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German Pages [404] Year 1939
Eugen Hadamovsky / Weltgeschichte im Sturmschritt
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Weltgeschichte
im
Sturmschritt
Von
Eugen Hadamovsky
3. Auflage 21.-30. Tausend
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39
Zentralverlag der NSDAP., Franz Eher Nachf., München
LIBRARY UNIVERSITY OF CALIFORNIA DAVIS
Einband- und Umschlagentwurf von Friedrich Kremer
Alle Rechte vorbehalten Copyright 1939 by Verlag Franz Eher Nachf., G. m. b. H., München Printed in Germany
Druck: Buchgewerbehaus M. Müller & Sohn, München
Inhaltsverzeichnis
Der Sturmschritt der Weltgeschichte Männer gegen Mehrheiten 9
Der Reichstag beschimpft Bismarc Adolf Hitler am 20. Februar 1938 Tumult auf der englischen Weltbühne
• •
15 28
Kampf der Ostmart Die Handlanger unserer Feinde
49
Der Februar-Aufſtand 1934 . Die Juli-Erhebung wird erstict . Aber das Feuer brennt weiter ·
68
Österreichischer Frühling Die Menschen der Ostmark
Schuschniggs Verrat . Das Volk steht auf • Mit dem Führer ins Herz der Heimat Österreich ein Land des Deutschen Reiches
Das Reich panzert sich Italien und England Schach den Hezern Der Westwall
•
76
97
107
118 125 . 137
155
• 169 180
187
Die englische Kriegspartei
• 194
Der Zug des Leidens
. 204
LO 5
Inhaltsverzeichnis
Freiwild im Sudetengau Zwanzig Jahre Mord · Entfesselter Haß
209 213 . 221
.
Die Folterkammer im Dampfkessel .
. 228
Die Flucht der Warnsdorfer . Freikorpsleute •
. 238
Hitler marschiert nach Böhmen
245
Parteitag 1938
· 252
Kriegsfieber Das Sudetenwunder Glück der Befreiung •
. 265
Geheimnisvolles Land .
· 297 . 301
. 288
Der Führer ist der Eroberte · Blizſchläge im März
309
Die Wahrheit siegt Ich aber glaube an einen langen Frieden Doch Roosevelts Millionen rollen · Hitlers Blißmarsch nach Prag •
Das Memelland wird frei .
. 316
·
.. 324
. 332 • 342
·
Anhang 351 Zeittafel Großdeutſchlands 388 Das Viermächte- Abkommen von München • Das tschecho-slowakisch-deutsche Abkommen von Berlin 390 Karte Großdeutſchlands mit dem Weſtwall •
·
.
.394
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1 1
Der Sturmschritt der Weltgeschichte
schien im Laufe der Jahre 1938/39 in Wochen nach zuholen,
was
vorher
in
Jahrhunderten
versäumt
wurde. Als das Reich 1918 nach vier Jahren Weltkrieg zusammenbrach, begann Adolf Hitler seine Arbeit. Die Gewalt seiner Ideenbildung und die Kraft ſeines Tuns stempelten ihn von Anfang an nicht nur zum deutschen Revolutionär, sondern weit darüber hinaus zum Neugestalter des europäischen Schicksals . Eisenhart schuf der Führer ein mächtiges Volk und gewann ihm mächtige Freunde. Die Frontstellung nach Südosten nehmend, schmie dete er in den zwölf Monaten von März 1938 bis März 1939 das Großdeutsche Reich mit Österreich und dem Sudetengau, mit Prag und Memel , und zwang zugleich die Nationen Europas zum Frieden.
Das wird in diesem Buch erzählt. Als der persönliche Bericht eines tätigen National sozialisten. Ein besonderes Glück erblicke ich darin, daß ich durch den Befehl meines verehrten Chefs , Reichsminiſters Dr. Goebbels , historische Tage in der Nähe des Führers miterleben durfte.
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Der Sturmschritt der Weltgeschichte
Neben den großen politischen Ereignissen erzähle ich von den unbekannten Helden unseres Volkes . Ein fache Männer und Frauen, selbst Kinder haben in dieſem gewaltigen Ringen oft so gehandelt, daß sie für alle Zukunft ein Vorbild ſein können. Nicht um ihre Person zu verherrlichen berichte ich von ihnen und nenne zuweilen auch ihre Namen . Ich glaube vielmehr, daß die Nation, und beſonders die junge Nation, nicht nur ihre Fußball- und Sporthelden kennen sollte, die jeden Tag in der Zeitung stehen. Über deren Ruhm steht der Ruhm der unbekannten Soldaten der Idee. Die Nation und die Jugend kann diesen Helden nicht besser danken, als daß sie von ihren Taten und ihrer Hal tung weiß und ihnen nacheifert.
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Männer gegen Mehrheiten
Der Reichstag beschimpft Bismarc
Der Hüne aus dem Sachsenwald , der über siebzig jährige greise Reichskanzler Otto von Bismarck, steht vor dem tobenden Parlamentshaufen, der den Namen Deutscher Reichstag führt. Er überragt sie alle um Haupteslänge, die da um ihn herum geifern und Gift spucken. Der Riese aus den pommerschen Urwäldern, der Krautjunker, wie sie ihn schelten, der mit Küraſſier ſtiefeln von einem Meter Schaftlänge spazierengeht . Sein mächtiger Rundſchädel mit den ſtarken buſchi genAugenbrauen ähnelt ein wenig jenem biſſigenBull doggenkopf des Tigers von Frankreich, George Clemen ceau, der um 1886 herum noch ein junger Mann ist und dreißig Jahre später den vergeblichen Versuch machen wird, die Schöpfung Bismarcks zu zerschlagen und die Vorherrschaft Frankreichs in Europa zu be gründen. Das deutsche Volk ſteht geſchloſſen hinter Bismarck. Die Parteien stehen fast ebenso geschlossen gegen ihn. Die Sozialdemokraten, weil er ihre landesverräteriſche Demagogie
durchschaut.
Das
Zentrum,
weil
der
Kanzler Deutschland nicht von Rom regieren läßt. Die Junker und Adligen , weil er, der Junker, ein Deutsch 9
Der Reichstag beschimpft Bismard
land der Deutschen und nicht eine ostelbische Junker domäne aufbaut . Aber abgesehen von allem Sachlichen, sie sind über haupt gegen ihn. Er paßt nicht unter sie, unter diese Advokaten und Schreiberseelen . Sie rächen sich auf ihre kleinliche Art und Weise an ihm. Weil sie seiner menschlichen und politiſchen Größe nichts Sachliches entgegensehen können, werden ſie niederträchtig und persönlich. Der Reichskanzler wendet sich gegen Bestrebungen des Reichstages , die Schlesien und Westpreußen ge ――― fährden. Der Reichstag gewissermaßen zur Strafe für den Widerſpenſtigen — ſtellt den Antrag, ihm ſein Reichskanzlergehalt zu streichen! Bismarck hört sich das Quaken dieser parlamen tarischen Frösche mit geringschäßigem Lächeln an : „Wenn Sie“, so sagt er ruhig, „ einem Reichskanzler, der dieser Koalition nicht beitritt und • ·· nicht mit helfen will, das Gehalt versagen wollen, dann, meine Herren, können wir - um mit einem gemeinen Ber liner Ausdrucke zu sprechen — die Reichsbude über haupt nur zumachen ! " Und er weist ihnen die Ungefeßlichkeit ihres frechen Antrages nach. Aber es geschieht noch Ärgeres . AmVorabend ſeines einundſiebzigſten Geburtstages ,
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Der Reichstag beschimpft Bismarď
dem 31. März 1886 , wird der Altreichskanzler nieder gebrüllt und ausgepfiffen . Erantwortet auf diese Kund gebung des Reichstages gegen den deutschen Regie rungschef kühl und ironiſch:
" Meine Herren ! Aus dieſen unartikulierten Tönen kann ich nichts anderes entnehmen, als daß Sie nicht meiner Meinung sind .
Das weiß ich ohnehin. Sie
brauchen diese ungewöhnliche Kundgebung deshalb gar nicht in Szene zu sehen.“
Nur ein Wort in diesem Sah Bismarcks ist offenbar falsch: das Wort „ ungewöhnlich“ . Denn nichts ist ge wöhnlicher in diesem deutschen Parlament, als die wüſteſten und gemeinſten Beſchimpfungen des Reichs kanzlers , der Reich und Reichstag überhaupt erst ge schaffen hat. Im Preußischen Landtag hat Bismarck fast dieselbe Parteiengruppierung wie im Reichstag gegen sich. Er fagt:
„Es sind im nächsten Monat genau dreiundzwanzig Jahre, daß ich von dieser selben Stelle her eine .. Debatte zu führen hatte von einer Lebhaftigkeit, die, wie ich hoffe, die heutige nicht erreichen wird . Ich stand genau an dieser selben Stelle und wurde in diesen Räumen von der fast einstimmigen Versammlung mit einer Flut von Hohn und Haß über schüttet, so daß ich dachte : Nun, da sind der englische und
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Der Reichstag beschimpft Bismard
französische Botschafter doch noch weniger gehäſſig und feindlich gegen mich als meine Landsleute im Preu ßischen Landtag. " Der greise Bismarck, der diese Worte spricht, muß mit Hehern und Landesverrätern schonend umgehen und ihre Machenschaften nur durch die Blume_an deuten, damit ihn das Parlament überhaupt in Ruhe anhört : "Ich habe nur geltend gemacht“ , sagt er zu ihnen, „daß man, gegenüber von auswärtigen Schwierig keiten, bei der Beschimpfung der eigenen Minister vielleicht doch auch nach dem Urteil der Herren eine gewisse Grenze einhalten könnte. " Und dann weiter :
„Wenn ich nun doch einen Blick vorwärts in die Zukunft werfen soll, so muß ich sagen, daß der nicht ganz frei von Besorgnis ist, nicht vor auswärtigen Ge ― fahren ich halte keine Störung des auswärtigen ―――――――― aber in bezug auf die Friedens für wahrscheinlich Entwicklung unserer inneren Verhältniſſe . . . ... Die Leute kennen unsere inneren Zustände ja nicht, sie wissen nicht, daß das Volk nicht so denkt, wie die Majoritäten in den Parlamenten votieren. Das Ausland rechnet damit : die Sache geht auseinander, ſie hält sich nicht, sie ist schwach. Es wird auch auf uns die Redewendung von den tönernen
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Der Reichstag beschimpft Bismarc
Füßen angewendet werden, und unter den tönernen Füßen wird man die Reichstagsmajorität verſtehen. Man wird sich aber irren, denn dahinter stehen noch eiserne." Am Schluß dieser Rede bittet Bismarck darum, in gegenseitigem Vertrauen Hand in Hand zu gehen. Für dieſe Worte wird er ausgezischt. Das amtliche Steno gramm
der
preußischen
Landtagssitung
schreibt :
Zischen links und im Zentrum. Das alſo iſt der deutſche Parlamentarismus . Dieſes schmähliche Schauspiel zeigt das neu geschaffene Deutsche Reich derWelt. Der Schöpfer dieses Reiches wird nieder gebrüllt, beleidigt, angepöbelt, ausgezischt. Mit Sorge erkennt er, zu welchen politischen Schlüssen Deutsch lands Gegner in der Welt kommen werden : Das Reich ſteht auf tönernen Füßen, der Reichstag zeigt es ja.
Wohl gibt es dahinter noch die deutsche Armee und Beamtenschaft. Bei denen steht das Reich auf eisernen Füßen. Aber schon 1890 stürzt der junge Kaiſer Wil helm der Zweite den Altreichskanzler Otto von Bis marck. Und in wenigen Jahren erfährt das Wort von den tönernen und den eisernen Füßen eine schauerliche Verwandlung. Die Meuterei im November 1918 macht achtund zwanzig Jahre später das Parlament zum Herrn Deutsch lands, vernichtet die Armee, zerseßt die Beamtenſchaft. 13
Der Reichstag beschimpft Bismarc
LAZ Nun steht das Reich tatsächlich auf tönernen Füßen. Und verliert Elsaß-Lothringen, Eupen-Malmedy, das Saargebiet,
Nordschleswig,
Memel,
Westpreußen,
Oberschlesien, die Kolonien, Deutsch-Öſterreich und den Sudetengau . Vor diesem Reich, seinem winzigen Berufsheer, seiner zersetzten Beamtenschaft aber steht das schmach volle Parlament, dessen Abgeordnete und Parteien, von keiner persönlichen Autorität mehr gezügelt, offen mit dem feindlichen Ausland zuſammenarbeiten . Das Parlament sſtüßt sich und seine Herrſchaft auf die Sym = pathien von Deutschlands Feinden. In einem entwaff neten Volk hat es eine bewaffnete Söldnergarde zu seinem Schuß aufgestellt. Das Parlament ſteht nun auf eisernen Füßen und unterdrückt und zertritt vier zehn Jahre lang alle Keime einer deutschen Befreiung.
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Adolf Hitler am 20. Februar 1938
Fünf Jahre nach der Machtübernahme durch Adolf Hitler. Zwanzig Jahre nach dem 9. November 1918 . Achtundvierzig Jahre nach dem Sturz Ottos von Bismarck. Der Rundfunk gibt
in den
Abendstunden eine
Mitteilung von soldatiſcher Kürze heraus .
„Achtung , wir bringen eine
Sonder =
meldung des Drahtlosen Dienstes : = Der Deutsche Reichstag ist auf Sonn tag , den 20. Februar , nach Berlin ein berufen. Abgabe
Auf der Tagesordnung steht : einer
Erklärung
der
Reichs =
regierung." Mit dieser knappen, sachlichen Mitteilung derReichs = regierung begnügt sich die Öffentlichkeit, die Presse, das deutsche Volt. In den sechzehn Tagen bis zur Reichstagssitung ſeht keine Preſſeheße ein, beginnt kein Parteienſtreit in der Öffentlichkeit, wird nicht durch die übliche parla mentarische Brunnenvergiftung die Luft von vorn herein verpestet. Mit Spannuna, aber in Ruhe und
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Adolf Hitler am 20. Februar 1938
Disziplin, erwartet das deutsche Volk die Kundgebung seines Führers , eine Kundgebung, die von so großer Bedeutung sein muß, daß der Führer sie vor dem Reichstag bekanntgeben wird . Das heißt aber vor der ganzen Welt. Denn der Deutsche Reichstag ist die Bühne, auf der unser Volk vor die Welt tritt. Seit der Kommunist van der Lubbe im Februar 1933 das Reichstagsgebäude in Brand ſezte, um da mit das Signal zum allgemeinen kommuniſtiſchen Auf stand in Deutschland zu geben, finden die Sizungen in der gegenüberliegenden ehemaligen Krolloper statt. Am 20. Februar 1938 haben die abgeordneten Männer des deutschen Volkes , über siebenhundert an der Zahl, den Saal dicht besetzt. Da, wo einst die Bänke der „ Linken “ waren, erkenne ich auf den ersten Blick ein Dußend Köpfe, die jedem Nationalsozialisten bekannt sind . Der Polizeigeneral Daluege, 14 - Gruppenführer und ältester Kämpfer der Berliner SA. Hinter ihm Reichsleiter Rosenberg, der Beauftragte des Führers für die gesamte weltanschau liche Erziehung der NSDAP . und Träger des ersten, einem Lebenden verliehenen Nationalpreiſes für Kunſt und Wiſſenſchaft. Neben ihm sitt Reichsleiter Buch, der Oberste Parteirichter. Schräg dahinter SA.= Gruppenführer Jüttner, der Organisator der gewal tigen Aufmärsche des Reichsparteitages in Nürnberg . 16
Adolf Hitler am 20. Februar 1938
Dann Gauleiter Telschow von Hannover-Ost, Gau leiter Florian von Düsseldorf, Gauleiter und Ober präsident Terboven . Gauleiter Wagner aus München, der Hauptstadt der Bewegung, und der Stellvertretende Gauleiter von Berlin, Görlizer. Weiter rechts Staatssekretär Hanke, seit über zehn Jahren der engste Mitarbeiter ſeines Berliner Gau leiters Dr. Goebbels . So könnte man die ganzen Reihen der Siebenhundert durchgehen, von „ links “ bis ,,rechts ", von Streicher bis Stürz, von den Reichs Leitern Amann und Schwarz , den ältesten Mitkämp fern des Führers , bis zu den jüngsten Abgeordneten der Bewegung. Es sind Männer, von denen jeder ein entscheidendes Amt innehat. Männer, die man in jedem neugewählten Reichstag wieder ſieht, weil ihr Können und ihre Lei stung dem Führer für ſeine Aufbauarbeit unentbehrlich find . Da gibt es allerdings keine Parteien mehr, kein „ links “
und
„rechts " ,
keine
„Oppoſition “ .
Adolf
Hitler ist vom ganzen Volke gewählt. Diese Männer sind als seine Gefolgsleute gewählt worden. Der Ge danke, als streitendes Parlament zur Schadenfreude von Deutschlands Gegnern auf die Bühne des Reichs tages zu treten, liegt ihnen weltenfern . Das deutsche Volk hat sie gewählt, damit sie seine Interessen und
2 Hadamovsth, Weltgeschichte
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Adolf Hitler am 20. Februar 1938
nicht die ihren vor der Welt vertreten. Es hat sie gewählt mit vierzig Millionen Stimmen in freier, geheimer, demokratischer Wahl. Mit mehr Stimmen als irgendein Abgeordneter in der Welt und irgend ein Volksführer je gewählt worden ist. Der rote Situngsſaal iſt mit Spannung geladen. Das Gefühl einer großen hiſtoriſchen Stunde liegt über dem Kreis der siebenhundert auserlesenen National sozialisten. Es ist durch keinerlei persönliche Sorgen und Intereſſen getrübt und beeinträchtigt. Hier kennt und teilt jeder nur eine Sorge : die des Führers um das Wohl des Volkes . Interesse:
dem
Hier dient jeder nur einem
Interesse
Deutschlands .
Es
gibt
keine Machtkämpfe zwiſchen den Abgeordneten, keine Intrigen gegeneinander, keine Beleidigungen, Ver leumdungen, Manöver und Gruppenbildungen. Nie mand kritisiert die Regierung . Niemand schielt nach Miniſterſizen. Keiner erwartet einen Vorteil davon, wenn die Regierung stürzt. Auch hier ſizen sich Abgeordnete und Regierung gegenüber. Da sind auf den Bänken der Reichsregie rung Ribbentrop, der neue Außenminister ; Frick, der Innenminister;
Goebbels,
der
Reichspropaganda
minister; Funk, der seit sechzehn Tagen sein Amt als Reichswirtschaftsminister führt ;
Reichsjuſtizminiſter
Gürtner, Kultusminister Ruſt und Kirchenminiſter 18
Adolf Hitler am 20. Februar 1938
Kerrl. Dann in einer Reihe mit Staatsminister Meiß ner Generaloberst von Brauchitsch und General Keitel. Auf der anderen Seite des Rednerpultes ſiten die Miniſterpräsidenten der Länder und die Staatssekre täre des Reiches . Unter ihnen Körner, Milch, dann Generalmajor Bodenschat. Aber keine Kluft trennt Regierung und Abgeord nete. Als ein geschlossener Block, willensstark, klug und gemeinsam, treten sie vor die Augen der Welt. Die Zeit ist vorbei, in der ein johlendes Parlament einen Bismarck vor den Augen der Welt beleidigen und schmähen durfte. Die unsaubere Parlamentsbude der Systemzeit ist zugemacht. Die sechsundvierzig Par teien mitsamt dem seligen Zentrum hat der Teufel geholt. Was mögen die ausländischen Diplomaten in dieſer Stunde denken? Sie füllen Kopf an Kopf die Diplomatenlogen und Ränge. Sie wissen, wie ihre eigene Regierung daheim in der gesegneten „ Demokratie“ vom Parla ment ausgepfiffen und angegriffen wird . Sie ahnen, daß die heutige Sihung des Deutschen Reichstages plötzlich das Gesicht der Regierung in ihren eigenen Ländern verändern kann, und daß ihre demokratischen Kammern
und
Parlamente
dann
das
Schauspiel
zänkischer Marktweiber bieten werden . Schon ſißen die Vertreter der ausländischen Preſſe mit gespizten Blei
2*
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Adolf Hitler am 20. Februar 1938
ſtiften, das Urteil ihrer Partei bereits fertig in der Tasche, um die Führerrede aufzunehmen und zu zer pflücken.
Schon bereiten sie sich auf die heimischen
Pressefehden und Parlamentsschlachten vor . Neben den Pressevertretern ſizen in der ersten Loge rechts vom Führerplaß die Männer des Rundfunks . Die Deutschen, um unserem Volk und der Welt ein Bild dieser Schmiedewerkstatt des Dritten Reiches zu geben. Die Männer des internationalen Rundfunks aus dreißig Ländern der Erde, mit fünfhundert Sen dern und ebensoviel hundert Millionen Hörern , um die Reichstagssitung in die ganze Welt zu übertragen . Da sißen sie in London und Paris, in Nordamerika und Südamerika, in Aſien und Auſtralien und nehmen als Hörer an der Reichstagssihung teil. Freilich ist es nicht die Bereitschaft, zuzuhören und zuzuſtimmen, die die wichtigsten Länder der Erde und ihre demokratiſchen Häuptlinge als Zuhörer in den Reichstag nach Berlin lockt. Es ist im Gegenteil die Bereitschaft, möglichst schnell dagegen zu reden, möglichſt ſchnell das kunſt volle Gebäude der Führerrede durch eine feindselige Diskussion zu ersehen.
Sie wollen Waffen daraus
schmieden für ihren innerpolitischen Kampf, für ihren Parteienhader
untereinander, für ihr persönliches ▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬▬ für den Kampf gegen das
Machtſtreben, oder auch Dritte Reich. 20
Adolf Hitler am 20. Februar 1938
Auch hier steht also ein Mann, Adolf Hitler, gegen eine riesenhafte, diskutierende, lärmende, verneinende Mehrheit. Gegen die Mehrheit fast der ganzen Welt jenseits der Grenzen . Allein hinter dieſem Mann ſtehen siebenhundert
Abgeordnete
und
siebzig
Millionen
Deutsche. Der Sekundenzeiger der astronomischen Uhr, nach dem die Uhrzeiten des Rundfunks eingestellt werden, zeigt fünf Sekunden vor dreizehn Uhr. Da ertönt ein dreifaches Klingelzeichen. Schlag dreizehn Uhr, faſt auf die Sekunde genau , betritt derFührer den roten Plenar saal des Reichstages . Die abgeordneten Männer er heben sich und grüßen mit ausgestrecktem Arm. Jedes Gespräch verstummt, kein Zuruf wird laut, in ehr furchtsvollem tiefem Schweigen empfängt der Reichs tag stehend den Führer und Reichskanzler. Adolf Hitler nimmt auf der Regierungsbank neben ſeinem Stellvertreter Heß Play. Generalfeldmarschall Göring, im schlichten Braun hemd ohne Abzeichen und Orden, begibt sich auf den erhöhten Siz des Reichstagspräsidenten. Links und rechts von ihm sihen Reichsminister Lammers, der Chef der Reichskanzlei , Reichsleiter Dietrich, der neu ernannte Staatssekretär im Propagandaminiſterium und Pressechef der Reichsregierung, und des Füh rers Adjutanten, SA. - Obergruppenführer Brückner,
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Adolf Hitler am 20. Februar 1938
14-Gruppenführer Schaub und NSKK .-Brigadefüh rer Wiedemann. Göring eröffnet die Sizung und gedenkt der ver storbenen Reichstagsabgeordneten. Die Männer im Saal erheben sich zu Ehren der Toten. Dann sagt Göring: ,,Das Wort hat jezt der Führer und Reichskanzler.“
Hitler spricht. Ruhig, kühl, verhalten. Ebenso ruhig, aufmerksam, folgschaftsbereit nimmt der Reichstag seine Erklärungen entgegen. Der Führer schildert den furchtbaren Zuſammen bruch Deutschlands nach 1918 , die Schwäche der herr ſchenden Schichten und die harte Entſchloſſenheit und Stärke, die die NSDAP . dieser Schwäche entgegen= sezte. Er sagt mit erhobener Stimme: „Als ich am 30. Januar 1933 die Reichskanzlei betrat, war ich nicht der erste, der berufen wurde, das deutsche Volk zu retten, sondern der lezte. Das heißt : Nach mir befand sich niemand mehr als höchstens das Chaos ! " Bis zu dieſen Worten haben die Abgeordneten ge= schwiegen. Nun sett Beifallsklatschen ein . In großer Breite entwickelt der Führer sodann die 22
Adolf Hitler am 20. Februar 1938
Folgeerscheinungen
des deutschen Zuſammenbruchs .
Er erinnert an die traurige Wirtschaftslage der System zeit, das Elend von Produktion, Handel und Finanzen, die Not der Hungernden und Arbeitslosen. Dann stellt der Führer die Erfolge des national sozialistischen Aufbaus dagegen. Er, der ſonſt nur an die Herzen appelliert, läßt nun in einer entscheidenden Stunde die Zahlen sprechen. Denn hier redet er nicht zum deutschen Volk, hier redet er zurWelt. Und weniger zu den fremden Völkern als zu den ausländischen Staatsmännern, Parteiführern, Parlamentariern und Advokaten. Bei denen wäre jeder Appell an die Herzen vergeblich. Denen imponiert nur, was der eiskalte Ver stand wägen, messen und rechnen kann. Und der Führer preßt Zahlen in ihre Gehirne : Die gewerbliche Erzeugung hat sich in fünf Jahren ver doppelt. Der Außenhandel des Reiches stieg um eine Milliarde. Die Sparkaſſenguthaben um faſt vier Mil liarden. Die Reichseinnahmen um 7,4 Milliarden. Die Steinkohlenförderung stieg von 150 Millionen Tonnen auf 185
Millionen
Tonnen.
Die Stahl
erzeugung von 9,6 Millionen Tonnen auf 19,2 Mil lionen Tonnen. Wie Hammerschläge fallen die Ziffern in den Raum. Die Abgeordneten, den leidenschaftlichen Appell des Führers an die Herzen, an Gefolgschaftstreue und
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Adolf Hitler am 20. Februar 1938
Opferbereitschaft erwartend, folgen den Zahlenreihen erst mit gespannter Aufmerksamkeit. Dann, als sich viertelstundenlang Ziffern aufZiffern häufen, gigantische Leistungen dahinter sichtbar werden, beantworten sie die nüchterne Aufzählung mit stürmischen Kundgebungen. Zahlen zeigen das Bild der deutschen Kraft! Verdoppelung der Stahlerzeugung von 9,6 auf 19,2 Millionen Tonnen : diese eine Ziffer allein bedeutet Kriegsschiffe, Panzerwagen , Geschüße, Flugzeuge, Munition, Gewehre, Waffen so viel, daß kein Gegner uns mehr auf die Knie zwingen kann!
Der Reichstag rast . Die Aufzählung der nüchternen Zahlen reißt die ―― deutschen Herzen empor und fällt bleischwer in die Erwägungen ausländischer Staatsmänner. Dann gibt der Führer ein großartiges Bild der sozialen Maßnahmen des Dritten Reiches . Rund ein einhalb Milliarden Mark wurden vom deutschen Volk freiwillig für das Winterhilfswerk aufgebracht. Rund eine
Million
einhundertundsechzigtausend
Kinder
wurden in Deutschland im Vergleich mit demselben Zeitraum in der Systemzeit mehr geboren: Eine Million einhundertundſechzigtauſend Kinder mehr ! Ein lebender Beweis für die gewaltige Arbeit der nationalsozialistischen Erhebung unseres Volkes und
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Adolf Hitler am 20. Februar 1938
den Segen unseres Herrgotts “ , so ruft der Führer voll Stolz aus . Stahl und Eisen werden das deutsche Volk und die deutsche Heimat in Schuh nehmen : „Das deutsche Friedensheer ist aufgestellt ! Eine ge waltige deutsche Luftwaffe schützt unsere Heimat ! Eine neue Macht zur See unsere Küsten ! Inmitten der gigantischen Steigerung unserer allgemeinen Produk tion wurde es möglich, eine Aufrüstung ohnegleichen durchzuführen ! " Dann gibt Adolf Hitler bekannt : Deutschland wird den von Japan geschaffenen Staat Mandſchukuo an erkennen. Nach dem
1936
abgeschlossenen Antikomintern
abkommen zwischen Deutschland, Japan und Italien schlagen wir so eine weitere Brücke zu der kriegerischen Großmacht im Fernen Osten, die mit dem Schwert in der Hand im Rücken der uns bedrohenden Sowjetunion steht. Am Schluß seiner dreistündigen Rede proklamiert der Führer den Schuß der deutschen Volksgenossen jenseits unserer Grenzen : ,,Denn es soll nicht bestritten werden , daß, solange Deutschland selbst ohnmächtig und wehrlos war, es viele dieser fortgesetten Verfolgungen der deutschen 25
Adolf Hitler am 20. Februar 1938
Menschen an unseren
Grenzen einfach hinnehmen
mußte. Allein so wie England seine Interessen über einen ganzen Erdkreis hin vertritt, so wird auch das heutige Deutschland seine, wenn auch um so viel be grenzteren Intereſſen zu vertreten und zu wahren wiſ ― Und zu dieſen Intereſſen des Deutſchen Reiches
ſen.
gehört auch der Schuß jener deutschen Volksgenossen, die aus eigenem nicht in der Lage sind, sich an unſeren Grenzen das Recht einer allgemeinen menschlichen, politischen und weltanschaulichen Freiheit zu sichern ! “ Das ist nur ein Sah in einer dreistündigen Rede . Aber die ganze Rede zielt darauf ab, dieſem Saß den nötigen Nachdruck in den parlamentarischen Köpfen der Welt zu geben. Die Rede ist vielleicht überhaupt nur wegen dieses Sazes da ! Die abgeordneten Männer des Deutschen Reichstages wissen, was dieſer Saß im Munde des Führers bedeutet. Sie stimmen seinen Worten mit fanatiſchen , minutenlangen Heilrufen zu . Sie sind eine ganz klare, unmißverständliche Ankündi gung. Entweder ist morgen Schluß mit der Unter drückung der Deutschen jenseits der Reichsgrenzen in Österreich und in der Tschecho-Slowakei, oder das Reich wird von sich aus die Unterdrückung beenden ! Aufs tiefste bewegt dankt Hermann Göring dem Führer für die heiligen Stunden, in denen er die Größe und den Ewigkeitswert des deutschen Volkes noch ein
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Adolf Hitler am 20. Februar 1938
mal allen vor Augen gestellt hat. Feierlich wie ein Schwur braust das Deutschlandlied und das Horſt= Wessel-Lied durch den Raum. Mit erhobenem Arm fingen die Männer des Deutschen Reichstages und der Reichsregierung. Mit erhobenem Arm stehen viele der Vertreter auswärtiger Mächte. Nun muß die Welt wissen, daß es kein Schwanken und keine Zweifel mehr geben kann. An den Worten des Führers ist nicht zu drehen und zu deuteln. Dagegen gibt es keine Oppoſition, keine Hoffnung auf Parteienhader und Regierungsumſturz. Das Wort des Führers ist das Wort des Volkes . Ein Volk- ein Wort! Das Dritte Reich steht nicht mehr auf den tönernen Füßen einer zufälligen Reichstagsmajorität. Das Dritte Reich steht auf eisernen Füßen und hat nun seinen Willen bekanntgegeben !
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Tumult auf der englischen Weltbühne
Solange ein Land überreich und übermächtig ist, hat es immer Zeit. Es kommt nie zu spät. Denn alle Entscheidungen fallen erst wirklich und endgültig, wenn ein solches Land ſein Urteil fällt. England war einst ein überreiches und übermächtiges Land. Seine Industrie arbeitete für den Export in die ganze Welt. Die Welt aber arbeitete für Englands Reichtum. Die englische Flotte, stärker als zwei Flotten der stärksten Großmächte zusammengenommen, be herrschte den Erdball . Auf dem Festland aber besaß England Soldaten, die ihm den Rücken deckten . Ein mal hieß einer dieſer Soldaten Friedrich der Große. Er hielt Frankreich im Siebenjährigen Krieg auf dem Kontinent in Schach, während England über See den Franzosen Kanada, Südafrika, Westindien und In dien wegnahm . Nachdem England alles eingesteckt hatte, was ihm wertvoll schien, ließ es den Alten Friz 1761 ohne Unterstützung ſizen und schloß einen Sonder frieden. Ein wenig vertrauenerweckendes Bündnis verfahren ! Bald darauf verlor England zunächst die Allein herrschaft über Nordamerika . Die Vereinigten Staaten 28
Tumult auf der englischen Weltbü h n e
entstanden.
Später
wurden
aus
seinen Kolonien,
Indien vorläufig ausgenommen, mächtige, faſt unab hängige Staaten. Dort wuchs eine mit dem englischen Mutterland konkurrierende Induſtrie heran. Die Län der der Erde begannen für ihren eigenen Reichtum ſtatt den Englands zu arbeiten. Der Weltkrieg beschleunigte diese Entwicklung. So zählt auch das reiche Britannien zu den Ver lierern des Weltkrieges , trotzdem es jahrelang ver blendet die Siegerrolle spielte. Auf dem Kontinent aber beſitztEngland keinen mächtigen Festlandsoldaten mehr, der ihm den Rücken frei hält. Denn mit angelſächſiſcher Hartnäckigkeit hat es sechs lange Jahre hindurch immer wieder auf die falsche Karte gesezt und ist dabei immer wieder der Dumme gewesen. Ein Land in solcher Lage hat keine Zeit mehr . Wenn es sich nicht rasch und entschlossen in die großen welt politischen Entscheidungen einschaltet, dann fallen die Entscheidungen, ohne daß es überhaupt gefragt wird.
Deshalb sizen ein paar Männer mitten am Sonn tag, den 20. Februar 1938, in ihrem Londoner Büro . Das ist durchaus ungewöhnlich. Denn nichts ist in England so heilig wie die Gewohnheit. Und nichts ist eine so heilige Gewohnheit wie das englische Wochen ende, das week-end . Die Reichen und die Miniſter beginnen es schon am Freitagabend zu feiern und fahren
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Tumult auf der englischen Weltbühne
dann zur Jagd auf ihre Schlösser in den Bergen von Cornwall oder Schottland, oder sie gehen an die See. In lezter Zeit haben ihnen aber die verfluchten Deut schen immer wieder das schöne Wochenende versaut. Egalweg ist am Sonnabend in Berlin was los . Am ersten Wochenende dieses Monats Februar hat Hitler der Welt plößlich eine Liſte neuer deutscher Generale präsentiert ! Am zweiten Wochenende hat er den öfter reichischen Bundeskanzler Schuschnigg völlig unerwar tet zu sich auf den Obersalzberg zitiert ! Und zum dritten Wochenende hat er den Reichstag nach Berlin einberufen ! Schon am Sonnabend war in London Kabinetts fizung. Jezt, am Sonntagnachmittag, ſißen Englands Miniſter abermals im schmucklosen
Ziegelbau des
Hauses Downingſtraße Nr. 10. In der altmodischen, unschönen und an einer Stelle gewinkelten Straße steht eine geduldig ausharrende Menschenmenge und blickt auf den Bobby, den Polizisten, der den Eingang be wacht, und auf die schwarze Kaze, die neben ihm hoct und nach der Meinung der Engländer dieſem Hauſe Glück bringt. Diesem Haus, in dem jezt Englands Minister am Rundfunkapparat ſizen und die Über tragung aus dem Deutschen Reichstag verfolgen . Der aufmerkſamſte Hörer der Führerrede ist zweifel los jener hochgewachsene, schlanke Gentleman dort im Sessel.
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Sein sportlich straffes
Gesicht
erhält durch
Tumult auf der englischen Weltbühne
borstige graue Haare und den borſtigen, ziemlich brei ten Bart über der Oberlippe etwas Wildes , Martia lisches, das durch gewisse weiche Linien am Mund und durch die Augen etwas ausgeglichen wird. Die klugen Augen des alten Herrn ſind auf den Dol metscher gerichtet, der unmittelbar aus dem Rundfunk apparat die Säße der Führerrede dem Sinne nach ins Englische übersetzt. Dann gehen seine Blicke wieder zur Tür. Der Sonderkurier aus dem mächtigen grauen Gebäude gegenüber erscheint. Im Foreign Office, dem Auswärtigen Amt des britischen Weltreiches, wird die Führerrede nämlich durch eine Schar von Übersetzern, die sich gegenseitig ablösen, mitgeschrieben und über ſezt. Von Minute zu Minute wird ein neues Blatt der wörtlichen Übersetzung fertig und geht dann sofort nach Downingstraße 10 an den Herrn dieses Hauses , den englischen Ministerpräsidenten Neville Chamberlain. Um sechzehn Uhr, als dieſer vielleicht aufmerkſamſte Zuhörer und Leser des Führers endlich den Kopf hebt, hat Hitler in Berlin unter dem brausenden Jubel der Reichstagsabgeordneten seine Rede beendet. Nun be ginnt die Diskussion im englischen Kabinett. Eine un gewöhnliche und heftige
Diskussion .
Chamberlains
engſter Mitarbeiter, der Außenminiſter Anthony Eden, greift die Politik des Ministerpräsidenten an! Kein Zweifel, daß Anthony Eden einer der unversöhnlichſten
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Tumult auf der englischen Weltbühne
Gegner der Hitlerregierung in Deutschland und des Faschismus in Italien ist . Bereit, die ganze Welt ,, gegen den Faschismus “ in den Krieg zu treiben. Kein Zweifel auch, daß Herr Eden als Außenminister mit der ganzen Starrheit des Angelſachſen an jener Politik der ver paßten Gelegenheiten festhalten will, die unter dem Inbegriff der Völkerbundspolitik die Kette der eng lischen Niederlagen umfaßt : Den Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund , die verfehlte Politik gegen Japan, den Austritt Japans aus dem Völkerbund, die englische Sanktionspolitik gegen Italien während der Eroberung Abessiniens . Den Austritt Italiens aus dem Völkerbund und die englische Niederlage im Spanienkonflikt . Drei Stunden hat der Führer in Berlin gesprochen. Drei weitere Stunden wird die Rede in London dis futiert. Nach diesen drei Stunden verläßt Herr Anthony Eden das Haus Downingſtraße 10 als ein geschlagener Mann. Er hat sein Amt niedergelegt. England hat keinen Außenminiſter mehr.
Das Wochenende ist nun wieder zu einer Über raschung für die Welt geworden, aber zu einer eng lischen Überraschung ! Wahrscheinlich
besigt
Ministerpräsident
Neville
Chamberlain jene selbe englische Hartnäckigkeit und 32
Tumult auf der englischen Weltbühne
Zähigkeit wie sein
eben
geſtürzter Außenminiſter.
Aber während Herr Eden aus dem Hochadel kommt, eine vornehme Erziehung genossen und ſelbſtverſtänd lich die diplomatische Karriere eingeschlagen hat, kom men die Chamberlains aus Birmingham , wo inmitten einer grandiosen Induſtrie die ſozialen Gegensätze wie Feuer und Wasser aufeinanderſtoßen. Hier haben drei Generationen der Familie Chamberlain im Kampf der Parteien ihren Mann gestanden und ſind jedesmal aus der Induſtrieſtadt bis in die höchsten Ämter des König reiches Großbritannien vorgestoßen. Dazu gehört nicht nur Tradition, die den schon allein trägt, der auf sie durch Geburt und Stand ein Anrecht hat. Dazu gehört vor allem sehr viel Klugheit. Viel mehr Klugheit, als die anderen vielleicht besigen ....
Der aufmerksame Mann im Sessel hat das englische Kabinett hierher rufen lassen, heute nachmittag am Sonntag, und damit eine alte geheiligte Tradition durchbrochen. Er scheint fähig, ja entschlossen zu sein, mit noch mehr geheiligten Traditionen zu brechen, viel leicht mit der ganzen Völkerbundspolitik, die England allmählich zum Gespött der Nationen macht. Dieser alte Chamberlain erscheint elastischer, beweg licher und ―――― gefährlicher als sein zwanzig Jahre jüngerer Außenminister. * 3 Hadamovsky, Weltgeschichte
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Tumult auf der englischen Weltbühne
Die englische Kriegspartei sieht mit dem Sturze Edens ihre Felle wegschwimmen. Die wildesten Hezer dieser Gruppe sind naturgemäß bei den Juden im engliſchen Parlament und bei der marriſtiſchen Partei, der Labour Party, zu finden. Der gestürzte hochkonser vative Herr Eden wird nun ihr Mann. Als sich Eden zwanzig Stunden nach seinem Rück tritt, am 21. Februar 1938 , in das Parlament begibt, da hat sich vor den Toren eine recht merkwürdig aus schauende Menge angesammelt :
Sehr viele Juden,
einige stadtbekannte rote Verbrecherfiguren aus White chapel und ein paar Duhend intellektuelle Brillenträger vom Wilson-Typ . Eine seltsame Mischung von anti englischem Gesindel und ehrlichen Völkerbundsfana tikern. Diese Leute warten auf Eden, sie begrüßen ihn mit Zurufen, als er kommt, sie stoßen Schmährufe gegen Deutschland und Italien aus, sie fordern den Krieg! Schämt Herr Eden sich nicht der Gesellschaft, in die er plößlich geraten ist ? Glaubt er, daß diese Schreier bereit sind , selber an die Front zu gehen? Jſt ſein Blick so sehr durch Vorurteile und vorgefaßte Meinungen getrübt, daß er bei dieſem Geſchrei das künstliche Theater nicht spürt? Sieht er nicht, daß diese Schreier nicht Eng land find? Eden nimmt dankend die „ Grüße " des lärmenden
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Tu mult auf der englischen Weltbühne
Haufens entgegen und geht in das Parlament. Er weiß nun, daß dieselben Gruppen ihm im Parlament bei ſeinem Kampf gegen den Ministerpräsidenten Cham berlain zur Verfügung stehen werden. Ja, er weiß mehr, denn er hat bereits Verbindung mit ihnen auf genommen. Die Marxisten, die Liberalen, die Gewerk schaften und die Juden werden Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um nach Edens Rücktritt den Rück tritt der ganzen Regierung zu erzwingen. Sie haben bereits einzelne Miniſter des Kabinetts in dieſem Sinne bearbeitet. Wenn ein Gesamtrücktritt erfolgt, so muß der englische König in dieſer Situation das Parlament auflösen und Neuwahlen ausschreiben. Dann ist Cham berlain geſtürzt — ſo hoffen ſie — und der Weg zum Kriege frei.
Im Parlament ergreift Ministerpräsident Neville Chamberlain sogleich das Wort, um die Grundsäße seiner Außenpolitik und die Gründe für Edens Rück tritt darzulegen . „Ich bin bestrebt“ , erklärt Chamberlain den eng lischen Abgeordneten, „ Besprechungen mit Deutschland und Italien aufzunehmen , damit wir feststellen, ob es irgendeine gemeinsame Baſis gibt, auf der wir viel leicht einen allgemeinen Plan der Befriedung aufbauen können." Die Worte des Miniſterpräsidenten machen auf die
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Tumult auf der englischen Weltbühne
Kriegsheher nicht den geringsten Eindruck . Der Ab geordnete
Greenwood, stellvertretender Führer der
Marristenpartei, bringt unmittelbar im Anſchluß an die Erklärung des Miniſterpräsidenten einen Miß trauensantrag gegen die Regierung ein. Im Hause herrscht atemlose Stille, als der Kriegstreiber den Wortlaut verliest : „ Das Haus bedauert die Umstände, unter denen der bisherige Außenminister gezwungen wurde, sein Amt niederzulegen, und beſitzt kein Vertrauen zu den gegen= wärtigen Beratern des Königs und deren Leitung der Außenpolitik. "
Auf Chamberlains Wunsch vertagt sich das Unter haus zunächst. Am Abend findet Chamberlain in einer Besprechung die Unterſtüßung der meiſten konſervati ven Abgeordneten, die ihm als Chef der Partei das Vertrauen aussprechen. Zugleich schlägt Chamberlain dem König vor, Lord Halifax mit dem Amt des Außen miniſters zu betrauen. Vor einigen Monaten war Lord Halifax sozusagen privat in Deutſchland und als Gaſt des Führers auf dem Obersalzberg. In Paris meldet sich ein nationaler Franzose zum Wort und unterstüßt die Politik Chamberlains mit einer geistreichen und wißigen Erklärung :
„Hitler ist wenigstens in einem Punkt seiner Rede ungerecht gewesen : nämlich in seinem heftigen Angriff 36
Tumult auf der englischen Weltbühne
gegen den Völkerbund ; denn er schuldet ihm einen guten Teil seiner Macht und seines Erfolges .
Der Völkerbund hat die alliierten Sieger des Krieges auseinandergebracht und zum Teil mit dem neuen Deutschland verbunden. Durch seinen einfältigen Hoch mut hat er Japan zum Ausscheiden veranlaßt. Durch die gleiche Haltung hat er Italiens Austritt erzwungen. Genf hat Rom den Weg nach Berlin gezeigt und Berlin den Weg nach Wien geöffnet .. • Wenn der Völkerbund nicht gerade das Glück ſeiner Gegner ist, so ist er doch das Unglück ſeiner Anhänger, von denen Mr. Eden einer der letzten war. Der Völker bund iſt das Unglück der Demokratien, wie die Sowjet union ihr Gift iſt. " Wer wird nun in dem Ringen der Kräfte siegen ? Wird Englands
verantwortlicher Miniſterpräſident
den innerpolitischen Streit überstehen und morgen in Besprechungen mit Deutſchland und Italien eintreten können? Oder wird Chamberlain stürzen? Werden die Kriegsheher zurMacht kommen ? Dann müſſen Deutsch land und Italien darauf gefaßt sein, von der halben Welt unter engliſch-jüdiſcher Führung mit Krieg über zogen zu werden! Am nächsten Tage, dem 22. Februar 1938 , erreicht der innere Streit in England ſeinen Höhepunkt . Wieder tritt das Parlament zuſammen. Wieder kämpfen die 37
Tumult auf der englischen Weltbühne
Kriegsheber auf dieser Bühne der Welt mit allen Mit teln und allen Waffen gegen den Ministerpräsidenten . Wieder wird Eden von demonstrierenden Kommuniſten mit lärmenden Zurufen auf der Straße begrüßt. Der Miniſterpräſident aber iſt in Gefahr, von dem gleichen Gesindel ausgepfiffen zu werden . Im
Parlament erhebt sich der Marriſtenführer
Attlee und fährt gleich sein schwerstes Geschütz gegen Chamberlain auf : „ Die Regierung verrät die Sache des Friedens und die Sicherheit des Landes. " So stellen die Kriegsheher die Dinge auf den Kopf! Sie allein gefährden die Sicherheit Englands , denn wenn sie zum Konflikt mit Deutſchland und Italien treiben, dann kann ſich jeder Engländer an den Fingern abzählen, daß der deutsche Riese sich mit furchtbaren Schlägen zur Wehr sehen wird . Wirkungsvoller als 1914 . Eine Dame erhebt sich, Miß Wilkinſon . Seit den lächerlichen Suffragettenkämpfen, als gröhlende Da men die
konservativen
Abgeordneten
mit
Regen
schirmen verhauen haben, ſizen auf Englands Ab geordnetenstühlen nämlich auch Frauen und machen die Geschichte mit. Miß Wilkinson verlangt unter dem Beifall der Kriegsheher, daß England den militärischen Schuß 38
Tumult auf der englischen Weltbühne
für die Unabhängigkeit Öſterreichs und der Tschecho Slowakei übernehmen solle. Eine wahrhaft kriegerische und unbedachte Dame ! Will sie mit dem Regenschirm selber in den Schüßen graben? Oder gedenkt sie wenigstens dieſen Teil des Geschäfts den Männern zu überlassen und indessen zu Hause zu heben?
Sir John Simon antwortet für die Regierung, daß ſie keinem der beiden Staaten eine besondere Garantie zu geben bereit ſei . Das iſt das Gegenteil von dem, was die Kriegsheher wollen. Sie wissen genau, daß die Frage der Millionen vom Reiche getrennten Deutschen in Mitteleuropa einmal gelöst werden muß, wenn ein gerechter und dauerhafter Friede eintreten soll . Aber sie sind heute noch ebenso wie vor zwanzig Jahren ent schlossen, Deutschland die Gleichberechtigung zu ver weigern und das von ihnen selber proklamierte Selbst beſtimmungsrecht der Völker Deutschen nicht zu gewähren. Sie wollen eine Unabhängigkeitsgarantie für Öſter reich und dieTschecho-Slowakei, um damit einenKriegs grund zu schaffen und auch gleich den Grund zu einer neuen Kriegsschuldlüge zu legen. Denn wenn es nach einer internationalen Garantie zum Kriege kommt, dann ist natürlich - mc.com wieder einmal Deutschland der Schuldige . 39
Tumult auf der englischen Weltbühne
In diesem Sinne greift der Marxist Greenwood den Ministerpräsidenten erneut aufs schärfste an, um ſei nen Mißtrauensantrag zu begründen . Der Ministerpräſident ſei vor dem Druck Deutsch lands und Italiens zurückgewichen. Er schädige die englischen Interessen in der ganzen Welt. Zwischen dem engliſchen Regierungschef und der Volksmeinung be ſtehe eine tiefe Kluft. Chamberlain handle wie ein Faschist, wie ein Italiener, aber nicht wie ein Eng länder. Als Chamberlain sich zur Antwort erhebt, sieht man schon rein äußerlich seinem Gesicht und seiner Haltung an, daß er zur Abwehr der Heher entschlossen ist. Er antwortet sachlich, aber sehr scharf. Der liberale Abgeordnete Sinclair schreit wild durch den Saal : „Die Italiener sollen erst einmal ihre Freiwilligen aus Spanien zurückziehen.“ Der Ministerpräsident verſtummt und sieht den Schreier an. Eine Sekunde ist es faſt ſtill im Haus . Dann klatschen einige der Kriegsheher Beifall für ihren Genossen. In die wieder einsehende Stille und Span nung hinein fragt Chamberlain gelaſſen : „Warum verlangt Herr Sinclair nicht gleich, daß die Italiener auch Abessinien verlassen müssen, bevor man mit ihnen Besprechungen aufnimmt?"
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Tumult auf der englischen Weltbühne
Die
Regierungsmänner
klatschen
Beifall .
Der
Ministerpräsident sagt mit Heftigkeit: „ Die Behauptung, daß man erst nach der Erfüllung derartig dummer Forderungen Besprechungen auf nehmen kann, ist einfach Humbug."
Der Hieb ſitt! Ein ungeheurer Lärm erhebt sich im Haus . Pfeifen, Zischen, Trampeln . Die Opposition brüllt den Miniſter präsidenten
nieder.
Die Konservativen zollen
ihm
lauten Beifall . Vergeblich versucht Chamberlain wieder zu Worte zu kommen. Sobald er sprechen will, sezen neue Lärmſzenen ein. Offensichtlich ist die Mehrheit des Parlamentes gegen ihn. Schließlich greift der Sprecher ein. Er ist unserem Reichstagspräsidenten vergleichbar und ſißt auf einem erhöhten Stuhl zwischen den Abgeordneten und der Regierung. Das ist aber auch die einzige Vergleichs möglichkeit. Ansonsten trägt er, der alten englischen Tradition gemäß, Uniform und Perücke des achtzehnten Jahrhunderts, mit den langen, gedrehten, silberweißen Locken, die ihm bis auf die Schultern fallen. Der alte, durch Tradition geheiligte Würdenträger verlangt Ruhe für die Rede des Regierungschefs . Wenn die Regierung angegriffen wird, dann muß man wenig stens ihrem Chef das Recht zur Verteidigung geben. Der Ministerpräsident ist nach dieser Tumultszene 41
Tumult auf der englischen Weltbühne
auf der englischen Weltbühne noch kühler, noch ironi scher. Greenwood habe ihm vorgeworfen, er ſei ein Ver treter italienischer Interessen . Der Marxiſtenführer Attlee habe sogar behauptet, er sei winselnd zu Musso lini gegangen . „ Derartige Äußerungen lassen mich völlig kalt “ , erklärt Chamberlain und treibt die Kriegsheher weiter in die Enge . Ein marxistischer Abgeordneter unterbricht den Redner erneut und ruft laut, warum Chamberlain nicht die „ kollektive Sicherheit “ erwähne?
„Was verstehen Sie darunter ? "
fragt der Re
gierungschef ironisch zurück, „ glauben Sie, daß die Genfer Liga heute noch in der Lage ist, so etwas wie kollektive Sicherheit überhaupt zu gewähren? “ „ Jawohl ! “ brüllen die marxiſtiſchen Abgeordneten im Sprechchor . Chamberlain macht eine Handbewegung zu den Regierungsbänken hin, zeigt auf seine Kollegen : Die Minister lachen lauthals in den Saal. Sie lachen die Kriegsheher aus, die noch immer vorgeben, an den Völkerbund zu glauben ! Sielachen von den Regierungs bänken aus ungeniert in das Parlament hinein, und ihr Lachen erledigt den Völkerbund in den Augen von Millionen Engländern. Es ist beispiellos . Steht das englische Volk wirklich hinter der Kriegs partei ? 42
Tumult auf der englischen Weltbühne
Wird das Parlament für oder gegen Chamberlain abstimmen ? Beginnt seine eiskalte Logik die Oppoſition zu über zeugen? Es hat noch nicht den Anschein ... Je sachlicher, logischer und zwingender die Beweis führung des Miniſterpräsidenten für seine Friedens politik wird, desto gereizter, bösartiger und persönlicher werden die Angriffe der Kriegsheter . Fast genau gegenüber dem Sprechplaß des Miniſter präsidenten ſigt als erster oder zweiter in der Reihe Lloyd George. Seit Monaten hat man den alten parla mentarischen Fuchs nicht mehr in Weſtminſter gesehen. Er reiste an der Riviera herum und ließ Parlament Parlament sein. Jetzt hat er, gut berlinisch gesagt, gerochen, daß es Stunk gibt. Dann kommt er, so erzählte mir ein Engländer, angezogen durch den Aasgeruch wie ein Geier ... Der gewissenlose Advokat, der schon im Weltkrieg die schäumende Heze gegen Deutschland anführte, weist auf das italienische Memorandum hin, das der eng lischen Regierung am Tage nach dem Rücktritt Edens ausgehändigt worden ist. Die beiden Kriegstreiber sind gut aufeinander ein gespielt. Kaum nennt Lloyd George das italienische Dokument, so springt Eden auf und erklärt, er habe
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Tumult auf der englischen Weltbühne
von dem Vorhandensein eines solchen Dokuments nichts gewußt. „Hört, hört !" werden die Entrüstung heuchelnden Zurufe seiner neuen Gesinnungsgenossen laut. Dabei wurde das Memorandum Montag überreicht, aber schon Sonntag abend war Eden zurückgetreten. Chamberlain erhebt sich und erklärt, am Sonntag habe ein Freund des italienischen Botschafters ihm eine mündliche Mitteilung gemacht.
Diese habe er dem
Kabinett weitergegeben. Auch Herrn Eden. Er habe also nichts Unehrenhaftes getan. Lloyd George geht über die Mitteilung des Miniſter präsidenten einfach hinweg : „Ich stelle fest, daß ein wichtiges italienisches Doku ment vorhanden gewesen ist , das nie in die Hand des Außenminiſters Eden gelangt ist. “ Das Parlament gleicht bei diesen Worten einem Papageienhaus .
Ein
betäubendes
Pfeifkonzert
der
Kriegsheher empfängt Chamberlain, als er aufsteht, vom energischen Beifall der Regierungsbänke und der Konservativen gestüßt. Er ruft in die tobende Ver ſammlung hinein, ob Lloyd George damit andeuten wolle, daß Chamberlain als Ministerpräſident etwas Schändliches getan habe? Wie eine hysterische Klapperschlange zischt Lloyd George in den Klamauk hinein :
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Tumult auf der englischen Weltbühne
,,Yes - I do ! " Ja! Das tue ich ! Ein Sturm fegt durch das Haus . Chamberlain ver wahrt sich gegen die Beleidigung. Seine erklärenden Worte werden vom Lärm zugedeckt. Lloyd George wird durch stürmische Zurufe der Freunde Chamberlains aufgefordert, ſeine unverschämte Anſchuldigung zurück zunehmen. Aber der gerissene Advokat iſt in hundert Parlamentsschlachten hartgesotten. Er schüttelt thea traliſch den Schauſpielerkopf mit den wirr herunter hängenden Haarzotteln: „ Nein, ich habe nichts zurückzunehmen ! Das italie nische Dokument ist dem Außenminister nicht gezeigt worden."
So ein geriebener Parlamentsfuchs weiß eben, daß auch bei der ungeheuerlichsten und hundertmal wider legten Lüge am Ende doch immer etwas hängenbleibt. Das Parlament gleicht einem Hexenkeſſel, als Lloyd George mit eiserner Stirn zum viertenmal ſeine Be hauptung wiederholt, das italienische Dokument ſei zurückgehalten worden —bis der Außenminiſter zurück getreten war. Der fast siebzigjährige Chamberlain ſchießt wie eine Rakete hoch. Zornbebend, sich kaum noch beherrschend, schreit er Lloyd George an:
,,Was heißt das gegen mich?“ 45
Tumult auf der englischen Weltbühne
Der Heber treibt seinen infamen Angriff auf die Spize und schreit : " Ich behaupte, daß das Dokument absichtlich durch den italienischen Botschafter zurückgehalten worden iſt. Ich weigere mich kategorisch, eine andere Erklärung anzuerkennen. Herr Chamberlain iſt ein Mann, der Erfahrung in Geschäften hat. Hier aber tut er, als sei er ahnungslos und unschuldig. Dann aber ist er nicht geeignet, mit den machiavelliſtiſchen Diktaturen zu ver handeln. " Die weiteren Worte gehen im Gebrüll der Abgeord neten unter . Dies ist das englische Parlament in einer der wich tigsten und schwersten Stunden der engliſchen Geſchichte, als ein kluger und gewissenhafter Politiker, der seinem Lande ernstlich zu dienen bestrebt ist , das Steuer des Staatsschiffes herumwerfen will . So zeigt sich das eng lische Volk in einer Stunde der Entscheidung vor der Welt. Am Ende des zweiten Tages dieſer Parlaments schlacht bleibt Chamberlain kurz vor Mitternacht als Sieger auf dem Felde. Der Mißtrauensantrag wird mit etwa einhundert sechzig Stimmen Mehrheit abgelehnt. Für diesmal hat Chamberlain gesiegt und damit die Vernunft und der Frieden. 46
Tumult auf der englischen Weltbühne
Wann aber wird die Kriegspartei einmal die Ober hand bekommen ? Oder wann wird sie Chamberlain zwingen, ihrem Kurs zu folgen? Es mag sein, daß das englische Weltreich noch auf eisernen Füßen steht. Aber die Parlamentsmehrheiten ſtehen gewiß auf tönernen Füßen. Sie können sich von einer Stunde zur anderen grundlegend ändern . Eine kleine Ungeschicklichkeit, ein taktiſcher Fehler des Re gierungschefs in verhältnismäßig unwichtigen inner politischen Fragen genügt, um die Waage der Mehr heiten nach der anderen Seite ausschlagen zu laſſen. Dann ist statt des Friedens der Krieg da. Das muß das deutsche Volk wiſſen.
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Kampf der Ostmark
Die Handlanger unserer Feinde
Oktober 1930. Hochverratsprozeß gegen junge Offiziere der Armee ! Aber nicht in Österreich, sondern in Deutschland, vor dem Reichsgericht in Leipzig. Leutnant Ludin aus Ulm und seine Kameraden werden beschuldigt, als Hoch verräter gegen das Reich gehandelt zu haben ! Die demo kratische Presse und sämtliche Judengazetten in Deutſch landfallen haßerfüllt über die jungen Reichswehroffiziere her und verlangen ihre exemplarische Bestrafung .
"‚An den Galgen mit den Hochverrätern ! “ So überschreibt ein marxistisches Judenblatt seinen Berliner Leitartikel. Woher diese plößliche Sinnesänderung? Warum fallen auf einmal die Judenzeitungen in Deutschland über
Hochverräter" her, dieselben Judenzeitungen,
die bis gestern für Landesverrat Straffreiheit forderten?! Das Geheimnis iſt raſch zu lüften . Der junge Leut nant Ludin und seine Kameraden sind
angeklagt,
Nationalsozialiſten zu ſein ! Das ist aber in der Wei ――――― Hochverrat. Die Offiziere
marer Judenrepublik
werden aus dem Heer ausgestoßen und zu eineinhalb Jahren Festungshaft verurteilt.
4 Hadamovsky , Weltgeschichte
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Die Handlanger unserer Feinde
In dieser Zeit fährt ein junger nationalsozialiſtiſcher Propagandist nach Österreich. Er soll als Redner der Partei und als Gaſt der nationalsozialistischen Be wegung in Österreich auf einer Kundgebung sprechen. Gauleiter Leopold, einer der Führer der österreichischen Nationalsozialisten, hat zugesagt, den Redner aus dem Reiche selbst am Bahnhof abzuholen. Es ist in dieser Zeit für einen nationalsozialiſtiſchen Propagandisten immer schwierig und oft gefährlich, allein in fremdes Gebiet zu kommen und überhaupt allein zu gehen. Wie oft wird unseren Rednern schon auf dem Wege von und zu den Verſammlungen durch die Kommunisten aufgelauert ! Wie oft vermag nur die blanke Faust tapferer SA. -Kameraden dem Redner überhaupt den Eintritt in die Versammlungen und Ruhe zum Sprechen zu erzwingen ! So hat sich der Brauch herausgebildet, den Redner an der Bahn ab zuholen und ihn zum Kundgebungsort zu bringen . Nach einer vielstündigen Fahrt kommt der junge Propagandist von München aus auf seinem öfter reichischen Zielbahnhof in Krems an der Donau an und verläßt den Zug. Aber vergeblich sieht er sich nach dem Gauleiter um, der ihn abholen wollte. Kein Mann im Braunhemd erwartet ihn. Folglich hält er unter den Ziviliſten auf dem Bahnſteig Um schau. Aber keiner von ihnen kümmert sich um ihn. Der 50
Die Handlanger unserer Feinde
} Zug fährt schon wieder ab, der Bahnsteig leert ſich, und unser Mann aus dem Reich steht ziemlich unwillig und allein auf dem Bahnhof. Er sieht mit etwas gemischten Gefühlen, daß ein österreichischer Offizier in der Uniform des Bundes heeres, Säbel und Pistole umgeschnallt, geradewegs auf ihn zukommt. Der Offizier, ein Hauptmann, will offenbar etwas von ihm, ja er ſcheint ihn geradezu hier erwartet zu haben. Unser Mann aus dem Reich ist bereits auf peinliche Unannehmlichkeiten gefaßt, als der Offizier zwei Schritte vor ihm stehen bleibt und ihm ins Gesicht sieht. Im Reich ist der Umgang von Offizieren mit Nationalsozialiſten gleichbedeutend mit Hochverrat! Was will dieser Hauptmann, der in aller Öffentlichkeit auf ihn zukommt und ihn geradewegs zu suchen scheint? Der Hauptmann grüßt mit „ Heil Hitler " ! "Ich bin der Gauleiter Leopold", sagt er dann zu demBaßerstaunten und streckt ihm dieHand hin, „ ſindSie der Reichsredner Parteigenosse Franke aus München? " Ein ungläubiges Kopfnicken.
Dann rasch ein herzliches Händeschütteln. Der Mann aus dem Reiche hat eine brennende Frage auf der Zunge: " Sagen Sie mal, Gauleiter, sind Sie denn aktiver Offizier? "
4*
51
Die Handlanger unserer Feinde
„Ja, sicher“, antwortet Leopold lachend . Der Mann aus dem Reiche denkt an den als Hoch verräter verurteilten Leutnant Ludin. „Und Ihre militärischen Vorgesezten ", fragt er, ,,was sagen die dazu? " „ Die haben meine Befehle auszuführen“ , erwidert Leopold und blickt den Mann aus dem Reiche ein klein bißchen ironisch von der Seite an. "Ihre Vorgesetzten “ , fragt der ernsthaft, „führen Ihre Befehle aus ?" ― freilich", sagt Leopold gemütlich, „wiſ „ Na ja sen S' , was zum Beispiel mein nächſter Vorgesetzter ist?
Major! Aber außerdem Parteigenosse! Und somit mir unterſtellt !" „ Ist das überall bei euch in Öſterreich so ? “ fragt der Reichsredner . „Bei uns säßen Sie wegen Hoch verrats schon hinter Schloß und Riegel. “
"In Österreich sind die besten Teile der Armee nationalsozialistisch" , sagt der Gauleiter und Haupt mann voll Stolz, „ und auch unser Volk ist national ſozialiſtiſch. Wenn es eine freie Wahl und Volksabſtim mung gäbe, ich glaube, wir Nationalsozialisten würden heute schon unter der Fahne Adolf Hitlers einen voll ständigen Sieg erringen. “
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Die Handlanger unserer Feinde .
Am 30. Januar 1933 übernahm Adolf Hitler dic Macht im Reiche. Die Wogen einer brauſenden Be geisterung erfaßten das ganze deutsche Volk. Hundert tausend stauten sich vor der Reichskanzlei in Berlin, in der Wilhelmstraße, Unter den Linden und jubelten den zum erstenmal durch das Brandenburger Tor ziehenden SA .-Männern zu, grüßten wieder und wieder mit lauten Heilrufen den Führer und sangen im Schein der Fackeln das Deutschland- und Horſt-Weſſel-Lied . Auch wir Rundfunkleute der Partei machten den Sprung von der Opposition in die Verantwortung . Am Abend holte ich aus dem Funkhaus die Mikrophone des Rund funks in die Reichskanzlei .
Dann sandten wir die
Stürme der Begeisterung in das Reich hinaus . Wie eine donnernde Brandung schlug der Volksjubel über uns zuſammen. Wie ein Feuerbrand ging die national sozialistische Idee in diesen Stunden durch Millionen Herzen, die ihr bis dahin verschlossen waren . In Württemberg, in Bayern, in Österreich wehrten sich die Machthaber des Systems mit Zähnen und Klauen gegen die Idee, gegen den jungen feurigen Kanzler des Reiches .
Württemberg, Bayern und Österreich verboten ihren Rundfunksendern die Übernahme der Nachrichten aus der Reichshauptstadt . Aber das Volk sitt in allen Gaſtſtuben und allen
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Die Handlanger unserer Feinde
Wohnungen an den Rundfunkapparaten, die die deut schen Sender nördlich der Mainlinie aufnehmen und das revolutionäre Geschehen in der Reichshauptstadt berichten. Das Reich von den Alpen bis an den Belt, das Reich, von dem alle Deutschen träumen , das Land, von dem unsere Nationalhymne singt, wird nun mit der Machtergreifung Adolf Hitlers aus einem Traum bild zu einer politischen Möglichkeit. Das sehen alle.
Der Traum des Volkes soll von den Systemregie rungen des Südens abgewürgt werden. Mag Adolf Hitler in Berlin Marxisten, Zentrumsgenoſſen und Juden aus ihrer Machtstellung werfen. In Karls ruhe, Stuttgart, München und Wien werden sie sich eine
neue
Festung
gegen
die
nationalſozialiſtiſche
Idee schaffen. Sie sind von der ersten Stunde an ent schlossen, lieber die alte französische Politik der Zer reißung des Reiches auf der Mainlinie mitzumachen, als ihre reichsfeindlichen Interessen dem Ideal aller Deutschen zu opfern. Jhretwegen mag das Reich in einen nationalſoziali stischen Norden und einen von Zentrum, Marxismus und Judentum regierten Süden mit Baden, Württem berg, Bayern und Österreich zerfallen ! Am 15. Februar 1933 spricht Adolf Hitler in Stutt gart zu zehntausend Menschen in der Stadthalle, zu 54
Die Handlanger unserer Feinde
weiteren Hunderttausend auf den Pläßen der Stadt und zu allen Deutschen im Süden und Westen des Reiches über den Sender von Stuttgart.
Gegen neun Uhr stürzt einer meiner leitenden Ingenieure auf die Rednertribüne und flüstert mir ins Ohr: „Wir haben seit drei Minuten keine Modulation mehr vom Sender. "
Was bedeutet diese geheimnisvolle technischeFormel? Daß etwas Unfaßbares geschehen iſt ! Die Worte des Führers , die Modulation, wie der Techniker sagt, gehen nicht mehr aus dieser Halle heraus , erreichen nicht mehr die hunderttausend Men schen, die in der Stadt vor den Lautsprechern stehen, gehen nicht mehr über den Rundfunksender zu den Mil lionen an den Apparaten ! Eine technische Störung ? Ein Schaltfehler?
Ein
Röhrenschaden? Ein Kabelbruch? Ich unterrichte flüsternd
meinen Chef,
Partei
genossen Dr. Goebbels , der die Führerkundgebung in Stuttgart mit
einer
Rundfunkreportage
einleitete.
Dann eile ich mit Ingenieuren und Kontrollgeräten atemlos durch die Halle. Stichproben an den verſchie densten Leitungsstellen ergeben : Hier ist die Modulation noch vorhanden und auf Kopfhörern zu hören. Hier, zwanzig Meter weiter, auch noch. Hier, wo das Kabel 55
Die Handlanger unserer Feinde
in den Keller geht und die Halle verläßt, ist auch noch alles in Ordnung ... Die Störung muß außerhalb der Halle liegen ! Im Laufſchritt eile ich zur Zentrale. ,,Telephonverbindung mit dem Sender herstellen ! " rufe ich. "Ich kriege keinerlei Verbindung ", sagt der Tech niker achſelzuckend . „ Es iſt überhaupt nichts zu hören, nicht einmal ein Knarren in der Leitung. " Ich renne von der technischen Zentrale zur Wache des Polizeikommandos . „ Eine Telephonverbindung ! " schreie ich. „ Die Verbindung muß soeben unterbrochen worden ſein“, erklärt der Beamte kopfschüttelnd . „Hören Sie selber, der Apparat iſt völlig tot. “ Ohne noch eine Erklärung abzuwarten, stürze ich zum Ausgang der Halle. Da ist mein Kraftwagen. Ich flinke vergebens an der Wagentür. Verſchloſſen . Der Fahrer weg. Natürlich auf Schleichwegen in der Halle! Selbstverständlich, wenn der Führer zum erſtenmal als Reichskanzler in Stuttgart ſpricht ! Ich laufe über den Plaz vor der Stadthalle, gelange in eine Kneipe, vor der ein paar finster schielende Gestalten im Halbdunkel ſtehen. Ein Telephon. Faſt mit Zittern nehme ich den Kopfhörer in die Hand . Funktioniert der Apparat noch? Nein! Niemand meldet sich am anderen Ende des Apparats .
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Die Handlanger unserer Feinde
Keine Verbindung ! AuchdieserApparat ist tot. Ich renne aus derKneipe. Einen Wagen, ein Auto !
Da ist eine Taxe. Ich rufe den Chauffeur an. Der Wagen fährt mich durch die leeren Straßen zum Funkhaus . Eine riesige Menschenmenge steht davor. Das eiserne Schuhgitter am Tor ist geschlossen. Die Leute auf dem Plaß haben die Führerrede angehört. „ Seit zehn Minuten ist die Übertragung unter brochen", rufen sie. „Gerade als der Führer angefangen hat, mit den schwarzen Bonzen abzurechnen, da war's aus ! " schreit einer unter vielfacher Zustimmung und lautwerdenden Drohungen. Die Menge drückt gegen das Funkhaus . SA. -Männer machen den Versuch, einander auf die Schultern zu steigen und sich mit Gewalt Eingang in die oberen Stockwerke des verſchloſſenen Hauſes zu verſchaffen . Ich drängle mich durch die Menschen zum Gittertor und verlange Einlaß. Es wird aufgemacht. „Geh' da nicht allein ' rein“, sagt ein SA. -Mann und klopft mir väterlich besorgt auf die Schulter. Ich muß ein paar Männer mitnehmen, damit sie sich beruhigen und sofort das Tor hinter mir wieder schließen laſſen, damit die erregte und drohende Menge nicht das Haus 57
Die Handlanger unserer Feinde
stürmt. In der technischen Zentrale kommt mir der verantwortliche Leiter Dr. Bofinger entgegen. Un mittelbar darauf erscheint von draußen Oberleutnant Brückner, damals schon der langjährige Adjutant des Führers und der alte Kampfgefährte meines Chefs , Parteigenosse Hanke
vom Gau Berlin.
Man hat
ihnen den Eintritt verwehrt und sie sind über das eiserne Gitter geklettert, um hereinzukommen ! Erregt, aber gefaßt erklärt Intendant Bofinger, der mit uns ſchon 1932 zuſammenarbeitete : "Ich habe Verbindung vom Funkhaus zum Sender , aber ich habe seit einer Viertelstunde keinerlei Ver bindung mehr zur Halle, in der der Herr Reichskanzler spricht. Ich habe weder Modulation auf der Leitung, noch telephonische Verbindung . Die Störung muß in der Halle liegen." „Nein“, sage ich, „ von da komme ich. In der Halle ist alles in Ordnung ―――― bis auf die Verbindung nach außen. Kein Telephon funktioniert. Aus dem ganzen Stadtviertel kriegt man keine telephoniſche Verbindung mehr."
„Ja, was ist denn los ? " fragen Oberleutnant Brück ner und Hanke barsch den leitenden Ingenieur Kofes . „Wieso wird die Sendung unterbrochen , als der Führer seine Abrechnung mit der schwarzen Zentrums partei machte?"
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Die Handlanger unserer Feinde
Die Männer zuden die Schultern. „Man hat wahrscheinlich “ , sage ich zögernd, denn vorläufig ist es noch eine Behauptung, „ man hat wahr scheinlich in diesem Moment das Kabelnet durchschnit ten, das aus dem Stadtviertel herausläuft, in dem die Kundgebungshalle steht." Zwei Stunden später iſt die Behauptung als Tat sache festgestellt. Ein Gewaltakt hat die Rundfunk ſendung und Lautſprecherübertragung der ersten Kund gebung des Reichskanzlers Adolf Hitler südlich der Mainlinie sabotiert. Banditen haben mit einem Beil das ganze Kabelbündel durchgeschlagen, das aus dem Stadthallenviertel in die Postzentrale führt. Rundfunk tabel, Telephonleitungen, alles ist zerstört . Das soll uns nur einmal paſſieren , denke ich wütend . In der gleichen Nacht gehen die Richtlinien für die Aufstellung eines technischen und personellen Sicherheitsſyſtems an die Sender heraus , das in Zukunft jede Störung unmög lich macht. Vom 16. Februar 1933 an kann man bei Führerkundgebungen in Deutſchland Kabel zerschnei den, so viel man will . Der Hörer merkt es nicht einmal. Funkschuß III , so heißt unser Fachwort, macht jede Störung einer Führerkundgebung unmöglich. Während Hitler im Norden die Macht fest in die Hand nimmt, fühlen sich die Systemleute im Süden noch sicher im Schuß ihrer von Frankreich bewachten
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Die Handlanger unserer Feinde
Mainlinie. Gar gewaltig stößt der bayerische Minister präſident Held ins Horn : „ Sie sollen es wagen, mir von Berlin aus einen Reichskommiſſar nach München zu schicken . Ich laſſe ihn an der bayerischen Grenze bei Hof verhaften und einsperren. " Aber es erweist sich, daß der bayerische Held weder ein Bayer noch ein Held ist. Am 9. März stürmen baye rische SA.-Leute die Regierungsgebäude in München. Reichsinnenminister Parteigenosse Frick sett
einen
Reichskommissar für Bayern ein, General von Epp. Nun hält er mit den Parteigenossen Himmler und Gauleiter Wagner als Beauftragten der NSDAP . alle Macht in Händen. Der ganze Klub der tapferen Maulhelden und Separatisten wird eingefangen und festgesezt. Nicht der Reichskommiſſar,
sondern
der
tapfere „ Held" ſigt nun hinter schwedischen Gardinen . Hitler aber hat die Mainlinie überschritten ! Am 15. März 1933 fliegt die schwarze Zentrums regierung in Württemberg in die Luft. SA. -Gruppenführer von Jagow übernimmt die Macht als Reichskommiſſar. Dann bildet der prächtige alte Gauleiter Murr eine nationalsozialistische Re gierung. In Baden greift Gauleiter Robert Wagner scharf durch.
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Leutnant
Ludin,
inzwischen
SA.-Gruppen
Die Handlanger unserer Feinde
führer der badischen SA. , übernimmt die Polizei gewalt des Reiches in Baden und räumt in Karls ruhe rasch und gründlich mit den roten und schwarzen Halunken auf. Gegen den 16. März sind alle reichsdeutschen Länder südlich der Mainlinie in der Hand Adolf Hitlers . Die partikulariſtiſchen Träume innerhalb der Reichs grenzen sind ausgeträumt. Die nationalsozialiſtiſche Regierung ist unbestrittene Herrin des Reiches ! Jenes Reiches, das Adolf Hitler am 30. Januar 1933 mit den Grenzen übernahm, die die Kriegsverbrecher von Versailles in den deutschen Volkskörper hineingeschnit ten hatten . Das ganze Gesindel von Marxiſten, Zentrumsleuten und Juden, das durch Zufall oder Gutmütigkeit der SA. entgangen ist, sammelt sich nun in Wien. Baden ging verloren. Württemberg ging verloren . Bayern ging verloren. Österreich aber soll nun ihre Baſtion gegen den ver haßten Nationalsozialismus werden ! Von hier aus läßt sich vielleicht eines Tages die Donau- und Mainlinie wieder nach Norden über schreiten! So spekulieren die Partikularisten um Dollfuß zu ſammen mit den reichsdeutſchen Zentrumsleuten , mit Marristen und Juden. Bei diesem teuflischen Spiel 61
Die Handlanger unserer Feinde
gegen Deutschland wird man natürlich die Unter ſtüßung der Kriegsverbrecher von Versailles haben. Sie haben Deutſchland zerriſſen und werden das „un abhängige “ Öſterreich unterſtüßen, wenn es die Zer reißung Deutschlands aufrechterhält ! Von 1919 bis 1932 machten alle Parteien in Öſter reich dem Volkswillen die Konzeſſion und traten mehr oder weniger theoretisch für den Anschluß an Deutſch Land ein.
Nun wird der Anschluß zur Möglichkeit . Nun wenden sich alle Parteien mit Ausnahme der österreichischen Nationalsozialiſten gegen den Anschlußz und machen sich unter der Führung des Verräters Doll fuß zu Handlangern von Verſailles . Die NSDAP . Österreichs beſchließt auf ihrerFührer tagung in Linz, nach wie vor auf den Sturz des Re gimes
Dollfuß - Starhemberg - Winkler hinzuarbeiten
und ebenso jede andere unter Ausschluß der NSDAP . zustande kommende Regierung mit eiserner Entschloſ= senheit zu bekämpfen. Dollfuß, der Zwerg von Wien, hat dagegen eine sehr bequeme Waffe . Er läßt Maschinengewehre vor dem Parlament auffahren, deſſen drei Präsidenten gleich zeitig zurücktreten, und verhängt über ganz Österreich ein Versammlungs- und Aufmarschverbot. Unter Bruch der Verfassung wird mit einer so 62
Die Handlanger unserer Feinde
genannten Notverordnung eine neue Regierung Doll fuß vom Bundespräsidenten gebildet. Mit Maschinengewehren und Verfaſſungsbruch be ginnt Dollfuß so
seine Gewaltherrschaft über das
nationalſozialiſtiſche Österreich zu verankern . Während das deutsche Volk sich einmütig erhoben hat, von den Alpen bis zur Ostsee seine Einheit im Nationalsozialis mus bekundet und die unſelige Mainlinie für immer auslöſcht, beginnt in Öſterreich ein Schreckensregiment gegen alle, die deutſch denken und fühlen. Dollfuß macht die größte Entdeckung, die seit den Zeiten des Kolumbus gemacht wurde. Er entdeckt etwas, was es gar nicht gibt : den „ öſterreichischen Menschen“ ! Dieser
österreichische Mensch“ ist angeblich etwas
anderes wie der deutsche Mensch. Dieser „ österreichische Mensch“ unterscheidet sich vom deutschen Menschen laut Herrn Dollfuß mindestens so sehr, wie der Italiener vom Franzosen, ja, wenn es nach Herrn Dollfuß ' Mei nung ginge, so sehr, wie der Neger vom Deutschen. In der Besonderheit liegt eben gerade das „ ſpezifiſch Öſter reichische“, begründet Herr Dollfuß seine Entdeckung . Die österreichischen Nationalſozialiſten antworten auf seine „ Entdeckung“ mit Gelächter. Voriges Jahr war Herr Dollfuß noch für den Anschluß an Deutsch land: etwa, weil dort der Zentrumsmann Brüning regierte ? Dieses Jahr regiert statt Brüning Adolf Hit 63
Die Handlanger unserer Feinde
ler, und der Zwerg in Wien erfindet den „ österreichi schen Menschen“, um gegen den Anschluß und die Ver einigung aller Deutschen Stimmung zu machen ! Wozu ? Damit er, der klerikale Fraktionskollege des Herrn Brüning, für klerikale und jüdische Interessen in Öster reich eine Baſtion gegen das Reich schafft. Die österreichischen Nationalsozialiſten lachen Herrn Dollfuß mitſamt ſeiner „ Erfindung “ gründlich aus . Das reizt den kleinen Mann. Er wird ernstlich böse. Mit Verrätern ist schlecht an einem Tische essen. Sie ſtreuen Gift in alle Speiſen. Das wiſſen die öſterreichi schen Nationalsozialiſten und zerschneiden das Tiſchtuch zwischen sich und Dollfuß endgültig.
Da wird der klerikale Napoleon gewalttätig . Er sezt Häscher auf die Spur der Nationalſozialiſten. Er läßt die Partei Österreichs , der zu dieser Zeit schon die überwiegende Mehrheit des Volkes anhängt, mit Verbot und Terror schikanieren. Gauleiter Leopold hat längst seinen Offiziersrock ausziehen müſſen und ist statt deſſen ins Gefängnis marschiert. Grund : Nationalsozialiſtiſche Gesinnung.
Mit ihm wandern von nun ab erst Hunderte, dann Tausende, dann Zehntausende von Offizieren und Bau ern, von Soldaten und Staatsbeamten, von Arbeitern und Angestellten in die Blutkerker des Dollfußsystems. 64
Die Handlanger unserer Feinde
Eines Tages wird Gauleiter Leopold entlassen . Er ist einige Zeit auf freiem Fuße und hält sich meist in seiner Wohnung auf. Dann wird er abermals in das Ge fängnis eingeliefert und in Dunkelhaft gebracht . Neuer Grund: Immer noch nationalsozialiſtiſche Gesinnung. Vergebens läuft seine Frau von einer Stelle zur anderen, um ihren Mann wenigstens einmal sprechen zu können. Überall Kopfschütteln .
Überall höfliche,
aber eindeutige Ablehnung . " I bitt Sie, da kann man halt nix machen , der Herr Bundeskanzler Dollfuß erlaubt's nit . " Als Frau Leopold endlich nach langen Wochen ihren Mann zum ersten Male sehen darf, tritt ihr ein Kran fer, hohläugig und totenbleich, entgegen, und die Frau bricht bei seinem Anblick bewußtlos zuſammen. Inzwischen hat Herr Dollfuß zuſammen mit ſeinem Justizminister Schuschnigg seine Poſition auch außen politisch untermauert. Im Oktober 1933 tritt Deutſchland aus dem Völker bund aus und entzieht sich damit der beständigen Ein miſchung der Kriegsverbrecher von Verſailles in die innerdeutschen Verhältnisse und die Außenpolitik des Reiches . Herr Dollfuß läßt ſtatt deſſen in Berlin, aber auch in Rom, Paris , London und Genf eine Proteſtnote
5 Hadamovsky, Weltgeschichte
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Die Handlanger unserer Feinde
gegen das nationalsozialiſtiſche Deutſchland überreichen ! Er beschwert sich über die öſterreichiſche Legion, in der die aus Öſterreich geflüchteten SA . -Leute eine Heimat gefunden haben, er beschwert sich über die österreichi schen Aufklärungsvorträge im deutschen Rundfunk, er beschwert sich über die Vereinigung der Deutschöster reicher im Reich und — droht mit einer Klage vor dem Völkerbund gegen Deutschland! Adolf Hitler begegnet dem Zwerg von Wien mit einem kühnen, von niemand vorausgesehenen Schach zug. Der Führer ſchließt mit Marschall Pilſudſki , dem Führer der Republik Polen, ein deutsch-polnisches Ab kommen auf die Dauer von zehn Jahren. Das Abkom men beseitigt die zwischen Deutschland und Polen durch das Diktat der Kriegsverbrecher von Versailles be ſtehende Spannung und führt eine gegenseitige Zuſam= menarbeit beider Völker auf lange Sicht herbei . Frank reich aber verliert damit die unbedingte Gefolgschaft seines bisherigen Vasallen im Osten! Die polnische Politik wird ſelbſtändig . Die Franzosen putschen Herrn Dollfuß nun erſt recht auf, seine Klage gegen Deutschland vor den Völkerbund zu bringen .
Die Situation verspricht aber leicht komisch zu wer den, denn die Völkerbundssitung wird - von Polens Außenminister Beck geleitet werden, der soeben das 66
Die Handlanger unserer Feinde
deutsch-polnische Freundschaftsabkommen abgeschlossen hat und öffentlich erklärt, er habe niemals das Miß trauen Europas gegen Adolf Hitler geteilt ! Das sind unerfreuliche Aussichten für Herrn Dollfuß und seine Freunde. Außerdem geht es in Frankreich selbst in dieſen Ta gen einigermaßen aufrührerisch zu. Die Regierung ist gestürzt worden, ein neues Kabinett, wiederum unter Führung von Daladier, wird gebildet und muß seine erste Sigung unter dem Schuß der Waffen abhalten. Marristen und Feuerkreuzler, patriotische Jugend und Kommunisten demonstrieren auf der Straße. In dieser Situation erscheint es Herrn Dollfuß be= denklich, sich allein auf die von Polens Außenminiſter Beck präsidierte Völkerbundssitung und seine Freunde in Paris zu verlassen.
Dollfuß sucht deshalb
weitere
ausländische Be
ziehungen anzuknüpfen. In diesem Augenblick explodiert der österreichische Vulkan.
5*
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Der Februar - Aufstand 1934
DieHeimwehr, dieSchußtruppe desFürſten Starhem berg, marschiert plößlich mit achttausend Mann nach Tirol. Starhemberg ist zu fünfzig Prozent für Dollfuß und zu fünfzig Prozent gegen Dollfuß , er iſt zu fünfzig Prozent für Italien und zu fünfzigProzent für Deutſch land. Er ist zu fünfzig Prozent angeblich großdeutſch und zu fünfzig Prozent gegen die Nazis . Weshalb er in diesem Falle seine achttausend Heimwehrleute auf die Nationalsozialisten in Tirol losläßt.
Sie verhaften
wahllos, was sie erwischen und was nationalsozialiſti scher Gesinnung verdächtig ist. Zur Gaudi der Bevöl kerung plaßen zu gleicher Zeit überall, wo die Heim wehrleute gehen und stehen, Knallfrösche und Papier böller . Als die Heimwehr in Innsbruck einmarschiert, da wehen vom Rathausturm zwei Rieſenhakenkreuz fahnen. Da zu gleicher Zeit einige hundert Böllerschüsse losgehen, werden die Heimwehrleute wild und ver haften erst einmal zweihundert
angesehene Inns
brucker Bürger, die sie für Nazis halten. Für jeden Knall einen Nazi ! Der ausgleichenden Gerechtigkeit wegen feiern die Starhembergschen Heimwehrleute im Dollfußkerker in 68
Der Februar - A u f st and 193 4
Wöllersdorf ein Verbrüderungsfest mit den dort ein gesperrten Nazis, die sie eigentlich bewachen sollen . Die ser Teil der Heimwehrleute ist nämlich auf die andere Hälfte der fünfzigprozentigen Parolen ihres Herrn Starhemberg hereingefallen und glaubt, daß Starhem berg und die Heimwehrleute zu Deutschland hielten. Der nun schon ein Jahr seit 1933 währende Terror gegen die nationalsozialiſtiſche Bewegung hat natürlich dem Marxismus in Österreich mächtigen Auftrieb ge geben. Die Heimwehr und die ſtaatlichen Organe haben sich ein Jahr lang ausschließlich mit der Verfolgung von Nationalsozialisten beschäftigt. Um den Marxismus hat sich niemand gekümmert. Über fünfzigtausend Nationalsozialisten schmachten in den Blutkerkern des Dollfußsystems . Noch einmal ſo viel sind über die Grenzen nach Jugoslawien und ins Reich geflüchtet. Die Marristen haben inzwiſchen das Jahr gründlich genutzt und sich auf einen bewaffneten Aufstand vor bereitet. Nachdem Dollfuß sich Anfang Februar 1934 aus ländische Unterſtüßung für den Fall innerpolitischer Konflikte gesichert hat, beschließt er am 12. Februar 1934 die Auflösung der Sozialdemokratischen Partei Österreichs und die Auflösung des marxiſtiſchen soge nannten Republikaniſchen Schußbundes .
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Der Februar - Aufstand 1934
Daraufhin tritt die marriſtiſche Arbeiterschaft in faſt allen Teilen Öſterreichs in den Generalſtreik. In Wien bleiben die Straßenbahnen mitten auf der Straße ſtehen, weil der Strom ausbleibt, am Montagabend liegt ganz Wien im Dunkeln. Dann bricht der offene Bürgerkrieg los . Die Marxisten wehren sich mit der Waffe in der Hand gegen die Schließung ihrer Parteihäuser, gegen die Beschlagnahme ihrer Zeitungen und gegen die Ver haftung ihrer Führer.
In Wien und Linz, in Kärn
ten, in Niederösterreich und Steiermark kommt es zu schweren Schießereien zwischen Marxiſten, Polizei und Militär. In Graz gibt es schon am ersten Abend ſiebenund dreißig Tote. Die verführten Menschen, die durch einen gewiſſenlosen politischen Bankrotteur aufeinander ge hezt werden, sind hart und leidenschaftlich in der Ver teidigung dessen, was sie für richtig halten. Auch in Wien gibt es an dieſem Abend Tote. In Linz macht die Polizei den Verſuch, das marxiſtiſche Parteihaus zu ſtürmen, und wird blutig zurückgeschlagen . Herr Dollfuß, der eben noch das Deutsche Reich beim Völkerbund verklagen wollte, hat nun alle Mühe, in dem ausbrechenden Bruderkrieg in Österreich die Ober hand zu behalten. Er verhängt das Standrecht. In der Nacht von Montag auf Dienstag rüſten die 70
Der Februar - Aufstand 1934
marxistischen Arbeiter in großem Umfange . Sie beſehen die größte Brotfabrik Wiens und verschanzen sich dort mit Maschinengewehren. Die Arbeiterbezirke Simme ring, Floridsdorf und Ottakring werden zu Festungen ausgebaut. Die seit Monaten von den Bolschewiſten aus der Tschecho-Slowakei an die österreichischen Mar riſten gelieferten Waffen dienen zur Bestückung der Barrikaden und Befestigungen . In der Zeit, als das Wiener Rathaus völlig von Juden und Marriſten beherrscht war, wurden in dieſen Bezirken riesige, Wohnzwecken dienendeBauten geſchaf fen. Häuserblöcke von ein Kilometer Frontlänge. Dieſe marriſtiſchen Bauten wurden mit betonierten Kellern ausgerüstet, mit Schießscharten, die nach rein taktischen Gesichtspunkten die Straßenzüge, Kreuzungen und freien Pläße beherrschen und mit Stahlplatten ver schließbar sind
gegen
Gewehreinschüsse
und Hand
granateneinwürfe. Diese die Hauptstadt einkreiſenden Festungen werden nun von den Aufständischen übernommen. Der Mann, der den taktischen Plan für dieſe Ein freifung Wiens entwarf und durchführte, ist der Stabs chef des Republikanischen Schutzbundes , General Kör ner. Dieser "7 General " gehörte früher der alten kai serlichen und königlichen Armee Österreich-Ungarns an. 1918 übernahm er die militärische Organiſation
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Der Februar - Aufstand 1934
der sozialdemokratischen Arbeiter und wurde dann als sozialdemokratischer Bundesrat in das österreichische Parlament entsandt. Der famose " Genosse“ hatte sich früher darum be müht, ſeinen längst abgelegten Familienadelstitel wie der zu bekommen . Dann äußerte er sich, Sozialdemokrat könne „ unſereins “ nicht ſein. Dann wurde er der rote General der Sozialdemokraten, und dann verriet er sie in der Stunde der Gefahr. Als nämlich der Aufſtand ausbrach, verließ „ Gene ral" Körner die von ihm gebauten roten Festungen und begab sich zu Herrn Dollfuß in „ Schußhaft“ . An den Umgang mit solchen Gesinnungslumpen gewöhnt , un terließ man es dort ſelbſtverſtändlich, diesen merkwür digen roten Aufrührer zu erschießen. Das tat man dann ſtatt deſſen mit den Straßenbah nern, die sich mit der Waffe in der Hand gegen die Polizeitruppen, die Heimwehren Starhembergs und die Soldaten des österreichischen Bundesheeres wehrten. Gerade zur rechten Zeit hatte Herr Dollfuß seine Aus landsbeziehungen angeknüpft . Da die roten Marxiſten feſtungen im Sturm nicht zu nehmen waren , ſo mußten sie ,sturmreif" geschossen werden. Das war die einfache Überlegung dieses Bürgerkriegshelden. Ausländische Panzerwagen und Geschüße standen ihm reichlich zur Verfügung. 72
Der Februar - Auf ſt and 1934
So spielte sich eine unbeschreibliche Tragödie ab. In den Betonfeſtungen der Arbeiterbezirke saßen die bewaffneten Aufrührer an ihren Schießscharten in den Betonkellern. In den Stockwerken darüber wohnten die Familien und blieben in ihren Heimen, in der Hoffnung, daß doch noch alles gut abgehen würde. In einer dieser Festun gen, dem sogenannten Karl-Mary-Hof, wohnten damals zum Beispiel tausend kinderreiche Arbeiterfamilien . Wenn Herr Dollfuß auch nur eine Spur menſchlicher oder politischer Überlegung besessen hätte, dann hätte er diese Arbeiterwohnblocks durch Polizei und Militär ein schließen und hermetisch abriegeln lassen. Dann wären die nicht mit Lebensmitteln ausgerüsteten Verteidiger binnen achtundvierzig Stunden zur Übergabe gezwun gen gewesen, ohne daß auch nur das Blut eines öster reichischen Arbeiters vergossen worden wäre. Statt dessen ließ Dollfuß in der Frühe des 12. Fe bruars Panzerwagen vor den Arbeiterwohnungen auf fahren und Geſchüße und Minenwerfer in Stellung bringen. Und dann geschieht das Ungeheuerliche. In die von Tausenden unschuldiger
Menschen,
Frauen und Kinder bewohnten Siedlungshäuſer jagt die Artillerie ihre Granaten, schleudern die Minen werfer ihre Minen. Die Front des Karl -Marx-Hofes wird von schwerer Artillerie zerfeßt. Auch in den ande 73
Der Februar - Aufſtand 1934
ren Stadtteilen geht Dollfuß mit der gleichen unglaub lichen Brutalität vor. Bald ſtehen die Arbeiterviertel in Flammen, während schwarzer Rauch über den Wohn blocks lagert und Frauen und Kinder im Knattern der Maschinengewehre und unter dem Knallen zerbersten der Handgranaten verzweifelt schreiend
Wege
ins
Freie suchen und sinnlos den Schießenden in die Ge wehre laufen. Zweitausend Tote sind am 12. Februar die blutige Ernte des Systems Dollfuß. Wo der Widerstand der Arbeiter mit Rücksicht auf die furchtbaren Leiden der Frauen und Kinder ein gestellt wird, werden die Aufrührer verhaftet und dem Standgericht vorgeführt, das die Hinrichtungen am laufenden Band beginnt. ,,Der Stümper Dollfuß “, schreibt das englische Re gierungsblatt,
hätte vor einem Jahre bei Hitler in
Deutschland lernen können, wie man marxiſtiſche Ar beiter für den Staat gewinnt." Die polnische Preſſe Presse schreibt, Dollfuß habe
seine
moralische Poſition in der ganzen Welt zerstört “. Das rumänische Regierungsblatt fertigt Dollfuß mit der Erklärung ab , „ er hat ſein Gewiſſen mit Tauſenden von Toten beschwert. Seine Hände triefen von Blut. “ „ Österreich hat den Weg zum Dritten Reich angetreten. Dollfuß ist nun ein politischer Leichnam. Der moralische
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Der Februar - Aufstand 1934
Anschluß an Hitler hat sich vor dem politischen Anschluß vollzogen. " Nach einer Woche herrscht in Wien und den Ländern Österreichs Ruhe. Die Arbeiterhäuſer ſind zerschoſſen, der Karl-Marx-Hof, der Goethehof, die großen Wohn bauten sind mit Granaten zerfeßt und ausgebrannt. Auf den Straßen breiten sich große Flecke eingetrock neten Blutes aus . In den Winkeln, unter Brücken, in Kellern, auf den verkohlten Dachböden liegen noch die Leichen.
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Die Juli - Erhebung wird erstickt
Der Führer erklärt in diesen Tagen dem englischen Journaliſten Ward Price : „Wir ſympathiſieren weder mit Herrn Dollfuß, noch mit seinen Gegnern . Die österreichischen Nationalsozialiſten aber werden an Zahl zunehmen. Besonders die Arbeiter Österreichs werdensichder nationalsozialiſtiſchenSache anschließen.“ Wie vorauszusehen war, hat die Regierung Dollfuß Schuschnigg nichts aus dem Aufstande gelernt. Vergeblich, daß das Diplomatische Korps in Wien der österreichischen Regierung die offizielle Bitte unter breitet hat, die Frauen und Kinder in den Arbeiter wohnblocks zu ſchonen. Zu den fünfzigtausend gefangenen Nationalſoziali ſten gesellen sich nun Zehntausende von marxiſtiſchen Arbeitern und Arbeiterinnen. In den Dollfuß-Ge fängnissen entsteht der Kern einer
alle Volksteile
umfaſſenden nationalsozialiſtiſchen Volksgemeinschaft, die durch den blutigen Terror der Dollfuß-Schuſchnigg Regierung zusammengeschmiedet wird . Nachdem der Führer schon im Anfang des Jahres zuſammen mit Marschall Pilſudſki das deutſch-polniſche
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Die Juli - Erhebung wird er ſtic t
Einvernehmen hergeſtellt hat, beginnt der Führer die schon 1920 von ihm als notwendig bezeichnete Zusam menarbeit Deutschlands mit Italien einzuleiten. Mitte Juni 1934 begibt ſich Adolf Hitler nach Vene dig und trifft dort zu einer zweitägigen Besprechung mit dem Duce des faschistischen Italiens, mit dem italienischen Miniſterpräsidenten Benito Muſſolini , zu ſammen. Diese entscheidende weltpolitische Zusammenkunft leitet die allmählich danach einsehende, gegen alle Hem mungen und Widerstände ſchließlich von Hitler und Mussolini durchgesetzte deutsch-italienische Zusammen arbeit ein. Was in Venedig besprochen wird? Nun, eben diese Zuſammenarbeit. Was dabei festgelegt wird? Nun, jedenfalls so viel , daß sich der kleine Napoleon von Wien, Herr Dollfuß , darüber ganz erschröcklich auf regt! Am 30. Juni 1934 schlägt Adolf Hitler in Bad Wiessee und Berlin die Röhmrevolte nieder. Ein paar aufrührerische und moralisch verkommene höhere SA. Führer werden an die Wand gestellt und erschossen. Eine große Hoffnung des Auslandes , eine Hoffnung der Juden und Emigranten und eine verwegene Hoff nung des Herrn Dollfuß wird mit der radikalen und
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Die Juli - Erhebung wird erstic t
raschen Beendigung der Meuterei zerstört : die Hoff nung auf eine Spaltung und Zersetzung des Dritten Reichs und den Sturz Adolf Hitlers . Das hat Röhm gewollt. Dabei war er des Beifalls und der Unterſtüßung aller Feinde Deutschlands sicher. Nun aber, am 1. Juli 1934, steht die Regierung Adolf Hitlers und die Macht des Führers stärker und unanfechtbarer da als jemals zuvor.
Bei einer solchen Machtsteigerung sieht sich Dollfuß gezwungen, nun doch endlich aus der Junibesprechung zwischen Hitler und Mussolini in Venedig die not wendige Folgerung in bezug auf die innerpolitische Lage Österreichs zu ziehen . Statt aber die Unterdrückung der Nationalsozialisten zu beenden und die Gefangenen in Freiheit zu sehen, versucht der Zwerg von Wien ein listiges Täuschungsmanöver. Er verabredet eine Ita lienfahrt zu einer Besprechung mit Mussolini und nimmt unmittelbar vorher, am 11. Juli , eine Um bildung seiner Regierung vor. In der Regierung ſizen
abermals
Schuschnigg,
Starhemberg, Fey und die Männer der übrigen in Österreich um die Macht kämpfenden klerikalen Grup pen, aber kein einziger Nationalsozialiſt. Allerdings benut Dollfuß die Gelegenheit, um dem ihm persönlich unsympathischen Sicherheitskommiſſar 78
Die Juli - Erhebung wird erstickt
Fey einen Streich zu spielen. Fey erhält den klangvollen Titel eines Generalstaatskommiſſars , aber feinen Wirkungskreis . . . !
Einer der mächtigsten Männer
Österreichs steht plößlich mit großartigen Titeln, aber ohne Macht da! Mit dieſem neuen, angeblich im Sinne der Juni besprechung umgebildeten Kabinett glaubt Dollfuß nun Deutschland, dieWelt und Muſſolini täuſchen zu können. Das „neue “ Kabinett beschließt bereits am nächſten Tage, dem 12. Juli, die Einführung der Todesstrafe für die Gegner der Regierung Dollfuß und zeigt ſo, welchen Kurs Dollfuß in Wahrheit weiterhin in Öster reich zu steuern beabsichtigt : den der schärfsten und blutigſten Unterdrückung der nationalsozialiſtiſchen Be wegung.
Not und Arbeitslosigkeit sind indessen bis zur Un erträglichkeit gestiegen. Das kleine Land, in eine wider natürliche
Selbständigkeitspolitik gegen Deutschland
hineingepreßt, hat einfach nicht mehr die Luft zum Leben. Da beschließen die österreichischen Nationalsozialisten, zum letzten, entscheidenden Schlag gegen Dollfuß aus; zuholen. Fast gleichzeitig, aber unabhängig voneinander, schla= gen die 44 in Wien und die SA . in der Steiermark los. Am 25. Juli 1934 fährt ein Trupp von vierzehn 79
Die Juli - Erhebung wird erstickt
Männern der Wiener 14 -Standarte 89 von der Turn halle an der Neubaugasse zum Wiener Sender, dem Haus der sogenannten Ravag in der Johannisgaſſe. Die Männer dringen durch den Garten und durch das Hauptportal ein. Sie beſehen das Haus und den Sendesaal.
Der Ansager verliest
eine bereits vor
bereitete Proklamation über die Abdankung von Doll fuß und die Neubildung einer nationalsozialistischen Regierung. An der Spitze der Regierung soll der österreichische Gesandte in Rom, Dr. von Rinteln, stehen. Rinteln hat sich bereits in Rom auf den Flugplatz begeben und iſt in Richtung Wien abgeflogen . Ein zweiter Trupp von 14 -Männern, faſt alles wegen nationalsozialiſtiſcher Betätigung aus dem Heer aus gestoßene ehemalige Soldaten, fährt zum Ballhaus play, wo der kleine Diktator Dollfuß seit der verfaſſungs widrigen sogenannten Notverordnung vom Vorjahr ſeine Gewaltherrschaft über Öſterreich auf fremde Ka nonen und Maſchinengewehre ſtüßt. Der dritte Trupp der 44 -Standarte iſt im Begriff, von der Turnhalle abzufahren , als das Unternehmen durch einen Verräter vereitelt wird . Der Führer des Handstreichs und dieſes dritten Trupps wird gefangen, entkommt wieder, kann aber nicht mehr zum Ball hausplatz durchdringen.
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Die Juli - Erhebung wird erstick t
Ohne davon zu wiſſen, fährt indes der andere Trupp in den Hof des Bundeskanzleramtes ein. Die über raschte Wache läßt die Männer in den feldgrauen Bundesheeruniformen ungehindert passieren.
Dann
stürmen die 14 -Führer die Treppe zu den Räumen des Bundeskanzlers hinauf. Dollfuß befindet sich gerade in einer Beratung mit Staatssekretär Karwinsky.
Der
zweite Teilnehmer dieser Beratung ist — Major Fey. Fey ist Sicherheitskommiſſar des Syſtems , bei der Niederwerfung des Februaraufstandes der Marxiſten mit hohen ungarischen Orden ausgezeichnet, und zu gleich aus einem vermessenen Ehrgeiz heraus einer der Wettbewerber um die Krone des Bundeskanzlers in diesem "1 christlichen“ Ständestaat. Zudem seit vierzehn Tagen ein Mann mit Titeln, aber ohne Amt. So wenig Dollfuß seinem Sicherheitskommiſſar Fey traut, ſo ſehr hat er sich bis heute gefürchtet, dieſen Mann aus der Regierung zu entlaſſen und ihn in die Oppoſition zu stoßen. In diesem Augenblick schlägt die überrumpelte Wache des Bundeskanzleramtes Alarm. Fey weiß, was die Glocke geschlagen hat, und verläßtsofort den Beratungs raum.
Dollfuß, auch seinem Staatssekretär für das
Sicherheitswesen, Karwinsky, nicht trauend, flieht aus dem Beratungszimmer allein nach rückwärts zum Kongreßsaal, um von dort in das Staatsarchiv zu
6 Hadamovsky, Weltgeschichte
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Die Juli - Erhebung wird erstiďt
gelangen. Er findet die Räume verschlossen, kehrt um und läuft dem Stoßtrupp der Revolutionäre direkt in die Arme. Die Soldaten stoßen ſo unvermittelt auf denBundes fanzler, daß die Männer in der erſten Überraschung auf den vermeintlich ihnen entgegentretenden Gegner ſchie ßen. Dollfuß wird durch einen Streifschuß, man sagt an der Hand, verwundet. Dann erst erkennen sie ihn. Der Bundeskanzler wankt, wird von den Männern geſtüßt und im Nebenzimmer auf den Diwan gebettet. Sie legen dem Blutenden einen Notverband an. Da erscheint Major Fey zwischen den Aufrührern, die keinerlei Maß nahmen gegen ihn treffen, und begibt sich zu Dollfuß an den Diwan. Die 14 - Männer verlassen den Raum. Dollfuß und Fey bleiben allein zurück. Die Führer des Stoßtrupps , Holzweber und Pla netta, warten inzwischen vergeblich auf das Eintreffen des dritten Trupps aus der Turnhalle, der dort be reits mit dem Führer des Handstreichs an der Spite verhaftet worden ist. Statt des erwarteten 14 -Trupps erscheint alarmier tes Bundesheer mit Tanks und geht in Schwarmlinie vor, um die Revolutionäre einzuschließen. Als sie sich daraufhin wieder zu Dollfuß begeben, finden sie ihn schwerverlett auf. Der Bundeskanzler liegt im Sterben.
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Die Juli - Erhebung wird erstiďt
Vielleicht wird es nie möglich sein, das Geheimnis um ſeinen Tod reſtlos zu enthüllen. Denn es wird absolut glaubwürdig versichert, daß teiner der 14 -Männer und alten Soldaten der Stan darte 89 den tödlichen Schuß auf Dollfuß abgab. Vor allem nicht Holzweber und Planetta. Eine Be ſeitigung des Bundeskanzlers war auch nicht geplant . Sonst wäre dazu, als die Männer das ganze Gebäude beſeßten, sofort im Anfang Gelegenheit gewesen. Der Plan der Aufständischen ging vielmehr lediglich dahin, den Bundeskanzler zum Verzicht auf die wider rechtlich beanspruchteMacht zu veranlaſſen, wenn nötig, durch seine Verhaftung zu zwingen , und Österreich eine dem Volkswillen
entsprechende
nationalsozialistische
Regierung zu geben. Diejenigen, die die Wiener Intrigen und Feind schaften des Juli 1934 genau kennen, berichten, daß kein anderer als Major Fey selbst die allgemeine Ver wirrung benutte, um seine persönliche Rechnung zu begleichen. Er gab den tödlichen Schuß auf Dollfuß ab . Die 14 -Männer ersuchten nun den Major Fey um Be freiung aus ihrer unhaltbar gewordenen Lage.
Dies sagte Fey zu. Vom Balkon des Bundeskanzleramtes aus verhan delte er durch Zuruf mit den Regierungstruppen und Mitgliedern der Regierung. Schließlich gab er in seiner
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Die Juli - Erhebung wird erstickt
Eigenschaft als Sicherheitskommissar und im Namen der Regierung den Aufständischen die ehrenwörtliche Verſicherung, ſie dürften das Bundeskanzleramt ver laſſen und erhielten freies Geleit zur Grenze. Der frühere Justizminiſter der Dollfußdiktatur, Herr von Schuschnigg , hatte aber inzwischen nach Krone und Zepter gegriffen ! Er gehörte zu den schlauen Galgenvögeln, die an die sem unheilschwangeren Vormittag ihren Herrn und Meister Dollfuß fünf Minuten vor dem Eintreffen der Putschisten verließen . Infolgedessen konnte Schuschnigg nicht von den Aufſtändiſchen hinter Schloß und Riegel gesezt werden. Er nahm sofort die telephonische Ver bindung mit dem Bundespräsidenten Miklas auf, der am Wörther See weilte, und verlangte von ihm die Be trauung mit der Führung der Regierung. Da Starhem berg im Augenblick nicht in Wien war und Fey von den Aufſtändischen im Bundeskanzleramt feſtgehalten wurde, gab der Bundespräsident nach und übertrug Kurt von Schuschnigg für den Augenblick und vorläufig die Regierungsgewalt. Schuschnigg wird sie nicht mehr aus den Klauen geben ! Er läßt zunächst den aus Rom in Wien eintreffenden österreichischen Gesandten Dr. von Rinteln verhaften, der sich zu ihm in das Verteidigungsministerium be
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geben hat, um mit ihm über die Neubildung einer ver faſſungsmäßigen Regierung unter Einbeziehung der Nationalsozialisten zu beraten! Dr. von Rinteln, der Schuschniggs Methoden bereits kennt, begeht darauf einen Selbstmordverſuch und ver leht sich schwer. Während sich dies abspielt, läßt Schuschnigg Polizei truppen mit Panzerwagen, Maschinenpistolen
und
Handgranaten gegen das Sendehaus der Ravag in der Johannisgasse vorgehen. Die vierzehn 44 - Leute im Sen der sehen sich einer hoffnungslosen Übermacht gegen über. Deffenungeachtet sind sie entschloſſen , ihrem Be fehl nachzukommen und das Gebäude für die neue Regierung, die nach ihrer Meinung inzwiſchen längſt gebildet sein muß , zu halten . Es beginnt ein erbitterter dreistündiger Kampf in der engen Gaſſe . Als schließlich der lezte der tapferen Männer über wältigt und schwer zusammengeschlagen wird , geht noch ein Sondertrupp der 14 zur technischen Großſendeanlage am Bisamberg und sprengt den Sender mit Dynamit. Wien muß den alten Sender auf dem Rosenhügel in Betrieb nehmen, um überhaupt ſenden zu können .
Schuschnigg läßt über den Sender die Wiederein nahme des Ravaggebäudes durch Regierungstruppen bekanntgeben, verschweigt aber, daß Dollfuß, Fey und deren Mitarbeiter im Bundeskanzleramt in der Gewalt 85
Die Juli - Erhebung wird erstickt
der Aufständischen sind, und begibt sich selbst zum Ball hausplatz. Auf Grund der Verhandlung, die Fey vom Balkon aus und schließlich direkt mit Oberst Humpel und Major Priner geführt hat, ist jede Kampfhandlung abgeblasen worden. Die Truppe liegt vor dem Bundeskanzleramt und hat die Gewehre zusammengestellt. Noch einmal wird den im Bundeskanzleramt Ein geschlossenen freier Abzug und militärisches Geleit bis zur Grenze zugesichert, wenn sie die Verhafteten frei geben. Zwischen neunzehn und zwanzig Uhr ziehen die Auf ständischen ihren Stoßtrupp auf dem Hof des Bundes fanzleramtes zusammen und öffnen im Vertrauen auf die gegebene Zuſage die Tore des Gebäudes . Sämtliche Gefangenen, an ihrer Spiße der Sicher heitskommissar Fey — sofern er Gefangener war ———, werden auf freien Fuß gesetzt. Als danach der Trupp der hundertvierundvierzig 44-Leute und Soldaten unter Führung von Holzweber und Planetta das Gebäude verläßt, wird er überfallen und entwaffnet. Die Männer werden vollständig ent fleidet und schwer gefesselt abtransportiert nach der Marokkanerkaſerne. Das Ehrenwort, das der Sicherheitskommiſſar Fey gegeben hat und das der mit der Führung der Regie
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rungsgeschäfte vorläufig beauftragte Herr Schuschnigg bestätigte, ist gebrochen.
Als die Aufständischen in Wien am 25. Juli in den Sender und das Bundeskanzleramt eindrangen, er hoben sich faſt zur gleichen Zeit die Tiroler, Kärntner und Steiermärker gegen das Joch der Dollfuß -Dikta tur. In Innsbruck wird der Anführer der Dollfußschen Knüppelgarden, Polizei-Stabshauptmann Hickl, aus ſeinem Quartier herausgeholt und auf der Straße er schossen. Dann beginnt in den Bergländern ein umfaſſender Aufstand der Nationalsozialisten, dessen Träger in er ſter Linie die öſterreichiſchen SA . -Männer und Berg bauern sind. Schuschnigg bietet Polizei , Heimwehr und Bundes truppen auf, um die Aufständischen mit militärischer Übermacht niederwerfen zu lassen. Es beginnt ein langer, furchtbarer und blutiger Bauernkrieg .
In
den Bergen Tirols , Kärntens , der Steiermark wird verbiſſen gekämpft.
Was Deutschland niemals sah,
erlebt Österreich : den mörderischen Kampf von Polizei truppen und Bundesheer gegen die aufſtändischen Stürme und Standarten der nationalsozialistischen SA. und 14 . Die Bergbauern sperren die Gebirgspässe , verriegeln
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Die Juli - Erhebung wird er stict
die wenigen Straßen, die nach Kärnten und in die Steiermark führen, verbarrikadieren sich in Dörfern und Städten und verteidigen erbittert jeden Fußbreit ihrer Heimat. Der Zugang von Oberösterreich ins Ennstal führt über den Pyhrnpaß.
Er wird von den Aufständischen gesperrt. Aber der Angriff der Regierungstruppen sett um fassend ein. Judenburg wird nach schwerem Kampf erſtürmt. Leoben kann erst nach eingehender Artillerievor bereitung genommen werden.
St. Donat muß mit Minenwerfern sturmreif ge= schossen werden. Im Gegendtal wird der Widerstand der Kärntner mit Flammenwerfern gebrochen. In Feldkirchen durchſtoßen die eingeschlossenen Auf ſtändischen den Ring der belagernden Regierungstrup pen und entkommen nordwärts . Bei
Annabichl
versuchen
die
Bergbauern
den
Schuschniggtruppen den Marſch auf die Landeshaupt stadt Klagenfurt zu verlegen . Sie werden aber selbst im Rücken gefaßt und eingeſchloſſen . Nur neun Mann ent kommen dem Gemezel . In Radstadt, in Schladming und anderen Orten des Ennstales werden nach Schluß der Kämpfe die 88
Die Juli - Erhebung wird erstid t
Nationalsozialisten zusammengetrieben und mit Ma schinengewehren niedergemacht.
Ganze Ortschaften werden entvölkert. Die Bauern schmachten mit ihren Knechten in Kerkern, liegen tot an den Gebirgspässen oder fliehen über die Kara wanken nach Jugoslawien . Die Schuschnigg-Diktatur bedient ſich auswärtiger Hilfe und läßt auf ausländischen Bahnen mit aus ländischen Truppentransportzügen ihr Militär von Süden her in den Rücken der Aufständiſchen werfen ! Wo die tapferen Männer, die ihre Freiheit verteidigen, schließlich der Übermacht und den beſſeren Waffen des Heeres weichen müssen, rücken die Henker der Heim wehren nach und hausen wie wilde Bestien. Ohne Recht und Gerechtigkeit zu finden werden Nationalsozialiſten zu Hunderten erschlagen, zu Tode geprügelt und aus dem Hinterhalt oder offen vor aller Welt niedergeknallt . Auf die Zusicherung freien Geleits- ergibt sich in den Tiroler Bergen ein aufständischer SA. - Sturm und liefert seine Waffen ab. Im Kasernenhof werden die WehrlosenmitMaschinengewehren zusammengeschossen . Neue Zehntausende füllen die Kerker in Wöllersdorf, in den Steinbrüchen, in dumpfen Burgverließen und Gefängnissen,
und
zahllos
sind
die
Opfer
einer
Schreckensjustiz , die, auf Spizel und Spürhunde ge=
89
Die Juli - Erhebung wird erstict
ſtüßt, jeden irgendwie Verdächtigen vor den Richter ſtuhl zerrt und zu schwersten lebenslänglichen Frei heitsstrafen oder zur Hinrichtung verurteilt. Die freche Stirn, mit der diese Volksverräter vor die Öffent lichkeit treten, macht unschuldige beste Deutschöster reicher in ihrem Glauben an Deutschland irre und läßt sie ungewollt zu Mitschuldigen des Brudermordes werden. Am 31. Juli , als die lezten Kämpfe in Kärnten und in der Steiermark zu Ende gehen, holt Schuschnigg zum vernichtenden Schlag gegen die Führer des Auf standes vom 25. Juli aus . Vor Gericht behauptet er, das von der Regierung gegebene Versprechen auf freien Abzug sei durch den Tod des Bundeskanzlers hinfällig geworden. Es ist aber erwiesen, daß der Tod den Regierungsmitgliedern zur Zeit ihrer Zusage an die Aufständischen bereits bekannt war. Es ist ferner sicher, daß die Aufſtändiſchen ſelbſt nicht den tödlichen Schuß auf Dollfuß abgegeben haben. Aber Schuschnigg benutzt die Gelegenheit, um die Män ner, die ihn des Wortbruches zeihen und die wahren . Hintergründe des Todes aufklären könnten, ein für allemal zum Schweigen zu bringen . So steht am Ende der Tragödie des 25. Juli nicht der freie Abzug aufrichtiger und ehrlicher Soldaten, ſondern die unmenschliche Tötung der Stoßtruppführer
90
Die Juli - Erhebung wird erstict
Holzweber und Planetta und ihrer Kampfgefährten am Würgegalgen. Die Männer, die als mutige Soldaten ihr Leben für die Freiheit in die Schanze schlugen, beteuern vergeblich ihre Unschuld am Tode des Bundeskanzlers . Sie dürfen ihren opfermutigen Einsaß nicht einmal mit ihrem Blute besiegeln. Selbst das verweigert ihnen die Re gierung, deren Wortführer freien Abzug und Geleit bis zur Grenze versprachen . Nicht durch die Kugel, nicht als Soldaten, sondern als gemeine Verbrecher, durch den Strang sollen die Männer vom Leben zum Tode gebracht werden. Sie ertragen die ihnen zugedachte Schande mit dem inneren Stolz und der Festigkeit, die nur der fanatische Glaubeaneine heilige, übermenschlichgroße Idee verleiht . Es gingschließlich nicht um einen bloßen Regierungs wechsel, als sie das Bundeskanzleramt stürmten. Es ging gegen alle Feinde Deutschlands !
Die Männer des 25. Juli zielten der deutschen Zwie tracht mitten ins Herz! Sie kämpften für Großdeutſchland ! Sie waren Sturmsoldaten der nationalsozialistischen Idee ! Sie waren Stoßtruppführer und politische Soldaten einer neuen Zeit, die sich einmal über die untergehende, schlechte Welt der Vergangenheit erheben mußte. 91
Die Juli - Erhebung wird er stict
So mutig und gefaßt, wie die Männer das Hin richtungsurteil und die ihnen zugedachte Schande auf ſich nahmen, so fest und treu blieben ihre Frauen. Ist es nicht erschütternd und zugleich ein herrliches Heldenlied auf deutsches Frauentum, daß Frau Pla netta in den tragischen Stunden der Urteilsverkündung nicht etwa versuchte, ihren Gatten zu befreien, wohl aber, ihm eine Pistole zukommen zu laſſen, damit er statt am Galgen als ehrlicher Soldat durch dieKugel sterben könne ! Holzweber benutte seine lehte Stunde zu Abschieds briefen an seine Frau und seine Eltern . In seiner kahlen Zelle ſtanden nur ein langgestreckter Tiſch und zwei Bänke. Holzweber rauchte eine Zigarette, als der evange lische Pfarrer Zimmermann in ſeiner Zelle erscheint . Der Verurteilte sagte ihm : „Ich kann angesichts des Todes nur versichern : ich habe nur Gutes gewollt . Mein Bemühen war darauf "1 gerichtet, jedes Blutvergießen zu vermeiden . Nachdem der Verurteilte das Abendmahl empfangen hat, nimmt er Abschied von Frau und Kind . Dann erscheint der Scharfrichter. Holzweber wird gebunden. Vergeblich bittet er, davon Abstand zu nehmen. Man führt ihn in den engen, winkligen, trostlos grauen Hinterhof.
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Die Juli - Erhebung wird erstick t
Holzweber geht mit festem Schritt auf den hölzernen Galgen zu. Im Augenblick, als man ihm die Würgeschlinge um den Hals legt, richtet er sich soldatiſch ſtraff auf und ruft mit lauter, flarer Stimme : „Ich sterbe für Deutſchland ! Heil Hitler!“ Dann beginnt seine Erwürgung. Wie in einem mittelalterlichen Foltergeſtell tritt der Tod an diesem Würgegalgen nicht raſch und plöglich, sondern nur langsam und sehr qualvoll ein. Der Tapfere kämpft einen furchtbaren Kampf. Immer wieder schallt der fanatische Ruf „Hitler ! Hitler!" über den öden Hof, allmählich abgewürgt und in Todeszuckungen verröchelnd . So stirbt Holzweber männlich, mutig und gläubig wie nur wenige der ganz großen Helden und Märtyrer der Menschheitsgeschichte .
" Sein Rufen “ , so erzählt uns der englische Jour nalist Ward Price, der als Augenzeuge zugegen war, ,,hallte wie durch ein Wunder von den Mauern des Gefängnisses wider, und in der Aufregung merkte ich erst nach einigen Sekunden, daß es eine vielseitige Ant wort durch die Ventilationslöcher der Zellen gefunden hatte. Besonders eine helle, durchdringende Frauen ſtimme, die zweifellos einer gebildeten Person an gehörte, wiederholte den Ruf. Wahrscheinlich durch 93
Die Juli - Erhebung wird er ſtic t
diese Antworten angeregt, wiederholte auch Holzweber diesen Nazigruß noch mehrere Male, und es war das grauenhafteste Erlebnis, ihn von den toten Mauern des Gefängniſſes , an denen man kein menschliches Wesen sah, widerhallen zu hören. Kein Zweifel, dieſer Mann ſtarb wie ein Held. Durch die Ungeschicklichkeit der Bedienung des Gal gens, vielleicht auch durch das unmenschliche Würge system des Galgens selbst, dauerte es nach meiner Uhr zwölf Minuten, bis er tot war. In dieser Ewigkeit zwischen Leben und Tod bekannte er sich zu seiner Idee, bis die Merkmale der Erwürgung seine Stimme lang ſam erstickten." Der tapfere Planetta und seine Gefährten haben das Rufen gehört und darauf geantwortet, sind Zeugen dieſes fanatischen, auch im Tode nicht zu brechenden Bekenntnisses geworden! Mit dem Namen des Führers auf den Lippen wird auch Planetta erwürgt. Dann sterben gleich ihnen in heldiſcher Haltung, als Nationalsozialisten über den Tod hinaus Künder ihres Volkes, die Männer : Josef Hackl, Ludwig Maißen, Hans Domes , Hans Leeb, Erich Wohlrab, Friedrich Wurnig , Franz Ebner, Ernst Feike, Franz Saureis , Franz Unterberger, Ru dolf Erlbacher.
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Die Juli - Erhebung wird erstickt
Schuschnigg erwirbt ſich mit dieser Tat beim deut schen Volke den Namen des Würgers . Die Toten aber wirken als Märtyrer über das Grab hinaus lebendig fort und überzeugen selbst die, die der Hinrichtung beiwohnen mußten, von der durch nichts bezwingbaren, Tod und Leben überstrahlenden all mächtigen Gewalt der Idee Adolf Hitlers .
Die Deutschen im Reich erleben das furchtbare Trauerspiel des Brudervolkes in Österreich und müſſen ſtumm und verbissen Gewehr bei Fuß stehenbleiben. Noch ist Deutschland waffenlos . Jeder Einsatz für die Brüder in Österreich müßte das Reich gefährden und damit Tod und Vernichtung für alle gemeinsam bringen. So muß der SA. -Mann im Reich die Faust in der Tasche ballen, während seine Kameraden in Österreich verbluten. So können die nationalsozialistischen Gau leiter im Reich ihrem Kameraden Hofer aus Innsbruc nur ſtill die Hand drücken und ſtumm in die Augen sehen, als er zum Reichsparteitag in Nürnberg ein trifft. Sechs Wochen sind seit dem Aufstande verflossen . Nun liegt Gauleiter Hofer verwundet im Rollstuhl neben dem Führer, der auf dem Nürnberger Adolf Hitler-Plaz den Vorbeimarsch seiner reichsdeutschen SA . abnimmt. Von treuen Kameraden befreit , brach 95
Die Juli - Erhebung wird erstick t
Hofer aus dem Gefängnis aus und schleppte sich ver wundet über die Berge ins Reich. Mit brennenden Augen sieht er dem Vorbeimarsch von hunderttauſend Braunhemden vor Adolf Hitler zu, indes sein Herz schlag heftiger geht und das frische Blut durch den Ver band sickert. Gar zu gern hätte der Würger Schuschnigg in dieſen Tagen auch an dem in Österreich allbeliebten Gauleiter Leopold sein Mütchen gekühlt. Aber die Wiener Macht haber selbst haben Leopold in Sicherheit gebracht ! Er ſigt wieder einmal , vielleicht zum zehnten oder zwanzig ſten Male, in den Kerkern des Dollfuß -Syſtems , als der Aufstand ausbricht. So kann man ihn beim besten Willen nicht an den Würgegalgen bringen. Als der Juliaufſtand endgültig in Blut und Tränen erſtickt iſt, als die toten Bauern der Berge und erwürg ten Soldaten der Wiener 44 längst in der mütterlichen Erde
vermodern,
gleicht
das
Land
einem
großen
Friedhof.
Das geringste Bekenntnis zum Deutschtum, zum großdeutschen Gedanken, zur Vereinigung mit dem Reiche wird den Deutschen Österreichs als Hochverrat ausgelegt und als Hochverrat bestraft. Aber die einmal entflammte nationalsozialiſtiſche Bewegung, in faſt zwei Jahrzehnten im Herzen des Volkes verankert, kann auch nicht durch furchtbarste Greuel erstickt werden .
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Aber das Feuer brennt weiter
Nach zwei Jahren der ſinnloſen und blutigen Ver folgung wird der Würger Schuschnigg gezwungen, am 11. Juli 1936 ein Befriedungsabkommen mit Deutsch land abzuschließen. Aber er glaubt, sich ebenso wie sein Vorgänger Doll fuß mit Betrug an der Erfüllung seiner Versprechun gen vorbeidrücken zu können. Zwar wird ein Teil der nationalsozialistischen
Gefangenen
auf
Grund
des
Juliabkommens freigelaſſen. Dafür aber beginnt eine neue Unterdrückungswelle gegen die Träger der Be wegung. Angesichts der glänzenden Erfolge Adolf Hitlers im Reich flammt dennoch allenthalben in Österreich die unter der Decke schwelende Glut immer heller und leuch tender wieder auf. Auch die völlige Abtrennung und Abreißung jeder Verbindung mit dem Reich, das Ver bot nationalsozialiſtiſcher Bücher, reichsdeutscher Zei tungen, das Verbot deutschen Rundfunkempfanges, die völlige Unterbindung und Erdrosselung des Reise- und Grenzverkehrs durch die Schuschnigg-Diktatur vermag das Deutschtum in Österreich nicht mehr länger zu knebeln. Ein paar deutsche Menschen fallen, unwissend
7 Hadamovsky, Weltgeschichte
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Aber das Feuer brennt weiter
und irregeführt, auf den Schwindel herein. Ein paar der Ewig-Gestrigen folgen, gedankenlos , von dem rück sichtslosen Terror gezwungen, den Lügenfahnen mit dem Krukenkreuz , das Herr Schuschnigg erfand , um das Hakenkreuz aus dem Feld zu schlagen. Unter einem Kreuz macht er es nun einmal nicht, das versteht sich. Als Parole gibt er ſeiner sogenannten Vaterländiſchen Front die platte Phrase mit auf den Weg: Nicht Nationalismus und Sozialismus , sondern Patriotismus ! Aber neben den bezahlten Schergen seiner Diktatur ſammeln ſich nur die patriotiſchen Bierbäuche um ihn, die längst das Denken und erst recht das Kämpfen verlernt haben . Die aktive Jugend Österreichs aber schwört heimlich auf das Banner Adolf Hitlers . Die erwürgten Helden des 25. Juli marschieren ihr im Geiste voran. Nichts ist so erschütternd wie der opferwillige und todesmutige Einsaß dieser Jugend .
Dreizehn-, vier
zehn-, fünfzehnjährige Jungen und Mädel eilen von Haus zu Haus , von Fabrik zu Fabrik, durch Hochwälder und über die einſamen Bergpfade, von Dorf zu Dorf und von Berghof zu Berghof. Sie tragen das heilige Feuer der Bewegung wie einen Fackelbrand durch das Land . Sie verteilen Flugblätter und Zeitungen, geben
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Aber das Feuer brennt weiter
Parolen weiter, führen Flüchtlinge über die Berge oder versorgen sie mit Lebensmitteln, ſind nie zu Hause, kennen kein Familienleben und gehen ganz im Dienſte der Idee auf. Die Jungen und Mädel schmachten, gleich den Er wachsenen, in den Anhaltelagern und Kerkern des Wür gers Schuschnigg. Sie werden Opfer des gemeinen Meuchelmordes . An vierzehn- und fünfzehnjährigen nationalsozialiſtiſchen Mädels werden von Henkern grauenvolle Bestialitäten verübt. Aber diese heilige Jugend kennt keine Furcht und feineFeigheit. Österreichs Volk stirbt. An der Geburten armut, an der Wirtschaftsnot. An Schuschniggs Würge griff. Da springt diese jüngste Jugend in die Breschen, die Tod und Not in die Reihen der Alten riß. Sechshundert tapfere Mädel und elfhundert mutige Jungen sind die eiserne Garde, die illegale „ HI. “ , die den heiligen Fanatismus in Wien brennend lebendig erhält und weiterträgt. Eine lächerliche Zahl . Siebzehnhundert blutjunge Menschen in der Zweimillionenstadt. Aber hier wird nicht die Zahl, hier werden die Her zen gewogen ! Der Geschichtsforscher wird einst den Anteil dieser jüngsten Jugend Österreichs an der erneuten national sozialistischen Erhebung des Jahres 1938 gar nicht hoch
7*
99
Aber das Feuer brennt weiter
genug einschätzen können . Diese stolze, mutige Jugend trägt mit Recht den erhabenen und verpflichtenden Namen des Führers auf der Stirn, den Namen „ Hitler Jugend". Der Führer selbst ist einer der ihren , iſt Öſter reicher, 1889 in Braunau am Inn geboren. Er kennt ſeine Heimat und er kennt die Rieſenſtadt Wien, in der er einſt als Bauarbeiter ſein kärgliches Brot verdiente. Um der Zukunft willen, um der Jugend willen, um des Volkes willen, das mit seiner ewigen Jugend ein neues Jahrtausend der Geschichte überstehen soll, kann Adolf Hitler dem Mord und der Ausrottung der Besten nicht länger tatenlos zusehen .
Als das Reich gefestigt ist, die neue Wehrmacht ge schaffen, die Zusammenarbeit mit Italien begonnen, macht Hitler einen entscheidenden Schritt zur Befreiung Österreichs und zur Wiederherstellung der wahren Un abhängigkeit dieses deutschen Landes . Groß und verzeihend reicht Adolf Hitler dem Bundes kanzler Schuschnigg die Hand, um die beiden deutschen Brüdervölker im Reich und in Österreich zu vereinigen und einen Schlußſtrich unter die blutige innenpolitiſche Vergangenheit der Schuschnigg- Diktatur zu ziehen. Schuschnigg nimmt des Führers Einladung zum Ober falzberg am 12. Februar 1938 an und erscheint in den Mittagstunden dieses Tages als Gaſt auf dem Berghof
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Aber das Feuer brennt weiter
in Berchtesgaden, der längst allen Deutschen ein Heilig tum geworden ist. Der Führer verlangt von Schuschnigg die Beendi gung des Terrors gegen das nationalsozialiſtiſche Volk Österreichs . Er verlangt eine dem Stärkeverhältnis entsprechende Heranziehung der Nationalsozialisten in der Vaterländischen Front, der einzigen von Schusch nigg geduldeten politiſchen Organiſation, und eine ent sprechende Beteiligung von Nationalsozialiſten in der Bundesregierung . Schuschnigg stimmt den Forderungen des Führers zu und verspricht deren legale und loyale Durchführung ! Als Schuschnigg vom Obersalzberg nach Wien zurück kehrt, wird er wie ein Triumphator von der jubelnden Volksmenge
empfangen.
Das
nationalsozialiſtiſche
Österreich glaubt die Stunde der Befreiung und Er lösung gekommen und baut auf das Wort des Mannes , den der Führer einer Einladung zum Obersalzberg würdigte. Österreich soll nun frei werden ! Die feindliche Haltung des Staates gegen sein deut sches Mutterland ſoll nun zu Ende ſein! Die Regierung wird im nationalsozialiſtiſchen Sinne umgebildet werden. Schuschnigg selbst wird die Fehler der Vergangen heit einsehen, wird einen neuen Kurs einschlagen, wird 101
Aber das Feuer brennt weiter
dem Willen des österreichischen Volkes nachgeben und Arm in Arm mit Deutschland marschieren! Die Menschen in Wien fallen ſich auf offener Straße um den Hals . Nach einigen Tagen, am 16. Februar, kommt die Mitteilung von der Regierungsumbildung. Seyß- Inquart,
der
Vertrauensmann
der
öster
reichischen Nationalsozialisten, Glaiſe-Horſtenau , ein Vorkämpfer der neuen Zeit und verdienter Offizier des alten Heeres , und Guido Schmidt, der Verbindungs mann zum Reiche, werden als Miniſter in die Regie rung berufen. Es scheint, daß die neue, glückliche Zeit nun für Österreich gekommen ist . Bald werden, so glaubt das deutsche Volk von der Nordsee bis nach Kärnten und Steiermark, die alten Schranken fallen, die Deutsche von Deutschen trennen. Bald wird durch den freien Willen des deutsch-öster reichischen Volkes der lehte Rest jener künstlichen Gren zen beseitigt sein, die die Kriegsverbrecher von Ver ſailles uns 1919 mit der Gewalt der Waffen auf gezwungen haben. Bald wird der Entschluß des Öster reichischen Bundestages von 1919 zur Durchführung kommen, der Anschluß Österreichs an das Dritte Reich. Am 20. Februar hält der Führer vor dem Reichstag jene grundsätzliche Rede über die Beendigung der Unter
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Aber das Feuer brennt weiter
drückung der Deutschen jenseits der Reichsgrenzen, die ausführlich im ersten Kapitel geschildert wurde. Der Jubel der abgeordneten Männer des Deutschen Reichs tages bei der Erwähnung des Schuschnigg-Beſuches auf dem Obersalzberg gilt nicht nur dem Führer, er gilt auch dem österreichischen Bundeskanzler ! Genau so wie die Masse des Volkes , glauben die abgeordneten Män ner des Deutschen Reichstages, daß der Bundeskanzler, der in vierjähriger Unterdrückung der Nationalſozia listen so viel Blutschuld auf sich geladen hat, doch noch in zwölfter Stunde die verhängnisvolle Kette seiner Frrtümer und Fehler erkannte und den Weg zum Her zen des deutschen Volkes, den Weg zum Dritten Reiche Adolf Hitlers nun endlich ehrlich gefunden hat. So erklingt lauter Beifall im Deutschen Reichstag, als Adolf Hitler über Herrn von Schuschnigg folgendes jagt :
"Ich möchte an dieser Stelle vor dem deutschen Volke dem österreichischen Bundeskanzler meinen aufrichtigen Dank aussprechen für das große Verſtändnis und die warmherzige Bereitwilligkeit, mit der er meine Ein ladung annahm und sich bemühte, gemeinsam mit mir einen Weg zu finden, der ebensosehr im Interesse der beiden Länder wie im Interesse des gesamten deutschen Volkes liegt, dessen Söhne wir alle sind, ganz gleich, wo die Wiege unserer Heimat ſtand . “ 103
Aber das Feuer brennt weiter
Wenige Tage später aber, am 24. Februar 1938 , geht ein eisiger Wind über die junge deutsche Frühlings hoffnung hinweg. In Wien spricht Bundeskanzler Schuschnigg in Er widerung der Rede des Führers vor dem Österreichischen Bundestag.
Nicht nur das deutsche Volk Österreichs sizt mit bebendem Herzen am Lautsprecher, um nun auch aus dem Munde des Bundeskanzlers die klare und rückhalt lose Verbundenheit Schuschniggs
mit dem Dritten
Reiche zu hören. Nein, auch das deutsche Volk im Reich ist heute Zuhörer des Mannes in Wien. Der deutsche Rundfunk selbst, der Deutschlandsender, übernimmt die Schuschnigg-Rede für die deutschen Rundfunkhörer ! Das deutsche Volk von den Bergen bis zur Nordsee wartet gespannt auf den Beginn der Übertragung . Das erste, was wir hören, ist ein befremdender Lärm. Während der Führer und Reichskanzler vom Reichs tag schweigend empfangen wurde, brechen die von Schuschnigg bestellten Funktionäre der Vaterländischen Front im Österreichischen Bundestag in ein unbeschreib liches Gebrüll aus , als Schuschnigg erscheint. Man fragt sich: Wozu dieſer Theaterdonner?
Hat Schuschnigg das denn nötig ? Dann spricht der Bundeskanzler und beschwört den Schatten des unglückseligen Dollfuß herauf ! 104
Aber das Feuer brennt weiter
Ausgerechnet dieſem verworrenſten und zielloſeſten aller österreichischen Politiker legt er den Ehrentitel eines
Führers von Österreich“ bei !
Er beruft sich auf die alte, verderbenbringende Politik des Dollfuß-Systems ! Er pocht auf die Freundſchaft Wiens mit Paris und London! Dann beginnt eine Rede, mit der Schuschnigg den Führer und Reichskanzler, der ihn gutgläubig empfing, ganz unverhüllt ironiſiert und verhöhnt. Ist es die Vermeſſenheit eines Wahnsinnigen oder die Verworfenheit eines Verbrechers ? Das wagt der Mann, der in vier Jahren unendliche Blutſchuld auf sich geladen hat ! Den der Führer den noch um der deutschen Versöhnung und Zukunft willen zu sich auf den Obersalzberg berief ! Dem die National ſozialiſten und das ganze deutsche Volk zujubelten ! Es scheint, daß in Schuschniggs Seele der Drache der deutschen Zwietracht wieder auferstanden iſt und schwär zester Verrat das junge Dritte Reich mitten ins Herz treffen soll.
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Österreichischer Frühling
Die Menschen der Ostmart
Im
Herzen
Österreichs ,
in dem
Bahnenvierec
zwiſchen Salzburg, Bad Ischl, Pürgg undBischofshofen, liegt das mächtigste Gebirge unserer nördlichen Kalk alpen, der Dachstein . Bis zur Höhe von dreitausend Metern erheben sich die kühnen , wildzerriſſenen Grate und Türme und die wuchtigen Gipfel. Mit prallen Fels wänden stürzt das Maſſiv nach Norden faſt zweitauſend fünfhundert Meter bis zum grünen Spiegel des Hall ſtätter Sees ab. Die Ufer des Sees , seit sechshundert Jahren wieder eine Heimstatt fleißiger Bauern und Bergleute, trugen schon viele Jahrtausende vor unserer Zeitrechnung eine hochentwickelte Kultur. Lange bevor die Griechen, aus germanischen Ländern kommend , Griechenland in den Zeiten Homers besiedelten, und vielleicht zweitausend Jahre bevor Rom gegründet wurde , lebten in Hallstatt hochgewachsene, blonde Menschen. Die Männer erschlossen als Ingenieure und Berg leute die reichen Gold-, Eisen-, Kupfer-, Edelstein- und Salzvorkommen des Gebirges und trieben mit wiſſen schaftlicher Klugheit und überlegenem bergbautechni
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Die Menschen der Ostmark
schem Können einen Schacht nach dem anderen in die Tiefe. Sie kleideten sich in kostbare Gewänder, die wir heute mit Stolz tragen würden, und schufen zur Zierde ihrer Frauen wundervollen Bronze- und Goldschmuck, zum Schuß ihrer Heimat scharfgeschliffene Beile, Schwerter, Speere und Dolche. In dem Jahrtauſend umChriſti Geburt überrannten erst die Gallier, dann die Römer das nordische Volk von Hallstatt
und
vernichteten
seine
Kulturblüte.
Schließlich brachen aus Asien die zügellosen Scharen der Hunnen über Europa herein und überschwemmten die Kulturwelt bis vor die Tore von Rom und Paris . Da ging zuletzt auch derBergbau von Hallstatt zugrunde. Tausend Jahre später, im Jahre 1311 unserer Zeit rechnung, wurde der Salzberg endlich durch die aus Bayern und Franken in die Oſtmark zurückgewander ten Deutschen wieder eröffnet. Damals war keine Spur des vorgeschichtlichen Bergbaues mehr vorhanden. Aber tief im Berge finden wir heute die Stollen und Werk zeuge der Männer, die vor drei- und fünftausend Jah ren die Eingeweide der Erde zerwühlten. Und beim Öffnen der Gräberfelder von Hallstatt begegnen wir auf Schritt und Tritt den erstaunlichen Zeugnissen dieſer denkwürdigen ariſchen Kultur aus grauer Vorzeit . Der gewaltige Gebirgsstock aus waagerecht geschich 108
Die Menschen der Ost mark
tetem Dachsteinkalk und wild emporſteigenden Korallen riffen birgt aber noch andere, ältere
Geheimnisse :
Ammonshörner, ich möchte sagen, riesige Schnecken häuſer von zwei Metern Durchmesser aus uralten Zei ten der Erde, findet der Forscher zahlreich im Geſtein. In der Eiszeit gruben sich die Flüſſe ihr Bett durch das Innere des Berges . Heute strömen sie fast tausend Meter tiefer in den Hallſtätter- und Gosauer See. Die früheren Flußbetten aber sind zu einem riesigen Netz das Gebirge durchziehender Eishöhlen geworden. Tage und Wochen kann der Forscher und der wißbegierige Reisende dort im Innern des Berges durch funkelnde Eistunnel und verglaste Kamine und Schluchten ſtei gen, hier und dort auf die Knochenreste seltsamer vor geschichtlicher Lebewesen stoßend . Winters wie ſommers sind die Flanken des Dach ſteins von einem Eispanzer umſchloſſen, der dem Wan derer, Bergsteiger und Kletterer den allzu bequemen, allzu leichten Zutritt erschwert. Die Hauptgipfel der Gruppe, Torſtein, Mitterſpiße, Hoher Dachstein und Dirndln, fallen auch nach Süden schroff ab. Dort liegt zu Füßen der senkrechten Wände im warmen Schein der Sommer- und Winterſonne die Ramsau . Wohl zwanzig Kilometer gen Osten und Westen, vier oder fünf Stunden weit, erstreckt sich das Hochplateau der Au , die mit ihren grünen Wiesen
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Die Menschen der Ost mark
flächen und weit auseinanderliegenden Bauerngehöften ein Siedlungsbild wie aus ältester germanischer Zeit bietet. Während im Norden das schroffe Gebirge die Au beschirmt, legt sich im Süden der sanfte Hügelzug des Kulmberges mit seinen schwarzgrünen Fichten schüßend davor. Dann aber fallen die Hänge ſteil ab in das Tal der Enns , durch das die Bahnlinie von Bischofshofen über Schladming nach Pürgg läuft. Die Ramsau iſt ſo die nordwestlichste Ecke der Steiermark. Auf ihrem Hoch plateau, elfhundert Meter über dem Meeresspiegel, wohnen helläugige Menschen mit sonnengelbem Haar. Die Überlieferung berichtet, daß sie der reine und un vermischte Reſt einer germanischen Raſſe wären, der sich hier oben, allen Stürmen der Völkerwanderung zum Troz, im Schuße der Berge unversehrt und un vermischt erhalten hat. Und was die Überlieferung der Alten erzählt, das beweist der Anblick der Jungen . Troßig und ſtark, hell und gerade wachsen die Jungen und Mädel der Rams au auf, goldhaarige Sonnenkinder. Mutig und frei prüft ihr Blick den Fremden, und das makellose Blau des Auges spiegelt die Klarheit und Reinheit ihrer Seele wider. Als Martin Luther, der Mönch von Wittenberg, dem verkommenen Papſttum des Mittelalters den Kampf ansagte, und die deutschen Chriſten Protestierende gegen
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Die Menschen der Ostmark
Rom wurden, da ward auch ganz Österreich protestan tisch. Dann kam das Zeitalter der Gegenreformation , derKeterverfolgungen und Glaubenskriege. Das Rhein land und Bayern, Österreich und Böhmen wurden mit Feuer und Schwert wieder katholisch gemacht. Das Volk der Ramsau aber bekehrte sich nicht. Wenn die Glaubensnot in der Steiermark allzu drückend und furchtbar wurde, dann wanderten sie längs der Berge zur Gosau hinüber, die zum Salzburgiſchen gehört, und trieben dort ihr Vieh über die Almen und lebten als freie evangelische Bergbauern. Bis auch in Salzburg Feuer und Schwert die Evangeliſchen traf. Mehr als dreißigtausend tapfere
Salzburger wanderten
aus .
Dieses mutige und standhafte Volk Österreichs war eher bereit, Hof und Beſiß zu verlassen, die Heimat seiner Berge und das alte Haus der Väter, als seinem Glauben und seiner Überzeugung abzuschwören . So kamen die Salzburger bis nach Ostpreußen, wo sie heute noch in geschlossener Siedlung leben. Das Volk der Ramsau aber, hart und bodenſtändig, zog wieder auf die Au zurück und behauptete sich. Als endlich Gefahr bestand , daß alle erschlagen wür den, nahmen sie zum Schein das katholische Bekenntnis an. Aber wenn Jesuiten und Pfaffen geglaubt hatten, wenn schon nicht die lebende, so doch dann wenigstens die nächste Generation für sich zu gewinnen, so hatten 111
Die Menschen der Ostmark
sie sich gründlich geirrt. Das Volk der Ramsau, wie das harte Volk Österreichs überhaupt, hat einen langen Atem. Ihre evangelische Kirche wurde ihnen fort genommen und zur katholischen erklärt. Sie gingen auch hin. Aber des Nachts trafen sie sich heimlich oben im Gebirge an einem Fels , der heute noch der Predigt ſtuhl heißt. Da predigte einer der ihren den reinen, evangeli schen, protestantischen Glauben. Und so geschah es von Generation zu Generation unverändert weiter. Zwei hundert Jahre lang. Endlich kam die Wende des 19. Jahrhunderts . Auch im alten reaktionären Österreich wurde das Glaubensbekenntnis für frei erklärt. Da standen die Ramsauer Männer und Frauen auf und warfen die durch zwei Jahrhunderte widerwillig ge tragene Maske der Heuchelei ab. Die Ramsau, drei zugewanderte Bauern ausgenommen, erklärte sich wie ein Mann für evangelisch, und weiter im Westen errichteten die Männer troßiger , mächtiger und höher als das alte geraubte Kirchlein ihre neue evangeliſch protestantische Kirche. Um dieselbe Zeit, als die weite Welt ſchon erſchloſſen und entdeckt war, und für Forscherkühnheit, Entdecker freude und Siegerſtolz nur noch wenig Raum auf Erden blieb, da begannen die nordischen Menschen die Gipfel der Hochgebirge zu erſteigen.
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Die Menschen der Ostmark
Aus Freude an Kampf und Gefahr. Aus Liebe zur Reinheit und Schönheit der un berührten Gotteswelt.
So entstand der Alpinismus . Um diese Zeit, es sind jezt hundert Jahre her, betrat der Bauer Peter Gappmayer als erster Mensch den Gipfel des Dachstein. Darauf wurde der Mut der Männer in den Bergen Jahr für Jahr tollkühner und verwegener. Bald stiegen sie nicht nur. Das Felsklet tern kam auf. Zwei Generationen von jungen Män nern deutschen, englischen, französischen und italieni schen Blutes erſtürmten alle glatten Felswände und schwindelerregenden Grate des Hochgebirges . Erſt in den Alpen, dann in allen Ländern bis nach Indien zum unbezwungenen Himalaja , dem Dach der Welt, der Göttinmutter der Berge. Da stand auch das kühne Volk der Ramsau ſeinen Mann. Die Ramsauer versuchten die Besteigung des Dachsteins über die senkrechte Felswand im Süden, genau in der Fallinie des Gipfels. Viele, viele Male schlug der Versuch der Besten fehl. 1909 endlich gelang das kühne, unmöglich erschei nende Wagnis den Brüdern Franz und Georg Steiner, deren Geschlecht in vielen Familien über die Ramsau verstreut ist. Als die Menschen der Au zehn Jahre später ihren
8 Hadamovsky, Weltgeschichte
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Die Menschen der Ost mart
Helden des Weltkrieges ein Denkmal vor der evange lischen Kirche setten, da mußte der Steinmetz auf der Gedenktafel der Toten allein fünfmal den Namen Steiner einmeißeln. Wie oft vergessen wir, daß das Volk Öſterreichs nicht jener Typ verkalkter Wiener Salonneurastheniker ist, der ſich mit „Kiſſ' die Hand, gnä ' Frau “ und „ Biit schöön, Herr Hofrat " durchs Leben schwindelte, und erst recht nicht jener Typ halbaſiatiſcher Völkerſchaften, die während des
Weltkrieges
das
Heer
nicht der
Kämpfer, sondern der Deserteure ſtellten. Im Durch schnitt sind die Verluste der besten Weltkriegsregimen ter rein österreichischen Blutes größer als der deutsche Reichsdurchschnitt !
Weil sowohl die Härte wie der
Mut dieser Menschen beispiellos erhaben sind. Von den Steiners auf der Ramsau und den anderen Pfundsterlen und -frauen dort im Herzen Österreichs will ich nun erzählen. Ist es nötig, zu erwähnen, daß ſie ſelbſtverſtändlich um die Jahreswende 1937/1938 alle Nationalſozia listen sind? Daß sie für die Freiheit kämpfen ? Daß die Ramsau-Bauern früher als die meiſten Gemeinden im Altreich, nämlich schon lange vor dem 30. Januar 1933 dem Führer einstimmig
das
Ehrenbürgerrecht der
Ramsau verliehen haben ? Daß sie und alle Bauern der Berge auf Hitlers Fahne und auf Deutſchland schwö 114
Die Menschen der Ost mark
ren? Daß die Kinder, dieſe helläugigen, blonden Son nenkinder, zum Führer treu und gläubig aufblicken und ihn jeden Tag in ihr Gebet einschließen? Der kleine Bertie ist erst zwei Jahre alt. Aber des wegen grüßt er doch stramm mit „Heil Hitler!" und stiefelt durch den Winterschnee von Schladming oder Aich die tausend Meter bis zur Auſtriahütte am Fuß des Dachsteins hinauf. Oben iſt er nicht etwa müde, sondern beginnt ein fröhliches Jagen mit dem schwar zen Kater des Hauses und klettert unter und über allen Tischen und Stühlen herum . Dann hat er ein neues Spiel mit der Taschenlampe eines Bergsteigers . Wenn er seine kleinen Patschhändchen darüber legt, so scheint das Licht durch die Kinderhändchen, und es leuchtet rot wie Blut. Am Ende fängt er an, an den Beinen der Leute zu zerren, die im Zimmer herumstehen oder ſizen. Diefallen nun davon freilich noch nicht um. Aber dieKraft des Bertie wird daran wachsen, bis er ein großen, starker und mächtiger Kerl ist, wie alle anderen um ihn herum! Als ein Fremder im Februar 1938 auf die Ramsau kommt, läuft die kleine Gretel beim Steinerhof den Tag wohl dreißigmal an ihm vorbei, streckt den Arm in die Luft und ruft so hell sie kann :
„Heil Hitler!" Übt sie wohl für die Schule, in die ſie nun Oſtern kommen soll ?
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Die Menschen der Ost mark
Fragt der Fremde: „ Na, Gretel, heut' hast du mich ja schon arg viele Male mit ,HeilHitler ! ' begrüßt, gell ?" Dann meint sie treuherzig : „ Ich sag's halt so gern. " Und wer ihr Vertrauen hat, den nimmt die Kleine auch bei der Hand und führt ihn vor das Hitlerbild im Steinerhaus, auf dem der Führer mit Hindenburg zu ſehen iſt, wie ſie beide durch den Neudecker Park fahren. Dann erklärt ſie freudeſtrahlend : „ Das ist mein liebſtes Bild — vom Hitler. " Zwischen den Großen und ganz Großen läuft auch der vierjährige Robert herum. Er muß alles ganz genau wiſſen und erklärt bekommen, was die Großen von der Politik und vom Hitler sprechen. Was er erfährt, das erzählt er dann mit ernſtem und treuherzigem Gesicht, und alle hören den kleinen Kerl aufmerksam und freundlich an und streicheln ihm über das gelbe Haar . Was sie alle hier auf der Ramsau wissen, was dem Kleinen zwar nicht verheimlicht wird, was er aber noch nicht so richtig verstehen und begreifen kann, das iſt :
Sein Vater ist ja für den Hitler gestorben. Der österreichische Bundeskanzler Schuschnigg hat ihn 1934 unten in Schladming beim Aufstand er schießen lassen. Nachdem Schuschnigg aber am 13. Februar 1938 beim Führer auf dem Obersalzberg war und ihm in die Hand versprochen hat, daß es nun anders werden soll 116
Die Menschen der Ost mark
in Öſterreich, da bekennen sich alle Bergbauern land auf landab wieder offen und ſtolz als Nationalſozia listen. Die Hitlerbilder sind aus dem Versteck geholt und hängen wieder in den Stuben. Die Menschen grüßen laut und froh mit erhobenem Arm. Die Frauen trennen die Sofakiſſen auf, in deren Bezüge die Hakenkreuz fahnen eingenäht waren, um sie vor den Häschern zu schüßen und für den Tag der Befreiung bereit zu halten.
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Schuschniggs Verrat
Anfang März 1938 tobt der schwerste Sturm des Jahres über die Ramsau. Erst werden die Tauern im Westen von drohenden Wolken verhüllt. Dann pfeift der Wind scharf und schneidend über die Au. Nebel fehen hüllen den Dachstein ein. Schließlich springt der Sturm um das Haus und rüttelt an den Fensterläden, daß sie krachen, und wuchtet auf das Dach, daß die Balken ächzen. Dann treiben dicke weiße Schneeflocken gegen die Fenster und hüllen alles ein. Es ist tiefer Winter, und man kann keine zehn Schritt weit sehen. An diesem Tage, dem 9. März 1938 , spricht Bundes kanzler Schuschnigg in Innsbruck. Sie hören ihn alle über den Rundfunksender der Steiermark. Schon in den Tagen davor war viel Militär in den Bergen und schoß da herum. Sie haben sich nicht darum gekümmert . Nun aber, dreieinhalb Wochen nach seinem Beſuch auf dem Obersalzberg, wirft der Verräter plözlich die Maske ab. Was er dem Führer versprach, soll nicht mehr gelten. Die Freiheit, die er den unterdrückten National ſozialisten gewährte, ſoll vorbei sein ! Das alte Schreckensregiment des Würgers Schusch 118
Schuschniggs Verrat
nigg soll wieder beginnen ! Diesmal aber geſtüßt auf den Schein einer legalen Volksabstimmung. Schuschnigg verkündet in Innsbruck : Binnen drei Tagen, am 13. März , soll eine „Wahl “ stattfinden . Das in einem Lande, welches seit Jahren keine Wahl hatte, in dem keine Stimmliſten, keine Wahlorgani ſation bestehen! Frei und treu für Öſterreich, heißt die Lügenparole des Volksverräters . Heil Schuschnigg ! brüllen die bezahlten Landsknechte der Schuschnigg- Diktatur, vor denen der Würger in Innsbruck seinen Plan entwickelt.
Es gibt nur Stimmzettel mit „ Ja “, so verkündet er. Eine Abstimmung mit „ Nein“ iſt überhaupt nicht vorgesehen. Jeder kann so viel Stimmzettel abgeben, wie er will, und sie sich aus den Zeitungen ausschneiden oder selber ausschreiben . Und der größte Betrüger aller Zeiten spielt seinen letten Trumpf aus : Die Stimmabgabe ſoll offen erfolgen , unter den Augen der Polizeibüttel des Schuschnigg- Syſtems und blutigen Henker, die das Gemetel von 1934 auf dem Gewissen haben. DieMenschen an den Lautsprechern befällt lähmendes Entsehen. Die Frauen blicken auf ihre Männer. Kaum einer ist hier unter den freien und stolzen Bergbauern,
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Schuschniggs Verrat
der nicht schon gefangen war, verhaftet und gefoltert worden ist. Aber je länger der Verräter in Innsbruc spricht, desto mehr schlägt das Entsetzen in eine lodernde Empörung um. Aus den Verſammlungen an den Laut sprechern springt derFunke revolutionärer Entſchloſſen heit auf alle über. Dieser tollmütige Narr hat auf dem Obersalzberg dem Führer eine Komödie vorgespielt . Er hat sich hohn lächelnd bei seiner Rückkehr von Hunderttausenden um jubeln lassen und streckt nun seine Verbrecherhand nach allen aus, die sich in dieſen drei Wochen der scheinbaren Freiheit wieder offen zu ihrer nationalsozialiſtiſchen Gesinnung bekannt haben ! Neuer blutiger Mord foll = die nationalsozialistische Idee und das deutsche Volks tum in Österreich endgültig vernichten ! Alle Feinde Deutschlands klatschen dem Bundes fanzler lauten Beifall , und die Wiener Juden über reichen ihm bereits in der Nacht nach seiner Rede phan tastische Geldsummen, um sein Betrugsmanöver am nächsten Sonntag zu finanzieren. Da befiehlt der Führer insgeheim in der Nacht vom Mittwoch auf Donnerstagmorgen die Mobilmachung einer gewissen Anzahl deutscher Infanterie- und Panzer diviſionen mit dem Befehl, am Sonnabend , dem 12. März, 8 Uhr morgens , zur Befreiung der Ostmark den ſofortigen Vormarsch über die Grenzen anzutreten .
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Schuschniggs Verrat
Auf der Ramsau hören ſie indeſſen, daß unten in Schladming, dem Städtchen im Ennstal, zu Füßen der Berge, bereits die erſten Verhaftungen wieder erfolgt ſind. Am nächsten Morgen, dem Donnerstag, beginnt sich eine Lügenflut über die österreichischen Sender zu er gießen. Dann kommt die erſte Parole der Nationalsozialiſten Österreichs durch, natürlich nicht über den Rundfunk : Stimmenthaltung zur Wahl und Kampf dem Ver räter. Als sich die Bauern am Donnerstagabend in allen Berghöfen versammeln, da streichen bereits wieder die Spizel um die Häuser. Der Sturm jagt noch immer über die Dächer. Wolken hüllen die Berge ein und ver stecken die Mondsichel. Das Schneetreiben verwischt alle Spuren der Männer und Jungen, die von Gehöft zu Gehöft eilen. Die Bergbauern laſſen an ihrem Rundfunkapparat den Zeiger ruhelos über die Skala wandern. Von einem Sender zum anderen. Von Wien nach München, von München nach Rom. Von Rom nach Prag, nach Luxem burg, nach Straßburg. Ihr wacher politischer Instinkt läßt sie aufhorchen, als die Nachricht kommt, daß der deutsche und der englische Außenminiſter, Ribbentrop und Halifax eine Unterredung haben. 121
Schuschniggs Verrat
Indessen tischt Wien fauſtdicke Lügen auf. Es herrsche ,,eine allgemeine Begeisterung" über den Entschluß Schuschniggs zur Wahl am Sonntag. Mit großem Be hagen werden die Nachrichten des Vatikansenders und des ungarischen Rundfunks zitiert, die Herrn Schuſch nigg loben. Den Menschen auf der Ramsau fällt ein, daß die Gebirgsschüßen schon die ganze Woche lang in den Bergen waren und überall herumknallten . Nun kommt auch die Nachricht, daß Schuschnigg den Jahr gang 1915 unter die Waffen ruft. Diesmal wird es also ganz furchtbarer, blutiger Ernst werden. Die Berg bauern blicken jeden finſter und mißtrauisch an, der aus dem Tale als Unbekannter heraufkommt. Die blutigen Greuel von 1934 stehen vor ihren Augen . Damals wurde in Schladming gekämpft und der Serpentinen weg zur Ramsau war mit Maschinengewehren beſeßt. Die Steinerkinder fragen erschrocken , ob sie nicht nach Deutschland können zum Hitler. Der kleine Robert ist natürlich auch da, wenn etwas so Aufregendes los ist . Aber als er hört, er solle viel leicht nach Deutschland, da schüttelt der kleine Mann doch energisch den Kopf. Es ist ihm z'weit. Nun erzählen die Mädels dem vierjährigen Knirps , daß er dann keinen Kranz mehr am Grabe des erschos ſenen Vaters niederlegen darf, daß er nicht mehr „Heil
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Schuschniggs Verrat
Hitler“ ſagen und nie mehr ein Hakenkreuz malen kann. Alles wird ihm verboten, wenn er daheim bleibt. Da iſt er doch aufs höchste betroffen . Er geht zu den Großen , rückt aber nicht mit der Sprache heraus . Die wollen ihn trösten und sagen dem Vierjährigen : „ Na, wenn du groß biſt, dann gehst du zum Hitler, "1 gell, dann kriegſt du eine Uniform und bleibst bei ihm. Roberts Gesicht klärt sich mit einem Schlage auf. Er läuft zu den Mädels hinüber und ruft, froh über den Ausweg, er ſei ja noch viel zu klein. Aber wenn er erſt groß wäre, dann sollten sie mal sehen, dann ginge er sofort zum Hitler nach Deutschland. Die Großen lächeln matt. Die Kinder ſind den Män nern und Frauen ein Rückhalt in dieser schweren Zeit. Inzwischen kommen über den Rundfunk Alarm nachrichten. Die Roten haben sich erhoben und National ſozialiſten auf offener Straße niedergeschlagen . In Linz und Graz gibt es bereits Verwundete. Auch in Salzburg steht es ernſt. Dort erfolgen bei einem diſzi plinierten Aufmarsch der Nationalſozialiſten blutige Überfälle, deren Opfer ein Toter und sechs Schwer verlette sind. Jury, der Stellvertreter von Sehß-Inquart im Volkspolitischen Referat, geißelt in einem Wiener Zeitungsartikel die ungeſeßliche Wahlmethode und die Verfassungswidrigkeit des Wahlbeschlusses . Schuschnigg
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Schuschniggs Verrat
hat die Volksabstimmung
ohne Verständigung der
Nationalsozialisten, aber auch ohne die formal not wendige Beratung des Kabinetts
angeordnet.
Die
sogenannte Volksabstimmung des Bundeskanzlers iſt in Wirklichkeit ein kalter Staatsstreich! Die Zeitung wird beschlagnahmt. Schuschnigg ver langt die sofortige Abberufung von Jury. Seyß-Inquart deckt Jury und weigert sich. Nunmehr beginnt in Wien ein erbittertes Ringen zwischen den Nationalſozialiſten und Schuſchnigg . Die österreichischen Nationalsozialiſten berufen ſich auf das Führerwort vom 20. Februar : Deutschland wird an seinen Grenzen keine Unter drückung Deutscher mehr dulden. Der Verräter Schuschnigg beruft sich auf Paris , auf London, versucht sich auf Budapeſt und Rom zu ſtüßen .
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Das Bolt steht auf
Am Freitag, dem 11. März 1938 , überſtürzen sich die Ereigniſſe. Die nationalſozialiſtiſchen Führer treten zu einer geheimen Beratung in Wien zusammen. Dr. Seyß überreicht daraufhin mittags in dem von Schuschnigg angeſetzten Miniſterrat das Ultimatum der Nationalsozialisten. Die Männer haben nicht verges sen, daß derselbe Schuschnigg 1934 den im Miniſter rat mit ihm über die Bildung einer neuen Regierung verhandelnden Dr. von Rinteln gefangennahm und als Hochverräter verurteilen ließ ! Deshalb vereinbaren Rainer und Seyß-Inquart, daß die ganze Partei Österreichs zur revolutionären Aktion aufgerufen wird, wenn Dr. Seyß bis drei Uhr keine Nachricht an die vereinbarte geheime Verbin dungsstelle gegeben hat .
Um dreiviertel drei teilt Seyß mit, daß Schuschnigg Ausflüchte macht, seine Volksabstimmung abgesetzt, aber eine verfassungsmäßige freie geheime Wahl binnen drei Wochen abgelehnt habe. Daraufhin beginnt die revolutionäre Aktion. Die Männer sind zunächst ganz auf sich gestellt. Noch ahntkaum einer, wie Deutschland handeln wird . 125
Das Volk steht auf
Nochsind sie in der Gewalt des Würgers ! In glühendem Fanatismus und eisenharter Ent schlossenheit holen sie zum letzten entscheidenden Schlag gegen Schuschnigg aus . Auf ihr Geheiß beginnt das Land sich zu gewaltigen Demonstrationszügen zu sammeln .
Auf ihr Geheiß
zieht über den Ring in Wien eine ſingende Millionen maſſe. Auf ihr Geheiß eilen die einſamſten Bauern aus den entlegenſten Berghöfen ſtundenweit zu Tal, um beim Marsch in die Freiheit dabei zu ſein. Der SA.-Führer Uiberreither ruft die Steiermark auf! Schon weht die Hakenkreuzflagge auf allen Rat häusern dieses herrlichen Berglandes. Schon verdient Graz seit zwei Wochen den stolzen Namen „ Stadt der Volkserhebung", weil hier den Schergen Schuschniggs schon im Februar das Heft aus der Hand geschlagen wurde. Gauleiter Eigruber ruft seine sechzigtausend Partei genossen auf die
Straße.
Ihnen folgen Hundert
tausende von Volksgenossen des Gaues Oberösterreich. So kommt das Land in Bewegung. Die nationalsozialiſtiſchen Führer in Wien spielen indes mit ihrem Kopf: Die Minister Seyß-Inquart und Glaiſe-Horſtenau. Der stellvertretende Leiter des Volkspolitischen Re ferats, Parteigenosse Jury. 126
Das Volk steht auf
Die Führer der Massenbewegung, der Erhebung : Klausner, Rainer, Uiberreither, Eigruber, Globocnit. Jezt können keine Kompromiſſe mehr abgeschlossen werden. Die Nationalsozialiſten ſtellen ihrem Sicherheits minister Seyß-Inquart die SA. und 44 der Partei als Hilfspolizei zur Verfügung, so daß die revolutionäre Aktion in ſtreng verfaſſungsmäßigen und legalen For men zu verlaufen beginnt. Sie verlangen nunmehr den Rücktritt Schuschniggs . Dann wird endlich über den Rundfunk bekanntge geben, daß die Nationalsozialiſten Schuschnigg gezwun gen haben, seinen kalten Staatsstreich, dem er den Namen „ Volksabstimmung" gegeben hatte, abzusehen. Als die Nachricht über die Sender geht, führen die Menschen in den Bergen einen Freudentanz auf.
" Jezt hat er sich unsterblich blamiert! " "Jezt kann er sich mit seinem Staatsstreich ein balsamieren lassen!" ,,Jezt ist er fertig!" „ Hiaz geht's dahin ! "
So rufen sie aus . Ein geheimnisvolles Nez von Sendboten mobiliſiert das ganze Land. Hitlerjungen und BDM.-Mädel laufen von Wohnung zu Wohnung, von Haus zu Haus , in den Bergen von Hof zu Hof.
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Das Volk steht auf
Demonstration ! Volk auf die Straßen ! Nationalsozialisten vor die Front ! Weg mit dem Verräter am Führer, fort mit dem Würger, Schluß mit Schuschnigg !
Auf die Ramsau kommt ein Hitlerjunge gerannt. Befehl : Um acht Uhr in Schladming unten im Ennstal zum Fackelzug antreten! Dazwischen telephonieren Polizeibüttel , daß unbe dingt alle Kundgebungen unterbleiben müßten !
Sie werden ausgelacht. Das Volk ist nicht mehr zu halten. Von Wien bis zu den Bergen, von den Bergen bis Wien erhebt sich Österreich zum Marsch in die Freiheit . Der Landesleiter der Nationalsozialisten Österreichs , Parteigenosse Major Klausner, ſezt alles auf eine Karte, handelt, wie 1934 gehandelt wurde, und ruft SA. und 44 auf den Ballhausplay in Wien. Sieben tauſend Männer umschließen das Bundeskanzleramt und unterbinden jeden Verkehr Schuschniggs mit der Außenwelt, mit Ausnahme einer geheimen Rundfunk leitung vom Schreibtisch des Bundeskanzlers zum Wie ner Sender, wie ſich bald zeigen soll . Die Parteigenoſſen Rainer und Globocnik, beide jahrelang bewährt in der illegalen Kampfzeit Kärntens, stehen dem Landesleiter in diesen Stunden höchster persönlicher Verantwortung zur Seite.
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Das Volk steht auf
Schuschnigg weicht dem Druck derNationalsozialiſten und tritt zurück. Da entsteht ein neues Hemmnis !
Bundespräsident Miklas weigert sich, den Rücktritt ſeines Bundeskanzlers zur Kenntnis zu nehmen ! Stundenlang geht das Ringen im Bundeskanzler amt hin und her. Den ganzen Nachmittag über bleibt die Lage vollkommen ungewiß und von höchster Gefähr lichkeit. In einigen Räumen des Bundeskanzleramts ſizen Miklas, der zurückgetretene Schuschnigg und Mit glieder seiner ehemaligen Regierung, die ununter brochen Hilferufe an die Weſtmächte heraussenden. In anderen Zimmern, faſt daneben, ſind Seyß-In quart, Glaise-Horstenau, Rainer und die übrigenNatio nalsozialisten, die von Miklas die Betrauung Seyß Inquarts mit dem Amt des Bundeskanzlers und die Bildung einer nationalsozialiſtiſchen Regierung ver langen. Das ganze Haus selbst ist in der Gewalt der Garde Schuschniggs ! Um das Haus herum stehen siebentauſend SA.- und 44-Männer, entschlossen, den lebenden Ring um das Bundeskanzleramt nicht eher zu öffnen, als bis die im Haus befindlichen Nationalsozialisten die erſte national ſozialiſtiſche Regierung Österreichs vom Balkon herun ter verkünden !
9 Hadamovsky, Weltgeschichte
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Das Volk steht auf
Jenseits dieses lebenden Ringes steht die österreichi sche Wehrmacht und Polizei, die Vaterländische Front Schuschniggs und die ganze Macht seiner bezahlten Büttel ... Die Nationalsozialiſten imBundeskanzleramt, jeden Augenblick mit ihrer Verhaftung rechnend, brechen schließlich in den Abendstunden den Widerstand des Bundespräsidenten. Um neun Uhr abends wird die Re gierungsneubildung erreicht. Bundespräsident Miklas beauftragt Seyß-Inquart und bildet eine nationalſozia listische Regierung. Die Männer im weiten Bergland wissen nichts von dieſem Ringen in Wien. Sie wiſſen nur : Ihre Pflicht ist es jest, dem System entgegenzutreten, wenn nötig, unter den Gewehrläufen der Schergen Schuschniggs . An den Lautsprechern im Lande horchen die Men= schen auf einmal auf. Das ist doch eine bekannte Stimme ! ,,Der Schuschnigg redet, hört zu “ , schreien ſie troßig. Herr Schuschnigg hat sich über seine geheime Rund funkleitung noch einmal vom Bundeskanzleramt aus auf den Rundfunk geſchaltet und einfach von sich aus das Programm unterbrochen ! Ohne Ankündigung , ohne Anſage beginnt er plößlich zu sprechen. Noch einmal, wie all die Jahre, sind es Wort für Wort Lügen, die er über den Rundfunk in die Welt posaunt. 130
Das Volk steht auf
Er müsse zurücktreten und dem Druck Deutschlands weichen! Dabei stehen siebentausend handfeste Männer vor seinem Bundeskanzleramt, die ihn am liebsten in Stücke zerreißen würden !
Aber diesmal fehlt ihm die freche Stirn, mit der er sonst vor das deutsche Volk Österreichs trat. Seine Stimme zittert, als er seinen Rücktritt bekanntgibt. Schon wenige Minuten später ſind die Maſſen von der Straße eingedrungen, und Herr Schuschnigg muß durch nationalsozialistische 14 -Männer davor geschützt werden, daß ihn nicht das Volk von Öſterreich an einem ſeiner eigenen Würgegalgen lyncht. Durch Österreich geht bei dieser Rundfunksendung ein Jubelſturm ohnegleichen. Wenige Minuten später besezt Peſendorfer zuſam men mit 44 -Leuten den Wiener Sender . Jezt können von da keine Überraschungen mehr kommen . Die endlose Weite und Unzugänglichkeit dieses deut schen Berglandes bringt aber auch seltsame Erscheinun gen mit sich .. In den fernen Bergdörfern und in den kleinen, in die weiße Winterwelt eingebetteten Städten der Berg gaue wird die Nachricht nicht mehr vernommen, weil die Menschen schon ausnahmslos auf den Straßen sind. Zu Füßen der Ramsau, unten durch Schladming,
9*
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Das Volk steht auf
zieht um die Abendstunde ein stummer Demonstrations zug. Die Einsamkeit der Berge hat den Ort und die Marschierenden wie mit Mauern gegen die Außenwelt abgeſchloſſen . Sie wiſſen noch nichts von den lezten Ereignissen in Wien.
So wird der Zug ein erschütternder Marsch des Schweigens : An der Spize des Zuges marschiert die SA. , die 14 — ohne Uniformen . Dann Hitlerjungen und -mädels . Dahinter Schuljugend. Alte Männer und Frauen sind von den
Bergen
heruntergekommen.
Werden von den Jungen untergefaßt . Schweigend geht der Marsch zweimal durch den Ort . Vorbei an den dunklen Fenstern, hinter denen die Klosterfrauen auf Zehenspißen stehen und nicht mittun dürfen, während die Lehten aus den Stuben zum Zuge stoßen. Eine kurze, ernste Ansprache. Dann die Toten ehrung. Kein lauter, begeisterter Jubel . Eine schwere, harte Entschlossenheit. Das ist der Abend des 11. März 1938 in Schladming, in hundert Orten, die durch die Bergwelt von den Ereigniſſen in Wien abgeschlossen sind . Erst nach dem Marsch erfahren die Menschen, was sich ereignet hat. Schuschnigg ist weg! Seine Regierung ist zurückgetreten, mit einziger Ausnahme von Seyß-Inquart. Seyß-Inquart hat um zweiundzwanzig Uhr fünfzehn über den Wiener Rund
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Das Volk steht auf
funk gesprochen und angekündigt, daß er für die Auf rechterhaltung von Ruhe und Ordnung verantwort lich sei. Er hat die Ordnungs- und Sicherheitsformationen der Nationalsozialiſten zur Unterſtüßung aufgerufen ! Langſam erſt begreifen die Menschen das Unfaßliche. Der Verräter ist gestürzt.
Österreich ist frei. Ein Jubel kommt nun auch in den Bergen auf, ein ungeheurer Druck löst sich von den Menschen, die noch vor einer Stunde ſo ernſt auf dem Marſch waren. Der österreichische Rundfunk ſendet zum erstenmal das Horſt-Wessel-Lied . Sie stimmen ein in allen Stuben, in allen Schenken und Gasthöfen und ſingen es wieder und wieder stehend mit erhobener Hand . Jedes Haus in den Bergen wird zu einem nationalsozialiſtiſchen Kundgebungsraum. Als die Sprecher des Wiener Rundfunks auf die Straße gehen, da findet der Volkshumor einen treff lichen Wiz. Ein Mann aus dem Volke ſagt : „ Der Kurt
is furt und uns geht's guet !" Ganz Österreich lacht befreit und trägt das geflügelte Wort von Mund zu Mund weiter.
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Das Volk steht auf
Die Nacht vom Freitag auf den Sonnabend ist kalt und sternenklar. Tagheller Mondschein liegt über allen Höhen und Tälern des schwergeprüften Landes, dessen Freuden taumel in dieſer Nacht nicht mehr zur Ruhe kommt. Noch in der Nacht wird die Berufung der ersten nationalsozialiſtiſchen
Regierung
in
Österreich be
fannt. Seyß-Inquart als Bundeskanzler übernimmt ſelber das Ministerium für die Landesverteidigung , Struwe die Bundespolizeidirektion , der 14 -Führer Kalterbrun ner das Sicherheitswesen, Landesleiter Klausner die politische Willensbildung, Jury die Sozialverwaltung. Sonnabend morgens ein Uhr fünf, eine Stunde nach Mitternacht, wendet sich Landesleiter Klausner in einem flammenden Aufruf an die Nationalsozialiſten Österreichs .
In dieser Nacht werden alle offiziellen
Stellen und Ämter von Nationalsozialisten besetzt, die im ganzen Land die Macht an sich reißen. Dann wird das Telegramm Seyß -Inquarts an den Führer mit der Bitte um die Entsendung deutscher Soldaten zum Schuß des österreichischen Volkes über den Rundfunk bekanntgegeben . Der Straßburger Sender schreit hyſteriſch auf: „ Deutschland hat in Europa die Brandfackel ent zündet ! " 134
Das Volk steht auf
„Aber noch ist nichts verloren, wenn wir uns zu einem sofortigen militärischen Vorgehen entschließen können. Jede Stunde muß mit Blut bezahlt werden. “ Am Morgen des Sonnabend flucht die Auslands preſſe nicht schlecht. Am gleichen Tag, da Schuschnigg zurücktrat, ist die Regierung in Frankreich gestürzt worden. Das zurück getretene Volksfrontkabinett Chautemps hat gerade fünfzig Tage regiert, und die Herren Parlamentarier in Frankreich halten eine neue Regierung für dringend notwendig. Nur können sie sich gar nicht einigen, wer der Chef der neuen Regierung sein soll . „Es steht um so ernster für Frankreich", so sagt der Sprecher des Pariser Senders ,,, als wir ohne Regierung ſind. “ „ Das Drama Österreichs " überschreibt eine fran zösische Morgenzeitung ihr Titelblatt und behauptet, die Ereignisse in Wien seien die tragiſchſten ſeit Kriegs ende . „ Das tragische Drama“ besteht darin, daß ganz Österreich mit strahlenden Gesichtern in den Morgen des 12. März 1938 hineinmarschiert. Singend und lachend schart sich das Volk auf allen Straßen und Pläzen um die Hakenkreuzfahnen. Schuschnigg aufgerufenen
Männer
Die des
noch von Jahrgangs
1915 marschieren nun allenthalben zu ihren Truppen
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Das Volk steht auf
teilen, die Hakenkreuzbinde am Arm. Bis jetzt hatten ſie ſich nämlich „ verspätet “ . ,,Nur der Freiheit gehört unser Leben“ , das ſingen sie, dieses herrliche nationalsozialistische Schuß- und Truhlied, das Hans Baumann einst der Hitler-Jugend geschrieben hat .
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Mit dem Führer ins Herz der Heimat
Die letzten Bergbauern, die erst in der Frühe des Sonnabend in die Täler hinuntereilen, um sich zu den nationalsozialistischen Formationen zu stellen , erleben ein seltsames Wunder. Strahlend blau liegt der Himmel über Österreich. Warm brennt die Sonne herunter. Der Regen vom Donnerstag und Freitag hat den Schnee von Wiesen und Hängen gewaschen. über Nacht ist der Frühling gekommen. Vier Wochen früher als sonst. An den Südhängen strecken Krokus und Enzian ihre Köpfe neugierig heraus , und dieſe ganze herrliche Alpenwelt beginnt plößlich zu blühen und würzige Frühlingsluft auszuſtrömen . Im Blau des Äthers
aber ziehen donnernd
und brummend
deutsche Flugzeuge ihre Bahn , von Paſſau nach Linz und Wien, von anderen bayerischen Grenzorten ins Zentrum der Steiermark und Kärntens, nach Graz , nach Klagenfurt, dann weiter über die Berge Tirols, nach Innsbruck, nach Bregenz. Adolf Hitler fährt am Morgen des 12. März 1938 von der Reichskanzlei in Berlin zum Tempelhofer Flugfeld . Da steht die Maschine des Führers , die von Kapitän 137
Mit dem Führer ins Herz der Heimat
Bauer geflogen wird, dem Kampfgenossen und ſturm erprobten Piloten des Führers . Eine Reihe weiterer stahlgrauer Maſchinen und die rote „Richthofen“ des Generalfeldmarschalls Göring sind für uns bereit= gestellt. Daneben drei kleine rasche Jäger der Luftwaffe, die mit Maschinengewehren gespickt ſind , Ein-Mann Flugzeuge, die sich wie Habichte auf den Feind werfen. Als der Führer gekommen ist, rollen die Maschinen in Linie hintereinander über das Flugfeld, der Sonne nach Osten entgegen . Dann, nach dem Start, drehen die Flugzeuge auf südlichen Kurs Richtung München und schießen wie silberne Geschosse über das im Frühdunſt liegende Häuſermeer und Gewirr von Fabrikschorn ſteinen davon. In der roten Richthofenmaſchine fliegt der Chef von Görings Ministeramt, Generalmajor Bodenschaß, um den Führer nach München und Öſter reich zu begleiten.
Nur zwei Männer sind in dieser entscheidenden Stunde nicht beim Führer: Generalfeldmarschall Göring ist für die Zeit der Abwesenheit von Berlin mit seiner Vertretung beauf tragt worden.
Dr. Goebbels aber ist im Propagandaminiſterium geblieben,
um hier von seiner Zentrale
aus
mit
souveräner Meisterschaft die deutschen Propaganda waffen für die Weltaufklärung einzuſeßen .
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Mit dem Führer ins Herz der Heimat
Im Flughafenrestaurant München wird eine kurze Pause eingeschoben. Bald hat General Keitel, der Chef des neugeschaffenen Oberkommandos der Wehrmacht, die letzten Nachrichten aus Österreich in Händen .
Da bricht der Führer auf. Wie immer im offenen schwarzen Wagen an der Spize der Kolonne als erſter. Die Fahrt geht nach Österreich! Ins Herz der Heimat des Führers ! In den gestern noch von Schuschnigg beherrschten unabhängigen Staat Österreich! Noch einmal wird in Mühldorf haltgemacht, dies seits der bayerischen Grenze. Telephonate, Meldungen aus Berlin und Rom. Es ist erheiternd, in dieſer Stunde zu erfahren, daß Paris und London Besprechungen abhalten und einen Protest in Berlin überreichen ! Seltsame Unlogik der englischen Politik ! Vor achtzehn Tagen antwortete die Regierung im Parlament der streitbaren Dame Miß Wilkinson, daß England nicht zu einem militärischen Schuß der Un abhängigkeit Öſterreichs bereit ſei. Nun, ſtatt in der Stunde der Entſcheidung dem deut schen Führer und Volke mit großzügiger Geste die Hand zur Zuſammenarbeit zu reichen, protestiert Chamber lain in Berlin !
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Mit dem Führer ins Herz der Heimat
Womöglich sogar gegen seine eigene Überzeugung. Allein im Dienst der Innenpolitik Großbritanniens . So bestimmen die kleinlichen Regeln der Parteitaktik und des inneren Haders die großen Linien und Maß nahmen der englischen Politik nach außen! Etwas anderes aber ist für uns in dieser Mittags ſtunde des 12. März wichtig. Die französische Regie rung, allerdings eine Regierung ohne Verantwortung , da die Regierungskrise in Paris noch immer andauert, hat in Rom angefragt, ob angesichts der österreichischen Ereignisse eine Möglichkeit der Zuſammenarbeit zwi schen Italien und Frankreich beſtünde .
Mussolini hat geantwortet : Nein. Ein Freund stellt sich so offen an die Seite Deutsch lands ! Wir sind nicht mehr allein! Der wiederaufflammenden Kriegsheße in England tritt eine große Zeitung mit der erfrischend offenen Er flärung entgegen : England werde keinen Soldaten für Dinge opfern, die es nichts angehen.
In Mühldorf telephoniere ich mit Linz und Mün chen und finde unsere roten Rundfunkwagen . Als orts kundiger Führer sitt im dazugehörigen Personenwagen Parteigenosse Boled,
4 - Gruppenführer und Polizei
präsident von Magdeburg. Wir sind schon eine ganze Weile miteinander bekannt. Herzliche Begrüßung. Jezt
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Mit dem Führer ins Herz der Heimat
kann es richtig werden ! Boleck war früher Gauleiter von Linz und kennt Land und Leute wie seine Westen tasche ! Dann sind in unserem Rundfunktrupp lauter gute, altbekannte Kämpen. Da ist Hainisch vom deutschen Fernsehsender, der bei den Kaiserjägern in Linz ſtand, Österreicher von Geburt ist. Stöweſand , der in allen Sätteln gerechte
Rundfunkwindhund ,
der
erst
die
Klappe im Berliner Zeitfunk und nun seit Jahren im Stuttgarter Funk auf der richtigen Stelle hat . Weiter Otto Willy Gail vom Reichssender München .
Da
find die Ingenieure Berwick, Schulten, Schmidtbauer, Scheuermann, die altvertrauten Kraftfahrer Weide mann und Nonnen. Im letzten Manöver 1937 haben wir noch unsere Wiße miteinander geriſſen. Jezt geht es zur Befreiungsfahrt in österreichisches Land ! Mit den schweren Fahrzeugen, die das ganze Aufnahmegerät im Inneren bergen, fahren wir im Eiltempo voraus . Wir denken, daß wir einen großen Vorsprung gewonnen haben, als wir inmitten einer erwartungsfrohen Menschenmenge
in
dem
kleinen
österreichischen Innstädtchen Braunau eintreffen . Aber wie ich aus dem Wagen steige und mich um drehe, da rollt über die Innbrücke, die bis heute die Grenze war, die Kolonne des Führers langsam heran. 141
Mit dem Führer ins Herz der Heimat
Adolf Hitler überfährt die Grenze ! Der Führer betritt Österreich! Wir haben gerade noch Zeit, mit unseren Wagen die Straße frei zu machen. Die Volksgenossen helfen uns bereitwillig. Die Ingenieure schließen die Mikrophone an, legen die Schallplatten auf die Schneideappara turen, werfen die Teller an, daß sie rotieren und da ――――――― steigt auchschon dieBrandung desJubels brausend empor. Ein einziger, gewaltiger, ohrenbetäubender Jubel schrei : Der Führer ist da ! Adolf Hitler hat die Grenze überschritten und den Boden seiner Heimat betreten. Hunderte von Armen ſtrecken sich ihm entgegen. Alle Hände grüßen ihn. Frauen und Mädchen, unter Tränen lachend, spen den dem Befreier Blumen. Ein Mann im schlichten Rock tritt vor den Wagen des Führers . Auf seinem Ärmel leuchtet die rote Haken kreuzbinde, die er zum erstenmal ungestraft tragen darf.
"I„ Mein Führer“ , sagt er mit tiefer bebender Stimme, Ihre Geburtsstadt Braunau begrüßt Sie. Sie werden nirgends auf der Welt treuere deutsche Herzen finden als hier in diesem deutschen Land . “ Der Führer sieht ihm in die Augen, preßt seine Hand und sagt : 142
Mit dem Führer ins Herz der Heimat
„ Und keine Macht der Welt wird uns dieſes deutſche Land jemals wieder entreißen." Die Worte gehen unter im begeisterten Rufen und Singen der Menschen um uns herum.
Aber den
wenigen, die sie hörten, brennen ſie ſich tief in das Herz . Keine Macht der Welt . . . ! Niemals . . . !
Dies Land ist und bleibt nun deutsch für alle Ewig teit! Der Führer fährt zu seinem Geburtshaus . Einst schenkte Österreich dem deutschen Volke einen Andreas Hofer, der trohig und treu in der Stunde der größten Not gegen Napoleon aufstand .
Von
Österreichern,
auf
österreichischem
Boden,
wurde Napoleon zum ersten Male geschlagen. Nun hat Österreichs Erde dem deutſchen Vaterland den größten Sohn unserer Geschichte geschenkt : Adolf Hitler! Während der Führer sein Geburtshaus
betritt,
wogen die Heilrufe ohne Unterlaß über den Plaz. Auf- und abebbend wie eine urgewaltige Brandung. Es ist ein aufwühlendes Erlebnis . In Eile haben wir unſere Rundfunkaufnahmen ge= macht, um die einzig denkwürdigen Minuten im Rund funk zur Sendung zu bringen. Es ist geglückt!
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Mit dem Führer ins Herz der Heimat
Wir haben den Grenzübertritt des Führers
im
Bericht festgehalten ! Nun hat Braunau aber keine Verbindung mit dem deutschen und österreichischen Rundfunk ! So muß ich versuchen, die Schallplatten von der Ankunft des Führers ſchnell an irgendeinen Sender zu bringen, damit sie von dort aus über das Netz aller deutschen und österreichischen Sender ausgestrahlt wer den können. Mit dem Befehl, rasch, aber sehr, sehr vorsichtig nach München zu fahren, verabschiede ich meinen Kame raden auf dem Motorrad. Hoffentlich kommt der Mann mit dem kostbaren, unerseßlichen Gut, den Schallplatten vom Grenzüber tritt Adolf Hitlers und dem Einzug in seine Geburts ſtadt rasch und unversehrt nach München ! Ich telephoniere dann nochmals anschließend mit München und Berlin, um den Leitern dort die geglückte Aufnahme und die Ankunft der Platten zu melden. Dann führen wir ein Gespräch mit Linz, um den dort eingesetzten österreichischen 14 -Führer um die Vor bereitung einer Sendung zu bitten und die Ankunft des Führers aus Richtung Braunau mitzuteilen.
Des Führers Fahrt von Braunau nach Linz wird ein
einziger,
Triumphzug . 144
unerhörter,
tausendfach
umjubelter
Mit dem Führer ins Herz der Heimat
Die Frauen und Mädel in ihren bunten Dirndl kleidern; die Männer in weißen oder braunen Hemden mit der Hakenkreuzbinde ; die Tausende von Hakenkreuz fähnchen in den winkenden und grüßenden Händen ; die ſtolzen Banner an allen Häuſerfronten, über all dem die lachende Sonne : Es ist wie der Einzug des Frühlingsgottes in Öſter reich. Das Eis langer Jahre ist gebrochen und strahlend vor Glück und Sonne nimmt das Land seinen Befreier auf. Die deutschen und österreichischen Soldaten ver brüdern sich. Sie marschieren gemeinsam durch Inns bruck, durch Kufstein, durch Linz und Salzburg. Wo unsere Soldaten sich zeigen, klingt ihnen der Jubel Österreichs entgegen, sie werden mit Blumen geschmückt, das glückliche Volk umarmt ſie in ſeiner überströmenden Herzlichkeit und Freude. Wenn man einen Auflauf auf den Straßen und Gaſſen findet, hundert Menschen, zweihundert Menschen, dann weiß man schon: da steckt ein deutscher Soldat inmitten. Ein Meldefahrer, ein Quartiermacher, um den sie sich reißen, den sie alle bei sich willkommen heißen wollen , der ihnen von Deutschland erzählen soll , vom Führer und seinen Männern, von der glücklichen Zukunft Österreichs im Dritten Reich.
10 Hadamovsky, Weltgeschichte
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Mit dem Führer ins Herz der Heimat
Eine motorisierte Kolonne braust zur Höhe der Brennergrenze empor. Der deutsche Kommandeur be gibt sich an die italienische Zollschranke und begrüßt den italieniſchen Befehlshaber mit herzlichen Worten der Kameradschaft. Inzwischen rüstet sich der österreichische Rundfunk in Linz zur Aufnahme des Führers . Er hat auch schon aus Berlin Nachricht über die Fahrt Adolf Hitlers erhalten. Der kleine Fünfzehn-Kilowatt- Sender der Stadt ist am Freitagabend von Linzer 44 besetzt worden. Den Befehl über den Sender hat der 14 -Unterführer Kapitän Zieb land übernommen. Ein glückliches Schicksal, der kluge Griff eines Vor gesezten, ſtellt ihn in dieſer Stunde auf seinen Plak . Ein seltsames Schicksal zugleich, das sein Leben schon vier Jahre lang — und unangenehm --mit dem öster reichischen Rundfunk verknüpft hat. Ziebland verdient ſich ſein Brot als Muſikalien- und Rundfunkfachmann . Sein Geschäft und seine Wohnung liegen inmitten der verkehrsreichen Straßen der Linzer Altstadt. Wie die meisten ehemaligen Soldaten und Marineleute findet er eines Tages seinen Weg zur Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei . Als am 25. Juli 1934 die nationalſozialiſtiſche Erhebung in Wien losbrach, verlas Ehrenberg, der ſelbe, der nun, vier Jahre später, beim Einzug Adolf
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Mit dem Führer ins Herz der Heimat
Hitlers in Österreich Dienſt am Wiener Sender tut, die nationalsozialistische Bekanntmachung über den Rücktritt des Bundeskanzlers Dollfuß. Ziebland in Linz hörte diese Worte, stürzte ans Fenster seiner Wohnung und schrie laut den draußen auf der Straße Vorübergehenden zu : „Kinder, der Dolle is hin!" Die Erhebung brach zuſammen. Ziebland wurde verhaftet. Damit begann die lange Reihe seiner Spaziergänge durch die Kerker des Würgers Schuschnigg , der am 25. Juli das Erbe des Bundeskanzlers Dollfuß antrat. Fünfzehnmal wanderte Ziebland in die Linzer Haft zellen. Fünfzehnmal mußte er wieder freigelassen wer den. Das leztemal, am 11. Juli 1936, kehrte er frank in ſein Haus zurück . Eine Nervenentzündung warf ihn aufs Lager und machte ihn faſt bewegungsunfähig. Das Leiden zog sich ein Jahr lang hin und verſchlim merte sich Anfang 1938 . In den entscheidenden Tagen des März aber sehte er ſich über alle ärztliche Fürsorge und Vorschrift hinweg . Er steht wieder temperamentvoll , beweglich und rasch entschlossen in vorderster Front der Bewegung. So hat ihn die 44 zur Beſezung und Führung des LinzerRund funksenders beſtimmt. In den Nachmittagsstunden des 12. März , während
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Mit dem Führer ins Herz der Heimat
der Führer noch in Braunau weilt, erwartet ihn Zieb land bereits im Linzer Rathaus , vor dessen kahler, schmuckloser Front ſich eine unübersehbare Menschen menge drängt. Ziebland steht vor dem Mikrophon und erzählt. Längst ist ohne sein Wissen von Berlin aus die Ver bindung mit Linz , mit Wien und mit den deutschen Reichssendern hergestellt worden. Ziebland spricht für den deutschen Rundfunk, für das ganze deutsche Volk im Reich und in Österreich, das in dieser Stunde klopfen den Herzens an den Lautsprechern steht. So wird er der Sprecher von Linz , den die Welt vom Nachmittag bis zum Abend des 12. März 1938 hört. Der Sprecher der Befreiung. Kein Reporter oder Berichterstatter, der mit wohl gesezten Worten, ſtiliſtiſch vollendet, nach einem wohl vorbereiteten Plan eine Reportage liefert!
Nein, das ist Ziebland nicht. Er schüttet überſtrömend vor Glück ſein Herz aus . Jubelt mit den Männern und Frauen, die da vor ihm unübersehbar den weiten Rathausplay ſeit den Mittags ſtunden besetzt haben. Er ruft mit ihnen, er ſingt mit ihnen, er schreit sein Glück in die Welt hinaus, und seine Stimme erstickt fast in Tränen, wenn er von dem Elend und der Not und der Verfolgung der Vergangen heit spricht. Und von der felsenfesten Hoffnung auf den 148
Mit dem Führer ins Herz der Heimat
Führer und Befreier, die nun heute noch beim Einzug in Linz ihre herrliche Krönung finden ſoll. Seine Worte gießen Glück und Freude und Stolz in die Herzen der Millionen in Österreich und im Altreich. Sie lachen mit ihm, wenn er lacht. Sie werden mitgerissen vom Sturm seiner Begeiste rung. Es schnürt ihnen die Kehle zu, wenn auch dem Sprecher dort am Linzer Rathaus die Stimme versagt. Niemals hat ein Rundfunksprecher Millionen im Herzen so gepackt wie dieser schlichte, unbekannte Natio nalsozialiſt, der vom Krankenlager aufstand, im Beben des Glückes gesund wurde und in der entscheidenden Stunde am Mikrophon stand . Nie wieder wird Zieb land so sprechen können. Vielleicht wird er überhaupt nie wieder eine Reportage, einen Rundfunkbericht, ein packendes und mitreißendes Wort im Rundfunk ſagen. In diesen vier Stunden aber hat er für das Dritte Reich eine Schlacht gewonnen . Die Menschen auf dem weiten Plaz vor dem Linzer Rathaus drücken sich fast tot. Die Kälte des Märzabends senkt sich allmählich auf sie herab. Die Füße werden eiskalt, die Finger frieren ihnen blau, die Lippen springen in der Kälte auf.
Sie spüren es nicht. 149
Mit dem Führer ins Herz der Heimat
Sie ſingen und rufen und wiſſen : der Führer wird tommen. In einer Stunde, in zwei Stunden, in drei Stunden, es ist gleich. Wenn er kommt, wird er sie hier finden. Ganz dicht vor dem Balkon des Rathauses steht eine alte Frau von zweiundsiebzig Jahren. Seit drei Uhr mittags harrt sie hier aus. Um drei viertel acht Uhr abends erklärt sie, als wäre das selbstverständlich : „Und wenn ich bis um zwölf warten muß, das ist mir eh egal. NachHaus geh' i net, sehn muß ich ihn heut ."
Und steht weiter. Seit vier Uhr nachmittags rufen die Maſſen auf dem Plah unentwegt im Sprechchor:
Wir danken unserm Führer!" Und dann wieder: „Heil Hitler ! Heil Hitler ! Heil Hitler! “
Das Heil klingt wie eine Beschwörung , als könnten sie damit den Führer schneller heranholen . Aber der Führer muß Schritt fahren, muß Tausende von Händen schütteln, unzählige Blumen entgegenneh men und allen in die Augen blicken, die am Weg stehen. Wenn die Wartenden vor dem Rathaus einmal eine Minute Atem holen, weil ihnen die Puſte ausgegangen iſt, dann erzählen sie sich gegenseitig von dem gegen Mittag erfolgten Einzug der ersten deutschen Soldaten . Sie haben jeden einzelnen empfangen, als ob er der 150
Mit dem Führer ins Herz der Heimat
Führer selber wäre.
Liebevoll werden alle Einzel
heiten begutachtet : die Uniformen, die Schnelligkeit, der Schneid, die Straffheit, die blizenden Augen, das gute Aussehen, und die Verleumdungen der Vergangenheit flingen noch einmal an, wenn die Linzer sich unterein ander beſtätigen : „ Die sehn net verhungert aus , gell !" Und vierhundert Flieger sind am Mittag in Rich tung Wien über die Stadt gebrauſt ! Ja, vor der deutschen Luftwaffe muß man schon Ach tung haben. Von den fernen Straßen kündet endlich ein Tosen und Donnern wie von einer übergewaltigen Meeres brandung das Eintreffen des Führers . In den engen Straßen der Stadt bricht sich das Echo der Stimmen millionenfach an den Mauern .
Als der Führer den
Hauptplah um 8 Uhr abends betritt,
da steigt das
Rufen wie der einzige, alles auslöschende Schrei eines Millionenvolkes zum Nachthimmel empor. Es ist ein Schrei der Gemeinschaft, der grenzenlosen Liebe, der Erlösung . Jedes Einzelempfinden ist völlig ausgelöscht. Der Schrei trägt sie hoch, über sich selbst hinaus, zu dem Mann hinauf, dem Führer, der mit feuchten Augen im Licht der Scheinwerfer ſteht und im mer wieder leise wie für sich selbst sagt : „ Meine Heimat meine Heimat . . . !"
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Mit dem Führer ins Herz der Heimat
Mühsam formt er dann diese wenigen Worte, die immer wieder minutenlang von dem aufspringenden Jubelschrei der befreiten Menschen unterbrochen wer den: ,,Deutsche ! Deutsche Volksgenoſſen und -genoſſinnen ! “ Dann, zu Sehß-Inquart gewendet : ,,Herr Bundeskanzler, ich danke Ihnen für die Be ― grüßungsworte.
Ich danke aber vor allem euch, die ihr hier angetreten seid und die ihr Zeugnis ablegt dafür, daß es nicht der Wille und der Wunsch einiger weniger ist , dieses große volksdeutsche Reich zu begründen, sondern daß es der Wunsch und Wille des deutschen Volkes iſt ! Als ich einst aus dieser Stadt auszog, trug ich in mir genau dasselbe gläubige Bekenntnis , das mich heute erfüllt. Ermessen Sie meine Ergriffenheit, nach so langen Jahren dieses gläubige Bekenntnis in Erfüllung ge bracht zu haben. Wenn die Vorsehung mich einſt aus dieſer Stadt her aus zur Führung des Reiches berief, dann muß ſie mir damit einen Auftrag erteilt haben, und es kann nur ein Auftrag gewesen sein, meine teure Heimat dem Deutschen Reich wiederzugeben ! 152
Mit dem Führer ins Herz der Heimat
Sehen Sie in den deutschen Soldaten, die aus allen Gauen des Reiches in diesen Stunden einmarschieren , opferbereite und opfergewillte Kämpfer für des großen deutschen Volkes Einheit, für des Reiches Macht, für ſeine Größe und für seine Herrlichkeit, jezt und immer dar! Deutschland, Sieg -Heil ! " Es iſt eine heilige Stunde.
Das Volk findet einen neuen Ruf, der fortan zum Schwur aller Deutschen wird. Brausend klingt er zum erstenmal in ſeinem ſtraffen hellen Rhythmus an dieſem Abend über den Plaß von Linz :
„ Ein Volk - ein Reich ―――― ein Führer !" Als der Führer gesprochen hat und abfährt, als der Jubel langsam verklingt, da ſtehen die Menschen noch lange zusammen, umarmen sich, wischen sich die Augen und schämen sich ihrer Rührung nicht. Sie gehen wie im Traum nach Hauſe. Radio Paris wird an diesem Abend ausgesprochen unverschämt und geistlos . Statt den Hörern ein wahr heitsgetreues Bild der Vorgänge in Öſterreich zu geben, verkündet der Sprecher der französischen Hauptſtadt mit gereizter Stimme, wie eine ältliche Gouvernante, die den letzten Freier in Herrn Schuschnigg abſchwirren sah: Wir können uns heute abend nicht noch einmal 153
Mit dem Führer ins Herz der Heimat
über alle Ereigniſſe des Tages auslaſſen . Ob Herr Hit ler in Wien ſchläft oder in Linz , das iſt ſchließlich nicht so wichtig. " Wo er ſchläft, gewiß nicht, Sie Herr in Paris . Wichtig ist nur, daß Österreich deutsch ist und Sie und die ſonſtigen Leute Ihres Schlages blamiert ſind. Viel Spaß und eine gute Nacht wünscht Ihnen der deutsche Rundfunk!
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Österreich ein Land des Deutschen Reiches
Der 13. März 1938 ist ein Sonntag. Wieder
liegt strahlendes
Frühlingswetter
über
Österreich. Der Führer fährt von Linz die fünf Kilometer nach Leonding und besucht das kleine schlichte Haus seiner Eltern. Das hat sich der Vater nach langem schwerem Lebenskampfe einmal als eigen Hab und Gut erwerben können. Da ist der Knabe Hitler aufgewachsen. Da hat er sein kleines Stübchen unterm Dache gehabt.
Der
Führer besucht das Haus , betrachtet es nachdenklich und geht dann allein auf den Friedhof. Da, wo ein hoher dunkelgrüner Lebensbaum alles andere überragt, ist das Grab der Eltern. Der Führer steht stumm davor. Welch Weg hat ihn von hier in das Reich, welch Weg aus dem Reich nach hierher zurückgeführt ! Lange bleibt der Führer allein. Endlich dürfen auch die Männer seines Gefolges sich nähern, um ihre Kränze am Grabe des Paares nieder zulegen, das Deutschland diesen Sohn schenkte. Der die Herzen von Millionen ſo tief erschütterte, daß darob die Kraft zur Befreiung des deutschen Volkes aus ihrer aller Herzen frei wurde.
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Österreich ein Land des Deutschen Reiches
In der Kette der Absperrmannſchaften am Leon dinger Friedhof ſteht ein SA. -Mann aus Linz . Ein handfester, starker Kerl.
Er hat auch schon gestern den ganzen Tag außerhalb der Stadt SA.-Dienst gehabt und den Führer nicht zu Gesicht bekommen. Nun steht er hier. Der große starke Mann ist totenbleich. Als der lezte Wagen der Kolonne des Führers vorhin vorbeifuhr, ſagte er erſchüttert : "Ich habe den Führer nicht gesehen ! " Die Umſtehenden blickten ihn verſtändnislos an. „Mann“, sagten sie,
der Führer saß im ersten
Wagen neben dem Steuer." „Es mag schon sein “, antwortete er,
aber mir war
es wie ein Schleier vor den Augen gestanden, ich habe nichts gesehen. " Endlich, als der Wagen mit dem Führer nach langer Pause zurückkommt vom Friedhof, da krallt der Mann ſeine Hände ineinander und beißt die Zähne zuſammen und bezwingt ſeine furchtbare Erschütterung und sieht dem Führer in die Augen. Aber er sieht nichts weiter als diese großen, tiefgründigen und eine unheimliche Kraft ausstrahlenden Augen. Stolz und glücklich, erhobenen Hauptes , ſteht er schwer atmend in der Reihe, als der Führerwagen vor beigerollt ist. Sein Herz schlägt zum Zerspringen.
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Österreich ein Land des Deutschen Reiches
Vom Mittag bis zum Abend wird das Hotel Wein zinger in Linz, das der Führer mit seinem Stabe be wohnt, zur Stätte welthistorischen Geschehens .
Am Abend des 13. März kann Reichsminister Dr. Goebbels von Berlin aus bekanntgeben, daß die öfter reichiſche Regierung Seyß-Inquart ein Bundesverfaſ ſungsgeseß über die Wiedervereinigung Öſterreichs mit dem Reich erlassen hat. Danach ist Österreich ein Land des Deutschen Reiches . Am Sonntag, dem 10. April 1938 , soll eine freie und geheime Volksabſtimmung der über zwanzig Jahre alten deutschen Männer und Frauen Österreichs über die Wiedervereinigung mit dem Reich stattfinden. Bei der Volksabſtimmung entſcheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Das
verfassungsmäßige
Bundesverfassungsgesetzes Seyß-Inquart,
Zustandekommen wird
beurkundet
Glaise-Horstenau,
Wolf,
dieſes durch:
Hueber,
Menghin, Jury, Neumeier, Rainthaler, Fischböck.
Zugleich bringt Dr. Goebbels der Welt ein neues Reichsgesetz zur Kenntnis , das der Führer und Reichs kanzler zuſammen mit dem Reichsminister des Innern, dem Reichsminister des Auswärtigen und dem Stell vertreter des Führers am 13. März in Linz beschlos = sen hat. 157
Österreich ein Land des Deutschen Reiches
Das Reichsgesetz wiederholt den Wortlaut des öfter reichischen Bundesverfassungsgesetes und beſtätigt da mit die verfaſſungsmäßige Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich. An den Duce des faschistischen
Italien, Benito
Mussolini, sendet der Führer ein Telegramm mit den wenigen, so vieles besagenden Worten : Muſſolini, ich werde Ihnen dieſes nie vergessen! Adolf Hitler. " Die französische Presse erwacht langſam aus langer Verblendung. Hitler in Wien, und Frankreich noch immer ohne Regierung ! Das ist der besorgte Grundton der Blätter. Dann aber kommt doch schließlich die ehrliche An erkennung. Das „ Journal “ schreibt, Adolf Hitler habe den Traum seines Lebens verwirklicht. „Er hat ein Großdeutschland von fünfundſiebzig Millionen Einwohnern geschaffen . " Am Montag fährt der Führer nach Wien. In seiner Begleitung befindet sich General Keitel, der Chef des Oberkommandos der Wehrmacht.
Dann Reichsfüh
rer 44 Himmler, Reichspressechef Dietrich, die Reichs leiter Bouhler und Bormann, Staatssekretär Milch und Generalmajor Bodenschat . Der Führer wird wei 158
Österreich ein Land des Deutschen Reiches
ter von ſeinen Adjutanten begleitet, SA. - Obergruppen führer Brückner, 14 -Gruppenführer Schaub, NSKK. Brigadeführer Wiedemann und den militäriſchen Ad jutanten Major Schmundt, Hauptmann von Below und Hauptmann Engel . An der Grenze der Wiener Innenstadt empfängt Bundeskanzler Seyß-Inquart den Führer zusammen mit Gauleiter Bürckel, der zum Reichskommissar für das
Land Öſterreich und
zum Reorganisator der
NSDAP . eingesetzt worden ist . Es geht langſam über den Ring, die breite Prachtstraße Wiens . Kopf an Kopf stehen die Menschen . Ein Orkan des Jubels begrüßt den Führer vor dem Hotel Imperial, dann am nächsten Tage auf dem Heldenplay. Der Führer proklamiert die Miſſion Öſterreichs : „Die älteste Ostmark des deutschen Volkes soll von jezt ab wieder das jüngste Bollwerk der deutschen Na tion und damit des Deutschen Reiches sein." „Ich spreche im Namen der Millionen Menschen dieses wunderschönen deutschen Landes , im Namen der Steierer, der Nieder- und Oberösterreicher, der Kärnt ner, der Salzburger, der Tiroler und vor allem im Na men der Stadt Wien, wenn ich es den in diesem Augen blick zuhörenden
achtundsechzig
Millionen
übrigen
deutschen Volksgenossen in unserem weiten Reich ver sichere:
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Österreich ein Land des Deutschen Reiches
Dies Land ist deutsch, es hat seine Miſſion begriffen, es wird diese erfüllen und es ſoll an Treue zur großen deutschen Volksgemeinschaft von niemandem jemals überboten werden. Ich kann diesen Appell an Sie aber nicht schließen “, so ruft der Führer aus , „ ohne nun der Männer zu ge denken, die es mir mit ermöglicht haben, die große Wende in so kurzer Zeit mit Gottes Hilfe herbeizuführen . Ich danke den nationalſozialiſtiſchen Mitgliedern der Regierung, an ihrer Spize dem neuen Reichsstatthalter Seyß-Inquart. Ich danke den zahllosen Parteifunktionären,
ich
danke aber vor allem den ungezählten namenlosen Idea listen, den Kämpfern unserer Formationen, die in den langen Jahren der Verfolgung bewiesen haben, daß der Deutsche, unter Druck gesezt, nur noch härter wird !
Diese Jahre der Leidenszeit haben mich in meiner Überzeugung
vom Werte des
deutſchöſterreichischen
Menschen im Rahmen unserer großen Volksgemein ſchaft nur bestärkt. Die wunderbare Ordnung und Diſzi plin dieses gewaltigen Geschehens ist aber auch ein Beweis für die Kraft der diese Menschen beseelenden Idee. Ich kann somit in dieser Stunde dem deutschen Volk die größte Vollzugsmeldung meines Lebens ab statten. " 160
Österreich ein Land des Deutschen Reiches
Da branden die Heilrufe der Millionenmaſſe gewal tig zum Führer empor, machen lange, lange jedes Weiter sprechen unmöglich: Endlich kann Adolf Hitler sagen : „Als Führer und Reichskanzler der deutschen Nation und des Reiches melde ich vor der Ge schichte nunmehr den Eintritt meiner Heimat in das Deutsche Reich!"
*
Am 10. April 1938 , vier Wochen später, beſtätigt das deutsche Volk die Vollzugsmeldung des Führers . Nach der herrlichen Schlußkundgebung des Wahl kampfes am 9. April in der Nordwestbahnhalle in Wien hat sich der Führer mit Dr. Goebbels sofort zum Son derzug begeben und ist nach Berlin zurückgefahren. Am Anhalter Bahnhof wartet Frau Goebbels mit ihren Kindern, Blumen im Arm, auf den Führer und ihren Gatten. Die Berliner bereiten den Ankommenden einen fest= lichen Empfang. Adolf Hitler begibt sich vom Bahnsteig aus mit ſei nen Adjutanten Brückner, Schaub und Wiedemann in das Wahllokal, das im Wartesaal für die Reiſenden eingerichtet ist, und gibt seine Stimme ab. Den Tag über laufen allmählich die Meldungen aus den Wahlbezirken des weiten Großdeutschen Reiches in
11 Hadamovsky, Weltgeschichte
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Österreich ein Land des Deutschen Reiches
Berlin ein. Die mustergültige Organiſation des Propa gandaminiſteriums
ermöglicht es
durch ihr Fern
schreibenet, an das in diesen Wochen auch schon Öster reich angeschlossen ist, von Stunde zu Stunde die neue ſten Nachrichten über die Rundfunksender zu geben. Vorläufig läßt sich kein genaues Bild gewinnen . Es gibt Orte, die schon am frühen Morgen hundertprozen tig mit Ja abgestimmt haben . In anderen Ortschaften findet sich zwischen zehntausend Ja- Stimmen eine ver einzelte Nein-Stimme . Ein Dummkopf oder ein Frrer, sagt einer von uns lachend. Die Eifrigen machen sich daran, die Prozentzahlen der Wahl auszurechnen. Wenn das Bild weiter so bleibt, dann wird es ein faſt hundertprozentiger Sieg. Da kommt aus einer deutschen Großstadt ein nieder schmetterndes Ergebnis : zwanzigtausend Nein-Stim men !
Ist das möglich? Man fragt sich zunächst vergeblich nach den Ursachen dafür. Die Prozentrechner, die vorhin ihre Zahlen ſo trium phierend vorzeigten , sind schwer verärgert. Denn auch prozentual gesehen ist die Anzahl der Nein-Stimmen in dieſem ganzen Bezirk sehr hoch. Unsere dicht bei Hundert liegende Prozentziffer rasselt herunter.
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Österreich ein Land des Deutschen Reiches
Dann kommt eine Freudennachricht aus München, der Hauptstadt der Bewegung, der alten Hochburg, in der der Führer persönlich seit 1919 kämpfte. Ganz München hat zuſammen dreihundertsechzehn Nein-Stimmen. Die Gesichter beleben sich wieder. Dann kommen Mel dungen aus dem entfernteſten Süden des Reiches , aus der Steiermark, aus den Bergdörfern am Hang der Karawanken, die mit ihren Felsmauern die Grenze zwischen dem Großdeutschen Reich und Jugoslawien bilden. Die Bergbauern, zur Wahl aus ihren weit aus einander liegenden Berghöfen zusammengekommen, wollten schon am Sonnabendabend abstimmen und waren nur mit Mühe davon zu überzeugen, daß man aus gesetzlichen Gründen bis zum Sonntag warten müßte. Dann haben sie gleich bei Eröffnung der Wahl, ohne überhaupt die dafür vorgesehenen Stimmzellen zu benutzen, in zehn Minuten gemeinsam ihre Wahlzettel mit „Ja“ ausgefüllt. Nun wird die Meldung dem Füh rer gebracht. Er freut sich über die Zustimmung der Heimat. Braunau am Inn, die Geburtsstadt Adolf Hitlers, meldet bald darauf telegraphisch ein glänzendes Ab ſtimmungsergebnis . Im ganzen nur fünf Nein-Stim men gegen dreitausenddreihunderteinunddreißig Ja Stimmen. Dann wird über Linz berichtet, wo noch vor
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Österreich ein Land des Deutschen Reiches
vier Jahren die schweren Kämpfe zwischen den Garden von Dollfuß und Schuschnigg und den marxiſtiſchen Arbeitern tobten. Die Wähler von Linz haben sich mit fast hundert Prozent zum Führer bekannt !
Mich interessiert das Ergebnis der Ramsau : Na türlich, die Ramsau weist keine einzige Neinstimme auf! Alles „Ja “ für Hitler. Auch Schladming im Tal unten hat hundertprozentig mit „ Ja “ gestimmt. Noch aber steht Wien aus . Wien, die Stadt, in der die meisten Juden Österreichs leben. Die Juden sind von der Wahl ausgeschlossen. Aber die Zweimillionen stadt war bis zur Beseitigung der Grenze zwischen Deutſchland und Österreich ein riesiger Waſſerkopf auf einem viel zu kleinen Körper ! Wird Wien ſeine neue Geburtsstunde begreifen?
Wie wird Wien abstimmen? Wir ſizen in der Reichskanzlei und ſtellen eifrig Ver mutungen an. Die Tschechen in Wien, etwa vierundzwanzigtauſend an der Zahl, haben den Reichskommiſſar und Wahl leiter Bürckel gebeten, an der Abstimmung teilnehmen zu dürfen. Es war ein Risiko . Schließlich hat Bürckel großzügig den Tschechen die Abstimmung in eigenen Wahllokalen freigestellt. Von dort kommt am späten Nachmittag eine der ersten Meldungen. Die Tschechen haben fast geschlossen 164
Österreich ein Land des Deutschen Reiches
für den Anschluß an das Reich, für die Liste Adolf Hitlers mit „Ja“ gestimmt ! Eine der
nächsten Sondermeldungen
trifft
aus
Floridsdorf ein, dem Wiener Arbeiterbezirk, deſſen Wohnblocks Dollfuß im Februar 1934 mit schweren Geſchüßen zuſammenschießen ließ . Floridsdorf hat mit achtzigtauſendeinundzwanzig Ja-Stimmen für Hitler geſtimmt. Nur zweihundertfünfunddreißig Nein-Stim men waren in den Urnen enthalten. Floridsdorf iſt nationalſozialiſtiſch geworden ! Wie aber wird Wien in seiner Gesamtheit gestimmt haben? Siebzig Prozent, sagt einer. Achtzig Prozent, meint ein anderer. Darüber hinaus aber möchte keiner gehen. Endlich kommt auf unserer direkten Telephonleitung die Mitteilung durch, daß Reichskommiſſar Bürckel die Meldung über das Gesamtergebnis der Wahlen in Österreich an den Führer durchgeben kann. Der Führer nimmt in einem Seſſel am Kamin Platz. Die Spannung steigt auf das höchſte. Wir schalten die Lautsprecher ein. Bürckel spricht von Wien aus. Er meldet das Gesamtergebnis der Wahl : 99,73 Prozent Ja-Stimmen !
Wir blicken auf den Führer. Man möchte losschreien vor Freude.
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Österreich ein Land des Deutschen Reiches
So hat also die Heimat dem Führer geschlossen zu gestimmt ! Adolf Hitler ſigt unbeweglich im Sessel.
Eine Stille des ehrfurchtsvollen Schweigens entsteht. Dann erhebt sich der Führer. Seine Schritte sind
unhörbar auf dem weichen
Teppich. Er geht auf den Kamin zu. Dort steht auf dem Marmorpaneel unſer Mikrophon. Des Führers Blick geht ins Leere, als ſuche er mit den Augen den Mann in Wien, der ihm eben dieſe erschütternde Freudennachricht überbrachte. ―― Als suche er mit den Augen die Millionen Männer und Frauen, die diesem Tage durch ihre Stimme die Weihe eines großen Sieges gaben. - Als verweile er im Geiſte bei den Toten Österreichs , die ihr Blut für Großdeutschland vergossen. Dann spricht der Führer. Seine Stimme klingt belegt, im ersten Augenblick fast fremd. Dann sogleich fest, stolz, freudig. " Gauleiter Bürckel ! Deutsche Österreicher ! Ich habe von meiner Heimat viel erhofft. Die Ergebnisse dieſer Abstimmung aber übertreffen nun doch, wie im ganzen übrigen Reich, alle meine Er wartungen.
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Österreich ein Land des Deutschen Reiches
Ich bin so glücklich über die damit endlich bewiesene wahre innere Gesinnung Deutsch-Österreichs und über das mir geschenkte Vertrauen. Denn diese nunmehr vom ganzen deutschen Volk vollzogene geschichtliche Be ſtätigung der Vereinigung Österreichs mit dem Reich bedeutet zugleich die höchste Rechtfertigung meines ganzen Handelns . Für mich ist diese Stunde damit die stolzeste meines Lebens . Ich kann nicht anders, als dem ganzen deutschen Volfe, und vor allem meiner eigenen teuren Heimat aus meinem tiefsten Herzen danken. “ Nach den Worten des Führers ist Ruhe im Raum. Kaum wagt einer von denen, die in der Reichskanzlei ſonſt immer um ihn sind, den Führer zu beglück wünschen. Dieses Bekenntnis Öſterreichs zum Reiche iſt ſo über alle Maßen herrlich! Es ist zugleich eine glänzende Rechtfertigung des deutschen Vorgehens , eine Rechtfertigung auch für die Politik Mussolinis , der den Führer bei seinem Marsch nach Österreich so energiſch und kaltblütig unterſtüşte . Und schließlich für die englische Politik Chamberlains, der sich weigerte, eine militärische Garantie Groß britanniens für Österreichs Unabhängigkeit zu über nehmen und England in einen furchtbaren Krieg zu 167
Österreich ein Land des Deutschen Reiches
ſtürzen, nur um zwanzig Jahre nach dem Waffenſtill ſtand das damals von den triumphierenden Siegern niedergetrampelte Selbstbestimmungsrecht der Völker auch jezt noch einmal durch die Gewalt der Waffen zu verhindern. Österreich ist frei, Österreich ist deutsch ! Großdeutschland ist eine geschichtliche Tatsache.
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Das Reich panzert sich
Italien und England
Am 20. April 1938 wird der Geburtstag des Füh rers vom ganzen deutschen Volke festlich begangen. Un zählige Glückwünsche und Geschenke aus seiner befreiten österreichischen Heimat erfreuen den Führer besonders . Am Abend dieſes Tages findet im Berliner Ufa-Palaſt am Zoo die Uraufführung des großen Olympiafilms ſtatt. Leni Riefenstahl, die Schöpferin dieses Meister werkes, dem sie fast zwei Jahre ihres Künstlerlebens opferte, ſitt mit ihren Eltern und ihren engsten Mit arbeitern in der Loge neben dem Führer. Die beiden abendfüllenden Teile des Films , das „ Fest der Völker " und das „ Fest der Schönheit", rollen vor unseren Augen ab. Dieser Film ist wie eine Offenbarung Griechen lands inmitten unserer modernen Welt. Schöner als wir selber die Olympischen Spiele erleben konnten, erstehen sie hier noch einmal vor uns , vom Künſtler auge eingefangen und gestaltet, getragen von der packen den Musik Herbert Winds und den mitreißenden Schil derungen der besten deutschen Rundfunksprecher.
Am 1. Mai begehen wir feierlich das große Früh lingsfest der Deutschen in Stadt und Land. 169
Italien und England
Am Tage darauf begibt sich der Führer mit großem Gefolge nach Rom, um Muſſolinis Deutschlandbesuch zu erwidern. Hitlers Fahrt durch das befreundete Ita lien wird zum Triumphzug. Vielleicht stand bis zu die ſer Stunde nur die Faschistische Partei wirklich hinter dem Führer und hinter Deutschland. Auf dieser acht tägigen Reiſe aber erobert sich Hitler die Herzen des ganzen italienischen Volkes . Und er erobert sich den König. Diesen klugen Monarchen, der neben dem eng-. lischen König der einzige ist, der als Repräsentant einer Großmacht die Revolutionen und Umstürze der Zeit nach dem Weltkrieg überſtand . Auf einem feierlichen Bankett im Palazzo Venezia in Rom wechseln AdolfHitler und Benito Muſſolini Worte herzlicherFreundschaft und höchſter politischerBedeutung . Der Duce heißt den Führer herzlich willkommen und sagt dann: „Führer !
Ihr Besuch in Rom vollendet und besiegelt das Ein vernehmen (intesa) zwischen unseren beiden Ländern . Dieses Einvernehmen, das wir mit festem Willen an gestrebt und hartnäckig aufgebaut haben, wurzelt in Ihrer und unserer Revolution ; es zieht seine Kraft aus der weltanschaulichen Gemeinschaft, die unsere beiden Völker verbindet; es hat seine hiſtoriſchen Aufgaben in den dauernden Interessen unserer beiden Völker . 170
Italien und England
— Hundert Jahre Geschichte
seit Deutschland und
Italien sich erhoben, um mit Revolution und mit den Waffen ihr Recht auf die nationale Einheit durch ―――― zusehen bekunden die Parallelität dieser Grund ſtellung und die Solidarität dieſer Interessen. Mit dem gleichen Glauben und mit dem gleichen Willen haben Deutschland und Italien gekämpft, um ihre Einheit zu begründen; sie haben gearbeitet, um sie feſt und sicher zu machen; sie haben sich in der lezten Zeit aus der Verderbnis zerſeßender Ideologien befreit, um jenes neue Volksregime zu schaffen, das das Kennzeichen dieses Jahrhunderts iſt . Auf dieſem von der Geschichte vorgezeichneten Wege marschieren unsere Völker vereint mit loyalen Absichten und mit jenem überzeugten Ver trauen, das seine Probe bestanden hat in den Ereig nissen dieser Jahre des Friedens und des Einverneh mens unter den beiden Nationen. Das faschistische Italien kennt nur ein einziges ethisches Gesetz in der Freundschaft : jenes , das ich vor dem deutschen Volke auf dem Maifeld angeführt habe. Die Zusammenarbeit zwischen dem nationalsoziali ſtiſchen Deutschland und dem faschistischen Italien hat diesem Gesetz gehorcht, sie gehorcht ihm gegenwärtig und sie wird ihm in der Zukunft gehorchen."
Der Führer antwortet hierauf: 171
Italien und England
" Duce! Tief bewegt danke ich Ihnen für die zu Herzen gehen den Worte der Begrüßung, die Sie zugleich im Namen der italienischen Regierung und des italienischen Volkes an mich gerichtet haben. Ich bin glücklich, hier in Rom zu sein, das mit den Zeugen seiner unvergleichlich ehr würdigen Vergangenheit die machtvollen Zeichen des jungen faschistischen Italiens vereint. So haben Deutschland und Italien gleiche Inter essen und sind durch ihre weltanschauliche Gemeinschaft miteinander eng verbunden. Damit ist in Europa ein Block von 120 Millionen entstanden, die entschlossen find, ihre ewigen Lebensrechte zu wahren und sich gegenüber allen jenen Kräften zu behaupten, die es unternehmen sollten, sich ihrer natürlichen Entwicklung entgegenzustellen. Seit sich Römer und Germanen in der Geschichte für uns bewußt zum ersten Male begegneten, ſind nunmehr zwei Jahrtausende vergangen . Indem ich hier auf diesem
ehrwürdigsten Boden
unserer
Menschheits
geschichte stehe, empfinde ich die Tragik eines Schicksals , das es einſt unterließ, zwischen diesen so hochbegabten und wertvollen Raſſen eine klare Grenzſcheide zu ziehen. Unsagbares Leid von vielen Generationen war die Folge. Heute nun, nach faſt zweitausend Jahren, erhebt sich dank Ihrem geschichtlichen Wirken , Benito Muſſo
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Italien und England
lini, der römiſche Staat aus grauen Überlieferungen zu neuem Leben. Und nördlich von Ihnen entstand aus zahlreichen Stämmen ein neues germanisches Reich. Belehrt durch die Erfahrung zweier Jahrtausende wollen wir beide, die wir nun unmittelbare Nachbarn geworden sind, jene natürliche Grenze anerkennen , die die Vorsehung und dieGeschichte unseren beiden Völkern erſichtlich gezogen haben . Sie wird dann Italien und Deutschland durch die klareTrennung der Lebensräume der beiden Nationen nicht nur das Glück einer friedlich gesicherten, dauernden Zusammenarbeit ermöglichen, sondern auch als Brücke gegenseitiger Hilfe und Unter stützung dienen. Es ist mein.unerschütterlicher Wille und mein Ver mächtnis an das deutsche Volk, daß es deshalb die von der Natur zwischen uns beiden aufgerichtete Alpen grenze für immer als eine unantastbare anſieht. Ich weiß, daß sich dann für Rom und Germanien eine große und segensreiche Zukunft ergeben wird. “ Mit dieser feierlichen Erklärung wird eine Hoffnung des Weltjudentums zerschlagen . Schon am 12. März 1938 , dem Tag des Einmarsches deutscher Soldaten in Österreich, wurde mir inLinz erzählt, daß nun auch eine Grenzänderung zwischen Deutschland und Italien mit Bezug auf Südtirol erfolgen müſſe . Die Urheber dieser Gerüchte, Juden, Freimaurer und Schuschnigganhän 173
Italien und England
ger, wurden augenblicklich hinter Schloß und Riegel gesezt. Ihre Absicht war ja allzu klar: sie wollten das Einvernehmen zwiſchen Deutschland und Italien zer stören. DerFührer schrieb darüber vor fünfzehn Jahren in der ersten Ausgabe seines Werkes „ Mein Kampf" : „ Der Grund, warum man in den letzten Jahren von ganz bestimmten Kreiſen aus die Frage , Südtirol' zum Angelpunkt
des
deutsch-italienischen
Verhältnisses
machte, liegt ja klar auf der Hand . Juden und habs burgische Legitimisten haben das
größte
Intereſſe
daran, eineBündnispolitik Deutſchlands zu verhindern, die eines Tages zur Wiederauferstehung eines freien deutschen Vaterlandes führen könnte. Nicht aus Liebe ―――― zu Südtirol macht man heute dieses Getae denn dem wird dadurch nicht geholfen, sondern nur geschadet
?
sondern aus Angst vor einer etwa möglichen deutsch italienischen Verſtändigung. Wenn die deutsche Nation den Zustand ihrer drohen den Ausrottung in Europa beenden will, dann hat sie nicht in den Fehler der Vorkriegszeit zu verfallen und sich Gott und die Welt zum Feinde zu machen, sondern dann wird sie den gefährlichsten Gegner
erkennen
müſſen, um mit der gesamten konzentrierten Kraft auf ihn einzuschlagen. Und wenn dieser Sieg erfochten wird durch Opfer an anderer Stelle, dann werden die kom menden Geschlechter unseres Volkes uns dennoch nicht
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Italien und England
verurteilen. Sie werden die schwere Not und die tiefen Sorgen und den dadurch geborenen bitteren Entschluß um so mehr zu würdigen wiſſen , je strahlender der daraus entſproſſene Erfolg sein wird . Was uns heute leiten muß, ist immer wieder die grundlegende Einsicht, daß die Wiedergewinnung ver lorener Gebiete eines Reiches in erster Linie die Frage der Wiedergewinnung der politischen Unabhängigkeit und Macht des Mutterlandes iſt. Diese durch eine kluge Bündnispolitik zu ermöglichen und zu sichern, ist die erste Aufgabe einer kraftvollen Leitung unseres Staatswesens nach außen. “ An diesem Beispiel mag man erkennen, mit welcher Klarheit der Führer schon in seiner Festungszeit die Gesamtlage der europäischen Politik überschaut und seinen politischen Kurs festgelegt hat. Und mit welcher Entschlossenheit er seine Ansichten in die Tat umſeßte . Der Führerbesuch hat für Italien und den Faschis mus auch eine tiefgehende innere Bedeutung, die an dem folgenden, durchaus nicht leicht zu nehmenden Er eignis sichtbar wird : Kurze Zeit, nachdem der Führer Italien verlassen hat, besucht König Viktor Emanuel zum ersten Male seit der Machtübernahme durch den Faschismus im Jahre 1922 das Geburtshaus Mussolinis in Pre dappio . Dort kam Italiens großer Führer 1883 als 175
Italien und England
Sohn des Dorfschmiedes Muſſolini und seiner Frau, einer Schullehrerin, zur Welt. Nach dem Besuch in dem schlichten Haus von Predappio fährt der König spontan nach Forli hinüber und besucht den Duce in ſeiner Villa. Königtum und Faschismus , Faschismus und italie nisches Volk besiegeln so vor der Welt ihre unwider rufliche
Einheit.
Die Freundschaft des
Duce
mit
Deutschland ist nun nicht mehr die Freundschaft der Faschistischen Partei , sie ist die Freundschaft des italie nischen Volkes und seines Monarchen. Die letzte Hoff nung des Weltjudentums auf eine Schwächung Jta liens und eine Gefährdung der Achse Berlin- Rom muß an diesem Tage des Königsbesuches in Forli zu Grabe getragen werden.
Bei der Sabotage des deutsch-engliſchen Verhältnis ses hat das Weltjudentum vorläufig noch mehr Erfolge : Im Jahre 1935 hat der Führer mit England den deutsch-englischen Flottenvertrag abgeſchloſſen . Ribben trop, damals noch der geniale Außenseiter der deutſchen Diplomatie, jezt des Reiches Außenminiſter, brachte diesen Vertrag zustande, mit dem England den Boden des Diktats von Versailles verließ. Deutschland legte ſich freiwillig auf eine Begrenzung seiner Flotte im Verhältnis zur englischen fest. Die deutsche Flotten
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Italien und England
ſtärke wird nach diesem Vertrag nie mehr als fünfund dreißig vom Hundert der englischen Flottenstärke betra gen. Wir werden auch keine größeren und stärker be waffneten Schiffe als Großbritannien bauen . Deutschland verzichtet folglich auf die Möglichkeit, England in einem kriegerischen Konflikt zur See allein entgegentreten zu können !
Auf dieser Grundlage hätte schon seit 1935 eine rück haltlose deutsch-englische Zuſammenarbeit möglich sein müſſen. Natürlich haben die Juden der ganzen Welt gemeinsam mit Marxiſten und Bolschewisten den Ver such unternommen, eine solche Zuſammenarbeit, die beide Mächte unangreifbar machen würde, zu unter binden. Und England hat dieſen jüdiſch-bolſchewiſtiſchen Einflüssen bis zum Jahre 1938 immer wieder in weitestem Umfange nachgegeben, auch unter der Mini sterpräsidentschaft Chamberlains . Es scheint schwierig für England zu sein, mit vor urteilsloſem Blick die Lage Deutschlands richtig zu beurteilen. Als Mussolini
im Herbst 1937 Berlin
besuchte, da sagte er zu den Fünfhunderttausend , die im strömendem Regen auf dem Reichssportfeld ausgeharrt hatten, die Worte : „Klar und offen reden und wenn man einen Freund hat, mit ihm bis ans Ende marschieren. “ Aus England kann man aber keine klaren und offe=
12 Hadamovsky, Weltgeschichte
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Italien und England
nen Worte vernehmen . Wenn Chamberlain vom Frie den spricht, dann redet Churchill vom Kriege. Wenn die Regierung eine freundschaftliche Zuſammenarbeit mit Deutschland sucht, dann zerstört die Opposition das Ver trauen des englischen Volkes zu Deutschland durch jede nur denkbare Verdächtigung, Verleumdung und Nieder tracht. Englands
gestürzter
Außenminister
Herr
Eden
beſißt in Moskau, das er 1935 besuchte, viele Freunde . Das spricht nicht gerade für Herrn Eden und seine poli tischen Fähigkeiten. Denn dasselbe Moskau, mit dem zusammen Herr Eden über Italien und Deutschland herfallen möchte, zettelt zu gleicher Zeit im englischen Mutterland Streiks , Meutereien und Revolten an. Dieses selbe Moskau bedroht Indien und die Domi nions . Es spioniert mit ganzen Bataillonen bezahlter Agenten die englische Luft- und Seeflotte aus und sabotiert denBau von Kriegsflugzeugen inden Fabriken und von Kriegsschiffen auf den Werften. Inzwischen versucht die Kriegspartei in England im Bund mit den Moskauer und Pariser Kriegshehern und mit den großkapitaliſtiſchen Waffenschiebern in Amerika alles, um die Stellung Chamberlains zu un tergraben und Eden wieder flott zu machen. Noch ist Chamberlain Miniſterpräsident. Noch am tiert Lord Halifax als Außenminiſter an Stelle des nach 178
Italien und England
der Führerrede am 20. Februar zurückgetretenen Herrn Eden. Dieser aber gilt in den Kreisen der Kriegspartei als der kommende - Ministerpräsident ! Trotzdem scheint vorläufig keine Aussicht vorhanden zu sein, Chamberlain zu stürzen oder eine direkte Stel lungnahme des englischen Parlaments für einen Krieg gegen Deutschland herbeizuführen. So versuchen die Kriegsheber, mit ihren verschlagenen Intrigen auf andere Weise zum Ziel zu kommen.
12*
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Schach den Hekern
Im Sudetenland sind die ein paarmal verschobenen Gemeindewahlen nun endlich für die zweite Hälfte des Mai festgesetzt worden. Unter dem Vorwand, daß Ruhe und Ordnung in den deutschen Gebieten hergestellt werden müßten, sendet die tschechische Regierung starte Truppenabteilungen mit Panzerwagen und Geſchüßen in den Sudetengau , den Böhmer Wald und nach Süd mähren. Die bewaffnete Militärmacht wird von dem Ban ditenhaufen der Roten Wehr begleitet. Aus Deutsch land geflüchtete bolschewistische Juden und von der Moskauer Bürgerkriegsschule frisch importierte Kom muniſten ſind die Leiter dieses Banditenhaufens . Die Moskauer Absichten finden die lebhafte Unterstützung gewisser englischer Kreise. Der Plan iſt einfach genug. Entweder werden die sudetendeutschen Gebiete durch das Aufgebot von Truppen und Roter Wehr derartig eingeschüchtert, daß die Abstimmung zugunsten der Tschechei ausfällt . Dann kann man der Welt gegenüber behaupten, es gäbe gar keine sudetendeutsche Frage. Oder die Sudetendeutschen wehren sich mit der blanken Faust gegen den bolschewistischen Terror. Dann ist das
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Schach den Hezern
Hochverrat gegen den tschechischen Staat. Dann wird man das Standrecht über die sudetendeutschen Gebiete verhängen und jeden Deutſchen niederschießen, der ſich zu rühren wagt. Die Sudetendeutschen beißen die Zähne zusammen und lassen den Terror schweigend über sich ergehen. Am 21. Mai morgens schießen tschechische Banditen trotzdem die beiden Landwirte Böhm und Hofmann vom Motorrad und töten ſie. Daraufhin verhängt die tschechische Regierung den Ausnahmezustand und ver bietet alle Versammlungen und Zuſammenkünfte der Sudetendeutschen Partei. Jezt halten die Londoner und Moskauer Kriegsheher ihren Augenblick für ge kommen. Dimitroff trifft in Prag ein.
Ein paar
Stunden später macht die Tschechei auf Betreiben der führenden englischen Kriegshezer mobil, besezt ihre Befeſtigungslinien längs der tauſendachthundert Kilo meter langen deutschen Grenze und wirft erneut rieſige Truppenmaſſen in die Grenzgebiete Schlesiens , Sach sens, Bayerns und Österreichs .
Die normale Folgerung jedes Staates , an dessen unbefestigten Grenzen eine solche feindselige Mobil machung vollzogen wird , wäre nun seinerseits die Mobilmachung. Das haben die Kriegsheßer auch er hofft. Denn dann könnte man in der Weltöffentlichkeit die tschechische Mobilmachung stillschweigend übergehen, 181
Schach den Hezern
die deutsche Mobilmachung aber mit Windeseile über die ganze Erde ausposaunen. Deutschland hat mobil gemacht ! Deutschland, der ewige Angreifer, provoziert einen neuen Krieg ! Völker der Erde, wehrt euch ! Die deutsche Mobilmachung ist ein Grund zum sofortigen Krieg aller gegen Deutschland! So haben die Hezer spekuliert. Der Führer, seit ein paar Tagen erst aus Italien zurückgekommen, macht ihnen einen großen Strich durch die Rechnung. Deutschland bleibt Gewehr bei Fuß stehen und macht keinen einzigen Mann mobil. Statt dessen gibt Deutschland der Welt die Tatsache der tschechischen Mobilmachung bekannt und fordert deren sofortige Rückgängigmachung . Die Kriegsheber haben ihren Meister gefunden ! Sie stehen im Schach! Jezt läßt sich die Tatsache der einseitigen tschechischen Mobilmachung nicht länger vor derWelt verheimlichen. DieHintermänner, die dieMobilmachung veranlaßten, find in eine üble Sackgasse geraten. Die Tschechei allein hat mobilgemacht und sie allein provoziert den Krieg! Da greifen die
gerissenen Hezer zu
einer ver
zweifelten Lüge. Die Tschechei, so behaupten sie, habe nur ihre üblichen Reſerviſteneinziehungen vorgenom
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Schach den Hezern
men. Deutschland aber habe am 21. Mai heimlich mobilgemacht ! Das ist nun ein neuer Begriff : heimliche Mobil machung.
Wie stellen die sonst so gerissenen Lügner sich das vor? Eine Mobilmachung trifft ein ganzes Volk und holt heute jeden Mann und jede Frau unter die Fahnen. Der lezte Fischerjunge in irgendeinem Dorf am Kuri schen Haff weiß, wann Deutschland mobilmacht. Und dann sollten wir das vor derWelt geheimhalten können? Geheimhaltenkönnen vor den zehntausend eifrigherum schnüffelnden Auslandsagenten, Prefseleuten und Spio nen, die man uns freundlicherweise in den Pelz geſetzt hat und die wir freundlicherweise bei uns als Gäſte beherbergen? Diesmal haben sich die Lügner in ihrer eigenen Schlinge gefangen. Energische deutsche Berichtigungen in Paris und London entlarven das infame Spiel und stellen die Kriegsheber schonungslos vor der ganzen Welt bloß. Jhr Spiel ist für diesmal verloren. Die Kaltblütigkeit und Klugheit des Führers hat den Frieden Europas gerettet. Die tschechische Soldateska muß aus den beſeßten Gebieten mit langer Naſe wieder abziehen. Die tschechi = schen Truppen werden demobilgemacht und zum Teil allmählich wieder entlassen. Nur die Rote Wehr bleibt
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Schach den Hezern
in den ſudetendeutschen Gebieten zurück und verschärft ihr Schreckensregiment. Täglich werden Deutsche das Opfer der blutdürſtigen Horden. Der Führer aber erkennt, daß Englands Politik einem schwankenden Schilfrohr im Winde gleicht. Trotz der freiwilligen Begrenzung der deutschen Flottenstärke auf ein Drittel der englischen, troß der grundsäglichen
Bereitschaft
des
Führers
zur
Zu
ſammenarbeit mit England iſt in einer schweren Krisis nicht auf englische Rückendeckung zu rechnen. Damit entſteht die Wahrscheinlichkeit eines franzöſiſchen An griffs , womöglich mit aktiver englischer Unterſtüßung.
Sieben Tage nach der tschechischen Mobilmachung, am 28. Mai 1938 , faßt der Führer einen Entschluß von größter politischer Bedeutung. Einen Entschluß, wie er in der Geschichte der Nationen nur in höchſter Gefahr gefaßt wird . Vor mehr als zweitausend Jahren begann der chine sische Kaiser Schi Huangti mit dem Einsatz von Millio nenMenschen denBau der viertausend Kilometer langen Chinesischen Mauer und vollendete ihn binnen weniger Jahre. Ein gewaltiges Befestigungswerk von Erd wällen und Barrikaden wurde geschaffen, das China über ein Jahrtausend vor den Einfällen der bar barischen Nordvölker sicherte und schüßte. Diese Be festigungsanlage, quer durch Europa gezogen, würde 184
Schach den Hezern
in Lissabon, der Hauptstadt Portugals , beginnen, dann fünfhundert Kilometer
nach Madrid
laufen,
von
Madrid über Toulouſe und Lyon in Südfrankreich nach Basel, von dort über Würzburg nach Berlin, rund zweitausend Kilometer, dann fünfhundert Kilometer weiter nachKönigsberg, dann noch einmal tausend Kilo meter über Petersburg bis faſt an das Weiße Meer im Norden der Sowjetunion. Das sind viertauſend Kilo meter, auf europäische Verhältnisse übertragen ! Das ist die vor zweitausendeinhundert Jahren von Kaiser Schi Huangti erbaute Befestigungsanlage zum Schutze Chinas ! Das von diesem Kaiſer geeinte chinesische Reich aber überdauerte zwei Jahrtausende und reicht heute noch, auf Europa übertragen, von Hammerfeſt in Nor wegen bis zur Lybischen Wüste in Afrika und von Lissabon bis Moskau, unter Einschluß der Ostsee, der Nordsee und des Mittelmeeres . Auch die Römer bauten in den ersten hundert Jahren nach Chriſti Geburt ein zuſammenhängendes Erdwall und Mauersystem mit über hundert Kastellen und Türmen auf deutschem Boden, das ihre Rheingrenze und weiter den Neckar und die Schwäbische Alb gegen germanische Einfälle sichern sollte . Dieser sogenannte römische Limes wurde später bis in die Donaugebiete fortgeführt. Im Anfang der deutschen Reichseinheit steht ein 185
Schach den Hezern
anderes gewaltiges Festungsbauwerk. Als Heinrich der Vogler deutscher König wurde,
zahlte Deutschland
Tribut an die Ungarn und war ihren plündernden Reiterscharen wehrlos preisgegeben. Da zwang der König die frei wohnenden Deutschen zum Städte- und Burgenbau und zur Aufſtellung eines Heeres . Jeder zehnte freigeborene, wehrhafte Mann mußte in die Burg ziehen. Als die deutschen Burgen vollendet waren, sandte Heinrich der Vogler den Reitervölkern der Ungarn einen räudigen Hund statt des Tributes . Darauf fielen ihre Heere aufs neue in Deutſchland ein, um zu brandſchaßen, zu morden und zu plündern. Aber sie sahen sich mit ihren leichten Waffen rettungslos gefangen im Nez der neuentstandenen Burgen und Städte. Genau tausend Jahre vor der Machtübernahme durch Adolf Hitler, im Jahre 933 , wurden die Ungarn von König Heinrich an der Unſtrut im grünen Herzen des Reiches vernichtend geschlagen. Die genialen Be festigungsanlagen und Wehrmaßnahmen des Königs hatten die Angriffskraft der Ungarn gebrochen und Deutschland befreit. Tausendundfünf Jahre später, am 28. Mai 1938 , faßt Adolf Hitler einen Entschluß von gleicher welt geschichtlicher Größe.
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Der Westwall
Der Führer befiehlt, an der deutschen Weſtgrenze, bei Basel beginnend, den Rhein hinab über Saar brücken und Aachen laufend , nordwärts bis faſt zur Nordsee gehend, ein Syſtem von Betonfeſtungen und Sperrforts zu errichten. Der geniale Straßenbaumeister Todt erhält den Auftrag
zur
Ausführung
des
gewaltigen
Planes
binnen kürzester Friſt. Hermann Göring wirft das Steuer des Vierjahres planes vom 28. auf den 29. Mai mit seiner ganzen gewaltigen Bullenenergie herum. Nach vierundzwanzig Stunden fahren zehntausend deutsche Arbeiter, die bisher dem friedlichen wirtſchaft lichen Aufbau des Reiches ihre Arbeit widmeten, in Sonderzügen an die Weſtgrenze. Nach wenigen Tagen ſind es schon hunderttausend Arbeiter, nach einigen Wochen eine halbe Million ! Pionierbataillone, hundert tauſend Mann Arbeitsdienst, Truppen, Techniker, In genieure, ein Stab von Fachleuten stoßen zu ihnen. Es gibt plöglich in Deutschland kein Eisen mehr für irgend einen privaten oder öffentlichen Bau . Tauſende von Tonnen Stahl und Eisen rollen an tausend Punkte der
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Der Westwall
Rheingrenze. Es gibt keinen Zement, keinen Kies , keinen Beton, keinen Sand . Alle Sandgruben, alleKiesbrüche, alle Zementfabriken arbeiten für die Todtfront. Hun derttausend Tonnen Kies und Zement rollen täglich an den Rhein. Hunderttausend Tonnen, das sind hundert Millionen Kilogramm täglich. Eine Milliarde in zehn Tagen. Arbeitszeit und Arbeitsleiſtung müſſen aufs äußerſte gesteigert werden. Arbeiter, Arbeitsdienstmänner und Soldaten tun willig und verbiſſen, freudig und ent schlossen ihre Pflicht bis zum Lehten . Jeder begreift, was hier gespielt wird . Diese Todtfront wird nicht für den Angriff aufFrankreich,Belgien oderHolland gebaut. An dieser Todtfront sollen sich die den Schädel ein rennen, die nach Deutschland hinein wollen ! Den Arbeitern und den Materialmengen folgen die Barackenlager auf dem Fuße, die Feldküchen , die rieſi gen Nahrungsmittelmengen , die dieses feſtungbauende Arbeiterheer braucht, die Zeitungen, die Rundfunk apparate, die Lautsprecherwagen mit Tanz- und Schall plattenmusik, die Bibliotheken für die knappen Freizeit ſtunden, die Wandertheater von „ Kraft durch Freude“, die reisenden Schauspieltruppen, die Filmwagen der Reichspropagandaleitung. Zum 1. Oktober des Jahres 1938 hat Adolf Hitler die Fertigstellung der Festungsfront befohlen. Unzäh
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Der West wall
lige Forts, Unterſtände, Kasernen, unterirdische Muni tionslager, Depots , siebzehntausend Betonbunker. Auf einer fast fünfzig Kilometer tiefen, fünfhundert Kilo meter langen Front ! Fünfhunderttausend Mann arbei ten an der Front Tag für Tag und viele Nächte im Schweiße ihres Angesichts . Fünfhunderttauſend auf fünfhundert Kilometer : auf jeden Meter Grenze ein Mann ! Andere Hunderttausende ſind in den Fabriken des ganzen Reiches für sie tätig . So entsteht die gewaltigste und modernste Festungs anlage der Welt, an deren eiserner Abwehrkraft, in deren mörderischem Feuer jeder Angriff blutig zuſam= menbrechen muß. Wenn England und Frankreich nicht zu der ſeit fünf Jahren vom Führer angebotenen europäiſchen Zuſam menarbeit bereit sind, dann wird sich Deutschland den Rücken im Westen auch ohne und gegen diese Mächte zu decken wissen ! Mit verbissener Freude empfängt der Führer jeden Tag die Nachrichten vom Fortschritt der Arbeit. An der Todtfront panzert sich der deutsche Riese den Rücken. Bald wird das Reich zur Freiheitstat bereit sein, und niemand wird dem deutschen Siegfried den Speer hinter rücks zwischen die Schulterblätter jagen können !
Am gleichen 28. Mai gab der Führer an Göring den Befehl zur äußerſten Verſtärkung der deutschen
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Der Westwa 11
Wehrkraft und zur Vorbereitung einer militärischen Aktion gegen die tschechischen Unterdrücker mit dem Ter min des 2. Oktobers 1938 ! Mehr Flugzeuge, mehr Panzerwagen, mehr Geschüße, mehr Munition, das war nun die Parole. Wenn die Kriegsheher in London, Paris und Moskau, in Prag und Neuyork die Ober hand behalten und einen Weltkrieg gegen Deutschland vom Zaune brechen wollen, dann sollen alle waffen fähigen deutschen Männer ihnen entgegentreten. Dann soll der deutsche Soldat aber auch die besten Waffen der Welt befizen. Unsere Todtfront im Westen wird stärker als jede andere auf der Welt bestehende Befestigungslinie sein. Unsere Flugzeuge werden rascher, tragfähiger, schwerer armiert, zahlreicher als irgendeine andere Luftflotte sein. Die raschen deutschen Panzerwagen überholen jeden Feind . Die schweren Panzerbrigaden walzen und hämmern auch den schwersten Widerstand erbarmungs los nieder. Unsere Infanterie- und Artilleriewaffen ſind denen jeder europäischen und außereuropäiſchen Armee überlegen. Das deutsche Achtzigmillionenvolk, restlos für die Wehrkraft erfaßt, kann mehr Soldaten ins Feld stellen als das Reich während des Weltkrieges ! Damals haben dünne Verbände ohne Panzerwagen und ohne eine überlegene Luftwaffe in den Kreide gruben der Champagne und den ſumpfigen Trichter
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Der West wall
löchern Flanderns vier Jahre lang dem Ansturm der ganzen Welt ſtandgehalten, während die deutsche Armee im Osten unter der Führung Hindenburgs und Luden dorffs Rußland niederwarf und den Balkan eroberte. Jezt wird die größte und beſtausgerüstete Armee, die Deutschland je besessen hat, geschüßt durch den ſtärk ſten Wall von Beton und Eisen, die Heimat verteidigen . Mit stolzer Gewißheit sieht der Führer bei ſeinen häufi gen Besuchen an der Todtfront das Werk wachsen und im Geist den Kriegswillen der Feinde daran zerbrechen. Ähnlich gigantische Anstrengungen werden auf ſämt lichen lebenswichtigen Gebieten der deutschen Volks wirtschaft gemacht. Als wir 1914, von einer Welt von Feinden unter Englands Führung eingekreiſt, zu einem faſt viereinhalbjährigen Verteidigungskrieg gezwungen wurden, da sperrte uns England mit ſeiner übermäch tigen Flotte die Seezufuhr von Nahrungsmitteln und Rohstoffen. Die Blockade zwang das Reich wirtſchaftlich und technisch auf die Knie, ohne daß es soldatiſch geſchla gen worden wäre. Die politische Staatsführung unter Kaiser Wilhelm II . hatte weder die Einkreiſung durch England und die Möglichkeit eines Weltkrieges voraus gesehen, noch irgendwelche wirtschaftlichen Sicherungs maßnahmen dagegen getroffen.
Nun wollen wir uns auch hier panzern! So denkt und handelt der Führer. 191
Der West wall
Zu eſſen muß Deutſchland haben und wenn einKrieg dreißig Jahre dauert! Göring als Beauftragter für den Vierjahresplan und mit ihm Darré als Reichsernährungsminister be ginnen eine gewaltige Vorsorge für Kriſen- undKriegs zeiten. Fett, Fleisch, Kartoffeln, Zucker, Fischkonserven werden gespeichert. Der Bauer darf kein Brotgetreide mehr an das Vieh verfüttern. Das Getreide kommt in die Speicher der Nation. Das Brot wird ſtärker aus gemahlen, um die Vorräte erhöhen zu können. Da das Jahr 1938 eine ungewöhnlich reiche Ernte bringt, so werden Arbeiter aus denFabriken als freiwillige Ernte helfer, Männer und Maiden vom Arbeitsdienst, die Wehrmacht und selbst die Hitler- Jugend zur Hilfe bei der Erntearbeit eingeſeßt. So werden dieKornkammern des Reiches im Sommer 1938 bis unters Dach gefüllt. Um den Überfluß der Ernte unterzubringen, müſſen Lagerräume, ſelbſt Turnſäle und Tanzfäle beschlag nahmt werden. „ Dieses Jahr müßt ihr im Freien turnen und tan zen! Das macht auch im Freien Spaß ! " erklärt Her mann Göring gut gelaunt. So speichern wir das deutſche Gold , einen Schaß, der uns besser sichert als die Goldmillionen, die ſinnlos in derBank von Frankreich schlummern, während die fran zösischen Proletarier stempeln gehen. 192
Der West wall
Zugleich sind in den ſeit 1933 vom Führer be fohlenen beiden Vierjahresplänen zahllose Fabriken neu entstanden, in denen Eiſen und unedle Metalle, chemische Waren so gut wie Zellwolle für Kleidungs stoffe hergestellt werden. Benzin wird künstlich durch die Verflüssigung der Steinkohle gewonnen , Gummi für die Kraftfahrzeuge aus Kohle und Kalk hergestellt .
So wird das Reich wirtschaftlich gepanzert. Das Drohen mit der Blockade kann uns nicht mehr lähmen. Wir haben die Drohung vernommen , die lebende Generation hat die furchtbare Kriegsblockade. fünf Jahre lang am eigenen Leibe erfahren, und Adolf Hitler hat die Folgerungen daraus gezogen.
Nun iſt
Deutschland durch eine Blockade nicht mehr auf die Knie zu zwingen.
13 Hadamovsky, Weltgeschichte
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Die englische Kriegspartei
Während wir diese gewaltigen Anstrengungen im Laufe des Jahres 1938 aufs äußerste erhöhen , versucht die englische Kriegspartei andere Mittel und Wege zu finden, um uns in den Arm zu fallen .
Der Plan,
Deutschland am 21. Mai durch die tschechische Mobil machung zu provozieren, ist an der Kaltblütigkeit des Führers gescheitert. Die Kriegsheßer versuchen, die Blamage wieder wettzumachen. Herr Churchill alarmiert die engliſche Öffentlichkeit mit einer frechen Rede, in der er die Tatsachen auf den Kopf stellt, Recht in Unrecht verdreht und das verlorene Terrain für die Kriegspartei wieder zurückzugewinnen versucht. Churchill behauptet, das deutsche Volk treibe unter der Führung Adolf Hitlers nicht mehr und nicht weniger als imperialistische Eroberungspolitik. Hitler gehe seit 1933 mit Erfolg auf Eroberungen in Europa aus . Erst habe er das Saargebiet erobert ! Dann habe er ſeine Truppen ins Rheinland marschieren lassen ! Dann habe er Österreich erobert ! Nun habe Hitler die Absicht, auch die Tschechei zu erobern ! Das aber müßte unter allen Umständen von England verhindert werden ! 194
Die englische Kriegspartei
Herr Churchill ist kein solcher Dummkopf, daß er die Unrichtigkeit seiner Behauptungen nicht selber kennt. Er weiß ganz genau, daß Hitler das Saargebiet nicht „erobert" hat. Er weiß sehr wohl, daß England und Frankreich dem deutschen Volke 1919 zudiktiert haben, das Saargebiet durch eine Völkerbundsregierung regie ren zu lassen. Er weiß ganz genau, daß Deutschland zwangsweise die Bedingung auferlegt wurde, nach fünf zehn Jahren, das heißt spätestens im Jahre 1935 , eine Volksabstimmung im Saargebiet als verbindlich für das weitere Schicksal des Saargebietes anzuerkennen. Hinter dieser Bedingung verbarg sich der Wunsch Eng lands und Frankreichs , das Saargebiet auf dem Wege über eine angeblich neutrale Völkerbundsregierung wirtschaftlich und politiſch ſo eng an Frankreich zu bin den, daß das Saargebiet sich 1935 in freier Volks abſtimmung zum Anschluß an Frankreich entſcheiden ſollte. Nun hat das Saargebiet aber troß aller Anſtren gungen von Engländern, Franzosen und Juden am 13.Januar 1935 unter der Aufsicht seiner Völkerbunds regierung mit neunzig Prozent aller Stimmen für die Wiedervereinigung mit Deutschland gestimmt. Diese Vereinigung ist dann ordnungs- und rechtmäßig durch geführt worden . Herr Churchill aber will denen, die nicht alle werden, erzählen, Hitler habe das Saargebiet „erobert“.
13*
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Die englische Kriegspartei
Um diese selbst für die englische Öffentlichkeit un gewöhnlich dreiste Lüge zu rechtfertigen, sagt Herr Churchill, daß Hitler sich bei seinen imperialiſtiſchen „Eroberungen“ einer neuen und gefährlichen Methode bediene. Er entfessele in den Gebieten, deren „ Eroberung“ beabsichtigt sei, Volkstumsbewegungen . Diese Bewegun gen rissen dann die Macht an sich und führten ihr Gebiet dem Reiche zu. Eine abermalige dreiste Lüge und Entstellung ! Das Saargebiet ist nicht durch eine Volkstumsbewe gung „ erobert“ worden. Das Saargebiet war 1919 ſo deutsch wie 1935 . Das Saargebiet wurde durch offenen Rechtsbruch aus dem Körper des
Reiches
herausgerissen .
Die
Wahl von 1935 und die Rückgliederung des Saar gebietes war nur die Wiedergutmachung des Unrechts von 1919. Die zweite Behauptung des Herrn Churchill ist ebenso lügenhaft: Hitler habe mit der von ihm an der Saar organisierten Volkstumsbewegung die Macht an sich gerissen ! Die Macht an der Saar lag vom ersten bis zum lezten Tag ausschließlich in der Hand der von Herrn Churchill und seinen Kumpanen dem deutschen Saar volk
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aufgezwungenen
Völkerbundsregierung !
Dieſe
Die englische Kriegspartei
Völkerbundsregierung aber stüßte ihre Macht auf die Bajonette französischer Soldaten und Neger! Aber Herr Churchill kümmert sich nicht um diese ihm wohlbekannten historischen Tatsachen . Er seht der auf horchenden englischen Öffentlichkeit vielmehr weiter auseinander, daß Hitler sodann das Rheinland am 7. März 1936 „erobert" habe. Eine offenbare Fälschung, da der Führer mit dem Einmarsch der deutschen Truppen ins Rheinland, das selbst nach 1919 jederzeit völkerrechtlich zum Reiche gehörte, lediglich die deutsche Gleichberechtigung und das Recht, dort Truppen und Grenzbefestigungen zu unterhalten, wiederherstellte . Sodann tischt Herr Churchill den Engländern, die ihm zuhören, ſtatt ihn auszupfeifen, das Märchen von der ,,Eroberung Österreichs “ auf. Er verschweigt dabei, daß es sich um eine deutsche Wiedergutmachung größten Stils handelt, denn die Volksvertretungen in Deutsch ―――――― ganz un land und Österreich haben 1919 bereits ▬ ▬ ▬ ▬ ▬ ▬ ▬ ▬ ▬ ▬ ▬ ▬ die Vereinigung beeinflußt von den bösen Nazis beider Staaten geſeylich beſchloſſen ! Die Entente aber hat diese Vereinigung unter Rechtsbruch mit Waffen gewalt verhindert.
Herr Churchill aber fährt unbeirrt mit seinem Erobe rungsmärchen fort. Hitler, so erklärt er in seiner Rede unter dem Beifall der englischen Juden und des gekauf
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Die englische Kriegspartei
ten kommunistischen Gesindels , habe nun im Mai 1938 bereits mit der Sudetendeutschen Partei und Konrad Henlein auch in der Tschechei eine Volkstumsbewegung organiſiert, um auch diesen Staat zu „ erobern“ . Unter dem Gebrüll seiner Anhänger erklärt er, dies müßte unter allen Umständen verhindert werden . Die dreisten Lügen Churchills werden sofort von der völlig verjudeten Presse und demRundfunk der „ großen Demokratien“ einheitlich weitergetragen. Man unter schlägt dabei einfach die völkerrechtlichen Grundlagen, die Deutschland zur Rückgliederung des Saargebietes , zum Einmarsch in das Rheinland, zur Vereinigung mit Deutschösterreich und zum Anspruch auf die Sudeten deutschen berechtigen. Die erste der vierzehn Wilsonschen Friedensbedin gungen war
ein Frieden ohne Annexionen und ohne
Entschädigungen“ und das „ Selbstbestimmungsrecht der Völker" gewesen. Diese von Deutschlands Feinden selbst aufgestellten Friedensbedingungen wurden gebrochen, nachdem das deutsche Volk die Waffen niedergelegt hatte. Elsaß-Loth ringen, das Saargebiet, Eupen-Malmedy, der Norden von Schleswig-Holstein, Westpreußen,
Danzig, das
Memelgebiet, Oberschlesien, das Sudetenland , Deutsch . österreich und sämtliche Kolonien wurden dem Reich entrissen oder an der Vereinigung mit Deutschland ge 198
Die englische Kriegspartei
hindert, ohne daß ihre Bewohner nach ihrem Willen gefragt wurden, ja überall gegen den ausdrücklich ver kündeten Willen ihrer deutschen Einwohner.
Aber Churchill redet von „ Eroberungen" . Der Eindruck des Lügenfeldzuges der
Weltpresse "
auf die Regierung Chamberlain ist unverkennbar. Churchill hat behauptet, man müßte der von Hitler organisierten Volksbewegung im Sudetenland eine an dere entgegenstellen . Daraufhin unternimmt die eng lische Regierung folgendes : Sie wird in Prag vorstellig und legt der Tschecho Slowakei nahe, möglichſtraſch ihrMinderheitenproblem zu lösen. Denn in diesem merkwürdigen ,, Staat “ leben zweihunderttausend Polen, vierhunderttausend Ruthe
• nen, eine Million Ungarn, eine Million sechshundert tausend Slowaken und vier Millionen Deutsche gegen ihren Willen. Außerdem entsendet die englische Regierung einen Vertrauensmann nach Prag!
Dieser Vertrauensmann kommt angeblich ganz in offiziell und ganz privat dorthin, ohne irgendeinen Auf trag der englischen Regierung . Nun steht es jedermann frei, an die Nächstenliebe der englischen Regierung zu glauben. Aber die Entsendung des englischen Beobach ters Lord Runciman erfolgt in so unmittelbarem An 199
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schluß an die Churchillrede, daß die Zuſammenhänge und damit die Miſſion des Lords recht deutlich werden.
Vielleicht kann so ein ganz privater Mittelsmann einmal Umschau halten, ob es nicht doch noch andere Deutsche in der Tschechei gibt als nur die um Konra Henlein. Volkstumsbewegung hin und Volkstumsbewe gung her. Herrn Churchills Gedanken sind vielleicht gar nicht schlecht ! Waren die Deutschen nicht immer dafür berühmt, daß sie recht viele Parteien liebten und sich dann untereinander recht gründlich haßten? Also man wird ja ſehen ... So fährt Lord Runciman nach Prag und tut sich eifrig im Lande um. Spricht mit Tschechen, mit Slowa ken, mit Deutschen . . .
Sieht, daß die Tschechen das
Gebiet der Sudetendeutschen zwangsweise in eine große Festung verwandeln, eine Festung mit Sperrforts und Tankfallen, mit Schüßengräben und Straßensperren - gegen Deutschland . Lord Runciman sieht aber auch, daß die vier Millionen Deutschen der Tschechei nicht mehr mit schönen Redensarten unter die Herrschaft der kulturell viel niedriger stehenden Tschechen gebeugt wer den können. Die Deutschen wollen ihr Selbstbestim= mungsrecht ausüben und heim ins Reich ! Mindeſtens muß man dies den im Sudetenland in geschlossener Siedlung zusammenwohnenden dreieinhalb Millionen sofort zubilligen ! 200
T
Die englische Kriegspartei
Lord Runciman fliegt nach London zurück und macht einen Bericht.
Der Bericht ist ernüchternd . Es gibt keine von Hitler künstlich organisierte Volks tumsbewegung in der Tschecho-Slowakei , neben der man vielleicht eine Konkurrenz aufziehen könnte. Es gibt die Slowaken in der Tschechei , die wollen ihre Autonomie, ihr völkisches Selbstbestimmungsrecht, das ihnen am 30. Mai 1918 in dem überall öffentlich ausgestellten Pittsburger Vertrag mit der Unterschrift der Tschechen Masaryk und Benesch versprochen wor den ist. Es
gibt Ruthenen und Karpatho-Ukrainer,
die
wollen über sich ſelbſt beſtimmen. Es gibt Polen, die wollen zurück zu Polen. Polen ſelbſt iſt bereit, seine Forderungen gegen Prag mit Deutschland gemeinſam geltend zu machen ! Es gibt Ungarn, die wollen zu Ungarn zurück. Admiral Horthy besucht Deutschland im Sommer, und das Königreich Ungarn iſt entschlossen, von Prag die Freigabe der ungarischen Bevölkerungsteile zur Wieder vereinigung mit dem Königreich zu verlangen. Es gibt Deutsche, und sie alle wollen zurück ins Reich! Es gibt nur eines nicht : einen tschecho-slowakischen Nationalstaat. Statt dessen aber ein mit Betonfeſtun
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Die englische Kriegspartei
gen und blutiger Gewalt künstlich zuſammengehaltenes Zuchthaus , dessen oberster Aufseher, Herr Benesch, in Prag ſißt und auf Moskaus militäriſche Unterſtüßung hofft ! Dazu auf die von Frankreich und England . . . Nicht Hitler geht auf die Eroberung der Tschechei aus, sondern die Völker dieses Zuchthauses wollen end lich ihr Recht haben ! Man kann ihnen dieses Recht geben. Dann kann alles in Frieden abgehen. Oder man muß es ihnen verweigern. Dann kann man das nur durch blutige Gewaltanwendung. Dann muß England Krieg führen ... Dann muß England Milliarden opfern und das Blut seiner Männer, um ſieben Millionen Deutsche, Slowaken, Ruthenen, Un garn und Polen in einem Staat unter tschechischer Herr schaft noch länger zuſammenzuzwingen . Vorausgesetzt, daß Englands Macht ausreicht, um in einem solchen ― zu ſiegen.
Kriege
Mittlerweile haben die Franzosen und Engländer aber gemerkt, daß im deutschen Westen dicke Luft iſt . Wenn eine halbe Million Menschen dort plößlich arbei ten, dann bleibt das nicht verborgen . Wenn täglich hundert Sonderzüge mit Kies und Zement an den Rhein rollen, dann merkt man das in Deutſchland und in der Welt. Wenn täglich zwanzigtauſend Laſtkraft 202
Die englische Kriegspartei
wagen mit Eisenträgern und Armierungen an die Westfront fahren, dann fällt das langsam auf. Wenn Schützengräben, Tankhindernisse und siebzehntausend Betonfeſtungen gebaut werden, dann kann man das nicht sehr lange geheimhalten, auch wenn das ganze Unternehmen den harmlosen Namen „Bauvorhaben West“ führt. Nach acht Wochen wissen alle in England und Frank reich, daß der Führer im Weſten eine waffenſtarrende Festung geschaffen hat . Wenn
ein Durchbruch durch
diesen
gewaltigen
Festungsgürtel, der fünfzig Kilometer tief dreifach und vierfach gestaffelt ist, überhaupt versucht werden soll, dann muß schon der Versuch mit mehr Millionen Men schenleben als überhaupt Deutsche und Tschechen im Prager Zwangsstaat zusammen sind, bezahlt werden. Das überlegt sich der franzöſiſche Generalſtab unter dem Vorsitz des Herrn Gamelin lange und gründlich ... Das überlegt sich der englische Generalstab ... Sollen sich England und Frankreich an der Todtfront den Tod holen?
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Der Zug des Leidens
So vergehen die Sommermonate. Ende Juli versammelt ſich das deutsche Volk im Often, in Breslau, zum Zweiten Deutſchen Turn- und Sportfest seit der Machtübernahme des Führers . Nach fünfjähriger Pauſe kommen wieder aus der ganzenWelt die Scharen deutscher Turner und Turnerinnen ins Reich. Im vorigen Jahr war in Breslau das große Sänger fest. Auch die Österreicher fangen vor Adolf Hitler . Beim Vorbeimarsch zerbrachen sie die Schranken, zer riſſen die Absperrketten und drängten sich in einer ein zigen stürmischen Kundgebung zum Führer. Er drückte Hunderten und aber Hunderten die Hand, blickte Tau senden in die Augen und ließ sie mit dem heiligen Feuer des Glaubens an die Befreiung heim nach Österreich ziehen, wo sie in die Dollfußkerker wanderten . Ein halbes Jahr später wurde Österreich frei . Nun, zum Deutschen Turn- und Sportfest des Som mers 1938 , stehlen sich die sudetendeutschen Turner und Turnerinnen, Männer und Frauen, Jungen und Mä del unter tausend Vorwänden heimlich über die Grenze. Ende Juli marschiert vor dem Führer in Breslau die graue Phalanx der Turner aus dem Sudetengau.
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Der Zug des Leidens
Wie Stahlblöcke marschieren die Marschtrupps vor bei, dunkel, faſt feldgrau uniformiert. Nur ihre Führer grüßen .
Die Marschierer aber jubeln nicht. Sie rufen nicht. Sie heben nicht den Arm.
Sie starren den Führer an. Weit aufgerissen sind ihre Augen. Fest zusammengepreßt der Mund . Hart sind die Muskeln über den braunen Wangen gespannt. Sie marschieren im Gleichschritt. In haargenau aus gerichteten Reihen. Mit einer finsteren und haßerfüll ten Entschlossenheit, daß die Zuschauer still werden. Sudetendeutsche, unterdrückte, geknechtete, verfolgte Männer ! Die frohe Marschmuſik ſteht im schreienden Gegen satz zu dem schweren Schritt und dem fanatischen Blick dieser grauen Bataillone. Einer auf der Tribüne des Führers ſagt mit leiſer Stimme: „Wißt ihr das ?
Die sudetendeutschen Regimenter
haben im Kriege um die Hälfte mehr, sogar um das Doppelte mehr Tote gehabt als die reichsdeutschen! " Blutiges Schicksal der Grenze, Soldaten erzieht !
die todentschlossene
205
Der Zug des Leidens
Lange, lange dauert der Vorbeimarſch des grauen Heeres, der Männer mit den ſtarren Augen. Dann kommen endlose Scharen von Frauen und Mädchen. Sie gehen in Zwölferreihen, dicht aufgeschlossen, wohlausgerichtet. Sie heben den rechten Arm gleich mäßig zum Gruß vor dem Führer, wie SA. - Standar ten, die in Nürnberg marschieren. Sie tragen die bun ten, farbenfrohen Gewänder des Egerlandes , Nord böhmens , Mährens . Aber ihre Gesichter passen nicht zu dem freundlichen Schmuck der Kleider.
Vor den
Mund, vor die Augen haben sie Tücher, die freie Hand gepreßt. Ihr Gesicht zuckt vom Weinen. Die Beine ver sagen ihnen fast den Dienst. So marschieren zu Tode geängstigte Frauen. Mütter der Nation. Auf einmal stockt der bunt kostümierte Zug des Leidens. Sie können nicht mehr. Sie stehen vor dem Führer. Die Marschordnung iſt verloren . Sieweinenfassungslos und sehen ihn unter Tränen an . Auf dem Gesicht des Führers zeichnet sich tödlicher Ernst ab. Er drückt ihnen die Hand, reicht ihnen beide Hände. Vielen, endlich allen, die vorbei kommen. Da gehen sie nicht mehr weiter. Sie bleiben einfach vor dem Führer stehen.
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Der Zug des Leidens
Im Schuß seiner feſten Augen. Schußlose Frauen und Mädchen. Fremden Bestien ausgeliefert. Der Führer steht aufrecht. „Führer, hilf uns “, flehen sie ihn an, „hol uns heim ins Reich.“ Wir sehen mit tiefer Erschütterung das Leid . Ein Grauen beschleicht uns : Wie viele von ihnen werden wir gesund und unversehrten Leibes wiederfinden, wenn einmal die Stunde der endgültigen, brutalen Entschei dung schlägt? Wenn Krieg kommt ? Der Führer steht unbeweglich wie ein Fels. Vielleicht denkt er : Wartet! Wartet ! Bald werden meine Scheunen ge= füllt und meine Panzerfeſtungen im Westen fertig sein. Aber er kann es nicht aussprechen. Er darf es nicht sagen. Noch kennt die Welt seine Pläne nicht. Er kann den Weinenden kein Wort des Trostes ſpenden.
Er sieht ihnen nur fest und klar in die Augen. Da fühlen die unglücklichen Frauen : Der läßt uns nicht im Stich! Diesen Glauben nehmen sie mit zurück ins Sudeten land.
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Freiwild im Sudetengau
Zwanzig Jahre Mord
März 1919. Der amerikanische Präsident Wilſon hat das Selbst = beſtimmungsrecht der
Völker verkündet !
Auf seine
Worte bauend, hat das deutsche Volk die Waffen nieder gelegt. Seinen Worten vertrauend , versammeln sich am 4. März 1919 die Sudetendeutschen in allen Orten ihres deutschen Landes , um gegen die geplante gewalt same Einverleibung
von vier Millionen Sudeten
deutschen in die Tschecho -Slowakei zu proteſtieren.
Da werden die deutschen Demonstranten von tschechi scher Soldateska , die soeben aus dem bolschewiſtiſchen Rußland zurückgekommen ist, überfallen. Unter den unbewaffneten Männern, unter Frauen und Kindern richten die Tschechen ein furchtbares Blutbad an. In Auſſig, Arnau und Sternberg wälzen sich die Verlegten in ihrem Blut. In Eger und Kaden liegen die Toten auf dem Straßenpflaster. Siebenhundert Männer, Frauen und Kinder ver wundet ! Vierundfünfzig erschossen! Seitdem beginnt
ein haßerfüllter
Ausrottungs
kampf der tschechischen Gewalthaber gegen die Wehr
14 Hadamovsky, Weltgeschichte
209
Zwanzig Jahre Mord
losen. Jahr für Jahr wächst die Mordliste. Jahr für Jahr muß das
deutsche Mutterland
tatenlos und
machtlos zusehen, wie hussitische Horden deutsche Men schen als Freiwild behandeln. Im Sudetenland wird von Jung, Krebs und ihren Kampfgefährten die Deutsche Nationalsoz i al iſt is che Arbeiterpartei
gegründet und in einem von Jahr zu Jahr härter werdenden Kampfe
der sudetendeutschen National
sozialisten zu Macht und Bedeutung im politischen Leben emporgeführt. Schließlich werden die national sozialistischen Führer Oktober 1933 wegen Hochver rats verhaftet und die Partei mit den unter ihrer Führung stehenden Gewerkschaften aufgelöst . Die Ab geordnetenmandate in den Prager Parlamenten wer den der Partei „ aberkannt“ und prozentual an Sozial demokraten und Klerikale verteilt ! Da springt ein unbekannter Turnlehrer aus Asch, Konrad Henlein, in die entstehende Lücke und gibt den nach Auflösung der mächtigsten Partei plößlich führer los gewordenen Sudetendeutſchen die neue volksdeutſche Führung. Konrad Henlein begründet am 12. November 1933 in Reichenberg die Sudetendeutsche Partei. 210
Zwanzig Jahre Mord
In einem großartigen Siegeslauf sammelt ſie inner halb weniger Jahre alle Deutschen unter ihre Fahne. Das Jahr 1938 bringt nach dem deutschen Ein marsch in Österreich eine neue Verschärfung des Mord terrors . Von tschechischer Regierungsseite wird der Ver such gemacht, die Sudetendeutschen durch blutige Gewalt anwendung einzuschüchtern und durch brutale mili tärische Machtmittel zu unterdrücken. Dabei ſtüßt sich die tschechische Regierung auf ihr maßlos aufgehetztes Militär und auf die Rote Wehr, eine bolschewiſtiſche Horde nach dem Muster des 1933 in Deutſchland auf gelösten sogenannten „Roten Frontkämpferbundes “. Die tschechischen Bauern erlaſſen einen Aufruf, in dem sie die tschechischen Linksparteien auf die Folgen ihres blutigen Vorgehens aufmerksam machen: Seit der Schlacht am Weißen Berge habe es in der Geschichte des tschechischen Volkes keinen so ernſten Augenblick gegeben wie eben jezt. Das Flugblatt schließt mit dem Worten: Tretet weg, ihr mit dem roten Funken, vom Pulver faß ! Provoziert nicht ! Wir wollen Frieden in Europa ! Die tschechische Regierung in Prag aber deckt ihre bolschewistischen Mordkommandos . Sie zieht aus der Erschießung von Deutschen die bekannte jüdische Folge= rung: Nicht der Mörder, der Ermordete hat schuld!
14*
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Zwanzig Jahre Mord
Riesige Massen von tschechischen Soldaten und Roter Wehr werden in die ſudetendeutſchen Gebiete und an die reichsdeutſche Grenze entſandt, um hier zu provo zieren und womöglich einen allgemeinen Weltbrand zu entfesseln.
Die Prager Machthaber verhängen das
Kriegsrecht über die sudetendeutschen Gebiete. Ortschaft nach Ortschaft wird von allen Greueln des Dreißig jährigen Krieges heimgesucht.
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Entfesselter Haß
In der Nordostecke Böhmens liegen die kleinen Orte Krahau und Oberkraßau, tief eingebettet in das enge Tal des Görsbaches . Die steilen, grünbewachsenen Hänge ziehen ſich bis an die leßten Häuſer der langgestreckten Ortschaftheran und engen an einigen Stellen die schmale Straße ein. Die Bergbauern des deutſchen Dorfes kön nen an den Steilhängen nur mühselig den Acker bestellen oder für eine brauchbare Viehweide sorgen. Kleinen Wiesenstreifen folgt auf den Höhen alsbald der Wald, der das Tal nach mehreren Seiten umschließt. Freund liche, bunt gestrichene Holzhäuser stehen an der Straße. Die Tragepfeiler der Fachwerkbauten sind nach außen verlegt. Zwischen den senkrechten Säulen und den waage rechten Tragebalken spannt sich gewöhnlich ein kunstvoll geschnißter hölzerner Rundbogen. So haben die Wohn häuser der Gebirgler ihren ganz eigenen, bodenstän digen und anmutigen Stil. Die Bodenfläche ist zu gering, um von der Bauern arbeit und den Früchten der Berghänge zu leben. Die Menschen sind darauf angewiesen, ihren Brot erwerb auf andere Weise zu finden. Krahau hat Tuch und Schuhfabriken . Der Görsbach wird bei Oberkrahan
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Entfesselter Haß
in einer kleinen Talsperre durch eine Mauer von etwa hundert Meter Breite zu einem See aufgestaut . Die geftaute Kraft des Waſſers treibt das Elektrizitätswerk für den Betrieb der Industrie. Eines Tages kommt Bata, der tschechische Groß kapitalist und Schuhkönig, und kauft die Schuhfabrik im Ort auf. Nach einiger Zeit seht er die Produktion der Fabrik herab. Dann legt er Maschinen still ; dann legt er alle Maschinen ſtill. Die Belegschaft, ein paar hundert Deutsche, sind auf einen Schlag arbeitslos . Aber sie hoffen noch, daß dieFabrik irgendwann einmal wieder in Betrieb kommt. Da läßt Bata die Maschinen abmontieren und auf Laſtwagen verladen . Er will ja produzieren, viel produzieren. Nur nicht mit Deutschen. Nur nicht im sudetendeutschen Gebiet. Das Innere der Tschecho -Slowakei dünkt ihm sicherer für seine großkapitaliſtiſchen Pläne. So fahren die Laſtwagen ab und bringen die Maschinen weit in das Innere, wo eine neue Batafabrik aufgebaut wird . Was
kümmert den
tschechischen
Schuhkönig das
Schicksal deutscher Arbeiter und Bauern im Grenzland ! Was kümmert sich der Tscheche in diesem Zwangsstaat um die hungernden Sudetendeutschen, um die not leidenden Männer und Frauen von Oberkrahau, die nun zum endlosen Heer der sudetendeutschen Arbeits losen stoßen! Die Lastwagen sind fort, die Maschinen
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Entfesselter Haß
ſind fort, die tschechischen Fabrikherren sind fort, die Fabrik steht leer wie eine Ruine und verfällt. Das Flüßchen wird noch immer in der Talsperre aufgeſtaut, aber seine gestaute Kraft fließt nußlos durch den Um flutkanal davon. Als die tschechischen Fabrikherren fort sind , gibt es noch einmal eine unerwartete Arbeit für die Sudeten deutschen: Zwangsarbeit, zu der man antreten muß, ob man jung und geſund oder alt und gebrechlich iſt. Die Einwohner von Krakau , von Mühlſcheibe und Ein ſiedel und anderen Dörfern der Gegend werden auf den Höhen hinter Oberkrayau zuſammengetrieben. Dort bauen die Tschechen eine dichte Linie schwerer Beton klöße. Mitten durch die Felder und Gehöfte der deut schen Bauern ziehen sie Schüßengräben und Beton bunker. Die Felder werden zertrampelt und verwüſtet, die Obstbäume gefällt, Wälder niedergeschlagen. Vierzehnjährige Jungen und dreiundsiebzigjährige Greiſe werden zu zwölf bis fünfzehn Stunden Arbeit auf den Bergen gezwungen. Verpflegung wird nicht geliefert, Entlohnung für die Arbeit nicht gewährt. Als die Jungen und Alten scharenweise zusammenbrechen, gibt man ihnen ein und eine halbe Tschechenkrone. Davon sollen sie sich die Verpflegung selbst beschaffen. Es klingt wie blutiger Hohn . Eine Krone und fünfzig sind etwa achtzehn Pfennige ! Achtzehn Pfennige am 215
Entfesselter Haß
Tag für zwölf bis fünfzehn Stunden schwere Arbeit ! Als die Kette der Betonfeſtungen auf den Bergen, der Schüßengräben, Unterſtände, spanischen Reiter und Drahtverhaue fertiggestellt ist, werden die Deutschen in das Tal getrieben . Die neue Arbeit ist an der Talsperre zu leisten, wo der Görsbach zum See aufgestaut wird . Dort werden Stollen unter den Fuß der Sperrmauer getrieben. „Sprengkammern“, sagen die Tschechen grinsend zu den deutschen Kleinbauern und Arbeitsloſen, die in den Stollen hacken und schwitzen. „ Wenn die deutschen Schweine kommen“, - sie mei nen die deutschen Soldaten — ,, dann sprengen wir die Talsperre, und ihr ersauft samt euren Häusern in der Flut. Bedankt euch dann bei Hitler!" Die Deutschen weigern sich, die Arbeit weiter zu machen. Sie werden geknebelt, gefesselt, verfrachtet und verschwinden, wie Säcke oder totes Viehzeug in den Lastwagen der Roten Wehr zuſammengeſchmiſſen, im Innern des Landes . Dann wird auch die Straße an der kleinen Stein brücke über den Görsbach mitten in Oberkraßau auf gerissen. Sprengkammern werden in die Brücke ge schlagen. Vielleicht kommt irgendein objektiver Deut scher, gewohnt an ordnungsmäßige militärische Maß nahmen, und sagt : 216
Entfesselter Haß
Nun, daran ist doch nichts Ungewöhnliches . Wenn der Feind ein Land bedroht, dann trifft man eben solche Maßnahmen. Hier bedroht aber kein Feind ein Land ! Kein Soldat des deutschen Volkes bedroht irgendeinen Soldaten oder irgendeinen Beſiß des tschechischen Volkes !
Hier wollen Deutsche zu Deutschen ! Und nun zwingt man Deutsche, in ihren eigenen Dörfern und Städten die Straßen aufzureißen, Spreng kammern in die Brücken zu schlagen und die Talsperren zu unterminieren. Deutsche müssen Frondienst tun, damit jenseits einer Grenze, die die wahnsinnigen Verbrecher von Versailles gezogen haben, andere Deutsche an der Vereinigung mit den Menschen ihres Volkes verhindert werden. Das hat mit ordnungsmäßigen oder üblichen mili tärischen Methoden nichts zu tun ; mit ſadiſtiſcher Wol lust erzählen die Tschechen diesen armen, gequälten Menschen den Zweck der Maßnahmen. Tschechisches Gesindel und Rote Wehr stecken nachts ein Flugblatt in die Rizen der Haustüren :
Kratau fliegt in die Luft, sobald wir es wollen ! Das haben selbst dieſe Lumpen nicht bei Tage zu ver teilen gewagt. Aber das ist ihr Wille. Nicht um ver nünftige militärische Abwehr handelt es sich hier, son dern um die unmenschliche Wollust, Schrecken zu ver 217
Entfesselter Haß
breiten und Wehrlose durch Sprengladungen zu er säufen und zerreißen zu laſſen. Ein paar Tage später rückt ein verstärktes Kom mando tschechischer Gendarmerie und Roter Wehr in Krakau ein und geht auf Menschenjagd . Alle wehr fähigen Männer zwischen achtzehn und sechzig Jahren sollen in das tschechische Heer gepreßt werden . Man wird ſie dann in die Karpaten ſchicken, in die Ukraine zu den Ruthenen, zu einem dieser Duhend Völker, aus denen der angebliche Nationalstaat der Tschechen zu ſammengewürfelt ist . Dort sollen sie dann Ruthenen, Ukrainer, Karpathoruſſen mit Maschinengewehren in Schach halten, so wie die Deutschen hier in der Nordoſt ecke Böhmens durch Russen, Polen oder Magyaren mit Maschinengewehren in Schach gehalten werden sollen. Eine schmachvolle Rechnung ! Aber eine Fehlrech nung. Sie geht nicht auf! Slowaken, Ruthenen, Ukrainer flüchten in ihre Ver stecke, verbergen sich in den unzugänglichen Wäldern und Felsschluchten der Karpaten. Polen flüchten über die nahe Grenze in ihr Mutterland und die Deutschen im Sudetengau handeln nicht anders. Da nimmt die tschechische „Rekrutierung“ dann die Formen einer afrikanischen
Sklavenjagd
an.
Ganze
Dörfer
und
Städte werden überfallmäßig beſeßt, die Straßen mit Maschinengewehren und Panzerwagen gesperrt, die
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Entfesselter Haß
Beamten, Gemeindevorsteher, Vertrauensmänner der Bürgerschaft zusammengetrieben und unter wilden Drohungen an die Wand gestellt, mißhandelt und ge foltert, um aus den Gequälten die Namen und Verstecke der Gesuchten herauszupressen.
Dann ſezt die Kopfjagd ein. Auf jeden Kopf ein Preis , bar auf die Hand gezahlt ! Als das Gesindel die rasch im Werte sinkende tsche chische Krone nicht mehr annehmen will , gibt es einen Schnapspreis . Eine Flasche Schnaps für jeden ein gefangenen Deutſchen. Der Preis ist nicht hoch. Man muß viel „Beute“ machen, wenn man es zu etwas bringen will . Denn man ist ja schließlich nicht allein. Auf den Wagen der RotenWehr hocken gröhlendeWeiber. In grauen Wind jacken, mit dem Sowjetstern, rote Halstücher umge schlungen, Gewehre umgehangen oder den Revolver im Brustausschnitt. Einige eine Handsichel von den Fel dern im Gürtel. Im Maul die Zigarette, in der Hand die Schnapsflasche, im Arm den roten Galan. Das sind die „Jagdkommandos “, die auf deutsches Freiwild jagen. Sie gieren um ihren Kopfpreis und liegen oft genug miteinander im Streit darüber. Aber wenn sie in ihrem besoffenen Blutrauſch auf Jagd ſind, dann kommt es ihnen auf ein Menschenleben nicht an. Es handelt sich ja um Deutſche ! 219
Entfesselter Haß
Und davon gibt es ja vierMillionen im Sudetengau ! Ein Fangschuß, daß das Wild zuſammenbricht, oder eine „Heldentat “ der bolſchewiſtiſchen Weiber, begangen an Wehrlosen, in die Enge Getriebenen oder schon Gefangenen, das bedeutet zwar den Verlust des Kopf preiſes , aber es ſteigert dafür den Schnapsrauſch zur Ekstase. Das Untermenschentum der Tschechen ist unter Füh rung frisch importierter russischer Bolschewisten und jüdischer Emigranten aus Deutschland zu hemmungs losem Blutterror entfesselt. Als der Horniſſenſchwarm über Krahau herein bricht, sind die Höhen umstellt, Flucht ist unmöglich, die Suchkommandos jagen fluchend und drohend, mit Ge wehren fuchtelnd , ſinnlos in die Luft schießend, von Haus zu Haus . Wer nicht vorher geflüchtet ist, der wird an diesem Tage gepackt und mit den anderen Leidens genossen zuſammengetrieben. Darauf folgt ein wüſtes Schnapsgelage der Kommandeure und Lagerwachen.
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Die Folterkammer im Dampftessel
In der allgemeinen Zügellosigkeit springen vier deutsche Jungen in einem verzweifelten Versuch, ihre Freiheit wieder zu gewinnen, ziellos in die Nacht hin aus und entkommen den Lagerwachen. Aber wohin ? Jedermann, der hier frei herumläuft, ist Tscheche oder Bolschewiſt und jeder andere, den man antrifft und der es nicht ist, wird Gefangener derTschechen. In den Häusern liegen die Frauen und Mädchen auf den Knien. Sie beten und schreien nach den Befreiern . Die Höhen um den Ort sind besezt, die Straßen, die Nachbarorte.
Unmöglich, zu entkommen. Noch unmöglicher, nach Hause zurückzukehren. Wenn sie die Jungen zu Hauſe fänden, ſie zündeten den Unglücklichen das Haus über dem Kopf an und schlügen sie tot. So springen die vier, vorsichtig im Dunkeln sich ber= gend, in Batas Schuhfabrik inmitten des Tales . In den weiten öden Fabriksälen können sie nicht bleiben. Da sind die Maschinen abgeholt, die Bata ins Innere des Landes verfrachtet hat. Man sieht auf den erſten Blick, ob ein Mensch im Raum ist. Durch die zer=
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Die Folterfammer im Dampftessel
brochenen Fenster wirft der Mond seinen blauen Schein gespenstig herein. Sie halten ſich im Schlagschatten der Mauer. Suchen weiter und geraten an das Kesselhaus . Die mächtigen, zehn Meter hohen Dampfkessel find nicht abmontiert worden. Sie stehen noch da , inmitten der Gebirge von Mauerwerk, und ſind längſt eiſenkalt geworden. Im Feuerraum, der Feuerbuchse der Kessel, liegt die erloschene kalte Schlacke. Der Raum, ſonſt von den hellbrennenden Flammen erfüllt, iſt dunkel. Die Tür der Feuerbuchse steht auf. Da herein ist es am einfachsten ! Aber sie wagen es nicht, ſich dort hinzulegen. Nicht etwa wegen dem bißchen Asche und Schlacken, das da noch drinliegt. Beileibe nicht. Aber ſie können auf einen Blick von außen gesehen werden, sobald man die Tür der Feuerbuchse öffnet auf der Suche nach ihnen. Und man wird sie suchen ! Frühestens am nächsten Morgen, wenn ihr Verschwinden beim Ab transport der Gefangenen festgestellt wird . Wehe dann den Zurückgebliebenen. Wehe den un glücklichen schuldloſen Einwohnern ! Und wehe ihnen, wenn man sie wieder fängt ! Und selbst wenn sie sich tief in die Asche der Feuer buchse vergraben, so daß sie gerade noch Luft holen fön nen, wer garantiert ihnen, daß die Menschenjäger nicht in jeden
dunklen ,
hineinfeuern? 222
unzugänglichen
Winkel
einfach
Die Folterfammer im Dampftessel
So beschließen die vier, ein besser gesichertes Verstect zu wählen. Im Dampfkeſſel liegt über der Feuerbuchse ein Bündel von Röhren. Zweifingerſtarke Eisenrohre, mit Rohrschellen aneinandergebunden, liegen meter breit in dichtenLagen nebeneinander und übereinander. Dort hinauf, wo es völlig unübersichtlich und unzu gänglich ist, klettern sie durch den Feuerraum. Nun ſind ſie mitten im Dampfkessel, da, wo sonst die Flammen das Wasser in den Röhren zum Sieden bringen. Ein seltsames Nachtlager. Und eine verflucht un bequeme Stahlmatraße. Die Stahlröhren drücken sich ihnen in den Leib, nicht anders wie ein ſcharfes eiſernes Gitter. Der Dampfkessel ist eine Folterkammer für ſie. Sie haben diese Folter freiwillig über sich verhängt, um der tschechischenPeſt und demHuſſitentod zu entgehen. Sie harren geduldig aus.
Die Feuertür des Dampfkessels ist offengeblieben , weil sie die Eisentür von innen nicht zuziehen und schließen konnten. Aus Nacht wird Tag. Sie sehen es an dem grauen Schein dort unter ihnen, der durch das Röhrengewirr bis zu ihnen herauf blinkt und ihre schauerliche Nacht ein wenig erhellt. Sie wissen es : jezt beginnt die Jagd nach ihnen. Jezt durchstöbern sie jeden Winkel, jest treiben sie
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Die Folterkammer im Dampfkessel
Kinder und Greise, Frauen und Mütter zusammen, und keiner vermag doch zu sagen, wo die Geflüchteten stecken. Gott sei Dank vermag es keiner zu sagen. Alle können frei bekennen : Wir wissen es nicht.
Die vier im Dampfkessel zucken zusammen, wenn Lärm auf dem Fabrikhof hörbar wird, Stimmengewirr, Kommandorufe und schallende Tritte auf Steinplatten. Sie wagen sich kaum zu bewegen. Ein unvorsichtiger Stoß mit dem Stiefelabsaß an die Röhren, und es dröhnt im Dampfkessel wie im Resonanzboden eines Orchestrions. So bleiben sie unbeweglich, so sehr es auch schmerzt, auf den Röhren, und aus dem Nachtlager wird ein Taglager. Das barmherzige Licht spendet ihnen einen matten Dämmerſchein wie in einer tiefen Gruft . Als es in ihrem Grab , in der kalten eisigen Zugluft des Kessels , wieder ganz dunkel geworden ist, wagt sich einer langsam und vorsichtig auf Socken hinaus . Er kehrt ſofort zurück. Draußen ist es noch taghell, nur die Sonne ist hinter den Bergen versunken, und ſie müſſen wenigstens noch zwei Stunden ausharren. Endlich er weist es sich in dieser Nacht als unmöglich, den Kessel zu verlaſſen. Die roten Horden sind noch im Ort und terrorisieren die Einwohnerschaft. So beginnt die zweite Nacht im Kessel, die sie, von Schmerzen geplagt, eng aneinander gedrängt und dennoch frierend und kälte bebend verbringen .
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Die Folterkammer im Dampfkessel
Und abermals wird es nach qualvollen Stunden ein flein wenig dämmerig unter ihnen. Das Tageslicht erhellt wieder den Raum der Feuerbuchse. Sie liegen nun dreißig Stunden hier. Draußen ist Tag. Nun müssen
sie
wieder
hierbleiben.
Wenigstens
zwölf
Stunden. Wer ermißt, was das heißt : zwölf Stunden in Grabesnacht auf Stahlröhren gebettet, nachdem man schon dreißig Stunden so verbracht hat !
Irgendwo im Kesselhaus tropft ein Hahn, oder im Kessel ist ein Rohr undicht geworden. Nun tropft es langsam, gleichmäßig und grauenvoll . Es ist zum Wahnsinnigwerden . Wenn sie jezt einen ihrer bewaffneten Peiniger hier hätten, sie würden ihn mit bloßen Händen erwürgen. So erschöpft, so verdurstet und verhungert, so zerquält sie auch sind, aber dafür würden ihre Kräfte sich ver vielfachen.
Ein Tropfen fällt. Sie zählen: ,,Einundzwanzig, zweiundzwanzig, drei undzwanzig,
vierundzwanzig, fünfundzwanzig . . . “
Da fällt der neue Tropfen. Im Abstand von faſt genau fünf Sekunden. Zwei Tropfen fallen in fünf Sekunden !
Zwölf Tropfen in einer Minute. Siebenhundertundzwanzig Tropfen in einer Stunde.
15 Hadamovsth, Weltgeschichte
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Die Folterkammer im Dampfkessel
Siebentausendzweihundert Tropfen inzehn Stunden. Sie zählen und zählen. Sie geben es verzweifelt wie der auf.
Oh, wie grauenvoll lang ist dieser Tag in der Grabes nacht des Dampfkeſſels . Als es unten im Feuerraum wieder ganz dunkel geworden ist, da brechen sie leise und stöhnend auf. Sie können die kalten, steifen Knochen kaum rühren. Sie wissen genau, es ist noch viel zu früh. Es muß draußen noch taghell wie gestern sein. Sie kön nen noch nicht fort. Aber sie halten es hier oben keine Stunde länger aus , das iſt ganz unmöglich. So schlei chen sie nach unten in den Feuerraum, wo jeder Vor übergehende sie auf den ersten Blick sehen kann. Aber jezt ist ihnen alles gleich. Sie können nicht mehr anders . Sie sind fertig . Dort liegen sie nun und blicken nach draußen, wo noch Tag ist. Sie machen schwache Versuche, sich die Glieder beweglich und warm zu reiben. Ihr Körper iſt schwielig, zerstriemt, blutunterlaufen und blaugedrückt, überall da, wo sie auf den Stahlröhren lagen.
Endlich ist es dunkel genug, und einer kann Wasser holen. Langsam wachen ihre Lebensgeister wieder auf . Schließlich besiegt die Willenskraft alle körperliche Schwäche und alle gefährliche Ungeduld . In tiefer Nacht verlassen sie das Kesselhaus und fliehen auf
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Die Folterfammer im Dampftessel
verborgenen Wald- und Gebirgssteigen. Sie kommen wie durch ein Wunder ungefährdet und unverfolgt zur Grenze, vermeiden Dörfer, Ortschaften und Straßen und umgehen die bewaffneten tschechischen Posten. Sie umarmen sich, als sie auf deutschem Boden sind . Sie möchten jeden Deutschen umarmen, der ihnen ent gegenkommt. Sie kommen an das deutsche Zollhaus . Da liegt einer auf einer Krankenbahre, der ſofort ins Spital geschafft werden muß. Ein Krüppel aus dem großen Kriege, verstümmelt, zu jeder körperlichen Arbeit und zum Kriegsdienst untauglich. Den haben die Lumpen der Roten Wehr drüben auspressen wollen und mit dem Tode bedroht, weil er das Versteckt seiner Kameraden nicht verraten hat. Da iſt der Krüppel am Abend geflohen, als sie ihn achtlos in die Wirtshaus stube sperrten. Auf seinen Beinſtümpfen und auf den Händen ist er zur deutschen Grenze gekrochen. Fünfzehn Kilometer, die ein geſunderMann in zweieinhalb Stun den läuft, die hat er in sechsunddreißig Stunden zurück gelegt. In Tag und Nacht und noch einem Tag. Nun liegt er hier, ein hilfloſes Bündel Mensch. Zuk kendvor Aufregung und Anstrengung, Opfer eines blut gierigen Systems , das die Kriegsverbrecher von Ver sailles erfanden und die bolſchewiſtiſchen Bandenführer der Tschechen zur Blutgeißel des Deutschtums machten .
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Die Flucht der Warnsdorfer
Wenige Tage nach diesen Ereigniſſen tritt in dem zwanzig oder dreißig Kilometer entfernten ſudeten deutschen Städtchen Warnsdorf eine Katastrophe ein, die zwanzigtausend Menschen heimatlos macht. Der Anlaß wäre gar nicht erwähnenswert, wenn er nicht aus edelsten und reinſten deutſchen Motiven entstanden wäre. Der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler spricht am 12. September 1938 auf dem Schlußkongreß des Parteitages zum deutschen Volk. Die Rede wird über alle deutschen Sender übertragen. Zum deutschen Volk gehören auch die Deutschen in der Tschecho -Slowakei. Die Prager Regierung aber hat den Rundfunkempfang verboten. Sie hat durch ihre Knüppelgarden bei der bettelarmen Bevölkerung des Sudetenlandes vierhunderttausend Rundfunkgeräte be schlagnahmt. Sie weiß, daß dennoch Rundfunkapparate heimlich beiseite geschafft wurden. Daß die Deutschen in Kellern und auf Dachböden bei völliger Dunkelheit die Rede des Führers abhören werden. So greift ſie zum letzten Mittel . In den ſudetendeutschen Gebieten werden die Elektrizitätswerke stillgelegt. Jezt gibt es
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Die Flucht der Warnsdorfer
kein Licht, keinen Strom, keine Betriebsmöglichkeit für die Rundfunkgeräte mehr. An diesem Tage nimmt der sogenannte kleine Grenz verkehr einen noch nie dageweſenen Umfang an. Allein aus dem kleinen Städtchen Warnsdorf wandern im Laufe des Tages an den verschiedenen Stellen zehn tausend Menschen über die Grenze . Sie treffen sich auf der deutschen Seite in Seifhennersdorf. Dort hat die NSDAP . für die reichsdeutschen Volksgenossen eine Lautsprecheranlage aufstellen lassen, damit alle den Führer aus Nürnberg hören können. Nun fluten die Scharen der Sudetendeutſchen auf den Marktplay, füllen die Hauptstraßen, verstopfen alle Seitenstraßen, und die Reichsdeutschen müssen ihnen Plaß machen. Sie tun es willig und gern. Dann hören die Männer und Frauen aus Warns dorf die Führerworte von Nürnberg. Sie hören des Führers Gelöbnis , die Forderung, daß die Unter drückung der Deutschen in der Tschecho - Slowakei auf hört und an deren Stelle das freie Recht der Selbſt= beſtimmung tritt ... Die Deutschen in der Tschecho Slowakei sind weder wehrlos , noch ſind ſie verlaſſen. Die Menschen
auf dem Plak jubeln
auf.
Als
brausender Dankgesang steigt das Horſt-Wessel - Lied zum Nachthimmel empor. Die Zehntausend ordnen sich zu einem gewaltigen Zug, der mit den deutschen Lie
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Die Flucht der Warnsdorfer
dern auf den Lippen nach Böhmen zurückmarschiert. Niemand hat eine Waffe . Aber sie tragen eine Haken kreuzfahne voran . Die haben ſie ſich in Seifhennersdorf erbettelt. Sie konnten doch nach der Rede des Führers nicht ohne Fahne heimmarschieren ! Ein paar im Zug der Zehntausend haben kleine Fähnchen, so groß wie Buchdeckel oder Zeitungen. Die Einwohner von Seif hennersdorf haben sie ihnen gegeben, gern gegeben. Als der singende Zug die böhmische Grenze erreicht, haben die tschechischen Zoll- und Grenzwächter die Schranke heruntergelaſſen. Der lange Zug kommt ins Stocken. Der Gesang verebbt für einen Augenblick. Da zeigt eine Frau in der Mitte des Zuges, dort wo das helle Licht des Zollhauses sie nicht mehr blenden kann, auf den nachtdunklen Himmel in Richtung Böhmen . Dort treiben die Wolken, vom Sturm gejagt. Und aus dem kochenden Blaugrau und Schwarz scheint ſich für einen Augenblick die Gestalt eines riesigen schiefliegen den Hakenkreuzes zu formen. Hakenkreuz über Böhmen ! Sie nehmen es wie ein Gotteszeichen, und in die ge drückte Stille hinein erhebt sich kräftig aufs neue der Gesang des Deutschlandliedes . Inzwischen hat sich einer der Männer mit ein paar Kameraden in die Höhle der Zollwächter begeben. Es ist der Amtswalter der Sudetendeutschen Partei im Warnsdorfer Gebiet. Er 230
Die Flucht der Warnsdorfer
verbürgt sich dafür, daß alles friedlich bleibt, wenn man die Zehntausend ungeschoren über die Grenze in ihre Heimat zurückläßt. Endlich wird der Rückmarsch gestattet. Die Zollschranke, ein vierzig Zentimeter dicker Beton balken zwischen meterdicken, die Straße versperrenden Betonklözen, wird emporgezogen . Der fingende Strom flutet nach Warnsdorf zurück . Sie erreichen die Heimatstadt in tiefster Nacht. Aber die ganze Stadt ist noch auf den Beinen. Jeder zweite war ja über der Grenze. Jeder Zurückgebliebene will nun wissen, was der Führer sprach. Im Nu ist der Marktplatz des sonst so stillen Städtchens mit dem alten verschnörkelten Kirchturm von Menschen überflutet. Dann spricht der Amtswalter der Sudetendeutschen Partei einige Worte zu den Bürgern ſeiner Heimat stadt. Er schildert, was der Führer gesagt hat, und fordert sie auf, als Deutſche in Ruhe und Disziplin in ihre Häuser zurückzukehren.
Das geschieht. Eine Stunde später liegt der Marktplay liegen die Gaffen des verträumten böhmischen Städtchens so still und verlassen, wie irgendein idyllischer Kleinstadt winkel, den Spitzweg mit seinem liebevollen Pinſel gemalt hat. Nichts regt sich mehr hinter den dunklen Fenstern des Rathauses . Die Glockenschläge des Kirch leins verhallen in tiefer Nacht.
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Die Flucht der Warnsdorfer
Allerdings , als der Amtswalter sprach, da ſtand neben ihm der Mann, der die rote Fahne mit dem Hakenkreuz dem Zuge der Zehntausend vorangetragen hatte. Er stand neben ihm mit erhobener Fahne, die der Nachtwind aufblähte. Dann nahm er sie mit in ſein Haus, trennte das Tuch vom Schaft und verbarg es sorgfältig vor den Häschern.
Die Fahne nahm man zum Anlaß ,
um einen
eine offene Meuterei
gegen die
Friedensbruch,
ja
tschechische Herrschaft zu proklamieren. Am nächsten Morgen erließen die tschechischen Polizeibehörden einen Haftbefehl gegen den Amtswalter der Sudetendeutſchen Partei. Er erfuhr es rechtzeitig und konnte sich in ſein Versteck begeben. Da seßte ein beispielloser Terror das friedliche Städtchen in Schrecken. Ein Haufen von etwa dreihundertfünfzig Bolschewisten, gedeckt durch tsche chische Polizeibeamte und Soldaten, begann mit der Aufrichtung eines Gewaltregimentes . Tagsüber lagen die Banditen pennend oder ſaufend und gröhlend in ihrem Stabsquartier, dem großen Bau der Post in Warnsdorf. Nachts
gingen die Raubzüge los, die
Plünderungen, die Geiselverhaftungen. Das ertrug die deutsche Bevölkerung neun Tage und neun Nächte lang. Vom 13. bis zum 22. September 1938 . Dann machten die Deutschen Schluß mit dem Gesindel. Es floß dabei kein Tropfen Blut.
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Die Flucht der Warnsdorfer
Es war ein herrlicher, tollkühner Huſarenstreich, der in die Geschichte eingehen wird . Die dreihundertfünfzig Bolschewiſten ſaßen zuſammen mit Polizei und Solda teska in der zur Burg ausgebauten und verbarrikadier ten Post. Sie hatten Gewehre, Maschinengewehre und Handgranaten. Sonst aber besaß in der ganzen Stadt kein einziger Mann eine Waffe. Der Amtswalter der Sudetendeutschen Partei kam aus seinem Versteck hervor. Er kannte jeden Winkel der Poſt. Er war dort Beamter. Sie hatten einen Mann in Warnsdorf, der besaß heimlich ein Braunhemd ! Sie zogen es ihm an. Sie tauchten zu sechs Mann plöglich im Innern der Post auf. Der Mann mit dem staatsgefährlichen Braun hemd übernahm die Spize. Sie kamen unangefochten in das Zimmer des roten Befehlshabers und verlang ten die Niederlegung der Waffen und die Übergabe des Gebäudes . Für diesen Augenblick hatten sie auf der Straße einen kleinen Tumult vorbereitet. Zwanzig oder dreißig Menschen machten „ Volksgemurmel “. Eine Frau schrie laut : „ Die deutschen Truppen marschieren schon ein." Die zwanzig oder dreißig Menschen schrien es aufgeregt nach. Der rote Befehlshaber hörte das Geschrei , sah den Mann im Braunhemd und hinter ihm fünf entschlossene
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Die Flucht der Warnsdorfer
Kerle. Er vergaß zu fragen, ob sie auch Waffen bei ſich hätten, überreichte erbleichend seine Piſtole und „ über gab" die rote Festung. Fünf Minuten später waren die waffenlosen sechs Mann im Besit von vierhundert Gewehren, Handgranaten und vielen Kisten Munition . Die dreihundertfünfzig Bolschewiſten aber saßen ge fangen in einer Hofecke und wurden abtransportiert. Der Mann aus der Post übernahm sein Poſtamt feier lich aufs neue und ließ für Warnsdorf einen Poſt stempel drucken : „ Warnsdorf, 22. September 1938 , Tag derBefreiung. " Die Warnsdorfer waren einen Tag und eine Nacht lang wie eine große Familie, die ein Fest feiert. Bis am frühen Morgen des nächsten Tages tschechische Panzerwagen durch die Straßen raſten und ſinnlos, sei es aus Furcht, sei es aus Wut, in die Türen und Fenster hineinschossen. Als bald darauf die Späher von den Höhen das um fassende Anrücken großer Haufen der Roten Wehr mit Armeepanzerwagen und einem tschechischen Infanterie bataillon meldeten, da wußten die Warnsdorfer, daß die Stadt umstellt werden sollte und die Jagd auf alle Deutschen beginnen würde. Neun Tage und Nächte hatten sie den Terror der Tschechenbanden schon ein mal erlebt. Vierundzwanzig Stunden waren sie nun frei und sollten den Tschechen diese vierundzwanzig
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Die Flucht der Warnsdorfer
Stunden mit dem Leben bezahlen. Konnten sie sich mit ein paar Gewehren und Handgranaten gegen Panzer wagen und Militär verteidigen ? Mit vierhundert eben erbeuteten bolschewistischen Gewehren ? Mit fünfzehn tauſend Frauen und Kindern in ihrer Mitte? Durften sie es darauf ankommen laſſen, wo die schüßende deutsche Grenze drei Kilometer vor ihren Stadttoren lag? Wie ein Lauffeuer ging die Parole durch die Straßen und Gaſſen des Städtchens : Die Huſſiten kommen mit einem Panzerregiment ! Flieht ins Reich! Flieht ins Reich! Dreihundert mutige Männer verbargen sich auf den Höhen, veranstalteten ein wildes Gewehrgeknatter und warfen geballte Handgranatenladungen, sobald die Tschechen Miene machten, vorzurücken . Die mora lische Wirkung war durchschlagend . Sie hielten den tschechischen Vormarsch stundenlang auf. Endlich kam es bei Niedergrund zu einem schweren Feuergefecht, in dessen Verlauf die
tapferen deutschen
Freischärler
schließlich von den tschechischen Panzerwagen überrannt wurden. Als die Panzer zusammen mit den gröhlenden Banden der Roten Wehr in Warnsdorf einrückten , fan den sie eine verlassene Stadt vor. Zwischen den öden Häuserreihen strichen plündernd ein paar Marodeure herum. In zwei Stunden waren die EinwohnerWarns
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Die Flucht der Warnsdorfer
dorfs, zwanzigtausend Menschen, mit Kindern und Greisen, werdenden Müttern und Kranken, über die Grenze gerannt. All ihre Habe hatten sie im Stich ge= laſſen, um nur das nackte Leben zu retten. Zwanzigtausend Deutsche hatten ihre Heimat ver Loren. Seitdem lag das Städtchen verödet und menschenleer da. Die hussitischen Banden, die nun keine Kopfjagden mehr betreiben konnten , wandten sich unter Mitnahme des Wertvollen alsbald anderen deutschen Städten in der Nähe zu und terroriſierten Schluckenau, Friedland und zahlreiche kleine Ortschaften. Bei Rumburg in der Nachbarschaft von Warnsdorf wurde so erbittert ge= kämpft, daß sich beide Seiten am Schluß zurückzogen und die Toten eine Woche lang unbeerdigt umherlagen, eine Beute der Füchse und Krähen. Indessen geht die Zahl der von den Tschechen ge= fangenen Deutschen in die Hunderttausend, die Zahl der ins Reich geflohenen Frauen und Kinder über schreitet bald Zweihunderttausend. Am 14. September beschießen die Tschechen das Quartier der Sudetendeutschen Partei in Eger, das Hotel Welzel, mit Artillerie und Tanks . Grund : Eine verschlossene Tür, hinter der erst einmal die Amts walter- und Mitgliederkarteien in Sicherheit gebracht wurden.
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Die Flucht der Warnsdorfer
Zu gleicher Zeit erläßt Prag einen Haftbefehl gegen Konrad Henlein, den Führer der Sudetendeutschen, und gegen alle sudetendeutschen Amtswalter.
Die Partei wird verboten ! Der Plan ist einfach genug : Man fängt die Köpfe ein und läßt den Rumpf des deutschen Volkskörpers in der Tschecho-Slowakei führerlos zurück . Damit sind dann die Banditen der Roten Wehr das „ deutſche “ Volk, und mit ihnen wird man ſchnell einig werden über das Fell des deutschen Bären . Denn Prager Re gierung und Rote Wehr sind nur zwei verſchieden auf gemachte Firmenschilder derselben Terrorbande, genau so wie sowjetrussische Staatsführung und Kommu nistische Internationale in Moskau ein und dasselbe sind. Die sudetendeutsche Parteiführung begegnet dem . primitiven tschechischen Plan durch den Befehl an ihre Amtswalter, sich der Verhaftung unter allen Um ständen ins Reich zu
entziehen.
Damit bleibt die
sudetendeutsche Volksführung auch in den kritischen Tagen kampffähig.
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Freikorpsleute
Mitte September brechen zwei Männer aus Böhmen auf, um ſich im Reich zu melden . Sie sehen sich am Tage des tschechischen Haftbefehls ein lehtes Mal . Dann be ginnt der heimliche Marsch. Der erste erfährt durch Zufall, daß auf einem Flucht weg, der von Tausenden benuzt wird , ein Blockhaus der Tschechen den Weg versperrt und die Flüchtenden dort in hellen Scharen niedergemacht und zurück getrieben werden. Eine
Gruppe handfester
Jungen will
in einer
Stunde den Sturm auf das Blockhaus wagen, um das Hindernis auszuräuchern und den Fliehenden den Weg ins Reich frei zu machen. Der Böhme ist Frontſoldat und Offizier des großen Krieges . Jahrelang lag er noch nach dem Kriege an einer Rückenmarksverwun dung darnieder. Nur seine ungewöhnliche Energie und Zähigkeit hat wieder einen gesunden Kerl aus ihm gemacht. Von dem beabsichtigten Sturm hören und seinen Entschluß fassen, ist alles eins . Er „, organiſiert“ ein Auto und ſauſt mit Vollgas ab . Als er ankommt, empfängt ihn lebhaftes Schüßenfeuer. Sie ſind ſchon 238
Freikorpsleute
hart aneinander und liegen im Dickicht fünfundzwanzig oder dreißig Meter vor dem Blockhaus . Er friecht in einer Furche heran. Über ihm pfeifen und firren die Geschosse . Der alte Frontsoldateninstinkt wacht in ihm auf. Die roten Banditen im Blockhaus schießen viel zu hoch, denkt er, einen Meter fünfzig über unſere Köpfe weg . Er hört es am Ton der Geſchoß bahnen. Ernimmt nicht einmal mehr die Nase in den Dreck. ,,'ran, ' ran", ist sein einziger brennender Wille. Zwanzig Friedensjahre fallen ab wie Staub . Der Stoßtruppführer des Weltkrieges liegt gespannt wie ein Panther vor dem Gegner. Die halbwüchsigen Jun gen links und rechts neben ihm brüllen etwas . Einer, der andere, der Dritte springt hoch. Handgranatenwurf ! Ein, zwei, drei Handgranaten fliegen gegen Tür und Fenster des Blockhauses . Sie werfen gut ins Ziel. Das muß ſizen ! Eine nächste Gruppe von drei Mann springt und wirft.
Aber was ist das nur? Die roten Banditen sind bei dem Granatwurf von den Fenstern verschwunden und in Deckung gegangen. Der Gewehrlärm iſt verſtummt . Doch keine Detonation zerreißt die plögliche Stille. Die Handgranaten knallen an die Tür, fallen auf die nachgiebige Sandsackdeckung der Fenster und kullern dann geräuschlos in den Sand .
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Freikorpsleute
Der Mann sieht den Jungen scharf auf die Finger, die schon wieder werfen wollen. „Hinlegen ! " brüllt er sie plöglich an, daß sie zu= sammenfahren. Er sieht es : Sie haben noch nie in ihrem Leben Handgranaten in der Hand gehabt. Sie haben keine Ahnung, wie sie mit den Dingern um gehen müssen. Sie werfen die Handgranaten, ohne den Brennzünder abzuziehen ! Dann explodiert die Granate nicht! Die roten Banditen im Blockhaus haben den Braten inzwischen auch gerochen. Ein Haufen Jungen liegt ihnen gegenüber ! Sie kriegen sofort wieder Mut. Ein wildes Gewehrgeknatter sett ein.
,,Hinlegen, volle Deckung ! Liegen bleiben !" brüllt der Frontsoldat. Dann läßt er durchsagen : Von der Handgranate die Kapsel abschrauben, Zündschnur mit Knopf abreißen, bis drei zählen, werfen ! Die Jungen antworten endlich wieder mit einzelnen Schüssen auf das Blockhausfeuer. Der Mann sett ein paar wohlgezielte Schüsse haarscharf auf die Fenster öffnungen. Jetzt werden die Banditen drüben wieder vorsichtig. Dann brüllt er, schon sprungbereit hinter eine Bodenwehr gekauert :
― „Handgranaten fertig machen
Wurf! "
Eine vielfache Detonation zerreißt die aufs neue eingetretene Stille. Feuer und Qualm hüllen die Frontseite des Blockhauses für eine Sekunde ein.
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Freikorpsleute
Die Sandsäcke sind geplaßt, die Tür hängt in Fehen aus den Angeln, die Bretter liegen im Sand .. Jett Sturm auf die offene Festung ! Als sie eindringen, ist das Haus schon verlaſſen. Über die Felder dahinter, zwischen dem Buschwerk, laufen sie wie die Hasen.
„ Schießen, schießen, ab
knallen ! " brüllt der Mann und schießt, bis er keine Patronen mehr hat und sich nichts mehr regt. Jezt ist der Weg frei gemacht. Aus den dichten Wäldern hinter ihnen brechen Tausende von Flücht lingen hervor. Ins Reich! Jns Reich! Jett klingt es fast wie ein Jubelschrei . Die Jungen, ein paar Männer, die dazuſtoßen, gehen über die Grenze, nehmen die Verwundeten mit und melden sich im Reich beim Sudetendeutschen Frei korps , das Konrad Henlein in der Stunde höchſter Not und Gefahr geschaffen hat.
Nun werden die mutigen Jungen lernen, wie man mit der Waffe umgeht. Nun werden sie Soldaten der Freiheit ! Wenn sie wieder kommen, sind sie noch gefährlichere Gegner ! Im Reich sieht sich der Mann nach seinem Freund um. Er ist nirgends zu finden. Am ersten Tag nicht, am zweiten Tag auch nicht. Haben ihn die Tschechen gefaßt, ist er bei einem Gefecht erschossen worden ? 241 16 Hadamovsky, Weltgeschichte
Freikorpsleute
Niemand vermag über ihn Auskunft zu geben. Am dritten Tag tritt der Böhme in das Zimmer des Kom mandeurs, von dem er ſeine täglichen Befehle für die Ausbildung der Freikorpsleute und die Aktionen an der Grenze empfängt . Der Kommandeur wendet ihm den Rücken zu und beugt sich über einen Tisch mit Karten und Photo graphien. Neben ihm steht ein Fremder und erläutert dem
Kommandeur
die
tschechischen
Befestigungs
anlagen. „ Dies
ist die tschechische Schöberlinie“, sagt der
fremde Zivilist. „ Hier zieht sich eine Kette von Betonbunkern entlang, die erst in der letzten Woche fertig geworden sind . Hier an der Hauptstraße nach Prag find Straßen sperren und schwere Bunker in dreifacher Tiefen gliederung angelegt. Hier habe ich es Ihnen genau aufgezeichnet, und hier haben Sie die Photographien davon . “ Die Sprache des Fremden kommt dem Mann aus Böhmen bekannt vor.
Der Fremde scheint einen ganzen Brotbeutel voll Photographien und Plänen zu haben, es dauert lange, bis er alles ausgepackt und erklärt hat. Endlich wendet sich der Kommandeur um. Da dreht sich auch der Fremde neben ihm zur Tür hin und lacht, 242
Freikorpsleute
als er da den Mann aus Böhmen sieht. Zwei , die sich gegenseitig schon verloren glaubten, haben sich wieder gefunden. Seit dem Abschied hat keiner mehr vom anderen gehört ! Eben erst ist der Freund angekommen und hat als erstes ―― Photographien entwickelt ! Er hatte sich auf der Flucht heillos in das von Sol daten dicht besezte Gebiet der tschechischen Befestigungs linien verstrickt. Plöglich kam ihm ein Gedanke. Die deutschen Soldaten können im Falle eines Angriffs einen genauen Plan der tschechischen Festungslinien glänzend gebrauchen. Vor Einbruch der Nacht kann er doch nicht durch die vor ihm liegende Kette der Beton bunker hindurch. „Noa, doas kannsch erschte noch aufnahmen!" sagt er sich und holt seinen Notizblock und seinen Photo apparat heraus , um alles erst noch aufzunehmen . Er zeichnet einen genauen Plan der Befestigungen und photographiert sie. Je länger er dabei ist, desto mehr wird ihm die Bedeutung seiner Arbeit klar. Als die Nacht kommt, ist er noch lange nicht fertig ! Statt nach der deutschen Grenze hin, pirscht er sich seitwärts weiter zu neuen tschechischen Schüßengräben. In Kälte und Tau der Nacht liegt er hungrig draußen zwischen den Bunkern. Bei Tage verbirgt er sich in Heuschobern, ein mal auch in einem Gehöft, und leiſtet mit seiner Auf
16*
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Freikorpsleute
nahme der Befestigungslinien gründliche und ganze Arbeit. Jezt ist er endlich auf Reichsboden, todmüde und vergnügt und will erst mal etwas Warmes zu eſſen und eine Decke zum Schlafen haben. „ Aber heute nach mittag könnt ihr bereits wieder über mich verfügen“, sagt er gähnend und geht, um sich einen „ ruhigen Bun ker“ zu suchen. Das ist der Geist der Männer und Jungen, die ent ſchloſſen jedes Opfer auf sich nehmen, um wieder freie Deutsche zu werden . Binnen acht Tagen stehen neunzig tausend dieser prächtigen Kerle in den Reihen des Sudetendeutschen Freikorps und unterwerfen sich einer eisernen Disziplin und Ausbildung . „Wir werden in unsere Heimat zurückkehren “ , das ist ihre Parole,
aber als Soldaten der Freiheit mit
den Waffen in der Hand ! “
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Hitler marschiert nach Böhmen
Parteitag 1938
Während die Sudetendeutschen gejagt und verfolgt werden, während die Bauern im Reich mit Hitler Jugend und Soldaten die reiche Ernte bis zur letzten Kornähre von den Feldern heimbringen, während im Westen die fünfhunderttausend Mann an der Todt front Tag und Nacht verbissen schuften , während die Herbstmanöver des deutschen Heeres beginnen und mehr Soldaten als jemals zuvor in den letzten zwanzig Jahren unter den Waffen stehen, rüſten wir im Sep tember zum Parteitag Großdeutschlands . Die Kund gebungen in Nürnberg, die Sizungen des Parteikon greſſes , die Vorbeimärsche und Aufmärsche sind mit geheimer Spannung erfüllt. Alle haben das Gefühl : dieser Parteitag ist ein letter Appell vor einem ent scheidenden geschichtlichen Einſaß. Die Kundgebungen sind feuriger, leidenschaftlicher als in den letzten Jahren. Es liegt wie das Fieber und der Druck der Kampfzeit über den Männern und Frauen, treibt sie zu einer doppelt herzlichen Anteil nahme und Zustimmung. Am 6. September hält der Führer die erste größere
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Parteitag 1938
Rede auf diesem Parteitag. Zwei Tage vorher, am Sonntag, sagte Reichspropagandaleiter Dr. Goebbels in Stuttgart
zu
den
sudetendeutsche Frage
Auslandsdeutschen , endgültig
daß
die
entschieden werden
müsse. Unter dem tobenden Beifall der von jenseits der Grenze zu uns gekommenen Volksgenoſſen erklärte er, daß wir uns keinen Illusionen über die feindseligen Absichten mancher Auslandskreise hingeben, daß wir aber auch wissen, wie weit ihrem feindseligen Denken durch die realen Tatsachen eine Schranke gesezt wird : " Wir kennen unsere Gegner, und wir hoffen, daß un sere Gegner uns bald auch kennenlernen. ▬▬▬▬▬▬▬ Wir wis
ſen ſowieſo, was man in London mit uns vorhätte, wenn man es könnte." Ein unbeschreiblicher Jubel folgt diesen Worten. Sie werden zu einem Signal für Tschechen und Bolschewiſten. Diese ziehen aus der Kundgebung des Reichspropagandaminiſters den —falschen — Schluß, daß nun der Führer bei seiner ersten Ansprache in Nürnberg
Entscheidendes
über
die Befreiung
der
Sudetendeutschen sagen wird . In dieser Erwartung laſſen die bolschewiſtiſchen Kriegstreiber im Osten die Kaße aus dem Sack und beginnen mit einer rein kriegsmäßigen Maßnahme. Die Sowjetunion seht ihr gesamtes
Störsenderneß
auf die deutschen Rundfunksender an und beginnt wie 246
Parteitag 1938
im Kriege
die
deutsche
Rundfunkübertragung
der
Führerrede aus Nürnberg zu stören . Der Führer spricht aber am Dienstag im Opern haus gar nicht über das Sudetenland, sondern über rein kulturelle Fragen. Die Bolschewisten schießen also mit Kanonen auf Friedenstauben !
Neben dieser rein moralischen Blamage stellt sich außerdem gleich eine militärische heraus . Der geplante kriegsmäßige Störungsüberfall geht nämlich an seiner eigenen Lächerlichkeit zugrunde . Neunundneunzig Pro zent der deutschen Rundfunkhörer merken überhaupt nicht, daß gestört wird und wundern sich höchstens , daß irgendein blödes Untergeräusch bei der Führerrede zu hören ist. Nur ein Prozent der Hörer an der äußersten Ostgrenze wird im Rundfunkempfang der deutschen Sender beeinträchtigt.
So hat die erste kriegerische
Maßnahme der Bolschewisten gleich mit einem üblen Reinfall geendet, was das Vertrauen des tschechischen Bundesgenossen in die kriegerischen Fähigkeiten der Sowjetunion nicht gerade verstärkt. Am lezten Tag des Reichsparteitages findet die große, traditionell gewordene Vorführung der Wehr macht auf der Zeppelinwiese statt. Das militärische Schauspiel wird zu einer großartigen Demonſtration der deutschen Heereskraft . Vor unſeren Augen entſteht 247
Parteitag 1938
ein faſt kriegsechtes Geknalle und Geballer aller Kaliber und ein großartiges Gefechtsbild der Infanterie- und Panzertruppen .
Die deutsche
Luftwaffe
aber
tritt
eigentlich in diesem Jahre in Nürnberg zum erstenmal ſo in Erscheinung, daß das Bild ihrer materialmäßigen und kämpferischen Überlegenheit jedem deutschen und ausländischen Zuschauer auffallen muß . Die schweren Maschinen heulen wie Torpedos durch die Luft und schießen mit unheimlich anmutender Geschwindigkeit über das weite Viereck des Plazes davon. Am 12. September, abends, schließt der Führer den Parteikongreß mit einer unerbittlich harten und klaren Rede : „Kein europäischer Staat hat für den Frieden mehr getan als Deutschland!
Keiner hat größere Opfer gebracht ! Aber man muß es verstehen, daß auch diese Opfer irgendwie ihre Grenzen beſigen und daß der national sozialistische Staat nicht verwechselt werden darf mit dem Deutschland der Bethmann-Hollweg oder der Hert ling. ― Dieses Elend der Sudetendeutschen ist ein namen — loses . Man will sie vernichten. Ich kann aber den Vertretern dieser Demokratien nur sagen, daß uns dies nicht gleichgültig ist, und daß , wenn diese gequälten Kreaturen kein Recht und
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1
Parteitag 1938
keine Hilfe selbst finden können, sie beides von uns bekommen werden. Die Rechtlosmachung dieser Men schen muß ein Ende nehmen. " Als Antwort darauf beginnt im Sudetenland am nächsten Tage die schon geschilderte Katastrophe des sudetendeutschen Städtchens Warnsdorf und das maß loseWüten der tschechischenBolschewiſten landauf, landab. Zwölf Stunden nach der Führerrede fahre ich zu ſammen mit Miniſterialdirektor Gutterer nach Berlin zurück. Jezt werden in wenigen Tagen die großen Ent scheidungen fallen. Als ich den Abend zum erstenmal seit langer Zeit wieder bei mir zu Hause verbringe, stelle ich die Telephonapparate neben das Bett. Man weiß nicht, auch diese Nacht kann eine Nacht wichtiger Entscheidungen werden. Dreimal, viermal werde ich aus dem Schlaf geläutet . Aber es sind keine Dinge von besonderer Bedeutung . Nur die laufenden Vorbereitungsarbeiten . Wenn wir den Befreiungsmarsch in die sudetendeutschen Gebiete antreten, oder bei einem endgültigen Scheitern aller Friedenspläne des Führers vor einem Kriege ſtehen, dann muß auch der Rundfunk bereit ſein. Als ich endlich tief und traumlos eingeschlafen bin, weckt mich ein starkes Geräusch. Ich denke, daß es schon sehr spät am Morgen sein muß, weil man in der Wohnung oder im Treppenhaus mit Staubsaugern arbeitet. In dieser.
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Parteitag 1938
Zeit gespanntester Bereitschaft ist man immer, auch wenn man noch so kurz geschlafen hat, ſofort völlig wach und bewußt. Ich springe auf: Nein, das ist ein ganz anderes , viel gewaltigeres Geräuſch, als daß es aus dem Hauſe käme. Ein Brausen und Surren und Donnern in der Luft . Flieger! Ich trete ans Fenster. Draußen ist es noch neblig und der Sonnenball steht ganz tief, gerade zwischen den Baumkronen, und ſcheint blutrot durch den Morgen dunst. Die Luft ist lebendig und energiegeladen vom Rhythmus unzähliger schwerer Kampfmaschinen. Da ziehen sie über das Haus und die Baumwipfel hinweg, Kette um Kette, im Dreieckskeil, wie von einem Mathe matiker über den Himmel verteilt, die riesigen schweren Bomber der deutschen Luftwaffe . Geschwaderflug nach 512 Süden. Teufel, Teufel, da gibt es nichts zu lachen, ihr Herren in Prag, wenn die im Frühdunſt über euren, ſtatt über unſeren Häusern donnern sollten . Ich gehe zum Tele phon und rufe den Bereitschaftsdienst der Reichssende leitung an.
Was Neues ? „Nein! Seit vier Uhr, als wir das leztemal telephonierten, ist nichts Neues. "
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Parteitag 1938
Eine Stunde habe ich also geschlafen ! Es ist erst fünf Uhr. Aber so ist das jezt : man wartet von Stunde zu Stunde auf etwas Neues : Aber es kommt nichts . Es geht nicht los . Auch bei der Luftwaffe treffen sie nur ... ihre Vorbereitungen. Ich muß unwillkürlich daran denken,
was der
Führer in dieser frühen Morgenstunde tun wird . Er liebt es, die Nacht zu durchwachen. Was wird er in dieser Nacht des Dreizehnten besprechen, durchdenken, beschließen? Niemand weiß es. Äußerlich bietet Deutschland ein Bild vollkommener Ruhe. Mit Ausnahme der wenigen, die mit Sonderauf gaben betraut ſind , regt sich niemand über Möglich keiten auf, die vielleicht schon die nächste Zukunft brin gen wird. Dann werden wir schon damit fertig werden, denken die Menschen. Sie haben grenzenloses Vertrauen zum Führer. Das deutsche Volk hat eiserne Nerven bekommen ! Allerdings ist niemand gleichgültig gegen das täglich wachsende Leid der Sudetendeutſchen. Ihre Not wird zur Herzensnot des ganzen Volkes . Aber deswegen kommt kein Hurrapatriotismus auf. Eine verächtliche, eiskalte, ingrimmige Entschlossen heit ergreift die Männer. 251
Kriegsfieber
Benesch versucht in Prag, mit Moskau im Hinter grund, noch in letter Stunde aus der ſudetendeutſchen Frage einen Weltkrieg zu entfesseln und hegt damit auch die vernünftig denkenden Teile des tschechischen Volkes in eine wütende Kriegspsychose gegen Deutsch Land hinein. Er erhält dabei die schon seit der Gründung der Republik aktiv geweſene Unterſtüßung der Juden in der ganzen Welt, der Sowjets
und der englischen
Kriegspartei, die mit Eden, Churchill, Duff Cooper und den Hezern der Labour Party alle Minen springen läßt, um über der sudetendeutschen Frage den Präven tivkrieg gegen das Reich vom Zaune zu brechen. London erscheint den kühlen Besuchern aus dem Reiche wie ein Tollhaus . Die Territorialarmee beginnt mitten in London ihre schweren Flakgeschütze aufzubauen und vor einer rie sigen Zuschauermaſſe in Stellung zu bringen. Gegen deutsche Luftangriffe, ſagen die Tommies unsicher den Scharen der Zuschauer. Wirksamer kann man nun freilich nicht zum Kriege hehen.
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Kriegsfieber
Wenn es bloß in der Zeitung steht, dann mag man noch darüber hinweglesen. Wenn aber die Kanonen schon auf der Straße aufgefahren werden, dann müſſen ja die ,, damned germans" ganz teuflische Pläne gegen England haben ! So wird Großbritannien von einer beispiellosen Kriegspanik erfaßt, während in Deutschland kein Mensch an die Möglichkeit, geschweige denn die Notwendigkeit eines Krieges mit England denkt . Die sudetendeutsche Befreiung ist zwiſchen Berlin und Prag zu regeln, nicht aber zwiſchen Berlin und London.
Aber in London rast die Panik, und zwar immer unter offizieller Anführung. In den Londoner Parks werden die Scheinwerfer der Flak in Stellung gebracht . Vor der Front des Kriegsministeriums nehmen die Truppen der Territorialarmee in aller Öffentlichkeit ihr Kriegsgepäck entgegen. Die kostbaren Kunstschäße der Museen werden aus den Besucherräumen entfernt und in unterirdische Gewölbe gebracht. Die Londoner Polizeiquartiere, Feuerwehrdienststellen, Hoſpitale und so weiter werden mit schweren Sandsackmauern ver barrikadiert. Mitten durch den St. -James -Park und andere öffentliche Anlagen der englischen Hauptstadt werden Schüßengräben und Sappengänge geschaufelt. Wie im Hochgebirge der Fall eines Steinchens die Lawine auslösen kann, so bringen diese von offiziellen Stellen demonstrativ begonnenen Arbeiten die Lawine 253
Kriegsfieber
der englischen Kriegspanik ins Rollen, die nun alles mitreißt. Frauen werden in hellen Scharen bei der Feuerwehr eingestellt, bei den öffentlichen Verkehrs mitteln,
beim Hilfsdienst
der
Territorialbrigaden.
Krankenschwestern fangen an, schon der Reklame wegen und weil es hübsch aussieht, in voller Tracht vor ihrem Spital Schüßengräben auszuheben . Kinder, die Zwölf jährigen, die Achtjährigen und schließlich die Zwei- bis Vierjährigen, werden mit endlosen Sonderzügen, mit Omnibuſſen und allen verfügbaren Transportmitteln aus London herausgeschafft ! Es gibt herzzerreißende Abschiedsszenen zwischen den Kleinen, die ihre Erkennungsschilder mit Nummern, Namen, Eltern und Wohnung wie kleine Gepäckstücke umgehängt bekommen, und den Müttern, die ihrer Männer wegen oder zum „ Kriegsdienst “ in London bleiben müssen. Die Abschiedstränen fließen reichlich. Wird nicht jede dieſer engliſchen Mütter in ihrem Herzen denken müſſen: „ Und dies alles wegen der bösen, bösen . . . Hunnen. “ Nicht wahr, zu dieſem lezten und furchtbarsten Ge danken muß dieses englische Komödienspiel schließlich führen? Die englische Kriegspartei scheint ſomit in den Sep tembertagen 1938 zu ſiegen, Chamberlains Kampf ſeit Februar des Jahres war anscheinend völlig vergeblich. 254
Kriegsfieber
Der Führer sieht kaltblütig das sich zusammen ziehende Gewölk und bleibt feſt entschlossen, die sudeten deutsche Frage auf jeden Fall gerecht und endgültig zu lösen. Chamberlain, vom englischen Kriegsfieber tief be= eindruckt, von der Sinnlosigkeit eines Kampfes mit Deutschland wahrscheinlich innerlich überzeugt, von den Kriegshehern aber zugleich schwer unter Druck gesezt, versucht die Lage für England zu retten und fragt am 14. September bei Adolf Hitler an, ob eine Be sprechung zwischen dem Führer und ihm stattfinden könne :
„ Im Hinblick auf die zunehmend kritische Lage schlage ich vor, sofort zu Ihnen hinüberzukom men, um zu verſuchen, eine friedliche Lösung zu finden. Ich schlage vor, auf dem Luftwege zu kommen und bin morgen zur Abreise bereit.
Teilen Sie mir bitte den frühesten Zeitpunkt mit, zu dem Sie mich empfangen können, und geben Sie mir den Ort der Zusammenkunft an. Ich wäre für eine baldige Antwort dankbar. Neville Chamberlain . "
Der Führer lädt Chamberlain darauf sofort zu sich nach Berchtesgaden ein. Natürlich fliegt Chamberlain nicht um Deutschlands willen zu Adolf Hitler. Er hat 255
Kriegsfieber
das englische Intereſſe im Auge. Aber dieſes Intereſſe deckt sich in entscheidender Weise mit dem deutſchen. Das Deutschland Adolf Hitlers , das seit Jahren eine deutsch-englische Zuſammenarbeit wünſcht und dieſe Zusammenarbeit schon im Werk des Führers
als
grundsäßlich wünschenswert bezeichnet, sollte um mittel europäischer Fragen willen einen Krieg mit England führen? Und Großbritannien, das Welt- und Inselreich, follte einen Gang auf Leben und Tod mit Deutschland wagen, damit siebeneinhalb Millionen Tschechen die vier Millionen Sudetendeutschen weiter vergewaltigen können? Sicherlich hat Chamberlain nicht Deutſchland , sondern England den größeren Dienst mit seinem Berchtesgadener Besuch erwiesen. Diese wirksame und ungewöhnliche persönliche Demonstration war viel leicht allein imstande, den Menschen in Großbritan nien die Augen zu öffnen und der Lügenflut der eng lisch-jüdischen Weltpresse einen wirksamen Damm ent gegenzusehen. In Berchtesgaden wird festgestellt, daß tatsächlich in der sudetendeutschen Frage kein deutsch-engliſcher Gegensatz besteht und also eine friedliche Lösung, zu der Prag auf diplomatischem Wege genötigt wird, möglich ſein muß. Die Antwort auf diesen Versuch der friedlichen
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Kriegsfieber
Lösung ist eine ungeheuerliche tschechische Provokation! Am Tage nach dem Besuch Chamberlains wird die Sudetendeutsche Partei in der Tschecho-Slowakei ver boten. Hinter diesem Schritt steht die englische Kriegs partei, die dem verantwortlichen Miniſterpräsidenten damit in den Rücken fällt. Im Oſten aber ist Moskau der Einpeitscher zu dieser Gewalttat. Dimitroff taucht wieder in Prag auf und läßt jene lügnerischen Plakate und Flugzettel in der ganzen Tschecho- Slowakei
verteilen,
auf
denen
die
Karte
Frankreichs, Deutschlands , Sowjetrußlands und der Tschecho-Slowakei eingezeichnet ist. Die Karte weiſt zwei rote Pfeile auf: Von Frankreichs Grenze nach Prag nur siebzig Flug minuten ! Von Rußlands Grenze nach Prag nur zwei Flug ſtunden ! So versucht man dem unglückseligen tschechischen Volk vorzutäuſchen, daß es binnen knapper Stunden wirksame militärische Hilfe von Frankreich und Sowjet rußland erhalten könne. Man unterschlägt dabei ge flissentlich, daß man von Frankreich nach Prag das deutsche Maintal aufwärts fliegen müßte, von Ruß land nach der Tschecho -Slowakei aber polnisches , rumä niſches und ſchleſiſches
Gebiet zu überfliegen hätte.
17 Hadamovsky, Weltgeschichte
257
Kriegsfieber
Und daß ausflugslustigen Fliegern eine deutsche Luft artillerie und überlegene deutsche Jagdgeſchwader den Weg sperren würden! Daß die Demokratien des Westens aber nicht etwa zu Fuß nach Prag gelangen können, dafür sorgt der den Tschechen ebenfalls auf diesen Karten wohlweislich unterschlagene deutsche Westwall mit seinen siebzehn tauſend Betonfeſtungen, der eben in diesen Tagen fertig wird. Da Hitler und Chamberlain ſich in gutem Einver ſtändnis trennen, so hat alle Welt ein Recht, zu er warten, daß die Gefahr eines deutsch-englischen Welt konfliktes nunmehr überwunden ist. Das Gegenteil tritt ein. Die Kriegsheher machen die größten Anstrengungen, um ihr Ziel doch noch zu erreichen. Während Chamber lain mit dem franzöſiſchen Ministerpräsidenten Dala dier die grundsägliche Zustimmung zu einer gemein ſamen deutsch-englisch-französischen Regelung bespricht, die den Sudetendeutschen ihr volles Recht gewährt, steift die englischeKriegspartei den Prager Heßern den Rücken. Am 22. September zwingen ſie die alte Prager Re gierung zum Rücktritt, die anfänglich dem Inhalt der in Berchtesgaden zwischen Hitler und Chamberlain besprochenen Sirovy,
258
der
Vorschläge
zugestimmt
tschecho-slowakische
hat.
General
Armee-Inspekteur,
Kriegsfieber
übernimmt die Regierung. Die Kriegstreiber werfen ihre lezte Karte ins Spiel! Als Adolf Hitler dem englischen Miniſterpräsidenten zur geplanten Schlußbesprechung nach Godesberg, wie er scherzhaft sagt, auf halbem Wege entgegenkommt, da schleudern die Kriegshezer schließlich die Brandfackel offen zwischen die europäiſchen Völker. Während in London die englischen Männer und Frauen im Vor gefühl eines völlig ſinnloſen und furchtbar blutigen Krieges auf offener Straße niederknien und Bittgottes dienste für den Frieden abhalten, gibt Herr Benesch von Prag aus am 23. September über den Rundfunk die tschechische Mobilmachung bekannt. Prag ist also abermals wie bereits am 21. Mai des Jahres zum Kriege entschlossen und will das Einver nehmen von Godesberg mit dieser Bombe sprengen. Natürlich hat Prag nicht auf eigene Faust mobil gemacht, um mit siebeneinhalb Millionen Tschechen gegen die fünfundsiebzig Millionen Deutschen Krieg zu führen. Benesch hat vielmehr auf Grund der inter nationalen Freimaureranweiſungen und jüdiſchen In trigen diesen lezten entscheidenden Schritt gewagt, in der sicheren Überzeugung, damit den von den inter nationalen Hezern ersehnten zweiten Vernichtungs krieg gegen Deutschland zu entfesseln. Das Spiel dieser internationalen Verbrecher ist dabei von der gleichen
17*
259
Kriegsfieber
Hinterhältigkeit wie in den Julitagen 1914 , die dem Weltkrieg vorangingen. Damals, im Juli 1914 , fragte Rußland in London an, ob England zur Mobilmachung rate. Darauf gab Sir Edward Grey in London die schein heilige Antwort :
Man könne nicht dazu raten, nicht mobil zu machen. Der ruſſiſchen Mobilmachung folgte dann die deutſche und der Ausbruch des Weltkrieges . Am 23. September 1938, während Chamberlain bei Hitler in Godesberg weilt, wiederholen dieselben Kräfte dasselbe teuflische Spiel. Prag fragt in London an, ob England zur Mobil machung rate, und während Chamberlain sich in Godes berg mit dem Führer um die Vermeidung des Welt brandes bemüht, gibt eine Dienſtſtelle des Foreign Office ohne Wissen des Miniſterpräsidenten und des Außenministers an Prag die scheinheilige Antwort : England könne Prag n i cht dazu raten, n i ch t mobil zu machen. So soll hinter dem Rücken des verantwortlichen eng lischen Ministerpräsidenten in lehter Stunde der Welt brand entflammt werden und zugleich die Schuld dafür wieder auf die andern abgeschoben werden. 260
Kriegsfieber
Denn diese verklausulierte doppelte Verneinung, die eine Bejahung ist, soll nicht nur den Brand entzünden, sondern auch den Brandstifter der Verantwortung da für entziehen ! Während Chamberlain beim Führer ist, erhält er die Nachricht von der erfolgten Mobilmachung der tschechischen Armee . Gleich anschließend gibt der Prager Lügenſender be kannt, daß die Verhandlung zwiſchen Hitler und Cham berlain ergebnislos abgebrochen wäre und Chamber lain abgereist sei . Dies, während beide Staatsmänner gerade verhandeln ! Prag suggeriert damit den Hörern die Meinung, daß nun also der tschechischen Mobilmachung in den nächsten ― Stunden die englische folgen würde. Tatsächlich gelingt es der Kriegspartei in England und Frankreich, ihren lehten Trumpf auszuspielen. Die französischen Reservisten werden einberufen, die britische Flotte wird mobilisiert!
Nur einer bleibt eiskalt : der Führer. Am 26. September nimmt Adolf Hitler, umtoſt vom fanatischen Jubel seiner alten Berliner Parteigarde, in Gegenwart von Göring, Heß und Goebbels das letzte Wort im Berliner Sportpalast. „Wir alle wollen hoffen“, so sagt der Führer, „ daß 261
Kriegsfieber
im englischen Volke diejenigen die Überhand bekom men, die des gleichen Willens wie Deutschland sind. “ „Wir alle wollen keinen Krieg mit Frankreich." „Eine einzige Großmacht sehen wir in Europa und einen einzigen Mann an ihrer Spize, der Verſtändnis besiht für die Notlage unseres Volkes . Es ist, ich darf es wohl aussprechen, mein großer Freund : Benito Mussolini . “ Dann fordert Adolf Hitler den Machthaber von Prag vor die Schranken des Gerichts : „ Nun treten zwei Männer gegeneinander auf : dort ist Herr Benesch! Und hier stehe ich." Da springen die Zehntausende im Sportpalaſt von ihren Plähen und bringen dem Führer minutenlang eine einzigartige Huldigung dar . Endlich kann Adolf Hitler fortfahren : „Wir sind zwei Menschen verschiedener Art. Als Herr Benesch sich in dem großen Völkerringen in der Welt herumdrückte, da habe ich als anständiger deut scher Soldat meine Pflicht erfüllt . Und heute stehe ich nun diesem Mann gegenüber als der Soldat meines Volkes . " Adolf Hitlers Rede gipfelt in jener Ankündigung, die der Welt zum lehtenmal die eherne Entſchloſſenheit von Führer und Volk zum Kampf für die Freiheit der Sudetendeutschen zeigt :
262
Kriegsfieber
,,Ich gehe meinem Volke jezt voran als sein erster Soldat ! Und hinter mir, das mag die Welt wissen, marschiert jetzt ein Volk, und zwar ein anderes als das vom Jahre 1918 !
Wir sind entschlossen ! Herr Benesch mag jezt wählen!" In diesen Wochen schwerster Belastung erweiſt ſich die Achse Berlin-Rom als hartgeschmiedeter Edel stahl. Einsam wie ein Fels in der Brandung steht Muſſo lini zu Deutschland . In acht riesigen Volkskundgebungen mobiliſiert er die Maſſen Italiens für das Zusammengehen mit Deutschland und erklärt eindeutig, daß hinter dem Volkswillen die Soldaten des römischen Imperiums stehen, bereit, ihr Schwert in die Waagschale zu werfen. Am 28. September sehen sich Chamberlain und Muſſolini mit Adolf Hitler in Verbindung, und schla gen eine nochmalige Besprechung der Staatsmänner der vier europäischen Großmächte vor. Adolf Hitler geht sofort darauf ein und lädt für den 29. September Chamberlain, Daladier und Benito Muſſolini zu einer Viermächtebesprechung nach Mün chen in das Führerhaus ein ! In letter Stunde wird den Kriegshehern das Heft aus der Hand geschlagen.
263
Kriegsfieber
Vier Männer treffen sich in München. Sie stellen sich gegen den reißenden Strom und zwingen ihn zur Umkehr . Selten hat die Welt das Treitschke-Wort so tief und befreiend
empfunden,
daß
Männer
die
Geschichte
machen. Hitler, Mussolini , Chamberlain, Daladier. Diese vier erzwingen die Befreiung der Sudeten deutschen und den Frieden der Welt. Die Tschechen müſſen die ſudetendeutſchen Gebiete binnen zehn Tagen räumen und an das Reich abtreten. Die vier Mächte garantieren gemeinſam die Durch führung und bestimmen einen internationalen Aus schuß zur Festlegung der Grenze. Zwischen Hitler und Chamberlain wird darüber hin aus am 30. September eine deutsch- englische Friedens erklärung ausgetauscht, der bald eine deutsch-fran zösische folgen soll*) .
*) Anmerkung : Wortlaut des Viermächte-Abkommens von München im Anhang S. 344.
264
Das Sudetenwunder
Am 1. Oktober beginnt das Sudetenwunder. Die Armee der Befreiung marschiert ins Sudeten land ein, und kein Tropfen Blut fließt.
Sudetendeutschland wird frei ! Von Linz aus , der Hauptstadt des Gaues Ober donau, ſind es nur rund fünfzig Kilometer bis zu der Grenze, die, mitten durch deutsches Land gehend , Deutſche von Deutschen trennt. Die Straße von Linz nach der deutschen Bergstadt Krumau in Böhmen wird dicht bei dem Dörfchen Leonfelden von der tschechischen Grenze zerschnitten. Die Tschechen haben ihre schweren Betonklöße zur Seite der Straße aufgebaut und die Durchfahrt durch eine mächtige Balkensperre unmöglich gemacht. Der kleine Ort Leonfelden ist seit Ende September mit deutschen Soldaten vollgepfropft, die zum Ein marsch in die deutschen Gebiete Mährens bereitstehen. Am 1. Oktober 1938 reißen die Bauern aus Mäh ren die tschechischen Grenzpfähle nieder und werfen ſie in den Straßengraben. Der Sprecher von Linz , Zieb land, führt als Orts- und Wegekundiger einen Rund funktrupp des Wiener Zeitfunkleiters Naumann nach 265
Das Sudetenwunder
Norden in das deutsche Land . Dieser Trupp macht die ersten Berichte vom Einmarsch des Freiheitsheeres in die von den Tschechen bis gestern geknechteten Gebiete. Punkt zwei Uhr mittags überschreitet die Infanterie ſpiße der deutschen Heeresgruppe unter Führung des Generalobersten Ritter von Leeb die alte, von den Kriegsverbrechern von Versailles künstlich gezogene Grenze. Zuerst
erfolgt der Grenzübertritt zwiſchen
Helfenberg und Finsterau, dann geht es auch auf der Verbindungsstraße zwischen Linz und Krumau über die Linie. Die deutschen Panzerwagen umfahren die lächerliche, bei dem tschechischen Zollhaus
über die
Straße gebaute Sperre, indem sie die Straße nach rechts verlassen, über die flache Böschung zu der Wiese hinuntergleiten und ohne Zeitverlust nach zwanzig Metern wieder die Straße gewinnen. Um vier Uhr nachmittags , zwei Stunden danach, bringt der Rundfunk aus dieſem bis dahin funktechnisch überhaupt nicht erschlossenen Gebiet über alle Reichs sender den ersten Funkbericht. Nun geht es Schlag auf Schlag vorwärts . Um sechs Uhr nachmittags , um sieben Uhr vierzig abends , um zehn Uhr und um zwölf Uhr nachts hört unser Volk die Berichte vom Einmarsch ins Moldautal, Stimmungs bilder aus den anderen Gebieten in Schlesien, an der sächsischen Grenze und im Egerland . 266
Das Sudeten wunder
Am
2.
Oktober
marschieren
die
Truppen
des
Generalobersten von Bock aus dem Gebiet zwischen Baußen und Görlig füdwärts in Richtung Reichen berg und Auſſig und überschreiten die erſten Linien der tschechischen Betonbefeſtigungen, die knapp südlich von Krakau den deutſchen Vormarsch aufhalten sollten . Der Leiter des in diesem Gebiet von der Reichssende leitung eingesetzten Übertragungstrupps , Hauptbann führer Köppe, berichtet über den 2. Oktober : „ Unsere Aufgabe,
die nunmehr in
abgezählten
Minuten erfüllt werden mußte, rief uns nach einer weiteren Anweisung von Berlin ins Warnsdorfer Land, jenes Gebiet, das uns schon längst durch die dort stattgefundenen bitteren Kämpfe bekannt war. Das war am Sonntag, dem 2. Oktober. Über Rumburg wollten wir Warnsdorf erreichen . Dabei mußten wir außer unseren Karten des öfteren auch Ortskundige befragen; denn oftmals waren die kürzesten Wege auf der Karte infolge Brückensprengun gen durch die Tschechen doch nicht die kürzesten . Jedenfalls landeten wir zunächst auf dem Markt play von Rumburg. Dort war ein Gewimmel von Menschen. In Sekundenschnelle war unser grauer Wagen um ringt, ein Hallo ohnegleichen, waren wir doch die erſten offiziellen Vorboten des beginnenden Einmarsches . 267
Das Sudeten wunder
Wann kommen unsere Soldaten?' rief es über den Plaz. Nun, so genau wußten wir es auch nicht . ....Schnell ... weiter nach Warnsdorf. Denn dort ſollte ganz beſtimmt ein Teil der Truppen einmarschieren.
Die Mittagsstunde war herangekommen. Im Gegensatz zu Rumburg waren die Straßen in Warnsdorf faſt menſchenleer. Das Rätsel wurde uns bald gelöſt.
Warnsdorf ist fast ganz entvölkert worden . Nur auf dem Marktplaß rannten uns einige Män ner entgegen und fragten uns in fliegender Eile, wann die Truppen kämen.
‚Bald', war unsere Antwort . Sie rannten wieder fort und riefen : ‚ Der Mantel muß abgeholt werden ! Der Mantel muß .· Verdußt und nicht mit den klügſten Gesichtern der Welt standen wir da und sahen den davonrennenden Männern nach. Das mußte ein Kamerad gesehen haben, denn er erklärte uns rasch, daß dies ein verabredetes Signal der Warnsdorfer Deutschen war, dafür, daß nun der Einmarsch beginnt . Dann winkte er zum Glockenturm hinauf, dort zogen bald unsichtbare Hände an den Sei len, und in das Geläute über der ausgestorbenen Stadt mischte sich bald das Sirenengeheul aller Fabriken. 268
Das Sudeien wunder
Galt nicht dieser festliche Gruß uns ? Wir fühlten uns als Vortrupp unseres Volkes und waren unendlich glücklich. Eine Stunde später erlebten wir den ersten Ein marsch unserer Soldaten . Auf einem Lastwagen neben der Ehrentribüne lagen und saßen Verwundete des Freikorps. Über ihre Gesichter lief ein Zittern, als die Regimentsfahne im strammen Schritt an ihnen vor übergetragen wurde. Überwältigend in ihrer Symbolik war
die
wunderbare
Geste
des
vorüberreitenden
Regimentskommandeurs , der die vielen Blumen, die ihm von den jubelnden Kindern, Mädchen und Frauen zugeworfen wurden, alle diesen stummen Kämpfern überreichte. " Am 3. Oktober marschieren deutsche Soldaten aus dem Gebiet zwischen Nürnberg , Bayreuth , Hof, Plauen und Chemnitz unter Führung des Generals der Ar tillerie von Reichenau in das Egerland ein.
Mit ihnen kommt Adolf Hitler. Bei Wildenau fährt der Führer gegen elf Uhr vor mittags an die alte Reichsgrenze. Zwischen dem Zoll haus , dem Gasthaus ,,Waidmannsheil " und den Miets häusern an der rechten Straßenseite hält die aus dem Reich kommende Kolonne. Der Führer steht unbeweg lich im Wagen und blickt lange Zeit stumm über das Land, in das er nun mit ſeinen Soldaten marschieren 269
Das Sudetenwunder
wird . Sein Blick geht über die gepflügten Äcker, über die sanftgewellten Hügel nach Osten, dorthin, wo auf dem Rücken der Höhenzüge die Fabrikschornsteine der deutschen Weber- und Tuchmacherſtadt Aſch den Hori zont begrenzen. Die Stadt selber liegt mit ihrem älteren Teil tief in das Tal gebettet und ist von der Grenze aus unsichtbar. Nur der spiße Schieferturm der großen Kirche ragt machtvoll über die kleinen geduckten Häuser im Talgrund hinaus .
Von dort her flingen durch die graue Herbstluft die Glocken, die die Ankunft des Befreiers einläuten. Eine Staffel deutscher Kampfflugzeuge schießt don= nernd vom Reich her in das Sudetenland vor. Konrad Henlein, der Einiger der Sudetendeutschen, der einst in Asch seine Arbeit begann, tritt vor und be grüßt mit Hermann Frank und ſeinen Kampfgenoſſen den Führer aller Deutschen am Schlagbaum der alten Grenze . Dann öffnet sich die Zollschranke . Der Schlagbaum geht hoch. Frau Henlein tritt mit ihren Töchtern zum Führer und überreicht ihm mit versagender Stimme die erſten Blumen aus dem Sudetengau . Die hier auf der reichsdeutschen Seite wohnen, sie wiſſen aus täglichem Erleben heraus um die furchtbare Not des Sudeten landes . Sie wissen, daß es nicht mehr so weiterging, daß die Not aufs höchste gestiegen war. Sie stehen Arm
270
Das Sudetenwunder
in Arm mit den paar Männern und Frauen, die aus dem Sudetenland hergekommen sind. Der Führer bringt ihnen wirklich das Heil, das sie ihm zurufen. Der Muſikzug eines SA. - Sturmes spielt. Die Men ſchen ſingen inbrünstig ihr „ Deutschland , Deutschland über alles " . Der Wagen des Führers fährt langſam in das Egerland. Es sind nur ein paar hundert Meter bis zur Stadt. Rechts gibt die Straße den Blick auf die Felder frei . Links stehen ein paar Siedler- und Mietshäuſer. Die Stadt ist seit vielen Tagen von den Tschechen befreit. Nächtelang haben Männer und Jungen auf den Hügel ketten im Süden gelegen und ihre Heimat mit dem Gewehr in der Faust verteidigt. Nun stehen Greise und Frauen, Mädel und Pimpfe aus den wenigen Häusern an der Straße. Sie strecken dem Führer beide Arme entgegen. Die Kinder rennen zum Wagen und reichen ihm Blumen . Die Frauen stüßen sich auf die Schultern der Vierzehnjährigen. Sie lehnen an einem Baum. Halten sich an der Hauswand fest und blicken auf den Führer. Kein Laut kommt über ihre Lippen. Ihr Gesicht zuckt wie nach der Erlösung von einer furchtbaren Angst und Gefahr. Die Tränen laufen ihnen über das Gesicht, vor ihren nassen Augen verschwimmt das Bild des Führers , wird viſionär. Sie
271
Das Sudetenwunder
können es nicht faſſen. Da, dort bricht eine zuſammen. Kinder und Greiſe ſtüßen sie, bemühen ſich um ſie. Mit einem matten Lächeln schlagen sie die Augen wieder auf, heben die Hand . Fast versagt ihnen die Kraft, wenn sie den Befreier grüßen. Mit tiefernstem Gesicht erwidert der Führer ihren Gruß und fährt langsam durch das Spalier der wenigen Menschen. Nach der Überschreitung der Bahnlinie ſenkt ſich die Straße steil ins Tal hinab und ſtößt in die Schlucht, in das Gewirr der Häuser und Schornsteine hinunter. Der Name Masaryk ist von den Schildern abgefragt, ausradiert und verloschen in den Herzen der Menschen, die nun hier die Bürgersteige, die Türen und Fenster der Häuser bis an den Dachfirst besetzt haben. Festlich ist die Stadt mit den Fahnen des Dritten Reiches , mit Girlanden, Teppichen und Flaggen geschmückt. Papier schilder an den Straßenecken künden den neuen Namen :
Adolf-Hitler-Straße. Hier, wo der Führer unter dem Donnern der Flug zeugmotoren, unter dem klangvollen Läuten der Gloden in dichte Menschenmassen einfährt, begrüßt ihn ein ein ziger nicht endenwollender Jubelschrei, der sich wie eine Woge durch die Stadt fortpflanzt bis zu dem mittel alterlichen Platz, auf dem der Wagen des Führers end
272
Das Sudetenwunder
lich anhält. Hier stehen die Politischen Leiter der Sudetendeutschen Partei, die Kämpfer des Freikorps , die Mädchen und Frauen in der bunten Tracht der Egerländerinnen.
„Führer, wir danken dir ! Führer, wir danken dir!" hallt der Sprechchor der Massen über den kleinen Plat hin, bricht sich an den Fronten der buntgestrichenen mittelalterlichen Häuser, geht hinauf zu den steilen fränkischen Dächern und steigt wie ein Gebet zum Him mel empor. Der Führer begrüßt die Kämpfer der Partei und des Freikorps . Jedem einzelnen drückt er die Hand und ſieht ihm in die Augen. Dann geht sein Blick über die Menschen, über die blondhaarigen Kinder, die Jung mädel in ihren bunten Trachten, die Frauen und Män ner, über die dichtbeſeßten Häuſerfronten und ſchließ lich hinüber zum Denkmal an der Seite des Markt plazes , dem Denkmal des Deutſchen Goethe, der immer wieder in dieser Stadt weilte und von den Nachfahren nicht vergessen wurde. Unter den Klängen der Lieder der Nation verläßt Adolf Hitler den Plaß und fährt nun auf der präch tigen, zwanzig Meter breiten Straße durch die faſt großstädtisch anmutende Induſtrievorstadt nach Süden . Das Land ist weit und hügelig. Bauernhöfe, unregel mäßig gebaut, unregelmäßig über die Landſchaft zer
273 ' 18 Hadamovsky, Weltgeschichte
Das Sudetenwunder
streut, liegen zwischen schwarzen fruchtbaren Ückern und tiefgrünen Kiefernwäldern und Fichten. In der Ferne begrenzt der Heimberg mit dem Bismarcturm als westlichster Ausläufer des Erzgebirges die weite Landschaft. Rechts, von grauen Wolken umhangen, ſteht das schwärzlichgrüne Fichtelgebirge. Hoher dichter Wald tritt bis dicht an die Straße heran. Dann leuchten plöglich links , über eine niedrige Tannenschonung hinweg und zwischen hohen Kiefern stämmen sichtbar werdend, weißliche Felswände. An fich ist der Fels des Landes von tiefgrauer Farbe. Aber weiße Quarzadern und Feldspat geben den Wänden die lebhafte weißliche Tönung . Auf einer Waldlichtung steht ein kleines Weidmannshaus , so wie die Bauern höfe hier mit Wohnhaus und Scheunen burgartig im geschlossenen Viereck zusammengebaut.
Dann hört der Wald auf, die Straße senkt sich etwas, und von einem kleinen Felsen zur Linken, dem Goethe stein, öffnet sich der Blick weit in das herrliche Böhmer Land. Die hohen Gebirge im Rücken und rechts zur Seite treten immer mehr zurück. Haßlau mit seiner trozigen Burgkirche auf einem Felsen über dem Ort grüßt herüber. Dunkle Kiefern und Fichten und der grau verhangene Herbsthimmel geben der Landſchaft mär kische Herbheit.
Weiter im Süden stoßen Sonnen
strahlen fahl auf die Äcker herab . Wie Silberplatten 274
Das Sudetenwunder
blißen die zahlloſen Seen , viele Teiche und Tümpel im Herbstlicht auf. Endlich fährt die Kolonne des Führers in Franzens bad ein, dessen Kurpromenade von prunkvollen Hotel fronten eingefaßt wird. Am Franzensbader Quell reichen Egerländer Mädchen dem Führer ein Glas Quellwasser.
Dann trägt sich Adolf Hitler in das
Goldene Buch von Franzensbad ein. Kurz danach ver läßt der Führer die Landstraße und begibt sich mit den Reichsministern Lammers und Ribbentrop , Konrad Henlein, Reichsführer 44 Himmler und 14 -Obergrup penführer Sepp Dietrich, Reichspressechef Dr. Diet rich und Reichsleiter Bormann in das Biwak seiner Soldaten. Inmitten der Truppe teilt er an Holztischen unter freiem Himmel das Essen aus der Feldküche. Neben ihm ſizen General von Reichenau , General Keitel und Generalmajor Bodenschat. Der Führer läßt seine jungen Soldaten im feldgrauen Rock heran rufen. Ihre Augen ſtrahlen. Knapp, ſtraff, militärisch antworten sie ihrem Obersten Befehlshaber. Als Adolf Hitler das Feld wieder verläßt, strömen die Soldaten im Laufschritt zusammen, und jubelnde Zurufe grüßen den Ersten Soldaten der Nation.
Bald werden über den sanft gewellten Hügeln zwei schlanke
Kirchtürme sichtbar,
uralten Reichsstadt Eger. Als 18*
die Wahrzeichen
der
schwarze Silhouette 275
Das Sudetenwunder
ſtehen sie vor dem im Süden hell werdenden Himmel. Die weite schöne Straße senkt sich, und die Abfahrt geht steil ins Tal hinunter, über die Egerbrücke, in den ältesten Teil der Stadt. Der trozige, aus schwarzer Lava erbaute Turm der Kaiserpfalz blickt zum erstenmal im Schmuck der Haken kreuzfahnen in die engen Gassen hinab. Wieder läuten die Glocken . Alle Häuser, alle Straßen sind mit Blumen und Fahnen, mit Girlanden und Transparenten geschmückt. Festlich
gekleidete
Menschen säumen
die
Straßen,
halten Blumen in den Händen, schmücken den Führer und seine Soldaten, die Wagen, die Waffen mit leuch tenden Herbstblumen. Eger ist eine der ältesten und schönsten deutschen Städte. Auf der Kaiserburg stehen noch heute unver sehrt der mächtige Truhturm und die Kapelle mit ihrem grauen Granitgewölbe. Man möchte kaum glauben, daß sie ein Jahrtauſend alt ſind. Der Marktplay iſt einer der schönsten und größten mittelalterlichen Stadt plähe. Weit und geräumig, Raum für Zehntausende bietend, steigt er vom Stadthaus allmählich wie eine gewaltige Rampe bis zum Rolandsbrunnen an. Wenn ein Sprecher dort unten mit dem Rücken zum Stadt haus steht, dann ist es wie das Bild einer gewaltigen Bergpredigt.
276
Das Sudetenwunder
Die schmalen Häuser
mit manchmal
nur
zwei
Fenster breiten Fronten und den hohen fränkischen Steildächern rahmen das längliche Viereck des Plates ein. Uralt sind die Bauten. Manchmal mit ihrem Mauerwerk nach unten feſtungsartig verdickt. In dem Haus zur Rechten wohnte einst Johann Wolfgang Goethe, ihm gegenüber, in dem schönen alten Bau links , war Friedrich Schiller zu Gast. Die Fenster, aus denen sie so oft auf das bunte Getriebe des Markt plates hinunterblickten , ſind nun mit roten Hakenkreuz bannern
und
Teppichen
geschmückt.
Ihr
schönster
Schmuck aber sind die festlich gestimmten Menschen, die mit frohen, erwartungsvollen Gesichtern auf den Marktplay blicken, zu der eben rasch errichteten Tribüne mit dem goldenen Hoheitsadler. Des Führers Wagen hält an der Schmalseite des Plazes vor dem Stadthaus . Ein Junge und ein kleines Mädchen überreichen dem Befreier Blumen.
Dann
führt Kreisleiter Wollner den Führer und Konrad Henlein über die alte Treppe des Hauses nach oben. Hier wurde der Feldherr Wallenstein im Jahre 1634 durchHabsburgs gedungene Meuchelmörder erschlagen . Damit war sein Traum vom Großdeutſchen Reich zu Ende . Auf einem großen Tisch sind die alten Urkunden der Stadt Eger ausgebreitet . Während des Thronstreits 277
Das Sudetenwunder
zwischen Ludwig dem Bayern und Friedrich dem Schönen wurde die freie und unabhängige Stadt dem Böhmerkönig als Pfand übergeben. Mit dem Ver sprechen, das Pfand zurückzugeben.
,,Dieses Königswort", so wendet sich Konrad Hen= lein an den Führer, „ ist durch mehr als sechshundert Jahre nicht eingelöſt worden . Sie, mein Führer, haben es nun auch ermöglicht, daß Eger wieder ins Reich zurückkehren darf. “ Und Henlein übergibt dem Führer die Urkunde aus dem Jahre 1315 , in der die Verpfändung an die Krone von Böhmen angekündigt und der Stadt die Reichs unmittelbarkeit garantiert wird. Als der Führer wenige Minuten später den Markt play betritt, umbrauſt ihn ein nie erlebter Jubelſturm . Von den Giebeln und Türmen der Altstadt hallt das Rufen wider.
„Führer, wir danken dir! “ Lange Zeit ist es unmöglich, auch nur ein Wort zu sprechen.
Endlich kann Konrad Henlein ſagen : „Mein Führer ! Meine Egerländer ! Wohl selten hat unser Egerland , das reich ist an ge schichtlicher Vergangenheit, einen solchen Tag erlebt wie den heutigen, und ich darf wohl sagen : Es ist der schönste und der heiligste Tag, den wir heute erleben." 278
Das Sudetenwunder
Heilrufe
und
Sprechchöre
antworten
darauf.
Die
Maſſen rufen erneut : „Wir danken unserm Führer !" Henlein fährt fort: „ Denn unser Führer ist zu uns gekommen und hat uns heimgeholt ins Reich. Zwanzig Jahre waren wir gezwungen, in einem Staat zu leben, in den wir nicht wollten, in den wir nicht hinein gehörten, und der seine einzige Tätigkeit darin gesehen hat, unser Volkstum zu bedrängen. All das Leid, die Not, das Elend, der Kummer, die Tränen — ſie laſſen sich nicht in Worten ausdrücken. Das , was wir durch zwanzig Jahre erdulden mußten
es läßt sich nicht
aussprechen. Aber um so glücklicher ist das Herz , daß wir endlich, endlich frei wurden . Und so gilt unſer Gruß und unser Dank dem Manne, der Deutschland aus dieser Not emporgeführt hat zu Freiheit, empor geführt hat zu Kraft und Stärke, dem Mann , von dem die Welt spricht und dem jeder Deutſche mit der leßten Faser seines Herzens angehört und verschworen iſt. Und wir können ihm nicht schöner danken, ihm, der uns und unsere Kinder vor dem sicheren Verderben ――― als daß wir den Schwur ablegen, zu geschützt hat ihm zu stehen in guten und bösen Tagen. Er kann sich jederzeit auf uns Egerländer verlaſſen . So grüßen wir den Führer, so danken wir dem Führer, und so gehören wir unserem Führer. " Es ist ein Schwur des deutschen Egerlandes , zu dem
279
Das Sudetenwunder
sich die Zehntausend mit glühender Begeisterung be kennen . Endlich wird es ganz ſtill . Der Führer spricht ! " Egerländer !
Ich darf euch heute zum ersten Male als meine Eger länder begrüßen!" Unendlicher Jubel antwortet dem Führer. ,,Durch mich grüßt euch jezt das ganze deutsche Volk ! Es grüßt aber in diesem Augenblick nicht nur euch, sondern
das
gesamte
Sudetendeutschland,
das
in
wenigen Tagen restlos zum Deutschen Reich gehören wird!"
„Sieg Heil ! Sieg Heil ! Sieg Heil ! " antworten die Zehntausend im Sprechchor.
Der Führer ruft : Dieser Gruß ist zugleich ein Gelöbnis : Niemals mehr wird dieses Land dem Reich entrissen !" „Niemals ! “ antwortet ein Maſſenſchrei . „Über diesem Großdeutschen Reich liegt schüßend der deutsche Schild und ſchirmend das deutsche Schwert. Ihr selbst seid ein Teil dieses Schußes , ihr werdet von jezt ab wie alle anderen Deutschen euren Teil zu tragen haben. Denn es ist unser aller Stolz, daß jeder deutsche Sohn seinen Anteil nicht nur an der deutschen Freude, sondern auch an unseren Pflichten und, wenn not wendig, an unseren Opfern nimmt. " Die Zurufe der Männer und Frauen sind wie ein feierliches Gelöbnis . 280
Das Sudetenwunder
„Für euch war die Nation bereit, das Schwert zu ziehen! Ihr werdet genau so dazu bereit sein, wenn jemals irgendwo deutsches Land und deutsches Volk bedroht ist. " Wieder erheben sie die Arme zum Sieg Heil-Ruf.
" In dieser Schicksals- und Willensgemeinschaft wird das deutsche Volk von jezt ab ſeine Zukunft geſtalten, und keine Macht der Welt wird sie mehr bedrohen können ! So steht heute das deutsche Volk in einer ge schlossenen Einheit von Nord nach Süd und Ost und West, alle miteinander bereit, füreinander einzuſtehen. Ganz Deutschland ist glücklich über diese Tage. Nicht allein ihr erlebt sie; die ganze Nation fühlt mit euch und freut sich mit euch! Euer Glück ist das Glück von den 75 Millionen des bisherigen Reiches , so wie euer Leid bis vor wenigen Tagen das Leid von allen geweſen iſt. Damit tretet ihr nun den Gang in die große deutsche Zukunft an ! Wir wollen in dieser Stunde dem Allmächtigen danken, daß er uns auf dem Wege in der Vergangenheit gesegnet hat, und ihn bitten, daß er auch in Zukunft unſeren Weg zum Guten geleiten möge. Deutschland, Sieg Heil!" Die Rede des Führers ist auf die Rundfunksender des Reiches übernommen worden. Noch in der Nacht vor dem Einmarsch der deutschen Truppen iſt die Rund funkkolonne des Stellvertretenden Reichssendeleiters 281
Das Sudetenwunder
Karl Heinz Boeſe zusammen mit dem Propaganda trupp des Brigadeführers Fink vom Reichsminiſterium für Volksaufklärung und Propaganda in Eger ein gerückt.
In Zuſammenarbeit mit Wehrmacht und
Reichspoſt ſind in dem von den Tschechen völlig ver wüsteten Poſtamt die Leitungsneze wieder hergestellt, Kabel von der Post zum Kundgebungsplatz gezogen und Verbindung von Eger über Asch nach Hof und von Eger nach Bayreuth hergestellt worden. Kommunistische und tschechische Saboteure, die bis zum Einmarsch der deutschen Truppen noch in der Nacht ihr Handwerk treiben konnten, haben die Lei tungen zum Teil wieder zerstört. Troßdem gelang am Morgen des 3. Oktober die Durchschaltung einer rund funkmäßigen Verbindung von Eger nach Berlin und damit auf alle deutschen Rundfunksender . Aber wie groß ist das Entsehen unserer Berliner Rundfunkleute, als plößlich ohne jede Ansage mitten im Sah Worte des Führers an Stelle des eben noch gesendeten Musikprogramms über die Sender hörbar werden ! Es dauert zwei , drei Minuten, dann iſt die Führerrede plötzlich wieder unterbrochen, man hört nichts mehr und vernimmt die Stimme der in Eger arbeitenden Ingenieure, die fragen, ob überhaupt noch Verbindung nach Berlin besteht. Auf einmal ist die Führerrede abermals zu hören ,
282
Das Sudetenwunder
der Jubel der Maſſen braust auf. Dann reißt die Verbindung urplößlich und endgültig ganz ab. Das ist uns seit der Sabotage der Führerkundgebung am 15. Februar 1933 in Stuttgart nicht mehr paſſiert. Der größte technische und menschliche Einsaß hat gegen über der Häufung von Schwierigkeiten versagt. Gott sei Dank meiſtert Parteigenosse Boese an Ort und Stelle die Situation . Er hat von vornherein Schallplatten der Kundgebung aufnehmen laſſen und will sie nun mit dem Flugzeug sofort ins Altreich schaf= fen lassen. Es stellt sich heraus , daß die Tschechen den Egerer Flugplah umgepflügt haben, damit deutsche Maschinen nicht landen und starten können. Aber die Wehrmacht kann trotzdem eine Maschine zur Verfügung stellen, die sich nach wenigen Minuten faſt ohne Anlauf mit den Schallplatten der Führerkundgebung an Bord in die Lüfte erhebt. Eine Stunde später wird die Sendung vom Grenz übertritt des Führers und von der Großkundgebung in Eger störungsfrei über alle deutschen Sender gegeben. Eine einzigartige Rekordleistung der Rundfunkleute in vorderster Front ! Von da ab können auch im sudetendeutschen Gebiet jene umfassenden
organisatorischen und
technischen
Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden, die überall die einwandfreie Sendung gewährleiſten . 283
Das Sudetenwunder
Während die deutschen Truppen nun schon von drei Seiten aus, von Linz, Bayreuth und Görlitz kommend , in den Sudetengau einmarschiert ſind , während der Führer selbst schon Aſch, Franzensbad und Eger besucht hat, herrscht im Inneren des Sudetengaues noch das Gewaltregiment der Tschechen . Mehr denn je zuvor stehen die deutschen Menschen dieser Gebiete gerade in den Tagen, da Deutschland bereits vom Jubel über die Heimkehr der Sudetendeutschen erfüllt ist, unter dem Druck und Terror einer entfesselten, beutelüsternen Soldateska . Ich sehe hierher den Tagebuchbericht eines jungen ſudetendeutſchen BDM. -Mädels aus der Zeit vom 1. bis 3. Oktober 1938. Sie hat damals für ſich ſelber diese Worte niedergeschrieben : „Karlsbad , den 1. Oktober 193 8. Deutsche Truppen haben die Grenze überschritten. Noch können wir es nicht faſſen, denn noch immer rattern tschechische Panzerwagen durch die Stadt, noch immer stehen die Soldaten mit verbiſſenem rohem Ge sichtsausdruck in den Straßen und immer wieder sieht man in die Mündung eines Gewehres .
Deutsche sind schon im Land ! Und doch dürfen wir uns nicht rühren, können unſerer unermeßlichen Freude keinen Ausdruck geben. Denn noch ist Standrecht, und auf den kleinsten Freudenausbruch steht der Tod! 284
Das Sudetenwunder
Wir ſizen zu Hause, und bei verſchloſſenen Türen und verhängten Fenstern wird an der Hakenkreuzfahne genäht, die am 4. Oktober als Zeichen unserer Be freiung die Fenster schmücken wird . Es ist Abend. Völlige Dunkelheit liegt über der Stadt. Alle ſizen totenstill . Nur der schwere Schritt der Wache oder ein Schuß aus dem nahen Wald ,
in welchem die tschechische
Soldateska Jagd auf deutsche Militärflüchtlinge macht, klingt zu uns herauf.
Über die kleine Lichtung vor dem Fenster huschen Soldaten in gebückter Haltung . Im Licht einer Taschenlampe sehe ich die Gewehre blizen. Was haben sie vor?
Wen suchen sie? An Schlaf ist nicht zu denken. Eng aneinandergepreßt ſtehen wir im dunklen Zim mer und warten, warten.
Auf was wir warten? Ich weiß es selber nicht. Auf irgend etwas Schreckliches , Grauenvolles .
Aber nichts geschieht. Hier und da ein tschechischer Befehl und dann wieder Schüsse.
285
Das Sudetenwunder
Diese entsetzlichen
Schüsse,
die
durch die Nacht
peitschen und Hunderten von Menschen Schrecken, Angst und Verzweiflung bringen. Die Nacht ist endlos , es dämmert bereits , als wir todmüde auf unſer Lager ſinken.
„Karlsbad , den 2. Oktober 1938. Man kann nicht mehr aus dem Hause gehen. Betrunkene
Soldaten
torkeln
auf den
Straßen
herum und machen es sich zum Vergnügen, deutsche Mädchen und Frauen zu quälen. Die Geschäfte sind geschlossen. Wir haben fast nichts mehr zu essen. Nur das Bewußtsein, daß mit jeder Stunde die Be freiung näher rückt, kann uns noch aufrechterhalten .
„Karlsbad , den 3. Oktober 193 8 . Wieder liegt eine schreckliche Nacht hinter uns ! Morgen sollen die deutschen Truppen in Karlsbad eintreffen, und noch immer ist das tschechische Militär hier. 8 Uhr abends. Das Militär rüſtet zum Rückzug (es wird aber auch schon langsam Zeit!).
Mit lautem, wüstem Gejohle wird ausgeräumt und geplündert. 286
Das Sudetenwunder
Alles was irgendwie transportfähig ist, wird mit genommen.
Unzählige Lastwagen, schwer beladen mit Teppichen, Tischen, Schränken und anderem Hausgerät, fahren an uns vorbei ▬▬▬▬▬ Richtung Prag -! Noch ist das Standrecht nicht aufgehoben. Auch heute kann uns noch eine Kugel treffen. Denn die Tschechen haben nichts mehr zu verlieren, und daß es ihnen auf ein deutſches Menschenleben nicht ankommt, das haben sie ja bewieſen. Nur noch eine Nacht, dann sind wir frei !!!"
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Glück der Befreiung
Am 4. Oktober 1938 fährt der Führer über Klingen thal, Falkenau und Elbogen. Die Fahrt geht durch Gebiete des tiefsten Elends . Furchtbar sind diese einſt blühenden Induſtrielandſchaften unter der tschechischen Herrschaft proletarisiert worden. Ein Stundenlohn von zehn Pfennigen ist keine Seltenheit. Elend, Hunger und Not ſind auf den Geſichtern der Menschen, der Männer, der Frauen und auch der Kinder eingegraben . Verhärmte Frauen stehen am Wege, weinend , noch ungläubig und unfähig , das Glück derBefreiung zu faſſen.
Kinder mit alten, aschfahlen Gesichtern, mit früh zerstörtem Körper, zerfressenen gelben Zahnstummeln. Es ist ein furchtbares Bild des Jammers und der Not. Der Führer ist immer wieder aufs tiefste erschüttert . Wo er Gruppen von Kindern sieht, läßt er halten. Sie umringen ihn. Sie bringen ihm die leßten Blumen von den Feldern . Sie strecken ihm ihre Händchen entgegen. Sie lachen ihn an. In ihnen ist der Funke des Glaubens und der Hoffnung am raschesten wieder zu erwecken. Der Führer beschließt angesichts dieſer Not, morgen die Reise durch das Sudetenland einen Tag zu unter 288
Glüd der Befreiung
brechen und im Sportpalast zu Berlin selbst in einem gewaltigen Appell zum Winterhilfswerk die Opfer bereitschaft des deutſchen Volkes aufzurufen. Zunächst aber geht die Fahrt weiter nach Elbogen, Falkenau und Karlsbad, den Städten alter deutscher Kultur am Eger. Es regnet in Strömen, und ein kalter rauher Wind pfeift über das Land . Der Führer fährt wie immer im offenen Wagen, und die Menschen erwarten ihn ge duldig am Wege. Wenn die Kolonne in die großen Ort schaften einfährt, dann übertönt der laute Jubel der Begeisterung alle Sorgen und Nöte der Vergangenheit und reißt auch die Verelendeten und Verhärmten mit. In
Elbogen,
auf dem geräumigen
Marktplatz,
angesichts jenes Hauses, in dem der Liebesroman des alten Goethe mit der achtzehnjährigen
Ulrike von
Levezom spielte, hält der Führer. Tausende umdrängen rufend, weinend, lachend den Wagen.
Der Führer
greift in das Meer der ausgestreckten Hände um sich. Er drückt sie alle, alle, streichelt das Blondhaar der Kinder und fährt unter dem heiligen Gesang des Deutschlandliedes weiter durch die regennaſſen Straßen, über die verregneten Felder. Draußen, zwischen Elbogen und Karlsbad, gibt es auf dem Felde einen raschen Imbiß aus der Feldküche. Erbsen mit Speck, das gute alte Soldatenfutter.
19 Hadamovsth, Weltgeschichte
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Glück der Befreiung
Auf der Straße nach Karlsbad überholt der Führer die Truppen, deren Spize erst seit heute früh um acht Uhr in Karlsbad einrückt. Panzerwagen, Infanterie, Artillerie stehen in endlosen Reihen an der Straße. Die Soldaten grüßen den Führer.
In Berlin leitet Dr. Goebbels mit Staatssekretär Hanke inzwischen in täglichen generalstabsmäßigen Be sprechungen die Propagandaaktion für das Sudeten land. Miniſterialdirektor Gutterer und ſeine Abteilung arbeiten mit Hochdruck. In Karlsbad selbst rückt um fünf Uhr morgens, drei Stunden vor dem Einmarsch der deutschen Truppen, die Einsatzstelle des Propagandaminiſteriums ein. Hier bereiten die Männer von Dr. Goebbels eine Kund gebung vor, die durch Lautsprecher allen hörbar und durch den Rundfunk auf alle Sender übertragen werden soll. Brigadeführer Fink mit seinen Propagandaleuten fährt das Städtchen kreuz und quer ab. Zum Donnerwetter, gibt es denn hier überhaupt feinen anständigen Kundgebungsplatz ! Karlsbad ist tief in die Talschlucht eingebettet, und der einzige größere Plaß, der ein paar tauſend Men schen aufnehmen könnte, liegt vor dem weißen Renaiſ sancebau des Theaters . Dieser Plaz ist ein Rosen garten! Fink muß schnell handeln. Was bleibt übrig? Der Rosengarten muß fort! 290
Glüd der Befreiung
Ein Zeitungshäuschen, das gerade vom Plaz aus die Aussicht auf das
Theater versperrt, wird
mit
Windeseile abgerissen. In wenigen Stunden muß der Rosengarten von Karlsbad in einen Kundgebungsplat verwandelt werden. Aber bitte nicht, indem man mit der Dampfwalze über die Rosen geht. Sondern indem man diese schöne Zierde von Karlsbad mit deutscher Sorglichkeit für die Zukunft erhält. Alles , was über haupt an Gärtnern mobiliſiert werden kann, wird für den Rosengarten auf dem Theaterplatz aufgeboten. Nach drei
Stunden sind die Tausende von Rosen
sorglich mit der Wurzel
ausgehoben und beiseite
geschafft.
Brigadeführer
Schäfer
erscheint
mit dem
Laut
sprecherzug und stellt ſeine Pilzlautsprecher auf. Der stellvertretende Reichsſendeleiter Boeſe baut unter Mithilfe der Wehrmacht und der Reichspoſt ſeine Rundfunkanlage auf, und in unwahrscheinlich kurzer Zeit, gegen zwei Uhr mittags , ist alles zur Kundgebung des Führers bereit. Über den Tag der Befreiung von Karlsbad und die Ankunft Adolf Hitlers in der Stadt will ich nun wieder das Tagebuch des jungen Karlsbader Mädels erzäh len lassen.
Aus dem unmittelbaren Erleben heraus
vermag es besser wie jeder fremde Bericht das Glück der Befreiung zu schildern :
19*
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Glüd der Befreiung
„Karlsbad , den 4. Oktober 193 8 . Ein neuer Tag ist angebrochen und mit ihm ein neues Leben! Die Sirene heult, die Glocken läuten. Alle Fenster haben sich mit einem Schlage aufgetan und unter dem Jubelschrei der ganzen Bevölkerung wird unsere herrliche Fahne, die Hakenkreuzfahne, ge hißt. Kränze winden sich von Fenster zu Fenster. Führerbilder werden angebracht und noch immer läuten die Glocken!! Meine Heimat hat heimgefunden, heimgefunden ins Reich!!!! Um acht Uhr trafen die erſten deutschen Soldaten in Karlsbad ein . Ein wahrer Blumenregen ging auf sie nieder und das Heilrufen wollte kein Ende nehmen. Wo waren die sorgenvollen, vergrämten Gesichter geblieben?
Auf jedem Antlitz strahlte das Glück und die Tränen des Leides waren zu Tränen der Freude geworden. Ein neues Volf ist auferstanden . Ein glückliches, großes Volk! Um neun Uhr kam die Nachricht, daß der Führer zu uns nach K. kommt! Ist es denn überhaupt noch zu faſſen, das Glück ? 292
Glüd der Befreiung
Wir dürfen den Führer sehen, wirklich und wahr haftig sehen. Mir ist alles wie ein Traum!
Es regnet in Strömen. Aber in unserem Herzen ist Sonne, so viel Sonne, daß wir den Regen gar nicht bemerken. Um mich herum stehen Menschen, viele, viele Men schen, arme und reiche.
Jeder hat ein anderes Gesicht, jeder einen anderen Charakter, aber alle haben denselben Wunsch, den -Führer zu sehen, unseren Führer ! Ich stand mitten unter ihnen und es war wie ein Wunder, ich fühlte mich plötzlich emporgehoben und im nächsten Augenblickstand ich in der Vorhalle des Theaters . Der Offizier, der mich, ohne ein Wort zu sagen, hierher gebracht hatte, war wieder verschwunden . Ich stand nun mitten in der Halle und wußte, daß mir ein ungeheures Glück beschieden war. Ich durfte den Führer hier begrüßen, durfte ihn ganz nahe ſehen !
Wie mir in diesem Augenblick zumute war, das weiß nur der liebe Gott! Außer mir waren noch vier Mädels, welche gleich mir auserwählt waren, den Führer zu erwarten. Wir standen eng beieinander, und ich glaube, wenn es ganz still gewesen wäre, hätte man unsere Herzen schlagen hören; alle im gleichen Rhythmus .
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Glüd der Befreiung
Draußen erhoben sich die Heilrufe zu einem orfan artigen Schrei.
― Der Führer kommt !!!! Ganz still wurde es im Vorraum des Theaters und mir war, als hörte man wirklich den Schlag unserer Herzen!
Dann kam der Führer! ――― Mir kam alles wie ein Traum vor, ich konnte es noch gar nicht fassen, daß ich jezt demFührer gegenüberstehe ! Hinter mir hörte ich schluchzen, ich konnte nicht weinen, ich stand wie erſtarrt. Der Führer schritt zu einem kleinen Tiſch,
auf
welchem zwei wertvolle Geschenke der Stadt Karlsbad lagen, sprach einige Worte mit Abgeordneten Wollner und wandte sich dann uns zu. Einige Sekunden sah er uns allen fest in die Augen und plößlich gab er mir die Hand und streichelte mir über das Gesicht . Was ich in diesem Augenblick empfunden habe, kann ich nicht in Worten ausdrücken, denn die schönsten Worte würden nicht genügen! Was ich alles gesprochen habe, ich weiß es nicht mehr, es war ein haltloſes Geſtammel, aber der Führer ver stand mich auch ohne Worte.
Er strich immer wieder über meine Wange und zum Schluß sagte er : Nun ist ja alles gut ! 294
Glüd der Befreiung
Diese Worte waren das einzige, was er sagte, und doch war es mir, als hätte er lange, lange mit mir gesprochen. Als er schon längst nicht mehr in der Halle war, brach ich plöglich in Weinen aus. Und es war mir, als weine ich mir damit alle Schmerzen und alles Leid der letzten Monate und Jahre von der Seele ! Ein SA. -Mann beruhigte mich und brachte mich ins Freie.
Vom Balkon des Theaters sprach der Führer. Über ihm wehte die Fahne als einziger Schmuck des Gebäudes . Ich weiß, der Führer hat schon auf schöneren Pläßen gesprochen, aber die Menschen, die heute mit Tränen in den Augen zu ihm aufsahen, die waren noch nie auf einem Play gestanden, der ihnen herrlicher dünkte als der Theaterplay am heutigen Tage! Kurz war die Rede des Führers , aber sie löste un beſchreiblichen Jubel unter der Bevölkerung aus . Nach der Kundgebung stand ich wieder im Theater, noch einmal wollte ich dem Führer in die Augen ſehen ! Zu fünft ſtanden wir auf der hellerleuchteten Treppe. Draußen tobte die Menge und wieder war es ganz still im Raum. Endlich erschien der Führer! 295
Glüd der Befreiung
Er blieb einen Augenblick stehen und ſah uns alle wieder fest an. Ganz langsam stieg er dann die Stufen herab und reichte jeder von uns die Hand. Die schönsten Minuten meines Lebens waren zu Ende. Der Führer hat mir in die Augen geſehen und damit den Glauben und die Treue zum deutschen Vaterland fest in mein Herz gelegt ! Ich will für Deutschland kämpfen, auch wenn ich kein Junge und kein Mann bin, ich weiß, daß ein deutsches Mädel etwas leisten kann, und das Lob des Führers wird dann das schönste Geschenk, die herrlichste Anerkennung sein !". Hier schließt das Tagebuch der jungen Deutſchen aus dem Sudetenland.
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Geheimnisvolles Land
Am Nachmittag des 4. Oktober fährt der Führer von Karlsbad über Schlackenwerth nach Joachimstal und berührt damit das große sudetendeutsche Berg werksgebiet, das sich östlich von Elbogen beginnend über Komotau, Brür und Dux nach Zinnwald erstreckt. Dort betreten wir eine der geheimnisvollsten Land schaften der Erde. Einſt, in vorgeschichtlicher Zeit, war ganz Böhmen ein gewaltiges Meer, das im Süden von Alpen und Karpaten, im Westen vom Böhmer Wald, im Norden vom Erzgebirge und im Osten vom Jſer- und Riesen gebirge umschlossen wurde . Die Versteinerungen aus diesem Meereszeitalter finden sich heute noch als die ſtummen Zeugen längst vergangener Zeiten in den Museen der deutschen Städte Böhmens . Durch gewaltige Erd- und
Seebeben zerbrachen
dann die Gesteinsmaſſen füdlich des Erzgebirges von Joachimstal bis Marienbad und von Saaz bis Brüx und Dux. Die ganze Scholle sank in die Tiefe und kam in Berührung mit den geheimnisvollen Schichten der inneren Erde, die wir sonst auch durch die tiefsten Berg werke nicht erforschen können.
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Geheimnisvolles Land
Bei Tage deckt fast immer ein graublauer Schleier das Bergwerksland. Wohl sind die Kämme des Erz gebirges erkennbar. Wohl schweift der Blick im Oſten bis zu den steilen Flanken des Schreckenstein an der Elbe und den anderen vulkaniſch aus dem Erdinnern ſteil emporstoßenden Bergkegeln. Über ihnen steht gegen Mittag die Sonne. Aber es iſt ein Schleier vor ihre Scheibe gezogen, derselbe Schleier, der das ganze Land bedeckt, die schwarzen Äcker, schwarzen Häuser, schwarzen Straßen und Wege, die Kohlengruben, die wie schwarze Wunden mit Baggern und Hacken in den Leib der Erde geschlagen sind. Über den Schornsteinen und den ſpinn webenfeinen Gerüsten der Förderſtühle, die den Fall korb mit dem Bergmann in die Erde fallen lassen, steigen weiße Dampfwolken auf und verfinstern mit dem Rauch gemeinsam die Sonne, die nur mattrot durch den Schleier dringt und die Dächer der Häuſer mit einem farblosen Altgold verschönt. Wenn im Herbst früh die Nebel aufſteigen, und die Dunkelheit sich über Felder und Berge senkt, dann bietet das nordböhmische Becken ein seltsames Schauſpiel. Du fährſt dann in der weſenlosen Dunkelheit irgendwo zwischen Dux und Brür über die hochgelegene Land straße. Links und rechts von dir scheint die Erde in unbekannte Tiefen abzusinken.
Das sind die Kohlengruben , in denen nach dem Ab 298
Geheimnisvolles Land
räumen riesiger Erd- und Gesteinsmassen die Kohle im Tagebau gewonnen wird. Die unbekannten dunklen Tiefen sind seltsam belebt. Wie feurige Lindwürmer und Schuppenleiber kriecht es die Hänge herauf und herab. Du weißt es nicht, wird dort in Hunden, so nennt man die Loren,
glühende
Schlacke die Berghänge
hinuntergefahren ? Oder brennt vielleicht die Kohlen halde, wie es hier oft geschieht, wenn die im Erdinnern mächtig gepreßte Kohle von den überlagernden Ge ſteinsmaſſen befreit wird und sich nun plößlich an der sauerstoffreichen Luft von allein entzündet. Dann muß die Halde mit riesigen Wassermengen berieselt werden, unter denen die schwelende Glut immer wieder ge heimnisvoll aufglimmt. Diese Schazkammer der Erde mutet an wie Nebelungsland , wie Nibelungenland , wo gleißende Drachen die Schäße der Sage behüten. An den Rändern dieser geheimnisvollen Landschaft liegen die schönsten Mittelgebirge,
die Deutschland
überhaupt beſißt : Das weite, prächtige Egerland, die heilkräftigen Quellen mit den Weltbädern Karlsbad, Franzensbad, Marienbad, der Schreckenstein bei Auſſig, den Ludwig Richter gemalt hat, und die zerklüftete Spizkegellandschaft
des
sächsisch-böhmischen Felsen
gebirges zwischen Reichenberg und Dresden. In Karlsbad sprudeln die sechsundzwanzig heil kräftigen Quellen aus der Erde, deren Wasser koſt
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Geheimnisvolles Land
barste heilende Mineralien enthält und zum Teil 72° heiß ist! Der große Sprudel des weltberühmten Bades schießt wie ein Geyſir wohl zwanzig Meter hoch als heiße Fontäne in die Luft und läßt dann seine gewaltigen Heilwaſſermengen dampfend in das Teplflüßchen ab ſtrömen. In Joachimstal aber wird seit Jahrzehnten eines der ältesten Gesteine der Erde gebrochen , die Uran-Pech blende. Das Uran-Metall iſt als Urelement eines der schwersten Atome, die die Wissenschaft kennt. In der Uran-Pechblende findet sich in winzigen Mengen das kostbare Radium, dessen Atome geheimnisvolle Strah len aussenden, die den Körper durchdringen, und in richtiger Anwendung wunderbare Heilwirkungen her vorbringen können . Radiumbäder,
Radiumstrahlen, Karlsbader Ra
diumheilwasser gehören heute zum Bedarf jedes wiſſen schaftlichen Institutes und Sanatoriums . Bei Verar beitung von tausend Kilogramm der in Joachimstal gewonnenen Pechblende ist der siebenmillionste Teil davon dann - das kostbare Radium!
300
Der Führer ift der Eroberte
Am 6. Oktober fährt der Führer in das schöne, heitere Elbsandsteingebirge der Reichenberger Gegend und besucht Schluckenau und Rumburg, wo so hart ge kämpft wurde, und fährt über Kamniß und Kraßau nach Friedland, der Stadt des ermordeten Feldherrn Wallenstein, des Herzogs von Friedland. Hier besichtigt der Führer auch zum erstenmal ein gehend die von den Tschechen mit dem Blut und Schweiß und den Opfern der Sudetendeutschen erbauten Be festigungslinien, die auf den Höhen südlich von Krahau beginnen. Das Befestigungssystem besteht aus einer Kette von Betonbunkern, die nach vorne gedeckt und getarnt sind und an den Seiten Schießscharten für flankierendes
Feuer
aufweisen .
Das
ganze
Be
festigungssystem ist nach französischem Muſter erbaut und uns längst gut bekannt.
Der Mut und die Angriffsfreude deutscher In fanteristen, Pioniere und Panzerleute, Artillerie- und Minenwerferabteilungen wäre vor diesem Befestigungs nez nicht zu Schanden geworden. Wohl aber hätte das deutsche Heer vielleicht schwere Blutopfer vor diesen Betonbunkern bringen müssen. Durch seine geniale,
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Der Führer ist der Eroberte
überlegene politische Führung hat der Führer das geradezu Unglaubliche erzwungen : daß dieſe Befeſti gungsketten ohne einen Schuß geräumt werden mußten ! Am gleichen 6. Oktober beginnt der Freiheitsmarſch des deutschen Heeres nach Schlesien. Generaloberst von Rundstedt kommandiert die Truppen, die hier in die mächtigen Befestigungslinien des Altvatergebirges ein marschieren und das deutsche Troppau, Olfersdorf, Jägerndorf, anschließend bis nach Zwittau und Frei berg unter ihren Schuß nehmen. Der Führer besucht einen Tag später zusammen mit Generalfeldmarschall Göring auch dieses Gebiet und spricht vom Rathaus in Jägerndorf aus . Mitten in der Sorge um die soeben befreiten Ge= biete vergißt der Führer nicht das erste der dem Reiche schon 1935 zurückgewonnenen Kinder, das Saargebiet.
Vom Osten des Reiches , aus Sudetenschlesien, fährt der Führer quer durch ganz Deutschland nach dem weſt lichsten Gau, um dort zuſammen mit Reichsminiſter Dr. Goebbels und Gauleiter Bürckel das Gautheater in Saarbrücken einzuweihen und in einer großen Kund gebung auf dem Befreiungsfeld zum deutschen Volk an der Saar zu sprechen . Dann kommt der Führer überraschend nach Linz und besucht von dort aus die Böhmerwaldgebiete und das südliche Mähren . 302
Der Führer ist der Eroberte
Schon am 1. Oktober sind hier die erſten deutschen Truppen einmarschiert, haben aber bald jenseits der Mol dau an der festgelegten vorläufigen Grenze haltgemacht . So war auch das kleine Städtchen Krumau noch bei den Tschechen verblieben . Am 30. September hatten die Tschechen zwar fluchtartig
die Stadt geräumt .
Angehörige des Sudetendeutschen Freikorps hatten den Ordnungsdienst
übernommen
und
die
Einwohner
schmückten ihre Stadt in überströmender Freude für die einziehenden Truppen. Am Morgen des 2. Oktober aber rückten ſtatt der Deutschen die Tschechen über raschend in Krumau ein und versuchten mit Panzer wagen die Stadt aufs neue zu unterwerfen und sich gefügig zu machen. Ein Feuergefecht begann in den Straßen. Drei Gewehre standen den Männern von Krumau zur Verfügung ! Die tschechischen Panzer knallten ziel los in die Gegend, beschossen das Schloß und den Kirch turm auf der Felshöhe über dem Fluß. Die deutschen Schüßen mit ihren drei Gewehren zielten gut auf die Sehſchlize der Panzer. Die Tschechen, die in dem all gemeinen Zusammenbruch der Armee keine Lust hatten, noch etwas zu riskieren, machten schließlich mit ihren Panzerwagen kehrt und räumten die Stadt.
So wurde auch Krumau frei, wenn auch in ständiger Angst vor einer erneuten Rückkehr der Hussiten. 303
Der Führer ist der Eroberte
Am 8. Oktober endlich zogen nach neuer Festlegung der Grenzlinie die deutſchen Soldaten auch hier ein. Am 20. Oktober besuchte der Führer die Stadt. Vor dem uralten Stadthaus , das mit seinen dicken Pfeilern, seinem mächtigen Umgang, der ungegliederten Quader wand über den Rundbogen wie ein altrömisches Kastell aussieht,
versammelten sich die Menschen zur Be=
grüßung. Dann ging die Fahrt weiter nach Osten, in die Ge gend von Krems und Znaim, wo schon zur Zeit Karls des Großen zwischen siebenhundert und achthundert die Besiedlung der heutigen Ostmark des Reiches durch bayerische Einwanderer nachgewiesen ist. Noch bewahrt das Kloster in Krems die Urkunde seiner Stiftung durch den Herzog Johann von Bayern auf. Unter den Massen, die zur Kundgebung auf dem Marktplatz in Znaim den Führer am 26. Oktober er warten, steht auch ein kleines Mädel, ein Kind noch, vielleicht zwölf Jahre alt. Sie hat nun all die Not, all die Verfolgung, all die Angst miterlebt. Sie fühlt in ihrem kindlichen Herzen vielleicht noch mehr wie viele der Umstehenden, welche gewaltige Wandlung nun geschehen ist . Sie alle waren ja schußlos einem barbarischen Regiment ausgeliefert. Die Männer, die dem tschechischen Heeresbefehl in die fernen Teile der ungarischen oder slowakischen Ge
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Der Führer ist der Eroberte
biete folgen mußten, während Slowaken und Ruthe nen, ebenso gewalttätig gezwungen, in deutsche Städte geschickt wurden. Sie weiß von der Not der Männer und Jünglinge, die dieſem aberwißigen und verbrecherischen Befehl nicht Folge leisteten und sich in Kellern, auf Dach böden, in leerstehenden Fabriken und in den Lauben der Gärten versteckt halten mußten. Denen haben die zwölf- und vierzehnjährigen Mädel am Abend nach dem Dunkelwerden Essen und Trinken in die Verstecke gebracht, oder Geld von Freunden, oder Zivilanzüge, damit sie bei Nacht und Nebel über die Grenze fliehen konnten. Sie weiß von der Not der weinend zurückgebliebe= nen Frauen und Mütter, von den aufgescheuchten und verängstigten Mädeln und Jungmädeln, die schußlos den Verbrechergestalten der Moskauer Söldlinge aus geliefert waren. Nun steht sie, die junge Brust voll Glück der Er wartung, das Herz voll überströmender Dankbarkeit, auf einem freien Plaz zwischen den Absperrketten der Leibstandarte, aber doch auch wieder eigentlich inmitten dieſer ſummenden, singenden, freudig bewegten Men schenmenge. Von links kommt ein Spalier von Män nern auf den Marktplak, nach rechts läuft ein anderes hinaus. Sie weiß nicht, von wo der Führer erscheint.
20 Hadamovsky, Weltgeschichte
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Der Führer ist der Eroberte
Da kommt Bewegung in die Menschenmassen, eine Welle der Erregung springt auf, alles blickt nach der einen Seite hinüber, wo Truppen erscheinen. Die Men schen, die den ganzen Marktplaß nicht überschauen können, wenden gespannt ihre Blicke dorthin.
Das kleine Mädel springt ein paar Schritte vor, zit ternd vor Erwartung. Die Muſik der Soldaten dort drüben schmettert los . Ein ungeheures Getöse, ein ge waltiges Jauchzen, ja ein Schreien scheint auf einmal den Plaß zu überfluten. Man weiß gar nicht, woher es kommt, so gewaltig dröhnt es von allen Seiten in die Ohren. Sie hält ihren Blumenstrauß fest gepackt und blickt noch immer wie gebannt unbeweglich nach der Seite, nach der zuerst die Blicke der Menschen gingen. Sie haben alle den rechten Arm erhoben, rufen, schreien . Frauen werden plötzlich bleich und schluchzen fassungs los in beide Hände. Männer laſſen den erhobenen Arm sinken und wiſchen sich mit dem Handrücken verſtohlen über die Augen . So hat die Kleine, selbst aufs tiefste erschüttert, gar nicht bemerkt, daß alle Blicke auf sie gerichtet sind . Die Männer sehen es mit Rührung, die Frauen zwischen Lachen und Weinen : das Mädelchen hat den Führer nicht bemerkt, der von der anderen Seite gekommen iſt. Nun geht er von hinten auf sie zu, drei Schritte, zwei Schritte, noch einen Schritt, nun blickt er ihr ernſt und
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Der Führer ist der Eroberte
freundlich, indem er sich ein wenig vorbeugt, über die Schulter ins Gesicht. Da erkennt sie ihn. Fliegt herum wie vom Blik gerührt. Greift mit beiden Armen nach dem Führer und gibt ihn nicht wieder frei.
Die Menschenmassen ringsum sehen es mit Er schütterung. Dies Kind handelt für ſie alle ! Diese fassungslose Freude, diese hemmungslose In besißnahme des Führers ist eine Offenbarung ihrer eigenen Gefühle. Für die ewig Blinden, die noch immer nicht sehen wollen, ist es ein Zeichen Gottes . Denn so hat das ganze sudetendeutsche Volk, so haben diese Männer und Jungen, diese Frauen und Mädel den Führer alle, alle in Besitz genommen. So hat es vor einem halben Jahr die Ostmark ge tan, von der Innbrücke bei Braunau bis zu den Ber gen Steiermarks und Kärntens . Nicht derFührer hat Österreich, hat Böhmen erobert. Das deutsche Volk in Österreich und Böhmen hat ihn in Besitz genommen! Bedingungslos , leidenschaftlich. Der Führer ist der Eroberte!
20*
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Der Führer ist der Eroberte
Nun steht auch über dieſem deutschen Land die lichte Heldengestalt Adolf Hitlers .
Nun dürfen sich auch diese Deutschen, beschirmt durch ein mächtiges Reich, einfügen in den Schwurspruch der achtzig Millionen, der wie ein Gelübde von Eidgenossen die Zeit der Zwietracht für immer beendet und die Parole des Großdeutschen Jahres 1938 wurde : Ein Volk! Ein Reich! Ein Führer !
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Blitzschläge im März
Die Wahrheit siegt Mit dem Einmarsch des Führers ist die Schreckens herrschaft des Prager Blutstaates in Mitteleuropa zu Ende .
Unter dem Druck der Tschechen stand das deutsche Wien. Vor den Toren dieser größten Stadt des Süd ostens, der Heimat von zwei Millionen Deutſchen, drohten tschechische Kanonen und Panzerwagen. Unter dem Druck der Tschechen ſtand Budapeſt, die Hauptſtadt Ungarns . Seine breite Nordflanke ungeschützt dem tschechischen Einmarsch öffnend , durfte Ungarn bis zur deutschen Befreiungstat im Oktober 1938 nicht einmal an eine bescheidene Aufrüstung seiner im Friedens diktat von Trianon
1920
zerstörten Honvedarmee
denken, mit der uns die Waffenbrüderſchaft des Welt krieges und die ſtolze kriegeriſche Tradition vieler Jahr hunderte verbindet. Die Spite des tschechischen Keils aber war nicht gegen Wien und Budapeſt, ſondern gegen Deutschland, das Altreich, gerichtet . Wie der Speer Moskaus zielten die Kraftlinien der Tschechei von Prag aus westwärts zum Maintal, der Linie der Zerreißung Deutschlands , und
nordwärts
nach
dem
induſtriereichen Mittel
deutschland.
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Die Wahrheit siegt
Größenwahnsinnige Tschechen machten mit phantasie vollen Karten Reklame, in denen die Raubzüge der Hussiten eingezeichnet waren und Bernau und Stettin, Danzig, Grüneberg und Breslau, Weimar und Nürn berg als Städte tschechischer Koloniſation erſchienen. Die Reichshauptstadt war
nach diesen
tschechischen
Plänen ein in Sumpf gelegener Vorort von Prag. Westlich von Weimar und Nürnberg gab es dafür ein Gebiet, in dem das „ Volk der Dichter und Denker" so eine Art Freihandelszone für weltbürgerliche Träume reien erhalten sollten. Auf den tschechischen Karten hieß dieſe Zone großmäulig Reservat für Deutsche“. Dieses Tollhausprodukt war nun zerſtoben wie ein Schloß im Mond. Auf einmal erſchienen die Tschechen wieder als das Zwergvolk, das von den wilden Reiter scharen der Hunnen und Avaren in Sklaverei und Frondienst aus Asien nach Mitteleuropa verschleppt worden war. Dieſes kleine unterdrückte Volk hatten die deutschen Schwertträger um die Jahrtausendwende aus seiner Not und Sklaverei befreit. Deutſche Bauern hatten ihm den Pflug geschenkt. Deutsche Kaufleute brachten ihm die Güter germanischer Kultur. Gelehrte, Baumeister und Künstler, die ersten Geister ihrer Zeit, schenkten dem fremden Volke Kunst und Wiſſenſchaft, Religion und Weltanschauung . Sie erbauten Prag als
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Die Wahrheit siegt
Hauptstadt des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation und errichteten dort die erste deutsche Uni verſität. Bis das Jahrhundert des „ Liberalismus “ und das furchtbare Jahr 1918 alle Flammen des Haſſes , alle Machtgier des Schwächlings , alle Zerstörungswut des Hussitengeistes in diesem Zwergvolk wachriefen. Da mußten Deutsche unter das blutige Joch dieser Men schen ihr Haupt beugen.
Daraus können Deutsche für alle Zeiten lernen, was es bedeutet, Macht und Herrscheramt an Völker ab zugeben, die selber erst von Deutschen Kultur und Bil dung, Ordnung und Gestalt erhalten haben. Der höher Gesittete soll herrschen und walten : das ist Menschen pflicht und Deutschenpflicht . Ewig lesenswert bleibt darum Bodenreuths herrliches Buch, das vom Auf stand der Tschechen gegen ihre deutschen Lehrer und Meiſter berichtet und mit grausamer Klarheit das deutsche und tschechische Schicksal in den dreißig Jahren zwiſchen 1910 und 1938 erzählt*) . Mit dem 1. Oktober 1938 und dem Einmarsch der Armee der Befreiung fielen die Panzerfestungen und Flughäfen der Tschechen in deutsche Hand . So brach der *) Friedrich Bodenreuth : „ Alle Waſſer Böhmens fließen nach Deutschland. " Ausgezeichnet mit dem volksdeutschen Dichterpreis 1938. 311
Die Wahrheit siegt
Führer dem bolschewistischen Speer gegen das Herz Europas die Spiße ab . Als die Prager Machthaber am 1. Oktober er= bleichend einsehen mußten, daß ihre tollen europäischen Herrschaftsträume zu Ende waren, daß England und Frankreich keinen Krieg für Prag führten, daß Europa den Frieden wollte und Prag dem Dritten Reich allein gegenüberſtand, da ſank ihnen die zum Dolchſtoß er hobene Faust müde herunter. Tiefe Melancholie schlich durch die stolzen Gewölbe, Gänge und Säle der Prager Burg, des Hradschin, wie sie den von deutschen Meistern erbauten Palaſt in ihrer Sprache nennen. Der letzte Übergeschnappte aber saß in London. Herr Masaryk der Jüngere.
Er war damals noch Gesandter in London, der Sohn jenes Masaryk, der mit Benesch zusammen 1919 den tschechischen Blutstaat errichtete .
Aus
dem sicheren
Hinterhalt hette er seine Prager Landsleute gegen das Reich auf und lief wie ein jüdischerHypothekenverkäufer in London von Pontius zu Pilatus . Schließlich hing er einen Tag und eine Nacht am Telephon und beredete, beschwor, beschimpfte seine Regierungskollegen in Prag. " Ja, habt Ihr denn alle die Hosen voll ? " brüllte er von London aus nach Prag durchs Telephon . Kunststück ! denken die Herren in Prag, siz du mal 312
Die Wahrheit siegt
in Prag statt in London. In London mag gute Luft sein. In Prag aber stinkt's ! Und beschimpfen ihrerseits Herrn Masaryk in Lon
don. Auch der lezte, auf den Maſaryk jüngere Linie ſeine Hoffnung sezte, erwies sich nicht gerade als ein Held von Gottes Gnaden.
Herr Benesch! Ja, was wurde aus ihm? Beinahe hätten wir ihn im Sturmschritt der Welt geschichte vergessen . Herr Benesch hielt die Luft in Lon don ebenfalls für bekömmlicher als die in Prag. Er dankte am 4. Oktober ganz still ab und verließ klamm heimlich leise seine ſtolze Reſidenz, nachdem er ſeine tschechischen Aktien und geklauten Goldmillionen schon geraume Zeit vorher in die Schweiz und nach London verschoben hatte. Auf dem Flug mochte Herr Benesch an seinen Logen bruder Briand denken, der ihm so sympathisch war und nun leider schon lange tot ist . Auch an den großen Bruder Stalin in Moskau, der ihn so schmählich im Stiche ließ, weil er keine Lust hatte, mit Adolf Hitlers Wehrmacht anzubinden. Auch an den Bruder Eden in London, der ihn sicherlich herzlich willkommen heißen wird, aber im Augenblick wenig für ihn tun kann. Und an seinen großen Bruder Roosevelt in Amerika , der die
313
Die Wahrheit siegt
Neger und Negerinnen beim amerikaniſchen Präſi denten hoffähig machte, der den lieben Bruder La guardia, den plattfüßigsten Edelsemiten der Neuen Welt, als Bürgermeister Neuyorks so gerne in seine Arme schloß und den Tschechen viele, viele Dollar millionen in barem Gold, Flugzeuge, Kanonen und Munition versprochen hat, wenn sie nur ein Weilchen, ein kleines Weilchen noch gegen Hitler standhalten könnten . Ja, auf den lieben Bruder Rooſevelt ſezt Bruder Benesch schon im Flugzeug große Hoffnungen . Mit einiger Bitterkeit aber betrachtet er das Siegel unter dem brüderlichen Brief, den er soeben an Rooſevelt entworfen hat. Das iſt nämlich das Amtssiegel seiner Freimaurerloge. Kann man es dem Bruder Benesch verdenken, daß er einen schlechten Geschmack auf der Zunge hat, wenn er das Amtssiegel ansieht? Diese famose Loge, in der er nun so lange Jahrzehnte ein führendes Mitglied war, heißt nämlich nach be währter freimaurerischer
Tarnungsmethode
ausge
rechnet : „Die Wahrheit siegt. " Ja, die Wahrheit siegt ... So herum war es nicht gemeint, denkt Bruder Benesch wütend und ziſcht einen tschechischen Fluch durch die breiten Wulstlippen. 314
Die Wahrheit siegt
Die Wahrheit ... siegt? Herr Benesch, Expräsident des tschechischen Zwangs staates ,
Hochgradfreimaurer
und
Erzbetrüger
an
ſeinem eigenen Volke, greift zur Tüte. Ihm wird im Fluge übel. Direkt kozübel.
315
Ich aber glaube an einen langen Frieden
Adolf Hitler und Muſſolini haben die Nationen Europas in München zum Frieden gezwungen . Friedlich ziehen am 1. Oktober 1938 Panzertruppen und Infanterie der Polen in das bis dahin tschechische Olsagebiet ein. Zweihunderttausend Polen kehren in ihre natürliche Volksheimat zurück . Zugleich gewinnt der polnische Staat einen gewaltigen Zuwachs an wirt schaftlicher und politischer Macht. Denn im Olſagebiet liegen die tschechischen Kohlengruben und Erzvorkom men, die den größten Teil der Rüſtungsinduſtrie, ins besondere der tschechisch-französischen Skoda -Werke süd lich von Pilsen beliefert haben . Ungarn
hat
infolge
Haltung und seiner
seiner
geringen
anfangs
zögernden
militärischen Kräfte
eine schwächere Stellung gegenüber Prag. Nach dem 1. Oktober ziehen sich die Verhandlungen zwischen Budapest und Prag tagelang hin. Ein kriegerischer Konflikt droht.
Ungarische Freiſchärler besehen die
Städte Ungvar und Kaſchau . Blutige Kämpfe zwiſchen Freiſchärlern und tschechischen Banden, zwiſchen natio nalen Honvedsoldaten
316
der ungarischen Armee und
Ich aber glaube an einen langen Frieden
tschechischen Kommuniſtenhaufen drohen aufs
neue
einen allgemeinen Brand zu entzünden. In München war am 29. September bei der Zu ſammenkunft der vier Staatsmänner vereinbart wor den, daß im Falle neuer Grenzkonflikte die Konferenz der Staatsmänner wieder einberufen werden sollte. Aber England und Frankreich verspüren keine Luſt, ihre Finger noch einmal an dem heißen Prager Eiſen zu verbrennen oder, wie Mussolini ſo prachtvoll sagte, das faule Ei von Prag zu kochen. Hitler und Muſſolini kommen überein, die Grenz regelung von sich aus zu treffen . Am 2. November 1938 treffen die Reichsaußenminister von Ribbentrop und Graf Ciano, Ungarns Außenminiſter von Kanya und der Prager Außenminister Chvalkovsky in Wien zu ſammen. Inmitten der politischen Novemberſtürme erweiſt die alte Feste der Oſtmark aufs neue ihre Bedeutung als Hauptstadt des Südostens . Mit dem vorher erklärten Einverständnis der Ungarn und Tschechen wird in Wien der deutsch-italienische Schiedsspruch gefällt. Er spricht Ungarn die ungarischen Volksteile im Süden der Tschecho-Slowakei zu, außerdem die wichtigen Städte Ungvar, Kaschau, Munkacs, Komorn und zieht die endgültige Grenze zwischen Prag, Preßburg und Buda peſt. 317
Ich aber glaube an einen langen Frieden
Der Friede ist gesichert, dem Recht Genüge getan. Der Staat der Tschechen umfaßt nun außer einer Million Deutschen auf den Sprachinſeln Brünn, Iglau usw. die drei Republiken der Karpatho -Ukraine im Often, der Slowaken im Süden und der Tschechen im böhmisch-mährischen Raum. Die neugebildete Prager Regierung steht unter Lei tung des Ministerpräsidenten Beran, eines Tschechen . Das Prager Parlament wählt Dr. Hacha zum Staats präsidenten.
Die neue Regierung
erklärt die volle
Autonomie der Karpatho-Ukrainer und Slowaken. Kul tur und Erziehungsaufgaben ,
innere
Verwaltung,
Polizeiwesen, Wirtschaftsaufgaben sollen dezentraliſiert werden. Im Rahmen des tschechischen Staates ſollen die Karpatho-Ukraine und die Slowakei sich selbst regieren. Der deutschen Minderheit in den drei Ländern der Republik soll volle Freiheit der Weltanschauung und der kulturellen und volksdeutschen Betätigung ge währt werden. Berlin und Prag beginnen zugleich die wirtſchaft liche und verkehrstechnische
Erschließung des
aus
gedehnten Gebietes gemäß der Gesamtpolitik des Reichs wie auch entsprechend den Bedürfnissen der Tschechen. Slowaken und Ukrainer. Seit November 1938 läuft die kürzeste Eisenbahnverbindung von Berlin nach der Hauptstadt des Südostens , nach Wien, nicht über Nürn 318
Ich aber glaube an einen langen Frieden
berg und Passau, sondern über Breslau und Lunden burg durch die Tschecho - Slowakei. Noch im Winter 1938/39 werden große Waſſerſtraßen gemeinſam ge plant. Riesige Reichsautobahnen sollen bald von den Grenzen des Altreichs durch das Herz der Tschecho= Slowakei über tausend Kilometer weit in den Osten der Karpatho-Ukraine führen. Eisenbahn und Poſt be= ginnen in engem Einvernehmen mit Reichsbahn und Reichspost zu arbeiten. So erweitert sich der Block der achtzig Millionen im Großdeutschen Reich Adolf Hitlers um jene Millionen ukrainiſcher, ſlowakischer und tschechischer Nationalität, die durch die großartige Friedenspolitik des Führers zur wirtschaftlichen und politischen Zusammenarbeit mit dem Reiche geführt werden, während sich ihre kul turelle und völkische Eigenart endlich ungehemmt und frei entfalten soll. Am 4. Dezember 1938 fand eine Nachwahl der Sudetenlande zum Deutschen Reichstag statt.
Der
Reichstagswahlliste des Führers mit Gauleiter Konrad Henlein an der Spize stimmten 98,9 Prozent aller Sudetendeutschen mit „ Ja “ zu . Mit Henlein wurden ſein Stellvertreter Hermann Frank, der frühere Gau leiter Krebs und vierzig Kampfgefährten gewählt. Als der Großdeutsche Reichstag, der Reichstag der achtzig Millionen, des größten einheitlichen Völker
319
Ich aber glaube an einen langen Frieden
blocks in aller Welt, am 30. Januar 1939 zum ersten mal inBerlin zusammentrat, begrüßten die achthundert Abgeordneten den Führer mit unbeschreiblichem Jubel . Dann eröffnete Generalfeldmarschall Göring die erste Sihung des Großdeutschen Reichstags und erteilte dem Reichstagsabgeordneten Reichsminiſter Dr. Frick das Wort. Der Reichstag verlängerte einmütig und einſtimmig das Ermächtigungsgeseß für den Führer bis zum 10. Mai 1943. Zugleich wurde die Wahlperiode des erstenGroßdeutschen Reichstags durch Gesez der Reichs regierung bis zum 30. Januar 1943 verlängert. Als Dr. Frick schlicht und einfach erklärte, es bedürfe für seinen Gesetzesantrag keiner weiteren Begründung, die Leistungen des Führers
in den vergangenen sechs
Jahren und insbesondere im Jahre 1938 seien Be gründung genug, da erhob sich begeistertes Heilrufen. Die abgeordneten Männer des Großdeutschen Reichs tages sprangen von ihren Plähen auf. Ihre spontane und herzliche Huldigung für den Führer nahm ihre Abstimmung vorweg. Der Führer und Reichskanzler konnte dann in ſeiner zweistündigen Rede, sechs
Jahre nach der Macht
übernahme, dreiundfünfzig Jahre nachdem Bismarck mit tiefer Sorge von Deutschlands innerer Schwäche und dem Koloß auf tönernen Füßen gesprochen hatte, 320
Ich aber glaube an einen langen Frieden
die unvergleichlich siegessicheren und zuversichtlichen Worte sagen:
„Wenn ich heute nach sechsjähriger Führung und des
des
deutschen
Reiches
in die
Volkes Zukunft
blicke , dann kann ich es nicht tun , ohne dem tiefen Vertrauen Aus druck zu geben , erfüllt.
Die
das mich hierbei
Geschlossenheit des
deutschen
Volkskörpers ,
Garanten
Sie ,
neten ,
erster
in
meine
deren Abgeord =
Linie sind
und = sein werden , gibt mir die Gewiß heit , daß , was immer auch an Auf= gaben an unser Volk herantreten wird ,
der
nationalsoziali ſt is che
Staat früher oder später löst. = Daß , wie immer auch die Schwie rigkeiten , die uns noch bevor= stehen , beschaffenſein mögen , die Tatkraft und der Mut der Füh= rung sie meistern werden. Ebenso wie
ich
überzeugt
bin ,
daß
das
deutsche Volk , gewarnt durch eine jahrzehntelange
21 Hadamovsky, Weltgeschichte
einmalige
ge
321
Ich aber glaube an einen langen Frieden
schichtliche Lehre , in höchster Ent schlossenheit
seiner
Führung
folgen wird !"
Im Laufe seiner Rede prangert der Führer die Kriegsheber in Frankreich, England und Amerika an : „ Deutſchland hat gegen England und Frankreich keine territorialen Forderungen außer der nach Wieder gabe unserer Kolonien. So sehr eine Löſung dieſer Frage zur Beruhigung der Welt beitragen würde, so wenig handelt es sich dabei um Probleme, die allein eine kriegerische Auseinandersetzung bedingen könnten. Wenn überhaupt heute in Europa Spannungen be ſtehen, so ist dies in erster Linie dem unverantwort lichen Treiben einer gewissenlosen Presse zuzuschreiben, die kaum einen Tag vergehen läßt, ohne durch ebenso dumme wie verlogene Alarmnachrichten die Menschheit in Unruhe zu versehen. Was sich hier verschiedene Organe an Weltbrunnenvergiftung erlauben,
kann
nur als kriminelles Verbrechen gewertet werden. In lehter Zeit wird versucht, auch den Rundfunk in den Dienst dieser internationalen Hehe zu stellen. Ich möchte hier eine Warnung aussprechen : Wenn die Rundfunksendungen
aus
gewiſſen
Ländern
nach
Deutschland nicht aufhören, werden wir sie demnächſt beantworten.
322
Ich aber glaube an einen langen Frieden
Ich glaube, daß , wenn es gelänge, der jüdiſchen internationalen Presse- und Propagandaheße Einhalt zu gebieten, die Verſtändigung unter den Völkern sehr schnell hergestellt ſein würde. Nur diese Elemente hoffen unentwegt auf einen Krieg. Ich aber glaube an einen langen
Frieden !"
21 *
323
Doch Roosevelts Millionen rollen ...
„Möge es
auch der Tschecho-Slowakei
gelingen,
einen Weg zur inneren Ruhe und Ordnung zu finden, der einen Rückfall in die Tendenzen des früheren Staatspräsidenten Dr. Benesch ausschließt. “ Adolf Hitler am 30. 1. 1939 .
In London haben sich inzwischen die Logenbrüder zu einem neuen Verſuch
zuſammengefunden, um den
Frieden Europas zu stören. Benesch und Masaryk jüngere Linie, Duff Cooper und Eden vereinigen sich mit den führenden Londoner Geldjuden zu einem inter nationalen Lügenfeldzug gegen das Reich. An die Spiße der Heßer tritt Churchill, der sich den Finanzjuden mit Haut und Haaren verſchrieben hat. Seit Jahren ist er bis über beide Ohren verschuldet . Der Gerichtsvollzieher ist bei ihm täglicher Gaſt und pfändet Seiner Lordschaft das Dach über dem Kopf und den Stuhl unter der uradligen Sizfläche . So lebt Chur chill nur noch von jüdiſchen Darlehen und muß sich von Monat zu Monat mit kläglichen Erfindungen und Ver leumdungslügen gegen Deutschland den Schein eines vornehmen Lebens erkaufen.
324
Doch Roosevelts Millionen rollen ...
Mit bolſchemistischer Unterstüßung zieht ein eben eingewanderter Ostjude in London eine Literatur- und Reisevereinigung auf. Sie wird von der in jüdiſcher Hand befindlichen englischen Großpreſſe ſo raffiniert unterstüßt, daß schon Ende 1938 die große Masse des englischen Lesepublikums durch diese Literatur“= Vereinigung in Hunderttausend -Auflagen mit rein jüdischer und bolſchewiſtiſcher Literatur gefüttert wird . (The left-book club ― Der Linksbuchklub . ) Zugleich beginnt dieser saubere Volksfrontverein mit der Organiſation von engliſchen Geſellſchaftsreisen nach Sowjetrußland und bereitet ſo nach der bewährten Methode Dimitroffs die bolſchewiſtiſche Durchdringung und Unterwühlung Englands und ſein Einſchwenken in die deutschfeindliche Front vor. Herr Eden schlägt dank seiner internationalen Be ziehungen als Freimaurer und geweſener englischer Außenminiſter die Brücke für sich und Herrn Benesch nach den Vereinigten Staaten. Er macht eine mehr wöchige Redetournee durch die USA .
Von der völ
lig judenhörigen amerikanischen Preſſe, von den zwei Millionen Juden in Neuyork, von den jüdiſchen Ver einigungen in allen Staaten glänzend bewirtet und hoch gefeiert, zieht Herr Eden als angeblicher Apostel der Menschlichkeit durchs Land und hezt gegen Deutsch land undItalien . Roosevelt fängt die ihm zugeworfenen
325
Doch Roosevelts Millionen rollen ...
Bälle dankbar auf und erhält als Belohnung dafür den großen Halsorden der jüdischen Ehrenlegion. Als Eden nach London zurückkehrt, kann er mit den Ergebnissen seiner
Lügenheße
zufrieden
sein.
Die
amerikanische Presse beschäftigt sich in riesigen Leit artikeln mit Hitlers angeblich Amerika bedrohenden Eroberungsplänen . Phantasievolle amerikanische Zeich ner sehen deutsche Panzerkreuzer vor der Freiheits ſtatue des Neuyorker Hafens ihre Geſchüßtürme drohend auf die City richten. Die ahnungslosen amerikaniſchen Bürger werden durch eine kunstvolle Mache der jüdischen Drahtzieher in eine wildeKriegspsychoſe gegen Deutsch Land hineingetrieben. Es ist die Stimmung von 1916 vor dem Kriegs eintritt Amerikas ! Im
Senat begründet Roosevelt seine gewaltigen
Ausgaben, die Amerika wirtſchaftlich an den Rand des Abgrunds bringen, mit einer Eroberungsaktion, die Deutschland
gegen Amerika
plane !
Die
Monroe
doktrin, Amerikas außenpolitiſches Gesetz, wird prak tisch durch entsprechende Anträge Roosevelts außer Kraft gesezt. Die von Präsident Monroe 1823 ver kündete Doktrin galt hundert Jahre lang als feierlicher, nur einmal 1917 von Wilson verletter Grundsay der amerikaniſchen Außenpolitik : „Amerika beschränkt seine Interessen auf Amerika
326
Doch Roosevelts Millionen rollen ..
und mischt sich nicht in europäische Verhältnisse ein. Aber es duldet auch keine europäische Einmischung in nordamerikanische Angelegenheiten. " Roosevelt aber erklärt, Amerika müſſe zu einem „ Block der Demokratien “ Staaten" aufrufen.
gegen
die
„ autoritären
Amerika müsse die in Spanien gegen Franco kämp fenden Bolschewiſten aktiv unterſtüßen ! Amerika müsse Seite an Seite mit Sowjetrußland marschieren ! Amerikas Grenze müſſe am Rhein verteidigt werden ! Amerikas
Neger
müßten
für
die
Freiheit
der
Menschenrechte gegen Deutschland zu Felde ziehen ! Während die Gattin des amerikanischen Präsidenten die von russischen Bolschewiſten in Madrid gestohlenen kostbaren
Handzeichnungen
des
großen
spanischen
Nationalmalers Goya als „ Geſchenk“ entgegennimmt, beginnt Roosevelt , von Menschlichkeitsphraſen triefend , um die Freundschaft des blutigſten Henkers der Welt geschichte
zu
buhlen.
Stalin
und Roosevelt ſollen
brüderlich Hand in Hand im Kampfe für Freiheit und Demokratie marschieren !
Ein Treppenwit der Weltgeschichte. Die wilde Heze bringt zehn Millionen beſter Deutsch amerikaner in die bis gestern unbekannte Gefahr, in den Vereinigten Staaten zu einer „ſtaatsfeindlichen “ 327
Doch Roosevelts Millionen rollen ...
Minderheit gestempelt zu werden. Vor 150 Jahren erkämpften die Generale Friedrichs des Großen, an ihrer Spiße ein Steuben, die amerikanische Unab hängigkeit gegen Englands Kolonialheere. Jezt beginnt derselbe Staat den fanatischen Haß gegen alles Deutsche zu predigen !
Damals schwankte das Washingtoner Parlament , ob die allgemeine Staatssprache des Landes deutſch oder englisch werden sollte ! Bis sich der Kongreß mit der Mehrheit einer einzigen erkauften Stimme für englisch als gesetzliche Landessprache entschied. Dieſer selbe Staat stempelt nun die Deutschen seines Landes zu Bindestrich-Amerikanern, beginnt den Boykott gegen deutsche Waren, legt im März 1939 fünfundzwanzig Prozent Sonderzoll außer den bestehenden gesetzlichen Zöllen auf die Einfuhr deutscher Waren und eröffnet damit einen wahnwißigen Wirtſchaftskrieg gegen das Reich. Zugleich rollen Roosevelts
Dollarmillionen
nach
Benesch eröffnet mit Masaryk und Osusky
eine
London ...
unterirdische Wühlzentrale gegen die legale Prager Regierung Hacha/Beran
und die
Zusammenarbeit
Prags mit Deutschland. Endlich,
auf dem Höhepunkt der amerikanischen
Kriegshebe, glaubt er das Reich genügend eingeſchüch 328
Doch Roosevelts Millionen rollen .
tert und wagt seinen neuen Vorstoß . Er stüßt sich dabei auf die zahlreichen tschechischen Beamten in Prag, in Böhmen und Mähren, in der Karpatho-Ukraine und der Slowakei , die in den vergangenen zwanzig Jahren durch ihn zu Macht und Herrschaft gelangt waren und nun wutbebend den Aufbau eigener Verwaltungen in den autonomen Ländern erleben. Er putſcht ſie mit ver brecherischen Parolen gegen Ukrainer und Slowaken auf. Er, der seine eigene Hauptstadt in der Stunde der Gefahr feige verließ, hezt gegen die jeßigen Machthaber in Prag, die auf den Trümmern des Benesch-Staates eine neue Verwaltung aufbauen müſſen und die loyale Zuſammenarbeit mit dem Reich ernsthaft brauchen.
Zuſammen mit seinen Parolen rollen die amerika nischen Dollars unter die Unzufriedenen in Heer und Beamtenschaft und wirken bei der tschechischen Men talität wahre Wunder . Von unten herauf, durch die Vorzimmer und geheimen Kabinette, aus dem Heer und der Bürokratie, wird der unsichtbare Druck auf die schwache Regierung Beran täglich stärker. DieKarpatho-Ukrainer haben inzwischen ihre Selbst verwaltung geschaffen und ihre eigene, von Prag feier lich anerkannte Regierung gebildet. Da holt Benesch durch seine heimlichen Vorposten in Prag zum ersten entscheidenden Gegenschlag aus . Ein zurunterirdischen Benesch-Front gehörender tschechischer
329
Doch Roosevelts Millionen rollen ...
Generalwird in dieKarpatho-Ukraine entsandt. Riesige tschechische Truppentransporte sichern das Auftreten des Gewalthabers . Die eben erſt offiziell anerkannte ukrainische Lanvesregierung wird willkürlich und geſetz los von Prag abberufen. Der offene Kampf mit Chuſt, der Hauptstadt der Ukraine, entbrennt . Aber Beneschs Agitatoren haben auch die Festigung der Slowakei feindselig beobachtet und ihre Giftzähne gesät. Die slowakische Nation schließt sich fest in einer nationalen Einheitspartei zuſammen . Die am 18. De zember abgehaltenen Wahlen erbringen eine sieben undneunzigprozentige Zustimmung für die slowakische Landesregierung des Miniſterpräsidenten Tiſo . Da drücken Benesch und Maſaryk mit dem Golde Roosevelts in Prag die zweite Aktion durch: Auch die Regierung Tiso wird durch Prag abgesezt. Ein Prager Staatsstreich beruft am 10. März eine neue „slowa fische" Regierung . Die slowakischen Volksführer, an ihrer Spize Professor Tuka
und Propagandaleiter
Mach, werden verhaftet und verschleppt . Tschechische Panzerregimenter überschwemmen die Slowakei und besehen Preßburg vor den Toren von Wien. Darauf erhebt sich allenthalben der kommuniſtiſch tschechische Pöbel gegen die Deutschen. Die deutschen Sprachinseln Iglau, Brünn uſw. ſind in Gefahr, von der Hussitenflut 330
überschwemmt
und
vernichtet
zu
Doch Roosevelts Millionen rollen ..
werden, bevor das Reich überhaupt Hilfe bringen kann. Die weit über alle Teile der Tschecho-Slowakei ver streuten, einzeln lebenden Deutschen werden abermals wie in den Septembertagen zum Freiwild der Straße. Die Drachensaat geht auf. Beneschs blutiger Schatten liegt abermals drohend über Europa. An diesem Tage spricht man in allen Kreiſen der tschechischen Armee und Beamtenſchaft ganz offen von der für den nächsten Tag erwarteten Rückkehr des Ex präsidenten Benesch nach Prag. In London steht eine Sondermaschine ſeit Stunden ſtartbereit auf dem Flug hafen. Der Brandstifter und Verbrecher am Frieden Europas wartet nur noch auf die lezten Nachrichten seiner Vertrauensmänner in Prag, um dann in zwei stündigem Flug, die englische Gastfreundſchaft im Rük ken, Roosevelts Millionen in der Tasche, die auf ständischen Hussitenscharen um sich, auf der Prager Burg das Zündholz ans Pulverfaß zu legen. Da handelt der Führer blizschnell.
331
Hitlers Blikmarsch nach Prag
Der slowakische Miniſterpräsident Tiſo iſt den von Prag ausgesandten Häſchern entgangen und hat ſich zuſammen mit ſeinem Miniſter Durcanſky nach Wien gerettet. Über den Reichssender wendet er sich in einer flammendenProklamation an die slowakischen Freiheits kämpfer. WenigeStundenspäter, am Abend des 13. März, folgt er der Einladung Adolf Hitlers nach Berlin. Adolf Hitler anerkennt die Regierung Tiso ent= sprechend dem slowakischen Verfassungsgesetz als die legale Regierung des Landes . Tiso bittet den Führer um Übernahme der Schuhherrschaft : " In starkem Vertrauen auf Sie, den Führer und Reichskanzler des Großdeutschen Reiches , unter stellt sich der slowakische Staat Ihrem Schuße. Der slowakische Staat bittet Sie, diesen Schuß zu übernehmen. " Adolf Hitler gewährt den Schuß des Reiches . Bereits am Abend des 13. März werden die tschechi schen Hezer und Provokateure, Gendarmen und Trup pen in Preßburg zu Paaren getrieben. Nun muß sich das Schicksal Prags entſcheiden . Benesch ist in London zum Sprung über den Kanal bereit.
332
Hitlers Blißmarsch nach Prag
Der vom Prager Parlament gewählte Staatspräſi dent Hacha steht vor der Frage, ob er den Verrätern und Meuterern der Benesch- Gruppe weichen will und die gärende Tschechei in einen sinnlosen Krieg mit dem Reiche stürzen soll, oder ob er dem Verräter Benesch entgegentritt. Selbst seines Lebens auf der Prager Burg nicht mehr sicher, wendet er sich in letter Stunde hilfesuchend an den Führer. AmAbend des 14. März trifft Staatspräsident Hacha zuſammen mit ſeinem Außenminiſter Chvalkovsky in Berlin ein und wird am Anhalter Bahnhof mit allen Ehren eines Staatsoberhauptes empfangen. Der Chef der Präsidialkanzlei,
Staatsminister Meißner, Ge
sandter Weizsäcker und Gesandter Dörnberg begrüßen den Präsidenten. In der Nacht findet die entscheidende Begegnung zwischen dem Führer und dem tschechischen Staatspräsidenten in Anwesenheit der Außenminiſter von Ribbentrop und Chvalkovſky ſtatt. Zwischen dem Führer und dem Staatspräsidenten wird ein Vertrag abgeſchloſſen, der das tschechische Volk der deutschen Herrschaft unterstellt und ihm imRahmen des Reiches eine autonome Entwicklung seines völki schen Lebens gewährleiſtet*) . Noch in den Nachtstunden rücken Abteilungen der *) Wortlaut des Abkommens vom 15. März 1939 im An hang S. 390/391 .
333
Hitlers Blißmarsch nach Prag
Leibstandarte Adolf Hitler in Mährisch-Ostrau ein und befreien die dortigen Deutschen von der Schreckensherr schaft tschechischer Banden. In den frühen Morgenstunden des 15. März 1939 erfolgt der konzentrische Vormarsch deutscher Truppen aus Österreich und dem Sudetengau zum Schuß der legalen tschechischen Regierung und zur Sicherung der deutschen Schuhherrschaft. Der Prager Rundfunksender gibt im Auftrag derRegierung Hacha bekannt, daß jeder Widerstand gegenüber den deutschen Armeeverbänden zu unterlassen ist. Der Führer ist bereits seit den frühen Morgenstun den unterwegs . Ein eiskalter Schneesturm peitscht den marschieren den deutschen Truppen ins Gesicht und macht den Ein sah von Kraftwagen und Panzertruppen auf den ver eiſten Straßen, von Flugzeugen in der vernebelten Luft schwierig und gefahrvoll . Aber die Härte deutscher Sol daten, die Umsicht und Energie der Kraftfahrtruppen, der Mut der Flieger besiegen alle von der Natur gesetz ten Hindernisse. Unbeugsam geht der Vormarsch voran. Auf freiem Straßengelände kann man sich im Wüten des Eiswindes kaum aufrecht halten. Aber die deut schen Soldaten sehen Sturm gegen Sturm. Sie über rennen das Land, ſie ſtürmen nach Prag. In den Vormittagsstunden treffen bereits die erſten 334
Hitlers Blizmarsch nach Prag Hitl
deutschen Kolonnen in der böhmischen Hauptstadt ein, von den dortigen Deutschen jubelnd mit Hakenkreuz bannern empfangen. Schweigend , erstaunt wagt sich die tschechische Bevölkerung auf die Straße. Nirgends zeigt sich ein Widerſtand. Das morsche Gebäude des tschechischen Staates bricht vor dem Marschtritt deutscher Bataillone ruhmlos zu sammen. Das Trugbild von Versailles liegt endgültig zertrümmert am Boden. Da fährt der Führer geradewegs von der deutschen Reichsgrenze aus im offenen Kraftwagen zur Prager Burg, die deutschen Truppen auf den verschneiten und vereisten Straßen überholend ! Abends um 8 Uhr wird auf dem Hradſchin die Stan darte des Führers gehißt.
Adolf Hitler ist Herr von Prag ! Prag ist deutsch ! Böhmen und Mähren sind fest in Händen der deut schen Wehrmacht. Das Deutschtum dieses alten germanischen Raumes ist frei !
Da unterbleibt Herrn Beneschs von langer Hand vorbereiteter Start in London .. Der feige Wühler hat keine Lust, sich etwa an der Spize tschechischer Soldaten dem deutschen Einmarsch entgegenzustellen . Er hat seine lebte Karte verspielt. 335
Hitlers Blißmarsch nach Prag
Der Führer war schneller und mutiger als Herr Benesch. Der unbekannte Soldat des Weltkrieges hat den Abenteurer und Kriegsverbrecher von Versailles zum zweitenmal und endgültig aufs Haupt geschlagen. In atemloser Spannung horcht die Welt auf. Am Mittag des nächsten Tages, dem 16. März 1939 , ver kündet Reichsaußenminister von Ribbentrop aus Prag über den Rundfunk das Reichsprotektorat Böhmen und Mähren. Das von den deutſchen Truppen neu beſette Gebiet der ehemaligen Tschecho-Slowakischen Republik wird dem Reiche als Protektorat Böhmen und Mähren einverleibt. Die Deutschen werden Reichsbürger, die übrigen Be wohner Staatsangehörige des Protektorats . Das Pro tektorat iſt autonom, behält eigene Behörden mit eige nen Beamten und verwaltet sich selbst. Das Oberhaupt der autonomen Verwaltung genießt den Schuß und die Rechte eines Staatsoberhauptes . Zur Wahrung der Reichsinteressen trifft derFührer die erforderlichen ver waltungsmäßigen und" militärischen Maßnahmen und ernennt einen Reichsprotektor mit dem Amtssig in Prag. Der Chef des Geheimen Kabinettsrates , Reichs miniſter von Neurath, wird als „ Reichsprotektor in Böhmen und Mähren “ eingesezt . Adolf Hitler hat ſo blizschnell zugepackt und gehan delt, daß London und Paris , Neuyork und Moskau
336
Hitlers Blißmarsch nach Prag
durch den Einmarsch in Böhmen und die Verkündung des Protektorats völlig überrascht werden. Die Tat des Führers wirkt auf die verstörten demokratischen Gemü ter wie ein Blizſchlag. Es verschlägt ihnen den Atem. Dann, nach zwölfstündiger Lähmung, heult die Preſſe der Kriegsheber wütend auf.
Ministerpräsident Chamberlain, ein Jahr lang de monstrativ auf die Herſtellung beſſerer Beziehungen zu Deutschland erpicht, schwenkt plöglich mit vollen Segeln in das Fahrwaſſer der Kriegstreiber ein. In Birming ham hält der Siebzigjährige seine Jungfernrede als Kriegsapostel. England ſteht offenbar am Scheidewege. Wie wird es wählen? Verſtändigung mit dem Reich und freie Hand für die deutsche Politik auf dem Kontinent oder Entwicklung eines aufs äußerste verschärften Gegenſazes zumReich? Am gleichen Tage leitet die englische Regierung eine niederträchtige Intrige ein. Sie fürchtet die weitere Ausdehnung des deutschen Einflusses nach dem Süd osten und klopft an Stalins Tür. Seit Oktober 1938 haben englische Firmen mit staatlicher Unterſtüßung riesige Anleihegelder in Rumänien investiert.
Man
weiß in London genau : Deutſchland braucht die wirt schaftliche Zusammenarbeit mit Rumänien, um ſeine Getreide , Erdöl- und Rohstoffversorgung sicherzustel=
22 Hadamovsky, Weltgeschichte
337
Hitlers Blißmarsch nach Prag
len. Diese Sicherstellung aber will England verhindern und versucht deshalb die rumänische Wirtſchaft vor ſei nen eigenen Wagen zu spannen. Am 18. März läßt die englische Regierung zur Tar nung ihrer eigenen Manöver die Zeitungslüge in die Welt sezen, Deutschland beabsichtige, Rumänien mili tärisch anzugreifen.
Zunächst scheint es , als ob dieſe
Lüge auf rumänische Regierungsstellen in Bukarest zurückgeht. Dann protestiert Bukarest in aller Form. Da stellt sich heraus , daß nicht Bukarest an London herangetreten ist, mit dem Hinweis auf eine angebliche deutsche Gefahr, sondern
London an
Moskau!
Die englische Regierung hat sich an Stalin gewandt und die Behauptung aufgestellt, Rumänien ſei durch Deutschland militärisch bedroht . Ob England und So wjetrußland einer solchen Bedrohung gemeinsam mit den anderen Nachbarn Deutschlands militärisch ent gegentreten wollten ? Herr Chamberlain bekommt eine sehr matte Antwort. Die Sowjetrussen sind so reich lich mit Schlachten im eigenen Hauſe beſchäftigt, daß ſie nicht die geringste Luſt verſpüren, sich in militärische Händel mit dem Dritten Reich einzulassen. Stalin läßt die Londoner Anfrage in Moskau veröffentlichen . Die amtliche Mitteilung der Sowjetagentur gibt bekannt : 338
Hitlers Blißmarsch nach Prag
„ Weder Polen noch Rumänien haben um die Hilfe der Sowjetregierung nachgesucht und haben diese Re gierung auch von keiner Gefahr unterrichtet, die sie bedroht. Wahr ist, daß die britische Regierung am 18. März der Sowjetregierung mitteilte, es beſtände ernstlicher Anlaß, einen Gewaltakt gegen Rumänien befürchten zu müssen, und anfragte, welchen Standpunkt die So wjetregierung in diesem Fall einnehmen werde." So wird überraschend klar, welchen hinterliſtigen Versuch der Einkreiſung England unternommen hat. Sowjetrußland, Polen, Frankreich und England soll ten unter Einbeziehung Rumäniens gegen das Dritte Reich vorgehen ! Der Versuch der Einkreiſung ist diesmal im Keim erstickt, die englische Blamage vollendet.
Stalin verzichtet ! Er hat genug von Spanien, wo in diesen Tagen mit der Einnahme von Madrid und Valencia der Bolsche wismus endgültig unterliegt. Polen denkt offenbar ebenfalls nicht daran, für eng lische Phraſen zu bluten und sich in einen aussichtslosen Kampf mit Deutschland verwickeln zu laſſen. Außen miniſter Oberſt Beck verweist auf den zwischen Mar schall Pilsudski und Adolf Hitler geschlossenen zehn
22*
339
Hitlers Blißmarsch nach Prag
jährigen Freundschaftsvertrag zwischen Deutschland und Polen. England ist zunächſt abgeblißt . Wann wird es ſein Ränkeſpiel aufs neue beginnen? Rumänien beweiſt eine freundſchaftliche und loyale Haltung. Vierundzwanzig Stunden später, nachdem der erste englische Einkreisungsversuch nach dem Welt krieg
und die
zu seiner Begründung
in
London
erfundene Lüge von einem rumänischen „ Hilfeſchrei “ vor der ganzen Welt entlarvt ſind , erfolgt der Abſchluß des deutsch-rumänischen Wirtſchaftsvertrages und ſeine Veröffentlichung. Deutschland und Rumänien schließen einen fünfjäh rigen Wirtschaftsvertrag am 23. März ab . Deutschland leistet Hilfestellung bei der Entwicklung der landwirt schaftlichen Erzeugung in Rumänien, bei dem Aufbau der rumänischen Holz- und Forstwirtschaft, bei der Er schließung von Erzvorkommen, der Förderung von Erdöl und Bergbauprodukten, dem Ausbau der Ver kehrs- und Waſſerwege, Bahnen und Straßen. Dafür kann Deutschland seine Einfuhrbedürfniſſe aus der rumänischen Erzeugung befriedigen , erhält Freizonen für seine Schiffahrt, seine Industrie- und Handelsunternehmen und übernimmt die Belieferung der rumänischen Armee, Marine, Luftwaffe und der Rüstungsindustrie mit Kriegsgerät, Maſchinen uſw. 340
Hitlers Blißmarsch nach Prag
Am gleichen 23. März wird der Schußvertrag zwi schen dem Deutschen Reich und der slowakischen Repu blik auf fünfundzwanzig Jahre unterzeichnet .
Das
Deutsche Reich übernimmt den Schuß der politischen Unabhängigkeit der Slowakei und den Schuß ihrer Grenzen. Entlang der Kleinen Karpaten, der Weißen Karpaten und der Bergzüge des Javornik errichtet und besezt das Reich militärische Anlagen. Die Slowakei ſelbſt organisiert ihre eigenen militärischen Kräfte ge= meinsam mit der deutschen Wehrmacht . Inzwischen hat sich über dem deutschen Memelland seit den Herbsttagen 1938 eine Gewitterwolke zusam mengezogen, deren gefahrdrohende Spannung durch die weise Staatskunst und Mäßigung des Führers ohne Blutvergießen überwunden wird und am gleichen Tage ebenfalls zu einer friedlichen , die Welt überraschenden Lösung führt.
341
Das Memelland wird frei
In dem flachen Land am Memelstrom wohnen wort karge Menschen. Zähe, arbeitſame Bauern, kühne See fischer, wagemutige Kaufleute, tapfere Soldaten. Es fällt ihnen schwer, zu sagen, was sie denken. Und es ist ihnen faſt unmöglich, auszusprechen , was sie füh len und was sie im Innersten bewegt. Sie gehören zu jenen schwerblütigen deutschen Stäm men, die das Herz nicht auf der Zunge tragen. Dort oben in jenen Gegenden, an Ostpreußens Seeküste, sprach einmal der Führer während der Kampfzeit. Oſt preußen schien damals eine verlorene Insel, von den Berliner Machthabern preisgegeben. Die schwerblütigen Bauern und Fischer begrüßten den Führer in der leerstehenden Fabrikhalle schweigend mit erhobenemArm. Sie hörten schweigend seinen Wor ten zu. Wer ſie nicht kannte, der mochte glauben, daß der Redner vergeblich um ihre Herzen geworben habe. Aber nachher wählte Ostpreußen nationalſozialiſtiſch und hatte wohl das beste Wahlergebnis des ganzen Reiches. Da, wo die Bastion des Deutschtums am weitesten vorgeschoben ist, im Memelland, da wohnen die härte
342
Das Memelland wird frei
ſten und schweigſamſten dieſer Menschen. Als Preußen 1806 nach der Schlacht bei Jena und den gewaltigen Schlägen Napoleons schmählich zusammenbrach, als Magdeburg, Graudenz und zahlreiche Festungen dem Sieger kampflos die Tore öffneten, da wurde Memel
+ die lezte Zuflucht und Residenzſtadt des preußischen Königspaares . Als dann die große französische Armee in den weiten Schneewüsten Rußlands zugrunde ging, ſtand das kleine Memelland als erstes deutsches Land nach den Tirolern mit bewaffneter Faust gegen Napoleon auf! Hart und treu, tapfer und zäh, iſt das preußischeVolf der Memel sich selber ewig gleich geblieben. Auch in den schicksalsschweren Notjahren, die auf 1918 folgten. „ Mindestens ein Jahrhundert trennt die Memel deutschen kulturell von der breiten Masse der Litauer. "
So sagte einer der zur Interalliierten Botschafter Konferenz gehörenden Ausländer, als die Sonderfom miſſion von Versailles ins Memelland kam. „ Die Ostgrenze des Memelgebietes stellt eine wirk liche Scheidewand zwischen zwei verschiedenen Zivili sationen dar. Es ist eine richtige Grenze zwischen Weſt und Ost, zwischen Europa und Asien. “ Dennoch zögerten die Kriegsverbrecher von Versail les keine Sekunde, diese Scheidemand niederzureißen und die Memeldeutschen den Litauern auszuliefern .
343
Das Memelland wird frei
Seit dem Jahre 1252 , als der Preußische Ritterorden die Burg in der großen, menschenleeren Wildnis er baute, steht Memel als älteste deutsche Stadt auf oft preußischem Boden. Jenseits der Grenze wohnte das Litauische Binnenvolk, dem der Deutsche Orden die Kul tur des Germanentums brachte und mit dem ihn oft freundschaftliche Handelsbande verknüpften, ebenſooft aber litauische Kriegs- und Raubzüge verfeindeten . Fm 18. und 19. Jahrhundert blieb das litauische Volk unter der Vorherrschaft der Ruſſen in der kulturel len Entwicklung um ein Jahrhundert hinter der Ent wicklung des Memeldeutschtums zurück. Als das ruſ sische Zarenreich 1917 zusammenbrach,
anerkannte
Deutschland die Selbständigkeit des litauischen Staates , die mit seiner Waffenhilfe und dem Blut deutscher Sol daten erkämpft war. Im Januar 1918 erschien der heutige litauische Staatspräsident Smetona als Chef einer litauischen Abordnung in Berlin, um den „ tiefempfundenen und unauslöschlichen Dank für die Befreiung aus ruſſiſcher Gewalt auszusprechen" . Er gab im Namen Litauens die Versicherung ab, Litauen werde stets als treuer Nachbar an der Seite Deutschlands stehen, da es keiner lei Streitpunkte zwischen beiden gäbe. Ein halbes Jahr später brach die Novemberrevo lution aus. Das stolze Reich wurde wehrlos . Das Dik
344
Das Memelland wird frei
tat von Verſailles forderte die Abtretung des Memel landes . Litauen warf die Maske der Loyalität ab, die es dem ſtarken Deutschland gegenüber getragen hatte. Denn auf Loyalität und Bündnistreue kann unter Völ fern nur der Starke rechnen.
Die deutschen Truppen mußten das Memelland räu men. Französische und englische Kriegsschiffe fuhren in den Hafen ein, französische Truppen übernahmen die Herrschaft über das Gebiet. Als 1923 die franzöſiſchen Neger in das Ruhrgebiet einbrachen, überfielen gleichzeitig als Zivilisten ver kleidete
litauische
Söldner
und
Landsknechte
das
Memelland . Sie führten Krawalle herbei und täuschten eine „ Volkserhebung “ vor . Die französische Beſazung räumte das Feld, und die litauischen Militärs prokla mierten den Kriegszustand im Memelgebiet, um ihre Gewaltherrschaft über die rein deutsche Bevölkerung zu sichern. Memel wurde
litauisch".
Die Vorkämpfer des Deutschtums im Memelland wurden nun fünfzehn Jahre lang durch die litauischen Kerker und Zuchthäuser geschleppt .
1934 wurde der
Führer der Memeldeutschen, Dr. Neumann, durch ein Litauisches Kriegsgericht zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt, von denen er unter Aufsicht litauischer Ker terwärter vier Jahre abgesessen hat.
345
Das Memelland wird frei
Als im Oktober 1938 das Sudetenland befreit wurde, geschah das Ungeheuerliche . Der litauische Sejm, das Parlament der Litauer, beschloß den Fortbestand des Kriegszustandes und neue Ausnahmegeſeße für das Memelgebiet . Da schritt das Reich ein. Am 1. November 1938 mußte der Kriegszustand aufgehoben werden. Neumann, Bertuleit, Böttcher und die anderen vom Kriegsgericht verurteilten deutſchen Freiheitskämpfer wurden nach schweren Kerkerjahren aus dem Zuchthaus entlassen. Der so lange unterdrückte freie Wille des memel ländischen Volkes brach elementar hervor. Am 11. De zember fand eine Neuwahl des Memeler Landtages statt, die zu einem überwältigenden deutschen Bekenni nis wurde. Über Nacht verwandelte sich das Straßen bild in Memel, in Heidekrug, in Pogegen und allen Teilen des Memellandes .
Mein im Memelland weilender Beauftragter, der ſtellvertretende Reichssendeleiter Boese, konnte mir da mals berichten : Der große Wahlsieg der Memelländer ist von der Bevölkerung ähnlich aufgenommen worden wie bei uns im Reich der 30. Januar 1933. Eine ein zige Welle der Begeisterung geht durch das Land. So wohl auf dem flachen Land als auch in den Städten rechnet man damit, daß eine Rückgliederung bald erfol 346
Das Memelland wird frei
gen wird. Alles erwartet den Führer. Litauens Behör den, Provokateure oder Spigel halten sich sorgfältig im Hinterhalt und vermeiden es , die deutsche Bevölkerung zu provozieren. So mußte jedem Einsichtigen klar werden, daß die Frage der Rückgliederung des Memellandes nur von einer Entscheidung und einem Willen abhing : des Füh rers . Die Litauer hatten die Wahl, den wahnwißigen und kostspieligen Weg von Prag zu gehen, oder den Versuch einer freiwilligen und anständigen Bereinigung des Streitfalles mit Deutschland zu machen . Es ist ein Be weis staatsmännischer Klugheit, daß
der litauische
Staatspräsident Smetona diesen zweiten Weg zum Führer gesucht und gefunden hat. Das einst von ihm ſelbſt in Berlin ausgesprochene Wort hat er nun auch, der Logik derTatsachen gehorchend , innerlich anerkannt : Es gibt keine natürlichen Streitpunkte zwischen Deutsch land und Litauen. Als die englische Kriegsheze am 20. und 21. März ihren Höhepunkt erreicht hatte, als England in Mos kau, in Warschau, in Bukarest, in Paris und in Wa ſhington den Verſuch der militärischen Einkreiſung Deutschlands machte, als das Wutgeheul der englischen Kriegsheher einen weiteren deutschen Vormarsch nach der Schaffung des Reichsprotektorats über Böhmen 347
Das Memelland wird frei
und Mähren verhindern sollte, da hielt der Führer den Augenblick für gekommen, um über den deutschen Außenminister von Ribbentrop den litauischen Außen miniſter Urbſys um einen Besuch in Berlin zu bitten . England und die Juden glaubten das Reich eingeschüch tert zu haben. Da erfolgte als Antwort die eiskalt ver abreichte Ohrfeige des Führers . Am Morgen des 22. März 1939 gab Dr. Goebbels bekannt : Das Memelland ist wieder deutſch. Die litauische Regierung hatte in der Nacht vom 21 . zum 22. März die Rückgabe des Memellandes an das Reich beschlossen. Vierundzwanzig Stunden später, am Morgen des 23. März, fuhr Adolf Hitler an der Spize einer ſtarken deutschen Kriegsflotte in den Memeler Hafen ein und sprach zu dem treuen Volk des fernſten deutschen Landes . Zwischen Deutschland und Litauen aber wurde jene Brücke der freundschaftlichen Verständigung geschlagen, die den Interessen Deutſchlands und Litauens am besten dient und auf der Tradition der Vergangenheit aufbaut. Der Staatsvertrag vom 23. März legt die Rückgabe des im Versailler Vertrag abgetretenen Memelgebietes an Deutſchland feſt . Deutſchland nimmt gleichzeitig auf = die wirtschaftlichen Bedürfniſſe Litauens in der groß zügigſten und freundschaftlichsten Weise Rücksicht und räumt Litauen auf 99 Jahre das Recht ein, pachtweise
348
Das Memelland wird frei
im Memeler Hafen eine litauische Freizone zu errich ten. Die Pacht für dieſe Zeit gilt mit Rückſicht auf die von der litauischen Regierung im Hafengebiet während der letzten zwanzig Jahre erbauten Anlagen als ab gegolten. In Artikel 4 des Staatsvertrages wird festgelegt, daß Deutschland und Litauen auf jede kriegerische Aus einandersetzung untereinander verzichten und
keine
Macht unterſtüßen werden, die gegen einen der beiden Staaten mit Gewaltmaßnahmen vorgeht. In einer Märzwoche hat der Führer ſo mit bliß schnellen Schlägen die gewitterschwüle Luft Europas gereinigt. Prag wurde deutsch. = Böhme men und Mähren gehören wie der zum Reiche.
Die Slowakei steht unter deutscher Schuhherrschaft. Das Memelland ist frei. Rumänien arbeitet eng mit Deutsch = land zusammen.
Nun ist wieder reine Luft in Mitteleuropa , solange nicht die Feinde des Reiches aufs neue den Versuch machen, von außen oder von innen in unterirdischer Wühlarbeit Spannungen zu schaffen und Unfrieden zu ſäen . 349
Das Memelland wird frei
Dem aber wird Deutschland mit der gleichen bliz schnellen Tatkraft entgegentreten, die zum Kennzeichen der nationalsozialistischen Aktivität geworden ist. In seiner großen Reichstagsrede sagte Adolf Hitler : Volk und Führung werden jeder Zukunftsaufgabe gewachsen sein. Was für Aufgaben auch an unser Volk herantreten werden, der nationalsozialistische Staat wird ſie früher oder später lösen. Wie immer auch die Schwierigkeiten sein mögen, die Tatkraft und der Mut der Führung werden ſie meiſtern ! Es ist gut, wenn die Welt sich das eindringlich vor Augen hält. Weltgeschichte steht nicht still . Der deutsche Aufbruch hat die Zukunft unseres Vol kes zu sichern. Wir standen am Rande des Abgrunds , als Adolf Hitlers Genie uns zurückriß und wieder emporführte. Nun kämpfen wir um unser Leben und unsere Zu kunft. Wer uns dabei hilft, den werden wir als Freund behandeln. Der kann auch auf unsere Hilfe rechnen . Wer sich uns dabei entgegenstellt, der muß aber notwendig unser Feind werden. Den werden wir als Feind be handeln.
350
Anhang
Zeittafel Großdeutschlands
1. Januar 1938 : Neujahrsaufruf des Führers an die Partei, der in der Losung gipfelt : „ Stärkung der Nation auf allen Gebieten des Lebens ."
11. Januar: Neujahrsempfänge des Führers im Haus des Reichspräsidenten. In seiner Erwiderung auf die Ansprache des Doyen des Diplomatischen Korps be tont der Führer die wahrhaft aufbauende Friedens arbeit des deutſchen Volkes im Dienſte des allgemei nen Fortschritts .
15. bis 21. Januar : Der jugoslawische Ministerpräsident Stojadino witsch besucht Deutſchland .
30. Januar : Der Jahrestag der nationalsozialiſtiſchen Macht übernahme wird im Reich ebenso wie bei den Deut schen im Ausland festlich begangen.
31. Januar : Ministerpräsident Generaloberst Hermann Gö ring errichtet einen Wehrwirtschaftsrat, dem die Aufgabe zufällt, sich mit allen Kräften für eine Stär
351
Zeittafel Groß d e u t s ch lands
kung der deutschen Wirtſchaft einzuſeßen, damit ſie allen Anforderungen zur Sicherung des deutſchen Volkes gerecht wird. 4. Februar 1938 : Der Führer übernimmt den direkten Oberbefehl über die gesamte Wehrmacht. Das bisherige Wehr machtamt wird Oberkommando . Zum Chef des Ober kommandos der Wehrmacht wird General der Artil lerie Keitel bestellt . Generaloberſt Göring wird zum Generalfeldmarschall, General von Brauchitsch un ter Beförderung zum Generaloberſten zum Ober befehlshaber des Heeres ernannt. Generalfeldmar schall von Blomberg und Generaloberst von Fritsch scheiden auf ihren Antrag aus ihren Ämtern.
In einem weiteren Erlaß verfügt der Führer zu seiner Beratung in der Führung der Außenpolitik die Errichtung eines Geheimen Kabinettsrates, zu deſſen
Präsidenten
Reichsminister Freiherr von
Neurath ernannt wird . Botschafter von Ribbentrop erhält das Amt des Reichsaußenministers . Reichswirtschaftsminister Funk übernimmt nach Abschluß der Neugliederung die Geschäfte des Reichs und Preußischen Wirtschaftsministeriums . 7. Februar : Vansittart, ein Parteigänger Edens, wird Chef der britischen Auslandspropaganda . 352
Zeittafel Groß deutschlands
11. Februar : Das nationale Kabinett Goga in Bukarest gestürzt. 12. Februar : Aussprache zwischen dem Führer und dem öſter reichischen Bundeskanzler Dr. Schuschnigg in Berch tesgaden.
15. Februar : Umbildung der österreichischen Regierung.
Dr.
Seyß -Inquart übernimmt das Innen- und Sicher heitsministerium.
20. Februar: Der Führer gibt vor dem Deutschen Reichstag einen umfassenden Rechenschaftsbericht . Englands Außenminister Eden tritt zurück. 25. Februar : Lord Halifax wird an Stelle Edens Außenminiſter. 9. März 1938 : Bundeskanzler Schuschnigg hält in Innsbruck einen Amtswalterappell ab,
bei dem er für den
13. März eine Volksabstimmung ankündigt, deren Durchführungsbestimmungen einen unerhörten Be trug am österreichischen Volk darstellen . 11. März : Der Volksverräter Schuschnigg wird zum Rück tritt gezwungen und Dr. Seyß -Inquart zum Bun deskanzler ernannt .
23 Hadamovsky, Weltgeschichte
353
Zeittafel Großdeutschlands
Kommunistische Erhebungen und Bürgerkriegs
gefahr . Seyß- Inquart bittet den Führer und Reichskanz ler um Entsendung deutscher Truppen zum Schuß von Volk und Regierung .
In der Nacht reißen die österreichiſchen National ſozialisten die Macht an sich.
12. März: Deutsche Truppen werden in Linz, Salzburg, Innsbruck und Kufstein begeistert empfangen. Der Führer trifft, von seiner Heimatstadt Braunau aus kommend, in Linz ein. Er wird von Bundeskanzler Seyß-Inquart begrüßt. Nach der Rede des Bundes kanzlers spricht der Führer vom Balkon des Rat hauses zu den Maſſen. Mussolini teilt auf franzöſiſche Anfrage mit, daß keine Möglichkeit
eines
gemeinſamen italieniſch
französischen Vorgehens in bezug auf die Lage in Österreich bestünde.
13. März : Besuch des Führers am Grabe seiner Eltern in Leonding. Die österreichische Regierung erläßt ein Gesez, durch das der Anschluß Österreichs an das Reich voll zogen wird.
354
Zeittafel Groß deutschlands
Durch einen Beschluß der deutschen Reichsregie rung wird das Bundesverfassungsgeset über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutſchen Reich Reichsgesetz. Eine Verfügung des Führers erklärt das öſter reichische Bundesheer zum Bestandteil der deutschen Wehrmacht. Gauleiter Bürckel wird vom Führer mit der kom missarischen Leitung der NSDAP . in Österreich und der Vorbereitung der Volksabstimmung betraut. Rücktritt des österreichischen Bundespräsidenten Miklas . Hitlers Telegramm an Muſſolini .
14. März : Festlicher Einzug des Führers in Wien.
15. März: Machtvolle Befreiungskundgebung auf dem Hel denplay in Wien. Der Führer proklamiert die Miſ ſion der Ostmark.
18. März : Feierliche Schlußſihung des alten Reichstags in Gegenwart der österreichischen Landesregierung . Die Neuwahlen werden auf den 10. April feſtgeſetzt. 25. März : Beginn der Deutschlandfahrt Adolf Hitlers für den Wahlkampf.
23*
355
Zeittafel Großdeutschlands
7. April 1938 : Adolf Hitler vollzieht an der Baustelle der Reichs autobahn Salzburg-Wien am Walserberg den er ſten Spatenstich.
8. April : Neues Kabinett Daladier in Paris .
9. April : Tag des Großdeutschen Reiches . Abends erfolgt von Wien aus der große Schlußappell des Führers an die gesamte deutsche Nation.
10. April: Die Wahlen zum Großdeutschen Reichstag und die Volksabstimmung inÖsterreich ergeben ein über wältigendes Treuebekenntnis zu der Politik des Führers . Im alten Reich beträgt die Zahl der Ja Stimmen
99,08
v.
H. ,
während
in Öſterreich
99,75 v. H. sich für den Anschluß bekennen. 16. April :
Italienisch-englisches Abkommen in Rom unter zeichnet (Oster-Abkommen) .
20. April : Geburtstag Adolf Hitlers .
24. April : Konrad Henlein gibt auf einer Tagung der Su detendeutschen Partei in Karlsbad die Vorschläge bekannt, die für einen Ausgleich zwischen den Deut
356
Zeittafel Groß deutschlands
schen und Tschechen erforderlich sind.
Diese Vor
schläge verlangen die völlige Gleichberechtigung der deutschen Volksgruppen mit dem tschechischen Volk sowie die Beseitigung des von den Tschechen seit dem Jahre 1918 zugefügten Unrechts und die Wieder gutmachung der dadurch entstandenen Schäden . 29. April : Daladier und Bonnet in London.
30. April: Der Stellvertreter des Führers , Rudolf Heß, überreicht auf der Tagung der Reichsarbeitskammer in der Staatsoper Berlin im Auftrage des Führers an 103 Musterbetriebe die Goldenen Fahnen der DAF. 1. Mai 1938 : Großdeutschland begeht
das
Fest der
Volks
gemeinschaft. Auf der Festsitzung der Reichskultur kammer gibt Reichsminister Dr. Goebbels den Film und Buchpreis bekannt . Der deutsche Filmpreis wird Frau Leni Riefenstahl für ihr Filmwerk „ Olympia, Fest der Völker, Fest der Schönheit“ zuerkannt, wäh rend der Deutsche Buchpreis dem Gedichtband „ Das Lied der Getreuen", Verse ungenannter österreichi scher Hitler-Jugend aus den Jahren der Verfol gung 1933/37, herausgegeben von Baldur von Schirach, zugesprochen wird.
357
Zeittafel Groß deutschlands
2. Mai : Der Führer und Reichskanzler tritt in Beglei tung führender Männer des Staates , der Partei und der Wehrmacht seine Reise nach Italien an. Beitritt Italiens zum Meerengenabkommen von Montreux .
3. Mai : Festlicher Empfang Adolf Hitlers in Rom. Der Führer wird bei ſeiner Ankunft von dem König von Italien und Kaiser von Äthiopien und von dem ita lienischen Regierungschef Benito Muſſolini herz lich begrüßt. 4. Mai : Offizielles, von dem König und Kaiser Viktor Emanuel III . veranstaltetes Bankett. 6. Mai : Parade der faschistischen Wehrmacht. 7. Mai: Staatsbankett, bei dem in den Ansprachen Muſſo linis und Hitlers ein geschichtliches Bekenntnis der Freundschaft, wie sie in der AchseBerlin-Rom zum Ausdruck kommt, niedergelegt wird. 8. Mai : Vor den Toren Roms kriegsmäßige Übungen des Landheeres und der Luftwaffe mit einem Einſaß von 400 Flugzeugen .
358
Zeittafel Groß deutschlands
9. Mai : Rückkehr Adolf Hitlers .
10. Mai : Ministerpräsident und Außenminister der Tür kei besuchen Jugoslawien.
13. Mai : Imredy wird Ministerpräsident in Ungarn. 14. Mai : Mexiko bricht diplomatiſche Beziehungen zu Eng Land ab.
16. Mai : Generalfeldmarschall Göring nimmt den erſten Spatenstich zu dem großen Tauernkraftwerk im Ka pruner Tal bei Zell am See vor. 21. Mai : In Eger werden zwei Sudetendeutſche ohne jeden Grund von tschechischen Staatspoliziſten erschossen. Darauf Mobilmachung eines Reſerviſtenjahrgangs durch die Tschechen.
24. Mai : Der Führer ernennt die sieben Gauleiter der Ost mark. Im Gau Tirol : Hofer. Salzburg : Rainer. Oberdonau : Eigruber. Niederdonau : Jury . Wien : Globotschnigg.
Kärnten :
Klausner.
Steiermark :
Uiberreither.
359
Zeittafel Groß deutschlands
25. Mai : Trauerfeier für die Blutzeugen von Eger, an de ren Särgen der Führer Kränze niederlegen läßt. Deutscher Protest in Prag wegen der Grenz zwischenfälle.
26. Mai : Der Führer legt den Grundſtein zu dem großen Volkswagenwerk in Fallersleben.
27. Mai : Der Führer der Eisernen Garde in Rumänien, Codreanu,
zu
zehn
Jahren
Zwangsarbeit ver
urteilt. 28. Mai: Der Führer antwortet auf die tschechische Mobil machung mit dem Befehl an Göring zur äußersten Verstärkung der deutschen Wehrkraft und zur Siche= rung unserer Ernährungs- und Rohstoffwirtschaft . Der Führer gibt weiter an Dr. Todt den Befehl zum sofortigen Ausbau einer ſtarken Befestigungs linie im Westen, der Todtfront . Der Führer gibt
den
Geheimbefehl , für den
2. Oktober 1938 den militärischen Einmarsch in die Tschecho -Slowakei vorzubereiten , falls keine fried liche Lösung der sudetendeutschen Frage erzielt wer den kann.
360
Zeittafel Groß deutschlands
1. Juni 1938 : Tschechischer Feldwebel schießt in Eger zwei Su detendeutsche nieder.
2. Juni : Erneute Grenzverlegung durch tschechische Flie ger, die über dem Erzgebirge deutsches Gebiet über ― Tschechische Soldaten zwingen in Nieder fliegen. ullersdorf Reichsdeutsche zur Herausgabe der Haken kreuzfahne.
3. Juni : Deutscher Proteſt in Prag.
6. Juni : Überschwemmungskatastrophe in China beein trächtigt den japanischen Vormarsch.
7. Juni : Die Sudetendeutsche Partei überreicht Prag ein Memorandum mit der Forderung der vollen Auto nomie im Rahmen des Gesamtstaates .
10. Juni : England schickt Beobachter nach Prag. 14. Juni : Der Führer gibt bei der Grundſteinlegung für das Haus des Deutschen Fremdenverkehrs den Befehl zum Beginn der Arbeit an der städtebaulichen Neu gestaltung der Reichshauptstadt . 361
Zeittafel Groß deutschlands
17. Juni: Erneute Grenzverlehung durch einen tschechischen Militärflieger, der über dem Grenzſtädtchen Lam inBayern kreuzt und dort die Bahnhofsanlagen pho tographiert.
Türkisch-französisches Abkommen über den San dschat von Alexandrette.
21. Juni: LondonerNichteinmischungsausschuß nimmt Vor schlag zur Zurückziehung der Spanienfreiwilligen
an. 22. Juni : Einführung der allgemeinen Dienstpflicht. Alle deutschen Männer und Frauen können zu Dienstleistungen im Interesse der Landesverteidi gung herangezogen werden .
26.-29. Juni : III. Weltkongreß
Freude und Arbeit" in Rom.
27. Juni : Rekordflug des deutschen Schnellverkehrsflugzeu ges „ Condor “, das die 3100 Kilometer lange Strecke Berlin-Kairo in 10 Stunden 21 Minuten zurück legt. 1. Juli 1938 : England, Frankreich und USA. sehen Kriegs schiff- Höchsttonnage auf 45 000 Tonnen herauf. 362
Zeittafel Großdeutschlands
4. Juli : Frankreich besezt die Paracel-Inseln. 5. Juli:
Freundschaftsvertrag zwiſchen Italien und Man dschukuo unterzeichnet. = Sowjetrussisch japanischer
Zwischenfall
bei
Tschangfeng .
10. Juli : Eröffnung der großen deutschen Kunstausstellung 1938 in München durch den Führer.
18. Juli : Die ungarischen Miniſter Imredy und v . Kanya in Rom.
19. Juli : Neues Wehrleistungsgeseß, das die Pflicht zu Sachleistungen für alle Zwecke der Landesverteidi gung regelt. Bekanntgabe des der tschechischen Regierung am 7. Juni überreichten Memorandums der Sudeten deutschen Partei .
22. Juli: Bolivien und Paraguay unterzeichnen Chaco Friedensvertrag.
26. Juli: Chamberlain kündigt die Entsendung Lord Runci mans nach Prag an.
363
Zeittafel Großdeutschlands
Beginn der Räumung Hankaus durch die Chi nesen.
3. August 1938 : Grenzverlegung tschechischer Flieger durch über fliegen der Festung Glaß. 4. August : Lord Runciman bespricht sich mit dem tschechi schen Präsidenten und dem Premierminiſter ſowie den
Vertretern der Sudetendeutschen Partei
in
Prag.
11. August : Das viermotorige Focke-Wulf-Flugzeug „ Con dor" durchfliegt die Strecke Berlin-Neuvork in 25 Stunden.
15. August : Beginn der deutschen Herbstmanöver. Reservisten einziehungen. Zur gleichen Zeit sind etwa 500 000 Arbeiter beim Bau von 17 000 Befestigungen der Todtfront im Westen beschäftigt.
17. August: Der politische Ausschuß der tschechischen Regie rung konferiert mit fünf Delegierten der Sudeten deutschen Partei .
18. August : Konrad Henlein trifft mit Lord Runciman zu ſammen. 364
Zeittafel Groß deutschlands
21. August : Die Prager Verhandlungen werden wegen der unversöhnlichen Haltung der tschechischen Regierung abgebrochen. Staatsbesuch des
ungarischen Reichsverwesers
Admiral Horthy in Deutschland .
22. August : Stapellauf des Kreuzers ,,Prinz Eugen" in Kiel . 25. August : Neue Deutschenverfolgungen im Sudetenland. 26. August : Notwehrrecht der Sudetendeutschen durch Konrad Henlein proklamiert.
27. August: Sir John Simon weist in einer Rede darauf hin, daß England keine britiſche Polizei in Mitteleuropa ausüben könne.
28. August : Der britische Botschafter in Berlin, Sir Neville Henderson, erstattet in London Bericht. Henlein trifft abermals mit Lord Runciman zu sammen.
30. August: Konrad Henlein trifft mit Präsident Benesch zu ſammen. 365
Zeittafel Großdeutschlands
31. August: Tschechischer Feuerüberfall auf deutsche Zollstreife im Erzgebirge .
1. September 1938: Konrad Henlein fährt auf Vorschlag von Lord Runciman zu Adolf Hitler auf den Obersalzberg. 4. September: Das tschechische Kabinett beschließt, der Sudeten deutschen Partei neue Vorschläge zu unterbreiten, die jedoch die Karlsbader Forderungen Konrad Hen leins vom 24. April nicht anerkennen.
5. September : Die französische
Regierung
trifft
militäriſche
Maßnahmen an ihrer Nordoſtgrenze. Erster Reichsparteitag Großdeutſchlands . Die Reichskleinodien kehren nachNürnberg zurück. Der Parteikongreß wird mit der Proklamation des Führers eröffnet. 6. September: Im Rahmen der Kulturtagung erfolgt die Be kanntgabe der Preisträger des Nationalpreiſes für Kunst und Wissenschaft . Mit ihm werden vier her vorragende Männer der deutschen Technik, der Gene ralinspektor für das deutsche Straßenwesen und Er bauer der Westbefestigungen, Dr. Friz Todt, der Konstrukteur des KdF. -Wagens , Dr. Ferdinand 366
Zeittafel Groß deutschlands
Porsche, die Flugzeugbauer Prof. Willi Messer= schmitt und Prof. Ernst Heinkel, ausgezeichnet . Der Korpsführer des NSKK. , Adolf Hühnlein, wird vom Führer zum Reichsleiter der NSDAP . ernannt.
7. September : Blutige Mißhandlung Sudetendeutscher in Mäh risch-Ostrau. Die Sudetendeutsche Partei bricht alle Verhand lungen mit der Prager Regierung ab, als diese die Bestrafung der Schuldigen verweigert.
10. September : Auf der Tagung der Deutschen Arbeitsfront gibt Generalfeldmarschall
Göring
einen
umfaſſenden
Rechenschaftsbericht über die Methoden und Erfolge der nationalſozialiſtiſchen Wirtſchaftspolitik . Reichsminister Dr. Goebbels gibt an Hand um fangreicher ausländischer Pressestimmen ein wir kungsvolles Bild über die Verlogenheit der Welt demokratie.
12. September : Der Reichsparteitag erreicht seinen Höhepunkt mit der Schlußrede Adolf Hitlers , in der der Führer das durch Benesch den Sudetendeutſchen zugefügte Unrecht mit aller Schärfe brandmarkt und an Stelle
367
Zeittafel Großdeutschlands
31. August: Tschechischer Feuerüberfall auf deutsche Zollstreife im Erzgebirge.
1. September 1938 : Konrad Henlein fährt auf Vorſchlag von Lord Runciman zu Adolf Hitler auf den Oberſalzberg. 4. September :
Das tschechische Kabinett beschließt, der Sudeten deutschen Partei neue Vorschläge zu unterbreiten, die jedoch die Karlsbader Forderungen Konrad Hen leins vom 24. April nicht anerkennen. 5. September : Die französische
Regierung
trifft
militäriſche
Maßnahmen an ihrer Nordostgrenze. Erster Reichsparteitag Großdeutschlands . Die Reichskleinodien kehren nachNürnberg zurück. Der Parteikongreß wird mit der Proklamation des Führers eröffnet.
6. September : Im Rahmen der Kulturtagung erfolgt die Be kanntgabe der Preisträger des Nationalpreiſes für Kunst und Wissenschaft. Mit ihm werden vier her vorragende Männer der deutſchen Technik, der Gene ralinspektor für das deutsche Straßenwesen und Er bauer der Weſtbefeſtigungen, Dr. Frih Todt, der Konstrukteur des KdF. -Wagens , 366
Dr. Ferdinand
Zeittafel Großdeutschlands
Porsche, die Flugzeugbauer Prof. Willi Meſſer schmitt und Prof. Ernst Heinkel, ausgezeichnet. Der Korpsführer des NSKK . , Adolf Hühnlein, wird vom Führer zum Reichsleiter der NSDAP . ernannt.
7. September: Blutige Mißhandlung Sudetendeutscher in Mäh risch-Ostrau. Die Sudetendeutsche Partei bricht alle Verhand lungen mit der Prager Regierung ab, als diese die Bestrafung der Schuldigen verweigert.
10. September : Auf der Tagung der Deutschen Arbeitsfront gibt Generalfeldmarschall
Göring
einen
umfaſſenden
Rechenschaftsbericht über die Methoden und Erfolge der nationalsozialiſtiſchen Wirtſchaftspolitik . Reichsminister Dr. Goebbels gibt an Hand um fangreicher ausländischer Preſſeſtimmen ein wir kungsvolles Bild über die Verlogenheit der Welt demokratie.
12. September : Der Reichsparteitag erreicht seinen Höhepunkt mit der Schlußrede Adolf Hitlers , in der der Führer das durch Benesch den Sudetendeutſchen zugefügte Unrecht mit aller Schärfe brandmarkt und an Stelle
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Zeittafel G r o ß d e u t s chlands
fortwährender Unterdrückungen das Recht der Selbst beſtimmung fordert. Ferner gibt der Führer ein Bild der gigantischen Befestigungen an der deutschen Weſtgrenze.
Die Rede wird von den Sudetendeutschen trog aller Prager Verbote mitgehört. Zug der zehntausend Warnsdorfer nach Seif hennersdorf.
13. September : Benesch beantwortet die Führerrede mit Feuer überfällen auf Sudetendeutsche und Verhängung des Standrechts.
Henlein stellt Benesch ein Ultimatum und ver langt die sofortige Aufhebung des Standrechtes . Das Prager Kabinett beschließt die Aufrecht erhaltung.
14. September : Die Feuerüberfälle und Verhaftungen im Su detenland nehmen ihren Fortgang. Chamberlain ſchlägt AdolfHitler eineBesprechung vor.
15. September : Besprechung des Führers und Reichskanzlers mit dem englischen Ministerpräsidenten Chamberlain in Berchtesgaden. Konrad Henleins Proklamation an das deutſche
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Zeittafel Groß deutschlands
Volk und die gesamte Welt : „ Wir wollen heim ins Reich!"
16. September : Chamberlain fliegt nach London zurück und un terrichtet das Kabinett.
Lord Runciman kehrt ebenfalls nach London zu rück und beendet seine Prager Miſſion. Benesch verbietet die Sudetendeutſche Partei . 17. September : Konrad Henlein ordnet gegen den Prager Mord terror die Aufstellung eines sudetendeutschen Frei korps an.
18. September : Der italienische Regierungschef Muſſolini fordert auf einer großen Kundgebung in Triest angesichts der Zuspihung der europäischen Lage die Volksab stimmung im Sudetenland und erklärt, daß im Kon fliktsfall Italiens Plah bereits gewählt sei . Miniſterpräsident Daladier und Außenminiſter Bonnet in London bei Chamberlain. 19. September : Die engliſch-franzöſiſchen Vorſchläge werden der tschecho-slowakischen Regierung überreicht. Sie sehen die Abtretung aller sudetendeutschen Gebiete vor. Polen zieht Truppen an der tschechischen Grenze zuſammen.
24 Hadamovsky, Weltgeschichte
369
Zeittafel Groß deutschlands
Der polnische Botschafter Lipsky und die ungari schen Minister Imredy und v. Kanya werden vom Führer auf dem Obersalzberg empfangen .
20. September : Die Prager Regierung verzögert die Antwort auf die engliſch-franzöſiſchen Vorschläge.
21. September : Die englische und französische Regierung richten eine dringende Aufforderung zur Beantwortung an Prag. Das Prager Kabinett Hodscha nimmt die Vor schläge an.
22. September : Zweite Zusammenkunft des Führers und Reichs kanzlers
mit dem englischen Miniſterpräsidenten
Chamberlain in Godesberg. Die tschechische Regierung Hodscha tritt zurück . Das neue Kabinett ſteht unter der Leitung des Gene ralinspekteurs der Armee, General Sirovy.
23. September : Benesch ordnet die Mobilmachung der geſamten tschechischen Armee an, während Hitler und Cham berlain in Godesberg verhandeln.
Frankreich macht teilweise mobil. Flucht der Warnsdorfer . 370
Zeittafel Groß de ut ſchlands
24. September : Beendigung der im freundschaftlichen Geiſte ge haltenen Besprechungen zwischen dem Führer und dem engliſchen Premierminiſter. Überreichung eines deutschen Memorandums an Chamberlain, das die endgültige deutsche Stellungnahme zur Lage im Sudetenland enthält und durch den britiſchen Mili tärattaché in Berlin der Prager Regierung über reicht wird. Tschechisches Militär bringt Langrohrgeschüße an der sächsischen Grenze in Stellung.
Chamberlain berichtet dem Kabinett und dem König.
25. September: Besprechung mit Daladier und Bonnet in London. Die neue Prager Regierung verweigert die Ab tretung des Sudetenlandes .
26. September : Der Führer spricht im Berliner Sportpalast. Präsident Roosevelt versucht sich durch eine „ Bot ſchaft“ an Adolf Hitler einzuschalten.
27. September : Der Führer antwortet Roosevelt. Chamberlain hält eine tschechenfreundliche Rund funkrede in London.
24*
371
Zeittafel Groß deutschlands
im Berliner Sportpalast. Der Führer richtet an die Nation die Aufforderung, alles zu tun, um die un geheure Not im Sudetenland so rasch wie möglich zu beseitigen. Benesch erklärt seinen Rücktritt. Gesetzliche Regelung der Judenfrage in Italien. 6. Oktober: Der Führer seht seine Fahrt durch das sudeten deutsche Gebiet fort und besichtigt die Schöberlinie. Beginn der Besehung des Gebietsabschnitts IV (Sudetenschlesien)
durch deutsche
Truppen unter
Führung des Generalobersten von Rundstedt. Der Führer, begleitet von Generalfeldmarschall Göring, trifft in Jägerndorf ein. 8. Oktober: Deutsche Truppen marschieren nach Besehung der Zonen I bis IV in die restlichen sudetendeutschen Ge biete ein, die Deutschland von der Internationalen Kommission zugesprochen wurden. 9. Oktober : Feierliche Eröffnung des Gautheaters Saarpfalz in Saarbrücken mit einer Rede des Reichsministers Dr. Goebbels . Am Nachmittag findet auf dem Saar brücker Befreiungsfeld eine Kundgebung statt, auf der der Führer spricht. Er kündigt einen weiteren Ausbau der
374
Befestigungsanlagen
unter
Einbe
Zeittafel Groß deutschlands
ziehung des Saarbrückener und Aachener Gebietes
an. 10. Oktober :
Beendigung der Besetzung des
Sudetenlandes
durch deutsche Truppen. 13. Oktober: Der Internationale Ausschuß beſchließt einſtim mig, daß von Volksabstimmungen abzusehen sei . Große militärische Operationen der Engländer gegen die Palästina -Araber . 27. Oktober: Der Memelländische Landtag lehnt die neuen Ge sehentwürfe zum litauischen Staatsschutzgesetz ab. 30. Oktober: Einweihung des Schiffshebewerkes Magdeburg Rothensee durch Rudolf Heß. Mit der Vollendung des Schiffshebewerkes ist der durchgehende Verkehr auf Deutschlands größter künstlicher Wasserstraße möglich.
31. Oktober : Der Führer verfügt die Bildung des Reichsgaues Sudetenland mit seinem Sih in Reichenberg. Er ernennt Parteigenossen Konrad Henlein zum Gau leiter und zu dessen Stellvertreter Parteigenossen Karl Hermann Frank. Ferner erhält Konrad Hen lein vom Führer den Auftrag, nach den Weiſungen 375
Zeittafel Groß deutschlands
des Stellvertreters des Führers Rudolf Heß die Überleitung der Sudetendeutschen Partei
in die
NSDAP . sowie den Aufbau der NSDAP . , ihrer Gliederungen und angeschlossenen Verbände in die Wege zu leiten. 1. November 1938 :
Aufhebung des Kriegszustandes im Memelland nach dem Einschreiten des Reiches . 2. November :
Der
in Wien durch die Reichsaußenminister
Deutschlands und Italiens , von Ribbentrop und Graf Ciano, gefällte Schiedsspruch spricht Ungarn die Städte Kaschau, Munkacz und Ungvar zu, wäh rend Preßburg und Neutra slowakisch bleiben. Die von Prag an Ungarn abzutretenden Gebiete werden vom 5. bis 10. November beseßt. 5. November :
Der Stellvertreter des Führers , RudolfHeß, über nimmt in Reichenberg die Sudetendeutſche Partei in die NSDAP . 7. November: Der Jude Herschel Seibel Grünspan ermordet den deutschen Gesandtschaftsrat vom Rath in Paris . 9. November : Parteifeiern in München zur Erinnerung an die Erhebung des 9. Novembers 1923 . 376
Zeittafel Groß deutschlands
In der Nacht wird der Tod des Parteigenossen vom Rath bekannt. Darauf spontane Aktionen gegen die Juden im ganzen Reich. 10. November : Der türkische Staatschef, Kemal Atatürk, stirbt. Ismed Inönü wird Nachfolger. 12. November : Den Juden in Deutschland wird eine Buße für den Pariser Meuchelmord in Höhe von einer Mil liarde Reichsmart auferlegt. Juden dürfen nicht mehr Betriebsführer, Einzel händler oder Handwerker sein. 16. November: England erkennt das italienische Imperium an. 17. November: In Düsseldorf Beisehung vom Raths in Gegen wart des Führers . 23. November: Kulturabkommen zwischen Deutschland und Ita lien in Rom und zwiſchen Deutschland und Japan in Tokio unterzeichnet . Chamberlain und Halifax in Paris.
25. November: Deutsch-italienisch-japanische
Gemeinschaftssen
dung im Rundfunk. Die Außenminister von Ribben
377
Zeittafel Großdeutschlands
trop, Graf Ciano und Arita sprechen über die gemein same Front gegen den Bolschewismus und die Be währung des weltpolitischen Dreieds . 28. November:
Das tschechische Parlament wählt Dr. Hacha zum Staatspräsidenten. 30. November : Das Focke-Wulf-Flugzeug „ Condor“ durchflog die Strecke Berlin-Tokio in sechsundvierzigeinhalb Stunden. Der nationale Freiheitsheld Codreanu wird mit dreizehn seiner Anhänger in Rumänien erſchoſſen. Mißlungener Generalstreikversuch der franzöſi schen Marxisten .
1. Dezember 1938 : Der Stellvertreter des Führers , Rudolf Heß, voll zieht bei Eger den ersten Spatenstich für die Auto bahn im Sudetenland zuſammen mit Dr. Todt und Konrad Henlein .
2. Dezember : Schlußappell des Führers zur Ergänzungswahl im Sudetenland in Reichenberg .
Beran wird tschechischer Ministerpräsident. 3. Dezember: Tag der nationalen Solidarität. Das Ergebnis 378
Zeittafel Großdeutschlands
der Sammlung beträgt über 15,5 Millionen Reichs mark, das ſind 75 v. H. mehr als im Vorjahr. 4. Dezember : Die Ergänzungswahl zum Deutschen Reichstag im Sudetenland ergibt mit 98,9 v . H. Ja-Stimmen ein überwältigendes Treuebekenntnis zum Führer. Die Zahl der Reichstagsſize vermehrt sich durch die Wahl um einundvierzig.
6. Dezember: Reichsaußenminister von Ribbentrop und der französische Außenminiſter Bonnet unterzeichnen in Paris eine deutsch-französische Erklärung, wonach Deutschland und Frankreich keinen Krieg miteinan der zu führen beabsichtigen. Italienische Kundgebungen in Tunis und auf Korsika gegen die franzöſiſche Unterdrückung der ita lienischen Bevölkerung.
8. Dezember: In Anwesenheit des Führers läuft in Kiel der erste Flugzeugträger der deutschen Kriegsmarine, ,,Graf Zeppelin" , von Stapel.
10. Dezember : Der Führer eröffnet im Haus der Deutschen Kunst in München die Zweite Deutsche Architektur und Kunsthandwerksausstellung .
379
Zeittafel Groß d e u t s chlands
14. Dezember: Die Ergebnisse der Landtagswahl im Memelland kennzeichnen das einmütige Bekenntnis dieses Landes zum Deutſchtum. Die deutsche Liste erhält 87,3 v . H. aller abgegebenen Stimmen.
15. Dezember: Der dreitausendste Kilometer der Reichsautobahn wird in Betrieb genommen.
20. Dezember: Generalfeldmarschall Göring beauftragt Reichs wirtschaftsminister
Funk,
alle
Maßnahmen
zur
Leistungssteigerung der deutschen Wirtschaft anzu ordnen und durchzuführen .
21. Dezember: Durch Verfügung des Führers wird der Deutsche Reichsbund für Leibesübung unter Führung und Schuß der Partei gestellt und erhält den Namen ,,Nationalsozialistischer
Reichsbund
für
Leibes
übungen". Von Tschammer und Osten übernimmt die Führung.
22. Dezember : Reichsarbeitsminister Seldte gibt das Gesetz über die Altersversorgung für das deutsche Handwerk bekannt.
24. Dezember: Der Stellvertreter des Führers verkündet in ſei 380
Zeittafel Groß deutschlands
ner Weihnachtsansprache die Stiftung des Ehren kreuzes der deutschen Mutter durch den Führer. 31. Dezember : Dr. Goebbels dankt dem Führer in seiner Sil vesteranſprache im Namen des Volkes.
ganzen deutſchen
1. Januar 1939 : Neujahrsbotschaft des Führers an das deutsche Volk. 10. Januar 1939 : Chamberlain und Halifax werden kurz auf dem Pariser Nordbahnhof von Daladier und Bonnet be grüßt . 11. Januar 1939 : Ministerpräsident
Chamberlain
und
Außen
miniſter Lord Halifax besuchen den König, Muſſolini und den Papst in Rom . 13. Januar 1939 :
Der Stellvertreter Dr. Neumanns , Bertuleit, wird mit der Bildung des Memeldirektoriums be auftragt. 17. Januar 1939 : AufBetreibenBeneschs versucht Prag, den tschechi ſchen General Prchala als seinen Vertrauensmann in die karpatho -ukrainische Regierung zu entsenden. 381
Zeittafel Groß deutschlands
20. Januar 1939 : Reichswirtschaftsminister Funk wird an Stelle von Reichsminister Schacht vom Führer zum Reichs bankpräsidenten ernannt. 22. Januar 1939 : SA. wird Trägerin der vor- und nachmilitä rischen Wehrerziehung. 25. Januar 1939 : Staatsbesuch des Reichsaußenminiſters von Rib bentrop in Warschau . 26. Januar 1939 : General Francos
Spaniens
Truppen besehen
größte Hafenstadt Barcelona und schneiden Rot spanien von der französischen Grenze ab . 30. Januar 1939 :
Erster Großdeutscher Reichstag in Berlin . Ansprache des Führers : Ich blicke mit tiefem Vertrauen in die Zukunft ! 13. Februar 1939 : Der Führer in Hamburg . Stapellauf des Schlacht schiffs „ Bismarck“. 25. Februar 1939 :
Ungarn und Mandschufuo kominternabkommen bei .
382
treten
dem Anti
Zeittafel Groß deutschlands
27. Februar 1939 : England und Frankreich anerkennen die Regie rung Franco in Spanien.
6. März 1939 : Erster Prager Staatsstreich gegen die karpatho ukrainische
Regierung .
„ Absehung“
ukrainischer
Minister. Prag „ ernennt " den tschechischen Armee general Prchala zum Miniſter der Ukraine. 7. März 1939 :
Calinescu wird rumänischer Ministerpräsident. 10. März 1939 : Zweiter Prager Staatsstreich . „ Absehung “ der slowakischen Landesregierung Tiſo .
Verfaſſungs
widrige " Ernennung“ von drei Regierungen durch Prag. 11. März 1939 : Deutscher Heldengedenktag . Ansprache des Gene raladmirals Raeder. Der „ abgesette" und geflüch tete slowakische Minister Durcansky spricht über den Reichssender Wien . Schwere Kämpfe zwischen Slo waken und Tschechen. 12. März 1939 : Blutige tschechische Überfälle auf Deutſche in Iglau und Brünn. 13. März 1939 : Der Führer empfängt den slowakischen Minister 383
Zeittafel Gro ß de ut fch lands
präsidenten Dr. Tiſo und Miniſter Durcanſky in Berlin. 14. März 1939 : Benesch trifft die leßten Vorbereitungen zumFlug nach Prag, um dort die Macht an sich zu reißen. Der slowakische Landtag ruft die Unabhängigkeit der Slowakei aus . 15. März 1939 :
Der tschechische Staatspräsident Dr. Hacha wird ein Uhr morgens vom Führer empfangen und legt das Schicksal des tschechischen Volkes in die Hände Adolf Hitlers . Truppen des VII . Armeekorps und Einheiten der 14-Leibstandarte Adolf Hitler rücken in Mährisch-Ostrau ein. Die ungarischen Truppen überschreiten die kar patho-ukrainische Grenze in Richtung der Hauptstadt Chust. Der Führer fährt am Nachmittag im Kraftwagen nach Prag. Die deutschen Truppen beſehen das böhmiſch-mäh rische Gebiet.
16. März 1939 : Der Führer übernimmt den Schuß des slowaki schen Staates .
Reichsaußenminister von Ribbentrop verkündet 384
Zeittafel Groß deutschlands
auf der Prager Burg die Schaffung des Reichsprotek torates Böhmen und Mähren.
17. März 1939 : Der Führer in Brünn und Wien. Gründung einer nationalen Einheitspartei der Tschechen. Führer Dr. Hacha. Wilde englische Preſſehehe unter Führung der Regierung. Engliſche Rumänienlüge. 18. März 1939 : Der Führer ernennt den Präsidenten des Gehei men Kabinettsrates Reichsminister von Neurath zum Reichsprotektor in Böhmen und Mähren und den Stellvertretenden Gauleiter des Sudetengaues Karl H. Frank zum Staatssekretär beim Reichs protektor. 19. März 1939 : Triumphaler Einzug des Führers
in Berlin.
Adolf Hitler wird auf dem Görlizer Bahnhof durch Generalfeldmarschall Göring,
Reichsminister Dr.
Goebbels und die Spizen von Partei und Wehrmacht begrüßt. Große deutsche Truppenparade in Prag vor dem Oberbefehlshaber der Heeresgruppe 3, General der Infanterie Blaskowitz. Scharfe Zurückweiſung der Londoner Heßlügen durch Rumänien.
25 Hadamovsth, Weltgeschichte
385
Zeittafel Groß deutschlands
20. März 1939: Der Führer verleiht den Generaloberſten Keitel und von Brauchitsch das Goldene Parteiabzeichen. 21. März 1939 : Ablehnende Antworten der Randſtaaten auf den von England unternommenen Verſuch der militä rischen Einkreisung Deutschlands .
22. März 1939 : Litauen gibt das Memelland an Deutschland zu rück . Freiheitsproklamation des Memeldeutschen führers Dr. Neumann. Der Führer begibt sich an Bord des Panzerschiffs „ Deutschland “ nach Memel. 23. März 1939 : Staatsvertrag mit Litauen über die Rückgabe des Memelgebietes . Errichtung einer Freizone für Li tauen im Memeler Hafen.
Abschluß des Schußvertrages mit der Slowakei auf fünfundzwanzig Jahre. Errichtung deutscher Befestigungen in der West= slowakei . Abschluß des deutsch-rumänischen Wirtschaftsver trages auf fünf Jahre . Besuch des Führers in Memel. 26. März 1939 : Triumphaler Einzug des Führers in München, der Hauptstadt der Bewegung. 386
Zeittafel Großdeutschlands
27. März 1939 : Die spanische Hauptstadt Madrid wird durch die Truppen General Francos besett. Der
englische
Faschistenführer
Sir
Oswald
Mosley sezt sich für Verſtändigung mit Deutſchland und Rückgabe der deutschen Kolonien ein.
1. April 1939: Neuer englischer Einkreisungsversuch unter Ein beziehung Polens .
25*
387
Das Viermächte - Abkommen von
München
Auszug aus dem Abkommen zwiſchen Deutſchland , dem
Vereinigten Königreich
von
Großbritannien,
Frankreich und Italien Getroffen in München am 29. September 1938
Deutschland, das Vereinigte Königreich von Groß britannien, Frankreich und Italien sind unter Berüd sichtigung des Abkommens , das hinsichtlich der Abtre tung des sudetendeutschen Gebietes bereits grundsätzlich erzielt wurde, über folgende Bedingungen und Modali täten dieser Abtretung und über die danach zu ergrei fenden Maßnahmen übereingekommen und erklären ſich durch dieses Abkommen einzeln verantwortlich für die
zur
Sicherung
seiner
Erfüllung
notwendigen
Schritte. 1. Die Räumung beginnt am 1. Oktober. 2. Das Vereinigte Königreich von Großbritannien, Frankreich und Italien vereinbaren, daß die Räumung des Gebietes bis zum 10. Oktober vollzogen wird, und zwar ohne Zerstörung irgendwelcher bestehender Ein richtungen, und daß die tschecho -slowakische Regierung
388
Das
Viermächte - Abkommen
von München
die Verantwortung dafür trägt, daß die Räumung ohne Beschädigung der bezeichneten Einrichtungen durch geführt wird. — 6. Die endgültige Festlegung der Grenzen wird durch den internationalen Ausschuß vorgenommen werden . Dieser Ausschuß
ist berechtigt,
den vier
Mächten
Deutschland, dem Vereinigten Königreich von Groß britannien, Frankreich und Italien in bestimmten Ausnahmefällen geringfügige Abweichungen von der streng ethnographischen Bestimmung der ohne Volks abstimmung zu übertragenden Zonen zu empfehlen. 7. Es wird ein Optionsrecht für den Übertritt in die abgetretenen Gebiete und für den Austritt aus ihnen vorgesehen. Die Option muß innerhalb von sechs Mo naten vom Zeitpunkt des Abschlusses dieses Abkom mens an ausgeübt werden . Ein deutsch-tschecho -ſlowa kischer Ausschuß wird die Einzelheiten der Option bestimmen,
Verfahren zur Erleichterung des
Aus
tausches der Bevölkerung erwägen und grundsäßliche Fragen klären, die sich aus diesem Austausch ergeben. 8. Die tschecho-slowakische Regierung wird innerhalb einer Frist von vier Wochen vom Tage des Abschlusses dieses Abkommens an alle Sudetendeutschen aus ihren militärischen und polizeilichen Verbänden entlassen, die diese Entlassung wünschen . Innerhalb derselben Frist 389
Deutsch= tschechisches Abkommen
wird die tschecho-slowakische Regierung sudetendeutsche Gefangene entlassen, die wegen politischer Delikte Frei heitsstrafen verbüßen . München, den 29. September 1938 .
gez . Adolf Hitler
gez. Neville Chamberlain
gez. Mussolini
gez. Edouard Daladier
Abkommen zwischen dem Führer und tschechoslowakischen Staats dem präsidenten Dr. Hacha in Berlin
„ Der Führer und Reichskanzler hat heute in Gegen wart des Reichsminiſters des Auswärtigen von Ribben trop den tschecho -slowakischen Staatspräsidenten Dr. Hacha und den tschecho -slowakischen Außenminiſter Dr. Chvalkovsky auf deren Wunsch in Berlin empfangen. Bei der Zusammenkunft ist die durch die Vorgänge der lezten Wochen auf dem bisherigen tschecho -slowakischen Staatsgebiet entstandene ernſte Lage in voller Offen heit einer Prüfung unterzogen worden. Auf beiden Seiten ist übereinstimmend die Überzeugung zum Aus druck gebracht worden, daß das Ziel aller Bemühungen die Sicherung von Ruhe, Ordnung und Frieden in die sem Teile Mitteleuropas sein müſſe. 390
Deutsch፡ tschechisches Abkommen
Der tschecho-slowakische Staatspräsident hat erklärt, daß er, um diesem Ziele zu dienen und um eine endgül tige Befriedung zu erreichen, das Schicksal des tschechi = schen Volkes und Landes vertrauensvoll in die Hände des Führers des Deutschen Reiches legt. Der Führer hat diese Erklärung angenommen und ſeinemEntſchluß Ausdruck gegeben, daß er das tschechische Volk unter den Schuß des Deutschen Reiches nehmen und ihm eine ſei ner Eigenart gemäße autonome Entwicklung seines völ kischen Lebens gewährleiſten wird .
Berlin, 15. März 1939.
gez . Adolf Hitler
gez. Dr. Hacha
gez. v. Ribbentrop
gez. Dr. Chvalkovsky
Anmerkung : Für die Zeittafel des Großdeutschen Jahres 1938 und das Viermächte-Abkommen wurden im Einvernehmen mit Schriftleitung und Verlag die Nummern des „ Völkischen Be obachters" vom September und Dezember 1938 zugrunde gelegt. Für Berichtigung oder Ergänzung von Angaben in Zeittafel und E. H. Text bin ich dankbar.
391
Karte des Großdeutschen Reiches
Reichsgrenzen vor 1938 ...... Hitler schmiedet
vor1939
Großdeutschland
Die Meilensteine des Vormarsches :
Hamburg
Schuschnigg am Obersalzberg. Des Führers Reichstagsrede in Berlin.
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der Sudetendeutschen Partei. Ergebnislose Verhandlungen und Terror in Prag. · Der Führer baut den Westwall. Chamberlain am Obersalzberg. Chamberlain in Godesberg. Mussolini, Chamberlain, Daladier im Führerhaus in München. Führerfahrt nach Asch, Eger und Karlsbad. Führerfahrt nach Krumau und Znaim . Reichenberg wird Hauptstadt des Sudetengaues. Blikmarsch des Führers nach Prag. Reichsprotektorat Böhmen und Mähren. Die Slowakei tritt unter den Schub des Reiches. Das Memelland kehrt zum Reiche zurück. Rumänien schließt einen Wirtschafts vertrag mit Deutschland.
Ho
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Grenzübertritt bei Braunau. Reichsgesetz über die Vereinigung der Ostmark mit dem Reiche in Linz. Führerfahrt nachWien. Karlsbader Autonomieforderung
Schweiz
Ita Gezeichnet: Eugen H.
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Litauen
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Reichenbg. Asch Karlsbad
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Jugoslawien
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Budapest
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Eger
Eugen Hadamovsky
Hitler kämpft
um den Frieden Europas
Ein Tagebuch von Adolf Hitlers Rampf um Frieden und Gleichberechtigung
Hier schildert der Reichssendeleiter jene Tage, die er an der Seite des Führers während des Ein marſches der deutſchen Truppen zur Rheinland befreiung und während des Wahlkampfes 1936 erlebt hat. Das Buch enthält Auszüge der unver geßlichen Reden des Führers
für den Frieden
Europas“, ebenso die Worte der Männer, die ihm den Gruß und den Dank der Gaue entboten . Eine Fülle persönlicher Erlebnisse von der großen, zwanzigtägigen Reiſe des Führers durch alle deut schen Gaue vermittelt uns einen Eindruck von den Männern in der Umgebung Adolf Hitlers.
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„Diese Blätter erzählen von den Monaten, die ich mit Euch gemeinsam, meine Kameraden, als Hilfsarbeiter an den dröhnenden Walzen , in den Miſchſälen und in der Gluthige von ,Sibirien' verbrachte. Ihrhabtfrüher jahrelang mit Euren Familien arbeits los auf der Straße gelegen. Streik und Aussperrung, Hunger und Elend waren Luer tägliches Los. Heute haben wir alle die Schrecken der Vergangenheit endgültig überwunden und ſind die ſtolzen und selbst bewußten Arbeiter Adolf Hitlers geworden . Wie glück lich bin ich, daß ich gerade in dieſer neuen Zeit wieder einmal mitten unter Euch weilte, in den Maſchinen sälen, in den Siedlerwohnungen und Schrebergärten, am Sonnwendfeuer und auf froher Fahrt!" Mit diesen Worten beginnt der Bericht des Reichs sendeleiters über seine Arbeitskameraden und feine Hilfsarbeitertätigkeit in einer großen Autoreifenfabrik im Sommer 1937. Ein Buch vom Arbeiter und vom nationalen Sozialismus.
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