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German Pages 126 [125] Year 2015
Sabine Maasen Wissenssoziologie
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. © 2009 transcript Verlag, Bielefeld 3., unveränderte Auflage, 2012 Lektorat: Kai Reinhardt, Bielefeld Korrektorat: Jennifer Niediek, Bielefeld Herstellung: Justine Haida, Bielefeld Druck: Majuskel Medienproduktion GmbH, Wetzlar ISBN 978-3-89942-421-8 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff.
Inhalt
Wissen 2000ff.
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I. Wissen und Gesellschaft – Wissensgesellschaft II. Soziologisierungen des Wissens – Vorklassische Wissenssoziologien
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1. Ideologiekritik (Bacon/Comte/Marx/Nietzsche/Pareto/Freud) 12 2. Klassische Wissenssoziologie 18 2.1 Der soziale Ursprung basaler Kategorien des Wissens (Émile Durkheim/Marcel Mauss/Lucien Lévy-Bruhl) 19 2.2 Wissen als existentielles Verhältnis (Max Scheler) 20 2.3 Seinsverbundenheit des Wissens (Karl Mannheim) 24 2.4 Pragmatische Wissenssoziologie (Thornstein Veblen/George Herbert Mead) 28
III. Disziplinierungen und Differenzierungen 31 1. Sozialphänomenologisch-hermeneutisch orientierte Wissenssoziologie 31 1.1 Wissen als orientierende Typisierungen und Idealisierungen (Alfred Schütz) 32 1.2 Grundlagen des Wissens in der Alltagswelt (Peter L. Berger/Thomas Luckmann) 34 1.3 Hermeneutische Wissenssoziologie (Georg Soeffner/Ulrich Oevermann et al.) 36 2. (Post-)Strukturalistische Analyse von Diskursen und Praktiken 39 2.1 Die diskursive Ordnung des Wissens (Michel Foucault) 39 2.2 Wissen und Habitus (Pierre Bourdieu) 46 3. Gesellschaftliche Klassifizierungssysteme des Wissens (David Bloor) 50
4. Wissen als Paradoxiemanagement im Modus evoluierender Semantiken (Niklas Luhmann) 53 5. Wissenssoziologie wissenschaftlichen Wissens 58 5.1 Strong Programme (Barry Barnes/David Bloor et al.) 59 5.2 Laborkonstruktivismus (Karin Knorr-Cetina et al.) 60
IV. Neues aus der Wissenssoziologie 64 1. Aktuelle Themen und Forschungsfelder 64 2. Eine rezente wissenssoziologische Methode: Metaphernanalyse 70 3. Eine rezente Wissenssoziologie: Visuelle Wissenssoziologie 74 4. Ein rezentes (wissens-)soziologisches Forschungsthema: Wissensgesellschaft 77 5. Die Kategorie »Wissen« 84 6. Wissenssoziologie oder Wissensforschung? 87 Anmerkungen Literatur
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Wissen 2000ff. Das moderne Wissen muss sich Erklärungen gefallen lassen. Wie kommt es damit zurecht? Wissen ist »in«. Und die modernen Massenmedien sind auch hier wieder ein guter Indikator: Von der Quiz- bis zur Kindersendung, der »Wissenshunger« oder neudeutsch: das Info- oder Edutainment, sind nicht mehr aufzuhalten. Wissen ist dabei nicht nur unterhaltend verpackter Gegenstand, sondern selbst zur Marke geworden. Was etwa die »Sendung mit der Maus« noch als Sachgeschichte eher versteckt präsentiert, ist heute als zugkräftiges Element gleich im Titel zu finden: »Willi wills wissen« oder »Wissen macht Ah«. Diese Angebote freuen die PISA-geschockten Erziehungsberechtigten, die ihrerseits lebenslang und bis ins hohe Alter hinein dem Erwerb immer aktuellen Wissens frönen: Lifelong learning und altersgerechtes Lernen sind hier die Stichworte. Begleitet werden auch sie durch unterschiedlichste Medien, Organisationsformate und Kommunikationstechnologien, so etwa durch Magazine (GEO Wissen, ZEIT Wissen), Weiterbildungskurse ihres Unternehmens (denn: »Wissen schafft Leistung«), oder in Form online-gestützter Selbsthilfemaßnahmen (etwa das »20-Minuten-Schlaukopf-Training« des bekannten Ratgebers »simplify«). Dieser Hype um Wissen hat Folgen. Es wird Gegenstand gesellschaftlicher Bemühung (1) und politischer Steuerung (2) ebenso wie verstärkter akademischer Beobachtung (3). Was erstens die Bemühung betrifft, so vermehren sich die Angebote und Technologien der Generierung, Kommunikation, Verarbeitung und Speicherung von Wissen. Wissen ist Ressource für Individuen ebenso wie für Organisationen und die Gesellschaft als Ganze. Was zweitens die politische Steuerung betrifft, so vermehren sich die Formen und Foren, in denen über Wissen beraten und entschieden wird: Nützlichkeit und/oder Wünschbarkeit und/oder Riskanz treten nicht einfach ein, sondern unterstehen einem immer frühzeitiger einsetzenden Regime der Abschätzung und Regulierung (Kaiser, Kurath, Maasen, Rehmann-Sutter 2009). 5
Dies trifft sich mit drittens mit einem Trend zur verstärkten akademischen Beobachtung der Rolle von Wissen in der Gesellschaft: Wissenssoziologie und Wissenschafts- und Technik-, aber auch Bildungs- und Hochschulforschung erleben in den letzten Jahren einen merklichen Aufschwung. Speziell die Wissenssoziologie tritt mit erstarktem Selbstbewusstsein auf, was sich in jüngst erschienenen Lehrbüchern (z.B. Knoblauch 2005) und Enzyklopädien (z.B. Schützeichel 2007). Sammelbänden (z.B. Tänzler et al. 2006) sowie wissenssoziologisch orientierten Method(ologi)en (z.B. Keller 2005) zeigt, aber auch in einer unübersehbaren Fülle von Publikationen zu speziellen Themen, die explizit das sich jeweils artikulierende Wissen adressieren: Darunter finden sich wissenssoziologische Studien zu so heterogenen Themen wie »Wissenstypen im Web 2.0‹«, zum »Erfahrungswissen in der ökologischen Pflanzenzüchtung« oder »unternehmerisches Handeln in moderner Gesellschaft«. Daneben sind wissensbezogene Disziplinen wie Wissenspolitologie oder Wissensanthropologie zu nennen, Brückenschläge zur Wissensphilosophie (Social Epistemology) und Wissensgeschichte. Eher schwierig gestaltet sich die Kommunikation mit Rational-Choice-Theorien (Entscheidung unter Unsicherheit) sowie gegenüber den Kognitionsund Neurowissenschaften, die derzeit mit der Aufklärung individueller und inter-individueller Lern- und Wissensprozesse aus naturwissenschaftlicher Perspektive für Aufmerksamkeit sorgen (Social Cognition). Mit der Konjunktur des Wissens und seiner Beforschung gehen zwei Trends einher, die in den kommenden Jahren sicher für fruchtbare Auseinandersetzung sorgen werden: Zunächst ist angesichts der Fülle der multidisziplinären Ansätze zunehmend unklar, was dies für Wissen als Kategorie bedeutet. Ihr Bedeutungshorizont reicht von philosophischen bis hin zu sozialwissenschaftlichen Definitionen, die Ansätze variieren zwischen individualistischen und kollektivistischen Versionen, die Kategorie Wissen ist entweder primär mentalistisch, anthropologisch oder symbolisch dimensioniert. Wenn auch noch möglicherweise für lange Zeit mit einem Nebeneinander dieser Definitionen, Ansätze und Dimensionen zu rechnen ist, so führt doch der jüngst sich einstellende Begriff der »Wissensforschung« (z.B. Schützeichel 6
2007) das Versprechen eines weiteren Trends mit sich – im Zuge dessen mit interdisziplinären Grenzüberschreitungen und zugleich auch kategorialen Ausweitungen, vielleicht aber auch mit kategorialen Ordnungsleistungen zu rechnen ist. Knapp hundert Jahre nach der Einführung der Wissenssoziologie durch Karl Mannheim und Max Scheler erfreut sie sich, soviel steht fest, erstarkten Interesses. Wie es scheint, ist dies nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass sich unsere Gesellschaft – wenn auch kritisch, so doch nachhaltig – als Wissensgesellschaft beschreibt. Eben da sie Wissen als zentrale Ressource für sich reklamiert, entzünden sich an diesem Umstand immer neue Problematisierungen.
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I. Wissen und Gesellschaft – Wissensgesellschaft In der Tat: Das Wissen ist der Gesellschaft problematisch geworden. Wissen, so scheint es, kommt von überall her, wird überall gebraucht und verändert sich dabei; es differenziert sich in verschiedene Arten, die teils miteinander in Beziehung gebracht werden wollen, teils auf Inkommensurabilität bestehen; Geäußertes stellt allenthalben Wissens-, wenn nicht gar Wahrheitsansprüche; es verlangt universelle oder aber entschieden-partikulare Gültigkeit; Wissen steht im Verdacht, grundsätzlich oder fallweise ideologisch zu sein, entweder durch eine spezielle Prozedur von Verunreinigung befreit werden zu können oder aber als prinzipiell-perspektivisches Wissen zu bestehen; entsprechend hält man an einer Idealform des Wissens, dem wahren Wissen fest, oder aber reformuliert es in diszipliniert-konstruktivistischer Weise. Kurz: Wissen steht unter Dauerbeobachtung. Angefangen hat das Problem namens Wissen in erkennbarer Form, als die Gesellschaft systematisch erfahrungsbasiertes Wissen zu produzieren beginnt und es von Metaphysik und Religion zu unterscheiden und zu präferieren lernt. Die Aufklärung fordert und erfindet fortan subtraktive Verfahren, die alles phänomenale Wissen von Aberglaube, Vorurteil und Illusion zu befreien suchen (Immanuel Kant), um schließlich, zumindest approximativ, die reine Vernunft hervortreten zu lassen. Um es anachronistisch zu formulieren, fällt mit Francis Bacon, vor allem aber mit Giovanni Battista Vico und Charles de Montesquieu die Durchführung dieses Verfahrens einer »Sozialwissenschaft« zu. Ihre zentrale Aufgabe ist eine wissenssoziologische: Es geht um das Studium derjenigen historischen und kulturellen Faktoren, die das Denken beeinflussen resp. verunreinigen. In ihrer aufklärerischen Version verfolgt diese Aufgabe den Zweck, die Möglichkeiten der Erlangung reinen, wissenschaftlichen, später heißt es, objektiven Wissens zu erkunden. Sowohl die spezifische Aufgabenstellung und damit einhergehend die Selbstbeschreibung dessen, was erst einer Ideologiekritik, später dann einer Wissenssoziologie zufallen sollte, hat verschiedene Ausprägungen erfahren.1 Um sie wird es in dieser Einführung gehen. Der Rückblick auf Vorgänger und Pioniere 8
der Wissenssoziologie, der Überblick über die wichtigsten Ansätze der Nachkriegszeit und der Einblick in die aktuellen Themen und Methoden geschehen nicht in ideengeschichtlicher oder exegetischer Absicht. Vielmehr stellt sie wissenssoziologische Ansätze vor allem im Hinblick auf die Frage vor, in welchen Ausprägungen Wissenssoziologie heute aufschlussreiche Perspektiven für die Analyse gesellschaftlicher Phänomene bereithält. Diese Einführung ist darum als Einladung zu verstehen, sich einen ersten Überblick über die vielfältigen analytischen Optionen der Wissenssoziologie zu verschaffen, um für die sich abzeichnende Ausdifferenzierung zu einer interdisziplinär orientierten Wissensforschung gerüstet zu sein. Die Heterogenität und Dynamik der Wissenssoziologie ist allerdings nicht neu: Zu keiner Zeit ist sie in einer einheitlichen, gar unumstrittenen Gestalt aufgetreten, und dies betrifft sowohl den Gegenstand der Analyse, das Wissen, als auch den Status der Wissenssoziologie selbst. Ist sie Bindestrichsoziologie, Allgemeinsoziologie, Spezialwissenschaft sui generis, jenseits von Philosophie und Sozialwissenschaft2 oder aber ein genuin interdisziplinäres Unternehmen?3 Doch ist diese Unbestimmtheit ein Problem? Nein, denn: Spätestens mit der Einführung einer speziellen Soziologie denkt man über den Zusammenhang von »Wissen und Gesellschaft« und über geeignete Konzepte und Methoden seiner Analyse nach. Ungefähr 80 Jahre nach Etablierung der Wissenssoziologie durch Max Scheler – auf den der Begriff wahrscheinlich zurückgeht – und Karl Mannheim stellt jedoch eine Gesellschaft diese Frage, die sich selbst seit kurzem als »Wissensgesellschaft« bezeichnet. Dass aus der Frage nach einem Zusammenhang von Wissen und Gesellschaft die Behauptung einer spezifischen Identität moderner westlicher Gesellschaften wurde, stellt die Wissenssoziologie vor eine neue Herausforderung: Dass Wissen zur primären Ressource gesellschaftlicher Reproduktion geworden sei und dies wiederum sozialstrukturelle Ursachen und Folgen habe, verlangt nach Beschreibungskompetenz auf Makro-, Meso- wie auch auf Mikroebene. In dieser Situation ist der ungeklärte Status der Wissenssoziologie und die Vielzahl ihrer Binnen- und Ausdifferenzierungen keine Not, sondern eine Tugend: Die Wissenssoziologie ist für »bindestrichsoziolo9
gische«, allgemeinsoziologische und interdisziplinäre Fragen gleichermaßen ein durchaus attraktives Angebot, das es zu ergreifen gilt! Wenn diese These auch einerseits das Loblied der Heterogenität singt, so wäre andererseits der Eindruck falsch, dass es neben Konkurrenzen nicht auch Konvergenzen gibt, die der Wissenssoziologie heute durchaus Kontur verleihen. Gleichsam als mitlaufenden Lesehinweis kann man zumindest an folgendes denken: Wissenssoziologie ist in der Regel heute • • • • •
weder positivistisch noch idealistisch, sondern konstruktivistisch orientiert; diesseits von Objektivismus und Subjektivismus situiert; mit all dem befasst, was für sich selbst den Wissensstatus reklamiert; stets dem heiklen Verdacht des Relativismus ausgesetzt; und schließlich ein Vehikel der theoretischen Selbstverständigung des (sozialwissenschaftlichen) Intellektuellen.
Der wissenssoziologischen Problematisierung des Wissens folgt diese Einführung zunächst dorthin, wo sie systematisch wird: in der Ideologiekritik und der klassischen Wissenssoziologie Deutschlands, Frankreichs und den USA (Kapitel II). Im Anschluss an diese vorklassischen Wissenssoziologien stellt sie einige der einflussreicheren Differenzierungen hinsichtlich Theoriebildung und Methodenkanon vor: sozialphänomenologische Analyse der Lebenswelt, poststrukturalistische Analyse von Diskursen und Formen des Habitus, die Analyse von Klassifikationssystemen des Wissens, systemtheoretische Analyse von Semantiken sowie Wissenssoziologie wissenschaftlichen Wissens (Kapitel III). Der vierte Teil widmet sich aktuellen Themen wissenssoziologischer Analyse und zwei Sonderbereichen, der Soziologisierung der Epistemologie sowie dem Problem des Nichtwissens. Außerdem befasst sie sich mit einer neueren methodischen Entwicklung, der Metaphernanalyse, einer neueren Perspektive der Wissenssoziologie, der Analyse visuellen Wissens sowie mit einer Skizze zum wissenssoziologischen Diskurs der Wissensgesell10
schaft (Kapitel IV). Die Einführung endet mit zwei kurzen Reflexionen, zum einen zur Kategorie Wissen (Kapitel V), zum anderen zu der Frage: Wissenssoziologie oder Wissensforschung (Kapitel VI)?
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II. Soziologisierungen des Wissens – Vorklassische Wissenssoziologien 1. Ideologiekritik (Bacon/Comte/Marx/ Nietzsche/Pareto/Freud) Die Frage nach den Bedingungen der Erkenntnis beginnt, als der neuzeitlichen Philosophie die wissenschaftliche Erkenntnis der Natur prinzipiell möglich erscheint, und zwar als Frage nach möglichen Trübungen wahrer Erkenntnis. Francis Bacon (15611626) geht es gleichermaßen um den Entwurf einer empirischpraktischen Wissenschaft wie um eine systematische Analyse derjenigen Faktoren, die die Sinnes- und Verstandesfunktionen des erfahrenden Subjekts hemmen: Götzenbilder, Vorurteile und Irrtümer – ihre Quellen in Aberglaube und ungeprüftem Sprachgebrauch stehen im Zentrum seiner »Idolenlehre« (Bacon 1870/ 1982). Den Trübungen wahrer Erkenntnis, die erst im Jahre 1801 durch Destutt de Tracy den Namen »Ideologie«5 bekommen, geht man seither in der Annahme nach, dass an ihnen – in unterschiedlichem Ausmaß – gesellschaftliche und individuelle Faktoren beteiligt seien (vgl. Krüger 1981). Das Unternehmen heißt nun Ideologiekritik6 und prangert die Interessenbedingtheit des Wissens an. Als Wissen werden hier religiöse Dogmen, politische Doktrinen, individuelle Werte zum Gegenstand oft polemischer Analyse. Wissenschaftshistorisch tragen Ideologienlehre und Ideologiekritik dazu bei, den Gegenstand Wissen in der Gesellschaft allererst zu konstituieren – sie interessieren sich für das »geistige Leben insgesamt« (vgl. Fuchs-Heinritz 2007: 13). Einige Beispiele: Thomas Hobbes (1588-1679), John Locke (1632-1704), aber auch die philosophes Étienne Bonnot de Condillac (1750-1780), Denis Diderot (1713-1784), Jean d’Alembert (17171783), Julien La Mettrie (1709-1751), François Voltaire (1694-1778) und Jean-Jacques Rousseau (1712-1778) sowie Claude Adrien Helvétius (1715-1771) und Paul Heinrich Dietrich d’Holbach (17231789) schließen sich, wenn auch mit Nuancierungen, dem Programm der Entfaltung des menschlichen Geistes durch Entfernung vernunftwidriger Vorurteile an und setzen auf Aufklärung durch Bildung und Erziehung. Wissenssoziologisch betrachtet ist 12
die Französische Aufklärung vorzugsweise »damit befasst, ihren Gegenstand im sozialen Leben durchzusetzen – durch den Vorschlag einer anderen Erziehung, durch den Vorschlag einer Veränderung der Herrschaftsordnung […], durch den Vorschlag einer Gesamtsteuerung des gesellschaftlichen Lebens durch das Wissen. Die Wissenssoziologie hat einen ›wissenspolitischen Veränderungswillen‹.« (Knoblauch 2005: 30) Die Ideologiekritik der Aufklärungsphilosophie des 17. und 18. Jahrhunderts konzentriert sich dabei auf die mächtige Allianz von Thron, Adel und Geistlichkeit. Mit der Theorie vom Priestertrug stellt die Ideologiekritik die angebliche Gottgewolltheit des Feudalsystems an den Pranger. Die Priester durchschauten zwar die Unwahrheit dieses Dogmas, zum Schutz ihrer Privilegien machten sie sich jedoch zu Apologeten der bestehenden Machtverhältnisse. Als Gegenmittel dient die Beseitigung des realen Elends durch die Beseitigung der irrationalen Machtverhältnisse – den Vorbedingungen der Ausbildung von Interessen und Täuschungen. Die schottischen Moralphilosophen (David Hume, 1711-1776, Henry Home, 1696-1782 u.a.) reformulieren die Funktion von Religion individualpsychologisch. Die Religion mit ihren Tröstungen gilt ihnen als Produkt und Projektion der bedürftigen menschlichen Psyche. Eine andere, wenn nicht gar die Quelle von Täuschung und Irrationalismus sehen die Aufklärer in den Trieben und Leidenschaften: Das Begehren (Hobbes), Unlustgefühle und Egoismus (Locke), die Imagination (La Mettrie), aber auch Interessen und Leidenschaften (Condillac, Helvétius) beeinflussen das menschliche Denken. Die Affekte gilt es, so die Autoren des 17. Jahrhunderts, abzulegen oder zumindest einzudämmen; folgt man hingegen den Autoren des 18. Jahrhunderts, so gilt es, Affekte für geistige Tätigkeiten einzuspannen. An der Sublimierungstheorie Freuds (1856-1939) erkennt man den gleichen Gedanken. Er spricht von der Umwandlung libidinöser Energie in Kulturleistungen. Auch Vilfredo Pareto (18481923) geht von der psychischen Struktur des Individuums aus. Analog zum Konzept der Rationalisierungen verschleiern Individuen mit sog. Derivationen den »residualen«, triebhaften Ur13
sprung ihres Tuns oder ihrer Überzeugungen. Mit dieser Konzeption denunziert Pareto alles Geistige als derivativ bzw. ideologisch.7 Dem schließt sich Freud an, fügt jedoch hinzu: Die aus Derivationen bzw. Rationalisierungen resultierende Kultur ist deswegen nicht nur Ideologie und sogar wertlos, sondern vielmehr trägt sie zu einer gewissen Kontrolle der Triebgewalten bei. Bei aller Skepsis sieht er daher eine Tendenz des Zivilisationsprozesses, dem Menschen zur Emanzipation von inneren und äußeren Zwängen zu verhelfen (vgl. »Das Unbehagen in der Kultur«, Freud 1978). Pareto hingegen plädiert zur Bändigung der chaotischen Triebnatur für die Einsetzung externer gesellschaftlicher Instanzen (Herrschaftseliten). Dies bezeichnet Kurt Lenk als die konservative Spielart der Ideologiekritik (Lenk 1984): Sie entfache zwar den Zweifel an überkommenen Werten, halte jedoch zugunsten gesellschaftlicher Stabilität an ihnen fest. Die Freigeisterei der französischen Moralisten, aber auch die auf Machterhaltung bezogenen Analysen Arthur Schopenhauers, Friedrich Nietzsches und Paretos bedienen sich, so Lenk, vor allem der Entlarvungspsychologie. Sie bringt zunächst die verborgenen Motive des Denkens und Handelns ans Licht, um sodann Maskerade und Verstellung der menschlichen Schwäche und Triebhaftigkeit zuzurechnen. Deshalb können auch nur wenige die Wahrheit vertragen. Für alle übrigen empfehlen konservative Philosophen den Herrschenden den ordnungsstiftenden Gebrauch von Ideologie: »Deshalb erteile ich hier der höchsten Staatsgewalt das Recht zu entscheiden, ob gewisse Lehren unverträglich sind mit dem Gehorsam der Bürger oder nicht, um im bejahenden Falle ihre Verbreitung zu verbieten.« (Hobbes 1947: 37) Nicolò Machiavelli (1469-1527) oder auch George Sorel (1847-1922) geben ähnliche Empfehlungen. Aufklärung verkehrt sich in Gegenaufklärung. Die radikal-aufklärerische Spielart der Ideologiekritik haben Karl Marx (1818-1883) und Friedrich Engels (1820-1895) inauguriert: »Das Bewußtsein kann nie etwas Anderes sein als das bewußte Sein, und das Sein der Menschen ist ihr wirklicher Lebensprozeß. […] [E]s wird von den wirklich tätigen Menschen ausgegangen und aus ihrem wirklichen Lebensprozeß auch die Entwicklung der ideologischen Reflexe und Echos dieses Lebensprozesses dar14
gestellt.« (Marx/Engels 1978: 26) Die Basis-Überbau-These, von Marx und Engels in den Jahren 1845/46 verfasst, hat die Ideologie auf ihren meistdiskutierten Begriff gebracht. Danach haben sich in der kapitalistischen Warengesellschaft nicht nur die Prozesse der Produktion und Reproduktion des materiellen Lebens, sondern auch die Produkte menschlichen Denkens den Menschen gegenüber verselbständigt. Sie erscheinen als »Waren«, deren Wertform als Eigenschaft der Dinge, nicht aber auch Ausdruck gesellschaftlicher Produktionsverhältnisse gelten, oder aber als »autonome Ideen« ohne Bezug zu den gesellschaftlichen Verhältnissen, in denen sie entstehen und zirkulieren. Die »als Gedanken gefaßten, herrschenden materiellen Verhältnisse«, aber auch »allgemein-spekulatives Denken« bezeichnet Marx als ideologisch: »Die Gedanken der herrschenden Klasse sind in jeder Epoche die herrschenden Gedanken. D.h. die Klasse, welche die herrschende materielle Macht in der Gesellschaft ist, ist zugleich ihre herrschende geistige Macht.« (Marx/Engels 1978: 46) Marx lässt dabei allerdings offen, wie im Einzelnen die Formen und Inhalte des Wissens klassenspezifisch und gebunden sind. Doch bei aller Kritik an Feuerbach übernimmt er die Priorität des Seins für das Bewusstsein (vgl. Hamilton 1974: 23). Diese Konzeption schließt die Produktion einer wahren Gesellschaftstheorie nicht grundsätzlich aus, obwohl ihr Wahrheitsanspruch »nicht theoretisch, sondern allein im Fortgang der Geschichte eingelöst werden« kann (Lenk 1984: 30). Über die Position der Interessenbedingtheit des Denkens hinaus, wie sie von den britischen und französischen Aufklärern formuliert worden war, liegt nun eine historische Konzeption des Ideologiebegriffs vor. Historisch-materialistische Analysen scheiden vernünftiges/unvernünftiges sowie wahres/ideologisches Denken. Funktion und Inhalt »herrschender Ideen« werden mit Gesellschaftsanalyse und -kritik verknüpft. Antimetaphysische Empirie und emphatische Gesellschaftstheorie verbinden sich in einer politischen Teleologie. Anders als die konservative führt die radikal-aufklärerische Spielart der Ideologiekritik zur ebenso radikalen Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen. Während beide Lager im Prinzip die Diagnose teilen (das gesellschaftlich kursierende Wissen ist ideologischer Na15
tur), unterscheiden sie sich in der Therapie: Erhalt oder Sturz der überkommenen Ordnung. Seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wird die Frage nach dem Wissen systematisch: In konservativer Spielart fragt man nach seinen gesellschaftlichen Funktionen, in radikal-aufklärerischer Art darüber hinaus nach seinen historischen Bedingungen. In beiden Varianten jedoch stößt die Aufklärung mit dem Widerspruch von Kritik und Wahrheitsprätention an ihre Grenzen. Zwar kann sie mit funktionalen und historischen Argumentationsfiguren die ständisch-klerikale Gesellschaftsstruktur entlarven und kommentiert mit gegensätzlichen Empfehlungen deren Untergang. Sie kann jedoch keine Anwendung auf sich selbst zulassen (Was genau privilegiert die Standpunkte der Aufklärer?): Gegenaufklärung oder Revolution sind daher die vermeintlichen Auswege der funktionalistischen oder historischen Ideologiekritik (vgl. dazu Luhmann 1980: 10f.). Die positive Philosophie Auguste Comtes (1798-1857) wird zu einem wichtigen Angelpunkt zwischen der französischen Ideologielehre und der späteren Wissenssoziologie. Sein philosophisches Programm ist die Unterordnung der Einbildungskraft unter die Beobachtung; dementsprechend betrifft sein sozialwissenschaftliches Programm die Unterordnung der Auffassungen unter die Tatsachen. Sein »Dreistadiengesetz« wird als eine Entwicklungstheorie des sich emanzipierenden positiven Geistes gelesen. Die theologisch- fiktive, die metaphysisch-abstrakte und die positive Phase zeichnen dabei unterschiedliche Funktionäre als Träger wahren Wissens aus. Priester und Krieger werden abgelöst von Metaphysikern und Rechtsgelehrten, und diese wiederum von Soziologen und Industriellen, deren Aufgabe es sein soll, die Prinzipien positiver Wissenschaften konsequent auf Politik und Gesellschaft anzuwenden. Der Kern seiner Soziologie ist mithin ein wissenssoziologischer: Denn das Ziel Comte’scher Ideologiekritik ist, alle »Hindernisse für das Positivwerden von Sozialwissenschaften und Gesellschaft wegzuräumen« (Lieber/Furth 1965: 339). Nach dem Zerfall des theologischen und dem Fehlschlag des metaphysischen Denkens (in der französischen Revolution) werde das positive Denken von sich heraus die Kraft haben, Regierende und Volk von seiner Wahrheit und seiner Tauglichkeit 16
für die Reorganisation der Gesellschaft zu überzeugen. Dies markiert einen dramatischen Einschnitt: Aus dem politischen Erziehungsprogramm der philosophes wird in der nachrevolutionären Phase mit Comte mithin umstandslos ein sozialtechnologisches Medium wissenschaftlichen Krisenmanagements in einer positiven Gesellschaft (vgl. Krüger 1981: 33). Die behauptete Konvergenz von Erkenntnis- und Gesellschaftsentwicklung markiert zugleich den Beginn der Soziologie als einer positiven Wissenschaft. Die Einführung des naturwissenschaftlichen Denkens in die politische und die soziale Theorie refunktionalisiert indessen das Denken als Mittel zur gesellschaftlichen Integration und Kontrolle (vgl. ebenda: 339). Fuchs-Heinritz folgend lässt sich resümieren: Der vorklassischen Wissenssoziologie ging es nicht nur um eine Analyse des Wissens, sondern auch um spezifische Vorschläge dazu, wie eine Gesellschaft zu wahrem Wissen kommt und dieses wiederum politisch gestaltend wirksam werden kann. »Sie hatte jeweils in der Gesellschaft wirksame Ideen, Gedanken, Glaubensüberzeugungen vor Augen – die christliche Überlieferung, die Ideale der bürgerlichen Revolution, die grundlegenden Kategorien der kapitalistischen Gesellschaft –, die nicht als (wahres) Wissen gelten sollten. Die vorklassische Wissenssoziologie war Wissenspolitik auch in ihren drei unterschiedlichen ›Stufen‹, zunächst in der Kritik des Aberglaubens und der christlichen Überlieferung in den Anfängen der bürgerlich-modernen Gesellschaft (von Bacon bis d’Holbach), dann im Entwurf einer durch positive Wissenschaft gestalteten Industriegesellschaft (Saint-Simon und Comte), schließlich in der Grundlagenkritik der verwirklichten kapitalistischen Gesellschaft und dem Entwurf ihrer praktischen Überwindung (Marx). Und dies war sie sowohl in ihrer ›fortschrittlichen‹ (d’Holbach, Marx) wie in ihrer ›konservativen‹ (Comte) Ausrichtung.« (Fuchs-Heinritz 2007: 21) Die ideologiekritischen Konzeptionen des Wissens lauten: Wissen als Täuschung, als falsches Bewusstsein, als theologischfiktiv oder metaphysisch-abstrakt. Auf diese Weise fasst die Ideologiekritik das Wissen stets ex negativo und ersinnt Verfahren (Aufklärung, Erziehung) und behauptet Entwicklungen, die zu seiner »Positivwerdung« beitragen sollen oder aber gelehrt davon 17
abraten (Gegenaufklärung). All diese Bemühungen gelten einem Gegenstand, dem die Ideologiekritik enorme Bedeutung für die gesellschaftliche Reproduktion zuspricht: dem Wissen. In seinen individuell und/oder gesellschaftlich bedingten und historisch spezifischen Verzerrungen stützt es in der Regel die Mächtigen, legitimiert aber auch die Leidenschaften und tröstet die Bedürftigen. Michel Foucault hat darin die Gleichzeitigkeit zweier Entwicklungen identifiziert: die Bewegung der »Regierbarmachung« der Gesellschaft und die kritische Haltung ihr gegenüber. »Wenn es sich bei der Regierungsintensivierung darum handelt, in einer sozialen Praxis die Individuen zu unterwerfen – und zwar durch Machtmechanismen, die sich auf Wahrheit berufen, dann […] ist die Kritik die Bewegung, in welcher sich das Subjekt das Recht herausnimmt, die Wahrheit auf ihre Machteffekte hin zu befragen und die Macht auf ihre Wahrheitsdiskurse hin.« (Foucault 1992: 15) Die kritische Haltung selbst, hier das Wissen der Aufklärer, Gegenaufklärer ebenso wie das der Positivisten, ist Resultat derselben gesellschaftlichen Verfassung.
2. Klassische Wissenssoziologie In den ersten 30 Jahren des 20. Jahrhunderts formiert sich vor allem in Deutschland eine Wissenssoziologie aus der Erkenntnis, dass prinzipiell alles Wissen (das falsche und das wahre Bewusstsein) gesellschaftlich bedingt ist. Die Frage nach dem Zusammenhang von Wissen und Gesellschaft wird, ob es um Konzeptionelles oder um Einzelstudien geht, nicht mehr in polemischer Weise verfolgt. Während man in Frankreich vor allem an der sozialen Konstitution basaler Kategorien des Wissens interessiert ist, geht man in Deutschland dem Verhältnis von Geist und Gesellschaft nach. Unter dem Einfluss von Pragmatismus und Sozialem Behaviorismus ist die Wissenssoziologie in den USA überwiegend an dem konsumtiven Aspekt von Wissen orientiert (z.B. Massenkommunikation).
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2.1
Der soziale Ursprung basaler Kategorien des Wissens (Émile Durkheim/Marcel Mauss/ Lucien Lévy-Bruhl)
Durkheim (1858-1917) kritisiert Comtes Dreistadiengesetz als metaphysische Spekulation und konzipiert demgegenüber alle Vorstellungsgehalte (religiöser, sittlicher und politisch-rechtlicher Art) als soziale Fakten. Sie werden durch das Kollektivbewusstsein der Gesellschaft determiniert8 und sind für die Gesellschaft, die diese Fakten und deren Ordnung erzeugt, konstitutiv. Als vergesellschaftende Institutionen treten sie dem Individuum fordernd, zuweilen auch als Zwang und Herrschaft gegenüber. Gewissermaßen zwischen Ideologiekritik und Frühaufklärung stehend, fasst Durkheim Gesellschaft als kulturproduzierende, »höherwertige Natur«, »die alle ihre Energien aufbietet, um gewissermaßen über sich selbst hinauszuwachsen« (Durkheim 1976: 156). Daher macht er auch deren Ideale (inkl. ihrer Religion) zum Gegenstand einer Wissenschaft, nicht einer Ideologiekritik. Genauer: Die Religion nimmt als das »ursprünglichste aller Phänomene« eine paradigmatische Stellung ein. Sie stellt den weiten Rahmen einer sociologie de la connaissance dar, die das menschliche Bewusstsein und Denken nicht als Ergebnis individueller Vorgänge, sondern als Ausdruck sozial hervorgebrachter und strukturierter »Repräsentationen« begreift (vgl. Pickering 2000). Durkheims »Religionssoziologie« bündelt ihr gesamtes epistemologisches Programm in einer »soziologischen Erkenntnistheorie«, die auf den unhintergehbaren gesellschaftlichen Ursprung menschlicher Welterfahrung zielt. Die Konzeption einer Entsprechung von »mentalen« (symbolischen Klassifikationen) und »sozialen« Strukturen (sozialen Organisationen), die Durkheim hier verfolgt, ist fortan Grundlage jeder strukturalistischen Wissenssoziologie (vgl. Egger 2007: 36).9 Durkheim, Mauss und Lévy-Bruhl untersuchen darüber hinaus die basalen Formen logischer Klassifikation in sog. »Primitiven Gesellschaften« und schließen daraus, dass bereits die Kategorien des Wissens soziale Ursprünge haben, d.h. sozial konstituiert sind. Dieses Konzept wurde nicht auf komplexe Gesellschaften erweitert und insbeson19
dere wegen seiner Substantialisierung des Sozialen kritisiert. Im Zuge des poststrukturalistischen Paradigmenwechsels kommt es zu einem antipositivistisch motivierten Bruch mit dem »Soziologismus« Durkheims und seiner Schule (vgl. ebenda: 36). Gleichwohl hat dieser Ansatz eine Reihe interessanter Untersuchungen und theoretische Reformulierungen stimuliert (vgl. Bloor 1981 und in diesem Band Kap. III/3; Schwartz 1980).10 Die sich in Deutschland zur Zeit der Weimarer Republik entwickelnde, nun »klassisch« genannte Wissenssoziologie arbeitet mit der Zurechnung von Wissen auf Trägergruppen. Die Geburt der Wissenssoziologie trifft auf eine Ausgangslage, die durch Historismus, Relativismus und Skeptizismus gekennzeichnet ist. Vor diesem Hintergrund entwickelt Max Scheler die Lehre von den Ablauf- und Aufbaugesetzlichkeiten der sozialen Prozesse, Beziehungen und Gebilde, die dem Kulturbereich des Wissens eigentümlich sind; Karl Mannheim bringt die Lehre von der »Seinsverbundenheit des Wissens« hervor. Sowohl in der gemäßigten (Scheler) als auch in der radikalen Form (Mannheim) geht es der Wissenssoziologie darum, die »unvermeidlich verschieden geartete Bewußtseinsstruktur der verschieden gelagerten Subjekttypen im historisch-sozialen Raum zu identifizieren« (Mannheim 1930: 660). Die Wissenssoziologie beginnt mit einem Streit: Die deutsche Gesellschaft und ihre Soziologie spaltet sich in ein marxistisches und ein bürgerliches Lager (vgl. »Der Streit um die Wissenssoziologie«, 2 Bde., Meja/Stehr 1982).
2.2 Wissen als existentielles Verhältnis (Max Scheler) 1924 erscheinen die von Scheler (1874-1928) herausgegebenen »Versuche zu einer Soziologie des Wissens«: Zusammen mit seinen Kollegen (u.a. Wilhelm Jerusalem, Leopold v. Wiese, Paul Honigsheim, Paul L. Landsberg und Helmuth Plessner) geht es ihm darin um die Analyse des Zusammenhangs zwischen sozialen Gruppen oder Institutionen (z.B. Universitäten, literarische Zirkel) und den verschiedenen Wissensformen (Religion, Meta-
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physik, Wissenschaft). In dem einleitenden Beitrag führt er in das neue Gebiet, seine Methoden und Begriffe ein. Für Scheler ist Wissen ein ontologischer Begriff: Wissen ist Wissen dann, wenn es das Wesenhafte von etwas erfasst. Kennzeichnend für diesen ontologisch fundierten Wissensbegriff ist, dass ein Wissen jeweils perspektivisch an einem »ewigen und objektiven Logos der Ideen und Werte« partizipiert. Vor diesem Hintergrund kann Scheler zwischen Wahrheit und Wissen unterscheiden: »Wissen selbst ist nicht wahr oder falsch: es gibt kein falsches ›Wissen‹. Wissen ist evident oder nicht evident, ferner adäquat oder inadäquat in Bezug auf die Soseinsfülle des Gegenstandes.« (Scheler 1926) Kurz: Wissen ist eine Seinsart. Darüber hinaus ist Wissen ein existentielles Phänomen, ein Seinsverhältnis (z.B. ebenda: 203), das drei unterschiedlichen Zielen dienen kann: Als Bildungswissen dient es der Entfaltung der Person, als Erlösungswissen der Werdensbestimmung der Welt, als Herrschafts- oder Leistungswissen schließlich dient es der Beherrschung und Umbildung der Welt für unsere menschlichen Ziele und Zwecke (ebenda: 205). In scharfem Unterschied zu Comte und zum Positivismus hält Scheler das positive Wissen der Wissenschaft weder für die einzige noch für die wesentliche Form des Wissens – eine Konzeption, welche die Bedeutung der Wissenschaft, aber auch die der Wissenssoziologie erheblich einschränkt: Auch die Wissenschaft sei nicht nur selbst abhängig von der »absoluten Realität« metaphysischer und religiöser Art11, sondern auch von dem »ewigen objektiven Logos«. Die Wissenssoziologie bedarf mithin der Metaphysik. Nur im Vergleich zu dem von Scheler hypostasierten ewigen objektiven Logos ist (z.B. klassenperspektivisches) Denken partiell; und erst die Vorherrschaft einer Perspektive führt zur Ideologie. Scheler übernimmt dazu das Basis-Überbau-Modell, verleiht ihm jedoch ontologische Dignität. In platonischer Weise unterscheidet er zwei voneinander unabhängige Seinsbereiche, nämlich Idealfaktoren (das Reich externer Werte und Ideen) und Realfaktoren (das soziohistorisch spezifische Reich der Selektion von Inhalten und Geltungsansprüchen). Die Hauptaufgabe einer Wissenssoziologie besteht darin, die Beziehungen zwischen beiden Seinsbereichen
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und den ihnen zugrunde liegenden gesellschaftlichen Merkmalen und Strukturen zu erkunden. Scheler zufolge sind in der Geschichte drei unterschiedliche Realfaktoren wirksam geworden: in schriftlosen Gesellschaften Verwandtschaftsbeziehungen (Blut), bis zum Ende von Merkantilismus und Absolutismus politische (Macht) und mit Beginn des Hochkapitalismus ökonomische (Wirtschaft) Faktoren (vgl. Scheler 1960: 44ff.). Der Einfluss der Realfaktoren (mithin der Gesellschaft) auf das Denken und Wissen beschränkt sich allerdings auf eine Auswahlfunktion, also auf die Durchsetzungschance bestimmter Wissensgehalte. Die Inhalte sowie der Geltungsanspruch und -bereich des Wissens selbst befinden sich hingegen jenseits soziologischer Relativierung im Reich externer Werte und Ideen (Idealfaktoren). Die naturalistischen Realfaktoren bestimmen nur, ob sich bestimmte Ideen und Werte aktualisieren. Welche Ideen und Werte sich durchsetzen, ist dem freien Willen und der freien Tat einer Elite geschuldet (vgl. Krüger 1981: 62). Mit dieser Konzeption versucht Scheler einerseits, dem Relativismusproblem zu begegnen, schränkt jedoch andererseits die Bedeutung der Realfaktoren für die Wissenssoziologie erheblich ein. Denn ein soziokultureller Relativismus und die platonische Annahme eines Reichs unberührbarer Ideen lassen sich nur um den Preis miteinander versöhnen, dass Faktizität und Geltung auseinanderfallen. Den Realfaktoren kommt in Bezug auf die selegierten Ideen lediglich Faktizitätsrelevanz zu, die Geltungsrelevanz liegt allein bei den Idealfaktoren (vgl. ebenda). Das komme, so Hans-Joachim Lieber, einer Ohnmachtserklärung des Geistes gleich: »[D]ie Wissenssoziologie kann die Irrationalität des sich selbst überlassenen Gesellschaftsprozesses nur mehr bestätigen.« (Lieber/Furth 1965: 340) Methodisch stellt sich die Frage, wie man, wenn alle Güter-, Zweck- und Normordnungen der Gesellschaft »schlechthin relativ und historisch wie soziologisch je standpunktlich« (Scheler 1924: 26) zu sehen sind, die ursprünglichen Wesenheiten und Ideen der zufälligen objektiven Bilderwelt und ihrer Gesetze erkennt? Scheler entwickelt eine »Technologie der Wesenserkenntnis«: Sie erfordert zum einen, Husserl folgend, phänomenologi-
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sche Reduktion und zum anderen, Husserl ergänzend, Einfühlung. Die Spannung beider Techniken führt zur philosophischen Erkenntnis. Dies ist das Scheler’sche Programm einer philosophischen Anthropologie (vgl. Gadamer 1977: 17f.), innerhalb derer er seine Wissenssoziologie situiert. Schließlich misst auch Scheler der Wissenssoziologie eine praktisch-kritische Funktion bei: Sie solle das »Fundament aller rationalen Kulturpolitik sein«. Dazu entfaltet er eine Programmatik zur Neuordnung des Bildungswesens im Dienste der »Gesamtförderung des dem Menschen zugänglichen Wissens« (Scheler 1924: vii). In ihren beiden Funktionen – als Ideologiekritik und als kulturpolitische Praxis – hat Wissenssoziologie die Aufgabe eines Ausgleichs zwischen den verschiedenen, sich bekämpfenden, klassenmäßig bedingten Weltanschauungen. Es geht um die Nivellierung und gleichmäßige Anerkennung ihrer jeweiligen Geltungsansprüche12, um die »allmenschliche Kultur- und Wissenssynthese« (Scheler 1960: 26f.). Die Aktualität von Schelers wissenssoziologischem Programm besteht für Ilja Srubar (1981: 343) darin, dass dieser die Konstitutionsproblematik sozialen Wissens in den Vordergrund gestellt und die Faktizität und die soziale Organisation der Seinsverbundenheit allen Wissens befragt habe. Srubar erinnert deshalb an das weniger rezipierte Konzept der Milieubildung: Ausgehend von Jakob von Uexkülls Umweltlehre geht Scheler damit dem Zusammenhang von Wissenskonstitution, Interaktion und konkreter sozialer Umwelt nach. Das Milieu entspricht einem die Vielfalt der Umwelt strukturierenden Schema von Relevanzen, das einerseits individuelle Interessen und Bedürfnisse lenkt, andererseits Techniken und Praktiken sowie eine Auswahl von Objekten zu ihrer Befriedigung bereitstellt. Milieus versehen alle Erlebnisse eines Individuums, seien sie emotionaler, sensueller oder kognitiver Art, mit einem »Sinnmantel«: Milieuspezifische Erlebnisund Denkstile verdichten sich zu einem Habitus und bündeln sich weiter zu sog. »relativ natürlichen Weltanschauungen« (Scheler), die mehrere Wissensformen mit je eigenen Erlebnisund Erkenntnisstilen umfassen. Wissenstradierung löst sich nun von der unmittelbaren Interaktion ab, rekurriert vor allem auf
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Sprache bzw. spezifische Sprachstile. In neuerer Zeit hat die Wissenssoziologie diese Erinnerung in ein sozialphänomenologisches Forschungsprogramm übersetzt (vgl. Grathoff 1979).
2.3
Seinsverbundenheit des Wissens (Karl Mannheim)
Mannheim13 (1893-1947) entwickelt ab 1924 eine ambitionierte, programmatische Fundierung für eine Wissenssoziologie. Der »Geist« ist nun eine direkte Funktion der Gesellschaft und wandelt sich mit ihr. Zwischen Wissen und Sozialstruktur besteht allerdings, wie noch bei Marx, kein Kausalverhältnis (vgl. Marx/Engels 1978: 46)14, sondern eine Ausdrucksbeziehung: Im Wissen findet die Standortgebundenheit des Denkenden ihren Ausdruck. Die Seinsverbundenheit des Wissens begreift auch Einzelaussagen und -urteile als Ausdruck einer bestimmten Weltanschauung, und diese wiederum erscheint in Struktur und Gliederung als standortg1ebunden. Anders als Scheler unterscheidet und berücksichtigt Mannheim eine Reihe von Einflussfaktoren: Klassenund Konkurrenzinteressen, Generationslagerung, paradigmatische Urerfahrungen spezifischer Kreise wie Sekten, Berufsgruppen, philosophische Schulen, willensmäßige Kräfte und Einstellungen kollektiven Ursprungs.15 Zwar soll die Wissenssoziologie, an Wilhelm Dilthey anknüpfend, nur für Weltanschauungswissen gelten, z.B. für den Konservativismus, gleichzeitig aber dehnt er die Analyse auf biologische (Rasse), psychologische (Machttrieb) und spirituelle Phänomene aus. Das Motiv für eine soziologische Analyse des Wissens erläutert Mannheim in seinem Beitrag »Wissenssoziologie« zum »Handwörterbuch der Soziologie« (1931) in zeitdiagnostischer Manier: Alle Kulturkreise, Nationen, Schichten und Berufsgruppen »werden heute aus der Selbstverständlichkeit des In-Sich-Ruhens immer mehr herausgescheucht, und sie müssen kämpfen, um sich im Ansturm der heterogenen Gruppen und der Produkte ihres Geistes zu behaupten. Aber wie kämpfen sie nun? Sie kämpfen, soweit es sich um geistige Kräfte handelt, von wenigen Ausnahmen abgesehen, in der Weise des Aneinandervorbeiredens.« 24
(Mannheim 1931: 663)16 Die wissenssoziologische Analyse hat deshalb drei Aufgaben: erstens bewusste Distanzierung von überlieferten und verinnerlichten Weltanschauungen und Denkstilen, zweitens konsequente Relationierung aller Aussagen und Denkstile im Hinblick auf die sozialen Zusammenhänge, in denen sie entwickelt werden, drittens Partikularisierung, d.h. die »inhaltliche und strukturelle Einkreisung« des Bereichs, über den Aussagen gemacht werden, um die »Fassungskraft der verschiedenen Standorte« deutlich zu machen (vgl. ebenda: 241ff.). Vom Ideologieverdacht nimmt Mannheim prinzipiell kein Wissen aus. Die durch Ideologiekritik angestrebte Bewusstseinsund Gesellschaftskritik reduziert sich so allerdings auf eine Selbstkritik des Bewusstseins. Der archimedische Punkt eines totalisierten Ideologiebegriffs liegt in dem unbestimmten Glauben daran, dass alle »Denkstandorte und Denkgehalte […] Teile eines über sie hinausragenden Werdens sind« (Mannheim nach Lieber/Furth 1965: 343). Dieser Glaube stiftet die tiefere Einheit hinter allem Wandel und Wechsel der Standorte. Die Hypostasierung eines »werdenden Absoluten« konterkariert den prinzipiellen »Relationismus«. Mit dieser Überlegung will Mannheim auch eine Antwort auf das Grundproblem des Historismus geben: Wie kann man stabile Werte und Kriterien der Interpretation gewinnen, wenn eben diese dem historischen Wandel unterliegen? Mannheims immanente Lösung ist: Man kann gleichermaßen die Transienz allen Wissens anerkennen und latente Ordnungsstrukturen aufdecken. Der Wissenssoziologe nimmt zu einem gegebenen Zeitpunkt soziohistorischer Entwicklung die Totalität der dort zu findenden Tendenzen oder Weltanschauungen auf und versucht, ihr einheits- und sinnstiftendes Prinzip zu entdecken. Diese Lösung hat zwei Prämissen. Erstens haben alle Tendenzen einen zwar perspektivischen, aber perspektivisch gültigen Zugang zur Welt; zweitens gibt es eine besondere Gruppe von Personen, die gebildeter, sozial ungebundener und unvoreingenommener im Hinblick auf spezifische Interessen und somit privilegiert ist, die Begrenztheit der partikularen Perspektiven einzelner Gruppen zu sehen sowie die Notwendigkeit, diese zu vermitteln und zu synthetisieren. 25
Diese Rolle kommt der sog. freischwebenden Intelligenz zu. Ihr Ziel müsse sein, die vorreflexiven Denkvoraussetzungen aller partikularen Anschauungen ins Bewusstsein zu heben und den Grund für diese Evidenz zu zeigen. Die Intelligenz hat die »Intention auf das Ganze« und sucht die »Kultursynthese der Gegenwart« über eine differenzierte Analyse der Wahrheitswerte der Partikularsichten. Das pragmatische Wahrheitskriterium lautet: Seinsadäquatheit des Denkens. Den geistig-systematischen Denkstandorten ist »in ihrer lebendigen Verwurzelung nachzugehen, indem man zunächst jene metaphysischen Voraussetzungen herausstellt, in die diese systematischen Standorte verankert sind. Hat man diesbezüglich Klarheit erlangt, so muss man sich fragen (gerade mit Hilfe dieses metaphysischen Hintergrundes), zu welchen, innerhalb derselben Epoche vorhandenen Weltwollungen dieser oder jener ›Denkstil‹ zurechenbar ist. Hat man auch hier die Entsprechungen gefunden, so hat man auch die geistigen Schichten, die einander jeweils bekämpfen. […] Erst nach dieser immanenten Weltanschauungsanalyse beginnt die eigentlich soziologische Aufgabe: wenn man fragt, welche soziale Schichten jeweils hinter den geistigen Schichten stehen.« (Mannheim 1970: 385)17 Die funktionale Zurechnung von Wissen und Gesellschaft artikuliert sich allerdings tendenziell zirkulär als eine Feststellung von »Formentsprechungen« und »Stilgleichheiten« in der Dynamik des Geistes und der Gesellschaft. Der Primat des Gesellschaftlichen tritt zurück gegenüber einer Geschichtsphilosophie, die sich aus der Interaktion von Geist und Gesellschaft allererst erschließt (Lieber/Furth 1965: 342). Dazu führt Mannheim den Begriff der »Weltanschauungstotalität« ein: Dieser Begriff drückt gleichermaßen die Summe der zu einem gegebenen Zeitpunkt in einer bestimmten Gesellschaft vorhandenen geistigen Strömungen wie auch den Referenzrahmen zur Bestimmung der Perspektivität der je einzelnen Denkströmung aus. Der innewohnende (hermeneutische) Zirkel kann nur durch »dynamische Synthese« (eben: Geschichtsphilosophie) aufgelöst werden. Der Funktionswandel geistiger Gebilde erschließt sich über eine Kombination der ideengeschichtlichen und der soziologischen Methode. Man verfolgt eine bestimmte Idee bis zu ihrem histo26
risch-soziologischen Ursprung zurück und stellt von dort aus den bei jedem Bedeutungswandel sich ergebenden »›Brechungswinkel‹ der Bedeutungsverschiebung fest, indem man gerade jenes neue Systemzentrum herausarbeitet, in das der neue Begriff übergegangen ist, und zugleich auch frägt, welche Wandlungen im existentiellen Hintergrund sich vollzogen haben, als deren geistige Widerspiegelung jener Bedeutungswandel zu betrachten ist« (Mannheim 1970: 386). Auch für Mannheim ist die Wissenssoziologie eminent politisch. In Zeiten von Entzauberung und gesellschaftlichem Konflikt könne die wissenssoziologische Analyse konkurrierender Ideen, politischer Philosophien, Ideologien etc. zeitdiagnostische Hilfestellung leisten und praktische Hilfestellungen anbieten. Zusammenfassend konzipiert Mannheim die Struktur der wissenssoziologischen Zurechnungsanalyse als dreigliedriges Forschungsunternehmen: Die »dynamische Wissenssoziologie« untersucht erstens mit der »sinngemäßen Zurechnung« die sog. Aspektstrukturen, um die Grundstruktur eines Denkstils freizulegen; zweitens fragt sie mit der »Faktizitätszurechnung« nach der Entwicklungsrichtung eines Denkstils bzw. seiner Aspektstrukturen. Erst darauf folgt drittens die soziologische Zurechnung auf »Trägergruppen«, also auf soziale Schichten als Trägern von Wissensformen (vgl. Endreß 2007b: 88). Die Kritik der Frankfurter Schule am Mannheim’schen Ansatz zielt auf dessen Pseudo-Radikalität: Das Konzept der gesellschaftlichen Totalität sei erstens idealistische Metaphysik, zweitens bleibe der Zusammenhang zwischen Bewusstsein und sozialer Existenz vage und drittens sei der totale Ideologiebegriff ohne kritisches Potential, da er auf einem inhaltsleeren Kriterium, der bloßen Perspektivität von Ideen beruhe. Viertens schließlich sei sein relationaler Wahrheitsbegriff nicht-substantiell (vgl. Bailey 1994: 81) – kurz: ohne kritische Gesellschaftstheorie »stellt sie alles in Frage und kritisiert nichts« (Adorno nach Bailey 1994: 118). Daran zum Teil anschließend, aber deutlich nüchterner, kommentiert Luhmann: »Wissen wird als Ausdruck einer Interessenlage oder einer entwicklungsgeschichtlichen Situation bestimmter Gruppen, Schichten oder Klassen gesehen, und dies auf 27
einer eher kollektivistischen Basis, d.h. ohne Analyse der internen Kommunikationsstrukturen dieser Gruppen. […] Bereits in den zwanziger Jahren hatte sich hier jedoch das Problem der Zurechnung des Zurechnens gestellt. […] Wenn aber jeder jeden durchschauen kann, bleibt am Ende nur noch der bejahte Relativismus – oder eine Kritik der theoretischen Ergiebigkeit des bloßen Zurechnens von Wissen.« (Luhmann 1980: 11f.)
2.4 Pragmatische Wissenssoziologie (Thornstein Veblen/George Herbert Mead) Die europäische Wissenssoziologie wird vor allem durch emigrierte Wissenschaftler in die USA gebracht; dabei trifft sie auf ein Terrain, das vom Pragmatismus geprägt ist. Philosophen wie Charles S. Peirce, William James und John Dewey stellen das Denken und den Denkenden sowie das Denken und die soziale Situation, in der gedacht wird, in einen unmittelbaren Zusammenhang.18 Historiker wie Charles A. Beard und Vernon L. Parrington haben einen, wenn auch eher indirekten Einfluss (vgl. Coser 1968: 432). Von eminenter Bedeutung hingegen sind die Arbeiten von Thornstein Veblen und George Herbert Mead. Veblen bemüht sich beispielsweise darum, systematisch Denkstile und berufliche Rollen/Positionen miteinander in Beziehung zu setzen (vgl. Veblen 1961). Wesentlich bekannter hingegen ist Meads Sozialer Behaviorismus geworden. In der Figur des »generalisierten Anderen« (Mead 1934) wird die Verankerung kollektiver Repräsentationen als sozialer Prozess mit sozial-ordnungsstiftender Wirkung konzipiert. Die normative Wirkung der Gruppe kommt dadurch zustande, dass das Individuum den »generalisierten Anderen« bei all seinen Handlungen in Betracht zieht; dies gilt auch für die Normen des Wissens. Auf die deutsche Wissenssoziologie wird man erst durch die englische Übersetzung von Mannheims »Ideologie und Utopie« im Jahr 1936 aufmerksam. Zwar gibt es generell einen Vorbehalt gegenüber ihrer »germanischen Prägung« gegen die idealistischen und, schlimmer noch, marxistischen Züge der neuen Teilsoziologie, aber bei einigen Wissenschaftlern überwiegt doch das 28
Interesse, sie aufzugreifen und weiterzuentwickeln. Arthur Child, Thelma Levine, C. Wright Mills, Hans Speier, Kurt Wolff und Gérard L. DeGré gehören zu den Pionieren einer amerikanischen Wissenssoziologie (vgl. Coser 1968: 434f.). DeGrés Dissertation »Society and Ideology« (1941) gibt einen Überblick über die moderne europäische Vorgeschichte der Wissenssoziologie und konzipiert sie als eine zugleich historische, analytische und interpretative Disziplin: »Thought-systems are therefore treated as expressions of social experience (interpretations) which are to be explained in terms of the social historical situation within which they develop, and within which they attempt to deal.« (DeGré 1985: xvi) Den amerikanischen Rezipienten kommt entgegen, dass in einer solchen Fassung sowohl strukturfunktionale Methoden aus Soziologie und Anthropologie zur Geltung kommen wie auch hermeneutisch-interpretative Techniken aus ideengeschichtlichen, literatur- und religionswissenschaftlichen Disziplinen. Ferner stellt DeGré fest, Wissenssoziologie befasse sich nicht mit der objektiven Wahrheit und Folgerichtigkeit von Wissen, sondern mit der subjektiven Gültigkeit für seine Produzenten und Konsumenten. Die subjektive Wahrheit sei nicht notwendigerweise unwahr, jedoch stets partiell. Mit der objektiven Wahrheit befasse sich die soziologische Theorie des Wissens (z.B. ebenda: 93). So angelegt, kann Wissenssoziologie Epistemologie und Logik nicht ersetzen, jedoch ergänzen: »At all stages of gnosio-sociological research we are only concerned with establishing a relationship between ideas and men, and not between statements and reality (material truth) nor between statements and other statements on a strictly logical level (formal truth).« (Ebenda: 32) Auch diese Rezeption verfolgt ein aufklärerisches Programm: Die Aufgabe der Wissenssoziologie sei es, die pluralistische Basis des Wissens aufzuklären, die partiellen Sichtweisen zu verstehen und zu erklären und so sukzessive zu komplettieren. Daher wirbt DeGré für die Wissenssoziologie als »a form of socioanalysis helping to mediate between conflicting ideologies and intransigent opposing standpoints« (ebenda: xvi). Lewis Cosers Einschätzung zufolge unterscheiden sich die eu29
ropäische und die amerikanische Wissenssoziologie vor allem darin, dass europäische Varianten eher an der gruppenspezifischen Produktion von Ideen interessiert seien und die amerikanischen eher an der gruppenspezifischen Konsumtion von Ideen. Wissenssoziologie werde zunächst zum Teil durch eine Soziologie der öffentlichen Meinung und der Massenkommunikation ersetzt. In den 1940er und 50er Jahren ist die Wissenssoziologie verstärkt in die Wissenschaftssoziologie (Robert K. Merton19, Bernard Barber) sowie in die Professions- und Allgemeinsoziologie (Thomas H. Marshall 1950; Theodore Caplow 1954; vor allem auch Talcott Parsons 1963) mit starker rollentheoretischer Orientierung eingegangen. Florian Znanieckis Studie zur »Social Role of the Man of Knowledge« (Znaniecki 1940) ist dafür ein wenig beachtetes Beispiel. In pragmatischer Orientierung ist Wissenssoziologie primär an der Genese von Wissen interessiert. Denn aus dieser Perspektive entsteht und verändert sich Wissen – im Alltagshandeln wie in der Wissenschaft – durch soziales Handeln, ebenso wie es seinerseits als Strukturmoment das Handeln beeinflusst. Eben weil Wissensgenese vor allem ein Resultat der tätigen Bewältigung von Krisen im Umgang mit der sozialen und materiellen Welt ist, sind insbesondere Handlungskrisen, Brüche sozialer Ordnungsstrukturen oder das Aufeinandertreffen divergierender Perspektiven der spezifische Gegenstand der aus der Chicago School entstandenen interaktionistischen Soziologie (vgl. Strübing 2007: 134f.). In der Nachkriegszeit kann man an eine etablierte Teildisziplin namens Wissenssoziologie anschließen, auch wenn die Zusammenhänge zwischen Wissen und Sozialstruktur oft vage bleiben und zur Tautologie tendieren. Idealistische, positivistische, marxistische und bürgerliche Varianten konsumieren sich im Streit; gleichwohl werden eine Reihe interessanter Einzelstudien vorgelegt. Wie schon ihre Vorgänger verbinden auch die klassischen Wissenssoziologen mit ihrer Wissenschaft ein politisches Programm. Die aufklärerische Aufgabe lautet: kritische Zeitdiagnose und (dynamische) Synthese. Die Kritik der Intellektuellen untersteht selbst allerdings nicht der intellektuellen Kritik.
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III. Disziplinierungen und Differenzierungen Beginnend mit den 1940er/50er Jahren, aber mit besonderer Verve seit den 1960er Jahren, erlebt die Wissenssoziologie eine Reihe von Differenzierungen und Schulenbildungen. Zum einen dringt die Wissenssoziologie in immer weitere Spezialsoziologien und in die allgemeine soziologische Theorie ein, zum anderen wird sie von einer konstruktivistischen Wende ergriffen. Interpretative, poststrukturalistische, netzwerk- und systemtheoretische Ansätze beobachten mit verschiedenen Konzepten »die gesellschaftliche Konstruktion von Wissen« – und dies schließt nun auch die Konstruktion wissenschaftlichen Wissens ein. Ein weiteres Merkmal ist: Insgesamt werden die Ansätze empirischer und legen zunehmend spezialisierte Methoden vor.
1. Sozialphänomenologisch-hermeneutisch orientierte Wissenssoziologie Die meisten Ansätze aus dem Bereich einer interpretativ orientierten Wissenssoziologie schließen insofern programmatisch an Arbeiten Schelers an, als sie eine konsequent interdisziplinäre Perspektive forcieren (vgl. Sprondel 1989: 39; Srubar 1981: 355). An diese Ansätze wiederum schließen verschiedene Autoren an: an Helmuth Plessner etwa Günter Dux (Genetischer Konstruktivismus)19; an Alfred Schütz Peter Berger und Thomas Luckmann (Sozialphänomenologie des Alltags, vgl. Kap. III/1.2); an Scheler Richard Grathoff (Sozialwissenschaftliche Milieuforschung, vgl. Grathoff 1979) und Ulrich Oevermann (Objektive Hermeneutik, vgl. Oevermann 1972). Der folgende Abschnitt konzentriert sich auf die Arbeiten von Schütz, Berger/Luckmann und die Formation der Hermeneutischen Wissenssoziologie.
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1.1
Wissen als orientierende Typisierungen und Idealisierungen (Alfred Schütz)
Weder Scheler noch Mannheim haben das Potential der Sozialphänomenologie für ihre Wissenssoziologie erkundet, vielleicht auch deshalb nicht, weil Schütz sein Programm als Fundierung einer Methodologie für die Sozialwissenschaften im Weber’schen Sinne annonciert hat.20 Gleichwohl ist es eminent wissenssoziologisch, denn es geht um die Konstituierung von Sinn in der sozialen Welt. Schütz’ Analyse schließt kritisch an die Arbeiten Husserls an. Nicht in individuellen Bewusstseinsstrukturen eines transzendentalen Ego, sondern in der Lebenswelt konstituieren sich Intersubjektivität und Sozialität. Die Lebenswelt bestimmt die Erfahrungsweise des Alltagshandelns und des Alltagsdenkens, das das Erleben und Handeln organisiert. Dieses Wissen ist vorrangig typisierend, nach Relevanzen strukturiert und Relevanzen strukturierend, es ist intentional auf etwas gerichtet und intersubjektiv. In Schütz’scher Diktion: »Alle Typisierungen im Alltagsdenken sind als solche integrierende Elemente der konkreten, historischen, soziokulturellen ›Lebenswelt‹ und beherrschen sie, weil sie als gesichert und gesellschaftlich bewährt erlebt werden. Ihre Struktur bestimmt unter anderem die gesellschaftliche Relevanz und Relativität zur konkreten gesellschaftlichen Umwelt einer konkreten Gruppe in einer konkreten historischen Situation. Hier liegen die legitimen Probleme des Relativismus, des Historismus und der so genannten Wissenssoziologie.« (Schütz zitiert nach Berger/Luckmann 1980: 17) Schütz ist besonders an der gesellschaftlichen Verteilung und Integration von Wissen durch Mechanismen der Typisierung und Idealisierung interessiert. Das Konzept der Typisierung bereichert die Wissenssoziologie gleichzeitig um ein neues Gegenstandsfeld und um eine modifizierte Epistemologie. Es geht um die Entstehung und Tradierung des Wissens in der Lebenswelt. Damit gerät nicht nur das Wissen jedermanns in den Blick, sondern zugleich auch die Grundlegung des Wissens in den typisierenden, idealisierenden Konstrukten des Alltags. Hier findet sich der Vorrat an Wissen und Routinen, den alle Gesellschaftsmitglieder im Verlauf ihrer Sozialisation erwerben und der sie – mit wenigen Ausnahmen – fraglos orien32
tiert. Ihre orientierende Funktion gilt darüber hinaus auch für alle spezifischen »Sinnprovinzen« (z.B. für die Wissenschaft). Wissen ist nun im weitesten Sinn das, was Mitglieder einer Gesellschaft oder einer Gruppe dafür halten. Die Analyse richtet sich auf die intersubjektive Basis, auf deren Grundlage dieses Wissen zustande kommt und als technisches Problemlösungswissen, normative Handlungsanleitung und allgemeiner Interpretationsrahmen der soziokulturellen Welt zur Geltung gelangt. Prozesse der Typisierung, Sozialisierung, Institutionalisierung strukturieren die Welt. Schütz bleibt indessen einer individualistischen Perspektive verhaftet. Die individuelle Intentionalität der Husserl’schen Phänomenologie kann das Problem der Inter-Subjektivität und damit die soziale Herstellung von Sinn nicht befriedigend lösen (vgl. Hekman 1986: 29). »He [Schütz] cannot have it both ways – social (intersubjective) meaning constitution and individual intentionality. What is needed at this point is found in Gadamer’s insight that language is not a game that we, as social actors, play but rather, it plays us« (ebenda: 30) – eine Einsicht, die etwa von Foucaults Diskursanalyse aufgegriffen wird. Von besonderer Bedeutung für die phänomenologische Wissenssoziologie ist sein Aufsatz »Der gut informierte Bürger« (Schütz 1972/1946). Die gesellschaftliche Strukturierung und Verteilung des Wissens macht er an der idealtypischen Differenzierung dreier Wissensträger deutlich: dem Experten, dem Mann auf der Straße, dem gut informierten Bürger. Der Mann auf der Straße steht für die unvollständige, oberflächliche und lückenhafte Verfasstheit des Alltagswissens: Es ist pragmatisch vor allem durch Routine- und Rezeptwissen charakterisiert. Das Wissen des Experten ist demgegenüber streng umgrenzt, jedoch vertiefter, präziser sowie auf Konsistenz und Begründbarkeit ausgerichtet. Dazwischen siedelt Schütz den gut informierten Bürger an. »Gut informiert zu sein, bedeutet ihm, zu vernünftig begründeten Meinungen auf einem Gebiet zu gelangen, die seinem Wissen entsprechend ihn zumindest mittelbar angehen, obwohl sie zu seinem zuhandenem Zweck nichts beitragen.« (Ebenda: 88, Hervorhebung im Orig.) Diese drei Typen unterscheiden sich insbesondere im Ausmaß
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des Interesses daran, »Dinge als fraglos gegeben anzunehmen« (ebenda: 89). Dieses Interesse wiederum ist durch Relevanzen geleitet (Schütz 2004). Die Relevanzzonen reichen von ummittelbarer über mittelbare Relevanz bis zur relativen und völligen Irrelevanz; diese Relevanzzonen überlappen sich in der Regel. Außerdem unterscheidet Schütz zwischen wesentlichen (selbst gewählten) und auferlegten Relevanzen (Schütz 1972/1946: 92) sowie zwischen sozial abgeleitetem und sozial gebilligtem Wissen (durch Tradition oder Autoritäten abgestützt). Nicht zuletzt mit diesem Konzept der Wissensverteilung hat Schütz der weiteren Karriere einer phänomenologisch orientierten Wissenssoziologie, etwa im Feld der Untersuchung von Expertenwissen, Vorschub geleistet (Knoblauch 2005: 141ff.).
1.2
Grundlagen des Wissens in der Alltagswelt (Peter L. Berger/Thomas Luckmann)
Basierend auf der Schütz’schen Sozialphänomenologie, ergänzt durch die Anthropologien Schelers und Plessners sowie die Institutionentheorie Arnold Gehlens, erscheint 1966 die Arbeit, die der Wissenssoziologie zu neuer Aktualität verhilft: »Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit« von Berger und Luckmann. Sie gilt für viele als Bezugsrahmen dessen, was die moderne Wissenssoziologie heutzutage umtreibt. Alles, was in einem gegebenen Sozialverband als Wissen gilt, ist ihr Gegenstand, und dieser Gegenstand wird unter der Prämisse untersucht, dass alles Wissen sozial konstruiert ist. Jenseits von Ideologie und jenseits von Erkenntniskritik und Methodologie entfalten die Autoren Wissenssoziologie als eine Theorie, die sich auf das den Menschen vergesellschaftende Alltagswelt- oder »Allerweltswissen« (Berger/Luckmann 1980: 16) jedermanns richtet. Entäußerung, Vergegenständlichung und Verinnerlichung – aus der dialektischen Interaktion dieser drei Momente entsteht gesellschaftliche Wirklichkeit. In deren Verlauf kommt es zu Institutionalisierungen; dies geschieht, sobald habitualisierte Handlungen durch Typen von Handelnden reziprok typisiert werden.
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Als »Produkte tätiger Selbstentäußerung« stehen sie dem Menschen vergegenständlicht gegenüber, werden nicht als hergestellte durchschaut, und üben unmittelbar normativen Zwang aus. Die Sozialisation sorgt für die Verinnerlichung der Normen. Dieser dialektische Prozess von Entäußerung, Vergegenständlichung und Verinnerlichung gilt auch für das Wissen selbst; es ist Produkt und Produzent der gesellschaftlichen Reproduktion. Wissenssoziologie ist daher »a means of exploring the functioning of society itself. ›Knowledge‹, far from being an effect deduced from causal analysis of social processes, is viewed as key element in the process of social reproduction.« (Schmidt 1978: 93) Berger und Luckmann unterscheiden sog. explizites Wissen, das sich in der Form von Legitimationen oder in speziellen Produktionsstätten (den »finiten Sinnprovinzen« nach Schütz) artikuliert, von sog. alltagsweltlichem Wissen. Während das explizite Wissen, insbesondere das theoretische, prinzipiellem Zweifel unterliegt, ist dies beim Alltagswissen nicht der Fall. Im Gegenteil, es zeichnet sich durch prinzipielle Selbstverständlichkeit aus, die nur selten durchbrochen wird. Dies verlagert einen erheblichen Teil des Normativen in den Bereich des vortheoretisch verfügbaren und weitgehend unproblematisierten Wissensvorrats von jedermann. Zwar ist auch die Alltagswelt nicht homogen und deshalb durchaus irritierbar, denn durch das Nachkommen neuer Generationen, durch die Arbeitsteilung, durch den Pluralismus von Sinnwelten werden laufend alternative Wissensangebote eingespeist – doch besitzt der Alltag sog. Selbstheilungsmechanismen, kognitive und normative Legitimationsangebote und Nihilierung »häretischer« Konzeptionen (vgl. Berger/Luckmann 1980: 117 und 121ff.). Während Berger/Luckmann das Verdienst zukommt, das Konzept des Alltagswissens in den Sozialwissenschaften bekannt und für die Wissenssoziologie unhintergehbar gemacht zu haben, berauben sie es jedoch genau des kritischen Gehalts, der dem Konzept der Lebenswelt noch bei Husserl zukam. Nach ihm ist die »Erfahrungswelt« die Basis und zugleich das notwendige Korrektiv der abgeleiteten Konzepte der Philosophie und der Wissenschaften (Husserl 1954). Aus der Negation formaler Strukturen wird bei Schütz die Lebenswelt als ein Feld ursprünglicher Bedeutun35
gen und bei Berger/Luckmann eine neue Ebene formaler Strukturierung (vgl. Schmidt 1978: 98). Während nichts gegen die Hinzufügung eines weiteren Bereichs oder einer Ebene spricht, in dem oder auf der Wissen kursiert und formal-organisierende Wirkung ausübt, spricht allerdings auch nichts für die Behauptung, ihm einen epistemologisch vorrangigen Status zukommen zu lassen. Marlis Krüger spricht hier zu Recht von einem »heimlichen Funktionalismus der Phänomenologie der Lebenswelt« (Krüger 1981: 117).
1.3
Hermeneutische Wissenssoziologie (Georg Soeffner/Ulrich Oevermann et al.)
Der sich seit dem Ende der 1960er Jahre bis heute lebhaft entwickelnde Zweig der Hermeneutischen Wissenssoziologie verbindet interaktionistische und strukturtheoretische Perspektiven und wendet sie auf die Analyse alltäglichen und institutionellen Handelns an (vgl. aus systemtheoretischer Perspektive Luhmann 1995: 179f. sowie Kap. III/4). In Anlehnung an Schütz (1974) verfolgt die Hermeneutische Wissenssoziologie diesseits von Nomothetik und Ideographie die Rekonstruktion des typisch subjektiv gemeinten Sinns (Weber 1988; Schütz 1972). Die aktuelle Formulierung lautet: »Der Interaktionsraum unseres jeweiligen konkreten Alltags […] ist unser unmittelbarer Anpassungs-, Handlungs-, Planungs- und Erlebnisraum: unser Milieu, das wir mitkonstituieren und dessen Teile wir sind. Wir kennen die expliziten und nicht-expliziten Regeln dieses Interaktionsraumes und setzen sie unter anderem strategisch ein. Wir haben von den Strukturen und dem Handlungspotential unserer Alltags- und Lebenswelt ein manifestes und ein latentes ›Wissen‹. Und beides ist gleich wirksam. Primär aus den Interaktionsstrukturen des Alltags organisiert sich unsere Erfahrung, und andererseits konstituieren unser Erfahren und unser Handeln die Strukturen unseres Alltags.« (Soeffner 1989: 12f.) Die Annahme ist, dass in individuellen, interessengeleiteten und auf die Bewältigung spezifischer Probleme ausgerichteten Handlungen stets zugleich beides zum Ausdruck kommt: das ge36
sellschaftlich gemeinsame (Lebenswelt-)Wissen hinsichtlich Relevanz und Typik des Handlungsfeldes und die individuell-kreativen Modifikationen hinsichtlich Problemgestaltung und Lösungsalternativen. Diese Annahme teilen verschiedene Methoden des interpretativen Paradigmas: die Objektive Hermeneutik (insbesondere Oevermann et al. 1979, 1986); der Soziologische Narrativismus (insbesondere Schütze 1976, 1987); die Kommunikative Sozialforschung in der Tradition des Symbolischen Interaktionismus (insbesondere Arbeitsgruppe Bielefelder Soziologen 1980) sowie die Qualitative Biographie- und Lebenslaufforschung (z.B. Kohli/Robert 1984). Mit je unterschiedlichen Nuancierungen verstehen sie sich als hermeneutisch Daten analysierende und strukturanalytisch modellbildende Sozialforschung.21 »Wissenssoziologisch ist diese Perspektive, weil sie diesseits von Konstruktivismus und Realismus die Frage untersucht, wie Handlungssubjekte – hineingestellt und sozialisiert in historisch und sozial entwickelte Routinen und Deutungen des jeweiligen Handlungsfeldes – diese einerseits vorfinden und sich aneignen (müssen), andererseits diese immer neu ausdeuten und damit auch erfinden (müssen).« (Reichertz/Schröer 1994: 60)22 Strukturanalytisch ist nach Reichertz diese Perspektive, weil das Verhalten der Individuen erst dann als verstanden gelten darf, wenn der Interpret in der Lage ist, beobachtetes Verhalten in Bezug zu dem vorgegebenen und für den jeweiligen Handlungskontext relevanten Bezugsrahmen zu setzen. Es geht mithin um die Sichtbarmachung der als Wissen abgelagerten strukturellen Handlungsprobleme und -möglichkeiten (vgl. Reichertz 2007: 174). Gegenstand der Analyse sind komplexe Handlungsgefüge, die der Forscher in Form sog. natürlicher Daten erhebt und – je nach spezifischer Methode – den Einzelfall sequenzanalytisch interpretiert, um so schließlich die Typik eines fallspezifischen Handlungsgefüges23 herauszuarbeiten (vgl. die übersichtliche Darstellung in Reichertz/Schröer 1994: 62-78). Die Erhebung und Analyse der Daten, die sukzessive Gewinnung forschungsleitender Hypothesen und umfassender theoretischer Konstruktionen verlangt dem Interpreten eine besondere Haltung ab: Er muss mit vertrauten Orientierungs- und Deutungsmustern bewusst brechen, um der Spezifik eines Falles auf die Spur zu kommen. 37
Zentral bei allen methodischen Varianten ist die »abduktive Haltung« (Peirce 1991: 394 u. 400). Dabei geht es um das Sammeln von Fakten und das anschließende »Erfinden« einer Theorie, die sie erklärt. Im Duktus dieses Schlussmodus liegt es, den Datensatz gezielt mit einer Vielzahl von Fakten anzureichern und die anfänglich heterogenen Lesarten so zu integrieren, dass das Handlungsgefüge subjektiv-spezifischen (und intersubjektiv rekonstruierbaren) Sinn erhält. Dann erkennt man das typische Set von (lebensweltlich vorgegebenen) Wissensbeständen und (individuell-standortgebundenen) Erfahrungstypen. Im Gegensatz zur klassischen Wissenssoziologie allerdings geht es den aktuellen Varianten um eine strikt empirische und intersubjektiv überprüfbare Herangehensweise; außerdem bietet sie – so etwa die Arbeitsgruppe Bielefelder Soziologen (ABS) – einen Ausweg aus dem klassischen Zurechnungsproblem der Wissenssoziologie. Denn: »Da sich die formale Struktur des Alltagswissens auf die Lösung dieser elementaren Problemkontexte menschlicher Gesellschaft bezieht [gesellschaftliche Reproduktion und die daraus sich ergebenden Probleme der materiellen Produktion, Verteilung, Herrschaft etc.], ist sie mit der universalen Konstitutionsstruktur menschlichen Handelns identisch.« (ABS 1980: 42) Zu dieser Konstitutionsstruktur gehören vor allem sog. Basisakte, Basisregeln und Idealisierungen. Basisakte beinhalten elementare Handlungsvollzüge wie Kennzeichnen, Einteilen, Klassifizieren; Basisregeln umfassen die systematische Verknüpfung von situativen Problemkontexten mit personalen und interaktiv erbrachten Idealisierungsleistungen. Idealisierungen stellen dafür formale (keine inhaltlichen) Lösungsvorschläge bereit: z.B. Kongruenz der Perspektiven im Hinblick auf Relevanzstruktur oder Typisierung der Situation. Diese sichert – für alle Routinefälle konkreter Interaktionen – hinreichend überlappende Orientierungen zwischen den Interaktanten. Doch gibt es auch ein Set von formallogischen Regeln, das die Anpassung allgemeiner Erwartungstypen an abweichende Situationen erlaubt. Garfinkel nennt diese Anpassungsleistungen Indexikalisierung (z.B. retrospektive Umdeutung von Interaktionsgeschichten; vgl. Garfinkel in ABS 1980: 36ff.). Stabilität und (stabiler/stabilisierender Um38
gang mit) Variation sind so gleichermaßen im Konzept des Alltagswissens verankert. Die formale Struktur des Alltagswissens entsteht in der gesellschaftlichen Praxis und stellt für sie allgemeine Orientierungs-, Steuerungs- und Symbolisierungssysteme bereit. Die formalpragmatische Analyse richtet sich auf die Leistungen, die das Alltagswissen erbringen muss, damit überhaupt interaktive Handlungen stattfinden können.
2. (Post-)Strukturalistische Analyse von Diskursen und Praktiken Mit Foucault und Bourdieu werden hier zwei Autoren vorgestellt, die sich trotz aller Unterschiede in ihrer Kritik an der Phänomenologie und am Strukturalismus einig sind. Beide argumentieren streng phänomenalistisch und kontextualistisch und sind an den Mechanismen interessiert, die das Wissen zugleich strukturieren und auf die Wissen ihrerseits strukturierend einwirkt. Während Foucault nach der Erzeugung und Verteilung von (vor allem wahrem) Wissen in soziohistorisch spezifischen Diskursen fragt, ist Bourdieu vor allem an der Verdichtung klassen- und gruppenspezifischen Wissens zu sog. Habitusformen interessiert. Beide lehnen funktionalistische Erklärungen zugunsten einer Perspektive ab, die prinzipiell konfliktiv und auf situative Aushandlungsprozesse angelegt ist.
2.1
Die diskursive Ordnung des Wissens (Michel Foucault)
Wie Bourdieu ist auch Foucault der Ansicht, dass es in unserer Gesellschaft stets um eine Politik des Wissens und insbesondere um eine Politik des Wahren gehe. In verschiedenen Studien und Reflexionen24 sucht er das Wissen deshalb in Diskursen, also gesellschaftlichen Regulierungen von Äußerungen, auf und fragt nach der soziohistorisch spezifischen »Ordnung des Diskurses«.25 In Diskursen konstituieren sich nicht nur Subjekte und Objekte 39
des Wissens, sie bestimmen zugleich auch deren Herstellungs-, Verbreitungs- und Rezeptionsmodus.26 Insgesamt lassen sich in den Arbeiten Foucaults drei diskursanalytische Strategien identifizieren: •
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die Archäologie des Wissens sucht nach den Strukturen eines kognitiv-symbolischen Habitus, die innerhalb einer Epoche Erfahrungen und Erkenntnisse ermöglichen, ohne allerdings die von ihnen ausgehenden Praktiken und Prozesse sozialer Macht auszuschließen; die Genealogie der Macht sucht nach den Praktiken, die den Bedarf und die Relevanz eines bestimmten Wissens vom Menschen erzeugen, ohne jedoch zugleich die epistemologische Möglichkeit dieses Wissens allein begründen zu wollen; die kritische Hermeneutik des Selbst schließlich sucht nach Praktiken, von denen ausgehend und über sie hinausgehend sich Selbstverhältnisse in der Moderne artikulieren.
Epistemologische Konstitutionsanalyse, Genealogie von Machttechnologien und Subjektivierungstypen sind als eigenständige, aber fallspezifisch kombinierbare ontologische Dimensionen zu verstehen, mit denen sich eine Kultur einschließlich der jeweils (de-)favorisierten Wissensformen beschreiben lässt (vgl. Kögler 1990: 215). Wissenssoziologisch sind vor allem die Archäologie und die Genealogie des Wissens bedeutsam geworden; auf sie wird sich der folgende Abschnitt konzentrieren.27 Archäologie: Diese Dimension der Diskursanalyse betreibt die Aufdeckung der immanenten Regeln des Diskurses sowie der gesellschaftlichen Prozeduren, die seine Ausübung regeln. Der Diskurs im archäologischen Sinn ist nicht die unermessliche Menge dessen, was zu einer gegebenen Zeit über etwas gesagt wird, sondern die Regelmäßigkeit der Aussagen in einem gegebenen Feld. Die Archäologie beschreibt die gesagten Dinge »genau insoweit sie gesagt worden sind« (Foucault 1973a: 159) und identifiziert korrelativ den Diskurs, zu dem sie sich gruppieren (vgl. ebenda: 169 sowie Karpenstein-Eßbach 1995 mit einem kursorischen Überblick über andere Formen der Diskursanalyse). Diese Vokabulare gehorchen gesellschaftlichen Prozeduren, 40
durch die »die Produktion des Diskurses zugleich kontrolliert, selektiert, organisiert und kanalisiert« wird (Foucault 1974a: 7). Indem Foucault sich zunächst auf die den Diskurs eingrenzenden (definierenden) Prozeduren einer Gesellschaft bezieht, arbeitet er diskursanalytisch dem gesellschaftlichen Konstruktionsprozess entgegen. Eben die Prinzipien, die als »unbegrenzte Quellen für die Schöpfung von Diskursen« angesehen werden (ebenda: 25), identifiziert er in ihren restriktiven und zwingenden Funktionen. Die Analyse der Regelmäßigkeit von Aussagen wird damit um die gesellschaftliche Reglementierung der diskursiven Praxis ergänzt. Im Einzelnen unterscheidet Foucault drei Maßnahmebereiche zur Ordnung des Diskurses: externe Ausschließungsprozeduren, interne Kontrollmechanismen und die Verknappung der sprechenden Subjekte. Zu den externen Ausschließungsprozeduren rechnen solche, die Gegenstände tabuisieren, Umstände ritualisieren oder bestimmte Individuen zur Teilnahme am Diskurs berechtigen, andere ausschließen (vgl. ebenda: 7). Zu den internen Kontrollmechanismen gehören der Kommentar, der Autor und die Disziplinen. Ihre Funktion ist es, den Diskurs zu stabilisieren (vgl. ebenda: 15ff.). Zu den Prozeduren schließlich, die die Gruppe der sprechenden Subjekte reglementieren, gehören das Ritual, die Diskursgesellschaften und die Doktrin. Das Ritual definiert u.a. die Qualifikation der sprechenden Subjekte und die Umstände des Diskurses (vgl. ebenda: 27). Alle bisher genannten Prozeduren sorgen für eine »definierte Praxis«; sie erlauben »zu konstruieren, aber nach ganz bestimmten Spielregeln« (ebenda: 21). Sich auf Wahrheit zu berufen, wird selbst zu dem Prinzip der Diskursregulierung. Es handelt sich dabei um das Etablieren eines Kriteriums, das »wahre« Diskurse zugleich ins Spiel bringt, privilegiert und institutionell reguliert. Dieser Diskurs unterliegt der Historizität. Es ist »eine Geschichte der Erkenntnisgegenstände, eine Geschichte der Funktionen und der Positionen des erkennenden Subjekts, eine Geschichte der materiellen, technischen, instrumentellen Investitionen der Erkenntnis« (Foucault 1974b: 13). Genealogie: Der Diskurs ist nicht nur Produkt gesellschaftlicher Hervorbringung, sondern auch Gegenstand diskontinuierlicher Transformationen (Foucault 1973a: 170). Die genealogische Dimen41
sion des Projekts beschreibt Wissen auf der Ebene der tatsächlichen »Formierung des Diskurses«, seine »Kraft, Gegenstandsbereiche zu konstituieren« (Foucault 1974a: 48). Diskursanalyse in genealogischer Perspektive richtet sich auf die zugehörigen Mikropraktiken, die die Selektion bestimmter Diskurse vornehmen (vgl. Hooke 1986). Die Genealogie beruht auf der Vorstellung, derzufolge die Variation, Selektion und Stabilisierung von Diskursen sich von Machtverhältnissen, innerhalb derer sie entstehen und die diese Diskurse auch verändern, nicht trennen lässt. Wissen und Macht sind daher einander immanent. Jedes sich im Innern eines Diskurses artikulierende Wissen gehorcht seinen Produktionsregeln. Diese Produktionsregeln artikulieren Machtverhältnisse – in der Bestimmung der Form, die diese Äußerung annehmen darf, der Personen, die sprechen dürfen, den Orten, an denen diese Diskurse stattfinden können. Wer außerhalb des Diskurses steht, darf nicht mit Anschlussfähigkeit rechnen. Zusätzliche Komplexität gewinnt diese Vorstellung durch die Pluralisierung von »Wissen« und »Macht«. So wie es eine Vielzahl von Wissen und Wissensformen gibt, spricht Foucault auch nicht von der Macht: »[D]ie Macht ist nicht eine Institution, eine Struktur, eine Mächtigkeit einiger Mächtiger. Die Macht ist der Name, den man einer komplexen strategischen Situation in einer Gesellschaft gibt.« (Foucault 1977a: 114) Diese Position behauptet zweierlei: erstens, dass sich lokale, intentionale Machttaktiken zu globalen, nicht aus der Summe der Einzelintentionen plausibilisierbaren Gesamtstrategien verketten; zweitens, dass sich in diesen Gesamtstrategien verschiedene oder gar gegensätzliche Diskurse befinden können. Damit macht Foucault deutlich, dass kein wie immer geartetes top-down-Konzept (wie beispielsweise »Interesse« oder »herrschender Diskurs«) die Vielfältigkeit der Positionen, die in einem gegebenen diskursiven Feld synchron eingenommen werden können, angemessen erklären kann. Damit situiert Foucault Wissen in ubiquitär vorfindlichen Macht-/Wissensbeziehungen, die stets unmittelbar produktiv wirken, d.h. erneut: Wissens- und Machtverhältnisse produzieren. Diese Verhältnisse organisieren sich in »lokalen Herden des Machtwissens« (ebenda: 120), die jeweils alle Akteure in ihre Re42
gie nehmen und ihnen diskursive Rechte und Pflichten auferlegen. Die Genealogie sucht diese gesellschaftlichen Spiele der Privilegierung bestimmter Macht-/Wissenskomplexe auf. Jenseits von Präsentismus und Essentialismus (vgl. Foucault 1974b: 90, 92, 95 sowie 1978a: 32) befinden sich vor dem Auge des Genealogen nur Wissensgegenstände, die in den sie konstituierenden und sich diskontinuierlich transformierenden Praktiken zu analysieren sind. Das gilt auch für Gegenstände, die »keine Geschichte zu haben scheinen – in den Gefühlen, der Liebe, dem Gewissen, den Instinkten« (Foucault 1974b: 83; auch: Luhmann 1983: 49ff.). Zwar betont die Genealogie die Ereignishaftigkeit und Diskontinuität von Konstitutionsgeschichten, lässt jedoch die soziohistorische Vernetztheit zentraler Themen, Reflexionsmuster und Praktiken nicht unberücksichtigt. Dazu entwickelt Foucault den Begriff des Dispositivs: »[D]as Dispositiv ist selbst das Netz, das zwischen diesen Elementen geknüpft werden kann.« (Foucault 1978b: 120) Als Dispositiv ist ein Wissenskomplex »verwendbar für die meisten Manöver, [er ist] Stützpunkt und Verbindungsstelle für die unterschiedlichsten Strategien« (ebenda: 125); doch ist es immer »auch an eine Begrenzung oder besser gesagt: an Grenzen des Wissens gebunden, die daraus hervorgehen, es gleichwohl aber auch bedingen. Eben das ist das Dispositiv: Strategien von Kräfteverhältnissen, die Typen von Wissen stützen und von diesen gestützt werden.« (Ebenda: 123) Das Ziel genealogischer Diskursanalyse ist es, soziohistorisch spezifische Dispositive zu identifizieren, die Wissensbereiche und Machtbeziehungen in relativer Stabilität bündeln.28 In ihren beiden Dimensionen stellt dieser Typus der Diskursanalyse auf ein Wissen ab, das weder in der unmittelbaren Erfahrung wurzelt, noch mit ihr einen radikalen Bruch vollzieht.29 Vielmehr zielt sie auf ein Niveau, auf dem Wissen als gesellschaftlich hergestelltes, auf Erfahrungsbereiche verteiltes und in einer stets umkämpften Hierarchie von Wissensarten kategorisiertes Wissen sichtbar wird.30 Was die politische Dimension archäologischer und genealogischer Aufklärung betrifft, so hat Foucault sich dezidiert für die Figur des spezifischen Intellektuellen ausgesprochen, der seine Landkarte diskursiver Formationen dem Rezipienten zur Verfü43
gung stellt und allenfalls Hinweise auf mögliche Manöver gibt. D.h., der »organische« oder »freischwebende« Intellektuelle der klassischen Wissenssoziologie hat ausgedient (vgl. Ezine in Maasen 1998: 26). Unterdessen liegen umfangreiche (Sammel-)Bände und zahlreiche Artikel vor, die einerseits eine wissenssoziologische Grundlegung der Diskursanalyse sowie eine methodische Spezifizierung vorantreiben (Keller 2003; Keller et al. 2007, 2008), andererseits aber auch die Vielfalt diskursanalytischer Zugänge dokumentieren. Diese Vielfalt bezieht sich nicht nur auf die disziplinären Orientierungen (z.B. linguistische Diskursanalyse: Busse 2007; historische Diskursanalyse: z.B. Eder 2006), sondern auch Binnendifferenzierungen innerhalb sozialwissenschaftlicher Diskurstheorien und -analysen, so etwa Diskurstheorie als allgemeine Sozialtheorie der Konstruktion von individuellen und kollektiven Identitäten (Ernesto Laclau und Chantal Mouffe 1991), Kritische Diskursanalyse (Siegfried Jäger 2004), Interdiskursanalyse (Link 1995) oder Kulturalistische Diskursforschung: Dazu rechnen Ansätze, die innerhalb soziologischer Theorietraditionen entwickelt wurden und stärker auf die aktiven interpretativen Leistungen der Diskursteilnehmer abheben, u.a. aus der Domäne des Symbolischen Interaktionismus oder der Soziologie Pierre Bourdieus (vgl. als Überblick Keller 2007; ausführlich Keller et al. 2005). Diskurstheorien und -analysen im Anschluss an Foucault erleben nach ersten Rezeptionsschwierigkeiten nun verstärkte Soziologisierung und Methodisierung. Dies bleibt nicht ohne berechtigte Kritik (zur gegenstandsunangemessenen »Methodisierung« der Diskursanalyse etwa vgl. Gebhard/Schröter 2007), führt jedoch auch zu einer Belebung der methodischen und theoretischen Reflexion innerhalb der Wissenssoziologie und stellt außerdem einen Gegenstand interdisziplinärer Anstrengung für nicht wenige Vertreter wissensorientierter Ansätze dar. In jüngerer Zeit erfreut sich das Foucault’sche Konzept der Gouvernementalität verstärkter Rezeption – auch in der Wissenssoziologie: Damit lässt sich zeigen, wie politische Programme an der Erzeugung der Realität, die sie beschreiben und problematisieren, selbst beteiligt sind. Im Mittelpunkt dieser theoretischen 44
Neuorientierung steht indessen ein erweiterter Begriff der Regierung (Foucault 1994: 719), der es ermöglicht, sämtliche MachtWissensbeziehungen unter dem Aspekt »Führung« zu untersuchen, seien es Erziehungsverhältnisse, Rechtsverhältnisse oder technisch regulierte Verhältnisse. Seine innovative Kraft bezieht der Begriff der Regierung vor allem aus der intendierten »Scharnierfunktion«: Einerseits vermittelt der Regierungsbegriff zwischen Macht und Subjektivität. Auf diese Weise wird es möglich, zu untersuchen, wie Herrschaftstechniken sich mit »Technologien des Selbst« (1993) verknüpfen. Dafür prägt Foucault den Begriff der Gouvernementalität, der Regieren (»gouverner«) und Denkweise (»mentalité«) aufeinander verweist. Andererseits konzipiert er Regierung als Bindeglied zwischen strategischen Machtbeziehungen und Herrschaftszuständen – Herrschaftsanalyse bleibt also ein wichtiges Thema, wird indessen in das Netz agonaler Machtbeziehungen eingebunden. Herrschaftszustände bezeichnen hier den spezifischen Fall antagonistisch fixierter Verhältnisse. Aus wissenssoziologischer Perspektive richtet sich das Interesse nun auf wissensbasierte und wissenserzeugende »Regierungstechnologien« (z.B. Ratgeber für Manager, Unternehmen und Arbeitnehmer, Leitlinien zur Reform von Institutionen, aber auch Selbstmanagementratgeber, vgl. Maasen/Sutter 2007). Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie Selbstführungstechniken mit Fremdführungstechniken koppeln: »Man muß die Wechselwirkung zwischen diesen beiden Technikformen – Herrschaftstechniken und Selbsttechniken – untersuchen. Man muß die Punkte analysieren, an denen die Herrschaftstechniken über Individuen sich der Prozesse bedienen, in denen das Individuum auf sich selbst einwirkt. Und umgekehrt muß man jene Punkte betrachten, in denen die Selbsttechnologien in Zwangs- oder Herrschaftsstrukturen integriert werden. Der Kontaktpunkt, an dem die Form der Lenkung der Individuen durch andere mit der Weise ihrer Selbstführung verknüpft ist, kann nach meiner Auffassung Regierung genannt werden. In der weiten Bedeutung des Wortes ist Regierung nicht eine Weise, Menschen zu zwingen, das zu tun, was der Regierende will; vielmehr ist sie immer ein bewegliches Gleichgewicht mit 45
Ergänzungen und Konflikten zwischen Techniken, die Zwang sicherstellen, und Prozessen, durch die das Selbst durch sich selbst konstruiert oder modifiziert wird.« (1993: 203f.; Übersetzung durch T. Lemke) Es geht dabei weniger um die vollständige Beschreibung der jeweils interessierenden Selbst-/Fremdführungsformen als um die Rationalität, die in ihnen am Werk ist, um das Wissen, das sie voraussetzen und hervorbringen, sowie die Programme, in denen sie verkündet werden. Zu dem Ensemble der Regierungstechnologien rechnet Foucault weiterhin Produktionstechniken (sachliche Fähigkeiten oder Techniken zur Produktion, Umformung und Manipulation von Dingen) sowie Signifikations- oder Kommunikationstechniken (Techniken der Verwendung von Zeichen und Bedeutungen zur Erzeugung von Sinn; Foucault 1986b: 35). Die Analyse der Regierungstechnologien zielt auf die Untersuchung jener »Interrelationen«, in denen Fähigkeiten, Kommunikationsnetze und Machtverhältnisse aufeinander abgestimmt sind. Die Analyse spezifischer Regierungstechnologien erweist, wie offen oder fixiert die strategischen Spiele ablaufen, ob sie sich zu Herrschaftszuständen verhärten oder die Möglichkeit von »Freiheitspraktiken« (ebenda: 137f.) eröffnen. Unter Kritik begreift Foucault daher, wie schon zuvor, »die Kunst, nicht dermaßen regiert zu werden« (Foucault 1974a: 12). Diese Perspektive hat auch die wissenssoziologische Forschung befruchtet: Wissen entfaltet sich stets in der Anwendung, ist selbst eine Praxis, die ihrerseits Subjekte und Objekte des Regierens innerhalb zumeist agonaler und daher stets dynamischer Kräfteverhältnisse hervorbringt (vgl. auch Krasmann 2007).
2.2 Wissen und Habitus (Pierre Bourdieu) Auch Bourdieu interessiert sich für Wissen als Praxis. In der Kritik an Phänomenologie und Objektivismus führt Bourdieu eine sog. praxeologische Sichtweise ein, der es um die gruppenspezifischen Erzeugungsbedingungen von Praxisformen und Repräsentationen geht. Dadurch zeigt sich ein erstaunliches Phänomen: Praxisformen können geregelt und regelmäßig sein, ohne dass 46
dies aus der gehorsamen Erfüllung von Regeln hervorginge; sie können kollektiv abgestimmt sein, ohne dass dies auf dem Werk eines planenden Dirigenten beruhte. Die Ursache für Regelmäßigkeit und Abstimmung sucht er im »Habitus« auf, einem System dauerhafter Dispositionen, das die Praxis organisiert. Die Praxis ist »das Produkt der dialektischen Beziehung zwischen einer Situation und einem als System dauerhafter und versetzbarer Dispositionen begriffenen Habitus […], der, alle vergangenen Erfahrungen integrierend, wie eine Handlungs-, Wahrnehmungs- und Denkmatrix funktioniert und dank der analogischen Übertragung von Schemata […] es ermöglicht, unendlich differenzierte Aufgaben zu erfüllen« (Bourdieu 1979: 169). Gleiche Existenzbedingungen tendieren dazu, gleichförmige Dispositionen zu schaffen. Homogene Habitusformen sorgen dafür, dass die gruppen- oder klassenspezifischen Praktiken in Einklang stehen. Diese Homologie ergibt sich aus dem Prozess der Verinnerlichung derselben grundlegenden, existentiellen Strukturen (vgl. ebenda: 188). Dies ist ein Resultat vor allem der Primärerziehung – die Formen reichen von einfachem Vertrautwerden über ausdrückliche Überlieferung bis hin zu Strukturübungen (Rätsel, Spiele etc.). Die Erziehung nutzt dazu den Körper als Gedächtnisstütze, d.h., Kultur wird »einverleibt« und so unmittelbar selbstverständlich. Die Theorie des Habitus macht die wissenssoziologische Priorisierung von Interessen obsolet. »Tatsächlich bestimmen sich die Interessen […] im Verhältnis zwischen dem Habitus als System kognitiver und motivationaler Strukturen und der Situation (oder dem Objekt): ebenso gründet sich die Konvergenz der Interessen oder das Zusammenspiel der Aspirationen, die die Bündnisse und Spaltungen zwischen den konfligierenden oder konkurrierenden Gruppen stiften, auf der Übereinstimmung der Dispositionen.« (Ebenda: 216) Das begriffslose Orientierungspotential des Habitus, der inkorporierten gesellschaftlichen Situierung, zeigt Bourdieu in seiner breit angelegten Studie »Die feinen Unterschiede« (Bourdieu 1984: 734). Es ist dieser allen Gesellschaftsmitgliedern geläufige Sinn für Grenzen, für das Rechte zur richtigen Zeit etc., der für die Aktualisierung angemessenen Verhaltens in jeder nur erdenklichen Situation sorgt. Karriere, Hobbys, Geschmack, kein Be47
reich der Praxis ist von der impliziten Steuerung durch klassenspezifische Dispositionen ausgenommen – und jeder Bereich ist umgekehrt indikativ für die soziale Stellung der Akteure. Gegen den objektivistischen Mechanismus der strikten Regelbefolgung und gegen den subjektivistischen Mechanismus individualistischer Interpretationen versteht Bourdieu den »Habitus als ein subjektives, nicht individuelles System verinnerlichter Strukturen, als Schemata der Wahrnehmung, des Denkens und des Handelns […], die allen Mitgliedern derselben Gruppe gemein sind und die die Voraussetzung jeder Objektivierung und Apperzeption bilden« (Bourdieu 1979: 187f.). Gerade auf der vollkommenen Unpersönlichkeit und Austauschbarkeit der singulären Praxisformen und Weltsichten gründet, so Bourdieu, die objektive Übereinstimmung der Praxisformen und die Einmaligkeit der Weltsichten. Mit dem Konzept des Habitus geht es Bourdieu um die Produktion und Reproduktion »kulturellen Kapitals«, um die (auch antizipatorische) Internalisierung seiner Inhalte sowie deren Funktion für die Distinktion und die soziale Schließung soziokultureller Milieus.31 Mit Bezug auf Durkheims logischen Konformismus, d.h. auf die wechselseitige Abstimmung der Kategorien zur Wahrnehmung der natürlichen Welt unter dem Anschein objektiver Notwendigkeit, spricht Bourdieu vom praktischen Wissen. Dies ist eine Art praktische Beherrschung des Klassifizierens und rangspezifischen Einordnens, das auf jede soziale Situation übertragen und mit passendem Verhalten beantwortet werden kann (vgl. Bourdieu 1984: 735f.). Das generative Prinzip dieser »praktischen Logik«, die zwischen objektiver Struktur und habitusspezifischer Disposition vermittelt, sieht Bourdieu in den sog. Schemata der Polythetie, d.i. die Anwendung gleicher Schemata auf unterschiedliche Bereiche, und der Polysemie, d.i. die Anwendung unterschiedlicher Schemata auf gleiche Objekte oder Handlungen. Dieses praktische Wissen, das den Akteuren selbst nicht gegenwärtig ist, im Gegenteil, der Verkennung unterliegt (vgl. Bourdieu 1979: 201), bezeichnet Bourdieu als Doxa. Seine Theorie der Doxa knüpft an das Konzept des lebensweltlichen Wissens und seiner ordnungsstiftenden Evidenz an. Die Doxa besteht aus 48
dem Gesamt der von allen Gruppen oder Klassen weitgehend geteilten Aspekte der symbolischen Ordnung.32 Als eine Art »kollektives Unbewusstes« reguliert sie die Wahrnehmung und das Handeln auf nur indirekte Weise, nämlich durch den sog. »praktischen Sinn«, mit dem die Akteure sich der selbstverständlich geltenden sozialen Ordnung gemäß orientieren. Erst dissonante Erfahrungen geben Anlass zu Reflexion oder Problematisierung. Gesellschaftliche Krisen lösen deshalb die Evidenz der Doxa auf. In der Regel werden jedoch auch nur Teile der Doxa expliziert – noch der Konflikt konkurrierender Wissensformen braucht einen Boden, um ausgetragen zu werden. Die daraus entstehende Orthodoxie, das neue, konfligierende Wissen, kann sich nicht auf implizite Verankerung und einmütige Geltung verlassen, sondern bedarf der expliziten Diskussion und Legitimation durch Argumentation oder Repression. Ist der Orthodoxie Erfolg beschieden, sedimentiert sie zur (neuen) Doxa. Habitus und Doxa sind zwei Theoriestücke, die sich explizit gegen die phänomenologische Vorstellung wenden, derzufolge das Feld des Selbstverständlichen erschöpfend erkundet sei, sobald die Gesamtheit der formalen und universellen stillschweigenden Voraussetzungen (z.B. Basisakte, -regeln und Idealisierungen) feststehe. Dies unterschätze den eminent politischen und daher willkürlichen Charakter »lebensweltlichen« Wissens – eine nur formale und nicht-inhaltliche Analyse greife unweigerlich zu kurz. Im Habitus und in der Doxa aktualisiert sich eine politische Ordnung und umgibt sich mit Evidenz. Dem Intellektuellen, der selbst in diese Ordnung eingebunden ist, dient Bourdieu an anderer Stelle die Sozialfigur des »Klinischen Soziologen« an (Bourdieu 1998). Die hier beschriebenen poststrukturalistischen Ansätze konzipieren Wissen als Habitus, Doxa sowie Diskurs in archäologischer und genealogischer Dimension. Aus dieser Perspektive betrachtet man das Wissen in seinen zwingenden, aber auch produktiven Formen. Es erscheint als je geordnetes und selbst ordnendes Wissen, ohne unmittelbaren Bezug auf einen Träger, in dessen Interesse es liegt, und das deshalb eine spezifische Form annimmt. Interessen sind in beiden Ansätzen selbst Gegenstand der Modulierung. Sie können sich artikulieren, jedoch nur inner49
halb der Grenzen, die ein spezifischer Habitus, die gegebene Doxa setzt, oder eine derjenigen Positionen einnehmen, die die gegebene Ordnung des Diskurses anbietet. Innerhalb dieses Feldes können Praktiken und Äußerungen gewissermaßen im »Gedränge« mit anderen Diskursen und Praktiken strukturerhaltend oder -umbildend Einfluss nehmen. Das wissenssoziologische Programm besteht darin, eine Korrelation von aktuell vorfindlichen Praktiken und der sie organisierenden Praxis bzw. von konkreten Äußerungen und dem sie organisierenden Dispositiv herzustellen. Habitus und Diskurs nehmen dabei die Rolle der »strukturierenden Struktur« ein.
3. Gesellschaftliche Klassifizierungssysteme des Wissens (David Bloor) Die von Durkheim und Mauss entwickelte zentrale These der Wissenssoziologie lautet: In der Klassifikation von Dingen reproduziert sich die (kulturell und historisch spezifische) Klassifikation von Menschen (Durkheim/Mauss 1903). Diese These hat viel Kritik erfahren (vgl. Lukes 1973; Needham in: Durkheim/Mauss 1903); jedoch findet neuerdings der Aspekt Interesse, dass das Klassifizieren in seiner Systematik und Flexibilität selbst sozialer Natur ist. Auch Bourdieu hat auf formale Schemata sozialer Klassifizierung hingewiesen (siehe vorheriges Kap. III/2.2), diese Schemata selbst aber nicht mehr sozial fundiert.33 An diesem Punkt setzt Bloor an und schlägt vor, der ursprünglichen These von Durkheim und Mauss mit Hilfe eines allgemeingültigen Klassifikationsmodells, nämlich dem Netzwerk-Modell von Mary Hesse (1974), eine systematische theoretische Fundierung zu geben. Danach ist Wissen erstens keine Bricolage aus einzelnen Fakten, sondern ein systematisches Ganzes, das gegenüber den einzelnen Wissenselementen eine überwachende, selegierende Funktion ausübt. Zweitens können Inhalt, Umfang und Struktur eines Klassifikationssystems nicht durch die Umwelt determiniert werden; es gibt keine »natürliche« Klassifizierung. Ein Netzwerk beginnt mit der Zuordnung von Bezeichnungen für unterschiedene Gegenstände und Merkmale in der Umge50
bung und baut sich – via Generalisierung – über subjektiv wahrgenommene Ähnlichkeiten zwischen Gegenständen oder Merkmalen der Umgebung weiter auf. Diese »Erstklassifikation der Umgebung«, das intuitive Gefühl für Ähnlichkeit, ist ein notwendiger Bestandteil der Vermittlung, des Gebrauchs und der Erweiterung von Wissen. Wissen wird hier verstanden als Funktionsbeziehung mit den uns umgebenden materiellen Dingen. Ein Begriff oder ein prädikatives Merkmal kann allerdings nicht vollkommen durch seine Ähnlichkeitsbeziehungen erklärt werden, seine Funktion hängt auch von den Gesetzen ab, die diese Beziehungen determinieren, aber auch von diesen Ähnlichkeitsbeziehungen definiert werden. Die Gesetze, die Gegenstände und Merkmale miteinander in Beziehung setzen, organisieren sich zu einem Klassifikationssystem und führen psychologisch zu Erwartungen über das gemeinsame Vorhandensein von Gegenständen und Merkmalen; soziologisch findet man konventionelle Typifikationen oder kollektive Darstellungen (Durkheim) vor. Es gibt dabei durchaus einen Spielraum für interne Anpassungen. Ein reziprokes Abhängigkeitsverhältnis zwischen Ähnlichkeitsbeziehungen und Gesetzen lässt stets rückwirkende Korrekturen zu. Gleichwohl ist das Netzwerk-Modell kein freischwebendes Denksystem, sondern unterliegt stabilisierenden Schutzmaßnahmen. Im Bereich wissenschaftlichen Wissens gibt es vor allem bevorzugte theoretische Modelle, Metaphern und Analogien, die einheitsstiftende und änderungsresistente Funktion haben, sowie bevorzugte Grenzen oder Trennungslinien, die verschiedene Modelle voneinander abtrennen und deren genaue Anwendungsbedingungen angeben (z.B. Forschungsprogramme, Schulen, Disziplinen). Die Bindungskraft von Klassifikationsschemata ist dennoch auf soziale Prozesse angewiesen. »Ein steter Strom von Entscheidungen ist hinsichtlich der Klassifikationsgrenzen erforderlich: Entscheidungen darüber, welche Gesetze beibehalten werden sollen, wenn die Erfahrung widersprüchliche Ergebnisse liefert oder wenn wir durch gegensätzliche Interpretationen auf die Probe gestellt werden. […] Strategische Entscheidungen müssen die vielen taktischen Entscheidungen überwachen.« (Bloor 1981: 32f.) Doch warum diese Schutzmaßnahmen, die Mary Hesse als evolutionär 51
und kulturell bestimmte »Kohärenzbedingungen« bezeichnet? Folgt man Mary Douglas, so werden bestimmte Gesetze deshalb geschützt, weil sie für Zwecke der Rechtfertigung, Legitimation und als soziale Überzeugungskraft als nützlich gelten. Diese Maßnahmen fördern mithin Interessen; Interessen sind Kohärenzbedingungen. Bloor schließt weiter: »Und da sich Interessen aus sozialen Strukturen ableiten lassen und Bestandteil dieser Strukturen sind, wird die Entdeckung nicht überraschen, dass die Nutzbarmachung der Natur für soziale Zwecke solche Identitäten zwischen Wissen und Gesellschaft schafft, wie sie in den ›Formes primitives des classification‹ vorhergesagt wurden.« (Ebenda: 34)34 Der bislang treffendste Einwand gegen die Durkheim-/Mauss’sche These lautet, dass unsere Konzepte vor allem der Anpassung an die Umwelt dienen, »[and] if they simply reflected the organisation of a particular society, they would not so well fit the physical world« (Benoit-Smullyan 1948: 53). Das Netzwerk-Modell zeigt jedoch, dass Wissenssysteme gleichzeitig die Gesellschaft reflektieren und sich an der Natur orientieren können. Während die Kohärenzbedingungen den sozialen Faktor namens Interesse berücksichtigen, erlaubt die Elastizität des Netzwerks eine Abstimmung der Kohärenzbedingungen mit der Erfahrung. Das Netzwerkmodell zeigt, dass Klassifikationssysteme zwar auch auf individuell-kognitiven Kapazitäten beruhen, sie enthalten jedoch Organisationsregeln mit normativer Wirkung, deren Entstehungsprozess und Bindungseffekt selbst durch und durch kollektiven Charakter hat. Insbesondere für Fragen des Wissenstransfers ist der Aspekt interessant, dass das Spiel der Wahrnehmung von Ähnlichkeiten, der Übertragung von Konzepten in neue Wissensbereiche in jedem Schritt bereits bestehende klassifikatorische Ordnungen des Wissens thematisiert – und diese Ebene bei der Analyse von Relevanzstrukturen, diskursiven Überwältigungen, Orthodoxien oder semantischen Evolutionen berücksichtigt werden sollte, um die Dynamik oder auch Trägheit von Transferprozessen zu verstehen.35
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4. Wissen als Paradoxiemanagement im Modus evoluierender Semantiken (Niklas Luhmann) Auch wenn man, Rainer Schützeichel folgend, an die Bezeichnung »systemtheoretische Wissenssoziologie« zunächst ein Fragezeichen anfügen kann, so ist ihm doch zuzustimmen, dass ein zweiter Blick »nicht nur eine Vielzahl äquivalenter Begrifflichkeiten wie ›Kognition‹, ›Beobachtung‹, ›Information‹, ›Semantik‹, ›Selbstbeschreibung‹ und vor allem ›Sinn‹ aufzubieten hat, sondern auch als Fortsetzung wissenssoziologischer Reflexionen mit anderen Mitteln und anderen Prämissen verstanden werden kann« (Schützeichel 2007a: 258). Luhmann hat, so lässt sich deshalb sagen, im Rahmen seines umfangreichen Werks eine nicht nur implizite Wissenssoziologie vorgelegt. Dies ist vor allem durch seine mehrbändige Reihe zur »Gesellschaftsstruktur und Semantik« bezeugt, deren Untertitel, nota bene, explizit »Studien zur Wissenssoziologie« lautet. Neben einer Reihe von Einzelstudien finden sich hierin auch Beiträge, die sich zur konstruktivistischen Theorie des Wissens, zum Verhältnis von Wissen und Handlung sowie zur Beobachtung der Dynamik von Wissen mit dem Konzept der Evolution von Semantik äußern. Auch Luhmanns konstruktivistische Reformulierung der Wissenssoziologie impliziert einen nicht-repräsentationalen Begriff des Wissens, denn: »Repräsentationstheorien können nur wider besseres Wissen vertreten werden.« (Luhmann 1995: 167) Das System muss, um Kognition auf der Grundlage selbstorganisierter Komplexität zu erzeugen, operativ geschlossen sein. Dabei bleibt es zwar in den Umweltkontakten auf strukturelle Kopplungen angewiesen, aber es kann keine Information aus der Umwelt in das System übernehmen. »Kognition ist nur möglich, wenn und weil der operative Kontakt zur Umwelt unterbrochen ist.« (Ebenda: 166) Gleichwohl bleibt ein Bezug aller Erkenntnis auf Realität vorausgesetzt; in Kant’scher Manier dokumentiert sie sich im Widerstand, den die Erkenntnisbemühungen finden. Anders als bei Kant findet sich der Widerstand jedoch im System selbst – im Fall des Kommunikationssystems Gesellschaft steht Kommunikation gegen Kommunikation. Genau dies ermöglicht
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Lernen, Evolution, Selbstorganisation – kurz: »Widerstandsorganisation«. Der kognitive Kontakt des Systems mit seiner Umwelt ist der des Beobachtens. Dabei handelt es sich um eine Operation, die eine Unterscheidung trifft, um die eine, aber nicht die andere Seite zu bezeichnen, und die bezeichnete Seite dann als Ausgangspunkt für weitere Operationen zu wählen. Damit diese Unterscheidung wirksam wird, muss sie ihre Einheit invisibilisieren (der Beobachter bleibt sich beim Beobachten unbeobachtbar): »Alles Wissen ist letztlich Paradoxiemanagement, und dies in der Weise, daß man eine Unterscheidung vorschlägt, deren Einheit nicht thematisiert wird, weil dies das Beobachten in eine Paradoxie bringen, also blockieren würde.« (Ebenda: 173) Diese paradigmatische Revolution in der Erkenntnistheorie forciert die Umstellung der Wissenssoziologie auf die Analyse des Zusammenhangs von Wissen als Entfaltung von Paradoxiereflexion und deren Zusammenhang mit den charakteristischen Strukturen der Gesellschaft. Interessant ist dann die Analyse von Unterscheidungen, nach deren Einheit, solange sie einleuchten, man nicht fragen muss. »Und die Aufgabe einer Wissenssoziologie könnte es dann sein, die Bedingungen zu erforschen, unter denen bestimmte Unterscheidungen mehr einleuchten als andere.« (Ebenda: 176) Im Übrigen hält der Begriff des Beobachtens bzw. des Beobachters die Möglichkeit offen, wissenssoziologisch oder auch handlungssoziologisch zu verfahren, und zwar in Abhängigkeit davon, wie Systemgrenzen die Verteilung von Einheit und Differenz regeln. Beobachten wird entweder als Handeln (als zu bewirkende Differenzen) oder als Erkennen (als zu prüfende Eindrücke) registriert. Ein erkenntnistheoretischer Primat für Handeln oder Wissen ist nicht länger zu rechtfertigen, denn: »Soziale Systeme operieren in der Form von Kommunikation und erzeugen damit sich selbst als gegenüber ihrer Umwelt abgeschlossene Systeme: und das erst macht es möglich, aber auch notwendig, laufend andere Unterscheidungen zu suchen – in ihrer Umwelt oder in sich selbst.« (Luhmann 1995: 180) Soweit es sich um zu prüfende Eindrücke handelt, stellt sich nun die Frage der soziologischen Analyse von Wissen. Luhmann 54
verabschiedet dazu zunächst das Konzept der Zurechnung von Wissen zu Trägergruppen zugunsten der Frage nach der Korrelation oder Kovariation von Wissensbeständen und der gesellschaftlichen Struktur. Unter Inanspruchnahme von Systemtheorie, der Theorie soziokultureller Evolution und der Kommunikationstheorie geht er der These nach, »daß Ideengut im Verhältnis zur Gesellschaft, die es benutzt, nicht beliebig variieren kann« (Luhmann 1980: 17). Angelpunkt seiner Überlegung ist die gesellschaftliche Verarbeitung von Sinn, die der Wissenssoziologie neue, oder zumindest neu systematisierte Einsichten beschert: 1. Alles menschliche Erleben und Handeln läuft sinnförmig ab und ist sich selbst nur sinnförmig zugänglich. Die Gesellschaft hält dazu Formen bereit, an Sinn (in der Regel selektiv und variierend) anzuschließen und (zumindest temporär) Muster zu stabilisieren. Die Gesamtheit der für diese Funktionen benutzbaren Formen bezeichnet Luhmann als Semantik einer Gesellschaft. 2. »Einzelbeziehungen und Gesamtbeziehung zwischen Gesellschaftsstruktur und Semantik laufen […] nebeneinander her und beeinflussen sich wechselseitig.« (Ebenda: 34) Für funktional hochdifferenzierte Gesellschaften verhält es sich so, dass symbolisch generalisierte Kommunikationsmedien der ausdifferenzierten Teilsysteme bestimmte Kommunikationen hervorheben und damit zugleich zur Ausbildung gesellschaftlicher Funktionsbereiche beitragen. Dazu bedienen sich die Kommunikationsmedien einer je eigenen realitätsgebundenen Semantik, z.B. Liebe, Macht, Geld, »die es ermöglichen, an sich unwahrscheinlichen Kommunikationen trotzdem Erfolg zu verschaffen. ›Erfolg verschaffen‹ heißt dabei: die Annahmebereitschaft für Kommunikation so zu erhöhen, daß die Kommunikation gewagt werden kann […]. Das Überwinden dieser Unwahrscheinlichkeitsschwelle ist vor allem deshalb wichtig, weil es anders nicht zur Bildung sozialer Systeme kommen kann; denn soziale Systeme kommen nur durch Kommunikation zustande.« (Luhmann 1983: 21) Die Sondersemantik eines jeden Medienbereichs ist als Kommunikationscode organisiert, mit dem sowohl ein The55
men- und Problematisierungsvorrat vorsortiert ist als auch ein Set von Regeln, nach denen darüber kommuniziert werden kann. Auf diese Weise versorgt Semantik alle Gesellschaftsmitglieder mit einem »höherstufig generalisierten, relativ situationsunabhängig verfügbaren Sinn« (Luhmann 1980: 19) und macht die Anschlussfähigkeit von Handlungen sozial erwartbar. Dies gilt auf der gesamtgesellschaftlichen Ebene (»Grundsemantik«) und für einzelne gesellschaftliche Teilsysteme und deren »Sondersemantiken«. 3. Semantik lässt sich nicht nur anhand ihrer Spezifität systematisieren; Luhmann unterscheidet außerdem drei Stufen der Verarbeitung von Sinn, ohne den menschliches Erleben und Handeln sich selbst nicht zugänglich ist. In einfachster Form wird »elementares Prozessieren von Sinn« unterstellt, der typisiert, d.h. zeitlich, sachlich und/oder sozial generalisiert wird. Auf dieser zweiten Stufe der Verarbeitung finden wir Semantik vor. Sie ist zwar allgemein verfügbar, bleibt jedoch bricolage, d.h. ausschnitthaft, sich überlappend, womöglich teilweise inkompatibel. Zusätzlich aber entwickelt sich schon sehr früh für ernste, bewahrenswerte Kommunikation das, was Luhmann »gepflegte Semantik« nennt, die ihrerseits dann den take off einer besonderen Ideenevolution ermöglicht (vgl. ebenda). Gepflegte Semantik als »Verarbeitung der Formen der Verarbeitung von aktuellem Sinn« (ebenda: 20) steht dabei vor dem Problem, einerseits elaborierte, andererseits gesellschaftlich plausible Verarbeitung von Sinn zu sein. Gepflegte Semantik löst dies durch die Ausdifferenzierung bestimmter Situationen, Rollen und Teilsysteme. Damit erhöht sie zum einen die Wahrscheinlichkeit ihres Vorkommens und reguliert ihre Rückbeziehbarkeiten in den Alltag. Über Bedingungen und Formen der Ausdifferenzierung in der Gesellschaft vermitteln sich daher auch Transfer-Bedingungen, Plausibilitätsansprüche, Tempo-Erfordernisse für Lernen und Verständigung usw. in die gepflegte Semantik hinein und ziehen ihrer Esoterik und Komplikation Grenzen (vgl. ebenda: 21). Zusammengefasst: Die dynamische Entwicklung von gepflegten Semantiken erklärt sich auch durch ihre zunehmende 56
Verankerung in gesellschaftliche Instanzen der Kommunikation, die für ihre Pflege, Verbreitung und Modifikation sorgen. 4. Die gepflegte Semantik evoluiert. In Luhmanns Konzeption tut sie dies in Analogie zur »Natürlichen Evolution« durch Variation, Selektion und Stabilisierung. Jede Rezeption von Kommunikation ist eine interpretierende Produktion von Sinn. So werden, nur unzulänglich gezähmt durch das Erwartete (Typisierte, Gepflegte), ständig Variationen erzeugt, die auf Resonanz stoßen können oder auch nicht. In einem Prozess von Selektionen stabilisieren sich schließlich gewisse Gegenstände und Regeln der Kommunikation. In einem solchen Fall ist eine Semantik entstanden, die gegenüber Transformationen in einem höheren Maß resistent ist. Mit der Sinnhaftigkeit des Erlebens und Handelns bleibt jedoch stets ein Verweisungshorizont vorhanden, der eine gewisse Flexibilität gewährt. Dabei kann es allmählich zu einer neuen Gewichtung von Momenten der Sinngebung kommen – Momente, die bislang am Horizont standen und nun – gelegentlich plötzlich – in den Mittelpunkt der historischen Aufmerksamkeit rücken (vgl. Luhmann 1983: 9). Eine evolutionstheoretisch basierte Wissenssoziologie erlaubt mithin, den Zwang zur Anschlussfähigkeit (Stabilisierung einer sozial erwartbaren Sorte von Kommunikation) und die Unvermeidlichkeit von Variation (interpretierende Rezeption) zugleich zu beobachten. Für den Diskurs der Wissenssoziologie ist allerdings festzuhalten, dass diese Beiträge vor allem in die Theoriediskussion der Allgemeinen Soziologie, jedoch kaum in die Wissenssoziologie Eingang gefunden und (leider!) so gut wie keine empirische Studien veranlasst haben.
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5. Wissenssoziologie wissenschaftlichen Wissens 36 Eine konstruktivistische Perspektive auf die Wissenschaft schien lange ausgeschlossen. Lange hat auch die Wissenssoziologie in der Tradition von Marx, Durkheim, Gurvitsch und Mannheim die Wissenschaften als einen Sonderfall gesellschaftlicher Wissensproduktion betrachtet, der nicht voll dem Bereich der Wissenssoziologie zugänglich sei (vgl. auch Weingart 1976). Anders als bei politischen Überzeugungen, künstlerischen Stilentwicklungen oder religiösen Doktrinen schloss man im Fall der Wissenschaft soziale Beeinflussung überwiegend aus37 – zu den wichtigen Ausnahmen rechnet Merton. Allenfalls, so die gängige Meinung, könne man sich mit dem Bereich wissenschaftlicher Irrtümer befassen und eben diese auf soziale Faktoren zurückführen. An eine solche Wissenssoziologie des Irrtums schließen sich z.B. Imre Lakatos (1971) oder Larry Laudan (1977) an. In den 1970er Jahren ändert sich das Bild: Auf der Grundlage des sog. »strong programme« werden nun Methoden entwickelt, um auch den Inhalt wissenschaftlichen Wissens einer wissenssoziologischen Analyse zugänglich zu machen; es mehren sich Fallstudien spezifischer Forschungszweige und Untersuchungen, die sich bestimmten Forschungskontexten und -stätten in »anthropologischer Manier« zuwenden. Diese Initiativen haben entscheidend dazu beigetragen, die Produktion wissenschaftlichen Wissens auf die gleiche Weise zu befragen wie andere Wissensformen: Auf welche Weise präsentieren sich den Wissenschaftlern in unterschiedlichen Milieus ihre Untersuchungsgegenstände? Wie formulieren und akzeptieren sie in verschiedenen sozialen Positionen verschiedene Arten von Wissensansprüchen? Wie dringen soziale (nicht-technische) Überlegungen in die Struktur wissenschaftlichen Wissens ein? Kurz: Die konstruktivistische Einstellung hält Einzug. Wissenschaftlich vermittelte Ergebnisse werden wissenssoziologisch als Ansprüche betrachtet, die von bestimmten Gruppen von Handelnden in spezifischen sozialen und kulturellen Kontexten als angemessen erachtet werden (vgl. Mulkay 1981: 56). Diese Einstellung zwingt allerdings weder Gültigkeitskriterien überhaupt fallenzulassen noch allen Wissensansprüchen einen gleichbe58
rechtigten epistemologischen Status zuzuerkennen. Vielmehr wird beides als kulturelle Ressource betrachtet, deren Handhabung und Sinnhaltigkeit in den Kontexten, in denen auf sie rekurriert wird, Fall für Fall festgestellt werden muss. Universale Gültigkeit wird zugunsten hermeneutisch orientierter Sinnanalyse aufgegeben (vgl. ebenda: 58).
5.1
Strong Programme (Barry Barnes/David Bloor et al.)
In den 1970er Jahren ruft die Edinburgh-Schule um Barnes (1974, 1977, 1982) und Bloor (1976, 1983) das »strong programme« (vgl. den Überblick bei Heintz 1993) aus: Nicht nur irrtümliches, sondern auch wahres Wissen gilt nun als durch soziale Faktoren determiniert. Der – wie man in Abweichung vom üblichen Sprachgebrauch sagen könnte – »wissenssoziologische Turn« der Wissenschaftsforschung liest sich in der Programmatik wie folgt: »1.
2.
3.
4.
It would be causal, that is, concerned with the conditions which bring about beliefs or states of knowledge. Naturally there will be other types of causes apart from social ones which will cooperate in bringing about belief. It would be impartial with respect to truth and falsity, rationality or irrationality, success or failure. Both sides of these dichotomies will require explanation. It would be symmetrical in its style of explanation. The same types of cause would explain, say, true and false beliefs. It would be reflexive. In principle its patterns of explanation would have to be applicable to sociology itself. Like the requirement of symmetry this is a response to the need to seek for general explanations. It is an obvious requirement in principle because otherwise sociology would be a standing refutation of its own theories. These four tenets, of causality, impartiality, symmetry and reflexivity define what will be called the strong programme in the sociology of knowledge. They are by no means new, 59
but represent an amalgam of the more optimistic and scientific strains to be found in Durkheim (1938), Mannheim (1936) and Znaniecki (1964).« (Bloor 1976: 4f.)38 Das »strong programme« wird durch das sog. »Interessenmodell« interpretiert (Barnes/MacKenzie 1979). Diese Forschungsrichtung hebt die Unterscheidung zwischen Entdeckungs- und Begründungszusammenhang auf, die die funktionalistische Wissenschaftstheorie gepflegt hat. Die herkömmliche Arbeitsteilung zwischen philosophischer Erkenntnistheorie und soziologischer Analyse der institutionellen und normativen Gültigkeitsbedingungen wird hier durch empirische Analysen historischer und zeitgenössischer Wissensproduktionen ersetzt. Die Kritik an diesem Programm39 fußt vor allem auf dem, was Bijkers den »sozialen Reduktionismus« genannt hat (Bijkers 1993: 124ff.). Die direkte Rückbindung wissenschaftlicher Wissensproduktionen an das Soziale verwischt alle Differenzen zwischen »dem Sozialen« und den Objekten und Techniken des Wissens, ebenso alle Differenzen zu den internen Faktoren der Forschung.
5.2
Laborkonstruktivismus (Karin Knorr-Cetina et al.)
Noch einen Schritt weiter gehen die Arbeiten des sozialen Konstruktivismus in der Wissenschaftssoziologie, initiiert von den Autoren Bruno Latour und Steven Woolgar sowie Karin Knorr-Cetina. Danach werden die Gegenstände wissenschaftlichen Wissens allererst durch die Praktiken der Wissenschaftler selbst erzeugt (siehe vor allem Latour/Woolgar 1979; Knorr-Cetina 1981, 1984; Knorr-Cetina/Mulkay 1983; Pickering 1992). Aus der Kritik am Objektivismus und der mit ihm verbundenen epistemischen Haltung40 heraus formuliert Knorr-Cetina ihre konstruktivistische Perspektive auf Erkenntnis und dem daraus resultierenden Wissen: »Anstatt Wissen als eine Repräsentation von Wirklichkeit zu analysieren, kann man sie als aus dieser Wirklichkeit fabriziert ansehen [und] Wissensproduktion als kon60
struktiven Prozeß analysieren.« (Knorr-Cetina 1981: 227f.) Daraus ergibt sich ein spezifischer Typus von Wissenssoziologie, eine Mikrosoziologie wissenschaftlichen Wissens. Der prototypische Ort der Beobachtungen ist das naturwissenschaftliche Labor, die Werkstatt, in der das Wissen instrumentell fabriziert wird.41 Hier beobachtet der Laborkonstruktivist die Entscheidungsgeladenheit und Kontextualität der Wissensfabrikation (vgl. etwa Latour/ Woolgar 1979; Lynch 1985; Knorr-Cetina 1981). Die Fabrikation wissenschaftlicher Resultate, beginnend mit der Produktion empirischer Daten, ist diesen Beobachtungen zufolge rekonstruierbar als eine Serie von Entscheidungen darüber, »was vorgeht«, und Verhandlungen darüber, »was etwas bedeutet« (ebenda: 229). Jede Entscheidung selegiert die Anschlussmöglichkeiten und erzwingt weitere Selektionen – z.B. wie weitere Experimente durchgeführt oder welche technischen Geräte genutzt werden sollen. Wissensprodukte sind daher sowohl »entscheidungsimprägniert« als auch »entscheidungsimprägnierend« (ebenda: 231). Alle Entscheidungen und Selektionen unterstehen dem Prinzip kontextueller Kontingenz. Für die Wahl bestimmter technischer Instrumente ebenso wie für andere Handlungen im Labor gilt, dass Forscher stets auf verschiedene und variierende kontextuelle Umstände verweisen, die dazu geführt haben. Die konstitutive Indeterminiertheit hemmt allerdings nicht, sondern fördert die wissenschaftliche Produktion von Innovationen und Problemlösungen. In laborkonstruktivistischer Diktion ist beides als Resultat von interpretativen Prozessen und sozialen Dynamiken im Labor zu reformulieren. Die hier versammelte Wissenschaftlergemeinde und ihre Peers außerhalb selegieren, was als Problem und was als Lösung gilt, und sie bestimmen das erwartungsgeleitete Hantieren mit Dingen, die auf »innovative« und »akzeptable« Resultate hinführen. Im diskursiven Prozess der Fabrikation von Wissen erscheinen Innovation und Akzeptanz als temporäre Stabilisierungen, die weitere Variationen und Selektionen nach sich ziehen werden. Der diskursive Prozess bezieht darüber hinaus auch den gesellschaftlichen Kontext mit ein. Knorr-Cetina schlägt dazu den Begriff der »transwissenschaftlichen Felder« vor: Systemabgrenzungen zwischen »intern« (z.B. die Disziplinen) und »extern« (z.B. Institutionen der Forschungs61
förderung, Nutznießer, Medien) werden danach problemabhängig mitdefiniert und damit auch in die Spezifizierung des Problems und seiner Lösungsbedingungen einbezogen. Für diese Handlungsarenen sind »transepistemische« Argumentationen charakteristisch, die neben wissenschaftlichen alle zum Feld gehörige Gruppen und deren Erwägungen einschließen (vgl. Knorr-Cetina 1984: 154ff.). – In die Entscheidung für ein bestimmtes Präparat etwa müssen aus Gründen der Ressourcenabhängigkeit die Üblichkeiten des Labors, Kostenerwägungen, die Attraktivität für Peers und/oder außerwissenschaftliche Institutionen gleichermaßen einfließen. Der Laborkonstruktivismus zeigt, dass und wie praktisches Räsonieren der Wissenschaftler im Labor verschiedenen Rationalitäten und Erwägungen folgt, und insbesondere, wie Wissenschaftler der prinzipiellen Indeterminiertheit der Laborarbeit mit einer opportunistischen Logik entgegentreten.42 Neues Wissen wird bevorzugt über Analogiedenken generiert (vgl. ebenda: Kap. 3; Weingart/Maasen 1997; in diesem Band Kap. IV/2). Der Laborkonstruktivismus wurde stark rezipiert. Man begrüßte die mikrosoziologische, empirische, auf die Produktion und Rezeption wissenschaftlichen Wissens (unter Einschluss seiner relevanten Umwelt) abstellende Orientierung. Doch neben der schon am »strong programme« geübten Kritik reibt man sich hier außerdem an der weitgehenden Beschränkung des Laborkonstruktivismus auf das Labor, an der verordneten Theorielosigkeit und an der mangelnden Berücksichtigung der zunehmenden Vergesellschaftung der Forschung (Industrialisierung oder Politisierung der Forschung). Hasse et al. warnen davor, auf institutionelle Analysen zu verzichten oder den Versuch gar nicht erst zu unternehmen, laborkonstruktivistische Ergebnisse in einen größeren gesellschaftstheoretischen Rahmen (etwa den Luhmanns) zu stellen (vgl. dazu Hasse et al. 1994). Die Wissenssoziologie der Nachkriegszeit hat sich ein weites Stück und in verschiedene Richtungen von frühen Problematisierungen des Wissens entfernt. Aus der direkten Zurechnung von Wissen auf Trägergruppen ist in der Regel eine Kovariation von Wissen und sozialer Struktur geworden. Die verschiedenen Schulen suchen allerdings verschiedene Angelpunkte der Kovariation 62
auf: die konstitutive Struktur des Alltagshandelns (z.B. Typisierungen, Idealisierungen), die geordnete Produktion und Rezeption des Wissens durch Diskurse oder habitusspezifische Dispositionen, die gesellschaftliche Ordnung von Klassifikationssystemen oder Semantiken, d.h. gesellschaftlich hergestellte Formen der Verarbeitung von Sinn. Wenn auch die Ansätze in relativer Isolation zueinander arbeiten, tragen sie doch in der Zusammenschau dazu bei, dass kaum ein Bereich des Wissens von der wissenssoziologischen Analyse ausgeschlossen ist. Selbst dort, wo dies beklagt wird (z.B. durch Langenkamp 1998 für weisheitliches Wissen), ist ein (Wieder-)Einbezug prinzipiell denkbar. Die 1990er Jahre treffen damit auf eine Wissenssoziologie in heterogener Gestalt, aber eben darum auf ein breites analytisches Potential.
63
IV. Neues aus der Wissenssoziologie In den letzten zehn Jahren hat sich die Wissenssoziologie zum einen entlang der zuvor beschriebenen Richtungen bewegt. Die Hermeneutische Wissenssoziologie und die wissenssoziologisch orientierte Wissenschaftsforschung erscheinen besonders aktiv. Poststrukturalistische und systemtheoretische Orientierungen sind demgegenüber seltener als spezifisch wissenssoziologische Unternehmen sichtbar. Zum anderen, und vielleicht entscheidender, gibt es eine ganze Reihen von Entwicklungen: Insbesondere zu erwähnen sind die weiterhin zunehmende thematische Breite der Gegenstandsfelder, die Berücksichtigung der Kehrseite des Wissens, also des Nichtwissens, und die Soziologisierung der Epistemologie, aber auch die schwierige Kontaktnahme mit Rational-Choice-Theorien oder aber kognitionswissenschaftlichen Konzepten. Diese Punkte werde ich jedoch nur skizzieren und mich anschließend auf eine methodische Weiterentwicklung, die Metaphernanalyse, einen rezenten Typus wissenssoziologischer Bemühung, die Analyse visuellen Wissens sowie auf ein interdisziplinäres Thema, die Wissensgesellschaft, konzentrieren. All dies scheint nicht nur für eine weitere Binnendifferenzierung der Wissenssoziologie, sondern mehr noch: für die Ausdifferenzierung einer Wissensforschung zu sprechen.
1. Aktuelle Themen und Forschungsfelder In jüngerer Zeit vermehren sich wissenssoziologische Analysen in den unterschiedlichsten Gegenstandsfeldern. Mit je spezifischem methodischen Zugang liegen beispielsweise Untersuchungen zur wissenssoziologischen Bedeutung der Arbeitssphäre (Alheit 1995), zur Wissenssoziologie der Armut (Leisering 1993), zum Wissenstransfer, speziell im Bereich der Weiterbildung (vgl. Rebel 1989)43 vor, aber auch wissenssoziologische Betrachtungen von Ökologiegruppen (Christmann 1992) sowie Studien zur Geschlechterkonstruktion (Hirschauer 1993) und zur Transformation von Organismen in epistemische Objekte (Ammann 1994). Ob Abfallwirtschaft (Keller 1998) oder Körperpraktiken 64
(Abraham 2002), Genderfragen (Stephan/von Braun 2005) oder in historischer Perspektive zum Managementwissen (WalterBusch 1991): Wissenssoziologische Perspektiven erweisen sich für immer mehr Themenfelder als fruchtbar. Daneben gibt es eine Entwicklungslinie, die von der Wissenssoziologie zur Medienwissenschaft reicht. Bereits 1962 mahnte Schelsky, nach den Auswirkungen der Massenkommunikation auf den Menschen der westlichen Zivilisation zu fragen (vgl. Schelsky 1962: 8). Doch noch in der DFG-Enquete zur Medienwirkungsforschung wird ein erheblicher Mangel an Studien beklagt, in denen die Auswirkungen der Medien auf soziale Sachverhalte, soziale Beziehungen, Strukturen und Normen erfasst würden (DFG-Enquete 1986, Teil 1: 8). Ludes klagt daher die überfällige Bearbeitung medienwissenschaftlicher Fragen mit wissenssoziologischen Mitteln ein (Ludes 1989a: 29ff.). Während er sich allerdings auf den Rahmen der Medienwirkungsforschung beschränkt (z.B. Ludes 1989b), hat seit etwa Mitte der 1990er Jahre ein erhebliches Interesse am sozialen Subsystem »Medien« eingesetzt. Dies artikuliert sich zunächst als Frage nach der durch die Medien determinierten Dynamik öffentlicher Diskurse im Sinn der Thematisierung von »issues« (Mazur/Lee 1993). Die Arbeiten beschränken sich allerdings überwiegend auf die deskriptive und quantitative Analyse der Aufmerksamkeitszyklen in den Massenmedien. Neuere Arbeiten zur medialen Aufbereitung politischer und wissenschaftlicher Diskurse sind vor allem an der qualitativen Wissensdynamik interessiert, die sich aus der medienspezifischen Rezeption und Transformation bestimmter Themen ergibt (z.B. Engels/Weingart 1997). In jüngerer Zeit befasst man sich auch mit den Computermedien: Hypertext, Hypermedien und Multimedia-Applikationen liegen auf der Linie sozialkonstruktivistischer Wissensanalyse. Denn »›sociomedia‹ signifies that when we design computer media we are hardwiring a mechanism for the social construction of knowledge« (Barrett 1992: 1). Die soziomediale Wissensarena wird als »extended conversation among knowledgeable peers« betrachtet, die individuelle User zu einem Netzwerk von Wissensproduzenten und -konsumenten verbindet – mit allerdings neuen Raum- und Zeithorizonten. Den mit der Digitalisierung des Wis65
sens verbundenen Prozessen hat sich auch Nina Degele zugewandt: Ihre »These der Informierung von Wissen behauptet […], dass der Einsatz von Computern Wissen in eine neue, nämlich inhaltsarme und dafür verarbeitungs- und inszenierungsfreundliche Form bringt: Wissen zweiter Ordnung wird wichtiger als inhaltliches Domänenwissen, also Wissen darüber, wie inhaltsspezifisches Wissen zu organisieren, zu inszenieren und in Aktion zu bringen ist. Grund: Inhaltliches Wissen verliert an Bedeutung, denn es veraltet zu schnell und es wird zuviel.« (Degele 2007: 396) Gerade aus der Forschung insbesondere zur Internetnutzung ergeben sich interessante Einsichten, etwa der rezente Trend zur »Kommunikationabwehrkompetenz« sowie zur »Informationsvermeidungskompetenz« (ebenda: 398, 399). Eine Wissenssoziologie, die sich mit der Kehrseite ihres Gegenstands befasst, dem Nichtwissen, ist ebenfalls eine rezentere Erscheinung, sieht man von einigen Ausnahmen, etwa von Mertons »specified ignorance«, ab (Merton in Japp 1997). Wissenssoziologisch drängt sich heute die Frage nach Nichtwissen angesichts gesteigerter Risikowahrnehmung auf. Die Analyse von Nichtwissen gilt als notwendig, um Wissen über Wissen unter Bedingungen von Unsicherheit zu erlangen. Dies geschieht auf Meso- und Makroebene. So entdecken Entscheidungstheoretiker die Bedeutung des Umgangs mit »ignorance« für Organisationen (March 1994) und man identifiziert im Kulturvergleich ganze Systeme des Nichtwissens (Lachenmann 1994).44 In systematischer Absicht liegen z.B. Arbeiten von Japp zur Beobachtung des Nichtwissens (1997) und von Luhmann zur Ökologie des Nichtwissens (1997) vor. Beide unterscheiden zunächst unspezifiziertes von spezifiziertem Nichtwissen. Während spezifiziertes Nichtwissen Wissensbemühung in Gang bringt – es geht um die Bearbeitung eines definierbaren Problems (vgl. Luhmann 1995) – ist unspezifiziertes Nichtwissen unhintergehbar und auch durch andere Wissensunterscheidungen nicht zu überwinden. Augenfälligstes Beispiel sind technisch-ökologische Risiken. In Japps Formulierung empfiehlt sich deshalb ein Umstellen von Wissen auf Operationen, also auf das gesellschaftliche Umgehen mit Nichtwissen. Denn es gilt: Auch in der Welt des zu akzeptierenden Risiko66
bewusstseins ist Kommunikation möglich. »Die Gesellschaft muß in der Lage sein, Kommunikation von Nichtwissen aushalten zu können.« (Luhmann 1997: 176; siehe auch Polanyi 1985; für weitere einschlägige Literatur vgl. Luhmann 1992; Japp 1997) Japp unterscheidet drei Fälle der Entparadoxierung von Kommunikation über Nichtwissen. Die Wissenschaft als paradoxe Einheit von positivem Wissen und spezifiziertem Nichtwissen entparadoxiert sich in der Sozialdimension über die Differenz Problem/ Problemlösung (so auch Merton 1987). Ökologisches Nichtwissen als paradoxe Einheit von positivem Wissen und schwer bis kaum zu spezifizierendem Nichtwissen entparadoxiert sich in der Zeitdimension über provisorisches Wissen und provisorische Verständigungen. Die Problematisierung von Katastrophen schließlich als paradoxe Einheit von spezifischem und unspezifischem Wissen entparadoxiert sich in der Sachdimension über Vermeidungsoperationen – z.B. durch Appelle an das »Prinzip Verantwortung«. In der Tat, in allen Dimensionen des Nichtwissens gibt es einen florierenden Diskurs. Die »Risikosemantik« hält dazu einen erstaunlichen Themenvorrat bereit (z.B. Kernkraft, Gentechnologie, Klimawandel), an dem Nichtwissen kristallisiert und sich über Kontroversen organisiert. Themen und Kontroversen stabilisieren damit, was sich jeder Stabilisierung zu entziehen scheint (ebenda: 191). Die Kommunikabilität von Nichtwissen zielt in der Zeitdimension nicht auf Konsens, sondern auf Verständigungen ab: »Es geht um das Prozessieren von Kommunikation auf der Grundlage des augenblicklichen Informationsstandes und von Prognosen, die erkennen lassen, welche weiteren Informationen ihre Revidierung veranlassen würden.« (Ebenda: 194f.) Mit diesen und weiteren Einsichten entwickelt die Gesellschaft »Denkfiguren, mit denen sie die Unbeobachtbarkeit der Welt aushalten und Intransparenz produktiv werden lassen kann« (ebenda: 220), und die sich zu dem verdichten, was man eine gepflegte Semantik des Nichtwissens nennen könnte. – Kurz: Eine (in dieser Form nicht institutionalisierte) Wissenssoziologie des Nichtwissens fragt nach den sozialstrukturellen Voraussetzungen für spezifische Ausprägungen von Nichtwissen und dessen gesellschaftlicher Kommunikabilität (vgl. dazu auch Wehling 2007a). 67
Neben dieser Vielfalt neuer wissenssoziologischer Gegenstandsfelder gibt es erste, noch überwiegend programmatische Fühlungnahmen mit psychologischen Nachbarfeldern, so etwa mit sozialpsychologischen Ansätzen des Wissens (Bar-Tal/Kruglanski 1988: insbesondere S. 4). Eine »Kognitive Wissenssoziologie«, die sich für das Zusammenwirken kognitiver und struktureller Faktoren interessiert (Nowotny/Schmutzer 1974).45 Im Zuge der Akzeptanz neurowissenschaftlicher Forschung ist allerdings zu erwarten, dass es über den gegenwärtigen Zustand wechselseitiger Kritik oder Ignoranz (Maasen 2007) hinaus bald zu Versuchen interdisziplinärer Ansätze kommen wird. Wichtige Felder sind »soziale Kognitionen« (Schützeichel 2007b), »soziale Repräsentationen« (Schützeichel 2007c), aber auch die »Neurokognition« (Spitzer 2000). Darüber hinaus hat sich ein philosophisches Spezialgebiet ausdifferenziert, das sich mit der Soziologisierung der Epistemologie beschäftigt: »Social epistemology is the conceptual and normative study of the relevance of social relations, roles, interests, and institutions of knowledge. […] Social epistemology centers on the question whether knowledge is to be understood individualistically or socially.« (Schmitt 1994: 1)46 Die realistische Gegenposition zu diesem Programm wird z.B. von Olivé unter dem Titel »A Wide Sociology of Knowledge« vertreten. Diese Variante folgt der Formel: »the sociology of knowledge = the theory of society + the theory of knowledge + sociological analyses, where the first two should form a whole that will inform and condition the content and form of the latter two« (Olivé 1993: 60). Danach muss neben die empirische Analyse vorfindlicher Varietäten des Wissens eine wissenssoziologische Analyse der theoretischen und epistemologischen Vorannahmen solcher empirischen Analysen treten, und zwar im Rahmen einer Gesellschaftstheorie. Olivé plädiert damit für eine Versöhnung wissenssoziologischer Analysen mit einer realistischen Epistemologie. Die Intelligibilität wissenschaftlicher Praxis ergibt sich nach Olivé nicht aus einer Auflösung ins Soziale; trotz aller sozialer, historischer, kultureller, konzeptueller und theoriegebundener Variabilität: »there must be an object invariant under those transformations.« (Ebenda: 9) Eine Klammer für diese und viele ungenannte wissenssoziolo68
gische Entwicklungen ist, dass sie »Knowledge as Culture« (Doyle McCarthy 1996) betrachten. Sie konzentrieren sich weniger auf geteilte Bedeutungen als auf Institutionen, Gruppen und Orte, die lokal spezifische Ideen, Wissen (pl.) und Bedeutungen produzieren und um Aufmerksamkeit und Dominanz ringen. Gerade diese Perspektive provoziert nun erstens die Frage, wo, wie und von wem welches Wissen produziert wird, und zweitens, ob und auf welche Weise es rezipiert wird, und drittens, wie Wissen die Chance hat, sich zu überlokal bekanntem bzw. gültigem Wissen zu vernetzen. Vergleichsweise schwieriger gestaltet sich die Kontaktnahme mit Rational-Choice-Theorien (RC-Theorien). Ausgehend vom Paradigma des methodologischen Individualismus verknüpfen die Ansätze dieser Orientierung konsequent höchst individuelle Absichten mit makrosozialen Konsequenzen.47 Eine nutzentheoretische Fundierung der Entscheidungsfindung unterstellt, dass Menschen intentional mit Blick auf Randbedingungen und Konsequenzen das Beste zu erreichen versuchen. Die aggregierten Folgen der Entscheidungen vieler Einzelner, insbesondere nichtintendierte Folgen und soziale Dilemmata, sind damit der spezifische Gegenstand für RC-Theorien. Dabei ist das Wissen der Entscheider zentral. Auch wenn RCTheorien keinen eigenen Begriff des Wissens haben, geht es stets um die Definition von Situationen sowie um die Verfügbarkeit von Informationen: Wie nehmen Akteure ihre entscheidungsrelevante Umwelt wahr und wie interpretieren sie sie – insbesondere unter Bedingungen von unvollständiger Information und Unsicherheit? Wichtig ist auch: Wissen und Information sind für die Akteure nicht uneingeschränkt und kostenlos verfügbar. Deshalb adressieren RC-Theorien auch die Frage, wie viel und was ein Akteur wissen muss oder umgekehrt: welche Folgen Unwissenheit hat. RC-Theorien zeigen allerdings auch, dass das Wissen um die kollektive schädigende Wirkung der Verfolgung individueller Interessen nicht unbedingt dabei hilft, diese zu vermeiden. Insofern sich Wissen und Information also als eigenständige Güter, Ressourcen oder Restriktionen von Entscheidungen auffassen lassen, sind RC-Theorien im Prinzip wissenssoziologisch anschlussfähig, auch wenn spezifisch wissenssoziologische Fra69
gestellungen nach der Genese von Sinn, der sozialen Geteiltheit und Relativität von Wissensbeständen zumindest nicht primär bearbeitet werden. Anette Schnabel plädiert deshalb zu Recht für eine wechselseitige Offenheit von Wissenssoziologie und Rational Choice: Einerseits ließen sich die RC-Theorien »durch die verschiedenen Dimensionen des Sinnverstehens sinnvoll und gewinnbringend erweitern. Gleichzeitig erweitern RC-Theorien mit der systematischen Untersuchung der Bedingungen von Informationsbeschaffung und Informationsverwendung den wissenssoziologischen Analysekosmos.« (Schnabel 2007: 255)48
2. Eine rezente wissenssoziologische Methode: Metaphernanalyse Eine Analyse der Produktion und Zirkulation von Wissen in einer Gesellschaft, die sich auf der Höhe des erreichten Theoriestandes und des methodischen Handwerkszeugs befindet, kann heute berücksichtigen, dass in der funktional differenzierten Gesellschaft Wissen nicht als kompakte Größe zirkuliert, auch wenn dies im Fall von Themen, die für die Politik gerade brisant, für die Wissenschaft eine Herausforderung und für die Medien interessant sind, gelegentlich den Anschein hat. Sogar dann handelt es sich stets um eine nur temporäre Stabilisierung von Kommunikationen, die innerhalb und zwischen den Teilsystemen sehr spezifisch verläuft. Eine methodische Entwicklung, die beides, die teilsystemisch spezifische Rezeption von Diskursen, also die Konstruktion lokaler Bedeutungen, aber auch die fallweise Vernetzung dieser Diskurse zu global signifikanten Themen in den Blick nimmt, ist die sog. Metaphernanalyse. Ihr geht es zum einen um eine klare Operationalisierung des explanandums, des zirkulierenden Wissenselementes, und zum anderen um die gezielte Verschränkung metaphern-, diskurs- und systemtheoretischer Einsichten zur Analyse von (in der Regel inkrementalen) Wissensprozessen. Die Metaphernanalyse geht von einem klar umschriebenen Wissenselement, einem Begriff, der ein Konzept oder ein Modell bezeichnet, aus und folgt seiner Karriere durch verschiedene wis70
senschaftliche, aber auch außerwissenschaftliche Diskurse. Die Idee ist, das Funktionieren von Wissenselementen so zu betrachten wie Metaphern in der Poesie. Wie Metaphern in einem Gedicht zunächst »unpassende« Wörter sind, die erst durch die Interaktion mit dem Gedicht Sinn erlangen und umgekehrt dem Gedicht eine semantische Nuance geben, die es ohne die Metapher nicht erhalten hätte, so verhält es sich mit der Interaktion von neuen Wissenselementen in immer neuen Diskursen. Man kann erwarten, dass ein Begriff in verschiedenen Kontexten unterschiedlich rezipiert wird, aber auch, dass sich die Kontexte durch den Transfer dieser Begriffe auch selbst verändern. Diskurs- und subsystemspezifische Bearbeitungen müssen aber nicht verhindern, dass dennoch globale Bedeutung zustande kommt, sich »Themen« bilden. Eine Wissenssoziologie, die das Konzept der Metapher ernst nimmt, kann auf drei einschlägige Ansätze aus der Metapherntheorie zurückgreifen:49 1. Der semantische Ansatz, wie er von Max Black (1962) und Mary Hesse (1972) vertreten wird, hat den Namen »Interaktionstheorie« bekommen. Danach beschreiben Metaphern ein Phänomen eines primären Systems in Begriffen eines sekundären Systems, wobei beide Systeme miteinander interagieren. Semantische Theorien fokussieren den interaktiv hergestellten Wandel von Bedeutung sowohl im diskursiven Kontext als auch in der Metapher selbst. 2. Der pragmatische Ansatz hebt hervor, dass Metaphern keine Sonderbedeutung haben, sondern lediglich Wörter oder Phrasen sind, die in ungewöhnlicher Weise benutzt werden (vgl. Davidson 1984: 202). Diese Dissonanz muss bearbeitet werden, soll überhaupt Sinn oder Bedeutung entstehen. Pragmatische Theorien fokussieren die Herstellung neuer Bedeutung als Produkt der Interaktion zwischen der jeweils buchstäblichen Bedeutung von Kontext und Metapher. 3. Der konstruktivistische Ansatz reformuliert diesen Zusammenhang. Nach Richard Rorty zwingt uns ein fremdes, unvertrautes Element nicht nur, wie der pragmatische Ansatz meint, es innerhalb seines unmittelbaren Kontexts zu verarbeiten. Nur 71
innerhalb eines ganz »neuen Vokabulars« ergäben beide, die unvertraute Metapher und der vertraute diskursive Kontext, überhaupt einen Sinn. Konstruktivistische Theorien fokussieren den Effekt einer gelungenen Interaktion von Metapher und Kontext. Diese Interaktion bringt ein neues, übergreifendes Sprachspiel hervor, in dem beide Sinn machen. In diskursanalytischer Übertragung erscheinen Metaphern als einzelne diskursive Elemente innerhalb eines breiteren diskursiven Kontexts. Während Diskurse Sprachspiele sind, die vertraut und geregelt sind, handelt es sich bei Metaphern (d.h. neuen Wissenselementen) um frisch importierte Begriffe oder Konzepte, die (noch) unbekannt und fremd sind. Daher folgt: Erstens ist Metaphorizität keine stabile Eigenschaft eines Begriffs, sondern stellt sich immer nur relativ zu seinem Kontext her. Zweitens ist Metaphorizität ein flüchtiger Zustand. Typischerweise versucht ein Diskurs dadurch einer Metapher einen für ihn spezifischen Sinn zu verleihen, dass er sie weitestgehend in sein Vokabular, seine Methoden usw. integriert. Genau durch diese Maßnahmen macht der Diskurs aus der »lebendigen« Metapher eine »tote« – sie wird zum regulären (Wissens-)Bestandteil des Diskurses. Kann ein Diskurs aus einer Metapher keinen Sinn heben, wird sie ausgesondert. Genau zwischen diesen beiden Möglichkeiten liegt der Bereich diskursiver Innovation: Die Metapher kann nur um den Preis rezipiert werden, dass sich der Diskurs selbst modifiziert. Beide Aspekte der Metapher, ihre dynamische Relation zum Kontext und speziell ihre Flüchtigkeit, zeichnen die Metapher als eine ideale Kandidatin für die Analyse von Prozessen des Wissenstransfers aus. Die Produktion, die Zirkulation, die Modifikation von Wissen, das Kommen und Gehen von klar umschriebenen Einheiten des Wissens lassen sich mit dem Konzept der Metapher und ihrer Eigenschaften nachzeichnen. Die Metaphernanalyse knüpft dabei an zwei Sorten von Diskurstheorien an: Eine ist durch Foucaults »Ordnung des Diskurses« informiert. Aus dieser Warte geschieht die Verarbeitung einer Metapher über eine Reihe von Mechanismen und Praktiken, durch die jeder Diskurs seine Reproduktion kontrolliert und vor 72
allem die Varianz kanalisiert. Die bereits bestehende Ordnung eines jeden Diskurses selegiert gegen übergroße Innovation und Instabilität; die de-stabilisierende Kraft der Metapher jedoch hält den Diskurs zugleich für Modifikationen und Anschlüsse offen – vital für jeden Diskurs. Eine andere Diskurstheorie ist in Luhmanns Wissenssoziologie enthalten, die an der Evolution von Semantiken interessiert ist. Aus dieser Warte geschieht die Verarbeitung von Metaphern in einer Weise, die spezifisch für die Semantik eines jeden gesellschaftlichen Subsystems (Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst etc.) ist und analog zu den evolutionären Mechanismen der Selektion, Variation und Stabilisierung verläuft. Metaphern reichern die bestehenden Semantiken an, erhöhen also die Variation, aus der einzelne Teilsysteme spezifisch selegieren. Ist der Import einer bestimmten Metapher erst in einzelnen Semantiken erfolgreich, so erhöht sich der selektive Druck auf die Semantiken anderer Teilsysteme, es ebenfalls mit dieser Metapher »einmal zu versuchen«. In der Folge ko-evoluieren Semantiken einzelner Teilsysteme eine Zeitlang um einen zentralen Topos (Stabilisierung). Diese theoretischen Überlegungen überführt die Metaphernanalyse auf eine gut operationalisierbare Ebene und vermeidet gleichzeitig vorzeitige Interpretationsleistungen. Methodisch verfährt sie so, dass sie den Gegenstand, das interessierende Wissenselement, konstant hält (man wählt z.B. den Begriff Chaos, vgl. die Studie in Weingart/Maasen 1997) und dessen Karriere mit Hilfe bibliometrischer Methoden durch alle wissenschaftlichen Diskurse und mit Hilfe traditioneller Bibliographie durch außerwissenschaftliche Diskurse folgt. Dabei stellt man erstens die zu- oder abnehmende Häufigkeit der Verwendung des Begriffs über Zeit fest und zweitens seine Diffusion in immer mehr oder Konzentration auf immer weniger Disziplinen. Die Positivität der gesellschaftlichen Erscheinung eines Wissens dokumentiert sich in der bibliometrischen Abbildung einer Wortgestalt. Hat man über einen bestimmten Zeitraum die Häufigkeiten ihres Auftretens und ihre Verbreitung identifiziert, erfolgt ein erster Eingriff durch die Auswahl derjenigen Diskurse, die für die Ausgangsfragestellung am ergiebigsten erscheinen. Erst dann folgt eine auf den Inhalt bezogene Diskursanalyse, die sich auf 73
die Interaktionen dieses Begriffs mit den ausgewählten Kontexten konzentriert (z.B. Chaos mit der Ökonomie oder der Psychologie) und dabei den Diskurs und auch sich selbst verändert. Dies trägt der diskursanalytischen Einsicht Rechnung, dass neues Wissen nur in geordneter Weise in einen Diskurs Eingang finden kann, umgekehrt aber auch Diskurse selbst durch geringfügigere Anlässe zum Teil erheblich modifiziert werden können. Vor diesem Hintergrund lassen sich zunächst die lokalen Besonderheiten der Aneignungen eines Begriffs und gegebenenfalls auch ein einsetzender Bedeutungswandel feststellen. Im letzten Schritt fragt man, ob und an welchen Punkten sich diese verschiedenen Bedeutungsnuancen einer Metapher zu einem vielleicht heterogenen, aber doch hinreichend verbindenden Topos verdichten (das kann z.B. die Form eines Issues, eines Dispositivs oder einer »kulturellen Matrix« annehmen; im Fall von Chaos wird sie als »Chaotics« [Hayles] bezeichnet). Genau dies will eine um die Metaphernperspektive angereicherte Wissenssoziologie. Sie will die zum Teil inkrementalen Prozesse zeigen, die schließlich global wirksames Wissen produzieren und verbreiten – oder auch nicht. Der Weg zu gesellschaftlich signifikantem Wissen führt über lokal spezifische Aneignungen (seien sie seriös, oberflächlich oder partiell). Wissenstransfer oder die Produktion von »Themen« im Luhmann’schen Sinn ist die Resultante all dieser Bemühungen.
3. Eine rezente Wissenssoziologie: Visuelle Wissenssoziologie Richtig ist: Der Begriff »visuelles Wissen« ist unterbestimmt. Es meint so Unterschiedliches wie spezialisiertes Sonderwissen über Visuelles (z.B. Ästhetik oder Ikonik), aber auch die Form, die als ausschließlich visuell vermitteltes Wissen auftritt, sowie dasjenige Wissen, das gesellschaftlich als »Wissen« gilt und mittels neuer audiovisueller Formen verbreitet wird (Beispiel Powerpoint-Präsentationen) (vgl. Schnettler/Pötzsch 2007). Wer nach dem »visuellen Wissen« fragt, fragt jedoch grundsätzlich immer nach dem Ikonisch-Piktoralen, nach der soziokulturellen Codierung 74
des Sehens und nach den gesellschaftlichen Bedingungen des Wissens. Zusammen bilden diese Aspekte den Rahmen, innerhalb dessen sich die Frage nach dem »visuellen Wissen« adressieren und bearbeiten lässt. Allerdings existieren schon deutliche Bestrebungen zur Entfaltung einer visuellen Wissenssoziologie (Raab 2006; Raab/Tänzler 2006) als Ausarbeitung einer sozialwissenschaftlichen Hermeneutik (Soeffner 2004) des Visuellen, der Analyse videographischer Daten (Knoblauch 2006) oder der »Grammatik« von Visualisierungen (Pötzsch 2006). Wissenssoziologisch ist die Bedeutung des Visuellen für die Wissenskonstitution und Wirklichkeitskonstruktion (Heßler 2005) nicht ohne Vorläufer (vgl. Raab 2006: 47f.): So wies etwa schon Mannheim (1964) auf die Wesensverschiedenheit von Bild und Sprache hin. Während in sprachlicher oder textlicher Form sinnhafte Bedeutungseinheiten durch Linearität und sukzessive Aneinanderreihung zustande kommen, gelingt dies visuellen Formen durch einen simultanen und integralen »präsentativen Symbolismus« (Langer 1965). Nicht zuletzt mehren sich deshalb gegenwärtig die Anstrengungen im Bereich bildanalytischer Methodik. So untersucht etwa Mitchell (1997 [1992]) in Anlehnung an Panofskys Ikonologie (1978) mit seinem Ansatz des Pictorial Turn Bilder jenseits von Ästhetik oder Medienkritik, indem er ikonologische mit ideologiekritischen Analysen verbindet. Im Sinne einer »visuellen Diskursanalyse« fragt er nach den sozialen und kulturellen Bedingungen, die bestimmte Bilder hervorbringen und deren Wahrnehmung determinieren (vgl. hierzu auch die »Visual Studies« und die »Radical Art History«; s. Bryson 2001; Schulz 2005). Der von Gottfried Boehm proklamierte »Iconic Turn« (Boehm 1994: 13) adressiert mit einer phänomenologisch-anthropologischen Bestimmung eher erkenntnistheoretische und bildphilosophische Fragen. Als dezidierter Gegenentwurf zur Hegemonie der Sprache in der Erkenntnisproduktion fragt er danach, was ein Bild ist (Boehm 2006), wie die bildliche Wirkungsweise bestimmt werden kann und wie sie sich von anderen Formen menschlichen Ausdrucks unterscheidet. 75
Visuelle Medien wurden in der Forschungspraxis von Anthropologie, Ethnologie und Volkskunde schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts genutzt und fließen heute in den Ansatz einer Visual Anthropology als medial gestützter Feldarbeit ein (z.B. Collier 1967). Zunächst unter Titeln wie »Visual Sociology« (de Miguel/ Pinto 2002; Schändlinger 1998), dann unter Titeln wie »Visual Culture« (Bryson et al. 1991; Evans/Hall 1999; Mirzoeff 1999; Walker/Chaplin 1997) und Visual Studies (Schulz 2005: 85-91) versammelt sich die sog. »Bildkulturwissenschaft« (Holert 2000: 21), die wesentliche Impulse der kritischen Gesellschaftstheorie, der Medienkritik und der Diskursanalyse aufnimmt und von Texten auf bildliche Ausdruckformen überträgt. Einen spezifischen Ansatz stellt hier die »Bilddiskursanalyse« dar (Maasen et al. 2006): Die Wirkungen von Bildern werden als Resultate diskursstrategischer Arrangements betrachtet. Dabei verbinden sich diskurstheoretische Überlegungen Foucaults mit dessen macht- und subjekttheoretischen Prämissen: Bilder tauchen in bestimmten Macht-Wissens-Konstellationen (Dispositiven) auf, verteilen im intermedialen Zusammenspiel mit Texten oder architektonischen Formen Sichtbarkeiten, erzeugen politische Relevanzen und ermöglichen oder forcieren Subjektpositionen. Analog zu den Feldern des Sagbaren geht es diesem Ansatz darum, Felder des Sichtbaren zu erkunden. Weitere Impulse gehen von der Wissenschafts- und Technikforschung aus, die zeigt, dass und wie Bilder zu Instrumenten nicht nur der Wissenschaftskommunikation, sondern auch der Erkenntnis geworden sind (vgl. Heßler 2005: 273ff., Jones/Galison 1998). Sie problematisiert den Status eines Bildes als Repräsentation und »epistemisches Ding« (Rheinberger 2001). Von besonderem Interesse sind derzeit Untersuchungen zu bildgebenden Verfahren, wie etwa in der Neurophysiologie (Dumit 2003) sowie spezifischen Wissenschaftsbereichen wie der Computervisualistik oder der visuellen Neuroinformatik. In den hier gepflegten »Viskursen« (Knorr-Cetina 2001) ist Visuelles in besonderer Weise Teil der »epistemischen Kultur« (Knorr-Cetina 1999). Insgesamt ist Hubert Knoblauch darin zuzustimmen, »dass der zunehmend häufigere Einsatz visueller Instrumente bei der Erzeugung und Vermittlung von Wissen ein bedeutendes For76
schungsthema der Wissenssoziologie bleiben wird« (Knoblauch 2005: 334).
4. Ein rezentes (wissens-)soziologisches Forschungsthema: Wissensgesellschaft »Wenn Wissen konstitutiv ist für Gesellschaft und soziales Zusammenleben, dann braucht es besondere Begründung, heute den Begriff ›Wissensgesellschaft‹ aufzubringen. Neu sind in modernen Gesellschaften insbesondere die Systematik und die Intensität der Befassung mit Wissen: Zum einen sind die Institutionen und Strukturen, die Wissen produzieren – allen voran die Wissenschaft –, im Laufe dieses Jahrhunderts systematisch ausgebaut worden. Die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung sind so hoch wie nie. […] Zum anderen wird die Problemlösung durch Wissen zum Prinzip: Immer systematischer werden Strukturen und Prozesse untersucht, gemessen und ausgewertet. Die gewonnenen Ergebnisse werden zu ihrer Verbesserung und Optimierung genutzt. Theoretisches Wissen fließt damit heute in viel stärkerem Maße in Planungen und Maßnahmen ein.« (Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie 1996 [1998]) Gerade erst ist bekannt geworden, dass wir nun in einer Wissensgesellschaft leben – noch diskutieren vor allem Sozialwissenschaftler über deren Strukturen, Voraussetzungen und Folgen – da veröffentlicht das Bundesministerium für Bildung und Forschung einen »Delphi-Bericht«, der sich mit den Auswirkungen dieses »Sachverhalts« auf Bildungsprozesse und -strukturen befasst. Immerhin: Die Bildungsplanung für die (künftigen) Mitglieder der Wissensgesellschaft steht auf der politischen Agenda. Dass Wissen unter (sogleich kommunizierter) Dauerbeobachtung steht (siehe in diesem Band Kap. I), lässt sich kaum deutlicher zeigen. Was aber verbirgt sich hinter diesem Etikett, das nicht selten in einem Atemzug mit dem Stichwort »Postmoderne« genant wird?50 Über einiges scheint Einmütigkeit zu bestehen:
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1. Neben Geld und Macht gilt Information, Wissen und Expertise nun als eine gleichberechtigte Ressource gesellschaftlicher Reproduktion (zur Unterscheidung von Information, Wissen und Expertise siehe Willke 1996). 2. Man beobachtet die Zunahme wissensbasierter Berufe und deren Diffusion in immer neue Bereiche der Gesellschaft (für quantitative Analysen siehe Machlup 1962; Machlup/Kronwinkler 1975). Bildungs- und Karrierewege verlaufen nicht länger linear. 3. Als Ursachen dieser Entwicklung werden z.B. die zunehmende Verwissenschaftlichung, die Globalisierung der Informations- und Wissensnetze sowie die gesteigerte Wahrnehmung von Risiko und Kontingenz benannt, die Bedarf nach und Angebot von Wissen ständig erhöhe. 4. Wie auch immer der aktuelle Status der gesellschaftlichen Entwicklung eingeschätzt wird – ob wir bereits nach Stehr in einer Wissensgesellschaft leben oder ob sie, so Willke, nur ihre Schatten vorauswirft –, man ist sich jedoch einig, dass es sich bei der zunehmenden Wissensbasierung der Funktionsbereiche um einen evolutionären (nicht: revolutionären) Prozess handelt, der erhebliche, nämlich gesellschaftlich-transformative Effekte haben wird. Über die Art der Transformation bestehen allerdings Meinungsverschiedenheiten, die vor allem aus der unterschiedlichen Auffassung darüber resultieren, welche Rolle die Wissenschaft in der Wissensgesellschaft einnimmt, wie sich die Wissensproduktion vorrangig organisiert, und welche Funktion dem quantitativen und qualitativen Wandel des Wissens im Hinblick auf sein Orientierungspotential zukommt. Der folgende Abschnitt stellt zunächst eine »radikale«, steuerungstheoretisch dominierte, dann eine »gemäßigte«, handlungstheoretisch orientierte Perspektive vor. Für Willke steht fest: Von einer Wissensgesellschaft ist dann zu sprechen, wenn alle Funktionsbereiche der Gesellschaft wissensabhängig und auf die eigenständige Produktion von neuem Wissen angewiesen sind. Für ausdifferenzierte und hochtechnisierte Gesellschaften des Westens sei dies bereits der Fall (Willke 78
1999). Hier sind »die Strukturen und Prozesse der materiellen und symbolischen Reproduktion einer Gesellschaft so von wissensabhängigen Operationen durchdrungen, dass Informationsverarbeitung, symbolische Analyse und Expertensysteme gegenüber anderen Faktoren der Reproduktion nachrangig werden« (Willke 1998: 162). Die für Willke, aber auch Gibbons et al. wohl einschneidendste Veränderung ist: Der Wissenschaft kommt in der Wissensgesellschaft keine fraglose Vorrangstellung mehr zu. Über die Wissenschaft hinaus sind nun auch das Kultur-, Rechts-, Wirtschaftsoder Gesundheitssystem zunehmend auf eigenständige Wissensproduktion angewiesen. Gibbons et al. beobachten, dass sich im industriellen Sektor neben den »knowledge based industries« sog. »knowledge industries« entwickeln (Gibbons et al. 1994: 84f.), die gezielt Kommunikation zur Verwertung in anderen Bereichen herstellen. Eine Folge ist, dass alle wissensbasierten Teilsysteme sich tendenziell heterarchisch gliedern. Mit der Diversifizierung und Spezialisierung der Produktionsstätten des Wissens kommt es auch zu neuen Produktionsformen. Zum einen stellt sich die primäre Form der Wissensproduktion auf multi-, inter- oder transdisziplinäre Modi um; zum anderen wird sie insgesamt stärker problemorientiert veranlasst sowie flexibel und projektförmig organisiert. Gibbons et al. führten für diese »neue Wissensproduktion« 1994 den Begriff »Mode 2« mit der Prognose ein, dass die herkömmliche, disziplinär orientierte Wissensproduktion (»Mode 1«) allmählich ersetzt oder weitgehend in den »Mode 2« integriert werde. Der Kommunikationsmodus in transdisziplinären Kontexten selbst stellt sich um von »Plan« und »Anwendung« auf »Beratung« und »Verhandlung«.51 Organisationen reflektieren zunehmend auf sich selbst als wissens(v)erarbeitende Systeme (Willke 1998). Die Frage nach dem Orientierungspotential des so produzierten Wissens tritt in der radikalen Variante hinter der systemspezifisch und institutionell effizienten Organisation und Kommunikation von Wissen zurück. Zwar liegen erste Studien, etwa zur »organisierten Wissensarbeit« und zur »New Production of Knowledge«, vor (Willke 1998, 1999; Gibbons et al. 1994), doch die empirische Basis der Aussa79
gen ist noch schmal. Die erwähnten Entwicklungen zu eigenständiger Wissensproduktion in den verschiedenen nicht-wissenschaftlichen Teilbereichen und die neuartigen Produktionsformen des Wissens sowie die dynamisierten Bildungs- und Karriereverläufe lassen sich durchaus als Trends beobachten – aber indizieren sie den Bedeutungsverlust wissenschaftlicher Wissensproduktion? Stehr und Böhme beispielsweise sind nicht dieser Auffassung. Sie stellen demgegenüber einen immer noch zunehmenden Trend der Verwissenschaftlichung von immer mehr Lebensbereichen fest; sie halten nicht Wissen generell, sondern Wissenschaft für die unmittelbare Produktivkraft (siehe Böhme/Stehr 1986: 8). Weshalb sie dennoch von einer Wissens- und nicht von einer Wissenschaftsgesellschaft sprechen, begründen sie so: »The focus is not merely science but the relationships between scientific knowledge and everyday knowledge, declarative and procedural knowledge, knowledge and non-knowledge. It is only after one acquires a sense of the societal significance of such opposites and oppositions that the full sociological significance of knowledge begins to emerge. Such a perspective ensures that one realizes the extent to which knowledge can form the basis for authority; that access to knowledge becomes a major societal resource and the occasion for political and social struggles.« (Ebenda: 8f.) 1994 legt Stehr eine umfassende Analyse der »Knowledge Society« vor, in der er einigen gegenläufigen Entwicklungstendenzen der Wissensgesellschaft nachgeht, die alle der gleichen Paradoxie entspringen: »[T]he growth and the broader dissemination of knowledge paradoxically produces greater uncertainty and contingency.« (Stehr 1994: 222) Zwar kommt staatlicher Überwachung, Registrierung und Datensammlung eine wachsende Bedeutung zu, der Grad an staatlicher Rationalisierung werde indessen weit über- und die Möglichkeit, sich dem zu entziehen, weit unterschätzt. Die Verbreiterung von Expertise und die gesellschaftliche Durchdringung mit reflexivem Wissen autonomisiere die einzelnen und trage gleichzeitig zur wachsenden Fragilität des Gesamtsystems bei. Die Devolution des Staates ist aus dieser Sicht vor allem eine paradoxe Folge seines Erfolgs im Hinblick
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auf den erreichten Stand von Bildung, Wohlstand und Frieden. Auch die vielbeschworene Globalisierung führt unter wissensgesellschaftlicher Ägide zu widersprüchlichen Entwicklungen: Sie initiiert weltweite Sozial- und Wissensbeziehungen und fördert lokal spezifische Transformationen. Der Kontrolle durch Wissen wirkt vor allem die Kontrolle über Wissen entgegen: Es ist Gegenstand wissenschaftlicher und politischer Kontroversen, die sich bevorzugt an Fragen der Anwendung von und des Zugangs zu Wissen entzünden. Auch die (stets lokalen) Aneignungsprozesse setzen das Wissen dauernden Kontroll-, aber auch Wandlungsprozessen aus. Kurz: In der gemäßigten Variante ist die Wissenschaft noch immer die vorherrschende Produktionsform des Wissens, und dies gilt weitgehend auch für nicht-akademische Kontexte und transdisziplinäre Settings. Die quantitativen und qualitativen Aspekte ihrer Wissensbasierung hat für die Gesellschaft nicht-eindeutige Effekte: In der Wissensgesellschaft wachsen Kontingenz und individuelle Handlungsspielräume parallel (dieser Auffassung schließt sich der »Delphi-Bericht« an). Trotz einer ansehnlichen Literatur zum Thema harren jedoch noch wichtige Fragen der sozialwissenschaftlichen Bearbeitung. In der Tat. Weiterhin stellt die Diagnose »Wissensgesellschaft« eine Herausforderung für die Theorie dar. Nach der Reflexion auf die Wissensbasierung der Gesellschaft, insbesondere auf die Phänomene Kontingenz, Risiko und Nichtwissen steht nun die intensivere Reflexion auf die institutionelle und diskursive Bearbeitung von Wissensbasierung, Kontingenz, Risiko und Nichtwissen an. Wie lässt sich die Organisation von und der Diskurs in wissensproduzierenden und -konsumierenden Settings theoretisch fassen, insbesondere die Interaktion verschiedener Wissensformen? Eine wichtige Forschungslinie stellt in diesem Zusammenhang das Thema »Expertise« dar, insbesondere im Hinblick auf die Praktiken der Produktion, Verteilung, Rezeption und Interaktion von Wissen (pl.!).52 Auf der Makroebene stellt sich die Frage nach der Kommunikation über verschiedene Teilsysteme (z.B. Politik, Wissenschaft, Medien) und verschiedene Formen der Expertise (Wissenschaftler/Professionelle/Betroffene) hinweg. Wie bil-
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det sich dies institutionell (vgl. dazu etwa Willke 1998) und auf der Mikroebene transdisziplinärer Kommunikationen ab? Schließlich und nicht zuletzt stellt die Diagnose »Wissensgesellschaft« eine Herausforderung für das Projekt sozialwissenschaftlicher Aufklärung dar. Die Problematisierung des Status von »Wissen«, »Wissenschaft« und der »Experten« schließt per Implikation eine Neubestimmung der Rolle sozialwissenschaftlicher Expertise ein. Offenkundig hat die Soziologie Konkurrenz bekommen; die laufende Beobachtung der Gesellschaft durch eine zentrale Beobachtungsstelle »Sozialwissenschaft« hat sich differenziert und dezentralisiert in eine Vielfalt standortbezogener Beobachtungen relevanter Ausschnitte von Gesellschaft durch dafür ausgebildete Experten (z.B. auch durch Massenmedien, Marktanalysen, Meinungsforschung oder Social Neuroscience, vgl. Restak 2006). Eine Fülle von Publikationen stellt diese Desiderata immer wieder fest und klagt insbesondere die klassischen Fragen der Sozialwissenschaften ein: So mangele es derzeit etwa an einer kritischen Diskussion über Herrschaft, soziale Ungleichheit, Bildung oder über den Wert der Ware Arbeitskraft – unter wissensgesellschaftlichen Vorzeichen. Erst wenn man Diskussionen dieser Art wieder führe, lasse sich auch die Frage klären, ob oder inwiefern die Wissensgesellschaft »Mythos, Ideologie oder Realität« sei (so etwa Bittlingmayer/Bauer 2006). Insofern ist denjenigen Stimmen Recht zu geben, die das Etikett Wissensgesellschaft eher als Verständigungsformel sehen, die Anlass gibt, über die oben genannten und weitere Fragen weiter nachzudenken. Solchermaßen eingestellt, kann die Wissenssoziologie sowohl der Allgemeinen Soziologie als auch einigen Spezialsoziologien zusätzliche analytische Perspektiven anbieten. Dies geschieht in den letzten Jahren auch verstärkt. Dazu einige Beispiele: • •
der Allgemeinen Soziologie liefert sie wissensbezogene Aspekte des sozialen Wandels (s.o.); der Wissenschafts- und Bildungssoziologie Beiträge zum Status von (sozial-)wissenschaftlichem Wissen, zu Aus- und Weiterbildungssystemen (lebenslanges Lernen, Hybridqualifizierung; z.B. Brüsemeister 2007; Altrichter et al. 2007); 82
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der Organisationssoziologie Beiträge zur Organisation wissensbasierter Systeme, zum organisationalen Lernen, zur Interaktion sozial verteilter Wissenssysteme (z.B. Drepper 2007); der Professionssoziologie Beiträge zum Aufbau, Wandel und Diversifizierung von Expertendiskursen, zum Verhältnis von Laien, Experten und Professsionen sowie zum Formwandel des Intellektuellen (z.B. Franzmann 2007; Maasen 2007); der Politischen Soziologie Beiträge zum Verhältnis von Politik und Wissen (z.B. Politikberatung; z.B. Weingart/Lentsch 2008); der Wirtschaftssoziologie Beiträge zur Rolle nationaler Innovationssysteme und der Rolle des Wissens für wirtschaftliches Wachstum (z.B. Strulik 2007).
In dieser Funktion, neue Perspektiven für die Soziologie und ihre Spezialgebiete zu liefern, kann die Wissenssoziologie mehr als ein (zum Teil für marginal gehaltenes) Spezialgebiet der Soziologie sein, nämlich ein interdisziplinäres Unternehmen, das sich mit gesellschaftstheoretischen und zeitdiagnostischen Ambitionen den Fragen nach Status, Struktur und Funktion von Wissen – in der Gesellschaft und in der Theorie – annimmt (gegebenenfalls durchaus auch in Verbindung mit Nachbardisziplinen). Dies wäre insofern eine Revitalisierung der klassischen Wissenssoziologie, als auch ihr ein solcher Anspruch vorgeschwebt hat (etwa Scheler). Gleichwohl erzwingt der erreichte Stand der Theoriebildung eine neue Selbst- und Aufgabenbeschreibung der Wissenssoziologie. Sie müsste z.B. beinhalten, sich in Abhängigkeit vom Untersuchungsgegenstand offen zu halten, und zwar sowohl im Hinblick auf handlungstheoretische Anschlüsse (vgl. Luhmann 1995: 179f. und in diesem Band Kap. III/4) als auch im Hinblick auf die Nutzung der verschiedenen wissenssoziologischen Strategien: Sozialphänomenologie, Klassifikations- und Diskursanalyse, Praxeologie, systemtheoretische Semantikanalyse und wissenssoziologische Wissenschaftsforschung bieten zum Teil kombinierbare Strategien zur Analyse der gesellschaftlichen Ordnungen des (Nicht-)Wissens an.53
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5. Die Kategorie »Wissen« Was bedeutet all dies mit Bezug auf die Kategorie des Wissens? Hier lassen sich mindestens vier systematische Aspekte beobachten: Der kognitive Aspekt: Lernbereitschaft Mit Bezug auf Luhmann definiert Heidenreich die Wissensgesellschaft »durch den zentralen Stellenwert kognitiv stilisierter Erwartungsmuster […]. D.h. durch die Institutionalisierung der Bereitschaft zur Infragestellung eingelebter Wahrnehmungs- und Handlungsmuster« (Heidenreich 2001: 29). Diese stets lernbereite Erwartungshaltung ist vor allem dadurch charakterisiert, dass sie Erwartungsenttäuschung nicht der Umwelt zurechnet und sanktioniert oder ignoriert. Stattdessen werden die mit Wissen verbundenen Erwartungen anhand ihrer Bewährung in der Praxis beurteilt und Wissen ggf. revidiert. Doch wenn es sich in verschiedenen Kontexten bewährt, wird es nicht nur bewahrt, sondern auch weiterentwickelt. So kann bei grundsätzlicher Revidierbarkeit dennoch der Eindruck stabiler Wissensbestände entstehen. Die zentralen Begriffe, die diesen kognitiven Stil charakterisieren, lauten also: Lernbereitschaft, Revidierbarkeit des Wissens, Rekursivität des Wissens (das produzierte Wissen wird gespeichert und weiterverarbeitet, d.h. in den Prozess zurückgegeben). Die damit verbundenen Lernzumutungen sind zwar gesellschaftlich unterschiedlich verteilt: in der Wissenschaft gehören sie zum modus operandi der Wissensproduktion, im Alltag der Wissensgesellschaft trifft es nicht alle und alle gleichermaßen. Jedenfalls richtet sich die grundsätzliche Lernbereitschaft im Prinzip an uns alle – lifelong learning ist dafür nur ein Indiz unter vielen. Der epistemische Aspekt: Wissen/Nichtwissen Wissen ist nicht nur die Grundlage höherer Produktivität, sondern auch eine Quelle von Verunsicherungen und Risiken. Zwar transformiert die Wissenschaft Ignoranz (als Nichtwissens des Nichtwissens) in Ungewissheit und Unsicherheit (Wissen des Nichtwissens) – also unspezifisches in spezifisches Nichtwissen, 84
dass zu weiteren Wissensproduktionen Anlass gibt. Insofern ist Nichtwissen Effekt von (und konstitutiv für) fortgesetzter Wissensproduktion. Dies aber macht deutlich, dass das Wissen der Wissensgesellschaft, soweit es auf Wissenschaft und Technologie beruht, unabdingbar mit Nichtwissen verknüpft ist. Dies betrifft auch die Wissensgesellschaft: »Die Wissensgesellschaft ist eine Gesellschaft, die immer stärker auf die Wahrnehmung und den Umgang des mit zunehmenden Wissen verbundenen Nichtwissen einlässt.« (Krohn 2001: 16). Angesichts des in der Gesellschaft gewussten Nichtwissens diffundieren wissenschaftsförmige Techniken des Umgangs mit Nichtwissen in die Gesellschaft (vgl. Krohn 1997: 70). Wie kann etwa unter Bedingungen des Nichtwissens politisch entschieden werden? Hier sehen wir Versuche, von der Folgenvoraussicht zum Folgenmonitoring überzugehen, um die mit jeder Wissensproduktion verbundenen Nichtwissensfolge rechtzeitig beobachten und behandeln zu können. Die geschieht allerdings in dem Wissen, dass wir insbesondere bei Großexperimenten nicht sicher sein können, dass wir negative Folgen frühzeitig realisieren und revidieren können. Krohn sagt deshalb zu Recht: die Wissensgesellschaft ist eine Gesellschaft der Selbst-Experimentation. Sie praktiziert forschendes Handeln im Lichte dessen, dass wir (noch) nicht alles wissen. Der organisatorische Aspekt: Wissensmanagement Schon Peter Drucker (1993: 273) forderte »eine systematische, organisierte Anwendung von Wissen auf Wissen« und begründet damit das Wissensmanagement als eigenständige Managementdisziplin. Wissensmanagement bezeichnet den bewussten und systematischen Umgang eines Unternehmens mit der Ressource Wissen (Reinmann-Rothmeier & Mandl 2001, S. 18) mit der Zielsetzung, das Wissenskapital, die Produktivität und die Wertschöpfung des Unternehmens im Hinblick auf seine Unternehmensziele zu steigern (Bornemann & Sammer, 2002: 5). Damit umfasst Wissensmanagement das gezielte und planvolle Lenken und Steuern von Entwicklung und Akquisition, Verteilung, Anwendung und Verwaltung des Wissens innerhalb einer Organisation. Wissensmanagement ist als ein Prozess zu verstehen, der methodisch und systematisch das interne und externe Unternehmens85
geschehen, die dort arbeitenden Menschen und die das Unternehmen umgebende Umwelt als Wissen verarbeitet (Willke 1998). Wissensmanagement betreiben nicht nur Unternehmen, sondern alle sog. ›intelligenten Organisationen‹, denen daran gelegen ist, für ihre Arbeit (sei das Pflege, Sachverwaltung oder Unternehmensberatung) die Ressource Wissen bestmöglich zu nutzen. Das gezielte und planvolle Lenken und Steuern von Entwicklung und Akquisition, Verteilung, Anwendung und Verwaltung des Wissens innerhalb einer Organisation, mithin der hier beschriebene systematische und methodische Umgang mit Wissen kann wohl mit Fug und Recht als wissenschaftsförmige Praxis bezeichnet werden. Der technische Aspekt: Informiertes Wissen Die soziologische Reflexion beschäftigt sich schließlich mit der sog. Informatisierung des Wissens, das heißt mit der Herstellung und der Bedeutung von Wissen unter den Bedingungen der Computerisierung. So skizziert Nina Degele (2005; 2007) den Wandel des Wissens zu einem neuen Typus, dem des informierten Wissens, dessen Schwerpunkt sich von inhaltlichen zu nichtinhaltlichen Komponenten verlagert. Bedeutsamer als die tiefgreifende Analyse von Zusammenhängen wird jetzt die Fähigkeit, Situationen schnell zu überschauen und rasche Entscheidungen zu treffen. Zum effizienten Umgang mit und Management von Wissen zählen weitere Komponenten und Fähigkeiten wie Strukturieren, Abstrahieren und Formalisieren. Dieses ›informierte Wissen‹ ist zugleich, wie Degele plausibel macht, ›riskantes Wissen‹. Ein Drittes tritt hinzu, nämlich die Veränderung des Umgangs mit Wissen. Der Prototyp des Symbolanalytikers ist nicht mehr der Experte, der Vielwisser, der Besitzer von Wissen, sondern der ›Wissens-Virtuose‹ – ein Surfer, ein Jongleur, ein Spieler, denn der Virtuose kumuliert keine Wissensbestände, sondern bringt sie stattdessen gezielt in Aktion: ›doing knowledge‹ anstelle von ›having knowledge‹. Die Informatisierung des Wissens hat Rückwirkungen auf Wissen 1. Ordnung (know that) wie auf Wissen 2. Ordnung (know how). Degele selbst diagnostiziert eine Verschiebung in Richtung auf Wissen 2. Ordnung: knowing how genießt zunehmend Prioriät 86
gegenüber knowing that – zumal die Wissensbestände sinkende Halbwertzeiten verzeichnen. Dies lässt sich radikalisieren: Die Produktion von Wissensbeständen ist immer weniger von den technischen Medien seiner Genese, Anwendung und Verwaltung zu trennen. Zusammenfassend: Das erstarkte akademische und gesellschaftliche Interesse am Wissen leistet der Herausbildung eines neuen Wissensbegriffs Vorschub, dessen Konturen sich soeben abzuzeichnen beginnen. Wissen wird zunehmend operativ charakterisiert: als anhaltende Lernbereitschaft, für Nichtwissen sensibilisierend, auf Management angewiesen und zunehmend informiert.
6. Wissenssoziologie oder Wissensforschung? All dies hat auch Folgen für die Wissenssoziologie: Mit Blick auf nicht-soziologische Ansätze zur Analyse von Wissen scheint es ratsam, die Beiträge der Wissenssoziologie selbst als in ein Wissensregime eingebunden zu betrachten. Dieser rezente Begriff »bezeichnet den strukturierten und (mehr oder weniger) stabilisierten Zusammenhang von Praktiken, Regeln, Prinzipien und Normen des Umgangs mit Wissen und unterschiedlichen Wissensformen, zumeist bezogen auf einen bestimmten Handlungsund Problembereich« (Wehling 2007b).54 Übertragen auf die Rolle der Wissenssoziologie heißt dies: Ja, Wissen ist fraglos zu einem Leitbegriff der gegenwärtigen Gesellschaft geworden; doch die Wissenssoziologie ist mit seiner Untersuchung und Kommentierung nicht länger allein und sie findet sich selbst eingelassen innerhalb eines kognitiv orientierten Wissensregimes, an dessen Herstellung sie selbst – wenn auch i.d.R. in kritischer Absicht – beteiligt ist. Ein wichtiges Desiderat stellt deshalb das dar, was bereits hie und da Wissensforschung genannt wird, jedoch noch nicht den Status eines kanonisierten Gebiets im Sinne vergleichbarer Felder wie Wissenschafts-, Gender- oder Nachhaltigkeitsforschung erlangt hat. Das könnte jedoch geschehen, wie einige Beobachter meinen (z.B. Schützeichel 2007): Dies bedeutet aber die Bereit87
schaft zu multidisziplinärem Zusammenschluss und problembezogenen Brückenschlägen zwischen ganz unterschiedlichen Wissenskulturen. Der Spannungsbogen beschränkt sich dabei nicht auf den Verbund verschiedener sozial-, kultur- und wirtschaftswissenschaftlicher sowie philosophischer und historischer Ansätze zum Wissen, sondern reicht in neuerer Zeit weit in die verhaltens- und neurowissenschaftliche Erforschung kognitiver Prozesse hinein. Dies stellt, wie schon ein Blick ins Feuilleton zeigt, für nicht wenige einen Affront im Hinblick auf die zunehmende Naturalisierung soziokultureller Phänomene dar; häufiger aber noch wird diese Zumutung mit Nichtkommunikation beantwortet (Maasen 2006). Die bereits erreichte Vielfalt und Auflösungskraft wissenssoziologischer Perspektiven könnte allerdings dazu ermuntern, sich auch hier zu öffnen und sowohl im kritischen Dialog wie auch in partiellen Allianzen wissensbezogene Fragen zu stellen55 – als Wissensforschung. Der Preis ist: Wissen ist (und bleibt wohl auch) eine multidimensionale Kategorie. Luhmann 1995: Das moderne Wissen muss sich Erklärungen gefallen lassen. Wie kommt es damit zurecht? Wissen 2009: Ach, wissen Sie …
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Anmerkungen 1
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Das gilt auch für den je in Anspruch genommenen Begriff des Wissens und die Form der Soziologie, die es untersuchen will: Fürs erste muss der Begriff des Wissens – darin folge ich z.B. Merton – sehr weit gefasst bleiben: Ideen, Ideologien, Rechtsvorstellungen, Ethiken, Philosophien, Techniken, aber auch Alltagswissen, Kategorien der Erkenntnis zählen beispielsweise dazu. Auch im Hinblick auf die theoretische Orientierung der Wissenssoziologie sollte man sich zunächst daran orientieren, dass sie stets an den Beziehungen zwischen dem wie immer gefassten Wissen und anderen existentiellen, außerintellektuellen Faktoren interessiert ist (vgl. Merton 1985: 217). Für diesen Status der »genau abgrenzbare[n] Fachwissenschaft mit allerdings universaler Thematik« spricht sich Julius Schaaf (1956: x) aus. Damit vertritt er eher eine wenig verbreitete Auffassung, was von den bis heute gescheiterten Versuchen zeugt, die Wissenssoziologie eindeutig zu »disziplinieren«. Auf der anderen Seite verhilft ihr gerade dies zu konzeptioneller und methodologischer Mobilität bzw. Anschlussfähigkeit. Mit Bezug auf Scheler formuliert etwa Sprondel das »offenkundig« interdisziplinär angelegte Forschungsprogramm der Wissenssoziologie: »Wenn alles Wissen sozialen Ursprungs ist, dann geht es um anthropologische Fragen ebenso wie um die Konstitution des Sozialen, um die historischen und kulturellen Rahmenbedingungen ebenso wie um die kognitiven und emotionalen Prozesse bei der Hervorbringung, Übermittlung und Aneignung von Wissen jeder Art. Hier liegt der Anknüpfungspunkt für moderne Theorieentwicklungen« (Sprondel 1989: 39). Destutt de Tracy (1801), »Les éléments de l’idéologie«. Hier wird der Begriff »Ideologie« zunächst noch generisch als »wissenschaftliche Ideenlehre« benutzt, auf deren Grundlage die sog. Ideologenschule praktische Regeln für die politische Erziehung des Volkes vorschlug. Die Ideologiekritik, das werden auch die Ausführungen in 89
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diesem Abschnitt kurz zeigen, hat im Wesentlichen vier Erscheinungsformen: 1. Als erkenntnistheoretische Ideologiekritik verteidigt sie die autonome Vernunft gegen die Autorität des Offenbarungsglaubens; 2. als explizite Sozialkritik widmet sie sich der Entlarvung weltanschaulicher Dogmen, die ungerechte Verhältnisse legitimieren; 3. als irrationalistische Ideologiekritik der Gegenaufklärung spricht sie sich für die Entlastungsfunktion von Vorurteilen aus, gleichermaßen der individuellen Verhaltenssicherheit wie der sozialen Ordnung wegen; 4. entwirft sie eine positive Soziologie als ideologiefreie Erkenntnis (Comte); siehe dazu auch Lieber/Furth (1965: 337ff.). Weitere Überblicke zu den Vorläufern der Wissenssoziologie finden sich in Stark (1958); Remmling (1967); Hamilton (1974); Curtis/Petras (1970). Paretos Treatise kann als der letzte große – wenn auch gescheiterte – Versuch gesehen werden, innerhalb soziologischer Erklärungen des Wissens das rein Kognitive vom Normativen, das Wissenschaftliche vom Sozialen zu trennen (vgl. dazu Piepe 1971: 74f.). Maurice Halbwachs (1877-1945) versuchte, Gedächtnisleistungen als eine Funktion des Gruppenlebens in der Gesellschaft nachzuweisen. Ihm zufolge wirken sie sich sowohl auf die Integration von Individuen in die Gesellschaft als auch auf die Traditions- und Geschichtsbildung der Gesellschaft aus (vgl. Halbwachs 1966). Auch bei Max Weber (1864-1920), einem Vertreter der verstehenden Soziologie, lassen sich Grundzüge einer zumindest impliziten Wissenssoziologie vor allem in seinen religionssoziologischen Schriften finden. Webers verstehender Soziologie geht es darum, die Wirkung institutioneller Prozesse auf menschliche Ideen, Werte und Glaubensüberzeugungen sowie umgekehrt die Rückwirkungen der Letzteren auf institutionelle Prozesse zu untersuchen. Diese Wirkungsverhältnisse bezeichnet Weber mit »Wahlverwandtschaft«. Das Beispiel der Protestantismusstudie ist instruktiv: Sie beginnt mit der Beobachtung scheinbar konkurrierender Leitideen: »auf der einen Seite die Leitidee des Kapitalismus, die Reichtum als Zweck an sich selbst zu betrachten vorgibt, 90
auf der anderen Seite die Leitidee des Puritanismus, derzufolge Reichtum als Frucht erfolgreicher Berufsarbeit zur Ehre Gottes gereicht – mit der Konsequenz, das Reichtum als Zweck an sich zu betrachten hier gerade als ›Gipfel der Verwerflichkeit‹ (Weber 1920: 192) gedeutet wird« (vgl. Endreß 2007a: 50). Aus historisch-strukturphänomenologischer Perspektive folgt er der These, dass es sich nicht um einen Gegensatz, sondern um einen wahlverwandtschaftlichen Zusammenhang handeln könnte. Das Erklärungsmuster findet sich in der spezifischen Umdeutung der religiösen Leitidee (gläubig-passive Hinnahme göttlichen Heilsgeschehens) im Sinne einer ökonomischen Leitidee (fortwährendes Rationalitätsstreben): Indem Wohlstand als Anzeichen von Erwähltheit gedeutet wird, richtet sich alle Handlung auf die Erreichung dieses Ziels aus. Die Systematisierung der Lebensführung (innerweltliche Askese, fortgesetzte Arbeit, Wohlstandsmehrung) folgt der ökonomisch rationalisierten Kalkulation von Handlungschancen und lässt dieses Kalkül zum allgemeinen Prinzip werden. So vollzieht sich die Verwandlung der Rechenhaftigkeit, »die […] für den Kapitalismus konstitutiv ist, aus einem Mittel der Wirtschaft in ein Prinzip der gesamten Lebensführung« (Weber 1920: 167f.; Endreß 2007a: 51). In dieser Weise bildet die Protestantismusstudie einen genuinen wissenssoziologischen Beitrag zu ›der Art, in der überhaupt die ›Ideen‹ in der Geschichte wirksam werden‹« (Endreß 2007a: 51). 9 Frühe Anwendungen dieser Konzeption finden sich in verschiedensten Wissensbereichen: In der Sinologie ist es Granet (1934), in der griechischen Religion Harrison (1912) und Cornford (1912), hinsichtlich Träume und Erinnerungen Halbwachs (1925). 10 Die Religion hat bei Scheler einen Doppelstatus: Einerseits gebührt ihr fraglose Geltung, andererseits aber und insofern, als ihre soziale Plausibilität als religiöses Wissen zur Debatte steht, ist sie auch Gegenstand wissenssoziologischer Kritik (vgl. Schmuck 1987). 11 Die wissenschaftliche Analyse der klassenbedingten Anschauungsformen zeigt demzufolge typische formale Denk91
richtungen. Für die Oberklasse sind danach etwa Wertretrospektivismus, teleologische Weltbetrachtung oder Rationalismus charakteristisch; für die Unterklasse Wertprospektivismus, mechanische Weltbetrachtung, Materialismus (vgl. Scheler 1960: 171). 12 Die Rezeption Mannheims wird unterschiedlich wahrgenommen: Rüschemeyer (1981) für den amerikanischen Raum und Pohoryles (1983) sprechen von einer Nicht- oder zumindest verspäteten Rezeption Karl Mannheims; Ludes (1989a) hält dem entgegen, dass Mannheim Klassiker-Status eingeräumt werde (vgl. Käsler 1978) und ein ausgesprochen vielgelesener Autor sei (vgl. Ludes 1989a: 12f.). Doch erst seit den 1980er Jahren wird das Werk auch Gegenstand kritischer Bestandsaufnahme (Krüger 1981; Meja/Stehr 1982; Stehr/Meja 1981, 1984, 1985) und selektiver Weiterentwicklung (Matthes 1985; Roberts 1983) bzw. Transformation (Luhmann 1980: 11ff.). 13 Mannheim wirft Marx darüber hinaus vor, seine Ideologiekritik nicht auf alle Formen sozialen Denkens, also auch auf sich selbst angewandt zu haben. Mit dieser Transformation einer Theorie der Ideologie in eine generelle Theorie der sozialen Determinierung allen Wissens vollzieht sich der Übergang von der Ideologiekritik zur speziellen Teildisziplin namens Wissenssoziologie. Mit Lukács hingegen verbindet Mannheim eine Reihe von Gemeinsamkeiten: 1. die standortbezogene Relationierung allen Wissens; 2. der pragmatische Wahrheitsbegriff; 3. die Auffassung, eine vollkommen selbstreflexive, dialektische Theoriebildung diene der Aufklärung sowie 4. das Konzept der freischwebenden Intelligenz (vgl. dazu Bailey 1994). 14 Ebenfalls im Kontrast zu Scheler stehen bei Mannheim Über- und Unterbau in einem gegenseitigen Verhältnis; anders als der Scheler’sche Platonismus schaffen Seinsveränderungen (allerdings unvorhersehbare) Sinnveränderungen. Nicht zuletzt muss die reine Ideengeschichte durch historische Strukturanalyse ergänzt werden, da jede Epoche mehrere Strömungen hat (vgl. Wolff 1970: 39). Den Prozessen, die den sozio-historisch spezifischen Wissensformen zugrunde 92
liegen, geht Mannheim z.B. mit der Analyse von Kollektiveinheiten nach (z.B. »Generationen«; Mannheim 1928). Außerdem interessiert er sich für verschiedene sozialdynamische Faktoren, so etwa für die Konkurrenz auf dem Gebiet des Geistigen (Mannheim 1929b) und das wirtschaftliche Erfolgsstreben (Mannheim 1930). 15 Nicht nur für Ludes zeigen sich hier Ähnlichkeiten mit zeitgenössischen Entwicklungstendenzen: »Die ›Neue Unübersichtlichkeit‹ der achtziger Jahre, das Wiederauftauchen explizit weltanschaulicher Perspektiven in der Sozialforschung lassen die Relationismusproblematik wieder an Bedeutung gewinnen.« (Ludes 1989a: 18) Dies impliziere auch die Wiederbelebung des Mannheim’schen Lösungsversuchs: der »dynamischen Synthese« durch eine »freischwebende Intelligenz« (siehe im übernächsten Abschnitt). 16 Exemplarisch legt Mannheim eine Analyse der »Standortgebundenheit des Denkens« in Ideologie und Utopie für die Erörterung des Verhältnisses von politischen Bewegungen und politisch-historischen Bewegungen um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert vor (1929a: 95ff.). Das gesamte Panorama dieser von verschiedenen sozialen Schichten getragenen Weltanschauungen bildet für Mannheim eine epochenspezifische Totalität (vgl. Endreß 2007b: 82, Tab. 1). Mannheims Ansatz kann als eine Form der Interpretativen Soziologie betrachtet werden: Susan J. Hekman (1986) und Paul Ricoeur (1986) haben diese Lesart prominent gemacht. 17 Eine gute Übersicht über die »pragmatistisch-interaktionistische Wissenssoziologie« findet sich in Strübing (2007). 18 Siehe dazu Merton (1985). Zur amerikanischen Rekapitulation wissenssoziologischer Ansätze empfiehlt sich insbesondere die Lektüre von Mertons Aufsatz »Zur Wissenssoziologie« (Merton 1985: 217ff., speziell im Hinblick auf die Matrix, die er zum Vergleich der einzelnen Ansätze heranzieht: 233f.). 19 Günter Dux vertritt einen »Genetischen Konstruktivismus« (vgl. Dux 1981: 92ff.). Danach bilden neutrale Organisationsleistungen eines Organismus (Sensorik, Motorik, ZNS und ein leistungsfähiges Gehirn) wiederkehrende Erfahrungen 93
im Umgang mit der immer schon vorfindlichen Umwelt in Form kategorialer Formen ab. Objekt- und Ereignisschemata, Kategorien von Raum und Zeit etc. resultieren mithin aus Sacherfahrungen mit der Außenwelt. Sie wird nach handlungsrelevanten Kriterien (in der Hauptsache: überlebenssichernde Lebensführung) organisiert und folgt einem »konstruktiven Realismus«. 20 Gleichzeitig zeigen die Arbeiten Einflüsse von Meads Symbolischem Interaktionismus, was die Rezeption der Sozialphänomenologie in Amerika begünstigt hat. Erst in den 1960er Jahren allerdings kommt sie zu einem Durchbruch. Neben der Schule des strukturellen Funktionalismus können sich auch phänomenologische, ethnomethodologische und hermeneutische Ansätze etablieren, wenn man auch nicht von einer »interpretativen Schule« sprechen kann. Die Rezeption in Deutschland beginnt erst in den 1970er Jahren nach einer Rückübersetzung des Werks von Schütz. Mit diesem Werk geht auch der Import der übrigen interpretativen Ansätze einher. 21 Dieses Etikett vereinigt erstmals von verschiedenen Autoren vorgetragene Varianten, z.B. Soeffner (1989); Hitzler (1993); Honer (1991); Reichertz (1993), ohne Nuancierungen im methodischen Vorgehen auszuschließen. Zur qualitativen Sozialforschung allgemein siehe Garz/Kraimer (1991); zur Abgrenzung der Hermeneutischen Wissenssoziologie von anderen Hermeneutiken siehe Honer (1991). 22 Grundlegend dafür natürlich Berger/Luckmann (1980); außerdem Soeffner (1989). Für diese und andere Formen qualitativer Sozialforschung sind vier Merkmale charakteristisch: 1. Wirklichkeit ist eine soziale Konstruktion; 2. ein verstehender Zugang zur Wirklichkeit (siehe z.B. Habermas 1981: 152ff.); 3. fallbezogene Untersuchungen mit anschließender Typenbildung; 4. das »going native« der Forschung (siehe auch Garz/Kraimer 1991). 23 Anselm Strauss hat dies »trajectory« genannt: Das Subjekt einer »trajectory« ist nicht ein zentraler, planender Akteur, sondern die jeweilige gesellschaftliche Organisation selbst (vgl. Strauss 1991). 94
24 Z.B. »Die Geburt der Klinik« (Foucault 1973b), »Überwachen und Strafen« (1977b), »Sexualität und Wahrheit« (1977a, 1986a, b), »Die Archäologie des Wissens« (1973a), »Die Ordnung der Dinge« (1971). 25 Dies ist der Titel von Foucaults Inauguralvorlesung, vorgetragen am Collège de France im Jahr 1970. Sie enthält im Kern fast sein gesamtes weiteres Forschungsprogramm und ist vor allem als Einführung in seine Diskursanalyse gut geeignet. 26 Auch Foucault selbst hat seine Arbeiten nicht als wissenssoziologisch bezeichnet und sich überdies gegen Einordnungen stets gewehrt. Dies hat ihm eine Vielzahl von Einordnungen eingetragen; unter anderem bemerkt Juan E. Corradi unter Verweis auf zwei weitere Arbeiten (Kurzweil 1977; Chua 1978): »In Foucaults Werk entdecken wir eine Wissenssoziologie.« (Corradi 1981: 272) Dieser Ansicht schließe ich mich an. 27 In den 1990er Jahren wächst das Interesse an Praktiken der Selbstthematisierung und damit auch an der kritischen Rezeption dieser analytischen Strategie (vgl. z.B. Giddens 1991, 1992; Maasen 1998). 28 Die Kritik an Foucaults Genealogie hat sich an seiner mangelnden historischen Akkuratesse, an der Methodologie, insbesondere aber an der »Kryptonormativität« (z.B. Habermas 1986) und seinem Anti-Humanismus entzündet (Ferry/Renaut 1987; vgl. auch Hooke 1986). 29 Was speziell das Verhältnis von Wissenschaft und Erfahrung betrifft: Zwischen den beiden epistemologischen Extrempositionen, die Imre Lakatos als externalistische oder internalistische Linie beschrieben hat (Lakatos 1971: 91ff.), radikalisiert Foucault die Figur des Wissens: »Das Wissen bestimmt den Raum, in dem sich Wissenschaft und Erfahrung trennen und zueinander situieren.« (Foucault nach Privitera 1990: 67) 30 Ein hervorragendes Beispiel für die diskursive »Re-Hierarchisierung verschiedener Wissensarten« ist beispielsweise Bärbel Meyers Studie zur Geschichte und Organisation islamischen Eliten-Wissens im Zentralsudan (Meyer 1975). Oh95
ne expliziten Bezug zur Foucault’schen Diskursanalyse lässt sich ihre Frage nach dem Zusammenhang zwischen gesellschaftlicher Stratifikation und Stratifikation des Wissens im Kontext der kulturellen Assimilierung nicht-afrikanischen Wissens doch streckenweise in diesem Geist lesen. 31 Das »implizite Wissen« ist zwar spätestens mit der gleichnamigen Studie Michael Polanyis (1985) als ein konstitutiver Faktor allen Wissens etabliert worden, aber es ist sehr viel stärker in der Gestalt- und Kognitionspsychologie als unmittelbar wissenssoziologisch untersucht worden. Eine wichtige Ausnahme bilden Bourdieus Arbeiten: »Die Figur des Habitus und Bourdieus empirische Belege zeigen eindrucksvoll, daß (und wovon und wozu) wir mehr wissen, als wir zu sagen wissen.« (Polanyi 1985: 14) 32 Die symbolische Ordnung, die durch ein Klassifikationssystem sowie Wahrnehmungs- und Bewertungsschemata erzeugt wird, spiegelt die soziale Ordnung nicht nur wider, sondern greift auch integrierend und modifizierend in sie ein (siehe dazu das Kapitel »Klassen und Klassifizierungen« in Bourdieu 1984: 727-755). 33 Die gesellschaftliche Wahrnehmung und Akzeptanz von Ähnlichkeiten zwischen zunächst heterogenen Sachverhalten informiert auch die metaphernanalytische Konzeption des Wissenstransfers (vgl. Maasen 1994; Weingart/Maasen 1997; in diesem Band Kap. IV/2). 34 Im Licht der vorgenannten poststrukturalistischen Ansätze ließe sich diese krude Interessenssoziologie z.B. diskursanalytisch (und nur empirisch!) als eine diskursiv erzeugte Funktion in einem gegebenen Feld von Macht- Wissensverhältnissen identifizieren, ohne Bloors Schlussfolgerung zunichtezumachen. 35 Mit einem vergleichbaren Anliegen hat Mary Douglas das sog. »grid-group model« entwickelt, in dem eine soziale Gruppe auf einem Klassifikationsgitter abgebildet wird, dessen x-Achse zu- oder abnehmenden Gruppendruck und dessen y-Achse das System gemeinsamer oder privater Klassifikationssysteme entwickelt. Das Klassifikationsgitter kann da-
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bei individuelle (Sozialisation) oder kollektive Prozesse (Dynamik des sozialen Wandels) abbilden – es ist allerdings eher von deskriptivem als von explanativem Wert (Douglas 1986: 79-98, insbesondere 86ff.). Da sich in der Reihe »Einsichten« ein eigener Band mit der Wissenschaftssoziologie beschäftigt (Weingart 2003), beschränken sich die Ausführungen zu diesem Bereich auf diejenigen Aspekte, die für die Wissenssoziologie selbst bedeutsam geworden sind. Dazu Mannheim: »Naturwissenschaft, speziell in ihrer quantitativen Phase, ist hochgradig unabhängig von der historisch-sozialen Perspektive des Forschers.« (Mannheim 1929a: 297) Die 1980er Jahre werden demgegenüber durch die sog. kognitive Wende bekannt. Jegliches Wissen kann als Resultat von Informationsverarbeitungsprozessen rekonstruiert werden (siehe etwa Langley et al. 1987). Zu einem Versuch, die soziologische und die kognitivistische Wende auf methodologischem Level modular zu integrieren, siehe Kertész (1993). Diesem Ansatz liegt die Überzeugung zugrunde, dass sich die gegebene Struktur eines Wissens nur aus der Interaktion kognitiver und sozialer Faktoren erklären lässt. Das »strong programme« (und per Implikation die übrigen wissenssoziologischen Betrachtungen von Wissenschaft) sind nicht ohne Kritik geblieben. Edward Shils plädiert vehement gegen den sog. Externalismus dieses Programms, wonach die Produktion und Validierung wissenschaftlichen Wissens sich allein aus praktischen Motiven und sozialen Erzeugungsbedingungen erklären lasse. Der Akt des Wissens enthalte einen nicht auf soziale Prozesse und praktische Interessen reduzierbaren, kognitiv-kreativen Aspekt der Wissensproduktion (vgl. Polanyi und Kuhn). Internalistische und externalistische Perspektiven auf den Wissenschaftsprozess stehen allerdings nicht notwendig im Widerspruch zueinander, sondern ergänzen sich. Robert Merton, John Ziman (1978) und Joseph Ben-David (1971) gelten als Vertreter eines moderat externalistischen Ansatzes. Sie akzeptieren, »that
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the act of scientific discovery and of the establishment of the validity of an hypothesis is not a social phenomenon, however enmeshed it is in social phenomena« (Shils 1982: 25; siehe auch Bunge 1991). Die internalistische Perspektive hat eine wichtige Konsequenz: Die Analyse wissenschaftlicher Propositionen, der kognitive Prozess ihrer Entdeckung und Verbreitung ist nicht mehr eigentlich Gegenstand einer Wissenssoziologie. Während einige dies als einen bedauerlichen Rückschritt betrachten, halten andere dies für ein notwendiges Signal gegen einen soziologischen »Imperialismus« auf dem Gebiet der »Geistigen Gebilde«. Dazu verweist Knorr-Cetina etwa auf Frederick Suppe, dem zufolge die Resultate wissenschaftlicher Forschung eine generalisierte Beschreibung der Realität darstellen, und die wahr sein müssen, damit die Theorie als adäquat gelten kann. Weitere Diskussion in Bas van Fraasen (1977, Kap. 2). Das Labor ist zugleich der Ort der Konfrontation zweier epistemischer Haltungen: Der Konstruktivismus fordert die Abbildtheorie der Wahrheit an dem Ort heraus, aus dem das Soziale vollkommen verbannt und »reine« Entdeckung der Natur, »reine Theoriebildung« möglich schien. Doch auch die Gegner dieser Auffassung lieben diesen Ort, zeigt er doch in wünschenswerter Reinheit die Verwobenheit von Theorie und Praxis, die Fabrikation von Fakten. »In artifiziellen Nischen, Laboratopen, mit reduzierten, transformierten und kontrollierten Lebensbedingungen werden Exemplare biologischer Technofakte als die ›eigentlichen‹ Gegenstände der Erkenntnisproduktion im Rahmen der zweiten Natur des Labors identisch reproduzierbar gemacht.« (Ammann 1994: 38) Mäuse, Fliegen oder Hefepilze werden hier zu »Technofakten« im und für das Experiment erzeugte epistemische Objekte. In diesem Zusammenhang reüssieren seit einiger Zeit die Konzepte der »epistemischen Kulturen« sowie der »transepistemischen Expertenpraktiken« (Knorr-Cetina 1999). Viele der klassischen Wissenssoziologien waren selbst einschlägig tätig oder haben zu diesem Thema Publikationen vorgelegt: Geiger, Scheler, Mannheim und auch Weber ha98
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ben sich für Laienbildung und Volksaufklärung engagiert (vgl. Sprondel 1989: 37). Dieser Ansatz ist insofern unbefriedigend, als er Systeme des Nichtwissens als spiegelbildliches Gegenüber von Systemen des Wissens darstellt. Ein Mehr an Expertise bei einigen basiert auf oder führt unweigerlich zu einem Weniger an Wissen bei vielen. Diese expertokratische Perspektive bezieht sich allerdings allein auf den mangelnden Zugang zu Wissen, ein Phänomen, das demokratische Verhältnisse sowie Bildung und Erziehung zu therapieren vermögen. Dieser Ansatz behandelt nicht die eigentlich theorieauslösenden Fälle unspezifischen Nichtwissens, die etwa für Risikoabschätzungen gelten und die besonders die Arbeiten von Japp und Luhmann informieren. Im Unterschied zur Wissenssoziologie gilt ihr Interesse dem Zusammenhang von kognitiven Mechanismen und sozialen Strukturen, die die Verbreitung bestimmten Wissens befördern. Insbesondere legen sie ihr Augenmerk auf kognitive Schemata (z.B. Bartlett 1968; Neisser 1968) und auf Prozesse, die die soziale Auszeichnung bestimmter Schemata gegenüber anderen Schemata betreffen und dabei deren Akzeptanz oder Verbreitungswahrscheinlichkeit erhöhen (vgl. erneut Sprondel 1989: 37). Steve Fuller (1988), der die Variante der Social Organizational Epistemology vertritt (für eine Übersicht vgl. Corlett 1996), plädiert für eine Aufweichung der traditionellen Arbeitsteilung zwischen Epistemologie und Wissenssoziologie. Ebenso wie die Epistemologie die gesellschaftliche Ökonomie der Wissensproduktion zur Kenntnis nehmen müsse, solle sich die Wissenssoziologie normativen Fragen im Sinn der gerechten Wissensverteilung stellen. Die Normativität dieses Forschungszweiges ist jedoch nicht für alle Autoren zwingend (z.B. Corlett 1996: 12). Für eine aktuelle Übersicht vgl. Schützeichel (2007d). Einführungen in dieses explizit vom methodologischen Individualismus ausgehende Forschungsprogramm finden sich in Kunz (2004) sowie Diekmann/Voss (2004). Die verschiedenen RC-Theorien unterscheiden sich darin, welche An99
nahmen sie über das Wissen der Akteure treffen. Gemeinsam ist ihnen, dass keine Theorie zwischen Wissen und Information unterscheidet (vgl. Schnabel 2007: 242). 48 Dem steht nicht prinzipiell entgegen, dass spezifische Vorschläge, wie etwa das 1996 von Hartmut Esser vorgelegte Rational-Choice-Modell der »Definition der Situation«, die auf seiner ökonomischen Interpretation der Theorie von Alfred Schütz beruht, auf erhebliche Kritik gestoßen sind, vor allem im Hinblick auf die Verkürzungen des soziologischen Kerns des Schütz’schen Konzepts: Er plädierte für die Konstruktion von rationalen Modellen menschlichen Verhaltens, das auch etwa nicht nutzenmaximierendes Verhalten mit einschließt. Dies könnte – falls erfolgreich – interessante Aufschlüsse für die Anatomie wissenssoziologisch interessierender Sinnproduktionsprozesse geben. 49 Weitere wichtige Arbeiten, die sich mit der Bedeutung von Metaphern für Wissensprozesse befassen, sind u.a. Bono (1990); Harrington (1995); Maasen (1994); Lakoff/Johnson (1980); Kay (1995); Maasen/Weingart (1995). 50 Wie heterogen der Diskurs um die Postmoderne (für einen kurzen Überblick siehe Featherstone 1988: 195ff.) auch ist, die Aussage, dass das Wissen heterogener Natur ist, zieht sich wie ein roter Faden durch ihn. Seit Lyotards berühmter Attacke auf die großen Erzählungen der Moderne (Lyotard 1979/1986) ist nicht zuletzt die – wenn auch nur approximative – Herstellung eines universell gültigen und die Menschheit befreienden wahren Wissens als Mythos enttarnt. Mit den Wissenssoziologien der frühen Stunden teilen die postmodernen Kollegen die Diagnose: Die gesellschaftliche Basis des Wissens, und damit auch das Wissen selbst, ist plural strukturiert. Sie unterscheiden sich allerdings in der Reaktion. Während die Ersten versuchen, die Pluralität durch wissenssoziologische Analyse zu therapieren, feiern Letztere die Pluralität und die Autonomieoptionen, die sich daraus ergeben (z.B. Welsch 1987). 51 In systematischer Absicht liegen zur Umstellung auf »Beratung« einige Erörterungen vor, die die Position des Intellektuellen neu justieren: Bourdieu spricht sich etwa für die Fi100
gur des »Klinischen Soziologen« aus (Bourdieu 1998; auch Dewe 1985). »Mannheim arbeitet mit der Analogie der Psychotherapie, um für ein Wissen mit eigener und unmittelbar transformierender Wirkung zu plädieren, und beruft sich wiederholt auf die Parallele des sokratischen Fragens.« (Kettler/Meja/Stehr 1989: 117) 52 Gut lesbare theoretische Erörterungen dazu finden sich bei Stehr (1998) und Hitzler (1998). Stehr zeigt, dass das Wachstum wissensbasierter Berufe eine Folge des wachsenden Stellenwerts des Wissens als Quelle wirtschaftlichen Wachstums ist. Hitzler plädiert für den Experten in der Sozialfigur des die Reflexion unterstützenden »Dritten«. 53 Auch die aktuellen wissenssoziologischen Ansätze sehen die politischen Implikationen ihres Forschungsgegenstandes: »Sociology of knowledge examines how objects of public attention arise, how social problems come to be defined and the functions particular knowledges play in this process. For example, the conflicts of nation-states and parties, between church and secular authorities, of rising classes and such interest groups as women and people of color, of medical and technical élites asserting social agendas for the unborn and the dying are all concerned with the one question: Whose knowledge should decide?« (Doyle McCarthy 1996: 3) 54 Ein wichtiges empirisches Beispiel zur Analyse von Wissensregimes stellt die sog. »Genetisierung« von Medizin und Biologie dar – dieses Regime der Genetisierung zeichnet sich dadurch aus, dass nicht nur für immer mehr Krankheiten, sondern auch für soziale Phänomene genetische Faktoren (mit-)verantwortlich gemacht werden. Dieses Wissen hat erhebliche Konsequenzen für individuelle Chancen und politische Steuerung (vgl. dazu Lemke 2004). 55 Zu den ersten Vorstößen in dieser Hinsicht gehört der Sammelband »Akteur Gehirn – oder das vermeintliche Ende des handelnden Subjekts«, hg. von Jo Reichertz und Nadia Zaboura (2006).
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Uwe Schmidt, Marie-Theres Moritz Familiensoziologie
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