Bereits oben (Rdn. 2/455 ff.) wurde dargelegt, wie sich das dokumentäre Zah- 6/1 lungsgeschäft in eine Anschlussfinanzierung überleiten lässt, indem die vom Käufer mit der Aufnahme der Dokumente beauftragte Bank den Dokumentengegenwert bevorschusst und ihn dem Käufer bis zum Eingang der Zahlung (oder der Wechsel) aus dem Weiterverkauf der Ware kreditiert.1 Wenn der inländische Käufer die georderte Ware in ausländischer Währung zu bezahlen hat, lässt sich die Verbindung zwischen Dokumenteneinlösung und Anschlussfinanzierung auch herstellen, indem der Käufer den Kredit nicht in Euro bei einer Bank im eigenen Lande, sondern – eventuell im Ausland – in Fremdwährung aufnimmt.2 Eine Bank gibt Kredite in der Währung, die ihr zur Verfügung steht; sie kann dem Kunden das Kursrisiko nicht für eigene Rechnung abnehmen. Ein Interesse des Käufers, statt des Euro-Kredits im Inland einen Währungskredit zu suchen, ist in erster Linie dann gegeben, wenn er letztendlich in Fremdwährung bezahlen muss und in der betreffenden Währung zum Ausland hin ein Kursrisiko oder ein Zins- und Diskontgefälle besteht bzw. die Kreditkosten im Ausland geringer sind als im eigenen Lande. Die Möglichkeit, Fremdwährungskredite im Ausland direkt aufnehmen, 6/2 kommt in erster Linie für international tätige Firmen in Betracht. Der Käufer wird sich bei Inanspruchnahme von Fremdwährungskrediten daher in der Regel an seine Hausbank wenden, die ihrerseits entweder eigene Mittel zur Beschaffung des Fremdwährungskredits einsetzt oder die ihr von ausländischen Korrespondenzbanken zur Verfügung gestellten Fremdwährungskreditlinien in Anspruch nimmt und sie unter ihrer Haftung gegen eine Zinsmarge für den Käufer benutzt. Die Zinsen orientieren sich jeweils an dem Markt der in Betracht kommenden Währung. In die Kalkulation sind die Kosten für eine Kurssicherung zu berück-

1 S. hierzu a. von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 47 f. 2 Zur Problematik der Fremdwährungsverbindlichkeiten vgl. Schefold in: BankrechtsHandbuch, § 116 Rdn. 386 ff.; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/945 ff. Zur Aufhebung des § 3 WährG und zu Wertsicherungsklauseln nach dem Euro-Einführungsgesetz s. Schmidt-Ränsch NJW 1998, 3166.

357

Sechster Abschnitt

Weitere Finanzierungsformen im Außenhandel im Überblick

sichtigen.3 Eine Kurssicherung ist unumgänglich, weil der Käufer ja nicht in Fremdwährung, sondern in Euro weiterverkauft. 6/3 Noch häufiger als für Käufer kommt die Aufnahme eines Fremdwährungskredits

für Verkäufer in Betracht, die in Fremdwährung abgeschlossen haben. Dies gilt insbesondere dann, wenn (z.B. beim Bau größerer Anlagen) die Fremdwährungszahlungen zu längerfristigen Terminen eingehen, die im Devisenterminmarkt nicht mehr unterzubringen sind. Dann nimmt der Verkäufer entweder direkt oder über seine Hausbank oder durch deren Vermittlung einen Fremdwährungskredit auf, konvertiert die Fremdwährung sofort in Euro und legt die Euro jeweils bis zu den Fälligkeitsterminen des Fremdwährungskredits gegebenenfalls als Euro-Festgeld an. Die Differenz zwischen den Zinsen, die der Fremdwährungskredit kostet, und den Zinsen, die für das Euro-Festgeld erzielt werden, sind die Kosten für die Kurssicherung. Mit den jeweils fälligen, vom Käufer gezahlten Fremdwährungsraten deckt der deutsche Verkäufer den Fremdwährungskredit ab; die gestaffelt zurückfließenden Euro-Festgelder vereinnahmt er dann statt der Fremdwährungsraten auf ein Erlöskonto in Euro. Auf diese Weise fließen ihm die langfristig fälligen Fremdwährungsbeträge ohne Kursschwankungen zum Kurs zurzeit der Aufnahme des Fremdwährungskredits zu. Er will nicht in Währung spekulieren, sondern am Verkauf seiner Produkte verdienen. 6/4 Hinsichtlich der Einräumung von Fremdwährungskrediten an die Kundschaft

wird die Bank drei voneinander unabhängige Überlegungen anstellen: Zunächst prüft sie, ob ihr in der vom Käufer benötigten Währung überhaupt eine Linie zur Verfügung steht. Insoweit ist die Bank abhängig von der Einstellung ihrer ausländischen Korrespondenzbanken. Für deren Überlegungen wiederum sind die vielfältigsten Gesichtspunkte maßgebend, die sich im Einzelnen keineswegs vollständig übersehen und in starre Regeln fassen lassen. In jedem Falle wird aber bei der Einräumung von Linien an ausländische Banken in Betracht gezogen: politische Stabilität, Konjunkturlage, Transferzuverlässigkeit, devisenrechtliche Regelung in beiden Ländern, Bonität und Standing der um eine Linie nachsuchenden Bank sowie frühere Erfahrungen; schließlich kommt es auch an auf das Gesamtengagement der die Linie gewährenden Bank in Auslandskrediten sowie die Gesamtsumme der Vorschüsse an Banken im Lande derjenigen Bank, welche die Linie beanspruchen will (Länderrisiko). In zweiter Linie hat die Bank des Käufers ihrerseits zu prüfen, inwieweit sie die ihr in der benötigten Währung bei ihren Korrespondenzbanken zur Verfügung stehenden Linien in Anspruch nehmen will. Da sie dies unter allen Umständen nur dann tun soll und will, wenn die korrekte Abdeckung in Fremdwährung bei Fälligkeit unzweifelhaft sichergestellt ist, wird sie über den einzelnen Kreditfall hinausgehende Erwägungen allgemeiner Art anstellen. Sie muss ohne Rücksicht auf die Bonität der um Kredit nachsuchenden Käufer, d.h. auf die Sicherheit der

3 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/954.

358

II. Eurokredite

Sechster Abschnitt

einzelnen Engagements, sich selbst einen Rahmen für die Gesamthöhe ihrer Währungsverbindlichkeiten (Auslandsverschuldung) und darüber hinaus noch eine Grenze für die einzelnen Währungen oder Währungsgruppen setzen, wobei es auch noch einen Unterschied macht, in welchem Lande die Währungslinie in Anspruch genommen ist. Fast jede Bank hat intern sog. Länderlimite. An dritter Stelle muss die Bank schließlich die Kreditwürdigkeit des einzelnen Käufers eingehend untersuchen. Bei dieser Kreditprüfung werden im Rahmen der allgemeinen kreditgeschäftlichen Überlegungen üblicherweise besonders strenge Maßstäbe angelegt, auf die hier nicht weiter eingegangen zu werden braucht. Am günstigsten ist die Situation dann, wenn es sich bei dem kreditnehmenden Käufer um eine Firma handelt, bei der die Fähigkeit zur Abdeckung des Engagements auf alle Fälle auch ohne Durchführung des speziellen Importgeschäfts gewährleistet erscheint, die also zur Rückzahlung nicht unbedingt auf den Erlös aus dem Weiterverkauf der importierten Ware angewiesen ist. Der Fremdwährungskredit ist nicht immer – wie der Wechsel – an starre Laufzei- 6/5 ten (z.B. 90 Tage) gebunden, sondern kann mit seinen Fristen genau dem zeitlichen Bedarf für das Einzelgeschäft angepasst werden. Der Käufer zahlt dann die Kosten nur für die effektive Inanspruchnahme, während bei dem oben erörterten Rembourskredit (Rdn. 5/7 ff.) die Laufzeit des Wechsels und damit die Diskontspesen feststehen und – auch bei früherem Geldrücklauf – nicht verringert werden können. Die Zinsen für den Fremdwährungsbarkredit trägt der Käufer, während beim Rembourskredit der Käufer neben den Spesen seiner Bank nur die Akzeptprovision übernimmt, der Diskont (also die Zinsen) aber vom Verkäufer getragen wird. In der Praxis trägt unabhängig von der rechtlichen Konstruktion des Zahlungsmodus durchweg der Käufer in beiden Fällen die ganze Zinslast, da er es ist, der die Finanzierung benötigt. Bei Fremdwährungskrediten ist im Übrigen danach zu differenzieren, ob der Schuldner auch zur Rückzahlung in heimischer Währung berechtigt ist – dann handelt es sich um eine einfache Fremdwährungsschuld oder unechte Valutaschuld – oder nicht. In letzterem Fall liegt eine echte Fremdwährungsschuld oder effektive Fremdwährungsschuld vor. Diese entstehen aufgrund der Vereinbarung einer sog. Effektivklausel.4

II. Eurokredite Zum Passivgeschäft der Banken im Rahmen des Auslandsgeschäfts gehören in 6/6 Europa Euroverträge oder Eurokredite, bei denen es sich auch bei Fehlen einer Effektivklausel um effektive Fremdwährungsschulden handelt.5 Sie stellen eine

4 § 244 BGB. MüKo-Martiny BGB, nach Art. 34 Anh. I Rdn. 18; Palandt/Heinrichs BGB §§ 244, 245 Rdn. 22. 5 Schefold in: Bankrechts-Handbuch, § 116 Rdn. 400; MüKo-Martiny BGB, nach Art. 34 Anh. I Rdn. 29; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/956; ferner Staudinger/Karsten Schmidt BGB § 244 Rdn. 37 ff.

359

Sechster Abschnitt

Weitere Finanzierungsformen im Außenhandel im Überblick

wichtige Refinanzierungsform dar.6 Das hatte seinen Grund zunächst in den rasch wachsenden, Anlage suchenden Devisenüberschüssen aus dem Export und in der Konzentration von großen (ihrer Herkunft nach nicht immer bestimmbaren) US$-Guthaben in Europa7; einen weiteren Anstoß lieferten vermutete Auf- und Abwertungsgefahren für verschiedene Währungen, die verstärkt zur Absicherung von Handelsengagements in Fremdwährung durch Verschuldung in der gleichen Währung führten. Im Zuge der wirtschaftlichen Verschmelzung Europas hat sich der Eurodollarmarkt zu einem großen echten internationalen Geldmarkt entwickelt, innerhalb dessen die Geldströme über die Grenzen der einzelnen Währungsbereiche hinweg zunehmend und in immer weiteren Bereichen dem Gesetz von Angebot und Nachfrage folgen. 6/7 Seit Mitte der achtziger Jahre lassen sich im übrigen weitere Veränderungen des

Auslandskreditgeschäfts feststellen. Deregulierung, Securitisation und Globalisierung sind die Schlagworte, mit denen die zunehmende Öffnung der internationalen Märkte charakterisiert werden kann.8 Der damit einhergehende Wettbewerbsdruck ließ die Anforderungen an das Management der Zinsrisiken steigen und führte zur Entwicklung bedeutsamer Finanzinnovationen.

III. Einsatz von Finanzinstrumenten 6/8 Die Entwicklung der Finanzinnovationen zeichnet sich durch ihre Vielfältig-

keit aus. Als wichtige Finanzierungsinstrumente, die auf der Grundlage von Wertpapieren entwickelt werden, können insbesondere Euro-Notes, Euro Commercial Papers, Certificates of Deposit, Floating Rate Notes genannt werden.9 Zweck dieser Instrumente im Rahmen von Außenhandelsfinanzierungen ist es, die typischen Risiken des traditionellen Eurokredits, nämlich die Bonitäts-, Liquiditäts-, Zinsänderungs- und Kursrisiken, auf mehrere Adressaten zu verteilen. Bei den Euro-Notes in den Varianten ruf (revolving underwriting facility), nif (note issuance facility) etc. handelt es sich um kurzfristige Finanztitel, die von staatlichen Schuldnern oder Unternehmen ausgegeben werden und einen mittel- bis langfristigen Kapitalbedarf finanzieren sollen. Um eine vergleichbare Finanzierungsform handelt es sich bei Euro Commercial Papers, die als kurzfristige ausländische Geldmarktpapiere zu charakterisieren sind, die nicht durch ein Bankenkonsortium abgesichert sind. Certificates of Deposits vergeben Banken als Empfangsbescheinigung über eine Einlage, die als Inhaberpapiere handelbar sind. Floating Rate Notes sind langfristige Schuldverschreibungen mit variabler Verzinsung.

6 Hierzu Schefold in: Bankrechts-Handbuch, § 116 Rdn. 400; von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 42 ff.; ders. RIW 1987, 889 ff.; Welter in: Bankrechts-Handbuch, § 118 Rdn. 49 ff.; Hopt/Mülbert Kreditrecht, Vorbem. zu §§ 607 ff. Rdn. 839. 7 Vgl. Einsele Bank- und Kapitalmarktrecht, § 4 Rdn. 58. 8 Hierzu von Bernstorff RIW 1990, 517 ff.; Welter in: Bankrechts-Handbuch, § 118 Rdn. 57 f. 9 von Bernstorff RIW 1990, 517, 518. Hopt/Mülbert Kreditrecht, Vorbem. zu §§ 607 ff. Rdn. 844 f.

360

III. Einsatz von Finanzinstrumenten

Sechster Abschnitt

Diese Finanzierungsformen sind insbesondere für einen Fremdkapitalbedarf eines bestimmten Volumens und für häufig international auftretende Unternehmen von Interesse. Kleinere und mittlere Unternehmen werden hingegen noch auf die traditionellen Finanzierungsmöglichkeiten zurückgreifen. Der Vollständigkeit halber seien an dieser Stelle auch die Entwicklungen zur Absi- 6/9 cherung von Kurs- und Zinsänderungsrisiken wie Swaps, Caps, Floors, Financial Futures, Forward Rate Agreements und Optionen erwähnt. Wegen der Gestaltung und der Zielsetzung dieser Instrumente im einzelnen soll an dieser Stelle auf die einschlägige Literatur verwiesen werden.10 Ebenfalls weite Verbreitung zur Wechselkursabsicherung haben Devisentermingeschäfte gefunden (Rdn. 2/52).

10 von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 339 ff.; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/1072 ff.; Schefold in: Bankrechts-Handbuch, § 116 Rdn. 186 ff.

361

Siebenter Abschnitt Gegenakkreditiv (Back-to-Back Credit) I.

Wirtschaftliche Funktion des Gegenakkreditivs

Gegenakkreditive (back-to-back credits, crédits dos-à-dos)1 dienen der finanziel- 7/1 len und dokumentären Abwicklung des Zwischenhandels. Ein Einkaufs- und ein Verkaufsakkreditiv bilden zusammen einen einheitlichen wirtschaftlichen Vorgang. Der Zwischenhändler kauft ein und lässt zugunsten seines Lieferanten ein Akkreditiv (Einkaufsakkreditiv) eröffnen. Er verkauft die Ware weiter an einen Unterabnehmer, der ihm seinerseits ein Akkreditiv stellt (Verkaufsakkreditiv); dieses bezeichnet man dann als Gegenakkreditiv. Unter dem Einkaufsakkreditiv ist der Zwischenhändler auftraggebender Käufer und seine Bank die eröffnende Stelle; unter dem Verkaufsakkreditiv ist der Zwischenhändler begünstigter Verkäufer und seine Bank, wenn sie nicht auch für den Unterabnehmer als akkreditivstellende Bank tätig wird, auf jeden Fall avisierende oder bestätigende Zahlstelle. Die Dokumente kommen unter dem Einkaufsakkreditiv auf die Bank zu, die sie zu Lasten des Zwischenhändlers einlöst. Anschließend werden sie dann zur Bedienung des Verkaufsakkreditivs verwandt, wodurch dem Zwischenhändler seine Einstandskosten zuzüglich seiner Handelsspanne zufließen. Damit springt sogleich der wirtschaftliche Sinn dieser Konstruktion ins Auge: Das zugunsten des Zwischenhändlers eröffnete und bei seiner Bank zahlbare Verkaufsakkreditiv dient – nur bedingt – als Kreditunterlage für die Eröffnung des Einkaufsakkreditivs.2 Ist nämlich ein Zwischenhändler finanzkräftig genug, das Akkreditiv für den Einkauf aus eigenen Mitteln oder blanko gegen bereits vorhandene, außerhalb des betreffenden Einzelgeschäfts liegende Sicherheiten stellen zu lassen, braucht er kein Gegenakkreditiv, um seine Bank zur Eröffnung des Ein-

1 Die in Deutschland bisher nicht einheitliche Terminologie – so spricht man, obwohl der BGH schon in WM 1964, 223 = BB 1964, 194, ebenfalls den Begriff des Gegenakkreditivs verwendet, z.B. a. vom Unterakkreditiv, Weiterakkreditiv oder Zweitakkreditiv – (Avancini/Iro/ Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/9; Ulrich Rechtsprobleme des Dokumentenakkreditivs, S. 209) scheint sich in jüngster Zeit in dem hier vertretenen Sinn zu festigen. International ist die Bezeichnung „back-to-back“ Credit am Gebräuchlichsten, vgl. Gutteridge/Megrah The Law of Banker’s Commercial Credits, S. 14, 110; Jack Documentary Credits, S. 30 f.; Lombardini Droit et pratique du crédit documentaire, S. 187 ff.; Käser RabelsZ 21 (1956) 73 ff., 96. Ferner Häberle in: Handbuch der Akkreditive, S. 127 f. 2 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/693; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 356; Hinkelmann Internationale Zahlungen, S. 115; Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 96; Avancini/Iro/Koziol Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 4/9; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1042.

363

Siebenter Abschnitt

Gegenakkreditiv (Back-to-Back Credit)

kaufsakkreditivs zu veranlassen. Er kann natürlich aus praktischen Erwägungen das Verkaufsakkreditiv des Unterabnehmers bei seiner (des Zwischenhändlers) Akkreditivbank zahlbar stellen lassen, weil dadurch die Abwicklung beider Akkreditive bei einer Bank konzentriert wird. Auch wenn Hauptakkreditiv und Gegenakkreditiv aus wirtschaftlicher Sicht miteinander verknüpft sind, bzw. sein müssen, so sind sie doch in rechtlicher Hinsicht voneinander völlig unabhängig.3 7/2 Beim echten Gegenakkreditiv nimmt der Zwischenhändler die der Bank für das

Einkaufsakkreditiv zu stellende Sicherheit aus dem Verkaufsakkreditiv. Wirtschaftlich ist die Lage beim back-to-back credit mithin ähnlich wie beim übertragbaren Akkreditiv, wo auch ein Zwischenhändler die Kreditgrundlage für den Einkauf aus dem Akkreditiv des Unterabnehmers nimmt; keinesfalls darf aber die mit einem Gegenakkreditiv verbundene Verfügbarmachung des Zahlungsanspruchs aus einem nicht übertragbaren Akkreditiv als eine Umgehung des Art. 38 ERA, der die Einzelheiten des übertragbaren Akkreditivs regelt, betrachtet werden.4 Für die Wahl der einen oder der anderen Form gelten folgende Überlegungen: Da das Gegenakkreditiv für den Zwischenhändler teurer ist als die Übertragung aus einem übertragbar gestellten Akkreditiv, wird er aus Kostengründen die Sicherstellung seines Zulieferanten in Form der Übertragung aus seinem Verkaufsakkreditiv bevorzugen, wenn die Möglichkeit hierzu besteht. Eine Übertragung wird er auch dann vornehmen, wenn die Währungen und/oder die Dokumente beider Akkreditive übereinstimmen. Ein Gegenakkreditiv wird er hingegen dann verlangen, wenn er sich nicht damit zufrieden geben kann oder will, dass das ihn begünstigende Akkreditiv im Ausland eröffnet wird.5 Für den Grad der Sicherheit des Zulieferanten spielt es jedoch keine Rolle, ob ihm ein Gegenakkreditiv eröffnet oder aus dem Verkaufsakkreditiv eine Übertragung zu seinen Gunsten vorgenommen wird, so dass dem Zulieferanten beide Wege gleich genehm sind. 7/3 Ein übertragbares Akkreditiv erhält der Zwischenhändler nur dann, wenn der

Unterabnehmer auch willens ist, ein übertragbares Verkaufsakkreditiv stellen zu lassen (Rdn. 2/108, 2/198). Falls diese Bereitschaft nicht besteht oder das Hauptakkreditiv zwar übertragbar ausgestaltet worden ist, aber bereits einmal übertragen wurde, so dass eine weitere Übertragung nicht möglich ist (Rdn. 2/204 f.), bleibt dem Zwischenhändler die etwas teurere Möglichkeit, das nicht übertragbare Verkaufsakkreditiv als Gegenakkreditiv für sein Einkaufsakkreditiv zu benutzen. Kommt auch eine derartige Handhabung nicht in Betracht, müsste der Zulieferant sich den Zahlungsanspruch aus dem nicht übertragbaren Verkaufsakkreditiv abtreten lassen (Rdn. 2/216 ff.). Hierdurch erhält er aber keinen eigenen Zahlungsspruch, den er ohne Mitwirkung des Begünstigten des Verkaufsakkreditivs geltend machen kann. Er ist vielmehr darauf angewiesen, dass der

3 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 81. 4 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1043; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. zu § 365 Rdn. 236; Liesecke WM 1976, 258, 261; Wassermann Die Verwertung von Ansprüchen aus Dokumentenakkreditiven, S. 177 f.; Hinkelmann, Internationale Zahlungen, S. 104 f. 5 so auch von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 226.

364

II. Überlegungen der eingeschalteten Banken

Siebenter Abschnitt

Begünstigte des Verkaufsakkreditivs auch durch eine konforme Dokumentenvorlage den abgetretenen Anspruch erst unbedingt entstehen lässt, damit er sich diesen nutzbar machen kann.

II. Überlegungen der eingeschalteten Banken Die Banken lassen sich – wenn überhaupt – auf die Eröffnung von Gegenakkredi- 7/4 tiven möglichst nur unter der Voraussetzung ein, dass sie sich für ihre Zahlungen bei der Bedienung des Einkaufsakkreditivs unmittelbar aus dem Verkaufsakkreditiv erholen können.6 Diese Situation liegt nur dann vor, wenn sich die vom Zulieferanten auf das Einkaufsakkreditiv zu erwartenden Dokumente unmittelbar zur Inanspruchnahme des Verkaufsakkreditivs eignen, der Zwischenhändler also nicht noch zusätzlich selbst tätig werden, insbesondere noch für den Umtausch von Dokumenten sorgen muss.7 Am Vorteilhaftesten ist es für die Bank, wenn zwischen den beiden Akkreditiven eine so einwandfreie Übereinstimmung besteht, dass der/die Zulieferant(en) die gesamten Dokumente auf das Einkaufsakkreditiv bereits in der im Verkaufsakkreditiv vorgeschriebenen Beschaffenheit und Form anliefern muss/müssen. Sofern in diesem Fall die Bank die genaue Warenbezeichnung wörtlich aus dem Einkaufsakkreditiv in das Gegenakkreditiv übernommen und außerdem den Abladehafen des ersten Akkreditivs als Bestimmungsort für das Gegenakkreditiv bezeichnet hat, also CIF bzw. FOB Hafen X liefern lässt, und auch alle anderen Bedingungen des Akkreditivs – nach Möglichkeit buchstabengetreu – übereinstimmen,8 kann sie selbst die Umschreibung der Transportdokumente veranlassen und ist dabei nicht auf die Mitwirkung des Zwischenhändlers angewiesen. Hat sie sich bereits zurzeit der Eröffnung des Gegenakkreditivs vom Zwischenhändler zusätzlich die endgültige Faktura – in blanko unterzeichnet – einreichen lassen (damit er nicht etwa durch Zurückhalten seiner eigenen Rechnung Schwierigkeiten auslösen kann), sieht sich die Bank in der Lage, nach Bedienung des Einkaufsakkreditivs allein durch eigene Tätigkeit die Abwicklung des Verkaufsakkreditivs durchzuführen und dadurch im Wege der Aufrechnung9 wieder zu ihrem Geld zu kommen. Preisdifferenzen stehen natürlich dem Zwischenhändler zu. Im Übrigen versteht es sich von selbst, dass das – bedingt – als Kreditunterlage dienende Verkaufsakkreditiv unwiderruflich sein muss. Die Praxis weicht freilich von dem hier geschilderten Idealfall, dass nämlich ein 7/5 Gegenakkreditiv praktisch wie ein übertragbares Akkreditiv abgewickelt werden

6 Käser RabelsZ 21 (1956) 73, 97 verkennt die Interessenlage der Banken, wenn er das Gegenakkreditiv immer dann schon für risikolos hält, wenn nur eine ausreichende Frist zwischen der Bedienung des Einkaufs- und dem Ablauf des Verkaufsakkreditivs liegt. 7 von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 228. 8 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/694. 9 Ausf. Wassermann Die Verwertung von Dokumentenakkreditiven, S. 179 ff.

365

Siebenter Abschnitt

Gegenakkreditiv (Back-to-Back Credit)

kann, oft ab.10 Häufig müssen die Parteien, die an sich mit einem übertragbaren Akkreditiv arbeiten möchten, wie schon erwähnt (Rdn. 7/3), gerade deshalb auf ein Gegenakkreditiv ausweichen, weil die Übereinstimmung zwischen Ein- und Verkaufsdokumenten bzw. zwischen den Währungen nicht erreicht werden kann.11 Die Banken sind in solchen Fällen auf die Zuverlässigkeit des Zwischenhändlers angewiesen.12 Sorgt dieser nicht für einen reibungslosen Umtausch der Dokumente, ist die Geschäftsabwicklung zum Schaden der kreditgebenden Bank gefährdet. Die das Gegenakkreditiv stellende Bank hat besonders darauf zu achten, dass Einund Verkaufsakkreditiv in ihren Laufzeiten aufeinander abgestimmt sind. Das Verkaufsakkreditiv muss eine längere Laufzeit haben als das Einkaufsakkreditiv.13 Ein Beispiel mag dies verdeutlichen: Das Verkaufsakkreditiv läuft vom 1.3. bis 30.5. Dann darf die Laufzeit des Einkaufsakkreditivs nicht allzulange vor dem 1.3. beginnen; auslaufen muss es aber spätestens einige Tage vor dem 30.5. Auf diese Weise kann die aus dem Einkaufsakkreditiv zahlende Bank – ganz gleich, wann sie innerhalb seiner Laufzeit die Dokumente honoriert – stets noch rechtzeitig vor Verfall das Verkaufsakkreditiv abwickeln und läuft nicht Gefahr, zur rechtzeitigen Vorlage der Dokumente unter dem Verkaufsakkreditiv etwa nicht mehr in der Lage zu sein, weil ihr die Dokumente unter dem Einkaufsakkreditiv zu spät eingereicht worden sind. Auch Währungsfragen bedürfen bei Gegenakkreditiven sorgfältiger Beachtung,14 worauf schon hingewiesen wurde. Es würde zu weit führen, hier für alle praktisch denkbaren Fälle Vorschläge über die Verbindung der beiden Akkreditive zu machen. Grundsätzlich lässt sich allerdings festhalten, dass je mehr Parteien an der Transaktion beteiligt sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass bei der Abwicklung der konkreten Transaktion Probleme auftreten.15 Mit Nachdruck sei darauf hingewiesen, dass die Bank entsprechend den angeführten Beispielen gründlich prüfen muss, welche Anforderungen sie im Hinblick auf das Verkaufsakkreditiv an den ihr vom Zwischenhändler zuzuleitenden Akkreditivauftrag für das Einkaufsakkreditiv stellen muss, damit das Einkaufsakkreditiv in seinen Bedingungen auch wirklich dem Verkaufsakkreditiv entspricht und als Deckungsgrundlage für dieses geeignet ist.

10 Zur praktischen Handhabung Ulrich Rechtsprobleme des Dokumentenakkreditivs, S. 209 ff.; Brüggemann Die Banktechnik des Auslandsgeschäfts, S. 120 ff.; Hinkelmann Internationale Zahlungen, S. 116 ff. 11 Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 97; Wassermann Die Verwertung von Ansprüchen aus Dokumentenakkreditiven, S. 172; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, 1. Auflage, § 120 Rdn. 378. Die besondere Problematik des Gegenakkreditivs im Erdölgeschäft wird von Boudinot Pratique du crédit documentaire, S. 254 ff., ausf. erörtert. 12 Wassermann Die Verwertung von Ansprüchen aus Dokumentenakkreditiven, S. 172 f.; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/695. 13 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/694; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 357; Schinnerer/Avancini Bankverträge, III. Teil, S. 97. 14 Schmitthoff The Export Trade, S. 266. 15 Vgl. a. Hinkelmann Internationale Zahlungen, S. 115. f.

366

II. Überlegungen der eingeschalteten Banken

Siebenter Abschnitt

Auf den wirtschaftlichen Aspekt der Verknüpfung des Einkaufs- mit dem Ver- 7/6 kaufsakkreditiv wurde bereits hingewiesen (Rdn. 7/1). Nunmehr ist zu prüfen, inwieweit das Verkaufsakkreditiv auch in rechtlicher Hinsicht als bankmäßige Sicherheit für das Einkaufsakkreditiv herangezogen werden kann. Der Zwischenhändler hat einmal mit seinem Zulieferanten und zum anderen mit seinem Unterabnehmer einen jeweils selbständigen Kaufvertrag abgeschlossen; beide Verträge sind rechtlich voneinander unabhängig. Auch die beiden Akkreditive haben rechtlich nichts miteinander zu tun. So betrachtet wäre der Zwischenhändler im Einvernehmen mit der Akkreditivbank und dem Unterabnehmer berechtigt, das Verkaufsakkreditiv zu ändern oder gar zu stornieren. Die Bank des Zwischenhändlers könnte dem nur widersprechen, wenn sie ihrerseits das Verkaufsakkreditiv bestätigt hätte; in diesem Fall könnte nämlich nach Art. 10a ERA ohne ihre Zustimmung eine Abänderung oder Aufhebung nicht erfolgen. Hat sie aber das Verkaufsakkreditiv nur avisiert oder hat sie nur Zahlstellenfunktion übernommen, ist sie nicht Beteiligte im Sinne des Art. 10a ERA. Das Verkaufsakkreditiv könnte dann ohne Einverständnis der Bank abgeändert oder sogar aufgehoben werden, was naturgemäß ein Risiko für sie bedeuten würde;16 gegen dieses Risiko könnte sie sich allerdings bis zu einem gewissen Grade dadurch schützen, dass sie sich den Zahlungsanspruch, welcher dem Zwischenhändler aus dem Verkaufsakkreditiv zusteht, abtreten ließe.17 Eine lückenlose Sicherstellung der abwickelnden Bank kann bei Gegenakkrediti- 7/7 ven durch rein dokumentäre Dispositionen nicht erreicht werden. Ihre Sicherheit findet sie innerhalb ihres Kreditverhältnisses mit dem Zwischenhändler.18 Hauptinhalt dieser Kreditabrede – gleichgültig, ob ausdrücklich vereinbart oder nicht – ist die Verpflichtung des Zwischenhändlers, das Verkaufsakkreditiv unter keinen Umständen der Bank als Haftungsunterlage für das Einkaufsakkreditiv zu entziehen, d.h. er darf ohne Zustimmung der Bank das Verkaufsakkreditiv weder abändern noch aufheben lassen. Auch diese Verpflichtung beschränkt sich rechtlich auf das Innenverhältnis und wirkt nicht materiell gegen die das Verkaufsakkreditiv stellende Bank, weil sie außerhalb des Verkaufsakkreditivs vereinbart und der Akkreditivbank überdies auch nicht bekanntgegeben wird. Der Zwischenhändler behält hiernach im Außenverhältnis die Möglichkeit, innerhalb der Akkreditivbeziehungen Missbrauch zu treiben; diese Gefahr darf allerdings als gering veranschlagt werden, da kein vernünftiger Kaufmann jemals sein Verkaufsakkreditiv aus der Hand gibt oder unsachgemäß verändert, solange er noch aus

16 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/695; Wassermann Die Verwertung von Ansprüchen aus Dokumentenakkreditiven, S. 175 ff. 17 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/695; Wassermann Die Verwertung von Ansprüchen aus Dokumentenakkreditiven, S. 182. Nach Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1033, verhindert eine (stille) Abtretung jedoch nicht, dass der Begünstigte und die Akkreditivbank gleichwohl einvernehmlich das Hauptakkreditiv verändern. 18 Vgl. hierzu: von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 228 f.

367

Siebenter Abschnitt

Gegenakkreditiv (Back-to-Back Credit)

seinem Einkaufsakkreditiv im Obligo ist, zumal er sich dann auch gegenüber seiner Bank möglicherweise aus positiver Vertragsverletzung schadensersatzpflichtig machen würde.19 7/8 Die Banken stehen den back-to-back credits zurückhaltend gegenüber, weil sich

trotz aller Vorsicht und trotz Übereinstimmung der Bedingungen von Hauptund Gegenakkreditiv und formaler Ordnungsmäßigkeit der Akkreditivdokumente aus den genannten und anderen Gründen Unstimmigkeiten einschleichen können, mit denen vorher nicht gerechnet wurde.20 Hierbei kann es sich um Risiken handeln, die aus unterschiedlicher Auslegung gleich lautender Akkreditivbedingungen, aus einer Insolvenz des Begünstigten oder auch aus dem Einwand des Rechtsmissbrauchs resultieren können. Viele Banken stehen einem Gegenakkreditiv auch deshalb zurückhaltend gegenüber, weil aus ihrer Sicht das von ihr abgegebene Zahlungsversprechen seinerseits lediglich durch ein (anderes) Zahlungsversprechen abgesichert ist.21 In manchen Ländern sind nur die sog. merchant banks geneigt, den back-to-back credits näherzutreten.22 Ein Vorgang, in welchem die das Gegenakkreditiv bearbeitende Bank nicht in der Lage ist, das Verkaufsakkreditiv unmittelbar aus den auf das Einkaufsakkreditiv eingereichten Dokumenten in Anspruch zu nehmen (etwa wenn der Zwischenhändler die Ware noch verarbeiten, veredeln oder umpacken muss), lässt sich dokumentär nicht über einen back-to-back credit im engeren Sinne abwickeln. Das Verkaufsakkreditiv ist hier nicht mehr als alleinige Sicherheit für das Einkaufsakkreditiv ausreichend; vielmehr sind andere geeignete Sicherheitsabreden (z.B. Sicherungsübereignungen, Verpfändungen, gegebenenfalls unter Einschaltung des Spediteurs oder Lagerhalters) erforderlich. Häufig werden aber auch derartige Verkaufsakkreditive noch als Gegenakkreditive bezeichnet.23

19 Wassermann Die Verwertung von Ansprüchen aus Dokumentenakkreditiven, S. 176; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/695. 20 S. hierzu Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, 1. Auflage, § 120 Rdn. 378 ff.; ders. in: BuB, Rdn. 5/697 f.; Altmann in: von Bernstorff, Zahlungssicherung, S. 20; ferner Opinions of the ICC Banking Commission 1984–1986, ICC-Publ Nr. 434 S. 31 zum Problem der unterschiedlichen Auslegung gleich lautender Akkreditivbedingungen. 21 Altmann in: von Bernstorff, Zahlungssicherung, S. 20. 22 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/696. 23 Käser RabelsZ 21 (1956) 73, 97.

368

Achter Abschnitt Anglo-Amerikanische Rechtsformen dokumentärer Geschäfte I.

Letter of Credit

Der Letter of Credit (auch Commercial Letter of Credit genannt) des anglo-ame- 8/1 rikanischen Rechtskreises1 entspricht im Wesentlichen dem deutschen Akkreditiv.2 Ein Letter of Credit ist das von einer Bank im Auftrag ihres Kunden abgegebene Versprechen, Tratten, die ihr unter bestimmten Bedingungen, d.h. begleitet von den im Letter of Credit näher bezeichneten Dokumenten, innerhalb der festgesetzten Frist eingereicht werden, durch Zahlung oder Akzeptleistung in der vorgeschriebenen Währung zu honorieren.3 Hierbei handelt es sich in der Regel um die Leistung, die im Rahmen eines zwischen dem Begünstigten und dem Auftraggeber abgeschlossenen Vertrags über den Verkauf von Waren seitens des Auftraggebers zu erbringen ist; zugrunde liegen können aber auch andere Verträge als Warenkäufe.4 Charakteristisch sind für den Letter of Credit daher sowohl die dem Begünstigten erteilte Ermächtigung, Tratten auf die Bank zu ziehen („We hereby authorise you to draw“) als auch das Einlösungsversprechen (bona-fideKlausel: „We hereby agree with the drawers, endorsers and bona fide holders that drafts drawn under and in compliance with the terms of this credit the same shall be duly honored on the presentation to the drawees“).5 Die Eigenart des Letter of Credit besteht mithin darin, dass die Akkreditivbank einer bestimmten (nominated) Bank (Straight Letter of Credit) oder – seltener – jeder beliebigen Bank (open

1 Ryan Letters of Credit, S. 11 ff.; zur Entstehung s. Kozolchyk Letters of Credit, in International Encyclopedia of Comparative Law, S. 1 ff., insbes. Fn. 3; ders. American Journal of Comparative Law, 1965/1966, 395; ders. Lawyer of the Americas 1979, 265, 268; Jack Documentary Credits, Rdn. 12.10. 2 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 67; Nielsen in: BuB, Rdn. 5/490; von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 232 f., Eberth WM-Sonderbeilage 4/1984 S. 4 ff.; Angersbach Beiträge zum Institut des Dokumenten-Akkreditivs, S. 30 ff.; Häberle in: Handbuch der Akkreditive, S. 88 f. A.A. Wiele Das Dokumenten-Akkreditiv und der anglo-amerikanische Documentary Letter of Credit, S. 17 ff., 75 ff. 3 Vgl. a. U.C.C. Article 5 – Letters of Credit. 4 Joseph Banking Law Journal 1977, 816; Harfield Uniform Commercial Code Law Journal 1972, 251, 252, spricht von einem „spectrum of transactions“, das durch einen Letter of Credit abgedeckt werden kann. 5 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 72.

369

Achter Abschnitt

Anglo-Amerikanische Rechtsformen dokumentärer Geschäfte

invitation) verspricht, Rembours zu leisten gegen vom Begünstigten eingereichte Akkreditivdokumente zusammen mit Sicht- oder Nachsichttratten. 8/2 Was den Aufbau und die Abwicklung eines Letter of Credit betrifft, kann

nahezu ausnahmslos auf die über das Akkreditiv gemachten Ausführungen (Rdn. 2/1 ff.) verwiesen werden. Viele Unterschiede, die früher einmal bestanden, sind gegenstandslos geworden, nachdem die englischen Banken sich 1963 entschlossen hatten, die ERA (Revision 1962) für anwendbar zu erklären. Seit der Revision 1974 wird der Letter of Credit in den ERA nicht mehr ausdrücklich erwähnt. Heute ist der Letter of Credit in der Form des frei negoziierbaren Akkreditivs und des Straight Letter of Credit in der Form eines bei einer bestimmten Bank benutzbar gestellten Negoziierungsakkreditivs aufgegangen.6 8/3 Der Letter of Credit, der die Negoziierung von Tratten als normale Abwicklung

des Dokumentenakkreditivgeschäfts kennt, ist von dem in der Literatur häufig als „Negoziierungskredit“ benannten Bankgeschäft zu unterscheiden.7 8/4 In der heute üblichen Form des Letter of Credit teilt die eröffnende Bank dem Ver-

käufer den Letter of Credit – üblicherweise durch eine Korrespondenzbank, ausnahmsweise auch direkt – in der Weise mit, dass ihm das Original des Kreditbriefs ausgehändigt wird. Bei der späteren Bedienung des Akkreditivs hat er die freie Wahl, Kreditbrief und Dokumente jeder beliebigen Bank zur Negoziierung zu präsentieren. Die eröffnende Bank verpflichtet sich mit anderen Worten jeder beliebigen Bank (paying bank) gegenüber zur Aufnahme der angekauften, von den Dokumenten begleiteten Tratten und zum Ersatz der Aufwendungen sowie der vom Käufer zu tragenden Spesen und Provisionen. In der Praxis ist freilich zu beobachten, dass Banken dem vom eröffnenden Bankinstitut erteilten Auftrag, dem Verkäufer das Original des Kreditbriefs auszuhändigen, nicht entsprechen, sondern dem Verkäufer nur eine Kopie zukommen lassen; auf diese Weise wollen sie erreichen, dass der Verkäufer sich dieser Bank bei der späteren Einreichung und Negoziierung der Dokumente bedient. Der Verkäufer braucht sich auf dieses Vorgehen nicht einzulassen; er hat einen Anspruch auf Herausgabe des Originalkreditbriefes.

6 Zu den Begriffen Angersbach Beiträge zum Institut des Dokumenten-Akkreditivs, S. 31 ff.; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 71 ff. 7 Vgl. zu dem in der anglo-amerikanischen Terminologie verwendeten Begriff „drawing authorisation“ Ellinger Modern Banking Law 1987, 494 ff. S. ferner Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 70 sowie u. Rdn. 8/24.

370

II. Standby Letter of Credit

Achter Abschnitt

II. Standby Letter of Credit A.

Begriff und Ziele

Unter einem Standby Letter of Credit wird im anglo-amerikanischen Rechtskreis, 8/5 insbesondere in den USA, die Verpflichtung einer Bank verstanden, an den Begünstigten Zahlung zu leisten für den Fall, dass ein Dritter seinen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Begünstigten nicht nachkommt. Der Standby Letter of Credit unterscheidet sich mithin vom Letter of Credit dadurch, dass er nicht, wie dieser, zur Sicherung der Bezahlung einer Warenlieferung o.ä. dient, sondern – etwa wie eine Bürgschaft oder Garantie – eine Schadloshaltung des Begünstigten bezweckt.8 Diesem Anspruch muss nicht notwendigerweise ein Warenverkauf zugrunde liegen.9 Es kann sich auch um Verträge anderer Art, z.B. eine Ausschreibung oder einen Grundstückskaufvertrag handeln. Ausgelöst wird die Zahlungspflicht der Bank allerdings nicht durch das vertragliche Fehlverhalten des Standby-Auftraggebers, sondern dadurch, dass hierüber ein Schriftstück vorgelegt wird.10 Historisch ist die Entwicklung des Standby Letters of Credit darauf zurückzufüh- 8/6 ren, dass den amerikanischen Banken das Bürgschafts- und Garantiegeschäft grundsätzlich untersagt war (vgl. Rdn. 2/4).11 Dieses überschritt den Geschäftsbereich der Banken und fiel stattdessen in den Aufgabenbereich der Surety Companies. Da den Banken aber das Recht zur Eröffnung von Akkreditiven (Letters of Credit) gesetzlich zustand und zusteht und auch diese letztlich eine garantieähnliche Zahlungsverpflichtung der Banken gegenüber den Begünstigten beinhalten, gingen sie dazu über, die wirtschaftliche Funktion der Bürgschaft oder Garantie in die Form eines Letter of Credit zu kleiden.12 Er konnte sich im amerikanischen Bankgeschäft fest etablieren und spielt dort in der Außenhandelsfinanzierung heute eine bedeutsame Rolle. Die Rechtsgrundlagen des Letter of Credit gelten auch für den Standby Letter of Credit.13 Rechtsgrundlage ist somit in beiden Fällen Art. 5 des Uniform Commercial Code (U.C.C.),14 der im

8 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 73 ff.; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 120 Rdn. 24 f.; Eberth ZVglRW 80 (1981) 29, 31; Haas ZBB 1999, 301, 302; Eschmann RIW 1996, 913; Häberle in: Handbuch der Akkreditive, S. 96 f. S.a. den Fall des LG Hamburg WM 1996, 1814 zur vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung durch den angeblichen Handel mit „Bankgarantien“ (Standby Letters of Credit), m. Anm. Dach WuB I H 2. – 1.99. 9 Vgl. Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 76 ff.; Raith Das Recht des Dokumentenakkreditivs in den USA und in Deutschland, S. 54 f. 10 Riesenfeld in: FS von Caemmerer, S. 997, 1002. 11 del Busto JlBl 1991, 71, 74; Hein S. 60; Berger DZWiR 1997, 426; Heymann/Horn HGB, Anh. § 372 Rdn. VI/87.. 12 Richter S. 45 ff.; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 78 ff.; Eberth ZvglRWiss 80 (1981), 29, 31 ff.; Bertrams Bank Guarantees in International Trade, Rdn. 1–3. 13 Kozolchyk Arizona Law Review 1982, 319, 332. 14 Eberth ZvglRWiss 80 (1981), 29, 38; Horn/Wymeersch S. 16.

371

Achter Abschnitt

Anglo-Amerikanische Rechtsformen dokumentärer Geschäfte

Jahr 1995 vollständig überarbeitet wurde. Hierbei sollte auch dem internationalen Charakter des Akkreditivgeschäfts Rechnung getragen werden.15 In seiner Konstruktion weist der Standby Letter of Credit gegenüber dem Letter of Credit und damit auch gegenüber dem Akkreditiv keine begrifflichen Unterschiede auf. Die Inanspruchnahme der Bank steht auch hier unter dem Grundsatz der Dokumentenstrenge (Rdn. 2/243 f.), setzt also voraus, dass die von dem Begünstigten der Bank eingereichten Dokumente exakt den im Standby Letter of Credit vorgeschriebenen entsprechen. In der Regel wird der Anspruch aus dem Standby Letter of Credit davon abhängig gemacht, dass der Begünstigte der Bank eine Erklärung vorlegt, wonach der Auftraggeber seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist.16 Es handelt sich bei dieser Erklärung nicht – wie beim Akkreditiv – um ein Warendokument, sondern um ein bloßes Statement, das sich gewöhnlich auf eine (nicht erbrachte) Dienstleistung bezieht. Während die einzureichende Erklärung bisher häufig von dem Begünstigten selbst abzugeben war, gehen ernstzunehmende Bestrebungen dahin, künftig die Vorlage von Erklärungen, welche von neutraler dritter Seite ausgestellt wurden, zu verlangen.17 Allerdings liegt es nach wie vor bei den Beteiligten zu bestimmen, welche Dokumente von welchem Aussteller als akkreditivkonform anzusehen sind. Auf jeden Fall ist weitestgehende Übereinstimmung des Textes von Standby Letter of Credit und Erklärung erforderlich. Die Rechtsprechung wendet demzufolge die Rechtsgrundsätze der Garantie auf erstes Anfordern – insbesondere im Hinblick auf die Rechtsfolgen rechtsmissbräuchlicher Inanspruchnahme – auf den Standby Letter of Credit an.18 Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass diese Problematik von großer Bedeutung für die Inanspruchnahme aus einem Standby Letter of Credit ist, da hierbei relativ häufig der Weg der einstweiligen Verfügung beschritten wird. Diese Thematik soll daher im Folgenden in einem Exkurs zur amerikanischen Rechtsprechung besonders geschildert werden.

B.

Gerichtliche Eilmaßnahmen beim Standby Letter of Credit in der US-amerikanischen Rechtsprechung

1.

Rechtslage nach den Regelungen des U.C.C. in der bis 1995 geltenden Fassung

8/7 Erhebliche Bedeutung haben einstweilige Verfügungen (preliminary injunc-

tions) im Zusammenhang mit Standby Letters of Credit gewonnen, weil der Begüns-

15 Vgl. hierzu Lienesch S. 51 f. Uniform Commercial Code 1995, Prefactory Note, S. 569, 572: vgl. § 5–116 (c), wonach die ERA den Vorschriften des Art. 5 vorgehen, soweit es sich nicht um zwingende Regelungen handelt. 16 Özdamar S. 41; von Bernstorff RIW 1987, 257, 260; Berger DZWir 1997, 426, 427. 17 Vgl. Wheble Arizona Law Review 1982, 301, 317. 18 Vgl. OLG Frankfurt DZWir 1997, 423 m. Anm. Berger ebd. sowie Soehring WuB I H 2.–4.97.

372

II. Standby Letter of Credit

Achter Abschnitt

tigte hier zur Inanspruchnahme der Bank meist lediglich seine Erklärung, dass der Auftraggeber nicht vereinbarungsgemäß gezahlt habe, vorzulegen braucht. Gerichte in den USA haben sich häufig mit der Frage auseinander setzen müssen, ob und unter welchen Voraussetzungen in solchen Fällen der Erlass einer einstweiligen Verfügung zulässig ist, die den Banken die Honorierung des Standy Letter of Credit verbietet.19 Ausgangspunkt der Gerichtsentscheidungen war Art. 5–114 (2) des bis 1995 geltenden U.C.C., wonach eine Auszahlung aus zwei Gründen unterbleiben kann, nämlich zum einen wenn die Dokumente gefälscht sind oder auf betrügerischen Machenschaften beruhen (forged or fraudulent) und zum anderen, wenn Rechtsmissbrauch (fraud in the transaction) vorliegt. Für die Rechtsprechung von größerer Bedeutung wurde die Frage, wann „fraud in the transaction“ anzunehmen sei.20 Im Gegensatz zum deutschen Recht kennt das anglo-amerikanische Recht keine allgemeine Theorie des Rechtsmissbrauchs,21 die auch beim Akkreditiv anwendbar wäre. In zahlreichen Prozessen, die in den USA und in England geführt worden sind, verlangten die Gerichte als Basis für den Erlass einer einstweiligen Verfügung, dass „fraud in the transaction“ nachgewiesen wurde.22 Die Konzeption des fraud-Einwandes geht zurück auf die Entscheidung Sztejn v. J. Henry Schroder Banking Corp. aus dem Jahre 1941.23 Der Betrug (fraud) musste danach notwendigerweise „in the transaction“ geschehen, wobei unter transaction die Abholung des Akkreditiv-(Garantie-)Betrags verstanden wurde. Es genügte also nicht der Nachweis, dass sich der Vertragspartner an irgendeiner Stelle der Geschäftsbeziehung fraudulös verhalten hatte. Der Rechtsmissbrauch musste vielmehr einen unmittelbaren Bezug zur Abholung des Akkreditiv-(Garantie-)Betrages haben. Ohne diesen Zusammenhang wurde der Nachweis, dass der Geschäftspartner sich betrügerisch verhalten habe, nicht als für eine gerichtliche Eilmaßnahme ausreichend angesehen. Selbst die vollständige Annullierung des Hauptgeschäfts, also totale Nichtlieferung, musste nicht unbedingt die Abholung eines Garantiebetrages aus Standby Letters of credit für Anzahlungsgarantien zu einer missbräuchlichen Handlung (fraud) machen. Die US-Gerichte legten hierbei, wie schon oben für den deutschen Rechtskreis gefordert (Rdn. 2/419), ebenfalls strenge Maßstäbe an. Grundsätzlich darf die zur Zahlung verpflichtete Bank nicht daran gehindert werden, ihre Zusage einzulösen.24 In den konkreten Fällen wurde der Erlass einer einstweiligen Verfügung von

19 Horn in: The Transnational Law of International Commercial Transactions, S. 275 ff., 291 ff. 20 Zahn ZIP 1984, 1303, 1307; Richter S. 290 ff. 21 Coing ZHR 147 (1983), 125, 142. 22 Eschmann Der einstweilige Rechtsschutz des Akkreditivauftraggebers in Deutschland, England und der Schweiz, S. 115 ff. m. Bsp.; Shingleton/Wilmer RIW 1991, 793, 794; Lorenz in: FS Steindorff, S. 405, 416 ff.; von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 243 f. Für England: Hamzah Malas v. British Imex Ind. [1958] 2 Q. B. 127, 129; RPPC v. Bk Leumi [1992] 1 Lloyd’s Rep. 513, 540. 23 [1941] 31 N. Y. S. (2 d), 631 ff.: „. . . the principle of the independance of the bank’s obligation under the letter of credit should not be extended to protect the unscrupulous seller.“ S. hierzu a. Encyclopaedia of Banking Law, International banking operations, F (253 f.). 24 Zum Gesamtkomplex der US-Rechtsprechung in den Iranfällen vgl. Zahn ZIP 1984, 1303; Opinions (1980–1981) of the ICC Banking Commission, R. 86; Bolivinter Oil S. A.

373

Achter Abschnitt

Anglo-Amerikanische Rechtsformen dokumentärer Geschäfte

dem Nachweis abhängig gemacht, dass das gesamte Geschäft durch betrügerische Maßnahmen des Verkäufers in Frage gestellt sei25 oder dass dem Kläger (Käufer) ein nicht wieder gutzumachender Schaden drohe.26 Mitunter wurde auch eine notice injunction (mit welcher der Bank auferlegt wird, bei ihrer Inanspruchnahme vor der Zahlung den Auftraggeber zu unterrichten, um ihm Gelegenheit zu geben, die Missbräuchlichkeit der Inanspruchnahme kurzfristig nachzuweisen),27 erlassen.28 Wegen der Probleme der US-amerikanischen Gerichte, die Voraussetzungen für die Erhebung des Missbrauchseinwands und der einstweiligen Verfügung zu vereinheitlichen sowie des Unvermögens, den Tatbestand „fraud in the transaction“ klar zu definieren, wurde in den USA immer stärker die Auffassung vertreten, dass der Gesetzgeber durch eine entsprechende Ergänzung des U.C.C. § 5–114 (2) Abhilfe schaffen müsse;29 mitunter hielt man aber auch die Einführung von allgemeinen Richtlinien für die Banken für ausreichend.30

2.

Rechtslage des U.C.C. in der geltenden Fassung von 1995

8/8 Die maßgebliche Regelung zum Missbrauchseinwand findet sich nunmehr in

U.C.C. § 5–109. Entscheidend ist hiernach, wann ein missbräuchliches Verhalten das Merkmal „materially fraudulent“ erfüllt.31 Festzustellen ist jedoch, dass auch nach der Änderung des U.C.C. an einer generalklauselartigen Regelung festgehalten wurde, deren Konkretisierung den Gerichten überlassen bleibt. Ausweislich der Kommentierung kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die

v. Chase Manhattan Bank N. A. and Others (1984) 1 W. L. R. 392. Empfehlungen für das zweckmäßige Verhalten der Banken bei ungerechtfertigter Inanspruchnahme aus einem Standby Letter of Credit sowie im Zusammenhang mit (drohenden) einstweiligen Verfügungen gibt Thorup Banking Law Journal 1984, 6. 25 Intraworld Industries, Inc., and Vacanze in Paradiso Hotels, S. A., v. Girard Trust Bank and Paulette Cymbalista, 336 Atl. Rep. 2d 316 (Pa. 1975); Bossier Bank & Trust Co. v. Union Planters National Bank of Memphis, 550 F. 2d 1077 (6th Cir. 1977). Wollte man die Zahlungspflicht dennoch bejahen, käme dies nach Kozolchyk Lawyer of the Americas 1979, 265, 283, einer Belohnung des Betrügers gleich. 26 Vgl. High Court (Queen’s Bench Division), Urteil v. 20.1.1998, Kvaerner John Brown Ltd. v. Midland Bank Plc., [1998] CLC 446; PLC 1998 IX (4), 44. William Caulfield et al. v. The Board of Education, 583 F. 2d 605 (2d Cir. 1978). 27 KMW International v. Chase Manhattan Bank, N. A., 606 F. 2d 10 (2d Cir. 1979). 28 Eberth ZVglRW 80 (1981), 29, 56. In der Lit. haben die bisher – vor allem im Zusammenhang mit der Irankrise – ergangenen Urteile zu kontroversen Stellungnahmen geführt. Eine zusammenfassende Darstellung findet sich bei Zahn ZIP 1984, 1303. 29 Vgl. Weisz/Blackman University of Illinois Law Review 1982, 355, 383. 30 Harfield Banking Law Journal 1977, 293. 31 Hierzu Bertrams Bank Guarantees in International Trade, Rdn. 14-14/16; s.a. U.C.C. § 5–109, Official Comment, S. 596: „Material fraud by the beneficiary occurs only when the beneficiary has no colorable right to expect honor and where there is no basis in fact to support such a right to honor.“. Aus der jüngsten Rechtsprechung AIG Risk Management Inc. v. Motel 6 Operating L. P. No. 13–97–268-CV, 1997 Tex. App. LEXIS 6405 (Tex. Civ. App. 11 December 1997); Daye Nonferrous Metals Co. v. Trafigura Beheer B. V. No. 96 Civ. 9740 (RWS), 1997 U. S. Dist. LEXIS 9661 (S. D. N Y. 7 July 1997).

374

II. Standby Letter of Credit

Achter Abschnitt

Gerichte nunmehr stärker objektive Gesichtspunkte zu berücksichtigen haben werden. Einer subjektiven Betrachtungsweise scheint eine Absage erteilt worden zu sein.32 Unverändert kann davon ausgegangen werden, dass der Missbrauchseinwand nur sehr restriktiv anerkannt wird und gerichtliche Zahlungsverbote nur in Ausnahmefällen erwirkt werden können.33 Die hier geschilderte Problematik gerichtlicher Eilverfahren könnte möglicherweise dann vermieden werden, wenn der Käufer gegen eine missbräuchliche Inanspruchnahme des Standby Letter of Credit seitens des Begünstigten durch eine von letzterem beizubringende Bürgschaft für den Fall abgesichert würde, dass sich die Inanspruchnahme letzten Endes als unberechtigt herausstellen sollte. Denkbar wäre auch eine versicherungsmäßige Deckung des Risikos ungerechtfertigter Inanspruchnahme. Jede dieser beiden Maßnahmen würde das zugrunde liegende Geschäft allerdings nicht unwesentlich verteuern.34

C.

Anwendungsbereich der ERA

Die enge Verwandtschaft des Akkreditivs mit dem Standby Letter of Credit sowie die 8/9 zunehmende Verbreitung des letzteren hat dazu geführt, dass seine schon unter Geltung der ERA (Revision 1974) praktizierte Einbeziehung35 seit der Revision 1993 (Art. 1 und 2 ERA 500), nunmehr in Art. 1 ERA 600 ihre ausdrückliche Bestätigung gefunden hat. Ungeachtet der darin erfolgten Gleichstellung von Akkreditiv und Standby Letter of Credit sind die ERA auf ihn nur insoweit anwendbar, als sich dies aus Sinn und Zweck der einzelnen Bestimmungen ergibt.36 Zu berücksichtigen ist nämlich, dass zwar beispielsweise der Grundsatz der Dokumentenstrenge gleichermaßen für die Abwicklung eines Dokumentenakkreditivs und eines Standby Letter of Credit gilt, jedoch die Dokumente bei der Inanspruchnahme eines Dokumentenakkreditivs den positiven Tatbestand der Erfüllung nachzuweisen haben, während mit den Dokumenten im Fall des Standby Letter of Credit der Tatbestand der Nichterfüllung, also der Garantiefall, darzutun ist. Obwohl die ERA hiernach nicht mit sämtlichen Regelungen auf den Standby Letter of Credit Anwendung finden können, hat es die ICC bereits bei der Revision 1993 gleichwohl vermieden, die verbleibenden anzuwendenden Regeln genau festzulegen,37 und hat

32 Vgl. hierzu a. Lienesch S. 159 ff. 33 Lienesch S. 183; Official Comment, § 5–109 S. 596: „. . . the burden remains on the applicant to show, by evidence and not by mere allegation, . . .“. 34 von Marschall in: Current Problems of International Trade Financing, S. 260, 282. 35 Vgl. Decisions (1975–1979) of the ICC Banking Commission, R 1. 36 ICC-Publ Nr. 411, UCP 1974/1983 Revisions Compared and Explained, 1984 S. 11; Eberth Sonderbeilage Nr. 4, WM 1984, 4 ff.; Nielsen ZIP 1984, 230, 232; ders. Neue Richtlinien, Rdn. 4; ders. Grundlagen des Akkreditivgeschäfts, S. 16; Schinnerer ÖBA 1984, 231; Özdamar S. 41; Eschmann RIW 1996, 913, 914. 37 ICC-Publ Nr. 511 S. 3.

375

Achter Abschnitt

Anglo-Amerikanische Rechtsformen dokumentärer Geschäfte

auch bei der Revision 2007 daran festgehalten.38 Daher ist den Beteiligten eines Standby Letter of Credit zu empfehlen, im Vorhinein, klarzustellen, welche ERA-Bestimmungen auf den Standby Letter of Credit anwendbar sein bzw. ausgeschlossen werden sollen.39 Die Einbeziehung des Standby Letter of Credit hat, ohne dass dieser hier ausdrücklich genannt wird, in den ERA die Formulierungen insbesondere der Art. 5, Art. 14e und 18b (Erwähnung von Dienstleistungen in Dokumenten),40 Art. 31 (Zulässigkeit von Teilinanspruchnahmen) und Art. 32 (Zulässigkeit von Inanspruchnahmen in Raten) beeinflusst. Auch ein Standby Letter of Credit kann übertragen und der Zahlungsanspruch abgetreten werden. Gleichwohl dürfte der praktische Wert einer solchen Übertragung oder Abtretung von geringem Wert sein. Denn bei einem Standby Letter of Credit tritt die Zahlungsverpflichtung der Bank erst dann ein, wenn der Auftraggeber des Standby Letter of Credit seinen Verpflichtungen nicht nachkommt.41 8/10 Ungeachtet des garantieähnlichen Charakters des Standby Letters of Credit emp-

fiehlt es sich für die Banken nicht, neben den ERA – vgl. Art. 1 – zusätzlich die Geltung etwaiger eigener Avalbedingungen zu vereinbaren.42 In den USA wird die Wirksamkeit derartiger Akkreditivversprechen teilweise bestritten bzw. eine gesetzlich Regelung gefordert.43 Allerdings kann festgestellt werden, dass der Standby Letter of Credit in bankenaufsichtsbehördlichen Regelungen ausdrücklich anerkannt wurde.44 Zugleich wird auch in der Rechtsprechung der USA nicht bezweifelt, dass der Standby Letter of Credit rechtswirksame Verpflichtungen der akkreditiveröffnenden Bank begründen kann.45 Die wachsende Bedeutung des Standby Letter of Credit ist nicht zuletzt auch darauf zurückzuführen, dass er – ursprünglich in den USA beheimatet – in zunehmendem Maße auch in anderen Ländern Verwendung findet.46

38 Commentary on UCP 600 S. 12. 39 I.d.S. a. Lienesch S. 11. 40 Commentary on UCP 600 S. 78. 41 Vgl. hierzu Stapel Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive, S. 258 f. 42 Nielsen ZIP 1984, 230, 232. 43 Harfield The Standby Letter of Credit Debate, Banking L. J. 1977, 293 ff.; Katskee The Standby Letter of Credit Debate – The Case for Congressional Resolution, Banking L. J. 1975, 697 ff.; Arnold/Bransilver The Standby Letters of Credit – The Controversy Continues, Uniform Commercial Code Law Journal 1978, 272, 288. Im Kern geht es bei dieser Kontroverse um die Frage, ob Standby Letters of Credit als Bankgarantien anzusehen sind. S. ferner Richter S. 46 f. 44 Vgl. Richter S. 47 m.w.N.; Riesenfeld in: FS von Caemmerer, S. 997 ff. 45 ZB Barclays Bank D. C. O. v. Mercantile National Bank, 481 F. 2d 1224 (1973); National Surety Corp. v. Midland Bank, 551 F. 2d 21 (1977); First Empire Bank – New York v. Federal Deposit Insurance Corp., 572 F. 2d 1361 (1978); abw. jedoch Republic National Bank of Dallas v. Northwest National Bank of Fort Worth, 566 S. W. 2d 358 (1978); ferner Richter S. 47 Fn. 19. 46 von Marschall Recent Developments in the Field of Standby Letters of Credit, Bank guarantees and Performance Bonds, in: Current Problems of International Financing, S. 260, 267.

376

II. Standby Letter of Credit

D.

International Standby Practices ISP98

1.

Entstehung der ISP98

Achter Abschnitt

Am 6.4.1998 wurden auf der Sitzung der ICC Commission on Banking Technique 8/11 and Practice die International Standby Practices ISP98 (ISP98) gegen die Stimmen der deutschen Delegierten bei 46 Stimmenthaltungen mit 32 zu 9 Stimmen verabschiedet und zur Verwendung bei Standby Letters of Credit ab 1.1.1999 empfohlen.47 Die ISP98 wurden nicht von der ICC entwickelt, sondern maßgeblich von dem Institute of International Banking Law and Practice Inc. (IIBLP), einer den US-amerikanischen Banken nahestehenden Institution, entworfen und gestaltet.48 Erwähnenswert ist, dass als Herausgeber der ISP98 neben der ICC das IIBLP genannt wird. Dass es zur Verabschiedung der ISP98 kam, kann als Referenz an die USA, das Heimatland des Standby Letter of Credit, verstanden werden, da bereits mit den ERA 500 ein ICC-Regelwerk existierte, dessen Anwendungsbereich auch die Standby Letters of Credit erfasste.49 Die ERA 600 halten hieran unverändert fest, obwohl die ISP98 bereits Jahre zuvor verabschiedet und veröffentlicht wurden. Vor dem Hintergrund der zweifelhaften Notwendigkeit eines eigenen Regelwerks der ICC für Standby Letters of Credit nimmt es sodann auch nicht Wunder, dass von der IIBLP ein Offizieller Kommentar zu den ISP98 herausgegeben wurde.50 Trotz des offiziellen Charakters dieses Kommentars, dessen Ziel es ist, den Vorschriften der ISP98 zum richtigen Verständnis zu verhelfen, sind bei Anwendung des deutschen Rechts – wie zu zeigen sein wird – erhebliche Schwierigkeiten mit den ISP98, die sowohl von US-amerikanischer Rechtspraxis als auch Rechtssprache nachhaltig geprägt sind, verbunden.51 Von der deutschen Delegation wurden die ISP98 bislang nicht ratifiziert. Dies ist auch der Grund, weshalb eine deutsche Übersetzung der ISP98 bislang nicht veröffentlicht wurde. Gleichwohl wird sich in der Praxis die Problematik stellen, dass insbesondere USamerikanische Banken, die in die Abwicklung eines Standby Letter of Credit involviert sind, auf die Einbeziehung der ISP98 vollumfänglich oder zumindest in wesentlichen Teilen bestehen könnten. Aus diesem Anlass soll im folgenden ein Überblick über die ISP98 gegeben und auf einige Probleme der ISP98 bei Anwendung deutschen Rechts eingegangen werden.

47 ICC-Publ. Nr. 590. S. ferner a. die Mailadresse: ispiiblp.org. 48 Zu der bemerkenswerten Entstehungsgeschichte s. Haas ZBB 1999, 301 sowie Nielsen WM 1999, 2006 f. S. aber a. Taylor Documentary Credits INsight, 1998, Vol. 4, No. 4 S. 14 (Taylor ist President der IFSA, Vice Chairman der ICC Banking Commission und Mitglied der Gruppe, die die ISP entworfen hat). 49 Art. 1 ERA 500. 50 The Official Commentary on the International Standby Practices by Professor James E. Byrne Direktor, Institute of International Law & Practice, Inc., Edited by James G. Barnes, Baker & McKenzie, 1998 Institute of International Banking Law & Practice, Inc. 51 S. hierzu Holzwarth Documentary Credits INsight, 1998, Vol. 4, No. 4 S. 14 f, Dolan Letters of Credit, 4.09, 4–94 ff.; Ingelmann/Schmitt in: Häberle, Handbuch der Akkreditive, S. 793.

377

Achter Abschnitt

2.

Anglo-Amerikanische Rechtsformen dokumentärer Geschäfte

Begriff und Verwendbarkeit des Standby Letter of Credit

8/12 Nach der Rule 1.6 der ISP98 handelt es sich bei einem Standby Letter of Credit in

Übereinstimmung mit der revidierten Fassung von Art. 5 Uniform Commercial Code (UCC) um ein unabhängiges, unwiderrufliches, dokumentäres Zahlungsversprechen.52 Diese weite Fassung deckt sich mit derjenigen des Art. 2 ERA. Das Vorwort zu den ISP98 bestätigt, dass die ISP98 auf jede unabhängige Zahlungsverpflichtung anwendbar sein sollen; insofern können sie in Konkurrenz zu den bestehenden Richtlinien der ICC für Garantien und Akkreditive treten. Der Offizielle Kommentar zu Rule 1.1 äußert sich hingegen dahingehend, dass die Regelungen der ISP98 vorrangig auf Standby Letters of Credit Anwendung finden und nicht auf Dokumentenakkreditive oder Garantien, ohne allerdings eine klare Grenzziehung zwischen diesen Instrumenten vorzunehmen.53 Maßgebend ist somit die Entscheidung der Parteien, welches Richtlinienwerk für die Abwicklung eines dokumentären Zahlungsversprechens gelten soll.54 In Anbetracht dessen, dass der Standby Letter im Unterschied zum Dokumentenakkreditiv nicht primär der Zahlungsregulierung des Kaufpreises aus einem Grundgeschäft dient, sondern als Sicherungsmittel zum Schutz vor Nichterfüllung vertraglicher Pflichten eingesetzt hat, also Garantiefunktion aufweist, und die ERA gemäß Art. 1 nur gelten, soweit anwendbar, steht zu erwarten, dass anglo-amerikanische Banken die ISP98 bei den von ihnen erstellten Garantien anzuwenden versuchen, nicht zuletzt deshalb, weil die ISP selbst dartun, in Einklang mit Art. 5 UCC und auch mit der 1995 durch die UNO angenommenen „United Nations Convention on Independent Guarantees and Standby Letters of Credit“ zu stehen (Rdn. 8/23).55 Hingegen ist zu vermuten, dass Dokumentenakkreditive auch zukünftig den ERA 600 unterstellt werden.

3.

Struktur der ISP98

8/13 Die ISP98 enthalten ausführliche Regelungen zur Rechtsbeziehung zwischen

eröffnender Bank und Auftraggeber. Einbezogen sind akkreditivähnliche Standby Letters of Credit, bei denen Transport- oder Zahlungsdokumente vorzulegen sind, und auch Zahlungsversprechen, für deren Inanspruchnahme lediglich die Präsentation einer Zahlungsanforderung erforderlich ist. Ferner sind der Abtretung von Ansprüchen aus einem Standby Letter of Credit einige Bestimmungen gewidmet. Nicht geregelt werden dagegen Tatbestände, die im Rahmen einer Transaktion als rechtsmissbräuchliches Verhalten zu charakterisieren wären (ISP Rule 1.05c). Die Bestimmung des Rechtsmissbrauchs bleibt somit dem anwendbaren nationalen

52 53 54 55

378

Bertrams Bank Guarantees in International Trade, Rdn. 2–14. Byrne The Official Commentary S. 1. ICC-Publ. Nr. 590 S. 7. ICC-Publ. Nr. 590 S. 12.

II. Standby Letter of Credit

Achter Abschnitt

Recht überlassen.56 Allerdings betonen die ISP98 (Rule 1.06c iv) den formalen Charakter und die Abstraktheit des Standby Letter of Credit.57 Ferner bleiben Regelungen über die Berechtigung, einen Standby Letter of Credit herauslegen zu können, und dessen Ausführung dem anwendbaren nationalen Recht überlassen.

4.

Rechtsnatur und Geltungsgrund der ISP98

Da die ISP98 wesentlich später als die ersten ERA vor gerade einmal gut zehn Jahren 8/14 veröffentlicht worden sind und in weiten Teilen Europas, jedenfalls in Deutschland, in der überwiegenden Anzahl der Fälle auch heute noch nicht angewandt werden, scheidet ihre Geltung kraft Gewohnheitsrechts aus.58 Dafür, dass sie als Handelsbräuche gelten, scheint das Vorwort der ISP98 zu sprechen, wonach „the International Standby Practices reflects generally accepted practice, custom and usage of standby letters of credit.“59 Allerdings ist dies nicht ohne Zweifel, da insoweit keine tatsächliche, von den beteiligten Verkehrskreisen allgemein und einheitlich befolgte Übung vorliegt, die sich über einen längeren Zeitraum herausgebildet hat.60 Damit ist Geltungsgrund der ISP98 die rechtsgeschäftliche Einbeziehung als AGB und damit eine Überprüfung anhand der AGB-Regelungen des BGB geboten.61

5.

Rechtsgeschäftliche Einbeziehung der ISP98

Im Hinblick auf die verschiedenen miteinander konkurrierenden Regelwerke 8/15 der ICC bedarf es insofern der ausdrücklichen Einbeziehung der ISP98 beispielsweise durch Verweisung im Auftragsformular oder in den Avalbedingungen oder Akkreditivbedingungen. Eine Klausel etwa mit folgendem Wortlaut „this undertaking shall be governed by the ICC Rules“ kann in diesem Zusammenhang nicht als hinreichend konkret erachtet oder gar als Hinweis auf die ISP98 verstanden werden.62 Werden die ISP98 durch Verweisung in den AGB der Bank etwa durch eine Formulierung wie „ergänzende Geltung der ISP98, soweit keine Abweichungen vorliegen“ einbezogen, so kann sich im Hinblick auf Rule 1.04 ISP98, wonach die ISP98 im Verhältnis zu anderen AGB vorrangige Geltung beanspruchen, soweit sie nicht ausdrücklich abbedungen sind, die Frage nach dem Geltungsvor-

56 Dies gutheißend Dolan Letters of Credit, 4.09, 4–112. 57 Byrne The Official Commentary, S. 20 f. und 26. 58 Haas ZBB 1999, 301, 303. 59 ICC-Publ. Nr. 590 S. 5. Im Hinblick auf eine Einzelfallbetrachtung zust. Nielsen WM 1999, 2005, 2011. 60 Vgl. Haas ZBB 1999, 301, 303. Krit. ebenfalls Dolan Letters of Credit, 4.09, 4–103 f. 61 Haas ZBB 1999, 301, 304; Nielsen WM 1999, 2005, 2011; Holzwarth Documentary Credits INsight 1999, Vol. 4, No. 4 S. 12 „standard contract terms“; Ingelmann/Schmitt in: Häberle, Handbuch der Akkreditive, S. 796. 62 Nielsen WM 1999, 2005, 2011.

379

Achter Abschnitt

Anglo-Amerikanische Rechtsformen dokumentärer Geschäfte

rang stellen. Ob eine ergänzende Geltung der ISP98 eine „ausdrückliche“ Abbedingung der ISP98 gemäß Rule 1.04 ist, vermag nicht zweifelsfrei beurteilt zu werden. Daher sollte bei Einbeziehung der ISP98 mit besonderer Sorgfalt darauf geachtet und eindeutig klargestellt werden, dass die Geschäftsbedingungen der Bank ungeachtet der Rule 1.04 ISP98 vorrangig vor den ISP98 gelten sollen und sämtliche von den AGB der Bank abweichenden Klauseln der ISP98 ausdrücklich abbedungen werden.63

6.

Zustandekommen eines Standby Letter of Credit-Vertrages

8/16 Entsprechend der anglo-amerikanischen Mailbox-Theorie statuiert Rule 2.03

ISP98, dass ein Standby Letter of Credit bereits mit Absendung wirksam ist. Hierin liegt ein bedeutsamer Unterschied zu den dokumentären Zahlungsversprechen wie Garantie oder Akkreditiv, für deren Wirksamwerden es nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen auf den Zugang beim Begünstigten ankommt.64 Die Absendung ist auch bei späteren Änderungen des Standby Letters of Credit maßgebend, Rule 2.06. Während Rule 2.05 und 2.06 ISP98 suggerieren, dass eine Information des Auftraggebers nicht notwendig sei, ergibt sich im Zusammenhang mit dem Auftragsverhältnis nach deutschem Recht, dass der Auftraggeber zwingend über Änderungen informiert werden muss.

7.

Abwicklungsformen und Einschaltung Dritter

8/17 Ausgangspunkt ist Rule 2.01b ISP98, wonach mangels abweichender Verein-

barung ein Standby Letter of Credit grundsätzlich bei Sicht zahlbar ist. Vereinbart werden können jedoch auch Nutzbarkeit durch Akzept, Deferred Payment oder Negotiation, Rule 2.01b i. bis iii. ISP98. Gemäß Rule 2.04 ISP98 ist die Einschaltung Dritter erlaubt.

8.

Ordnungsgemäße Inanspruchnahme eines Standby Letter of Credit

8/18 Nach Rule 3.05 ISP98 ist eine Inanspruchnahme rechtzeitig, wenn sie nach Aus-

stellung und vor Fristablauf am Verfalltag erfolgt.65 Im Unterschied zu Art. 36 ERA trägt der Begünstigte nicht das Risiko der Schließung der Bank aufgrund höherer Gewalt, vgl. Rule 3.14a ISP98. Rule 3.06 ISP98 eröffnet auch die Möglichkeit, elektronische Medien wie E-Mail für die Präsentation der Dokumente einzusetzen, wenn dies ausdrücklich im Standby Letter of Credit vereinbart ist, vgl.

63 64 65

380

Haas ZBB 1999, 301, 305. Vgl. Nielsen WM 1999, 2005, 2017. Vgl. Bertrams Bank Guarantees in International Trade, Rdn. 13–22.

II. Standby Letter of Credit

Achter Abschnitt

Rule 3.06 ISP98. Rule 3.07c ISP98 sieht vor, dass eine Bank bei Teilinanspruchnahmen nicht gehindert ist, bei weiteren Inanspruchnahmen aus demselben Standby Letter of Credit dieselben Unstimmigkeiten trotz vorheriger Akzeptanz der Dokumente zu rügen. Ob diese Regelung einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB standhalten kann, darf bezweifelt werden, da durch frühere Präsentationen und deren Akzeptanz durch die Bank gegenüber dem Begünstigten ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden sein könnte, auf den sich der Begünstigte möglicherweise bei nachfolgenden Präsentationen berufen kann.66 Die Bank könnte sich dem Einwand des widersprüchlichen Verhaltens ausgesetzt sehen. Vor diesem Hintergrund sollte die eröffnende Bank eines unter deutschem Recht herausgelegten Standby Letter of Credit nicht auf die Wirksamkeit der Rule 3.07c ISP98 vertrauen. Nach Rule 3.10 ISP98 besteht keine Verpflichtung der Bank, den Auftraggeber von 8/19 der Einreichung von Dokumenten unter einem Standby Letter of Credit zu unterrichten. Hierbei handelt es sich aber um eine nach deutschem Recht nicht abdingbare Kardinalpflicht des Auftragnehmers gegenüber dem Auftraggeber, so dass die Rule 3.10 ISP98 einer Inhaltskontrolle nach nationalem Recht kaum standzuhalten vermag.67 Rule 3.11 ISP98 ermöglicht den Verzicht auf Einreichungsvoraussetzungen ohne 8/20 Absprache mit dem Auftraggeber. Ob dies mit dem gesetzlichen Leitbild des Auftragsverhältnisses vereinbar ist, kann wiederum bezweifelt werden.68 Vor diesem Hintergrund sollte erwogen werden, ob diese Regelung nicht abbedungen wird. Es ist daher für die Praxis tunlich, diese Möglichkeit ausdrücklich in dem Standby Letter of Credit zu untersagen bzw. hiervon keinen Gebrauch zu machen. Nicht unproblematisch ist des weiteren die Rule 4.04 ISP98, wonach alle Dokumente, die für die Inanspruchnahme des Standby Letter of Credit vorgeschrieben sind, in dessen Sprache abgefasst sein müssen. Hierin kann ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichrangigkeit der Welthandelssprachen und damit eine Unvereinbarkeit mit den deutschen Regelungen des BGB über allgemeine Geschäftsbedingungen gesehen werden.69 Problematisch ist die Rule 4.04 ISP98 nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund, dass bestimmte Dokumente, etwa Qualitätszertifikate, üblicherweise nur in der Sprache des Herkunftslandes ausgestellt werden. Nach Rule 4.03 ISP98 ist im Gegensatz zu Art. 14a ERA (Rdn. 2/245, 2/257) eine Prü- 8/21 fung der vorgelegten Dokumente dahingehend, ob sie sich ihrer äußeren Aufmachung nach untereinander widersprechen, nur dann geboten, wenn jene im Standby Letter of Credit ausdrücklich vorgesehen ist. Zur Begründung wird ange-

66 Haas ZBB 1999, 301, 305; Holzwarth Documentary Credits INsight, 1998, Vol. 4, No. 4 S. 12, 13. 67 Haas ZBB 1999, 301, 305; Nielsen WM 1999, 2049, 2058; Holzwarth Documentary Credits INsight, 1999, Vol. 4, No. 4 S. 13. 68 Haas ZBB 1999, 301, 305. 69 Nielsen WM 1999, 2049, 2053; Holzwarth Documentary Credits INsight, 1999, Vol. 4, No. 4 S. 112, 13 f.

381

Achter Abschnitt

Anglo-Amerikanische Rechtsformen dokumentärer Geschäfte

führt,70 dass es bei einem Standby Letter of Credit nur darauf ankomme, ob sich die Dokumente auf den Kreditbrief beziehen.71 Nach Rule 3.02 ISP98 ist nicht nur die Einzeleinreichung von Dokumenten zulässig, darüber hinaus löst bereits die Einreichung eines einzelnen Dokuments die Prüfungspflicht und den Lauf der Rügefrist aus. Abmilderung dieser Folge kann zwar Rule 3.11 a.i. ISP98 verschaffen, wonach eine Vereinbarung getroffen werden kann, dass die Dokumentenprüfung bei Einreichung eines einzelnen Dokuments hinausgeschoben wird. Gleichwohl empfiehlt es sich, die Zulässigkeit der ratenweisen Einreichung der Dokumente abzubedingen.72 Nach Rule 4.20 sollen auch bei einem Dokumentenakkreditiv die ISP98 greifen. Hier sollte in Betracht gezogen werden, ob nicht Standby Letters of Credit mit dem Charakter eines Dokumentenakkreditivs weiterhin unter den ERA 600 zu eröffnen und abzuwickeln sind.

9.

Resümee und Ausblick

8/22 Die Liste der nicht unproblematischen Rules der ISP98 ließe sich noch um einige

fortsetzen.73 Die – nicht vollständige – Aufzählung von Problemen der ISP98 bei Anwendung deutschen Rechts legt dar, dass bei Ausstellung von Standby Letters of Credit bzw. Bankgarantien durch Banken nicht unbesehen und pauschal auf die ISP98 verwiesen werden sollte. Auch die American Bar Association (ABA) hat in einem Erläuterungspapier dargelegt, dass die Regelungen ISP98 in einigen Punkten von der bisherigen US-amerikanischen Praxis der Standby Letter of Credit abweichen.74 Daher sollte eine Reihe von Regelungen der ISP98 im Interesse des Auftraggebers ausgeschlossen werden. Für die Ausstellung von Standby Letters of Credit durch mit der Standby-Praxis nicht allzu sehr vertrauten Beteiligten ist daher – einer Anregung der ABA folgend – jeweils genau zu betrachten, welche Regelung der ISP98 Anwendung finden sollte bzw. wie die Einbeziehung der ISP98 zu modifizieren sind.75 Hierin könnte eine wesentliches Erschwernis im Gegensatz zu den ERA liegen, die in der Praxis ohne Änderung einzelner Regeln verwendet werden und auch verwendet werden können. Des weiteren halten einige Regelungen, die ausschließlich vom US-amerikanischen Recht geprägt sind, – wie gezeigt – einer Überprüfung anhand des AGB-Regelungen des BGB nicht stand. Des weiteren handelt es sich bei den ISP98 um ein Regelungswerk

70 Byrne The Official Commentary, Rule 4.03 Rdn. 3. 71 Krit. hierzu Nielsen WM 1999, 2049, 2054. 72 So a. Nielsen WM 1999, 2049, 2055. 73 S. (noch zu AGB-Gesetz) Haas ZBB 1999, 301 ff.; Nielsen WM 1999, 2005 ff., 2049 ff. Ferner zu den positiven Regelungen Turner Documentary Credits INsight, 1999, Vol. 5, No. 2 S. 14 ff. sowie ders. Documentary Credits INsight, 2000, Vol. 6, No. 4 S. 11 f. 74 S. hierzu Nielsen WM 1999, 2049, 2061; Ingelmann/Schmitt in: Häberle, Handbuch der Akkreditive, S. 808 f. Die ISP98 eher begrüßend Encyclopaedia of Banking Law, International banking operations, F (518). 75 Ebenso Ingelmann/Schmitt in: Häberle, Handbuch der Akkreditive, S. 809.

382

II. Standby Letter of Credit

Achter Abschnitt

eines nichthoheitlichen Normgebers, der als private Organisation nicht zwingendes Gesetzesrecht verändern kann.76 Angesichts dessen, dass sich die ERA bewährt haben – auch im Hinblick auf Standby Letter of Credit –, erscheint es daher nur schwer nachvollziehbar, ein Regelungswerk, dessen Notwendigkeit von Anfang an äußerst umstritten war, zu verwenden. Es wird daher auch in Zukunft davon auszugehen sein, dass – jedenfalls in Deutschland – die Vereinbarung der Geltung der ISP98 weiterhin die Ausnahme bleiben wird.

E.

United Nations Convention on Independant Guarantees and Standby Letters of Credit

Am 11.12.1995 ist von den Vereinten Nationen in New York eine UN-Konvention 8/23 über unabhängige Garantien und Standby Letters of Credit verabschiedet worden.77 Das Übereinkommen78 haben bislang acht Staaten (Ecuador, El Salvador, Gabun, Kuwait, Liberia, Panama, Tunesien und Weißrussland) ratifiziert. Damit ist dieses Übereinkommen mit Wirkung vom 1.1.2000 für diese Länder in Kraft getreten. Von den USA wurde dieses Übereinkommen unterzeichnet, jedoch nicht ratifiziert. Mangels Unterzeichnung und Ratifikation in Deutschland wurde die Konvention bislang nicht zu geltendem nationalen Recht. Wegen des Inkrafttretens der Konvention durch Ratifizierung in den genannten Ländern hat das Übereinkommen auch Bedeutung für die Behandlung und Bearbeitung hiesiger Banken, sofern die Niederlassung des Garanten/Ausstellers sich in einem der acht oben genannten Vertragsstaaten (Ecuador, El Salvador, Gabun, Kuwait, Liberia, Panama, Tunesien oder Weißrussland) befindet oder wenn die Regeln des Internationalen Privatrechts zur Anwendung des Rechts eines Vertragsstaates führen und in der Garantie oder dem Standby Letter of Credit die Anwendung des Übereinkommens nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurde. Die Konvention enthält Regelungen über unabhängige Verpflichtungen, die von einer Bank oder einer anderen Einrichtung oder Person übernommen werden, in der internationalen Praxis als unabhängige Garantie oder als Standby Letter of Credit bekannt sind und die Zahlung eines bestimmten oder bestimmbaren Betrages an den Begünstigten auf einfaches Anfordern oder auf Anfordern zusammen mit anderen Dokumenten im Einklang mit den Bestimmungen und etwaigen dokumentären Bedingungen der Verbindlichkeit vorsehen, die besagen oder aus

76 Vgl. hierzu a. Lienesch S. 13; Kropholler S. 125. 77 Zur Entstehungsgeschichte Czerwenka in: FS Piper, S. 811 ff.; Lienesch S. 24 ff. 78 Hierzu ausf. Lienesch Internationale Bankgarantien und die UN-Konvention über unabhängige Garantien und Stand-by Letters of Credit, 1999. Horn RIW 1997, 717 ff.; Byrne Independent Guarantee Convention, in The 1999 Annual Survey of Letter of Credit Law & Practice, S. 93 ff.; Dolan The UN Convention on International Independent Undertakings, in: The 1999 Annual Survey of Letter of Credit Law & Practice, S. 97 ff. Fayers analyzes a UK case and how applying the UNCITRAL Convention might have affected its outcome, Documentary Credits INsight, 2000, Vol. 6, No. 2 S. 21 f.

383

Achter Abschnitt

Anglo-Amerikanische Rechtsformen dokumentärer Geschäfte

denen hervorgeht, dass die Zahlung wegen Nichterfüllung einer Verpflichtung oder wegen eines anderen Sachverhalts oder für geliehenes oder im Voraus gezahltes Geld oder wegen fälliger Schulden des Auftraggebers/Antragstellers oder einer anderen Person zu leisten ist (Art. 2 der Konvention). Hinzuweisen ist insbesondere auf Art. 12c der Konvention, wonach eine unbefristete Garantie oder ein unbefristeter Standby Letter of Credit automatisch sechs Jahre nach Erstellung verfällt.79 Bei Erstellung einer unbefristeten Garantie oder eines unbefristeten Standby Letter of Credit, für die die Konvention anwendbar ist, riskiert somit eine Bank, dass sie keinen Rückgriffsanspruch hat. Vor diesem Hintergrund ist in der Praxis immer genau zu prüfen, ob von der Möglichkeit, die Anwendbarkeit des Übereinkommens ausdrücklich auszuschließen, Gebrauch gemacht werden soll und kann. Die Konvention enthält ferner keine detaillierten Regelungen bezüglich des Rechtsverhältnisses zwischen Garantieauftraggeber und Begünstigten einerseits und zwischen Garantieauftraggeber und Bank andererseits.80

III. Negoziierungskredit (drawing authorisation) 8/24 Unter der im anglo-amerikanischen Rechtskreis entwickelten Gewohnheit, alle

dokumentären Zahlungsgeschäfte im Außenhandel unter Beifügung von Tratten abzuwickeln, haben sich in der Praxis neben den Letters of Credit und den glatten Inkassi die drawing authorisations herausgebildet, die man in Deutschland meist Negoziierungskredite nennt.81 Bekannt sind im wesentlichen zwei Arten von Negoziierungskrediten, die authority to purchase (auch authority to pay genannt) und die order to negotiate. Die Terminologie ist aber bis heute noch nicht einheitlich, und auch die Zahlungsgeschäfte, die sich hinter diesen Bezeichnungen verbergen, sind verschieden, und zwar je nach den Usancen der Banken, die vorwiegend mit Negoziierungskrediten arbeiten. So gibt es Banken, die eine der genannten Bezeichnungen angenommen haben und darunter je nach Vereinbarungen mit ihren Kunden Geschäfte einleiten, die der Sache nach widerrufliche oder unwiderrufliche Akkreditive (Letters of Credit) oder auch wirkliche Negoziierungskredite sind, bei denen aber die Tratten einmal auf die Bank, ein anderes Mal auf den Käufer gezogen werden. Wenn im Folgenden versucht wird, das Wesen der Negoziierungskredite zu skizzieren und auch sachlich zwischen der authority to purchase und der order to negotiate zu unterscheiden, muss man sich dabei dessen bewusst sein, dass man nicht mit den Gepflogenheiten aller Banken übereinstimmt. Es erscheint aber

79 Krit. hierzu Bögl S. 143; dagegen Lienesch S. 117 f. 80 Vgl. hierzu Lienesch S. 195 ff. 81 Für die anglo-amerikanische Terminologie vgl. Ellinger Modern Banking Law, S. 494; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 70. Ferner Bontoux Le crédit documentaire, moyen de paiement et de financement, S. 63 ff. Ferner von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 41.

384

III. Negoziierungskredit (drawing authorisation)

Achter Abschnitt

zweckmäßig, eine einheitliche Begriffsbildung anzustreben, bei der als Akkreditive (Letters of Credit) alle Geschäfte – aber auch nur sie – bezeichnet werden, die sachlich Akkreditive, d.h. Zahlungsversprechen von Banken, sind, und umgekehrt die Bezeichnung für Negoziierungskredite denjenigen Geschäften – und nur ihnen – vorbehalten bleibt, die sie rechtfertigen und sich je nach ihrem Inhalt auch unter sich deutlich voneinander unterscheiden. Als Negoziierungskredite werden infolgedessen im wesentlichen folgende 8/25 Geschäfte verstanden:82 a) Aufgrund einer Vereinbarung – Geschäftsbesorgungsvertrag – mit dem Käufer ermächtigt dessen Bank ihre Korrespondenzbank im Land des Verkäufers, zu ihren – der Bank des Käufers – Lasten die vom Verkäufer auf den Käufer gezogenen und zusammen mit den Transportdokumenten hereingereichten Tratten anzukaufen; die Korrespondenzbank teilt dem Verkäufer mit, dass und mit welchem Inhalt ihr die Ankaufsermächtigung erteilt worden ist, ohne dadurch für sich oder die Bank des Käufers eine vertragliche Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Verkäufer zu begründen. Die Ankaufsermächtigung wird als authority to purchase oder authority to pay bezeichnet. b) Die Bank des Käufers beauftragt ihre Korrespondenzbank im Lande des Verkäufers, die vom Verkäufer auf die Korrespondenzbank gezogene und zusammen mit den Dokumenten eingereichte Tratte für ihre Rechnung anzukaufen. In diesem Falle spricht man von einer order to negotiate. Vertragliche Beziehungen werden auch dabei durch die Mitteilung von der Eröffnung zwischen den Banken und dem Verkäufer nicht begründet. Bei der authority to purchase kauft die Korrespondenzbank die auf den Käufer 8/26 gezogene Tratte stets sofort zu Lasten der Bank des Käufers an und sendet sie zusammen mit den Dokumenten an diese Bank weiter. Die Bank des Käufers zieht den Wechselbetrag bei diesem ein. Nachsichttratten lässt sie vom Käufer akzeptieren. Sie versieht folglich die Tratte, wenn sie blanko indossiert ist, nicht mit ihrem Giro; sie giriert nur, wenn der Verkäufer die Tratte an sie indossiert hat, was in der Praxis eigentlich nie vereinbart wird, weil ein solches Indossament die ankaufende Bank unnötigerweise der Girantenhaftung aussetzen würde. Bei der order to negotiate läuft das Geschäft ebenfalls wie vorstehend geschil- 8/27 dert ab, wenn der Auftrag an die Korrespondenzbank nicht die Akzeptleistung durch diese Bank miteinschließt, d.h., wenn das Geschäft mit Sichttratten abgewickelt wird. Ist dagegen Akzeptleistung vereinbart, nimmt die Korrespondenzbank Dokumente und Tratte auf, akzeptiert die Tratte, diskontiert sie dem Verkäufer und sendet nur die Dokumente an die Bank des Käufers. Gleichzeitig teilt sie dieser Bank das Datum der Wechselfälligkeit mit und fordert zu diesem Tage (oder einige Tage früher) die Anschaffung des Wechselbetrages, den die Bank des

82 Vgl. von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 234; Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 70.

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Achter Abschnitt

Anglo-Amerikanische Rechtsformen dokumentärer Geschäfte

Käufers ihrerseits rechtzeitig beim Käufer einzieht. Das Akzept behält die bezogene Korrespondenzbank entweder im Portefeuille oder lässt es rediskontieren, was in den meisten Ländern bei Akzepten dieser Art zu besonders günstigen Sätzen möglich ist. Hier hat man es mit einer besonderen, allerdings in Deutschland nicht sehr verbreiteten Art eines Rembourses zu tun. 8/28 Vom Standpunkt des Verkäufers aus betrachtet dient die Eröffnung eines Negozi-

ierungskredites nur der Bereitstellung eines Zahlungsweges. Die Banken begründen grundsätzlich keine Zahlungsverpflichtungen für sich, was in dem Eröffnungsschreiben dem Verkäufer gegenüber meist auch ausdrücklich betont wird. Unwiderrufliche Negoziierungskredite sind der Sache nach in Wahrheit Akkreditive (Letters of Credit), weil sie wie diese eine feste Zahlungsverpflichtung für die Bank begründen.83 8/29 Negoziierungskredite dürfen mangels besonderer Vereinbarung vom Verkäufer

nicht mit „without recourse“-Tratten bedient werden, so dass der Aussteller immer bis zur endgültigen Wechseleinlösung verpflichtet bleibt.84 Dies versteht sich bei der authority to purchase aus der Tatsache, dass der Wechsel auf den Käufer gezogen ist und die Banken sich im Falle der Nichteinlösung des Wechsels durch den Käufer jederzeit den Rückgriff auf den Verkäufer freihalten wollen. Bei der order to negotiate ist die Ausstellerhaftung des Verkäufers jedenfalls dann, wenn die Tratte von der Bank in seinem Land akzeptiert ist, bedeutungslos, weil sich jeder Wechselinhaber wegen Zahlung an die bezogene Bank halten und von dieser auch bezahlt wird. Da aber – wie schon an anderer Stelle erwähnt (Rdn. 5/19) – durch die Klausel „without recourse“ die Diskontfähigkeit der Wechsel gemindert bzw. bei vielen erstklassigen Banken aufgehoben ist, muss auch in diesem Fall der Ausschluss der Ausstellerhaftung auf dem Wechsel unterbleiben. 8/30 Für den Käufer unterscheiden sich Negoziierungskredite in ihren Auswirkungen

nur dann von einem glatten Inkasso, wenn die Einreichung von Nachsichttratten vorgesehen ist.85 Sie bedeuten dann für ihn eine Anschlussfinanzierung mithilfe des ihm von seiner Bank (bei der authority to purchase) oder in deren Auftrag von der Korrespondenzbank (bei der order to negotiate) eingeräumten Wechselankaufkredits. Aus diesem Grunde kommen Negoziierungskredite besonders häufig gegen Nachsichttratten vor. Ihre wirtschaftliche Bedeutung liegt darin, dem Verkäufer bei Warenlieferung sofort zu seinem Geld, dem Käufer aber gleichzeitig zur Einräumung eines Zahlungszieles zu verhelfen, damit er in der Zeit zwischen der Ankunft der Dokumente und der Wechselfälligkeit den Weiterverkauf der Ware betreiben und aus dem Erlös den Wechsel einlösen kann. 8/31 Wann man in der Praxis bei Verwendung von Nachsichttratten den Negoziie-

rungskredit als authority to purchase und wann als order to negotiate aufbaut, ist

83 Nielsen in: BuB, Rdn. 5/399. 84 Gutteridge/Megrah The Law of Bankers‘ Commercial Credits, S. 88 ff., 93; von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 234. 85 Klenke Auslandsgeschäfte der Kreditinstitute, S. 155.

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III. Negoziierungskredit (drawing authorisation)

Achter Abschnitt

häufig eine Frage der gewohnheitsmäßigen Übung ohne sachliche Erwägungen. Das ist auch gerechtfertigt, da in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle die Zuverlässigkeit des Käufers einen reibungslosen Geschäftsablauf gewährleistet. Immerhin aber lassen sich folgende Überlegungen anstellen: Ist der Käufer einer Bank für einen Kredit in blanko gut oder hat er den Kredit hinreichend abgesichert, kann die Bank unbedenklich die order to negotiate wählen. Erscheint dagegen der Kredit nicht unbedingt sicher für die Bank, tut sie besser daran, eine authority to purchase zu eröffnen: Dann akzeptiert der Käufer. Zwar mag in diesem Fall für die Bank keine Möglichkeit bestehen, den Wechsel günstig zu rediskontieren, aber der Wechsel kann ihr in jedem Fall als eine gewisse Sicherheit dienen. Der Käufer wird sich im Zweifel stärker bemühen, den von ihm akzeptierten Wechsel bei Fälligkeit zu bezahlen und damit seinen Verpflichtungen gegenüber der Bank nachzukommen, als wenn er von der Wechselhaftung und allen mit der Nichteinlösung eines Akzepts durch den Bezogenen verbundenen Folgen nicht betroffen ist, sondern nur seiner Bank zur Abdeckung des eingeräumten Kredits verpflichtet wäre, wie dies nach der order to negotiate der Fall ist. Bei der Abwicklung eines Negoziierungskredites kann die Bank im Lande des Ver- 8/32 käufers der Bank des Käufers Weisungen erteilen, wann die Dokumente frühestens dem Käufer ausgehändigt werden dürfen. Bei der order to negotiate kommt das praktisch nicht vor, weil die Bank des Käufers aufgrund des Geschäftsbesorgungsvertrages in jedem Fall der akzeptierenden Bank auf Ersatz der Auslagen haftet und es ihr daher überlassen bleiben kann, ob sie dem Käufer die Dokumente schon vor Einlösung aushändigt. Bei der authority to purchase dagegen finden sich derartige Weisungen fast immer, und zwar gehen sie nicht nur auf die negoziierende Bank, sondern auch auf den Verkäufer selbst zurück. Beide sind im Falle der Nichteinlösung des Wechsels durch den Käufer dem wechselrechtlichen Rückgriff – die Bank als Girant, der Verkäufer als Aussteller – ausgesetzt und haben für den Fall ihrer Inanspruchnahme ein Interesse daran, die Dokumente ausgehändigt zu bekommen, um sich an der Ware schadlos zu halten. Im Rahmen von Negoziierungskrediten kommen folgende Weisungen, die von 8/33 der Bank des Käufers zu beachten sind, in Betracht:86 – D/P = documents against payment, Dokumente gegen Bezahlung (seltener auch D/C = documents against cash, Dokumente gegen Kasse); – D/A = documents against acceptance, Dokumente gegen Akzept. Sichttratten sind naturgemäß immer D/P zu behandeln. Zieltratten werden gewöhnlich D/A behandelt. Ist aber bei ihnen D/P vorgeschrieben, darf die Bank dem Käufer nur dann nach Akzeptleistung, aber vor Wechselfälligkeit die Dokumente aushändigen, wenn sie sich zugleich den Wechselbetrag (auch vor Fälligkeit des Wechsels) anschaffen lässt. Händigt sie die Dokumente ohne Bezahlung gegen

86

Chorley/Holden Law of Banking, S. 224.

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Achter Abschnitt

Anglo-Amerikanische Rechtsformen dokumentärer Geschäfte

Sicherungsvereinbarung oder trust receipt aus, weil die Ware vor Wechselfälligkeit angekommen ist und dem Käufer die Inbesitznahme ermöglicht werden soll, tut sie diese auf ihr eigenes Kreditrisiko. Es ist Sache des Verkäufers, die Wechselfälligkeit auf das Datum der Ankunft der Ware richtig abzustimmen. Kommt die Ware vor Wechselfälligkeit an, muss die Bank u.U. Zollbehandlung, Lagerung etc. (zu Lasten ihres Auftraggebers) selbst besorgen, wenn der Käufer nicht vorzeitig zahlt und die Bank das in der Aushändigung der Dokumente an den Käufer liegende Kreditrisiko nicht übernehmen will.

IV. Packing Credit (anticipatory credit) 8/34 Es würde den Rahmen der vorliegenden Darstellung überschreiten, wenn man

versuchen wollte, alle besonderen Klauseln anzuführen, die sich branchenüblich im Akkreditivverkehr der Welt herausgebildet haben, aber jeweils nur für spezielle Arten von Geschäften Bedeutung gewinnen. Hier soll daher nur auf eine Besonderheit eingegangen werden, die vor allem im Rohstoffgeschäft (Stahl, Baumwolle, Reis, Wolle etc.) mit Australien, Neuseeland und Südafrika und anderen Ländern Bedeutung gewonnen hat, den so genannten Packing Credit.87 Von einem Packing Credit – auch anticipatory credit genannt – spricht man, wenn das Akkreditiv eine Klausel enthält, der zufolge die Bank im Lande des Verkäufers berechtigt (nicht verpflichtet) ist, dem begünstigten Verkäufer das Akkreditiv unter Haftung der akkreditiveröffnenden Bank schon vor Einreichung der Dokumente bis zu einer bestimmten Höhe zu bevorschussen. Der Vorschuss soll dem Verkäufer die finanziellen Mittel zur Produktion oder zum Erwerb88, zur Verpackung oder zum Versand der Ware89 geben. Er kann damit die Funktion eines Betriebsmittelkredits übernehmen. Der Packing Credit ist ein echter Kredit im Rahmen eines Akkreditivs. Seine Gewährung ist daher von den üblichen Krediterwägungen und Sicherheitsüberlegungen abhängig, die der Bank im Landes des Verkäufers überlassen bleiben, da sie über dessen Kreditwürdigkeit besser unterrichtet ist als die Akkreditivbank. 8/35 Für die Absicherung des unter einem Packing Credit gewährten Vorschusses

haben sich im Laufe der Zeit einheitliche Formeln herausgebildet, die entsprechend der Farbe, in der sie üblicherweise, besonders von den australischen Banken, in den für Packing Credits vorgesehenen Formularen früher geschrieben

87 Klenke Auslandsgeschäfte der Kreditinstitute, S. 156; von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 235 f.; Ehrlich Dokumentenakkreditiv HIW, Rdn. 279; Gutteridge/Megrah The Law of Bankers‘ Commercial Credits, S. 12 f.; Schmitthoff The Export Trade, S. 261 f.; Lombardini Droit et pratique du crédit documentaire, S. 19 f.; Raith Das Recht des Dokumentenakkreditivs in den USA und in Deutschland, S. 139; Häberle in: Häberle, Handbuch der Akkreditive, S. 99 ff. 88 So Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 437. 89 von Bernstorff Rechtsprobleme im Auslandsgeschäft, S. 235 f.

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IV. Packing Credit (anticipatory credit)

Achter Abschnitt

und später gedruckt wurden, als Red Clause oder Green Clause bezeichnet werden.90 Beide Klauseln stehen entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung91 nicht notwendig in der Form zueinander im Gegensatz, dass die Green Clause einen lediglich schuldrechtlich gesicherten Packing Credit gegen die schriftliche Verpflichtungserklärung des Verkäufers bezeichnet, die Red Clause dagegen einen Packing Credit, der mit dinglicher Sicherung gegeben wird, umgehend den Versand der Ware vorzunehmen und der Bank die akkreditivgemäßen Dokumente einzureichen. Es gibt einerseits Banken, die sowohl die eine als auch die andere Form des Packing Credit durch eine rotgedruckte Klausel92 in das Akkreditiv aufnehmen. Andererseits gibt es Banken, die nur grüngedruckte Klauseln verwenden. Schließlich gibt es Banken, die in dem oben angeführten Sinne eine Trennung zwischen der roten und der grünen Klausel vornehmen. Es kann daher leicht zu Missverständnissen führen, wenn europäische Banken ihren Korrespondenzbanken in den oben genannten Ländern im Akkreditiv lediglich die Weisung geben, einen Packing Credit unter einer Red Clause oder einer Green Clause zu gewähren. Die Banken sollten vielmehr im Einzelnen angeben, unter welchen Bedingungen ihre Korrespondenzbank zur Gewährung des Packing Credits befugt sein soll; erhält die Korrespondenzbank nur unklare Angaben, sollte sie sich – insbesondere vor einer Bestätigung – durch Rückfrage bei der Akkreditivbank um eindeutige Weisungen bemühen. Zweckmäßigerweise lauten die Angaben der Akkreditivbank an die Korrespon- 8/36 denzbank im Landes des Begünstigten etwa wie folgt: a) Packing Credit in Höhe von . . . gegen Verpflichtungserklärung, die Dokumente fristgemäß nachzureichen, gestattet (ungedeckter Kredit); oder b) Packing Credit in Höhe von . . . gegen Lagerschein (Warehouse Receipt) und Verpflichtungserklärung, die Dokumente fristgemäß nachzureichen, gestattet (gedeckter Kredit); oder c) Packing Credit in Höhe von . . . gegen Trust Receipt (oder Banksicherheiten wie Zessionen, Pfandrechte etc.) und Verpflichtungserklärung, die Dokumente fristgerecht nachzureichen, gestattet (gedeckter Kredit).

90 Schütze Dokumentenakkreditiv, Rdn. 437 f.; Hinkelmann Internationale Zahlungen, S. 101. 91 Gutteridge/Megrah The Law of Bankers‘ Commercial Credits, S. 12. 92 Textbeispiel: „You above mentioned Branch/es are also authorised to grant to the accredité/s an overdraft facility not exceeding . . . current at any one time in anticipation of the discount by such Branch/es of drafts accompanied by documents as above contemplated, which overdraft it is intended shall be discharged out of the proceeds of discount of such drafts. It is understood that the granting and continuing of any overdraft is optional on the part of the Bank who shall not be in any way concerned to enquire into nor be concerned with the circumstances in which cheques relative to such overdraft may be drawn, nor be concerned nor responsible for the application aforesaid hereby assume liability to you for the repayment on demand of all amounts owing to the Bank in respect of such overdraft facility, together with all interest charges and expenses which may at any time be due to the Bank in respect thereof.“ Zu einem Rechtsprechungsbeispiel zu einer „red clause“ Leonard A. Feinberg, Inc. v. Central Asia Capital Corporation, 974 F. Supp. 822. 34 U.C.C. Rep. Serv. 2d (CBC) 112 (F. D. Pa. 1997).

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Achter Abschnitt

Anglo-Amerikanische Rechtsformen dokumentärer Geschäfte

Soweit der Akkreditivbank bekannt ist, dass die Korrespondenzbank in einem Lande, in dem Packing Credits vornehmlich vorkommen, die unter b) und c) beispielhaft angeführten Absicherungen der Packing Credits nach festen Usancen vornimmt, kann es sich im Einzelfall erübrigen, dieser Bank spezielle Anweisungen über die Art der Absicherung zu machen. Es genügt dann folgende Mitteilung im Anschreiben: „Abgesicherter Packing Credit in Höhe von . . . gegen zusätzliche Verpflichtungserklärung, die Dokumente fristgerecht nachzureichen, gestattet.“ 8/37 Da die Gewährung eines Packing Credit durch die Akkreditivbank immer auf Ver-

anlassung des Käufers geschieht, trägt der Käufer das Kreditrisiko; deshalb kommen Packing Credits gewöhnlich auch nur dann vor, wenn der Verkäufer als Agent, Vertreter oder Tochterfirma des Käufers im Exportland tätig ist und der Käufer daher Veranlassung hat, ihm bei der Bereitstellung der flüssigen Mittel zur Durchführung des Transportes etc. behilflich zu sein. Das findet seinen Ausdruck darin, dass die Akkreditivbank, sobald sie von der Korrespondenzbank in Höhe eines ausgezahlten Packing Credits belastet wird, den Käufer weiterbelastet oder zumindest einen Anspruch darauf erhält. Lässt also der Begünstigte, nachdem er den Vorschuss erhalten hat, das Akkreditiv verfallen, geht der Schaden zu Lasten des Käufers, der allerdings gegen die Akkreditivbank einen Anspruch auf Abtretung der Kreditforderung und Übertragung der vom Begünstigten für den Packing Credit gestellten Sicherheiten hat. Kreditgewährender Teil ist hier also wirtschaftlich der Käufer, während die Banken ihre Dienste nur zur Durchleitung zur Verfügung stellen. Das bedingt eine Zweckverbindung für die den Vorschuss leistende Bank. Sie darf den Vorschuss nur zur Abwicklung des spezifizierten Exportgeschäftes gewähren. Deshalb muss sie ohne Übernahme eines dahingehenden besonderen Auftrages aber noch nicht die Verwendung des Vorschusses überwachen. Nur darf sie den Vorschuss weder zur Abdeckung eines überfälligen Kredits des Verkäufers verwenden noch wissentlich eine willkürliche Verwendung des Betrages zur anderweitigen Kreditabdeckung durch den Verkäufer fördern; sie darf einem Auftrag des Verkäufers, den noch nicht beanspruchten Vorschuss zur Abdeckung eines überfälligen Debetsaldos auf sein laufendes Konto zu übertragen, mithin keine Folge leisten. In diesem Sinne wird der Packing Credit auch von der amerikanischen höchstrichterlichen Rechtsprechung beurteilt,93 nachdem einige Jahre zuvor eine Entscheidung ergangen war, die die Bank von jeder Verantwortung für die Verwendung des Vorschusses freistellte.94

93 Grace v. Corn Exchange Bank Trust Co., 287 N. Y. 94; 38 N. E. (2d) 449 (1941). 94 Oelbermann et al. v. National City Bank of New York, 79 Fed. Rep. (2d) 534 (2nd Cir. 1935) modified 298 U. S. 638, cert. denied 298 U. S. 654 (1936).

390

Neunter Abschnitt Bankgarantie I.

Wirtschaftliche Einordnung der Bankgarantie

Neben dem Akkreditiv kommt der Bankgarantie im Außenhandel eine erhebliche 9/1 Bedeutung zu. Während das Akkreditiv bereits in der Zeit um die Wende zum letzten Jahrhundert seinen Aufschwung nahm (Rdn. 2/3), hat sich die Bankgarantie erst in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg immer mehr verbreitet. Durch die zunehmende Globalisierung der Märkte wurde die Nachfrage nach Bankgarantien sehr gefördert. Heute dürfte es im zwischenstaatlichen Handel wohl kaum ein größeres Geschäft geben, bei dem es nicht in irgendeiner Form zur Stellung von Bankgarantien kommt.1 Diese Entwicklung geht im wesentlichen auf die Loslösung der Bankgarantie von teilweise unterschiedlichen Vorschriften nationaler Rechtsordnungen und die Überbrückung handelshemmender Praktiken einzelner Länder zurück.2 Darüber hinaus hat sich die Bankgarantie als tauglich erwiesen, Zahlungen auch dann, wenn später Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien des Exportgeschäfts auftreten sollten, sicherzustellen.3 Als Schöpfung der Handelspraxis dient die Bankgarantie dazu, dem Begünstigten bestimmte Risiken unterschiedlichster Art aus dem zugrunde liegenden Rechtsgeschäft ohne Stellung von Bardepots abzunehmen. In allen Fällen steht das Sicherungsbedürfnis des Begünstigten im Vordergrund. Die Sicherungsfunktion ist eines der Wesensmerkmale der Bankgarantie. Diese Funktion bildet den entscheidenden Unterschied zum Akkreditiv, das mit der Besicherung und von Kaufpreiszahlungen aus Außenhandelsgeschäften regelmäßig auch die Fixierung eines Zahlungsweges verbindet.4 In Deutschland kommen als Garanten fast ausschließlich5 Bankinstitute in Frage, da deren Leistungsfähigkeit und vertragstreue Leistungswilligkeit ohne Zweifel gegeben sind.

1 von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 1; Schinnerer/Avancini Bankverträge II. Teil, S. 288. 2 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 2; Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 6, weist zutr. auf die bes. Bedeutung der Bankgarantie für Länder mit unterschiedlicher Marktordnung hin. 3 Koziol in: Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 3/3. 4 Vgl. hierzu Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1102; Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/231. 5 Von dem Gesamtmarkt für das Auslandsgeschäft in Deutschland entfallen lt. Umfrage in den Jahren 1995 und 1996 etwa 95 % auf Bankgarantien und nur 5 % auf Kautionsversicherungen von Versicherungsgesellschaften, vgl. hierzu Eistert VersW 1997, 1681, 1685.

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Neunter Abschnitt

Bankgarantie

9/2 Dem Wesen einer abstrakten Bankgarantie entspricht es, dass der Begünstigte die

durch sie erlangte Sicherheit im Ernstfall schnell und ohne Schwierigkeiten in Anspruch zu nehmen vermag. Unabhängig von den grundvertraglichen Beziehungen soll der Begünstigte in der Lage sein, ohne weiteren zeitlichen oder verfahrensmäßigen Aufwand die Garantieleistung zu erhalten.6 Dieser international anerkannte Grundsatz findet in der Klausel der Zahlung auf erstes Anfordern seine typische Ausprägung und wird in dieser Form weltweit einheitlich verwendet.7 Die Unabhängigkeit der Bankgarantie von dem Grundgeschäft beruht keinesfalls auf der Absicht, eine Vertragspartei einseitig zu begünstigen; sie ist vielmehr das Ergebnis einer kaufmännischen Risikoverteilung, die den Verhältnissen beim Dokumentenakkreditiv ähnelt.8 Während etwa der begünstigte Importeur durch eine ihm gestellte Bankgarantie (z.B. Anzahlungsgarantie) die Möglichkeit erhält, sich im Fall der Nichterfüllung des Grundgeschäfts durch den Lieferanten wegen etwaiger Vorleistungen ohne weiteres schadlos zu halten, bringt eine vom Exporteur gestellte Bankgarantie diesem Liquiditätsvorteile, indem er auf diese Weise die früher übliche Einrichtung eines verpfändeten Bardepots vermeidet.9 Demgemäß kommt der Bankgarantie über die Sicherungsfunktion hinaus auch eine Liquiditätsfunktion zu.10 9/3 Die durch die Bankgarantie für den Begünstigten geschaffene Möglichkeit des

schnellen Zugriffs auf die Mittel seines Vertragspartners bewirkt eine Vertauschung der Parteirollen. Während ein Abnehmer von Waren oder Leistungen, zu dessen Gunsten keine Bankgarantie gestellt ist, im Fall der Nicht- oder Schlechterfüllung durch den Lieferanten auf den Prozessweg angewiesen ist und hierbei die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der den Regressanspruch stützenden Tatsachen zu tragen hat, genügt – wenn ihm eine Bankgarantie mit der Klausel „auf erstes Anfordern“ gestellt ist – zur Erlangung des Garantiebetrags bereits die Mitteilung an die Bank, die Leistung aus der Bankgarantie werde beansprucht, ohne dass Nachweise über den Eintritt des Garantiefalls erforderlich wären. Sollte der Lieferant, der den Garantieauftrag erteilt hat, die Inanspruchnahme für unberechtigt halten, muss er sich das unter der Bankgarantie gezahlte Geld von dem Begünstigten zurückholen. In einem etwaigen Prozess hat er seinen Standpunkt darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Dieses von den Parteien gewollte

6 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 3. 7 Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 8, und Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 2, weisen auf die weltweit fast formularmäßige Verwendung dieser Klausel und die Herausbildung von Standardformen mit international typisiertem Inhalt hin; vgl. a. Stockmayer AG 1980, 327; Poullet D. P. C. I. 1979, 387, 393. 8 Nielsen ZIP 1982, 253, 254. 9 von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 8 ff.; Berlioz J. C. P., éd. C. I., 1980, Nr. 13324. 10 Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/233, bezeichnen die Liquiditätsfunktion als das „Markenzeichen“ der Bankgarantie; vgl. a. von Caemmerer in: FS Riese, S. 295, 298; Auhagen Die Garantie einer Bank auf „erstes Anfordern“ zu zahlen, S. 39 f.

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I. Wirtschaftliche Einordnung der Bankgarantie

Neunter Abschnitt

Ergebnis einer Umkehrung der Prozesssituation wird zuweilen treffend mit der Formel „Erst zahlen, dann prozessieren“11 umrissen. Eine besondere Situation kann sich in diesem Zusammenhang dann ergeben, wenn die Zahlung aus einer Bankgarantie in ein Land erfolgt, das der Devisenbewirtschaftung unterliegt. Falls sich später herausstellt, dass die Bankgarantie zu Unrecht in Anspruch genommen war, kann die Rücküberweisung der Garantiesumme mit Schwierigkeiten (Verzögerungen und Kursverlusten) verbunden sein, weshalb dieser Punkt bereits bei der Erstellung der Bankgarantie in Betracht gezogen werden sollte.12 Insgesamt bietet die Bankgarantie gegenüber dem Bardepot deutliche Vorteile, indem einerseits die Festlegung liquider Mittel umgangen und andererseits der Zugriff bei Eintritt des Garantiefalls sichergestellt wird.13 In der Vergangenheit hat es nicht an Versuchen gefehlt, den international aner- 9/4 kannten, durch die Klausel der Zahlung auf erstes Anfordern typisierten, abstrakten Charakter der Bankgarantie aufzuweichen. Insbesondere in den letzten Jahrzehnten führte eine Reihe angeblich missbräuchlicher Inanspruchnahmen von Bankgarantien dazu, dass sich Rechtsprechung und Literatur wiederholt mit dem Problem des hiergegen gerichteten einstweiligen Rechtsschutzes zu befassen hatten;14 in der Literatur wurden vereinzelt Stimmen laut, die sich für eine Änderung der bisherigen Handhabung aussprechen.15 Ohne den späteren Ausführungen vorzugreifen, erscheint es angebracht, bereits an dieser Stelle die besondere Problematik hervorzuheben, mit der eine grundlegende Reform des Garantiegeschäfts, so wie es derzeit gehandhabt wird, verbunden wäre. Versteht man die Bankgarantie als das Produkt verschiedener Komponenten, die sich aus der – einvernehmlich ausgehandelten oder zumindest aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen hingenommenen – Interessen- und Risikolage ergeben, kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine Umbildung der Bankgarantie in der von den Reformern gewünschten Richtung dieses Instrument in seiner zukünftigen Verwendbarkeit in Frage stellen würde.16 Die Banken haben sich bisher aus der Reformdiskussion darüber, wie eine Bank- 9/5 garantie letztlich ausgestaltet werden sollte, weit gehend herausgehalten. Welche

11 Liesecke WM 1968, 22, 26; Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/233. 12 Kemmer/Rädlinger Technik der Außenhandelsfinanzierung, S. 109 m. Fn. 12, heben die mit dem Bardepot möglicherweise verbundenen devisenrechtlichen Schwierigkeiten hervor, die beim Transfer in das Land des Begünstigten und nach Entlassung beim Retransfer auftreten können, durch die Bereitstellung einer Bankgarantie aber entfallen; vgl. a. Zahn Banktechnik des Außenhandels, S. 37; vgl. hierzu im Einzelnen Rdn. 9/133. 13 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 4. 14 Vgl. dazu ausf. Rdn. 9/137 ff. 15 So etwa Stumpf RIW/AWD 1979, 1; Horn NJW 1980, 2153; vgl. a. Trost Bankgarantien im Außenhandel, S. 184 ff. 16 Dazu eingehend von Westphalen WM 1981, 294; s.a. Dohm D. P. C. I. 1980, 262, 271; von Mettenheim RIW/AWD 1981, 581, 582; Nielsen ZIP 1982, 253, 254.

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Neunter Abschnitt

Bankgarantie

Garantie gestellt und wie sie im einzelnen gehandhabt werden soll, ist primär eine Sache der Exporteure und Importeure. Die Banken sind bestrebt, die Garantien in der Form zu übernehmen, wie sie von ihren Kunden in Auftrag gegeben werden – immer vorausgesetzt, dass der jeweilige Kunde für eine solche Garantie unter Kreditgesichtspunkten entweder blanko gut ist oder entsprechende Sicherheiten stellt. Allerdings muss sichergestellt sein, dass bei Eintritt des Garantiefalles eine Zahlung der Garantiesumme an den Begünstigten ohne vorherige materielle Prüfung des durch die Garantie gesicherten Anspruchs erfolgen kann. Dies gilt auch dann, wenn die Zahlung von der Abgabe formalisierter Erklärungen oder der Vorlage genau definierter Dokumente abhängig sein sollte. Es darf keine Vorbehalte geben, die aus der Bankgarantie selbst nicht klar ersichtlich sind und nicht aus ihr selbst gelöst werden können.

II. Rechtsnatur der Bankgarantie 9/6 Die Bankgarantie erfüllt in erster Linie kommerzielle Zwecke. In ihrer universalen

Erscheinung17 entzieht sie sich weit gehend dem nationalen Recht. Bemühungen, die Bankgarantie dogmatisch einzuordnen, erliegen leicht der Gefahr, die im Vordergrund stehende Praxisbezogenheit zu vernachlässigen. Eine Bestimmung der rechtlichen Grundlagen der Bankgarantie nach nationalem Recht setzt voraus, dass die Zwecke, denen sie dienen soll, in dem erforderlichen Umfang berücksichtigt werden.18 Daraus folgt, dass auf nationalem Recht basierende Überlegungen zurücktreten müssen, falls deren Umsetzung die Gefahr mit sich bringt, die international anerkannte Sicherungs- und Liquiditätsfunktion der Bankgarantie zu beeinträchtigen.

A.

Bankgarantie als Vertragstyp eigener Art

9/7 Der Garantievertrag ist im Recht der Bundesrepublik Deutschland nicht geregelt.

Diese Feststellung gilt für die Rechtsordnungen der meisten anderen Staaten ebenfalls. Lediglich in einigen Ländern des nahen Ostens, in osteuropäischen Ländern sowie in der Volksrepublik China sind gesetzliche Regelungen – wenn auch teilweise nur in Ansätzen – vorhanden.19

17 Käser RabelsZ 35 (1971), 601, 614; Dohm SchwAG 1984, 177, 178. 18 Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 7. 19 Vgl. hierzu im Einzelnen Kleiner Bankgarantie, S. 135 ff.; Käser RabelsZ 35 (1971), 601, 614; Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 6, 15; Schinnerer/Avancini Bankverträge II. Teil, S. 287; Hein Der Zahlungsanspruch des Begünstigten einer Bankgarantie „auf erstes Anfordern“, S. 55 ff.; Meznerics Law of Banking in East-West-Trade, S. 129 ff.; Roesle Die Internationale Vereinheitlichung des Rechts der Bankgarantien, S. 91 ff.; von Marschall in: Zum Deutschen und Internationalen Schuldrecht, S. 66, 69.

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II. Rechtsnatur der Bankgarantie

Neunter Abschnitt

Im deutschen Rechtssystem stellt die Bankgarantie einen selbständigen Vertrag20 dar, der rechtlich unter dem Gesichtspunkt der Vertragsfreiheit zu beurteilen ist.21 Der Garantievertrag kommt zwischen dem garantierenden Kreditinstitut und dem jeweiligen Begünstigten zustande; er ist formfrei, jedoch wird in der Praxis die Garantieerklärung stets schriftlich abgefasst.22 Mit dem Abschluss des Garantievertrags wird eine abstrakte, von dem Grundgeschäft unabhängige Verpflichtung23 der garantierenden Bank begründet, im Falle der Inanspruchnahme aus der Bankgarantie eine Zahlung von Geld bis zur Höhe des in der Garantie angegebenen Betrags zu erbringen. Hinsichtlich der Unabhängigkeit vom Grundgeschäft ist die Bankgarantie ein 9/8 abstraktes Zahlungsversprechen im Sinne von § 780 BGB. Dies führt zu der bereits erwähnten Umkehrung der Prozessführungs- und Beweislast in einer etwaigen gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen dem Garantieauftraggeber und dem Begünstigten über die materielle Berechtigung der Inanspruchnahme der Garantie. Im übrigen geht die Bankgarantie jedoch über den Anwendungsbereich des § 780 BGB hinaus. Die garantierende Bank ergänzt nicht etwa – wie dies bei § 780 BGB der Fall ist – ihre eigene kausale Verpflichtung durch ein zusätzliches abstraktes Versprechen, sondern sie steht für die Leistung eines Dritten ein.24 Sie sichert dem Begünstigten eine Leistung zu, die er, wenn er die im Wortlaut der Garantieerklärung genannten Voraussetzungen erfüllt hat, zunächst einmal ohne Rücksicht darauf erhalten soll, ob die durch die Bankgarantie gesicherte Verpflichtung aus dem Grundgeschäft wirklich entstanden oder eventuell später weggefallen ist. Die Bankgarantie gilt damit auch und gerade bei Eintreten von „nicht typischen Zufällen“,25 weshalb der Leistungspflicht der Bank in der Rechtsprechung und Literatur zuweilen ein höherer Grad von Abstraktheit zugesprochen wird, als sie einem Zahlungsversprechen gemäß § 780 BGB bei-

20 S. hierzu von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 30 ff. 21 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1106; Liesecke WM 1968, 21, 24; Finger BB 1969, 206, 208; Hadding/Häuser/Welter Bürgschaft und Garantie, S. 687; Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/246. 22 Käser RabelsZ 35 (1971), 601, 619; Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 15; von Caemmerer in: FS Riese, S 295, 306; Schinnerer/Avancini Bankverträge II. Teil, S. 301; a.A. Finger BB 1969, 206, 208; wohl auch Stötter DB 1971, 2145, 2146, der unter Hinweis auf die bes. Schutzwürdigkeit des Garanten in Anlehnung an die Bürgschaftsvorschriften für eine gesetzliche Schriftform eintritt; für die Bankgarantie käme dieser Ansicht wegen § 350 HGB allerdings keine Bedeutung zu. 23 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 50 ff.; Finger BB 1969, 206, 207; Schinnerer/ Avancini Bankverträge II. Teil, S. 290 ff.; Kemmer/Rädlinger Technik der Außenhandelsfinanzierung, S. 108; Zahn Banktechnik des Außenhandels, S. 36; Kleiner SJZ 1976, 353. Zur Unabhängigkeit der Zahlungsverpflichtung eines Garanten von dem Bestand der Hauptschuld vgl. a. BGH WM 1955, 265, 266; NJW 1967, 1020, 1021; Wagenknecht in: BuB, Rdn. 4/1292. 24 Aden RIW/AWD 1981, 439, 440; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1106; Kleiner Bankgarantie, S. 81 „Erfüllung eigener Schuld und Ersatz fremden Ausfalls“. 25 BGH WM 1955, 265, 266; OLG Stuttgart WM 1977, 881.

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Neunter Abschnitt

Bankgarantie

zumessen ist.26 Wenngleich es genau genommen verschiedene Stufen der Abstraktheit nicht gibt,27 soll mit dieser begrifflichen Unterscheidung wohl in besonderer Weise die Selbständigkeit der Bankgarantie gegenüber dem Grundgeschäft und dem Garantieauftrag definiert werden.28 Diese Abstraktheit der Bankgarantie findet ihre typische Ausprägung in der Verpflichtung der garantierenden Bank, grundsätzlich auf erste Anforderung des Begünstigten Zahlung zu leisten, ohne dass sie zuvor die materielle Berechtigung dieses Verlangens prüfen darf oder muss. Die Garantiebank kann dem Begünstigten lediglich Einreden und Einwendungen aus dem abstrakten Garantiegeschäft selbst entgegenhalten. 9/9 Die Fälligkeit des Zahlungsanspruchs des Begünstigten gegen die Bank wird

dadurch herbeigeführt, dass dieser mit der Behauptung, der Garantiefall sei eingetreten, die Garantiesumme oder Teile derselben abruft. Wenn der Begünstigte die Bankgarantie, ohne weitere Erklärungen abzugeben, in Anspruch nimmt, liegt darin bereits die Behauptung, der Garantieauftraggeber habe seine Verpflichtungen nicht erfüllt. Die Bankgarantie verliert also durch das Fehlen der schriftlichen Fixierung dieser Erklärung nicht ihren Charakter als abstraktes dokumentäres Geschäft. Zuweilen wird in den Garantietexten die ausdrückliche Erklärung des Begünstigten gefordert, der Garantieauftraggeber habe seine Verpflichtungen aus dem Grundgeschäft nicht erfüllt. Dem Begünstigten kann im Garantietext auch die Verpflichtung auferlegt werden, seine Beanstandungen im einzelnen aufzuführen und zu präzisieren oder die Bescheinigung einer objektiven Stelle beizubringen, aus der sich das Vorliegen von Vertragsverletzungen ergibt. Sofern die Garantieerklärung solche zusätzlichen Erfordernisse vorschreibt, sind diese zu erfüllen. Für die garantierende Bank ist naturgemäß der Prüfungsaufwand um so geringer, je allgemeiner die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Bankgarantie abgefasst wurden. 9/10 Ein Blick über die Grenzen der Bundesrepublik Deutschland hinaus zeigt, dass die

Bankgarantie in der dargestellten Form weltweit Anerkennung gefunden hat.29 Allerdings ist im internationalen Bereich eine unterschiedliche Verwendung der Bezeichnung „Garantie“ zu beobachten. So verbindet etwa der anglo-amerikanische Rechtskreis mit dem Wort „guarantee“ die Vorstellung einer akzessorischen Sicherheit, während die von dem gesicherten Grundgeschäft unabhängige Garantie als

26 Liesecke WM 1968, 21, 24; von Caemmerer in: FS Riese, S. 295, 301; Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 14; LG Stuttgart WM 1981, 633, 635. 27 So zu Recht Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 58 f. 28 Erläuternd hierzu von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 32 f. 29 Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 6; ihm folgend von Marschall in: DokumentenAkkreditive und Bankgarantien im internationalen Zahlungsverkehr, 1977 S. 27, 31; Bontoux Banque 1982, 171, 172; Vasseur Garantie indépendante, Nr. 1 ff.; Schinnerer/Avancini Bankverträge II. Teil, S. 288 f.; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 53 ff.

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II. Rechtsnatur der Bankgarantie

Neunter Abschnitt

„contract of indemnity“ bezeichnet wird.30 In diesem geographischen Raum erscheinen Zusagen, die unserer Bankgarantie entsprechen, auch oft in der Form eines Letter of Credit (Rdn. 8/1 ff.) oder Standby Letter of Credit (Rdn. 8/5 ff), einer Sonderform des Akkreditivs, die seit der Revision 1983 auch den ERA unterliegt. In manchen Ländern wird das Wort „Garantie“ als Sammelbegriff verwendet, der sowohl akzessorische wie auch selbständige, vom Grundgeschäft unabhängige Verpflichtungen umfasst. Zuweilen stellt sich die Garantie als besondere Form der Bürgschaft dar, wobei den Parteien die Möglichkeit eingeräumt wird, die Abhängigkeit von dem gesicherten Grundgeschäft abzubedingen.31 Diese sprachliche Vielfalt hat im Interesse des internationalen Handels- und Wirtschaftsverkehrs zu einer Vereinheitlichung der Garantietexte geführt, die insbesondere mit der international anerkannten und verwendeten Klausel der Zahlung auf erstes Anfordern („on first demand“, „à première demande“) jedwede Zweifel in Bezug auf die Unabhängigkeit des abstrakten Zahlungsversprechens beseitigt.

B.

Abgrenzung zur Bürgschaft

Im Gegensatz zur Bankgarantie ist die Bürgschaft gemäß §§ 765 ff. BGB gegen- 9/11 über der durch sie gesicherten Hauptschuld streng akzessorisch.32 Die Bürgschaftsverpflichtung hängt vom Bestand der jeweiligen Hauptschuld ab; der Bürge kann gegenüber dem Begünstigten sämtliche Einreden und Einwendungen geltend machen, die dem Hauptschuldner gegen den Begünstigten aus dem Grundgeschäft zustehen (§ 768 BGB). Bei der Bankgarantie ist dies nicht der Fall. Dieser Unterschied kann in der Praxis im Einzelfall zu Schwierigkeiten führen, zumal die Übergänge zwischen beiden Vertragstypen fließend sind.33 Zudem ist anerkannt, dass die Bürgschaft mit Garantieelementen verquickt wird34 und der Bürge auf die Geltendmachung der Einreden und Einwendungen des Hauptschuldners wirksam verzichten kann. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist insbesondere die Verpflichtung zur Zahlung auf erstes Anfordern mit dem Wesen der Bürgschaft vereinbar.35 Zwar sollte die Übernahme von auf erstes Anfordern ausnutzbarer Bürgschaften wegen der besonderen Risiken grundsätz-

30 Auhagen Die Garantie einer Bank, auf „erstes Anfordern“ zu zahlen, S. 15 ff.; Käser RabelsZ 35 (1971), 601, 617; Kleiner Bankgarantie, S. 140 f.; Blech Anm. zu OLG Hamburg, WuB I E 4. – 1.02; vgl. a. das israelische „Guarantee Law“ aus dem Jahr 1967, das ein der Bürgschaft ähnelndes Instrument regelt. 31 Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 15, m.w.N. 32 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1124; Kleiner Bankgarantie, S. 37 ff.; Koziol in: Österreichisches Bankvertragsrecht, Bd. II, Rdn. 3/22; Liesecke WM 1968, 22, 24; Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 13; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 53 ff.; Wagenknecht in: BuB, Rdn. 4/1062a. 33 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1124 a.E. 34 BGH NJW 1979, 1500. 35 BGH WM 1979, 691; WM 1988, 934; WM 1994, 106.

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Bankgarantie

lich Kreditinstituten oder Versicherungsgesellschaften vorbehalten bleiben,36 doch wurden in der Judikatur alsbald Tendenzen erkennbar, dass derartige Bürgschaften individual-vertraglich auch zwischen juristischen oder natürlichen Personen vereinbart werden können, die mit der gesteigerten Risikolage bei dieser Bürgschaftsform vertraut sind.37 Allerdings liegen die mit der praktischen Umsetzung dieser Rechtsprechung verbundenen Schwierigkeiten auf der Hand. Auch wenn die Banken bemüht sind, durch Aufklärung bei der Erteilung von Aufträgen zur Übernahme von Bürgschaften auf erstes Anfordern auf die besonderen Risiken hinzuweisen, ist mit Blick auf die unsichere Rechtslage damit zu rechnen, dass der formularmäßige Einsatz derartiger Bürgschaften zumindest auf dem Gebiet der Vertragserfüllung und Gewährleistung deutlich zurückgeht.38 Dessen ungeachtet haben Rechtsprechung und Literatur einige Grundsätze entwickelt, die im Regelfall zur Abgrenzung herangezogen werden können. Zunächst kommt es nicht allein auf die von den Parteien gewählte Bezeichnung an.39 Die verwendeten Ausdrücke können jedoch ein wichtiges Indiz dafür sein, ob eine Bürgschaft oder eine Garantie gewollt war.40 Darüber hinaus kann ein eigenes sachliches Interesse des aus dem Grundgeschäft Verpflichteten an der Übernahme der Verbindlichkeit durch den Garanten für das Vorliegen einer Garantie sprechen und umgekehrt das fehlende Eigeninteresse einen Anhaltspunkt für eine Bürgschaft bieten.41 9/12 Für das hier behandelte Thema ist festzustellen, dass die aufgezeigten Abgren-

zungskriterien zwar für den nationalen Bereich gelten, für die Bestimmung von Sicherungsversprechen auf dem Gebiet des Außenhandels jedoch oft ungeeignet sind. Im Außenhandel werden nahezu ausschließlich abstrakte Bankgarantien verwendet. Mit der Stellung einer solchen Bankgarantie verfolgt eine Bank – wenn man von der Avalprovision als Entgelt für ihre Tätigkeit absieht – kein eigenes Interesse, sie wird vielmehr im Rahmen einer Geschäftsbesorgung für den jeweiligen Auftraggeber tätig und handelt damit notwendig in dessen Interesse,42

36 BGH WM 1990, 1410; hierzu krit. Bydlinski WM 1991, 257 ff.; Heinsius in: FS Merz, S. 177, 184 ff.; Scholz/Lwowski Kreditsicherung, Rdn. 320 h; Wagenknecht in: BuB, Rdn. 4/1208. 37 OLG Köln EWiR § 1 AGBG 1/96, 1 (Nielsen); klarstellend für eine am internationalen Wirtschaftsverkehr teilnehmende Aktiengesellschaft auch BGH WM 1997, 656, 659, m. Anm. von Stebut EWiR § 765 BGB 5/97 und Anm. Haun WuB I F 1 a. – 9.97; vgl. a. BGH WM 1997, 1245 (Garantie auf erstes Anfordern nach luxemburgischem Recht). 38 Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/250 sowie Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 15 ff., jeweils m.w.N. zur aktuellen Rechtsprechung. Zu den Risiken, die bei einem etwaigen Übergreifen der aktuellen Rechtsprechung des BGH zur formularmäßig verwendeten Bürgschaft auf erstes Anfordern auch auf Bankgarantien verbunden sein könnten, vgl. Nielsen ZBB 2004, 491 ff. Gegen die Übertragbarkeit dieser BGH-Rechtssprechung auf die Bankgarantie auf erstes Anfordern OLG Frankfurt a.M. WM 2004, 2389; von Westphalen ZIP 2004, 1433, 1441. 39 BGH WM 1982, 632; Liesecke WM 1968, 21, 24; Koziol Der Garantievertrag, S. 9; Nielsen/ Joos in: BuB, Rdn. 5/251. 40 Vgl. hierzu OLG Hamburg ZIP 1982, 1429, 1431; Bernstein in: FS Zajtay, S. 21 ff. 41 BGH WM 1956, 1193; Palandt/Sprau BGB, Einf. vor § 765 Rdn. 16. 42 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1124; Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/250.

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II. Rechtsnatur der Bankgarantie

Neunter Abschnitt

das insoweit wiederum nur darin zu sehen ist, dass die mit seinem Vertragspartner bei Abschluss des Grundgeschäfts ausgehandelte abstrakte Sicherheit gestellt wird. Die garantierende Bank muss größten Wert darauf legen, in jeder Weise aus dem Grundgeschäft, das sie regelmäßig nicht zu beurteilen vermag, herausgehalten zu werden und die abstrakte Ausgestaltung ihrer Verpflichtung deutlich zu machen.43 Für sie müssen ihre Pflichten und Rechte (insbesondere der Erstattungsanspruch im Falle der Inanspruchnahme) zweifelsfrei feststehen. Die Vermutung, dass im Interesse des Verpflichteten eine Haftungserklärung im Zweifelsfall als Bürgschaft zu werten sei, kann für eine Bankgarantie nicht gelten.44 Der Bank ist aus den bereits erwähnten Gründen daran gelegen, dass Klarheit darüber herrscht, unter welchen Voraussetzungen ihre Verpflichtung besteht. Der Begünstigte will sichergestellt wissen, dass die Erfüllung seiner Ansprüche gegen die garantierende Bank nicht etwa durch die Berufung auf Gegenrechte irgendwelcher Art, die aus den Beziehungen zu seinem Abnehmer (oder Lieferanten) stammen, behindert oder auch nur verzögert werden kann. Dieses Ergebnis lässt sich im Hinblick auf das in den einzelnen Ländern unterschiedlich ausgestaltete, zum Schutz des Bürgen oftmals dem Ordre public unterliegende und damit auch nicht durch eine Rechtswahl beeinflussbare Bürgschaftsrecht nur durch ein in seiner Abstraktheit weltweit anerkanntes Sicherungsversprechen in Form der Bankgarantie erzielen, deren Klausel „auf erstes Anfordern“ als Standardform mit einem international typisierten Inhalt nicht zur Disposition der Beteiligten steht.45 Bei der Behandlung des Verhältnisses der Bankgarantie zur Bürgschaft ist noch kurz 9/13 auf die Frage einzugehen, ob die Vorschriften des Bürgschaftsrechts analog auf die Bankgarantie angewendet werden können. Einigkeit besteht darüber, dass die auf dem Grundsatz der Akzessorietät basierenden Vorschriften, wie etwa die Einrede der Vorausklage nach § 771 BGB, die Abhängigkeit der Bürgschaftsschuld von der Hauptschuld nach § 767 BGB oder der Leistungsbefreiungstatbestand des § 776 BGB, für die abstrakte Bankgarantie nicht gelten.46 Desgleichen können die Schutzvorschrift des § 775 BGB und die die Zeitbürgschaft betreffende Spezialnorm des § 777 BGB nicht auf die befristete Bankgarantie ausgedehnt werden.47

43 Schinnerer/Avancini Bankverträge II. Teil, S. 300; Finger BB 1969, 206, 207; Pleyer in: feduci (hrsg.), Les garanties bancaires dans les contrats internationaux, colloque de Tours 1980, 1981 S. 185, 190; Dohm SchwAG 1982, 53, 57. 44 von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S 55; a.A. Käser RabelsZ 35(1971), 601, 610; wohl auch BGH WM 1982, 1324, der in seiner Revisionsentscheidung unter Bestätigung des Urteils des OLG Hamburg ZIP 1982, 1429, einerseits feststellt, dass die zur Abgrenzung von Bürgschaft und Garantieversprechen entwickelten Rechtsgrundsätze auch dann gelten, wenn das Sicherungsversprechen im Bereich des Außenhandels abgegeben worden ist, andererseits aber einräumt, dass das Kriterium des eigenen wirtschaftlichen Interesses bei einer Bankgarantie als Abgrenzungsmerkmal ungeeignet sei. 45 Nielsen Anm. zu OLG Köln EWiR § 1 AGBG 1/96, 2; ders. in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 2. 46 Vgl. hierzu im Einzelnen von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 41 ff. 47 Brändel in: FS Werner, S. 41, 45.

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Neunter Abschnitt

Bankgarantie

Dagegen geht die Literatur48 zum Teil von einer entsprechenden Anwendung des § 774 BGB aus – gesetzlicher Übergang der gesicherten Forderung des Begünstigten gegen den Garantieauftraggeber auf die garantierende Bank im Fall der Befriedigung des Begünstigten –, und zwar mit der Begründung, dass die Interessenlage des Garanten mit der des Bürgen insoweit völlig übereinstimme.49 Vereinzelt wird lediglich ein schuldrechtlicher Anspruch auf Abtretung dieses Anspruchs aus dem Grundverhältnis eingeräumt.50 In der Praxis dürfte der Frage der Anwendbarkeit des § 774 BGB eine nur ganz untergeordnete Bedeutung zukommen, da der Bank gegen den Garantieauftraggeber bereits ein Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 675, 670 BGB zusteht, so dass, falls dieser Anspruch wegen einer etwaigen Insolvenz des Auftraggebers ins Leere geht, mit einem zusätzlichen Forderungserwerb gemäß § 774 BGB nichts gewonnen ist.51 Auch das Argument, mit der gesicherten Forderung könnten – über §§ 412, 401 BGB – weitere, neben der Bankgarantie gegebene Sicherheiten erworben werden, dürfte kaum zum Tragen kommen, da der internationale Handelsverkehr in der Regel allein auf die abstrakte Bankgarantie abstellt, die dem Sicherungsbedürfnis des Begünstigten in vollem Umfang Rechnung trägt. Sollte der Garant im seltenen Einzelfall dennoch ein Interesse daran haben, bei Leistung etwaige Ansprüche des Begünstigten gegen den Garantieauftraggeber zu erwerben, empfiehlt es sich, nicht auf eine entsprechende Anwendung des § 774 BGB zu setzen, sondern vorsorglich eine ausdrückliche Abtretung dieser Ansprüche vorzunehmen, die schon bei Garantiestellung vereinbart werden sollte.52

C.

Verwandtschaft zum Akkreditiv

9/14 Es wurde bereits festgestellt, dass sich die Bankgarantie und das Akkreditiv in

einem wesentlichen Punkt voneinander unterscheiden. Während das Akkreditiv im Rahmen der vereinbarten Abwicklung des Grundgeschäfts auch eine Zahlungsfunktion übernimmt, indem an die Stelle des Zahlungspflichtigen eine Bank tritt, die gegen Vorlage bestimmter Dokumente Zahlung leistet, dient die Bankgarantie im Außenhandel dazu, die mit einer etwa nicht vertragsgemäßen

48 Vgl. von Caemmerer in: FS Riese, S. 295, 306; Liesecke WM 1968, 22, 28; Schinnerer/Avancini Bankverträge II. Teil, S. 294; Mühl in: FS Zajtay, S. 389, 402 f.; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. zu § 365 Rdn. 288; Auhagen Die Garantie einer Bank, auf „erstes Anfordern“ zu zahlen, S. 76; a.A. Schönle Bank- und Börsenrecht, § 28 II 1; Palandt/Sprau BGB, Einf. vor § 765 Rdn. 16; differenzierend von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 43 ff. 49 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1112. In einigen arabischen Staaten, wie Bahrain, Irak, Jemen, Kuweit und Oman, ist der Forderungsübergang auf die Garantiebank in Höhe des an den Begünstigten geleisteten Garantiebetrages gesetzlich geregelt. 50 Finger BB 1969, 206, 208; Kleiner Bankgarantie, S. 247. 51 Vgl. hierzu Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 21, unter Hinweis auf die bes. Situation, dass – etwa bei konzernverbundenen Unternehmen – keine Identität zwischen dem Garantieauftraggeber und dem Exporteur besteht. 52 Vgl. Rdn. 9/78.

400

II. Rechtsnatur der Bankgarantie

Neunter Abschnitt

Erfüllung des Grundgeschäfts verbundenen Risiken abzusichern; der Bankgarantie kommt damit vornehmlich eine Sicherungsfunktion zu (Rdn. 9/1). Unabhängig davon weist die Bankgarantie in verschiedener Hinsicht Parallelen 9/15 zum Akkreditiv auf, die dazu führen, dass – ungeachtet der unterschiedlichen Funktion – auf den meisten Gebieten von einer Gleichbehandlung beider Rechtsinstitute auszugehen ist.53 Eine wichtige Übereinstimmung besteht insbesondere in der Unabhängigkeit von dem zugrunde liegenden garantierten Geschäft. Für das Akkreditiv ergibt sich dies ausdrücklich aus Art. 4a ERA. Während in den umstrittenen „Einheitlichen Richtlinien für Vertragsgarantien“ der Internationalen Handelskammer eine entsprechende Definition fehlt,54 wird in Art. 2b der „Einheitlichen Richtlinien für auf Anfordern zahlbare Garantien“ (ICC-Publ. Nr. 458) festgelegt, dass Garantien ihrer Natur nach von den Verträgen oder Angebotsbedingungen (tender conditions), auf denen sie beruhen, getrennte Geschäfte sind, und dass die Garanten in keiner Hinsicht mit Verträgen oder Angebotsbedingungen befasst oder an sie gebunden sind, auch wenn die Garantie hierauf Bezug nimmt. Hieraus lässt sich die Feststellung ableiten, dass in ihrer Abstraktheit die Leistungspflicht der Bank aus einer Garantie mit der aus einem Akkreditiv rechtlich identisch ist. Der sich aus der Unabhängigkeit vom Grundgeschäft ergebende Ausschluss von Einreden und Einwendungen aus dem Grundgeschäft lässt es angezeigt erscheinen, die Problematik des einstweiligen Rechtsschutzes für den Fall einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der Bankgarantie oder des Akkreditivs einheitlich zu behandeln. In der Rechtsprechung und Literatur wird dieses Thema dagegen mit unterschiedlichen Ergebnissen oftmals „zweispurig“55 erörtert.56 Weitere Berührungspunkte ergeben sich, wenn eine Bankgarantie als Voraussetzung für die Inanspruchnahme zusätzlich zur Zahlungsaufforderung dokumentäre Nachweise vorsieht. Im Unterschied zum Dokumentenakkreditiv, bei dem sich gängige Dokumentenformen herausgebildet haben, fehlt es im Garantiebereich an einer vergleichbaren Entwicklung, weshalb Art und Umfang der Nachweise individuell bestimmt werden müssen.57

53 Aden RIW/AWD 1981, 439, 440; s.a. von Caemmerer in: FS Riese, S. 295, 303; Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 25; Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/231: Garantie und Akkreditiv unterscheiden sich nicht in ihrem Rechtscharakter, sondern durch ihren Sicherungszweck. 54 In den Erläuterungen zu Art. 2 der „Einheitlichen Richtlinien für Vertragsgarantien“ der Internationalen Handelskammer heißt es u.a.: „Dieser Artikel versucht nicht, die Rechtsnatur der Garantie . . . zu behandeln; er zeigt auch nicht die Rechtsfolgen auf, die sich aus der Rechtsnatur ergeben können“ (ICC-Publ. Nr. 325). 55 Vgl. hierzu Aden RIW/AWD 1981, 439, 440; Poullet Le saisie-arrêt par le donneur d’ordre de la créance née d’un crédit documentaire ou d’une garantie à première demande, 1983 S. 2 f. 56 Einzelheiten s. Rdn. 9/137 ff. 57 Nielsen ZIP 1982, 253, 256, 265; vgl. die Ausführungen Rdn. 9/22 ff.

401

Neunter Abschnitt

Bankgarantie

Eine enge Beziehung zwischen der Bankgarantie und dem Akkreditiv ergibt sich schließlich auch aus Art. 1 UCP 600, wonach der Standby Letter of Credit als garantieähnliches Instrument (Rdn. 8/5 ff.) den für das Akkreditiv maßgebenden Regeln – soweit anwendbar – unterstellt werden.

III. Typische Elemente der Bankgarantie 9/16 Die inhaltliche Gestaltung des Bankgarantietextes ist keine Routineangelegenheit;

ihr kommt eine entscheidende Bedeutung zu, da durch den Text der Garantieerklärung Art und Umfang der Haftung, die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme sowie die Person des Berechtigten festgelegt werden. Der Garantietext ist deshalb mit größter Sorgfalt abzufassen. Der Wortlaut der Bankgarantie wird meist von den Partnern des Grundgeschäfts ausgehandelt; oftmals schreibt der Begünstigte den Text auch einseitig vor, wie beispielsweise bei öffentlichen Ausschreibungen. Hierbei kann es zu Schwierigkeiten kommen, wenn die Bank des Garantieauftraggebers aus irgendwelchen Gründen nicht bereit ist, das Obligo in der vorgelegten Form zu übernehmen. Deshalb empfiehlt es sich, die Bank frühzeitig in die Überlegungen einzubeziehen. In anderen Fällen wird die Garantieerklärung von der Bank selbst formuliert. Dadurch wird in der Regel ein eindeutiger Garantietext erstellt. Es kann aber zu Komplikationen führen, wenn der Garantieauftraggeber unzulängliche Angaben über das Grundgeschäft macht.58 Für den Text der Bankgarantie ist ein bestimmtes Aufbauschema nicht zwingend vorgegeben. In der Praxis haben sich aber einige typische Elemente herausgebildet, die der Klarheit und Eindeutigkeit der Garantiehaftung dienen.

A.

Präambel

9/17 Aus rechtlicher Sicht ist es nicht erforderlich, die Garantieerklärung mit einer Ein-

leitung zu versehen, die Hinweise auf das Grundgeschäft enthält. Es ist jedoch üblich und zweckmäßig, an dieser Stelle den Anlass für die Garantieübernahme kurz darzustellen, damit keine Zweifel bei der Zuordnung auftreten können.59 In jedem Fall muss klar zum Ausdruck kommen, dass das Grundgeschäft lediglich unter Ordnungsgesichtspunkten erwähnt wird und mit dem Inhalt der eigentlichen Garantieverpflichtung nichts zu tun hat. Es empfiehlt sich deshalb, die Präambel bereits räumlich – durch einen gesonderten Absatz – von den übrigen For-

58 Vgl. hierzu Schinnerer/Avancini Bankverträge II. Teil, S. 306 f. 59 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 84; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 20 ff.; Schinnerer/Avancini Bankverträge II. Teil, S. 307.

402

III. Typische Elemente der Bankgarantie

Neunter Abschnitt

mulierungen zu trennen und den nachfolgenden Garantietext etwa mit den Worten „Dies vorausgeschickt, übernehmen wir . . .“ abzugrenzen.60 Dagegen sollten Formulierungen, wie „Wir, die . . . Bank, haben den zwischen der Firma X (Exporteur und Garantieauftraggeber) und der Firma Y (Abnehmer der Ware oder Leistung und Garantiebegünstigter) geschlossenen Vertrag vom . . . zur Kenntnis genommen“ oder „Im übrigen wird auf den Vertrag zwischen der Firma X . . . und der Firma Y . . . verwiesen“ nicht verwendet werden, um jeden Anschein einer rechtlichen Verbindung des Grundgeschäfts mit der abstrakten Bankgarantie zu vermeiden.61 Die Erwähnung des Anlasses für die Garantieübernahme in der Präambel kommt auch dem Interesse des Garantieauftraggebers entgegen, falls dieser bei einer etwaigen missbräuchlichen Inanspruchnahme der Bankgarantie (Rdn. 9/126 ff.) den ihm obliegenden Nachweis für das fraudulöse Verhalten des Garantiebegünstigten unter anderem durch die Darlegung des Sicherungszwecks der Bankgarantie zu führen versucht. Die Abstraktheit der Bankgarantie wird hierdurch nicht in Frage gestellt.

B.

Zahlungsklausel

Die Zahlungsklausel beinhaltet den eigentlichen Kern der Bankgarantie und 9/18 nennt die Voraussetzungen, unter denen der Begünstigte Zahlung von der garantierenden Bank verlangen kann. Den allgemeinen Gepflogenheiten entsprechend setzt sich die Zahlungsklausel aus mehreren Bestandteilen zusammen, die unter anderem genaue Angaben über die Art, Höhe, Währung und Ort der Zahlung, die Person des Begünstigten und die Form der Inanspruchnahme enthalten. Der wichtigste Teil der Klausel ist in dem Versprechen der Zahlung auf erstes Anfordern zu sehen.

1.

Zahlung auf erstes Anfordern

Mit der Klausel, dass auf erstes – schriftliches – Anfordern („on first written 9/19 demand“, „à première demande écrite“)62 Zahlung geleistet werde, stellt die Bank den abstrakten Charakter ihrer Verpflichtung gegenüber dem Begünstigten zweifelsfrei klar. Bei dieser Klausel handelt es sich um eine standardisierte

60 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 85; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 22; Moschner ÖBA 1983, 128, 133 f. 61 Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/264. 62 Vgl. hierzu Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 9, mit weiteren fremdsprachlichen Beispielen.

403

Neunter Abschnitt

Bankgarantie

Formulierung, die aufgrund jahrzehntelanger Übung in allen Ländern der Welt im wesentlichen gleich beurteilt wird.63 Verschiedentlich werden anstelle der Klausel, auf erstes Anfordern Zahlung zu leisten, Formulierungen wie etwa „ohne jede Einrede“ oder „unter allen Umständen“ zu zahlen, verwendet. Bei einer derartigen Ausgestaltung des Garantietextes ist Vorsicht geboten. Von einer abstrakten Zahlungsverpflichtung der Bank kann regelmäßig nur dann ausgegangen werden, wenn die vorerwähnten Formulierungen in einem zwingenden Zusammenhang mit dem eindeutigen Zahlungsverlangen des Begünstigten stehen.64 Die unbedingte oder unwiderrufliche Verpflichtung der Bank zur Zahlung ohne Hinzutreten weiterer Zusatzerklärungen wird diese Voraussetzung im Zweifel nicht erfüllen.65 In der Praxis wird zuweilen die Klausel der Zahlung auf erstes Anfordern durch Zusätze wie „unter Verzicht auf jedwede Einreden und Einwendungen“ oder „ohne jeden Widerspruch“ („without any objection“, „sans aucune contestation“)66 ergänzt. Derartige Zusätze erhöhen nicht etwa den Grad der Abstraktheit des Zahlungsversprechens, sondern wiederholen lediglich mit anderen Worten, was die Klausel der Zahlung auf erstes Anfordern bereits zum Ausdruck bringt.67 Schwierigkeiten können allerdings dann auftreten, wenn der Begünstigte mit solchen Zusätzen die – nicht zutreffende – Vorstellung verbinden sollte, die Bank habe ihm gegenüber auch auf eigene Rechte (z.B. die Möglichkeit der Anfechtung wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung durch den Begünstigten) verzichtet. Es empfiehlt sich daher, die Klausel der Zahlung auf erstes Anfordern ohne die vorerwähnten Ergänzungen zu verwenden. Die in der Literatur68 vertretene Auffassung, den Zusatz des Einrede- und Einwendungsausschlusses als Unterscheidungskriterium zwischen der abstrakten Garantie und der akzessorischen Bürgschaft einzusetzen, entspricht nicht der internationalen Praxis. 9/20 Die Klausel der Zahlung auf erstes Anfordern hebt deutlich hervor, dass der

Begünstigte im Garantiefall der Bank gegenüber sein auf die Garantie gestütztes Zahlungsverlangen unmissverständlich zum Ausdruck bringen muss, um die Fälligkeit der Leistung aus der Bankgarantie herbeizuführen. Eine darüber hinaus-

63 Stockmeyer AG 1980, 326, 327; Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 8; von Westphalen/ Jud Die Bankgarantie, S. 23; Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/265; vgl. Prum Les garanties à première demande, S. 41 f. 64 von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 86 ff. 65 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 80. 66 Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 9; ebenso Schinnerer/Avancini Bankverträge II. Teil, S 314 (Fn. 166). 67 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 81; Schinnerer/Avancini Bankverträge II. Teil, S. 315, die der Klausel „unter Verzicht auf alle Einwendungen“ eine erheblich größere Bedeutung zumessen als der Formel, auf erstes Anfordern zu zahlen; nach OGH ÖBA 2000, 328 ist die Erklärung des Garanten, unter Verzicht auf jede Einrede und Einwendung zu leisten, als vertraglich vereinbartes Aufrechnungsverbot zu verstehen. 68 Kleiner Bankgarantie S. 48 f.; vgl. a. Schinnerer/Avancini Bankverträge II. Teil, S. 315.

404

III. Typische Elemente der Bankgarantie

Neunter Abschnitt

gehende Erklärungspflicht besteht mangels dahingehender Vorschriften im Garantietext für den Begünstigten nicht. Er ist insbesondere nicht gehalten, substantiiert die Gründe darzulegen, die ihn dazu bewogen haben, auf die Bankgarantie zurückzugreifen.69

2.

Zusatzbedingungen

In der Praxis kommt es häufig vor, dass der Begünstigte über die bloße Zahlungs- 9/21 aufforderung hinaus in einer gesonderten Erklärung der Bank gegenüber ausdrücklich bestätigen muss, sein Vertragspartner habe die ihm obliegenden Verpflichtungen aus dem Grundgeschäft nicht oder nicht vollständig erfüllt. Es sind auch Formulierungen gebräuchlich, die speziell auf die jeweils vorliegende Garantieart abstellen, so etwa, dass „trotz Zuschlags nicht zu den Bedingungen des Angebots abgeschlossen worden sei“, dass „die Anzahlung zwar geleistet, die entsprechende vertragliche Leistung aber nicht erbracht worden sei“ oder „die vertraglichen Leistungen in der vorgesehenen Frist nicht erbracht worden seien“.70 Eventuell wird ausdrücklich vorgeschrieben, dass diese Erklärung die Vertragsverstöße erschöpfend aufzählen und im einzelnen spezifizieren muss. Diese Erklärung kann – wenn sie nicht den Tatsachen entspricht – missbräuchlich sein und dazu dienen, in prozessualen Auseinandersetzungen (z.B. über Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes) die Beweisführung zu erleichtern und gegebenenfalls die Einleitung strafrechtlicher Schritte zu ermöglichen.71 Ob allerdings der damit letztlich verfolgte Zweck, das Risiko einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der Bankgarantie zu mindern, erreicht wird, erscheint fraglich, da für die Garantiebank lediglich der Zugang der geforderten formellen Erklärung maßgebend ist. Eine materielle Prüfungspflicht oder ein Prüfungsrecht der Garantiebank wird hierdurch nicht begründet.72

69 BGH MDR 1997, 565, 566; OLG Frankfurt a.M., WM 2001, 1108, 1110 m. krit. Anm. Schütze WuB I E 5. – 10.01; LG Frankfurt a.M., BKR 2004, 25, 26; Auhagen Die Garantie einer Bank auf „erstes Anfordern“ zu zahlen, S. 37 ff.; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. zu § 365 Rdn. 284; Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 9 ff. (Fn. 38); von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 187; Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/335; Brändel in: FS Werner, S. 41, 49; a.A. wohl Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1130, der „eine gewisse Substantiierung der Behauptung“ fordert, wobei „allerdings keine zu strengen Anforderungen gestellt werden“ dürfen, „weil sonst die Funktionsmäßigkeit der Garantie „auf erstes Anfordern“ gefährdet werden könnte“; vgl. a. Klaas ZIP 1997, 1098; für Österreich: OGH ÖBA 1994, 320. 70 Vgl. hierzu Nielsen Bankgarantien bei Außenhandelsgeschäften, S. 53. 71 Schütze RIW/AWD 1981, 83, 84; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 101 f.; vgl. a. Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 92, der in diesem Zusammenhang darauf hinweist, dass die Hemmschwelle für den Garantiebegünstigten, Zusatzerklärungen über den Garantiefall abzugeben, um so höher ist, je genauer ihr Inhalt im Garantietext vorgeschrieben wird. 72 BGH WM 1996, 770 m. Anm. Ott WuB I F b. – 1.96; Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/269.

405

Neunter Abschnitt

3.

Bankgarantie

Dokumentäre Nachweise

9/22 Um dem Garantieauftraggeber einen Schutz vor missbräuchlichen Inanspruch-

nahmen zu geben, können die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Bankgarantie dahin erweitert werden, dass – ähnlich dem in der US-amerikanischen Praxis gebräuchlichen Standby Letter of Credit, der dem Begünstigten eine Sicherheit bietet, indem dieser gegen Vorlage zusätzlicher, in dem Standby Letter of Credit genau festgelegter Dokumente Zahlung beanspruchen kann (vgl. hierzu Rdn. 8/5 f.) – die Zahlungsaufforderung des Begünstigten von der Vorlage zusätzlicher Dokumente begleitet sein muss. Hier besteht die Möglichkeit, objektive Kriterien in den Garantietext einzubauen. Es kann etwa die Leistung aus der Bankgarantie von der Vorlage der Bescheinigung einer neutralen Stelle (z.B. Controll-Co, Bureau Veritas) abhängig gemacht werden, so dass der Begünstigte die Bedienung der Bankgarantie nicht durch bloße einseitige Erklärung erreichen kann. Je nach Art und Umfang der im Einzelfall vorgesehenen Nachweise wird unter Umständen die ursprüngliche Aufgabe der Bankgarantie – Ersatz des Bardepots durch eine liquide Sicherheit – verwischt. Um den wirtschaftlichen Wert der Bankgarantie nicht zu gefährden, muss sich deshalb die Auswahl geeigneter dokumentärer Nachweise an dieser Liquiditätsfunktion ausrichten, ganz abgesehen davon, dass sich überzogene Vorstellungen auf diesem Gebiet bei dem jeweiligen Vertragspartner kaum durchsetzen lassen dürften. Hierzu zählen unter anderem Dokumente, bei deren Erstellung der Garantiebegünstigte mitwirken muss. 9/23 Grundsätzlich sind nur solche dokumentäre Nachweise geeignet, die den abstrakten

Charakter der Bankgarantie unangetastet lassen. Im Gegensatz zu den Verhältnissen beim Dokumentenakkreditiv fehlt es an typischen Garantiedokumenten; diese müssen im Einzelfall individuell bestimmt werden.73 Es kommen beispielsweise Abnahmeprotokolle, Nachweise über den Versand der Ware durch Transportdokumente oder Zertifikate über einen etwaigen Schaden oder einen Funktionsmangel, die von bestimmten, im Voraus genau bezeichneten Sachverständigen ausgestellt sein müssen, in Betracht.74 In allen Fällen müssen die Dokumente präzise und erschöpfend aufgezählt werden, so dass die Bank bei der Inanspruchnahme allein anhand des Garantietextes prüfen kann, ob die vorgelegten zusätzlichen Nachweise „garantiegerecht“ sind. Pauschale Bezugnahmen und Verweisungen auf das der Garantie zugrunde liegende Rechtsgeschäft oder auf sonstige außerhalb des Garantieverhältnisses getroffene Regelungen75 sind demnach ungeeignet.

73 Nielsen ZIP 1982, 253, 256, 265; vgl. a. Rdn. 9/117. 74 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1132; Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/271; Vasseur Garantie indépendante, Nr. 61. 75 Vgl. hierzu Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 11; Nielsen ZIP 1982, 253, 256; s.a. Schinnerer/Avancini Bankverträge II. Teil, S 309; Entscheidung 1 Paris, 5 e Ch., sect. A, v. 24.11.1981 Société anonyme Opinter France c. Banque Nationale de Paris et autres, Semaine Juridique 1982, II, 19876, m. Anm. von Stoufflet; problematisch insoweit BGH WM 2000,

406

III. Typische Elemente der Bankgarantie

Neunter Abschnitt

Bei der Prüfung der dokumentären Nachweise geht die Bank – parallel zu den Gegebenheiten beim Dokumentenakkreditiv (Rdn. 2/243 ff.) – nach dem Grundsatz der Dokumentenstrenge vor, demzufolge sie die Dokumente lediglich auf ihre formale Ordnungsmäßigkeit prüft.76 Dagegen findet eine Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit der vom Begünstigten vorgelegten Nachweise nicht statt. In der Praxis wird die Frage erörtert, ob auch ein Gerichtsurteil oder der 9/24 Schiedsspruch aus einem Schiedsverfahren in die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Bankgarantien einbezogen werden könne.77 Hierbei handelt es sich um eine Gestaltungsform, die wegen der unter Umständen schwierigen Definition der bei Inanspruchnahme vorzulegenden Dokumente nicht zu empfehlen ist. Besonders nachteilig wirkt sich in diesem Zusammenhang die möglicherweise relativ lange Laufzeit eines Gerichts- oder Schiedsverfahrens aus, ein Umstand, der nicht nur der Liquiditätsfunktion der Bankgarantie widerspricht,78 sondern auch bei den Banken zu zusätzlichen kreditmäßigen Überlegungen führen kann. An dieser Sachlage ändert auch die vereinzelt vorgeschlagene Variante, anstelle eines Gerichtsurteils oder eines Schiedsspruchs lediglich den Nachweis der Einleitung eines entsprechenden Verfahrens als Auszahlungsvoraussetzung zu verlangen, grundsätzlich nichts. Sofern im Einzelfall dennoch ein Schiedsspruch als zusätzlicher dokumentärer Nachweis in Betracht gezogen werden sollte, muss der Garantietext selbst genaue Angaben über das zuständige Gericht, den maßgeblichen Tenor, den Tagungsort, die Unterschriften, die Beglaubigungen, die Notwendigkeit eines Rechtskraftnachweises usw. enthalten, so dass bei einer etwaigen Inanspruchnahme keine diesbzüglichen Zweifel entstehen können.79 Es ist nicht zulässig, sich mit einer pauschalen Verweisung auf Richtlinien der Internationalen Handelskammer und deren Schiedsgerichtsordnung zu begnügen.80 Insgesamt bleibt anzumerken, dass zusätzliche dokumentäre Nachweise in ihrer 9/25 formalisierten Art wohl dazu beitragen können, das Risiko einer missbräuchlichen

2334, wonach bei der Inanspruchnahme der Garantie eine Bezugnahme auf die Garantieurkunde zulässig sein soll. 76 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1109, 1132; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. zu § 365 Rdn. 285; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 178, 186 f.; Nielsen in: BankrechtsHandbuch, § 121 Rdn. 197; Prum Les garanties à première demande, S. 192, Nr. 360; BGH ZIP 2000, 2156, 2158; OLG Hamburg WM 1978, 260, 261; OLG Stuttgart, WM 1979, 733, 734 f.; zum Grundsatz der Dokumentenstrenge s.a. die Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts BGE 122 III 273 und 122 III 321 sowie die Zusammenstellung und Interpretation der diesbezüglichen Entscheidungen des OGH durch Rummel ÖBA 2000, 210 ff. 77 Vgl. etwa Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/272 ff.; Eisemann Revue de l’arbitrage, 1972, 379. 78 Nielsen ZIP 1982, 253, 256; krit. a. von Marschall in: Dokumentenakkreditive und Bankgarantien im internationalen Zahlungsverkehr, 1977 S. 27, 37 sowie von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 174 f. 79 Eingehend Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/272 ff.; Hadding/Häuser/Welter Bürgschaft und Garantie, S. 696. 80 Vgl. hierzu von Westphalen WM 1981, 294, 299; Schinnerer ÖBA 1978, 51, 60; Trost Bankgarantien im Außenhandel, S. 47 ff.

407

Neunter Abschnitt

Bankgarantie

Inanspruchnahme von Bankgarantien zu vermindern; ihre Bearbeitung stellt aber für die Garantiebank eine zusätzliche und kostenintensive Belastung dar, die sich auch auf die Konditionsgestaltung auswirken dürfte.

4.

Effektivklauseln

9/26 Als Effektivklausel – nicht zu verwechseln mit dem Zeitpunkt der Rechtswirk-

samkeit der Garantieerklärung (Rdn. 9/109) und den Voraussetzungen für die Entstehung des Provisionsanspruchs (Rdn. 9/88) – wird eine in der Zahlungsklausel enthaltene Formulierung bezeichnet, die in unterschiedlicher Intensität das Grundgeschäft zwischen dem Garantieauftraggeber und dem Begünstigten in das Garantieverhältnis einbezieht. Eine solche Verknüpfung liegt beispielsweise dann vor, wenn sich die garantierende Bank verpflichtet, auf erstes Anfordern zu zahlen „sofern ein Schaden eingetreten ist“ oder „falls die Firma Y (Begünstigte) die vertraglichen Verpflichtungen nicht vereinbarungsgemäß erfüllt hat“.81 Derartige Klauseln führen zu Schwierigkeiten, weil offenbleibt, welche rechtlichen und tatsächlichen Anforderungen im Garantiefall an die Bezugnahme auf das Grundverhältnis – Vorliegen eines Schadens, Vertragsverletzung seitens des Garantieauftraggebers – gestellt werden sollen.82 Aus dem Wortlaut einer solchen Bankgarantie lässt sich das Element der Unklarheit nicht eindeutig beseitigen. Der Garantietext muss erst unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles ausgelegt werden. Dabei wird die Garantiebank regelmäßig nicht ohne Zuhilfenahme Dritter oder zusätzlicher Unterlagen entscheiden können, und sich zudem leicht der Gefahr aussetzen, in die – grundsätzlich nicht in Betracht kommende – Rolle eines Schiedsrichters gedrängt zu werden.83 Die in der Literatur84 vertretenen Meinungen, wie derartige Klauseln zu behandeln sind, gehen weit auseinander, gelangen aber letztlich zu dem Ergebnis, dass der Garantiebank hierdurch eine zusätzliche, mehr oder weniger weitreichende Prüfungspflicht auferlegt wird, deren Grenzen für die Beteiligten nicht klar erkennbar sind. Dies führt in der Praxis dazu, dass eine schnelle Inanspruchnahme der Bank-

81 Weitere Beispiele bei Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/268; von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 179; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 89 ff. 82 Sehr weit gehend in diesem Zusammenhang OGH, ÖBA 1993, 985, 987, wonach der Garant bei Vorliegen einer derartigen Klausel den Eintritt des Garantiefalles „voll nachzuprüfen und der Begünstigte ihn voll zu beweisen hat“; zu den Schwierigkeiten der Auslegung einer Effektivklausel bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern vgl. OLG München, WM 1998, 342, 344 f., m. krit. Anm. Blesch WuB I E 5. – 3.98. 83 Hadding/Häuser/Welter Bürgschaft und Garantie, S. 695. 84 Vgl. hierzu etwa Horn NJW 1980, 2153, 2156; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1131; von Wesrphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 89 ff.; krit. Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 89 f.; s.a. Koziol Anm. zur Entscheidung des OGH v. 28.2.1990, ÖBA 1990, 636, 638 f.; für die Bürgschaft auf erstes Anfordern: Schmid WM 1999, 308 ff.

408

III. Typische Elemente der Bankgarantie

Neunter Abschnitt

garantie durch den Begünstigten sehr erschwert ist, weshalb – im Interesse des Begünstigten wie auch des Garanten – Effektivklauseln der vorbeschriebenen Art grundsätzlich nicht in Bankgarantien aufgenommen werden sollten. Hiervon zu unterscheiden ist, wie bereits dargelegt (Rdn. 9/21), die formalisierte Bestätigung des Begünstigten oder eines Dritten, dass der Schaden in bestimmter Höhe eingetreten sei oder der Garantieauftraggeber seine vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt habe.85 Gegen Bestätigungen dieser Art bestehen keine Bedenken.

5.

Garantiebetrag und Währung

Nach § 49 Abs. 1 AWG ist in der Bundesrepublik Deutschland das Eingehen von 9/27 Geldschulden in fremder Währung bei Rechtsgeschäften zwischen Gebietsansässigen und Gebietsfremden gestattet. Damit unterliegt die Übernahme einer Bankgarantie gegenüber einem gebietsfremden Begünstigten sowohl in Euro wie auch in fremder Währung grundsätzlich keinen Beschränkungen. Der Garantiebetrag und die Währung sollten wegen ihrer Bedeutung in der Garantieerklärung in Worten wiederholt werden. Eine etwa erforderliche Erstreckung der Haftung auf Zinsen und sonstige Nebenkosten kann in der Weise erfolgen, dass entweder die Garantiesumme entsprechend erhöht oder ein bestimmter Pauschalbetrag zusätzlich in die Bankgarantie aufgenommen wird.86 Daneben ist auch die Angabe eines festen Zinssatzes denkbar, aufgrund dessen der Haftungsumfang unter Berücksichtigung der Laufzeit der Bankgarantie errechnet werden kann. Sofern eine Bankgarantie in Fremdwährung gestellt wird, ist zu beachten, dass 9/28 die Garantiebank bei Inanspruchnahme von der in § 244 BGB dispositiv festgelegten Möglichkeit, in Landeswährung zu zahlen, regelmäßig keinen Gebrauch machen kann, sondern in der vereinbarten Fremdwährung leisten muss (sog. effektive Valutaschuld), während der Garantieauftraggeber zu diesem Zeitpunkt den Gegenwert grundsätzlich in der Landeswährung anzuschaffen hat. Die Garantiebank wird das sich während der Laufzeit der Garantie infolge etwaiger Kursschwankungen ergebende Kursrisiko in die kreditmäßigen Überlegungen einbeziehen.87 Etwas anderes kann dann gelten, wenn der Garantieauftraggeber bei der Garantiebank ein entsprechendes Fremdwährungskonto unterhält.

85 Dieser Sachverhalt liegt beispielsweise den Entscheidungen des BGH WM 1979, 457 (Kreditsicherungsgarantie) und des OLG Celle ZIP 1982, 43 (Gewährleistungsgarantie) zu Grunde. 86 S. hierzu Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/275; vgl. a. BGH NJW 2002, 3167, wonach eine Formularklausel, die vertragliche Nebenansprüche wie Zinsen, Kosten u.ä. pauschal und zusätzlich zur Hauptsumme in eine Höchstbetragsbürgschaft einbezieht, unwirksam ist, soweit hierdurch die Hauptforderung überschritten werden soll. 87 Zu Kurssicherungsklauseln vgl. Nielsen in: BuB, Rdn. 5/275; zum Vorliegen einer Fremdwährungsschuld s.a. BGH WM 1993, 2011 m. Anm. Teichmann WuB IV A. § 244 BGB 1.94; hierzu a. Birk, AWD/RIW 1973, 425 ff.

409

Neunter Abschnitt

Bankgarantie

9/29 In der Praxis besteht zuweilen das Bedürfnis, Verbindlichkeiten aus sich fortwäh-

rend wiederholenden Lieferungen (z.B. aufgrund von Sukzessivlieferungsverträgen) bis zu einer bestimmten Höchstsumme der jeweils noch ausstehenden Beträge sicherzustellen. Gegen diese Fallgestaltung bestehen keine Bedenken, sofern der maximale Garantiebetrag eindeutig bestimmt und die übrigen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Garantie klar festgelegt sind.88 Dabei ist zu bedenken, dass das Gesamtobligo der Garantiebank über dem aus der Garantie ersichtlichen Höchstbetrag liegt, so dass sich für die Garantiebank – neben der Festlegung des Avalkreditrahmens – auch die Frage der Bilanzierung des aus dem Einzelfall resultierenden Gesamtrisikos stellt.89 Dagegen kommt eine Bankgarantie, die ohne Nennung eines Gesamtbetrages von dem Begünstigten beliebig oft in Anspruch genommen werden kann, wegen der mangelnden Abgrenzbarkeit des damit verbundenen Haftungsumfangs grundsätzlich nicht in Betracht.90

6.

Ermäßigung des Garantiebetrages

9/30 Es kann sich im Einzelfall als zweckmäßig erweisen, eine bedingte Herabsetzung

des Garantiebetrages in die Überlegungen einzubeziehen. Dies bietet sich insbesondere dann an, wenn sich das Grundgeschäft über einen langen Zeitraum erstreckt und Teillieferungen oder Teilleistungen vorgesehen sind. Durch die Ermäßigung des Garantiebetrages nach Maßgabe der erledigten Teillieferungen/ Teilleistungen wird nicht nur das Risiko der Inanspruchnahme vermindert, es können auch Kostengründe oder eine entsprechende Entlastung des Avalkreditrahmens ausschlaggebend sein. Infolge der Unabhängigkeit vom Grundgeschäft bleibt die Bankgarantie ungeachtet etwaiger Teilerfüllungen zunächst in vollem Umfang bestehen. Soll eine Ermäßigung des Garantiebetrages Platz greifen, müssen die hierfür maßgebenden Kriterien in der Garantie selbst benannt werden. Dies kann etwa in der Weise geschehen, dass die Garantiebank ermächtigt wird, den Garantiebetrag bei Vorlage bestimmter Dokumente – beispielsweise Verschiffungspapiere bezüglich jeder Teillieferung – automatisch zu reduzieren. Es könnte etwa folgende Klausel in die Garantieerklärung aufgenommen werden: „Die Garantie ermäßigt sich automatisch um den anteiligen Fakturenwert einer jeden Teillieferung, und zwar nach Vorlage der . . . (Aufzählung der Dokumente) . . . bei uns.“

88 Vgl. beispielsweise die der Entscheidung des BGH WM 1984, 689 zu Grunde liegende Garantie, die monatliche Inanspruchnahmen in einer bestimmten Höhe während eines bestimmten Zeitraumes vorsah. 89 Weiterführend Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/276. 90 Schinnerer/Avancini Bankverträge II. Teil, S. 305; Moschner ÖBA 1983, 128, 135. Zu den Besonderheiten bei der Erstellung einer Konnossementsgarantie vgl. Rdn. 9/63.

410

III. Typische Elemente der Bankgarantie

Neunter Abschnitt

Falls für den Nachweis jeder Teillieferung die Einreichung ordnungsgemäßer Dokumente unter einem bestimmten Akkreditiv maßgebend sein soll, muss sichergestellt sein, dass die Garantiebank mit der zur Zahlung unter diesem Akkreditiv verpflichteten Bank identisch ist und die Dokumente nicht unter Vorbehalt aufgenommen worden sind. Sofern die Dokumente nicht bei der Garantiebank, sondern bei einer anderen Bank vorgelegt werden müssen, ist im Garantietext eine Reduzierung des Garantiebetrages davon abhängig zu machen, dass die in der Garantie näher bezeichneten Dokumente über die Garantiebank eingereicht werden und darüber hinaus eine Bestätigung der anderen Bank beigebracht wird, aus der sich die vorbehaltslose Aufnahme der Dokumente ergibt.91 Die Ermäßigung erfolgt dann unabhängig davon, ob die jeweilige Teilleistung den vertraglichen Vereinbarungen entspricht oder nicht. Da der abstrakte Charakter der Bankgarantie gewahrt bleiben muss, kommen für die Ermäßigung regelmäßig nur dokumentäre Nachweise in Betracht (Rdn. 9/22 ff.).92 Daneben kann aber auch eine Ermäßigung durch zeitliche Begrenzungen wie etwa „Diese Garantie ist gültig von . . . bis . . . für einen Betrag von . . ., von . . . bis . . . für einen Betrag von . . .“ vorgesehen sein. Falls die Bankgarantie keine Reduzierungsklausel enthält, kann eine Ermäßigung des Garantiebetrages – wie im übrigen auch jede andere nachträgliche, für den Begünstigten nachteilige Änderung der Bankgarantie – grundsätzlich nur im nachgewiesenen Einverständnis mit dem Begünstigten vorgenommen werden.

7.

Erhöhung des Garantiebetrages

In der Praxis kommt es zuweilen vor, dass während der Laufzeit der Bankgarantie 9/31 eine Erhöhung des Garantiebetrages vorgenommen werden muss. Sofern dieses Erfordernis bereits bei der Erstellung der Bankgarantie berücksichtigt werden soll, gelten die Ausführungen bezüglich der Ermäßigung des Garantiebetrages entsprechend. Andernfalls kann die Garantiebank nachträglich im Auftrag des Garantieauftraggebers gegenüber dem Begünstigten eine Zusatzerklärung zu der bereits hinausgelegten Bankgarantie abgeben, aus der hervorgeht, dass sich der Garantiebetrag um . . . auf . . . (Betrag in Worten) erhöht und alle übrigen Bedingungen der Bankgarantie unverändert fortgelten. Daneben kommt auch ein Austausch der Garantieurkunden in Betracht.

91 Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/278. 92 Vgl. im Einzelnen Nielsen DZWIR 1993, 265, 270 f.; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 126.

411

Neunter Abschnitt

Bankgarantie

Hiervon zu unterscheiden ist eine etwaige Erhöhung des Garantiebetrages durch Zinsen und sonstige Nebenkosten. Insoweit wird auf die Ausführungen Rdn. 9/27 verwiesen.

C.

Befristung

9/32 Entgegen den für das Dokumentenakkreditiv geltenden Regeln (vgl. Art. 6a ERA) ist

die Übernahme einer unbefristeten Bankgarantie zwar möglich, es entspricht jedoch den internationalen Gepflogenheiten, die Gültigkeit der Verpflichtungserklärung durch ein kalendermäßig bestimmtes Verfalldatum zeitlich zu begrenzen. Dies gilt schon mit Rücksicht auf die insoweit maßgebende Verjährungsfrist, die – deutsches Recht als anwendbar unterstellt – seit der Neuregelung der Verjährungsvorschriften zwar nur noch drei Jahre beträgt, mit den zeitlichen Vorgaben des der Bankgarantie zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisses aber oftmals nicht übereinstimmt.93 9/33 Zur Wahrung der Rechte aus einer befristeten Bankgarantie reicht es nicht aus, dass

der Garantiefall innerhalb der gesetzten Frist eingetreten ist. Vielmehr muss der garantierenden Bank auch die Inanspruchnahme seitens des Begünstigten vor Ablauf des Verfalldatums zugegangen sein.94 Dies sollte zur Vermeidung von Unklarheiten ausdrücklich in den Garantietext aufgenommen und dabei gleichzeitig festgelegt werden, dass eine Inanspruchnahme schriftlich zu erfolgen hat.95 Sofern die Zahlung aus der Bankgarantie davon abhängt, dass zusätzlich zur Inanspruchnahme dokumentäre Nachweise zu führen sind, müssen die erforderlichen Dokumente ebenfalls vor Ablauf des Verfalldatums vorgelegt werden.96 Es könnte – kombiniert mit dem Erlöschensgrund der Rückgabe der Garantieurkunde (s. hierzu die Ausführungen Rdn. 9/41) – etwa folgende Klausel verwendet werden: „Die Garantie erlischt mit der Rückgabe dieser Urkunde an uns, spätestens jedoch am . . ., wenn und soweit uns Ihre schriftliche Zahlungsaufforderung nach Maßgabe der in dieser Garantie festgelegten Bedingungen nicht spätestens bis an diesem Tage innerhalb der banküblichen Geschäftszeiten an unseren Schaltern in . . . zugegangen ist.“ Aus dieser Formulierung ergibt sich, dass die in der Bankgarantie festgelegten Dokumente zusammen mit der fristgerechten schriftlichen Zahlungsaufforderung präsentiert werden müssen, also nicht nach Ablauf der Frist nachgereicht werden

93 Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/279. 94 Vgl. hierzu OLG Hamburg, RIW/AWD 1978, 615, 616; OLG Stuttgart WM 1979, 733, 734; Käser RabelsZ 35 (1971), 601, 622; Koziol Der Garantievertrag, S. 47; Horn in: The Transnational Law of International Commercial Transactions, S. 275, 287; Poullet D. P. C. I. 1979, 387, 419; Roesle Die internationale Vereinheitlichung des Rechts der Bankgarantien, S. 114 (m. Fn. 2); im anglo-amerikanischen Bereich genügt es dagegen, wenn lediglich der Garantiefall innerhalb der vereinbarten Frist liegt, so Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 17 (Fn. 112). 95 Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten s. im Einzelnen Rdn. 9/111 ff. 96 BGH WM 1996, 770 m. Anm. Ott WuB I F 1 b – 1.96.

412

III. Typische Elemente der Bankgarantie

Neunter Abschnitt

können.97 Weiter gilt, dass die Ausschlussfrist nicht außer Kraft gesetzt wird, wenn vor Ablauf der Garantie lediglich ein Teilbetrag in Anspruch genommen wird. Der Restbetrag kann nach Fristablauf nicht mehr geltend gemacht werden.98 Die Ausgestaltung des Verfalldatums in der vorgeschlagenen Form stellt klar, dass der Begünstigte jeweils das Risiko des Postlaufs zu tragen hat, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Inanspruchnahme einer Bankgarantie, die deutschem Recht unterliegt (vgl. Rdn. 9/35 ff.) und die ein auf einen Sonnabend, Sonntag oder einen gesetzlichen Feiertag fallendes Verfalldatum ausweist, auch dann noch fristgemäß ist, wenn der Garantiebank die Zahlungsaufforderung nach Maßgabe der in der Garantie festgelegten Bedingungen am nachfolgenden Werktag zugeht. Das Risiko der fristgerechten Inanspruchnahme trägt der Begünstigte auch in den Fällen, in denen dieser eine Zahlungsaufforderung nach Maßgabe der in der Garantie festgelegten Bedingungen gegenüber der Garantiebank infolge höherer Gewalt nicht rechtzeitig abgeben kann.99 Unter Bezugnahme auf den Grundsatz der Dokumentenstrenge hat die Rechtsprechung im Zusammenhang mit den Unruhen im Libanon eine Fristverlängerung nach Treu und Glauben nicht zugelassen und hervorgehoben, dass die Garantiebank in der Regel gar nicht beurteilen könne, ob eine Fristversäumnis auf Ereignissen höherer Gewalt oder auf anderen Gründen beruht.100 Mit seinem etwaigen Schadensersatzanspruch ist der Begünstigte nach Wegfall der Bankgarantie auf das Grundverhältnis angewiesen.101 Die Befristung einer Rückgarantie (Rdn. 9/64 ff.) richtet sich im Allgemeinen nach der Laufzeit der Garantie der Zweitbank unter Hinzurechnung einer Postlaufzeit, die die Zweitbank im Falle einer Inanspruchnahme ihrer Garantie für den Rückgriff auf die Rückgarantin benötigt. Erfahrungsgemäß wird hierfür ein Zeitraum von zwei bis vier Wochen als ausreichend angesehen. In Sonderfällen werden längere Fristen ausgehandelt oder nur unbefristete Rückgarantien akzeptiert.102 Es ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass der mit der Befristung einer 9/34 Bankgarantie verfolgte Zweck – Erlöschen der Garantiehaftung zu dem angegebenen Zeitpunkt – in der Praxis nicht in allen Fällen erreicht werden kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn aufgrund unabweisbarer Umstände im Einzelfall die Geltung ausländischen Rechts hingenommen werden musste und das betreffende Land unter Berufung auf einschlägige gesetzliche Bestimmungen, sonstige Regelungen oder auch herrschende Usancen eine Befristung nicht anerkennt, sondern

97 S. in diesem Zusammenhang a. Art. 33 ERA, wonach Banken nicht verpflichtet sind, Dokumente außerhalb ihrer Öffnungszeiten entgegen zu nehmen. 98 OLG Frankfurt a.M. WM 1983, 516, 517; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 170 f. 99 Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/330; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 168. 100 OLG Stuttgart WM 1979, 733, 735: „Müsste sie (die Bank) erst prüfen, ob eine Partei z.B. infolge höherer Gewalt . . . an der Einhaltung der Garantiefrist verhindert war, so käme ihr dabei eine dem Wesen der Bankgarantie widersprechende Schiedsrichterrolle zu.“; vgl. a. LG Stuttgart WM 1978, 1056, 1057 f. 101 LG Stuttgart WM 1978, 1056, 1058. 102 Vgl. Oehlmann/Schlegel Praxis der Auslandsgarantien, S 59.

413

Neunter Abschnitt

Bankgarantie

dem jeweiligen Begünstigten (zumeist staatlichen Stellen) entweder generell oder nur in Bezug auf bestimmte Garantiearten die Möglichkeit eröffnet, eventuelle Ansprüche auch nach Fristablauf zu erheben.103 Die sich hieraus ergebende Problematik tritt vornehmlich im indirekten Garantiegeschäft (Rdn. 9/64 ff.) auf. Seit geraumer Zeit ist zu beobachten, dass vor allem Begünstigte aus Ländern Nordafrikas sowie des Nahen und Fernen Ostens entweder nur eigene Garantietexte akzeptieren, die überhaupt keine Befristung enthalten, oder Befristungen zwar zulassen, nach Verfall der Garantie jedoch – teilweise unter Berufung auf nationale Verjährungsgesetze, die in Bezug auf die Haftentlassung der Garantiebank spezielle, von einem Verfalldatum in der Garantie abweichende Regelungen enthalten -104 zögern, die Originalurkunde zurückzugeben bzw. der jeweiligen auftraggebenden Bank Haftentlassung zu erteilen und damit versuchen, eine Fristverlängerung zu erreichen.105 Wegen des nur schwer kalkulierbaren Risikos einer Inanspruchnahme, das insoweit auch nach Fristablauf unter Berücksichtigung des jeweils eventuell in Betracht kommenden Auslandsrechts fortbesteht, wird die deutsche Garantiebank das Avalobligo grundsätzlich nicht schon bei Fristablauf ausbuchen, sondern die Rückgabe der Originalurkunde abwarten und bis dahin auch die Avalprovision weiterberechnen. Ob und inwieweit in Ausnahmefällen eine Ermäßigung oder ein Erlass der Provision erwogen werden kann, richtet sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalles.106 Zur Vermeidung unnötiger Kredit- und Provisionsbelastungen sowie kosten- und zeitaufwändiger Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten nach Ablauf von Garantiefristen wäre es wünschenswert, wenn Garantiebefristungen eine offizielle internationale Anerkennung fänden. Die im Jahr 1991 von der Internationalen Handelskammer in Paris verabschiedeten Einheitliche Richtlinien für auf erstes Anfordern zahlbare Garantien (URDG), die gesonderte Regeln für das Erlöschen einer Garantie enthalten, bieten insoweit keine geeignete Grundlage.107 Ob die diesbezüglichen Bemühungen einzelner nationaler Bankenverbände erfolgreich sein werden, lässt sich derzeit allerdings nicht abschätzen.

103 Vgl. im Einzelnen Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 17; Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/368; Vasseur Garantie indépendante, Nr. 76 ff.; Stumpf in: FS Eisemann, S. 141, 145; Gavalda/Stoufflet Revue trimestrielle de droit commercial et de droit économique 1980, Nr. 22. 104 Vgl. hierzu im Einzelnen Oehlmann/Schlegel Praxis der Auslandsgarantien, S. 89 ff. 105 Soweit ersichtlich, pflegen etwa Banken in Ägypten, Algerien und in Saudi-Arabien ihre ausländischen Garantieauftraggeber erst dann aus der Haftung zu entlassen, wenn sie ihrerseits die Garantieurkunden von dem Begünstigten zurückerhalten haben. Im Garantiegeschäft mit dem zuletzt genannten Land hat die dortige Zentralbank eine Reihe von ausländischen Banken ermächtigt, gegenüber staatlichen Stellen unter bestimmten Bedingungen Direktgarantien zu übernehmen, die jedoch regelmäßig dem Recht dieses Landes unterstellt werden müssen, so dass sich auch insoweit Zweifel ergeben, zu welchem Zeitpunkt die Garantie ihre Erledigung gefunden hat. 106 Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/322 ff.; vgl. hierzu a. Schütze WM 1982, 1398, 1401. 107 S. im Einzelnen Rdn. 9/157.

414

III. Typische Elemente der Bankgarantie

D.

Neunter Abschnitt

Anwendbares Recht

Im internationalen Bankgarantiegeschäft domizilieren – soweit es sich um Direkt- 9/35 garantien handelt – die Garantiebank und der Begünstigte jeweils in verschiedenen Ländern. Für das Rechtsverhältnis zwischen beiden Parteien können daher die Vorschriften verschiedener Rechtsordnungen maßgebend sein. Sofern diese Bestimmungen in wesentlichen Punkten voneinander abweichen, kommt der Frage, nach welchem Recht die Rechtsbeziehung zwischen der Garantiebank und dem Begünstigten zu beurteilen ist, eine entscheidende Bedeutung zu. Die Bankgarantie ist dem Schuldrecht zuzuordnen. Nach deutscher Rechtsauffas- 9/36 sung steht den Parteien auf diesem Gebiet grundsätzlich die Möglichkeit der Rechtswahl offen. Danach können die Parteien das für einen Schuldvertrag maßgebende Recht (das Vertragsstatut) durch Rechtswahl selbst bestimmen.108 In der Praxis wird jedoch häufig von der Aufnahme einer Klausel hinsichtlich des anwendbaren Rechts in den Garantietext abgesehen, weil hierfür regelmäßig keine Notwendigkeit besteht.109 Sofern keine Anhaltspunkte für eine ausdrückliche Vereinbarung erkennbar sind, kann im Einzelfall auch eine konkludente Rechtswahl in Betracht kommen, sofern ein entsprechender realer Wille beider Parteien erkennbar ist; hierbei dürfen jedoch die Grundsätze der früheren Rechtsprechung zum so genannten hypothetischen Parteiwillen110 nicht unbesehen übernommen werden.111 Mangels Rechtswahl ist auf der Grundlage des zwischenzeitlich reformierten deutschen Internationalen Privatrechts, das insoweit auch den Bestimmungen anderer Rechtsordnungen entspricht,112 gemäß Art. 28 Abs. 2 EGBGB auf das Heimatrecht der Garantiebank abzustellen, da bei ihr der Schwerpunkt des durch eine einseitige Leistungsverpflichtung geprägten Rechtsverhältnisses liegt und sie die für die Bankgarantie typische Leistung erbringt. Bei mehrstufigen Garantieverhältnissen findet zwischen der (inländischen) erstbeauftragten Bank und der ausländischen Zweitbank, soweit es das zwischen diesen bestehende Geschäftsbesorgungsverhältnis anbelangt, mangels individualvertraglich abweichender Absprachen das Sitzrecht der Zweitbank Anwendung, da diese entsprechend den dargelegten Grundsätzen die vertragstypische Leistung – Stellung einer Garantie nach den von der erstbeauftragten Bank vorgegebenen

108 Palandt/Heldrich BGB, Rdn. 3 zu Art. 27 EGBGB; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. zu § 365 Rdn. 280; Goerke Kollisionsrechtliche Probleme internationaler Garantien, S. 120 ff.; Schwung WM 1984, 1301; vgl. a. BGH RIW/AWD 1977, 48 (Vereinbarung deutschen Rechts für eine Bürgschaft). 109 Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/282; Finger AWD 1969, 486, 489; Horn in: The Transnational Law of International Commercial Transactions, 1982 S. 275, 283. 110 BGH WM 1955, 765; LG Frankfurt a.M. AWD 1963, 58; OLG Hamburg RIW/AWD 1978, 615; OLG Stuttgart WM 1979, 733, 734; OLG Frankfurt a.M. WM 1983, 516. 111 Vgl. hierzu Palandt/Heldrich BGB, Rdn. 5 zu Art. 27 EGBGB. 112 Zu der Rechtslage in England, Frankreich, Österreich und der Schweiz vgl. im Einzelnen Kleiner Bankgarantie, S. 251; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn.105 sowie Schefold IPRax 1995, 118, jeweils m.w.N.; andere Grundsätze scheinen für Italien zu gelten, s. hierzu Thietz-Bartram Die Bankgarantie im italienischen Recht, S.168, 196 f.

415

Neunter Abschnitt

Bankgarantie

Bedingungen gegenüber dem benannten Begünstigten – erbringt.113 Die sich aus dem Auftragsverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten prägen die rechtlichen Beziehungen zwischen der erstbeauftragten Bank und der Zweitbank, und zwar auch dann, wenn zusätzlich eine Rückgarantie hinausgelegt wird, die nach Maßgabe der obigen Ausführungen dem Recht der erstbeauftragten Bank unterliegt.114 Wegen weiterer Einzelheiten zu dieser Problemstellung wird auf die Ausführungen in Rdn. 9/64 ff. und Rdn. 9/105 verwiesen. Die Aufnahme einer Rechtswahlklausel zugunsten des Heimatrechts der Garantiebank sollte allerdings dann in Betracht gezogen werden, wenn besondere Umstände vorliegen, die möglicherweise den Ansatzpunkt zu einer abweichenden Auslegung bieten können. Hierzu zählt etwa die Verpflichtung der Garantiebank, im Garantiefall Zahlung auf ein bestimmtes Konto des Begünstigten bei einer ausländischen Bank zu leisten (Zahlort). Wenngleich hierdurch nach deutschem Recht der Erfüllungsort im Zweifel unberührt bleibt, kann nicht ausgeschlossen werden, dass ausländische Gerichte insoweit zu einem anderen Ergebnis gelangen, weshalb es ratsam ist, von der Aufnahme eines bestimmten Empfängerkontos in den Garantietext abzusehen.115 Eine – ausdrückliche oder stillschweigende – Rechtswahl zugunsten des Heimatrechts des Begünstigten ist im internationalen Bankgarantiegeschäft nicht üblich116 und kann zu erheblichen Komplikationen führen, da aus der Sicht der Garantiebank nicht abzusehen ist, wie der von ihr hinausgelegte Garantietext im Ausland beurteilt wird. Sofern sich in Ausnahmefällen die Unterstellung der Bankgarantie unter ausländisches Recht nicht vermeiden lässt, wird sich die Garantiebank durch eine entsprechende Freistellungserklärung des Auftraggebers absichern. 9/37 In der Praxis kommt es häufig vor, dass neben oder anstelle der Rechtswahlklausel

eine Gerichtsstandsvereinbarung in den Garantietext aufgenommen wird. Falls keine ausdrückliche Rechtswahl getroffen worden ist, kann die Vereinbarung eines Gerichtsstands ein maßgebendes Kriterium für das Vorliegen einer stillschweigenden Rechtswahl darstellen.117 Wenngleich aus der Sicht des deutschen Rechts die Aufhebung der internationalen Zuständigkeit eines deutschen Gerichts zugunsten eines ausländischen Gerichts zulässig ist, sollte grundsätzlich kein ausländischer Gerichtsstand gewählt werden, da – unabhängig von den vorerwähnten, unter Umständen ungünstigen Auslegungsfolgen – auch hier die Garantiebank im Einzel-

113 Palandt/Heldrich BGB, Rdn. 21 zu Art. 28 EGBGB, mit Hinweis auf BGHZ 108, 362. 114 Vgl. hierzu Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/302 f.; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 318 f.; Reithmann/Martiny Internationales Vertragsrecht, Rdn. 1207; krit. Bertrams Bank Guarantees in International Trade, S. 375, 380. 115 Schinnerer/Avancini Bankverträge II. Teil, S. 319 f.; Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/338. 116 Kleiner Bankgarantie, S. 167; Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/282; vgl. in diesem Zusammenhang aber Fn. 104. In letzter Zeit sind Bestrebungen iranischer Banken bekannt geworden, für Garantien die Geltung des dortigen Rechts zu vereinbaren und zu verlangen, dass Streitigkeiten vor iranischen Gerichten ausgetragen werden müssten. 117 Entsprechendes gilt für die Wahl eines Schiedsgerichts, vgl. BGH NJW 1996, 3229.

416

III. Typische Elemente der Bankgarantie

Neunter Abschnitt

fall nicht abzuschätzen vermag, wie der von ihr hinausgelegte Garantietext in rechtlicher Hinsicht im Ausland gewertet wird. Die Garantiebank wird bestrebt sein, das Recht ihres Landes, einen Gerichtsstand in ihrem Land und die Geltung ihrer eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen in allen Fällen zur Grundlage zu machen. Die Geltung des Grundsatzes der Privatautonomie ist allerdings auf die schuld- 9/38 rechtlichen Beziehungen zwischen der Garantiebank und dem Begünstigten beschränkt. Normen des öffentlichen Rechts, wie etwa Devisen- und Währungsrechte, die auf das Garantieverhältnis einwirken können, unterliegen nicht der Rechtswahl der Parteien (Art. 27 Abs. 3, 34 EGBGB) und müssen daher gesondert in die Überlegungen einbezogen werden.118 Hierbei ist insbesondere zu prüfen, ob und in welchem Umfang das am Sitz der Garantiebank geltende öffentliche Recht die Wirksamkeit oder die Erfüllung der Bankgarantie zu beeinträchtigen vermag. In diesem Zusammenhang sei auf das Abkommen über den internationalen Währungsfonds von 1944 (Bretton Woods) hingewiesen, dessen Beschränkungen der Anwendung des Garantiestatuts der Mitgliedsstaaten entgegenstehen. Weiter sind hier die zwingenden Rechtsnormen des deutschen Außenwirtschaftsrechts (AWG und AWV), des Devisenbewirtschaftungsrechts sowie etwaige Embargobestimmungen zu nennen. Die Praxis begnügt sich insoweit regelmäßig mit der – sich auf den Zeitpunkt der Ausstellung der Bankgarantie beziehenden – Bestätigung der Garantiebank, dass sämtliche zwingende Vorschriften bei der Übernahme der Bankgarantie beachtet wurden und die Erfüllung des Garantieversprechens gewährleistet ist, oder dass öffentlich-rechtliche Normen im konkreten Fall der Garantieverpflichtung nicht entgegenstehen.119

E.

Sonstige Klauseln und Absprachen

Die Aufnahme einer – gelegentlich bei Inlandsbürgschaften verwendeten – Hinter- 9/39 legungsklausel in die Garantieerklärung ist nicht üblich.120 Ein etwaiges Recht zur Hinterlegung der Garantiesumme bei einer neutralen Stelle würde die Garantiebank in die Lage versetzen, sich bereits vor einer wirksamen Inanspruchnahme der Bankgarantie einseitig von den gegenüber dem Begünstigten übernommenen Verpflichtungen zu befreien und die Fälligkeit des gegen den Garantieauftraggeber gerichteten Aufwendungsersatzanspruchs herbeizuführen. Dies ist mit dem Wesen der Bankgarantie nicht vereinbar. Der Hinterlegung des Garantiebetrags steht insbesondere die Liquiditätsfunktion der Bankgarantie entgegen,121 weshalb sich diese Klausel im internationalen Geschäftsverkehr wohl kaum durchsetzen wird.

118 von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 322 ff. 119 Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/300. 120 Oehlmann/Schegel Praxis der Auslandsgarantien, S 31; zur Frage der Geltung von Nr. 13 AGB bei der Annahme und Ausführung von Garantieaufträgen durch die Garantiebank vgl. Rdn. 9/92. 121 So zu Recht Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/284; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 134 ff.

417

Neunter Abschnitt

Bankgarantie

9/40 Bankgarantien, die zur Sicherung eines etwaigen Anspruchs des Begünstigten auf

Rückzahlung einer geleisteten Anzahlung übernommen werden,122 enthalten häufig eine Bestimmung, derzufolge eine Inanspruchnahme erst nach Eingang des Anzahlungsbetrags bei der Garantiebank möglich ist. Hierbei findet etwa folgender Wortlaut Verwendung: „Eine Inanspruchnahme unserer (der Garantiebank) Garantie ist jedoch erst möglich, nachdem der Anzahlungsbetrag in voller Höhe wie folgt vorbehaltlos gutgeschrieben wurde: Empfänger: (Garantiebank oder -auftraggeber) Kontonummer: Bank: Verwendungszweck: Anzahlungsbetrag zu Ihrer Anzahlungsgarantie Nr. . . .“. Mit dieser Klausel bringt die Garantiebank gegenüber dem Begünstigten klar zum Ausdruck, dass eine Zahlungsverpflichtung aus der Anzahlungsgarantie nur dann entsteht, wenn die Anzahlung auf das von ihr angegebene Konto auch geleistet worden ist. Eine andere Zahlungsweise, etwa die Erbringung der Anzahlung auf ein Konto des Garantieauftraggebers bei einer anderen Bank oder die Übersendung eines Verrechnungsschecks an den Garantieauftraggeber, den dieser dann abredewidrig bei einer anderen Bank zur Gutschrift einreicht, braucht die Garantiebank nicht als vertragsgemäß anzuerkennen und kann ein Zahlungsbegehren des Begünstigten unter Hinweis auf die Nichterfüllung der Inanspruchnahmevoraussetzung grundsätzlich zurückweisen.123 9/41 In der Regel enthalten Garantien deutscher Kreditinstitute die Verpflichtung des

Begünstigten, die Originalurkunde zusammen mit etwaigen Nachtragserklärungen nach Erledigung des Sicherungszwecks oder, falls ein Verfalldatum vereinbart ist, nach Fristablauf an die Garantiebank zurückzugeben. Mit dieser Bestimmung wird zuweilen der Zusatz verbunden, dass die Garantieverpflichtung spätestens mit der Rückgabe der Urkunde an die Garantiebank erlischt.124 Die Rückgabe der Urkunde führt hiernach zum Erlöschen der Bankgarantie. Sollte eine entsprechende Klausel im Garantieversprechen fehlen oder in besonderen Ausnahmefällen ausländisches (eine Befristung nicht anerkennendes) Recht zum Zuge kommen (Rdn. 9/34), dürfte der Rückerhalt der Urkunde zumindest eine Umkehr der Beweislast herbeiführen mit der Folge, dass der Begünstigte nunmehr den Fortbestand der Bankgarantie darzutun hätte.125

122 Zum Begriff und zur Funktion der Anzahlungsgarantie vgl. Rdn. 9/48 ff. 123 OLG Frankfurt a.M. WM 1978, 1188; Müller-Wüsten DB 1976, 2145, 2147; s. hierzu a. Rdn. 9/119. 124 Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/280 f.; Schinnerer/Avancini Bankverträge II. Teil, S. 320; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 28, 127 ff.; OehlmannSchlegel Praxis der Auslandsgarantien, S. 69 ff. 125 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1161; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 101.

418

IV. Arten der Bankgarantie

Neunter Abschnitt

Um Legitimationsproblemen aus dem Wege zu gehen, ist es zweckmäßig, dem 9/42 Begünstigten aufzuerlegen, dass er im Falle der Inanspruchnahme der Bankgarantie die Zahlungsaufforderung zusammen mit etwaigen Zusatzerklärungen und dokumentären Nachweisen über seine Hausbank leitet (Rdn. 9/114), die dann wunschgemäß die Ordnungsmäßigkeit der Unterschriften bestätigt, sonst aber keine eigenen Funktionen übernimmt. Hierfür wird etwa folgender Wortlaut verwendet: „Wir bestätigen, dass die Unterschrift(en) mit der(den) bei uns hinterlegten Handzeichnungsprobe(n) übereinstimmt(übereinstimmen).“ Für Fernschreiben an Banken kann die Hausbank ihr Verschlüsselungssystem zur Verfügung stellen. Bei Erfüllungsgarantien muss klar zum Ausdruck gebracht werden, dass die Erklärung der Garantiebank lediglich die Zahlung einer Geldsumme, nicht aber die Erfüllung der sachlichen Verpflichtungen des Garantieauftraggebers beinhaltet (Rdn. 9/52). Die hier aufgeführten Hinweise für die Gestaltung von Bankgarantietexten stellen 9/43 keine abschließende Aufzählung dar, sondern beziehen sich auf typische Bestandteile, die sich in der Praxis im Laufe der Zeit als gängige Formeln herausgebildet haben. Daneben können weitere Bestimmungen, die sich aus den besonders gelagerten Umständen des Einzelfalls ergeben, berücksichtigt werden, soweit diese der der Bankgarantie innewohnenden Sicherungs- und Liquiditätsfunktion nicht entgegenstehen. Leider sind in einigen Ländern – speziell bei mehrstufigen Garantieverhältnissen – vereinzelt Bestrebungen festzustellen, die darauf abzielen, eigene Garantietexte, die dem Wesen der Bankgarantie nicht mehr entsprechen, durchzusetzen.126 Dem sollte entgegengewirkt werden.

IV. Arten der Bankgarantie Die Bankgarantie basiert auf dem Prinzip der Vertragsfreiheit und kann sich daher 9/44 grundsätzlich auf jeden Sicherungszweck beziehen. In der Praxis haben sich, dem Bedarf entsprechend, bestimmte Garantietypen herausgebildet, welche die bei der Anbahnung und Abwicklung eines Außenhandelsgeschäfts erfahrungsgemäß immer wieder auftretenden Risikobereiche im wesentlichen abdecken.127 Die nach-

126 Hierzu gehören – in Ergänzung zu den bereits erwähnten Besonderheiten in den Beziehungen zu den arabischen Ländern, vgl. Rdn. 9/34 – etwa das Rundschreiben Nr. 164/40 der Commercial Bank of Syria v 19.1.1988 sowie die sog. harte Libyenklausel, die eine Zahlung aus der Garantie auf erstes Anfordern trotz etwaiger hoheitlicher Zahlungsverbote vorsieht; vgl. hierzu a. Oehlmann Bank 1978, 402; Scherder Bank 1978, 556; Paashaus Bank 1978, 605; weitere Hinweise auf ausländische Bestimmungen und Usancen gibt Oehlmann/Schlegel Praxis der Auslandsgarantien, S. 89 ff. 127 Vgl. zu den einzelnen Erscheinungsformen der Bankgarantie insbes. Auhagen Die Garantie einer Bank, auf „erstes Anfordern“ zu zahlen, S. 3 ff.; Brüggemann Die Banktechnik

419

Neunter Abschnitt

Bankgarantie

folgenden Ausführungen werden durch verschiedene Mustertexte im Anhang ergänzt.128

A.

Garantien im Auftrag des Verkäufers

1.

Bietungsgarantie

9/45 Die Bietungsgarantie soll sicherstellen, dass die bietende Firma nach erfolgtem

Zuschlag willens und in der Lage ist, entsprechend ihrem Angebot auch wirklich abzuschließen. Staatliche und sonstige öffentliche Stellen, aber auch private Institutionen verlangen im Rahmen internationaler Ausschreibungen oft die Übergabe einer solchen Bietungsgarantie (bid bond, participation guarantee, tender guarantee – garantie de participation, garantie provisoire). Ein Exporteur, der sich an einer solchen Ausschreibung im Ausland beteiligt, muss zusammen mit der Abgabe seines Angebots die geforderte Bietungsgarantie beibringen. Die Höhe der Garantiesumme liegt in der Regel zwischen einem und fünf Prozent des Angebotswertes des ausgeschriebenen Objekts; es können auch Sätze bis zu zehn Prozent vorkommen.129 Zuweilen wird auch ein bestimmter Betrag für sämtliche Anbieter vorgeschrieben. Der Text der Bietungsgarantie ist gewöhnlich in den Ausschreibungsbedingungen (sog. Lastenheft, book of conditions, cahier des charges) wörtlich vorgeschrieben; Gleiches gilt für den letzten Einreichungstermin. Es empfiehlt sich, rechtzeitig mit der Garantiebank Verbindung aufzunehmen, damit eine ordnungsgemäße Abwicklung des Garantiegeschäfts gewährleistet ist. Hierzu gehört auch die Klärung der Frage, ob – nach Ländern verschieden – die Bietungsgarantie als Direktgarantie akzeptiert wird oder eine weitere Bank im Lande des Begünstigten eingeschaltet werden muss. 9/46 Im Garantiefall deckt der Garantiebetrag den Schaden ab, welcher der ausschrei-

benden Stelle dadurch entstehen kann, dass der Bietende trotz des ihm erteilten

des Auslandsgeschäfts, S. 166 ff.; Blomeyer Exportfinanzierung, S. 106 ff.; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1105; Finger BB 1969, 206; Käser RabelsZ 35 (1971), 601, 606; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 34 ff.; Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 6; Trost Bankgarantien im Außenhandel, S. 21 ff.; Koziol in: Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 3/7 ff.; Prum Les garanties à première demande, S. 75 ff.; Schütze Bankgarantien, S. 13; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 11 ff.; Roesle Die internationale Vereinheitlichung des Rechts der Bankgarantien, S. 16 ff.; Hadding/Häuser/Welter Bürgschaft und Garantie, S. 690 ff.; Horn in: The Transnational Law of International Commercial Transactions, 1982 S. 275, 277 ff.; Watson Finance of International Trade, S. 245 ff.; Dohm SchwAG 1984, 53, 56; Poullet D. P. C. I. 1979, 387, 395 ff.; Oehlmann/Schlegel Praxis der Auslandsgarantien, S. 33 ff.; Häberle in: Handbuch der Außenhandelsfinanzierung, S. 892 ff.; speziell die Iranfälle betreffend siehe Zahn ZIP 1984, 1303 ff. 128 S. im Einzelnen Rdn. 10/4 ff. 129 Brüggemann Die Banktechnik des Auslandsgeschäfts, S. 166; Poullet D. P. C. I. 1979, 387, 396.

420

IV. Arten der Bankgarantie

Neunter Abschnitt

Zuschlags einen ausschreibungsgerechten Vertrag nicht abschließt und damit die Kosten für die Auswertung des Angebots umsonst aufgewendet wurden. Außerdem sind andere – zwischenzeitlich abgelaufene – Angebote ungenutzt geblieben, wodurch ebenfalls ein erheblicher Schaden eintreten kann. Häufig erstreckt sich die Bietungsgarantie auch auf die Verpflichtung des Bietenden, nach Erhalt des Zuschlags und der Unterzeichnung des Kontrakts für die Erstellung weiterer Bankgarantien Sorge zu tragen, welche die Erfüllung des Vertrags sichern. In diesem Fall steht eine Bankgarantie für die Erstellung einer weiteren ein.130 Hierbei ist ein besonderes Augenmerk darauf zu richten, dass die Bietungsgarantieurkunde von dem Begünstigten Zug um Zug gegen die Aushändigung der weiteren Garantieurkunde an die Garantiebank zurückgegeben wird, um auf diese Weise eine nicht gerechtfertigte Ausweitung des Avalrisikos zu vermeiden.131 Während bei der Bietungsgarantie der Garantietext oft wörtlich vorgeschrieben war (manchmal auch namentlich die obligatorische Zweitbank im Lande der ausschreibenden Stelle, Rdn. 1/53), so dass der Anbieter gar keinen Einfluss auf die Garantiegestaltung nehmen konnte, bedürfen die nach Erteilung des Zuschlags eventuell zu erstellenden weiteren Bankgarantien regelmäßig besonderer Vereinbarungen zwischen den Beteiligten, die inzwischen einen direkten Kontakt aufgenommen haben. Der Anbieter muss jetzt darauf achten, dass nicht die Gestaltungsform der Bietungsgarantie als Muster für die weiteren Bankgarantien herangezogen wird; er sollte bemüht sein, in den Verhandlungen über die weiteren Bankgarantien seine eigenen Vorstellungen zur Geltung zu bringen. Bietungsgarantien kommen auch auf der Importseite vor, wenn ein Exporteur im 9/47 Wege der Ausschreibung einer Mehrzahl von potenziellen Abnehmern die Lieferung knapper Waren anbietet. In diesen Fällen ist die im Auftrag des Importeurs erstellte Bietungsgarantie in der Praxis gelegentlich mit einer Kreditauskunft der Garantiebank gekoppelt. Die Bank garantiert zwar auch nur die Zahlung der Bietungssumme für den Fall, dass der Garantieauftraggeber einen ihm erteilten Zuschlag zurückweist. Damit verbunden ist jedoch eine Auskunft, dass dem Garantieauftraggeber finanziell der volle Kaufpreis zum Zwecke der vertragsmäßigen Erfüllung der Verbindlichkeiten zur Verfügung steht, falls diesem die Warenlieferung zugeschlagen wird. Es kann im Einzelfall zweifelhaft sein, ob eine derartige Auskunft über die finanzielle Leistungskraft des Garantieauftraggebers den sonst üblichen Haftungsgrundsätzen für Bankauskünfte132 unterliegt, zumal der Begünstigte aus der Garantie in der Regel nicht als Kunde der Garantiebank im Sinne der Allgemeinen Geschäftsbedingungen anzusehen ist. Die erwähnte Auskunft ist grundsätzlich nicht als integrierender Bestandteil der Bietungsgarantie in

130 Auhagen Die Garantie einer Bank auf „erstes Anfordern“ zu zahlen, S. 4; Koziol in: Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 3/8. 131 Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/237. 132 Vgl. Nr. 2 und Nr. 3 AGB sowie BGH WM 1990, 1990, 1991 m. Anm. Heymann WuB I B 4. – 1.91; BGH WM 1996, 1618, 1619 f.

421

Neunter Abschnitt

Bankgarantie

der Weise zu werten, dass die Garantiebank über den Garantiebetrag hinaus sämtliche Verpflichtungen des Garantieauftraggebers aus dem Kontrakt garantiert. Im Hinblick auf diesen Gesamtbetrag hat sie lediglich eine Auskunft erteilt. Die Garantiebank berechnet daher auch die Avalprovision in der Regel nur in Bezug auf den Garantiebetrag und nicht etwa auf den Gesamtkaufpreis, der ihrer Auskunft zugrunde liegt. Da jedoch der meist vorgeschriebene Text gelegentlich als sehr weitreichend angesehen werden kann, wird die Garantiebank in diesen Fällen mit dem Wortlaut ihrer Garantieerklärung besonders vorsichtig sein. Die Bietungsgarantie findet ihre Erledigung, sobald der Bietende den Zuschlag erhalten hat, hiernach der ausschreibungsgerechte Vertrag abgeschlossen und – falls die Ausschreibungsbedingungen dies im Einzelfall vorsehen – eine weitere Garantie erstellt worden ist. Sofern Bewerber keinen Zuschlag erhalten haben, ist die Bietungsgarantie gegenstandslos geworden und zurückzugeben. Gelegentlich wird die Bank gebeten, anstelle einer Bietungsgarantie gegenüber dem Garantieauftraggeber eine Erklärung abzugeben, mit der die Bank ihre Bereitschaft zum Ausdruck bringt, eine bestimmte, in der Erklärung näher bezeichnete Garantie zu übernehmen, falls der Garantieauftraggeber bei einer Ausschreibung für ein bestimmtes Projekt den Zuschlag erhält. Sofern die Bank dem Wunsch entspricht, wird sie darauf achten, dass sich die Bereitschaftserklärung auf die Übernahme eines üblicherweise verwendeten Garantietextes bezieht sowie eine bestimmte Garantiesumme als Maximalbetrag benannt wird. Weiter wird die Gültigkeit der Erklärung zeitlich befristet sein. Daneben können zusätzliche, sich auf den Einzelfall beziehende Voraussetzungen aufgenommen werden. Im Hinblick auf den bindenden Charakter der Bereitschaftserklärung muss das Geschäft kreditmäßig geregelt werden. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn in einer derartigen Erklärung unmissverständlich zum Ausdruck kommt, dass hierdurch eine eigene Verpflichtung der Bank zur späteren Übernahme der Garantie nicht begründet wird.

2.

Anzahlungsgarantie

9/48 Anzahlungen sind im Zusammenhang mit Außenhandelsgeschäften insbesondere

dann üblich, wenn es sich bei dem Exportgut um eine hochwertige Spezialanfertigung (z.B. Schiffe, Brücken, schlüsselfertige Industrieanlagen) handelt, die – falls der Besteller seiner Abnahmeverpflichtung nicht nachkommen sollte – anderweitig entweder nicht oder nur schwer verwertbar ist. Anzahlungen werden aber auch bei Serienerzeugnissen vereinbart. Die Anzahlung dient einerseits dazu, den Käufer von einem unbegründeten Rücktritt vom Vertrag abzuhalten, andererseits dazu, dem Verkäufer das Exportgut teilweise vorzufinanzieren.133 Eine erste Anzahlung, die bis zu einem Drittel des Ver-

133 Staudinger/Horn (1997) Vorbem. 1 zu §§ 765 Rdn. 283; Brüggemann Die Banktechnik des Auslandsgeschäfts, S 166.

422

IV. Arten der Bankgarantie

Neunter Abschnitt

tragswertes ausmachen kann, ist in der Regel bei Abschluss des Liefervertrags zur Zahlung fällig. Oftmals folgen weitere Zwischenzahlungen zu bestimmten, entweder zeitlich oder fabrikationsmäßig fixierten Zeitpunkten. In Ländern mit Devisenbewirtschaftung kann die Höhe von Anzahlungen beschränkend geregelt sein. Der Käufer, der eine Sicherheit für die von ihm erbrachten Anzahlungen für den Fall haben will, dass der Verkäufer die vertraglichen Leistungen in dem vereinbarten Zeitraum nicht oder nicht ordnungsgemäß erbringt, wird sich eine Anzahlungsgarantie (advance payment guarantee, refundment bond – garantie d’acompte, garantie de remboursement) geben lassen. Die Anzahlungsgarantie sichert den bedingten Anspruch des Käufers auf Rückzahlung der Anzahlung gegen den Verkäufer. Einen etwa darüber hinausgehenden Schaden deckt die Anzahlungsgarantie nicht ab.134 Ein weiterreichendes Risiko könnte aber im Rahmen einer Erfüllungsgarantie (Rdn. 9/52 ff.) gesichert werden. Die Höhe der Garantiesumme entspricht der jeweils geleisteten Anzahlung, die im Einzelfall den gesamten Auftragswert ausmachen kann, handelsüblich sind jedoch Anzahlungen in Höhe bis zu einem Drittel des Kaufpreises.135 In verschiedenen Ländern (z.B. Türkei) ist gesetzlich vorgeschrieben, dass bei Rückzahlung der Anzahlung neben der Garantiesumme noch Zinsen für die Zeit der Bereitstellung der Anzahlung zu zahlen sind.136 Dies ist bei der Abfassung des Garantietextes und der Bestimmung des Haftungsumfangs der Garantiebank zu berücksichtigen. Die Laufzeit der Anzahlungsgarantie ist regelmäßig so zu bemessen, dass dem 9/49 Begünstigten nach Ablauf der vereinbarten Lieferfrist ausreichend Zeit verbleibt, um den Anspruch aus der Garantie gegenüber der Garantiebank geltend zu machen. Es sind auch Situationen denkbar, in denen sich bereits vor Ablauf des Liefertermins zur Gewissheit des Käufers herausstellt, dass eine vertragsgemäße Lieferung nicht erfolgen wird, etwa weil der Verkäufer insolvent geworden ist, weil unüberwindliche Schwierigkeiten bei der Materialbeschaffung eingetreten sind oder weil sonstige Hinderungsgründe vorliegen, die einer ordnungsgemäßen Vertragserfüllung entgegenstehen. Aus diesen beispielhaft aufgeführten Fällen ergibt sich, dass der Rückzahlungsanspruch des Käufers in jeder Phase des Exportgeschäfts erwachsen kann. Da die Garantiebank aber im Einzelnen nicht zu prüfen vermag, ob der Rückzahlungsanspruch wirklich besteht, wird sie bereits bei Abgabe der Garantieerklärung durch entsprechende Formulierungen klarstellen, dass die formale (schriftliche) Behauptung des Begünstigten, der Verkäufer sei seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachgekommen, für eine Inanspruchnahme der Anzahlungsgarantie ausreicht.137 Damit kann der Garantiefall auch schon dann eintreten, wenn der zwischen dem Verkäufer und dem Käufer ausgehandelte Liefertermin noch nicht verstrichen ist.

134 135 136 137

von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 14. Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 40. Vgl. Oehlmann/Schlegel Praxis der Auslandsgarantien, S. 104 f. Vgl. hierzu Axmann DB 1973, Beilage Nr. 8 S. 10.

423

Neunter Abschnitt

Bankgarantie

Auf die Besonderheit, dass die Inanspruchnahme der Anzahlungsgarantie von dem Eingang des Anzahlungsbetrags auf einem bestimmten, für den Verkäufer bei der Garantiebank geführten Konto abhängig gemacht werden kann, wurde bereits hingewiesen (Rdn. 9/40). 9/50 Ob sich aus der Übernahme einer Anzahlungsgarantie, zumal wenn ihre Inan-

spruchnahme von dem Eingang des Anzahlungsbetrags auf einem bei der Garantiebank für den Garantieauftraggeber geführten Konto abhängig gemacht wird, die Verpflichtung der Garantiebank herleiten lässt, den Anzahlungsbetrag – trotz debitorischer Kontoführung – dem Kunden auch frei zur Verfügung zu stellen, ist problematisch.138 Da die Geschäftsverbindung der Banken zu ihren Kunden sich nicht auf Einzelgeschäfte bezieht, sondern in der Kontoführung niederschlägt, kann man grundsätzlich davon ausgehen, dass die Garantiebank den Anzahlungsbetrag auch einem debitorischen Kundenkonto gutschreiben darf. In seltenen Sonderfällen, in denen der Garantiebank die Durchführung des in Betracht kommenden Liefergeschäfts ohne freie Verfügbarkeit über den Anzahlungsbetrag gefährdet erscheint, werden Sonderabsprachen zwischen ihr und dem Kunden Platz greifen. 9/51 Bei dem Abschluss umfangreicher Lieferverträge kommt es häufig vor, dass Teillie-

ferungen vereinbart und zeitlich versetzt erbracht werden. Sofern der Käufer eine Anzahlung auf einen bestimmten Teil des gesamten Auftragswertes leistet und hierfür von der Garantiebank eine Anzahlungsgarantie hinausgelegt wird, empfiehlt es sich, eine dem Wert einer jeden Teillieferung entsprechende prozentuale Ermäßigung der Anzahlungsgarantie vorzusehen und den Nachweis für das Erbringen jeder Teillieferung gegenüber der Garantiebank in dokumentärer Form, etwa durch die Vorlage von Verschiffungsdokumenten, festzulegen (Rdn. 9/30).139

3.

Erfüllungsgarantie

9/52 Die Erfüllungsgarantie soll dem Käufer eine Sicherheit dafür verschaffen, dass der

Verkäufer seinen vertraglichen Verpflichtungen vollständig und ordnungsgemäß nachkommt. Falls der Verkäufer nicht willens oder nicht in der Lage sein sollte, eine derartige Garantie stellen zu lassen, muss er damit rechnen, dass sein Vertragspartner als Risikoausgleich einen entsprechenden Teil des Kaufpreises zeitweise zurückhält oder auf die Einräumung längerer Zahlungsziele drängt.140 Andererseits kann der Käufer den Umstand, dass der Verkäufer in der Lage ist, eine Erfüllungsgarantie zu stellen, als Indikation werten, sein Vertragspartner sei auch bonitätsmäßig in der Lage, seine vertraglichen Verpflichtungen zu erbringen.141

138 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 40 (Fn. 3); s. insoweit a. Scheuermann AWD 1959, 194; Schröder DB 1975, 2357; Müller-Wüsten DB 1976, 2145. 139 Vgl. a. Schinnerer/Avancini Bankverträge II. Teil, S. 328. 140 Nielsen Aktuelle Fragen der Zahlungssicherung im Außenhandel, S. 30. 141 Finger BB 1969, 206, 207.

424

IV. Arten der Bankgarantie

Neunter Abschnitt

Die Höhe der Garantiesumme wird erfahrungsgemäß auf zehn bis (seltener) zwanzig Prozent des Vertragswertes begrenzt.142 Zur Vermeidung letzter Zweifel empfiehlt es sich, einen Hinweis in den Garantietext aufzunehmen, wonach die Garantiebank im Garantiefall nur auf Zahlung von Geld in Anspruch genommen werden kann. Damit ist klargestellt, dass die Garantiehaftung nicht etwa die Verpflichtung beinhaltet, für die ordnungsgemäße Durchführung des Liefergeschäfts Sorge zu tragen. Bei der Erfüllungsgarantie sind zwei Gestaltungsformen zu unterscheiden:143

a)

Liefergarantie

Mit der Liefergarantie (delivery guarantee – garantie de livraison) wird das Risiko 9/53 des Käufers abgesichert, welches darin liegt, dass der Verkäufer möglicherweise seiner Warenlieferungspflicht nicht termin- und kontraktgerecht nachkommt. Sobald diese Verpflichtung von dem Verkäufer vertragsgemäß erfüllt worden ist, hat sich die Liefergarantie erledigt und ist der Garantiebank wieder zuzuleiten. Ein etwa fortbestehendes Gewährleistungsrisiko wird von der Liefergarantie im eigentlichen Sinn nicht gedeckt, sondern muss im Rahmen einer gesonderten Gewährleistungsgarantie erfasst werden. Um insoweit etwaigen Unklarheiten entgegenzuwirken, empfiehlt es sich, die Liefergarantie entweder – unter Berücksichtigung des vereinbarten Liefertermins – zu befristen oder deren Laufzeit an die Vorlage von bestimmten Versand- oder Abnahmedokumenten durch den Verkäufer zu binden.

b)

Leistungsgarantie

Die Leistungsgarantie (performance guarantee144 – garantie d’éxécution) soll sicher- 9/54 stellen, dass eine Leistung, wie z.B. eine Bau- oder Montageverpflichtung, in der vertraglich vereinbarten Weise erbracht wird. Entsprechend der Liefergarantie schließt auch die Leistungsgarantie ein über das Leistungsrisiko hinausgehendes Gewährleistungsrisiko nicht ein. Häufig übernimmt ein Verkäufer sowohl die Lieferung als auch die Montage einer Anlage. Zuweilen werden auch andere Dienstleistungen, wie etwa das Anlernen fremden Personals zur Bedienung der gelieferten Maschinen, vereinbart.145 In diesen Fällen ist darauf zu achten, dass bei der Erstellung der erfor-

142 Auhagen Die Garantie einer Bank, auf „erstes Anfordern“ zu zahlen, S. 4; Watson Finance of Intenational Trade, S. 248; Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 6. 143 Vgl. hierzu a. Brüggemann Die Banktechnik des Auslandsgeschäfts, S. 167; Nielsen Aktuelle Fragen der Zahlungssicherung im Außenhandel, S. 30; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 14 f. 144 Die Bezeichnung wird in unterschiedlicher Weise verwendet und zum Teil m dem übergeordneten Begriff der Erfüllungsgarantie gleichesetzt; vgl. zu weiteren Einzelheiten dieser Garantieart auch Williams Lloyd’s Maritime and Commercial Law Quarterly 1983, 423 ff.; Watson The Bankers’ Magazine 1980, 20 f. 145 Oehlmann/Schlegel Praxis der Auslandsgarantien, S. 36.

425

Neunter Abschnitt

Bankgarantie

derlichen Bankgarantien die einzelnen Risikobereiche jeweils getrennt erfasst und klar definiert werden, damit später keine Schwierigkeiten entstehen. 9/55 In der Praxis kommt es vor, dass der Käufer die Eröffnung eines Akkreditivs

zugunsten des Verkäufers von der Erstellung einer Erfüllungsgarantie durch die Bank des Verkäufers abhängig macht. Umgekehrt kann es sein, dass der Verkäufer die Garantiebank beauftragt, eine Erfüllungsgarantie nur unter der Voraussetzung hinauszulegen, dass ein unwiderrufliches Dokumentenakkreditiv zwecks Sicherung und Bezahlung des Kaufpreises zu seinen Gunsten eröffnet wird.146 In beiden Fällen lassen sich die Vertragspartner von der Absicht leiten, eine von dem Grundgeschäft losgelöste abstrakte Verpflichtung nur dann eingehen zu wollen, wenn auch der andere Teil für seine Verpflichtungen eine derartige Sicherheit leistet.

4.

Gewährleistungsgarantie

9/56 Vielfach verlangt der Käufer eine Garantie dafür, dass das gelieferte Gut bestimmte

zugesagte Eigenschaften besitzt (z.B. dass eine Anlage oder eine Maschine gewisse Mindestkapazitäten aufweist) oder sonst mängelfrei ist, oder dass etwaige Mängel, die nach dem Abschluss der Lieferung oder Leistung auftreten, innerhalb einer bestimmten Frist beseitigt werden. Diesem Zweck dient die Gewährleistungsgarantie (warranty guarantee – garantie de bonne fin), die dem Begünstigten – oftmals in Ergänzung der Erfüllungsgarantie – eine umfassende Absicherung bietet. Die Höhe der Garantiesumme wird in der Regel mit etwa fünf Prozent des Vertragswertes veranschlagt. Die Laufzeit der Gewährleistungsgarantie wird frei vereinbart. Laufzeiten von ein bis zwei Jahren, gerechnet vom Zeitpunkt der Vertragserfüllung bzw. Inbetriebnahme, gegebenenfalls nachzuweisen durch geeignete Dokumente, sind üblich.147 Für den Verkäufer bringt die Gewährleistungsgarantie den Vorteil, bereits vor Ablauf der Gewährleistungsfrist von seinem Vertragspartner den gesamten Kaufpreis zu erlangen, ohne dass ein Gewährleistungsbetrag zeitweise als Sicherheit zurückbehalten wird.

5.

Kombinierte Garantieformen

9/57 Die Praxis unterscheidet nicht immer streng zwischen den einzelnen Garantie-

typen. Zuweilen gehen zwei oder mehrere Garantiearten in einer Garantieerklärung auf. Gelegentlich wird der die Lieferungs-, Leistungs- und gegebenenfalls auch die Gewährleistungsgarantie umfassende Garantietyp als Vertragserfül-

146 Brüggemann Die Banktechnik des Auslandsgeschäfts, S. 167 f.; Schinnerer/Avancini Bankverträge II. Teil, S. 326 (Fn. 218); Oehlmann/Schlegel Praxis der Auslandsgarantien, S. 37, 84. 147 Auhagen Die Garantie einer Bank, auf „erstes Anfordern“ zu zahlen, S. 5.

426

IV. Arten der Bankgarantie

Neunter Abschnitt

lungsgarantie bezeichnet. Im Rahmen der insoweit geltenden Parteiautonomie steht es dem Garantieauftraggeber und dem Begünstigten grundsätzlich frei, die Zusammenfassung verschiedener Sicherungen zu vereinbaren.148 In allen Fällen ist darauf zu achten, dass die formellen Voraussetzungen für eine Reduzierung des Garantiebetrags nach vollständiger oder teilweiser Erledigung eines von mehreren gesicherten Risiken klar fixiert werden. Meist wird vorgesehen, dass die für die Ermäßigung der Garantiesumme maßgebenden Umstände der Garantiebank in dokumentärer Form nachgewiesen werden müssen.

B.

Garantien im Auftrag des Käufers

1.

Zahlungsgarantie

Die Bezahlung der im Rahmen eines Auslandsgeschäfts gelieferten Ware kann durch 9/58 Akkreditiv oder auch durch eine Zahlungsgarantie gesichert werden. Bei der Wahl richten sich die Beteiligten nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten. Eine Bankgarantie (statt eines Akkreditivs) empfiehlt sich etwa dann, wenn die geschuldete Ware als solche für eine Besicherung von Vorschüssen ungeeignet ist (z.B. Teillieferungen für eine Großanlage). Im Einzelfall können für die Entscheidung, anstelle eines Akkreditivs eine Bankgarantie zu wählen, auch Kostengründe maßgebend sein. Die Zahlungsgarantie (payment guarantee – garantie de paiement) sichert den Kaufpreisanspruch oder den Kaufpreisrestanspruch149 des Verkäufers gegen den ausländischen Vertragspartner. Als Anspruchsgrundlage kommt auch die Forderung auf Rückzahlung eines Darlehens oder eine sonstige Verbindlichkeit in Betracht.150 Da der Käufer eines Exportgutes für die Erstellung der Zahlungsgarantie Sorge zu tragen hat, lässt sich diese Garantie im System der Garantiearten auch als Vertragserfüllungsgarantie „mit umgedrehten Vorzeichen“151 begreifen. Bei Exportgeschäften mit Vertragspartnern, die in Ländern mit Devisenbewirtschaftung domizilieren, ist der Verkäufer vielfach gehalten, mangels anderer geeigneter Sicherungsformen eine qualifizierte Bankgarantie zu verlangen, die nicht nur die Zahlung des (Rest-) Kaufpreises, sondern auch die Transferierung in der vereinbarten Währung sicherstellt.152 Bei Geschäften mit Ländern, mit denen der Zahlungsverkehr über ein der Devisenbewirtschaftung unterliegendes

148 Vgl. hierzu von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S 11; Schinnerer/Avancini Bankverträge II. Teil, S. 302. 149 von Caemmerer in: FS Riese, S. 295 ff.; zur Terminologie vgl, Hading/Häuser/Welter Bürgschaft und Garantie, S. 698. 150 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1105; Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 6; s.a. Kemmer/Rädlinger Außenhandelsfinanzierung, S. 110; Staudinger/Horn (1997) Vorbem. 1 zu §§ 765 Rdn. 287. 151 von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 17; vgl. a. Finger BB 1969, 206, 207: „Spiegelbild der Anzahlungsgarantie ist eine Garantie für die Zahlung eines Kaufpreisrestes“. 152 Axmann DB 1973, Beilage Nr. 8 S. 10.

427

Neunter Abschnitt

Bankgarantie

Clearing erfolgt, muss klargestellt sein, ob eine Garantieleistung über Clearing oder in frei verfügbarer Währung zu erfolgen hat.153 Im Hinblick auf die in der Vergangenheit immer wieder aufgetretene Devisenknappheit verschiedener Länder kann sich allerdings auch diese Vorkehrung später als untauglich erweisen. Dieser Problematik kann dadurch ausgewichen werden, dass man die Garantie über eine Bank in einem devisenrechtlich unbehinderten Land leiten und von dieser bestätigen (Rdn. 9/96) lässt, oder dass die Garantie von einer in einem Drittland ohne Devisenbewirtschaftung ansässigen Bank direkt übernommen wird. Schließlich kommt im Einzelfall auch die Möglichkeit des Abschlusses einer Ausfuhrkreditversicherung in Betracht.154 Im übrigen erlangt die Zahlungsgarantie eine zusätzliche Bedeutung im Rahmen einer etwaigen Forfaitierung der gesicherten Forderung. Hier tritt die Zahlungsgarantie neben oder an die Stelle anderer Sicherheiten und kann als abstraktes Sicherungsmittel zu der von dem forfaitierenden Institut angestrebten Risikoverteilung beitragen;155 sie kann auch für die Kosten der Forfaitierung von Bedeutung sein.

2.

Konnossementsgarantie

9/59 Es kommt vor, dass bei der Ankunft der Ware im Bestimmungshafen das Konnos-

sement noch nicht eingetroffen ist oder dass von mehreren verlangten Ausfertigungen noch eine oder mehrere fehlen. Nach den Regeln des Handelsrechts müsste der Verfrachter die Ware löschen, einlagern und den Lagerschein solange zurückhalten, bis ihm die verspäteten Konnossemente vom legitimierten Empfangsberechtigten vollständig präsentiert werden. Es bedarf keiner näheren Erläuterung, dass durch dieses Verfahren die Ware mit erheblichen Kosten belastet werden, verderben und darüber hinaus dem Käufer aus der Verzögerung ein weiterer Schaden drohen kann. Andererseits ist zu bedenken, dass der Verfrachter auf alle Fälle dem Inhaber der (im Augenblick der Warenankunft nicht präsentierten) Dokumente, der nicht notwendigerweise mit dem Adressaten der Ware identisch zu sein braucht, verpflichtet bleibt. Dieser Konflikt, bei dem alle Beteiligten (Verfrachter, Adressat, garantierende Bank) bona fide davon ausgehen, dass das Fehlen der Konnossemente in dem sonst ordnungsgemäß ablaufenden Geschäft nur auf einem technischen Missgeschick – am häufigsten Postverspätung – beruht, wird durch eine so genannte Konnossementsgarantie (bill of lading guarantee – garantie pour connaissement)156 überbrückt.

153 Für Österreich: Schinnerer/Avancini Bankverträge II. Teil, S. 312 (Fn. 155). 154 Axmann AWD 1971, 437, 438. 155 Vgl. von Westphalen Rechtsprobleme der Exportfinanzierung, S. 252, m.w.N.; Nielsen/ Joos in: BuB, Rdn. 5/244. 156 Bei Liesecke WM 1964, 1282, 1289, wird diese Garantieart als „Reversgarantie“ bezeichnet; vgl. zum Sachverhalt auch Harfield Bank Credits and Acceptances, S 173; Schönle/Thévenoz ZSchwR, 1986, 47 ff.

428

IV. Arten der Bankgarantie

Neunter Abschnitt

Die Konnossementsgarantie ermöglicht es, auch bei Fehlen der Konnossemente die Ware vom Schiff an Land zu bringen und sie demjenigen, der die Garantie gestellt hat (in der Regel der Adressat des Konnossements), auszuhändigen. In seinem Revers muss der Empfänger hinsichtlich der Ware bestimmte Verpflichtungen – zum Schutze des aus den Konnossementen wirklich Berechtigten – übernehmen.157 In der Konnossementsgarantie garantiert eine Bank dem Verfrachter, dass der Empfänger der Ware die in dem Revers übernommenen Verpflichtungen auch einhält. Rechtlich und praktisch deckt demnach eine Konnossementsgarantie den Verfrachter gegen alle Ansprüche Dritter, wenn er die Ware an den Empfänger herausgibt, ohne Zug um Zug das Konnossement zu erhalten. Um einen vergleichbaren Vorgang handelt es sich bei der so genannten Versicherungsgarantie, die erstellt wird, wenn die Versicherungspolice verloren gegangen ist oder im Zuge der Schadensregulierung nicht rechtzeitig vorgelegt werden kann. Von einer Konnossementsgarantie wird auch dann gesprochen, wenn der aus 9/60 einem Akkreditiv Begünstigte die Akkreditivbank sicherstellt, weil diese von ihm einen unvollständigen Satz der Dokumente aufnimmt, obwohl die Vorlage eines „vollen Satzes“ im Akkreditiv gefordert ist.158 Unter Banken sind auch Garantien für fehlende oder unstimmige Dokumente gebräuchlich, die die Rückzahlung von Akkreditivbeträgen sichern sollen, falls die Dokumente von der eröffnenden Bank nicht aufgenommen werden sollten. Es ist ausgeschlossen, die Konnossementsgarantie einzusetzen, um materielle Mängel der Dokumente auszugleichen, weil dies eine unzulässige Durchbrechung des Grundsatzes der Dokumentenstrenge zur Folge hätte.159 Vielmehr muss es insoweit bei der Grundregel verbleiben, wonach Abweichungen vom Akkreditiv, Fristversäumnisse, Formfehler und dgl. zu Lasten des Begünstigten gehen, es sei denn, dass dieser die Mängel im Wege der freien Vereinbarung mit den Beteiligten, etwa durch eine nachträgliche Änderung der Akkreditivbedingungen, zu beseitigen vermag.160 Es kann auch vorkommen, dass der Empfänger einer Ware bei Ankunft des Schif- 9/61 fes die Konnossemente deshalb nicht präsentieren kann, weil seine Bank dieselben wegen Nichtbezahlung zurückhält. In einem solchen Falle dürfen die „fehlenden“ Konnossemente natürlich nicht durch eine Bankgarantie ersetzt werden; dies wäre missbräuchlich.161 Auf die Frage, ob eine zur Bezahlung von Dokumenten verpflichtete Bank eine – 9/62 lediglich zur Überbrückung technischer Schwierigkeiten gestellte – Konnosse-

157 Vgl. hierzu den der Entscheidung BGHZ 36, 329, 331, zugrunde liegenden Sachverhalt. 158 Scheuermann AWD 1969, 194 (Fn. 3), spricht hierbei von einer „Garantie für fehlende Dokumente“. 159 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 47 f.; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 18 f.; Dohm Bankgarantien im internationalen Handel, Rdn. 29; Koziol in: Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 3/17. 160 Liesecke WM 1960, 210, 211, unter Berufung auf BGH WM 1958, 291. 161 Vgl. hierzu BGHZ, 36, 329.

429

Neunter Abschnitt

Bankgarantie

mentsgarantie annehmen muss oder unter Berufung auf den Grundsatz der Dokumentenstrenge ablehnen kann, wurde bereits an anderer Stelle eingegangen (Rdn. 2/380 ff.). Sofern eine Garantie der hier behandelten Art den rechtlichen und bonitätsmäßigen Anforderungen genügt, wird sich die Bank dem Verlangen, die auf diese Weise ergänzten unvollständigen Dokumente zu honorieren, letztlich nicht entziehen dürfen.162 Dem Einwand, die Annahme der Garantie könne aus Gründen der Vertragsfreiheit nicht erzwungen werden, ist entgegenzuhalten, dass die Beteiligten durch die Vereinbarung der getrennten Versendung der Dokumente dem Verlustrisiko begegnen wollten, sodass es dem erkennbaren Willen der Parteien widerspräche, wenn im Verlustfalle die Aufnahme der unvollständigen Dokumente verweigert würde. Nicht akzeptabel wäre es, wenn eine Bank eine Konnossementsgarantie unter Berufung auf die Dokumentenstrenge – bei einwandfreier Qualität der angebotenen Garantie – willkürlich ablehnen und die formellen Gesichtspunkte zwar als angeblichen Weigerungsgrund vorbringen würde, sich in Wirklichkeit aber von ganz anderen Beweggründen leiten ließe, die mit dem dokumentären Bereich nichts zu tun haben, wie etwa Kriegsausbruch oder ähnliches. 9/63 Besondere Probleme können sich dann ergeben, wenn der Empfänger der verloren

gegangenen Dokumente die Ware auf dokumentärer Basis weiterverkauft hat und seine diesbezüglichen Pflichten dann nicht erfüllen kann. Die Höhe der Konnossementsgarantie beträgt in der Regel hundert bis hundertfünfzig Prozent des Warenwertes, es kann aber auch vorkommen, dass zweihundert Prozent des Warenwertes gefordert werden.163 Sofern eine betraglich unbegrenzte Sicherheit verlangt werden sollte,164 wird für die Garantierung des Empfängerrevers kaum eine Bankgarantie in Betracht kommen, da sich zumindest deutsche Kreditinstitute nicht zuletzt im Hinblick auf bilanzielle Erwägungen grundsätzlich nicht bereit erklären werden, eine der Höhe nach nicht bestimmte Verpflichtung einzugehen. Die Laufzeit der Konnossementsgarantie hängt von den Erfordernissen des Einzelfalles ab und wird kurzfristig bemessen sein, sofern Postverspätungen für das Fehlen der erforderlichen Dokumente ursächlich sind. Dagegen können bei verloren

162 Soweit ersichtlich, liegt keine deutsche höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser Frage vor. Dagegen haben amerikanische Gerichte eine Verpflichtung der Bank zur Annahme der Garantie bejaht (vgl. Dixon, Irmaos & Cia. Ltda v. Chase National Bank of the City of New York, 144 Fed. Rep. (2 d) 759); zust. a. Gutteridge/Megrah The Law of Bankers’ Commercial Credits, S. 152; Harfield Bank Credits and Acceptances, S. 112 f. (m. Fn. 7); dagegen abl. Backus/Harfield Columbia Law Review 1952, 589; Davis The Law Relating to Commercial Letters Credit, S. 176, 184; Stoufflet Le Crédit Documentaire, Nr. 377. 163 Brüggemann Die Banktechnik des Auslandsgeschäfts, S. 168; Finger BB 1969, 206, 207; Oehlmann/Schlegel Praxis der Auslandsgarantien, S. 45. 164 Auhagen Die Garantie einer Bank, auf „erstes Anfordern“ zu zahlen, S. 6, weist darauf hin, dass englische Reeder es zuweilen ablehnen, durch einen Höchstbetrag begrenzte Garantien als hinreichende Sicherheit entgegen zu nehmen; auch in den Niederlanden soll es üblich sein, Garantien ohne Festsetzung eines Höchstbetrages zu verlangen.

430

IV. Arten der Bankgarantie

Neunter Abschnitt

gegangenen Dokumenten längere Fristen notwendig werden oder unbefristete Garantien gestellt werden müssen. In der Praxis ist jedoch zu beobachten, dass auch in diesen Fällen die Konnossementsgarantie von dem Begünstigten nach Ablauf von zwei bis drei Jahren freigegeben wird, selbst wenn die in Verlust geratenen Dokumente auch dann noch nicht zur Verfügung stehen sollten.165

C.

Rückgarantie

Häufig wird eine im Zusammenhang mit der Anbahnung und Abwicklung eines 9/64 Exportgeschäfts erforderliche Bankgarantie nicht direkt, sondern unter Einschaltung einer weiteren Bank im Land des Garantiebegünstigten (Zweitbank) hinausgelegt. Diese Handhabung kann auf im Lande des Begünstigten geltende gesetzliche Vorschriften, sonstige Verwaltungsanordnungen oder Usancen zurückgehen, sie kann aber auch bereits in einer Ausschreibung vorgesehen sein oder auf Vereinbarungen zwischen dem Verkäufer und dem Käufer beruhen. Die Praxis zeigt, dass etwa fünfzig Prozent aller Garantien der am internationalen Geschäftsverkehr beteiligten Banken auf diese Weise abgewickelt werden, wobei – auf einzelne Länder bezogen – der Anteil der unter Einbeziehung einer Zweitbank erstellten Garantien eher noch anzusteigen scheint.166 Die Einschaltung der Zweitbank kann in der Weise geschehen, dass sie die Garan- 9/65 tie der Bank des Verkäufers (erstbeauftragte Bank) gegenüber dem Begünstigten lediglich avisiert oder mit einem Bestätigungsvermerk versieht.167 In der Mehrzahl der Fälle beauftragt jedoch die erstbeauftragte Bank die Zweitbank, eine eigene Garantie gegenüber dem Begünstigten zu erstellen. Die Zweitbank kann von der erstbeauftragten Bank im Falle der Inanspruchnahme Ersatz ihrer Aufwendungen aus dem Auftragsverhältnis beanspruchen. Oftmals verlangt sie noch eine zusätzliche Rückgarantie (counterguarantee, indemnity – indemnité). Diese Rückgarantie wird auch als Gegengarantie bezeichnet, die im Rahmen der Rechtsbeziehungen bei mehrstufigen Garantieverhältnissen den Aufwendungsersatzanspruch der Zweitbank gegen die erstbeauftragte Bank verstärkt bzw. unterlegt.168 Aus der Sicht der erstbeauftragten Bank ist maßgebend, dass sie – aus welchem Grund auch immer – gegenüber dem Begünstigten nicht direkt garantiert, sondern dies indirekt über die Zweitbank tut. Mit der Rückgarantie erlangt die Zweitbank eine Sicherheit dafür, dass sie bei Inan- 9/66 spruchnahme aus der von ihr hinausgelegten Garantie ihre Aufwendungen von der erstbeauftragten Bank ersetzt erhält. Es genügt, wenn die Zweitbank die Tatsache,

165 Oelmann/Schlegel Praxis der Auslandsgarantien, S. 45. 166 Bark ZIP 1982, 405, 406; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 19 f.; Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/235; Staudinger/Horn (1997) Vorbem. 1 zu §§ 765 Rdn. 278. 167 Vgl. hierzu im Einzelnen Rdn. 9/95 ff. 168 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1118; Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/245; s.a. von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 251 ff.

431

Neunter Abschnitt

Bankgarantie

dass sie auf Inanspruchnahme hin geleistet hat, dartut; sie braucht darüber hinaus nicht die Notwendigkeit ihrer Leistung zu beweisen. Dabei ist das rechtliche Verhältnis der Verpflichtungen der erstbeauftragten Bank und der Zweitbank zueinander nicht unproblematisch. In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass mit der Rückgarantie – im Gegensatz zu den bereits behandelten Garantiearten – nicht die Leistung eines Dritten, sondern eine eigene Leistung sichergestellt werden soll. Es erscheint fraglich, ob die Rückgarantie, die nach Maßgabe des üblicherweise verwendeten Wortlauts169 grundsätzlich auf erstes Anfordern der Zweitbank ausnutzbar ist, lediglich eine formalisierte – aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Bestimmungen bereits bestehende – Verpflichtung zur Erstattung von Aufwendungsersatz darstellt170 oder eine selbständige, zusätzliche abstrakte dokumentäre Verpflichtung der erstbeauftragten Bank beinhaltet.171 Bei Garantiestellung über eine zweite, meist ausländische Bank empfiehlt es sich, über das anwendbare Recht und den Gerichtsstand ausdrückliche Bestimmungen zu vereinbaren. In vielen Fällen will allerdings die Zweitbank von sich aus vorschreiben, welches Recht und welcher Gerichtsstand zu gelten haben.

D.

Sonderformen der Garantie

9/67 Außer den beschriebenen Garantiearten kennt die Praxis noch weitere Spezialfor-

men, die jeweils dazu dienen, die verschiedensten Ansprüche sicherzustellen und in manchen Fällen etwa vorhandene Haftungsobjekte vor dem Zugriff der Gläubiger zu schützen. Zu der zuletzt genannten Kategorie gehören beispielsweise Bankgarantien auf dem Gebiet der Seeschifffahrt, die Ladungsgläubigerrechte sowie Schiffsgläubigerrechte bei Havarien abwenden und verhindern sollen, dass etwa ein Schiff „an die Kette“ gelegt wird.172 In diesem Zusammenhang ist auch die Garantie gegenüber Zollbehörden zu erwähnen, mit der eine Bank für die Bezahlung von Zöllen oder Monopolabgaben (Tabak, Alkohol, Getränke) einsteht. Sofern bei der Ein- und Ausfuhr von Maschinen, die zur Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen im Ausland benötigt werden, Zölle oder sonstige Abgaben entrichtet werden müssen, ist es üblich, dieser Verpflichtung durch die Stellung einer Bankgarantie nachzukommen.173 Zuweilen wird auch eine Garantie benötigt, um die Zahlung von Mautgebühren zu sichern.

169 S. dazu die Muster im Anhang Rdn. 10/1 ff. 170 So Nielsen ZIP 1982, 253, 257; vgl. a. von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 19, 342 f.; MünchKommHGB/Welter ZahlungsV Rdn. J 126. 171 Vgl. hierzu eingehend Bark ZIP 1982, 405, 410; s.a. Rdn. 9/106. 172 Vgl. im Einzelnen Auhagen Die Garantie einer Bank, auf „erstes Anfordern“ zu zahlen, S. 9 f., m.w.Bsp.; Liesecke WM 1968, 22, 23; zu den Sonderformen der Bankgarantie im österreichischen bankgeschäftlichen Verkehr s.a. Schinnerer/Avancini Bankverträge II. Teil, S. 330 f. 173 Oehlmann/Schlegel Praxis der Auslandsgarantien, S. 46.

432

V. Garantieverschaffungsklausel im Exportvertrag

V.

Neunter Abschnitt

Garantieverschaffungsklausel im Exportvertrag

Meist ist die Verpflichtung zur Stellung einer Bankgarantie im Liefervertrag ver- 9/68 ankert (Garantieverschaffungsklausel). Gelegentlich wird hierüber auch eine gesonderte Absprache zwischen den Vertragspartnern getroffen, die neben den Liefervertrag tritt.174 Den Beteiligten bietet sich bei Abfassung der Garantieverschaffungsklausel die Möglichkeit, entscheidend auf Art und Umfang der Bankgarantie Einfluss zu nehmen. Es entspricht dem Interesse des Begünstigten, über die Garantieverschaffungsklausel den Inhalt der Bankgarantie unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles eindeutig und vollständig zu fassen. Im Interesse des Garantieauftraggebers liegt es, die Bankgarantie nicht ausufern zu lassen und alle Bestimmungen aus ihr herauszuhalten, die mangels Präzision mehrdeutig oder auch nur dehnbar sind. Hierbei sollten nicht nur die Höhe des garantierten Betrags, die Währung und etwaige Besonderheiten bezüglich der Zahlungsform festgelegt, sondern auch Einzelheiten hinsichtlich der Laufzeit der Garantie, der Bedingungen für eine etwaige Reduzierung der Garantiesumme sowie die Verpflichtung zur Rückgabe der Garantieurkunde angegeben werden. Darüber hinaus muss klargestellt werden, ob die Garantiebank schon auf bloßes erstes Anfordern Zahlung leisten soll oder ob zusätzlich dokumentäre Nachweise erbracht werden müssen. Es empfiehlt sich, die Garantiebank namentlich zu bezeichnen und eine Regelung bezüglich der Übernahme der Kosten und Spesen für die Bankgarantie zu treffen.175 Wegen der weit reichenden Folgen dürfen die Verhandlungen über die Ausgestaltung einer Bankgarantie – entgegen einer in der Praxis zuweilen feststellbaren Handhabung – nicht als unbedeutendes Randproblem angesehen werden. Im Gegensatz zu den Gegebenheiten beim Akkreditiv wird eine Bankgarantie 9/69 nicht zahlungshalber, sondern sicherungshalber gestellt.176 Daraus folgt, dass der Begünstigte zwar zunächst einmal seine Rechte aus der Bankgarantie geltend machen kann. Außerdem muss er aber klären, ob und in welcher Höhe ihm Rechte gegen seinen Vertragspartner aus dem Liefervertrag wirklich zustehen.177 Hierbei kann sich durchaus herausstellen, dass die Garantiesumme zum Ausgleich der garantierten Nachteile nicht ausreicht. Ist dagegen der Anspruch des Begünstigten gegen den Garantieauftraggeber materiell unberechtigt oder zu hoch, muss die

174 Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. zu § 365 Rdn. 301; vgl. a. Hadding/Häuser/Welter Bürgschaft und Garantie, S. 686 (Garantiebeschaffungsklausel); so a. MünchKommHGB/Welter ZahlungsV Rdn. J 94; Schröder Regress und Rückabwicklung bei der Bankgarantie auf erstes Anfordern, S. 75 (Garantieverschaffungsabrede). 175 Vgl. hierzu Enderlein/Krahl Der Außenhandelskaufvertrag, S. 377; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. zu § 365 Rdn. 302; Moschner ÖBA 1983, 128, 141; s.a. die entsprechenden Ausführungen zum Inhalt der Akkreditivklausel Rdn. 2/22 f. 176 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1102, 1151; MünchKommHGB/Welter ZahlungsV Rdn. J 96. 177 Liesecke WM 1968, 21, 26.

433

Neunter Abschnitt

Bankgarantie

abgerufene Garantiesumme ganz oder teilweise zurückgezahlt werden.178 Sollte demgegenüber ein Gläubiger von einem Schuldner Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, ohne zuvor auf eine daneben bestehende Garantie eines Dritten zurückzugreifen, kann daraus kein mitwirkendes Verschulden hergeleitet werden.179 Ein Unterschied zwischen Akkreditiv und Bankgarantie besteht auch insoweit, als aus der im Grundvertrag enthaltenen Garantieverschaffungsklausel als solcher wohl kein stillschweigender Aufrechnungsausschluss zwischen dem Garantieauftraggeber und dem Begünstigten hergeleitet werden kann. Die Bankgarantie erfüllt anders als das Akkreditiv primär keine Zahlungsfunktion, sondern eine Sicherungsfunktion, so dass – auch wenn sich der Sicherungszweck im Fall der Inanspruchnahme der Garantie in einen Zahlungsanspruch umwandelt – die Garantieverschaffungsklausel grundsätzlich kein die Aufrechnung ausschließendes Barzahlungsversprechen zwischen den Parteien des Grundgeschäfts beinhaltet.180 9/70 Wie die Verpflichtung zur Akkreditivstellung stellt die Verpflichtung zur

Beschaffung einer Bankgarantie nach dem Willen der Vertragspartner nicht lediglich eine unselbständige Nebenpflicht dar, sondern regelmäßig eine – zusätzliche – Hauptpflicht, die als Vorleistungspflicht anzusehen ist.181 Kommt der verpflichtete Vertragspartner dieser Verpflichtung nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vereinbarungsgemäß nach, richten sich die Rechte des Vertragspartners nach den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften.182 Falls es dem zur Garantiebeschaffung Verpflichteten – etwa infolge eines Eingriffs von hoher Hand – nicht möglich ist, die vereinbarte Bankgarantie zu stellen, verliert der Vertragspartner bei der Anwendbarkeit des deutschen Rechts zwar den diesbezüglichen Leistungsanspruch (§ 275 Abs. 1 BGB), wird aber seinerseits von der Verpflichtung zur Erbringung der ihm obliegenden Leistung gemäß § 326 Abs. 1 BGB befreit und kann ohne Fristsetzung vom Vertrag zurücktreten (§§ 326 Abs. 5, 323 BGB). Beruht dagegen das vertragswidrige Verhalten auf Gründen, die der Verpflichtete sich zurechnen lassen muss, weil sich beispielsweise wegen seiner ungeordneten Vermögensverhältnisse keine Bank zur Übernahme der erforderlichen Garantie bereit erklärt oder weil bei der Garantieerstellung ein Fehlverhalten seitens der Garantiebank vorliegt, für das der Verpflichtete nach

178 Zu der Frage, an wen die Rückzahlung zu erfolgen hat (Garantiebank oder Garantieauftraggeber), vgl. Rdn. 9/130 ff. 179 BGH WM 1959, 347. 180 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1151 a; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 383; wegen der Aufrechnung zwischen der Garantiebank und dem Begünstigten vgl. Rdn. 9/124 und, soweit es das Akkreditiv anbelangt, Rdn. 2/391. 181 Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. zu § 365 Rdn. 303; Liesecke WM 1968, 21, 23; Dohm Bankgarantien im internationalen Handel, S. 72 f.; MünchKommHGB/Welter ZahlungsV Rdn. J 95. 182 Vgl. insoweit auch die Ausführungen zur Akkreditivklausel Rdn. 2/22 f.

434

V. Garantieverschaffungsklausel im Exportvertrag

Neunter Abschnitt

§ 278 BGB einzustehen hat,183 kann der Begünstigte entweder auf Erfüllung klagen oder Schadensersatz statt der Leistung nach § 281 BGB geltend machen. Da der Begünstigte in der Regel den Grund für die Nichtstellung der Bankgarantie nicht kennt, wird er dem Verpflichteten eine angemessene Frist zur Nacherfüllung einräumen;184 eine Ablehnungsandrohung ist nicht erforderlich. Nach erfolglosem Ablauf der Frist oder bei Vorliegen eines der Tatbestände, die dem Fristablauf gleichstehen (§ 281 Abs. 2 BGB; z.B. ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung), kann der Begünstigte nach § 280 Abs. 1 BGB vorgehen.185 Gelegentlich wird in der Praxis zwischen den Vertragsparteien abgesprochen, dass die Wirksamkeit des Grundgeschäfts von der Stellung einer Bankgarantie abhängig sein soll.186 In diesem Fall tritt der Kontrakt erst dann in Kraft, wenn die – aufschiebende – Bedingung erfüllt ist. Fehlt dagegen eine derartige Vereinbarung, muss – wie dargelegt – die Beibringung einer Bankgarantie als Hauptpflicht angesehen werden. Die Annahme einer stillschweigenden Bedingung kommt nach dem Willen der Parteien regelmäßig nicht in Betracht.187 Es kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei der Bereitstellung einer Bank- 9/71 garantie um eine Teilleistung des Verpflichteten handelt, die im Rahmen des Warengeschäfts neben anderen Leistungen zu erbringen ist. Falls die Bankgarantie nicht beschafft werden kann und der Begünstigte sich hiernach für die Geltendmachung eines Schadensersatzes wegen Nichterfüllung entscheidet, sind für die Schadensbemessung zunächst diejenigen Nachteile maßgebend, die sich unmittelbar auf die Unterlassung der Garantiestellung zurückführen lassen. Sollte jedoch im Einzelfall das Interesse des Begünstigten an der Erfüllung des Grundvertrags wegen des Fehlens der Bankgarantie weggefallen sein oder ihm deswegen gar das ganze Geschäft entgehen, kommt auch ein Anspruch auf Ersatz des gesamten Schadens in Betracht.188 Die Verpflichtung zur Garantiebeschaffung – als Klausel im Liefervertrag oder in 9/72 der Form einer zusätzlichen Vereinbarung – ist ein Teil der zwischen dem Verkäufer und seinem Vertragspartner bestehenden Rechtsbeziehung und daher mit deren rechtlichem Schicksal eng verbunden. Die in Erfüllung der Grundverpflich-

183 Die Garantiebank fungiert im Verhältnis zum Begünstigten als Erfüllungsgehilfin des Garantieauftraggebers, vgl. Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1151. 184 Palandt/Heinrichs BGB, Verbem. vor § 281 Rdn. 7; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 380, weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass im Gegensatz zur Eröffnung eines Akkreditivs (vgl. hierzu Rdn. 2/31) die Stellung einer Bankgarantie regelmäßig nicht als Fixgeschäft im Sinne des § 376 HGB zu werten sei, weil die Bankgarantie keine Zahlungsfunktion, sondern eine Sicherungsfunktion erfülle und es daher bei deren Beschaffung regelmäßig nicht auf die Einhaltung einer gesetzten Frist ankomme. 185 Von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 380 186 Vgl. hierzu im Einzelnen Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 23; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 382 f. 187 Dohm Bankgarantien im internationalen Handel, S. 72; Müller Die Bankgarantie im internationalen Wirtschaftsverkehr, S. 75. 188 Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 23; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 381.

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Neunter Abschnitt

Bankgarantie

tung hinausgelegte Bankgarantie muss aufgrund ihrer Abstraktheit vom Grundgeschäft losgelöst gesehen werden; sie tritt in rechtlicher Hinsicht selbständig neben den Liefervertrag. Eine etwaige Nichtigkeit des Liefervertrages hat nicht ohne weiteres auch die Nichtigkeit der aufgrund dieses Vertrages gestellten Bankgarantie zur Folge.189 In der Literatur wird in diesem Zusammenhang – die Anwendbarkeit des deutschen Rechts unterstellt – auf § 139 BGB zurückgegriffen und gefolgert, dass die Verletzung der Verpflichtung zur Stellung einer Bankgarantie die Nichtigkeit des gesamten Exportgeschäfts begründe.190 Dieses Ergebnis setzt voraus, dass beide Rechtsverhältnisse die von der Rechtsprechung geforderte rechtliche und wirtschaftliche Einheit bilden191 und keine anderweitigen Absprachen von den Parteien getroffen wurden. In der Praxis wird allerdings regelmäßig die Aufnahme salvatorischer Klauseln in die vertraglichen Vereinbarungen der Anwendbarkeit des § 139 BGB entgegenstehen.192

VI. Rechtsverhältnis zwischen Garantieauftraggeber und Garantiebank A.

Geschäftsbesorgungsvertrag

9/73 In Vollzug der sich aus der Garantieklausel ergebenden Verpflichtungen verein-

bart der Verpflichtete mit der Garantiebank, dass diese die erforderliche Garantie gegenüber dem Begünstigten stellt. Von der Anwendbarkeit des deutschen Rechts ausgehend handelt es sich bei diesem Garantieauftrag und dessen Annahme durch die Garantiebank nach herrschender Ansicht um einen auf Werkleistung gerichteten Geschäftsbesorgungsvertrag im Sinne der §§ 675, 631 ff. BGB.193 Eine Geschäftsbesorgung liegt insoweit vor, als die Garantiebank mit der Garantiestellung Risiken abdeckt, die auf das der Bankgarantie zugrunde liegende Vertragsverhältnis zurückgehen und dort dem Geschäftskreis des Garantieauf-

189 Zum Parallelfall bei dem Akkreditiv vgl. Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. zu § 365 Rdn. 246 sowie die Ausführungen Rdn. 2/34 m.w.N.; vgl. a. Celestine RIW 1989 S. 81, 82 f.; Simont Revue de la Banque 1983, 579, 592 ff. 190 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1151; Liesecke WM 1968, 21, 23; Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 23; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. zu § 365 Rdn. 303 (in gewisser Weise abweichend von der oben in Fn. 188 erwähnten Rdn. 246); MünchKommHGB/Welter ZahlungsV Rdn. J 95. 191 BGH NJW 1976, 1931; WM 1987, 818, 821. 192 von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 380 f., 384. 193 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1107; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. zu § 365 Rdn. 282; MünchKommHGB/Welter ZahlungsV Rdn. J 24; Schönle Bank- und Börsenrecht, § 28 II 2; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 109 ff.; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 326; a.A. Auhagen Die Garantie einer Bank, auf „erstes Anfordern“ zu zahlen, S. 72, der das zwischen dem Garantieauftraggeber und der Garantiebank zustandegekommene Geschäftsbesorgungsverhältnis dem Dienstvertragsrecht zuordnet.

436

VI. Rechtsverhältnis zw. Garantieauftraggeber und Garantiebank

Neunter Abschnitt

traggebers zuzuordnen sind. Die Bank wird damit in fremdem Interesse tätig. Der Werkleistungscharakter der Geschäftsbesorgung besteht im wesentlichen darin, dass – mit den Gegebenheiten beim Akkreditiv vergleichbar – die Garantiebank über eine bloße Dienstleistung hinaus einen Erfolg schuldet, indem sie im Rahmen der Weisungen des Garantieauftraggebers den Garantievertrag mit dem Begünstigten abzuschließen und ordnungsgemäß abzuwickeln hat. Für diese Tätigkeit erhält die Garantiebank ein Entgelt in Form der Avalprovision. Für das Zustandekommen des Geschäftsbesorgungsvertrags sind die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen über den Auftrag maßgebend. Bei der Erteilung des Garantieauftrags ist gegebenenfalls die Frage der Vertretungsberechtigung gesondert zu prüfen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen zum Akkreditivauftrag (Rdn. 2/38) verwiesen. In der Praxis unterstellen die Banken den Auftrag zur Übernahme einer Garantie 9/74 zunehmend einheitlichen Bedingungen für das Avalgeschäft,194 um auf diese Weise die Behandlung der Vielzahl der im Garantiegeschäft auftretenden Fragen zu standardisieren. Dabei ist darauf zu achten, dass – zusätzlich zu den bereits geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank – die Bedingungen für das Avalgeschäft wirksam in das Rechtsverhältnis zwischen dem Garantieauftraggeber und der Garantiebank einbezogen werden. Zur Vermeidung von Risiken sollte bereits bei der Entgegennahme von Garantieaufträgen grundsätzlich in jedem Einzelfall ausdrücklich auf die Geltung dieser Sonderbedingungen hingewiesen und die Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme eröffnet werden (§ 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB).195 Gelegentlich kommt es vor – z.B. bei Konzernen –, dass der Auftraggeber die Übernahme der Bankgarantie nicht im Rahmen eines eigenen Geschäfts, sondern für das Geschäft eines Dritten (Konzerntochter) wünscht. In diesem Fall sind ergänzende Angaben hinsichtlich des zwischen dem Begünstigten und dem Dritten bestehenden Grundverhältnisses für die Erstellung der Garantie notwendig. Dagegen ist es nicht erforderlich und zuweilen auch nicht erwünscht, im Garantietext ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass der zur Beibringung der Bankgarantie Verpflichtete und der Garantieauftraggeber nicht identisch sind. Mit der Ausführung des Garantieauftrags räumt die Garantiebank dem Garantieauftraggeber einen Avalkredit ein, der nach Risikogesichtspunkten geregelt werden muss.196 Wegen der Besonderheiten, die bei der Abgabe von Bereitschaftserklärungen zur Übernahme von Garantien im Auslandsgeschäft durch die Garantiebank zu beachten sind, wird auf die Ausführungen zu Rdn. 9/47 verwiesen.

194 Zum Wortlaut der Bedingungen s. beispielsweise Rdn. 10/13. 195 von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 333 f.; Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/310. 196 Zur Bilanzierung der Garantieverpflichtung und der Grundsatzbelastung nach den Vorschriften des KWG vgl. Rdn. 9/110.

437

Neunter Abschnitt

B.

Bankgarantie

Rechte und Pflichten der Garantiebank

9/75 Im Rahmen des Geschäftsbesorgungsvertrags ist die Garantiebank gegenüber dem

Garantieauftraggeber verpflichtet, mit dem begünstigten Dritten einen Garantievertrag abzuschließen und bei Eintritt des Garantiefalls auf Anforderung des Begünstigten bis zur Höhe der garantierten Summe Zahlung zu leisten. Darüber hinaus weist das Rechtsverhältnis zwischen dem Garantieauftraggeber und der Garantiebank weitere typische Merkmale auf:

1.

Weisungsgebundenheit

9/76 Die Ausgestaltung der Garantieerklärung liegt grundsätzlich nicht im Ermessen der

Bank; diese ist vielmehr, wenn sie den Auftrag annimmt, verpflichtet, strikt nach den Weisungen des Garantieauftraggebers zu verfahren (Grundsatz der formalen Auftragsstrenge).197 Die Bank darf eigenmächtig weder Einschränkungen noch Erweiterungen vornehmen. Lautet der Garantieauftrag ausdrücklich dahin, eine Direktgarantie hinauszulegen, darf die Garantiebank von sich aus keine weitere Bank einschalten.198 Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn eine derartige Weisung des Garantieauftraggebers fehlt und der Auftrag von der Garantiebank nur durch die Stellung einer indirekten Garantie erfüllt werden kann. Die Ursachen hierfür liegen etwa darin, dass die Einschaltung einer Zweitbank im Lande des Begünstigten hoheitlich vorgeschrieben ist, besondere Usancen – speziell bei Bietungsgarantien – direkte Garantien nicht zulassen oder die vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Garantieauftraggeber und dem Begünstigten die Beibringung einer indirekten Garantie vorschreiben.199 Die Zulässigkeit der Einschaltung einer Zweitbank auch ohne besondere Weisung des Garantieauftraggebers ergibt sich in diesen Fällen aus Ziff. 1 der Bedingungen für das Avalgeschäft, wonach die Garantiebank berechtigt ist, mangels anderer Weisung ein indirektes Aval zu erstellen, sofern sie es nach den Umständen unter Berücksichtigung der Interessen des Auftraggebers für erforderlich hält. Da unter den genannten Voraussetzungen keine Alternative zur indirekten Garantie existiert, entspricht die Ausführung des Auftrags in dieser Form den Interessen des Garantieauftraggebers. Andernfalls muss dieser damit rechnen, wegen der Nichterfüllung der bei dem Abschluss des Grundgeschäfts eingegangenen Verpflichtungen in Anspruch genommen zu werden.200 Ungeachtet dessen sollte die Garantiebank vorsorglich um Klarstellung gegenüber dem Garantieauftraggeber bemüht sein.

197 OLG Stuttgart WM 1979, 733, 734; Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/306; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 327. 198 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1107, 1115. 199 Bark ZIP 1982, 405, 406. 200 So im Ergebnis a. Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, $ 121 Rdn. 148; Bark ZIP 1982, 405, 414; a.A. Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1115, wonach auch in diesem Fall eine besondere Weisung des Garantieauftraggebers vorliegen muss.

438

VI. Rechtsverhältnis zw. Garantieauftraggeber und Garantiebank

Neunter Abschnitt

Es erhebt sich die Frage, ob die Garantiebank in besonders gelagerten Fällen unter 9/77 Hinweis auf die §§ 675, 665 BGB berechtigt sein kann, von einem eindeutig formulierten Garantieauftrag abzuweichen und einen geänderten Garantietext zu verwenden, ohne zuvor hierzu das Einverständnis des Garantieauftraggebers erhalten zu haben. Nach § 665 BGB ist ein eigenmächtiges Vorgehen des Beauftragten dann zulässig, wenn dieser den Umständen nach annehmen darf, dass der Auftraggeber bei Kenntnis der Sachlage die Abweichung billigen werde und wegen drohender Gefahr dessen Entscheidung nicht abgewartet werden kann. Parallel zu den Ausführungen beim Dokumentenakkreditiv (Rdn. 2/140) ist festzustellen, dass diese Ausnahmevorschrift des Auftragsrechts für den Bereich der Bankgarantie wohl nicht gilt. Ein einseitiges Abweichen vom Garantieauftrag würde voraussetzen, dass die Garantiebank letztlich auf Gegebenheiten des Grundgeschäfts zurückgreifen müsste. Dies widerspräche jedoch der Trennung zwischen dem Grund- und dem Garantieverhältnis und brächte zudem die Gefahr des Verlustes des Aufwendungsersatzanspruchs gegen den Garantieauftraggeber sowie daneben unter Umständen eine Schadensersatzpflicht mit sich.201 Sollte sich demnach im Einzelfall die Notwendigkeit erweisen, von dem Garantieauftrag abzuweichen, ist es zur Vermeidung von Schwierigkeiten erforderlich, insoweit das nachweisbare Einvernehmen mit dem Garantieauftraggeber herbeizuführen. Hierzu zählt etwa die Weisung, eine namentlich bestimmte Zweitbank einzuschalten, obwohl die erstbeauftragte Bank bei dieser keine Linie hat oder mit dieser nicht in Geschäftsverbindung steht, so dass bereits die technischen Voraussetzungen für die Garantiestellung (Unterschriftenprüfung, Verschlüsselung usw.) über diese Bank nicht gegeben sind. Hier kann die erstbeauftragte Bank die Garantie im Einverständnis mit dem Garantieauftraggeber entweder über ein befreundetes inländisches Kreditinstitut, das dazu in der Lage ist, oder über eine Korrespondenzbank in dem gewünschten Land stellen. Im Interesse rechtlicher Klarheit sollte sich die Bank bei Entgegennahme des 9/78 Garantieauftrags formularmäßig den Anspruch auf Rückzahlung der Garantiesumme für den Fall abtreten lassen, dass dieselbe später vom Begünstigten zurückerstattet wird (Rdn. 9/42). Falls die Garantiebank Wert darauf legt, dass mit der Honorierung der Garantie der – garantierte – Anspruch des Begünstigten gegen den Garantieauftraggeber wie im Fall der Bürgschaft (§ 774 BGB) auf sie übergeht, sollte eine diesbezügliche Abtretungserklärung in den Garantieauftrag aufgenommen werden (Rdn. 9/13). Hat bei einer Anzahlungsgarantie der die Anzahlung beanspruchende Garantieauftraggeber ein Interesse daran, dass der Anzahlungsbetrag, dessen etwaige Rückzahlung die Garantiebank sichert, ihm effektiv zur Verfügung steht (und nicht in einem, möglicherweise bestehenden Debetsaldo aufgeht), muss er dies schon bei Erteilung des Garantieauftrags durch Vereinbarung mit der Garantiebank klarstellen (Rdn. 9/50).

201 von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 329.

439

Neunter Abschnitt

Bankgarantie

Sofern die Bankgarantie nach den Vorstellungen der Parteien des Grundgeschäfts einem der Regelwerke der ICC, etwa den Uniform Rules for Demand Guarantees – ICC-Publ.Nr. 458 – unterstellt werden soll, ist eine klar Weisung des Garantieauftraggebers erforderlich. Dieser muss sich jedoch damit rechnen, dass die Garantiebank die Einbeziehung der ICC-Regeln aus rechtlichen oder praktischen Gründen nicht akzeptiert202 bzw. Modifikationen mit dem Garantieauftraggeber vereinbart. Bezüglich der vorerwähnten ICC-Publ.Nr. 458 wird auf die kritischen Anmerkungen in Rdn. 9/150 ff. verwiesen. 9/79 Der Grundsatz der Weisungsgebundenheit verliert seine Bedeutung, sobald die

Garantiebank die Garantieerklärung weisungsgemäß gegenüber dem Begünstigten abgegeben und damit den Auftrag insoweit ausgeführt hat.203 Von diesem Zeitpunkt an ist ein Einwirken des Garantieauftraggebers auf den Garantietext, insbesondere die Berücksichtigung etwaiger Änderungswünsche hinsichtlich der Garantie- und Zahlungsbedingungen, nur noch dann möglich, wenn der Begünstigte und die Bank ihre Zustimmung erteilen. Desgleichen besteht kein Zweifel darüber, dass der durch die Inanspruchnahme der Garantie bei der Garantiebank ausgelöste Entscheidungsprozess bezüglich deren Zahlungsverpflichtung nicht etwa durch eine Weisung des Garantieauftraggebers beeinflusst werden kann.

2.

Beratung des Garantieauftraggebers

9/80 Aus dem Grundsatz der Weisungsgebundenheit lässt sich nicht folgern, dass die

Garantiebank den Auftrag zur Garantiestellung unbesehen anzunehmen hätte. Bevor die Garantiebank die gewünschte Garantieverpflichtung gegenüber dem Begünstigten eingeht, wird sie den Auftrag vielmehr einer sorgfältigen Prüfung, die sich auf verschiedene Gebiete erstreckt, unterziehen. Zunächst sollte die Garantiebank stets darauf achten, dass der Wortlaut der Garantie hinreichend klar, vollständig und in sich schlüssig ist. Dies gilt insbesondere für die Abfassung der Zahlungsklausel, die stets dem Zweck der Bankgarantie, die Zahlung auf erstes Anfordern sicherzustellen, entsprechen muss. Demgemäß ist die Aufnahme von Effektivklauseln (Rdn. 9/26) oder unvollständigen und unklaren dokumentären Nachweisen in den Garantietext zu vermeiden. Nur wenn die den Garantiefall auslösenden Bedingungen nach Art und Umfang eindeutig fixiert sind, wird die Garantiebank in der Lage sein, im Falle der Inanspruchnahme die Frage ihrer Zahlungsverpflichtung zu prüfen, um bei Vorliegen der Voraussetzungen das eingegangene Sicherungsversprechen durch Zahlung zu erfüllen oder andernfalls die Zahlung verweigern.

202 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 113; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 333. 203 Kleiner Bankgarantie, S. 181; von Mettenheim RIW/AWD 1981, 581, 585; vgl. a. Coing ZHR 147 (1983), 125, 135.

440

VI. Rechtsverhältnis zw. Garantieauftraggeber und Garantiebank

Neunter Abschnitt

Bei der Prüfung durch die Garantiebank sollten auch etwaige Besonderheiten, die mit der Ausführung des Garantiegeschäfts im Zusammenhang stehen, berücksichtigt werden. Im Einzelfall kann aufgrund der Vorschriften und Usancen im Lande des Begünstigten die Einschaltung einer Zweitbank unumgänglich sein.204 Dieser Umstand kann sich auch auf den Wortlaut der Garantieerklärung auswirken, der – nach Ländern verschieden – möglicherweise bestimmten formellen Erfordernissen genügen muss. Weiter dürfen, wie bereits erwähnt, öffentlichrechtliche Vorschriften, insbesondere Devisen- und Währungsgesetze wegen ihres zwingenden Charakters bei der Prüfung nicht vernachlässigt werden. Insoweit kommt in Betracht, dass bei Bankgarantien zugunsten von Begünstigten in Ländern mit Devisenbewirtschaftung – wenn die eventuelle Rückzahlung des Garantiebetrags von einer Devisengenehmigung abhängig sein würde – die Zahlung der Garantiesumme zunächst auf ein Sperrkonto in einem Lande ohne Devisenbewirtschaftung erfolgt, wo sie dann solange verbleibt, bis eine etwaige Meinungsverschiedenheit über die Berechtigung des Garantieabrufs geklärt ist (Rdn. 9/133). Soweit mehrstufige Garantieverhältnisse vorliegen, darf die erstbeauftragte Bank im Rahmen des zwischen ihr und dem Garantieauftraggeber bestehenden Geschäftsbesorgungsvertrags die Bestätigung der Zweitbank, dass sämtliche für die Übernahme der Garantie und deren Erfüllung maßgebenden Bestimmungen eingehalten wurden oder dass solche Bestimmungen nicht bestehen, regelmäßig als ausreichend ansehen. Die erstbeauftragte Bank wird den Eingang der Ausführungsanzeige durch die Zweitbank überwachen.205 Sofern der Garantiebank der Auftrag zur Erstellung einer Garantie nach Prüfung 9/81 nicht ordnungsgemäß oder nicht zweckmäßig (vgl. Rdn. 9/76 f.) zu sein scheint, wird sie sich bemühen, im Einvernehmen mit dem Auftraggeber eine sachdienliche Ergänzung oder Änderung des Auftrags herbeizuführen. Hierbei lässt sich die Garantiebank auch von eigenen Interessen leiten, die insbesondere darin liegen, nicht in spätere Streitigkeiten hineingezogen zu werden. Eine rechtliche Verpflichtung der Garantiebank, den Garantieauftraggeber zu beraten, dessen Auftrag zur Garantiestellung zu prüfen und gegebenenfalls auf eine Änderung des Auftrags hinzuwirken, besteht jedoch nicht.206 Die Garantiebank ist nicht verpflichtet, im Rahmen ihrer Beratung den Garantieauftraggeber über die Risiken besonders aufzuklären, die mit dem abstrakten Garantiegeschäft im allgemeinen und der Abfassung von Zahlungsklauseln im besonderen

204 Vgl. im Einzelnen Bark ZIP 1982, 405, 406. 205 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 155. 206 Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/308; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 327 f.; a.A. von Mettenheim RIW/AWD 1981, 581, 585. Wie hier speziell für den Bereich der indirekten Garantien Bark ZIP 1982, 405, 415; ebenso Zahn ZIP 1984, 1303.

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Neunter Abschnitt

Bankgarantie

verbunden sind. Dies gilt auch in Bezug auf bestimmte „Länderrisiken“, die sich aus der Umsetzung der Weisungen des Garantieauftraggebers ergeben können.207 Vielmehr darf die Garantiebank grundsätzlich davon ausgehen, dass der Garantieauftraggeber die hinreichende Sachkenntnis besitzt, um die Tragweite der Verpflichtungen, die er im Rahmen einer unternehmerischen Entscheidung bei Abschluss des Grundgeschäfts eingegangen ist, selbst beurteilen zu können. Unabhängig davon wird regelmäßig bei Erteilung des Auftrags zur Garantieübernahme die Entscheidung, dass und – zumindest was die Eckdaten anbelangt – in welcher Form eine Bankgarantie zu stellen ist, bereits gefallen sein.208 Der Frage nach einer abweichenden Garantiestellung, die letztlich zu einer Veränderung des Grundverhältnisses führen würde, kommt mithin zu diesem Zeitpunkt keine große Bedeutung mehr zu. 9/82 Die Praxis zeigt, dass die – ohne Obligo erteilten – Empfehlungen der Garantiebank

hinsichtlich der Gestaltung des Garantietextes häufig nicht umgesetzt werden können. Der Grund hierfür liegt zumeist nicht in der mangelnden Bereitschaft des Garantieauftraggebers, sondern darin, dass – insbesondere bei internationalen Ausschreibungen – der Wortlaut der Bankgarantie zwingend vorgeschrieben und teilweise sogar die im Lande des Begünstigten belegene Zweitbank bestimmt wird, so dass für Verhandlungen kein Raum ist. In diesen Fällen liegt es bei der Garantiebank zu entscheiden, ob sie den Garantieauftrag in der vorliegenden Form – unter Zurückstellung der geäußerten Bedenken – annehmen oder ablehnen will. Hierbei prüft die Garantiebank den Garantieauftrag auch unter Kreditgesichtspunkten und entscheidet, ob die Garantie blanko gestellt werden kann, oder ob sie – spezielle oder im Rahmen einer allgemeinen Kreditlinie liegende – Sicherheiten verlangen will. Die Garantieübernahme ist kein Gefälligkeitsgeschäft, sondern eine echte Kreditgewährung (Rdn. 9/73, 9/92 und 9/110). Sofern sich die Garantiebank – auch unter Berücksichtigung der Geschäftsverbindung zu dem Garantieauftraggeber – für die Übernahme der Garantie unter Verwendung des vorgegebenen Garantietextes entscheidet, wird sie auf eine Freistellung von den aus etwaigen Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf die Auslegung des Wortlautes der Garantie resultierenden Nachteilen Wert legen und ausdrücklich festhalten, dass die Garantie als auf erstes Anfordern zahlbar gestellt behandelt werde.209 Sollte die Bank zur Ausführung des Garantieauftrags nicht bereit sein, ist sie gehalten, die Entscheidung dem Garantieauftraggeber unverzüglich210 mitzutei-

207 von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 337 f.; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 115; Dohm Bankgarantien im internationalen Handel, S. 76; a.A. von Mettenheim RIW/ AWD 1981, 581, 585. 208 Bark ZIP 1982, 405, 414 f.; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 330. 209 Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/309. 210 Vgl. hierzu Dohm Bankgarantien im internationalen Handel, Rdn. 130 sowie die auch für das Garantiegeschäft entsprechend geltende Entscheidung des BGH ZIP 1984, 40,

442

VI. Rechtsverhältnis zw. Garantieauftraggeber und Garantiebank

Neunter Abschnitt

len, damit dieser im Hinblick auf etwa laufende Fristen in die Lage versetzt wird, nach anderen Lösungsmöglichkeiten zu suchen.211

3.

Behandlung des Garantiefalles

Im Falle der Inanspruchnahme der Bankgarantie durch den Begünstigten obliegt 9/83 es der Garantiebank zu prüfen, ob der Garantiefall eingetreten ist und die Voraussetzungen für die Zahlung der Garantiesumme vorliegen. Die Prüfung nimmt sie nach dem Wortlaut der Zahlungsklausel vor. Umstände, die das Grundverhältnis betreffen, oder einseitige Weisungen des Garantieauftraggebers bleiben dabei grundsätzlich außer Betracht. Sofern der Eintritt des Garantiefalles durch die Vorlage bestimmter Dokumente dargetan werden muss, erstreckt sich die Prüfung der Garantiebank – wie beim Dokumentenakkreditiv (Rdn. 2/244 f.) – ausschließlich auf die formelle Ordnungsmäßigkeit, nicht dagegen auf die materielle Richtigkeit des Inhalts der Schriftstücke (Rdn. 9/23). Es gilt der Grundsatz, dass die Garantiebank alle Dokumente, die in einer Garantie verlangt sind und unter dieser vorgelegt werden, sorgfältig daraufhin prüft, ob sie ihrer äußeren Aufmachung nach den Garantiebedingungen entsprechen und einander nicht widersprechen.212 Ist bei der Entgegennahme von Dokumenten ein Mangel (z.B. Fälschung) trotz sorgfältiger Prüfung ihres äußeren Erscheinungsbildes für die Garantiebank nicht erkennbar, besteht keine Haftung der Garantiebank für Schäden, die dem Garantieauftraggeber durch den Mangel etwa entstehen. Das Fälschungsrisiko trägt der Garantieauftraggeber.213 Gelangt die Garantiebank im konkreten Fall bei Inanspruchnahme der Garantie zu 9/84 dem Ergebnis, dass die Zahlungsvoraussetzungen erfüllt sind, ist sie verpflichtet, dem Zahlungsverlangen des Begünstigten zu entsprechen. Etwaige Einwendungen des Garantieauftraggebers bleiben außer Betracht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn eine offensichtlich rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme vorliegen sollte. In diesem Fall ist die Garantiebank berechtigt und – bezogen auf den Geschäftsbesorgungsvertrag mit dem Garantieauftraggeber – auch verpflichtet, die Zahlung zu verweigern.214 Eine Zahlungsverweigerung kann jedoch nur dann in Betracht kommen, wenn die offensichtlich missbräuchliche Ausnutzung der Garantie von dem Auftraggeber gegenüber der Garantiebank mit dokumentären Beweismitteln liquide nachgewiesen wird.215 Parteierklärungen jedweder Art – auch eides-

wonach die verspätete Ablehnung eines Akkreditivauftrags durch eine Bank unter bestimmten Voraussetzungen eine Schadensersatzpflicht auslösen kann. 211 von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 331. 212 Vgl. Ziff. 3 der Bedingungen für das Avalgeschäft. 213 Von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 190; vgl. parallel hierzu auch die Ausführungen zum Dokumentenakkreditiv Rdn. 2/252 ff. 214 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1140; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 349 f.; Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/317; Mülbert Mißbrauch von Bankgarantien und einstweiliger Rechtsschutz, S. 95 ff.

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Neunter Abschnitt

Bankgarantie

stattliche Versicherungen – reichen in diesem Zusammenhang nicht aus.216 Es gelten dieselben Grundsätze wie beim Akkreditiv (Rdn. 2/422). 9/85 In der Praxis kommt der in der Literatur kontrovers diskutierten Frage, ob die

Garantiebank den Garantieauftraggeber vor der Zahlung unter der Garantie von der Inanspruchnahme unterrichten muss, eine untergeordnete Bedeutung zu. Sofern die Bedingungen für das Avalgeschäft wirksam in das Rechtsverhältnis zwischen dem Garantieauftraggeber und der Garantiebank einbezogen werden, ist die Garantiebank nach Ziff. 4 verpflichtet, den Garantieauftraggeber unverzüglich über den Erhalt einer ordnungsgemäßen Zahlungsaufforderung zu benachrichtigen. Unabhängig davon wird die Garantiebank den Garantieauftraggeber auch unter Gesichtspunkten geschäftlicher Zusammenarbeit bei Inanspruchnahme aus der Bankgarantie verständigen. Die Benachrichtigung wird aus praktischen Gründen vorgenommen, um dem Garantieauftraggeber die zweckmäßige Gestaltung seiner Gelddispositionen zu erleichtern. In keinem Fall soll hierdurch dem Garantieauftraggeber die Möglichkeit gegeben werden, Gegenmaßnahmen zu ergreifen.217 Auch darf die Garantiebank nicht zuwarten, bis etwa eine zustimmende Rückäußerung des Garantieauftraggebers vorliegt. Vielmehr hat die Garantiebank ohne Verzögerung selbst über die Behandlung des Garantiefalles zu entscheiden.218 9/86 Sofern im Einzelfall die Bedingungen für das Avalgeschäft nicht gelten sollten, lässt

sich entgegen der überwiegenden Auffassung219 aus dem Rechtsverhältnis zwischen dem Garantieauftraggeber und der Garantiebank keine formelle Rechtspflicht herleiten, den Garantieauftraggeber vor der Honorierung der Garantie zu benachrichtigen. Aus § 666 BGB kann eine derartige Verpflichtung nicht entnommen werden, da die Information des Garantieauftraggebers für die Zahlung unter der Garantie nicht „erforderlich“ ist. Der Garantieauftraggeber wird zumeist viel eher als die Garantiebank in der Lage sein, eine sich abzeichnende Fehlentwicklung im Grundgeschäft zu erkennen und sich auf die drohende Gefahr einer Inanspruchnahme der Bankgarantie einzustellen. Die in der Praxis bewährte Übung,220 den Garantieauftraggeber von einer Inanspruchnahme zu benachrichtigen, vermag eine Rechtspflicht der Garantiebank zur Information nicht zu begründen.221

215 Vgl. hierzu im Einzelnen Rdn. 9/126. 216 Nielsen ZIP 1982, 253, 260; Heinsius in: FS Werner, S. 229, 247; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 196. 217 So wohl von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 344 f.. 218 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 127; Kleiner Bankgarantie, S. 188. 219 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1110 m.w.N.; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 126; Schütze in: Münchener Vertragshandbuch, Bd. 4 S. 686; differenzierend Bark ZIP 1982, 405, 415; zur Bürgschaft BGH WM 1985, 1387, 1390; offen gelassen KG NJW 1987, 1774; wie hier Liesecke WM 1968, 21, 28 unter Hinweis auf die (frühere) Ziff. 13 AGB; Schinnerer/Avancini Bankverträge II. Teil, S. 319; Moschner ÖBA 1987, 160 f. 220 Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/314. 221 Zur Bestätigung der von US-Banken vertretenen Auffassung, dass eine solche Informationspflicht nicht bestehe, durch US-amerikanische Gerichte vgl. Zahn ZIP 1984, 1303, 1305; nach Rule Nr. 3.10 der ISP98 wird eine Benachrichtigungspflicht ebenfalls abgelehnt.

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VI. Rechtsverhältnis zw. Garantieauftraggeber und Garantiebank

Neunter Abschnitt

Zudem ist darauf hinzuweisen, dass in dem ähnlich gelagerten Fall der Bedienung von Akkreditiven vor Ausführung der Zahlung aus dem Akkreditiv auch nicht benachrichtigt wird.

C.

Rechte und Pflichten des Garantieauftraggebers

Der Garantieauftraggeber ist verpflichtet, der Garantiebank alle Aufwendun- 9/87 gen, die die Herauslegung der Garantie und die Auszahlung der Garantiesumme mit sich gebracht haben, nebst Zinsen zu erstatten. Ferner ist er verpflichtet, als Gegenleistung dafür, dass die Garantiebank mit der Erstellung der erforderlichen Garantie das Obligo unter Verwendung ihres Namens übernimmt, gemäß §§ 675, 631 BGB eine Avalprovision zu zahlen, die im Voraus berechnet wird. Die Höhe der Provision wird im Einzelfall vereinbart oder ist durch Rahmenvereinbarungen festgelegt. Der Provisionsanspruch der Garantiebank entsteht grundsätzlich zu dem Zeit- 9/88 punkt, in welchem die Garantiebank die Garantie auftragsgemäß hinauslegt; die Annahme der Bankgarantie durch den Begünstigten ist in diesem Zusammenhang nicht relevant. Dies gilt auch dann, wenn – wie etwa bei Anzahlungsgarantien – eine Inanspruchnahme nach Maßgabe des Garantietextes erst nach Eingang der Anzahlung auf einem bestimmten, bei der Garantiebank geführten Konto möglich sein soll und das Geld noch nicht eingegangen ist (Rdn. 9/40, 9/48 ff.). Die Garantiebank hat mit der Aushändigung bzw. Versendung der Garantieurkunde ihrerseits das zur Begründung der Garantieverpflichtung Notwendige getan. Ob hiernach die Anzahlung in der vorgesehenen Weise erbracht wird, liegt nicht im Einflussbereich der Garantiebank und kann daher weder für die Einbuchung der Garantieverpflichtung noch für die Berechnung der Avalprovision maßgebend sein.222 Der Provisionsanspruch der Garantiebank endet, sobald die Zahlungspflicht der 9/89 Garantiebank aus der Garantie erloschen ist. Dies ist – von der Erfüllung der Zahlungsverpflichtung der Garantiebank durch Auszahlung der Garantiesumme abgesehen – grundsätzlich dann der Fall, wenn die Garantiebank das Original der Garantieurkunde zur Ausbuchung zurückerhalten hat. Bei mehrstufigen Garantieverhältnissen kann ausnahmsweise anstelle der Rückgabe der Garantieurkunde auch eine – rechtsverbindlich unterzeichnete, mit authentisierter SWIFTNachricht oder mit geschlüsseltem Telegramm/Telex übermittelte – bedingungs-

222 von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 362 ff.; Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/322; vgl. a. Rdn. 9/109; die ISP98 (Rule Nr. 2.03) stellen auf das Verlassen der Verpflichtungserklärung bei der Bank ab, sofern nicht etwas anderes vereinbart ist. Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 124 mit Fn. 5 weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass in der Praxis zuweilen die Garantiebank von dem Garantieauftraggeber gebeten wird, die Garantieurkunde im Rahmen noch nicht abgeschlossener Vertragsverhandlungen mit der Ermächtigung zur Weiterleitung an den Begünstigten bereit zu stellen, obwohl zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststeht, ob die Bankgarantie gebraucht wird oder nicht.

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Neunter Abschnitt

Bankgarantie

lose Haftungsentlassung der erstbeauftragten Bank durch die eingeschaltete Zweitbank in Betracht kommen. Der Grund kann darin liegen, dass die erstbeauftragte Bank über das an die Zweitbank gerichtete Auftragsschreiben hinaus keine gesonderte Garantieurkunde ausgestellt hat. Bis zum Eintritt der genannten Voraussetzungen kann eine Ausbuchung des Avals grundsätzlich nicht vorgenommen werden. 9/90 Bei befristeten Garantien ist die Garantiebank gehalten, in gleicher Weise zu ver-

fahren,223 da, wie bereits dargelegt,224 dem Erlöschen der Zahlungspflicht durch Fristablauf gelegentlich Bestimmungen des im Lande des Begünstigten geltenden Rechts entgegenstehen, die wegen ihres zwingenden Charakters auch nicht durch eine Verweisung auf das am Sitz der Garantiebank maßgebende Recht eliminiert werden können. Im Interesse des Garantieauftraggebers ist die Praxis überwiegend dazu übergegangen, das Avalobligo – wie in Ziff. 6 der Bedingungen für das Avalgeschäft vorgesehen – bei eindeutig befristeten Direktgarantien, die nicht ausdrücklich ausländischem Recht unterstellt sind, trotz Nichtrückgabe des Originals der Garantieurkunde auszubuchen und keine Avalprovision mehr zu berechnen.225 Mit Rücksicht auf das – wenn auch weit gehend nur noch theoretisch vorhandene – Restrisiko wird die Garantiebank die Ausbuchung jedoch häufig nur unter Vorbehalt vornehmen. Der Vorbehalt erlaubt einerseits die Entlassung des Garantieauftraggebers aus der Avalbelastung und hält andererseits der Garantiebank die Möglichkeit einer Forderung auf Erstattung ihrer Aufwendungen offen, falls wider Erwarten eine Inanspruchnahme auch nach der Ausbuchung etwa noch dadurch erzwungen wird, dass der Begünstigte eine vollstreckbare Entscheidung gegen die Garantiebank erwirkt. Diese Handhabung entspricht der in Ziff. 8 der Bedingungen für das Avalgeschäft getroffenen Regelung, wobei zutreffend auf eine im Entscheidungsland vollstreckbare Entscheidung auf Zahlung abgestellt wird.226 Das Risiko, dass der Begünstigte – pflichtwidrig – das Original der Garantieurkunde nicht korrekt zurückgibt, trägt der Garantieauftraggeber, da nicht die Garantiebank, sondern er sich den Begünstigten ausgesucht hat.227 Demgemäß obliegt es dem Garantieauftraggeber, die Voraussetzungen für die Ausbuchung des Avalobligos zu schaffen (vgl. Ziff. 6 der Bedingungen für das Avalgeschäft). Davon ist der Fall zu unterscheiden, dass der Begünstigte zur Rückgabe der Garantieurkunde zwar bereit ist, das Original aber nicht mehr aufgefunden werden kann. Hier dürfte eine Ausbuchung des Avalobligos dann in Betracht kommen, wenn entweder eine entsprechende Freistellungserklärung des Garantieauf-

223 Zur AGB-rechtlichen Zulässigkeit dieser Handhabung s. Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1159. 224 Vgl. die Ausführungen Rdn. 9/34; wegen des Wortlauts der Befristungsklausel s. Rdn. 9/33. 225 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 133 ff., 270 f., 269 f.; ebenso Schütze WM 1982, 1398, 1401. 226 Zu eng OLG Hamburg RIW/AWD 1978, 615, wonach auf die Vollstreckungsmöglichkeit im (deutschen) Inland abgestellt wird. 227 Schütze WM 1982, 1398, 1402.

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VI. Rechtsverhältnis zw. Garantieauftraggeber und Garantiebank

Neunter Abschnitt

traggebers vorliegt oder der Begünstigte rechtsverbindlich bestätigt, dass er keine Rechte mehr aus der Garantie herleite und seine Ansprüche hieraus auch nicht auf einen Dritten übertragen habe. Zu den vom Garantieauftraggeber gemäß §§ 675, 670 BGB zu erstattenden Aufwen- 9/91 dungen gehören auch die entstandenen Nebenkosten, wie etwa Ausfertigungsund Bearbeitungsgebühren, Telexspesen und Porti. Darüber hinaus werden üblicherweise bei Zahlungen in das Ausland, z.B. bei etwaigen Inanspruchnahmen, eine Abwicklungsprovision und eine Courtage für den Fall erhoben, dass die Garantie auf eine Fremdwährung lautet. Der Garantiebank gegenüber hat der Garantieauftraggeber für alle Aufwendungen einzustehen. Wie die Nebenkosten endgültig zwischen dem Garantieauftraggeber und dem Begünstigten aufgeteilt werden, hängt von deren jeweiligen Vereinbarungen ab. Zu den vom Garantieauftraggeber zu ersetzenden Aufwendungen zählen auch Prozesskosten, die der Garantiebank in einem wegen der Zahlung aus der Garantie zwischen ihr und dem Begünstigten geführten Rechtsstreit entstehen. Die Regelung der Zivilprozessordnung, wonach die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat (§ 91 ZPO), steht dem nicht entgegen, da der Begriff der Aufwendungen diese Kosten mit umfasst. Es genügt, wenn die Garantiebank nach gewissenhafter Prüfung aller im Zeitpunkt der Entscheidung bekannten Umstände die Aufwendung für notwendig halten durfte.228 Dementsprechend ist in Ziff. 8 der Bedingungen für das Avalgeschäft festgelegt, dass alle Aufwendungen, die der Garantiebank im Zusammenhang mit der Ausführung des Garantieauftrags einschließlich einer gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtsverfolgung im In- und Ausland229 entstehen, vom Garantieauftraggeber zu ersetzen sind. Hierzu gehören auch so genannte Zufallsschäden, die als adäquate Folge der Ausführung des Garantieauftrages dadurch auftreten können, dass etwa der Begünstigte nach einer berechtigten Zahlungsverweigerung der Garantiebank Guthaben auf Konten, die diese im Lande des Begünstigten unterhält, oder andere ausländische Vermögenswerte im Wege der Pfändung oder in sonstiger Weise blockiert.230 Die Erfahrung zeigt, dass die Garantiebank nicht zuletzt mit Rücksicht auf ihren Ruf im internationalen Garantiegeschäft jedoch stets bemüht sein wird, etwaige Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf die von ihr übernommenen Garantieverpflichtungen einvernehmlich auszuräumen.

228 Palandt/Sprau BGB, Rdn. 4 zu § 670; zum Prozesskostenersatzanspruch einer Akkreditivbank s. BGH WM 1998, 1769 m. Anm. von Westphalen WuB I H 2.–1.98 und Anm. Meinecke/ Nölle EWiR § 670 BGB 1/98, 1021; zu der Risiko- und Kostenverteilung bei Auslandsprozessen s. a. Nielsen in: FS Schütze, S. 593 ff. 229 Vgl. zum Akkreditiv LG Hamburg WM 1997, 258 m. Anm. Nielsen WuB I H 2. – 2.97, eine Entscheidung, die auch für das Garantiegeschäft gilt. 230 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 136 ff.; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 375, a.A. von Mettenheim RIW/AWD 1981, 581, 586; Dohm Bankgarantien im internationalen Handel, S. 87.

447

Neunter Abschnitt

Bankgarantie

9/92 Die Annahme und Ausführung des Garantieauftrags durch die Garantiebank stellt

eine Krediteinräumung an den Garantieauftraggeber dar. Mithin findet Nr. 13 Abs. 1 AGB Anwendung, wonach der Garantiebank ein Anspruch auf Bestellung bankmäßiger Sicherheiten zusteht. Hierunter sind Sicherheiten zu verstehen, die sich leicht und ohne große zeitliche Verzögerung verwerten lassen. Erfolgt die Garantieübernahme blanko, kann die Garantiebank später die Bestellung von Sicherheiten verlangen, sofern Umstände eintreten oder bekannt werden, die eine erhöhte Risikobewertung der Ansprüche gegen den Garantieauftraggeber rechtfertigen (Nr. 13 Abs. 2 AGB). Entsprechendes gilt für die Verstärkung von Sicherheiten. Im Hinblick auf die Vorrangigkeit der individuellen Kreditabsprachen vor formularmäßigen Regelungen (§ 305b BGB) ist es erforderlich und üblich, dass die Garantiebank bereits bei der Annahme des Garantieauftrages das Recht zur Bestellung und Verstärkung von Sicherheiten mit dem Garantieauftraggeber ausdrücklich vereinbart. Hierbei kann wegen der verschiedentlich geäußerten Zweifel231 an der Berechtigung der Garantiebank, eine Barunterlegung des Aufwendungsersatzanspruchs zu fordern, auch die Verpflichtung des Garantieauftraggebers, auf Verlangen einen Barvorschuss zu leisten, berücksichtigt werden. Endet das dem Garantieauftrag zu Grunde liegende Geschäftsbesorgungs- bzw. Kreditverhältnis zwischen dem Garantieauftraggeber und der Garantiebank, bestehen aber gleichwohl Garantierisiken zu Lasten der Garantiebank fort (Rdn. 9/34), ist der Garantieauftraggeber gemäß Ziff. 9 der Bedingungen für das Avalgeschäft verpflichtet, innerhalb einer von der Garantiebank gesetzten angemessenen Frist für deren Entlastung zu sorgen und, falls dies nicht gelingen sollte, einen Geldbetrag in Höhe dieser Risiken an die Garantiebank zu zahlen. 9/93 Gemäß §§ 675, 666 BGB steht dem Garantieauftraggeber gegenüber der Garantie-

bank ein Anspruch auf unverzügliche Benachrichtigung über die Ausführung des Auftrags zu; Gleiches gilt, falls der Ausführung des Auftrags Hindernisse entgegenstehen. Die Ausführungsanzeige wird von der Garantiebank in der Regel formularmäßig erteilt. Der Garantieauftraggeber kann darüber hinaus verlangen, dass die Garantiebank jederzeit Auskunft über den jeweiligen Stand des Garantiegeschäfts gibt und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft ablegt.

VII. Rechtliche Besonderheiten bei Einschaltung einer Zweitbank 9/94 Eine Garantiestellung erfolgt häufig nicht direkt, sondern indirekt über eine Bank

im Lande des Begünstigten (Zweitbank).232 Die Notwendigkeit einer solchen Handhabung kann auf im Lande des Begünstigten geltenden gesetzlichen Vor-

231 So etwa Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1113; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 122. 232 Die Korrespondenzbeziehungen zwischen bestimmten in- und ausländischen Banken führen zuweilen zu mehrstufig indirekten Garantieverhältnissen.

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VII. Rechtliche Besonderheiten bei Einschaltung einer Zweitbank

Neunter Abschnitt

schriften, sonstigen hoheitlichen Anordnungen oder auf Usancen beruhen. Die Einschaltung einer Zweitbank kann aber auch zwischen den Parteien des Grundgeschäfts vereinbart worden sein. Oftmals wird sie in internationalen Ausschreibungen von vornherein gefordert. Im Ergebnis dürfte die Einschaltung einer Zweitbank den Interessen des Begünstigten entgegenkommen, auch wenn dieser aufgrund der mit dem Garantieauftraggeber getroffenen grundgeschäftlichen Absprachen die durch den Einsatz mehrer Banken entstehenden höheren Kosten selbst tragen muss.233 Im Gegensatz zur Direktgarantie hat es der Begünstigte hier mit einer Bank zu tun, die in seinem Heimatland domiziliert. Dadurch ergeben sich für den Begünstigten vielfältige tatsächliche und rechtliche Vorteile, wie etwa eine Verminderung des Postlaufrisikos oder die Vermeidung prozessualer Unwägbarkeiten bei der Durchsetzung seiner Rechte aus der Garantie. Gerade die in der Vergangenheit wiederholt in Erscheinung getretenen Versuche einzelner Garantieauftraggeber, die Zahlung aus Garantien, deren Inanspruchnahme ihnen unberechtigt erschien, durch gerichtliche Eilmaßnahmen zu verhindern oder zumindest zu verzögern, dürften die Bestrebungen des Begünstigten, eine Bank in seinem Heimatland einzuschalten, verstärken.234 Der Garantieauftraggeber muss sich darüber im klaren sein, dass sich für ihn die Risiken durch die Einbeziehung einer Zweitbank erhöhen. Wie bereits dargelegt (Rdn. 9/36), ist für das Rechtsverhältnis zwischen der Zweitbank und dem Begünstigten das am Sitz der Zweitbank geltende Recht maßgebend. Hierdurch wird das rechtliche und wirtschaftliche Schwergewicht der Garantiestellung in das Ausland verlagert.235 Gleichwohl besteht für die erstbeauftragte Bank grundsätzlich keine Verpflichtung, den Garantieauftraggeber auf dieses erhöhte Risiko hinzuweisen.236 Ausnahmsweise kann jedoch ein Aufklärungsbedarf bestehen, falls die erstbeauftragte Bank Kenntnis von Tatsachen hat, die gravierende Abweichungen von den international üblichen Usancen im Garantiegeschäft beinhalten.237

233 Die Mehrkosten für die Einschaltung einer Zweitbank hat regelmäßig der Garantieauftraggeber zu tragen. Etwas anderes kann dann gelten, wenn der Begünstigte die Bestätigung einer ihm direkt zugegangenen Bankgarantie durch seine Hausbank wünscht; in diesem Fall kommt es vor, dass er für die hierdurch entstehenden Kosten selbst aufkommen muss. 234 Dazu ausführlich Bark ZIP 1982, 405, 406; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 140. 235 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 7 ff., 139 ff.; vgl. a. Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1155, der in diesem Zusammenhang – überspitzt – die indirekte Garantie als ein geradezu selbstmörderisches Unternehmen bezeichnet, wenn die Seriosität des Begünstigten nicht zweifelsfrei ist („suicide guarantee“). 236 Schütze Bankgarantien, S. 21; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 336 ff. 237 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 151, nennt in diesem Zusammenhang den Fall, dass die ausländische Zweitbank dazu übergegangen ist, die Übernahme der Garantie von der Stellung von Sicherheiten, z.B. einer Bardeckung, abhängig zu machen.

449

Neunter Abschnitt

A.

Bankgarantie

Formen der Einschaltung einer Zweitbank

9/95 Die Einschaltung einer weiteren Bank im Lande des Begünstigten durch die Bank

des Garantieauftraggebers (erstbeauftragte Bank) kann auf verschiedene Weise geschehen.238 Relativ oft wird in der Praxis die Zweitbank als Avisbank eingesetzt. In diesem Fall legt die erstbeauftragte Bank die Garantie selbst hinaus und der Zweitbank kommt lediglich die Aufgabe zu, den Begünstigten von der Erstellung der Garantie zu unterrichten und/oder die Garantieurkunde an ihn weiter zu leiten. Eine eigene Zahlungsverpflichtung ist für die Zweitbank mit dieser Tätigkeit nicht verbunden. Die Garantie kann aber am Ort der Zweitbank zahlbar gestellt sein.239 9/96 Gelegentlich kommt es vor, dass die Zweitbank von der erstbeauftragten Bank

den Auftrag erhält, deren Garantie gegenüber dem Begünstigten zu bestätigen.240 In Ausführung des Auftrags bringt die Zweitbank häufig den Bestätigungsvermerk, der meist kurz „We join the above guarantee“ lautet, ähnlich wie ein Indossament auf der Garantieurkunde an; es können aber auch ausführlichere Formulierungen in einem gesonderten Schriftstück gewählt werden. Mit der Bestätigung übernimmt die Zweitbank gegenüber dem Begünstigten eine selbständige, der Garantie der erstbeauftragten Bank inhaltsgleiche eigene Verpflichtung,241 die nach deutschem Recht eine gesamtschuldnerische Haftung der beiden Banken begründet.242 Mangels besonderer Vereinbarungen kann der Begünstigte die Leistung aus der Garantie nach seiner Wahl von der erstbeauftragten Bank oder von der Zweitbank fordern; regelmäßig wird jedoch die Zweitbank in Anspruch genommen. Um der Gefahr einer etwaigen Doppelinanspruchnahme zu begegnen, empfiehlt sich eine vorsorgliche Rückfrage der in Anspruch genommenen Bank bei der mitverpflichteten Bank. Wenngleich für Art und Umfang der Garantieverpflichtung der von der erstbeauftragten Bank hinausgelegte Garantietext maßgebend ist, lassen sich im Einzelfall Schwierigkeiten mit Rücksicht darauf, dass die beteiligten Banken regelmäßig verschiedenen Rechtsordnungen unterstehen, nicht völlig ausschließen.243 Dies

238 Eingehend hierzu Schütze in: FS Gernhuber, S. 461 ff.; vgl. a. Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 5 f.; Oehlmann/Schlegel Praxis der Auslandsgarantien, S. 51 f. 239 Finger AWD 1969, 486, 489, mit weiteren Hinweisen zu Fragen der Rechtsanwendung. Anders als bei Akkreditiven sind allerdings Zahlstellenvereinbarungen bei Garantien nicht üblich. 240 In der Praxis kommen Bestätigungen unter anderem bei Garantien gegenüber ägyptischen Staatsunternehmen vor. 241 Bark ZIP 1982, 405, 406; Oehlmann/Schlegel, Praxis der Auslandsgarantien, S. 63 ff. 242 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1119; Bark ZIP 1982 S. 207; Nielsen Bankgarantien bei Außenhandelsgeschäften, S. 102; Schütze in: FS Gernhuber, S. 466; für Österreich: Koziol in: Österreichisches Bankvertragsrecht II, S. 173; für die Schweiz: Kleiner Bankgarantie, S. 173; vgl. parallel hierzu auch die Ausführungen zur Bestätigung von Akkreditiven, Rdn. 2/187. 243 Nielsen Bankgarantien bei Außenhandelsgeschäften, S. 102; Oehlmann/Schlegel Praxis der Auslandsgarantien, S. 68.

450

VII. Rechtliche Besonderheiten bei Einschaltung einer Zweitbank

Neunter Abschnitt

gilt insbesondere bezüglich der zum Teil zwingenden Vorschriften über Verfallund Verjährungsfristen, die sich auch durch Rechtsverweisungen in der Garantieerklärung nicht ausschalten lassen. Aus der Sicht der erstbeauftragten Bank empfiehlt es sich daher, den Garantieauftraggeber auf die sich aus der Bestätigung der Garantie durch die Zweitbank ergebenden erhöhten Risiken hinzuweisen; eine Rechtspflicht besteht insoweit jedoch nicht.244 Zuweilen legen (inländische) Begünstigte Wert auf eine Bestätigung von Garantien ausländischer Banken, ohne dass ein entsprechender Auftrag der Garantiebank vorliegt. Hierdurch will sich der Begünstigte vor allem gegen etwaige Transfer-, Konvertierungs- und Moratoriumsrisiken absichern. Soweit derartigen Wünschen entsprochen wird, ist zu berücksichtigen, dass die bestätigende Bank bei einer Inanspruchnahme nicht über einen Aufwendungsersatzanspruch gegen die Garantiebank verfügt. Ob die Abtretung der Rechte und Ansprüche aus der Garantie durch den Begünstigten an die bestätigende Bank einen vollwertigen Ersatz bietet, erscheint zweifelhaft, zumal die Rechtswirksamkeit der Zession nach dem am Sitz der Garantiebank geltenden Recht zu beurteilen ist (Rdn. 9/136). Eine ähnliche Funktion wie die Bestätigung der Garantie erfüllt die im Geschäftsverkehr mit arabischen Staaten anzutreffende Verpflichtung des Garantieauftraggebers, eine indossierte Garantie beizubringen („The guarantee shall be endorsed by a first class bank in . . .“). Im Gegensatz zu den rechtlichen Gegebenheiten bei der Bestätigung tritt die indossierende Bank nicht neben, sondern – den wechsel- und scheckrechtlichen Haftungsverhältnissen angenähert – hinter die Garantiebank. Daraus folgt, dass eine Leistung der indossierenden Bank erst dann in Betracht kommt, wenn die Garantiebank die Zahlung endgültig verweigert.245 Eine vorzeitige Leistung würde in diesem Fall zum Verlust des Rückgriffsanspruchs der indossierenden Bank gegen die Garantiebank führen. Am häufigsten erfolgt in der Praxis die Einschaltung einer Zweitbank in der Form, 9/97 dass diese im Auftrag der erstbeauftragten Bank gegenüber dem Begünstigten eine eigene Garantie hinauslegt und – in der Mehrzahl der Fälle – den sich hieraus ergebenden Aufwendungsersatzanspruch durch eine gesonderte Garantie der erstbeauftragten Bank sicherstellen lässt (Rückgarantie, indirekte Garantie).246 Dabei schreibt die erstbeauftragte Bank im Einvernehmen mit dem Garantieauftraggeber den Wortlaut der von der Zweitbank zu übernehmenden Garantie regelmäßig nicht in allen Einzelheiten vor, sondern beschränkt sich auf die Angabe der wesentlichen Daten, wie etwa die genaue Bezeichnung des Grundgeschäfts und der Vertragspartner, die Höhe der Garantiesumme, die Währung, etwaige Zahlungsbedingungen und die zeitliche Begrenzung.247 Damit wird die Zweitbank in die

244 Bark ZIP 1982, 655, 659, m.w.N. 245 Schütze Bankgarantien, S. 52. 246 Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/352; zum Begriff der Rückgarantie vgl. Rdn. 9/64 ff. 247 Diese Praxis im internationalen Geschäftsverkehr bestätigend LG Hamburg WM 1999, 1713, m. Anm. Nielsen WuB I E 5.–5.99; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 162.

451

Neunter Abschnitt

Bankgarantie

Lage versetzt, etwaige Besonderheiten des zur Anwendung gelangenden Rechts bei der Abfassung der Garantie gegenüber dem Begünstigten zu berücksichtigen. Sofern allerdings die erstbeauftragte Bank auf Veranlassung des Garantieauftraggebers den Wortlaut im einzelnen vorgibt – etwa weil dies in einer Ausschreibung verlangt war oder weil der Begünstigte bei Abschluss des Grundgeschäfts einen bestimmten Garantietext durchgesetzt hat –, ist die Zweitbank weisungsgebunden.248 Zwar wird die Zweitbank auch in diesem Fall als ermächtigt angesehen, einseitig Änderungen oder Modifikationen vorzunehmen, die aus ihrer Sicht noch im Rahmen des Garantieauftrags liegen und nach Maßgabe des anwendbaren Rechts eine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Garantie darstellen.249 Da jedoch die erstbeauftragte Bank diese Voraussetzungen unter Umständen nicht ohne weiteres zu beurteilen vermag, erscheint es ratsam, etwaige Abweichungen von dem im einzelnen vorgeschriebenen Garantietext vor der Abgabe gegenüber dem Begünstigten zwischen den Banken und dem Garantieauftraggeber abzustimmen.250

B.

Rechtsbeziehungen zwischen Garantieauftraggeber und erstbeauftragter Bank

9/98 Auch bei Einschaltung einer Zweitbank stellt sich das Rechtsverhältnis zwischen

dem Garantieauftraggeber und der erstbeauftragten Bank als Geschäftsbesorgungsvertrag mit Werkleistungscharakter im Sinne der §§ 675, 631 BGB dar. Hiernach ist die erstbeauftragte Bank verpflichtet, eine Zweitbank in einer der oben dargestellten, den Erfordernissen des Einzelfalles Rechnung tragenden festgelegten Form in das Garantiegeschäft einzubeziehen.251 Die in Bezug auf die Direktgarantie getroffenen Feststellungen gelten insoweit sinngemäß. 9/99 Mit der Einschaltung einer Zweitbank werden keine Rechtsbeziehungen zwischen

dieser und dem Garantieauftraggeber begründet, und zwar auch dann nicht, wenn die erstbeauftragte Bank angewiesen wird, mit einer ganz bestimmten weiteren Bank in Verbindung zu treten. Bei der Einschaltung der Zweitbank handelt die erstbeauftragte Bank im eigenen Namen und nicht im Namen des Garantieauftraggebers.252 In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwieweit der Garantieauftraggeber bei einem etwaigen pflichtwidrigen Handeln der Zweitbank die erstbeauftragte Bank in Anspruch nehmen kann. Die hierzu teilweise kontrovers geführte Diskussion beruht im wesentlichen auf einer unterschiedlichen Bewertung der

248 Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/354 f. 249 Bark ZIP 1982, 405, 408; Dohm Bankgarantien im internationalen Handel, Rdn. 264. 250 So wohl a. von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 247: Abklärung mit dem Garantieauftraggeber erforderlich, es sei denn, es handelt sich um Marginalien. 251 Zum Verhältnis von Weisungen des Garantieauftraggebers und Einschaltung einer Zweitbank vgl. Rdn. 9/76. 252 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 161.

452

VII. Rechtliche Besonderheiten bei Einschaltung einer Zweitbank

Neunter Abschnitt

Funktion, die der Zweitbank mit der Einschaltung in die Garantiestellung zukommt. Unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Bankgeschäfts wird die Tätigkeit der Zweitbank in der Literatur verbreitet als Substitution im Sinne der §§ 675, 664 Abs. 1 Satz 2 BGB angesehen,253 wobei hauptsächlich die haftungsbegrenzende Wirkung dieser gesetzlichen Regelung im Vordergrund steht. Demgegenüber wird verschiedentlich darauf hingewiesen, dass begrifflich keine Substitution vorliegen könne, da die erstbeauftragte Bank nicht die Stellung einer Direktgarantie gegenüber dem Begünstigten, sondern die Beauftragung der Zweitbank, ihrerseits eine derartige Garantie abzugeben, schulde.254 Abgesehen davon, dass über den Inhalt und die Abgrenzung des Begriffs der Substitution keine Klarheit herrscht,255 wird – wenn auch mit unterschiedlicher Begründung – ganz überwiegend die zutreffende Meinung vertreten, dass die erstbeauftragte Bank dem Garantieauftraggeber gegenüber lediglich für die sorgfältige Auswahl und für die ordnungsgemäße Überwachung der Zweitbank einzustehen hat.256 Das Haftungsrisiko verringert sich weiter, wenn die Zweitbank von dem Garantieauftraggeber namentlich vorgeschrieben wurde. Weicht allerdings die erstbeauftragte Bank von einer derartigen Weisung ohne vorherige Abstimmung mit dem Garantieauftraggeber ab, kann hierin ein eigenes haftungsbegründendes Fehlverhalten liegen, so dass sich die Frage nach der Haftung für fremdes Verschulden erübrigt.257 Andere Überlegungen sind maßgebend, wenn die erstbeauftragte Bank eine Avisbank einschaltet. In diesem Fall wird die Zweitbank nach herrschender Lehre als Erfüllungsgehilfe der erstbeauftragten Bank tätig mit der Folge, dass sich diese das Verhalten der Avisbank nach § 278 BGB zurechnen lassen muss;258 es gilt die in Nr. 3 Abs. 1 AGB-Banken festgelegte Verschuldensregelung, wonach die Garantiebank grundsätzlich für jedes Verschulden ihrer Mitarbeiter(innen) und der zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen hinzu gezogenen Personen einzustehen hat. Wie dargelegt, ist der Garantieauftraggeber verpflichtet, gemäß §§ 675, 631 BGB 9/100 eine Avalprovision zu zahlen und alle Aufwendungen zu ersetzen, die in Ausfüh-

253 Bark ZIP 1982, 405, 414, m.w.N.; Schütze in: FS Gernhuber, S. 465; Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/305; MünchKommHGB/Welter ZahlungsV Rdn. J 121. 254 Kleiner Bankgarantie, S. 175; Koziol in: Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 3/139; Müller Die Bankgarantie im internationalen Wirtschaftsverkehr, S. 102. 255 Hansen BB 1989, 2418 ff.; Westermann WM 1993, 1865. 256 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1116; von Gablenz Die Haftung der Banken bei der Einschaltung Dritter, S. 289 f.; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 154; nach von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 251, beschränkt sich die Haftung der erstbeauftragten Bank sogar nur auf das Auswahlverschulden, so dass eine Haftung für ein Überwachungsverschulden ausscheidet; zur begrenzten Haftung der Bank bei weitergeleiteten Kundenaufträgen s. Kümpel WM 1996, 1893 ff.; Sonnenhol in: BuB, Rdn. 1/102 ff.; Bitter, ZBB 2007, 237, 250 ff. 257 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1116; Koziol in: Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 3/140. 258 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1116; Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/305; Schütze Bankgarantien, S. 43.

453

Neunter Abschnitt

Bankgarantie

rung des Garantieauftrags entstehen (§§ 675, 670 BGB). Hierzu gehören auch die Provision und die Aufwendungen, die bei der Zweitbank anfallen (sog. doppelte Provisionspflicht). Hat die Zweitbank eine eigene Zahlungsverpflichtung übernommen, ist insbesondere im Falle der Inanspruchnahme die von der Zweitbank an den Begünstigten ausgezahlte Garantiesumme zu erstatten, und zwar auch dann, wenn aus der Sicht des deutschen Rechts die Zweitbank materiell zu Unrecht in Anspruch genommen wurde.259

C.

Rechtsverhältnis zwischen erstbeauftragter Bank und Zweitbank

9/101 Das Rechtsverhältnis zwischen beiden Banken wird – mit den zwischen dem

Garantieauftraggeber und der erstbeauftragten Bank bestehenden Rechtsbeziehungen vergleichbar – einheitlich als ein auf Werkleistung gerichteter Geschäftsbesorgungsvertrag gewertet.260 Hierbei tritt die erstbeauftragte Bank im eigenen Namen auf, so dass insoweit zwischen dem Garantieauftraggeber und der Zweitbank keine Rechtsbeziehungen entstehen. Dies entspricht insbesondere den Interessen der Zweitbank, die im Garantiegeschäft lediglich mit der – ihr zumeist als Korrespondenzbank bereits vertrauten – erstbeauftragten Bank zu tun haben, nicht dagegen etwaigen direkten Weisungen des Garantieauftraggebers ausgesetzt sein will. 9/102 Bereits in dem an die Zweitbank gerichteten Auftragsschreiben wird die erstbeauf-

tragte Bank darauf hinweisen, dass ihr die Zweitbank eine Ausführungsanzeige zusammen mit einer Kopie der gegenüber dem Begünstigten hinausgelegten Garantie zu übermitteln hat. Sofern die Garantie der Zweitbank in einer wenig gängigen Fremdsprache abgefasst ist, empfiehlt es sich, zusätzlich eine englische oder französische Übersetzung des Garantietextes anzufordern. Auf diese Weise kann die Prüfung der erstbeauftragten Bank, ob die Zweitbank den ihr erteilten – auf den Vorgaben des Garantieauftraggebers basierenden – Auftrag zur Übernahme einer wörtlich vorgegebenen oder nur durch Eckdaten definierten Garantie (Rdn. 9/97) ordnungsgemäß ausgeführt hat, erleichtert werden. 9/103 Der auf dem Geschäftsbesorgungsvertrag beruhende Aufwendungsersatzan-

spruch der Zweitbank umfasst nicht nur die im Fall der Inanspruchnahme an den Begünstigten ausgezahlte Garantiesumme, sondern auch Zinsen, die möglicherweise in der Zeit zwischen der Leistung der Zweitbank an den Begünstigten und der Anschaffung der Deckung durch die erstbeauftragte Bank anfallen. In der Praxis werden diese Zinsen zwar regelmäßig dadurch vermieden, dass die Zweitbank erst dann an den Begünstigten zahlt, wenn die Deckung bei ihr eingegangen ist. Ein Anspruch der erstbeauftragten Bank auf diese Handhabung besteht allerdings nicht; die Zweitbank ist nach Maßgabe des von ihr hinausgeleg259 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1116 a. 260 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 161; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 245.

454

VII. Rechtliche Besonderheiten bei Einschaltung einer Zweitbank

Neunter Abschnitt

ten Garantietextes vielmehr grundsätzlich verpflichtet, ohne Rücksicht auf den Erhalt der Deckung auf erstes Anfordern bis zu dem in der Garantie genannten Höchstbetrag Zahlung zu leisten.261 Daneben ist die erstbeauftragte Bank verpflichtet, die übliche oder vereinbarte Provision zu zahlen sowie sonstige Nebenkosten auszugleichen (Rdn. 9/105). Wie bereits an anderer Stelle ausgeführt (Rdn. 9/65 f.; 9/97), überwiegt im interna- 9/104 tionalen Garantiegeschäft die Praxis, dass die Zweitbank von der erstbeauftragten Bank eine besondere (Rück-) Garantie verlangt. Daraus ergibt sich das Problem, wo die Ansprüche der Zweitbank gegen die erstbeauftragte Bank nach Umfang und zeitlicher Dauer ihre Grenze finden. Die Lösung dieser Schwierigkeit läuft letztlich auf die Frage hinaus, in welchem Verhältnis der Erstattungsanspruch der Zweitbank gegen die erstbeauftragte Bank wegen des Ersatzes ihrer Auslagen anlässlich der Erfüllung des Auftrags einerseits zu den Rechten der Zweitbank und den Pflichten der erstbeauftragten Bank aus der Rückgarantie (bzw. des Standby Letter of Credit) andererseits steht.262 Die inzwischen in der Literatur aus deutschrechtlicher Sicht überwiegend vertre- 9/105 tene Auffassung geht davon aus, dass die Rückgarantie den Aufwendungsersatzanspruch der Zweitbank aus dem Auftragsverhältnis mit der erstbeauftragten Bank nicht beschränkt oder gar ersetzt, sondern formalisierend in der Weise verstärkt, dass der Zweitbank zwei Rechtsgrundlagen zur Verfügung stehen, aus denen der Remboursanspruch hergeleitet werden kann.263 Nach dieser Ansicht kann der zeitlich nicht begrenzte Aufwendungsersatzanspruch auch auf Erstattung von Zinsen, Kosten und sonstigen Aufwendungen gerichtet sein, die von dem Wortlaut der Garantie nicht erfasst sind. Hierzu gehören auch Prozesskosten, die bei der Zweitbank durch einen – nach ihrer Meinung notwendigen – Rechtsstreit anfallen. Sofern hierbei den Garantiebetrag übersteigende Aufwendungen erforderlich werden sollten, empfiehlt es sich allerdings schon aus praktischen Gründen, dass beide Banken die Frage, ob und wie ein Rechtsstreit geführt werden soll, einvernehmlich regeln und dabei die Kostenfrage einbeziehen. Demgegenüber ist in der Praxis der erstbeauftragten Bank daran gelegen, ihre Verpflichtungen gegenüber der Zweitbank auf den klaren und überschaubaren Wortlaut der Garantieerklärung beschränkt zu sehen und nicht mit einer für sie kaum kalkulierbaren Ausweitung ihrer Erstattungspflicht um Zinsen, Spesen und sonstige Aufwendungen aus anderen nicht vorhersehbaren Zusammenhängen rechnen zu müssen. Im Ergebnis läuft diese Argumentation darauf hinaus, in einer durch eine Rückgarantie der erstbeauftragten Bank abgesicherten Garantie der Zweitbank gegenüber dem Begünstigten die Hintereinanderschaltung zweier dokumentärer abstrakter Schuldversprechen zu erblicken, die die gegenseitigen Rechte und Pflich-

261 Bark ZIP 1982, 405, 409. 262 Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/360; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 253 ff. 263 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1118; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121, Rdn. 170 ff.; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 254; Kleiner Bankgarantie, S. 177 ff.; Dohm Bankgarantien im internationalen Handel, Rdn. 278.

455

Neunter Abschnitt

Bankgarantie

ten erschöpfend fixieren und keinen Raum für zusätzliche Ansprüche der Zweitbank gegen die erstbeauftragte Bank aus dem Auftragsverhältnis zulassen. Ob tatsächlich der Rückgarantie eine derartige Einschränkung des Erstattungsanspruchs der Zweitbank gegen die erstbeauftragte Bank nach Auftragsrecht innewohnt, muss unter rechtlichen Gesichtspunkten bezweifelt werden. Es sprechen gewichtige Gründe dafür, dass die Zweitbank mit der Hereinnahme einer Rückgarantie hinsichtlich der Befristung und des Umfangs ihrer Ansprüche gegen die erstbeauftragte Bank nicht schlechter gestellt sein will, als dies ohne Garantiestellung durch die erstbeauftragte Bank der Fall wäre. Akzeptiert man diese Auffassung, ist die Geltendmachung eines Aufwendungsersatzanspruchs auf der Grundlage des Auftragsverhältnisses zwischen den beiden Banken über die Reichweite der Rückgarantie hinaus möglich. Die Rechtsprechung hat sich mit diesem Komplex – soweit ersichtlich – bislang noch nicht befasst. Im Hinblick darauf, dass sich nach herrschender Meinung der Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der erstbeauftragten Bank und der Zweitbank mangels gegenteiliger Absprachen nach dem Recht am Sitz der Zweitbank richtet, während bei der Rückgarantie möglicherweise das am Sitz der erstbeauftragten Bank geltende Recht in Betracht kommt (Rdn. 9/36), könnten gerichtliche Entscheidungen durchaus unterschiedlich ausfallen. 9/106 Hinsichtlich der Befristung einer Rückgarantie ist zu beachten, dass es Länder gibt,

die die zeitliche Begrenzung einer Garantie nicht anerkennen.264 Soweit das Recht solcher Länder auf das Rechtsverhältnis zwischen den beiden Banken Anwendung findet – was im Einzelfall geprüft werden muss –, ist besondere Aufmerksamkeit geboten. Ob in derartigen Fällen durch eine, der Postlaufzeit hinreichend Rechnung tragende Befristung des Garantieauftrags die Geltendmachung eines etwaigen Aufwendungsersatzanspruchs in zeitlicher Hinsicht dennoch wirksam eingegrenzt werden kann, hängt von den Besonderheiten des Einzelfalles ab. Es bietet sich an, insoweit dadurch Klarheit zu schaffen, dass von vornherein die Anwendbarkeit eines ausdrücklich bezeichneten Rechts vereinbart wird, das Eingrenzungen nach Zeit und Umfang zulässt, immer vorausgesetzt, dass das am Sitz der Zweitbank geltende Recht eine Rechtsverweisung in dieser Form anerkennt. 9/107 Der Wortlaut der Rückgarantie weist gegenüber den bei Bankgarantien sonst übli-

chen Formulierungen keine gravierenden Unterschiede auf.265 Neben der Verpflichtung, auf erstes Anfordern Zahlung zu leisten, enthält der Garantietext üblicherweise die Erklärung der erstbeauftragten Bank, dass Bestimmungen des an ihrem Geschäftssitz geltenden Rechts, insbesondere Devisen- und Währungsgesetze der Garantiestellung und einer etwaigen Honorierung der Garantie nicht entgegenstehen. Zuweilen wird eine Effektivklausel in die Rückgarantie aufgenommen, um sicherzustellen, dass die erstbeauftragte Bank ihre Zahlungsver-

264 Die an anderer Stelle (Rdn. 9/34) behandelte Problematik der Anerkennung von Garantiefristen in bestimmten Ländern gilt für die Rückgarantie entsprechend. 265 Mustertexte bei Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/361; Oehlmann/Schlegel, Praxis der Auslandsgarantien, S. 58 f.

456

VIII. Rechtsverhältnis zwischen Garantiebank und Begünstigtem

Neunter Abschnitt

pflichtung in derjenigen Währung erfüllt, die die Zweitbank im Rahmen der von ihr hinausgelegten Garantie zu erbringen hat. Hierbei empfiehlt es sich klarzustellen, welcher Umrechnungskurs im Leistungsfall maßgebend sein soll.

D.

Rechtsbeziehungen zwischen Zweitbank und Begünstigtem

Für die Verpflichtungen der Zweitbank aus der im Auftrag der erstbeauftragten 9/108 Bank gegenüber dem Begünstigten übernommenen Garantie gelten die Ausführungen zur Direktgarantie entsprechend mit der Maßgabe, dass das Zustandekommen und der Inhalt des Garantieverhältnisses von etwaigen sich aus dem Sitzrecht der Zweitbank ergebenden Besonderheiten geprägt werden können.

VIII. Rechtsverhältnis zwischen Garantiebank und Begünstigtem A.

Garantievertrag

Die Bankgarantie als Vertrag eigener Art kommt durch das an den Begünstigten 9/109 gerichtete Angebot der Garantiebank auf Abschluss des Garantievertrags und dessen Annahme seitens des Begünstigten zustande. Dem wirksamen Abschluss des Garantievertrags steht nicht entgegen, dass in der Praxis eine ausdrückliche Annahme der Garantieerklärung durch den Begünstigten regelmäßig unterbleibt. Es entspricht den Gepflogenheiten des internationalen Handelsverkehrs, die widerspruchslose Entgegennahme der Garantieerklärung als stillschweigende Annahme der Offerte zu werten mit der Folge, dass in der Regel der Zugang einer Annahmeerklärung bei der Garantiebank nicht erforderlich ist (§ 151 BGB).266 Für die Übermittlung der Garantieofferte an den Begünstigten haben sich verschiedene Formen herausgebildet. Obwohl keine Formvorschrift besteht, wird die Bankgarantie grundsätzlich schriftlich oder fernschriftlich hinausgelegt.267 Neuerdings kommen auch andere Telekommunikationsmittel, wie etwa Telefax, zum Einsatz; zunehmend wird auch das bankinterne Datennetz SWIFT genutzt. Sofern anstelle des langsameren Postweges derartige zeitsparende Möglichkeiten der Übermittlung gewählt werden, erhält der Begünstigte oftmals im Nachgang ein ordnungsgemäß unterzeichnetes Zusatzschreiben, mit dem die Garantiebank die Garantieerklärung bestätigt.

266 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1121; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. zu § 365 Rdn. 293; Liesecke WM 1968, 21, 22; Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/286; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 114; für Österreich: Koziol in: Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 3/67; für die Schweiz: Kleiner Bankgarantie, S. 142; aus der Sicht der ISP98 s. Fn. 221. 267 Nach Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1122, ist sogar von einem Formerfordernis kraft Handelsbrauchs auszugehen; vgl. a. Nielsen/Joos in: BuB 5/ 285; MünchKommHGB/Welter ZahlungsV Rdn. J 45.

457

Neunter Abschnitt

Bankgarantie

In die Erstellung der Bankgarantie können Dritte eingeschaltet sein. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Zweitbank als Botin die Bankgarantie gegenüber dem Begünstigten avisiert (Rdn. 9/95). Zuweilen wird die Garantieurkunde auch dem Garantieauftraggeber zum Zwecke der Übergabe an den Begünstigten ausgehändigt. Die Bankgarantie wird – unabhängig von der Entstehung des Provisionsanspruchs (Rdn. 9/88) – wirksam ab dem Zeitpunkt, in dem die Garantieerklärung der Bank dem Begünstigten zugegangen ist. Hiernach ist nach deutschem Recht ein Widerruf der Garantieerklärung durch die Garantiebank nicht mehr möglich. Solange der Garantievertrag nicht wirksam zustande gekommen ist, stehen dem Begünstigten grundsätzlich keine Rechte gegenüber der Garantiebank zu. Es stellt insbesondere der an die Garantiebank gerichtete Auftrag des Garantieauftraggebers zur Übernahme einer Garantie keinen Vertrag zugunsten Dritter dar, so dass der Begünstigte hieraus gegen die Bank noch keinen Anspruch auf Abschluss des Garantievertrages herleiten kann.268 Im übrigen bildet die wirksam gewordene Bankgarantie kein vermögenswertes Recht des Garantieauftraggebers, in das dessen Gläubiger vollstrecken können.269 Zuweilen wird in der Praxis das „Inkrafttreten“ einer Bankgarantie von dem Eintritt eines bestimmten Ereignisses, wie etwa dem Eingang einer Anzahlung auf dem Konto des Garantieauftraggebers bei der Garantiebank, abhängig gemacht (Rdn. 9/40). Entgegen dem Wortlaut der Garantie handelt es sich hierbei um eine Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Garantie, die mit dem wirksamen Entstehen des Garantievertrages nicht gleichgesetzt werden darf.270 Aus der Sicht der Garantiebank ist in diesen Fällen die garantiemäßige Zahlungsverpflichtung von Umständen abhängig, die nicht ihrer Bestimmung unterliegen. 9/110 Für die öffentlichen Zwecken dienenden Rechnungslegungsvorschriften des HGB

sind nicht die dargestellten zivilrechtlichen Gegebenheiten, sondern andere Überlegungen maßgebend. Sowohl der Garantieauftraggeber als auch die Garantiebank müssen in Umlauf gebrachte Verpflichtungen aus Bankgarantien als Eventualverbindlichkeiten in der Bilanz ausweisen (§ 251 Satz 1 HGB).271 Darüber hinaus stellt eine Garantieerklärung ohne Rücksicht auf deren Annahme durch den Begünstigten aus der Sicht der Garantiebank eine Kreditverpflichtung im Sinne des KWG dar, die zugleich die Grundlage für den Provisionsanspruch gegenüber dem Garantieauftraggeber bildet.272

268 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1120; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. zu § 365 Rdn. 293; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S 111; vgl. a. BGH WM 1984, 768, wonach ein zwischen dem Hauptschuldner und einer Bank abgeschlossener Avalvertrag in der Regel nicht als Bürgschaftsvertrag zugunsten des Bürgschaftsgläubigers einzustufen ist. 269 OGH ÖBA 1996, 479. 270 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 102 f. 271 von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 119 f.; Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/289. 272 Vgl. dazu die Ausführungen Rdn. 9/88.

458

VIII. Rechtsverhältnis zwischen Garantiebank und Begünstigtem

B.

Neunter Abschnitt

Inanspruchnahme der Garantiebank

Eine Inanspruchnahme der Bankgarantie setzt voraus, dass der Begünstigte die im 9/111 Garantietext festgelegten Auszahlungsvoraussetzungen in formeller Hinsicht erfüllt. Ist die Bankgarantie auf erstes Anfordern zahlbar, genügt die Erklärung des Begünstigten, dass er – in Höhe eines Teilbetrages oder in vollem Umfang – die Auszahlung der Garantiesumme beanspruche; eine weitergehende Erklärungspflicht besteht in diesem Falle nicht.273 Sofern die Abgabe zusätzlicher Erklärungen vorgesehen ist, müssen diese der Garantiebank bei Inanspruchnahme der Bankgarantie vorgelegt werden. Dabei reicht es nach der Rechtsprechung aus, dass die Zusatzerklärungen sinngemäß mit dem Wortlaut der Zahlungsklausel übereinstimmen; eine wortgetreue Wiedergabe kommt nur dann in Betracht, wenn dies ausdrücklich vorgeschrieben ist.274 Sieht die Zahlungsklausel die zusätzliche Vorlage bestimmter Dokumente vor, ist der Begünstigte verpflichtet, diese Dokumente vollzählig beizubringen. In allen Fällen kommt es auf die Frage, ob der Begünstigte unter Berücksichtigung des der Bankgarantie zu Grunde liegenden Rechtsgeschäfts auch materiell berechtigt ist, die Zahlung zu beanspruchen, nicht an. Für die Inanspruchnahme der Garantiebank aus einer Anzahlungsgarantie gelten keine Besonderheiten. Sofern eine Inanspruchnahmeklausel nach dem oben vorgeschlagenen Muster275 in den Garantietext aufgenommen sowie die Anzahlung in der vorgeschriebenen Weise – und damit für die Garantiebank evident – erbracht ist, genügt im Falle der Inanspruchnahme die Erklärung des Begünstigten gegenüber der Garantiebank, dass der Garantiefall eingetreten sei und Zahlung aus der Bankgarantie verlangt werde. Zusätzliche Darlegungen sind nur erforderlich, wenn sie die Bankgarantie selbst ausdrücklich vorsieht.276 Die Inanspruchnahme einer Bankgarantie wird – sofern nichts Gegenteiliges ver- 9/112 einbart ist – regelmäßig in der Sprache des Garantietextes erfolgen. Aus der Sicht des Begünstigten ist dies insbesondere bei der Abgabe formalisierter Zusatzerklärungen schon deshalb geboten, um das bei Verwendung einer anderen Sprache mit sprachlichen Abweichungen verbundene Risiko einer nicht ordnungsgemäßen Inanspruchnahme der Bankgarantie zu vermeiden. Nach der Rechtsprechung kann jedoch eine in englischer Sprache abgefasste Bankgarantie auf erstes Anfordern gegenüber einer Garantiebank mit dem Sitz in Deutschland auch in deutscher Sprache rechtswirksam ausgenutzt werden.277

273 Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/334; vgl. hierzu a. die zu Rdn. 9/20 in Fn. 69 aufgeführten Hinweise. 274 BGH WM 2000, 2334, 2336; für Österreich OGH ÖBA 2003, 541 f.; ÖBA 2003, 707. Zu Auslegungsfragen vgl. a. Nielsen in: FS Kümpel, S. 419 ff. 275 S. Rdn. 9/40. 276 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1131 a.E.; Scheuermann AWD 1959, 194, 195; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S.183 ff. 277 OLG Frankfurt a.M. WM 2001, 1108, 1110 m. Anm. Schütze WuB I E 5. – 10.01 und Anm. Nielsen EWiR § 305 BGB 2.01, 367 unter Hinweis auf Rule 4.04 ISP 98: „The language of documents issued by the beneficiary is to be that of the standby“.

459

Neunter Abschnitt

Bankgarantie

Was die Form der Inanspruchnahme anbelangt, werden im Geschäftsverkehr zunehmend moderne Kommunikationsmittel eingesetzt. Dabei hat sich die Frage ergeben, wie zu verfahren ist, wenn bei vereinbarter Schriftform der Begünstigte die Garantiebank per Telefax aus ihrer Garantieverpflichtung in Anspruch nimmt. In der Praxis wird diese Form der Inanspruchnahme – entsprechend der Handhabung bei einer telegraphischen oder fernschriftlichen Inanspruchnahme –278 zur Wahrung der vereinbarten Garantiefrist grundsätzlich als ausreichend angesehen,279 sofern nach den Garantiebedingungen nicht ausdrücklich eine Originalinanspruchnahme festgelegt wurde. Zahlung wird die Garantiebank aus Sicherheitsgründen dagegen regelmäßig erst dann leisten, wenn ihr das Originalschreiben des Begünstigten zugegangen ist. Überwiegend wird wohl auch die mit der ordnungsgemäßen Stichzahl einer Korrespondenzbank versehene Telefax-Inanspruchnahme des Begünstigten als formgerecht gewertet. In allen Fällen lässt sich die Garantiebank nicht zuletzt von beweisrechtlichen Überlegungen leiten, die der Sicherung des Aufwendungsersatzanspruchs gegen den Garantieauftraggeber dienen. In diesem Zusammenhang ist auch auf Nr. 5 Abs. 2 der Bedingungen für das Avalgeschäft (Rdn. 10/13) hinzuweisen, wonach die Garantiebank Dokumente, die nicht im Original, sondern „per authentisierter oder geschlüsselter Teletransmission“ übermittelt werden, wie Originale behandeln darf. Andere Erwägungen können maßgebend sein, wenn die für die Inanspruchnahme der Bankgarantie vereinbarte Form nach dem erkennbaren Willen der Parteien dazu dienen soll, der Garantiebank die verlässliche Prüfung zu ermöglichen, dass die Zahlungsaufforderung – über den Nachweis der Ordnungsmäßigkeit der Inanspruchnahme hinaus – tatsächlich von der begünstigten Person ausgeht. Bei dieser Sachlage darf nach dem Grundsatz der formalen Garantiestrenge von der oftmals durch zusätzliche Merkmale qualifizierten Form der Inanspruchnahme nicht abgewichen werden.280 9/113 Bei einer befristeten Bankgarantie muss die Inanspruchnahme bis zum Ablauf der

Frist bei der Garantiebank eingegangen sein. Ein Nachschieben zusätzlich vereinbarter Erklärungen und Dokumente nach dem Verfalldatum ist nicht möglich.281 Wegen der Bedeutung der Garantiebefristung wird empfohlen, ein kalendermäßi-

278 Nach § 127 Satz 2 BGB genügt zur Wahrung der Schriftform, soweit kein anderer Wille erkennbar ist, die telegraphische Übermittlung, wozu auch das Fernschreiben gehört, vgl. Palandt/Heinrichs BGB, Rdn. 2 zu § 127 mit Hinweis auf BGH NJW-RR 1996, 866; dabei muss der Urheber der fernschriftlichen Erklärung erkennbar sein (BGH WM 1999, 72). 279 BGH WM 2000, 2334 m. Anm. Tiedtke EWiR § 305 BGB 1/01, 59; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 163; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 181; Koziol in: Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 3/86; Dohm Bankgarantien im internationalen Handel, Rdn. 192; zur Einführung und Verbreitung der Telefaxtechnik im Privatrechtsverkehr, bei Gerichten und Behörden vgl. etwa BVerfG NJW 1996, 2857; Daumke ZIP 1995 S 722 ff. 280 Für das österreichische Recht vgl. OGH ÖBA 1996, 474 ff., m. Anm. von Koziol ÖBA 1996, 477 ff.; Schinnerer ÖBA 1988, 1097 ff. 281 BGH WM 1996, 770 m. Anm. Ott WuB I F 1 b – 1.96; Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/329; zum Postlaufrisiko vgl. Rdn. 9/33.

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VIII. Rechtsverhältnis zwischen Garantiebank und Begünstigtem

Neunter Abschnitt

ges Verfalldatum mit dem Zusatz zu versehen, dass eine etwaige Inanspruchnahme der Garantiebank dieser mit allen erforderlichen Unterlagen innerhalb der gesetzten Frist zugegangen sein muss. Ob der Begünstigte zur Wahrung der Frist die Schalterstunden der Garantiebank auch dann beachten muss, wenn dies nicht ausdrücklich aus dem Garantietext hervorgeht (vgl. hierzu Rdn. 9/33), dürfte fraglich sein.282 Sofern jedoch zusätzlich Dokumente vorgelegt werden müssen, kann auf die vergleichbare Situation im Akkreditivgeschäft hingewiesen werden, wonach die Banken gemäß Art. 33 ERA nicht verpflichtet sind, Dokumente außerhalb iher Geschäftsstunden anzunehmen. Ist bei der Abfassung des Garantietextes ein klarer Endtermin festgelegt, bleibt bei Versäumung des Verfalldatums für eine Nachfrist grundsätzlich kein Raum, da das Risiko des Postlaufs und Ereignisse höherer Gewalt dem Begünstigten zuzuordnen sind (Rdn. 9/33). Als Begünstigter kommt grundsätzlich nur die in der Garantieurkunde näher 9/114 bezeichnete natürliche oder juristische Person in Betracht.283 Bei Direktgarantien lassen sich etwaige Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Unterschriften und der Vertretungsverhältnisse bei juristischen Personen regelmäßig dadurch vermeiden, dass bereits bei Übernahme der Garantie zwischen der Garantiebank und dem Begünstigten eine Vereinbarung getroffen wird, wonach letzterer eine eventuelle Inanspruchnahme über seine Hausbank zu leiten hat.284 Der Kontakt zur Garantiebank wird dann in einer im Geschäftsverkehr zwischen den Banken üblichen Form, zum Beispiel mit geschlüsseltem Fernschreiben, hergestellt (Rdn. 9/42). Die Erklärung des Begünstigten, dass der Garantiefall eingetreten sei, hat gegen- 9/115 über derjenigen Bank zu erfolgen, die als Verpflichtete aus der Garantieurkunde ersichtlich ist. Verfügt die Garantiebank über ein verzweigtes Filialnetz, kommt es für die Rechtzeitigkeit der Inanspruchnahme darauf an, dass die erforderlichen Erklärungen und sonstigen dokumentären Nachweise innerhalb der vereinbarten Frist derjenigen Geschäftsstelle zugegangen sind, die die Garantieverpflichtung übernommen hat. Dies ergibt sich aus dem von der Rechtsprechung bestätigten Grundsatz der Garantiestrenge285 und beruht auch darauf, dass eine andere als die in der Garantieurkunde genannte Geschäftsstelle weder als deren Empfangsbote noch als deren Stellvertreter im zivilrechtlichen Sinne fungiert.286 Der Begünstigte kann eine – am Ausstellungsort bereits abgelaufene – Frist nicht dadurch wahren, dass er unter Ausnutzung der zwischen einzelnen Ländern vorhandenen Zeitverschiebungen an eine für ihn noch rechtzeitig

282 Vgl. Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 178. 283 Zu den Besonderheiten bei einer etwaigen Abtretung der Rechte und Ansprüche aus einer Garantie vgl. Rdn. 9/135 f. 284 S.a. von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 159. 285 So BGH WM 1984, 689, 690 m. Anm. Blaurock IPRax 1985, 204; vgl. Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1133. 286 von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 176.

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Neunter Abschnitt

Bankgarantie

erreichbare ausländische Geschäftsstelle der Garantiebank herantritt.287 Entsprechendes gilt, falls eine Tochtergesellschaft der Garantiebank in Anspruch genommen wird.288

C.

Prüfungspflicht der Garantiebank und Prüfungsumfang

9/116 Wird eine Bank aus einer Bankgarantie in Anspruch genommen, hat sie zu prüfen,

ob die Voraussetzungen der Inanspruchnahme erfüllt sind. Die Prüfung erstreckt sich zunächst auf die formellen Voraussetzungen der Inanspruchnahme. Hierzu gehören die Prüfung, ob die Inanspruchnahme nach ihrem äußeren Erscheinungsbild vom Begünstigten stammt, sowie die Kontrolle, ob eine etwa vereinbarte Befristung beachtet und die vorgeschriebene Form der Inanspruchnahme eingehalten wurden. Die Prüfungsverpflichtung richtet sich umfänglich wie inhaltlich nach dem Text der Garantieerklärung. Demgemäß beschränkt sich bei der Inanspruchnahme einer Bankgarantie auf erstes Anfordern ohne zusätzliche Voraussetzungen die Prüfung der Garantiebank darauf, ob der Begünstigte sein formund fristgerechtes Zahlungsbegehren gegenüber der Garantiebank eindeutig zum Ausdruck gebracht hat. Sofern die Leistung aus der Bankgarantie von der Vorlage ausdrücklicher Erklärungen des Begünstigten oder dokumentärer Nachweise abhängt, erstreckt sich die Prüfung auch auf diese weiteren Voraussetzungen mit der Maßgabe, dass die Garantiebank – ähnlich wie beim Dokumentenakkreditiv – lediglich für die Vollständigkeit und formelle Ordnungsmäßigkeit, nicht dagegen für die inhaltliche Richtigkeit der Dokumente einzustehen hat (Rdn. 2/245).289 9/117 Im Unterschied zum Dokumentenakkreditiv haben sich bei Bankgarantien bis-

lang noch keine für bestimmte Garantiearten typischen dokumentären Nachweise herausgebildet.290 Hieraus resultiert die Notwendigkeit, die für den Garantiefall zu verlangenden Dokumente in der Garantieerklärung selbst nach Art, Inhalt und Aufmachung eindeutig zu definieren. Umstände, die sich nicht aus dem Wortlaut der Bankgarantie ergeben, bleiben bei der Prüfung grundsätzlich außer Betracht. Andernfalls würde sich, wie der BGH zutreffend ausführt,291 die Rechtslage der Garantiebank „durch eine Verschärfung der Prüfungspflichten unzumutbar verschlechtern“. Unabhängig davon, dass die Garantiebank regelmäßig gar nicht in der Lage sein dürfte, außerhalb der Garantieerklärung liegende Einzelheiten abschließend zu beurteilen, würde die Garantiebank, falls sie sich hierauf einließe, unter Umständen in eine Schiedsrichterrolle gedrängt, die mit dem Wesen

287 Ebenso von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 176 f.; vgl. parallel hierzu a. die Ausführungen zum Dokumentenakkreditiv Rdn. 2/237. 288 OGH IPRax 1988, 244, 245; Jahn IPRax 1988, 254 f. 289 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1109 und 1132 f. m.w.N.; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. zu § 365 Rdn. 285; Nielsen ZHR 147 (1983), 145, 150; vgl. a. Rdn. 9/23 m. Fn. 76. 290 Nielsen ZIP 1982, 253, 256, 265; vgl. a. Rdn. 9/23. 291 WM 1984, 689 (s. Fn. 283).

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VIII. Rechtsverhältnis zwischen Garantiebank und Begünstigtem

Neunter Abschnitt

der Bankgarantie nicht zu vereinbaren wäre.292 Die Garantiebank hat ein erhebliches Interesse daran, aufgrund eindeutiger Kriterien innerhalb des Bankhorizonts feststellen zu können, ob sie bei einer Inanspruchnahme der Bankgarantie zur Zahlung verpflichtet ist oder nicht.293 Die Frage, ob die unbezifferte Zahlungsaufforderung eine ordnungsgemäße Inanspruchnahme der Garantie darstellt, ist problematisch. Zwar wird der Begünstigte bei Vertragserfüllungs- oder Gewährleistungsgarantien oftmals nicht in der Lage sein, innerhalb der vereinbarten Garantiefrist eine genaue Summe zu nennen.294 Er wird den Betrag, der dem aufgrund der mangelhaften Leistung eingetretenen Schaden entspricht, letztlich schätzen müssen. Sofern diese Möglichkeit auf Schwierigkeiten stößt, dürfte die von dem OLG München295 bei der Inanspruchnahme einer Bürgschaft vertretene Meinung, in diesem Fall den gesamten Betrag geltend zu machen, wegen der Abgrenzung zum Rechtsmissbrauch riskant sein. Gleichwohl ist entgegen der in der Vorauflage vertretenen Auffassung davon auszugehen, dass eine ordnungsgemäße Inanspruchnahme der Bankgarantie nur dann vorliegt, wenn der Begünstigte den Zahlungsanspruch innerhalb der Garantiefrist auch exakt beziffert und in den vorgenannten Problemfällen im Zweifel die Garantiesumme – vorbehaltlich des Rechtsmissbrauchs – in voller Höhe abruft.296 Für die Garantiebank ist der Garantietext auch dann maßgebend, wenn sich der Garantieauftraggeber und der Begünstigte nach Erstellung der Bankgarantie über eine Abänderung der Voraussetzungen für die Garantieinanspruchnahme geeinigt und andere als die von der Garantiebank in die Garantieurkunde aufgenommenen Nachweise vorgesehen haben sollten, ohne hierüber zuvor mit der Garantiebank Einvernehmen zu erzielen. Der Inhalt der Garantieverpflichtung kann ohne Mitwirkung der Garantiebank grundsätzlich nicht abgeändert werden. Deshalb kann dem Urteil des Hanseatischen OLG,297 das anstelle der in der Garantieurkunde genannten Vorlage eines bestimmten Schiedsspruchs auch die zwischen dem Garantieauftraggeber und dem Begünstigten nachträglich und ohne Einschaltung der Garantiebank vereinbarte Präsentation eines staatlichen Urteils als ausreichend betrachtet, nicht gefolgt werden.298 Diese Entscheidung berücksichtigt nicht hinreichend den Grundsatz der Garantiestrenge und führt zudem aus der Sicht der Garantiebank im Ergebnis zu einem nach deutschen Recht nicht zulässigen Vertrag zu Lasten Dritter.299

292 So OLG Stuttgart WM 1979, 733, 735 m.w.N. 293 Finger BB 1969, 206, 207. 294 Brändel in: FS Werner, S. 50; a.A. OLG Frankfurt a.M. WM 1983, 516, 517; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1126. 295 WM 1994, 2108; so a. Koziol in: Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 3/81. 296 Vgl. hierzu Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 194 Rdn. 193; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 170 ff. 297 WM 1978, 260, 261. 298 So a. Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 197; Dohm; Bankgarantien im internationalen Handel, Rdn. 208. 299 von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 182 f..

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Neunter Abschnitt

Bankgarantie

9/118 Bei befristeten Bankgarantien kommt es in der Praxis zuweilen vor, dass der Begüns-

tigte von der Garantiebank vor Fristablauf Zahlung unter der Garantie verlangt, falls diese nicht bereit ist, die Laufzeit der Garantie vor deren Verfall zu verlängern („extend or pay“). Wenngleich die Verknüpfung des Zahlungsverlangens mit dem Zahlungsverzicht bei Verlängerung der Garantiefrist häufig auf dem Versuch beruht, einseitig bestimmte Forderungen durchzusetzen, kann dieses Vorgehen nicht ohne weiteres als Hinweis auf ein missbräuchliches Verhalten gewertet werden.300 Im Einzelfall können zeitaufwändige Untersuchungen erforderlich sein, um festzustellen, ob erbrachte Leistungen den getroffenen Absprachen entsprechen. Sofern eine auf erstes Anfordern hin zahlbare Bankgarantie vorliegt, die keine weitergehenden Zahlungsvoraussetzungen enthält, ist – wenn der Garantieauftraggeber der geforderten Fristverlängerung nicht zustimmen sollte – die Garantiebank verpflichtet, die Garantie zu honorieren.301 Eine Zahlungsverweigerung kommt in diesen Fällen ohne Hinzutreten weiterer Umstände nicht in Betracht. Falls nach dem Wortlaut der Bankgarantie die Abgabe zusätzlicher Erklärungen oder die Vorlage bestimmter Dokumente vorgesehen ist, muss das extend-or-payVerlangen diesen Voraussetzungen entsprechen.302 Andernfalls ist die Inanspruchnahme als nicht ordnungsgemäß zurückzuweisen. Es ist kein Grund ersichtlich, von den bei unbedingten Zahlungsaufforderungen geltenden Maßgaben abzuweichen. 9/119 Bei Anzahlungsgarantien, die unter Verwendung der bereits erwähnten Inan-

spruchnahmeklausel hinausgelegt werden (Rdn. 9/40), erstreckt sich die Prüfung der Garantiebank im Falle der Inanspruchnahme auch darauf, ob die Anzahlung auf dem im Garantietext angegebenen Konto wirklich eingegangen ist. Sofern dies nicht zutrifft, ist die in der Bankgarantie genannte Bedingung für die Inanspruchnahme nicht erfüllt, und es ist keine Zahlungsverpflichtung der Garantiebank entstanden. Die Zahlungspflicht entsteht grundsätzlich auch dann nicht, wenn lediglich ein Teilbetrag auf dem aus der Garantieurkunde ersichtlichen Konto eingegangen ist oder die Anzahlung zwar erbracht, hierbei aber nicht das in der Garantieurkunde bezeichnete Konto bei der Garantiebank benutzt, sondern eine andere als die vereinbarte Zahlungsweise gewählt wurde. Es obliegt dem Begünstigten, die für ihn aus dem Garantietext ohne weiteres erkennbare Art der Leistung der Anzahlung auch zu wählen; eine hiervon abweichende Zahlungsweise braucht die Garantiebank als Zahlungsvoraussetzung nicht zu akzeptieren. Die in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich behandelte Frage, ob ein Anzahlungsaval unter bestimmten Voraussetzungen auch dann ausnutzbar sein kann, wenn der Anzahlungsbetrag nicht auf dem aus der Garantieurkunde

300 Dohm Bankgarantien im internationalen Handel, Rdn. 238; Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/396. 301 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 189, 238 ff.; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 222 ff. 302 BGH WM 1996, 393 m. Anm. Weber-Rey WuB I E 5. – 2.96; zur formalisierten Zahlungsaufforderung vgl. a. BGH WM 1996, 770 m. Anm. Ott WuB I F 1 b. – 1.96.

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VIII. Rechtsverhältnis zwischen Garantiebank und Begünstigtem

Neunter Abschnitt

ersichtlichen Konto eingeht,303 hat der BGH bei einer – durch den Geldeingang auf einem bestimmten Konto aufschiebend bedingten – Bürgschaft mit der Feststellung verneint, dass der Bürge aus grundsätzlichen Erwägungen weder eine Nebenpflicht noch eine Obliegenheit habe, den Begünstigten auf die Nichterfüllung der Bedingung hinzuweisen.304 Bei Verwendung der im Außenhandel üblichen Zahlungseingangsklausel kann unter Umständen dann etwas anderes gelten, wenn die Garantiebank ein nur untergeordnetes Eigeninteresse an der Einhaltung der aus der Garantieurkunde ersichtlichen Zahlungsmodalitäten hat und sie nach Erstellung, aber noch vor einer etwaigen Inanspruchnahme der Anzahlungsgarantie, von dem Garantieauftraggeber erfährt, dass dieser die Anzahlung auf andere Weise erhalten hat. In diesem Ausnahmefall kann eine Berufung auf die Inanspruchnahmeklausel im Garantiefall gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßen.305 Möglichen Auseinandersetzungen könnte die Garantiebank unter anderem dadurch vorbeugen, dass – falls eine Weiterleitung des Anzahlungsbetrags auf das in der Garantieerklärung bezeichnete Konto nicht in Betracht kommt – sie sich eine schriftliche Zusicherung des Garantieauftraggebers aushändigen lässt, aus der hervorgeht, dass sich dieser bei einer etwaigen Inanspruchnahme nicht auf die insoweit bestehende Abweichung von den Garantiebedingungen berufen werde. Nimmt bei einem indirekten Garantieverhältnis die Zweitbank die Rückgarantie 9/120 der erstbeauftragten Bank in Anspruch, sind ebenfalls lediglich die in der Garantieerklärung der erstbeauftragten Bank enthaltenen Voraussetzungen maßgebend. Auch hier kommt eine Prüfung der materiellen Berechtigung der Inanspruchnahme der von der Zweitbank hinausgelegten Direktgarantie für die erstbeauftragte Bank grundsätzlich nicht in Betracht.306 Die erstbeauftragte Bank hat insbesondere nicht zu prüfen, ob eine in die Garantie der Zweitbank aufgenommene Befristung nach dem im Lande des Begünstigten geltenden Recht wirksam vereinbart werden konnte und ob – falls dies zulässig ist – innerhalb der vereinbarten Frist lediglich der Garantiefall eingetreten oder auch die Inanspruchnahme durch den Begünstigten erfolgt sein muss.307 Vielmehr hat das Ergebnis der von der Zweitbank bei deren Inanspruchnahme auf der Grundlage des jeweils geltenden Auslandsrechts vorgenommenen Prüfung eine „Tatbestandswirkung“ für die erstbeauftragte Bank und den Garantieauftraggeber.308 Im Falle der rechtswirksamen Inanspruchnahme

303 Vgl. hierzu OLG Frankfurt a.M. WM 1978, 1188, 1189; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1133 b, Müller-Wüsten DB 1976, 2145; a.A. Schröder DB 1975, 2357, 2359. 304 WM 1987, 618 m. Anm. Schröter WuB I K 3. – 7.87 unter Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidung des OLG München v. 5.6.1986; vgl. a. Nielsen. Anm. zu OLG Stuttgart, EWiR § 765 BGB 4/01, 663. Für Österreich: OGH ÖBA 1996, 717 m. Anm. von Koziol. 305 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1133 b. 306 Bark ZIP 1982, 405, 411; Nielsen ZHR 147 (1983), 145, 155. 307 Vgl. hierzu Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 17. 308 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1139 a; Nielsen ZIP 1982, 253, 259; ders. ZHR 147 (1983), 145, 155; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 260.

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Neunter Abschnitt

Bankgarantie

der Zweitbank genügt mithin die an die erstbeauftragte Bank gerichtete Mitteilung der Zweitbank, sie sei aus der von ihr hinausgelegten Direktgarantie in Anspruch genommen worden und habe Zahlung geleistet, um ihren hierdurch entstandenen Anspruch aus der Rückgarantie zu begründen. 9/121 Gelangt die Garantiebank nach Prüfung der Zahlungsaufforderung durch den

Begünstigten zu dem Ergebnis, dass nicht alle Erfordernisse der Inanspruchnahme erfüllt wurden, ist sie nach herrschender Meinung verpflichtet, die Fehlerhaftigkeit der Inanspruchnahme gegenüber dem Begünstigten unverzüglich zu rügen.309 Auf diese Weise soll dem Begünstigten die Möglichkeit zur – fristgemäßen – Nachbesserung verschafft werden. Dies gilt grundsätzlich auch bei einem extend-or-pay-Verlangen des Begünstigten.310 Für die Rügeverpflichtung der Garantiebank werden unterschiedliche Rechtsgrundlagen genannt. Der Auffassung, dass die Beanstandungspflicht einen Teil der sich aus dem Schuldverhältnis zwischen der Garantiebank und dem Begünstigten ergebenden nebenvertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflichten darstellt, deren schuldhafte Verletzung zum Schadensersatz führen kann, ist der Vorzug zu geben.311 Eine große Bedeutung kommt der Frage zu, ob die Garantiebank den Hinweis auf die nicht ordnungsgemäße Inanspruchnahme auch im einzelnen begründen muss. Dies ist zu verneinen. Andernfalls würde die Garantiebank in einen Interessenwiderstreit zu ihren Obliegenheiten gegenüber dem Garantieauftraggeber geraten, die als gleichwertig einzustufen sind. Daher genügt die Garantiebank ihrer Rügeverpflichtung, wenn sie dem Begünstigten ohne schuldhaftes Zögern lediglich mitteilt, dass die Inanspruchnahme nicht die in der Garantieerklärung festgelegten Voraussetzungen erfülle.312 Mitunter werden in der Praxis von dem Begünstigten zusätzliche in der Garantieurkunde nicht vorgesehene Erklärungen abgegeben oder Dokumente vorgelegt.313 Diese an sich überflüssige Handhabung bleibt ohne Folgen, solange sich aus der Sicht der Garantiebank keine Widersprüche zu den vereinbarten Zahlungsbedingungen ergeben. Sollten Widersprüche auftreten, kann sich das Zahlungsverlangen als unzulässig herausstellen und damit eine Zahlungspflicht der Garantiebank entfallen.314

309 OLG Karlsruhe WM 1992, 2095 m. Anm. Dach WuB I K 3. – 1.93; OGH ÖBA 2003, 541; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 201 ff.; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 219; Dohm Bankgarantien im internationalen Handel, Rdn. 213; Kleiner Bankgarantie, S. 191; Koziol in: Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 3/89; vgl. für das Akkreditiv a. oben Rdn. 2/375. 310 Vgl. hierzu Nielsen Anm. zu BGH WM 1996, 393, EWiR, § 133 BGB 1/96, 341, 342. 311 Koziol in: Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 3/89; vgl. a. Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/337. 312 So überzeugend Dach Anm. zu OLG Kalrsruhe WM 1992, 2095, WuB I K 3. – 1.93; einschränkend Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 202 ff. (pauschale Benennung der Ablehnungsgründe). 313 Vgl. hierzu BGH WM 1989, 433, NJW 1989, 1480 m. krit. Anm. Nielsen WuB I K 3. – 4.89. 314 Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/328; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 191 f.

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VIII. Rechtsverhältnis zwischen Garantiebank und Begünstigtem

D.

Neunter Abschnitt

Zahlungspflicht der Garantiebank und Zahlungsverweigerung

Die der jeweiligen Fassung der Garantie Rechnung tragende ordnungsgemäße 9/122 Inanspruchnahme der Bankgarantie durch den Begünstigten löst die Fälligkeit des Zahlungsanspruchs aus. Die Garantiebank ist alsdann verpflichtet, innerhalb einer angemessenen Frist Zahlung zu leisten. Feste Regeln für die Dauer der Zahlungsfrist sind nicht erkennbar. Je nachdem, ob die Bankgarantie lediglich auf erstes Anfordern des Begünstigten zahlbar gestellt ist oder ob noch zusätzliche dokumentäre Nachweise erbracht werden müssen, dürfte in der Praxis ein Prüfungszeitraum von ein bis zwei Bankarbeitstagen als angemessen anzusehen sein.315 Im Gegensatz zu diesen für europäische Garantiebanken typischen Gepflogenheiten kommen in der Praxis einiger anderer Länder vereinzelt auch längere Prüfungszeiträume vor. Bei Direktgarantien, für die das deutsche Recht gilt, liegt der Erfüllungsort am Sitz der Garantiebank (§ 269 BGB; zum Akkreditiv vgl. Rdn. 1/45), und zwar auch dann, wenn der Garantietext eine Zahlstellenangabe enthalten sollte (Rdn. 9/36). Nach § 270 Abs. 1 BGB ist die Garantiebank verpflichtet, die geschuldete Garantiesumme im Zweifel auf ihre Gefahr und ihre Kosten dem Begünstigten an dessen Wohnsitz zu übermitteln (sog. Schickschuld); damit hat die Garantiebank das sog. Transportrisiko zu tragen.316 Infolge des abstrakten Charakters der Bankgarantie ist es grundsätzlich unzulässig, 9/123 dem Zahlungsanspruch des Begünstigten Einwendungen aus dem Deckungsverhältnis zwischen dem Garantieauftraggeber und der Garantiebank oder solche aus dem Valutaverhältnis zwischen dem Garantieauftraggeber und dem Begünstigten entgegenzusetzen. Demgemäß kann die Garantiebank die Zahlung der Garantiesumme nicht etwa mit der Begründung ablehnen, der Garantieauftraggeber sei zwischenzeitlich insolvent geworden,317 so dass sie den Aufwendungsersatzanspruch nur noch gegenüber der Masse geltend machen könne. Unbeachtlich sind auch Behauptungen des Garantieauftraggebers, der Garantiefall sei in materieller Hinsicht gar nicht eingetreten. Es entspricht dem Wesen der abstrakten Bankgarantie, dass die Garantiebank grundsätzlich nicht in die Auseinandersetzung zwischen dem Garantieauftraggeber und dem Begünstigten hineingezogen werden darf. Keinesfalls holt die Garantiebank die Zustimmung des Garantieauftraggebers zur Zahlung aus der Garantie ein. Gegenüber dem Zahlungsanspruch des Begünstigten sind Einwendungen zuläs- 9/124 sig, die die Gültigkeit der Bankgarantie selbst betreffen oder die sich aus dem Inhalt der Garantieerklärung ergeben.318 Zu den zulässigen inhaltlichen Einwendungen gehören insbesondere das Fehlen oder die Mangelhaftigkeit der in der

315 Vgl. Bark ZIP 1982, 405, 412; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 198; Dohm Bankgarantien im internationalen Handel, Rdn. 210. 316 Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/338 ff. 317 Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/256; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1136. 318 Vgl. Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1135; s.a. Coing ZHR 147 (1983), 125, 129.

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Bankgarantie

Zahlungsklausel definierten Erklärungen oder zusätzlichen dokumentären Nachweise sowie eine Reduzierung des Garantiebetrages, falls dies in der Garantieerklärung vorgesehen ist. Daraus folgt, dass ein Formfehler, der dem Begünstigten bei der Inanspruchnahme der Bankgarantie unterläuft, zur Wertlosigkeit der Sicherheit führen kann.319 Zu der Frage, ob die Garantiebank gegenüber dem Zahlungsanspruch aus der Garantie mit eigenen Forderungen gegen den Begünstigten aufrechnen kann, werden in der Literatur320 unterschiedliche Meinungen vertreten. Entsprechend den Gegebenheiten beim Dokumentenakkreditiv (Rdn. 2/391) dürfte der Bank auch im Garantiegeschäft die Aufrechnungsmöglichkeit nicht zustehen. Die von den Beteiligten gewollte Liquiditätsfunktion der Bankgarantie und die damit verbundene Erwartung des Begünstigten, im Garantiefall problemlos die Zahlung unter der Garantie effektiv zu erhalten, wird nur dann erfüllt, wenn die Garantiebank nicht mit anderweitigen außerhalb des Garantieverhältnisses begründeten Forderungen gegen den Begünstigten aufrechnen kann. Dieses Ergebnis entspricht letztlich auch dem beim Vorläufer der Bankgarantie, dem Bardepot, herrschenden Zustand, der dem Begünstigten einen ungehinderten Zugriff auf die hinterlegten Werte ermöglichte. Auch in der Rechtsprechung wurden zur Aufrechenbarkeit eigener Ansprüche der Garantiebank gegen den Begünstigten unterschiedliche Entscheidungen getroffen. Während verschiedene Instanzgerichte321 die Möglichkeit einer Aufrechnung grundsätzlich ablehnen, stellt sich der BGH322 auf den Standpunkt, dass diese Frage nicht für alle Arten von Bankgarantien einheitlich beantwortet werden könne Es müsse in jedem Einzelfall geprüft werden, ob die Bankgarantie den Zweck verfolge, die Garantiesumme in der Weise zur Verfügung zu stellen, dass der Begünstigte frei darüber verfügen könne, denn – so der BGH – dem Begünstigten werde auch dann Liquidität zugeführt, wenn er durch Aufrechnung von einer Verbindlichkeit befreit werde. Während etwa bei einer Gewährleistungsgarantie ein Aufrechnungsausschluss denkbar sei, könne bei einer – der Entscheidung zugrunde liegenden – Zahlungsgarantie die Aufrechnung mit eigenen Ansprüchen der Garantiebank grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden. In diesem Fall müsse jedoch die Aufrechnung entsprechend dem Zweck der auf erstes Anfordern zahlbaren Bankgarantie auf – nicht näher erläuterte – liquide Ansprüche der Garantiebank beschränkt werden.

319 BGH NJW 1996, 1052; BGH ZIP 1996, 784. 320 Dafür u.a. Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1135, mit Verweisung auf die diesbezüglichen Ausführungen zum Dokumentenakkreditiv (Rdn. 1009); Koziol in: Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 3/97, 3/104; Rümker ZGR 1986, 332 ff.; Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 12; differenzierend Baumbach/Hopt HGB (7) Bankgeschäfte, Rdn. L 12; dagegen etwa Liesecke WM 1968, 22, 27; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 69 f.; Kümpel Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 5.413; Dohm Bankgarantien im internationalen Handel, Rdn. 249; grundsätzlich verneinend auch MünchKommHGB/Welter ZahlungsV Rdn. J 68 f. 321 OLG Frankfurt a.M. WM 1984, 1021; LG Frankfurt a.M. WM 1984, 86. 322 WM 1985, 684; hierzu a. Assmann IPRax 1986, 142 ff.; die Aufrechnungsbefugnis bejahend a. BGE Semaine Judiciaire 1997, 245, 256 (Kreditbesicherungsgarantie).

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VIII. Rechtsverhältnis zwischen Garantiebank und Begünstigtem

Neunter Abschnitt

Der sich aus dem Sinn und Zweck der Bankgarantie ergebende Einwendungsaus- 9/125 schluss gilt nicht uneingeschränkt. Es ist allgemein anerkannt, dass das Garantiegeschäft dem Grundsatz von Treu und Glauben unterliegt.323 Demgemäß ist die Garantiebank gegenüber dem Begünstigten berechtigt und im Verhältnis zum Garantieauftraggeber auch verpflichtet,324 bei Inanspruchnahme die Zahlung aus der Garantie zu verweigern, falls etwa das der Bankgarantie zugrunde liegende Rechtsverhältnis gegen Gesetze oder gegen die guten Sitten verstößt (z.B. Drogenhandel), ein Scheingeschäft darstellt oder falls der durch die Bankgarantie gesicherte Anspruch rechtskräftig abgewiesen ist und die Garantiebank über das Vorliegen dieser Umstände Gewissheit erlangt. Weit bedeutsamer ist in der Praxis die Frage, ob und unter welchen Voraussetzun- 9/126 gen die Garantiebank trotz formell ordnungsgemäßer Inanspruchnahme die Zahlung aus der Bankgarantie ablehnen kann und gegebenenfalls muss. Einigkeit besteht insoweit, als die bloße Behauptung des Garantieauftraggebers, der Garantiefall sei nicht eingetreten, die Garantiebank nicht daran hindern kann, die Garantie zu honorieren. Grundsätzlich sind Bankgarantien nach ihrem Wortlaut zu bedienen. Nur wenn im Einzelfall Umstände vorliegen, welche die Garantiebank zu dem eindeutigen Schluss gelangen lassen, dass die Zahlungsaufforderung durch den Begünstigten offensichtlich einen Rechtsmissbrauch darstellt, kann von diesem Grundsatz abgewichen werden. Dabei setzt nach der Rechtsprechung des BGH325 der Einwand des Rechtsmissbrauchs gegenüber dem Zahlungsanspruch aus der nach deutschem Recht zu beurteilenden326 Bankgarantie voraus, dass der Missbrauchstatbestand entweder offenkundig oder liquide beweisbar ist.327 Die

323 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1138; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. zu § 365 Rdn. 298; Auhagen Die Garantie einer Bank, auf „erstes Anfordern“ zu zahlen, S. 77; von Caemmerer in: FS Riese, S. 295, 303; Liesecke WM 1968, 22, 26 f.; Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 18 f.; Finger BB 1969, 206, 208; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 217; Mühl in: FS Zajtay, S. 389, 398; Käser RabelsZ 35 (1971), 601, 625; für die Schweiz: Kleiner Bankgarantie, S. 201 ff.; für Österreich: Koziol in: Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 3/100. 324 Nielsen ZHR 147 (1983), 145, 152; Stockmayer AG 1980, 326, 332; Heinsius in: FS Werner, S. 229, 242, mit weiteren Hinweisen; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 193; OLG Oldenburg WM 2001, 732 m. Anm. Zeller EWiR § 242 BGB, 5/01, 515; LG Düsseldorf WM 1985, 192, 193. 325 WM 1988, 934 m. Anm. Nielsen WuB I K 3–4.88; BGH WM 1986, 1429 m. Anm. von Westphalen WuB I K 3–1.87; BGH WM 1984, 689 (s. Fn. 19); vgl. hierzu a. OLG Bremen WM 1990, 1369; OLG Frankfurt a.M. WM 1983, 575, 576; Schlegelberger/Hefermehl HGB, Anh. zu § 365 Rdn. 298; Liesecke WM 1968, 21, 26; Finger BB 1969, 206, 208; Auhagen Die Garantie einer Bank, auf „erstes Anfordern“ zu zahlen, S. 58; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 218 ff. 326 Rechtsvergleichende Hinweise bei Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/383 ff.; Kleiner Bankgarantie, S. 203 ff.; Schefold IPRax 1995, 118, 119; für den anglo-amerikanischen Rechtskreis s. a. Zahn ZIP 1984, 1303 ff. 327 So auch die ganz herrschende Literaturmeinung mit teilweise unterschiedlicher Präzisierung des Begriffs des liquiden Beweismittels, vgl. etwa Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 18 f.; von Marschall in: Dokumentenakkreditive und Bankgarantien im internationalen Zahlungsverkehr, 1977, 27, 40; Stockmayer AG 1980, 326, 333; Schütze WM 1980, 1438, 1441; ders. RIW/AWD 1981, 83, 85; Hein Anm. zu LG Frankfurt a.M. NJW 1981, 56 in NJW 1981, 58; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 216 ff.; ders. ZIP 1982, 253, 262; von Westpha-

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Bankgarantie

zur Begründung des Rechtsmissbrauchs erforderlichen Einzelheiten müssen für die Garantiebank im Zeitpunkt der Inanspruchnahme präsent sein. Ein Nachschieben von Gründen kommt wegen des knapp bemessenen Prüfungsspielraumes (Rdn. 9/122) nicht in Betracht.328 Der Einwand des Rechtsmissbrauchs kann vertraglich nicht ausgeschlossen werden. 9/127 In der Literatur wird zunehmend die Ansicht vertreten, dass der Missbrauchs-

einwand kein Verschulden des Begünstigten voraussetze.329 Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Zutreffend wird darauf hingewiesen, dass – von der Anwendbarkeit des deutschen Rechts ausgehend – die Beurteilung, ob ein Verhalten nach § 242 BGB gegen Treu und Glauben verstößt, nicht von einem Verschulden abhängt.330 Gleichwohl kann bei der gebotenen umfassenden Interessenabwägung dem Verschulden im Einzelfall eine entscheidende Bedeutung zukommen.331 Im Bankgeschäft reicht es für den Einwand des Rechtsmissbrauchs aus, wenn das Nichtrecht des Begünstigten offensichtlich ist oder liquide bewiesen wird; auf eine vorwerfbare subjektive Einstellung des Begünstigten kommt es nicht an.332 Folgerichtig kann sich bei einer Abtretung des Zahlungsanspruchs aus der Bankgarantie der Zessionar nicht darauf berufen, dass ihm zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme die den Missbrauch begründenden Umstände nicht bekannt gewesen seien.333 Es versteht sich, dass die Garantiebank in dieser Situation leicht in eine schwierige Lage kommt, da sie vor dem Hintergrund der widerstreitenden Standpunkte über das Zahlungsverlangen eine schnelle Entscheidung treffen muss. Dabei kann sich die Garantiebank nicht auf die Position einer neutralen Mittlerin334 zurückziehen, zumal sie die Einzelheiten des Grundgeschäfts regelmäßig nicht kennt und nicht beurteilen kann. Zwar wird sich die Garantiebank bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Beteiligten nach Möglichkeit um die Beseitigung bestehender Schwierigkeiten bemühen, in rechtlicher Hinsicht kommt es aber allein auf die Rechte und Pflichten an, die sich einerseits aus dem Rechtsverhältnis zwischen

len WM 1981, 294, 302; Bark ZIP 1982, 405, 413; Horn IPRax 1981, 149, 152; Heinsius in: FS Werner, S. 229, 234; Jedzig NJW 1988, 1469; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 192 ff.; a.A. Weth AcP 1989, 303 ff.; krit. a. Koziol in: Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 3/105. 328 Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/388; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1139; MünchKommHGB/Welter ZahlungsV Rdn. J 79; vgl. a. OGH ÖBA 1994, 320, 324. 329 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 228 m.w.N.; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 202 f.; MünchKommHGB/Welter ZahlungV Rdn. J 78; a.A. von Caemmerer in: FS Riese, S. 303; zum Akkreditiv s. Rdn. 2/420. 330 Palandt/Heinrichs BGB § 242 Rdn. 39; MünchKommBGB/Roth § 242 Rdn. 261. 331 Palandt/Heinrichs, BGB, § 242 Rdn. 39. 332 Vgl. Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/381; zu der vom BGH (WM 2000, 2334, 2336) angedeuteten Notwendigkeit einer subjektiven Komponente im Falle der rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme einer Rückgarantie bei mehrstufigen – indirekten – Garantieverhältnissen durch die Zweitbank s. Rdn. 9/128. 333 OGH ÖBA 1998, 482. 334 So z.B. Heinsius in: FS Werner, S 229, 247; a.A. von Westphalen RIW/AWD 1981, 581, 586.

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VIII. Rechtsverhältnis zwischen Garantiebank und Begünstigtem

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dem Garantieauftraggeber und der Garantiebank und andererseits aus dem Rechtsverhältnis zwischen der Garantiebank und dem Begünstigten ergeben. Was den Rechtsmissbrauch anbelangt, bleibt die Garantiebank im Hinblick darauf, dass – von der Offenkundigkeit abgesehen – die Darlegungs- und Beweislast für die Rechtsmissbräuchlichkeit ausschließlich dem – sich hierauf berufenden – Garantieauftraggeber obliegt, bei Vorliegen der sonstigen Zahlungsvoraussetzungen zur Leistung verpflichtet, solange ihr ein Rechtsmissbrauch des Begünstigten nicht eindeutig nachgewiesen ist. Für die Garantiebank muss sich der Rechtsmissbrauch zwingend ergeben; die bloße Möglichkeit der rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme reicht nicht aus.335 Dabei kann nicht jedes beliebige Beweismittel als tauglich angesehen werden. Der abstrakte Charakter der Bankgarantie, der knapp bemessene Prüfungszeitraum und nicht zuletzt die Möglichkeit, dass der Begünstigte seinerseits die Garantiebank bei einer etwaigen Zahlungsverweigerung in einen Urkundenprozess verwickeln könnte, führen im Ergebnis dazu, den Nachweis des Rechtsmissbrauchs grundsätzlich nur durch Dokumente zuzulassen.336 Eine bloße eidesstattliche Versicherung des Garantieauftraggebers genügt nicht (Rdn. 9/84). Diese strengen Grundsätze für die Erbringung des Beweises eines Rechtsmissbrauchs beinhalten für den Garantieauftraggeber keine unbillige Belastung, sondern stehen im Einklang mit der Risikoverteilung, die dieser bei Abschluss des Grundgeschäfts akzeptiert hat. Hoheitliche Eingriffe eines Staates auf dem Gebiet des Währungs- und Devi- 9/128 senrechts sowie Im- und Exportverbote können die Abwicklung von Außenhandelsgeschäften be- bzw. verhindern und die Inanspruchnahme einer zur Vertragserfüllung gestellten Bankgarantie auslösen. Die Beantwortung der Frage, ob der Zahlungsaufforderung des Garantiebegünstigen in dieser Ausnahmesituation der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen gehalten werden kann, setzt eine genaue Prüfung des Einzelfalles voraus. In Rechtsprechung und Literatur sind die Auswirkungen öffentlich-rechtlicher Eingriffsnormen auf das Bankgarantiegeschäft umstritten. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass Einund Ausfuhrverbote, die zeitlich nach der Stellung einer Bankgarantie erlassen werden, nicht zu einer rechtsmissbräuchlichen und damit unzulässigen Inanspruchnahme der Bankgarantie durch den Begünstigten führen.337 Gleiche Überlegungen müssen – wenn auch nicht unbestritten338 – im Ergebnis dann gelten, wenn wie etwa bei Verstößen gegen Art. VIII Abschn. 2 b des Abkommens von

335 BGH WM 1986, 1429 m. Anm. von Westphalen WuB I K 3. – 1.87. 336 OLG Köln WM 1988, 21 m. Anm. Kasten WuB I K 3. – 1.88; Coing ZHR 147 (1983), 125, 133; von Mettenheim RIW/AWD 1981, 581, 586; Nielsen ZIP 1982, 253, 260; Heinsius in: FS Werner, S. 229, 247, mit Hinweis auf eine ähnliche Wertung im Bereich der Dokumentenakkreditive; Lohmann Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch aus einer Bankgarantie und ihre Durchsetzung in rechtsvergleichender Sicht, S. 112; zur liquiden Beweisbarkeit des Rechtsmissbrauchs vgl. a. Weth AcP 1989, 303, 330 ff. m.w.N., der den Einwand als Rechtsmissbrauch zum Schutz des Garanten völlig ausschließt. 337 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 236. 338 Vgl. von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 215 f.; MünchKommHGB/Welter, ZahlungsV Rdn. J 82.

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Bretton Woods der gegen den Garantieauftraggeber gerichtete Anspruch aus dem Grundverhältnis nicht einklagbar ist. Der typische Zweck einer Bankgarantie im Außenhandel besteht gerade darin, „den Garantiebegünstigten vor dem Risiko einer Devisensperre zu schützen“.339 Davon zu unterscheiden ist der Fall, dass das öffentlich-rechtliche Verbot den Zahlungsanspruch unter der Garantie direkt betrifft (Zahlungssperre im Zusammenhang mit dem Irak-Embargo für Garantien westeuropäischer Banken gegenüber Begünstigten mit dem Sitz im Irak).340 Auch Fälle höherer Gewalt (Naturereignisse, Streik oder Embargo) haben auf die Zahlungsverpflichtung der Garantiebank grundsätzlich keinen Einfluss. Es entspricht dem Zweck der Bankgarantie, auch und gerade solche atypischen Risiken abzusichern.341 9/129 Auch bei mehrstufigen – indirekten – Garantieverhältnissen kann der Einwand der

rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme in Betracht kommen. Hier ist zunächst der seltene Ausnahmefall zu erwähnen, dass die Zweitbank – etwa um sich Devisen zu verschaffen – die Garantiesumme unter der Rückgarantie (bzw. dem Standby Letter of Credit) abruft, obwohl sie selbst aus der von ihr hinausgelegten Garantie gar nicht in Anspruch genommen wurde. Entsprechend den bezüglich der Direktgarantie getroffenen Feststellungen ist bei diesem Sachverhalt ein Recht und gegebenenfalls eine Verpflichtung zur Zahlungsverweigerung anzunehmen, wenn das missbräuchliche Verhalten der Zweitbank gegenüber der erstbeauftragten Bank offenkundig ist oder mit liquiden Beweismitteln dargelegt wird. 9/130 Von diesem – mehr theoretisch konstruierten – Sonderfall abgesehen, wird die

Frage eines etwaigen Rechtsmissbrauchs bei indirekten Garantien wohl meistens im Zusammenhang mit einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der Zweitbank durch den Begünstigten entstehen. Eine Analyse der Rechtskonstruktion ergibt folgendes Bild: Da die erstbeauftragte Bank mit dem Begünstigten in keiner Rechtsbeziehung steht, kommt es darauf an, ob sich die Zweitbank ihrerseits rechtsmissbräuchlich gegenüber der erstbeauftragten Bank verhält. Nach einer Entscheidung des BGH342 ist dies dann zu bejahen, wenn das Zahlungsverlangen des Begünstigten gegenüber der Zweitbank missbräuchlich war und die Zweitbank dies zwar erkannt, aber dennoch gezahlt hat und hiernach „wider besseres Wissen“ von der erstbeauftragten Bank Zahlung unter deren Garantie verlangt. Hier kann die erstbeauftragte Bank die Honorierung ihrer (indirekten) Garantie mit dem Hinweis auf den obwaltenden Rechtsmissbrauch verweigern. Ob die vom BGH verlangte Kenntnis des missbräuchlichen Verhaltens des Begünstigten seitens der Zweitbank weitergehend mit dem Fall gleichgesetzt werden kann, dass diese den Missbrauch

339 Canaris, Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1139. 340 Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/390; vgl. hierzu a. LG Essen WM 1999, 178 m. krit. Anm. Nassall WuB I 5–2.99. 341 von Westphalen/Jud Die Bankgeranrtie, S. 215; Nielsen in: Bankrechts-Handbuxg, § 121 Rdn. 232 f. 342 BGH WM 2000, 2334, 2336 m. Anm. Moritz WuB I E 5. – 14.01; vgl. hierzu a. LG Düsseldorf WM 1985, 192; Dohm, Bankgarantien im internationalen Handel, Rdn. 295.

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VIII. Rechtsverhältnis zwischen Garantiebank und Begünstigtem

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hätte erkennen müssen, ihn aber infolge grober Fahrlässigkeit übersehen hat, hängt von den Maßgaben des im Einzelfall anzuwendenden Rechts ab.343 Es muss – konstruktiv gesehen – ein doppelter Rechtsmissbrauch344 vorliegen. 9/131 Die sich unter Zugrundelegung des im Einzelfall anzuwendenden Rechts ergebende Feststellung der Zweitbank, ob und unter welchen Voraussetzungen die Inanspruchnahme durch den Begünstigten rechtsmissbräuchlich ist, hat für die erstbeauftragte Bank eine Tatbestandswirkung.345 Der doppelte Rechtsmissbrauch muss der erstbeauftragten Bank gegenüber durch liquide Beweismittel eindeutig nachgewiesen werden. Es liegt auf der Hand, dass dieser Nachweis in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten bereiten kann. Das sich hieraus ergebende Risiko hat grundsätzlich der Garantieauftraggeber zu tragen, der sich im Rahmen des Grundgeschäfts zur Beibringung einer Sicherheit dieser Art verpflichtet hat. Gleichwohl kann nicht verkannt werden, dass die hier vertretene, in ihrer rechtlichen Konstruktion einwandfreie Darstellung den in der Praxis vorkommenden Fällen nicht immer gerecht wird, weil sie dem Rechtsgefühl zuwiderläuft. Verschiedene Gerichte sind deshalb in seltenen Ausnahmefällen über den in rechtlicher Hinsicht streng abgegrenzten Rahmen hinausgegangen. Ein Beispiel bieten die im Anschluss an die politischen Veränderungen im Iran von US-amerikanischen Gerichten im Zusammenhang mit noch nicht vollständig abgewickelten Akkreditiven und Bankgarantien getroffenen Entscheidungen. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Missbrauch (fraud) vorliege oder nicht, wurde allein auf das Verhalten des Endbegünstigten abgestellt und der Zwischenschaltung einer – zwischenzeitlich verstaatlichten und damit demselben Eigentümer wie der Bestellerfirma gehörenden – (Zweit-)Bank lediglich technische Bedeutung beigemessen.346 In diesem Zusammenhang sind erstinstanzliche Entscheidungen deutscher Gerichte347 zu sehen, die im Falle einer hinsichtlich der Voraussetzungen für den Rechtsmissbrauch auftretenden Diskrepanz zwischen dem deutschen und dem ausländischen Recht unter Berufung auf die ordre-public-Klausel des Art. 6 EGBGB die Tatbestandswirkung des ausländischen Rechts übergehen und stattdessen ersatzweise die deutsche Rechtsauffassung gelten lassen.348 Letztlich

343 Vgl. a. Staudinger/Horn BGB, Vorbem. zu §§ 765 ff., Rdn. 317 f.; für Österreich: OGH ÖBA 2000, 704, m. Hinweis auf Koziol in: Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 3/138. 344 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 241 ff.; Bark ZIP 1982, 405, 412; Entscheidung Cour de justice de Genève, lère sect., v 24.6.1983, Union de Banques Suisse SA c.X. SA. et Banque Melli Iran, SchwAG 1984, 175, 176, m. Anm. Dohm. 345 Vgl. hierzu Coing ZHR 147 (1983), 125, 136; Nielsen ZIP 1982, 253, 259; ders. ZHR 147 (1983), 145, 155; von Mettenheim RIW/AWD 1981, 581, 584; Bark ZIP 1982, 405, 413; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1139 a. 346 Zahn ZIP 1984, 1303; vgl. a. Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1139 a; Dohm Bankgarantien im internationalen Handel, Rdn. 291; von Mettenheim RIW/AWD 1981, 581, 585. 347 LG Frankfurt a.M. WM 1981, 284, 287 sowie LG Dortmund WM 1981, 280, 282. 348 Vgl. hierzu die eingehende Kritik von Nielsen ZIP 1982, 253, 263; ders. in: BankrechtsHandbuch, § 121 Rdn. 246; von Westphalen WM 1981, 294, 302; Heinsius in: FS Werner, 229, 249; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1139 a, mit dem Hinweis, in Extremfällen könne man im Wege der Auslegung oder nach den Regeln über die Geschäftsgrundlage zu dem Ergebnis

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Bankgarantie

handelt es sich bei den zitierten Entscheidungen um einen durch politische Ereignisse herbeigeführten Sondertatbestand, der im Ergebnis zu einer Aufhebung der von den Parteien des Grundgeschäfts akzeptierten Risikoverteilung führt und deshalb nicht ohne weiteres auf andere Fälle übertragen werden kann.

E.

Rückforderungsanspruch der Garantiebank

9/132 Die Frage, wer nach Inanspruchnahme der Garantiebank den geleisteten Betrag

von dem Begünstigten zurückverlangen kann, wenn sich später herausstellt, dass der Garantiefall gar nicht eingetreten war, wird kontrovers diskutiert. Der Rückforderungsanspruch kann entweder dem Garantieauftraggeber, der die Garantiebank zur Übernahme der Bankgarantie beauftragt hat, oder der Garantiebank, die die Zahlung unter der Bankgarantie erbracht hat, zustehen. Wichtig wird diese Frage, wenn die Bankgarantie auf der Basis eines Kredits hinausgelegt war und der Garantieauftraggeber inzwischen insolvent geworden ist. Billigt man dem Insolvenzverwalter das Rückforderungsrecht zu, würde die Garantiesumme in die Insolvenzmasse fließen, und die Garantiebank müsste sich wegen ihres Aufwendungserstattungsanspruchs, der oftmals vorher nicht bar unterlegt oder anderweitig besichert wurde, auf die Insolvenzquote verweisen lassen. Für beide Meinungen finden sich in der Literatur Nachweise,349 wobei einige Vertreter der zuerst genannten Auffassung insoweit eine Ausnahme zulassen wollen, als sie der Garantiebank im Falle einer missbräuchlichen Inanspruchnahme wenigstens einen originären Bereicherungsanspruch gegen den Begünstigten zubilligen,350 der dazu führt, dass die Garantiebank den vollen zurückfließenden Betrag erhält, sofern keine kondiktionsrechtlichen Einwendungen entgegenstehen.351 gelangen, die Bankgarantie solle nicht auch das Risiko abdecken, dass die Zweitbank nach ihrer Rechtsordnung auch bei missbräuchlicher Inanspruchnahme aus ihrer Direktgarantie zahlen müsse; vgl. a. die krit. Anm. von Stoufflet zu der Entscheidung 2 Paris, 14 e Ch., sect. B, v 25.3.1982, Banque Commerciale du Rwanda c. Société S. P. I E. Batignolles et autre, Semaine Juridique 1982, II, 19876. 349 Für einen eigenen Rückzahlungsanspruch der Garantiebank: Schönle Bank- und Börsenrecht, § 28 II 2; Auhagen Die Garantie einer Bank, auf „erstes Anfordern“ zu zahlen, S. 78, 81; Liesecke WM 1968, 21, 27; Finger BB 1969, 206, 208; Mühl in: FS Zajtay, S. 389, 398 ff.; Hein Der Zahlungsanspruch des Begünstigten einer Bankgarantie „auf erstes Anfordern“, S. 105 ff., 111; Horn in: FS Brandner, S. 623 ff.; Zahn in: Fragen des Auslandsgeschäfts, S. 119; Schröder Regress und Rückabwicklung bei der Bankgarantie auf erstes Anfordern, S. 146 ff.; Koziol ÖBA 1999, 249 ff.; gegen einen eigenen Rückzahlungsanspruch der Garantiebank: von Caemmerer in: FS Riese, S. 295, 302 f.; Kübler Feststellung und Garantie, S. 188; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1142; von Marschall in: Dokumentenakkreditive und Bankgarantien im internationalen Zahlungsverkehr, 1977, 27, 40; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 226, 231 ff.; Gavalda/ Stoufflet Revue trimestrielle de droit commercial et de droit économique 1980, 1, 22. 350 Vgl. Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1115; ders. ZIP 1998, 493, 495 f.; Schlegelberger/ Hefermehl HGB, Anh. zu § 365 Rdn. 299; Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 19; von Marschall in: Dokumentenakkreditive und Bankgarantien im internationalen Zahlungsverkehr, 1977, 27, 40. 351 von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 226 ff.; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 278 ff.; MünchKommHGB/Welter ZahlungsV Rdn. J 104 ff.

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VIII. Rechtsverhältnis zwischen Garantiebank und Begünstigtem

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Die an zweiter Stelle genannte Auffassung stellt darauf ab, dass die Garantiebank mit der Auszahlung der Garantiesumme eine eigene Verbindlichkeit aus der Garantieübernahme erfüllt habe. Demzufolge müsse sie auch einen eigenen Rückforderungsanspruch geltend machen können, weil sie materiell gesehen auf eine Nichtschuld gezahlt habe. Man wird einen aus dem Garantievertrag im Wege der Auslegung herzuleitenden eigenen Rückzahlungsanspruch der Garantiebank annehmen können, wenn sich nachträglich herausstellen sollte, dass der Garantiefall gar nicht gegeben war.352 Von den Vertretern der erstgenannten Meinung wird darauf hingewiesen, dass eine Zahlung unter dem stillschweigenden Vorbehalt der Rückforderung dem eigentlichen Sinn des Garantiegeschäfts nicht gerecht werde. Die Garantiebank habe bei der Honorierung einer von ihr hinausgelegten Garantie nicht die Vorstellung, sie zahle lediglich vorläufig oder unter Vorbehalt. Sie habe auch grundsätzlich kein Interesse daran, sich mit dem Begünstigten in eine Diskussion darüber einlassen zu müssen, ob der Garantiefall in materieller Hinsicht wirklich gegeben war oder nicht. Nach der Zahlung unter der Garantie betrachte die Garantiebank das Garantiegeschäft grundsätzlich als für sie erledigt; sie stelle sich auf den Standpunkt, etwaige Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Berechtigung des Zahlungsbegehrens sollten allein zwischen den Parteien des Grundgeschäfts ausgetragen werden. Als entscheidendes Kriterium wird man folgenden Gesichtspunkt ansehen müssen: 9/133 Die in Anspruch genommene Garantiebank hat die Garantiezahlung nicht im Auftrag des Garantieauftraggebers, sondern aufgrund ihrer eigenen Garantieverpflichtung geleistet. Ergibt sich später, dass der Abruf der Garantiesumme – zwar formell ordnungsmäßig, aber – materiell unberechtigt war, muss der Garantiebank ein Rückforderungsanspruch aus eigenem Recht zugebilligt werden. Die Gegenmeinung, die das Rückforderungsrecht dem Garantieauftraggeber oder – für den Fall, dass dieser insolvent wird – dem Insolvenzverwalter zugunsten der Insolvenzmasse zubilligen möchte, verkennt, dass die Garantiebank zwar eine Übernahme der Garantie im Auftrag des Garantieauftraggebers vorgenommen hat, die Zahlung der Garantiesumme aber nicht „im Auftrag des Garantieauftraggebers“, sondern aufgrund der eigenen Garantieverpflichtung erfolgt ist. Außerdem ist hier zu berücksichtigen, dass die Bankgarantie nicht zahlungshalber, sondern sicherungshalber übernommen worden war (Rdn. 9/69). Erweist sich später der gesicherte Anspruch als nicht existent, gebührt die zurückfließende Sicherheit der Garantiebank und nicht dem Garantieauftraggeber. Wenn ein Dritter zur Sicherung der Forderung eines Gläubigers gegen dessen Schuldner im Interesse des Schuldners eine Sicherheit stellt, erhält – wenn sich die zu sichernde Verbindlichkeit als nicht entstanden erweist – der Dritte, nicht aber der Schuldner, die Sicherheit zurück.

352 So Liesecke WM 1968, 21, 27, unter Bezugnahme auf BGH WM 1961, 204, 207; krit. hierzu Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1143, mit weiteren Hinweisen; zum Rückforderungsanspruch aus der Sicht des österreichischen Rechts vgl. Koziol in: Östereichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 3/156 ff.; ders., ÖBA 1999, 249 ff., sowie des schweizerischen Rechts vgl. Dohm Bankgarantien im internationalen Handel, Rdn. 220.

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Bankgarantie

Diese Auffassung entspricht auch der Billigkeit, denn es leuchtet nur schwer ein, dass der Zahlungsanspruch des Begünstigten aus der Bankgarantie materiell letztendlich nicht durch das tatsächliche Vorliegen des Garantiefalles, sondern lediglich durch seine eigene unbelegte Behauptung, der Garantiefall sei eingetreten, bedingt sein soll. Darauf läuft aber die Ansicht, dass der Garantiebank kein eigener Rückforderungsanspruch zustehe, letztlich hinaus. Zudem ist zu bedenken, dass den Gläubigern des insolventen Garantieauftraggebers ein Vorteil zuwachsen würde, auf den diese bei einer unterbliebenen Inanspruchnahme der Garantie keinen Anspruch hätten.353 Es erscheint deshalb im Ergebnis richtig, der Garantiebank einen eigenen Anspruch auf Rückforderung der Garantiesumme zuzuerkennen. Dem – zutreffenden – Gesichtspunkt, dass die Garantiebank nicht die Prozesse ihres Kunden führen will, kann leicht dadurch Rechnung getragen werden, dass sie in allen Fällen, in denen es angebracht erscheint – und dies dürfte die Regel sein –, ihre Rechte gegenüber dem rückzahlungspflichtigen Begünstigten an den Garantieauftraggeber abtritt. Die Rechtsprechung hat sich ebenfalls mit dieser Frage befasst. Während das OLG Frankfurt a.M. dem aufgrund der Abtretung des Rückzahlungsanspruchs durch die Garantiebank legitimierten Zessionar einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB) zuerkannt hat,354 ist der BGH in seiner Revisionsentscheidung anders als die Vorinstanz zu dem Ergebnis gelangt, dass die Bankgarantie auf erstes Anfordern im Gegensatz zur Bürgschaft auf erstes Anfordern kondiktionsfest sei.355 Die Literatur hat diese Entscheidung im Ergebnis überwiegend gebilligt.356 Der ablehnenden Haltung ist aus den oben dargelegten Gründen der Vorzug zu geben. Dessen ungeachtet kann der Garantiebank unter Umständen ein deliktischer Anspruch gegen den Begünstigten zustehen, wenn sie von dem Garantieauftraggeber keinen Aufwendungsersatz erlangen kann und daher einen Schaden erleidet. 9/134 Im Hinblick auf die umstrittene Rechtslage empfiehlt es sich, dass sich die Garan-

tiebank bereits bei Übernahme der Garantie vorsorglich im Wege der Vorausabtretung einen etwaigen Rückforderungsanspruch des Garantieauftraggebers gegen den Begünstigten abtreten lässt357 und dies auch ausdrücklich im Garantietext erwähnt. Diese Maßnahme kann überdies aus Kreditgesichtspunkten geboten

353 Koziol ÖBA 1999, 249, 250 spricht in diesem Zusammenhang von einem „unverdienten Glücksfall“ für die Gläubiger des Garantieauftraggebers. 354 ZIP 1998, 148 m. Anm. Welter EWiR § 812 BGB 2/98, 259, und Besprechung Canaris ZIP 1998, 493. 355 WM 1998, 2522. 356 Habersack WuB I E 5.–1.99; Nölle/Bähr EWiR § 812 BGB 1/99, 253; Wilhelm NJW 1999, 3519 ff.; Einsele JZ 1999, 466 ff.; Kubisch WM 1999, 2381 ff.; Schnauder WM 2000, 2073, 2077 f.; abl. Hahn NJW 1999, 2793 f.; krit. Nielsen ZBB 2004, 491, 500 ff., der eine Gleichbehandlung von Garantien und Bürgschaften auf erstes Anfordern auch bei Rückforderung nach unberechtigter Inanspruchnahme durch Zuweisung des Rückforderungsanspruchs an den Garanten oder den Bürgen andeutet. 357 Vgl. Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1144; Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/448; für Österreich OGH ÖBA 2003, 954, 955.

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VIII. Rechtsverhältnis zwischen Garantiebank und Begünstigtem

Neunter Abschnitt

sein, da mit der Garantiestellung ohne Vorausanschaffung des Garantiebetrages durch den Garantieauftraggeber für die Garantiebank ein echtes Kreditrisiko verbunden ist. Außerdem kann sich die Frage, ob der Rückforderungsanspruch gegen den Begünstigten der Garantiebank oder dem Garantieauftraggeber zusteht, auch in prozessualer Hinsicht auswirken.358 In einer streitigen Auseinandersetzung könnte die Prozessführungsbefugnis derjenigen Partei, die den Rückforderungsanspruch geltend macht, unter Hinweis auf die unterschiedlichen Auffassungen angezweifelt werden, weshalb es aus der Sicht der Garantiebank auch aus diesem Grund ratsam ist, durch die Vorausabtretung dieses möglicherweise entstehenden Anspruchs für rechtlich klare Verhältnisse zu sorgen. Unabhängig davon sollte in den Text der Garantieerklärung eine Klausel aufgenommen werden, derzufolge sich der Begünstigte dazu verpflichtet, etwaige Rückzahlungen von Beträgen, welche die Garantiebank unter der Garantie erbracht hat, ausschließlich an diese zurückzuzahlen (Rdn. 10/1 ff). Gesteht man der Garantiebank einen eigenen Rückzahlungsanspruch zu, gelten für den Fall, dass der Garantieauftraggeber seine vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Garantiebegünstigten nachträglich erfüllt, keine Besonderheiten. Die Gegenmeinung ist darauf angewiesen, eine kondiktionsrechtliche Lösung zu finden. Nimmt man entgegen der hier vertretenen Ansicht an, dass der Garantiebank kein eigener, sondern nur ein auf Abtretung beruhender Rückforderungsanspruch zusteht, können bei der Prüfung des abgetretenen Rückforderungsanspruchs praktische Schwierigkeiten insofern auftreten, als ausländische Rechtsordnungen teilweise die Benachrichtigung des Schuldners von der erfolgten Zession als Wirksamkeitsvoraussetzung vorsehen.359 Aus diesem Grund wurde bereits an anderer Stelle (Rdn. 9/42) vorgeschlagen, die Zession im Garantietext zu erwähnen. Schließlich muss mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass nach den in dem jewei- 9/135 ligen Heimatland des Begünstigten geltenden Devisenvorschriften eine Rückzahlung unberechtigt empfangener Beträge in das Ausland genehmigungspflichtig ist. In diesem Fall dürfte mit einer Realisierung des Rückzahlungsanspruchs in absehbarer Zeit nicht zu rechnen sein, zumal sich der rückzahlungspflichtige Begünstigte nicht beeilen wird, die erforderlichen Formalitäten für einen Transfer zügig zu erledigen. Zur Vermeidung dieser Schwierigkeiten könnte bereits bei Erstellung der Bankgarantie eine Vereinbarung getroffen werden, wonach im Falle der Inanspruchnahme die Zahlung der Garantiesumme auf ein Sperrkonto des Begünstigten in einem Land erfolgt, das keiner Devisenbewirtschaftung unterliegt (Rdn. 9/80).

358 Vgl. hierzu Soehring WuB I H 2.–4.97 zu OLG Frankfurt a.M. WM 1997, 1893. 359 Auhagen Die Garantie einer Bank auf „erstes Anfordern“ zu zahlen, S. 80 f.; Finger BB 1969, 206, 208.

477

Neunter Abschnitt

F.

Bankgarantie

Abtretung des Zahlungsanspruchs aus dem Garantievertrag

9/136 Bei der Finanzierung von Exportgeschäften, insbesondere im Zusammenhang mit

Forfaitierungen, kann es sich als notwendig erweisen, dass der Begünstigte seinen Zahlungsanspruch aus einer Bankgarantie abtritt. Aufgrund des abstrakten Charakters der Bankgarantie kommt dem Zahlungsanspruch aus der Bankgarantie ein eigener Sicherungswert zu. Die rechtsgeschäftliche Übertragung der auf Zahlung einer Geldsumme gerichteten Forderung aus einer Bankgarantie ist grundsätzlich zulässig; die Forderung kann im Voraus abgetreten werden.360 Die rechtlichen Beziehungen zwischen der Garantiebank und dem Begünstigten sind nicht so eng und personenbezogen, dass hieraus ein Abtretungsverbot im Sinne des § 399 BGB abzuleiten wäre.361 Dabei richten sich die rechtlichen Voraussetzungen für den Vollzug der Abtretung des Zahlungsanspruchs aus der Bankgarantie nach dem am Sitz der Garantiebank geltenden Recht (Rdn. 9/37), sofern nicht besondere Vereinbarungen zu einem anderen Ergebnis führen. 9/137 Umstritten ist hingegen, ob nach der Abtretung die Erklärung, dass der Garantie-

fall eingetreten bzw. dass der Verpflichtete seinen vertraglichen Obliegenheiten nicht nachgekommen sei, weiterhin von dem ursprünglich Begünstigten oder von dem Zessionar abgegeben werden muss. In der Literatur wird vereinzelt und teilweise unter Bezugnahme auf die zur Bürgschaft auf erstes Anfordern ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung die Ansicht vertreten, dass das Recht auf Inanspruchnahme der Garantie auf einen Dritten übertragen werden könne (sog. Totalübertragung).362 Diese Auffassung geht davon aus, dass der Leistungsinhalt des gegen die Garantiebank gerichteten Zahlungsanspruchs durch einen Wechsel in der Person nicht geändert und auch das – in diesem Zusammenhang zu Recht hervorgehobene – Risiko einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der Garantie nicht unzumutbar erhöht würde. Die dabei gebrauchte Argumentation berücksichtigt jedoch nicht hinreichend die Belange des Garantieauftraggebers, dessen vertraglich eingegangene Verpflichtung, eine Bankgarantie beizubringen, auf dem Vertrauen zu seinem Vertragspartner beruht und regelmäßig von dem Willen begleitet sein wird, die Befugnis zur Inanspruchnahme der Bankgarantie auch nur diesem Begünstigten, nicht aber einem ihm unbekannten Dritten einzuräumen. Zudem wird ein Zessionar selbst dann, wenn zugleich der durch die Garantie gesicherte Anspruch auf ihn übertragen wurde, häufig nicht den erfor-

360 BGH WM 1984, 689 (s. Fn. 283); BGH NJW 1987, 461; Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 20; Mühlbert ZIP 1985, 1101, 1105; Bydlinski ZBB 1989, 153, 155; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 73; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 148; für Österreich: OGH ÖBA 1997, 826; Koziol in: Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 3/107. 361 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1149. 362 Hadding/Häuser/Weber Bürgschaft und Garantie, S. 715 f.; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 154 f.; Bydlinski ZBB 1989, 153, 158 ff.; Zeller BB 1990, 363; wohl a. MünchKommHGB/Welter ZahlungsV Rdn. J 89.

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IX. Gerichtliche Eilmaßnahmen

Neunter Abschnitt

derlichen Einblick in das Grundverhältnis haben, um die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Garantie abschließend beurteilen zu können.363 Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat die Frage der Übertragung der Garan- 9/138 tie im ganzen – soweit ersichtlich – bislang offen gelassen.364 Die zur Bürgschaft auf erstes Anfordern ergangene Entscheidung,365 die einen Gläubigerwechsel für zulässig erklärt, kann nicht herangezogen werden, weil sich das zur Begründung angeführte Argument, dass die Befugnis zur Inanspruchnahme ein Hilfsrecht darstelle, das in Anlehnung an § 401 BGB zusammen mit der Bürgschaft auf den neuen Gläubiger übergeht, auf die abstrakte Garantie nicht übertragen lässt.366 Vielmehr ist und bleibt die Abgabe dieser Erklärung grundsätzlich Sache des Begünstigten, sofern sich nicht aus der Garantieerklärung367 eindeutig ergibt, dass die fälligkeitsauslösende Erklärung auch vom Zessionar ausgehen kann. Es handelt sich um eine personengebundene Befugnis, die – mangels anders lautender Regelung – nicht übertragbar ist.368 Die nachträgliche Übertragung der Erklärungsbefugnis auf einen Dritten setzt, da sie eine Änderung der Garantiebedingungen darstellt,369 die – zuweilen im Garantietext ausdrücklich hervorgehobene – Zustimmung der Garantiebank voraus, die diese wiederum nur erteilen wird, wenn sie sich zuvor des Einverständnisses des Garantieauftraggebers versichert hat und ihre eigenen Interessen der Übertragung nicht entgegenstehen. Für die Garantiebank bietet diese Handhabung den Vorteil, nicht in etwaige Streitigkeiten in Bezug auf die Wirksamkeit einer Abtretung hineingezogen zu werden.

IX. Gerichtliche Eilmaßnahmen In der Praxis wird das Bankgarantiegeschäft ganz überwiegend ohne Beanstan- 9/139 dungen abgewickelt.370 Die Erörterung des einstweiligen Rechtsschutzes bleibt auf seltene Ausnahmefälle beschränkt. Wie die Erfahrung zeigt, können politische Entwicklungen in einzelnen Ländern eine Vertiefung dieses Themas in Rechtsprechung und Literatur bewirken. Aber auch in derartigen Situationen vermag die

363 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1149. 364 BGH WM 1984, 689 (s. Fn. 283); BGH WM 1999, 72, 73 m. Anm. Nielsen EWiR § 765 BGB 4/99, 311; vgl. dagegen zur Rechtslage in Österreich: Koziol in: Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 3/108. 365 BGH WM 1987, 553 m. krit. Anm. Nielsen WuB I K 3. – 6.87 sowie von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 153, der auf die Besonderheiten des der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalts (Insolvenz des Begünstigten nach Abtretung) hinweist. 366 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 74; Schütze Bankgarantien, S. 59 f.; Koziol in: Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 3/110. 367 Vgl. insoweit den der Entscheidung des BGH WM 1984, 689 zu Grunde liegenden Sachverhalt: „. . . to pay to . . . or its assignees on their first written demand . . .“. 368 LG Frankfurt a.M. WM 1978, 442; Herget in: BuB, Rdn. 4/892; Oehlmann/Schlegel Praxis der Auslandagarantien, S. 53 f. 369 LG Frankfurt a.M. WM 1978, 442. 370 Dazu Nielsen ZIP 1982, 253.

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Neunter Abschnitt

Bankgarantie

gesteigerte Aufmerksamkeit nichts daran zu ändern, dass die missbräuchlich in Anspruch genommene Bankgarantie die Ausnahme bleibt. Eine Befragung deutscher Kreditinstitute hat ergeben, dass nur etwa 1 Prozent aller Garantien in Anspruch genommen werden und hierbei in den wenigsten Fällen der Verdacht einer missbräuchlichen Inanspruchnahme entsteht.371 Dabei treten unterschiedliche Auffassungen insbesondere zu der Frage auf, ob der Garantieauftraggeber in der Lage ist, gerichtliche Eilmaßnahmen nicht nur gegen den Begünstigten, sondern auch gegen die Garantiebank durchzusetzen, oder ob die Garantiebank in einem solchen Fall lediglich an der Geltendmachung eines Ersatzanspruchs gegen den Garantieauftraggeber gehindert werden kann. 9/140 Zum Dokumentenakkreditiv wurde bereits ausgeführt, dass gegen dessen Benut-

zung gerichtete Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes aus Gründen, die sich aus der Abwicklung des Grundgeschäfts ergeben, prinzipiell nicht in Betracht kommen. Diese Feststellung gilt für die Bankgarantie entsprechend.372 Als abstraktes Sicherungsmittel ist die Bankgarantie ebenfalls scharf von dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu trennen. Dabei ist festzuhalten, dass der Begriff des Grundgeschäfts in diesem Zusammenhang einer genaueren Umschreibung bedarf. Bei der Anzahlungsgarantie liegt beispielsweise das Grundgeschäft in der zwischen dem Käufer und dem Verkäufer einer Ware getroffenen Vereinbarung, dass der Käufer eine Anzahlung leistet und der Verkäufer sich verpflichtet, die geleistete Anzahlung unter bestimmten Voraussetzungen zurückzuzahlen. Im Rahmen dieses Grundgeschäfts wird die dokumentäre Abwicklung über eine Bankgarantie oder einen Standby Letter of Credit in der Weise vereinbart, dass der Anzahlungsempfänger seinem Vertragspartner, der die Anzahlung geleistet hat, eine Bankgarantie stellen lässt, die ihm die Möglichkeit eröffnet, durch Erfüllung genau fixierter Voraussetzungen die Bankgarantie in Anspruch zu nehmen und dadurch seine Anzahlung zurückzuerhalten. Etwaige Eingriffe seitens des Garantieauftraggebers in die abstrakte Zahlungsverpflichtung der Garantiebank stehen im Widerspruch zu der von den Parteien ausgehandelten und akzeptierten Risikoverteilung, beeinträchtigen die Liquiditätsfunktion der Bankgarantie und sind deshalb grundsätzlich nicht zulässig. Die Gegebenheiten sind insoweit mit den Verhältnissen vergleichbar, denen sich der Garantieauftraggeber bei dem Vorgänger der Bankgarantie, dem Bardepot, gegenübersah: Hier hatte dieser nach Hinterlegung des Bargeldes oder der Wertpapiere ebenfalls keinen unmittelbaren Zugriff mehr auf das Sicherungsgut. 9/141 Wie beim Dokumentenakkreditiv können auch bei der Bankgarantie Maßnahmen

des einstweiligen Rechtsschutzes ausnahmsweise dann in Betracht gezogen werden, wenn die Inanspruchnahme der Bankgarantie im konkreten Fall einen offen-

371 Zit. nach Eistert VersW 1997, 1681, 1682. 372 Vgl. Aden RIW/AWD 1981, 439.

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IX. Gerichtliche Eilmaßnahmen

Neunter Abschnitt

sichtlichen Missbrauch durch den Begünstigten darstellt (Rdn. 2/409 ff.).373 Aus dem rechtsmissbräuchlichen Verhalten des Begünstigten resultiert der gegen den Begünstigten gerichtete Anspruch des Garantieauftraggebers, die Einziehung der Garantiesumme zu unterlassen.374 Demgemäß muss nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland auch die Frage der Erwirkung gerichtlicher Eilmaßnahmen grundsätzlich auf das Verhältnis zwischen dem Garantieauftraggeber (Antragsteller) und dem Begünstigten (Antragsgegner), von dem das missbräuchliche Verhalten ausgeht, beschränkt bleiben. Aus prozessualer Sicht kommen die einstweilige Verfügung und der Arrest in Betracht.375 Dagegen dürfte die Möglichkeit, die missbräuchliche Inanspruchnahme der Bankgarantie im Wege eines ordentlichen Prozessverfahrens zu vereiteln, wegen des kurzen Prüfungszeitraums nach der an die Garantiebank gerichteten Zahlungsaufforderung und wegen des Zeitablaufs bei befristeten Bankgarantien vor dem Prozessende generell ausscheiden.

A.

Einstweilige Verfügung

Nach einhelliger Meinung ist eine einstweilige Verfügung gegen den Begünstig- 9/142 ten mit dem Ziel, ihm die Entgegennahme des Garantiebetrags zu verbieten, prozessual zulässig.376 Dieses Rechtsinstitut setzt einen Verfügungsanspruch und einen Verfügungsgrund voraus. Der Verfügungsanspruch beinhaltet, dass der Garantieauftraggeber bei einem etwaigen Rechtsmissbrauch durch den Begünstigten von diesem verlangen kann, den Abruf der Garantiesumme zu unterlassen. Weiterreichende Anträge, wie etwa das Verlangen, die Einreichung der Garantieunterlagen überhaupt zu unterlassen und damit möglicherweise erforderliche Maßnahmen zur Fristenwahrung zu unterbinden oder die Inanspruchnahme zu widerrufen,377 sind im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zulässig, da hierdurch bereits vor einer rechtskräftigen Entscheidung über die vom Antragsteller geltend gemachten

373 Lohmann Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch aus einer Bankgarantie und ihre Durchsetzung in rechtsvergleichender Sicht, S. 102 ff., mit zahlreichen Literaturhinweisen; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1140; Schnauder OLG Report Karlsruhe Stuttgart 2000, K 25 ff.; Poullet La saisie-arrêt par le donneur d’ordre de la créance née d’un crédit dokumentaire ou d’une garantie à première demande, S. 23 ff. 374 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1152; Nielsen ZIP 1982, 253, 261. 375 Zum Verhältnis der einstweiligen Verfügung zum Arrest vgl. Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/400, 5/416 f.; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 299 f. 376 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1152; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 259 ff.; MünchKommHGB/WelterZahlungsV Rdn. J 99; Edelmann DB 1998, 2453; zu den zivilprozessualen Einzelheiten, insbes. a. zur Frage der Immunität von ausländischen Staaten, Staatsunternehmen oder Staatsbanken in ihrer Eigenschaft als Garantiebegünstigte, s. BVerfG WM 1983, 722 (Zulässigkeit der Pfändung von Guthaben auf Konten der staatlichen iranischen Ölgesellschaft); Schütze WM 1980, 1438; Krauskopf/Steven WM 2000, 269 ff. 377 So LG Duisburg WM 1988, 1483.

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Neunter Abschnitt

Bankgarantie

Gegenansprüche eine Inanspruchnahme der Bankgarantie wegen Fristablaufs endgültig unmöglich gemacht würde (Rdn. 2/434). Als Verfügungsgrund muss der Antragsteller dartun, dass die Durchsetzung seiner Ansprüche ohne den Erlass der einstweiligen Verfügung gefährdet wäre. Es genügt nicht, auf das ausländische Domizil des Begünstigten und das sich daraus eventuell ergebende Erfordernis der Rechtsverfolgung im Ausland zu verweisen.378 Diese Umstände waren bereits bei Vertragsabschluss bekannt. Es müssen vielmehr weitere Gründe dargelegt werden, aus denen die von dem Antragsteller befürchteten Erschwernisse der Rechtsverfolgung ersichtlich sind.379 9/143 Im Gegensatz zu den allgemeinen Regeln, wonach ein Verfügungsanspruch des

Antragstellers nur „glaubhaft“ gemacht werden muss, ist für den Erlass einer einstweiligen Verfügung im Zusammenhang mit der rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme einer Bankgarantie der liquide Beweis des Rechtsmissbrauchs, und zwar regelmäßig in dokumentärer Form, erforderlich.380 Eine eidesstattliche Versicherung des Garantieauftraggebers genügt nach herrschender Meinung grundsätzlich nicht, da andernfalls die Bankgarantie ihrer Sicherungs- und Liquiditätsfunktion in dem weltweit anerkannten Umfang nicht mehr gerecht werden könnte.381 Die einstweilige Verfügung wird innerhalb Monatsfrist durch Zustellung an den Begünstigten vollzogen. Der Umstand, dass der Begünstigte seinen Sitz im Ausland hat, steht der Zulässigkeit der einstweiligen Verfügung nicht entgegen. Die Zustellung des Gerichtsbeschlusses im Ausland ist – wenn auch unter Berücksichtigung gewisser Besonderheiten, die insbesondere die Strafandrohung für den Fall der Zuwiderhandlung betreffen – möglich; innerhalb der EU ist die Zustellung erleichtert.382 9/144 Für den Garantieauftraggeber, der eine einstweilige Verfügung gegen den

Begünstigten erwirkt hat, erhebt sich die Frage, welche weiteren Schritte einzuleiten sind. Es geht ihm letztlich darum, die Garantiebank einstweilen an der Durchführung der Zahlung unter der Garantie zu hindern. Dies muss schnell geschehen. Auch wenn der Garantieauftraggeber die Zustellung der einstweiligen Verfügung an den Begünstigten im Ausland sofort in die Wege leitet, wird sie kaum so raschl

378 Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1152. 379 Nielsen ZIP 1982, 253, 261; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 292. 380 OLG Köln, WM 1988, 21. 381 Jedzig WM 1988, 1469, 1473; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 248 f.; a.A. Mülbert ZIP 1985, 1101, 1108; Schütze Bankgarantien, S. 101. Vgl. a. OLG Frankfurt a.M. WM 1983, 575, anders aber OLG Saarbrücken WM 1981, 275, 277, OLG Stuttgart WM 1981, 631, wonach die einfache Glaubhaftmachung i.S.v. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO genügen soll; offen gelassen BGH NJW 2000, 2334, 2337, verbunden mit dem Hinweis, dass eine ohne Anhörung des Antraggegners im Beschlusswege ergangene, keine Begründung enthaltende einstweilige Verfügung als liquides Beweismittel für eine missbräuchliche Inanspruchnahme der Bankgarantie nicht in Betracht kommt. 382 Hierzu eingehend Schütze WM 1980, 1438, 1440.

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IX. Gerichtliche Eilmaßnahmen

Neunter Abschnitt

erfolgen, dass der Garantiebank die Durchführung der Zustellung rechtzeitig nachgewiesen werden kann. Man wird sich deshalb wohl mit dem Nachweis gegenüber der Garantiebank begnügen müssen, dass die einstweilige Verfügung gegen den Begünstigten erlassen und die ordnungsgemäße Zustellung an diesen eingeleitet ist.383 In der Literatur384 wird darauf hingewiesen, dass eine Ausfertigung der gegen den Begünstigten gerichteten einstweiligen Verfügung auch der Garantiebank zuzustellen sei, da dieser eine Stellung zukomme, die der des Drittschuldners bei Pfändung einer Forderung vergleichbar sei. Gerichtliche Entscheidungen über die Frage der Zustellung sind nicht bekannt geworden. Unabhängig von einer offiziellen Zustellung wird die Garantiebank eine einstweilige Verfügung gegen den Begünstigten nicht unbeachtet lassen; zumindest wird sie das Vorliegen einer solchen gerichtlichen Entscheidung zum Anlass nehmen, auf ihre eigene Prüfung, ob sich der Begünstigte mit der Absicht, die Zahlung aus der Bankgarantie zu erlangen, tatsächlich missbräuchlich verhalten hat, besondere Sorgfalt zu verwenden. Aus der Sicht der Garantiebank kann der Erlass einer einstweiligen Verfügung als gewichtiges Indiz für die Möglichkeit einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der Bankgarantie gewertet werden.385 In der Praxis wird häufig der Wunsch bestehen, die einstweilige Verfügung 9/145 nicht in einem umständlichen Verfahren gegen den ausländischen Begünstigten zu richten, sondern direkt der Garantiebank die Auszahlung der Garantiesumme durch eine einstweilige Verfügung verbieten zu lassen. Die Frage, ob der Garantieauftraggeber diesen Weg erfolgreich beschreiten kann, wird in Rechtsprechung und Literatur vielfältig erörtert und ist im Ergebnis sehr umstritten. In einer Reihe erstinstanzlicher Entscheidungen, die sich mit der Frage des einstweiligen Rechtsschutzes im Zusammenhang mit Bankgarantien zu befassen hatten, haben sich gelegentlich untere Gerichte dafür entschieden, eine einstweilige Verfügung des Garantieauftraggebers gegen die Garantiebank zuzulassen.386 Demgegenüber haben sich die Berufungsgerichte für den Geltungsbereich deutschen Rechts überwiegend gegen eine solche Zulässigkeit ausgesprochen.387 Auch in

383 Weitergehend Nielsen ZIP 1982, 253, 262, wonach der Nachweis der Zustellung der einstweiligen Verfügung gegen den Begünstigten für erforderlich erachtet wird; zu der – allerdings umstrittenen – Möglichkeit, die einstweilige Verfügung dem Begünstigten nach § 187 ZPO selbst zur Kenntnis zu bringen, vgl. Schütze WM 1980, 1438, 1441. 384 Vgl. hierzu Rdn. 2/433. Zu den Gegebenheiten in Österreich vgl. Konecny ÖBA 1989, 848 ff.; Koziol in: Österreichisches Bankvertragsrecht II, Rdn. 3/143 ff., jeweils m.w.N. 385 Nielsen ZIP 1982, 253, 262; Schütze WM 1980, 1438, 1441; Schnauder OLG Report Karlsruhe Stuttgart 2000, K 15, K 17; Konecny ÖBA 1989, 775, 785; vgl. a. BGH WM 2000, 2334, 2337 m. dem einschränkenden Hinweis, dass eine ohne Anhörung des Antraggegners im Beschlussweg ergangene einstweilige Verfügung nicht als liquides Beweismittel in Betracht kommt. 386 LG Franfurt a.M. WM 1981, 284; LG Dortmund WM 1981, 280; LG Braunschweig WM 1981, 278; LG Stuttgart WM 1981, 633; LG Köln WM 1982, 438; LG Düsseldorf WM 1985, 192; differenzierend LG Dortmund WM 1988, 1695, m. Anm. Jedzig WuB I K 3. – 2.89, und Schütze EWiR § 935 ZPO 2/89, 415; a.A. LG München WM 1981, 416. 387 OLG Stuttgart WM 1981, 631; OLG Frankfurt a.M. NJW 1981, 1914; OLG Frankfurt a.M. WM 1988, 1480, m. Anm. Jedzig WuB I K 3. – 5.88; OLG Köln WM 1991, 1751, m. Anm. Schütze WuB I K 3. – 1.92; offen gelassen OLG Köln WM 1988, 21, m. Anm. Kasten

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Neunter Abschnitt

Bankgarantie

der Literatur vertreten maßgebliche Stimmen die Auffassung, dass eine einstweilige Verfügung gegen die Garantiebank nicht zulässig sei.388 Dieser Meinung, die – wie dargelegt – sich auch auf jüngere instanzgerichtliche Entscheidungen berufen kann, ist zuzustimmen. Zunächst sind keine durchgreifenden Gründe dafür erkennbar, die Frage des einstweiligen Rechtsschutzes bei Bankgarantien abweichend vom Dokumentenakkreditiv zu behandeln (Rdn. 2/409 ff.). Im Zeitpunkt der Inanspruchnahme besteht zwischen beiden Instrumenten kein dogmatischer Unterschied, so dass es gerechtfertigt erscheint, die einhellig ablehnende Meinung zur Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung gegen die Akkreditivbank auch auf die Bankgarantie zu übertragen.389 Es ist nicht ersichtlich, warum dem Garantieauftraggeber überhaupt ein materiell-rechtlicher Unterlassungsanspruch gegen die Garantiebank zustehen soll.390 Dieser Gesichtspunkt wirft vor allem bei mehrstufigen Garantieverhältnissen erhebliche Probleme auf, insbesondere dann, wenn eine Entscheidung darüber ansteht, ob sich die Zweitbank ihrerseits rechtsmissbräuchlich verhalten habe. Zwar könnte in diesem Fall ein Verbot gegenüber der erstbeauftragten Bank, an die Zweitbank einen Aufwendungsersatz zu leisten, in Betracht kommen. Dagegen scheidet eine von dem Garantieauftraggeber beantragte, gegen die Zweitbank gerichtete einstweilige Verfügung – neben anderen Voraussetzungen – mangels vertraglicher Beziehungen aus.391 Bedenkt man in diesem Zusammenhang noch, dass das angerufene Gericht über die hierbei auftretenden schwierigen Rechtsfragen lediglich im Rahmen einer summarischen Prüfung zu befinden hat, so erlangt das gegen die Zulässigkeit der einstweiligen Verfügung vorgebrachte Argument, dass der Garantiebank nicht verboten werden könne, den zwischen ihr und einem Dritten geschlossenen Vertrag zu erfüllen,392 ein besonderes Gewicht.

WuB I K 3. – 1.88; a.A. OLG Saarbrücken WM 1981, 275; OLG Frankfurt a.M. WM 1983, 575. 388 Zum Stand der Diskussion vgl. von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 279 f.; Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 251; Edelmann DB 1998, 2453, 2454 ff.; s.a. Kümpel Bank- und Kapitalmarktrecht, Rdn. 5.410. 389 So a. Aden RIW/AWD 1981, 439, 441; Schütze WuB I K 3. – 1.92 zu OLG Köln WM 1991, 1751. 390 Vgl. Coing ZHR 147 (1983), 125, 134; Jedzig WM 1988, 1469, 1471. 391 A.A. Heinze Der einstweilige Rechtsschutz im Zahlungsverkehr der Banken, S. 163, wonach sich der zwischen der erstbeauftragten Bank und der Zweitbank abgeschlossene Geschäftsbesorgungsvertrag zugleich als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter darstelle und der Garantieauftraggeber bei drohender Schutzpflichtverletzung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen beide Banken vorgehen könne. Diese Konstruktion ist abzulehnen, da ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter regelmäßig eine personenbezogene Komponente voraussetzt, wofür das internationale Garantiegeschäft jedoch keinerlei Anhaltspunkte bietet; zu weit gehend in diesem Zusammenhang a. Mülbert Mißbrauch von Bankgarantien und einstweiliger Rechtsschutz, S. 141 ff. 392 Von Caemmerer in: FS Riese, S. 295, 303 f.; Auhagen Die Garantie einer Bank, „auf erstes Anfordern“ zu zahlen, S. 65 ff.; Käser RabelsZ 35 (1971), 601, 626; Liesecke WM 1968, 22, 27; von Mettenheim RIW/AWD 1981, 581, 587.

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IX. Gerichtliche Eilmaßnahmen

Neunter Abschnitt

Gerichte in der Bundesrepublik Deutschland haben sich wiederholt mit der Frage 9/146 auseinandergesetzt, ob der Garantieauftraggeber gegen die von ihm beauftragte Garantiebank (statt gegen den Begünstigten) deshalb eine einstweilige Verfügung erwirken könne, weil die Garantiebank selbst sich im Rahmen des Auftragsverhältnisses vertragswidrig verhalte, wenn sie einer missbräuchlichen Inanspruchnahme der Garantie durch Zahlung entspreche. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung wurde unter anderem mit dem Argument abgelehnt, dass unter diesen Voraussetzungen der Garantiebank kein Anspruch auf Ersatz ihrer Auslagen (also auf Erstattung der Garantiesumme) zustünde, bzw. dass der Garantieauftraggeber eine bereits erstattete Summe von der Garantiebank zurückfordern könne. Diese Rechte seien nicht gefährdet, da der Garantieauftraggeber – wenn er Recht zu haben glaubt – ohne eine einstweilige Verfügung gegen die Garantiebank vorgehen könne, deren Zahlungsfähigkeit nicht angezweifelt sei.393 Dem in diesem Zusammenhang vorgebrachten Argument, dass der Garantieauftraggeber – zunächst – der Entscheidung der Garantiebank, sein Konto zu belasten, ausgesetzt sei und damit im Ergebnis eine Risikoverlagerung zu seinen Lasten hinnehmen müsse,394 kann entgegengehalten werden, dass dies letztlich als Ergebnis des von den Parteien des Grundgeschäfts akzeptierten Rollentausches zu begreifen ist, ein Risiko, das den Begünstigten bei einer etwaigen Zahlungsverweigerung durch die Garantiebank gleichermaßen belastet. In der Bundesrepublik Deutschland wird dem Grundsatz, dass eine einstweilige Ver- 9/147 fügung nicht gegen die Garantiebank, sondern gegen den Begünstigten zu richten sei, erhebliche Bedeutung beigemessen. Ein Blick auf ausländische Rechtsordnungen zeigt, dass dort eine gegen die Garantiebank gerichtete einstweilige Verfügung (injunction, ordonnance en référé) zulässig ist.395 Der Grund liegt darin, dass die –

393 Vgl. dazu OLG Düsseldorf WM 1978, 359 (für das Akkreditiv); OLG Stuttgart WM 1981, 631 (für die indirekte Garantie); Nielsen ZIP 1982, 253, 262; Heinsius in: FS Werner, S. 229, 246 ff. 394 Von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 292. 395 Aus den zahlreichen ausländischen Entscheidungen vgl. etwa – 395 für den anglo-amerikanischen Bereich: R. D. Harbottle (Mercantile) Ltd. v. National Westminster Bank Ltd. and Others, (1977) 2 All E. R. 862 = (1977) 3 W. L. R. 752; Edward Owen Engineering v. Barclays Bank International, (1978) 1 All E. R. 976 = (1977) 3 W. L. R. 764; Howe Richardson Scale Co. v. Polinex Cekop and National Westminster Bank, (1978) 1 Ll.L. R. 161; Bolivinter Oil S. A. v. Chase Manhattan Bank, Commercial Bank of Syria and General Company of Homs Refinery, (1984) 1 Ll.L. R. 251 sowie die bei Zahn ZIP 1984, 1303, 1311 ff. zitierten Entscheidungen US-amerikanischer Gerichte; – 395 für den französisch-belgischen Bereich: Trib. du Grande Instance de Paris v 29.7.1982, D 1983, Inf. rap. 304; Trib. Commercial de Paris v 29.10.1982, D 1983, Inf. rap. 301; Paris v 25.5.1983, D 1983, Inf. rap. 485; Paris v 3.12.1984, Banque 1985, 92 f.; Trib. Commercial Brüssel v 11.3.1981, JCB 1981 I 362; Trib. Commercial Brüssel v 6.4.1982, D 1982 J 504; – 395 für Österreich: OGH v 11.7.1991, ÖBA 1992, 167; OGH v 10.7.1986, ÖBA 1986, 486 m. Anm. Koziol; – 395 für die Schweiz: Cour de Justice de Genève v 29.9.1984, D 1984, Inf. rap. 94. S. 395 zu dem umfangreichen Entscheidungsmaterial auch ausführlich Lohmann Einwendungen gegen den Zahlungsanspruch aus einer Bankgarantie und ihre Durchsetzung in rechtsvergleichender Sicht, S. 27 ff.; Ortner ÖZW 1983, 33, 35 ff.; Simont Revue de la Banque 1983,

485

Neunter Abschnitt

Bankgarantie

nach dem jeweiligen ausländischen Prozessrecht zu beurteilenden – Voraussetzungen für gerichtliche Eilmaßnahmen anders festgelegt sind als in der deutschen Zivilprozessordnung. Der praktische Unterschied ist geringer, als er scheinen mag. Falls im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme einer Bankgarantie entgegen der hier vertretenen Auffassung eine einstweilige Verfügung gegen die Garantiebank erlassen und zugestellt werden sollte, muss die Garantiebank die gerichtliche Anordnung zunächst beachten. Dabei kann die Frage, ob die Garantiebank ihrerseits ein Rechtsmittel gegen die Eilmaßnahme zu ergreifen hat, akut werden. Die Ausführungen zum Dokumentenakkreditiv gelten insoweit entsprechend.396

B.

Arrest

9/148 In der Praxis kommt es vor, dass der Garantieauftraggeber in Missbrauchsfällen

die Inanspruchnahme der Bankgarantie durch die Ausbringung eines Arrestes und die Pfändung des Anspruchs gegen die Garantiebank auf Auszahlung der Garantiesumme zu verhindern versucht. In Übereinstimmung mit maßgeblichen Teilen der Literatur ist – jedenfalls für den Geltungsbereich des Rechts der Bundesrepublik Deutschland – der einstweilige Rechtsschutz auch in dieser Form als unzulässig anzusehen.397 Neben den Überlegungen, die bereits hinsichtlich der gegen die Garantiebank beantragten einstweiligen Verfügung angestellt wurden und die hier ebenfalls gelten, spricht entscheidend gegen die Arrestpfändung, dass dem Garantieauftraggeber bei einer etwaigen missbräuchlichen Inanspruchnahme der Bankgarantie ein Arrestanspruch nach § 916 ZPO nicht zur Seite steht. Nach einer Meinung könnte zwar insoweit ein Schadensersatzanspruch auf der Basis des zwischen dem Garantieauftraggeber und dem Begünstigten abgeschlossenen Geschäfts in Betracht kommen. Der Antrag, den Arrest in das Vermögen des Begünstigten anzuordnen und durch Pfändung des Auszahlungsanspruchs aus der Bankgarantie zu vollziehen, müsste in diesem Fall aber durch Tatsachen belegt werden, aus denen sich ergibt, dass der Garantiefall gerade nicht eingetreten ist und damit auch der zu pfändende Anspruch gegen die Garantiebank nicht besteht.398 Unter beweisrechtlichen Gesichtspunkten ist

579; Sion Revue de la Banque 1984, Numéro spécial Mars, S. 5, 10; Hoffmann RIW 1996, 389 (belgisches Recht). 396 Vgl. die Ausführungen Rdn. 2/436. 397 So im Ergebnis Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 24; Nielsen in: BankrechtsHandbuch, § 121 Rdn. 263 f.; Hein Der Zahlungsanspruch des Begünstigten einer Bankgarantie „auf erstes Anfordern“, S. 144 ff.; von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 301 ff.; Hadding/Häuser/Welter Bürgschaft und Garantie, S. 722 f.; Mülbert Mißbrauch von Bankgarantien und einstweiliger Rechtsschutz, S.186, 193; Blau WM 1988, 1474 ff.; a.A. Pilger RIW/ AWD 1979, 588, 589; Aden RIW/AWD 1981, 439, 441; Schütze DB 1981, 779; Heinze Der einstweilige Rechtsschutz im Zahlungsverkehr der Banken, S. 163 ff.; Edelmann DB 1998, 2453, 2456 f. 398 Pleyer WM 1973, Sonderbeilage Nr. 2 S. 24; Canaris Bankvertragsrecht I3 Rdn. 1063 a.E.

486

IX. Gerichtliche Eilmaßnahmen

Neunter Abschnitt

damit das Entstehen eines Schadensersatzanspruchs des Garantieauftraggebers gegenüber dem Begünstigten zwingend ausgeschlossen.399 Noch schwerwiegender dürfte der Umstand sein, dass nach einer etwaigen Vollziehung des Arrestes durch Pfändung des Auszahlungsanspruchs aus der Bankgarantie der zu sichernde Schadensersatzanspruch gar nicht mehr entstehen kann, weil es der Garantiebank untersagt ist, Zahlung an den Begünstigten zu leisten und sie dieses Zahlungsverbot zu beachten hat.400 Andere Überlegungen gelten dann, wenn dem Garantieauftraggeber aus der Geschäftsbeziehung zu dem Begünstigten ein sonstiger Anspruch zusteht, der als Arrestanspruch dienen kann. Mit der Frage der Zulässigkeit des dinglichen Arrestes in das Vermögen des Begünstigten und dem Vollzug dieser Eilmaßnahme durch Pfändung der Forderung des Begünstigten aus der Bankgarantie hat sich auch die Rechtsprechung befasst.401 Die bei einer direkten Garantie gerichtlich für zulässig erachtete Pfändung des Auszahlungsanspruchs des Begünstigten zog eine – rechtlich problematische402 – Hinterlegung des Garantiebetrages nach sich und führte damit zu dem der Funktion der Bankgarantie zuwiderlaufenden Ergebnis, die von den Parteien des Grundgeschäfts gewollte, in der Garantieklausel festgeschriebene Möglichkeit des schnellen Zugriffs auf die liquiden Mittel des Vertragspartners zu blockieren.403 Im Interesse der internationalen Akzeptanz der Bankgarantie ist dem entgegenzuwirken. Bei mehrstufigen Garantieverhältnissen ist zu beachten, dass zwischen dem 9/149 Garantieauftraggeber und der ausländischen Zweitbank, gegen die sich der Zahlungsanspruch des Begünstigten aus der direkten Garantie ausschließlich richtet, wie auch zwischen dem Begünstigten und der erstbeauftragten Bank grundsätzlich keine vertraglichen Beziehungen bestehen. Der Zahlungsanspruch des Begünstigten aus der Garantie der ausländischen Zweitbank könnte demnach nur bei der ausländischen Zweitbank arretiert werden. Ein Arrestantrag, der in diesem Fall die erstbeauftragte Bank als Drittschuldnerin bezeichnete, wäre daher schon deshalb als unzulässig zurückzuweisen.404

399 Von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 302. 400 OLG Stuttgart MDR 1998, 435; zum Meinungsstand ausführlich von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 299 ff.; Poullet La saisie-arrêt par le donneur d’ordre de la créance née d’un crédit documentaire ou d’une garantie à première demande, S. 10, mit zahlreichen Literaturangaben für den französisch-belgischen Bereich. 401 LG Duisburg WM 1988, 1483 m. Anm. Blau WuB I K 3. – 6.88. 402 Zum Akkreditiv OLG Frankfurt a.M. WM 1988, 214 m. Anm. Eberding WuB I H 2. – 1.88. 403 Blau WM 1988, 1474, 1476; vgl. dazu parallel das Problem des konkludenten Aufrechnungsverzichts Rdn. 9/124. 404 S. dazu a. von Westphalen/Jud Die Bankgarantie, S. 304; zu den Risiken von Gegenmaßnahmen aus der Sicht der erstbeauftragten Bank vgl. Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/434.

487

Neunter Abschnitt

Bankgarantie

X.

Uniform Rules for Demand Guarantees (Einheitliche Richtlinien für auf Anfordern zahlbare Garantien) der Internationalen Handelskammer (ICC – Publikation Nr. 458)

A.

Vorbemerkung

9/150 Auf die besondere Bedeutung der Bankgarantie im internationalen Wirtschafts-

verkehr wurde bereits an anderer Stelle hingewiesen (Rdn. 9/1). Wenn auch in der Vergangenheit die Bankgarantien in den meisten Fällen ohne Schwierigkeiten abgewickelt werden konnten, haben sich in seltenen Ausnahmefällen – zuweilen im zeitlichen Zusammenhang mit politischen Veränderungen in bestimmten Ländern – unter Hinweis auf eine missbräuchliche Inanspruchnahme der abstrakten Bankverpflichtung verschiedene Probleme ergeben. Es sind deshalb Bestrebungen im Gange, für die Behandlung von Bankgarantien einheitliche Regeln zu entwickeln, die geeignet sind, den gegensätzlichen Interessen der Beteiligten hinreichend Rechnung zu tragen. 9/151 Nach langjährigen Vorarbeiten hat die Internationale Handelskammer in Paris im

Jahr 1978 Richtlinien für Vertragsgarantien (Uniform Rules for Contract Guarantees, ICC-Publ. Nr. 325) verabschiedet, die sich aber in der Praxis nicht durchsetzen konnten.405 In Kenntnis dieser negativen Entwicklung wurden von der Internationalen Handelskammer in Paris im Jahr 1991 die Einheitliche Richtlinien für auf Anfordern zahlbare Garantien (URDG) verabschiedet,406 denen langwierige Beratungen in den damit befassten Gremien vorausgingen. Gegenüber den Richtlinien für Vertragsgarantien zeichnet sich die Publikation Nr. 458 (Rdn. 10/3) dadurch aus, dass die Gegebenheiten des internationalen Garantiegeschäfts nicht mehr ignoriert werden, sondern durchaus positive Ansätze, wie etwa die Hervorhebung des abstrakten Charakters der Garantie erkennbar sind (Art. 2b URDG). Andererseits darf nicht übersehen werden, dass die Richtlinien auch Regelungen aufweisen, die nachhaltigen Bedenken begegnen. Die Einwände beziehen sich vor allem auf die Modalitäten der Inanspruchnahme von Garantien, die im Einzelfall im Widerspruch zu dem – allein maßgebenden – Garantietext stehen können (Art. 20 URDG). Daneben müssen die Bestimmungen über die mit einem Verlängerungsverlangen verbundene Inanspruchnahme („Extend or pay“, Art. 26 URDG) sowie hinsichtlich des anwendbaren Rechts und des Gerichtsstands (Art. 27, 28 URDG)

405 Vgl. hierzu eingehend Pietsch Die einheitlichen Richtlinien für Vertragsgarantien der Internationalen Handelskammer aus der Sicht der Kreditinstitute, S. 39 ff.; Hadding/Häuser/ Welter Bürgschaft und Garantie, S. 742 ff.; Roesle Die internationale Vereinheitlichung des Rechts der Bankgarantien, S. 145 ff.; Pierce Demand Guarantees in International Trade, S. 226 ff.; Bühler Sicherungsmittel im Zahlungsverkehr, S. 113 ff. 406 Kommentar zu den URDG bei Häberle in: Handbuch der Akkreditive, S. 749 ff.; Oehlmann/Schlegel, Praxis der Auslandsgarantien, S. 109 ff.

488

X. Uniform Rules for Demand Guarantees der ICC

Neunter Abschnitt

insbesondere bei indirekten Garantien407 als wenig befriedigend angesehen werden. Die im Verlauf der Beratungen zutage getretenen Unzulänglichkeiten haben neben der japanischen Delegation auch die deutschen Bankenvertreter in der Kommission für Banktechnik und -praxis der Internationalen Handelskammer dazu bewogen, sich bei der Verabschiedung der neuen Richtlinien der Stimme zu enthalten. Eine mit den ERA oder den ERI vergleichbare Verbreitung der URDG ist in der Praxis bisher nicht feststellbar.408 Derzeit ist die Internationale Handelskammer in Paris dabei, die seit dem Jahr 1991 geltende Fassung der URDG zu überarbeiten. Es ist vorgesehen, das neue Regelwerk, das als ICC-Publ. Nr. 758 erscheinen soll, nach der Verabschiedung durch die Gremien ab dem 1.7.2010 für anwendbar zu erklären. Sofern im Einzelfall die URDG in ein Garantiegeschäft einbezogen werden sollen, sind die nachfolgenden Hinweise zu beachten.

B.

Behandlung von Direktgarantien

1.

Garantieauftragsverhältnis

Da den URDG keine allgemein verbindliche, von dem Willen der Parteien unab- 9/152 hängige Wirkung zukommt, ist es erforderlich, dass im Einzelfall von den Beteiligten eine Einbeziehung der Richtlinien in das Garantieverhältnis ausdrücklich vereinbart wird. Sofern insoweit Einvernehmen besteht, ist darauf zu achten, dass der Garantietext einen eindeutigen Hinweis auf die Geltung der URDG enthält. Es bietet sich an, folgende Klausel zu verwenden: „Diese Garantie unterliegt den Einheitlichen Richtlinien für auf Anfordern zahlbare Garantien, ICC-Publ. Nr. 458“ oder „This guaranty is subject to the Uniform Rules of Demand Guarantees, ICC-Publ. No. 458“. Eine besondere Bedeutung kommt der Ausgestaltung der Zahlungsklausel zu. 9/153 Sofern der Begünstigte nach den getroffenen Vereinbarungen verpflichtet ist, bei Inanspruchnahme der Garantie zu erklären, dass sein Vertragspartner den Vertragsverpflichtungen nicht nachgekommen sei und welcher Art diese Vertragsverletzung sei, ergeben sich aus der Sicht der URDG keine Besonderheiten. Zur Vermeidung etwaiger Auslegungsschwierigkeiten empfiehlt es sich jedoch, den in Art. 20a (i) und (ii) URDG insoweit vorgegebenen Wortlaut in die Zahlungsklausel aufzunehmen. Anders verhält es sich dann, wenn eine Garantie übernommen werden soll, die ihrem Wortlaut nach durch einfache schriftliche Anforderung in Anspruch genommen werden kann, ohne dass es zusätzlicher Erklärungen bedarf. In diesem Fall steht die als Individualvereinbarung vorrangige Abrede im Gegensatz zu den 407 Hasse WM 1993, 1985, 1988; von Westphalen RIW 1992, 961, 965. 408 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 23.

489

Neunter Abschnitt

Bankgarantie

in Art. 20a URDG genannten Voraussetzungen. Das sich für die Garantiebank hieraus ergebende Risiko, in etwaige Auseinandersetzungen zwischen den Parteien des Grundverhältnisses hineingezogen zu werden, kann letztlich nur dadurch vermieden werden, dass die Anwendbarkeit des Art. 20a URDG gegenüber dem Garantieauftraggeber ausdrücklich409 ausgeschlossen wird.410 Sofern der Garantieauftraggeber diese Handhabung nicht akzeptiert, müsste die Garantiebank die Frage der Garantieübernahme letztlich unter Berücksichtigung geschäftspolitischer Erwägungen erörtern.

2.

In-Kraft-Treten und Übertragbarkeit der Garantie

9/154 Nach dem Wortlaut des Art. 6 URDG wird die Garantie ab dem Zeitpunkt der

Erstellung wirksam, sofern sich aus den Garantiebedingungen nicht etwas anderes ergibt. Diese Regelung berücksichtigt nicht hinreichend, dass es sich bei der Garantie um einen Vertrag handelt, dessen Wirksamkeit nach überwiegender Meinung nicht bereits mit der Abgabe der Garantieerklärung eintritt, sondern deren Annahme durch den Begünstigten voraussetzt, wobei der widerspruchslose Zugang der Garantieerklärung im Sinne einer stillschweigenden Annahme genügt (Rdn. 9/109).411 Ähnlich verhält es sich mit der in Art. 6 URDG zusätzlich vorgesehenen Möglichkeit, die Wirksamkeit der Garantie von dem Eintritt späterer Ereignisse abhängig zu machen. Auch in diesem Fall wird nicht deutlich differenziert zwischen den vorerwähnten Voraussetzungen, die für die Wirksamkeit der Garantie maßgebend sind, und den Bedingungen, die – wie etwa bei den aus der Praxis schon bekannten Zahlungseingangsklauseln bei Anzahlungsgarantien (Rdn. 9/40) – erfüllt sein müssen, damit eine Inanspruchnahme der Garantie möglich wird. Demgegenüber zeichnen sich die URDG hinsichtlich der Übertragbarkeit der Garantie durch eine klare Regelung aus. 9/155 In Anlehnung an Art. 38/39 ERA wird zwischen der Übertragbarkeit der Garantie

(Art. 4 Abs. 1 URDG) und dem Zahlungsanspruch aus der Garantie (Art. 4 Abs. 2 URDG) unterschieden und festgelegt, dass – soweit nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wurde – das Recht des Begünstigten, eine Garantie in Anspruch zu nehmen, nicht übertragbar ist, während das Recht des Begünstigten, seinen unter einer Garantie bestehenden jeweiligen Zahlungsanspruch abzutreten, von dieser Regelung nicht berührt wird und damit uneingeschränkt zur Disposition des Begünstigten steht. Im Geltungsbereich der URDG sind demnach Klauseln, die die Übertragbarkeit der Garantie einschränken oder ausschließen, nicht erforderlich.

409 Art. 20a URDG: „. . . expressly excluded by the terms of the Guarantee“. Die bloße Vereinbarung einer Zahlungsklausel „auf erstes Anfordern“ reicht nicht aus. 410 Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/451 schlägt folgende Formulierung vor: „Diese Garantie unterliegt den Einheitlichen Richtlinien für auf Anfordern zahlbare Garantien, ICC-Publikation Nr. 438, mit Ausnahme von Artikel 20“. 411 Hasse WM 1993, 1985, 1990 f.

490

X. Uniform Rules for Demand Guarantees der ICC

3.

Neunter Abschnitt

Inanspruchnahme der Garantie

Art. 17 URDG legt fest, dass der Auftraggeber im Falle einer Inanspruchnahme der 9/156 Garantie unverzüglich und unabhängig von der Dauer und dem Ergebnis der Prüfung der Inanspruchnahme durch den Garanten zu informieren ist. Die Prüfung der Inanspruchnahme, für die nach Art. 10a URDG eine angemessene Zeit zur Verfügung steht, hat sich streng an dem jeweiligen Inhalt der Zahlungsklausel auszurichten. Sofern die Anwendbarkeit des Art. 20 URDG ausgeschlossen wurde, sind die Voraussetzungen der Inanspruchnahme wie üblich zu prüfen. Sollten die Vorgaben des Art. 20 URDG in der Zahlungsklausel enthalten sein, ist streng darauf zu achten, dass die schriftliche Zahlungsaufforderung des Begünstigten den formalisierten Voraussetzungen entspricht. Die Anwendung der URDG schließt nicht aus, dass nach dem Wortlaut der Garantie bei Inanspruchnahme neben oder anstelle der vorgenannten Zusatzerklärungen dokumentäre Nachweise erbracht werden müssen. In diesem Fall beschränkt sich die Prüfung auf die formale Ordnungsmäßigkeit dieser Dokumente (Rdn. 9/23). Den Gegebenheiten bei den ERA entsprechend haftet der Garant nach Art. 11 URDG nicht für die Form, Vollständigkeit, Genauigkeit, Echtheit, Verfälschung oder Rechtswirksamkeit vorgelegter Dokumente, sofern dieser in gutem Glauben und mit angemessener Sorgfalt handelt (Art. 9, 15 URDG).412 Nach Art. 21 URDG hat der Garant die Zahlungsanforderung des Begünstigten 9/157 und die diese begleitenden Dokumente unverzüglich dem Auftraggeber zu übermitteln. Diese Bestimmung berücksichtigt nicht hinreichend, dass der Garant im Rahmen des zwischen ihm und dem Auftraggeber bestehenden Rechtsverhältnisses zur Herausgabe der Dokumente nur gegen Ausgleich der Aufwendungen verpflichtet ist. Sofern im Einzelfall die Remboursleistung gefährdet sein sollte, erscheint es gerechtfertigt, davon auszugehen, dass die Herausgabeverpflichtung des Garanten nur Zug um Zug gegen Erstattung der Aufwendungen besteht. Etwas anderes gilt, falls der Garant zu dem Ergebnis gelangen sollte, die Zahlung unter der Garantie zu verweigern. Nach Art. 10b URDG muss diese Entscheidung dem Begünstigten sofort auf schnellstem Wege mitgeteilt werden. Darüber hinaus sind die vorgelegten Dokumente zu dessen Verfügung zu halten. Auf diese Weise soll der Begünstigte in die Lage versetzt werden, die mangelhafte Inanspruchnahme garantiekonform nachzubessern. Eine verzögerte oder unterlassene Benachrichtigung kann einen gegen den Garanten gerichteten Schadensersatzanspruch des Begünstigten nach sich ziehen (Rdn. 9/85 f).

412 Zur Rechtswirksamkeit der Haftungsfreizeichnung vgl. von Westphalen RIW 1992, 961, 964 f.; Berger DZWIR 1993, 1, 10 f.; Hasse WM 1993, 1985, 1991.

491

Neunter Abschnitt

4.

Bankgarantie

Verlängerungsverlangen („Extend or pay“)

9/158 Zuweilen tritt der Begünstigte einer befristeten Garantie an den Garanten heran

und fordert diesen auf, die Garantiesumme zu zahlen oder – alternativ – die vereinbarte Garantiefrist zu verlängern. Ein derartiges Verlangen setzt die ordnungsgemäße Inanspruchnahme der Garantie voraus. In diesem Fall muss der Garant gemäß Art. 26 Abs. 1 URDG den Auftraggeber von dem Vorgang unterrichten und die – sonst grundsätzlich sofort fällige – Zahlung unter der Garantie für eine angemessene Zeit aussetzen, um den Parteien des Grundverhältnisses die Möglichkeit zu bieten, eine Einigung über das Verlängerungsverlangen zu erzielen. Sofern die Verhandlungen fehlschlagen, ist der Garant verpflichtet, nach Ablauf der angemessenen Frist auf die ordnungsgemäße Inanspruchnahme Zahlung an den Begünstigten zu leisten, braucht aber für die durch die Verzögerung bewirkten Zinsverluste und Kostennachteile des Begünstigten nicht einzustehen (Art. 26 Abs. 2 URDG). Nachdem der Begriff der angemessenen Zeit in den Richtlinien nicht konkretisiert wurde, lässt sich nicht ausschließen, dass in der Praxis die Bestimmung einer „angemessenen“ Zeit aufgrund der unterschiedlichen Interessenlage der Beteiligten zu Schwierigkeiten führt. Während der Begünstigte eher auf eine rasche Entscheidung über sein Alternativverlangen drängen dürfte, wird der Auftraggeber dazu neigen, der Verlängerung der Garantiefrist als dem geringeren Übel gegenüber der Zahlung den Vorzug zu geben und deshalb auf längere Entscheidungszeiten hinwirken.413 Letztlich werden jeweils die Gesamtumstände des Einzelfalles maßgebend sein, denen zur Vermeidung späterer Auseinandersetzungen, etwa durch die Aufnahme einer einvernehmlich festgelegten angemessenen Zeit in den Garantietext, Rechnung getragen werden könnte.414

5.

Verfallregelung

9/159 Die Art. 22 bis 25 URDG nennen verschiedene Kriterien, die für das Erlöschen der

Garantie maßgebend sein sollen. Neben einer – für die Wirksamkeit der Garantie nicht zwingend erforderlichen – Befristung kann die Vorlage bestimmter Dokumente vorgesehen werden. Sofern beide Alternativen in die Garantieerklärung aufgenommen werden, kommt es für den Verfall der Garantie auf das zuerst eintretende Ereignis an. Unabhängig davon kann die Garantie durch Zahlung, Rückgabe der Garantieurkunde oder Haftentlassung seitens des Begünstigten erlöschen. Es muss damit gerechnet werden, dass diese Regelung in der Praxis zu Schwierigkeiten führt. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Garantie ausländischem Recht unterliegt. In diesem Fall können einschlägige Rechtsnormen den Verfall-

413 von Westphalen RIW 1992, 961, 963 f.; Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/453 414 Hasse WM 1993, 1985, 1993.

492

X. Uniform Rules for Demand Guarantees der ICC

Neunter Abschnitt

regelungen der URDG entgegenstehen. Für den Garanten kann sich dieser Umstand nachteilig auswirken, da er nach Art. 25 URDG verpflichtet ist, den Auftraggeber von dem Erlöschen der Garantie nach Maßgabe der URDG zu unterrichten, obwohl die Garantie nach dem anwendbaren ausländischen Recht möglicherweise fortbesteht. Die URDG vermögen das jeweils geltende Recht nicht zu ändern.415 Eine ähnlich gelagerte Problematik kann bei dem Einsatz der (Sonder-)Bedingungen für das Avalgeschäft der Banken auftreten, wonach eine Ausbuchung von Garantien, die ausländischem Recht unterstellt sind, von der Rückgabe der Avalurkunde oder von der Haftentlassung durch den Begünstigten abhängig gemacht wird.

C.

Erstellung von indirekten Garantien

Im Verlauf der Beratungen zu den URDG wurden die zunächst unberücksichtigt 9/160 gebliebenen indirekten Garantien in die Regelungen einbezogen. Nach Art. 2c URDG, der die abstrakte Rechtsnatur der indirekten Garantie ausdrücklich feststellt, können auch indirekte Garantien den URDG unterliegen, sofern die Parteien dies ausdrücklich vereinbart haben. Da die Richtlinien in Ansehung der internationalen Gepflogenheiten insoweit nur unzureichend ausgebildet sind, reicht die bloße Bezugnahme auf die URDG grundsätzlich nicht aus.

1.

Garantieauftrag

Sofern der Garantieauftraggeber die Weisung erteilt, dass für die Garantie der 9/161 Zweitbank die URDG gelten sollen, muss die erstbeauftragte Bank darauf achten, dass – über die wirksame Vereinbarung der URDG für die eigene Garantieverpflichtung hinaus – die Garantie der Zweitbank ausdrücklich den URDG unterstellt wird und eine etwaige Inanspruchnahme die nach Art. 20a Abs. (i) und (ii) URDG vorgesehenen Erklärungen voraussetzt. Lehnt die Zweitbank eine Aufnahme dieser Elemente in ihre Garantie ab oder ist sie zur Aufnahme der Zusatzerklärungen nach Art. 20a Abs. (i) und (ii) URDG nicht bereit, muss der Garantieauftraggeber hiervon unverzüglich informiert und um Entscheidung gebeten werden, ob die Garantie der Zweitbank unter Verzicht auf die Geltung der URDG oder unter Ausschluss der Erklärungen nach Art. 20a Abs. (i) und (ii) URDG hinausgelegt werden kann. Bei Zustimmung sind in beiden Fällen die Absprachen zwischen der erstbeauftragten Bank und dem Garantieauftraggeber entsprechend anzupassen (vgl. Rdn. 9/153). Lässt sich ein Einverständnis nicht herbeiführen, ist die erstbeauftragte Bank unter rechtlichen Aspekten gehalten,

415 Berger DZWIR 1993, 1, 7.

493

Neunter Abschnitt

Bankgarantie

den Auftrag abzulehnen. Es empfiehlt sich, den Garantieauftraggeber von vornherein auf die Möglichkeit zeitlicher Verzögerungen aufmerksam zu machen und dabei darauf hinzuweisen, dass die damit verbundenen Risiken zu seinen Lasten gehen.

2.

Inanspruchnahme der Garantie

9/162 Eine ordnungsgemäße Inanspruchnahme der erstbeauftragten Bank setzt die Bestä-

tigung der Zweitbank voraus, dass deren Inanspruchnahme durch den Begünstigten in Übereinstimmung mit den Bedingungen ihrer Garantie sowie mit Art. 20 URDG erfolgt ist. Auch in diesem Fall besteht für die Zweitbank die Verpflichtung, die Zahlungsaufforderung des Begünstigten sowie die unter der Garantie vorzulegenden Dokumente der erstbeauftragten Bank zu übermitteln, die ihrerseits gehalten ist, die Dokumente – gegebenenfalls unter Geltendmachung des ihr gegen den Auftraggeber zustehenden Aufwendungsersatzanspruchs (Rdn. 9/87 ff.) – an letzteren weiterzuleiten. Mangels abweichender Vereinbarungen ist gemäß Art. 27 URDG das Recht am Geschäftssitz der erstbeauftragten Bank anwendbar. Ergänzend gilt nach Art. 28 URDG der Gerichtsstand des Landes, in welchem sich der Geschäftssitz der erstbeauftragten Bank befindet. Diese Regelung, die die rechtlichen Gegebenheiten des konkurrierenden Auftragsverhältnisses unberührt lässt,416 kann dazu führen, dass für deutsche Zweitbanken ausländisches Recht zur Anwendung gelangt und ein ausländischer Gerichtsstand gilt, weshalb es sich aus deren Sicht empfiehlt, die zu ihren Gunsten ausgestellte Rückgarantie dem deutschen Recht zu unterstellen und als Gerichtsstand den Geschäftssitz der Zweitbank zu vereinbaren. Für das Verlängerungsverlangen („Extend or pay“) gelten die Ausführungen zur Direktgarantie entsprechend (Rdn. 9/158), wobei zu beachten ist, dass die Voraussetzungen hierfür im Verhältnis des Begünstigten zur Zweitbank und im Verhältnis der Zweitbank zur erstbeauftragten Bank jeweils gesondert beurteilt werden müssen.

XI. Ausblick 9/163 Nach dem Scheitern der Richtlinien für Vertragsgarantien muss auch die Frage, ob

sich die URDG im internationalen Garantiegeschäft durchsetzen können, als offen angesehen werden. Die aufgezeigten Mängel und Unebenheiten lassen zumindest aus heutiger Sicht den Schluss zu, die Erfolgsaussichten dieses Regelwerkes als eher gering einzustufen. Eine verbreitete Anwendung der URDG ist in Deutschland nicht festzustellen, und auch in anderen Ländern haben die URDG – soweit

416 Nielsen/Joos in: BuB, Rdn. 5/455; Hasse WM 1993, 1985, 1988.

494

XI. Ausblick

Neunter Abschnitt

ersichtlich – nicht die Anerkennung erfahren, die etwa die ERA und die ERI für sich in Anspruch nehmen können. In den letzten Jahren wurden weitere Anläufe unternommen, allgemeine Regeln für die Abwicklung von Bankgarantien aufzustellen. Im Dezember 1995 hat die Vollversammlung der Vereinten Nationen die „United Nations Convention on Independent Guarantees and Stand-by Letters of Credit“ verabschiedet.417 Ob diese Konvention, die ähnlich wie die URDG wichtige Fragen, wie etwa die Rechtsverhältnisse zwischen den Beteiligten bei direkten und indirekten Garantien, nur unzureichend behandelt, die erforderliche internationale Anerkennung finden wird, ist ungewiss. Am 1.1.1999 sind die „Rules of Internationale Standby Practices – ISP98“418 in Kraft getreten. Da diese Richtlinien nach der Vorstellung der Verfasser auf jede unabhängige Zahlungsverpflichtung anwendbar sein sollen,419 kann damit auch das internationale Garantiegeschäft der Banken tangiert werden.420 Dies gilt jedoch nur dann, wenn die Bankgarantie gegen Vorlage von Dokumenten (Rdn. 9/22 ff.) ausnutzbar ist. Aufgrund der bereits an anderer Stelle (Rdn. 1/24, 8/11 ff.) aufgezeigten, für die Bankgarantie entsprechend geltenden Unzulänglichkeiten sollte von einer pauschalen Verwendung dieses Regelwerkes bei der Ausstellung von Bankgarantien abgesehen werden. Gegebenenfalls müsste im Einzelfall geprüft werden, ob und in welcher modifizierten Form die Einbeziehung einzelner Bestimmungen vertretbar erscheint. Ungeachtet dessen bestehen begründete Zweifel, ob sich die ISP98 im internationalen Garantiegeschäft durchsetzen werden, zumal vor dem Hintergrund der weltweit anerkannten Bankgarantie in der hier behandelten Form für den Einsatz dieser Richtlinien praktisch keine Notwendigkeit besteht. Die Praxis zeigt, dass selbst in den USA die Akzeptanz dieses Regelwerkes bislang gering ist. Auch künftig wird es nicht an Versuchen fehlen, die Bankgarantie in ihrer herkömmlichen Erscheinungsform zu reformieren. Allen Bemühungen, die im Ergebnis zu einem deutlichen Eingriff in die von den Vertragsparteien auf der Grundlage der Privatautonomie ausgehandelten Bedingungen führen, dürfte allerdings ein nachhaltiger Erfolg versagt bleiben. Für die am Außenhandel Beteiligten ist es besonders wichtig, im Zuge der Vertragsverhandlungen die Einzelhei-

417 Vgl. hierzu im einzelnen Horn RIW 1997, 717; Lienesch Internationale Bankgarantien und die UN-Konvention über unabhängige Garantien und Stand-by Letters of Credit, 1999; Heidbüchel Das UNCITRAL-Übereinkommen über unabhängige Garantien und Stand-by Letters of Credit: Vergleiche mit den Richtlinien der Internationalen Handelskammer, dem deutschen, englischen und US-amerikanischen Recht, 1999; s.a. Rdn. 8/23. 418 ICC-Publ. Nr. 590. 419 Vgl. ICC-Publ. Nr. 590, Vorwort, S. 7: „. . . the ISP will apply to any independent undertaking issued subject to it“. 420 S. hierzu die vergleichende Gegenüberstellung der praxisrelevanten Elemente der internationalen Bankgarantie, der ERA und der ISP98 bei Nielsen WM 1999, 2005 ff.; vgl. a. Haas ZBB 1999, 301 ff.

495

Neunter Abschnitt

Bankgarantie

ten einer erforderlich werdenden Bankgarantie mit der gebotenen Sorgfalt selbst festzulegen. Hierbei steht erfahrungsgemäß die Liquiditätsfunktion der Bankgarantie im Vordergrund. Jeder Eingriff in diesen Bereich muss sich zwangsläufig auf die Ausgestaltung der sonstigen Zahlungsbedingungen auswirken und bleibt – wie vereinzelt auftretende Tendenzen zeigen – auf die Abwicklung des gesamten internationalen Garantiegeschäfts nicht ohne negativen Einfluss.421 9/164 Die Bank wird, sofern die kreditmäßigen und sonstigen Voraussetzungen für die

Avalübernahme gegeben sind, grundsätzlich die Bankgarantie so stellen, wie sie von ihrem Kunden in Auftrag gegeben wird. Inhaltlich richtet sich der Auftrag des Kunden nach den zwischen den Parteien des Außenhandelsgeschäfts ausgehandelten Modalitäten. Hierbei spielen erfahrungsgemäß nicht nur Gesichtspunkte des Rechts und der Zweckmäßigkeit, sondern auch die jeweilige Verhandlungsstärke der beteiligten Partner eine nicht unwesentliche Rolle. Das den jeweiligen Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragende Ergebnis lässt sich durch übergreifende Reformen nicht ohne weiteres ändern.

421 Nielsen in: Bankrechts-Handbuch, § 121 Rdn. 5.

496

Anhang Übersicht I. Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive ERA 600 (Revision 2007) – ICC-Publikation Nr. 600 . . . . . . . . . . . . . . . . . .

498

II. Einheitliche Richtlinien für Inkassi ERI 522 (Revision 1995) – ICC-Publikation Nr. 522 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

537

III. Einheitliche Richtlinien für auf Anfordern zahlbare Garantien – ICC-Publikation Nr. 458/1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

555

IV. Formulare für Bankgarantien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Direkte Bietungsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Direkte Anzahlungsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Direkte Vertragserfüllungsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . 4. Direkte Gewährleistungsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Konnossementsgarantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Garantieauftrag für Bietungsgarantie an ausländische Bank (indirekte Garantie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Garantieauftrag für Anzahlungsgarantie an ausländische Bank (indirekte Garantie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Garantieauftrag für Liefergarantie an ausländische Bank (indirekte Garantie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Garantieauftrag für Gewährleistungsgarantie an ausländische Bank (indirekte Garantie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

563 563 564 565 566 567

. . . . .

568

. . . . .

569

. . . . .

571

. . . . .

572

V. Bedingungen für das Avalgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

573

497

Anhang

10/1 I.

Dokumenten-Akkreditive

Einheitliche Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive ERA 600*

* Die Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumentenakkreditive (ERA) wurden erstmals 1933 veröffentlicht. Sie wurden 1951, 1962, 1974, 1983 und 1993 herausgegeben. * Die vorliegende Revision wurde im November 2006 vom ICC Executive Board angenommen und erstmalig im Dezember 2006 als ICC-Publikation Nr. 600 veröffentlicht. * Die in englischer Sprache gehaltene Version der Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für Dokumenten-Akkreditive gilt als offizieller Text der Regeln. Die Überschriften der Artikel dienen lediglich der Referenz. Sollte die vorliegende Übersetzung mit der englischen Fassung im Widerspruch stehen, so hat letztere Fassung Vorrang.

498

Anhang

Documentary Credits Article 1

Artikel 1

Application of UCP

Anwendbarkeit der ERA

The Uniform Customs and Practice for Documentary Credits, 2007 Revision, ICC Publication no. 600 (“UCP”) are rules that apply to any documentary credit (“credit”) (including, to the extent to which they may be applicable, any standby letter of credit) when the text of the credit expressly indicates that it is subject to these rules. They are binding on all parties thereto unless expressly modified or excluded by the credit.

Die Einheitlichen Richtlinien und Gebräuche für DokumentenAkkreditive, Revision 2007, ICC-Publikation Nr. 600 („ERA“), sind Regeln, die für jedes Dokumenten-Akkreditiv („Akkreditiv“) gelten (einschließlich, soweit anwendbar, für jeden Standby Letter of Credit), wenn der Wortlaut des Akkreditivs ausdrücklich besagt, dass es diesen Regeln unterliegt. Sie sind für alle Beteiligten bindend, soweit sie im Akkreditiv nicht ausdrücklich geändert oder ausgeschlossen sind.

Article 2

Artikel 2

Definitions

Definitionen

For the purpose of these rules:

Im Sinne dieser Regeln bedeutet:

Advising bank means the bank that advises the credit at the request of the issuing bank.

avisierende Bank die Bank, die das Akkreditiv im Auftrag der eröffnenden Bank avisiert;

Applicant means the party on whose request the credit is issued.

Auftraggeber die Partei, in deren Auftrag das Akkreditiv eröffnet wurde;

Banking day means a day on which a bank is regularly open at the place at which an act subject to these rules is to be performed.

Bankarbeitstag ein Tag, an dem eine Bank an dem Ort, an dem eine Handlung unter diesen Regeln auszuführen ist, üblicherweise geöffnet ist;

Beneficiary means the party in whose favour a credit is issued.

Begünstigter die Partei, zu deren Gunsten das Akkreditiv eröffnet ist;

Complying presentation means a presentation that is in accordance with the terms and conditions of the credit, the applicable provisions of these rules and international standard banking practice.

konforme Dokumentenvorlage eine Dokumentenvorlage in Übereinstimmung mit den Akkreditiv-Bedingungen, den anwendbaren Bestimmungen dieser Regeln und dem Standard internationaler Bankpraxis;

Confirmation means a definite undertaking of the confirming bank, in addition to that of the issuing bank, to honour or negotiate a complying presentation.

Bestätigung eine feststehende Verpflichtung der bestätigenden Bank, zusätzlich zu derjenigen der eröffnenden Bank, eine konforme Dokumentenvorlage zu honorieren oder negoziieren;

Confirming bank means the bank that adds its confirmation to a credit upon the issuing bank’s authorization or request.

bestätigende Bank die Bank, die einem Akkreditiv aufgrund Ermächtigung oder im Auftrag der eröffnenden Bank ihre Bestätigung hinzufügt;

Credit means any arrangement, however named or described, that is irrevocable and thereby constitutes a definite undertaking of the issuing bank to honour a complying presentation.

Akkreditiv jede wie auch immer benannte oder bezeichnete Vereinbarung, die unwiderruflich ist und dadurch eine feststehende Verpflichtung der eröffnenden Bank begründet, eine konforme Dokumentenvorlage zu honorieren;

499

Anhang Honour means:

Dokumenten-Akkreditive Honorieren

a to pay at sight if the credit is available by sight payment.

a bei Sicht zu zahlen, wenn das Akkreditiv durch Sichtzahlung benutzbar ist,

b to incur a deferred payment undertaking and pay at maturity if the credit is available by deferred payment.

b eine Verpflichtung zur hinausgeschobenen Zahlung zu übernehmen und bei Fälligkeit zu zahlen, wenn das Ak kreditiv durch hinausgeschobene Zahlung benutzbar ist,

c to accept a bill of exchange (“draft”) drawn by the beneficiary and pay at maturity if the credit is available by acceptance.

c einen vom Begünstigten gezogenen Wechsel („Tratte“) zu akzeptieren und diesen bei Fälligkeit zu zahlen, wenn das Akkreditiv durch Akzeptleistung benutzbar ist;

Issuing bank means the bank that issues a credit at the request of an applicant or on its own behalf.

eröffnende Bank die Bank, die ein Akkreditiv im Auftrag des Auftraggebers oder in eigenem Interesse eröffnet;

Negotiation means the purchase by the nominated bank of drafts (drawn on a bank other than the nominated bank) and/or documents under a complying presentation, by advancing or agreeing to advance funds to the beneficiary on or before the banking day on which reimbursement is due to the nominated bank.

Negoziierung der Ankauf von Tratten (die auf eine andere Bank als die benannte Bank gezogen sind) und/oder von Dokumenten aus einer konformen Dokumentenvorlage durch die benannte Bank unter Vorleistung oder Übernahme einer Verpflichtung zur Vorleistung von Geldmitteln an den Begünstigten vor oder an dem Bankarbeitstag, an dem der Rembours an die benannte Bank fällig ist;

Nominated bank means the bank with which the credit is available or any bank in the case of a credit available with any bank.

benannte Bank die Bank, bei der das Akkreditiv benutzbar gestellt ist, oder im Fall eines Akkreditivs, das bei jeder Bank benutzbar gestellt ist, jede Bank.

Presentation means either the delivery of documents under a credit to the issuing bank or nominated bank or the documents so delivered.

Dokumentenvorlage entweder die Vorlage der Dokumente unter einem Akkreditiv bei der eröffnenden Bank oder der benannten Bank oder die vorgelegten Dokumente selbst;

Presenter means a beneficiary, bank or other party that makes a presentation.

Einreicher ein Begünstigter, eine Bank oder ein Dritter, der eine Dokumentenvorlage tätigt.

Article 3

Artikel 3

Interpretations

Auslegungen

For the purpose of these rules:

Im Sinne dieser Regeln gilt:

Where applicable, words in the singular include the plural and in the plural include the singular.

Wo immer anwendbar, schließen Worte im Singular den Plural ein, und Worte im Plural schließen den Singular ein.

A credit is irrevocable even if there is no indication to that effect.

Ein Akkreditiv ist selbst dann unwiderruflich, wenn es keine dementsprechende Angabe enthält.

500

Documentary Credits

Anhang

A document may be signed by handwriting, facsimile signature, perforated signature, stamp, symbol or any other mechanical or electronic method of authentication.

Ein Dokument kann handschriftlich, durch FaksimileUnterschrift, perforierte Unterschrift, Stempel, Symbol oder durch irgendeine andere mechanische oder elektronische Authentisierungsmethode unterzeichnet sein.

A requirement for a document to be legalized, visaed, certified or similar will be satisfied by any signature, mark, stamp or label on the document which appears to satisfy that requirement.

Eine Bedingung, wonach ein Dokument legalisiert, mit einem Sichtvermerk versehen, beglaubigt sein muss oder ähnliches, gilt als erfüllt durch irgendeine Unterschrift, ein Zeichen, einen Stempel oder Aufkleber auf dem Dokument, wodurch diese Bedingung erfüllt zu sein scheint.

Branches of a bank in different countries are considered to be separate banks.

Filialen einer Bank in unterschiedlichen Ländern gelten als separate Banken.

Terms such as "first class", "well known", "qualified", "independent", "official", "competent" or "local" used to describe the issuer of a document allow any issuer except the beneficiary to issue that document.

Begriffe wie „erstklassig“, „gut bekannt“, „qualifiziert“, „unabhängig“, „offiziell“, „kompetent“ oder „örtlich“, die zur Beschreibung eines Ausstellers eines Dokuments verwendet werden, lassen jeden Aussteller mit Ausnahme des Begünstigten für die Ausstellung dieses Dokuments zu.

Unless required to be used in a document, words such as "prompt", "immediately" or "as soon as possible" will be disregarded.

Worte wie „prompt“, „unverzüglich“ oder „baldmöglichst“ werden nicht beachtet, soweit nicht gefordert ist, dass sie in einem Dokument zu verwenden sind.

The expression "on or about" or similar will be interpreted as a stipulation that an event is to occur during a period of five calendar days before until five calendar days after the specified date, both start and end dates included.

Der Begriff „am oder um den“ oder ähnliche Begriffe werden als eine Bestimmung ausgelegt, wonach ein Er eignis innerhalb eines Zeitraums von fünf Kalendertagen vor bis fünf Kalendertagen nach dem angegebenen Datum eintreten muss, wobei der erste und letzte Tag eingeschlossen sind.

The words "to", "until", "till", “from” and “between” when used to determine a period of shipment include the date or dates mentioned, and the words “before” and "after" exclude the date mentioned.

Die Worte „bis“, „bis zum“, „ab“ und „zwischen“ schließen, wenn sie zur Bestimmung einer Verladefrist verwendet werden, das angegebene Datum oder die angegebenen Daten ein, und die Worte „vor“ und „nach“ schließen das angegebene Datum aus.

The words “from” and "after" when used to determine a maturity date exclude the date mentioned.

Die Worte „ab“ und „nach“ schließen, wenn sie zur Bestimmung eines Fälligkeitsdatums verwendet werden, das angegebene Datum aus.

The terms "first half" and "second half" of a month shall be construed respectively as the 1st to the 15th and the 16th to the last day of the month, all dates inclusive.

Die Begriffe „erste Hälfte“ und „zweite Hälfte“ eines Monats bedeuten „1. bis 15. einschließlich“ bzw. „16. bis letzter Tag des Monats einschließlich“.

The terms "beginning", "middle" and "end" of a month shall be construed respectively as the 1st to the 10th, the 11th to the 20th and the 21st to the last day of the month, all dates inclusive.

Die Begriffe „Anfang“, „Mitte“ oder „Ende“ eines Monats bedeuten „1. bis 10. einschließlich“, „11. bis 20. einschließlich“ bzw. „21. bis letzter Tag des Monats einschließlich“.

501

Anhang

Dokumenten-Akkreditive

Article 4

Artikel 4

Credits v. Contracts

Akkreditive im Verhältnis zu Verträgen

a A credit by its nature is a separate transaction from the sale or other contract on which it may be based. Banks are in no way concerned with or bound by such contract, even if any reference whatsoever to it is included in the credit. Consequently, the undertaking of a bank to honour, to negotiate or to fulfil any other obligation under the credit is not subject to claims or defences by the applicant resulting from its relationships with the issuing bank or the beneficiary.

a Ein Akkreditiv ist seiner Natur nach ein von dem Kaufoder anderen Vertrag, auf dem es möglicherweise beruht, getrenntes Geschäft. Banken haben in keiner Hinsicht etwas mit einem solchen Vertrag zu tun und sind durch ihn auch nicht gebunden, selbst wenn im Akkreditiv irgendein Bezug darauf enthalten ist. Folglich ist die Verpflichtung einer Bank zu honorieren, negoziieren oder irgendeine andere Verpflichtung unter dem Akkreditiv zu erfüllen, nicht abhängig von Ansprüchen oder Einreden des Auftraggebers, die sich aus seinen Beziehungen zur eröffnenden Bank oder zum Begünstigten ergeben.

A beneficiary can in no case avail itself of the contractual relationships existing between banks or between the applicant and the issuing bank.

Ein Begünstigter kann sich keinesfalls auf die vertraglichen Beziehungen berufen, die zwischen den Banken oder zwischen dem Auftraggeber und der eröffnenden Bank bestehen.

b An issuing bank should discourage any attempt by the applicant to include, as an integral part of the credit, copies of the underlying contract, proforma invoice and the like.

b Eine eröffnende Bank sollte jedem Versuch des Auftraggebers, Kopien des zugrunde liegenden Vertrags, Proforma-Rechnung und Ähnliches als integralen Bestandteil des Akkreditivs aufzunehmen, entgegentreten.

Article 5

Artikel 5

Documents v. Goods, Services or Performance

Dokumente im Verhältnis zu Waren, Dienstleistungen oder Leistungen

Banks deal with documents and not with goods, services or performance to which the documents may relate.

Banken befassen sich mit Dokumenten und nicht mit Waren, Dienstleistungen oder Leistungen, auf die sich die Dokumente möglicherweise beziehen.

Article 6

Artikel 6

Availability, Expiry Date and Place for Presentation

Benutzbarkeit, Verfalldatum und Ort für die Dokumentenvorlage

a A credit must state the bank with which it is available or whether it is available with any bank. A credit available with a nominated bank is also available with the issuing bank.

502

a Ein Akkreditiv muss die Bank angeben, bei der es benutzbar ist, oder, ob es bei jeder Bank benutzbar ist. Ein bei einer benannten Bank benutzbares Akkreditiv ist auch bei der eröffnenden Bank benutzbar.

Anhang

Documentary Credits b A credit must state whether it is available by sight payment, deferred payment, acceptance or negotiation.

b Ein Akkreditiv muss angeben, ob es durch Sichtzahlung, hinausgeschobene Zahlung, Akzeptleistung oder Negoziierung benutzbar ist.

c A credit must not be issued available by a draft drawn on the applicant.

c Ein Akkreditiv darf nicht durch eine Tratte gezogen auf den Auftraggeber benutzbar gestellt sein.

d i.

A credit must state an expiry date for presentation. An expiry date stated for honour or negotiation will be deemed to be an expiry date for presentation.

d i.

Ein Akkreditiv muss ein Verfalldatum für die Dokumentenvorlage angeben. Ein für die Honorierung oder Negoziierung angegebenes Verfalldatum gilt als Verfalldatum für die Dokumentenvorlage.

ii.

The place of the bank with which the credit is available is the place for presentation. The place for presentation under a credit available with any bank is that of any bank. A place for presentation other than that of the issuing bank is in addition to the place of the issuing bank.

ii.

Der Ort der Bank, bei der das Akkreditiv benutzbar ist, ist der Ort für die Dokumentenvorlage. Der Ort für die Dokumentenvorlage unter einem bei jeder Bank benutzbaren Akkreditiv ist der Ort jeder Bank. Ein Ort für die Dokumentenvorlage, der vom Ort der eröffnenden Bank abweicht, gilt zusätzlich zum Ort der eröffnenden Bank.

e Except as provided in sub-article 29 (a), a presentation by or on behalf of the beneficiary must be made on or before the expiry date.

e Vorbehaltlich der Bestimmung von Artikel 29 (a) muss eine Dokumentenvorlage durch oder für den Begünstigten am oder vor dem Verfalldatum erfolgen.

Article 7

Artikel 7

Issuing Bank Undertaking

Verpflichtung der eröffnenden Bank

a Provided that the stipulated documents are presented to the nominated bank or to the issuing bank and that they constitute a complying presentation, the issuing bank must honour if the credit is available by: i.

sight payment, deferred payment or acceptance with the issuing bank;

a Werden die vorgeschriebenen Dokumente der benannten Bank oder der eröffnenden Bank vorgelegt und stellen eine konforme Dokumentenvorlage dar, muss die eröffnende Bank honorieren, wenn das Akkreditiv benutzbar ist durch: i.

Sichtzahlung, hinausgeschobene Zahlung oder Akzeptleistung bei der eröffnenden Bank;

ii. sight payment with a nominated bank and that nominated bank does not pay;

ii. Sichtzahlung bei einer benannten Bank und diese benannte Bank nicht zahlt;

iii. deferred payment with a nominated bank and that nominated bank does not incur its deferred payment undertaking or, having incurred its deferred payment undertaking, does not pay at maturity;

iii. hinausgeschobene Zahlung bei einer benannten Bank und diese benannte Bank keine Verpflichtung zur hinausgeschobenen Zahlung übernimmt oder, falls sie eine Verpflichtung zur hinausgeschobenen Zahlung übernommen hat, bei Fälligkeit nicht zahlt;

503

Anhang

Dokumenten-Akkreditive

iv. acceptance with a nominated bank and that nominated bank does not accept a draft drawn on it or, having accepted a draft drawn on it, does not pay at maturity;

iv. Akzeptleistung bei der benannten Bank und diese benannte Bank eine auf sie gezogene Tratte nicht akzeptiert oder, nachdem sie die Tratte akzeptiert hat, bei Fälligkeit nicht zahlt;

v.

v.

negotiation with a nominated bank and that nominated bank does not negotiate.

Negoziierung bei einer benannten Bank und diese benannte Bank nicht negoziiert.

b An issuing bank is irrevocably bound to honour as of the time it issues the credit.

b Eine eröffnende Bank ist ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Akkreditivs unwiderruflich zur Honorierung verpflichtet.

c An issuing bank undertakes to reimburse a nominated bank that has honoured or negotiated a complying presentation and forwarded the documents to the issuing bank. Reimbursement for the amount of a complying presentation under a credit available by acceptance or deferred payment is due at maturity, whether or not the nominated bank prepaid or purchased before maturity. An issuing bank's undertaking to reimburse a nominated bank is independent of the issuing bank’s undertaking to the beneficiary.

c Eine eröffnende Bank verpflichtet sich, die benannte Bank, die eine konforme Dokumentenvorlage honoriert oder negoziiert und die Dokumente an die eröffnende Bank versandt hat, zu remboursieren. Rembours in Höhe des Betrags der konformen Dokumentenvorlage unter einem Akkreditiv, das durch Akzeptleistung oder hinausgeschobene Zahlung benutzbar ist, ist bei Fälligkeit zu leisten, unabhängig davon, ob die benannte Bank vor Fälligkeit gezahlt oder angekauft hat. Die Verpflichtung der eröffnenden Bank, die benannte Bank zu remboursieren, ist unabhängig von der Verpflichtung der eröffnenden Bank gegenüber dem Begünstigten.

Article 8

Artikel 8

Confirming Bank Undertaking

Verpflichtung der bestätigenden Bank

a Provided that the stipulated documents are presented to the confirming bank or to any other nominated bank and that they constitute a complying presentation, the confirming bank must: i.

504

i.

honour, if the credit is available by a)

sight payment, deferred payment acceptance with the confirming bank;

a Werden die vorgeschriebenen Dokumente der bestätigenden Bank oder einer anderen benannten Bank vorgelegt und stellen eine konforme Dokumentenvorlage dar, muss die bestätigende Bank:

or

honorieren, wenn das Akkreditiv benutzbar ist durch a)

Sichtzahlung, hinausgeschobene Zahlung oder Akzeptleistung bei der bestätigenden Bank;

b) sight payment with another nominated bank and that nominated bank does not pay;

b) Sichtzahlung bei einer anderen benannten Bank und diese benannte Bank nicht zahlt;

c)

c)

deferred payment with another nominated bank and that nominated bank does not incur its deferred payment undertaking or, having incurred its deferred payment undertaking, does not pay at maturity;

hinausgeschobene Zahlung bei einer anderen benannten Bank und diese benannte Bank keine Verpflichtung zur hinausgeschobenen Zahlung übernimmt oder, falls sie eine Verpflichtung zur hinausgeschobenen Zahlung übernommen hat, bei Fälligkeit nicht zahlt;

Anhang

Documentary Credits d) acceptance with another nominated bank and that nominated bank does not accept a draft drawn on it or, having accepted a draft drawn on it, does not pay at maturity;

d) Akzeptleistung bei einer anderen benannten Bank und diese benannte Bank eine auf sie gezogene Tratte nicht akzeptiert oder, nachdem sie die Tratte akzeptiert hat, bei Fälligkeit nicht zahlt;

e) negotiation with another nominated bank and that nominated bank does not negotiate.

e) Negoziierung bei einer anderen benannten Bank und diese benannte Bank nicht negoziiert.

ii. negotiate, without recourse, if the credit is available by negotiation with the confirming bank.

ii. ohne Regress negoziieren, wenn das Akkreditiv durch Negoziierung bei der bestätigenden Bank benutzbar ist.

b A confirming bank is irrevocably bound to honour or negotiate as of the time it adds its confirmation to the credit.

b Eine bestätigende Bank ist ab dem Zeitpunkt der Hinzufügung ihrer Bestätigung zu dem Akkreditiv unwiderruflich zur Honorierung oder Negoziierung verpflichtet.

c A confirming bank undertakes to reimburse another nominated bank that has honoured or negotiated a complying presentation and forwarded the documents to the confirming bank. Reimbursement for the amount of a complying presentation under a credit available by acceptance or deferred payment is due at maturity, whether or not another nominated bank prepaid or purchased before maturity. A confirming bank's undertaking to reimburse another nominated bank is independent of the confirming bank’s undertaking to the beneficiary.

c Eine bestätigende Bank verpflichtet sich, eine andere benannte Bank, die eine konforme Dokumentenvorlage honoriert oder negoziiert und die Dokumente an die bestätigende Bank versandt hat, zu remboursieren. Rembours in Höhe des Betrags der konformen Dokumentenvorlage unter einem Akkreditiv, das durch Akzeptleistung oder hinausgeschobene Zahlung benutzbar ist, ist bei Fälligkeit zu leisten, unabhängig davon, ob die benannte Bank diesen Betrag vor Fälligkeit gezahlt oder angekauft hat. Die Verpflichtung einer bestätigenden Bank, eine andere benannte Bank zu remboursieren, ist unabhängig von der Verpflichtung der bestätigenden Bank gegenüber dem Begünstigten.

d If a bank is authorized or requested by the issuing bank to confirm a credit but is not prepared to do so, it must inform the issuing bank without delay and may advise the credit without confirmation.

d Wenn eine Bank von der eröffnenden Bank ermächtigt oder beauftragt ist, ein Akkreditiv zu bestätigen, hierzu aber nicht bereit ist, muss sie die eröffnende Bank unverzüglich davon unterrichten und kann das Akkreditiv ohne Bestätigung avisieren.

Article 9

Artikel 9

Advising of Credits and Amendments

Avisierung von Akkreditiven und Änderungen

a A credit and any amendment may be advised to a beneficiary through an advising bank. An advising bank that is not a confirming bank advises the credit and any amendment without any undertaking to honour or negotiate.

a Ein Akkreditiv und jegliche Änderung kann dem Begünstigten durch eine avisierende Bank avisiert werden. Eine avisierende Bank, die nicht bestätigende Bank ist, avisiert das Akkreditiv und jegliche Änderungen, ohne irgendeine Verpflichtung zu honorieren oder zu negoziieren.

505

Anhang

Dokumenten-Akkreditive

b By advising the credit or amendment, the advising bank signifies that it has satisfied itself as to the apparent authenticity of the credit or amendment and that the advice accurately reflects the terms and conditions of the credit or amendment received.

b Durch die Avisierung des Akkreditivs oder der Änderung gibt die avisierende Bank zu erkennen, dass sie sich der augenscheinlichen Echtheit des Akkreditivs oder der Änderung vergewissert hat und dass das Avis die Bedingungen des ihr zugegangenen Akkreditivs oder der ihr zugegangenen Änderung genau wieder gibt.

c An advising bank may utilize the services of another bank (“second advising bank”) to advise the credit and any amendment to the beneficiary. By advising the credit or amendment, the second advising bank signifies that it has satisfied itself as to the apparent authenticity of the advice it has received and that the advice accurately reflects the terms and conditions of the credit or amendment received.

c Eine avisierende Bank kann sich einer anderen Bank („zweite avisierende Bank“) zur Avisierung des Akkreditivs und jeglicher Änderung an den Begünstigten bedienen. Durch die Avisierung des Akkreditivs oder der Änderung gibt die zweite avisierende Bank zu erkennen, dass sie sich der augenscheinlichen Echtheit des bei ihr eingegangenen Avises vergewissert hat und dass ihr Avis die Bedingungen des ihr zugegangenen Akkreditivs oder der ihr zugegangenen Änderungen genau wieder gibt.

d A bank utilizing the services of an advising bank or second advising bank to advise a credit must use the same bank to advise any amendment thereto.

d Eine Bank, die sich der Dienste einer avisierenden oder zweiten avisierenden Bank zur Avisierung eines Akkreditivs bedient, muss dieselbe Bank zur Avisierung von jeder Änderung dazu benutzen.

e If a bank is requested to advise a credit or amendment but elects not to do so, it must so inform, without delay, the bank from which the credit, amendment or advice has been received.

e Wenn sich eine Bank, die mit der Avisierung eines Akkreditivs oder einer Änderung beauftragt ist, entschließt, dies nicht zu tun, muss sie darüber unverzüglich die Bank unterrichten, von der sie das Akkreditiv, die Änderung oder das Avis erhalten hat.

f If a bank is requested to advise a credit or amendment but cannot satisfy itself as to the apparent authenticity of the credit, the amendment or the advice, it must so inform, without delay, the bank from which the instructions appear to have been received. If the advising bank or second advising bank elects nonetheless to advise the credit or amendment, it must inform the beneficiary or second advising bank that it has not been able to satisfy itself as to the apparent authenticity of the credit, the amendment or the advice.

f Wenn eine Bank mit der Avisierung eines Akkreditivs oder einer Änderung beauftragt ist, sich jedoch nicht der augenscheinlichen Echtheit des Akkreditivs, der Änderung oder des Avises vergewissern kann, muss sie unverzüglich die Bank, von der sie den Auftrag erhalten zu haben scheint, davon unterrichten. Wenn die avisierende oder zweite avisierende Bank sich dennoch zur Avisierung des Akkreditivs oder der Änderung entschließt, muss sie den Begünstigten oder die zweite avisierende Bank davon unterrichten, dass sie sich nicht der augenscheinlichen Echtheit des Akkreditivs oder der Änderung oder des Avises vergewissern konnte.

506

Anhang

Documentary Credits Article 10

Artikel 10

Amendments

Änderungen

a Except as otherwise provided by article 38, a credit can neither be amended nor cancelled without the agreement of the issuing bank, the confirming bank, if any, and the beneficiary.

a Soweit Artikel 38 nichts anderes vorsieht, kann ein Akkreditiv ohne die Zustimmung der eröffnenden Bank, der möglicherweise vorhandenen bestätigenden Bank und des Begünstigten weder geändert noch annulliert werden.

b An issuing bank is irrevocably bound by an amendment as of the time it issues the amendment. A confirming bank may extend its confirmation to an amendment and will be irrevocably bound as of the time it advises the amendment. A confirming bank may, however, choose to advise an amendment without extending its confirmation and, if so, it must inform the issuing bank without delay and inform the beneficiary in its advice.

b Eine eröffnende Bank ist ab dem Zeitpunkt der Erstellung einer Änderung unwiderruflich an die Änderung gebunden. Eine bestätigende Bank kann ihre Bestätigung auf eine Änderung erstrecken und ist ab dem Zeitpunkt ihrer Avisierung der Änderung unwiderruflich verpflichtet. Eine bestätigende Bank kann jedoch dem Begünstigten eine Änderung auch avisieren, ohne ihre Bestätigung darauf zu erstrecken, und muss dann die eröffnende Bank unverzüglich und den Begünstigten in ihrer Avisierung unterrichten.

c The terms and conditions of the original credit (or a credit incorporating previously accepted amendments) will remain in force for the beneficiary until the beneficiary communicates its acceptance of the amendment to the bank that advised such amendment. The beneficiary should give notification of acceptance or rejection of an amendment. If the beneficiary fails to give such notification, a presentation that complies with the credit and to any not yet accepted amendment will be deemed to be notification of acceptance by the beneficiary of such amendment. As of that moment the credit will be amended.

c Die Bedingungen des ursprünglichen Akkreditivs (oder eines Akkreditivs mit zuvor angenommenen Änderungen) bleiben für den Begünstigten in Kraft, bis der Begünstigte seine Annahme der Änderung der Bank mitteilt, die ihm die Änderung avisiert hat. Der Begünstigte sollte mitteilen, ob er eine Änderung annimmt oder ablehnt. Wenn der Begünstigte diese Mitteilung unterlässt, gilt die Dokumentenvorlage, die dem Akkreditiv und jeglicher noch nicht angenommener Änderung entspricht, als Mitteilung der Annahme der Änderung durch den Begünstigten. Ab diesem Zeitpunkt ist das Akkreditiv geändert.

d A bank that advises an amendment should inform the bank from which it received the amendment of any notification of acceptance or rejection.

d Eine Bank, die eine Änderung avisiert, sollte die Bank, von der sie die Änderung erhalten hat, von jeglicher Mitteilung über die Annahme oder Ablehnung informieren.

e Partial acceptance of an amendment is not allowed and will be deemed to be notification of rejection of the amendment.

e Eine teilweise Annahme einer Änderung ist nicht erlaubt und gilt als Mitteilung über die Ablehnung der Änderung.

f A provision in an amendment to the effect that the amendment shall enter into force unless rejected by the beneficiary within a certain time shall be disregarded.

f Eine Bestimmung in einer Änderung des Inhalts, dass die Änderung wirksam werden soll, sofern der Begünstigte sie nicht binnen einer bestimmten Frist ablehnt, wird nicht beachtet.

507

Anhang

Dokumenten-Akkreditive

Article 11

Artikel 11

Teletransmitted and Pre-Advised Credits and Amendments

Akkreditive und Änderungen per Telekommunikation und Voravis

a An authenticated teletransmission of a credit or amendment will be deemed to be the operative credit or amendment, and any subsequent mail confirmation shall be disregarded.

a Eine authentisierte Telekommunikation eines Akkreditivs oder einer Änderung gilt als das operative Akkreditiv oder als die operative Änderungsmitteilung; eine darauf folgende briefliche Bestätigung wird nicht beachtet.

If a teletransmission states "full details to follow" (or words of similar effect), or states that the mail confirmation is to be the operative credit or amendment, then the teletransmission will not be deemed to be the operative credit or amendment. The issuing bank must then issue the operative credit or amendment without delay in terms not inconsistent with the teletransmission.

Wenn eine Telekommunikation den Hinweis „vollständige Einzelheiten folgen“ (oder Worte ähnlicher Bedeutung) enthält oder angibt, dass die briefliche Bestätigung das operative Akkreditiv oder die operative Änderungsmitteilung sein soll, dann wird die Telekommunikation nicht als das operative Akkreditiv oder die operative Änderungsmitteilung angesehen. Die eröffnende Bank muss dann unverzüglich das operative Akkreditiv oder die operative Änderungsmitteilung erstellen mit Bedingungen, die der Telekommunikation nicht widersprechen.

b A preliminary advice of the issuance of a credit or amendment (“pre-advice”) shall only be sent if the issuing bank is prepared to issue the operative credit or amendment. An issuing bank that sends a pre-advice is irrevocably committed to issue the operative credit or amendment, without delay, in terms not inconsistent with the pre-advice.

b Eine Voranzeige („Voravis“) über die Eröffnung oder Änderung eines Akkreditivs soll nur versendet werden, wenn die eröffnende Bank bereit ist, das operative Akkreditiv oder die operative Änderungsmitteilung zu erstellen. Die eröffnende Bank, die ein Voravis versendet, ist unwiderruflich verpflichtet, das operative Akkreditiv oder die operative Änderungsmitteilung unverzüglich, mit Bedingungen, die dem Voravis nicht widersprechen, zu erstellen.

Article 12

Artikel 12

Nomination

Nominierung

a Unless a nominated bank is the confirming bank, an authorization to honour or negotiate does not impose any obligation on that nominated bank to honour or negotiate, except when expressly agreed to by that nominated bank and so communicated to the beneficiary.

508

a Sofern die benannte Bank nicht die bestätigende Bank ist, begründet die Ermächtigung zu honorieren oder zu negoziieren, keine Verpflichtung der benannten Bank zur Honorierung oder Negoziierung, es sei denn, die benannte Bank hat diese ausdrücklich übernommen und dies dem Begünstigten mitgeteilt.

Anhang

Documentary Credits b By nominating a bank to accept a draft or incur a deferred payment undertaking, an issuing bank authorizes that nominated bank to prepay or purchase a draft accepted or a deferred payment undertaking incurred by that nominated bank.

b Durch die Benennung einer Bank zur Akzeptierung einer Tratte oder zur Übernahme einer Verpflichtung zur hinausgeschobenen Zahlung ermächtigt die eröffnende Bank diese benannte Bank, ihr Akzept oder ihre eingegangene Verpflichtung zur hinausgeschobenen Zahlung im Voraus zu zahlen oder anzukaufen.

c Receipt or examination and forwarding of documents by a nominated bank that is not a confirming bank does not make that nominated bank liable to honour or negotiate, nor does it constitute honour or negotiation.

c Erhalt oder Prüfung und Weiterleitung von Dokumenten durch eine benannte Bank, die keine bestätigende Bank ist, verpflichtet die benannte Bank nicht zur Honorierung oder Negoziierung, stellt aber auch keine Honorierung oder Negoziierung dar.

Article 13

Artikel 13

Bank-to-Bank Reimbursement Arrangements

Bank-zu-Bank Remboursvereinbarungen

a If a credit states that reimbursement is to be obtained by a nominated bank ("claiming bank") claiming on another party ("reimbursing bank"), the credit must state if the reimbursement is subject to the ICC rules for bank-to-bank reimbursements in effect on the date of issuance of the credit.

a Wenn ein Akkreditiv bestimmt, dass Rembours seitens der nominierten Bank („Rembours beanspruchende Bank“) durch Anforderung bei einer anderen Partei („Remboursbank“) erlangt werden soll, muss das Akkreditiv angeben, ob der Rembours den ICCRegeln für Bank-zu-Bank Rembourse unterliegen soll, die zum Zeitpunkt der Eröffnung des Akkreditivs in Kraft sind.

b If a credit does not state that reimbursement is subject to the ICC rules for bank-to-bank reimbursements, the following apply:

b Wenn ein Akkreditiv nicht angibt, dass der Rembours den ICC-Regeln für Bank-zu-Bank Rembourse unterliegt, gilt Folgendes:

i.

An issuing bank must provide a reimbursing bank with a reimbursement authorization that conforms with the availability stated in the credit. The reimbursement authorization should not be subject to an expiry date.

i.

Eine eröffnende Bank muss der Remboursbank eine Remboursermächtigung erteilen, die mit der Benutzbarkeit des Akkreditivs in Einklang steht. Die Remboursermächtigung sollte kein Verfalldatum tragen.

ii. A claiming bank shall not be required to supply a reimbursing bank with a certificate of compliance with the terms and conditions of the credit.

ii. Von einer Rembours beanspruchenden Bank soll nicht verlangt werden, der Remboursbank eine Bestätigung über die Erfüllung der Akkreditiv-Bedingungen zu übermitteln.

iii. An issuing bank will be responsible for any loss of interest, together with any expenses incurred, if reimbursement is not provided on first demand by a reimbursing bank in accordance with the terms and conditions of the credit.

iii. Eine eröffnende Bank haftet für jeglichen Zinsverlust sowie jegliche Auslagen, wenn der Rembours von der Remboursbank nicht auf erstes Anfordern gemäß den Akkreditiv-Bedingungen geleistet wird.

509

Anhang

Dokumenten-Akkreditive

iv. A reimbursing bank's charges are for the account of the issuing bank. However, if the charges are for the account of the beneficiary, it is the responsibility of an issuing bank to so indicate in the credit and in the reimbursement authorization. If a reimbursing bank's charges are for the account of the beneficiary, they shall be deducted from the amount due to a claiming bank when reimbursement is made. If no reimbursement is made, the reimbursing bank's charges remain the obligation of the issuing bank.

iv. Die Spesen der Remboursbank gehen zu Lasten der eröffnenden Bank. Wenn jedoch die Spesen zu Lasten des Begünstigten gehen, liegt es in der Verantwortung der eröffnenden Bank, einen entsprechenden Hinweis in das Akkreditiv und die Remboursermächtigung aufzunehmen. Wenn die Spesen der Remboursbank zu Lasten des Begünstigten gehen, müssen sie bei Leistung des Rembourses von dem an die Rembours beanspruchende Bank zu zahlenden Betrag abgezogen werden. Wenn kein Rembours geleistet wird, bleibt die eröffnende Bank für die Spesen der Remboursbank haftbar.

c An issuing bank is not relieved of any of its obligations to provide reimbursement if reimbursement is not made by a reimbursing bank on first demand.

c Eine eröffnende Bank wird von ihren Verpflichtungen zur Remboursleistung nicht befreit, wenn die Remboursbank nicht auf erstes Anfordern Rembours leistet.

Article 14

Artikel 14

Standard for Examination of Documents

Grundsatz der Dokumentenprüfung

a A nominated bank acting on its nomination, a confirming bank, if any, and the issuing bank must examine a presentation to determine, on the basis of the documents alone, whether or not the documents appear on their face to constitute a complying presentation.

a Eine benannte Bank, die gemäß ihrer Benennung handelt, eine möglicherweise vorhandene bestätigende Bank und die eröffnende Bank müssen die Dokumentenvorlage prüfen, um allein aufgrund der Dokumente zu entscheiden, ob die Dokumente ihrer äußeren Aufmachung nach eine konforme Dokumentenvorlage zu bilden scheinen.

b A nominated bank acting on its nomination, a confirming bank, if any, and the issuing bank shall each have a maximum of five banking days following the day of presentation to determine if a presentation is complying. This period is not curtailed or otherwise affected by the occurrence on or after the date of presentation of any expiry date or last day for presentation.

b Eine benannte Bank, die gemäß ihrer Benennung handelt, eine möglicherweise vorhandene bestätigende Bank und die eröffnende Bank haben jeweils maximal fünf Bankarbeitstage nach dem Tag der Dokumentenvorlage um zu entscheiden, ob eine Dokumentenvorlage konform ist. Dieser Zeitraum wird nicht verkürzt oder anderweitig beeinflusst von einem Verfalldatum oder letzten Tag für die Dokumentenvorlage an oder nach dem Tag der tatsächlichen Dokumentenvorlage.

c A presentation including one or more original transport documents subject to articles 19, 20, 21, 22, 23, 24 or 25 must be made by or on behalf of the beneficiary not later than 21 calendar days after the date of shipment as described in these rules, but in any event not later than the expiry date of the credit.

c Eine Dokumentenvorlage, die ein oder mehrere Original-Transportdokumente gemäß Artikeln 19, 20, 21, 22, 23, 24 oder 25 mit einschließt, muss von dem oder für den Begünstigten nicht später als 21 Kalendertage nach dem gemäß diesen Regeln bestimmten Verladedatum, aber in jedem Fall nicht später als an dem Verfalldatum des Akkreditivs vorgelegt werden.

510

Anhang

Documentary Credits d Data in a document, when read in context with the credit, the document itself and international standard banking practice, need not be identical to, but must not conflict with, data in that document, any other stipulated document or the credit.

d Angaben in einem Dokument, im Zusammenhang mit dem Akkreditiv, dem Dokument selbst und dem Standard internationaler Bankpraxis gelesen, müssen nicht identisch sein mit Angaben in diesem Dokument, irgendeinem anderen vorgeschriebenen Dokument oder dem Akkreditiv, dürfen damit aber auch nicht im Widerspruch stehen.

e In documents other than the commercial invoice, the description of the goods, services or performance, if stated, may be in general terms not conflicting with their description in the credit.

e In anderen Dokumenten als der Handelsrechnung kann die Beschreibung der Waren, Dienstleistungen oder Leistungen, soweit angegeben, in allgemeinen Begriffen gehalten sein, die nicht im Widerspruch zu ihrer Beschreibung im Akkreditiv stehen.

f If a credit requires presentation of a document other than a transport document, insurance document or commercial invoice, without stipulating by whom the document is to be issued or its data content, banks will accept the document as presented if its content appears to fulfil the function of the required document and otherwise complies with sub-article 14 (d).

f Wenn ein Akkreditiv die Vorlage eines anderen Dokuments als ein Transportdokument, Versicherungsdokument oder eine Handelsrechnung verlangt, ohne den Aussteller des Dokuments oder dessen Inhaltsmerkmale zu bestimmen, nehmen Banken das Dokument so an, wie es vorgelegt wird, wenn sein Inhalt die Funktion des verlangten Dokuments zu erfüllen scheint und im übrigen Artikel 14 (d) entspricht.

g A document presented but not required by the credit will be disregarded and may be returned to the presenter.

g Ein vorgelegtes Dokument, das in dem Akkreditiv nicht verlangt ist, wird nicht beachtet und kann dem Einreicher zurückgegeben werden.

h If a credit contains a condition without stipulating the document to indicate compliance with the condition, banks will deem such condition as not stated and will disregard it.

h Wenn ein Akkreditiv eine Bedingung enthält, ohne das zum Erfüllungsnachweis vorzulegende Dokument anzugeben, betrachten die Banken eine solche Bedingung als nicht angegeben und werden sie nicht beachten.

i

A document may be dated prior to the issuance date of the credit, but must not be dated later than its date of presentation.

i

Ein Dokument kann vor dem Ausstellungsdatum des Akkreditivs datiert sein, darf aber nicht später datiert sein als das Datum der Dokumentenvorlage.

j

When the addresses of the beneficiary and the applicant appear in any stipulated document, they need not be the same as those stated in the credit or in any other stipulated document, but must be within the same country as the respective addresses mentioned in the credit. Contact details (telefax, telephone, email and the like) stated as part of the beneficiary’s and the applicant’s address will be disregarded. However, when the address and contact details of the applicant appear as part of

j

Wenn die Adressen des Begünstigten und des Auftraggebers in einem vorgeschriebenen Dokument enthalten sind, müssen sie nicht den Adressen entsprechen, die im Akkreditiv und in einem anderen vorgeschriebenen Dokument angegeben sind, müssen aber in demselben Land angesiedelt sein wie die entsprechenden im Akkreditiv erwähnten Adressen. Kontaktdaten (Telefax, Telefon, E-Mail und Ähnliches), die als Teil der Adresse des Begünstigten und Auftraggebers genannt sind, werden nicht beachtet. Ist

511

Anhang

Dokumenten-Akkreditive

the consignee or notify party details on a transport document subject to articles 19, 20, 21, 22, 23, 24 or 25, they must be as stated in the credit.

jedoch die Adresse bzw. Kontaktdaten des Auftraggebers in einem Transportdokument gemäß Artikel 19, 20, 21, 22, 23, 24 oder 25 als Teil der Empfänger- oder „Notify-Address“-Angaben anzugeben, müssen sie den Akkreditiv-Bedingungen entsprechen.

k The shipper or consignor of the goods indicated on any document need not be the beneficiary of the credit.

k Der Ablader oder Absender der Waren in einem Dokument muss nicht der Akkreditiv-Begünstigte sein.

l

l

A transport document may be issued by any party other than a carrier, owner, master or charterer provided that the transport document meets the requirements of articles 19, 20, 21, 22, 23 or 24 of these rules.

Ein Transportdokument kann von jeder anderen Person als dem Frachtführer, Eigentümer, Master oder Charterer ausgestellt sein, vorausgesetzt, das Transportdokument erfüllt die Anforderungen der Artikel 19, 20, 21, 22, 23 oder 24 dieser Regeln.

Article 15

Artikel 15

Complying Presentation

Konforme Dokumentenvorlage

a When an issuing bank determines that a presentation is complying, it must honour.

a Wenn eine eröffnende Bank entscheidet, dass eine Dokumentenvorlage konform ist, muss sie honorieren.

b When a confirming bank determines that a presentation is complying, it must honour or negotiate and forward the documents to the issuing bank.

b Wenn eine bestätigende Bank entscheidet, dass eine Dokumentenvorlage konform ist, muss sie honorieren oder negoziieren und die Dokumente an die eröffnende Bank senden.

c When a nominated bank determines that a presentation is complying and honours or negotiates, it must forward the documents to the confirming bank or issuing bank.

c Wenn eine benannte Bank entscheidet, dass eine Dokumentenvorlage konform ist, und honoriert oder negoziiert, muss sie die Dokumente an die bestätigende Bank oder die eröffnende Bank senden.

Article 16

Artikel 16

Discrepant Documents, Waiver and Notice

Unstimmige Dokumente, Verzicht auf Geltendmachung der Unstimmigkeiten und Benachrichtigung

a When a nominated bank acting on its nomination, a confirming bank, if any, or the issuing bank determines that a presentation does not comply, it may refuse to honour or negotiate.

512

a Wenn eine benannte Bank, die gemäß ihrer Benennung handelt, eine möglicherweise vorhandene bestätigende Bank oder die eröffnende Bank entscheidet, dass eine Dokumentenvorlage nicht konform ist, kann sie ablehnen zu honorieren oder zu negoziieren.

Anhang

Documentary Credits b When an issuing bank determines that a presentation does not comply, it may in its sole judgement approach the applicant for a waiver of the discrepancies. This does not, however, extend the period mentioned in sub-article 14 (b).

b Wenn eine eröffnende Bank entscheidet, dass eine Dokumentenvorlage nicht konform ist, kann sie sich in eigenem Ermessen zwecks Verzichts auf Geltendmachung der Unstimmigkeiten („Verzicht“) an den Auftraggeber wenden. Dadurch verlängert sich jedoch nicht der in Artikel 14 (b) erwähnte Zeitraum.

c When a nominated bank acting on its nomination, a confirming bank, if any, or the issuing bank decides to refuse to honour or negotiate, it must give a single notice to that effect to the presenter.

c Wenn eine benannte Bank, die gemäß ihrer Benennung handelt, eine möglicherweise vorhandene bestätigende Bank oder die eröffnende Bank sich entscheidet, abzulehnen zu honorieren oder zu negoziieren, muss sie dem Einreicher eine einzige dementsprechende Mitteilung senden.

The notice must state:

Diese Mitteilung muss angeben,

i.

i.

that the bank is refusing to honour or negotiate; and

dass die Bank sich weigert zu honorieren oder zu negoziieren; und

ii. each discrepancy in respect of which the bank refuses to honour or negotiate; and

ii. jede Unstimmigkeit, wegen der sich die Bank weigert zu honorieren oder zu negoziieren; und

iii. a)

that the bank is holding the documents pending further instructions from the presenter; or b) that the issuing bank is holding the documents until it receives a waiver from the applicant and agrees to accept it, or receives further instructions from the presenter prior to agreeing to accept a waiver; or c) that the bank is returning the documents; or d) that the bank is acting in accordance with instructions previously received from the presenter.

iii. a) dass die Bank die Dokumente bis zum Erhalt weiterer Anweisungen vom Einreicher bei sich hält; oder b) dass die eröffnende Bank die Dokumente hält, bis sie einen Verzicht von dem Auftraggeber erhält und diesen annimmt oder vor ihrer Verzichtsannahme weitere Instruktionen von dem Einreicher erhält; oder c) dass die Bank die Dokumente zurücksendet; oder d) dass die Bank in Überstimmung mit vorher von dem Einreicher erhaltenen Weisungen handelt.

d The notice required in sub-article 16 (c) must be given by telecommunication or, if that is not possible, by other expeditious means no later than the close of the fifth banking day following the day of presentation.

d Die in Artikel 16 (c) verlangte Mitteilung muss durch Telekommunikation oder, wenn dies nicht möglich ist, auf anderem schnellen Weg nicht später als am Ende des fünften Bankarbeitstags nach dem Tag der Dokumentenvorlage erfolgen.

e A nominated bank acting on its nomination, a confirming bank, if any, or the issuing bank may, after providing notice required by sub-article 16 (c) (iii) a) or b), return the documents to the presenter at any time.

e Eine benannte Bank, die gemäß ihrer Benennung handelt, eine möglicherweise vorhandene bestätigende Bank oder die eröffnende Bank kann, nachdem sie die Mitteilung gemäß Artikel 16 (c) (iii) a) oder b) gemacht hat, die Dokumente jederzeit dem Einreicher zurücksenden.

513

Anhang

Dokumenten-Akkreditive

f If an issuing bank or a confirming bank fails to act in accordance with the provisions of this article, it shall be precluded from claiming that the documents do not constitute a complying presentation.

f Wenn eine eröffnende Bank oder eine bestätigende Bank nicht gemäß den Bestimmungen dieses Artikels handelt, kann sie nicht geltend machen, dass die Dokumente nicht konform vorliegen.

g When an issuing bank refuses to honour or a confirming bank refuses to honour or negotiate and has given notice to that effect in accordance with this article, it shall then be entitled to claim a refund, with interest, of any reimbursement made.

g Wenn eine eröffnende Bank sich weigert zu honorieren oder eine bestätigende Bank sich weigert zu honorieren oder zu negoziieren und eine dementsprechende Mitteilung gemäß diesem Artikel gemacht hat, dann ist sie berechtigt, Rückzahlung jedes geleisteten Rembourses zuzüglich Zinsen zu verlangen.

Article 17

Artikel 17

Original Documents and Copies

Originale und Kopien von Dokumenten

a At least one original of each document stipulated in the credit must be presented.

a Es ist mindestens ein Original von jedem im Akkreditiv vorgeschriebenen Dokument vorzulegen.

b A bank shall treat as an original any document bearing an apparently original signature, mark, stamp, or label of the issuer of the document, unless the document itself indicates that it is not an original.

b Eine Bank behandelt jedes Dokument als Original, das Originalunterschriften, Zeichen, Stempel oder Aufkleber des Ausstellers des Dokuments zu tragen scheint, es sei denn, das Dokument weist aus, kein Original zu sein.

c Unless a document indicates otherwise, a bank will also accept a document as original if it:

c Soweit sich aus einem Dokument nichts anderes ergibt, akzeptiert eine Bank auch ein Dokument als Original, wenn es

i.

appears to be written, typed, perforated or stamped by the document issuer’s hand; or

i.

vom Aussteller handschriftlich oder eigenhändig mit der Maschine geschrieben, perforiert oder gestempelt zu sein scheint; oder

ii. appears to be on the document issuer’s original stationery; or

ii. auf dem Originalbriefpapier des Ausstellers erstellt zu sein scheint; oder

iii. states that it is original, unless the statement appears not to apply to the document presented.

iii. angibt, dass es ein Original ist, es sei denn, diese Angabe scheint sich nicht auf das vorgelegte Dokument zu beziehen.

d If a credit requires presentation of copies of documents, presentation of either originals or copies is permitted.

d Wenn ein Akkreditiv die Vorlage von Kopien von Dokumenten verlangt, ist die Vorlage entweder von Originalen oder von Kopien zulässig.

e If a credit requires presentation of multiple documents by using terms such as "in duplicate", "in two fold" or "in two copies", this will be satisfied by the presentation of at least one original and the remaining number in copies, except when the document itself indicates otherwise.

e Wenn ein Akkreditiv die Vorlage von mehrfachen Exemplaren von Dokumenten durch Begriffe wie „doppelt“, „zweifach“ oder „zwei Exemplare“ verlangt, gilt dies als erfüllt, wenn mindestens ein Original und in verbleibender Anzahl Kopien vorgelegt werden, es sei denn, das Dokument gibt selbst etwas anderes an.

514

Anhang

Documentary Credits Article 18

Artikel 18

Commercial Invoice

Handelsrechnung

a A commercial invoice: i.

must appear to have been issued by the beneficiary (except as provided in article 38);

a Eine Handelsrechnung: i.

muss dem Anschein nach vom Begünstigten ausgestellt sein (vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 38);

ii. must be made out in the name of the applicant (except as provided in sub-article 38 (g));

ii. muss auf den Namen des Auftraggebers lauten (vorbehaltlich der Bestimmungen des Artikels 38 (g));

iii. must be made out in the same currency as the credit; and

iii. muss in der Währung des Akkreditivs aufgemacht sein; und

iv. need not be signed.

iv. braucht nicht unterzeichnet zu sein.

b A nominated bank acting on its nomination, a confirming bank, if any, or the issuing bank may accept a commercial invoice issued for an amount in excess of the amount permitted by the credit, and its decision will be binding upon all parties, provided the bank in question has not honoured or negotiated for an amount in excess of that permitted by the credit.

b Eine benannte Bank, die gemäß ihrer Benennung handelt, eine möglicherweise vorhandene bestätigende Bank oder die eröffnende Bank kann eine Handelsrechnung akzeptieren, die auf einen die Akkreditivsumme übersteigenden Betrag lautet, und ihre Entscheidung bindet alle Beteiligten, vorausgesetzt, die in Frage stehende Bank hat nicht für einen höheren Betrag honoriert oder negoziiert, als im Akkreditiv erlaubt ist.

c The description of the goods, services or performance in a commercial invoice must correspond with that appearing in the credit.

c Die Beschreibung der Waren, Dienstleistungen oder Leistungen in der Handelsrechnung muss mit der Beschreibung im Akkreditiv übereinstimmen.

Article 19

Artikel 19

Transport Document Covering at Least Two Different Modes of Transport

Transportdokument über mindestens zwei verschiedene Beförderungsarten

a A transport document covering at least two different modes of transport (multimodal or combined transport document), however named, must appear to: i.

indicate the name of the carrier and be signed by: • •

the carrier or a named agent for or on behalf of the carrier, or the master or a named agent for or on behalf of the master.

a Ein wie auch immer benanntes Transportdokument über mindestens zwei verschiedene Beförderungsarten (Dokument für multimodalen oder kombinierten Transport) muss dem Anschein nach: i.

den Namen des Frachtführers angeben und unterzeichnet sein vom • •

Frachtführer oder einem namentlich genannten Agenten für den Frachtführer, oder Master oder einem namentlich genannten Agenten für den Master.

515

Anhang

Dokumenten-Akkreditive

Any signature by the carrier, master or agent must be identified as that of the carrier, master or agent.

Jede Unterschrift des Frachtführers, Master oder Agenten muss als diejenige des Frachtführers, Master oder Agenten gekennzeichnet sein.

Any signature by an agent must indicate whether the agent has signed for or on behalf of the carrier or for or on behalf of the master.

Jede Unterschrift eines Agenten muss angeben, ob der Agent für den Frachtführer oder für den Master gezeichnet hat.

ii. indicate that the goods have been dispatched, taken in charge or shipped on board at the place stated in the credit, by:

ii. ausweisen, dass die Ware an dem im Akkreditiv vorgeschriebenen Ort versandt, übernommen oder an Bord verladen worden ist, und zwar durch:

• •

pre-printed wording, or a stamp or notation indicating the date on which the goods have been dispatched, taken in charge or shipped on board.

• •

vorgedruckten Wortlaut, oder Stempel oder Vermerk, der das Datum angibt, an dem die Ware versandt, übernommen oder an Bord verladen worden ist.

The date of issuance of the transport document will be deemed to be the date of dispatch, taking in charge or shipped on board, and the date of shipment. However, if the transport document indicates, by stamp or notation, a date of dispatch, taking in charge or shipped on board, this date will be deemed to be the date of shipment.

Das Ausstellungsdatum des Transportdokuments gilt als das Datum der Versendung, Übernahme oder Verladung an Bord und als das Verladedatum. Wenn jedoch das Transportdokument durch Stempel oder Vermerk ein Datum der Versendung, Übernahme oder Verladung an Bord angibt, gilt dieses Datum als das Verladedatum.

iii. indicate the place of dispatch, taking in charge or shipment and the place of final destination stated in the credit, even if:

iii. den Versand-, Übernahme- oder Verladeort und einen endgültigen Bestimmungsort gemäß dem Akkreditiv ausweisen, unabhängig davon, ob:

a)

the transport document states, in addition, a different place of dispatch, taking in charge or shipment or place of final destination, or

a)

das Transportdokument zusätzlich einen anderen Versand-, Übernahme- oder Verladeort oder endgültigen Bestimmungsort ausweist oder

b) the transport document contains the indication "intended" or similar qualification in relation to the vessel, port of loading or port of discharge.

b) das Transportdokument den Hinweis „intended“ oder einen ähnlichen Vorbehalt in Bezug auf das Schiff, den Verlade- oder Löschungshafen enthält.

iv. be the sole original transport document or, if issued in more than one original, be the full set as indicated on the transport document.

iv. das einzige Original des Transportdokuments oder, wenn es in mehr als einem Original ausgestellt ist, der im Transportdokument angegebene volle Satz sein.

v.

v.

contain terms and conditions of carriage or make reference to another source containing the terms and conditions of carriage (short form or blank back transport document). Contents of terms and conditions of carriage will not be examined.

516

die Beförderungsbedingungen enthalten oder auf eine andere Quelle verweisen, die diese Beförderungsbedingungen enthält (Kurzform- oder Blanko-Rückseite-Transportdokument); der Inhalt der Beförderungsbedingungen wird nicht geprüft.

Anhang

Documentary Credits vi. contain no indication that it is subject to a charter party.

vi. keinen Hinweis enthalten, dass es einer Charterpartie unterliegt.

b For the purpose of this article, transhipment means unloading from one means of conveyance and reloading to another means of conveyance (whether or not in different modes of transport) during the carriage from the place of dispatch, taking in charge or shipment to the place of final destination stated in the credit.

b Umladung im Sinne dieses Artikels bedeutet Ausladen aus einem Beförderungsmittel und Wiederverladen auf ein anderes Beförderungsmittel (derselben Beförderungsart oder einer anderen Beförderungsart) während des Transports vom Versand-, Übernahme- oder Verladeort zum endgültigen Bestimmungsort, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind.

c i.

c i.

A transport document may indicate that the goods will or may be transhipped provided that the entire carriage is covered by one and the same transport document.

ii. A transport document indicating that transhipment will or may take place is acceptable, even if the credit prohibits transhipment.

Ein Transportdokument darf vorsehen, dass Umladung der Ware stattfinden wird oder kann, vorausgesetzt, dass der gesamte Transport durch ein und dasselbe Transportdokument gedeckt ist.

ii. Ein Transportdokument, das vorsieht, dass Umladung stattfinden wird oder kann, ist aufnahmefähig, selbst wenn das Akkreditiv Umladung verbietet.

Article 20

Artikel 20

Bill of Lading

Konnossement

a A bill of lading, however named, must appear to: i.

indicate the name of the carrier and be signed by: • •

the carrier or a named agent for or on behalf of the carrier, or the master or a named agent for or on behalf of the master.

a Ein wie auch immer benanntes Konnossement muss dem Anschein nach: i.

den Namen des Frachtführers ausweisen und unterzeichnet sein vom • •

Frachtführer oder einem namentlich genannten Agenten für den Frachtführer, oder Master oder einem namentlich genannten Agenten für den Master.

Any signature by the carrier, master or agent must be identified as that of the carrier, master or agent.

Jede Unterschrift des Frachtführers, Master oder Agenten muss als diejenige des Frachtführers, Master oder Agenten gekennzeichnet sein.

Any signature by an agent must indicate whether the agent has signed for or on behalf of the carrier or for or on behalf of the master.

Jede Unterschrift eines Agenten muss angeben, ob der Agent für den Frachtführer oder für den Master gezeichnet hat.

ii. indicate that the goods have been shipped on board a named vessel at the port of loading stated in the credit by:

ii. ausweisen, dass die Ware an dem im Akkreditiv vorgeschriebenen Ort an Bord eines namentlich genannten Schiffes verschifft worden ist, und zwar durch:

517

Anhang • •

Dokumenten-Akkreditive

pre-printed wording, or an on board notation indicating the date on which the goods have been shipped on board.

• •

vorgedruckten Wortlaut, oder einen An-Bord-Vermerk, der das Datum angibt, an dem die Ware an Bord verladen worden ist.

The date of issuance of the bill of lading will be deemed to be the date of shipment unless the bill of lading contains an on board notation indicating the date of shipment, in which case the date stated in the on board notation will be deemed to be the date of shipment.

Das Ausstellungsdatum des Konnossements gilt als das Verladedatum, es sei denn, das Konnossement enthält einen An-Bord-Vermerk, der das Verladedatum angibt, wodurch das im AnBord-Vermerk angegebene Datum als das Verladedatum gilt.

If the bill of lading contains the indication "intended vessel" or similar qualification in relation to the name of the vessel, an on board notation indicating the date of shipment and the name of the actual vessel is required.

Weist das Konnossement den Hinweis „intended vessel“ oder eine ähnliche Einschränkung in Bezug auf den Namen des Schiffes aus, ist ein An-Bord-Vermerk, der das Verladedatum und den Namen des tatsächlich benutzten Schiffes ausweist, erforderlich.

iii. indicate shipment from the port of loading to the port of discharge stated in the credit.

iii. den Transport vom Verladehafen zum Löschungshafen, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind, ausweisen.

If the bill of lading does not indicate the port of loading stated in the credit as the port of loading, or if it contains the indication “intended” or similar qualification in relation to the port of loading, an on board notation indicating the port of loading as stated in the credit, the date of shipment and the name of the vessel is required. This provision applies even when loading on board or shipment on a named vessel is indicated by pre-printed wording on the bill of lading.

Wenn das Konnossement nicht den Verladehafen ausweist, der im Akkreditiv als Verladehafen vorgeschrieben ist oder wenn es den Hinweis „intended“ oder eine ähnliche Einschränkung in Bezug auf den Verladehafen enthält, ist ein An-Bord-Vermerk erforderlich, der den Verladehafen, wie er im Akkreditiv vorgeschrieben ist, das Verladedatum und den Namen des Schiffes angibt. Diese Bestimmung gilt auch, wenn die Verladung an Bord oder die Verschiffung auf einem namentlich genannten Schiff durch einen auf dem Konnossement vorgedruckten Wortlaut ausgewiesen ist.

iv. be the sole original bill of lading or, if issued in more than one original, be the full set as indicated on the bill of lading.

iv. das einzige Original des Transportdokuments oder, wenn es in mehr als einem Original ausgestellt ist, der im Transportdokument angegebene volle Satz sein.

v.

v.

contain terms and conditions of carriage or make reference to another source containing the terms and conditions of carriage (short form or blank back bill of lading). Contents of terms and conditions of carriage will not be examined.

vi. contain no indication that it is subject to a charter party.

518

die Beförderungsbedingungen enthalten oder auf eine andere Quelle verweisen, die diese Beförderungsbedingungen enthält (Kurzform- oder Blanko-Rückseite-Transportdokument); der Inhalt der Beförderungsbedingungen wird nicht geprüft.

vi. keinen Hinweis enthalten, dass es einer Charterpartie unterliegt.

Anhang

Documentary Credits b For the purpose of this article, transhipment means unloading from one vessel and reloading to another vessel during the carriage from the port of loading to the port of discharge stated in the credit.

b Umladung im Sinne dieses Artikels bedeutet Ausladen aus einem Schiff und Wiederverladen auf ein anderes Schiff während des Transports vom Verladehafen zum Bestimmungshafen, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind.

c i.

c i.

A bill of lading may indicate that the goods will or may be transhipped provided that the entire carriage is covered by one and the same bill of lading.

Ein Konnossement darf vorsehen, dass Umladung der Ware stattfinden wird oder kann, vorausgesetzt, dass der gesamte Transport durch ein und dasselbe Konnossement gedeckt ist.

ii. A bill of lading indicating that transhipment will or may take place is acceptable, even if the credit prohibits transhipment, if the goods have been shipped in a container, trailer or LASH barge as evidenced by the bill of lading.

ii. Wenn gemäß Angabe im Konnossement die Ware im Container, Anhänger oder „LASH“Leichter verladen ist, ist ein Konnossement, das ausweist, dass Umladung der Ware stattfinden kann oder wird, aufnahmefähig, selbst wenn das Akkreditiv Umladung verbietet.

d Clauses in a bill of lading stating that the carrier reserves the right to tranship will be disregarded.

d Klauseln in einem Konnossement, mit denen sich der Frachtführer das Recht zur Umladung vorbehält, werden nicht beachtet.

Article 21

Artikel 21

Non-Negotiable Sea Waybill

Nichtbegebbarer Seefrachtbrief

a A non-negotiable sea waybill, however named, must appear to: i.

indicate the name of the carrier and be signed by: • •

the carrier or a named agent for or on behalf of the carrier, or the master or a named agent for or on behalf of the master.

a Ein wie auch immer benannter Nichtbegebbarer Seefrachtbrief muss dem Anschein nach: i.

den Namen des Frachtführers ausweisen und unterzeichnet sein vom • •

Frachtführer oder einem namentlich genannten Agenten für den Frachtführer, oder Master oder einem namentlich genannten Agenten für den Master.

Any signature by the carrier, master or agent must be identified as that of the carrier, master or agent.

Jede Unterschrift des Frachtführers, Master oder Agenten muss als diejenige des Frachtführers, Master oder Agenten gekennzeichnet sein.

Any signature by an agent must indicate whether the agent has signed for or on behalf of the carrier or for or on behalf of the master.

Jede Unterschrift eines Agenten muss angeben, ob der Agent für den Frachtführer oder für den Master gezeichnet hat.

519

Anhang ii. indicate that the goods have been shipped on board a named vessel at the port of loading stated in the credit by: • •

Dokumenten-Akkreditive ii. ausweisen, dass die Ware an dem im Akkreditiv vorgeschriebenen Ort an Bord eines namentlich genannten Schiffes verschifft worden ist, und zwar durch • •

pre-printed wording, or an on board notation indicating the date on which the goods have been shipped on board.

vorgedruckten Wortlaut, oder einen An-Bord-Vermerk, der das Datum angibt, an dem die Ware an Bord verladen worden ist.

The date of issuance of the non-negotiable sea waybill will be deemed to be the date of shipment unless the non-negotiable sea waybill contains an on board notation indicating the date of shipment, in which case the date stated in the on board notation will be deemed to be the date of shipment.

Das Ausstellungsdatum des Nichtbegebbaren Seefrachtbriefs gilt als das Verladedatum, es sei denn, der Nichtbegebbare Seefrachtbrief enthält einen An-Bord-Vermerk, der das Verladedatum angibt, wodurch das im An-Bord-Vermerk angegebene Datum als das Verladedatum gilt.

If the non-negotiable sea waybill contains the indication "intended vessel" or similar qualification in relation to the name of the vessel, an on board notation indicating the date of shipment and the name of the actual vessel is required.

Weist der Nichtbegebbare Seefrachtbrief den Vermerk „intended vessel“ oder eine ähnliche Einschränkung in Bezug auf den Namen des Schiffes aus, ist ein An-Bord-Vermerk, der das Verladedatum und den Namen des tatsächlich benutzten Schiffes ausweist, erforderlich.

iii. indicate shipment from the port of loading to the port of discharge stated in the credit.

iii. den Transport vom Verladehafen zum Löschungshafen, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind, ausweisen.

If the non-negotiable sea waybill does not indicate the port of loading stated in the credit as the port of loading, or if it contains the indication “intended” or similar qualification in relation to the port of loading, an on board notation indicating the port of loading as stated in the credit, the date of shipment and the name of the vessel is required. This provision applies even when loading on board or shipment on a named vessel is indicated by pre-printed wording on the non-negotiable sea waybill.

Wenn der Nichtbegebbare Seefrachtbrief nicht den Verladehafen ausweist, der im Akkreditiv als Verladehafen vorgeschrieben ist, oder wenn er den Hinweis „intended“ oder eine ähnliche Einschränkung in Bezug auf den Verladehafen enthält, ist ein An-Bord-Vermerk erforderlich, der den Verladehafen, wie er im Akkreditiv vorgeschrieben ist, das Verladedatum und den Namen des Schiffes angibt. Diese Bestimmung gilt auch, wenn die Verladung an Bord oder die Verschiffung auf einem namentlich genannten Schiff durch einen auf dem Konnossement vorgedruckten Wortlaut ausgewiesen ist.

iv. be the sole original non-negotiable sea waybill or, if issued in more than one original, be the full set as indicated on the non-negotiable sea waybill.

iv. das einzige Original des Transportdokuments oder, wenn es in mehr als einem Original ausgestellt ist, der im Transportdokument angegebene volle Satz sein.

v.

v.

contain terms and conditions of carriage or make reference to another source containing

520

die Beförderungsbedingungen enthalten oder auf eine andere Quelle verweisen, die diese Be-

Anhang

Documentary Credits the terms and conditions of carriage (short form or blank back non-negotiable sea waybill). Contents of terms and conditions of carriage will not be examined.

förderungsbedingungen enthält (Kurzform- oder Blanko-Rückseite-Transportdokument). Der Inhalt der Beförderungsbedingungen wird nicht geprüft.

vi. contain no indication that it is subject to a charter party.

vi. keinen Hinweis enthalten, dass es einer Charterpartie unterliegt.

b For the purpose of this article, transhipment means unloading from one vessel and reloading to another vessel during the carriage from the port of loading to the port of discharge stated in the credit.

b Umladung im Sinne dieses Artikels bedeutet Ausladen aus einem Schiff und Wiederverladen auf ein anderes Schiff während des Transports vom Verladehafen zum Bestimmungshafen, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind.

c i.

c i.

A non-negotiable sea waybill may indicate that the goods will or may be transhipped provided that the entire carriage is covered by one and the same non-negotiable sea waybill.

Ein Nichtbegebbarer Seefrachtbrief darf vorsehen, dass Umladung der Ware stattfinden wird oder kann, vorausgesetzt, dass der gesamte Transport durch ein und denselben Nichtbegebbaren Seefrachtbrief gedeckt ist.

ii. A non-negotiable sea waybill indicating that transhipment will or may take place is acceptable, even if the credit prohibits transhipment, if the goods have been shipped in a container, trailer or LASH barge as evidenced by the nonnegotiable sea waybill.

ii. Wenn gemäß Angabe im Nichtbegebbaren Seefrachtbrief die Ware im Container, Anhänger oder „LASH“-Leichter verladen ist, ist ein Nichtbegebbarer Seefrachtbrief, der ausweist, dass Umladung der Ware stattfinden kann oder wird, aufnahmefähig, selbst wenn das Akkreditiv Umladung verbietet.

d Clauses in a non-negotiable sea waybill stating that the carrier reserves the right to tranship will be disregarded.

d Klauseln im Nichtbegebbaren Seefrachtbrief, mit der sich der Frachtführer das Recht zur Umladung vorbehält, werden nicht beachtet.

Article 22

Artikel 22

Charter Party Bill of Lading

Charterpartie-Konnossement

a A bill of lading, however named, containing an indication that it is subject to a charter party (charter party bill of lading), must appear to: i.

be signed by: • • •

the master or a named agent for or on behalf of the master, or the owner or a named agent for or on behalf of the owner, or the charterer or a named agent for or on behalf of the charterer.

a Ein wie auch immer benanntes Konnossement, das einen Hinweis enthält, dass es einer Charterpartie unterliegt (Charterpartie-Konnossement), muss dem Anschein nach: i.

unterzeichnet sein vom: • • •

Master oder einem namentlich genannten Agenten für den Master, oder Schiffseigner oder einem namentlich genannten Agenten für den Schiffseigner, oder Charterer oder einem namentlich genannten Agenten für den Charterer.

521

Anhang

Dokumenten-Akkreditive

Any signature by the master, owner, charterer or agent must be identified as that of the master, owner, charterer or agent.

Jede Unterschrift des Master, Eigentümers, Charterer oder Agenten muss als diejenige des Master, Eigentümers, Charterer oder Agenten gekennzeichnet sein.

Any signature by an agent must indicate whether the agent has signed for or on behalf of the master, owner or charterer.

Jede Unterschrift des Agenten muss angeben, ob der Agent für den Master, Eigentümer oder Charterer gezeichnet hat.

An agent signing for or on behalf of the owner or charterer must indicate the name of the owner or charterer.

Ein Agent, der für einen Eigentümer oder Charterer zeichnet, muss den Namen des Eigentümers oder Charterer angeben.

ii. indicate that the goods have been shipped on board a named vessel at the port of loading stated in the credit by:

ii. ausweisen, dass die Ware an dem im Akkreditiv vorgeschriebenen Ort an Bord eines namentlich genannten Schiffes verschifft worden ist, und zwar durch:

• •

pre-printed wording, or an on board notation indicating the date on which the goods have been shipped on board.

• •

vorgedruckten Wortlaut, oder einen An-Bord-Vermerk, der das Datum angibt, an dem die Ware an Bord verladen worden ist.

The date of issuance of the charter party bill of lading will be deemed to be the date of shipment unless the charter party bill of lading contains an on board notation indicating the date of shipment, in which case the date stated in the on board notation will be deemed to be the date of shipment.

Das Ausstellungsdatum des CharterpartieKonnossements gilt als das Verladedatum, es sei denn, das Charterpartie-Konnossement enthält einen An-Bord-Vermerk, der das Verladedatum angibt, wodurch das im An-BordVermerk angegebene Datum als das Verladedatum gilt.

iii. indicate shipment from the port of loading to the port of discharge stated in the credit. The port of discharge may also be shown as a range of ports or a geographical area, as stated in the credit.

iii. den Transport vom Verladehafen zum Löschungshafen, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind, ausweisen; der Löschungshafen kann auch in der Form mehrerer Häfen oder einer geografischen Region ausgewiesen sein, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind.

iv. be the sole original charter party bill of lading or, if issued in more than one original, be the full set as indicated on the charter party bill of lading.

iv. das einzige Original des Transportdokuments oder, wenn es in mehr als einem Original ausgestellt ist, der im Transportdokument angegebene volle Satz sein.

b A bank will not examine charter party contracts, even if they are required to be presented by the terms of the credit.

b Banken prüfen Charterpartie-Verträge nicht, selbst wenn sie nach den Akkreditiv-Bedingungen vorzulegen sind.

522

Anhang

Documentary Credits Article 23

Artikel 23

Air Transport Document

Lufttransportdokument

a An air transport document, however named, must appear to: i.

indicate the name of the carrier and be signed by: • •

a Ein wie auch immer benanntes Lufttransportdokument muss dem Anschein nach: i.

den Namen des Frachtführers angeben und unterzeichnet sein vom: • •

the carrier, or a named agent for or on behalf of the carrier.

Frachtführer, oder einem namentlich genannten Agenten für den Frachtführer.

Any signature by the carrier or agent must be identified as that of the carrier or agent.

Jede Unterschrift des Frachtführers oder Agenten muss als diejenige des Frachtführers oder Agenten gekennzeichnet sein.

Any signature by an agent must indicate that the agent has signed for or on behalf of the carrier.

Jede Unterschrift eines Agenten muss angeben, dass der Agent für den Frachtführer gezeichnet hat.

ii. indicate that the goods have been accepted for carriage.

ii. ausweisen, dass die Ware zur Beförderung angenommen worden ist.

iii. indicate the date of issuance. This date will be deemed to be the date of shipment unless the air transport document contains a specific notation of the actual date of shipment, in which case the date stated in the notation will be deemed to be the date of shipment.

iii. das Ausstellungsdatum ausweisen. Dieses Datum gilt als das Verladedatum, es sei denn, das Lufttransportdokument enthält einen speziellen, das tatsächliche Verladedatum ausweisenden Vermerk, wodurch das in diesem Vermerk ausgewiesene Datum als das Verladedatum gilt.

Any other information appearing on the air transport document relative to the flight number and date will not be considered in determining the date of shipment.

Sonstige Angaben, die auf dem Lufttransportdokument zu Flugnummer und Flugdatum erscheinen, werden für die Bestimmung des Verladedatums nicht beachtet.

iv. indicate the airport of departure and the airport of destination stated in the credit.

iv. den im Akkreditiv vorgeschriebenen Abflughafen und Bestimmungsflughafen ausweisen;

v.

v.

be the original for consignor or shipper, even if the credit stipulates a full set of originals.

vi. contain terms and conditions of carriage or make reference to another source containing the terms and conditions of carriage. Contents of terms and conditions of carriage will not be examined.

das für den Absender oder Ablader bestimmte Original sein, selbst wenn das Akkreditiv einen vollen Satz Originale vorschreibt.

vi. Beförderungsbedingungen enthalten oder auf eine andere Quelle verweisen, die diese Beförderungsbedingungen enthält. Der Inhalt der Beförderungsbedingungen wird nicht geprüft.

523

Anhang

Dokumenten-Akkreditive

b For the purpose of this article, transhipment means unloading from one aircraft and reloading to another aircraft during the carriage from the airport of departure to the airport of destination stated in the credit.

b Umladung im Sinne dieses Artikels bedeutet Ausladen aus einem Flugzeug und Wiederverladen auf ein anderes Flugzeug während des Transports vom Abflughafen zum Bestimmungsflughafen, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind.

c i.

c i.

An air transport document may indicate that the goods will or may be transhipped, provided that the entire carriage is covered by one and the same air transport document.

ii. An air transport document indicating that transhipment will or may take place is acceptable, even if the credit prohibits transhipment.

Ein Lufttransportdokument darf vorsehen, dass Umladung der Ware stattfinden wird oder kann, vorausgesetzt, dass der gesamte Transport durch ein und dasselbe Lufttransportdokument gedeckt ist.

ii. Ein Lufttransportdokument, das ausweist, dass Umladung der Ware stattfinden kann oder wird, ist aufnahmefähig, selbst wenn das Akkreditiv Umladung verbietet.

Article 24

Artikel 24

Road, Rail or Inland Waterway Transport Documents

Dokumente des Straßen-, Eisenbahn- oder Binnenschiffstransports

a A road, rail or inland waterway transport document, however named, must appear to: i.

524

indicate the name of the carrier and:

a Ein wie auch immer benanntes Straßen-, Eisenbahn- oder Binnenschiffs-Transportdokument muss dem Anschein nach: i.

den Namen des Frachtführers ausweisen und:



be signed by the carrier or a named agent for or on behalf of the carrier, or





indicate receipt of the goods by signature, stamp or notation by the carrier or a named agent for or on behalf of the carrier.



vom Frachtführer oder einem namentlich genannten Agenten für den Frachtführer unterzeichnet sein, oder den Empfang der Ware durch Unterschrift, Stempel oder Vermerk des Frachtführers oder eines namentlich genannten Agenten für den Frachtführer ausweisen.

Any signature, stamp or notation of receipt of the goods by the carrier or agent must be identified as that of the carrier or agent.

Jede(r) Unterschrift, Stempel oder Vermerk über den Empfang der Ware durch den Frachtführer oder Agenten muss als die-/derjenige des Frachtführers oder Agenten gekennzeichnet sein.

Any signature, stamp or notation of receipt of the goods by the agent must indicate that the agent has signed or acted for or on behalf of the carrier.

Jede(r) Unterschrift, Stempel oder Vermerk über den Empfang der Ware durch den Agenten muss angeben, dass der Agent für den Frachtführer gezeichnet oder gehandelt hat.

If a rail transport document does not identify the carrier, any signature or stamp of the rail-

Wenn ein Eisenbahn-Transportdokument den Frachtführer nicht identifiziert, ist jeder Unter-

Anhang

Documentary Credits way company will be accepted as evidence of the document being signed by the carrier.

schrift oder Stempel der Eisenbahngesellschaft als Nachweis dafür, dass das Dokument vom Frachtführer gezeichnet ist, akzeptabel.

ii. indicate the date of shipment or the date the goods have been received for shipment, dispatch or carriage at the place stated in the credit. Unless the transport document contains a dated reception stamp, an indication of the date of receipt or a date of shipment, the date of issuance of the transport document will be deemed to be the date of shipment.

ii. das Verladedatum oder das Datum ausweisen, an dem die Ware zur Verladung, Versendung oder Beförderung an dem im Akkreditiv vorgeschriebenen Ort in Empfang genommen worden ist. Sofern das Transportdokument nicht einen datierten Empfangsstempel oder eine Angabe des Empfangsdatums oder des Verladedatums enthält, gilt das Ausstellungsdatum des Transportdokuments als Verladedatum.

iii. indicate the place of shipment and the place of destination stated in the credit.

iii. den Verladeort und den Bestimmungsort, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind, ausweisen.

b i.

A road transport document must appear to be the original for consignor or shipper or bear no marking indicating for whom the document has been prepared.

b i.

Ein Straßen-Transportdokument muss dem Anschein nach das für den Absender oder Ablader bestimmte Original sein oder darf keinen Hinweis darauf enthalten, für wen das Dokument erstellt wurde.

ii. A rail transport document marked “duplicate” will be accepted as an original.

ii. Ein Eisenbahn-Transportdokument, das als „Duplikat“ gekennzeichnet ist, ist als Original aufnahmefähig.

iii. A rail or inland waterway transport document will be accepted as an original whether marked as an original or not.

iii. Ein Eisenbahn- oder Binnenschiffs-Transportdokument wird als ein Original akzeptiert, unabhängig davon, ob es als Original gekennzeichnet ist.

c In the absence of an indication on the transport document as to the number of originals issued, the number presented will be deemed to constitute a full set.

c Mangels Angabe der Zahl der ausgestellten Originale in dem Transportdokument gilt die Zahl der vorgelegten Dokumente als voller Satz.

d For the purpose of this article, transhipment means unloading from one means of conveyance and reloading to another means of conveyance, within the same mode of transport, during the carriage from the place of shipment, dispatch or carriage to the place of destination stated in the credit.

d Umladung im Sinne dieses Artikels bedeutet Ausladen aus einem Beförderungsmittel und Wiederverladen auf ein anderes Beförderungsmittel innerhalb derselben Transportart im Verlauf des Transports vom Ort der Verladung, Versendung oder Beförderung zum Bestimmungsort, wie sie im Akkreditiv vorgeschrieben sind.

e i.

e i.

A road, rail or inland waterway transport document may indicate that the goods will or may be transhipped provided that the entire carriage is covered by one and the same transport document.

Ein Dokument des Straßen-, Eisenbahn- oder Binnenschiffstransports darf ausweisen, dass Umladung der Ware stattfinden kann oder wird, vorausgesetzt, dass der gesamte Transport durch ein und dasselbe Transportdokument gedeckt ist.

525

Anhang ii. A road, rail or inland waterway transport document indicating that transhipment will or may take place is acceptable, even if the credit prohibits transhipment.

Dokumenten-Akkreditive ii. Ein Dokument des Straßen-, Eisenbahn- oder Binnenschiffstransports, das ausweist, dass Umladung stattfindet, ist aufnahmefähig, selbst wenn das Akkreditiv Umladung verbietet.

Article 25

Artikel 25

Courier Receipt, Post Receipt or Certificate of Posting

Kurierempfangsbestätigung, Posteinlieferungs-/ Postempfangsschein oder Postversandnachweis

a A courier receipt, however named, evidencing receipt of goods for transport, must appear to: i.

indicate the name of the courier service and be stamped or signed by the named courier service at the place from which the credit states the goods are to be shipped; and

a Eine wie auch immer benannte Kurierempfangsbestätigung, die den Empfang der Ware zum Transport ausweist, muss dem Anschein nach: i.

den Namen des Kurierdienstes ausweisen und durch einen namentlich genannten Kurierdienst an dem Ort, von dem das Akkreditiv den Versand der Ware vorschreibt, gestempelt oder unterzeichnet sein; und

ii. indicate a date of pick-up or of receipt or wording to this effect. This date will be deemed to be the date of shipment.

ii. ein Abhol- oder Empfangsdatum oder einen entsprechenden Wortlaut ausweisen. Dieses Datum gilt als Verladedatum.

b A requirement that courier charges are to be paid or prepaid may be satisfied by a transport document issued by a courier service evidencing that courier charges are for the account of a party other than the consignee.

b Eine Bedingung, wonach die Spesen des Kuriers bezahlt oder vorausbezahlt sein müssen, kann durch ein von einem Kurierdienst ausgestelltes Transportdokument erfüllt werden, das ausweist, dass Kurierspesen zu Lasten eines anderen Beteiligten als des Empfängers gehen.

c A post receipt or certificate of posting, however named, evidencing receipt of goods for transport, must appear to be stamped or signed and dated at the place from which the credit states the goods are to be shipped. This date will be deemed to be the date of shipment.

c Ein Posteinlieferungs-/Postempfangsschein oder Postversandnachweis, der, wie auch immer benannt, den Empfang der Ware für den Transport ausweist, muss dem Anschein nach an dem Ort, von dem das Akkreditiv den Versand der Ware vorschreibt, gestempelt oder unterzeichnet und datiert sein. Dieses Datum gilt als Verladedatum.

Article 26

Artikel 26

"On Deck", "Shipper's Load and Count", “Said by Shipper to Contain” and Charges Additional to Freight

„An Deck“, „Shipper’s Load and Count”, „Said by Shipper to Contain“ und zusätzliche Kosten zur Fracht

a A transport document must not indicate that the goods are or will be loaded on deck. A clause on a

526

a Ein Transportdokument darf nicht ausweisen, dass die Ware an Deck verladen ist oder wird. Eine

Anhang

Documentary Credits transport document stating that the goods may be loaded on deck is acceptable.

Klausel in einem Transportdokument, wonach die Ware an Deck verladen werden kann, ist annehmbar.

b A transport document bearing a clause such as "shipper's load and count" and "said by shipper to contain" is acceptable.

b Ein Transportdokument mit einer Klausel wie „Shipper’s Load and Count“ bzw. „Said by Shipper to Contain“ ist annehmbar.

c A transport document may bear a reference, by stamp or otherwise, to charges additional to the freight.

c Ein Transportdokument darf durch Stempel oder auf andere Weise auf zusätzlich zur Fracht anfallende Kosten hinweisen.

Article 27

Artikel 27

Clean Transport Document

Reine Transportdokumente

A bank will only accept a clean transport document. A clean transport document is one bearing no clause or notation expressly declaring a defective condition of the goods or their packaging. The word “clean” need not appear on a transport document, even if a credit has a requirement for that transport document to be “clean on board”.

Banken nehmen nur reine Transportdokumente an. Ein reines Transportdokument enthält keine Klauseln oder Vermerke, die ausdrücklich auf einen mangelhaften Zustand der Ware oder deren Verpackung hinweisen. Das Wort „clean“ muss nicht auf dem Transportdokument erscheinen, selbst wenn das Akkreditiv eine Bedingung enthält, nach der ein Transportdokument „clean on board“ sein soll.

Article 28

Artikel 28

Insurance Document and Coverage

Versicherungsdokument und -deckung

a An insurance document, such as an insurance policy, an insurance certificate or a declaration under an open cover, must appear to be issued and signed by an insurance company, an underwriter or their agents or their proxies.

a Ein Versicherungsdokument wie eine Versicherungspolice, ein Versicherungszertifikat oder eine “declaration“ unter einem Open Cover („laufende Police“) muss dem Anschein nach von einer Versicherungsgesellschaft, einem Versicherer („underwriter“) oder deren Agenten oder deren Bevollmächtigten ausgestellt sein.

Any signature by an agent or proxy must indicate whether the agent or proxy has signed for or on behalf of the insurance company or underwriter.

Jede Unterschrift eines Agenten oder Bevollmächtigten muss ausweisen, ob der Agent oder Bevollmächtigte für eine Versicherungsgesellschaft oder einen Versicherer gezeichnet hat.

b When the insurance document indicates that it has been issued in more than one original, all originals must be presented.

b Wenn das Versicherungsdokument ausweist, dass es in mehr als einem Original ausgestellt ist, müssen alle Originale vorgelegt werden.

c Cover notes will not be accepted.

c Deckungsbestätigungen („cover notes“) werden nicht angenommen.

d An insurance policy is acceptable in lieu of an insurance certificate or a declaration under an open cover.

d Eine Versicherungspolice ist anstelle eines Versicherungszertifikats oder einer „declaration“ unter einer laufenden Police annehmbar.

527

Anhang

Dokumenten-Akkreditive

e The date of the insurance document must be no later than the date of shipment, unless it appears from the insurance document that the cover is effective from a date not later than the date of shipment.

e Das Versicherungsdokument darf nicht nach dem Verladedatum datiert sein, es sei denn, aus dem Versicherungsdokument geht hervor, dass die Deckung ab einem Datum, das nicht nach dem Verladedatum liegt, wirksam wird.

f i.

f i.

The insurance document must indicate the amount of insurance coverage and be in the same currency as the credit.

Das Versicherungsdokument muss den Betrag der Versicherungsdeckung ausweisen und in derselben Währung wie das Akkreditiv ausgestellt sein.

ii. A requirement in the credit for insurance coverage to be for a percentage of the value of the goods, of the invoice value or similar is deemed to be the minimum amount of coverage required.

ii. Verlangt ein Akkreditiv, dass die Versicherungsdeckung auf einen Prozentsatz des Werts der Waren, des Rechnungswerts oder eines ähnlichen Werts lauten muss, gilt dies als Anforderung eines Mindestbetrags der erforderlichen Versicherungsdeckung.

If there is no indication in the credit of the insurance coverage required, the amount of insurance coverage must be at least 110% of the CIF or CIP value of the goods.

Wenn im Akkreditiv keine Angabe zur Höhe der erforderlichen Versicherungsdeckung enthalten ist, muss der Betrag der Versicherungsdeckung mindestens 110 % des CIF- oder CIP-Werts der Ware sein.

When the CIF or CIP value cannot be determined from the documents, the amount of insurance coverage must be calculated on the basis of the amount for which honour or negotiation is requested or the gross value of the goods as shown on the invoice, whichever is greater.

Wenn der CIF- oder CIP-Wert aufgrund der Dokumente nicht bestimmt werden kann, muss der Betrag der Versicherungsdeckung auf der Basis des Betrags berechnet werden, für den Honorierung oder Negoziierung verlangt wird, oder des Bruttowerts der Ware gemäß Handelsrechnung, je nachdem, welcher Betrag höher ist.

iii. The insurance document must indicate that risks are covered at least between the place of taking in charge or shipment and the place of discharge or final destination as stated in the credit.

iii. Das Versicherungsdokument muss ausweisen, dass die Risiken mindestens zwischen dem im Akkreditiv vorgeschriebenen Übernahme- oder Verladeort und dem im Akkreditiv vorgeschriebenen Auslieferungs- oder endgültigen Bestimmungsort gedeckt sind.

g A credit should state the type of insurance required and, if any, the additional risks to be covered. An insurance document will be accepted without regard to any risks that are not covered if the credit uses imprecise terms such as “usual risks” or “customary risks”.

g Das Akkreditiv sollte vorschreiben, welche Art von Versicherung verlangt wird und, gegebenenfalls, welche zusätzlichen Risiken zu decken sind. Ein Versicherungsdokument wird ungeachtet der Risiken, die nicht gedeckt sind, angenommen, wenn im Akkreditiv ungenaue Begriffe wie „übliche Risiken“ oder „handelsübliche Risiken“ verwendet werden.

528

Anhang

Documentary Credits h When a credit requires insurance against “all risks” and an insurance document is presented containing any “all risks” notation or clause, whether or not bearing the heading “all risks”, the insurance document will be accepted without regard to any risks stated to be excluded.

h Wenn ein Akkreditiv „Versicherung gegen alle Risiken“ vorschreibt und ein Versicherungsdokument mit einem Vermerk oder einer Klausel über „alle Risiken“ vorgelegt wird, wird das Versicherungsdokument unabhängig davon, ob es mit der Überschrift „alle Risiken“ versehen ist oder nicht, ohne Rücksicht darauf angenommen, ob irgendwelche Risiken ausdrücklich ausgeschlossen sind.

i

An insurance document may contain reference to any exclusion clause.

i

Ein Versicherungsdokument darf einen Hinweis auf jegliche Ausschlussklauseln enthalten.

j

An insurance document may indicate that the cover is subject to a franchise or excess (deductible).

j

Ein Versicherungsdokument darf ausweisen, dass die Deckung einer Franchise oder einer Abzugsfranchise unterworfen ist.

Article 29

Artikel 29

Extension of Expiry Date or Last Day for Presentation

Verlängerung des Verfalldatums oder des letzten Tags der Dokumentenvorlage

a If the expiry date of a credit or the last day for presentation falls on a day when the bank to which presentation is to be made is closed for reasons other than those referred to in article 36, the expiry date or the last day for presentation, as the case may be, will be extended to the first following banking day.

a Wenn das Verfalldatum des Akkreditivs oder der letzte Tag der Dokumentenvorlagefrist auf einen Tag fällt, an dem die Bank, der die Dokumente vorzulegen sind, aus anderen als den unter Artikel 36 genannten Gründen geschlossen ist, wird das vorgeschriebene Verfalldatum oder der letzte Tag der Dokumentenvorlage auf den nächstfolgenden Bankarbeitstag hinausgeschoben.

b If presentation is made on the first following banking day, a nominated bank must provide the issuing bank or confirming bank with a statement on its covering schedule that the presentation was made within the time limits extended in accordance with sub-article 29 (a).

b Wenn eine Dokumentenvorlage an dem nächstfolgenden Bankarbeitstag erfolgt, muss die benannte Bank der eröffnenden oder bestätigenden Bank eine Erklärung in ihrem Dokumentenversandschreiben abgeben, dass die Dokumentenvorlage innerhalb der gemäß Artikel 29 (a) hinausgeschobenen Fristen erfolgt ist.

c The latest date for shipment will not be extended as a result of sub-article 29 (a).

c Das letzte Verladedatum wird durch Artikel 29 (a) nicht hinausgeschoben.

529

Anhang

Dokumenten-Akkreditive

Article 30

Artikel 30

Tolerance in Credit Amount, Quantity and Unit Prices

Toleranz bzgl. Akkreditivbetrag, Menge und Preis pro Einheit

a The words "about" or "approximately" used in connection with the amount of the credit or the quantity or the unit price stated in the credit are to be construed as allowing a tolerance not to exceed 10% more or 10% less than the amount, the quantity or the unit price to which they refer.

a Die Worte „etwa“ oder „ungefähr“ im Zusammenhang mit dem Akkreditivbetrag oder der im Akkreditiv angegebenen Menge oder dem im Akkreditiv angegebenen Preis pro Einheit sind dahingehend auszulegen, dass eine Toleranz von bis zu 10% nach oben oder bis zu 10% nach unten von dem Betrag, der Menge oder dem Preis pro Einheit, auf die sie sich beziehen, statthaft ist.

b A tolerance not to exceed 5% more or 5% less than the quantity of the goods is allowed, provided the credit does not state the quantity in terms of a stipulated number of packing units or individual items and the total amount of the drawings does not exceed the amount of the credit.

b Eine Toleranz in der Warenmenge von bis zu 5% nach oben oder bis zu 5% nach unten ist statthaft, vorausgesetzt, dass das Akkreditiv die Menge nicht in einer bestimmten Anzahl von Verpackungseinheiten oder Stücken vorschreibt und dass der Gesamtbetrag der Inanspruchnahmen den Akkreditivbetrag nicht überschreitet.

c Even when partial shipments are not allowed, a tolerance not to exceed 5% less than the amount of the credit is allowed, provided that the quantity of the goods, if stated in the credit, is shipped in full and a unit price, if stated in the credit, is not reduced or that sub-article 30 (b) is not applicable. This tolerance does not apply when the credit stipulates a specific tolerance or uses the expressions referred to in sub-article 30 (a).

c Selbst wenn Teilverladungen nicht erlaubt sind, ist eine Toleranz um bis zu 5% weniger als der Akkreditivbetrag zulässig, vorausgesetzt, dass bei einer im Akkreditiv gegebenenfalls vorgeschriebenen Warenmenge diese in vollem Umfang geliefert und bei einem im Akkreditiv gegebenenfalls vorgeschriebenen Preis pro Einheit dieser Preis nicht unterschritten wird oder dass Artikel 30 (b) nicht anwendbar ist. Diese Toleranz ist nicht anwendbar, wenn im Akkreditiv eine besondere Toleranz ausgewiesen ist oder die Begriffe gemäß Artikel 30 (a) verwendet werden.

Article 31

Artikel 31

Partial Drawings or Shipments

Teilinanspruchnahmen oder Teilverladungen

a Partial drawings or shipments are allowed.

a Teilinanspruchnahmen oder Teilverladungen sind zulässig.

b A presentation consisting of more than one set of transport documents evidencing shipment commencing on the same means of conveyance and for the same journey, provided they indicate the same destination, will not be regarded as covering a partial shipment, even if they indicate different dates of

b Eine Dokumentenvorlage, die aus mehr als einem Satz von Transportdokumenten besteht, die Verladungsbeginn auf demselben Beförderungsmittel und für dieselbe Reise ausweisen, vorausgesetzt sie geben dasselbe Ziel an, wird nicht als eine Teilverladung abdeckend angesehen, selbst wenn die

530

Anhang

Documentary Credits shipment or different ports of loading, places of taking in charge or dispatch. If the presentation consists of more than one set of transport documents, the latest date of shipment as evidenced on any of the sets of transport documents will be regarded as the date of shipment.

Transportdokumente unterschiedliche Verladedaten oder unterschiedliche Verladehäfen, Übernahmeoder Versandorte ausweisen. Besteht die Dokumentenvorlage aus mehr als einem Satz von Transportdokumenten, gilt das letzte Verladedatum, wie es sich aus einem der Sätze von Transportdokumenten ergibt, als das Verladedatum.

A presentation consisting of one or more sets of transport documents evidencing shipment on more than one means of conveyance within the same mode of transport will be regarded as covering a partial shipment, even if the means of conveyance leave on the same day for the same destination.

Eine Dokumentenvorlage, die aus einem oder mehreren Sätzen von Transportdokumenten besteht und Verladung auf mehr als einem Beförderungsmittel innerhalb derselben Beförderungsart ausweist, wird als eine Teilverladung abdeckend angesehen, selbst wenn die Beförderungsmittel an demselben Tag zu demselben Ziel abgehen.

c A presentation consisting of more than one courier receipt, post receipt or certificate of posting will not be regarded as a partial shipment if the courier receipts, post receipts or certificates of posting appear to have been stamped or signed by the same courier or postal service at the same place and date and for the same destination.

c Eine Dokumentenvorlage bestehend aus mehr als einer Kurierempfangsbestätigung, Posteinlieferungs-/ Postempfangsschein oder Postversandnachweis wird nicht als eine Teilverladung angesehen, wenn die Kurierempfangsbestätigungen, Posteinlieferungs-, Postempfangsscheine oder Postversandnachweise dem Anschein nach von demselben Kurier oder Postdienst an demselben Ort und Datum für dasselbe Ziel abgestempelt oder unterzeichnet sind.

Article 32

Artikel 32

Instalment Drawings or Shipments

Inanspruchnahme oder Verladung in Raten

If a drawing or shipment by instalments within given periods is stipulated in the credit and any instalment is not drawn or shipped within the period allowed for that instalment, the credit ceases to be available for that and any subsequent instalment.

Ist im Akkreditiv Inanspruchnahme oder Verladung in Raten innerhalb bestimmter Zeiträume vorgeschrieben und ist irgendeine Rate nicht innerhalb des für sie vorgeschriebenen Zeitraums in Anspruch genommen oder verladen worden, kann das Akkreditiv für diese betreffende und jede weitere Rate nicht mehr benutzt werden.

Article 33

Artikel 33

Hours of Presentation

Vorlegungszeiten

A bank has no obligation to accept a presentation outside of its banking hours.

Banken sind nicht verpflichtet, Dokumente außerhalb ihrer Öffnungszeiten entgegenzunehmen.

531

Anhang

Dokumenten-Akkreditive

Article 34

Artikel 34

Disclaimer on Effectiveness of Documents

Haftungsausschluss für Wirksamkeit von Dokumenten

A bank assumes no liability or responsibility for the form, sufficiency, accuracy, genuineness, falsification or legal effect of any document, or for the general or particular conditions stipulated in a document or superimposed thereon; nor does it assume any liability or responsibility for the description, quantity, weight, quality, condition, packing, delivery, value or existence of the goods, services or other performance represented by any document, or for the good faith or acts or omissions, solvency, performance or standing of the consignor, the carrier, the forwarder, the consignee or the insurer of the goods or any other person.

Banken übernehmen keine Haftung oder Verantwortung für Form, Vollständigkeit, Genauigkeit, Echtheit, Verfälschung oder Rechtswirksamkeit irgendeines Dokuments oder für die allgemeinen oder besonderen Bedingungen, die in irgendeinem Dokument angegeben oder demselben hinzugefügt sind; Banken übernehmen auch keine Haftung oder Verantwortung für Bezeichnung, Menge, Gewicht, Qualität, Beschaffenheit, Verpackung, Lieferung, Wert oder Vorhandensein der durch irgendein Dokument repräsentierten Waren, Dienstleistungen oder anderen Leistungen oder für Treu und Glauben oder Handlungen oder Unterlassungen sowie für Zahlungsfähigkeit, Leistungsvermögen oder Ruf von Absender, Frachtführer, Spediteur, Empfänger oder Versicherer der Waren oder irgendeiner anderen Person.

Article 35

Artikel 35

Disclaimer on Transmission and Translation

Haftungsausschluss für Nachrichtenübermittlung und Übersetzung

A bank assumes no liability or responsibility for the consequences arising out of delay, loss in transit, mutilation or other errors arising in the transmission of any messages or delivery of letters or documents, when such messages, letters or documents are transmitted or sent according to the requirements stated in the credit, or when the bank may have taken the initiative in the choice of the delivery service in the absence of such instructions in the credit.

Banken übernehmen keine Haftung oder Verantwortung für die Folgen von Verzögerungen, Verlusten, Verstümmelungen oder sonstigen Irrtümern bei der Übermittlung von Nachrichten oder Versand von Briefen oder Dokumenten, wenn diese Nachrichten, Briefe oder Dokumente gemäß den im Akkreditiv gestellten Anforderungen übermittelt oder abgesandt werden oder wenn die Bank, mangels entsprechender Weisungen im Akkreditiv, selbst die Initiative bei der Auswahl des Beförderungsdienstes ergriffen hat.

If a nominated bank determines that a presentation is complying and forwards the documents to the issuing bank or confirming bank, whether or not the nominated bank has honoured or negotiated, an issuing bank or confirming bank must honour or negotiate, or reimburse that nominated bank, even when the documents have been lost in transit between the nominated bank and the issuing bank or confirming bank, or between the confirming bank and the issuing bank.

Wenn eine benannte Bank entscheidet, dass eine Dokumentenvorlage konform ist und die Dokumente an die eröffnende oder bestätigende Bank versendet, unabhängig davon, ob die benannte Bank honoriert oder negoziiert hat, muss die eröffnende oder bestätigende Bank honorieren oder negoziieren oder diese benannte Bank remboursieren, selbst dann, wenn die Dokumente auf dem Weg von der benannten Bank zur eröffnenden Bank oder bestätigenden Bank oder zwischen der bestätigenden und der eröffnenden Bank verloren gegangen sind.

A bank assumes no liability or responsibility for errors in translation or interpretation of technical terms and may transmit credit terms without translating them.

Banken übernehmen keine Haftung oder Verantwortung für Irrtümer bei der Übersetzung oder Auslegung von technischen Begriffen und können Akkreditiv-Bedingungen unübersetzt weiterleiten.

532

Anhang

Documentary Credits Article 36

Artikel 36

Force Majeure

Höhere Gewalt

A bank assumes no liability or responsibility for the consequences arising out of the interruption of its business by Acts of God, riots, civil commotions, insurrections, wars, acts of terrorism, or by any strikes or lockouts or any other causes beyond its control.

Banken übernehmen keine Haftung oder Verantwortung für die Folgen der Unterbrechung ihrer Geschäftstätigkeit durch Fälle höherer Gewalt, Unruhen, Aufruhr, Aufstände, Kriege, Terrorakte oder durch irgendwelche Streiks oder Aussperrungen oder irgendwelche anderen Ursachen außerhalb ihrer Kontrolle.

A bank will not, upon resumption of its business, honour or negotiate under a credit that expired during such interruption of its business.

Banken werden nach Wiederaufnahme ihrer Geschäftstätigkeit unter einem Akkreditiv, das während einer solchen Unterbrechung ihrer Geschäftstätigkeit verfallen ist, nicht honorieren oder negoziieren.

Article 37

Artikel 37

Disclaimer for Acts of an Instructed Party

Haftungsausschluss für Handlungen einer beauftragten Partei

a A bank utilizing the services of another bank for the purpose of giving effect to the instructions of the applicant does so for the account and at the risk of the applicant.

a Bedient sich eine Bank einer anderen Bank, um die Weisungen des Auftraggebers auszuführen, tut sie dies für Rechnung und Gefahr des Auftraggebers.

b An issuing bank or advising bank assumes no liability or responsibility should the instructions it transmits to another bank not be carried out, even if it has taken the initiative in the choice of that other bank.

b Eine eröffnende oder avisierende Bank übernimmt keine Haftung oder Verantwortung, wenn die von ihr einer anderen Bank übermittelten Weisungen nicht ausgeführt werden, selbst wenn sie die Initiative bei der Auswahl dieser Bank ergriffen hat.

c A bank instructing another bank to perform services is liable for any commissions, fees, costs or expenses (“charges”) incurred by that bank in connection with its instructions.

c Eine Bank, die eine andere Bank beauftragt, Leistungen zu erbringen, haftet für alle Provisionen/Kommissionen, Gebühren, Kosten oder Auslagen („Spesen“), die dieser Bank im Zusammenhang mit ihren Weisungen entstanden sind.

If a credit states that charges are for the account of the beneficiary and charges cannot be collected or deducted from proceeds, the issuing bank remains liable for payment of charges.

Wenn ein Akkreditiv vorschreibt, dass die Spesen für Rechnung des Begünstigten gehen und die Spesen nicht eingezogen oder von Erlösen abgezogen werden können, bleibt die eröffnende Bank für die Zahlung der Spesen haftbar.

A credit or amendment should not stipulate that the advising to a beneficiary is conditional upon the receipt by the advising bank or second advising bank of its charges.

Ein Akkreditiv oder dessen Änderung sollte nicht vorschreiben, dass die Avisierung an den Begünstigten davon abhängig ist, dass die avisierende Bank oder zweite avisierende Bank ihre Spesen erhält.

533

Anhang d The applicant shall be bound by and liable to indemnify a bank against all obligations and responsibilities imposed by foreign laws and usages.

Dokumenten-Akkreditive d Der Auftraggeber muss alle Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten übernehmen, die auf ausländischen Gesetzen und Gebräuchen beruhen, und muss die Banken für alle hieraus resultierenden Folgen schadlos halten.

Article 38

Artikel 38

Transferable Credits

Übertragbare Akkreditive

a A bank is under no obligation to transfer a credit except to the extent and in the manner expressly consented to by that bank.

a Keine Bank ist verpflichtet, ein Akkreditiv zu übertragen außer in dem Umfang und in der Art, wie ausdrücklich von der Bank zugestimmt.

b For the purpose of this article:

b Im Sinne dieses Artikels bedeutet:

Transferable credit means a credit that specifically states it is “transferable”. A transferable credit may be made available in whole or in part to another beneficiary (“second beneficiary”) at the request of the beneficiary (“first beneficiary”).

übertragbares Akkreditiv ein Akkreditiv, das ausdrücklich als „übertragbar“ bezeichnet ist. Ein übertragbares Akkreditiv kann im Auftrag des Begünstigten („Erstbegünstigter“) ganz oder teilweise für einen anderen Begünstigten („Zweitbegünstigter“) benutzbar gestellt werden;

Transferring bank means a nominated bank that transfers the credit or, in a credit available with any bank, a bank that is specifically authorized by the issuing bank to transfer and that transfers the credit. An issuing bank may be a transferring bank.

übertragende Bank eine benannte Bank, die das Akkreditiv überträgt, oder, bei einem bei jeder Bank benutzbaren Akkreditiv, eine Bank, die von der eröffnenden Bank ausdrücklich zur Übertragung ermächtigt ist und das Akkreditiv überträgt. Eine eröffnende Bank kann eine übertragende Bank sein;

Transferred credit means a credit that has been made available by the transferring bank to a second beneficiary.

übertragenes Akkreditiv ein Akkreditiv, das durch die übertragende Bank für einen Zweitbegünstigten benutzbar gemacht worden ist.

c Unless otherwise agreed at the time of transfer, all charges (such as commissions, fees, costs or expenses) incurred in respect of a transfer must be paid by the first beneficiary.

c Soweit zum Zeitpunkt der Übertragung nichts anderes vereinbart ist, gehen alle Spesen (wie Provisionen/ Kommissionen, Gebühren, Kosten oder Auslagen), die durch die Übertragung anfallen, zu Lasten des Erstbegünstigten.

d A credit may be transferred in part to more than one second beneficiary provided partial drawings or shipments are allowed.

d Ein Akkreditiv kann in Teilen an mehr als einen Zweitbegünstigten übertragen werden, vorausgesetzt, dass Teilinanspruchnahmen oder Teilverladungen zulässig sind.

A transferred credit cannot be transferred at the request of a second beneficiary to any subsequent beneficiary. The first beneficiary is not considered to be a subsequent beneficiary.

Ein übertragenes Akkreditiv kann im Auftrag des Zweitbegünstigten nicht an einen nachfolgenden Begünstigten übertragen werden. Der Erstbegünstigte gilt nicht als nachfolgender Begünstigter.

534

Anhang

Documentary Credits e Any request for transfer must indicate if and under what conditions amendments may be advised to the second beneficiary. The transferred credit must clearly indicate those conditions.

e Jeder Übertragungsauftrag muss angeben, ob und unter welchen Bedingungen Änderungen dem Zweitbegünstigten avisiert werden können. Das übertragene Akkreditiv muss diese Bedingungen klar ausweisen.

f If a credit is transferred to more than one second beneficiary, rejection of an amendment by one or more second beneficiary does not invalidate the acceptance by any other second beneficiary, with respect to which the transferred credit will be amended accordingly. For any second beneficiary that rejected the amendment, the transferred credit will remain unamended.

f Wird ein Akkreditiv an mehr als einen Zweitbegünstigten übertragen, macht die Ablehnung einer Änderung durch einen oder mehrere Zweitbegünstigte die Annahme durch andere Zweitbegünstigte nicht unwirksam, denen gegenüber das übertragene Akkreditiv entsprechend geändert ist. Für jeden Zweitbegünstigten, der die Änderung abgelehnt hat, bleibt das übertragene Akkreditiv unverändert.

g The transferred credit must accurately reflect the terms and conditions of the credit, including confirmation, if any, with the exception of:

g Das übertragene Akkreditiv muss die Bedingungen des Akkreditivs, einschließlich einer möglicherweise vorhandenen Bestätigung, genau widerspiegeln. Davon ausgenommen sind:

– – – – –

the amount of the credit, any unit price stated therein, the expiry date, the period for presentation, or the latest shipment date or given period for shipment,

– – – – –

Akkreditivbetrag, jeden im Akkreditiv angegebenen Preis pro Einheit, Verfalldatum, Dokumentenvorlagefrist, oder letztes Verladedatum oder angegebene Verladefrist,

any or all of which may be reduced or curtailed.

die einzeln oder insgesamt ermäßigt oder verkürzt werden können.

The percentage for which insurance cover must be effected may be increased to provide the amount of cover stipulated in the credit or these articles.

Der Prozentsatz, auf den die Versicherungsdeckung lauten muss, kann erhöht werden, um den im Akkreditiv oder in diesen Artikeln vorgeschriebenen Deckungsbetrag zu erreichen.

The name of the first beneficiary may be substituted for that of the applicant in the credit.

Der Name des Erstbegünstigten kann an die Stelle des Namens des Auftraggebers des Akkreditivs gesetzt werden.

If the name of the applicant is specifically required by the credit to appear in any document other than the invoice, such requirement must be reflected in the transferred credit.

Wenn im Akkreditiv ausdrücklich verlangt wird, dass der Name des Auftraggebers in irgendeinem anderen Dokument als der Rechnung erscheint, muss sich diese Bedingung im übertragenen Akkreditiv widerspiegeln.

h The first beneficiary has the right to substitute its own invoice and draft, if any, for those of a second beneficiary for an amount not in excess of that stipulated in the credit, and upon such substitution

h Der Erstbegünstigte hat das Recht, seine eigene Rechnung und, gegebenenfalls, Tratte an die Stelle derjenigen des Zweitbegünstigten zu setzen und zwar in einem Betrag, der den im Akkreditiv angegebenen

535

Anhang

Dokumenten-Akkreditive

the first beneficiary can draw under the credit for the difference, if any, between its invoice and the invoice of a second beneficiary.

Betrag nicht übersteigt; und aufgrund eines solchen Austauschs kann der Erstbegünstigte unter dem Akkreditiv den Differenzbetrag in Anspruch nehmen, der gegebenenfalls zwischen seiner Rechnung und der des Zweitbegünstigten besteht.

i

If the first beneficiary is to present its own invoice and draft, if any, but fails to do so on first demand, or if the invoices presented by the first beneficiary create discrepancies that did not exist in the presentation made by the second beneficiary and the first beneficiary fails to correct them on first demand, the transferring bank has the right to present the documents as received from the second beneficiary to the issuing bank, without further responsibility to the first beneficiary.

i

Wenn der Erstbegünstigte seine eigene Rechnung und, gegebenenfalls, Tratte vorzulegen hat, aber der ersten Aufforderung hierzu nicht nachkommt oder wenn die vom Erstbegünstigten vorgelegte Rechnung Unstimmigkeiten herbeiführt, welche die Dokumentenvorlage des Zweitbegünstigten nicht aufwies und die der Erstbegünstigte nicht auf erste Aufforderung korrigiert, dann hat die übertragende Bank das Recht, der eröffnenden Bank die Dokumente, die sie vom Zweitbegünstigten erhalten hat, zu präsentieren, ohne weitere Verantwortlichkeit gegenüber dem Erstbegünstigten.

j

The first beneficiary may, in its request for transfer, indicate that honour or negotiation is to be effected to a second beneficiary at the place to which the credit has been transferred, up to and including the expiry date of the credit. This is without prejudice to the right of the first beneficiary in accordance with sub-article 38 (h).

j

Der Erstbegünstigte kann in seinem Übertragungsauftrag verlangen, dass die Honorierung oder Negoziierung gegenüber dem Zweitbegünstigten an dem Ort, an den das Akkreditiv übertragen worden ist, vorgenommen wird, und zwar bis zum Verfalldatum des Akkreditivs einschließlich. Dies gilt unbeschadet des Rechts des Erstbegünstigten gemäß Artikel 38 (h).

k Presentation of documents by or on behalf of a second beneficiary must be made to the transferring bank. Article 39

k Die Dokumentenvorlage durch oder für den Zweitbegünstigten muss an die übertragende Bank erfolgen. Artikel 39

Assignment of Proceeds

Abtretung von Akkreditiverlösen

The fact that a credit is not stated to be transferable shall not affect the right of the beneficiary to assign any proceeds to which it may be or may become entitled under the credit, in accordance with the provisions of applicable law. This article relates only to the assignment of proceeds and not to the assignment of the right to perform under the credit.

Die Tatsache, dass ein Akkreditiv nicht als übertragbar bezeichnet ist, berührt nicht die Rechte des Begünstigten, seinen unter einem solchen Akkreditiv bestehenden oder künftig entstehenden Anspruch auf den Erlös gemäß den Bestimmungen des anzuwendenden Rechts abzutreten. Dieser Artikel bezieht sich nur auf die Abtretung des Akkreditiverlöses und nicht auf die Abtretung des Rechts auf Inanspruchnahme des Akkreditivs.

536

Anhang

Collections

II. Einheitliche Richtlinien für Inkassi ERI 522

A. General Provisions and Definitions

A. Allgemeine Regeln und Begriffsbestimmungen

Article 1

Artikel 1

Application of URC 522

Anwendbarkeit der ERI 522

10/2

a

The Uniform Rules for Collections, 1995 Revision, ICC Publication No. 522, shall apply to all collections as defined in Article 2 where such rules are incorporated into the text of the »collection instruction« referred to in Article 4 and are binding on all parties thereto unless otherwise expressly agreed or contrary to the provisions of a national, state or local law and/or regulation which cannot be departed from.

a

Die Einheitlichen Richtlinien für Inkassi, Revision 1995, ICC-Publikation 522, gelten für alle Inkassi wie in Artikel 2 definiert, soweit sie in den Text eines »Inkassoauftrags« gemäß Artikel 4 einbezogen sind und sind für alle Beteiligten bindend, sofern nicht ausdrücklich anderweitige Vereinbarungen getroffen worden sind oder nicht nationale, staatliche oder örtliche Gesetze und/oder Verordnungen entgegenstehen, von denen nicht abgewichen werden darf.

b

Banks shall have no obligation to handle either a collection or any collection instruction or subsequent related instructions.

b

Banken sind nicht verpflichtet, ein Inkasso oder irgendeine Inkassoweisung oder spätere sich darauf beziehende Weisungen zu bearbeiten.

c

If a bank elects, for any reason, not to handle a collection or any related instructions received by it, it must advise the party from whom it received the collection or the instructions by telecommunication or, if that is not possible, by other expeditious means, without delay.

c

Wenn eine Bank sich aus irgendeinem Grund entschließt, ein erhaltenes Inkasso oder sich darauf beziehende Weisungen nicht zu bearbeiten, muß sie unverzüglich denjenigen Beteiligten, von dem sie das Inkasso oder die Weisungen erhalten hat, durch Telekommunikation oder, wenn dies nicht möglich ist, auf anderem schnellen Wege davon unterrichten.

Article 2

Artikel 2

Definition of Collection

Definition des Inkassos

For the purposes of these Articles:

Im Sinne dieser Richtlinien bedeuten:

a

»Collection« means the handling by banks of documents as defined in sub-Article 2(b), in accordance with instructions received, in order to: i.

obtain payment and/or acceptance, or

a

»Inkasso« die Bearbeitung von nachstehend unter Artikel 2(b) definierten Dokumenten durch Banken in Übereinstimmung mit erhaltenen Weisungen, um: i.

Zahlung und/oder Akzeptierung zu erhalten oder

537

Anhang ii.

Inkassi

deliver documents against payment and/or against acceptance,

ii.

oder

or

iii. Dokumente unter anderen Bedingungen auszuhändigen.

iii. deliver documents on other terms and conditions. b

»Documents« means financial documents and/or commercial documents:

Dokumente gegen Zahlung und/oder Akzeptierung auszuhändigen

b

»Dokumente« Zahlungspapiere und/oder Handelspapiere:

i.

»Financial documents« means bills of exchange, promissory notes, cheques, or other similar instruments used for obtaining the payment of money;

i.

»Zahlungspapiere« Wechsel, Solawechsel, Schecks oder andere ähnliche zum Erlangen von Zahlungen dienende Dokumente;

ii.

»Commercial documents« means invoices, transport documents, documents of title or other similar documents, or any other documents whatsoever, not being financial documents.

ii.

»Handelspapiere« Rechnungen, Transportdokumente, Dispositions- oder andere ähnliche Dokumente sowie irgendwelche andere Dokumente, die keine Zahlungspapiere darstellen.

c

»Clean collection« means collection of financial documents not accompanied by commercial documents.

c

»Einfaches Inkasso« das Inkasso von Zahlungspapieren, die nicht von Handelspapieren begleitet sind.

d

»Documentary collection« means collection of:

d

»Dokumentäres Inkasso« das Inkasso von:

i.

Financial documents accompanied by commercial documents;

i.

Zahlungspapieren, die von Handelspapieren begleitet sind;

ii.

Commercial documents not accompanied by financial documents.

ii.

Handelspapieren, die nicht von Zahlungspapieren begleitet sind.

Article 3

Artikel 3

Parties to a Collection

Beteiligte an einem Inkasso

a

For the purposes of these Articles the »parties thereto« are:

538

a

Im Sinne dieser Richtlinien sind die »Beteiligten«:

Anhang

Collections

b

i.

the »principal« who is the party entrusting the handling of a collection to a bank;

i.

der »Auftraggeber«, das ist derjenige, der eine Bank mit der Bearbeitung eines Inkassos betraut;

ii.

the »remitting bank« which is the bank to which the principal has entrusted the handling of a collection;

ii.

die »Einreicherbank«, das ist die vom Auftraggeber mit der Bearbeitung des Inkassos betraute Bank;

iii. the »collecting bank« which is any bank, other than the remitting bank, involved in processing the collection;

iii. die »Inkassobank«, das ist jede mit der Durchführung des Inkassos befaßte Bank mit Ausnahme der Einreicherbank;

iv.

iv.

the »presenting bank« which is the collecting bank making presentation to the drawee.

The »drawee« is the one to whom presentation is to be made in accordance with the collection instruction.

b

die »vorlegende Bank«, das ist diejenige Inkassobank, die gegenüber dem Bezogenen die Vorlegung vornimmt.

Der »Bezogene« ist derjenige, demgegenüber in Übereinstimmung mit dem Inkassoauftrag die Vorlegung zu erfolgen hat.

B. Form and Structure of Collections B. Form und Gliederung von Inkassi Article 4

Artikel 4

Collection Instruction

Inkassoauftrag

a

i.

All documents sent for collection must be accompanied by a collection instruction indicating that the collection is subject to URC 522 and giving complete and precise instructions. Banks are only permitted to act upon the instructions given in such collection instruction, and in accordance with these Rules.

ii.

Banks will not examine documents in order to obtain instructions.

iii. Unless otherwise authorised in the collection instruction, banks will disregard any instructions from any party/bank other than the party/ bank from whom they received the collection.

a

i.

Alle zum Inkasso übersandten Dokumente müssen von einem Inkassoauftrag begleitet sein, der angibt, daß das Inkasso den ERI 522 unterliegt und in dem vollständige und genaue Weisungen erteilt werden. Banken sind nur berechtigt, gemäß den in einem solchen Inkassoauftrag erteilten Weisungen sowie in Übereinstimmung mit diesen Richtlinien zu verfahren.

ii.

Banken werden Dokumente nicht auf darin enthaltene Weisungen prüfen.

iii. Sofern im Inkassoauftrag nicht anderweitig ermächtigt, werden Banken Weisungen von einem anderen Beteiligten/einer anderen Bank als dem Beteiligten/der Bank, von welchem/ welcher sie das Inkasso erhalten haben, keine Beachtung schenken.

539

Anhang

b

Inkassi

Ein Inkassoauftrag sollte die folgenden Informationen, soweit anwendbar, enthalten:

b

A collection instruction should contain the following items of information, as appropriate.

i.

Einzelheiten über die Bank, von der das Inkasso zuging einschließlich des vollständigen Namens, Postanschrift, SWIFT Adresse, Telex-, Telefon-, Telefax-Nummern und Referenz.

i.

Details of the bank from which the collection was received including full name, postal and SWIFT addresses, telex, telephone, facsimile numbers and reference.

ii.

Einzelheiten über den Auftraggeber einschließlich des vollständigen Namens, Postanschrift und gegebenenfalls Telex-, Telefon-, TelefaxNummern.

ii.

Details of the principal including full name, postal address, and if applicable telex, telephone and facsimile numbers.

iii. Einzelheiten über den Bezogenen einschließlich des vollständigen Namens, Postanschrift oder der Domizilstelle, bei der die Vorlegung zu erfolgen hat und gegebenenfalls Telex-, Telefon-, Telefax-Nummern. iv.

v.

Einzelheiten über die etwaige vorlegende Bank einschließlich des vollständigen Namens, Postanschrift und gegebenenfalls Telex-, Telefon-, Telefax-Nummern. Einzuziehende(r) Beträge (Betrag) und Währung(en).

vi. Auflistung der beigefügten Dokumente und Angabe der Anzahl jedes einzelnen Dokumentes. vii. a. Bedingungen, unter denen Zahlung und/ oder Akzeptierung zu erhalten ist. b. Bedingungen für die Aushändigung von Dokumenten gegen: 1. Zahlung und / oder Akzeptierung 2. andere Bedingungen Der Beteiligte, der den Inkassoauftrag erstellt, ist verantwortlich dafür, daß die Bedingungen für die Aushändigung von Dokumenten klar und eindeutig angegeben sind, andernfalls übernehmen Banken für daraus resultierende Folgen keine Verantwortung. viii. Einzuziehende Gebühren mit der Angabe, ob oder ob nicht auf sie verzichtet werden kann.

540

iii. Details of the drawee including full name, postal address, or the domicile at which presentation is to be made and if applicable telex, telephone and facsimile numbers. iv.

Details of the presenting bank, if any, including full name, postal address, and if applicable telex, telephone and facsimile numbers.

v.

Amount(s) and currency(ies) to be collected.

vi. List of documents enclosed and the numerical count of each document. vii. a. Terms and conditions upon which payment and/or acceptance is to be obtained. b. Terms of delivery of documents against: 1) payment and / or acceptance 2) other terms and conditions It is the responsibility of the party preparing the collection instruction to ensure that the terms for the delivery of documents are clearly and unambiguously stated, otherwise banks will not be responsible for any consequences arising therefrom. viii. Charges to be collected, indicating whether they may be waived or not.

Anhang

Collections ix. Interest to be collected, if applicable, indicating whether it may be waived or not, including:

x.

ix. Falls zutreffend, einzuziehende Zinsen mit der Angabe, ob oder ob nicht auf sie verzichtet werden kann, einschließlich:

a. rate of interest b. interest period c. basis of calculation (for example 360 or 365 days in a year) as applicable. Method of payment and form of payment advice.

a. Zinssatz b. Berechnungszeitraum c. Art der anzuwendenden Zinsberechnung (z. B. das Jahr zu 360 oder 365 Tagen). x.

xi. Weisungen für den Fall von Nichtzahlung, Nichtakzeptierung und/oder Nichterfüllung anderer Weisungen.

xi. Instructions in case of non-payment, non-acceptance and/or non-compliance with other instructions. c

i.

Collection instructions should bear the complete address of the drawee or of the domicile at which the presentation is to be made. If the address is incomplete or incorrect, the collecting bank may, without any liability and responsibility on its part, endeavour to ascertain the proper address.

ii.

The collecting bank will not be liable or responsible for any ensuing delay as a result of an incomplete/incorrect address being provided.

Art der Zahlung und Form des Zahlungsavises.

c

i. Inkassoweisungen sollen die vollständige Anschrift des Bezogenen enthalten oder die Domizilstelle, bei der die Vorlage zu erfolgen hat. Wenn die Anschrift unvollständig oder unrichtig ist, kann die Inkassobank ohne eigene Haftung und Verantwortlichkeit versuchen, die richtige Anschrift festzustellen. ii. Die Inkassobank ist nicht haftbar oder verantwortlich für Verzögerungen aufgrund unvollständiger / unrichtiger Adresse.

C. Form of Presentation

C. Form der Vorlegung

Article 5

Artikel 5

Presentation

Vorlegung

a

For the purposes of these Articles, presentation is the procedure whereby the presenting bank makes the documents available to the drawee as instructed.

a

Im Sinne dieser Richtlinien bedeutet Vorlegung das Verfahren, mit dem die vorlegende Bank die Dokumente dem Bezogenen weisungsgemäß verfügbar macht.

b

The collection instruction should state the exact period of time within which any action is to be taken by the drawee.

b

Der Inkassoauftrag sollte die genaue Frist angeben, innerhalb derer der Bezogene Maßnahmen zu ergreifen hat.

541

Anhang

Inkassi

Expressions such as »first«, »prompt«, »immediate«, and the like should not be used in connection with presentation or with reference to any period of time within which documents have to be talken up or for any other action that is to be taken by the drawee. If such terms are used banks will disregard them.

Ausdrücke wie »erster«, »prompt«, »unverzüglich« und ähnliche sollten nicht im Zusammenhang mit der Vorlegung oder in bezug auf eine Frist verwendet werden, innerhalb der die Dokumente aufzunehmen sind oder der Bezogene anderweitige Maßnahmen zu ergreifen hat. Wenn solche Ausdrücke verwendet werden, werden die Banken sie nicht beachten.

c

Documents are to be presented to the drawee in the form in which they are received, except that banks are authorised to affix any necessary stamps, at the expense of the party from whom they received the collection unless otherwise instructed, and to make any necessary endorsements or place any rubber stamps or other identifying marks or symbols customary to or required for the collection operation.

c

Dokumente müssen dem Bezogenen in der Form vorgelegt werden, in der sie empfangen worden sind. Banken sind jedoch berechtigt, etwa notwendige Stempelmarken anzubringen, und zwar, sofern keine anderen Weisungen erteilt worden sind, auf Kosten des Beteiligten, von dem ihnen das Inkasso zugegangen ist, und etwa erforderliche Indossamente vorzunehmen oder irgendwelche Stempel oder andere Erkennungszeichen oder -symbole anzubringen, die für den Inkassovorgang üblich oder erforderlich sind.

d

For the purpose of giving effect to the instructions of the principal, the remitting bank will utilise the bank nominated by the principal as the collecting bank. In the absence of such nomination, the remitting bank will utilise any bank of its own, or another bank’s choice in the country of payment or acceptance or in the country where other terms and conditions have to be complied with.

d

Um die Weisungen des Auftraggebers auszuführen, betraut die Einreicherbank als Inkassobank die vom Auftraggeber benannte Bank. Mangels einer solchen Benennung wird die Einreicherbank eine Bank nach eigener Wahl oder Wahl einer anderen Bank im Lande der Zahlung oder Akzeptierung oder in dem Land, in dem andere Bedingungen zu erfüllen sind, betrauen.

e

The documents and collection instruction may be sent directly by the remitting bank to the collecting bank or through another bank as intermediary.

e

Dokumente und Inkassoauftrag können von der Einreicherbank direkt oder über eine zwischengeschaltete andere Bank der Inkassobank übersandt werden.

f

If the remitting bank does not nominate a specific presenting bank, the collecting bank may utilise a presenting bank of its choice.

f

Falls die Einreicherbank keine spezielle vorlegende Bank benennt, kann sich die Inkassobank einer vorlegenden Bank nach eigener Wahl bedienen.

Article 6

Artikel 6

Sight/Acceptance

Sicht/Akzeptierung

In the case of documents payable at sight the presenting bank must make presentation for payment without delay.

Bei Sicht zahlbare Dokumente muß die vorlegende Bank unverzüglich zur Zahlung vorlegen.

542

Anhang

Collections In the case of documents payable at a tenor other than sight the presenting bank must, where acceptance is called for, make presentation for acceptance without delay, and where payment is called for, make presentation for payment not later than the appropriate maturity date.

Nicht bei Sicht zahlbare Dokumente muß die vorlegende Bank im Falle verlangter Akzeptierung unverzüglich zur Akzeptierung und im Falle verlangter Zahlung nicht später als am betreffenden Fälligkeitsdatum zur Zahlung vorlegen.

Article 7

Artikel 7

Release of Commercial Documents

Freigabe von Handelspapieren

Documents Against Acceptance (D/A) vs. Documents Against Payment (D/P)

Dokumente gegen Akzept (D/A) und Dokumente gegen Zahlung (D/P)

a

Collections should not contain bills of exchange payable at a future date with instructions that commercial documents are to be delivered against payment.

a

Inkassi sollten keine erst später fälligen Wechsel mit Weisungen enthalten, daß die Handelspapiere gegen Zahlung auszuhändigen sind.

b

If a collection contains a bill of exchange payable at a future date, the collection instruction should state whether the commercial documents are to be released to the drawee against acceptance (D/A) or against payment (D/P).

b

Wenn ein Inkasso einen erst später fälligen Wechsel enthält, sollte im Inkassoauftrag bestimmt werden, ob die Handelspapiere dem Bezogenen gegen Akzeptierung (D/A) oder gegen Zahlung (D/P) freizugeben sind. Fehlt eine solche Bestimmung, werden Handelspapiere nur gegen Zahlung freigegeben und die Inkassobank ist nicht verantwortlich für jegliche Folgen irgendwelcher Verzögerungen in der Aushändigung der Dokumente.

In the absence of such statement commercial documents will be released only against payment and the collecting bank will not be responsible for any consequences arising out of any delay in the delivery of documents. c

If a collection contains a bill of exchange payable at a future date and the collection instruction indicates that commercial documents are to be released against payment, documents will be released only against such payment and the collecting bank will not be responsible for any consequences arising out of any delay in the delivery of documents.

c

Wenn ein Inkasso einen erst später fälligen Wechsel enthält und der Inkassoauftrag angibt, daß Handelspapiere gegen Zahlung freizugeben sind, werden die Dokumente nur gegen entsprechende Zahlung freigegeben und die Inkassobank ist nicht verantwortlich für jegliche Folgen irgendwelcher Verzögerungen in der Aushändigung der Dokumente.

543

Anhang

Inkassi

Article 8

Artikel 8

Creation of Documents

Erstellung von Dokumenten

Where the remitting bank instructs that either the collecting bank or the drawee is to create documents (bills of exchange, promissory notes, trust receipts, letters of undertaking or other documents) that were not included in the collection, the form and wording of such documents shall be provided by the remitting bank, otherwise the collecting bank shall not be liable or responsible for the form and wording of any such document provided by the collecting bank and/or the drawee.

Hat die Inkassobank oder der Bezogene gemäß Weisung der Einreicherbank Dokumente zu erstellen (Wechsel, Solawechsel, Trust Receipts, Verpflichtungsschreiben oder andere Dokumente), die nicht dem Inkasso beigefügt waren, müssen Form und Wortlaut derartiger Dokumente von der Einreicherbank vorgeschrieben werden; andernfalls ist die Inkassobank für Form und Wortlaut solcher von ihr und/oder dem Bezogenen gelieferten Dokumente nicht haftbar oder verantwortlich.

D. Liabilities and Responsibilities

D. Haftung und Verantwortlichkeit

Article 9

Artikel 9

Good Faith and Reasonable Care

Treu und Glauben und angemessene Sorgfalt

Banks will act in good faith and exercise reasonable care.

Banken handeln nach Treu und Glauben und mit angemessener Sorgfalt.

Article 10

Artikel 10

Documents vs. Goods/Services/Performances

Dokumente und Waren/ Dienstleistungen/ Leistungen

a

Goods should not be despatched directly to the address of a bank or consigned to or to the order of a bank without prior agreement on the part of that bank. Nevertheless, in the event that goods are despatched directly to the address of a bank or consigned to or to the order of a bank for release to a drawee against payment or acceptance or upon other terms and conditions without prior agreement on the part of that bank, such bank shall have no obligation to take delivery of the goods, which remain at the risk and responsibility of the party despatching the goods.

544

a

Waren sollten nicht direkt an die Adresse einer Bank oder zur Verfügung oder an die Order einer Bank versandt werden, ohne daß diese Bank zuvor zugestimmt hat. Wenn der Bank dennoch ohne ihre vorherige Zustimmung Waren direkt an ihre Adresse oder zu ihrer Verfügung oder an ihre Order zwecks Freigabe an einen Bezogenen gegen Zahlung, Akzeptierung oder unter anderen Bedingungen zugesandt werden, ist diese Bank nicht zur Entgegennahme der Waren verpflichtet, für welche Gefahr und Verantwortlichkeit beim Absender verbleiben.

Anhang

Collections

b

Banks have no obligation to take any action in respect of the goods to which a documentary collection relates, including storage and insurance of the goods even when specific instructions are given to do so. Banks will only take such action if, when, and to the extent that they agree to do so in each case. Notwithstanding the provisions of sub-Article 1(c), this rule applies even in the absence of any specific advice to this effect by the collecting bank.

b

Banken sind nicht verpflichtet, irgendwelche Maßnahmen hinsichtlich der Waren zu ergreifen, auf die sich das dokumentäre Inkasso bezieht, einschließlich ihrer Einlagerung und Versicherung, selbst wenn spezielle Weisungen, dies zu tun, erteilt wurden. Banken werden derartige Maßnahmen nur ergreifen, wenn und in dem Ausmaß, in dem sie dazu im Einzelfall bereit sind. Ungeachtet der Bestimmungen des Artikels 1(c) findet diese Regelung auch bei Fehlen einer diesbezüglichen Benachrichtigung durch die Inkassobank Anwendung.

c

Nevertheless, in the case that banks take action for the protection of the goods, whether instructed or not, they assume no liability or responsibility with regard to the fate and/or condition of the goods and/or for any acts and/or omissions on the part of any third parties entrusted with the custody and/or protection of the goods. However, the collecting bank must advise without delay the bank from which the collection instruction was received of any such action taken.

c

Falls Banken dennoch, ob beauftragt oder nicht, Maßnahmen zum Schutze der Waren ergreifen, übernehmen sie keine Haftung oder Verantwortlichkeit für Schicksal und/oder Zustand der Waren und/oder irgendwelche Handlungen und/oder Unterlassungen Dritter, die mit der Verwahrung und/ oder dem Schutz der Waren betraut wurden. Die Inkassobank muß jedoch diejenige Bank, von der ihr der Inkassoauftrag zuging, unverzüglich über alle ergriffenen Maßnahmen benachrichtigen.

d

Any charges and/or expenses incurred by banks in connection with any action taken to protect the goods will be for the account of the party from whom they received the collection.

d

Alle Gebühren und/oder Auslagen, die den Banken im Zusammenhang mit irgendeiner Maßnahme zum Schutze der Ware entstanden sind, gehen zu Lasten des Beteiligten, von dem sie das Inkasso erhalten haben.

e

i.

Notwithstanding the provisions of sub-Article 10(a), where the goods are consigned to or to the order of the collecting bank and the drawee has honoured the collection by payment, acceptance or other terms and conditions, and the collecting bank arranges for the release of the goods, the remitting bank shall be deemed to have authorised the collecting bank to do so.

e

i.

Wenn die Waren, ungeachtet der Bestimmungen des Artikels 10(a), zur Verfügung der Inkassobank oder an deren Order gesandt werden und der Bezogene das Inkasso durch Zahlung, Akzeptierung oder andere Bedingungen honoriert hat und die Inkassobank die Freigabe der Ware veranlaßt, gilt die Inkassobank als von der Einreicherbank hierzu ermächtigt.

ii. ii.

Where a collecting bank on the instructions of the remitting bank or in terms of sub-Article 10(e)i, arranges for the release of the goods, the remitting bank shall indemnify such collecting bank for all damages and expenses incurred.

Wenn eine Inkassobank auf Weisungen der Einreicherbank oder nach den vorstehenden Bedingungen von Artikel 10(e)i die Freigabe der Waren veranlaßt, muß die Einreicherbank diese Inkassobank für alle entstandenen Schäden und Auslagen entschädigen.

545

Anhang

Inkassi

Article 11

Artikel 11

Disclaimer For Acts of an Instructed Party

Haftungsausschluß für Handlungen einer beauftragten Partei

a

Banks utilising the services of another bank or other banks for the purpose of giving effect to the instructions of the principal, do so for the account and at the risk of such principal.

a

Bedienen sich Banken einer oder mehrerer anderer Banken, um die Weisungen des Auftraggebers auszuführen, tun sie dies für Rechnung und Gefahr dieses Auftraggebers.

b

Banks assume no liability or responsibility should the instructions they transmit not be carried out, even if they have themselves taken the initiative in the choice of such other bank(s).

b

Die Banken übernehmen keine Haftung oder Verantwortung, wenn die von ihnen übermittelten Weisungen nicht ausgeführt werden sollten, auch wenn sie selbst die Auswahl dieser anderen Bank(en) getroffen haben.

c

A party instructing another party to perform services shall be bound by and liable to indemnify the instructed party against all obligations and responsibilities imposed by foreign laws and usages.

c

Ein Beteiligter, der einen anderen Beteiligten beauftragt, Leistungen zu erbringen, muß alle Verpflichtungen und Verantwortlichkeiten übernehmen, die auf ausländischen Gesetzen und Gebräuchen beruhen, und er muß den beauftragten Beteiligten für alle hieraus resultierenden Folgen schadlos halten.

Article 12

Artikel 12

Disclaimer on Documents Received

Haftungsausschluß für erhaltene Dokumente

a

Banks must determine that the documents received appear to be as listed in the collection instruction and must advise by telecommunication or, if that is not possible, by other expeditious means, without delay, the party from whom the collection instruction was received of any documents missing, or found to be other than listed.

a

Banken haben in dieser Hinsicht keine weitere Verpflichtung.

Banks have no further obligation in this respect.

b

546

If the documents do not appear to be listed, the remitting bank shall be precluded from disputing the type and number of documents received by the collecting bank.

Die Banken müssen prüfen, ob die erhaltenen Dokumente den im Inkassoauftrag aufgelisteten Dokumenten zu entsprechen scheinen und vom Fehlen irgendwelcher Dokumente, oder, wenn andere als die aufgelisteten festgestellt wurden, denjenigen Beteiligten, von dem ihnen der Inkassoauftrag zuging, unverzüglich durch Telekommunikation oder, wenn dies nicht möglich ist, auf anderem schnellen Wege benachrichtigen.

b

Wenn die Dokumente nicht aufgelistet zu sein scheinen, kann die Einreicherbank nicht Art und Anzahl der von der Inkassobank erhaltenen Dokumente bestreiten.

Anhang

Collections

c

Subject to sub-Article 5(c) and sub-Articles 12(a) and 12(b) above, banks will present documents as received without further examination.

c

Unter Berücksichtigung der Artikel 5(c) und 12(a) und 12(b) werden Banken Dokumente wie erhalten, ohne weitere Prüfung vorlegen.

Article 13

Artikel 13

Disclaimer on Effectiveness of Documents

Haftungsausschluß für Wirksamkeit von Dokumenten

Banks assume no liability or responsibility for the form, sufficiency, accuracy, genuineness, falsification or legal effect of any document(s), or for the general and/or particular conditions stipulated in the document(s) or superimposed thereon; nor do they assume any liability or responsibility for the description, quantity, weight, quality, condition, packing, delivery, value or existence of the goods represented by any document(s), or for the good faith or acts and/or omissions, solvency, performance or standing of the consignors, the carriers, the forwarders, the consignees or the insurers of the goods, or any other person whomsoever.

Die Banken übernehmen keine Haftung oder Verantwortung für Form, Vollständigkeit, Genauigkeit, Echtheit, Verfälschung oder Rechtswirksamkeit von Dokumenten oder für die allgemeinen und/oder besonderen Bedingungen, die in den Dokumenten angegeben oder denselben hinzugefügt sind. Sie übernehmen auch keine Haftung oder Verantwortung für Bezeichnung, Menge, Gewicht, Qualität, Beschaffenheit, Verpackung, Lieferung, Wert oder Vorhandensein der durch Dokumente ausgewiesenen Waren, oder für Treu und Glauben oder Handlungen und/oder Unterlassungen sowie für Zahlungsfähigkeit, Leistungsvermögen oder Ruf der Absender, Frachtführer, Spediteure, Empfänger oder Versicherer der Waren oder irgendwelcher anderer Personen.

Article 14

Artikel 14

Disclaimer on Delays, Løss in Transit and Translation

Haftungsausschluß für Verzögerungen, Verlust bei Übermittlung und Übersetzung

a

Banks assume no liability or responsibility for the consequences arising out of delay and/or loss in transit of any message(s), letter(s) or document(s), or for delay, mutilation or other error(s) arising in transmission of any telecommunication or for error(s) in translation and / or interpretation of technical terms.

a

Die Banken übernehmen keine Haftung oder Verantwortung für die Folgen von Verzögerungen und/ oder Verlusten bei Übermittlung von Nachrichten, Briefen oder Dokumenten, sowie für Verzögerung, Verstümmelung oder sonstige Irrtümer, die aus der Übermittlung einer Telekommunikation resultieren oder für Irrtümer bei der Übersetzung und/oder Auslegung von technischen Ausdrücken.

b

Banks will not be liable or responsible for any delays resulting from the need to obtain clarification of any instructions received.

b

Banken sind nicht haftbar oder verantwortlich für Verzögerungen, die aus der Notwendigkeit der Klärung erhaltener Weisungen resultieren.

547

Anhang

Inkassi

Article 15

Artikel 15

Force Majeure

Höhere Gewalt

Banks assume no liability or responsibility for consequences arising out of the interruption of their business by Acts of God, riots, civil commotions, insurrections, wars, or any other causes beyond their control or by strikes or lockouts.

Die Banken übernehmen keine Haftung oder Verantwortung für die Folgen der Unterbrechung ihrer Geschäftstätigkeit durch Fälle höherer Gewalt, Unruhen, Aufruhr, Aufstand, Kriege oder irgendwelche anderen Ursachen, die außerhalb ihrer Kontrolle liegen, sowie durch Streiks oder Aussperrungen.

E. Payment

E. Zahlung

Article 16

Artikel 16

Payment Without Delay

Unverzügliche Zahlung

a

Amounts collected (less charges and/or disbursements and/or expenses where applicable) must be made available without delay to the party from whom the collection instruction was received in accordance with the terms and conditions of the collection instruction.

a

Eingezogene Beträge (gegebenenfalls abzüglich Gebühren und/oder Aufwendungen und/oder Auslagen) müssen in Übereinstimmung mit dem Inkassoauftrag unverzüglich dem Beteiligten zur Verfügung gestellt werden, von dem der Inkassoauftrag zuging.

b

Notwithstanding the provisions of sub-Article 1(c) and unless otherwise agreed, the collecting bank will effect payment of the amount collected in favour of the remitting bank only.

b

Ungeachtet der Bestimmungen des Artikels 1(c) wird die Inkassobank, sofern sie keiner anderweitigen Vereinbarung zugestimmt hat, Zahlung des eingezogenen Betrages nur zugunsten der Einreicherbank vornehmen.

Article 17

Artikel 17

Payment in Local Currency

Zahlung in inländischer Währung

In the case of documents payable in the currency of the country of payment (local currency), the presenting bank must, unless otherwise instructed in the collection instruction, release the documents to the drawee against payment in local currency only if such currency is immediately available for disposal in the manner specified in the collection instruction.

Dokumente, die in der Währung des Zahlungslandes (inländische Währung) zahlbar sind, darf die vorlegende Bank, sofern im Inkassoauftrag keine anderen Weisungen erteilt worden sind, dem Bezogenen nur dann gegen Zahlung in inländischer Währung freigeben, wenn diese Währung gemäß der im Inkassoauftrag vorgeschriebenen Art sofort verfügbar ist.

548

Anhang

Collections Article 18

Artikel 18

Payment in Foreign Currency

Zahlung in ausländischer Währung

In the case of documents payable in a currency other than that of the country of payment (foreign currency), the presenting bank must, unless otherwise instructed in the collection instruction, release the documents to the drawee against payment in the designated foreign currency only if such foreign currency can immediately be remitted in accordance with the instructions given in the collection instruction.

Dokumente, die in einer anderen Währung als der des Zahlungslandes (ausländische Währung) zahlbar sind, darf die vorlegende Bank, sofern im Inkassoauftrag keine anderen Weisungen erteilt worden sind, dem Bezogenen nur dann gegen Zahlung in der betreffenden ausländischen Währung freigeben, wenn diese ausländische Währung gemäß der im Inkassoauftrag erteilten Weisungen sofort verfügbar ist.

Article 19

Artikel 19

Partial Payments

Teilzahlungen

a

In respect of clean collections, partial payments may be accepted if and to the extent to which and on the conditions on which partial payments are authorised by the law in force in the place of payment. The financial document(s) will be released to the drawee only when full payment thereof has been received.

a

Bei einfachen Inkassi können Teilzahlungen angenommen werden, wenn und soweit Teilzahlungen nach dem am Zahlungsort geltenden Recht gestattet sind. Die Zahlungspapiere werden dem Bezogenen erst nach Erhalt der vollen Zahlung freigegeben.

b

In respect of documentary collections, partial payments will only be accepted if specifically authorised in the collection instruction. However, unless otherwise instructed, the presenting bank will release the documents to the drawee only after full payment has been received, and the presenting bank will not be responsible for any consequences arising out of any delay in the delivery of documents.

b

Bei dokumentären Inkassi werden Teilzahlungen nur angenommen, wenn der Inkassoauftrag eine ausdrückliche Ermächtigung hierzu enthält. Jedoch wird die vorlegende Bank, sofern keine anderen Weisungen erteilt worden sind, die Dokumente dem Bezogenen erst nach Erhalt der vollen Zahlung freigeben, und die vorlegende Bank ist nicht verantwortlich für Folgen von Verzögerungen in der Aushändigung von Dokumenten.

c

In all cases partial payments will be accepted only subject to compliance with the provisions of either Article 17 or Article 18 as appropriate.

c

In allen Fällen werden Teilzahlungen nur entsprechend den jeweils anwendbaren Bestimmungen der Artikel 17 oder 18 angenommen.

Partial payment, if accepted, will be dealt with in accordance with the provisions of Article 16.

Angenommene Teilzahlungen werden gemäß den Bestimmungen des Artikels 16 behandelt.

549

Anhang

Inkassi

F. Interest, Charges and Expenses

F. Zinsen, Gebühren und Auslagen

Article 20

Artikel 20

Interest

Zinsen

a

If the collection instruction specifies that interest is to be collected and the drawee refuses to pay such interest, the presenting bank may deliver the document(s) against payment or acceptance or on other terms and conditions as the case may be, without collecting such interest, unless sub-Article 20(c) applies.

a

Wenn der Inkassoauftrag angibt, daß Zinsen einzuziehen sind und der Bezogene deren Bezahlung verweigert, kann die vorlegende Bank das (die) Dokument(e) je nach Lage des Falles gegen Zahlung oder Akzeptierung oder unter anderen Bedingungen ohne Einzug solcher Zinsen aushändigen, sofern nicht Artikel 20(c) Anwendung findet.

b

Where such interest is to be collected, the collection instruction must specify the rate of interest, interest period and basis of calculation.

b

In Fällen, in denen solche Zinsen eingezogen werden sollen, muß der Inkassoauftrag den Zinssatz, den Berechnungszeitraum und die Art der Zinsberechnung angeben.

c

Where the collection instruction expressly states that interest may not be waived and the drawee refuses to pay such interest the presenting bank will not deliver documents and will not be responsible for any consequences arising out of any delay in the delivery of document(s). When payment of interest has been refused, the presenting bank must inform by telecommunication or, if that is not possible, by other expeditious means without delay the bank from which the collection instruction was received.

c

In Fällen, in denen der Inkassoauftrag ausdrücklich vorschreibt, daß auf die Zinsen nicht verzichtet werden darf und der Bezogene sich weigert, solche Zinsen zu zahlen, wird die vorlegende Bank die Dokumente nicht aushändigen und keine Verantwortung für Folgen von Verzögerungen in der Aushändigung der Dokumente tragen. Wenn die Zahlung von Zinsen verweigert wurde, muß die vorlegende Bank unverzüglich die Bank, von der der Inkassoauftrag zuging, durch Telekommunikation oder, wenn dies nicht möglich ist, auf anderem schnellen Wege unterrichten.

Article 21

Artikel 21

Charges and Expenses

Gebühren und Auslagen

a

550

If the collection instruction specifies that collection charges and/or expenses are to be for account of the drawee and the drawee refuses to pay them, the presenting bank may deliver the document(s) against payment or acceptance or on other terms and conditions as the case may be, without collecting charges and/or expenses, unless sub-Article 21(b) applies.

a

Wenn der Inkassoauftrag angibt, daß Inkassogebühren und/oder Auslagen zu Lasten des Bezogenen gehen und der Bezogene deren Zahlung verweigert, kann die vorlegende Bank das (die) Dokument(e) je nach Lage des Falles gegen Zahlung oder Akzeptierung oder unter anderen Bedingungen ohne Einzug der Inkassogebühren und/oder Auslagen aushändigen, sofern nicht Artikel 21(b) Anwendung findet.

Anhang

Collections Whenever collection charges and/or expenses are so waived they will be for the account of the party from whom the collection was received and may be deducted from the proceeds.

Wird so auf Inkassogebühren und/oder Auslagen verzichtet, gehen diese zu Lasten des Beteiligten, von dem das Inkasso zuging und dürfen vom Erlös abgezogen werden.

b

Where the collection instruction expressly states that charges and/or expenses may not be waived and the drawee refuses to pay such charges and/ or expenses, the presenting bank will not deliver documents and will not be responsible for any consequences arising out of any delay in the delivery of the document(s). When payment of collection charges and/or expenses has been refused the presenting bank must inform by telecommunication or, if that is not possible, by other expeditious means without delay the bank from which the collection instruction was received.

b

In Fällen, in denen der Inkassoauftrag ausdrücklich vorschreibt, daß auf die Gebühren und/oder Auslagen nicht verzichtet werden darf und der Bezogene sich weigert, solche Gebühren und/oder Auslagen zu zahlen, wird die vorlegende Bank die Dokumente nicht aushändigen und keine Verantwortung für Folgen von Verzögerungen in der Aushändigung der Dokumente tragen. Wenn die Zahlung von Gebühren und/oder Auslagen verweigert worden ist, muß die vorlegende Bank unverzüglich die Bank, von der der Inkassoauftrag zuging, durch Telekommunikation oder, wenn dies nicht möglich ist, auf anderem schnellen Wege unterrichten.

c

In all cases where in the express terms of a collection instruction or under these Rules, disbursements and/or expenses and/or collection charges are to be borne by the principal, the collecting bank(s) shall be entitled to recover promptly outlays in respect of disbursements, expenses and charges from the bank from which the collection instruction was received, and the remitting bank shall be entitled to recover promptly from the principal any amount so paid out by it, together with its own disbursements, expenses and charges, regardless of the fate of the collection.

c

Sind gemäß den ausdrücklichen Bedingungen des Inkassoauftrags oder nach diesen Richtlinien Aufwendungen und/oder Auslagen und/oder Inkassogebühren vom Auftraggeber zu tragen, ist (sind) die Inkassobank(en) berechtigt, sich für ihre Aufwendungen, Auslagen und Gebühren sofort bei der Bank zu erholen, von der ihr (ihnen) der Inkassoauftrag zuging; die Einreicherbank ist berechtigt, sich für solche von ihr geleisteten Zahlungen sowie für eigene Aufwendungen, Auslagen und Gebühren unabhängig vom Ergebnis des Inkassos sofort beim Auftraggeber zu erholen.

d

Banks reserve the right to demand payment of charges and/or expenses in advance from the party from whom the collection instruction was received, to cover costs in aatempting to carry out any instructions, and pending receipt of such payment also reserve the right not to carry out such instructions.

d

Banken behalten sich das Recht vor, von dem Beteiligten, von dem ihnen der Inkassoauftrag zuging, Zahlung von Gebühren und/oder Auslagen im voraus zu verlangen, um Kosten abzudecken, die im Zusammenhang mit der Ausführung von Weisungen entstehen; sie behalten sich das Recht vor, solche Weisungen bis zum Erhalt dieser Zahlung nicht auszuführen.

551

Anhang

Inkassi

G. Other Provisions

G. Andere Regeln

Article 22

Artikel 22

Acceptance

Akzeptierung

The presenting bank is responsible for seeing that the form of the acceptance of a bill of exchange appears to be complete and correct, but is not responsible for the genuineness of any signature or for the authority of any signatory to sign the acceptance.

Die vorlegende Bank ist dafür verantwortlich, darauf zu achten, daß die Form der Akzeptierung eines Wechsels vollständig und richtig erscheint, jedoch ist sie für die Echtheit von Unterschriften oder für die Zeichnungsberechtigung irgendeines Unterzeichners des Akzeptes nicht verantwortlich.

Article 23

Artikel 23

Promissory Notes and Other Instruments

Solawechsel und andere Dokumente

The presenting bank is not responsible for the genuineness of any signature or for the authority of any signatory to sign a promissory note, receipt, or other instruments.

Die vorlegende Bank ist für die Echtheit von Unterschriften oder für die Zeichnungsberechtigung irgendeines Unterzeichners eines Solawechsels, einer Quittung oder anderer Dokumente nicht verantwortlich.

Article 24

Artikel 24

Protest

Protest

The collection instruction should give specific instructions regarding protest (or other legal process in lieu thereof), in the event of non-payment or non-acceptance.

Der Inkassoauftrag sollte spezielle Weisungen hinsichtlich des Protestes (oder eines entsprechenden rechtlichen Verfahrens) im Falle der Nichtzahlung oder Nichtakzeptierung enthalten.

In the absence of such specific instructions, the banks concerned with the collection have no obligation to have the document(s) protested (or subjected to other legal process in lieu thereof) for non-payment or non-acceptance.

Bei Fehlen solcher speziellen Weisungen sind die mit dem Inkasso befaßten Banken nicht verpflichtet, die Dokumente wegen Nichtzahlung oder Nichtakzeptierung protestieren (oder einem entsprechenden rechtlichen Verfahren unterwerfen) zu lassen.

Any charges and/or expenses incurred by banks in connection with such protest, or other legal process, will be for the account of the party from whom the collection instruction was received.

Alle Gebühren und/oder Auslagen, die den Banken im Zusammenhang mit einem solchen Protest oder entsprechenden rechtlichen Verfahren entstehen, gehen zu Lasten des Beteiligten, von dem ihnen der Inkassoauftrag zuging.

552

Anhang

Collections Article 25

Artikel 25

Case-of-Need

Notadresse

If the principal nominates a representative to act as caseof-need in the event of non-payment and / or non-acceptance the collection instruction should clearly and fully indicate the powers of such case-of-need. In the absence of such indication banks will not accept any instructions from the case-of-need.

Wenn der Auftraggeber einen Vertreter bestellt, der als Notadresse bei Nichtzahlung und / oder Nichtakzeptierung tätig werden soll, dann sollte der Inkassoauftrag die Befugnisse einer solchen Notadresse klar und vollständig angeben. Bei Fehlen einer solchen Angabe nehmen die Banken keinerlei Weisungen der Notadresse entgegen.

Article 26

Artikel 26

Advices

Benachrichtigungen

Collecting banks are to advise fate in accordance with the following rules:

Inkassobanken sind gehalten, Benachrichtigungen nach folgenden Regeln vorzunehmen:

a

Form of Advice

a

Sämtliche Meldungen oder Nachrichten seitens der Inkassobank an diejenige Bank, von der ihr der Inkassoauftrag zuging, müssen geeignete Einzelheiten enthalten, und zwar in jedem Fall auch die Referenznummer des Inkassoauftrags der letzteren Bank.

All advices or information from the collecting bank to the bank from which the collection instruction was received, must bear appropriate details including, in all cases, the latter bank’s reference as stated in the collection instruction. b

Method of Advice

b

i.

ADVICE OF PAYMENT The collecting bank must send without delay advice of payment to the bank from which the

Art der Benachrichtigung Die Einreicherbank ist verantwortlich dafür, daß der Inkassobank Weisungen über die Art der Übermittlung der in den Absätzen (c)i, (c)ii und (c)iii dieses Artikels beschriebenen Benachrichtigungen erteilt werden. Bei Fehlen solcher Weisungen wird die Inkassobank die Benachrichtigung nach eigener Wahl auf Kosten der Bank, von der ihr der Inkassoauftrag zuging, vornehmen.

It shall be the responsibility of the remitting bank to instruct the collecting bank regarding the method by which the advices detailed in (c)i, (c)ii and (c)iii are to be given. In the absence of such instructions, the collecting bank will send the relative advices by the method of its choice at the expense of the bank from which the collection instruction was received.

c

Form der Benachrichtigung

c

i.

BEZAHLTMELDUNG Die Inkassobank muß derjenigen Bank, von der ihr der Inkassoauftrag zuging, unverzüglich eine Bezahltmeldung zusenden mit detaillierter Angabe des eingezogenen Betrags oder der

553

Anhang

Inkassi

collection instruction was received, detailing the amount or amounts collected, charges and/or disbursements and/or expenses deducted, where appropriate, and method of disposal of the funds. ii.

ADVICE OF ACCEPTANCE The collecting bank must send without delay advice of acceptance to the bank from which the collection instruction was received.

iii. ADVICE OF NON-PAYMENT AND/OR NON-ACCEPTANCE

eingezogenen Beträge, der gegebenenfalls abgezogenen Gebühren und/oder Aufwendungen und/oder Auslagen sowie der Art der Verfügbarstellung des Erlöses.

ii.

AKZEPTMELDUNG Die Inkassobank muß derjenigen Bank, von der ihr der Inkassoauftrag zuging, unverzüglich eine Akzeptmeldung zusenden.

iii. MELDUNG ÜBER NICHTZAHLUNG UND/ ODER NICHTAKZEPTIERUNG

The presenting bank should endeavour to ascertain the reasons for non-payment and/or non-acceptance and advise accordingly, without delay, the bank from which it received the collection instruction.

Die vorlegende Bank sollte versuchen, die Gründe einer solchen Nichtzahlung und/oder Nichtakzeptierung festzustellen, und diejenige Bank unverzüglich entsprechend benachrichtigen, von der ihr der Inkassoauftrag zuging.

The presenting bank must send without delay advice of non-payment and/or advice of nonacceptance to the bank from which it received the collection instruction.

Die vorlegende Bank muß derjenigen Bank, von der ihr der Inkassoauftrag zuging, unverzüglich eine Meldung über Nichtzahlung und/ oder Nichtakzeptierung zusenden.

On receipt of such advice the remitting bank must give appropriate instructions as to the further handling of the documents. If such instructions are not received by the presenting bank within 60 days after its advice of nonpayment and/or non-acceptance, the documents may be returned to the bank from which the collection instruction was received without any further responsibility on the part of the presenting bank.

Bei Erhalt einer solchen Benachrichtigung muß die Einreicherbank geeignete Weisungen hinsichtlich der weiteren Behandlung der Dokumente erteilen. Falls die vorlegende Bank solche Weisungen nicht innerhalb von 60 Tagen nach ihrer Meldung über Nichtzahlung und/oder Nichtakzeptierung erhält, können die Dokumente ohne eine weitere Verantwortlichkeit seitens der vorlegenden Bank derjenigen Bank zurückgesandt werden, von der ihr der Inkassoauftrag zuging.

554

Anhang

Demand Guarantees

III. ICC Einheitliche Richtlinien für auf Anfordern zahlbare Garantien*

10/3

* im englischen Original: “tender conditions”

* ICC Publikation Nr. 458/1 * Copyright 1992 by ICC Publishing S.A.

555

Anhang

Auf Anfordern zahlbare Garantien

* im englischen Original: “tender conditions”

556

Demand Guarantees

Anhang

557

Anhang

558

Auf Anfordern zahlbare Garantien

Anhang

Demand Guarantees

* im englischen Original: “tender conditions”

559

Anhang

560

Auf Anfordern zahlbare Garantien

Demand Guarantees

Anhang

561

IV. Formulare für Bankgarantien

Anhang

IV. Formulare für Bankgarantien 1.

Direkte Bietungsgarantie

(Bank) Bietungsgarantie Nr. ____________________ Garantiebegünstigter (ausschreibende Stelle) ________________________________

Wie wir hören, beteiligt sich unser Kunde, die Firma ___________________________________________________________________ _____ ____________________________________________________________________ – nachstehend „Bieter“ genannt – an Ihrer Ausschreibung _______________ mit einem Angebot Nr. _______________ vom _______________ für die Lieferung von ______________________________. Gemäß den Ausschreibungsbedingungen muss eine Bietungsgarantie über _____, gültig _______________ Tage ab Bietschluss, beigebracht werden. Im Auftrag des Bieters verpflichten wir, die oben genannte Bank, uns hiermit unwiderruflich zur Zahlung eines Betrages von höchstens* ___________________________________ (in Worten: ___________________________________) an Sie bei Erhalt Ihrer schriftlichen Anforderung, in der Sie erklären, dass der Bieter sein Angebot während dessen Gültigkeit entweder zurückgezogen oder dessen Bedingungen geändert hat, oder dass der Bieter trotz der Zuschlagserteilung an ihn den entsprechenden Kontrakt nicht fristgemäß unterschrieben oder eine nach den Ausschreibebedingungen erforderliche Garantie nicht beigebracht hat. Wir bitten, eine etwaige Inanspruchnahme unter Beifügung dieser Urkunde über Ihre Hausbank zu leiten. Unsere Garantie erlischt mit der Rückgabe dieser Urkunde an uns, spätestens jedoch am _______________, wenn und soweit uns Ihre Inanspruchnahme nach Maßgabe der in dieser Garantie festgelegten Bedingungen nicht spätestens an diesem Tage innerhalb der banküblichen Geschäftszeiten an unseren Schaltern in ________________ zugegangen ist. Diese Urkunde ist ohne gesonderte Aufforderung zurückzugeben, sobald unsere Garantie gegenstandslos geworden oder ihre Gültigkeit erloschen ist. Rechte aus dieser Garantie können nur mit unserer vorherigen schriftlichen Zustimmung abgetreten werden. Diese Garantie unterliegt deutschem Recht; Gerichtsstand ist _______________.

* Betrag und Währung einsetzen.

563

10/4

Anhang

2.

IV. Formulare für Bankgarantien

Direkte Anzahlungsgarantie

10/5 (Bank)

Anzahlungsgarantie Nr. ____________________ Garantiebegünstigter _____________________________________________________ Wie wir erfahren, haben Sie mit unserem Kunden, der Firma ___________________________________________________________________ _____ ____________________________________________________________________ – nachstehend „Verkäufer“ genannt – am __________ den Vertrag Nr. __________ für die Lieferung von __________ im Werte von __________ geschlossen. Nach den Bedingungen dieses Vertrages erhält der Verkäufer eine Anzahlung in Höhe von _______________ gegen Vorlage einer Bankgarantie zu Ihren Gunsten. Wir, die oben genannte Bank, verpflichten uns hiermit unwiderruflich zur Rückzahlung der Anzahlung bis zu einem Höchstbetrag von * ___________________________________ (in Worten: ___________________________________) an Sie bei Erhalt Ihrer schriftlichen Anforderung, in der Sie erklären, dass der Verkäufer seinen vertraglichen Lieferverpflichtungen nachgekommen ist. Wir bitten, eine etwaige Inanspruchnahme unter Beifügung dieser Urkunde über Ihre Hausbank zu leiten. **

Eine Inanspruchnahme unserer Garantie ist jedoch erst dann und nur insoweit möglich, als der Anzahlungsbetrag vorbehaltlos dem Konto Nr. __________ der _______________ (Bank) in _______________ mit dem Vermerk „Anzahlungsbetrag zu Ihrer Anzahlungsgarantie Nr. __________“ gutgebracht worden ist. ***

Diese Garantie ermäßigt sich automatisch um __________ des Wertes jeder Teillieferung bei Vorlage ________ der entsprechenden Versanddokumente bei uns. Unsere Garantie erlischt mit der Rückgabe dieser Urkunde an uns, spätestens jedoch am ____________________, wenn und soweit uns Ihre Inanspruchnahme nach Maßgabe der in dieser Garantie festgelegten Bedingungen nicht spätestens an diesem Tage innerhalb der banküblichen Geschäftszeiten an unseren Schaltern in _______________ zugegangen ist. Diese Urkunde ist uns ohne gesonderte Aufforderung zurückzugeben, sobald unsere Garantie gegenstandslos geworden oder ihre Gültigkeit erloschen ist. Rechte aus dieser Garantie können nur mit unserer vorherigen schriftlichen Zustimmung abgetreten werden. Die Garantie unterliegt deutschem Recht; Gerichtsstand ist _______________.

* Betrag und Währung einsetzen. ** Nichtzutreffendes streichen. *** Nichtzutreffendes streichen.

564

IV. Formulare für Bankgarantien

3.

Anhang

Direkte Vertragserfüllungsgarantie

(Bank) Vertragserfüllungsgarantie Nr. ____________________ Garantiebegünstigter _____________________________________________________

Wir wurden davon unterrichtet, dass unser Kunde, die Firma ___________________________________________________________________ _____ ____________________________________________________________________ – nachstehend „Verkäufer“ genannt – am __________ mit Ihnen einen Vertrag ________ für die Lieferung von __________ im Gegenwert von __________ abgeschlossen hat. Nach den getroffenen Vereinbarungen hat der Verkäufer für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtungen eine Bankgarantie in Höhe von _______% des Gesamtwertes beizubringen. Im Auftrag des Verkäufers verpflichten wir, die obengenannte Bank, uns hiermit unwiderruflich zur Zahlung eines Betrages bis zu einem Höchstbetrag von * ___________________________________ (in Worten: ___________________________________) an Sie bei Erhalt Ihrer schriftlichen Anforderung, in der Sie erklären, dass der Verkäufer seinen Verpflichtungen aus dem oben erwähnten Vertrag nicht nachgekommen ist. Wir bitten, eine etwaige Inanspruchnahme unter Beifügung dieser Urkunde über Ihre Hausbank zu leiten. Unsere Garantie erlischt mit der Rückgabe dieser Urkunde an uns, spätestens jedoch am _________________, wenn und soweit uns Ihre Inanspruchnahme nach Maßgabe der in dieser Garantie festgelegten Bedingungen nicht spätestens an diesem Tage innerhalb der banküblichen Geschäftszeiten an unseren Schaltern in _______________ zugegangen ist. Diese Urkunde ist uns ohne gesonderte Aufforderung zurückzugeben, sobald unsere Garantie gegenstandslos geworden oder ihre Gültigkeit erloschen ist. Rechte aus dieser Garantie können nur mit unserer vorherigen schriftlichen Zustimmung abgetreten werden. Diese Garantie unterliegt deutschem Recht; Gerichtsstand ist _______________.

* Betrag und Währung einsetzen.

565

10/6

Anhang

4.

IV. Formulare für Bankgarantien

Direkte Gewährleistungsgarantie

10/7 (Bank)

Gewährleistungsgarantie Nr. ____________________ Garantiebegünstigter _____________________________________________________

Wie wir hören, hat Ihnen unser Kunde, die Firma ___________________________________________________________________ _____ ____________________________________________________________________ – nachstehend „Verkäufer“ genannt – __________ im Gesamtwert von __________ geliefert. Die letzte Rate in Höhe von __________ wird von Ihnen bis zum Ablauf der Gewährleistungszeit einbehalten. Sie haben sich jedoch bereit erklärt, diesen Betrag schon jetzt auszuzahlen, sofern Ihnen eine Bankgarantie in gleicher Höhe übergeben wird. Im Auftrag des Verkäufers verpflichten wir, die oben genannte Bank, uns hiermit unwiderruflich zur Zahlung eines Betrages bis zu einer Höhe von * ___________________________________ (in Worten: ___________________________________) an Sie bei Erhalt Ihrer schriftlichen Anforderung, in der Sie erklären, dass der Verkäufer seinen Gewährleistungsverpflichtungen Ihnen gegenüber nicht nachgekommen ist. Wir bitten, eine etwaige Inanspruchnahme unter Beifügung dieser Urkunde über Ihre Hausbank zu leiten. **

Eine Inanspruchnahme unserer Garantie ist erst dann und nur insoweit möglich, als der einbehaltene Betrag vorbehaltlos dem Konto Nr. __________ der __________ (Bank) in __________ mit dem Vermerk „Gewährleistungsgarantie Nr. __________“ gutgebracht worden ist. Unsere Garantie erlischt mit der Rückgabe dieser Urkunde an uns, spätestens jedoch am _______________, wenn und soweit uns Ihre Inanspruchnahme nach Maßgabe der in dieser Garantie festgelegten Bedingungen nicht spätestens an diesem Tage innerhalb der banküblichen Geschäftszeiten an unseren Schaltern in ________________ zugegangen ist. Diese Urkunde ist uns ohne gesonderte Aufforderung zurückzugeben, sobald unsere Garantie gegenstandslos geworden oder ihre Gültigkeit erloschen ist. Rechte aus dieser Garantie können nur mit unserer vorherigen schriftlichen Zustimmung abgetreten werden. Diese Garantie unterliegt deutschem Recht; Gerichtsstand ist _______________.

* Betrag und Währung einsetzen. ** Nichtzutreffendes streichen.

566

IV. Formulare für Bankgarantien

5.

Anhang

Konnossementsgarantie

(Bank) Konnossementsgarantie Nr. ____________________ Begünstigter _____ ________________________________________________________

Angabegemäß haben Sie sich bereit erklärt, dem Ersuchen der Firma _________ ________________ zu entsprechen, die Ware __________, die per MS __________ von __________ nach __________ verschifft wurde und in __________ eingetroffen ist, an __________ auszuliefern, ohne dass das zurzeit für diese Partie ausgestellte Original-Konnossement Nr. __________ vorliegt. Voraussetzung für die Freigabe der Partie ist, dass eine Konnossementsgarantie beigebracht wird. Wir, die oben genannte Bank, verpflichten uns hiermit unwiderruflich, einen Betrag bis zur Höhe von* ___________________________________ (in Worten: ___________________________________) an Sie zu zahlen, wenn Sie uns bestätigen, dass der verlangte Betrag Ihnen aufgrund eines Schadens zusteht, der dadurch entstanden ist, dass Sie die erwähnte Partie ohne Vorlage des Original-Konnossements Nr. __________ ausgeliefert haben. Im Falle einer Inanspruchnahme zahlen wir auf erste schriftliche Anforderung gegen Rückgabe dieser Garantieerklärung. Unsere Garantie erlischt, sobald wir Ihnen eine Ausfertigung des Original-Konnossements Nr. __________ eingereicht haben, spätestens jedoch am __________, wenn und soweit uns Ihre Inanspruchnahme nach Maßgabe der in dieser Garantie festgelegten Bedingungen nicht spätestens an diesem Tage innerhalb der banküblichen Geschäftszeiten an unseren Schaltern in ___________ zugegangen ist. Diese Urkunde ist uns ohne gesonderte Aufforderung zurückzugeben, sobald unsere Garantie gegenstandslos geworden oder ihre Gültigkeit erloschen ist. Rechte aus dieser Garantie können nur mit unserer vorherigen schriftlichen Zustimmung abgetreten werden. Die Rechte und Pflichten dieser Garantie bestimmen sich nach deutschem Recht; Gerichtsstand ist _______________.

* Betrag und Währung einsetzen.

567

10/8

Anhang

6.

IV. Formulare für Bankgarantien

Garantieauftrag für Bietungsgarantie an ausländische Bank (indirekte Garantie)

10/9 (Bank)

_______________________________ (Name und Anschrift der ausländischen Bank) Bietungsgarantie zugunsten __________________________ (ausschreibende Stelle) unter unserer Garantie Nr. ____________________

Von unserem Kunden, der Firma ___________________________________________________________________ _____ ____________________________________________________________________ – nachstehend „Bieter“ genannt – hören wir, dass dieser gegenüber _____ (ausschreibende Stelle) ein Angebot Nr. __________ auf Lieferung von __________ unterbreitet hat. Nach den Ausschreibungsbedingungen muss eine Bietungsgarantie über __________, gültig bis __________, beigebracht werden. Wir beauftragen Sie hiermit, die verlangte Bietungsgarantie in Höhe von* _____ (in Worten: __________) zugunsten von __________, gültig bis __________,** zu erstellen und die Originalurkunde unverzüglich (bis spätestens zum __________) an __________ (gemäß den Weisungen von __________) auszuhändigen. Wir, die oben genannte Bank, verpflichten uns hiermit unwiderruflich zur Zahlung eines Betrages bis zur Höhe von*** ___________________________________ (in Worten: ___________________________________) an Sie bei Erhalt Ihrer schriftlichen Anforderung, in der Sie erklären, dass Sie von dem Begünstigten aus der von Ihnen erstellten Garantie in ordnungsgemäß Anspruch genommen worden sind Unsere Garantie erlischt mit der Rückgabe dieser Urkunde an uns, spätestens jedoch am _______________, wenn und soweit uns Ihre Inanspruchnahme nach Maßgabe der in dieser Garantie festgelegten Bedingungen nicht spätestens an diesem Tage innerhalb der banküblichen Geschäftszeiten an unseren Schaltern in ________________ zugegangen ist. Diese Urkunde ist uns ohne gesonderte Aufforderung zurückzugeben, sobald unsere Garantie gegenstandslos geworden oder ihre Gültigkeit erloschen ist. Diese Garantie unterliegt deutschem Recht; Gerichtsstand ist _______________. Wir bitten Sie, uns mit Ihrer Empfangsbestätigung zwei Kopien Ihres Garantieschreibens (in Übersetzung) zu übermitteln.

* Betrag und Währung einsetzen. ** Gegebenenfalls ergänzen: „unter Verwendung des beigefügten Garantietextes“. *** Betrag und Währung einsetzen.

568

IV. Formulare für Bankgarantien

7.

Anhang

Garantieauftrag für Anzahlungsgarantie an ausländische Bank (indirekte Garantie)

(Bank) _________________________ (Name und Anschrift der ausländischen Bank) Anzahlungsgarantie zugunsten ________________ (Käufer) unter unserer Garantie Nr. ____________________

10/10

Wie wir von unserem Kunden, der Firma ___________________________________________________________________ _____ ____________________________________________________________________ – nachstehend „Verkäufer“ genannt – unterrichtet wurden, hat dieser am ____________ mit _____________ (Käufer) den Vertrag Nr. _______________ für die Lieferung von _______________ im Wert von _______________ geschlossen. Nach den Bedingungen dieses Vertrages sind __________% des festgelegten Gesamtpreises, das sind __________, zahlbar gegen Vorlage einer Anzahlungsgarantie. Wir beauftragen Sie hiermit, die verlangte Anzahlungsgarantie in Höhe von* __________ (in Worten: __________) zugunsten von __________, gültig bis __________,** zu erstellen und die Originalurkunde unverzüglich an __________ (gemäß den Weisungen von __________) auszuhändigen. Ihre Garantie muss die folgende Klausel enthalten: „Eine Inanspruchnahme unserer Garantie ist erst möglich, nachdem der Anzahlungsbetrag vorbehaltlos dem Konto Nr. _____ der _____ (Bank) in _____ mit dem Vermerk Anzahlungsbetrag zu Ihrer Anzahlungsgarantie Nr. _____‘ gutgebracht worden ist.“ Wir, die oben genannte Bank, verpflichten uns hiermit unwiderruflich zur Zahlung eines Betrages bis zur Höhe von *** ___________________________________ (in Worten: ___________________________________) an Sie bei Erhalt Ihrer schriftlichen Anforderung, in der Sie erklären, dass Sie von dem Begünstigten aus der von Ihnen erstellten Garantie ordnungsgemäß in Anspruch genommen worden sind. Eine Inanspruchnahme unserer Garantie ist jedoch erst möglich, nachdem der Anzahlungsbetrag, wie oben beschrieben, bei uns eingegangen ist.

* Betrag und Währung einsetzen. ** Gegebenenfalls ergänzen: „unter Verwendung des beigefügten Garantietextes“. *** Betrag und Währung einsetzen.

569

Anhang

IV. Formulare für Bankgarantien

Unsere Garantie erlischt mit der Rückgabe dieser Urkunde an uns, spätestens jedoch am _______________, wenn und soweit uns Ihre Inanspruchnahme nach Maßgabe der in dieser Garantie festgelegten Bedingungen nicht spätestens an diesem Tage innerhalb der banküblichen Geschäftszeiten an unseren Schaltern in ________________ zugegangen ist. Diese Urkunde ist uns ohne gesonderte Aufforderung zurückzugeben, sobald unsere Garantie gegenstandslos geworden oder ihre Gültigkeit erloschen ist. Diese Garantie unterliegt deutschem Recht; Gerichtsstand ist _______________. Wir bitten Sie, uns mit Ihrer Empfangsbestätigung zwei Kopien Ihres Garantieschreibens (in Übersetzung) zu übermitteln.

570

IV. Formulare für Bankgarantien

8.

Anhang

Garantieauftrag für Liefergarantie an ausländische Bank (indirekte Garantie)

(Bank) _______________ (Name und Anschrift der ausländischen Bank) Liefergarantie zugunsten _____________________ (Käufer) unter unserer Garantie Nr. ____________________

10/11

Wie wir von unserem Kunden, der Firma ___________________________________________________________________ _____ ____________________________________________________________________ – nachstehend „Verkäufer“ genannt – erfahren, hat dieser am _____________ mit _____________ (Käufer) den Vertrag Nr. _______________ für die Lieferung von __________ im Wert von __________ geschlossen. Nach den Bedingungen dieses Vertrages muss eine Liefergarantie in Höhe von __________% des festgelegten Gesamtpreises, das sind __________, beigebracht werden. Wir beauftragen Sie hiermit, die verlangte Liefergarantie in Höhe von* __________ (in Worten: __________) zugunsten von __________, gültig bis __________,** zu erstellen und die Originalurkunde unverzüglich (bis spätestens zum __________) an __________ (gemäß den Weisungen von __________) auszuhändigen. Wir, die oben genannte Bank, verpflichten uns hiermit unwiderruflich zur Zahlung eines Betrages bis zur Höhe von*** ___________________________________ (in Worten: ___________________________________) an Sie bei Erhalt Ihrer schriftlichen Anforderung, in der Sie erklären, dass Sie von dem Begünstigten aus der von Ihnen erstellten Garantie ordnungsgemäß in Anspruch genommen worden sind. Unsere Garantie erlischt mit der Rückgabe dieser Urkunde an uns, spätestens jedoch am _______________, wenn und soweit uns Ihre Inanspruchnahme nach Maßgabe der in dieser Garantie festgelegten Bedingungen nicht spätestens an diesem Tage innerhalb der banküblichen Geschäftszeiten an unseren Schaltern in ________________ zugegangen ist. Diese Urkunde ist uns ohne gesonderte Aufforderung zurückzugeben, sobald unsere Garantie gegenstandslos geworden oder ihre Gültigkeit erloschen ist. Rechte aus dieser Garantie können nur mit unserer vorherigen schriftlichen Zustimmung abgetreten werden. Wir bitten Sie, uns mit Ihrer Empfangsbestätigung zwei Kopien Ihres Garantieschreibens (in Übersetzung) zu übermitteln.

* Betrag und Währung einsetzen. ** Gegebenenfalls ergänzen: „unter Verwendung des beigefügten Garantietextes“. *** Betrag und Währung einsetzen.

571

Anhang

9.

IV. Formulare für Bankgarantien

Garantieauftrag für Gewährleistungsgarantie an ausländische Bank (indirekte Garantie)

10/12 (Bank)

____________________ (Name und Anschrift der ausländischen Bank) Gewährleistungsgarantie zugunsten ___________, (Käufer) unter unserer Garantie Nr. ____________________

Von unserem Kunden, der Firma ___________________________________________________________________ _____ ____________________________________________________________________ – nachstehend „Verkäufer“ genannt – hören wir, dass dieser am __________ im Gesamtwert von __________ geliefert hat. Die letzte Rate in Höhe von __________ wird bis zum Ablauf der Gewährleistungszeit einbehalten, es besteht jedoch die Bereitschaft, diesen Betrag schon jetzt auszubezahlen, sofern eine Bankgarantie in gleicher Höhe übergeben wird. Wir beauftragen Sie hiermit, die verlangte Gewährleistungsgarantie in Höhe von* ____________ (in Worten: ____________) zugunsten von ____________ gültig bis ____________,** zu erstellen und die Originalurkunde unverzüglich (bis spätestens zum ________________) an ____________________ (gemäß den Weisungen von __________) auszuhändigen. Wir, die oben genannte Bank, verpflichten uns hiermit unwiderruflich zur Zahlung eines Betrages bis zur Höhe von *** ___________________________________ (in Worten: ___________________________________) an Sie bei Erhalt Ihrer schriftlichen Anforderung, in der Sie erklären, dass Sie von dem Begünstigten aus der von Ihnen erstellten Garantie ordnungsgemäß in Anspruch genommen worden sind. Unsere Garantie erlischt mit der Rückgabe dieser Urkunde an uns, spätestens jedoch am _____________, wenn und soweit uns Ihre Inanspruchnahme nach Maßgabe der in dieser Garantie festgelegten Bedingungen nicht spätestens an diesem Tage innerhalb der banküblichen Geschäftszeiten an unseren Schaltern in _______________ zugegangen ist. Diese Urkunde ist uns ohne gesonderte Aufforderung zurückzugeben, sobald unsere Garantie gegenstandslos geworden oder ihre Gültigkeit erloschen ist. Rechte aus dieser Garantie können nur mit unserer vorherigen schriftlichen Zustimmung abgetreten werden. Wir bitten Sie, uns mit Ihrer Empfangsbestätigung zwei Kopien Ihres Garantieschreibens (in Übersetzung) zu übermitteln. * Betrag und Währung einsetzen. ** Gegebenenfalls ergänzen: „unter Verwendung des beigefügten Garantietextes“. *** Betrag und Währung einsetzen.

572

V. Bedingungen für das Avalgeschäft

V.

Anhang

Bedingungen für das Avalgeschäft

Im Auftrag des Kunden („Auftraggeber“) erstellt die . . . Bank Aktiengesellschaft 10/13 („Bank“) zugunsten eines Dritten („Begünstigter“) Garantien und Standby Letters of Credit sowie Bürgschaften „auf erstes Anfordern“ und sonstige Bürgschaften (nachstehend „Aval(e)“ genannt) zu folgenden Bedingungen:

1.

Direktes und indirektes Aval

Entsprechend der Weisung des Auftraggebers erstellt die Bank das Aval selbst („direktes Aval“) oder sie beauftragt unter ihrer Rückhaftung („Rückgarantie“) eine andere Bank („Zweitbank“) mit der Erstellung des Avals („indirektes Aval“). Mangels Weisung des Auftraggebers kann die Bank ein indirektes Aval erstellen, sofern sie es nach den Umständen unter Berücksichtigung der Interessen des Auftraggebers für erforderlich hält.

2.

Einbuchung und Avalprovision/ Entgelte

Die Bank wird den Auftraggeber mit dem Avalbetrag auf dem Avalkonto belasten, sobald sie das Aval ausgehändigt bzw. abgesandt oder den Avalauftrag an die Zweitbank erteilt hat. Ab Aushändigung bzw. Absendung des Avals oder des Avalauftrages an die Zweitbank berechnet die Bank – neben den Auslagen – dem Auftraggeber periodisch Avalprovision und ein Entgelt für die Bearbeitung des Avals.

3.

Dokumentenprüfung

Die Bank wird Zahlungsanforderungen und alle Dokumente, die in einem Aval verlangt sind und unter diesem vorgelegt werden, sorgfältig daraufhin prüfen, ob sie ihrer äußeren Aufmachung nach den Bedingungen des Avals entsprechen bzw. einander nicht widersprechen. Werden Dokumente nicht im Original, sondern per authentisierter oder geschlüsselter Teletransmission (z.B. SWIFT-Nachricht, geschlüsseltes Fernschreiben) übermittelt, so darf die Bank sie wie Originale behandeln.

4.

Benachrichtigung des Auftraggebers

Die Bank wird den Auftraggeber unverzüglich über den Erhalt einer Zahlungsanforderung benachrichtigen.

573

Anhang

5.

V. Bedingungen für das Avalgeschäft

Zahlung unter dem Aval

Die Bank ist zur Zahlung verpflichtet, wenn ihr eine Zahlungsanforderung des Begünstigten / der Zweitbank in Übereinstimmung mit den Bedingungen ihres Avals vor dessen Verfall zugegangen ist.Risikohinweis für Avale „auf erstes Anfordern“:Bei einem Aval auf erstes Anfordern muss die Bank Zahlung leisten, sobald der Begünstigte dies von der Bank verlangt. Die Bank kann das Zahlungsverlangen nur dann zurückweisen, wenn der Einwand des Rechtsmissbrauchs erhoben und „liquide“ bewiesen, d.h. durch Dokumente belegt werden kann. Die Bank wird daher das Konto des Auftraggebers auch dann belasten, wenn nach dessen Auffassung das Zahlungsverlangen des Begünstigten zu Unrecht erfolgte, aber ein Rechtsmissbrauch bei einer Inanspruchnahme nicht nachgewiesen werden konnte. Etwaige Rückforderungen müssen nach Zahlung durch die Bank gegenüber dem Begünstigten vom Auftraggeber geltend gemacht werden. Damit trägt der Auftraggeber das Risiko, dass der Begünstigte später zur Rückerstattung des erlangten Betrages nicht bereit oder wegen Insolvenz nicht mehr in der Lage ist. Bei Bürgschaften, die nicht „auf erstes Anfordern“ zahlbar sind, wird die Bank dagegen alle zulässigen Einreden oder Einwendungen berücksichtigen, die binnen angemessener Frist ihr gegenüber schriftlich glaubhaft gemacht worden sind, damit sie an den Begünstigten weitergeleitet werden können.

6.

Ausbuchung und Avalprovision

Die Bank wird direkte Avale, die nicht ausdrücklich ausländischem Recht unterstellt sind, nach dem Verfall ausbuchen und die Berechnung der Avalprovision einstellen, sofern diese Avale nach ihrem Wortlaut zweifelsfrei an einem bestimmten Kalenderdatum oder durch Vorlage von zur Verfallsbestimmung vorgesehener Dokumente erlöschen, wenn vor deren Verfall bei der Bank keine Inanspruchnahme eingeht. Bei allen sonstigen direkten und indirekten Avalen sowie Standby Letters of Credit, die bei einer Zweitbank benutzbar sind oder von ihr bestätigt wurden, wird die Bank erst dann das Aval ausbuchen und die Berechnung der Avalprovision einstellen, wenn ihr die Avalurkunde zur Entlastung zurückgegeben oder sie von dem Begünstigten / der Zweitbank bedingungslos und schriftlich aus der Haftung entlassen worden ist. Im Falle einer Prozessbürgschaft muss der Bank, sofern ihr die Urkunde nicht von dem Begünstigten zur Entlastung zurückgegeben wird, dessen Zustimmung zur Haftungsentlassung oder eine rechtskräftige Anordnung nach § 109 Abs. 2 ZPO nachgewiesen werden. Dem Auftraggeber obliegt es, die Voraussetzungen für die Ausbuchung des Avals herbeizuführen.

574

V. Bedingungen für das Avalgeschäft

7.

Anhang

Reduzierung

Die Bank wird bei Reduzierungen eines direkten Avals eine entsprechende Teilausbuchung vornehmen und dies bei der Provisionsberechnung berücksichtigen, sofern die Bedingungen der Reduzierungsklausel in dem Aval erfüllt sind oder der Bank vom Begünstigten bedingungslose und schriftliche Teilentlastung erteilt worden ist. Bei indirekten Avalen gilt diese Regelung, wenn der Bank eine solche Teilentlastung seitens der Zweitbank vorliegt. Im Falle einer Teilinanspruchnahme reduziert sich das Aval um den von der Bank gezahlten Betrag.

8.

Aufwendungsersatzanspruch der Bank

Der Auftraggeber ist verpflichtet, der Bank alle erforderlichen Aufwendungen zu ersetzen, die ihr im Zusammenhang mit der Ausführung seines Avalauftrages einschließlich einer gerichtlichen oder außergerichtlichen Rechtsverfolgung oder -verteidigung im In- und Ausland entstehen. Diese Ersatzpflicht umfasst auch Aufwendungen nach Ausbuchung eines Avals, insbesondere soweit eine Zahlungspflicht unter dem Aval noch besteht oder eine im Entscheidungsland vollstreckbare Entscheidung auf Zahlung vorliegt.

9.

Beendigung des Avalauftragsverhältnisses

Endet das dem Avalauftrag mit der Bank zugrunde liegende Kredit- bzw. Geschäftsbesorgungsverhältnis und kommt der Auftraggeber seiner Verpflichtung zur Entlastung der Bank von bestehenden Avalrisiken nicht innerhalb einer ihm von der Bank gesetzten angemessenen Frist nach, ist er verpflichtet, an die Bank einen Geldbetrag in der Höhe dieser Avalrisiken zur Sicherstellung des Aufwendungsersatzanspruches der Bank zu zahlen. Ergänzend gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank, die in jeder Geschäftsstelle eingesehen werden können und auf Wunsch zugesandt werden.

575

Sachregister 2/3-Konnossement 2, 304 A Abladeort 2, 63, 301, 339 – Angaben über – im Akkreditivauftrag 2, 63 Abnahmepflicht – des Auftraggebers 2, 472 Absonderungsrecht der Akkreditivbank 2, 496 Abstraktes Schuldversprechen 2, 150, 187 Abstraktes Zahlungsversprechen 9, 8 Abstraktheit der Bankgarantie 9, 2, 4, 8, 12, 15, 19, 72, 126, 150 Abtretung 2, 42 – anzuwendendes Recht 2, 219 f. 9, 136 – Aufrechnung 2, 219 9, 124 – der Ansprüche aus Akkreditiv 2, 42 – der Ansprüche aus Grundgeschäft 2, 42 3, 8, 50 f. – der Ansprüche gegen Inkassobank 3, 14 – der Forderung aus Weiterverkauf 2, 465 – des Anspruchs auf Eigentumsübertragung 2, 42 – des Anspruchs auf Vorlage der Dokumente 2, 226 – des Zahlungsanspruchs 2, 216 ff 3, 8 9, 136 ff., 155 – Formerfordernisse 2, 217 – und einstweilige Verfügung 3, 8 – von Teilforderungen 2, 219 – Vorlage der Dokumente 2, 219 – Wirksamkeit der – 2, 219

Abtretungsbestätigung – des Zahlungsanspruchs 2, 223 Abtretungsvereinbarung 2, 42 Abweichung – von Akkreditivauftrag 2, 44, 140 f. Abwicklungsformen – des Akkreditivs 2, 119 ff. Abwicklungsstelle – Verlegung der – 2, 206 advising bank 2, 85, 166 AGB 1, 13, 26 ff. – Banken 1, 26 ff. – Banken, Branchenüblichkeit der – 1, 32 Agent 2, 289 f., 346, 351 Akkreditivauftrag – Inhalt des –s 2, 36 Akkreditivbetrag – Rechnungsbetrag niedriger als – 2, 286 f. Akkreditiv 2, 2 – Abtretung der Ansprüche aus Akkreditiv 2, 42 – Änderung des –s 2, 139, 383 – Arrest 2, 435 – Außenverhältnis beim widerruflichen – 2, 160 ff. – „Austrocknung“ des –s 2, 105, 480 – avisiertes – 2, 13, 180 ff. – besondere Angaben im – 2, 126 – bestätigtes – 2, 12, 16, 88 ff. – bestätigtes – anwendbares Recht 2, 92 – bestätigtes – benutzbar bei Akkreditivbank 2, 186 – bestätigtes – benutzbar bei dritter Bank 2, 197

577

Sachregister

– bestätigtes – benutzbar bei Zweitbank 2, 187 ff. – bestätigtes –, als Kreditunterlage 2, 91 – Einmalübertragung des –s 2, 204 f. – einstweilige Verfügung 2, 432 – Erfüllungsort 1, 45 2, 98 – Eröffnung des –s 2, 148 ff. – fernmündliche Eröffnung des –s 2, 112 – Frachtkostenregelung 2, 327 – frei negoziierbares – 2, 8, 96 – Funktionen des – 2, 4 – gegen Duplikatfrachtbrief 2, 26 – Gleiches – 2, 142 – Grundform des –s 2, 11 – Gültigkeitsdauer des –s 2, 70 ff., 235 – Innenverhältnis beim widerruflichen – 2, 160 – Insolvenz und – 2, 492 ff. – Klage auf Erfüllung des –s 2, 384 – Kreditgewährung 2, 453 ff. – Lieferungsbedingungen 2, 201, 273 ff., 284, 295, 327, 330, 357 – mündliche Eröffnung des –s 2, 112 – Rechtsnatur des –s 2, 19 – Rechtsverhältnisse 1, 35, 40 2, 34, 177 ff., 393, 423 – Rembours mit – 5, 14 – Rembours ohne – 5, 10 – revolvierendes – 2, 18 – Sicherung des Verkäufers durch – 2, 4 – Sicht – 2, 120 – Sonderbestimmungen 2, 126 – Teilinanspruchnahme des –s 2, 325 8, 9, 18 – Teilübertragung des –s 2, 108, 204 – Trennung zwischen Grundgeschäft und – 1, 55 2, 76, 395, 426 – übertragbares widerrufliches – 2, 214 – übertragbares – 2, 17, 108 ff., 198 ff. 7, 3

578

– Umgehung des – 2, 480 ff., 488 – Unabhängigkeit, rechtliche 2, 34 – unbestätigtes – 2, 16, 94 ff., 180, 183 – unbestätigtes – benutzbar bei Akkreditivbank 2, 181 – unbestätigtes – benutzbar bei Zweitbank 2, 183 – unübertragbares – 2, 17 – Unverbindlichkeit des –s 2, 70 – unwiderrufliches – 2, 15 – Verfall des –s 2, 235 – Verfalldatum des –s 2, 70, 73, 235 – Versicherungsvorschriften 2, 368 – Währung 2, 49 ff. – Wesen des –s 2, 4 – Widerruf des –s 2, 26, 80 ff., 157 ff., 162 ff. – widerrufliches – 2, 15 – wirtschaftliche Bedeutung des – 2, 3 – „without recourse“ 2, 408 5, 1 8, 29 – Zahlungsfunktion des – 9, 14 – Zwangsvollstreckung 2, 42, 123, 474 ff. Akkreditiv mit hinausgeschobener Zahlung, s. deferred payment credit Akkreditiv-Debitoren-Konto 2, 145 Akkreditiv-Deckungs-Konto 2, 145, 452, 506 Akkreditiv-Unterkonto – Überschreitung der – 2, 145 Akkreditiv-Verpflichtungs-Konto 2, 145 Akkreditiv-Währungs-Deckungs-Konto 2, 145 Akkreditivänderung – Pfändung des Rechts auf – 2, 487 Akkreditivauftrag 2, 35 ff. – Ablehnung der Annahme des –s 2, 41 – Abweichung vom – 2, 44, 140 f., 246 – Änderung des –s 2, 138, 139 ff. – Angabe von Zusatzdokumenten 2, 55

Sachregister

– Angaben bezüglich der Übertragbarkeit 2, 108 ff. – Angaben über Ware 2, 47 – Annahme des –s 2, 36 – Auftragsstrenge 2, 43 ff. – Beratungspflicht 2, 41 – Bestimmung der Akkreditivsumme 2, 49 – Bestimmung der Währung 2, 49 – elektronische Erteilung 2, 39, 133 – Erteilung des –s 2, 39 – Fehler 2, 128, 411 – Form des –s 2, 39 – Formular für – 2, 44 – Inhalt 2, 45 ff. – Prüfung des –s 2, 127 ff. – Rechtsnatur des –s 2, 36 – Schriftform des –s 2, 39 – Spezialvollmacht zur Erteilung eines –s 2, 38 – Vollständigkeit des –s 2, 43 f. – Weisungen 2, 43, 55, 246 Akkreditivauftraggeber 1, 40 – Empfangsbestätigung des –s 2, 76 – Kreditgewährung an – 2, 135 ff. – Verhältnis des –s zur Zweitbank 2, 177 ff. Akkreditivbank 1, 40 2, 4 – Absonderungsrecht der – 2, 496 – Abtretungsbestätigung der – 2, 223 – Aufrechnungsverzicht der – 2, 391 – Gläubiger der – 2, 169 – Haftung der – 2, 178 – Insolvenz der – 2, 505 – Pfandrecht der – an Dokumenten 2, 376, 449 ff. – Vollmachtserteilung an Zweitbank 2, 184 – Weisungsgebundenheit der – 2, 140, 143 – Zurückbehaltungsrecht der – an Dokumenten 2, 171 Akkreditivbegünstigter, s. auch Begünstigter Akkreditivbenutzung

– Insolvenzverfahrenseröffnung nach – 2, 507 – Insolvenzverfahrenseröffnung vor – 2, 496 Akkreditivbenutzungsrecht – Pfändung des –s 2, 487 Akkreditivbeteiligte 2, 11 Akkreditivbetrag 2, 279 – Anschaffung des –s 2, 107 – Auszahlung des –s 2, 33, 385 – „gegen Dokumente“ 2, 183 – Hinterlegung des –s 2, 385, 396 – Rechnungsbetrag höher als – 2, 280 ff. – Toleranzgrenzen des –s 2, 287 Akkreditivdokumente, s. Dokumente Akkreditiveinrede 2, 23 Akkreditiverlös – Bevorschussung des –es 2, 386 Akkreditiveröffnung 2, 112, 148 – Anfechtung der – 2, 397 – durch ausländische Zweigniederlassung 2, 154 – durch Telekommunikationsmittel 2, 112 – Insolvenzverfahrenseröffnung nach – 2, 497 – Insolvenzverfahrenseröffnung vor – 2, 496 – mit Kreditgewährung verbundene – 2, 56, 135, 453 ff. – Übermittlungsweg für – 2, 112 – Widerspruch gegen die – 2, 152 Akkreditiveröffnungsschreiben – Durchschrift des –s 2, 143 Akkreditivhaftung – Strenge der Akkreditivhaftung 2, 158 Akkreditivklausel 2, 22 – Aufrechnungsausschluss in – 2, 28 – Ausgestaltung der – 2, 22 – Bedeutung der – 2, 24 – Inhalt der – 2, 23, 29 Akkreditivkredit 2, 454 Akkreditivprovision 2, 146

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Akkreditivstatut 2, 35 Akkreditivstellung – sofortige 2, 31 Akkreditivstrenge 2, 416 Akkreditivsumme 2, 49 – Bestimmung der – 2, 49 – Überschreitung der – 2, 49 Akkreditivverpflichtung – der Bank 2, 150 ff. – Rechtsnatur der – 2, 150 Akkreditivvertrag 2, 143 – Abschluss des –s 2, 143 – Buchungen 2, 145 ff. Akkreditv – Formen der Benutzbarkeit 2, 119 ff. Akzept – Dokumente gegen – des Inkassobezogenen 3, 1 Akzeptakkreditiv 2, 121 Akzeptierungsakkreditiv 2, 388 Akzeptkredit 5, 3 Akzeptleistung 3, 24 ff. – und Anfechtung 2, 408 Akzeptprovision 2, 123 Akzessorietät – der Bürgschaft 9, 11 all risks 2, 60, 368 amendment, s. Änderung an Order – blanko indossiert 2, 309 An-Bord-Konnossement 2, 296, 299, 305, 339 An-Bord-Nahme 2, 295 f. An-Bord-Vermerk 2, 299 f. Analysenzertifikat 2, 55, 61, 370 Änderung, s. auch Akkreditivänderung – bei übertragbarem Akkreditiv 2, 212 – der Bankgarantie 9, 30, 31, 76 ff., 117 – des Akkreditivs 2, 139, 383 – schriftliche Bestätigung der – 2, 139 – Verbindlichkeit der – 2, 140 Anfechtung 2, 397 9, 19 Anfechtungsrecht – bei krimineller Handlung 2, 412

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Ankaufszusage 2, 95, 192 Anscheinsvollmacht – beim Akkreditivauftrag 2, 38 Anschlussfinanzierung 2, 455 6, 1 8, 30 – bei Zahlung gegen offene Rechnung 4, 4 anticipatory credit, s. Packing Credit Anweisung – Akkreditivvorgang als – 2, 20 Anzahlungsgarantie 9, 2, 40, 48 ff., 88, 111, 119 – Verfügung über Anzahlungsbetrag 9, 50, 78 – Zahlungseingangsklausel in der – 9, 40, 119 Arglisteinwand 2, 419 Arrest 2, 410, 427, 435 3, 8 9, 148 f. – Glaubhaftmachung 2, 415, 422 – Pfändung des Auszahlungsanspruchs durch – 9, 148 Art. 12b ERA – Ausschluss des – 2, 389 Aufgebotsverfahren 2, 445 Aufnahme der Dokumente 2, 243 Aufrechnung 2, 391 9, 19 Aufrechnungsausschluss 2, 28 9, 69, 124 Aufrechnungsverzicht 3, 9 Auftragsstrenge – formale – Grundsatz der –n 3, 11 – Grundsatz der – 2, 388 9, 76 Aufwendungsersatz 2, 146, 167 9, 77, 87, 100, 104 f, 123, 132 – Umfang des –es 2, 167 9, 87 ff., 103, 105 Ausfuhrkreditversicherung 9, 58 Ausführungsanzeige – der Garantiebank 9, 93, 102 Auslagen 2, 107, 167, 329, 377, 448, 496 – beim Dokumenteninkasso 3, 34 Auslagenersatz 2, 146, 170, 402 Auslandsverschuldung 6, 4 Auslandszahlungsauftrag 4, 3

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Auslegung bei Dokumentenaufnahme 2, 260 Außenhandel 1, 1, 34 Außenverhältnis – beim widerruflichen Akkreditiv 2, 161 – Zweitbank/Begünstigter 2, 179 Außenwirtschaftsgesetz 1, 1 Aussonderungsrecht des Käufers 2, 506 – nach Benutzung des Akkreditivs 2, 510 Auswahlverschulden 9, 99 Auszahlung des Akkreditivbetrages 2, 33, 385, 394, 414, 493 authority to negotiate 8, 24 authority to pay 8, 24 f. authority to purchase 8, 24 f., 26 Avalbedingungen – für Standby Letter of Credit 8, 10 Avalkredit 9, 74 Avalobligo – Ausbuchung 9, 34, 90 – Ausbuchung unter Vorbehalt 9, 90 Avalprovision 9, 34, 73, 87, 87 ff., 100 – doppelte – 9, 100 Avisbank 2, 166 ff. – Recht am Ort der – 1, 41 Avisierung 1, 41 2, 12, 85, 112 f. B back-to-back credit, s. Gegenakkreditiv back-to-back credits 2, 198 baldmöglichst 2, 75 Banco Santander Fall 2, 386 ff. Bankakkreditiv 2, 26 Bankakzept 3, 25 – „Dokumente gegen –“ 3, 1 Bankenkette 2, 228 3, 6, 15, 44, 52 Bankers’ Acceptances 5, 16 Bankgarantie, s. auch Garantie (Garantievertrag) – Abstraktheit der – 9, 2, 4, 8, 12, 15, 19, 72, 126

– Abtretung des Zahlungsanspruchs aus der – 9, 136 ff. – anwendbares Recht 9, 35 ff. – Anwendung der Vorschriften des Bürgschaftsrechts auf die – 9, 13 – Befristung der – 9, 32 ff., 68, 90, 115 – bei Dokumentenverlust 2, 440 – Effektivklausel in der – 9, 26 – Elemente der – 9, 16 ff. – Inanspruchnahme der – 9, 83 ff., 111 ff., 120 f., 156, 162 – Kreditfunktion der – 9, 24, 82, 92, 133, 164 – Liquiditätsfunktion der – 9, 2, 22, 24, 43, 140 f. – Präambel der – 9, 17 – Prüfungszeitraum bei Inanspruchnahme der – 9, 122, 126 – rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme der – 9, 84, 126 ff., 141 – Rechtsnatur der – 9, 6 ff., 109 – Rechtswahlklausel 9, 36 – Sicherungsfunktion der – 9, 1, 14, 43, 69, 70, 133, 143 – typische Elemente der – 9, 16 – unter Kreditgesichtspunkten 9, 5 – Verfalldatum in der – 9, 32 ff. – Verhältnis der – zum Akkreditiv 9, 14 f. – Vertragstyp eigener Art 9, 7 – Zahlungsklausel in der – 9, 18 ff., 80 f. – Zusatzbedingungen 9, 21 Banküberweisung gegen Duplikatfrachtbrief 2, 27 Barakkreditiv 2, 1 Bardepot 9, 1, 92, 124, 140 Barsicherheit 2, 169 Barzahlung bei Dokumenteninkasso 3, 21 ff. Bedingungen – besondere – der Kreditinstitute 1, 34 – für das Avalgeschäft 9, 74

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– für die Abwicklung von Außenhandelsgeschäften 1, 34 Befristung – der Bankgarantie 9, 32 ff., 90, 97, 106, 115 – der Bankgarantie und dokumentärer Nachweis 9, 33 Begünstigter 1, 41 – Anschrift des –n 2, 45 – Benennung des –n 2, 45 – Einreichung der Dokumente durch –n 2, 225 – einstweilige Verfügung gegen –n 2, 432 – Einziehungsermächtigung des –n 2, 217 – Identität des –n 2, 262 3, 17 – vorläufige Unterrichtung des –n 2, 149 Benachrichtigungspflicht – über Bonität des Begünstigten 2, 129 Benutzbarkeit – Angabe über – im Akkreditivauftrag 2, 72 Bereitschaftserklärung zur Avalübernahme 9, 47 Bestätigende Bank 2, 166 ff. – Recht am Ort der – 1, 43 bestätigtes Akkreditiv 2, 16, 88, 187 – benutzbar bei Akkreditivbank 2, 186 ff. – benutzbar bei dritter Bank 2, 197 – benutzbar bei Zweitbank 2, 187 Bestätigung 2, 12, 86, 186 ff. – als Krediteinräumung 2, 93 – Auftrag zur – 2, 93, 190 – Ermächtigung zur – 2, 190 – Eventualbestätigung 2, 192 – ohne Auftrag 2, 192 f. – stille – 2, 95, 192 – über Dokumenteneinreichung 2, 226 – Wirksamwerden der – 2, 189 Bestätigungsprovision 2, 146 Bestimmbarkeit

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– von Teilforderungen 2, 219 Bestimmungsort 2, 63 – Angaben über – im Akkreditivauftrag 2, 63 Bevollmächtigter – Einreichung der Dokumente durch –n 2, 226 Bevorschussung – des Akkreditiverlöses 2, 386, 390 Beweise – liquide – 2, 422 9, 84, 126 ff., 143 Beweislastumkehr 9, 3, 8 Beweismittel – dokumentäre – 2, 422 9, 84, 126 Bezahlung gegen offene Rechnung 4, 1 Bietungsgarantie 9, 45 ff. – Bereitschaftserklärung der Garantiebank 9, 47 – Kreditauskunft 9, 47 blank back transport document, s. Blanko-Rückseite-Transportdokument Blanko-Rückseite-Transportdokumente 2, 318 Blankoindossament 3, 8 Blankokredit 2, 136 bona fide holder 2, 393 bona-fide-Klausel 2, 8, 393 8, 1 Bretton Woods – Abkommen von – 9, 38 broker’s cover note 2, 358 Buchungen 2, 145 Bürgschaft – Abgrenzung der – zur Garantie 9, 11 ff., 78 Bürgschaft auf erstes Anfordern 9, 11 C C&F 2, 327 case law 1, 5 Caspiana-Klausel 2, 316 Charterpartie 2, 288, 333 ff. – Konnossement 2, 288 Charterpartie-Konnossement

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– Anforderungen an – 2, 334 – Bedeutung 2, 333 CIF 2, 62, 284, 327, 330 circa 2, 48 Clearing 9, 58 collecting bank 3, 5 combined transport 2, 291 Combined Transport Bill of Lading 2, 291 combined transport bill of lading or port-to-port bill of lading 2, 291 combined transport document 2, 337 Commercial Letter of Credit, s. Letter of Credit Container 2, 319, 335, 344 – Freight Station 2, 319 Fn. 567 – Freight Yard 2, 319 Fn. 567 Containerkonnossement – Beweiskraft des –s 2, 344 Containerverladung 2, 344 contre-crédit, s. Gegenakkreditiv crédit dos-à-dos, s. Gegenakkreditiv CTO 2, 336 customary risks 2, 60 D Deckungsverhältnis – Einwendungen aus dem – 9, 123 deferred acceptance credit 2, 125 deferred payment credit 2, 123, 385 – vorzeitige Zahlung 2, 123 – Widerruf 2, 82, 164 – Widerrufsrecht 2, 82 deferred sight credit 2, 125 Devisenbewirtschaftung 2, 83, 87 9, 3, 58, 80, 135 Devisentermingeschäft 2, 50 Diebstahl der Dokumente 2, 441 Dienstvertrag 3, 9 Direkteinreichung der Dokumente 2, 231 Direktgarantie 9, 76, 120, 150 ff – anwendbares Recht 9, 35, 35 ff. – vertragstypische Leistung bei – 9, 36 DOCDEX-Verfahren 1, 19

documents – clean – 2, 59 – stale – 2, 242, 305 – unclean – 2, 314 ff. – „– against acceptance“ 8, 33 – „– against cash“ 8, 33 – „– against payment“ 8, 33 Dokumente – Abnahme der – 2, 472 – Andere – 2, 55 – andere – 2, 54 f., 370 ff. – Andienung der – zu treuen Händen 3, 19, 21 – Aufnahme der – 2, 243 – äußeres Erscheinungsbild der – 2, 244, 252, 368 – Bankgarantie bei fehlenden –n 2, 440 – Behandlung mangelhafter – 2, 379 – Benennung der – 2, 53 – Benennung des Ausstellers im Akkreditivauftrag 2, 55 – Bezahlung der – „bei Ankunft des Dampfers“ 3, 21 – des kombinierten Transports 2, 337 – Diebstahl der Dokumente 2, 441 – Direkteinreichung der – 2, 231 f. – Einreichung der – 2, 225 ff. – Einreichung der – bei Zweitbank 2, 231 f. – Einreichungsfrist für – 2, 100 – elektronische 1, 9 2, 332 – gefälschte – 2, 418 – Genehmigung von Abweichungen der – 2, 379 – getrennte Versendung der – 2, 229 – Herausgabe der – an Gerichtsvollzieher 2, 479 – „Kasse gegen –“ 3, 1 – kombinierten Transport des – 2, 64 – mangelhafte – 2, 375 – Original– 2, 272 – Pfandrecht an 2, 376 – Präsentation der – 2, 21 – Prüfung der – 2, 246 3, 17 f – Prüfungsfrist für – 2, 373

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– Rüge der – 2, 375 – Teileinreichung der – 2, 229 – treuhänderische Aushändigung der – 3, 21 f. – Übereinstimmung der – 2, 257 ff. – Übermittlungsweg für – 2, 115 – Übersendung der – durch Luftpost 2, 115 – Unterschlagung der – 2, 441 – Verlust der – 2, 437 – Verwahrung der – 2, 229 – Vorlagefrist für – 2, 79, 235 – Zurückweisung der – 2, 235, 241, 375 3, 18 – „– gegen Akzept des Inkassobezogenen“ 3, 1 – „– gegen Akzept“ 3, 1, 54 8, 33 – „– gegen Bankakzept“ 2, 123 3, 1 – „– gegen Bezahlung“ 8, 33 – „– gegen Kasse“ 8, 33 Dokumente – andere – 2, 126 Dokumentegeschäft – Regress aus dem – 5, 23 Dokumentenabsendungsfrist 2, 79, 237 Dokumentenakkreditiv, s. Akkreditiv 2, 2 Dokumentenaufnahme 2, 243 – Anfechtung der – 2, 377, 403 – Insolvenzverfahrenseröffnung nach – 2, 503 – Insolvenzverfahrenseröffnung vor – 2, 501 – Provision 2, 448 – Rechtscharakter der – 2, 226, 403 – unter Vorbehalt 2, 381 ff. Dokumenteneinreichung 2, 32, 225 ff. – bei Zweitbank 2, 100, 232 – Bestätigung über – 2, 226 – Bypassing 2, 232 – durch Begünstigten 2, 225 – durch Dritte 2, 226 – Frist für Einreichung des Verladedokuments 2, 100

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– fristgerechte – 2, 100 – geschlossene – 2, 229 – in Einzelsendungen 2, 229 – Pflicht zur – 2, 33 – Quittung über – 2, 226, 237 – verfrühte – 2, 241 Dokumenteneinreichungsfrist 2, 100, 235 Dokumentengeschäft 5, 23 Dokumenteninkasso 2, 82 3, 1 ff. – Akzeptleistung 3, 24 ff. – als Zug-um-Zug-Geschäft 3, 21 – Arrest 3, 8 – Bankenkette 3, 6, 15, 44, 52 – Barzahlung 3, 21 ff – Benachrichtigungspflicht 3, 26 f. – einstweilige Verfügung 3, 8 – Gebühren 3, 34 f. – Inkassoerlös 3, 41 ff. – Insolvenz 3, 48 ff. – Konnossement 3, 8 – Kosten 3, 32 ff. – Kreditgewährung 3, 6, 47 – Pfändung des Inkassoerlöses 3, 45 ff. – Rechtsnatur des – 3, 9 ff. – trust receipt 3, 28 ff. – und Negoziierungskredit 3, 2 – Versendungswege 3, 6 – Ware 3, 38 ff. – Warenprüfung 3, 3 f., 22 – Weisungen für – 3, 11 f., 39 – Zinsen 3, 33 Dokumentenmängel – Akkreditiv 2, 375 – Bankgarantie 2, 380 – Inkasso 2, 383 – Rückfrage bei Käufer 2, 384 – Zahlung unter Vorbehalt 2, 381 f. Dokumentenprüfrisiko 2, 96 Dokumentenprüfung 2, 243 ff. 3, 12, 17 f. – durch vorlegende Bank 3, 18 – Ermessen bei – 2, 260 ff., 264 – Fehlentscheidung bei – 2, 101, 256 – Gebot der zügigen – 2, 373

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– Gegenstand der – 2, 251 – Kriterien der – 2, 251 ff. – Schreib- und Flüchtigkeitsfehler 2, 263 Dokumentenstrenge 2, 244, 248 9, 33, 60, 62, 83 – Grundsatz der – 9, 23 Dokumentenverlust, s. Letter of Credit 2, 437 ff. – Aufgebotsverfahren 2, 445 – Bankgarantie bei – 2, 440 – Risiko des –s 2, 100, 438 ff. Dokumentenvorlage 2, 70 ff., 228 – Ort der – 2, 72 Doppeleröffnung 2, 113 drawee 3, 5 drawing authorisation 8, 24 Drittwiderspruchsklage der Einreicherbank 3, 47 Duldungsvollmacht – beim Akkreditivauftrag 2, 38 Durchkonnossement 2, 291, 296, 340, 343 – echtes – 2, 341 – unechtes – 2, 342 – unechtes – Krediterwägungen 2, 343 Durchleitungsstelle 1, 41 2, 13, 442, 446 E E-Mail 8, 18 – Akkreditiveröffnung durch – 2, 112 Echtheit der Unterschriften – Prüfung der – 3, 27 EDIFACT 2, 332 Effektivklausel – in der Bankgarantie 9, 26 Eigentümer „in trust“ 3, 28 Eigentumsübertragung – „an den, den es angeht“ 2, 461 – direkte – 2, 461 Eilmaßnahmen 2, 425 ff. – gerichtliche – 2, 410 Einbeziehung der ERI 3, 10

Einheitliche Richtlinien für auf Anfordern zahlbare Garantien der Internationalen Handelskammer 9, 150 ff. Einheitliche Richtlinien für Rembourse zwischen Banken unter Dokumenten-Akkreditive (ERR 725) 2, 174 ff. – Rechtsnatur der – 2, 175 Einheitliche Richtlinien für Vertragsgarantien der Internationalen Handelskammer 9, 15, 150 Einkaufsakkreditiv 2, 198, 446 7, 1 Einreicherbank 1, 48 3, 5, 13 – Drittwiderspruchsklage der – 3, 47 Einreichung der Dokumente, s. Dokumenteneinreichung Einschuss 2, 145 einstweilige Verfügung 2, 409 ff., 410, 427, 432 3, 8 9, 142 ff. – Auslandszustellung der –(n) 9, 143 f. – Beweismittel 9, 143 – gegen den Begünstigten 2, 432 9, 142 ff. – gegen die Garantiebank 9, 145 ff. – Glaubhaftmachung 2, 422 – Standby Letter of Credit 8, 1 – Zustellung 9, 143 f., 144 Einwendungen 2, 394 – aus dem Deckungsverhältnis 9, 123 – aus dem Valutaverhältnis 2, 395 9, 123 – zulässige – 9, 124 Einwendungsausschluss 2, 208 9, 15, 123 ff. Elemente – der Bankgarantie, typische 9, 16 Empfangsbestätigung – der Bank 2, 226 – des Akkreditivauftraggebers 2, 76 ERA – Annahme der – 1, 5, 11 – Charakter, rechtlicher der – 1, 13 ff. – Entwicklung der 1, 5 ff. ERA 500 – Ziele der – 1, 8

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ERA 600 – Änderungen durch die – 1, 9 – Kommentar der Drafting Group 1, 19 – Ziele der Revision der – 1, 9 ERCT 2, 337 Erfüllungsgarantie 9, 52 f. Erfüllungsgehilfin 9, 99 Erfüllungsort 1, 45 2, 98 – bei Direktgarantien 9, 122 Erhöhung des Garantiebetrages 9, 31 ERI – Charakter, rechtlicher der – 1, 22 f. – Entwicklung der 1, 21 Erklärungen – Nachschieben von – 9, 113 Erlöschen der Garantiehaftung 9, 34 Ermäßigung des Garantiebetrages 9, 30, 51, 68 Ermessen bei Dokumentenprüfung 2, 260, 264 Eröffnende Bank, s. auch Akkreditivbank 1, 40 ERR 725 – s. Einheitliche Richtlinien für Rembourse Ersatzdokumente 2, 438 – Mehrkosten 2, 444 Ersatzlösungen – bei mangelhaften Dokumenten 2, 379 ff. erst zahlen, dann prozessieren 2, 416 9, 3 Erstbegünstigter – Rechnung des –n 2, 203 Erstbegünstigter 2, 199 erstklassig 2, 53 Euro-Festgeld – und Fremdwährungskredit 6, 3 Eurokredite 6, 6 Europäische Konvention über Staatenimmunität 1, 50 extend or pay 9, 118, 158 F Factoring 3, 2 Faktura, s. Rechnung

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Fälligkeit – des Zahlungsanspruchs 9, 9 Fälschungsrisiko – bei Inanspruchnahme der Bankgarantie 9, 83 FAS 2, 327, 330 Fehlentscheidung bei Dokumentenprüfung 2, 101, 256 Filiale – Dokumentenvorlage bei – 2, 240 Finanzinstrumente 6, 8 Fixgeschäft 2, 31, 148 FOB 2, 62, 327 Foreign Sovereign Immunity Act 1, 50 Forfaitierung 9, 58 Fracht vorauszahlbar 2, 327 Frachtbrief 2, 469 Frachtbriefdoppel 2, 469 Frachtdokumente 2, 469 Frachtführer 2, 297 – Begriff des –s 2, 290 Frachtkosten 2, 327 – Bezahlung der – 2, 284 – Regelung der – im Akkreditiv 2, 327 Franchise 2, 60, 363 fraud 8, 7 f. 9, 131 fraud in transaction 8, 7 Freigabe eingelagerter Ware 2, 463 freight payable at destination 2, 328 freight payable at destination in the currency of the country destination 2, 328 Freizeichnungsklauseln 1, 15 Fremdwährung – in der Bankgarantie 9, 28 Fremdwährungskredit 2, 50, 52 6, 1 – Zinsen für – 2, 52 Fristversäumnis 2, 238 G Garantie 9, 1 ff. – Abgrenzung der – zur Bürgschaft 9, 11 ff., 78 – indirekte – 9, 97 – indossierte – 9, 96

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– Inkrafttreten der – 9, 109 Garantiebank – Ausführungsanzeige der – 9, 93 – Bereitschaftserklärung zur Avalübernahme 9, 47 – einstweilige Verfügung gegen – 9, 145 ff. – Prüfungspflicht der – 9, 83 ff., 116 ff., 119 – Rückforderungsanspruch der – 9, 41, 132 ff. – Weisungsgebundenheit der – 9, 76, 79 – Zahlungsverpflichtung der – 9, 75, 111 ff., 122 – Zahlungsverweigerungsrecht der – 9, 84, 125 ff. Garantiebegriff – unterschiedliche Verwendung des –s 9, 10 Garantiebetrag – Erhöhung des –es 9, 31 – Ermäßigung des –es 9, 30 – und Währung 9, 18, 27 f., 68, 97 Garantiedokumente – Auswahl typischer – 9, 23 Garantiehaftung – Erlöschen der – 9, 34 Garantiestrenge 9, 115, 117 Garantieurkunde – Rückgabe der – 9, 33, 41, 68, 89 f. Garantieverschaffungsklausel 9, 68 ff. Garantievertrag – Änderung des –es 9, 30, 31, 79, 117 – Form des –es 9, 7, 109 Gebühren – beim Dokumenteninkasso 3, 34 Gebühren bei Dokumenteninkasso 3, 34 f. Gegenakkreditiv 2, 111, 198, 215 7, 1 – Abgrenzung des widerruflichen Akkreditivs zum – 7, 1 – wirtschaftliche Funktion des –s 7, 2 Gerichtsstand 1, 40

Gerichtsstandsvereinbarung 1, 36 Fn. 115 9, 37 Gerichtsvollzieher – Herausgabe der Dokumente an – 2, 479 Gesamtschuldner 2, 86, 187 – erstbeauftragte Bank und Zweitbank als – 9, 96 – Wirkung der Einwendung eines –s auf den anderen – 2, 400 Geschäftsbedingungen – Allgemeine Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute 1, 26 ff. Geschäftsbesorgungsvertrag 2, 36, 166 3, 9 5, 12, 14 9, 73, 73 ff., 80, 98, 101, 105 Gewährleistungsgarantie 9, 56 Gewichtszertifikat 2, 55, 61, 370 – offizielles – 2, 370 Gewohnheitsrecht 1, 13 ff. Giving of value 2, 122 Glaubhaftmachung 2, 422 Green Clause 8, 35 Grundakkreditiv 2, 206 Grundgeschäft 2, 134 ff. – Abtretung der Ansprüche aus – 2, 42 3, 8, 50 f. – Begriff des –s 2, 134 9, 140, 148 – Rechtswidrigkeit des –s 2, 134 f. – Risikoverteilung im – 9, 2, 58, 68, 94, 126, 140 – Sittenwidrigkeit des –s 2, 134 f. Gültigkeitsdauer 2, 28, 70 ff., 201, 210, 235 ff. – des Akkreditivs 2, 242 – Verlängerung der – 2, 73, 230, 238, 438 gut bekannt 2, 53 H Handelsbrauch 1, 13, 13 f., 38 Handelsüblichkeit 2, 54 Herausgabe – der Dokumente an Gerichtsvollzieher 2, 479

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– Pfändung des Anspruchs auf – der Dokumente 2, 479 Hinterlegung 2, 385, 396 3, 47 9, 39 Hoheitliche Eingriffe 9, 128 höhere Gewalt 9, 33, 128 Honorieren 2, 4 I ICC 1, 19 Immunität 9, 142 Importfinanzierung 2, 455 Inanspruchnahme der Bankgarantie 9, 83 ff., 111 ff., 120 f. – Form der – 9, 112 Incoterms 1, 25 2, 62, 290 Indirekte Garantie 9, 64 ff., 76, 97, 143, 149 – anwendbares Recht 9, 36, 105 – Inanspruchnahme der – (n) 9, 120 ff. – rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme der – (n) 9, 127 ff. – Verhältnis von Aufwendungsersatzanspruch zu Zahlungsanspruch 9, 104 f – Wortlaut der – (n) 9, 107 Indossament 2, 308 – Blanko– 2, 309 3, 8 – Inkasso– 3, 8 injunction 1, 55 8, 7 9, 147 Inkasso, s. auch Dokumenteninkasso Inkasso-Indossament 3, 8 Inkassobank 3, 5 – Abtretung der Ansprüche gegen – 3, 14 – als Unterbeauftragte 3, 13 – Schadensersatzpflicht der – 3, 6 Inkassobezogener – „Dokumente gegen Akzept des –(n)“ 3, 1 Inkassoerlös – Dokumenteninkasso 3, 41 ff. – Hinterlegung des –es 3, 47 – Pfändung des –es bei Dokumenteninkasso 3, 8, 45 ff. Inkassotreuhänder 3, 9 Innenverhältnis 2, 166

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– beim widerruflichen Akkreditiv 2, 160 Insolvenz 2, 492 ff. – der Akkreditivbank 2, 505 – des Garantieauftraggebers 9, 123, 132 – des Käufers 2, 493 – des Verkäufers 2, 500 – und Akkreditiv 2, 492 Insolvenzverfahrenseröffnung – nach Akkreditiveröffnung 2, 497, 507 – nach Dokumentenaufnahme 2, 503 – vor Akkreditiveröffnung 2, 496, 506 – vor Dokumentenaufnahme 2, 501 Intended-Vermerk 2, 296, 299 International Standby Practices ISP98 1, 24 8, 11 ff. Internationales Privatrecht 1, 35 ff. 2, 35 – Maßgeblichkeit der vertragstypischen Leistung 1, 35 ISP98, s. International Standby Practices Issuing Bank, s. Akkreditivbank J joker clause 2, 76 K Kasse gegen Akkreditiv 2, 26 Kasse gegen Dokumente 3, 1 Kaufpreisforderung 2, 490 – Pfändung der – 2, 480 Kaufvertrag 2, 490 – Nichtigkeit des –s 2, 413 – Pfändung der Ansprüche aus dem – 2, 480 – Rücktritt vom – 2, 415 – Wandlung 2, 415 Kombinierte Garantieformen 9, 57 Kommission für Banktechnik und -praxis der ICC 1, 19 Konnossement 2, 58, 295 – „an Order – blanko indossiert“ 2, 309

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Änderung des –s 2, 298 Caspiana-Klausel im – 2, 316 Datum des –s 2, 299 full set des –s 2, 302 Inhaber– 2, 294 kleingedruckte Klauseln im „2/3-Konnossement“ 2, 304 – mit Speditionsklausel 2, 342 – nicht negoziierbares Original des –s 2, 303 – Order– 2, 294, 310 – Original des –s 2, 303 – part shipment und – 2, 321 – reines – 2, 313 – Rekta– 2, 294, 310 – Richtigkeit des –s 2, 294 – Sonderklauseln im – 2, 317 – Teilverladung und – 2, 321 – Transportweg 2, 301 – Umladung 2, 317, 319 – Unterschrift auf – 2, 297 f. – voller Satz des –s 2, 302 – vorgedruckte Klauseln im – 2, 317 Konnossementsgarantie 2, 304 9, 59 ff. – Verpflichtung zur Annahme einer – 9, 62 Konsortium 2, 359 Konsulatsfaktura 2, 55, 61, 370 Kontinuitätsklausel 9, 28 Kosten – bei Dokumenteninkasso 3, 34 f. Kreditauskunft 9, 47 – bei Bietungsgarantie 9, 47 Kreditfunktion der Bankgarantie 9, 24, 82, 92, 134, 164 Kreditgewährung 2, 33, 56, 135, 493 – Dokumenteninkasso 3, 6, 47 – Zahlung unter Vorbehalt als – 2, 381 ff. Kreditleihe 2, 454 Kreditsicherung 2, 6, 56 – Importware als – 2, 455 ff. Kreditunterlage – Akkreditiv als – 2, 81 – – – – – –

Kreditvereinbarungen – bei Importfinanzierung 2, 462 Kundenberatung 2, 127 Kundendienst 2, 127 Kurierdienst 2, 355 – Übermittlung der Dokumente durch – 2, 117 Kurierdokumenten 2, 355 Kurierempfangsbestätigung 2, 355 Kursfixierung 2, 51 Kurssicherung 6, 2 – Kosten der – 2, 52 Kurssicherungsklausel 2, 51 Kurzform-Transportdokument 2, 318 L Lagerempfangsbescheinigung 2, 291 Lagerhalter – konzessionierter 2, 463 f. Lagerschein 2, 370 8, 36 – Order– 2, 310 Länderlimite 6, 4 Länderlisten – der ICC 1, 12 Länderrisiko 2, 93 6, 4 LASH-Leichter 2, 319 Legitimationsprüfung 9, 41, 114 Leistung – vertragstypische 1, 28, 35 9, 36 Leistungort 2, 98 Leistungsgarantie – s. auch Erfüllungsgarantie 9, 54 Letter of Credit 1, 5 2, 8 8, 1 ff. – Abtretung des Zahlungsanspruchs 8, 9 – bona-fide-Klausel 2, 8 8, 1 – Einlösungsversprechen 8, 1 – gegen Sichttratten benutzbarer – 2, 8 – Kopie des Kreditbriefes 8, 4 – Nachsichttratte 8, 1 – Originalkreditbrief 8, 4 Lex mercatoria 1, 13 Liefergarantie – s. auch Erfüllungsgarantie 9, 53

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Lieferungsbedingungen 2, 284, 327, 330 Liquiditätsfunktion – der Bankgarantie 9, 43 Liquiditätsfunktion der Bankgarantie 9, 2, 22, 24, 140 f. Luftfrachtführer 2, 345 Lufttransportdokument 2, 345 ff. – Bedeutung des –s 2, 345 – Umladung bei – 2, 348 M Mahnung 2, 30, 148 mail-box-theory 2, 152 Fn. 259 Mängel – offenkundige 2, 255 mangelhafte Dokumente – Behandlung von –n 2, 375 ff. Manipulationen – betrügerische – 2, 397 ff. Mareva injunction 2, 435 Fn. 816 Marine bill of lading, s. Konnossement Massengeschäft 2, 261 Master 2, 297 Meinungskauf 2, 456 merchant banks 7, 8 Miteigentum 2, 466 MTO 2, 336 N nachfolgender Begünstigter 2, 204 Nachfrist 2, 30, 73 Nachsichttratten 5, 1 Nachweis – dokumentärer – 9, 9, 15, 22 ff., 30, 68, 116 f. – dokumentärer – und Befristung der Bankgarantie 9, 33 Nachweise – dokumentäre 9, 117 Nationalisierung 2, 156 Nebenkosten 2, 49, 87, 284 9, 91 negoziieren 2, 122 Negoziierungsakkreditiv 2, 122, 390 5, 1 8, 2

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– bestätigtes – 2, 196 Negoziierungskredit 8, 3, 24 – Dokumenteninkasso und – 3, 2 Negoziierungsvertrag 5, 21 Nicht begebbarer Seefrachtbrief 2, 332 Nichterfüllung 2, 29 – Schadensersatz wegen – 2, 30 Nichtlieferung 4, 1 8, 7 Nominated Bank, s. Zahlstelle not negotiable 2, 303 Notadresse 3, 39 notice injunction 8, 7 O objektive Unmöglichkeit 2, 30 Obliegenheit 2, 145, 226 offene Rechnung 4, 1 offenkundige – Mängel 2, 255 öffentliche Hand 1, 49 ff. – als Begünstigter 1, 53 – als Käufer 1, 51 offiziell 2, 53 ohne Regress, s. „without recourse“ on their face 2, 317 open account 4, 1 operative credit instrument 2, 113 – Telekommunikation als – 2, 113 Opinions – of the ICC Banking Commission 1, 19 order to negotiate 8, 24 ff., 27 Orderlagerschein 2, 310, 461 ordonnance en référé 9, 147 ordre public 9, 131 Original 2, 272 Originalbedinungen 2, 201 P Packing Credit 8, 34 ff. – Green Clause 8, 35 – Red Clause 8, 35 pactum de non petendo 2, 147, 417, 425 Palette 2, 335 part shipment 2, 321 Parteiautonomie 1, 35

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Parteiwille 9, 36 paying bank 8, 4 Pfandklausel (Nr.14 Abs. 2 AGB) 2, 42 Pfandklausel (Nr.14 Abs.2 AGB) 2, 449 – Dokumenteninkasso 3, 48 Pfandrecht – an Dokumenten 2, 450, 456 Pfändung 2, 474 ff. – der Ansprüche aus dem Kaufvertrag 2, 480, 490 – der Kaufpreisforderung 2, 490 – des Akkreditivbenutzungsrechts 2, 487 – des Anspruchs auf Herausgabe der Dokumente 2, 479, 483 – des Anspruchs auf Lieferung der Ware 2, 481 – des Anspruchs auf Rückzahlung 2, 476 ff., 483 – des Anspruchs auf Übergabe der Dokumente 2, 482 – des Inkassoerlöses bei Dokumenteninkasso 3, 8, 45 ff. – des Rechts auf Akkreditivänderung 2, 487 – des Rechts auf Vorlegung der Dokumente 2, 487 – des Widerrufsrechts 2, 478 – des Zahlungsanspruchs 2, 488 – durch Gläubiger des Käufers 2, 475 ff. – durch Gläubiger des Verkäufers 2, 486 ff. Positionspapier 1, 19 positive Vertragsverletzung 3, 18 Posteinlieferungsschein 2, 355 Postlaufrisiko 9, 33, 94, 115 Postversandbescheinigung 2, 355 Postversanddokumente 2, 355 – Ausstellungsort 2, 356 Präambel – der Bankgarantie 9, 17 Preisnachlass 2, 286 Preisschwankungen 2, 6, 136 preliminary injunction 8, 7

presenting bank 3, 5 principal 3, 5 prompt 2, 75 Protesterhebung 3, 8, 27 Prozessabwehrkosten 2, 167 Prozesskosten 9, 91 Prüfung – der Warenbezeichnung 2, 312 Prüfung der Dokumente, s. Dokumentenprüfung Prüfungsfrist 2, 373 – angemessene – 2, 373 – bei Teillieferungen 2, 374 – für Dokumente 2, 373 Prüfungspflicht – der Garantiebank 9, 83 ff., 116 ff., 119 Prüfungszeitraum 2, 373 – bei Inanspruchnahme der Bankgarantie 9, 122, 126 – für eingereichte Dokumente 2, 373 Q qualifiziert 2, 53 Qualitätszertifikat 2, 55, 61, 370 Quittung – über Dokumenteneinreichung 2, 226 R Rechnung 2, 54, 273 ff. – Adressat der – 2, 274 – Betrag der – 2, 276 – „Bezahlung gegen offene –“ 4, 1 – Bezeichnung der Ware 2, 47 – des Erstbegünstigten 2, 203 – des Zweitbegünstigten 2, 203 – einfache – 3, 7 – Nebenkosten 2, 284 – offene – 4, 1 – Posten der – 2, 283 – Rechenfehler in – 2, 283 – Sprache der – 2, 47 – Unterzeichnung der – 2, 275 – Währung 2, 276

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– Warenbezeichnung 2, 278 – Warenmenge 2, 279 Rechnungstausch 2, 203 Recht – anwendbares 1, 35 ff. Rechtsmissbrauch 2, 395, 418 ff. 9, 84, 126 ff., 141 – liquide Beweisbarkeit 9, 126 – offensichtlicher 2, 388, 418, 420 9, 126 – Risiko des –s 2, 386 Rechtsmissbrauchsrisko – Verteilung des –s durch Art. 12b ERA 2, 387 Rechtsnatur – der Akkreditivübertragung 2, 208 – der Akkreditivverpflichtung 2, 150 – der Bankgarantie 9, 6 ff. – des Akkreditivauftrages 2, 39 – des Akkreditivs 2, 19 – des Dokumenteninkassos 3, 9 Rechtswahl 1, 35 f. 9, 36 Rechtswahlklausel – Bankgarantie 9, 36 Red Clause 8, 35 Reduzierungsklausel 9, 30 reine Verladedokumente 2, 59 Reiseakkreditiv 2, 1 Reisekreditbrief 2, 1 Rektakonnossement 2, 310 Rembours – mit Akkreditiv 5, 14 – ohne Akkreditiv 5, 10 Remboursabrede – interne – 2, 234 Remboursbank 2, 173 – Akzeptkredit der – 5, 7 Remboursfinanzierung 2, 14 Rembourskredit 2, 12 5, 7 ff. – unechter – 5, 4 Remboursstelle 2, 173 remitting bank 3, 5 Risiken – „alle –“ 2, 366

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– durch Transportversicherung zu deckende – 2, 368 – „gewöhnliche –“ 2, 366 – „handelsübliche –“ 2, 366 – „übliche –“ 2, 366 Risiko – politisches 2, 95, 96 Rückforderungsanspruch der Garantiebank 9, 41, 132 ff. Rückgabe der Garantieurkunde 9, 34, 41, 68, 89 f. Rückgarantie, s. Indirekte Garantie 9, 8, 64 ff., 97 – Befristung der – 9, 106 Rücktritt 2, 24, 30, 152, 401, 414 ff., 478 Rückzahlungsanspruch 2, 404 – aufschiebend bedingter – 2, 476 – Pfändung des –s 2, 483 – vertraglicher – 2, 384 Rüge der Dokumente 2, 230, 375 ff. Rügerecht 2, 170 rule of insignificance 2, 48 Fn. 107 S S.W.I.F.T. 1, 18 2, 112, 148, 167, 176 said by shipper to contain 2, 344 said to contain . . . 2, 314, 344 sans recours, s. „without recourse“ Schadensersatzansprüche 2, 180, 294 3, 6 9, 33, 71, 76 Schadensliquidation im Drittinteresse 2, 177 Scheingeschäft 9, 125 Schickschuld 2, 98 9, 122 Schiedsspruch 9, 24, 117 schnellstens 2, 148 Schreib- und Flüchtigkeitsfehler 2, 263 Schuldversprechen – abstraktes – 2, 36, 150, 159 9, 8 – Akkreditiv als – 2, 20 Schutzdeckung 2, 368 Schutzklauseln 2, 96 Seefrachtbrief – nicht begebbarer – 2, 332

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Seekonnossement, s. Konnossement 2, 294 ff. self liquidating 2, 455 shipped in apparent good order 2, 313 shipper’s load and count 2, 344 short form transport document 2, 318, 334 Sicherheit – des Garantieauftraggebers 9, 92 – Kontinuität der – 2, 458 Sicherungseigentum 2, 137, 461 ff., 509 Sicherungsfunktion 2, 188, 332, 509 – der Bankgarantie 9, 1, 14, 43, 69, 70, 133, 143 – des Akkreditivs 2, 4 Sicherungsschein 2, 470 Sicherungsübereignung 2, 470 Sicherungsvereinbarungen – an Transportdokumenten 2, 464 Sichtakkreditiv 2, 120, 385 Sichttratten 5, 1 ff. sofort 2, 31, 148 sovereign immunity 1, 50 Spediteurkonnossement 2, 342 Spediteurübernahmebescheinigung 2, 291 Speditionspapiere 2, 291 Sprache 8, 20 stale documents 2, 242, 305 ff. Standardformulare 1, 20 2, 40 Standby Letter of Credit 2, 9 8, 5 ff. 9, 22, 104, 140 – Avalbedingungen für – 8, 10, 15 – Dokumentenstrenge 8, 6, 9 – einstweilige Verfügung 8, 7 – fraud 8, 7 ff. – Garantiefunktion des 8, 12 – preliminary injunction 8, 7 stille Bestätigung 2, 95 Straight Letter of Credit 8, 1 – preliminary injunction 8, 7 Substitutin, s. Unterbeauftragte Sukzessivlieferungsgeschäft

– Abwicklung eines – durch Akkreditiv 2, 77 Sukzessivlieferungsvertrag 2, 69 – Akkreditiv 2, 69, 77 – Bankgarantie 9, 29 – Lieferfristen 2, 69, 78 – Teilverladungen 2, 69, 325 Surety Companies 8, 6 T Tatbestandswirkung 9, 120, 131 Teileinreichung 2, 230 – Bankgarantie 2, 446 Teilinanspruchnahme 2, 325 8, 9 Teillieferungen 2, 7, 65, 69, 77, 279, 325 – Prüfungsfrist 2, 374 – Sukzessivlieferungsvertrag 2, 325 Teilübertragung 2, 108 Teilverladung 2, 67, 321 – Angabe über – im Akkreditivauftrag 2, 67 Teilverladungen 2, 320 ff. telegrafisch 2, 148 Telekommunikationsmittel 2, 112 ff., 148 through bill of lading, s. Durchkonnossement Traditionspapiere 2, 310, 461 Transferrisiko 2, 173, 193 Transferschwierigkeiten 9, 58, 135 Transhipment 2, 317 Transit Clause – der Institute Cargo Clauses 2, 367 Transparenzgebot 2, 292 Transport – kombinierter – 2, 291, 296, 335 – multimodaler – 2, 296, 336 Transportdokumente 2, 54, 288 ff. – Allgemeine Anforderungen 2, 289 – Ausstelung der – durch den Frachführer 2, 290 – kombinierte – 2, 296 – Systematik in den ERA 2, 288 Transportformular

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– für kombinierten Transport 2, 338 Transportmodalitäten – Anforderungen an – 2, 293 Transportweg 2, 63 – Angaben über – im Akkreditivauftrag 2, 63 – Konnossement 2, 63, 301 Tratte – Sichttratte 5, 1 – Zieltratte 5, 1 Treuhandvertrag – Akkreditiv als – 2, 19 trust receipt 3, 28 ff. 8, 33, 36 trustee 3, 29 U Übereignung – „an den, den es angeht“ 2, 461, 479 Übernahmedokument 2, 347 Übertragbares Akkreditiv 2, 108, 198 ff – Änderungen bei Übertragung 2, 201 – Teilübertragung 2, 204 – Teilverladung 2, 68 – Weiterübertragung durch Zweitbegünstigten 2, 110, 204 – Zahlungsanspruch 2, 108 Übertragbarkeit 2, 17, 108 – Erklärung der – 2, 199 Übertragung 2, 199 ff. – Ablehnung der – 2, 110 – Änderung des Akkreditivs durch – 2, 201 – Annullierung nach – 8, 7 – des widerruflichen Akkreditivs 2, 214 – erneute – 2, 204 – mehrmalige – 2, 204 – Rechtsnatur der – 2, 208 – Zustimmung zur – 2, 110, 207 Übertragungserklärung 2, 199 Überweisungsauftrag – Bearbeitungsgebühr bei – 4, 3 Umladeverbot 2, 66 Umladung 2, 319, 468

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Umsturz – politischer 1, 54 unabhängig 2, 53 Unabhängigkeit – rechtliche 2, 34 Unbekannt-Klauseln 2, 314 unbestätigtes Akkreditiv 2, 16, 94 ff. – benutzbar bei Akkreditivbank 2, 180 ff. – benutzbar bei Zweitbank 2, 183 ff. UNEDIFACT 2, 332 ungefähr 2, 48 ungerechtfertigte Bereicherung 2, 377, 413 Uniform Commercial Code 8, 12 United Nations Convention on Independent Guarantees and Standby Letters of Credit 8, 23 unscrupulous seller 8, 7 Fn. 23 unstimmige Dokumente – Behandlung von –n 2, 375 Unterakkreditiv, s. Gegenakkreditiv Unterbeauftragte 3, 13 9, 99 Unterschrift 2, 272, 297 – auf Konnossement 2, 297 – elektronische 2, 272 – faksimilierte 2, 272 unverzüglich 2, 75 unwiderrufliches Akkreditiv 2, 15, 80 ff., 157 ff Unwiderruflichkeitsprovision 2, 81 URDG 9, 150 ff. – Annahme der – 9, 152 Ursprungszeugnis 2, 55, 370 usual risks 2, 60 V Valutaschuld – effektive 9, 28 Valutaverhältnis – Einwendungen aus dem – 9, 123 venire contra factum proprium 2, 417 Verfalldatum 2, 70, 235 – der Bankgarantie 9, 32 – des Akkreditivs 2, 70, 73, 235

Sachregister

Verfügung – einstweilige – 2, 410 Vergleichsakkreditiv 2, 142 Verhalten 8, 7 – betrügerisches – 2, 397 ff. Verkaufsakkreditiv 2, 198, 446 7, 1 Verladedokument – Ausstellungsdatum des –s 2, 236 – „reines“ – 2, 59 Verladefrist 2, 79, 236, 305 – Ablauf der – 2, 74 – Verlängerung der – 2, 74 f., 239 Verladung an Deck 2, 62 Verladungen – Mehrere – 2, 323 Verpfändung des Zahlungsanspruchs 2, 224 Versanddokument 2, 278, 281, 469 Versicherngsdokumente – und Akkreditivwährung 2, 361 Versicherung 2, 470 – eidesstattliche – 9, 127 – gegen Krieg, Bürgerkrieg etc. 2, 369 – gegen Seegefahren 2, 369 – gegen Streik, Aufruhr, innere Unruhen 2, 369 – von all risks 2, 368 Versicherungsdokumente 2, 54, 357 ff. – all risks Klausel 2, 368 – Datum der – 2, 367 – Inhalt der – 2, 361, 365 – Übertragbarkeit der – 2, 360 – „Warehouse to Warehouse“-Klausel 2, 367 Versicherungsgarantie 9, 59 Versicherungsklausel 2, 366 Versicherungskonsortium 2, 359 Versicherungspolice 2, 358 Versicherungsschutz gegen politische Risiken 2, 369 Versicherungszertifikat 2, 358 Vertrag zugunsten Dritter – Akkreditiv als – 2, 19 Vertragsfreiheit

– Grundsatz der – 9, 7, 37, 44 Vertragsinteresse – positives – 2, 494 Vertragspflicht – der Bank bei Akkreditivauftrag 2, 127 Vertragstyp eigener Art – Akkreditiv als – 2, 21 – Bankgarantie als – 9, 7 Verwahrung der Dokumente 2, 229 Verzichtsanspruch 2, 433 Verzug 2, 30 Verzugsschaden – Klage auf Ersatz des –s 2, 402 voller Warenwert 2, 362 Vollmacht zur Einreichung der Dokumente 2, 226 Vorauszahlung 4, 1 Voravis 2, 113 f. – Übermittlungsweg 2, 113 Voravise – fernmündliche Mitteilung 2, 114 Vorbehalt – Ausbuchung des Avalobligos unter – 9, 90 – Dokumentenaufnahme unter – 2, 381 ff. – externer – 2, 382 – interner – 2, 381 – Zahlung unter – 2, 381 ff. Vorfinanzierungsakzept 5, 3 Vorlagefrist 2, 242 vorläufige Unterrichtung – des Begünstigten 2, 149 vorlegende Bank 3, 5 – Dokumentenprüfung durch – 3, 18 Vorleistungspflicht 2, 34 3, 3 9, 70 – des Garantieauftraggebers 9, 92 Vorreise 2, 300 Vorschuss 2, 135 W Währung – der Bankgarantie 9, 27 f. – der Rechnung 2, 276

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– des Akkreditivs 2, 49 ff. Währungsakkreditiv 2, 173 Währungsbarkredit, s. Fremdwährungskredit Währungsklausel 2, 276 Währungskredit, s. Fremdwährungskredit Währungsrisiko 2, 50 Ware – Art der – 2, 47 – Bezeichnung der – in Rechnung 2, 278 – CIF-Wert der – 2, 284, 361 – CIP-Wert der – 2, 361 – Dokumenteninkasso 2, 471 3, 38 – Einlagerung der – bei Akkreditivauftraggeber 2, 465 – Einlagerung der – bei Dritten 2, 463 – Freigabe eingelagerter – 2, 467 – Menge der – 2, 48, 279 – Qualitätsmängel der 2, 396 – Unvollständigkeit der 2, 396 – Versicherungsschutz 2, 470 Warehouse Receipt, s. Lagerschein Warenakkreditiv 2, 2 Warenbezeichnung 2, 311 f. – Prüfung der – 2, 312 Warenmenge 2, 48, 280 – Toleranz bei – 2, 48 Warenpreis 2, 280 Warenprüfstelle – Abnahmebescheinigung der – 2, 47 Warenprüfung – bei Zahlung gegen offene Rechnung 4, 2 – Dokumenteninkasso 3, 3 f., 22 Warentransport 2, 62 – Angaben über den – 2, 62 Warenverladung – Art der – 2, 62 Warenwert – voller 2, 362 Wechsel 5, 17 ff. – Ausschluss der Ausstellerhaftung bei – 5, 19

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– Ausschluss der Girantenhaftung bei – 5, 21 – Ausstellerhaftung bei – 5, 17 – Girantenhaftung bei – 5, 17 ff. – „without recourse“ 5, 18, 19 Weisungen – Abweichen von – für Akkreditiveröffnung 2, 246 – bei Negoziierungskredit 8, 32 – für Dokumenteninkasso 3, 11 f., 39 Weisungsgebundenheit – der Garantiebank 9, 76, 79, 97 Weisungsrecht – des Begünstigten und Zweitbank 2, 177 Weiterakkreditiv, s. Gegenakkreditiv Weiterübertragung des Akkreditivs durch Zweitbegünstigten 2, 204 Weltbank – als Remboursstelle 2, 173 Werkvertrag 2, 36 Widerruf 2, 162 widerrufliches Akkreditiv 2, 15, 80, 157 ff. – Außenverhältnis beim – (n) 2, 160 ff. – Innenverhältnis beim – (n) 2, 160 ff. – übertragbares – 2, 214 – Widerruf beim – (n) 2, 162 Widerrufsfrist – Ende der – 2, 163 Widerrufsrecht 2, 82 – Erlöschen des –s 2, 82 Widerspruch – gegen Akkreditiveröffnung 2, 152 Wirksamwerden – der Bestätigung 2, 189 – des Akkreditivs 2, 151 without recourse 2, 408 5, 1, 18 8, 29 Z Zahlbarstellung 2, 97 Zahlstelle 1, 42 2, 12, 85, 97 ff., 166, 166 ff., 233

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– Aberkennung der Eigenschaft als – 2, 102 – Änderung der – 2, 105 – Dokumentenaufnahme durch – 2, 100 – Dokumentenprüfung durch – 2, 101 – Recht am Ort der – 1, 42, 45 – Verlagerung der – 2, 206 – vorfristige Zahlung der – 2, 123 – Zweitbank als – 2, 12, 98 f. Zahlstellenbank – Recht am Ort der – 1, 45 Zahlung – – bei Vorlage der Dokumente 2, 27 – – durch Akkreditiv 2, 26 – – gegen Akkreditiv 2, 26 Zahlung – in ausländischer Währung 3, 23 – in inländischer Währung 3, 23 – unter Vorbehalt 2, 381, 383 Zahlung auf erstes Anfordern – Klausel der – 9, 2 Fn. 7, 8, 10, 18, 19 f., 107 Zahlungsakkreditiv 2, 120 Zahlungsanspruch – Abtretung des –s 2, 218 3, 8 – Fälligkeit des –s 9, 9, 20, 122 – Verjährung des –s 9, 32 – Verpfändung des –s 2, 224 Zahlungseingangsklausel in der Anzahlungsgarantie 9, 40, 119 Zahlungsfunktion – des Akkreditivs 9, 14 Zahlungsgarantie 9, 58 Zahlungsklausel 3, 1 – Abfassung der – 9, 80 – in der Bankgarantie 9, 18, 80 f – Zahlungsverpflichtung der Garantiebank 9, 75, 111 ff., 122 – Zusatzerklärungen in der – 9, 21, 26 Zahlungsversprechen 9, 8 Zahlungsverweigerung 9, 118 Zahlungsverweigerungsrecht 9, 125 ff.

– der Garantiebank 9, 84 Zahlungszusage 2, 96 Zeichnungsberechtigung – Prüfung der – 3, 27 Zielwechsel 5, 1 ff. Zinsen bei Dokumenteninkasso 3, 33 Zufallsschaden 9, 91 Zug-um-Zug-Geschäft 2, 183 3, 21 Zurückbehaltungsrecht 3, 4 Zurückweisung der Dokumente 2, 241, 243 ff., 375 3, 18 Zusatzdokumente 2, 47, 55, 372 Zusatzerklärungen in der Zahlungsklausel 9, 21, 26 Zusatzversicherung 2, 60, 366 ff. Zustimmung – doppelte – 2, 207 Zwangsvollstreckung bei Akkreditiv 2, 474 Zweigniederlassung – ausländische – 2, 154 Zweitakkreditiv, s. Gegenakkreditiv Zweitbank 2, 84 ff., 166 ff. 9, 65, 94 ff. – als Avisbank 2, 85 9, 65, 95, 109 – als Beauftragte der Akkreditivbank 2, 88, 178 – als bestätigende Bank 2, 86 9, 65, 96 – Anspruch auf Aufwendungsersatz der – 2, 167 9, 65 f. – Auswahl der – 2, 87 – Bevorschussung durch – 2, 123 – Dokumentenaufnahme durch – 2, 170 – Einreichung der Dokumente bei – 2, 172 – Kreditgewährung der – an Begünstigten 2, 123, 171 – Recht am Ort der – 1, 49 – rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme der – 9, 127 ff – Übertragung bei Einschaltung einer – 2, 213 – Verhältnis der – zum Begünstigten 2, 179 ff

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– Verhältnis der – zur Akkreditivbank 2, 166 ff. – Verhältnis des Akkreditivauftraggebers zur – 2, 177 ff. Zweitbegünstigter

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– Rechnung des –n 2, 203 – Weiterübertragung des Akkreditivs durch –n 2, 204 Zweitbegünstigter 2, 199