Zacharias Werner’s ausgewählte Schriften: Band 12, Teil 2 Predigten vom sechsten Sonntage nach Ostern bis zum sechszehnten Sonntage nach Pfingsten [Auf dem Rücken als Band 2 gezählt, Reprint 2021 ed.] 9783112432662, 9783112432655


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Zacharias Werner’s ausgewählte Schriften: Band 12, Teil 2 Predigten vom sechsten Sonntage nach Ostern bis zum sechszehnten Sonntage nach Pfingsten [Auf dem Rücken als Band 2 gezählt, Reprint 2021 ed.]
 9783112432662, 9783112432655

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Zacharias Werner s

ausgewähile Schriften. Aus seinem handschriftlichen Nachlasse herausgegeben

von

seinen

Freunden.

Zwölfter Band.

Einzige unb rechtmäßige Original - Gesanrmtausgabe in 12 Bänden.

Grimma, Verlag-- Comptoir.

184 0.

Zacharias Werner s

ausgewählte Predigten. Aus seinem handschriftlichen Nachlasse herausgegeben

von

feinen

Freunden.

Zweiter Band. Vom sechsten Sonntage nach Ostern bis zum sechszehnten Sonntage nach Pfingsten.

Grimma, 8 t t l a f i < g t r n t • I t.

18 4 0.

Am sechsten Sonntage nach Ostern. Text.

„Wenn der Tröster, der von dem Vater ausgeht, und den ich euch im Namen des Vaters senden werde, kommen wird, wird er von mir Zeugniß geben; denn ihr seyd vom Anfang bei mir gewesen."

Johannes 15, Vers 20. 27.

lieber diese Worte unseres heutigen Evangeliums will ich am Sonntage nach der Himmelfahrt des Herrn, am sechsten nach Ostern predigen. Erst wollen wir aber Gottes Geist, besonders heute, um Beistand bitten. Ich glaube an Gott den Water, allmächtigen Schö­ pfer Himmels und der Erde. Was ist der Himmel? Ein blaneS Gewebe, welches über die Erde gespannt ist wie ein Jelt, und welches wieder aufhören wird. Die alten Völker Arabiens und -es Orients zogen hin und her, spannten Gezelte auf an dem Orte, wo sie eine Zeit lang bleiben wollten, rollten sie dann wieder zusammen und zogen weiter. So wird es auch Gott machen, denn der Himmel ist seiner Hande Werk. Er wird dieses Jelt, welches er über unsere Erde spannte, zusammenrollen, wie auch die Erde, die durch Feuer verzehret werden wird. Die alten Juden hatten auch ein Fest fünfzig Tage nach Ostern, aber bei weitem kein so hohes, so großes Fest, als wir jetzt haben, nämlich das große Pfingstfest, wel­ ches mit großen Schritten heranrückt. Die Juden berei­ ten sich fünfzig Lage lang darauf vor durch Beten, Fasten

1 *

4 und andere Uebungen. Wie sich Viele unserer jetzigen Zeit darauf vorbereiten, das lasse ich dahin gestellt seyn. Gute und fromme Christen aber bereiten sich noch vorzüg­ lich auf die Ankunft des heiligen Geistes in dieser Woche vor; sie enthalten sich von allen rauschenden Vergnügun­ gen, suchen sich so viel als möglich zu fassen und von dem Irdischen loszureißen, so wie auch von allen nicht besonders nothwendigen Geschäften, bringen diese acht Lage mit Gebet und Betrachtungen zu , meiden so viel als möglich alle Sünden, aber vorzüglich enthalten sie sich von groben Sünden, so wie auch von läßlichen, und Manche reinigen .sich auch von ihren übrigen Sünden durch eine wahre reuige Beichte. Dann können sie freudig dem heiligen Pfingstfeste, dem heiligen Geiste entgegensetzen. Wir wollen aber heute uns durch unsere Betrachtung auf den heiligen'Geist vorbereiten. Ich will von dem Zeug­ niß, welches von dem heiligen Geiste gegeben wird, spre­ chen ; ich sage von dem Zeugniß, welches von dem häligen Geiste gegeben wird, und zwar im ersten Theiler Wie gibt die heilige Schrift, die Offenbarung und die Kirche von dem heiligen Geiste Zeugniß? und im zweiten Theile: Wie sollen wir von dem heiligen Geiste Zeugniß geben? Und das will ich Euch durch das. Beispiel der Gründerin dieses Klosters, der heiligen Angela, deren Fest die Klosterfrauen heute feiern, zeigen. Aber erst müssen wir zu dir, o heiliger Geist, du Tröster, flehen; senke du dich herab über uns arme Men­ schen, erfülle du uns mit dem Geiste deiner Wahrheit und Gnade , und bleibe du allezeit bei uns; breite deine Flügel scher uns und komme in unser Herz. Du, o hei­ lige Maria, Mutter Gottes, die du , vereinigt mit den Aposteln, auch den heiligen Geist empfangen hast, aber schon früher von ihm überschattet warst, bitte für uns. Auch ihr, heilige Apostel, die ihr mit dem Geiste des

5 Trösters erfüllet seyd, bittet für uns.

Du aber, Stift

terin dieses Klosters, heilige Angela, Schutzheilige dieses Tages, so wie auch du, Schützern» dieses Klosters, heilige Ursula, alle Heiligen Gottes, bittet für uns. Das heutige Evangelium ist wieder die Fortsetzung der übriger» Evangelien, welche wir schon betrachteten. Der Herr-verkündigte nun den Aposteln immer den hei­ ligen Geist; er sprach zu ihnen: Wenn der Tröster, der von dem Vater ausgeht, und den ich euch im Namen des Vaters senden werde, kommen wird, wird er von mir Zeugniß gebe»», und ihr werdet auch Zeugniß geben; denn ihr seyd vom Anfang bei mir gewesen. Also Gott war so gnädig mit uns Sündern, er sandte uns noch den hei­ ligen Geist. Es war ihm nicht genug, seinen eingeborner» Sohn in die Welt zu senden, er lehrte, er starb für uns, mit) endlich fuhr er in Gegenwart aller seiner Jün­ ger in den Himmel zu seinem himrnlischen Vater. Gott wollte aber noch gnädiger seyn und sandte seinen Geist, den Tröster zu uns; er sandte den heiligen Geist, der von dem Vater und dein Sohne vor» Ewigkeit ausging, zu uns; am ersten zu seine»» Apostel»» und dann noch immer zu uns, und besonders jetzt am Pfingstfeste. _ Der Herr ertheilte den Juden damals in der alten Zeit nicht so viele Gnaden als uns. Er gab ihnen durch Moses Gesetze und die zehn Gebote unter Donner und Blitz; uns aber ließ er sie ertheilen durch seinen göttlichen Sohn, und stärket uns durch die Gaben des heiligen Geistes. Es heißt mit Recht Gaben, Gnadengaber»; denn dazu können wir nicht Mitwirken, zu Tugenden wohl, aber nicht zu Gaben Got­ tes. Der Christ kann zur Vermehrung und Erlangung des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe beitragen, aber zu den Gaben des heiligen Geistes, zu der Gabe der Weis­ heit, deß Verstandes, des Rathes, der Starke, der Wis­ senschaft, der Gottseligkeit und zu der Furcht des Herrn,

6 zu allen diesen Gaben kann der Christ nichts Leitragen; er kann sich nur vorbereiten, um den heiligen Geist wür­ dig zu empfangen. Was kann aber der heilige Geist seyn? Er kann keine andere, keine geringere Person seyn als eine göttliche Person, begabt mit gleicher Allmacht, All­ wissenheit und Gegenwart, wie der Vater und der Sohn. Er kann für den Christen keine geringere als die dritte göttliche Person seyn. Er muß gleiche Macht haben mit dem Vater und dem Sohne; denn er bricht die Waffen der Feinde Gottes; er zerstöret, gleich dem Thurm Ba­ bel, alle Ameisenhaufen, die sich in unserem Geiste bil­ den. Diese Ameisenhaufen unseres Hochmuthes vernich­ tet-er; denn eß ist gerade das Gegentheil der Demuth, durch die wir ihn erlangen. Du demüthige Magd des Herrn, heilige Mutter Gottes, bitte für uns; denn deine Demuth bat der Herr angesehen, und du wirst gepriesen von allen Geschlechtern, bitte, daß auch wir die Demuth erlangen und durch selbe den heiligen Geist. Also der hei­ lige Geist , die dritte Person, begabt mit gleicher Macht, der erfüllte die Apostel, und diese gaben Zeugniß von Je­ sum dem Gekreuzigten, Auferstandenen, gen Himmel Gefahrnen. Arme Landleute, als sie waren, traten, durch die Gaben des heiligen Geistes beseelt und von seiner Flamme entbrannt, erleuchtet durch das Licht seiner Gnade, auf und lehrten das ÄLort des Herrn, gaben Zeugnis von ihm und von Allem, was sie gesehen hatten, endeten endlich als Märtyrer, gaben durch ihren Lod noch Zeugniß. Endlich sehen wir fromme, heilige Christen, auch entflammt von dem heiligen Geiste, Zeugniß geben von Jesum, ihrem Herrn, sehen sie auch den blutigsten Martyrertod freudig für den Herrn sterben; sehen zit­ ternde Greise den Glauben mit ihrem Blute besiegeln, zarte Jünglinge froh hineilen, ihr Blut für den Herrn zu vergießen, so wie auch blühende, schuldlose Jung-

7 krauen , und da sehen wir besonders das heilige Kind, die dreizehnjährige Agnes, ihr Leben schon in ihren Kindes­ jahren für den Herrn geben. Ihr kleiner Körper war nicht grvst genug, sagt der große Ambrosius, ihr eifriger Verehrer, ihr Körper war nicht groß genug, um alle Wunden, die sie empfing, zu fassen. Dieses heilige Kino hatte den Lod überwunden, ehe sie ihn noch kannte, sagt derselbe Ambrosius, durch die Gnade Gottes. Und so nach vielen Schmerzen und Martern, welche sie gerne, freudig ans Liebe zu Gott und gestärkt durch die Gnade des Herrn gelitten, sehen wir sie nun am Khrone Gottes, gekrönt mit der Krone der ewigen Freuden, ewig den Herrn loben. Ferner gibt die ganze Geschichte und Offene barung, wie wir sehen, Zeugniß von dem heiligen Geiste. Aber auch wir sollen Zeugniß geben, wir sollen uns vor­ bereiten auf den heiligen Geist, auf die Pfingstfeiertage, und nicht die Feiertage im elenden Taumel der Lustbar­ keiten zubringen; denn der Herr sagte zu den Juden durch den Mund seines Propheten Malachias die fürch­ terlichen Worte: „Ich will den Mist euerer Feiertage euch in das Angesicht werfen, und er soll euch mit sich nehmen." Wir müssen nicht wie jene gebildeten, unge­ bildeten , verbildeten, sich gebildet dünkenden Vornehmen die Feiertage im irdischen Taumel elender Lustbarkeiten zudringen, welche nur trachten, sich recht angenehm die Zeit zu vertreiben, zu ihrem ewigen Verderben. Man­ cher so gedachte gebildete Herr Gemahl hält seine Frau von Heiligung der Feiertage und vom Gebete ab, weil, ihm dieses zu gemein dünkt, denn nur seine seichte, schale, eingebildete Vernunft ist weit darüber hinaus. Aber diese sollen zusehen, daß ihnen der Herr nicht den Mist nicht seiner, sondern ihrer Feiertage ins Gesicht wirft; aber das lasse ich dahin gestellt seyn. Der Herr sagt ferner: Diese Dinge habe ich euch gesaget, damit ihr euch nicht

8 ärgert. Und ich setze hinzu: Dieses habe ich Euch gesaget, Ihr Gebildeten, jedoch Verbildeten, damit Ihr ferner nicht mehr Aergerniß gebet; denn was Aergerniß geben heißt, und wie schrecklich es ist, das weiß ich all zu gut. Das gehört nicht hierher, sondern ^vor meinen ewigen Richter; aber glaubet es mir, daß es nichts Fürchterli­ cheres gibt als das Aergerniß, und der Herr sagt: „Wehe dem, durch welchen Aergerniß kömmt, es wäre ihm bes­ ser, daß man ihm einen Mühlstein an den Hals hängete und in das Meer würfe, wo es am tiefsten ist." Dem­ jenigen, durch welchen Aergerniß kömmt, wäre es besser, daß er nie geboren worden wäre, denn er muß strenge Rechenschaft vor dem ewigen Richter geben und schwere Strafe leiden, wenn er nicht höchst gnädig ist. Also ich sage Euch das, damit Ihr ferner Euch vor dem Aerger­ niß geben hütet. Der Herr sagt zu den Aposteln: „Denn sie werden euch von den Synagogen ausschließen." Ach daran ist unseren gebildeten, vornehmen Herren nichts gelegen, denn diese kommen so nicht in die Tempel Got­ tes, diese geben nicht Zeugniß von ihm, sie verleugnen ihn hingegen. Nur ihre Vernunft soll glänzen, obwohl sie, strenge genommen, sehr seicht, sehr dumm, ja wahn­ sinnig ist. wenn ich sie nicht gottlos nennen soll. „Ja, es kömmt die Zeit, daß ein Jeder, der euch tobtet, Gott einen Dienst zu thun vermeinen wird." Ach Gott! sie thunes-jetzt, nicht um dir einen Dienst zu erweisen, sie thun Alles, um nur sich einen Dienst zu thun. Wegen dir, o Herr! geschieht von diesen gebildeten Leuten nichts, sondern nur, damit sie ein Vergnügen haben. Es ist wahr, die Heiden und Juden haben den Herrn getödtet, er aber betete am Kreuze zu seinem Vater: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie thun. Sie wußten aber auch nicht, was sie thaten; aber unsere jetzigen ge­ tauften Heiden sollten es wisseir. Diese tödten die Seelen

9 ihrer ihnen anvertrauten Seelen, so wie auch andere; und

diese sterben einen weit schrecklicheren, gräßlicheren Lod, als der größte Märtyrer, denn ein Märtyrer erhalt nach kurzen, aus Liebe erlittenen Qualen die ewige Belohnung, und diese Schlachtopfer mancher Gebildeten, diese sterben ewig, denn die ewige Qual wartet ihrer; denn sie sterben einen fürchterlichen Lod. Gott gab ihnen Kinder, er ver­ traute sie ihnen; aber sie todten sie mit dem gräßlichsten Gifte der Lustbarkeiten, des -Verderbens. Sie vergiften zeitlich und auch ewig die schuldlosen Seelen ihrer Kinder. Sie haben die Pflicht, sie zu erziehen und zu etwas Ho­ hem , zu einem Diener, Gottes zu bilden, und sie, statt sie Hu erziehen, verziehen sie die armen Kinder und ma­ chen sie zum Na'ube des ewigen Verderbens. Sie thun es, um sich einen Dienst zu erweisen; aber es wird ihnen schwer werden, es zu verantworten, denn sie todten die Seelen ihrer Kinder oder ihrer Untergebenen. Die Vor­ gesetzten, statt ihre Unterthanen zur Lugend zu leiten und ihnen ein Vorbild zu seyn, vergiften sie. So auch man­ cher Erzieher, Schulmeister, thörigte Vater, 'verblen­ dete Mütter ihre ihnen anvertrauten Seelen gänzlich ver­ bilden, statt bilden, wie sie sagen. Aber es geschieht wegen ihrem,Vergnügen. Der Herr Papa, die Frau Mama, der Herr Erzieher will sich einen angenehmen Dienst erweisen, will Vergnügen mit feinen Kindern ha­ ben, aber ein zum zeitlichen und ewigen Verderben füh­ rendes Vergnügen. „Und das werden sie euch darum thun, weil sie weder meinen Vater, noch mich erkennen." Za wohl, diese so Aufgeklärten, ich kann sie nicht ein­ mal im Spotte gebildet nennen, kennen Gott nicht. Wenn man sie über die zehn Gebote Gottes, über die fünf Gebote der Kirche, über die sieben heiligen Sakra­ mente fragt, so werden sie eine Menge seichtes, schales, dummes und läppisches Zeug Vorbringen, von dem, was

10 sie Alles lebenslang gelesen, aber nie verstanden haben. Sie wissen nicht einmal das, was ein jedes Bettelweib, was der Gemeinste weiß, und doch sind sie aufgeklärt, vernünftig. Ich weiß nicht, wie ich sie nennen soll, Wahnsinnige oder Thoren. „Dieses habe ich zu euch ge­ redet, damit, wenn die Zeit kommen wird, ihr daran gedenket, daß ich es euch gesagt habe." Ich sage es aber zu den Wenigen, welche vielleicht dieser erste Theil trifft ; ich hoffe zu Gott, daß ich die Wahrheit rede, wenn ich sage: zu den Wenigen; Gott gebe, daß es hier nicht Biele gibt. Also ich habe das, was ich gesagt habe, zu diesen Gebildeten gesagt, damit sie daran gedenken, ehe die Zeit kömmt, daß ich es zu ihnen sagte. Wenn.die Zeit kömmt, dann ist es schon zu spat, denn tu ihrem Lode, in der Minute, wo sie scheiden, da wird ihnen Alles klar wer­ den, da werden sie sich erinnern aller derjenigen Seelen, die sie getödtet haben, dann müssen sie in dieser Minute nach ihrem Tode Rechenschaft von Allem ablegen. Am Weltgericht wird nur Alles bekannt gemacht, aber in der ersten Minute nach dem Lode müsset Ihr dem strengen Richter Rechenschaft ablegen. Also gehet noch in Euch, Ihr Gebildeten, Verbildeten, Ihr Aufgeklärten, die Ihr im Finstern wandelt, gehet in Euch, ehe es zu spät ist, denn Ihr könnet noch Gnade finden Vergebet mir aber, daß ich dieses gesagt habe, rmine lieben Freunde, es lag mir uni ihn zu empfangen, und um seine Gnadengaben der Weisheit, des Verstandes, der Wissenschaft, der Starke, der Gottseligkeit, des Rathes und der Furcht des Herrn, die der Weisheit An­ fang ist, zu erhalten. Aber wir müssen von Gott auch Zeugniß geben, und das wollen wir an der heiligen An­ gela sehen im zweiten Theile. Ich habe in einigen meiner vergangenen Predigten angefangen, einige Sätze aus dem Katechismus zu erklä­ ren, kam aber noch gar nicht auf das Wesentliche des Katechismus, sondern auf das, was ein jeder Mensch fühlet. Das Wenige, was ich die Zeit hindurch gesagt habe', war sehr armselig; es ist aber gut, daß es arm­ selig war, denn was wir durch unsere Vernunft ergrübeln können, ist blutwenig. Ich habe gesagt: ich glaube an Golt den Vater, und heute sage ich: allmächtigen Schöpfer Himmels und der Erde. Was- der Himmel ist, habe ich gesagt; er ist nämlich em über die Erde gebrei­ tetes Zelt, welches Gott wieder zusammenrollen wird, so wie auch die Erde, um einem neuen Himmel und einer anderen Erde Platz zu machen. Gegen diesen Himmel, gegen dieses blaue Gewebe, was wir sehen, haben,wir gar keine Pflichten. Er hilft unS^anch nicht, um zn Gott zu gelangen. Die Luftschiffer, welche in die Lust schiffen, werden Euch sagen, je höher sie kommen, je kälter wird es, so daß sie sich wieder herablassen müssen. Gegen die Erde, auf der wir leben, haben wir auch keine Pflichten, als daß wir nicht wie Thiere leben, und ße ganz

12 verunstalten, und jetzt schon zur Hölle machen, indem wir

einer für den andern Teufel sind, den wir so oft, wenn nicht immer, leugnen, aber durch uns selbst zu erkennen geben. Daß diese Erde sehr verderblich für Viele ist, das wissen diese Klosterfrauen; deßhalb sind sie in die Einöde geflohen. Nun aber will ich von der heiligen Angela sprechen; vergebet, ehrwürdige Klosterfrauen, daß ich nicht gleich mit ihr anfing, aber es tag auf meinem Gewissen und ich mußte es sagen, um diese gebildeten alten Thoren und alten Thörinnen auch aufmerksam auf sich zu machen. Ich habe schon voriges Jahr die Lebens­ geschichte der heiligen Angela Euch gesaget, denn ich stand an demselben Feste an eben derselben Stelle. Die heilige Angela wurde im Jahre 1506 zu Dencenzam, zwischen Breschia und Verona geboren, endete schon in ihrem vierunddreißigstyi Jahre ihr herrliches, heiliges Leben und beschämte viele Greise. In ihrem vierunddreißigsten Jahre war sie schon eine Heilige. Sie war in ihrer Kindheilschonfromm und gottesfürchtig, schlief auf der Erde oder auf einem Strohsacke. Als sie heranwuchs, befahl ihr selbst die Mutter"Gottes, welche sie erblickte,, einen Orden zu stiften; aber von Erscheinungen spreche ich nun nicht. Es wurde ihr also von der Mutter Gottes befohlen, einen Orden zu errichten, und sie, unterstützt von mehreren vornehmen Hamen , deren Namen in dem Himmel ungeschrieben sind,grWdetLdie Urselmerinnen, welche in ganz Europa noch verbreitet sind. Der Pabst wollte sie in Rom behalten und zur Oberin aller Armen­ häuser machen; jedoch sie zu demüthig, dieses Amt zu verwalten, lehnte es von sich, trennte sich von dem Pabst und kehrte in ihr Kloster zurück.' Da sah sie einmal eine Leiter, die bis zum Himmel reichte, auf welcher ihre Jung­ frauen gen Himmel stiegen. Endlich wurde sie eine kurze Zeit bettlägerig, aber nicht gefährlich krank, wie man

13 glaubte, und sie war so glücklich, am Eharfreitage zu sterben. Sie schickte alle ihre Leute in die Kirche. Unter­ dessen wusch,sie sich und schmückte sich, als wenn sie das zweite Mal eingekleidet werden sollte. Der Prediger aber durch eine göttliche Eingebung sagte: Wir wollen beten für unsere Mutter Angela, denn sie ist gefährlich krank. Die Zuhörer lächelten darüber. Endlich kam ein naher Anverwandter zu ihr und fand sie ganz säuberlich gewa­ schen und völlig angezogen und geschmückt, lächelnd, und da sagte er: Der Prediger hat sich geirrt, du bist nicht gefährlich krank. Sie aber sagte: Nein, er hat sich nicht geirrt, laßt mich noch schnell meinen Herrn empfangen. Und endlich reichte'man ihr die heiligen Sakramente, welche sie kaum erwarten konnte; dann verbreitete sich ein sanftes, heiliges Lächeln über ihr Angesicht, sie um­ schlang ihren himmlischen Bräutigam und^starb. O hei­ lige Angela! bitte für uns arme Sünder! Nun aber will ich einige Fragen an Euch, ehrwürdige Kloster, trau em thun. Ihr, meine lieben Freunde, werdet es mir vergeben; aber ich spreche immer zu Euch, muß heute auch einmal zu diesen hier sprechen. Euere Pflichten brauche ich'Euch, ehrwürdige Klosterfrauen, nicht vor­ zuhalten ; Ihr wißt sie ohnehin und erfüllet sie, wie ich glaube. Ihr wißt, die Regeln Euerrr GvLnderm Angela;

waren sie schwer?-Sie ahmte nur die Lugenden ihres Heilandes nach, nämlich Armuth, Gehorsam, Keusch­ heit und Nächstenliebe. Diese Gelübde habet Ihr auch abgelegt. Saget, seyd Ihr arm? Hier ist allerdings nicht der Ort, wo Ihr mir antworten sollet, aber eine Jede von Euch, von der Oberin bis auf die geringste Schwester, stelle diese Frage an sich und beantworte sie. Also seyd Ihr arm? Allerdings, es ist wahr, Ihr thut Euch Abbruch von allem Unnöthigen, Ihr habt einen weit geringeren Lisch als Euere Zöglinge, diese haben weit

14 bessere Kost; aber seyd Ihr arm? Habt Ihr nicht Euer Nothwendiges? Habt Ihr nicht mehr als Euer Nothwen­ diges? Ja, Ihr habt mehr. Denket, wie Viele mit ih­ ren Kindern auf dem Strohe darben, an den Thüren der Vornehmen und Reichen anstapsen, aber abgewiesen wer­ den ; auch an den Thüren der Guten oft abgewiesen wer­ den , weil man, besonders hier in Wien, von spitzbübi­ schen Bettlern häufig betrogen wird, welche aber durch Lügen sich hüls los stellen und Mitleid zu erregen suchen; deßhalb glaubt man von Armen und Nothleidenden auch hintergangen zu werden. Also seyd Ihr arm? Gott wollte nicht diese Armuth, sondern die Armuth am Geiste. Seyd Ihr arm am Geiste? Beziehet Ihr Alles auf ihn ? Seyd Ihr nicht neidisch? Ist: nicht. Neid-, Haß unter Euch? Beneidet Ihr nicht vielleicht einer, die von Ver­ wandten unterstützt wird, dieses Wenige? Es ist bekannt, und Euer Kloster wird Euerer Keuschheit wegen geehrt; aber ist unter Euch keine Parteilichkeit? Hat nicht eine $u der andern eine besondere Vertraulichkeit? Bildet Ihr rmtereinander keine Parteien, wo sich zwei, drei, steif, acht zusammengefellen ans besondernr Anhänglichkeit? Diese Parteilichkeit ist in einem Kloster wie die Pest. Liebt Ihr außer Gott nichts ? Liebt Ihr nicht verschiedene Personen außer Gott? Liebt Ihr nicht irgend eine Klei­ nigkeit mehr als Gott? Es gibt zwar, vor Gott keine Klei­ nigkeit; eiw frommes Herz ist bei chm unendlich groß, uud ein liebloses Herz ist fut ihn nichts. Also liebt Ihr Alles in Gott? Ist Euere Liebe, und sey es die unschuldigste, nicht außer Gott? Soll ich nun noch vom Gehorsam spre­ chen? Daß Ihr gehorchen müßt, so wie es die Regel ge­ bietet, das wisset Ihr. Gehorsamst Ihr aber gerne? Richt mit Widerwillen? Oder erfüllet Ihr eine Pflicht gerne, die andere nicht? Gehorcht Ihr nicht nur, weil Ihr müßt, oder aus Liebe? Die Teufel in der Hölle ge-

15 horchen Gott auch, aber weil sie muffen ; dieser Gehor­ sam ist knechtisch, ist schlecht. Verzeihet mir diesen Ver­ gleich, heilige Frauen. Oder gehorcht Ihr nur, weil Ihr Euere Oberin liebt? so ist Euer Gehorsam schlecht. Ihr muffet immer aus Liebe zu Gott gehorchen, und da mag Euere Oberin strenge oder nicht, vernünftig oder unvernünftig, fromm oder eigensinnig seyn, gleichviel, Ihr müßt ihr gehorsamen aus Liebe zu Gott. Aber nun, meine lieben Freundinnen, und geliebten Schwestern in Christo Jesu, noch etwas muß ich Euch vorhalten, waS aber nicht Euer Gelübde ist, nämlich die Erziehung der Kinder. Ich weiß es sehr wohl, die Kaiserstadt hat Euch viele wackere, fromme Frauen und treue Mutter zu ver­ danken. Ich weiß, daß Ihr ihnen verschiedene Dinge lehrt, Nahen, Stricken, Bordiren, Lesen, Schreiben, ein Bischen Französisch, und was weiß ich; aber lehrt ihnen vorzüglich das, was am nothwendigster* ist.. Ich weiß auch, daß Ihr brave und fromme Religionslehrer habt, diese kommen nur stundenweise, wie ich glaube; aber Ihr seyd allezeit bei ihnen, Ihr müßt ihnen durch Euer Beispiel vorangehen.. Ehe Ihr etwas lehren könnt, so muffet Ihr eß selbst kennen; also lernet immer, was nie hienieden vollendet werden kann, wo man nie Meister wird, sondern Lehrling bleibt, und woi^ Euere Strsterin Angela lernte, lernet Gottesfurcht, Liebe, mit einem Worte Frömm'gkeit. Lehret es auch Eueren Kostgänge­ rinnen. Wenn Ihr bei einer solltet etwas bemerken, was gegen Frömmigkeit ist, solltet Ihr etwas Unerlaubtes an einer sehen, so sondert sie gleich ohne Gnade und Barmherzigkeit von den andern ab, damit der Fehler nicht weiter greife. Ihr Zöglinge dieser ehrwürdigen Klosterfrauen, lasset es Euch sagen von einem dem Grabe nahestehenden Priester, daß Ihr nie Euere Pflicht ver­ gesset. Seyd gehorsam denen, die die Aufsicht über Euch

16 haben. Seyd oieftn Klosterfrauen dankbar, ehret und liebet sie. vergesset nie Gottes Gebot gegen Eltern und Vorgesetzte: „Ehre Water und Mutter, auf daß du lange lebest, und es dir wohl gehe auf Erden." Erfüllet im­ mer genau dieses Gebots beflecket Euere Unschuld nicht im Pfuhle der Sünde, dann wird Euch hienieden schon die Krone der ewigen Freuden anfgedrücket werden, und der heilige Geist wird mit Laubenflügeln über Euch schwe­ ben und Euch erleuchten und vor Allem bewahren. Du aber, o Gott! bekräftige meine Worte; stehe diesen Klosterfrauen bei, allezeit ihre Pflichten genau zu er­ füllen. Aber auch ihre Zöglinge bewahre vor aller Sünde; gebe, Geist der Gnade, daß sie nie die Schuld kennen lernen Und büßen müssen. Beschütze uns Alle. Du, o heiliger Geist! breite deine Laubenflügel über uns aus, komme zu uns und bleibe allezeit bei uns. Und dazu verhelfe der Herr uns Allen. Amen!

Am Pfingstsonntage. Text.

//Der Tröster ober, der heilige Geist, den brr Vater in mei­ nem Namen fcnfrcn wird, derselbe wird euch Aelles lehren und eingeben, was ich euch gesagct habe." Johannes 14, Vers 26.

Ueber diefe^ Worte unseres heutigen heiligen Evange­ liums wiU ich am hochheiligsten Pfingstsonntage predigen. Zuvor aber wollen wir den heiligen Geist heute mit be­ sonderer Inbrunst um seinen Beistand bitten. Wenn in einer dunklen Nacht ein Gewitter im An­ zuge ist, je mehr sich die Wolken thürmen, je schwarzer sie werden, je furchtbarer sie sich aneinander reiben, je dunkler, je schwarzer wird die Nacht. Aber wenn end­ lich ein zündender Blitz herabfahrt und der Donner rollte

16 haben. Seyd oieftn Klosterfrauen dankbar, ehret und liebet sie. vergesset nie Gottes Gebot gegen Eltern und Vorgesetzte: „Ehre Water und Mutter, auf daß du lange lebest, und es dir wohl gehe auf Erden." Erfüllet im­ mer genau dieses Gebots beflecket Euere Unschuld nicht im Pfuhle der Sünde, dann wird Euch hienieden schon die Krone der ewigen Freuden anfgedrücket werden, und der heilige Geist wird mit Laubenflügeln über Euch schwe­ ben und Euch erleuchten und vor Allem bewahren. Du aber, o Gott! bekräftige meine Worte; stehe diesen Klosterfrauen bei, allezeit ihre Pflichten genau zu er­ füllen. Aber auch ihre Zöglinge bewahre vor aller Sünde; gebe, Geist der Gnade, daß sie nie die Schuld kennen lernen Und büßen müssen. Beschütze uns Alle. Du, o heiliger Geist! breite deine Laubenflügel über uns aus, komme zu uns und bleibe allezeit bei uns. Und dazu verhelfe der Herr uns Allen. Amen!

Am Pfingstsonntage. Text.

//Der Tröster ober, der heilige Geist, den brr Vater in mei­ nem Namen fcnfrcn wird, derselbe wird euch Aelles lehren und eingeben, was ich euch gesagct habe." Johannes 14, Vers 26.

Ueber diefe^ Worte unseres heutigen heiligen Evange­ liums wiU ich am hochheiligsten Pfingstsonntage predigen. Zuvor aber wollen wir den heiligen Geist heute mit be­ sonderer Inbrunst um seinen Beistand bitten. Wenn in einer dunklen Nacht ein Gewitter im An­ zuge ist, je mehr sich die Wolken thürmen, je schwarzer sie werden, je furchtbarer sie sich aneinander reiben, je dunkler, je schwarzer wird die Nacht. Aber wenn end­ lich ein zündender Blitz herabfahrt und der Donner rollte

17 so ist es allerdings so hell wie am hohen Mittage, so hell, alS wenn die Sonne im vollen Glanze scheinet. Aber eß ist nur ein Augenblick, der Blitz verschwindet, der Donner verhallt und die Nacht ist wieder finster, nur der vom Blitze ergriffene Ort zeiget ihn an. Also ist es mit dem heiligen Geiste, dem Tröster, dessen Ankunft wir am hochheiligsten Pfingstfeste, unserem Triumphfeste, feiern. Die Apostel, arme Galiläer, waren, wie ihnen Jesus befohlen hatte, alle in Jerusalem beisammen unter dem Schutze der Mutter Gottes, die bei ihnen war, und erwarteten den von Jesum ihnen versprochenen heiligen Geist. Die Apostel aber fürchteten sich und zitterten immer. Endlich aber, am Pfingstsonntage um die neunte Stunde Vormittags, entstand ein Sausen, welches, gleich einem gewaltigen Sturme, vom Himmel kam, und die Apostel, obgleich schon begründet im Glauben durch den heiligen Geist, obgleich sie auf ihn Hoffeten, weil Jesus ihnen den Tröster versprochen, obgleich ihre Liebe auf ihngestellet war, obgleich sie nur ihn, die unendliche Liebe, liebsten, so waren sie doch noch nicht fest, sondern fürch­ teten sich immer mehr. Endlich erschien der heilige Geist in Gestalt feueriger Zungen und überschüttete die Apostel mit seinen großen Gaben; dann waren sie ganz erfüllet mit dem heiligen Geiste. Daß Volk hielt sie für trunken, bis endlich der erste Pabst, der Felsen der Kirche, auftrat und seine erste Kraftpredigt hielt; dann wurden von den Aposteln Tausende getauft. Und das Volk hörete sie in allen seinen Sprachen, lobtte und preisete Jesum Chri­ stum, den Gekreuzigten, den Auferstandenen, den gen Himmel Gefahrenen, der zur Rechten des Vaters sitzet. Indessen nicht nur über die Apostel hat der Herr den hei­ ligen Geist außgegossen; er sagt: „Was ich euch gebe, das gebe ich Allen, was ich euch thue, das thue ich Allen." Der heutige Tag ist schön, durch die Sonne lieblich er-

XII. Pndigtcn IS.

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18 keuchtet, und weit Heller als die übrigen. Aber was ist diese Klarheit, sie verschwindet wieder, und von der Sonne spreche ich nicht. Aber wenn der heilige Geist in unsere Seelen kömmt, dann ist es Heller, klarer als alle Sonnen. Ich will heute von den Gaben deß heiligen Geistes sprechen. Maß find die Gaben des heiligen Gei­ stes? das ist mein erster Lheik. Wie erlangen wir ihn? das kann ich nicht sagen; wie können wir ihn gewinnen? daß kann ich nicht sagen; was können wir dazu beitragen? das kann ich Alles nicht sagen; aber wenn können wir hoffen, daß er zu mrß kömrrtt? das soll mein zweiter Theil seyn. Du aber, heiliger Geist, Tröster der Witwen und Waisen ; wir Alle find Waisen, denn wir haben den ewi­ gen Vater durch unser Vergehen verloren; erleuchte du uns, stärke uns und komme in unsere leeren, ohne dich nur halblebenden Herzen; breite deine Laubenflügel über uns ans, und mache es in unserer Seele Helle. Vater, Sohn, heiligste Dreieinigkeit, stehe uns bei , komme zu uns. Heilige Maria, Mutter Gottes, die du mit den Aposteln den heiligen Geist empfangen hast, aber noch weit mehr, du schweigst aber davon, denn dein ganzes Leben war ein Wunder, war das größte Wunder; bitte für uns. Heilige Apostelfürsten und Apostel, die ihr Alle mit dem heiligen Geiste seyd ^erfüllet worden, bittet für uns. Auch ihr, Schutzheilige dieses Tempels, Ursula, Angela, bittet Alle für uns.

Es ist meine Gewohnheit, wie Ihr wißt, daß Evan­ gelium , welches heute wieder eine Fortsetzung der herrli­ chen tiefen Rede deß Herrn zu seinen Jüngern, nachdem er das heiligste Abendmahl eingesetzt hatte; ich sage, es ist meine Gewohnheit, das Evangelium zu erklären; da ich aber schon über die früheren Evangelien desselben Ge-

19 genstandes schon so viel gesprochen habe, so will ich heute von etwas Anderem sprechen. Der Herr sagt aber im heutigen Evangelium: „Jetzt aber hinterlasse ich euch-den Frieden, meinen Frieden gebe ich euch, ich gebe ihn euch nicht so, wie ihn die Welt gibt; euer Herz betrübe sich nicht und fürchte sich nicht." Dieser Friede besteht in den Gaben des heiligen Geistes. Also von den Gaben des heiligen Geistes will ich heitte sprechen. Sie heißen mit Recht Gaben, Gnadengabe», weil dep Christ gar nichts dazu beitragen kann. Wei Glaube, Hoffnung, Liebe kann er mitwirken; er kann den Glauben in sich ersticken, er kann ihm entgegen handeln, oder kann ihn suchen zu ge­ winnen und in sich zu vermehren; er kann hoffen auf Gott und kann auch die Hoffnung in sich ersticken; er kann die Liebe tp sich unterdrücken, kann sie aber auch vermehren. Bei diesen Lugenden kann der Christ mitwirken und zu Vermehrung derselben beitragen; aber bei den Gnaden-, gaben des heiligen Geistes können wir gar nichts beitra­ gen, denn diese sind blos ein großes, unverdientes Ge­ schenk der unendlichen Liebe, und wenn ich nicht zu keck spreche, so sage ich r es iss das Größte, was uns Gott geben konnte, mehr konnte er uns nicht geben. Mit sieben Gaben wollte er uns noch ausrüsten, um unsere Selig­ keit zu befördern. Die erste Gabe des heiligen Geistes ist die Furcht des Herrn. Diese ist die Wurzel, ist der Baum, aus welchem sechs Aeste, nämlich die sechs übri­ gen Gnadengaben, sprossen. Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang. Die Weisheit erhalt man nur durch die Furcht des Herrn. Hiob, der Knecht des Herrn, sagt schon in seinem Liede, welches das herrlichste, was je gedichtet worden ist, noch werden kann, er sagt in seinem Liede: „Wo will man aber Weisheit finden, und wo ist der Ort des Verstandes? Niemand weiß ihren Werth, und sie wird auch im Lande derer, die wollüstig leben, 2 *

20 nicht gefunden. Der Abgruno spricht: Sie ist nicht bei mir; und daß Meer saget: Sie ist bei mir auch nicht; der Himmel-erwidert: Ich habe sie nicht. Man samt sie um d-H allerbeste Gold nicht erlangen/ noch Silber genug darwagen, sie zu bezahlen. Woher kömmt denn die Weisheit? Und siehe, die Furcht des Herrn ist Weis­ heit." Also Furcht des Herrn, das ist der Weisheit An­ fang; aber nicht knechtische Furcht wie vor einem Zucht­ meister. Knechtische Furcht, diese kennen wir, aber nicht Furcht des Herrn, wie sie der heilige Geist gibt. Liebe mit der Furcht Gottes vereiniget, dann werden wir nicht so grob sündigen. Fromme Christen, die sie kennen, wer­ den es Euch sagen, wie heilsam sie ist. Nicht solche nie­ dere Furcht, sondern sie muß der Größe des Herrn gemäß seyn. Ich sage, nicht'solche niedere, knechtische, ja ver­ ächtliche Furcht, nicht Furcht vor der Strafe, weil wir gesündiget haben, sondern weil wir Gott beleidiget haben. Die Furcht des Herrn besteht in der Scheu, keine Lod­ sunde zu begehen, iw der Scheu sogar, keine läßliche Sünde zu begehen, und wemt man so unglücklich war, zu sündigen, seine Sünden nicht aus Furcht vor der Strafe zu bereuen, sondern aus Schmerz, Gott beleidiget zu haben. Dann entsprießet die zweite Gabe des Verstaudes; diesen haben wir auch sehr nothwendig. Der hei­ lige Geist gibt uns nicht diesen Verstand, welchen wir für das gemeine Leben, für unsere Wirthschaft noth­ wendig haben, sondern einen weit höheren, um das Göttliche zu fassen, ernen hohen Verstand; nicht diesen Verstand, mit dem Ihr Eingebildeten prahlet, denn das ist Unverstand, sondern um Alles, was Gott lehrt Un­ that, zu verstehen. Dieser Verstand lehrt uns, daß wir Alles, was uns der Glaube lehrt, wirklich glauben müs­ sen, weil es untrüglich wahr ist, und der Verstand, wel­ chen der heilige Geist gibt, erleuchtet uns; der macht unö

21 einsehen, wie schlecht, wie verderblich die Sünde ist. Der Verstand saget uns, daß die Sünde unser einziges Unglück ist; der lehret uns, daß, so lange wir sündigen, wir nicht Gott wohlgefällig, sondern mißfällig werden.; der macht uns klar, daß eine einzige Sünde daß Band der Freundschaft mit Gott trennt; und ein vom heiligen Geiste überschatteter., gebesserter, erschütterter, zittern­ der Sünder wird einsehen durch die Gabe des Verstandes, wie elend, wie schlecht er lebenslang war, und dann wird er sich sicher bessern und wird zu Gott, zu Jesum Chri­ stum, zu dem heilWen Altarssakrament beten, wenn .auch ohne.Gebetbuch, und Gott wird ihn erhören. Wen» der heilige Geist uns die Gabe des Verstandes verliehen hat, dann -kömmt die dritte Gabe hinzu, nämlich die Gabe der Wissenschaft; nicht jener irdischen Wissenschaf­ ten, deren sich Viele bemühen, sondern der einzig wahren des Ewigen und Göttlichen. Es ist sehr gut und löblich, wem: man so viel als möglich viele Wissenschaften lernt, aber man muß sie nicht der göttlichen vorziehen. Alle Wissenschaften, die wir lernen, sind irdisch und nur au das Zeitliche gebunden, aber das Ewige müssen wirken neu. Durch die Gahe der Wissenschaft lernen wir den Unterschied zwischen der Natur und dem Ewigen unter­ scheiden; lernen wir das, was rurS die Natur lehrt, von dem, was uns Gott lehrt, unterscheiden; lernen einse­ hen, daß das Irdische vergänglich ist, daß diese Welt für uns verderblich und verführerisch ist, daß uns die Schatze der Welt nicht zur ewige» Seligkeit führen. „Was nützet es mir, wenn ich die ganze Welt gewönne, an meiner

Seele aber Schaden leide?" sagt der Apostel; dann sagt derselbe, der doch von dem heiligen Geist erleuchtet war: „Unser Wissen ist Stückwerk." Unser Wissen ist auch, eitel, und ich sage in einem Liede, welches ich gemacht

habe:

22 Gib Wissenschaft, zu wissen, daß daß Wissen Won dem Gewissen nnS nicht kann entrissen, Daß es im Liebesbrennpunkt schon auf Erden Vereint muß werden, Unser Wissen muß mit dem Gewissen nie getrennt seyn, sonst ist eS unrecht. Die Wissenschaft lehrt unS das Gött­ liche schätzen; und ich, der ich das sage, nähme nicht die ganze Wett sammt allen ihren Schätzen für daß Glück, beichten zu können, nicht Beichte zu hören, sondern meine Sünden vor meinem Beichtvater zu bekennen, und von ihm, der überschattet ist vom heiligen Geiste, Losspre­ chung meiner Künden zu erlangen. Daß ist Wissenschaft. Aber eß ist noch nicht genug; der heilige Geist gibt unß auch eine Gabe deß Rathes. Ohne Rath zu seyn, daß wäre für unß sehr traurig; aber der barmherzige Gott that Alleß, um unß glücklich zu machen. Also, meine lieben Freunde, wenn Ihr etwa- wählen wollt, wo Ihr im Zweifel mit Euch selbst seyd, so gehet zu Eueren vernünstigsten Freunden, gehet zu Euerem Beichtvater, und vor allen Dingen betet zu Gott, und wenn Euch Gott eingibt, waß Ihr thun sollt, so thut eß, gehet mit Zit­ tern an daß Werk; aber wo Ihr mit Euch im Kampfe seyd, da fraget Eltern, treue und verständige Freunde, Eueren Beichtvater nm Rath und betet zu Gott, damit er Euch selbst rathen möge , oder Euere Rathgeber er­ leuchte, und daun erfüllet mit Bedacht, mit Sittern Euer Borhaben, bringet Eueren Entschluß in das Werk. Die Gabe des Rathes ist eine große Gnade von Goft und eine Hülfe für unö, und diejenigen, welche Rathgeber seyn sollen, mögen erst den heiligen Geist anflehen um Stärkung. Aber vor Allem, um dieses zu erfüllen, um Alles, was wir wollen und was heilsam ist, zu thun, müssen wir Stärke, die fünfte Gabe des heiligen Geistes, haben. Geist der Stärke, komme zu uns, stärke unß in

23 allen unfern Unternehmungen; ohne deine Starke find wir schwach, ohnmächtig, aber du bist in dem Schwäch» sten mächtig. Die Gabe der Starke ist uns zu Allem nothwendig, und ohne diese Gabe sonnten wir die übrigen nicht erfüllen; sie muß uns in Allem stärken. Es gab einen Heiligen, welcher zu Gott um Versuchungen, um Anfechtungen betete, um sie durch die Gabe des heiligen Geistes, durch die Gabe der Starke wieder von sich zu bringen. Wer von Euch waget ein solches Gebet? Ich wage es nicht. Wir beten und müssen beim: „Führe uns nicht in Versuchung." Wenn wir aber in Versuchung fallen, dann müssen wir sie durch die Gnade des heiligen Geistes, durch die Gabe der Starke von uns zu lehnen suchen. Aber dadurch können wir Alles bezwingen, denn der Christ vermag viel. Darm gibt iui6 der heilige Geist die sechste Gnadengabe, die Gottseligkeit. Diese ist so süß, diese macht uns die Erde weit erträglicher und zum Himmel. Aber was ist Gottseligkeit? Mit einem Worte gesagt: Frömnügkeit. Einer, der die Gabe der Gott­ seligkeit gewonnen hat, dem werden die zwei Gebote: Liebe Gott über Alles wib deinen Nächsten als dich selbst, klar werde«; der wird über Alles Gott lieben und Alles, sey es auch das Schwerste , xut6 Liebe zu Gott thun , und wenn er noch so viel Unglück und Leiden ertragen müßte, er wird immer in der Liebe weiter schreiten und es wird ihn erfreuen, auch wegen seinem Gott, der so viel für ihn litt, etwas zu ertragen; sein Trost werden die Worte des Herrn seyn: „Kommet her, ihr Betrübten und Be­ ladenen, ich will euch erquicken; nehmet meine Last auf euch, denn meine Last ist leicht und mein Joch ist süß." Alles wird aus Liebe geschehen, nichts mit Unwillen, wie die Thiere, welche auch fasten, wenn man ihnen die Nah» rnng entzieht, aber mit Ingrimm, mit Wuth. Nicht so, meine Freunde, handelt der mit Gottseligkeit De-

24 gabte, der wird gegen Alles Mitleid fühlen, und wenn er über das Leiden und Sterben Jesu, seines Herrn, nachdenkt, so wird er in Thränen zerfließen. Ich ließ mir sagen, daß eS eine Heilige gegeben hatte, der man gar nicht von den Leiden und Sterben des Herrn sprechen durste, sonst sank sie vor Schmerz nieder; wenn man ihr sagte Jesu Leiden, so lag sie vom Schmerz und Mit­ leid ergriffen bewußtlos. Diese Heilige war erfreut, wenn ste nur Schmerzen oder Verfolgungen wegen ihrem Erlöser ertragen konnte. Um Gottes Willen Alles zu thun, ist Gottseligkeit, meine Lieben. Ein Gottseliger, wenn er alle Menschen erlösen könnte, so würde er alle Martern ertragen und in den Lod gehen. Aber ferner meidet ein Gottseliger auch nm Gottes Willen alle Sün­ den , um nur nicht das Band der Freundschaft zu tren­ nen; und wenn er einmal Gott beleidiget hat, so nimmt er sich fest vor, den Fehler zu meiden und thut es auch, nicht so, wie wir in und außer dem Beichtstühle plap­ pern: Ich bereue Meine Sünden, weil ich Gott- daö allerhöchste Gut, beleidiget habe. Wir wissen gar nicht, was das höchste Gut ist, aber der Gottselige weiß es, dem ist eS klar, was es heiße, Gott, das höchste Gut, zu beleidigen, und der weiß auch, was das höchste Gut ist. Ferner aber wird er nicht nur allein selig werden wollen, sondern wird alle Menschen in den Himmel brin­ gen wollen; und ein Ave Maria, welches ein Gottseliger für alle Menschen betet, bringet viele in den Himmel; durch ein Ave Maria kann er mehrere retten, als alle Prediger mit ihrem Gerede. Dieses eine Ave Maria ist dem Herrn wohlgefälliger als das stolze Geplapper der Pharisäer, und ich setze hinzu: der Pharisäerinnen, deren es genug heut zu Lage gibt. Die Gottseligkeit kann aber auch nur von oben kommen. Ein armer Prediger, der aus der Kanzel steht, saget zum Beispiel: Eine einzige

25 läßliche Sünde, die wir begehen, ist Gott mißfälliger, als ihm die Lobgesänge und Gebete der Heiligen und En­ gel angenehm sind. Und wer.» der Prediger nachdenkt, so wird er sehen, daß er in einer jeden Predigt eine. wo nicht mehrere läßliche Sünden begangen hat. Also die Gottseligkeit besteht in der Liebe zu Gott, in der Liebe zn dem Nächsten, mit einem Worte: in der Frömmigkeit, in Unterlassung aller Sünden, in Wohlthun. Ein From­ mer wird suchen, jedem seiner Mitmenschen zu helfen. Der Herr sagt: „Jeder Trunk Wasser, den ihr einem Dürstenden reichet,, wird belohnet werden." Der mit Gottseligkeit Begabte wird nicht nur seinen Freunden, sondern auch seinen Feinden helfen; denn er kennt keinen Feind, er sieht alle Menschen als Erlösete an, alle Men­ schen als durch das Blut Jesu, was das Beste ist, was wir haben, erkaufte Mitchristen oder Mitmenschen, wenn sie noch nicht auf der Bahn des Heils im Christenthums wandeln. Endlich aber, nachdem wir mit diesen Tugen­ den begabt sind, gibt uns der heilige Geist die Tugend, die so viel im Munde geführet wird, die Weisheit. Nachdem wir Furcht des Herrn, die der Weisheit Anfang ist, erhalten haben , dann gibt er uns die Weisheit, mit der Viele prahlen, von der sie - aber sehr weit entfernt sind. Ein erleuchteter Theolog sagte: Der Glaube steht so tief unter der Weisheit, als die Sonne über einem Kerzen­ licht. Nun das wird Euch Gebildeten ganz recht seyn; aber Euere Weisheit steht tief, sehr tief unter dem Glau­ ben, den Ihr aber auch nicht kennet. Der Glaube muß mit der Weisheit verbunden seyn, dann ist sie vollkom­ men, dann steht sie über dem Glauben. Durch die Weisheit lernen wir auch die übrigen Gnadengaben wohl anwenden; durch die Weisheit erkennen wir Alles noch deutlicher, und vor Allem die Liebe. Der Herr hat uns diese Gaben gegeben, um Gebrauch davon zn machen,»

26 sonst wird das Gleichniss, welches im Evangelium steht vom furchtsamen und faulen Knechte, auf uns angewandt. Nämlich ein Herr gab seinem Knechte ein Pfund, und a!S er kam, sagte der Knecht: Ich weiß, daß du ein stren­ ger Mann bist, ich fürchtete mich und habe das Pfund in die Erde vergraben; siehe, da hast du daS Deinige. Und der Herr sprach: Du schalkhafter Knecht, wußtest du, daß ich schneide, wo ich nicht gesäet habe, und sammle, wo ich nicht gestreuet habe? Ich habe dir das Geld gege­ ben, warum hast du nicht damit gewuchert? Und daS Pfund wurde von dem Knechte genommen. Wir müssen also Alle unsere Gaben wohl anwenden; der Herr hat sie uns gegeben, damit wir reichliche Früchte bringen, und wenn wir sie nicht bringen, so kann der Herr auch diese Worte zu uns sprechen. Wenn wir diese Gnadengaben haben, dann werfen wir schon hienieden einen Blick in den offenen Himmel; und Manche sind hienieden schon im Himmel durch die Ruhe ihres Gewissens und die Gaben deß heiligen Geistes, und sind ganz entzückt, wenn man ihnen von dem Himmel spricht. Der Layenbruder, der heilige Aegidius, der auch schon hienieden den Himmel er­ kannte, das ist eine wahre Geschichte, ging auf der Straße, und die Gassenbuben, die ihn kannten, riefen ihm zu: Bruder Aegidius im Himmel, und er blieb eine Weile ganz starr und entzückt stehen, blos durch den Zu­ ruf elender Gassenbuben. Wir aber sind ferne davon und sprechen vom Himmel wie der Blinde von der rothen Farbe. Aber vielleicht können wir auch dahin gelangen und bald, denn bei Gott ist kein Ding unmöglich. Nach­ dem wir aber jetzt einen Blick in den Himmel geworfen haben, wollen wir den Vorhang fallen lassen und uns nach unserer Jämmerlichkeit fragen, wie wir den heiligen Geist zu empfangen hoffen dürfen, und davon noch im zweiten Theile.

27 All dem See Bethesda lagen immer Kranke, und wenn die Engel diesen See in Bewegung setzten, so wurden die Kranken gestmd. Es war aber einer, der zweiunddreißig Jahre an der Gicht litt, und dieser wollte immer hinge­ hen, er kam aber nie dahin, denn>der am ersten hinkam, wurde gesund. Endlich aber führte ihn ein Engel teS Herrn hin und er wurde geheilt. Wix sind auch Alle krank, aber seelenkrank, und kommen auch nie an den See; aber wie uns der Glaube lehrt, haben wir auch jeder einen Engel zum Schutze, und dieser wird uns viel­ leicht auch einmal, hinführen. Diese Geschichte liegt mir heute den ganzen Lag schon im Kopfe, und trübet fast meine Pfingstfreude. Jedoch wir sind noch nicht mit dem heiligen Geiste erfüllet; wir sind so ganz ohne Kraft und Saft, möchte ich sagen, ohne Rath und Lhat, ohne Verstand. Ich lernte lebenslang das, wäi ich nicht sollte, was zum Verderben führt; übte das, was ich nicht sollte, ging dem nach, was mid) auch nicht zum Guten führte. Kannte ich die Furcht des Herrn ? Ja! Ja! Ja! aber eine knechtische, eine elende. Wenn ich vvn mir spreche, wie man mich beschuldiget, so meine ich nicht mich, sondern jeden und jede von Euch also. Kannten wir Verstand, mit drm wirst prahlen? Nein! Unverstand, das beweist unser Lebenswandel; wir nerinen Weisheit, was Thorheit ist, Unverstand Verstand, Wifftnschaft. Es ist wohl wahr, man lernt heut zu Lage sehr viel, aber nicht das Wahre, elendes Zeug. Wir nennen Andacht, was ein bloßes Handwerk ist; sündigen Immer darauf los, ohne zu wissen, was wir thun. Aber mein Gott! soll ich heute an dem hohen Feste wieder pol­ tern und in Sünden wühlen? Nein! ich will ja alle meine Freunde freudig machen, froh über das Pfingstfest. Aber um den heiligen Geist zu empfangen, müssen wir die Sünde meiden, nicht nur die Lovsünden, sondern auch

28 die Inf lief>en, deren man nun gar nicht gedenkt, der Noth­ lügen, deß elenden Geschwatzes über Andere, deren wir uns in der Beichte gar nicht anklagen. Gemieden die Sünde, und vor Allem ahmet das Beispiel der Mutter Gottes nach, welche, als sie den heiligen Geist empfing, schwieg, Stillschweigen., Können wir aber immer stillschweigen? Nein! Das Stillschweigen ist eben der größte Flor der Klöster,-aber Weltmenschen können das nicht.

Es kann und muß wohl etwas gesprochen werden, und der Herr verbietet es nicht; aber nicht dummes Gerede, wie es sehr oft der Fall ist; nicht in unseren Gesellschaf­ ten über Andere schwatzen: Der ist so, die ist so, diesen liebeich, diese liehe ich, diesen hasse ich, der thut das, die thut daß. Nicht solches Geplapper; unser Mund kann wohl sprechen, aber daß Herz muß schweigen- im­ mer still seyn. „ Nichte nicht, auf daß du nicht gerichtet wirst," sagt der Herr. Man kann wohl sprechen, aber nicht Anderen die Ehre rauben, und das Herz muß still­ schweigen. Ferner müssen wir alle läßlichen Sünden meiden und das Gute thun.; wir thun aber das Gegen­ theil. Der heilige Äpostelfürst Paulus, der doch bis in

den dritten Himmel sah, sagt: „Das Böse, was ich nicht will, das thue ich; das Gute , was ich will, das thue ich nicht." Aber wenn in unserem Gewissen solche Regungen, Appetite , Triebe zu sündigen entstehen, so ersticket.sie gleich und .fraget Euch t eß könne vielleicht Je­ sus schon in meinem Herzen seyn , und wenn ich diese Sünde begehe, so geht er von mir. Also gleich die Sünde gemieden und so gedacht. Sollen wir es heute schon thun? Ich glaube ja;, wir wollen unsere Besserung nicht einen Augenblick aufschieben. Aber nehmet Euch zusammen, meidet einmal die läßlichen Sünden, und wer sie ein Jahr hindurch gemieden hat, der kann gewiß hoffen, daß der heilige Geist zu ihm kömmt. Betet zu Gott, so wird

29 er Euch Kraft verleihen die Sünden zu meiden und er wird Euch den heiligen Geist senden. Ihr Hausväter und Hausmütter und Vorgesetzten, seyd unter Euch einig, ge­ bet Euren Kindern und Untergebenen ein gutes Beispiel. Versammelt Euch mtt ihnen im Gebete. Allerdings kön­ net Ihr nicht den ganzen Lag auf den Knieen liegen, denn Ihr habt Geschäfte, aber wenli Ihr Zeit habt, dann ver­ gesset das Gebet picht. Nun wird aber durch das heilige Sakrament der Firmung der heiligen Geist über die Firm­ linge ausgegossen. Dieses heilige Sakrament wird hier von dem Herrn Weihbischof ausgespendet. Voriges Jahr sahet Ihr noch den alten Erzbischofs meinen Wohl­ thäter, hi seinem zweiundneuuzigsten Jahre mit seinen würdigen Silberhaaren, wie ein unschuldiges Kind in den Hallen seines Pallastes sitzen, und nach Befehl seines Herrn und Meisters die Kinder firmeln und segnen, daS war auch seine letzte Arbeit. Bei dem heiligen Sakra­ mente salbet der Bischof die Kinder mit dem heiligen Ehrisam und macht damit das Kreuzzeichen auf die Stirne, zum Zeichen, daß der Gefirmte mit allen Gnaden zum Kampfe ausgerüstet ist, und dabei spricht er die Worte: „Ich bezeichne Dich mit dem Zeichen deß Kreuzes, und stärke Dich durch das Ehrisam des Heiles im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes!" und dann erhält der Firmling eine leise Maulschelle zum Zeichen, daß er bereit seyn müsse, der Lehre Jesu wegen alle Miß­ handlungen, alle, auch die größten Verfolgungen, sogar den Lod selbst zu erdulden. 'Ihr Eltern und Vorgesetzte, die Ihr Eure Kinder firmen laßt, unterrichtet fie gut in der Lehre des Herrn, präget ihren jungen und zarten Her­ zen ein, was die Firmung heiße. Und nun, meine lieben Freunde, wünsche ich Euch recht frohe und schöne nngetrübte Pfmgstfeyertage. Erfreuet Euch in denselben,

freuet Euch aber

in Gott, nie ohne Gott. Vergesset

30 nicht, daß eine Freude in Gott ihm wohlgefällig ist. Wir aber wollen, ehe wir schließen, den heiligen Geist um seine Gnadengaben bitten, und zwar jetzt, da gesirmct wird, wollen wir unseren Laufbund erneuern. Be­ tet mir schön nach: Ich glaube an Gott rc Möge der Herr auch zu uns Amen sprechen, möge er eS hienieden sprechen und uns dann in Ewigkeit in den Himmel aufnehmen, und darum wollen wir ihn heute' recht inbrünstig bitten. Amen.

Predigt am vierten Sonntage nach Pfingsten. Tert: „@r aber trat in ein Schiff, welcher de- Simons war, und bat ihn, daß er cS ein wenig von dem Sande sühnte; und da er sich niedcrgtscpet Putte, lehrete er daö Volk au4 dem Schiffe." Lucas 5. Kap. 3. £'.

Ueber diese Worte, unseres heutigen heiligen Evan­ geliums will ich nun predigen, zuvor aber müssen wir um Gottes Geist und Beistand bitten. Gott der Herr ließ gestern wieder ein fürchterliches Gewitter an unserer Stadt glücklich vorübergehen. Er war uns wieder gnädig, denn es fuhr nur ein zündender Blitz aus den finstern Wolken. Gott verschonte uns aber­ mals , aber unsere Hauser waren in Gefahr, in Schutt verwandelt zu werdem Alles Mte können vernichtet werden, nicht nur die hohen Gebäude, sondern auch die niedern Hütten, ja sogar die kleine niedere Saat auf dem Felde hätte können ein Staub dieses Gewitters werden. Bei einem Gewitter ist man nirgends als an zwei Orten sicher. Der eine sichere Ort ist, wenn man auf dem Gi­ pfel eines hohen Berges steht, wo die Wolken die Höhe nicht erreichen und das Gewitter zu unsern Füßen ist. Der zweite sichere Ort ist eine Höhle kn einem Abgrunde,

30 nicht, daß eine Freude in Gott ihm wohlgefällig ist. Wir aber wollen, ehe wir schließen, den heiligen Geist um seine Gnadengaben bitten, und zwar jetzt, da gesirmct wird, wollen wir unseren Laufbund erneuern. Be­ tet mir schön nach: Ich glaube an Gott rc Möge der Herr auch zu uns Amen sprechen, möge er eS hienieden sprechen und uns dann in Ewigkeit in den Himmel aufnehmen, und darum wollen wir ihn heute' recht inbrünstig bitten. Amen.

Predigt am vierten Sonntage nach Pfingsten. Tert: „@r aber trat in ein Schiff, welcher de- Simons war, und bat ihn, daß er cS ein wenig von dem Sande sühnte; und da er sich niedcrgtscpet Putte, lehrete er daö Volk au4 dem Schiffe." Lucas 5. Kap. 3. £'.

Ueber diese Worte, unseres heutigen heiligen Evan­ geliums will ich nun predigen, zuvor aber müssen wir um Gottes Geist und Beistand bitten. Gott der Herr ließ gestern wieder ein fürchterliches Gewitter an unserer Stadt glücklich vorübergehen. Er war uns wieder gnädig, denn es fuhr nur ein zündender Blitz aus den finstern Wolken. Gott verschonte uns aber­ mals , aber unsere Hauser waren in Gefahr, in Schutt verwandelt zu werdem Alles Mte können vernichtet werden, nicht nur die hohen Gebäude, sondern auch die niedern Hütten, ja sogar die kleine niedere Saat auf dem Felde hätte können ein Staub dieses Gewitters werden. Bei einem Gewitter ist man nirgends als an zwei Orten sicher. Der eine sichere Ort ist, wenn man auf dem Gi­ pfel eines hohen Berges steht, wo die Wolken die Höhe nicht erreichen und das Gewitter zu unsern Füßen ist. Der zweite sichere Ort ist eine Höhle kn einem Abgrunde,

31 im Schooß der Erde, wo der Blitzstrahl nicht eiudringen kann. Eben so ist es mit dem fürchterlichen Blitze der Sünde, der in unser Herz fallt. Bor diesem find auch nur zwei sichere Orte, wo er nicht eindringen kann. Die Seligen in den himmlischenHöhen sind gesichert vor diesem Blitzstrahl, sie sind sicher vor aller Sünde, erhaben über alles Irdische. Ferner sind die Demüthigen hier in die­ sem Jammerthals auch vor dem Eindruck desselben sicher, wenn auch nicht ganz, jedoch vor dem großen Eindruck desselben gewiß. Denn die Demüthigen fallen nicht sehr leicht der Sünde zu. Run also, meine lieben Freunde, weil mich Gott nach einer kurzen Abwesenheit wieder glücklich in Euere Mitte gelangen ließ, so will ich nun meine Katechismuspredigten beginnen, will immer nach meiner Art den ersten Theil der Auslegung des Evange­ liums widmen, und im zweiten Theile den Katechismus nach und nach durchgehen. Heute will ich votw Glauben sprechen; will ich nach dem Evangelium, welches darauf deutet, Euch im ersten Theile den Ursprung deß Glaubens, darthun. Im zweiten will ich zeigen, was der christlich katho­ lische apostolische Glaube sey. ' Du aber Jesus Christus, der du mich nun wieder zn meinen Brüdern geleitet hast, gib daß ich auf deinen Be­ fehl mein Netz auswerfen möge, nicht mein, sondern dein Netz; gebe mir die Gnade, daß ich damit reichlich sammeln möge, daß ich Seelen fangen möge. Heilige Maria! Mutier Gottes! an deren Gnadenwort ich gläubig ge­ pilgert bin, bittö für uns. Heilige Ursula und Angela, Schätzerinnen dieses Tempels, bittet Alle für uns. Es war 4m ersten Lehr-Jahre des Herrn, al- sich daS zutrug, was uns das heutige Evangelium lehrt. „In ter Zeit, da sich daß Volk zu dem Herrn Jesu drang, daS Wort Gotteö zu hören, stand er an dem See Genesareth?'

32 Das Volk drang sich zu ihm, zu dem gütigen Jesus, um den Laut seines Mundes zu hören und den Blick seines herrlichen, göttlichen Auges zu sehen. Das Volk lief ihm zu, um nur seine alleinseligmachende Lehre zu hören. Und dann als Jesus gefangen worden, waren die Juden so lieblos gegen den Herrn, schrieen unaufhörlich: kreu­ zige , kreuzige ihn 1 Sein Blut komme über uns und un­ sere Kinder' Die unglücklichen Juden irren nun noch im­ mer umher, denn sein Blut kam wirklich über sie. „Als der Herr an dem See stand, sah er zwei Schiffe an dem See stehen, woraus die Schiffer gestiegen waren und ihre Netze wuschen;" er aber trat in daß Schiff, welches des Simons war, und bat ihn, daß er eß ein wenig von dem Lande führete. .Das Schiff ist nun die christlich katho­ lische Kirche, welche Jesus Christus gründete. Jesus bat den Simon, einen armen Schiffer. Er machte sich am ersten den Armen kund, den Demüthigen. Der große Kirchenlehrer, der heilige Augustinus sagt: Hatte sich der Herr am ersten den Großen, Fürsten, Reichen und Vor­ nehmen kund gethan, so hatte man sagen können, er hat auf Ansehen, Reichthum, Macht und Starke Rücksicht genommen. Aber so hat er sich den armen Fischern kund gethan. Und die Mutter Gottes sagte in ihrem Magnifikate schon: Der Herr hat die Demuth seiner Magd an­ gesehen, und sie wird von allen Geschlechtern gepriesen werden. So sah auch der Hevr die Drmuth der Fischer an. Und Jesus bat den Simon, er solle' ein wellig vom Lande fahren. Die Kirche ist auch etwas vom Lande ent­ fernt, aber so, daß sie auf das Land siehet. Die Kirche ist abgesondert von dem Launrel der Ergötzlichkeiten, ist entfernt von der Welt, vom Lande. „Und da er sich niedergefttzt hatte, lehrete er daß Volk aus dem Schiffe." O der gütige Herr, man sieht ihn fast in dem Schiffe sitzen, zwischen den Schiffern, aus dem See, und das Volk

33 au den Ufern gelagert, begierig seinen göttlichen Worten zuzuhören. Man sieht ihn dasitzen und liebend daß unwis­ sende Volk belehren. Er lehret aber noch unaufhörlich aus dem großen Schiffe der Kirche. „Als er aber zu re­ den aufgehöret hatte, sagte er zu Simon: Fahrt in den vollen See ui)b werfet Eure Netze zum Fischfänge aus." Nach dem Lateinischen heißt es: fahr' in den hohen See, in die Höhe, allerdings ist da der See am größten. Je­ sus Christus lag in der Krippe als ein armes Kindlein, ist aber dann nach seiner Auferstehung aufgefahren in die Höhe, in den Himmel, und sitzet zur Rechten des Vaters und lehret da noch unaufhörlich aus dem Schiffe durch die Kirche, die er immer bewachet, die nie besieget werden kann. Also er sprach: „Fahret in den vollen See und werfet Eure Netze zum Fischfänge aus". Er spricht noch, immer diese Worte zu seinen Dienern. „Simon antwor­ tete und sprach zu ihm: Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen." Ueber diese Worte könnte man Jahre lang predigen. Aber da gehet nur hin an die Sterbelager der Wollüstlinge, der Verführer, der Wucherer, diese, wenn sie noch Athem haben, werden Euch über die Worte: „Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen", predigen, besser, als alle Prediger. Ja wir haben immer unaufhörlich gearbeitet, haben immer in der Nacht gearbeitet, denn als wir glaubten, es sey voller Sonnenschein, so war es nur ein schimmerndes Lämpchen, unser ganzes Leben war finstere Nacht, unaufhörlich haben wir in der Nacht ge­ arbeitet, unaufhörlich sind wir gerannt und gelaufen," haben aber gar nichts gefangen, haben immer leeren Raum gehascht. Daß werden auch die Wollüstlinge, die Alles aufopferten, um nur einen Abend, eine Stunde, um nur einen Augenblick ihre Lust zu stillen. Unaufhör^ iich haben sie gearbeitet in der Nacht und nichts gefangen,

XII. Prcdiarcn II.

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34 als vielleicht ewiges Verderben.. Ach! warum seyd Ihr denn nicht nach dem Ewigen gerannt, warum habt Ihr denn nicht da hie Wollust gesucht, wo sie unaufhörlich, wo sie ewig ist. Ach! wir, wenigstens Viele von unö. haben auch immer deß Nachts gearbeitet, und nichts ge« fangen. Die guten Leutchen, welche nach Maria-Zell wallfahrteten, haben nicht viel gearbeitet und gewiß viele Gnaden von Gott erhalten. Wenn auch nicht alle, so doch viele. Gott batte gewiß Wohlgefallen daran. Er befahl den Blitzen und Winden, dem Regen und Sonnen­ schein; das Wetter war milde, manchmal ein wenig Regen, aber nicht viel Die guten Leute arbeiteten nicht viel, beteten und gingen, sangen alte einfaltige Liedlein, denn die neuen taugen so nicht viel, wenn ich nicht sagen soll, nichts, halten nicht viele Sorgen und haben gewiß, ich bin überzeugt, recht viele Gnaden von Gott erhaltenund hatten nicht mehr als zehn Tage dazu angewandt. Andere arbeiten unaufhörlich und fangen nichts. Also Simon sagte ferner: „auf Dein Wort aber will ich das Netz auswerfen". Simon heißt übersetzt der Gehorsam, also Gehorsam liebt der Herr auch; die Kirche wirft auch auf Gottes Befehl ihre Netze aus, nicht ihre, son­ dern des Herrn Lehre ist das Netz der christkatholischen Kirche. „Und da sie dieses gethan hatten, fingen sie eine so große Menge Fische, daß ihr Netz zerriß." Das Netz der Kirche zerrjß^uch, oder zerreißt vielmehr noch; näm­ lich viele katholische Christen wurden der Kirche abtrün­ nig; viele entfernten sich von ihr. Diele Stürme hat sie erlitten, aber wird nie untergehen, denn sie ist auf den Felsen Petrus gebaut, Jesus Christus bewachet sie immerwährend und hat gesagt: „die Pforten der Hölle können sie nicht überwaltigcn!" sie stehet immer triumphirend da, und wird immer herrlicher. Denn manche schlechte Christen zerreißen dieses Netz, Türken, Juden

35 und Heiden; geschweige denn die Protestanten, meine ehe­ maligen Brüder, aber noch immer verehrten Freunde, sind weit besser als Katholiken; diese Elenden wollen der Kirche abtrünnig werden, wollen die Lehre Jesu, das Netz der Kirche zerreißen. „Und sie winketen ihren Ge­ sellen, welche in dem andern Schiffe waren, daß sie ihnen zu Hilfe kamen, und sie kamen und fülleten beide Schiffe also, daß sie beinahe versanken." Wenn schlechte Ka­ tholiken sich von Gott und der Kirche entfernen, wie es auch hier in Wien schlechte gibt, schlechter als Türken, Heiden, Juden und die edlen Protestanten, ich wiederhole es noch einmal, wenn einer abtrünnig wird, so gibt Gott .wieder andere dafür der Kirche, und es wird noch eine Heerde und ein Schafstall werden. Es werden Viele in den Schooß ihrer Vater zurückkehren, und die Kirche wird ganz erfüllt werden, so wie die Schiffe des Petrus. Als dieses Simon Petrus sah, fiel er auf die Knie, als er das erste Wunder des Herrn sah, fiel er voll Demuth und Ehrfurcht auf die Kniee-und sprach: „Herr! entferne Dich von mir, ich bin ein sündiger Mensch " Da sehen wir die Demuth des Petrus, und da ist der Ursprung, der Anfang des Glaubens, von dem ich im ersten Theile sprechen wollte. Petrus hatte noch nie etwas von dem Herrn gesehen, noch gehöret, aber- er glaubte an seine Hoheit und rief: Herr, gehe von mir hinaus, ich bin ein sündiger Mensch. Er demüthigte sich so tief, daß er sich für nnwerth hielt, in der Nahe des Herrn zu seyn, und das müssen auch wir thun. Nur Demuth, da kommt der Herr; wenn ein demüthiger Christ sagt: Herr, entferne Dich von mir, ich bin ein sündiger Mensch! Herr, ich bin nicht würdig, daß Du eingehest unter mein Dach, diese Bitten, dieses Gebet erhöret der Herr nicht, in ein solches demüthiges Herz gehet der Herr ein, wenn er nicht schon hineingezogen ist. Die Demuth erwirbt uns

36 auch den Himmel. Der große Thomas von Kempis sagt: die zwei Flügel, mit denen wir uns in den Himmel erhe­ ben, sind Demuth und Reinheit; Reinheit des Herzens, Einfalt des Herzens, Liebe, brüderliche Einfalt und schwesterliche Liebe. Was kann es schöneres geben, sagt ja selbst der Herr: wenn Mehrere in meinem Namen ver­ sammelt find, da bin ich mitten unter ihnen. Also die Demuth erhob den Simon, und als er sagte: „Herr, ent­ ferne Dich von mir," da kam der Herr gerade in sein Herz. Wenn fromme demüthige Seelen immer beteten: Herr ich bin nicht würdig, daß Du eingehest unter mein Dach, so erhört der Herr dieses demüthig? Gebet nicht, sondern geht mit seinen Freuden und Gnadengaben in das Herz des Demüthigen. „Denn Petrus und alle die bei ihm waren hatte ein Schrecken wegen des Fischzuges, den sie gethan hatten, überfallen " Allerdings konnte sie auch ein Schrecken über dieses Wunder überfallen, indem sie die ganze Nacht hindurch gearbeitet und nichts gefan­ gen hatten, und dann so viel, daß die Netze zerrissen; das war aiuh das erste Wunder, was sie von Jesum sa­ hen. Er that viele Wunder und thut sie auch jetzt noch unter seinen Frommen. Gott, wenn wir zu ihm flehen, wird uns dann auch einen reichlichen Fischfang schenken. „Nicht weniger entsetzten sich auch darüber Jakobus und Johannes, die Söhne Zebedaus, welche Simons Gesel­ len waren." Diese waren dann auch Jünger, Apostel de- Herrn. Hier muß ich aber noch etwas bemerklich machen: Warum hat denn der Herr die Fischer zu seinen Aposteln gewählt? sie waren arme, unwissende Land­ leute, hatten nichts, als ihre Schiffe und Netze, und nah­ men Alles, was man ihnen lehrte, an; diese demüthigen Leute liebte der Herr, denn er sagte: „Selig sind die Kleinen und Unwissenden." Diese waren noch nicht ver­ dorben, sie kannten nicht viel, waren mit Wenigem zu-

37 frieden und demüthig, deshalb wählte sie der Herr. Je­ sus sah den (Simon Petrus das erste Mal, sah aber seine Demuth und seinen Gehorsam, daher sagte er zu ihm: „Fürchte Dich nicht, von nun an wirst Du Menschen fan­ gen." Ach was kann es denn Schöneres, Herrlicheres geben, als Menschen zu fangen, Menschen für den Him­ mel zu gewinnen; Gott gebe, daß ein Jeder Menschen fangen möge; es kann nichts Trostreicheres geben, und besonders im Lode; aber noch hülfreicher ist es einem Je­ den am Gerichte Gottes, wo alle Engel und Heiligen vor dem fürchterlichen Blicke des strengen gerechten Rich­ ters beben, wo sogar die Mutter Gottes die Augen zu Boden schlagen wird, obwohl sie nicht gerichtet wird; da wird es uns wohlthun, wenn wir Seelen gefangen ha­ ben; wenn der Richter den Spruch der Verdammnis! aus­ sprechen will und alle die von den Bebenden geretteten Seelen treten vor den Richter und sagen: Gnade für ihn, er hat mich gerettet, er hat diesen für den Himmel gewonnen! und der Richter erhöret diese Bitten und spricht das Urtheil der ewigen Freuden über den Beben­ den auö. Dann, wenn uns Andere anklagen, so bitten die Seelen derjenigen- die wir vielleicht der ewigen Verdammniß entrissen und für den Himmel gewonnen haben, für uns. Also wir^rnüssen trachten, Seelen zu fange», wir müssen Alle Seclenfischer werden, ein jeder Stand, sei er geistlich oder weltlich; und ein Jeder, den Gottlo­ sen ausgenommen, kann es auch mit Hülfe des Herrn. Vielleicht haben manche von denen, die nach Maria-Zell wallfahrteten, Seelen gefangen durch Gebet; Ihr hattet sie sehen sollen die Greise und Kinder, die Jungfrauen und schwachen Weiber, wie sie alle gläubig hinzogen, durch Gottes Gnade aber auch wieder glücklich mit Gna­

den beschenkt znrückkehrten. Also Gott gebe uns die Gnade, daß auch wir Seelen fangen mögen, so wie Petrus,

38 der Millionen fing. Und hierauf führeten sie ihre Schiffe an das Land, verließen Meß, und folgeteu ihm nach. Sie waren ganz unwissend, wußten.nichts als was ihnen ihre Vater von der Offenbarung lehrten, und das war nicht viel. Wußten nicht ob Jesus Gott war, waren nicht über­ zeugt ob er der Messias wäre, und folgeren ihm nach, ver­ ließen Alles. Was hüben sie denn verlassen, ihre Armurh

etwa? Nein, ihre Schiffe und Netze, sie waren nichts als arme Fischer, mit diesem redlichen Handwerk ernährten Jakobus und Johannes ihre alten Eltern, und Petrus seine Schwiegermutter und seine Frau. Dieses Alles ver­ ließen sie, wußten weiter nichts von Jesum als das Wun­ der vom reichlichen Fischfang, denn der heilige Geist war noch nicht über sie ausgegossen. Aber sie folgeten, ihm nach. Petrus Glaube war fest. Und der Herr sprach zu ihm: Simon Parjonas, Sohn des Jonuas, du bist Petrus der Felsenmann, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen. Und Petrus ward dann erster Pabst; sie verkündeten dett Herrn und seine Lehre als seine Herolde. Lehrten und predigten, erfüllt mit dem heiligen Geiste. Wirkten Wunder, besonders Petrus that viele, sogar durch seinen Schatten. Das ist in der Bibel, ist Glaubenssache, man legte die Kranken in seinen Schatten und sie wurden geheilt. Und Petrus bewachet unaufhörlich die Kirche mit dem Herrn. Der Glaube Petri war uner­ schütterlich gleich im ersten Augenblick. Wir haben also an dem heutigen Evangelium den Ursprung des Glaubens ge­ sehen, wollen nun noch untersuchen, was der christlich - ka­ tholische, apostolische Glaube ist, im zweiten Theile. Er aber trat in das Schiff, welches für Simon war, und bat ihn, daß er es ein wenig vom Lande führe, und da er sich niedergesetzet hatte, lehrete er daß Volk aus dem Schiffe. Nun will ich, unter Gottes Beistände, meine Kate-

39 chismußpredigten, an denen ich schon sieben Jahre vorar­ beite, beginnen. Ich will so nach meiner Art den Kate­ chismus gründlich nach und nach durchgehen, wenn mir Gott Gesunheit und ferner noch Leben schenkt, und so lange Ihr mit meiner Schwachheit noch Geduld haben wollt. Was ich Euch in meinen früheren Predigten vom Glauben gesagt habe, gehört gar nicht zu dem christlich-katholischapostolischen Glauben. Es war nur allgemein vom Glau­ ben. Ich sagte, der Mensch muß glauben, weil er ein Mensch ist. An was glaubt er? an Gott, wo ist aber Gott? und warum glaubt er an Gott? das weiß er nicht, nach dem was wir bemerkt haben, also von dem abgesehen, und zu dem christlich - katholischen Glauben. Was ist der christlich-katholische Glaube? Er ist ein übernatürliches Licht, eine Gabe Gottes, oder nm noch gründlicher zu seyn, eine von Gott eingegossene Lugend, wodurch man Alles fest und ungezweifelt fürwahr halt, was Gott geoffenbaret hat, und was die Kirche zu glauben vorstellet, es sey geschrieben oder nicht. Das ist der christ-katholische Glaube. Man muß Alles für ungezweifelt wahr halten, was Gott geoffenbaret hat, was seine Kirche lehrt, es ist gleich, ob eß geschrieben ist, oder ob es uns mündlich ge­ lehrt wird. Wir müssen eß deßhalb für wahr halten, weil Gott die höchste Wahrheit ist, weil Gott nicht lügen kann und weil er nicht betrogen werden kann. Eß ist gleichviel, ob das Mort Gottes geschrieben ist oder nicht. Beides müssen wir für fest und ungezweifelt wahr halten, sehr thörr'gt ist es, wenn ein schlechter Christ sagte, daß ge­ schriebene Wort ist mehr wahr als daß ungeschriebene. Ein Kind kann es verstehen, und muß sagen, daß daß un­ geschriebene Wort Gotteß, weil es auch Gott lehrt, und weil Gott die höchste Wahrheit ist, eben so wahr als daß geschriebene Wort Gotteß ist. Der heilige Jgnazius von Lojola sagt: und wenn alle Bücher vernichtet würden und

40 verloren gingen, ich glaube doch, und halte Alles für wahr. Also das ist gleichviel, und wir sind verpflichtet Alles für untrüglich wahr zu halten. Lebten doch die alten Vater von Abraham bis Moses ohne geschriebene Gesetze und glaubten. Und dann nach der Geburt des Herrn sagt sein Lieblingssünger, der beim Abendmahle an seinem Schooße lag, es wäre gar nicht genug Raum um Alles aufzuschreibsn. Der Glaube deß Christen muß aber frei, nicht ge­ zwungen seyn, und ferner demüthig und einfaltig. Denn der stolze Glaube wäre nichts. Er muß demüthig seyn. Es gehört auch gar keine große Demuth dazu Alles für wahr zu halten was Gott lehrt. Aber einfaltig muß auch der Glaube seyn. Ich mache zwischen einfältig gar keinen Vergleich mit dumm, denn die größten Heiligen waren einfaltig, nämlich Augustinus, Hieronymus, Gregorius, diese waren alle sehr gelehrte und verständige Manner, aber einfaltig, hatten nur eine Falte hn Herzen. Aber unsre Gelehrten halten mit ihrem bischen Verstand, mit ihrer kahlen, wenn ich nicht kalten Vernunft sagen soll, Einfältigkeit für Dummheit, der sie sehr nachhängen. Einfältig sollen wir seyn, das will der Herr, und er war es auch. Der Glaube, der christ-katholische, alleinselig­ machende Glaube muß einfältig und demüthig seyn. Er muß aber frei seyn und nicht gezwungen, Gott will nicht mit beschränkten, sondern mit freien Geschöpfen den Him­ mel bewohnen. Er bringt uns nicht mit Gewalt, mit Be> fehl zum Glauben, sondern er bittet uns, er bittet uns mit Liebe, sowie den Petrus, er möge daß Schiff vom Lande führen. Frei ist unser Glaube. Der Mensch kaun glau­ ben, er kann ihm aber auch widerstreben. Mit dem Glau­ ben ist es nicht so wie mit den Gaben des heiligen Geistes. Der heilige Geist kann seine Gnaden austheilen wie und wo er will, und wenn auch der Mensch widerstreben könnte und wollte > aber der Herr hat die Lugend deß Glaubens

41 einem jeden eingegossen, der Mensch kann aber zur Ver­ mehrung desselben Mitwirken. Bei den Gaben des heili­ gen Geistes aber nicht. Was glaubt aber bei dem Men­ schen? etwa der Verstand, die Vernunft? Nein ’ das Herz des Menschen glaubt. Das Herz, nichts anderes, aller­ dings ist unser Herz verweslich, aber der Herr sagt: „das Verwesliche wird das Unverwesliche, das Sterbliche das Unsterbliche anziehen." Also das Herz glaubt. Aber nicht dasHerz, sondern ein gewisses Etwas in unserm Her­ zen, wo$x wir in der schönen deutschen Sprache Gemüth nennen. Das Gemüth also glaubt. Unser Gemüth muß alles für wahr halten und ungezweifelt glauben. Kein Zweifel darf im christ-katholischen Glauben statt haben, denn christ-katholisch glauben, heißt, ich will es Euch noch .einmal wiederholen, Alles für wahr halten, was Gott geoffenbaret hat, und was die Kirche zu glauben vorstellet, es/sey geschrieben oder nicht. Wenn dumme Spötter, die der katholische Glaube immer kitzelt und zum Spotte reizt, nun kommen, lasset Euch nicht irre führen, denket, nur Gott ist die reinste Wahrheit, mit) die Wahrheit kann nicht lügen. Daß der katholische Glaube-der alleinselig­ machende, allein wahre, allein göttliche, ist, beweiset die Dauer desselben. Wenn stolze Fürsten in'den Heidenzei­ ten befohlen hatten, man solle an sie glauben und sie anbeten, so geschah das ein halbes Jahr hindurch, und dann lachte man darüber. Aber der christ-katholische Glaube ist seit achtzehn Jahrhunderten unaufhörlich, der Glaube an Gott wird nie aufhören, denn er allein ist der wahre. Die davon abgewichenen, unsere und, meine ohnmächtigen lieben Brüder, die edlen Protestanten, sowie auch Zuden und andere Völker, werden Schaarenweise in den Schooß ihrer Water zurückkehren. Werden Schaarenweise zu dem katholischen Glauben, von dem sie gewichen sind, keh­ ren, und einsehen, daß da allein Licht und Friede ist, das

42 werdet Ihr erlebe»/ wenn auch ich es nicht erlebe. Ich bin aber durch Gottes Gnade sicher davon überzeugt, daß alle die von Gott gewichen sind, wieder zu ihm kehren wer­ den. Und da haben wir ein schönes Beispiel von einem ed'en Schwerzer, einem gelehrten Mann, der auch nun in den Schooß unserer Water zurückkehrte. Also fest an den Glauben gehalten, ihm wollen wir treu bleiben im Leben und Sterben, für ihn allein wollen wir leben und sterben. Du aber, o Jesu, in dir leben, weben und sind wir, stehe uns bei, daß wir diesen Schwur nicht brechen. Verschone uns alle, sowie alle Ungläubigen. Verschone diese liebe Wienstadl, du wolltest ja Sodom und Gomorra, wegen fünf Gerechten verschonen, und so vertilge auch diese Stadt wegen der brennenden Gebete der Frommen, die unaufhör­ lich zu dir emporlödern, nicht. Gebe Gnade dem Knecht, du zerstößest ja nicht das gebrochene Rohr und löschest das rauchende Docht nicht aus. Stehe uns Allen bei. Du hast ja das gute Werk in uns begonnen, du mögest es auch vollenden, bekräftige eß nun in uns, und sei allezeit gelobt jetzt und in Ewigkeit. Amen!

Am fünften Sonntage nach Pfingsten^ Text: „Wenn Ihr nicht gerechter alö die Schriftgclehrten und Phartfäer seyn werdet: so werdet Jh; in daS Himmelreich nicht cuv

gehen."

Matth. 5. Kap. 20. V.

Ueber diese Worte des heutigen Evangeliums, will ich heute predigen, erst wollen wir aber Gott um seinen Bei­ stand bitten. Es ist in unserm Leben gilt, und dem Christenthume nicht unangenehm, sondern recht, man Muß sich bei der Trauer der Freude erinnern, damit sie nicht zu groß sey, und bei einer großen Freude der Trauer erinnern, damit

42 werdet Ihr erlebe»/ wenn auch ich es nicht erlebe. Ich bin aber durch Gottes Gnade sicher davon überzeugt, daß alle die von Gott gewichen sind, wieder zu ihm kehren wer­ den. Und da haben wir ein schönes Beispiel von einem ed'en Schwerzer, einem gelehrten Mann, der auch nun in den Schooß unserer Water zurückkehrte. Also fest an den Glauben gehalten, ihm wollen wir treu bleiben im Leben und Sterben, für ihn allein wollen wir leben und sterben. Du aber, o Jesu, in dir leben, weben und sind wir, stehe uns bei, daß wir diesen Schwur nicht brechen. Verschone uns alle, sowie alle Ungläubigen. Verschone diese liebe Wienstadl, du wolltest ja Sodom und Gomorra, wegen fünf Gerechten verschonen, und so vertilge auch diese Stadt wegen der brennenden Gebete der Frommen, die unaufhör­ lich zu dir emporlödern, nicht. Gebe Gnade dem Knecht, du zerstößest ja nicht das gebrochene Rohr und löschest das rauchende Docht nicht aus. Stehe uns Allen bei. Du hast ja das gute Werk in uns begonnen, du mögest es auch vollenden, bekräftige eß nun in uns, und sei allezeit gelobt jetzt und in Ewigkeit. Amen!

Am fünften Sonntage nach Pfingsten^ Text: „Wenn Ihr nicht gerechter alö die Schriftgclehrten und Phartfäer seyn werdet: so werdet Jh; in daS Himmelreich nicht cuv

gehen."

Matth. 5. Kap. 20. V.

Ueber diese Worte des heutigen Evangeliums, will ich heute predigen, erst wollen wir aber Gott um seinen Bei­ stand bitten. Es ist in unserm Leben gilt, und dem Christenthume nicht unangenehm, sondern recht, man Muß sich bei der Trauer der Freude erinnern, damit sie nicht zu groß sey, und bei einer großen Freude der Trauer erinnern, damit

43 unsre Freude nicht übermüthig werde. Wir wollen mm dasselbe thun; da wir heute bis jetzt noch nicht die Sonne erblickt haben, und beständigen Regen hatten, so stellet Euch einmal vor, wenn die Sonne im vollen Glanze schei­ net, und wir in die Sonne hineinsehen, so sind wir gleich von ihrem herrlichen Lichte geblendet. Eß sind zwei Tages­ zeiten, an welchen man am besten, ohne augenblicklich zu erblinden, in die Sonne sehen kann. Es ist früh Morgens, der ihrem Aufgange, wenn sie als eine glühende Kohle uns erscheint, und deß Abends bei ihrem Untergange, wo sie eilt eine andre Hälfte unseres Erdballes zu erleuchten, da können wir am längsten, ohne geblendet zu werden, hineinsehen. Stellet Euch aber einen Menschen vor, der beim rollen Sonnenlichte sich die Augen zubindet, und dann daß Sonnenlicht leugnet. Oder einen, der ohne geblen­ det zu werden in die Sonne sehen kann, und deshalb das Licht, den Glanz derselben leugnet. Also ist eß mit dem Glauben und der Gnadensonne; wenn ein Begnadigter ih­ ren Glanz erblicket, so wird er augenblicklich geblendet seyn. Aber das Kind, im Morgen seines Lebens, sieht freudig ohne geblendet zu werden, in die Gnadensonne, freudig mit kindlicher Liebe glaubt es Alles. Und der vollendete Heilige, auf seinem'Sterbelager am Abende seines Lebens, sieht auch freudig in die Gnadensöttne, wird erwärmt von der Warme der Gnadensonne, belebt von dem Lichte des Glaubens, dem er treu geblieben ist bis ans Ende. Nicht so ist eß eben mit unS Menschen. Wir sind augenblicklich geblendet. Ihr wißt, wir haben ver­ gangenen Sonntag von dem Wesen deö Glaubens gehan­ delt. Heute wollen wir von dem Ursprung des Glauben­ sprechen. Und zwar, ich will Euch den Ursprung deß Glau­ bens im ersten Theile nach dem Evangelium zeigen, und im zweiten Theile, den Ursprung deS christ-katholischen Glaubens, nach dem Katechism.

44 Du aber, Gnadensonne Jesus Christus, stehe du uns bei I Werfe einen Strahl deiner Gnade in unser Herz und in unsere Seele, damit wir den Glauben erkennen. Hei­ lige Maria, Mutter Gottes! Heilige Apostel, deren Fest der Apostel Theilung die Kirche heute feiert, die ihr alle mit dem heiligen Geist erfüllet wart, bittet für uns! Hei­ lige U^nla! Angela! Schutzheilige dieses Tempels, bittet

Alle für uns. Also vom Ursprünge des Glaubens wollte ich tm er­ sten Theile handeln. Der freie Gott hat^uns zu zwar minderfreien Geschöpfen erschaffen, aber jedoch haben wir Freiheit. Wir sind bestimmt Alles zu glauben, denn der Glaube muß uns beleben und erwärmen. Manche Men­ schen , die Gott mit seiner Gnade überschüttet hat, die er mitten im Glauben stellte, die die Gnadensonne im Glau­ ben erblicken, verbinden sich so zu sagen die Augen, ver­ schließen ihr Herz vor dem Glauben, leugnen ihn, wollen nicht glauben. Oder gehen nicht weiter, bleiben immer bei einem und demselben stehen. Andere wieder sehen das Licht des Glaubens, sind vom Daseyn desselben überzeugt, sehen die Nothwendigkeit des Glaubens, glauben aber doch nicht fest; ihr Inneres ist immer wankelmuthig, ist immer im Kampfe. Sie wissen was ihnen der Glaube lehrt, erfüllen es aber nicht in -ihrem Innern, deshalb sagt der Herr in dem heutigen Evangelium welches auch em Theil der herrlichen, heiligsten Freipredigt des Herrn ist, welche beinahe alle Evangelien enthalt, in welcher der Herr die acht Seligkeiten, ohne welche wir nicht in das Reich Got­ tes eingehen können, erklärt, in welcher er uns das Vater Unser lehrt; da sagt er also zu dem Volke: „Wenn Ihr nicht gerechter als die Schriftgelehrten und Pharisäer seyn werdet, so werdet Ihr in das Himmelreich nicht ein­ gehen." Wer waren denn die Schriftgelehrten und Pha­ risäer, weil der Herr sagt, so Ihr nicht gerechter als diese

45 seyd, so werdet Ihr in das Himmelreich nicht eingehen?« Wer waren die Schriftgelehrten? Es war eine Anzahl ge­ lehrter/ verständiger Manner, welche der Schrift des alten Bundes, der »Mosaischen Gesetze kundig waren, sowie

heuten Lage unsere Theologen, bei denen man sich Rath holte, oder um Aufklärung der Schrift bei Zweifeln bat. Es waren mit einem Worte Schriftkundige, alte gelehrte Juden. Die Pharisäer? glaubet Ihr, waren etwa ungläu­ big^ Neinl im Gegentheile. Die Ungläubigen waren die Sadducäer, diese verwarfen alle Gesetze, waren Spötter des mosaischen Gesetzes und Les Iudenthumeß, welches bis zu dem Lode Jesu, nämlich b's der Herr am Kreuze sein Haupt neigte und starb, bis der Vorhang des Tem­ pels zerriß, eben so viel als das Christenthum war, wel­ ches mit dem Tode Jesu erst aufgehoben würde. Also die Sadducäer waren ungläubig, sie. glaubten an Gott, aber nicht an die Unsterblichkeit der Seele, sie glaubten, die Seele sterbe mit dem Körper. Die Pharisäer hingegen schienen sehr fromm zu seyn, gingen in langen, ehrwürdi­ gen Kleidern, ganz gravitätisch einher, ihr Aeußeres schien sehr fromm zu seyrr, hielten sehr viel auf Gebräuche und Ceremonie, auf daß Aenßere, glaubten anGott und an die Gesetze Moses, waren genau in der Beobachtung-derselben, betete« und fasteten, hielten sehr viel auf Reinigungen, hielten sich auf, wenn Jemand mit ungewaschenen Hän­ den aß. Aber Alles nur dem Scheine nach, Alles um nur gesehen zu werden, in ihrem Inneren waren sie böse, stolze, zornmüthige, lieblose Menschen; der heilige Johannes der Läufer sagte schon, als er viele Pharisäer zu seiger Laufe kommen sah: „Ihr Otterngezüchte, wer hat Euch gezeigt, tem zukünftigen Zorn zu entfliehen? So bringet würdige Früchte der Buße." Sie sahen nur bloß auf äußere Ge­ bräuche. Hielten sehr viel auf die Heiligung des Sab­ baths, hatten da ganz recht, aber ihre Heiligung war auch

46 wieder dem Herrn nicht wohlgefällig. Einst ging der Herr am Sabbath mit seinen Jüngern durch das Feld, und sie rausten Aehren aus, aßen den Saamen um ihren Hunger zw stillen, da kamen die Pharisäer zu dem Herrn, und sagten: „Siehe deine Jünger thun was ihnen am Sab­ bath zu thun nicht geziemet." Andre Male verwiesen sie den Herrn, weil er am Sabbath Kränke heilte, so sagte er ihnen: „Wenn dir am Sabbath dein Ochs oder Esel in den Brunnen fällt, so ziehst du ihn nicht heraus?" Aber darauf sieht der Herr nicht, sondern auf das Herz. Der Herr sagte zu diesen Schriftgelehrten und Pharisäern: „Wehe euch ihr Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr den über­ tünchten Gräbern gleich seyd, welche auswendig vor den Leuten schön scheinen, aber inwendig sind sie voller Todtenbeine und alles Unflaths. Also auch ihr, von außen schei­ net ihr den Menschen fromm, aber inwendig seyd ihr voll Heuchelei und Bosheit." Woher kömmt es denn daß sie so viel auf das Aeußere hielten? Woher kömmt es, da die Schrift doch vor ihnen lag, daß sie so voll des Aberglau­ bens waren? Weil ihr Glaube tobt war. Sie blieben immer blos bei den todten Buchstaben stehen, sie gingen nie weiter, sie drangen nie tiefer in die Sache, nie tiefer in die Schrift; deshalb kamen sie auch nicht weiter, deshalb waren sie verblendet, ihren Augen konnte kein Licht auf­ gehen, obwohl das fleischgewordene Wort unter ihnen wandelte, denn sie hielten blos auf da- Aeußere, sie klam­ merten sich immer nur an das Irdische, denn sie sahen Jesum Christum als einen Messias, als einen irdischen König an, der ihr Reich wieder in Flor bringen, und sie mächtig machen wird, und nicht als den Seelenbräntigam. Also ihre äußeren Gebräuche, ihre Heuchelei, ihre Reini­ gung , das nützte ihnen nichts. Anch ihr Gebet bloß mit dem Munde verrichtet, half nichts. Ihre todte Befol« gung der Gesetze auch nichts. Obwohl sie an das Gesetz

47 glaubten und eö erfüllten, so änderten sie es doch, ver­ fälschten es und führten daS Volk irre. In ihren Opfern und Gaben waren sie genug, aber nicht gegen Gott. Des­ halb sagt der Herr: „Wehe euch Pharisäern, die ihr AniS und Kümmel verzehret, und das Schwerste im Gesetze dahinten lasset, nämlich die Gerechtigkeit, die Barmher­ zigkeit und den Glauben. Dieß sollet ihr verzehenten und jenes nicht unterlassen." Und wie kömmt es, daß gerade die Pharisäer und Schriftgelehrten, die doch die Schrift und das Gesetz vor sich hatten, die größten Feinde des Herrn waren? Ja, wie kam es, daß die hohen Priester, die die Prophezeiungen Daniels und- Davids, ja JakobS vor.sich hatten, die von der Gottheit und Heiligkeit des Herrn hatten können überzeugt seyn, wie kömmt eß, daß diese den Herrn haßten? Aus Neid, weil sich das Volk zu ihm drang, und aus Rache, weil er ihnen oft ihr Unrecht strenge vorhielt. Aber gibt es nicht auch bei uns solche Menschen? O ja, meine theuren Freunde, es gibt katholi­ sche Pharisäer. Es gibt Leute, welche recht fromm schei­ nen, welche alle Gebrauche erfüllen, welche den ganzen Lag in der Kirche zubringen, welche oft die Gnadenmittel benützen, aber übrigens in ihrem Innern bemerkt man keine Besserung, keine Ausrottung ihrer Sünden, sie plap­ pern Gebete, aber diese erhört Gott nicht. . Wieder andre behandeln das Christenthum handwerksmäßig. Glaubet nicht, Zünfte und Handwerker dieser theuren Wienstadt, daß ich Eure Handtierung, Euren Stand mißachte, es gibt unter Euch recht gute und fromme Christen. Manche betrachten also Alles, das ganze Christenthum wie ein Handwerk. Beten ihre Gebete täglich hier ab, gehen ülle Sonntage ein Biertelstündchen in eine Messe, alle Jahre einmal beichten und communiciren, und übrigens ist eS abgethan. Gott muß unser Herz erfüllen, für Gott müssen wir leben» des Lages müssen unsere Gedanken

48 manchmal zu Gott gerichtet seyn, nicht unser Mund, son­ dern unser Herz muß beten, es gibt genug solche katho­ lische Pharisäer, welche , auch nur auf die äußeren Ge­ brauche halten, welche sich auch nur der Gnadenmittel be­ dienen, um der Hölle, um bet- Strafe zu entgehen, und nicht aus Liebe; mit einem Worte, ihrAeußeres ist fromm, aber in ihrem Herzen ist es schwarz, da find sie lieblos ge­ gen den Nächsten, lieblos gegen Gott. Die Feinde des Christenthums sagen, ja was ist es denn, katholisch seyn, warum sind diese besser als wir, hören alle Sonntage und Feiertage in einem Viertelstundchen eine Messe, essen mit größtem Widerwillen am Feiertage kein Fleisch, und das nicht alle, gehen alle Jahre einmal zur Beichte und zum Tische des Herrn. Sie haben nicht unrecht wenn sie es sagen. Sie gehen einmal des Jahrs zum Lisch des Herrn, des Herrn, der immer auf unseren Altaren steht, und uns täglich rufet, täglich können wir uns beiihmLrost und Erquickung holen, täglich ladet er uns ein. Aber sollen yoir den äußeren Gottesdienst nicht erfüllen, sollen wir ihn verwerfen, dafür sey Gott! Aber wir müssen es nicht wie die Pharisäer, tun gelobt zu werden, thun, son­ dern aus Liebe zu Gott, und unser Innerstes muß dabei beten und zu Gott gerichtet seyn. Soll ich auch noch von den Sadducäern sprechen. Einige sitzen den ganzen Lag schön gekleidet in ihren Wagen, andere stehen hinten auf, andere fitzen auf Kanzeln «nd -lehren ihren eben so unrei­ fen Schülern verschiedene Dinge, wieder andere sitzen bei Büchern, oder dringen auf ein Buch, als wenn sie das Buch allein belehren sollte. Ihr könnt sie täglich fahren sehen, diese Sadducäer, oder ihr begegnet ihnen täglich. Sie glauben an nichts, verwerfen auch alle Gesetze, fürchten sich aber immerwährend, und es ist bekannt, daß sich die größten Freigeister am meisten vor Gespenstern furchten. Ferner sagt aber der Herr: „Ihr habt gehöret, daß zu

49 den Alten ist gesaget worden: du sollst nicht tödten, wer aber einen Lodtschlag begangen hat, der soll deS Gerichts schuldig seyn. Ich aber sage euch, daß ein Jeder, der sich wider seinen Bruder erzürnt, des Gerichts schuldig ist." Hier muß ich aber für kleinmüthige Seelen bemerken, daß der Herr damit nicht meint, wenn Eltern gegen ihre Kinder, oder Erzieher, Lehrer, Vorgesetzte gegen ihre Un­ tergebenen zürnen, um sie auf den Weg der Besserung zu bringen, diese sind nicht de- Gerichte- schuldig, sondern diejenigen, welche sich gegen den Nächsten so erzürnen, daß das Herz rachsüchtig ist, dass sie ihm etwas Böses wün­ schen, großes Unglück, oder gar den Tod, mit einem Worte, wenn dieser Zorn mit Rache verbunden ist. „Wer zu sei­ nem Bruder Rache sagt, der soll von dem Rathe bestrafet werden. Wer aber sagt: du Narr, der soll des höllischen Feuers schuldig seyn." Hier macht der Herr dreifachen Unterschied, Gericht, Rath und höllisches Feuer. Das Gericht war bei den Juden eine Versammlung von drei und vierzig Mannern,, welche überLodtschlage und andere Criminalverbrechen urtheilen mußten, und da wurde der Lodtschlager mit dem Schwerdte hingerichtet, er wurde geköpft. Der Rath war eine Anzahl von siebenzig Män­ nern, welche wieder über andere Vergehen entscheiden mußten, und da wurde der Verbrecher gesteiniget. Das war derselbe Hohe Rath, welcher Jesum Christum verurtheilte, und kreuzigen ließ. Und endlich höllisches Feuer. Es war vor Christi Geburt ein Lhal^ welches, in die latei­ nische Sprache übersetzt, Gehenna heißt, da war der Götze Moloch, diesem wurden immer kleine Kinder ge­ opfert. Er war von Metall und wurde glühend gemacht, und dann legte man kleine Kinder in seine Arme und ließ sie so langsam verbrennen, und um ihr klägliches Jammer­ geschrei nicht zu hören, machte man eine lärmende Musik; diesen Götzen ließ der fromme König JosiaS zerstören, XU. T;ebiatcn II

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50 nur da- Thal hieß Gehanna, in diesem Thale wurden diese gerichtet. Also wer einen Todtschlag beging, wurde dem Gericht überantwortet. Wer sich gegen seinen Bru­ der erzürnt, ebenfalls den» Gerichte überliefert Nämlich «er seinem Nächsten etwas Böses wünscht, Unglück oder den Lod. Aber ich bitte Euch nur, vor diesem hütet Euch, keiner wünsche dem andern etwas böses, alle Menschen müssen wir lieben. Wir werden allerdings deßhalb nicht vor das zeitliche Gericht gezogen, aber vor das fürchter­ liche Gericht Gottes, vor das Gericht, wo nichts verho­ len bleibt. Ob dieses Gericht fern oder nahe ist, wissen wir nicht. Aber Zeichen geschehen als ob es nahe seyn sollte., Wir wissen nicht ob nicht der Herr bald kommt; denn es geschehen Dinge so wie vor seiner Geburt. Einer tritt gegen den andern, Alle rüsten sich, um in den Kampf zu ziehen, eben so wie vor seiner Geburt. Allerdings kommt der Herr nicht eher, als bis er in den Wolken deS Himmels kommen wird zu richten alle Menschen. Ob die­ se- Gericht fern ist, weiß niemand. Wer zu seinem Bru­ der Rache sagt, der soll von dem Rathe gestrafet werden. Rache heißt so viel als: elender, nichtswürdiger Mensch. Keiner wage es, seinem Nächsten, und sey es der Gottloseste, zu sagen: du elender, nichtswürdiger Mensch. Wie kann einer in unseren Augen elend und nichtswürdig seyn? Kein Mensch ist nichtswürdig., denn daß Blut Jesu Christ floß für Alle, Alle find seine Brüder, Alle unsere Brüder, Türken, Juden, Heiden, Alle! Allel Keinem dürfen wir sagen, er ist elend. Wie kann er elend und nichtswürdig seyn, wenn sein Blut, daS Blut des Lammes für ihn floß, alle Menschen sind groß, keinen können noch dürfen wir gering achten. „Wer aber saget: du Narr, der soll deS höllischen FeuerS schuldig seyn." Das ist nicht daß Wort Narr, dessen wir uns so oft, ja im Scherze bedienen, das ist von einer ganz anderen Bedeutung. Narr hieß damals

51 eben so viel, als gottloser Dösewicht. DaS verhüte anch Gott, daß ein Mensch zu dem andern sich dieses Aus­ druckes bediene. Wir Alle sind Sünder, deßhalb dürfen wir keinen verachten, keinen geringschätzen. Denn Alle sind nach GotteS Ebenbild geschaffen, Alle durch das Blut Jesu erlöset. Keinen dürfen wir verachten und sey er der Gottloseste, seine Handlungen, seine Sünden können wir verachten und hassen, aber nicht sein Herz. Nun aber be* schließt der Herr das Heutige Evangelium mit der Ermah­ nung : „Wenn du nun, da du dein Opfer auf den Altar legest, dich erinnern wirst, daß dein Bruder etwaß wider dich hat, so laß dein Opfer da vor dem Altare und geh' zuvor hin, versöhne dich mit deinem Bruder, alsdann komm' und opfre deine Gabe." Ich glaube, und Ihr werdet sehen, daß ich christ-katholisch predige, indem ich Euch immer zur Nächstenliebe ermahne, und immer be: den fünf Wunden Jesu bitte, allen Haß, allen Groll, alle Rache gegen den Nächsten in Euch zu ersticken, sobald der mindeste Haß gegen Euren Nächsten, sey et auch Euer Feind, rebellisch wird, gleich zu verbannen. Und ich bitte Euch immer, in und außer der Deichte, vergebet Euren Feinden, und viele sagen: ich wünsche ihnen ja nichts BvseS, aber in ihrem Herzen ist noch innerer Haß. Und der Herr sagt nicht einmal, wenn du etwas gegen deinen Bru­ der hast, sondern er sagt: „Wenn tu dich erinnerst, daß dein Bruder etwas wider dich hat, so laß dein Opfer da vor dem Altar und geh' zuvor hin, und versöhne dich mit deinem Bruder." Also wenn Ihr Gott ein Opfer bringet, wenn Ihr die Gnadenmittel gebrauchet, so vergebet erst Eurem Nächsten, wenn er etwas gegen Euch hat. Und wenn Ihr nicht selbst zu ihm gehen könnet, o so stoßet ei­ nen LiebeSseufzer für ihn zu Gott, und betet für ihn, be^ tet mit Liebe, dann wird der Herr Euch auch vergeben, imb Eure Gabe wird ihm wohlgefällig seyn. Ich fetze 4*

52 nun dieselbe Materie im zweiten Theile nach dem Katechism fort. Ihr wisset, daß ich nngefangen habe, den Katechrsm mit Euch durchzugehen. Ich werde mit Euch durchgehen den Glauben rmd das apostolische Glaubensbekenntniß, dann die christliche Hoffnung, dabei werde ich vom Gebete sprechen und das Vater Unser erklären. Dann die Liebe und dabei die zehn Gebote Gottes, und die fünf Gebote der Kirche. Dann von den sieben heiligen Sacramenten, vom würdigen Genusse derselben, und endlich von der christlichen Gerechtigkeit, welche darin bestehet: Thue das Gute und weide das Böse. Da ich immer im ersten Theile das Evangelium erkläre, und nur auf den Katechism nach der kurzen Zeit, die ich habe, den,zweiten Theil anwenden kann, so werdet Ihr sehen, wie viel Zeit, wie lange wir dazu brauchen, was ich nicht überleben werde, aber wenn ich .es nicht thue, so wird es ein anderer thun, wenn es nur geschieht. Also nun wollen wir uns einmal zurückrufen was wir gehört haben. Daß der Mensch glauben muß, das wißt Ihr. Er kann nicht an sich glau­ ben,'nicht auf andere, nicht an die ganze Natur, sondern an ein höheres Wesen, was Gott ist. Der christ-katho­ lische Glaube ist eine übernatürliche Gabe Gottes, oder besser gesagt, weil er sie einem jeden verleihet , und weil der Mensch wieder sterben kann: 4ine von Gott einge­ gossene Tugend, wodurch man Alles fest und ungezweifelt für wahr halt, was Gott geoffenbaret hat, und was die katholische Kirche zu glauben vorstellet, es sey geschrieben oder nicht. Gott will daß wir Alle glauben sollen, deß­ halb hat er allen Menschen die Tugend des Glaubens ge­ geben. Der Mensch, weil er ein freies Geschöpf ist, kann widerstehen, und es gibt auch viele, welche es thun. Sie glauben aber nicht an das, was §ie glauben sollten, sie glauben sehr viel was gar nicht glaublich ist, und das

53 Allerglaublichste, Gott, der die höchste Wahrheit ist, der nicht lügen kann, nicht betrügen kann, der aber auch nicht belogen, noch betrogen werden kann, weil er dir Wahrheit ist, allen übrigen, nur dem glauben sie nicht, und daß ist ein todter Glaube, der zurVerdammniß führt. Der Glaube des katholischen Christen muß fest, unerschüt­ terlich, mit Liebe geschehen, ein Glaube ohne Liebe ist nichts. Die Leusel in der ewigen Werdammniß glauben auch an Gott, glauben vielleicht viel fester und starker alS wir, als derChnst, aber mit Wuth ohne Liebe, denn lieben können sie nicht, weil sie nicht wollen, und wollen nicht, weil sic nicht können. Aber mit Liebe muß der Glaube vereinigt seyn, mit der wahren, reinen Ueberzeugung, daß Gott die Liebe ist, daß Gott allein die Wahrheit ist, die nicht betrogen werden kann, und der wahre Christ, der ge­ irrt hat, wird sagen: Ja ich will, ich muß mich aufmachen, ich will zu dir, o ewige Wahrheit, zu dir, ewige Liebe, zum Quell des Lebens gehen, bei dir allein finde ich Wasser deß Lebens, du allein erwärmst mich und Alle durch den

Glauben. Derjenige wird dann -fest glauben an Gott, dann wird ihn keiner irre führe, er bedarf dann keiner Wunder um fester an Gott zu glauben- ES sollen tu Franken jetzt mehrere Wunder geschehert seyn, viele Wun­ der, und ich wünsche sehr, daß es sich bestätigen möge, aber glaubt Ihr, daß der wahre Geist der fest Gläubigen darüber erstaunet? O nein! meine Freunde, der weiß eß, daß Gott allmächtig ist, daß er Alles vermag. Aber glaubt Ihr, Gott wirkte Wunder, um uns seine Macht zu zeigen, oder um die Gläubigen in ihrem Glauben zu bestärken? Nein, um die Ungläubigen zum Glauben zu bringen, um diese zu retten, aber auch um die Gläubigen, die noch nicht unerschütterlich glauben, zu bekräftigen. Wenn JesuChristus in der Hostie sich zeigte, eß würde den achten Christen nicht erstaunen. Aber daß größte Wunder wel-

54 cheö Gott durch seine treuen Diener wirkt, lst Seelen zu gewinnen, Ungläubige gläubig zu machen. Ein Menschen­ herz zu bekehren ist das größte Wunder. Ein einziges Meuschenherz ist mehr als die ganze Natur, als Alles auf der Erde. Also fest und unerschütterlich muß unser Glaube seyn, und den Glauben erhalten wir auch nur von Gott, von Jesum Christum. Abet beitragen müssen wir zur Verwahrung desselben, in eine dunkle Seele kömmt das Licht des Glaubens nicht hinein. Zu Jesum Christum müssen wir gehen, der gibt ihn uns allein, er allein hat Worte des Lebens, wie Petrus sagte. Der Herr sagte: „Mein Leib ist wahrhaft eine Speise, und mein Blut ist wahrhaft ein Trank." Ja sein Fleisch ist auch wirklich eine Speise, eine Seelenspeise, und sein Blut wahrhaft ein Trank, das ist wahr. Wenn es der Herr bloß dahin gestellt hatte seyn lassen, so wäre er nicht Heiland, sondern ein Lügner, aber es ist wahr, wir sehen ihn ja immer, wir können ihn immer genießen im heiligsten Altarsacrament. fir, die ewige Liebe kann ja nicht, lügen. Also als er sagte: „Mein Leib ist wahrhaft eine Speise und mein Blut ist wahrhaft ein Trank." Da sagten mehrere Jün­ ger von ihm: „Das ist eine harte Rede, wer kann Ire ver­ stehen?" und verließen ihn. Der Herr frug dann seine zwölf Apostel mit Lächeln, mit himmlischem Lächeln: „Wollet ihr auch von mir gehen?" und Petrus antwor­ tete r „Herrl wohin sollen wir gehen? du allein hast Worte des ewigen Lebens." Dann, wenn wir fest an Gott glauben, können wir mit dem großen Kirchenlehrer Au­ gustinus sagen: „Mein Herz ist so lange unruhig, bis eS nicht außruhet in dir, o Herr Dann am Ende unseres Lebens können wir mit dem heiligen Paulus rufen: „Ich rühme mich meiner Schwachheit; denn ich habe Erlösung gefunden, und mehr erhalten, als ich durch die Erbsünde verloren habe. Dann können wir einst die heiligste Drei»

55 eirrkgkeit im Reiche der Herrlichkeit ersehen, und UNS spie­ geln im Meere der Seligkeiten ewiglich.

Am sechsten Sonntag

Amen.'

nach Pfingsten.

Text; „Mich erbarmet dieses Volkes, denn sehet, sie sind nun drei Tage bei mir verharret und haben nichts zu essen." Mare. & Kap. 2. V.

Ueber diese Worte unsers Herrn will ich heute zu Euch predigen, erst müssen wir aber Gott um seinen Bei­ stand bitten. Als Gott der Herr die Erde erschuf, hat er zwei Lieh-ter erschaffen. DaS sagt schon Moses, er sagt: „Als Gott die Erde erschuf, hat er zwei Lichter erschaffen, eins er­ leuchtet den Tag, das andre die Nacht." Das Licht, wel­ ches den Tag erleuchtet, ist die reine, fleckenlose Sonne, welche die ganze Erde mildthätig erleuchtet und erwärmt. Das Licht, welches die finstere Nacht erleuchtet, ist der Mond, der. sein Licht von der Sonne erhalt. Gott hat aber auch dem Menschengeschlecht zum Beispiele, zum Vorbilde zwei Lichter erschaffen. Dem Gerechten, dem Frommen sowohl als dem Sünder eins^ Er hat die leuch­ tende Sonne, vereine, makellose, heilige, ohne Si'lnde empfangene Jungfrau Maria, die Mutter Gottes, uns zum Vorbilds, und zur Zuflucht und Hilfe erschaffen. Sie leuchtet uns wie die Sonne voran, fleckenlos ist ihr Glanz, rein, sündenlos war sie. Aber dann hat auch der Herr noch einen Mond, welcher die sündenvolle Nacht erleuchtet, welcher uns Sündern zum Beispiel ist, geschaffen. Näm­ lich die große Büßerin, die heilige Magdalena, deren Fest die Kirche heute mit Andacht feiert, meine und Aller Sün­ der 'Schutzpatronin. Sie wurde begnadiget, leuchtet nun

rein und glanzend hervor, denn ihre fleckenvolle, schwarze

55 eirrkgkeit im Reiche der Herrlichkeit ersehen, und UNS spie­ geln im Meere der Seligkeiten ewiglich.

Am sechsten Sonntag

Amen.'

nach Pfingsten.

Text; „Mich erbarmet dieses Volkes, denn sehet, sie sind nun drei Tage bei mir verharret und haben nichts zu essen." Mare. & Kap. 2. V.

Ueber diese Worte unsers Herrn will ich heute zu Euch predigen, erst müssen wir aber Gott um seinen Bei­ stand bitten. Als Gott der Herr die Erde erschuf, hat er zwei Lieh-ter erschaffen. DaS sagt schon Moses, er sagt: „Als Gott die Erde erschuf, hat er zwei Lichter erschaffen, eins er­ leuchtet den Tag, das andre die Nacht." Das Licht, wel­ ches den Tag erleuchtet, ist die reine, fleckenlose Sonne, welche die ganze Erde mildthätig erleuchtet und erwärmt. Das Licht, welches die finstere Nacht erleuchtet, ist der Mond, der. sein Licht von der Sonne erhalt. Gott hat aber auch dem Menschengeschlecht zum Beispiele, zum Vorbilde zwei Lichter erschaffen. Dem Gerechten, dem Frommen sowohl als dem Sünder eins^ Er hat die leuch­ tende Sonne, vereine, makellose, heilige, ohne Si'lnde empfangene Jungfrau Maria, die Mutter Gottes, uns zum Vorbilds, und zur Zuflucht und Hilfe erschaffen. Sie leuchtet uns wie die Sonne voran, fleckenlos ist ihr Glanz, rein, sündenlos war sie. Aber dann hat auch der Herr noch einen Mond, welcher die sündenvolle Nacht erleuchtet, welcher uns Sündern zum Beispiel ist, geschaffen. Näm­ lich die große Büßerin, die heilige Magdalena, deren Fest die Kirche heute mit Andacht feiert, meine und Aller Sün­ der 'Schutzpatronin. Sie wurde begnadiget, leuchtet nun

rein und glanzend hervor, denn ihre fleckenvolle, schwarze

56 Seite sehen wie nicht mehr, sie erhielt Vergebung von tcm Herrn, sie wurde von der Gnadensonue Jesu Christi beleuchtet; diese leuchtet uns Sündern voran, wir wol­ len also Alle nicht verzagen, der Herr kann uns auch noch begnadigen wie Magdalena. Ich wollte ihr gerne die heutige Predigt widmen, da aber die Kirche wünscht, daß wir an den Sonntagen immer das Evangelium crf klaren sollen, so thue ich es denn, werde aber suchen, so viel wie möglich die Heilige Maria Magdalena hin­ ein zu bringen. Ihr wisset, wir handeln noch immer vom Glauben, sind im Katechismus noch nicht weiter gekommen, stehen noch immer bei den Worten: ich glaube, Die Materie ist zu wichtig, um oberflächlich betrachtet zu werden, und der Glaube muß der Grund, das Fundament seyn. Wenn Jemand ein Haus bauen will und er ist kein Thor, so wird er den Grund, daS Fundament, recht tüchtig legen; so müssen wir eS auch machen, wenn eß Frucht bringen soll. Wir haben den Ursprung deß Glaubens an dem reichlichen Fischfang geseheli- als Petrus zu dem Herrn sagte: „Herr entferne dich von mir, ich bin ein sündiger Mensch." Der An­ fang des Glaubens besteht in der Demuth, in der Selbst­ verleugnung. Vorigen Sonntag haben wir das Wesen des Glaubens betrachtet, indem wir zum Texte hatten, als der Herr sagte: „Wenn ihr nicht gerechter, als die Schriftgelehrten und Pharisarr «erdet, so . werdet ihr in daß Himmelreich nicht eingehen;" heute wollen wir aber die Vortheile des Glaubens betrachten. Wir thun nichts, ohne einen Vortheil, einen Gewinn dabei zu haben, Alles geschieht bei uns aus Vortheil. David sagte schon: „Ich diene dir o Herr um des Lohnes wil­ len/ daß thun auch wir. Alles hat Vortheile, nur der Tod ist ohne Vortheil, sagt man, eß ist aber nicht wahr, der Tod ist sehr schwer, sehr mühsam, und dann

57 erhalten wir erst den Lohn. Also ich will heute von den Vortheilen des Glaubens sprechen. Ich will Euch im ersten Theile nach dem Evangelium zeigen, welche Vortheile der christkatholische Glaube für Alle insgemein und insbesondere hat. Im zweiten Theile will ich nach dem Beispiele der heiligen Maria Magdalena zeigen, welche Vortheile der Glaube für den Sünder hat. Du aber, Anfänger und Vollender des Glaubens, Jesus Christus! Stelle mir.'bei! Gieße einen Strahl in diese Gemüther, daß sie den Glauben erkennen und annehmen. Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns. Heilige Maria Magda­ lena, große Büßerin, dir ist viel vergeben worden, weil du viel geliebet hast, wir haben aber noch nicht geliebet und deshalb auch nicht geglaubet, bitte für uns, große Glaubensheldin. Heilige Ursula und Angela, Schützerin­ nen dieses Tempels, bittet für uns. Also welche Vortheile der katholische Glaube für uns insgemein und insbesondere hat, davon wollen wir im ersten Theile sprechen. Das Wunder, von welchem uns daS heutige Evangelium benachrichtigt, trug sich am See Tiberias, von welchem in der Schrift oft die Rede ist, zu. Dieses Evaugeliuck habe ich schon einmal an dieser Stelle an einem Sonntage in der Fasten, vor sechs Jah­ ren, auseinandergesetzt, da speisete aber der Herr mit fünf Broden und zwei Fischen fünf Lausend Menschen. Ihr wisset, daß ich selten von Wundern spreche und nie darauf dringe, aber es ist um so schöner und erfreulicher, den tieferen Sinn, den Grund zu errathen. Also ,,In der Zeit, da viel Volks bei dem Herrn war nnd nichts zu essen hatte, rief er seine Junger zusammen und sprach zu ihnen: Mich erbarmet dieses Volk, denn sehet, sie sind nun drei Lage bei mir verharret und haben nichts zu essen." Diese Leute sind von fernen Gegenden at dem

58 Herr« gezogen/ haben sich allerdings Nahrungsmittel mitgenommen/ aber nur auf einen Lag, als sie aber seine göttlichen Lehren hörten, da vergaßen sie Speise und Trank, da verloren sie Hunger und Durst, denn der Herr erfüllete sie ganz, daher blieben sie drei Lage bei ihm in der Wüste, und da sprach der liebende, erbarmende Herr: „mich jammert dieses Volkes, denn es-hat drei Lage bei mir ausgehalten und hat jetzt nichts zu essen," im Urtexte heißt es eigentlich: „sie haben mich drei Lage ertragen"; ferner sprach der Herr, der immer nm uns besorgt war und ist: „und wenn ich sie nngespeiset von mir nach Hause gehen lasse, werden sie auf dem Wege erliegen, denn einige sind von feine gekommen." So bekümmert war der Herr um dieses Volk. Diese drei Lage sind: Der erste Lag von Erschaffung der Welt bis zur-Gesetzaebung auf Sinai, denn bei dem Herrn sind tausende von Jahren wie ein Lag;, an diesem Lage retteten sich nur unsere alten Vorfahren und Patriarchen durch die Hoff­ nung an einen Messias. Der zweite Lag begann von der Gesetzgebung aus Sinai unter Donner und Blitz; diese Gesetze waren alle nur für das rohe Volk eingerichtet, denn auf jede Uebertretung war Lodesstrafe; diese Ge­ setze wurden einige Zeit befolgt, dann wieder unterlassen, und dieser zweite Lag dauerte bis zur herrlichen Weih­ nacht. Der dritte Tag endlich begann mit dem Augen­ blicke, als der Herr Knechtsgestalt annahm, als das ewige Wort Fleisch wurde, ülßder Herr im Stalle das erstemal seine Augen öffnete, und von dem Himmel das lviederhallende Gloria ertönte, denn im dreißigsten Jahre trat der Herr sein Lehramt an und starb im dreiunddreißigsten am Kreuze für uns. Es wird aber noch ein vierter Lag kommen, doch keine Nacht mehr folgen, nur die eine ewige Nacht für die Bösen, aber ein ewiger sonnenklarer Lag für die Frommen. Also sprach der Herr: „ich habe

59 euch vom Anfänge der Welt bewacht, wie mit Adlersfitti, gen euch überspannt, und bewacht, wie die Hentte ihre Küchlein ; als ihr unter Donner und Blitz Gesetze empfin­ get, habe ich euch auch beigestanden, habe den Blitzen ge­ boten, und nun seyd ihr wieder bei mir; euer Glaube ist aber noch nicht fest, er wird erst unerschütterlich werden, bis ich am Kreuze für euch sterbe." Dann sag­ ten seine Junger: „Woher wird man sie hier in der Wüste mit Brode sättigen können? Und er fragte sie: Wie viel Brode habt ihr? Sie sprachen: Sieben. Da befahl er dem Wolke, sich niederzusetzen i alsdann nahm er die Brode, dankete, und nachdem er sie gebrochen hatte, gab er sie seinen Jüngern zum Worlegen; und sie legten selbige dem Volke vor. Sie halten auch etliche Fische, diese segnete er, und befahl, sie ebenfalls vorzulegen. Und sie aßen, wurden satt, und die Jünger füllten sieben Körbe voll von den Stücken an, welche übrig geblieben waren. Eß waren aber deren, die gegessen hatten, bei vier Lausend, und er entließ sie." Der Herr wollte erst noch das Volk speisen, ehe er eS entließ; über dieses zwar große Wunder staunen die wahren echten Christen gar nicht, weil sie wissen, daß der Herr daß Alles vermag, denn wenn er Seelen, die am Abgrunde schon stehen , retten kann, bas ist wohl daß größte Wunder, weit größer, als das heutige. Mit dem Brode, womit der Herr das Volk speisete, wollen auch wir gespeiset werden; wir bitten auch um tägliches Brod, aber wir haben noch ein anderes Brod, nicht nur jenes, welches den Körper nähret, sondern das Brod, welches mehr auf die Seele wirket, das Brod des ewigen Lebens, welches bei allen Völkern, m allen Landern, täglich genossen wird, das Brod des ewigen Lebens, das heiligste Altarsacrament; eine Speise im Leben und im Lode, Lrost im Leben und im Lode;

60 Stärke in allem Unglück; dieses Brod Hilst unS iu allen Umstanden und Verhältnissen unsers Lebens, eö stärket den Geschwächten, gibt uns Kraft und Muth jeder Zeit. Dieses ist eine Speise für Gebildete, als Ungebildete, und für die wirklich Gebildeten, nicht Eingebildeten, sondern wahrhaft Gelehrten, eine um so kräftigere. Die sieben Körbe, mit den übriggebliebenen Stücken, sind die sieben heiligen Sakramente, die sieben Gnadenmittcl, deren wir uns Alle bedienen können; diese Stücke Brod haben die Jünger dem Wolke nicht gelassen, son­ dern treu für sich aufbewahrt, damit sie noch Andern spenden konnten, und die Kirche hat sie auch in ihrem reinen Schooße aufbewahret. Die. heiligen Sakramente sind unser Trost, unsere Starke; denn wenn der Mensch am Ende seines Lebens ist, so erhall er auch noch Stär­ kung, den letzten schweren Kampf zu bekämpfen, durch die heilige Wegzehrung, er erhält dadurch Kraft, den Tod, den Teufel zu besiegen. Die Kirche eilet noch zu ihrem Kinde, um es dem zu geben, von dem sie es er­ halten hat, wir kehren zu -der lieben Mutter Erde, aus der wir gekommen sind, zurück, unser Körper verweset, wird aber dann verklart mit unsrer Seele vereinigt. Aber vor Allem müssen wir Glauben haben, Glauben an Golt, denn Gott allein gibt uns Trost, er allein hilft, er allein kann uns starken und Kraft verleihen. Aber Jesum Christum allein müssen wir suchen, er allein rettet uns. Der heilige JustinuS, der Märtyrer, der ein großer Philosoph war, suchte auch daS Höchste, er sah ein, daß es ein hohes Wesen geben muß, denn er war ein Heide; eS war auch ein anderer heidnischer Philosoph, zu welchem er ging und frug: wo findet man das Höchste? Der andere Philosoph fragte ihn: Kannst Du die Meßkunst, die Musik, die Sternenberechttung? Justinus antwortete: Nein.' Da sagte jener:

61 Wie kannst Du Dich sonst über daß Sinnliche zu dem Höheren erheben. Justinuß ging von ihm und begegnete einem Jünger deS Herrn, welchen er fragte, wo matt daß Höchste fände? Dieser aber, ein armseliger Fischer, erklärte ihm die Offenbarung, obgleich der heilige Geist noch-nicht über ihn ausgegossen war, aber er war ein Schüler desjenigen, der zu Nikodemus, als dieser ihn fragte: wo finde ich das ewige Leben, des Nachts sprach: ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; der sprach: Also hat Gott die Welt geliebet, daß er seine» Eingebornen in sie sandte; er war ein Schüler Jesu, und JustjnuS rief: ,-Jch habe daß Höchste gefunden, ich habe den Herrn gefunden, hochgelobet sey der Herr!" Die herrlichen Werke des heiligen IustinuS hat noch die Kirche aufbewahrt; er starb für den Herrn den Mar» tycertod. Dazu müssen auch wir entschlossen seyn, denn das Beispiel des Herrn und der katholische Glaube muß unS immer starken; aber die Wunder helfen dazu nichts, und der Ungläubige, ein Herz, welches gegen den Glau­ ben schlagt, wird es nicht glauben, die Gläubigen aber sind so schon von der Macht des Herrn überzeugt. Wenn nicht so Biele unserer jetzigen Aeit ungläubig wären, so . könnten mehr Wunder geschehen; gesetzt den Fall, es weckete Jemand in einem Tage sechs Todte auf, «aS würden unsere Gelehrten dazu sagen: „Es ist eine biS jetzt noch unbekannt gebliebene Naturkraft, welche Manche besitzen;" sie sagen aber dadurch etwas sehr DummeS, Albernes, Unwiderlegbares, finden jedoch bei Manchem Glauben. Oder in - einer Kirche erschiene Jesus Christus, so würden diejenigen, die nicht in der Kirche waren, sagen: „eß war eine Lufterscheinung, ein Lustspiel, ver­ schiedene Dünste, oder, der Prediger hat durch feint Schwärmerei die Leute, wie man jetzt zu sägen pflegt, exaltirt;" und ich bin überzeugt, sie werden bei Manchem

62 Glauben finden, mehr als Jesus Christus. Aber noch eins, die Apostel, die doch immer bei dem Herrn wo« reu, die schon viele Wunder von dem Herrn gesehen hatten, fragten doch noch kurz vorher, ehe der Herr die fünftausend Mann mit fünf Broden und einigen Fischen speisete: Woher wird man sie hier in der Wüste mit Brod sättigen? Vergebt es mir, verklarte Apostel! aber eS war eine unbegreifliche Dummheit, wie fie diese Frage an den Herrn stellen konnten; jedoch ihr Glaube war noch wankelmüthig, und der heilige Geist war noch nicht über sie ausgegoffen. Da sehen wir, wie wir mit Got­ tes Gnade nach und nach zum Glauben kommen; unser Verstand, unsere Vernunft ist auch sehr schwach, und ein Jeder von unS wird gestehen müssen, daß wir mit unserer Vernunft nicht immer, ich will nicht sagen daS Gute vom Bösen, sondern das Gute vom Bessern, daS Böse von dem minder Bösen unterscheiden können. Wir fragen Andere um Rath, Gott vernichtet aber diesen gegebenen Rath, und er, wenn unser Glaube fest ist, gibt uns Rath, Per katholische Glaube ist für Jeden, sowohl für den Gebildeten als Gemeinen; ein Jeder wird von der Wahrheit desselben überzeugt durch GotteS Gnade, sowohl das alte Mütterchen, welches weder lesen noch schreiben kann, als der größte gelehrte Kirchenleh­ rer, Alle sind bewaffnet mit dem Schwert und Schilde Jesu. Ihr werdet noch Keinen, der als Selbstmörder gestorben ist, gläubig gefunden Haden, und Gott sey eö kläglich gesagt, dieses wird auch hier in Wien zur La­ gesgeschichte, davon wird jetzt gar nicht mehr gesprochen, es wird so betrachtet, als wenn es nichts wäre; daher wird nie ein Gläubiger sich das Leben nehmen, es wäre denn, daß es in Gemüthsverrückung geschähe; kein Fest­ gläubiger wird eine solche That begehen, denn er ist nie trostlos, nie verzweifelt er. Wenn Hölle, Leufel und

63 Verfolgungen, ja was noch schlimmer ist, 'sein eigenes Fleisch ihn zur Sünde locken, so wird er als guter glänbiger Christ sich fragen: wie würde da Jesus Christus gehandelt haben? Die Antwort wird die Bestimmung seyn. Wenn wir uns immer Jesum Christum zum Beispiele nehmen, so werden wir nicht fallen; oder wenn den Christen Reichthümer, irdische Güter locken und zur Sünde führen wollen, so wird er sich der Worte Jesu erinnern: „was nützet es euch, wenn ihr die ganze Welt gewönnet, aber Schaden an eurer Seele leidet." Er wird nie muthloß, nie zaghaft, nie trostlos, nie kleinmüthig seyn, und wenn Kleinmuth und Zaghaftigkeit nahet, so werden wieder- die Worte Jesu zu den Apo­ steln ertönen: „ihr kaufet zwölf Sperlinge um einen Pfennig, und diese erhalt mein Water im Himmel, wie viel mehr seyd ihr als diese Thiere;" so wird immer der echte katholische Christ denken rmd darnach handeln, und wenn ihn einst, sey es das größte, Unglück trifft, so wird er wieder Trost haben, Trost, den nur der katholische Christ hat, der an die Vaterschaft Gottes, an die Erlösung Jesu, und an die Gemeinschaft der Heiligen glaubt; er wird sagen : Herr, eß geschieht nichtohne deinen heiligen Willen, kein Haar fallt von um serm Haupte und kein Sperling, vöm Dache, alst geschehe dein heiligster Wille. Auch im Tode hat eö Trost, wenn er treu war bis ans Ende, denn Gott verlaßt uns nie, er verlaßt Keinen, er ist immer bei uns; also sehen wir, welche Dortheile der katholische Glaube für uns hat, welchen Vortheil hat der Sünder? davon im zweiten Theile. Der Herr hat aus der Maria Magdalena sieben Teufel ausgetrieben, das deuten die Kirchenlehrer auf die sieben Todsünden, welche von dem Teufel beherrscht werden, also der Herr hat sie von den sieben Lodst'im

6t Den losgesprochen, überhaupt von allen ihren Sünden, aber sie wagte ihr Auge nicht emporzuheben. Der Herr war-'aber bei einem Pharisäer zu Tische geladen > und als dieses Magdalena erfuhr, eilte sie hin. Im Evcm« gelium heißt eS: „Und sehet, als ein Weib, die eine Sünderin in der Stadt war, vernahm, daß er sich in des Pharisäers Haus zu Tische gesetzt hatte, brachte sie eine Alabasterbüchse mit Salben." Maria Magdalena war ein schönes, herrliches Weib, sie kam, brachte köst­ liche Salben, zerbrach die schöne Alabasterbüchse und bestrich die Füße des Herrn. Es war bei den Juden der Gebrauch, bei Tische zu liegen; an einem langen Tische waren Bettstellen angebracht, und da lag man mit hinten ausgestreckten Füßen. „Sie stand bei feinen Füßen, fing an, sie mit Thränen zu benetzen, trocknet« sie mit den Haaren ihres Hauptes, küßte seine Füße, und bestrich sie mit Salben." Magdalena konnte vor Neue nicht sprechen, badete die Füße des Herrn mit ihren Thränen und trocknete sie mit ihren langen Goldhaaren; sie salbte die Füße des Herrn, wagte es noch nicht, das Haupt zu salben, sondern nur seine Füße, das that sie erst später, kurz vor seinem Lode, und da sagte der Herr: „Von dieser That werden alle Geschlechter spre­ chen." Da aber dieses der Pharisäer, der den Herrn eingeladen hatte, sah, sprach er: „Wenn dieser ein Pro­ phet wäre, so'wüßte er wohl, was für ein Weib diese ist, die ihn anrühret, denn sie ist eine Sünderin." Er glaubte, eS sey nicht erlaubt, mit^Sünverinnen zu ge­ hen, und wir könnten diesen Pharisäer dumm und böse schelten, wenn wir nicht täglich wie er handelten. Da sprach der liebende Herr, der Alle gerne belehrte: ^Si­ mon, ich habe dir etwas zu sagen," Simon hieß dieser Pharisäer, und er sprach: „Meister, sage eS." Da sagte der liebende, gütige, gnädige Herr: „Einer der

65 sein Geld aus Wucher legte, hatte zwei Schuldner, der eine war ihm fünfhundert Groschen, der ändert fünfzig schuldig. Als sie aber nicht halten, womit sie bezahlen sollten, schenkte er es ihnen beiden. Welcher wird ihn nun am meisten lieben?" Der Pharisäer ant­ wortete, konnte auch nicht anders sagen, als: „Ich glaube der, dem er fünfhundert geschenkt hat." Da sagte der Herr: „Du hast recht geurtheilt;" dann wandte er sich zu dem Weide, welches noch immer weinend zu seinen Füßen lag, und sprach zu dem Pharisäer: „Siehst du dieses Weib, ich bin in dein Haus gekommen und du hast meinen Füßen kein Wasser gegeben, diese aber hat meine Füße mit Thränen benetzet und mit ihren Haaren ge­ trocknet; du hast mir keinen Kuß gegeben, diese aber hat, seitdem sie hereingekommen, nicht anfgehört meine Füßezuküssen; du hast mein Haupt nicht mit Oel gesalbet diese hat meine Füße mit Salbe bestrichen. Darum fuge ich dir, ihr werden viele Sünden vergeben, weil sie viel geliebet hat, wer aber wenig geliebet hat, dem wird auch weniger vergeben." Alsdann sprach er zu diesem Weibe, zu der demüthigen.Magdalena: „Dir werden deine Sünden vergeben " So ertheilte also der Herr selbst der Magdalena die Absolution, nachdem sio-gar nicht gebeichtet hat, sie konnte'ja kein Wort sprechen,

ihre Thränen aber sprachen für sie, der Herr sah in ihr Innerstes und ihr Herz war zerknirscht. Dann sag­ ten die, die bei Tische waren, zu sich selbst: wer ist dieser, der auch die Sünden vergibt? Es ist allein Jesus Christus; er allein kann Sünden vergeben, und die Priester durch die Kraft deS Herrn, diese können auch im Namen Jesu Sünden vergeben. Der Herr sprach noch zu ihr: „Dein Glaube hat dir geholfen, gehe hin in Frieden." Kami es trostreichere Worte ge­ ben , der Magdalena waren ihre Sünden vergeben. Dann

XII. Predigten H.

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66 folgte sie bloß dem Herrn, und sie war es, die dann den Herrn zum Lode einsalbte, wo der Herr sagt: „Sie hat ein gutes Werk gethan, und von dieser Lhat werden alle Völker sprechen." Und dann als der Herr auferstanden war, wußte sie eS noch nicht, sie eilte wie mit Höl­ lenpein -um Grabe und rief: Wo habt ihr meinen Herrn hingelegt; und der Herr stand hinter ihr/ sie hielt ihn aber für den Gärtner, und er sprach: „Mariada rief sie: Rabuni! Meister! Und dann lebte sie dreißig lange Jahre in der Wüste und büßte ihre Sünden, und mit dem Worte Rabuni war ihr Lund auf ewig geschlossen. Die Kirche hat dieses Evangelium ihr zugeeignet, und glaubt, daß diese Sünderin, von welcher hier die Rede ist, Magdalena war. Einige Kirchenlehrer glauben, sie sey Maria, die Schwester deß Lazarus, die neuern Kir­ chenlehrer sagen aber, sie sey es nicht, sondern ein an­ deres Weib; wieder andere, die eine besondere Vorliebe für die heilige Magdalena haben, wollen nicht zulassen, daß sie eine Buhlerin war, aber sie war es, es steht sogar im Evangelium. Die Kirche betet heute, es ist aus dem Schatze ein Edelstein verloren und im Kothe besudelt und zertreten worden, der Herr aber hat ihn wieder vom Kothe gereinigt, und zu einer köstlichen Perle gemacht. Maria Magdalena ist wie der verlorene Sohn von dem Vater entfernt, ist in ein fremdes r>nt> gezo­ gen, aber wieder in das Vaterhaus zurückgekehrt. Wir Sünder aber müssen das Beispiel der heiligen Magdalena uachahmen, und müssen uns auch von dem losreißeu, was wir Liebe nennen, was die Welt lieben nennt, denn diese stürzt uns in das Verderben, und die falsche verblendete Liebe kannte erst auch Magdalena, aber dann lernte sie die herrliche, zum ewigen Leben führende Liebe kennen, und deßhalb sagte der Herr: „Ihr werden viele Sünden vergeben, weil sie viel geliebet hat." Magdalena suchte

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über den Herrn dann unaufhörlich; e§ heißt tm Hohen­ lieds Salomoniß: „Ich will anfstehen und in der Stabt herumgehen, auf den Gassen und Straßen will ich ihn suchen, den meine Seele liebt. Ich habe ihn gesucht und nicht gefunden. Da fanden mich die Wachter, welche die Stadt bewachten: habt ihr den nicht gesehen, den meine Seele liebt? Als ich ein wenig bei den Wachtern vorübergegangen war, fand ich ihn, den meine Seele liebt, ich halte ihn und will ihn nicht loslaffen: setze du mich wie ein Siegel auf dein Herz." Dieses bezie­ hen wieder die Kirchenlehrer auf Magdalena, und dann konnte Magdalena mit Paulus anßrufen: „ich rühme mich meiner Schwachheit, denn ich habe einen Erlöser gefunden. Hochgelobet sey der Herr!" Aber so ist eS aud; mit uns, wir sind Alle Sünder, aber wir Alle wollen den Herrn suchen. Wenn meine Seele die Braut des Herrn ist, die ihren Seelenbrautigarn sucht, her­ umirrt und den Herrn sucht, endlich kommt sie zu den Wachtern, zu den Priestern, und die armen Wachter können nichts sagen als, er ist hier vorbei gegangen. Wenn auch Manche Trost und Frieden im Beichtstühle erhallen, so dauert er, weint sie wieder in Sünden fal­ len, nur kurze Zeit, aber wir Haden den Glauben au Jesum, und wenn Trostlosigkeit nahet, wenn wir glau­ ben , nichts kann uns helfen, so müssen wir uns an daS Kreuz klammern, und wenn sidj dann die Seele, die den Herrn sucht, vor das heilige Altarsakrament wirft, und es gläubig empfangt, dann wird die Seele den Herrn finden, wird Trost erhalten und rufen, meine Seele ist nicht eher ruhig, als bis sie in dir ausruhet, setze mich wie ein Sieget auf dein Herz! und die Seele wird dann ruhig seyn, den Herrn preisen in Ewigkeit» Halleluja. Amen!

es Am siebenten Sonntage nach Pfingsten^. 3