Wettbewerbsprobleme im Lebensmitteleinzelhandel [1 ed.] 9783428543359, 9783428143351

Der Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland ist von einer Reihe komplexer wettbewerbspolitischer Fragestellungen gekennz

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German Pages 134 Year 2014

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Wettbewerbsprobleme im Lebensmitteleinzelhandel [1 ed.]
 9783428543359, 9783428143351

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Schriften des Vereins für Socialpolitik Band 339

Wettbewerbsprobleme im Lebensmitteleinzelhandel Von Andreas Gayk, Stefan Genth, Justus Haucap, Ulrich Heimeshoff, Gordon J. Klein, Olaf Koch, Birgit Krueger, Klaus Müller, Dennis Rickert, Hendrik Schröder, Christian Wey

Herausgegeben von Peter Oberender

Duncker & Humblot · Berlin DOI https://doi.org/10.3790/978-3-428-54335-9 | Generated on 2023-09-21 02:44:39 OPEN ACCESS | Licensed under CC BY 4.0 | https://creativecommons.org/about/cclicenses/

Schriften des Vereins für Socialpolitik Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Neue Folge Band 339

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SCH R I F T E N DE S V ER EI NS F Ü R SOCI A L POL I T I K Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Neue Folge Band 339

Wettbewerbsprobleme im Lebensmitteleinzelhandel

Duncker & Humblot · Berlin DOI https://doi.org/10.3790/978-3-428-54335-9 | Generated on 2023-09-21 02:44:39 OPEN ACCESS | Licensed under CC BY 4.0 | https://creativecommons.org/about/cclicenses/

Wettbewerbsprobleme im Lebensmitteleinzelhandel Von Andreas Gayk, Stefan Genth, Justus Haucap, Ulrich Heimeshoff, Gordon J. Klein, Olaf Koch, Birgit Krueger, Klaus Müller, Dennis Rickert, Hendrik Schröder, Christian Wey Herausgegeben von Peter Oberender

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, für sämtliche Beiträge vorbehalten © 2014 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0505-2777 ISBN 978-3-428-14335-1 (Print) ISBN 978-3-428-54335-9 (E-Book) ISBN 978-3-428-84335-0 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

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Vorwort Seit Jahren steht der Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland im Fokus wettbewerbspolitischer Fragestellungen. Zum einen ist der Markt von einem fortschreitenden Konzentratrationsprozess geprägt, als dessen Haupttreiber das externe Unternehmenswachstum der führenden Lebensmitteleinzelhändler identifiziert werden kann. Wenngleich dies die Vermutung einer abnehmenden Wettbewerbsintensität zulassen würde, sprechen mit einem im internationalen Vergleich äußerst günstigen Preisniveau, einer hohen Ladendichte sowie niedrigen Margen mehrere Faktoren für einen vitalen Wettbewerb im Lebensmitteleinzelhandel. Auf der anderen Seite geben Nachfragemacht begünstigende Faktoren auf der Beschaffungsseite Grund zu einer wettbewerbspolitischen Betrachtung, der das Bundeskartellamt aktuell in einer entsprechenden Sektoruntersuchung nachgeht. Für den Fall ausgeübter Nachfragemacht ist es denkbar, dass diese kurzfristig zwar in Form niedriger Preise an den Endverbraucher weitergegeben wird, langfristig allerdings sowohl die Endverbraucherpreise steigen als auch die Innovationsanreize der Hersteller sinken. Dass auch auf europäischer Ebene dem Lebensmitteleinzelhandel große wettbewerbspolitische Relevanz beigemessen wird, zeigt nicht zuletzt die Gründung der „Task Force Food“ im Januar 2012. Diesem aktuellen Themenkreis widmete sich auch die Jahrestagung der Arbeitsgruppe Wettbewerb des Wirtschaftspolitischen Ausschusses im Verein für Socialpolitik und diskutierte am 10. und 11. 03. 2013 in Düsseldorf über „Wettbewerbsprobleme im Lebensmitteleinzelhandel“. Die Ergebnisse der Tagung werden anhand der gehaltenen Referate in diesem Band festgehalten und der Öffentlichkeit für eine weitergehende wissenschaftliche und praxisorientierte Diskussion zur Verfügung gestellt werden. Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden, Prof. Dr. Dr. h. c. Peter Oberender (Universität Bayreuth) eröffnete der Gastgeber am DICE, Prof. Dr. Justus Haucap (Direktor des Duesseldorf Institute for Competition Economics (DICE), HeinrichHeine-Universität Düsseldorf), die Tagung mit einem Referat, in dem er einen Überblick über die aktuellen Wettbewerbsprobleme im deutschen Lebensmitteleinzelhandel gab und dabei den Schwerpunkt auf den Konzentrationsprozess und dessen Determinanten legte. Anschließend referierte Klaus Müller (Vorstand Verbraucherzentrale NordrheinWestfalen e. V.) zu dem Thema „Transparenz und Durchsetzung von Verbraucherrechten im Lebensmittelbereich rund um das Portal www.lebensmittelklarheit.de“. Vor dem Hintergrund der Produktvielfalt des Lebensmitteleinzelhandels und bisweilen bewussten Täuschungsversuchen durch Werbemaßnahmen, ist es dem Verbrau-

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Vorwort

cher oftmals unmöglich, ein verlässliches Qualitätsurteil zu bilden. Um in diesem Kontext mehr Transparenz zu erreichen, bietet das vom Bundesverbraucherschutzministerium geförderte Portal www.lebensmittelklarheit.de eine Plattform für Verbraucher, um sich zu informieren und Verdachtsfälle zu melden. Birgit Krueger (Vorsitzende der 2. Beschlussabteilung Bundeskartellamt) referierte in ihrem Vortrag über die Praxis der Kartellrechtsanwendung im Lebensmitteleinzelhandel und fokussierte hierbei auf die wettbewerbliche Relevanz von Nachfragemacht. Neben einzelnen aktuellen Fällen entlang der Wertschöpfungskette widmete sie sich auch der Sektoruntersuchung des Lebensmitteleinzelhandels und stellte dar, welche Gründe das Bundeskartellamt hierzu bewogen hatten und welche Analyseschwerpunkte gegenwärtig verfolgt werden. Stefan Genth (Hauptgeschäftsführer Handelsverband Deutschland HDE) knüpfte daran an und betonte, dass in der Sektoruntersuchung eine Chance liege, die Diskussion über die Marktverhältnisse in der Wertschöpfungskette zu versachlichen. Allerdings betonte er, dass eindeutige Ergebnisse fraglich seien, da aufgrund der großen Artikelzahl im Lebensmitteleinzelhandel dem Bundeskartellamt wohl nur Stichprobenuntersuchungen möglich seien. Insgesamt konstatierte er, dass eindeutige Hinweise für das Funktionieren des Wettbewerbs im Lebensmitteleinzelhandel bestünden und sich Hersteller und Händler auf Augenhöhe begegnen. Einen direkten Praxisbericht aus dem Lebensmitteleinzelhandel lieferte Olaf Koch (Vorstandsvorsitzender METRO AG) in seinem Vortrag. Dabei betonte er die Bedeutung von vertikalen Kooperationen entlang der Wertschöpfungskette. Diese sowie verschiedene Instrumente der Sortimentsgestaltung tragen zur Effizienzsteigerung bei, ohne sich negativ auf den Wettbewerb auszuwirken. Prof. Dr. Hendrik Schröder (Lehrstuhl für Marketing & Handel, Universität Duisburg-Essen) beschäftigte sich in seinem Referat mit der Abgrenzung von Märkten und konzentrierte sich dabei auf die Herausforderungen des Lebensmitteleinzelhandels, in dem typischerweise nicht Anbieter und Nachfrager von Einzelprodukten, sondern von Produktbündeln zu identifizieren seien. Zwei Verfahren zur Ermittlung des Nachfrageverhaltens sind Haushaltspanels und Kundenbefragungen, wozu in dem Vortrag empirische Ergebnisse vorgestellt wurden. Dr. Andreas Gayk (Leiter Vertriebspolitik/Handelsbeziehungen, Markenverband e. V.) stellte im Zusammenhang von Nachfragemacht und einem konzentrierten Lebensmitteleinzelhandel Überlegungen zur Rolle von Handelsmarken an. Diese spielen nicht nur bei der Verhandlungsmacht des Handels eine tragende Rolle, sondern werfen auch kartellrechtlich relevante Fragen zwischen Hersteller und Handel im Zuge des Informationsaustausches im Bereich des Category Managements auf. Der Herausgeber dankt den Referenten und den Tagungsteilnehmern für ihre Beiträge und die engagierte Teilnahme an der Diskussion. Die lokale Organisation lag in den Händen von Prof. Dr. Justus Haucap. Ihm und seinen Mitarbeitern sei für die reibungslose Organisation und die sehr angenehme

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Vorwort

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Atmosphäre herzlich gedankt. Herrn Dipl.-Kfm./Dipl.-Vw. Steffen Schmidt sowie Frau Linda Pütterich gilt großer Dank für die Unterstützung bei der Vorbereitung und der Durchführung der Tagung sowie bei der Herausgabe des vorliegenden Bandes. Bayreuth, im November 2013

Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. Peter Oberender

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Inhaltsverzeichnis Justus Haucap, Ulrich Heimeshoff, Gordon J. Klein, Dennis Rickert und Christian Wey Wettbewerbsprobleme im Lebensmitteleinzelhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11

Klaus Müller Transparenz und Durchsetzung von Verbraucherrechten im Lebensmittelbereich rund um das Portal www.lebensmittelklarheit.de . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

Birgit Krueger Schwerpunkte der Kartellrechtsanwendung im Lebensmitteleinzelhandel – wettbewerbsrechtliche Relevanz von Nachfragemacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

Stefan Genth Handel im Wettbewerb. Machtverhältnisse und Informationsaustausch im Lebensmittelhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

Olaf Koch Wettbewerb und Effizienz im Lebensmitteleinzelhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

Hendrik Schröder Zur Abgrenzung von Märkten im Lebensmittelhandel. Empirische Ergebnisse aus Haushaltspanels und Befragungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

Andreas Gayk Hersteller und Handel im Wettbewerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Autoren- und Referentenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

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Wettbewerbsprobleme im Lebensmitteleinzelhandel1 Von Justus Haucap, Ulrich Heimeshoff, Gordon J. Klein, Dennis Rickert und Christian Wey2 Zusammenfassung Der vorliegende Beitrag befasst sich mit aktuellen Wettbewerbsproblemen im deutschen Lebensmitteleinzelhandel. Im Mittelpunkt der Analyse stehen der zunehmende Konzentrationsprozess und seine Determinanten. Darauf aufbauend diskutieren wir Aspekte der Marktabgrenzung insbesondere im Hinblick auf Discounter sowie die aus dem Konzentrationsprozess resultierende Nachfragemacht des Handels. Die Darstellung zeigt, dass Nachfragemacht von Händlern nicht pauschal bewertet werden kann, sondern ein dynamisches Phänomen darstellt, welches im Einzelfall betrachtet werden muss. Darüber hinaus ist bislang keineswegs klar, ob Nachfragemacht tatsächlich negative Effekte auf Wettbewerb oder Verbraucher hat. Des Weiteren werden die jüngsten Empfehlungen der Monopolkommission in Bezug auf die wettbewerbsrechtliche Behandlung von Nachfragemacht ausführlich gewürdigt. Hier ist insbesondere die ablehnende Haltung der Monopolkommission bezüglich des Verbots von Verkäufen unter Einstandspreisen sowie die Behandlung vertikaler Bindungen zu nennen.

Abstract The present provides a competition analysis for the german grocery retail sector, which is charakterized by increasing market concentration. We discuss the adequate market delineation with respect to discounters and eventual changes in retailers’ buyer power which may result from the increase in retailer concentration. It is argued that a broad and general evaluation of retailers’ buyer power can often be misleading, as buyer power is a dynamic phenomen which has to be evaluated on a case-by-case basis. In addition, it is generally not clear whether buyer power is harmful for competitive processes or consumers. In this context, the proposals on how to deal with buyer power that have been put forward by the German Monopolies Commission are discussed in detail, with a particular emphasis on the prohibition of below-cost pricing and the treatment of vertical restraints.

1 Wir bedanken uns bei Lars Koch, Christiane Kehder, Olaf Roik und den Teilnehmern der Jahrestagung 2013 der Arbeitsgruppe Wettbewerb im Wirtschaftspolitischen Ausschuss des Vereins für Socialpolitik für wertvolle Kommentare. Dieser Beitrag ist im Kontext des Forschungsprojektes „Vertragsregulierung und Kartelle“ entstanden, das durch den Handelsverband Deutschland (HDE) unterstützt wurde. 2 Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie (DICE), Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Universitätsstr. 1, 40225 Düsseldorf, Email: [email protected].

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J. Haucap, U. Heimeshoff, G. J. Klein, D. Rickert und Chr. Wey

I. Einleitung Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) zeichnet sich in Deutschland – wie auch international – durch eine wachsende Marktkonzentration aus. Mindestens drei Ursachen lassen sich für diesen Konzentrationsprozess identifizieren: Zunächst sind dies offensichtlich die zahlreichen Fusionen und Übernahmen der letzten Jahre. Prominente Beispiele hierfür sind die Übernahme der Plus-Filialen durch Edeka und Rewe (Bundeskartellamt, 2007) oder der Verkauf von Ratio-Filialen unter anderem an Edeka (Bundeskartellamt, 2010a). Edeka hat zudem die Getränkemarktkette trinkgut übernommen (Bundeskartellamt, 2010b), während die Schweizerische Migros durch die Übernahme der tegut-Märkte in den deutschen Markt eingetreten ist. Ein neuerer Zusammenschluss ist die Übernahme der Wasgau-Märkte durch Rewe, die kürzlich vom Bundeskartellamt genehmigt wurde (Bundeskartellamt, 2013). Die durch Fusionen und Übernahmen verursachte Marktkonzentration ist jedoch kein spezifisch deutsches Thema. Die im European Competition Network (ECN) zusammengefassten Wettbewerbsbehörden haben zwischen 2004 und 2011 fast 1300 Fusionsvorhaben im Lebensmittelbereich untersucht; davon entfiel etwa ein Drittel auf den LEH (vgl. ECN, 2012, S. 42 ff.). Im Vergleich zu anderen Branchen ist diese Zahl beeindruckend. Zusammenschlüsse und Übernahmen sind aber nicht die einzigen Gründe für den Konzentrationsprozess. Vielmehr fördern auch der technologische Fortschritt sowie die Marktliberalisierung die Konzentration. Wie Beck, Grajek und Wey (2011) empirisch belegt haben, wurden z. B. moderne Barcodes und Scannerkassen zunächst überwiegend von großen Supermarktketten eingesetzt, welche in wesentlich größerem Umfang als kleinere Wettbewerber den technischen Fortschritt nutzen und somit Produktivitätsvorteile gewinnen. Diese Produktivitätsverbesserungen resultieren in Kostensenkungen und folglich in Wettbewerbsvorteilen für die größeren Marktteilnehmer. Große Ketten profitieren so wesentlich stärker als der klassische Einzelhändler mit einer oder wenigen Verkaufsstätten vom technischen Fortschritt. Auch Veränderungen der ordnungspolitischen Rahmenbedingungen sind selten vollkommen wettbewerbsneutral in ihrer Wirkung. So haben im Lebensmitteleinzelhandel z. B. die Reformen der Ladenöffnungszeiten auch Nebenwirkungen. Wie Wenzel (2011) zeigt, hängt die Wirkung einer Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten stark von den Effizienzunterschieden zwischen unabhängigen Händlern und großen Ketten ab. Ist der Effizienzunterschied gering, wählt der unabhängige Händler längere Öffnungszeiten und kann von der Liberalisierung profitieren. Sind die Effizienzunterschiede jedoch groß, so profitieren große Ketten deutlich stärker. Ein möglicher Grund für etwaige Effizienzunterschiede kann z. B. in einer unterschiedlichen Personalstruktur verschiedener Handelsformate liegen, aber auch auf Unterschiede in der Beschaffung zurückzuführen sein. Vor dem Hintergrund der Größenunterschiede der Händler im Einzelhandel ist von relativ deutlichen Effizienzunterschieden auszugehen, sodass die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten – dem theoretischen Modell zufolge – tendenziell grö-

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Wettbewerbsprobleme im Lebensmitteleinzelhandel

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ßere Unternehmen stärker profitieren lässt und somit zum Konzentrationsprozess beiträgt. Somit sind (a) technischer Fortschritt und (b) Reformen des regulatorischen Umfelds neben (c) Fusionen und Übernahmen wichtige Determinanten der Marktstruktur im Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland und international. Der vorliegende Beitrag erörtert in den folgenden Abschnitten zunächst allgemein die Wettbewerbssituation im Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland auf der Absatzseite, bevor anschließend die Beschaffungsseite betrachtet wird. Anschließend diskutieren wir, wie eine adäquate Marktabgrenzung im Lebensmitteleinzelhandel aussehen könnte. Die Besonderheiten der Marktabgrenzung werden anhand einer empirischen Studie des Marktes für Babywindeln verdeutlicht. Darüber hinaus befassen wir uns mit der Rolle von Nachfragemacht im Lebensmitteleinzelhandel und stellen eine Fallstudie vor, die sich den Boykott einer führenden Handelskette durch einen kleinen regionalen Lieferanten zu Nutze macht, um zu zeigen, dass auch kleine Lieferanten bei einer ausgeprägten Differenzierungsstrategie und lokal hohem Marktanteil signifikante Verhandlungsmacht besitzen können. In diesem Zusammenhang wird auch die Bedeutung des Konsumentenverhaltens für die Verhandlungsmachtverteilung anhand des sogenannten One-Stop-Shoppings verdeutlicht. Des Weiteren werden neuere Entwicklungen der Wettbewerbspolitik – sofern sie im Zusammenhang mit dem Lebensmitteleinzelhandel stehen – betrachtet. Dies sind insbesondere die laufende Sektoruntersuchung des Bundeskartellamts, die Ausführungen der Monopolkommission zum Einzelhandel sowie die relevanten Änderungen im Rahmen der jüngsten Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Der Aufsatz schließt mit einer Zusammenfassung und Schlussfolgerungen aus der Analyse für künftige Maßnahmen. II. Wettbewerbssituation im Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland 1. Lebensmitteleinzelhandel im Fokus der Wettbewerbspolitik Der Lebensmitteleinzelhandel steht bereits seit geraumer Zeit im Fokus der Politik. Neben Arbeitsbedingungen, Ladenöffnungszeiten und geklauten Bons für Leergutpfand wird auch die Qualität der Lebensmittel immer wieder in der Politik thematisiert und mit dem Thema Wettbewerb verknüpft. Die damalige Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ließ z. B. folgendes im Mai 2012 in der BILD-Zeitung verlautbaren: „Mich besorgt der immer aggressivere Wettbewerb unter den Lebensmittel-Discountern. Ich werbe für mehr Wertschätzung von Lebensmitteln. Unternehmen, die um jeden Preis nur ihren Marktanteil im Auge haben und denen die Wertschätzung ihrer Waren egal ist, verspielen langfristig das Vertrauen der Kunden und die Existenz ihrer Lieferanten. Der Lebensmittelhandel muss bedenken, wo es hinführt, wenn am Ende nur noch der Preis regiert. Billiger

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J. Haucap, U. Heimeshoff, G. J. Klein, D. Rickert und Chr. Wey ist nicht immer besser. (…) Unsere Landwirte haben einen Anspruch auf eine anständige Bezahlung ihrer Leistungen.“ (vgl. Aigner, 2012).

Während also in Teilen der Politik eine Sorge über zu viel Wettbewerb besteht, befürchten Wettbewerbsbehörden tendenziell eher, dass der Wettbewerb, auch aufgrund der beschriebenen Konzentrationstendenzen, zu wenig intensiv ist. Genährt wurden diese Befürchtungen auch durch eine Durchsuchung von zahlreichen Handelsunternehmen am 14. Januar 2010. Das Kartellamt ging dem Verdacht nach, „dass sich Markenartikelhersteller mit Einzelhandelsunternehmen in den Produktbereichen Süßwaren, Kaffee und Tiernahrung über die Gestaltung der Endverbraucherpreise abgestimmt haben. Die Abstimmung von Endverbraucherpreisen im Vertikalverhältnis, d. h. zwischen Herstellern und Einzelhändlern, ist kartellrechtlich ebenso verboten wie horizontale Kartelle und kann mit Geldbußen geahndet werden“ (Bundeskartellamt, 2010c). Nach den Durchsuchungen ist bei vielen Marktteilnehmern eine nicht unerhebliche Verunsicherung darüber entstanden, welche Formen der vertikalen Abstimmung als kartellrechtswidrig einzustufen sind und welche nicht. Unmittelbar relevant ist diese Frage für die betroffenen Unternehmen vor allem auch deswegen, weil sie nur dann eine Reduktion des Bußgelds erhalten können, wenn die Unternehmen keine erneuten Kartellrechtsverstöße begehen. Um diese Unsicherheit zu reduzieren, hat das Bundeskartellamt daher am 13. April 2010 den betroffenen Unternehmen eine vorläufige Bewertung bestimmter Geschäftspraktiken in Form einer Handreichung des Vorsitzenden der zuständigen 11. Beschlusskammer zukommen lassen (vgl. Bundeskartellamt, 2010d). Im Kern geht es um die Frage, wann eine zulässige unverbindliche Preisempfehlung (UVP) des Herstellers in eine verbotene Preisbindung umschlägt. Das elfseitige Schreiben sollte also eine Hilfestellung für die Unternehmen sein, die bei den Ermittlungen mit dem Bundeskartellamt kooperieren. Ob dieses Ziel erreicht wurde, ist zumindest fraglich. Nach Darstellung der betroffenen Unternehmen hat sich die Verunsicherung bei den Unternehmen eher noch vergrößert. In jedem Fall hat das Schreiben nicht unerhebliche Proteste und Unmutsäußerungen provoziert (vgl. dazu exemplarisch Seidel, 2011). Gut ein Jahr nach den bereits erwähnten Durchsuchungen, am 14. Februar 2011, gab das Bundeskartellamt dann auch bekannt, dass es eine Sektoruntersuchung zu den Beschaffungsmärkten im Lebensmitteleinzelhandel eingeleitet habe. Nach § 32e GWB kann das Bundeskartellamt einen bestimmten Sektor detailliert untersuchen, wenn besondere Umstände vermuten lassen, dass der Wettbewerb im Inland möglicherweise eingeschränkt oder verfälscht ist (sog. Sektoruntersuchung). Es handelt sich dabei (zunächst) nicht um Verfahren gegen bestimmte Unternehmen, sondern um eine allgemeine Branchenuntersuchung. Die Sektoruntersuchung des Lebensmittelhandels soll nun anhand von ausgewählten Produktgruppen feststellen, welche Nachfragemacht einzelne Handelsunternehmen besitzen. Genauer ausgedrückt soll ermittelt werden, ob und in welchem Ausmaß die führenden Handelsunternehmen auf der Nachfrageseite Vorteile gegenüber ihren Wettbewerbern genießen

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und welche Auswirkungen solche Vorteile auf den Wettbewerb auf den Absatzmärkten haben. Mit diesen Fragen und der allgemeinen Wettbewerbssituation im Lebensmitteleinzelhandel hat sich in der Zwischenzeit auch die Monopolkommission (2012) in ihrem 19. Hauptgutachten in zwei Sonderkapiteln ausführlich auseinandergesetzt. Nach den Diskussionen im Rahmen der 8. GWB-Novelle um die Sonderregeln für den LEH (insbesondere § 20 Abs. 3 und 4) werden nun als nächstes mit Spannung die Ergebnisse der laufenden Sektoruntersuchung des Bundeskartellamtes erwartet. Eine intensive Diskussion der Wettbewerbsverhältnisse im Lebensmittelbereich gibt es aber nicht nur auf deutscher, sondern auch auf europäischer Ebene. So hat die Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission im Januar 2012 eine „Task Force Food“ gegründet (vgl. Schmidt, 2013) und im Dezember 2012 eine Studie ausgeschrieben, welche die Effekte der zunehmenden Konzentration auf der Absatzseite untersuchen soll, sowie die Frage, ob Eigenmarken des Handels sich negativ auf Vielfalt und Innovation im LEH auswirken. Die Ergebnisse werden demnächst erwartet. Im Januar 2013 hat die Europäische Kommission (2013) zudem ein „Grünbuch über unlautere Handelspraktiken in der B2B-Lieferkette für Lebensmittel und Nicht-Lebensmittel in Europa“ publiziert. Ursächlich für das gesteigerte Interesse der Europäischen Kommission an den Wettbewerbsverhältnissen im Lebensmittelbereich dürften neben den eingangs beschriebenen Konzentrationsprozessen auch die zahlreichen Missbrauchsverfahren sein, die es in der Europäischen Union zwischen 2004 und 2011 im LebensmittelbeTabelle 1 Verfahren durch nationale Wettbewerbsbehörden von 2004 bis 2011 Land

Fallzahl

Land

Fallzahl

Belgien

4

Niederlande

5

Bulgarien

6

Norwegen

3

Dänemark

4

Österreich

4

Deutschland

14

Polen

4

Estland

3

Portugal

13

Finnland

4

Rumänien

10

Frankreich

12

Schweden

2

Griechenland

18

Slowakei

4

Großbritannien

1

Slowenien

2

Irland

2

Spanien

18

Italien

4

Tschechische Republik

9

Lettland

10

Ungarn

11

Litauen

2

Zypern

4

Malta

3

EU-Kommission

6

Summe

182

Quelle: ECN (2012, S. 30).

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J. Haucap, U. Heimeshoff, G. J. Klein, D. Rickert und Chr. Wey

reich gab. Tabelle 1 zeigt, wie sich die 182 Missbrauchsverfahren aus diesem Zeitraum auf die nationalen Wettbewerbsbehörden und die Europäische Kommission verteilen. Zudem dürfte auch die verhältnismäßig hohe Anzahl an Kartellverfahren wegen horizontaler Abstimmungen auf Herstellerebene im Lebensmittelbereich eine Rolle spielen. 2. Die Absatzseite des LEH in Deutschland Zur genaueren Bewertung des Wettbewerbs im LEH bietet sich zunächst eine vertiefte Analyse der Marktstrukturen an. Diese Analyse sollte sowohl auf der Absatzals auch auf der Beschaffungsseite erfolgen. Wir beginnen hier zunächst mit der Absatzseite und folgen den grundsätzlichen Indikatoren der Monopolkommission (2012). Betrachtet man den LEH in Deutschland, fällt im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Märkten die starke Rolle der Discounter in Deutschland auf, welche konstant einen Marktanteil von über 40 % aufweisen (vgl. Lademann, 2012, S. 28, Abb. 9). Betrachtet man die Verteilung der Marktanteile innerhalb des Segments der Discounter, so besaß Aldi (Nord und Süd) 2012 einen Marktanteil von etwa 43 %, Lidl 22 %, Netto 17 %, Penny 10 % und Norma 8 %. Außerhalb des Discounts sind Edeka, Rewe, die Metro-Gruppe (Real) sowie Kaufland die wesentlichen Akteure auf dem deutschen LEH-Markt. Abbildung 1 zeigt die Konzentration im LEH in Deutschland bis 2011. Die fünf größten Unternehmen im LEH vereinen demnach etwa 72 % der Umsätze auf sich.

Quelle: TradeDimensions. Abbildung 1: Entwicklung der Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel

Im Jahr 2012 ist durch den Markteintritt von Ahold aus den Niederlanden sowie Migros aus der Schweiz eine gewisse weitere Bewegung in die Marktstruktur gekom-

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Wettbewerbsprobleme im Lebensmitteleinzelhandel

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men. Zudem existieren neben den Supermärkten im LEH diverse weitere Formen des Einzelhandels wie beispielsweise Drogerien, Tankstellen, Kioske oder Bäckereien. Inwieweit diese auf demselben relevanten Markt agieren wie die oben genannten Supermarktketten steht immer wieder im Zentrum wettbewerbsökonomischer und kartellrechtlicher Diskussionen im LEH. Auf die Besonderheiten und Schwierigkeiten bei der sachlichen Marktabgrenzung werden wir in Abschnitt 3 noch ausführlich eingehen. Was die geographische Marktabgrenzung angeht, ist auf der Absatzseite von regionalen Märkten auszugehen. Hier gilt es durch die Fusionskontrolle vor allem lokale Monopolisierungen zu verhindern. Um erste Indikatoren für die Wettbewerbssituation auf der Absatzseite im LEH in Deutschland zu erhalten, bietet sich zunächst ein internationaler Quervergleich an. Gibt es Indikatoren dafür, dass es um die Wettbewerbssituation in Deutschland besser oder schlechter als bei unseren Nachbarn bestellt ist? Als erste Vergleichskriterien bieten sich beispielsweise die durchschnittliche Ladendichte (in LEH-Geschäften pro Einwohner), der Lebensmittelpreisindex und seine Entwicklung sowie die Profitabilität der Anbieter im LEH an. Einen Überblick über die Ladendichte in europäischen Staaten gibt daher die Abbildung 2.

Quelle: Monopolkommission (2012, Tz. 1047, Abb. V.7). Abbildung 2: Ladendichte im europäischen Lebensmitteleinzelhandel

Nach Österreich weist Deutschland die höchste Ladendichte, gemessen in LEHGeschäften pro Einwohner, im europäischen Vergleich auf. Die hohe Ladendichte lässt eher auf wirksamen Wettbewerb als auf ein signifikantes Marktversagen schließen. Mehrere osteuropäische Länder und beispielsweise auch England liegen hingegen am anderen Ende des Spektrums und haben vergleichsweise niedrige Ladendichten. Auch wenn die Ladendichte allein bestenfalls ein erster Anhaltspunkt zur Beurteilung des Wettbewerbs im deutschen LEH im Vergleich zu anderen europäischen

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J. Haucap, U. Heimeshoff, G. J. Klein, D. Rickert und Chr. Wey

Ländern sein kann, weist die hohe Ladendichte in Deutschland eher auf intensiven als auf fehlenden Wettbewerb hin. Als zweiter Indikator sei das Preisniveau betrachtet, da sich auf der Absatzseite Marktmacht und vor allem ihr Missbrauch üblicherweise in hohen Preisen widerspiegeln. Im europäischen Preisvergleich, für den sinnvollerweise nur Preisindizes für Warenkörbe verwendet werden können, will man nicht zahlreiche Einzelpreise vergleichen, liegt Deutschland im Mittelfeld, wie Abbildung 3 zeigt.

Quelle: Eurostat. Abbildung 3: Lebensmittelpreisindizes in Europa 2012

Die Lebensmittelpreise in Deutschland liegen somit geringfügig oberhalb des EU-Durchschnitts, während die osteuropäischen Staaten am unteren Ende und Länder wie Dänemark, die Schweiz und Norwegen (erwartungsgemäß) am oberen Ende des Spektrums liegen. Dies suggeriert, dass sich Wirtschaftskraft und Einkommen der Bevölkerung spürbar auf die Lebensmittelpreise auswirken. Die unterschiedlichen volkswirtschaftlichen Bedingungen machen einen einfachen Preisvergleich daher schwierig. Vor allem aber ist darauf hinzuweisen, dass Preisindizes wie erwähnt auf einem Warenkorb beruhen, welcher sich wiederum zwischen den Ländern zum Teil erheblich unterscheidet. Während in Portugal Preise für Fisch und Wein vermutlich bedeutsam für Verbraucher sind, spielen in Deutschland Preise für Bier und Schweinefleisch eine wichtigere Rolle. Selbst benachbarte Länder wie Deutschland und Frankreich weisen in der Zusammensetzung und Gewichtung der Warenkörbe deutliche Unterschiede auf. Daher ist ein Vergleich von Lebensmittelpreisindizes nur bedingt aussagekräftig. Allerdings war auch die Preissteigerung bei Lebensmitteln seit 1993 im Vergleich zum allgemeinen Verbraucherpreisindex unterdurchschnittlich, wie Abbildung 4 zeigt.

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Quelle: Eigene Darstellung, Datenquelle: Statistisches Bundesamt. Abbildung 4: Preisentwicklung im Vergleich

Die Monopolkommission (2012, Tz. 1049) hat zudem darauf hingewiesen, dass (a) der Preisanstieg, gemessen am harmonisierten Verbraucherpreisindex für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke, von 1997 bis 2011 in Deutschland mit 21 % im Vergleich zum EU-Durchschnitt von 37 % gering ausgefallen ist. Auch ist der Verbraucherpreisindex für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränkte zwischen 1991 und 2010 lediglich um 29 % gestiegen, während der Verbraucherpreisindex insgesamt in Deutschland um 46 % anstieg. Der Preisauftrieb war bei Lebensmitteln somit sogar unterdurchschnittlich. Auf einen Ausbau der Marktmacht deuten auch diese Befunde nicht hin, denn eine zunehmende Marktmacht hätte in aller Regel in steigenden Preisen resultieren müssen. Als letzte Größe soll nun die Profitabilität der Einzelhandelsunternehmen betrachtet werden als Indikator für den Wettbewerbsdruck auf Einzelhandelsmärkten. Im Rahmen der Finanzanalyse wird hier häufig auf die Gewinne vor Zinsen und Steuern (EBIT) zurückgegriffen. Ein Vergleich der EBIT-Margen für die größten Einzelhandelsunternehmen in Deutschland, Großbritannien, Niederlande und Frankreich zeigt, dass alle anderen Märkte, insbesondere Großbritannien, deutlich größere Renditen als die deutschen Einzelhandelskonzerne aufweisen, die mit EBIT-Margen um die 1 % herum arbeiten. Auch aus diesem Indikator kann im Vergleich zu anderen europäischen Ländern daher prima facie nicht auf mangelnden Wettbewerb geschlossen werden (so auch Monopolkommission, 2012, Tz. 1050 ff.). Als Fazit lässt sich somit festhalten, dass sich keine Indikatoren ergeben, die für eine besondere Wettbewerbsproblematik auf der Absatzseite im LEH sprechen. Wie auch die Monopolkommission (2012) geschlussfolgert hat, sprechen die Indikatoren eher für wirksamen Wettbewerb im LEH. Auf der Absatzseite des LEH hat die Monopolkommission (2012) „kein spürbares Nachlassen der Wettbewerbsintensität“ feststellen können. Wenn dies auch in gewisser Weise für Wettbewerb und Verbraucher ein beruhigender Befund ist, so stellt sich gerade im Hinblick auf etwaige zukünftige Fusionsvorhaben trotzdem die Frage, wie sich diese auf die Wettbewerbsintensität auswirken würden. Das Bundeskartellamt geht hier von einem „abgestuf-

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ten Wettbewerbsverhältnis“ (Bundeskartellamt, 2007, S. 46) aus, demzufolge sog. „Hard Discounter“ wie Aldi nur in wesentlich stärker eingeschränktem Wettbewerb zu den sog. Soft Discountern wie Lidl oder Vollsortimentern wie Rewe stehen als diese untereinander, weil das Sortiment der diversen Retail-Formate sehr unterschiedlich sei. Die Monopolkommission (2012) hat diese Sichtweise in Frage gestellt und zu bedenken gegeben, dass die Aldi-Produkte im direkten Wettbewerb mit den preisgünstigen Eigenmarken des LEH stehen und hier die Preissetzungsspielräume beeinflussen. Die Preissetzungsspielräume für Herstellermarken wiederum werden aber durch die Preise der Eigenmarken des LEH beschränkt, zumal da diese oft im selben Regal zu finden sind. Indirekt wirken sich so die Aldi-Preise auch auf die Preise der Herstellermarken aus, selbst wenn diese bei Aldi kaum zu finden sind. Bevor diese spannende Frage des sog. Interformat-Wettbewerbs und der Implikationen für die Abgrenzung des kartellrechtlich relevanten Marktes detaillierter erörtert werden, wollen wir uns jedoch kurz auch der Beschaffungsseite des Marktes allgemein zuwenden. 3. Die Beschaffungsseite des LEH in Deutschland Die Betrachtung der Absatzseite des deutschen LEH macht zwar zum einen deutlich, dass es sich um einen relativ konzentrierten Markt handelt. Zum anderen gibt es aber gerade im Vergleich zu anderen europäischen LEH-Märkten keine belastbaren Hinweise auf mangelnden Wettbewerb. Das Augenmerk der Sektoruntersuchung des Bundeskartellamtes (2011) als auch der Europäischen Kommission (2013) gilt allerdings auch stärker den Beschaffungs- als den Absatzmärkten. Und auch in der Politik stehen die Beschaffungsmärkte stärker im Fokus, wie das obige Zitat von Ministerin Aigner deutlich macht, in dem es ihr um die „anständige Bezahlung“ der Landwirte geht. In der Tat legt zudem das deutsche Kartellrecht einen besonderen Stellenwert auf die Umverteilungseffekte von Wettbewerbsprozessen, indem kleine Anbieter oft in besonderer Weise gegen größere Wettbewerber oder auch vor der Macht vor- und nachgelagerter Vertragspartner geschützt werden sollen. Gerade im LEH sind daher die vertikalen Strukturen zwischen Handel und Herstellern von immenser Bedeutung. Die Beschaffungsseite soll daher in diesem Abschnitt genauer betrachtet werden. Pauschale Aussagen über die Machtverhältnisse zwischen Herstellern und Händlern lassen sich jedoch leider nicht treffen, da die Struktur im Herstellerbereich sehr heterogen ist und diese auch zwischen Produktgruppen sehr variiert. Multinationale Markenhersteller wie Nestlé und Unilever stehen neben mittleren und kleinen, zum Teil regionalen, Zulieferern im Regal. Zwischen den Händlern und den Herstellern bestehen zudem sehr komplexe Vertragsbeziehungen, denen viele Parameter zugrunde liegen. Neben dem Einstandspreis werden Zahlungsbedingungen, diverse Rabattformen auf Einzelprodukt- als auch auf Sortimentsebene, Werbekostenzuschüsse, Regalmieten, Sonderaktionen und andere Vertragsparameter verhandelt und spezifiziert. Diese Bedingungen werden zudem nach den sog. Jahresgesprächen typischer-

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weise nachverhandelt, um neue Entwicklungen (Nachfrageschwankungen, neue Produkte, Kostenentwicklungen z. B. bei Rohstoffen) berücksichtigen zu können. Diese Komplexität der Vertragsbeziehungen und deren Verhandlung kann durch das lange Zeit in der Wettbewerbspolitik als Maßstab herangezogene Monopson- bzw. Oligopsonmodell nicht adäquat abgebildet werden. Das Monopson- bzw. Oligopsonmodell kann faktisch nicht als theoretische Grundlage für die Beschaffungssituation im LEH dienen. Wesentlich besser lassen sich diese Beziehungen und Verhandlungen durch neuere ökonomische Verhandlungsmodelle erfassen, die den Kern der neueren Literatur bilden (vgl. z. B. Inderst und Wey, 2008). Eine Pauschalbetrachtung der Beziehungen zwischen Händlern und Herstellern ist sicherlich nicht zielführend. Stattdessen muss die Komplexität der Leistungsbeziehung sowie der Vertragsgestaltung und -durchsetzung im Einzelfall betrachtet werden. Zusammenfassend ist die Beurteilung der Wettbewerbssituation auf der Beschaffungsseite im LEH deutlich schwieriger als die der Absatzseite. Aus diesem Grund werden wir im nächsten Abschnitt nach einer Analyse der adäquaten Marktabgrenzung im LEH wichtige Aspekte der Analyse von Nachfragemacht anhand des Beispiels des sogenannten „One-Stop-Shoppings“ verdeutlichen. III. Marktabgrenzung und Nachfragemacht im deutschen LEH 1. Marktabgrenzung im LEH Die Abgrenzung des relevanten Marktes im LEH dreht sich immer auch um die Frage, ob Drogerien, Hard- und Soft-Discounter sowie die sog. Vollsortimenter auf einem gemeinsamen Markt agieren oder auf sachlich getrennten Märkten (vgl. ausführlich Schröder, 2012a, b, Schröder und Mennenöh, 2013a, b). Wie bereits oben erwähnt, geht das Bundeskartellamt von einem abgestuften Wettbewerbsverhältnis aus. Da die Sortimentsbreite und -tiefe bei Discountern wesentlich geringer sei, würden diese insbesondere für Kunden, die alles aus einer Hand zu kaufen wünschen (sog. „One-Stop-Shopper“), keine adäquate Substitutionsmöglichkeit bieten. Aufgrund der Bedeutung des One-Stop-Shopping sei tendenziell eher von einer nach Sortimentsbreite und -tiefe abgestufte Marktabgrenzung sachgemäß (vgl. Bundeskartellamt, 2007, S. 46). Um diese Hypothese überprüfen zu können, haben wir mit Hilfe von Daten der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) bzw. der GfK Panel Services GmbH die Substitutionsbeziehungen auf dem Windelmarkt in Deutschland überprüft. Auf Basis einer mit Discrete Choice-Modellen geschätzten Nachfragefunktion haben wir Kreuzpreiselastizitäten zwischen Markenprodukten und Eigenmarken von Supermärkten und Discountern ermittelt (Haucap et al., 2013), sodass wir die Substitutions- und somit auch die Wettbewerbsbeziehungen zwischen Supermärkten und Discountern besser einschätzen können. Der Windelmarkt bietet sich für eine solche Studie des Interformat-Wettbewerbs an, weil Windeln in allen Retail-Formaten erhältlich sind und es Markenprodukte und Eigenmarken gibt. Zudem ist die Nachfrage

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ziemlich konstant und wenig konjunkturabhängig, sodass die ökonometrischen Schätzungen einfacher werden. Zugleich schwanken jedoch sowohl die Verkaufspreise als auch die Preise für Inputs (wie Zellstoff), welche international handelbar sind und beobachtbare Preise haben. Zudem hat man es bei Eltern als Kunden mit relativ qualitätssensitiven Verbrauchern zu tun. Somit ist zu erwarten, dass man in einem solchen Markt eine relativ weite Distanz von Eigen- und Herstellermarken in der Käuferpräferenz haben sollte. Wenn aber bereits in einem solchen Markt ein intensiver Wettbewerb zwischen Eigenmarken des von Discountern und Drogeriemärkten einerseits und Herstellermarken andererseits zu finden ist, so kann man von einem intensiven Wettbewerbsverhältnis ausgehen. Im Detail haben wir die wöchentlichen Einkäufe der Konsumenten im GfK-Verbraucher-Panel betrachtet, welche (Baby-)Windeln nachfragen (etwa 10 % von allen 40.000). Diese Konsumenten haben verschiedene Hersteller- und Eigenmarken bei verschiedenen Händlern zur Auswahl. Die jeweiligen Kombinationen (Marke X bei Händler Y) erfahren unterschiedliche Wertschätzungen. Analysiert wurde nun, wie sehr die Konsumenten welche Bündel nachfragen. Dabei haben wir explizit die heterogene Präferenzenstruktur mit einem Random-Coefficient-Logit Modell berücksichtigt und so sehr präzise Eigen- und Kreuzpreiselastizitäten ermittelt. Tabelle 2 Elastizitäten (2005 & 2006) Elastizitäten je

Mittelwert

Standardabweichung

Eigenpreiselastizität

Herstellermarke (HM) Eigenmarke (EM) SB-Warenhaus Discounter (DC) Drogerie Vollsortimenter

-9.138 -8.871 -9.121 -8.997 -8.931 -9.273

0.103 0.431 0.112 0.400 0.352 0.162

Kreuzpreiselastizität

Herstellermarke (HM) Eigenmarke (EM) SB-Warenhaus Discounter Drogerie Vollsortimenter

0.212 0.224 0.215 0.222 0.215 0.201

0.017 0.013 0.019 0.013 0.014 0.019

Mittelwertsdifferenz

Eigen. Elast EM vs. HM Eigen. Elast. DC vs. andere Kreuz. Elast EM vs. HM Kreuz. Elast. DC vs. andere

Prob(D ¼ 6 0)= Prob(D ¼ 6 0)= Prob(D ¼ 6 0)= Prob(D ¼ 6 0)=

0.005 0.605 0.033 0.169

Quelle: Haucap et al. (2013).

In Tabelle 2 sind zum einen die durchschnittlichen Eigen- und Kreuzpreiselastizitäten für Herstellermarken und Eigenmarken angegeben, zum anderen auch für verschiedene Retail-Formate (SB-Warenhäuser, Discounter, Drogeriemärkte und Vollsortimenter). Es zeigt sich, dass die durchschnittliche Eigenpreiselastizität sehr hoch ist, während die durchschnittliche Kreuzpreiselastizität zwischen zwei verschiede-

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nen Marken gering erscheint. Zu bedenken ist jedoch, dass 17 verschiedene Marken im Markt konkurrieren, sodass die „aggregierte“ Kreuzpreiselastizität durchaus hoch ist. Mit Hilfe struktureller Angebotsmodelle ließen sich nun die Margen der jeweiligen Produkte identifizieren. Diese Informationen wurden dann wiederum genutzt, um eine Marktabgrenzung der jeweiligen Produkte mit Hilfe des hypothetischen Monopolistentests (auch SSNIP-Test genannt) durchzuführen. Dabei wurde ausgehend vom Marktführer Zug um Zug die Windelmarke mit der höchsten Kreuzpreiselastizität hinzugezogen, um so den SSNIP-Test durchzuführen. Die Vorgehensweise ist in Tabelle 3 dargestellt. Tabelle 3 SSNIP-Test – Kritische Verlustanalyse (2005/2006) Marke

Eigenmarke

RetailFormat

Marktanteil

Aggregierte KVL KVL KVL Marge Kreuz1 % 5 % 10 % preiselastizität

1 2 3

0 1 1

diverse Drogerie Discounter

0.42 0.02 0.07

0.15 0.12 0.14

. 0.18 0.35

4 5 6 7 8 9 10 11

1 1 1 1 1 1 1 1

Discounter Drogerie Discounter Discounter SBW Warenhaus Vollsortimenter SBW Warenhaus Drogerie

0.01 0.06 0.06 0.01 0.01 0.01 0.03 0.03

0.12 0.14 0.15 0.12 0.14 0.13 0.14 0.14

0.52 0.68 0.85 1.02 1.18 1.35 1.51 1.67

12 13 14 15 16 17

1 1 1 0 1 1

Drogerie Discounter Vollsortimenter diverse Discounter Discounter

0.17 0.01 0.01 0.02 0.02 0.07

0.15 0.13 0.14 0.14 0.15 0.15

1.83 1.99 2.15 2.30 2.45 2.60

0.43

1.71

2.72

Quelle: Haucap et al. (2013).

Tabelle 3 stellt also die Marktabgrenzung gemäß SSNIP-Test dar, ausgehend vom Marktführer der in unserer Verbrauchergruppe über 40 % Marktanteil hat. Für jede Marke wird dargestellt, (1) ob es sich um eine Eigenmarke handelt oder nicht und (2) in welchem Retail-Format diese Marke erhältlich ist. Die für den Marktführer (Marke 1) mit KVL bezeichneten Werte geben die kritischen Kreuzpreiselastizitäten an, bei denen ein Preisanstieg von 1 %, 5 % oder 10 % nicht mehr profitabel ist. Wenn die kumulierte oder aggregierte Kreuzpreiselastizität in der sechsten Spalte diesen KVL übersteigt, dann ist eine Preiserhöhung nicht länger profitabel. Die verschiedenen kritischen Schwellenwerte, die für die Marktabgrenzung relevant sind, werden durch die horizontalen Linien markiert. Schon bei der engsten Marktabgrenzung

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(1 %-Kriterium) fällt auf, dass der Logik des SSNIP-Tests folgend mindestens zwei Eigenmarken – nämlich die einer Drogeriemarktkette und die eines Discounters – als engste Substitute des Marktführers zu seinem Portfolio (also somit zum relevanten Markt) gehören müssten, damit sich eine 1-prozentige Preiserhöhung lohnen würde. Anders ausgedrückt begrenzen diese beiden Eigenmarken effektiv den Preissetzungsspielraum des Marktführers. Dieses Bild setzt sich auch bei weniger konservativen Grenzen wie der weiter verbreiteten Abgrenzung nach dem 5 %- oder 10 %Kriterium fort. Nach dem 5 %-Kriterium gehören die Windeln in elf Handelsketten zum relevanten Markt, im Falle des 10 %-Kriteriums sämtliche Windelmarken in sämtlichen Outlets. Unsere Ergebnisse wurden auch mit alternativen Methoden zur Marktabgrenzung wie der Generalised Upward Pricing Pressure (GUPPI)-Methode auf Robustheit getestet. Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass die stärksten Verfolger des Marktführers zum einen Eigenmarken von Drogeriemärkten als auch von Discountern und Vollsortimentern sind. Alle diese Ergebnisse führen im Abschluss zur Erkenntnis, dass die Hypothese eines stark abgestuften Wettbewerbs zwischen Discountern, Drogeriemärkten und Vollsortimentern (welche unter anderem den Marktführer verkaufen) so nicht zu halten ist. Vielmehr scheinen alle Formattypen in einem intensiven Wettbewerb zu stehen. 2. Nachfragemacht im LEH Es ist sicherlich unstrittig, dass die Einzelhandelsunternehmen im deutschen LEH zumindest teilweise eine gewisse Nachfragemacht gegenüber ihren Zulieferern haben. Auch die Monopolkommission (2012) ist in ihrem Gutachten zu der Schlussfolgerung gekommen, dass Nachfragemacht einzelner Händler in Teilen vorhanden sein dürfte und dies durch Einkaufskooperationen noch verschärft werden kann. Ob dies aber negative Effekte auf Wettbewerb und Verbraucher hat, ist unklar. Lange Zeit wurde die Beurteilung der Nachfragemacht des Handels relativ pauschal anhand der Größe der Einzelhandelsunternehmen vorgenommen. Sicherlich weisen große Unternehmen oftmals mehr Verhandlungsmacht auf als kleinere Wettbewerber, aber aufgrund der bereits beschriebenen komplexen Beziehungen zwischen Herstellern und Händlern ist Größe allein kein aussagekräftiger Indikator zur Beurteilung der Verhandlungsmacht von Handelsunternehmen. So können auch kleine Hersteller ggf. starke Marken haben, die im Extremfall als „Must Stock“-Produkte angesehen werden, und die Ursache für eine starke Verhandlungsposition sind. Hingegen scheinen Hersteller von Zweit- und Eigenmarken, auch wenn sie ggf. relativ groß sind, prima facie weniger Verhandlungsmacht zu besitzen. Entscheidend dürften oft die Ausweichmöglichkeiten der Hersteller einerseits (z. B. Lieferung an andere inländische oder auch ausländische LEH-Ketten oder an Gastronomie und andere Gewerbe) und der Verbraucher andererseits sein. Zu berücksichtigen ist hier auch die besondere Situation der sog. Verbundgruppen wie REWE und EDEKA. Bei diesen sind weitgehend selbständige Einzelhändler auf der Abnehmerseite aktiv, welche zum Teil sehr unterschiedliche Vorstellungen

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von der Zusammensetzung ihrer Sortimente haben und dies über die jeweiligen Gruppenstrukturen nachdrücklich kommunizieren können. Eine zentral gesteuerte Auslistung von Lieferanten oder auch nur Produktgruppen ist für diese Verbundgruppen faktisch sehr viel schwieriger als bei anderen Handelsunternehmen, sobald eine spürbare Anzahl an selbständigen Einzelhändlern dieser Verbundgruppen die jeweiligen Produkte für bedeutsam für ihr lokales Sortiment erachten. Eine genaue Quantifizierung der Verhandlungsmacht kann daher nur auf Einzelfallebene erfolgen, weil die Verteilung der Verhandlungsmacht zwischen Zulieferern und Händlern von einer Vielzahl von Parametern abhängt. Neben Unternehmenscharakteristika (wie z. B. Sortimentstiefe und -breite sowie Kosten- und Ertragsstruktur) gehört vor allem auch das tatsächliche Konsumentenverhalten dazu. Eine besondere Rolle nimmt hier das sogenannte „One-Stop-Shopping“ ein. Dies wird anhand einer empirischen Studie deutlich, die Heimeshoff und Klein (2013) jüngst vorgelegt haben. Dabei machen die Autoren sich zu Nutze, dass zwei regionale Brauereien für eine gewisse Zeit Filialen einer großen Handelskette in Süddeutschland boykottierten, wobei die betroffenen Biermarken nur in einem Teil der Filialen des Händlers geführt wurden. Dieses Ereignis hat den Vorteil, dass eine sogenannte Treatmentgruppe und eine Kontrollgruppe gebildet werden kann, welche nicht durch den Boykott beeinflusst wurde, aber denselben allgemeinen ökonomischen Veränderungen unterlag (z. B. konjunkturelle Schwankungen, Wetterentwicklung). Im Rahmen eines Differenzen-in-Differenzen-Ansatzes, der genau diese Aufteilung in Treatment- und Kontrollgruppe ausnutzt, haben Heimeshoff und Klein (2013) den Effekt geschätzt, den der Lieferstopp (a) auf den Bierumsatz und (b) auf den Gesamtumsatz der betroffenen Filialen hatte. Wie sich zeigt, ist in den Regressionen kein Einfluss des Lieferstopps auf den Bierumsatz in den Filialen festzustellen. Vielmehr konnten etwaige Verluste durch das Fehlen einer bestimmten Biermarke durch zusätzliche Werbemaßnahmen und Sonderangebote für andere Biermarken ausgeglichen werden. Betrachtet man jedoch die Gesamtumsätze der Filialen, so ist ein signifikant negativer Einfluss des Lieferstopps festzustellen. Trotz der Stabilisierung des Bierumsatzes durch zusätzliche Werbemaßnahmen sind Verluste beim Gesamtumsatz zu verzeichnen. Dies ist vor allem auf sogenannte One-Stop-Shopper zurückzuführen, die bevorzugt alle Einkäufe in einer Einkaufsstätte erledigen und fernbleiben, wenn ein für sie wichtiges Produkt nicht erhältlich ist. Im vorliegenden Fall finden die Käufer ihre bevorzugte Biermarke nicht im Sortiment und machen daher ihren gesamten Wocheneinkauf in einer anderen Einkaufsstätte. Stattdessen kommen verstärkt „Schnäppchenjäger“ in die betroffenen Filialen, die dort dann zwar Sonderangebote für andere Biermarken wahrnehmen, aber wenig andere Einkäufe tätigen. Für den Supermarkt ist insbesondere der Verlust der lukrativen One-Stopp-Shopper problematisch, sodass selbst ein kleiner Lieferant erhebliche Verhandlungsmacht besitzen kann, wenn er eine starke Marke hat. Aus der Untersuchung sind somit zwei Schlussfolgerungen zu ziehen: Zunächst ist das Konsumentenverhalten für die Verteilung der Verhandlungsmacht zwischen Händlern und Herstellern bedeutend, wie am Beispiel des One-Stop-Shoppings ge-

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zeigt wurde. Darüber hinaus relativiert die Untersuchung die Bedeutung der Größe eines Unternehmens bei der Beurteilung seiner Verhandlungsmacht. Relativ kleine Unternehmen können durchaus große Verhandlungsmacht erlangen, wenn sie eine adäquate Differenzierungsstrategie verfolgen und infolgedessen zumindest lokal hohe Marktanteile aufweisen. Theoretisch ist auch von Caprice und von Schlippenbach (2013) gezeigt worden, dass durch ein One-Stop-Shopping-Verhalten zwischen vormals unabhängigen Produkten Komplementaritäten entstehen, die sich entscheidend auf die Verteilung der Verhandlungsmacht zwischen Herstellern und Händlern auswirken. Diese Erkenntnisse zeigen auch, dass eine Abgrenzung des Marktes auf der Ebene einzelner Produkte beziehungsweise von Produktgruppen zu falschen Schlussfolgerungen führen kann und für den LEH oftmals nicht angemessen ist.

IV. Ist Nachfragemacht ein Problem im deutschen LEH? In den bisherigen Ausführungen ist bereits deutlich geworden, dass Nachfragemacht ein Phänomen ist, das zum einen im Einzelfall geprüft werden muss und zum anderen dynamisch analysiert werden sollte. Aufgrund von regelmäßigen Verhandlungen und komplexen Vertragsbeziehungen ist die Machtbalance ständigen Veränderungen unterworfen. Im Zuge der Sektoruntersuchung des Bundeskartellamtes stellt sich aber auch die Frage, ob aus Sicht der Verbraucher die Machtverteilung zwischen Händlern und Herstellern überhaupt ein Problem darstellt. Hier wird regelmäßig die sogenannte „Theorie der Wasserbetteffekte“ herangezogen (vgl. Inderst und Wey, 2008). Setzt ein Händler mit großer Verhandlungsmacht einen niedrigen Einkaufspreis durch, müssen der Theorie zufolge kleinere Händler den Herstellern höhere Einkaufspreise zahlen, um dieses zu kompensieren. Diese Händler verzeichnen damit einen Wettbewerbsnachteil gegenüber ihrem größeren Wettbewerber und würden im Extremfall vom Markt verdrängt, was wiederum zu Monopolisierungstendenzen und steigenden Preisen führen könnte. Aus empirischer Sicht gibt es jedoch bislang keine belastbaren Belege für diese Theorie (vgl. Wey, 2011). Wasserbetteffekte konnten bisher im Rahmen empirischer Analysen nicht nachgewiesen werden. Ohne empirische Belege sollte man jedoch sehr vorsichtig sein, wettbewerbspolitische Handlungsempfehlungen auf ein recht wackliges Theoriegebäude zu stützen. Die Monopolkommission sieht angesichts dieser Befunde aktuell diskutierte Vorschläge zur Reglementierung von Vertragsverhandlungen bei Nachfragemacht (vgl. Europäische Kommission, 2013) auch eher kritisch. Zunächst ist nach aktuellem Forschungsstand nicht klar, wann genau Nachfragemacht überhaupt ein echtes Problem für den Wettbewerbsprozess und/oder die Verbraucher darstellt. Aus diesem Grund stehen etwaige Handlungsempfehlungen ohne eine sichere theoretische und empirische Basis auf wackeligem Fundament. Vorschlägen zur Einführung eines Verhaltenskodex oder einer Markttransparenzstelle für Verhandlungen zwischen Handel

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und Herstellern steht die Monopolkommission (2012) zudem auch deswegen kritisch gegenüber, weil solche Instrumente sehr leicht kartellfördernd und wettbewerbsdämpfend wirken können. Auskunftsansprüche von Verbänden gegenüber einzelnen Herstellern sind deshalb ähnlich problematisch. V. Probleme des aktuellen Rechtsrahmens: Das Verbot des Verkaufs unter Einstandspreisen im GWB und mögliche vertikale Preisbindungen Weniger neu, dafür aber anhaltend sind zwei Dauerbrenner in der wettbewerbsökonomischen Debatte: zum einen das Verbot des Verkaufs unter Einstandspreisen nach §20 Abs. 4 GWB, zum anderen das faktische per se-Verbot vertikaler Preisbindung (auch wenn es sich rein juristisch betrachtet nicht um ein per se-Verbot handelt). 1. Verbot des Verkaufs unter Einstandspreisen3 Während die Gestaltungsfreiheit bei Endkundenpreisen durch das Verbot der vertikalen Preisbindung vor allem nach oben eingeschränkt ist (da vor allem Mindestund Festpreise per se untersagt sind), regelt §20 Abs. 4 GWB, dass „Unternehmen mit gegenüber kleinen und mittleren Wettbewerbern überlegener Marktmacht […] ihre Marktmacht nicht dazu ausnutzen [dürfen], solche Wettbewerber unmittelbar oder mittelbar unbillig zu behindern. Eine unbillige Behinderung im Sinne des Satzes 1 liegt insbesondere vor, wenn ein Unternehmen (1) Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches unter Einstandspreis oder (2) andere Waren oder gewerbliche Leistungen nicht nur gelegentlich unter Einstandspreis oder (3) von kleinen oder mittleren Unternehmen, mit denen es auf dem nachgelagerten Markt beim Vertrieb von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb steht, für deren Lieferung einen höheren Preis fordert, als es selbst auf diesem Markt anbietet, es sei denn, dies ist jeweils sachlich gerechtfertigt.“ Durch diese Norm wird also die Gestaltungsfreiheit bei der Preissetzung nach unten eingeschränkt. Trotz zahlreicher und umfangreicher Kritik von ökonomischer und juristischer Seite ist das Verbot im Rahmen der 8. GWB-Novelle erneut verlängert worden. Nun soll das Verbot am 31. 12. 2017 auslaufen. Unter den vielen Kritikern sei prominent die Monopolkommission hervorgehoben, die – einem Ceterum censeo gleichend – schon lange fordert, das Verbot von Verkäufen unter Einstandspreisen aufzuheben. Die Vorschriften des §19 GWB sind ausreichend, um einen etwaigen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch Verdrängungspreiswettbewerb zu unterbinden.

3

Dieser Abschnitt basiert auf Haucap und Klein (2012, S. 182 f.).

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Wettbewerbsökonomisch ist das viel zu strikte Verbot des Verkaufs von Produkten unter Einstandspreisen vor allem aus drei Gründen problematisch: Erstens gibt es zahlreiche Gründe, warum Produkte in verschiedenen Situationen zu nicht-kostendeckenden Preisen verkauft werden (vgl. z. B. Schmidt und Haucap, 2013, S. 167 ff.). Im Einzelhandel sind dies insbesondere Komplementaritäten, welche durch die Neigung zum One-Stop-Shopping entstehen. So kann es aus Perspektive eines Händlers sinnvoll sein, insbesondere schnell drehende Produkte wie z. B. Milch, die von vielen Kunden bei nahezu jedem Einkauf erworben werden und daher eine hohe Aufmerksamkeit erfahren, besonders günstig anzubieten und eine höhere Marge bei langsam drehenden Artikel zu kalkulieren, auf deren Preise die Verbraucher weniger achten. Eine solche Preispolitik hat nichts mit einer Verdrängungstaktik zu tun und ist auch nicht wettbewerbswidrig. Solange der typische gesamte Warenkorb eines durchschnittlichen Kunden nicht unterhalb der Summe der Einstandspreise verkauft wird, besteht aus wettbewerbsökonomischer Sicht keinerlei Problem, selbst wenn Milch in diesem Fall „verramscht“ werden mag, um die Kunden in den Supermarkt zu locken, und dies bei manchen Politikern Unbehagen auslöst. Zweitens ist das Verbot, spätestens seit dem Urteil des OLG Düsseldorf vom 12. 11. 2009 (Az. VI-2 Kart 9/08 OWi) im Fall Rossmann, kaum noch justitiabel. Das OLG Düsseldorf hatte in dem Fall entschieden, dass Werbekostenzuschüsse bei der Prüfung, ob beworbene Produkte unter Einkaufspreis verkauft werden, ausschließlich für die beworbenen Produkte einkaufspreismindernd zugerechnet werden können, selbst wenn die Werbekostenzuschüsse nach dem Gesamtumsatz des Händlers mit dem Hersteller berechnet werden. Und drittens ist festzuhalten, dass die in der Politik in Teilen verbreitete Auffassung, das Verbot würde in irgendeiner Weise den Herstellern (z. B. Milchbauern) helfen, völlig irrig ist. Ohne dass ökonomisch überhaupt klar ist, durch welche konkrete Wirkungskette das Verbot den Herstellern überhaupt helfen sollte, ist eher zu erwarten, dass das strikte Verbot von Verkäufen unter Einstandspreisen dazu führt, dass der Verhandlungsdruck auf die Erzeuger bei einem solchen Verbot noch größer wird, eben um die Endkundenpreise nicht erhöhen zu müssen. Wenn Produkte nicht länger als Werbemaßnahme oder Lockvogel-Angebot unter Einstandspreisen verkauft werden dürfen, zugleich aber Preiserhöhungen am Markt nur schwer bei den Verbrauchern durchsetzbar sind, dann wird sich der Druck erhöhen, die Einstandspreise weiter zu senken. Damit dürfte das Verbot des Verkaufs unter Einstandspreisen sogar kontraproduktiv für die Erzeuger wirken und ihre Verhandlungsposition gegenüber dem Handel eher schwächen als stärken. Das strikte Verbot von Verkäufen unter Einstandspreisen ist aus ökonomischer Sicht heraus insgesamt als sehr problematisch einzuschätzen. In Bezug auf den Lebensmitteleinzelhandel stellt exemplarisch auch das Sondergutachten 47 der Monopolkommission (2007, Tz. 8*) über Preiskontrollen in Energiewirtschaft und Handel fest, dass „das Per-se-Verbot von Angeboten unter Einstandspreis (…) ordnungspo-

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litisch problematisch [ist]. Untereinstandsangebote stellen vor allem ein Marketinginstrument dar, das dem Endverbraucher in Form besonders günstiger Preise zugutekommt.“ Darüber hinaus führt die Monopolkommission (2007, Tz. 9*) aus, dass „kleinere Handelsunternehmen (…) durch das Verbot von Untereinstandspreisen nicht vor Preiswettbewerb geschützt werden [können]. Mit § 20 Abs. 4 GWB wird in erster Linie der Preiswettbewerb der großen Handelsunternehmen untereinander reduziert, was zu höheren Endverbraucherpreisen führt.“ Diese klaren Aussagen beziehen sich direkt auf die Situation im Lebensmitteleinzelhandel, in dem ein Verdrängungswettbewerb durch Untereinstandspreise sehr unwahrscheinlich ist. Das Verbot des Verkaufs unter Einstandspreisen ist zusammenfassend aus ökonomischer Sicht als äußerst problematisch zu betrachten, da es den Wettbewerb nicht schützt, sondern – ganz im Gegenteil – ihn sogar verringert. Auch die Verhandlungsposition der Hersteller wird ein solches Verbot nicht verbessern. Darüber hinaus ist nicht zu erwarten, dass Verbraucher durch Verkäufe unter Einstandspreisen einen Schaden erleiden, sodass aus ökonomischer Sicht nichts für dieses Verbot spricht. 2. Vertikale Preisbindungen4 Eine vertikale Beschränkung von besonderer Bedeutung ist die Preisbindung der zweiten Hand, zu englisch: Resale Price Maintanance (RPM). Hierbei setzt der Hersteller eines Produktes oder einer Dienstleistung neben dem Herstellerabgabepreis gleichermaßen den Endpreis des Produktes fest. Zu unterscheiden ist bei den Endpreisen zwischen Mindestpreisen, Höchstpreisen und Festpreisen, welche Hersteller und Händler vereinbaren. In Deutschland ist die Preisbindung der zweiten Hand mit Ausnahme von Druckerzeugnissen wie Zeitungen, Zeitschriften und Büchern faktisch mit einem Per-se-Verbot belegt, auch wenn eine enge Auslegung des Wortlauts des GWB bzw. des AEUV eine Effizienzverteidigung zulässt. Faktisch findet dies jedoch unseres Wissens bisher keine Anwendung. Dem faktischen Per-se-Verbot liegt die Abwägung zugrunde, dass die Freiheit des Händlers, seine Preise selbst festzulegen, wichtiger ist als die Freiheit des Händlers, einen Vertrag zu schließen, in dem er auf dieses Recht verzichtet. Aus ökonomischer Perspektive gibt es allerdings wenig überzeugende Gründe für ein striktes Per-se-Verbot. Aus Effizienzgründen wäre eine differenziertere Regel besser geeignet, die am Markt generierten Tauschrenten zu maximieren und so den Wohlstand zu erhöhen. Warum ist das so? Zunächst ist festzuhalten, dass es – wie eigentlich immer in der Ökonomie – ganz grob gesprochen zwei mögliche Erklärungen für vertikale Beschränkungen wie die Preisbindung der zweiten Hand gibt: Macht und Effizienz (vgl. Haucap und Klein, 2012). Um diese alternativen Erklärungsansätze dreht sich im Grunde auch die gesamte Kontroverse über vertikale Vereinbarungen, die Gegenstand zahlloser Veröffentlichungen sind (vgl. für eine Übersicht Rey und Vergé, 2008). Lässt sich die Preisbindung der zweiten Hand besser durch das Motiv erklären, Marktmacht aufzubauen 4

Dieser Abschnitt basiert auf Haucap und Klein (2012, S. 175 ff.).

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und/oder zu erhalten oder sind Effizienzgründe wichtiger? Während die Effizienzargumente sich darauf stützen, Preisbindungen als Mechanismen zu erklären, die bestimmte Formen des Markt- oder Koordinationsversagens zu überwinden helfen, gehen die Machtargumente davon aus, dass Preisbindungen entweder eine marktverschließende Wirkung entfalten oder aber die Kartellbildung fördern. In der Tat ist zunächst klar, dass im Fall der Preisbindung der zweiten Hand der Wettbewerb innerhalb einer Wertschöpfungskette (also „intra-brand“) reduziert wird. Wichtig ist aber auch festzuhalten, dass vertikale Beschränkungen sich von horizontalen Vereinbarungen unterscheiden, welche von Unternehmen getroffen werden, die auf derselben Wertschöpfungsstufe tätig sind, also eigentlich im direkten Wettbewerb miteinander stehen (vgl. z. B. Motta, 2004). Während horizontale Absprachen zumeist (wenn auch nicht immer) direkt den Wettbewerb aushebeln bzw. reduzieren, ist dies bei vertikalen Vereinbarungen nicht der Fall, da die vertragschließenden Parteien nicht in Konkurrenz zueinander stehen. Somit ist eine Schädigung dritter Parteien (z. B. der Endverbraucher) bei vertikalen Beschränkungen – anders als bei horizontalen Absprachen – nicht direkt ersichtlich. Eine Einschränkung der Vertragsfreiheit zwischen Unternehmen auf verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette zu begründen, ist somit ungleich schwieriger. Die Erklärung von Preisbindungen als Instrument zum Machterhalt oder Machtaufbau durch Kartellierung oder Marktabschottung ist der ältere der beiden ökonomischen Erklärungsansätze (vgl. z. B. Comanor, 1985), wird aber auch durch neuere Modelle gestützt. So argumentiert z. B. Motta (2004), dass Mindestpreisbindungen ein Instrument sein können, um ein etwaiges Selbstbindungsproblem des Herstellers gegenüber seinen potenziellen Vertriebspartnern zu lösen. Im Kern geht es darum, dass der Hersteller den Händlern keine Rabatte gewähren wird, wenn er ihnen zusichern kann, dass alle Händler denselben Endkundenpreis verlangen müssen. Somit wird der Wettbewerb auf Endkundenebene eingeschränkt. Das Modell ist allerdings für die wettbewerbspolitische Praxis aus unserer Sicht kaum relevant, insbesondere nicht im Bezug auf den Lebensmitteleinzelhandel, der durch sehr viel andere Eigenschaften charakterisiert ist wie z. B. die erheblichen Komplementaritäten zwischen Produkten verschiedener Hersteller. Besser geeignet ist das Modell, um z. B. die Preisgestaltung bei Franchiseketten zu erklären. Ein wichtigeres Argument gegen Preisbindungen der zweiten Hand beruht auf der Möglichkeit, dass insbesondere Mindestpreisbindungen eine Kartellierung auf Handels- und/oder Herstellerebene im Inter-Brand-Wettbewerb bewirken können (vgl. Jullien und Rey, 2007, Schwalbe, 2011)5 oder auch direkt den Inter-Brand Wettbewerb reduzieren (Rey und Vergé, 2010, Schwalbe, 2011). Hersteller können sich einfacher koordinieren, da sie die Hoheit über die gesamte Wertschöpfungskette haben. 5 Jullien und Rey (2007) argumentieren im Rahmen eines theoretischen Modells, dass durch die Preisbindung der zweiten Hand Abweichungen von einem etwaigen kollusiven Verhalten besser erkannt werden können und somit eine Koordination unter den Kartellanten leichter wird.

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Allerdings kann eine vertikale Beschränkung nicht mit einer Kartellierung gleichgesetzt werden, sie ist bestenfalls ein Hilfsmittel für eine horizontale Kartellierung. Diese entsteht aber nicht automatisch durch Vertikalbeschränkungen, vielmehr müssen bestimmte, relativ spezielle Bedingungen erfüllt sein, damit eine Vertikalbeschränkung auch tatsächlich zu einer horizontalen Kartellbildung führt. Eben dies ist, wie bereits erwähnt, ein wichtiger Unterschied zu horizontalen Absprachen. Während vertikale Preisbindungen also zwar durchaus eine kartellierende Wirkung entfalten können, sind jedoch, wie auch schon erwähnt, ebenso effizienzsteigernde Effekte möglich. So können insbesondere Höchstpreisbindungen das Problem des doppelten Preisaufschlags verhindern oder mildern (vgl. Spengler, 1950, Motta, 2004). Doppelte Preisaufschläge entstehen, wenn auf verschiedenen Ebenen einer Wertschöpfungskette unvollständiger Wettbewerb herrscht. Wie erstmals Spengler (1950) gezeigt hat, führt Marktmacht auf nacheinander gelagerten Stufen der Wertschöpfungskette dazu, dass auf jeder Stufe eine Marge (oder ein Deckungsbeitrag) auf die variablen Kosten aufgeschlagen wird. Je stärker die Arbeitsteilung ausgeprägt ist, desto häufiger wird also an verschiedenen Stellen eine Marge aufgeschlagen – es kommt zum Problem der doppelten bzw. vielfachen Margenbildung, welches die Preise in die Höhe treibt. Dieses Problem ließe sich zwar theoretisch durch elaborierte mehrteilige Tarife lösen (vgl. Schwalbe, 2011), doch ist dazu ein solches Ausmaß an Informationen über Kosten- und Nachfrageverläufe notwendig, dass eine vollständige Lösung des Problems zwar theoretisch denkbar, praktisch aber ziemlich unrealistisch ist. Auch durch Rabatte kann das Problem theoretisch gelöst werden (vgl. Rey und Tirole, 1986, Schwalbe, 2011),6 doch erscheint auch diese Lösung eher theoretischer Natur. Zu bedenken ist auch, dass es beispielsweise nicht optimal sein kann, Werbemaßnahmen für ein Produkt und Endkundenpreise strikt unabhängig voneinander festzulegen, da beide Aktionen die Endkundennachfrage beeinflussen. Durch gezielte Marketingaktionen wie z. B. Sonderangebote, die mit gleichzeitigen Werbeaktionen verknüpft sind, lässt sich kurzfristig die Nachfrage stark erhöhen und die Aufmerksamkeit für ein Produkt steigern. Dürfte nun der Hersteller nicht mit dem Handel über die Gestaltung von Aktionspreisen und Sonderangeboten verhandeln, so würde dies den Wettbewerb zwischen Herstellern sicher stärker bremsen als eine vertikale Koordination entlang der Wertschöpfungskette. Das zweite prominente Argument für die Effizienzwirkung vertikaler Preisbindungen stammt von Telser (1960). Sofern Händlern bestimmte Mindestpreise oder sogar Festpreise vorgegeben sind, verschiebt sich der Wettbewerb auf dieser Stufe der Güterdistribution weg vom Parameter „Preis“ hin auf andere Wettbewerbsparameter wie etwa den Standort, den angebotenen Service, die Vielfalt der angebotenen Produkte, die Beratung, die Öffnungszeiten oder anderes. Mindestpreise reduzieren dann zwar den Preiswettbewerb, nicht aber die Wettbewerbsintensität an sich. Der Wettbewerb wird „lediglich“ in andere Bahnen gelenkt. Dies kann insbesondere 6 Siehe diesbezüglich auch die Referenz in Rey und Vergé (2008) sowie Rey und Tirole (1986).

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dann durchaus auch volkswirtschaftlich wünschenswert sein, wenn anderenfalls ein suboptimal niedriges Level an Service oder Beratung angeboten wird (vgl. Mathewson und Winter, 1984, 1998). Besonders bei beratungsintensiven Produkten besteht nämlich die Gefahr, dass Nachfrager sich in einem Geschäft beraten lassen, dann aber das Produkt bei einem Discounter oder über das Internet kaufen. In solchen Situationen kann es sinnvoll sein, durch Mindestpreisbindungen den Wettbewerb stärker in Richtung Service und Beratung zu lenken. Dazu ist jedoch dreierlei zu bemerken: Erstens bietet eine Mindestpreisbindung keinerlei Garantie dafür, dass sich der Wettbewerb in Richtung Service und Beratung verschiebt. Ebenso ist denkbar, dass der Wettbewerb sich auf andere Parameter verlagert wie etwa die Standortwahl oder Gratis-Zugaben, die dann doch wie Preissenkungen wirken. Der deutsche Apothekenmarkt ist dafür ein Paradebeispiel. Hier scheinen sich Preisbindungen vor allem darin niederzuschlagen, dass der Wettbewerb vor allem über attraktive Standorte geführt wird und nicht über eine intensivere Beratung (vgl. Haucap et al., 2012). Zweitens können Mindestpreisbindungen auch ein überoptimal hohes Servicelevel induzieren (vgl. Winter, 1993). Und drittens lässt sich das angebotene Niveau an Service und Beratung auch durch andere Formen der Vertikalvereinbarung steigern wie z. B. durch Exklusivverträge (vgl. Mathewson und Winter, 1994, Lafontaine und Slade, 2008, Schwalbe, 2011). Das letzte Argument hat für den Lebensmitteleinzelhandel allerdings nur begrenzte Relevanz, da Exklusivverträge aufgrund der durch die Neigung zum One-Stop-Shopping entstehenden Komplementaritäten zwischen verschiedenen Produkten nicht wirklich interessant und daher auch äußerst unüblich sind. Für die Einordnung, wie relevant das hier vorgebrachte „Service-Argument“ im Kontext des deutschen Lebensmitteleinzelhandels ist, muss zudem berücksichtigt werden, dass die allermeisten Produkte des Lebensmitteleinzelhandels nicht besonders beratungsintensiv sind. Eine Beratung in deutschen Supermärkten ist eher unüblich, sieht man von der Fleisch- und Käsetheke einmal ab. Bei Fleisch und Käse jedoch taucht das oben beschriebene Trittbrettfahrerverhalten auch nicht auf, da Kunden sich kaum in einem Supermarkt bzgl. ihrer Fleisch- und Käseauswahl beraten lassen, um dann diese Produkte im Discount zu erwerben. Bei anderen beratungsintensiven Produkten des Lebensmitteleinzelhandels wie etwa Wein und Spezialitäten haben sich spezialisierte Geschäfte für diejenigen Kunden herausgebildet, die eine Beratung wünschen, während Kunden ohne Beratungswunsch auch im Supermarkt bzw. Discount relativ günstige Weine erhalten können. Alles in allem mag das „Service-Argument“ somit eine gewisse Berechtigung bei bestimmten Produkten des Einzelhandels haben, für den Bereich des Lebensmitteleinzelhandels entfaltet es jedoch keinerlei Schlagkraft. Ein drittes Argument, das als eine Art Effizienzverteidigung für Vertikalpreisbindungen ins Feld geführt wird, basiert auf der Annahme, dass zu niedrige Preise das Image eines Produktes zum Schaden der Verbraucher selbst nachhaltig zerstören. Insbesondere von Branchenvertretern wird argumentiert, dass ein „Verramschen“

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des Produktes das Markenimage zum Leidwesen der Verbraucher nachhaltig zerstören würde.7 Dieses Imageargument mag zwar für bestimmte Artikel wie Statusprodukte eine gewisse Bedeutung haben, ist aber aus wettbewerbsökonomischer Perspektive nicht wirklich überzeugend.8 Vor allem bleibt die Frage offen, warum eine Mindestpreisbindung notwendig ist, da durch den Herstellerabgabepreis ja bereits eine untere Grenze für den Endverkaufspreis existiert – es sei denn, ein Händler beabsichtigt dauerhaft Verluste mit dem Verkauf eines Produktes zu machen. Und selbst wenn dies aufgrund von Komplementaritäten denkbar ist, so lässt sich der Endverkaufspreis doch nichtsdestotrotz stets durch ein Anheben des Herstellerabgabepreises nach oben korrigieren, sollte der Endverkaufspreis dem Hersteller aus Imagegründen zu niedrig sein. Auch seitens der Politik wird – ähnlich zum obigen Zitat von Ilse Aigner – wiederholt gefordert, dass Lebensmittel nicht „verramscht“ werden dürfen, ohne dass jedoch wirklich klar ist, warum Preissenkungen bei Lebensmitteln unerwünscht sind.9 Oftmals scheint der Forderung wie beim Verbot des Verkaufs unter Einstandspreisen die doch sehr naive Vorstellung zugrunde zu liegen, dass (a) höhere Endkundenpreise automatisch höhere Erzeugerpreise induzieren und (b) dies wiederum gleichsam automatisch eine höhere Produktqualität induziert. Dies ist jedoch weder theoretisch plausibel noch empirisch haltbar. Insgesamt kann die bisweilen vorgetragene Argumentation, dass Preisbindungen notwendig sein sollen, um ein für die Verbraucher schädliches Verramschen zu verhindern, nicht überzeugen. Als Zwischenfazit lässt sich somit festhalten, dass vertraglich vereinbarte Höchstpreise aus ökonomischer Sicht tendenziell unproblematisch sind, da sie nicht der Kartellierung dienen, aber helfen können, das Problem der mehrfachen Margenbildung zu mildern. Daher sind Höchstpreisbindungen tendenziell effizienzsteigernd.10 Die Beurteilung ist bei Mindest- und Festpreisen dagegen deutlich anders. Eine pauschale wettbewerbspolitische Beurteilung ist hier kaum möglich, vielmehr hängt die Beurteilung von Mindest- und Festpreisbindungen auch vom Ausmaß des InterBrand-Wettbewerbs ab. Ist der Inter-Brand-Wettbewerb sehr ausgeprägt, d. h. gibt es viele konkurrierende Anbieter, so ist das Interesse der Anbieter eher gering, den Intra-Brand-Wettbewerb einzuschränken, wenn dies nicht zugleich Effizienz7 Ökonomisch betrachtet ist das Modell, das diesem Gedanken am ehesten nahe kommt, das von Marvel und McCafferty (1984), die zeigen, dass ein bestimmter Mindestpreis auch als Qualitätssignal wirken kann und niedrige Preise mit minderer Qualität assoziiert werden. Marvel und McCafferty (1984) demonstrieren in ihrem theoretischen Modell, dass eine Qualitätszertifizierung durch eine Preisbindung erleichtert werden kann. 8 Motta (2004) räumt dem Argument der Qualitätszertifizierung insbesondere für Luxusprodukte eine gewisse Plausibilität ein, betont aber, dass diese nur für eine kleine Anzahl von Produktgruppen relevant sein kann. 9 So z. B. Volker Kauder (http://bit.ly/z4jbvb) oder Matthias Platzeck (http://bit.ly/ y3b0UM). 10 Diese Sichtweise wird auch in den Richtlinien der Europäischen Kommission reflektiert, welche Höchstpreise wesentlich generöser behandeln als Mindest- und Festpreise.

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vorteile hat (vgl. Motta, 2004). Bei starkem Wettbewerb zwischen Herstellern profitieren diese, ceteris paribus, schließlich von geringeren Endverbraucherpreisen und höheren Absatzmengen, solange dies nicht zu Lasten der eigenen Margen geht. In einer solchen Situation intensiven Inter-Brand Wettbewerbs sind vertikale Beschränkungen weniger kritisch zu sehen als bei weniger intensivem Inter-Brand Wettbewerb. Ist der Inter-Brand Wettbewerb jedoch nur schwach ausgeprägt, so sind Mindest- und Festpreisbindungen kritischer zu sehen. VI. Fazit und Zusammenfassung Der Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland steht seit geraumer Zeit im Fokus der öffentlichen Diskussion, der Politik sowie der Wettbewerbsbehörden. Durch den seit längerer Zeit andauernden Konzentrationsprozess verstärkt sich auch die Diskussion über potenzielle Nachfragemacht des Handels gegenüber ihren Lieferanten und die potenziellen Auswirkungen dieser Nachfragemacht auf Wettbewerb und Verbraucher. Die zum Teil eindeutige Festlegung der öffentlichen Diskussion auf negative Effekte der Nachfragemacht des Handels überrascht aus wissenschaftlicher Perspektive, weil Aspekte wie der Spiral- oder der Wasserbetteffekt in theoretischen Modellen nur unter sehr spezifischen Bedingungen hergeleitet werden können und empirisch bislang keineswegs belegt wurden. Es ist also unklar, wann Nachfragemacht überhaupt negative Effekte verursacht. Darüber hinaus zeigt der vorliegende Beitrag, dass eine pauschale Bewertung von Nachfragemacht nicht angemessen ist. Stattdessen muss Nachfragemacht, die in bestimmten Fällen ohne Zweifel existiert, als dynamischer Prozess gesehen werden, der im Einzelfall untersucht werden muss. Darüber hinaus steht die adäquate Marktabgrenzung im Fokus dieses Beitrags. Anhand von Haushaltspaneldaten für den Windelmarkt in Deutschland kann gezeigt werden, dass Discounter im Wettbewerb zu anderen Händlern, wie z. B. Supermärkten, stehen und hier keineswegs ein abgestuftes Wettbewerbsverhältnis, sondern ein gemeinsamer Markt vorliegt. In Bezug auf die Bedeutung von Nachfragemacht zeigt sich anhand eines quasi-natürlichen Experiments, dass auch kleine Hersteller, sofern sie eine konsequente Differenzierungsstrategie verfolgen und lokal hohe Marktanteile haben, Verhandlungsmacht besitzen können. Es ist also keineswegs so, dass große Handelsketten per se Verhandlungsmacht gegenüber kleineren Herstellern haben. Im Zuge der öffentlichen Diskussion über Nachfragemacht werden derzeit diverse Vorschläge zur Reglementierung der Verhandlungen zwischen Handel und Herstellern gemacht, um so die Ausübung von Nachfragemacht zu begrenzen. Diese Vorschläge sind aus unserer Sicht eher kontraproduktiv und können sogar wettbewerbsdämpfend und kartellfördernd wirken. Ohne sichere empirische Belege über negative Auswirkungen von Nachfragemacht sollten potenzielle Maßnahmen mit großer Vorsicht gesehen werden. Gerade hier ist eine evidenzbasierte Wettbewerbspolitik notwendig, die auf quantitativen Analysen basiert, um nicht aufgrund mangelnder Information wenig adäquate Maßnahmen umzusetzen.

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Das auch im Zuge der 8. GWB-Novelle erneut verlängerte Verbot des Verkaufs unter Einstandspreisen ist sehr kritisch zu beurteilen, da es den Wettbewerb einschränkt und sowohl Herstellern als auch Verbrauchern eher schadet als nützt. Bei vertikalen Preisbindungen sollte tendenziell stärker eine Einzelfallbetrachtung vorgenommen werden als diese per se zu untersagen. Im Lebensmitteleinzelhandel speziell ist allerdings eher davon auszugehen, dass es keine gewichtigen Effizienzgründe für Mindestpreisvorgaben gibt, während Höchstpreisregelungen ökonomisch betrachtet unproblematisch sind. Literatur Aigner, I. (2012): Lebensmittel nicht verramschen, in: Bild am Sonntag v. 13. 05. 2012, online unter: http://www.bild.de/news/standards/bild-kommentar/lebensmittel-nicht-verramschen24121530.bild.html. Beck, J. / Grajek, M. / Wey, C. (2011): Estimating Level Effects in Diffusion of a New Technology: Barcode Scanning at the Checkout Counter, in: Applied Economics, Vol. 43, S. 1737 – 1748. Bundeskartellamt (2007): Beschluss des Bundeskartellamtes zum Fusionsverfahren EDEKA/ Tengelmann, B2 – 333/07, online unter: http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/down load/pdf/Fusion/Fusion08/B2 – 333 – 07_Internet.pdf. Bundeskartellamt (2010a): Fallbericht des Bundeskartellamtes vom 20. April 2010, Aktenzeichen B2 – 125/10, Rücknahme der Anmeldung im Zusammenschlussverfahren EDEKA / RATIO, online unter: http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Fusion/Fusi on11/Fallberichte/B02 – 125 – 10_Gesamtvorhaben_Kurzversion_endg.pdf. Bundeskartellamt (2010b): Beschluss des Bundeskartellamtes zum Fusionsverfahren EDEKA/ trinkgut, B2 – 47250–Fa–52/10, online unter: http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/ download/pdf/Fusion/Fusion10/B02 – 052 – 10.pdf. Bundeskartellamt (2010c): Pressemeldung des Bundeskartellamtes vom 14. 01. 2010: Bundeskartellamt bestätigt Durchsuchung von Einzelhandelsunternehmen und Markenartikelherstellern wegen des Verdachts abgestimmter Endverbraucherpreise, online unter: http:// www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/archiv/PressemeldArchiv/2010/2010_01_14.php. Bundeskartellamt (2010d): Vorläufige Bewertung von Verhaltensweisen in Verhandlungen zwischen Herstellern von Markenartikeln, Großhändlern und Einzelhandelsunternehmen zum Zwecke der Konkretisierung der Kooperationspflichten, in: Wirtschaft und Wettbewerb, Bd. 60, S. 786 – 791. Bundeskartellamt (2011): Pressemeldung des Bundeskartellamtes vom 16. 09. 2011: Bundeskartellamt startet Marktermittlungen im Rahmen der Sektoruntersuchung Lebensmitteleinzelhandel, online unter: http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/archiv/PressemeldAr chiv/2011/2011_09_16.php. Bundeskartellamt (2013): Pressemeldungen des Bundeskanzleramtes vom 29. 04. 2013: Rewe darf sich an Wasgau beteiligen, online unter: http://www.bundeskanzleramt.de/SharedDocs/ Meldung/DE/Pressemitteilungen/2013/29_04_2013_Rewe_Wasgau.html.

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Wettbewerbsprobleme im Lebensmitteleinzelhandel

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J. Haucap, U. Heimeshoff, G. J. Klein, D. Rickert und Chr. Wey

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Transparenz und Durchsetzung von Verbraucherrechten im Lebensmittelbereich rund um das Portal www.lebensmittelklarheit.de Von Klaus Müller Zusammenfassung Die Verbraucherzentralen erhalten seit vielen Jahren immer wieder Beschwerden über irreführende Kennzeichnungen von Lebensmitteln. Mit dem vom Bundesverbraucherschutzministerium geförderten Internetportal www.lebensmittelklarheit.de haben Verbraucherinnen und Verbraucher die Möglichkeit, Verdachtsfälle zu melden und bewertet zu bekommen. Die Verbraucherzentralen stufen die Produkte nach Rückmeldung der Hersteller in verschiedene Kategorien ein und gehen exemplarisch gegen rechtswidrige Fälle vor. Mit Hilfe wissenschaftlicher Begleitforschung wird überprüft, ob Aussagen des Portals generalisiert werden können.

Abstract The consumer associations receive since many years complaints about misleading labels on food. The federal ministry of consumer protection has financed the website www.lebensmittelklarheit.de (food clarity), where consumers can report suspicious examples, which will be checked and rated by experts of the consumer associations after the producers had the opportunity to respond. In severe cases the examples will be brought to court. A scientific survey examined wether statements of the website can be generalized.

I. Herausforderungen des Lebensmittelmarktes Beim Einkauf von Lebensmitteln sind Kunden heute einer enormen Warenvielfalt ausgesetzt. Nach Aussagen der Lebensmittelwirtschaft befinden sich 170.000 Lebensmittel und Getränke auf dem deutschen Markt, der gesättigt und hart umkämpft ist. Täglich kommen neue Produkte hinzu, auch die Flop-Rate ist hoch. Durch eine stärkere Internationalisierung hat sich die Produktvielfalt ebenfalls erweitert. Häufig enthalten Lebensmittel Zutaten aus anderen Ländern und Kontinenten. Neue Zutaten, Rezepturen und Herstellungsverfahren erschweren es dem Verbraucher zusätzlich, mit der Entwicklung Schritt zu halten und Lebensmittel und deren Qualität zu beurteilen. Die Anforderungen an Lebensmittel haben sich in den letzten Jahren deutlich ausgeweitet. Für die Ernährungswirtschaft ergeben sich hieraus vielfältige Anknüpfungspunkte zur Produktdifferenzierung und Vermarktung. Hersteller orientieren

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sich mit ihrem Marketing an den gesellschaftlichen Entwicklungen. Sie greifen soziodemographische Entwicklungen auf oder knüpfen am wachsenden Bewusstsein für gesundheitliche (Gesundheit, Schlankheit, Wohlgefühl), soziale und ökologische Auswirkungen (Nachhaltigkeit, Herkunft, Transparenz) des Ernährungshandelns an, bieten Problemlösungen für spezifische Kundenbedürfnisse und positionieren sich so im Qualitätswettbewerb.1 Die zentrale Problematik liegt nun darin, dass die Qualitätsmerkmale eines Produkts vor allem bei den immer stärker verarbeiteten und verpackten Lebensmitteln vom Kunden kaum oder nicht mehr nachgeprüft werden können. So sind Verbraucherinnen und Verbraucher bei Angaben zur Herkunft, des Fairen Handels oder zur artgerechten Tierhaltung auf die Vertrauenswürdigkeit der Herstelleraussagen angewiesen. Hinzu kommt, dass die Produktkennzeichnung durchaus korrekt sein kann, die Angaben jedoch komplex sind bzw. ein hohes Spezialwissen notwendig ist, um die Aussagen richtig deuten zu können. Die Anbieter stehen damit vor der zweifachen Herausforderung, erweiterte, schwer überprüfbare Qualitätsmerkmale verständlich zu kommunizieren und gleichzeitig das Produkt so zu präsentieren, dass es sich mit dem Blick auf die Mitwettbewerber möglichst positiv von den Konkurrenzprodukten abhebt. Gerade die Tatsache, dass viele Lebensmitteleinkäufe Impulskäufe sind, d. h. viele Entscheidungen erst direkt am Supermarktregal getroffen werden, forciert fürs Marketing, die Aufmerksamkeit der Käufer durch optisch schnell erfassbare Produktgestaltung auf sich zu lenken. In dieser Situation steigt nicht nur die Gefahr, dass Werbeaussagen und Produktaufmachungen falsch verstanden werden, es zeigt sich auch immer wieder, dass Produktaufmachungen und Aussagen eine höhere Produktqualität suggerieren als dies der Realität entspricht. Im Jahr 2009 waren Imitate und Etikettenschwindel über Wochen in den Schlagzeilen. Es wurde öffentlich, dass quer durch das Lebensmittelangebot hochwertige Zutaten durch billigere Imitate ersetzt wurden. So genannter Analog-Käse, der Pflanzenfett enthielt, wurde statt echtem Käse verwendet, Schinkenimitate mit viel Wasser statt Fleisch, Vanilleeis mit Aromen, jedoch ohne Vanille. Die Diskussion um täuschende Kennzeichnung und Aufmachung von Lebensmitteln hält bis heute an. Mittlerweile hat eine große Zahl von Verbraucherinnen und Verbrauchern den Eindruck, durch die Aufmachung und Kennzeichnung von Lebensmitteln getäuscht zu werden. Sowohl das Wettbewerbsrecht (UWG) wie das Lebensmittelrecht (Lebensmittelund Futtermittelgesetzbuch LFGB) berücksichtigen den Schutz der Verbraucher vor Täuschung durch irreführende Kennzeichnung und Werbung. Nach LFGB § 11 ist es verboten, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung in den Verkehr zu bringen oder mit irreführenden Darstellungen oder sonstigen Aussagen zu werben. 1

Zühlsdorf (2012).

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Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn zur Täuschung bei einem Lebensmittel geeignete Bezeichnungen, Angaben, Aufmachungen, Darstellungen oder sonstige Aussagen über Eigenschaften, insbesondere über Art, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung, Herkunft oder Art der Herstellung oder Gewinnung verwendet werden. So weit die Theorie. Doch im Einzelfall ist es nicht immer eindeutig, ob eine Kennzeichnung oder Aufmachung irreführend ist. Vielmehr stellt sich in der Praxis häufig die Frage, wo bewusste Verbrauchertäuschung anfängt. Tatsache ist, dass Verbraucherinnen und Verbraucher sich auch dann durch die Kennzeichnung oder Aufmachung eines Lebensmittels getäuscht fühlen können, wenn lebensmittelrechtlich formal alle Anforderungen erfüllt sind. Dadurch ergibt sich eine rechtliche Grauzone. Etliche Beispiele zeigen, dass Aufmachung, Bewerbung und Kennzeichnung darauf ausgerichtet sind, bei Verbrauchern nicht zutreffende Assoziationen hervorzurufen. So wird Weichkäse aus Kuhmilch häufig so präsentiert, dass Verbraucher annehmen, es handele sich um Schafskäse. Griechische Schrift, Abbildung von Säulen oder Hirten solen beim flüchtigen Blick auf die Verpackung Schafskäse suggerieren. Erst die Zutatenliste gibt Auskunft über das wahre Produkt. Verbraucherfreundlicher wäre daher der Hinweis auf der Vorderseite „aus Kuhmilch“ oder zumindest eine Bezeichnung wie „Weichkäse griechischer Art“. Auch in der Gastronomie werden Kunden immer wieder unzutreffend informiert. Aus einer eigenen Marktstichprobe wissen wir, dass Imbissbuden und Restaurants ihre Kunden etwa bei Schafskäse täuschen.2 Griechischer Salat, Bauernsalat und andere südländische Salate enthalten häufig nicht echten Schafskäse, sondern die billigere Variante aus Kuhmilch. Ob falscher Schafskäse, vermeintlich traditionelle Herstellung, Beerenfruchtschnitten mit Saftkonzentrat statt der beworbenen Beeren: Verunsicherung und Unmut bei Verbrauchern, eine zunehmende Zahl von Verstößen gegen das Irreführungsverbot und eine lückenhafte Gesetzgebung, die „legale Täuschung“ ermöglicht, verdeutlichen den Handlungsbedarf. Vor diesem Hintergrund hat das ehemalige Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschft und Verbraucherschutz (BMELV) 2010 die Initiative „Klarheit und Wahrheit bei der Kennzeichnung und Aufmachung von Lebensmitteln“ auf den Weg gebracht. Als Teil der Gesamtinitiative fördert das BMELV ein gemeinsames Projekt vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und Verbraucherzentralen. Kernstück des Projekts ist das Internetportal www.lebensmittelklarheit.de unter der Federführung der Verbraucherzentrale Hessen. Im Rahmen der projektbegleitenden Verbraucherforschung wurden bislang Trends in der Lebensmittelvermarktung beleuchtet und deren Erscheinungsformen marketingtheoretisch eingeordnet sowie verbraucherpolitisch bewertet. Darüber hinaus geben repräsentative Verbraucherbe-

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Verbraucherzentrale NRW (2009).

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fragungen Aufschluss über das Verständnis von Kennzeichnung und Aufmachung von Produkten. II. Die Angebote des Portals Dreh- und Angelpunkt des Portals www.lebensmittelklarheit.de, seit Juli 2011 online, ist der Produktbereich. Hier haben Verbraucher die Möglichkeit, Produkte zu melden, wenn sie sich durch deren Aufmachung und Kennzeichnung getäuscht fühlen. Das sind zum Beispiel verarbeitete Lebensmittel, die dem Anschein nach exotische Früchte enthalten, deren Zutatenliste aber nur Aromen aufführt. Oder Produkte, die auf ihrer Verpackung suggerieren, dass sie aus einer bestimmten Region stammen, was bei näherem Hinsehen nicht stimmt. Generell geht es also um die Fälle, in denen Produktname, Abbildungen oder Werbeaussagen mehr versprechen als die Lebensmittel jeweils enthalten. Die Verbraucherzentralen prüfen, ob Beschwerden nachvollziehbar sind. Falls zutreffend bitten sie den betreffenden Hersteller um eine Stellungnahme. Anschließend werden die Angaben zu den gemeldeten Produkten mit einer fachlichen Einschätzung der Verbraucherzentralen und der Stellungnahme des Herstellers im Portal veröffentlicht. Neben der Beschwerdemöglichkeit für Verbraucher umfasst der Produktbereich die Rubriken Getäuscht?, Geändert und Erlaubt! In die Rubrik Getäuscht? tauchen namentlich Produkte auf, die nach Ansicht der Verbraucherzentralen ein Täuschungspotenzial enthalten. Die Rubrik Geändert umfasst Produkte, die nach einem Dialog der Verbraucherzentralen mit den Herstellern hinsichtlich Kennzeichnung, Aufmachung oder Rezeptur geändert wurden. In Erlaubt! sind Produkte aufgeführt, bei denen die rechtlichen Regelungen für Verbraucher missverständlich sind. Hier werden keine Herstellernamen genannt, sondern Produkte anonym als Dummies eingestellt. Ein umfangreicher und anschaulicher Informationsbereich gibt Auskunft über Elemente der Pflichtkennzeichnung wie etwa Verkehrsbezeichnung, Zutatenliste, Mindesthaltbarkeitsdatum und darüber, welche Aussagekraft Angaben zu natürlicher oder regionaler Herstellung haben. Ziel des Informationsbereiches ist es, Verbraucher in die Lage zu versetzen, die Kennzeichnung auf Lebensmittelverpackungen zu verstehen und selbst zu beurteilen. Im Diskussionsforum können Nutzer über eine Eingabemaske Fragen stellen, die individuell beantwortet und veröffentlicht werden. Fragen und Antworten werden somit auch anderen Interessenten zugägnlich gemacht. Im Bereich Umfrage wird die Erwartung der Nutzer zu bestimmten Bezeichnungen oder Aufmachungen strukturell ermittelt.

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Besonders der Produktbereich löste anfänglich eine massive Kritik innerhalb der Lebensmittelwirtschaft aus. Es war von „Pranger“ die Rede – der Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL), Spitzenverband der deutschen Lebensmittelwirtschaft beklagte, dass im produktbezogenen Teil legal aufgemachte und gekennzeichnete Produkte vorgestellt würden, obwohl sich deren Hersteller an Recht und Gesetz hielten. Jede marken- oder unternehmensbezogene Nennung in der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit einer „gefühlten“ Irreführung oder gar einer Nennung unter der Rubrik Getäuscht? führe zwangsläufig zu einem negativen Image des Produkts oder des Herstellers – so die Sorge. Obwohl die Rechtmäßigkeit des Portals und der Förderung durch das BMELV von der Wirtschaft und von wirtschaftsnahen Juristen immer wieder in Frage gestellt wurde, sind angekündigte Klagen der Anbieter bislang ausgeblieben. Das BMELV vertritt weiterhin die Auffassung, dass durch das Portal lebensmittelklarheit.de kein hoheitlicher Eingriff in die Grundrechte der Unternehmen vorliegt. III. Die häufigsten Beschwerdegründe Auch wenn lebensmittelrechtlich formal alle Anforderungen erfüllt sind, können Formulierungen und Abbildungen auf der Verpackung einige Verbraucherinnen und Verbraucher auf die falsche Fährte locken. In circa 72 Prozent der Fälle beschweren sich Verbraucher darüber, dass sie aufgrund der Aufmachung des Produkts einen größeren Anteil bestimmter Zutaten erwartet hatten. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn in einem Joghurt des Typs Macadamianuss mit Nuss-Abbildungen auf der Vorderseite und der Angabe „mit 20 Prozent Macadamianuss-Zubereitung“ letztlich nur 1,2 Prozent Macadamianüsse enthalten sind. Auf Platz 2 der Verbraucherärgernisse steht mit 14 Prozent das in Fachkreisen so genannte Clean Label (sauberes Etikett). Immer häufiger werben die Hersteller mit Eigenschaften, die ihre Produkte nicht enthalten. Doch die Angaben ohne Geschmacksverstärker, ohne Konservierungsstoffe, ohne Farbstoffe, ohne künstliche Aromen wecken falsche Erwartungen. Denn die Produkte sind meist nicht so naturbelassen, wie es den Anschein hat. Hefeextrakt wirkt bekanntlich ebenso geschmacksverstärkend wie der Zusatzstoff Glutamat, muss aber anders als dieser nicht als Geschmacksverstärker deklariert werden, weil er rechtlich als Zutat und nicht als Zusatzstoff gilt. Kirschjoghurt kann mit Rote-Bete-Saft gefärbt sein und damit einen höheren Fruchtanteil vortäuschen. Trotzdem darf „Ohne Farbstoffe“ auf dem Etikett stehen, denn lebensmittelrechtlich ist Rote Bete kein Farbstoff, sondern ein färbendes Lebensmittel. IV. „Legale Täuschung“ Neben den Produkten, die nach Prüfung wie oben geschildert unter Getäuscht? namentlich im Portal genannt werden, sind in der Rubrik Erlaubt! etliche Fälle auf-

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geführt, in denen die rechtliche Regelung unbefriedigend ist. Nicht immer entsprechen zum Beispiel die in den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuchs festgelegten Verkehrsbezeichnungen den Erwartungen der Verbraucher. Immer wieder erhalten Verbraucherzentralen Beschwerden von Verbraucherinnen und Verbrauchern, dass Geflügelwurst fast zur Hälfte aus Schweinefleisch besteht oder Wildwurst nur zu 35 Prozent Hirschfleisch enthält. Doch nach den Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse müssen in Produkten, bei denen ausschließlich oder teilweise andere Tiere als Rind und Schwein verarbeitet werden, auch diese in der Verkehrsbezeichnung angegeben werden. Ein weiteres Beispiel: In den Leitsätzen für Feinkostsalate ist geregelt, dass ein Heringssalat je nach Sorte zwischen 20 und 25 Prozent Hering enthalten sollte. Alles andere kann Gemüse und mayonnaiseartige Masse sein. Informativer wäre die Bezeichnung „Gemüsesalat mit Hering“. Gut zu wissen ist auch, dass es den Leitsätzen für Tee und teeähnliche Erzeugnisse entspricht, wenn der Geschmack eines Früchtetees nicht etwa aus zugesetzten Früchten stammt, sondern aus den zugesetzten Aromen. Fruchtabbildungen auf aromatisierten Früchtetees beschreiben lediglich die Geschmacksrichtung, nicht die Zusammensetzung des Produktes. Die Bezeichnung „Altenburger Ziegenkäse“ ist ebenfalls rechtlich korrekt, auch wenn darin – wie auf der Verpackung angegeben – nur „mindestens 15 Prozent Ziegenmilch“ enthalten sind und kein Hinweis auf Kuhmilch als Zutat zu finden ist. Wir meinen, dass man nicht voraussetzen kann, dass bei der Bezeichnung „Ziegenkäse“ klar ist, dass der Käse neben Ziegenmilch auch Kuhmilch enthalten kann. Insgesamt sind mit Stand Februar 2013 in der Rubrik Erlaubt! annähernd 40 Produkte aufgeführt, die entsprechend einer für Verbraucher kaum nachvollziehbaren Vorgabe vermarktet werden. V. Portal als effektiver Beitrag zur Transparenz In dieser für Kunden unbefriedigenden und oftmals verwirrenden Situation ist das Portal eine wichtige Anlauf- und Auskunftsstelle. Verbraucher können Produkte bemängeln, sich informieren und aktiv in die Diskussion über irreführende Kennzeichnung und Aufmachung einbringen. Im Portal werden die nicht eindeutigen Produkte benannt. Unternehmen haben bei angegebenen Produkten die Möglichkeit, ihre jeweilige Kennzeichnung und Aufmachung zu erläutern: Dies ist ein Zugewinn an Transparenz und Kommunikation! Zudem verdeutlicht die Zusammenstellung von Erkenntnissen über den Graubereich zwischen offensichtlichem Rechtsverstoß und subjektiv wahrgenommener Täuschung den Handlungs- und Anpassungsbedarf im Kennzeichnungsrecht. Ziel ist letztlich die Verbesserung von Aufmachung und Kennzeichnung, etwa dadurch, dass die Hersteller ihre Produktaufmachung und -kennzeichnung ändern oder dass die gesetzlichen Regelungen im Interesse der Verbraucher angepasst werden.

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Die Resonanz auf das Portal ist enorm und zeigt, dass Verbraucher sich für ihre Rechte einsetzen und unsere Angebote aktiv nutzen. Bis Januar 2013 meldeten Verbraucherinnen und Verbraucher über 6.600 Produkte, die sie als täuschend empfinden. Knapp 3.300 Fragen wurden an das Expertenforum gerichtet und rund 76.600 Interessierte nahmen an Umfragen teil. Die Nutzerzahlen des Portals verdeutlichen, dass das Portal dem Bedarf der Konsumenten entspricht. VI. Begleitforschung Um zu ermitteln, ob es sich bei den Produktmeldungen für das Internetportal um Einzelmeinungen besonders spitzfindiger Verbraucher handelt oder ob sie Symptome eines grundsätzlichen Problems sind, wurde im Rahmen der Begleitforschung zum Portal im Zeitraum November/Dezember 2012 eine Repräsentativbefragung deutscher Verbraucherinnen und Verbraucher durchgeführt. Die Ergebnisse wurden anlässlich der Grünen Woche im Januar 2013 vorgestellt. Mit der Studie „Aufmachung und Kennzeichnung von Lebensmitteln aus Sicht der Verbraucher“ der Agrifood-Consulting GmbH liegen jetzt erstmals auch repräsentative empirische Daten vor, die fundiert belegen, was von Verbrauchern als täuschend wahrgenommen wird.3 Erfragt wurde zunächst die generelle Problemwahrnehmung: Wie sehen Verbraucher die Kennzeichnung bzw. Aufmachung von Lebensmitteln im Allgemeinen? Sehen sie grundsätzliche Verständigungsprobleme mit den Lebensmittelherstellern? Konkretisiert wurden diese Fragestellungen anhand der Themenbereiche - Tierartenkennzeichnung bei Wurst- und Fleischwaren, - Orts- und Regionalkennzeichnung bei Käse und Wurst, - Verbraucherverständnis bei „sauberen Etiketten“ an den Beispielen „alkoholfrei“, „ungesüßt“, „ohne Farbstoffe“ etc. und - Frucht- und Zutatenabbildungen sowie Aromenkennzeichnung. Die Ergebnisse der Studie bestätigen die weit verbreitete Skepsis gegenüber Darstellung und Aufmachung von Lebensmitteln. - 75 Prozent der Befragten stimmen der Aussage zu, dass „die Angaben auf der Verpackung Lebensmittel oft besser darstellen, als sie in Wirklichkeit sind“. - 72 Prozent haben das Gefühl, „bei den Angaben auf Lebensmitteln wird viel getrickst“. - 77 Prozent sind der Auffassung, „Man muss beim Lebensmitteleinkauf genau hinschauen, um die tatsächliche Qualität eines Produktes zu erkennen“.

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Zühlsdorf / Nitzko / Spiller (2013).

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Insgesamt verdeutlichen die Ergebnisse die grundsätzlichen Probleme der im Portal aufgegriffenen Themen. So kommen die Autoren zu dem Schluss, dass es an einem gemeinsamen Verständnis von grundlegenden Sprachregelungen und Schlüsselsignalen in der Qualitätskommunikation mangelt. Zahlreiche Verbraucherinnen und Verbraucher verstehen die Kennzeichnung und Aufmachung von vielen Lebensmitteln nicht so, wie es deren tatsächlicher Produktbeschaffenheit entspricht. Ein fortschreitender Vertrauensverlust in Lebensmittel ist unausweichlich. Verunsicherung und Vertrauensverluste der Verbraucher gefährden jedoch den Qualitätswettbewerb. Wenn Kunden keinen Unterschied zwischen guten und weniger guten Produkten erkennen können, sind sie auch nicht bereit, für höherwertige Produkte mehr zu bezahlen. Qualitätsproduzenten geraten immer mehr unter Preisdruck und sind zur Absenkung der Produktanforderungen gezwungen: Die Folge ist ein Qualitätsdumping. Nur wenn die Produktaussagen glaubwürdig sind, hat der Qualitätswettbewerb eine Chance. Daher müssen Rahmenbedingungen für den Lebensmittelmarkt geschaffen werden, die Verbraucher, aber auch Mitbewerber vor unseriösem Verhalten einzelner Unternehmer schützen. VII. Verbesserungen für Verbraucher erreichen Die Rubrik Geändert vermittelt, dass der Dialog mit den Herstellern effektiv angekurbelt wurde. Etwa jede dritte Kritik führte zu Verbesserungen beim beanstandeten Produkt, zum Beispiel dadurch, dass die Rezeptur, die Aufmachung oder die Lesbarkeit der Kennzeichnung geändert wurde. Immer wieder nutzen die Verbraucherzentralen auch das Instrument des kollektiven Rechtsschutzes und sprechen Abmahnungen aus. So wurde zum Beispiel Unilever aufgefordert zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen für das Produkt „Gebratene Nudeln mit Rindfleisch“ zu werben bzw. werben zu lassen, wenn das Produkt lediglich ein Prozent Rindfleisch enthält. Unilever hat die Packung mittlerweile entsprechend angepasst. Insgesamt wurden im Zeitraum Juli 2011 bis Januar 2013 ca. 30 Abmahnungen ausgesprochen, die meisten davon erfolgreich. Doch punktuelle Verbesserungen alleine reichen nicht. Durch die Erfassung der Verbraucherbeschwerden im Portal wurden etliche Lücken im Lebensmittelrecht identifiziert. Diese verdeutlichen, dass mittelfristig klarere Regelungen notwendig sind, um beschönigende und täuschende Angaben von vornherein zu verhindern. Zudem sind Hersteller aufgefordert, Produkte mit glaubwürdigen Aussagen statt leerer Werbeversprechen zu kennzeichnen. Letztlich ist es auch im Interesse der Wirtschaft, die Diskrepanz zwischen schönem Schein und Produktrealität aufzuheben. Nur so kann verloren gegangenes Vertrauen in die Qualität der Lebensmittel wieder

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gutgemacht werden, auf lange Sicht Kundenzufriedenheit erreicht und ein funktionierender Qualitätswettbewerb sichergestellt werden. Die amtliche Lebensmittelkontrolle ist ebenfalls gefordert. Nicht nur der gesundheitliche Verbraucherschutz, sondern auch der Täuschungsschutz ist rechtlich verankert und muss adäquat überwacht und gewährleistet werden. Literatur Verbraucherzentrale NRW (2009): „Restaurants und Imbissbuden: Trickserei bei Schafskäse, Werden Verbraucher bewusst getäuscht?“, 04. 02. 2009 (www.vz-nrw.de/Restaurants-undImbissbuden-Trickserei-bei-Schafskaese). Zühlsdorf, Anke (2012): „Trends in der Lebensmittelvermarktung: Marketingtheoretische Einordnung praktischer Erscheinungsformen und verbraucherpolitische Bewertung“, 18. 04. 2012 (www.vzbv.de/cps/rde/xbcr/vzbv/Lebensmittelvermarktung-Marktstudie_ErgebnisseZuehlsdorf-2012.pdf). Zühlsdorf, Anke / Nitzko, Sina / Spiller, Achim (2013): „Aufmachung und Kennzeichnung von Lebensmitteln aus Sicht der Verbraucher: Empirische Untersuchungsbefunde“, Januar 2013 (www.lebensmittelklarheit.de/cps/rde/xbcr/lebensmittelklarheit/Lebensmittelklarheit_Begleit forschung-Praesentation_Zuehlsdorf-_IGW-lang.pdf).

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Schwerpunkte der Kartellrechtsanwendung im Lebensmitteleinzelhandel – wettbewerbsrechtliche Relevanz von Nachfragemacht Von Birgit Krueger1 Zusammenfassung Nicht nur in der öffentlichen Wahrnehmung, sondern auch in der Rechtsanwendung spielen die Begriffe der Nachfragemacht und der Konzentration des Lebensmitteleinzelhandels eine zunehmende Rolle. Die Beschaffungskonditionen sind der Dreh- und Angelpunkt für das Verhältnis von Industrie und Lebensmitteleinzelhandel und der entscheidende Faktor für den Unternehmenserfolg auf den Absatzmärkten. Die Wettbewerbssituation auf den Beschaffungsmärkten spiegelt häufig auch die Machtverhältnisse auf den Absatzmärkten wieder und umgekehrt. Das Bundeskartellamt unterzieht Zusammenschlüsse unter Beteiligung der marktführenden Handelsunternehmen durchweg intensiven Fusionskontrollverfahren, da der Konzentrationsprozess zugunsten dieser Unternehmen eine hohe Dynamik aufweist. Dabei erfolgte das externe Wachstum in der Vergangenheit vor allem durch Übernahme kleinerer, regional tätiger Wettbewerber. Ziel der Fusionskontrolle ist das Offenhalten der Märkte und die Verhinderung von marktbeherrschenden Stellungen auf Absatz- und Beschaffungsmärkten. Dabei rückt die Prüfung von Marktbeherrschung auf Beschaffungsmärkten zunehmend in den Fokus der Verfahren. Die schleichende Verschlechterung der Beschaffungssituation kleinerer Handelsunternehmen wird ebenso beleuchtet wie die Effekte möglicher Konzentrationsspiralen in Handel und Industrie. Das Vertikalverfahren gegen Unternehmen der Konsumgüterindustrie und des LEH wirft ein Schlaglicht auf die Wettbewerbsstrukturen und das Wettbewerbsgeschehen an der Schnittstelle zwischen Handel und Industrie. Zu den Verfahrenszielen gehören Ahndung und competition advocacy. Für die Vergangenheit sollen eindeutige Fallkonstellationen bebußt werden, für die Zukunft – wo möglich – Rechtssicherheit geschaffen werden. Im kartellbehördlichen Fokus stehen Mindest-/Festpreisbindungen. Bewusstsein schaffen. Vertikale Preisbindungen sind wettbewerblich schädlich und selten freistellungsfähig. Dabei adressiert das Verbot der vertikalen Preisbindung (a) den Freiheitsaspekt (Verantwortung für Ladenpreise bei Händler), (b) den Wettbewerbsaspekt (Beschränkungen von intra brand oder sogar inter brand-Wettbewerb, Erleichterung kollusiven Verhaltens so-

1 Birgit Krueger ist Vorsitzende der 2. Beschlussabteilung im Bundeskartellamt (Landwirtschaft, Ernährungsindustrie, Groß- und Einzelhandel). Der Artikel gibt die persönliche Auffassung der Autorin wieder, die nicht notwendigerweise mit der des Bundeskartellamtes übereinstimmt.

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wohl auf Ebene der Industrie als auch auf Ebene des Handels) und (c) den Verbraucheraspekt (höheres Preisniveau als nötig). Die Sektoruntersuchung Lebensmitteleinzelhandel soll weitere Aufschlüsse über die Machtverhältnisse und die Verhandlungsergebnisse zwischen Lebensmittelhandel und Industrie liefern. Am Ende der Sektoruntersuchung wird keine abschließende Bewertung von Nachfragemacht oder die Antwort auf die Frage nach einer konkreten Interventionsschwelle stehen. Ziel ist es aber, die Datenbasis für die Analyse marktbezogener Szenarien zu verbessern und das Prüfraster für die Beurteilung von Verhandlungsmacht anhand unterschiedlicher Verhandlungskonstellationen zu präzisieren. Schließlich will das Amt mit der Sektoruntersuchung zu einer Versachlichung der öffentlichen Diskussion über Nachfragemacht beitragen und Input in die Debatten über gesetzgeberischen Handlungs- bzw. Regulierungsbedarf auf nationaler und europäischer Ebene geben.

Abstract The concepts of buyer power and concentration in the retail food sector are increasing in importance not only in the eyes of the public but also in the application of competition law. Conditions of procurement form the linchpin of relations between the manufacturing industry and the food retail sector and are the determining factor for the success of a company on the sales markets. The competition situation on the procurement markets often reflects power relations on the sales markets and vice-versa. The Bundeskartellamt examines all those concentrations involving leading retail companies in intensive merger control proceedings because the concentration processes favouring these companies are very dynamic. The aim of merger control is to keep markets open and to prevent the creation of dominant positions on the supply and sales markets. The proceedings are hence increasingly focused on the examination of dominance in the procurement markets. The gradual worsening of the procurement situation of smaller retail companies is examined as well as possible spiral effects of concentration in the retail and manufacturing sectors. The vertical restraints proceedings against companies in the consumer goods and the food retail sector highlight competition structures and developments at the interface between the retail sector and manufacturing industry. The aims of these proceedings are Punishment and competition advocacy. Clear-cut infringements of competition law in the past are to be punished and, where possible, legal certainty created for the future. The Bundeskartellamt’s area of focus of examination in these proceedings are minimum and fixed resale price maintenance agreements. Create awareness. Vertical resale price maintenance agreements harm competition and can rarely be exempted from the prohibition of cartels. The prohibition of vertical resale price maintenance addresses (a) the freedom aspect (the retailer is responsible for his store prices). (b) the competition aspect (restriction of intra-brand or even inter-brand competition, facilitation of collusive practices at both manufacturing industry and retail level) and (c) the consumer aspect (higher price levels than necessary). The Sector Inquiry into the Food Retail Sector is intended to provide further information about the power relationships and results of negotiations between the food retail trade and manufacturers. The sector inquiry will not result in a final assessment of buyer power or provide answers to the question about a specific threshold of intervention by the authority. The aim of the inquiry is, however, to improve the data basis for analysing market situations and to refine the framework for assessing negotiating power using various negotiating scenarios. Ultimately the

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authority wishes to help objectify the public debate on buyer power and provide further input to the debate on whether there is need for legislative action or regulation at national and European level.

I. Einleitung Mir obliegt heute die dankbare Aufgabe, einen Vortrag über die Kartellrechtsanwendung in einem wettbewerbspolitisch und wettbewerbsrechtlich hochinteressanten Bereich zu halten. Diese Aufgabe nehme ich gerne wahr, zumal ich mich freue, dass die Kartellrechtsthemen an der Schnittstelle zwischen Lebensmittelhandel und Herstellern in diesem Forum ein so großes Echo gefunden haben, dass sie sogar zum Thema der diesjährigen Sitzung der Arbeitsgruppe Wettbewerb im Verein für Socialpolitik gemacht wurden. Die Fälle und Fallkonstellationen, auf die ich nachfolgend eingehen möchte, betreffen dementsprechend die Marktstufen entlang der Wertschöpfungskette in der Herstellung und dem Vertrieb von Lebensmitteln. Das Material habe ich der aktuellen Fallarbeit entnommen. Teils berichte ich über abgeschlossene Fälle, teils über laufende Verfahren, wie z. B. das Verfahren zur vertikalen Preisbindung oder aktuelle Projekte, wie die Sektoruntersuchung im Lebensmitteleinzelhandel. Die letztgenannten laufenden Verfahren werde ich mit der gebotenen Abstraktion behandeln. Der Vortrag spiegelt auch nur einen Teil der Kartellrechtsanwendung an der Schnittstelle zwischen dem Lebensmittelhandel und den Herstellern wider. Aus Zeitgründen werden weitere Verfahrenstypen, wie z. B. die kartellrechtliche Prüfung von Einkaufskooperationen unter Beteiligung großer Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels oder die Missbrauchsaufsicht über Handelsunternehmen, z. B. das Anzapfverbot des § 20 Abs. 3 GWB2, allenfalls am Rande gestreift. II. Zum generellen Verhältnis von Lebensmittelindustrie und Lebensmittelhandel Die Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen. Vergleicht man die Jahre 1999 und 2011, so hat sich der Konzentrationsgrad signifikant erhöht. Während sich 1999 der Großteil des Vertriebs von Lebensmitteln – stellt man auf den bundesweiten Absatz ab – mit ca. 70 % auf sieben Unternehmen (EDEKA, Schwarz-Gruppe mit den Vertriebsschienen Lidl und Kaufland, ALDI, REWE, Metro, Tengelmann, WalMart, und Spar) verteilte, erzielten 2011 die vier großen Handelsgruppen EDEKA, Schwarz-Gruppe, REWE und ALDI einen Marktanteil von ca. 85 %. Auf den relevanten regionalen Absatzmärkten sind die Konzentrationsgrade teilweise noch höher. Auch bei der Beschaffung von Lebensmitteln – seien es Handelsmarken oder Herstellermarken – stehen die genann2 In der Fassung der 8. Novelle (veröffentlicht im BGBl. I 2013, S. 1750 ff.) fällt das Anzapfverbot für Handelsunternehmen gegenüber von ihnen abhängigen Lieferanten unter § 19 Abs. 1, 2 Nr. 5 i.V.m. § 20 Abs. 2 GWB.

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ten Handelsunternehmen in vielen Produktmärkten für den weit überwiegenden Teil der Beschaffungsvolumina in Deutschland. Das Verhältnis von Lebensmitteleinzelhandel zur Lebensmittelindustrie bewegt sich dabei in einem vielschichtigen Spannungsfeld zwischen Partnerschaft und Konkurrenz. Zum einen sind Lebensmittelindustrie und -handel Partner beim Vertrieb von Konsumgütern. Hierbei nehmen Groß- und Einzelhandel die wichtige Funktion des Mittlers zwischen Industrie und Verbraucher ein. Dem Lebensmittelhandel kommt hier die Aufgabe zu, die flächendeckende Bereitstellung der nachgefragten Waren für den Endverbraucher zu organisieren und sicherzustellen. In den letzten Jahrzehnten haben sich die Sortimente stark differenziert; dies betrifft die Sortimentsbreite ebenso wie die Sortimentstiefe. Größenvorteile und Synergien in der Beschaffung der Güter haben für alle Marktstufen vielfach Effizienzen und positive Wohlfahrtseffekte hervorgebracht. Damit einher ging die Etablierung sowohl starker nationaler Marken als auch preisgünstiger Handelsmarken in einer Vielzahl von Produktmärkten und Preissegmenten durch die Handelsunternehmen selbst. Lebensmittelindustrie und -handel sehen sich daher auch immer stärker im Wettbewerb zueinander, zumal sich die Handelsmarkenstrategie der Handelsunternehmen – dies zeigt die Entwicklung in einer Reihe von Produktmärkten – in den letzten Jahren verändert hat. Früher waren Handelsmarken vor allem im Preiseinstiegssegment („aldinative Produkte“) vertreten. Heute gibt es zunehmend auch Handelsmarken im Wettbewerb zu Markenprodukten, hier tritt der Handel im direkten Wettbewerb zu den Markenherstellern.3 Insbesondere die großen, nachfragestarken Handelsunternehmen wie EDEKA, REWE oder die Schwarz-Gruppe fragen nicht nur in erheblichem Maße Markenartikel nach, sondern definieren in Umsetzung ihrer eigenen diversifizierten Handelsmarkenstrategie die Produkteigenschaften und die Markenpositionierung dieser Produkte. Für die Markenhersteller selbst ist der Aufbau einer eigenen Handelsmarkenlinie hingegen keine gängige Unternehmensstrategie.4 Unternehmen, die heute der Nachfragemacht des Handels durch eine verstärkte Produktion von Handels- bzw. Eigenmarken ausweichen wollen, stehen daher häufig vor der Entscheidung, ob sie für den Handel die Produkte herstellen, die der Handel in 3

Vgl. „Status und Entwicklung von Handelsmarken in Deutschland“ – Eine GfK Studie im Auftrag des HDE, 25. Juli 2011, S. 8, aus der sich insbesondere auch ergibt, dass die sog. „Mehrwert-Handelsmarken“ ihren Marktanteil in den letzten fünf Jahren kontinuierlich ausgebaut haben. Die zunehmende Bedeutung der Handelsmarken großer LEH-Unternehmen in allen Preis- und Qualitätssegmenten wurde u. a. durch die Ermittlungen der Beschlussabteilung im Fall B2 – 23/11 „Homann-Gruppe/Rügen Feinkost“ belegt, vgl. Beschluss vom 6. Juli 2011, Rz. 104 ff., abrufbar unter www.bundeskartellamt.de. 4 Siehe z. B. für die Molkereiwirtschaft Endbericht Sektoruntersuchung Milch, S. 93 f., abrufbar unter www.bundeskartellamt.de.

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direkter Konkurrenz zu ihren eigenen Herstellermarken am „Point of Sale“ platziert. Dieser Zusammenhang begrenzt die Möglichkeiten von Markenherstellern, über die Lohnfertigung von Handels- und Eigenmarken eine echte Ausweichalternative zu einer möglichen Nachfragemacht des Handels bei Markenprodukten zu etablieren. Schon die hier beispielhaft beschriebenen Zusammenhänge zeigen, dass der komplexe wirtschaftliche Kontext, in dem Handel und Hersteller agieren, einer eindeutigen kartellrechtlichen Typisierung und Systematisierung nicht zugänglich ist. In der Kartellrechtsanwendung sind die Machtverhältnisse der Akteure vielmehr einzelmarktbezogen zu analysieren und hängen von der jeweiligen Stärke und den tatsächlichen Ausweichmöglichkeiten der jeweiligen Verhandlungspartner ab. III. Einige Anmerkungen zum wettbewerbspolitischen Leitbild von Nachfragemacht Die Analyse von Nachfragemacht ist schon seit Jahrzehnten ein Kartellrechtsthema. Da die Europäische Kommission heute in ihrer Fallpraxis in erster Linie eine an der Maximierung der Konsumentenwohlfahrt ausgerichtete Wettbewerbspolitik verfolgt, behandelt sie die Beschränkung des Nachfragewettbewerbs deutlich großzügiger als eine Beschränkung des Anbieterwettbewerbs. Die von der Nachfragemacht nachteilig betroffenen Anbieter sehen sich daher mitunter schutzlos gestellt. Der klassische deutsche wie europäische Ansatz begreift Wettbewerb hingegen im Sinne eines ergebnisoffenen Prozesses. Das geltende Recht schützt den Wettbewerbsprozess in alle Richtungen, eine unmittelbare Schädigung der Konsumentenwohlfahrt ist keine Voraussetzung für einen kartellbehördlichen Eingriff. Dieses Verständnis lässt sich gut am Beispiel der Nachfragemacht in der Missbrauchsaufsicht und der Kartellverfolgung verdeutlichen. Sowohl Art. 102 AEUV als auch §§ 19, 20 GWB verbieten in gleicher Weise nicht nur die Erzwingung unangemessener Verkaufspreise und -bedingungen, sondern auch die Erzwingung unangemessener Einkaufspreise und -bedingungen. Art. 101 AEUV und § 1 GWB verbieten die unmittelbare Festsetzung von Verkaufspreisen ebenso wie von Einkaufspreisen. Bei der Frage, welche Auswirkungen die Erzielung von Einkaufsvorteilen durch die Ausübung von Nachfragemacht für die Verbraucher haben, sind neben den kurzfristigen aber auch die mittel- bis langfristigen Entwicklungen zu beachten. Das wirtschaftstheoretische Konzept der Konsumentenwohlfahrt umfasst nicht nur die statische, eindimensionale Analyse im Hinblick auf Preise und Mengen. Mittelfristig ist für die Verbraucher vielmehr auch zu berücksichtigen, welche negativen Auswirkungen die Ausübung von Nachfragemacht auf Produktqualität und Produktinnovatio-

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nen sowie auf die zunehmende Konzentration von Handels- aber auch Herstellermärkten haben kann.5 Jedenfalls trifft das für die Ausübung von Nachfragemacht zuweilen vorgetragene Argument, dass erzielte Einkaufsvorteile auf den Absatzmärkten automatisch auch den Verbrauchern zugutekommen, nach Auffassung der Beschlussabteilung im Lebensmitteleinzelhandel nicht ohne Weiteres zu: Insbesondere bei stark konzentrierten Marktstrukturen – wie dies in zahlreichen Regionen Deutschlands der Fall ist – ist zu erwarten, dass die erzielten Einkaufsvorteile von der jeweiligen Spitzengruppe nicht oder nur teilweise an den Verbraucher weitergegeben werden. Letztendlich spiegelt sich in dieser Bewertung die ökonomische Grundtatsache wider, dass in wettbewerblicher Hinsicht von einer besonders nachteiligen Gesamtsituation in der Wertschöpfungskette ausgegangen werden muss, wenn signifikante Nachfragemacht des Handels mit signifikanter Angebotsmacht auf Absatzmärkten einhergeht. Dass eine Abgrenzung zwischen zulässigen und unzulässigen Verhaltensweisen von marktstarken Handelsunternehmen bei der Beschaffung ihrer Waren in der bestehenden Marktsituation erforderlich ist, zeigt auch die aktuelle politische Diskussion über die Definition von unfairen Handelspraktiken auf nationaler und europäischer Ebene: Bereits im November 2011 hat eine EU-Expertenplattform für B2B-Vertragspraktiken Grundsätze und Beispiele für faire und unfaire Praktiken in den vertikalen Beziehungen entlang der Lebensmittelversorgungskette formuliert, die inzwischen von verschiedenen europäischen Hersteller- und Handelsverbänden bzw. Unternehmen aus diesen Marktstufen unterzeichnet wurden.6 In der Beispielliste werden als unfaire Praktiken u. a. außervertragliche einseitige und rückwirkende Änderungen von Preisen, die unbillige Übertragung unternehmerischer Risiken, unverhältnismäßige Listungsgebühren oder auch die Forderung sachlich nicht gerechtfertigter Vorteile in Verbindung mit Auslistungsandrohung genannt. Auch im Grünbuch der Europäischen Kommission vom 31. 01. 2013 werden entsprechende „Arten unlauterer Handelspraktiken“ definiert.7 Eine ausführliche Auseinandersetzung mit den positiven und negativen Wohlfahrtswirkungen von Nachfragemacht muss an dieser Stelle unterbleiben. Ich verweise hier beispielhaft auf die Untersuchungen der Monopolkommission zu den Ursachen und Wirkungen von Nachfragemacht im Rahmen der ökonomischen Theorie und einzelner empirischer Befunde. In ihrem 19. Hauptgutachten stellt sie fest, dass 5 Siehe Hintergrundpapier zur Tagung des Arbeitskreises Kartellrecht am 18. September 2008 „Nachfragemacht im Kartellrecht – Stand und Perspektiven“, abrufbar unter www.bun deskartellamt.de. 6 Abrufbar unter http://ec.europa.eu/enterprise/sectors/food/files/competitiveness/good_prac tices_en.pdf. 7 Abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2013:0037 :FIN:DE:PDF.

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im Lebensmitteleinzelhandel viele Nachfragemacht begünstigende Faktoren und auch Anreize zur Ausübung von Nachfragemacht tendenziell gegeben sind. Die möglichen negativen Effekte von Nachfragemacht hält die Monopolkommission aus theoretischer als auch aus empirischer Sicht für noch nicht gut fundiert und enthält sich unter Verweis auf die Einzelfallprüfung durch das Bundeskartellamt und die Sektoruntersuchung Lebensmitteleinzelhandel einer abschließenden Bewertung und Positionierung.8 IV. Nachfragemacht und Fusionskontrolle Trotz der dargestellten Effizienzgewinne aufgrund der Schaffung bundesweiter Vertriebsnetze durch den Lebensmittelhandel kann im Lebensmitteleinzelhandel – ebenso wie auf allen anderen Märkten – eine hohe Unternehmenskonzentration zu einer erheblichen Verringerung der Wettbewerbsintensität sowohl auf den Absatzals auch auf den Beschaffungsmärkten führen. Die Fusionskontrolle hat hier die Aufgabe, entsprechende Wettbewerbsbeschränkungen durch externes Wachstum dann zu verhindern, wenn es zur Schaffung oder Verstärkung nicht kontrollierbarer Verhaltensspielräume der Zusammenschlussbeteiligten führt. In der kartellbehördlichen Praxis spielt daher Nachfragemacht auch bei der Prüfung von Zusammenschlüssen zwischen zwei Handelsunternehmen eine Rolle, wenn es hierdurch zu einer für den Markt erheblichen Bündelung von Beschaffungsvolumina kommt. So hat die Beschlussabteilung im Jahr 2010 den Erwerb von rund 200 trinkgut Getränkeabholmärkten durch die EDEKA nur unter aufschiebenden Bedingungen freigegeben.9 Das Vorhaben betraf zum Einen rund 80 regionale Absatzmärkte für den Verkauf von Getränken an Endverbraucher, zum Anderen die bundesweiten Beschaffungsmärkte für Wasser/Wasser mit Zusatz, alkoholfreie Getränke und Bier/Biermischgetränke. Die aufschiebenden Bedingungen adressierten die wettbewerblichen Bedenken der Beschlussabteilung auf den betroffenen regionalen Absatzmärkten und erforderten die Veräußerung von insgesamt rund 30 Getränkeabholmärkten der trinkgut und der EDEKA in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen vor Vollzug des Zusammenschlusses. 1. Marktabgrenzung auf Beschaffungsmärkten Für die Marktabgrenzung auf den betroffenen Beschaffungsmärkten hat sich in der Praxis das ursprünglich für Angebotsmärkte zugeschnittene Bedarfsmarktkonzept durchgesetzt. Bei der Abgrenzung von Beschaffungsmärkten sind damit alle Produkte zu berücksichtigen, die die Marktgegenseite – also die Lieferanten – anbieten oder unter zumutbaren Bedingungen ohne größere Umstellungsschwierigkeiten

8 Monopolkommission, Stärkung des Wettbewerbs bei Handel und Dienstleistungen, Hauptgutachten 2010/2011, Baden-Baden 2012, Tz. 1055 ff. 9 B2 – 52/10, Entscheidung vom 28. 10. 2010, abrufbar unter www.bundeskartellamt.de.

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anbieten könnten.10 Die Ermittlungen zur Marktabgrenzung auf den Beschaffungsmärkten im Fall EDEKA/trinkgut hatten ergeben, dass kein einheitlicher Sortimentsmarkt abzugrenzen ist. Vielmehr bildet die Produktgruppe Bier/Biermixgetränke einen eigenständigen Markt. Ob die Produktgruppen Wasser/Wasser mit Zusatz und alkoholfreie Getränke jeweils sachlich eigenständige Märkte bilden, wofür die Ermittlungen einige Anhaltspunkte ergeben haben, konnte die Beschlussabteilung für die Prüfung dieses Falles letztlich offen lassen. Weiter hat die Beschlussabteilung auf der Grundlage der Ermittlungen verschiedene Absatzkanäle (Absatz an den Getränkefachgroßhandel, die Gastronomie, an Tankstellen usw.) mit in den sachlich relevanten Markt einbezogen. Schließlich haben die Ermittlungen aufgrund der Besonderheiten im vorliegenden Fall ergeben, dass jeweils sachlich getrennte Märkte für die Beschaffung von Handelsmarken und Herstellermarken anzunehmen sind. In räumlicher Hinsicht waren die betroffenen Beschaffungsmärkte nicht größer als bundesweit abzugrenzen. Getränkeimporte und -exporte finden in den hier untersuchten Produktgruppen kaum statt. 2. Marktbeherrschung auf Beschaffungsmärkten Die Ermittlungsergebnisse zu den Marktverhältnissen auf den Beschaffungsmärkten haben starke Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Unternehmen EDEKA, REWE und die Schwarz-Gruppe auf den Beschaffungsmärkten für Herstellermarken im Bereich alkoholfreie Getränke und Wasser/Wasser mit Zusatz ein marktbeherrschendes Oligopol bilden. Insbesondere weckten die Ermittlungsergebnisse erheblichen Zweifel daran, ob zwischen den Mitgliedern des Oligopols funktionsfähiger Binnenwettbewerb besteht. Hier standen jedoch weniger mögliche koordinierende Wirkungen im Mittelpunkt der fusionsrechtlichen Bedenken als vielmehr nicht koordinierte Effekte infolge der weiteren Konzentration der Nachfrage mit den entsprechenden negativen Wirkungen auf die Marktgegenseite. Die Mitglieder des Oligopols sind jeweils bereits für sich genommen für den weit überwiegenden Teil der sie beliefernden Hersteller unverzichtbar. Gemeinsam bilden sie einen „Flaschenhals“ für den Absatz der Lieferanten und sind so zumindest in ihrer Gesamtheit für die Lieferanten nicht durch kleinere Handelsunternehmen oder andere Abnehmergruppen ersetzbar. Dies gilt im Grundsatz auch für große, markenstarke Hersteller. Zudem verfügen die Mitglieder des Oligopols aufgrund ihrer bundesweiten Präsenz im Hinblick auf alle Vertriebswege über einen hervorragenden Zugang zu den Absatzmärkten. Insbesondere im Hinblick auf die Frage, inwieweit zwischen EDEKA, REWE und Schwarz-Gruppe Wettbewerb um die Beschaffung von Getränken herrscht, waren die Ermittlungsergebnisse letztlich nicht so belastbar, dass die von den Unternehmen vorgetragenen Widerlegungsgründe in diesem Fall zurückgewiesen werden konnten.

10

KG, Beschluss vom 5. November 1986, WuW/E OLG 3917 – Coop-Wandmaker.

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Grundsätzlich sind Vorhaben, in denen marktführende Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels Filialnetze von Wettbewerbern übernehmen wollen, angesichts des ohnehin hohen Konzentrationsgrades intensiv zu prüfen. Selbst wenn die Zuwächse im Einzelfall gering erscheinen, sind daher bei der wettbewerblichen Prüfung neben dem bereits bestehenden Konzentrationsgrad auch über den Einzelfall hinausgehende Expansionsstrategien der Erwerber zu berücksichtigen. Denn die negative Strukturveränderung kann insgesamt über den Einzelfall hinausgehen und die Marktstruktur spürbar verändern. Das Gleiche gilt für die Beteiligung marktführender Einzelhandelsunternehmen an Einkaufskooperationen, insbesondere wenn diese Einkaufskooperationen den kleineren Kooperationspartner durch Minderheitsbeteiligungen oder die sonstige Ausgestaltung der Kooperationsverträge dauerhaft an den großen Partner binden und so zur weiteren Konsolidierung des Marktes zu Lasten der Hersteller und der kleineren Handelsunternehmen beitragen. In den letztgenannten Fällen steht die kartellrechtliche Prüfung nach § 1 GWB, Art. 101 AEUV im Mittelpunkt. Für die Fusionskontrolle erhofft sich die Beschlussabteilung von dem neuen Marktbeherrschungsbegriff „erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs“ in § 36 Abs. 1 GWB eine verbesserte Analysemöglichkeit für oligopolistisch strukturierte Beschaffungsmärkte. Zwar bleibt die Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung als Regelbeispiel weiterhin relevant. Die Regierungsbegründung weist aber ausdrücklich darauf hin, dass mit dem SIEC-Test alle wettbewerblich schädlichen Zusammenschlüsse erfasst werden sollen, auch ohne dass Marktbeherrschung entsteht bzw. verstärkt wird. V. Vertikale Preisbindung im Lebensmitteleinzelhandel Ich will mich im Hinblick auf das laufende Vertikalverfahren des Amtes auf einige Anmerkungen zum Vorgehen der für diesen Fall zuständigen und auf Bußgeldverfahren spezialisierten 10. Beschlussabteilung beschränken. Hingegen bleibt an dieser Stelle kein Raum für eine grundsätzliche konzeptionelle Aufarbeitung des Themas der kartellrechtlichen Verfolgung vertikaler Preisbindung. Sicher wäre ein Blick in die auf die gesetzliche Regelung und die von diesem Verbotstatbestand erfassten einzelnen Verhaltensweisen interessant. In diesem Zusammenhang wäre ein Blick auf die Vertikal-Leitlinien der Kommission lohnend, die die Wettbewerbsbeschränkungen durch vertikale Preisbindungen ebenso ausführlich darstellt, wie die (begrenzten) Freistellungsmöglichkeiten.11 Auch die Differenzierung zwischen den einseiti11

Verordnung (EU) Nr. 330/2010 der Kommission v. 20. 04. 2010 über die Anwendung von Art. 101 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen (ABl v. 23. 04. 2010, L 102/1) – Vertikal-GVO. Leitlinien der Europäischen Kommission für vertikale Beschränkungen (ABl v. 19. 05. 2010, C 130/1) – Vertikal-Leitlinien.

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gen Verhaltensweisen der Druckausübung (§ 21 Abs. 2 GWB) und den zweiseitigen Absprachen oder abgestimmten Verhaltensweisen (§1 GWB, Art. 101 AEUV) ist einerseits komplex, erlaubt es aber andererseits der Kartellbehörde, in recht umfassender Weise die preisrelevanten Praktiken zu erfassen. Die derzeit laufenden Bußgeldverfahren gegen Hersteller und Einzelhandel wegen des Verdachts der vertikalen Preisbindung weisen einige Besonderheiten im Vergleich zu den überwiegend durch marktstarke Hersteller geprägten Preisbindungsfällen der Vergangenheit auf. Im Lebensmitteleinzelhandel liegt die Sache anders, da den Herstellern in vielen Produktmärkten ein starker Handel gegenüber steht. Auch agieren die Vertragspartner in einem Umfeld ständiger Kontakte und Gespräche über sortiments- und preispolitische Themen. Es gibt sehr enge Hersteller-Händler-Bindungen in konzentrierten Märkten, verbunden mit einer mit hoher Preistransparenz. Aus der bisher vorliegenden Beweislage ergibt sich, dass sich die starke Verhandlungsposition führender Handelsunternehmen häufig auch in der Risikoverteilung bei der Durchsetzung der Preisbindung niederschlägt. 1. Schwerpunkte des Vertikalfalls Im Verfahren selbst geht es um diejenigen Bereiche, die nicht freistellungsrelevant sind, weil Effizienzeinreden oder Spürbarkeitseinwände kaum tragen dürften. Bei der Auswahl der betroffenen Warengruppen handelt es sich durchweg um gesamtwirtschaftlich bedeutende Sachverhalte mit hohen Umsatzvolumina. Die Marktstruktur ist sowohl auf Hersteller- als auch auf Handelsseite hoch konzentriert und es handelt sich um Preisbindungen für bundesweit vertriebene, etablierte Marken. Die Verstoßzeiträume liegen bei zwei oder mehr Jahren und es geht um Festoder Mindestpreisbindungen. Die Beweislage ist im Wesentlichen durch folgende Fallkonstellationen gekennzeichnet. Die erste Kategorie betrifft den klassischen Fall der Druckausübung seitens des Herstellers. Ein Beispiel: Ein bedeutender Markenhersteller sagt schon bei der Vertragsanbahnung, dass er einen aus seiner Sicht zu niedrigen Ladenpreis des Händlers nicht akzeptieren wird. Werden sich die Vertragspartner nicht einig, droht der Hersteller mit Nichtbelieferung, entweder unverhohlen wegen des aus seiner Sicht zu niedrigen Ladenpreises oder mittelbar, z. B. unter dem Hinweis auf vermeintliche Lieferengpässe. Bei entsprechender Beweislage läge eine einseitige Druckausübung, also ein Verstoß des Herstellers gegen § 21 Abs. 2 GWB12 vor, der von der Beschlussabteilung als Ordnungswidrigkeit nach §81 Abs. 3 Nr. 2 GWB bebußt würde. Ein weit verbreiteter Sachverhalt im Vertikalverfahren ist die vertikale Preisbindung über sog. Anreizsysteme. Gemeint sind kooperative, also zweiseitige Regelungen, die auch angesichts der Machtverhältnisse im Lebensmitteleinzelhandel weit 12 Bei diesen Sachverhalten greift nur das deutsche Kartellrecht, weil sich im Europäischen Recht keine parallele Vorschrift findet, es sei denn, das handelnde Unternehmen wäre marktbeherrschend und das Verhalten fiele unter Art. 102 AEUV.

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verbreitet sind. Entsprechend wird die 10. Beschlussabteilung bei entsprechender Beweislage nicht nur den Hersteller, sondern auch den Vertragspartner auf Handelsseite bebußen. Die Spielarten solcher Anreizsysteme sind vielfältig. Sie können über die Gewährung finanzieller Vorteile (Sonderkonditionen) ebenso vermittelt werden, wie über finanzielle Nachteile im Falle der Nichteinhaltung. Grund der Übereinkunft – sei es im Wege der Vereinbarung oder eines abgestimmten Verhaltens – ist die Einhaltung der UVP im Interesse beider Vertragsparteien. Ein weiterer Bereich der Kooperation zwischen Herstellern und Händlern sind Klauseln über Spannenneutralität oder Margengarantien. Hier kommt das spezifische Verständnis über die Risikoverteilung zwischen Industrie und Handel bei der Durchsetzung der vertikalen Preisbindung zum Ausdruck. Ein einfacher Fall ist die Fixierung des Ladenverkaufspreises einschl. der Vereinbarung einer fixen Spanne für den Händler. Dann gehen Spannenneutralität und vertikale Preisbindung miteinander einher. Gleiches gilt, wenn die Parteien auf den Herstellerabgabepreis eine festgelegte Handelsspanne vereinbaren. Denn dann ist gleichzeitig der Ladenverkaufspreis fixiert. Darüber hinaus prüft die zuständige 10. Beschlussabteilung weitere Klauseln, bei denen ein Handelsunternehmen Aktionspreisstrategien konkurrierender Handelsunternehmen dem Lieferanten über Ausgleichsklauseln anlastet, um seine eigene Marge zu sichern. Auch solche Sachverhalte könnten bei entsprechender Beweislage als gleitende Preisbindung dem Kartellverbot unterliegen. Schließlich untersucht das Amt im Rahmen des Vertikalverfahrens auch noch so genannten Hub & Spoke-Sachverhalte. Hierunter fallen Konstellationen, in denen eine horizontale Preisabsprache zwischen Handelsunternehmen, ohne dass diese unmittelbar in Kontakt treten. Ein Beispiel: Händler I will die UVP einhalten, wenn andere Händler mitziehen. Der Lieferant wird veranlasst, einen Termin für die Anhebung der Ladenpreise an Händler II weiterzugegeben. Dieser macht mit, wenn auch Händler I mitmacht. Es kommt in der Folge zu Vollzugsmeldungen. Die Schwierigkeiten liegen hier auf der Nachweisseite und der Prüfung, ob das Verhalten von Händler I und Händler II tatsächlich auf einer gegenseitigen Information „über Bande“ beruht. 2. Verfahrensziele des Vertikalverfahrens Das Verfahren hat das Ziel, für die Vergangenheit eindeutiger Fallkonstellationen zu bebußen. Dabei handelt es sich nach der Beweislage nicht um eine Sammlung unzusammenhängender Vorgänge, sondern um geübte, systematische Preisbindung. Freistellungsrelevante Bereiche werden ausgeklammert. Für die Zukunft will das Amt in der Branche ein Bewusstsein dafür schaffen, dass vertikale Preisbindung im Lebensmittelhandel insbesondere für den Verbraucher schädlich und nur selten freistellungsfähig ist. Dabei wird die Betroffenheit beider Wirtschaftsstufen ebenso berücksichtigt wie die Notwendigkeit einer regelmäßigen Kommunikation zwischen Handel und Herstellern, solange sie keinen verbotenen Anknüpfungspunkt hat.

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VI. Sektoruntersuchung Lebensmitteleinzelhandel 1. Anlass und Aufgabenstellung Die von mir schon beschriebenen Wettbewerbsstrukturen und Konzentrationsprozesse im Lebensmitteleinzelhandel haben die Beschlussabteilung im Jahr 2011 bewogen, eine Sektoruntersuchung einzuleiten. Auch Hinweise auf stärker werdende Asymmetrien in den Verhandlungspositionen zu Gunsten des Lebensmitteleinzelhandels und die Weiterentwicklung des Prüfrasters für die Kartellrechtsanwendung in diesem Bereich waren Auslöser für eine genauere Untersuchung der Wettbewerbssituation an der Schnittstelle zwischen den Lebensmitteleinzelhandel und der Lebensmittelindustrie. Ich wiederhole bei der Präsentation der Ziele der Sektoruntersuchung immer wieder, dass am Ende der Sektoruntersuchung keine abschließende Bewertung von Nachfragemacht oder die Antwort auf die Frage nach einer konkreten Interventionsschwelle stehen wird. Aber wir erhoffen uns eine bessere Datenbasis für die Analyse marktbezogener Szenarien und ein verbessertes Prüfraster für die Beurteilung von Verhandlungsmacht anhand unterschiedlicher Verhandlungskonstellationen. Schließlich will das Amt mit der Sektoruntersuchung zu einer Versachlichung der öffentlichen Diskussion über Nachfragemacht beitragen und Input in die Debatten über gesetzgeberischen Handlungs- bzw. Regulierungsbedarf auf nationaler und europäischer Ebene geben. Ergebnisse sollen voraussichtlich bis Anfang 2014 vorliegen. Diese werden in einem Bericht zusammengefasst werden, daran anschließen wird sich eine Diskussion der Ergebnisse mit allen betroffenen Marktteilnehmern. 2. Analyseschwerpunkte Die Sektoruntersuchung ist zweistufig angelegt. a) Ermittlungsstufe 1 In einer ersten Abfrage hat die Beschlussabteilung die Marktstrukturen insbesondere auf den Beschaffungsmärkten des Lebensmitteleinzelhandels einer umfassenden Analyse unterzogen. Zweck dieser Abfrage ist es, anhand von unternehmensund marktbezogenen Daten ein möglichst genaues Bild von den Marktpositionen der Hersteller und des Lebensmitteleinzelhandels zu erlangen. Im Hinblick auf die unternehmensbezogenen Daten hatten die befragten 21 Unternehmen des deutschen Lebensmitteleinzelhandels Daten zur eigenen Unternehmensstruktur, den Vertriebsschienenkonzepten, dem Flächenwachstum, der Standortdichte und -verteilung, der Sortimentsbreite in den Filialen und den eigenen Handelsmarkenstrategien vorzulegen. Zudem wurde auch die Bedeutung von Einkaufskooperationen für den Wareneinkauf und die Verhandlungspositionen auf Seiten des Handels und der Hersteller ermittelt. Damit kann der bisher einzelfallbezogene em-

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pirische Befund zum Konzentrationsprozess und zur wettbewerblichen Nähe der Handelsunternehmen („closeness of competition“) aktualisiert werden. Die beschaffungsmarktbezogenen Fragen richteten sich sowohl an die Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels als auch an ca. 200 Hersteller. Das Amt hat die Umsätze der Hersteller und Beschaffungsmengen des Handels getrennt nach Handelsmarken und nach Herstellermarken ermittelt. Dabei wurden die Daten heruntergebrochen bis in einzelne Produktmärkte. Beispielhaft wurden die Märkte für Butter, Milch gekühlte Milchkaffegetränke, TK-Pizza, Konfitüre, Schaumwein, Röstkaffee, Ketchup, und Gemüsekonserven) näher untersucht. Hersteller und Handel wurden nach Ausweichmöglichkeiten der Anbieter (z. B. alternative Vertriebswege der Hersteller, Möglichkeiten der Produktausweitung oder -umstellung der Hersteller) befragt. Die Bedeutung dieser Outside Options wurde auch quantitativ erfasst. Zudem wird das Amt die Aussagekraft von Preisindices und Preisbeobachtung durch Marktforschungsinstitute bewerten. b) Ermittlungsstufe 2 In der 2. Ermittlungsstufe steht die Analyse der Einflussfaktoren auf konkrete Verhandlungsergebnisse zwischen Handel und Industrie im Fokus. Im LEH wird eine Vielzahl unterschiedlicher Artikel gehandelt. Schon im Vorfeld der Sektoruntersuchung war absehbar, dass die große Sortimentsbreite und -tiefe des deutschen LEHs dazu führt, dass eine detaillierte Analyse aller gelisteten Artikel faktisch unmöglich, jedenfalls aber unverhältnismäßig aufwändig wäre. Das Bundeskartellamt hat (streng orientiert an den Methoden der empirischen Sozialforschung) einen Weg gefunden, verallgemeinerbare Aussagen mit vertretbarem Aufwand zu generieren. Dabei nutzt das Amt die Möglichkeit mittels geschichteter Stichproben (proportional stratified random sampling) Untersuchungsobjekte derart zu bestimmen, dass eine scheinbar kleine Stichprobe von ca. 260 Artikeln ein gutes Abbild der Realität gewährleistet. Im Vergleich zu reinen Zufallsstichproben ist der Vorteil, dass die Repräsentativität hinsichtlich der relevanten Schichtungsmerkmale (u. a. Warengruppe, Umsatzstärke, Präsenz im Discount-Sortiment etc.) besser gesteuert und so auch mit einer kleineren Stichprobe eine hohe Repräsentativität realisiert werden kann. Zur Identifizierung der Artikel wurde auf EANs bzw. GTINs (2009 wurde die EAN durch eine globale Artikelindentnummer Global Trade Item Number, GTIN abgelöst) zurückgegriffen. Die EAN ist eine unverwechselbare Produktkennzeichnung für Handelsartikel und ist mit großem Abstand das weltweit verbreiteteste Codiersystem. Wesentlich für die Zwecke der Sektoruntersuchung Lebensmitteleinzelhandel ist, dass der EAN-Code den gleichen Artikel des gleichen Herstellers zu jedem Zeitpunkt eindeutig kennzeichnet. Dabei ist es sicherlich in seltenen Fällen möglich, dass dem gleichen Artikel mehrere EAN-Codes zugeordnet werden, falls die Hersteller dazu noch nähere Differenzierungen (bspw. Produktionsstandorte oder kleinere Ver-

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änderungen der Umverpackung) vornehmen. Diese Problematik wurde vom Bundeskartellamt im Rahmen der Vorermittlung erkannt. Deshalb wurden Zwischenermittlungen durchgeführt, die die Eindeutigkeit der abgefragten EANs gewährleisten. Ausgangspunkt für die Auswertung ist ein Paneldatensatz über diverse Aspekte von Konditionen (z. B. Stückpreis, fixe Zahlungen/Rabatte, Zahlungsziele, Lieferung & Gefahrenübergang), Menge und Verhandlungspositionen (z. B. gegenseitige Umsatzanteile im Zeitablauf, Markenstärke des Artikels, Handelsmarkenumfeld, Historie und Charakter der Verhandlung, Bedeutung von Einkaufskooperationen). Für einen Zeitraum von 2 Jahren (24 Beobachtungspunkte) wurden ca. 3.100 bilaterale Verhandlungen abgefragt, denen ca. 73.000 Datensätze mit je 150 Variablen zugrunde liegen. Das Bundeskartellamt ist derzeit dabei, ca. 33 Mio. Angaben empirisch aufzuarbeiten und auszuwerten. c) Berücksichtigung von Handelsmarken Auch die Marktposition der Discounter als eine beachtenswerte Gruppe von Anbietern im deutschen LEH sowie die Bedeutung von Handelsmarken werden in Rahmen der Sektoruntersuchung LEH analysiert. So beziehen sich sämtliche Abfragen zur Marktstruktur und den möglichen Ausweichalternativen der Hersteller und des Handels in der ersten Abfragerunde auf alle Vertriebsschienen einschließlich der Discounter und umfassen sowohl den Bereich Herstellermarken als auch auf den Bereich Handelsmarken. Sämtliche der angeschriebenen Lebensmittelhändler (hierzu gehören auch die Discounter) wurden darüber hinaus in der ersten Abfragerunde nach ihrer aktuellen Handelsmarkenstrategie befragt. Bei der Erfassung der Verhandlungsergebnisse zwischen Herstellern und Handel (sog. „Konditionenabgleich“) in der zweiten Abfragerunde wurden Handelsmarkenprodukte nicht explizit in die Stichprobe einbezogen. Dies liegt auch daran, dass die Beschaffungsprozesse bei Handelsmarken grundlegend anders ablaufen als bei Herstellermarken, da sie im Regelfall nicht bilateral verhandelt werden, sondern im Wege von Ausschreibungen beschafft werden. Wichtige Entscheidungen über Produktpositionierung und Vermarktung werden nicht vom Hersteller, sondern vom Handelsunternehmen getroffen. Dennoch werden die Existenz und ebenso die Bedeutung und Stärke einzelner Handelsmarken in ihrer wettbewerblichen Bedeutung im empirischen Teil der Sektoruntersuchung berücksichtigt. Ausschlaggebender ökonomischer Hintergrund ist dabei die auch von der EDEKA stets betonte Tatsache, dass Handelsmarken auf der Absatzseite von den Konsumenten in vielen Fällen als eine gute Alternative zu Markenartikeln eingestuft und deshalb vermehrt nachgefragt werden. Stehen aber die von den LEH-Unternehmen geführten Handelsmarken absatzseitig in einer engen Austauschbeziehung zu Markenartikeln, so bedeutet dies zugleich, dass die LEH-Unternehmen die Existenz und Attraktivität von Handelsmarken in ihren Verhandlungen mit den Markenartikel-Herstellern als Ausweichalternative

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und mithin als Argument für Preiszugeständnisse des Markenartikel-Herstellers nutzen können. Um diesen Aspekt zu erfassen, enthält der zweite Fragebogen zahlreiche Einzelfragen, die das „Handelsmarken-Umfeld“ des jeweils betrachteten Markenartikels im Detail beleuchten und abbilden. Durch diesen Befragungsansatz werden die Rolle und Bedeutung der Handelsmarken für die Verhandlungsposition des Handels gegenüber den Herstellern voll erfasst. d) Beitrag der Sektoruntersuchung für die Missbrauchsaufsicht Neben einem verbesserten Prüfraster für die Strukturkontrolle im Lebensmitteleinzelhandel wird die Sektoruntersuchung unter anderem auch einen Beitrag für die Missbrauchsaufsicht in dieser Branche leisten. So bieten die in der Sektoruntersuchung erhobenen Strukturdaten ein gutes Gerüst, um zu prüfen, ob ein Handelsunternehmen Normadressat des kartellrechtlichen Missbrauchsverbots ist. Die generelle Marktbedeutung des Normadressaten13 kann anhand der Daten ebenso analysiert werden, wie produktmarktbezogene Kriterien14 oder verhandlungsbezogene Kriterien15. Für die Prüfung des Missbrauchsvorwurfs selbst wird die Sektoruntersuchung nicht die konkrete Interventionsschwelle bestimmen. Zwar wird die Beschlussabteilung abbilden können, ob eine missbräuchliche Ausübung von Nachfragemacht in dem betroffenen Produktmarkt aufgrund der besonderen strukturellen Bedingungen und der dort festgestellten Verhandlungsmuster naheliegend ist, die konkrete Prüfung wird aber einzelfallbezogen anhand des jeweils zugrundeliegenden Sachverhalts erfolgen. Literatur Bundeskartellamt (2008), Nachfragemacht im Kartellrecht – Stand und Perspektiven, Hintergrundpapier zur Tagung des Arbeitskreises Kartellrecht, Bonn. Bundeskartellamt (2010), B2 – 52/10 „EDEKA/trinkgut“, Beschluss vom 28. 10. 2010, abrufbar unter www.bundeskartellamt.de. Bundeskartellamt (2011), B2 – 23/11 „Homann-Gruppe/Rügen Feinkost“, Beschluss vom 6. Juli 2011, abrufbar unter www.bundeskartellamt.de. Bundeskartellamt (2012), B2 – 19/08 Sektoruntersuchung Milch, Abschlussbericht nach § 32 e GWB von Januar 2012, abrufbar unter www.bundeskartellamt.de. Europäische Kommission (2010), Verordnung (EU) Nr. 330/2010 vom 20. 04. 2010 über die Anwendung von Art. 101 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf 13 Unter anderem Umsätze, Vertriebsschienen, Handelsmarkenstrategie, vertikale Integration, Absatz- und Beschaffungsanteile. 14 Z.B. Struktur des Beschaffungsmarktes, outside options der Hersteller, Handelsmarkenumfeld. 15 Z.B. wechselseitige Umsatzanteile, Konzernzugehörigkeiten oder die Analyse von Verhandlungen in der Vergangenheit.

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Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen (ABl v. 23. 04. 2010, L 102/1) – Vertikal-GVO. Europäische Kommission (2010), Leitlinien der Europäischen Kommission für vertikale Beschränkungen (ABl v. 19. 05. 2010, C 130/1) – Vertikal-Leitlinien. Europäische Kommission (2013), Grünbuch über unlautere Handelspraktiken in der B2B-Lieferkette für Lebensmittel und Nicht-Lebensmittel in Europa, Brüssel. Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1750). Handelsverband Deutschland – HDE (2011), „Status und Entwicklung von Handelsmarken in Deutschland“ – Eine GfK Studie im Auftrag des HDE. Kammergericht (1986), WuW/E OLG 3917 „Coop-Wandmaker“, Beschluss vom 5. November 1986. Monopolkommission (2012), Stärkung des Wettbewerbs bei Handel und Dienstleistungen, Hauptgutachten 2010/2011, Baden-Baden.

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Handel im Wettbewerb Machtverhältnisse und Informationsaustausch im Lebensmittelhandel Von Stefan Genth Zusammenfassung Es bestehen eindeutige Hinweise, die das Funktionieren der Wettbewerbsverhältnisse im Lebensmitteleinzelhandel belegen. Händler und Hersteller stehen sich grundsätzlich bei den Vertragsverhandlungen auf Augenhöhe gegenüber, auch wenn in Einzelfällen Machtüberhänge zu der einen oder anderen Seite bestehen mögen. Diese Tatsachen sollte auch das Bundeskartellamt bei der Sektoruntersuchung Lebensmitteleinzelhandel berücksichtigen. Die grundsätzlich bestehende Machtbalance in der Lieferkette muss auch bei der kartellrechtlichen Bewertung der Kommunikation über Verkaufspreise im vertikalen Verhältnis beachtet werden. Ein per-se-Verbot der vertikalen Preisfestsetzung kennt das deutsche Kartellrecht nicht. Erforderlich ist daher immer eine Einzelfallprüfung. Nur eine differenzierte und an den praktischen Bedürfnissen der Marktteilnehmer orientierte Bewertung der konkreten Verhaltensweisen ist angemessen und kann den Verbraucherinteressen gerecht werden. Diesen Anforderungen hat allerdings die sogenannte Handreichung des Bundeskartellamts vom 13. April 2010 nicht in allen Punkten genügt. Sie liefert daher keine befriedigenden Antworten auf die bestehenden kartellrechtlichen Fragestellungen und darf nicht weiter zur Verunsicherung der Marktakteure führen.

Abstract There is clear evidence which proves the functioning of the competitive environment in the food retail sector. When it comes to contractual negotiations, retailers and producers are generally operating on a level playing field, even if in particular cases one of the parties seems to have more power than the other one. The German Federal Cartel Office should take this fact into account when compiling their sector enquiry on food retailing. The generally existing power balance in the supply chain has to be taken into consideration in the antitrust evaluation of the communication on sales prices in vertical relationships. The German competition legislation has no provision for a per se ban on vertical price fixing. Therefore, assessment on a case-by-case basis is always necessary. Only a differentiated evaluation of the concrete behaviour which is orientated around the practical needs of the market actors is appropriate and can give consideration to consumer interests. However, the so-called “Handreichung” of the German Federal Cartel Office from 13 April 2010 does not meet these requirements in all points. Therefore, it does not provide satisfactory answers to the competition-related questions at hand and should not lead to further uncertainty for market actors.

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I. Einleitung Im Jahr 2011 hat das Bundeskartellamt eine Sektoruntersuchung im Bereich des Lebensmitteleinzelhandels eingeleitet. Dessen Präsident begründete diese Maßnahme mit der Feststellung, der fortschreitende Konsolidierungsprozess im Lebensmitteleinzelhandel habe auch auf den Beschaffungsmärkten zu einer starken Konzentration, insbesondere zugunsten der vier größten Handelsunternehmen, geführt. Diese Behauptung wurde zu Beginn des Jahres 2013 von Andreas Mundt in diversen Interviews wiederholt und das Vorgehen des Amtes damit gerechtfertigt. Damit ist hinreichend klargestellt, dass im Rahmen der Sektoruntersuchung die klassische und seit vielen Jahren kontrovers diskutierte Frage der angeblichen Nachfragemacht des Handels neu beleuchtet werden soll. Im Folgenden werden die Hintergründe und Ziele dieser Sektoruntersuchung bewertet, die Marktverhältnisse im Lebensmitteleinzelhandel erläutert und auf dieser Grundlage ermittelt, welche Risiken und Probleme bei einem Informationsaustausch zwischen den Gliedern der Lebensmittellieferkette bestehen. II. Sektoruntersuchung des Bundeskartellamts im LEH 1. Position und Erwartungen des Einzelhandels Der Einzelhandel begrüßt ausdrücklich das Bestreben des Bundeskartellamts, für mehr Klarheit in Bezug auf die Machtverhältnisse im Lebensmittelhandel zu sorgen. Damit ist nämlich nicht zuletzt die Chance verbunden, die häufig sehr emotional und teilweise wenig fundiert geführte Diskussion über die Marktverhältnisse in der Wertschöpfungskette zu versachlichen. Berechtigte Zweifel bestehen allerdings, ob am Ende dieser Untersuchung überhaupt eine eindeutige und generell zutreffende Antwort stehen kann. Die Erwartungen sollten nicht zu hoch angesetzt werden, denn der Analyse des Bundeskartellamts sind durch die gewählte Methodik natürliche Grenzen gesetzt. Der Präsident des Bundeskartellamts hat selbst bereits darauf hingewiesen, dass seine Behörde natürlich nicht die Möglichkeiten habe, alle rund 50.000 Artikel des Lebensmittelsortiments in die Untersuchung einzubeziehen. Es ist deshalb klar, dass sich das Amt auf eine stichprobenartige Untersuchung beschränken muss. Pauschale und allgemeingültige Antworten zur Frage der Angebots- und Nachfragemacht können aber aufgrund einer solchen stichprobenartigen Untersuchung nach unserer Auffassung nicht erwartet werden. Unabhängig von den Einzelergebnissen, die die Untersuchung in Bezug auf spezielle Warengruppen liefern wird, steht schon heute fest, dass der Wettbewerb im Handel grundsätzlich funktioniert. Ein vielfältiges und flächendeckendes Vertriebsnetz ermöglicht dem Verbraucher einen wohnortnahen Zugang zu den Gütern seines täglichen Bedarfs. Der Konsument kann zwischen verschiedenen Vertriebsformen mit unterschiedlich breitem und tiefem Sortiment wählen, indem er sich für einen

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Einkauf im Discounter, Super- oder Verbrauchermarkt entscheidet. Dabei sind die zur Auswahl stehenden Ladengeschäfte nicht nur im Hinblick auf die Vielfalt, sondern auch rein zahlenmäßig beeindruckend. So ist die Ladendichte in Deutschland mehr als doppelt so hoch wie in Frankreich und in Großbritannien. Die Einzelhandelspreise sind stabil und wirken als Inflationsbremse. Der Einzelhandel leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Verbraucherwohlfahrt. Dabei kann er diese Funktion nur ausfüllen, wenn er seinen Auftrag als Glied der Wertschöpfungskette ernst nimmt und deshalb auch harte Preisverhandlungen mit den Herstellern führt. Solche Praktiken gehören aber zu einem funktionierenden Markt und sind keinesfalls mit wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen verbunden. Es ist deshalb auch völlig verfehlt, die Ursache unlauterer Praktiken der Hersteller bei der Produktkennzeichnung im Preiswettbewerb der Handelsunternehmen zu vermuten. Dieser ist unverzichtbarer Bestandteil einer freien Wirtschaftsordnung, welche immer auch den Verbraucherinteressen dient, soweit gleichzeitig die gesetzlichen Rahmenbedingungen von allen Marktteilnehmern beachtet werden. Deren Einhaltung wird grundsätzlich durch das bestehende Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht garantiert. Die Tatsache, dass es gleichwohl in Einzelfällen zu Verstößen kommt, kann keine Änderung der liberalen Wirtschaftsverfassung rechtfertigen. 2. Marktmachtverhältnisse im Lebensmittelhandel Bei der Diskussion über die Marktverhältnisse in der Lebensmittelkette bleibt häufig die Tatsache unberücksichtigt, dass den Herstellern für den Absatz der Produkte mehr Kanäle zur Verfügung stehen, als sich dies aus einer auf den deutschen Lebensmitteleinzelhandel beschränkten Betrachtung ergibt. Die Hersteller sind keinesfalls die Erfüllungsgehilfen des Handels, sondern selbstständig, eigenverantwortlich und hoch effizient arbeitende Marktteilnehmer, die nicht selten Gewinnmargen in zweistelliger Höhe realisieren können. Auch das Bundeskartellamt scheint aber nicht immer die gesamte Vielfalt der Absatzwege der Hersteller zu berücksichtigen. Dies belegt auch eine genaue Analyse der Fragebögen zur Sektoranalyse, die vom Institut für Handelsforschung vorgenommen wurde (Susanne Eichholz-Klein / Markus Preißner / Hansjürgen Heinick, Sektoruntersuchung LEH des Bundeskartellamts 2011, Köln, 20. 10. 2011). Der Präsident des Bundeskartellamts selbst hat in Bezug auf mögliche Wettbewerbsbeschränkungen im Lebensmitteleinzelhandel auf die zunehmende Konsolidierung der Branche, in der sich große Teile des Umsatzes auf vier Handelsunternehmen konzentriere, verwiesen. Bei dieser Argumentation bleibt aber unberücksichtigt, dass der Absatzmarkt der Hersteller tatsächlich deutlich größer ist und die vier Händler deshalb auch keineswegs 85 Prozent dieses Absatzmarktes beherrschen. Neben den großen Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels stehen den Herstellern nämlich als Absatzkanäle z. B. der Lebensmittelfachhandel, der Großhandel und der vielfach intensiv genutzte Direktvertrieb zur Verfügung. Ein immer wichti-

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gerer Absatzkanal ist daneben der Export. So wurde in einer aktuellen Studie des Markenverbandes festgestellt, dass dieser Vertriebsweg den Hauptwachstumstreiber der Markenwirtschaft darstellt und sich die Auslandsumsätze der Markenartikler im verarbeitenden Gewerbe in den letzten zehn Jahren durchschnittlich um 5,5 Prozent jährlich erhöht haben (Thomas Bauer/Dominik Klepper/Jesko Perrey/Thomas Tochtermann, Die Marke macht’s, Berlin/Düsseldorf 2011, S. 5). Damit wird implizit eingeräumt, dass der Lebensmitteleinzelhandel unabhängig von den bestehenden Konsolidierungstendenzen für die Hersteller lediglich eine relative Bedeutung hat und seine Position als Nachfrager in der öffentlichen Diskussion gemeinhin überschätzt wird. Aber auch wenn der Blick ausschließlich auf die großen nationalen Unternehmen des stationären Lebensmitteleinzelhandels gerichtet wird, ergibt eine genaue Analyse ein deutlich differenzierteres Bild der Wettbewerbsverhältnisse. So haben Lademann und Heinen kürzlich in einer Studie dargelegt, dass die Besonderheiten kooperativ organisierter Handelsorganisationen mit ihren selbstständigen Einzelhändlern häufig unterschätzt werden (Rainer P. Lademann / Carolin Heinen, Die Abgrenzung wettbewerblicher Einheiten als Problem der Marktstrukturbeurteilung im deutschen Lebensmittelhandel, in: WRP 2011, S. 1418 ff.). Wie Lademann und Heinen zeigen, agieren die Selbstständigen in diesen Organisationen nämlich mit großen, in der Öffentlichkeit wenig wahrgenommenen Freiheiten im lokalen Absatzwettbewerb, indem sie z. B. die Sortimente individuell gestalten und alternative Beschaffungsquellen nutzen. Aber auch kapital- oder vertragsseitig verbundene Unternehmen können mit hoher Autonomie ausgestattet sein, sodass sie auf dem Absatzmarkt in der Praxis als Konkurrenten auftreten. Hier werden z. B. Regal- und Aktionspreise von den einzelnen Unternehmen unabhängig voneinander festgelegt und Sortimente nicht abgestimmt. Nicht immer liegt deshalb bei einer kapital- oder vertragsseitigen Verflechtung eine wettbewerbliche Einheit vor. Insgesamt betrachtet ist die „faktische Konzentration“ (Lademann/Heinen) des Lebensmittelmarktes damit deutlich geringer als sich dies aus der reinen Betrachtung der Umsatzzahlen ergibt. 3. Zwischenergebnis Die dargestellten Verhältnisse sind klare Indizien für funktionierende Wettbewerbsverhältnisse im Lebensmitteleinzelhandel. Die Hersteller und Händler stehen sich deshalb grundsätzlich – unbeschadet der existierenden Machtüberhänge zur einen oder anderen Seite in Einzelfällen – auf Augenhöhe bei den Vertragsverhandlungen gegenüber. Es wäre wünschenswert, wenn diese Tatsache auch bei der Formulierung der im Übrigen zwangsläufig selektiven Ergebnisse der Sektoruntersuchung berücksichtigt werden würde.

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III. Informationsaustausch im Lebensmittelhandel Die oben formulierte Feststellung zu den Machtverhältnissen im Lebensmittelhandel ist auch für die Kommunikation über Verkaufspreise von Bedeutung. Dieser Informationsaustausch im vertikalen Verhältnis zwischen Händlern und Herstellern ist infolge der Anfang 2010 aufgenommenen Ermittlungen des Bundeskartellamts gegen Händler und Hersteller besonders in den Fokus geraten. Davon zu differenzieren sind Preisabsprachen zwischen einzelnen Händlern oder zwischen einzelnen Herstellern. Diese sogenannten horizontalen Preisabsprachen sind unstreitig verboten und werden vom Bundeskartellamt streng verfolgt. Auf diese Weise wird ohne jeden Zweifel ein funktionierender Wettbewerb gesichert. Im Verhältnis zwischen den einzelnen Stufen der Wertschöpfungskette ist die Sach- und Rechtslage dagegen deutlich komplexer und erlaubt keine einfachen Antworten. Zwar ist auch in dieser Beziehung die Preisabsprache zwischen Händler und Hersteller richtigerweise grundsätzlich unzulässig. Dies gilt besonders, wenn ein Händler von einem marktmächtigen Hersteller zur Umsetzung und Einhaltung der Preisvorgaben durch Drohungen mit Sanktionen wie Lieferstopps oder -unterbrechungen bzw. Abbruch der Vertragsbeziehungen gezwungen wird und der Hersteller zur praktischen Durchsetzung ggf. auch noch Preisbeobachtungssysteme zum Einsatz bringt. 1. Preisbindungssysteme sind häufig praktisch nicht umsetzbar Bei der im Lebensmitteleinzelhandel grundsätzlich bestehenden Machtbalance zwischen Herstellern und Händlern sind Druck- und Drohmittel aber nur in Einzelfällen praktikabel. So ist eine Durchsetzung der Preisbindung der zweiten Hand nur dann realistisch, wenn der Hersteller über eine besondere Angebotsmacht verfügt. Diesen Gesichtspunkt hat die neuere US-amerikanische Rechtsprechung konsequent aufgegriffen und festgestellt, dass vertikale Preisbindungen materiell-rechtlich nur dann verboten sind, wenn das preisbindende Unternehmen – also z. B. der Hersteller – auf dem betroffenen Markt auch über Marktmacht verfügt (PSKS Inc. vs. Leegin Creative Leather Products Inc., US Court of Appeals for the Fifth Circuit, No. 09 – 40506 vom 17. 08. 2010). Damit berücksichtigt die US-Rechtsprechung die Tatsache, dass es unter diesen Voraussetzungen ohnehin beim Versuch bleiben wird und eine Vollendung der Tat angesichts der tatsächlichen Machtverhältnisse ausgeschlossen ist. Folgt der Händler lediglich freiwillig einer (unverbindlichen) Preisempfehlung des Herstellers, liegt auch nach deutschem Rechtsverständnis schon begrifflich keine Preisbindung vor. 2. Kein per-se-Verbot für vertikale Preisabsprachen Wie auch Vertreter des Bundeskartellamts wiederholt betont haben, können auch in Deutschland Preisabsprachen theoretisch vom Kartellverbot des GWB freigestellt

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werden, wenn sie den Verbrauchern nutzen. Das deutsche und europäische Kartellrecht kennt eben kein per-se-Verbot für vertikale Preisabsprachen. Der Unternehmer ist in diesen Fällen aber gezwungen, eine Selbsteinschätzung in Bezug auf die Freistellungsfähigkeit des geplanten Verhaltens vorzunehmen. Dies ist eine Prüfung, die für den Betroffenen nicht ohne Risiken ist. Weil umfassende Rechtsprechung zu Fragen der Zulässigkeit einer vertikalen Preisinformation in allen denkbaren Facetten und Intensitätsstufen fehlt und die Entscheidungspraxis der Aufsichtsbehörde nicht immer konkret prognostiziert werden kann, bleibt nämlich regelmäßig unklar, ob die Voraussetzungen für die Freistellung im konkreten Einzelfall tatsächlich vorliegen. Schon aus Gründen der Risikoprävention verzichten die Unternehmer daher regelmäßig darauf, die Handlungsspielräume zu nutzen, die ihnen das deutsche Kartellrecht mit guten Gründen einräumt. 3. Handreichung des Bundeskartellamts vom April 2010 Wie weit das deutsche Rechtsverständnis teilweise hinter der moderneren Rechtsprechung der US-Gerichte zurückbleibt, belegt der Inhalt der sogenannten „Handreichung“ des Bundeskartellamts vom April 2010. Danach wurde selbst der Informationsaustausch zwischen Händlern und Herstellern über Preise unter den Generalverdacht unzulässiger Preisabsprachen gestellt, obwohl hier Formen der Kommunikation zwischen den Gliedern der Wertschöpfungskette über die Preisgestaltung vorliegen, die keine verbindliche Festsetzung der Endverbraucherpreise beinhalten. Zwischenzeitlich gibt es deutliche Hinweise, dass das Bundeskartellamt die Effizienzgewinne erkannt hat, die mit dieser Kommunikation verbunden sind. Ein Bestreben, die mit gar zu großem Sicherheitsabstand verfasste Handreichung zu generalisieren, ist nicht zu beobachten. Dies ist sehr zu begrüßen, denn eine wettbewerbsrechtlich unangemessene Beschränkung der Kommunikationsmöglichkeiten in der Lieferkette hätte negative Wirkungen insbesondere für die Verbraucher. Die immer arbeitsteiligere Entwicklung in der Konsumgüterwirtschaft auf und zwischen allen Stufen der Wertschöpfungskette hat nämlich zu einer großen Dynamik im Category Management und in der Konsequenz zu immer differenzierteren Verhandlungsformen zwischen Handel und Industrie geführt. Die damit verbundene Kommunikation, die ganz grundsätzlich zur Effizienzsteigerung und Ertragserzielung in der Wertschöpfungskette erfolgt, würde bei einer zu engen Anwendung der kartellrechtlichen Bestimmungen zweifellos ernsthaften Schaden nehmen. In diesem Zusammenhang muss auch berücksichtigt werden, dass in einer modernen Logistikkette ohne Zwischenlager eine ständige Produktverfügbarkeit nur gewährleistet werden kann, wenn zwischen Händler und Hersteller Informationen über Endverbraucherpreise ausgetauscht werden. Diesen praktischen Gesichtspunkt wird auch das Bundeskartellamt sicherlich bei seiner Arbeit berücksichtigen.

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4. Rechtsauffassung der Europäischen Kommission Auch in den Vertikalleitlinien der Europäischen Kommission deutet sich eine flexible Sichtweise an. Sie räumen sogar ausdrücklich die Möglichkeit ein, im Einzelfall von dem Verbot der Preisbindung abzuweichen und auch Mindestpreisbindungen zuzulassen, wenn dies etwa der Erleichterung des Markteintritts dient. 5. Zwischenergebnis Horizontale Preisabsprachen sind verboten. Vertikale Abstimmungen müssen anhand einer genauen am Einzelfall orientierten Analyse unter Berücksichtigung des Verbrauchernutzens bewertet werden, denn es gibt kein per-se-Verbot der vertikalen Preisfestsetzung. Die Handreichung des Bundeskartellamts konnte auf diese komplexe Problematik keine befriedigende generelle Antwort geben. Sie hat aber wegen ihrer abstrakten Formulierung für unnötige Verunsicherung geführt. Richtigerweise scheint nun allgemein der Blick wieder für eine differenziertere Bewertung der Verhältnisse frei zu werden, der auch den praktischen Bedürfnissen der Marktteilnehmer und den Interessen der Konsumenten gerecht wird. IV. Schlussbemerkung Die Durchsetzung des Kartellrechts darf kein Selbstzweck sein. Die Rechtsanwendung muss daher jederzeit daraufhin überprüft werden, ob ihre Umsetzung zu einer Verbesserung der Konsumentenwohlfahrt führt. Das geltende Recht bietet der Aufsichtsbehörde einen relativ breiten Interpretationsspielraum. Er sollte für eine praxisgerechte Anwendung und Spruchpraxis genutzt werden. Bei der Beurteilung konkreter Verhaltensweisen sollten vom Bundeskartellamt daher die Verhältnisse und Bedürfnisse der modernen und effizienten Wertschöpfungskette berücksichtigt werden. Sie garantiert bisher niedrige Preise, regelmäßige Produktverfügbarkeit und Frische und dient damit nicht zuletzt den Interessen der Konsumenten. Der Handel will seinen Beitrag leisten, damit dies so bleibt. Dafür benötigen die Lebensmitteleinzelhändler aber auch die notwendigen Handlungsspielräume, die das Bundeskartellamt durch eine praxisgerechte Rechtsanwendung im Hinblick auf die Zulässigkeit einer vertikalen Preiskommunikation gewähren muss. Die Handreichung vom April 2010 kann hierzu nicht die richtige Grundlage bilden.

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Wettbewerb und Effizienz im Lebensmitteleinzelhandel Von Olaf Koch Zusammenfassung Als wichtige Schnittstelle zwischen Herstellern und Millionen Verbrauchern in Europa ist der Handel der größte verbraucherbezogene Dienstleistungsmarkt und weltweit einer der bedeutendsten Wirtschaftszweige. Insbesondere in Deutschland zeichnet sich der Handel durch große Vielfalt und Dichte sowie hohe Wettbewerbs- und Preisintensität aus. Um erfolgreich am Markt bestehen zu können und den anspruchsvollen Konsumentenwünschen gerecht zu werden, muss der Handel stets mit hoher Effizienz arbeiten. Dafür werden komplexe Prozesse der Sortimentsgestaltung eingesetzt, bspw. das Category Management. Damit diese Komplexität handhabbar bleibt, ist die vertikale Kooperation entlang der Wertschöpfungskette von hohem Nutzen. Die verschiedenen Instrumente der Sortimentsgestaltung sowie die Kooperation zwischen Industrie und Handel steigern die Effizienz, ohne sich negativ auf den Wettbewerb auszuwirken. Der funktionierende Wettbewerb im Lebensmitteleinzelhandel wird im jüngsten Gutachten der Monopolkommission erneut bestätigt.

Abstract Being an essential link between manufacturers and millions of consumers in Europe, the retail sector is the largest consumer-related service market and one of the world’s most important economic sectors. Especially in Germany, the retail sector is characterized by great diversity and density as well as high competition including in particular price competition. In order to successfully survive in the market and to meet the demand of consumers, retail companies have to ensure high efficiency. For this purpose complex processes in the manufacturing range are used, e. g. category management. In order to manage the complexity, vertical cooperation along the value chain is of great value. The various instruments of the assortment policy as well as the cooperation between industry and trade sector increase efficiency without affecting competition adversely. The functioning competition in the food retail sector is confirmed once again in recent reports by the German Monopoly Commission.

METRO GROUP – Übersicht Die METRO GROUP zählt zu den bedeutendsten internationalen Handelsunternehmen. An über 2.200 Standorten in 32 Ländern beschäftigt das Unternehmen rund 280.000 Mitarbeiter und erwirtschaftete 2012 mehr als 66 Milliarden Euro Gesamtumsatz. Unter dem Dach der METRO GROUP sind vier Vertriebsmarken selbstständig am Markt tätig:

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- METRO Cash & Carry: Einer der führenden Selbstbedienungsgroßhändler mit 743 Standorten in 29 Ländern und 32 Mrd. Euro Umsatz - Real SB-Warenhaus: Einer der führenden SB Warenhausbetreiber in Deutschland, mit 324 Standorten in Deutschland und der Türkei sowie rund 11 Mrd. Euro Umsatz - Media Markt und Saturn: europaweit führende Elektrofachmärkte mit 942 Standorten in 16 Ländern und knapp 21 Mrd. Euro Umsatz - Galeria Kaufhof: einer der führenden europäischen Warenhausbetreiber mit 137 Standorten und 3,1 Mrd. Euro Umsatz Der deutsche Markt ist zwar für die Vertriebslinien der METRO GROUP mit einem Anteil am Gesamtumsatz von knapp 40 % nach wie vor der wichtigste Markt. Im deutschen Lebensmitteleinzelhandel ist die METRO GROUP jedoch vergleichsweise klein. Mit den Real SB Warenhäusern belegt die METRO GROUP mit einem Marktanteil von rund 5 % lediglich mit einem gewissen Abstand zu den vorderen Plätzen den fünften Platz der Lebensmitteleinzelhändler in Deutschland (Lebensmittelzeitung / TradeDimensions, 2011). Die Marktführer in dem Bereich sind die Edeka-Gruppe mit rund 27 % Marktanteil, gefolgt von der REWE-Gruppe (ca. 17 %), der Schwarz-Gruppe (ca. 16 %) und Aldi (ca. 14 %).

I. Lebensmittelhandel im Überblick Als wichtige Schnittstelle zwischen Herstellern und Millionen Verbrauchern in Europa ist der Handel der größte verbraucherbezogene Dienstleistungsmarkt und weltweit einer der bedeutendsten Wirtschaftszweige. In Deutschland macht der Einzelhandel mit einem Umsatz von rund 427 Mrd. Euro ca. 17 % des BIP aus (Lux, 2012, S. 6). Die wirtschaftliche Relevanz des Einzelhandels spiegelt sich auch in den Beschäftigungszahlen wider: Nahezu 3 Mio. Beschäftigte in Deutschland sind im Handelssektor tätig (HDE, 2013, S. 6). Der deutsche Handel im Allgemeinen und der Lebensmittelhandel im Besonderen zeichnen sich durch eine große Vielfalt und Dichte aus (Lux, 2012, S. 6). Wie kaum in einem anderen Land der Welt ist das Angebot in Deutschland differenziert. Die Verkaufsfläche im Einzelhandel liegt bei über 120 Mio. m2, was einer durchschnittlichen Verkaufsfläche von rund 1,5 m2 pro Einwohner entspricht. Die ohnehin hohe Dichte im deutschen Einzelhandel ist in den letzten Jahren stetig gestiegen (Lux, 2012, S. 6). Insbesondere die Dichte an Lebensmittelgeschäften in Deutschland gehört zu der höchsten in Europa. Auch ist die Dichte an Lebensmitteldiscountern lediglich in Dänemark noch höher als in Deutschland (Planet Retail, 2013). Der deutsche Lebensmittelmarkt ist einer der wettbewerbsintensivsten und preissensitivsten der Welt. Der deutsche Verbraucher ist bestens versorgt, der Handel hocheffizient – weil er von hohem Wettbewerb geprägt ist. Das sieht man am besten an dem niedrigen und stabilen Preisniveau: - Deutschland gehört zu den EU-Ländern, in denen die Preise in den vergangenen 10 Jahren am wenigsten gestiegen sind.

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- Im Preisvergleich über 140 internationale Markenartikel weist Deutschland nach Großbritannien (und dies auch nur wegen Währungseffekten) die niedrigsten Preise auf (AC Nielsen, 2009). - Der Anteil der Ausgaben für Lebensmittel (inklusive Alkohol und Tabak) beträgt in Deutschland nur gut 14 % der privaten Konsumausgaben. In allen anderen EULändern – wieder mit Ausnahme von Großbritannien – liegt der Anteil höher (Eurostat, 2012). Der Anteil der Ausgaben für Nahrungs- und Genussmittel sinkt in Deutschland im Verhältnis zu den anderen Konsumausgaben kontinuierlich (Metro Group, 2013a). In den 60er Jahren wurden noch 40 % des Einkommens für Lebensmittel ausgegeben. Vor 50 Jahren musste man dabei beispielsweise für ein halbes Pfund Butter noch knapp 40 Minuten arbeiten, heute sind es nur noch 4 Minuten. Für 10 Eier waren es 1960 noch 51 Minuten, heute sind es gerade mal 8 (Institut der Deutschen Wirtschaft, 2011). - Die verbraucherfreundlichen Preisstrukturen sind die Antwort des Handels auf das starke Preisbewusstsein und die starke Preissensibilität von über 70 % der Kunden (Shopper Spectrum, 2012). Gleichzeitig sorgt der Handel dafür, dass die Kunden ihre günstigen Produkte mit der richtigen Auswahl, in der richtigen Qualität, am richtigen Ort und zur richtigen Zeit erhalten. Dies erfordert komplexe Strukturen und Prozesse, optimiertes Sortimentsmanagement sowie reibungslose Kommunikation und Koordination innerhalb der Wertschöpfungskette. In Untersuchungen des IMD zur Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich wird Deutschland als Land mit der höchsten Effizienz bei der Distribution von Waren und Dienstleistungen – neben Österreich und der Schweiz – bewertet (Institut für Management Development (IMD), 2011). Die Wertschöpfungskette von den Herstellern über den Handel bis zu den Verbrauchern wurde in den vergangenen Jahren beispielhaft optimiert. Experten sprechen von 30 – 35 Mrd. Euro, um die die Verbraucher in Deutschland aufgrund der erzielten Effizienzgewinne jährlich entlastet werden. Durch den hohen Wettbewerb und die steigende Effizienz kam es in den letzten Jahrzehnten auch zu einer starken Auslese, die dazu geführt hat, dass wenige Handelsunternehmen vielen Herstellern gegenüberstehen. Dies liegt schlicht in der Natur der Sache – der Handel fungiert als Transaktionskostenoptimierer gegenüber dem Verbraucher. Um dem Kunden nachhaltig niedrige Preise und beste Qualität bieten zu können, und das jeden Tag flächendeckend in ganz Deutschland, ist viel Logistik und ein dichtes Filialnetz mit entsprechend hoher Kapitalbindung notwendig – hinzu kommen die geringen Margen, die Handelsunternehmen aufweisen. Ohne eine gewisse Umsatzgröße kann ein Handelsunternehmen daher kaum am Markt bestehen. 1950 gab es 500.000 selbstständige Lebensmittelhändler in Deutschland – 2009 waren es noch 70.000 (Statistisches Bundesamt Deutschland, 2009). Aufgrund geänderter Marktbedingungen, fehlender Nachfolgeregelungen und des Erfordernisses der Investition in Frische, Qualität und Ausstattung hat in den letzten Jahrzehnten ein Bereinigungsprozess stattgefunden.

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II. Sortiment und Komplexität Die Sortimentsgestaltung im Lebensmitteleinzelhandel (nachfolgend auch „LEH“ genannt) ist ein genauso komplexer wie entscheidender Prozess, Fehlentscheidungen werden dabei vom Kunden unmittelbar sanktioniert: Der Konsument entscheidet jeden Tag mit seinem Einkaufsverhalten, was in die Regale kommt bzw. was bleibt. Um die Bedürfnisse der Konsumenten zu treffen, werden die Produkte regelmäßig analysiert und ihre Relevanz genau geprüft. Zusätzlich kommen jedes Jahr 120.000 neue Artikel auf den deutschen Markt, von denen nur 5 bis 10 % langfristig am Markt bestehen können (AC Nielsen, 2011). Entsprechend bedeutet das, dass jährlich rund 10.000 neue Produkte dauerhaft ins verfügbare Gesamtsortiment aufgenommen werden und das Sortiment einer Verkaufsstelle entsprechend angepasst werden muss. Für SB Warenhäuser wie Real stellt dies aufgrund der hohen Sortimentsbreite und -tiefe noch einmal vor andere Herausforderungen als Supermärkte oder Discounter. Während Discounter rund 1.000 – 1.500 unterschiedliche Artikel führen, sind es bei Supermärkten um 10.000 unterschiedliche Artikel. Ein Real SB Warenhaus hat dagegen bis zu 80.000 unterschiedliche Artikel im Sortiment. Dies erhöht die Komplexität und die logistischen Ansprüche erheblich. Knapp eine Million Artikel sind im gesamten deutschen Handel verfügbar. Jeder Kunde nimmt zwar nur einen Bruchteil dieses Angebots in Anspruch, aber jeder Kunde einen anderen Teil des Angebots (EHI Retail Institute, 2009; A.T. Kearney, 2011; Interne Kalkulation). Daher zählt es zu den wichtigsten Aufgaben des Handels, die tatsächlichen Bedürfnisse verschiedener Kundengruppen herauszufinden. Dies erfolgt in strukturierten Prozessen des Category Managements mit dem Ziel, Produkte aus Sicht der Kunden sinnhaft zu kombinieren und in sogenannten Kategorien zu bündeln (Metro Group, 2013b, S. 54). Auf diese Weise folgt die Produktanordnung in Märkten der Perspektive der Kunden, was den Kundennutzen erheblich steigert. Seit der Etablierung des Category Managements in den 90er Jahren wurden die entsprechenden Prozesse immer weiter modernisiert und unter Einbeziehung intensiver Kundenforschung weiter optimiert. Erfolgreiches Category Management kann insbesondere in der Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Handel begründet liegen (Barth et al., 2007, S. 187). Auf diese Weise werden die zentralen Informationen des Herstellers zu Produkten und der Händler zum Kaufverhalten im Markt erfolgsbringend kombiniert. Die Kundenstruktur zeichnet sich durch starke Heterogenität aus. Im Marketing und der Kundenforschung werden mehrere Kundentypen identifiziert. Mit seinem Angebot verfolgt der Handel das Ziel, alle Kundengruppen zu erreichen und zufriedenzustellen. Für ein ausdifferenziertes und gleichzeitig wirtschaftlich sinnvolles Angebot gilt grundsätzlich auch die Pareto-Regel: Mit 20 % des Sortiments werden 80 % des Umsatzes erwirtschaftet, allerdings würde der Kunde ohne die weiteren 80 % der Artikel nicht in den Laden kommen (METRO Cash & Carry, 2011). Bei Befragungen geben zwei Drittel der Kunden an, die Einkaufsstätte zu wechseln,

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wenn ein gewünschter Artikel nicht vorhanden ist, mindestens ein Drittel der Kunden gibt sogar an, mit Sicherheit zu wechseln. Insbesondere in solchen Kategorien wie Sekt oder Kaffee sind es über 70 % der Verbraucher, die das entsprechende Verhalten völlig oder teils aufweisen (Kundenumfrage, Institut für Handelsforschung – Köln). Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist die richtige Mischung aus Markenprodukten und Eigenmarken. Insbesondere im LEH erwarten über 80 % der Kunden eine Auswahl günstiger Eigenmarken und teurer Marken (Ipsos Marketing, EigenmarkenMonitor, Institute for Retail Research – Cologne). Die Zahlen belegen ebenfalls, dass 44 % der Konsumenten sich für eine Einkaufsstätte wegen des Eigenmarkensortiments entscheiden. Das Preis-Leistungs-Verhältnis der Eigenmarken wird von rund 90 % der Kunden als Hauptkaufgrund angegeben. Aufgrund dessen wurde die Vielfalt an Eigenmarken in den vergangenen Jahren weiter ausgebaut. Jetzt bieten Vollsortimenter den Verbrauchern Eigenmarken in verschiedenen Warengruppen – von Discount-Level über Bio bis hin zu hochwertigen Eigenmarkenprodukten. In Deutschland liegt der Anteil von Eigenmarken bei circa 1/3, was im Verhältnis zu der Schweiz oder Großbritannien relativ gering ist (Berg et al., 2010, S. 7). Der Ausbau der Eigenmarken wird in den kommenden Jahren konsequenterweise weiter vorangetrieben, um den Kundenbedürfnissen zu entsprechen. Die Komplexität und Volatilität der Sortimentsstrukturen können an folgenden Beispielen verdeutlich werden. Zum Beispiel Bier. Die Vielfalt der Biersorten in Deutschland ist beispiellos. Der deutsche Biermarkt ist mit über 1.300 Brauereien, mehr als 5.000 verschiedenen Sorten und über 12.000 Artikeln der komplexeste der Welt. Im Vergleich dazu verfügt Großbritannien nur über 93, Frankreich über 25, Italien über 18 und die Niederlande lediglich über 11 Brauereien (Ulrich Rust, Bergische Löwen-Brauerei GmbH & Co. KG). Obwohl METRO Cash & Carry zu den differenziertesten Getränkehändlern in Deutschland gehört mit durchschnittlich über 120 Biermarken im Sortiment, können nur 2,5 % des deutschen Bierangebotes geführt werden. Ein anderes Beispiel: Kaffee. Wie kaum ein anderes Produkt erlebte Kaffee in den vergangenen 20 Jahren mehrere grundlegende Veränderungen. Waren im Jahr 1990 noch ca. 15 SKUs (Stock Keeping Units) in Supermärkten vorhanden, stieg ihre Zahl im Jahr 2012 auf durchschnittlich 100. Vom Filterkaffee entwickelte sich das Kaffeesortiment zur Lifestyle-Kategorie mit diversen Variationen von Espresso bis Latte Macchiato. Große Vielfalt zeichnet auch solche Grundnahrungsmittel aus wie die Milch. In einem durchschnittlichen Real Markt in Deutschland sind beispielsweise 100 unterschiedliche Artikel nur für Milch aufgeführt, die eine große Vielfalt an Produkt- und Preiseigenschaften aufweisen: Von der Bio-Ziegenmilch mit 3,6 % Fettanteil zur fettarmen H-Milch der Eigenmarke. Hier spielen auch Innovationen und veränderte Kundenbedürfnisse eine große Rolle, wie die gestiegene Nachfrage nach laktosefreien Produkten und die entsprechende Einführung diverser laktosefreier Erzeugnisse zeigt.

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III. Koordinationsbedarf zwischen Handel und Industrie Wie bereits am Beispiel Category Management angeführt, besteht Koordinationsbedarf zwischen Handel und Industrie. Händler müssen sich mit tausenden Produkten in nur einer Kategorie auseinandersetzen, während sich ein Hersteller auf wenige Produkte fokussiert. Damit diese komplexen Entscheidungsprozesse handhabbar bleiben, ist es für die Händler wichtig auch auf die Expertise und das tiefer gehende Verständnis von Herstellern über ihre Produkte und spezifische Zielgruppen zurückgreifen zu können. Als Voraussetzung für Effizienz ist die vertikale Kooperation entlang der Wertschöpfungskette unentbehrlich. Der so genannte Efficient Consumer Response (ECR) stellt ein strategisches Konzept zur effizienten Reaktion auf die Kundennachfrage dar. Dieses Konzept fasst verschiedene Managementmethoden zusammen, die darauf abzielen, „die Versorgungsketten effizient und an den Bedürfnissen der Verbraucher orientiert zu gestalten“ (Gabler Wirtschaftslexikon 2013). Dafür werden der Warennachschub und die Sortimentgestaltung nachfragegesteuert bzw. kundenorientiert organisiert sowie die Promotion und Neuproduktentwicklung und -einführung konsumentengerichtet gestaltet. Am Beispiel der unverbindlichen Preisempfehlung (UVP) wird deutlich, wie der Hersteller sein Wissen über die Wettbewerbsfähigkeit seines Produktes an den Händler kommunizieren kann. Für Hersteller dient die UVP außerdem als Mittel zur Markenpositionierung. Im Handel stellt die UVP einen von einer Vielzahl von Informationspunkten dar, die der Preissetzung zugrunde liegen (METRO-Handelslexikon 2012/2013). Einkaufsgespräche zwischen einem Händler und einem Hersteller fokussieren naturgemäß auf den Einkaufspreis und die Einkaufskonditionen. Ein Händler kann den Einkaufspreis aber nicht für sich genommen betrachten, sondern muss sich die Profitabilität eines Produktes gesamthaft anschauen, die maßgeblich davon abhängt, welchen Verkaufspreis der Händler in seiner Entscheidungshoheit setzen will. Gleichzeitig unterhält der Hersteller seinerseits eine direkte Kommunikation mit dem Verbraucher – etwa über Sprungwerbung – und positioniert seine Marke und sein Produkt beim Verbraucher nicht nur beispielsweise in Sachen Qualitätsversprechen, sondern auch bezüglich der Wertigkeit. Damit positioniert der Hersteller seine Marke und sein Produkt letztlich auch preislich beim Verbraucher. Aufgrund dieser Komplexität und Interdependenz der Wertschöpfungskette ist es kaum möglich, die Verkaufspreisentscheidungen des Händlers komplett aus Einkaufsgesprächen herauszuhalten. Diese Interdependenz in der Wertschöpfungskette und die Distribution von Marken und Artikeln durch den Händler, die vom Hersteller bereits dem Verbraucher „vorverkauft“ wurden, ziehen dabei unter Effizienz- und Konsumentenwohlfahrtsgesichtspunkten notwendig eine Risikoteilung für Marktentwicklungen nach sich, für die verschiedene Ausgleichsformen entwickelt wurden. Zugangsentgelte zum Regal – wie etwa Listungsgebühren – sorgen dafür, dass der Handel das Risiko nicht allein tragen muss, dass Produkte vom Kunden nicht (mehr) angenommen werden, etwa

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weil das Qualitätsversprechen der Marke nicht das hält, was den Einkaufsverhandlungen von Händler und Herstellern zugrunde lag. Das Instrument der Regalflächennutzungsgebühren baut ebenfalls Risiken und Eintrittsbarrieren ab, denn die Entrichtung der Gebühr ist ein Beleg für das notwendige Vertrauen des Herstellers in den Erfolg seines Produktes. Auch so genannte Margengarantien halten Eintrittsbarrieren für neue Produkte gering. Die genannten Instrumente zeigen einige Beispiele der notwendigen Kooperation und Risikoteilung entlang der Wertschöpfungskette auf. Global betrachtet ist solch ein Koordinationsbedarf nur logisch, da sowohl der Handel als auch die Industrie den Konsumenten im Fokus ihrer Tätigkeit haben und mit dem Ziel agieren, den Bedürfnissen der Kunden gerecht zu werden und den Verbrauchernutzen zu maximieren. Eine Einschränkung der Instrumente wäre mit negativen gesamtwirtschaftlichen Folgen verbunden und würde letztendlich die Konsumenten treffen. IV. Marktabgrenzung und relevanter Markt Den funktionierenden Wettbewerb im Lebensmitteleinzelhandel bestätigt auch das jüngste Gutachten der Monopolkommission, das „kein spürbares Nachlassen der Wettbewerbsintensität auf der Handelsstufe des Lebensmitteleinzelhandels“ feststellen kann (Monopolkommission, 2012). Dabei weist das Gutachten auch auf das günstige Preisniveau, die kaum vorhandenen Preisssetzungsspielräume aufgrund des intensiven Wettbewerbs sowie die – nach Österreich – höchste Ladendichte in der EU hin. Ein Grund dafür, dass aus Sicht der Monopolkommission das Bundeskartellamt die Konzentration im deutschen Lebensmitteleinzelhandel überschätzt, sieht die Kommission darin, dass bei der Analyse nicht die Umsätze aller im LEH tätigen Formate mit einbezogen werden. Und in der Tat lässt das Bundeskartellamt in ihren Untersuchungen beispielsweise die Umsätze des Fachhandels und des Nahrungsmittelhandwerks unberücksichtigt. Auch die Umsätze von Drogeriemärkten werden nicht als Teil des relevanten Marktes angesehen. Die Ausblendung einzelner Marktteilnehmer birgt die Gefahr, die Größe des relevanten Marktes zu überschätzen, und dadurch die Konzentration und die Marktanteile der Unternehmen zu überschätzen. Ist diese enge Marktabgrenzung im Lebensmitteleinzelhandel bereits problematisch, geht die jüngste Tendenz beim Bundeskartellamt im Lebensmittelgroßhandel sogar noch weiter. Im Fallbericht zur Übernahme von Ratio SB Warenhäusern und Cash & Carry-Märkten durch die Edeka-Gruppe tendiert das Amt im Großhandel dazu, mit dem Cash & Carry-Format ein einzelnes Format als eigenständigen Markt anzusehen: „Im Bereich des Lebensmittelgroßhandels haben die Ermittlungen ergeben, dass ein eigenständiger Markt für den über Cash & Carry-Geschäfte betriebenen Abholgroßhandel mit Le-

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Eine solche enge Abgrenzung blendet die Marktrealitäten aus. Der intensive Wettbewerb zwischen verschiedenen Formaten des Lebensmittelgroßhandels und die Marktdynamik bleiben unberücksichtigt. Dies wird allein dadurch offensichtlich, dass das Cash & Carry-Format insgesamt in keiner der für das Format prägenden Kundengruppen – Hotels, Restaurants, Caterer, kleine Händler, sowie Kleingewerbetreibende – einen Marktanteil oberhalb von 30 Prozent erreicht. Hierbei steht das Cash & Carry-Format im intensiven Wettbewerb mit anderen Großhandelsformaten – insbesondere dem Belieferungs- und dem Fachgroßhandel. Für eine tiefer gehende Analyse des relevanten Marktes aus empirischer Sicht sei hier auf den Beitrag von Herrn Prof. Schröder in diesem Sammelband verwiesen. V. Fazit Der Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland ist gekennzeichnet durch eine hohe Wettbewerbsintensität, niedrige Preise und hohe Produktvielfalt. Dies zeigt sich gerade auch im internationalen Vergleich. Sortimentsvielfalt und unterschiedliche Kundenbedürfnisse ziehen einen hohen Koordinationsbedarf zwischen Händlern und Herstellern nach sich, um eine effiziente Warendistribution zu gewährleisten. Zur Komplexitätsbewältigung und effizienten Warendistribution wurden von Herstellern und Händlern bspw. unter den Stichworten Category Management oder Efficient Consumer Response verschiedene Instrumente entwickelt. Im Rahmen der Markendistribution durch den Handel sind wiederum Formen der Risikoteilung sowie das Instrument der unverbindlichen Preisempfehlung wichtig. Beschränkungen würden hier gesamtwirtschaftlich kontraproduktiv wirken. Der hohen Wettbewerbsintensität stehen die Bedenken des Bundeskartellamts einer zu hohen Marktkonzentration in Deutschland gegenüber. Hierbei führt allerdings vor allem die enge Marktabgrenzung des Bundeskartellamts zu einer Überschätzung der Marktkonzentration. Von der engen Marktabgrenzung ist dabei nicht nur der Lebensmitteleinzelhandel betroffen, sondern auch und im verstärkten Maße – mit der Abgrenzung des Cash & Carry-Segments als einen eigenständigen Markt – der Lebensmittelgroßhandel. Literatur A.T. Kearney (2011): The Global Retail Development Index. Lessons learned from a decade of retail expansion. Online verfügbar unter http://www.atkearney.de/content/veroeffentlichun gen/whitepaper_detail.php/id/51384/practice/retail. AC Nielsen (2009): Warenkorb über 100 internationaler Markenartikel (FMCG). Barth, Klaus / Hartmann, Michaela / Schröder, Hendrik (2007): Betriebswirtschaftslehre des Handels. 6. Aufl.: Gabler Verlag.

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Berg, Natalie / Queck, Matthias (2010): Private Label: The brands of the future. Hg. v. Planet Retail. Planet Retail. Bundeskartellamt (2011): Marktabgrenzung Lebensmittelgroßhandelsmarkt. Fallbericht. Hg. v. Bundeskartellamt. Online verfügbar unter http://www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/ download/pdf/Fusion/Fusion11/Fallberichte/B02 – 125 – 10_Gesamtvorhaben_Kurzversion _endg.pdf. EHI Retail Institute (2009): Shopping-Center. Fakten, Hintergründe und Perspektiven in Deutschland. Hg. v. EHI Retail Institute. Eurostat (2012): Europa in Zahlen – Eurostat Jahrbuch 2012. Online verfügbar unter http://eu ropa.eu/rapid/press-release_STAT-12 – 70_de.htm. Gabler Wirtschaftslexikon (2013): Efficient Consumer Response (ECR). Hg. v. Gabler Wirtschaftslexikon. Gabler Wirtschaftslexikon. Online verfügbar unter http://wirtschaftslexi kon.gabler.de/Definition/efficient-consumer-response-ecr.html. HDE (2013): Umsatzentwicklung im Einzelhandel. Online verfügbar unter http://www.einzelhandel.de/index.php?option=com_k2&view=item&id=110189. IMD-Institute for Management Development (2011): Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich. Lausanne. Lebensmittelzeitung / TradeDimensions (2012): Top 30 LEH Deutschland 2011. Online verfügbar unter http://www.lebensmittelzeitung.net/business/daten-fakten/rankings/Top-30-LEHDeutschland-2011_165.html. Lux, Wolfgang (2012): Innovationen im Handel. Verpassen wir die Megatrends der Zukunft? Berlin/Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg (SpringerLink: Bücher). METRO GROUP (Hg.) (2013): METRO Handelslexikon 2012 / 2013. Düsseldorf: Metro Group. Monopolkommission (2012): Stärkung des Wettbewerbs bei Handel und Dienstleistungen, hg. v. Monopolkommission. Monopolkommission. Online verfügbar unter http://www.monopol kommission.de/aktuell_hg19.html. Statistisches Bundesamt (2013): Unternehmen, Beschäftigte, Umsatz und weitere betriebs- und volkswirtschaftliche Kennzahlen im Handel. Online verfügbar unter https://www-genesis.de statis.de/genesis/online;jsessionid=7C48B421CFBAA363844C27AA243715E4.tomcat_ GO_1_1?operation=previous&levelindex=2&levelid=1368739562722&step=2.

Datenbanken und Anbieter AC Nielsen. Institut für Handelsforschung Köln. Ipsos Marketing: Eigenmarken-Monitor. Planet Retail. Shopper Spectrum (Nielsen, Europanel, IRI).

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Zur Abgrenzung von Märkten im Lebensmittelhandel Empirische Ergebnisse aus Haushaltspanels und Befragungen1 Von Hendrik Schröder Zusammenfassung Die Abgrenzung von Märkten ist aus der betriebswirtschaftlichen Perspektive ebenso relevant wie aus der volkswirtschaftlichen und der wettbewerbsrechtlichen: Es geht um die Analyse des Marktpotenzials, die Untersuchung von Wettbewerbsbeziehungen und die Verhinderung von Wettbewerbsbeschränkungen. Was aber ist der Markt? Für den Fall eines einzigen Produktes mag es noch relativ einfach sein, Anbieter und Nachfrager dieses Gutes zu identifizieren. Ungleich schwieriger ist es, wenn es um das Angebot und die Nachfrage von Produktbündeln geht, wie sie typisch für den Handel mit Lebensmitteln sind. Denn der Handel mit Lebensmitteln tritt mit zahlreichen Betriebsformen und mit einer großen Anzahl an Artikeln in Erscheinung. Geht man nun den Weg, die Merkmale von Betriebsformen sowie die Antworten von Anbietern heranzuziehen, um Aussagen über die Substitutionsbeziehungen der Handelsbetriebe zu gewinnen, so kann diese Vorgehensweise das Nachfrageverhalten nicht hinreichend abbilden. Die Ergebnisse können dann zu Fehlschlüssen darüber führen, welche Anbieter tatsächlich in welchem Umfang im Wettbewerb stehen. Daher empfiehlt es sich, empirische Untersuchungen über das Verhalten der Nachfrager durchzuführen. Zwei Quellen, mit denen dies möglich ist, sind Haushaltspanels und Kundenbefragungen. Im Einzelhandel mit Lebensmitteln liegen Daten aus Haushaltspanels vor, mit denen dieser Beitrag zwei Positionen des Bundeskartellamts zur Abgrenzung des relevanten Marktes bei Drogeriewaren und bei Getränken untersucht. Im Großhandel mit Lebensmitteln liegen vergleichbare Daten nicht vor. Hier kann auf Kundenbefragungen zurückgegriffen werden. Dieser Beitrag überprüft mit den Antworten aus einer Kundenbefragung die Position, ob Cash & CarryMärkte einen eigenständigen relevanten Markt bilden. Im Ergebnis kommen die empirischen Untersuchungen zu anderen Schlüssen, als wenn man sich auf die Begriffsdefinitionen von Betriebsformen oder die Befragung von Anbietern oder weniger Kunden beschränkt.

1 Dieser Beitrag basiert auf Auszügen von Schröder (2012a, b, c) sowie Schröder / Mennenöh (2013). Zudem berücksichtigt er aktuelle Entwicklungen im Fall Booker/Makro.

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Abstract Defining separate markets is as relevant from a business perspective as it is from an economic and competitive one, as it is a matter of analyzing market potential, examining competitive relationships, and preventing restrictions on competition. But what is the market? Where a single product is concerned, identifying the supply and demand for that good may still be relatively simple. It is much more difficult when it comes to the supply and demand for product bundles, which are typical of the food trade, since the food trade involves many retail and wholesale formats and a large number of articles. Drawing on the features of the different retail and wholesale formats and on supplier responses in order to arrive at statements on substitution relationships in the food trade fails to adequately reflect behaviour on the demand side. The resulting findings may then lead to incorrect conclusions as to which suppliers are actually in competition and to what extent. Empirical investigation of demand behaviour is therefore recommended. Two sources with which this is possible are household panels and customer surveys. In food retail, data supplied by household panels are used by this paper to examine two positions taken by the Federal Cartel Office in defining the relevant market among (non-pharmaceutical) drugstore articles and among drinks. Comparable data do not exist for food wholesale, where customer surveys can be drawn on for reference. Based on responses from a customer survey, this paper considers the question of whether cash & carry stores form a separate market. The results show that the conclusions arrived at by empirical investigation differ from those restricted to the definitions of retail and wholesale formats, supplier surveys, or fewer customers alone.

I. Aktuelle Positionen zur Abgrenzung sachlich relevanter Märkte im Lebensmittelhandel Nach ständiger Rechtsprechung und Verwaltungspraxis erfolgt die Abgrenzung von Angebotsmärkten nach dem Bedarfsmarktkonzept und damit nach der funktionellen Austauschbarkeit aus der Sicht des Abnehmers (Langen / Bunte, 2011, § 19, Rn. 21). Gemeint sind nicht funktionsgleiche Güter, sondern Güter, die um den gleichen gesellschaftlichen Bedarf konkurrieren (Schengber, 1996, S. 118). Dadurch wird das Problem der Marktabgrenzung auf die Abgrenzung der Bedarfsgüter verschoben (Nicolini, 1978, S. 84). Austauschbarkeit meint die Möglichkeit der Abnehmer, den Anbietern in zumutbarer Form ausweichen zu können (Ahlert, 1987). Im Bereich des Einzelhandels geht das Bundeskartellamt bei der Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes von Sortimentsmärkten aus. Diese Sichtweise hat die Rechtsprechung wiederholt bestätigt.2 Im Einzelhandel, insbesondere mit Lebensmitteln, könne nicht auf eine unübersehbare Zahl von Märkten für einzelne Warenarten abgestellt werden, wenn sich die Erwartung des durchschnittlichen Verbrauchers darauf richte, in einer Verkaufsstätte verschiedene Waren aus einem Sortiment auswählen, vergleichen und erwerben zu können. Das Bundeskartellamt geht daher 2 So vor allem BGH, Urt. v. 11. 3. 1986, WuW/E, 2231, 2234 – Metro/Kaufhof; BGH, Urt. v. 28. 04. 1992, WuW/E-R, 2771, 2773 – Kaufhof/Saturn; BGH, Urt. v. 16. 1. 2008, WuW/E DE-R, 2327, 2336 – Kreiskrankenhaus Bad Neustadt.

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Zur Abgrenzung von Märkten im Lebensmittelhandel

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von einem fiktiven Güterbündel aus, das etliche Warengruppen, eben das Sortiment, umfasst und das die Kunden bei einem Einkauf erwerben wollen. Es unterstellt die Dominanz des „One-Stop-Shopping“-Bedürfnisses (Bundeskartellamt, 2010, S. 45). So wurde bereits im Fall Tengelmann/Gottlieb mit Verweis auf den Beschluss des Kammergerichtes 1985 im Fall Coop Schleswig Holstein/Deutscher Supermarkt argumentiert: „Der Sortimentshandel bietet dem Kunden eine bequeme und rationelle Einkaufsmöglichkeit“ nach dem Motto „Alles unter einem Dach“. (Bundeskartellamt, 1990, S. 428). Der relevante Markt grenze sich nach den Erwartungen der Kunden ab, die sie an das Sortiment der jeweiligen Geschäfte haben. Mit dieser Sichtweise kommt das Bundeskartellamt bei Drogerieartikeln zu der Position, dass die Vertriebsform der Drogeriemärkte nicht zum sachlich relevanten Markt des Lebensmitteleinzelhandels zähle. Unter Lebensmitteleinzelhandel (LEH) fasst das Kartellamt die Vertriebsformen Supermärkte, Verbrauchermärkte, SB-Warenhäuser und Discounter zusammen. Bei Drogerieartikeln wären somit der LEH und die Drogeriemärkte zwei getrennte Märkte: Eine Gruppe der Nachfrager würde ihren Bedarf an Drogerieartikeln überwiegend in Drogeriemärkten decken, eine andere Gruppe zusammen mit Nahrungs- und Genussmitteln überwiegend in Supermärkten, Verbrauchermärkten, SB-Warenhäusern und Discountern. Die Begründung lautet wie folgt: „Drogeriemärkte bieten zwar ein Sortiment an, das teilweise dem vom Verbraucher im LEH erwarteten Sortiment entspricht, namentlich die vom LEH-Sortiment ebenfalls umfassten Drogeriewaren […]. Auch wenn von den Drogeriemärkten für diese Teilsortimente des LEH ein gewisser Wettbewerbsdruck ausgeht, so stehen die Drogeriemärkte an sich nicht im Wettbewerb zum LEH, der ein sehr viel größeres Sortiment anbietet. Die von den Drogeriemärkten angebotenen Waren decken nur einen nicht erheblichen Teilbereich des LEH-Sortiments ab, das nicht den Schwerpunkt des LEH-Sortiments bildet. Demgegenüber haben die Drogeriemärkte die Kernsortimente des LEH nicht im Angebot. […] Der von den Drogerien ausgehende Wettbewerb um Produktqualität, Sortiment und Preis richtet sich nicht in erster Linie gegen den LEH, sondern gegen die anderen Drogeriemärkte. Die Drogerien sind demgegenüber nicht darauf ausgerichtet, ihr Sortiment entsprechend dem des LEH auszuweiten, um in die LEH-Märkte einzudringen.“ (Bundeskartellamt, 2008, S. 29). Bei Getränken vertritt das Bundeskartellamt (2010, S. 46) die Position, dass der LEH und die Getränkeabholmärkte zu einem sachlich relevanten Markt gehören. Danach gebe es überwiegend Nachfrager, die ihren Bedarf an Getränken sowohl in Getränkeabholmärkten als auch im LEH decken. Die Begründung lautet wie folgt: „Der sachlich relevante Markt umfasst zudem alle Vertriebsschienen des Lebensmitteleinzelhandels und der Getränkeabholmärkte, nicht jedoch den Vertrieb über Kioske, Tankstellen oder die Gastronomie. […] Die ganz überwiegende Mehrheit der Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels hält die Annahme eines Sortimentsmarktes für sachgerecht, die Mehrheit der Betreiber von Getränkeabholmärkten hat sich dagegen für die Annahme getrennter Märkte für einzelne oder mehrere Produktgruppen oder für die Annahme jeweils eigenständiger Märkte für Einweg- und Mehrweg-

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gebinde aller Produktgruppen ausgesprochen. Die Beschlussabteilung hält die Gründe, die nach Ansicht der Mehrzahl der befragten Getränkeabholmärkte für ein Zugrundelegen eigenständiger Märkte für eine oder mehrere Produktgruppen sprechen, nicht für völlig unbegründet […]. Sie hält sie jedoch nicht für ausreichend, um die Annahme eigenständiger sachlich relevanter Märkte zu rechtfertigen.“ (Bundeskartellamt, 2010, S. 43 f.). Und: „Aus den Ermittlungen […], lässt sich entnehmen, dass die Mehrheit der befragten Unternehmen zwar einräumt, dass die Sortimentsbreite und -tiefe bei unterschiedlichen Vertriebsschienen unterschiedlich ausgeprägt sind. Andererseits weisen diese Unternehmen übereinstimmend darauf hin, dass alle Vertriebsschienen (und damit auch alle Vertriebsschienen des Lebensmitteleinzelhandels) als Komplettanbieter auftreten, weil dies von den Kunden, also dem Nachfrager, erwartet wird. Die befragten Wettbewerber weisen dabei auch darauf hin, dass es in allen Vertriebsschienen Unternehmen gibt, die mit einem unterschiedlich breiten und tiefen Produktsortiment agieren, dennoch aber im Wettbewerb mit den anderen Unternehmen ihrer Vertriebsschiene und der anderen Vertriebsschienen stehen.“ (Bundeskartellamt, 2010, S. 51). Im Bereich des Großhandels mit Lebensmitteln geht das Bundeskartellamt ähnlich vor. Für die Vertriebsformen Cash & Carry-Geschäfte sowie Zustellgroßhandel grenzt das Bundeskartellamt (2011, S. 2) den sachlichen Markt wie folgt ab: „Im Bereich des Lebensmittelgroßhandels haben die Ermittlungen ergeben, dass ein eigenständiger Markt für den über Cash & Carry-Geschäfte betriebenen Abholgroßhandel mit Lebensmitteln zu definieren ist, der vom Großverbraucher-Zustelldienst abzugrenzen ist. Dies ergibt sich aus dem Nachfrageverhalten der Kunden ebenso wie aus dem jeweiligen Warensortiment der Anbieter dieser beiden Vertriebsschienen und der jeweiligen unternehmensstrategischen Ausrichtung. Für die das Geschäft der Cash & Carry-Märkte prägenden Kundengruppen stellt der Großverbraucher-Zustelldienst keine gleichwertige und wirtschaftlich sinnvolle Bezugsalternative dar.“ Augenfällig ist die Abgrenzung nach ausgeübten Handelsfunktionen. Das Bundeskartellamt geht davon aus, dass sich die beiden Handelsformate nach der Erfüllung bestimmter Handelsfunktionen abgrenzen lassen: Abholung hier, Lieferung dort. Entsprechend gebe es Kunden, die hauptsächlich die Ware abholen, und solche, die sich hauptsächlich die Ware liefern lassen. Zudem geht man in räumlicher Hinsicht davon aus, dass „die Märkte des Abholgroßhandels mit einem Radius von 30 km um den jeweiligen Standort abzugrenzen sind.“ (Deutscher Bundestag, 2011, S. 71). Die Argumentation zur Abgrenzung des Abholgroßhandels von anderen Formen des Großhandels mit Lebensmitteln liegt auf der Linie der Position der Europäischen Kommission aus dem Jahr 1997, als die Übernahme von Tuko durch Kesko, beides sind finnische Handelsunternehmungen, zu entscheiden war: „The Commission‘s investigation has shown that in the Finnish market there are significant differences in ,classic wholesale‘ sales, and cash-and-carry sales.“ (Commission of the European Communities, 1997, Rn. 24). Auch hier kann man erkennen, dass die Abgrenzung an Begriffsdefinitionen, nicht aber am tatsächlichen Verhalten der Kunden und

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damit nicht an empirischen Sachverhalten festgemacht wird: „As the term implies, cash and carry, as a means of wholesaling, is different from ,classic wholesaling‘, in that customers provide the transport themselves and pay for the goods in cash rather than on credit“ (ebenda, Rn. 26). Das Verhalten der Kunden wird vielmehr aus den in den Begriffsdefinitionen enthaltenen Handelsfunktionen abgeleitet: „The majority of these customers are small and medium-sized companies, which are, for the reasons mentioned in paragraph 26, largely unable to switch to ,classic wholesaling‘.“(ebenda, Rn. 28). In allen drei Fällen – Einzelhandel mit Drogerieartikeln, Einzelhandel mit Getränken und Großhandel mit Lebensmitteln – ist nicht erkennbar, dass die Positionen auf belastbaren empirischen Untersuchungen basieren. Soweit in diesen Fällen empirische Erhebungen zum Einzelhandel durchgeführt wurden, betreffen sie einen kleinen Ausschnitt gewerblicher Marktteilnehmer wie im Fall Edeka/trinkgut (Bundeskartellamt, 2010, S. 27 f., 43). Untersuchungen zum Verhalten der Endkunden des Einzelhandels sind nicht bekannt. Überwiegend beruhen die Annahmen über das Verhalten der Nachfrager in allen Fällen auf Begriffsdefinitionen, mit denen die Realphänomene des institutionellen Handels erfasst (modelliert) werden. Die Resultate, wie die Erscheinungsformen systematisiert werden, werden als Betriebstypen, Betriebsformen, Handelsformate, Geschäftstypen, Vertriebsformen und Vertriebslinien bezeichnet. Teilweise werden diese Begriffe synonym verwendet, teilweise unterschiedlich (Schröder, 2012a, S. 820 f., Schröder, 2012b, S. 643). Aus diesen Positionen und aus der Wahrnehmung, dass sie nur schwach oder gar nicht empirisch gestützt sind, ergeben sich drei Untersuchungsfragen, die im Folgenden beantwortet werden: - Gehören Drogeriemärkte tatsächlich nicht zum sachlich relevanten Markt des LEH? - Gehören Getränkeabholmärkte tatsächlich zum sachlich relevanten Markt des LEH? - Sind Cash & Carry-Geschäfte tatsächlich ein eigenständiger Markt im Großhandel für Lebensmittel? II. Die Methodik 1. Die Untersuchungshypothesen Die Positionen des Bundeskartellamtes zum Einzelhandel mit Drogeriewaren und Getränken sowie zum Großhandel (GH) mit Lebensmitteln (LM) lassen sich als Nullhypothesen formulieren, denen wir entsprechende Alternativhypothesen gegenüberstellen. H0-Drogerie: Drogeriemärkte zählen nicht zum sachlich relevanten Markt des Lebensmitteleinzelhandels (LEH). Die Käufer decken ihren Bedarf an Drogeriewaren ausschließlich oder überwiegend entweder in Drogeriemärkten oder im LEH.

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HA-Drogerie: Drogeriemärkte zählen zum sachlich relevanten Markt des LEH. Die Käufer decken nicht unwesentliche Teile ihres Bedarfs an Drogeriewaren sowohl in Drogeriemärkten als auch im LEH. H0-Getränke: Getränkeabholmärkte zählen zum sachlich relevanten Markt des LEH. Die Käufer decken nicht unwesentliche Teile ihres Bedarfs an Getränken sowohl in Getränkeabholmärkten als auch im LEH. HA-Getränke: Getränkeabholmärkte zählen nicht zum sachlich relevanten Markt des LEH. Die Käufer decken ihren Bedarf an Getränken ausschließlich oder überwiegend entweder in Getränkeabholmärkten oder im LEH. H0-GH-LM: Die Gruppe der Cash & Carry-Geschäfte bildet einen eigenständigen, relevanten Markt (Beschaffungsmarkt) im Großhandel mit Lebensmitteln. HA-GH-LM: Mehrere Gruppen von Anbietern bilden einen eigenständigen, relevanten Markt (Beschaffungsmarkt) im Großhandel mit Lebensmitteln; Cash & CarryGeschäfte sind eine Gruppe von ihnen. 2. Die Datenerhebung und die Stichproben a) Die Untersuchung der Einzelhandelskunden Um diese Hypothesen zu prüfen, verwenden wir zwei Datenbasen. Das Verhalten der Nachfrager des Einzelhandels untersuchen wir mit Rohdaten eines Haushaltspanels. Die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) hat uns Rohdaten aus dem Haushaltspanel GfK-ConsumerScan der Jahre 2003 und 2004 mit 17.000 Haushalten zur Verfügung gestellt (Rödl, 2010, S. 130 ff.). Es werden rund 7,5 Mio. Einkäufe (Bons) mit über 46 Mio. Bonpositionen aus 50 Vertriebslinien mit 12 Betriebstypen analysiert, darunter SB-Warenhäuser, Verbrauchermärkte, Supermärkte, Discounter, Drogeriemärkte und Getränkeabholmärkte. Die Basis für die Auswertungen ist die durchlaufende Masse. Das sind alle Haushalte, die in dem gewählten Betrachtungszeitraum durchgehend an die GfK berichtet haben, und schließt jene Haushalte aus, die irgendwann in dem Betrachtungszeitraum angefangen oder aufgehört haben, ihre Einkäufe zu erfassen und zu berichten. Die an dem Panel teilnehmenden Haushalte erfassen ihre Lebensmitteleinkäufe und berichten diese an die GfK, im Idealfall lückenlos. So liegen Daten darüber vor, welcher Haushalt welche Produkte und Marken in welcher Menge zu welchem Preis in welchen Geschäften und Betriebstypen gekauft hat. Das Nachfrageverhalten lässt sich somit über die einzelnen Haushalte ermitteln und aggregieren. Für die Beantwortung der Frage, wie Haushalte ihre Ausgaben für bestimmte Warengruppen auf bestimmte Händler und Betriebstypen verteilen, werden folgende Kennzahlen verwendet. Die Käuferreichweite (KRW) gibt an, wie viele der Panelteilnehmer zumindest einmal im Erhebungszeitraum die betreffende Warengruppe bei einem bestimmten Händler und bei einem bestimmten Betriebstyp eingekauft

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haben. Beispiel: Wie viele Haushalte haben zumindest einmal Drogerieartikel im Discounter gekauft? Die Kombinationsanalyse untersucht, wie viele der Teilnehmer zusätzlich auch in einem bestimmten anderen Betriebstyp eingekauft haben (Günther / Vossebein / Wildner, 2006, S. 311). Beispiel: Wie viele Haushalte kauften Drogerieartikel bei Discountern und Drogeriemärkten ein? Das Ergebnis, die gemeinsame Käuferreichweite, ist ein Indikator für die Konkurrenzbeziehung (Bauer, 1986, S. 138). Die exklusive Käuferreichweite gibt an, wie viele Haushalte ausschließlich die Warengruppe in dem untersuchten Betriebstyp kauften. Hohe Werte sind ein Indikator für geringe Konkurrenz. Die Käuferreichweite lässt sich demnach zerlegen in die exklusive Käuferreichweite, die gemeinsame Käuferreichweite mit einem oder mehreren anderen Betriebstypen und die restliche Käuferreichweite. Letztere ist die Reichweitenüberschneidung mit anderen Betriebstypen, die jedoch nicht untersucht werden. Ein fiktives Beispiel für die Reichweitenzerlegung: 80 % der Haushalte kaufen mindestens einmal in einem Discounter, 70 % der Haushalte mindestens einmal in einem Drogeriemarkt (Käuferreichweite). Der Anteil der Haushalte, die zumindest einmal in diesen beiden Betriebstypen kaufen, ist 55 % (gemeinsame Käuferreichweite), 10 % der Haushalte decken ihren Bedarf ausschließlich in Discountern, 5 % ausschließlich in Drogeriemärkten (exklusive Käuferreichweite). 15 % der Discountkunden kaufen in Nicht-Drogeriemärkten, 10 % der Drogeriemarktkunden bei Nicht-Discountern. Die Reichweite von insgesamt 70 % für die Drogeriemärkte zerlegt sich dann in 55 % (gemeinsam mit Discountern), 5 % (exklusiv) und 10 % (gemeinsam mit restlichen Anbietern). Somit decken die Kunden von Drogeriemärkten rund 7,1 % ihres Bedarfs nur bei Drogeriemärkten, rund 78,6 % auch bei Discountern und rund 14,3 % auch bei anderen Anbietern. Die Reichweitenzerlegung für Discounter sieht analog wie folgt aus: 80 % (gesamt) = 55 % (gemeinsam mit Drogeriemärkten) plus 10 % (exklusiv) plus 15 % (gemeinsam mit restlichen Anbietern). 68,75 % der Discounterkunden decken demnach ihren Bedarf auch bei Drogeriemärkten, 12,5 % nur in Discountern, 18,75 % bei anderen Anbietern. Während die Kombinationsanalyse zeigt, ob Haushalte ihren Bedarf in mehreren Betriebstypen decken, zeigt die Bedarfsdeckungsklassenanalyse, zu welchen Anteilen sie ihren Bedarf auf die Betriebstypen aufteilen (Günther / Vossebein / Wildner 2006, S. 313). Beispiel: Wie viele Haushalte teilen ihre Haushaltsausgaben für Drogerieartikel etwa zur Hälfte auf Drogeriemärkte und zur Hälfte auf Discounter auf? Eine hohe Anzahl von Haushalten, die ihre Ausgaben so verteilen, steht für eine starke Konkurrenzbeziehung. Wenn viele Haushalte ihren Bedarf überwiegend in Discountern und viele Haushalte ihren Bedarf überwiegend in Drogeriemärkten decken, so ist die Konkurrenzbeziehung zwischen diesen beiden Betriebstypen schwach. Wir weisen in unserer Analyse auch die Bedarfsdeckungsklasse von Null aus, um zu verdeutlichen, wie hoch der Anteil der Haushalte ist, die in einem bestimmten Betriebstyp nichts ausgeben.

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b) Die Untersuchung der Großhandelskunden Daten aus einem Panel stehen für die Untersuchung des Nachfrageverhaltens der Kunden des Großhandels mit Lebensmitteln nicht zur Verfügung. Zur Analyse kann hier auf eine Befragung bei der DIMA Marktforschung zurückgegriffen werden, die Metro Cash & Carry Deutschland im Frühsommer 2011 in Auftrag gegeben hat, um die Wettbewerber der eigenen Großhandelsmärkte und die Marktpotenziale zu identifizieren. Befragt wurden Einkaufsverantwortliche von Hotels, Restaurants und Caterern (Branchenbezeichnung: HoReCa) sowie Einkaufsverantwortliche des Lebensmittelhandels mit Vollsortiment, des spezialisierten Lebensmitteleinzelhandels, des Fachhandels für Großverbraucher, der Kioske, der Freien Tankstellen und des Ambulanten Handels (Branchenbezeichnung: Trader). Eine dritte Kundengruppe sind Freiberufler, Dienstleister, Nonfood-Märkte sowie Behörden und Institutionen (Branchenbezeichnung SCO = Service, Companies, Offices). Sie sind in dieser Untersuchung nicht befragt worden. Diese Firmen kommen grundsätzlich als Kunden für den Großhandel mit Nahrungsmitteln in Betracht. Sie sind in der Erhebung nach ihren monatlichen Einkaufsbeträgen in eine von sechs Klassen zugeordnet worden: weniger als 1.000 E (15 % der Antwortenden), 1.001 bis 3.000 E (20 %), 3.001 bis 5.000 E (18 %), 5.001 bis 7.500 E (9 %), 7.501 bis 10.000 E (9 %) und mehr als 10.000 E pro Monat (29 %). Soweit in diesem Beitrag nach Umsätzen unterschieden wird, sind die sechs Umsatzklassen zu drei Klassen zusammengefasst worden. Tabelle 1 zeigt die Struktur und die Anzahl der Untersuchungseinheiten in der Stichprobe. Wir referieren in diesem Beitrag die Ergebnisse, ohne nach den Kundengruppen HoReCa und Trader zu unterscheiden. Eine nach diesen Kundengruppen differenzierte Auswertung findet sich bei Schröder (2012a). In der Vorbereitung auf die Befragung wurde sichergestellt, dass die Fragen verständlich vermittelt und Begriffe in der Sprache der Interviewten benutzt werden. Zu der Vorbereitung gehörte ein Pretest mit 70 Personen, um die Fragen und Antworten auf ihre Verständlichkeit von Empfänger und Sender hin zu prüfen. Eine wichtige Erkenntnis der Pretests war, dass die Kunden ihr Einkaufsverhalten besser im Hinblick auf die einzelnen Anbieter (konkreter Betrieb) beschreiben können und schlechter auf der Ebene der Begriffsdefinition (Problem der Abstrahierung). Die Interviewer hatten daher die Aufgabe, die Aussagen der Befragten auf der Ebene der Begriffsdefinition (d. h. Betriebsform, Betriebstyp, Handelsformat) einzustufen und gegebenenfalls zu korrigieren. Zur Qualitätskontrolle wurden drei Supervisoren eingesetzt, die während der gesamten Feldzeit die Arbeit der Interviewer kontrollierten. Hierzu wurde ein Programm eingesetzt, das neben dem Ton (Interviewer und Befragter) auch den Monitor des Interviewers anzeigt. So konnte verfolgt werden, was der Interviewer sagt, hört und schreibt. Mit der intensiven Schulung und dem lückenlosen Qualitätsmonitoring konnte eine hohe Qualität und Validität der Interviews sichergestellt werden. Die Kunden wurden per Telefon mit einem strukturierten Fragebogen befragt (CATI).

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Tabelle 1 Die Stichprobe der Großhandelskunden Größe (Maß: monatliche Ausgaben für Lebensmittel)

Kundengruppe

Hotels, Restaurants, Caterer Händler (HoReCa) (Trader)

klein (bis 3.000 Euro)

328

120

mittel (3.001 bis 10.000 Euro)

274

193

groß (mehr als 10.000 Euro)

118

250

gesamt

720

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III. Gehören Drogeriemärkte tatsächlich nicht zum sachlich relevanten Markt des LEH? Um die Annahme des Kartellamtes zu überprüfen, dass die Drogeriemärkte und der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) zwei getrennte Märkte seien (H0-Drogerie), übernehmen wir die Abgrenzung von Drogerieartikeln und der zugehörigen Warengruppen, wie sie das Bundeskartellamt z. B. im Falle Edeka/Plus zugrunde gelegt hat. Als Drogerieartikel werden dort die vier Warengruppen Wasch- und Waschhilfsmittel, Putz- und Reinigungsmittel, Kosmetik und Körperpflege sowie Hygiene und Papier ausgewiesen. Diesen Warengruppen sind entsprechende Produkte zugeordnet (Bundeskartellamt, 2008, S. 29, sowie Anlage 4, Warengruppen 25 bis 28). Die Einteilung der Warengruppen und die Zuordnung folgen der Systematik der GfK. Um die Austauschbarkeit der Anbieter von Drogerieartikeln aus der Sicht der Endkunden zu überprüfen, untersuchen wir, bei welchen Anbietern die Haushalte ihren Bedarf an Drogerieartikeln decken (Käuferreichweite) und welche Anteile ihrer Budgets für Drogerieartikel sie bei welchen Anbietern ausgeben (Bedarfsdeckungsquoten). Solche Analysen hat das Bundeskartellamt bei seinen Beschlüssen nicht vorgelegt. Wir sehen uns zunächst an, mit welchen Warengruppen die Drogeriemärkte und der LEH ihre Umsätze erwirtschaften. Der LEH hat einen Umsatzanteil von knapp 93 % bei Nicht-Drogeriewaren, die Drogeriemärkte einen Anteil von gut 71 % bei Drogeriewaren. Anders herum ist das also ein geringer Anteil an Umsätzen mit Drogeriewaren im LEH, aber auch ein nicht unwesentlicher Anteil an Umsätzen mit Nicht-Drogeriewaren in Drogeriemärkten (Abbildung 1). Der Anteil an Umsätzen mit Nicht-Drogeriewaren in Drogeriemärkten dürfte quantitativ mehr sein, als das Bundeskartellamt unter einem engen Teilsortiment an Food-Produkten (z. B. Wein, Süßwaren) versteht, was zudem nur teilweise in Drogeriemärkten vorhanden sein soll.

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Abbildung 1: Umsatzanteile der Drogeriemärkte und des LEH bei Drogeriewaren und Nicht-Drogeriewaren

Nimmt man die Perspektive der Haushalte ein, so sieht man, dass sie ihre Ausgaben für Drogeriewaren hauptsächlich im LEH und nicht in Drogeriemärkten tätigen (Abbildung 2). Die Werte dieser beiden Betrachtungen zeigen, mit welchen Warengruppen die Händler ihre Umsätze machen und wie die Haushalte ihre Ausgaben auf die Händler verteilen. Sie geben aber noch keine Antwort darauf, ob es sich bei Drogeriewaren um zwei getrennte oder einen gemeinsamen Markt handelt. Denn Aussagen über Substitutionsbeziehungen erlauben diese Werte nicht. Im ersten Schritt zur Analyse von Substitutionsbeziehungen werden die Käuferreichweiten untersucht. Der Lebensmitteinzelhandel erreicht alle am Panel teilnehmenden Haushalte im Bereich der Drogeriewaren (DW), die Drogeriemärkte gut 92 %. Das heißt, jeder Haushalt hat mindestens einmal Drogerieartikel im LEH gekauft, gleichzeitig haben von ihnen aber knapp 8 % in derselben Zeit keine Drogerieartikel in Drogeriemärkten gekauft. Zerlegt man die Käuferreichweite in die gemeinsame Käuferreichweite, die exklusive Käuferreichweite und die restliche Käuferreichweite, so ergibt sich für Drogeriewaren folgendes Bild (Abbildung 3). Die gemeinsame Käuferreichweite beträgt gut 92 %. Das sind die Kunden, die Drogeriewaren sowohl im LEH als auch in Drogeriemärkten kaufen. Da die Einzelkäuferreichweite des LEH 100 % beträgt, entspricht die gemeinsame Käuferreichweite der Drogeriemärkte ihrer Einzelkäuferreichweite. Die exklusive Käuferreichweite des LEH beträgt gut 5 %, das ist der Anteil der Kunden, die Drogeriewaren nur im LEH kaufen. Da die Einzelkäuferreichweite des LEH 100 % beträgt, muss die exklusive Käuferreichweite der Drogeriemärkte bei null liegen: Es gibt keine Kunden, die Drogerieartikel ausschließlich in Drogeriemärkten kaufen. Die restliche Käuferreichweite des LEH beträgt knapp 3 %, jene der Drogeriemärkte liegt bei null. Bei der Betrachtung der vier Warengruppen fallen die hohen exklusiven Käuferreichweiten bei Wasch- und Waschhilfsmitteln (WM), bei Putz- und Reinigungsmitteln (PR) sowie bei Hygiene und Papier (HP) im LEH auf, nur bei Kosmetik und Körperpflege (KK) ist sie mit 7 % vergleichsweise niedrig. Relevant für die weiteren

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Abbildung 2: Ausgabenanteile der Haushalte bei Drogeriewaren und Nicht-Drogeriewaren in Drogeriemärkten und im LEH

Abbildung 3: Reichweitenzerlegung für Drogeriewaren im LEH und in Drogeriemärkten

Analysen sind vor allem die gemeinsamen Käuferreichweiten, die bei den vier Warengruppen von gut 62 % (WM), über gut 74 % (HM) und gut 76 % (PR) bis knapp 90 % (KK) reichen. Mit anderen Worten: Bei keiner dieser vier Warengruppen beträgt die gemeinsame Käuferreichweite weniger als die Hälfte. Oder: Deutlich über die Hälfte der Kunden haben jeweils mindestens einmal Produkte aus diesen Warengruppen sowohl im LEH als auch in Drogeriemärkten gekauft.

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Im ersten Schritt zur Analyse von Substitutionsbeziehungen werden die Bedarfsdeckungsklassen und die Bedarfsdeckungsquote untersucht. Die Bedarfsdeckungsquote sagt aus, wie hoch der Ausgabenanteil der Haushalte für Drogeriewaren bei den einzelnen Anbietern ist. Um zu erkennen, ob es Haushalte gibt, die ihren Bedarf überwiegend in Drogeriemärkten decken, andere dagegen überwiegend im LEH, und um zu erkennen, wie groß der Anteil der Haushalte ist, die ihre Ausgaben auf mehrere Anbieter verteilen, bilden wir fünf Bedarfsdeckungsklassen von Haushalten. Sie sind in 20 %-Schritten nach den Anteilen der Ausgaben für Drogeriewaren in Drogeriemärkten gestaffelt. Zusätzlich weisen wir in der ersten Zeile den Anteil der Haushalte aus, die ihren Bedarf an Drogeriewaren nicht in Drogeriemärkten decken (Tabelle 2). Tabelle 2 Bedarfsdeckungsquoten der Haushalte bei Drogeriewaren (Angaben in Prozent) Anteil der Haushalte Anteil der Ausgaben für Drogeriewaren in Drogeriemärkten

Putz- und Reinigungsmittel

Drogeriewaren gesamt

Waschund Waschhilfsmittel

0

7,7

35,4 35,4 22,8 22,8 9,6

0 < x < 20

31,8 31,8 26,4 26,4 28,4 28,4 20,4 20,4 43,7 43,7

7,7

20 ‹ x < 40

25,5

40 ‹ x < 60

19,9 57,0 9,5

60 ‹ x < 80

11,6

80 ‹ x ‹ 100

3,6

14,3

18,5

7,3

19,1

9,6

Hygiene und Papier 25,7 25,7 15,5

30,9 13,3 42,0 21,0 58,1 8,1

7,1 3,6

Kosmetik und Körperpflege

10,2 7,3

6,7

18,0 6,7

28,4

4,8

11,9 11,9 2,2

2,2

Es sind knapp 32 % der Haushalte, die nur bis zu 20 % ihrer Ausgaben für Drogeriewaren in Drogeriemärkten tätigen. Wenige Haushalte geben dort 80 % bis 100 % ihres Budgets für Drogeriewaren aus. In den übrigen Ausgabenklassen teilen 57 % der Haushalte ihre Ausgaben so zwischen den Drogeriemärkten und dem LEH auf, dass durchschnittlich zwischen 30 % und 68 % auf die Drogeriemärkte und zwischen 64 % und 29 % auf den LEH entfallen (Schröder / Mennenöh, 2013). Von getrennten Märkten kann dann nicht die Rede sein. Auch die Bedarfsdeckungsquoten der einzelnen Warengruppen stützen die Hypothese zweier getrennter Märkte nicht. Der Anteil der Haushalte, die 80 % bis 100 % ihres Budgets für Drogeriewaren in Drogeriemärkten ausgeben, liegt in den drei Warengruppen Wasch- und Waschhilfsmittel, Putz- und Reinigungsmittel sowie Hygiene und Papier zwischen gut 7 % und gut 2 %. In den Ausgabenklassen 20 % bis 80 % sind es zwischen 31 %, 42 % und 28 % der Haushalte, die ihre Budgets für diese drei Warengruppen vor allem zwischen den Drogeriemärkten und dem LEH aufteilen. Größere Anteile als im Durchschnitt aller Warengruppen entfallen auf die Haushalte, die nur bis zu 20 % ihrer Ausgaben in Drogeriemärkten tätigen. Das Ausgabeverhalten in der Warengruppe Kosmetik und Körperpflege ist insoweit anders, dass hier mit den Fachgeschäften ein weiterer Anbieter hinzukommt, auf

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den höhere Anteile der Ausgaben entfallen. Zudem sind die meisten Haushalte in den Ausgabenklassen zwischen 20 % und 80 %, also in den Klassen, in denen mehrere Anbieter jeweils größere Anteile der Haushaltsbudgets erhalten (Schröder, 2012b, S. 655 f.). IV. Gehören Getränkeabholmärkte tatsächlich zum sachlich relevanten Markt des LEH? Um die Annahme des Bundeskartellamtes zu überprüfen, dass der LEH und die Getränkeabholmärkte bei Getränken einen einheitlichen Markt bilden (H0-Getränke), übernehmen wir auch hier die Abgrenzung des Bundeskartellamtes, die jener der GfK entspricht. „[…] der sachlich relevante Markt [umfasst] auf der Absatzseite ein Sortiment von alkoholischen und nicht alkoholischen Getränken […], die an den Endkunden verkauft werden. Nicht in den Markt einzubeziehen sind Heißgetränke, Milch- und Milchmischgetränke sowie Instantgetränke.“ (Bundeskartellamt, 2010, S. 43). Unter LEH wird, wie auch oben, der Lebensmitteleinzelhandel mit SB-Warenhäusern, Vollsortimentern und Discountern verstanden, aber ohne Getränkeabholmärkte. Die methodische Vorgehensweise entspricht derjenigen bei Drogerieartikeln. Wir sehen uns zunächst an, mit welchen Warengruppen die Getränkeabholmärkte und der LEH ihre Umsätze erwirtschaften. Die Getränkeabholmärkte haben einen Umsatzanteil von gut 95 % bei Getränken, der LEH von knapp 87 % bei Nicht-Getränken. Anders herum betrachtet: Es ist also ein geringer Anteil an Umsätzen mit Getränken im LEH und ein als eher unwesentlich zu beurteilender Anteil an Umsätzen mit Nicht-Getränken in Getränkeabholmärkten (Abbildung 4). Die Perspektive der Haushalte zeigt, dass sie ihre Ausgaben für Getränke hauptsächlich im LEH und nicht in Getränkeabholmärkten tätigen (Abbildung 5). Betrachten wir nun die Käuferreichweiten bei Getränken (Abbildung 6). Die gemeinsame Käuferreichweite beträgt knapp 53 %. Das sind die Kunden, die Getränke sowohl im Lebensmitteleinzelhandel als auch in den Getränkeabholmärkten kaufen. Die exklusive Käuferreichweite des LEH beträgt knapp 23 %, das ist der Anteil der Kunden, die Getränke nur im LEH kaufen. Die exklusive Käuferreichweite der Getränkeabholmärkte ist Null: Es gibt keine Kunden, die Getränke nur in Getränkeabholmärkten und nicht auch noch woanders kaufen, z. B. im LEH. Zudem fällt die durchaus beachtliche restliche Käuferreichweite des LEH von knapp 25 % auf. Vom Niveau und vom Vergleich her ähnliche Werte zeigen die Käuferreichweiten für die Warengruppen alkoholfreie Getränke (AFG) und alkoholhaltige Getränke (AHG). Die Analyse der Bedarfsdeckungsklassen und der Bedarfsdeckungsquoten – wir gehen hier genauso vor, wie bei den Drogerieartikeln – zeigt, dass viele Haushalte ihren Bedarf an Getränken überwiegend nicht oder nur zu einem geringen Teil in Getränkeabholmärkten decken (Tabelle 3). Gut 47 % der Haushalte nutzen die Märkte gar nicht, 28 % nur, um bis zu 20 % ihres Bedarfes an Getränken dort zu decken. So

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Abbildung 4: Umsatzanteile der Getränkeabholmärkte und des LEH bei Getränken und Nicht-Getränken

Abbildung 5: Ausgabenanteile der Haushalte bei Getränken und Nicht-Getränken in Getränkeabholmärkten und im LEH

verbleiben knapp 25 % an Haushalten, die einen über 20 % hinausgehenden Anteil ihres Budgets für Getränke in Getränkeabholmärkten ausgeben. Ein besonderes Merkmal von Getränken ist die Verpackung. Beispielhaft lässt sich das am Bier verdeutlichen. Es gibt Einweg- und Mehrwegverpackungen, Dosen und Flaschen, unterschiedliche Volumen (z. B. 0,33 l, 0,5 l, 1 l, 5 l) und Kästen mit einer unterschiedlichen Anzahl an Flaschen oder Dosen (z. B. Six-Packs, Kästen mit 11, 12, 20 oder 24 Flaschen). Man kann nun vermuten, dass größere Mengen und größere Gebinde eher in Getränkeabholmärkten gekauft werden als im LEH. Begründen lässt sich dies damit, dass der Einkauf für die Kunden dort bequemer ist,

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Abbildung 6: Reichweitenzerlegung für Getränke im LEH und in Getränkeabholmärkten Tabelle 3 Bedarfsdeckungsquoten der Haushalte bei Getränken (Angaben in Prozent) Anteil der Haushalte Anteil der Ausgaben für Getränke in GetränkeabholGetränke märkten AFG AHG gesamt 0

47,4 47,4 54,5 54,5 57,8 57,8

0 < x < 20

28,0 28,0 20,9 20,9 20,7 20,7

20 ‹ x < 40

8,9

6,7

8,8

40 ‹ x < 60

7,5

21,6 5,7

17,9 5,9

60 ‹ x < 80

5,2

5,5

4,1

80 ‹ x ‹ 100

3,0

3,0

6,4

6.4

2,7

18,8 2,7

z. B. wegen kürzerer Wege im Geschäft, oder damit, dass bestimmte Produkte und Gebinde nur dort angeboten werden. Wir überprüfen diese Vermutung dadurch, dass wir die pro Einkauf gekaufte Anzahl von gleichen Produkten (gleiche Marke, Sorte und Füllmenge je Stück) untersuchen. Sieht man sich die Verteilung der gekauften Mengen im LEH im Vergleich zu den Getränkeabholmärkten an, so kann man erkennen, dass im LEH überwiegend weniger als sechs Einheiten pro Einkauf und Artikel gekauft werden (gut 65 %), in den Getränkeabholmärkten finden sich deutliche höhere Werte für 12, 20 und 24 Einheiten je Artikel und Einkauf (Abbildung 7). Offensichtlich erfüllen beide Formen an Einkaufsstätten verschiedene Funktionen bzw. vermitteln den Kunden unterschiedliche Nutzen bei der Beschaffung.

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Abbildung 7: Anzahl der je Produkt und Einkauf gekauften Artikel im LEH und in Getränkeabholmärkten

V. Sind Cash & Carry-Geschäfte tatsächlich ein eigenständiger Markt im Großhandel für Lebensmittel? Um die Annahme des Kartellamtes zu prüfen, dass die Gruppe der Cash & CarryGeschäfte einen eigenständigen, relevanten Markt (Beschaffungsmarkt) im Großhandel mit Lebensmitteln bildet (H0-GH-LM), können wir aus der Befragung zum Verhalten der Kunden des Großhandels mit Lebensmitteln die Antworten zu folgenden Kernfragen verwenden: - Welche Bezugsquellen nutzen die Kunden für ihren regelmäßigen Bedarf? - In welchem Umfang nutzen sie die Lieferfunktion der Anbieter? - Wie verteilen sich ihre Einkaufsbudgets auf die Bezugsquellen? - Welches sind ihre Hauptbezugsquellen, und welche weiteren Bezugsquellen nutzen sie? - Wie hoch ist ihre Bereitschaft, von der Hauptbezugsquelle zu anderen Bezugsquellen zu wechseln, bzw. wie hoch ist ihre Bindung an die Hauptbezugsquelle? - Wie hoch ist die maximal akzeptable Wegstrecke zum Anbieter? Alle Auswertungen beziehen sich auf die Beschaffung von Warengruppen, die nach Angaben der Befragten ca. 75 % ihres gesamten Einkaufs ausmachen. Sie werden als regelmäßiger Bedarf bezeichnet. Die Antworten auf die Frage, wo die Kunden „für Ihren regelmäßigen Bedarf einkaufen“, belegen ein breites Spektrum an Bezugsquellen, das sich aus Großhändlern, Einzelhändlern und Wirtschaftsstufen zu-

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sammensetzt, die dem institutionellen Handel vorgelagert sind (Tabelle 4). Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Lambracht (2011, S. 9). Durchschnittlich nutzen, wie Tabelle 4 zeigt, die Kunden rund vier Bezugsquellen (3,7). Von allen Firmen sind zwei Drittel Kunden des C&C-Großhandels, um dort für den regelmäßigen Bedarf einzukaufen. Sie haben durchschnittlich 4,1 Bezugsquellen und damit mehr als die Nicht-Kunden des C&C-Großhandels (2,8). Die Kunden des C&C-Großhandels weichen also auf mehr Bezugsquellen aus als die Nicht-Kunden. Alle Kunden können des Weiteren zwischen mehreren Anbietern wählen, die die Ware anliefern. Neben dem so genannten Liefergroßhandel übernehmen auch andere Betriebsformen des Großhandels die Lieferfunktion, wie etwa C&C-Großhändler (18 % der befragten Kunden nutzen das) und der Fach- oder Spezialgroßhandel (67 %). Zudem beliefern der Lebensmittelfachhandel (36 %) sowie die Bauern, Erzeuger und Winzer (54 %) die Kunden mit Lebensmitteln. Es gibt also für zwei nach Abholung und nach Zustellung getrennte Märkte keine Anhaltspunkte. Vielmehr nutzen viele Kunden sowohl die Abholung als auch die Zustellung. Die Antworten verdeutlichen zudem den Funktionenwandel im so genannten Cash & Carry-Großhandel. So gibt es heute auch Cash & Carry-Großhändler, die ihre Kunden beliefern oder ihnen die Möglichkeit der Kreditierung einräumen. In ähnlicher Weise haben andere Betriebsformen des Großhandels ihr Leistungsspektrum verändert. Die bisherigen Ergebnisse beleuchten die mengenmäßige Struktur der Bezugsquellen. Sie sagen damit etwas über die Käuferreichweite der Anbieter aus. Erste Aussagen über die wertmäßige Struktur der Bezugsquellen liefern die Antworten auf die Frage, wie die Kunden ihre Einkaufsbudgets auf die Anbieter verteilen (Tabelle 5, linke Ergebnisspalte). Wenn man einen Beschaffungsanteil bei einem Anbieter von mindestens 50 % als dominant bezeichnen würde, so ist eine solche Dominanz des C&C-Großhandels nicht gegeben. Mit 30 % liegt der Anteil des C&CGroßhandels deutlich darunter. Berücksichtigt man des Weiteren die Angaben zu den Ausgaben pro Monat, diese wurden ebenfalls erfragt, so lassen sich wertmäßige Marktanteile berechnen (Tabelle 5, rechte Ergebnisspalte). Keine Bezugsquelle hat einen Anteil von mehr als 24 %, keine Bezugsquelle hat einen deutlichen Vorsprung vor einer der weiteren Bezugsquellen. Der C&C-Großhandel hat mit 23 % den zweitgrößten Marktanteil. Um die Substitutionsbeziehungen zwischen den Bezugsquellen aufzudecken, sollten die Kunden angeben, bei welcher Bezugsquelle sie am meisten kaufen (Hauptbezugsquelle), inwieweit diese Quelle hauptsächlich die alleinige ist und welche weiteren Bezugsquellen sie nutzen (Tabelle 6). Betrachtet man alle Nachfrager, die den Großhandel als Hauptbezugsquelle haben, dann liegen die Werte für die einzelnen Formate bei 39 %, 16 % und 24 %. Der C&C-Großhandel hat zwar mit 39 % den größten Wert, mehr als 60 % der Kunden haben aber den C&C-Großhandel nicht als Hauptbezugsquelle. Die Werte, in welchem Umfang die Nachfrager diese Großhandelsformate „hauptsächlich als alleinige Bezugsquelle“ nutzen, liegen bei 29 %, 13 % und 20 %, für den C&C-Großhandel liegt er also unter 30 %.

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Hendrik Schröder Tabelle 4 Bezugsquellen für den regelmäßigen Bedarf der gewerblichen Nachfrager von Nahrungs- und Genussmitteln (Angaben in Prozent, außer *, n = 1.283)

Großhandel C&C-Großhandel

67

Fach- oder Spezialgroßhandel

52

Liefergroßhandel

48

Einzelhandel Supermarkt, VM, SB-WH

41

Lebensmittelfachhandel

38

Discounter

34

Hersteller Bauer, Erzeuger, Winzer

31

Direktbezug von der Industrie

27

Weitere Bezugsquellen Großmarkt

18

Versandhandel/Online

11

Sonstige durchschnittlich genutzte Zahl von Bezugsquellen

1 3,7*

Die Angaben zu den Ausweichmöglichkeiten der Kunden des C&C-Großhandels bestätigen ein weiteres Mal, dass nicht von einer Alleinstellung dieses Großhandelsformates gesprochen werden kann. Im Übrigen lassen die Werte dafür, dass der C&C-Großhandel die „hauptsächlich alleinige Bezugsquelle“ ist, nicht erkennen, ob die Kunden für den Kauf der dort bezogenen Waren nicht wechseln können oder nicht wechseln wollen. Die freie Entscheidung, die Nachfrage hauptsächlich bei einem Großhändler zu decken, ist ein Zeichen für funktionsfähigen Wettbewerb und kein Zeichen für einen eigenständigen, relevanten Markt. Ein erster Indikator, um die Wechselbereitschaft der Kunden zu erfassen, ist deren maximal akzeptierte Wegstrecke, um einen Anbieter aufzusuchen. Die Antworten auf die Frage „Welche ist die größte Entfernung zu einem Anbieter, die für Sie noch akzeptabel ist?“ ergaben, dass die Fahrbereitschaft im Durchschnitt bei 25 km liegt und dass rund ein Viertel bereit ist, mehr als 30 km zu fahren (Tabelle 7, linke Ergebnisspalte). Betrachtet man die Antworten zur Fahrbereitschaft derjenigen Kunden, die außerhalb der Ballungszentren angesiedelt sind (hier definiert mit bis 300 Einwohner pro qkm), so ist sie mit durchschnittlich 32 km höher als die Fahrbereitschaft aller befragten Kunden. Zudem ist der Anteil der Kunden, die bereit sind, 30 km und mehr zu fahren, mit 38 % deutlich höher (Tabelle 7, rechte Ergebnisspalte). In geographischen Räumen mit geringer Dichte der Einwohner und der Anbieter ist die Bereitschaft der Nachfrager, größere Strecken für die Beschaffung auf sich zu nehmen,

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Tabelle 5 Die Verteilung der Einkaufsbudgets der gewerblichen Nachfrager von Nahrungs- und Genussmitteln auf die Bezugsquellen (Angaben in Prozent, n = 1.283) ohne

mit

wertmäßige/r Gewichtung der Kunden Großhandel C&C-Großhandel

30

23

Fach- oder Spezialgroßhandel

17

18

Liefergroßhandel

21

24

5

3

Einzelhandel Supermarkt, VM, SB-WH Lebensmittelfachhandel

4

4

Discounter

4

2

Hersteller Bauer, Erzeuger, Winzer

6

9

Direktbezug von der Industrie

8

12

Weitere Bezugsquellen Großmarkt

4

4

Versandhandel/Online

1

1

Sonstige Summe (mit Rundungsfehler)

0,4

0,4

100,4

100,4

also höher als in dichter besiedelten Räumen. Anders ausgedrückt: Der relevante geographische Markt ist größer. Ein zweiter Indikator setzt an der Rolle der Hauptbezugsquelle an (Tabelle 8). Die Antworten auf die Frage „Können Sie sich denn generell vorstellen, Ihren Bedarf, den Sie aktuell bei [der Hauptbezugsquelle] decken, auch bei Anbietern, die nicht zur [Hauptbezugsquelle] zählen, zu decken?“ lassen die Substitutionsbeziehungen zwischen den Anbietern erkennen. Unter allen Kunden ist die Bereitschaft, vom C&C-Großhandel zu anderen Anbietern zu wechseln, mit 39 % am höchsten. Der Grad der Bindung an die Hauptbezugsquelle liegt zwischen 18 % und 9 %. Im C&C-Großhandel liegt der Grad der Bindung bei 18 %. Dieser Wert lässt nicht erkennen, ob die Kunden nicht wechseln können oder nicht wechseln wollen. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Kunden nicht wechseln könnten, so steht der Wert von 18 % nicht dafür, dass Cash & Carry-Geschäfte einen eigenständigen, relevanten Markt bilden.

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Hendrik Schröder Tabelle 6 Anteile der Bezugsquellen an der Beschaffung der gewerblichen Nachfrager von Nahrungs- und Genussmitteln (Angaben in Prozent, n = 1.283)

Hauptbezugsquelle

hauptsächlich alleinige Bezugsquelle

weitere Bezugsquellen (Mehrfachnennungen möglich)

C&C-Großhandel: 39a

C&C-Großhandel: 29b

Nicht-C&C-Großhandel: 10c SM, VM, SB-WH: 53d Discounter: 46d Fach- oder Spezialgroßhandel: 31d

Fach- oder Spezialgroßhandel: 16

Fach- oder Spezialgroßhandel: 13

Nicht-Fach- oder Spezialgroßhandel: 3 C&C-Großhandel: 56 SM, VM, SB-WH: 44 Discounter: 33

Liefergroßhandel: 24

Liefergroßhandel: 20

Nicht-Liefergroßhandel: 4 C&C-Großhandel: 62 Discounter: 29 SM, VM, SB-WH: 2

Lesebeispiel: 39 % von allen Befragten haben den C&C-Großhandel als Hauptbezugsquelle. b 29 % von allen Befragten haben den C&C-Großhandel hauptsächlich als alleinige Bezugsquelle für den Bedarf, den sie bei dieser Bezugsquelle decken. c 10 % von allen Befragten weichen auf andere Bezugsquellen aus für den Bedarf, den sie üblicherweise bei der Hauptbezugsquelle decken. d Von den weiteren genutzten Bezugsquellen, die nicht zum C&C-Großhandel gehören, sind 53 % Selbstbedienungsmärkte (SM), Verbrauchermärkte (VM) und Selbstbedienungs-Warenhäuser (SB-WH), 46 % Discounter und 31 % Fach- oder Spezialgroßhandel. a

Tabelle 7 Maximal akzeptable Wegstrecke zum Anbieter (Angaben in Prozent) Wegstrecke Alle Kunden, ohne Ausreißer Kunden außerhalb von Ballungszentren, ohne * (n = 1.127) Ausreißer* (n = 321) bis 10 km

35

25

11 bis 20 km

23

19

21 bis 30 km

18

19

31 bis 50 km

16

24

mehr als 50 km

8

14

* Antworten mit sehr hohen Streckenangaben (mehr als 100 km) wurden als Ausreißer definiert und nicht berücksichtigt.

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Tabelle 8 Wechselbereitschaft und Bindung an die Hauptbezugsquelle der gewerblichen Nachfrager von Nahrungs- und Genussmitteln (Angaben in Prozent) hauptsächlich alleinige Bezugsquelle

Wechselbereitschaft

Bindung an die Hauptbezugsquelle

C&C-Großhandel: 29

39

18 (29 * 61)

Fach- oder Spezialgroßhandel: 13

28

9 (13 * 72)

Liefergroßhandel: 20

29

14 (20 * 71)

Ein dritter Indikator sind die Reaktionen auf Preissteigerungen. Über die beiden wichtigsten Bezugsquellen sollten die Befragten sagen, wie sie sich verhalten, wenn bei diesen die Preise um 10 % stiegen. Ihnen wurden drei Möglichkeiten geboten: (1) dort weniger und woanders mehr kaufen, (2) dort weniger, aber woanders nicht mehr kaufen oder (3) keine Änderung des Kaufverhaltens. Für die Nachfrager, deren wichtigste oder zweitwichtigste Bezugsquelle einer der drei Betriebstypen des Großhandels ist, dominiert der Wechsel zu anderen Anbietern. Dies gilt insbesondere für die Kunden des C&C-Großhandels: 68 % der Kunden nennen diese Ausweichstrategie, wenn der C&C-Großhandel ihre wichtigste Bezugsquelle ist, 70 % sind es, wenn der C&C-Großhandel ihre zweitwichtigste Bezugsquelle ist. VI. Untersuchungsergebnisse, Ursachenforschung und Ausblick Sieht man sich die Ergebnisse aus der Analyse der Paneldaten und der Befragung an, so finden sich deutlich mehr Anhaltspunkte für die Ablehnung der eingangs aufgestellten Nullhypothesen und für die Annahme der Alternativhypothesen. (1) Bei Drogeriewaren sind es wenige Haushalte, die ihren Bedarf an diesen Produkten überwiegend oder nur in Drogeriemärkten oder überwiegend oder nur im LEH decken. 57 % der Haushalte teilen ihre Ausgaben für Drogeriewaren so zwischen den Drogeriemärkten und dem LEH auf, dass durchschnittlich zwischen 30 % und 68 % auf die Drogeriemärkte und zwischen 64 % und 29 % auf den LEH entfallen. Dies spricht gegen getrennte Märkte bzw. gegen die Ausgrenzung der Drogeriemärkte vom LEH als gemeinsamen Markt für Drogeriewaren. (2) Die Getränkeabholmärkte zählen nicht in der angenommenen Weise zum sachlich relevanten Markt des LEH. Denn gut 47 % der Haushalte nutzen die Märkte gar nicht, um ihren Bedarf an Getränken in Getränkemärkten zu decken; sie decken ihren Bedarf an Getränken im LEH. Man kann es auch so formulieren: Die Substitutionsbeziehungen zwischen den Getränkeabholmärkten und dem LEH fallen schwächer aus als jene zwischen Drogeriemärkten und dem LEH bzw. die Substitutionsbeziehungen zwischen Drogeriemärkten und dem LEH sind stärker als jene zwischen Getränkeabholmärkten und dem LEH. Beide Positionen passen jedenfalls nicht zueinander.

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(3) Die Kunden im Großhandel mit Lebensmitteln nutzen ein breites Spektrum an Bezugsquellen, sowohl auf den Stufen des institutionellen Groß- und Einzelhandels als auch auf der Herstellerstufe. Die C&C-Märkte sind eine neben vielen Bezugsquellen, ihr höchster gewichteter Marktanteil liegt bei 23 %, der somit hinter dem Liefergroßhandel mit 24 % liegt. Zudem nutzen die Kunden des C&C-Großhandels durchschnittlich mehr Bezugsquellen (4,1) als die Nicht-Kunden des C&C-Großhandels (2,8). Bei der Übernahme von Handelsfunktionen ist zu beobachten, dass 18 % der Kunden von C&C-Märkten beliefert werden. Anders, als es die Bezeichnung der Betriebsform vermuten lässt, übernehmen C&C-Märkte also auch die Funktion der Belieferung. Dies wie auch die Fahrbereitschaft der Kunden sind Ausdruck für hohe Substitutionsbeziehungen: Ein Viertel aller Kunden ist bereit, mehr als 30 km zu den Beschaffungsquellen fahren, in dünn besiedelten Gebieten liegt der Anteil bei knapp 40 %. Alle untersuchten Indikatoren weisen darauf hin, dass die Gruppe der Cash & Carry-Geschäfte keinen eigenständigen, relevanten Markt (Beschaffungsmarkt) bildet, vielmehr sind sie eine Beschaffungsquelle neben vielen und dieses in einer nicht dominanten Position. Was sind die Ursachen für die verschiedenen Ergebnisse, die Positionen des Bundeskartellamtes auf der einen, die vorgelegten Ergebnisse auf der anderen Seite? Zunächst ist die grundsätzliche Kritik an dem Sortimentskonzept des Bundeskartellamtes nicht neu. So fasst z. B. Schwalba (2000, S. 109) in Anlehnung an die Monopolkommission (1988) folgende Punkte zusammen: Die Annahme des fiktiven typischen Güterbündels, das sich an dem Sortiment ausrichtet, berücksichtige nicht die tatsächlichen Bedürfnisse der Verbraucher. Dies könne nur durch die Aufteilung des Sortimentes in einzelne Warengruppen erreicht werden. Das Sortimentskonzept führe somit zur Abwendung von dem Bedarfsmarktkonzept. Betriebstypen des Lebensmitteleinzelhandels unterscheiden sich zudem nicht nur durch das Angebot verschiedener Warengruppen, sondern auch durch verschiedene Produktqualitäten und unterschiedliche Handelsleistungen, wie z. B. Beratung. Das führt zu einem wesentlichen Problem. Begriffsdefinitionen zu Erscheinungsformen im Großhandel und im Einzelhandel, auf die sich das Bundeskartellamt bei seiner Argumentation stützt, lassen keine Aussage darüber zu, welche Betriebstypen die Nachfrager aus ihrer Sicht als austauschbar ansehen und welche nicht. Dieses Problem lässt sich darüber hinaus auch bei der Abgrenzung von Warengruppen erkennen. Marktforschungsinstitute, deren Systematik das Bundeskartellamt (2008, S. 96; 2010, Fn. 81) verwendet, grenzen Warengruppen nach wie vor weniger nach dem Nachfragerverhalten als vielmehr nach den von den Anbietern definierten Produktmerkmalen ab. Welche Konsequenzen das hat, kann man bei der Einführung von Produktinnovationen sehen. Sie finden sich oftmals in herkömmlichen Warengruppen wieder, wenn sie gewisse stoffliche Ähnlichkeiten aufweisen. Ähnliches gilt für nach Kundenbedürfnissen bezeichnete Produkte, etwa Convenience-Produkte oder Chilled Food. Auf das Problem der unzureichenden Nachfragerorientierung weist auch die jüngere Betriebsformenforschung hin, wie z. B. Purper und Weinberg (2007). Die vorherrschenden Begriffsdefinitionen verwenden leicht messbare Krite-

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Zur Abgrenzung von Märkten im Lebensmittelhandel

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rien, wie z. B. Verkaufsfläche, Sortimentsumfang, Bedienungsprinzip, Zahlungsart, Preishöhe und Logistik. Dies dürfte der Grund für ihre bevorzugte Verwendung sein. Die Wahrnehmung und die Beurteilung durch die Nachfrager bleiben hier ausgeblendet. Daher können sich diese Begriffsdefinitionen nicht eignen, um das Verhalten der Nachfrager zu beschreiben und zu erklären. Ein Aspekt in diesem Zusammenhang ist auch, dass einzelne Warengruppen auf ihre Eignung für die Nachfrager hin zu analysieren sind und nicht das gesamte Sortiment einer Handelsunternehmung als ausschlaggebend für die Wahl des Anbieters anzusehen ist. Wenn nur ähnliche Gesamtsortimente von Anbietern als austauschbar gelten, so wird übersehen, dass die Nachfrager ihre Entscheidungen nicht allein auf der Basis des Gesamtsortimentes treffen, sondern nach der Eignung bestimmter Warengruppen einzelner Händler. Die Verringerung der Transaktionskosten durch das Aufsuchen von wenigen Anbietern mit einem umfangreichen Sortiment (Vollsortiment) ist nur ein Motiv (One-Stop-Shopping), das allein die Entscheidungen der Nachfrager nicht erklären kann. Vielmehr sind es weitere Motive, die die Kunden veranlassen können, Einkaufsstätten zu nutzen, etwa die Frische bestimmter Warengruppen, die Einkaufsatmosphäre und der Umfang an Convenience (Schröder, 2012b, S. 658 f.). Aussagekräftige Ergebnisse über die Substitutionsbeziehungen zwischen Anbietern liefern vor allem empirische Erhebungen über das Nachfragerverhalten. Die Stichproben sollten in ausreichendem Maße die Merkmale jener Kunden berücksichtigen, über deren Verhalten Aussagen getroffen werden sollen. Dass in die Klärung der Frage, wie Substitutionsbeziehungen aufzudecken und sachlich relevante Märkte abzugrenzen sind, empirische Ergebnisse eine neue Sichtweise bringen können, zeigt das Fusionskontrollverfahren Booker/Makro in Großbritannien, in dem es um die Übernahme von 30 Märkten von Makro UK, einer Tochter der Metro, durch Booker geht. Beide Unternehmungen sind Cash & Carry-Großhändler, wie sie in Kapitel V beschrieben wurden. Wenn man allein von den Cash & Carry-Großhändlern als Anbietern ausgeht, ist der sachlich relevante Markt entsprechend enger als in dem Fall, in dem die Kunden auch auf Anbieter anderer Handelsformate ausweichen können. So kam das Office of Fair Trading (OFT) als Eingangsinstanz in einer kursorischen und auf zwei Monate angelegten Prüfung zu dem Ergebnis, dass durch die Übernahme wettbewerbliche Bedenken in 18 lokalen Märkten nicht ausgeschlossen werden könnten (Competition Commission, 2013a, pp. 31 f.). Da zwischen dem OFT und den beiden Unternehmungen ein deutlicher Dissens darüber bestand, wie das Kundenverhalten abzubilden sei und welche Handelsformate als Anbieter einzubeziehen seien, wurde der Vorgang an die Competition Commission als zweite Instanz überwiesen. Sie prüfte eingehend in einem sechsmonatigen Verfahren die wettbewerblichen Beziehungen. Um mehr Verständnis für das Verhalten der Kunden zu erlangen, war die GfK beauftragt worden, in 23 Gebieten Gastronomen (HoReCa) und Einzelhändler (Trader) zu befragen, die sowohl Kunden von Booker als auch von Makro waren. In die Entwicklung des Untersuchungsdesigns

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war auch das OFT einbezogen. Die telefonische Befragung führte zu einer auswertbaren Stichprobe von knapp 4.000 Kunden. Die Struktur und die Ausrichtung der Fragen waren in vielen Teilen ähnlich denen der DIMA-Untersuchung in Deutschland im Jahr 2011 (Competition Commission, 2013b, Appendix D, pp. D1 f.). Darüber hinaus flossen in das abschließende Urteil Ergebnisse aus Studien zum Verhalten der Großhandelskunden von Harris International Marketing und von IMAS ein (Competition Commission, 2013a, pp. 20 f.). Mit den empirischen Ergebnissen kommt die Competition Commission (2013a, pp. 3 f.) u. a. zu diesen Schlussfolgerungen: „We assessed the relevant market definition for the inquiry. We concluded that the relevant product market is the cash-andcarry wholesaling of grocery and related non-grocery products. However, we recognized that other supply channels, particularly delivered wholesalers, specialist wholesalers and to a lesser extent the supermarket multiples, provide competitive alternatives for some customers in some parts of the market, and we took this into account in our competitive assessment.“ „We also considered the supply side of the market and whether the market can be segmented by distribution channel into sales via ,cash-and-carry‘ stores, where customers visit the supplier’s premises, and sales by delivered wholesalers which deliver the goods to the customer. We thought it unlikely that there is a substantial captive cash-and-carry customer group of any scale or substance that could be exploited through price discrimination strategies and concluded that although the market should be segmented this way, nonetheless national delivered operators, significant regional and local cash-andcarry and delivered wholesalers and specialist wholesalers potentially impose a significant competitive constraint on the parties.“ Die Einbeziehung des Kundenverhaltens und die dann weitergehende Marktabgrenzung führen somit zu einer revidierten Position: „Overall, based on our assessment of the competitive effects of the merger, we concluded that the merger has not resulted, and may not be expected to result, in an SLC [Substantial lessening of competition, HS] within any market or markets in the UK for goods or services“ (Competition Commission 2013a, p. 5). Für die Entscheidung der Competition Commission war die Erkenntnis ausschlaggebend, dass Zustellgroßhändler und Spezialgroßhändler im direkten Wettbewerb mit Abholgroßhändlern stehen. In fünf lokalen Märkten waren außer Booker und Makro keine weiteren Abholgroßhändler vertreten (Competition Commission 2013a, p. 34). Ohne den direkten Wettbewerb mit anderen Handelsformaten hätte die Übernahme in diesen Gebieten untersagt oder mit Veräußerungsauflagen belegt werden müssen. Zum Schluss wollen wir noch einmal darauf hinweisen, dass uns die substanziellen Ergebnisse dieser Untersuchungen egal sein dürfen, egal sein müssen. Es darf und muss uns aber nicht egal sein, mit welchen Methoden und mit welchen Daten die Untersuchungen durchgeführt werden. Wenn ersichtlich ist, dass nicht die Möglichkeiten guter Marktforschung genutzt werden, dann besteht die Gefahr falscher Schlussfolgerungen. Das gilt es zu vermeiden. Wie Best Practice aussehen kann, zeigt der

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Zur Abgrenzung von Märkten im Lebensmittelhandel

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Fall Booker/Makro. Sowohl die betroffenen Parteien als auch die Aufsichtsbehörden haben sich an der Entwicklung des Untersuchungsdesigns beteiligt und damit die Grundlage für ein akzeptables und akzeptiertes Ergebnis gelegt. Literatur Ahlert, Dieter (1987): Relevante Absatzmärkte, Marktbeherrschung und Fusionskontrolle im Lebensmittelhandel – Der Fall Metro/Kaufhof, Der Betrieb, Beilage Nr. 9 zu Heft Nr. 16. Bauer, Hans H. (1986): Marktabgrenzung, Berlin. Bundeskartellamt (1990): Untersagung eines Handelszusammenschlusses wegen Entstehung überragender Marktstellungen auf regionalen Absatzmärkten, Beschluss v. 20. 11. 1989, Az. B9 – 712068, U-2056/89 – Tengelmann/Gottlieb, Wirtschaft und Wettbewerb/Entscheidungssammlung, Heft 5, S. 227 – 230. Bundeskartellamt (2008): Beschluss v. 30. 06. 2008, Az. B2 – 333/07 – Edeka/Plus, http://www. bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Fusion/Fusion08/B2-333-07_Internet.pdf, Abruf: 2013 – 05 – 17. Bundeskartellamt (2010): Beschluss v. 28. 10. 2010, Az. B2 – 52/10 – Edeka/trinkgut, http:// www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Fusion/Fusion10/B02-052-10.pdf, Abruf: 2013 – 05 – 16. Bundeskartellamt (2011): Zusammenschlussverfahren EDEKA/Ratio, Bonn, http://www.bun deskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Fusion/Fusion11/Fallberichte/B02-125-10_Ge samtvorhaben_Kurzversion_endg.pdf?navid=76, Abruf: 2013 – 05 – 16. Commission of the European Communities (1997): Commission Decision of 20 November 1996 declaring a concentration to be incompatible with the common market, Case No IV/M. 784 – Kesko/Tuko, Official Journal of the European Communities L 110, 26/04/1997. Competition Commission (2013a): Booker Group PLC/Makro Holding Limited: A report on the completed acquisition by Booker Group PLC of Makro Holding Limited, http://www.compe tition-commission.org.uk/assets/competitioncommission/docs/2012/booker-makro/final_re port.pdf, Abruf: 2013 – 05 – 24. Competition Commission (2013b): Booker Group PLC/Makro Holding Limited: A report on the completed acquisition by Booker Group PLC of Makro Holding Limited – Appendices, http://www.competition-commission.org.uk/assets/competitioncommission/docs/2012/bo oker-makro/appendices_and_glossary_.pdf, Abruf: 2013 – 05 – 25. Deutscher Bundestag (2011): Bericht des Bundeskartellamtes über seine Tätigkeit in den Jahren 2009/2010 sowie über die Lage und Entwicklung auf seinem Aufgabengebiet und Stellungnahme der Bundesregierung, Drucksache 17/6640, Berlin. Günther, Martin / Vossebein, Ulrich / Wildner, Raimund (2006): Marktforschung mit Panels: Arten, Erhebung, Analyse, Anwendung, 2. Aufl., Wiesbaden. Lambracht, Thilo (2011): Großverbrauchermärkte 2011/12 – Zielgruppen und Entwicklungen, Vortrag auf dem 1. Deutschen Lebensmittel Großverbraucher-Kongress in Wiesbaden, 24. Oktober.

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Hendrik Schröder

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Hersteller und Handel im Wettbewerb Von Andreas Gayk Zusammenfassung Das Verhältnis von Konsumgüterherstellern und Handel ist in Deutschland maßgeblich von einem starken Konzentrationsprozess im Lebensmitteleinzelhandel, einem hohen Discountanteil sowie einer hohen Einkaufstättendichte geprägt. Das führt einerseits zu intensiver Zusammenarbeit und Wertschöpfungsstufen übergreifender Aufgabenallokation zur Steigerung der Effizienz und andererseits zu einer Nachfragemacht von Händlern gegenüber zahlreichen Lieferanten. Bei sehr ungleichgewichtigen Umsatzbedeutungen der jeweiligen Marktgegenseite vermögen die Argumente gegen eine Nachfragemacht von Händlern nicht zu überzeugen. Must-stock Produkte sind nach wie vor eine absolute Ausnahme. Absatzkanäle müssen zunächst einer wertenden Betrachtung unterzogen werden, ob sie bei der Beurteilung von Verhandlungspositionen mit einbezogen werden sollten; jenseits des LEH kann aber gegenwärtig ohnehin kein Absatzkanal dort wegbrechende Umsätze auffangen. Im Gegenteil wird Nachfragemacht durch eine hohe Bedeutung von Eigenmarken des Handels noch weiter gestärkt. Diese Produkte können aufgrund der durch sie begründeten Doppelrolle des Handels als Kunde und Konkurrent der Hersteller negative wettbewerbliche Auswirkungen haben, denen effektiv nur über Chinese Walls zu begegnen ist. Aus Category Management Aktivitäten sollten sie hingegen nicht ausgeschlossen werden, denn Verhaltensverpflichtungen, die auch ohne Handelsmarken zur Sicherung kartellrechtlicher Compliance sinnvoll erscheinen, begegnen hinreichend eventuellen Gefahren aus der intensiven Kommunikation zwischen Hersteller und Handel. Kommunikation ist bei allen Gefährdungen tatsächlich die Stärke wettbewerblich organisierter Wirtschaft und sollte, auch und gerade wenn die Diskussion über Wettbewerbsparameter wie den Preis geführt wird, auch als solche angenommen werden. Bei alledem zeigen die Anstrengungen der Branche, dass sie bereit und in der Lage ist, Verantwortung für den Wettbewerb zu übernehmen. Dieser Selbstregulierung ist einer staatlichen Reglementierung allemal der Vorzug einzuräumen.

Abstract The relationship between manufacturers of fast moving consumer goods and retailers in Germany is characterised by a strong concentration process in retail, a high share of Discounters and a high outlet-density. On the one hand side, this leads to a more intense cooperation and more efficient allocation of duties along the entire supply-chain. On the other hand side, it results in buyer power of retailers vis-à-vis numerous suppliers. Given a very unbalanced relevance of the respective market partner for a specific market participant’s turnover, the arguments against buyer power of retailers are not convincing. Must-stock-products still are a very limited exception. Concerning alternative distribution channels, judgment needs to be taken whether the alternative actually should be taken into account in determining negotiation powers. Apart from retailing, at present no distribution channel is able to compensate collapsing manufacturer turn-

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over with major retailers. On the contrary, buyer power is even strengthened further given the high significance of own or private-label brands in trade. These products may have a negative impact on the competition due to the dual-agent role of trading companies as both, customer and competitor of the manufacturers. This negative impact can only be countered effectively applying Chinese Walls. However, one should not exclude private label products from Category Management Activities, as codes of conduct which are required for compliance reasons even in absence of private label brands, do sufficiently shield against possible dangers rising from the intense communication between manufacturers and trade. Communication actually is – notwithstanding the risks associated with it – the true strength of a market and competition based economy and should be accepted as such, even if the discussion touches upon parameters of competition such as the price. The efforts taken in industry and trade prove that companies are prepared and able to assume responsibility for competition. This self-regulatory approach certainly is to be preferred over governmental regulations.

I. Einführung Die Geschäftspraktiken in der Wertschöpfungskette besonders zwischen Konsumgüterherstellern und Handel sind seit langem Teil der wirtschaftspolitischen Debatte in Deutschland und seit einiger Zeit auch auf EU-Ebene. Seit Anbeginn standen dabei zwei Fragen im Vordergrund, die sich in Deutschland seit den 70er Jahren in mehreren Änderungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen niederschlugen: Einerseits der Missbrauch von Nachfragemacht und andererseits die Preisbindung der zweiten Hand. Beide Fragestellungen lohnen eine immer neue Untersuchung bei sich verändernden Gegebenheiten durch Konzentrations- und Innovationsprozesse. In diesem Sinne sollen ausgehend von der gegenwärtigen Situation, die von einem konzentrierten Lebensmitteleinzelhandel, starker Handelsmarkenpräsenz und intensiver Zusammenarbeit und Kommunikation in der Wertschöpfungskette geprägt ist, im Folgenden praktische Aspekte der gegenwärtigen Debatten beleuchtet werden. Die Frage der Nachfragemacht ist dabei von zentraler Bedeutung. Sie wirft nicht nur selbst wettbewerbliche Probleme auf, sondern sie strahlt auch noch auf die erwähnten anderen Bereiche aus. Gleichwohl kann der Diskussion um die ökonomische Bewertung von Nachfragemacht, wie sie zuletzt von der Monopolkommission (2012) ausführlich dargestellt wurde, hier nicht eine weitere hinzugefügt oder gar eine robuste Erklärung von Nachfragemacht als ökonomisches Problem in Abgrenzung zur Frage der Rentenverteilung geliefert werden. Insoweit sei hier lediglich hervorgehoben, dass im Rahmen der Analyse von Nachfragemacht der Wettbewerb ebenso wenig wie bei Angebotsmacht auf einzelne Parameter, insbesondere Preis und Menge, reduziert werden darf. Diesen Weg aber gehen Heimeshoff/Klein (2013, S. 5), wenn sie die Bewertungsprinzipien zusammenfassen: „Buyer power increases competition, when supply prices are reduced without decreasing quantities, no competitors are banned, and retail customers gain lower prices.“

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Hersteller und Handel im Wettbewerb

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Eine derartige Reduzierung von Wettbewerb auf Mengen und Preise wird seiner Offenheit nicht gerecht. Sie vernachlässigt bereits Parameter, die in der Realität der Anbieter und Nachfrager am Markt bis hin zum Konsumenten von einigem Gewicht sind: Qualität und Servicelevel. Und sie ignoriert, dass sich im Wettbewerb weitere Entscheidungsparameter herausbilden können – man denke etwa an Fragen der Transparenz von Unternehmen oder ihr Engagement im Rahmen von Corporate Social Responsibility. Produkte, die der Handel unter eigenen Marken in Verkehr bringt (Handels- oder Eigenmarken) sind nicht nur ein Element zur Stärkung der Verhandlungsmacht von Händlern gegenüber Herstellern. Sie werfen auch bisher nicht endgültig geklärte Fragen nach der kartellrechtlichen Bewertung des Verhältnisses zwischen Hersteller und Händler auf, da sie die Grenze tradierter Wertschöpfungsstufen überschreiten. Diese werden besonders deutlich bei der häufig besonderen Behandlung von Handelsmarken bei sog. Category Management Arbeiten. Da bei Category Management umfangreiche Informationen zwischen Händler und Hersteller (Category Advisor) ausgetauscht werden müssen, um die gestellten Aufgaben erfüllen zu können, leitet diese besondere Form der Zusammenarbeit über zu der aktuellen Frage der Kommunikation zwischen Herstellern und Handel, nicht zuletzt zur Preiskommunikation. II. Situationsbeschreibung Das Verhältnis von Herstellern zum Handel, insbesondere im Bereich der Produkte, die traditionell über den Lebensmitteleinzelhandel vertrieben werden, hat sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten dramatisch verändert. Es ist zunächst maßgeblich geprägt von einem starken Konzentrationsprozess im Lebensmitteleinzelhandel. Während noch vor gut 10 Jahren sieben Einzelhändler bzw. Handelsgruppen einen Marktanteil von knapp 70 % auf sich vereinigten, sind es nach den Untersuchungen des BKartA heute noch vier Händler, die über 80 % des Marktes auf sich vereinen. Damit ist ein Konzentrationsgrad erreicht, der über dem im Tankstellenbereich liegt (vgl. BKartA, 2011a, S. 21). Hinzu kommt, dass in Deutschland ein sehr hoher Anteil an Discount-Outlets die Einzelhandelslandschaft charakterisiert. Sie vereinen seit etlichen Jahren knapp 45 % des Absatzes auf sich. Die besondere Bedeutung dieses Umstandes ergibt sich daraus, dass sich die Discounter durch ein dramatisch reduziertes Sortiment auszeichnen, mit einem deutlichen, im Falle Aldi bisher nahezu ausschließlichen Fokus auf sog. Eigenmarkenprodukte. Für die Markenartikelhersteller steht damit de facto nur gut die Hälfte des Gesamtmarktes für den Absatz ihrer Produkte zur Verfügung. In der Konsequenz sind vielfach die beiden großen Einzelhandelsgruppen EDEKA und REWE zusammen für bis zu 80 % der Absätze und Umsätze von Markenartikelherstellern verantwortlich. Das allein indiziert eine Abhängigkeit der Markenartikelhersteller davon, ihre Produkte über die großen Lebensmitteleinzelhändler absetzen zu können. Umgekehrt ist der Umsatz der Händler keineswegs von einem Markenartik-

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ler abhängig. Selbst große Unternehmen stehen für einen Anteil von vielleicht 2 % des Gesamtumsatzes der Händler. Diese Konzentration im Handel hat in Deutschland keineswegs dazu geführt, dass die Versorgung über den Lebensmitteleinzelhandel im Laufe der Zeit schlechter geworden wäre. Nach wie vor gehört Deutschland laut A.C. Nielsen Handelspanel im europäischen Vergleich zu den Ländern mit der größten Verkaufsfläche für Lebensmittel je Einwohner, und in kaum einem europäischen Land existieren, bezogen auf die Einwohner, mehr Einkaufsstätten und insbesondere mehr Discounter. Die starke Präsenz von Discountern im deutschen Markt bringt neben einer Einschränkung der Absatzchancen für Markenhersteller weitere Rahmenbedingungen hervor, die das Verhältnis von Industrie und Handel in Deutschland kennzeichnen, denn jedenfalls absatzseitig sind Discounter und Vollsortimenter einem einheitlichen Markt zuzurechnen (BKartA, 2000b, 317). Die strikte Ausrichtung der Discounter auf ein relativ kleines Sortiment, die Auslegung ihrer Einkaufstätten und ihre relativ höhere Kapitalumschlagshäufigkeit, verschafft ihnen gegenüber dem Vollsortimenter einen strategischen Kostenvorteil. Das bedeutet, dass die Discounter selbst bei unterstellt gleichen Einstandspreisen ihren Kunden Waren günstiger anbieten können als Vollsortimenter. Auch wenn sich die Auswirkungen zunächst bei den von anderen Händlern angebotenen Handelsmarken im Preiseinstiegssegment zeigen, beschränken sie sich entgegen der Auffassung des BKartA (2000a, 314; 2008, S. 46) keineswegs auf diese. Die indirekte Wirkung der Preissetzung von Discountern bei Handelsmarken auch auf die Preissetzung der Vollsortimenter bei Herstellermarken hat die Monopolkommission (2012, Tz. 130, 1054) zutreffend beschrieben. Hierauf muss der Vollsortimenter reagieren und der Möglichkeit der Discounter begegnen, strukturelle Kostenvorteile auch an ihre Kunden weiterzugeben: zumindest in einigen Produktsegmenten müssen vergleichbare Abgabepreise angeboten werden können, in anderen ist eine höhere Marge notwendig, die sich am einfachsten durch übermäßig niedrige Einkaufspreise erzielen lässt; insgesamt muss die „Preisarchitektur“ für den Konsumenten nachvollziehbar bleiben, um nicht die eigene Glaubwürdigkeit zu gefährden. Tatsächlich sind entsprechende, machtbedingte Konditionenforderungen regelmäßig anzutreffen, die bestenfalls formal mit Leistungen des Handels gegenüber den Herstellern begründet werden, in Realität aber lediglich auf eine einseitige Absenkung der sog. „tripple-net“-Preise abzielen, die das Synallagma verschieben. Beispielhaft seien als gängige Begründungen etwa die Errichtung eines neuen Zentrallagers erwähnt, das zwar für den Händler die Versorgung seiner Einkaufstätten vereinfacht, für die Anlieferung durch den Hersteller aber keinerlei Kosteneffizienzen birgt, oder die Erweiterung der eigenen Distribution des Händlers, auch wenn sie nicht durch Neueröffnung von Einkaufstätten sondern die Übernahme von Märkten der Konkurrenz erfolgte und der alte Betreiber von dem individuellen Hersteller ein breiteres Sortiment in seinen Einkaufstätten führte (und in den verbleibenden weiter führt). Jubiläumsboni runden das Bild ab. Diesen Forderungen ist gemein, dass ihnen der warenwirtschaftliche Bezug fehlt bzw. sie originäre Händlerkosten auf die Hersteller abwälzen sollen. Regelmäßig kommt

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Hersteller und Handel im Wettbewerb

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gleichwohl eine Einigung zustande, weil der Hersteller die implizite oder explizite Ankündigung einer Auslistung insbesondere in Randsortimenten als Bedrohung seines Erfolges, wenn nicht seiner Überlebensfähigkeit betrachtet. Berichte wie die um die Auslistung von Krombacher bei Kaufland in 2012 oder der von der gleichen Gruppe hergestellten und vertriebenen Schweppes Produkte im Mai 2013 sind entsprechend selten. Bemerkenswert ist bei letzterem die Argumentation des Händlers: Kaufland spricht unmittelbar am Regal von ungerechtfertigten Preiserhöhungen aus der Sicht der Konsumenten und suggeriert damit zum einen eine nicht existente Automatik zwischen Preisveränderung zwischen Hersteller und Händler einerseits und Händler und Konsument andererseits. Zum anderen wird eine Interessenidentität von Händler und Konsument ausgedrückt, die doch zweifelhaft erscheint. Es ist nicht erkennbar, warum nicht das Verhältnis von Händler zu Konsument ebenso von Interessengegensätzen geprägt sein soll, wie das Verhältnis von Hersteller und Händler. Entsprechend wird also keineswegs mit der Auslistungsentscheidung zwingend den Interessen des Konsumenten Rechnung getragen, sondern vielmehr im Verhältnis Hersteller/Handel de facto die souveräne Entscheidung der Konsumenten, eine Preiserhöhung abzulehnen oder z. B. aufgrund verbesserter Rezepturen, veränderter Rohstoffpreise oder aus anderen Gründen auch zu akzeptieren, durch eigenes Gutdünken des Handels ersetzt. Es geht also um Macht- und Ertragsverteilung zwischen Hersteller und Händler. Das Vorstehende zeigt, dass generell gesprochen ein hoher Wettbewerbsdruck im Lebensmitteleinzelhandel herrscht, der an die Hersteller weitergegeben wird. Deshalb sahen und sehen sich beide Seiten veranlasst, gemeinsam an einer Erhöhung der Effizienz insbesondere in der Supply Chain zu arbeiten. Im Rahmen der GS1 Germany werden Standards entwickelt, die beispielsweise Scannerkassen erst ermöglichen, und es wird an einer Optimierung der Geschäftsprozesse gearbeitet. Das Ziel ist letztlich Kosten zu vermeiden, indem die Transaktionsprozesse idealiter „touchless“ ablaufen sollen und lediglich bei der physischen Warenbewegung tatsächlich „Hand“ angelegt werden muss. Für die Automatisierung von Bestellungen, Lieferavisen, Warenempfangsbestätigungen bis hin zur Rechnung liegen Standards vor, um durch Kosteneffizienzen dem Wettbewerbsdruck begegnen zu können, und sie werden zunehmend genutzt, während beim physischen Transport und dem Übergang der Waren aus der Verantwortung des Herstellers in die Verantwortung des Händlers die vollständige Automatisierung noch in weiter Ferne liegt. Aus der Sicht der beteiligten Unternehmen ist dabei diese technologische Entwicklung eine Folge des Wettbewerbsdrucks und weniger die von Wey (2011, S. 149) apostrophierte Grundlage für die Entstehung von Nachfragemacht. Daneben etabliert sich eine vielfältige Zusammenarbeit zwischen Herstellern und Handel, die gezielt Aufgaben so allokiert, dass sie, den jeweiligen strategischen Unternehmenskonzepten entsprechend, möglichst effizient bewältigt werden können. Angesichts der unterschiedlichen Lösungskonzepte im Wettbewerb liegt es auf der Hand, dass sich nicht – jedenfalls noch nicht – eine bestimmte Aufgabenzuweisung als vorrangig durchsetzt. Dies gilt noch verstärkt für einen warengruppenüber-

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greifenden Vergleich; Damenstrümpfe stellen andere Anforderungen an die Schnittstellen zwischen Industrie und Handel als Molkereiprodukte. In der Supply Chain sind hier an erster Stelle Konzepte wie VMI (Vendor Managed Inventories) und Consignment Stock bis hin zu Pay-on-Scan zu nennen, während Joint Planning, also die gemeinsame Absatzplanung noch kaum Verbreitung findet, auch wenn einzelne Marktteilnehmer sich massiv um die Verstärkung dieser Ansätze bemühen. Bei VMI verfügt der Hersteller über jeweils aktuelle Informationen über die Warenbestände beim Händler, beschränkt auf das von ihm gelieferte Sortiment, und löst auf der Basis der Kenntnisse von Abverkäufen und Bestandszielen des Händlers, den Saisonalitäten der Abverkäufe der betroffenen Produkte sowie der eigenen Lieferfähigkeit „Bestellungen“ aus. Wird ein solches Vorgehen mit Consignment Stock Konzepten verbunden, so handelt es sich lediglich um eine Bestandsverlagerung, während die volle Verantwortung für die Bestände, einschließlich etwaiger Verluste, beim Hersteller verbleibt. Sie geht bei Consignment Stock Vereinbarungen erst mit der Entnahme der konkreten Ware zur Verräumung in die Regale des Handels über; die Läger des Handels hingegen werden zu ausgelagerten Lägern der Hersteller. Consignment Stock Vereinbarungen sind jedoch von VMI-Konzepten unabhängig, auch wenn sie vielfach zusammenfallen dürften. Wiederum unabhängig davon muss die Frage beantwortet werden, wann der Hersteller dem Händler Ware in Rechnung stellt und damit Zahlungsziele zu laufen beginnen: die Vereinbarungen reichen vom Zeitpunkt der Verbringung der Ware in das Lager des Händlers über einen davon abhängigen späteren Zeitpunkt, insbesondere die Rückmeldung eine geprüften Warenempfangs vom Händler an den Hersteller, bis hin zur Verräumung der Ware in die Verkaufsregale oder gar zum Verkauf an den Konsumenten (Pay-on-Scan). Auf der Vertriebsseite des Handels ist als Form der Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Handel besonders Category Management zu nennen, also die Gestaltung des Sortiments und der Platzierung der Ware in den Regalen des Händlers. Hier übernimmt ein Hersteller als Category Advisor eine Beratungsfunktion gegenüber dem Händler, da er aufgrund der regelmäßig geringeren Breite seiner Produktportfolios tieferen Einblick in die einzelnen Produktmärkte des Portfolios hatte. Diese Beratung trifft, wie der Name sagt, nicht nur die jeweils eigenen Produkte des Herstellers sondern die gesamte Kategorie, regelmäßig jedoch mit Ausnahme von Eigenmarkenprodukten der Händler. Auch wenn dem Händler die Letztentscheidung über die Umsetzung der Empfehlung verbleibt, ist ein gewisser Einfluss der Hersteller auf die Sortimentsgestaltung und den Abverkaufserfolg einzelner Produkte nicht zu verkennen. Orientierungsmaßstab ist aber nicht der Absatzerfolg des Herstellers, er wird vielmehr quasi zum Unternehmensberater des Händlers. Der Vorteil für beide Seiten besteht in der verbesserten Nutzung vorhandener Informationen und einem infolge von Category Management häufig verstärkten Absatz in der betreffenden Kategorie. Neben diese Formen der Kooperation, die dauerhaft erfolgreich nur auf Augenhöhe praktiziert werden können, treten Konzepte, die betriebswirtschaftlich als ver-

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tikale Integration zu bewerten sind, wie sie von Hampe (2013) beschrieben wurde. Nicht nur in den Warenhäusern finden sich shop-in-shop Ansätze, bei denen der Händler wirtschaftlich weitgehend als Vermieter von Verkaufsfläche und Dienstleister für die Abrechnung gegenüber dem Konsumenten auftritt. Im Lebensmitteleinzelhandel sind hier an erster Stelle die Tchibo-Regale zu nennen. Aber auch die Vorgehensweise z. B. des Zigarillo-Produzenten Dannemann geht in diese Richtung: regelmäßig überprüft der Außendienst des Herstellers die Frische der Ware und tauscht sie ggf. aus. Weit verbreitet sind auch Bestrebungen der Rückwärtsintegration durch den Handel. So hat Lidl eine eigene Schokoladenfertigung aufgebaut, Edeka sich zum größten deutschen Bäcker und Fleischverarbeiter entwickelt und in 2012 mit Elro einen Safthersteller übernommen. Eigenmarken sind ein weiteres Element, mit denen der Handel eine vertikale Integration durchführt. Die Hersteller, soweit sie nicht ohnehin zu den Händlern gehören, werden zu reinen Lohnfertigern für den Handel, der auch als Produktverantwortlicher gegenüber dem Konsumenten auftritt. Auf diese Weise versucht er, die Konsumentenloyalität für die eigenen Einkaufstätten zu erhöhen und erreicht gleichzeitig eine Verbesserung seiner Verhandlungspositionen gegenüber dem Markenartikelhersteller (Wey, 2011, S. 155). Diese Konzepte sind insgesamt dadurch gekennzeichnet, dass sie die ursprünglich klare Trennung zwischen den Verantwortlichkeiten von Hersteller und Händler aufheben und die beiden Protagonisten der Wertschöpfungskette in einen Funktionenwettbewerb eintreten. Die Realität hat sich, erzwungen nicht zuletzt durch den Wettbewerbsdruck, längst von der „Stufenreinheit“ eines klassischen Dreistufenmodells des Absatzes aus Produktion, Großhandel und Einzelhandel entfernt, wie Hampe (2013, S. 22) zutreffend betont. Diese Funktionenvermischung ist bisher in der wettbewerbspolitischen und -rechtlichen Bewertung der Industrie-Handelsbeziehungen nicht oder zumindest nur unzureichend reflektiert. Zu finden ist sie nahezu ausschließlich bei den schon länger bekannten, von den Herstellern ausgehenden Durchbrechungen der Stufenreinheit durch Kommission- oder Handelsvertretermodelle, selektive Vertriebsmodelle etc., die genauer in den Vertikalleitlinien der Europäischen Kommission beschrieben sind. Martinek (2013, S. 15) heißt diese beschränkte Berücksichtigung gut: „Die Antagonismen, von denen die Markt- und Wirtschaftsebenen im Stufenbau des vertikalen Absatzgefüges trotz aller Stufenverwischungen und Stufenverzahnungen nach wie vor geprägt sind, lassen sich nicht durch Beschwörungen einer vertikalen Absatzkooperation schön- oder gar wegreden, nur um faktisch die Macht der Hersteller gegenüber dem Handel ungezügelter entfalten zu können.“

Er verkennt dabei, dass heute längst nicht mehr eine Übermacht der Hersteller einer zersplitterten, ohnmächtigen Handelslandschaft gegenübersteht, sondern sich die Gewichte zu Gunsten des Handels verschoben haben. Heute liegen, wie jetzt auch die Monopolkommission (2012, Tz 1121) in ihrem 19. Hauptgutachten zu-

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treffend festgestellt hat, die Voraussetzungen von Nachfragemacht des Handels gegenüber den Herstellern vielfach vor. III. Nachfragemacht des Handels Aufbauend auf dieser Feststellung werden nachstehend zentrale Argumente näher untersucht, die in der Diskussion um die Existenz von Nachfragemacht immer wieder aufgegriffen werden. Ausgangspunkt ist dabei die Tatsache, dass die jeweilige Umsatzbedeutung, die Lieferant und Händler wechselseitig füreinander haben, ein wesentlicher Indikator für Nachfragemacht ist, aber eben nicht der einzige relevante Faktor. Die weiteren Faktoren, die als die Machtverhältnisse beeinflussend genannt werden, werden im Wesentlichen gegen eine Existenz und Ausnutzung von Nachfragemacht ins Feld geführt. Dabei treten besonders zwei Argumente in den Vordergrund: (1) die Hersteller verfügten über attraktive Marken, die zu einem Vorverkauf der Produkte führten und bewirkten, dass die Händler auf die Marken gar nicht verzichten könnten (must-stock Produkte), und (2) den Herstellern stünden hinreichend alternative Absatzkanäle außerhalb des LEH zur Verfügung, einschließlich etwa des Exports. Die Monopolkommission (2012, Tz 1070) ergänzt in ihrem jüngsten Hauptgutachten, (3) die vergleichsweise deutlich höhere Konzentration des Handels gegenüber den Herstellern gebe nur unzureichend Aufschluss über die tatsächlichen Machtverhältnisse, da davon auszugehen sei, dass der größere Teil der knapp 6.000 Unternehmen der Ernährungsindustrie aufgrund zu geringer Größe und fehlenden Vermarktungs-Know-hows als Lieferanten ausfalle. Bei näherer Betrachtung verfangen die Argumente nicht. 1. Must-stock Produkte Die Annahme, Markenartikelhersteller verfügten über Produkte, die der Handel zwingend führen müsse, klingt zunächst angesichts der Bekanntheit bestimmter Marken plausibel. Die über Jahrzehnte verfolgte Politik von Aldi verdeutlicht jedoch, dass ein Händler auch ohne Markenartikel erfolgreich sein kann. Bei der Entscheidung, Markenartikel in einem bestimmten Umfang im Sortiment zu führen, handelt es sich vielmehr um eine strategische Entscheidung des jeweiligen Händlers, der keine andere Relevanz beigemessen werden dürfte, als der Entscheidung eines Herstellers, seine Markenartikel im Massengeschäft, also letztlich über alle relevanten Händler zu distribuieren. Es zeigt, dass eine einfache Übersetzung des englischen Begriffs wohl nicht zu aussagefähigen Ergebnissen führt. Gleichzeitig ist aber auch das Verständnis vom Institut für Handelsforschung/BBE Retail Experts (2009, S. 158) für die Frage der Bestimmung von Nachfragemacht wenig zielführend:

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„Im Rahmen der durchgeführten Konsumentenbefragung gilt ein Produkt dann als muststock-product, wenn es im Vergleich zu den anderen abgefragten Marken überdurchschnittlich bekannt ist, überdurchschnittlich häufig im Sortiment erwartet und überdurchschnittlich häufig gekauft wird“.

Eine auf durchschnittlichen Sortimentserwartungen und Absatzmengen basierende Definition ist kaum geeignet, eine Aussage darüber zu treffen, ob das betreffende Produkt dazu beiträgt, die Verhandlungsposition des Herstellers nachhaltig zu verbessern und Nachfragemacht des Händlers zu kompensieren. Sie besagt nichts dazu, wie sich die wirtschaftliche Situation des Händlers bei einer vorübergehenden Auslistung des Produktes verändert. Die Definition des Landbouw-Economisch Instituut (2011, S. 42), ein must-stock Produkt liege vor, wenn „consumers are not willing to buy another brand or private label equivalent, and so failing to stock the item means that the retailer may forego sales,“

wählt mit der Anbindung an Umsatzverluste hingegen einen Ausgangspunkt, der zu einer solchen Aussage beitragen kann. Allerdings bleibt auch sie unvollständig. Zusätzliche Fragen müssten beantwortet werden, um ein zutreffendes Bild zu erhalten: beziehen sich die Umsatzverluste ausschließlich auf die Warengruppe oder greifen sie auf andere über? Kommt es aufgrund der Umsatzverluste zu negativen Veränderungen von relevanten betriebswirtschaftlichen Kenngrößen wie Margen, Stücknutzen, Flächenproduktivität etc., oder verbessern sich diese eventuell sogar? Erst mit Antworten hierauf kann die relative Attraktivität der besten Alternativen bestimmt, der Vergleich der Geschäftsergebnisse von Käufer und Verkäufer einerseits mit Abschluss des fraglichen Geschäfts und andererseits ohne diesen Erfolg vollzogen werden. Immerhin mögen aber Umsatzverluste, insbesondere wenn sie über die konkrete Warengruppe hinausgehen, tatsächlich eine valide Annäherung darstellen. Dem hat sich das Institut für Handelsforschung/BBE Retail Experts (2009, S. 169 ff.) im Auftrag des Handelsverbandes Deutschland mit einer Umfrage unter Konsumenten genähert und kommt zu dem Ergebnis, eine erhebliche Zahl von Kunden würden beim Fehlen des bevorzugten Markenartikels das Geschäft verlassen. Das tatsächliche Einkaufsverhalten der Konsumenten zeigt in den Analysen der GfK allerdings ein anderes Bild (Haller/Twardawa, 2013, S. 18). Der Verbraucher wählt beim Einkauf typischerweise aus einem relevanten Produktset aus, das durchschnittlich ca. drei verschiedene (Marken-) Produkte der gleichen Warengruppe umfasst; findet er das von ihm bevorzugte Produkt nicht, greift er auf seine zweitbeste Alternative zurück, bevor er das Geschäft verlässt. Damit aber sind, wie das Landbouw-Economisch Instituut (2011, S. 42) feststellt, nur wenige Produkte tatsächlich must-stock Produkte. In größerem Detail konnten Heimeshoff/Klein (2013) die Situation eines tatsächlichen Verhandlungs- bzw. Geschäftsabbruchs kleinerer Hersteller gegenüber einem großen Händler in Deutschland analysieren. Legt man annäherungsweise die Umsatzverluste des Händlers durch eine Auslistung seitens des Herstellers zugrunde,

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so scheint hier tatsächlich ein must-stock Produkt vorzuliegen. Der Analyse liegt der zeitlich befristete Abbruch der Belieferung eines Händlers durch zwei lokale Brauereien zugrunde. Als eine der wenigen Voraussetzungen für deren Verhandlungsmacht – sie sprechen nicht von must-stock Produkten – führen die Autoren den (relativ hohen) regionalen Marktanteil der Brauereien auf. Während damit ein wichtiges Element genannt wird, werden andere Aspekte bestenfalls erwähnt, jedoch nicht näher betrachtet. Schon die Ausgangssituation bei Heimeshoff/Klein (2013, S. 6) zeigt aber Besonderheiten: „In particular, there were two independent breweries each offering one beer brand (brand a from supplier a and brand b by supplier b).“

Ein solches Einproduktunternehmen ist nicht der Regelfall. Vielmehr vertreiben Hersteller typischerweise ein ganzes Portfolio an Produkten, auch unter unterschiedlichen Marken oder zumindest Submarken. Die einzelnen Produkte weisen häufig eine deutlich unterschiedliche Marktposition auf, sind aber für den Hersteller zur Auslastung der Produktionskapazitäten aus Vermarktungsgesichtspunkten oder sonstigen Gründen jedes für sich von großer Bedeutung. Entgegen Heimeshoff/ Klein (2013, S. 3) sind solche Situationen für die Bestimmung der Verhandlungsstärke aber relevant, denn verhandelt wird nicht auf einer „individual product or product group basis“, sondern eben auf der Basis der gesamten Geschäftsbeziehungen zwischen den Unternehmen, die auch der Bewertung der Verhandlungsstärke zugrunde zu legen sind. Die Verhandlungsstärke des Herstellers kann dabei nur so groß sein, wie es sein schwächstes Produkt zulässt. Schlussfolgerungen, die für ein Einproduktunternehmen gezogen werden, können daher auf die Situation von Mehrproduktoder gar Mehrmarkenunternehmen nicht übertragen werden. Bis hierher wurde herausgearbeitet, dass Markt- und/oder Markenstärke des Herstellers seine Verhandlungsposition gegenüber dem Handel verbessert. Aber kann daraus gefolgert werden, dass sie über eine überlegene Verhandlungsmacht verfügen, wie Heimeshoff/Klein (2013) in ihrem Abstract nahelegen, kann das Nachfragemacht des Handels widerlegen? Wenn sich mit der Monopolkommission (2012 Tz 1121) Verhandlungsmacht in der relativ besseren Abbruchoption einer der beiden Verhandlungspartner ausdrückt, so besagen die Konsequenzen, die ein Abbruch der Geschäftsbeziehungen auf einen der beiden Geschäftspartner hat, zunächst einmal über diese Feststellung hinaus wenig. Erst wenn auch die Auswirkungen des Abbruchs auf den anderen Teil analysiert und beides miteinander verglichen ist, lässt sich eine Aussage darüber treffen, wer tatsächlich die besseren Abbruchoptionen hat. Selbst wenn sich der Händler einem must-stock Produkt gegenüber sieht, ist damit doch noch lange nicht eine überlegene Verhandlungsmacht des Händlers ausgeschlossen, sondern allenfalls eine besonders sorgfältige Analyse der Geschäftsbeziehungen induziert.

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2. Alternative Absatzkanäle Die Alternativen der Markenartikelhersteller zum Absatz seiner Markenprodukte über den Lebensmitteleinzelhandel erscheinen vielfältig: Fleischereigeschäfte, Großverbraucher, der organisierte Großhandel u. a. kommen als Absatzkanal in Betracht und werden von den Herstellern auch vielfältig genutzt. Gleichwohl kann die Existenz dieser Kanäle als solcher nicht dazu beitragen, Nachfragemacht zu verneinen. Weder einzeln noch in Summe wären diese Kanäle in der Lage, zusätzlich zu den Produkten, die ohnehin schon über sie vertrieben werden, einen wegfallenden Umsatz mit dem Lebensmitteleinzelhandel kurzfrist aufzufangen, selbst wenn sich der Hersteller gehörig anstrengt, um bestehende Möglichkeiten tatsächlich auszuschöpfen. Das aber ist das entscheidende Kriterium im Falle des Abbruchs von Verhandlungen: nur wenn und soweit Absatzkanäle in der Lage wären, kurzfristig einen Umsatzausfall im Lebensmitteleinzelhandel zu kompensieren, handelt es sich um Alternativen, die die Verhandlungssituation der Hersteller verbessert. Daneben könnte der Export eine relevante Alternative sein. Es muss jedoch bezweifelt werden, ob er kurzfristig zur Kompensation wegbrechender Umsätze in der Lage wäre. Beim Export in andere Mitgliedstaaten der EU trifft der Hersteller auf ähnlich, zum Teil sogar noch stärker konzentrierte Nachfragemärkte wie bzw. als in Deutschland. Die Geschäftsprozesse beim Export unterscheiden sich aufgrund regelmäßig größerer Entfernungen, anderer Geschäftsgewohnheiten und sonstiger Gegebenheiten deutlich von denen beim Vertrieb in Deutschland, die einen langfristigen Aufbau des Exports erfordern. Das führt dazu, dass an Produkte, Deklarationen, Verpackungen und Gebinde vielfach andere Anforderungen gestellt werden als auf dem heimischen Markt. Wenn ein Hersteller in erheblichem Umfang bereits exportiert, dann mag das im Einzelfall die Abhängigkeit von deutschen Händlern gar nicht erst entstehen lassen; gesteigerter Export kann aber kein kurzfristiger Ersatz für wegbrechende Umsätze im deutschen Lebensmitteleinzelhandel sein. Zweifelhaft erscheint die Einbeziehung aber auch aus einem anderen Grund: mit dem Export verlässt der Hersteller den deutschen Markt. Selbst wenn es ihm gelänge, sich auf diese Weise der Nachfragemacht zu entziehen, ist dem Wettbewerb in Deutschland damit nicht gedient, käme der Konsument nicht mehr in den Genuss der Produkte. Als weitere Alternativen könnte der Hersteller von Produktion und Vertrieb seiner eigenen Markenprodukte auf Produktion von Eigenmarken des Handels umstellen. Das aber bedeutete, dass er sein eigenes Geschäftsmodell vollständig verändert und von einem eigenständigen Akteur auf dem Markt zu einem Dienstleister im Hintergrund wird. Und selbst dann verringert er seine Abhängigkeit vom Lebensmitteleinzelhandel dadurch nicht, denn es sind ja gerade diese Händler, für die er dann als Lohnfertiger arbeiten würde. Eine veränderte Marktsituation ergibt sich nicht. Auch die Produktpalette ließe sich verändern. Anstelle von Wurstwaren für den menschlichen Verzehr könnte der vielfach zitierte kleine Wurstwarenhersteller Tiernahrung herstellen, dort möglicherweise auf einen offeneren Abnehmerkreis treffen. Aber auch hier stellt sich die Frage, ob dies wirklich gewollt ist.

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Gerade die Diskussion um Export und alternative Produkte als Aspekte zur Verneinung von Nachfragemacht zeigt, dass wettbewerbspolitisch die Wertungsfrage gestellt werden muss, ob ein Ausweichen eines Herstellers auf andere Märkte noch zu den Alternativen zählt, die vom Hersteller verlangt werden kann bzw. sollte. Ginge es „lediglich“ um den Schutz des betreffenden Unternehmens, wäre diese Frage wohl zu bejahen. Eine negative Veränderung der Wettbewerbssituation würde es aber gleichwohl zur Folge haben. Eine klare Antwort liegt bisher nicht vor; sie sollte den relevanten Markt als Rahmen für Ausweicherfordernisse vorsehen. 3. Tatsächlicher Konzentrationsgrad in der Industrie Die Unternehmenszahlen und Konzentrationsgrade in Konsumgüterindustrie und Lebensmitteleinzelhandel scheinen auch für die Monopolkommission (2012, Tz 1070) ein zunächst dramatisches, tatsächlich aber korrekturbedürftiges Bild zu geben: Es träfe zwar zu, dass „der Lebensmitteleinzelhandel im Inland deutlich stärker konzentriert ist als große Teile der Ernährungsindustrie, und dass den führenden Handelsunternehmen auf den Beschaffungsmärkten überwiegend eher mittelständische Hersteller gegenüberstehen. Gleichwohl verzerrt dieser Blick die Realitäten. Ein Großteil der Umsätze des Lebensmitteleinzelhandels auf den Beschaffungsmärkten wird mit einer relativ kleinen Anzahl von Unternehmen der Ernährungsindustrie getätigt. Es ist davon auszugehen, dass der größere Teil der knapp 6.000 Unternehmen der Ernährungsindustrie wegen ihrer Größe und den damit verbundenen Kapazitätsrestriktionen sowie dem fehlenden Vermarktungs-Know-how als Lieferanten des Lebensmitteleinzelhandels nicht infrage kommen.“

Die Monopolkommission stützt sich inhaltlich auf die Aussage von Lademann im Rahmen einer Expertenanhörung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages am 5. Juli 2010. Ca. 6 Monate zuvor kam Lademann (2010) allerdings noch zu anderen Ergebnissen. Nach einer telefonischen Befragung waren knapp 80 % der Unternehmen der Ernährungswirtschaft bei einem der Großen des Lebensmitteleinzelhandels gelistet. Das ist plausibel; wenn sie den Lebensmitteleinzelhandel nicht bedienen könnten, wie könnten sie ansonsten außerhalb des Direktvertriebs agieren. Entsprechend konstatiert auch das Institut für Handelsforschung/BBE Retail Experts (2009, S. 112), die Top 100 Unternehmungen realisierten in den relevanten Produktgruppen FMCG einen Umsatzanteil von 49,5 %. Immerhin die Hälfte des Umsatzes entfällt also auf kleinere Unternehmen, für die sich das Problem der Nachfragemacht ihrer großen Abnehmer in besonderer Weise stellt. 4. Schlussfolgerung Im Ergebnis gilt daher mit Lademann (2012, S. 166): „Markenhersteller (Industrie- und Handelsmarken) sind daher auf eine Listung im Lebensmittelhandel, in einzelnen Produktbereichen (Drogeriewaren), aber auch auf den Zugang zum FSH angewiesen. Erst der Vertrieb über diese Kanäle garantiert den Absatz von Volu-

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mina und entsprechende Auslastungseffekte, die gleichzeitig die Lieferanten in die Lage versetzen, auch kleinere Absatzkanäle zu beliefern.“

Beispielhafte Ergebnisse dieser Machtkonstellation sind oben bereits aufgeführt. Für das einzelne Unternehmen sind sie unmittelbar nachteilig. Für den Wettbewerb sind in theoretischer Analyse die Auswirkungen ambivalent (Monopolkommission 2012, Tz 1092 ff.; DIW 2010). Allein die theoretische Ambivalenz der Ergebnisse sollte Grund genug für die Wettbewerbspolitik sein, sich mit Nachfragemacht intensiv auseinanderzusetzen und den Gefahren entgegenzuwirken, dass sich die Risiken tatsächlich realisieren. Es dabei bewenden zu lassen, dass negative Effekte empirisch bisher nicht nachweisbar sind, wie die Monopolkommission (2012 Tz 1087) nahelegt, wäre sträflich. Darauf zu warten, dass negative Effekte empirisch nachweisbar, weil schon eingetreten sind, heißt, das Kind in den Brunnen fallen zu lassen, bevor über Sicherungsmaßnahmen nachgedacht wird. Ein solches Vorgehen wäre nur hinnehmbar, wenn der Erfolg von Reparaturmaßnahmen unzweifelhaft und die Kosten für die Wiederherstellung von Wettbewerb gering wären. Der schwierige Weg von ehemaligen (oft staatlich gewährten) Monopolen hin zu einem wettbewerblich verfassten Markt in anderen Branchen legt aber das Gegenteil nahe. Ziel muss es daher sein, im Vorfeld die richtigen Maßnahmen zu ergreifen, um den Wettbewerb vor negativen Effekten von Nachfragemacht zu schützen. Der Verantwortung stellen sich aktuell Hersteller und Handel auf europäischer Ebene im sog. Multi-Stakeholder-Dialog. Gemeinsam haben sie Prinzipien guter Geschäftspraktiken und Beispiele fairen und unfairen Verhaltens erarbeitet; diese wurden von der Generaldirektion Unternehmen und Industrie der Europäischen Kommission unter http://ec.europa.eu/enterprise/sectors/food/files/competitiveness/ good_practices_en.pdf veröffentlicht. Die Ergebnisse sind einerseits hinreichend offen, um eine Beschränkung des Wettbewerbs zu vermeiden und flexible Lösungen für spezifische Situation bereitzuhalten. Andererseits geben insbesondere die Beispiele hinreichend Maßstäbe an die Hand, um konkrete Verhaltensweisen unter Berücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalles bewerten zu können. Sie tragen damit wesentlichen Bedenken von Bornkamm (2012) Rechnung und geraten nicht selbst zur Wettbewerbsbeschränkung. Gleichzeitig waren die Parteien des Dialogs bemüht, Fehler früherer Initiativen wie etwa der „Gemeinsamen Erklärung der Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft“ zu vermeiden. Sie haben einen Mechanismus erarbeitet, der darauf abzielt, eine Verpflichtung einzelner Unternehmen auf die Geschäftsprinzipien zu erreichen und diese nicht zu einem bloßen Lippenbekenntnis werden zu lassen. Die Initiative verfügt zwar über keinen unmittelbaren Sanktionsmechanismus bei materiellen Verstößen. Immerhin aber gewährleistet eine dezidierte jährliche Berichterstattung und mit Ausschluss aus der Initiative sanktionierte Prozessverpflichtungen, dass Marktteilnehmer und andere Interessierte sich ein Bild vom Verhalten der Branche machen und entsprechend reagieren können. Dieser Initiative sollte schon aufgrund ihrer Flexibilität gegenüber einer starren Regulierung durch den europäischen oder nationalen Gesetzgeber, wie sie die Kommission (2013) in Erwägung zieht, ein deutlicher Vorrang eingeräumt werden.

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IV. Wettbewerbliche Probleme von Eigenmarkenprodukten des Handels Eigenmarkenprodukte des Handels als ein wesentliches Element zur Stärkung der Verhandlungsmacht der Händler sind oben bereits kurz erwähnt worden. Doch darauf beschränkt sich die Wirkung von Handelsmarken keineswegs. Aus der Sicht von Markenartikelherstellern sind Handelsmarken zunächst und vor allem schlicht Konkurrenzprodukte zu den Herstellermarkenprodukten. Insoweit werden sie nicht wesentlich anders gesehen als die Produkte anderer Markenartikelhersteller. Eine Besonderheit ergibt sich aber daraus, dass die Händler über Eigenmarkenprodukte nicht mehr nur als Kunden erscheinen, sondern zugleich auch als Wettbewerber. Diese Doppelfunktion verschafft ihnen eine privilegierte Stellung. Anders als Wey (2011, S. 155) vermutet, ist es nicht der Vergleich von Produkten, nicht der Wettbewerb als solcher, den die Markenartikelhersteller zunehmend kritisch sehen, sondern seine Beeinflussung aus der Doppelfunktion der Händler. 1. Doppelfunktion des Handels aufgrund von Eigenmarken als tatsächliches Phänomen Die Eigenmarkenprodukte des Handels sind, wie der Name nahelegt, allein dadurch definiert, dass die Marke, unter der sie vertrieben werden, einem Händler gehört. Die aus der Marke resultierende Zuordnung der Produkte als solche des Markeninhabers vollzieht das Produkthaftungsgesetz explizit nach, wenn es in § 4 Abs. 1 S. 2 ProdHaftG heißt: „Als Hersteller gilt … jeder, der sich durch das Anbringen seines Namens, seiner Marke oder eines anderen unterscheidungskräftigen Kennzeichens als Hersteller ausgibt.“

Der Händler begibt sich also auf eine Wertschöpfungs- und Verantwortungsebene mit dem Markenartikelhersteller. Gleichzeitig bleibt er beim Vertrieb von Herstellermarkenprodukten sein Kunde. Damit stehen Informationen aus der Lieferbeziehung und ihre Verwendung für Eigenmarken im Zentrum des Interesses. Beispielhafte anonyme Zitate von Markenartikelherstellern mögen die Fragestellung illustrieren. „Nachdem ich unser neues Produkt … [dem Händler] vorgestellt und erläutert hatte, erhielten wir etwa eine Woche später die Aufforderung, uns an einer Ausschreibung für die Herstellung von Handelsmarken zu beteiligen. [Der Händler] schickte uns genau die Produktinformationen mit der Aufforderung zu, mit denen ich unsere Innovation vorgestellt hatte.“ „Spezielle durch den Handel durchgeführte Audits werden dafür genutzt, sich Spezialwissen bei Markenherstellern zu eigen zu machen, um Eigenmarkenproduktionen zu optimieren.“ „[Der Händler] nutzt seine Transparenz über Preise, Kosten und Vermarktungsaktivitäten aktiv und gezielt für die Positionierung seiner Handelsmarken.“

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In den ersten Beispielsfällen handelt es sich um die von Allain/Chambolle/Rey (2011) beschriebene Imitationssituation, im letztgenannten um eine Anlehnung nicht an das Produkt, aber doch an die (preisliche) Produktpositionierung. In allen Fällen nutzt der Händler wettbewerblich sensible Informationen, die er aus der Kundenbeziehung zum Markenartikelhersteller gewonnen hat, um Vorteile für seine Eigenmarken zu erreichen. In der Vertikalbeziehung ist diese Kommunikation entweder notwendig oder im Wettbewerb zumindest sinnvoll. Zwischen Wettbewerbern hingegen müsste ein solcher Informationsaustausch wohl als wettbewerbsverfälschend und verboten gewertet werden. 2. Wettbewerbsverhältnis durch Doppelfunktion des Handels Die Entscheidungspraxis sowohl des BKartA wie der Kommission (beispielhaft: BKartA, 2010b; BKartA, 2011b; Kommission, 2001) betrifft die Zusammenschlusskontrolle und muss damit für das Vertriebskartellrecht keineswegs zwingend gelten. Immerhin aber zeigt diese Praxis, dass eher ein horizontales Wettbewerbsverhältnis zwischen Herstellermarken und Handelsmarken angenommen wird. Selbst wenn die Behörden unterschiedliche Märkte feststellen, konstatieren sie ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Produkten. Dieses Verhältnis zwischen den Produkten ist alles, was für den Verbraucher maßgeblich ist. Für ihn ist nicht erkennbar, ob Hersteller und/oder Händler ihm rechtlich im Kaufvertrag gegenübertreten. Kommissionskonzepte, wie das von Tchibo im LEH, Shop-in-Shop Konzepte insbesondere im Warenhaus treten unterschiedslos neben den traditionellen Handel. In allen Fällen wählt der Konsument zwischen konkurrierenden Produkten und bezahlt einheitlich an der Kasse. Dass die rechtlichen Konstrukte differieren, kann in der wirtschaftlichen und kartellrechtlichen Beurteilung keinen Unterschied machen. Ansonsten wäre ein Informationsaustausch über Schokolade zwischen Lidl und Lindt anders zu bewerten als derjenige zwischen Edeka und Mondélez (Milka), denn Lidl betreibt im Konzern eine eigene Schokoladenproduktion und ist somit in jedem Fall (auch) Hersteller. Edeka hingegen bliebe ausschließlich Händler. Gegen ein horizontales Wettbewerbsverhältnis zwischen Markenhersteller und dem Handelsmarken verantwortenden Händler kann entgegen Möschel (2013, S. 573 f.) nicht angeführt werden, die Annahme eines einheitlichen Marktes Hersteller- und Handelsmarken im Rahmen von Produzentenzusammenschlüssen und das Verbot der Preisbindung zeige, dass Markenartikelhersteller nicht auf derselben Ebene der Wertschöpfungskette tätig seien wie die Händler. Selbst bei Verkauf von Waren über einen Händler, der nicht als „Agent“ des Herstellers fungiert, treten sowohl der Markenartikelhersteller wie auch der Handelsmarken vertreibende Händler dem Konsumenten unmittelbar als Wettbewerber gegenüber: Beide kommunizieren an den Konsumenten, beide sind verantwortlich für die Qualität und die Beschaffenheit ihrer Produkte. Von den 4 P (Product, Place, Price, Promotion), mit denen wesentliche Wettbewerbsparameter beschrieben werden können, bestimmt der

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Händler für den Markenartikel „lediglich“ eine Hälfte, während die zweite Hälfte in der Hoheit des Markenartikelherstellers liegt. Kartellrechtlich mögliche Höchstpreisbindungen zeigen zudem, dass selbst ein begrenzter unmittelbarer Einfluss des Herstellers auf den Wettbewerbsparameter Preis vorhanden ist. Möschel (ebenda) behauptet weiter, aus der Vertriebssituation von Handelsmarken, die ausschließlich bei einem Händler geführt würden, ergebe sich eine grundlegend andere wettbewerbliche Gefährdungslage. Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil die tatsächlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind. Das Beispiel des Verkaufs von dm-Eigenmarken bei Amazon seit Sommer 2011 (Lebensmittelzeitung.net, 2011) zeigt, dass der ausschließliche Vertrieb über den jeweiligen (Einzel-) Händler möglicherweise typisch ist für Handelsmarken, aber eben keineswegs zwingend. Dass sich Eigenmarken eines Großhändlers im Verkauf an den Konsumenten in einer Vielzahl von Einkaufstätten des Einzelhandels finden, ist geradezu selbstverständlich. Umgekehrt ist dieselbe Exklusivitätssituation auf Seiten der Hersteller nicht nur denkbar, sondern Realität. So werden etwa in der Textilbranche auch Markenprodukte mitunter in Lohnfertigung hergestellt, mit einer engen Qualitätsund Prozesskontrolle durch den Auftraggeber. Diese Produkte werden zunächst ausschließlich durch den Auftraggeber weitervertrieben. Gleichwohl erscheint es unzutreffend, ein Wettbewerbsverhältnis zwischen ihm und dem integrierten Hersteller mit Eigenfertigung zu negieren. Das aber wäre die Konsequenz von Möschels Argumentation. Zwar wird weder der Hersteller zum Händler noch verliert der Händler seine Handelsfunktion, nur weil er (auch) Handelsmarken anbietet. Jedoch tritt neben die vertikalen Lieferbeziehungen für die vom Hersteller gelieferten Markenartikel beim Vertrieb von Handelsmarken ein horizontales Wettbewerbsverhältnis, das es als solches zu erkennen und zu behandeln gilt. Diese Differenzierung ist auch in der Vertikal-GVO (VO (EU) Nr. 330/2010, ABl. L-2010, 102/1) und den Vertikalleitlinien (Leitlinien für Vertikale Beschränkungen, ABl. C-2010, 130/1) angelegt und sollte entsprechend auch in der Praxis Berücksichtigung finden. In Randziffer 27 der Vertikalleitlinien scheint die Kommission davon auszugehen, dass die Kunden-Lieferanten-Beziehung dominieren und der horizontale Aspekt vernachlässigt werden müsse, wenn dort festgehalten wird, dass ein Händler nicht als Hersteller von Eigenmarkenwaren anzusehen sei. Das steht allerdings, wenn es nicht auf die spezifische Situation begrenzt wird, im Widerspruch zu Artikel 1 Abs. 4 der Vertikal-GVO, nach der die Freistellung für vertikale Vereinbarungen eben nicht für Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern gilt und die Ausnahmen in den Buchstaben (a) und (b) die Konstellation des Vertriebs von Handelsmarken durch einen Händler gerade nicht abdecken. Aus dieser Vorschrift könnte umgekehrt gefolgert werden, dass das Verhältnis zwischen einem Markenhersteller und einem Händler, der Eigenmarken vertreibt, nicht als vertikales bewertet werden kann. Auch eine solche Position erscheint aber weder sinnvoll noch geboten. Richtig dürfte vielmehr sein, auf die konkrete Situation abzustellen und sich insoweit den

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Umstand zunutze zu machen, dass Artikel 1 Abs. 1 Buchstabe (a) der Vertikal-GVO in der Definition einer vertikalen Vereinbarung danach fragt, ob die betreffenden Unternehmen „für die Zwecke der Vereinbarung“ auf unterschiedlichen Ebenen der Produktions- oder Vertriebskette tätig sind. Eine solch differenzierende Betrachtung wird auch in Rz. 210 der Vertikalleitlinien aufgegriffen, die sich mit Category Management beschäftigt. In den Beispielsfällen stellt dann richtigerweise der Informationsaustausch zwischen Hersteller und Händler einen zulässigen und sinnvollen vertikalen Informationsaustausch und keinen Wettbewerbsverstoß dar. Es müsste allerdings sichergestellt sein, dass die Informationen eben nicht für den Handelsmarkenbereich des Händlers genutzt werden, um nicht die Verwendung der Informationen durch den Händler als kartellrechtlich problematisch zu bewerten. Der Informationsaustausch zwischen Markenartikelhersteller und Händler ist also zunächst vertikal; er kann allerdings horizontal werden, wenn die Informationen für die konkurrierenden Handelsmarken verwendet werden. Insoweit ist es zu begrüßen, wenn die Kommission (2013, S. 3) jetzt im Zusammenhang mit Vertriebsfragen ausdrücklich anerkennt, durch die Handelsmarken würden Händler zu unmittelbaren Wettbewerbern ihrer Lieferanten; welche Konsequenzen die Kommission zukünftig aus dieser Erkenntnis ziehen wird, bleibt abzuwarten. Festzuhalten ist an dieser Stelle zunächst, dass es sich bei dieser Doppelstellung der Händler als Kunde und Wettbewerber und den beispielhaft aufgezeigten Verhaltensweisen tatsächlich um eine wettbewerbliche Fragestellung handelt. Es zeigt sich, dass im Handel mit Eigenmarken signifikant schneller Nachahmerprodukte zu Produktinnovationen vermarktet werden, als dies bei Konkurrenzprodukten anderer Markenhersteller der Fall wäre. In der Konsequenz tut sich eine Innovationsschere auf zwischen Branchen mit hohem Handelsmarkenanteil einerseits und hohem Markenartikelanteil andererseits, die die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt beeinträchtigt. (DIW, 2010, S. 39, 41) Die Aussagen des Landbouw-Economisch Instituut (2011) stehen dem nicht entgegen, denn die Studie differenziert hier deutlich zwischen Situationen, in denen Handelsmarken Funktionen übernehmen, die zu Markenartikeln komplementär sind, und solchen, in denen sie „lediglich“ als unmittelbare Konkurrenten der Markenartikel auftreten. Zur Vermeidung negativer Auswirkungen durch Verwendung von Informationen aus der Lieferanten-Kunden-Beziehung für das Wettbewerbsverhältnis erwägen Allain/Chambole/Rey (2011) sowohl präventive Maßnahmen in Form von Chinese Walls, wie auch kompensatorische Maßnahmen in der Form von Vertragsstrafen bzw. pauschaliertem Schadenersatz. Der Effektivität letzteren Ansatzes steht jedoch die Lieferanten-Kunden-Beziehung selbst und die Tatsache entgegen, dass Handelsmarken regelmäßig nur von relativ großen und damit tendenziell nachfragestarken Händlern eingesetzt werden. Dieser Umstand gefährdet eine tatsächliche Durchsetzung von kompensatorischen Maßnahmen. Daher lassen sich diese Auswirkungen effektiv nur vermeiden, wenn zwischen dem Handelsmarkenbereich der Händler,

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dem Einkauf von Herstellermarken und dem Vertrieb auf Seiten des Händlers Chinese Walls errichtet werden und der Eigenmarkenbereich quasi als eigenständiges Unternehmen geführt wird, das sich selbständig am Markt behaupten muss. Im Bereich von Category Management wird eine solche Trennung entlang der Grenze von Markenartikeln und Handelsmarken vielfach vom Handel selbst eingefordert; hier allerdings, wie zu zeigen sein wird, zu unrecht. V. Category Management Bei Category Management arbeiten idealtypisch ein Hersteller als Category Advisor und ein Händler zusammen mit dem Ziel, das Sortiment des Händlers und die Regalplatzierung der einzelnen „Stock Keeping Units“ (SKU) zu optimieren. Im Ergebnis soll der Konsument genau das Sortiment beim Händler antreffen, das er sucht, und er soll es bei dem Gang durch die Einkaufstätte mit seinen sehr kurzen tatsächlichen Kontakten zwischen Konsument und Produkt auch tatsächlich, das heißt schnell, finden. Um dies zu erreichen, analysiert der Category Advisor in Zusammenarbeit mit dem Händler Absatz- und Umsatzzahlen auf Ebene der einzelnen SKUs im Normal- und Aktionsgeschäft, ebenso wie Preiselastizitäten und zahlreiche weitere Daten. Da die Zusammenarbeit die gesamte Warengruppe betrifft, erstrecken sich Analysen und Bewertungen nicht nur auf die eigenen Produkte des Category Advisors sondern auch auf Wettbewerbsprodukte. Auf der Basis der Analysen werden Empfehlungen erarbeitet mit dem Ziel, dem Konsumenten in der Einkaufstätte das von ihm gewünschte Sortiment anzubieten und so platzieren zu können, dass die Produkte auch einfach gefunden werden. In der Praxis wird eine solche Kooperation von Vereinbarungen zwischen den Parteien begleitet, die detailliert die Verwendung von Daten und Arbeitsergebnissen regeln. Die Nutzung der Daten wird auf die Durchführung der Beratungstätigkeit für den Händler beschränkt, die Weitergabe innerhalb des Herstellers oder gar an andere Händler ebenso untersagt, wie die Nutzung für eigene vertriebliche Zwecke des Herstellers. Auf diese Weise soll mit verhaltensorientierten Vorkehrungen sichergestellt werden, dass die Arbeit zu einer Verbesserung der Wettbewerbsverhältnisse führt und nicht etwa Wettbewerb beschränkt wird. Die Umsetzung der Empfehlungen bleibt dabei immer in der Verantwortung und Letztentscheidung des Handels. Diese Form der Zusammenarbeit kann nach Auffassung der Kommission besonders dann wettbewerbliche Risiken bergen, wenn Category Advisor und der handelsmarkenvertreibende Händler sich zusammentun und die Mittel-Marken aus den Regalen des Händlers verdrängen. Das ist klar nicht die Intention von Category Management Aktivitäten. Ernsthaft betriebenes Category Management greift Marktentwicklungen auf, um sie in Sortiment und Präsentation zu reflektieren, treibt sie aber nicht. Eine solide daten- und faktenbasierte Arbeit, begleitet von den Verwendungsbeschränkungen für Daten und Ergebnisse, sollten genügen, um den Befürchtungen entgegenzutreten.

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Die Praxis geht gleichwohl häufig und fälschlich darüber hinaus. Man versucht, dem Vorwurf der Kollusion auch dadurch zu begegnen, dass der Eigenmarkenbereich der Händler von vornherein aus den Category Management Projekten ausgeschlossen wird. Das erscheint als untauglicher Versuch zur Vermeidung von Kollusionen, denn es bleibt dabei, dass Wettbewerber zusammenarbeiten und die regelmäßig nicht beteiligten Mittel-Marken benachteiligt werden können. Die Ausgrenzung des Eigenmarkenbereiches ist auch keineswegs geboten. Für den Konsumenten, dem die Category Management Aktivitäten letztlich zugutekommen sollen, stehen sie im Wettbewerb sowohl mit den Mittel-Marken wie auch mit den Marken des Category Advisors. Kartellrechtliche Bedenken können so nicht ausgeräumt werden. Im Gegenteil: Werden von vornherein die Eigenmarken der Händler aus den Category Management Aktivitäten herausgehalten, so kann ein wesentlicher Teil des Sortiments von im Durchschnitt knapp 40 % nicht optimiert werden. Damit aber würden sich auch die positiven effizienzsteigernden Wirkungen von Category Management Aktivitäten reduzieren; die Zusammenarbeit wäre potentiell kritischer zu bewerten. VI. Kommunikation in Wertschöpfungskette Da der Abgabepreis des Handels eines der wesentlichen Wettbewerbsparameter ist, spielt er, auch wenn die Empfehlung von Abgabepreisen für die bearbeitete Kategorie regelmäßig nicht zum Beratungsgegenstand von Category Management Projekten gehört, eine wesentliche Rolle. Das ist der Grund, warum in der Folge der Kontaktlinsen-Entscheidung des BKartA (2009) und mehr noch nach der Einleitung von Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen zahlreiche Einzelhändler und ihre Lieferanten die Grenze zwischen sinnvoller und kartellrechtlich zulässiger Kommunikation insbesondere über Wiederverkaufspreise des Einzelhandels intensiv diskutiert wird. Es wird befürchtet, dass in Überdehnung des Verbots der Preisbindung der Zweiten Hand und des Drohverbots des § 21 Abs. 2 GWB die Grundlage für notwendige Diskussionen der Beteiligten der Wertschöpfungskette und ein notwendiger Austausch von Informationen zwischen ihnen unnötig erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht wird mit negativen Konsequenzen für die Effizienz der Branche und damit letztlich für die Verbraucher. Diese Befürchtung trifft dabei nicht nur die Category Management Projekte, sondern weit darüber hinaus die gesamte Kommunikation und Argumentation zwischen Hersteller und Handel, in der wie selbstverständlich immer wieder der Abgabepreis eines Händlers und die Positionierung seiner Wettbewerber thematisiert wurde. Die Vorsitzendenhandreichung des BKartA (2010a) komplettierte die Irritation, indem Verhaltensweisen in die Nähe von Preisbindung oder Hub-and-Spoke Kartellen gerückt wurden, die zunächst nur der Argumentation und Überzeugung des Gegenüber in der Wertschöpfungskette dienen sollten: So dienen Marktbeobachtungen auch hinsichtlich der aktuellen Abgabepreise und ihre Dokumentation in Kassenbonsammlungen der Überprüfung der eigenen unverbindlichen Preisempfehlung des

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Herstellers auf ihre Umsetzbarkeit im Markt und müssen zulässig bleiben. Die Überprüfung muss in einem Warensegment, das von beständigen Preisschwankungen gekennzeichnet ist, kontinuierlich erfolgen. Dass ein Aufgreifen oder Thematisieren des Abgabepreises eines Händlers in der Diskussion mit ihm, selbst wenn es unter Verwendung von Marktbeobachtungen und Kassenbonsammlungen erfolgt, eine Preisbindung darstellen soll, vermag nicht zu überzeugen. Selbst wenn die Intention des Herstellers darauf gerichtet ist – was regelmäßig zu bejahen sein dürfte – das Preissetzungsverhalten des Händlers zu beeinflussen, so ist die Argumentation doch legitim und förderlich. Die Grenze des Zulässigen kann mit EuG (2004, Tz 126, 128, 130) erst dann überschritten werden, wenn der Hersteller die freie, wenn auch informierte Entscheidungsfindung des Händlers durch echte Zwangsmaßnahmen zu überwinden sucht. Diese Position stellt ein klares und auch gebotenes Regel-Ausnahme-Verhältnis zur Kommunikation zwischen den Beteiligten der Wertschöpfungskette auf: sie ist grundsätzlich zulässig. Nur in klar abgegrenzten und eng zu verstehenden Bereichen greift das Verbot. Dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis ist die Konsequenz aus der von Rittner/Dreher (2008, § 14 Tz 42) pointiert formulierten Maxime, nach der das Wettbewerbsrecht sich mit der negativen Aufgabe begnügen sollte, einzelne Wettbewerbsbeschränkungen zu verbieten und nicht etwa eine angenommene Idealform des Wettbewerbs zu definieren und zu verfolgen. Wenn demgegenüber das KG (2012) in einer mittlerweile rechtskräftigen Entscheidung die Diskussion über Abgabepreise des Handels nur zulassen will, wenn „die Kontaktaufnahme … im Rahmen einer Händlerbetreuung aus Sorge um die wirtschaftliche Existenz … [des Händlers] (und der damit verbundenen Gefahr des Verlusts eines eigenen Absatzkanals)“

erfolgt, verfolgt es genau diesen Weg des Versuchs einer positiven Definition zulässigen Verhaltens und beschränkt damit notwendig den wettbewerblichen Diskurs um die richtige Lösung. Die Frage, der sich die Behörden und Gerichte stellen müssen, ist also nicht, warum Lieferant und Abnehmer nach der Übergabe von unverbindlichen Preisempfehlungen und deren Begründung erneut, ggf. auch mehrfach in die Diskussion um den Abgabepreis des Händlers eintreten und immerhin mit grundrechtlichem Schutz ihre Meinungen austauschen, sondern vielmehr, warum ihnen dies ausnahmsweise hoheitlich untersagt sein sollte. Auf die Beschreibung des Verbotenen, die Begründung des Verbots gilt es, Wettbewerbspolitik und Wettbewerbsrecht zu beschränken. Das soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch der Einsatz von Kommunikation sowohl eine Preisbindung bewirken wie auch eine Preisabstimmung im Huband-Spoke Konstellationen darstellen kann. Als verbotene Druckausübung kann in Anlehnung an Nothdurft (2011, § 21 Tz 61) die Thematisierung des Wiederverkaufspreises durch den Hersteller etwa dann verstanden werden, wenn Liefersperren des Herstellers gegen Händler mit besonders niedrigen Wiederverkaufspreisen bei sonst breiter Belieferung aller interessierten Händler den Schluss nahelegen, auch der konkret angesprochene Händler müsse mit einem an sich zulässigen Abbruch der Ge-

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schäftsbeziehung rechnen, wenn er seine Abgabepreise nicht im Sinne des Herstellers verändert. Aber es bleibt dabei, dass es sich hier um Ausnahmensituationen handelt. Sie setzen detaillierte Tatsachenfeststellungen voraus, insbesondere auch zu den realen Machtverhältnissen zwischen den Beteiligten, aus denen erst eine Drohung erwachsen kann; strukturbasierte Behauptungen dürfen nicht ausreichen. Jenseits dieser Konstellationen gilt es anzuerkennen und in der wettbewerbsrechtlichen Bewertung wieder stärker zu berücksichtigen, dass es gerade der Austausch zwischen den Beteiligten des Wirtschaftslebens ist, die Möglichkeit von anderen in Diskussion und Argumentation zu lernen, sich überzeugen zu lassen, die die Stärken der wettbewerblichen Ordnung zum Tragen bringt. Erst wenn der intensive Austausch zwischen den Beteiligten als Bereicherung erfahren und nicht zunächst als bußgeldbewährte Bedrohung verstanden wird, ist gewährleistet, dass mit Hayek (1969) „in die marktwirtschaftliche Ordnung viel mehr Wissen von Tatsachen eingeht, als irgendein einzelner Mensch oder selbst eine Organisation wissen kann“. VII. Schluss In einem harten und funktionierenden Wettbewerb arbeiten Hersteller und Händler heute in einer Art und Weise zusammen, die weit über das hinausgeht, was einer klassischen Lieferanten-Kunden-Beziehung entspricht. Das erfordert nicht nur laufenden und engen Informationsaustausch. Es bewirkt auch, dass der wirtschaftliche Erfolg des Herstellers für den Händler und vice-versa erforderlich wird. Damit besteht das Potential, lange gehegte Antagonismen teilweise aufzubrechen. Es entsteht im Wettbewerb eine Partnerschaft bei aller Rivalität durch Handelsmarken und andere Konzepte vertikaler Integration und Wettbewerb um Funktionen. Mit dieser Dichotomie angemessen umzugehen, die sich in Missbrauch von Marktmacht und dem Versuch ihrer Eliminierung durch Selbstregulierung einerseits und gemeinsamem Vorgehen bei Produktpositionierungen und -vermarktung zwischen Argumentation und „vertikaler Kartellierung“ andererseits zeigt, ist eine neue Herausforderung für die Wettbewerbspolitik. Die zu beobachtende Funktionsaufteilung zwischen Beteiligten der Wertschöpfungskette, die an anderer Stelle zugleich Wettbewerber sind, verlangt nach einer differenzierten, ggf. neuen Interpretation des vom EuGH (1975, Tz 173/175) und seither in ständiger Rechtsprechung formulierten „Selbständigkeitspostulats“. Dabei wird es zur zentralen Aufgabe, die Verantwortung, die die Unternehmen auch für den Wettbewerb übernehmen, sei es durch Selbstregulierung zur Vermeidung unfairer Geschäftspraktiken, sei es im Rahmen von Compliance-Maßnahmen zur Vermeidung von Wettbewerbsbeschränkungen etwa durch Chinese Walls, angemessen zu berücksichtigen. Erst wenn diese Maßnahmen nicht greifen, ist ein Einschreiten geboten.

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Autoren- und Referentenverzeichnis Dr. Andreas Gayk Leiter Vertriebspolitik / Handelsbeziehungen Markenverband e. V. Stefan Genth Hauptgeschäftsführer Handelsverband Deutschland HDE Prof. Dr. Justus Haucap Direktor des Duesseldorf Institute for Competition Economics (DICE), Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Dr. Ulrich Heimeshoff Leiter der Nachwuchsforschergruppe „Empirische Wettbewerbsanalysen“ und Habilitand am DICE, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Dr. Gordon J. Klein Post Doc am DICE, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Olaf Koch Vorstandsvorsitzender Metro AG Birgit Krueger Vorsitzende der 2. Beschlussabteilung Bundeskartellamt Klaus Müller Vorstand Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V. Dennis Rickert, M. Sc. wiss. Mitarbeiter am DICE, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Prof. Dr. Hendrik Schröder Lehrstuhl für Marketing & Handel, Universität Duisburg-Essen Prof. Dr. Christian Wey Professor am DICE, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

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