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German Pages [634] Year 2016
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22.12.2016
9:47 Uhr
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Immanuel
Kant Werke
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IMM ANUEL K ANT
Kritik der Urteilskraft und Schriften zur Naturphilosophie
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.d-nb.de abrufbar.
Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfi lmungen und die Einspeicherung in und Verarbeitung durch elektronische Systeme. 8., unveränderte Auflage 2016 (unveränderter Nachdruck der Sonderausgabe Darmstadt 1998) © 1957 by Insel Verlag, Wiesbaden Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht. Einband- u. Schubergestaltung: Peter Lohse, Heppenheim Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier Printed in Germany Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de ISBN 978-3-534-26816-0 (Broschur) ISBN 978-3-534-26822-1 (Leinen) ISBN 978-3-534-26821-4 (Leder) Die Ausgabe ist auch als eBook (PDF) erhältlich.
INHALT Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft Über den Gebrauch teleologischer Prinzipien in der Philosophie Erste Fassung der Einleitung in die Kritik der Urteilskraft Kritik der Urteilskraft
METAPHYSISCHE ANFANGSGRÜNDE DER NATURWISSENSCHAFT
TITEL DER ERSTEN AUFLAGE (A)
Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft von Immanuel Kant Riga, bey Johann Friedrich Hartknoch 1786.
METAPHYS.ANFANGSGRÜNDE D. NATURWISSENSCHAFT
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Wenn das Wort Natur bloß in f o r m a l e r Bedeutung ge nommen wird, da es das erste innere Prinzip alles dessen bedeutet, was zum Dasein eines Dinges gehört,• so kann es so vielerlei Naturwissenschaften geben, als es spezifisch ver schiedene Dinge gibt, deren jedes sein eigentümliches inne res Prinzip der zu seinem Dasein gehörigen Bestimmungen enthalten muß. Sonst wird aber auch Natur in m a t e r i e l ler Bedeutung genommen, nicht als eine Beschaffenheit, sondern als der Inbegriff aller Dinge, so fern sie G e g e n s t ä n d e u n s e r e r S i n n e , mithin auch der Erfahrung sein können, worunter also das Ganze aller Erscheinungen, d. i. die Sinnenwelt, mit Ausschließung aller nicht sinnlichen Objekte, verstanden wird. Die Natur, in die!ser Bedeutung des Worts genommen, hat nun, nach der Hauptverschieden heit unserer Sinne, zwei Hauptteile, deren der eine die Gegenstände ä u ß e r e r , der andere den Gegenstand des i n n e r e n Sinnes enthält, mithin ist von ihr eine zwiefache Naturlehre, die Kör p e r l e h r e und S e e l e n l e h r e möglich, wovon die erste die a u s g e d e h n t e, die zweite die d e n k e n d e Natur in Erwägung zieht. Eine jede Lehre, wenn sie ein System, d. i. ein nach Prin zipien geordnetes Ganze der Erkenntnis sein soll, heißt Wissenschaft, und, da jene Prinzipien entweder Grundsätze der e m p i r i s ch e n oder der ra t i o n a l e n Verknüpfung der Erkenntnisse in einem Ganzen sein können, so würde auch die Naturwissenschaft, sie mag nun Körperlehre oder See lenlehre sein, in h i s t o r i s c h e oder r a t i o n a l e Naturwis senschaft eingeteilt werden müssen, wenn nur nicht das Wort N a t u r (weil dieses eine Ableitung des Mannigfaltigen zum Dasein der Dinge Gehörigen aus ihrem inneren Pri n z i p bezeichnet) eine Erkenntnis durch Vernunft von ihrem * Wesen ist das erste innere Prinzip alles dessen, was zur Möglich keit eines Dinges gehört. Daher kann man den geometrischen Figu ren (da in ihrem Begriffe nichts, was ein Dasein ausdrückte, gedacht wird) nur ein Wesen, nicht aber eine Natur beizulegen'. 'Akad.-Ausg.: •beilegen«.
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METAPHYS.ANFANGSGRÜNDE D. NATURWISSENSCHAFT
Zusammenhange notwendig machte, wofern sie den Namen von Naturwissenschaft verdienen soll. Daher wird die Natur lehre besser in h i s t o r i s c h e N a t u rl e h r e , welche nichts als systematisch geordnete Facta der Naturdinge enthält (und wiederum aus Naturbeschr e i b u n g, als einem Klas sensystem derselben nach Ähnlichkeiten, und Naturge s chich t e,.als einer systejmatischen Darstellung derselben in verschiedenen Zeiten und Örtern, bestehen würde), und N a t u r wi s s e n s c h a f t eingeteilt werden können. Die Na turwissenschaft würde nun wiederum entweder eigentlich, oder u n e i g entl i c h so genannte Naturwissenschaft sein, wovon die erstere ihren Gegenstand gänzlich nach Prinzi pien a priori, die zweite nach Erfahrungsgesetzen behandelt. E i g e n t l i c h e Wissenschaft kann nur diejenige genannt werden, deren Gewißheit apodiktisch ist; Erkenntnis, die bloß empirische Gewißheit enthalten kann, ist ein nur un eigentlich so genanntes W i s s e n . Dasjenige Ganze der Er kenntnis, was systematisch ist, kann schon darum Wis s e n s ch a f t heißen, und, wenn die Verknüpfung der Er kenntnis in diesem System ein Zusammenhang von Grün den und Folgen ist, so gar rationale Wissenschaft. Wenn aber diese Gründe oder Prinzipien in ihr, wie z. B. in der Chemie, doch zuletzt bloß empirisch sind, und die Gesetze, aus denen die gegebene Facta durch die Vernunft erklärt werden, bloß Erfahrungsgesetze sind, so führen sie kein Bewußtsein ihrer N o t w e n d i g k e i t bei sich (sind nicht apodiktisch-gewiß) und alsdenn verdient das Ganze in strengem Sinne nicht den Namen einer Wissenschaft, und Chymie sollte daher eher systematische Kunst, als Wissen schaft heißen. Eine rationale Naturlehre verdient also den Namen einer Naturwissenschaft nur alsdenn, wenn die Naturge setze, die in ihr zum Grunde liegen, a priori erkannt werden, und nicht bloße Erfahrungsgesetze sind. Man nennt eine Naturerkenntnis von der ersteren Art r e i n; die von der zweiten Art aber wird a n g e w a n d t e Vernunfterkenntnis genannt. · Da das Wort Natur schon den Begriff von Ge setzen bei sich führt, dieser aber den Begriff der Notwen-
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VORREDE
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d i g k e i t aller Bestimmungen eines Dinges, die zu seinem Dasein gehören, bei sich führt, so sieht man leicht, warum Naturwissenschaft die Rechtmäßigkeit dieser Benennung nur von einem r e i n e n Teil derselben, der nämlich die Prinzipien a priori aller übrigen Naturerklärungen enthält, ableiten müsse und nur kraft dieses reinen Teils eigentliche Wissenschaft sei, imgleichen daß, nach Foderungen der Ver nunft, jede Naturlehre zuletzt auf Naturwissenschaft hin ausgehen und darin sich endigen müsse, weil jene Notwen digkeit der Gesetze dem Begriffe der Natur unzertrennlich anhängt und daher durchaus eingesehen sein will; daher die vollständigste Erklärung gewisser Erscheinungen aus chy mischen Prinzipien noch immer eine Unzufriedenheit zu rückläßt, weil man von diesen, als zufälligen Gesetzen, die bloß Erfahrung gelehrt hat, keine Gründe a priori anführen kann. Alle e i g e n t l i c h e Naturwissenschaft bedarf also einen reinen Teil, auf dem sich die apodiktische Gewiß!heit, die die Vernunft in ihr sucht, gründen könne, und weil dieser, seinen Prinzipien nach, in Vergleichung mit denen, die nur empirisch sind, ganz ungleichartig ist, so ist es zugleich von der größten Zuträglichkeit, ja, der Natur der Sache nach, von unerlaßlicher Pflicht in Ansehung der Methode, jenen Teil abgesondert, und von dem andern ganz unbemengt, so viel möglich in seiner ganzen Vollständigkeit vorzutragen, damit man genau bestimmen könne, was die Vernunft für sich zu leisten vermag, und wo ihr Vermögen anhebt, der Beihülfe der Erfahrungsprinzipien nötig zu haben. Reine Vernunfterkenntnis aus bloßen B e g r i f f e n heißt reine Phi losophie, oder Metaphysik; dagegen wird die, welche nur auf der Kon s t r u k t i o n der Begriffe, vermittelst Darstel lung des Gegenstandes in einer Anschauung a priori, ihr Er kenntnis gründet, Mathematik genannt. Eigentlich so zu nennende Naturwissenschaft setzt zu erst Metaphysik der Natur voraus; denn Gesetze, d. i. Prin zipien der Notwendigkeit dessen, was zum D a s e i n eines Dinges gehört, beschäftigen sich mit einem Begriffe, der sich nicht konstruieren läßt, weil das Dasein in keiner AnschaulA VII
14 METAPHYS.ANFANGSGRÜNDE D. NATURWISSENSCHAFT ung a priori dargestellt werden kann. Daher setzt eigent liche Naturwissenschaft Metaphysik der Natur voraus. Diese muß nun zwar jederzeit lauter Prinzipien, die nicht empi risch sind, enthalten (denn darum führt sie eben den Na men einer Metaphysik), aber sie kann doch entweder sogar ohne Beziehung auf irgend ein bestimmtes Erfahrungsob jekt, mithin unbestimmt in Ansehung der Natur dieses oder jenen Dinges der Sinnenwelt, von den Gesetzen, die den Begriff einer Natur überhaupt möglich machen, handeln, und alsdenn ist es der transzendentale Teil der Meta physik der Natur: oder sie beschäftigt sich mit einer be sonderen Natur dieser oder jener Art Dinge, von denen ein empirischer Begriff gegeben ist, doch so, daß außer dem, was in diesem Begriffe liegt, kein anderes empirisches Prin zip zur Erkenntnis derselben gebraucht wird (z. B. sie legt den empirischen Begriff einer Materie, oder eines denkenden Wesens, zum Grunde, und sucht den Umfang der Erkennt nis, deren die Vernunft über diese Gegenstände a priori fähig ist), und da muß eine solche Wissenschaft noch immer eine Metaphysik der Natur, nämlich der körperlichen oder denkenden Natur, heißen, aber es ist alsdenn keine allge meine, sondern besondere metaphysische Naturwissen schaft (Physik und Psychologie), in der jene transzenden tale Prinzipien auf die zwei Gattungen der Gegenstände unserer Sinne angewandt werden. Ich behaupte aber, daß in jeder besonderen Naturlehre nur so viel eigentliche Wissenschaft angetroffen werden könne, als darin Mathematik anzutreffen ist. Denn nach dem Vorhergehenden erfodert eilgentliche Wissenschaft, vornehmlich der Natur, einen reinen Teil, der dem empi rischen zum Grunde liegt, und der auf Erkenntnis der Na turdinge a priori beruht. Nun heißt etwas a priori erkennen es aus seiner bloßen Möglichkeit erkennen. Die Möglichkeit bestimmter Naturdinge kann aber nicht aus ihren bloßen Begriffen erkannt werden; denn aus diesen kann zwar die Möglichkeit des Gedankens (daß er sich selbst nicht wider spreche), aber nicht des Objekts, als Naturdinges erkannt werden, welches außer dem Gedanken (als existierend) ge-
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VORREDE
geben werden kann. Also wird, um die Möglichkeit bestimm ter Naturdinge, mithin um diese a priori zu erkennen, noch erfodert, daß die demBegriffe korrespondierendeA nsch a u u ng a priori gegeben werde, d. i. daß der Begriff konstruiert werde. Nun ist die Vernunfterkenntnis durch Konstruktion der Begriffe mathematisch. Also mag zwar eine reine Philo sophie der Natur überhaupt, d. i. diejenige, die nur das, was den Begriff einer Natur im allgemeinen ausmacht, un tersucht, auch ohne Mathematik möglich sein, aber eine reine Naturlehre über b e s t i m m t e Naturdinge (Körper lehre und Seelenlehre) ist nur vermittelst der Mathematik möglich, und, da in jeder Naturlehre nur so viel eigentliche Wissenschaft angetroffen wird, als sich darin Erkenntnis a priori befindet, so wird Naturlehre nur so viel eigentliche Wissenschaft enthalten, als Mathematik in ihr angewandt werden kann. So lange also noch für die chymischen Wirkungen der Materien auf einander kein Begriff ausgefunden wird, der sich konstruieren läßt, d. i. kein Gesetz der Annäherung oder Entfernung der Teile angeben läßt, nach welchem etwa in Proportion ihrer Dichtigkeiten u.d.g. ihre Bewegungen samt ihren Folgen sich im Raume a priori anschaulich ma chen und darstellen lassen (eine Foderung, die schwerlich jemals erfüllt werden wird), so kann Chymie nichts mehr als systematische Kunst, oder Experimentallehre, niemals aber eigentliche Wissenschaft werden, weil die Prinzipien derselben bloß empirisch sind und keine Darstellung a priori in der Anschauung erlauben, folglich die Grundsätze chy mischer Erscheinungen ihrer Möglichkeit nach nicht im min desten begreiflich machen, weil sie der Anwendung der Ma thematik unfähig sind. Noch weiter aber, als selbst Chymie, muß empirische Seelenlehre jederzeit von dem Range einer eigentlich so zu nennenden Naturwissenschaft entfernt bleiben, erstlich weil Mathematik auf die Phänomene des inneren Sinnes und ihre Gesetze nicht anwendbar ist, man müßte denn allein das G e s e t z der S t e t i g k e i t in dem Abflusse der inneren Ver änderungen desselben in Anschlag bringen wollen, welches
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16 METAPHYS.ANFANGSGRONDE D. NATURWISSENSCHAFT aber eine Erweiterung der Erkenntnis sein würde, die sich zu der, welche die Mathematik der Körperlehre verschafft, ohngefähr so verhalten würde, wie die Lehre von den Eigen jschaften der geraden Linie zur ganzen Geometrie. Denn die reine innere Anschauung, in welcher die Seelen-Erschei nungen konstruiert werden sollen, ist die Z e i t , die nur eine Dimension hat. Aber auch nicht einmal als systematische Zergliederungskunst, oder Experimentallehre, kann sie der Chymie jemals nahe kommen, weil sich in ihr das Maruüg faltige der inneren Beobachtung nur durch bloße Gedanken teilung von einander absondern, nicht aber abgesondert auf behalten und beliebig wiederum verknüpfen, noch weniger aber ein anderes denkendes Subjekt sich unseren Versuchen der Absicht angemessen von uns unterwerfen läßt, und selbst die Beobachtung an sich schon den Zustand des be obachteten Gegenstandes alteriert und verstellt. Sie kann daher niemals etwas mehr als eine historische, und, als sol che, so viel möglich systematische Naturlehre des inneren Sinnes, d. i. eine Naturbeschreibung der Seele, aber �icht Seelenwissenschaft, ja nicht einmal psychologische Experi mentallehre werden; welches denn auch die Ursache ist, weswegen wir uns zum Titel dieses Werks, welches eigent lich die Grundsätze der Körperlehre enthält, dem gewöhn lichen Gebrauche gemäß des allgemeinen Namens der Na turwissenschaft bedient haben, weil ihr diese Benennung im eigentlichen Sinne allein zukommt und also hiedurch keine Zweideutigkeit veranlaßt wird. 1 Damit aber die Anwendung der Mathematik auf die Körperlehre, die durch sie allein Naturwissenschaft werden kann, möglich werde, so müssen Prinzipien der Konstruk tion der Begriffe, welche zur Möglichkeit der Materie über haupt gehören, vorangeschickt werden; mithin wird eine vollständige Zergliederung des Begriffs von einer Materie überhaupt zum Grunde gelegt werden müssen, welches ein Geschäfte der reinen Philosophie ist, die zu dieser Absicht sich keiner besonderen Erfahrungen, sondern nur dessen, was sie im abgesonderten (obzwar an sich empirischen) Be griffe selbst antrifft, in Beziehung auf die reinen AnschauJA XI, XII
VORREDE
ungen im Raume und der Zeit (nach Gesetzen, welche schon dem Begriffe der Natur überhaupt wesentlich anhängen) bedient, mithin eine wirkliche M e t a p h y s i k d e r körper l i c h e n N a t u r i s t. Alle Naturphilosophen, welche in ihrem Geschäfte mathe matisch verfahren wollten, haber. sich daher jederzeit (ob schon sich selbst unbewußt) metaphysischer Prinzipien be dient und bedienen müssen, wenn sie sich gleich sonst wider allen Anspruch der Metaphysik auf ihre Wissenschaft feier lich verwahrten. Ohne Zweifel verstanden sie unter der letzteren den Wahn, sich Möglichkeiten nach Belieben aus zudenken und mit Begriffen zu spielen, die sich in der An schauung vielleicht gar nicht darstellen lassen, und keine andere Beglaubigung ihrer objektiven Realität haben, als daß sie bloß mit sich selbst nicht im Widerspruche stehen. Alle wahre Metaphysik ist aus dem Wesen des Denkungs vermögens selbst genommen, und keinesweges darum er dichtet, weil sie nicht von der Erfahrung entlehnt ist, son dern enthält die reinen Handlungen des Denkens, mithin Begriffe und Grundsätze a priori, welche das Mannigfaltige e m p i r i s c h e r Vo r s t e l l u n g e n allererst in die gesetzmä ßige Verbindung bringt, dadurch es e m p i r i s c h e s E r k e n n t n i s , d. i. Erfahrung, werden kann. So konnten also jene mathematische Physiker metaphysischer Prinzipien gar nicht entbehren, und unter diesen auch nicht solcher, welche den Begriff ihres eigentlichen Gegenstandes, nämlich der Materie, a priori zur Anwendung auf äußere Erfahrung tauglich machen, als des Begriffs der Bewegung, der Erfül lung des Raums, der Trägheit, u.s.w. Darüber aber bloßem pirische Grundsätze gelten zu lassen, hielten sie mit Recht der apodiktischen Gewißheit, die sie ihren Naturgesetzen geben wollten, gar nicht gemäß, daher sie solche lieber po stulierten, ohne nach ihre Quellen ' a priori zu forschen. Es ist aber von der größten Wichtigkeit, zum Vorteil der Wissenschaften ungleichartige Prinzipien von einander zu scheiden, jede in ein besonderes System zu bringen, damit sie eine Wissenschaft ihrer eigenen Art ausmachen, um da-
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' Akad.-Aus�.: •nach ihren Quellen,. jA XIII
18 METAPHYS.ANFANGSGRÜNDE D. NATURWISSENSCHAFT durch die Ungewißheit zu verhüten, die aus der Vermen gung entspringt, da man nicht wohl unterscheiden kann, welcher von beiden teils die Schranken, teils auch die Ver irrungen, die sich im Gebrauche derselben zutragen möch ten, beizumessen sein dürften. Um deswillen habe ich für nötig gehalten, von dem reinen Teile der Naturwissenschaft (physica generalis), wo metaphysische und mathematische Konstruktionen durch einander zu laufen pflegen, die erste re, und mit ihnen zugleich die Prinzipien der Konstruktion dieser Begriffe, also der Möglichkeit einer mathematischen Naturlehre selbst, in einem System darzustellen. Diese Ab sonderung hat, außer dem schon erwähnten Nutzen, den sie schafft, noch einen besonderen Reiz, den die Einheit der Erkenntnis bei sich führt, wenn man verhütet, daß die Grenzen der Wissenschaften nicht in einander laufen, son dern ihre gehörig abgeteilte Felder einnehmen. Es kann noch zu einem zweiten Anpreisungsgrunde die ses Verfahrens dienen: daß in allem, was Metaphysik heißt, die a b s o l u t e Vol l s t ä n d i g k e i t der Wissenschaften ge hofft werden kann, dergleichen man sich in keiner anderen Art von Erkenntnissen versprechen darf, mithin eben so, wie in der Metaphysik der Natur überhaupt, also auch hier die Vollständigkeit der Metaphysik der körperlichen Natur zuversichtlich erwartet werden kann; wovon die Ursache ist, daß in der Metaphysik der Gegenstand nur, wie er bloß nach den allgemeinen Gesetzen des Denkens, in andern Wis!senschaften aber, wie er nach Datis der Anschauung (der reinen sowohl, als empirischen) vorgestellt werden muß, betrachtet wird, da denn jene, weil der Gegen stand in ihr jederzeit mit a l l e n notwendigen Gesetzen des Denkens verglichen werden muß, eine bestimmte Zahl von Erkenntnissen geben muß, die sich völlig erschöpfen läßt, diese aber, weil sie eine unendliche Mannigfaltigkeit von Anschauungen (reinen oder empirischen), mithin Objekte des Denkens darbieten, niemals zur absoluten Vollständig keit gelangen, sondern ins Unendliche erweitert werden können; wie reine Mathematik und empirische Naturlehre.
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Akad.-Ausg.: »Objekten«
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VORREDE
Auch glaube ich diese metaphysische Körperlehre so weit, als sie sich immer nur erstreckt, vollständig erschöpft, da durch aber doch eben kein großes Werk zu Stande gebracht zu haben. Das Schema aber zur Vollständigkeit eines metaphysi schen Systems, es sei der Natur überhaupt, oder der körper lichen Natur insbesondere, ist die Tafel der Kategorien*.
* Nicht wider diese Tafel der reinen Verstandesbegriffe, sondern die daraus gezogenen Schlüsse auf die Grenzbestimmung des ganzen reinen Vernunftvermögens, mithin auch aller Metaphysik, finde ich in der All gem. Litt. Zeit. Nr. 295, in der Rezension der Institutiones Logicae et Metaph. des Herrn Prof. Ulrich Zweifel, in welchen der tiefforschende Rezensent mit seinem nicht minder prüfenden Verfasser übereinzukom men sich erklärt, und I zwar Zweifel, die, weil sie gerade das Haupt· fundament meines in der Kritik aufgestellten Systems treffen sollen, Ursache wären, daß dieses in Ansehung seines Hauptzieles noch lange nicht diejenige apodiktische Überzeugung bei sich führe, welche zur Abnötigung einer uneingeschränkten Annahme erfoderlich ist; dieses Hauptfundament sei meine, teils dort, teils in den Prolegomenen, vorgetragene Deduktion der reinen Verstandesbegriffe, die aber in dem Teile der Kritik, welcher gerade der helleste sein müßte, am mei sten dunkel wäre, oder wohl gar sich im Zirkel herumdrehete etc. Ich richte meine Beantwortung dieser Einwürfe nur auf den Hauptpunkt derselben, daß nämlich, ohne e i n e ganz klare und genugtuende Deduktion d e r Kategorien, das System der Kritik der reinen Ver nunft in seinem Fundamente wanke. Dagegen behaupte ich, daß für denjenigen, der meine Sätze von der Sinnlichkeit aller unserer Anschau• ung und der Zulänglichkeit der Tafel der Kategorien, als von den logi schen Funktionen in Urteilen überhaupt entlehnter Bestimmungen un· seres Bewußtseins, unterschreibt (wie dieses denn der Rezensent tut), das System der Kritik apodiktische Gewißheit bei sich führen müsse, weil dieses auf dem Satze erbauet ist: daß der g a n z e spekulativ e Gebrauch u n s e r e r Vernunft n i e m a l s weiter als auf Gegen· stände möglicher Erfahrung reiche. Denn, wenn bewiesen wer· den kann: d a ß die Kategorien, deren sich die Vernunft in allem ihrem Erkenntnis bedienen muß, gar keinen anderen Gebrauch, als bloß in Beziehung auf Gegenstände der Erfahrung haben können (dadurch daß sie in dieser bloß die Form des Denkens möglich machen), so ist die Be· antwortung der Frage, wie sie solche möglich machen, zwar wichtig genug, um diese Deduktion, wo möglich, zu vollenden, aber in Be· ziehung auf I den Hauptzweck des Systems, nämlich die Grenzbestim· mung der reinen Vernunft, keinesweges notwendig, sondern bloß ver dienstlich. Denn in dieser Absicht ist die Deduktion schon alsdenn we it gen u g geführt, wenn sie zeigt, daß gedachte Kategorien nichts anders als bloße Formen der Urteile sind, so fern sie auf Anschauungen Anm.:
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20 METAPHYS.ANFANGSGRÜNDE D. NATURWISSENSCHAFT Denn mehr gibt es nicht reilne Verstandesbegriffe, die die Nat ur der Dinge betreffen können. Unter die vier Klassen derselben, die der Größe, der Qua lität, der Re lation und endlich der M o d a lität, müssen sich auch alle Be stimmungen des allgelmeinen Begriffs einer Materie ü ber haupt, mithin auch alles, was a priori von ihr gedacht, was
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(die bei uns immer nur sinnlich sind) angewandt werden, dadurch aber allererst Objekte bekommen und Erkenntnisse werden; weil dieses schon hinreicht, das ganze System der eigentlichen Kritik darauf mit völliger Sicherheit zu gründen. So steht Newtons System der allgemei nen Gravitäten fest, ob es gleich die Schwierigkeit bei sich führt, daß man nicht erklären kann, wie Anziehung in die Feme ipöglich sei; aber S c h w i e r i g k e i t e n s i n d n i c h t Z w e ifel. Daß nun jenes Hauptfunda ment auch ohne vollständige Deduktion der Kategorien fest stehe, be weise ich aus dem Zugestandenen also: 1. Z u g e s t a n d e n: daß die Tafel der Kategorien alle reine Verstan· desbegriffe vollständig enthalte und eben so alle formale Verstandes handlungen in Urteilen, von welchen sie abgeleitet und auch in nichts unterschieden sind, als daß durch den Verstandesbegriff ein Objekt in Ansehung einer oder der andern Funktion der Urteile als b e s t i m m t gedacht wird (z.B. s o wird i n dem kategorischen Urteile: der S t e i n i s t h a r t , der S t e i n für Subjekt und h a r t als Prädikat gebraucht, so doch, daß es dem Verstande unbenommen bleibt, die logische Funktion dieser Begriffe umzutauschen und zu sagen: einiges Harte ist ein Stein; dagegen wenn ich es mir i m O b j e k t e als b e s t i m m t vorstelle, daß der Stein in jeder möglichen Bestimmung eines Gegenstandes, nicht des blo ßen Begriffs, nur als Subjekt, die Härte aber nur als Prädikat gedacht werdenlmüsse, dieselbe logische Funktionen nun r e i n e Ve r s t a ndesbe g r iffe von Objekten, nämlich als S u b s t a n z und A k z i d e n s, werden); 2. z u g e s t a n d e n: daß der Verstand durch seine Natur synthetische Grundsätze a priori bei sich führe, durch die er alle Gegenstände, die ihm gegeben werden mögen, jenen Kategorien unterwirft, mithin es auch Anschauungen a priori geben müsse, welche die zur Anwendung jener rei nen Verstandesbegriffe erfoderliche Bedingungen enthalten, w e i l o h n e A n s c h a u u n g kei n O b j e k t , in Ansehung dessen die logische Funktion als Kategorie bestimmt werden könnte, mithin auch keine Erkenntnis irgend eines Gegenstandes und also auch ohne reine Anschauung kein Grundsatz, der sie a priori in dieser Absicht bestimmte, s t attfi n d e t; 3. z u g e s t a n d e n: daß diese reine Anschauungen niemals etwas an ders, als bloße Formen der E r s c h e i n u n g e n äußerer oder des innern Sinnes (Raum und Zeit), folglich nur allein der G e g e n s t ä n d e mög lic h e r E r fa h r u n g e n sein können; so folgt: daß aller Gebrauch der reinen Vernunft niemals worauf anders, als auf Gegenstände der Erfahrung gehen könne, und, weil in Grundsätzen a priori nichts Empirisches die Bedingung sein kann, sie jA XVI, XVII, XVIII
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in der mathematilschen Konstruktion dargestellt, oder in der Erfahrung, als bestimmter Gegenstand derselben, ge geben werden mag, bringen lassen. Mehr ist hier nicht zu tun, zu entdecken oder hinzuzusetzen, sondern allenfalls, wo in der Deutlichkeit oder Gründlichkeit gefehlt sein möchte, es besser zu machen.
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r)ichts weiter als Prinzipien der M ö g l i c h k e i t d e r E rfah r u n g über haupt sein können. Dieses allein ist das wahre und hinlängliche Funda ment der Grenzbestimmung der reinen Vernunft, aber nicht die Auf lösung der Aufgabe: w i e nun Erfahrung vermittelst jener Kategorien und nur allein durch dieselbe möglich sei. Die letztere Aufgabe, obgleich auch ohne sie das Gebäude fest steht, hat indessen große Wichtigkeit, und, wie ich es jetzt einsehe, eben so große Leichtigkeit, da sie beinahe durch einen einzigen Schluß aus der genau beistimmten Definition eines U r t e i l s überhaupt (einer Handlung, durch die gegebene Vorstellun gen zuerst Erkenntnisse eines Objekts werden) verrichtet werden kann. Die Dunkelheit, die in diesem Teile der Deduktion meinen vorigen Ver handlungen anhängt, und die ich nicht in Abrede ziehe, ist dem gewöhn lichen Schicksale des Verstandes im Nachforschen beizumessen, dem der kürzeste Weg gemeiniglich nicht der erste ist, den er gewahr wird. Daher ich die nächste Gelegenheit ergreifen werde, diesen Mangel (wel cher auch nur die Art der Darstellung, nicht den dort schon richtig angegebenen Erklärungsgrund, betrifft) zu ergänzen, ohne daß der scharfsinnige Rezensent in die ihm gewiß selbst unangenehm fallende Notwendigkeit versetzt werden darf, wegen der befremdlichen Ein stimmung der Erscheinungen zu den Verstandesgesetzen, ob diese gleich von jenen ganz verschiedene Quellen haben, zu einer prästabilierten Harmonie seine Zuflucht zu nehmen; einem Rettungsmittel, welches weit schlimmer wäre, als das Übel, dawider es helfen soll, und das da gegen doch wirklich nichts helfen kann. Denn auf diese kommt doch jene o b j e k t ive No t w e n d i g k e i t nicht heraus, welche die reinen Ver standesbegriffe (unddieGrundsätze ihrer Anwendung auf Erscheinungen) charakterisiert, z.B. in dem Begriffe der Ursache in Verknüpfung mit der Wirkung, sondern alles bleibt bloß s u b j e k t iv-n o t w e n d i g e , ob jektiv aber bloß zufällige Zusammenstellung, gerade wie es H u m e will, wenn er sie bloße Täuschung aus Gewohnheit nennt. Auch kann kein System in der Welt diese Notwendigkeit wo anders herleiten, als aus den a priori zum Grunde liegenden Prinzipien der Möglichkeit des D e n k e n s s e l b s t, wodurch allein die Erkenntnis der Objekte, deren Erscheinung uns gegeben ist, d. i. 1 Erfahrung, möglich wird, und gesetzt, die Art, w i e Erfahrung dadurch allererst möglich werde, könnte niemals hin· reichend erklärt werden, so bleibt es doch unwidersprechlich gewiß, d a ß sie bloß durch jene Begriffe möglich, und jene Begriffe umgekehrt auch in keiner anderen Beziehung, als auf Gegenstände der Erfahrung, einer Bedeutung und irgend eines Gebrauchs fähig sind. jA XIX, XX
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Der Begriff der Materie mußte daher durch alle vier ge nannte Funktionen der Verstandesbegriffe (in vier Haupt stücken) durchgeführt werden, in deren jedem eine neue Be stimmung desselben hinzu kam. Die Grundbestimmung eines Etwas, das ein Gegenstand äußerer Sinne sein soll,mußteBe wegung sein; denn dadurch allein können diese Sinne affiziert werden. Auf diese führt auch der Verstand alle übrige Prädi kate der Materie, die zu ihrer Natur gehören, zurück, und so ist die Naturwissenschaft durchgängig eine entweder reine oder angewandte B e w e g u n g s l e h r e. Die m e t a p h y s i s c h e n Anfangsgründe der Naturwissenschaft sind also un ter v i e r Hauptstücke zu bringen, deren e r s t e s die B e w e g u n g als ein reines Qua n t urn, nach seiner Zusammen setzung, ohne alle Qualität des Beweglichen, betrachtet, und Phoronomie genannt werden kann, das z w e i t e sie als zur Qualität der Materie gehörig, unter dem Namen einer ursprünglich bewegenden Kraft, in Erwägung zieht, und daher D y n a m i k heißt, das d r i t t e die Materie mit dieser Qualität durch ihre eigene Bewegung gegen einander in R e l a t i o n betrachtet, und daher unter dem Namen Mec h a n i k vorkommt, das v i e r t e aber ihre Bewegung oder Ruhe bloß in Beziehung auf die Vorstellungsart, oder Modalität, mithin als Erscheinung äußerer Sinne, be stimmt, und Phänomeno l o g i e genannt wird. Aber außer jener inneren Notwendigkeit, die metaphysi schen Anfangsgründe der Körperlehre nicht allein von der Physik, welche empirische Prinzipien braucht, sondern selbst von den rationalen Prämissen derselben, die den Ge brauch der Mathematik in ihr betreffen, abzusondern, ist noch ein äußerer, zwar nur zufälliger, aber gleichwohl wich tiger Grund da, ihre ausführliche Bearbeitung von dem all gemeinen System der Metaphysik abzutrennen und sie als ein besonderes Ganze systematisch darzustellen. Denn, wenn es erlaubt ist, die Grenzen einer Wissenschaft nicht bloß nach der Beschaffenheit des Objekts und der spezifi schen Erkenntnisart desselben, sondern auch nach dem Zwecke, den man mit der Wissenschaft selbst zum ander weitigen Gebrauche vor Augen hat, zu zeichnen, und fin-
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VORREDE
det', daß Metaphysik so viel Köpfe bisher nicht darum be schäftigt hat und sie ferner beschäftigen wird, um Natur kenntnisse dadurch zu erweitern (welches viel leichter und sicherer durch Beobachtung, Experiment und Anwendung der Mathematik auf äußere Erscheinungen geschieht), son dern um zur Erkenntnis dessen, was gänzlich über alle Gren zen der Erfahrung hinausliegt, von Gott, Freiheit und Un sterblichkeit zu gelangen: so gewinnt man in Beförderung dieser Absicht, wenn man sie von einem zwar aus ihrer Wur zel sprossenden, aber doch ihrem regelmäßigen Wuchse nur hinderlichen, Sprößlinge befreiet, diesen besonders pflanzt, ohne dennoch dessen Abstammung aus jener zu verkennen und sein völliges Gewächs aus dem System der allgemeinen Metaphysik wegzulassen. Dieses tut der Vollständigkeit der letzteren keinen Abbruch und erleichtert doch den gleich förmigen Gang dieser Wissenschaft zu ihrem Zwecke, wenn man in allen Fällen, wo man der allgemeinen Körperlehre bedarf, sich nur auf das abgesonderte System derselben be rufen darf, ohne jenes größere mit diesem anzuschwellen. Es ist auch in der Tat sehr merkwürdig (kann aber hier nicht ausführlich vor Augen gelegt werden), daß die allge meine Metaphysik in allen Fällen, wo sie Beispiele (An schauungen) bedarf, um ihren reinen Verstandesbegriffen Bedeutung zu verschaffen, diese jederzeit aus der allgemei nen Körperlehre, mithin von der Form und den Prinzipien der äußeren Anschauung hernehmen müsse, und, wenn die-! se nicht vollendet darliegen, unter lauter sinnleeren Begriffen unstet und schwankend herumtappe. Daher die bekannten Streitigkeiten, wenigstens die Dunkelheit in den Fragen: über die Möglichkeit eines Widerstreits der Realitäten, die der intensiven Größe, u. a. m., bei welchen der Verstand nur durch Beispiele aus der körperlichen Natur belehrt wird, welches die Bedingungen sind, unter denen jene Begriffe allein objektive Realität, d. i. Bedeutung und Wahrheit ha ben können. Und so tut eine abgesonderte Metaphysik der körperlichen Natur der a l l g e m e i n e n vortreffliche und un entbehrliche Dienste, indem sie Beispiele (Fälle in concreto)
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Akad.-Ausg.: tund man findetc.
jA XXII, XXIII
24 METAPHYS.ANFANGSGRÜNDE D. NATURWISSENSCHAFT herbeischafft, die Begriffe und Lehrsätze der letzteren (eigentlich der Transzendentalphilosophie) zu realisieren, d. i. einer bloßen Gedankenform Sinn und Bedeutung unter zulegen. Ich habe in dieser Abhandlung die mathematische Me thode, wenn gleich nicht mit aller Strenge befolgt (wozu mehr Zeit erfoderlich gewesen wäre, als ich darauf zu ver wenden hätte), dennoch nachgeahmt, nicht, um ihr durch ein Gepränge von Gründlichkeit besseren Eingang zu ver schaffen, sondern weil ich glaube, daß ein solches System deren wohl fähig sei und diese Vollkommenheit auch mit der Zeit von geschickterer Hand wohl erlangen könne, wenn, durch diesen Entwurf veranlaßt, mathematische Naturfor scher es nicht unwichtig finden sollten, den metaphysischen Teil, desJsen sie ohnedem nicht entübrigt sein können, in ihrer allgemeinen Physik als einen besonderen Grundteil zu behandeln und mit der mathematischen Bewegungslehre in Vereinigung zu bringen. Newton sagt in der Vorrede zu seinen mathem. Grund lehren der Nat. Wiss. (nachdem er angemerkt hatte, daß die Geometrie von den mechanischen Handgriffen, die sie postu liert, nur zweier bedürfe, nämlich eine gerade Linie und einen Zirkel zu beschreiben): Die Geometrie i s t stolz d a r a u f , d aß s i e m i t s o Wen i g e m , was sie a n d e r w ä r t s h e r n i m m t, s o vie l z u l e i s t e n vermag.• Von der Metaphysik könnte man dagegen sagen: s i e steht b es t ü rzt, daß s i e mit s o Vie l e m , a l s i h r die r ein e Ma thematik d a r b i e t e t , d o c h n u r s o w e nig aus ri c h t e n k a n n. Indessen ist doch dieses Wenige etwas, das selbst die Mathematik in ihrer Anwendung auf Naturwis senschaft unumgänglich braucht, die sich also, da sie hier von der Metaphysik notwendig borgen muß, auch nicht schämen darf, sich mit ihr in Gemeinschaft sehen zu lassen.
• Gloriatur geometria, quod tarn paucis principiis aliunde petitis tarn rnulta praestet. Newton, Princ. Phil. Nat. Math. Praefat.
IA XXIV
PHORONOMIE J ERSTES HAUPTSTÜCK METAPHYSISCHE ANFANGSGRÜNDE DER PHORONOMIE ERKLÄRUNG 1
M a t e r i e ist das B e w e g l i c h e im Raume. Der Raum, der selbst beweglich ist, heißt der materielle, oder auch der r e l a t i v e Ra um; der, in welchem alle B e w e g u n g zuletzt gedacht werden muß (der mithin selbst schlechterdings un beweglich ist), heißt der reine, oder auch a b s o l u t e R a u m. Anm e r k u ng
1
Da in der Phoronomie von nichts als Bewegung geredet werden soll, so wird dem Subjekt derselben, nämlich der Materie, hier keine andere Eigenschaft beigelegt, als die Beweg li c h k e i t. Sie selbst kann also so lange auch für einen Punkt gelten, und man abstrahiert in der Phoronomie von aller innern Beschaffenheit, mithin auch der Größe des Beweglichen, und hat es nur mit der Bewegung und dem, was in dieser als Größe betrachtet werden kann (Geschwin digkeit und Richtung), zu tun. - Wenn gleichwohl der Aus druck eines Körpers hier bisweilen gebraucht werden sollte, so geschieht es nur, um die Anwendung der Prinzipien der Phoronomie auf die noch folgende bestimmtere Begriffe der Materie gewissermaßen zu antizipieren, damit der Vortrag weniger abstrakt und faßlicher sei.
I
An m e r k u n g
2
Wenn ich den Begriff der Materie nicht durch ein Prädi kat, was ihr selbst als Objekt zukommt, sondern nur durch das Verhältnis zum Erkenntnisvermögen, in welchem mir die Vorstellung allererst gegeben werden kann, erklären soll, so ist Materie ein jeder G e g e n s t a n d ä ußerer S i n n e , und dieses wäre die bloß metaphysische Erklärung dersel ben. Der Raum aber wäre bloß die Form aller äußeren
JA
I, 2
26 METAPHYS.ANFANGSGRÜNDE D. NATURWISSENSCHAFT sinnlichen Anschauung (ob eben dieselbe auch dem äußeren Objekt,das wirMaterie nennen, a n s i c h s e l b s t zukomme, oder nur in der Beschaffenheit unseres Sinnes bleibe, davon ist hier gar nicht die Frage). Die Materie wäre, im Gegen satz der Form, das, was in der äußeren Anschauung ein Gegenstand der Empfindung ist, folglich das Eigentlich empirische der sinnlichen und äußeren Anschauung, weil es gar nicht a priori gegeben werden kann. In aller Erfahrung muß etwas empfunden werden, und das ist das Reale der sinnlichen Anschauung, folglich muß auch der Raum, in welchem wir über die Bewegungen Erfahrung anstellen sol len, empfindbar, d. i. durch das, was empfunden werden kann, bezeichnet sein, und dieser, als der Inbegriff aller Gegenstände der Erfahrung und selbst ein Objekt derselben, heißt der empirische R a u m. Dieser aber, als materiell, ist selbst beweglich. Ein beweglicher Raum aber, wenn seine Bewegung soll wahrgenommen werden können, setzt wie derum einen anderen erweitertem materiellen' Raum vor aus, in welchem er beweglich ist, dieser eben sowohl einen andern, und so forthin ins Unendliche. Also ist alle Bewegung, die ein Gegenstand der Erfah rung ist, bloß relativ; der Raum, in dem sie wahrgenommen wird, ist ein relativer Raum, der selbst wiederum, und viel leicht in entgegengesetzter Richtung, in einem erweiterten Raume bewegt, mithin auch die in Beziehung auf den erstem bewegte Materie in Verhältnis auf den zweiten Raum ruhig genannt werden kann, und diese Abänderungen des Begriffs der Bewegungen gehen mit der Veränderung des relativen Raums so ins Unendliche fort. Einen absoluten Raum, d. i. einen solchen, der, weil er nicht materiell ist, auch kein Gegenstand der Erfahrung sein kann, als für sich gege b e n annehmen heißt etwas, das weder an sich, noch in seinen Folgen (der Bewegung im absoluten Raum) wahr genommen werden kann, um derMöglichkeit der Erfahrung willen annehmen, die doch jederzeit ohne ihn angestellt werden muß. Der absolute Raum ist also an s i c h nichts und gar kein Objekt, sondern bedeutet nur einen jeden an-
1
' Akad.-Ausg.: •erweiterten materiellen•·
PHORONOMIE
I
dem relativen Raum, den ich mir außer dem gegebenen jederzeit denken kann, und den ich nur über jeden gegebe nen ins Unendliche hinausrücke, als einen solchen, der die sen einschließt und in welchem ich den ersteren als bewegt annehmen kann. Weil ich den erweiterten, obgleich immer noch materiellen, Raum nur in Gedanken habe und mir von der Materie, die ihn bezeichnet, nichts bekannt ist, so abstra hiere ich von dieser, und er wird daher wie ein reiner, nicht empirischer und absoluter Raum vorgestellt, mit dem ich jeden empirischen vergleichen und diesen in ihm als beweg lich vorstellen kann, der also jederzeit als unbeweglich gilt. Ihn zum wirklichen Dinge zu machen, heißt die l o g i s c h e Allgemeinhei t irgend eines Raums, mit dem ich jeden empirischen als darin eingeschlossen vergleichen kann, in eine p h y s i s c h e Al l g e m e i n h e i t des wirklichen Umfan ges verwechseln, und die Vernunft in ihrer Idee mißver stehen. Schließlich merke ich noch an: daß, da die B e w e g l i c h k e i t eines Gegenstandes i m Raum a priori und ohne Be lehrung durch Erfahrung nicht erkannt werden kann, sie von mir eben darum in der Kritik der r. V. auch nicht unter die reine Verstandesbegriffe gezählt werden konnte, und daß dieser Begriff, als empirisch, nur in einer Naturwissenschaft, als angewandter Metaphysik, welche sich mit einem durch Erfahrung gegebenen Begriffe, obwohl nach Prinzipien a priori,_ beschäftigt, Platz finden könne.
J ERKLÄRUNG 2 Bewegung eines Dinges ist die Veränderung der ä u ß e ren Ver h ä l t n i s s e desselben zu einem gegebenen Raum. An merkung
1
Vorher habe ich dem Begriffe der Materie schon den Be griff der Bewegung zum Grund gelegt. Denn, da ich den selben selbst unabhängig vom Begriffe der Ausdehnung be stimmen wollte, und die Materie also auch in einem Punkte JA 4, S
28 METAPHYS.ANFANGSGRÜNDE D. NATURWISSENSCHAFT betrachten könnte', so durfte ich einräumen, daß man sich daselbst der gemeinen Erklärung der B e w e g u n g als Ver änderung d e s O r t s bedienete. Jetzt, da der Begriff einer Materie allgemein, mithin auch auf bewegte Körper passend, erklärt werden soll, so reicht jene Definition nicht zu. Denn der Ort eines jeden Körpers ist ein Punkt. Wenn man die Weite des Mondes von der Erde bestimmen will, so will man die Entfernung ihrer Örter wissen, und zu diesem Ende mißt man nicht von einem beliebigen Punkte der Oberfläche, oder des Inwendigen der Erde, zu jedem beliebigen Punkte des Mondes, sondern nimmt die kürzeste Linie vom Mittel punkte des einen• zum Mittelpunkte des andern, mithin ist von jedem dieser Körper nur ein Punkt, der seinen Ort ausmacht. Nun kann sich ein Körper bewegen, ohne seinen Ort zu verändern, wie die Erde, indem sie sich um ihre Achse dreht. Aber ihr Verhältnis zum äußeren Raume ver ändert sich hiebei doch; denn sie kehrt z.B. in 24 Stunden dem Monde ihre verschiedene Seiten zu, woraus denn auch allerlei wandelbare Wirkungen auf der Erde erfolgen. Nur von einem beweglichen, d. i. physischen P u n k t e kann man sagen: Bewegung sei jederzeit Veränderung des Orts. Man könnte wider diese Erklärung erinnern: daß die innere Be wegung, z. B. einer Gärung nicht in ihr mit eingeschlossen sei: aber das Ding, was man bewegt nennt, muß so fern als Einheit betrachtet werden. Die Materie, als z.B. ein Faß B i e r , ist bewegt, bedeutet also etwas anderes, als das B i e r i m Fa sse ist in Bewegung. Die Bewegung eines Dinges ist mit der Bewegung in diesem Dinge nicht einerlei, von der ersteren aber ist hier nur die Rede. Dieses Begriffs Anwen dung aber auf den zweiten Fall ist nachher leicht.
I
Anmerkung
2
Die Bewegungen können d r e h e n d (ohne Veränderung des Orts) oder fortschreitend, diese aber entweder den Raum erweiternd, oder auf einen gegebenen Raum einge schränkte Bewegungen sein. Von der e r s t e r e n Art sind sie ' Akad.-Ausg.: •konnte«. - • Akad.-Ausg.: tder einen c.
IA 6
PHORONOMIE
geradlinichte, oder auch krummlinichte, in sich n i c h t z u r üc k k e h r e n d e Bewegungen. Die von der z w e i t e n sind die in sich z u r üc k k e h r e n d e. Die letztem sind wiederum entweder z i r k u l i e r e n d e oder o s z i l l i e r e n d e, d.i. Kreis-, oder schwankende Bewegungen. Die erstem legen eben denselben Raum immer in derselben Richtung, die zweiten immer wechselsweise in entgegengesetzter Richjtung zu rück, wie schwankende Penduln. Zu beiden gehört noch B e b u n g (motus tremulus), welche nicht eine fortschreiten de Bewegung eines Körpers, dennoch aber eine reziprozie rende Bewegung einer Materie ist, die dabei ihre Stelle im Ganzen nicht verändert, wie die Zitterungen einer geschla genen Glocke, oder die Bebungen einer durch den Schall in Bewegung gesetzten Luft. Ich tue dieser verschiedenen Ar ten der Bewegung bloß darum in einer Phoronomie Erwäh nung, weil man bei allen, die nicht fortschreitend sind, sich des Worts G e s c h w i n d i g k e i t gemeiniglich in anderer Be deutung bedient, als bei den fortschreitenden, wie die fol gende Anmerkung zeigt. Anmerkung D In jeder Bewegung sind Richtung und Geschwindigkeit die beiden Momente der Erwägung derselben, wenn man von allen anderen Eigenschaften des Beweglichen abstra hiert. Ich setze hier die gewöhnliche Definition beider vor aus; allein die der Richtung bedarf noch verschiedener Ein schränkungen. Ein im Kreise bewegter Körper verändert seine Richtung kontinuierlich, so, daß er bis zu seiner Rück kehr zum Punkte, von dem er ausging, alle in einer Fläche nur mögliche Richtungen eingeschlagen ist, und doch sagt man: er bewege sich immer in derselben Richtung, z. B. der Planet von Abend gegen Morgen. Allein, was ist hier die Seit e , nach der die Bewegung gerichtet ist? eine Frage, die mit der eine Verlwandtschaft hat: worauf beruht der innere Unterschied der Schnecken, die sonst ähnlich und so gar gleich, aber davon eine Spezies rechts, die andere links gewunden ist; oder des Windens der JA 7, 8
30 METAPHYS.ANFANGSGRÜNDE D. NATURWISSENSCHAFT Schwertbohnen und des Hopfens, deren die erstere wie ein Pfropfenzieher, oder, wie die Seeleute es ausdrücken würden, w id e r d i eSonne, der andere m i t derS o n n e um ihreStan ge laufen? ein Begriff, der sich zwar konstruieren, aber, als Begriff, für sich durch allgemeine Merkmale und in der dis kursiven Erkenntnisart gar nicht deutlich machen läßt, und der in den Dingen selbst (z. B. an denen seltenen Menschen, bei denen die Leicheneröffnung aller Teile' nach der physio logischen Regel mit andern Menschen einstimmig, nur alle Eingeweide links oder rechts, wider die gewöhnliche Ord nung versetzt fand) keinen erdenklichen Unterschied in den innern Folgen geben kann und demnach ein wahrhafter mathematischer und zwar innerer Unterschied ist, womit der von dem Unterschiede zweier sonst in allen Stücken gleichen, der Richtung nach aber verschiedenen Kreis bewegungen, obgleich nicht völlig einerlei, dennoch aber zusammenhängend ist. Ich habe anderwärts gezeigt, daß, da sich dieser Unterschied zwar in der Anschauung geben, aber gar nicht auf deutliche Begriffe bringen, mithin nicht ver ständlich erklären (dari, non intelligi) läßt, er einen guten bestätigenden Beweisgrund zu dem Satze abgebe: daß der Raum überhaupt nicht zu den Eigenschaften oder Verhält nissen der D i n g e a n s i c h s e l b s t , die sich notwendig auf objektive Begriffe müßten bringen lassen, sondern bloß zu der subjektiven Form unserer sinnlichen Anschauung von Dingen oder Verhältnissen, die uns, nach dem, was sie an sich sein mögen, völlig unbekannt bleiben, gehöre. Doch dies ist eine Abschweifung von unserem jetzigen Geschäfte, in welchem wir den Raum ganz notwendig als Eigenschaft der Dinge, die wir in Betrachtung ziehen, nämlich k ö r p e r l i c h e r Wes e n, behandeln müssen, weil diese selbst nur Er scheinungen äußerer Sinne sind und nur als solche hier er klärt zu werden bedürfen. Was den Begriff der Geschwindig keit betrifft, so bekommt dieser Ausdruck im Gebrauche auch bisweilen eine abweichende Bedeutung. Wir sagen: die Erde dreht sich geschwinder um ihre Achse als die Sonne, weil sie es in kürzerer Zeit tut; obgleich die Bewegung der
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'Akad.-Ausg.: •alle Theile•.
PHORONOMIE
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letzteren viel geschwinder ist. Der Blutumlauf eines kleinen Vogels ist viel geschwinder, als der eines Menschen, obgleich seine strömende Bewegung im ersteren ohne Zweifel weniger Geschwindigkeit hat, und so auch bei den Bebungen elasti scher Materien. Die Kürze der Zeit der Wiederkehr, es sei der zirkulierenden oder oszillierenden Bewegung, macht den Grund dieses Gebrauchs aus, an welchem, wenn sonst nur die Mißdeutung vermieden wird, man auch nicht unrecht tut. Denn diese bloße Vergrößerung der Eile in der Wieder kehr, ohne Vergrößerung der räumlichen Geschwindigkeit, hat ihre eigene und sehr erhebliche Wirkungen in der Natur, worauf, in dem Zirkellauf der Säf/te der Tiere, vielleicht noch nicht gnug Rücksicht genommen worden. In der Pho ronomie brauchen wir das Wort Geschwindigkeit bloß in räumlicher Bedeutung C = � · T
ERKLÄRUNG 5
R u h e ist die beharrliche Gegenwart (praesentia perdu rabilis) an demselben Orte; b e h a r r l i c h aber ist das, was eine Zeit hindurch existiert, d. i. dauret. A n m e r ku n g Ein Körper, der in Bewegung ist, ist in jedem Punkte der Linie, die er durchläuft, einen Augenblick. Es frägt sich nun, ob er darin ruhe, oder sich bewege. Ohne Zweifel wird man das letztere sagen; denn er ist in diesem Punkte nur so fern, als er sich bewegt, gegenwärtig. Man nehme aber B a A die Bewegung desselben so an: daß der
0-----0
o,
Körper mit gleichförmiger Geschwindigkeit die Linie AB vorwärts und rückwärts von B nach A zurücklege, so daß, weil der Augenblick, da er in B ist, beiden Bewegungen ge mein ist, die Bewegung von A nach B in¼ Sek., die von B
JA
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32 METAPHYS.ANFANGSGRÜNDE D. NATURWISSENSCHAFT nach A aber auch in ½ Sek., beide zusammen aber in einer ganzen Sekunde zurückgelegt worden, so daß auch nicht der kleinste Teil der Zeit auf die Gegenwart des Körpers in B aufgewandt worden: so wird, ohne den mindesten Zu wachs dieser Bewegungen, die letztere, die in der Richtung BA geschahe, in die nach der Richtung Ba, welches mit AB in einer geraden Linie liegt, verwandelt werden können, wo denn der Körper, indem er in B ist, darin nicht als ruhig, sondern als bewegt angesehen werden muß. Er mußte daher auch in der ersteren in sich selbst wiederkehrenden Bewe gung in dem Punkte B als bewegt angesehen werden, wel ches aber unmöglich ist; weil, nach dem, was angenommen worden, es nur ein Augenblick ist, der zur Bewegung AB und zugleich zur gleichen Bewegung BA gehört, die der vorigen entgegengesetzt und mit ihr in einem und demsel ben Augenblicke verbunden ist, völligen' Mangel der Be wegung, folglich, wenn dieser den Begriff der Ruhe aus machte, auch in der gleichförmigen Bewegung Aa Ruhe des Körpers in jedem Punkte, z. B. in B, beweisen müßte, wel ches der obigen Behauptung widerspricht. Man stelle sich dagegen die Linie AB als über den Punkt A aufgerichtet vor, so, daß ein Körper von A nach B st-eigend, nachdem' er durch die Schwere im Punkte B seine Bewegung verloren hat, von B nach A eben so wiederum zurückfalle: so frage ich, ob der Körper in B als bewegt, oder als ruhig angesehen werden könne. Ohne Zweifel wird man sagen, als ruhig: weil ihm alle vorherige Bewegung genommen worden, nach dem er diesen Punkt erreicht hat, und hernach eine gleich mäßige Bewegung zurück allererst folgen soll, folglich noch nicht da ist; der Mangel aber der Bewegung, wird man hin zusetzen, ist Ruhe. Aber in dem ersteren Falle einer ange nommenen gleichförmigen Bewegung konnte die Bewegung BA auch nicht anders eintreten, als dadurch, daß vorher die Bewegung AB aufgehört hatte und die von B nach A noch nicht war, folglich, daß in B ein Mangel aller Bewegung, und, nach der gewöhnlichen Erklärung, Ruhe müßte an-
1
I
' Akad.-Ausg.: .verbunden, völligen,. - 2 Akad.-Ausg.: *steige und, nachdem•. jA rr, 12
33 genommen werden, aber man durfte sie doch nicht anneh men, weil, bei einer gegebenen Geschwindigkeit, kein Kör per in einem Punkte seiner gleichförmigen Bewegung als ruhend gedacht werden muß. Worauf beruht denn im zwei ten Falle die Anmaßung des Begriffs der Ruhe, da doch dieses Steigen und Fallen gleichfalls nur durch e4ien Augen blick von einander getrennt wird? Der Grund davon liegt darin, daß die letztere Bewegung nicht als gleichförmig mit gegebener Geschwindigkeit gedacht wird, sondern zuerst als gleichförmig verzögert und hernach als gleichförmig be schleunigt, so doch, daß die Geschwindigkeit im Punkte B nicht gänzlich, sondern nur bis zu einem Grad, der kleiner ist als jede nur anzugebende Geschwindigkeit, mit welcher, wenn, anstatt zurück zu fallen, die Linie seines Falles BA in die Richtung Ba gestellet, mithin der Körper immer noch als steigend betrachtet würde, er, als mit einem bloßen Mo ment der Geschwindigkeit (der Widerstand der Schwere wird alsdenn bei Seite gesetzt), in jeder noch so großen anzugebenden Zeit gleichförmig doch nur einen Raum, der kleiner ist als jeder anzugebende Raum, zurücklegen, mit hin seinen Ort (für irgend eine mögliche Erfahrung) in alle Ewigkeit gar nicht verändern würde. Folglich wird er in den Zustand einer d a u r e n d e n Gegenwart an demselben Orte, d. i. der Ruhe, versetzt, ob sie gleich wegen der kon tinuierlichen Einwirkung der Schwere, d. i. der Verände rung dieses Zustandes, so fort aufgehoben wird. In einem b e h a r rlichen Z u s t a n d e sein und d a r i n b e h a r r e n (wenn nichts anderes ihn verrückt) sind zwei verschiedene Begriffe, deren einer dem anderen keinen Abbruch tut. Also kann die Ruhe nicht durch den Mangel der Bewegung, der sich, als = o, gar nicht konstruieren läßt, sondern muß durch die beharrliche Gegenwart an demselben Orte erklärt werden, da denn dieser Begriff auch durch die Vorstellung einer Bewegung mit unendlich kleiner Geschwindigkeit, eine endliche Zeit hindurch konstruiert, mithin zu nachheriger Anwendung der Mathematik auf Naturwissenschaft genutzt werden kann. PHORONOMIE
I
I
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Akad.-Ausg.: •Grad verzögert werde, dert.
IA
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34 METAPHYS.ANFANGSGRÜNDE D. NATURWISSENSCHAFT ERKLÄRUNG
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Peinlichkeit schon zugute«. fremdartigen «.
IA 42, 43
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Akad.-Ausg.: ,,hinter
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ÜBER DEN GEBRAUCH TELEOLOGISCHER PRINZIPIEN
mal, da es auch nicht ohne Schwierigkeit ist, ihm in der letzteren einen andern anpassenden technischen Ausdruck auszufinden. • Doch die Sprachschwierigkeit im Unter scheiden kann den Unterschied der Sachen nicht aufheben. Vermutlich ist eben dergleichen Mißhelligkeit, wegen einer, obwohl unvermeidlichen Abweichung von k l a s s i s c h e n Ausdrücken, auch bei dem Begriffe einer Ra s s e die Ur sache der Veruneinigung über die Sache selbst gewesen. Es ist uns hier widerfahren, was S t e r n e bei Gelegenheit eines physiognomischen Streits, der, nach seinem launichten Ein falle', alle Fakultäten der Straßburgischen Universität in Aufruhr versetzte, sagt: Die Logiker würden die Sache ent schieden haben, w ä r e n s i e n u r nic h t a u f e i n e D e fin i t i o n g e s t o ß e n. Was ist eine Ra s s e? Das Wort steht gar nicht in einem System der Naturbeschreibung, vermutlich ist also auch das Ding selber überall nicht in der Natur. Allein der B e g r i f f , den dieser Ausdruck bezeichnet, ist doch in der Vernunft eines jeden Beobachters der Natur gar wohl gegründet, der zu einer sich vererbenden Eigen tümlichkeit verschiedener vermischt zeugenden Tiere, die nicht in dem Begriffe ihrer Gattung liegt, eine Gemeinschaft der Ursache, und zwar einer in dem Stamme der Gattung selbst ursprünglich gelegenen Ursache, denkt. Daß dieses Wort nicht in der Naturbeschreibung (sondern an dessen Statt das der Varietät) vorkommt, kann ihn nicht abhalten, es in Absicht auf Naturgeschichte nötig zu finden. Nur muß er es freilich zu diesem Behuf deutlich bestimmen; und die ses wollen wir hier versuchen. Der Name einer Ra s s e , als r a d i k a l e r Eigentümlich keit, die auf einen gemeinschaftlichen Abstamm Anzeige gibt, und zugleich mehrere solche beharrliche forterbende Charaktere, nicht allein derselben Tiergattung, sondern auch desselben Stammes, zuläßt, ist nicht unschicklich aus gedacht. Ich würde ihn durch A b a r t u n g (progenies c l a s s i f i c a) übersetzen, um eine Rasse von der A u s a r t u ng
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* Ich würde für die Naturbeschreibung das Wort Physiographie, für Naturgeschichte aber Physiogon i e in Vorschlag bringen. ' Akad.-Ausg.: »nach seinen launichten Einfällen•.
IN DER PHILOSOPHIE
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(degeneratio s. progenies s p e c ific a )• zu unterscheiden, die man nicht einräumen kann, weil sie dem Gesetz der Na tur (in der Erhaltung ihrer species in unveränderlicher Form) zuwider läuft. Das Wort progenies zeigt an, daß es nicht ursprüngliche, durch so vielerlei Stä m m e , als species derselben Gattung, ausgeteilte, sondern sich allererst in der Folge der Zeugungen entwickelnde Charaktere, mithin nicht verschiedene A r t e n , sondern A b a r t u n g e n , aber doch so bestimmt und beharrlich sind, daß sie zu einem Klassenunterschiede berechtigen. Nach diesen Vorbegriffen würde die Men s c h e n g a t t u n g (nach den allgemeinen Kennzeichen derselben i n der Natur beschreibung genommen) in einem System der Naturge schichte in St amm (oder Stämme), Ras s e oder Abartung (progenies classifica), und verschiedenenMen s c h e n s c h l a g (varietas nativa) abgeteilt werden können, welcher letztere nicht unausbleibliche, nach einem anzugebenden Gesetze sich vererbende, also auch nicht zu einer Klasseneintei lung hinreichende Kennzeichen enthalten würde'. Alles die ses ist aber nur noch bloße• Idee von der Art, wie die größte Mannigfaltigkeit in der Zeugung mit der größten Einheit der Abstammung von der Vernunft zu vereinigen sei. Ob es wirklich eine solche Verwandtschaft in der Menschengat tung gebe, müssen die Beobachtungen, welche die Einheit der Abstammung kenntlich machen, entscheiden. Und hier
I
• Die Benennungen der classes und ordines drücken ganz unzwei deutig eine bloß logische Absonderung aus, die die Ve r n u nft unter ihren Begriffen, zum Behuf der bloßen Vergl eichung macht: genera und species aber können auch die phys ische Absonderung bedeuten, die die N a t u r selbst unter ihren Geschöpfen in Ansehung ihrer Er zeug ung macht. Der I Charakter der Rasse kann also hinreichen, um Geschöpfe darnach zu klassifizieren, aber nicht, um eine besondere Sp ez i e s daraus zu machen, weil diese auch eine absonderliche Ab stammung bedeuten könnte, welche wir unter dem Namen einer Rasse nicht verstanden wissen wollen. Es versteht sich von selbst, daß wir hier das Wort Klasse nicht in der ausgedehnten Bedeutung nehmen, als es im Lin nei s c h e n System genommen wird; wir brauchen es aber auch zur Einteilung in ganz anderer Absicht. ' Akad.-Ausg.: • R a c e n oder Abartungen (progenies classificae) und ... (varietates nativae) ... , welche letztere ... Kennzeichen enthal ten«. - • Akad.-Ausg.: •aber so lange bloße«. IA 45, 46
Anm.: IA 45
146 ÜBER DEN GEBRAUCH TELEOLOGISCHER PRINZIPIEN sieht man deutlich: daß man durch ein bestimmtes Prinzip geleitet werden müsse, um bloß zu b e o b ac h t e n , d. i. auf dasjenige Acht zu geben, was Anzeige auf die Abstammung, nicht bloß der Charakteren-Ähnlichkeit' geben könne, weil wir es alsdenn mit einer Aufgabe der Naturgeschichte, nicht der Naturbeschreibung und bloß methodischen Benennung, zu tun haben. Hat jemand nicht nach jenem Prinzip seine Nachforschung angestellt, so muß er noch einmal suchen; denn von selbst wird sich ihm das nicht darbieten, was er bedarf, um, ob es eine reale oder bloße Nominalverwandt schaft unter den Geschöpfen gebe, auszumachen. Von der Verschiedenheit des ursprünglichen Stammes kann es keine sichere Kennzeichen geben, als die Unmög lichkeit, durch Vermischung zweier erblich verschiedenen Menschenabteilungen fruchtbare Nachkommenschaft zu ge winnen. Gelingt dieses aber, so ist die noch so große Ver schiedenheit der Gestalt keine Hindernis, eine gemeinschaft liche Abstammung derselben wenigstens möglich zu fin den; denn so wie sie sich, unerachtet dieser Verschiedenheit, doch durch Zeugung in ein Produkt, das beider Charaktere enthält, v e r e i n i g e n können: so haben sie sich aus einem Stamme, der die Anlagen zur Entwicklung beider Charak tere ursprünglich in sich verbarg, durch Zeugung in so viel Rassen teilen können; und die Vernunft wird ohne Not nicht von zweien Prinzipien ausgehen, wenn sie mit einem auslangen kann. Das sichere Kennzeichen erblicher Eigen tümlichkeiten aber, als der Merkmale eben so vieler Rassen, ist schon angeführt worden. Jetzt ist noch etwas von den erblichen V ar i e t ä t e n anzumerken, welche zur Benennung eines oder andern Menschenschlags (Familien- und Volks schlags) Anlaß geben. Eine Varietät ist die erbliche Eigentümlichkeit, die nicht kla s s i f i s c h ist, weil sie sich nicht unausbleiblich fort pflanzt; denn eine solche Beharrlichkeit des erblichen Cha rakters wird erfordert, um selbst für die Naturbeschreibung nur zur Klasseneinteilung zu berechtigen. Eine Gestalt, die in der Fortpflanzung nur b i s w e i l e n den Charakter der
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' Akad.-Ausg.: • blos die Charakteren-Ähnlichkeit•.
IN DER PHILOSOPHIE
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nächsten Eltern und zwar mehrenteils nur einseitig (Vater oder Mutter nachartend) reproduziert, ist kein Merkmal, daran man den Abstamm von beiden Eltern kennen kann, z.B. den Unterschied der Blonden und Brunetten. Eben so ist die Rasse, oder Abartung, eine u n a u s b l e i b l i c h e erb liche Eigentümlichkeit, die zwar zur Klasseneinteilung be rechtigt, aber doch nicht speziJfisch ist, weil die unausbleib lich halbschlächtige Nachartung (also das Z u s a m m e n s c h m e l z e n der Charaktere ihrer Unterscheidung)es wenig stens nicht als unmöglich urteilen läßt, ihre angeerbte Ver schiedenheit auch in ihrem Stamme uranfänglich, als in bloßen Anlagen ve r elni g t und nur in der Fortpflanzung allmählich entwickelt und g e s c h i e d e n , anzusehen. Denn man kann ein Tiergeschlecht nicht zu einer besondern Spe zies machen, wenn es mit einem anderen zu einem und dem selben Zeugungssystem der Natur gehört. Also würde in der Naturgeschichte Gattung und Spezies einerlei, nämlich die nicht mit einem gemeinschaftlichen Abstamme vereinbare Erbeigentümlichkeit, bedeuten. Diejenige aber, die damit zusammen bestehen kann, ist entweder notwendig erblich, oder nicht. Im erstem Fall macht es den Charakter der R a s s e , im andern der V a r i e t ä t aus. Von dem, was in der Menschengattung V a r i e t ä t ge nannt werden kann, merke ich hier nun an, daß man auch in Ansehung dieser die Natur nicht als in voller Freiheit bildend, sondern eben sowohl, als bei den Rassen-Charak teren, sie nur als entwickelnd und auf dieselbe durch ur sprüngliche Anlagen vorausbestimmt anzusehen habe; weil auch in d i e s e r Zweckmäßigkeit und derselben gemäße Ab gemessenheit angetroffen wird, die kein Werk des Zufalls sein kann. Was schon Lord S h a f t e s b u r y anmerkte, näm lich, daß in jedem Menschengesichte eine gewisse Originali tät (gleichJsam ein wirkliches Dessein) angetroffen werde, welche das Individuum als zu besonderen Zwecken, die es nicht mit anderen gemein hat, bestimmt auszeichnet, ob zwar diese Zeichen zu entziffern über unser Vermögen geht, das kann ein jeder Portraitmaler, der über seine Kunst denkt, bestätigen. Man sieht einem nach dem Leben gemallA 48, 49
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ÜBEll. DEN GEBRAUCH TELEOLOGISCHER PRINZIPIEN
ten und wohl ausgedruckten Bilde die Wahrheit an, d. i. daß es nicht aus der Einbildung genommen ist. Worin besteht aber diese Wahrheit ? Ohne Zweifel in einer bestimmten Proportion eines der vielen Teile des Gesichts zu allen an deren, um einen individuellen Charakter, der einen dunkel vorgestellten Zweck enthält, auszudrücken. Kein Teil des Gesichts, wenn er uns auch unproportioniert scheint, kann in der Schilderei, mit Beibehaltung der übrigen, abgeändert werden, ohne dem Kennerauge, ob er gleich das Original nicht gesehen hat, in Vergleichung mit dem von der Natur kopierten Portrait, so fort merklich zu machen, welches von beiden die lautere Natur und welches Erdichtung enthalte. Die Varietät unter Menschen von eben derselben Rasse ist, aller Wahrscheinlichkeit nach, eben so zweckmäßig in dem ursprünglichen Stamme belegen gewesen, um die größte Mannigfaltigkeit zum Behuf unendlich verschiedener Zwecke, als der Rassenunterschied, um die Tauglichkeit zu weniger, aber wesentlichem Zwecken, zu gründen und in der Folge zu entwickeln; wobei doch der Unterschied ob waltet, daß die letztem Anlagen, nachdem sie sich einmal entlwickelt haben (welches schon in der ältesten Zeit ge schehen sein muß), keine neue Formen dieser Art weiter ent stehen, noch auch die alte erlöschen lassen; dagegen die er stere, wenigstens unserer Kenntnis nach, eine an neuen Cha rakteren (äußeren so wohl als innem) unerschöpfliche Na tur anzuzeigen scheinen. In Ansehung der Varietäten scheint die Natur die Z u s a m m e n s c h m e l z u n g zu verhüten, weil sie ihrem Zwecke, nämlich der Mannigfaltigkeit der Charaktere, entgegen ist; dagegen sie, was die Rassenunterschiede betrifft, dieselbe (nämlich Zusammenschmelzung) wenigstens verstattet, wenn gleich nicht begünstigt, weil dadurch das Geschöpf für mehrere Klimate tauglich wird, obgleich keinem derselben in dem Grade angemessen, als die erste Anartung an das selbe es gemacht hatte. Denn was die gemeine Meinung be trifft, nach welcher Kinder (von unserer Klasse der Weißen) die Kennzeichen, die zur Varietät gehören (als Statur, Ge sichtsbildung, Hautfarbe), selbst manche Gebrechen (innere
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sowohl als äußere), von ihren Eltern auf die Halbseheid er erben sollen (wie man sagt: das hat das Kind vom Vater, das hat es von der Mutter), so kann ich, nach genauer Auf merksamkeit auf den Familienschlag, ihr nicht beitreten. Sie arten, wenn g'leich nicht Vater oder Mutter nach, doch entweder in des einen oder der andern Familie unvermischt ein; und, ob zwar der Abscheu wider die Vermischung' der zu nahe Verwandten wohl großenteils moralische Ursachen haben, ingleichen die Unfruchtbarkeit derselben nicht ge nug bewiesen sein mag: so gibt doch seine weite Ausbrei tung, selbst bis zu rohen Völkern, Anlaß zur Vermutung, daß der Grund dazu auf entfernte Art in der Natur selbst gelegen sei, welche nicht will, daß immer die alten Formen wieder reproduziert werden, sondern alle Mannigfaltigkeit herausgebracht werden soll, die sie in die ursprüngliche Keime des Menschenstamms gelegt hatte. Ein gewisser Grad der Gleichförmigkeit, der sich in einem Familien- oder so gar Volkssehlage hervorfindet, darf auch nicht der halbschläch tigen Anartung ihrer Charaktere (welche meiner Meinung nach in Ansehung der Varietäten gar nicht statt findet) zu geschrieben werden. Denn das Übergewicht der Zeugungs kraft des einen oder andern Teils verehlichter Personen, da bisweilen fast alle Kinder in den väterlichen, oder alle in den mütterlichen Stamm einschlagen, kann, bei der anfänglich großen Verschiedenheit der Charaktere, durch Wirkung und Gegenwirkung, nämlich dadurch, daß die Nachartungen auf der einen Seite immer seltener werden, die Mannigfaltigkeit vermindern und eine gewisse Gleichförmigkeit (die nur frem den Augen sichtbar ist) hervorbringen. Doch das ist nur meine beiläufige Meinung, die ich dem beliebigen Urteile des Lesers Preis gebe. Wichtiger ist, daß bei andern Tieren fast alles, was man an ihnen Varietät nennen möchte (wie die Größe, die Hautbeschaffenheit etc.), halbschlächtig an artet, und dieses, wenn man den Menschen, wie billig, nach der Analogie mit Tieren (in Absicht auf die Fortpflanzung) betrachtet, einen Einwurf wider meinen Unterschied der Rassen von Varietäten zu enthalten scheint. Um hierüber
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'Akad.-Ausg.: ,Vermischungenc.
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150 ÜBER DEN GEBRAUCH TELEOLOGISCHER PRINZIPIEN zu urteilen, muß man schon einen höheren Standpunkt der Erklärung dieser Natureinrichtung nehmen, nämlich den, daß vernunftlose Tiere, deren Existenz bloß als Mittel einen Wert haben kann, darum zu verschiedenem Gebrau che verschiedentlich schon in der Anlage (wie die verschie denen Hunderassen, die nach B u f f o n von dem gemein schaftlichen Stamme des Schäferhundes abzuleiten sind) ausgerüstet sein mußten; dagegen die größere Einhelligkeit des Zwecks in der Menschengattung so große Verschieden heit anartender Naturformen nicht erheischte; die notwen dig anartende also nur auf die Erhaltung der Spezies in eini gen wenigen von einander vorzüglich unterschiedenen Kli maten angelegt sein durften. Jedoch, da ich nur den Be griff der Ra s s e n habe verteidigen wollen, so habe ich nicht nötig, mich wegen des Erklärungsgrundes der Varietäten zu verbürgen. Nach Aufhebung dieser Sprachuneinigkeit, die öfters an einem Zwiste mehr schuld ist, als die in Prinzipien, hoffe ich nun weniger Hindernis wider die Behauptung meiner Er klärungsart anzutreffen. Herr F. ist darin mit mir einstim mig, daß er wenigstens e i n e erbliche Eigentümlichkeit un ter den verschiedenen Menschengestalten, nämlich die der Neger und der übrigen Menschen, groß genug findet, um sie nicht für bloßes Naturspiel und Wirkung zufälliger Ein drücke zu halten, sondern dazu ursprünglich dem Stamme einverleibte Anlagen, und spezifische Natureinrichtung fo dert. Diese Einhelligkeit unserer Begriffe ist schon wichtig, und macht auch in Ansehung der beiderseitigen Erklärungs prinzipien Annäherung möglich; anstatt daß die gemeine seichte Vorstellungsart, alle Unterschiede unserer Gattung auf gleichen Fuß, nämlich den des Zufalls, zu nehmen, und sie noch immer entstehen und vergehen zu lassen, wie äußere Umstände es fügen, alle Untersuchungen dieser Art für überflüssig und hiemit selbst die Beharrlichkeit der Spezies in derselben zweckmäßigen Form für nichtig erklärt. Zwei Verschiedenheiten unserer Begriffe bleiben nur noch, die aber nicht so weit aus einander sind, um eine nie beizu legende Mißhelligkeit notwendig zu machen: die e r s t e ist,
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daß gedachte erbliche Eigentümlichkeiten, nämlich die der N e g e r zum Unterschiede von allen andern Menschen, die einzigen sind, welche für ursprünglich eingepflanzt gehalten zu werden verdienen sollen; da' ich hingegen noch mehrere (die der Ind i e r und A m e r ik a n e r , zu der der W eißen hinzugezählt) zur vollständigen klassifischen Einleitung eben sowohl berechtigt zu sein urteile: die z w e i t e Abwei chung, welche aber nicht so wohl die Beobachtung (Naturbe schreibung) als die anzunehmende Theorie (Naturgeschichte) betrifft, ist: daß Hr. F. zum Behuf der Erklärung dieser Charaktere zwei ursprüngliche Stämme nötig findet; da, nach meiner Meinung (der ich sie mit Hrn. F. gleichfalls für ursprüngliche Charaktere halte), es möglich, und dabei der philosophischen Erklärungsart angemessener ist, sie als Ent wickelung in einem Stamme eingepflanzter zweckmäßiger erster Anlagen anzusehen; welches denn auch keine so große Zwistigkeit ist, daß die Vernunft sich nicht hierüber ebenfalls die Hand böte, wenn man bedenkt, daß der phy sische erste Ursprung organischer Wesen uns beiden, und überhaupt der Menschenvernunft unergründlich bleibt, eben so wohl als das halbschlächtige Anarten in der Fortpflan zung derselben. Da das System der gleich anfangs getrenn ten und in zweierlei Stämmen isolierten, gleichwohl aber nachher in der Vermischung der vorher abgesonderten, ein trächtig wieder zusammenschmelzenden Keime nicht die mindeste Erleichterung für die Begreiflichkeit durch Ver nunft mehr verschafft, als das der in einem und demselben Stamme ursprünglich eingepflanzten verschiedenen, sich in der Folge z w e c k m ä ß i g f ü r d i e e r s t e a l l ge me i n e B e völke r u n g entwickelnden Keime; und die letztere Hypo these dabei noch den 3 Vorzug der Ersparnis verschiedener Lokalschöpfungen bei sich führt : da ohnedem an Ersparnis t e l e o l o g i s c h e r Erklärungsgründe, um sie durch p h y s i sche zu ersetzen, bei organisierten Wesen, in dem was die Erhaltung ihrer Art angeht, gar nicht zu denken ist, und die letztere Erklärungsart also der Naturforschung keine neue 2
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'Cassirer: •verdienen; da,. - • Aka Verdienstes des ungenannten und mir bis nur vor kurzem unbekannten Verfassers jener•. - 'Akad.-Ausg.: .und damit,. l Akad.-Ausg.: •ist, und als«.
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170 ÜBER DEN GEBRAUCH TELEOLOGISCHER PRINZIPIEN g e m i s c h t. Wer besinnt sich aber auf alle Veranlassungen zum Mißverstande? - Eben das ist mir mit einer Note zur Vorrede der Me t a p h. A n f a n g s g. d. N a t. W. S. XVI bis XVII widerfahren, da ich die Deduktion der Kategorien zwar für wichtig, aber n i c h t f ü r ä u ß e r s t n o t w e n d i g ausgebe, letzteres aber i n der Kritik doch geflissentlich be haupte. Aber man sieht leicht, daß sie dort nur zu einer n e g a t i v e n Absicht, nämlich um zu beweisen, es könne vermittelst ihrer a l l e i n (ohne sinnliche Anschauung) gar k e i n Erk e n n t n i s der Dinge zu Stande kommen, in Be trachtung gezogen werden, da es denn schon klar wird, wenn man auch nur die Exp o s i t i o n der Kategorien (als bloß auf Objekte überhaupt angewandte logische Funktio nen) zur Hand nimmt. Weil wir aber von ihnen doch einen Gebrauch machen, darin sie zur Erk e n n t n i s der Objekte (der Erfahrung) wirklich gehören, so mußte nun auch die Möglichkeit einer objektiven Gültigkeit solcher Begriffe a priori in Beziehung aufs Empirische besonders bewiesen werden, damit sie nicht gar ohne Bedeutung, oder auch nicht empirisch e n t s p r u n g e n zu sein geurteilt würden; und das war die p o s i t i v e Absicht, in Ansehung deren die D e d u k t i o n allerdings unentbehrlich notwendig ist. Ich erfahre eben jetzt, daß der Verfasser obbenannter Briefe, Herr Rat Re i n h o l d , seit kurzem Professor der Philosophie in Jena, sei; ein Zuwachs, der dieser berühm ten Universität nicht anders als sehr vorteilhaft sein kann.
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ERSTE FASSUNG DER EINLEITUNG IN DIE KRITIK DER URTEILSKRAFT
EINLEITUNG IN DIE KRITIK DER URTEILSKRAFT
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!EINLEITUNG I. VON DER PHILOSOPHIE ALS EINEM SYSTEM
Wenn Philosophie das S y s t e m der Vernunfterkenntnis durch Begriffe ist, so wird sie schon dadurch von einer Kri tik der reinen Vernunft hinreichend unterschieden, als wel che zwar eine philosophische Untersuchung der Möglichkeit einer dergleichen Erkenntnis enthält, aber nicht als Teil zu einem solchen System gehört, sondern so gar die Idee desselben allererst entvrirft und prüfet. Die Einteilung des Systems kann zuerst nur die in ihren formalen und materialen Teil sein, davon der erste (die Logik) bloß die Form des Denkens in einem System von Regeln befaßt, der zweite (reale Teil) die Gegenstände dar über gedacht wird, so fern ein Vernunfterkenntnis dersel ben aus Begriffen möglich ist, systematisch in Betrachtung zieht. Dieses reale System der Philosophie selbst kann nun nicht anders als nach dem ursprünglichen Unterschiede ihrer Objekte und der darauf beruhenden wesentlichen Verschie denheit der Prinzipien einer Wissenschaft, die sie enthält, in t h e o r e t i s c h e und p r a k t i s c h e Philosophie eingeteilt werden; so, daß der eine Teil die Philosophie der Natur, der andere die der Sitten sein muß, von denen die erstere auch empirische, die zweite aber (da Freiheit schlechterdings kein Gegenstand der Erfahrung sein kann) niemals andere als reine Prinzipien a priori enthalten kann. Es herrscht aber ein großer und selbst der Behandlungs art der Wissenschaft sehr nachteiliger Mißverstand in An sehung dessen, was man für p r a k t i s c h , in einer solchen Bedeutung zu halten habe, daß es darum zu einer p r a kti s c h e n P h i l o s o p h i e gezogen zu werden verdiente. Man hat Staatsklugheit und Staatswirtschaft, Haushaltungsre geln, imgleichen die des Umgangs, Vorschriften zum!Wohl befinden und Diätetik, so wohl der Seele als des Körpers, (warum nicht gar alle Gewerbe und Künste?) zur prakti schen Philosophie zählen zu können geglaubt; weil sie doch insgesamt einen Inbegriff praktischer Sätze enthalten. Allein
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174 EINLEITUNG IN DIE KRITIK DEH UHTEH SKHAI·T praktische Sätze sind zwar der Vorstellungsart, darum aber nicht dem Inhalte nach von den theoretischen, welche die Möglichkeit der Dinge und ihre Bestimmungen enthalten, unterschieden, sondern nur die allein, welche die Fre i h e i t unter Gesetzen betrachten. Die übrigen insgesamt sind nichts weiter, e.ls die Theorie von dem, was zur Natur der Dinge gehört, nur auf die Art, wie sie von uns nach einem Prinzip. erzeugt werden können, angewandt, d. i. die Mög lichkeit denelben durch eine willkürliche Handlung (die eben so wohl zu den Naturursachen gehört) vorgestellt. So ist die Auflösung des Problems der Mechanik: zu einer ge gebenen Kraft, die mit einer gegebenen Last im Gleichge wichte sein soll, das Verhältnis der respektiven Hebelarme zu finden, zwar als praktische Formel ausgedrückt, die aber nichts anders enthält als den theoretischen Satz: daß die Länge der letzteren sich umgekehrt wie die erstem ver halten, wenn sie im Gleichgewichte sind; nur ist dieses Ver hältnis, seiner Entstehung nach, durch eine Ursache, deren Bestimmung:sgrund die Vor s t e l l u n g jenes Verhältnisses ist, (unsere Willkür) als möglich vorgestellt. Eben w ist es mit allen praktischen Sätzen bewandt, welche bloß die Er zeugung der Gegenstände betreffen. Wenn Vorschriften, seine Glückseligkeit zu befördern, gegeben werden und, z. B., nur von dem die Rede ist, was man an seiner eigenen Person zu tun habe, um der Glückseligkeit empfänglich zu sein, so werden nur die innere Bedingungen der Möglichkeit derselben, an der Genügsamkeit, an dem Mittelmaße der Neigungen, um nicht Leidenschaft zu werden, u.s.w. als zur Natur des Subjekts gehörig und zugleich ! die Erzeugungs art dieses Gleichgewichts, als eine durch uns selbst mög liche Kausalität, folglich alles als unmittelbare Folgerung aus der Theorie des Objekts in Beziehung auf die Theorie unserer eigenen Natur (uns selbst als Ursache) vorgestellt: mithin ist hier die praktische Vorschrift zwar der Formel, aber nicht dem Inhalte nach von einem theoretischen' unter schieden, bedarf also nicht zu einer 2 besondern Art von Philosophie, um diese Verknüpfung von Gründen mit ihren 1
Akad.-Ausg.: •einer theoretischen«.-'- 2 Akad.-Ausg.: •nicht einer•·
ERSTE FASSUJ',G
Folgen einzusehen. - Mit einem Worte: alle praktischen Sätze, die dasjenige, was die Natur enthalten kann, von der Willkür als Ursache ableiten, gehören insgesamt zur theore tischen Philosophie, als Erkenntnis der Natur, nur diejeni gen, welche der Freiheit das Gesetz geben, sind dem Inhalte nach spezifisch von jenen unterschieden. Man kann von den erstem sagen: sie machen den praktischen Teil einer Philo s o p hie der N a t u r aus, die letztem aber gründen allein eine besondere p r akt i s c h e P h i l o s o p hie. Anmerk u n g Es liegt viel daran, die Philosophie nach ihren Teilenge nau zu bestimmen und zu dem Ende nicht dasjenige, was nur Folgerung oder Anwendung derselben auf gegebene Fälle ist, ohne besondere Prinzipien zu bedürfen, unter die Glieder der Einteilung derselben, als eines Systems, zu setzen. Praktische Sätze werden von den theoretischen entweder in Ansehung der Prinzipien oder der Folgerungen unter schieden. Im letztem Falle machen sie nicht einen beson dern Teil der Wissenschaft aus, sondern gehören zum theo retischen, als eine besondere Art von Folgerungen aus der selben. Nun ist die Möglichkeit der Dinge nach Naturge setzen von der nach Gesetzen der Freiheit ihren Prinzipien nach wesentlich unterschieden. Dieser Unterschied besteht aber nicht darin, daß bei der letztem die L'rsach in einem Willen gesetzt wird, bei der erstem aber außer demselben, in den Dingen selbst. Denn, wenn doch der!Wille keine an dern Prinzipien befolgt, als die, von welchen der Verstand einsieht, daß der Gegenstand nach ihnen, als bloßen Natur gesetzen, möglich sei, so mag immer der Satz, der die Mög lichkeit des Gegenstandes durch Kausalität der Willkür ent hält, ein praktischer Satz heißen, er ist doch, dem Prinzip nach, von den theoretischen Sätzen, die die Natur der Dinge betreffen, gar nicht unterschieden, vielmehr muß er das seine von dieser entlehnen, um die Vorstellung eines Objekts in der Wirklichkeit darzustellen.
176 EINLEITUNG r:,. DIE KRITIK DER URTEILSKRAFT Praktische Sätze also, die dem Inhalte nach bloß die Möglichkeit eines vorgestellten Objekts (durch willkürliche Handlung) betreffen, sind nur Anwendungen einer voll ständigen theoretischen Erkenntnis und können keinen be sondern Teil einer Wissenschaft ausmachen. Eine prakti sche Geometrie, als abgesonderte Wissenschaft, ist ein Un ding: obgleich noch so viel praktische Sätze in dieser reinen Wissenschaft enthalten sind, deren die meisten als Probleme einer besonderen Anweisung zur Auflösung bedürfen. Die Aufgabe: mit einer gegebenen Linie und einem gegebenen rechten Winkel ein Quadrat zu konstruieren, ist ein prak tischer Satz, aber reine Folgerung aus der Theorie. Auch kann sich die Feldmeßkunst (agrimensoria) den Namen einer praktischen Geo m e t r i e keineswegs anmaßen und ein be sonderer Teil der Geometrie überhaupt heißen, sondern ge hört in Scholien der letzteren, nämlich den Gebrauch dieser Wissenschaft zu Geschäften. • Selbst in einer Wissenschaft der Natur, so fern sie auf empirischen Prinzipien beruht, nämlich der eigentlichen Physik, können die praktischen Vorrichtungen, um verbor gene Naturgesetze zu entdecken, unter dem Namen der Ex perimentalphysik, zu der Benennung einer praktischen Phy sik (die eben so wohl ein Unding ist), als eines Teils der Naturphilosophie, keinesweges berechtigen. Denn die Prin zipien, wornach wir Versuche anstellen, müssen immer selbst aus derjKenntnis der Natur, mithin aus der Theorie hergenommen werden. Eben das gilt von den praktischen Vorschriften, welche die willkürliche Hervorbringung eines * Diese reine und eben darum erhabene Wissenschaft scheint sich etwas von ihrer Würde zu vergeben, wenn sie gesteht, daß sie, als Ele mentargeometrie, obzwar nur zwei, We rkze u g e zur Konstruktion ihrer Begriffe brauche, nämlich den Zirkel und das Lineal, welche Kon struktion sie allein geometrisch, die der höheren Geometrie dagegen mechanisch nennt, weil zu der Konstruktion der Begriffe der letzteren zusammengesetztere Maschinen erfodert werden. Allein man versteht auch unter den ersteren nicht die wirkliche Werkzeuge (circinus et regula), welche niemals mit mathematischer Präzision jene Gestalten geben könnten, sondern sie sollen nur die einfachste Darstellungsarten der Einbildungskraft a priori bedeuten, der kein Instrnment es gleich tun kann.
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gewissen Gemütszustandes in uns betreffen (z. B. den der Bewegung oder Bezähmung der Einbildungskraft, die Be friedigung oder Schwächung der Neigungen). Es gibt keine praktische Psy c h o l o g ie, als besondem Teil der Philo sophie über die menschliche Natur. Denn die Prinzipien der Möglichkeit seines Zustandes, vermittelst der Kunst, müs sen von denen der Möglichkeit unserer Bestimmungen aus der Beschaffenheit unserer Natur entlehnt werden und, ob gleich jene in praktischen Sätzen bestehen, so machen sie doch keinen praktischen Teil der empirischen Psychologie aus, weil sie keine besondere Prinzipien haben, sondern ge hören bloß zu den Scholien derselben. Überhaupt gehören die praktischen Sätze (sie mögen rein a priori, oder empirisch sein), wenn sie unmittelbar die Mög iichkeit eines Objekts durch unsere Willkür aussagen, jeder zeit zur Kenntnis der Natur und dem theoretischen Teile der Philosophie. Nur die, welche direkt die Bestimmung einer Handlung, bloß durch die Vorstellung ihrer Form (nach Gesetzen überhaupt), ohne Rücksicht auf die Mittel 1 des dadurch zu bewirkenden Objekts, als notwendig dar stellen, können und müssen ihre eigentümliche Prinzipien (in der Idee der Freiheit) haben, und, ob sie gleich auf eben diese Prinzipien den Begriff eines Objekts des Willens (das höchste Gut) gründen, so gehört dieses doch nur indirekt, als Folgerung, zu der praktischen Vorschrift (welche nun mehr sittlich heißt). Auch kann die Möglichkeit desselben durch die Kenntnis der Natur (Theorie) nicht eingesehen werden. Nur jene Sätze gehören also allein zu einem be sondern Teile eines Systems der Vemunfterkenntnisse, un ter dem Namen der praktischen Philosophie. 1 Alle übrige Sätze 1der Ausübung, an welche Wisser.schaft sie sich auch immer anschließen mögen, können, wenn man etwa Zweideutigkeit besorgt, statt praktischer t e c h n i s c h e Sätze heißen. Denn sie gehören zur K u n s t , das zu stande zu bringen, wovon man will, daß es sein soll, die, bei einer vollständigen Theorie, jederzeit eine bloße Folgerung und kein für sich bestehender Teil irgend einer Art von Anwei1
Akad.-Ausg. erwägt: •Materie•.
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I 78 EINLEITUNG IN DIE KRITIK DER URTEILSKRAFT sung ist. Auf solche Weise gehören alle Vorschriften der Ge schicklichkeit zur T e c h n i k• und mithin zur theoretischen Kenntnis der Natur als Folgerungen derselben. Wir werden uns aber künftig des Ausdrucks der Technik auch bedienen, wo Gegenstände der Natur bisweilen bloß nur so beurteilt werden, a l s o b ihre Möglichkeit sich auf Kunst gründe, in welchen Fällen die Urteile weder theoretisch noch praktisch (in der zuletzt angeführten Bedeutung) sind, indem sie nichts von der Beschaffenheit des Objekts, noch der Art, es hervorzubringen, b e s t i m me n , sondern wodurch die Natur selbst, aber bloß nach der Analogie mit einer Kunst, und zwar in subjektiver Beziehung auf unser Erkenntnis vermögen nicht in objektiver auf die Gegenstände beurteilt wird. Hier werden wir nun die Urteile selbst zwar nicht technisch, aber doch die Urteilskraft, auf deren Gesetze sie sich gründen, und ihr gemäß auch die Natur, technisch nen nen, welche Technik, da sie keine objektiv bestimmende Sätze enthält, auch keinen Teil der doktrinalen Philosophie, sondern nur der Kritik unserer Erkenntnisvermögen aus macht. • Hier ist der Ort, einen Fehler zu verbessern, den ich in der Grund!. zur Met. der Sitten beging. Denn, nachdem ich von den Imperativen der Geschicklichkeit gesagt hatte, daß sie nur bedingterweise und zwar unter der Bedingung bloß möglicher, d. i. problematischer, Zwecke geböten, so nannte ich dergleichen praktische Vorschriften problema tische Imperativen, in welchem Ausdruck freilich ein Widerspruch liegt. Ich hätte sie technisch, d. i. Imperativen der Kunst nennen sollen. Die p r a gmatische, oder Regeln der Klugheit, welche unter der Be dingung eines w i r k l i c h e n und so gar subjektiv-notwendigen Zweckes gebieten, stehen nun zwar auch unter den technischen (denn was ist Klugheit anders, als Geschicklichkeit, freie Menschen und unter diesen so gar die Naturanlagen und Neigungen in sich selbst, zu seinen Absich ten brauchen zu können). Allein daß der Zweck, den wir uns und andern unterlegen, nämlich eigene Glückseligkeit, nicht unter die bloß beliebi gen Zwecke gehöret, berechtigt zu einer besondern Benennung dieser technischen Imperativen: weil die Aufgabe nicht bloß, wie bei tech nischen, die Art der Ausführung eines Zwecks, sondern auch die Bestim mung dessen, was diesen Zweck selbst (die Glückseligkeit) ausmacht, fodert, welches bei allgemeinen technischen Imperativen als bekannt vorausgesetzt werden muß.
ERSTE FASSUNG \II.VON DEM SYSTEM DER OBERN ERKENNTNISVERMÖGEN, DAS DER PHILOSOPHIE ZUM GRUNDE LIEGT
Wenn die Rede nicht von der Einteilung einer Philo sophie, sondern unseres E r k e n n t ni s v e r m ö g e n s a pri o r i d u r c h B e g rif f e (des oberen) ist, d.i. von einer Kritik der reinen Vernunft, aber nur nach ihrem Vermögen zu den ken betrachtet (wo die reine Anschauungsart nicht in Er wägung gezogen wird), so fällt die systematische Vorstel lung des Denkungsvermögens dreiteilig aus, nämlich erst lieh in das Vermögen der Erkenntnis des Allgemeinen (der Regeln), den Ver s t a n d , zweitens das Vermögen der S u b s u m t i o n d e s B e s o n d e r n unter das Allgemeine, die U r t e i l s k r a f t , und drittens das Vermögen der Be s t i m m u n g des Besondern durch das Allgemeine (der Ab leitung von Prinzipien), d. i. d i e Ver n u n f t. Die Kritik der reinen t h e o r e t i s c h e n Vernunft, welche den Quellen alles Erkenntnisses a priori (mithin auch des sen, was in ihr zur Anschauung gehört) gewidmet war, gab die Gesetze der N a t u r , die Kritik der praktischen Ver nunft das Gesetz der Freiheit an die Hand und so schei nen die Prinzipien a priori für die ganze Philosophie jetzt schon vollständig abgehandelt zu sein. Wenn nun aber der Verstand a priori Gesetze der Natur, dagegen Vernunft Gesetze der Freiheit an die Hand gibt, so ist doch nach der Analogie zu erwarten: daß die Urteils kraft, welche beider Vermögen ihren Zusammenhang ver mittelt, auch eben so wohl wie jene ihre eigentümliche Prin zipien a priori dazu hergeben und vielleicht zu einem be sonderen Teile der Philosophie den Grund legen werde, und gleichwohl kann diese als System nur zweiteilig sein. Allein Urteilskraft ist ein so besonderes, gar nicht selb ständiges Erkenntnisvermögen, daß es weder, wie der Ver stand, Begriffe, noch, wie die Vernunft, Ideen, von irgend einem Gegenstande gibt, weil es ein Vermögen ist, bloß un ter anderweitig gegebene Begriffe zu subsumieren.! Sollte also ein Begriff oder Regel, die ursprünglich aus der Urteils kraft entsprängen, statt finden, so müßte es ein Begriff von \H 7, 8
180 EINLElTUNG IN DIE KRITIK DER URTEILSKRAFl' Dingen der N a t u r sein, so f e r n d i e s e s i c h n a c h u n s e rer Urt e i l s k r a f t r i c h t e t , und also von einer solchen Be schaffenheit der Natur, von welcher man sich sonst gar kei nen Begriff machen kann, als nur daß sich ihre Einrichtung nach unserem Vermögen richte, die besondern gegebenen Gesetze unter allgemeinere, die doch nicht gegeben sind, zu subsumieren; mit anderen Worten, es müßte der Begriff von einer Zweckmäßigkeit der Natur zum Behuf unseres Vermö gens sein, sie zu erkennen, so fern dazu erfodert wird, daß wir das Besondere als unter dem Allgemeinen enthalten beurtei len und es unter den Begriff einer Natur subsumieren können. Ein solcher Begriff ist nun der einer Erfahrung a l s S y s t e m s n a c h e m p i r i s c h e n Ge s e t z e n. Denn obzwar diese nach t r a n s z e nd e n t a l e n Gesetzen, welche die Bedingung der Möglichkeit der Erfahrung überhaupt enthalten, ein System ausmacht: so ist doch von empirischen Gesetzen eine s o u n e n dlich eMa n n i g f a l t igke i t und eine so g r o ß e He t e r o g e n e i t ät d e r For m e n der Natur, die zur beson dern Erfahrung gehören würden, möglich, daß der Begriff von einem System nach diesen (empirischen) Gesetzen dem Verstande ganz fremd sein muß, und weder die Möglichkeit, noch weniger aber die Notwendigkeit eines solchen Ganzen begriffen werden kann. Gleichwohl aber bedarf die besondere, durchgehends nach beständigen Prinzipien zusammenhän gende Erfahrung auch diesensystematischenZusammenhang empirischer Gesetze, damit es für die Urteilskraft möglich werde, das Besondere unter das Allgemeine, wie wohl immer noch empirische und so fort an, bis zu den obersten empiri schen Gesetzen und denen ihnen gemäßen Naturformen zu subsumieren, mithin das A g g r ega t besonderer Erfahrun gen als S y s t e m derselben zu betrachten; denn ohne diese Voraussetzung kann kein durchgängig gesetzmäßiger Zusam menhang *,I d. i. empirische Einheit derselben statt finden.
• Die Möglichkeit einer Erfahrung überhaupt ist die Möglichkeit empirischer Erkenntnisse als synthetischer Urteile. Sie kann also I'icht a n a lyti sch aus bloßen verglichenen Wahrnehmungen gezogen w erden (wie man gemeiniglich glaubt), denn die Verbindung zweier verschiede nen Wahrnehmungen in dem Begriffe eines Objekts (zum Erkenntnis desselben) ist eine Syn t h e si s, welche nicht anders als nach Prinzipien
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Diese an sich (nach allen Verstandesbegriffen) zufällige Gesetzmäßigkeit, welche die Urteilskraft (nur ihr selbst zu Gunsten) von der Natur präsumiert und an ihr voraussetzt, ist eine formale Zweckmäßigkeit der Natur, die wir an ihr schlechterdings a n n e h m e n , wodurch aber weder ein theo retisches Erkenntnis der Natur, noch ein praktisches Prin zip der Freiheit gegründet, gleichwohl aber doch für die Beurteilung und Nachforschung der Natur ein Prinzip ge geben wird, um zu besondern Erfahrungen die allgemeinen Gesetze zu suchen, nach welchem wir sie anzustellen haben, um jene systematische Verknüpfung heraus zu bringen, die zu einer zusammenhängenden Erfahrung notwendig ist, und die wir a priori anzunehmen Ursache haben. Der ursprünglich aus der Urteilskraft entspringende und ihr eigentümliche Begriff ist also der von der Natur als Kun s t, mit andern Worten der T e c h n ik d e r N a t u r in Ansehung ihrer b e s o n d e r e n Gesetze, welcher Begriff keine Theorie begründet und, eben so wenig wie die Logik, Er kenntnis der Objekte und ihrer Beschaffenheit enthält, son dern nur zum Fortgange nach Erfahrungsgesetzen, dadurch die Nachforschung der Natur möglich wird, ein Prinzip gibt. Hierdurch aber wird die Kenntnis der Natur mit keinem be sondern objektiven Gesetze bereichert, sondern nur für die Urteilskraft eine Maxime gegründet, sie darnach zu beobach ten und die Formen der Natur damit zusammen zu halten. der synthetischen Einheit der Erscheinungen, d. i. nach Grundsätzen,
wodurch sie unter die Kategorien gebracht werden, ein empirisches E r k e n n t n is, d. i. Erfahrung möglich macht. Diese empirische Erkennt nisse nun machen nach dem, was sie notwendiger weise gemein haben (nämlich jene transzendentale Gesetze der Natur), eine analytische Ein heit aller Erfahrung aber nicht diejenige synthetische Einheit der Er· fahrung als eines Systems aus, welche die empirische Gesetze auch nach dem was sie Verschiedenes haben (und wo die Mannigfaltigkeit dersel ben ins Unendliche gehen kann) unter einem ·Prinzip verbindet. Was die Kategorie in Ansehung jeder besonderen Erfahrung ist, das ist nun die Zweckmäßigkeit oder Angemessenheit der Natur (auch in Ansehung ihrer besonderen Gesetze) zu unserem Vermögen der Urteilskraft, wor· nach sie nicht bloß als mechanisch sondern auch als technisch vorge· stellt wird; ein Begriff, der freilich nicht so wie die Kateizorie die synthe tische Einheit objektiv bestimmt, aber doch subjektiv Grundsätze ab gibt, die der Nachforschung der Natur zum Leitfaden dienen.
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Die Philosophie, als doktrinales System der Erkenntnis der Natur sowohl als Freiheit, bekommt hiedurch nun kei nen neuen Teil; denn die Vorstellung der Natur als Kunst ist eine bloße Idee, die unserer Nachforschung derselben, mithin bloß dem Subjekte zum Prinzip dient, um in das Aggregat empirischer Gesetze, als solcher, wo möglich einen Zusammenhang, als in einem System, zu bringen, indem wir der Natur eine Beziehung auf dieses unser Bedürfnis bei legen. Dagegen wird unser Begriff von einer Technik der Natur, als ein heuristisches Prinzip in Beurteilung dersel ben, zur Kritik unseres Erkenntnisvermögens gehören, die anzeigt, welche Veranlassung wir haben, uns von ihr eine solche Vorstellung zu machen, welchen Ursprung diese Idee habe und ob sie in einer Quelle a priori anzutreffen, im gleichen welches der Umfang und Grenze' des Gebrauchs derselben sei: mit einem Wort eine solche Untersuchung wird als Teil zum System der Kritik der reinen Vernunft, nicht aber der doktrinalen Philosophie gehören.•
Im, voN DEM SYSTEM ALLER VERMÖGEN DES MENSCHLICHEN GEMÜTS
Wir können alle Vermögen des menschlichen Gemüts ohne Ausnahme auf die drei zurückführen: das Er k e n n t n i sve r m ö g e n , das G e f ü h l d e r Lus t u n d U n l us t und das B e g e h r u n g sve r m ö g e n. Zwar haben Philosophen, die wegen der Gründlichkeit ihrer Denkungsart übrigens 'Akad.-Ausg.: •der Umfang und die Grentze t,- 2 Die ursprüngliche, bis •zweitens« durchstrichene Fassung dieses Absatzes lautet: •Die Philosophie, als reales Sys t e m d e r N a t u r e r kenntnis a priori durch Begriffe, bekömmt also dadurch keinen neuen Teil: Denn jene Betrach tung gehört zum theoretischen Teile derselben. Aber die Kritik der r e i n e n Er ke n n t n i sver m ö g e n bekömmt ihn wohl und zwar einen sehr nötigen Teil, wodurch erstlich Urteile über die Natur, deren Be stimmungsgrund leichtlich unter die empirische gezählt werden möchte, von diesen abgesondert und zweitensJandere, welche leichtlich für r e al und Bestimmung der Gegenstände der Natur gehalten werden, von die sen unterschieden und für formal, d. i. Regeln der bloßen Reflexion über Dinge der Natur, nicht der Bestimmung derselben nach objektiven Grundsätzen erkannt werden.•
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allen Lob' verdienen, diese Verschiedenheit nur für schein bar zu erklären und alle Vermögen aufs bloße Erkenntnis vermögen zu bringen gesucht. Allein es läßt sich sehr leicht dartun und seit einiger Zeit hat man es auch schon einge sehen, daß dieser, sonst im echten philosophischen Geiste unternommene Versuch, Einheit in diese Mannigfaltigkeit der Vermögen hineinzubringen, vergeblich sei. Denn es ist immer ein großer Unterschied zwischen Vorstellungen, so fern sie, bloß aufs Objekt und die Einheit des Bewußtseins derselben bezogen, zum Erkenntnis gehören, imgleichen zwischen derjenigen objektiven Beziehung, da sie, zugleich als Ursach der Wirklichkeit dieses Objekts betrachtet, zum Begehrungsvermögen gezählt werden, und ihrer Beziehung bloß aufs Subjekt, da sie für sich selbst Gründe sind, ihre eigene Existenz in demselben bloß zu erhalten und so fern im Verhältnisse zum Gefühl der Lust betrachtet werden; welches letztere schlechterdings kein Erkenntnis ist, noch verschafft, ob es zwar dergleichen zum Bestimmungsgrunde voraussetzen mag. )Die Verknüpfung zwischen dem Erkenntnis eines Gegen standes und dem Gefühl der Lust und Unlust an der Exi stenz desselben, oder die Bestimmung des Begehrungsver mögens, ihn hervorzubringen, ist zwar empirisch kennbar gnug; aber, da dieser Zusammenhang auf keinem Prinzip a priori gegründet ist, so machen so fern die Gemütskräfte nur ein A g g r e g a t und kein System aus. Nun gelingt es zwar, zwischen dem Gefühle der Lust und den andern bei den Vermögen eine Verknüpfung a priori herauszubringen, wenn• wir ein Erkenntnis a priori, nämlich den Vernunft begriff der Freiheit mit dem Begehrungsvermögen als Be stimmungsgrund desselben verknüpfen, in dieser objektiven Bestimmung zugleich subjektiv ein in der Willensbestim mung enthaltenes Gefühl der Lust anzutreffen. Aber auf die Art ist das Erkenntnisvermögen nicht v e r m i t t e lst der Lust oder Unlust mit dem Begehrungsvermögen verbun den; denn sie geht vor diesem nicht vorher, sondern folgt entweder allererst auf die Bestimmung des letzteren, oder ' Akad.-Ausg.: •alles Lob•. -
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ist vielleicht nichts anders, als die Empfindung dieser Be stimmbarkeit des Willens durch Vernunft selbst, also gar kein besonderes Gefühl und eigentümliche Empfänglichkeit, die unter den Gemütseigenschaften eine besondere Abtei lung erforderte. Da nun in der Zergliederung der Gemüts vermögen überhaupt ein Gefühl der Lust, welches, von der Bestimmung des Begehrungsvermögens unabhängig, viel mehr einen Bestimmungsgrund desselben abgeben kann, unwidersprechlich gegeben ist, zu der Verknüpfung dessel ben aber mit den beiden andern Vermögen in einem System erfodert wird, daß dieses Gefühl der Lust,I so wie die beide andere Vermögen, nicht auf bloß empirischen Gründen, son dern auch auf Prinzipien a priori beruhe, so wird zur Idee der Philosophie, als eines Systems, auch (wenn gleich nicht eine Doktrin, dennoch) eine Kr i t i k d e s G e f ü h l s der L u s t u n d Unl u s t , so fern sie nicht empirisch begründet ist, erfodert werden. Nun hat das E r k e n n t n i s v e r m ö g e n nach Begriffen seine Prinzipien a priori im reinen Verstande (seinem Be griffe von der Natur), das B e g e h r u n g s v e r m ö g e n in der reinen Vernunft (ihrem Begriffe von der Freiheit) und da bleibt noch unter den Gemütseigenschaften überhaupt ein mittleres Vermögen oder Empfänglichkeit, nämlich das G e f ü hl d e r Lust u n d U n l u s t , so wie unter den obern Er ke;nntnisvermögen ein mittleres, die Urt�ilskraft, übrig. Was ist natürlicher, als zu vermuten: daß die letztere zu dem erstem eben so wohl Prinzipien a priori enthalten werde. Ohne noch etwas über die Möglichkeit dieser Verknüp fung auszumachen, so ist doch hier schon eine gewisse An gemessenheit der Urteilskraft zum Gefühl der Lust, um die sen ' zum Bestimmungsgrunde zu dienen oder ihn darin zu finden, so fern unverkennbar: daß, wenn, in der E i n t e i lun g d e s Er k e n n t n i s v e r mög e n s d u r c h B e g r i f f e , Verstand und Vernunft ihre Vorstellungen auf Objekte bezie hen, um Begriffe davon zu bekommen, die Urteilskraft sich lediglich aufs Subjekt bezieht und für sich allein keine Be griffe von Gegenständen hervorbringt. Eben so, wenn, in 1
Akad.-Ausg.: •diesem•.
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der allgemeinen E i n t e i l u n g der G e m ü t s k r ä f t e über h au p t , Erkenntnisvermögen sowohl als Begehrungsvermö gen eine o b j e k t i v e Beziehung der Vorstellungen enthal ten, so ist dagegen das Gefühl der Lust und Unlust nur die Empfänglichkeit einer Bestimmung des Subjekts, so, daß, wenn Urteilskraft überall etwas für sich allein bestimmen soll, es wohl nichts anders als das Gefühl der Lust sein könnte und umgekehrt, wenn dieses überall ein Prinzip a priori haben soll, es allein in der Urteilskraft anzutreffen sein werde. IIV. VON DER ERFAHRUNG ALS EINEM SYSTEM FÜR DIE URTEILSKRAFT
Wir haben in der Kritik der reinen Vernunft gesehen, daß die gesamte Natur, als der Inbegriff aller Gegenstände der Erfahrung, ein System nach transzendentalen Gesetzen, nämlich solchen, die der Verstand selbst a priori gibt (für Erscheinungen nämlich, so fern sie, in einem Bewußtsein verbunden, Erfahrung ausmachen sollen), ausmache. Eben darum muß auch die Erfahrung, nach allgemeinen so wohl als besonderen Gesetzen, so wie sie überhaupt, objektiv be trachtet, möglich ist, (in der Idee) ein System möglicher empirischen Erkenntnisse ausmachen. Denn das fordert die Natureinheit, nach einem Prinzip der durchgängigen Ver bindung alles dessen, was in diesem Inbegriffe aller Erschei nungen enthalten ist. So weit ist nun Erfahrung überhaupt nach transzendentalen Gesetzen des Verstandes als System und nicht als bloßes Aggregat anzusehen. Daraus folgt aber nicht, daß die Natur, auch nach e m p i r i s c h e n Gesetzen, ein für das menschliche Erkenntnisver mögen f a ß l i c h e s System sei, und der durchgängige syste matische Zusammenhang ihrer Erscheinungen in einer Er fahrung, mithin diese selber als System, den Menschen mög lich sei. Denn es könnte die Mannigfaltigkeit und Ungleich artigkeit der empirischen Gesetze so groß sein, daß es uns zwar teilweise möglich wäre, Wahrnehmungen nach gele gentlich entdeckten besondern Gesetzen zu einer Erfahrung zu verknüpfen, niemals aber, diese empirische Gesetze selbst
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zur Einheit der Verwandtschaft unter einem gemeinschaft lichen Prinzip zu bringcn, 1wennlnämlich;wie es doch an sich möglich ist (wenigstens so viel der Verstand a priori aus machen kann), die Mannigfaltigkeit und Ungleichartigkeit dieser Gesetze, imgleichen der ihnen gemäßen Naturformen, unendlich groß, uns an' diesen ein rohes chaotisches Aggre gat und nicht die mindeste Spur eines Systems darlegte, ob wir gleich ein solches nach transzendentalen Gesetzen vor aussetzten müssen•. Denn E i n h e i t der Natur in Zeit und Raume und Einheit der uns möglichen Erfahrung ist einerlei, weil jene ein Inbegriff bloßer Erscheinungen (Vorstellungsarten) ist, welcher seine objektive Realität lediglich in der Erfahrung haben kann, die, als System, selbst nach empirischen Ge setzen, möglich sein muß, wenn man sich jene (wie es denn geschehen muß) wie ein System denkt. Also ist es eine sub jektiv-notwendige transzendentale Vo raussetzung, daß jene besorgliche grenzenlose Ungleichartigkeit empirischer Gesetze und Heterogeneität der Naturformen der Naturnicht zukomme, vielmehr sie sich, durch die Affinität der besonde ren Gesetze unter allgemeinere, zu einer Erfahrung, als einem empirischen System, qualifiziere. Diese Voraussetzung ist nun das transzendentale Prin zip der Urteilskraft. Denn diese ist nicht bloß ein Vermögen, das Besondere unter dem Allgemeinen (dessen Begriff ge geben ist) zu subsumieren, sondern auch umgekehrt, zu dem Besonderen das Allgemeine zu finden. Der Verstand aber abstrahiert in seiner transzendentalen G e s e t z g e b u n g der Natur von aller Mannigfaltigkeit möglicher empirischer Ge setze; er zieht in jener nur die Bedingungen der Möglichkeit einer Erfahrung überhaupt ihrer Form nach in Betrachtung. In ihm ist also jenes Prinzip der Affinität der besonderen Naturgesetze nicht anzutreffen. Allein die/Urteilskraft, wel cher es obliegt, die besonderen Gesetze, auch nach dem, was sie unter denselben allgemeinen Naturgesetzen Verschiede nes haben, dennoch unter höhere, obgleich immer noch em' Akad.-Ausg.: •unendlich groß wäre und uns an«. - 2 Akad.-Ausg.: • voraussetzen müssen•; •müssen• späterer Zusatz von Kants Hand.
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pirische Gesetze zu bringen, muß ein solches Prinzip ihrem Verfahren zum Grunde legen. Denn durch Herumtappen unter Naturformen, deren Übereinstimmung unter einander, zu gemeinschaftlichen empirischen aber höheren Gesetzen, die Urteilskraft gleichwohl als ganz zufällig ansähe, würde es noch zufälliger sein, wenn sich b e s o n d e r e W a h r n e h mungen einmal glücklicher Weise z u einem empirischen Gesetze qualifizierten; viel mehr aber, daß mannigfaltige empirische Gesetze sich zur systematischen Einheit der Naturerkenntnis in einer möglichen Erfahrung in i h r e m gan z e n Zu s a m m e n h a n g e schickten, ohne durch ein Prinzip a priori eine solche Form in der Natur vorauszu setzen. Alle jene in Schwang gebrachte Formeln: die Natur nimmt den kürzesten Weg - s i e t u t n i c h t s umsonst s i e b e g e h t k e i n e n Spr u n g i n d e r Man n i g f a l tig keit der Formen (continuum formarum)- s ie i s t reich i n A rt e n , a b e r dabei d o c h s p a r s a m i n Gattunge n , u. d . g. sind nichts anders als eben dieselbe transzendentale Äußerung der Urteilskraft, sich für die Erfahrung als System und daher zu ihrem eigenen Bedarf ein Prinzip fest zu setzen. Weder Verstand noch Vernunft können a priori ein solches Naturgesetz begründen. Denn, daß die' Natur in ihren bloß formalen Gesetzen (wodurch sie Gegenstand der Erfahrung überhaupt ist) nach unserm Verstande richte, läßt sich wohl einsehen, aber in Ansehung der besondern Gesetze, ihrer Mannigfaltigkeit und Ungleichartigkeit ist sie von allen Einschränkungen unseres gesetzgebenden Erkennt nisvermögens frei und es ist eine bloße Voraussetzung der Urteilskraft, zum Behuf ihres eigenen Gebrauchs, von dem Empirisch-besondem jederzeit zum Allgemeinem gleich falls Empirischen, um der Vereinigung empirischer Gesetze willen, hinaufzusteigen, welche jenes Prinzip gründet. Auf Rechnung der Erfahrung kann man ein solches Prinzip auch keinesweges schreiben, weil nur unter Voraussetzung des selben es möglich ist, Erfahrungen auf systematische Art anzustellen. • Akad.-Ausg.: •daß sich die•·
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EINLEITUNG IN DIE KRITIK DER URTEILSKRAFT V. VON DER REFLEKTIERENDEN URTEILSKRAFT
Die Urteilskraft kann entweder als bloßes Vermögen, über eine gegebene Vorstellung, zum Behuf eines dadurch möglichen Begriffs, nach einem gewissen Prinzip zu r e f l e k t i er e n, oder als ein Vermögen, einen zum Grunde liegenden Begriff durch eine gegebene empirische Vorstellung zu be s t i mme n, angesehen werden. Im ersten Falle ist sie die re f l e kt i e r e n d e, im zweiten die b e s t i m m e n d e Ur teils kraft. R e f l ekt ieren (Überlegen) aber ist: gegebene Vor stellungen entweder mit andern, oder mit seinem Erkennt nisvermögen, in Beziehung auf einen dadurch möglichen Be griff, zu vergleichen und zusammen zu halten. Die reflek tierende Urteilskraft ist diejenige, welche man auch das Beurteilungsvermögen (facultas diiudicandi) nennt. Das Reflektieren (welches selbst bei Tieren, obzwar nur instinktmäßig, nämlich nicht in Beziehung auf einen dadurch zu erlangenden Begriff, sondern eine etwa dadurch zu bestimmende Neigung vorgeht) bedarf für uns eben so wohl eines Prinzips, als das Bestimmen, in welchem der zum Grunde gelegte Begriff vom Objekte der Urteilskraft die Regel vorschreibt und also die Stelle des Prinzips vertritt. 1 Das Prinzip der Reflexion über gegebene Gegenstände der Natur ist: daß sich zu allen Naturdingen empirisch be stimmte B e g r i ffe finden lassen,• welches eben so viel sagen will, als daß man allemal an ihren Produkten eine 1
• Dieses Prinzip hat beim ersten Anblick gar nicht das Ansehen eines synthetischen und transzendentalen Satzes, sondern scheint viel mehr tautologisch zu sein und zur bloßen Logik zu gehören. Denn diese lehrt, wie man eine gegebene Vorstellung mit andern vergleichen, und dadurch, daß man dasjenige, was sie mit verschiedenen gemein hat, als ein Merkmal zum allgemeinen Gebrauch herauszieht, sich einen Be griff machen könne. Allein, ob die Natur zu jedem Objekte noch viele andere als Gegenstände der Vergleichung, die mit ihm in der Form man ches gemein haben, aufzuzeigen habe, darüber lehrt sie nichts; vielmehr ist diese Bedingung der Möglichkeit der Anwendung der Logik auf die Natur ein Prinzip der Vorstellung der Natur, als eines Systems für unsere Urteilskraft, in welchem das Mannigfaltige, in Gattungen und Arten eingeteilt, es möglich macht, alle vorkommende Naturformen durch Vergleichung auf Begriffe (von mehrerer oder minderer Allge1 H 17
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Form voraussetzen kann, die nach allgemeinen, für uns er kennbaren Gesetzen möglich ist. Denn dürften wir dieses nicht voraussetzen und legten unserer Behandlung , der empirischen Vorstellungen dieses Prinzip nicht zum Grunde, so würde alles Reflektieren bloß aufs Geratewohl und blind, mithin ohne gegründete Erwartung ihrer Zusammenstim mung mit der Natur angestellt werden. JinAnsehung der allgemeinen Naturbegriffe, unter denen überhaupt ein Erfahrungsbegriff (ohne besondere empirische Bestimmung) allererst möglich ist, hat die Reflexion im Be griffe einer Natur überhaupt, d. i. im Verstande, schon ihre Anweisung und die Urteilskraft bedarf keines besondern Prinzips der Reflexion, sondern s c h e m a t i s i e r t dieselbe a priori und wendet diese Schemata auf jede empirische Synthesis an, ohne welche gar kein Erfahrungsurteil mög lich wäre. Die Urteilskraft ist hier in ihrer Reflexion zu gleich bestimmend und der transzendentale Schematism derselben dient ihr zugleich zur Regel, unter der gegebene empirische Anschauungen subsumiert werden. Aber zu solchen Begriffen, die zu gegebenen empirischen Anschauungen allererst sollen gefunden werden, und welche ein besonderes Naturgesetz voraussetzen, darnach allein b e s o n d e r e Erfahrung möglich ist, bedarf die Urteilskraft eines eigentümlichen gleichfalls transzendentalen Prinzips ihrer Reflexion und man kann sie nicht wiederum auf schon bekannte empirische Gesetze hinweisen und die Reflexion meinheit) zu bringen. Nun lehrt zwar schon der reine Verstand (aber auch durch synthetische Grundsätze), alle Dinge der Natur als in einem transzendentalen Sys t e m n a c h B e g r i ffe n a priori (den Kategorien) enthalten zu denken; allein die Urteilskraft, die auch zu empirischen Vorstellungen, als solchen, Begriffe sucht (die reflektierende), muß noch überdem zu diesem Behuf annehmen, daß die Natur in ihrer grenzen losen Mannigfaltigkeit eine solche Einteilung derselben in Gattungen und Arten getroffen habe, die es unserer Urteilskraft möglich macht, in der Vergleichung der Naturformen Einhelligkeit anzutreffen und zu empirischen Begriffen, und dem Zusammenhange derselben unterein ander, durch Aufsteigen zu allgemeinem gleichfalls empirischen Be griffen zu gelangen: d. i. die Urteilskraft setzt ein System der Natur auch nach empirischen Gesetzen voraus und dieses a priori, folglich durch ein transzendentales Prinzip.
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in eine bloße Vergleichung mit empirischen Formen, für die man schon Begriffe hat, verwandeln. Denn es frägt sich, wie man hoffen könne, durch Vergleichung der Wahrneh mungen zu empirischen Begriffen desjenigen, was den ver schiedenen Naturformen gemein ist, zu gelangen, wenn die Natur (wie es doch zu denken möglich ist) in diese, wegen der großen Verschiedenheit ihrer empirischen Gesetze, eine so große Ungleichartigkeit gelegt hätte, daß alle, oder doch die meiste Vergleichung vergeblich wäre, eine Einhelligkeit und Stufenordnung von Arten und Gattungen unter ihnen herauszubringen. Alle Vergleichung empirischer Vorstellun gen, um empirische Gesetze und diesen gemäße spezifi sche, durch dieser ihre Vergleichung aber mit andern auch g e n e r i s c h-ü b e r e i n s t i m m e n d e Formen an Naturdingen zu erkennen, setzt doch voraus: daß die Natur auch in An sehung ihrer empirischen Gesetze eine gewisse unserer Ur teilskraft angemessene Sparsamkeit und eine für uns faß liche Gleichformigkeit beobachtet habe, und diese Voraus setzung muß, als Prinzip der Urteilskraft a priori, vor aller Vergleichung vorausgehen. Die reflektierende Urteilskraft verfährt also mit gegebe nen Erscheinungen, um sie unter empirische Begriffe von bestimmten Naturdingen zu bringen, nicht schematisch, sondern t e c h n i s c h , nicht gleichsam bloß mechanisch, wie Instrument', unter der Leitung des Verstandes und der Sinne, sondern k ü n s t lic h, nach dem allgemeinen, aber zu gleich unbestimmten Prinzip einerl zweckmäßigen Anord nung der Natur in einem System, gleichsam zu Gunsten unserer Urteilskraft, in der Angemessenheit ihrer beson dem Gesetze (über die der Verstand nichts sagt) zu der Möglichkeit der Erfahrung als eines Systems, ohne welche Voraussetzung wir nicht hoffen können, uns in einem Laby rinth der Mannigfaltigkeit möglicher besonderer Gesetze zurechte zu finden. Also macht sich die Urteilskraft selbst a priori die Tec h n i k d e r N a t u r zum Prinzip ihrer Refle xion, ohne doch diese erklären noch näher bestimmen zu können, oder dazu einen objektiven Bestimmungsgrund der 'Akad.-Ausg.: •wie ein Instrument«. \H 19
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allgemeinen Naturbegriffe (aus einem Erkenntnis der Dinge an sich selbst) zu haben, sondern nur, um nach ihrem eige nen subjektiven Gesetze, nach ihrem Bedürfriis, dennoch aber zugleich einstimmig mit Naturgesetzen überhaupt, reflektieren zu können. Das Prinzip der reflektierenden Urteilskraft, dadurch die Natur als System nach empirischen Gesetzen gedacht wird, ist aber bloß ein Prinzip f ü r d e n l o g i s c h e n G eb r a u c h d e r U r t e i l skraft, zwar ein transzendentales Prinzip sei nem Ursprunge nach, aber nur, um die Natur a priori als qualifiziert zu einem l o g i s c h e n System ihrer Mannig faltigkeit unter empirischen Gesetzen anzusehen Die logische Form eines Systems besteht bloß in der Ein teilung gegebener allgemeiner Begriffe (dergleichen hier der einer Natur überhaupt ist), dadurch daß man sich das Be sondere (hier das Empirische) mit seiner Verschiedenheit, als unter dem Allgemeinen enthalten, nach einem gewissen Prinzip denkt. Hierzu gehört nun, wenn man empirisch ver fährt und vom Besondem zum Allgemeinen aufsteigt, eine K l a s s i f i k a t i o n des Mannigfaltigen, d. i. eine Vergleichung mehrerer Klassen, deren jede unter einem bestimmten Be griffe steht, untereinander, und, wenn jene nach dem ge meinschaftlichen Merkmal vollständig sind, ihre Subsum tion unter höhere Klassen (Gattungen), bis manizu dem Be griffe gelangt, der das Prinzip der ganzen Klassifikation in sich enthält (und die oberste Gattung ausmacht). Fängt man dagegen vom allgemeinen Begriff an, um zu dem be sondern durch vollständige Einteilung herabzugehen, so heißt die Handlung die Spezifikation des Mannigfalti gen unter einem gegebenen Begriffe, da von der obersten Gattung zu niedrigen (Untergattungen oder Arten) und von Arten zu Unterarten fortgeschritten wird. Man drückt sich richtiger aus, wenn man, anstatt (wie im gemeinen Rede gebrauch) zu sagen, man müsse das Besondere, welches un ter einem Allgemeinen steht, spezifizieren, lieber sagt, man spezifiz i e r e den a l l g e m e i n e n B e g r iff, indem man das Mannigfaltige unter ihm anführt. Denn die Gattung ist (logisch betrachtet) gleichsam die Materie, oder das rohe IH20
192 EINLEITUNG IN DIE KRITIK DER URTEILSKRAFT Substrat, welches die Natur durch mehrere Bestimmung zu besondem Arten und Unterarten verarbeitet, und so kann man sagen, d i e N a t u r s p e z i f i z i e r e s i c h s e l b s t nach einem gewissen Prinzip (oder der Idee eines Systems), nach der Analogie des Gebrauchs dieses Worts bei den Rechts lehrern, wenn sie von der Spezifikation gewisser rohen Ma terien reden. * Nun ist klar, daß die reflektierende Urteilskraft es ihrer Natur nach nicht unternehmen könne, die ganze Natur nach ihren empirischen Verschiedenheiten zu k l a s s ifizieren, wenn sie nicht voraussetzt, die Natur s p e z i f i z i e r e selbst ihre transzendentale Gesetze nach irgend einem Prinzip. Dieses Prinzip kann nun kein anderes, als das der Angemes senheit zum Vermögen der Urteilskraft selbst sein, in der unermeßlichen Mannigfaltigkeit der Dinge nach möglichen empirischen Gesetzen genugsame Verwandtschaft derselben anzutreffen, um sie unter empirische Begriffe (Klassen) und diese unter allgemeinere Gesetze (höhere Gattungen) zu bringen und so zu einem empirischen System der Natur ge langen zu können. - So wie nun eine solche Klassifikation keine gemeine Erfahrungserkenntnis, sondern eine künst liche ist, so wird dieNatur,iso fern sie so gedacht wird, daß sie sich nach einem solchen Prinzip spezifiziere, auch als K u n s t angesehen und die Urteilskraft führt also notwendig a priori ein Prinzip der Te chnik der Natur bei sich, welche von der N o m o t h e t i k derselben nach transzendentalen Verstandesgesetzen darin unterschieden ist, daß diese ihr Prinzip als Gesetz, jene aber nur als notwendige Voraus setzung geltend machen kann.' * Auch die aristotelische Schule nannte die G a t t u n g Materie, den
spe z i f i s c he n Un t e r s c hied aber die Form. 1 Bemerkung der Handschrift am Rande des Absatzes: • NB Konnte wohl Linnäus hoffen, ein System der Natur zu entwerfen, wenn er hätte besorgen müssen, daß, wenn ein [Akad.-Ausg.: •weii er einen•] Stein fand, den er Granit nannte, dieser von jedem anderen, der doch eben so aussahe, seiner inneren Beschaffenheit unterschieden (Akad.-Ausg.: • Beschaffenheit nach unterschieden•] sein dürfte und er also immer nur einzelne für den Verstand gleichsam isolierte Dinge nie aber eine Klasse derselben, die unter Gattungs- und Artsbegriffe gebracht werden könn ten, anzutreffen hoffen dürfe. c
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Das eigentümliche Prinzip der Urteilskraft ist also: d i e Natur spezifiziert ihre allgemeine Gesetze zu e m p i r i s c h e n , g e m ä ß d e r F o r m e i n e s l o g i s c he n Syst e m s , z u m B e h u f d e r U r t e i l s k r a f t . Hier entspringt nun der Begriff einer Z w e c k m ä ß i g k e i t der Natur und zwar als ein eigentümlicher Begriff der reflek tierenden Urteilskraft, nicht der Vernunft; indem der Zweck gar nicht im Objekt, sondern lediglich im Subjekt und zwar dessen bloßem Vermögen zu reflektieren gesetzt wird. Denn zweckmäßig nennen wir dasjenige, dessen Dasein eine Vorstellung desselben Dinges vorauszusetzen scheint; Na turgesetze aber, die so beschaffen und auf einander bezogen sind, als ob sie die Urteilskraft zu ihrem eigenen Bedarf ent worfen hätte, haben Ähnlichkeit mit der Möglichkeit der Dinge, die eine Vorstellung dieser Dinge, als Grund dersel ben voraussetzt. Also denkt sich die Urteilskraft durch ihr Prinzip eine Zweckmäßigkeit der Natur, in der Spezifikation ihrer Formen durch empirische Gesetze. Dadurch werden aber diese Formen selbst nicht als zweckmäßig gedacht, sondern nur das Verhältnis derselben zu einander, und die Schicklichkeit, bei ihrer großen Man nigfaltigkeit zu einem logischen System empirischer Be griffe. - Zeigte uns nun die Natur nichts mehr als diese logi sche Zweckmäßigkeit, so würden wir zwar schon Ursache haben, sie hierüber zu bewundern, indem wir nach den allgemeinen Verstandesgesetzen keinen Grund davon an zugeben wissen; allein dieser Bewunderung würde schwer lich jemand anders als etwa ein Transzendental-Philosoph fähig sein, und selbst dieser würde doch keinen bestimm ten Fall nennen können, wo sich diese Zweckmäßigkeit in concreto bewiese, sondern sie nur im allgemeinen denken müssen. j VI. VON DER ZWECKMÄSSIGKEIT DER NATURFORMEN ALS SO VIEL BESONDERER SYSTEME
Daß die Natur in ihren empirischen Gesetzen sich selbst so spezifiziere, als es zu einer möglichen Erfahrung, a l s
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194 EINLEITUNG IN DIE KRITIK DER URTEILSKRAFT ei n em System empirisches' Erkenntnis, erforderlich ist, diese Form der Natur enthält eine logische Zweckmäßigkeit, nämlich ihrer Übereinstimmung zu den subjektiven Bedin gungen der Urteilskraft in Ansehung des möglichen Zu sammenhangs empirischer Begriffe in dem Ganzen einer Er fahrung. Nun gibt dieses aber keine Folgerung auf ihre Tauglichkeit zu einer realen Zweckmäßigkeit in ihren Pro dukten, d. i. einzelne Dinge in der Form von Systemen her vorzubringen: denn diese könnten immer, der Anschauung nach, bloße Aggregate und dennoch nach empirischen Ge setzen, welche mit andern in einem System l ogisc h e r E i n t e i l u n g zusammenhängen, möglich sein, ohne daß zu ihrer besondren Möglichkeit ein eigentlich darauf angestellter Be griff, als Bedingung derselben, mithin eine ihr zum Grunde liegende Zweckmäßigkeit der Natur, angenommen werden dürfte. Auf solche Weise sehen wir Erden, Steine, Mineralien u.d.g. ohne alle zweckmäßige Form, als bloße Aggregate, dennoch den innern Charaktern und Erkenntnisgründen ihrer Möglichkeit nach so verwandt, daß sie unter empiri schen Gesetzen zur Klassifikation der Dinge in einem Sy stem der Natur tauglich sind, ohne doch eine Form des Systems a n i h n e n s e l b s t zu zeigen. Ich verstehe daher unter einer a b s o l u t e n Z w eck m ä ß i g k e i t der Naturformen diejenige·äußere Gestalt, oder auch den innern Bau derselben, die so beschaffen sind, daß ihrer Möglichkeit eine Idee von denselbenjin unserer Urteils kraft zum Grunde gelegt werden muß. Denn Zweckmäßig keit ist eine Gesetzmäßigkeit des Zufälligen als eines solchen. Die Natur verfährt in Ansehung ihrer Produkte als Aggre gate m e c h a n i s c h , als b l o ß e N a t u r; aber in Ansehung derselben als Systeme, z. B. Kristallbildungen, allerlei Ge stalt der Blumen, oder dem innern Bau der Gewächse und Tiere, t e c h n i s c h , d. i. zugleich als K u n s t. Der Unter schied dieser beiderlei Arten, die Naturwesen zu beurteilen, wird bloß durch die r e f .e k t i e r e n d e Urteilskraft gemacht, die es ganz wohl kann und vielleicht auch muß geschehen lassen, was die b e s t ir11m end e (unter Prinzipien der Ver' Akad.-Ausg.: 1empirischert.
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nunft) ihr, in Ansehung der Möglichkeit der Objekte selbst, nicht einräumte und vielleicht alles auf mechanische Er klärungsart zurückgeführt wissen möchte; denn es kann gar wohl neben einander bestehen, daß die E r k l ä r u n g einer Erscheinung, die ein Geschäft der Vernunft nach ob jektiven Prinzipien ist, m e c h a n i s c h , die Regel der Be u r t eilu n g aber desselben Gegenstandes, nach subjektiven Prinzipien der Reflexion über denselben, t e c h n i s c h sei. Ob nun zwar das Prinzip der Urteilskraft von der Zweck mäßigkeit der Natur in der Spezifikation ihrer allgemeinen Gesetze keinesweges sich so weit erstreckt, um daraus auf die Erzeugung a n s i c h z w e c k m ä ß i g e r N a t u r f o rme n zu schließen (weil auch ohne sie das System der Natur nach em pirischen Gesetzen, welches allein die Urteilskraft zu postu lieren Grund hatte, möglich ist), und diese lediglich durch Erfahrung gegeben werden müssen: so bleibt es doch, weil wir einmal der Natur in ihren besondren Gesetzen ein Prin zip der Zweckmäßigkeit unterzulegen Grund haben, immer mögli c h und erlaubt, wenn uns die Erfahrung zweck mäßige Formen an ihren Produkten zeigt, dieselbe eben demselben Grunde, als worauf die erste beruhen mag, zuzu schreiben. 1 Obgleich auch dieser Grund selber so gar im Übersinn lichen liegen und über den Kreis der uns möglichen Natur einsichten hinausgerückt sein möchte, so haben wir auch schon dadurch etwas gewonnen, daß wir für die sich in der Erfahrung vorfindende Zweckmäßigkeit der Naturformen ein transzendentales Prinzip der Zweckmäßigkeit der Natur in der Urteilskraft in Bereitschaft haben, welches, wenn es gleich die Möglichkeit solcher Formen zu erklären nicht hin reichend ist, es dennoch wenigstens erlaubt macht, einen so besondren Begriff, als der der Zweckmäßigkeit ist, auf Natur und ihre Gesetzmäßigkeit anzuwenden, ob er zwar kein objektiver Naturbegriff sein kann, sondern bloß vom subjektiven Verhältnisse derselben auf ein Vermögen des Gemüts hergenommen ist.
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EINLEITUNG IN DIE KRITIK DER URTEILSKRAIT VII. VON DER TECHNIK DER URTEILSKRAIT
ALS DEM GRUNDE DER IDEE EINER TECHNIK DER NATUR
Die Urteilskraft macht es, wie oben gezeigt worden, aller erst möglich, ja notwendig, außer der mechanischen Natur notwendigkeit sich an ihr auch eine Zweckmäßigkeit zu denken, ohne deren Voraussetzung die systematische Ein heit in der durchgängigen Klassifikation besonderer Formen nach empirischen Gesetzen nicht möglich sein würde. Zu nächst ist gezeigt worden, daß, da jenes Prinzip der Zweck mäßigkeit nur ein subjektives Prinzip der Einteilung und Spezifikation der Natur ist, es in Ansehung der Formen der Naturprodukte nichts bestimme. Auf welche Weise also würde diese Zweckmäßigkeit bloß in Begriffen bleiben und dem logischen Gebrauche der Urteilskraft in der Erfahrung zwar eine Maxime der Einheit der Natur ihren empirischen Gesetzen nach, zum Behuf des Vemunftgebrauchs über ihre Objekte, untergelegt, von dieser besondern Art der syste matischen Einheit aber, nämlich der nach der Vorstellung eines Zwecks, keine Gegenstände in der Natur, als mit ihrer Form dieser korrespondierende • Produkte, gegeben werden würden. - Die Kau s a l i t ä tlnun der Natur, in Ansehung der Form ihrer Produkte als Zwecke, würde ich die Tech nik der Natur nennen. Sie wird der Mechanik derselben entgegengesetzt, welche in ihrer Kausalität durch die Ver bindung des Mannigfaltigen ohne einen der Art ihrer Ver einigung zum Grunde liegenden Begriff besteht, ungefähr so wie wir gewisse Hebezeuge, die ihren zu einem Zwecke abgezielten Effekt, auch ohne eine ihr 3 zum Grunde gelegte Idee haben können, z. B. einen Hebebaum, eine schiefe Fläche, zwar Maschinen, aber nicht Kunstwerke nennen werden; weil sie zwar zu Zwecken gebraucht werden können, aber nicht bloß in Beziehung auf sie möglich sind. Die erste Frage ist nun hier: Wie läßt sich die Technik der Natur an ihren Produkten wahrnehmen? Der Begriff 1
1 Akad.-Ausg.: •also diese Zweckmäßigkeit blos in Begriffen bleiben würde und•. - • Akad.-Ausg. erwägt: •als mit dieser ihrer Form kor· respondierende•. - 3 Akad.-Ausg.: • ihm c.
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197 der Zweckmäßigkeit ist gar kein konstitutiver Begriff der Erfahrung, keine Bestimmung einer Erscheinung, zu einem empirischen Be g r i f f e vom Objekte gehörig; denn er ist keine Kategorie. In unserer Urteilskraft nehmen wir die Zweckmäßigkeit wahr, so fern sie über ein gegebenes Ob jekt bloß reflektiert, es sei über die empirische Anschauung desselben, um sie auf irgend einen Begriff (unbestimmt wel chen) zu bringen, oder über den Erfahrungsbegriff selbst, um die Gesetze, die er enthält, auf gemeinschaftliche Prin zipien zu bringen. Also ist die Urteilskraft eigentlich technisch; die Natur wird nur als technisch vorgestellt, so fern sie zu jenem Verfahren derselben zusammenstimmt und es notwendig macht. Wir werden so gleich die Art zeigen, wie der Begriff der reflektierenden Urteilskraft, der die innere Wahrnehmung einer Zweckmäßigkeit der Vorstellun gen möglich macht, auch zur Vorstellung des Objekts, als unter ihm enthalten, angewandt werden könne. ' Zu jedem empirischen Begriffe gehören nämlich drei Handlungen des selbsttätigen Erkenntnisvermögens: 1. die Auffa ssung (apprehensio) des Mannigfaltigen der An schauung, 2. die Zusammenfassung, d. i. die synthe tische Einheit des Bewußtseins dieses Mannigfaltigen in dem Begriffe eines Objekts (apperceptio comprehensiva), 3. die Darstellung (exhibitio) des diesemJBegriff korrespondie renden Gegenstandes in der Anschauung. Zu der ersten Hand lung wird Einbildungskraft, zur zweiten Verstand, zur dritten Urteilskraft erfordert, welche, wenn es um einen empirischen Begriff zu tun ist, bestimmende Urteilskraft sein würde. Weil es aber in der bloßen Reflexion über eine Wahr nehmung nicht um einen bestimmten Begriff, sondern über haupt nur um die Regel, über eine Wahrnehmung zum Be huf des Verstandes, als eines Vermögens der Begriffe, zu reflektieren, zu tun ist: so sieht man wohl, daß in einem bloß reflektierenden Urteile Einbildungskraft und Verstand in dem Verhältnisse, in welchem sie in der Urteilskraft überERSTE FASSUNG
' Bemerkung der Handschrift am Rande des Absatzes: • Wir legen, sagt man, Endursachen in die Dinge hinein und heben sie nicht gleich• sam aus ihrer Wahrnehmung heraus. c
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198 EINLEITUNG IN DIE KRITIK DER URTEILSKRAFT haupt gegen einander stehen müssen, mit dem Verhältnisse, in welchem sie bei einer gegebenen Wahrnehmung wirklich stehen, verglichen, betrachtet werden. Wenn denn die Form eines gegebenen Objekts in der em pirischen Anschauung so beschaffen ist, daß die A u ffas s u n g des Mannigfaltigen desselben in der Einbildungskraft mit der Darstel l u n g eines Begriffs des Verstandes (unbe stimmt welches Begriffs) übereinkommt, so stimmen in der bloßen Reflexion Verstand und Einbildungskraft wechsel seitig zur Beförderung ihres Geschäfts zusammen, und der Gegenstand wird als zweckmäßig, bloß für die Urteilskraft, wahrgenommen, mithin die Zweckmäßigkeit selbst bloß als subjektiv betrachtet; wie denn auch dazu gar kein bestimm ter Begriff vom Objekte erfordert noch dadurch erzeugt wird, und das Urteil selbst kein Erkenntnisurteil ist. - Ein solches Urteil heißt ein ä s t h e t i s c h e s R ef l e x i o n s - U r t eil. Dagegen, wenn bereits empirische Begriffe und eben sol che Gesetze, gemäß dem Mechanism der Natur gegeben sind und die Urteilskraft vergleicht einen solchen Verstandesbe griff mit der Vernunft und ihrem Prinzip der Möglichkeit eines Systems, so ist, wenn diese Form an demjGegenstande angetroffen wird, die Zweckmäßigkeit o bje k t i v beurteilt und das Ding heißt ein Na t u r z weck, da vorher nur Dinge als unbestimmt-zweckmäßige Na tur f o r men beurteilt wur den. Das Urteil über die objektiveZweckmäßigkeitder Natur heißt teleolog i s c h. Es ist ein E r k enn t n i s u r t e i l, aber doch nur der reflektierenden, nicht der bestimmendenUrteils kraft angehörig. Denn überhaupt ist die Technik der Natur, sie mag nun bloß f o r m a l oder r e a l sein, nur ein Verhältnis der Dinge zu unserer Urteilskraft, in welcher allein die Idee einer Zweckmäßigkeit der Natur anzutreffen sein kann, und die, bloß in Beziehung auf jene, der Natur beigelegt wird. VIII. VON DER ÄSTHETIK DES BEURTEILUNGSVERMÖGENS Der Ausdruck einer ästhetischen V o r s t e l l u n g s a r t ist ganz unzweideutig, wenn darunter die Beziehung der Vor stellung auf einen Gegenstand, als Erscheinung, zur Er-
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kenntnis desselben verstanden wird; denn alsdenn bedeutet der Ausdruck des Ä s t h e t i s c h e n , daß einer solchen Vor stellung die Form der Sinnlichkeit (wie das Subjekt affiziert wird) notwendig anhänge und diese daher unvermeidlich auf das Objekt (aber nur als Phänomen) übertragen werde. Daher konnte es eine transzendentale Ästhetik als zum Er kenntnisvermögen gehörige Wissenschaft geben. Seit ge raumer Zeit aber ist es Gewohnheit geworden, eine Vorstel lungsart ästhetisch, d. i. sinnlich, auch in der Bedeutung zu heißen, daß darunter die Beziehung einer Vorstellung nicht aufs Erkenntnisvermögen, sondern aufs Gefühl der Lust und Unlust gemeinet wird. Ob wir nun gleich dieses Gefühl (dieser Benennung gemäß) auch einen Sinn (Modifikation unseres Zustandes) zu nennen pflegen, weil uns ein anderer Ausdruck mangelt, so ist er doch kein objektiver Sinn, des sen Bestimmung zum E r k e n n t nis eines Gegenstandes ge braucht würdel(denn etwas mit Lust anschauen, oder sonst erkennen, ist nicht bloße Beziehung der Vorstellung auf das Objekt, sondern eine Empfänglichkeit des Subjekts), sondern der gar nichts zum Erkenntnisse der Gegenstände beiträgt. Eben darum, weil alle Bestimmungen des Gefühls bloß von subjektiver Bedeutung sind, so kann es nicht eine Ästhetik des Gefühls als Wissenschaft geben, etwa wie es eine Ästhetik des Erkenntnisvermögens gibt. Es bleibt also immer eine un vermeidliche Zweideutigkeit in dem Ausdrucke einer ästhe tischen Vorstellungsart, wenn man darunter bald diejenige versteht, welche das Gefühl der Lust und Unlust erregt, bald diejenige, welche bloß das Erkenntnisvermögen angeht, so fern darin sinnliche Anschauung angetroffen wird, die uns die Gegenstände nur als Erscheinungen erkennen läßt. Diese Zweideutigkeit kann indessen doch gehoben wer den, wenn man den Ausdruck ästhetisch, weder von der An schauung, noch weniger aber von Vorstellungen des Ver standes, sondern allein von den Handlungen der U r t e i l s k r a f t braucht. Ein ä s t h e t i s c h U r t e i l , wenn man e s zur objektiven Bestimmung brauchen wollte, würde so auffal lend widersprechend sein, daß man bei diesem Ausdruck wider Mißdeutung genug gesichert ist. Denn Anschauungen
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200 EINLEITUNG IN DIE KRITIK DER URTEILSKRAFT können zwar sinnlich sein, aber U r t e ilen gehört schlech terdings nur dem Verstande (in weiterer Bedeutung genom men) zu, und ästhetisch oder sinnlich u r t e i l e n , so fern dieses E r k e n n t n i s eines Gegenstandes sein soll, ist selbst alsdann ein Widerspruch, wenn Sinnlichkeit sich in das Ge schäft des Verstandes einmengt und (durch ein vitium sub reptionis) dem Verstande eine falsche Richtung gibt; das o b j e k t i v e Urteil wird vielmehr immer nur durch den Ver stand gefällt, und kann sofern nicht ästhetisch heißen. Da her hat unsere transzendentale Ästhetik des Erkenntnis vermögens wohl von'.sinnlichen !Anschauungen, aber nirgend von ästhetischen Urteilen reden können, weil, da sie es nur mit Erkenntnisurteilen, die das Objekt bestimmen, zu tun hat, ihre Urteile insgesamt logisch sein müssen. Durch die Benennung eines ästhetischen Urteils über ein Objekt wird also so fort angezeigt, daß eine gegebene Vorstellung zwar auf ein Objekt bezogen, in dem Urteile aber nicht die Be stimmung des Objekts, sondern des Subjekts und seines Ge fühls verstanden werde. Denn in der Urteilskraft werden Verstand und Einbildungskraft im Verhältnisse gegen einan der betrachtet, und dieses kann zwar erstlich objektiv, als zum Erkenntnis gehörig, in Betracht gezogen werden (wie in dem transzendentalen Schematism der Urteilskraft ge schah); aber man kann eben dieses Verhältnis zweier Er kenntnisvermögen doch auch bloß subjektiv betrachten, so fern eins das andere in eben derselben Vorstellung befördert oder hindert und dadurch den G e m ü t s z u s t a n d affiziert und also ein Verhältnis, welches e m p f i n d b a r ist (ein Fall, der bei dem abgesonderten Gebrauch keines andern Er kenntnisvermögens statt findet). Obgleich nun diese Emp findung keine sinnliche Vorstellung eines Objekts ist, so kann sie doch, da sie subjektiv mit der Versinnlichung der Ver standesbegriffe durch die Urteilskraft verbunden ist, als sinnliche Vorstellung des Zustandes des Subjekts, das durch einen Actus jenes Vermögens affiziert wird, der Sinnlichkeit beigezählt und ein Urteil ästhetisch, d. i. sinnlich (der sub jektiven Wirkung, nicht dem Bestimmungsgrunde nach) genannt werden, obgleich Urteilen (nämlich objektiv) eine
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Handlung des Verstandes (als Obern Erkenntnisvermögens überhaupt) und nicht der Sinnlichkeit ist. Ein jedes b e s t i m m e n d e Urteil ist l o g i s c h, weil das Prädikat desselben ein gegebener objektiver Begriff ist. Ein bloß r e f l ek t i e r e n d e s Urteil aber über einen gegebenen einzelnen Gegenstand k a n n ä s t h e t i s c h s e i n, wenn (ehe noch auf die Vergleichung desselben mit andren gesehen wird) die Urteilskraft, die keinen Begriff für die gegebene Anschauung bereit hat, die Einbil I dungskraft (bloß in der Auffassung desselben) mit dem Verstande (in Darstellung eines Begriffs überhaupt) zusammenhält und ein Verhältnis beider Erkenntnisvermögen wahrnimmt, welches die sub jektive bloß empfindbare Bedingung des objektiven Ge brauchs der Urteilskraft (nämlich die Zusammenstimmung jener beiden Vermögen unter einander) überhaupt ausmacht. Es ist aber auch ein ästhetisches Sinnenurteil möglich, wenn nämlich das Prädikat des Urteils gar kein Begriff von einem Objekt s ei n k a n n , indem es gar nicht zum Erkenntnisver mögen gehört, z.B. der Wein ist angenehm, da denn das Prädi kat die Beziehung einer Vorstellung unmittelbar auf das Ge fühl der Lust und nicht aufs Erkenntnisvermögen ausdruckt. Ein ästhetisches Urteil im allgemeinen kann also für das jenige Urteil erklärt werden, dessen Prädikat niemals Er kenntnis (Begriff von einem Objekte) sein kann (ob es gleich die subjektive Bedingungen zu einem Erkenntnis überhaupt enthalten mag). In einem solchen Urteile ist der Bestim mungsgrund Empfindung. Nun ist aber nur eine einzige so genannte Empfindung, die niemals Begriff von einem Ob jekte werden kann, und diese ist das Gefühl der Lust und Unlust. Diese ist bloß subjektiv, da hingegen alle übrigen' Empfindung zu Erkenntnis gebraucht werden kann. Also ist ein ästhetisches Urteil dasjenige, dessen Bestimmungs grund in einer Empfindung liegt, die mit dem Gefühle der Lust und Unlust unmittelbar verbunden ist. Im ästheti schen Sinnes-Urteile ist es diejenige Empfindung, welche von der empirischen Anschauung des Gegenstandes un mittelbar hervorgebracht wird, im ästhetischen Reflexions• Akad.·Ausg.: •übrige«.
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202 RINLEITUNG IN DIE KRITIK DER URTEILSKRAFT urteile aber die, welche das harmonische Spiel der beiden Erkenntnisvermögen der Urteilskraft, Einbildungskraft und Verstand im Subjekte bewirkt, indem in der gegebenen Vor stellung das Auffassungsvermögen der einen und das Dar stellungsvermögen der andern einander wechselseitig be förderlich sind, welches Verhältnis in solchem Falle durch diese bloße Form eine Empfindung bewirkt, welche der Be stimmungsgrund eines Urteils ist, das darum ästhetisch heißt undlals subjektive Zweckmäßigkeit (ohne Begriff) mit dem Gefühle der Lust verbunden ist. Das ästhetische Sinnesurteil enthält materiale, das ästhe tische Reflexionsurteil aber formale Zweckmäßigkeit. Aber, da das erstere sich gar nicht aufs Erkenntnisvermögen be zieht, sondern unmittelbar durch den Sinn aufs Gefµhl der Lust, so ist nur das letztere als auf eigentümlichen Prinzi pien der Urteilskraft gegründet anzusehen. Wenn nämlich die Reflexion über eine gegebene Vorstellung vor dem Ge fühle der Lust (als Bestimmungsgrunde des Urteils) vorher geht, so wird die subjektive Zweckmäßigkeit g e d a c ht, ehe sie in ihrer Wirkung em pfun d e n wird, und das ästhetische Urteil gehört so fern, nämlich seinen Prinzipien nach, zum obern Erkenntnisvermögen und zwar zur Urteilskraft, unter deren subjektive und doch dabei allgemeine Bedingungen die Vorstellung des Gegenstandes subsumiert wird. Dieweil aber eine bloß subjektive Bedingung eines Urteils keinen bestimmten Begriff von dem Bestimmungsgrunde desselben verstattet, so kann dieser nur im Gefühle der Lust gegeben werden, so doch, daß das ästhetische Urteil immer ein Re flexionsurteil ist: da hingegen ein solches, welches keine Vergleichung der Vorstellung mit den Erkenntnisvermögen, die in der Urteilskraft vereinigt wirken, voraussetzt, ein ästhetisches Sinnenurteil ist, das eine gegebene Vorstellung auch (aber nicht vermittelst der Urteilskraft und ihrem Prinzip) aufs Gefühl der Lust bezieht. Das Merkmal, über diese Verschiedenheit zu entscheiden, kann allererst in der Abhandlung selbst angegeben werden und besteht in dem Anspruche des Urteils auf allgemeine Gültigkeit und Not wendigkeit; denn wenn das ästhetische Urteil dergleichen
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bei sich führt, so macht es auch Anspruch darauf, daß sein Bestimmungsgrund n i c h t b l o ß im G e f ü h l e der Lust und Unlust für sich allein, sondern z u g l e i c h in e i n e r R e g e l der oberen Erkenntnisvermögen, und namentlich hier in der der Urteilskraft, liegen müsse, die also in Ansehung der Be dingunJgen der Reflexion a priori gesetzgebend ist und Aut o n o m i e beweiset; diese Autonomie aber ist nicht (so wie die des Verstandes, in Ansehung der theoretischen Ge setze der Natur, oder der Vernunft, in praktischen Gesetzen der Freiheit) objektiv, d. i. durch Begriffe von Dingen oder möglichen Handlungen, sondern bloß subjektiv, für das Ur teil aus Gefühl gültig, welches, wenn es auf Allgemeingültig keit Anspruch machen kann, seinen auf Prinzipien a priori gegründeten Ursprung beweiset. Diese Gesetzgebung müßte man eigentlich H e a u t o n o m i e nennen, da die Urteilskraft nicht der Natur, noch der Freiheit, sondern lediglich ihr selbst das Gesetz gibt und kein Vermögen ist, Begriffe von Objekten hervorzubringen, sondern nur mit denen, die ihr anderweitig gegeben sind, vorkommende Fälle zu verglei chen und die subjektive Bedingungen der Möglichkeit dieser Verbindung a priori anzugeben. Eben daraus läßt sich auch verstehen, warum sie in einer Handlung, die sie für sich selbst (ohne zum Grunde gelegten Begriff von Objekte), als bloß reflektierende Urteilskraft, ausübt, statt einer Beziehung der gegebenen Vorstellung auf ihre eigene Regel mit Bewußtsein derselben, die Reflexion unmittelbar nur auf Empfindung, die, wie alle Empfindun gen, jederzeit mit Lust oder Unlust begleitet ist, bezieht (welches von keinem andern obem Erkenntnisvermögen ge schieht); weil nämlich die Regel selbst nur subjektiv ist und die Übereinstimmung mit derselben nur an dem, was gleich falls bloß Beziehung aufs Subjekt ausdrückt, nämlich Emp findung, als dem Merkmale und Bestimmungsgrunde des Urteils, erkannt werden kann; daher es auch ästhetisch heißt, und mithin alle unsere Urteile, nach der Ordnung der obem Erkenntnisvermögen, in t h e ore t i s c h e , ä s t h e t i s c h e und pra k t i sche eingeteilt werden können, wo un ter den ästhetischen nur die Reflexionsurteile verstanden
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204 EINLEITUNG IN DIE KRITIK DER URTEILSKRAFT werden, welche sich allein auf ein Prinzip der Urteilskraft, als obern Erkenntnisvermögens, beziehen, da hingegen die ästhetische Sinnenurteile es nur mit dem Verhältnis der Vor stellungen zum innern Sinne, so fern derselbe Gefühl ist, unmittelbar zu tun haben.
1 An m e r k u n g Hier ist nun vorzüglich nötig, die Erklärung der Lust, als sinnlicher Vorstellung der Vol l k o mmenheit eines Gegenstandes zu beleuchten. Nach dieser Erklärung würde ein ästhetisches Sinnen- oder Reflexionsurteil jederzeit ein Erkenntnisurteil vom Objekte sein; denn Vollkommenheit ist eine Bestimmung, die einen Begriff vom Gegenstande voraussetzt, wodurch also das Urteil, welches dem Gegen stande Vollkommenheit beilegt, von andern logischen Ur teilen gar nicht unterschieden wird, als etwa, wie man vor gibt, durch die Verworrenheit, die dem Begriffe anhängt (die man Sinnlichkeit zu nennen sich anmaßt), die aber schlechterdings keinen spezifischen Unterschied der Urteile ausmachen kann. Denn sonst würde eine unendliche Menge, nicht allein von Verstandes, sondern so gar von Vernunft urteilen, auch ästhetisch heißen müssen, weil in ihnen ein Objekt durch einen Begriff, der verworren ist, bestimmt wird, wie z.B. die Urteile über Recht und Unrecht; denn wie wenig Menschen (so gar Philosophen) haben einen deut lichenBegriff von dem was Recht ist.• Sinnliche Vorstellung der Vollkommenheit ist ein ausdrücklicher Widerspruch, und wenn die Zusammen'i�timmung des Mannigfaltigen zu Einern Vollkommenheit heißen soll, so muß sie durch einen * Man kann überhaupt sagen: daß Dinge durch eine Qualität, die in jede andere durch die bloße Vermehrung oder Verminderung ihres Grades übergeht, niemals für s p e z i f i s c h-v e r s chieden gehalten wer den müssen. Nun kommt es bei dem Unterschiede der Deutlichkeit und Verworrenheit der Begriffe lediglich auf den Grad des Bewußtseins der Merkmale, nach dem Maße der auf sie gerichteten Aufmerksamkeit, an, mithin ist sofern eine Vorstellungsart von der andern nicht spezifisch verschieden. Anschauung aber und Begriff unterscheiden sich von ein ander spezifisch; denn sie gehen in einander nicht über: das Bewußt sein beider, und der Merkmale derselben, mag wachsen oder abnehmen,
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Begriff vorgestellt werden, sonst kann sie nicht den Namen der Vollkommenheit führen. Will man, daß Lust und Unlust nichts als bloße Erkenntnisse der Dinge durch den Verstand (der sich nur nicht seiner Begriffe bewußt sei) sein sollen und daß sie uns nur bloße Empfindungen zu sein scheinen, so müßte man die Beurteilung der Dinge durch dieselbe nicht ästhetisch (sinnlich), sondern allerwärts intellektuell nennen und Sinne wären im Grunde nichts als ein (obzwar ohne hinreichendes Bewußtsein seiner eigenen Handlungen) urteilender Verstand, die ästhetische Vorstellungsart wäre von der logischen nicht spezifisch unterschieden, und so wäre, da man die Grenzscheidung beider unmöglich auf be stimmte Art ziehen kann, diese Verschiedenheit der Benen nung ganz unbrauchbar. (Von dieser mystischen Vorstel lungsart der Dinge der Welt, welche keine von Begriffen überhaupt unterschiedene Anschauung als sinnlich zuläßt, wo alsdann für die erstere wohl nichts als ein anschauender Verstand übrig bleiben würde, hier nichts zu erwähnen.) Noch könnte man fragen: Bedeutet unser Begriff einer Zweckmäßigkeit der Natur nicht eben dasselbe, was der Begriff der V o l l k om m e n h e i t sagt, und ist also das empi rische Bewußtsein der subjektiven Zweckmäßigkeit, oder das Gefühl der Lust an gewissen Gegenständen, nicht die sinnliche Anschauung einer Vollkommenheit, wie einige die Lust überhaupt erklärt wissen wollen? Ich antworte: Vo llk o m m e n h e it, als bloße Vollständig keit des Vielen, so fern es zusammen Eines ausmacht, ist ein ontologischer Begriff, der mit dem der Totalität (Allheit) eines Zusammengesetzten (durch Koordination des Mannigfalti gen in einem Aggregat, oder zugleich der Subordination derwie es will. Denn die größte Undeutlichkeit einer Vorstellungsart durch Begriffe (wie z.B. des Rechts) läßt noch immer den spezifischen Unterschied der letztem in Ansehung ihres Ursprungs im Verstande übrig und die größte Deutlichkeit der Anschauung bringt diese nicht im mindesten den ersteren näher, weil die letztere Vorstellungsart in der Sinnlichkeit ihren Sitz hat. Die logische Deutlichkeit ist auch von der ästhetischen himmelweit unterschieden und die letztere findet statt, ob wir uns gleich den Gegenstand gar nicht durchBegriffe vorstellig machen, das heißt, obgleich die Vorstellung, als Anschauung, sinnlich ist.
206 EINLEITUNG IN DIE KRITIK DER URTEILSKRAFT selben als Gründe und Folgen in einer Reihe) einerlei' ist und der mit dem Gefühle der Lust oder Unlust nicht das mindeste zu tun hat. D i e Vollkommenheit eines Dinges in Beziehung seines Mannigfaltigen auf einen Begriff !desselben ist nur formal. Wenn ich aber von einer Vollkommenheit (deren es viele an einem Dinge unter demselben Begriffe desselben geben kann) rede, so liegt immer der Begriff von etwas, als einem Zwecke, zum Grunde, auf welchen jener ontologische, der Zusammenstimmung des Mannigfaltigen zu Einern, angewandt wird. Dieser Zweck darf aber nicht immer ein praktischer Zweck sein, der eine Lust an der Exi stenz des Objekts voraussetzt, oder einschließt, sondern er kann auch zur Technik gehören, betrifft also bloß die Mög lichkeit der Dinge und ist d i e G es e t z m ä ßi g k e i t e i n e r a n s i c h z u f ä l l i g e n Ver b i n d u n g des M a n n i g f a l t i g e n in demselben. Zu einem Beispiel mag die Zweckmäßigkeit dienen, die man an einem regulären Sechseck in seiner Mög lichkeit notwendig denkt, indem es ganz zufällig ist, daß sechs gleiche Linien auf einer Ebene gerade in lauter glei chen Winkeln zusammenstoßen, denn diese gesetzmäßige Verbindung setzt einen Begriff voraus, der, als Prinzip, sie möglich macht. Dergleichen objektive Zweckmäßigkeit an Dingen der Natur beobachtet (vornehmlich an organisierten Wesen) wird nun als objektiv und material gedacht und führt notwendig den Begriff eines Zwecks der Natur (eines wirkli chen oder ihr angedichteten) bei sich, in Beziehung auf wel chen wir den Dingen auch Vollkommenheit beilegen,darüber das Urteil teleologisch heißt und gar kein Gefühl der Lust bei sich führt,so wie diese überhaupt in dem Urteileüberdiebloße Kausal-Verbindung gar nicht gesucht werden darf. Überhaupt hat also der Begriff der Vollkommenheit als objektiver Zweckmäßigkeit mit dem Gefühle der Lust und diese mit jenem gar nichts zu tun. Zu der Beurteilung der ersteren gehört notwendig ein B e g r i f f vom Objekt, zu der durch die zweite ist er dagegen gar nicht nötig und bloße empirische Anschauung kann sie verschaffen. Dagegen ist die Vorstellung einer subjektiven Zweckmäßigkeit eines Ob' Akad.·Ausg, erwägt: t Aggregat), oder ... Reihe einerley ,.
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jekts mit dem Gefühle der Lust so gar einerlei (ohne daß eben ein abgezogener Begriff eines!Zweckverhältnisses dazu gehörte) und zwischen dieser und jener ist eine sehr große Kluft. Denn ob, was subjektiv zweckmäßig ist, es auch ob jektiv sei, dazu wird eine mehrenteils weitläuftige Unter suchung, nicht allein der praktischen Philosophie, sondern auch der Technik, es sei der Natur oder der Kunst erfordert, d. i., um Vollkommenheit an einem Dinge zu finden, dazu wird Vernunft, um Annehmlichkeit, wird bloßer Sinn, um Schönheit an ihm anzutreffen, nichts als die bloße Reflexion (ohne allen Begriff) über eine gegebene Vorstellung erfordert. Das ästhetische Reflexionsvermögen urteilt also nur über subjektive Zweckmäßigkeit (nicht über Vollkommenheit) des Gegenstandes:undesfrägtsichda,obnurvermittelst derda beiempfundenenLustoder Unlust, oder so gar ü b e r dieselbe, so daß das Urteil zugleich bestimme, daß mit der Vorstellung des Gegenstandes Lust oder Unlust verbunden sein m ü s s e. Diese Frage läßt sich, wie oben schon erwähnt, hier noch nicht hinreichend entscheiden.Es muß sich aus derExposition dieser Art Urteile in der Abhandlung allererst ergeben, ob sie eine Allgemeinheit und Notwendigkeit bei sich führen, welche sie zur Ableitung von einem Bestimmungsgrundea priori qua lifiziere. In diesem Falle würde das Urteil zwar vermittelst der Empfindung der Lust oder Unlust, aber doch auch zugleich über die Allgemeinheit der Regel, sie mit einer gegebenen Vor stellung zu verbinden, durch das Erkenntnisvermögen (na mentlich die Urteilskraft) a priori etwas bestimmen. Sollte da gegen das Urteil nichts als das Verhältnis der Vorstellung zum Gefühl (ohne Vermittelung eines Erkenntnisprinzips) enthal ten, wie es beim ästhetischen Sinnesurteil der Fall ist (welches weder einErkenntnis-noch ein Reflexionsurteil ist),so würden alle ästhetische Urteile ins bloß empirische Fach gehören. Vorläufig kann noch angemerkt werden: daß vom Er kenntnis zum Gefühl der Lust und Unlust kein Übergang d u r c h Begriffe von Gegenständen (so fern diese auf jenes in Beziehung stehen sollen) statt finde,!und daß man also nicht erwarten dürfe, den Einfluß, den eine gegebene Vor stellung auf das Gemüt tut, a priori zu bestimmen, so wie
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wir ehedem in der Krit. d. prakt. V., daß die Vorstellung einer allgemeinen Gesetzmäßigkeit des Wollens zugleich Willen be stimmend und dadurch auch das Gefühl der Achtung erwek kend sein müsse, als ein in unsern moralischen Urteilen und zwar a priori enthaltenes Gesetz, bemerkten, aber dieses Ge fühl nichts desto weniger aus Begriffen doch nicht ableiten konnten. Eben so wird das ästhetische Reflexionsurteil uns in seiner Auflösung den in ihr enthaltenen' auf einem Prinzip a priori beruhenden Begriff der formalen aber subjektiven Zweckmäßigkeit der Objekte darlegen, der mit dem Gefühle der Lust im Grunde einerlei ist, aber aus keinen Begriffen ab geleitet werden kann; auf deren Möglichkeit überhaupt gleich wohl die Vorstellungskraft Beziehung nimmt, wenn sie das Gemüt, in der Reflexion über einen Gegenstand, affiziert. Eine Erklärung dieses Gefühls im allgemeinen betrachtet, o h n e a u f den Unt e r s c h i e d z u s e h e n, o b e s d i e Si n n e s e m p f i n d u n g, o d e r die Reflexi on, o d e r die W i l le nsbestimmung b e g l e i t e , muß transzendental sein.*
*
Es ist von Nutzen: zu Begriffen, welche man als empirische Prin zipien braucht, eine transzendentale Definition zu versuchen, wenn man Ursache hat zu vermuten, daß sie mit dem reinen Erkenntnisvermögen a priori in Verwandtschaft stehen. Man verfährt alsdenn wie der Mathe matiker, welcher die Auflösung seiner Aufgabe dadurch sehr erleichtert, daß er die empirische Data derselben unbestimmt läßt und die bloße Synthesis derselben unter die Ausdrücke der reinen Arithmetik bringt. Man hat mir aber wider eine dergleichen Erklärung des Begehrungs vermögens (Krit. d. p. V., Vorrede Seite 16) den Einwurf gemacht: daß es nicht als d a s Ver m ö g e n , d u r c h s e i n e Vor s t e l l u n g e n U r s a c h e v o n d e r W i r k l i c h k e i t d e r Ge g e n s t ä n d e d i e s e r Vors t e l l u n g e n z u s e i n , definiert werden könne, weil bloße Wü nsche auch Be gehrungen wären, von denen man sich doch selbst bescheidet, daß sie ihre Objekte nicht hervorbringen können. Dieses beweiset aber nichts weiter, als daß es auch Bestimmungen des Begehrungsvermögens gebe, da dieses mit sich selbst im Widerspruche steht: ein zwar für die empi rische Psychologie merkwürdiges Phänomen (wie etwa die Bemerkung des Einflusses, den Vorurteile auf den Verstand haben, für die Logik), welches aber auf die Definition des Begehrungsvermögens objektiv be trachtet, was es nämlich an sichjsei, ehe es irgend wodurch von seiner Bestimmung abgelenkt wird, nicht einfließen muß. In der Tat kann der Mensch etwas aufs lebhafteste und anhaltend begehren, wovon er doch überzeugt ist, daß er es nicht ausrichten kann, oder daß es wohl gar schlechterdings unmöglich sei: z. B. das Geschehene als ungeschehen zu 1 Akad.-Ausg.: •in ihm enthaltenen«.
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Sie kann so lauten: Lu s t ist ein Zustand des Gemüts, in welchem eine Vorstellung mit sich selbst zusammenstimmt, als Grund, entweder diesen bloß selbst zu erhalten (denn der Zustand einanderwechselseitig befördemderGemütskräfte in einer Vorstellung erhält sich selbst), oder ihr Objekt hervorzu bringen. Ist das erstere, so ist das Urteil über die gegebene Vor stellung ein ästhetisches Reflexionsurteil. Ist aber das letztere, so ist ein' ästhetisch-pathologisches, oder ästhetisch-prakti sches Urteil. Man sieht hier leicht, daß Lust oder Unlust, weil sie keine Erkenntnisarten sind, für sich selbst gar nicht können erklärt werden, und gefühlt, nicht eingesehen werden wollen; daß man sie dahernur durch den Einfluß, den eineVorstellung vermittelst dieses Gefühls auf die Tätigkeit der Gemütskräfte hat, dürftig erklären kann. wünschen, sehnsüchtig den schnelleren Ablauf einer uns lästigen Zeit zu begehren, u.s.w. Es ist auf für• die Moral ein wichtiger Artikel, wider solche leere und phantastische Begehrungen, welche häufig durch Ro manen, bisweilen auch durch diesen ähnliche mystische Vorstellungen übermenschlicher Vollkommenheiten und fanatischer Seligkeit, genährt werden, nachdrücklich zu warnen. Aber selbst die Wirkung, welche solche leere Begierden und Sehnsuchten, die das Herz ausdehnen und welk machen, aufs Gemüt haben, das Schmachten desselben durch Er· schöpfung seiner Kräfte, beweisen gnugsam, daß diese in der Tat wie derholentlich durch Vorstellungen angespannt werden, um ihr Objekt wirklich zu machen, aber eben so oft das Gemüt in das Bewußtsein seines Unvermögens zurück sinken lassen. Für die Anthropologie ist es auch eine nicht unwichtige Aufgabe zur Untersuchung: warum wohl die Natur in uns zu solchemJfruchtlosen Kraftaufwande, als leere Wün sche und Sehnsuchten sind (welche gewiß eine große Rolle im mensch lichen Leben spielen), die Anlage gemacht habe. Mir scheint sie hierin, so wie in allen anderen Stücken, ihre Anstalt weislich getroffen zu ha ben. Denn sollten wir nicht eher, als bis wir uns von der Zulänglichkeit unseres Vermögens zur Hervorbringung des Objekts versichert hätten, durch die Vorstellung desselben zur Kraftanwendung bestimmt werden, so würde diese wohl größtenteils unbenutzt bleiben. Denn gemeiniglich lernen wir unsere Kräfte nur kennen, dadurch daß wir sie versuchen. Die Natur hat also die Kraftbestimmung mit der Vorstellung des Objekts noch vor der Kenntnis unseres Vermögens verbunden, welches oftmals eben durch diese Bestrebung, welche demGemüte selbst anfangs ein leerer Wunsch schien, allererst hervorgebracht wird. Nun liegt es der Weisheit ob, diesen Instinkt in Schranken zu setzen, niemals aber wird es ihr ge lingen, oder sie wird es niemals nur verlangen, ihn auszurotten. 1 Akad.-Ausg: •ist es ein«. - • Akad .-Ausg.: •auch fürt.
Anm.:
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1 IX. VON DER TELEOLOGISCHEN BEURTEILUNG
Ich verstand unter einer f o r m a l e nTechnik derNaturdie Zweckmäßigkeit derselben in der Anschauung: unter der r e a l e n aber verstehe ich ihre Zweckmäßigkeit nach Begriffen. Die erste gibt für die Urteilskraft zweckmäßige Gestalten, d.i. die Form,an deren Vorstellung Einbildungskraft und Ver stand wechselseitig miteinander zur Möglichkeit eines Begriffs von selbst zusammenstimmen. Die zweite bedeutet denBegriff der Dinge alsNaturzwecke,d. i. als solche, deren innere Mög lichkeiteinenZweck voraussetzt,mithineinenBegriff,derder Kausalität ihrer Erzeugung,als Bedingung zum Grunde liegt. Zweckmäßige Formen der Anschauung kann die Urteils kraft a priori selbst angeben und konstruieren, wenn sie solche nämlich für die Auffassung so erfindet, als sie sich zur Darstellung eines Begriffs schickt'. Aber Zwecke, d. i. Vor stellungen, die selbst als Bedingungen der Kausalität ihrer Gegenstände (als Wirkungen) angesehen werden, müssen überhaupt irgend woher gegeben werden,ehe die Urteilskraft sich mit den Bedingungen des Mannigfaltigen beschäftigt, dazu zusammen zu stimmen, und sollen es Naturzwecke sein, so müssen gewisse Naturdinge so betrachtet werden können, als ob sie Produkte einer Ursache sein, deren Kausalität nur durch eine Vorstellung des Objekts bestimmt werden könnte. Nun aber können wir, wie und auf wie mancherlei Art Dinge durch ihre Ursachen möglich sind, a priori nicht bestimmen, hierzu sind Erfahrungsgesetze notwendig. Das Urteil über die Zweckmäßigkeit an Dingen der Na tur, die als ein Grund der Möglichkeit derselben (als Natur zwecke) betrachtet wird, heißt ein teleologisches U r teil. Nun sind, wenn gleich die ästhetischen Urteile selbst a priori nicht möglich sind, dennoch Prinzipien a priori in der notwendigenjldee einer Erfahrung, als Systems, gege ben, welche den Begriff einer formalen Zweckmäßigkeit der Natur für unsere Urteilskraft enthalten, und woraus a priori die Möglichkeit ästhetischer Reflexionsurteile, als solcher, die auf Prinzipien a priori gegründet sind, erhellet. Die Na' Akad.-Ausg.: •schickenc. IH 38,39
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tur stimmt notwendiger Weise nicht bloß in Ansehung ihrer transzendentalen Gesetze mit unserem Ve r s t a n d e , son dern auch in ihren empirischen Gesetzen mit der U r t e i l s k r a ft und ihrem Vermögen der Darstellung derselben in einer empirischen Auffassung ihrer Formen durch die Ein bildungskraft, zusammen und das zwar bloß zum Behuf der Erfahrung und da läßt sich die formale Zweckmäßigkeit derselben in Ansehung der letzteren Einstimmung (mit der Urteilskraft) als notwendig noch dartun. Allein nun soll sie, als Objekt einer teleologischen Beurteilung auch mit der Ve r n u n ft , nach dem Begriffe, den sie sich von einem Zwecke macht, als ihrer Kausalität nach übereinstimmend gedacht werden; das ist mehr, als der Urteilskraft allein zu gemutet werden kann, welche zwar für die Form der An schauung, aber nicht für die Begriffe der Erzeugung der Dinge eigene Prinzipien a priori enthalten kann. Der Be griff eines realen N a t u r z w e c k s liegt also gänzlich über dem Felde der Urteilskraft hinaus, wenn sie für sich allein genommen wird, und da sie als eine abgesonderte Erkennt niskraft nur zwei Vermögen, Einbildungskraft und Ver stand, in einer Vorstellung vor allem Begriffe im Verhältnis betrachtet und dadurch subjektive Zweckmäßigkeit des Ge genstandes für die Erkenntnisvermögen in der Auffassung desselben (durch die Einbildungskraft) wahrnimmt, so wird sie in der teleologischen Zweckmäßigkeit der Dinge, als Naturzwecke, die nur durch Begriffe vorgestellt werden kann, den Verstand mit der Vernunft (die zur Erfahrung überhaupt nicht notwendig ist) in Verhältnis setzen müssen, um Dinge als Naturzwecke vorstellig zu machen. Die ästhetische Beurteilung der Naturformen konnte, ohne einen Begriff vom Gegenstande zum Grunde zu legen, in der bloßen empirischen Auffassung der Anschauung ge wisse vorkommende Gegenstände der Natur zweckmäßig finden, nämlich bloß in Beziehung auf die subjektiven Be dingung' der Urteilskraft. Die ästhetische Beurteilung er forderte also keinen Begriff vom Objekte und brachte auch keinen hervor: daher sie diese auch nicht für Natur-
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' Akad.-Ausg.: •Bedingungen•.
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212 EINLEITUNG IN DIE KRITIK DER URTEILSKRAFT z w e c k e , in einem objektiven Urteile, sondern nur als zwe c k m ä ß i g für die Vorstellungskraft, in subjektiver Be ziehung, erklärte, welche Zweckmäßigkeit der Formen man die f i g ü r l i c h e und die Technik der Natur in Ansehung ihrer auch eben so (technica speciosa) benennen kann. Das teleologische Urteil dagegen setzt einen Begriff vom Objekte voraus und urteilt über die Möglichkeit desselben nach einem Gesetze der Verknüpfung der Ursachen und Wirkungen. Diese Technik der Natur könnte man daher p l a s t i s c h nennen, wenn man dieses Wort nicht schon in allgemeinerer Bedeutung, nämlich für Naturschönheit so wohl als Naturabsichten, in Schwang gebracht hätte, daher sie, wenn man will, die o r g a n i s c h e T e c h n i k derselben heißen mag, welcher Ausdruck denn auch den Begriff der Zweckmäßigkeit nicht bloß für die Vorstellungsart, sondern für die Möglichkeit der Dinge selbst bezeichnet. Das Wesentlichste und Wichtigste für diese Nummer ist aber wohl der Beweis: daß der Begriff der E n d u r s a c h e n i n der Natur, welcher die teleologische Beurteilung dersel ben von der nach allgemeinen, mechanischen, Gesetzen ab sondert, ein bloß der Urteilskraft, und nicht dem Verstande oder der Vernunft, angehöriger Begriff sei, d. i. daß, da man den Begriff der Naturzwecke auch in objektiver Bedeutung, als N a t u r a b s i c h t brauchen könnte, ein solcher Gebrauch, als schon vernünftelnd, schlechterdings nicht in der Erfah rung gegründet sei, die zwar Zwecke darlegen, aber,/daß diese zugleich Absichten sind, durch nichts beweisen kann, mithin, was in dieser zur Teleologie Gehöriges angetroffen wird, le diglich die Beziehung ihrer Gegenstände auf die Urteilskraft und zwar einen Grundsatz derselben, dadurch sie für ihr selbst (nicht für die Natur) gesetzgebend ist, nämlich als reflektierende Urteilskraft enthalte. Der Begriff der Zwecke und der Zweckmäßigkeit ist zwar ein Begriff der Vernunft, in so fern man ihr den Grund der Möglichkeit eines Objekts beilegt. Allein Zweckmäßigkeit der Natur, oder auch der Begriff von Dingen als Natur zwecken, setzt die Vernunft als Ursache mit solchen Dingen in Verhältnis, darin wir sie durch keine Erfahrung als Grund
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ihrer Möglichkeit kennen. Denn nur an P r o d u k t e n der K u n s t können wir uns der Kausalität der Vernunft von Objekten, die darum zweckmäßig oder Zwecke heißen, be wußt werden und in Ansehung ihrer die Vernunft technisch zu nennen, ist der Erfahrung von der Kausalität unseres eigenen Vermögens angemessen. Allein die Natur, gleich einer Vernunft sich als technisch vorzustellen (und so d e r N a t u r Zweckmäßigkeit, und so gar Zwecke beizulegen), ist ein besonderer Begriff, den wir in der Erfahrung nicht an treffen können und den nur die Urteilskraft in ihre Refle xion über Gegenstände legt, um nach seiner Anweisung Er fahrung nach besondren Gesetzen, nämlich denen der Mög lichkeit eines Systems, anzustellen. Man kann nämlich alle Zweckmäßigkeit der Natur ent weder als n a t ü r l i c h (forma finalis naturae spontanea), oder als a b s i c h t l ich (intentionalis) betrachten. Die bloße Erfahrung berechtigt nur zu der erstem Vorstellungsart; die zweite ist eine hypothetische Erklärungsart, die über jenen Begriff der Dinge als Naturzwecke hinzukömmt. Der erstere Begriff von Dingen, als Naturzwecken, gehört ursprünglich der r e f l e k t i e r e n d e n (obgleich nicht ästhetisch, sondern logisch I reflektierenden), der zweite der b e s timm e n d e n Urteilskraft zu. Zu dem erstem wird zwar auch Vernunft, aber nur zum Behuf einer nach Prinzipien anzustellenden Erfahrung (also in ihrem i m man e n t e n Gebrauche), zu dem zweiten aber sich ins überschwengliche versteigende Vernunft (im transzendenten Gebrauche) erfordert. Wir können und sollen die Natur, so viel in unserem Ver mögen ist, in ihrer Kausalverbindung nach bloß mecha nischen Gesetzen derselben in der Erfahrung zu erforschen bemühet sein: denn in diesen liegen die wahren physischen Erklärungsgründe, deren Zusammenhang die wissenschaft liche Naturkenntnis durch die Vernunft ausmacht. Nun finden wir aber unter den Produkten der Natur besondere und sehr ausgebreitete Gattungen, die eine solche Verbin dung der wirkenden Ursachen in sich selbst enthalten, der wir den Begriff eines Zwecks zum Grunde legen müssen, wenn wir auch nur Erfahrung, d. i. Beobachtung nach einem
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ihrer inneren Möglichkeit angemessenen Prinzip, anstellen wollen. Wollten wir ihre Form und die Möglichkeit dersel ben bloß nach mechanischen Gesetzen, bei welchen die Idee der Wirkung nicht zum Grunde der Möglichkeit ihrer Ur sache, sondern umgekehrt genommen werden muß, be urteilen, so wäre es unmöglich1 von der spezifischen Form dieser Naturdinge auch nur einen Erfahrungsbegriff zu be kommen, der uns in den Stand setzte, aus der innern An lage derselben als Ursache auf die Wirkung zu kommen, weil die Teile dieser Maschinen, nicht so fern ein jeder für sich einen abgesonderten, sondern nur alle zusammenleinen gemeinschaftlichen Grund ihrer Möglichkeit haben, Ursache von der an ihnen sichtbaren Wirkung sein 1• Da es nun ganz wider die Natur physischmechanischer Ursachen ist, daß das Ganze die Ursache der Möglichkeit der Kausalität der Teile sei, vielmehr diese vorher gegeben werden müssen, um die Möglichkeit eines Ganzen daraus zu begreüen; da ferner die besondere Vorstellung eines Ganzen, welche vor der Möglichkeit der Teile vorhergeht, eine bloße Idee ist und diese, wenn sie als der Grund der Kausalität angesehen wird, Zweck heißt: so ist klar, daß, wenn es dergleichen Produkte der Natur gibt, es unmöglich sei, ihrer Beschaffenheit und deren Ursache auch nur in der Erfahrung nachzuforschen (geschweige sie durch die Vernunft zu erklären), ohne sie sich ihre Form und Kausalität nach einem Prinzip der Zwecke bestimmt sich vorzustellen•. Nun ist klar: daß, in solchen Fällen, der Begriff einer ob jektiven Zweckmäßigkeit der Natur bloß zum Behuf d e r Ref l exion über das Objekt, nicht zur B e s t i m m u n g des Objekts durch den Begriff eines Zwecks, diene und das teleo logische Urteil über die innere Möglichkeit eines Naturpro dukts ein bloß reflektierendes, nicht ein bestimmendes Ur teil sei. So wird z.B. dadurch, daß man sagt, die Kristall linse im Auge habe den Z w e c k , durch eine zweiteBrechung der Lichtstrahlen die Vereinigu ng der aus einem Punkte aus laufenden wiederum in einen Punkt auf der Netzhaut des Auges zu bewirken, nur gesagt, daß die Vorstellung eines • Akad.-Ausg.: •sind,. - • Akad.-Ausg.: •bestimmt vorzustellen,.
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Zwecks in der Kausalität der Natur bei Hervorbringung des Auges darum gedacht werde, weil eine solche Idee zum Prinzip dient, die Nachforschung des Auges, was das ge nannte Stück desselben betrifft, dadurch zu leiten, imglei cheniauch der Mittel wegen, die man ersinnen könnte, um jene Wirkung zu befördern. Dadurch wird nun der Natur noch nicht eine nach der Vorstellung von Zwecken, d. i. a b sichtl i c h wirkende Ursache beigelegt, welches ein bestim mendes teleologisches Urteil, und, als ein solches, transzen dent sein würde, indem es eine Kausalität in Anregung bringt, die über die Naturgrenzen hinaus liegt. Der Begriff der Naturzwecke ist also lediglich ein Be griff der reflektierenden Urteilskraft zu ihrem eigenen Be huf, um der Kausalverbindung an Gegenständen der Erfah rung nachzugehen. Durch ein teleologisches Prinzip der Er klärung der innern Möglichkeit gewisser Naturformen wird unbestimmt gelassen, ob die Zweckmäßigkeit derselben a b s i c h t l i c h, oder u n a b s i c h t l i c h sei. Dasjenige Urteil, wel ches eines von beiden behauptete, würde nicht mehr bloß re flektierend, sondern bestimmend sein, und der Begriff eines Naturzwecks würde auch nicht mehr ein bloßer B egriff d e r U r t e i l s k r a ft, zum immanenten (Erfahrungs-) Gebrauche, sondern mit einem Begriffe der Ve r n u nft, von einer über die Natur gesetzten absichtlich wirkenden Ursache, verbun den sein, dessen Gebrauch transzendent ist, man mag in die sem Falle bejahend, oder auch verneinend urteilen wollen.
IX. VON DER NACHSUCHUNG EINES PRINZIPS DER TECHNISCHEN URTEILSKRAFr
Wenn zu dem, was geschieht, bloß der Erklärungsgrund gefunden werden soll, so kann dieser entweder ein empiri sches Prinzip, oder ein Prinzip a priori, oder auch aus beiden zusammengesetzt sein, wie man es an den physisch-mecha nischen Erklärungen der Eräugnisse in der körperlichen Welt sehen kann, die ihre Prinzipien zum Teil in der allge meinen (rationalen) Naturwissenschaft, zum Teil auch in derjenigen antreffen, welche die empirische Bewegungsge-
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setze enthält. Das Ähnliche findet statt, wenn man zu dem, was in unserm Gemüte vorgeht, psychologische Erklärungs gründe sucht, nur mit dem Unterschiede, daß, so viel mir bewußt ist, die Prinzipien dazu insgesamt empirisch sind, ein einziges, nämlich das der S t e t i g k e i t aller 'Verände rungen (weil Zeit, die nur eine Dimension hat, die formale Bedingung der innern Anschauung ist) ausgenommen, wel ches a priori diesen Wahrnehmungen zum Grunde liegt, woraus man aber so gut wie gar nichts zum Behuf der Er klärung machen kann, weil allgemeine Zeitlehre nicht so wie die reine Raumlehre (Geometrie) genugsamen Stoff zu einer ganzen Wissenschaft hergibt. Würde es also darauf ankommen, zu erklären, wie das, was wir Geschmack nennen, unter Menschen zuerst aufge kommen sei, woherldiese Gegenstände viel mehr als andere denselben beschäftigten und das Urteil über Schönheit un ter diesen oder jenen Umständen des Orts und der Gesell schaft in Gang gebracht haben, durch welche Ursache er bis zum Luxus habe anwachsen können o.d.g., so würden die Prinzipien einer solchen Erklärung großen Teils in der Psy chologie (darunter man in einem solchen Falle immer nur die empirische versteht) gesucht werden müssen. So ver langen die Sittenlehrer von den Psychologen, ihnen das selt same Phänomen des Geizes, der im bloßen Besitze der Mit tel zum Wohlleben (oder jeder andern Absicht) doch mit dem Vorsatze, nie einen Gebrauch davon zu machen, einen absoluten Wert setzt, oder die Ehrbegierde, die diese im bloßen Rufe, ohne weitere Absicht zu finden glaubt, zu er klären, damit sie ihre Vorschrift darnach richten können, nicht der sittlichen Gesetze selbst, sondern der Wegräumung der Hindernisse, die sich dem Einflusse derselben entgegen setzen; wobei man doch gestehen muß, daß es mit psycho logischen Erklärungen, in Vergleichung mit den physischen sehr kümmerlich bestellt sei, daß sie ohne Ende hypothe tisch sind und man, zu drei verschiedenen Erklärungsgrün den, gar leicht einen vierten, eben so scheinbaren erdenken kann, und daß es daher' eine Menge vorgeblicher Psycho' Akad.-Ausg.: ,daß daher•.
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logen dieser Art, welche von jeder Gemütsaffektion oder Bewegung, die in Schauspielen, dichterischen Vorstellungen 1 und von Gegenständen der Natur erweckt wird, die Ur sachen anzugeben wissen, und diesen ihren Witz auch wohl Philosophie nennen, die gewöhnlichste Naturbegebenheit in der körperlichen Welt wissenschaftlich zu erklären, nicht allein keine Kenntnis, sondern auch vielleicht nicht einmal die Fähigkeit dazu blicken lassen. Psychologisch beobachten (wie Burke in seiner Schrift vom Schönen und Erhabenen), mithin Stoff zu künftigen systematisch zu verbindenden Er fahrungsregeln sammeln, ohne sie doch begreifen zu wollen, ist wohl die einzige wahre Obliegenheit der empirischen Psycho logie, welche schwerlich jemals auf den Rang einer philoso phischen Wissenschaft wird Anspruch machen können. Wenn aber ein Urteil sich selbst für allgemeingültig aus gibt und also auf N o t w e n d i g k e i t in seiner Behauptung Anspruch macht, so mag diese vorgegebene Notwendigkeit aufBegriffen vom Objekte a priori, oder auf subjektiven Be dingungen zu Begriffen, die a priori zum Grunde liegen, be ruhen, so wäre es, wenn man einem solchen Urteile der gleichen Anspruch zugesteht, ungereimt, ihn dadurch zu rechtfertigen, daß man den Ursprung des Urteils psycho logisch erklärte. Denn man würde dadurch seiner eigenen Absicht entgegen handeln und, wenn die versuchte Erklä rung vollkommen gelungen wäre, so würde sie beweisen, daß das Urteil auf Notwendigkeit schlechterdings keinen Anspruch machen kann, eben darum, weil man ihm seinen empirischen Ursprung nachweisen kann. INun sind die ästhetischen Reflexionsurteile (welche wir künftig unter dem Namen der Geschmacksurteile zerglie dern werden) von der oben genannten Art. Sie machen auf Notwendigkeit Anspruch und sagen nicht, daß jedermann so urteile - dadurch sie eine Aufgabe zur Erklärung für die empirische Psychologie sein würden - sondern daß man so urteilen s o II e , welches so viel sagt, als : daß sie ein Prinzip a priori für sich haben. Wäre die Beziehung auf ein solches Prinzip nicht in dergleichen Urteilen enthalten, indem es I
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ElNLEI1TNG 1;-.; DIE KRITIK DER URTEILSKRAFI'
auf Notwendigkeit Anspruch macht, so müßte man anneh men, man könne in einem Urteile darum behaupten, es solle allgemein gelten, weil es wirklich, wie die Beobachtung be weiset, allgemein gilt, und umgekehrt, daß daraus, daß jedermann auf gewisse Weise urteilt, folge, er s o l l e auch so urteilen, welches eine offenbare Ungereimtheit ist. Nun zeigt sich zwar an ästhetischen Reflexionsurteilen die Schwierig�eit, daß sie durchaus nicht auf Begriffe ge gründet und also von keinem bestimmten Prinzip abgeleitet werden können, weil sie sonst logisch wären; die subjektive Vorstellung von Zweckmäßigkeit soll aber durchaus kein Begriff eines Zwecks sein. Allein die B e z i e h u n g auf ein Prinzip a priori kann und muß doch immer noch statt fin den, wo das Urteil auf Notwendigkeit Anspruch macht, von welchem und der Möglichkeit eines solchen Anspruchs hier auch nur die Rede ist, indessen daß eine Vernunftkritik eben durch denselben veranlaßt wird, nach dem zum Grunde liegenden obgleich unbestimmten Prinzip selbst zu forschen und es ihr auch gelingen kann, es auszufinden und als ein solches anzuerkennen, welches dem Urteile subjektiv und a priori zum Grunde liegt, obgleich es niemals einen be stimmten Begriff vom Objekte verschaffen kann.
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Eben so muß man gestehen, daß das teleologische Urteil auf einem Prinzip a priori gegründet und ohne dergleichen unmöglich sei, ob wir gleich den Zweck der Natur in der gleichen Urteilen lediglich durch Erfahrung auffinden, und ohne diese, daß Dinge dieser Art auch nur möglich sind, nicht erkennen könnten. Das teleologische Urteil nämlich, ob es gleich einen bestimmten Begriff von einem Zwecke, den es der Möglichkeit gewisser Naturprodukte zum Grunde legt, mit der Vorstellung des Objekts verbindet (welches im ästhetischen Urteil nicht geschieht), ist gleichwohl immer nur ein Reflexionsurteil so wie das vorige. Es maßt sich gar nicht an zu behaupten, daß in dieser objektiven Zweck mäßigkeit die Natur (oder ein anderes Wesen durch sie) in der Tat ab sichtlich verfahre, d. i. in ihr, oder ihrer Ur-
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sache, der Gedanke von einem Zwecke die Kausalität be stimme, sondern daß wir nur nach dieser Analogie (Verhält nisse der Ursachen und Wirkungen} die mechanische Ge setze der Natur benutzen müssen, um die Möglichkeit sol cher Objekte zu erkennen und einen Begriff von ihnen zu bekommen, der jenen einen Zusammenhang in einer syste matisch anzustellenden Erfahrung verschaffen kann. Ein teleologisches Urteil vergleicht den Begriff eines Naturprodukts nach dem, was es ist, mit dem was es s e i n soll. Hier wird der Beurteilung seiner Möglichkeit ein Be griff (vom Zwecke) zum Grunde gelegt, der a priori vorher geht. An Produkten der Kunst sich die Möglichkeit auf solche Art vorzustellen, macht keine Schwierigkeit. Aber von einem Produkte der Natur zu denken, daß es etwas hat s ein s olle n , und es darnach zu beurteilen, ob es auch wirk lich so sei, enthält schon die Voraussetzung eines Prinzips, welches aus der Erfahrung (die da nur lehrt, was die Dinge sind) nicht hat gezogen werden können. !Daß wir durch das Auge sehen können, erfahren wir un mittelbar, imgleichen die äußere und inwendige Struktur desselben, die die Bedingungen dieses seinen möglichen Ge brauchs enthalten, und also die Kausalität nach mecha nischen Gesetzen. Ich kann mich aber auch eines Steins be dienen, um etwas darauf zu zerschlagen, oder darauf zu bauen u.s.w., und diese Wirkungen können auch als Zwek ke auf ihre Ursachen bezogen werden; aber ich kann darum nicht sagen, daß er zum Bauen hat dienen sollen. Nur vom Auge urteile ich, daß es zum Sehen hat tauglich sein soll en, und, obzwar die Figur, die Beschaffenheit aller Teile des sdben und ihre Zusammensetzung, nach bloß mechanischen Naturgesetzen beurteilt, für meine Urteilskraft ganz zufällig ist, so denke ich doch in der Form und in dem Bau desselben eine Notwendigkeit, auf gewisse Weise gebildet zu sein, nämlich nach einem Begriffe, der vor den bildenden Ur sachen dieses Organs vorhergeht, ohne welchen die Möglich keit dieses Naturprodukts nach keinem mechanischen Na turgesetze für mich begreiflich ist (welches der Fall bei jenem Steine nicht ist). Dieses Sollen enthält nun eine Notwendig-
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keit, welche sich von der physisch-mechanischen,lnach wel cher ein Ding nach bloßen Gesetzen der (ohne eine vorher gehende Idee desselben) wirkenden Ursachen möglich ist, deutlich unterscheidet, und kann eben so wenig durch bloß physische (empirische) Gesetze, als die Notwendigkeit des ästhetischen Urteils durch psychologische, bestimmt wer den, sondern erfordert ein eigenes Prinzip a priori in der Urteilskraft, so fern sie reflektierend ist, unter welchem das teleologische Urteil steht und woraus es auch seiner Gültig keit und Einschränkung nach muß bestimmt werden. Also stehen alle Urteile über die Zweckmäßigkeit der Natur, sie mögen nun ästhetisch oder teleologisch sein, un ter Prinzipien a priori und zwar solchen, die der Urteilskraft eigentümlich und ausschließlich angehören, weil sie bloß reflektierende, nicht bestimmende Urteile sind. Eben darum gehören sie auch unter die Kritik der reinen Vernunft (in der allgemeinsten Bedeutung genommen), welcher die letztem mehr, als die erstem, bedürfen, indem sie, sich selbst über lassen, die Vernunft zu Schlüssen einladen, die sich ins Über schwengliche verlieren können, anstatt daß die ersteren eine mühsame Nachforschung erfordern, um nur zu verhüten, daß sie sich nicht, selbst ihrem Prinzip nach lediglich aufs Empirische einschränken und dadurch ihre Ansprüche auf notwendige Gültigkeit für jedermann vernichten.
i XI. ENZYKLOPA.DISCHE INTRODUKTION
DER KRITIK DER URTEILSKRAFT IN DAS SYSTEM DER KRITIK DER REINEN VERNUNFT
Alle Einleitung eines Vortrages ist entweder die in eine vorhabende Lehre oder der Lehre selbst in ein System, wo hin sie als ein Teil gehört. Die erstere geht vor der Lehre vorher, die letztere sollte billig nur den Schluß derselben ausmachen, um ihr ihre Stelle in dem Inbegriffe der Lehren, mit welchen sie durch gemeinschaftliche Prinzipien zu sammenhängt, nach Grundsätzen anzuweisen. Jene ist eine p r o p ä d e u t i s c h e, diese kann eine e n zykl o pädische In troduktion heißen.
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Die propädeutischen Einleitungen sind die gewöhnlichen, als welche zu einer vorzutragenden Lehre vorbereiten, in dem sie die dazu nötige Vorerkenntnis aus andern schon vorhandenen Lehren oder Wissenschaften anführen, um den Übergang möglich zu machen. Wenn man sie darauf richtet, um die der neu auftretenden Lehre eigene Prinzipien (do mestica), von denen, welche einer andern angehören (pere grinis), sorgfältig zu unterscheiden, so dienen sie zur Grenz bestimmung der Wissenschaften, einer Vorsicht, die nie zu viel empfohlen werden kann, weil ohne sie keine Gründ lichkeit, vornehmlich im philosophischen Erkenntnisse zu hoffen ist. IEine enzyklopädische Einleitung aber setzt nicht etwa eine verwandte und zu der sich neu ankündigenden vorbe reitende Lehre, sondern die Idee eines Systems voraus, wel ches durch jene allererst vollständig wird. Da nun ein solches nicht durch Aufraffen und Zusammenlesen des Mannigfal tigen, welches man auf dem Wege der Nachforschung ge funden hat, sondern nur alsdann, wenn man die subjektiven oder objektiven Quellen einer gewissen Art von Erkennt nissen vollständig anzugeben im Stande ist, durch den for malen Begriff eines Ganzen, der zugleich das Prinzip einer vollständigen Einteilung a priori in sich enthält, möglich ist, so kann man leicht begreifen, woher enzyklopädische Einleitungen, so nützlich sie auch wären, doch so wenig ge wöhnlich sind. Da dasjenige Vermögen, wovon hier das eigentümliche Prinzip aufgesucht und erörtert werden soll (die Urteilskraft), von so besonderer Art ist, daß es für sich gar kein Erkennt nis (weder theoretisches noch praktisches) hervorbringt und, unerachtet ihres Prinzips a priori dennoch keinen Teil zur Transzendentalphilosophie, als objektiver Lehre, liefert, sondern nur den Verband zweier anderer obern Erkenntnis vermögen (des Verstandes und der Vernunft ausmacht)': so kann es mir erlaubt sein, in der Bestimmung der Prinzipien eines solchen Vermögens, das keiner Doktrin, sondern bloß einer Kritik fähig ist, von der sonst überall notwendigen 1
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Ordnung abzttgehen undjeine kurze enzyklopädische Intro duktion derselben und zwar nicht in das System der Wissenscha f t e n der reinen Vernunft, sondern bloß in die Kritik aller a priori bestimmbaren Vermögen des Gemüts, so fern sie unter sich ein System im Gemüte ausmachen, voranzuschicken und auf solche Art die propädeutische Ein leitung mit der enzyklopädischen zu vereinigen. Die Introduktion der Urteilskraft in das System der reinen Erkenntnisvermögen durch Begriffe beruhet gänzlich auf ihrem transzendentalen ihr eigentümlichen Prinzip: daß die Natur der' Spezifikation der transzendentalen Verstan desgesetze (Prinzipien ihrer Möglichkeit als Natur über haupt), d. i. in der Mannigfaltigkeit ihrer empirischen Ge setze der • Idee eines Systems der Einteilung derselben zum Behuf der Möglichkeit der Erfahrung als empirischen Sy stems verfahre. - Dieses gibt zuerst den Begriff einer objek tiv zufälligen, subjektiv aber (für unser Erkenntnisvermö gen) notwendigen Gesetzmäßigkeit, d. i. einer Zweckmäßig keit der Natur, und zwar a priori, an die Hand. Ob nun zwar dieses Prinzip nichts in Ansehung der besondem Natur formen bestimmt, sondern die Zweckmäßigkeit der letztem jederzeit empirisch gegeben werden muß, so gewinnt doch das Urteil über diese Formen einen Anspruch auf Allge meingültigkeit und Notwendigkeit, als bloß reflektierendes Urteil, durch die Beziehung der subjektiven Zweckmäßig keit der gegebenen Vorstellung für die Urteilskraft auf jenes Prinzip der Urteilskraft a priori, von derlZweckmäßigkeit der Natur in ihrer empirischen Gesetzmäßigkeit überhaupt, und so wird ein ästhetisches reflektierendes Urteil auf einem Prinzip a priori beruhend angesehen werden können (ob es gleich nicht bestimmend ist) und die Urteilskraft in dem selben sich zu einer Stelle in der Kritik der oberen reinen Erkenntnisvermögen berechtigt finden. Da aber der Begriff einer Zweckmäßigkeit der Natur (als einer technischen Zweckmäßigkeit, die von der praktischen wesentlich unte.rschieden ist), wenn er nicht b]pße Erschlei chung dessen, was wir 11,us ihr ma.chen, für:das was sie 1
Alcad.-Ausg.: • Natur in deu. - • Akad.-Ausg,; t Gesetze,.nach der•.
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ist, sein soll, ein vor aller' dogmatischen Philosophie (der theoretischen so wohl als praktischen) abgesonderter Be griff ist, der sich lediglich auf jenem Prinzip der Urteilskraft gründet, das vor den empirischen Gesetzen vorhergeht und ihre Zusammenstimmung zurEinheit einesSystems derselben allererst möglich macht, so ist daraus zu ersehen, daß von den zwei Arten des Gebrauchs der reflektierenden Urteilskraft (der ästhetischen und teleologischen) dasjenige Urteil, wel ches vor allem Begriffe vom Objekte vorhergeht, mithin das ästhetische reflektierende Urteil, ganz allein seinen Bestim mungsgrund der Urteilskraft, unvermengt mit einem andern Erkenntnisvermögen, habe, dagegen das teleologische Urteil den• Begriff eines Naturzwecks, ob er gleich in dem Urteile selbst nur als Prinzip der reflektierenden, nicht der bestim menden Urteilskraft gebraucht wird, doch nicht anders als durch Verbindung der Vernunft mit empirischen Begriffen ge fället werden kann. Die Möglichkeit eines teleologischenlUr teils über die Natur läßt sich daher leicht zeigen, ohne ihm ein besonderes Prinzip der Urteilskraft zum Grunde legen zu dür fen, denn diese folgt bloß dem Prinzip der Vernunft. Dagegen die Möglichkeit eines ästhetischen und dochauf einem Prinzip a priori gegründeten Urteils der bloßen Reflexion, d. i. eines Geschmacksurteils, wenn bewiesen werden kann, daß dieses wirklich zum Anspruche auf Allgemeingültigkeit berechtigt sei, einer Kritik der Urteilskraft als einesVermögens eigen tümlicher transzendentaler Prinzipien (gleich dem Verstaflde und der Vernunft) durchaus bedarf, und sich dadurch allein qualifiziert, in das System der reinen Erkenntnisvermögen aufgenommen zu werden; wovon der Grund ist, daß das ästhe tische Urteil, ohne einen Begriff von seinem Gegenstande vorauszusetzen, dennoch ihm Zweckmäßigkeit und zwar all gemeingültig beilegt, wozu also das Prinzip in der Urteilskraft selbst liegen muß, da hingegen das teleologische Urteil einen Begriff vom Objekte, den die Vernunft unter das Prinzip der Zweckverbindung bringt, voraussetzt, nur daß dieser Be griff eines Naturzwecks von der Urteilskraft bloß im reflek tierenden, nicht bestimmenden Urteile gebraucht werde. 'Akad.-Ausg.: •ein von aller«. - � Akad.,Ausg.: •Urtheil überdent.
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Es ist also eigentlich nur der Geschmack und zwar in Ansehung der Gegenstände der Natur, in welchem allein sich die Urteilskraft als ein Vermögen offenbart, welches sein eigentümliches Prinzip hat und dadurch auf eine Stelle in der allgemeinen Kritik der obern Erkenntnisvermögen gegründeten Anspruch macht, den man ihr vielleicht nicht zugetrauet hätte. Ist aberjdas Vermögen der Urteilskraft, sich a priori Prinzipien zu setzen, einmal gegeben, so ist es auch notwendig, den Umfang desselben zu bestimmen, und zu dieser Vollständigkeit der Kritik wird erfordert, daß ihr ästhetisches Vermögen, mit dem teleologischen zusammen, als in einem Vermögen enthalten und auf demselben Prinzip beruhend, erkannt werde, denn auch das teleologische Urteil über Dinge der Natur gehört, eben so wohl als das ästhe tische, der reflektierenden (nicht der bestimmenden) Ur teilskraft zu. Die Geschmackskritik aber, welche sonst nur zur Ver besserung oder Befestigung des Geschmacks selbst ge braucht wird, eröffnet, wenn man sie in transzendentaler Absicht behandelt, dadurch, daß sie eine Lücke im System unserer Erkenntnisvermögen ausfüllt, eine auffallende und wie mich dünkt viel verheißende Aussicht in ein vollstän diges System aller Gemütskräfte, so fern sie in ihrer Be stimmung nicht allein aufs Sinnliche, sondern auch aufs Übersinnliche bezogen sind, ohne doch die Grenzsteine zu verrücken, welche eine unnachsichtliche Kritik dem letzte ren Gebrauche derselben gelegt hat. Es kann vielleicht dem Leser dazu dienen, um den Zusammenhang der nachfolgen den Untersuchungen desto leichter übersehen zu können, daß ich einen Abriß dieser systematischen Verbindung, der freilich nur, wie die gegenwärtige ganze Nummer, seine Stelle eigentlich beim Schlusse der Abhandlung haben sollte, schon hier entwerfe. 1 Die Vermögen des Gemüts lassen sich nämlich insgesamt auf folgende drei zurückführen : Erkenntnisvermögen Gefühl der Lust und Unlust Begehrungsvermögen
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Der Ausübung aller liegt aber doch immer das Erkennt nisvermögen, o b zwar nicht immer Erkenntnis (denn eine zum Erkenntnisvermögen gehörige Vorstellung kann auch Anschauung, reine oder empirische, ohne Begriffe sein), zum Grunde. Also kommen, so fern vom Erkenntnisvermögen nach Prinzipien die Rede ist, folgende obere neben den Ge mütskräften überhaupt zu stehen: Erkenntnisvermögen ------ Ve rstand Gefühl der Lus t u n d Unlust ---- Urteilskraft Be gehrungsv erm ö g e n ----- Vernunft Es findet sich, daß Verstand eigentümliche Prinzipien a priori für das Erkenntnisvermögen, Urteilskraft nur für das Gefühl der Lust und Unlust, Vernunft aber bloß fürs Begehrungsvermögen enthalte. Diese formale Prinzipien be gründen eine Notwendigkeit, die teils objektiv, teils subjek tiv, teils aber auch dadurch, daß sie subjektiv ist, zugleich von objektiver Gültigkeit ist, nach dem sie, durch die neben ihnen stehende obern Vermögen, die diesen korrespondie rende Gemütskräfte bestimmen: ErkenntnisVerstand--- G e s e t z m ä ß igke i t vermögen- - - Gefühl der Urte ilskraft---Zweckmäßigkeit Lust u n d Unlust - - - Be gehrun gsVernunft--- Zweckmäßigkeit, die zugleich Gesetz ist verm ögen---(Verbindlichk e i t) 1 Endlich gesellen sich zu den angeführten Gründen a priori der Möglichkeit der Formen auch diese, als Produkte derselben: Vermö gen Obere E r- Prinzipien Pro dukte des G e m ü t s kennt nis- a priori v e rmögen Erkenntnis Verstand - Gesetzmäßigkeit - Natur vermögenGefühl der Urteilskraft -Zweckmäßigkeit - Kunst Lust und Unlust -
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Begehrungsvermögen -
Vernunft - Zweckmäßigkeit, Sitten die zugleich Gesetz ist (Verbindlichkeit)Die Natur also gründet ihre Gesetzmäßi g k e i t auf P r i n z i p i e n a p r i o r i des Ve rstandes als eines E r k e n n t n i sv erm ög e n s; die K u n s t richtet sich i n ihrer Zweck mäßi g k e i t a priori nach der U r t e i l s k r a f t in Be ziehung aufs G e f ü h l d e r Lu s t u n d U n l u s t; endlich d i e S i t t e n (als Produkt der Freiheit) stehen unter der Idee einer solchen Form der Zwe c k mäßi g k e i t , die sich zum allgemeinen Gesetze qualifiziert, als einem Bestimmungs grunde der Ver n u n f t in Ansehung des Beg e h r u n g s v e r m ög e n s. Die Urteile, die auf diese Art aus Prinzipien a priori entspringen, welche jedem Grundvermögen des Ge müts eigentümlich sind, sind t h e o r e t i s c he, ästhet i s c h e und p r a k t i s c h e Urteile. So entdeckt sich ein System der Gemütskräfte, in ihrem Verhältnisse zur Natur und der Freiheit, deren jede ihre eigentümliche, b e s t i mm e n d e Prinzipien a priori haben und um deswillen die zwei Teile der Philosophie (die theo retische und praktische) als eines doktrinalen Systems aus machen, und zugleich ein Übergang vermittelst der Urteils kraft, die durch ein eigentümliches Prinzip beide Teile ver knüpft, nämlich von dem s i n n l i c h e n Substrat der erstem zum intelligibel en! der zweiten Philosophie, durch die Kritik eines Vermögens (der Urteilskraft), welches nur zum Verknüpfen dient und daher für sich zwar kein Erkenntnis verschaffen oder zur Doktrin irgend einen Beitrag liefern kann, dessen Urteile aber unter dem Namen der ästheti schen (deren Prinzipien bloß subjektiv sind), indem sie sich von allen, deren Grundsätze objektiv sein müssen (sie mö gen nun theoretisch oder praktisch sein), unter dem Namen der l o g i s c h e n unterscheiden, von so besonderer Art sind, daß sie sinnliche Anschauungen auf eine Idee der Natur be ziehen, deren Gesetzmäßigkeit ohne ein Verhältnis derselben zu einem übersinnlichen Substrat nicht verstanden werden kann; wovon, in der Abhandlung selbst, der Beweis geführt werden wird.
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Wir werden die Kritik dieses Vermögens in Ansehung der ersteren Art Urteile nicht Ästhe t i k (gleichsam Sinnen lehre), sondern Kri t i k der äst h e t i s c h e n U r t e i l s k r a f t nennen, weit der erstere Ausdruck von z u weitläuftiger Be deutung ist, indem er auch die Sinnlichkeit der A n s c h a u u n g , die zum theoretischen Erkenntnis gehört und zu logi schen (objektiven) Urteilen den Stoff hergibt, bedeuten könnte, daher wir auch schon den Ausdruck der Ästhetik ausschließungsweise für das Prädikat, was in Erkenntnis urteilen zur Anschauung gehört, bestimmt haben. Eine Ur teilskraft aber ästhetisch zu nennen, darum, weil sie die Vorstellung eines Objekts nicht auf Begriffe und das Urteil also nicht aufs Erkenntnis bezieht (gar nicht bestimmend, sondern nur reflektierend ist), das läßt keine Mißdeutung besorgen; denn J für die logische Urteilskraft müssen An schauungen, ob sie gleich sinnlich (ästhetisch) sind, den noch zuvor zu Begriffen erhoben werden, um zum Erkennt nisse des Objekts zu dienen, welches bei der ästhetischen Urteilskraft nicht der Fall ist. XII. EINTEILUNG DER KRITIK DER URTEILSKRAFT
Die Einteilung eines Umfanges von Erkenntnissen ge wisser Art, um ihn als System vorstellig zu machen, hat ihre nicht gnug eingesehene Wichtigkeit, aber auch ihre eben so oft verkannte Schwierigkeit. Wenn man die Teile zu einem solchen möglichen Ganzen schon als vollständig gegeben an sieht, so geschieht die Einteilung m e c h a n i s c h , zu Folge einer bloßen Vergleichung und das Ganze wird A g g r e g a t (ungefähr s o wie die Städte werden, wenn, ohne Rücksicht auf Polizei, ein Boden, unter sich meldende Anbauer, nach jedes seinen Absichten, eingeteilt wird). Kann und soll man aber die Idee von einem Ganzen nach einem gewissen Prin zip vor der Bestimmung der Teile voraussetzen, so muß die Einteilung s z i e n t i f i s c h geschehen, und nur auf diese Art wird das Ganze ein System. Die letztere Forderung findet allemal statt, wo von einem Umfange der Erkenntnis a priori
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(die mit ihren Prinzipien auf einem besondern ge�etzgeben den Vermögen des Subjekts beruht) die Rede ist, denn da ist der Umfang des Gebrauchs dieser Gesetze durch die eigentümliche Beschaffenheit dieses Vermögens, daraus aber auch die Zahl und das Verhältnis der Teile zu einem Ganzen der Erkenntnis, gleichfalls! a priori bestimmt. Man kann aber keine gegründete Einteilung machen, ohne zugleich das Ganze selbst zu m a c h e n und in allen seinen Teilen, obzwar nur nach der Regel der K r i t i k , vorher vollständig darzu stellen, welches nachher in die systematische Form einer Do k t r i n (wofern es in Ansehung der Natur dieses Erkennt nisvermögens dergleichen überhaupt geben kann) zu brin gen nichts als A u s f ü h r l i c h k e i t der Anwendung auf das Besondere und die Eleganz der P r ä z i s i o n damit zu ver knüpfen erfordert. Um nun eine Kritik der Urteilskraft (welches Vermögen gerade ein solches ist, das, obzwar auf Prinzipien a priori gegründet, doch niemals den Stoff zu einer Doktrin abgeben kann) einzuteilen, ist die Unterscheidung zum Grunde zu legen, daß nicht die bestimmende, sondern bloß die reflek tierende Urteilskraft eigene Prinzipien a priori habe; daß die erstere nur s c h e m a t i s c h , unter Gesetzen eines andern Vermögens (des Verstandes), die zweite aber allein t e c h nisch (nach eigenen Gesetzen), verfahre und daß dem letz tem Verfahren ein Prinzip der Technik der Natur, mithin der Begriff einer Zweckmäßigkeit, die man an ihr a priori voraussetzen muß, zum Grunde liege, welche zwar nach dem Prinzip der reflektierenden Urteilskraft nur als subjek tiv, d. i. beziehungsweise auf dieses Vermögen selbst not wendig von ihm vorausgesetzt wird, aber doch auch den Begriff einer m ö g l i c h e n objektiven Zweckmäßigkeit, d. i. der Gesetzmäßigkeit der Dinge der Natur als Naturzwecke, bei sich führt. !Eine bloß subjektiv beurteilte Zweckmäßigkeit, die sich also auf keinen Begriff gründet, noch, so fern als sie bloß sub jektiv beurteilt wird, gründen kann, ist die Beziehung aufs Gefühl der Lust und Unlust, und das Urteil über dieselbe ist ä s t h e t i s c h (zugleich die einzige mögliche Art, ästhe-
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tisch zu urteilen). Weil aber, wenn dieses Gefühl bloß die Sinnenvorstellung des Objekts, d. i. die Empfindung des selben, begleitet, das ästhetische Urteil empirisch ist und zwar eine besondere Rezeptivität, aber keine besondere Ur teilskraft erfordert, weil ferner, wenn diese als bestimmend angenommen würde, ein Begriff von Zwecke' zum Grunde liegen mußte, die Zweckmäßigkeit also als objektiv nicht ästhetisch, sondern logisch beurteilt werden mußte: so wird unter der ästhetischen Urteilskraft, als einem besondern Vermögen, notwendig keine andere, als die r e f l e k t i e r e n d e Urteils k r a f t , das Gefühl der Lust (welches mit der Vorstellung der s u b j e ktiv e n Zwe c k m ä ß i g k e i t einer lei ist) nicht als der Empfindung in einer empirischen Vor stellung des Objekts, auch nicht als dem Begriffe desselben, folglich nur als der Reflexion und deren Form (die eigen tümliche Handlung der Urteilskraft), wodurch sie von em pirischen Anschauungen zu Begriffen überhaupt strebt, an hängend und mit ihr nach einem Prinzip a priori verknüpft, angesehen werden müssen. Es wird also die Äs t h e t i k der reflektierenden Urteilskraft einen Teil der Kritik dieses Ver mö /gens beschäftigen, so wie die Logi k eben desselben Ver mögens, unter dem Namen der T e l e o log i e , den andern Teil derselben ausmacht. Bei beiden aber wird die Natur selbst als technisch, d. i. als zweckmäßig in ihren Produkten betrachtet, einmal subjektiv, in Absicht auf die bloße Vor stellungsart des Subjekts, in dem zweiten Falle aber als ob jektiv zweckmäßig in Beziehung auf die Möglichkeit des Gegenstandes selbst. Wir werden in der Folge sehen: daß die Zweckmäßigkeit der Form in der Erscheinung die Schön h e i t , und das Beurteilungsvermögen derselben der Ge schmack sei. Hieraus würde nun zu folgen scheinen, daß die Einteilung der Kritik der Urteilskraft, in die ästhe tische und teleologische, bloß die G e s c h m a c k s l e h r e und phys ische Z w e c k sleh r e (der Beurteilung der Dinge der Welt als Naturzwecke) in sich fassen müßte. Allein man kann alle Zweckmäßigke i t, sie mag sub jektiv oder objektiv sein, in innere und relative eintei ' Akad.·Ausg.: .vom Zwecke•.
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EINLEITUNG IN DIE KRITIK DER URTEILSKRAFT
len, davon die erstere in der Vorstellung des Gegenstandes an sich, die zweite bloß im zufälligen G e b r a u c h e dersel ben gegründet ist. Diesem gemäß kann die Form eines Ge genstandes e r s t l i c h schon für sich, d. i. in der bloßen An schauung ohne Begriffe für die reflektierende Urteilskraft als zweckmäßige wahrgenommen werden, und alsdenn wird die subjektive Zweckmäßigkeit dem Dinge und der Natur selbst beigelegt, z w e i t e n s mag das Objekt für die Refle xion bei der Wahrnehmung nicht daslmindeste Zweckmäßige zu Bestimmung seiner Form an sich haben, gleichwohl aber kann dessen Vorstellung, auf eine a priori im Subjekte lie gende Zweckmäßigkeit, zur Erregung eines Gefühls dersel ben, (etwa der übersinnlichen Bestimmung der Gemüts kräfte des Subjekts) angewandt, ein ästhetisches Urteil gründen, welches sich auch auf ein (zwar nur subjektives) Prinzip a priori bezieht, aber nicht, so wie das erstere, €ine' Z w e c k m ä ß i g k e i t d e r N a t u r in Ansehung des Subjekts, sondern nur einen• möglichen zweckmäßigen G e b r a u c h gewisser sinnlicher Anschauungen ihrer Form nach vermit telst der bloß reflektierenden Urteilskraft. Wenn also das erstere Urteil den Gegenständen der Natur S c h ö nhe i t bei legt, das zweite aber E r h a b e n h e i t und zwar beide bloß durch ästhetische (reflektierende) Urteile, ohne Begriffe vom Objekt, bloß in Rücksicht auf subjektive Zweckmäßigkeit, so würde für das letztere doch keine besondere Technik der Natur vorauszusetzen sein, weil es dabei bloß auf einen zu fälligen Gebrauch der Vorstellung, nicht zum Behuf der Er kenntnis des Objekts, sondern eines andern Gefühls, näm lich dem der innem Zweckmäßigkeit in der Anlage der Ge mütskräfte, ankommt. Gleichwohl würde das Urteil über das Erhabene in der Natur von der Einteilung der Ästhetik der reflektierenden Urteilskraft nicht auszuschließen sein, weil es auch eine subjektive Zweckmäßigkeit ausdrückt, die nicht auf einem Begriffe vom Objekte beruht. !Mit der objektiven Zweckmäßigkeit der Natur, d. i. der Möglichkeit der Dinge als Naturzwecke, worüber das Urteil nur nach Begriffen von diesen, d. i. nicht ästhetisch (in Be ' Akad.-Ausg.: • erstere, auf eine•· - • Akad.-Ausg.: •nur auf einen•.
IH 66, 67
ERSTE FASSUNG
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ziehung aufs Gefühl der Lust oder Unlust) sondern logisch gefället wird, und teleologisch heißt, ist es eben so bewandt. Die objektive Zweckmäßigkeit wird entweder der inneren Möglichkeit des Objekts, oder der relativen Möglichkeit seiner äußeren Folgen zum Grunde gelegt. Im ersteren Falle betrachtet das teleologische Urteil die Vol l k o m m e n h e i t eines Dinges nach einem Zwecke, der in ihm selbst liegt (da das Mannigfaltige in ihm zueinander sich wechselseitig als Zweck und Mittel verhält), im zweiten geht das teleologische Urteil über ein Naturobjekt nur auf dessen N ü t z l i c h k e i t , nämlich die Übereinstimmung zu einem Zwecke, der i n an deren Dingen liegt. Diesem gemäß enthält die Kritik der ästhetischen Urteils kraft erstlich die Kritik des G e s c h m a c k s (Beurteilungs vermögen des Schönen), zweitens die Kritik des Gei s t e s g e fü h l s , denn s o nenne ich vorläufig das Vermögen, an Gegenständen eine Erhabenheit vorzustellen. - Weil die teleologische Urteilskraft ihre Vorstellung von Zweckmäßig keit nicht vermittelst der Gefühle, sondern durch Begriffe auf den Gegenstand bezieht, so bedarf es zu Unterscheidung der in ihr enthaltenen Vermögen, inneren so wohl als rela tiven (in beiden Fällen aber objektiver Zweckmäßigkeit) keiner besondern Benennungen; weil sie ihre Reflexion durchgehends auf Vernunft (nicht aufs Gefühl) bezieht. Noch ist anzumerken: daß es die Technik in der Natur und nicht die der Kausalität der Vorstellungskräfte des Menschen, welche man K u nst (in der eigentlichen Bedeu tung des Worts) nennt, sei, in Ansehung deren hier die Zweckmäßigkeit als ein regulativer Begriff der Urteilskraft nachgeforscht wird, und nicht das Prinzip der Kunstschön heit oder einer Kunstvollkommenheit nachgesucht werde, ob man gleich die Natur, wenn man sie als technisch (oder plastisch) betrachtet, wegen einer Analogie, nach welcher ihre Kausalität mit der der Kunst vorgestellt werden muß, in ihrem Verfahren technisch, d. i. gleichsam künstlich nennen darf. Denn es ist um das Prinzip der bloß reflektie renden, nicht der bestimmenden Urteilskraft (dergleichen allen menschlichen Kunstwerken zum Grunde liegt) zu tun,
I
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EINLEITUNG IN DIE KRITIK DER URTEILSKRAFT
bei der also die Zweckmäßigkeit als unabsichtlich be trachtet werden soll, und die also nur der Natur zukommen kann. Die Beurteilung der Kunstschönheit wird nachher als bloße Folgerung aus denselbigen Prinzipien, welche dem Urteile über Naturschönheit zum Grunde liegen, betrachtet werden müssen. Die Kritik der reflektierenden Urteilskraft in Ansehung der Natur wird also aus zwei Teilen bestehen, aus der Kritik des ästhetischen und der des t e l e o l o g i s c h e n B e u r t e i l u n g s v e r m ö g e n s der Dinge der Natur. Der erste Teil wird zwei Bücher enthalten, davon das erste die Kritik des Ge schmacks oder der Beurteilung des Sch ö n e n , das zweite die Kritik des G e i s t e s g e f ü h l s (in der bloßen Reflexion über einen Gegenstand) oder der Beurteilung des Erh a b e n e n sein wird. Der zweite Teil enthält eben so wohl zwei Bücher, davon das erste die Beurteilung der Dinge als Naturzwecke in An sehung ihrer i n n e r n Mö glichkeit, das andere aber das Urteil über ihre r e l a t i v e Z w e c k m ä ß i g k e i t unter Prin zipien bringen wird. Jedes dieser Bücher wird in zweien Abschnitten eine A n alyt i k und eine Dialektik des Beurteilungsvermö gens enthalten. Die Analytik wird, in eben so vielen Hauptstücken, erst lieh die Ex p o s i t i o n und dann die D e d u k t i o n des Be griffs einer Zweckmäßigkeit der Natur zu verrichten suchen.
KRITIK DER URTEILSKRAFT
TITEL DER ERSTEN AUFLAGE (A)
Critik der Urtheilskraft von Immanuel Kant. Berlin und Libau, bey Lagarde und Friederich 1790. TITEL DER ZWEITEN AUFLAGE (B)
Critik der Urtheilskraft von Immanuel Kant. Zweyte Auflage, Berlin, bey F. T. Lagarde, 1 793, TITEL DER DRITTEN AUFLAGE (C)
Critik der Urtheilskraft von Immanuel Kant. Dritte Auflage. Berlin, bey F. T. Lagarde. 1799·
KRITIK DER URTEILSKRAFT
II VORREDE
2 37
ZUR ERSTEN AUFLAGE, 1790 1
Man kann das Vermögen der Erkenntnis aus Prinzipien a priori d i e r e i n e Ve r n u n f t , und die Untersuchung der Möglichkeit und Grenzen derselben überhaupt die Kritik der reinen Vernunft nennen: ob man gleich unter diesem Vermögen nur die Vernunft in ihrem theoretischen Gebrau che versteht, wie es auch in dem ersten Werke unter jener Benennung geschehen ist, ohne noch ihr Vermögen, als prak tische Vernunft, nach ihren besonderen Prinzipien in Unter suchung ziehen zu wollen. Jene geht alsdann bloß auf unser Vermögen, Dinge a priori zu erkennen; und beschäftigt sich also nur mit dem E r k e n n t n i s v e r m ö g e n , mit Ausschlie ßung des Gefühls der Lust und Unlust und des Begehrungs vermögens; und unter den Erkenntnisvermögen mit dem Ver s t a n d e nach seinen Prinzipien a priori, mit Ausschlie ßung der U r t e i l s k r a f t und der Ve r n u n f t (als zum theoretischen Erkenntnis gleichfalls gehöriger Vermögen), weil es sich in dem Fortgange findet, daß kein anderes Er kenntnisvermögen, als der Verstand, konstitutive Erkennt nisprinzipien a priori an die Hand geben kann. Die Kritik also, welche sie insgesamt, nach dem Anteile, den jedes der anderen an dem baren Besitz der Erkenntnis aus eigener Wurzel zu haben vorgeben möchte, sichtet, läßt nichts übrig, als was der Ve r s t a n d a priori als Gesetz für die Natur, als den Inbegriff von Erscheinungen (deren Form eben sowohl a priori gegeben ist), vorschreibt; verweiset aber alle andere reine Begriffe unter die Ideen, die• für unser theoretisches Erkenntnisvermögen überschwenglich, dabei aber doch nicht etwa unnütz oder entbehrlich sind, sondern als regulative Prinzipien dienen ' : teils die besorglichen Anmaßungen des Verstandes, als ob er (indem er a priori die Bedingungen der Möglichkeit aller Dinge, die er erkennen kann, anzu geben vermag) dadurch auch die Möglichkeit aller Dinge
II
' Zusatz von B u. C. - • A: •Handgeben kann: so daß die Kritik, welche ... sichtet, nichts übrig läßt, als was ... als Inbegriff ... vor schreibt, alle andere reine Begriffe aber unter die Ideen verweiset, die•.
IB III, IV IA III, IV
KRITIK DER URTEILSKRAFT
überhaupt in diesen Grenzen beschlossen habe, zurück zu halten, teils um ihn selbst in der Betrachtung der Natur nach einem Prinzip der Vollständigkeit, wiewohl er sie nie ! erlreichen kann, zu leiten, und dadurch die Endabsicht alles Erkenntnisses zu befördern. Es war also eigentlich der Ve r s t a n d, der sein eigenes Gebiet und zwar im E r k e n n t n i s v e r möge n hat, sofern er konstitutive Erkenntnisprinzipien a priori enthält, wel cher durch die im allgemeinen so benannte Kritik der reinen Vernunft gegen alle übrige Kompetenten in sicheren aber einigen 1 Besitz gesetzt werden sollte. Eben so ist d e r Ver n u n f t, welche nirgend als lediglich in Ansehung des Be gehr ungsvermögens konstitutive Prinzipien a priori ent hält, in der Kritik der praktischen Vernunft ihr Besitz an gewiesen worden. Ob nun die U r t e i l s k r a f t, die in der Ordnung unserer Erkenntnisvermögen zwischen dem Verstande und der Ver nunft ein Mittelglied ausmacht, auch für sich Prinzipien a priori habe; ob diese konstitutiv oder bloß regulativ sind (und also kein eigenes Gebiet beweisen), und ob sie dem Gefühle der Lust und Unlust, als dem Mittelgliede zwischen dem Erkenntnisvermögen und Begehrungsvermögen (eben so, wie der Verstand dem ersteren, die Vernunft aber dem letzteren a priori Gesetze vorischreiben'), a priori die Regel gebe: das ist es, wolmit sich gegenwärtige Kritik der Ur teilskraft beschäftigt. Eine Kritik der reinen Vernunft, d. i. unseres Vermögens, nach Prinzipien a priori zu urteilen, würde unvollständig sein, wenn die der Urteilskraft, welche für sich als Erkennt nisvermögen darauf auch Anspruch macht, nicht als ein be sonderer Teil derselben abgehandelt würde; obgleich ihre Prinzipien in einem System der reinen Philosophie keinen besonderen Teil zwischen der theoretischen und praktischen ausmachen dürfen, sondern im Notfalle jedem von beiden gelegentlich angeschlossen werden können. Denn, wenn ein solches System unter dem allgemeinen Namen der Meta physik einmal zu Stande kommen soll (welches ganz voll' Akad.-Ausg.: •alleinigen•. -
IB V, VI
2
A: »vorschreibt,.
IA V, VI
z39 ständig zu bewerkstelligen möglich und für den Gebrauch der Vernunft in aller Beziehung höchst wichtig ist): so muß die Kritik den Boden zu diesem Gebäude vorher so tief, als die erste Grundlage des Vermögens von der Erfahrung un abhängiger Prinzipien liegt, erforscht haben, damit es nicht an irgend einem Teile sinke, welches den Einsturz des Gan zen unvermeidlich nach sich ziehen würde. Man kann aber aus der Natur der Urteilskraft (deren richtiger Gebrauch so notwendig und allgemein erforderlich ist, daß daher unter dem Namen des gesunden Verstandes kein anderes, als eben dieses Vermögen gemeinet wird) leicht abnehmen, daß es mit großen Schwierigkeiten begleitet sein müsse, ein eigentümliches Prinzip derselben auszufinden (denn irgend eins muß es I a priori in sich enthalten, weil es 1 sonst nicht, als ein besonderes Erkenntnisvermögen, selbst der gemeinsten Kritik ausgesetzt sein würde), welches gleichwohl nicht aus Begriffen a priori abgeleitet sein muß; denn die gehören dem Verstande an, und die Urteilskraft geht nur auf die Anwendung derselben. Sie soll also selbst einen Begriff angeben, durch den eigentlich kein Ding er kannt wird, sondern der nur ihr selbst zur Regel dient, aber nicht zu einer objektiven, der sie ihr Urteil anpassen kann, weil dazu wiederum eine andere Urteilskraft erforderlich sein würde, um unterscheiden zu können, ob es der Fall der Regel sei oder nicht. Diese Verlegenheit wegen eines Prinzips (es sei nun ein subjektives oder objektives) findet sich hauptsächlich in denjenigen Beurteilungen, die man ästhetisch nennt, die das Schöne und Erhabne, der Natur oder der Kunst, betref fen. Und gleichwohl ist die kritische Untersuchung eines Prinzips der Urteilskraft in denselben das wichtigste Stück einer Kritik dieses Vermögens. Denn, ob sie gleich für sich allein zum Erkenntnis der Dinge gar nichts beitragen, so ge hören sie doch dem Erkenntnisvermögen allein an, und be weisen eine unmittelbare Beziehung dieses Vermögens auf das Gefühl der Lust oder Unlust nach irgend einem Prinzip a priori, ohne es mit dem, was Bestimmungsgrund des BeVORREDE
II
II
' Akad.-Ausg.: jsie «. IB VII, VIII IA VII, VIII
KRITIK DER URTEILSKRAFT gehrungsvermögens sein kann, zu vermengen, weil dieses seine Prinzipien a priori in Begriffen der Vernunft hat. Was aber die logische I Beurteilung der Natur anbelangt, da, wo die Erfahrung eine Gesetzmäßigkeit an Dingen aufstellt, welche zu verstehen oder zu erklären der allgemeine Ver standesbegriff vom Sinnlichen nicht mehr zulangt, und die Urteilskraft aus sich selbst ein Prinzip der Bezi�hung des Naturdinges auf das unerkennbare übersinnliche nehmen kann, es auch nur in Absicht auf sich selbst zum Erkenntnis der Natur brauchen muß, da kann und muß ein solches Prin zip a priori zwar zum Er k e n n t n i s der Weltwesen ange wandt 11 werden, und eröffnet zugleich Aussichten, die für die praktische Vernunft vorteilhaft sind: aber es hat keine unmittelbare Beziehung auf das Gefühl der Lust und Un lust, die gerade das Rätselhafte in dem Prinzip der Urteils kraft ist, welches eine besondere Abteilung in der Kritik für dieses Vermögen notwendig macht, da die logische Beur teilung nach Begriffen (aus welchen niemals eine unmittel bare Folgerung auf das Gefühl der Lust und Unlust gezogen werden kann) allenfalls dem theoretischen Teile der Philo sophie, samt einer kritischen Einschränkung derselben, hätte angehängt werden können. Da die Untersuchung des Geschmacksvermögens, als äs thetischer Urteilskraft, hier nicht zur Bildung und Kultur des Geschmacks (denn diese wird auch ohne alle solche Nachforschungen, wie bisher, so fernerhin, ihren Gang neh men), sondern bloß in transzendentaler Absicht angestellt wird: so wird sie, wie ich mir schmeichle, in Ansehung der Mangelhaftigkeit jenes Zwecks auch mit Nachsicht beurteilt werden. Was aber die letztere Absicht betrifft, so muß sie sich auf die strengste Prüfung gefaßt machen. Aber auch da kann die große Schwierigkeit, ein Problem, welches die Na tur so verwickelt hat, aufzulösen, einiger nicht ganz zu vermeidenden Dunkelheit in der Auflösung desselben, wie ich hoffe, zur Entschuldigung dienen, wenn nur, daß das Prinzip richtig angegeben worden, klar genug dargetan ist; gesetzt, die Art, das Phänomen der Urteilskraft davon ab-
II
' Akad.·Ausg. erwägt: •teleologische«.
IB
IX, X
IA
IX, X
VORREDE
zuleiten, habe nicht alle Deutlichkeit, die man anderwärts, nämlich von einem Erkenntnis nach Begriffen, mit Recht fordern kann, die ich auch im zweiten Teile dieses Werks er reicht zu haben glaube. Hiemit endige ich also mein ganzes kritisches Geschäft. Ich werde ungesäumt zum Doktrinalen schreiten, um, wo möglich, meinem zunehmenden Alter die dazu noch einiger maßen günstige Zeit noch abzugewinnen. Es versteht sich von selbst, daß für die Urteilskraft darin kein besonderer Teil sei, weil in Ansehung derselben die Kritik statt der Theorie dient; sondern daß, nach der Einteilung der Philo sophie in die theoretische und praktische, und der reinen in eben solche Teile, die Metaphysik der Natur und die der Sit ten jenes Geschäft ausmachen werden.
KRITIK DER URTEILSKRAFI' 11 EINLEITUNG I. VON DER EINTEILUNG DER PHILOSOPHIE
Wenn man die Philosophie, sofern sie Prinzipien der Ver nunfterkenntnis der Dinge (nicht bloß, wie die Logik, Prin zipien der Form' des Denkens überhaupt, ohne Unterschied der Objekte) durch Begriffe enthält, wie gewöhnlich, in die t h e o r e t i s c h e und p r a ktis c h e einteilt: so verfährt man ganz recht. Aber alsdann müssen auch die Begriffe, welche den Prinzipien dieser Vemunfterkenntnis ihr Objekt an weisen, spezifisch verschieden sein, weil sie sonst zu keiner Einteilung berechtigen würden, welche jederzeit eine Ent gegensetzung der Prinzipien, der zu den verschiedenen Tei len einer Wissenschaft gehörigen Vemunfterkenntnis, vor aussetzt. Es sind aber nur zweierlei Begriffe, welche eben so viel verschiedene Prinzipien der Möglichkeit ihrer Gegenstände zulassen: nämlich die N a t u r b e g r iff e, und der Freiheits b e g r i f f. Da nun die ersteren ein t h e olre t i/sches Er kenntnis nach Prinzipien a priori möglich machen, der zwei te aber in Ansehung derselben nur ein negatives Prinzip (der bloßen Entgegensetzung) schon in seinem Begriffe bei sich führt, dagegen für die Willensbestimmung erweiternde Grundsätze, welche darum praktisch heißen, errichtet: so wird die Philosophie in zwei, den Prinzipien nach ganz ver schiedene, Teile, in die theoretische als Na turphiloso phi e, und die praktische als M o r a l p h i l o s o p h i e (denn so wird die praktische Gesetzgebung der Vernunft nach dem Freiheitsbegriffe genannt) mit Recht eingeteilt. Es hat aber bisher ein großer Mißbrauch mit diesen Ausdrücken zur Ein teilung der verschiedenen Prinzipien, und mit ihnen auch der Philosophie, geherrscht: indem man das Praktische nach Naturbegriffen mit dem Praktischen nach dem Freiheitsbe griffe für einerlei nahm, und so, unter denselben Benennun gen einer theoretischen und praktischen Philosophie, eine Einteilung machte, durch welche (da beide Teile einerlei Prinzipien haben konnten) in der Tat nichts eingeteilt war. 1
A: tLogik tut, die der Form c.
IB XI, XII IA XI, XII
EINLEITUNG
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Der Wille, als Begehrungsvermögen, ist nämlich eine von den mancherlei Naturursachen in der Welt, nämlich die jenige, welche nach Begriffen wirkt; und alles, was als durch einen Willen möglich (oder notwendig) vorgestellt wird, heißt praktisch-möglich (oder notwendig): zum Unterschiede von der physischen Möglichkeit oder Notwendigkeit einer Wirkung, wozu die 11 Ursache nicht durch Begriffe (sondern, wie bei der leblosen Materie, durch Mechanism, und, bei Tieren, durch Instinkt) zur Kausalität bestimmt wird. Hier wird nun in Ansehung des Praktischen unbestimmt ge lassen: ob der Begriff, der der Kausalität des Willens die Regel gibt, ein Naturbegriff, oder ein Freiheitsbegriff sei. Der letztere Unterschied aber ist wesentlich. Denn, ist der die Kausalität bestimmende Begriff ein Naturbegriff, so sind die Prinzipien t e c hnis ch-p r a k t i s c h; ist er aber ein Frei heitsbegriff, so sind diese m o r a l i s c h-p r a k t i s c h: und weil es in der Einteilung einer Vernunftwissenschaft gänzlich auf diejenige Verschiedenheit der Gegenstände ankommt, deren Erkenntnis verschiedener Prinzipien bedarf, so werden die ersteren zur theoretischen Philosophie (als Naturlehre) ge hören, die andern' aber ganz allein den zweiten Teil, näm lich (als Sittenlehre) die praktische Philosophie, ausmachen. Alle technisch-praktische Regeln (d. i. die der Kunst und Geschicklichkeit überhaupt, oder auch der Klugheit, als einer Geschicklichkeit, auf Menschen und ihren Willen Ein fluß zu haben), so fern ihre Prinzipien auf Begriffen beruhen, müssen nur als Korollarien zur theoretischen Philosophie gezählt werden. Denn sie betreffen nur die Möglichkeit der Dinge nach Naturbegriffen, wozu nicht allein die Mittel, die in der Natur dazu anzutreffen sind, sondern selbst der Wille (als Begehrungs-, mithin als Naturvermögen) gehört, sofern er durch Triebfej!dern der Natur jenen Regeln gemäß be stimmt werden kann. Doch heißen dergleichen praktische Regeln nicht Gesetze (etwa so wie physische), sondern nur Vorschriften: und zwar darum, weil der Wille nicht bloß unter dem Naturbegriffe, sondern auch unter dem Freiheits begriffe steht, in Beziehung auf welchen die Prinzipien des, A: »zweiten«.
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XIII, XIV
JA XIII, XIV
KRITIK DER URTEILSKRAFT
selben Gesetze heißen, und, mit ihren Folgerungen, den zweiten Teil der Philosophie, nämlich den praktischen, al lein ausmachen. So wenig also die Auflösung der Probleme der reinen Geo metrie zu einem besonderen Teile derselben gehört, oder die Feldmeßkunst den Namen einer praktischen Geometrie, zum Unterschiede von der reinen, als ein zweiter Teil der Geometrie überhaupt verdient: so, und noch weniger, darf die mechanische oder chemische Kunst der Experimente, oder der Beobachtungen, für einen praktischen Teil der Naturlehre, endlich die Haus-, Land-, Staatswirtschaft, die Kunst des Umganges, die Vorschrift der Diätetik, selbst nicht die allgemeine Glückseligkeitslehre, sogar nicht ein mal die Bezähmung der Neigungen und Bändigung der Af fekten zum Behuf der letzteren, zur praktischen Philosophie gezählt werden, oder die letzteren wohl gar den zweiten Teil der Philosophie überhaupt ausmachen; weil sie insgesamt nur Regeln der Geschicklichkeit, die mithin nur technisch praktisch sind, enthalten, um eine Wirkung hervorzubrin gen, die nach Naturbegriffen der Ursachen und Wirkungen mög!llich ist, welche, da sie zur theoretischen Philosophie ge hören, jenen Vorschriften als bloßen Korollarien aus dersel ben(der Naturwissenschaft)unterwor/en sind,undalso 1 keine Stelle in einer besonderenPhilosophie, die praktische genannt, verlangenkönnen.Dagegenmachendiemoralisch-praktischen Vorschriften, die sich gänzlich auf dem Freiheitsbegriffe, mit völliger Ausschließung der Bestimmungsgründe des Willens aus der Natur, gründen, eine ganz besondere Art von Vor schriften aus: welche auch, gleich denen Regeln, welchen' die Natur gehorcht, schlechthin Gesetze heißen, aber nicht, wie diese, auf sinnlichen Bedingungen, sondern auf einem über sinnlichen Prinzip beruhen, und, neben dem theoretischen Teile der Philosophie, für sich ganz allein, einen anderen Teil, unter dem Namen der praktischen Philosophie, fordern. Man siehet hieraus, daß ein Inbegriff praktischer Vor schriften, welche die Philosophie gibt, nicht einen besonde ren, dem theoretischen zur Seite gesetzten, Teil derselben 1 Zusatz von B u. C. - • A: »denen«. IB XV IA XV
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EINLEITUNG
darum ausmache, weil sie praktisch sind; denn das könnten sie sein, wenn ihre Prinzipien gleich gänzlich aus der theo retischen Erkenntnis der Natur hergenommen wären (als technisch-praktische Regeln); sondern, weil und wenn ihr Prinzip gar nicht vom Naturbegriffe, der jederzeit sinnlich bedingt ist, entlehnt ist, mithin auf dem Übersinnlichen, welches der Freiheitsbegriff allein durch formale Gesetze kennlbar macht, belruht, und sie also moralisch-praktisch, d. i. nicht bloß Vorschriften und Regeln in dieser oder jener Absicht, sondern, ohne vorgehende' Bezugnehmung auf Zwecke und Absichten, Gesetze sind. II. VOM GEBIETE DER PHILOSOPHIE ÜBERHAUPT
So weit Begriffe a priori ihre Anwendung haben, so weit reicht der Gebrauch unseres Erkenntnisvermögens nach Prinzipien, und mit ihm die Philosophie. Der Inbegriff aller Gegenstände aber, worauf jene Be griffe bezogen werden, um, wo möglich, ein Erkenntnis der selben zu Stande zu bringen, kann, nach der verschiedenen Zulänglichkeit oder Unzulänglichkeit unserer Vermögen zu dieser Absicht, eingeteilt werden. Begriffe, sofern sie auf Gegenstände bezogen werden, un angesehen, ob ein Erkenntnis derselben möglich sei oder nicht, haben ihr Feld, welches bloß nach dem Verhältnisse, das ihr Objekt zu unserem Erkenntnisvermögen überhaupt hat, bestimmt wird. - Der Teil dieses Feldes, worin für uns Erkenntnis möglich ist, ist ein Boden (territorium) für diese Begriffe und das dazu erforderliche Erkenntnisvermögen. Der Teil des Bodens, worauf diese gesetzgebend sind, ist das Gebiet (ditio) dieser Begriffe, und der ihnen zustehenden Erkenntnisvermögen. Erfahrungsbegriffe haben also zwar ihren Boden in der Natur, als dem Inbegriffe aller Gegen stände der Sinne, aber kein Gebiet (sondern nur ihren Auf enthalt, domicilium); weil sie zwar gesetzlich erzeugt wer den, aber nicht gesetzgebend sind, sondern die auf sie ge gründeten Regeln empirisch, mithin zufällig, sind.
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Akad.-Ausg.: •vorhergehende•.
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IA XVI, XVII
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KRITIK DER URTEILSKRAFT
Unser gesamtes Erkenntnisvermögen hat zwei Gebiete, das der Naturbegriffe, und das des Freiheitsbegriffs; denn durch beide ist es a priori gesetzgebend. Die Philosophie teilt sich nun auch, diesem gemäß, in die theoretische und die ' praktische. Aber der Boden, auf welchem ihr Gebiet er richtet, und ihre• Gesetzgebung a u s g e ü b t wird, ist imme-r doch nur der Inbegriff der Gegenstände aller möglichen Er fahrung, sofern sie für nichts mehr als bloße Erscheinungen genommen werden; denn ohnedas würde keine Gesetzge bung des Verstandes in Ansehung derselben gedacht werden können. Die Gesetzgebung durch Naturbegriffe geschieht durch den Verstand, und ist theoretisch. Die Gesetzgebung durch den Freiheitsbegriff geschieht von der Vernunft, und ist bloß praktisch. Nur allein im Praktischen kann die Ver nunft gesetzgebend sein; in Ansehung des theoretischen Er kenntnisses (der Natur) kann sie nur (als gesetzkundig, ver mittelst des Verstandes) aus gegebenen Gesetzen durch Schlüsse Folgerungen ziehen, die doch immer nur bei der Natur stehen bleiben. Umgekehrt aber, wo Regeln prak tisch sind, ist die Vernunft nicht darum sofort gesetz g e b e n d , weil sie 3 auch technisch-praktisch sein können. Verstand und Vernunft haben also zwei verschiedene Ge setzgebungen auf einem und demselben Boden der Erfah rung, ohne daß eine der anderen Eintrag tun darf. Denn so wenig der Naturbegriff auf die Gesetzgebung durch den Freiheitsbegriff Einfluß hat, eben so wenig stört dieser die Gesetzgebung der Natur. - Die Möglichkeit, das Zusammen bestehen beider Gesetzgebungen und der dazu gehörigen Vermögen in demselben Subjekt sich wenigstens ohne Wi derspruch zu denken, bewies die Kritik der r. V., indem sie die Einwürfe dawider durch Aufdeckung des dialektischen Scheins in denselben vernichtete. Aber, daß diese zwei verschiedenen Gebiete, die sich zwar nicht in ihrer Gesetzgebung, aber doch in ihren Wirkungen in der Sinnenwelt unaufhörlich einschränken 4, nicht eines
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I
1 Zusatz von B u . C . - • A : •auf dem ihr Gebiet errichtet wird, und auf welchem ihre c. - l C: »jene«. - • A: »einschränkten «.
jB XVIII !A XVIII
247 ausmachen, kommt daher: daß der Naturbegriff zwar seine Gegenstände in der Anschauung, aber nicht als Dinge an sich selbst, sondern als bloße Erscheinungen, der Freiheits begriff dagegen in seinem Objekte zwar ein Ding an sich selbst, aber nicht in der Anschauung vorstellig machen, mit hin keiner von beiden ein theoretisches Erkenntnis von sei nem Objekte (und selbst dem denkenden Subjekte) als Din ge an sich verschaffen kann, welches das übersinnliche sein würde, wovon man die Idee zwar der Möglichkeit aller jener 1 Gegenstände der I Erfahrung unterlegen muß, sie selbst aber niemals zu einem Erkenntnisse erheben und erweitern kann. Es gibt also ein unbegrenztes, aber auch unzugängliches Feld für unser gesamtes Erkenntnisvermögen, nämlich das Feld des Übersinnlichen, worin wir keinen Boden für uns finden, also auf demselben weder für die Verstandes- noch Vernunftbegriffe ein Gebiet zum theoretischen Erkenntnis haben können; ein Feld, welches wir zwar zum Behuf des theoretischen sowohl als praktischen Gebrauchs der Ver nunft mit Ideen besetzen müssen, denen wir aber', in Be ziehung auf die Gesetze aus dem Freiheitsbegriffe, keine an dere als praktische Realität verschaffen können, wodurch demnach unser theoretisches Erkenntnis nicht im minde sten zu dem Übersinnlichen erweitert wird. Ob nun zwar eine unübersehbare Kluft zwischen dem Ge biete des Naturbegriffs, als• dem Sinnlichen, und dem Ge biete des Freiheitsbegriffs, als dem übersinnlichen, befestigt ist, so daß von dem ersteren zum anderen (also vermittelst des theoretischen Gebrauchs der Vernunft) kein Übergang möglich ist, gleich als ob es so viel verschiedene Welten wären, deren erste 3 auf die zweite keinen Einfluß haben kann: so s o l l doch diese auf jene einen Einfluß haben, nämlich der Freiheitsbegriff soll 1 den durch seine Gesetze aufgegebenen Zweck in der Sinnenwelt wirklich machen; und die Natur muß folgjlich auch so gedacht werden kön nen, daß die Gesetzmäßigkeit ihrer Form wenigstens zur Möglichkeit der in ihr zu bewirkenden Zwecke nach FreiEINLEITUNG
I
' Zusatz von B u. C. - • A: »also�. - 3 A: •davon die erste«.
IB XIX, XX
IA XIX, XX
KRITIK DER URTEILSKRAFT
heitsgesetzen zusammenstimme. - Also muß es doch einen Grund der E i n h eit des übersinnlichen, welches' der Natur zum Grunde liegt, mit dem, was der Freiheitsbegriff prak tisch enthält, geben, 'W(}f)Off • der Begriff, wenn er gleich we der theoretisch noch praktisch zu einem Erkenntnisse dessel ben gelangt, mithin kein eigentümliches Gebiet hat, dennoch den Übergang von der Denkungsart nach den Prinzipien der einen, zu der nach Prinzipien der anderen, möglich macht. W. VON DER KRITIK DER URTEILSKRAFI', ALS EINEM VERBINDUNGSMITTEL DER ZWEI TEILE DER PHILOSOPHIE ZU EINEM GANZEN
Die Kritik der Erkenntnisvermögen in Ansehung dessen, was sie a priori leisten können, hat eigentlich kein Gebiet in Ansehung der Objekte; weil sie keine Doktrin ist, sondern nur, ob und wie, nach der Bewandtnis, die es mit unseren Vermögen hat, eine Doktrin durch sie möglich sei, zu unter suchen hat. Ihr Feld erstreckt sich auf alle Anmaßungen derselben, um sie in die Grenzen ihrer Rechtmäßigkeit zu setzen. Was aber nicht in die Einteilung der Philosophie kommen kann, 1 das kann doch, als ein Hauptteil, in die Kri tik des reinen Erkenntnisvermögens überhaupt kommen, wenn es nämlich Prinzipien enthält, die für sich weder zum theoretischen noch praktischen Gebrauche tauglich sind. Die Naturbegriffe, welche den Grund zu allem theore tischen Erkenntnis a priori enthalten, beruheten auf der Ge setzgebung des Verstandes. - Der Freiheitsbegriff, der den Grund zu allen sinnlich-unbedingten praktischen Vorschrif ten a priori enthielt, beruhete auf der Gesetzgebung der Ver nunft. Beide Vermögen also haben, außer dem, daß sie der logischen Form nach auf Prinzipien, welchen Ursprungs sie auch sein mögen, angewandt werden können, überdem noch jedes seine eigene Gesetzgebung dem Inhalte nach, über die es keine andere (a priori) gibt, und die daher die Einteilung der Philosophie in die theoretische und prak tische rechtfertigt.
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A: »wa!i�. - • A: »davon�.
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Allein in der Familie der oberen Erkenntnisvermögen gibt es doch noch ein Mittelglied zwischen dem Verstande und der Vernunft. Dieses ist die U r t e i l s k r a f t , von wel cher man Ursache hat, nach der Analogie zu vermuten, daß sie eben sowohl, wenn gleich nicht eine eigene Gesetzgebung, doch ein ihr eigenes Prinzip, nach Gesetzen zu suchen, allen falls ein bloß subjektives a priori, in sich enthalten dürfte: welches, wenn ihm gleich kein Feld der Gegenstände als sein Gebiet zustände, doch irgend einen Boden haben kann, und eine gewisse Beschaffenheit desselben, wofür gerade nur dieses Prinzip geltend sein möchte. 1 Hierzu kommt aber noch (nach der Analogie zu urteilen) ein neuer Grund, die Urteilskraft mit einer anderen Ord nung unserer Vorstellungskräfte in Verknüpfung zu bringen, welche von noch größerer Wichtigkeit zu sein scheint, als die der Verwandtschaft mit der Familie der Erkenntnisver mögen. Denn alle Seelenvermögen, oder Fähigkeiten, kön nen auf die drei zurück geführt werden, welche sich nicht ferner aus einem gemeinschaftlichem Grunde ableiten las sen: das E r k e n n t n i svermögen, das G e f ü h l d e r Lu s t u n d U n l u s t , und das B e g e h r u n g s v e r m ö gen. • Für 1
I
• Es ist von Nutzen: zu BegriOen, welche man als empirische Prin• zipien braucht, wenn man Ursache hat zu vermuten, daß sie mit dem reinen Erkenntnisvermögen a priori in Verwandtschaft stehen, dieser Beziehung wegen, eine transzendentale Definition zu versuchen: nämlich durch reine Kategorien, sofern diese allein schon den Unterschied des vorliegenden Be· griOs von anderen hinreichend angeben. Man folgt hierin dem Beispiel des Mathematikers, der die empirischen Data seiner Aufgabe unbestimmt läßt, und nur ihr Verhältnis in der reinen Synthesis derselben unter die BegriOe der reinen Arithmetik bringt, und sich dadurch die Auflösung der selben verallgemeinert. - Man hat mir aus einem ähnlichen Verfahren (Krit. der p,akt. V., S. z6 der Vorrede) einen Vorwurf gemacht, und die Definition des Begehrungsvermögens, als Ve r m ö g e n s, d urch s e i n e Vo r s t e l l u n g e n U r s a c h e v o n d e r Wi r k l i c h k e i t d e r Gege n s t ä n d e d i e s e r Vor s t e l l u n g e n z u s e i n , getadelt: weil I bloße Wün s c h e doch auch Begehrungen wären, von denen sich doch feder bescheidet, daß er durch dieselben allein ihr Obfekt nicht hervorbringen könne. - Dieses aber beweiset nichts weiter, als daß es auch Begehrungen im Menschen gebe, wodurch derselbe mit sich selbst im Widerspruche steht: indem er durch seine Vorstellung a l l e i n zur Hervorbringung des Obfekts hinwirkt, von der er doch keinen Er/olg erwarten kann, weil er sich bewußt ist, daß seine mechanischen Kräfte (wenn ich die nicht psychologischen so nennen soll),
IB XXII, XXIII IA XXII Anm.: IB XXIII
KRITIK DER URTEILSKRAFT
das Erkenntnisvermögen ist allein der Verstand gesetz gebend, wenn jenes (wie es auch geschehen muß, wenn es 1 für sich, ohne Vermischung mit dem Begehrungsvermögen, betrachtet wird) als Vermögen eines t h e o r e t i s c h en Er k e n n t n i s s e s auf die Natur bezogen wird, in Ansehung deren allein (als Erscheinung) es uns möglich ist, durch Na turbegriffe a priori, welche eigentlich reine Verstandesbe griffe sind, Gesetze zu geben. - Für das Begehrungsvermö gen, als ein oberes Vermögen nach dem Freiheitsbegriffe, ist allein die Vernunft (in der allein dieser Begriff Statt hat) a priori gesetzgebend. - Nun ist zwischen dem Erkenntnis und dem' Begehrungsvermögen das Gefühl der Lust, so wie zwischen dem Verstande und der Vernunft die Urteilskraft, die durch jene Vorstellung bestimmt werden müßten, um das Objekt (mithin mittelbar) zu bewirken, entweder nicht zulänglich sind, oder gar auf etwas Unmögliches gehen, z. B. das Geschehene ungeschehen zu machen (0 mihi praeteritos, etc.'), oder im ungeduldigen Harren die Zwischenzeit, bis zum herbeigewünschten Augenblick, vernichten zu können. - Ob wir uns gleich in solchen phantastischen Begehrungen der Unzulänglichkeit unserer Vor stellungen (oder gar ihrer Untauglichkeit), U r s a c h e ihrer Gegenstände zu sein, bewußt sind: so ist doch die Beziehung derselben, als Ursache, mithin die Vorstellung ihrer K a u s a l i t ä t , in jedem Wu n s c h e enthalten, und vornehmlich alsdann sichtbar, wenn dieser ein Afjekt, nämlich Sehn s u c h t , ist. Denn diese beweisen dadurch, daß sie das Herz ausdehnen und welk machen und so die Kräfte erschöpfen, daß die Kräfte durch Vor stellungen wiederholentlich angespannt werden, aber das Gemüt bei der Rücksicht auf die Unmöglichkeit unaufhörlich wiederum in Ermattung zurück sinken lassen. Selbst die Gebete um Abwendung großer und, soviel man einsieht, unvermeidlicher Ubel, und manche abergläubische Mittel zur Erreichung natürlicherweise unmöglicher Zwecke, beweisen die Kausal beziehung der Vorstellungen auf ihre Objekte, die sogar durch das Bewußt sein ihrer Unzulänglichkeit zum E{Jekt von der Bestrebung dazu nicht ab gehalten werden kann. - Warum aber in unsere Natur der Hang zu mit Bewußtsein leeren Begehrungen gelegt worden, das ist eine anthropologisch teleologischeFrage. Es scheint: daß, sollten wir nicht eher, als bis wir uns von der Zulänglichkeit unseres Vermögens zu Herlllorbringung eines Ob jekts versichert hätten, zur.Kraftanwendung bestimmt werden, diese großen· teils unbenutzt bleiben würde. Denn gemeiniglich lernen wir unsere Kräfte nur dadurch allererst kennen, daß wir sie versuchen. Diese Täuschung in leeren Wünschen ist also nur die Folge von einer wohltätigen Anordnung in unserer Natur.'
I
'Zusatz von B u. C. - • Übersetzung des Herausgebers: doch Jupiter) mir die vergangenen (Jahre zurückgäbe)«.
IB
XXIV
Anm.:
!B
XXIV
•Ü (wenn
EINLEITUNG
enthalten. Es ist also wenigstens vorläufig zu vermuten, daß die Urteilskraft eben so wohl für sich ein Prinzip a priori enthalte, und, da mit dem Begehrungsvermögen notwen dig Lust oder Unlust verbunden ist (es sei, daß sie, wie beim unteren, vor dem Prinzip desselben vorhergehe, oder, wie beim oberen, nur aus der Bestimmung desselben durch das moralische Gesetz folge), eben so wohl einen Übergang von I reinen Erkenntnisvermögen, d. i. vom Gebiete der Na turbegriffe zum Gebiete des Freiheitsbegriffs, bewirken wer de, als sie im logischen Gebrauche den Übergang vom Ver stande zur Vernunft möglich macht. Wenn also gleich die Philosophie nur in zwei Hauptteile, die theoretische und praktische, eingeteilt werden kann; wenn gleich alles, was wir von den eignen Prinzipien der Ur teilskraft zu sagen haben möchten, in ihr zum theoretischen Teile, d. i. dem Vernunfterkenntnis nach Naturbegriffen, gezählt werden müßte: so besteht doch die Kritik der reinen Vernunft, die alles dieses vor der Unternehmung jenes Sy stems, zum Behuf der Möglichkeit desselben, ausmachen muß, aus drei Teilen: der Kritik des reinen Verstandes, der reinen Urteilskraft, und der reinen Vernunft, welche Ver mögen darum rein genannt werden, weil sie a priori gesetz gebend sind.
1
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IV. VON DER URTEILSKRAFT, ALS EINEM A PRIORI GESETZGEBENDEN VERMÖGEN
Urteilskraft überhaupt ist das Vermögen, das Besondere als enthalten unter dem Allgemeinen zu denken. Ist das Allgemeine (die Regel, das Prinzip, das Gesetz) gegeben, so ist die Urteilskraft, welche das Besondere darunter sub sumiert, (auch, wenn sie, als tran�zendentale Urteilskraft, a priori die Bedingungen angibt, welchen• gemäß allein unter jenem Allgemeinen subsumiert werden kann) b e s t i m m e n d. Ist aber nur das Besondere gegeben, wozu sie das Allgemeine finden soll, so ist die Urteilskraft bloß reflek t i e r e n d.
ll
'Akad.-Ausg.: •vomc. - • A: »denen.r.
IB XXV, XXVI
IA XXIII, XXIV
KRITIK DER URTEILSKRAFT
Die bestimmende Urteilskraft unter allgemeinen tran szendentalen Gesetzen, die der Verstand gibt, ist nur sub sumierend; das Gesetz ist ihr a priori vorgezeichnet, und sie hat also nicht nötig, für sich selbst auf ein Gesetz zu denken, um das Besondere in der Natur dem Allgemeinen unterord nen zu können. -Allein es sind so mannigfaltige Formen der Natur, gleichsam so viele Modifikationen der allgemeinen transzendentalen Naturbegriffe, die durch jene Gesetze, welche der reine Verstand a priori gibt, weil dieselben nur auf die Möglichkeit einer Natur (als Gegenstandes der Sin ne) überhaupt gehen, unbestimmt gelassen werden, daß da für doch auch Gesetze sein müssen, die zwar, als empirische, nach u n s e r e r Verstandeseinsicht zufällig sein mögen, die aber doch, wenn sie Gesetze heißen sollen (wie es auch der Begriff einer Natur erfordert), aus einem, wenn gleich uns unbekannten, Prinzip der Einheit des Mannigfaltigen, als notwendig angesehen werden müssen. - Die reflektierende Urteilskraft, die von dem Besondern in der Natur zum Allgemeinen aufzusteigen die Obliegenheit hat, bedarf also eines Prinzips, welches sie nicht von der Erfahrung ent lehnen kann, weil es eben die Einheit aller empirischen Prin zipien unter gleichfalls empirischen aber höheren Prinzipien, und also die Möglichkeit der systematischen Unterordnung derselben unter einander, begründen soll. Ein solches tran szendentales Prinzip kann also die reflektierende Urteils kraft sich nur selbst als Gesetz geben, nicht anderwärts her nehmen (weil sie sonst bestimmende Urteilskraft sein wür de), noch der Natur vorschreiben; weil die Reflexion über die Gesetze der Natur sich nach der Natur, und diese nicht 1 nach den Bedingungen richtet, nach welchen wir einen in Ansehung dieser ganz zufälligen Begriff von ihr zu erwerben trachten. Nun kann dieses Prinzip kein anderes sein, als: daß, da allgemeine Naturgesetze ihren Grund in unserem Verstande haben, der sie der Natur (ob zwar nur nach dem allgemeinen Begriffe von ihr als Natur) vorschreibt, die besondern empi rischen Gesetze in Ansehung dessen, was in ihnen durch jene
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Akad.-Ausg.: •diese sich nicht«.
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EINLEITUNG
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unbestimmt gelassen ist, nach einer solchen Einheit be trachtet werden müssen, als ob gleichfalls ein Verstand (wenn gleich nicht der unsrige) sie zum Behuf unserer Er kenntnisvermögen, um ein System der Erfahrung nach be sonderen Naturgesetzen möglich zu machen, gegeben hätte. Nicht, als wenn auf diese Art wirklich ein solcher Verstand angenommen werden müßte (denn es ist nur die reflektie rende Urteilskraft, der diese Idee zum Prinzip dient, zum Reflektieren, nicht zum Bestimmen); sondern dieses Ver mögen gibt sich dadurch nur selbst, und nicht der Natur, ein Gesetz. Weil nun der Begriff von einem Objekt, sofern er zugleich den Grund der Wirklichkeit dieses Objekts enthält, der Zwe c k , u�d die Übereinstimmung eines Dinges mit der jenigen Beschaffenheit der Dinge, die nur nach Zwecken möglich ist, die Z w e c k m ä ß i g k e i t der Form derselben 1 heißt: so ist das Prinzip der Urteilskraft, in Ansehung der Form der Dinge der Natur unter empirischen Gesetzen über haupt, die Zw e c k mäßi g k e i t der Na t u r in ihrer Man nigfaltigkeit. D. i. die Natur wird durch diesen Begriff so vorgestellt, als ob ein Verstand den Grund der Einheit des Mannigfaltigen ihrer empirischen Gesetze enthalte. Die Zweckmäßigkeit der Natur ist also ein besonderer Begriff a priori, der lediglich in der reflektierenden Urteils kraft seinen Ursprung hat. Denn den Naturprodukten kann man so etwas, als Beziehung der Natur an ihnen auf Zwecke, nicht beilegen, sondern diesen Begriff nur brauchen, um über sie in Ansehung der Verknüpfung der Erscheinungen in ihr, die nach empirischen Gesetzen gegeben ist, zu reflek tieren. Auch ist dieser Begriff von der praktischen Zweck mäßigkeit (der menschlichen Kunst oder auch der Sitten) ganz unterschieden, ob er zwar nach einer Analogie mit der selben gedacht wird.
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1
Akad.-Ausg.: •desselben•.
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KRITIK DER URTEILSKRAFT V. DAS PRINZIP DER FORMALEN ZWECKMÄSSIGKEIT DER NATUR IST EIN TRANSZENDENTALES PRINZIP DER URTEILSKRAFT
Ein transzendentales Prinzip ist dasjenige, durch welches die allgemeine Bedingung a priori vorgestellt wird, unter der allein Dinge Objekte unserer Erkenntnis überhaupt werden können. Dagegen heißt ein Prinzip metaphysisch, wenn es die Bedingung a priori vorstellt� unter der allein Objekte, deren Begriff empirisch gegeben sein muß, a priori weiter bestimmet werden können. So ist das Prinzip der Erkennt nis der Körper, als Substanzen und als veränderlicher Sub stanzen, transzendental, wenn dadurch gesagt wird, daß ihre Veränderung eine Ursache haben müsse; es ist aber metaphysisch, wenn dadurch gesagt wird, ihre Veränderung müsse eine ä u ße r e Ursache haben: weil im ersteren Falle der Körper nur durch ontologische Prädikate (reine Ver standesbegriffe), z.B. als Substanz, gedacht werden darf, um den Satz a priori zu erkennen; im zweiten aber der em pirische Begriff eines Körpers (als eines beweglichen Dinges im Raum) diesem Satze zum Grunde gelegt werden muß, alsdann aber, daß dem Körper das letztere Prädikat (der Bewegung nur durch äußere Ursache) zukomme, völlig a priori eingesehen werden kann. - So ist, wie ich sogleich zeigen werde, das Prinzip der Zweckmäßigkeit der Natur (in der Mannigfaltigkeit ihrer empirischen Gesetze) ein tran szendentales Prinzip. Denn der Begriff von den Objekten, sofern sie als unter diesem Prinzip stehend gedacht werden, ist nur der reine Begriff von Gegenständen des möglichen Erfahrungserkenntnisses überhaupt, und enthält nichts Empirisches. Dagegen wäre das Prinzip der praktischen Zweckmäßigkeit, die in der Idee der B e s t i m m u n g eines freien Wi l l e n s gedacht werden muß, ein metaphysisches Prinzip; weil der Begriff eines Begehrungsvermögens als eines Willens doch empirisch gegeben werden muß (nicht zu den transzendentalen Prädikaten gehört). Beide Prinzipien aber sind dennoch nicht empirisch, sondern Prinzipien a priori: weil es zur Verbindung des Prädikats mit dem empi-
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lB XXIX, XXX IA XXVII, XXVIII
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rischen Begriffe des Subjekts ihrer Urteile keiner weiteren Erfahrung bedarf, sondern jene völlig a priori eingesehen werden kann. Daß der Begriff einer Zweckmäßigkeit der Natur zu den transzendentalen Prinzipien gehöre, kann man aus den Ma ximen der Urteilskraft, die der Nachforschung der Natur a priori zum Grunde gelegt werden, und die dennoch auf nichts, als die Möglichkeit der Erfahrung, mithin der Er kenntnis der Natur, aber nicht bloß als Natur überhaupt, sondern als durch eine Mannigfaltigkeit besonderer Gesetze bestimmten Natur, gehen, hinreichend ersehen. - Sie kom men, als Sentenzen der metaphysischen Weisheit, bei Ge legenheit mancher Rel!geln, deren Notwendigkeit man nicht aus Begriffen dartun kann, im Laufe dieser Wissenschaft oft genug, aber nur zerstreut, vor. »Die Natur nimmt den kür zesten Weg (lex parsimoniae); sie tut gleichwohl keinen Sprung, weder in der Folge ihrer Veränderungen, noch der Zusammenstellung spezifisch verschiedener Formen (lex continui in natura); ihre große Mannigfaltigkeit in empi rischen Gesetzen ist gleichwohl Einheit unter wenigen Prin zipien (principia praeter necessitatem non sunt multipli canda) «; u. d. g. m. Wenn man aber von diesen Grundsätzen den Ursprung anzugeben denkt, und es auf dem psychologischen Wege versucht, so ist dies dem Sinne derselben gänzlich zuwider. Denn sie sagen nicht was geschieht, d. i. nach welcher Re gel unsere Erkenntniskräfte ihr Spiel wirklich treiben, und wie geurteilt wird, sondern wie geurteilt werden soll; und da kommt diese logische objektive Notwendigkeit nicht her aus, wenn die Prinzipien bloß empirisch sind. Also ist die Zweckmäßigkeit der Natur für unsere Erkenntnisvermögen und ihren Gebrauch, welche offenbar aus ihnen hervor leuchtet, ein transzendentales Prinzip der Urteile, und be darf also auch einer transzendentalen Deduktion, vermit telst deren der Grund, so zu urteilen, in den Erkenntnis quellen a priori aufgesucht werden muß. Wir finden nämlich in den Gründen der Möglichkeit einer Erfahrung zuerst freilich etwas Notwendiges, nämlich die
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jß XXXI, XXXII
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KRITIK DER URTEILSKRAFI'
allgemeinen Gesetze, ohne welche Natur überhaupt (als Ge genstand der Sinne) nicht gedacht werden kann; und diese beruhen auf den Kategorien, angewandt auf die formalen Bedingungen aller uns möglichen Anschauung, sofern sie gleichfalls a priori gegeben ist. Unter' diesen Gesetzen nun• ist die Urteilskraft bestimmend; denn sie hat nichts zu tun, als unter gegebnen Gesetzen zu subsumieren. Z.B. der Ver stand sagt: Alle Veränderung hat ihre Ursache (allgemeines Naturgesetz); die transzendentale Urteilskraft hat nun nichts weiter zu tun, als die Bedingung der Subsumtion un ter dem vorgelegten Verstandesbegriff a priori anzugeben: und das ist die Sukzession der Bestimmungen eines und des selben Dinges. Für die Natur nun überhaupt (als Gegen stand möglicher Erfahrung) wird jenes Gesetz als schlech terdings notwendig erkannt. - Nun sind aber die Gegen stände der empirischen Erkenntnis, außer jener formalen Zeitbedingung, noch auf mancherlei Art bestimmt, oder, so viel man a priori urteilen kann, bestimmbar, sodaß spezi fisch-verschiedene Naturen, außerdem 3, was sie, als zur Na tur überhaupt gehörig, gemein haben, noch auf unendlich mannigfaltige Weise Ursachen sein können; und eine jede dieser Arten muß (nach dem Begriffe einer Ursache über haupt) ihre Regel haben, die Gesetz ist, mithin Notwendig keit bei sich führt: ob wir gleich, nach der Beschaffenheit und den Schranken unserer Erkenntnisvermögen, diese Not wendigkeit gar nicht einsehen. Also müssen wir in der Natur, in Ansehung ihrer bloß empirischen Gesetze, eine Möglichkeit unendlich mannigfaltiger empirischer Gesetze denken, die für unsere Einsicht dennoch zufällig sind (a priori nicht erkannt werden können); und in deren Anse hung 4 beurteilen wir die Natureinheit nach empirischen Ge setzen, und die Möglichkeit der Einheit der Erfahrung (als Systems nach empirischen Gesetzen), als zufällig. Weil aber doch eine solche Einheit notwendig vorausgesetzt und an genommen werden muß, da 5 sonst kein durchgängiger Zu sammenhang empirischer Erkenntnisse zu einem Ganzen
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1 A: •ist, und unter«, - • Zusatz von B u, C. - 3 Akad.-Ausg.: •au ßer dem•. - 4 A: •in Ansehung derenc. - s A: »weilGeselligkeit«.- • C: ,,unterscheiden«.- 3 C: J>dem«. - 4 Akad. Ausg.: • des letzteren t.
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VON DER METHODENLEHRE DES GESCHMACKS
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Da aber der Geschmack im Grunde ein Beurteilungsver mögen der Versinnlichung sittlicher Ideen (vermittelst einer gewissen Analogie der Reflexion über beide) ist, wovon' auch, und von• der darauf zu gründenden größeren Emp fänglichkeit für das Gefühl aus den letzteren (welches das moralische heißt) diejenige Lust sich ableitet, welche der Geschmack, als für die Menschheit überhaupt, nicht bloß für eines jeden Privatgefühl 3, gültig erklärt: so leuchtet ein, daß die wahre Propädeutik zur Gründung des Geschmacks die Entwickelung sittlicher Ideen und die Kultur des mora lischen Gefühls sei; da, nur wenn mit diesem die Sinnlichkeit in Einstimmung gebracht wird, der echte Geschmack eine 4 bestimmte unveränderliche Form annehmen kann.
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'A: »davon.r. - 'Zusatz von B u. C. - 3 A: *für jedes sein Privat gefühl•· - 4 A: •sei; mit welchem in Einstimmung die Sinnlichkeit ge bracht, der echte Geschmack allein eine•.
II DER KRITIK DER URTEILSKRAFT ZWEITER TEIL KRITIK DER TELEOLOGISCHEN URTEILSKRAFT
KRITIK DER TELEOLOGISCHEN URTEILSKRAFT
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§ 61. VON DER OBJEKTIVEN ZWECKMÄSSIGKEIT DER NATUR
Man hat, nach transzendentalen Prinzipien, guten Grund, eine subjektive fweckmäßigkeit der Natur in ihren beson dem Gesetzen, zu der Faßlichkeit für die menschliche Ur teilskraft, und der Möglichkeit der Verknüpfung der beson dem Erfahrungen in ein System derselben, anzunehmen; wo dann unter den vielen Produkten derselben auch solche als möglich erwartet werden können, die, als ob sie ganz eigentlich für unsere Urteilskraft angelegt wären, eine sol che spezifische ihr angemessene Form• enthalten, welche durch ihre Mannigfaltigkeit und Einheit die Gemütskräfte (die im Gebrauche dieses Vermögens im Spiele sind) gleich sam zu stärken und zu unterhalten dienen, und denen man daher den Namen s c h ö n e r Formen beilegt. Daß aber Dinge der Natur einander als Mittel zu Zwek ken dienen, und ihre Möglichkeit selbst nur durch diese Art von Kausalität hinreichend verständlich sei, dazu haben wir gar keinen Grund in der allgemeinen Idee der Natur, als Inbegriffs der Gegenstände der ! Sinne. Denn im obigen Falle konnte die Vorstellung der Dinge, weil sie etwas in uns ist, als zu der innerlich zweckmäßigen Stimmung unserer Erkenntnisvermögen geschickt und tauglich, ganz wohl auch a priori gedacht werden; wie aber Zwecke, die nicht die unsrigen sind, und die auch der Natur (welche wir nicht als intelligentes Wesen annehmen) nicht zukommen, doch eine besondere Art der Kausalität, wenigstens eine ganz eigne Gesetzmäßigkeit derselben ausmachen können oder sollen, läßt sich a priori gar nicht mit einigem Grunde prä sumieren. Was aber noch mehr ist, so kann uns selbst die Erfahrung die Wirklichkeit derselben nicht beweisen; es müßte denn eine Vernünftelei vorhergegangen sein, die nur den Begriff des Zwecks in die Natur der Dinge hineinspielt, aber ihn nicht von den Objekten und ihrer Erfahrungser kenntnis hernimmt, denselben also mehr braucht, die Natur 1
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'A: •in einem Systeme. - • Akad.-Ausg.: ,wären, solche Formen«.
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KRITIK DER TELEOLOGISCHEN URTEILSKRAFT
nach der Analogie mit einem subjektiven Grunde der Ver knüpfung der Vorstellungen in uns begreiflich zu machen, als sie aus objektiven Gründen zu erkennen. Überdem ist die objektive Zweckmäßigkeit, als Prinzip der Möglichkeit der Dinge der Natur, so weit davon ent fernt, mit dem Begriffe derselben n o t w e n d ig zusammen zuhängen: daß sie vielmehr gerade das ist, worauf man sich vorzüglich beruft, um die Zufälligkeit derselben (der Natur) und ihrer Form daraus zu beweisen. Denn wenn man z. B. den Bau eines Vogels, die Höhlung in seinen Knochen, die Lage seiner Flügel zur Bewegung, und des Schwanzes zum Steuern u.s.w. anführt: so sagt man, daß dieses alles nach dem bloßen nexus effectivus in der Natur, ohne noch eine besondere Art der Kausalität, nämlich die der Zwecke (nexus finalis), zu Hülfe zu nehmen, im höchsten Grade zufällig sei: d. i. daß sich die Natur, als bloßer Mechanism betrachtet, auf tausendfache Art habe anders bilden können, ohne ge rade auf die Einheit nach einem solchen Prinzip zu stoßen, und man also außer dem Begriffe der Natur, nicht in dem selben, den mindesten Grund dazu a priori allein anzutref fen hoffen dürfe. Gleichwohl wird die teleologische Beurteilung, wenigstens problematisch, mit Recht zur Naturforschung gezogen; aber nur, um sie nach der A n a l o g ie mit der Kausalität nach Zwecken unter Prinzipien der Beobachtung und Nach forschung zu bringen, ohne sich anzumaßen, sie darnach zu e r k l ä r e n. Sie gehört also zur reflektierenden, nicht der' bestimmenden, Urteilskraft. Der Begriff von Verbindungen und Formen der Natur nach Zwecken ist doch wenigstens e i n P r i n zip m e h r , die Erscheinungen derselben unter Regeln zu bringen, wo die Gesetze der Kausalität nach dem bloßen Mechanism derselben nicht zulangen. Denn wir füh ren einen teleologischen Grund an, wo wir einem Begriffe vom Objekte, als ob er in der Natur (nicht in uns) befindlich wäre•, Kausalität in Ansehung eines Objekts zueignen, oder vielmehr nach der Analogie einer solchen Kausalität (dergleichen wir in uns antreffen) uns die Möglichkeit des
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'C: uu dero. - 'A: tbelegen wärec.
ANALYTIK DER TELEOLOGISCHEN URTEILSKRAFT
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Gegenstandes vorstellen, mithin die Natur als durch eignes Vermögen t e c h n i s c h denken; wogegen', wenn wir ihr nicht eine solche Wirkungsart beilegen, ihre Kausalität als blinder Mechanism vorgestellt werden müßte. Würden wir dagegen der Natur a b s i c h t l i c h-wirkende Ursachen unterlegen, mithin der Teleologie nicht bloß ein r e g u l a t i v e s Prinzip für die bloße B e u r t e i l u n g der Erscheinungen, denen die Natur nach ihren besondern Gesetzen als unterworfen ge dacht werden könne, sondern dadurch auch ein • k o n s t i t ut i v e s Prinzip der A b l e i t u n g ihrer Produkte von ihren Ursachen zum Grunde legen: so würde der Begriff eines Naturzwecks nicht mehr für die reflektierende, sondern die bestimmende Urteilskraft gehören; alsdann aber in der Tat gar nicht der Urteilskraft eigentümlich angehören (wie der Begriff• der Schönheit als formaler subjektiver Zweckmä ßigkeit), sondern, als Vernunftbegriff, eine neue Kausalität in der Naturwissenschaft einführen, die wir doch nur von uns selbst entlehnen und andern Wesen beilegen, ohne sie gleichwohl mit uns als gleichartig annehmen zu wollen.
li ERSTE ABTEILUNG ANALYTIK DER TELEOLOGISCHEN URTEILSKRAFT § 62. VON DER OBJEKTIVEN ZWECKMÄSSIGKEIT, DIE BLOSS FORMAL IST, ZUM UNTERSCHIEDE VON DER MATERIALEN
Alle geometrische Figuren, die nach einem Prinzip ge zeichnet werden, zeigen eine mannigfaltige, oft bewunderte, objektive Zweckmäßigkeit, nämlich der Tauglichkeit zur Auflösung vieler Probleme nach einem einzigen Prinzip, und auch wohl eines jeden derselben auf unendlich verschiedene Art an sich. Die Zweckmäßigkeit ist hier offenbar objektiv und intellektuell, nicht aber bloß subjektiv und ästhetisch. Denn sie drückt die Angemessenheit der Figur zur Erzeu gung vieler abgezweckten Gestalten aus, und wird durch Vernunft erkannt. Allein die Zweckmäßigkeit macht doch den Begriff von dem Gegenstande selbst nicht möglich, d. i. 'A: »dagegen«. -
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Zusatz von B u. C.
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KRITIK DER TELEOLOGISCHEN URTEILSKRAFT
er wird nicht bloß in Rücksicht auf diesen Gebrauch als möglich angesehen. In einer so einfachen Figu r, als der Zirkel ist, liegt der Grund zu einer Auflösung einer Menge von Problemen, deren jedes für sich mancherlei Zurüstung erfordern würde, und die als eine von den unendlich vielen vortrefflichen Eigen schaften dieser Figur sich gleichsam von selbst ergibt. Ist es z. B. darum zu tun, aus der gegebenen Grundlinie und dem ihr gegenüberstehenden Winkel einen Triangel zu kon struieren, so ist die Aufgabe unbestimmt, d. i. sie läßt sich auf unendlich mannigfaltige Art auflösen. Allein der Zirkel befaßt sie doch alle insgesamt, als der geometrische Ort für alle Dreiecke, die dieser Bedingung gemäß sind. Oder zwei Linien sollen sich einander so schneiden, daß das Rechteck aus den zwei Teilen der einen dem Rechteck aus den zwei Teilen der andern gleich sei: so hat die Auflösung der Auf gabe dem Ansehen nach viele Schwierigkeit. Aber alle Li nien, die sich innerhalb dem Zirkel, dessen Umkreis jede derselben begrenzt, schneiden, teilen sich von selbst in die ser Proportion. Die andern krummen Linien geben wieder um andere zweckmäßige Auflösungen an die Hand, an die in der Regel, die ihre Konstruktion ausmacht, gar nicht ge dacht war. Alle Kegelschnitte für sich, und in Vergleichung mit einander, sind fruchtbar an Prinzipien zur Auflösung einer Menge möglicher Probleme, so einfach auch ihre Er klärung ist, welche ihren Begriff bestimmt. - Es ist eine wahre Freude, den Eifer der alten Geometer anzusehen, mit dem sie diesen Eigenschaften der Linien dieser Art nachforschten, ohne sich durch die Frage eingeschränkter Köpfe irre machen zu lassen: wozu denn diese Kenntnis nützen sollte? z. B. die der Parabel, ohne das Gesetz der Schwere auf der Erde zu kennen, welches ihnen die Anwen dung derselben auf die Wurfslinie schwerer Körper (deren Richtung der Schwere in ihrer Bewegung als parallel an gesehen werden kann) würde an die Hand gegeben haben; oder der Ellipse, ohne zu ahnen', daß auch eine Schwere an Himmelskörpern zu finden sei, und ohne ihr Gesetz in ver-
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' A: »ahnden«.
ANALYTIK DER TELEOLOGISCHEN URTEILSKRAFT
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schiedenen Entfernungen vom Anziehungspunkte zu ken nen, welches macht, daß sie diese Linie in freier Bewegung beschreiben. Während dessen, daß sie hierin, ihnen selbst unbewußt, für die Nachkommenschaft arbeiteten, ergötzten sie sich an einer Zweckmäßigkeit in dem Wesen der Dinge, die sie doch völlig a priori in ihrer Notwendigkeit darstellen konnten. Plato, selbst Meister in dieser Wissenschaft, geriet über eine solche ursprüngliche Beschaffenheit der Dinge, welche zu entdecken wir aller Erfahrung entbehren können, und über das Vermögen des Gemüts, die Harmonie der We sen aus ihrem übersinnlichen Prinzip schöpfen zu können (wozu noch die Eigenschaften der Zahlen kommen, mit denen das Gemüt in der Musik spielt), in die Begeisterung, welche ihn über die Erfahrungsbegriffe zu Ideen erhob, die ihm nur durch eine intellektuelle Gemeinschaft mit dem Ursprunge aller Wesen erklärlich zu sein schienen. Kein Wunder, daß er den der Meßkunst Unkundigen aus seiner Schule verwies, indem er das, was Anaxagoras aus Erfah rungsgegenständen und ihrer Zweckverbindung schloß, aus der reinen, dem menschlichen Geiste innerlich beiwohnenden, Anschauung abzuleiten dachte. Denn in der Notwendigkeit dessen was zweckmäßig ist, und so' beschaffen ist, als ob es für unsern Gebrauch absichtlich so eingerichtet wäre, gleich wohl aber dem• Wesen der Dinge ursprünglich zuzukommen scheint, ohne auf unsern Gebrauch Rücksicht zu nehmen, liegt eben der Grund der großen Bewunderung der Natur, nicht sowohlaußer uns,alsin unserer eigenenVernunft; wobei es wohl verzeihlich ist, daß diese Bewunderung durch Miß verstand nach und nach bis zur Schwärmerei steigen mochte. Diese intellektuelle Zweckmäßigkeit aber, ob sie gleich objektiv ist (nicht wie die ästhetische subjektiv), läßt sich gleichwohl ihrer Möglichkeit nach als bloß formale (nicht reale), d. i. als Zweckmäßigkeit, ohne daß doch ein Zweck ihr zum Grunde zu legen, mithin Teleologie dazu nötig wäre, gar wohl, aber nur im allgemeinen, begreifen. Die Zirkel figur ist eine Anschauung, die durch den Verstand nach einem Prinzip bestimmt worden: die Einheit dieses Prinzips,
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A: • und was so •. - • A: • wäre, was gleichwohl dem «.
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KRITIK DER TELEOLOGISCHEN URTEILSKRAFT
welches ich willkürlich annehme und als Begriff zum Grunde lege, angewandt auf eine Form der Anschauung (den Raum), die gleichfalls bloß als Vorstellung und zwar a priori in mir angetroffen wird, j macht die Einheit vieler sich aus der Konstruktion jenes Begriffs ergebender Regeln, die in man cherlei möglicher Absicht zweckmäßig sind, begreiflich, ohne dieser Zweckmäßigkeit einen Z w e c k , oder irgend einen andern Grund derselben, unterlegen zu dürfen. Es ist hiemit nicht so bewandt, als wenn ich in einem, in gewisse Grenzen eingeschlossenen, Inbegriffe von D i n g e n außer mir, z.B. einem Garten, Ordnung und Regelmäßigkeit der Bäume, Blumenbeeten, Gänge u.s.w. anträfe, welche ich a priori aus meiner nach einer beliebt"gen Regel gemachten' Umgrenzung eines Raums zu folgern nicht hoffen kann: weil es existierende Dinge sind, die empirisch gegeben sein müssen, um erkannt werden zu können, und nicht eine bloße nach einem Prinzip a priori bestimmte Vorstellung in mir. Daher die letztere (empirische) Zweckmäßigkeit, als real, von dem Begriffe eines Zwecks abhängig ist. Aber auch der Grund der Bewunderung einer, obzwar in dem Wesen der Dinge (sofern ihre Begriffe konstruiert werden können) wahrgenommenen, Zweckmäßigkeit läßt sich sehr wohl und zwar als rechtmäßig einsehen. Die man nigfaltigen Regeln, deren Einheit (aus einem Prinzip) diese Bewunderung erregt, sind insgesamt synthetisch, und fol gen nicht aus einem B e g r i f f e des Objekts, z.B. des Zir kels, sondern bedürfen es, daß dieses Objekt in der An schauung gegeben sei. Dadurch aber bekommt diese Ein heit das Ansehen, als ob sie empirisch einen von unserer Vorstellungskraft unterjschiedenen äus!sern Grund der Re geln habe, und also die Übereinstimmung des Objekts zu dem Bedürfnis der Regeln, welches dem• Verstande eigen ist, an sich zufällig, mithin nur durch einen ausdrücklich darauf gerichteten Zweck möglich sei. Nun sollte uns zwar eben diese Harmonie, weil sie, aller dieser Zweckmäßigkeit ungeachtet, dennoch nicht empirisch, sondern a priori er kannt wird, von selbst darauf bringen, daß der Raum, durch
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' Zusatz von B u. C. - 'A: •das dem•·
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dessen Bestimmung (vermittelst der Einbildungskraft, ge mäß einem Begriffe) das Objekt allein möglich war, nicht eine Beschaffenheit der Dinge außer mir, sondern eine bloße Vorstellungsart in mir sei, und ich also in die Figur, die ich e i n e m B e g r i f f e a n g e m e s s e n zeichne, d.i. in meine eige ne Vorstellungsart von dem, was mir äußerlich, es sei an sich was es wolle, gegeben wird, die Z wec k m ä ß i g k e i t h i n e i n b r i n g e , nicht von diesem über dieselbe empirisch 1 be lehrt werde, folglich zu jener keinen besondern Zweck außer mir am Objekte bedürfe. Weil• aber diese Überlegung schon einen kritischen Gebrauch der Vernunft erfordert, mithin in der Beurteilung des Gegenstandes nach seinen Eigen schaften nicht sofort mit enthalten sein kann: so gibt mir die letztere unmittelbar nichts als Vereinigung heterogener Regeln (sogar nach dem, was sie Ungleichartiges an sich haben) in einem Prinzip an die Hand, welches, ohne einen außer meinem Begriffe und überhaupt meiner Vorstellung a priori liegenden besondern Grund dazu zu fordern, den noch von mir a priori als wahrhaft erkannt wird. Nun ist die Ver w u n d e run g ein Anstoß des Gemüts an der Un vereinbarkeit einer Vorstellung und der durch sie gegebenen Regel mit den schon in ihm zum Grunde liegenden Prinzi pien, welcher 3 also einen Zweifel, ob man auch recht gesehen oder geurteilt habe, hervorbringt; B e w u n d�r u n g aber eine immer wiederkommende Verwunderung, ungeachtet der Verschwindung dieses Zweifels. Folglich ist die letzte eine ganz natürliche Wirkung jener beobachteten Zweckmä ßigkeit in den Wesen 4 der Dinge (als Erscheinungen), die auch sofern nicht getadelt werden kann, indem die Verein barung jener Form der sinnlichen Anschauung (welche der Raum heißt) mit dem Vermögen der Begriffe (dem Verstan de) nicht allein deswegen, daß sie gerade diese und keine an dere ist, uns unerklärlich, sondern überdem noch für das Ge müt erweiternd ist, noch etwas über jene sinnliche Vorstel lungen Hinausliegendes gleichsam zu ahnen s, worin, obzwar uns unbekannt, der letzte Grund jener Einstimmung ange-
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' Zusatz von B u. C. - •A: »Diewcil11:. - 3 A: »welchu.-•Akad. Ausg.: •dem Wesen«. - s A: »ahnden11:.
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troffen werden mag. Diesen zu kennen haben wir zwar auch nicht nötig, wenn es bloß um formale Zweckmäßigkeit un serer Vorstellungen a priori zu tun ist; aber, auch nur da hinaussehen zu müssen, fiößt für den Gegenstand, der uns dazu nötigt, zugleich Bewunderung et'n. 1 Man ist gewohnt, die erwähnten Eigenschaften, sowohl der geometrischen Gestalten, als auch wohl der Zahlen, wegen einer gewissen, aus der Einfachheit ihrer Konstruk tion nicht erwarteten, Zweckmäßigkeit derselben a priori zu allerlei Erkenntnisgebrauch, Schö n h e i t• zu nennen; und spricht z.B. von dieser oder jener s c hö n e n Eigenschaft des Zirkels, welche auf diese oder jene Art entdeckt wäre. Allein es ist keine ästhetische Beurteilung, durch die wir sie zweckmäßig finden; keine Beurteilung ohne Begriff, die eine bloße s u b j e k t i v e Zweckmäßigkeit im freien Spiele unse rer Erkenntnisvermögen bemerklich macht 3: sondern eine intellektuelle nach Begriffen, welche eine objektive Zweck mäßigkeit, d. i. Tauglichkeit zu allerlei (ins Unendliche mannigfaltigen) Zwecken deutlich zu erkennen gibt. Man müßte sie eher eine r e l a t i v e Vo l l k o m m e n h e i t , als eine Schönheit der mathematisch en Figur nennen. Die 4 Benen nung einer i n t e l l e k t u e l l e n Schö n h e i t kann auch über haupt nicht füglich erlaubt werden; weil sonst das Wort Schönheit alle bestimmte Bedeutung, oder das intellektuelle Wohlgefallen allen Vorzug vor dem sinnlichen verlieren müßte. Eher würde man eine D e m o n s t r a t i o n solcher Eigenschaften, weil durch diese der Verstand, als Vermögen der Begriffe, und die 5 Einbildungskraft, als Vermögen der Darstellung derselben, a priori sich gestärkt fühlen (welches, mit der Präzision, die die Vernunft hineinbringt, zusammen, die Eleganz derselben genannt wird), schön nennen können: indem hier doch wenigstens das Wohlgefallen, obgleich der Grund desselben6 in Begriffen liegt, subjektiv ist, da die Vollkommenheit ein objektives Wohlgefallen bei sich führt.
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1 A: •mag, welchen zu kennen wir zwar auch nicht nötig haben, wenn ... zu tun ist, wohin aber auch nur hinaussehen zu müssen für den Gegenstand, ..., zugleich Bewunderung einflößt. « - 2 A: »Zahlen, um einer ... Erkenntnisgebrauch willen, Schön h e i t•. - 3 A: »mach te,, - 4 C: »Diesu. - 5 Zusatz von B u. C. - 6 A: »derselben«.
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§ 63. VON DER RELATIVEN ZWECKMÄSSIGKEIT DER NATUR ZUM UNTERSCHIEDE VON DER INNERN
Die Erfahrung leitet unsere Urteilskraft auf den Begriff einer objektiven und materialen Zweckmäßigkeit, d. i. auf den Begriff eines Zwecks der Natur nur alsdann, wenn ein Verhältnis der Ursache zur Wirkung zu beurteilen ist•, wel ches wir als gesetzlich einzusehen uns nur dadurch vermö gend finden, daß wir die Idee der Wirkung der Kausalität ihrer Ursache, als die dieser selbst zum Grunde liegende Be dingung der Möglichkeit der ersteren, unterlegen. Dieses kann aber auf zwiefache Weise geschehen: entweder indem wir die Wirkung unmittelbar als Kunstprodukt, oder nur als Material für die Kunst anderer möglicher Naturwesen, also entweder als Zweck, oder als Mittel zum zweckmäßigen Gebrauche anderer Ursachen, ansehen. Die letztere Zweck mäßigkeit heißt die Nutzbarkeit (für Menschen), il oder auch Zuträglichkeit (für jedes andere Geschöpf}, und ist bloß relativ; indes die' erstere eine innere Zweckmäßigkeit des Naturwesens ist. Die Flüsse führen z. B. allerlei zum Wachstum der Pflan zen dienliche Erde mit sich fort, die sie bisweilen mitten im Lande, oft auch an ihren Mündungen, absetzen. Die Flut führt diesen Schlich an manchen Küsten über das Land, oder setzt ihn an dessen Ufer ab; und, wenn vornehmlich Menschen dazu helfen, damit die Ebbe ihn nicht wieder wegführe, so nimmt das fruchtbare Land zu, und das Ge wächsreich gewinnt' da Platz, wo vorher Fische und Schal tiere ihren Aufenthalt gehabt hatten. Die meisten Landes erweiterungen auf diese Art hat wohl die Natur selbst ver richtet, und fährt damit auch noch, obzwar langsam, fort. Nun fragt sich, ob dies als ein Zweck der Natur zu beurteilen • Weil in der reinen Mathematik nicht von der Existenz, sondern nur der Möglichkeit der Dinge, nämlich einer ihrem Begriffe korrespon• dierenden Anschauung, mithin gar nicht von Ursache und Wirkung die Rede sein kann: so muß folglich alle daselbst angemerkte Zweckmäßig keit bloß als formal, niemals als Naturzweck, betrachtet werden, 3 1 A: •indessen daß die«. - • A: i.nimmt1:. - 3 A: ,Daher, weil ..• Rede sein kann, alle ..., betrachtet werden muß.«
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sei, weil es eine Nutzbarkeit für Menschen enthält; denn die für das Gewächsreich selber kann man nicht in Anschlag bringen, weil dagegen eben so viel den Meergeschöpfen ent zogen wird, als dem Lande Vorteil zuwächst. Oder, um ein Beispiel von der Zuträglichkeit gewisser Naturdinge als Mittel für andere Geschöpfe (wenn man sie als Mittel' voraussetzt) zu geben: so ist kein Boden den Fichten gedeihlicher, als ein Sandboden. Nun hat das alte Meer, ehe es sich vom Lande zurückzog, so viele Sandstriche in unsern nordlichen Gegenden zurückgelassen, daß auf die sem für alle Kultur sonst so unbrauch!baren Boden weit läuftige Fichtenwälder haben aufschlagen können, wegen deren unvernünftiger Ausrottung wir häufig unsere Vor fahren anklagen; und da kann man fragen, ob diese uralte Absetzung der Sandschichten ein Zweck der Natur war, zum Behuf der darauf möglichen Fichtenwälder. So viel ist klar: daß, wenn man diese als Zweck der Natur annimmt, man jenen Sand auch, aber nur als relativen Zweck ein räumen müsse, wozu wiederum der alte Meeresstrand und dessen Zurückziehen das Mittel war; denn in der Reihe der einander subordinierten Glieder einer Zweckverbindung muß ein jedes Mittelglied als Zweck (obgleich eben nicht als Endzweck) betrachtet werden, wozu seine nächste Ursache das Mittel ist. Eben so, wenn einmal Rindvieh, Schafe, Pfer de u.s.w. in der Welt sein sollten, so mußte Gras auf Erden, aber es mußten auch Salzkräuter in Sandwüsten wachsen, wenn Kamele gedeihen sollten, oder auch diese und andere grasfressende Tierarten in Menge anzutreffen sein, wenn es Wölfe, Tiger und Löwen geben sollte. Mithin ist die objek tive Zweckmäßigkeit, die sich auf Zuträglichkeit gründet, nicht eine objektive Zweckmäßigkeit der Dinge an sich selbst, als ob der Sand für sich, als Wirkung aus seiner Ur sache, dem Meere, nicht könnte begriffen werden, ohne dem letztem einen Zweck unterzulegen, und ohne die Wirkung, nämlich den Sand, als Kunstwerk zu betrachten. Sie ist eine bloß relative, dem I Dinge selbst, dem sie beigelegt 1 wird, bloß zufällige Zweckmäßigkeit; und, obgleich, unter
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'A: »Zweckeir.
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den angeführten Beispielen, die Grasarten für sich, als orga nisierte Produkte der Natur, mithin als kunstreich zu beur teilen sind, so werden sie doch in Beziehung auf Tiere, die sich davon nähren, als bloße rohe Materie angesehen. Wenn aber vollends der Mensch, durch Freiheit seiner Kausalität, die Naturdinge seinen oft törichten Absichten (die bunten Vogelfedern zum Putzwerk seiner Bekleidung, farbige Erden oder Pflanzensäfte zur Schminke), manchmal auch aus' vernünftiger Absicht, das Pferd zum Reiten, den Stier und in Minorka sogar den Esel und' das Schwein zum Pflügen, zuträglicher' findet: so kann man hier auch nicht ein mal einen relativen Naturzweck (auf diesen Gebrauch) an nehmen. Denn seine Vernunft weiß den Dingen eine Überein stimmung mit seinen willkürlichen Einfällen, wozu 3 er selbst nicht einmal von der Natur prädestiniert war, zu geben. Nur w e n n man annimmt, Menschen haben auf Erden leben sol len, so müssen doch wenigstens die Mittel, ohne die sie als Tiere und selbst als vernünftige Tiere (in wie niedrigem Grade es auch sei) nicht bestehen konnten, auch nicht feh len; alsdann aber würden diejenigen Naturdinge, die zu die sem Behufe unentbehrlich sind, auch als Naturzwecke an gesehen werden müssen. Man sieht hieraus leicht ein, daß die äußere Zweckmäßig keit (Zuträglichkeit eines Dinges für anJdere) nur j unter der Bedingung, daß die Existenz desjenigen, dem es zunächst oder auf entfernte Weise zuträglich ist, für sich selbst Zweck der Natur sei, für einen äußern Naturzweck ange sehen werden könne. Da jenes aber, durch bloße Naturbe trachtung, nimmermehr auszumachen ist: so folgt, daß die relative Zweckmäßigkeit, ob sie gleich hypothetisch auf Na turzwecke Anzeige gibt, dennoch zu keinem absoluten tele ologischen Urteile berechtige. Der Schnee sichert die Saaten in kalten Ländern wider den Frost; er erleichtert die Gemeinschaft der Menschen (durch Schlitten); der Lappländer findet dort Tiere, die die se Gemeinschaft bewirken (Renntiere), die 4 an einem dür' Zusatz von B u. C. - • A: uuträglich «. - 3 A: »dazu«. - 4 A: 1 und die•.
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ren Moose, welches sie sich selbst unter dem Schnee her vorscharren müssen, hinreichende Nahrung finden, und gleichwohl sich leicht zähmen, und der Freiheit, in der sie sich gar wohl erhalten könnten, willig berauben lassen. Für andere Völker' in derselben Eiszone enthält das Meer rei chen Vorrat an Tieren, die, außer der Nahrung und Klei dung, die sie liefern, und dem Holze, welches ihnen das Meer zu Wohnungen gleichsam hinflößet, ihnen noch Brennma terien zur Erwärmung ihrer Hütten liefern. Hier ist nun eine bewundernswürdige Zusammenkunft von so viel Bezie hungen der Natur auf einen Zweck; und dieser ist der Grön länder, der Lappe, der Samojede, der Jakute•, u.s.w. Aber man sieht nicht, wajrum überhaupt Menschen dort leben müssen. Also sagen: daß d a r u m Dünste aus der! Luft in der Form des Schnees herunterfallen, das Meer seine Ströme habe, welche das in wärmern Ländern gewachsene Holz da hin schwemmen, und große mit Öl angefüllte Seetiere da sind, w e i l der Ur-sache, die alle die Naturprodukte herbei schafft, die Idee eines Vorteils für gewisse armselige Ge schöpfe zum Grunde liege: wäre ein sehr gewagtes und will kürliches Urteil. Denn, wenn alle diese Naturnützlichkeit auch nicht wäre, so würden wir nichts an der Zulänglichkeit der Naturursachen zu dieser Beschaffenheit vermissen; viel mehr eine solche Anlage auch nur zu verlangen und der Na tur einen solchen Zweck zuzumuten (da ohnedas 3 nur die größte Unverträglichkeit der Menschen unter einander sie bis in so unwirtbare Gegenden hat versprengen können) würde uns selbst vermessen und unüberlegt zu sein dünken. § 64. VON DEM EIGENTÜMLICHEN CHARAKTER DER DINGE ALS NATURZWECKE
Um einzusehen, daß ein Ding nur als Zweck möglich sei, d. h. die Kausalität seines Ursprungs nicht im Mechanism der Natur, sondern in einer Ursache, deren Vermögen zu wirken durch Begriffe bestimmt wird, suchen zu müssen, dazu wird erfordert: j daß seine Form nicht nach bloßen 'Zusatz von B u. C. - • A: ooder Jakutef. - 3 A: »ohnedem«.
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Naturgesetzen möglich sei, d. i. solchen, welche von uns durch den Verstand allein, auf Gegenstände der Sinne ange wandt, erkannt werden können; sondern daß selbst ihr empirisches Erkenntnis, ihrer Ursache und Wirkung nach, Begriffe der Vernunft voraussetze. Diese Z ufäll i gk e i t sei ner Form bei allen empirischen Naturgesetzen in Beziehung auf die Vernunft, da die Vernunft, welche an einer jeden Form eines Naturprodukts auch die Notwendigkeit dersel ben erkennen muß, wenn sie auch nur die mit seiner Erzeu gung verknüpften Bedingungen einsehen will, gleichwohl aber an' jener gegebenen Form diese Notwendigkeit nicht annehmen kann, ist selbst ein Grund, die Kausalität des selben so anzunehmen, als ob sie eben darum nur durch Vernunft möglich sei; diese aber ist alsdann das Vermögen, nach Zwecken zu handeln (ein Wille); und das Objekt, wel ches nur als aus diesem möglich vorgestellt wird, würde nur als Zweck für möglich vorgestellt werden. Wenn jemand in einem ihm unbewohnt scheinenden Lan de eine geometrische Figur, allenfalls ein reguläres Sechseck', im Sande gezeichnet wahrnähme: so würde seine Reflexion, indem sie an einem Begriffe derselben arbeitet, der Einheit des Prinzips der Erzeugung desselben, wenn gleich dunkel, vermittelst der Vernunft inne werden, und so, dieser gemäß, den Sand, das benachbarte Meer, die Winde, oder auch Tiere mit ihren Fußtritten, die er kennt, oder jede andere vernunftlose Ursache nicht als einen Grund der Möglichkeit einer solchen Gestalt beurteilen: weil ihm die Zufälligkeit, mit einem solchen Begriffe, der nur in der Vernunft mög lich ist, zusammen zu treffen, so unendlich groß scheinen würde, daß es eben so gut wäre, als ob es dazu gar kein Naturgesetz gebe, daß folglich auch 3 keine Ursache in der bloß mechanisch wirkenden Natur, sondern nur der Begriff von einem solchen Objekt, als Begriff, den nur Vernunft geben und mit demselben den Gegenstand vergleichen kann, auch die Kausalität zu einer solchen Wirkung enthalten, folglich diese durchaus als Zweck, aber nicht Naturzweck,
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1 Akad.-Ausg.: •gleichwohl an,.-• A: »vom regulären Sechsecke,. 3 A: »folglich daß auch,.
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d. i. als Produkt der K u n s t, angesehen werden könne (ve stigium hominis video'). Um aber etwas, das man• als Naturprodukt erkennt, gleichwohl doch auch als Zweck, mithin als N a t u r z w e c k , zu beurteilen: dazu, wenn nicht etwa hierin gar ein Wider spruch liegt, wird schon mehr erfordert. Ich würde vor läufig sagen: ein Ding existiert als Naturzweck, w e n n es von s i ch selbst(obglet'chinzwiefachemSinne) 3 Ur s a c h e u n d W i r k u ng i s t; denn hierin liegt eine Kausalität, der gleichen mit dem bloßen Begriffe em�r Natur, ohne ihr einen Zweck unterzulegen, nicht verbunden, aber auch als dann, zwar ohne Widerspruch, gedacht, aber nicht begriffen werden kann. Wir wollen die Bestimmung die!ser Idee von einem Naturzwecke zuvörderst durch ein Beispiel erläutern, ehe wir sie völlig auseinander setzen. Ein Baum zeugt erstlich einen andern Baum nach einem bekannten Naturgesetze. Der Baum aber, den er erzeugt, ist von derselben Gattung; und so erzeugt er sich selbst der Ga t t u n g nach, in der er, einerseits als Wirkung, andrer seits als Ursache, von sich selbst unaufhörlich hervorge bracht, und eben so, sich selbst oft hervorbringend, sich, als Gattung, beständig erhält. Zweitens erzeugt ein Baum sich auch selbst als I n d i v i duum. Diese Art von Wirkung nennen wir zwar nur das Wachstum; aber dieses 4 ist in solchem Sinne zu nehmen, daß es 5 von jeder andern Größenzunahme nach mechani schen Gesetzen gänzlich unterschieden, und einer Zeugung, wiewohl unter einem andern Namen, gleich zu achten ist. Die Materie, die er zu sich hinzusetzt, verarbeitet dieses Ge wächs vorher zu spezifisch-eigentümlicher Qualität, welche der 6 Naturmechanism außer ihr nicht 7 liefern kann, und bildet sich selbst weiter aus, vermittelst eines Stoffes, der, seiner Mischung nach, sein eignes Produkt ist. Denn, ob er zwar, was die Bestandteile betrifft, die er von der Natur außer ihm erhält, nur als Edukt angesehen werden muß: so
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1 Übersetzung des Herausgebers: ,ich sehe die Spur des Menschen•. • A: •was man•. - 3 Zusatz von B u.C. - 4 A: »dieser"· - s A: »er". 6 A: •die dert. - 7 Akad.-Ausg,: taußer ihm nichH.
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483 ist doch in der Scheidung und neuen Zusammensetzung die ses rohen Stoffs eine solche Originalität des Scheidungs-und Bildungsvermögens dieser Art Naturwesen anzutreffen, daß alle Kunst davon unendlich weit entfernt J bleibt, wenn sie es versucht, aus den Elementen, die sie durch Zergliederung derselben erhält', oder auch dem Stoff, den die Natur zur Nahrung derselben liefert, jene Produkte des Gewächsreichs wieder herzustellen. 1 D r i t t e n s erzeugt ein Teil dieses Geschöpfs auch sich selbst so: daß die Erhaltung des einen von der Erhaltung der andern wechselsweise abhängt. Das Auge an einem Baumblatt, dem Zweige eines andern eingeimpft, bringt an einem fremdartigen Stocke ein Gewächs von seiner eignen Art hervor, und eben so das Pfropfreis 3 auf einem andern Stamme. Daher kann man auch an demselben Baume jeden Zweig oder Blatt als bloß auf diesem gepfropft oder okuliert, mithin als einen für sich selbst bestehenden Baum, der sich nur an einen andern anhängt und parasitisch nährt, an sehen. Zugleich sind die Blätter zwar Produkte des Baums, erhalten aber diesen doch auch gegenseitig; denn die wieder holte Entblätterung würde ihn töten, und sein Wachstum hängt von ihrer Wirkung 4 auf den Stamm ab. Der Selbst hülfe der Natur in diesen Geschöpfen bei ihrer Verletzung, wo der Mangel eines Teils, der zur Erhaltung der benach barten gehörte, von den übrigen ergänzt wird; der Mißge burten oder Mißgestalten im Wachstum, da gewisse Teile, wegen vorkommender Mängel oder Hindernisse, sich auf ganz neue Art formen, um das, was da ist, zu erhalten, und ein anomalischesGe Jschöpf hervorzubringen: will ich hier nur im Vorbeigehen erwähnen, ungeachtet sie unter die wunder samsten Eigenschaften organisierter Geschöpfe gehören. I
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DINGE, ALS NATURZWECKE, SIND ORGANISIERTE WESEN
§ 65.
Nach dem im vorigen§ angeführten Charakter muß ein Ding, welches, als 5 Naturprodukt, doch zugleich nur als Na' A: •anzutreffen,vonderalleKunstunendlich •.- •zusatzvonBu.C.3A:»der Propfreis«. - 4 A: •von dieser ihrer Wirkung•. - SA: •was als•· !B 288, 289
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turzweck möglich erkannt werden soll, sich zu sich selbst wechselseitig als Ursache und Wirkung verhalten, welches ein etwas uneigentlicher und unbestimmter Ausdruck ist, der einer Ableitung von einem bestimmten Begriffe bedarf. Die Kausalverbindung, sofern sie bloß durch den Ver stand gedacht wird, ist eine Verknüpfung, die eine Reihe (von Ursachen und Wirkungen) ausmacht, welche immer abwärts geht; und die Dinge selbst, welche als Wirkungen andere als Ursache voraussetzen, können von diesen nicht gegenseitig zugleich Ursache sein. Diese Kausalverbindung nennt man die der wirkenden Ursachen (nexus effectivus). Dagegen aber kann doch auch eine Kausalverbindung nach einem Vernunftbegriffe (von Zwecken) gedacht werden, wel che, wenn man sie als Reihe betrachtete, sowohl abwärts als aufwärts Abhängigkeit bei sich führen würde, in der das Ding, welches einmal als Wirkung bezeichnet ist, dennoch auflwärts den Namen einer Ursache desjenigen Dinges ver dient, wovon es die Wirkung ist. Im Praktischen (nämlich der Kunst) findet man leicht dergleichen Verknüpfung, wie z. B. das Haus zwar die Ursache der Gelder ist, die für Miete eingenommen werden, aber doch auch umgekehrt die Vor stellung von diesem möglichen Einkommen die Ursache der Erbauung des Hauses war. Eine solche Kausalverknüpfung wird die der Endursachen (nexus finalis) genannt. Man könnte die erstere vielleicht schicklicher die Verknüpfung der realen, die zweite der idealen Ursachen nennen, weil bei dieser Benennung zugleich begriffen wird, daß es nicht mehr als diese zwei Arten der Kausalität geben könne. Zu einem Dinge als Naturzwecke wird nun e r s t l i c h er fordert, daß die Teile (ihrem Dasein und der' Form nach) nur durch ihre Beziehung auf das Ganze möglich sind. Denn das Ding selbst ist ein Zweck, folglich unter einem Begriffe oder einer Idee befaßt, die alles, was in ihm enthalten sein soll, a priori bestimmen muß. Sofern aber ein Ding nur auf diese Art als möglich gedacht wird, ist es bloß ein Kunst werk, d. i. das Produkt einer von der Materie (den Teilen) desselben unterschiedenen vernünftigen Ursache, deren
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Kausalität (in Herbeischaffung und Verbindung der Teile) durch ihre Idee von einem dadurch möglichen Ganzen (mit hin nicht durch die Natur außer ihm) bestimmt wird. Soll aber ein Ding, als Naturprodukt, in sich selbst und seiner innern Möglichkeit doch eine Beziehung auf Zwecke enthalten, d. i. nur als Naturzweck und ohne die Kausalität der Begriffe von vernünftigen Wesen außer ihm möglich sein: so wird z w e i t e n s dazu erfordert: daß die Teile des selben sich dadurch zur Einheit eines Ganzen verbinden, daß sie von einander wechselseitig Ursache und Wirkung ihrer Form sind. Denn auf solche Weise ist es allein möglich, daß umgekehrt (wechselseitig) die Idee des Ganzen wieder um die Form und Verbindung aller Teile bestimme: nicht als Ursache - denn da wäre es ein Kunstprodukt - sondern als Erkenntnisgrund der systematischen Einheit der Form und Verbindung alles Mannigfaltigen, was in der gegebenen Materie enthalten ist, für den, der es beurteilt. Zu einem Körper also, der an sich und seiner innern Mög lichkeit nach als Naturzweck beurteilt werden soll, wird er fordert, daß die Teile desselben einander insgesamt, ihrer Form sowohl als Verbindung nach, wechselseitig, und so ein Ganzes aus eigener Kausalität hervorbringen, dessen Be griff wiederum umgekehrt (in einem Wesen, welches die einem solchen Produkt angemessene Kausalität nach Be griffen besäße)Ursache von demselben nach einem Prinzip, folglich' die Verknüpfung der w i r k e n d en U r s a c h e n zu· gleich als W ir k u n g d u r c h E n d u r s a c h e n beurteilt wer den könnte. In einem solchen Produkte derNatur wird einjederTeil, so, wie er nur d u r c h alle übrige da ist, auch als u m d e r a n d e r n und des Ganzen w i l l e n existierend, d.i. als Werk zeug (Organ) gedacht: welches aber nicht genug ist (denn er könnte auch Werkzeug der Kunst sein, und so nur als Zweck überhaupt möglich vorgestellt werden); sondern als ein die andern Teile (folglichjeder den andern wechselseitig) h e rvo r b rin g e n d e s Organ, dergleichen kein Werkzeug der
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' Akad.-Ausg.: • Prinzip sein, folglich c; Akad.-Ausg. erwägt: •Prin· zip ist, folglich,.
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Kunst, sondern nur der allen Stoff zu Werkzeugen (selbst denen der Kunst) liefernden Natur sein kann: und nur dann und darum wird ein solches Produkt, als o r g a n is i e r t es und s i c h s e l b s t o r g a n i s i e r e n d e s We sen, ein N a t u r zwe ck genannt werden können. In einer Uhr ist ein Teil das Werkzeug der Bewegung der andern, aber nicht ein Rad' die wirkende Ursache der Her vorbringung des• andern; ein Teil ist zwar um des andern Willen, aber nicht durch denselben da. Daher ist auch die hervorbringende Ursache derselben und ihrer Form nicht in der Natur (dieser Materie), sondern außer ihr in einem We sen, welches nach 3 Ideen eines durch seine Kausalität mög lichen Ganzen wirken kann, enthalten. Daher bringt auch, so wenig wie ein 4 Rad in der Uhr das andere, noch weniger eine Uhr andere Uhren hervor, so daß sie andere Materie dazu benutzte (sie organisierte); daher ersetzt sie auch nicht von selbst die ihr entwandten Teile, oder vergütet ihren Mangel in der ersten Bildung durch den Beitritt der übri gen, oder bessert sich etwa selbst aus, wenn sie in Unord nung geraten ist: welches alles wir dagegen von der orga nisierten Natur erwarten können. - Ein organisiertes Wesen ist also nicht bloß Maschine: denn die hat lediglich b e w e-1 gende Kraft; sondern st'e 5 besitzt in sich b i l d e n d e Kraft, und zwar eine solche, die sie 6 den Materien mitteilt, welche sie nicht haben (sie organisiert): also eine sich fortpflanzen de bildende Kraft, welche durch das Bewegungsvermögen allein (den Mechanism) nicht erklärt werden kann. Man sagt von der Natur und ihrem Vermögen in organi sierten Produkten bei weitem zu wenig, wenn man dieses einAn a l o g o n der K u n s t nennt;denn da denkt man sich den Künstler (ein vernünftiges Wesen) außer ihr. Sie organi siert sich vielmehr selbst, und in jeder Spezies ihrer organi sierten Produkte, zwar nach einerlei Exemplar im Ganzen, aber doch auch mit schicklichen Abweichungen, die die Selbsterhaltung nach den Umständen erfordert. Näher tritt man vielleicht dieser unerforschlichen Eigenschaft, wenn
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'Zusatz von B u. C. - •Au. C: »der«. - 3 A: •was nach«. - 4 A: .auch nicht ein•. - 5 Zusatz von B; C: »es«. - 6 C: »eS